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From the
Fine Arts Library
Fogg Art Museum
Harvard University
£.1 U,
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1
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Beschreibende Darstellung
der alteren
Bau- und Kunstdenkmäler
der
Provinz Sachsen.
Herausgegeben
von der
Historischen Commission für die Provinz Sachsen
und das Herzogtum Anhalt.
XXIII. Heft.
Die Kreise Halbei'stadt Land und Stadt.
Mit 221 {a den Text gedruekten AbblldiingeD,
23 Tafeln und 1 Karte.
Halle a. <i. S.
Druck und Verlag von Otto Hendel.
1902.
Beschreibende Darstellung
der alteren
Bau- und Kunstdenkmäler
der Kreise
Halberstadt Land und Stadt.
Bearboitot
vuu Provinzial-Konw^rvator
Dr. Oskar Doering
iu Magdeburg.
Herausgegeben
Historischen Ooinmission für die Provinz Sachsen
und das Herzogtum Anhalt
Halle R. d. 8.
Druck und Verlag von Otto Hendel.
wiSYJkBD FIIJE AKTS t
"^ FOGG MUSEUM
FA 7 70. 17<^M5 (---:)
i:vn-*<^
Vorwort
Ohne der mancherlei Schwierigkeiten, welche sich einer erwünscht schnellen
Herausgabe des Heftes ,,Halberstadt'' entgegenstellten, des näheren zu gedenken, und
in Zufriedenheit, dass sie sich doch zuletzt alle haben beseitigen lassen, sei hiermit
besagtes Heft der Öffentlichkeit übergeben, die es prüfen, beurteilen und ergänzen,
vor aUem aber sein Erscheinen, die Arbeit sei nun ausgefallen, wie sie wolle, hoffent-
lich gtttheissen wird. Denn ohne Mängel geht es bei Arbeiten dieser Ari nicht ab,
und ein eigentliches Fertigwerden ist dabei überhaupt nicht zu erreichen. Das
weiss ein jeder, der sich über Denkmälerinventarisation gemüht hat, und so ist
vom Urteile des Kundigen wohl zu hoffen? , dass es sich den Umständen gerecht
und freundlich nachsichtig erweisen werde. Über das, was zu tadeln oder zu
ändern sein würde, wird, hoffe ich, nicht vergessen werden, dass das Buch einiges
bietet, was wenigstens meiner Auffassung nach, die dabei doch wohl nicht ganz
subjektiv genannt werden dürfte, dazu dient, das Buch für den praktischen
Gebrauch nutzbar zu machen. Es soll in erster Linie ein Inventar sein, und
ein solches bedarf der Übersichtlichkeii Für erforderlich habe ich darum
gehalten, Klarheit zu schaffen durch eine feste Disposition, durch Hervorhebung
der Schlagwörter und durch kurze Inhaltsangaben über jeder Seite, femer durch
Anlage eines ausgedehnten Registers, welches an Stelle der in den früheren
Bänden üblich gewesenen „Glockenschau" und „Kunststatistik'' getreten ist. Trotz
seiner scheinbaren Genauigkeit, welche auch manches den Text ; Ergänzende
bietet, hätte es noch viel eingehender werden können und müssen, wenn
es nicht das Register eines einzigen Bandes wäre. Viele Unterabteilungen
wären hierbei entstanden, die nur je ein einziges Stück aufwiesen, und es
war zu befürchten, dass ein allen kunstgeschichtlichen Einzelheiten Rechnung
tragendes Register allzu unübersehbar wurde, und damit an seiner wichtigsten
Bestimmung, der Brauchbarkeit für den Kunstliebhaber, Forscher und Be-
amten, Einbusse erlitt. Erst wenn das ganze provinzielle Inventarisationswerk
fertig sein wird, wird die Aufgabe unabweisbar sein, ein wirklich erschöpfendes
Gesamtregister zu veranstalten. Würde dann das vorliegende als Anhalt dazu
dienen, so wäre einer der lebhaftesten Wünsche erfüllt, die mich zu der müh-
seligen Arbeit ermuntert haben. Zu bemerken ist noch, dass ich in das Register
überwiegend nur solche Dinge aufgenommen habe, die noch existieren, andere
nur dann, wenn mir ihre Erwähnung im Interesse der Forschung zu liegen schien.
Ein anderes erhebliches Gewicht glaubte ich auf eine möglichst grosse Menge
von Abbildungen legen zu sollen, und ich hoffe, auch damit des Beifalls eines
jeden gewiss zu sein, der den Wert gerade dieser Beigaben zu würdigen weiss,
VI Vorwort
Freilich ist nicht zu verhehlen, dass mir trotzdem in dieser Beziehung des Nötigen
noch lange nicht genug gethan scheint. Eine Anzahl von Abbildungen konnten
erst nach geschehenem Drucke noch eingeschoben werden; diese Einschaltungen
sind nicht eben vorteilhaft für das Aussehen des Buches, weiden aber der Sache
wegen Entschuldigung finden dürfen. Was die Herkunft der Abbildungen
anlangt, so konnte eine Anzahl von denen Verwendung finden, welche vor
Jahren Herr Bauinspektor Sommer für das künftige Heft „Halberstadt" angefertigt
hatte; es sind femer Zeichnungen gütigst zur Verfügung gestellt seitens der Herren:
Regierungs- und Baurat Brinckmann in Braunschweig, Dr. Brinkmann in Zeitz,
Architekt H. Ehbets in Tempelhof bei Berlin, Regierungs-Baumeister E. Petersen
in Magdeburg, Amtsrat Dr. Rimpau in Langenstein, Stadtbaurat Schmidt in Halber-
stadt; der Kgl. Kreisbauinspektion in Halberstadt und des Kgl. Kunstgewerbemuseums
zu Berlin. Zur Veröffentlichung durfte ferner eine Anzahl der unübertrefflichen
photographischen Aufnahmen der Kgl. Messbildanstalt zu Berlin mit Genehmigung
ihres Leiters gebracht werden. Endlich ist eine ganze Menge von Photographien
nachgebildet worden, die ich selbst angefertigt habe. Die im vorliegenden Hefte
enthaltenen geschichtlichen und kunstgeschichtlichen Untersuchungen beruhen
durchweg auf eigenem Quellenstudium, und dürften durch mancherlei neue Auf-
fassung hoffentlich zu weiterer Forschung Anregung geben. Von grossem Vorteil
war es für mich, dass mir seitens der Herzoglichen Archiv Verwaltung zu
Wolfenbüttel der grosse Schatz der vom unvergesslichen Gustav Schmidt hinter-
lassenen Urkundenabschriften zur Verfügung gestellt wurde, deren staunenswert
reicher Inhalt bisher fast ungenützt blieb. — Die Karte des Kreises ist nicht von
mir bearbeitet worden.
Lange Zeit ist verflossen, während dies Heft allmählich entstand. So ist es
nicht ausgeblieben, dass sich eine Anzahl von Nachträgen ergeben hat, die am
Schlüsse vereinigt sind. Es wird durchaus erforderlich sein, diesen in jedem
Falle Beachtung zu schenken.
Derjenigen Personen, deren freundliches Entgegenkommen mir die Arbeit
erleichtert und erfreulich gemacht hat, sind zu viele, als dass ich sie hier alle
nennen könnte. Ganz besonders ist der sämtlichen Herren Geistlichen aller
Konfessionen in Stadt und Land Halberstadt zu gedenken, nicht weniger aller
anderen Behörden, nicht weniger der Archiv- und Bibliotheksverwaltungeu
innerhalb und ausserhalb des Kreises, welche meinen Bemühungen förderlich
gewesen sind. Einem jeden, der zum Gedeihen dieses Heftes auf irgend eine Art
beigetragen hat, sei an dieser Stelle nochmals der ergebenste Dank ausgesprochen
Darlingerode a. Harz, August 1902.
Doering.
Inhalt
Einleitung
Die einzelnen Ortschaften, ihre Geschichte und ihre Kunst
dcnkmäler
Sott«
1
5
A. Halberatädter Landkreis
L Wüstungen 7
II. Die noch bestehenden Ortschaften des Landkreises 16
Abbenrode
Aspenstedt
Athenstedt
Berssel
Bexheim
Bohnshausen
Bühne
Danstedt
Dardesheim
Deersheim (und Bexheim)
Derenburg
Emersleben
Göddeckenrode . . . .
Harsleben
Heudeber
Hoppenstedt
Homburg
Isingerode
Langenstein
Lüttgenrode
Mahndorf
Seit«
16
18
19
21
24
24
24
26
27
81
35
42
44
46
50
52
53
73
74
80
80
Mnlrake 81
Osterode 81
Osterwieck 83
Gross-Quenstedt 109
Elein-Quenstedt 112
Der Begenstein 114
Rhoden 120
Rimbeck 122
Boclum 123
Bohrsheim 125
Sargstedt \ . 128
Schauen 129
Stötterlingen 131
StÖtterlingenburg .... 133
Ströbeck 141
Suderode 144
Veitheim 146
Wehrstedt 148
Westerburg ....»,.. 150
Wülperode 154
ZiUy 157
B. Halberstädter Stadtkreis
Halberstadt. . 163
Ausserhalb der Stadt 502
Schlussblick • 507
Nachträge und Berichtigungen 510
Verzeichnis der Abbildungen 514
Geschichtliches, geographisches u. kunststatistisches Register 517
Übersicht des Registers 541
Einleitung
er Kreis Halberstadt hat eine von Ost-Süd-Ost nach West-Nord-West
sieh hinziehende schmale Gestalt, welche ungefähr einem Rhombus
gleichen würde, wenn nicht mancherlei Ans- und Einbuchtungen
diese Form zu einer sehr unregelmässigen machen würden. Der
nördlichste Punkt (nördlich von Rocium) liegt unter 52® 6', der südlichste Punkt
(abgesehen vom Regenstein, südlich von Harsleben) unter 51*^ 50' 3" n. Br.: der
östlichste Punkt (südöstlich von Emersleben) unter 28® 50' 5", der westlicliste
(westlich von Isingerode) unter 28® 15' 6" ö. L. Ein um den Kreis zu kon-
struierendes Rechteck hat also die Breite von 30,4, die Länge von 36,9 km. Die
wirkliche Länge des Kreises, gemessen zwischen Tempelhof und den Heidbergen
südöstlich von Harsleben, beträgt aber gegen 47 km, die grösste Breite (nördlich
von Robrsheim bis südlich von Headeber) 19,1 km, die geringste (südlich von
Zilly bis ost-nord-östlich vom Vorwerke Sonnenburg) 5,1 km. — Der Regensteiu
zieht von Süd-Osten nach Nord-Westen zwischen 51® 48' 24" und 51® 49' 20" n.B.,
28® 36' 30" und 28® 38' 54" ö.L. Er hat eine wirkliche lünge von 2V2 km und
eine zwischen 1,1 und 0,3 km wechselnde Breite.
Die Bodenbeschaffenheit zeigt keine bedeutende Mannigfaltigkeit. Im
Osten finden wir vorzugsweise Diluvial-Boden, durchzogen von dem jungen Allu-
vimn, welches sich in den der Holtemme, Ilse, Ecker, und deren Zuflüssen ge-
hörenden Thälern sowie in den sumpfigen Gegenden des nördlich sich hinziehenden
grossen Bruches gebildet hat. Von Derenburg nach dem Regensteine hinüber
und in den von Süd- Ost nach Nord-West streichenden Hügelzügcn südlich von
Halberstadt findet sich die senonische Kreideforraation. Ihr dort oblonges Gebiet
ist schmal umzogen von dem Turon, Cenoman und Ganlt der Kreideforraation,
innerhalb deren, schon ausserhalb des Kreises, geringe Mengen von Lias und
Keuper als Erscheinungen dei* Systeme des Jura und der Trias eingelagert sind.
In der westlichen Hälfte des Kreises überwiegt das Senon, welches nur bei
Osterwieck, Zilly und in einem an der westlichen Grenze hinziehenden schmalen
Streifen von Abbenrode bis Bühne von Diluvium durchzogen ist. Jura-Formation
tritt nur ganz spärlich in schmalen und kurzen Streifen bei Harsleben , südlich
^on Halberstadt, nördlich von Rohrsheini, südlich von Rocium und westlich von
Hörn bürg auf.
Kreis Halberatadt. 1
Einleitung
An der nördlichen Grenze des Kreises finden sich in den Höhenzügen des
Huy und des grossen Fallsteines die Triasbildungen desKeupers und des Muschel-
kalkes, wogegen an der eben daselbst befindlichen Eegion des Buntsandsteins
der Kreis Halberstadt keinen Anteil mehr hat. Diese in einem schwach ge-
schwungenen, nach Norden offenen Bogen hinziehende Formation ist südlich
begleitet von einem schmalen Streifen älterer und jüngerer Kreideformation,
welche westlich von Homburg beginnt, in der Nähe von Deersheim einmal von
Diluvium unterorochen wird und dann von diesem umgeben sich bis gegen
Athenstedt hinzieht.
Über die Höhenverhältnisse giebt die diesem Buche beigefügte Karte
des Kreises Auskunft.
Die Gewässer gehören zum Teil dem Gebiete der Elbe, zum Teil dem der
Weser an.
I. Zum Eibgebiete :
A. Der Goldbach. Er betritt den Kreis südlich von Langenstein, berührt
diesen Ort, biegt westlich um die Spiegelsberge herum und wendet sich dann
in östlicher Richtung nach Harsleben, um auf der halben Entfernung zwischen
diesem Dorfe und Wegeleben den Kreis zu verlassen und seinen Weg zur Bode
zu nehmen.
B. Die Holtemme. Sie tritt westlich von Derenburg in den Ki-eis ein,
durchfliesst diese Stadt, empfängt links das bei Athenstedt enspringende Ströbecker
FliesSj durchzieht bezw. berührt Halberstadt in mehrfacher Gabelung und nimmt
bei Gr.-Quenstedt links den Assebach auf, der am Huy bei Aspenstedt entspringt
und sich mit dem bei Sargstedt entspringenden Kunstedterbache verbindet.
Nachdem die Holtemme unterhalb Gr.-Quenstedt noch den kleinen Scheelebacli
aufgenommen hat, verlässt sie den Kreis in dessen nordöstlicher Ecke unterlialb
Emersleben.
n. Zum Wesergebiete:
A. Die Ilse. Ihr Eintritt in den Kreis liegt an dessen Südrande zwischen
der Wasserlebener Zuckerfabrik und dem Dorfe Berssel. Sie fliesst in der
Richtung von Süd-Osten nach Nord-Westen und verlässt den Kreis, nachdem sie
sich oberhalb Hornburg in zwei Arme geteilt hat, bei dem Vorwerke Tempelhof,
um sich bald danach in die Ocker zu ergiessen. Sie nimmt innerhalb des Kreises
auf : a. rechts 1. einen nördlich von Osterwieck hinziehenden , durch den sog.
Walwyer Graben verstärkten Bach, 2. den Schiffgraben, welcher eine bedeutende
Strecke weit die Nordgrenze des Kreises bildet. Er empfängt von links (Süden)
den von Zilly herkommenden Auebach, der sich dort aus dem Zusammenflusse
des vonDanstedt kommenden Mückenbaches mit dem bei Langein entspringenden
Sohlenbache (mit der Dietze) bildet, und von links oberhalb Deersheim den bei
Wasserleben entspringenden Marbeckerbach aufnimmt. Auch der südlich von
Geographische Lage; Geologisches; Gewässer; Dörfer; Geschichte
Dardesheim entstehende Kalbkebach mit dem HöUenspniigbache gehört diesem
Systeme an.
b. links 1. unweit Bühne einen nahe bei Lütgenrode entspringenden Bach,
2. die Stimmecke (im Mittelalter Bimbeke oder Rimmeck genannt), welche bei
Stapelnburg entspringt und, nachdem sie Rimbeck durchflössen hat, unterhalb
dieses Ortes in die Use fällt.
B. Die Ecker, an der westlichsten Seite des Kreises. Sie tritt südlich von
Wülperode in ihn ein, durchfliesst gemeinsam mit der nahen Ocker, welche beim
Klöpperkruge den Kreis einen Augenblick berührt, das Steinfeld und verlässt
den Kreis bei der Steinfelder Mühle nördlich von Isingerode, um sich gleich
darauf mit der Ocker zu vereinigen.
Die Dörfer des Halberstädtischen Bezirkes sind sicher alle viel älter als ihre
erste urkundliche Erwähnung, waren ausserdem ehemals, wie die vielen Namen von
Wüstungen (siehe unten) beweisen, viel zahlreicher als jetzt Ihre Verödung ist
die Folge teils der unaufhörlichen Fehden und Kriege, teils der, wenn auch gut
gemeinten, aber unsinnigen Verschleuderungen an die tote Hand. Mit Ausnahme
des Dorfes Rhoden, welches eine Rundlingsanlage zeigt, haben sie alle lang-
gestreckte Grundform. Den Osten des Kreises durchschneidet die Westgrenze
des Gebietes der im 2. Jahrh. von Norden eingewanderten Warnen, dessen
Ortsnamen als Kennzeichen die Endung „leben" tragen. Im Norden und Westen
ist ostphälisches Gebiet, kenntlich an der Ortsnamenendung „heim", die auch im
Halberstädtischen bereits in „um" entstellt ist. Slavische Niederlassungen sind
nur vereinzelt nachweisbar (Wiby); auch bei Rhoden wäre vielleicht Anlass,
diesen Ort für eine solche zu halten.
Die Dorfhäuser haben die thüringische Anlage, stehen also mit den Breit-
seiten nach Norden und Süden, in den von Norden nach Süden gerichteten
Strassen also mit dem Giebel nach der Strasse zu. Der Haupteingang liegt
meistens auf der Südseite. Die Anlage des Dorfhauses nach niedersächsischer
Art ist im Halberstädtischen noch unbekannt.
Die befestigungslose Anlage der Dorfschaften hat bewirkt, dass von Gebäuden
älterer Herkunft nur verschwindend wenig auf unsere Zeit gekommen sind , und
dass die ältesten noch vorhandenen fast durchweg nicht über das vorige Jahr-
hundert oder gar über die Zeit des 30 jährigen Krieges zurückzudatieren sind.
Über die Einteilung des jetzigen Kreises nach den ehemaligen Archidiako-
naten wird bei der Erörterung der kirchlichen Verhältnisse in der Einleitung
des vom Halberstädter Dome handelnden Kapitels zu sprechen sein.
Eine Geschichte des Kreises lässt sich von der seiner Umgegend und des
ganzen Bistums Halberstadt nicht trennen. Da aber eine Aufgabe dieses Umfanges
nicht zu den Zwecken dieses Buches gehört, so wird bei jedem Orte dessen
einzelne Geschichte gegeben werden, wobei der Stadt Halberstadt naturgemäss der
Einleitung
breiteste Raum gelassen werden niuss. Nur im Zusammenhange mit dieser
Stadtgescbiehte sind einzelne Blicke auf die Geschichte des Bistums möglich,
deren Bearbeitung im Zusammenhange andern überlassen bleiben muss, und zu
der die vorliegenden Untersuchungen nur Beiträge bieten können. Erwägungen
derselben Art boten den Anlass, auch von einer Zusammenstellung von Quellen
und Litteratur an der Spitze des Buches abzusehen. Diejenigen, welche für die
Geschichte nur einzelner Ortschaften in Betracht kommen, sind bei den betreffenden
Kapiteln angegeben, während die geringe Menge derer, welche Stadt- und
Landkreis Halberstadt betreffen, doch Tor allen Dingen immer der Stadt gilt,
und darum am angemessensten ihren Platz am Eingange des Kapitels „Halber-
stade^ findet
Die einzelnen Ortschaften,
ihre Geschichte und ihre Kunstdenkmäler
A. Halberstädter Landkreis
p
I
I
II
I»
I. Wüstungen
Adorp, siehe Odorp.
AUinge, bei Scliauen (?), 1178.
Aistomesvelt , bei Stötteriingenburg (?), 1106. Wird villa genannt.
Stötl Ü.B. 1.
Appenrode, zwischen Isingerode und der Steinfelder Mühle an der Ecker.
Archstede, identisch mit Ergstedt.
BalhorD, BaUhorn 1187, nord-östlich von Mulmiie. Dort Besitzungen von
Drübeck. Archidiakonat Dardesheim. Bis 1343 regensteinisch, von da ab wer-
nigerödisch. Der Pfarrer wird noch 1351 erwähnt. H. Z. I IV, 381, Xu, 179
XXm,357f. XXni,385.
Bec, Beck, Biek (1202) bei Osterwieck. 1195 villa. Archidiakonat Oster-
wieck. Dort Besitzungen des Halberstädter Liebfr. Stifts. H. Z. XXIV, 321.
(identisch mit Osterbek oder Westerbek?)
Berwinkel, Berewinkele (1263) am Fallstein bei Osterwieck nördlich.
Archidiakonat Osterwieck. Der Pfarrer wird anfang des 15. Jahrhunderts er-
wähnt Die dem Domkapitel gehörige Wüstung wurde 1577 an die Kirche zu
Osterwieck zur Erhaltung eines Kaplans daselbst resigniert. Reste von Gemäuer
wiurden unlängst beim Pflügen entdeckt, aber wieder zugepflügt. (Nach privater
Mitteilung.) Die Familie von Berwinkel erlosch 1662. Wappenbuch des aus-
gestorbenen Adels der Provinz Sachsen, p. 10. H. Z. 11 c, 82. III, 438.
Bexheim, Berteneshem (968—96), Bachtesheim (1184), Bechtenesheim, Bechtes-
hem, Betthsem (1211), Betsinc (1319), Bechtesem (1364), Bechtissem, Bechzen,
Bexssen (1517). Bei Deersheim. Eine Mühle wird 1495 erwähnt. Wegen der
noch existierenden Kirche vgl. das Kapitel „Deersheim".
Biestede, zwischen Homburg und Rimbeck, näher zu letzterem Orte hin.
(Biesteder Grund, Feld, Anger.)
Binsleben, Birsleva, Lage unbekannt. Schaumann, Valkenstein 177.
Biscopingerodt (1299), Bischepingherode (1303), zwischen Osterwieck, Schauen
und Stötteriingenburg. Archidiakonat des Harzgaues. Schon 1302 (18. Oktober)
war es Wüstung, worauf die Dorfstelle Eigentum des Klosters Stötteriingenburg
wurde. Die verlassene Kapelle wurde 1312 dem Kloster Marienthal zur Zer-
störung überlassen. Die Wälder in der Nähe werden im allgemeinen 1299, die
Holzung Gamnie im besondern 1310 erwähnt. Brede Kolinge heisst eine Gegend
dabei 1422. Ferner werden im selben Jahre erwähnt die Wolter strenge^ der
* Die curöiv gedruckten Flurnamen sind noch heute gebräuchlich.
Halberstädter Landkreis
Erlliope; eine Gegend van der Krummen e,yk an den Smedewech to richte ut
wente iip dat velt to enem wandestene, de steyt by Osten de Wernigerode
lierstrate boven dem StÄpelenborgeschen wege wol enen halven stenworp; der
Girwech. H. Z. XII, M6. XIII, 280.
Bodingerode, südlich von Veltlieim 1249.
BosHleben, bei Halb, vor dem Gröperthore gelegen, ßossenlove (1164),
Bursleve (1196), Bosselove (1198), Bosleve (1223), Busseleve (gegen 1224). Ge-
nannt nach einem Burchard (Busso.) Hier wurde vom Bischof Brantog 1034,
als er aus Palästina zurückkehrte, auf den Bullerbergen (Abschleifung aus Boss-
leber Bergen) das Kloster St. Bonifaz gegründet und der Augustinerregel unter-
stellt, welches 1237 in die Stadt Halberstadt verlegt wurde. Vgl. unten die Geschichte
des Stifts St. Bonifatii. An die ehemalige Existenz des Klosters erinnerte noch
viel später die auf dem Bossleben 'sehen Berge gelegene dem Bonifatiusstift (erste
Yicarie) gehörige Kapelle. Ihr Rektor hatte seinen Sitz im Chor von St. Moritz
in Halberstadt (1264), seinen Wohnsitz in Halberstadt, dicht an der Mauer (1491).
Der Liebfr. Altar dieser Kapelle wird 1497 erwähnt. Im selben Jahre hören wir,
dass die schon 1426 erwähnte Klostermühle Eigentum des Vikars jenes Altars
war und damals von ihm dem Rate von Halberstadt zu Lehen gegeben wurde. Dieser
Hess sie umbauen. Nach ihrer Zerstörung im 30jährigen Krieg wurde sie 1643
wiederhergestellt und existiert noch. Ausserdem werden in Bossleben erwähnt
mehrere Höfe (Grosser Hof, Apostelhof u. a., zwischen 1340 und 63), die Meierei,
Wald in der Nähe, ein Weinberg (1531), Gräben (1584). Der ehemalige Dorfteich
ist ausgetrocknet. — H. Z. III, 442, 920. V, 25, 424. VI, 298,394,426,428,431 u.s.w.
Brodesende, Brosenn, nördlich an der Vienenburger Bahn bei Wennerode.
1106 noch bewohnt- Der Zehnte wurde 1106 an Stötterlingenburg gegeben.
Bruehsehauen, Brucsowe 1219, Brocschowen 1292, zw. Schauen und Bei'ssel.
Kirche erwähnt 1309, schon vorher im Archidiakonat des Probstes von Stötter-
lingenburg, 1317 war es wüst, nachdem es mit Mönchschauen vereinigt war.
Reinicke, Gesch. d. fr. Reichsherrsch. Schauen, p. 5. Anm. 3 u. 5 p. 251 f. Vgl.
auch unten das Kapitel „Schauen."
Colbeck, bei Danstedt südöstlich beim „Kohlwege."
Denrode, südöstlich von Homburg; ident. mit Tönnigerode.
Dingelstedt, östlich von Derenburg. Identisch mit Dingstorp.
Dingstorp, Dingelstorp, Dingelstrop (1432) ; 1429 als zwischen Mabndorf und
Bönshausen gelegen erwähnt, ^ohl identisch mit dem gegen 1204 genannten
Vinkestorp. 1445 gab es dort noch eine Pfarrei, welche zum Archidiakonat
Halb, gehörte. Dort stand auch (aber wie es scheint schon auf Ergstedter Flur)
ein Turm, der Stadt Halb, gehörig ; er wurde von Bischof Johann zur Hälfte zer-
stört, als dieser die Stadt für die Schicht bestrafte. Die Stadt baute ihn wieder
auf, musste sich aber verpflichten, seinen steinernen Unterbau nicht über 16
Ellen hoch zu machen, darauf kam ein Obergeschoss von Holz (1432).
Drondorp, „wahrscheinlich bei Osterwieck am Drohneturm vor dem Fall-
«tcin." Gr. p. 7.
Emersleben, Ober- und Unter-K., Ammerslovr snperius et inferius, vuu
Wüstungen : Adorj) — Kl.-Harsleben
denen eins, welches 1236 noch bewohnt war, später wüst wurde. Heute liegt E.
wieder halb auf der Höhe, halb im Thale. Archidiakonat Halberstadt.
Er^stedt, Ergizstide (1153), Ergetstede (1183, 1243), Ergezstede (1222), Er-
gestide (1235), Erchstede (1298),.Erx8tidde, Arxstede (1474), bei Langenstein nach
Derenburg zu. Archidiakonat Halberstadt. 1153 hatte das Johanniskloster zu
Halberstadt dort Besitzungen; die Kirche war Mutterkirche derer zu Mahndorf
und Böhnshausen bis 1222, wo jene von ihr eximiert wurden; Patronat von
Kegenstein; 1432 wurde sie der Pfarrkirche zu Langein einverleibt und muss
1474 noch bestanden haben, da sie in den Flurbezeichnungen mit erwähnt wird.
Dagegen war der Ort 1466 schon eine desolata villa. — Flurlagebezeichnungen
1436: in dem Balnsole (auch 1477), im Vulsacke (auch 1474). — 1474: unter derae
Dingelstorpeschen tome; in der drolcenkoppen by den grasewegen; tiegen de
kerken twischen den holenwegen unde grasewegen na der stadt ward; over den
becke tiegen de kerken; vor den worden in der rechten herstraten na Langen-
steyn; nppe den becke und Adesleven anewende; by deme bruthege; under deme
Winterberge uppe den becke in den richterwech na Langensteyn ; by der schonen
breyde; by dem Blankenborgischen wegen; uppe der heyde; over der steinkule
wech; tiegen de kolden warde na deme Ketelhoge; by deme dombusche; in der
grünt unter der kolden warden. — Der Dingstorper Turm stand in der Ergstedter
Flur. H. Z. 1, 272. II b, 6. H c, 82, 84, 93 f. IE, 230. V 334, 479. XII 144 f. XVni, 168.
Erckleye, am Goldbache, nordnordöstlich von Langenstein. Identisch mit
Ergstedt. Hkxlowe (1137).
Erptingerode, Erxtingerode, 1300; Erptingherode, Herbetingrode 1303. Lage
imbestimmt, vielleicht bei Abbenrode. Ils. TJ.-B. I, 166.
Glüsingen, südlich von der Westerburg, z. T. auf Vogelsdorfer Feldmark.
Goddenhnsen , bei Derenburg nach Silstedt zu am Tiefenbach. Godenhuse,
Göddenhausen, erwähnt 937. Alt-G. 1267. 1291. 1390. Olden-Godenhusen 1323.
Neu-G., Nien-Godeshuse 1421. Gross-G. 1481. Die Unterscheidung dieser Ort-
schaften ist unmöglich. Archidiakonat Utzleben. Gericht und Grafschaft regen-
steinisch 1358. Den Zehnten hatte das Domkapitel. H. Z. II b, 184. II c, 90 f.
ÜI, 765, 894. Über Neu-Godenhusen H. Z. IE, 233. IV, 386 f.
Hannigeroth, vgl. Heiriggeroth.
Hapkendorf, vielleicht bei Derenburg. 1486. H. U. B. 2, 1 142.
Harpgtede, bei Halberstadt. (?)
Kl.-Harsleben, Wester-Hirselowe, Vester-Hersleve 1153, Hersleve minor 1246,
bei Harsleben, südlich dicht bei Halberstadt, an der nach den Spiegelsbergen
führenden Landstrasse östlich, apud clusam lapideam (1290), lutteken Hei-sieve
(1380). Archidiakonat Halberstadt. Wüst schon im April 1363. Die dem hei-
ligen Johannis (Täufer oder Evang.?) geweihte Kirche stand unter dem Patronate
des Gottesritterhofs zu Halberstadt. Die Pfarrei existierte noch September 1452,
die zur Kapelle umgewandelte Kirche noch im März 1602. Vielleicht hat Kl.-H.
der Harsleberstrasse in Halberstadt ihren Namen gegeben. -— Besitzungen hatten
hier der Siechenhof (1246), das Nikolaikloster (1289). Kloster Münzenberg, welches
pMnen Teil mit Ausnahme der Klus im Mai 1363 an Rat und Bürgerschaft von
10 Halberstädter Landkreis
Halberstadt zu Lehen gab, das Domkapitel (1472). — Erwähnt werden ferner:
die Meierei 1275, Vorwerk 1300, Windmühle 1437, in der Flur eine alte Burg 1419
(die Klus?). Flurbezeichnungen: der Heidberg (1350); — uppe suUen iegen dem
negenhoge; uppe derHoltbeke; under der oldenborch\^ indem Harslever osterlang;
uppen Westerhuschen wech\ uppe gensit dem Gosleschen bleke; vor dem kannen-
stige; avh deme Born eher sehen wege an twen stucken; iegen de heyde; in deme
thoysdale; vor dem Kolwege; an den eykho in deme utzenpule; boven dem utzen-
pule; in dem Hilmerdale; iegen dem Moydinges wech; uppe de indere; by der
lindwarde; boven der slipmole (1419); — - die mulke (1437); ■— Grrasweg; Slüters Wort;
Heinrich Schüttens Breite; Claus Aderslebens Spring; an dem Graben in den
Weinbergen; Ludolf Otums Breite; Volkmar Lobecks Breite (1452); — to der stad
wort; iegen der mulkenmolen ; iegen dem werde; over den papenstich; an der
mulkenmolen dar me geyt au de berge iegen Hans Hoiingosberch; by Hans
Rustinges brede; iegen HansSluters brede (1456); — die State iegen dat gerichte
jegen den graffen; wunne jegen die nagen hege; up den Gallechherch iegen dat
stech von der mulken molen; jegen dem brinke; auf dem forde; to dem fronen
steyne wort; molkenbrouk; brouk in den raden (1459); — iegen dem vorde boven
der sliphutten; iegen der sliphutten; jegen Bardoi-ps Morgen nach dem Graben
und der Stadt zu; das brok zwischen dem nmlken inne memer vor; gegen dem
richte; der Eselstieg (1461, Febr. 1); — die valegrovc (1472); — das Berggut (1485).
V. Strömbeck, d.Halb. Archidiak.; HZ. III, 991. VE, 269. XU, 550. XXH, 258.
Heiriggeroth , zwischen Suderode und Lüttgenrode, von da etwas gegen
Bühne sich hinziehend. Hannigeroth, Henningerod, Heinzingerod 1203: als villa
zuerst 1106 erwähnt; die Kapelle stand unter Patronat des Domprobstes Heyninge-
roth. Dat woiste dorp 1519. Das „hohe Thor" daselbst stand noch 1524. Bis
zum selben Jahr war die Feldmark z. T. v. Rössingscher Besitz.. H. Z. VI, 543.
Herebrectingerode, bei Abbenrode 1150. Herbrochtingcrode. Horplingerode
(15. Jahrb.). Yielieicht identisch mit Erptingerode. H. Z. XU, 541.
Hilgenroth, westlich von Schauen, an der Vienenburger Bahn, identisch
mit Hulingerode.
Hilverdingerode, Hildewerdingerode, Hyldewardingherud (1156) bei Hom-
burg. Vielleicht beim Hiilorbergo an der Ilse südöstlich. Arcliidiakonat Weste-
rode. Zahlte 1084 einen Zehnten an Huysburg. Weinberge erwähnt 1133.
Kirche mit Turm 1258. H. Z. III, 363. XXIII, 357. Anm. 4. XXIV, 318.
Hohenrode, westlich von Sargstedt
Holtemmenditf nrt , westlich von Halbcrstadt, an der Holtenimc bei
C. Veldens Mühle. Dietforde 1138, Thietphorde 1150, Thetforde 1153,
Holti^mpne-Ditforde 1223, Holczemmen-Ditforte 1358. Archidiakonat Halber-
stadt Mutterkirche der dortigen Kapelle (St. Johann is Bapt.) war von Alters
her das Johann is-Stift zu Halbcrstadt, welches auch den Zehnten erhielt (ein
Zehntner Hoyer 1266), doch war es 1223 streitig zwischen diesem und dem
Domkellerer. Seitdem fiel es durch biscluifliches Urteil dem Probst vom
St. Johannis im Verein mit dem Domkellerer und dem Volke zu, den Priester
^ Vgl. Kapitel ,,Harr*lebeii.*'
Wüstungen: Heiriggeroth — Mattenrode 11
dort zu wählen. In Streitfällen entschied der Bischof. Hieran schloss sich
weiterer Zwist des Johannis-Stifts mit den Bauern von H.-D., der 1235 durch
den Bischof zu ihren Ungunsten entschieden wurde. Die grosse Glocke der
Kirche wurde 1394 vom Kirchturm genommen und in der Kirche des Johannis-
klosters zu Halberstadt aufgehängt. Die Pfarrei gehörte noch 1445 (Febr.) zum
Archidiakonat Halberstadt; 1453 scheint die Kirche noch bestanden zu haben.
In H.-D. wurde das Kegensteiner Grafengericht abgehalten. Das Rathaus (auch
hier theatrum, Spelhus genannt) wird 1246 erwähnt Die Mühle des Siechen-
hofs 1282. Der 1311 noch bewohnte Ort eischeint 1448 als Wüstung. Flur-
bezeichnungen: Ellernholz(1326); — Ditf urter Feld ; Heerstrasse; Grasweg; lange
Feld; zwischen den Verebergen; bei dem Dornshoge; hinter dem Ditfurter Ho,
iegen den eieren (noch 1453); — Derenburger Weg; Mahndorfer Graben ( 1448) ; —
over den Mandorpeschen wech; beneden der korken to Dytforde; jegen der becker
molen; jegen deme verde to Dytf.; over den Strobcschen wech; up den middol-
wech; upe de Brunswikesche strate; in derwischeto Dytf. (1453); — updenberch
tygen den steyn, der nie dat hilgedom up sat (1464); — gegenüber der Hilgen-
dorftächen Mühle; hinter dem donische pund; na dem Seckborne; auf die
Dräkenkoppe und Ditfordesche wunde und up dat degenblock; auf den Berj^
über das Wasser; auf das Kamp über der Wiese und Ellern (1531). v. Ström-
beck, d. Halb. Archidiak. H. Z. I, 272. IIc, 88. IV, 376. V, 33. XXIII, 357.
Hullini^erode , zwischen Schauen und Abbenrode. Vgl. bei Hilgenroth.
Hulingherode (1312), Huligherode (1329), Hulligerode (1530). Archidiakonat Oster-
wieck. Grafschaft und Gericht noch 1343 regensteinisch, seitdem wernigerödisch.
Gehörte 1457 dem Grafen Heinrich v. Stolberg, des es „mit allem Rechte, mit
fünftehalb Hufen Landes auf dem Feld zu Berssel, mit einem zehntfreien Hof in
dem Dorfe daselbst über dem Wasser'' vom Bischof von Halberstadt zu Lehen
hatte. 1329 war es noch bewohnt und wie es scheint, auch noch 1478, wenigstens
teilweise, 1530 Wüstung, als welche es damals Eigentum von Stötterlingenburg
war. Reinicke, p. 32, Anm., H. Z. IV, 381.
Ikenrode, nordwestlich von Homburg, dicht vor der Stiidt an der Ilse;
Ikenrode 1418, damals zu Homburg gehörig. Archidiakonat Westerode.
Kreiendorf , südlich von Emersleben. Crcindorp 1136, Crentorp 1184 (93).
Crendorpe 1312. Die Kapelle samt dem Ijcuchter daiin 1184 (93) erwälmt, 1136
hatte die Kapelle in Gernrode dort Besitzungen. Als die Kirche 1312 dem
Pauls-Stift zu Halberstadt einverleibt wurde, war der Ort schon wüst. 1342
scheint auch die Kirche nicht mehr existiert zu haben. Südlich lag 1373 der
slepwech; von diesem aus nach Emersleben zu, (istlich von der Molkenmühle
gab es einen Ort uppe den neghen gerden (groben ?). Das Kreindorfer Feld, zwischen
der Emerslebener und Wehrstedter Mark, wird 1356 und 1449 erwähnt H. Z. III, 451.
Mattenrode, Matthenrode, grother unde lutteken (1446), schon erwähnt 1249,
lag nach Grote westlich von Stötterlingenburg, südlich von Suderode, östlich von
Wiedelah, nordöstlich von Wigenrode an der Stimmecke. Die Feldmark gehörte
teils zu Wiedelah, teils zu Stötterlingenburg. Flurnamen: in der nedderen
wände; up obdans kulen boven wente an den hoppen hof; up den soltmorgen
linde up den Rimbecke, van dem dickdamme na dem Widelage; up den olden
12 Halberstädter Landkreis
vorde; up den depen wech xmde up den Rimbecke; up den Domebusk; ander
dem dämme (1514).
Marbeke, Marchbeke 1251 u. 1302. Die Lage (nördlich von Langeln und
nördlich von der Vienenburger Bahn; eben soweit von dieser entfernt wie
Langeln südlich davon) ist noch bekannt. ArchidiakonatDardesheim. v. Strömbeck,
d. Halb. Archidiak. H. Z. II a, 4. XII, 129.
Nettorp, Neltorp 1400, in der Flur von Rohrslieim nach Gross -Dedeleben
zu. Netthorp, Nettorph (941). Archidiak onat Dardesheim. v. Strömbeck, d.Halb.
Archidiak., H. Z. XX, 8.
Niendorf, südöstlich von Aspenstedi Nyendorp 1156. 1311 wüst Der Templer-
orden hatte hier Besitzungen. Flurbezeichnungen 1488: Halberstädtischer Stieg;
in de ysenkulen.
Niendorf, bei Emersleben 1187. Die neugebaute Kirche daselbst damals
unter Patronat der Kirche von Emersleben.
Niendorf, zwischen Halberstadt und Ergstedt bei Thidestorp (s.u.) 1189.
Vielleicht als Nigenthorp schon 1153 erwähnt.
Klein- (oder Kraut-) Niendorf, campus qui wustemark dicitur 1268, lutken
Niendorpe 1484, luttken Neindorf 1559, Grote: Diepen-Niendorp, Depen -Neyn-
dorp (1400) beim Heykenthal, ostsüdöstlich von Dardesheim. Der Neinstedtische
Stieg 1488. Archidiakonat Dardesheim. Grafschaft und Gericht bis 1343 regen-
steinisch, seitdem wernigerödisch. Hermes u. Weigelt, d. Reg.-Bez. Magdbeurg;
V. Strömbeck, d.Halb. Archidiak.; H.Z.IV, 381. VIII, 20. 59 f.
Nordrode, nördlich von Hornburg, zum Amte daselbst gehörig. Schon 1128
und 1287 erwähnt. Archidiakonat Osterwieck. 1420 (Aug.) klagt der Bischof
über gewaltsame Beschädigung des Orts. Die Kirche St. Mariae Magdalenae zu
Nordrode war 1562 wüst Bis zum selben Jahre gehörte das Kirchlehen zu
Stötterlingenburg. H. Z. XXIV, 318. 319.
Odorp, Adorp, dicht südlich von Berssel an der Ilse. Blankenburger Malstätte,
schon 1128 erwähnt. H.Z.IV 373 f, 381.
Onnngendorf, zum Amt Westerburg gehörig.
Osterbek, bei Osterwieck. Osterbech (1318). Archidiakonat Osterwieck.
Die Kirche war 1322 schoii verwüstet; der Rat von Osterwieck durfte die Bau-
steine auf Erlaubnis des Kapitels von U. L. Frauen zu Halberstadt nach seinem
Belieben verwenden, nachdem der Bischof den Abbruch gestattet hatte. Das
Dorf scheint bereits 1311 wüst gewesen zu sein. Die Dorfstelle blieb unter
Regensteinor Vogtei.
Otterode, zwischen Osterode und Hoppenstedt.
Radelingerode, Radelingrode 1396 „zwischen Lütgenrode und Mattenrode*'^
(1249). Am grossen Fallstein (Höchst. U. B. IV No. 3105).
Ramsleben, nördlich von Deersheim.
Redingerode, zwischen Stötterlingenburg und Abbenrode, gegen Stapeln-
burg hin. Reddingerod 1218,Redigerod 1506. Delius, Harzburg. H. Z. XII, 110. 123.
Rnustedt. 1. Runstedt 2. Osten-B, 3.Gross-R., südlich vomHuv, zwischen
Wüstnugen: Marbeke — Tönnigerode 13
KL- Quenstedt und Sargstedi Ronstede 1133, Archidiakonat Halberstadt. War
zwar 1311 noch bewohnt, hatte 1323 noch einen Meierhof, war aber 1297 schon
im Rückgange. Damals wurde der Kirche die Glocke genommen und zum Guss
einer neuen für die Liebfrauen -Kirche zu Halberstadt verwendet. Die Vogtei
war regensteinisch; Juni 1345 ging sie an das Johannesstift zu Halberstadt über,
welches dort Besitzungen hatte. Flurbezeichnungen: der Wald Remesdal 1324; —
1356: distelmorghen; over den wech; bi dem langhen menen; in dem grosesche
opposito crucis; tighen dem Santberghe; twischen den weghen; papenhaghe, in
der vrucht; tighen den vosholen; de A^uJccUe^an dre morgen; hinter dem welberghe;
opme lutteken esche; neghest der brede; umme den hezelberch ; boven dem dorpe;
Swanebeker Weg; gegenüber kemenaten in den lutteken grosesche boven dem
cruce; Eilsteder Weg: de brede morghen; in den slepwech; bi dem nederen
Runstedeschen velde; bi dem campweghe. H.Z.IH, 121, 124. VÜI, 95. XI, 212.
4. Ober-Runstedt, Obim-Runstede (1358). Vgl. v. Strömbeck. 5. Nieder-R.,
inferior Ronstad (113^, minus Ronstede (ca. 1203), Nedderen Runstedde (1442),
bei Ober-R. Es war 1311 noch bewohnt Als Wüstung (villa desolata inferioris
Runstede) genannt 1441 (Sept.). Das Gebiet gehörte dem Bischof und Dom-
kapitel, die Vogtei war regensteinisch (1431), die ehemalige Pfarrkirche St. Liutger
unterstand noch nach ihrem Verschwinden nominell dem Domkämmereramt, den
Zehnten hatte 1480 die Familie von Wegeleben. 1442 wurde in der Nähe eine
Warte zum Schutz der Stadt Halberstadt und der Reisenden mit bischöflicher
Erlaubnis von der Stadt erbaut und ein Wächter dort eingesetzt. Eine genauere
Unterscheidung der fünf verschiedenen Ortsnamen R. ist nur in betreff von
Ober- und Nieder-R möglich. H.Z.IV, 386. XXH, 28, 40. 41.
Sievershansen, nordnordwestlich bis nördlich von Derenburg. Sigefriedes-
husön (995), Siverthusen (1197), Severthusen (1199), Siberhishusen (1349). Archi-
diakonat ützleben. Gericht und Grafschaft regensteinisch 1358. Der Name
Sievershäuser Feld existiert noch, desgl. der Sievershäuser Zoll und die Sievers-
hänser Mühle. Das Allod des Grafen Siegfried IL von Blankenburg war vielleicht
identisch mit dem jetzigen Derenburger Amtsgute. Flurnamen 1477: in dat velt
na der blotenlonn; Hasenwinkel; Valenwech; nach der Ströbeck'sche Landwehr,
kolwech; over dem syk; Atensteter weg ; updevalenerde; Tanstetsche weg; over de
dale; Hadeber weg; auf die Anewende; auf den holen wech. H. Z. IIc,86,89,91.
IV, 386 f. VI, 454. XII, 77, 96.
Stenym, Steynum, Steynem, villa bei Veitheim, wahrscheinlich da, wo jetzt
das von Dewitz'sche Rittergut liegt, 1184. Archidiakonat Dardesheim. Gehörte
1378 zu Homburg. Die Kirche und deren Einkünfte kamen, nachdem der Ort
(durch Überschwemmung?) zu Grunde gegangen war, an die Pfarrkirche zu Veit-
heim, wohin auch die Einwohner übersiedelten. Identisch mit
Stein. Eine Steinmühle liegt noch jetzt an jener Stelle. Sie ist dem Amte
Homburg erbenzinspflichtig. Wüst war es wohl 1583. S.Hornburg. H.Z. 1,136.
Sükum, nördlich von Abbenrode. In der Nähe ein „Pfaffenkamp.''
Thidestorp, Meierei bei Mahndorf 1146. H.Z. III, 589.
Tonnigerode, zwischen Homburg und Rimbeck, westlich von d^r Jlse,
Archidiakonat Westerode.
14 Halberstädter Landkreis
Uhrnleben, bei Ströbeck 1086. Der Zehnte dort gehörte dem Kloster Ilsenburg.
Üplingen, Klein- und Gross-Üpl., zw. Rohrsheim und Dardesheim. Grund-
mauern, anscheinend von der Kirche, zwei Schlüssel (jetzt im Besitze der Fa-
milie Sauer zu Eohrsheim), Gräber, ein gepflasterter Weg wurden in der Mitte
dieses Jahrhunderts aufgefunden. Ein Brunnen, der Üplinger Born, bewahrt noch
(Ion Namen der Orte. Dicht dabei eine alte Gericlitsstätte, noch jetzt Thie geheisseii.
Utzleben (937), nordwestlich von Deronburg. üttislevo (1084), üttesleve (1259),
Utsleibin (1358). Als Archidiakonat des Hochstifts zuerst 1247 erwähnt Gericht
und Grafschaft, regensteinisch, hatten hier einen ihrer bedeutendsten Sitze. Die
Meierei 1259, das Utzlebener Feld 1322 und 1477. Daselbst „der von Severthusen
Hove*'. Die Kirche war von Wällen und Gräben umgeben, deren Beste noch
teilweise zu erkennen sind. H. Z. IIa, 1. f. 5. 20. IIb, 184. II c, 90 f. III, 231,330,
765. IV, 386 f. 402. XII, 128, 163. XXIIL 357, 358 u. s. w.
YinkeBtorp, wo? um 1204. Dort gab es eine der Körner des St. Johannis-
Stifts gehörige Mühle. Auch der Zehnte gehörte dem Stift 1225. Ungedr. Urk.
des Joh.-Stifts. Vielleicht identisch mit Dingstorp (s. o.)
Walvy, unter dem Fallstein bei Osterwieck. Walleweghe (1194), Walle-
wegkhe (1202), Wallewicghe (1372). Archidiakonat Osterwieck. Den halben
Zehnten bekam 1252 das Stift St. Bonifaz, den andern hatte schon 1194 das
Liebfr.-Stift zu Halberstadt; beides war ehemals bischöfliches Lehen gewesen.
1311 war es Lehnsbesitz der Ministerialen Ulrich und Ludolph. Ein Probst von
W. 1252, Pfarrer 1372. Als Wüstung genannt April 1460. Das Walwyer Feld
1549. Ein im östlichen Teile von Osterwieck in die Ilse sich ergiessender Bach
heisst noch jetzt "VValwyer Graben. H. Z. IV, 376.
Wedde, vielleicht identisch mit Wetteborn? (s. u.) Oder Dorf südlich von
Danstedt?
Klein-Wehrstedt, bei Wehrstedt; heisst jetzt die Wolfskuhle.
Westerbek, nordwestlich von Osterwieck am Fallstein. Villa 1318. Wester-
beek (1331). Archidiakonat Osterwieck. Der Zehnte war bischöfliches Lehen 1359.
Westerode, südlich bei Hornburg. Westerrothe (1147). Westirrode (1378),
gehörte damals zu Homburg. Archidiakonat Westerode. Die Kirche gehörte zu
den ältesten derartigen Gründungen und verdankte ihre Entstehung vermutlich
schon dem Bischof Hildegrim. Der Kirchhof ist Eigentum der Gemeinde Isinge-
rode geworden.
Wetteborn, 1(X)4, an der Chaussee auf dem halben Wege von Danstedt
nach Athenstedt. Witebuma (1084), Witheburne (1153), Witebome (1225), Wete-
borne. Archidiakonat Utzleben. Dort hatte 1004 ein Graf Wigger Besitzungen.
Auch das Joh.-Stift zu Halberstadt und das Kloster Ilsenburg waren dort be-
gütert. H. Z. IV, 26. XXIV, 316.
Wiby, Wibuge 1251, Wiboye 1311, zwischen Halb, und Wegeleben.
Die Kirche gehörte als filia zum Halberstädter Paulsstifte ; die Flur zu Harsleben,
als der Ort anfangs des 14. Jahrhunderts wüst war. Auch ein Rathaus (teatrum)
gab es dort, welches 1251 erwähnt wird. Besitzungen hatten dort: das Kloster
Adersleben; die v. Kreyendorf 1440; die v. Wegeleben 1480. Auf der Flur lag
Wüstungen : Utzleben - Zilly 15
die Grafengerichtsistiitte De grote frevel, daneben die Kapelle (1480). H. Z. IIc,
194; 111,160,452,642; XVIII, 199; XXII, 259, 262.
Wichhausen, Wighusen 937, Wiclihasen, Yickhusen 1400, ehemals be-
festigter Ort östlich von Derenburg. Archidiakonat Utzleben. Gericht und Graf-
schaft regensteinisch. Der Zehnte gehörte 1187 dem Domkapitel Die urawallto
Kirche, bis 1304 (15. Mai) zur Dionysiuskirchc bei Dcrenl)urg gehörig, wurde
seitdem von ihr getrennt und zu einer Parochialkirche gemacht. . Noch 1481
(25. Juli) wird W. als Dorf genannt, dessen Yogtei dem Stift Gandersheim zu-
stand. Daselbst auch ein Vorwerk, welches zur selben Zeit dem Stifte jährlich (?)
500 Wolfsangeln (??) zu liefern hatte. Noch vorhanden ist die sog. Wichhäuser
Mühle, zu Mahndorf eingemeindet; Privateigentum. Von dem Wichhäuser Kloster
sind noch Reste von Grundmauern auf dem sog. Kellerberge bis 1877 vorhanden
gewesen. H. Z. IIb, 6, 184. IIc, 90. IV, 386 f. V, 386. XII, 90, 92,
Wigenrode, an der Stimmecke, südlich von Suderode, zwischen Wiedelah
und Lüttgenrode. WigeroÜi (1139), Wigenrothe (1153), Wieherode (1599). Be-
sitzungen dort hatten das Petersbergkloster zu Goslar, nach diesem das Johannis-
stift. 1446 gehörte die Flur teilweise und 1545 der Klosterhof zu Stötterlingen-
burg. Ein Teich in der Nähe war durch Dämme verhindert, über seine Ufer zu
treten (15G3). H. Z. I, 272. IIb, 93, 217. 111,1024. VI, 543. In der Nähe süd-
östlich ein Flur „der Palast" genannt.
Winzersdorf, bei Halberstadt (?).
Ziesel, östlich von Hornburg, nach Rhoden zu am Zieselbach; etwa eine
Meile nördlich von Stötterlingenburg. Zuerst genannt' 1249. Zeczele (1249),
Tsesele (1290), Tziesele gegen 1358, Zissel, Ziszel (1500), Ziesel (1564). Archi-
diakonat Westerode. Die Kirche und Pfarce war Lehn des Münsters zu Goslar.
Z. war 1464 bereits wüst, Die Kirche wurde durch Bischof Gebhard von Halber-
stadt zur Kapelle degradiert und wurde mit der ünterpfarre zu Hornburg ver-
einigt (1539). Ein dem Kloster Neuwerk zu Goslar gehöriger ßnrghof mit 10
Hufen Land wurde 1524 dem Schlosse Homburg überwiesen. Flurnamen um
1500: Osterberg; na dein broke; up dem Duvestein; Weg nach Osterode uf den
Kley; uf der midddwande; auf den Kreuzweg vor dem Fallstein; uf den rischen,
uf dem Hundeschlagk; über einen breiten Grasweg; uf die dingwordt; uf den
brockgraven; bey der hesecken brüge; nach Homburg zwischen dem Rlioder und
Zisselerwege ; uf dem kampe; in den rischen; uf der Osterwische, — Die Be-
zeichnungen „Zieselfeld", „Zieselwiesen'\ „Zieselholz'' und „auf dem Zieselkirch-
hofe" sind noch übUch. H. Z. Yin,38 f. 77. XII, 120.
Ziegersleve, wo? Ungedr. Urk. d. Höchst.
Zilly, CzilUnge, inferior, zum Archidiakonat Dardesheim gehörig (siehe bei
dem noch bestehenden Dorf Zillv).
Wüstungen, deren Namen nicht zu ermitteln sind, befinden sich ausserdem:
1. nördlich von Gross-Quenstedt und der Wüstung Wirbeck „auf dem Gartling''.
2. östlich von Gr.-Quenstedt bei der Laurentiuskirche. S. das Kapitel Gr.-Quenstedt.
3. westlich von Kl.-Quonstedt am Assebach (vielleicht = Nieder-Runstedt?)
II. Die noch bestehenden Ortschaften des Landkreises
Abbenrode
Reichsfreiherr Gi-ote, Lexikon deutsclier Stifter etc. I, p. 3 — H. Z. an vielen Stellen.
— Die Kirchenbücher gehen bis 1620 zurück. Abbildung: Kupferstich von Funk, 1815.
Grösse 17:237, cm.
Hebenrotli (?) 937, Abenrod 964, curtis Abbenrod in pago Hartingo 964,
Abbenrod 1129, Abbenroth Ticus 1147, Abbanroth 1150, Abbenrothe 1218,Abben-
rodhe 1249, Habenrode 1252, Abberode 1400. Der Name bedeutet Rodung
des Abbo.
Dorf 28,4 km* westlich von Haiberstadt, an der Ecker, Einwohner: 1564,
42 Hauswirte, 1589 deren 48; heute 1150 Einwohner protestantischer, nur wenige
katholischer Konfession. Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft*
Archidiakonat: Osterwieck.
Geschichte: In A. hat schon 1086 das Kloster Ilsenburg Besitzungen,
1129 wird die curtis A., die bis dahin im Besitze des Pfalzgrafen Friedrich von
Putelendorf gewesen war, von diesem an einen Gebhard von Lochten geschenkt
Die Gründung des Klosters zuA. erfolgte 1145. Es war zuerst ein Doppelkloster,
wurde dann aber nur als Cistercienserinnenkloster benutzt Patron war der
h. Andreas. Die Kirche, um deren Patronat lange Zeit zwischen dem Andreaskloster
zu A. und dem Kloster Dsenburg Zwist geherrscht hatte, wurde 1243 auf Ver-
anlassung des Bischofs Meinhard in eine Probstei von 6 regulierten Chorherren
umgewandelt; der Probst sollte immer aus dem Kloster Ilsenburg gewählt werden.
Über die Patronate und Güter des Klosters vgl. Grote a. a. 0. Obgleich der
Besitz an Land nicht eben gering war, befand sich doch Anfang des 16. Jahr-
hunderts das Kloster in Vermögensverfall, derart, dass ihm 1504 die Abgaben
vom Bischof Ernst erlassen wurden. 1525 wurde es von den Bauern und kurz
darauf durch Räuber völlig zerstört. 1531 ging es an das Hochstift Halberstadt
über, unter dessen Patronat seitdem die Kirche stand. Heute ist daher das
* Samtliche Entfernungen von Halberstadt sind in der Luftlinie gemessen, der Halber-
Städter Dom als Nullpunkt angenommen.
' Die Landbewohner betrieben im Mittelalter wie noch jetxt voraugsweise den Ackerbau,
der sich abgesehen von den erst neuerdings eingeführten Kulturgewächsen mit denselben
beschäftigte wie heutzutage. Von Haustieren züchtete man Pferde, Rinder, Schweine, G&ise
Hühner u. s. w., ausserdem wurde des Honigs und Wachses wegen Bienenzucht getrieben. Zur
Gewinnung des nötigen Getränkes baute man Wein und Hopfen, letzteren in Menge in der
Nähe des jetzt wüsten KL-Harsleben. Der Hopfen zehnte , welcher dem Bischöfe gehorte,
wurde von dem geldbedürftigen Albrecht II I. 1368 dem Rate von Halberstadt verpfändet.
Das Bierbrauen wurde besondei-s in der Stadt stark betrieben [h. unten).
Abbenrode 17
Patronat königlich. Die Säkularisation erfolgte 1554. Seitdem verfiel das
Kloster; heute existiert keine Spur mehr davon. 1480 wird die Familie von
Wrampe in A. erwähnt
Flurname: 1324 Santbrink.
Die Kirche. Der niedrige, langgestreckte Bau stammt aus verschiedenen
Bauperioden. Der älteste Teil ist der Turm. Über dem Eingange in den Chor
steht die Jahreszahl 1695, doch hören wir auch 1589 von Kirchenbau, zu welchem
der Ertrag des Ootteskastens mit benutzt wurde. Das Schiff hat eine lichte
Länge von 24,50 m, eine Breite von 8,73 m. Der im halben Achteck geschlossene
Chor zeigt eine äussere Seitenlänge von 3,90 m. Das Kirchenschiff tritt südlich
über den aussen 7,55 m breiten Turmbau mehr als 3 m hinaus, während die
nördliche Wand mit der Turmwand bündig ist Die z. T. aus dem Lot ge-
ratenen Wände sind stellenweise durch Streben gestützt Die Kirche hat eine
aus Holz gewölbte Decke. — An der nördlichen Seite befindet sich die schmuck-
lose sogenannte Domhermprieche.
In den Fenstern (es sind auf jeder Seite 5) die sonst keine Merkwürdig-
keit zeigen, befinden sich an drei Stellen kleine gemalte Scheiben: 1. Wappen
des M. Hans Lampen; 2. eine Jagd mit dem Namen des abbenröder Försters
Christoph Zabell, 18. Jahrhundert; 3. der Gastwirt Hans Fürstake 1695.
Auf dem Turm befinden sich 3 Glocken:
1. Dm. 1,07 m. Sie zeigt die Jahreszahl 1532 und den Spruch:
pauwels es mynen naem my gheluyt sy gode bequame als verre als my
hören sal wilt god bewaren ovaral.
Ausserdem zeigt die Glocke ein Wappenschild mit 3 Türmen und 2 Händen
darüber; ringsherum liest man in teils lateinischen, teils gotischen Majuskeln
die Namen M.D. Blöder, Loder Kerckhof (jedenfalls Alderleute), femer zeigt die
Glocke in 3 Medaillons die Figuren Gottvaters, der thronenden Madonna und
die Halbfigur des Paulus.
2. Gegossen von C. F. Ukich in Apolda 1886.
3. Alter und Herkunft wie No. 2.
Diese beiden neuen Glocken sind der Ersatz für zwei alte, von denen eine
zersprungen war und eingeschmolzen ist. Die andere Glocke hat 0,37 m Dm.
Die langgestreckte Form weist auf hohes Alter hin. Eine Inschrift hat sie nicht.
Sie befindet sich noch zu Abbenrode im Besitze des Herrn Pastors Voigtel.
Altar. [Ein Altar S. Petri wird erwähnt 1468.]
Der geschnitzte Altar, Triptychon, zeigt die Kreuzigung innerhalb einer
Gruppe von 24 Personen. Die 1,14 m breiten Flügel zeigen aussen links oben
die Kreuztragung, unten die Grablegung; rechts oben Jesus vor Pilatus, unten
die Beweinung des Leichnams. Die inneren Seiten sind erfüllt mit je 6 Heiligen.
Die Predella zeigt das heil. Abendmahl. Das massige Werk stammt vom Ende
des 15. Jahrhunderts, befand sich früher in der Stephanikirche zu Goslar und
ist seit 1728 in A.
Die Kanzel zeigt reiche Schnitzerei und ist vom Anfange des 18. Jahr-
hunderts.
Gleichfalls schön geschnitzt ist die von 1708 datierte Orgel, erbaut von
einem Wemigeröder Meister, Christoph Cuntzius.
Krela Halb«rtladt. S
18 Halberstädter Landkreis: Abbenrode — Aspenstedt
Taufbecken, modern, etwa 30 Jahre alt. Ein älterer Tauf stein ist nicht
nachweisbar.
Von Altargeräten ist vorhanden ein neuer Kelch, eine ebensolche Kanne,
femer ein Kelch aus vergoWetem Kupfer 0,20 m hoch, von gotischer Form,
15. Jahrhundert, um den Knauf die BuchstÄben IHESVS; ist laut Inschrift der
Kirche 1651 geschenkt, 1652 vergoldet. Dazu gehört eine 1651 angefertigte
Patene von 0,15 m Durchmesser. [Ein silberner Kelch nebst Patene war als
Geschenk des f Amtmanns Albertus aus Zilly 1589 in der Kirche vorhanden.]
Bildwerke. An der Turmwand innen befinden sich die Reste eines
Reliefs, den thronenden Christus darstellend, soweit sich noch erkennen lässt,
von bedeutendem Alter. In der Kirche hängt das lebensgrosse Portrait des
Pastors Chry Sander (f 1721), des Wiederherstellers der Kirche.
[Eine Uhr wurde kurz vor 1589 neu angeschafft.]
Von andern Gebäuden sind vorhanden 1. die domkapitularischen Mühlen
(Papier-, Kupfer- und Schleif mühle), erbaut 1607 auf Veranlassung des Dom-
dechanten Matthias von Oppen durch den Baumeister Christoph Straube; 2. das
domkapitularische Jagdhaus, ausserhalb des Ortes, dicht bei der Wüstung Külinge-
rode 1757 erbaut [Erwähnt wird noch 1603 der sog. alte Schäferhof.]
Aspenstedt
Die Kirchenbücher geben bis 1661 zurück.
Aspenstede 1084, Espenstede 1096, Aspenstide 1191, Aspenstidde 1203,
Asmenstede 1241, Aspenstete 1358, Aspinstede 1402, Aszmustedt 1597 (Oppensches
Tagebuch, p. 5 ^).
Dorf 8,3 km nordwestlich von Halberstadt, am Assebach, mit 038 Ein-
wohnern (1564 43, 1589 66 Hauswirte), evangelischer Konfession, deren Haupt-
erwerb die Landwirtschaft bildet.
Archidiaconat: Halberstadt.
Geschichte: Seit dem frühen Mittelalter (1084 bezw. 1096) waren in A.
die Klöster Huysburg und Ilsenburg begütert, auch das Jakobikloster hatte im
13. Jahrhundert dort Besitzungen. Die Uten von A. gehörten zur Meierei in
Ströbeck; sie wurden 12G6 duieh den Bischof von der Vogtei der Gebrüder von
llabserude losgekault. Die Ijieiichubarkeit war regensteinisch und gehörte zu
dem Din^stuüi von Utzieüen; sie wurae i'doö an das Hochstift verkauft. 1485
finden wir A. als Sitz des Archipresbyters des Bannes Halberstadt. Von der
Ortsverwaltung werden ein Bauermeister und 2 andere als Alderleute des ,31^kes"
und Gotteshauses zu A. 1517 erwähnt Das Kirchenpatronat war ehedem hays-
burgisch; jetzt ist es königlich. 1564 gehörte der Ort der Domprobstei. Dassdie
Bewohner Weinbau betrieben, ist aus den Jahren 1096 und 1208 verbürgt.
Flurnamen: 1483 op deme wege nha Sarxtede vppedorp, jegen den
Oallenberch, vp den Sarxtedeschen grauen, in den Tanstedeschen wech, bouen
deme depen Szyteren, vp deme Atenstedeschen stich, vp de Voszhaler, tiegen
denn Szyteren, vp de Buxsborne, in de Langhe wisch, jegen der Smalenwisch,
vp des gadeshuszes acker, vp de Brunswikeschen strate, vp den Breden legheden,
nha deme holte, tieghen der Warde. — 1589 das Sanktmeriensgras.
^ Vgl. die interessanten Angaben im von Oppenschen Tagebuch, p 378 f. 8841
Aspensiedt (Kirche) — Athenstedt 19
Die aus Sandsteinbruchsteinen mit Bewurf erbaute Kirche (St. Urbani) hat
keinen Westeingang. Der romanische Turm zeigt einen rechteckigen Grundriss,
äussere Breite 8,35 m, Tiefe 5,33 m. Er wurde 1731 und 1779 erneuert und
erhielt 1834 einen neuen Knopf. Er verbindet sich durch einen grossen Halb-
kreisbogen mit dem Schiff. Dieses ist im Lichten (ohne Turmhalie) 17,97 m lang
und 6,73 m breit. Der Chor ist gerade geschlossen. Die Decke ist ein hölzernes
Tonnengewölbe,
Die Fenster (sädlich3, nördlich 4; 18. Jahrhundert) bieten nichts Bemerkens-
wertes. Ausserdem befinden sich in der Decke an jeder Seite 3.
Glocken giebt es 3, im Durchmesser von I,ü4 m, 0,79 m und 0,46 m.
Die erste ist 1664 durch Heise Meier in Wolfenbüttel, die zweite 1781 durch
Christian Knoblauch in Haiberstadt gegossen, die kleinste ist ohne Schrift.
Der Altar, die in ihn hineingebaute Kanzel (Stil Louis XIV.) und die
Orgel sind künstlerisch unbedeutende Schnitzwerke vom Anfange des 18. Jahr-
hunderts. Der Orgelchor stammt mit seinen geschnitzten Schnürrollen vom An-
fange des 17. Jahrhunderts.
Ein Tauf stein fehlt.
Das Gestühl stammt aus dem 17. Jahrhundert.
Altargeräte. [Die 1584 vorhandenen Wertsachen kamen damals durch
Diebstahl abhanden.] Jetzt ist vorhanden:
1. Tauf Schüssel, Silber vergoldet, modern.
2. Kelch, Silber vergoldet, gestiftet von Isidorus Hachspiel, Abt von Huys-
burg 1798, Höhe 0,24 m.
3. Kelch, Kupfer vergoldet, Höhe 0,12 m, 17. Jahrhundert.
4. Patene, Silber vergoldet, gestiftet von Diederich Christian Bette 1696,
Dm. 0,13 m.
5. Patene, Kupfer vergoldet. Dm. 0,08 m.
6. Oblatenscbachtel, Silber vergoldet, Halberstädter Beschau, Meisterzeichen
17 .
^ j^ß; gestiftet von Anna Margareta Stefi 1720; Dm. 0,09 m.
7. Kanne, Silber, modern.
Bemerkenswert ist in A. eine Quelle, neben der sich auf einer dunklen
Marmorplatte die Inschrift befindet: Klopstock hat aus dieser Quelle getrunken.
Zum Andenken von Gleim.
Athenstedt
Die Kirchenbücher gehen bis 1689, die Eirchrechnungen bis 1626 zurück.
Ate'nstede 1219, Attenstede 1316, Atenstidde 1451.
Dorf 10,7 km nordwestlich von Halberstadt am Ströbeckschen Fliess, mit
560 Einwohnern (1564 35 Hauswirte, 1589 deren 36), evangelischer Konfession.
Ihren Haupterwerb bietet die Landwirtschaft.
Archidiakonat: Bardesheim.
Geschichte: Als viUa Atenstede wird der Ort zuerst 1219 genannt. Graf-
schaft und Gericht waren regensteinisch und wurden 1343 an den Grafen Konrad
von Wernigerode verkauft Das Kirchenpatronat gehörte erst den Brüdern von
Halberstädter Landkreis: Athenstedt (Kirche)
Heimburg, seit 1340 dem Kanonikus Ludolf von Kissenbrück, dessen Bruder und
dem ersten Vikariat des Allerheiligen-Altars zii H. Bonifaz in Halberstadt Später
gehörte der Ort zum Amte Zilly. Auch das Silvestristlft zu Wernigerode war
hier begütert.
Flurnamen: Mitte ]4. Jahrhunderts: grasewissche. — 15(S Nortbei^,
Baderslebener Weg, Lutken-Steinstedter Weg, videgerade, Dendokgraben,
Santberg, Suderdal, Schevenberg, Tye, Danstedter Weg, grosse und kleine Sdtar-
tciese, Buggenberg, Koweg, Scheidelbom, Klaverwiese, Vertelsberg, Stil-
beke, Heerstrasse. — 1516 Nothdal, Ringenberg, fulebom, Snidalsberg, bruchten-
brok. — 1664 der Soltmorgen. — 1589 das Weitholz.
Die Kirche. Das im Lichten 35,70 m
lange und 7,80 m breite Kirchenschiff stammt
aus dem 18. Jahrhundert. Der Chor ist im
halben Zehneck geschlossen. Der Fussboden
zeigt Ziegelfliessen (Fig. 1), die z. T. von qua-
dratischer Form und mit eingepressten halben
Rosetten, ähnlich denen, welche oft an den
Schnitzereien der Holzhäuser vorkommen. Die
Decke ist mit Brettern eingewölbt und unbe-
malt Älteren Datums ist der Turm. Kr hat
quadratischen Grundriss (Seite 5^ m). Das
Fig. 1. Mauerwerk ist ziemlich schlecht, ein Gewölbe
im untersten Teil ist über Schalung gegossen.
Oben befinden sich auf allen Seiten je 2 kleine
Rundbogenfenster. Trotzdem ist er nicht romanisch, sondern unter Nachabmmig
der alten Form vor 1589 neu erbaut worden; die Kosten betrugen 600 Gulden.
Die Fenster (im Schiff auf jeder Seite 4, im Chor 2, in der Mitte eine
Thür) sind ohne Interesse, 18. Jahrhundert,
Glocken: 1. Dm. 1,17 m, sie bat die Inschrift: Anno 1611 Heinrich
Borstelmann in Magdeburg me fecit. Von den vielen Kamen, die auf derGlocke
verzeichnet stehen, interessiert besonders der des Dechans Matthias von Oppen.
Verziert ist die Glocke auf einer Seite mit der stehenden Figur des Petrus, auf
der andern mit einer Kreuzigungsgruppe.
2. Dm. 0,72 m, sie ziert in rückläufiger Schrift und gotischen Majuskehi
die Inschrift:
AVE MARIA GRA PL Hh
Zeit anscheinend 14. Jahrhundert. Auffallend ist ihre unten stark ausladende
Form. Sie wurde 1853 vom Rittergut Deersheim gekauft
Der Altar, entstanden auf der Grenze des 17. zum IS. Jahrhundert, ent-
spricht im Typus dem von Aspenstedt, ist aber weniger zopfig als jener.
Die Kanzel gehört zum Altar. Auf der einen Seite sieht man ein offenes,
auf der andern ein geschlossenes Buch, in der Mitte einen schwebenden Engel.
Umsclirift unten herum:
Annoeh versteckt
gantz unbefleckt.
Hier recht entdeckt.
Atbenstedt (Kirche, Pro^Dgebände) — Berssel 21
Die Orgel, 18. Jahrhundert, ist geschnitzt, oben 4 tleine Figuren.
Das Taufbecken ist in Messing getrieben, zeigt in der Mitte die Gruppe
der Verkündigung, um welche eine der bekannten sinnlosen Inschriften läuft.
Der Rand ist mit kleinen eingegrabenen Verzierungen belebt. Ganzer Dm. 0,40 m.
Die mit Schnitzereien verzierte Empore stammt aus dem 18. Jahrhundert.
Bildwerke. Die aus Holz in dreiviertel Lebensgrösse geschnitzten Figuren
Johannis d. T. und Johannis d. Ev. aus dem 18. Jahrhundert stammend zieren
die Wände der Kirche.
A.lt arge rate. [1589 gab es in der Athenstedter Kirche einen sehr kleinen
Kelch, der durch einen grossem ersetzt werden sollte.] Die jetzigen Geräte sind
1. ein Kelch, vergoldetes Silber, mi^ 6 lappigem Fuss und rundem Knauf;
am Fusse ein silbernes Kruzifix^ Halberstädter Beschau, Marke MC. Höhe 0,23 m ;
17. Jahrhundert ;
2. ein zinnerner Kelch, Höhe 0,18 m;
3. eine silberne vergoldete Patene, Dm. 0,14 m, mit eingraviertem Kreuz,
Beschau und Marke wie bei No. 1 ;
4. eine silberne Oblatenschachtel und
5. eine silberne Kanne sind modern.
Am Turme befinden sich südlich 2 anscheinend aus dem 17. Jahrhundert
stammende Inschriften ; sie sind fast unleserlich und scheinen Namen von Kirchen-
vorständen zu bedeuten.
Von anderen Gebäuden ist kein bemerkenswertes vorhanden. [Der Hof
des Gebhard von Kneitlingen wird 1606, der Pfarrhof 1607 erwähnt]
Berssel
A. von Rosäing , Zur Geschichte der Herren v. Röusing. Celle 1880. — Die Kirchen-
bücher gehen bis 1595 zurück. — Vgl. auch Harzztschr. XI, 874.
Bireslevo 1018, Bireslove 1148, Bei-ssle 1194, Berzel 1195, Bersele 1200,
Bersle 1276 und sonst häufig, Bersslle 1471, Perzel 1555, Berstel 1606, Börsel 1815.
Dorf 21,6 km westnordwestlich von Halberstadt, an der Ilse, mit 933 Ein-
wohnern evangelischer Konfession; wenige Katholiken. Den Haupterwerb bildet
die Landwirtschaft.
Archidiakonat : Osterwieck.
Geschichte: Der Ort wird als villa zuerst 1018 erwähnt, bei der Gelegen-
heit einer Schenkung des Bischofs Arnulf an das neugestiftete Kloster Ilsenburg.
Dasselbe blieb auch in der Folgezeit für Berssel von entscheidender Bedeutung,
wie die im Ilsenburger ürkundenbuch (II, 377 ff.) aufgezeichneten Verpflich-
tungen Berssels gegen das Kloster beweisen. Grafschaft und Gericht waren bis
1343, wo sie an die Grafen von Wernigerode verkauft wurden, regensteinisch.
1398 kam B. in den andauernden Besitz der Familie v. Rössing (Rossingen,
Rossing, Rötzingen, Rottinge, Rottinghen, Rossy), welche gleichzeitig in den Be-
sitz des Erbmarschallamtes des Hochstifts Halberstadt gelangten. Der ilsen-
burgesche freie Klosterhof, auch des Abts Hof genannt, wurde ihnen 1560 in
Pacht gegeben. 1832 ist das Gut aus ihrem Besitz gelangt. Ihr Wappen zeigt
einen gekrönten Löwen. Heute ist das Gut im Besitze der Familie von Gustedt.
22 Halberstädter Landkreis: Berssel (Kirche)
Der Ort zählte 1589: 60 Hauswirte, zugleich hielten die Rössings eine An-
zahl von Schutzjuden ; die Pfarre stand zur selben Zeit noch unter Ilsenburger
Patrenat.
Die Ortsobrigkeit bestand 1490 aus dem Pfarrer, 2 Alderleuten, dem Vogt
und 2 Bauermeistem.
Flurnamen: 1589 Zef erläge; dabei befanden sich die Amtsteiche, deren
mittelster 1605 ausgetrocknet werden sollte. Noch jetzt giebt es nordöstlich von
B. ein Söberla-Holz (Jeuerloh 1604). — 1607 ümme Flut, Sonn wiese, Qelthoffe,
Sambtwiese, Überteich.
Die Kirche stammt in jetziger Gestalt von 1688, jedoch ist der Chor 200
Jahre älter. Die Decke der Kirche ist ein hölzernes Tonnengewölbe. Der spät-
gotische mit Vorhangbögen und verschlungenen Stäben gezierte Choreingang
trägt die Jahreszahl 1488, welche bei der Herstellung der Kirche in 1688 ver-
ändert worden ist. An dieses Wiederherstellungsjahr erinnert eine aussen an-
gebrachte Tafel, welche besagt, dass Hermann Friedrich v. Rössing (f 1692) die
Kirche auf seine Kosten von Grund aus erbaut habe.
Der Turmbau stammt aus alter Zeit, trägt aber einen aus der Zeit
des Umbaus stammenden Helm. Seine lichte Weite beträgt 6,19 m, während die
des Kirchenschiffes 8,58 m beträgt bei einer Gesamtlänge von 29,36 m. Der
Turm besitzt keinen Westeingang (der jetzt vorhandene ist nicht ursprünglich),
und hat einen grossen Halbkreis-Bogen als Verbindung mit dem Schiff auf
Kämpfern, welche aber in neuerer Zeit abgemeisselt worden sind. Das Schiff
ist verhältnismässig niedrig, die 8Fenster zeigen Spitzbögen: die Wände werden
durch starke mehr als meterdicke Strebepfeiler gehalten. Der Chor ist im halben
Zehneck geschlossen (Seitenlänge 3,38—3,51 m).
Glocken. 1. Dm. 1,19 m, gegossen 1702 von Heise Meyer in Wolfen-
büttel. Sie trägt die Inschrift:
Cum sibi subjectis magni fecere patroni
Quos Rossingiadum stirps generosa dedit
Ad Sacra christicolas sonitu ut campana vocarem
Essern et bella, faces» funera, laeta, canens.
2. Dm, 0,91m. Sie zeigt in sehr schönen Majuskeln (Fig. 2) den Spruch:
WMM ^©feIMJ€£«%r® .
1- ig. iJ.
Auf der einen Seite der Wandung ist in die Form ein plumpes Kruzifix mit
Maria und Johannes (Fig. 3) eingeritzt. 13. Jahrhundert.
3. Dm. 0,67 m. Gegossen von C. L. Meyer in Braunschweig 1722.
Altar. Er zeigt unbedeutende Schnitzereien vom Ende des 17. Jahrhunderts
und ist mit 2 Kössingschen Wappen geschmückt.
Berssel (Kirche)
23
Die Kanzel zeigt die Figaren von Oott Yater, der Madonna und den
4 Erangelisten und ist in gleichem Stil gehalten.
Die Orgel ist neu und von Böver in Neindorf erbaut
Abendmahlsgeräte. Eelch von 1625, 0,23 m hoch, von vergoldetem
Silber mit sechsluppigem Fuss. Er zeigt die Wappen derer v. Rössing und
y. Münehbausen , ausserdem die Halberstädt^r Beschau und das Zeichen %^
Ein anderer Kelch von 1701, 0,19 m
hoch, von vergoldetem Siber zeigt die
Halberstädter Beschau und das Zeichen
T. T. 170.. Eine Patene von ver-
goldetem Silber ist innen mit einem
Emailbilde (leider von Säure ange-
griffen) geschmückt, welches Christus
umgeben von den Marterinsti'umenten
darstellt. Anfang 18. Jahrhundert, Dm.
0,15 m, der Email 0,04. Das Meister-
zeichen ist unkenntlich.
Von Paramenten ist besonders
bemerkenswert eine Altardecke von
rotem Sammet (2,75 m lang, 0,95 m
breit). Sie zeigt in der Mitte eine
grössere Stickerei, Christus am Kreuz
(0,58 m hoch), links von ihm kniet
die Stifterin Ilse Dorothea v. Rössing.
Aasserdem ist die Decke mit 4 Wappen
geschmückt, wovon die v. Rössing, Behr
und Marenholtz bestimmbar sind. In
einer Kartouche oben links neben der
Stifterin steht ausser einem frommen
Spruch ihr Name und die Jahreszahl 1610. Die Stickerei ist in Seide teils mit
Plattstich teils mit Aufnäharbeit ausgeführt und aufs reichste mit Gold, Silberund
Perlen geziert. — Eine kleine Decke von schönem, hellgrünem gemusterten Sammet
mit grün und roten Seidenfransen ist aus dem 16. Jahrhundert. — Eine kleine rote
Sammetdecke mit Lorbeerkranz und Krone bestickt von 1675 und eine rote Seiden-
damastdecke von 1676 sind ebenso wie die anfangs erwähnte grosse Decke mit
schönen Goldspitzen eingefasst.
Von Bildern sind vorhanden: Das Portrait des Pastors Gregor Hasen-
winckel (gemalt 16^^, in seinem 62 Jahre), ferner die von Trophäen unip:ebonen
Bildnisse zweier Herren v. R()ssin«:.
Ein gut erhaltenes im Innern des Chors an der Wand angebrachtes
Epitaph zeigt die Kgur der Katherine v. Behr, der Frau des 1616 gestorbenen
Julius Heinrich v. Rössing. Oben befinden sich das Rössing'sche und Behr'sche
Wappen, an beiden Seiten herunter je 7 kleinere. Eine Inschrift fehlt. Die Figur
ist kostümgeschichtlich interessant, besonders wegen der hohen oben flachen
Haube, eines Kleidungsstückes, welches in derselben Form vereinzelt noch jetzt
getragen wird.
Fig. 3.
24 Halberstadter Landkreis: Berssel — Bexheim — Böhnshausen — Bühne
[Wann eine urkundlich 1482 genannte Kapelle untergegangen ist, ist
unbekannt]
Von sonstigen Gebäuden werden genannt das Vorwerk 1290, die Obere
Mühle 1400 (vielleicht identisch mit der under der borneken genannten), der
Merbekeshove 1467, Kreyenhoffe 1497, Tevenhouffe 1497, die Schenke 1481.
unweit des Ortes bei der Kirche befindet sich eine ältere, von einem Graben
umgebene Verschauzung, im Volksmunde die ühlenburg genannt.
Bexheim
Berteneshem um 968 — 996 ; — Becthesemll85; — Bechtesem 1358; — Bech-
gitssem 1361; — Bechtessem 1369; — Bechtsem 1370; — Beckzem 1382; —
Bichtesem 1405; — Bexem 1664.
Der nie ganz selbständige Ort ist immer nur sehr klein gewesen. Er hatte
1564 elf, 1589 zwölf Hauswirte. Jetzt wird seine Bewohnerzahl auf 18 Seelen
berechnet Geschichtlich gehört er völlig zu Deersheim. Vgl. das betr. Kapitel.
Böhnshausen
Leibrock, Chronik der Stadt und des Fürstentums Blankenbiirg.
Bionshus um 937; — Buneshusen, Anf. d. 13. sec. {Lehnsregister des Grafen
Sigfrid IL von Blankenburg. H.-Z.üc, 91.); — Bunshusen 1222; — Bönshusen
1358 ; — Boneshusen 1361.
Gutsbezirk 7,2 km südwestlich von Halberstadt
Archidiakonat : Halberstadt.
Geschichte: Das ehemalige Dorf B., welches angeblich von Bia, der
Witwe des Gaugrafen Friedrich gegen 937 gegründet war, blieb unter der Graf-
schaft und dem Gericht von Regenstein, auch nachdem die Grafen ihre Rechte
über die meisten andern Dorfschaften verkauft hatten. Die Kirche war zuerst
der von Ergstedt untergeordnet, seit 1222 aber eximiert. Sie stand unter regen-
steinischem Patronat. Die Pfarrei wird noch 1445 erwähnt, also um dieselbe
Zeit, wo das Dorf B. in den kriegerischen Wirren zu Grunde ging. 1612 kam
der Rest an das Hochstift Halberstadt, nach dessen Übergang an Preussen B.
eine königliche Domaine wurde. Sie befand sich zuerst im Besitz der Familie
von Strauss, seit den letzten 150 Jahren ist das Gut Privateigentum der Familie
Hertzer. Politisch und kirchlich gehört es zu Langenstein.
Am Herrenhause sieht man die Wappen v. Strauss und Dötichen. Reste
von Fundamenten älterer Baulichkeiten sollen gelegentlich gefunden worden sein.
Dieses me die übrigen Gebäude bieten kein archäologisches Interesse.
Bühne
Die Kirchenbücher gehen bis 1658 zurück, die Kirchenrechnungen bis 1687.
Bunethe 1224, Bunedhe 1247, Bunede 1249, Bunde 1308, Bünde 1343,
Bune 1607.
Dorf 30,6 km westnordwestlich von Halberstadt an der Ilse mit 300 Ein-
wohnern (1564 31, 1589 32 Hauswirte), evangelischer Konfession, deren Haupt-
erwerb die Landwirtschaft bildet.
Bühne (Geschichte^ Kirche) 25
Archidiakonat: Osterwieck.
Geschichte: In dem 1224 zuerst genannten Orte waren Anfang des
14. Jahrhunderts die Familien v. Berwinkel und v. Krebs angesessen. Auch das
Kloster Stötterlingenburg hatte hier Besitzungen. Herr des Ortes im Ganzen
aber war das Domkapitel von Halberstadt Als 1343 die Regensteiner ihre Rechte
über Stötterlingenburg und dessen Zubehör veräusserten, ging der betreffende
Teil von B. an die Braunschweiger Herzöge über. 1363 verpfändete Bischof
Ludwig B. samt Wülperode und andern Orten an die von der Gowische; 1383
gab Bischof Albrecht dieselben Dörfer denen von Rössing zum Pfände, ein Ver-
trag, der späterhin noch öfters erneuert wurde. 1481 finden sich Vertreter der
Familie v. Burgsdorf als Lehnsleute des Hochstifts in B. Das Patronat der Kirche
hatte noch 1564 das Kloster Stötterlingenburg, jetzt ist es königlich. Der Pfarrer
wird schon 1310 erwähnt.
Flurnamen: 1564: Der Hopfenhof, der Papenwinkel, das Klusebleek, die
Thamwiese, die Meinwiese, die Salzwiese. — 1589: die Dornenwiese, die Hainlage
am Fallstein, unter dem Espenberge, die Papenhegge, Dambwiese, Klausbleek.
Die aus Wöltingeröder Rogenstein erbaute Kirche hat ein sehr weites
Schiff (lichte Länge 23,10 m, Breite 9,80 m), welches aus dem 17. Jahrhundert
stammt; der Chor ist im halben Achteck geschlossen, die Decke aus Brettern
gewölbt. Der aus Bruchkalkstein erbaute Turm hat eine äussere Breite von
6,96 m, eine Tiefe von 5,60 m. Er ist in Annäherung an die romanische Form
eines älteren Turms 1566 neu gebaut.^ Ein Halbkreisbogen vermittelt die Ver-
bindung mit dem Schiff; ein Westeingang fehlt. Der Turm ist mit einem ganzen
Walm gedeckt, der einen kleinen Dachreiter trägt.
Drei Glocken befinden sich auf dem Turm.
1. Dm. 0,92 m. Die durch einige Querstreifen belebte Glocke zeigt oben
folgende, durch fehlerhaften Guss mehrfach unleserliche Inschrift: + anno + dm
m cccc dar ... in (?) ... ghoet hermen koster . . . my ... d . . : ere (?) godc(s)
... sunte pancraci
Auf der einen Seite ist eine thronende Maria, auf der andern ein Kruzifix.
Das Gerüst, in welchem die Glocke hängt, zeigt die Jahreszahl 16 . . 5.
2. Dm. 0,90 m. Die Glocke hat folgende obere Umschrift (Kg. 4), welche
offenbar von einem des Schreibens nicht Kundigen herrührt:
Flg. 4
3. Die Stundenglocke befindet sich in unzugänglicher Stellung in dem
Dachreiter.
Der Altar ist 1857 neu erbaut.
'' Die Kanzel und die Orgel sind gleichfalls neu, desgleichen der hölzerne
Taufstein. Das Gestühl ist 1742—47 aufgestellt.
' Nebe, Kirchen visitationeo.
26 Halberstädter Landkreis : Bühne — Danstedt (Geschichte, Kirche)
Altargeräte. [Ein zinnerner Kelch, der 1589 erwähnt wird, ist nicht
mehr vorhanden.] Die jetzigen Geräte sind:
1. ein silberner Kelch; Beschauzeichen Adler (Frankfurt?). Marke T/H.
2. Patene, Silber, Dm. 0,14 m. Beschau und Marke wie vorher.
3. ovale Oblatenschachtel, Halberstädter Beschau, Marke L G. M. Dm. 0,11m.
4. ein platiert silbernes Taufbecken und eine zinnere Kanne sind modern.
[1567 erhielt die Kirche eine neue Uhr.]
Von andern Gebäuden ist bemerkenswert das Pastorenhaus, an dessen
Saumschwelle sich die Inschrift befindet: IN CX)ELIS MAIORA ERVNT PRAEMIA
QVAM SANCTORVM PIA DESIDERIA. Hier ist nur Angst vnd pein dort dort
wird Freude sein Dahin nach [?] Gottes Wille wir frommen [?J sanfft vnd stille
nach diesen Jammer Jahren im friede wollen fahren. I.L.W.A.I. L. K. P.
Ein anderes Haus zeigt die Zahnschnittmotive des 17. Jahrhunderts.
Danstedt
Chronik oder kurze geschichthche Nachricht von der Gemeinde D. von Kantor Wilhehn
Vogeler, Halb. 1852.
Die Kirchenbücher gehen bis 1775 zurück.
Die Namensform beginnt in ältester und neuester Zeit mit D, im 13.—
17. Jahrhundert meist mit T. — Dannenstedi 1004, Dannenstidde 1084, Dannen-
stede 1096, Danstade 1136, Dannenstid 1148, Danninstide 1194, Dunstide 1196,
Donstede, Danstide 1216, Donstide 1257, Tannenstede 1266, Thannenstede 1289
Tanstede 1343, Tanstedde Mitte des 14. Jahrhunderte, Danstidde 1493, Danstet 1519,
Dannstett 1520, Tanstet 1538, Tanstedt 1554, Thenstedt 1616.
Dorf 11,2 km westlich von Halberstadt mit 892 Einwohnern, evangelischer
Konfession, deren Haupterwerb die Landwirtschaft bildet.
Arohidiakonat: ützleben.
Geschichte: Danstedt wird 1004 zuerst erwähnt, und führt 1516 die Be-
zeichnung Bleek; 1520 wird es oppidum genannt. Der Zehnte gehörte bis 1096
dem bischöflichen Ministerialen Luder, wurde aber damals von Bischof Herrand
an Ilsenburg gegeben. Das Einzelne darüber vgl. imilsenburger UrkundenbuchH,
400. Auch die Dompropstei empfing von hier jährlich gewisse Abgaben. Die
Einkünfte der Meierei waren bischöflich. Grafschaft und Gericht waren regen-
steinisch, wurden aber 1343 an Konrad von Wernigerode verkauft. 1485 war
D. der Sitz des Archipresbyters des Bannes ützleben. Als Ortsverwaltung werden
1520 Bauermeister, Rat und ganze Gemeinde genannt. 1613 ging der Ort in den
Besitz des Domkapitels über. Das Kirchenpatronat ist heute königlich. — Der
Danstedter Zollen 1815.
Flurnamen: 1467 vor dem Volcmer euer; in dem Krummen lande;
vp den Tanstede wech; tighen dem Tanstede dore; vp der Holtstede; an der
borch; vor dem Sakendale; — 1554 of dem ßambecke. —
Die Kirche (S. üdalricus). Das Schiff stammt aus dem 18. Jahrhundert,
Länge im Lichten 29,11 m, Breite 7,64 m. Der Chor ist im halben Achteck ge-
schlossen (vSeite 4,03 m), Fenster sind auf jeder Seite 4, in den Chorwänden je eins.
Die Decke ist aus Brettern gewölbt und mit geringwertigen Malereien (die Drei-
einigkeit, Erzengel, David, musizierende kleine Engel) bedeckt; 18. Jahrhundert.
Danstedt (Kirche, Profangebäude) — Dardesheim 27
Südlich ist eine kleine Halle vorgebaut Der Turm, welcher ebenso wie
die Kirche aus rohen Quadern erbaut und beworfen ist, stammt aus romanischer
Zeit, hat rechteckigen Gmndriss (äussere Breite 5,73 m, Tiefe etwa 4,50 m), be-
sitzt keinen Westeingang, dafür aber einen grossen Halbkreisbogen zur Ver-
bindung mit dem Schiff.
Die 3 Glocken haben einen Durchmesser von 1,28 bezw. 1,19 und 0,48 m.
Die grösste hat ausser anderer Schrift die Angabe: Christian Ludewig Meyer
gos mich zu Brauns : Anno 1710. Die zweite führt in ihren Inschriften den Ver-
merk, dass die Glocke von G. N. Kasten in Halberstadt 1742 neu gegossen worden
sei. Auf derselben Glocke zeigt sich das vom Giesser oft benutzte viereckige
Medaillon. Die kleinste Glocke ist ohne Schrift
Der Altar, in welchen die Kanzel in der Mitte eingebaut ist, stammt
vom Anfange des 18. Jahrhunderts. Er ist mit nicht gerade geschmacklosen aber
eb^^as überladenen Schnitzereien, an der Piedella und dem oberen Aufbau mit
fflittelmässigen Malereien sowie mit den plastischen Figuren des Petrus, Paulus,
Johannis d. T., Moses, ganz oben des Heilandes geschmückt.
Auf dem Boden befindet sich ein altes Altarschnitzwerk des 15. Jahrhunderts
von unbedeutendem Wert: in der Mitte die Madonna, rechts und links je zwei
männliche Heilige übereinander (einer fehlt). Die Gewänder und der Grund sind
vergoldet.
Die Orgel ist modern.
Altargeräte: 1. ein Kelch von vergoldetem Kupfer mit 6 lappigem Fuss,
woran eine silberne Kreuzigungsgruppe ; runder Knauf mit gestochenen Mustern.
Höhe 0,23 m, 17. Jahrhundert 2. Patene von vergoldetem Kupfer mit aufgraviertem
Kreuz, Dm. 0,16 m. 3. Eine bleierne Patene von 1772. 4. Ein bleierner Kelch.
5. Eine bleierne Oblatenschachtel. 6. Eine moderne silberne Kanne. 7. Ein
silberner Löffel.
Leuchter: Die beiden Kronleuchter sind aus der Servatiuskirche in Quedlin-
burg. Der eine ist oben mit einer männlichen Gestalt im Zeitkostüm geschmückt,
er zeigt an den Armen Delphine und unten einen Löwenkopf, der andere hat 9
einfach ornamentierte geschwungene Arme um eine Kugel herum. Beide sind
von Messing, der erste neuerdings vernickelt Beide 16. Jahrhundert
[Von anderen Gebäuden werden erwähnt: der Vorwerkshof vor dem
Westthor 1460; — der Grasehof 1467; — das Klostervorwerk 1493, 1516, „vor
Tanstedt jegen der gemeinde deich", 1554; — der neue Turm „zwischen Hanse
Winckel vnd der Sekein holtzem'* 1554; — die Schaf brücke am Teichdamm 1608;
— zwei Höfe, die Helle genannt, 1615.]
Ein grosser Brand, welcher D. gelegentlich betraf, ist Ursache, dass ältere
Häuser gegenwärtig nicht mehr vorhanden sind.
Der Kirchhof ist von einer halbkreisförmigen ümwallung umgeben.
Dardesheim
Kirchenbücher gehen Mb 1655 zurück.
Dardessem, Dardi8sll94; — Derdesseim 1218 ; — Derdesheim 1219 ; -— Der-
densem 1277; — Derdesheym 1282; — Derdesem 1307; — Derdesum 1385; —
Derde8suml390; — Derdessen,Derdessheml468; — Dardessen, 15. Jahrhundert; —
28 Halberstädter Landkreis: Dardesheim (Geschichte, Strassen, Kirche)
Derdessym 1560; — Derdissem, Dardeseihm 1579; — Darssem, Ende 16. Jahr-
hundert; — Dardessem 1600.
Stadt, 17,4km nordwestlich von Halberstadt am Ealbkebach mit 1524 Ein-
wohnern, die der Konfession nach fast durchweg evangelisch sind, nur 42 siud
katholisch. Haupterwerb bildet die Landwirtschaft und einiges Klein-Handwerk.
(1564 hatte die Stadt 90, 1589 120 Hauswirte.)
Archidiakonat : Dardesheim.
Geschichte: Das Archidiakonat zu D. wird 1218 zuerst erwähnt; die
Kirche, deren Patronat dem Domprobste von Halberstadt zustand (es ist daher
heute königlich), ist sehr viel älter und gehörte wahrscheinlich zu den bei der
Christianisierung der Gegend durch Hildegrim gegründeten. Der Inhaber der
Pfarre war zugleich Vikar beim Stephanialtar im Dome zu Halberstadt Dass
der Pfarrer ein eigenes Siegel führte, wird 1390 berichtet. Ihm zur Seite standen
die 1411 erwähnten Aldermänner. Dass zu D. ein Kaland bestanden habe, ist
überliefert, aber nicht beglaubigt (H.-Z. XH, 549). — Die Vogtei des Ortes, dessen
Stadtrecht ihm zu unbekannter Zeit, aber jedenfalls erst nach 1492, verliehen ist,
weil er damals noch bleke efte dorpe heisst (noch 1564 heisst ein Teil das Niedem-
dorf) hatte bis 1282 der Markgraf vonMeissen, der sie in diesem Jahre an das Dom-
kapitel von Halberstadt abtrat Der Vogt desselben, welcher sich von da an dort
aufhielt, muss eine bedeutende Rolle gespielt haben, da ihm gleichzeitig das
Patronat mehrerer Vikarien in Halberstadt übertragen war. Für den nördlichen
Teil des Archidiakonates befand sich eine regensteinische Gerichtsstätte auf dem
benachbarten Dreiberge. Das Gut, welches ursprünglich zur Administration der
Domprobstei gehörte, war zeitweise Eigentum der Familie von Schafstedt, dann
derer von Gustedt Heute gehört das Rittergut dem HeiTn Dippe zu Quedlinburg
Flurnamen: Bi der vravisch 1372; — am Orth berge 1589.
Von Strassen des Ortes werden urkundlich erwähnt: der Klint 1390; die
Strasse hinter dem Turm 1411; von Befestigungen: das hohe Thor 1493.
Die Kirche ist modern. Desgleichen ihr meistes Inventar mit Ausnahme
1. einer aus dem 18. Jahrhundert stammenden steinenien Figur des h. Stephan
(über dem Westeingange), der also wohl, da die Kirche ehemals domprobsteilich
war, der Schutzheilige der Kirche gewesen ist; 2. zweier Glocken: a) Dm. 1,12m.
Umgegossen 1778 von C. H. Knoblauch in Halberstadt; b) Dm. 0,86 m von
schlechtem Guss mit zwei fast unentzifferbaren Minuskelumschriften. Oben steht:
ano dni mcccc yn dem Ixxx gloria in excelsis deo et
in terra pax et hbus
Unten scheint zu stehen:
fcsta tua rüde (?) hyghen (?) den fondyc (?)
... byn ... reabe ghoten.
c) eine dritte Glocke von 1,41 m Dm. ist 1871 von Ulrich in Laucha gegossen;
3. des mit reichem geschnitzten Laubwerke geschmückten Orgel Prospektes,
18. Jahrhundert; 4. des jetzt als Opferbecken dienenden messingenen ehemaligen
Taufbeckens, datiert 1733; 5. der Altargeräte: a) Kelch von vergoldetem Silber,
Höhe 0,18 m, sechslappiger Fuss, sechseckiger Knauf mit den Buchstaben IHESVS.
Dardeeheim (Kirche) 29
Am Fasse ein silbernes Kruzifix. Marken H CR L. b) Kelch von vergoldetem
Silber. Fuss und Knauf rund. Mit eingraviertem Kreuz und Filigranverzierungen.
Höhe 0,18 m. Datiert 1626. Halberstädter Beschau. Meisterzeichen unkenntlich,
cd) Deckel zu beiden Kelchen, e) Patene; vergoldetes Silber; Dm. 0,15 m.
Mit graviertem Kreuz. Datiert 1696. Halberstädter Beschau. Marke MG. f) desgl.
Dm. 0,14 m. g) desgl., datiert 1695, Dm. 0,14 m. h) kleiner Kelchlöffel von ver-
goldetem Silber, 17. Jahrhundert, i) bleierne Kanne, 1744.
[1564 gab es in der Kirche einen sog. Frühmessenaltar. 1589 wurde eine
Orgel bei der Visitation vorgefunden, welche damals erst unlängst erbaut war.
Die Kosten waren von der Kirche, besonders aber von dem Stiftshauptmann
Heinrich v. d. Luhe getragen worden. Bei derselben Gelegenheit wurde das
Inventar der Kirche festgestellt, wie folgt:
ein goldenes Stück Messgewand mit Kasel und Alba,
ein grünsammtenes Messgewand,
ein desgl. von grünem Damast,
eine Chorkappe,
sechs gemeine Messgewänder,
vier gemeine Diakonenröcke,
zwei Handzweien,
eine Altarzwele,
zwei Kasein,
eine Alba.
Auf dem Altar des h. Stephanus gab es :
ein Jesuskind,
drei Leuchter,
vier zinnerne Kännchen,
ein Laken,
eine Zweie über dem Altar,
ein Antependium mit etlichen Spangen,
vier Ruchein (Rauchfässer),
ein Tuch über die Toten.
Von Büchern waren vorhanden:
vier Missalien,
eine lateinische Bibel,
drei Vesperalbücher,
drei Psalterien,
eine alte Agende,
ein Ghoralbuch Lassii,
ein desgl. Spangenbergi,
ein deutsches Gesangbuch,
drei Gradualien.
Im Gewahrsam des Küsters befanden sich:
das Viatikum,
eine Schüssel und ein Näpfchen,
zwei Kelche mit Patenen,
etliche Tücher und Servatica,
1
30 HalberstAdter Landkreis: Dardesheim (Hospital, CIqb)
zwei Kartekentüchlein über den Altar beim Sakrament,
zwei kleine Leucbter,
Lutheri Postille in zwei Teilen, Geschenk des alten Meiere Cyriacus
LoEsan in Halberstadt,
ein Handfass und ein Löwe (Aquamanile?),
zwei Glocken.
Von allen diesen Gegenständen ist nichts mehr nachweisbar.]
Das Hospital der Stadt ist modern.
[Bis vor wenigen Jahren stand vor dem westlichen Tliore der Stadt,
dem ehemals sog. tvdore ein kapellenartiges Gebäude (Fig. 5), oblong im
Grundrisse, mit kleinen Rundbogenfenstem , aber mit spitzbogiger Thür. Das
Ziegeldach war abgewalmt Das Gebäude fahrte zuletzt die Bezeichnung
Fig. 5.
GluB, war aber ursprünglich ein Hospital, der h. Anna geweiht und angeb-
lich 1435 Ton Friedrich von Hake, Domprobst zu äilberetadt, gestiftet
(H.-Z. XH, 549), Auch die Dompröbste Quirre und Balthasar von Xeuenstadt
trugen zu seiner Ausstattung bei. Die Inschrift anno dni tncccclxxviii, welche,
in Stein gemeisselt, sich über der Eingangsthür befand, mag sich auf die Thälig-
keit eines gewissen Johannes Michaelis bezogen haben, der 1475 im April vom
Kapitel des Laterans die Erlaubnis erhielt, in Dardesheim eine Kapelle zu er-
richten zu Ehren der h. Dreieinigkeit, der fünf Wunden Christi, der h. Jungfrau,
der hh. Anna, Johannes Bopt. und Evang., sowie aller Heiligen. Das Hospital
diente als Herberge für arme Leute, stand unter der Verwaltung eines Hof-
meisters (villicus infirmorum, provisor curiae, paterfamilias leprosomm), der 1468
ein Halberstädter Domherr war, und unter der Gerichtsbarkeit der Baaermeister
zu Dardesheim, weiterhin unter der des Domkapitels. Das Statut, auf welches
hier nicht näher eingegangen werden kann, befindet sich im Magdeburger Staats-
archiv s. r, Dardesh.2. Das Gebäude, welches ersichtlich aus viel früherer Zeit
stammte, als die lobten, welche es seiner späteren Bestimmung übei^ben, ent-
hielt noch bis zuletzt eine (sehr zopfige) Kanzel, den urspriinglichen Altar mit
den Weihekreuzen, femer in dem kleinen Dachreiter ein Glöcklein von 0,34 m
Dm. mit der Minuskelumschrift ave maria gracia. Die Kapelle diente aber nur
noch als Raum für Kartoffeln und als Remise.]
Dardesheim (Profanbanten) — Deersheim (und Bexheina) 31
Profanbauten.
a) Von den Stadtmauern sind noch hier und da Reste vorhanden, die Thore
dagegen alle verschwunden.
b) Auf dem Bittergute sieht man gegenwärtig nur moderne Gebäude, in
nachgeahmter Gotik ausgeführt An einem eingemauerten Wappensteine liest
man in Minuskelschrift den Namen Wolffganck graiF zu stolberg vn Wernige-
rode 15218. Zwei ähnliche Wappensteine stammen von 1519 und 1528.
c) Von Privatgebäuden aus älterer Zeit sind noch 165 nachweisbar, doch
stammen 150 von ihnen erst aus der spätesten Verfallperiode des Holzbaus.
Aus gotischer Zeit ist keins vorhanden.
Aus der guten Zeit des 16. Jahrhunderts sind nur noch drei Häuser übrig,
davon eins (hinter dem Rathause) nur noch in spärlichen Resten, die aber das
Vorhandensein von Fächerrosetten noch deutlich zeigen. Das Haus No. 52 besitzt
Fächerrosetten auf den Brüstungsplatten, Schiffskehlen und wulstige Eonsolen,
auf der Saumschwelle die Inschrift: Wer Gott vertrawt u. s.w. Die Jahreszahl
ist verlöscht Das Haus No. 194 ist datiert von 1578, hat runde verzierte Füll-
hölzer, lange Eonsolen und die Doppelinschrift: Wer Gott vertrawet u. s. w. Also
hat Gott die Welt geliebet u.s.w.
Die übrigen zwölf sind aus der späten Renaissance- und Barockperiode des
niedersächsischen Holzbaus (17. Jahrhundert):
No. 33, am XTntergeschoss Schnürrollen, Saumschwelle mit Laubstab; das
Obergeschoss ist aus dem 18. Jahrhundert,
No.90 mit Schnürrollen und quergestreiften Balkenköpfen,
No. 102 von 1668 mit Schnürrollen,
No. 103 ebenso,
No. 104 von 1671,
No. 108 von 1664,
No. 112 mit Schnürrollen und schachbrettartig gemusterten Füllhölzem,
No. 239 mit prismatischen Balkenköpfen,
No.254 mit gotisierendem Laubstab an der Saumschwelle, geperlten Schnür-
rollen und langen Eonsolen,
No.276 mit Schnürrollen., im übrigen aber ganz entstellt,
das langgestreckte (21 Fach) Brauereigebäude mit langen Eonsolen, Unter-
bau massiv, das daneben stehende, 6 Fach breite Gebäude, mit wulstigen Eonsolen.
[Urkundlich erwähnt sind noch: eine Mühle, Besitz des Elosters Ilsenburg,
1194; — ein wüster Hof, das Eapitelsvorwerk genannt, samt einem Weingarten,
1372; — ein auf diesem Vorwerk durch Burchard v. d. Asseburg aufgeführtes
Gebäude 1372; der Pfarrhof, neben dem sich der Hof des Domprobstes Heinrich
von Braunschweig befand, 1380.]
Deersheim (und Bexheim)
Urkunden des v. Gustedtschen Familienarchivs.
IMe Kirchenbücher gehen bis 1619 zurück.
Lersem 1209; — Derssenhem 1249; — Dersum 1318; — Dersim 1319; —
Darsem 1417 ; — Deerssem 1467; — Derssem 1480; — Derssen 1496; — Derrhessem,
Derressem 1534.
32 Ealberstädter Landkreis: Deersheini (Geschichte, PlnrDamen, Kirche)
Dorf, 21,3 km nordwestlich von Halberstadt am Anebach, mit 820 erange-
lischen Einwohnern (1564 gab es 63 Hauswirte, 1589 deren 70). Haiipterwerit
ist die lAndwirtechaft.
Archidiakonat: Dardesheim,
Geschichte: Die Yogtei über die Deersheimer und damit sicher auch
über die Bexiieimer Kirche gehörte bis 1270 den Grafen von Kegenstein, welche
sie damals an die Braunschvreiger Herzöge abtraten. Grund dafür war wohl,
dass die Deersheimer (ob auch die Bexheimer?) zum Liebfrauen-Altar des Domes
St. Blasii zu Braunschwelg gehörte. Dies Verhältnis fand sich noch bei der
Kirchen Visitation von 1589. Die Bexheimer Pfarre gehörte zur Deersheimer:
einen eigenen Pfarrer hatte sie erst 1589; sie stand damals und schon 1564
unter dem Patronat der Familie v. Steindorf. Die „nienne unde burschop"
standen unter Bauermeistem (magistri rusticorum, 1509), Grafschaft und Gericht
aber waren regensteinisch bis 1358. Demgemäss gehörte der Deersheimer Zehnte
noch 1526 der Vogtei zu Westerburg (s. u.), während der Bexheimer schon 1369
als bischöfliches Recht überliefert ist, Als Grundbesitzer begegnet das Kloster
üsenburg inBexheim schon 1086; sehr wahrschein-
lich hatte es auch in Deersheim schon früh Grund-
eigentum, obgleich dort vom Ilsenburger Kloster-
acker erst 1437 die Bede ist 1333 erhielt das
Halberstadter Johanniskloster vom Grafen von Regen-
stein die Erlaubnis, sich in Deersheim anzukaufen.
Ausserdem hatte das Kloster Stötterlingenbnrg hier
Besitzungen. Ausserdem waren in Deersheim die
Familien v, Burgdorf, v. Schafstedt und v. Steinacker
begütert. Die noch jetzt im Besitze des Kttergutes
befindliche Familie v. Gustedt tritt dort zuerst 1406
auf. Ihr gehört das Kircbenpatronat; doch ist das
Besetzungsrecht streitig. Amtlich bilden Deersheiiu
und Bexheim ein Ganzes.
Flurnamen: 1473: inElstede: nademenjgen
tome (es lässt sich nicht sagen, welcher Turm
gemeint ist); uppe dem westem beke: in deme
radelande; vor den bevere home; boven der lem-
kulen; uppe deme Hedeberghe; by der Dannowen,
*■ an der groten hoghe; in deme körten rodelande:
Fig. 6. atnme Gosekampe ; in deme Kerkweghe ; in deme
Distddael; entieghen deme Zyke; vor den troghm:
up deme Wortberghe; up deme Beinberghe; —
1497: dat Breyde gut; — 1^7; oben dem Med^>om; im Smerberge; ufm holtz-
wege; bei Hans Kochs bopfenberge; uf die buerwiesche; beim Romsleger teiche;
in der grossen frueht; bey den veldtenbuschen ; zwieschen den wegen nach Dardessem
Werts: oben dem wohle; — 1564: die Wredischen; — 1589: das Lindenfeld.
Die Kirche von Deersheim hat ein sehr geräumiges Schiff aus neuerer
Zeit Die Anlage der beiden Turme ist dagegen noch romanisch. Nur der
nördliche Turm (Fig. 6) steht vollendet da, der südliche ist entweder nicht fertig
DeerBheim (Kirche: Baubeschreibung, Ausstattung)
33
geworden, oder einmal in späterer Zeit, vielleicht als der ursprüngliche baufällig
geworden war, hergestellt und mit einem Notdache versehen worden. Eigentüm-
lich ist die Behandlung der oberen Fenster des Nordturmes, wo die auf schlanken
Mittelsäulen (mit einfachem Würfelkapitäl, eine mit Paltenkapitäl) ruhenden breit
ausladenden Kämpfer den in der Abbildung (Fig. 7 u. 8) skizzierten merkwürdigen
Durchschnitt zeigen. Die Basen der Säulen haben keine Eckblätter. Das untere
gekuppelte Fenster weicht davon ab, indem innerhalb eines Blendbogens sich der
Doppelbogen ohne Kämpfer entwickelt, vielmehr nur von einem zierlichen, an
den Ecken mit Masken geschmückten Kapital (Fig. 9) getragen wird. Der Turm-
mittelbau wird rechts und links durch je einen lisenenartigen Rundstab abge-
grenzt Breite des ganzen Turmbaus 12^8 m, Tiefe 5,20 m. Die unteren Turm-
hallen sind mit einfachem Kreuzgewölbe geschlossen. Von dem ehemaligen,
jedenfalls basilikalen Langhause ist nichts mehr erhalten.
t.
nv
Oberes yffirftL -Cap'Jtal
W
W///P//fßr
JPnfiL TfU STV
Y/f/ifue/n
Fig. 7 u. 8.
Uhttrts yfurftUapUaJt
Fig. 9.
Drei Glocken sind vorhanden: 1. Dm. 1,21m, mit der gotischen Majuskel-
umschrift: AVE MARIA GRATIA PLENA. Verzierungen: ein unter einem Bal-
dachin thronender Heiliger, eine Kreuzigungsgruppe unter einem Baldachin, eine
Heilige zu Boss. 14. Jahrhundert. 2. Dm. 0,94 m, gegossen von Michael Appe
zu Wolfenbüttel, 1657. 3. Dm. 0,80 m, gegossen von Christoph Spatz zu Halber-
stadt, 1747.
Der Altar ist modern [ein St. Margarethenaltar wird 1462 erwähnt], ebenso
die übrige Kirchenausstattung. Etwas älter ist die Orgel ; sie ist von 1790.
Ton Altargeräten sind vorhanden:
1. silberner vergoldeter Kelch mit rundem Knauf, hoch 0,22 m, Halberstädter
Beschau, Meisterzeichen T. T. 1711. Gustedtsches und Veltheimsches Allianzwappen ;
2. ebensolcher Kelch; Fuss sechslappig; Magdeburger Beschau; Meisterzeichen Vß;
3. ebensolche Kanne und 4. Oblatenbüchse (Dm. 0,10), Beschau und Meisterzeichen
bei beiden wie bei 2; 5. zwei Patenen a) Dm. 0,15, mit Kruzifix, Frankfurter
Beschau, Meisterzeichen V^ b) Dm. 0,15; mit Kreuz.
Gemälde: Portrait eines Pastors Bamer. In öl. Lebensgrösse. Um 1640.
Kreb Halberatadt. 8
I
Halberstädter Landkreis: Deersheim (und ßexlieim)(Beiheinior Kirche)
Epitaphien: 1. Des Christoph t. Schafstädt (f 1507) und seines Sohnes.
Beide knien vor dem Kruzifix. Rechts und links Wappen, unten eine Inschrift
von 20- deutschen Versen. Darunter eine symbolische Dai-stellun^ mit den
Worten: Hodie mihi cras tibi. Sandstein. 2. Eines Ehepaars v. Gustedt (Johann
Friedrich v. G., geb. 1714, f 1771, und Agnes Christine v, Alvensleben, Erbfrau
von Osterwiecfc, geb. 2.8. 1726, f um 1800). 3. Des Pastors Deliiis, f 1786. Sand-
stein; an der Aussenseite der Kirche.
Die Kirche von Bexheim, im Gutsparke gelegen, vrird nur dreimal im
Jahre, nämlich an den Sonntagen Judica, Exaudi und 4. Advent, vormittags zum
Gottesdienste benutzt, den der Deersheimer Pastor abhält. Sie hat romanische
Grundform. An das einschiffige, im Lichten 9,25 m lange und 6,35 m breite
Langhaus schliesst sich östlich der 3,90 ni lange und 5,04 m breite Altarraum,
vom Langhause durch einen mit ganz schlichtem Kämpfergesimse geschmückten
Triumphbogen getrennt und um eine Stufe erhöht. Den Beschluss macht östlich
die Apsis, Sie ist ein Kreissegment von 3,82 m Grundlinie und 2,25 m Höhe.
Westlich führt aus dem Lnngbause ein Halbkreisbogen von 2,10 m Weite in den
mit Westeingang versehenen Turm (Mauerdicke 1,26 m; lichte 'Kefe 4,43 m;
Breite 3,21 m).
Die Fenster (Langhaus jederseits drei, Altarraum jederseits eins, Apsis
drei) sind neueren Datums; die alten vermauerten haben eine vordere Breite von
0,57—0,63 m.
Eine kleinere Sakramentsnischo ist hinter dem Altare.
Die altertümliche Glocke hat bei einem unteren Dm. von 0,52 und einem
oberen von 0,23 m eine Höhe von 0,56 m. Der Schlagring ist unten abgerundet.
Schrift oder Verzierungen fehlen.
Der Altar ist von Kalkstein und hat schlichte romanische Form. Ein
wertvolles bemaltes Attarschnitzwerk (Triptyehon des 15. Jahrhunderts) steht,
ziemlich beschädigt, in der Apsis, hinter dem Altar verborgen. Die Anordnung
der Bilder ist folgende :
1
1
1
1
£
Fd
ä
Oekrönte
Mfuionna in
MäS l'S:
F
Deersheim (und Bexheim) (fiexheimer Kirche; Profangebäude> — Berenburg o5
Die Kanzel ist modern und wertlos.
Die kleine Orgel ist ein geringfügiges Werk des Empirestils.
Der noch vorhandene romanische Tauf stein (Fig. 10) ist schwerfällig von
Form nnd tief ausgehöhlt zum Untertauchen des ganzen Kindes.
Epitaphien: 1. Des Phil. v. Qustedt, tl767;
dazu gehört eine Inschrifttafel, welche besonders
angebracht ist 2. Eines Qutsverwalters, f 1741;
beide ohne künstlerischen Wert.
Von anderen Gebäuden in D. sind be-
merkenswert :
1. Der Steinackerhof, mit Gebäuden aus der
1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der Turm trägt die T^fsUa^.
Jahreszahl 1558. Das ehemalige Wohnhaus mit spät- ^^8- 1^-
gotischem Portale und Wappen ist jetzt Scheune.
2. Das Kühnesche Haus, ein Fach werkbau
ans der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Zur Verzierung dienen z. T. die bekannten
Schnürrollen.
3. Der Gasthof zum alten Krug, erbaut von Clara v. Gustedt und ihren
Söhnen. 17. Jahrhundert
[Erwähnt werden noch: „de Hilsynnborgesche hove", zeitweise an einen
Altar zu S. Silvestri in Wernigerode verpfändet, 1467 und 1497; — eine Mühle
zu Bexheim 1361; — der Pfarrhof zu Bexheim, 1564 wüst; das Pfarrhaus wurde
bei der Visitation 1589 neu erbaut vorgefunden.]
Vorgeschichtliche Reste:
1. die sog. Schwedenschanze auf dem Brüderberge, eine gut erhaltene, deut-
lich erkennbare Umwallung;
2. der sog. Goldknühl und andere Hügelgräber im Hegholze;
3. eine grosse steinerne runde Platte, vielleicht ein Opferaltar, anfangs der
40er Jahre im sog. Osterfelde in der Nähe des Fallsteins ausgegraben und noch
gut erhalten.
Eine Sammlung von prähistorischen Gegenständen (Stein waffen und
Urnen) besitzt Herr Baron v. Gustedt auf Deersheim. Sie sind fast alle am Fall-
stein im Osterfelde gefunden.
Derenburg
Niemann , p. 225. ■— v. Wersebe , GaubeBchreibiing , p. 82. — Buchholz , Brandenburg.
Gesch. IV, 25. — Acta pacis Westph. VI, 463. — Aus der Chronik Derenburgs (Halber-
städter Zdtung o. Intelligenzblau, März 1888). — Ledebur's Archiv 1830, II, 6. 171. VI,
108.114. — Lucanus, Hist. Bibl. 1784, II, 20.88.41.66. — Jacobe, Zum Kaland des Bannes
Utzleben in Wernigerode, H -Z 1869, I, 147 f — Die Kirchenbücher reichen bis 1655 zurück.
Dameburge 1008; Dehemeburc 1208 ; Derneburch 1250; Demeborg, Deme-
borch 1284; Derrenburk 1359; Derneburgk, Demburgk 1501; Demeborgk 1603.
Der Name ist Ton demselben Stamm abzuleiten, der noch in unserm Wort
Dirne erhalten ist. Da nach mittelalterlichem Sprachgebrauch dies eine der Be-
zeichnungen der Jungfrau Maria ist, so bedeutet der Name soviel wie Marienburg.
Stadt 9,7 km westsüdwestlich von Halberstadt an der Holtemme, mit 3100
8*
3(3 Halberstädter Landkreis: Derenburg (Geschichte)
Einwohnern (1701: 2067), davon sind 3043 evangelischer, 45 katholischer und
12 jüdischer Konfession. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft.
Archidiakonat: ützleben.
Geschichte: Den Grund zur Anlage der Stadt soll Köni^ Heinrich I.
925 durch die ihm zugeschriebene Anlage einer Burg gegeben haben, als er Teile
der Besatzungen aus Godenhusen, Sieverthusen, Ützleben undWichhusen dorthin
versetzte. 935 wurde angeblich ein Graf von Blankenburg von ihm mit der
neuen Burg belehnt. 1008 ging Derenburg durch Schenkung Heinrich IL an das
Stift Gandersheim über. Die Burg wurde 1130 durch den Pfalzgrafen Friedrich
von Sommerschenburg zerstört, doch wurde sie später wieder aufgebaut Bei der
Erbteilung unter die Söhne des Grafen Poppe von Blankenburg erhielt der
jüngere, Konrad, den Regenstein nebst der Derenburg. Der um diese heran-
wachsende Ort blieb seitdem Hauptort der Grafschaft. Die Vogtei, welche der
Graf von Regenstein 1190 von der Äbtissin von Gandersheim übertragen be-
kommen hatte, bildete Anfang des 13. Jahrhunderts einen Gegenstand des Streites
zwischen beiden. Unter der Linde auf dem Kirchhofe war die Stätte des Ge-
richtes, w^elches der Graf dreimal jährlich dort abzuhalten hatte. Im Jalire 1289
gestattete Bischof Volrad der Gräfin Sophie, der Schwester des Grafen Heinrich
von Regenstein die Anlage eines Prediger-Nonnenklosters in D.; bei der Ge-
schichte von Halberstadt wird erwähnt werden, dass diese Gründung unter-
blieb, man das Kloster (S. Nikolai) vielmehr in Halberstadt anlegte. An dessen
Patronin, die h. Katharina, erinnert noch der Name des Katharinenhospitals vor
D. 1304 wurden die Burgmannen der Pfarrkirche einverleibt. Die Dionysius-
kirche, der sie bis dahin angehört hatten, wurde seitdem zu einer blossen Kapelle
die zur Pfarrei Wichhusen gethan wurde. Das Patronat der Pfarrkirche zu
Derenburg (ein Pfarrer Hinricus kommt zuerst 1195 vor) hatte der Bischof. Die
Einsetzung des Pfarrers war abhängig von der Einwilligung der Bürger-
schaft, was seit 1303 zu einem langen Streite mit dem Archidiakon von Ützleben
und dem Nikolai-Kloster zu Halberstadt führte, der schliesslich bis vor den Erz-
bischof von Mainz gebrsicht wurde und mit dem Siege der Derenburger endigte.
Als 1337 der besiegte Graf Heinrich VIII. von Regenstein seine Heimburger
Vettern zu entschädigen hatte (s. Gesch. d. Regensteins), verkaufte er ihnen in
diesem Jahre und 1339 in zwei Teilen das Schloss und die Stadt D. mit allem
Zubehör. Die Stadtverwaltung, der Rat, bestand in mittelalterlicher Zeit aus
6 Personen, nämlich einem Bürgermeister (procurator civium 1304) und 5 Rat-
mannen. Sie hatten die Aufsicht über die Alderleute der Kirche. Von den
Kämpfen Bischof Albrechts IL um D. ist bei dessen Geschichte zu sprechen.
Bei der Teilung der Reinstcin-Blankenburgischen Herrschaft zwischen den Grafen
Ulrich und Bernhard 1442 wurde D. Vorort der einen Hälfte. Bernhard wohnte
dort bis 1448, wo er nach Blankenburg übersiedelte. 1451 belehnte die Äbtissin
von Gandersheim den Kurfürsten von Brandenburg mit D. und 1481 ging die
eine Hälfte durch Kauf an Brandenburg über, während die andere Hälfte regen-
steinisch wurde. Die erstere aber kam als Afterlehen Brandenburgs gleichfalls
an Regenstein. Von hier gelangte beides 1530 wiederkäuflich für 35,000 Gulden
an Botho den Glückseligen von Stolberg, von diesem 1540 mit Genehmigung
Brandenburgs als Pfandlehen an die von Veitheim. 1511 war D. der Sitz des
Derenburg (Geschichte, Pfarrkirche) 37
Arcbipresbyters des Bannes Utzleben. Seit Einführung der Eeformation in D.
1526 wurde der Ort eine Zufluchtsstätte für die evangelischen Halberstädter.
Als nach dem Aussterben der Regensteiner 159V) deren Erbschaft an das Hochstift
überging, machte der Bischof Heinrich Julius Schloss und Stadt D. zu braun-
schweigischem Lehn. 1623 hatte D. gegen die Truppen des Christian von Braun-
schweig schwere Kämpfe zu bestehen, die mit Eroberung und Plünderung der
Stadt endigten. In den folgenden Jahren war sie abwechselnd der Willkür der
Kaiserlichen und der Schweden ausgesetzt. Das Pfandlolien, welches die Yelt-
heims gehabt hatten, wurde erst 1701 durch König Friedrich I. eingelöst. —
Zuwachs an Einwohnerschaft erhielt D. durch die Einwanderung von rhein-
pfälzischen Kolonisten unter Friedrich d. Or. —
Flurnamen: 1304 Martacker; — 1413 in dem Lee, in der Wellen, in
dem Sekendahy by den Kesenbomen; — 1421 die Dcpenhekc, der Dikbcrg,
Liskenberg, die Suderwische, der Papenstieg, der Uberg, der Linthorn, der
Welborn.
Die Pfarrkirche, 1413 Liebfrauenkirche, jetzt Trinitatiskirche ge-
nannt. Ihr Schiff ist im 18. Jahrhundert erbaut worden, der Grundstein
wurde am 6. Juli 1726 gelegt. Es hat nur geringe Länge, halbachteckigen
Chorschluss und eine gewölbte Bretterdecke. ^ Die Thüren haben bogen-
förmige Frontons, worüber sich elliptische, sogen. Ochsenaugenfenster befinden.
Von viel höherem Alter sind die Türme, ziemlich roh aus Bruchstein erbaut
und beworfen. Gegenwärtig sind sie stark aus dem Lot geraten. Da der Bewurf
vielfach abgefallen ist, so ist deutlich zu sehen, dass die Türme mit ihrem
Zwischenbau von unten nach oben nicht bündig, sondern etwas später an ihn
angebaut sind. Schon dies führt zu der Vermutung, dass der Zwischenbau
ehemals der einzige Turm der Kirche gewesen ist. Den vollständigen Beweis
dafür liefert das Innere, welches die Seitenmauem jenes ursprünglichen Turms
als vollständig erhalten aufweist. Auf allen Seiten hatte er im obersten Stock-
werk gekuppelte Fensteröffnungen. Aus der nördlichen und südlichen sind, als
die beiden Türme angebaut wurden, um die Verbindung mit diesen zu ermög-
lichen, die Zwischensäulchen herausgeschlagen (ihre Reste sind noch deutlich
erkennbar) und so die Fenster zu Durchgangsöffnungen gemacht worden. So
stellt nun der ursprüngliche Turm den Zwischenbau dar, welcher oben mit einem
Renaissance - Dachreiter gekrönt ist, und das Ganze enti>pricht durchaus dem
Typus der doppeltürmigen sächsischen Kirchen. Auch die angebauten Türme
(Breite 5 m, Tiefe 6,14 m; der gesamte Turmbau hat eine Breite von über 18 m),
deren Fenstersäulchen kelchartige Kapitale aufweisen, stammen noch aus spät-
roraanischer Zeit. Die achteckigen schlanken Turmhelme sind unmittelbar nach
dem Brande von 1677 erbaut. Ein Westeingang ist ursprünglich nicht vorhanden
gewesen, die jetzige kleine Thür ist neueren Datums. Die Verbindung mit dem
Schiff im Innern ist durch einen Halbkreisbogen bewirkt.
(rlocken. Es sind deren vier. Sie sind nach dem Brande von 1677 durch
Heise Meyer aus Wolfenbüttel gegossen und stehen im Dreiklang von cis-moll.
1. Dm. 1,62 m. Sie ist verziert, mit den Figuren von Christus, Petrus und
* Neuerdings ist das Schiff innerlich vei'ändert worden. Ich beschreibe nacli dem Zu-
tand, wie er noch 1897 war.
38 Halberstadter Landkreis: Derenbarg (Pfarrkirche: Ausstattung — Ealandkapelle)
Paulus, Namen von obrigkeitlichen Personen und 2 lateinischen Hexametern.
Auf das tiefe „cis^^ gestimmt. Im Stidwestturm.
2. Dm. 1,47 m. Weniger reich ornamentiert als die erste. Sie zeigt ausser
den Namen offizieller Persönlichkeiten die Giesserinschrift und eine Erinnerung
an die Feuersbrunst vom 19. Februar 1677. Ton „e.^' Im Nordwestturm.
3. Dm. 1,18 m. Mit offiziellen Namen, Giesserinschrift und lateinischem
Chronostichon auf die Zahl 1677. Ton „gis." Im Mittelbau.
4. Dm. 0,76 m. Mit der Darstellung Christi als Weltregierer. Sie ist auf
den Ton „eis" gestimmt und befindet sich, auf einem besonderen Postament
stehend im Dachreiter.
Altar und Kanzel sind modern und befinden sich auf der Nordseite
des Innern.
Die Orgel. Sie ist 1589 erbaut und gehörte bis 1770 der Martinikirche in
Halberstadt; für 600 Thaler kam sie damals in den Besitz der Derenburger Pfarr-
kirche. Sie zeigt reiches Schnitzwerk mit Vergoldung und 2 breite Flügel, auf
denen sich 2 Wappenschilder und hinterwärts massige Malereien (Temperantia,
Laute spielender Engel) befinden. Sie trägt eine Inschrift, welche angiebt, dass
sie 1830 wieder hergestellt worden sei. Da sie in die allzu niedrige Kirche
nicht passt, so ist die oberste Bekrönung nach vorn übergeklappt
Der achteckige Taufstein ist aus Sandstein und von unbedeutender Er-
findung; datiert 1579. Das ebenfalls achteckige Taufbecken ist von Zinn,
zeigt auf dem Bande 6 Wappen, femer eine Madonna auf dem Halbmonde, sowie
H. P
die Marken Hh SHE +, W. j- , W. Hi »Hös mit dem Stichel eingraviert
Abendmahlsgeräte: 1. eine Taufkanne von Zinn, 1728, mit Spruch auf
dem Deckel und dem Namen Christina Margareta Houers. 2. Silberner Kelch,
1652, am Fuss kleine Kreuzigungsgruppe und Name des Stifters, M. Erasmus
Silvester Hosling Diac. Deremb. 3. Silberner Kelch, unten ein graviertes Wappen
mit einem Löwen. Am Knauf die Buchstaben IHESVS. 4. Silberne Patene,
1643, mit Marken P.P. -E.G. 5. Desgl., 1720, mit eingraviertem lorbeerbekränztera
Kreuze. 6. Zinnerne Weinkanne. 7. Silberne Oblatenbüchse, 18.Jahrh., auf dem
Deckel das Ijamm mit der Fahne, innerhalb Christus als Leidensmann, beides
graviert [Ein kleines zinnernes Taufbecken von 1729 mit Randinschrift: Das
Aug' Allein Das Wasser Siht u.s. w. und eine zinnere Weinkanne, welche beide
noch 1877 vorhanden waren, sind nicht mehr nachweisbar.]
Von anderen Geräten besitzt die Kirche 2 zinnerne Altarleuchter von 1727,
ein dreiftissiges I^sepult, von schwarzem Adler getragen, 18. Jahrb., Holz.
Die Kaiandkapelle neben der Unterpfarre dient jetzt in beschädigtem
Zustande als Scheune; sie ist 1484 und 1524 ausgebessert Eine Kapelle des Kalands,
in der Hauptsache wahrscheinlich identisch mit der jetzigen, war in Derenburg,
wie urkundlich feststeht (Jacobs, in der H.-Z. 1879), schon zwischen 1295 und
1306. Ihr Patronat hatte die Stadtgemeinde von Derenburg. Bau und Erhaltung
war Sache der Kaiandbrüderschaft, welche die Kapelle und einen Hof von den
Grafen von ßcgenstein zu Ijchn hatte.
Die jetzige Kapelle hat eine äussere Länge von 11,84, eine Breite von 9,75 ni,
und ist aus Benzingeröder Rogenstein erbaut An der Südseite sind drei spitz-
jeSufäfrinit-
0|t|iftitl-
^t^uM-
QjuriMi-
JrtiiMrXuftanii
in:OrrttibiiFq-
0nititin^-
Derenburg (Kalandkapelle — Hospital — [DionysiuskapoUe — Burg]) 39
bogige, jetzt vermauerte Fenster ohne Gewände (Breite 1 m, Höhe 3,20 m), sowie
die Spuren einer Thür. An der Ostseite ist eine gleichfalls vermauerte, 2,35 m
breite Thür, der Haupteingang. Das Masswerk des Oberlichtes, von einfacher
Form, ist z.T. zerbrochen, aber noch durchaus herstellbar. Die Untersuchung
des Innern ist ausserordentlich erschwert durch das dort aufgehäufte Stroh. Die
Wände sind mit einem sehr festen Gipsbewurf überzogen. Eine Wiederherstellung
des Gebäudes wäre unschwer zu bewerkstelligen.
Die Hospitalkapelle St. Katharina. Die jetzige Kapelle ist ein
Gebäude, welches 1768 an Stelle eines schlechten Fachwerkbaues errichtet wurde.
Der Siechenhof wird schon 1282, die Hospitalkirche 1311 erwähnt, wo sie
von den Regensteinem ausgestattet wurde ; 1322 heissen die Insassen die „guden
lüde up dem velde to Demeburg, de dar heyten to dem spetale to sunte
Katerinen."
Das Gebäude ist ein längliches Achteck aus Sandstein mit Walmdach und
Dachreiter, auf welchem eine Wetterfahne mit der h. Katharina und der Jahres-
zahl 1768. Das Innere des aus Sandstein aufgeführten Gebäudes bietet nichts
Bemerkenswertes, als eine über der Thür aufgestellte kleine, mit Ölfarbe bedeckte
Figur der h. Katharina, 16. Jahrhundert. Auf dem Boden befindet sich ein be-
schädigter Kruzifixus mit Reliquienbehältem (14.— 15. Jahrhundert), sowie ein
roh gearbeitetes kleines Kruzifix von hohem Alter. Im Dachreiter hängt eine
Glocke von 0,78 m Dm., geschmückt mit der Figur Christi als Weltrichter, dar-
unter die Buchstaben 8VMD. Eine Inschrift besagt, dass die Glocke 1676 von
Heise Meyer in Wolfenbüttel gegossen wurde.
Das Katharinenhospital. [Das alte Gebäude, Fachwerk des 17. und
18. Jahrhunderts, ohne künstlerischen Wert ist 1896 abgerissen und durch einen
Neubau ersetzt, nachdem der alte Bau durch den Maler Wolfer zu Derenburg
abgebildet worden war.]
[Die Dionysiuskirche, zum Kloster S. Dionys (S. Agnes) gehörig, lag im
Mittelalter auf jenem Berge, dessen entstellter Name ,, Anisberg" noch jetzt an
das alte Kloster erinnert. Zu ihrer Pfarrei gehörten die Burgmannen von Deren-
burg. Sie stand unter dem Patronat der Äbtissin von Gandersheim imd hatte ihrer-
seits das Patronat der Kirche in Wichhusen. Ihr Vorsteher war ein Halberstädter
Domkanonikus. 1304 wurde sie eine blosse Kapelle ohne Seelsorge und der Kirche
in Wichhusen untergeordnet. Die Wälle des befestigt gewesenen Klostors sind
nur noch an wenigen Stellen schwach erkennbar. In der Nähe gab es früher
eine Quelle, die der Krankenborn genannt wurde und eine Einnahme des
Dionysiusklosters bildete. Ihre Sandsteineinfassung, an welcher eine auf Johann
Huss deutende Inschrift gewesen sein soll, wurde gegen 1867 beseitigt und daraus
ein später abgebrannter Schweinestall erbaut]
[Die Burg (Fig. 11), östlich von der Stadt auf einem Hügel gelegen,
ist völlig zerstört. Die Steine dienten als Material zu andern Bauten, u. a.
zum Bau des Herrenhauses auf dem Eittergut Minsleben. Der Berchfrit, wie
es sclieint in der Südostecke des Burgterrains errichtet (auf dem Plane durch
einen punktierten Kreis angedeutet), stürzte 1785 ein. Die Burgstätte ist ein
etwa iX) Ar grosses unregelmässiges Viereck. Die Gräben und Wälle sind
noch deutlich erkennbar. Die Fundamente liegen flach unter dem Erdboden,
40
Halberstädter Landkreis: Derenburg (Stadtmauer — Bath&user)
und ihr Grundriss wäre noch mit Leichtigkeit mittels einer Ausgrabung fest-
zustellen. Die Ausgrabung war bereits beschlossene Sache, als sie im letzten
Augenblicke, dadurch dass der Eigentümer sein bereits gegebenes Wort zurück-
nahm, vereitelt wurde. Es sollen sich nach Versicherung älterer Leute dort
noch wohlerhaltene mit Tonnengewölbe eingedeckte Keller befinden. Das Burg-
thor war in der Stadtmauer. Das Terrain gehört jetzt dem Ackermann Bamme
in Derenburg. Der beigefügte Tjageplan ist von Herrn Feldmesser Meyer in
Quedlinburg aufgenommen.]
Die Stadtmauer. Ihre Reste beweisen, dass sie etwa 14C0m lang, 2,20 m
dick, 3—4 m hoch und ohne Fundament aus Füll werk erbaut war. Sie ist
urkundlich 1334 zuerst er-
wähnt, die in ihr befind-
lichen Thore 1304. [Letzterer
waren es drei (abgesehen
von dem zur Burg führen-
den Thor), nördlich, östlich
und westlich, welche durch
viereckige Türme befestigt
waren. Bei dem nörd-
lichen und westlichen stan-
den sie daneben, der Turm
des östlichen Thores erhob
sich über demselben. Halbe
Mauertürme (Wichhäuser)
scheint es nicht gegeben
zu haben. Das westliche
Thor wird 1421 erwähnt
Die Thore sind in diesem
Jahrhundert, das letzte in
den vierziger Jahren abge-
rissen worden.] Der aussen
um die Mauer gehende
Graben ist noch z. T. er-
kennbar.
Von andern Bau-
lichkeiten sind vor-
handen:
a) Das untere, eigentliche Rathaus, am Markte neben der Pfarrkirche, 1789
in Fachwerk gebaut, mit Walm-Mansardendach. Von Interesse ist nur, dass es
auf den Fundamenten und Kellern des alten, 1769 durch Brandstiftung zerstörten
Rathauses steht. [Ein Rathaus, von dem freilich zweifelhaft ist, ob es mit dem
letztgenannten identisch war, wird 1425 erwähnt.]
b) Das sog. obere Rathaus, auch Ratskeller genannt, Holzschnitzbau von
etwa 1560. Die Balkenköpfe sind mit Rundstäben und Hohlkehlen belebt und
ruhen auf ähnlichen Konsolen. Die dazwischen angebrachten Füllhölzer zeigen
einfache runde Formen. Der Bau scheint ehemals noch ein oberes Stockwerk
1:1SOO
Fig. 11.
Derenbnrg (Pmathänser — Siegel — Wappen)
41
gehabt zu haben. Der Yotksmuad berichtet von unter dem Gebäude befindlichen
Kellern uud unterirdischen Gängen.
Das älteste Privathaus ist das im Besitz eines Fräulein Strausä befindliche
Hans Halberstädter Strasse 38. Sein Untergeschoss ist aus der zweiton Hallte
des 15. Jahrhunderts. Es hat ein steinernes Portal, dessen Gewände ans einfachen
Rimdstäben besteht, neben denen rechts und links senkrechte Kundstabe bis zum
Bande des Gewändes aufsteigen. Neben und über dem Portal sind zwei kleine
gotische Fenster, deren steinerne Leibung geraden Sturz aufweist Das Ober-
geschoss, Fach werk mit reichlicher BaikenTerriegelung ist vom Ende des
17. Jahrhunderts.
Femer ist von Interesse;
Die sog. Batsschäferei , ein Fachwerkbau im Typus von etwa 1560, mit
Schiffskehlen und Fächerrosetten, deren Mitte auf den Standern liegt. Die Thür
hat den gotischen Vorhangbogen.
Aus dem 17. Jahrhundert stammen die Häuser Halberstädter Strasse 23 und
Eomstraäse 14 (mit Schiffskehlen und Schnürrollen); Kornstrasse 2 mit vier-
eckigen Ausluchten; Kornstrasse 3 mit Balkenriegelwerk.
Die übrigen älteren Häuser gehören der letzten Verfallzeit des 17. und
18. Jahrhunderts an.
[Urkundlich erwähnt sind noch von Gebäuden: die Meierei 1208; eine
Mühle, östlich von der Kirche, 1289 aus Gandersheimschem Besitz dem Nicoiai-
kloster zu Halberstadt geschenkt; — von Strassen; die Sievershäuser Strasse
1462 u. ö., die Halberstädter und die Rosenstrasse 1489 ; — von Plätzen : der Kirch-
hof 1334, Bleek D beim Kirchhof an der Ecke, dem Kathause gegenüber, 1462 ; —
ausserhalb des Ortes die Krumme Wiese, v. Britzke'sches Eigentum, 1612.J '
Das Siegel* zeigt die
Schrift: s.borgensivm — in
demeborch um das Bild
eines Stiirmigen Stadt-
thores ; rechts und links
über der Mauer ein Helm
mit den Begenstein'schen
A^A
DasWappen derStadt
(Fig. 12) ist an dem Kat-
hause seitwärts angebracht.
Es zeigt STürme, verbunden
durch eine Mauer, die Seiten-
törme mit Zinnen undSpitzen
der Mittelturm,
Ü
platt, trägt auf einem Kübelhelm 2 Hirschstangen. Er hat ein halbkreisförmiges
Thor und darüber 3 Fenster nebeneinander. Das an der Orgel in der Pfarrkirche
angebrachte Wappen ist etwas abweichend und zeigt drei hohe Türme mit Spitz-
kuppeln und Kreuzen darauf, Thoren und Fenstern; der Mittelturm mit 2 kleinen
' Vgl. R«ichstiDzeiger 1872, No. 28.
42 Halberstädter Landkreis: Derenburg (Prähistorisches Ti.derj,l.) — Emersleben (Geschichte)
Türmchen auf Seitenkonsolen; zwischen den 3 Türmen Kütelhelme mit Hirsch-
geweihen. Silber auf blauem Grunde.
Der in der Nähe von D. südlich belegene Bocksberg ist ein bcsondei*s er-
giebiger Fundort von Umenresten und Feuersteinmessern, ebenso wie die Gegen-
den von Utzleben, Godenhusen und Wichhausen. — Über die 3 sog. Hüne li-
ste ine (alte Grenzsteine) vergl. Stübners Denkwürdigkeiten des Fürstentums
Blankenburg (1788) I, 417. Ein ähnliches Zeichen in der Nähe der Mahndorfer
ehemaligen Hundertmorgenbreite war der sog. Heringsstein. — Ein rohes Sand-
steinkreuz ist am Wellbache bei Mahndorf zu finden. — Warttürme von
rechteckiger Gestalt gab es früher bei ützleben, bei Mahndorf am Landgraben
und östlich von D. auf dem Hahnberge. Von diesen Türmen ist keine Spur
mehr vorhanden.
Eine Privatsammlung, besondei^ von Münzen, ist im Besitze des Rentiers
Herrn Schwannecke.
Emersleben
Handschriftliche Chronik von E. — Die Kirchenbücher gehen bis 1697 zurück.
Amersleve 1136; — Amerslove 1174; — Emerstid (?) 1186; — Emersleve
1289; — Engrensleve (?) Anfang 14. Jahrhundert; — Enegheraersleve 1332; —
Emerschlebe 1624.
Dorf, 7,5 km nordöstlich von Halberstadt bei der Holtemme, mit 813 Ein-
wohnern (1564 37, 1589 nur 30 Hauswirte), von denen 780 evangelisch, die andern
katholisch sind. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft.
Archidiakonat: Halberstadt.
Geschichte: Zur Zeit seiner ersten Erwähnung 1136 hatt« der Ort schon
eine längere Entwicklungszeit hinter sich, da bereits zwei Teile, das Ober- und
Unterdorf (Amersleve superior und inferior) unterschieden werden. Damids be-
sass laut Bestätigung durch Bischof Eudolf das Halberstädter St Paulsstift dort
im Oberdorf e 16 Hufen und 8 Morgen, im Unterdorf e 3 Hufen. Anfangs des
13. Jahrhunderts standen gewisse Teile des Dorfbezirkes unter der Vogtei
des -Halberstädtor Domdochanten. Zur selben Zeit war ein Zehnter von E.
zwischen dem Probst von St. Bonifaz in Halberstadt und seinem Kapitel streitig.
Auch das Liebfrauenstift tritt damals als Besitzer in E. auf. — Das Patronat der
Kirche gehörte bis 1238 dem Walthcr von E., der es damals an das Kloster
St. Jacobi zu Halberstadt schenkte. Ein Pfarrer Konrad wird 1256 erwähnt,
1564 stand das Patronat beim Kloster Groningen; heute gehört es zu zwei Drittel
dem Fiskus, zu ein Drittel dem Rittergute zu E. — Das Schloss (castrum; dat
huz to Em.) zu unbekannter Zeit begründet, und wahrscheinlich der Kern des
Ortes, der sich seinetwillen wohl erst gebildet hat, hat viele Besitzer gehabt, da
es, wie so viele Schlösser, als Verpfändungsobjekt gern benutzt wurde. 1253
hatte der Abt von Corvey einen Teil inne; Mitte des 13. Jahrhunderts besass das
Schloss der Truchscss Johann von Alvensleben; 1261 war es im Besitze des
Grafen Burchard von Querfurt; 1263 in dem des Markgrafen Johann von Branden-
burg. 1305 war Graf Heinrich von Regenstein Pfandinhaber. Aus den folgenden
Jahren wird berichtet, und vielleicht stimmt dies auch schon für vorausgegangene
Emersleben (Kirche) 43
Zeiten, die Burg sei ein Räubernest gewesen. Bischof Albrecht II. belagerte sie
darum 1325, eroberte sie und Hess die Übelthäter hinrichten. 1332 sehen wir
Burchard, Grafen von f^alkenstein, im Besitze von Burg und Dorf; beides schenkte
er damals dem Halberstädter Domstift. Aber schon 1359 wurde es wieder für
30ü brandenburgische Mark an einen Arnold Stammer und dessen Sohn ver-
pfändet, mit der Erlaubnis, dass diese 15 Mark daran verbauen durften. 1492,
am 31. Januar, wurde Valentin von Dorstadt nach seines Vaters Tode vom Ad-
ministrator Ernst mit Schloss E. samt Gericht und Recht, Landbesitz, Schoss,
Wasser und Fischerei über der Ecke vor dem Hagen gegenüber Quenstedt, Weide,
Holz und der Mühle vor dem Hagen belehnt. Die Familie v. Dorstadt scheint
somit schon vor 1492 im Besitze des Gutes gewesen zu sein. Sie blieb es bis
zu ihrem Aussterben, worauf E. in die Hände derer v. Stedem überging. Heute
ist Besitzer Herr Assessor Rimpau. Als Amt ist E. immer selbständig gewesen;
in seinen Verwaltungsbezirk gehören Gross- und Klein-Quenstedt
Die Kirche (St. Petri) besteht aus einem romanischen Turm und einem
1742 angebauten Schiff. Ersterer öffnet sich gegen letzteres mit einem grossen
Halbkreisbogen auf Kämpfern. Ausser verschiedenen vermauerten Fenstern be-
sitzt er oben vierfach gekuppelte Schallöffnungen ; die Zwischensäulen tragen ein-
fache Würfelkapitäle ; die Basen haben bereits Eckblätter, die aber noch schwach
entwickelt sind. Das Kirchenschiff zeigt architektonisch keine Merkwürdigkeiten.
Die hölzernen Decken sind mit Ölmalereien des 18. Jahrhunderts geschmückt: in
der Kirche mit der Kreuzigung (auf Holz), in der Sakristei mit der Auferstehung
(auf Leinwand), in den Logen mit der Auferstehung und dem jüngsten Gericht
(auf Holz). Als äusseren Schmuck besitzt das Langhaus an der nördlichen Wand
über beiden Thüren je eine steinerne Figur, des h. Petrus.
Drei Glocken: 1. Dm. 1,41 m, gegossen von W. Engelcke in Halberstadt
1858. 2. Dm. 1,14 m , gegossen von Chr. Heinr. Gettwerth in Halberstadt 1822.
3. Dm. 0,82 m, gegossen von Ulrich in Laucha 1894; sie ist Umguss einer 0,77 m
weiten, 1744 von C. H. Knoblauch in Halberstadt gegossenen Glocke.
Der Altar ist ein Schnitzwerk von 1742, angeblich eine Sühnestiftung einer
Frau von Stedem. Daran die Figuren von Petrus und Moses.
Die Kanzel, in den Altar oben eingebaut, aber nicht zu ihm passend, intar-
sierte Arbeit des 17. Jahrhunderts, jedenfalls ehemals Teil eines andern Altar-
werkes.
Die geschnitzte Orgel stammt von 1750. An ihrer Brüstung befinden sich
Ölmalereien: Sündenfall, Taufe Christi, Auferstehung.
Die Bogen, gleichfalls schön geschnitzt, sind 1743 errichtet.
Der Taufstein, neben welchen rechts und links je ein Engel steht, zeigt den
Stil des Altars.
Eine schön geschnitzte gotische Truhe (Fig. 13) zeigt in flacher Arbeit Blatt-
werk und Tiere (Hirsche, Löwen, Drachen, Greifen).
Epitaphien: 1. einer Frau, f 1582; 2. eines jungen Ritters, f 1587. Die
Namen von beiden, wahrscheinlich Mitgliedern der Familie v. Dorstadt, sind von
den davor stehenden, nicht zu beseitigenden Bänken verdeckt; 3. des Erasinus
v. Dorstadt Figur stehend in Rüstung. 4 Wappen. Gut erhaltenes Werk des
16. Jahrhunderts. 4. Bekrönung eines Epitaphs mit Relief der Auferstehung.
44 Halberatädter Landkreis: EraerBleben (Probnfreb&nde) — Gftddeclienrode (Üeachichte)
Tüchtige Arbeit vom Ende des 16. Jahrhunderts. Alle Epitaphien sind aus
Sandstein.
Das Innere der Kirclie niaclit einen aussergewöhiilich pomphaften Eindruck.
Von anderen Gebäuden sind nur die auf dein Rittergute ku bemerken.
Von den Baulichkeiten der alten Wasserburg sind indes nur noch ein viereckiger
und ein achteckiger Turm übrig. Ein Stall ist datiert von 1595. [Urkundlich
werden noch erwälmt: eine Mühle 1359, die Taverne 1465, die Küsterci 1476,
die „ostorhoften" 1504, das Wasserthor 1507.]
Göddeckenrode
O. Borchert, Göddeckenrode (OrtakUDde, berausgegeben von Hottinger, No. 4 1889). —
H.-Z.IV, 63. XXIII, 358. XXIV, 318.
Dorf 34,5 km nordwestlich von Halberstadt an der Ecker mit 345 Ein-
wohnern (davon 15 katholisch; 1564 gab es 31, 1589 32 Einwohner).
Archidiakonat: Westerode.
Geschichte: Als zu Abbenrode gehörig wird es 1324 erwähnt 1412 kam
es durch Verpfändung zusammen mit Wülperode (s. daselbst) an die von Asse-
burg. 1481 hatten drei Vettern von Burgdorf dort I^ehn von Bischof Oebhard
und Administrator Ernst. Im selben Jahr wird ein oberhalb des Dorfes gelegener
Hohlweg erwähnt
66ddeckenrode (Geschichte, Kirche) 45
Die Kirche, welche früher unter dem Patronat des Klosters Ilsenburg,
dann der Grafen von Wernigerode, darauf der Dompröbste stand, wurde 1564
und 1589 visitiert. Heute steht das Patronat zu zwei Drittel der Regierung, zu
ein Drittel dem Baron von Qustedt auf Berssel zu, der es 1842 von den Erb-
marschällen von Bössing übernahm.
Flurnamen: 1564: Schlaggen -, Rohr- und Hagen wiese, Salvefleck,
Hanenhof, grosser und kleiner Kräng (Kramke, Krenge), die Srei Meinen.
Kirche: Über ihren 1718 geschehenen Neubau giebt eine aussen an der
Kirche angebrachte Tafel Auskunft mit der Inschrift: Burchart, Huet Amtmann,
Christoph Henr. Chrysander Past. Zachar. Schmid K. Vorsteher. Fr. Wolfg. Henr.
Lof K. Väter H. Lampe u. Jac. Schrader Geschworne Und die ganze Gemeine.
1718. sVMptIbVs segregHs tottot CVrante ChrysanDer || HoC loVie penItVssI
reparata DoMVs. Das Kirchenschiff ist mit einem im halben Zehneck geschlossenen
Chor versehen und im Ganzen 17,50 m lang, 5,37 m breit Die Decke ist aus
Holz gewölbt. Rechts befinden sich drei, links zwei rundbogig geschlossene
Fenster. — Der Turm stammt in der unteren Hälfte aus romanischer Zeit. Er
beherbergt drei Glocken: 1. Die grösste hat einen Durchmesser von 0,91 m.
Gegossen von Johann Wilhelm Felbinger in Halbei*stadt 1785. 2. Durchmesser
0,70 m. Gegossen von J. J. Radler in Hildesheim 1874. 3. Durchmesser 0,42 m.
Ohne Schrift
Der Altar von 1720, mittelmässige Holzschnitzerei von Froböse in Hom-
burg, zeigt unten die Figuren der vier Evangelisten, oben Moses und Aaron.
Die über dem Altar befindliehe Kanzel ist im gleichen Stil gehalten.
Die Orgel ist neu.
Das Taufbecken von Bronze, mit dem Spruch Lucas 18, Iß, gleichfalls neu.
Ein alter romanischer Taufkessel von Kalkstein, 0,73 m hoch, 0,90 m Durchm.,
kreisrund, ohne Inschriften oder Bilder befindet sich in einer Scheune.
Ein sechsarmiger Kronleuchter von Messing, mit einem doppelköpfigen
Adler oben darauf, stammt von 1621.
Das messingene Kollektenbecken, wohl ehemaliges Taufbecken, ist
gestiftet von D. Kirhoff, 1760. Es steht auf einem geschnitzten dreifüssigen Holz-
untersatze, der die Inschrift zeigt: D. K. H. 1760.
Abendmahlsgeräte: 1. ein Kelch von Messing mit breitem Knauf,
unten ein kleiner Kruzifixus, 0.15 m hoch, undatiert. 2. Desgl. von Silber, am
Knauf Spuren früher eingesetzter Steine und in rückläufiger Schrift SMARIA;
weiter unten ein Engelskopf und die Schrift IHCVS; am Fuss eingraviertes
Kreuz ohne Figur; 0,28 m hoch, 16. Jahrhundert. 3. Zu jedem Kelch gehört
eine Patene von 0,12 m bezw. 0,15 m Durchmesser.
Eine gestickte Decke zeigt in Plattstich mit reichlicher Verzierung |von
Silber und Gold die Anbetung der Könige vor der thronenden Madonna. Im
Hintergrunde das burgartige Bethlehem. Am Bande ausser zwei Wappen viele
symbolische und andere Tiere (Pelikan, Pfau, Adler, Hii*sch u. s. w.), 16. Jahrb.,
1,08 m lang, 1,06 m breit. Geschenk der Frau Hofrat Hecht in Halberstadt 1776,
Neuerdings ist die Decke ausgebessert worden.
46 Balberstädter Landkreis: üarsleben (Geschichte)
Harsleben
Die KicheDbücher gehen bis 1632 zurück. — Altes Ratsbuch von H. H.-Z. XXII,
250fr. —Reformation und Willkür der Gemeinde Grossen -Harszleben. H.-Z. XXI, 420 ff.
XXII, 297 ff. -
Hirsleve, Heresleve 1136; — Herislofe 1172; — Oster- Hersleve 1184; —
Magnum Hersleve gegen 1215; — Herflove 1261; — Grozzen-Hereleven 1359; —
Grotin Hersieven ffi96.
Die Namensforni Herslingen (vgl. Herslingstrasse, jetzt Harsleberstrasse zu
Halberstadt) soll der Ort früher geführt haben, doch finde ich dafür keinen
authentischen Nachweis.
Dorf 4,7 km südöstlich von Halberstadt, am Goldbach, mit 2370 Einwohnern
(1564= 130, 1589 = 200 Hauswirte), wovon nur wenige Katholiken und Alt-
lutheraner, alle übrigen evangelischer Konfession sind. Den Haupterwerb bildet
die Landwirtschaft.
Archidiakonat : Halberstadt.
Geschichte: Harsleben, ehedem im Gegensätze zu Klein - Harsleben,
welches später wüst wurde (s. Wüstungen), Gross -H. genannt, tritt urkundlich
Ende des 12. Jalirhunderts zuerst auf. Die Vogtei hatten bis dahin die Brüder
von Heimburg, seitdem das Domkapitel. Der Ort war Eigentum des Dom-
probstes, zu dessen Amte er noch 1564 gehörte. An der Spitze der Ortsverwaltung
finden wir 1205 einen Präfektus, der 1221 auch Schultetus (er hiess Ludolf)
genannt wird und damals zu den Mitgliedern des bischöflichen Konsiliums
gehörte. 1432 nennt sich die Ortsverwaltung: we burmestere ratlude unde de
bär geraeyne des dorpes Groten- Hersleve. Von adligen Familien sind in H.
nachweisbar 1480 die von Wegeleben, 1482 die von Rusteleben. Näheres über
die Verfassung von H., die dort wohnenden Familien u. s. w. vgl. an den oben
genannten Stellen der Harzzeitschrift.
Kirchen gab es zwei: 1. Die Kirche St. Petri in dem overwater, welche
verschwunden ist und an welche nur noch die örtlichkeit Petersende heute
erinnert. 2. Die noch existierende Kirche St. Simonis und Judä. Sie hatte ihre
Schutzheiligen daher, dass sie von Anfang an unter dem Patronate des Probstes
des denselben Heiligen geweihten Klosters zu Goslar stand und von diesem
gegen den Widerstand der Harslebener Bauern behauptet wurde. Heute ist das
Patronat königlich. Der Pfarrer der Kirche wird 1340 genannt. Ihr Siegel zeigte
die Gestalten der beiden Schutzheiligen, die an Spruchbändern kenntlich waren
und die Umschrift: . . . + willc + maioris + hersleve +.^
Flurnamen: 1463: am Seeberg; zwischen dem mulhenwege; vor der
Wejgebeyn; vor dem Langenberge; legen de vlatmolen; under dem Hederslever
stige; bei dem Teile wege; over den Wischeberg; in den Quenstedeschen osterlange ;
an den gropeshoch; vor dem dore legen den seven kruzen by den toyngarden;
in eyme stucke osterdorpes by der waterfrucht; boven den pluchsiich over den
borgen; by dem holtwege; by dem garddwege ok over den bergen; tuschen den
Quedlinburger wegen; am Erdberg; an dem groperhoch; — 1464: goddeshuses
gud (39 Morgen); Schultengud (45 Morgen); — 1478: der statweg; der stein; in
deme fkUho; Ditfurter weg; hinder dei' see; Wiby weg; wikstdte; am iyge; ars-
» Abbildung in der H.-Z. 1889 p.272.
Harsleben (Geschichte, Kirche) 47
kerve; schelen dal; toegebende; langenberg; Wegeleber Schlag op dem cleyge;
Kreiendorfer Weg; über den Scropeshoch; über den Bergen over den Hoppendal;
bei dem Stadtwege; Ostendorfer Grasweg; gegenüber der Mittelmühle; gegen der
Wulfsiechte; im langen etzke; bei dem Amelsherg; auf den Ertzberg; vor der
WegAenne; am henge; auf dem Langenberge; — 1480: in deme waterstelle; an
der wostenmarke, de geyt an den Wibyschen wech; noHersleve word; op jenne-
half den negen bögen to Hersleve word jogen dat Wegelevesche slach; oppe den
Rovers kamp boven deme molnhoffe; over denErtberch; oppe deme mülkenwech
na dem Quedelingborgischen stige; op den wech, de na dem Ameisberg lopt; op
den Welteberch; op de deypen denen in den osterlangen; in de grünt, op den
Mekekdde wech osterlangen; in deme langen eschen; under deme bomewege; op
beyde gartdwege osterlangen; op dem wydenbome wege, de na dem steynwege
lopt;— 1481: op de sulten jegen dat grass; hinder dem hoge op den Dit-
fordeschen wech op de wunne; an den osterlingen an dem wege; an der
Wulffesslechte; vor dem Happendale in den Hersleven osterlangen; over den
Werstedeschen wech an des domprovestes osterlangen; up dem Wiby wege in
dat Frevel over den stadtwech; in dem Elvemdale op den Quelingborgeschen
wech; in den lutken osterlangen op den Mekelvddeschen wech; vor dem Dom-
berge op des monkes breyde; over de Domesnesse; tygen dem molenlioffe; an
dem Weiteberge; an dem Ertberge; jennehalf dem Wydenborne wege; op den
papenstich jegen den plokmorgen; vor deme Langenberge; — 1484: Das Ober-
wasser (overwater); — 1495: boven styges an Bruns brede; cley; Holzveg; auf
dem wynborne wech; hinter dem schelendale*; an dem henge; — 1501: Käsekorb;
Weiteberg; Herrenbreite; Wegelebener Schlag; Wüstemark im Wibyer Wege;
Osterlangen; Halenlek; Quedlinburger Stieg; Mollenhof; Thelweg; Holney; —
1503: über den Qropshog; zwischen den Kappelwegen; im Alverdale; auf dem
Hollenweg nach Meckelfeldo zu; in den Osterlangen; Kemplingeweg ; vor dem
Wulfesiech te ; auf demplogstig; zwischen beiden Happendalen; im lutteken Felde;
im schelendal; bei dem Widenbornweg; im kleinen Happendal; bei der Land-
meigerie; Amelsherg; Eddelershog; Papenstieg; Hemeckesweg; Hasel weg.
Die Kirche stammt in jetziger Gestalt, den Unterbau des Turmes und den
gotischen Chor (14. Jahrhundert) ausgenommen, von 1601. Bauherr war damals
Zacharias Dipp. An der Nordseite sieht man die zum Teil verstümmelte Inschrift :
IM JARE NACH CHRIST GEBVRT 1601 IST DIESES
GEBEWDE DER KIRCHEN ZV BAWEN ANGEFA
NGEN BEI LEBZEITEN HERN GEORG BOD
ENDORFS PHAR HERN JOHAN MISCH
EN ANBTMANS CHVRDT KODDING RICHTE
RS JANNI ERXSEM SCHVFEN ERS BEIDER
BVRGERMEISTERS VND HEINRICH
TIES HÄRMEN KONNEKEN OLDER LVDENER
ZACHERIAS BAVHER
KASPER HORSIER MEVRER HAHB
Der mit einer Renaissancehaube gedeckte Turm, an der Vorderseite 7,57 m breit,
zeigt östlich und westlich je zwei gekuppelte Fenster (westlich fehlen die Mittel-
48 Halberstadter Landkreis: Uarsleben (Kirche)
Säulen), nördlich und südlicb je eins. Die Kapitale sind Würfel, ohne An-
schtniegung an die Süule; die Basen fehlen teils, teils sind sie neu. Das Schiff
hat eine lichte Länge von 22,15 m, eine Breite von 13,70 m, wovon auf den
Chor 5,19 m in der Länge, 5,74 m in der Breite kommen. Letzterer ist im
halben Achteck geschlossen und uro zwei Stufen gegen das Schiff erhöht) von
Fig. »
dem er durch leinen' grossen Ourtbogen getrennt ist. Unter ihm befindet sich
ein unzugängliches Gewölbe. Das Schiff besitzt eine schön geschnitzte, kassettierte
Decke, die von einem starken Pfeiler getragen wird. Von diesem gehen zn
weiterer Unterstützung der Decke vier elegant geformte Kopfbänder aus, die mit
Schnürrollen verziert sind und zwischen denen und dem Pfeiler sich mit Fächer-
rosetten geschmückte Füllhölzer befinden.
Glocken: 1. Dm. 1,56m, gegossen von J. G. Grosse in Dresden 1877, und
Harsleben (Kirche: Ausstattung — Profangebäude) 49
bezeichnet mit der Nummer 882. 2. Dm. 1,10 m, mit der Minuskelumschrift:
anno dm mcccccxxxvii f henning seiring (?) f ihs nazarenus rex iudeorum f
». Dm. 0,51 m, Umschrift: ANNO DOMINI 1593 . HEINRICH BORSTELMANN ZV
MAGDEBURG ME FECIT. Sie soll aus Wibj stemmen.
Der Altar. [Ein Alter S. Petri und Pauli wird 1484 erwähnt.l
Der jetzige Altar ist ein reich geschnitztes mit gedrehten Säulen verziertes
Werk des 18. Jahrhunderts.
Die darin befindliche Kanzel mit ihren Intareiamustern gehört ursprüng-
lich nicht dazu.
Die kleine Orgel ist aus dem 18. Jahrhundert.
Der Tauf stein (Fig. 14) ist ein hervorragend schönes Bildhauerwerk mit
der Inschrift:
i6o2. Philippus Sigismundis dei gratia postulat^ episcopus et verdensis
praeposit^ halberstad: brunswicensis et luneburgensis.
Der Kronleuchter von Messing trägt 16 Arme um eine Kugel und ist
oben mit einem Adler verziert.
Altargeräte:
1. Kelch, Silber vergoldet, hoch 023 m, am sechslappigen Fusse eine
Kreuzigungsgruppe. Halberstädter Beschau. Zeichen M G . IfiÖS.
2. Kelch, ebenso, Ende 17. Jahrhunderts.
3. Kelch, ebenso, Höhe 0,20 m, 1699.
4. Patene, Silber vergoldet. Beschau und Zeichen ebenso, Dm. 0,16 m.
5. Patene, Dm. 0,14 m und
6. desgl., Dm. 0,16 m. Beschau und Zeichen ebenso.
7. Oblatenschachtel von Silber, oben ein stehendes Kruzifix, 1699.
8. Löffel, Silber vergoldet, Halberstädter Beschau, 1697, Meisterzeichen
H S . 1698.
9. Taufbecken von Messing, Dm. 0,46 m, in der Mitte die Darstellung der
Verkündigung, ringsherum die bekannte rätselhafte Inschrift.
10. Ein zinnernes Taufbecken.
11. Eine ebensolche Kanne und
12. ebensolcher Kelch.
Von Bildwerken sind vorlianden: 1. eine geschnitzte, bemalte Kreuzigungs-
gruppe, 17. Jahrhundert; 2. die Bildnisse des Kaspar Koggcl und seiner Frau
(t 1720 und 1736); 3. die Bildnisse von drei Pastoren (Christian Keller, Caspar
Oustedt und Philipp Sigismund Klokius). Die Sakristei enthält eine geschnitzte
Supraporte des 18. Jahrhunderts und 2 Partisanen aus dem 17. Jahrhundert [Ein
altertümliches Kruzifix befindet sich jetzt im nördlichen Kreuzarme des Halber-
städter Domes (s. denselben).]
Epitaphien : Pastor Johann Roden, f 1689, Pastor Christian Keller, f 1716,
Pastor Johann Friedrich Schneider, f 1769. Sie sind ohne künstlerischen Wert
Pro fange bau de. [Der Hof mit dem steinernen Turm 1184; — die dem
Domkapitel gehörige Mühle 1320; — des grauen Mönches Hof 1448; — der
Vlothoff unterhalb Gr.-H. 1489; — eine Mühle, genannt das Himmelreich, vor
1589 dem Rate zu Halberstadt gehörig; — Ölmühle 1604; — Schenke und Orts-
Krali HalberttAdt. 4
50 Halberstädter Landkreis: Harsleben — Headelwr (Geschichte, Kirche)
gefängiiis 1607; — zu erwähnen wären hier noch manche Gebäude, auch ver-
schiedene Örtlichkeiten, darunter das Ostendorf, ein Teil von Harsleben und die
Harslebischen Teiche. Südwestlich von Harsleben gegen die Klusberge hin be-
findet sich die Stätte der sog. Altenburg. Anderes siehe unter Flurnamen. Von
noch bestehenden älteren Gebäuden verdient das sog. Johanniterhaus Erwähnung
wegen seiner Schnitzverzierungen, die indes ohne besondern Wert sind;' es
stammt von 1567.
Heudeber
H.-Z. XXIII, 358; XXIV, 316. — Die Kirchenbücher gehen bis 1647 zurück.
Hadeburun 1021; - Hathebere, Hathebero 1136; — Hädeber 1194; — Hade-
bere 1205 und öfter; — Hedhebere 1263; — Heydeber 1424; — Hoiber 1603; —
Heuber 1616; — Hödeber 1697.
Dorf 14,1 km westlich von Halberstadt, mit 1200 Einwohnern fast nur
evangelischer Konfession. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft.
Archidiakonat : Utzleben.
Geschichte: Schon 1004 hören wir von dem Orte, 1194 von Besitzungen,
welche das Kloster Ilsenburg dort hatte. Grafschaft und Gericht waren regen-
steinisch, wurden aber 1343 an Wernigerode verkauft. Die Kirche, deren
Patronat noch 1564 regensteinisch war, wurde 1394 dem Kloster Himmelpforten
einverleibt, um dieses für die durch Graf Ulrich v. Regenstein erlittenen Ein-
bussen schadlos zu halten. Von der Orts- und Kirchenobrigkeit werden 1394
der Pfarrer und die Kirchväter, 1488 die jurati et pociores rusticorum erwähnt
Das Hochstift hatte in H. vielerlei Besitzungen,^ ebenso schon 1246 der Siechcn-
hof in Halberstadt. 1564 hatte der Ort 50, 1589 62 Hauswirte. Die Kirche steht
heute unter Patronat des Königs.
Flurnamen: 1467 by der lutteken Lake; up dem Holtweghe; over den
Langhelwech; dat vischkorfelen ; teyghen den wyden; tigen dat cruce up den
beken; vor dem Volcmer over; in dem Krummen lande; up den Tanstede wech;
tighon dem Tanstede dore; up der Holtstede; an der Borch;^ vor dem Sakendale;
up dem Balwenworde; by dem Mynsleve stighe; tighen dem suder bome by der
Hymmelporter acker; up dat Dobelbrcth; — 1496 up den Remeken: uppe den
Mulbeke vech; upp dem Kannenfelde ; up der hostede; uppe demKillenfelde; dat
Düvelinge land.
Die Kirche ist in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts neu gebaut
Bemerkenswert sind in ihr nur die 3 Glocken von 0,19 m, bezw. 1,01 m
und 0,82 m Durchmesser, die aber alle modern und 1823 von H. Engelcke in
Halberstadt gegossen sind.
Unter den Altargeräten befinden sich 2 Kelche von vergoldetem Silber,
der eine von 1633, 0,20 m hoch, mit rundem Knauf und sechslappigem Fuss, an
welchem unten ein graviertes Kreuz angebracht ist; der andere von 1697, 0,21^ m
hoch, von ähnlicher Ausstattung. Halberstädter Beschau. Meisterzeichen
* Über die Beziehungen des Domkapitels zu H. vergl. das v. Oppensche Tagebuch.
' Wahrscheinlich ist die sog. Schanzenburg gemeint.
Hendeber (ehemalige Gebäude — Volkstracht)
Beides ist bei dem ersten
Kelch unkenntlich, — Eine
silberne Oblatenbücbse mit
gleicher Beschau und dem
Zeichen LS. ist von 1733,
die übrigen Geräte sind neu,
[Von anderen Ge-
bäuden lind Hufen
werden urkundlich erwähnt
1463; Sunte Andreashove,
Smale hoff by der holen-
strate, hoff bv dem ketken-
berenbome (1475 heiast der
Hot der L«ngehoff by dem
Kattenherenbome ; bome ist
gleich borae, wie 1520 die
Bezeichnung jiixta fontem
Cattorum beweist), Tanstede
dor. — 147Ö: DyckhOTe. —
1493: die Liebfraueukapelle.
- 1498 : Waterhove. — 1C07 ;
der Krug.] Das Pfarrhaus
ist 1777 erbaut, von dem
früheren existiert noch ein
Keller unter einem Garten-
bause. —
Im Besitze des Fürst
Otto-Museums zu Wernige-
rode giebt es einFrauen-
kostüni(fig.l5),wiesolches
noch in neuerer Zeit Ton
wohlhabenden Personen ge-
tragen wurde. Es stammt
aas dem Ende des vorigen
Jahrhunderts und ist aus-
gezeichnet erhalten. Es be-
steht aus Haube, Taille,
Schürze und Rock. Letztere
drei sind aus gemustertem
schwarzen Seidenatlas, strei-
fenweise mit weissen seide-
nen Blumen durchwirkt
Der Rock ist vielfaltif^, die
grosse Schürze glatt Die
Taille hat zwei Kragen, der
eine ist von schwarzem
52 Halberstadter Landkreis: Heudeber — Hoppenstedt (Geschichte — Kirche)
Seidenrips und mit Blumen von weisser Seide und Chenille bestickt, der zweite
besteht aus echten Brüsseler Spitzen. Die kleine Haube ist gleichfalls von
schwarzer Seide, der Boden ist von aussen mit Gold gestickt, breite, lange,
schwarze Seidenbänder hängen über den Rücken hinunter.
Hoppenstedt
fl.-Z.IV, 403; XVIII, 844; XXIII, 59,280; XXIV, 321. - Die Kirchenbücher gehen
biH 1695 zurück.
Hoppelinstede 1249; — Hoppenstede 1310; - Hopelenstede 1317; — Hop-
pelenstide 1343; — Hoppelstede 1360; — Hoppenstidde 1391 ; — Hoppenwinckel (?)
1419; — Hupelstede 1480.
Dorf 29,3 km nordwestlich von Halberstadt an der Ilse mit 230 Einwohnern
(1564 und 1589 29 Hauswirte). Haupterwerb Landwirtschaft.
Archidiaconat : Osterwieck.
Geschichte: Die in H. befindlichen Besitzungen des Klosters Stötterlingen-
burg wurden 1343 von den Regensteinern an die Herzöge von Braunschweig ver-
kauft. Bischof Ludwig von Halberstadt verpfändete H. 1363 samt Wülperode an
die V. d. Gowische, Bischof Albrecht 1383 an die Familie v. Rössing; letzterer
Vertrag wurde 1390, 1399 und 1412 erneuert Amtlich gehörte H. von alters her
zu Wülperode; das Patronat der Kirche war 1564 Eigentum der Dompropstei zu
Halberstadt und ist daher heute königlich.
Flurnamen: 1504 (zwischen H. und Westerbeck): by Spornians breiden;
an Smalejans acker; benodden dem wege tho Westerbecke; vpp Hakelberges
garden; vpp dem grauen; vp den wech by Tilen Wilden kulacker; vpp dat slöp
tigen den Witten wech; vor der olden lantwere; vpp den knick; up dem molen-
grauen by Stridden breyden; an dem graseweghe; an den Beiwinkel wech; by
Hauermoses breide; in demEtichgen lande; na der lemkülen; in domLusebekes;
by der Vogelsmolen ; tigen den kulmorgen in dem Hoynkendale; — 1564: Gras-
hof; Gras vorm Klehe ; Hakelwinckel ; kleine Mühlhope; kleine Winkel ; Barbicken
Bleck; Pannenkuhl; — 1589: der Sunder; vor dem Kleye; kleiner Grashof bei
der Mühlen; der Hasenwinkel; die Multhopo.
Die Kirche (St. Stephan!) hat einen alten Turm, dessen unteres Geschoss
aus Kalkbruchsteinen erbaut und mit Bewurf versehen ist, während das in Fach-
werk ausgeführte obere Geschoss ein gewalmtes Dach trägt. Er ist aussen 5,52 ni
breit," und ca. 4,70 m tief Ein Westeingang fehlt. Ins Innere der Kirche ge-
langt man durch eine in einem kleinen südlichen Vorbau befindliche Thür. Das
Schiff der Kirche ist im Lichten 18,10 m lang und 6,H5 m breit. Der Chor ist
geradlinig geschlossen und um eine Stufe erhöht. Die Decke ist flach, der Fuss-
boden besteht aus Ziegeln. In der südlichen Wand befinden sich sechs, in der
nördlichen zwei Fenster, in der Chorwand nur eins, alle ohne künstlerische Be-
sonderheiten.
Von den zwei Glocken hat die grössere einen Dm. von 1,03 m; sie ist
1871 durch Ulrich in Apolda gegossen. Die kleinere misst im Dm. 0,95 m und
zeigt die Minuskelumschrift O rex glorie veni cum pace anno dni mcccclxxxxii :
ausserdem ist sie mit einem Kruzifixus, entgegengesetzt mit dem Bilde des heil.
Stephanus geschmückt.
Hoppenstedt (Kirche — Profangebäude) — Hornbnrg
53
Der Altar besitzt ein schönes mit reichem Masswerk verziertes Schnitz-
werk vom Ende des 15. Jahrhunderts. Es ist in den siebziger Jahren unseres
Jahrhunderts restauriert
St. Lau-
rentitis
CO
'S
«O
SP
1
I 8
CO
8
St, Christophorus
und
2 musieierende
Engel
St. Ste-
phanus
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Krönung
Maria
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Auf den oberen drei Stücken des Altarschreins steht als spätere Zuthat je
ein Kreuz, davon eins mit dem Kruzifixus.
Die \ij92 geschnitzte Kanzel zeigt schöne ausdrucksvolle Blendai'kaden.
Das Gestühl hat keine Besonderheiten.
Die Orgel ist modern.
Ein in Holz geschnitzter und bemalter Taufengel ist noch im Gebrauch,
flr dürfte mit dem von 1695 datierton Taufbecken von gleichem Alter sein.
Von Altarge raten sind sonst vorhanden: eine achteckige bleierne
Oblatenschachtel von 1721); eine bleierne Patene; eine desgl. von vergoldetem
Silber, mit eingraviertem Kreuz, Dm. 9,12 m, Frankfurter Beschau, Marke
T.H. H.; zwei Kelche, zwei Kannen, eine Taufschüssel sind von Silber und modern.
Von andern Gebäuden besitzt das Dorf nur zwei aus älterer Zeit, näm-
lich die Pfarre (Ende 17. Jahrhunderts) und das mit einer Inschrift versehene
Haus des Gastwirtes Borchers, datiert 1694, beide ohne höheren Wert.
Homburg
Annal. Saxo, MG. SS. VI. — Annal. Paliden^cs MG. SS. XVI. — Gesta cpisc. Halb. -
Eratb, cod. dipl. Quedlinb. Winnigstedt, Chronik. — Grotc, Osterwiecker Stadtbuch. — Abel,
Stifts- u. Landclironik etc. — Nebe, Kirchenvisltationen. — Rathmann, Gesch. v. Mngdeburg,
T. 1. >- Havemann, Braunschw. Landesgesch. , T. 1. — Merian, Topogr. Saxon. Inf. p. 145. -•
I
Halberetadter I^ndkreis: Homburg (Geschichte)
Lenz, Halb. Hist — LncuiuB, Beitr., Bd. 1. — Tlieatram Europ., T. 1. — Hermes u.Weigelt,
Handbuch f. d, Eeg.-Be«. Magdeb. , T. II, 213. — v. Mfliveretedt, H.-Z. 1870. - H.-Z. XVI,
118; XVIII, 344. — Von Urkunden kommen nuBser den gedruckten auch die Ton G. Schmidt
gesammelten ungedruckten dee Hochaiifu und LiebfrauenHiif(«s in Betracht.
Homberc 8. Jahrhundert; — Hompergi 932; — Homaburhc 994; - Horne-
burch 1128; — Homeburg 1147; — Horabtirc 1195; — Horaeborcb, Homeborg
1211; — Horenberch 1217; — Homebiirc um 1210—20; — Horneberg 130»; -
Horenbergk 1327; — Homborch 1507; — Horneborgk 1562. — Der Name dürfte
Ao. /. Kirclu. Xn. g. Obernfarre. So. S. Balhatit. Nn. 4. VnlerpfaTTe. -Vo. S. Akt<t«K<M-
lenenfabrik. Xo. 6. KnnaurTenfabHIi wen Weisel. No. 7. K. BiUhmami. l¥«gfahHk. Nn. S. POHanl.
No. 9. Sehnte. Nn. 10. DntHäHC (mit den Sehtinsruinen). No. 11. HtdbentSdter Thor. Nn. lt. Pfarr-
hofttKoT. No. 13. Braunachicciger Thor. No, I4. Dammthor. No, IS. Vorwerkilhor.
mit horo, abd. = Sumpf zusammenhängen. Das Stadtwappen zeigt irrtumlich
ein Hom an einer Schnur hängend, auf weiss-rotem Schilde.
Stadt 34 km nordwestlich von Halberstadt mit 2902 Einwohnern (2816
evangelisch, 86 katholisch). [1654 gab es 200 Bürger, 1598 wurden 300 Haus-
wirte gezählt.] Haupterwerb vorwiegend Ackerbau, der früher vorwiegend der
Homburg (Geschichte) 55
Hopfen-, jetzt der Bübenkultur gilt Ausserdem sind einige Fabriken vor-
banden.
Geschichte: Die schon im 8. Jahrhundert erwähnte Stadt verdankt ihre
Entstehung der Anlage der Burg, unter deren Schutz sie sich allmählich aus-
breitete. Die Gründungszeit der Burg ist unbekannt. Vielleicht ist die Nach-
richt richtig, dass Suidger von Bamberg, der spätere Papst Clemens II. (f 1047),
in Homburg geboren sei. Die erste Zerstörung derVeste nahm Heinrich V. 1113
bei seinem Zuge gegen die aufständischen Sachsen vor. Sie muss damals sehr stark
gefestigt gewesen sein, da ausdrücklich überliefert ist, dass die Zerstörung erst nach
langer Belagerung möglich war. Zum zweiten und dritten Male zerstört wurde
das Schloss (castrum) durch Heinrich den Löwen 1178 und 1179 wegen der für
Braunschweig gefahrbringenden Nähe dieses bischöflich - halberstädtischen Stütz-
punktes. Etwas dauerndes wurde damit nicht erreicht, da die Burg durch
Bischof Gardolf wie4er aufgebaut wurde. Er umgab sie mit stärkeren Wällen
und Mauern, baute auch dort eine der h. Maria Magdalena geweihte Kapelle.
Anfang des 13. Jahrhunderts war das Schloss im Pfandbesitze des Grafen Otto
V. Hadmersleben, kam dann durch Eroberung zeitweilig an Braunschweig,
darauf aber an den Bischof von Halberstadt zurück. Von diesem wurde es
1334 dem Domkapitel verpfändet, 1365 vorübergehend wiedergewonnen, kam
aber sogleich wieder in fremde Hände, diesmal in die des Braunschweiger
Bürgermeisters Thilo vom Damme. Nach dusson Hinrichtung (1374) nimmt
der Kat von Braunschweig die H. in Besitz, bis Bischof Albrecht IIL sie wieder
auslöst.
Erst von dieser Zeit an ist in den Quellen auch von dem unter der H.
belegenen Orte die Rede, obwohl dessen Anfänge schon früher existiert haben
mögen. Wann er Stadtrecht erhalten hat, ist unbekannt. Die bischöflichen und
sonstigen Vögte, welche dort walteten (im 13. Jahrhundert die von Quenstedt),
regierten nur ein Dorf, eine villa, zu der noch ein befestigtes Vorwerk, das
prourbium gehörte. Mochte auch das Verhältnis des Dorfes zur Burg der Nach-
barschaft wegen ein unmittelbareres sein, so hatte es doch rechtlich keine
andere Stellung zu ihr, als die anderen zum Burgverwaltungsbezirke gehörigen
Dörfer Bhoden, Osterode, Veitheim, Zosel, Steinum (beide seitdem wüst) und
der Hof zu Achim mit der Mühle. Von ihnen allen wurden Hand- und
'Spanndienste, von H. noch ausserdem der beträchtliche Zoll beansprucht. Eine
selbständige Bedeutung hat der Ort, welcher noch 1451 nur als blek bezeichnet
wird, damals nicht besessen; seine Schicksale folgen denen der Burg. Diese
blieb nominell bischöflich und diente in wiederholten Fällen als Objekt der Ver-
pfändung an das Domkapitel oder andere; so kam sie z.B. 1418 an die Gebrüder
V. d. Asseburg, 1433 an den Rat zu Braunschweig, weiterhin an die Familien
V, Neindorf, v. Wunstorf, v. Hoym und v. Veltheim; an letztere beiden erst, als
sie vom Administrator Ernst für 6000 rheinische Gulden vorübergehend eingelöst
war. Sie hatte damals bereits ihre vierte Zerstörung hinter sich, von der sie in
dem Kriege betroffen wurde, welchen 1430 die Herzöge Heinrich und Wilhelm
miteinander führten und der zu Ungunsten des letzteren ausschlug. Erneuerungs-
bauten, besonders ein neuer Zwinger, wurden für bischöfliches Geld 1457 aus-
geführt und sind wohl durch jene Zerstörung verursacht worden. Auch vom
56 Halberstädter Landkreis: Homburg (Geschichte)
Administrator Ernst wird berichtet, dass er auf der H. vielerlei Bauten ausführen
liess. 1583 wurde die Burg für 4000 rheinische Gulden dem Domkapitel ver-
pfändet Steinum wird in dem Vertrage nicht mehr erwähnt, mag also damals
schon wüst gewesen sein, dagegen ist damals Isingerode dem Homburger Amts-
bezirke angeschlossen. Als Bischof Heinrich Julius dem Domkapitel das Kloster
Stötterlingenburg überliess, erhielt er die H. zurück. Noch immer und noch
1612 gab es dort die „erbare Mannschaft,'* als Überrest der Burgmannen (ca-
strenses, castellani, milites de H.), welche seit dem 13. Jahrhundert öfter erwähnt
werden, und welche für die Höfe, mit denen sie belehnt waren, dem jeweiligen
Burgherren zu militärischem Dienste verpflichtet waren. — Als Inhaber des
Hauptfreigutes zu H. finden sich seit dem Ende des 15. Jahrhundorts: die v.
Burgsdorf, v. Randow, v. d. Asseburg, 1650 der schwedische Oberst Hans Schäfer,
1663 der Oberstleutnant Melchior Ruck, endlich die Familie Rudolphi. Ausserdem
sind 1311 die Familie v. Krebs, 1480 die v. Wrampa, 1504 die v. Ben^dnkel in H.
begütert gewesen.
Die bischöflichen Vögte erlangen im Laufe der Zeit den Titel Amtshaupt-
leute, als welche sie die gesamte Verwaltung und Aufsicht über die üntersassen,
die „bur und borgher tho H." (1437) auszuüben hatten. Der blek hatte nur
Vorständer und Ratmannen, aber keinen Bürgermeister, da er keine Stadt war,
und besass somit auch kein Stadtsiegel. Ein solches existiert erst seit Mitte des
16. Jahrhunderts (H.-Z. 1870, p. 706.) Es hatte die Umschrift: SIGIL : CONSVLVM :
IN : HORNEBORCH : — Der Stadtschreiber wird 1589 erwähnt Der Wohlstand
der Stadt scheint damals nicht gering gewesen zu sein. Über einzelne Einrich-
tungen sind wir näher unterrichtet. So giebt es ein langes niederdeutsches
Gedicht (im Hornburger Kirchenarchive) über die Statuten des dortigen Kalands,
worin des weiteren von der Organisation dieser Gesellschaft, der Kost bei den
gemeinschaftlichen Mählem, den Strafen für die Saumseligen u. s. w. die Rede
ist. Über ihre Besitztümer vgl. Nebe, Kirchenvisit. p. 114ft Die Satzungen der
Hornburger Schützenbiüderscliaft von 1437 enthält das Osterwiecker Stadtbuch
p. 58ff. Die Schustergilde wird 1607 genannt — Die Pfarre stand unter bischöf-
lichem Patronat, die Kaplanei dagegen unter dem des Rates. Das zu letzterer
gehörige Gebäude war zuerst auf dem Markte, später erhielt sie einen anderen
Platz. — Die Schule wurde 1564 von einem Schulmeister und einem Baccalaureus
besorgt Den Lehrplan s. bei Nebe p. 118. — Das schon 1432 erwähnte Hospital
lag vor der Stadt; es hatte 1564 zwei vom Rate ernannte Vorsteher und beher-
bergte 5 Arme. — Von Gebäuden werden im Mittelalter genannt: 1378 eine
Mühle und der Zoll, 1401 ein Vorwerk, 1437 eine Taverne, 1599 der Ratskeller
und 1600 die Malzmühle.
Im dreissigjährigen Kriege ist H. ziemlich glimpflich davongekommen, wie
die grosse Zahl noch erhaltener Häuser aus vorhergegangenen Zeiten beweist
Gleichwohl ging es auch hier nicht ohne bedeutenden Schaden ab. Ein Schreiben
des Bischofs, Erzherzogs Leopold Wilhelm, vom 16. Januar 1646 nimmt Bezug
auf solchen, der durch Zerstörung des Stadthauses, der Stadtwege, des Zeughauses,
der Stadtschreiberei, der Apotheke, des Weinkellers, Pfarrhauses und anderer
Gebäude sowie durch Verwüstung der Kirche, Schule, des Hospitals und vieler
Privathäuser geschehen sei und bewilligt daraufhin den Erlass 1. der zweitägigen
Homburg (Geschichte — Kirche)
57
^tttiotioin
3frruKPS
BHANSPOFPBRMÜLLER:
LBIOHAN-DIEPE-
Yon jedem Hause dem Amte zu leistenden Handarbeit, 2. des Weidegeides
Tom Steinfelde, 3. des Zinses vom Ratsbrauhause und der Badstube» 4. der
buleviöge.
Die Burg hatte damals wiederholt Belagerungen durchzumachen. Sie war
1625 in den Händen des Herzogs Christian von Braunschweig, postulierten
Bischofs von Halberstadt, kam 1626 nach der Schlacht bei Lutter am Barenberge
in die Gewalt Tillys, 1628 wurde sie von einem Hauptmann des Altringischen
Regimentes kommandiert; 1630 nahmen sie die Schweden, 1623 bekam sie Pappen-
heim, und von da an blieb sie bis 1639 kaiserlich, wo sie am 20. März von Bauer
nach heftigem Kampfe erobert wurde. Aber schon 1641 gewannen Piccolomini
und Gonzaga diesen wichtigen Stützpunkt dank der Feigheit des deshalb später
enthaupteten schwedischen Kommandanten wieder. Noch einmal wechselt in den
Jahren 1643 und 1644 der Besitz derVeste zwischen Schweden und Kaiserlichen.
Im Januar 1645 wird sie auf Befehl Königsmarks durch den Obristen Burgdorf
beschossen — wie es heisst,
auch vom Kirchturme aus —
der Obrist v. Bülow und der
Major von Münchhausen
schliessen sich dem Unter-
nehmen an, welches, der
Überlieferung nach infolge
von unter der Besatzung aus-
gebrochenen Streitigkeiten, | x iji'i^ v^_^ [ | >^ w ^ "^^ ^ \ ^
in wenigen Tagen den ge-
wünschten Erfolg hat. Die
H. wird danach zum fünften
Male zerstört und hat von
da an keine Befestigungen wieder bekommen. Zwar wurde der Ort in der
Folge wieder kaiserlich, kam aber im westfälischen Frieden samt dem übrigen
halberstädtischen Besitze in die Hände Brandenburgs. Seitdem ist es Doraänen-
amt geblieben. Das Schloss war trotz der Zerstörung noch bis zum Anfange
dieses Jahrhunderts in leidlichem Zustande. Erst da sind die Gebäude auf
Betreiben des Amtmanns Schlieckmann behufs Gewinnung von Steinmaterial
zu dem neuen Amtswohnhause niedergerissen worden.
Jetzt ist das Gut im Besitze des Herrn von Lüdecke.
Das Wappen der Stadt (Fig. 17) ist dargestellt auf einem Steine, welcher
sich am östlichen Stadtthore eingemauert vorfindet. Ein anderer dicht daneben
befindlicher Stein zeigt dasselbe Wappen, jedoch ohne vertikale Teilung, dazu
die Jahreszahl 1663 und den Namen B . HANS . POPPERMUELLER . B . lOHAN .
DIPPE. Das Hifthorn ist hier an einer vierästigen Hirschstange aufgehängt.
Flurnamen: 1402: der Eygherd (jetzt Eichhorst) bei der Stadt; — 1589:
Im Hom; bei den kleinen und grossen Alerholzen; Probsteiholz; am Vastwege;
auf der Bettesbeuren ; Beuke.
Die Kirche Unser IJeben Frauen. [An ihrer Stelle stand ehedem (erwähnt
1149, H.-Z. XXlV,313) nur eine Kapelle, welche dem h. Stephaniis gewidmet war,
also wohl zu den ältesten Gründungen dieser Art gehört hat. Die Kirche verdankte
Fig. 17.
58
Halberstädter Landkreis: Hombarg (Kirche: Baubeschreibung)
ihre Erbauung in erweiterter Gestalt dem Bischöfe Rudolph. Ein Pfarrer Gottschalk
wird 1240 genannt Die Verwaltung der Kirche besorgten ausser ihm eine Anzahl von
Aldermannen. In der Kirche befand sich 1490 ein Altar St. Johannis, 15CJ4 ein
Frtihmessenaltar, 1589 ein Heiligkreuz-Altar, der von der Familie von der Asse-
burg gestiftet war.] Der jetzige Bau, von dem hier der Grundriss (Kg. 18) mit-
geteilt wird, wurde auf alten Fundamenten und mit Benutzung des Unterbaus
des alten Turmes 1616 erbaut. Der Turm, über den das Langhaus nördlich und
südlich um je 5,50 m hinausragt, hat eine äussere Breite von 10,63 m, eine Tiefe
von 5,50 m. Die Kirche hat eine lichte Länge von 36,40 m , der Chor eine von
7,37 ra; eine lichte Breite von 19,45 m (das Mittelschiff ist 9,43 m breit, beide
Seitenschiffe je 4,94 m), der Chor eine von 8,43 m. Achteckige Pfeiler (von 0,47
bezw. 0,32 m Seitenlänge) trennen die drei gleich hohen Schiffe von einander
und gehen in Gurtbögen über, welche in der Mitte die Gestalt von Korbbögen,
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Fig. 18.
in den Seitenschiffen die von Spitzbögen annehmen. Demgemäss sind die
zwischen ihnen befindlichen Kreuzgewölbe im Mittelschiffe flach gespannt, in
den Seitenschiffen hochbusig und scharf gratig. Der Chor, unter dem sich au-
geblich ein Gewölbe befindet, ist um drei Stufen erhöht und halbachteckig
geschlossen. Die Sakristei (4,58 m breit, 4,64 m tief) ist mit einem flachen Kreuz-
gewölbe eingedeckt. Sie ist älter als der übrige Bau.
Ein Westeingang fehlt der Kirche. Nördlich befinden sich zwei rundbogige,
mit Zahnschnitten, Perlbändem u. s. w. geschmückte Thüren; südlich zwei spät-
gotische, davon eine einfache und eine, deren Gewände mit Stabüberschneidungen
geziert ist. Die Strebepfeiler sind neu angebaut.
Steinmetzzeichen sind wegen Verputzung und Bemalung im Innern und
Äussern nicht mehr erkennbar.
Von den Fenstern sind nur erwähnenswert drei von den fünf im Chor
Homburg (Kirche: AnsstattoDg) 59
befindlichen modernen, welche ornamentale Glasmalereien aus der Anstalt von
Müller -Quedlinburg aufweisen.
Glocken: 1. Dm. 1,71 m, umgegossen 1858 von Ulrich in Apolda. 2. Dm.
1,30 m, von J. G. Grosse in Dresden, 1876. 3. Dm. 1,07 m : Mc fccit C. N. KASTEN
in Halberstadt: ein Chronostichon zeigt die Jahreszahl 1722 an. 4. Dm. 0,82m,
mit der Inschrift: Ave Maria gra ple; 14.Jahrh. 5. Dm. 0,68 m, wie No. 1.
Der Altar, ein massiges Schnitzwerk der Benaissancezeit, zeigt in der
Mitte die Kreuzigung, rechts und links Johannis d.Ev. und Andreas; oben sieht
man die Auferstehung, unten in der Predella das Abendmahl. Nach einer an
dem Altar angebrachten Notiz ist er 1617 auf Kosten der Witwe Elisabeth von
fiandau geb. v. Werder angefertigt, weshalb am Fusse der Mittelgruppe 16
Wappen ihrer Ahnen angebracht sind. Auf Kosten einer Frau Elisabeth Maria
Lappin, verheiratet mit Hans Christoph v. Schaffgotsch, ist das Werk 1660 bemalt
worden.
Die Kanzel. Ein bemaltes Schnitzwerk von massigem Werte, angefertigt
1616, zeigt am Aufgang in Nischen die vier Evangelisten, oben die eherne
Schlange, den ölberg, die Verkündigung, das Opfer Jsaaks; vorne vor dem öl-
berge sieht man das Stifterehepaar neben dem Kruzifixe kniend; als Stütze
unten dient die Gestalt des Moses. Eine Inschrift deutet an, dass Friedrich von
Randau und seine Frau Ursula von KneiUingen den 20. Dezember 1616 die
Kanzel gestiftet haben. — Am Schalldeckel befindet sich eine grosse Anzahl von
Wappen, sowie der Spruch Joh. 8: Wer von Gott ist, der höret u. s. w.
Die Orgel ist eine mit Laubwerk und Engelsfiguren sehr reich geschmückte
Arbeit, welche ein Meister Froböse im 18. Jahrhundert angefertigt hat Erneuert
von Rover in Haus Neinstedt.
Der Taufstein, 1581 in Sandstein gearbeitet, ist achteckig und mit
4 Wappen geschmückt; unten der Spruch „Lasset die Kindlein u. s. w." Der
Deckel über dem Taufstein ist von Holz geschnitzt und bemalt und oben bekrönt
von einem kleinen Rundtempel, innerhalb dessen die Taufe Christi plastisch dar-
gestellt ist. Ringsum laufen 2 Sprüche; unten: „Gehet hin in alle Welt u. s. w.";
oben: „Wer da glaubet u. s. w."
Das Gestühl mit seinen Blendarkaden stammt vom Anfange des 17. Jahr-
hunderts. — Die von 1666 datierten Emporen sind mit den Wappen derer von
Rucken, von- Campen und den Namen vieler Bürgerfamilien bezeichnet. In den
Füllungen auf der Nordseite handwerksmässige, aber ornamental gut wirkende
Malereien des 18. Jahrhunderts, neutestamentliche Scenen darstellend. — Eine
Prieche ist mit den Figuren der Kardinaltugenden geschmückt.
Der messingne Kronleuchter von 1643 hat acht grosse und acht kleine
Arme in zwei Reihen über einander um eine Kugel angeordnet; oben ein Adler.
Altarge rate: I.Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,25 m, 17. Jahrhundert.
2. Desgl., Höhe 0,24 m, mit sechslappigem Fusse; am Knauf IHESVS.
3. Patene, Silber vergoldet, Dm. 0,18 m. 4. Desgl. modern. 5. Desgl. mit ein-
graviertem Kreuze, Dm. 0,14 m. 6. Ovale, silberne Oblatenschachtel, Dm. 0,11 m.
Inschrift Maria Gerdrud von Ruck. Frankfurter Beschau, Meisterzoichen HB.
7. Messingne Taufschüssel mit kleinen gepunzten Verzierungen. Dm. 0,53 m. "
Neben der Orgel hängt ein schlecht gemaltes grosses Bild des 18. Jahr-
60 HalberBtädter Landkreis: Hornbarg (Kirche: Ausstattung — Profanbauten)
hunderts mit Scenen aus dem neuen Testament, darunter ein Doppelbild mit
der Geburt Christi und der Anbetung der h. drei Könige.
Auf dem 2. Boden des Turmes lagern die Beste eines Schnitzaltars ^ Maria
in einer Strahlenaureole auf dem Halbmonde, sowie einige Heiligenfiguren.
In der Kirche befindet sich eine der Gemeinde Isingerode gehörende
Fahne von 1816.
Vor dem Chore sind drei Tafeln in die Wand gelassen. Ihre Inschriften
lauten :
1. Cum strueretur hoc templum pastoratum gerebant Sebastianus
Werneken et Andreas Corvinus. Anno 1615;
2. et bonis ecclesiasticis praeerant Moritz Brauns et Simon Seband;
S. cum aediflcaretur hoc templum collegae scholae fverunt Andreas
Groshenning, Rector Conradus Pfaug Matthias Kravse B.
Eine steinerne kleine Tafel aus Sandstein mit zwei Wappen ist gleichfalls
von 1615.
Epitaphien: a) Votivtafeln:
1. Der Familie Glander, 1600 geschnitzt; mit dem von der Familie ver-
ehrten Kruzifixus; ziemlich klein.
2. Grosse Tafel des Pastors Heinrich Magius, f 1604; die Einfassungen mit
bemalten und vergoldeten Schnitzereien (Säulen, Rollv^erk u. s. w.), die Füllungen
mit Malereien (Bekehrung des Paulus, unten die aus 15 Personen bestehende
Familie).
3. Grosse Tafel des Pastors Andreas Corvinus, f 1646. Oben mit seinem
Bildnisse, unten mit der aus 13 Personen bestehenden Familie. Inschrift Wulf
Ernst Lindemeyer Pinx.
4. Bildnis des Inspektors Johann Jacob Lentz, 1788.
5. Tafel der Elisabeth Fuermans, tl604; geschnitzt, Füllungen gemalt (Auf-
erstehung, darunter die Frau mit Mann und Kind, den Kruzifixus anbetend).
6. Grosse Tafel des Pastors Sebastian Wernectius, f 1619. Geschnitzt, oben
gemalt (Auferstehung, darunter die 10 Personen der Familie vor der Kreuzigung).
7. Tafel der beiden Frauen des Johann Mercken. Geschnitzt, oben gemalt
(Kreuzigung, unten die 11 Personen der Familie). Inschrift Daniel Linden-
meier Pictor.
b) Grabtiifeln:
1. Der Ilse von Randau, die als junges Mädchen dargestellt ist, f 1572.
Sandstein. Gut erhalten.
2. Des Hans von Randau, 11572; stehende Figur in Rüstung. Sandstein.
3. Des Johannn von Lehate (?), f 1584; stehende Figur in Rüstung, oben
zwei verstümmelte Figuren, in den Ecken vier Wappen. Sandstein.
[Ausserdem gab es in Hornburg eine nicht mehr nachweisbare Heiligegeist-
kapelle, in deren Nähe sich eine ,,stede up dem watere" (1481) befand, und
deren Einkommen noch 15G4 der Halbcrstädter Domdechant hatte.l
Profanbauten: 1. Das Schloss.
Von den weitläufigen und stattlichen Anlagen, welche noch die Merianische
Abbildung (Fig. II) u. 20) aufweist, ist jetzt nur noch weniges Mauerwerk übrig,
darunter das etwa 10 ni hohe Stück des Berchfrits, dessen innere Weite 5^ na
A
I
-*t
•1
Homburg (Profiinbaaten: Schloss)
und dessen M'aiiei'stiirke fast 3 m beträp:!. Um ihn zieht sich rund gestaltet ein
von einer Futtermauer begrenzter Raum. Etwas ferner, südwestlich, ist eine
andere Mauer, an die sich wahrscheinlich ein grösseres Gebäude anschloss, von
welchem noch Fensternischen zu seilen sind. Weiter unten am Bergabhange
zeigen sieb mächtige Futtermauern mit runden Bastionen, deren eliemaliger
Zinnenkranz von noch vorhandenen, einen Kundbogenfries bildenden Konsulen
Halberstädter Landkreis: Hornbarg (Frofunliauten : Pachwerkhäuset)
getragen wurde. Nach der der Stadt abgewendeten Seite der Burg ist der nicht
viel höhere Berg durch einen Einaclinitt von der Burg abgetrennt [Auf der Burg
befand sich eine der Madonna oder der Maria Magdalena (?) geweihte Kapelle,
vielleicht identisch mit der schon 877 zu Drübeck gehörigen cella sanctae Mariae
(1156; H.-Z. XXIV, 310f., 352f.) 13G0 wird dort ein Altar Corporis Christi und
der lOOOÜ Jungfrauen erwähnt, der durch die Kaiandbrüder erneuert worden
war und damals mit einem Hofe in Homburg beschenkt wurde, 1396 wurde ein
Altar St Jakobi von Gumprecht von Wanzleben gestiftet Das Einkommen der
Kapelle hatte 1564 der Domsenior.]
2. Holzbauten. Die Stadt Hornburg verdankt dem Umstände, dass sie bis
vor kurzer Zeit keine Eisenbahn hatte, und dass sie, wenigstens nach dem grossen
Brande im 16. Jahrhundert, von grösseren Unfällen zumeist verschont geblieben
ist, eine aussergewöhnlicbo ünberührtheit. Überraschend gross ist in dieser kleinen
Stadt die Anzahl der geschnitzten Fachwerkhäuser früherer Jahriiunderte , und
selbst wohl erhaltene Innenausstattungen, die anderwärts im Kreise Halberstadt
zu den äussersten Seltenheiten geboren, kommen hier, wenn auch in geringer,
aber dabei doch relativ grosser Zahl vor. Im übrigen sind die Merkmale des
Holzbaustils, wie bei der Näbo Halberstadts erklärlich, unj^efähr dieselben wie
dort. Wenn daher unten eine Aufzählung der criialten gebliebenen älteren Ge-
bäude nach Stilperioden vorgenommen wird,' so geschieht dies mit genauem Be-
' Die HäuBer Bind unten und auch hier nur nach ihren Nummern, nicht nach den nur
im Volkaniunde bekannten Strassen namen «ufgeführt. Wo mehrere Nummern vereinigt sind,
bedeutet dies, dass sie zu demselben Uauae gehören.
Homburg (Profanbaaten: Fachwerkhäuser) 63
zug auf die bei der Besprechung der Halberstädter Bauten festzustellenden Grund-
sätze. Eine zeitlich genaue Begrenzung der Perioden ist allerdings darum nicht
durchzuführen, weil diese erheblich in einander übergreifen. Was die einzelnen
Merkmale betrifft, so ist fürs erste wegen der angeblich allgemeinen Eigenschaft
derartiger Häuser, der Yorkragung, zu sagen, dass diese zumeist dem Halber-
städter Typus folgt, dass jedoch auch, wie es dort an einem Beispiel zu bemerken
ist, hier in wiederholten Fällen, und zwar schon in der Blütezeit des nieder-
sächsischen Stils, die Yorkragung schwach ist (bei den Häusern 31, 34, 47), teils
ganz fehlt (Häuser 78—79, 254[1619], 301 [1586]). Thorfahrten giebt es in nicht
geringer Menge aus älterer Zeit, jedoch sind sie fast alle heutzutage vermauert oder
entstellt, und kaum geben einzelne Reste der schönen Schnitzereien (Fig. 21 u. 22),
mit denen sie umsäumt waren, eine Yorstellung von ihrer ehemaligen, male-
rischen Schönheit. Nur einmal ist der Sturz geradlinig (No.58), sonst herrscht
das Rundbogenportal vor, auch giebt es solche, welche oben gotisierend geschweifte
Formen zeigen. Das Gewände ist bisweilen nur mit flachen Kehlen belebt, zeigt
aber vielfach ringsum geführte Perl- oder Diamantbänder, auch Schmuck von
Rosetten und dergl. Auch Inschriften kommen vor. — Die Bodenluken haben
häufig die Form des gotischen Yorhangbogens. — Ähnlichen Charakter zeigen
bisweilen die Fenster; jedoch sind diese überwiegend nur einfach vierkantig, die
alte Verbleiung und Yergitterung, sowie die Schiebefenster sind noch in grosser
Anzahl vorhanden, die alten Butzenscheiben jedoch, wie es scheint, durchweg die
Beute von Sammlern geworden. — Erker und Ausluchten sind nicht eben
selten. Ilir Charakter harmoniert natürlich mit dem des zugehörigen Gebäudes.
Ausgenommen, weil eine spätere Zuthat, ist der des Hauses 23. — Die Ständer
sind in älterer Zeit ganz schlicht und erhalten erst in der Renaissanceperiode
Verzierungen. —Die Balkenköpfe sind fast nirgends verziert ; höchstens dass sie
einmal vorne abgerundet erscheinen; auch das in späterer Zeit so beliebte Merk-
mal der prismatischen Zuspitzung kommt in H. kaum vor. — Die Konsolen, auf
welchen jene ruhen, entbehren der Mannigfaltigkeit der anderwärts angewendeten
Verzierungen. Von der gotischen bis in die späte Yerfallzeit bleibt der Typus
der langgestreckten, mit gezähnelten Querstreifen und dergl. belebten Konsolen,
während rollenartige gamicht, oder höchstens einmal in Entartung auftreten. Die
Eckkonsolen finden sich ungefähr ebenso häufig in Vereinzelung, wie in Grup-
pierung zu drei gleich langen. — Die Füll holz er, die Nachfolger der in gotischer
Zeit zwischen den Balkenköpfen angebrachten Schutzplatten, haben in früherer
Zeit keine Selbständigkeit; sie schliessen sich dem Charakter der Schwelle an.
Späterhin sind sie bisweilen für sich allein verziert. Bei den Bauten des Hein-
rich Dünsing (s. unten) weisen sie etwas schwerfällige Zahnschnitte auf. Bei-
spiele anmutiger Blattschnitzereien giebt es in späterer Barockzeit. — Die Ver-
zierungen der Saumschwellen sind mannigfaltig genug. Besonders beliebt sind
bis in späte Zeit Laubstäbe und Flechtbänder, bisweilen unterbrochen von ein-
geschalteten kleinen Ornamenten, die auch wohl für sich allein die ganze Länge
einer Schwelle einnehmen können; ferner finden sich auf den Saumschwellen
fromme und weltliche Sprüche in niederdeutscher, hochdeutscher, lateinischer, ja
einmal sogar griechischer Sprache ; ausserdem die Namen des Besitzers und seiner
Frau, die Jahreszahl, die Hausmarke und bisweilen in später Zeit der Meister-
64
Halberstädter Landkreis: Hornburg (Profanbauten: Fachwerkhäuser)
name. Hausmarken sind in nicht geringer Zahl vorhanden; in der unten folgen-
den Aufzählung der Häuser sind sie sämtlich mit angegeben. Die Angabe von
Meisternamen kommt erst seit dem späten 17. Jahrhundert vor. Fünf Namen
sind tiberliefert: 1. Heinrich Dünsing, ein auch auf den Dörfern der Umgegend
viel beschäftigt gewesener Mann. Seine Bauten zeichnen sich aus durch Grösse
und eine gewisse anspruchsvolle Einfachheit. Er bedient sich ganz besonders
gern des Zahnschnittmotives, w.elches er in breiter Ausführung besonders an den
Füllhölzern verwendet. Auch Sprüche und Pflanzenornaraente kommen vor,
ohne jedoch als Charakteristika hervorzutreten. In Homburg sind von ihm noch
9 Bauten erhalten. 2. Christoph Dünsing, ein nur einmal im Anfange des
18. Jahrhunderts in einem unbedeutenden Werke nachweisbarer Meister. 3.Henni
Siedentopf (Sidentop, Seidentop); er erbaute nach der Mitte des 17. Jahrhunderts
einige der noch erhaltenen Häuser, wobei er die Anwendung flach geschnitzter
Ranken und Blätter (Fig. 23) liebte, die eigentümlich rundliche Formen und
etwas hervortretende Ränder haben. Seine Werke sind an diesem Merkmale,
T^i/^y^W^
Fig. 28.
auch wo Sie seinen Namen nicht tragen, leicht zu erkennen. Weniger bedeutend
ist 4. Hans Siedentopf, der am Ende des 17. Jahrhunderts wirkte und wohl der
Sohn des vorigen war. 5. Tobias Schrader, einmal 1742 vorkommend, über dessen
Fähigkeiten sich nach dem einen Beispiel nicht urteilen lilsst, doch scheint er
nichts Aussergewöhnliches geleistet zu haben. — Zur Belebung und Unterbrechung
der Saumschwellenkante dienen mit grosser Vorliebe die Schiffskehlen,
welche sich seit dem 1. Drittel des 16. Jahrhunderts, zunächst nur in schwachem
Relief angedeutet, einfinden, und bis in die späteste Zeit beliebt bleiben. Während
der Blütezeit sind sie gern mit Schnürrollen gefüllt, die jedoch nur verhältnis-
mässig selten zu der in Halberstadt zu beobachtenden vollen Schönheit gelangen,
dagegen häufig, wie auch. in Osterwieck allerlei entartete Formen annehmen. In
der Zeit des Verfalles werden sie schwächlich und unansehnlich, bis sie zu-
letzt ganz verschwinden. — Die unterhalb der Fenster gelegenen Räume bis zur
Saumschwelle werden wie in Halberstadt in früherer Zeit durch dreieckige Fuss-
bänder, in späterer Zeit durch eingesetzte Brüstungsplatten ausgefüllt. Bei den
Homburg (FachirerkbanteD)
Bauten der Blütezeit beschränkt sich ihr Schmuck an Schnitzereien auf wenige
Votive, nämlich vorzugsweise auf die bekannten Fächerrosetten und Laubetäbe.
Wo Fussbänder angewendet sind, können natürhch nur die ersteren vorkommen.
Die Rosetten (Fig. 34) haben in H. im allgemeinen schöne und regelmässige
Formen and halten sich hei von den in Osterwieck vorkommenden Entartungen.
Gelegentlich werden die Strahlen sehr dicht gestellt und durch konzentrische
Kreise gewissermassen in Perlen aufgelöst, auch die Durchbildung einer Rosette
in der Art eines Eorbgeflochtes kommt vor. Wo Brüstungsplatten angewendet
werden, und der Entfaltung der Rosetten damit freier Spielraum gewährt wird,
gevinnen sie an Lebendigkeit. Ihre Breite ist so angenommen , dass sie sich,
was jedoch selten ist und bei guten Bauten nicht vorkommt, gegenseitig fem
bleiben, oder dass sie sich mit den Kanten berühren, oder endlich ineinander
übergreifen. Ihre Mittelpunkte sind meist, wiewohl auch unsymmetrische An-
lagen vorkommen, auf die Mitte der Brüstungsplatte oder auf den Fusspunkt
des Ständers gelegt In den Zwickeln werden bisweilen stilisierte Blätter oder
dergl. angebracht; andere Verzierungen hierbei sind selten, einmal kommt eine
Storchfigur vor. — Für die Brüstungsplatten ist ausserdem die Ausschmückung
durch Laubstäbe häufig, welche dann zumeist doppelt bis dreifach nebeneinander
hinlaufen. In der Renaissancezeit verschwinden alle diese Motive und machen
flachen Omamentschnitzereien Platz, die nicht seiton überaus reich und mannig-
faltig entworfen sind und auch gern da angewendet werden, wo statt der
Bnistungsplatten Fussbänder angebracht worden sind. Das in Halberstadt und
anderwärts so verbreitete Motiv der Blendarkaden zum Schmucke der Brüstungen
kommt in Homburg nur einmal vor.
Indem jetzt dazu übergegangen wird, die den einzelnen Stilperioden ange-
hörigen Gebäude aufzuzählen, muss vorweg davon abgesehen werden, irgend ein
66
Halberstädter Landkreis: Homburg (Fachwerkbauten)
Haus als sicher der ersten Periode angehörig zu bezeichnen. Die grosse Feuers-
brunst in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts hat derartig unter ihnen aufgeräumt,
dass nur ganz vereinzelte Exemplare bis in neuere Zeit sich erhielten. Heute
existiert leider keins mehr davon, doch kann hier die Zeichnung eines Details
(Fig. 25 u. 26) von einem solchen Hause mitgeteilt werden, welche Herr Bau-
inspektor Sommer noch aufzunehmen in der Lage war. Im übrigen sind solche
Häuser, welche Merkmale hohen Alters, wenn auch nicht die charakteristischen der
altgotischen Zeit tragen, in geringer Zahl vorhanden. Es sind die Nummern
Hörnburg,
r\r\
j^<z>
ftpuiiJks FeuA.
MM ttMSm.
MaAsm eUr'Wät^ftrjfyiUm
Fig. 25.
Fig. 26.
25—26 (Schwelle mit Längssti-eifen) ; 45 (ebenso, die Balken durch die Ständer
gezapft und davor mit Holznägeln befestigt); 121 (mit Schutzbrettern; leider ver-
putzt); 296 (dieselbe Konstruktion wie 45, datiert 1508).
Der 2. Periode gehören an:
3 (1568). 4—5 (15 Fach breit; die Fächerrosetten sind gelegentlich in
konzentrische Reihen von Perlen zerlegt. 1592). 8. 9 (Pächerrosetten über-
greifend; Ständer z.T. verziert; mit Inschrift). 10. 18. 19—20 (die Schwelle
mit Längsstreifen verziert; die Ecke mit drei gleichlangen Konsolen).
23 (1577; Erker vom Anfang des 17. Jahrhunderts).
24 (1595).
28 (die Fächerrosetten sind z. T. ineinander geschoben, z.T. voneinander
entfernt, an einer Stelle dazwischen ein Storch; Reste einer Thür mit einer
grossen und drei kleinen Rosetten; die Inschrift ist verwittert, aber ein Name
Seb. Wer(?) noch zu erkennen).
29. 30.
32 (Schut^bretter).
Hornborg (PachwerVbanten) 67
33 (die Fäcberrosetten auf den Brüstungsplatten aneinander etossend; Schiffs-
■6hleD mit Schnürrolleo, ausserdem an der Schwelle über den Balkenköpfen und
anderwärts kleine Medaillons mit Köpfchen in schwacher Zeichnung; Reste einer
Thorfahrt; 1559).
34 (Kckhaus (Fig.27); Fächerrosetten ähnlieh wie bei 33, Blätter in den
Zwickelo; die Ständer mit Pflanzenomamenten verziert; obere ' Schwelle mit
UiibsUb, untere mit niederdeutscher Inschrift und Rollenomament ; 1563).
Fig. 27.
35 (mit doppelzeili^er lateinischer Inschrift, die durch kleine Wappen unter-
brocbra ist).
37. 39 (1584).
40. 41 (Balken durch die Ständer gezapft; Schwelle mit Diamantband und
schwachen Schiffskeblen).
47 (Vorkragung schwach ; Fächerrosetten dürftig verteilt ; 1589).
48 (1604).
Halberstftdter Landkreis: Honibarf; (Fachwerkbanten)
56-57 (1687).
69— «0 (Marke IVB).
76. 77 (1595).
80. 96.
124 (1616).
127 (eigentlich zwei Häuser: a) mit übergreifenden Fäcberrosetten,
b) der näebsten Periode angeliörig, s. unten).
138—139. 145 (1604; Eonsolen unten wulstig, oben volutenartjg).
Homburg (Fachwerkbauten) 69
162 (Fächerrosetten; flache Scbiffskehlen; der Name des ehemaligen Be-
sitzers ist mit H.S. angedeutet; die Hausmarke zeigt die Figur eines Kegels; 1541).
167. 172 — 173 (an der unteren Kante Rollen mit Schuppenomamenten;
Inschrift; 1588).
182. 188 (die Fächerrosetten übergreifend, auf Brüstungsplatten; Schwelle
mit Ijanbstab, der von kleinen Quadraten unterbrochen ist).
201. 211. 219. 242 (eigentlich zwei Häuser: a) Eckhaus; schon das
Zwischengeschoss ist weit vorgekragt und ruht auf drei Säulen und drei Stein-
konsolen; 1609; b) mit Fächerrosetten; 16. Jahrhundert).
245-246. 250—252 (die Schwelle mit Laubstab, die Schiffskehlen gefüllt
mit geperlten Schnürrollen; die Fächerrosetten auf den Brüstungsplatten an-
einander stossend; besonders schönes und reiches Werk von 1569.)
253 (Fächerrosetten auf den Fussbändem, ihre Mitte auf den Ständern;
Schwelle mit schmalen Rollen und Inschrift; 1614).
256. 261. 262 (mit zwiefachem Laubstabe auf den Brüstungsplatten; die
Schwelle verziert mit übereinander greifenden, sich spitzbogig schneidenden
kleinen Rundbögen. Die andere Seite des Hauses zeigt auf den Brüstungsplatten
im unteren Geschosse aneinander stossende, im oberen übergreifende Fächei
rosetten; Schwelle mit Laubstab und niederdeutscher Lischrift; 1566).
266—267 (1590; lange Inschrift).
269. 270. 272. 276 (die Fächerrosetten, deren Mitte auf den Ständern
befindlich ist, sind in verschiedener z. T. entarteter Auffassung ausgeführt; die
obere Schwelle zeigt ein Flechtband, die untere einen Spruch; in der Höhe
des I.Stockwerks sind vier hässliche Figuren des 18. Jahrhunderts (Holzschnitzerei
und bemalt), die vier Jahreszeiten darstellend, angebracht; 1594).
277 (grosses dreistöckiges Eckhaus mit Erker und hochragendem Dache
(B'ig. 29); die oberste Schwelle zeigt den Laubstab, die unteren sind ganz mit
Sprüchen bedeckt; die mit Schnürrollen gefüllten Schiffskehlen sind lang-
gestreckt; Ständer und Fussbänder zeigen reiche Flachornamente; die Ecken
haben nur je eine Konsole; Wetterfahne mit dem Zeichen W-H; 1609).
287 (übergreifende Fächerrosetten auf Brüstungsplatten; die Schiffskehlen
mit dünnen Rollen gefüllt; Schwellen mit Laubstab und lateinischer Inschrift
die unterbrochen ist von kleinen Feldern mit flachen Ornamenten. Die Ständer
des Untergeschosses sind auffallend breit. Oben Spuren von Vorhangbogen-
fenstern. Reste einer mit einem Diamantbande umgrenzten Thorfahrt Die Haus-
marke zeigt ein Hörn, ähnlich wie das Stadtwappen. 1561).
294. 295. 297—298 (anstossende Fächerrosetten auf den sehr niedrigen
Brüstungsplatten ; Reste einer Thorfahrt mit Inschrift ; Hausmarke : Schere).
299 (eigentlich zwei Häuser : a) Fächerrosetten ähnlich wie vorher ; Schwelle
in ornamentierte Quadrate geteilt; schwache Schiffskehlen; 1549; b) ähnlich;
Schwelle mit Spruch.)
301 (Fächerrosetten; die Vorkragung fehlt; 1586).
304. 305 (doppelter Laubstab; Ecke mit drei gleichlangen Konsolen).
310 (die Thür zeigt Barockschnitzereien).
315. 323 (mit langer lateinischer Inschrift und der Hausbezeichnung Tho
Hasen, mit Bezug darauf, dass die Hausmarke einen Hasen zeigt; 1567).
HHlbeTBtftdtor IdDdkreis: Hoinburg (Fachwerkbanten)
328. 329 (von 1554; mit der Inschrift; ÖEOT 4IA0NT0S MHAEN ISXTKl
<1»Ö0N0S. eEOT MH Ä1Ä0NT02 MHAEN 12XTKI llONOS; ehemals seinem
gewissen Statins lUagius gehörig).
332. 335 (die Balken durch die Ständer gezapft; 1548.)
337. 338—339 (die Balkenküpfe sind abgerundet; Reste einer Thorfahrt mit
ganzen Sonnen und Ferlbändern; Boden lukentbür mit Yorhangbogen ; 1569.
Auf dem Hofe befindet sich der Jndentempel und oiu noch leidlich erhaltenes
Judenbad).
340. 341. 342—344 (die letzte Nummer sehr verdorben; 1560).
345 (Ecke vorspringend; 1571).
347 (jetzt sehr verdorben; Inschrift: dominus henningus grotecoerdes
pastor in börsem emit atque rcfecit sibi hanc doroum anno dni 1567 tertia
die Junii; Hausmarke mit Eolch, worüber ein von einem Pfeile durchschossenes
Herz ; darüber die Anfangsbuchstaben des Namens H. G. C.)
Homburg (Fachwerkbauten) 71
349—360. 352 (eine der Fächerrosetten korbflechtartig; Reste einer Thorfahrt).
354 (die Unterpfarre; zweistöckiges Gebäude; die Küche befindet sich noch
im alten Zustande.)
355 (mit Schutzbrettem; die Balken sind oben durch die Ständer durch-
gezapft und davor mit Holznägeln befestigt; 1569).
361—362 (in den Zwickeln zwischen den Fächerrosetten befinden sich
Blumen. Reste einer Thorfahrt mit Perlband.)
[Leider verschwunden ist das alte Haus No. 275 vom Jahre 1594, welches
sehr reich geschnitzte Fächerrosetten, sowie eine lange deutsche Inschrift hatt«.]
Der 3. Periode gehören an:
21 (1609).
46 (Ständer und Fussbänder mit Flachschnitzereien; 1609).
58 (Ständer und Fussbänder mit Pflanzenornamenten, erste z.T. als reich
geschnitzte Pilaster gebildet; Thorfahrt mit flachem Sturz; 16ü9).
61 (1604).
82 (stark geformte lange Konsolen; Schwelle mit Inschrift; Bodenluke
mit Vorhangbogen. Hausmarke Zirkel und Winkelmass. Zahl in der Wetter-
fahne 1651).
127 (zweite Hälfte des Hauses. Flache Schiffskehlen mit Diamantbändem.
Die starke Vorkragung wird bei jedem Balken getragen von einer Konsole, vor
der sich noch ein Kopfband befindet; beide sind von geschwungener Form und
mit Perlbändem verziert).
254 (ohne Vorkragung; 1619).
275 (zweistöckiges Eckhaus. Ecke mit drei gleich langen Konsolen.
Brüstungsplatten mit Blendarkaden — einziges Beispiel in Hornburg! Obere
Schwelle mit Laubstab, untere mit langem Spruch).
278 (Ständer und Fussbänder mit reichen Flachomamenten ; Haus-
marke ;{;•, 1621).
293 (die Schwellen, die Ständer bis zur halben Höhe und die Fussbänder
mit flachen Renaissancemustern bedeckt; die Füllhölzer zwischen den Balken-
köpfen zeigen im Untergeschosse Schiffskehlen, die mit Rollen gefüllt sind, im
Obergeschosse Zahnschnitte. Vorder- und Rückseite des Hausos tragen denselben
reichen Schmuck; 1638).
379 (1616).
Der 4. Periode gehören an:
1. Bauten von Heinrich Dünsing:
38 (1665).
71 (1672).
165 (1651).
192 (1665).
227 (1662; Hausmarke: Semmel und Bretzel).
309 (1672).
334 (1668).
336 (1667; das Innere ist noch wohl erhalten: Küche, Diele mit Wendel-
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Homburg (Fachwerkbauten, Priratsammlnng) — Isingerode 73
177 (ohne Jahreszahl).
181 (16Ö3).
4. von Hans Siedentopf: .
112—113 (1688).
204 (ohne Datum).
230 (1671).
255 (ohne Datum).
5. von Tobias Schrader:
233 (1742).
6. von unbekannten Meistern:
a) 17. Jahrhundert.
31 (schwache Vorkragung).
96 (Ständer z.T. mit Perlen geziert.
176 (1696). 185.
234 (1687).
271 (schwache Schiffskehlen mit Bollen).
279 (ähnUch).
281 (ähnlich; 1650).
351 (1663; mit Spruch).
366. 367.
b) 18. Jahrhundert.
22. 34. 52. 53. 54. 75. 78-79 (Ohne Vorkragung, flach angedeutete
Schiffskehlen).
86. 87. 89. 90. 94 (Mit reich geschnitzten Füllhölzern).
102 (mit Rococothür; 1717).
103 (1713).
108b (1718). 128. 136. 152. 153.
170 (Rococokartouche über der Thür). 171. 178 (1675). 179. 183 (1728).
186 (1700). 190 (1786). 191 (1700). 196 (1700). 198. 203. 207. 210. 214. 215.
220. 228. 247. 288. 289. 290. 307(1716)- 330(1734). 333(1719). 348 (1726).
363 (17(«). 371 (1719).
Wegen Verputzungen, Verschalungen und anderer Entstellungen sind fol-
gende offenbar alte Gebäude keiner bestimmten Periode zuzuteilen: 2. 49—50.
85. 109. 134. 135. 217. 300. 303. 313. 331. 377.
Bemerkenswert ist inHomburg die Privatsammlung des Dr. med. Barner,
welche sich auszeichnet durch vortreffliche Stücke der neolitischen und späteren
prähistorischen Perioden, schöne Majolikakrüge des vorigen Jahrhunderts und
andere Erzeugnisse älteren Hausgewerbes.
Isingerode
H.-Z.VI, 153 f., 444; XVHI, 344; XXIII, 280; XXIV, 318.
Isingerod 1214; — Eisenrode 1564.
Dorf 35,9 km nordwestlich von Halberstadt, an der Ecker, hatte 1564 etwa
8 Hauswirte, jetzt 135 Einwohner evangelischer Konfession, die sich vorzugsweise
von Landwirtschaft nähren.
74 HalberstMter Landkreis: Isingerode — Langenstein (Geschichte)
Archidiakonat: Westerode.
Ein Zehnter gehörte seit 1214 dem Bonifaciusstift zu Halberstadt, einen
anderen hatten 1481 die drei Vettern von Burgdorf vom Bischof Gebhard und
Administrator Ernst zu Lehn.
Flurname: 1589 : die Suthwiese.
I. ist in Homburg eingepfarrt.
Auf dem sog. Orangenberge befindet sich ein alter Ringwall.
Langenstein
Lucanus, Beiträge zur Gesch. des Fürstentums Halb. — Akten des Gutsarchivs. —
Haiberstädter Intelligenzblatt 1823 p. 10. — H.-Z. IIa, 150; IV, 124,377; VII, 300, 388;
XII, 145; XV, 240; XXIV, 201,284. — Die Kirchenbücher gehen bis 1618 zurück.
Dorf 6,5 km südsüdwestlich von Halberstadt am Goldbach mit 1376 Ein-
wohnern evangelischer Konfession, deren Haupterwerb die Landwirtschaft ist
1589: 42 Hauswirte, 1793: 800 Seelen.
Archidiakonat: Halberstadt.
Geschichte: Das Dorf Langenstein (Laghenstein 1272) verdankt seine
Entstehung vermutlich dem darüber befindlichen, bischöflichen Schlosse, welches
1151 von Bischof Ulrich erbaut wurde. Es diente als Kastell gegen die An-
griffe Heinrichs des Löwen. Über die weiteren Schicksale des Schlosses siehe
unten. 1311 heisst L. villa, 1359 stat. Die Kommende Langein hatte in L.
Besitzungen, ebenso im 14. Jahrhundert die Familie v. Dorstadt ein Burg-
lehen. (H.-Z. in, 441 ; XI, 478 f.) Öfters dienten Ort und Schloss als Pfand-
objekt, so 1316i als es sich für das Hochstift darum handelte, Stadt und
Schloss Wegeleben vom Erzbischof Burchard III. von Magdeburg zu erwerben.
Das Domkapitel, welchem es gemeinsam mit dem Bischof gehörte, löste es mit
nicht unbedeutenden Opfern wieder ein. 1390 versprach Bischof Ernst in seiner
Wahlkapitulation, das Schloss nicht in andere Hände gelangen zu lassen. Aber
1434 verpfändete es Bischof Johann an Otto von Rustleben, welcher auch bald
darnach die Erlaubnis bekam, dort bauliche Verbesserungen bis zum Werte von
400 rlioinischen Gulden auszuführen. 1483 gelangte es aus dem Besitze des
Administrators Ernst in den des Domherrn Balthasar von Neuenstadt und wurde
1410 an Anton von Werterd weiter verschrieben. Den Scboss aus der Vogtei
empfing der Bischof. Nach einem Brande vor dem Juni 1500 wurde L. am
1. Mai 1516 für 2755 rheinische Gulden 4 Schilling 2 Pfennige und 10 alte
Groschen an Valentin von Sunthausen verpfändet. Nachdem es 1561 wieder
eingelöst worden war, kam es 1562 durch Bischof Sigismund an Ludolf von
Alvensleben, dessen Familie es noch 1604 besass (Wohlbrück, Gesch. Nachr. vom
Geschlecht von Alvensleben). 1662 verkaufte das Domkapitel L. an den Obristen
V. d. Planitz. 1742 wurde es an Prinz Heinrich Ludwig von Preussen verkauft;
bald nach jener Zeit war es, wo der hinter der alten Burg befindliche Marmor
zuerst zur Verwendung kam. Im März 1776 kam L. in Besitz der Frau Marie
Antoinette von Branconi, geb. v. Eisner zu Berlin (f 1793), bekannt durch ihre
Beziehungen zu Goethe. Aus dem Besitz der Branconischen Familie kam das
Bittergut L. 1828 an die Familie Reinicke, 1855 an die Familie Bimpau, in deren
Isingerode — LaDgenstein (alte Kirche)
76
Besitz es noch ist. Seit 1873 hat die Halberstadt^BIankenburger Bahn hier eine
Station.
Flurnamen: 1536: Hopfdherg; Kyfholz; Boltzenheide ; Haymkergrund;
Kyffteich; Brockenstidemarck; Vosholem; Domeberg; — 1584: Fuüsack; —
1589: Grundberg; der Berg Scheifebreide; — 1732: Brückwegsbreite; Jaköbsbreite;
Kamp; Lange tläch; Schlossbreite; — 1743: Der grosse, mittlere und kleine Stand
am Tonnigsberge; HcLSsdhoU; grosser und kleiner Hasen winkel; der Hang; —
1796: Aniskopf; Boknenbreite; am Lötveken, Von Grenzsteinen in der Gegend
des Hoppelberges und Goldbaches, auf Veranlassung des Bischofs Albrecht auf-
gestellt, ist 1311 die Bede.
Kirche. [Sie ist zuerst 1180 erwähnt, als Bischof Dietrich für ihren
Wiederaufbau sorgte. Patronin war die Jungfrau Maria. Der beigefügte Grund-
riss (Fig. 31), welchen ich, wie auch die übrigen Abbildungen aus der
alten Kirche, der Liebenswürdigkeit des Herzoglichen Baurats Brinckniann
zu Braunschweig verdanke, der sie noch während des Abbruches 1888 aufzu-
nehmen imstande war, zeigt, dass die alte Kirche aus zwei Hauptteilen bestand,
\UMS?\V>d.
h ''
jL-l.
Fig. 31.
dem älterenlMittelschiff nebst Turmbau (letzterer offenbar noch älter) und dem
im halben Achteck geschlossenen Chor, der merkwürdigerweise östlich nicht mit
einer Wandfläche, sondern mit einem Winkel endigte. An diesen jüngeren Bau
schlössen sich nördlich und südlich unsymmetrisch angebaute viereckige Räume
an, der nördliche als Sakristei, der südliche als Grabgewölbe benutzt. Im Innern
enthielt sie im 16. Jahrhundert eingesetzte geschnitzte Holzteile, von denen
nebenstehend ein paar Proben (Fig. 32) abgebildet sind. Abbildungen, welche
besonders den romanischen , mit einem Renaissancehelm bedeckten Turm zeigen,
befinden sich im Besitze des Amtsrats Dr. Rimpau zu L. (Sepiazeichnung), sowie
des Fräulein Friederich zu Wernigerode. Damach ?a schUessQU wich seine
Gestalt nicht von der sonst im Kreise typischen ab.]
76
Halberst&dter Landkreis: Lan^renstein (neue Kirche)
Die seit 1888 neugebaute Kirche.
Der Altar zeigt den häufigen Typus mit geschnitzten Figuren und ge-
drehten Säulen entsprechend dem Stil vom Anfang des 18. Jahrhunderts.
Die Kanzel entspricht der Art des Altars.
Die Orgel ist neu, aber unter Yerwendung alten Scboitzwerks im Stil des
Altars gearbeitet
Glocken: 1. Dm, 1,01m, gegossen von W. Engelcke in Halberstadt 18&4;
2. Dm. 0,80 m; 3. Dm. 0,68 m; 4. die unerreichbare, in einem kleinen Erker seit-
wärts am Turm hängende Stundenglocke, alle drei 1888 von G. A. Jauer in Leipzig
gegossen. [Vordem gab es auf dem Turm der alten Kirche ausser der unter
No. 1 genannten eine sehr alte kleine Glocke von 0/4 m Durchmesser; ihreVer-
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zierung bestand in netzförmig über Eck gezogenen Bändern mit folgendem Profil:
ßiMä über den ganzen Mantel herab. Sie ist 1888 eingeschmolzen worden.]
Ein Gobelin, der innerhalb eines Frucht- und Blumenrahmens Christas
darstellt, welcher die Kinder zu sich kommen lässt; vom Ende des tö-Jabi''
hunderte, diente ehemals als Taufkesseldecke und ist jetzt auf einen Holzrabmen
gespannt, in der Kirche aufgehängt.
Von Altargeräten sind vorbanden ein silberner, vergoldeter Kelch, 1705l
ein kleinerer Kelch desgl. mit sechslappigem Fuss von 1711, Haiberstädter Be-
Langenstein (neue Kirche — alte Burg) 77
schau, Meisterzeichen TT; eine desgl. Kanne 1736 mit Halberstädter Beschau
und Meisterzeichen IKB; eine silberne Oblatenschachtel mit Meisterzeichen LS;
ein kleiner silberner Löffel; zwei kleine Patenen, Silber vergoldet. Die Tauf-
schale ist modern.
In der Kirche befindet sich das Wappen des Georg Heinrich, Edler von
der Planitz, Obrist zu Boss und kurfürstlich brandenburgischer Hauptmann des
Amtes Wulperode 1611—1662. Ringsherum sieht man sechzehn andere Wappen
nebst militärischen Insignien. — Über der Thür zur Sakristei ist ebenfalls ein
Wappen mit der Schrift darunter „Rudolf August, Edler von der Planitz, Kgl.
Preuss. Geheimber Rath, Direktor der Halberstädt. Kriegs u. Domainen Cammer,
Senior u. Portenarius der hohen Stifts Kirche in Halberst. Ambts Hauptmann zu
Homburg, Wulperode u. Stötterlingenburg, des löblichen Johanniter Ordens
Bitter, Probst zu Walbeck, Erbherr auf Langenstein." Das Wappen daneben ge-
hörte laut Inschrift der „Henriette Sibille Edle v. d. Planitz, gebohrene Metsch,"
beide gestorben vor 1731.
Epitaphien. [Ein altes, schon zu Winnigstädts Zeiten fast unleserliches
Epitaph in der Kirche wurde als das des Bischofs Friedrich (f 1231) angesehen.
Beim Abbruch der Kirche fand sich keine Spur davon.] Ausserhalb an der
Kirchenmauer ist das gemeinsame Epitaph zweier lö88 un& 89 gestorbenen
Kinder von Alvensleben. Daneben ein Kriegerepitaph von 1815. Seitwärts steht
ein Epitaph des 18. Jahrhunderts mit Kruzifixus und unleserlicher Inschrift.
Die Burg (Kg. 33) : 1 151 erbaut, jetzt Altenburg genannt, war ein häufiger
Aufenthalt der halberstädter Bischöfe, sowohl im Sommer als auch im Winter.
Eine grosse Menge von Urkunden sind dort ausgestellt worden. Ganz besonders
von Bischof Friedrich, der in der alten Kirche auch beigesetzt gewesen sein
soll. Nach der zweimaligen Zerstörung durch Heinrich den Löwen 1166 und
1177 wurde es durch Bischof Dietrich 1178 wieder erbaut, auch vom Bischof
6ardulf.ll93 und 95 restauriert. Die Burgmannen (Castellani) werden als
Urkundenzeugen oft erwähnt. Dort wurde auch der von Bischof Ludolf I. ge-
fangene Markgraf von Brandenburg in Gewahrsam gehalten. Graf Burchhard
von Mansfeld eroberte das Schloss 1317 bei seiner Fehde gegen den Bischof
Albrecht I. In der Folge wurde es Gegenburg der Regensteiner bis gegen 1363.
Nach der Wiedererwerbung besserte Bischof Ludwig die Burg in bedeutendem
Umfange wieder aus, wobei das Domkapitel und der Rat von Halberstadt bedeu-
tende Gelder beisteuern mussten, denn das Schloss war so verfallen, dass es fast
nicht mehr benutzbar war. Bei den vielfachen Verpfändungen wurde dafür
gesorgt, den Pfandinhabem die Instandhaltung des Schlosses, seine Fenster,
Thüren, Dächer, Wände, Brücken u. s. w. aufzubürden. Von Bestandteilen, welche
dieses „hfis" zu Langenstein aufwies, werden genannt : eine Kapelle, deren Kaplan
zugleich Pfarrer der Dorfkirche war (1263); der Turm am niedersten Thore der
Burg (1420); eine „Domse,'* zu deren Bau, 1490, sechzehn Gulden ausgeworfen
wurden; das Burgthor (1684); 1507 waren für den Neubau einiger Gebäude im
Schloss und des abgebrannten Vorwerks 650 rheinische Gulden erforderlich.
Nach den Zeiten des Bauernkrieges verfiel das Schloss, scheint aber noch in
benutzbarem Zustande gewesen zu sein, bis es 1644 von den Schweden ge-
plündert wurde. Sein völliger Abbruch erfolgte 1653. Heutzutage ist von den
78
Halberstädter Landkreis: Langenstein (alte Burg)
00
09
¥ I
Tiefer Ein^hnitt
Langenstein (alte Borg — Schloss — Obelisk) 79
Gebäuden nichts mehr vorhanden mit Ausnahme eines spärlichen Bestes eines
Turms am Westende.
Der Felsenrticken, auf welchem die alte Burg stand, ist eine Sandstein-
masse, die sich weiter östlich zum sog. Hoppelberge erhebt. Die nördliche Seite
, des Felsenrückens fällt ungleich steiler ab als die südliche, weshalb die letztere
an einigen Stellen Mauern zu weiterer Befestigung erhielt und von einem Graben
I umgeben wurde, der sich westlich um die Burgherumzieht und sich an den steilen,
I nördlichen Hängen verliert Er ist nur teilweise in den Felsen eingehauen,
I überall aber wo dies nicht sichtbar ist, als tief eingeschnittene Bodensenkung
kenntlich. Die Beschaffenheit des Felsrückens, dessen bedeutendste Höhe im
I Osten liegt, mit seinen steilen von Klippen durchzogenen Hängen erschwert eine
freie Bewegung ausserordentlich. Mehrere tiefe Quereinschnitte gaben bei einem
! Kampfe um die Burg wirksame Abschlüsse her. Gemäss den dadurch gebildeten
I drei Haupterhebungen kann man die Burg in eine Yorburg, Mittelburg und
Hauptburg einteilen. Zwei Zugangswege giebt es, einen von Westen her an der
Nordseite, tief eingeschnitten und mit Spuren von Wagengleisen, den andern
im Osten an der Südseite, den sog. Eselstieg. ^ Zu den Räumlichkeiten der Burg
ehemals gehörig, aber jedenfalls wenigstens zum Teil von viel höherem Alter als
diese, sind die vielen in den Felsen gearbeiteten Höhlen. Sie dienten bis vor
nicht zu langer Zeit als durchaus gesunde menschliche Wohnungen, eine von
ihnen noch heute. Der Orundriss dieser Höhlenwohnungen ist bei den meisten
derselbe, ein Quadrat von etwa IG m Seitenlänge, in der Mitte ein viereckiger,
stehengelassener Pfeiler, von dem aus der Raum durch eingeschaltete Holzwände
verschiedenartig eingeteilt werden konnte.' Ähnliche Aushöhlungen befinden
sich in der Gegend, soweit das Gebiet des Sandsteins reicht, noch vielfach, am
Schäferberge nördlich von L., in der Klus südlich von Halberstadt, am bedeutend-
sten auf dem Regenstein.
Das jetzt dem Herrn Amtsrat Dr. Rimpau gehörige Schloss zeigt über der
Haupteingangspforte das Branconische Wappen. Der Bau ist 1777 begonnen
worden. Er beherbergt als besondere Kostbarkeit eine etwa 150 Nummern
zählende Gemäldegalerie, welche schon von der Frau v.Branconi angelegt und
allmählich bereichert worden ist. Besonders bedeutend sind: ein Familienbild,
dem J. van Bylaert zugeschrieben und eine Liandschaft von Charles Molyn.
Im Schlosspark steht ein Obelisk, errichtet 1730 durch Johann Georg und
Otto Heinrich v. d. Planitz, neuerdings wiederhergestellt auf Veranlassung des
Dr. Rimpau. Er zeigt südlich die Inschrift :
J. G.
O. H.
N. A. P.
d.h. Johannes Georgius, Otto Henricus, Nobilis A Planitz; östlich einen ver-
schnörkelten Namenszug, der dieselben Buchstaben enthält mit einer Krone, west-
* Der bischöfliche Meier in Halberstadt war verpflichtet, behufe regelmässiger Beförde-
nmg von Wasser und Holz nach der Burg, zwei Esel zu liefern (Nachricht von 1490). Der
Name Eselstieg findet sich übrigens auch anderwärts, so in Wehrstedt.
' Der beigef>e Grundriss ist von Herrn Amtsrat Dr. W. Rimpau auf Langenstein auf-
genommen und mir gütigst zur Verfügung gestellt worden.
80 Halberstädter Landkreis: Langenstein — Lüttgenrode — Mahndorf
lieb die Inschrift: Hunc obeliscum posuerunt filii; nördlich: £ palude hortus
sumtu patris.
[Von andern Gebäuden früherer Zeit im Dorfe wird erwälint die Ta-
beme 1483 und die Mühle 1490, beide in bischöflichem Besitz.]
Lüttgenrode
H.-Z. XXI, 146.
Vgl. Stötterlingenburg.
Luthingerode 1249; — Luttekenrod 1272; — Luttekenrodh 1297; — parvum
novale 1303; — Lutteken Rodhe 1343; - Lutken Rohde 1536.
Dorf 27,7 km westnordwestlich von Halberstadt, an einem unterhalb Stötter-
lingen in die Ilse mündenden Bache; mit Stötterlingenburg zusammen 656
Einwohner evangelischer Konfession. Den Haupterwerb bildet die Land-
wirtschaft
Archidiakonat: Osterwieck.
Geschichte: Gehörte bis 1144 als braimschweigisches Lehngut dem Ritter
Everd v. Langein, wurde aber in diesem Jahr von ihm dem Kloster Stötterlingen-
burg für 36 rh. Gulden verpfändet. Im Besitze des Klosters blieb es auch
fernerhin. Die Gerichtsbarkeit gehörte dem Hochstift Halberstadt.
[Von der ehemaligen Kirche zu L. wissen wir weiter nichts, als dass sie
unter dem Patronat des Klosters stand, auch von ihm in genügendem baulichen
Zustand gehalten wurde. Da aber 1689 das neu gebaute Pfarrhaus auf dem
Kloster war, so gingen die Leute damals auch daselbst zur Kirche.
Im Übrigen wird erwähnt ein Hof mit einer grossen Tanne 1461, eine
Mühle 1697, ein Gehölz 1341, ein Teich i486.] Gegenwärtig bietet der Ort
nichts archäologisch Interessantes.
Mahndorf
Manendorp 1200, 1222; — Mammendorp 1250. (H.-Z.nc,90; XXIV, 208.)
Rittergut 6 km westsüdwestlich von Halberstadt
Archidiakonat: Halberstadi
Geschichte: Gehörig dem Herrn v. Wulffen. Früher königliche Domäne.
Jetzt politisch und kirchlich zu Ströbeck gehörig. 1084 wird Beffen-Mandorp und
Biscopa - Mandorp unterschieden. Damals ein unter regensteinischer Vogtei
stehendes Dorf. Die Kirche war zuerst der von Ergstedt (s. Wüstungen)
untergeordnet, seit 1222 eximiert. Der Pfarrer wird 1369 erwähnt Der
Kirchturm 1413. Ein anderer Turm 1448. 1603 liess der Domdechant Matth.
V. Oppen die Wappen der Domherrn an einem der Gebäude anbringen. 1615 ist
es Vorwerk. Ein Neubau daselbst 1618 scheint hauptsächlich die Stallgebäude
betroffen zu haben, jedoch stammt vielleicht auch der an dem Kontorgebäude
befindliche Best eines rundbogigen Steinportals von jenem Jahre her. Die
heutigen Gutsgebäude sind durchweg modern.
Mulmke — Osterode
81
Mulmke
Harazeitschr. II,c.84; III, 225, 239, 1024; IV, 381 u,8. w.
Mulembeke 1144—45; — Mulbikel208; — Mulbekel303 und öfter; — Mul-
bici 1303; — Molbecke 1314; - Mulbeck 1510; - Molraeck 1519; — Molbegk
Ende 16. Jahrhunderts; — Mulpke 1589; — Mülpke 1590; — Moimcken 1599.
Königl. Domäne 14,3 km westlich von Halberstadt. 454 ha gross.
Archidlakonat : Dardesheim.
Geschichte: M. war ehemals ein Dorf und wird als solches noch 1351
erwähnt Ton dem Pfarrer hören wir 1281. Anfang des 16. Jahrhunderts aber
war es ein blosses Vorwerk. Das Michaeliskloster in Lüneburg hatte dort be-
deutenden Besitz, der ihm 1011 vom Herzog Bernhard von Sachsen geschenkt
war; 1212 gab es einen grossen Teil davon an das Kloster Ilsenburg ab. (Über
die Beziehungen zu diesem Kloster siehe Usenb. U.-B. II, 391.) 1336 erwarb das
Johanniskloster bei Halberstadt dort eine Hufe und einen Hof käuflich von den
Brüdern Ludolf und Anno von Hasserode, die beides bis dahin von dem Michaels-
kloster in Lüneburg zu Lehen gehabt hatten; andere Besitzungen erwarb es von
einem gewissen Willekin Herkstorp im gleichen Jahr. Grafschaft und Gericht
waren bis 1343, wo sie an Wernigerode übergingen, regensteinisch. Schon 1368
stand der Ort unter dem Domkapitel in Halberstadt, dem es endlich 1599 von
Herzog Heinrich Julius geschenkt wurde. M. war Sitz eines der domkapitularischen
Hauptamtsbezirke. Seit 1872 ist das Gut im Besitz des Amtsrats Schröder und
ist in Heudeber eingepfarrt, hat aber im übrigen seine eigene Verwaltung.
Flurnamen: 1460: eine Wiese tigen dem Hartesper by der Helle; dat
Ditmersland.
Einige der Gutsgebäude sind älteren Datums und stammen vom Ende des
17. und Anfang des 18. Jahrhunderts. Ein Thor von 1674 ist durchaus schmuck-
los. Bemerkenswert ist ein alter Turm von romanischer Form mit hölzernem
Obergeschoss, in welchem eine nicht erreichbare mittelgrosse Glocke hängt Der
Turm scheint in seinem untern Teile der Rest des alten Dorfkirchturms zu sein.
An zwei Hauswänden befinden sich Reihen von Wappen, wie man sie auf den
Gütern des Domkapitels häufig sieht (vergl. besonders Zilly). Die eine Reihe
hat 11 Wappen: Stechau, Kannenberg, Neindorf, Weers zu Lochenhem, Rössing,
Asseburg, Planitz, Westpfaln, Ledebur, Münchhausen und des Johann Heinrich
Reiche, der 1707 Amtmann zu Zilly und Mulmke war. — Die andere Reihe be-
steht aus 13 kleineren Wappen und ist augenscheinlich älter als die erste. Die
Wappen gehören z. T. denselben Familien an wie die vorigen. Beischriften
fehlen. [Vielleicht ist dies jene Wappenreihe, welche nach eigener Versicherung
der Domdechant Matth. v. Oppen 1603 anbringen liess. Fast zur selben Zeit
werden ein Brauhaus und ein neuer Brunnen, auch ein neu angelegter Hopfen-
garten erwähnt.]
Osterode
über den Kaland zu O. Halb, gemeinnütz. Unterb. 1801, 146 f. — H.-Z. V, 33. — Die
Kirchenbücher gehen bis in die sechziger Jahre des 17. Jahrhunderts zurück.
Osterrode 1136; — Hosterrode 1298. So genannt nach der Himmelsrichtung
im Verhältnis zu der Wüstung Westerode.
Krab HalUntadt. 6
82 Halberstädter Lindkreis: Osterode
Dorf, 30,6 kra nordwestlich von Halberstadt mit 470 evangelischen Ein-
wohnern (1564 gab es 38 Hauswirte, 1589 deren 40), welche von Liandwirtschaft
und Steinbrucharbeit leben.
Archidiakonat : Westerode.
Geschichte: Da der Ort im Mittelalter castrum genannt wird (Annal.
Palid. MG. SS XVI, 87), so scheint er Befestigungen besessen zu haben, von
denen indes nichts mehr nachweisbar ist Die Kirche stand bis 1232 unter dem
Patronate der Grafen von Altenhausen, von da an unter dem des halberstädter
Johannisstiftes. Dies Verhältnis wurde noch bei der Visitation 1564 vorgefunden,
nachdem die Reformation zu einer nicht festzustellenden Zeit eingeführt worden
war. Heute ist das Fatronat königlich.
Amtlich hat 0. seit mittelalterlichen Zeiten
zu Homhurg gehört.
Die Kirche (St. Petri oder St Petri
und Pauli) stammt aus verschiedenen Bau-
zeiten. An einen älteren Turm schliesst
sich ein neueres Schiff (17,70X6,40 m im
j^$ an dcrTUwwks xJf^rr Lichten) in dessen Südmauer aussen ein,
Fig. 84. jedenfalls von der älteren Kirche stammender
Stein (Fig. 34) eingelassen ist, der die
Jahreszahl 1490 trägt [Jene Kirche soll an
der Stelle gestanden haben, wo sich jetzt die Schule befindet Ebendort
sollen die Reste eines Turmes gefunden worden sein.] Die Decke ist ein höl-
zernes Tonnengewölbe.
Die beiden Glocken haben 0,97 bezw, 0,54 m Dm. Die grössere ist 1876
von J. G. Grosse in Dresden gegossen, auf den Ton G. gestimmt und trägt die
Nummer 826. Die kleinere, etwas schlanke hat die Minuskelinschrift help ihesvs
vnde maria anno dni mccccxc
Der Altar, in welchen oben die Kanzel eingebaut ist, zeigt Schnitzereien
des 18. Jahrhunderts. Zwei spärliche Reste eines grösseren Altarblattes, darstellend
die Kreuztragung, sowie eine Volks- und ßeitergruppe neben dem (nicht mehr
vorhandenen) Kreuze befinden sich in der Turmhalle. Sie sind übertüncht, aber
sonst noch ziemlich erhalten, obwohl sie vom Wurmfrass gelitten haben. Die
dem Anfange des 16. Jahrhunderts angehörige Arbeit zeugt von einer tüchtigen
Künstlerschaft
Taufstein, Orgel und Altarleuchter sind modern. Ein geschnitzter
Taufengel (18. Jahrhundert) ist noch vorhanden, aber nicht mehr im Gebrauch.
Als Schmuckstück besitzt die Kirche einen grossen, geschnitzten Kruzi-
fix us von modemer, nicht übler Ausführung.
Von Altargeräten sind vorhanden: 1. ein Kelch, 0,18 m hoch, von ver-
goldetem Silber, datiert 1697; Braunschweiger Beschau, Marke WH; — 2. Patene
mit gekräuseltem Rande, Dm. 0,13m, zu dem Kelche gehörig, also in Her-
stellung und Alter ihm gleich.
Von anderen Gebäuden ist bemerkenswert das Pfarrhaus, erbaut 1674
von H. Düsing, welcher auch hier seine in Hornburg beliebten Zahnschnitt-
verzierungen verwendet hat [Der westlich vom Dorfe gelegene Kirchhof wird
Osterode — Österwieck (Geschichte) 83
1436 erwähnt. Neben ihm westlich befand sich die Viehtrift, sowie das v. Asse-
burgische Vorwerk. — 1564 wird berichtet, dass auf dem alten Pfarrhofe drei
Wohnhöte eingerichtet worden seien.]
Österwieck
Das Ofiterwiecker Stadtbuch vom Jahre 1353, heraasgegeben von Julius Grote, BeichB-
freiherm zu Schauen, 1850. — Geschriebene Chronik der Stadt O. vom Jahre 1602, von
Johannis Lezenerus Hardessianus. — Beinecke, Gesch. d. Schätzenbrüderschaft in Österwieck.
— Anderweitige Litteratur siehe unten.
Osterwich, Hosterwich 1108; — Ostirwich 1194; —- Oster wie, —wik 1239,
1303; — Osterwigh 1303; — Ostirwiik 1394; — Osterwig 1489; — Osterwigk,
— wygk 1492, 1518; — Ostrewigk, ostrewigh 1495; — Osterweigk 1573; — Oster-
wiegk 1580.
Stadt an der Ilse, 25 km westnordwestlich von Halberstadt mit 6000 Ein-
wohnern (1564: über 400, 1589: beinahe 500 Bürger), evangelischer, katholischer
und mosaischer Eonfession.
Archidiakonat: Österwieck (zuerst 1140 erwähnt).
Geschichte: Über die Frage der Identität Osterwiecks mit Seligenstadt
vgl. die Geschichte von Halberstadt. In ältester Zeit hiess die Stadt angeblich
Obermühlheim (H.-Z. XVIII; 283). Der jetzige Name hat Bezug auf geographische
Lage, nicht etwa auf die Göttin Ostara.
In 0., welches 1108 zur Grafschaft eines gewissen Idudger gehörte, be-
gründete im selben Jahre Bischof Reinhard von Halberstadt ein Kloster, welches
aber schon 1112 nach Hamersleben verlegt wurde. Die Gerichtsbarkeit der
bischöflichen Stadt war regensteinisch bis zum Jahre 1358, wo sie nach manchen
vorausgegangenen Streitigkeiten in die Hände des Bischofs überging. Er liess
sie seitdem durch seinen Vogt ausüben, der als Vertreter der bischöflichen
Gewalt schon 1172 genannt wird, natürlich aber dort gewaltet hat, seitdem es
überhaupt ein Bistum Halberstadt gab. Er war daher der Verwalter der (durch
Heinrich 11. 1002 bestätigten) ottonischen Privilegien (als Münzstätte wird
0. 1231 genannt), und der Erheber der bischöflichen Einkünfte. Zu diesen
gehörte auch die bekannte bulevinge, welche erst 1543 von Bischof Albrecht auf-
gegeben wurde; doch verlangte dieser dafür die stete Waffenbereitschaft der Bürger
zur Verfolgung flüchtiger Feinde. 1376 war 0. der Sitz des Ärchipresbyters des
Bannes 0. Im 17. Jahrhundert war es Vorort eines der (kleinen) Amtsbezirke, in
welche das Gebiet des Hochstifts eingojteilt war. — Die weltliche Verwaltung der
Stadt lag in der Hand des Rates (universitas consulum), welcher aus drei Bürger-
meistern und neun Batmannen bestand. Der im 13. Jahrhundert als Stadtober-
haupt wiederholt genannte praefectus oder sculthetus dürfte als bischöflicher
Beamter anzusehen sein. Da er 1365 als richtere bezeichnet wird, so scheint er
identisch mit dem bischöflichen Vogt gewesen zu sein. Über das Einzelne der
Entwicklung der Stadtverfassung von 0. erfährt man aus den Urkunden wenig;
im allgemeinen wird sie derjenigen von Halberstadt ähnlich gewesen sein. Bei
den Wahlen, die jährlich am 1. März stattgefunden zu haben scheinen, legten
keineswegs alle alten Ratmannen ihr Amt nieder, wenigstens finden sich 1316
Ton den zwölf, die am 7. Januar genannt werden, am 22. März noch fünf neben
6»
84 HalberetJidter Landkreis: Oster.wieck (Geschichte)
sieben neuen vor. Denigeraäss wird auch 1468 gesprochen von dem rad nyge
vnde olt, da er aus alten und neuen Mitgliedern zusammengesetzt war. Von
Beamten wird ausser den schon angeführten nur der Stadtschreiber 1553 erwähnt;
von dem Ratsarchive hören wir 1457. Die Namen der Bürgermeister seit 1494
sind auf einer noch jetzt im Rathause befindlichen Tafel aufgezeichnet,^ In den
Amtsbereich des Rates gehörten die polizeilichen und civilgerichtlichen Sachen,
sowie das Patronat der Pfarrkirche und der Schule. Über den Zustand der
letzteren sind wir wenigstens aus der spätmittelalterlichen Zeit leidlich unterrichtet
durch zwei Schulordnungen, deren eine aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, die
andere von 1687 stammt.^ Die Lehrer (Rektor, Konrektor, Kantor, Baccalaureus,
Organist^) erhielten ihre Besoldung vom Rate; in früherer Zeit musste der
Rektor die Hilfslehrer selbst besolden. — 1589 existierte noch eine sog. Winkel-
schule, die aber abgeschafft werden sollte. —
Der Erwerb der Einwohner im Mittelalter war mannigfaltig. Es begegnen
in den Quellen: 1308 die Leine weberinnung, deren Statut damals durch Bischof
Albrecht bestätigt wurde; sie war dem Bischof zinspflichtig, wie die übrigen
Innungen jedenfalls auch. Der Innungsmeister wurde von der Innung gewählt
und vom Rate vereidigt. Die Sitzungen, in welchen die Meister über die
Angelegenheiten der Innung berieten führten den noch jetzt bekannten Namen
„morghensprake^';* — 1327 erhielt die Krämer -Innung ihre Bestätigung, die
1489 erneuert wurde; 1353 werden erwähnt: die Hutmacher (viltere), Gewand-
schneider, Fleischhauer (knokenhowcr; ihr Statut bestätigte Bischof Gebhard 1470),
Brater, Bäcker, Brauer (das Osterwiecker Bier wird noch 1565 erwähnt, wo ein
Fass davon fünf Gulden kostete), Messerschmiede; — die Schmiede begegnen
1492; die Schuster 1498, als sie eine St. Annen -Brüderschaft begründet liatten,
die der Administrator Ernst bestätigte. Ihre Vorsteher waren dem Pfarrer und
Gildemeister zur Rechnungsablage verpflichtet; — das Statut einer Liebfrauen-
Brüderschaft, deren Herkunft unklar ist, findet sich 1491. — Heute erwirbt die
Osterwiecker Bevölkerung ihren Unterhalt vielfach durch Gerberei, Färberei und
eine in besonders gutem Rufe stehende Handschuhfabrikation.
In der Nacht zum 7. August 1495 wurde die Stadt von einer furchtbaren
Überschwemmung heimgesucht, welche Mauern, Gräben und Häuser, auch den
Kirchhof St. Stophani schwer beschädigte. — Die Reformation fand in 0. früh-
zeitig Eingang. Der erste evangelische Prediger, Konrad Beine, wurde 1535
durch den Rat eingesetzt^ welcher auch weiterhin, zusammen mit der Gemeinde,
den Pfarrer einsetzte, während das Domkapitel von Halberstadt das Bestätigungs-
recht behielt. Die vollständige Einführung der Reformation geschah seit 1548
durch Henning Unterberg und Heinrich Winckel. — Im 30 jährigen Kriege
wechselte der Besitz von 0. zwischen den Kaiserlichen und den Schweden. Im
Oktober 1625 war Wallenstcin dort, 1636 wurde 0, von den Kaiserlichen, am
* Vgl. Grote in der H.-Z. 1870, 503.
* Abgedruckt von Grote in der H.-Z. 1869, 1, 33 ff., eretere auch im Osterwiecker Stadt-
buche p. 27 f.
» Über den Zustand 1564 und 1589 vgl. Nebe, Kirch.- Visit, p. 102. 108.
* Osterw. Stadtb. p. 46.
Osterwieck (Siegel, Wappen, Flurnamen)
85
3. März 1639 von Baner, am 28. Juli 1641 von Piccolomini, im August 1643
durch Eönigsmark erobert.
Das Siegel des fiates im Mittelalter zeigte das Brustbild des h. Stephanus
innerhalb eines zweiflügeligen Thores und die Umschrift S* : BVRQENSIVM DE
OSTERWIC + (H.-Z. XXII, 272.)
Das Wappen der Stadt (Fig. 34) ist in zwiefacher Form gebildet worden:
Der Schild lotrecht in Silber und Rot geteilt (wie das Wappen von Halberstadt)
und entweder eine einzige vielblättrige Rose mit verwechselten Farben darauf
gelegt (so die jetzige häufigere Darstellung) oder 2 Rosen aufgelegt, die rote im
silbernen, die silberne im roten Felde, wie ein in die Aussenfront des Rathauses
eingelassener Wappenstein dies zeigt. (H.-Z. I, 340.)
Flurnamen: 1300: Fuchshellern; ad antra
vulpium (ein Forstort, vor 1300 zu Stötterlingen-
burg gehörig); — 1314: Heynla (ein Wald bei
0.); — 1320; opme latmrode;^ — 1330: Herde;
FackenhoÜ (Forstorte, letzterer im Fallstein); —
1358: over deme weghe to Hullingherode wort;
over deme Stedebeke ; boven der Vogheles molen ;
boven deme dike gyghen deme Vordorpe; over
demö Walwikeschen wech ; — 1360 : der Elvinnen
holt; der von Walwighe holt (Forstorte); —
1391: vor dem GcUleberge; vor dem Graben;
bei dem Busche; Hoppensted ter Weg; over den
Wemeschen beke; bi den Ghertlinge unde ten
uppe den Lake; Bersselschor Weg; uppe der
sehen f Siechenhof) kamp; bei dem Graswege;
tyghen de Voshole; vor deme Stiddebeke; bi
dem Kempeken; bi den seken bi der stad; —
1409: tighen de Lutteken Wordo; tighen de dtn^-
benke (der Gerichtsstätte ausserhalb der Stadt); — 1468: in deme Beyghere-, —
1469: jegen der schorenker tore; in der lutken wische; by dem Saddebeke; dar
de grave over geyt na der Homeburge ; bi dem Wemschen bom; under dem
gerichte; bi der letnkulen; na den hanenvoiten; benedden dem wege under den
hanenmiten; in den elven; an den santhogen; in den dron; up dem ekesho;
unter dem mantelwege; gegen den langenkamp; to Westerbek; vor dem Witten
wege; — Anfang 16. Jahrhunderts: vor dem WühoUe; vppo de lantwcre tho
Berwinkel; vor dem Rosendale; tygen de Vogelsmolen; vppe dem La; vppe
dem grauen tho Walwye; — gegen 1536: bei der linden; in dem Lusebeke;
up Valberges hoppenberge; an dem dron^n tarne; boven der eicken; up den
sandtbrincken; over de worde; an wirten breiden; over dem Wal wieschen
wegk nechst Malwien; — 1564: in den Röten; am Juttkenbergo ; — 1589: im
Sack; hinter der Mauer; am Lorriesberge; auf dem Ossenbecke; vor dem
neuen Kirchthore ; Rössings Breite ; nach den Rennebäumen ; auf der Stcinkaulen ;
vor Söltersberge; auf der Laice beim Siechenhof; auf jenseit Platengarten ; vor
happ0n vofP Oshrwiek.
Fig. 34.
* S. die Wüstung Latenrodc.
86
Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Flnmamen, Thore, Strassen n. dergl.)
dem Westerbekschen Holze; vor dem Bossthale /'BhönsthaleJ] im Krumhling, bei
dem Northbergischen Schlage ; auf dem Northberge ; vor Braunschweiges Holze ; bei
Basteleben; bei der Hasenvelle; vor dem Hohlwege; über dem Berwinkelschen
Wege; auf dem Kälber beck; auf den Vorbergischen; vor dem Kirchberge; am
Huüer; auf dem Lade; auf dem Eaykenthal; bei dem Kindichen Morgen; — 1618:
die güldene Breite.
Die Stadtttirme und Stadtthore sind sämtlich verschwunden, von den
Umfassungsmauern sind nur hier und da noch einige Beste erhalten. Ur-
kundlich werden en^^ähnt das Schulzenthor 1444 und das neue Kirchenthor
(Nyghenkerkendore) schon 1358, doch lässt sich vermuten, dass diese Anlagen schon
lange vorher existierten. Von 1503 ist der Bau eines neuen Turms an den Stadt-
«?u 7*AtcA 0\Utmui^ »un *fin JOaij- »t«» V«'!'«*'^"» ^riyywild' ^i«(foi^«ni Cm G. AvguAi Mnt ff^ß.
Fig. 35.
befestigungen verbürgt. Damals wurden die Mauern, welche die Überschwemmung
1495 zum Teil zerstört hatte, wiederhergestellt, womit gleichzeitig eine Erweite-
rung ihres Umfanges verbimden wurde. Die Arbeit dauerte bis 1546. Die Be-
seitigung der Mauern geschah, um ihrer kostspieligen Unterhaltung ein Ende zu
machen, 1872 und 73.
Stadtteile, Strassen, Plätze (Fig.35.) Das Vordorf wird öfters erwähnt,
zuerst 1358]; die neue Kirchenstrasse (nyekerkenstrate) 1412; die KapoUenstrasse 1434,
angeblich samt dem zugehörigen Thore benannt nach der Kirche von Walwy;
die Schulzenstrasse 1470; der Hagen 1477; Schling 1495; der Markt 1470; der
St. Stephanskirchhof 1331; der Nikolaikirchhof 1364; der Matthiaskirchhof 1471;
die Schützenstrasse 1632.
Osterwieck (ehemalige Gebäude — Kirchen : A. Pfarrkirche St. Stephani) 87
Mühlen. Die Mühle bei der Kirche 1108; die Mühle bei der steinernen
Bracke 1313; die Äbtissinmühle 1352; die Yogelsmühle vor dem Schulzenthor
1358; die Obennühle, 1377 z.T. dem Kloster Walkenried gehörig; die Stoven-
mühle, inrar Eigentum von Stötterlingenburg und wurde 1441 vom Rate gekauft;
die dem Rate gehörige Mühle hintei* dem Pfarrhofe 1564; die Ölmühle vor der
Stadt und die Hagenmülile 1589.
Ehemalige Gebäude, Höfe und Badstuben. Der Bischofshof (domi-
nicale nostrum) 1108; die dem Kloster Stötterlingenburg zinspflichtigen Fleischer-
scharren (sie lagen um den Markt und das Rathaus und wurden seit 1267 von
dem Kloster der Stadt überlassen, wofür diese eine jährliche Abgabe zahlten)
1215; das Haus des Münzmeisters 1237; das Rathaus, theatrum genannt, 1267
(s. u.) ; das oft genannte Kaufhaus 1277 ; der Neuenhof 1348 ; das Ilsenburger
Herrenhaus 1353; der Pfarrhof 1364; der Siechenhof, dessen Vorsteher vom Rate
eingesetzt wurden, er lag im Westen der Stadt, 1361; die kleine Badstube 1372;
ein Haus, genannt „dat crevetes'', gelegen „uppe dem sunnencleve", 1372; das
Ordenshaus der Predigermönche von Halberstadt 1385; die sog. Wunnenburg,
am Markte, erbaut angeblich 1412 in Fachwerk und 1551 auf Befehl des Rates
abgebrochen; die Höfe im Vordorf 1416; die grosse Badstube in der Nähe der
neuen Kirchenstrasse, Stötterlingenburgisch, 1441; der Hof der grauen Mönche
an der Nikolaikirche 1476; der ridder dornszen 1476; der Winkelhof 1476; der
von Rössing'sche Hof an der neuen Kirchenstrasse 1489; das Siechenhaus 1490;
St. Barbaras Hof, östlich nach der Stadtmauer zu gelegen, „by der drallen,"
1490; die Küsterei 1495; das kleine Haus derBarfüsser auf dem Stephanskirchhof,
Eigentum des Franziskanerklosters zu Ooslar, wurde 1529 für 25 Gulden an
Koyne von Bardeleben verkauft; die Kaplanei 1589; der Walkenrieder Klosterhof
(der beren hof von scowen) 1591; das neue Vogteigebäude 1605; ein Getreide-
magazin und ein Zeughaus sollen Mitte des 16. Jahrhunderts erbaut sein. —
Über untergegangene kirchliche Gebäude siehe unten.
Kirchen. [Verschwunden sind 1. die ehemals vor dem Kapellenthore
gelegene, noch 1412 erwähnte Liebfrauenkirche; von ihrer Beleuchtung (geluchte)
ist 1354 die Rede; 2. die Kapelle auf dem St. Stephanskirchhof; 3. die Klus auf
dem Nikolaikirchhof; sie gehörte dem Rate und wurde 1516 für 9 leichte Gulden
an einen Heinrich Jacops auf Abbruch verkauft Auf der Abbildung im Thea-
trum Europaeum sieht man ihren Dachreiter rechts von der Kirche.]
A. Die Pfarrkirche St. Stephani wird schon 781 erwäknt. (H.-Z. |;
XXIV, 323.) Der Pfarrer findet zuerst 1245 erwähnung; 1309 versah ein Kanonikus r^
des Paulsstifts in Halberstadt dieses Amt. Ein Vicepfarrer tritt 1494 auf, Alderleute
werden 1465 genannt. Die Vorstellung und Berufung des Pfarrers oblag dem Rate, ?
welcher auch das Patronat der Unterpfarre hatte, und der Gemeinde; die Kollation ; ■"
dem Domkapitel, welches das Patronat der Pfarre verwaltete. Eine unter zwei Pro-
kuratoren oder Provisoren stehende Brüderschaft von exulos wurde 1477 durch
Bischof Gebhard bestätigt. Die jetzigen Kirchenbücher reichen bis 1617 zurück. Die
ältesten Bauteile der heutigen Stephanskirche dürften noch aus der Zeit der Grün-
dung des Augustinerordens 1108 herstammen. Ende des 13. und Anfang des
14. Jahrhunderts wurde an der Kirche gebaut und diese durch Kelche, Bücher und
sonstige Ausstattungsgegenstände bereichert, wofür im November 1284, August
88
Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Pfarrkirche: Geschichte)
1291, Mai 1293, Januar 1320 und April 1327 Ablässe gewährt wurden. Von den
damals entstandenen Bauteilen ist nichts Nachweisbares übrig, höchstens könnten
die Grundmauern des jetzigen Chores noch daher stammen. Doch ist dessen
Bau ein viel späterer, nämlich laut Inschrift erst 1516 vollzogen. Das Ijanghaus
aber entstand nach Wegräumung der J gotischen Reste erst 1556, wobei zugleich
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Fig. 86.
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Fig. 37.
eine Erweiterung des Mittelschiffes um etwa Meterbreite nach Süden hin statt-
fand. Daher kommt es, dass die nördliche Pfeilerreihe mit der nördlichen Chor-
wand in einer Linie steht, die südliche Pfeilerreihe dagegen über die südliche
Chorwand hinausgerückt ist In neuerer Zeit ist die Kirche einige Mal wieder
Zu Seite 88.
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Ostiermeck (Pfarrkirche: ßaubeschreibung) 89
hergestellt worden, zuerst 1790, dann in der Mitte dieses Jahrhunderts. 1896
wurde der Turmbau von einem Blitzstrahl getroffen, der indes keinen bedeu-
tenden Schaden anrichtete.
Baubeschreibung (Fig. 36 und 37.) Der mächtige romanische Turmbau
zeigt unten ein einfaches rundbogiges Portal mit 2 kantigen und 2 runden
Stäben im Gewände. Die Ecken zeigen je eine flache Lisene, die vordere Wand
dazwischen 6, die Seitenwände je 2 halbrunde Lisenen, welche bis zum Haupt-
gesimse emporsteigen. Kleinere Fenster heben in schöner Anordnung die Ein-
förmigkeit des Bildes auf. Im oberen Geschoss zeigen beide Türme gekuppelte
Bundbogenfenster — die Basen der Zwischensäulen mit Eckblättem — ; der mit
einem Pultdache gegen das Dach des Langhauses anlaufende Zwischenbau hat
2 dreiteilige Rundbogenfenster. Die Pyramidenhelme und die dazwischen
befindliche Brücke sind neueren Datums. Der von aussen 16,20 m breite,
16,42 m tiefe Turmbau zeigt im Innern 3 ziemlich quadratische Hallen (Seite
durchschnittlich 3,30 m). Sie sind mit starkgratigen Kreuzgewölben überdeckt,
deren südliches wegen der dort emporführenden Treppe weggebrochen ist Die
Durchgänge von der mittleren zu den beiden Seitenhallen (der nördliche ist
vermauert) zeigen an den Kanten kurze, dicke Rundstäbe, welche attisierende
Basen mit Eckblättem, statt der Kapitale aber z. T. Gesichter zeigen. Die
Kämpf ergesimse bestehen aus starken Wülsten, z. T. mit Schachbrettmustern,
die Fussgesimse haben eine sehr ausdrucksvolle Gliederimg. Die äusserlich
sichtbaren Lisenen wiederholen sich auch im Innern der Kirche, an der dem
Langbause zugekehrten Seite des Turmbaus. Die edeln Einzelheiten, besonders
die Behandlung der Lisenen fordern zum Vergleiche mit der Klosterkirche in
Drtibeck auf. Leider ist als Material ein etwas mürber Sandstein verwendet
worden, sodass die Witterungseinflüsse den scharfen Kanten und den Lisenen
beträchtlichen Schaden gethan haben.
Das Langhaus schliesst sich an den Turmbau an. Die Schiffe von 30,86 m
Länge und 5,95 m bezw. 9,73 m, 5,90 m Breite (immer bis zur Pfeilermitte ge-
messen) sind beiderseits durch je 4 achteckige Pfeiler und dazwischenliegende
5 Spitzbogen von einander getrennt und mit Kreuzgewölben versehen. Ent-
sprechend ist der im halben Achteck geschlossene, hinten um 3 Stufen erhöhte
Chor eingewölbt. Seine Länge beträgt 16,89 m, die Breite 7,83 m. Ein grosser
Gurtbogen trennt ihn von dem Langhause ab. Die 3 Schiffe haben gleiche Höhe
und stehen in der schon oben angegebenen Weise unsymmetrisch gegen den
Chor. Kräftige Aussenpfeiler sichern gegen den innern Gewölbeschub. Die
Wandflächen sind innerlich geputzt*, die Pfeiler und die Bogenleibungen roh
gelassen, sodass die rot und gelbe Aderung des Sandsteins zur Geltung kommt
und im Verein mit den dem Renaissancestil angehörigen, künstlerisch freilich
nicht sehr bedeutenden, eingemeisselten Reliefs in den Leibungen einen warmen,
wenn auch etwas unruhigen Eindruck macht. Die Pfeiler haben Fussgesimse
und Kapitale, welche aus ähnlich gestalteten Gesimsen gebildet sind. Die
sclüanken Spitzbogenfenster haben teils 2, teils 3 fache Felderteilung und der
Spätgotik entsprechendes Masswerk. Demselben Stile gehören die Portale an, von
denen eins sich an der Nordseite, zwei sich an der Südseite befinden. Von diesen
letzteren ist das eine mit verwildertem Ornament umrahmt, innerhalb dessen
90 Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Pfarrkirche: Fenster, Glocken, Altäre)
drachen- oder chamäleonartige Tiergestalten auffallen, während sich oben rechts
und links 2 schön gestaltete Rosetten befinden. Das andere Portal zeigt am
Gewände überschnittene , baumstaramartige Stäbe und die Jahreszahl 15ö2.
Nördlich ist neben dem Chor, und mit dem Eingange von diesem aus, ein
kleiner der frühen Gotik angehöriger, quadratischer Raum, die Sakristei, über-
deckt mit einem gratigen Kreuzgewölbe. Eine Ton hier ins Freie führende
Thür ist 1754 eingesetzt worden. Steinmetzzeichen des Langhauses
aussen: np r* xJU. "Dv
Die Fenster zeigen als Schmuck nur wenige, künstlerisch interesselose
Glasbildchen, welche dem 16. und 1 7. Jahrhundert angehören.
Glocken. [Eine Ave Maria -Glocke wird 1443 erwähnt; ob sie mit der
unter 3 unten beschriebenen identisch ist, lässt sich nicht sagen.] Auf den
beiden Türmen hängen 5 Glocken, südlich 3, nördlich 2, davon die Stunden-
glocke in einem Erker ausserhalb und unerreichbar. Sie haben einen Dm. von
1,76 m, bezw. 1,50 m, 0,95 m, 0,51 m. Die grösste und die kleinste sind 1852
von Johann Gotthelf Grosse in Dresden gegossen; die erstere ist umgegossen
aus einer 1848 gesprungenen , die aus dem 16. Jahrhundert stammte. No. 2 hat
folgende 3 zeilige Majuskelschrift (Fig. 38)
*3^(niMlO^DO]MIW5^]M[Ca(lK»8Xo0VTT3
Fig. 38.
Ihr Sinn ist teilweise unklar. Der Giesser scheint Ertmarus geheissen zu haben.
No. 3 zeigt als obere Umschrift zwischen strickartigen Bändern den Engelsgruss
+ Ave Maria Gracia Plena Dominus Te in Majuskeln ältester Form.
Altäre. [Von Altären ist zuerst 1393 die Rede, im Einzelnen werden
erwähnt: der Barbara-Altar 1364; — derAjtar der hh. Bartholomäus und Andreas
1405; er war gestiftet von Friedrich von Bünde, zwischen dessen Familie und
dem Pfarrer das Patronat wechselte; — der Frühmessen -Altar 1495, wo dort
eine Kommende gestiftet wurde; — der Fronleichnams- und St. Annen -Altar
mitten in der Kirche, gestiftet von Dietrich Luterdes, 1500, wo durch den*
Domvikar Konrad Wichard von Warberg eine Kommende zu Ehren der h. Jung-
frau und der 14 Nothelfer als zweite bei diesem gestiftet wurde. Beide Männer
waren auch die Stifter der vorher genannten Kommende; das Patronat hatte
die Pfarre; — der Altar circa baptisterium 1511, auch hier war von demselben
Hl
Osterwieck (Pfarri[irche : Altarscbrein)
91
Stifter eine Kommende der 14 Notfaelfer eingerichtet; das Patronat hatte der
älteste Laienbruder des Kalands in Osterwieck; — ausserdem wird noch 1589
eine Kommende Corporis Christi genannt.]
Der Altarschrein (Breite des Mittelstückes 2^0 m) zeigt rechts und links
je 2 Flügel, ist also ein doppeltes Triptychon. Er ist im Mittelfelde und den
Innenseiten der innern Flügel geschnitzt, mit reicher Vergoldung und Bemal ung
und gehört dem Ende des 15. Jahrhunderts an. In der Mitte sieht man die
Krönung Maria, umgeben von einem kranzförmigen Gewölke, aus welchem
9 kleine Gruppen von je 3 Engeln hervorschauen; sie sind teils singend, teils
musizierend dargestellt In den beiden oberen Ecken über dem Kranze sieht
man schwebende Engel, in den beiden unteren die Figuren der Verkündigung.
Daneben stehen links der Schutzheilige der Kirche S. Stephanus, rechts Johannes
der Täufer, beide halblebensgross. Neben diesen stehen auf kleinen Blattkonsolen
und unter Baldachinen über einander je 2 Pilger. Die Flügel des Altars sind
quer geteilt und zeigen im oberen und unteren Felde je 4 Heilige unter reichem
Masswerk, in welchem die sog. Fischblasen sehr zahlreich sind. An der*Predella
befinden sich die Halbfiguren rechts und links je dreier weiblicher Heiligen zur
Seite der Madonna. Der Hintergrund der Schnitzereien ist teppichartig in reichem
Muster ausgeführt und vergoldet. Das Ganze ist oben von einem Kruzifix
bekrönt. Die Rückseiten der Flügel sind gemalt, desgl. die beiden äusseren
Flügel. Jede bemalte Flügelseite mit Ausnahme der Rückseiten der beiden
äusseren Flügel ist in je 4 Felder geteilt:
Innerer Flügel rechts von aussen:
Gefangen-
nahme
Kreuz-
abnahme
Jesus vor
Kaiphas
Grab-
legung
n
luU
m
'?■'■ 1
I Li
Äusserer Flügel rechts von innen
Geisselung
HÖUenfahrt
Domenkrönung
Auferstehung
92 Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Pfarrkirche: Altar n. sonstige Aasstattung)
Innerer Flügel links von aussen :
Einzug
in Jerusalem
Jesus vor
Pilatus
Äusserer Flügel links von innen:
Abendmahl
Kreudragung
Ölberg
Kreuzigung
Christus
triumphierend
Kruzifixus mit
Maria und
Johannes
Die Aussenseiten der äusseren Flügel zeigen über ihre ganze Fläche hin
je eine unkenntlich gewordene Darstellung.
Die Malereien sind in Ölfarben ausgeführt, haben unten Goldgrund, zeigen
aber dabei landschaftliche Hintergründe. Zeichnung und Kolorit zeugen von be-
trächtlichem Talent. Die Hand scheint dieselbe zu sein wie die des Künstlers,
welcher die im Rathause befindliche Schüssel (s. u.) gemalt hat.
Die Mensa des Altars zeigt eine Reliquiengrube und 4 Weihekreuze , nach
deren Form zu schliessen dieser Altar in frühe Zeit zurückreicht.
Die Kanzel ist reich geschnitzt und zeigt in Nischen die Apostelfiguren,
entsprechend ist der Schalldeckel gestaltet. Getragen wird die Kanzel von einer
Säule, die zum Ersatz für einen früher vorhandenen StStephanus dient. Zeit
gegen 1570.
Die Orgel ist modern. Sie steht auf einer reich geschnitzten, mit Engels-
figuren geschmückten Empore, einem Werke des 18. Jahrhunderts.
Das Chorgestühl, an der Südseite mit 15, an der Nordseite mit 10 Sitzen
zeigt reiche Schnitzerei (Blendarkaden, Zahnschnittbänder, Engelsköpfe) und ist
um 1620 angefertigt.
Die Emporen sind von 1575 datiert, schlicht in der Form und auf
den Füllungen und sonst mit vielen massigen Malereien, Namen, Sprüchen
AVappen und dergl. bemalt. Ihr Verfertiger ist ein gewisser Hans Stegler.
Neben dem Chor, am Ende des südlichen Seitenschiffes steht eine Loge, welche
in zierlicher Rococoarbeit ausgeführt ist.
Der broncene Tauf kessel (Fig. 39) von eleganter Form und mit geschmack-
vollen Friesen verziert, die nicht ursprünglich gegossen, sondern durch Aus-
meisselung der Grundes hervorgehoben sind, besitzt weder Schrift noch Giesser-
Osterwieck (Pferrkirche: Taufkessel, Leuchter, Truhe, Altargeräte)
93
zeichen noch eine Jahreszahl, um die Zeit seiner Ausführung zu erfahren. Nach
dem Stil zu schliessen, dürfte er ins 13. Jahrhundert zu setzen sein. Er steht
auf den halbkauernden Figuren von 4 Männern. Diese Figuren sind auf der
Rückseite unfertig und zeigen auffallende Spuren eines weisslichen Überzuges,
wie wenn der Untersatz des Kessels ehemals gemauert und sie an dem Mauer-
werk befestigt gewesen wären. Höhe des Kessels 0,905 m, Dm. 0,885 m, Höhe
der Figuren 0,53 m.
Leuchtei. [Das geluchte wird 1354 erwähnt] Ein Messing-Kronleuchter
mit je 8 Armen oben und unten um eine Kugel herum, oben mit einer Engels-
OL.
c.
Fig. 39.
figur, stammt von 1665. Ein Bronze -Wandleuchter von 1,12 m Länge, dabei
unverhältnisraässig schmal, zeigt am Ansätze des Arms einen Mannskopf, femer
die Inschrift HANS MISNER VON BRVNSWICK GOT MICK und die Jahres-
zahl 1567.
Eine in der Sakristei befindliche Truhe zeigt mit ihren geschnitzten Blend-
arkaden den Stil vom Anfange des 17. Jahrhunderts.
Altargeräte. 1. Eine Taufschale in Messing getrieben zeigt in der Mitte
die Darstellung der Verkündigung, umgeben von der bekannten rätselhaften
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94 Halberstädter Landliieis : Osterwieck (Prarrkirche : Altargei^, Bildnisse, Epitaphien)
Inschrift und einem gotischen Laubstabe. Der Rand hat kleine gestochene Ver-
zierungen. Dm. 0,53 m.
2. Kelch von vergoldetem Kupfer. Sechslappiger Fuss mit auf^legtem
Kruzifix, den Buchstaben X (D und den eingravierten Figuren der Madonna, der
h. Anna selbdritt und des b. Bartholomäus. Am Knauf befinden sich gotische
Verzierungen und die Buchstaben IHESVS. Höhe 0,18m. ]5.Jahrh.
3. Kelche von vergoldetem Silber,
unten die Kretizigungsgruppe und die
Zahl 1573. Am Knauf GWHE X^ und
die Figur eines kleinen Kindes. Höhe
0,22 m.
4. Kelch von vei^oldetem Silber
mit sechslappigem Fuss und gotisierendem
Knauf. 17. Jahrhundert Höhe 0,19 m.
5. Kelch von vei^oldetem Silber,
Braunschweiger Beschau. Marke 8. K.
Höhe 020 m.
6. Patene von vergoldetem Kupfer,
Dm. 0,16 m.
7. Patene von vergoldetem Silber,
Dm. 0,15 m.
8. Silberne Oblatenbüchse, als Füsse
3 Köpfchen. Mit Gravierungen. Dm.
0,10 m. Anfang H.Jahrh.
y. Desgl. mit grobgetriebenen Or-
namenten und dem Zeichen ICI, Dm.
0,12 m. 1709.
10. Silberner, teilweise vergoldeter
Krug (Fig. 40) mit schönen eingravierten
Fig. 40,
Renaissance- Mustern; am Henkel oben
ein sitzender König, unten ein Frauen-
köpfehen. Höhe 0,23 m. Datiert 1574.
Die Kirche enthält die in öl gemalten Bildnisse einer Anzahl von Geist-
lichen: 1. Jonas Nicolaus Miona (?) (f 1(>20), 2. ein Ungenannter (Anfang des
17. Jahrhunderts), 3. Joli. Kirchhoff (tl685), 4. August Abundtis Dyen (f 1718),
5. Barthold Wiegand (+172U), 6. Ootthold Aug.Laurentius (tI727), 7. Christian
Ehrlich (f 1737), 8. Friedrich Aug. Wiegand (t 1750), 9. Andreas Friedrich Luther
{tl762), 10. Hermann Welken (+1886).
Epitaphien und Gedächtnistafeln.
1. Steintafel mit weiblicher Figur, 16. Jahrhundort
2. Desgl. mit der Halbfigur eines v. Eössing, bemalt 16. Jahrhundert
3. Desgl. mit Figur des Ludlof (!) v. Rossing (f 1595), in ciseliertem Panzer
mit doppelter Kette, unten der Helm. Die Leiche befindet sich noch in der
Kirche in ähnlicher Ausstattung, wie auf dem Stein dargestellt ist.
4. Desgl. mit Bild der Anna v, Stollheim (+ 1593), Gemahlin des vorigen. Die
Figuren auf diesem und dem vorigen Steine sind von je 8 kleinen Wappen umgeben.
Osterwieck (P£urrldrche: Epitaphien — B. St Nicolaikirche: Geschichte, Beschreibung) 95
5. Ein in Holz geschnitztes Wappen, datiert 1547; zur Erinnerung an einen
Ulrich von Weferlingen.
6. Steintafel des Bartold v. Rössing (f 1568), mit Darstellung der Auferstehung.
7. Desgl. des Eleman Upling (f 1602); der Dargestellte trägt eine Schaube
mit breitem Kragen.
8. In Holz geschnitzte Tafel von 1619, mit der gemalten Darstellung des
barmherzigen Samariters.
9. Desgl. von 1600, etwas kleiner, Gegenstand der Malerei derselbe.
10. Desgl., Anfang des 17. Jahrhunderts, mit Gemälde der Auferstehung.
11. Desgl., kleiner; Darstellung und Zeit dieselbe.
12. Desgl.
13. Desgl., mit gutem Bilde der Auferstehung.
14. Desgl., zum Gedächtnis der Sophie v. Waldow (f 1644), mit mittel-
mässiger Kopie der Rubens'schen Kreuzigung innerhalb einer reichen Cartouche;
oben der auferstehende Christus.
15. Desgl. mit Kreuzigung in schöner Cartouche; unten eine Familie von
10 Personen; datiert 1653.
16. Desgl. mit schlechter Darstellung der Verkündigung, 17. Jahrhundert.
Fig. 41.
B. Die St Nijkolaikirche wird als ecclesia nova zuerst 1262 erwähnt.
Im selben Jahre erhielt sie das Vermächtnis einer Klausnerin, der Schwester
Margarethe, nämlich eine Hufe ausserhalb und 4 Worten innerhalb der Stadt
und zwar wie ausdrücklich gesagt ist, in reparationem et necessaria ac omatus
eeclesie. Die Verwaltung der Stiftung oblag gewissen vom Rate bestimmten
Personen. Daraus ergiebt sich, dass damals die Nikolai kirche bereits so lange
existierte, dass Ausbesserungen an ihr nötig waren und dass sie ferner wie
noch heute unter dem Patronate des Magistrats stand. Die Schwester Margarethe
ist jedenfalls dieselbe, deren Namen auch auf der unten zu erwähnenden Glocke
genannt ist, woraus sich schliessen lässt, dass auch diese von den Zinsen ihrer
Stiftung angeschafft worden ist. Nachdem die Kirche lange dem Osterwiecker
Ealand gedient hatte, stand sie bei der Visitation 1564 wüst, wurde aber 1583
renoviert Seitdem dient sie aushilfsweise für den Gottesdienst der Stephanikirche.
Das Langhaus und der gerade geschlossene Chor haben zusammen eine
lichte Länge von 22,70 m, eine Breite von 10,37 m und sind mit einer geraden
Balkendecke versehen.
96
Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Nikolaikirche: Ausstattang)
Während das Schiff aus dem späteren Mittelalter stammt, ist der Turm
frühgotisch Er hat eine Schieferspitze ; die Glockenstube öffnet sich nach allen
4 Seiten mit je einem gekuppelten Spitzbogenfenstermit zierlichen Zwischen-
säulchen.
Die Fenster, deren es nördlich 2, südlich 4, im Chor 3 giebt, zeigen hin
und wieder kleine gemalte Scheibchen des 17. und 18. Jahrhunderts.
Glocken giebt es 3. 1. Dm. 0,93m, ohne Schrift. 2. Dm. 0,89m, sie zeigt
unter einem verzierten Friese eine dreizeilige Majuskelumschrift (Fig. 41.) Einige
dieser Worte entziehen sich der Erkläruug. Von der Schwester Margarete ist
oben die Rede gewesen. 3. Dm. 0,44 m. Sie hat als obere Umschrift in Minuskeln
die Worte ave maria gracia plena dominus te +
Auf dem Altar befindet sich ein gemalter Schrein vom Ende des 14. Jahr-
hunderts, Breite 2,20 m. In der Mitte sieht man die Kreuzigung, als Seitenbilder
auf dem Mittelfelde rechts oben Christus vor Pilatus, unten die Kreuztragung,
links oben die Kreuzabnahme, unten die Höllenfahrt.
Die Flügel sind in je 4 Felder geteilt, nämlich rechts
Grab-
legung
Ausgiessung
des h. Geistes
links
Ölberg
Geissdung
Auferstehung
Christus als
Weltrichter
Gefangennahme
Domenkrönung
Die Rückseiten zeigen im Ganzen 8 sehr beschädigte Bilder, deren Gegenstände
der Sixtus- und Stephanus- Legende anzugehören scheinen. An der Predella
befindet sich Christus mit den Aposteln.
Die Kanzel im Renaissancestil, datiert von 1664, zeigt gemalte Füllungen
und wird von der Figur des h. Sixtus getragen.
Die Orgel ist modern.
Das z.T. mit Blendarkaden geschmückte Gestühl ist aus den ersten Jahr-
zehnten des 17. Jahrhunderts. Etwas älter sind die mit schlechten Malereien
bedeckten Emporen.
Aus der Mitte desselben Jahrhunderts ist der achtarmige, oben mit einem
Ostenrieck (Nicolaikircbe: Anastattung — Katholische Kirche — Pro&nbanten) 9?
Adler geBchmückte, messingne Kronleuchter. [Das geluchte der Nikolaikircbe
wird 1351 erwähnt]
Ein massiges Kruzifix stammt aus dem 17. Jahrhundert; eine Gedächtnis-
tafel mit dem Belief der Auferstehung ist Ton 1594 datiert Diese Gegenstände
sind in Holz geschnitzt.
C. Die katholische Kirche, für eine Gemeinde von etwa 500 Seelen
eingerichtet, ist ganz modern. Nur ein Seitenaltar, der aus Badersleben hier-
her versetzt ist, ist aus dem 17. Jalirhundert
Die Glocke von 0,82 m Dm. ist 1887 gegossen.
Fig. 42.
Profanbauten.
Ä. Das Rathaus ist massiv in 2 Etagen ausgeführt und von .schlichtem
Äussern. [Mit demjenigen Bathause, welches 1267 den Titel theatrum führt, ist
es nicht identisch.] Obschon es mehrfach den neueren Bedürfnissen entsprechend
umgebaut ist, finden sich doch noch alte Wendeltreppen und ursprüngliche
grosse Flure darin. Schnitzereien an einzelnen der Thüren stammen aus der
I.Hälfte des 17. Jahrhunderts. Im Besitze des Magistrats befindet sich: 1. eine
ziemlich gut erhaltene hölzerne flache Schüssel (Fig. 42) (gesamter Durchmesser
Knia HiaiMnUdl. 1
98 Halbersfädter Landkreis : Osterwieck (ProfaDbauten : Bathaus — FachwerkMuser)
0,775 m, der Eand allein 0,18 m) mit Lackfarben gemalt Der Rand zeigt zweimal
dasselbe Wappen und gotisches Eichen- und Distellaubwerk auf Goldgrund. In
der Mitte befindet sich ein Gemälde, dai-gteJlend einen thronenden jugendlichen
König von bedienenden Personen umgeben; wie es scheint, ein Werk desselben
Künstlers, der den Altar der St. Stephanikirche gemalt hat {s.o.), 15. Jalirbundert
2. Ein Schwert mit Gravierung (Einhorn, 3 Kosen, 2 Quadrate mit Kreuzen.)
15. Jahrhundert
OjUrtvUk..
SaumsArvUtK ain,/fü t6.
^^^^^.^^^
3. Zwei Zweihänderschwerte mit Renaissance-Gravierungen.
4. Ein spanisches Rapier mit der Inschrift: Pro Christo et Patria.
17. Jahrhundert.
B. Privathäuser. Von ihnen sind alle diejenigen, welche hier in Betracht
kommen, fachwerkbauten. Ihre Zahl ist wegen des letzten grossen Brandes
Oster wieck (PiiGhwerkMuseF}
leider nicht mehr sehr gross, aber immer noch bedeutend genug, um gewisse
Regeln feststellen zu können. Im allgemeinen schliessen sich die Erscheinungen
denen der Halberstädter Holzbaukunst an, lassen aber gegen das Endo der
Blütezeit dos niedersächsischen Stils vielfach die dort bemerkte Eeinheit der
Formen vermissen, Festgelialten wird bis in die Yerfallzeit an dem Prinzip der
OsUrmtek
ygn>einMn> Hause der Ce^tUttstr^u .
Fig,44.-fl
Vorkragung der oberen Geschosse (balkea over sine want to stekene. Osterw.
Stadtb. p, 4 No. XVI,) Die Pächerrosetten haben gelegentlich gokrümmte
Strahlen, willkürlich in sie hineingeschnitzte Kerbsehnitzkreise u. dergl. Bisweilen
sind sie sehr schmal und infolgedessen auch niedrig und ihre Mittelpunkte liegen
dann, falls überhaupt eine regelmässige Gestaltung festgehalten wird , sowohl auf
den Ständern als auch auf der Mitte der Brüstungsplatten (Fig43— 47.) In vielen
anderen Fällen werden die Rosetten absichtlich zu breit angelegt, während ihre
Halberstadter Landkreis: Odterwiock (Fachverkhäuser)
CHAN-EIN :VNDAVS; HENNI : SANDEM.: ANNO- ) JÖO:
|i1)s|äi/!|vio|dm.| t | jIs^IäIWI
ÄNNOlÖMjR/VlÖWLDX
/!\
/!^
C'S7M J Fig. 48.
Ostenrieck {Fachwerkhäaeer)
101
Mittelpunkte zu eng an einander stehen. Die Folge ist, dass ihre seitliche Ent-
wicklung gehemmt wird und sie beiderseits wie abgeschnitten erscheinen ;
eine kleine Säule oder ein senkrechtes Schnürband trennt dann die Rosetten
von einander, welche in solchen Fällen auch oft bis auf die Saumschwelle
heruntergezogen werden. Wo sie zu vollständiger Entwicklung kommen, stehen
sie entweder von einander getrennt und kleine Sterne. Keibschnitzkreise oder
dergl. schieben sich dazwischen, oder man setzt sie in mancherlei Art in Ver-
bindung mit einander. Dieses geschieht nm liebsten durch ein die Rosetten ein-
fassendes, schmales, glattes oder mit Diamantprismen, Perlen und dergl. belebtes
Band, welches zwischen den Rosetten herabsteigend eine Schleife bildet oder sich
auch nur einfach wiederempor krümmt. — Die sehr beliebten Brüstungsplatten
£taftltfürliuig , Jfy
Fig. 48.
fPig. 48 und 49) unterhalb der Fenster zeigen ausser dem Rosetten niotiv auch
andere Verzierungen. Gern angewendet werden phantastisch gestaltete jedoch
selten sehr glücklich erfundene Flachornamente; auch Sprüche kommen vor, die
nicht immer nur frommen Inhaltes sind; in einem Falle (Nikolaistrasse 2, von
Halbersildter Landltrois: Osterwieck (PachwerkhäoBor)
Viit.*öner*,JIaMie dar Cipeäeii^ajse. f/6/z)
Osterwieck (Fachwerkhäuser) 103
1658) kommen Sentenzen aus Cicero, Seneca, Plautus und Terenz vor. Auch die
Blendarkaden sind in derselben Zeit wie in Halberstadt als Verzierung der
Brüstungsplatten beliebt. — Die Ständer und Riegel zeigen an den Häusern der
späteren Zeit ebenfalls hin und wieder Verzierungen. — Die Saumschwelle hat
als Belebung bis in späte Zeit hinein ein doppelt oder mehrfach geflochtenes
Riemenomament, oft auch den gotischen Laubstab, von welchem jenes abstammt
An anderen Bauten sieht man an der Saumschwelle über einander greifende, an
den unteren Treffpunkten mit Kleeblättern versehene kleine Halbkreise oder
kleine auf mancherlei Art gefüllte Quadrate, endlich die überall beliebten Sprüche
imd Eigentümemamen. — Die Konsolen entsprechen im allgemeinen denen zu
Halberstadt; mit Figuren geschmückte kommen vor, jedoch erlauben die noch
erhaltenen Bauten keine Vermutung, ob sie auch in der früheren gotischen Zeit
üblich gewesen sind. Die zwischen ihnen liegenden Füllhölzer sind in sehr
vielen Fällen durch Schiffskehlen belebt, in welche Schnürrollen eingelagert sind.
Die Form der letzteren entartet am Ende des 16. Jahrhunderts stark; Bänder
mit geraden oder gezähnten Säumen durchschneiden sie . und zerlegen sie in
mehrere Abteilungen, welche verschieden ornamentiert werden. Selbst in der
guten Zeit werden die Schiffskehlen oft nur oberflächlich behandelt, nur in
schwach vertieftem Relief angegeben, in einem Falle aber (Neukirchenstrasse 19. 20)
unverhältnismässig tief, muldenartig herausgeschnitten. Der Behandlung dieser
Füllhölzer schliesst sich die der entsprechenden Teile der Saumschwelle durchaus
an. In späterer Zeit zeigt das Füllholz oft den auch in Halberstadt beliebten
Zahnschnitt oder es wird zum blossen Wulst. — Von den alten Thorfahrten
und Eingängen sind noch einige, allerdings durch Vermauerung ausser Gebrauch
gesetzte übrig. Ihre stilistische Behandlung schliesst sich allemal der des zu-
gehörigen Gebäudes an. Ein Beispiel zeigt die Abbildung No. 50.
Im Ganzen sind von Häusern der älteren Zeit jetzt noch 125 vorhanden
Von ihnen sind 11 derartig verdorben, dass ihre Zuordnung an eine bestimmte
Periode nicht mehr möglich ist. Von den übrigen gehört eins, an der Ilse
beim „Hagen" gelegen, noch der ersten Periode, dem Ende des 15. Jahr-
hunderts an. Es zeigt die jener Zeit eigentümlichen, gestreckten, quergestreiften
Konsolen und an der Saumschwelle einen nicht sehr sorgfältig ausgeführten
Treppenfries.
Der 2. Periode, der des ausgebildeten niedersächsischen Holzbaustils ent-
stammen 54 Häuser. Von ihnen ist wohl eins der merkwürdigsten und frühesten
das Haus Mittelstrasse 12. 13, datiert von 1526. Es hat ziemlich lange Konsolen,
zwischen denen sich Schutzbretter befinden- An der Saumschwelle ziehen sich
lange Hohlkehlen hin und unter diesen treten zum erstenmal schüchterne Versuche
zur Bildung von kleinen flachen Schiffskehlen auf. Nur wenig jünger, von 1534
ist die rechte Hälfte des sogen. Eulenspiegelhauses (Schulzenstrasse 8) von deren
sehr schöner Saumschwelle nebenstehend eine Abbildung (Fig. 50) gegeben ist.
Heute ist dieser Teil des Hauses leider stark verkürzt. Die Jahreszahl ist nicht
mehr vollständig. [Noch vor einer Reihe von Jahren ging die Inschrift weiter
und lautete dni M CCCCC XXX IUI iare zom der landt grafe un (vm ?)
grave (?) woraus sich vermuten lässt, dass das Haus ehemals noch länger
war.] Da links auch das Wort anno fehlt, so ist auch von dieser Seite her ein
101
HalberBtädter Landkreis: Osterwieck (Fachwerkbäneer)
Teil des ursprünglichen Gebäudes beseitigt. Hier bat man in etwas späterer
Zeit, etwa um 1560 oder wenig später auf das samt seiner Thorfahrt erhalten
gebliebene untere Oeschoss ein neues oberes Stockwerk aufgesetzt. Die Saum-
schwelle dieses späteren Teiles, welche wegen weicherer Beschaffenheit des Holzes
durch die Witteningseinflüsse ziemlich gelitten hat, ist in einer sonst in diesen
Gegenden seltenen Art mit sehr anmutigen Renaissancemustern bedeckt: in üppigen
Blattranken bewegen sich Engel- und Tiergestalten. Über der ganzen Saumschwelle
stehen in regelmässigen Entfernungen gedrungene Ständer und ebensolche Fuss-
streben für die Einschnitzung einfacher Rosettenornamente. Bas bemerkenswerteste
Stück an dem Hause ist die spitzbogigeThür(Fig.50), deren geschnitztes Gewände
im Stil der gleichaltrigen Steinportale gehalten ist. Sie ist in so gedrücktem Ver-
Fig.&O.
hältnis konstruiert, dass ihr Spitzbogen der Form des Halbkreises nahe kommt.
Links neben der Thür steht die ziemlich flach gehaltene Figur eines Mannes,
welcher in der Rechten einen Krug, die Linke aber erhoben hält, als ob er auf
irgend etwas aufmerksam machte. Auf dem Thürsturze sieht man Schnitzereien:
zunächst dem Manne eine Eule, welche Veranlassung gegeben hat, den Mann als
Till Eulenspiegcl zu betrachten und dem Hause daraufhin den unbegründeten
Namen „Eulenspiegelhaus" zu geben. Dann folgt ein Wappenschild mit
einer offenen Schere. Dahinter 2 kauernde, nackte Gestalten. Am weitesten '
rechts schläft ein nackter Mann, dessen recliter Arm sich auf einen Totenkopf
stützt Unter ihm siebt man die Inschrift: Verbum dni Manett(!) In Etemum.
Die wenigen Fenster zeigen den gotischen Vorhangbogen. —
Von geringer Frontlänge und nnr 2 Stockwerk Höhe ist das Haus Hagen 22
Osterwieck (Fachwerk bSnser) 105
mit einer reichet) Rosettenverzierung. Es stammt von 15G0. Aus ähnlicher Zeit
ist das Hans Hagen 45, gleichfalls mit Fächerrosetten^ die obere Saumschwelle
mit dem Laubstabo, die untere mit der InscbriCt:
IN LAVOe ET SIGNV PERPETV«
GRATITV0INI3 ERGA DE7 EIVSQ»
ECCLESJÄ HANS
( INCLYTVS SENATVS BORNE
\ OSTERV : ME EXTRVI CVRAVIT MAN
FigSl.
Von ziemlich gleichem Alter dürfte das Haus Mittelstrasse 11 sein. Es
zeigt Schiffskehlen mit Schnürrollen, die Rosetten sind durch Schniirsäiilen von
einander getrennt. Die schöne Thorfahrt ist noch erhalten, aber ausser Gebrauch
gesetzt. — Von 1574 ist ein Haus mit ganz verwilderten Schiffskelilen und ähn-
lichen Schnürrollen. Es hat an der oberen 'Schwelle eine Inschrift, welche, jetzt
unvollständig, sich ehemals noch weiter nach rechts erstreckte: „Pcne sVos
AprILIs Vbl transegerat ortus — Erlgor aettiereo rege faVentc DoMVs"
„Wer den herm furchtet der hat eine starke festung vnd seine kinder werden
auch beschirmet; Gott . . ," Auch die untere Schwelle ist mit einem Verse ge-
schmückt Die Thorfahrt ist ursprünglich. Von ganz gleichem Alter ist das
106 Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Fachwerkhäuser)
stattlichste aller Osterwiecker Häuser (Kg. 51), der ehemals der Familie
V. Rössing gehörige sog. bunte Hof. Er liegt im Osten der Stadt und war früher
durch die Stadtmauer, Wälle und einen 14 Morgen grossen Teich stark befestigt.
Die gelegentlich für diesen Namen vorgebrachte Erklärung als „BundeshoP dürfte
als richtig anzusehen sein, da der Hof schon 1354 als moles sociorum bezeichnet
wird; die Bezeichnung „bunt" erklärt sich aber auch aus der noch stellenweise
erkennbaren Polychromierung des Gebäudes. Dies besteht aus zwei rechtwinklig
zusammenstossenden grossen, einerseits 10, andererseits 7 Fachen breiten Flügeln,
in deren Treffpunkt ein Treppenturm mit drei Seiten eines Achtecks in den Hof
hervortiitt. Er ist jetzt leider seiner Spitze beraubt, welche auf der Stadt-
abbildung im Theatrum Europaeum noch sichtbar ist. Eine vom Hofe aus in
den Turm führende Thür, deren Sturz die Form des Vorhangbogens zeigt, ist
vermauert. Ist dies Decorationsmotiv für 1579 eigentlich nicht mehr recht zeit-
gemäss, so zeigt das Gebäude andererseits an den Brüstungsplatten die Blend-
arkaden, deren Vorkommen in dieser Zeit als sehr früh bezeichnet werden muss.
Die Felder dieser Blenden enthalten die freilich schwer erkennbaren Reste von
Malereien, welche die Büsten römischer Kaiser vorstellten. Die Saumschwellen
haben vorzüglich erhaltene, erhaben geschnitzte Inschriften, von denen die untere,
lateinische, in zwei Distichen über die Geschichte des Bauwerks Auskunft giebt:
Condidit hanc molem studio atque labore Ludolphus Rossingus priscae
nobilitatis bonos. Omnia fert aetas secum trahit omnia tempus Flores sed
studio clare Ludolphe tuo. An der oberen Schwelle ist eine lange deutsche
Inschrift Die übrigen Holzteile haben keine Verzierungen, nur den Ständern
des Turmes sind Kapitale aufgenagelt, um einen pilaster- ähnlichen Charakter zu
erzielen. Im Innern ist besonders der sog. Bittersaal bemerkenswert Er ist
20,57 m lang und 9,48 m breit. Die Decke wird in ihrer ganzen Länge durch
einen einzigen ünterzug in einem Hängewerk getragen. Hin und wieder sind
Malereien noch kenntlich. An den Thüren im Innern sieht man stellenweise
Beste von Schnitzereien. Die im Bittersaale ehemals vorhandenen schön ge-
schnitzten Täfelungen sind leider entfernt und nach dem Schlosse zu Wernigerode
gebracht worden, wo ihr Verbleib indes jetzt nicht mehr nachweisbar ist
[Ehemals stand neben diesem Hauptgebäude ein schönes Haus aus der Zeit von
etwa 1560 mit vortretendem Mittelrisolit, Fächerrosetten, Schiffskehlen und reich
profilierten Gurtgesimsen. Der Grund, weshalb es entfernt worden, ist mir un-
bekannt; jedenfalls ist dadurch die malerische Wirkung des Hofes stark ge-
schmälert worden.]
Das Haus Mittelstrasse 26 ist 1578 erbaut, hat oben leidliche, unten höchst
missverstandene Fächerrosetten, die Fensterbrüstungsplatten sind oberseits durch
eine unterhalb der Ständer verkröpfte Gurtleiste eingesäumt, welche einer miss-
verstandenen Schnürrolle gleicht — Zwei Jahre jünger ist Nicolaistrasse 30. Man
sieht daselbst lange Konsolen, an den Brüstungsplatten oben Blendarkaden, unten
Fächerrosetten, welche letzteren durch Ornamente (Sterne und Kerbschnitzkreise)
von einander getrennt sind; ausserdem die Inschrift „die furcht des hem
macht das hertz frolich, vnd gibt freude vnd wonne Ewiglich. Thue nichts ohn
radt. So gerewt dirs nicht nach der thatt 1580. F. A. W." Auch vom Ende des
16. Jahrhunderts sind die Häuser Nicolaistrasse 23 und Rössingstrasse 6 , ersteres
Osterwieck (Fachwerkhäuser) 107
mit langen Konsolen, übergreifenden Rosetten und z. T. verzierten Ständern,
sowie einem nicht mehr vollständigen Spruche; letzteres (am bunten Hofe ge-
legen) ähnlich, die Schwelle mit flachen, die Füllhölzer mit tiefen Schiff skeblen.
Die Brüstungsplatten sind nach der Strasse zu mit Fächerrosetten geziert, die
ihre Anordnung ohne Rücksicht auf die Stellung der Ständer erhalten haben;
nach dem Hofe zu sind die Platten mit gotisierenden Laubstäben bedeckt [Hart
an der Ilse lag noch 1877 ein altes Gerberhaus, an dem zwei kämpfende Löwen,
von denen einer geflügelt war, ein Schwan und zwei Männer am Gerbefasse mit
Schabeisen abgebildet waren. Nach Mitt. des Hrn. Pastor Lincke zu Osterwieck.]
Ausserdem gehören derselben Periode an:
Mcolaistrasse 8, 17, 20, 22 (Schwelle mit Laubstab, die Thür ehemals mit
Vorhangbogen).
Neukirchenstrasse 1, 4, 13, 23, 25, 26, 27, 35 (Rosetten willkürlich verteilt
und durch fächerartige Ornamente verbunden), 36.
Rössingstrasse 24.
Nicolaikirchhof 3, 5, 6 (Schwelle mit dreifach geflochtenem Bande, oben
von einem Diamantbande besäumt).
Nicolaistrasse 12, 14 (1542), 16, 29, 31, 32.
Schulzenstrasse 2, 3 (1577; die Konsolen gerollt), 6 (die Thorfahrt mit Stäben
nach Art der Schnürrollen eingefasst.
VogteiplatÄ 5 (1595).
Marktplatz 14 (1570; übergreifende, von Sternbändern eingefasste Rosetten,
ähnliche Bänder an der Schwelle, Schiffskehlen mit verwilderton Ornamenten,
lange Inschrift).
Mittelstrasse 1 (1549; lange Konsolen, die Rosetten durch Schnürsäulchen
getrennt, die Schwelle in lauter kleine quadratische Stücke geteilt, die je mit
einem kleinen Ornamente gefüllt sind), 2 (Schwelle mit vierfach geflochtenem
Bande, an der abgefasten Kante Schnürrollen, Fächerrosetten durch Säulchen
getrennt, Schiffskehlen mit Schnürrollen), 8 (Schwelle mit vielästigeni Laubstabe,
obere Schwelle mit überschlagenden Bögen und doppeltem Sternbande, zwischen
den Rosetten Schnürsäulchen), 16, 17 (ähnlich wie 8, die Fensterbrüstungsplatten
flach ornamentiert, 21, 23 (mit langen Konsolen).
Stobentwete 1 (Flachornamento auf den Brüstungsplatten).
Stobenplatz 2 (1550; mit niederdeutscher Inschrift), 4 (Schnürrollen in den
Schiffskehlen, verzierte Ständer, keine Brüstungsplatton, Inschrift).
Hagen 3 (Laubstäbo über die Brüstungsplatten und die Ständer hinlaufend,
lange Konsolen), 4 (lange, unten abgerundete Konsolen), 11, 12, 22 (1580;^ In-
schrift: ... Ghan ein vnd avs Henni Sander [Fig. 45J), 24 (lange Konsolen,
lateinische und deutsche Inschrift).
Wietholz 2.
Der Renaissanceperiode entstammen nur 27 Häuser. Eins der inte-
ressantesten davon ist das Gasthaus zur Tanne, Rosmarinstr. 8, erbaut 1614.
Es zeigt ausser einer Anzahl von Zierraten, welche noch der früheren Zeit an-
gehören, lange ornamentierte Konsolen, davon die Eckkonsole mit einer Maske,
^ Nicht 1560, wie irrtümlich auf der Abbildung steht.
106 Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Fachwerkhäuser)
und den in der Folgezeit so beliebten Zahnschnitt Durchaus malerisch ist die
Wirkung des Hauses, über die stark vorspringende Ecke gesehen, wobei die mit
einem Diamantbande geschmückte Thorfahrt zu schöner Geltung kommt — Um
neun Jahre jünger als dieses ist das Haus Marktplatz 4, dessen Brüstungsplatten
oben von einem Gurtgesims begleitet sind, welches aus einem doppelten Zahn-
schnittbande hergestellt scheint Datiert von 1645 ist das Gasthaus zum
preussischen Hof, welches mit Blendarkaden, Schiffskehlen und einer langen
deutschen Inschrift geschmückt ist und einzelne mit kräftigen Kreuzgewölben
eingedeckte Bäume enthält. — Der oben erwähnte Fall, dass die Brüstungsplatten
Sprüche aus antiken Schriftstellern aufweisen, findet sich Nicolaistrasse 2. Das
Haus ist 1658 erbaut; die Ständer sind bis zur Höhe des oberen Brüstungsplatten-
randes mit kleinen, von Kerbschnitzmuscheln überhöhten Nischen geschmückt —
Das Haus Neukirchenstrasse 19/20 hat ovale, an den Ecken zugespitzte, sehr
tief herausgeholte Schiffskehlen, die Kosettenstrahlen verlaufen nicht gerade,
sondern sind nach links geschwungen
Ausserdem gehören dieser Periode an:
Rosmarinstrasse 9 (Blendarkaden).
Nicolaistrasse 34, 35, 36 (die Fächerrosetten nur noch schwach kenntlich,
Schnürrollen und Schiffskehlen mittelmässig), 9, 21.
Neukirchenstrasse 3, 16, 17, 21 (Ständer z.T. verziert).
Nicolaikirchhof 4.
Nicolaistrasse 11 (Blendarkaden), 38, 39 (wie 11), 40 (1620, desgl.), 41
(Fensterbrüstungsplatten mit Flachornamenten, runde und kantige Schnürrollen,
Ständer zwischen den Brüstungsplatten ornamentiert).
Stephanikirchgasse 9 (Thür mit Vorhangbogen).
Mittelstrasse 20 (1622, mit Zahnschnittbändern, lange Konsolen, Platten flach
geschnitzt, auf den Schwellen oben und unten lange deutsche Sprüche), 24 (Blend-
arkaden), 25 (Zahnschnitte).
Wietholz 41 (Blendarkaden).
Der letzten Periode, der des Verfalls, gehören folgende 30 Häuser an:
Rosmarinstrasse 10 (1692), 13.
Nicolaistrasse 1, 12— 15.
Neukirchenstrasse 2, 9, 12, 14, 15.
Nicolaikirchhof 2.
Nicolaistrasse 33, 35, 36.
Stephanikirchgasse 6, 7.
Stephanikirchplatz 5 (1677), 6, 7, 8.
Marktplatz 10 (Balkenköpfe mit Masken).
Marktstrasse 5, 6.
Mittelstrasse 19. Hagen 35. Wietholz 1, 19.
Alt, aber wegen zu grosser Verderbnis der Periode nicht mehr
definier bar, sind die Häuser:
Neukirchenstrasse 28, 29.
Neukirchenstrasse la, 1, 2, 7.
Mittelstrasse 4, 5, 6, 15.
Stobenplatz 1.
Gro38-Qaenstedt (Geschichte - Pfarrkirche St. Petri) 109
Gross - Quenstedt
Goedicke, Chronik von Gr.-Q. HalberBtadt, 1898. H.-Z.I, 274f; IIb, 6; III. 160, 232ff;
XII, 550 u 8. w. Das Gemeinde- Archiv und die Kirchenbücher gehen bis vor 1618 zurück.
Quenstedi 993; — Quenstidi 1051 ca; — Queinstete 1046; — Queenstede
1129; — Quenstide 1186; — Quenstede 1199; — Quenstidde 1214; — Magnum
Qwenstede um 1215; — Groten-Quinstete 1359. Nanienserklärung von got-quinö
H..Z. XIX, 332.
Dorf, 5,6 km nordöstlich von Halberstadt an der Holtemme, die sich dort
mit dem Assebach vereinigt. Einwohner: 1564 90 Hauswirte; 1589 hatte die
Laurentiuspfarre 20, die Petripfarre 94 Hauswirte. Jetzt hat Gr.-Q. 1300 Ein-
wohner, überwiegend evangelischer, nur wenige katholischer Konfession, deren
Haupterwerb die Landwirtschaft bildet.
Archidiakonat: Halberstadt.
Geschichte: G.-Q. wahrscheinlich 1129, als Gross- Q. sicher 1232 zuerst
erwähnt, gehörte zur bischöflichen Meierei (der Meier wird 1257 genannt.) Dem-
gemäss war auch die Vogtei bischöflich. 1289 wurde für alle Einwohner die
Gemeinsamkeit von Weiden, Wiesen, Wegen und Un wegen, sowie die Freiheit
von Zoll und Tribut in Halberstadt und anderen Städten des bischöflichen
Sprengeis verordnet Seit alter Zeit unterscheidet man von dem eigentlichen
Gr.-Q. das Ostendorf, von jenem ehemals durch ein Thor getrennt, dessen Spuren
noch vorhanden sind. Das Ostendorf ist urkundlich zuerst 1417 erwähnt und
führt 1475 die Bezeichnung suburbium. Es ist vermutlich der Best einer älteren
Ansiedelung, von welcher auch noch die heute einsam im Felde liegende Kirche
St. Laurentii herstammt, deren Eigenschaft als zweite Pfarrkirche des Ortes sich
nur auf diese Art historisch erklärt. Mit dem noch anfangs des 14. Jahrhunderts
den Templern gehörigen Gute, welches alsdann in den Besitz des Domkapitels
überging, wurde 1347 Rudolf von Dorstadt belehnt. Von anderen Familien, die
zu Gr.-Q- in Beziehung standen, sind wichtig die alten Herren des Ortes, die
Edlen von Quenstedt, welche ihre von Albrecht dem Bären zerstörte Burg auf
der Withecke gehabt haben sollen; ferner die von Rusteleben und die Schenken
von Dönstedt. Ausser den Templern hatten im 13. Jahrhundert der Siechenhof
von Halberstadt, femer das Burchardikloster und das Hospital S. Spiritus hier
Besitzungen. Heute gehört Gr.-Q. zum Amtsbezirk Emersleben.
Flurnamen: up dem NygenAagren velde; in dem merlande legen de
dicken wyden edder iegen Dörstadis wyske over der Holtemmen ; in deme hogen
toege; up den Ässebek; up de bredeken up dem hogen wege; an deme scheven
berge; Svanebekweg; na dem Hugewort; uppe deme ierüingen by Fricke Bister-
veldes stucke; der spring; over dat Hwdal; Luttken -Quenstedesken weg; uppe
deme weyte hude; des graspeld 1319; — jegen der gemeyne; jegen den luUeken
ess und jegen de sehedd; im scheven dale; jegen de schede am langen hon;
over de wege; jegen dem sülte 1470, Dez. 21; — über dem Weiser; in der SüUe;
im erdeland; im lutken velde gegen den negenhogen; bei dem Hasselborn; über
den botelsweg; über der horgden nach Schwanebeck zu; over unses hern godes
wech; im Crottorfschen Hom, 1478 febr.24. —
Kirchen: a) Pfarrkirche St. Petri. Der Pfarrer, welcher 1444 ein
110 Halberstadter Landkreis: Gross-Qoenatedt (Pfarrlcirche St. Petri)
eigenes Siegel führte, ist zuerst 1410 erwähnt. 1564 wird darüber geklagt, dass
er nicht in Gr.-Q., sondern in Halberstadt wohnte. Die Alderleute der Kirche
1473. Die Einkünfte der Küsterei waren für beide Kirchen vereinigt; 1589
musste der Küster von S. Petri denjenigen von S. Lorenz besolden. Damals wie
noch heute besass die Dorfgemeinde das Patronat.
Die vor vier Jahren ausgebesserte Kirche besitzt einen romanischen, mit
Renaissance-Haube abgedeckten Tnrm aus Kalkstein von rechteckigem Grundriss
(8,13:4,95 m.) Jederseits befindet sich ein gekuppeltes Fenster; die Mittelsäulen
sind neuerdings durch Pfeiler ersetzt. Ein Westeingang fehlt Das lange,
niedrige Schiff, dessen Mauern z.T. aus dem Lot geraten und darum gestützt
sind, stammt mit seinen Anbauten (besonders einer Vorhalle auf der Nordseite,
6,30 : 5,60 m) aus dem 16. Jahrhundert. Das Schiff ist im Licliten 23,60 m lang,
11,30 m breit. Der Chor hat geraden Scliluss und hat daselbst 2 Fenster, das
Schiff hat nördlich 3, südlich 4 Fenster. Die Decke ist von Brettern gewölbt. An
der Ostwand des Chores befinden sich 2 einfache Sakramentsnischen. Ein in die
westliche Wand des Turms später eingesetzter, jedoch zerbrochener Inschriftstein be-
sitzt nur einen lückenhaften Text, zeigt jedoch deutlich die Jahreszahl 1576.
Glocken: Auf dem Turm hängen vier Glocken von 1,66 bezw. 1,05, 0,89
und 0,50 m Dm., alle 1891 gegossen von Gebrüder Ulrich in Laucha a. ü.
[Vordem gab es nur zwei von 1,37 bezw. 1,00 m Dm., deren grössere 1770 von
Chr. Heinrich Knoblauch in Halberstadt, die kleinere 1863 von W. Engelcke in
Haiborstadt gegossen war.]
Der Altar ist anfangs des 18. Jahrhunderts von Quenstedter Schnitzern
angefertigt worden. Er ist mit gedrehten Säulen geschmückt, ausserdem mit
Figuren: oben Christus, neben ihm sechs Apostel, unten Johannis und Moses.
Die Kanzel befindet sich mit am Altar.
Das Taufbecken, von zwei Engeln gehalten, zeigt ebenfalls den Stil
des Altiirs.
Die Emporen und Priechen sind mit lebhaft bemalten Blumen-
schnitzereien geschmückt Anfang des 18. Jahrhunderts.
Die Orgel ist erst seit etwa 36 Jahren vorhanden. Von der alten, in den
Kauf gegebenen, sind jedoch die geschnitzten Seitenteile (Anfang des 18. Jahr-
hunderts) mit verwendet
Altargeräte:
1. Kelch, Silber vergoldet, von 1712, mit rundem Knauf und sechslappigem
Fuss, woran eine Kreuzigungsgruppe; 0,20 m hoch. Halberstädter Beschau,
Zeichen M, G.
2. Kelch, Silber, mit sechslappigem Fuss, von 1683, unten angeschroben
vier Kruzifixe, S.Petrus, ein Wappen (Marenholz?). Am Knauf IHESVS;
0,26 m hoch.
3. Oblatenbüchse, Silber, Halberstädter Beschau, Zeichen T. T. 1711. 0,11 m Dm.
Aussen an der Kirche befindet sich die etwa Vgm hohe Figur des h. Petrus;
innen über der Thür zur Vorhalle ein Kruzifix des 18. Jahrhunderts, ferner zwei
Gemälde: das lebensgrosse Bildnis des Pastors J. H. Behrens (f 1750) und ein
Votivbild von 1618 zum Andenken des Pastors Joh. Hessen (Kreuzigung mit
sechs Stiftern.)
Gross-^uenstedt (P&rrkirche St LanreDtii) 111
b) Pfarrkirche StLaurentii (Pig,52.) Sie lie^t in ziemlicher Enffemung
von dem östlichen Ende des Dorfes, mitten in Äckern und Wiesen. Sie ist zuerst
1S81 erwähnt, stand seit 13U1 unter dem Patronat des Spitals S. Spiritns, 1564
unter dem des Rats von Halberstadt, jetzt unter königlichem. Die Vorständer
(2 Personen) finden 1444 Erwähnung.
Der Turm, welcher nur in seinem untersten Teile mit dem Kirchenschiffe
bündig ist, ist romanisch, hat rechteckigen Grundriss (8,70 : 7,(fö m) und
eine Uauerdicke von 1,45 m, welche nach ohen abnimmt. Oben befinden sich
sQdlich und ösÜich je ein dreifach gekuppeltes Rundbogenfenster, eingeteilt durch
Fig. 52.
je zwei nach oben verjüngte Säulen mit Würfelkapitälen und breit ausladenden
Kämpfern. Westlich sind zwei einfache, nicht gekuppelte Rundbogenfenster,
nördlich eins. Das viel jüngere Kirchenschiff ist 20,46 m lang, 6,78 m breit,
hat geraden Ghorschluss, rechts und links je fünf rundbogige Fenster und einen
modernen, in der Gotik der vierziger Jahre ausgeführten unpassenden Dachstuhl.
Glocken: Die drei Glocken haben 1,21 hezw. 0,98 und 0,47 m Dm. Die
grosse ist 1712 von Chr. Ludw. Meyer in Braunschweig, die mittlere 1702 von
Heyso Meyer gegossen, wobei bemerkenswert ist, dass der Guss damals nicht
mehr in Wolfenbüttel, sondern in Braunschweig erfolgte, wohin Meyer verzogen
zu sein scheint Die kleinste Glocke zeigt in Minuskeln die Inschrift:
Hh ano dm mcccxxviii Hh ave maria gracia plena
112 Halberstudter Landkreis: Gross-Quenstedt — Klein-Qaenstedt (Geschichte)
Der Altar und die Kanzel sind im Stile vom Anfange des 17. Jahrhunderts
geschnitzt, ersterer mit zwei Wappen geschmückt. Der ölanstrich ist neu.
Das Taufbecken, eine Holzschnitzerei vom Ende des 18. Jahrhunderts, hat
die Gestalt einer Urne und wird von zwei geschnitzten Engeln gehalten. Besser, aber
allzu plump ist der jetzt ausser Gebrauch gestellte, aus Kalkstein gearbeitetalte Tauf-
stein. Er ist achteckig (Seite 0,28 m) mit Riefeln verziert und zeigt die Jahreszahl 1581 .
Altargeräte: 1. Kelch, Silber vergoldet, Halberstädter Beschau, Meister-
zeichen K.B. 1718.
2. Patene, Silber vergoldet, 0,14 m Dm.
In der Kirche befindet sich ein kleines ölbildchen von 1626, der Kruzifixus
von zwei knienden Frauen (Familie Könnecken) verehrt; zur Erinnerung an die
damals geschehene Restaurierung der Kirche, wobei besonders auch die Kirchhofs-
mauer erneuert wurde, von der jetzt nur noch schwache Spuren vorhanden sind.
Profangebäude: [Der Hof des Bischofs Meinhard bei der Lorenzkirche
1281 ; — Mühle und Vorwerk der Templer, 1306 samt ihren übrigen Besitzungen
verkauft; — ein Hof im Osten des Ortes, hiess Ostermoneke, einer in der Mitte
hiess Helle, einer im Westen innerhalb des Dorfes hiess Rokeshof; alle drei
werden 1320 erwähnt, letzterer wurde damals von Bischof Albrecht an Johann
von Quenstedt geschenkt; — die Mühle 1383; — die badehort 1463, bei der
Peterskirche; — die luttekenneber beim Kirchhof 1473; — das Thor „wo man
zur Kirche S. Laurentii geht" und das Hirtenhaus 1516.J
Noch vorhanden sind aus älterer Zeit nur sehr wenige Häuser; erwähnens-
wert das zwischen 1576 und 89 erbaute Pfarrhaus, welches vordem die Inschrift trug:
Aedibus o flammas deus his averte furentes
Te custode ovibus nil nocuisse potest. (Scheffer, p. 43.)
Das Schulhaus ist 1695 erbaut. Architektonisch bieten beide Häuser kein
Interesse, ebensowenig wie die vier anderen älteren Häuser des Ortes, die alle
vom Ende des 17. Jahrhunderts stammen. An dem Gasthofe zum schwarzen
Adler, der immer als Dorfkrug gedient hat, sieht man die häufigen prismatisch
zugeschnittenen Balkenköpfe.
Klein - Quenstedt
Die Kirchenbücher gehen bis 1654 zurück.
Wester-Quenstide 1185; — lutteken Quenstide 1439; — u. s.w.
Dorf, 2,9 km nordnordöstlich von Halberstadt, am Assebach, mit 697 Ein-
wohnern (1564 sechzig, 1589 dreiundvierzig unfreie und vier freie Hauswirte,
1829 487 Einwohner) evangelischer Konfession. Haupterwerb: Liandwirtschaft
Archidiakonat : Halberstadt.
Geschichte: In dem zur Meierei des Hochstifts gehörigen Orte hatte
der Templerorden Besitzungen, welche 1306 verkauft wurden; auch das Kloster
St. Burchardi war dort begütert. 1313 wird die Ortsregierung erwähnt als in
den Händen von Leuten liegend, die den Titel magistri civium führten. Die
Pfarre, deren Inhaber 1316 zuerst zur Erwähnung kommt, stand damals unter
dem Patronate des Klosters Marienberg bei Helmstedt. 1564 gehört das Patronat
Klein- Qaenstedt (Kirche: Ausstattung — Profangebäude) ll3
dem Domherrn Andreas von Holzendorf, 1589 dem Vice-Dominus des Hochstiftes,
heute ist es fiskalisch.
Flurnamen: 1383 bi deme hoghe; Oorrenddl; bolenwegh; depe wegh;
fvithoU; an den jerÜingen; waterbrok; boven der tigrove; scrotwegh; — 1589
tigen den ho; tigen den monnekehoff; Schwanebekerweg ; bei den rischen; auf
den volenwech; über die waterronnen; auf die tygrowe.
[In der Nähe von Kl.-Q. befand sich 1483 die sog. Walkemühle.]
Die 1862 restaurierte Kirche steht auf dem sog. Heiligen Berge Gottes.
Das Schiff ist spätgotisch und zeigt Spuren von früherer kreuzförmiger Anlage,
eine Inschrift am Chore aussen: CreSCens grcx DoMinum SpeqVe fIdeqVe
Vocet besagt, dass dort 1718 Restaurierungen vorgenommen sind (die beiden
S gelten je eins.) Der Turm dagegen, welcher ebenso breit ist (7,80 m) wie das
Schiff und eine Tiefe von 6,60 m, eine durchschnittliche Mauerdicke von 1,30 m
hat, ist von sehr alter frühromanischer Form, mit einem Satteldach gedeckt;
zwei Halbkreisbögen vermitteln im Erdgeschosse die Verbindung von Schiff und
Turm. Das Kirchenschiff, welches wahrscheinlich auf romanischen Orundmauem
erbaut ist, hat eine lichte Länge von 22,05 m bei einer lichten Breite von 6,05 m.
Der Chor ist halbachteckig geschlossen; Seitenlängen 2,25 m, 2,95 m, 2,17 m. Die
Decke besteht aus einem hölzernen Tonnengewölbe.
Glocken:
1. Dm. 1,15 m, von H. Engelcke in Halberstadt 1829.
2. Dm. 0,89 m, mit einigen Münzabdrücken und der Minuskelinschrift:
anno millesimo quingentesimo viceixio clavs becker dextra xne rexerat intus
et extra. Dieser Klaus Becker führt dasselbe Giesserzeichen "iJ^ wie der sonst
vorkommende Hinrik Becker, ist also jedenfalls mit ihm derselben Familie an-
gehörig.
3. Dm. 0,50 m, mit den in Minuskeln ausgeführten Namen von Alderleuten,
16. Jahrhundert.
Der Altar (nebst Kanzel) ist ein mit reichem Laubwerk und gedrehten
Säulen geziertes Schnitzwerk des 18. Jahrhunderts. Die von 1744 datierte Altar-
brüstung zeigt eine etwas abweichende Ausführung.
Auch die geschnitzte Orgel ist aus dem 18. Jahrhundert.
Alt arge rate: 1. ein Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,18 ra, mit sechslappigem
Fusse und sechszackigem Knaufe. Von 1637. Die Beschau Ist unkenntlich;
Meisterzeichen C^
In der Kirche befinden sich die schlecht erhaltenen Bildnisse zweier Pastoren
vom Anfange des 18. Jahrhunderts.
Profangebäude: [An der ehemaligen Kantorwohnung, einem jetzt ver-
schwundenen, alten, aus 2 Etagen bestehenden Fachwerkshause, befand sich die
Inschrift: Christo sacrum. Quam patrum patriae tuo honori cura paterna
largaque munificum struxerint dona virorG brotege Christe scholam
Icemens u. s. w. Anno 1645.
An einem anderen gleichfalls abgebrochenen Hause stand: wer got ver-
truwet der heft wol gebuet. Godt fruchten is de wisheit de rike maket
Kreis HaltMraUdt. 8
114 Halberstädter Landkreis: Der Regenstein (Geschichte)
vnde bringet alle gvdt mit sick. Se erfüllet dat gantze hus mit erer gave
vnn alle gemack orem schatte. Jhesvs Sirach am ersten capittel. Anno
dni 1563. An dem Pachwerke der oberen Etage sah man noch einzelne Fächer-
rosetten.]
Der Regenstein
über seine Lage siehe die Topographie des Kreises.
Steinhoff, der Regenstein. Blankenburg, 1892. — Krieg von Hochfelden , Geschichte
der Militär- Architektur, p. 322 ff. - Pieper, Burgenkunde. — H.-Z. XIII, 228; XVI, 218.
Der Name Eegenstein (Regensten, Reghensteyn, Reyghenstein und ähnlich)
ist nicht genügend erklärt. Man deutet ihn als „Reihe von Steinen" oder „den
berühmten Stein" oder „den Beratungsstein " mit welcher letzteren Bezeichnung
seine Eigenschaft als uralte Kultusstätte eine Andeutung findet,
Geschichte: Sie wird hier nur kurz behandelt, da die Beziehungen der
regensteiner Grafen zum Bistum und zur Stadt Halberstadt auch anderwärts
wiederholt berührt werden müssen. Die Burg soll angeblich durch Heinrich I. erbaut
worden sein, jedoch ist durchaus anzunehmen, dass, falls jener König überhaupt
dort für Befestigungen gesorgt haben sollte, es sich nur um Erweiterung oder
Wiederherstellung bereits vorhandener gehandelt hat. Die Benutzung der in
dem weichen Sandstein leicht herzustellenden Räume als Wohn- und Zufluchts-
stätten mag in viel ältere Zeit zurückgehen. Beispiele für dergleichen sind auch
sonst in der Nähe mehrfach vorhanden. Vgl. die Kapitel „Halberstädter Stadt-
kreis" und „Langenstein." Das Geschlecht der Grafen von Blankenburg und
Regenstein erscheint in der Geschichte zuerst mit der Person des 1162 ver-
storbenen Poppe, eines Verwandten des Königs Lothar. Von Poppos zwei Söhnen
erhielt der eine, Siegfried, Blankenburg, der andere, Konrad, Regenstein. Beide
Grafen waren, wie es scheint, Anhänger Heinrichs des Löwen. 1181 wurde der
die Burg von Barbarossa erobert. Für die nächste Zeit finden wir Regenstein
und Blankenburg wieder vereinigt, doch trennten sie sich 1190 wieder. Haupt-
ort der Grafschaft war seitdem Derenburg. Nach dem Tode des Grafen
Heinrich I. 1241 trennte sich die regensteinisch-heimburgische Linie endgültig
von der blankenburgischen ab, und die beiden ersteren teilten sich seitdem in
die regensteinische Grafschaft. Sehr ausgedehnt war der Grundbesitz des kriege-
rischen Geschleclites, weit umher, auch im Lüneburgischen und im Anhaltischen
waren sie begütert; vor Halberstadt erstreckte sich ihr Gebiet bis an das
Harsleber Thor, und auch innerhalb der Stadt hatten sie mancherlei Besitz (u.a.
den sog. Grauen Hof, den Ritterhof in Klein -Blankenburg u. s. w.) und Einfluss,
den sie durch Schenkungen (u. a. an den Siechenhof, an das Kloster der Marien-
knechte, an das Nikolai- und Burchardi- Kloster u. s. w. siehe die betr. Artikel)
aufrecht zu halten und zu verstäi'ken wussten. Die grösste Bedeutung hatten
die Regensteiner Grafen als Verwalter des weltlichen Gerichtes (vriding), welches
sie innerhalb des halberstädtischen Bezirkes ausübten: beim Schlosse Hartingau,
in Utzleben, auf dem Driberge bei Dardesheini, im Spielhause zu Holtemmen-
ditfurt, in Heudeber, bei Osterwieck und in Klein- Harsleben. Von gräflichen
Unterbeamten werden genannt der Schreiber, der Gogrefe, die Vögte, der Schult-
heiss, Zehntner, Nuntius, preco, der Marschall und der Schenk, femer die
J
Der Begenstem (Geschichte) 115
Kastellane der regensteinischen Schlösser; die Ministerialen der Grafen erscheinen
sehr häufig. Vom 12.— 16. Jahrhundert hatten die Regensteiner selbständiges
Münzrecht. Die Münze befand sich in Blankenburg.
Das 14. Jahrhundert brachte in seiner ersten Hälfte folgenschwere Ver-
wickelungen und einen erheblichen Rückgang der regensteinischen Macht. Die
schon lange dauernden Streitigkeiten mit dem Kloster Walkenried wegen der
Vogtei von Schauen (siehe dasselbe) führten 1323 die Regensteiner dazu, jenes
Dorf zu überfallen und die Güter des Klosters völlig auszuplündern. Zwar kam
es 1327 zur Versöhnung. Aber bald stifteten die Umtriebe des Bischofs
Albrechts 11. neue Feindschaft zwischen Walkenried und Regenstein (Erlaubnis
zur Anlage eines walkenriedischen , vom regensteiner Grafengericht eximierten
Klosterhofes in Osterwieck.) Der daraus entstandene Krieg zwischen dem
Bischof, mit welchem Graf Konrad von Wernigerode im Bunde war, und den
Heimburgern und Regensteinem endete zu Ungunsten des letzteren. Sie waren
gezwungen, dem Grafen Konrad bedeutende Abtretungen zu machen, die sie
aber erst durch eine verlustreiche Abfindung der Heimburger ermöglichen
konnten. Daraufhin verkauften die Regensteiner am 26. Juni 1343 an Graf
Konrad Grafschaft und Gericht vieler Dörfer, sodass seit der Zeit ihre Macht in
der westlichen Seite des Harzgaus gebrochen war. Nachdem darauf durch den
Verkauf der nicht mehr für sie zu haltenden Ortschaften Stötterlingen, Hoppen-
stedt, Bühne, Rimbeck, der Vogtei über Stötterlingenburg und Hessen an die
Herzöge von Braunschweig, die Brüder des Bischofs Albrecht, und durch gleich-
zeitigen Erwerb anderer günstiger gelegener Besitzungen wieder einige Abrun-
dung des regensteinischen Territoriums erreicht war, kam es zu einer vorläufigen
Versöhnung mit dem Bischof. Graf Heinrich VHI. (geb. 1313) lebte danach noch
bis gegen 1358, war aber seit 1343 nicht mehr im Besitze der Regierung, viel-
mehr wurden seitdem Heimburg, Blankenburg und Regenstein als braunschwei-
gische Lehen angesehen, welche den Heimburgern übertragen waren. Seit
Anfang des 15. Jahrhunderts diente der Regenstein nicht mehr als Wohnort der
Grafen, sondern wurde von einem Vogt (Marschall 1422, Hauptmann 1541)
verwaltet.
1599 starben die Grafen von Blankenburg- Reinstein aus, und der Bischof
Heinrich Julius von Halberstadt, der seit 1589 gleichzeitig Herzog von Braun-
schweig war, eignete Regenstein dem Hochstift Halberstadt, Blankenburg aber
dem Herzogtum Braunschweig zu. 1628 wurde Max von Waldstein zur Be-
lohnung für eine grössere Geldunterstützung vom Kaiser mit der Grafschaft
Regenstein belehnt. Willkürlich nahm er auch Blankenburg dazu und übertrug
beides, trotz aller Proteste, an den Grafen von Merode. Erst nach der Schlacht
bei Leipzig gewann Braunschweig die Grafschaft wieder. Seitdem wechselte der
Besitz mehrfach zwischen der kaiserlichen und der schwedischen Partei; 1643
belehnte Erzherzog Leopold Wilhelm von Oesterreich, damals Bischof von Halber-
stadt, den Grafen von Tättenbach mit der Grafschaft, die dieser sich auch
vorsichtshalber 1650 von Braunschweig zu Lehn geben Hess. Hiergegen erhob
Brandenburg, nach dem dreissigjährigen Kriege im Besitz der Herrschaft von
Halberstadt, also auch der Lehen des Hochstifts, Widerspruch, mit welchem es
zugleich einen Anspruch auf den Regenstein verband. 1662 wurde den Braun-
116 Halberetädter Landknis: Der Kegenstein (Geschieht«)
Schweigern die Burg durch brandenburgische Truppen genommen. Als 1671 das
Leben dadurch erledigt wurde, dass Tättenbachs Neffe, Hans Erasmus, der ea
nach jenem gehabt hatte, wegen Verschwörung gegen den Kaiser hingerichtet
wurde, entstand neuer Streit zwischen Braunschweig und Brandenburg. Beider-
seits wurde stark gerüstet, zuletzt aber die Sache durch Yermittlung des Kur-
Fig. 53.
fürsten von Sachsen an das Beichskamniergericlit übertragen. Dieses entschied
1697 für Braunschweig; da aber Brandenburg nicht nachgab, schleppte sich der
Prozess weiter bis 1806, wo nach der Auflösung des Reichskammergerichts
Preussen den Kegenstein behielt.
Als Festung wurde die Burg schon unter dem grossen Kurfürsten, 1671,
nach Fargells Plänen angefangen auszubauen; die Mauern wurden allenthalben
Der BegenBteiD (BeBchreibung) 117
Terstärkt, der Turm ausgebessert, erbaut wurden ein Kommandantenhaus,
8 Baracken für die Besatzung, ein Zeughaus mit Erker, Uagazine, ein Backhaus,
ein neues Kommandantenhaus 1730, ein Brauhaus und eine Windmühle, 17Ö6
auch eine Kirche, alle Wege wurden durch Bastionen geschützt Letztere führten
die Namen: scharfe Ecke (nördlich vom Thore), Vogelgesang (grüner Hof),
Friedrichsburg, Friedrich -Wilhelmsburg, Karlsburg. Die schon 1687 benutzte
Festung war nie von besonderer Bedeutung und erwies sich ihrer zu schwachen
Besatzung halber 1757, als Richelieu in Halberstadt war, als nutzlos. Nachdom
sie damals dem Herzog von Agen ausgeliefert worden war, wurde sie im Februar
1758 vom Prinzen Heinrich von Preussen wiedergenoromen und geschleift
Fig. 54.
Kirche und Festung waren bis um 1880 zu Derenburg eingepfarrt. Jetzt
gehört der Regenstein nur noch in Bezug auf die Forstverwaltung dorthin,
politisch und kirchlich aber zu Langenstein.
Das Wappen der Grafen von Regenstein zeigt eine rote, von links nach
rechts -gebogene Hirschstange (Fig. 53.)
Beschreibung: Die ungefähr 2,5 km lange und nur 0,3—0,7 breite
Sandsteinmasse, deren Längsachse parallel mit der des Harzes, also wie dieser
von West -Nord -West nach Ost-Süd-Ost streicht, zeigt einen mehr oder weniger
schroffen Abfall nach Norden (Fig. 54) und einen etwas flachen Abhang nach
Süden (Fig. 55.) Der wegen Verwitterung des Felsens sehr sandige Boden lässt
nur einen spärlichen Waldbestand an Kiefern, Birken, Eichen u. dergl. zu, ist
auch arm an Quellen. Die grösste Höhe im Nordwesten ist 260 m über dem
Halberstädter Landjcreis: Der Regenstein (B^sctireiban^)
Meer, erhebt sich über dem nördlichen Thale um 60—70 m, erscheint aber durch
den steilen Absturz bedeutender. Namentlich von Osten oder von Westen ge-
sehen wirkt die Masse des Regensteins höchst imposant.
m\ 7^^ps^^y-"
Während die Festungsniine ohne archäologisches Interesse und grösstenteils
abgetragen ist, bietet die Burgruine (Fig. 56) das seltene Beispiel einer roh in
Der Regenstein (Beschreibung) 119
den Felsen gehauenen mittelalterlichen Ritterwohnung. Nur spärlich sind die
Beste und Spuren einer Nachhilfe durch Mauerwerk, da sich aus dem Sandstein-
felsen fast alle Käumlichkeiten ohne grosse Schwierigkeit herausarbeiten Hessen.
Die Art, wie dies geschah, war eine äusserst rohe.
Die Felsenburg liegt auf der nordwestlichen Ecke auf engem Raum zusammen-
gedrängt. Man gelangt zu ihr auf verschiedenen Wogen, verhältnismässig am
bequemsten von Süden her; die nördlich hinaufführenden Pfade sind steil und
beschwerlich. Von den Festungsruinen allein noch erhalten ist das bedeckte
Thor A und der Rest einer Zugbrücke B. C, D, E, F, 6 bezeichnen entsprechend
die Bastionen: scharfe Ecke, Friedrichsburg, Friedrich -Wilhelmsburg, Karlsburg,
Vogelgesang. Die Buchstaben a, b, c, d, e, f, g, h, i, k bezeichnen verschiedene
Gebäude der Festung, darunter a die Kommandantur, b die Schenke, e die Kirche,
f, g und h Baracken, i den Kirchhof, k die Wirtschaftsgebäude. Im 17. Jahr-
hundert soll dort ein Forsthaus gestanden haben. Wenn man sich vom Gast-
hause, welches in die ehemaligen Wirtschaftsgebäude eingebaut ist, nach dem
nördlichen Hange wendet, so umgeht man zunächst einen ruinenhafton Raum;
sein Zweck ist unbekannt, vielleicht diente er zum Aufenthalt für einen Pförtner
und hatte einen Überbau von Stein oder Fachwerk. Von hier tritt man in eine
Durchfahrt, die, aus dem Felsen herausgehauen, sich fast ganz gerade durch
das Gebäude hindurchzieht. Etwa in ihrer Mitte führt eine sehr geräumige
Öffnung rechts in einen grossen, ziemlich dunkeln Raum, der gegenwärtig
als Rittersaal bezeichnet wird und nach der nördlichen Lichtöffnung hin sich
nischenartig erweitert. Dem vorerwähnten Eingange gegenüber blickt man in
einen ebenso grossen Raum von gleicher Beschaffenheit, der als ehemalige
Kapelle der Burg gilt. Der eigentliche Eingang ist von Süden her, der Fuss-
boden ist östlich um eine Stufe erhöht; durch zwei Felsenluken erhält der Raum
ein spärliches Licht. [Die capella Regen steyn, welche 1246 erwähnt wird, scheint
dem h. Nicolaus geweiht gewesen zu sein, von welchem Reliquien dort auf-
bewahrt wurden.] Bevor man die Durchfahrt verlässt, gelangt man rechts durch
eine Öffnung in eine dunkle Kammer, hinter welcher, von aussen zu betreten,
noch eine gleiche Kammer liegt. Ob über diesen Räumen noch Überbauten
waren, ist zweifelhaft, da jede Spur fehlt. Südlich davor, etwas tiefer hinab,
führen Freitreppen nach Nebenräumen, deren Zweck zweifelhaft ist. Bei
dem sog. veilorenen Posten soll ein kleinerer runder Turm als Luginsland ge-
standen haben. Unter die wenigen gemauerten Teile gehört namentlich der
runde Berchfrit, welcher einen äusseren Durchmesser von 8,3 m und eine
innere Weite von 2,3 m, also eine Wandstärke von 3 m besitzt. Die jetzige
Höhe des Turms ist nur gering, nämlich 6 m. Auf der Südseite ist er stark
beschädigt.
Im Felseneingange eines unterirdischen Raumes, der in seiner Fortsetzung
nach dem Blankenburger Schloss führen soll, befindet sich die eingehauene
Inschrift '
ANNO • MXC • I - DIE - ANNE
Darüber befindet sich dieselbe Inschrift in langgezogenen ungeschickten Minus-
keln nochmals eingehauen. Letztere erscheint nach dem Duktus der Buchstaben
älter als die erstere; sie kann aber auch nur höchstens vom Ende des 13. Jahr-
122
Halberstädter Stadtkreis: Ehoden — Bimbek
Altargoräte: 1. Kelch, Höhe 0^19 m, von vergoldetem Silber, mit sechs-
lappigem Fuss und sechzackigem Knaufe, woran die Buchstaben IHGSVS
2. Bleierner Kelch von 1669.
3. Silberne vergoldete Patene, Dm. 0,12 m mit graviertem Kreuze. Meister-
zeicben L I S
4. Bleierne Patene mit Halberstädter Wappen. Dm. 0,12 m.
5. Bleierne Kanne 1748.
6. Oblatenschachtel von Silber, viereckig, 1805.
Der Chor der Kirche enthält ein Sakramentshäuschen, dessen an-
seheinend dem 13. Jahrhundert angehörige
eigentümliche Verzierung, ein Gesicht mit
zwei Schwertern (mit Bezug auf Offen-
barung 19, 15) zeigt. (Fig. 58.)
Von Epitaphien sind nur zwei nach-
weisbar, das eine einem von Hoym gehörig,
etwa von 1630, unter den Dielen im Lang-
hause so gelegen, dass nur der Kopf sicht-
bar ist; das andere dasjenige eines Pasturs
Heinrich Julius Schade (f 1741).
Von Profangebäuden sind in Rh.
bemerkenswert 1. Der Krug, ein 10 Fach
breites Gebäude von 1548, verziert mit lang
gestreckten Konsolen , Schiffskehlen mit
Schnürrollen, ausserdem mit Fächerrosetten.
2. Das altertümliche Haus des
Kossathen H. Temme, mit langen Konsolen
und von unten bis oben durchgehenden
Ständern.
3. Das Amtshaus, zweistöckig mit
langen Konsolen und Zahnschnittverzierungen, welche auf eine Entstehung etwa
um 1670 hinweisen und höchst wahrscheinlich machen, dass der in und bei
Hornburg so vielfach beschäftigte Meister Heinrich Dünsing dieses Haus er-
baut habe.
Rimbeck
Harzzeitechr. XXHI, 281.
Die Kirchenbücher gehen bis 1658 zurück und sind mit denen von Bühne vereinigt.
Rimbeke 1308, Kymbeke 1343, Rymbecke 1363, Rynbeke 1383, Reimbke 1564,
Rimk 1607.
Dorf 31,2 km nordwestlich von Halberstadt an der Stimmecke. Es hatte
1564: 27 Hauswirte, jetzt 209 Einwohner, überwiegend evangelischer Konfession,
deren Hauptbeschäftigung die Landwirtschaft ist.
Archidiakonat: Osterwieck.
Geschichte: Grafschaft und Gericht w^ar bis 1343 regensteinisch, von da
an wernigerödisch. Im selben Jahre wurde R. von den Regensteiner Grafen
an die Herzöge von Braunschweig verkauft, gleichzeitig mit Stötterlingenburg,
Rimbeck (Kirche) — Roclum 123
Ton dessen Besitzungen es einen Teil bildete. Das Dorf wurde 1363 geraeinsam
mit Wülperode, zu dem es damals gehörte, an die von Gowisch verpfändet.
1383 kam es ebenso an die Gebrüder von Kössing (Rottinge). Die Pfarre war
1607 unter dem Patronat des Domkapitels, heute ist sie im Wechsel zwischen
der Gemeinde und der Regierung, welche letztere vor 1890 es allein wahrnahm.
Ein Pfarrer Nandewig in R. starb 1314. (vergl. H.-Z. 1872, p. 322.) 1564 war
die Pfarre, so wie sie es noch jetzt ist, Filial von Bühne, dessen Kirche zeitweise
von den Einwohnern von R. benutzt wurde, während sie ihre eigene Kirche
nicht gebrauchten.
Flurnamen: 1564: Unser Lieben Frauen Winkel; 1589: Die Papenhegge,
Die Kirche hat im Schiff eine Länge von 16,0 m und eine Breite von 9,55 m
und ist im halben Achteck geschlossen. Sie hat einen Ziegelfussboden und eine
gewölbte Holzdecke, die früher bemalt war, was bei der Restauration 1895
vertilgt ist. Das Schiff ist 1747 erbaut worden. Der Turmbau (4,74 m 1., 5,93 m br.)
stammt aus der Renaissanceperiode. Kr öffnet sich gegen das Kirchenschiff mit
einem grossen Bogen. Eine spätgotische Thür des 15. Jahrhunderts ist von
einem älteren Kirchenbau erhalten geblieben und an der Nordseite des Turmes
mit eingebaut worden. Ihre überschlungenen Gewändestäbe laufen in ge-
wundene Säulenfüsse aus. Die Kirche ist aus Roggenstein von Wöltingerode
und Kalkstein vom Fallstein erbaut worden.
Glocken: 1. Durchm. 0,80 m, gegossen von Heise Meyer in Wolfenbüttel.
2. Durchm. 0,61 m, gegossen von Wilh. Engelcke in Halberstadt 1855. (ümguss
einer älteren.)
Der Altar, geschnitzt und bemalt, zeigt die Figuren von Petrus, Moses,
Paulus und Johannis Evang. Anfang 18. Jahrhunderts.
Die Kanzel gehört mit zum Altar.
Die Orgel ist modern, desgl.
der Taufstein nebst dessen Becken.
Ein altes Taufbecken von Messing ohne Verzierung ist datiert 1662. Ein
Taufengel, bemalte Holzschnitzerei, ist aus dem 18. Jahrhundert
R. besitzt noch zwei Häuser vom Ende das 16. Jahrhunderts Nr. 18 und 21.
Die Saumschwellen sind mit etwas gedrückten Schnürrollen verziert, die Konsolen
sind gestreckt mit querlaufenden Schnitzereien. Am letztern Hause Rest
einer Inschrift:
. . . HRADER CATHARINA . . .
Roclum
Einige Auskunft über die friihere Geschichte von W, geben die Kirchenbücher, die
indes nur bis 1650 gehen.
Harzzeiteehr. XXII, 260; XXIII, 280.
Rekele 1159; — Ruchele, Rokel 145(); — Rochein 1605. — Eine falsche
Etymologie brachte den Namen in Verbindung mit dem „Rok", welcher Heinrich
dem Löwen vom verbrannten Halberstadt bis hier nachgefolgt wäre.
Dorf 28,8 km nordwestlich von Halberstadt. Der Ort hatte 1564: 40,
124 Halberstädter Landkreis: Boclum (Geschichte — Kirche)
1589: 50 Hauswirte, jetzt 900 Einwohner, überwiegend evangelischer Konfession;
nur wenige Katholiken sind vorhanden. Ausser der Landwirtschaft giebt einigen
Unterhalt der Betrieb einer grossen Zuckerfabrik.
Archidiakonat: Kalme (Kalium).
Geschichte: Der Ort stand 1397 unter dem Schutz der Herzöge von
Braunschweig, der Zehnte gehörte dem Domprobst von Halberstadt von alter
Zeit her. Ihm unterstand auch die 1160 und 1307 genannte Probsteimeierei.
1606 wurde wiederzum erstenmal seit 40 Jahren ein Zehntner angestellt. Die
angeblich durch Heinrich den Löwen gegründete Kapelle stand unter dem
Patronate der Domprobstei.
Die Kirche ist 1868—69 wieder hergestellt Das Schiff hat eine Länge
von 22,0 m und eine Breite von 6,50 m. DieApsis ist bereits jetzt in schlechtem
baulichen Zustande. Die Altamische ist um zwei Stufen erhöht hinter /einem
grossen Triumphbogen. Die Decke ist von Holz und gewölbt Fenster giebt
es nach dem Altar gesehen rechts vier, nebst zwei Oberlichtern, links zwei
kleine. Der Turmbau ist in seinem unteren Teile noch romanisch und öffnet
sich gegen das Kirchenschiff mit zwei Kreisbögen auf Kämpfern. Der Turm
selbst zeigt zwei rippenlosse Kreuzgewölbe.
Glocken sind vier vorhanden: 1. Durchm. 0,97 m, gegossen von Heiso
Meyer in Wolfenbüttel 1777, 2. Durchm. 0,94 m, und 3. Durchm. 0,52 m, beide
gegossen von Johann Georg Gettwerth in Halberstadt 1796 bezw. 97, 4. eine
kleide Glocke, die unerreichbar ist
Der Altar ist modern. [Ein ehemals vorhandener Schnitzaltar ist ver-
schwunden.]
Die Kanzel ist modern und unbedeutend.
Die Orgel, ohne Kunstwert, stammt von ungefähr 1760.
Der Rest eines sechseckigen romanischen
Tauf Steines steht im Vorraum (Fig. 59.) Im
Gebrauch ist ein modernes, wertloses Stück.
[Ein ehemals vorhandener Taufengel ist abhanden
gekommen.]
Altargeräte: 1. Ein Kelch, Silber ver-
goldet, 0,19 m hoch, mit sechslappigem Fuss
zeigt an demselben ein kleines Kruzifix. Am
Knauf steht IHESVS. Der Name des Pastors
Johann Mack deutet auf die Mitte des 17. Jahr-
hunderts. 2. Desgl., Silber, 0,22 m hoch, unten
mit einem kleinen Kruzifixus nebst Maria und
Johannis. Halberstädter Beschau, Meisterzeichen
D T 1722. Dauert ist der Kelch 1724. 3. Oblatenschachtel. Silber. Frank-
furter Beschauzeichen. Meisterzeichen (^^ Mitte 17. Jahrh. 4. Kleiner
durchbrochener Löffel, Silber vergoldet 5. Patene, Silber vergoldet, Zeichen
wie beim Kelch 1 mit auf dem Kande eingraviertem Kreuz im Kreise,
Dm. 0,16 m. 6. Patene, 17. Jahrhundert Material, Grösse und Verzierung
dieselbe. *•
Boclum (Kirche: Ausstattung) — Hohrsheim (Geschichte) 125
Ein Kruzifix, in Holz geschnitzt, stammt aus dem 17. Jahrhundert.
In der Turmwand oben bei den Glocken finden sich zwei Sandstein-
reliefs, kleeblattförmig gestaltet, eingelassen. Das eine stellt Maria auf dem
Halbmonde dar, darunter die Unterschrift: Julius Sunnerman; das andere ist
die freie Kopie desselben, unten steht Margaretha Fi . . . Die Höhe der Figur
ist 0,51 m.
In der Kirche befindet sich das Epitaph des Dardesheimer Amtmannes
Arnold v. Landsberg, geb. 1588, f 1637. Es weist
sein und seiner Frau Wappen, ausserdem Sprüche
u. s. w. auf. [Von dem Begräbnis des Dom-
dekans Caspar v. Kannenberg, f 1605, ist nichts
mehr zu entdecken].
Am Eingange zum Kirchhofe ist ein Stein
(Fig. 60) eingemauert, welcher ein 0,60 m breites,
von 1507 datiertes Kreuz zeigt.
Von Privathäusern aus älterer Zeit ist
nur eins , No. 21 , vorhanden. Es sind daran ^^- ^'
noch 4 grosse Fächerrosetten erkennbar; bei der
einen trifft die zugehörige Säule nicht ihre Mitte. Die Schwelle ist mit etwas
gedrückten Schnürrollen verziert.
Rohrsheim
Handschriftliche Chronik, verfasst vom Kantor H. Clajus zu BohrBheiin. — Die Kirchen-
bücher reichen bis 1673 zurück — Ein sog. Lagerbuch ist im 18. Jahrh. angelegt worden ;
es bietet viel historisch Wichtiges. — Harzzeitschr. X VIII, 1Ö2. 169; XX, 8; XXII, 41u.ö.
Kareshem 941; — Roreshem 945; — Roresheim, Roresheym, Ende 11. Jahr-
hunderts; — Rorsheim 1194; — Rorsum, Rorsem, 1316; — Rorsum 1358; —
ßorssem 1484; — Rorsem 1497; — Rorszenn, Rorssen, Rorsseim, Rorszeinn, 1498; —
Rorsym 1527; — Rosem 1539; — Rhorshem, Rorschem, Rorsshem, 1563. Der
Name mag aus der in der sumpfigen Gegend häufigen, früher massenhaften
Vegetation von Schilfrohr herzuleiten sein.
Dorf, 20,6 km nordnordwestlich von Halberstadt am kleinen Bruche, mit
1175 Einwohnern, welche der Konfession nach evangelisch (nur wenige katho-
lisch) sind, und deren Haupterwerb die Landwirtschaft bildet.
Arcliidiakonat : Dardesheim.
Die Geschichte von Rohrsheim kann hier kurz behandelt werden, da sie
zum grössten Teile mit derjenigen der Westerburg eng verknüpft ist. Ich ver-
weise daher auf das betr. Kapitel der Ergänzung halber. Der amtliche Zusammen-
hang beider Ortschaften erhielt sich bis zur Errichtung des westfälischen König-
reichs. — Der Ursprung von R. ist in Dunkel gehüllt; jedenfalls bestand der Ort
schon 941; er gehörte damals zu dem Gebiete des Grafen Thietmar. Gericht und
Grafschaft wurden späterhin regensteinisch und blieben es auch nach 1358 bis zum
Aussterben der Regensteiner. Ein Zehnter von Geld, Fleisch und Früchten gehörte
seit 1086 und nachweislich noch 1499 dem Kloster Ilsenburg. Aus letzterem
126 Halberötädter Landkreis: Eohrsbeim (Geschichte — Kirche)
Jahre giebt es eine Nachricht, welche für den damaligen umfang der Bevölke-
rungszahl von Wichtigkeit ist. Man unterschied nämlich die dem Kloster zur
Lieferung von Zehnthühnem Pflichtigen in Osterlinghe, Midderlinghere und
Westerlinghe. Der ersteren werden 23, der mittleren 19, der letzteren 27, zu-
sammen also 69 Namen genannt. Die Bezeichnung „die österlingischen*' ist
noch heute üblich, desgleichen die Einteilung des Ortes in die Nachbarschaften
Mitteldorf, östernstrasse (ostemstraten 1515) und Westendorf, wozu seit Alters
noch die sog. Kliebe, der Schüttewall und die Missgunst als jüngere Ansiedelungen
kommen. Ausser den Regensteinem und Ilsenburg erhob das halberstädtische
St. Bonifaziusstift und 1457 durch Verleihung des Bischofs Burchard v. Warberg
auch Graf Heinrich von Stolberg Zins in R Mit Regenstein wurde unter dem
Bischöfe Heinrich Julius auch R. braunschweigisch. Die weiteren Besitzverän-
derungen decken sich mit denen von West^rburg. Die Reformation wurde erst
am Ende des 16. Jahrhunderts eingeführt; der erste evangelische Pfarrer hiess
Andreas Siegfried. Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts brachte durch die
Plünderungen der Franzosen 1757 und einen verheerenden Brand am 19. Juni 1770
vielerlei Unglück über den Ort. Dennoch gelangte dieser bald wieder zu Wohl-
stand, der sich besonders in unserem Jahrhundert seit Einführung des Zucker-
rübenbaus sehr gehoben hat. — Das Wappen des Ortes zeigt drei Rohrkolben.
Flurnamen finden sich in sehr grosser Zahl, aus dem Jahre 1467/68
überliefert, im zweiten Bande des Ilsenburger Urkundenbuches p. 505— 508.
Die Kirche enthält als Grundbestandteile die Reste einer schönen roma-
nischen Kirche, welche etwa im 12. Jahrhundert erbaut sein mag, wofern die
erhaltenen Ornamente nicht bereits Zuthat zu einem älteren Bau waren, übrig
ist noch der Turm, der eine äussere Länge von 8,15 m und Tiefe von 8,32 m hat
Verzierungen fehlen, die viel spätere Spitze ist mit Schiefer gedeckt. Ferner ist
von dem romanischen Bau noch vorhanden ein Portal an der Südseite, jetzt
durch eine Vorhalle bedeckt. Es besitzt ein schmuckloses Tympanon, rechts
und links stehen noch je eine romanische Säule, links mit Blattkapitäl, rechts
mit Ornamentkapitäl. Der Abakus ist bei beiden steil abgeschrägt, der linke
Schaft cylindrisch, der rechte achteckig, die Basen haben Eckblätter. Das Ganze
ist von einem starken Rundstabe unter einer gleich weit heraustretenden breiten
Leiste umrahmt. Die Stelle des Triumphbogens im Innern ist noch durchaus
erkennbar. Desgleichen lässt sich unschwer feststellen, dass die alte Kirche
4,12 m schmäler war als die jetzige, welche eine Breite von 11,67 m besitzt bei
einer Länge (diese ist unverändert geblieben) von 25,09 m. Die Erweiterung,
welche mit der fast völligen Verderbnis des alten Baus, die höchlich bedauert
werden muss, zugleich 1753 vorgenommen wurde (eine Inschrift über der nörd-
lichen Thür giebt darüber Auskunft) erstreckt sich lediglich auf die • nördliche
Seite, sodass der Chor unsymmetrisch zum Schiffe stehen geblieben ist. Er zeigt
geradlinigen Schluss und ist um zwei Stufen erhöht. Die Decke der Kirche
ist ein hölzernes Tonnengewölbe. Fenster sind auf der nördlichen wie auf
der südlichen Seite -je fünf, im Chor zwei. Sie zeigen zum Teil Malereien, die
modern sind.
Glocken sind drei vorhanden. 1. Dm. 1,52 m, gegossen 1865 durch
W. Engelcke in Halberstadt; 2. Dm. 1,30 m, gegossen 1717 durch Christ. Ludw,
Rohrsheim (Kirche: Ausstattung — Profangebäude — Alte Sitte) 127
Meyer in Braiinschweig; 3. Dm. 0,85 m mit der gotischen Minuskelumschrift AUE
MARIA GRA Hh
Den Altar schmückt ein Schnitzwerk von 1661, in welches Malereien ein-
gesetzt sind. Ausser den vier Evangelisten sieht man Moses am brennenden
Busche, die Kreuzigung, den Hohenpriester als Symbol des alten Bundes, oben
die Auferstehung, an der Predella das Abendmahl.
In gleichem Stile, mit reicher Anwendung von ohrenartigen Ornamenten,
ist das Gestühl gehalten.
Die Emporen sind in ihren Füllungen mit massigen Malereien aus der-
selben Zeit bedeckt, wobei sich die Arbeit mehrerer verschiedener Hände unter-
scheiden lässt. Dargestellt sind Christus, die Apostel, die Evangelisten und
biblische Scenen.
Auch die Kanzel, deren Schalldeckel besonders schmuckvoll ist, stammt
aus gleicher Zeit; sie ist mit sieben Apostelfiguren geschmückt
Die Orgel ist ein massiges Scbnitzwerk des 18. Jahrhunderts.
Von Altargeräten sind vorhanden: 1. ein Kelch von 1685, 0,20 m hoch.
Beschau Greif, Marke ^. Unten Chiistus als guter Hirte. Vergoldetes Silber;
2. Kelch 'von 1697, 0,19 m hoch, dieselbe Beschau, Marke CM. Am runden
Knaufe das Wort IHCSVS. Vergoldetes Silber; 3. Patene. Dm. 0,18 m. Mit
graviertem Kreuz. Beschau und Marke wie bei No. 2 ; 4. Patene. Dm. 0,15 m
und 5. desgl., Dm. 0,13 m. Beide aus vergoldetem Silber mit eingraviertem
Kreuz.
Epitaphien: 1. Kalksteinerne Erinnerungstafel für ein sehr junges Mädchen,
welches in Lebensgrösse vor dem Kruzifix kniend dargestellt ist. Die Erhaltung
ist sonst sehr gut, nur die Unterschrift, die u. a. den Namen enthielt, ist grossen-
teils durch Feuchtigkeit zerstört. Schöne Gewandfigur des 16. Jahrhunderts; —
2. Epitaph der Familie Stoff regen. Mit fünf Bildnissen. Gegen 1720; — 3. Epi-
taph eines Pastors, der mit seiner Familie vor dem Kruzifixe kniet; Scbnitzwerk
vom Ende des 17. Jahrhunderts; — 4. Epitaph des Henni Adolph v. Steinberg
(t 1684). Oben sein Portrait; darunter die grosse Darstellung des armen Lazarus,
der die Steinbergschen Gesichtszüge hat. Das Ganze ist von gedrehten Säulen
flankiert, die mit Blattwerk geschmückt sind, und mit vielen Wappen umgeben.
Von anderen Gebäuden ist nur das alte Pfarrhaus zu erwähnen, welches
in der Mitte des 17. Jahrhunderts erbaut wurde. Architektonisch ist es ohne
Interesse. [Urkundlich erwähnt sind ausserdem: das Siechenhaus 1468, das
Hirtenhaus 1483, der Pfarrhof 1498. Der Kirchhof St. Martini in der Osternstrasse
wird 1515 und w^ahrscheinlich schon 1468 genannt.]
In R. besteht noch jetzt der alte Gebrauch des sog. Kassentragens. Die
„Kassen'' sind lange hölzerne Kerzenhalter, reich mit Rauschgold umwickelt; sie
werden bei Begräbnissen (ehemals auch bei Hochzeiten) mit einer brennenden
Kerze besteckt und vom Leichengefolge in den Händen getragen. Der Gebrauch
dürfte als Rest des katholischen Kultus anzusehen sein.
128 Halberstädter Landkreis: Sargstedt (Geschichte — Kirche)
Sargstedt
Die Kirchenbücher gehen bis 1685 zurück.
Serkstide 1084; — Siricstedi 1114; — Sircstide 1193; — Hui-Sircstide 1195;
— Sericstede 1197; — Sirxstede 1237; — Sergestede, Sergestide 1243; — Seric-
stide 1249; — Serichstide, Serkstide 1250i — Serkestede 1288; — Serichstede
1293; — Serchezstede 1297; — Serchstede 1302; — Serxstedhe 1311; — Sarx-
stede 1312; — Serxstede 1318; — Schergstede 1322; — Zercstede 1331; — Scer-
stede 1341; — Sercstete 1358; - Serchstete 1359; — Starkstede 1453; —
Sarxtede 1483.
Dorf, 6,8 km nordnordwestlich von Halberstadt am Huy, am Runstedter
Bache, mit 1100 Einwohnern (1564 wurden 50, 1589 16 freie und 36 unfreie
Hauswirte gezählt) evangelischer Konfession — nur 41 sind katholisch — deren
Haupterwerb die Landwirtschaft bildet.
Archidiakonat: Halberstadt.
Geschichte: S., auchHuy-S. genannt zum Unterschiede von Bod-S. (Nien-
hagen) wird, obwohl es unzweifelhaft von höherem Alter ist, doch erst Ende des
11. Jahrhunderts urkundlich erwähnt. Es gehörte zu den bischöflichen Meierei-
dörfem, und der Meier stand in solchem Ansehen, dass er gelegentlich (1283)
sogar als Mitglied des bischöflichen Konsiliums mitwirken durfte. S. gehörte zu
dem Dingstuhl von Utzleben, stand also unter regensteinischer Gerichtsbarkeit,
welches Verhältnis jedoch nicht über 1358 fortdauerte. Das Patronat der Kirche
war seit alter Zeit Vorrecht des Klosters Huysburg, welches im Dorfe auch be-
gütert war und seinen Meier dort hielt, dem gegenüber jedoch die Bauern in
keiner Abhängigkeit standen. Heute ist das Patronat königlich. Besitzungen in
S. hatten sonst noch: das Kloster Borchhorst (im Bistum Münster), dessen Güter
dort jedoch noch im 13. Jahrhundert an den halberstädter Siechenhof übergingen;
das halberstädter Jacobikloster (1262); das halberstädter Liebfrauenstift (1268);
die Familie v. Berwinkel als Lehensträger des Domkapitels (1302); auch das
halberstädter Johannisstift.
Flurnamen: Die „lütge Mark" (qui marche vulgariter nuncupatur. 1294)
zwischen S. und Klein-Runstedt; — ein Waldfleck, genannt „holtblech" 1341; —
der Sargstedtische Graben 1483.
Die Kirche. [Ein sacerdos wird 1199 erwähnt. Bei der Revision 1589
fand sich, dass sie einen neuen Turm, neues Dach und neue Uhr hatte; alles
zusammen hatte nur 80 Gulden gekostet. Dass der Turm damals nicht
„neu" war, zeigt seine Gestalt noch jetzt. S. u. Ein neuer Altar war damals
gestiftet von Eggert Runstedt] Das Schiff ist 1829 erbaut, der Turm aber
stammt noch aus romanischer Zeit. Er hat gekuppelte dreifache Fenster mit
schlanken vierkantigen Pfeilern dazwischen, auf denen breite Kämpfer ruhen.
Die Fenster sind zum Teil erneuert, zum Teil vermauert.
Die drei Glocken haben 1,24 bezw. 1,14 und 0,38 m Dm. Die grösste
ist 1710 von Christian Ludwig Meyer in Braunschweig gegossen; die mittlere
verfertigte 1617 Heinrich Borstelmann in Magdeburg; sie zeigt auf einer Seite
eine Darstellung der h. Dreieinigkeit, auf der entgegengesetzten die Kreuzigungs-
r
Sargstedt (Kirche: Ausstattung) — Schauen l29
gruppe mit Maria und Johannes. Die kleinste Glocke ist 0,56 m hoch, hat keine
Inschrift und ist augenscheinlich von hohem Alter.
Zwei zinnerne Leuchter sind von 1718 datiert.
Eine schöne Alt ardecke von gemusterter Seide ist von 1773.
Von Altargeräten sind vorhanden: 1. ein Kelch von vergoldetem Kupfer,
datiert 1584. An dem sechslappigen, mit rundem Knaufe versehenen Fasse
besagt eine absichtlich verwischte, jedoch noch erkennbare Inschrift dass dieser
Fiiss ehemals zu einer Monstranz gehörte. Höhe des Kelches 0,15 m; 2. ein
Kelch von vergoldetem Silber, sechslappiger Fiiss, runder Knauf, 1661. Höhe
0,22 m; 3. ein Kelch von vergoldetem Silber, Gestalt ähnlich wie bei Nr. 2;
ara Fusse eine silberne Kreuzigungsgruppe; 1717; Höhe 0,26 m; 4. Patene von
Kupfer; Dm. 0,12 m; — 5. desgl. von vergoldetem Silber mit eingraviertem
Kreuz; Dm. 0,14 m; — 6. dosgl , vergoldetes Silber mit graviertem Kreuz,
Halberstädter Bescliau, Zeichen MG. Dm. 0,17 m; 7. eine runde Oblatenschachtel.
Silber. Halberstädter Beschau, Zeichen MG. Datiert 1697. Dm. 0,14 ra.
Alle übrigen Aasstattungsgegenstände der Kirche sind modern.
Von den andern Gebäuden des Dorfes bietet keins ein wesentliches
Interesse. [Urkundlich erwähnt werden 1453 das Küster- und das Hirtenhaus.]
Eine nicht unbeträchtliche Sammlung prähistorischer Gegenstände befindet
sich im Besitze des Lehrers Germann. Fundstätten von Urnen und der-
gleichen sind am Thieberge und am Halberstädter Wege, letztere Stelle im
Besitze des Landwirtes K. Sievers IL
Schauen
Keinicke, Geschichte der freien Reicheherrschaft Scliauen. — Die Kirchenbücher gehen
bis 1691 zurück. — Harzzeitschr. III, 358ff. XIT, 182. 331. XVIII, 504, XXIII, 504 u. ö.
Scann in pago hardago 973; — Scouwe, Wester-Scouwe 1203; — Vester-
Scowenl246; — Schowenl255; — Monnecke-Schowen, Moneke-Scouwen 1281; —
Monke-Schowen 1309: — Schowel317; — Schauingen 1564 ; — Schouwen 1624; —
die Namensdeutung ist unklar.
Dorf mit grossem Rittergute 23,8 km nordnordwestlich von Halberstadt beim
güldenen Bache, mit 730 Einwohnern (1589 = 44, 1665 = 40, 1685 = 50—60
Hauswirte), von denen nur wenige katholisch, die übrigen evangelisch sind und
deren Hauptbeschäftigung ausser der Landwirtschaft besonders die im benach-
barten Osterwieck betriebene Handschuhfabrikation, Färberei und Gerberei ist.
Archidiakonat : Osterwieck.
Geschichte: Der Ort Schauen, welcher vielleicht schon in der zweiten
Hälfte des 8. Jahrhunderts existiert hat, wird urkundlich zuerst am 4. Juni 973
in einer Besitzbestätigung Otto H für das Erzbistum Magdeburg als scann in
pago hardago genannt. Immerhin ist zweifelhaft, was damit gemeint ist, weil
derselbe Name vier verschiedenen Ortschaften beigelegt wurde. Man unterschied
Süd-Sch. (das jetzige Vorwerk Schauenteichen westlich von Wasserleben), Bruch-
schauen (s. Wüstungen), Wester -Schauen und Mönch -Schauen, welche beiden
letzteren Namen bis Ende des 13. Jahrhunderts als gleichbedeutend neben ein-
ander gebraucht wurden. Für Mönch-Sch. (H.-Z. XXIII, 369) kommt auch der Name
Hof-Sch. vor. Die grangia Seh. war 1200 im Besitze von Walkenried. Bruch-
Krela UiOtientadt. 9
130 Halberstädter Landkreis: Schauen (Geschichte)
schauen wurde schon im frühen Mittelalter wüst. Der Bischof von Halberstadt
erlaubte 1309 dem Kloster Walkenried, die Kirche abzubrechen, weil die
Befürchtung vorlag, dass sie wegen ihres festen Turmes gelegentlich einem
Feinde als Stützpunkt dienen könnte. Der Altar, die Reliquien und die vom
Kirchhofe erhobenen Leichname wurden nach Mönch-Sch. überführt. Als älteste
Besitzer des Gutes Schauen sind die Herren von Schauen noch 1327 verbürgt,
deren Familie noch im 15. Jahrhundert nachweisbar ist. Seit Ende des 12. Jahr-
hunderts sind auch die Herren von Kotze dort begütert gewesen. Schon 1264
finden sich ferner die Grafen von Stolberg in Schauen im Besitze gewisser
Rechte, unter andern der Vogtei über die Mönchschauener Kirche. Diese ge-
hörte zu dem Archidiakonate des Probstes von Stötterlingenburg, stand unter
bischöflichem Patronate und kam 1281 in den Besitz des Klosters Walkenried,
welches freilich zunächst von ihr keinen Gebrauch gemacht zu haben scheint.
Dieses Kloster hatte seit dem 12. Jahrhundert Besitzungen in Schauen er-
worben und einen Klosterhof daselbst eingerichtet. (Ein Kloster hat es in
Schauen nie gegeben.) Da nun die Walkenrieder Vogtei in den Händen der
Grafen von Regenstein lag und diese damit ihre Macht auch auf die in Schauen
belegenen Besitze des Klosters ausdehnten, so entstand daraus eine lange Kette
von Streitigkeiten, die dazu führten, dass den Regensteinern am Anfange des
13. Jahrhunderts die Schauener Vogtei gekündigt und dem Grafen von Molden-
berg gegeben wurde. Die Folge war 1323 eine furchtbare Plünderung Schauens
durch die Regensteiner, jedoch verzichteten diese 1328 auf die Vogtei, behielten
aber die Gerichtsbarkeit, bis auch diese 1343 von ihnen an die Grafen von
Wernigerode abgetreten wurde. Im 15. Jahrhundert entspann sich zwischen
diesen und dem Bischöfe um Schauen ein Streit, welcher noch am Ende des
16. Jahrhunderts fortdauerte. 1530 verkaufte Walkenried den Hof Schauen an
die Stoiberger, die ihn samt dem Dorfe 1546 an Ulrich von Weferlingen ver-
pfändeten. Als Walkenried sich dann später bemühte. Schauen wieder zu
erlangen und die Stadt Osterwieck sich erboten hatte das Geld dazu vorzu-
strecken, weigerten sich die Stolbcrgcr und setzten es mit Hilfe des Oberlehns-
herm Joachim II von Brandenburg und schliesslich durch Urteil des Reichs-
kammergerichts (1581) durch, dass sie im Besitze verblieben. Demgemäss ist
damals die Vogtei stolbergisch, während die Pfarre der geschichtlichen Ent-
wicklung gemäss unter Walkenriedischem Patronate verblieb. 1601 verpfändeten
die Stoiberger Schauen an Statz von Münchhausen, dem sie es 1610 für 4320 Thaler
und 4(X)0 Goldgulden abtraten. 1616 gelangte der Ort für 65000 Thaler in den Besitz
des Domkapitels. Im 30 jährigen Kriege hatte Seh. während der Belagerungen von
Osterwieck schwer zu leiden. Damals verloren die Stoiberger die letzten noch
behaupteten Rechte in Schauen, welches nach 1648 reichs unmittelbares Lehen
der Herzöge von Braunschweig-CcUe wurde. Heute ist die Herrschaft Schauen im
Besitze der Reichsfreiherrn Grote, der Erbschenken des Fürstentums Halberstadt
Alles Nähere vergleiche in dem oben angeführten Buche von Reinicke.
Flurnamen: Sulczwiese, Münnichsgraben 1619.
Die Kirche, ein kleiner Bau, welcher mit Benutzung geringer Stücke
einer älteren Kapelle 1690 erbaut ist, bietet architektonisch kein Interesse. Auch
die Ausstattungsgegenstände sind geringfügig.
i
Schauen (Kirche: Ausstattung) — Stotterlingen 131
In dem Dachreiter hängen 2 Glocken. Die grössere hat 0,93 m Durch-
messer und ist 1723 gegossen, die kleinere, welche ohne Schrift ist, lässt sich
nicht erreichen.
Der Altar ist eine weiss bemalte Schnitzerei des 18. Jahrhunderts und
enthält ein Gemälde, die Jünger in Emmaus darstellend.
Der schmiedeeiserne Tauf Ständer trägt ein messingnes Taufbecken ohne
Schmuck.
Die Orgel ist von 1778.
Ausserdem enthält die Kirche das Bildnis eines Pastors, zwei in Seide
gestickte Wappen, ursprünglich aus einer Altardecke, jetzt eingerahmt. Dieselben
beiden Wappen (eins ist das Grote'sche) befinden sich in einem der Fenster.
Altargeräte: 1. Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,23 m, 18. Jahrhundert;
2. Paten e, Dm. 1,16 m, mit graviertem Kreuz im Kreise, Silber vergoldet.
ßraunschweiger Beschau, Meisterzeichen K und ^^ 3. Silberne Kanne, Höhe
0,25 m, gestiftet von Eleonore Reichsfreiherrin Grote, geb. v. Marenholtz. Anfang
18. Jahrhunderts. 4. Silberne Oblatenschachtel, Dm. 0,11 m, Braunschweiger
Beschau, Zeichen ^^j dieselbe Herkunft. 5. Ovale Oblatenschachtel in getriebenem
Silber mit Eierstab Verzierung und gekräuselten Rändern, sowie mit dem
Marenholtz 'sehen Wappen, Dm. 0,09.
Die Profangebäude Schauens bieten nichts Interessantes. Am Gutsthore
befindet sich ein Wappen mit der Inschrift : VON GOTTESGNADEN CHRISTIAN
LUDOWIG HERTZOG ZU BRAUNSCHW VND LUNEBU. Unten steht SINOERE
ET CON8TANTER.
[Die Schenke zu Schauen wird 1590 erwähnt.]
Auf dem Gute des Reichsfreiherrn Grote befinden sich bedeutende Samm-
lungen von Büchern (8000 Bände), Münzen, Siegeln (etwa 6U00), Kupferstichen
und Gemälden.
Stotterlingen
Siehe auch Stötterlingenburg.
Ein Tagebuch, welches Nachrichten, die Pfarre zu St. betreffend, enthält, ist 1823 vom
Pastor Frd. Wilh. Gronau angefangen und bis heute fortgeführt. — Die Kirchenbücher
gehen bis 1628 zurück. — H.-Z. III, 232—234. VI, 542.
Stotterlinge 1106; — Stoterling 1308; — Stetterlinge 1545; — Stodter-
lingk 1553.
Dorf 27,8 km westnordwestlich von Halberstadt, unweit der Ilse, hatte
1564 44 Hauswirte, jetzt zählt es 396 Einwohner, evangelischer Konfession,
deren Haupterwerb die Landwirtschaft ist.
Archidiakonat: Osterwieck.
Geschichte: Als Ort wird St. schon im 10. Jahrhundert, als villa 1249
erwähnt, wo wir auch von Besitzungen des Klosters Stötterlingenburg hören.
1399 wurde es vom Bischof Ernst mit Wülperode und andern Orten an die von
9»
132 Halberstädter Landkreis: StötterÜDgen (Kirche)
Rössing und Genossen verpfändet. 1412 von Bischof Albrecht an die von der
Asseburg. Ein Zehnter wurde 1457 dem Grafen Heinrich von Stolberg zu Lehen
gegeben. Die Gerichtsbarkeit hatten bis 1606 die Kössings auf Wülperode, erst
damals wurde der Ort Stcitterlingenburg zugeordnet. In jenem Jahre wurde auch
beschlossen, Verbesserungen in dem Dorfe vorzunehmen, über dessen Armut schon
1589 geklagt wird. Die Pfarre stand immer unter dem Patronat des Klosters, heute
unter dem der Frau Rittergutsbesitzer von Lambrecht auf Stötterlingenburg.
Flurnamen: 1370 die Wellen, die Mene, das Molenstal; 1470 die lange
Wiese, „an dem watere, de Scholeke genannt" bei der Ilse; 1564 vor dem
Therm, vor dem Teich, bei dem Goslar 'sehen Berge.
Die Kirche, für gewöhnlich Gottes Gnaden Kirche genannt, ist 1726 mit
Erhaltung der romanischen Turmpartie und der nur mit andern Fenstern ver-
sehenen Nordwand, sowie eines von 1629 datierten Osteinganges neu erbaut
worden. Das Kirchenschiff, welches im halben Achteck geschlossen ist, ist
19,5 m lang und 9,3 m breit und mit einem hölzernen Tonnengewölbe ein-
gedeckt. Der Turm, aus Bruch- und Feldsteinen erbaut, ist nur im untern
Geschoss erhalten, das obere Geschoss ist durch einen hässlichen Ziegelaufbau
ersetzt. Er hat eine Tiefe von 4,75 m bei einer Breite von 8 m. Der 1726
ausgeführte Neubau bedeutete also eine Erweiterung des Kirchenschiffes,
die in der Weise ausgeführt wurde, dass man die Südwand über die ent-
sprechende Seite des Turmbaues um 1,65 m hinausrückte. Gegen das Schiff
öffnet sich der Turm mit einem grossen Halbkreisbogen. Nicht unmöglich wäre
es, dass der Turm, wie der in Stötterlingenburg, ehemals ein Paar Zwillingstürme
getragen hat, da seine Breite für einen einzigen Turm zu erheblich scheint
Einen Westeingang hat die Kirche niemals gehabt. An der Stelle, wo ein solcher
sein würde, ist ein kleines steinernes Kreuz eingemauert. — Neben dem nörd-
lichen Seiteneingange scheinen zwei Balkenroste an der Aussenseite der Kirchen-
wand auf die ehemalige Existenz eines Vorbaus hinzuweisen.
Glocken: 1. Durchm. 1,08 m. Gegossen von C. H. Knoblauch in Halber-
stadt 1786. Ein darauf befindliches Gedicht fängt folgendermassen an:
Schon lange schnarrt ich stark und
heiser war mein Schall
Im zarten Ohr erweckt ich Eckel überall
Doch durch der Gönner Gut und der
Gemeinde Gahen
Die Wunsch und Vorsatz jetzt geneigt
erfüllet haben
Bin ich nun ganz erneut etc.
2. Eine kleine Glocke Ton bedeutendem Alter, Durchm. 0,54 m, Höhe 0,57 m,
auf 4 Seiten unten mit einem Kreuze innerhalb eines Vierpasses verziert.
Der Altar und die mit ihm zusammenhängende
Kanzel zeigen reiches Schnitzwerk, dessen ehemaliger Anstrich beseitigt ist.
Links sieht man Moses, rechts Christus, Anfang 18. Jahrhundeit
Vor der Orgel befindet sich eine aus dem 17. Jahrhundert stammende
geschnitzte und bemalte Brüstung olme besonderen Wert.
r
Stötterlingen (Kirche: Ausstattung) — StötterÜDgenburg (Geschichte) 133
Das Taufbecken stammt von 1882, ausserdem existiert ein alter hölzerner
bemalter Taufstein aus dem 17. Jahrhundert
Von den Bildern in der Kirche verdienen nur zwei Beachtung: 1. das
Bildnis des Pastors Joh. Blume (f 1709), ein nicht eben schlecht ausgeführtes
Werk. 2. Das Bildnis des Pastors Franz Ludw. Blume d. J. (f 1755), nur von
historischem Wert, da es lediglich mit Ausnahme des Kopfes eine schlechte
Kopie des vorigen ist. Beide Figuren haben Lebensgrösse.
Altargeräte: 1. Kelch von 1710, Silber vergoldet. Am Fusse eine kleine
Darstellung von Jesus und der Samariterin am Brunnen. 2. Kleine Patene mit
gekräuseltem Bande. Neben demselben e^n graviertes Kreuz in einem Kreise.
Halberstädter Beschau, Meisterzeichen : M. G.
Von andern Gebäuden in St. ist nur das Pfarrhaus zu nennen, welches
1711 erbaut ist.
Stötterlingenburg
Schmidt- Phiseldeck, Urk.-B. des Klosters Stbg. Harzzeitschr. 1, 17. 21 ; IIa, 4 ; XV, 156;
XVI, 236u. ö. — Die Kirchenbücher gehen bis 1657 zurück.
Stetterlingheburg Ann. Quedl. 995. M G. S S. III 73; — Stoterlingeborch,
Stiitterliggeburg 1106; — Stuterlingeburch 1108; — Stuterliggeburc 1136; —
Stutherlingeburg 1150; — Stutirligburg 1184; — Stoterlincheborch 1303; —
Stoterlingenborch 1319; — Stoterligburch, Stoterlingborgh, St-borgch 1329; —
Stotterlyngborch 1518; — Stetterlingkburgk 1564.
Rittergut im Besitz der Frau von Lambrecht, Lage und Einwohnerzahl
siehe Lüttgenrode.
Archidiakonat Osterwiock, welches 1140 zuerst erwähnt, seitdem stets unter
Verwaltung des Probstes von Stötterlingenburg stand; 1184 findet sich eine
Verbindung mit dem Archidiakonat Kalme.
Geschichte. An der Stelle des spätem Klosters stand ursprünglich eine
Burg, deren ehemalige Existenz in dem Namen des Klosters nachklingt. Die
Burggebäude verschwanden jedoch bald und waren gegen 1106 bereits nicht
mehr vorhanden (G E H p. 88. Annal. Saxo M 0. SS. VI, 638). In jener Burg wurde
992 von Bischof Hildeward von Halberstadt ein der Benediktinerregel unter-
worfenes Nonnenkloster gegründet und am 19. Juli 995 geweiht. Weitere
Nachrichten über die erste Entwicklung fehlen, doch muss diese keine vorteil-
hafte gewesen sein, weil berichtet wird, dass gegen das Jahr 1108 Bischof
Reinhard das Kloster in ziemlich verkommenem Zustande vorfand, dermassen,
dass die von ihm vorgenommene Reform fast einer Neugründung gleichkam.
Seitdem stand das Kloster in bedeutender Blüte, welches es sowohl /der von
Reinhard eingeführten strengen Zucht, als auch den von ihm gewährten reichen
Dotationen verdankte. 1312 wurde es von dem (später sogenannten) Gertruden-
kaland, 1322 vom Kloster Drübeck, 1347 von dem Frankenbergerkloster St. Peter
bei Goslar in engere Verbindung aufgenommen. Vogt des Klosters war der
Graf von Eegenstein belehnt vom Markgrafen von Meissen (gegen 1255 bis 61).
Als solcher bezog er aus Stbg gewisse Einkünfte, über welche eine Urkunde
von 1319 (Stbg. ÜB. 88) nähere Auskunft giebt Doch verkaufte er 1343 (ibid. 112)
das Kloster nebst dem ganzen Besitz an die Herzöge von Braunschweig, welche
134 Halbeistadter LaDdkreis: StötterlingrenbQrg (GeBchicht«]
dafür, sowie für das Dorf Hessen damals zusamnieii 500 löthige Mark braun-
schweiger Währung zaLlten. 15 Jahre später ging dies alles durch Verpfändung
für 12üO Mark an den Kat von Braunschweig über. Von der wirtschaftlichen
Lage des Klosters in der Folgezeit ist so viel bekannt, dass sie zwischen 1494
und 1507 einer durchgreifenden Besserung bedurfte, welche der Probst Tisemann
Wise ■vollzog. Auch die Klosterzucht war gegen 1450 bei der Reformatioa der
Benediktinerklöster und der Einführung einer strengeren Regel verbessert
worden. Die Aufnahme in das Kloster erforderte eine Zahlung oder sonstige
Vergütung. An der Spitze des Konventes standen der Probst, die Äbtissin und
die Priorin, welche drei in Urkunden gewöhnlich allein namhaft gemacht werden.
Der Probst wurde vom Konvent gewählt und vom Bischof oder seinem Officialen
bestätigt und eingesetzt Er hiess (1402) Prepositus, rector et administrator und
hatte die Aufsicht über alle Bewohner des Klosteiiä, dessen Oütcr und Gerecht-
same. 'Weibliche Klosterbeanitc, Amtsfrauen waren ausser den schon genanuten
die Küsterin, Kellnerin, Sanguieisterin, Kämnierin. Von männlichen Beamten
und Zugehörigen des Klosters sind die Priester und der Hospital Vorsteher als
Geistliche, der Gliickner, der Hofmeister (pater famihas), der Meier, der Jflug-,
Küchen-, Schaf- und Backmeister als Laienbrüder zu erwähnen. Sie waren
soweit angesehen, dass sie als Zeugen bei Beurkundungen auftreten durften,
Klosterschiiler werden 1312 genannt, ein für sie aufgestellter Stundenplan ist
aus dem Jahr 1589 erhalten {Nebe, Kirchenvisit. p.yO). Der grosse Sturm des
Bauernkrieges brach am 5. Mai 1525 verheerend auch über Stbg herein. Nach
einem Berichte, den vermutlich der Probst Henning Pulmann vci-fasste, kam es
damals zu einer Zusammenrottimg der Bauern. Die Klosterinsassen wurden zur
Flucht gezwungen, alles Vieh, aller Getreide-, Futter- und Nahrungsm ittelvorrat
wurde geraubt, und aus der Kirche der gesamte Inhalt entwendet Alle übrigen
Gebäude wurden demoliert und alles hinweggeführt, was sich wegschleppen Hess.
Stütterlingenburg (Geschichte — Kirche) 135
Der Brunnen wurde verschüttet, die Brauerei vernichtet. Im Kloster lag der
Schutt der zerstörten Wände doppelt mannshoch. Im selben Jahre noch wurde
am Tage Johannis des Täufers (24. Juni ? oder am Enthauptungstage 29. August?)
mit der Wiederherstellung begonnen, da sich die Klosterinsassen nicht von ihrer
alten Stätte trennen mochten, wieviel Feindschaft sie auch immer bedrohte. Von
1525—28 wurde gekauft: für 112 fl. Bretter, für 150 fl. Eisenwerk, für 113 fl.
5 Scliilling 4 Pfennig Wagen und sonstiger landwirtschaftlicher Bedarf, für 261 fl.
Schafe und Schweine, für 150 fl. Butter, Käse, Hopfen, Malz, Salz und dergleichen,
fürlTfl. allerlei „Inghedome'' für das Kloster (Fig. 61); femer wurden verwendet
120 fl. 5 Schilling 4 Pfennig für Lohn bei den Bauarbeiten. Die Ernte des
Jahres 1535 war fast vernichtet, die der folgenden Jahre war demgemäss spärlich.
Der Gesamtschaden wurde nach einem Anschlage vom 6. Mai 1528 auf 1538\2 A-
weniger 4 Pfennige berechnet (über dies alles vgl. Stbg. ÜB. 315). Auch nach
der Zerstörung blieb die Organisation des Klosters dieselbe, nur dass sich mit
der Zeit eine grössere Abhängigkeit von Braunschweig einerseits, vom Hochstift
Halberstadt andererseits bemerkbar machte. 1555 wurde Stbg. säcularisiert und
vom Hochstifte eingezogen und 1557 an einen gewissen Johann v. Barby ge-
schenkt, der die Nonnen elend darben liess. Das bischöfliche Gut ging später
in den Besitz des preussischen Staates über und wurde 1814 zur Dotation des
Feldmarschall Grafen v. Kleist verwendet. Dieser wieder verkaufte es 1856 an die
(heute geadelte) Familie Lambrecht, in deren Besitz das Rittergut noch jetzt ist.
Die ganze Gegend war ehemals stark besiedelt, wie die Namen der vielen
Wüstungen in jener Gegend bew^eisen, aber auch an Waldungen war Uberfluss,
weshalb die Landwirtschaft auf keiner bedeutenden Höhe gestanden haben kann.
Es werden erwähnt ein Wald nach Osterwiek zu 1108, einer gegen Suderode
um 1255, der Waldort Vosshole 1314, das Reynekenholt, die lutteke Rothene 1351,
das Äbtissinholz am Fallstein 1535, das Küchenholz (Kiffholz) 1535, das Wiet-
holz 1565, Eichen Waldungen 1604.
Flurnamen: 1106: des Feld Herde (auch 1300, als Wald 1330); die So-
lingehove 1311; — by der Overbecke; up dem becdam; oppe unse anevende;
tighen dem hoy nedder; tigen unser vrouwen; Bühner Weg; op dem Papen-
stige; tigen de espen; op den wiesen; tigen de groten Wellen; tigen Stemeberch
hove; tigen dem closterhof; tuschen den dorpen; Goslarscher Weg; tigen den
appelboyn; tigen de dalwische; boven den Hogenwege; op dem Reinberge; tigen
de rote; by des richters kampe; anevende genscliit dem cruce; by dem busche;
over den graven; in den seewech; op dat Ekholt; tigen den nyen hof; in der
Wellen bi dem closter ackor; bi dem Wellenwegen; in den Smedostich; bovenden
dem Kranckorde; up de gravonwische; up dat gras vor dem Molenstal; eyn
wandersteyn dartwischen; boven dem boenlandt; 1 hof het olde Las; 1 hof de
junge; bi dem snakenbome; bi des closters 18 swade 1432; — der Schmerberg,
welcher schon im 16. Jahrhundert abgerodet war 1535; — Ad^ Eisenthal 1599; —
die Vogtganne (?) 1611.
Die Kirche unter dem Patronat des h. Laurentius (seit dem Übergänge
an das Hochstift unter dem des h. Stephanus) ist* seit der Zerstörung 1525 nur
noch in Resten vorhanden, welche über die allmäliliche Entstehung des Ganzen
keinen genügenden Aufschluss mehr geben. Sehr spärlich sind die Nachrichten
136
Halberstädter Landkreis: Stötterlingenburg (Kirche)
G^rundtiß
.O— I i—L.
J—l 1— l.
1
■i
Fig. 62.
Über die Baugeschichte. 1331 (April) hören wir einmal von einem Ablass, 1450
wird das Bauamt genannt. Der westlichste Teil des Schiffes ist, wie aus den mit
den übrigen nicht harmonierenden Fenstern und der Beschaffenheit der Mauer-
werks ersichtlich, in der Renaissancezeit ergänzt worden (Fig. 63), vielleicht bei
Fig. 63.
Stötterlingenburg (Kirche: Beschreibung) 137
der Ausbesserung nach der Zerstörung. Dieser Teil ist jetzt durch eine
Holzwand abgetrennt und dient als Stellmacherei des Amtes; der Ein-
druck, welchen das beträchtlich lange Kirchenschiff einstmals gemacht haben
muss, ist auf die Art ganz gestört, die Akustik des jetzigen Kirchenraumes aller-
dings verbessert. Auch von aussen ist der
Eindruck ein anderer, weil das Kirchen-
dach ehemals höher war als jetzt. 1892 ist
das Innere der Kirche restauriert worden.
Die aus Kalkbruchstein erbaute Kirche ^^
I
war eine Pfeiler- Basilika mit flacher Holz-
decke. Die beiden Seitenschiffe sind ver- wnj^^j?^^
schwunden und über ihre Breite ist nichts
Genaueres zu vermuten, vielleicht waren sie ^'
halb so breit wie das Schiff, dessen lichte
Weite 8,20 m (bei einer Länge von 51,8 m)
ist, während die beiderseitige Mauerdicke zusammen nicht ganz 3 m beträgt. Von
den (wahrscheinlich 6) Bögen, die einst aus dem Mittelschiff in die Seitenschiffe
führten, ist an der Nordseite noch einer zu sehen, ausserdem ein grösserer Bogen,
der nach dem Querschiff führte. Seine Verhältnisse beweisen, dass das Dach des
Quei-schiffs ehemals niedriger gewesen sein -muss als das des Hauptschiffes.
Ähnliches findet sich in Hamersleben. Das Mittelschiff erhielt sein Licht durch
10 Oberlichter, von denen beiderseits die zwei westlichsten verschwunden sind.
Alle drei Schiffe waren jedenfalls mit Absiden geschlossen, deren mittelste noch
vorhanden ist. Ihre Wände sind heutzutage schief und drohen mit Umsturz,
woran sie vorläufig durch eiserne Bänder vorhindert werden, auch die Seiten-
wände des Schiffes stehen nach aussen hin aus dem Lot. Drei Bögen scheinen
ehemals aus dem Hauptchor auf beiden Seiten in die Seitenchöre geführt zu
haben, nur zwei sind auf der Nordseite jetzt noch zu erblicken. Genauere Unter-
suchungen verhindert der undurchdringliche Epheu, der die Nordwand überzieht.
Die Südseite ist derartig verändert, dass s^e über den ehemaligen Zustend keine
Auskunft giebt. Die Chornische ist um 2x2 Stufen erhöht (ihr Bogengewände
vgl. Fig. 64). Eine Krypta wird 1313 einmal erwähnt, ist aber nicht nachweisbar.
Die Pfeilerkapitäle an den beiden Seiten der Mittelapsis zeigen wulstige Quer-
bänder mit schachbrettartiger Verzierung, die Pfeilerbasen sind attisch. Er-
kennbar sind auch noch die Priese der Pfeiler zwischen dem mittleren Chor
und den Seitenchören. Die Abbildungen (Fig. 65) sind im Innern der Kirche
genommen, da die Friese an der Aiissenseite etwas gelitten haben; allerdings
sind auch sie noch kenntlich und zeigen schönes Blattwerk und Tiere, der Stil
dieser Skulpturen weist dieselben in den Anfang des 12. Jahrhunderts. Es wäre
nicht unmöglich, dass der ganze sehr lange Chorbau einer etwas späteren
ßauperiode angehörte als die Mitte. Hierfür spricht auch, dass sich unter dem
Langhause, nicht unter dem Chore, ein in der Länge z. T. vermauertes spitz-
gratiges Gewölbe hinzieht, welches durch plumpe Pfeiler quadratischen Grund-
risses (Seite 0,80 m) in zwei Langschiffe geteilt ist, die sich wieder in quadratische
Joche (etwa 4 m Seite) zerlegen. Das Gewölbe, dessen Gesammtbreito gleich der
des Kirchenschiffes ist, erstreckt sich auch unter den Turmbau,
138 Halberstädtei Landkreis: StOtterlingenbur^ (Kirche: Kapelleo, Ausstattnng)
Ob der Turm mit seiner Zwilüngsspitze und den grossen Rundbogenfenstem
ursprünglich so gestaltet war, ist selir zweifelhaft und auch unwahrscheinlich.
Vermutlich stammt auch er aus der Kenatssancczoit, der auch das anschlii-sseodü
Mauerwerk angehört. Anzunehmen ist, dass die alte Kirche zwei quadratische
Türme an der Westseite hatte, die aber mit den Seitenschiffen verschwunden
sind. Der jetzige Turm setzt das Mittelschiff fort und ist jedenfalls ebenso breit
wie der ehemalige Mittelbau zwischen den Türmen, auf dessen Grundmauern er
denn auch stehen mag. DerTurm öffnet sich gegen dasSchiff mit einem grossen
Bogen, was darauf seh Hessen
lässt, dass die Kirche keinen
Westeingang und wie vorhin
angedeutet, vielleicht sogar eine
westliche Apsis gehabt hat.
Von ehemaligen Kapellen
p werden erwähnt dio Kapelle S,
■ ■ Nikolai, erbaut vom Kanonikus
Rodengerus vor 1215, die Ka-
pelle der männlichen Kloster-
genossen 1313, der Nonnenehor
1313 und 1450, die Kapelle auf
dem Chor 1450 sowie die Lieb-
frauenkapelle im Kreuzgange 1450.
Über die Lage aller dieser lassen
Fig. 65. sich kaum Vermutungen fassen,
der Kreuzgang ist samt allen
übrigen zur Kirche gehörigen
Baulichkeiten spurlos verschwunden. Von der Lage des Kreuzganges würde ab-
hängig sein, wo die Eingänge der Kirche, Portale bezw, Vorhallen sich befanden.
Die jetzigen Fenster sind, ebenso wie auf beiden Längsseiten je eine
Thür, dem Bedürfnis aber nicht dem Sinn der Architektur entsprechend ein-
gesetzt worden (von den Oberlichtem ist hier nicht die Rede), Es sind auf jeder
Seite drei, die sich in ihrer Lage nicht entsprechen. Verzierungen zeigt nur eins
in r.estalt von vier kleinen gemalten Scheiben des 17, Jahrhunderts, den.>n über-
wiegend gelb gehaltene Malerei darstellt 1, das Wappen des Hans Sachzen mit
Zeichen -t^; 2. Wappen des Baltzer Vet , . ., Pfeil in weiss und rotgeteilteni
Schilde; 3. desgl. des Joh. Sander, Lilie über zwei Stcnicn, Engel als Schild-
haltcr; 4. S. Stephanus nach links schreitend.
Sakramentshaus, reich ausgebildet und von einem zinnenartigen fle-
sims überdeckt; es stammt vom Ende des 15. Jahrhunilorts (Fig. 6ti),
Von Glocken ist schon 1249 die Rede. Gegenwärtig giebt es deren zwei:
1. Dui-chm, 1,U8 m, Hohe 0,H7 m; sie hat folgende Minuskelinschrift:
anno dni m [cc] 1 xxxx - im - in die jakobi apli
ave maria amen Hh o rx glorie veni cum pace.
Verzierungen zeigt die Glocke vier Abdrücke von Siegeln des Klosters
Stbg. (mit dem h. Laurentius;, ferner oben und unten nagelkopfähnliche
SUtterlingenbui^ tKirche: Ausstattung)
Ornamente, endlich oben einen Kruzifixus, eine stehende Madonna und eine
unerkennbare kreisrunde Darstellung. 2. Durclim. 1,32 ni. Genossen von J. G.
Grosse in Dresden 1881. Die Glocke, welche gestiftet ist durch den Patron
Ferdinand Lambrecht und seine Gattin Doretto Lanibrecht, geb. Hineke, zeigt
unten die Nummer 1U88, ist mit der Tonangabe Es versehen und mit fünf
Sprüchen und den Namen der Ortyobrigk ölten ausgestattet.
Altäre: [Ehemals waren vor-
handen die Altäie S. Laurentii, S. Ni-
bolai 1215; B. Marie Virginis in Kripta,
b. Johanois apostoli et evangelistae
(in choro domJnarum), s, Petri apostoli
(in capella dominorum), b, Stepliani
1313; ein Altar 'n der Liebfrauen-
kapelle im Kreuzgange, der Allerseelen
Altar, aller h. Engel Altar und h. Kreuz-
altar fuppeder juncvrowen köre) 1450;
der Altar in der Kapelle S. Nikolai
war vermutlich identisch mit dem
vorhin genannten Nikolas-Altar; er
wird 1465 erwähnt als durch Gottschalk
Wegener, Altaristen zu Homburg bei
ihm eine Yikarie gestiftet und mit
100 Mark dotiert wurde, die unter
dem Patronat des Hofmeisters zu Stbg
stand,] Nur der ehemalige Hochaltar
in der Mittelapsis ist noch vorhanden
und im Gebrauch.
Die Eirchstüble werden 1525
erwähnt Die jetzt vorhandenen Kind laut Inschrift am 16. Mai 1657 auf-
gestellt worden. Die herrschaftliche Loge und auch andere Stühle gehören der
selben Zeit an. Sie sind mit Blendarkadcn geziert, wie solche auch an den
Holzhäusern im benachbarten Osterwieck und anderwärts in der Zeit viel vor-
kommen. Die Füllungen sind mit massigen Maleroion, Darstellungen aus der
h, Geschichte, bedeckt; 18, Jahrhundert
Die Kanzel stammt vom Ende dos 16. Jahrhunderts. Sie ist aus fünf
Seiten des Achtecks zusammengesetzt Die Ecken sind durch zierliche Säulen
hervorgehoben; zwischen ihnen befinden sich kleine Rundbogcnnischen, von
denen vier mit flachen Reliefs stehender Figuren (Matthäus, Christus mit Welt-
kugel, Markus, Paulus) erfüllt sind. Der in entsprechendem Stil gehaltene Sehall-
deckel zeigt imten rings herum den Spruch: „Selig sind die Gottes "Wort hören
und howaren." Die Bekrünung oben wird durch die kleine stehende Figur des
h. Klephanus gebildet Die Kanzel befindet sich vom Chor aus rechts gegen die
Mitte hin, sie ist WJ2 von AV. Kom in Osterwieck in verständiger Welse repa-
riert worden.
Orgel. Eine ältere ging 1525 mit zu Grunde, die jetzige ist modern, 1892
von Frau v. Lambi-eclit geschenkt
140 Halberstädter Landkreis: Stötterlingenburg (Kirche: Ausstattung)
Das Taufbecken ist eine Holzschnitzerei vom Anfange des 17. Jahr-
hunderts.
Die Abendmahlsgeräte gehören der Kirche von Stötterlingen (s. das.)
Ein Kronleuchter von Messing, dessen sechs Arme in flachgeschnittene
Köpfe ausgehen, zeigt oben einen doppelköpfigen Adler, ähnlich dem in Rimbeck.
17. Jahrhundert.
[Eine schwarze Lade zur Aufbewahrung von Urkunden und dergl. gab es
noch 1572.]
[Yen Reliquien, die das Kloster besass, werden urkundlich nur die des
h. Godehard genannt, welche zwischen 1133 und 53 Bischof Bernhard v. Hildes-
heim schenkte und die 1178 an das Kloster Ichtershausen weiter gegeben
wurden.]
Kunstgegenstände. [Das „h. Kreuz" wird 1352 erwähnt. 1607 wurde
eine Bildsäule des h. Stephan, zu der der Stein 30 Thaler gekostet hatte, nach
Stbg gebracht, vor das erste Thor gesetzt und der Name des Heiligen an
letzterem eingemeisselt.] Gegenwärtig findet sich ein mehr als lebensgrosser
S. Stephan, eine Steinskulptur des 18. Jahrhunderts, über der Pforte an der
Südseite der Kirche. Da dieses Bild ehemals am Eingange des Klosters stand,
so ist wohl anzunehmen, dass es an die Stelle des vorhin erwähnten, verloren
gegangenen gesetzt worden ist. — In der Kirche vor dem Chore giebt es einen
Triumphbalken mit den etwa 1 m hohen Figuren von Maria und Johannis,
zwischen denen die grössere Figur des Gekreuzigten steht Bemalte Holz-
schnitzerei des 15. Jahrhunderts. In den Köpfen befanden sich vordem Reliquien,
jetzt im Gewahrsam der Frau v. Lambrecht.
Über dem Altar steht ein Gemälde, Triptychon, der sächsischen Schule
des beginnenden 16. Jahrhunderts angehörig. Seine ursprüngliche Beschaffenheit
lässt sich nur noch wenig beurteilen, weil das Bild bei seiner Wiederheretellung
1887 sehr verdorben ist. Das Mittelbild zeigt die Kreuzigung, Magdalena mit
grossem Kopfputz umfasst das Kreuz, links sieht man die Gruppe der ohnmächtig
niedersinkenden Maria, welche von Johannes und den Frauen gestützt wird;
dahinter, und dem Beschauer den Rücken drehend, sieht man den Soldaten,
welcher mit dem Speer sticht. Rechts vorne kauern die um den Rock streitenden
Kriegsknechtc. Hinten erscheint der bekehrte Hauptmann nebst anderen Kriegern,
von denen einer eine Fahne trägt. Das Mittelbild ist rechts und links von
gemalten Säulen eingefasst, daneben stehen je zwei Figuren übereinander, rechts
oben Johannes Evang., unten Lukas mit der Palette; links oben Matthäus, unten
Markus, jeder mit seinem Symbol. Flügel: rechts aussen oben Anbetung des
Kindes, unten Beschneidung; innen oben Dornenkrönung, unten Grablegimg.
Links aussen oben Verkündigung, unten Anbetung der Könige; innen oben
Christus am ölberg, unten Kreuztragung. Höhe 1,56 m. Breite des Mittelbildes
1,97 m. Die vielleicht etwas ältere Predella zeigt die h. Sippe und andere Heilige
z. T. ganz jugendlich, versammelt um die in der Mitte sitzenden Figuren der
Madonna und der h. Anna. Höhe 0,60 m. Breite 1,65 m. Die Köpfe sind teil-
weis schön und charaktervoll.
[Kirchenschatz. Dessen Inventar bei Schmidt, Magdeb. Geschichtsbl. 1868,
p. 443 ff.]
Stötterlingenburg (Kirche: Ausstattung) — Ströbeck (Geschichte) 141
Epitaphien. [Begräbnisstätten finden sich 1249 erwähnt]
Zwei Grabtufeln mit eingeritzten Figuren und unleserlich gewordenen Um-
schriften, liegen fast ganz verdorben und zerbrochen auf dem rohgepflasterten
Fussboden der Kirche. Ausserdom sind in einem kleinen, an der Nordseite be-
findlichen modernen Vorbau an den Wänden rechts und links fünf Epitaphien
der Familie Huet. Sie stammen mit einer Ausnahme (von 1729) sämtlich aus
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
[Von den nicht eigentlich mit der Kirche zusammenhängenden Gebäuden
des claustrum hört man in den Urkunden öfter. 1473 ist von ihrer Ausbesserung
die Rede. Genannt werden die bischöfliche Kellerei 1106, die Küche und Back-
stube 1316, die Klausur der Nonnen 1323, das Leichenhaus 1413, der Wein-
garten 1465, der Remter als Aufenthaltsort der Kasse 1465, das Sprakhaus als
Ort urkundlicher Vollziehungen 1492 und 1495. Ferner werden 1525 genannt
die Probstei (die nach der damals zerstörten erbaute wurde 1606 abgerissen),
das Brauhaus, das Multehus (? Molkenhaus?), die Ställe,, der Brunnen. Von
Thoren kommen vor 1465 das „vor dem tige'', 1525 das „vor. dem bomhove", vor
dem Kirchhofe und zwei andere grosse Thore.]
Die heutigen Gutsgebäude sind sämtlich modern.
Ströbeck
Elia, Kurzgefasste historische Nachrichten von Ströbeck. Halberetiidt 1843. — Die
Kirchenbücher gehen bis 1660 zurück. Andere Notizen, wahrscheinlich Communicanten Ver-
zeichnisse, finden sich von 1596 an. — Harzztschr. III, 124, 242, 921; IV, 26; V, 426; XVIII,
344; XIX, 73; XXIV, 260, 316 u, ö.
Eine zuverlässige Erklärung des Namens giebt es nicht. Dass er vom Oster-
berge oder gar von dem Namen der Göttin Ostera herkommt, ist nicht an-
zunehmen.
Strebeki 1C04; — Sterabeeck 1052; — Strobeke 1084; — Strobike 1174.
Li späterer Zeit wird der Ort mit Vorliebe Stropke genannt
Grosses, stattliches Dorf 7,6 km westnordwestlich von Halberstadt am
Ströbecker Fliess. Einwohner: 1564 66 Hauswirte, 1589 deren 93, 1843 gab es
783 Einwohner, jetzt 1342, deren Haupterwerb die Landwirtschaft bildet. Der
Konfession nach sind alle evangelisch bis auf 21 Katholiken.
Archidiakonat: Halberstadt.
Geschichte: Der Ort wird zuerst erwähnt in einer Urkunde Heinrich IL
vom 1. August 1004 und heisst 1223 villa, 1470 blek. Seit alter Zeit unter-
scheidet man in Str. das Nordendorf und das Sudendorf; letzteres entstand nach
der Zerstörung des Ortes durch Heinrich den Löwen, als viele Bewohner
benachbarter Ortschaften sich dort ansiedelten. 1052 kam Str. durch Schenkung
Heinrich III. an den Bischof Burchard I. von Halberstadt, während die Herr-
schaft im Orte selbst zunächst noch von den Herren von Ströbeck (Strombeck)
ausgeübt wurde; sie haben sie jedoch bald verloren. Über ihre weitere Ge-
schichte s. Elis.
Grafschaft und Gericht waren regensteinisch, jedoch erwarb das Domkapitel
1268 von den Grafen von Regenstein die niedere, 1358 auch die hohe Gerichts-
barkeit des Ortes. Das kapitularische Gericht fand dreimal jährlich statt. Die
142 Halberstädter Landkreis: Ströbeck (Kirche)
Yogtei von Str. hat das Domkapitel 1268 von den Gebrüdern von Hasserode
erworben. Begütert waren in Sti*. die Herren von Minsleben, von Amersleben,
sowie das Kloster Drübeck. Das Patronatrecht der Kirche gehörte zeitweise den
Äbtissinen von Gernrode. Vom Domkapitel kam Str. späterhin in die Hände des
Doraprobste^s und wurde dem domprobsteilichen Amte Dardesheim untergeordnet;
von da gelangte es 1665 durch Tausch wieder an das Domkapitel und damit unter
das Amt Zilly. Schon früh wurde Str. reformiert; der erste evangelische Prediger
Hermann Künne + 1544. Eine St. Annen -Brüderschaft, die durch freiwillige
Spenden der Einwohner erhalten wurde, findet sich 1589 erwähnt. 1631 waren
die Schweden in Str., die mit ihren Yerschanzungsarbeiten in den folgenden
Jahren viele Zerstörungen anrichteten. 1757 lagerte im Herbst in dortiger
Gegend die Armee des Marechalls Richelieu.
Plurnamen: Grashove 1235; — Braunschweiger Weg; uppe de tvunne
1396; — in dem skapdale; hinter dem neuen Turm; Aspenstedter, Dardesheiraer,
Athenstedter, Wernigeröder, Danstedter Weg; nach dem Braunschweiger Turm
zu über den Stadtweg; Wichhäuser Stein; Ditfurtsche Marke; Holzweg; neuer
Graben; auf dem Sudenbeke; auf dem hogenwech; auf der SüUe auf der Aspen-
stedter Marke 1471, jan. 6.
Kirche: Von den zwei Kirchen, welche auf der Abbildung des alten Str.,
die sich in Intarsia auf dem 1651 gearbeiteten Ströbecker Schachbrett befindet
(s. u.), zu sehen sind, existiert nur noch die im Nordendorf, d. h. der mit Be-
nutzung einiger Reste von ihr 1877 aufgeführte Neubau. Die ältere Kirche (Patron
S. Pancratius) ist am 29. Juli 1876 durch einen Blitzschlag eingeäschert worden. [Die
Nordendorfer Kirche, die ältere von beiden, hatte, wie ein im Besitze des Herrn
Posthalters Krieg zu Str. befindliches Ölbild zeigt, einen Turm, der oben auf
allen 4 Seiten kleine rundbogige Fenster zeigte. Er war dem früheren roma-
nischen Turme nachgebildet, der 1566 durch Brand zerstört wurde. Bei der
Gelegenheit wurden aber die drei Glocken gerettet und in den neuen Turm
übertragen. Der Altar war in der 1876 zerstörten Kirche wie der vieler anderer
Kirchen der Gegend mit gewundenen Säulen ausserdem mit Wappen geschmückt,
und rechts und links zu einer den Chor abschliessenden Wand ausgedehnt.
Er stammte vom Ende des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts. Die Orgel
hatte 22 Stimmen und war 1748 erbaut an Stelle einer kleinen, die 1664 gekauft
worden war. In der Kirche befand sich an der Prieche folgende, über die
Zerstörungen im 30jährigen Kriege hinüber gerettete Inschrift zum Gedächtnis
des Pastors Hermann Künne:
Ex Lutheranis hujus Pastoribus aedis
Ausus suggestum scandere primus eram.
Intrepide docui sacra dogmata rite restaurans,
Fulmina nee timui Pontificisque minas.
Tandem obdormivi placide, pieque resurgens
Exspecto coeli praemia dicta piis. (Elisp. 23.)
Ausserdem war beim Altar das Porträt des Pastors Jakob Treue (f 1721). Ein
silberner vergoldeter Kelch war gestiftet von der Frau des Mahndorfer Admini-
strators Müller (t 1676). — Der „Rektor" der Kirche im Nordendorf wird
StrOlrack (Kirche: Ausstattung — Profangebäude]
1428 erwähnt. — Die Sudendorfer Kirche, erwähnt 1396, wird 1564 Unser Lieben
Frauen Kapelle genannt. Näheres über sie ist unbekannt.]
Der untere Teil des Turmes der alten Kirche ist erlialten geblieben und der
neue darauf gebaut. Der Grundriss ist quadratisch mit 6.63 m äusserer Seiten-
länge. Die drei Glocken sind von J. G. Grosse in Dresden 1377 geliefert, mit
dessen Fabriknumniem 898 — 900 versehen und haben 1^ m, bezw. I,ü9 m und
0,96 m Dm. Die mittlere ist aus dem beim Brande geschmolzenen Glockengut
hergestellt — Das Patronat gehörte erst den Edlen von Hadmersleben, wurde
132Ü an Gemrode übertragen, seit 1585 war es bischöflich, jetzt ist es königlich.
Ältargeräte: 1. Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,21 m; mit sechslappigem
Fusse, woran ein Kreuz eingraviert ist; am Knauf IHGSVS; Halberstädter Beschau,
Zeichen CT.
2. Patene, Silber vergoldet, Dm. 0,15 m, ohne Schmuck.
3. Kunde Oblatenschachtel von vergoldetem Silber, datiert 1687; oben ein
kleines Kruzifix; Dm. 0,9 m.
4. Taufsehiissel von getriebenem Messing, Dm. 0^7 m; in der Mitte das
Bild der Immaculata, ringsherum eine doppelzeilige rätselhafte Inschrift.
Profangebäude: [Meierei 1320; Badstube seit 1409 Eigentum der Dom-
Tikare, vorher der Grafen von Wernigerode; — Vogtliof 1409; — der Pfarrhof
1466; — der „neue"' Turm, der Braunschweiger Turm 1471; — das Wittwenhaus,
gestiftet 1670 von Johann
Heinrich Müller, Ädmini-
stiator zu Mahndorf, erbaut
1671, hatte über der Thür
die Inschrift: Communi
consensu omnium Strö-
beccensium Dominus Jo-
hann Heinrich Müller,
Administrator Mahndorf-
fiensis, domum hanc Vi-
duarum maxima ex parte
aediBcari curavit anno 1671
(Elis, p. 26) ; — Knaben-
schule, erbaut 1693; —
Mädchenschule, erbaut 1 7 10.]
Von Interesse ist der so-
genannte Schachturm, eine
alte Mauerwarte (Fig. 67),
die mit der Sage der Ent-
stehung der Ströbecker Tkurm in :>traOecK .
Schachliebhaberei irrtüm-
lich in Verbindung ge- ^''^- ^'■
bracht vrird. Er hat qua-
dratischen Grundri.ss mit
4,66 m äusserer Seitenlänge; in der Mitte der Vorderseite führt eine 0,91 m
breite Thür in einen quadratischen (Seite circa 2,20 m), mit Tonnengewölbe
144 Halberslädter Landltreis: Ströbeck (Privathäuser — Schachspiel) — Suderode
gedeckten Innenraum, über dem sich das Obergeschoss erhebt. Die oberen
Lichtluken sind spitzbogig und scheinen nie verändert worden zu sein. Auf
dem Turme ist eine Wetterfahne mit der Inschrift:
H M
H S 1650
Die noch vorhandenen Privathäuser aus älterer Zeit stammen fast sämt-
lich ans dem 17. Jahrhundert. Sie zeigen zum Teil verschränktes Riegelwerk
mit figuriert gemauerten Füllungen. Ganz vereinzelt sind Beispiele des 16. Jahr-
hunderts. Sie schliessen sich den Halberstädter Typen an.
Im Gasthanse zum Schachspiel gicbt es eine Anzahl von kreisrunden
(Dm. 0,13 m) gemalten Fensterscheiben; drei davon zeigen Handwerker bei der
Arbeit, die übrigen Wappen von Ströbeckern; Entstehungszeit 1656.
Bekannt sind die Einwohner von Str. als tüchtige Schachspieler. Über
die Entstehung dieses Herkommens giebt es verschiedene Sagen, jedoch
dürfte die Wahrheit sein, dass das Schachspielen sich durch das Missverstehen
des ströbecker Ortswappens eingebürgert hat. Dasselbe ist, wie das der
Grafen von Honstein u. a., schachbrettartig geteilt. Die Ströbecker haben
nicht ihr Wappen erhalten, weil sie spielten, sondern sie spielen, weil sie
das Wappen haben. Angeblich haben die Einwohner die Verpflichtung gehabt,
jedem neuen Bischöfe ein mit Silber ausgelegtes Schachbrett nebst Figuren zu
überreichen. Mir ist weder in der Domsammlung noch anderwärts ein derartiges
Exemplar bekannt. Dagegen ist noch das Schachbrett vorhanden, welches der
grosse Kurfürst 1651 der Gemeinde geschenkt hat. Am Rande zeigt es in
Intarsia eine Ansicht des Ortes, femer die Worte : „Des Serinissimus Durchlaucht
zn Brandenburg Herr Herr Friedrich Wilhelm etc. haben dieses Schach und
Courrirspiel am 13. Mai Anno 1651 dem Flecken Ströbke aus sondern Gnaden
verehret und bei ihrer alten Kunstfertigkeit zu schützen gnädigst zugesagt,
solches ist zum ewigen Gedächtnis hierauf verzeichnet. Paul Langenstrass.
B. Valentin Kieche , Richter. Andreas Bartels , Baur. Meist. , Hans Ilsen,
B. Valent. Langenstrass, Richter. Hans Hartmann, Baur. Meist. Renovatum
Anno 1744. M. Hans Heinrich Wilcke mo fecit." Die Figuren sind nicht die
ursprünglichen. Die Rückseite des Brettes ist für das sog. Kourrierspicl, wofür
auch 48 Figuren und eine Anweisung vorhanden ist, welches aber niemals
gespielt wird, in 96 Felder geteilt. Auch Friedrich der Grosse soll sich für
die Schachfertigkeit der Ströbecker interessiert haben, und Kaiser Wilhelm I.
hat aus demselben Grunde der Gemeinde eine goldene Medaille verliehen.
Suderode
Die Kirchenbücher gehen bis 1695 zurück. - H.-Z. IH. 329, 364.
Suderoth 1106; — Sutcrrothe 1118; — Suderrodh 1292; — Suderrodo 1398; —
Sügrado 1605.
Dorf: 31,2 km westnord westlich von Halberstadt an der Stimmecke. Jetzt
mit 150 Einwohnern, überwiegend evangelischer, nur wenige katholischer Kon-
fession, deren Hauptbeschäftigung die Landwirtschaft ist.
Archidiakonat : Osterwieck.
Geschichte: Zum erstenmal erwähnt 1106 als Eigentum von Stötter-
Suderode (Geschichte — Kapelle) 145
lingenburg. 1389 erhielten Sievert und Dietrich v. Rössing durch Bischof Ernst
von Halberstadt ausser dem Marschallamt und den Gütern zu Berssei auch
Suderode zu Lehn, letzteres mit 12 Hufen nebst den Patronatsrechten. Seitdem
blieb das Gut im Besitz der Familie v. Bössing. So begegnet es uns auch als
freier adliger Sitz des Jan v. Rössing bei der Visitation 1589, wobei erwähnt wird,
der Ort sei „früher" ein Dorf gewesen. Jans Linie teilte sich 1668 in drei, die
Bersselsche, Rössingsche und Suderodesche. Doch kam S. Mitte des 18. Jahr-
hunderts durch Verpfändung aus ihrem Besitz in den derer v. Gowisch, dann
der Familien v. Overbeck und v. Spiegel. Neuerdings gehört das Rittergut dem
Herrn Forstmeister Michaelis auf Detershagen bei Burg. Seit 1835 ist die Dorf-
und Gutsgemeinde getrennt Die Pfarre, v. Rössingsches Patronat, war ehedem
Filiale von Homburg, 1589 von Bühne, jetzt von Hoppensted t DasPationat der
Schule hängt am Rittergut.
Flurbezeichnung: 1481: das Honwerdings Holz.
Kapelle. Sie ist 1859 neu erbaut. [Die alte Kirche hatte ihren Platz vor
dem Gutshause ; sie war bedeutend grösser und hatte einen grossen Turm ähnhch
dem der Rimbeckschen Kirche. Eine der grossen Glocken ist nach Hoppenstedt
gekommen. Eine Glocke, in Braunschweig gegossen, wurde 1729 für 45 Thaler
angekauft; vordem soll es keine gegeben haben.]
Eine kleine Glocke hängt unerreichbar in einem freistehenden Mauer-
pfeiler des westlichen Giebels, der die Stelle des Turms vertritt.
Abendmahlsgeräte: 1. Ein Kelch von vergoldetem Silber hatte ehemals
am Fuss drei kleine Wappen, von denen nur noch zwei vorhanden sind. Sie
zeigen Spuren von EmailUerung. Nur eins ist noch als das v. Rössingsche er-
kennbar. Höhe des Kelches 0,19 m. 16. Jahrhundert. 2. Patene, Silber ver-
goldet. Durchm. 0,13 m, Inschrift: H. G. V. M. H. L. V. R. N.W. AÜ. i. 6. 25.
Die Reste eines alten Taufsteins befinden sich im Gutsgarten und beim
Schulhause, der Untersatz fehlt. Es ist eine schöne Renaissanceskulptur von
1592, sechseckig; um den oberen Teil, der bis vor kurzem als Brunnenbecken
diente, gehen sechs Wappen, von denen nur das vorderste v. Rössingsche erkenn-
bar ist. Die übrige Verzierung besteht in Rollwerk, Engelsköpfen und der-
gleichen. Meisterzeichen E. B. W. Sandstein.
Die Reste zweier anbetenden Figuren, Mann und Frau, beide mit Mühl-
steinkragen, polychrom, finden sich in Nebenräumen des Schulgebäudes.
Epitaph. Neben der Thür der Kapelle befand sich bis vor kurzem
das jetzt ins Innere der Kapelle übertragene, 2,30 m hohe, 1,09 m breite Epi-
taph des Jahn v. Rössing (1572 Rittmeister mit Generalsrang unter Alba.)
Der bärtige Ritter ist stehend, nach links blickend und gepanzert, in Lebens-
grösse dargestellt. In der Rechten halt er den langen Stossdegen, um den
mit einem breiten Kragen geschmückten Hals trägt er eine fünfmal um-
gewundene Kette mit Gnadenpfennig. Der Helm steht unten neben ihm. Um
die Figur oben und auf beiden Seiten sieht man die Wappen derer v. Rössing,
V. Gudershusen , v. Adeleben, v. Sebach, v. Mardelslo, v. Schirstedt, v. Fresen,
V. Gadenstedt zwischen Renaissance -Ornamenten. Von der in gotischen Buch-
staben herumlaufenden Umschrift lautet das "Wichtigste: Anno Dnj 1591 den
10. February ... ist ... Jahn von Rössing, Erbmarschalk des Stifts
Krek HalbeiBtidt. 10
146 Halberstädter Landkreis: Veitheim (Geschichte)
Halberstad . . . entslaffen . . . Unten befindet sich das Zeichen des Meisters
E. B. W., der sich mit dieser Leistung ein vorzügliches Zeugnis ausgestellt hat
Das besonders als Kostümstück interessante Epitaph lag früher in der alten
Kirche.
Veitheim
Die Kirchenbücher gehen bis 1648 zurück. — H.-Z.I, 338; III, 435,443,448; V, 33;
XII» 548.
Velthem um 968; — Velthehin 1133; — Veitheim 1188; — Yeltem 1261;
— Veltim 1294; — Veltum 1301; — Veltym 1360; — VelÜiüm 1378; —
Feltem 1443.
Dorf mit Rittergut 26,3 km nordwestlich von Halberstadt, am grossen
Bruche, mit 1180 Einwohnern (1564 = 80, 1589 = 90 Hauswirte) evangelischer
Konfession. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft
Archidiakonat : Dardesheim.
Geschichte: Der Ort Veltheim^ erscheint urkundlich zuerst 966, wo ein
gewisser Mamaco von Otto I dort Güter geschenkt bekam. Ein Werner von
Veitheim kommt urkundlich 1087 vor. Das (jetzt königliche) Kirchenpatronat
war bis Ende 1232 im Besitze der Grafen von Altenhausen, seitdem durch
Verleihung des Bischofs Friedrich des Johannisklosters zu Halberstadt, welches
auch einen Teil des Zehnten bekam, während ein andrer Teil 1249 dem Kloster
Stötterlingenburg gehörte. Der über die Kirchengüter zwischen den Bauern von
Veitheim und dem Probst von St Johannis entstandene Streit wurde 1236 bei-
gelegt. Verzeichnis der Pfarrgüter zu Veitheim vgl. Nebe, Kirchenvisit. p. 122.
Veitheim gehörte 1378 zu Homburg und war später der Sitz eines eigenen kleinen
Amtsbezirks. Von adligen Familien sind in Veitheim nachweisbar die von Kiss-
leben, 1480 die von Wrampe und die von Warberg, 1496 die von Weferlingen, vorher
und Jahrhunderte lang nachher die von Krebs. Der Edelhof gehört jetzt der Familie
von Dewitz. — 1722 vernichtete ein grosser Brand das ganze Dorf bis auf
geringe Beste. Der damalige Pastor Kichter hat sich um die Wiederherstellung
des Ortes besonders verdient gemacht. Das alte messingne Dorfsiegel mit
3 Bäumen und 3 Ähren darunter befindet sich jetzt im Ständehaus zu
Halberstadt.
Flurnamen: 1362: in deme sederndolle by deme nidern busghe. 1. Im
Somraerfelde: up der bwred; by dem dombleghe; hinder dem koltgraven; boven
dem sraalen wistise ; an dem werberghe. 2. im Winterfelde : by dem overn Hesnen
grasweghe; in der smeghe; by dem Negenbome; vor deme stüve. 3. in der Brache:
to dem someken ; achter Lwles hove ; over des papen ho ; by der langenwellen ;
teghen haltytem rede; halve over des ockersdal.
1564: Der Papenhof (ein Holz); das Tockenholz; Stenem Mark; Smehe;
Sandeklee; Heidenkirchhof; Osterlangen; der tiefe Weg; Sedernthai.
1589: Hessenfeld; auf dem Lerckenstiege.
Die Kirche ist aus Fallsteiner Sandstein gebaut. Von der ehemaligen
Kirche St. Remigius ist nur noch der Turm vorhanden, welcher aus romanischer
Über dessen ehemaligen Nachbarort Steinum siehe Wüstungen.
Veitheim (Kirche)
ut
4^
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Orundr^ cUt TCiriA* .
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iär GuHSo^en, derTfeiUr ^'^^^'^ nürji^onds
Fig. 68.
Zeit stammt (äussere Breite 9,28 m, Tiefe 4,20 m) (Kg. 68). Er war ehemals durch
zwei Halbkreisbögen mit dem Schiffe verbunden. Das jetzige Langhaus stammt von
1569 und ist zweischiffig
(Länge 22,05 ra einschliess-
lich d es Chors, Breite 1 2,U5 m ,
durchschnittliche Breite je-
des Schiffs 5,45 m, Breite des
Chors 9,65 m, Seitenlängen
des halbachteckig geschlos-
senen Chors 6,43 m, 4,64 m,
3,62 m, 4,64 m 0,43 m) mit
zwei kräftigen achteckigen
Pfeilern und Kreuzgewölben
zwischen Gurtbögen. Der
Chor ist älter als das Lang-
haus. — An der nördlichen
und südlichen Seite befinden
sich obige (Fig. 68) neben
dem Orundriss abgebildete
Steinmetzzeichen.
Glocken: 1. Dm. 1,29 m, von 1723. Eine Inschrift besagt, dass sie von
Christian Ludwig Meyer zu Braunschweig gegossen sei. 2. Dm. 1,11 m, von 1725;
gegossen aus dem 1722 beim Brande geschmolzenen Glockengute; 3. Dm. 0,69m
von 1723. Inschrift wie vor.
Der Altar. [Ein Nikolausaltar wird 1429 erwähnt.]
Der jetzige Altar trägt an seiner südlichen Seitenthür die Inschrift: anno
1698 hat gemeine zu Feltheim diesen Altar [machen lassen]. An der nörd-
lichen Thür steht anno 1763 renovatum est. Er ist ein mit gedrehten Säulen
verziertes, bemaltes Holzschnitzwerk. In der Mitte Maria undJohannis zu beiden
Seiten des Kruzifixus.
Die geschnitzte Kanzel ist auf allen Seiten mit flachen Nischen ge-
schmückt 17. Jahrhundert.
Die Priechen zeigen als Belebung die am Anfange des 17. Jahrhunderts
beliebten Blendarkaden. Ausserdem ist ein geschnitzes Gestühl des 17. Jahr-
hunderts vorhanden, welches unten in zwei Kartuschen mit Malereien geschmückt
ist, die Christus mit der Weltkugel und eine knieende Figur darstellen.
Ein Taufstein fehlt. Der früher im Gebrauch befindliche Taufengel
(Holzschnitzerei des 18. Jahrhunderts) wird jetzt im Pfarrhause aufbewahrt
Der Altar trägt zwei mit reichem Blattwerk gezierte und vergoldete, in Holz
geschnitzte Leuchter aus dem 17. Jahrhundert Derselben Zeit gehört der
messingne Kronleuchter an, welcher neun Arme um eine Kugel herum trägt
Als besonderes Schmuckstück dient an der südlichen Aussenseite der Kirche
ein gotisches Relief aus Sandstein (15. Jahrhundert), darstellend die Kreuzigungs-
gruppe mit den Schachern und Sonne und Mond unter den Kreuzen. In der
Ecke links ein Engel, rechts gegenüber der Teufel; neben Maria eine kleine
betende weibliche Figur.
10*
148 Halberstädter Landkreis : Veltheim (Kirche: Ausstattang — Profangebäude) — Wehrstedt
Abendmahls gerate: I.Kelch von vergoldetem Silber; 0,22 m hoch;
Braunschweiger Beschau, Meisterzeichen (^o^i 18. Jahrhundert; 2. ebensolcher
Kelch; 0,24m hoch; ohne Beschau und Zeichen; 1728. 3. Patene von vergoldetem
Silber; Dm. 0,15 m; 18. Jahrhundert. 4. desgl. Dm. 0,15 m- 5. Oblatenschachtel,
Silber vergoldet; Dm. 0,12 m. Beschau und Zeichen wie bei No. 1. Mit kunst-
vollem Monogramm auf dem Deckel. — Die übrigen Gegenstände sind ohne
künsterlische Bedeutung.
Epitaphien: 1. Des Hans Friedrich von Dahlwulf. Mit 16 kleinen Wappen.
1507; "bezeichnet PR •
2. Eines Eitters inEüstung, Inschrift unleserlich, Sandstein, 16. Jahrhundert
3. Des Pastors Valentin Dieterich, f 1669, ein geschnitztes und vergoldetes
Werk; in der Mitte ein Ölgemälde: die Familie um die Kreuzigungsgruppe
versammelt
4. Des Pastors Tobias Eichter (f 1716).
5. Dessen Frau (f 1714).
Profangebäude aus älterer Zeit, deren künstlerischer Wert irgendwie
hervortritt, giebt es in Veltheim trotz jenes Brandes noch mehr als in irgend
einem anderen Dorfe des Halberstädter Bezirkes. Auf dem Eittergute allein
drei undatierte aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 1. eins mit schlichten
langen Konsolen und Fächerrosetten; 2. eins mit , ähnlichen Konsolen, welche an
den Ecken in Gruppen von je 3 gleich langen vereinigt sind, an der Saum-
schwelle und den Fällhölzern Schiffskehlen; über die Brüstungsplatten zieht sich
ein doppelter gotischer Laubstab hin; 3. eins mit Fächerrosetten um Dreiviertel.
kreise herum, die Schwelle mit übereinander greifenden, sich spitzbogig schnei-
denden Eundbögen verziert
Zu erwähnen ist ferner das Pfarrhaus, begonnen 1571, vollendet laut einer
langen Inschrift 1580. Das Gebäude ist 10 Fach breit, zeigt lange Konsolen, die
Kanten der Schwellen und die Füllhölzer sind oben und unten mit von Schnür-
rollen erfüllten Schiffskehlen belebt Über die Schwelle des ersten Geschosses
zieht sich, von einem Perlstabe begleitet, die erwähnte Inschrift Darüber prangen
die bekannten Fächerrosetten.
Endlich ist bemerkenswert das Pfarrerwitwenhaus, datiert von 1683, mit
prismatisch zugespitzten Balkenköpfen. An der Schwelle steht die Inschrift
Receptaculum hoc viduale cura et soUicitaoe Tobiae Richter! Pastoris
Veleth. exstructum.
[Urkundlich erwähnt sind noch „des Pfaffen Hofthor" 1362; der Hof, worin
der steinerne Turm steht (auch tornehove genannt) 1402; zwei Torwerke 1466;
die Küsterei 1502.]
Wehrstedt
Die Kirchenbücher gehen bis 1564 zurück. — H.-Z.IIa, 108; IV, 378; V, 224 f.; u.ö.
Werstede 1153; — Wirstat 1156; — Widerstide 1186; —Werstide 1208; —
Verstide 1228; — Wirstede 1274.
Dorf, ostnordöstlich vor den Thoren von Halberstadt, und von der Stadt
nur durch die Eisenbahn getrennt, mit 1369 Einwohnern (1564 = 40, 1589 =
\ at^.r^A^.K^'^-^-^-^.not-
Wehrstedt (Geschiebte — Kirche) 149
30 Hauswirte), wovon etwa 40 katholisch, die übrigen evangelisch sind. Den
Haapterwerb bildete früher besonders die Leineweberei, heute Gartenwirtschaft
und Bahnarbeit.
Archidiakonat: Halberstadt.
Geschichte: Der villa genannte Ort lag ehemals weiter von Halberstadt
entfernt um seine jetzt einzelstehende Kirche herum, gehörte zur Meierei des
Hochstifts und hatte besonders die Aufgabe, dieses mit Fischen zu versorgen.
Im Anfange des 13. Jahrhunderts finden wir hier ausserdem die Stifter Lieb-
frauen, St. Paul und St. Bonifaz, das Kloster St. Jakobi, das Hospital St. Spiritus,
auch die Familie von Suselitz, welche letztere aber ihre Besitzungen bald grössten-
teils der Kirche überliess, begütert. Die Ortsregierung wurde von zwei Bauer-
meistern geführt, die 1368 zuerst erwähnt werden. Die Kirche war den Heiligen
Tincenz und Lorenz geweiht. Sie gehörte bis zum August 1194 zum St. Pauls-
stifte, wurde dann von diesem abgetrennt, doch behielt St. Paul das Patronat
bis in späteste Zeit; heute ist es fiskalisch. Der Pfarrer wird 1380 zuerst er-
wähnt; zur Zeit der Kirchen Visitationen 1564 und 1589 wohnte er, wiewohl ein
Pfarrhaus nebst Garten vorhanden war, in der Stadt, weil er zugleich im Heiligen
Geist -Hospital zu predigen hatte. Es war der bekannte David Müller, der 1604
der erste evangelische Prediger der Liebfrauenkirche wurde (f 1616).
Flurnamen: 1373: Wadekstich. 1385: oppe de gröne; HersleveschesZojfÄ;
Stein in dem Wegelebenschen Wege; des papen brede; oppe de bure mene;
jensit den Lenteken wyden; Graben; dissit der Moneke molen vil na by dem
grase; tighen des dftvels crftcze; Emerslebenscher Weg; Quenstedtscher Weg;
jensit deme SiiUeberghe; by deme anewende ; by der grünt; Gröningenscher Weg ;
dissit deme Pissendale; Kreiendorfscher Weg; in den drönen, 1391: uppe dat
Frevel; Frevelberg. 1442: bei dem Eselsstiege; Tanzwiese; Brücke nach Klein-
Quenstedt; Klein- Quenstedter Feld; Mönchsmühle; Sultehoe. 1446: im lutken
vdde; by dem pilre; im Winkel nach dem Wegeleben er Schlage über den Graben;
üLber dctö Walser bei Bossleben; boven den dronen; Ergstedter Hufe; auf die
erste wunne die geht nach Mahndorf; bei dem Busch nach Dingelsdorf ; über den
Bach unter dem Winterberge. 1455: by den honen; bi der Roden molen; Kreien-
dorfer Grasweg; gegen dem vischerstige. 1501: bi den negesten puren; tegen de
rennebome; Gröninger Heerstrasse; Gross- Quenstedter Weg; Gross-Quenstedter
wunde; Emerslebener Grasweg. 1540: im warmen holte. 1602: der Glockenberg.
Yen der Kirche reicht der Turm in frühromanische Zeit zurück. Er hat
eine äussere Breite von 8,38 m, eine Tiefe von 5,18 m. Ein Westeingang fehlt.
Die Turmhalle unten ist von einem über Schalung gegossenen Tonnengewölbe
überdeckt. Oben hat der Turm nach Westen zwei rundbogige Fenster, nach
Süden und Norden je ein gekuppeltes ^ nach Osten zwei gekuppelte. Die Mittel-
säulen der östlichen Fenster haben einfach vierkantige Kapitale mit rohen Ver-
zierungen und ohne Anschmiegung an die Säule und mit breiten Kämpferstücken.
Die Säule des nördlichen Fensters zeigt ein einfach verziertes Würfelkapitäl mit
Anschmiegung. Der Turm trägt ein niedriges Walmdach, auf welchem zwei
grosse Wetterfahnen (das Wahrzeichen des Dorfes) mit dem Bilde eines Bischofs
und dem Spiegeischen Wappen stehen. Mittels zweier Bögen schliesst sich der
Turmbau dem gleich breiten Schiffe an. Dieses hat eine lichte Länge von 23,81 ni.
150 Halberstädter Landkreis :Wehrstedt (Kirche: Ausstattung — ProfangeMude) — Westerburg
eine Breite von 6,70 m und ist auf romanischen Grundmauern zu unbekannter
Zeit erneuert worden. Offenbar nicht auf diesen Umbau, sondern jedenfalls nur
auf eine allgemeine Ausbesserung bezieht sich eine nebst dem Spiegeischen
Wappen über der südlichen Eingangsthür angebrachte Inschrift, welche von einer
auf Kosten des E. L. Frhm. v. Spiegel 1777 unternommenen Reparatur der Kirche
und des Turmes spricht. Der Chor ist im halben Achteck (Seite etwa 2,80 m)
geschlossen. Die Decke ist ein hölzernes Tonnengewölbe. Jede Längswand der
Kirche hat vier grosse rundbogige Fenster.
Glocken: 1. Dm. 0,96m, gegossen 1683 von Jakob Wentzel in Magdeburg,
2. Dm. 0,92 m, Höhe 0,87 m, ohne Schrift, nur verziert mit einem in einen Kreis
eingezeichneten und drei freistehenden Kreuzen. Der sehr altertümlichen Form
nach gehört die Glocke in frühes Mittelaltar.
Der Altar, in welchen die Kanzel mit eingebaut ist, ist ein 1701 an-
gefertigtes, bis zur Decke der Kirche reichendes Schnitzwerk von massigem Werte.
Es ist verziert mit den Figuren Christi, Moses, der Evangelisten, Johannis d. T.,
eines Hohenpriesters, Luthers u. s. w. [Ehemals besass die Kirche mehrere Altäre,
von denen einer 1522 durch einen neuen ersetzt wurde.]
Die Orgel ist ein Schnitzwerk des 18. Jahrhunderts, desgl. der Tauf stein.
Von älterem Gestühl ist ein mit Blendarkaden verzierter Rest, etwa 1620
gearbeitet, erhalten.
Im Chor befindet sich eine Sakramentsnische mit spätgotischem Blend-
masswerk.
Altargeräte: 1. Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,26 m, Halberstädter
Beschau, Meisterzeichen T.T. 1711. 2. zinnerne Kanne von 1810.
Epitaphien: 1. Elisabeth von Forchhamer, f 1598; mit zwei Wappen.
Gut erhalten.
2. Johannis Buttendach, f 1667.
Die Kirche ist ähnlich wie die Laurentiuskirche bei Gross -Quenstedt und
die Kirche in Danstedt ehemals von einer Umfassungsmauer umgeben gewesen,
welche noch in Resten vorhanden ist, der Kirchplatz diente also gelegentlich
als Zufluchtsort.
Von Profangebäuden bietet heute keins irgend ein Interesse.
[Urkundlich erwähnt werden ziemlich häufig allerlei Mühlen, darunter 1324
die Schiffmühle (to dhen Schepen), die Mönchenmühle 1573, Rodemühle 1461,
Hans Gruttemekers Mühle 1494, die Mittelmühle 1500, Mühle bei der Kirche 1507.
Ferner erwähnt werden die Wirtshäuser 1284, die alte Badstube, deren Stelle
1368 noch der Stofhof hiess, der Konekenhof 1388, Krekenhof 1490, der Pfarr-
hof 1515, die Steinbrücke 1517. Ausserdem sind für diesen Punkt wichtig die
1324 genannten Namen dreier Einwohner: Ludolphus de hospitali, Henning^is
ante castrum, Hinricus von dem Werdaere.]
Westerburg
Die Clajusche Chronik. Vergl. Rohraheim. — Företemann, N. Mitteilung VI, 1841.
Heft 3, p.54. — H.-Z. III, 801, 892; VII, '299.
Königliche Domäne, 18,2 km nordnordwestlich von Halberstadt mit 190
Einwohnern.
WMterbuTg (die Banerburg)
\-m
152 Halberstädter Landkreis: Westerburg (Geschichte — die Banerburg — Beschreibung)
Geschichte: Die Gründungszeit der Westerburg ist unbekannt Sie
dürfte ein sehr hohes Alter haben, ja in vorgeschichtliche Zeiten zurück-
reichen, ebenso wie die in nächster Nähe belegene sog. Banerburg (Pig. 69).
Da diese die östlich belegene von beiden ist, so hat die W. ihren Namen
als die westliche erhalten. Möglicherweise ist vor der Schwedenzeit die Baner-
burg als Osterburg bezeichnet worden. Beide haben durchaus verwandte Anlage
mit ursprünglich doppelter Umwallung. Während aber die Banerburg schon
seit alter Zeit ihre Baulichkeiten in der Mitte eingebüsst hat, so dass diese jetzt
nur noch durch eine grosse Menge von Steinbrocken ihre ehemalige Existenz
verraten, ist die Westerburg, soweit historisch nachweisbar, stets besiedelt ge-
wesen. Zuerst Eigentum der Harzgaugrafen, kam sie um 1052 in den Besitz des
Bistums Halberstadt, wurde um 1180 regensteinisches Lehen und blieb samt
dem zugehörigen Dorfe Rohrsheim, trotz vorübergehender Herrschaft derer von
Burgsdorf in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, regensteinisch bis zum
Aussterben des Grafengeschlechtes. Unter dem Bischöfe Heinrich Julius wurde
die W. braunschweigisch, nachdem sie vorher in den Pfandbesitz derer von
Yeltheim, und von diesen aus in den derer von Schulenburg gekommen war.
1630 war sie von den Kaiserlichen besetzt und wurde von den Schweden be-
lagert, welche als ihren Hauptstützpunkt die alte Wallburg im Osten hatten, die
später daher den Namen Banerburg erhielt 1633 bekam Henning von Steinberg
(sein Epitaph in der Kirche zu Rohrsheim) das Gut in Afterlehen. Beim Aus-
sterben der mittleren Linie des Braunschweigischen Herzogshauses fiel die W.
an das Domstift Halberstadt zurück und wurde somit seit dem westfälischen
Frieden brandenburgisch, während die von Steinberg Lehensinhaber des Gutes
blieben. Als die Familie 1701 ausstarb, kam die W. an die Krone Preussen,
wurde vom Könige Friedrich L seinem Halbbruder Albrecht Friedrich (f 1732)
geschenkt, von dem sie dessen Sohn, Markgraf Karl Friedrich Albrecht (f 1765)
erbte. Von diesem kam sie an den Bruder Friedrichs des Grossen, den Prinzen
Heinrich. Nach dem Frieden von Tilsit schenkte sie Napoleon seiner Schwester
Pauline, der späteren Herzogin von Guastalla, während gleichzeitig der amtliche
Zusammenhang mit Rohrsheim, welches alle die früheren Besitzveränderungen
mit hatte durchmachen müssen, und von dort namentlich seine gerichtliche
Verwaltimg erhalten hatte, aufgehoben wurde. Seit 1813 ist die W. wieder
königlich preussische Domäne.
Beschreibung: Die ganze Anlage wurde unter Benutzung der reichen
Wasserquellen der nahen Umgegend von einem doppelten Wassergraben um-
schlossen, welcher jetzt grossenteils verschüttet ist (Fig. 70). Der reiche Baum-
wuchs des ganzen Burgterrains versteckt die Baulichkeiten derart, dass man von
fern nur den oberen Teil des alten Berchfrits erblickt. Dieser ist noch mittel-
alterlicher Herkunft, und ist bei einem Durchmesser der Mauer von 4,50 m im
cylindrischen Teile 34m, in der Kegelspitze 12 m hoch. Noch ein zweiter, vier-
eckiger Turm ist vorhanden, welcher, wie auf einem älteren Bilde zu sehen,
noch 1806 mit einer Haube bedeckt war. — Das Gehöft, von ursprünglich kreis-
runder Anlage, mit einem einzigen Zugänge von Ostnordost her, ist im späteren
Mittelalter mit einem westlichen schlossähnlichen Anbau versehen. Für diesen
wurde ein zweiter, westlicher Eingang beschafft, damit man nicht nötig hatte.
Westerburg (Beschreibung) 153
bei der Ankunft den Ökonomiehof zu passieren. Die Gebäude des letzteren zeuften
eine Fachwerkestage massirem Erdgescboss. Zwei verwitterte Wappen deuten
anf ehemals halberstädtischen Besitz.
Der jüngere Anbau ist massiv. Sein
südwestlicher Flügel schliesst sich an ßnuuiri/s not' msUrhtrg.
den alten Turm an, der nordöstliche
an den Centralbau des Hofes an.
Zwischen beiden Flügeln, an den
nmden Turm sich anlehnend, ist
eine Trennungsmauer, welche nur
für ein Thor Baum lässt — Der
Anban zeigt die Formen der Gotik
bis zur Kenaissance (Fig. 71). Sein
Äusseres ist ziemlich schmucklos.
Nur an der Nordseite giebt es einen
zierlichen Erker und mehrere Fenster -^
mit gotischem Vorhangbogensturz. ^
Im Hofe fallen zwei schöne, ver-
mauert« Benaissanceportale auf; ein
drittes, welches in der nordöstlichen Fie. 70.
Ecke zu einer Treppe führt, zeigt
in Steinskulptur Nachahmungen der
gleichzeitigen Holzschnitzformen und hat dadurch Verwandtschaft mit dem
Portale des Petershofes zu Halberstadt Nicht unmöglich, dass es von
154 Halberstädter Landkreis: Westerburg (Kapelle) — Wülperode (Geschichte)
demselben Künstler ist. Im Innern des Schlosses interessiert besonders der
Keller, der angeblich früher als Kapelle benutzt wurde. Yon in der Mitte be-
findlichen einfachen kurzen Pfeilern schwingen sich Gurtbögen nach den gegen-
überliegenden Wandpfeilern, dazwischen ist die Halle mit spitzgradigen Kreuz-
gewölben eingedeckt. Von schöner Ausstattung ist auch ein grosser Raum, der
jetzt als Vorrathskammer benutzt wird. Seine Balkendecke wird von einem
vierkantigen, an den Kanten mit Rundstäben verzierten Holzpfeiler in der Mitte
getragen. Die von ihm ausgehenden Kopfbänder zeigen die von den Halber-
städter und verwandten Holzbauten genugsam bekannten geschnitzten Rollen
und Kerbschnitzrosetten aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Der Rest eines
Kamins zeigt dagegen die Jahreszahl 1680. — Gleichfalls interessant, ohne jedoch
das Übrige an Wert zu überragen, ist die Schlosskapelle. Architektonisch
bietet sie nichts Bemerkenswertes. Der Altar zeigt Schnitzereien im Stile vom
Ende des 17. Jahrhunderts: Moses und Johannes der Täufer von reichem
Omamentwerk umgeben. Die Kanzel ist über dem Altar angebracht, in Nischen
daran stehen die Figuren der Evangelisten. Gleichfalls geschnitzt ist die Orgel-
brüstung. Man sieht durchbrochenes Laubwerk in fünf durch Säulen getrennte
Felder geteilt, in deren vier sich die allegorischen Gestalten der Jahreszeiten
befinden. Alle diese Schnitzereien, zu denen noch ein Engel, der ein Opfer-
becken hält, gehört, stammen aus derselben Zeit.
Wülperode
Die Kirchenbücher reichen bis 1652 zurück. - H.-Z. III, 434, 706; VII, 314; Xil, 4f.
Wendilburgoroth (?) 995; ~ Wulptingerode 1316; — Wulptingherode 1390;
— Wülptyngerode 1399; — Wlptingrode 1412; — Wulpingerode 1545;— Wulp-
kerode 1600; — Wolperode 1607.
Dorf 327 km westnordwestlich von Halberstadt an der Ecker mit 350 Ein-
wohnern evangelischer Konfession. Nur 20 sind Katholiken. (1564 acht, 1589
elf Hauswirte). Don Haupterwerb bildet die Landwirtschaft.
Archidiakonat: Westerode.
Geschichte: Die Pfarre von Wülperode ist heute zu der in Göddicken-
rode gehörig, war aber früher selbständig; 1396 wird sie zuerst genannt. Das
ehemals Rössingsche Patronat ist heute zu zwei Drittel fiskalisch, Kompatron ist
zu ein Drittel der Rittergutsbesitzer Baron v. Gustedt auf Berssel. Patron in
Wülperode ist Herr Rittergutsbesitzer Hilmar Löbbecke auf Hedwigsburg. Den
wichtigsten Bestandteil des Ortes bildete seit Alters das Schloss, heute ein
moderner Bau ohne weiteres Interesse. Als bischöflicher Besitz wurde es viel-
fach als Pfandobjekt benutzt. So kam es 1359 an die v. Saldern, 1363 an die
von der Gowische; 1383 verpfändete es Bischof Albrecht an die Gebrüder
V. Rössing, 1388 finden wir es im Pfandbesitze der Gebrüder von den Rhoden,
1412 in dem der Gebrüder von der Asseburg. Einen neuen Berchfrit hatte das
Schloss 1390 erhalten. 1511 verpfändete es der Administrator Ernst und das Dom-
kapitel an Joachim von Burgdorf, am Anfange des 17. Jahrhunderts ging das
Schloss in die Hände derer v. Rössing über, wurde aber 1606 zurückerworben.
Wülperode (Geschichte — Kirche — Privatgebäude) 155
Zur selben Zeit war das Schloss (in dem sich auch eine 1589 erwähnte Kapelle
befand), in so verfallenem Zustande, dass ein Neubau nötig wurde. Wülperode
war damals Sitz eines Hauptamtsbezirkes, zu welchem ausser W. selbst Göddecken-
rode, Bühne, Rimbeck, Stötterlingen und Hoppenstedt gehörten.
Flurnamen: 1589: Papenholz; Papen wiese.
Die auf dem Gutshofe stehende Kirche hat eine innere Länge Ton 13,50 m,
eine Breite von 8 m, ist nur in Fachwerk ausgeführt und trägt keinen Turm,
sondern nur einen Dachreiter. Das Schiff ist im Osten geradlinig geschlossen
und mit einer flachgewölbten Holzdecke eingedeckt. An jeder Seite befinden
sich drei rundbogige Fenster.
Der Dachreiter enthält eine Glocke von 0,61 m Dm., gegossen von
H. Engelcke in Halberstadt 1829, mit der Inschrift: Ich werd an Feiertagen
Zur Andacht Mahnung sein, Bald um die Toten klagen. Bald Freudenfeste weihn.
Der nicht bemalte Altar und die ebensolche von einem Engel getragene
Kanzel sind aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts.
Der Untersatz des Taufbeckens ist im Stile des Altars geschnitzt.
Von Altargeräten ist vorhanden:
1. ein Kelch von Silber, Höhe 0,17 m, Dm. 0,11 m; Braunschweiger Beschau,
Meisterzeichen [ts^
2. Kelch von vergoldetem Silber, Höhe 0,17 m. Dm. 0,09 m, geriefelter
Knauf und Fuss, gestiftet von Thomas Kühneleins Frau und Erben.
3. Patene von vergoldetem Silber, Dm. 0,13 m, mit graviertem Kreuz im
Kreise, datiert 1714, Umschrift Cura Christo . Hcnr . Chrysandri P.Wülp.
Von dem ehemaligen, 1638 gestifteten Gestühl, welches mit Blendarkaden
zwischen kleinen Pilastern geschmückt war, ist noch ein kleiner Best vorhanden.
Als Stifter ist Christian Zanten genannt.
Ausserdem enthält die Kirche von Bildwerken 1. eine kleine bemalte
Holzschnitzerei aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (0,59 m im Quadrat),
die Marter der Zehntausend darstellend.
2. ein 0,89 m hohes, 3,97 m langes Ölgemälde von 1687, die 15 Mitglieder
der Familie Wend in Anbetung vor dem Kruzifixus darstellend.
3. einen lebensgrossen, in Holz geschnitzten und bemalten blasenden Engel
mit fliegendem Spruchbande; 18. Jahrhundert.
Auf dem Thürsturze der Kirche ist äussorlich eine sehr verdorbene lateinische
Inschrift eingeschnitzt, in welcher Friedrich Wilhelm I. als Landesherr, Chry-
sander als gleichzeitiger Pastor genannt werden; eine vierte Zeile enthält ein
nicht zu entzifferndes Chronostichon.
Von Privatgebäuden ist nur eins von Bedeutung, dem Schlächter
Kaufmann gehörig, dies allerdings eins der schönsten im ganzen Kreise Halber-
stadt und auf den Dörfern desselben überhaupt Unikum (Fig. 72). Das jetzt als
Stall benutzte Haus ist neun Fach breit, die Ständer sind mit senkrechten Linien
verziert, die Kanten der Saumschwelle mit eckig gehaltenen Schnürrollen, während
die Balkenköpfe ohne Verzierung sind. Zwischen den Ständern sind die Flächen
unterhalb der Fenster mit Füllplatten ausgesetzt, welche reich geschnitzte, flache
Ornamente mit Tier- und Pflanzenmotiven aufweisen. Am Thürsturze liest man
156 Halberstadtor Landkreis: WQIperode (Uackelbergs Grab)
die Inschrift Vllerich Schriden . Hans Schriden . David Schriden . Hans
Ahn 1640.
In der Nähe von Wülperode, etveas westlich liegt der Klöpperkrug (früher
Steinadlerkrug), neben dem sich im freien Felde das Grab des dort gestorbenen
Fig72
angeblichen Oberjägermeisters des Herzogs von Braunschweig Hackelbei^ be-
findet. Es ist von einem Epitaphium bedeckt, auf dem der dort Bestattete in
der 2 Tracht von etwa 15Ö0 auf einem Maultiere reit«Dd und von seinem
Hunde begleitet dargestellt ist. Die aus dem Grabe stammende Blechkappe und
der Stossdegen werden auf dem Gute zu Wülperode aufbewahrt
Zilly (Geschichte — Kirche)
157
Zilly
Die Kirchenbücher gehen bis 1627 zurück. — H.-Z. I, 232, 244; II c, 86; III, 162, 978;
IV, 354 u. ö.
Von den sehr vielfach variierten Namensformen können hier nur die
wichtigsten genannt werden: Xiilingho 1172; — Cillinge, Skillinge 1211; —
Sciliigge 1214; — Zillinge 1251; — Tsilligge 1289; — Tsilege 1296; — Tsillinge
1305; — Tzillinghe 1307; — TziUige 1320; — Czyllien 1468; — Zillige 1516; —
Zeillingen 1564; ~ Zilge 1578; — Zilling 1589; — Zielgen Ende des 16. Jahr-
hunderts; — Zylge 1610.
Dorf, 16,6 km westnordwestlich von Halberstadt am Sohlenbache, der sich
hier mit dem Mückenbache vereinigt. Einwohner: im Jahre 1589: 70 Hauswirte,
jetzt 1226, mit Ausnahme einiger Katholiken, evangelischer Konfession. Ihren
Haupterwerb finden sie durch Landwirtschaft.
Archidiakonat: Dardesheim. 1485 war in Z. der Sitz des Archipresbyters
dieses Bannes.
Geschichte: Im Mittelalter unterscheidet man Z. ein oberes und ein
niederes Dorf. 1172 hatte Ilsenburg in Z- Besitzungen, die im Lauf der Zeit
erweitert wurden. (Ilsenb. ÜB. IL 381.) Auch Walkenried war hier begütert.
Grafschaft und Gericht waren regensteinisch , gingen aber 1343 an Wernigerode
über. Schon zwei Jahre vorher war Graf Konrad v. Wernigerode vom Bischof
von Halberstadt mit dem Schlosse belehnt worden. 1371 kam dies durch Ver-
pfändung für 1000 lötige Braunschweigische Mark wieder in die Hände der
Regensteiner, die es 1386 weiter an die v. Dorstadt, Saldern, Alvensleben,
Schwichelte und Rössing verpfändeten. 1457 erfolgte eine Belehnung des Grafen
Heinrich v. Stolberg mit der einen Hälfte des Schlosses, während die andere
Eigentum des Bischofs und des Domkapitels blieb, wobei er sich verpflichtete,
die Rechte, welche die Regensteiner Grafen
etwa noch haben könnten, gebührend zu
berücksichtigen. Nachdem beide Hälften
durch Belehnung und Verpfändung ihre
Inhaber (u. a. die v. Wirten, v. Hoym,
V. Enüplau, v. Wenden) wiederholt ge-
wechselt hatten, wurde die wemigeröder
Hälfte 1504 (30. April) für 4300 Gulden
von den Grafen Heinrich L, Heinrich II.
und Botho von Wernigerode an das Dom-
kapitel verkauft.
Die Kirche (S. Briccii) (Fig. 73) stand
1564 unter demPatronat derer v. Warberg,1589
unter dem des Domkapitels, jetzt übt die kgl.
Regierung das Patronat aus. [Im Mittelalter war sie* der h. Jungfrau geweiht.
Der Pfarrer wird 1305 erwähnt. 1589 fanden die Visitatoren daselbst 2 neue, für
teuem Preis gekaufte Glocken. Auch ein kleiner nicht mehr benutzter Altar
vvar vorhanden.] Die jetzige Kirche ist 1838 erbaut und sehr verwandt mit der
in Heudeber. Von den 3 Glocken, welche 1,13 m bezw. 1,03 m und 0,85 m
158 Halberstadter Landkreis: Zilly (Kirche — Schloss)
im Durchmesser haben, ist nur die erste alt und stammt wahrscheinlich aus der
alten verschwundenen Kirche. Sie zeigt in Majuskeln die um den Kranz lau-
fende Schrift:
0 Rex 6L0RIQ ISQßl aiSJD VRdQ ® OSSIS ÜDÖT Dß
Was die letzten Worte ausdrücken, ist unklar. Die beiden andern Glocken sind
1703 von Heiso Meyer gegossen.
Altargeräto: 3 Kelche von vergoldetem Silber: 1. 0,21 m hoch, datiert
von 1697, unten ein Kruzifixus, sechskantiger Knauf, Halberstädter Beschau,
Meisterzeichen E. F. 1696. 2. 0,17 m hoch, ähnlich, mit graviertem Kreuz.
3. 0,235 m hoch, von 1705, unten eine Kreuzigungsgruppe; Meisterzeichen M. G.
Beschau wie vorher. — Zu diesen Kelchen gehören entsprechend 3 Patenen von
0,13 m bezw. 0,13 m und 0,15 m Durchm. — Eine silberne Oblatenbüchse von
0,10 m Durchm, hat Halberstädter Beschau und das Zeichen T. T. 170 ... —
Der Hauptteil der Königlichen Domäne ist ein burgähnliches Wasser-
schloss. Es führt 1211 den Titel castrum, später wird sie (1371) hus, (1386) slod,
(1518) de Borch genannt. Sie ist gegenwärtig im Besitz des Oberamtmanns
F. Heine. Die zugehörigen Ländereien umfassen gegen 2000 ha. Die zu sehr
verschiedenen Zeiten des 16. bis 18. Jahrhunderts entstandenen Gutsgebäude
(abgesehen von den modernen) gruppieren sich um 4 Höfe, von denen der älteste
und kleinste noch durchaus den Charakter eines mittelalterlichen Burghofes zeigt;
Man erreicht ihn nach Durchschreitung eines mit Tonnenkreuzgewölbe bedeckten
Thorvveges. Die den Hof begrenzenden Gebäude zeigen die Jahreszahl 1501.
Die Fenster haben zum Teil spätgotische Vorhangbögen. Die innere Einrichtung
zeigt mancherlei Veränderungen neben fast unbeschädigten alten Resten. So
findet sich in dem einen Gebäude im Erdgeschoss ein zwischen schmalen Gurt-
bögen ausgespanntes gratiges Kreuzgewölbe, in der Mitte getragen von einer
niedern gedrehten Säule ohne Kapital und mit nur schwachen Kämpferstück;
die Pfeiler an den Wänden sind entsprechend gestaltet Ausserhalb an demselben
Hause befindet sich eine Reihe von 18 zum Teil unkenntlichen Wappen von
Halberstädter Domherren. Im Innern eines gleiclifalls alten Gebäudes ist ein
Kamin (jetzt unbrauchbar) datiert 1616 und bezeichnet mit BVEG. Er ist aus
Kalkstein gefertigt. Derselbe Raum (jetzt Käsekammer) ist mit geschnitzten
eichenen Paneelen des 17. Jahrhunderts geschmückt. An einem andern Hofe
steht ein Haus von 1608, verziert mit einer Reihe von 11 Wappen, die 1687
angebracht sind: 2 Bennigsen, Niehausen, Wendt, Schlitz, Ebersteinburg, Münch-
hausen, Steinberg, Hünecken, Steindorff, Stechau. An einer andern Seite des-
selben Hofes steht ein mit stark verriegeltem Balkenwerk erbautes Haus mit
der Inschrift: CAPITULVM ECCLESIAE CATHEDRALIS HALBERSTADENSIS
AEDIFICIVM HOC INTER MORVM EXTRVI FIERI IVSSERVNT und die Jahr-
angabe 1688. — Ein anderes Gebäude daselbst von 1686 hat dieselben Wappen
wie das Gebäude von 1608. — An dem dritten Hofe steht ein Haus von 1610
mit einer 1660 angebrachten Wappenreihe (Hüneken, Spitznas, Stedem, Spiegel,
Bieren, Britzke, Münchhausen, Hüneken, Teutsch, Hagen gen. Geist, Bennigsen
Partensieben). Ein anderes Gebäude vom Ende des 17. Jahrhunderts hat die
Wappen Wendt, Bennigsen, Asseburg, Niehausen, Schlitz, Rössing, Bennigsen,
Zilly (Schloss — Dorf häuser)
159
Löepre, Eberateinburg, Münchhausen. Ein drittes vom 18. Jahrhundert hat die
Wappen v. d. Busche, Leerodt, Haaren, Viereck, Ende, Kannenber^, Pickelsheim,
Harff, Diepenbroick, Bülder, Münchhausen, Ketteier.
Neben dem Eingange zum ältesten Hofe steht ein hoher plumper Turm,
der ehemalige ßerchfrit, mit moderner Haube 9,08 m br., 9,0 m tf., seine Mauern
haben eine zwischen 2 und 2,60 m wechselnde Dicke; er wird jetzt als Tauben-
schlag benutzt. Ein an einem anderen Gebäude errichteter Turm für die Uhr ist
weniger massenhaft, wiewohl seine Mauern nicht viel dünner sind. Oben be-
findet sich eine Glocke mit einem Durchm. von 0,57 m und einer Höhe (mit
Henkel) von 0,73 m. Um den Kranz läuft eine Inschrift, zum Teil durch Grün-
span vernichtet Noch zu lesen ist: VIRGINE GERARDVS FACIT IN 0(sterwieck?).
Die Türme wie sämratliche massiven Bauteile sind aus Kalkstein.
An der Strasse an einem Hause von 1613 befindet sich eine fast ganz
verlöschte steinerne Inschrifttafel. An der Wand daneben ist wiederum eine
Reihe von 12 Wappen von Domherren, links eingeleitet durch die in einer Nische
stehende Figur des h. Stephan.
[Im Tagebuche des Math, von Oppen ist von den Zillyschen Gebäuden
oaufig die Eede. An einem von ihnen liess Oppen folgende selbst verfasste
^erse anbringen :
Struximus has aedes, reliquas renouaimus apte
Praedia condidimus multo Hewkendalia sumptu
Pro Rein ac Honstein, Hinricus presul Julus
Brunswigus Molmken nostras donavit ad aras.
Augeat altisonans, conseruet parta, precamur,
Posteritas humili persoluens munera voto.
Aus einem andern Oppenschen Inschriftgedichte 1604 war der Vers:
Non minor est virtus, quam quaerere, parta tueri.
Erwähnt werden durch von Oppen ferner: das Brauhaus, über welchem
3 Bäume entlialtend 3 Stuben und 3 Kammem 1599; — eine Stephansbildsäule,
welche, weil sie verbaut worden war, 1601 am vordersten Thor angebracht wurde;
— ein neues Gebäude mit Wappen daran, für dessen Erbauung 1602 1500 Gulden
bewilligt wurden; — eine 1603 am Schweinestall angebrachte Wappenreihe; —
die Zugbrücke 1605; — eine neue Scheune 1606, für die das Rodegeld von
Stötterlingenburg gebraucht werden sollte; — der Neubau einer Werkstatt statt
einer abgebrannten, sowie eines Hirten- und Zollhauses, alles aus Ziegeln und
Kalkstein 1606; — eine ganze Reihe von Veränderungen und Verbesserungen
1612; — die „Dechanejstube" samt 2 Kammern, neu erbaut 1616; — ein
steinernes Thor zwischen den beiden Aratsgärten; der Saal des Hauptmanns
mit einer Kammer darüber 1620.]
Die Dorf häuser bieten fast nichts, was über die Regel hinausginge.
Nur ein Haus vom Ende des 17. Jahrhunderts zeigt Verzierungen in
ziemlich grober Schnitzerei. An der langen Saumschwelle zieht sich ein Spruch
hin. Die Ziegel, mit welchen die Fächer ausgemauert sind, sind z. T. mit halben
eingepressten kleinen Fächerrosetten verziert, ähnlich wie der Fussboden in der
160 Halberstädter Landkreis: Zilly (Klas)
Kirche zu Athenstedt (s. o.). [Von andern Gebäuden früherer Zeit sind urkund-
lich erwähnt: der Klosterhof 1460; — der Niederhof bei der Marienkirche 1460;
— das Pfarrhaus 1468 und 1605; — eine neue Mühle 1604; — Papiermühlen am
Severlaschen Teiche (s. Berssel), deren Bau 1606 beabsichtigt wurde; — ein
Salzwerk 1607; — eine kleine Mühle nebst öl- und Bockmühle (Pochmühle) 1611.]
Im Niedemdorfe gab es vordem eine Kirche, auch die Klauss oder Klus
genannt, also offenbar nur eine kleine Kapelle, welche lö64 bereits wüst
war. Die Pfarre daselbst hatte früher unter regensteinschem Patronat gestanden.
(H.-Z. XU, 549.)
1498 hören wir, dass bei Z. auch Weinbau getrieben wurde.
B. Halberstädter Stadtkreis
Kreb Halberatadt.
11
Halberstadt
Quellen und Litteratur.^
Urkundenbuch der Stadt Halb., 2 Bände,
Urk.-B. des Hochstifts Halb., 4 Bande,
Urk.-B. der Stifter St. Paul und St. Bonifaz, 1 Band, sämtlich herausgeg.
Yon Dr. 6. Schmidt im Auftrage der historischen Kommission der Provinz Sachsen.
ürknnden des Hochstifts, als Material zu einem fünften Bande,
Urkunden der Liebfrauen- und St. Johanniskirche,
Varia zur Stadtgeschiclite, sämtlich von demselben gesammelt und (ur die
Herausgabe vorbei*eitet ; die Manuskripte befinden sich im herzoglichen Staatsarchive zu
Wolfenbüttel und wurden dem Verfasser dieses Buches vom Herrn Herzoglichen Archivrate
Dr. Zinmiermann in dankenswertestem Entgegenkommen zur Benutzung überlassen.
Annalista Saxo, herausg. von Waitz, MG. Scriptt. VI, 542—777.
Gesta episcoporum Halberstadensium, herausg^. von Weiland, MG. SS
XXin, 73—123. Auch schon 1839 von Schatz unter dem Titel Chronicon Halberstadense
veröflfentlicht.
Fragmentum gestorum episcoporum Halberstadensium, herausg. von 0. Holder-Egger,
MG. SS. XXX, p. 19 f.
Gesta Alberti II, herausgeg. von Weiland, MG. SS. XXIII, 123—129.
Tagebuch des Domdechanten Matthias von Oppen, herausgeg. von
V. Mülverstedt.
Kirchenvisitationen im Bistum Halb., herausgeg. von Nebe.
Halberstädter Chronik des Joh. Winnigstedt, herausgegeben in Caspar
Abels „Sammlung etlicher noch nicht gedruckten alten Chroniken*' (Braunschweig 1732)
pp. 252-478.
Budäus, Des . . . Herrn Alberti . . . Leben u. s. w. (Halb. 1624).
Melchior Steofanius, catalogus episcoporum Halberstadensium, (Zerbst 1586).
Joachim Rulff, Origines Halb, reipublicae (Wittenberg, ohne Jahr).
Caspar Sagittarius, historia Halberstadensis (Jena 1675).
J. F. Beimmann, Grundriss der Halberstädter Historie (Halb. 1702).
S. Lentz, diplomatische Stifts- u. Landeshistorie von Halb. (Halle 1749).
Leukfeld, historische Beschreibung des Bischoftums Halb. (Wolfen büttel 1714).
Leukfeld, antiquitates Halberst
Dingelstedt, Karte des Fürstentums Halb. (1742).
V. Bennigsen, Halberstädter Merkwürdigkeiten (Halb. 1751).
Lucanus, Beiträge zur Gesch. d. Fürstentums Halb. (Halb. 1781).
ders., histor. Bibliothek des Fürstentums Halb.
L. F. Niemann, Gesch. d. vormaligen Bistums und jetzigen Fürstentums, insbesondere
aber der Stadt Halb. (Halb. 1829).
* Die obige Aufzählung nennt nur das Wichtigste. Auf Untersuchungen des Wertes der
einzelnen Werke kann, weil dies viel zu weit füliren würde, hier nicht eingegangen werden;
ich muss diese interessante und wichtige Arbeit späterer Müsse überlassen. Die Titel
der erheblichsten Schriften sind durch gesperrten Druck hervorgehoben. Übrigens verweise
ich auf das in der Einleitung dieses Buches über diesen Punkt Gesagte.
11-
164 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Litteratur)
LucanuB, Wegweiser durch Halb. (Halb. 1823).
Franz, Gesch. d. Bistums Halb. (1853).
Zschiesche, Halb, sonst und jetzt (Halb. 1895).
Führer durch Halb, und Umgegend (Halb. 1895).
Von den vielen in Zeitschriften und dergl. verstreuten kleineren Beitragen zur Halber-
stadter Geschichte sei hier nur auf die grosse Zahl der in der Harzzeitschrift ent-
haltenen hingewiesen, welche wie vieles andere hier nicbt Erwähnte bei den Quellennach-
weisen der einzelnen Abschnitte erwähnt werden.
Halberstadt, Stadt im preussischen Regierungsbezirke Magdeburg, ge-
legen unter 51 ^ 54' n. Br. und 28 ^ 43' ö. L., mit 40000 Einwohnern. Halb,
dient als Sitz für ein Amts-, ein Land- und ein Gewerbegericht, eine Berg-
behörde, ein Domänenrentamt, eine Handelskammer, ein Katasteramt, eineLandes-
bauinspektion, ein Landratsamt, eine Garnison Magdeburgisches Infanterie-
Regiment No. 27 und v. Seydlitz-Kürassiere nebst Proviantamt, ein Gymnasium,
ein Realgymnjksium , eine Oberrealschule, mehrere Volksschulen verschiedener
Konfession, zwei höhere Töchterschulen, eine städtische und eine kaufmännische
Fortbildungsschule, eine Industrieschule, eine Präparandenanstalt, ein Lehrer-
und Lehrerinnenseminar, eine Seminarschule, ein Taubstummeninstitut, ein
Theater, femer für viele Vereine, welche wissenschaftlichen, gewerblichen, ge-
meinnützigen und geselligen Zwecken dienen u. s. w. u. s. w.
Von gewerblichen Betrieben in Halb, sind besonders zu nennen: Brauereien,
Brennereien, Bürstenmachereien, Cigarrenfabriken, Gärtnereien, Gerbereien, Hand-
schuhfabriken, Orgelbauanstalten, Schneidereien, Schuhmachereien,
Archidiakonat: Halberstadt.
Namen, bei den Schriftstellern : AJfurtested (Flodoard. Ann. 948 MG. SS. III,
395); — Alfursted (Hugonis Chron.I MG. SS. VIII, 361); — Alfureested (Richeri
hist. II, MG. SS. III, 6U3); — Alveristat (MG. Necrol. I, 622); — Alvestet (MG.
Legg.IV, 99); — Haluestot (ibid. 13); — Alvertat (Sugerii vita Ludov. MG. SS.
XXVI, 50); — Alvensant (hist. ducum Venet. MG. SS. XIV, 85); — Halvarastat
(MG. Legg. 1,561); — Haluersdat (Geneal. com. Flandr. MG. SS. IX, 330); — Hai-
barstet (MG. Legg. II, 24); — Harberstad (Ann. Hildesh. 1088); — in den Ur-
kunden: Halverstad 1003; — Halberstede 1018; — Halverestid 1036 (?); — Hal-
versted, Halverstad 1068; — Halberstad 1105; — Haiversted 1108; -- Albe-
stat 1136 (italienische Urk.) ; — Alverstad, Alberstad 1160; — Alvei-stat 1186; —
Halbirstad 1196.
Da die Urkunden grössere Zuverlässigkeit besitzen als die vielfach auf irr-
tümlichen Nachrichten beruhenden Überlieferungen der Chronisten, so dürfte
anzunehmen sein, dass schon seit sehr alter Zeit der Ort einen dem heutigen
fast gleichlautenden Namen geführt hat. Die Deutung ist unklar; die Erklä-
rungen als „Stadt der Alben," „halbe Stadt" („Hemipolis"), „Alves Stadt,^'
„Albheres Stadt," letztere beide mit angeblicher Beziehung auf einen Gründer
solches Namens, sind sämtlich nicht zu erweisen, wiewohl die beiden letzten
ziemliche Wahrscheinlichkeit besitzen; doch dürften auch sie statt aufklärend
eher irreführend wirken.
Halberstadt (Geschichtliches: Gründung) 165
Geschichtliches
In der Landschaft, deren natürliche Beschaffenheit im ersten Kapitel dieses
Buches beschrieben ist, wurde, wie alle Quellen tibereinstimmend berichten, ein
Ort Namens Seligenstadt (seliganstedi, saliganstedi, salingenstide, saligestat u. s. w.)
zum Mittelpunkte des Bistums ausersehen, welches von Karl d. Gr. im Jahre 781
oder Avenigstens sicher am Anfange des 9. Jahrhunderts im Hartengaue begründet
wurde.* Es umfasste ausserdem den Derlingau, Nordthüringau , Balsamgaii,
Schwabengau, Hessengau und das Friesenfeld. Bistumspatron war schon 814 der
h. Stephanus. Hildegrim, ein vielleicht 748 geborener Friese, Sohn des Thiatgrim
und der Liafburga, bisher Bischof von Chalons und Abt von Werden a. d. Euhr,
wurde zum Bischöfe der neuen Gründung eingesetzt. Dieser Mann, welcher
durch rastlose Bemühungen für die Veibreitung des Christentums sich unver-
gängliche Verdienste erworben hat (er hat im ganzen 35 Dorfkirchen in dem
neuen Bistum gegründet)^ soll nach der Überlieferung den Sitz seiner Herrschaft
nach Halberstadt verlegt haben. Doch stützt sich diese Annahme auf keinerlei
urkundliche Überlieferung, ebensowenig wie jene, dass Seligenstadt mit Oster-
wieck identisch gewesen sei, wo Karl d. Gr. ein Monasterium, eine Kirche, erbaut
und dem h. Stephanus geweiht hatte. Es wird vielmehr schon in den ältesten
Quellen stets berichtet, Halberstadt sei der Bistumssitz gewesen. Es ist über
diesen Punkt viel gestritten worden, ohne dass eine Einigung erzielt worden
wäre. Lediglich als Vermutung sei hier hinzugefügt, dass möglicherweise der
ganze Streit aus einer falschen Etymologie verursacht sein kann. Eine aus-
reichende Erklärung des Namens Halberstadt ist bisher nicht geliefert worden, dessen
Ableitung vielmehr zu allen Zeiten verschleiert und eine Quelle von mancherlei
Irrtümern gewesen. Eine Niederlassung dieses Namens hat in der damals wald-
reichen, wahrscheinlich auch wasserreicheren Gegend ohne Zweifel schon be-
standen, bevor sie zum Sitze des Bistums erwählt wurde, und sie muss eine
verhältnismässig bedeutende Stellung gehabt haben, da die Errichtung von
Bistümern an unwichtigen Orten kirchlich untersagt war. Bei Gelegenheit dieser
Gründung mag der Name Haiborstadt gedeutet worden sein als Stadt der
Alben, der Elfen, der heidnischen bösen Geister, weshalb man für nötig hielt,
diesen Namen christlich zu gestalten als Stadt der saugen (Förstemann, altdtsch.
Namenb. II, 1284), locus beatorum. Die mächtige Gewohnheit der alten volks-
tümlichen Benennung aber blieb bald gegen die kirchlichen Bemühungen sieg-
reich, und aus diesem Vorgange gestaltete sich die Sage, das Bistum sei von
Seligenstadt nach Halberstadt verlegt worden. Ob nun diese Vermutung richtig
sit, oder die, Seligenstadt sei untergegangen, oder es sei das jetzige Osterwieck
(wobei dessen Namenswoehsel einer Erklärung bedürfen würde), oder der Name
Seligenstadt sei eine Veränderung aus Chalonsstadt — es muss hier eine ge-
nauere Untersuchung darüber, als zu weit führend, unterbleiben. Ein endgiltiges
Ergebnis wird mit den gegenwärtigen Mitteln überhaupt nicht festzustellen sein.
902 scheint der Name Seligenstadt noch im Gebrauche gewesen zu sein, weil
ein derartig heissender Ort in einer Urkunde König Ludwigs als Münz- und
' Vgl. H.-Z. XVIII, 353 ff.
» Vgl. P. Meier H.-Z. 1898 p. 227ff.
166 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 814-^937)
Zollstätte genannt wird. Beides aber passt, falls die Urkunde echt sein sollte,
auch auf Halberstadt.
Hildegrim führte den Bau der neben der Hauptkirche zu Halberstadt
von seinem Bruder, dem h. Liuder, begonnenen Kirche zu Ende und weihte
diese den hh. Petrus und Paulus. 814 erhielt das Bistum eine Bestätigung
seiner Privilegien in einer für jene frühe Zeit höchst verdächtigen Form, welche
in den durch das ganze Mittelalter immer wieder erneuerten Bestätigungen
bis in das 15. Jahrhundert hinein in ziemlich unveränderter Form beibehalten
wurde. Hildegrim starb am 19. Juni 827 und fand sein Grab in der Abtei
"Werden. Kanonisiert scheint er nicht zu sein, wiewohl er bisweilen als Heiliger
genannt wird. Sein Nachfolger Thiatgrim (f 8. Februar 840) dürfte, da auch er
zu Werden in Beziehungen stand und gleichfalls dort begraben ist, im Sinne
seines Vorgängers fortgewirkt haben. Auf ihn folgte der Angelsachse Haimo
(Heimo, Heinmo, Hemmo), ursprünglich Mönch in Fulda, Schüler Alcuins, Freund
des Hrabanus Maurus. Er war als theologischer Schriftsteller bedeutend und
hat als solcher unter anderen eine Schrift über die Apokalypse und einen Auszug
aus der Kirchengeschichte des ßufinus verfasst. Seine Interessen galten, wie
versichert wird, mehr seiner alten als seiner neuen Heimat, und das Bistum
Halberstadt soll daher mancherlei Schaden durch ihn erlitten haben. Er starb
am 28. März 853. Seine Lebensbeschreibung wurde erst anderthalb Jahrhunderte
später von einem Ilsenburger Mönche Rochus verfasst. Als Erinnerung an ihn
hinterblieb in Halberstadt eine von ihm gesammelte Bibliothek, die 1179, als der
Dom verbrannt wurde, mit zu Grunde ging.
Die Verbindung mit Kloster Werden war mittlerweile nicht abgebrochen
worden, wie aus der Geschichte von Haimos Nachfolger Hildegrim IL hervor-
geht, welcher nach seinem 886 (21. Dezember) erfolgten Tode dort beigesetzt wurde.
Das Christentum fand er, dank den schweren Bemühungen Haimos, ziemlich
gesichert, vor und er befestigte es weiter durch die Yollendung und Einweihung
der Halberstädter Domkirche. Auf ihn folgte der nur in einer Urkunde er-
wähnte Eiulf (von den Geschichtsschreibern Egolf, Agiulf oder Evilippus genannt).
Sichere Nachrichten über seine Herkunft und seine Thätigkeit fehlen.
Auch von seinem Nachfolger Sigisraund (f 14. Januar 923) weiss man
wenig. Er regierte mit einer Sittenstrenge, zu welcher er gelegentlich durch
Verhängung des Bannfluches auch den späteren König Heinrich zwang. Ausser-
dem war er nach Thietmars Zeugnis ein Mann von Geist, welcher alle seine
Zeitgenossen an Kenntnis der das Geistliche und Weltliche betreffenden Wissen-
schaften übertraf. Seit seiner Regierung genoss das Domkapitel das Vorrecht
der selbständigen Bischofswahl. Erst von dieser Zeit an, seit dem Regierungs-
antritte des folgenden Bischofs Bernhard werden die Nachrichten über die
Halberstädter Bistumsgeschichte ausführlicher und zuverlässiger.
Bernhard stammte aus der Familie der Grafen von Hadmersleben. Auf
Rat des Bischofs Sigismund bewarb er sich um das Bistum und erhielt es durch
Vermittlung Heinrichs I. Seine diplomatische Gewandheit befähigte ihn zu
gelegentlicher politischer Thätigkeit, welche er im Auftrage des Königs ausübte.
Am 4. Februar 937 bestätigte Otto I. die angeblich schon von früheren Königen
dem Bistum gewährleistete Immunität. Doch trübte sich das gute Verhältnis
HalberBtadt (Geschichte 937—1018) 167
zum Kaiser infolge des heftigen Widerspruchs, welchen Bernhard dem Lieblings-
plane des Kaisers entgegensetzte, Magdeburg zum Erzbistum zu erhebeui Es soll
sogar zur Gefangennehmung des Bischofs und dessen Einkerkerung in Quedlin-
burg gekommen sein, jedoch soll Otto durch des Bischofs Unerschrockenheit
sich haben bewegen lassen, jenen wieder in alle seine Ehren einzusetzen und
sogar Eirchenbusse zu'thun. So blieb es Bernhard erspart Teile seiner Diöcese
abtreten zu müssen. Die Halberstädter Kirche verdankt seiner Freigebigkeit den
Besitz einer grossen Menge von Reliquien, die er von einer Reise nach Bom
mitgebracht hatte.
Ausserdem zeugt von seiner Thätigkeit noch heute das von ihm und seiner
Nichte, der Äbtissin des von ihm gestifteten Klosters Hadmersleben , 937 ge-
gründete Pfortenhaus. 96ö stürzte der Dom zu Halberstadt ein.
Sobald Bernhard gestorben war (3, Februar 9G8) nahm Otto I seinen ehe-
maligen Plan der Gründung des Erzbistums Magdeburg wieder auf und führte
ihn noch im selben Jahre aus, begünstigt von der vielleicht nicht uneigen-
nützigen Nachgiebigkeit von Bernhards Nachfolger Hildeward.
Dieser, aus dem Hause der Grafen von Werle stammend, hatte seine Bildung
in St. Gallen genossen. Er befestigte das von jeher bestehende enge Verhältnis
zu der Kirche von Metz und verschaffte dadurch der Halberstädter Kirche den
Besitz kostbarer Reliquien, darunter besonders eines kleinen Teiles von dem
Blute des beiden Kirchen gemeinsamen Schutzpatrones St. Stephan. Hildeward
gründete 995 das Nonnenkloster zu Stötterlingenburg und weihte imgefälir zur
selben Zeit den von ihm neu erbauten Halberstädter Dom. Seine weltliche
Gewalt wurde dadurch befestigt, dass Otto ÜI. am 4. Juli 989 dem Bistum das
Markt-, Münz- und Zollrecht samt dem Heerbann verlieh bezw. bestätigte.
Hildewards treuer Gefährte bei allen seinen Regierungshandlungen war sein
Kapellan Hiddo. Doch wurde dieser nach dem am 25. November 996 erfolgten
Ableben Hildewards, obgleich er viele Stimmen für sich hatte, sein Nachfolger
nicht, vielmehr schlichtete der König den Streit des Domkapitels durch Ein-
setzung seines Hofkapellans Arnulf.
Dieser erlangte vom Papste Benedikt die Bestätigung der Grenzen seiner
Diöcese und sorgte dafür, dass diese genau festgestellt wurden. Den bei seinem
Amtsantritte durch die Kriegswirren der vergangenen Zeit stark verwahrlosten
Zustand in Stadt und Land Halberstadt war er unablässig zu bessern bemüht,
jedoch hatte er erst 1018 die Genugthuung die Stadt wieder völlig hergestellt
zu sehen.
Am 19. Dezember machte er im vollen bischöflichen Ornate einen feierlichen
Umzug um die von ihm hergestellten Mauern. Er gründete das Liebfrauenstift
imd die zugehörige Kirche und sorgte für engste Verbindung der dortigen
Kanoniker mit denen des Domkapitels. Freilich blieben Streitigkeiten auf die
Dauer nicht aus, welche besonders unter Bischof Burchard H. einen solchen
Umfang annahmen, das es zu ihrer Beilegung des ganzen Ansehens des Bischofs
bedurfte. Den Besitz des Domes vermehrte Arnulf durch Schenkung bedeutender
Ländereien, Mühlen u. s. w. Er war bei seinem Wirken unterstützt und dieses
war ihm überhaupt nur ermöglicht dadurch, dass er sich die Gunst der Könige
dauernd zu wahren wusste. Schon Otto HI. beschenkte ihn mit bedeutenden
168 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1002—1036)
Besitzungen und Rechten (Jagd im Harz u. s. w.) und Heinrich H. war wieder-
holt (1008, 1017) sein Gast in Halberstadt. 1002 bestätigte er ihm die volle
Immunität gemäss den Verfügungen seiner Vorgänger, wobei besonders das
Recht des Heerbannes und die Gerichtsbarkeit über Halberstadt zur Geltung
gebracht wurden. Gleichwohl kamen infolge der nicht genügenden Abgrenzung
des bischöflichen Bezirkes in der Folge mancherlei Verletzungen dieser Immu-
nität vor, welche erst nach 1018 genügend gesichert wurde. (Weiteres über
diese verfassungsgeschichtlichen Vorgänge s. unten.)
1003 überwies Heinrich dem Stifte das Kloster Ilsenburg und fügte 1004
gegen Abtretung des Gebietes von Merseburg etwa 100 Hufen vom königlichen
Eigentum hinzu. Arnulf starb am 7. September 1023. Zu seinem Nachfolger
wurde zunächst von Klerus und Volk Hermann gewählt, welcher später Erz-
bischof von Hamburg wurde und das Halberstädter Bischofsamt nur vertretungs-
weise verwaltete, bis als wirklicher Nachfolger am 26. Dezember desselben Jahres
Brantog (Brantoch, Branthogus, Branthohus u. s. w.) gewählt wurde, welcher seit
1011 Abt von Fulda gewesen war. Auch er verdankte seine Wahl, wie vordem
Arnulf, dem König. Abscheu vor dem Anblicke des Elends, welches in den
letzten Zeiten seines Vorgängers die Pest verursacht hatte, soll der Grund
gewesen sein, weshalb er alsbald eine Reise nach Palästina unternahm. Der
Nutzen seiner späteren Regierung wird verschieden beurteilt, doch versichern
wenigstens die Gesta ep. Halb., dass der Wohlstand der Diöcese unter ihm sich
gehoben habe. Das von ihm 1025 erbaute Kloster St. Johannis und das Kloster
St. Bonifatii in Bosleben, beide dicht vor den Thoren von Halberstadt, hinterblieben
als Zeugnisse seiner Thätigkeit bis in späte Zeiten. Brantog starb 1036 an der
Pest Sein Todestag wird verschieden angegeben (26. 27. August, 26. September).
Sein Nachfolger, der durch kaiserlichen Einfluss zur Herrschaft gebrachte ^ bis-
^ Die Wahl der Bischöfe erfolgte zunächst durch den König. Wenigstens ist dies in
den Gesta ep. Halb, überliefert betreffs Hildegrim I., Thiatgrim und Bernhard. Nichts über
den Wablmodus hören wir bei Hildegrim II., Eiulf und Sigismund. Dagegen wird be-
richtet, dass Hildeward durch Zuruf des Klerus und Volkes erwählt und vom Vertreter des
damals abwesenden Königs, Herzog Hermann von Sachsen, in sein Amt eingeführt wurde.
Bischof Arnulf verdankte seine Wahl der Hofpartei, während der Klerus einen anderen
Kandidaten aufgestellt hatte. Man sieht, wie damals bereits das Bestreben herrschte, den
König aus der bestimmenden Stellung in Sachen der Bischofswahl hinauszudrängen. Bischof
Hermann wurde von Klerus und Volk erwählt, Brantog wieder vom Könige, Burchard I.
wieder von Klerus und Volk. Doch beschränkte sich diese letztere Art der Wahl zunächst
nur auf eine Wunschäusserung. Wenigstens heisst es von Burchard I., er sei so beliebt
gewesen, dass er in episcopum Halb, civitatis ab omnibus certatim postularetur. Quorum
peticioni Imperator gratanter annuit etc. (Gesta ep. Halb. p. 94). Über den Wahlmodus bei
Burchard II. erzählen die Gesta nichts. Sein Nachfolger Thietmar aber wurde canonica
electione von der Kirche erwählt. (Gesta p. 101). Desgl., jedoch unter beträchtlichen Zwistig-
keiten der Kirche , die in drei Parteien zerspalten war , dessen Nachfolger Herrond , welcher
die Bestätigung des Papstes fand und von ihm den Namen Stephanus erhielt. Friedrich
war kaiserlicher Parteibischof. Beinhard wurde canonice erwählt; Otto war Simonist; zur
Wahl Budolfs erschienen Kaiser Lothar, Erzbischof Albert von Mainz, Bernhard von
Hildesheim, und so wurde er Bischof pari voto totius cleri et unanimi consensu populi
(Gresta p. 106). Seitdem findet Beteiligung des Kaisers überhaupt nicht mehr statt. Den
Bischöfen stand das Vorschlagsrecht bezüglich ihrer Amtsnachfolger zu.
Halberstadt (Geschichte 1049—1089) 169
herige kaiserliche Kanzler Burchar^d von Nabburg, war der Erbauer eines
neuen bischöflichen Palastes in Halberstadt, des sog. Petershofes. Gleich diesem am
Domplatze liess Burchard 24: neue Wohnhäuser (Kurien) für die Domherren erbauen.
Ausserhalb des jetzigen Kreises Halberstadt begründete er eine Kapelle als Anfang
des späteren Klosters Huysburg. Die zwischen dem Bistum Halberstadt und dem
Erzbistum Magdeburg damals häufigen Grenzstreitigkeiten wurden 1049 durch
Hemrich III. geschlichtet, welcher 1052 (17. Januar) dem Bischöfe die Grafschaft
über den Hartengau, Darlingau, Balsamgau und Teile des Nordthüringaus förm-
lich verlieh. Als Burchard I. am 18. Oktober 1059 gestorben war, wurden
seine Reste im Dome beigesetzt, später aber nach der Franziskanerkirche über-
tragen, wo sie sich noch jetzt befinden. König Heinrich lY. bestimmte zum
nächsten Bischöfe einen angeblich aus bürgerlichem Geschlechte zu Goslar
stammenden Mann, welcher bisher dort als Probst gewirkt hatte, Burchard IL,
(auch Bucco genannt)^ den späteren Erbauer der Halberstädter Paulskirche.
Heinrich gab ihm seine Gunst dadurch zu erkennen, dass er 1060 gemeinsam
mit seiner Mutter, seiner Braut Bertha und einer glänzenden Versammlung
geistlicher und weltlicher Fürsten das Osterfest in Halberstadt feierte. Es war die
letzte Feierlichkeit, welche der damalige Halberstädter Dom sah, der wenige
Wochen darauf (18. April) samt dem grössten Teil der Stadt niederbrannte.
Erst 11 Jahre später war der Schaden soweit ausgebessert, dass der Dom von
neuem geweiht werden konnte. Noch damals dauerte die Freundschaft mit
Heinrich rv., welcher 1071 in Halberstadt das Pfingstfest feierte. Es ist nicht voll-
ständig aufgeklärt, wodurch diese Freundschaft sich plötzlich in ihr völliges
Gegenteil verkehrt hat. Bei dem Zwiste zwischen Heinrich IV. und Gregor VII.
nahm Burchard II. eine entschieden königsfeindliche Stellung an und trug
infolgedessen die Schuld an der Verwüstung, mit welcher der König im Juli
1075 die Halberstädter Gegend heimsuchte. Er selbst geriet in die Gefangen-
schaft des Königs, welcher er sich auf seinem Transporte auf der Donau durch
List zu entziehen verstand. Nach mancherlei Schwierigkeiten gelangte er wieder
nach Sachsen. 1088 ereilte ihn, noch immer des Königs Feind, sein Verhängnis
in Goslar. Bei einem Volksauflaufe suchte er sein Ansehen durch Bedrohung
der Stadt mit dem Banne zur Geltung zu bringen, wurde dabei von einem
Handwerker' schwer verwundet und starb bald danach im Kloster Ilsenburg^
(6. April 1088). Lambert von Hersfeld sagt von ihm : Wiewohl er vom Könige durch
viel Unrecht gereizt war, so kann man doch, da er ein Mann von hervorragender
Heiligkeit und von bestem Rufe in Gottes Kirche war, keinesfalls glauben, dass
er zu solcher Kühnheit aus anderen Gründen sich habe hinreissen kvssen, als
aus Eifer für Gott und allein durch die Rücksicht auf das gemeine Wohl.
Nach Burchard IL Ende, über dessen Ursache und Verlauf die Gesta ep. Halb,
parteiisch und ungenau berichten, folgte der Diacon Thietmar der Kleine,
der aber nur bis zum 10. Februar 1089 wirkte, wo er, vielleicht an Gift, starb.
* Vgl. Halberstädter Zeitung u. Intel ligenzblatt 1879 No. 109. — An Bucco hat ßich die
Wandereage von seiner Kinderfreundschaft geknüpft.
' Der spätere Bischof Herrand schrieb eine Schrift über den Tod Buccos, von der sich
bedeutende Teile beim Annalista Saxo finden.
170 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1090^1146)
Ihm folgte Herrand (Heirradiis), früher Mönch zu Reinhardsbrunn und Ton Bucco
eingesetzter Abt zu Ilsenburg, ein frommer und friedliebender Mann. Er wurde
1090 erwählter Bischof zu Halberstadt, 4 Jahre danach von Urban IL consecriert,
wobei ihm der Papst den Namen Stephanus beilegte. Er wie Thietmar waren
Anhänger der päpstlichen Partei. Herrand starb am 23. November (oder Ende
Oktober) 1102 und machte damit Platz für den bereits seit 1089 von der könig-
lichenPartei eingesetzten Bischof Friedrich, welcher im kirchlichen Banne lebte
und 1105 seine Herrschaft durch Absetziuig wegen Simonie enden musste. Zwar
versuchte er sich noch 2 Jahre zu halten, doch wu?*de 1107 seine Absetzung
durch die Wahl eines neuen Bischofs entgiltig entschieden. Eingesetzt wurde
statt seiner Reinhard (Reingerus) aus der Familie der Grafen von Blankenburg,
seine Konsekration erfolgte am 31. März desselben Jahres. Seine Parteisteliung
war eine durchaus königsfeindliche. Sie führte dazu, dass 1112 Heinrich V. das
Halberstädter Gebiet verwüstend durchzog, Halberstadt selbst angriff, eroberte
und z. T. zerstörte. Trotzdem hatte die Unterwerfung Reinhards keinen langen
Bestand. 1115 stand er der bedeutend überlegenen Macht des Kaisers in der
Schlacht am Weifesholze gegenüber, wo bekanntlich das Kriegsglück sich zu
Gunsten der Feinde des Kaisers entschied. Von des Bischofs Friedensthaten
sind hauptsächlich jene bemerkenswert, welche verschiedenen Klöstern zu gute
kamen. Er führte in dem von Brantog gegründeten Johannisstifte die klöster-
liche Ordnung ein, stellte die Zucht im Paulsstifte wieder her und nahm sich
der Huysburg mit besonderer Sorgfalt an, welche durch Burchard IL zur Bene-
diktiner-Abtei erhoben worden war. Das Augustinerstift zu Osterwieck verlegte
er nach Hamersleben.
Als Reinhard am 2. März 1123 gestorben war, wählte die Geistlichkeit den
Magdeburger Domherrn Otto. Da diesem, welcher sein Amt vor allem der
kaiserlichen Gunst verdankt zu haben scheint, der Voi'wurf der Simonie gemacht
wurde, so erfolgte 1128 durch Papst Honorius II. seine Absetzung, deren Auf-
rechthaltung der päpstlichen Partei nicht geringe Mühe machte. Der Streit
darüber spann sich noch bis 1135 weiter, wo Otto nach vorübergehender Wieder-
einsetzung (1131) endgiltig vom Amte entfernt wurde. In seine letzten Zeiten
fällt das glänzende Osterfest, welches Kaiser Lothar am 15. April 1134 in Gegen-
wart der Kaiserin, vieler Bischöfe und anderer Geistlichen, sowie des Königs
Magnus von Dänemark, welcher dort als des Kaisers Lehnsmann auftrat, in
Haiborstadt feierte. An Stelle des abgesetzten Otto wurde zunächst, weil man
keinen andern wusste, der Probst Gerhard vom Johanniskloster, dann nach
mancherlei Zwist des Kapitels mit dem Klerus und Yolke Rudolf, Probst des
Bönifatiustiftes und zu Konradsburg, am 1. März 1136 gewählt. Wiewohl sich
seine Regierung durch Ruhe und Frieden auszeichnete, gab es doch gelegentliche
Unruhen innerhalb der Geistlichkeit Die sächsiche Weltchronik (M G. Chron. II,
1, 213) erzählt darüber zum Jahre 1146: „In den tiden gescha to Halverstat
grot bedrofnisse, also men vint gescreven dar up eneme grave:
Fratcr honorandus, Christi levita Wingandus
Quid moriens tulerit, hec series aperit.
Ausus enim cleri communia jura tueri,
Saucius ense mit justaque facta luit
r
Halberstadt (Geschichte 1147—1179) 171
Dene selven Wigande slogen des domprovestes Mertines heimlike vrunt; darmnbe
ward de selbe domprovest untsat siner eren, wante men ene tech, dat he't
geraden hadde.^^
Immerbin bildeten solche Fälle die Ausnahme. Im ganzen war Besserung
der Zustände bemerkbar, und deren Folge war eine Belebung der Kulturarbeiten.
So begann Budolf deu neuen Bau der Liebfrauenkirche, versah den Dom mit
einem neuen Dache und vertilgte überhaupt die Spuren der 1112 geschehenen
Zerstörung. Er ist auch der Erbauer des noch jetzt durch den grossen Bruch
nach Hamersleben führenden sog. neuen Damms. Er starb am 6. Oktober 1147,
wahrscheinlich auf dem damals stattfindenden Wendenkreuzzuge, an welchem
ausser ihm viele sächsische Grösse teilnahmen, und fand sein Grab in der
Liebfrauenkirche, wo eine viel später ausgeführte Bronceplatte dessen Stelle
bedeckt ^
Auf Rudolf folgte Ulrich, Probst zu Liebfrauen, welcher vom Erzbischofe
von Mainz die Weihe empfing. Seine Regierung war durchweg von Krieg und
Verwirrung erfüllt, zunächst dadurch, dass er Gegner des schismatischen Papstes
war und dem Kaiser die Heeresfolge verweigerte. Alsbald bildete sich eine
Verschwörung der Bürger gegen ihn (1153), 1160 wurde er abgesetzt und ein
gewisser Gero trat an seine Stelle. Als er 1177 (nach der Versöhnung Friedrich
Barbarossas mit Alexander III.) wiederkehrte und Gero abgesetzt war, widerrief
er zunächst alles, was dieser gethan hatte, schloss die von jenem „nicht geweihten,
sondern vielmehr entweihten" Kirchen und entliess alle von jenem angestellten
Beamten. Die Versöhnung mit dem Kaiser und sein Versuch, die von Gero
Heinrich dem Löwen überlieferten, zum Stifte Halberstadt gehörigen Besitztümer
wieder an sich zu ziehen, stürzte ihn in Krieg mit diesem. 1178 schloss er zu
Kassel mit dem Erzbischofe Philipp von Köln ein Bündnis gegen jenen, ex-
communizierte ihn auch. Heinrich kam zwar nach Halberstadt, that Busse und
wurde losgesprochen, bald aber brach der Streit wieder aus. Mit Hilfe des
Markgrafen Otto von Meissen und eines Grafen Bernhard erbaute Bischof Ulrich
1178 auf dem Hoppelberge eine feste Burg, Langenstein, früher Bischofsheim
genannt. Auf die Kunde davon kam Heinrich, dessen Gebiet von den Bischöf-
lichen, die sich auf Halberstadt und Hörn bürg stützten, vielfach geschädigt
worden war, mit Heeresmacht herbei, belagerte und zerstörte die neue Burg,
welche aber bald wieder erbaut wurde. Der Erzbischof von Magdeburg ver-
mittelte für diesmal den Frieden. Als bald danach der Krieg von neuem aus-
gebrochen war, erschien Heinrich vor Halberstadt und nahm die Stadt ohne
Mühe ein, wobei viele Bürger gefangen genommen und reiche Beute geraaciit
wurde.' Über die Ursache des verheerenden Brandes, welcher bei dieser Gelegen-
heit (23. September 1179) die ganze Stadt ergriff, geht die Meinung der Quellen
auseinander. Das Feuer vernichtete den Dom, die Liebfrauenkirche, das Johannis-
imd das Paulstift u. s. w. Baugeschichtlich ist dabei festzuhalten, dass nur die
hölzernen Dachstühle in Flammen aufgingen, die Mauern selbst aber stehen
blieben. Der Einsturz der brennenden Teile wurde den vielen Geistlichen und
' Vgl. unten die Beschreibung der Liebfraiienkirche.
» Vgl. H.-Z. XIX, 5.
172 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschiebe 1179—1201)
Bischof selbst konnte nur mit Mühe aus seinem brennenden Palaste gerettet
Bürgern zum Verderben, welche sich in die Kirchen geflüchtet hatten. Der
werden und geriet in Gefangenschaft. Heinrich, welcher angeblich bei diesem
Greuel nicht zugegen war, soll nach dem Berichte der Arnold'schen Slaven-
chronik beim Anblicke des gefangenen Bischofs und der von diesem geretteten,
halbangebrannten Reliquien des h. Stephanus in Schrecken geraten sein und
beteuert haben, dass dies ohne sein Wissen und Wollen geschehen sei. In
Widerspruch mit dieser Meldung steht, dass er den Bischof trotzdem nicht aus
seiner Haft entliess und ihn erst zu Weihnachten, nachdem ihn jener vom Banne
befreit hatte, wieder heim sandte. Inzwischen war auch Homburg, dessen Be-
satzung den Kampf fortgesetzt hatte, eingeäschert worden. Bald danach, am
30. Juli 1180, starb Ulrich auf der Huysburg, angeblich an den Folgen der
erlittenen Misshandlungen.
Vier Tage dauerte die Wahl seines Nachfolgers Dietrich von Krosigk und
bis zum Jahre 1183 (6. Mai) währte es, bis dieser die päpstliche Bestätigung
erhielt^ Er regierte dann bis zum 10. August 1193, beschäftigt damit, die mate-
riellen und ideellen Schäden, welche das Bistum erlitten, auszubessern.
An seine Stelle trat nach seinem Tode Gardolf, Edler von Harbke, der
frühere Kaplan Heinrichs VI. Noch vieles hatte ihm sein Vorgänger zu thun
übrig gelassen. Es galt die in Verfall geratenen Einkünfte und Rechte des
Bistums wieder herzustellen und zu befestigen. Diese Thätigkeit unterbrach er,
um sich 1197 (April), nachdem er schon 1195 zu Worms das Kreuz genommen
hatte, am Kreuzzuge zu beteiligen. Als er nach vielen Gefahren wieder heim-
kehrte, fand er sein Bistum beträchtlich geschädigt durch die Streitigkeiten der
zwischen Philipp von Schwaben und Otto zwiespältigen Königswahl. In seiner
Verlegenheit, wie er sich neutral halten solle, verliess er abermals sein Bistum
und wallfahrtete nach Tours. Durch den Befehl des Papstes Innocenz jedoch
gezwungen, sich Otto IV. anzuschli essen, machte er sich selbst nach Rom auf,
um persönlich durch Bitten beim Papste alles kommende Unheil von seiner
Diöcese abzuwenden, oder schlimmsten Falles selbst die Bischofswürde nieder-
zulegen. Er kam aber nur bis zum Kloster Kaltenbom, der Stätte seiner Jugend-
erziehung, wo er, vom Fieber ergiiffen, nach wenigen Tagen starb (21. Aug. 1201).
Der Verfasser der Gesta ep. Halb., der ihn jedenfalls noch persönlich gekannt
hat, beklagt lebhaft den zu frühen Tod dieses Mannes, der seine Kirche nach
aussen und innen trefflich zu reformieren und zu kräftigen verstanden hatte.
Sein Herz und seine Eingeweide wurden in St, Johann zu Kaltenbom vor dem
Stephansaltare beigesetzt, sein übriger Körper nach Halberstadt gebracht und im
Domo bestattet, welchem er eine Glocke geschenkt, und in dem er zum noch
heute währenden Gedächtnisse einen grossen marmornen Taufkessel aufgestellt
hatte. Halberstadt verdankt ihm auch den Beginn des Baues der Martinikirche.
Ihm folgte der Domprobst Kon r ad, gleich seinem zweiten Vorgänger (seinem
Oheim) aus der Familie von Krosigk. Seine Regierung war von Anfang an
beunruhigt infolge seiner entschiedenen Parteinahme für König Philipp von
Schwaben. Es kam so weit, dass er von Papst Innocenz HI. gebannt wurde.
^ Ein Siegel Dietricha aus seiner Zeit als electus bespricht v. Mülverstedt, H.-Z. 1870, 676ff.
Halberstadt (Geschichte 1202—1252) 173
Um seinem Bistum das Ärgste zu ersparen, beschloss er da, 1202 sich an dem
Ereiizzuge zu beteiligen. Allenthalben mit grössten Ehren aufgenommen, ge-
langte er nach Byzanz, wo er sich der Gunst des griechischen Kaisers und vieler
hoher Geistlichen erfreute. Er verdankte diesen guten Beziehungen den Erwerb
einer Menge von Reliquien und Kostbarkeiten. Zu Akkon wurde er vom Banne
losgesprochen. Am 16. August 1205 zog er wieder in Halberstadt ein und dieser
Tag blieb, weil an ihm die Reliquien dem Dom überwiesen wurden, von da an ein
Festtag. Das Nähere über diese Kostbarkeiten siehe unter „Domschatz." Auch
fernerhin blieb Konrad, wie er auch bei seiner Heimreise in Rom dem Papste
entschieden erklärt hatte, auf Seiten Philipps. Aber nicht lange mehr fühlte er
sich den Aufregungen der Zeit gewachsen, und er richtete an den Papst die
Bitte, ihn seines Amtes zu entheben, damit er Mönch werden könne ; doch wurde
dieser Wunsch abgelehnt. Als Philipp von Schwaben sein gewaltsames Ende
gefunden hatte, machte Konrad seinen Frieden mit Otto IV., welcher ernsthafte
Anstalten zur Bestrafung Halberstadts traf und bereits das St. Johanniskloster
niedergebrannt hatte. Ohne weiter die päpstliche Erlaubnis abzuwarten, zog sich
Eonrad darauf in das Kloster Sittichenbach (Sichem bei Eisleben) zurück, nach-
dem er dem Domkapitel die Erlaubnis zur Wahl eines neuen Bischofs gegeben
und Klerus und Volk vom Gehorsam gegen sich entbunden hatte. Dort im
Kloster starb er am 21. Juni 1225. Aus Konrads Zeit verdient Erwähnung der
seit 1184 in Halberstadt nachweisbare Domprobst Burchard, vielleicht ein Graf von
Schladen, welcher sich im Anfange des 13. Jahrhunderts um die Christianisierung
von livland besonders verdient machte. H.-Z. 1870, 925 ff.
An Konrads Stelle wählte man Friedrich IL, Grafen von Kirchberg, dessen
Wahl anfänglich vom Papste angefochten, 1209 nach besonderer Feststellung
seiner Würdigkeit aber bestätigt wurde. Gerühmt wird seine Wohlthätigkeit und
Gerechtigkeitsliebe sowie sein Wohlwollen gegenüber der Halberstädter Bürger-
schaft und deren Rechten. Unter seiner Regierung nahm der Bau des Doms
einen neuen sehr bemerkenswerten Fortgang. Das Hospital St. Spiritus gelangte
in jener Zeit zur Unabhängigkeit. Friedrich starb am 5. März 1236 und an seine
Stelle trat Ludolf I., Graf von Schladen, mit dem Beinamen der Dicke, ein
tüchtiger Krieger, aber massiger Bischof. Bekannt ist seine Fehde mit dem
Markgrafen Otto von Brandenburg, welchen er gefangen nahm und auf der
Burg Langenstein festhielt (1238). Doch wendete sich später das Kriegsglück,
und die Sache endete mit der Niederlage des Bischofs imd dem Verluste aller
errungenen Vorteile. Ludolf L starb am 9. August 1241 und wurde im Dom begraben.
Sein Nachfolger wurde MeinhardvonKranichfeld, welcher seine gelehrte
Erziehung in Walkenried erhalten hatte. Obwohl persönlich nicht zur Gewalt-
samkeit geneigt, wurde er doch in die Fehde des Markgrafen Heinrich von
Meissen und des Erzbischofs Wilbrand von Magdeburg gegen Markgraf Johann
von Brandenburg verwickelt, einen Kampf, iwelcher ihn und das Bistum in be-
deutende Schulden stürzte. Meinhards Todesdatum ist nicht sicher bekannt.
Seine letzte Urkunde ist vom 22. Juli 1252, und es ist wahrscheinlich, dass er
bald danach gestorben ist. ^ Um diese Zeit wurde zum erstenmal von den
^ V. Mülverstedty Zur Chronologie der Bischöfe Meinhard , Ludolf II. und Volrad.
H..Z. 1869, 2, 67—78.
174 Ealberstadter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1252—1298)
Halberstädter Stiftern (Dom, liebfrauen, St. Bonifaz, St. Paul) eine Union ge-
schlossen zum Zwecke geraeinsamer Verteidigung gegen alle Bedrückungen und
Unbilden. Im Herbste 1252 wurde Ludolf H. erwählt, ein wenig über 20 Jahre
alter Mann, Vetter des Bischof Ludolf I. von Schiaden. Erzogen im Kloster
Georgenberg bei Goslar, war er schon 1249 Domherr zu Halberstadt. Er selbst nennt
sich im Januar 1253 noch electus et confirmatus. Die Weihe erfolgte wahr-
scheinlich in der Mitte des folgenden Jahres. Er benutzte angeblich seine
Stellung dazu, Güter des Domkapitels widerrechtlich zu veräussem, um den
Erlös für sich zu verwenden. Er wurde infolgedessen durch den Kardinal Hugo
von St. Sabina excoramuniciert und dieses durch Innocenz IV. bestätigt (12Ö5).
Seine Partei wurde verfolgt und aller Ämter entsetzt, die widerrechtlichen Ver-
käufe für ungültig erklärt und allen Orten, die ihn aufnehmen würden, das
Interdikt in Aussicht gestellt. Doch wurde in Wirklichkeit eine solche Strenge
nicht in Anwendung, gebracht und dies und seine Volkstümlichkeit könnten
Zweifel daran erregen, ob seine Vergehen wirklich so schwerer Art gewesen sind,
und ob nicht vielleicht politische Sänke zu seiner Absetzung thätig waren.
Ludolf blieb Domherr, führte auch den Bischofstitel bis an sein Lebensende weiter.
Er starb nach 1287.
Der Streit zwischen Ludolf und seinem Nachfolger Volrad von Kranich-
feld, welcher am 22. April 1255 gewählt worden war, dauerte noch lange Jahre.
Ludolf scheint sich beim Volke grosser Beliebtheit erfreut zu haben, denn die
Partei Volrads war so klein, dass dieser den Mut verlor, weiter zu regieren und
Papst Urban dem IV. sein Rücktrittsgesuch zusandte, welches aber nicht an-
genommen wurde. Die schon beim Amtsantritte Volrads bedeutenden Schulden
des Hochstifts verringerten sich, wie es scheint, unter seiner Regierung nicht,
vielmehr sah sich 1261 das Kapitel genötigt, den Bischof eigens zur Sparsamkeit
zu verpflichten, und 1281 wurde zur Besserung der bedrängten Lage des Stiftes
eine Kommission niedergesetzt Besonderes scheint sie nicht erreicht zu haben.
Lehrreich dafür ist die Baugeschichte der grossen Kirchen in Halberstadt Näheres
siehe in den betreffenden Kapiteln. Zwischen 1270 und 1284 gab es mancherlei
Gewaltsamkeiten der Regensteiner Grafen Ulrich und Albrecht gegen das Hoch-
stift Sie wurden zuletzt von Volrad excommuniciert und ihre Ortschaften mit
dem Interdikt belegt Für die Kirchengoschichte von Halb, war es wichtig, dass
Volrad das Nikolai-, Franziskaner- und Servitenkloster stiftete, sowie ausserhalb
des jetzigen Kreises das Kloster Adersleben weihte. Über Volrads Verhältnis
zur Bürgei-schaft und seine Wirksamkeit in dieser Richtung wird unten bei
Betrachtung der Entwicklung der städtischen Verfassung noch kurz zu reden
sein. Seit 1291 scheint Volrad sein Amt nicht mehr genügend haben versehen
zu können. Wiederholt werden seine Vertreter erwähnt 1291, femer 1293 und
94 finden sich Urkunden des Inzelerius, Bischofs von Budua in Dalmatien,
welcher der erste Weihbischof von Halberstadt war. Am 23. (25. ?) April 1298 starb
Volrad.* In seinen letzten Jahren übte die Regierung überhaupt nicht mehr er
aus, sondern der als Bischof urkundlich zuerst am 27. November 1296 erwähnte
Hermann, Sohn des Grafen Heinrichs I. von Anhalt Unter seiner Regierung
» V. Miilverstedt, H.-Z. 1870, 739 f.
Halberstadt (Geschichte 1303—1343) 175
fand in der Halberstädter Diöcese auf Befehl des Papstes eine bedeutende Geld-
sammlung zu Kreuzzugszwecken statt. Nach dem Tode Hermanns (27. Oktober
1303) gab es eine vorübergehende Sedisvakanz, während welcher der Scholasticus
Anno als Vertreter des Bischofs waltete. Er war eingesetzt vom Archidiaconus
von TJtzleben Friedrich von Plötzke, Domherrn in Halberstadt, erwählten Bischof
von Brandenburg. Dieser Zwischenzustand endete durch die Wahl Alb rechts I.
von Anhalt, welcher am 15. März 1304 im Dome seinen Amtseid ablegte. Sein
Hauptaugenmerk war die Vergrösserung des Bistums, welche er, nicht immer besorgt
um die Bechtlichkeit der angewendeten Mittel und unter Benachteiligung seines
eigenen Bruders Bernhards H. von Bemburg, betrieb, wiewohl der Erzbischof
von Magdeburg, ja sogar der Kaiser zu Gunsten des Geschädigten Einspruch
erhoben. Da indes weder diese noch die sonstigen Streithändel Albrechts von
eigentlicher Bedeutung für die Geschichte des jetzigen Kreises Halberstadt waren,
so kann hier nicht weiter darauf eingegangen werden. Unter seiner Regierung
verkauften 1306 die Templer ihre Halberstädter Besitzungen. 1311 ereignete
sich auf der Burg Schlanstedt angeblich der Greuel der Ermordung von 12
Tempelrittern. Im Juli 1322 gab es eine schwere Teurung, unter der auch die
geistlichen Stifter zu leiden hatten. Am 12. März 1323 verpfändete Albrecht
dem Domkapitel die Vogtei in Halberstadt als Entgeld für geleistete Hilfe und
Güterverkäufe, die zu seinen Gunsten an den Grafen von Regenstein geschehen
waren. Albrecht starb am 13. September 1324.
Als Halberstädter Weihbischof kommt um 1320 vor Ditmar von Gabala.
1324 wählte eine Partei des Domkapitels zum Nachfolger Albrechts I.
Ludwig von Neindorf, die andere Alb recht, Sohn Herzog Albrechts, von Braun-
schweig, wogegen der Papst einen gewissen Giseko von Holstein-Rendsburg auf
den Bischofsstuhl zu erheben wünschte. Doch gelang es Albrecht gegen diese
Mitbewerber das Übergewicht zu behaupten. Er erhielt die Weihe vom Erz-
bischof Matthias von Mainz. Doch waren die Streitigkeiten gegen Mitbewerber
damit keineswegs abgeschlossen, zogen sich vielmehr durch die ganze Dauer
seiner Regierung. Überhaupt war diese mit Kampf und Unruhe unaufhörlich
angefüllt. Nicht weniger als einige zwanzig Fehden hat Albrecht H. aus-
gefochten. Zuerst handelte es sich um einen wegen der Stadt Aschersleben
entstandenen Streit; sie sollte von ihm an den Grafen Bernhard III. von
Anhalt abgetreten werden. Erst 1340 wurde dieser Streit durchs Schiedsgericht
beigelegt. Langwierige Zwistigkeiten gab es mit den Regensteinern wegen der
Vogtei über Quedlinburg. Unter mancherlei Wechsel fällen , wobei das Halber-
stadter Gebiet, zu Weihnachten 1343 auch die Stadt Halberstadt furchtbar litt,
zog sich dieser Krieg hin und her, endete aber schliesslich für die Regen-
Steiner mit einer bedeutenden Niederlage und demEnde ihres Übergewichtes
im westlichen Teile des Bistums. Durch die von Bischof Albrecht veranlasste
Gründung eines freien Klosterhofes in Osterwieck durch das Kloster Walkenried
verloren sie dort ihre Schutzherrschaft, die sie nicht wieder erlangten. Graf-
schaft und Gericht von Schauen, Zilly, Diepen-Niendorp, Athenstedt, Danstedt,
Balhom, Mulmke, Heudeber, Berssel, Ströbeck, Hulingerode und vielen anderen
Ortschaften mussten an Konrad von Wernigerode, des Bischofs Verbündeten, ab-
getreten werden, wobei Heinrich von Regenstein auch noch gezwungen war,
f
11
I
I
176 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1353—1357)
seine ihm verbündet gewesenen Heimburger Vettern schwer zu entschädigen. Eine
völlige Versöhnung der ßegensteiner mit Albrecht kam erst 1353 zustande. Andere
Fehden entbrannten mit dem Markgrafen von Meissen, dem Grafen von Man^feld,
dem Oheim des Bischofs, dem Herzoge von Lüneburg, u.a.m. Alle diese Eatepfe
verursachten nicht geringe Kosten und wurden die Quelle bedeutender Schulden,
welchen Albrecht gelegentlich durch Borgen beim Domkapitel abzuhelfen suchte.
Er verpfändete diesem Falkenstein, welcher dem Bistum von dem letzten Grafen
geschenkt worden war, Emersleben, später statt dieser Güter das Hau^ Homburg
samt dem Zoll daselbst, und das Dorf Sargstedt samt allem Zubehör. Während-
dessen hatte, wie schon gesagt, Albrecht vielfach mit den aufgestellten Gegen-
bischöfen zu kämpfen. Noch lange dauerten die Bemühungen des Papstes zu
Gunsten des Giseko, welcher im Dezember dieses Jahres die Bannung Albrechts
durch Bischof Ludwig von Brandenburg durchsetzte. Die Existenz Gisekos ist
zuletzt 1346 nachweisbar. Im selben Jahre tritt als gewählter Gegenbischof
Graf Albrecht von Mansfeld auf, welcher sich, obwohl er in Wirklichkeit nie
Bischof gewesen ist, doch in seinen Urkunden eines bischöflichen Siegels bediente
und noch im November 1356 wirksam war. Er ist 1357 gestorben. Auch mit
der ihm untergebenen Geistlichkeit und der Stadt lebte Albrecht in Zwist Ein
gewisser Jakob Snelhart, Kanonikus zu Liebfrauen und Domdechant, der vom
Bischöfe die erledigte Parochie Osterwieck erhalten hatte, stellte sich 1336 an
die Spitze einer geheimen Verschwörung, welche die Absetzung des Bischofs
bezweckte. Im Bunde mit der weltlichen Stadtbehörde, welcher es um Erlangung
ihrer Freiheit zu thun war, begann Snelhart und sein Anhang den Kampf gegen
Albrecht. Zwar kam es im März 1337 durch Vermittlung des Herzogs von
Braunschweig, Bruders des Bischofs, zu einer vorübergehenden Aussöhnung,
doch endete diese und machte einem erst recht energischen Vorgehen der Feinde
des Bischofs Platz, als der Erzbischof von Mainz gegen Snelhart einschritt und
ihn seiner Ämter entsetzen wollte. Des Bischofs darauf begründete Massregeln
verursachten einen furchtbaren Volksauf stand, welchem auch mehrere Geistliche
zum Opfer fielen. Während geraubt und allerlei Gewaltthat verübt wurde,
rettete der Bischof sein Leben durch Flucht über die Stadtmauer. Die Folge
dieser Dingo war die Verhängung des Bannes über die Stadt, der erst 1339
aufgehoben wurde, als sich der Bischof durch Verleihung von Vorrechten an die
Stadtverwaltung mit dieser wieder versöhnt hatte. Nachdem die Verabredungen
hierüber auf der Gerichtsstätte Wardeho vor dem Johannissthore stattgefunden
hatten, konnte der Bischof seinen feierlichen Einzug in die Stadt halten und auf
dem Martiniplan von neuem den Treueid von Rat und Bürgerschaft in Empfang
nehmen. Snelhart scheint seiner Ämter nicht entsetzt worden zu sein. Erst
1343 tritt ein neuer Domdechant Themo auf (s.o.). Aus den eben erwähnten
Ereignissen, sowie aus den häufigen Bündnisverträgen, welche die Stadt Halberstadt
mit andern Städten (Aschersleben, Quedlinburg, Goslar, Braunschweig u. a.) schloss,
zeigt sich, wie bedeutend die bürgerliche Macht der Stadt damals schon dastand.
Über die Entwicklung der Stadtverfassung wird unten genauer zu reden sein.
So lange Albrecht noch rüstig war, gelang es seinen Gegnern nicht, ihn zu
beseitigen. Erst im April 1357 fügte er sich der durch Innocenz VI. ausge-
sprochenen Absetzung. An seiner Stelle wurde der erst achtzehnjährige Ludwig
Halbersiadt (Geschichte 1359—1390) 177
■■ —
von Meissen als Bischof bestätigt. Mit einer von Ludwig und dessen Brüdern
ihm ausgesetzten jährlichen Pension von 200 Mark zog sich Albrecht ins Privat-
leben zurück und starb am 13. Oktober 1359. Sein Gegner, Albrecht von Mans-
feld, wurde 1366 zum Bischof von Merseburg erwählt, starb aber gleich darauf.
Ludwig erhielt die bischöfliche Weihe nicht sogleich, sondern auf sein
eigenes Bitten erst drei Jahre später. Geldverlegenheiten, in welche er durch
verschiedene Bündnisse, eine verunglückte Unternehmung gegen die Grafen von
Mansfeld und deren Anhang, durch einen Krieg gegen den Herzog von Braun-
schweig, sowie durch Yerbesserungen an den heruntergekommenen Gütern und
Burgen des Hochstiftes, geraten war, nötigten ihn 1363 zur Abtretung seines
Münzrechtes an die Stadt und das Domkapitel Nachdem er im September 1366
noch einem kriegerischen Bunde gegen die Stadt Braunschweig beigetreten war.
Als sein Nachfolger in Halb. ti*at 1366 Albrecht III. von Berge, gebürtig
von Rikmersdorf, die Regierung an, ein gelehrter Mann, der durch sein selbstän-
diges Denken und die freimütige Art, seine Gedanken auszusprechen, 1372 sogar
dem Papste Anlass zum Einschreiten bot. Gleich nach seinem Regierungsantritte
machte er sich an die Bekämpfung der Strassenräuberei, welche besonders von
den Knesebecks, die ihren Sitz auf der Dumburg im Hakelwalde hatten und im
Hildesheimischen Gebiete von der Burg Walmoden aus betrieben wurde. Während
die erste Unternehmung glücklich verlief, nahm die zweite, an welcher sich auch
Erzbischof Dietrich von Magdeburg und Herzog Magnus von Braunschweig be-
teiligten, einen ungünstigen Ausgang durch die Niederlage in dem Treffen
zwischen Dinklar und Farmsen. Der Bischof selbst wurde gefangen und konnte
nur mit' beträchtlichen Opfern wieder ausgelöst werden. Auf des Bischofs übrige
kriegerische Unternehmungen und die mancherlei dabei geschlossenen Bündnisse
kann hier nicht weiter eingegangen werden. Bemerkenswert ist auch in dieser
Zeit das selbständige politische Verhalten der Stadt Halberstadt und die zu-
nehmende Unabhängigkeit, welche sie als Mitglied der Hansa, der sie schon
unter Albrecht II. beigetreten war, gegenüber dem Bischof allmählich gewann.
Der zwischen Albrecht und der Stadtverwaltung besonders wegen der Vogtei
bestehende Zwiespalt wurde 1370 einstweilen beigelegt. Weiteres hierüber s. u.
Je merklicher die Energie der städtischen Behörden sich gegenüber der klerikalen
Herrschaft geltend machte, je mehr war diese natürlich auf ihre eigne Befestigung
bedacht. Es war daher etwas Neues und Bedeutungsvolles, wenn auch in Wirk-
lichkeit nur die Wiederaufnahme eines alten Gedankens, als am 23. Februar 1369
die Kapitel der Stifter sich zu der sogenannten Union zusamm^nthaten behufs
gemeinsamer Verteidigung gegen alle, welche ihren Rechten zu nahe zu treten
versuchen würden, ja nötigenfalls auch gegen den Bischof selbst. Dieser Vertrag
wurde am 30. Mai 1386 erneuert und hat sich bis in das 17. Jahrhundert erhalten.
Eine Kommission von acht Mitgliedern (das Domkapitel stellte dazu 4, Lieb-
frauen 2, St. Bonifaz und St. Paul je 1, St. Johannis blieb vorläufig unvertreten)
führte die Geschäfte. Albrecht starb am 8. Juli 1390 und wurde im Dome vor
dem von ihm gestifteten Altare St. Livini bestattet.
Es trat darauf eine Sedisvakanz ein. Weihbischof war in dieser Zeit
Nikolaus von Constantiana. Dieser Zwischenzustand dauerte aber nicht lange,
da schon am 28. November die Wahlkapitulation des neuen Bischofs, Ernst von
Kreis Uaiberatadt. 18
1
178 Halberstädter Stadtkreis: Halberatadt (Geschichte 1390-1420)
Hon stein, vier Monate nach dem dieser sich auf sie verpflichtet hatte, vom
Papste anerkannt wurde. Fehden (besonders gegen den Herzog von Braun-
schweig) und Unruhen zerrütteten den wirtschaftlichen Zustand des Hochstifts
immer mehr. Die Folge waren Verpfändungen, die Ausschreibung einer auch
auf die Geistlichkeit ausgedehnten allgemeinen Vermögens- und Grundsteuer,
die wiederkäufliche Überlassung des weltlichen Gerichtes an den Rat der Stadt,
besonders die letztere eine sehr folgenschwere Massregel, alle zusammen aber
dazu geeignet, die Stellung des Bischofs zu erschüttern. Ob hierin auch die
Ursache lag, dass Ernst, wie erzählt wird, im Banne habe sterben und sein
Leichnam sieben Jahre lang habe unbeerdigt bleiben müssen, ist nicht bekannt
Er starb am 5. (6. ?) Dezember 14CX). Da sein Anhang der Stadt weiteren
Schaden zufügte und aus unten zu erörternden Gründen die Erregung gegen
die übermässig bevorrechtete Geistlichkeit überhaupt eine gewaltige war, so
erhob sich Aufruhr gegen die Geistlichkeit, welche vorübergehend aus der Stadt
weichen musste. Die Folge war die Bannung Halberstadts , welcher nur die
Franziskanermönche keine Beachtung schenkten. Dass die Bewegung sich nur
gegen die Halberstädter Geistlichkeit, nicht gegen die Kirche im Ganzen richtete,
zeigt sich aus der freundlichen Aufnahme und dem energischen Schutze, welchen
der päpstliche Bote Augustinus de Undinis mit seinem Gefolge fand, als er 1401
in Halberstadt das Kreuz predigte. Von einer Versöhnung des Rates mit der
Geistlichkeit aber konnte keine Rede sein, da beide Teile um ihre wichtigsten
Lebensbedingungen kämpften. Erst 1404 wurde auf Befehl König Ruprechts ein
Ausgleich angebahnt. Bischof war zu dieser Zeit Rudolf von Anhalt, vom
Papste bestätigt 23. Februar 1401. Zu erwähnen ist unter seiner Regierung der un-
glücklich verlaufene Krieg gegen den Erzbischof von Magdeburg. Abgesehen
von diesem unternehmen, welches nicht von Rudolf selbst ausging, war er
kriegerischen Dingen abhold. Seinem Einflüsse gelang es, 1406 die Versöhnung
zwischen Rat und Geistlichkeit einigermassen zu befestigen. Seine Regierung
und sein Leben endeten am 28. November 1406. Sein Nachfolger, Heinrich
vonWerberge, befestigte den Frieden zwischen der kirchlichen und städtischen
Regierung durch Einsetzung eines dauernden Schiedsgerichtes. Zu weiterer
erheblicher Thätigkeit kam er nicht, da er schon am 24. Dezember 1410 starb.
An seine Stelle trat Albrecht IV. von Wernigerode, welcher sich namentlich
durch seine Beteiligung an dem Kampfe verdient gemacht hatte, welchen Erz-
bischof Günther von Magdeburg, die Herzöge von Braunschweig" und die Städte
Halberstadt und Quedlinburg gegen die Ritter von Schwicheldt unternahmen,
die durch ihre Räubereien die Gegend in Schrecken setzten. Nach Eroberung
der Harzburg, auf welcher sie hausten, und durch Gefangeusetzung eines Haupt-
übelthäters wurde Ruhe geschaffen. Albrecht starb am 11. September 1419,
nachdem er zehn Tage vorher ein Testament gemacht hatte, welches für die
Geschichte des damaligen Kunstgewerbes manches Interesse hat (U.-B. d.
Höchst. IV, 3369). Der nächste Bischof Johann von Hoym erliess seine Wahl-
kapitulation am 24. Februar 1420. Von den kriegerischen Ereignissen während
seiner Regierung ist für die Halberstädter Gegend als wichtig erwähnenswert
der von 1420—23 dauernde Kampf zwischen dem Bischof von Hildesheim und
Herzog Bernhard von Braunschweig, welcher letztere mit Bischof Johann von
Halberstadt (Geschichte 1421—1430 — Verfassungsgeschichte) 1*79
Halberstadt verbündet war. 1421 kam es dabei südwestlich von Osterwieck in
der Gegend von Külingerode (s. Wüstungen) zu einem Kampfe, in welchem die
Hildesheimer besiegt wurden. Ferner ist von Wichtigkeit 1430 das Auftreten
der Hussiten im Halberstädtischen. Von den übrigen mancherlei Kämpfen, auch
von der Beteiligung der Stadt Halberstadt an den Unternehmungen der Hansa,
kann hier nicht weiter die Rede sein. Für das Genauere sei auf die einschlägige
Latteratur verwiesen und die Sache selbst hier nur erwähnt, weil sie zeigt, zu
welcher Bedeutung sich die Macht Halberstadts emporgerungen hatte. Sie war
damals auf dem Wege zur Erlangung völliger Selbständigkeit gegenüber der
bischöflichen Regierung und würde den Kampf mit dieser, welcher schon im
14. Jahrhundert wiederholt entbrannt und der nur scheinbar beigelegt war, sieg-
reich durchgeführt haben. Die Stellung des Bischofs erscheint im Anfange des
15. Jahrhunderts gegenüber der bürgerlichen Selbständigkeit schwer bedroht.
Die Rettung kam ihm durch das furchtbare Ereignis, welches unter dem Namen
Halberstädter Schicht bekannt ist.
Um jene Revolution samt ihren Folgen richtig zu verstehen, muss hier
ein kurzer Überblick über die Entwicklung der Halberstädter Ver-
fassung gegeben werden.* Wir haben oben gesehen, dass eine Niederlassung
von Bedeutung, Halberstadt genannt, schon bestanden haben muss, als das
Bistum dorthin gelegt wurde. Das Regiment führte der Vertreter des Königs,
der Graf und dessen Beamte, dann, nachdem der Bischof Ende des 10. Jahr-
hunderts in den Besitz der weltlichen Herrschaft gelangt war, dieser mit den von
ihm eingesetzten Beamten, welche zum Teil die unmittelbaren Nachfolger der
früheren königlichen Beamten waren. Aus dem königlichen Grafen wurde der
Grossvogt (advocatus major, adv. summus etc.) Sein Amt war erblich, wie
sich wenigstens in Bezug auf die Familie von Suselitz nachweisen lässt. Er übte
die Obervogtei über die Stadt und deren Gebiet. Zuerst wird das Amt 1068 als
von einem Johannes verwaltet erwähnt, doch steht der Zuverlässigkeit solcher
ersten Erwähnungen die Lückenhaftigkeit des Halberstädter Urkundenmaterials
entgegen. Die Placita, welche der Grossvogt abhielt, betrafen nur weltliche
Personen; alles mit dem geistlichen Wesen nur irgendwie Zusammenhängende
entzog sich seiner Gewalt; nur über die bischöflichen Liten durfte er dreimal im
Jahre in des Bischofs Burg Gericht halten. Seine Mittlerstellung zwischen
Bischof und Volk bewirkte, dass er sein Amt nur in Gegenwart von Vertretern
beider Parteien niederlegen (und sichei; auch antreten) durfte. Im Interesse
redücher Amtsführung wurde darauf gesehen, dass der Grossvogt in gesicherter
Vermögenslage war. Dabei blieben die Grossvögte des Bischofs Lehnsleute, doch
fühlten sie sich allmählich unabhängig genug, gelegentlich eigene Wege zugehen.
Schon 1133 wagte ein gewisser Werner gegen Geistliche einzuschreiten, sogar von
ihrer Dienerschaft einzelne gefangen zu nehmen. Ähnliche Fälle mögen wieder-
holt vorgekommen sein. Die Lostrennung des städtischen vom bischöflichen
* Über alle Einzelheiten der Haiberstädter Verfassiingsgeschichte vgl. die sehr aus-
führliche Arbeit von Dr. W. Varges in der H -Z. 1896. Hier können nur einzelne wichtige
Punkte berührt werden, insbesondere diejenigen, bei welchen meine Ansicht von der des
genannten Herrn abweicht.
18*
180 Halber^tädter Stadtkreis: Halberstadt (Verfassungsgeschichte)
Rate (s. unten) kam entscheidend dazu, und 1226 beschloss der Bischof, das
Amt mit Benutzung guter Gelegenheit abzuschaffen. Es ist unbekannt, was den
Grossvogt Dietrich damals bewog, dem Bischöfe sein Amt für 150 Mark zu ver-
kaufen. Der Verdacht liegt nahe, dass der Bischof eine Geldverlegenheit des
unbequemen Mannes ausnutzte. Jedenfalls v^rurde er seiner ledig, denn wiewohl
ein Wiederkauf des Amtes verabredet war, ist doch davon nichts zu hören.
Dietrich ist der letzte Grossvogt, den die Urkunden kennen, und wenn er im
Halberstädter Urkundenbuche noch in einer undatierten, vom Herausgeber auf
etwa 1232 gesetzten Urkunde vorkommt, so mag entweder diese angenommene
Datierung unrichtig sein, oder Dietrich, wenn auch nicht das Amt, so doch den
Titel noch eine Zeitlang fortgeführt haben.
Des Grossvogts Untergebener, gleichfalls aus der königlichen Zeit herüber-
genommen, war der Stadtkommandant. Er heisst in den Urkunden advocatus,
tribunus plebis; seit 1118 heisst er häufig praefectus; seit 1183 kommt auch der
Titel scultetus vor; auch der Titel burggravius findet sich 1182. Der erste Tribun,
Bervardus gehwissen, erscheint 1068, so spät sicherlich nur durch denselben
Zufall wie der Grossvogt. Er gehörte zu des Bischofs Ministerialität; die Dauer
des Amtes war zeitlich nicht begrenzt, hing vielmehr von der Brauchbarkeit des
Inhabers ab. Von einem gewissen Caesarius wenigstens hören wir 1186, dass
er schon vordem Präfekt war; 1208 verwaltete er das Amt immer noch. Dass
mit diesem ausser den militärischen auch stadtrichterliche Befugnisse verbunden
waren, was eine Losgelöstheit der Stadt von der Gaugerichtsverfassung bedeuten
würde, ist durchaus wahrscheinlich. Beim Verschwinden des Grossvogtes ver-
schwand auch der Präfekt, und an die Stelle beider traten zur Verwaltung der
weltlichen Gerichtsbarkeit seit 1237 ein, seit 1241 zwei iudices. Über das Amt
des Vicedominus, eines Laien, der 1087 zuerst auftritt, lässt sich nichts Be-
stimmtes sagen.
Als geistlicher Kollege dieser weltlichen Beamten des Bischofs erscheint
zur selben Zeit der Official, zwar erst 1242 genannt, aber mit ^icr Versicherung,
dass er (ein gewisser Ludolf) das Amt schon unter dem Bischof Friedrich (f 1232)
versehen habe. Seine Erwähnung bleibt bis zum 14. Jahrhundert die einzige;
unklar ist ausserdem, ob seine Befugnisse sich mit denen des späteren Officials
gedeckt haben.
Wichtiger und für die Folgezeit bedeutender als die meisten dieser Beamten
war aber die bischöfliche Katsversammlung. Sie war keine Körperschaft,
denn ihre Zusammensetzung hing vom jeweiligen Belieben des Bischofs ab. Sie war
auch keine Behörde, denn sie hatte fürs Erste nach keiner Richtung ein eigenes Ver-
fügungsrecht. Wie ihr Name consilium zeigt, stand sie vielmehr neben und
unter dem Bischöfe, nur beratend, seine Willensakte bezeugend. Als Mitglieder
gehörten zu dem bischöflichen Rate die Ministerialen des Bischofs, ausserdem
pflichtmässig die vorher aufgeführten Beamten. Von allen diesen zog er zu
seinen Beurkundungen und Beratungen wen er wollte, und sah sich so von einer
Anzahl ihm gefügiger Männer unterstützt, die dem geistlichen wie dem Laien-
stande angehörten. Die letzteren, wiewohl je länger je mehr ihre Überzahl
zunahm, werden in den Zeugenreihen der Urkunden mit geflissentlicher Kürze
behandelt, vielfach nur summarisch erwähnt. Da nun zu den Ministerialen des
Halberstadt: (Verfassungsgeschichte : der städtische Rat, Siegel, Wappen) 181
Bischofs sowohl ländliche Besitzer als auch städtische Bürger gehörten, so war
dieser bischöfliche Rat der des ganzen Territoriums, noch nicht blos der Stadt.
Ausser den bischöflichen Ministerialen gab es in Halberstadt von einer Zeit
her, die sich nicht feststellen lässt, eine Gemeinschaft freier Leute. Ihre Un-
abhängigkeit begründete sich auf die Garantien, welche dem Halberstädter Frei-
markte in früherer Zeit mündlich, durch Bischof Friedrich schriftlich gegeben
waren. Sie führten 1105 die offizielle Bezeichnung cives forenses und genossen
besondere Vorrechte, darunter die Abhaltung des burmal (des Bauern- und
Bürgergerichtes), Bestimmung von Mass und Gewicht, selbständige oder von
ihrem Obmanne besorgte Schlichtungen von Streitigkeiten bei Kauf und Verkauf
und dergl. Diese alte Marktgemeinde ist es, welche bei der späteren Absonderung
des städtischen vom bischöflichen Rate ihren Einfluss besonders geltend machte.
Wegen ihrer andauernden Bedeutung finden sich oft Hindeutungen auf sie, und
der Bischof fand für nötig, ihre Vertreter auch zu seinem Konsilium heran-
zuziehen. Unter den Zeugen einer Bischofsurkunde von 1186 giebt es vier
Personen ohne Standesbezeichnung, nur mit dem Zusätze de civitate; 1214 gab
es einen Streit der Bürgerschaft mit den Templern, der durch den Bischof bei-
gelegt wurde in Gegenwart seines Consiliums und der universi civitatis nostre
burgenses; 1237 wurden diese burgenses ausdrücklich von den ministeriales
unterschieden. Die immerhin fühlbare Bedeutung, welche dio alte Marktgemeinde
schon darum, weil sie vor die Zeiten der bischöflichen Herrschaft ihren Ursprung
zurückverfolgen mochte, dieser gegenüber mit Erfolg behauptete, femer die
allmählich, je mannigfaltiger die Thätigkeit der bischöflichen Regierung wurde,
immer unabweisbarer werdende Notwendigkeit der Geschäftsteilung führte seit
dem zweiten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts dazu, dass sich ein städtischer Rat
von dem bischöflichen lostrennte. Ein bestimmtes Jahr für dieses wichtige Ereignis
ist unbekannt; es ist auch kaum anzunehmen, dass die Sache mit einem Schlage
geschah. Als Erfolg eines bewussten Drängens der Bürgerschaft wurde das
Ereignis vielleicht von dieser angesehen, wogegen der Bischof keinen Grund
hatte, darin mehr zu erblicken als eine seiner freiwilligen Regierungsthaten.
Seitdem (zuerst 1223) führte die Stadtverwaltung ein selbständiges Siegel und
ein eigenes Wappen.^ Als Versammlungslokal der burgenses diente die Markt-
kirche St. Martin, bis schon vor 1241 zum Bau eines selbständigen Rathauses
neben dieser Kirche geschritten wurde. Freiheit vom bischöflichen Regimente
hat der städtische Rat weder damals noch zu irgend einer Zeit gewonnen; nur
' Das Siegel ist abgebildet auf dem Titelblatte des ersten Bandes des Halb. Urkund<n-
buches. Beschreibung in einer Urkunde von 1380 nach dem Originale von 1806: predictum
vero sigilluin in dicta cordula seric^'a appensum erat rotunda figura et de cera alba sanum
et integrum, in cuius medio apparuit imago b. Stephani prothomartiris versus orientem
geniculantis et orantis manibus convolutis et elevatis et in superiori parte quasi domuucula
quedam et a dextris et sinistris ciniboria depressa, in cuius circumferentin in superiori parte
primo figura lilii deinde litteris grecis (?grossi8?) continebatur explicite . . . ,,SigilIum burgen-
siam in Halberstad'* in cuius sigilli dorso tres concavationes quasi per pollicem impresse
apparebant. — Das Wappen ähnelte zuerst dem soeben beschriebenen Siegel. Erst seit der
Neugestaltung der Stadtverfassung nach der Schiebt erhielt es die noch jetzt gültige Gestalt,
in welcher es bis dahin vielleicht nur einem einzelnen Stadtteile angehört hatte. Es zeigt
182 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Verfassnngsgescbichte: der Rat)
die Grade seiner Abhängigkeit sind verschieden gewesen. Da er aber beständig
danach strebte, sie abzuschütteln, die klerikale Bevormundung los zu werden, die
selbstsüchtige, der Stadt oft genug interesselos, wenn nicht gar feindlich gegen-
überstehende Politik der Bischöfe zu durchkreuzen, und da die letzteren natür-
lich allen solchen Versuchen mehr oder weniger heftigen Widerstand entgegen-
setzten, ja dabei auch offensiv wurden, so entstand aus diesem unseligen Ver-
hältnis eine durch das ganze Mittelalter sich ziehende Reihe von Streitigkeiten,
unter denen die Entwicklung der Stadt unermesslich gelitten hat.
Das Bathaus ist schon vorher erwähnt worden. Es war am Martiniplane
auf einem acht Worten umfassenden Gebiete erbaut, welches ehemals dem
Hospital St. Spiritus gehörte, und wofür der Rat Zins zahlen musste, den er aber
1241 ablöste. Hier versammelte sich der Rat, die unanimitas burgensium,
communitas nostre civitatis, universi consules et burgenses, nos consules burgenses
et populus civitatis (1261), nos consules et magistri civium ac officiorum civitatis
halb. (1289), consules magistratus et tota plebs, consules et commune civitatis
halb. (1290), consistorium (1317), oder wie er sich sonst nennen mochte. Wir
lerneil von dem Rate 1241 sechzehn Personen kennen, nämlich fünf Ministerialen,
fünf Bürger und sechs Bauermeister (magistri civitatis). Jene ersten zehn hiessen
Stadträte (consiliarii civitatis), und ihre Zusammensetzung zeigte dass der Bischof
für seine Vertretung im städtischen Rat sorgte; denn jene Ministerialen sind
die seinigen, ihre Namen kommen auch in den Zeugenregistern mehrerer bischöf-
licher Urkunden vor. Den magistri civitatis dürfte jedenfalls unter den Sechzefin
die bedeutendste Stellung zukommen; zwei von ihnen heissen auch iudices, zwei
andere monetarii, während sie doch zumeist samt den übrigen als consules
bezeichnet werden (1241. 1251). Die angeführten Titel zeigen, dass die magistri
die eigentlich wichtigen Ämter verwalteten. Leider fehlt der urkundliche Anhalt
dafür festzustellen, in welchem Zusammenhange das Auftauchen dieser neuen
städtischen Ämter mit dem nur wenig früheren Verschwinden des alten praefectus
steht. Fast könnte man annehmen, dass der Bischof des Präfekten Befugnisse
der neuen städtischen Verwaltung übertragen habe, und dass er mit seiner eignen
gleichzeitigen Machtverstärkung durch Beseitigung des Grossvogts ein Gegen-
gewicht gegen die der Stadt vielleicht nur unfreiwillig gemachten Zugeständnisse
habe schaffen wollen. So gingen aus der Umgestaltung der Verbältnisse beide
Parteien, Bischof und Stadt, gekräftigt hervor, beide stark genug, von nun an,
wenn es sein musste, getrennte Wege zu gehen.
Ausser den oben genannten sechzehn Männern wirken 1251, als es sich bei
einer Amtshandlung der beiden iudices um die Scharren der Schuster liandelt,
noch neunzehn andere als Zeugen mit. Die ersten dreizehn sind mit Namen
genannt; es sind sechs Kaufleute, vier Wechsler, drei Krämer, sechs Schneider,
Mit ihnen bezeugen die ceteri burgenses civitatis. Ijctztere dürften der vorher
„einen in Weiss und Kot gespaltenen Schild mit einem schwarzen, bald schräg rechto, bald
schräg links gelegten Widerhaken oder sogenannter Wolfsangel. Den Helm ziert zwischen
zwei an gelben Staugen flatternden, von Rot und W^eitjs quergeteilten Fähnlein ein hoher,
weisser, rot aufgestülpt<)r Hut, dessen gelber Knopf mit drei Pfauenfedern besteckt ist. Die
Helmdecken sind rot und weiss.'* Vgl. G. SalzenbiTg, die Wolfsangel in dem Halber-
städtischen Stadtwappen. Neue Mitteil. VIII, 3. 4., 94—101.
Halberstadt (Verfassuogsgeschichte : der Bat) 183
besprochene Bat sein, die andern neunzehn sind Vertreter der Innungen, welche
es damals bereits durchgesetzt haben, dass auch sie bei Sachen, die ihre Interessen
und die von ihresgleichen betreffen, zu Rate gezogen werden müssen. Auch
dies scheint nicht erst 1251 aufgekommen zu sein. An die Vertreter der Innungen
ist auch gedacht, wenn in den älteren Urkunden von populus, tota plebs u. dergl.
gesprochen wird. Doch bilden sie vorläufig eine von dem Begriffe burgenses
noch nicht deutlich zu unterscheidende Klasse. Erst im Laufe des 13. Jahr-
hunderts stellt sich eine Teilung des Rates in drei Abteilungen heraus, die sich
an den oben angeführten lateinischen Bezeichnungen erkennen lassen. Am
Anfange des 14. Jahrhunderts unterscheidet man: rat, innunge und burghere
ghemene (1310); borgemestern, radmannen, innungismestem undeborgem(1315),
wobei die beiden erstem zusammen den Rat im engern Sinne bilden. Alle
zusammen heissen auch, nach ihrem Amtseide, der Stadt Geschworene (iurati
civitatis 1404). Die Zusammensetzung des Rates zeigt, dass dieser alles besass,
was geeignet gewesen wäre, ihm auf die Dauer des Übergewicht über die
bischöfliche Macht zu verschaffen. Ein verständiges Zusammengehen der drei
Klassen der Ratsmitglieder hätte das Beste bewirken können; das Missgeschick,
welches 1423 in der Schicht noch keineswegs seinen Höhepunkt fand, kam abqr
daher, dass ein solches Zusammengehen nicht hergestellt wurde.
Wie viele Mitglieder der Rat gehabt hat, lässt sich schwer feststellen, weil
zu den urkundlichen Bezeugungen keineswegs immer alle erschienen. Ausser-
dem hat die Zahl der Innungsvertreter in Wirklichkeit geschwankt; allmählich nimmt
sie ab. Die höchste nachweisbare Zahl der Ratsmitglieder ist 36 (1387); dabei ist ein
Bürgermeister, 7 Ratsherrn, 8 Bauermeister (über sie ist unten weiter zu sprechen)
und 20 Meister, während der letzteren 1399 nur dreizehn, 1400 sogar nur elf sind.
Der Rat im engeren Sinne aber, bestehend aus dem Bürgermeister und 7 Rat-
mannen hält seine Zahl zumeist fest. Alter und Vermögensverhältnisse kamen
für den Eintritt in den Rat der Theorie nach nicht in Betracht, während in der
Praxis wenigstens die Geldfrage eine sehr wesentliche Rolle spielte. Über den
Wahlmodus verlautet nichts; die späteren Ereinnisse aber führen zu der Ver-
mutung, dass, wenn überhaupt jemals Volkswahl stattfand, dies Recht bald durch
den Gebrauch der Kooptation und den dadurch begünstigten Nepotismus ein-
geschränkt wurde. Die Wiederkehr gewisser Familiennamen im Rate schon am
Ende des 13. Jahrhunderts (Ludolf Landgreve 1289, Hogherus Landgravius 1301 ;
Konrad von Lohe 1289, Johannis de Lo 1296) macht dies ausserdem wahr-
scheinlich. Die Amtsdauer scheint uneingeschränkt gewesen zu sein, wie
ehemals beim Präfekten. Fünf Namen von 1275 wiederholen sich 1285; ein
Ditmar von Veckenstedt ist im Mai 1289 und noch im November 1305 im
Amte; Heise Pellel begegnet uns im Dezember 1296 und noch im Dezember
1317. Der Wahltag war, wie es scheint, der auch später übliche Hilariustag
(13. Januar). Die Bestätigung der Wahlen oblag, wenigstens in früherer Zeit,
dem Bischöfe.
Unter den Befugnissen des Stadtrates traten zunächst die marktrecht-
lichen hervor. Trotzdem ist von ihnen am wenigsten zu berichten, weil gerade auf
diesem Gebiete die Konkurrenz der klerikalen Regierung am schärfsten war. So
beschränkten sich seine Rechte auf Erhebung von Einfuhrzöllen und Ausübung
184 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Verfassungsgescfaichte)
der Marktpolizei. Das Bathaus am Martiniplane diente als Börse. Yor ihm stand
der Boland^ als Zeichen des Marktfriedens.
Der Bat besorgte ferner die Verwaltung der städtischen Finanzen. Er zog
die städtischen Steuern ein, die Wortzinse, die bulevinge, die wekenpennige,
die Frohnzinse, die Strafgelder u. s. w. Der Bat beaufsichtigte auch das
städtische Münzwesen. Schon 1239 finden wir ihn ferner im Besitze des Heer-
bannes. Allmählich entwickelte sich die Wehrfähigkeit der Stadt in so
bedeutender Weise, dass Bündnisse mit ihr in vielen Fällen von anderen
Machthabern aufgesucht werden, und dass sie imstande war, der Hansa als
Mitglied beizutreten. Mit dieser Wehrhaftigkeit hing natürlich zusammen,
dass der Bat auf den guten Zustand der Stadtmauern, Türme und Gräben sah
und die Einwohner zur Mauerwache anhielt, einer der dringendsten Pflichten, zu
der auch die Bewohner von Freihöfen herangezogen wurden, und von welcher
Befreiungen nur schwer zu erlangen waren. Zu baulichen Veränderungen an
den Befestigungswerken oder auch nur in deren Nähe bedurfte es der Genehmi-
gung des Bates.
Ferner oblagen dem Bäte die Grundbuchsachen; Besitzveränderungen an
Grundstücken wurden vor den Stadtrichtern vollzogen. Fanden diese oder andere
Bechtshändel zwischen einer bürgerlichen und einer geistlichen Partei statt, so
bedurfte die darüber ausgestellte Urkunde der Besiegelung von Stadt wegen. Es
oblag dem Bäte ferner die Qesundheitspolizei. Sie betraf die Beinhaltung der
Wasserläufe in und ausser der Stadt; seit 1250 wurde dem Bischöfe auch die
Fürsorge für die Strassenreinigung abgenommen, wofür jener einen Steuererlass
bewilligte. Sonst ist von der Thätigkeit des Bates nach dieser Seite, der Sorg-
losigkeit des Mittelalters entsprechend, wenig die Bede. Auch von baupolizeilichen
Massregeln hört man nichts. Seit 1261 übernahm der Bat auf Bitten des Bischofs
und Domkapitels den Judenschutz. Endlich war seine Aufgabe die Verwaltung
der Sicherheitspolizei. Er sorgte für Bestrafung der Gesetzübertreter, für
ihre Einsperrung (im Bichthause oder in den ßathauskellern), wenn nötig für
ihre Entfernung aus der Stadt, im schlimmsten Falle für ihre ^Hinrichtung.
Straffällige Batspersonen unterlagen der eigenen Innern Disciplin des Bates. Alle
diese Befugnisse erwarb die Stadtverwaltung in früher Zeit; wie sie ihre Bechte
allmählich auszudehnen wusste, werden wir an deren Einschränkung nach der
Schicht sehen.
Das durchweg vereidigte städtische Beamtenpersonal war nicht gering.
Ausser dem Bürgermeister, den beiden Stadtrichtern, welche bei weltlichen Bechts-
händeln die über dem Bäte stehende Instanz bildeten, und den Zinsmeistern,
von denen einer der grosse hioss, gab es die acht Bauermeister (s. u.), zwei
Münzmeister, einen Marktmeister, den Batsschreiber, die drei Grabenherren, ver-
* DasB ein solcher schon in älterer Zeit und vor dem jetzigen, von 1433 datierten
Rolande vorhanden war, geht daraus hervor, dass man bei dem 1381 erfolgenden Beginne des
Ilathausncubaues an der Westseite sogleich d(>n Sockel für den Eoland mit in das Fussgesims
einbaute. Warum man den alten nicht dort aufstellte, ist unbekannt. Am einfachsten ist
wohl die Annahme, dass er zu alt und schlecht geworden war und darum fiü* das neue Baus
nicht passte. Vielleicht war er gleich dem vor 1412(1404?) in Bremen vorhandenen Bolaude
von Holz. Bei der Erwähnung der Schicht wird unten Weiteres über ihn zu sagen sein.
Halberstadt (Verfassungsgeschichte) 185
pflichtet zur Beaufsichtigung der Reinlichkeit und der Fischzucht in den Stadt-
gräben; die Ratsdiener, Thorschliesser , Nachtwächter, Stadtknechte, endlich den
vor dem Gröperthore wohnenden Henker (angestmann).
Die wiederholt erwähnten Bauermeister, welche gleichfalls zum Rate ge-
hörten, und an die vielleicht mit einiger Einschränkung schon zu denken ist, wenn
frühere Urkunden von den magistri civium reden, waren die Vorstände der Stadt-
bezirke oder sog. Nachbarschaften, in welche Halberstadt seit dem 14. Jahrhundert
eingeteilt war. Die topographische Entwicklung der Stadt (vgl. den Stadt-
plan) war bisher in folgender Weise von statten gegangen. Als ältesten Teil haben wir
jene Gegend anzusehen, welche begrenzt wird von der Schmiedestrasse, Hohenweg
bis zur Göddenstrasse, Schuhstrasse, Breitenweg bis zur Sackgasse, Sackstrasse und
dem zwischen dieser und der Kühlingerstrasse liegenden Teile des Weingartens, der
jetzt noch erkennbaren alten Stadtmauer bis zur Spiegelstrasse, der Ritter- und Ros-
marinstrasse. Schon in alter Zeit erweiterte sich aber der besiedelte Bezirk und nahm
allmählich den Raum ein, welcher durch die um die Ostseite der Stadt ziehenden
Reste der alten Stadtmauer, sowie nördlich durch den die Stadt quer durch-
ziehenden Arm der Holtemme bis zum Tränkethor eingeschlossen wird. Dem-
nächst bildet sich nördlich hiervon, nach Westen begrenzt durch eine vom
Tränkethor über den Johannisbrunnen bis zur Promenade gedachte gerade Linie
das Suburbium, in welchem die vermutlich von Anfang an lebhafte Gewerb-
thätigkeit der Töpfer an dem Namen der Gröperstrasse noch jetzt zu erkennen
ist. Ummauert wurde dieser Bezirk zwischen 1208, wo die Thomaskirche noch
ausserhalb lag und 1236, wo die Moritzkirche als in civitate gelegen erwähnt
wird. Die weitere Besiedelung erfolgte seitdem westlich von den bisher gebildeten
Stadtvierteln über den ganzen Raum hin, welchen die Ruinen der alten Stadt-
mauer dort im Süden, Westen und Norden einschliessen, sodass nunmehr die
Burg, der eigentliche Mittelpunkt der bischöflichen Regierung, seit 1020 von
eigner Mauer umgeben von den Häusern der Stadt rings eingeschlossen war.
Während die ersten drei Stadtteile, ältere und jüngere Altstadt und die Neustadt,
zusammen Weichbild genannt, unter städtischer Verwaltung standen, hiess der
westliche Teil die Vogtei. Sie blieb der bischöflichen Regierung vorbehalten.
Das Weichbild wurde nun schon früh in sechs Nachbarschaften geteilt. Es waren
dies: 1. die vom Breitenwege, 2. die von der Kühlingerstrasse, 3. von der Hars-
leberstrasse, 4. von der Schmiedestrasse, 5. vom Hohen wege, 6. vom Schuhhofe.
Dazu kamen in späterer Zeit noch zwei, nämlich: 7. die von der Ritterstrasse,
8. aus dem Westendorfe. Sie bildeten Genossenschaften zu gemeinsamer Wahr-
nehmung ihrer Interessen, welche die städtischen Angelegenheiten, einschliesslich
Armenpflege, Wacht- und Wehrpflicht, sowie auch die landwirtschaftlichen Dinge
betrafen. An der Spitze stand der Bauermeister, neben ihm zwei oder mehr
Vorständer. Auch ihre Diener und Schreiber werden erwähnt. Mehr davon ist
unten zu sprechen.
Die Statuten der Stadtverwaltung sind in zwei Fassungen* auf uns ge-
kommen, die sich in dem sogenannten Stadtbuche befinden. Sie wurden all-
* Über ihr gegenseitiges Verhältnis vergl. die Einleitung zum 1. Bande des Halber-
stadter Urkundenbuches.
186 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wirtschaftsgeschiclite, Innungen)
jährlich bei dem sogenannten burding vorgelesen und sind heute das einzige
Überbleibsel aus der ehemaligen Ratsregistratur. Vor weiterer Darstellung der
verfassungsgeschichtlichen Entwicklung sei hier noch ein Blick auf das wirt-
schaftliche Leben der Halberstädter Bürgerschaft im Mittelalter
geworfen.
Die früher erwähnten ländlichen Beschäftigungen waren keineswegs auf die
Dörfer beschränkt, sondern die Anlage der Stadt und die eigentümliche Zu-
sammensetzung ihrer Bevölkerung bewirkte, dass die meisten Zweige des Acker-
baus und der Viehzucht auch von Stadtbewohnern des Erwerbes und Lebens-
unterhaltes halber betrieben wurden. Infolge dessen blühten dort auch diejenigen
Gewerbe, welche sich mit der Verarbeitung der Rohmaterialien beschäftigten.
Die Mühlenwirtschaft wird oft erwähnt. Sie stand in Stadt und Land in
lebhaftestem Betriebe. Damit hing zusammen das Gewerbe der Bäckerinnungl
die, wie alle Innungen der bischöflichen Oberaufsicht unterworfen war. Von ihr
ist ein Statut von 1340 erhalten. Die Bauermeister der Stadt hatten die
Kontrolle über die Verkaufsstellen und die Ware. Gebacken wurde grobes Brot,
Weissbrot und Bretzeln (bretzstellen). Der öffentliche Verkauf fand zweima,
wöchentlich auf dem Kirchhofe (Martiniplan?) statt. — Eine Gesellschaft der
Müller- und Bäckerknechte, geleitet von fünf Vorständen, wird 1439 erwähnt.
Die Brauer. Ihr Gewerbe, zu dessen Gunsten der früher erwähnte starke
Hopfenbau in der Nähe von Halberstadt betrieben wurde, blühte sicher schon
viel früher, als es urkundlich zuerst erwähnt wird. Von einer cervisia capitalis
wird 1360 berichtet. 1492 hören wir von der Marienbrüderschaft der Brauer-
knechte. Der sogen. Broihan wurde zuerst 1574 durch Andreas Westphal her-
gestellt, sein Haus am Ende der Gerberstrasse steht noch jetzt Das Brauen
und Ausschenken von Bier war nicht blos den Gastwirten, sondern auch den
Bürgern gestattet.
Die Weber. Sie empfingen 1283 eine Urkunde des Bischofs Volrad, in
welcher bestimmt wurde, dass, wer in die Zunft eintreten wolle, eine bestimmte
Summe an die Zunftkasse und einen halben Gulden samt einem Talente Wachs
an die bischöfliche Kammer zu zahlen hätte. 1291 wurde dazugesetzt, dass,
wenn sie nicht zur inninge der Kaufleute gehörten, sie kein Tuch schneiden
dürften.
Ihnen am nächsten standen die Schneider, auf deren Statut (aus der ersten
Hälfte des 15. Jahrhunderts und im 18. Jahrhundert noch im Gebrauch) wegen
dessen Woitschichtigkeit hier nicht näher eingegangen werden kann. Die Innung
hatte vier Provisoren.
Das Statut der Hutmacherinnung (factores pilleorum) stammt von 1284.
Die Kürschner sind schon Mitte des 13. Jahrhunderts erwähnt; ihre unter
3 Provisoren stehende Gilde 1483.
Die Schuhmacherinnung, deren Gedächtnis in dem Namen des Schuhhofes
und der Schuhstrasse noch jetzt bewahrt wird, empfing 1230 ein Privileg des
Bischofs Friedrich, worin auch die Filzschuhmacher als zur Innung gehörig
gerechnet wurden. Ihr Vorstand scheint aus sechs Personen bestanden zu haben,
an deren Spitze der Aldcrmann stand. Ein Streit wegen der Scharren am Schuh-
hofe, welchen sie lange Zeit mit dem Liebfrauenstifte führten, wurde 1251
Halberstadt (Innungen, Wirtschaftsgeschichte) 187
dadurch geschlichtet, dass ihnen die Scharren für eine jährliche Steuer zu
beständigem Besitze gegeben wurden. — Mit der Gilde der Schuhmacher finden
wir Ende des 15. Jahrhunderts auch die der Gerber vereinigt.
Von der Innung der Schmiede wird urkundlich wenig berichtet, obwohl es
nach den Namen vieler mittelalterlicher Halberstädter Familien (Goldschmied,
Kleinschmied, Messerschmied , Pfannenschmied , Pfeilschmied , Plattenschläger,
Schildschmied) scheint, dass gerade dieses Handwerk in vielen Zweigen in
Halberstadt vertreten war. Auch der Name der Schmiedestrasse zeugt noch
heute für die ehemalige Bedeutung dieses Handwerks. Da dasselbe in manchen
Beziehungen geradezu als eine Kunstthätigkeit ausgeübt wurde, wäre hier Ge-
legenheit auf die Halberstädter Künstler näher einzugehen, doch sei diese wichtige
and weitführende Sache für das Kapitel „Kunststatistik'' aufgehoben.
Ausserdem seien nach Familiennamen noch erwähnt die Handschuhmacher,
Münzer, Oblatenbäcker, Fenstermacher (Glaser?) u. a. darunter die wiederholt
erwähnten Apotheker. Selbstverständlich gab es auch Ärzte; die Namen einer
Anzahl von ihnen sind uns aufbewahrt.
Die Fleischer, Knochenhauer,* Garbrater (assatores) und Heringshändler und
die Innung der Krämer vermitteln den Übergang zu den mehr kaufmännischen
Berufen, von deren Betriebe die altfreie Marktgeraeinde von Anbeginn her ihre
Existenz fristete. Diese Halberstädter Kaufmannschaft im engeren Sinne war
dem Bischof zinspflichtig, erfreute sich aber des Besitzes alter Gerechtsame und
sorgte dafür, dass ihr diese von Zeit zu Zeit durch die Bischöfe ausdrücklich
bestätigt wurden. Dazu gehörten gewisse Grundbesitze, Freiheit vom Fleisch-
zehnten, Zollfreiheit auf allen königlichen Märkten, die Abhaltung des Burmal,
Feststellung von Mass und Gewicht, selbständige Schlichtung ihrer innem
Streitigkeiten und dergl. Um das Marktregal führten sie mit dem Bischöfe einen
unablässigen Streit. Über die bedeutende Rolle, welche dieser Kern der Bürger-
schaft im Innern politischen Leben der Stadt gespielt hat, ist oben bereits hin-
gewiesen worden; auf die Einzelheiten ihrer kaufmännischen Institutionen kann,
so interessant diese auch sind, hier nicht weiter eingegangen werden. Schon im
13. Jahrhundert ging der Handel Halberstadts weit hinaus, so verbürgter Massen
nach Flandern; die Verbindung mit Lübeck ist 1281 nachweisbar, und hierin liegt
der Anlass, dass Halberstadt sich späterhin der Hansa anschloss. Das Zeichen
des Marktfriedens war der Roland, der zuerst vor dem alten Rathause am
Martiniplane, seit 1433 vor dem neuen am Holzmarkte stand.
Die durch den lebhaften Handel begünstigten wirtschaftlichen Verhältnisse
hatten schon seit dem früheren Mittelalter zur Folge, dass die Lebensführung der
christlichen und jüdischen Kaufleute eine zum Teil prunkvolle war. Als Beispiel
sei die Familie Ammendorf erwähnt. Sie bewohnte ein eigenes Haus; die Frauen
erfreuten sich des Besitzes von Perlen, Korallen, Spangen, goldnen Reifen u. dergl.
Ausserdem waren vorhanden wertvolle Kleider, Geld, geistliche und weltliche
Bücher; in den Vorratsräumen Mehl, Fleisch, Getreide, Getränke (Wein, Bier,
Kii-schschnaps), Kohlen, Holz, WiLsche u. s.w., ferner eine Anzahl von Haustieren:
alles zusammen wurde, als die Familie in der Schicht das Ihrige verloren hatte,
* Das Siegel ihrer Innung beschrieben von v. Mülverstedt, H.-Z. 1870 p. 706.
188 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Veriassungsgeschichte)
abgesehen von den Grundstücken, in der Klageforderung auf gegen 15f)0 rh.
Gulden geschätzt. Von dem Aussehen des Ammendorfschen Hauses ist keine
Nachricht erhalten, doch wird man bei solchem Wohlstande auch in dieser
Beziehung Kosten nicht gescheut haben. In welcher Blüte die bürgerlich(3 Bau-
kunst schon damals gestanden haben mag, lässt sich aus dem Beispiele dfes nur
wenige Jahrzehnte jungem, 1461 erbauten Ratskellers schliessen. Die vornehmen
Geschlechter des Halberstädter Bistums hatten in der Stadt ihre eigenen Höfe
auf der Burg, um sich während der grossen Feste dort aufzuhalten. Diese
Gebäude enthielten auch Kapellen oder dazu bestimmte mit Altären versehene
Gemächer. Budäus (Leben Albrecht IL p.20. f), welcher diese Nachricht über-
liefert, fügt hinzu, in einigen solchen Höfen sei dergleichen noch zu seiner Zeit
(1624) vorhanden. Mit dem Wohlstande der Bürger hing zum Teil auch der der
Geistlichkeit zusammen, wovon verschiedene uns erhaltene Testamente von Dom-
herrn^ interessantes Zeugnis ablegen. Luxusvorschriften gab es im Mittelalter
in Halberstadt ebenso wie an andern Orten, und ebenso gering wie dort war ihre
Wirkung. So war denn auch das Einerlei des täglichen Lebens von allerlei
Scherz und Lustbarkeit unterbrochen, von Fastelabendsgelagen , Martinsfesten,
Jahrmarktstrubel u. dergl., und das Yolk sorgte dafür, dass hiervon auch in den
ernstesten Zeiten nicht abgelassen wurde. Bekannt ist das sogenannte Drachen-
spiel,^ welches bis 1416 von den Schülern des Liebfrauenstiftes um Epiphanias
aufgeführt, von der genannten Zeit an aber durch das Kapitel verboten wurde.^
Schlimme Folgen zeitigte der Wohlstand in dem Hange zum Wirtshausleben, zu
Glücksspielen (das sog. Doppeln wurde Ende des 14. Jahrhunderts mit Strafe
belegt, falls der Einsatz über einen Schilling ging) und der zunehmenden ün-
sittlichkeit, welcher die zahlreich vorhandenen Badstuben Vorschub leisteten.
Das Verhalten der Geistlichen wich in dieser Beziehung von dem der Bürger
nicht ab. 1447 sah sich das Domkapitel genötigt, ausdrücklich zu verbieten, dass
die Kurien auf der Domfreiheit an Dirnen und andere zweifelhafte Personen
verkauft oder vermietet würden. — Dass es neben dem Reichtum auch grosse
Armut gab, ist erklärlich, die Urkunden deuten es an durch Erwähnung
von obdachlosen Personen und solchen, die auf Kosten der Stadt begraben
werden mussten.
Während so die Stadt sich entwickelte, bestand die b ischöflich e Parallel-
regierung weiter, welche ihre Hand auf allem hielt, mit Ausnahme dessen, was
keinen Vorteil brachte. Entschloss sie sich hin und wieder, der Stadt irgend ein
wichtigeres Recht zu überlassen, so geschah es stets der augenblicklichen Geld-
verlegenheit halber und immer nur unter der Form der Verpfändung, welche
den Wiedererwerb ermöglichte. Und dieser wurde aus Mangel an gesetzlichen
Regeln immer unweigerlich wieder angetreten, mochte auch das Pfand nach den
Begriffen der Moral und des gesunden Verstandes längst verfallen sein. Des-
gleichen suchte man sich von den Verpflichtungen der Stadt gegenüber, welche
vei*ständiger Weise von jedem ihrer Bewohner verlangt werden mussten, zu
* Vergl. z. B. das des Dompropstes Friedrich Hake (f 1435). H.-Z. 1886. p. 59Ö.
* Die DracheDflügel sind noch jetzt im Domschatze vorhanden.
» Vergl. H.-Z. 1879 p. 594ff.
Halberstadt (Verfassungsgeschichte: die bischöfliche Regierung) 189
entlasten, wo es nur ging. Dazu gehörte insbesondere die Pflicht zur Mauer-
wache und zur Erhaltung der Befestigungswerke. Bisweilen kam es daher zu
verdriesslichen Weiterungen. Allmählich wurde das Rechtsverhältnis des Rates,
die Stadtbefestigungen betreffend, welches naturgeraäss ganz einfach hätte sein
müssen, derart verdunkelt, dass., als 1377 Aschersleben nach dieser Richtung in
Halberstadt um Auskunft bat, eine solche nicht erteilt werden konnte. Es
leuchtet ein, welch verhängnisvolle Folgen aus dieser Lage unter Umständen
entstehen konnten. All dergleichen geschah des allgemeinen Grundsatzes wegen,
dass man der Stadtverwaltung in jedem Falle den Meister zeigen müsse. Zu
wirksamem Wiederstande vermochte die Stadtverwaltung, weil sie in sich selbst
zwiespältig war, keine Kraft aufzubringen; sie erschöpfte sich in kleineren Streitig-
keiten, welche im Grossen und Ganzen immer mit ihrer Niederlage endeten und
immer nur kleine Vorteile verschafften. Trotzdem machte die Selbständigkeit der
Stadt Fortschritte und die klerikale Regierung musste sehen, wie ihr eine wichtige
Stellung nach der andern verloren ging. Als die Schicht aber eintrat, war der
Augenblick für die energische Befestigung der bischöflichen Herrschaft gekommen,
die nun eigentlich erst festen Fuss fasste, und später durch den Administrator
Ernst die Selbständigkeit der Stadtverwaltung zum blossen Schattenbilde machte.
Die Konkurrenz der klerikalen Regierung richtete sich seit der Emanzipation
der Stadtverwaltung gegen die verschiedensten Zweige der städtischen Verwaltung.
Vor allem sicherte sie sich deren fortwährende Beeinflussung durch die in den
Stadtrat zu wählenden bischöflichen Ministerialen, deren Prozentsatz schon oben
angegeben ist. An und für sich hätte sich wenig hiergegen sagen lassen, wenn es
sich bloss darum gehandelt hätte, die Stellung des Bischofs als dos Territorialherrn
zu schützen. In diesem Sinne hatte auch der Huldigungseid der Bürgerschaft
beim Regierungsantritte des Bischofs kein Bedenken. Uns ist die Formel über-
liefert, mit welcher die Bürger Albrecht dem H. ihren Schwur leisteten^: „Dat
we useme herren bischoppe Albert van Halberstad, de hier to ieghemwordich
is, also tniwe unde'also holt sin, also borghere to rechte schuUen creme herren,
unde schollen ome behulpen wesen unde sine stad to Halberstad ome holden
to allen syneu nutten unde noden, dat us God also helpe unde sine hilghen."
Darauf bestätigte der Bischof die Stadtverfassung, auch die alten Rechte des Rates,
ging aber über die Angabe bestimmter Einzelheiten mit Stillschweigen hinweg.
An sich ungefährlich und dazu selbstverständlich war ferner, dass der Bischof sein
Konsilium auch nach Abtrennung des städtischen Rates beibehielt. Auch das
kann die mittelalterliche Welt nicht befremdet haben, dass der Bischof dafür
sorgte, der weltlichen Behörde die Macht über alles zu nehmen, was geistlich
war. Ah den Ketten, welche den Burgbezirk abschlössen, an den Grenzen der
Stiftsfi'eiheiten endete die weltliche Gewalt. Als 1386 die Stadt jemanden aus der
Burgfreiheit hatte verhaften lassen, musste diese nacli Urteil des Bischofs erst von
neuem geweiht werden. Aber diese ängstliche Heilighaltung des Burgbezirkes
diente nicht blos als Sinnbild für die Unverletzlichkeit der bischöflichen Person
und Macht. Sie hatte noch einen andern sehr weltlichen und praktischen Grund.
Die Burgfi-eiheit war nämlich der Ort der unter bischöflichem Schutze und zu
' GesU Alb II, p. 126.
190 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Verfassungsgeschichte: bischöfliche Begierang)
Gunsten der kirchlichen Kassen abgehaltenen Märkte; die dort hinkommenden
Händler zahlten der Stadt keinen Zoll und machten überdies den Kaufleuten
und Märkten der Stadt schwere Konkurrenz. Jener Verhaftete war einer von
den Kaufleuten des bischöflichen Marktes. Vergeblich blieben die Bemühungen
der Stadt, sich vor solchem Schaden zu schützen; die Kirche hätte lieber anderes
aufgegeben^ als dies einträgliche Reservatrecht, welches sie noch aus den Otto-
nischen Privilegien herzuleiten vermochte. Weniger Schwierigkeiten machte es
der Stadt im. allgemeinen, von den Stiftern u. s. w. die Zinse zu erhalten, etwa
die, welche jene für diejenigen ihrer Gebäude zu zahlen* hatten, die auf städtischem
Grund und Boden standen. Aber auch hier herrschte die erklärliche Tendenz der
Kirche, die lästige Verpflichtung abzulösen. Galt es doch, auf jede mögliche
Art die Summen aufzubringen, welche für die kostspieligen Bauten, über die bei
der Geschichte der einzelnen Kirchen näher zu reden sein wird, für die Ent-
faltung des von dem Bitus geforderten Prunkes, für die politischen Unter-
nehmungen, insbesondere für die ewigen Fehden, für die Lebensführung der
Geistlichkeit, dabei vor allem für die Hofhaltung der Bischöfe erforderlich waren.
Die regelmässigen Einkünfte des Bischofs, die Wortzinse, Frohnzinse, die Ab-
gaben der geistlichen Stifter an ihn, die Erträgnisse seiner Forsten, die Lehns-
abgaben der Ministerialen, auch derer, welche im Besitz der grossen bischöflichen
Hofämter (Marchall, Truchsess, Kämmerer, Schenk)^ waren, und was der Bischof
sonst einnehmen mochte — es würde zu weit führen, auf das Einzelne hier
einzugehen — waren keineswegs genügend, um alles dies zu decken und vor
Schulden zu schützen.
Auch bei einer andern äusserst wichtigen Sache handelt es sich ausser um
die Machtfrage wieder vorzugsweise um den Geldvorteil, der auch hier untfer dem
Vorwande der Festhaltung eines Ottonischen Privilegs gesucht und gefunden
wurde. Es ist die Ausübung der weltlichen Gerichtsbarkeit. Alljährlich am
Walpurgistage (I.Mai), besetzte der Bischof die Richterstellen von neuem. Das
nannte er „richtere stedcghcn tu Halberstadt nach aldere wönheyt" (1358). Falls
der Bischof abwesend war, vertraten ihn die Domherren, denen die Richter auch
in solchem Falle den Amtseid leisten mussten. Die Stadt hatte nur das Vorschlags-
recht. 1393 überliess Bischof Ernst die Richterwahl pfandweise an die Stadt
Seitdem urteilten jene bis auf weiteres nicht mehr im Interesse des Bischofs,
sondern der oberen Ratspartei, der sie durch ihre Stellung angehörten. — Von
den Gerichtshändeln, in welchen diese weltlichen Diener der bischöflichen Rechts-
pflege das Urteil in weltlichen Angelegenheiten zu finden hatten, sind jene zu
unterscheiden, bei welchen von den Parteien eine weltlich, die andere geistlich,
und daher eine Einmischung der geistlichen vorgesetzten und stellvertretenden
Behörde natürlich war. Es war bei solchen Sachen nicht selten, dass, wenn
die Wichtigkeit des Falles es erforderte, der Bischof selber den Vorsitz führte,
andernfalls vertrat ihn der Offizial, von dem schon oben die Rede war. Er
^ Die Marschälle erscheinen seit 1189. Der Titel befindet sich noch jetzt im Besitze
der Familie v. Hössing. Dai) Truchsessenamt ist seit 1133 nachweisbar und ist 1840 neu
hergestellt. Das Amt des Schenken (seit 1179) hatte die Familie v. Dönstedt, welche später
von Kur-Brnndenburg auch das Erbkämmerer- und Erbschatzmeisteramt erhielt. (H.-Z. 1870
p. 633) Das seit 1173 nachweisbai'e Käinmereramt ist erloschen.
Halberstadt (Yerfassungsgeschichte : bischöfliche Begierimg, Zwistigkeiten) 191
setzte die Termine fest, lud die Parteien und die Zeugen und wurde während
der Verhandlung von einer Anzahl von prudentes viri unterstützt. Er urteilte
in Klagesachen aller Art, mochten sie zivilrechtlich oder strafrechtlich sein,
verhängte Exkommunikation oder andere Strafen bis zu den schlimmsten und
benutzte, da er Geistlicher war, die Exekutivgewalt des Rates. Gegenüber seiner
Rechtsprechung hatte die weltliche Macht zurückzutreten; dem Rate blieb nichts,
als bisweilen die Anwesenheit bei den Verhandlungen und die Bestätigung,
nötigenfalls die Besiegelung der Urkunden über solche bürgerlich -geistliche
Rechtshändel. Zur Vollendung dieses verwirrenden Zwiespaltes in der Ver-
waltung kam noch, dass der Bischof auch Polizeiverordnungen erliess, wenn sie
Geistliche und Laien zugleich betrafen. Die für die Übertretung solcher Vor-
schriften eingezogenen Strafgelder flössen halb in die bischöfliche, halb in die
städtische Kasse. — Auch der Judenschutz oblag als Regal eigentlich dem
Bischöfe, wurde wie oben erwähnt, von ihm an den Rat abgetreten, aber deshalb
nicht aufgegeben und diente noch in viel spätem Zeiten als Pfandobjekt der
geldbedürftigen Kirchenhäupter.
Fast ganz und gar der städtischen Verwaltung entzogen blieb der Stadtteil,
welcher die Vogtei heisst. Sie stand unter dem Domkapitel; trotzdem gehörten
ihre Bauermeister mit zum Rate. In Streitigkeiten zwischen Vogtei und Weich-
bild entschied das bischöfliche Gericht. Das einzige Recht, welches die Stadt
hier besass, war, den Mauer- und Grabenschutz zu verlangen. Gewiss vor allen
in den V?'ünschen der Vogteibewolmer selbst, welche nach Anschluss an die ihnen
nützlichere städtische Verwaltung trachten mussten, dann auch in denen der
Stadtregierung, der es auf Einfachheit und Übersichtlichkeit des Regimentes und
auf Verstärkung ihrer Macht ankam, liegt der Ursprung schwerer Zwistigkeiten
zwischen dem Bischöfe und der Stadt, welche 1370 mit Aufläufen und Unruhen
ihren Gipfel erreichten. Im Jahre darauf ersah Bischof Albrecht darum die
günstige Gelegenheit, teils diesem Streite, teils seiner ewigen Geldnot abzuhelfen.
Nachdem Amnestie verabredet war, verpfändete er unter dem energischsten
Widerstände des Domkapitels, wobei es zu den heftigsten Auftritten kam, die
Vogtei an die Stadt für 20(X) Mark zunächst auf 10 Jahre, aus welchen dann
ein viel längerer Zeitraum wurde. Die Höhe der Pfandsumme zeigt, welche
Wichtigkeit die Stadt dieser Sache beimass. Der Geistlichkeit blieb zwar ihr
ehemaliges Recht an ihren dortigen Freihöfen, Gebäuden, Woiien und Geld-
einkünften, aber doch empfand das Domkapitel so manchen Ausfall, und der-
gleichen wurde dadurch gut gemacht, dass der Bischof ihm die Zehnten von
zweien seiner Güter verpfändete. Für den Augenblick ruhte damit der Streit;
er war nicht der erste und besonders nicht der letzte, der um dieselben An-
gelegenheiten geführt wurde. Schon 1288 unter Bischof Volrad hören wir von
dergleichen und von der danach geschehenen Versöhnung; grösserer Zwist
entbrannte zwischen der Stadt und Bischof Albrecht IL 1336; gegen das Ende
des 14. Jahrhunderts häuften sich dergleichen Vorfälle. Als 1381 die Herausgabe
der verpfändeten Vogtei verlangt wurde, Hess es der Rat auf einen Vertragsbruch
ankommen, der dann zu einem 26jährigen furchtbaren Streit führte. 1382 brachte
die Geistlichkeit die Beschwerde über die Schmälerung ihrer Freiheit bis an
Papst Urban VI. Dieser Hess alle Ratsmitglieder vor sich laden; vier sollten
192 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte: innere Unruhen im 14.u. 15. Jahrb.)
persönlich erscheinen, die andern 27 sich vertreten lassen. Ob sie es gethan
haben, weiss man nicht, darf es auch stark bezweifeln. Denn sonst wäre viel-
leicht eine Vereinbarung getroffen worden, und es* würde nicht 1386 schon
wieder von grossem Streite berichtet werden. Die Geistlichkeit wurde von den
wütenden Bürgern hart bedroht; in einer allgemeinen Vei-sammlung lehnte der
Rat die Verantwortung für ihre weitere Sicherheit ab. Daraufhin verliess, wie
schon früher erzählt, die Mehrzahl des Klerus die Stadt, was einer Vertreibung
fast gleichkam. Der Rat aber widersetzte sich später der Rückkehr seiner
Gegner und sorgte dafür, dass die Einkünfte, auch der zurückgebliebenen, ge-
schmälert wurden; die Opferspenden an die Kirche wurden eingeschränkt, Ver-
mächtnisse an sie ganz verboten. Die Folge war Verhängung des Interdiktes,
welches aber am 30. November 1400 von der weltlichen Stadtvenvaltung gewalt-
sam aufgehoben wurde. Darauf wieder Einmischung des Papstes, welcher durch
drei Vertreter Genugthuung, besonders aber die Wiederaufnahme der Geistlichen
und die Herausgabe der Vogtei verlangte, für den Fall der Weigerung aber mit
den höchsten Kirchenstrafen drohte. Als diese und noch zwei Warnungen ohne
Erfolg blieben, kam wiederum das Interdikt, welches aber am 3. Juli 1404 von
Bonifaz IX. zurückgenommen wurde. Es muss damals, nachdem man sich 24
Jahre lang gestritten liatte, ein starkes Friedensbedürfnis bei beiden Parteien
vorhanden gewesen sein. Wenn dieser formell auch erst 1407 nach nochmaliger
Verhängung eines kurzen Interdiktes zustande kam, so erfolgte doch schon 1404
eine völlige Aussöhnung der Bürgerschaft mit dem Bischöfe. Damit war dieser
„Pfaffenkrieg" fürs Erste beigelegt. Verabredet wurde, dass künftig in Streit-
fällen zunächst ein Schiedsgericht i3ingesetzt werden solle, bestehend aus 2 Mit-
gliedern des Klerus und 2 des Rates. Konnten sich diese innerhalb 14 Tagen
nicht einigen, was schon durch die Stimmengleichheit erschwert werden konnte, so
trat ein neues Schiedsgericht zusammen, bestehend aus 4 Klerikern, 2 Mitgliedern
des Rates von Quedlinburg und 2 dessen von Aschersleben. Dabei lag wiederum
die Gefahr der Stimmengleichheit vor, ausserdem die, dass die vier weltlichen
Stimmen, wenn sie auch den alten Freunden von Halberstadt angehörten, doch
unter umständen nicht im Sinne der Halberstädter städtischen Verwaltung ab-
gegeben werden konnten. Trat auch hier keine Einigung ein, so entschied der
Bischof, womit die Sache natürlich zu Gunsten der Kirche gewandt wurde. Die
Hauptsache freilich hatte die Stadt durchgesetzt: die Vogtei blieb bis auf weiteres
städtisch. Aber um jenen Vertrag anzunehmen, muss die Stadt sich in einer
Zwangslage befunden haben, die sie um jeden Preis Frieden mit der Kirche
suchen liesss. Diese Zwangslage bestand darin, dass damals Spaltungen im
Innern des Rates hervortraten, die allerdings vorläufig noch nicht unmittelbar
bedrohlich waren, aber doch alles Interesse für ihre Beseitigung in Anspruch
nehmen mussten.
Schon oben ist bemerkt worden, dass die Zahl der Innungsmeister im Rate
gegen Ende des 14. Jahrhunderts im Abnehmen begriffen war; 1387 waren es 20,
1399 noch 13, 1400 noch 11, 1403 nur noch 10. Es ist dies ein Zeichen von den
Zwistigkeiten, welche damals mit den Innungen herrschten. Die Handwerker-
bevölkerung wurde je länger je mehr zu Gunsten der alten, reichen Familien,
den Nachkommen der altfreieu cives forenses, in den Hintergrund geschoben.
. f*
HalbefBfaidi ^ÖHracbidite: innere Zwistigkeiten während des 15. Jahrhunderts) 193
Sie stand abseits von der Möglichkeit ordentlicher Mitregierung; sie konnte nichts
gegen die ewigen verheerenden Fehden und kostspieligen Bündnisse thun, nichts
gegen den Steuerdruck, gegen den habgierigen Erwerb der Stadtländereien, gegen
die Münzverschlechterung. Von den daraus erwachsenen Misshelligkeiten wissen
wir nicht viel. Nur eine Sache, der Streit mit der Knochenhauer-Innung, wird
urkundlich erwähnt. Sie versöhnte sich 1417 mit dem Rate, nachdem ihre Sache
unbekannt wie lange gedauert hatte. Lange Zeit hatte sie überhaupt keinen
Vertreter mehr in den Rat geschickt, offenbar, weil dieser selbst ihn ehemals
aasgeschlossen hatte. Dem neuen Abgeordneten, der 1417 zugelassen wurde,
verbot der Rat von vornherein jeden Widerspruch ; desgleichen wurde die Knochen-
hauer-Innung durch eine ihr aufgedrungene Konkurrenz und durch markt-
polizeiliche Verordnungen beschränkt Wäre dieser Vorfall vereinzelt gewesen, so
könnte er nicht zur Erklärung der revolutionären Ereignisse der Folgezeit dienen ;
er war aber, wie manches Symptom zeigt, nur einer von vielen ähnlichen.
Dazu kam, dass die Finanzverwaltung der Stadt Anlass zu Misstrauen gab. Fand
sich jemand, der Privathändel mit dem Rate auszumachen hatte, so konnte er
auf eine diesem feindliche Partei rechnen. Es ist schwerlich das öffentliche
Interesse gewesen, welches den berüchtigten Matthias von Hadeber, den man
den langen Matz nannte, und seine Brüder in den Kampf mit dem Rate trieb.
Er selbst gehörte diesem schon 1401 an, wurde aber gegen 1409 oder 1410 aus
nur zu vermutenden Gründen aus ihm entfernt. Es scheint sich besonders um Geld-
angelegenheiten, auch um ein Haus und einen Hof, den man ihm mit Betrug ab-
gekauft hatte, gehandelt zu haben. Des langen Matz Gegner sassen mit ihm im Rate.
Wahjcscheinlich war es ganz besonders ein gewisser Gebhard von Ammen dorf
und seine Söhne, gegen die sich sein Grimm richtete. Und ihm gelang, gegen
diesen Mann und dessen Anhang eine Waffe zu finden. Dieser war es, von
dem man sagte, er habe städtische Gelder unterschlagen, ein Gerücht, welches
immer lauter erklang, bis es zuletzt in den Bier- und Weinhäusem in Spottversen
abgesungen wurde. Es ist unmöglich zu sagen, wie viel davon wahr gewesen
ist. Dass die Ammendorfs aber in der Meinung der Öffentlichkeit belastet blieben,
zeigen die ungeheuren Schwierigkeiten, mit diesen sie in viel späteren Jahren
wegen ihrer Wiedereinführung zu kämpfen hatten. Als berufenen Vertreter der
beaitslosen Klasse kann man Matthias von Hadeber schwerlich ansehen, denn er
selbst war nicht ohne Vermögen, ihm gehörten u. a. zwei Hufen im alten Frevel
und die sogenannte Wicholz-Mtihle. Sein Streit mit dem Rate nahm 1412 einen
solchen Umfang an, dass die Stadt sich um Entscheidung an den Rat von Braun-
schweig wendete. Es scheint, dass Matthias damals bereits eine Partei beeinflusst
hat, und dass man das Verfahren gegen ihn aus Rücksicht auf diese so umständlich
gestaltete. Das Urteil des Braunschweiger Rates muss gegen ihn ausgefallen
sein. Trotz des heftigsten Widerstandes, den er bis vor den Freigrafen des
Erzbischofs von Köln trug, nahm man ihm 1413 seine Besitztümer, mit denen
der Ratsherr Heinrich von Adersleben belehnt wurde; er selbst und seine Brüder
mnssten die Stadt verlassen. Nun aber begann er zu zeigen, was seine Feind-
schaft bedeutete. Vor allem wandte er sich mit Klage an die Vehme. Zugleich
fingen die ihm ergebenen Unzufriedenen an, sein Rachewerk zunächst an den
Ammendorfs zu vollziehen. Mit fliegenden Fahnen zogen die Bürger vor deren
Krafa HaliMntadt. 13
"'C
194 . Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Geschichte: die Schicht 1423)
Haus, Tertrieben die Insassen, die aus der Stadt flüchteten, und quartierten
andere dort ein, die darin nach Lust hausten und alles verbrauchten und ver-
darben. Diese That der Yolksracbe fand ihre officielle Billigung seitens des
übriggebliebenen Rates, sei es nun, dass dieser wirklich die Schuld der Ammen-
dorfs anerkannte, sei es, dass er sie opferte, um Frieden mit der Bürger-
partei herbeizuführen. Ihre Vertreibung wurde erst 1417 auf Betreihen des
Grafen Heinrich von Wernigerode wieder aufgehoben und das nur mit dem
Vorbehalte, dass sie nicht wieder in den Rat oder in eine andere Würde gewählt
werden durften; in ihre Besitztümer setzte sie der König wieder ein. Der lange
Matz aber und seine Brüder wurden begnadigl, erhielten Entschädigung und
durften zu Ostern 1414 zurückkehren. Trotzdem gaben sie keine Ruhe; 1415
wiederholte sich die Schreckensscene der Plünderung und Austreibung bei fünf
anderen Ratsherren, die dem Matthias gleichfalls seit lange verfeindet waren.
Wieder wurde dieser als Anstifter erkannt und von Stadt wegen ins Gefängnis
gesetzt, auf wie lange ist nicht bekannt. 1417 durften auch diese Vertriebenen
in die Heimat zurückkehren. Man hätte meinen sollen, dass diese Vorfälle der
Stadtverwaltung den Gedanken hätten eingeben müssen, die Schuld nicht nur
bei anderen, sondern auch in sich selbst zu suchen und auf Abhilfe bedacht zu
sein. Aber keineswegs. Von keiner vernünftigen Reform ist die Rede. Die
durch den Erwerb der Vogtei erheblich gewachsene Zahl gerade des niederen
Volkes steht da, ohne genügende Möglichkeit, die Handlungen der Stadtregierung
nach ihrem Interesse zu lenken; schon seit nahezu fünfzig Jahren leben sie ohne
Vertretung, da sie keine Bauermeister haben; der Nutzen ihrer Arbeit fliesst
zwar nicht mehr in die bischöfliche, dafür aber in die städtische Kasse; sie sehen
ein, dass sie einen anderen Herrn aber kein freundlicheres Regierungssystem
über sich haben. Alle diese Ubelstände müssen viel schwerer gewesen seia, als
aus den Andeutungen der Quellen hervorgeht. Die nächfolgenden Ereignisse
hätten sonst keine ausreichende Erklärung.
Im einzelnen ist der Verlauf des Aufstandes 1423 durchaus unbekannt.
G.Schmidt der über die Schicht geschrieben hat,^ muss selbst zugeben, dass die
Erzählungen darüber nicht gleichzeitig und durch die Sage bis zur Unkenntlich-
keit entstellt seien. Mau muss daher von den Einzelheiten, die er berichtet,
absehen. Verbürgt ist nur, dass 1423 eine Steuer ausgeschrieben wurde, die
erforderlich war, um die durch eine Fehde gegen die Alvensleben entstandenen
Schulden zu decken. Die Bauermeister wussten es durchzusetzen, dass dieser
Beschluss vorzugsweise zum Schaden der begüterten Klasse gefasst wurde.
Daraufhin beschloss der Rat insgeheim die Absetzung der Bauermeister. Als
dies bekannt wurde kam es zu Volksaufläufen, bei denen besonders die Schuster-
gesellen und an der Spitze des Volkes ein gewisser Rolf Rolfs eine Rolle spielten.
Im städtischen Weinkeller fanden erregte Verhandlungen statt, so besonders am
11. September, wo sich der Unwille der Volkspartei, vor allem gegen den Rats-
herrn Hermann Quenstedt richtete. Am 22. November kam es zu offenem
Tumult und zur Erstürmung und Plünderung der Häuser der Ratsherren. Wer
' Die Halborstädter Schicht im November 1423. Halle 1880. Vgl. auch H. Oh.
Benckenberg, Selecta juris et historiarum. Frankf. 1782—42. Teih VI, 199 ff.
Halberstadt (Geschichte: die Schicht 1423 und ihre Folgen) 195
von diesen noch Zeit fand, entfloh über die Stadtmauer. Es brachten sich in
Sicherheit Vater und Sohn Gebhard Ammendorf, Johann Ammendorf, Ludicke,
Tangen, Hermann Quenstedt, Hermann und Cord Huilingerode, Hermann Hornung,
Henning Breiteweg, Bertram Danstedt, Klaus Adersleben^ Henning Yogelstorp.
Dm so schlimmer waren die vier Unglücklichen daran, welche in die Hand des
wütenden Volkes fielen. Nur von einem, Henning Adersleben, ist uns die ehe-
malige Feindschaft mit Matthias bekannt, die übrigen drei, Volkmar Lobeck,
Busse Bertram und Heinrich Zacharias, wurden vielleicht nur Opfer der Volks-
leidenschaft an Stelle derer, die entronnen waren; sicher hätten wenigstens die
Ammendorfs ihr Los geteilt In der Cäciliennacht (22. auf 23. November) wurden sie
^fangen genommen, am folgenden Tage St Clemens zur Vesperzeit hingerichtet.
Als Stätte solcher „angestlicher greselicher tat unde quader geschieht'' (Halb.
U.B.II,786) ist es geläufig, den Platz vor dem Roland anzugeben, obwohl die Quellen
hierüber nichts melden. Würde die Überlieferung auf Wahrheit beruhen, so
könnte nur der alte Roland gemeint sein, da der neue, jetzt noch stehende,
damals noch nicht existierte. Damit würde der Schauplatz der That ein anderer
werden. Denn wir wissen, dass die Leichen der Hingerichteten vor der Thür
der Martinikirche verscharrt wurden, und dass man sie dort später wieder
erhob. Es ist nicht als wahrscheinlich anzunehmen, dass man die Leichen vom
Holzmarkte dort hinübergetragen hat, worin noch ein Rest von Pietät gelegen
hätte, sondern dass man sie einfach liegen liess und begrub, wo sie gefallen
waren. Als Stätte der Hinrichtung, welche allem Volke weithin sichtbar sein
sollte, eignete sich ausserdem der hochgelegene Platz vor dem Nordportale der
Martinikirche besser als der flache Holzmarkt. Wenn sie also vor der Thür der
Martinikirche starben, so würde die Überlieferung, den Roland betreffend,
andeuten, das dieser damals noch vor dem alten, gegenüber der Kirche am
Martinipkine gelegenen Rathause stand, und dies also damals noch benutzt
wurde.
Nach Beseitigung des alten Rates schritt man alsbald zur Bildung eines
neuen. Ihm gehörten an : Werner Winneken, Cord Leydege, Matthias von
Hadeber und sein Bruder Hans, Cord Range, Hans Loyde, Henrik Lauwe, Hans
Harsleben der Schrader, Haus Sillinges, Hans Cramme, Jan Säbel, Ludeke
Schacht und Bertold Bornevorer. Die acht Bauermeister waren: Henning Wagey,
Merten Grashoff, Hermann Heyse, Hinrik Loyde, Hennig Dusing, Heinrieh Stock,
Cord Wedenmeiger und Busse Vridach. Von den Namen alter Familien erscheint
natürlich in diesem Rate keiner. Wo Werner Winneken herkam, der neben dem
langen Matz die Hauptrolle spielte, ist nicht zu ermitteln. Jedenfalls muss sein wie
auch der übrigen Gebaren vor und während der Schicht sie alle dem langen
Matz als für ihn brauchbar dargestellt haben. Vier der neuen Ratsherren, ausser
Matthias hatten schon dem alten Rate angehört, nämlich Cord Leydege, Cord
Range, Hans Loyde (Lode) und Hans Harsleben. Desgleichen waren Merten
Grashoff, Hermann Heyse und Hinrik Loyde schon vorher Bauermeister gewesen^
Es ist bezeichnend für die Stellung des Bischofs zu der Volkspartei, dass er
gerade diese .drei (ausser vier anderen) zur Vollziehung einer seiner Urkunden
hinzuzog. An der Spitze des ganzen neuen Halberstädter Gemeinwesens stand
erst Werner Winneken, seit 1424 der lange Matz. Die Urkunden nennen ihn
196 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte: die Folgen der Schicht 1423)
zwar „Matthias unser Bürgermeister" aber der Ton, in dem sie gehalten sind,
verrät deutlich die Furcht, welche dieser nicht als Bürgermeister, sondern als
Tyrann herrschende Mensch verbreitete. Dass seine Urkunden vom Rate und der
Stadt Geschworenen mit vollzogen werden mussten, war nur Formsache. Trotz
seines Übermutes aber fühlte er, wie gefährdet seine Stellung war. Er wandte
sich deshalb an Aschersleben mit der Zumutung, ihn zu unterstützen, doch wurde
dies abgelehnt, und es half ihm nichts, dass er die Stadt für bundbrüchig
erklären liess. Auch die Erklärungen und Entschuldigungen, welche er wegen
der Schicht an andere Stadtgemeinden sandte, machten nicht den gewünschten
Eindruck, vielmehr warfen sich insbesondere Hildesheim und Göttingen zum
Schutze der Vertriebenen auf. Erreicht wurde, dass König Sigismund diesen
Schutzbriefe an den Bischof und die Stadt Halberstadt gab. Da sie diese nicht
selber überreichen konnten, so schickten sie Abschriften an den Rat von Quedlin-
burg, der Halberstadt zur Befolgung dieser Befehle auffordern sollte. Es ist
nicht sicher, ob es geschehen ist, da die Quedlinburger sich vorher ziemlich lau
verhalten hatten. Jedenfalls gehorchten die Halberstädter nicht.
Merkwürdig ist bei dem ganzen Verlaufe der Schicht die Haltung des
Bischofs, der schon vor dem Beginne des Aufstandes die Stadt verlassen und
sich nach Groningen begeben hatte. Er mag wohl gewusst haben, was da kam,
und hielt es für nötig, bei Zeiten das Feld zu räumen. Von ferne erliess er
einen vergeblichen Protest gegen die Hinrichtung der Ratsherren. Vielleicht
war er im Grunde mit den Ereignissen nicht so unzufrieden, denn, richtig
benutzt, boten sie ihm die Möglichkeit, mit Reformen der Stadtverwaltung vor-
zugehen, zu welchen die Bürger in ruhigen Zeiten sich selbst niemals entschlossen
hätten. Vor allem galt es natürlich die Stadt wieder zu erobern und die revo-
lutionäre Regierung zu beseitigen. Diese hatte auch, als eine am 16. Mai 1425
ausgestellte königliche Verfügung sie mit Konfiskation ihrer Einkünfte bedrohte,
sich nach kurzem Schwanken entschlossen, bei ihrem Widerstände zu beharren.
Darauf kam es zu gewaltsamem Einschreiten gegen die Stadt. Noch am 18. Juli
versuchte Braunschweig vergebens sie zu warnen. Das energische Auftreten
des Exekutivheeres, welches aus Truppen des Bischofs, Braunschweigs, Aschers-
lebens und Quedlinburgs, sowie der Hansa zusammengesetzt war und am 20. Juli
1425 vor der Stadt erschien, beendete dann rasch allen Widerstand. Der lange
Matz nebst seinem Sohne, welche verkleidet entflohen waren, aber bei Derenburg
erkannt und festgehalten wurden, ferner sein Bruder und Werner Winneken, die
von den Bürgern freiwillig ausgeliefert wurden, erhielten am 23. Juli ihre Strafe
durch Enthauptung. Damit war der Widerstand gebrochen und der Bischof
Herr der Situation. Er nutzte sie nicht so aus, wie er gekonnt hätte, ob aus
Energielosigkeit oder aus verständiger Rücksichtnahme auf die vorgeschrittene
Entwicklung der Stadtverfassung, dürfte kaum zu entscheiden sein, wiewohl die
Wahrscheinlichkeit mehr für das letztere ist. Es wäre ein Leichtes gewesen, die
weltliche Gerichtsbarkeit und die Vogtei wieder an sich zu nehmen, und wahr-
scheinlich hätte sich sogar die Rückgabe der Pfandsummen dabei vermeiden
lassen. Erst die Folgezeit verstand es, diese Konsequenzen aus den Ereignissen
von 1423 zu ziehen.
Am 19. August 1425 kam zu Helmstedt durch Vermittlung von Magde-
Halberstadt (Geschichte: die Folgen der Schicht 1423) 197
bürg, Quedlinburg und Aschersleben, des Bischofs und des Domkapitels die
Einigung über folgende Punkte zu stände:
1. Erhebung der Leichen der Hingerichteten und ihre Bestattung in der
Stadtkirche St. Martini unter den für Satsmitglieder üblichen Ehren am Sonntage
nach Maria Geburt. Der ganze Rat muss sich dabei beteiligen, und jeder opfert
ein Wachsliöht für den Hochaltar. Über dem Grabe wird ein Altar errichtet,
der am 23. November den hh. Clemens und Erasmus zu weihen ist, und dessen
indirektes Patronat die ' Nachkommen der Hingerichteten haben. Ausserdem
zahlt die Stadt alljährlich am 23. November eine Geldspende an verschiedene
Klöster in der Stadt
2. Wiedereinsetzung der geschädigten Bürger, insbesondere des Hermann
Quenstedt und der abgesetzten Innungsmeister, und völlige Yersöhnung mit d^m
Rate, die bei Strafe nicht gebrochen werden darf.
3. Geldentschädigung für alle bei der Schicht zu Schaden gekommenen.
Die Vertriebenen erhalten 700 Gulden schon Weihnachten 1425, damit sie ihre
Schulden auswärts - bezahlen können, das übrige zu Michaelis oder spätesten
Weihnachten 1426; die übrigen Geschädigten bekommen ihre Abfindung Weih-
nachten 1427.
4. Die Anstifter der Schicht sollen Strafsummen zahlen oder vertrieben
werden. Bei wem aus der Plünderung herrührende Güter gefunden werden,
wird als Dieb behandelt. Den nach ausserhalb entflohenen Rädelsführern wird
an ihren Aufenthaltsorten der Prozess gemacht.
5. Der im Laufe der Zeit bis auf sechsundvierzig Personen angewachsene Rat
wird entlassen. Fortan sind immer nur zwölf Mann zu wählen ; Verstärkungen
dieser Zahl sind nur mit Erlaubnis des Bischofs möglich. Die Wahl geschieht all-
jährUch am Tage St. Hilarii (13. Jan.) aus der Bürgerschaft des Weichbildes in
der Weise, dass zunächst vom Rate des ablaufenden Jahres die sechs Bauer-
meistert und Innungsmeister gewählt werden. Diese wählen dann ihrerseits den
Bat des kommenden Jahres. Denn nach Ablauf jedes Jahres scheiden aus dem
alten Rate zehn Mitglieder aus, deren Wiederwahl erst nach zwei Jahren wieder
erfolgen kann. Bauer- und Innungsmeister wählen auch den Bürgermeister aus
der Mitte des Rates. Ebendaher werden die zwei Zinsmeister gewählt. Zur
Wahl ist Stimmenmehrheit erforderlich, in Fällen des Zweifels entscheidet
das Los.
6. Schutz der geistlichen Privilegien.
7. Marktfreiheit für den Burgbezirk.
8. Die freie Eomausfuhr darf nur mit bischöflicher Erlaubnis gehindert
werden.
9. Keine Erhöhung des Jahrmarktstandgeldes.
10. Der städtische Holzeinfuhrplatz im Westendorfe gehört der Dompropstei.
11. Freiheit des Handels auf dem Rathause und darunter.
12. Nur die bäuerlichen und bürgerlichen Bewohner der Kirchenfreiheiten
sind schoss- und wächtpflichtig.
^ I >ie Vogtei erhielt also auch jetzt keine, jedeniaUs weil der Bischof ihre Unterordnung
unter die städtische Verfassung nicht dulden wollte, vielmehr sie nach wie vor als kirchliches
Eigentum ansah.
198 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte: Beform des Eates 1425)
13. In der Nähe der Kirchenfreiheiten dürfen nur kleinere Häuser, und
auch diese nur in gewisser Entfernung erbaut werden.
14. Freiheit des Verkehrs auf dem Wege am Landgraben bei Ströbeck.
15. Der Turm zu Dingstorp (s. Wüstungen) soll nur mit bischöflicher Ge-
nehmigung verstärkt oder neu gebaut werden.
16. Ausserdem erhält der Bischof eine Entschädigung von 3000 rh. Gulden.
Man sieht, dass es sich, abgesehen von den Sühne Vorschriften, ganz
besonders um zwei Dinge handelte:
1. Die Aufrechterhaltung der kirchlichen Marktfreiheit, jenes alten Zank-
gegenstandes; zum Entgelte wurde dem Rate die Freiheit seines Börsenverkehrs
gewährleistet die demnach früher dem Klerus ebenfalls als begehrenswert, jeden-
falls aber als hinderlich erschienen sein muss. Infolgedessen kann der Rat sich
1433 einen neuen Roland aufstellen.
2. Die Reform des Rates, der einerseits offenbar in mehr demokratischem
Sinne als früher zusammengesetzt, andererseits der Beeinflussung durch den
Bischof wieder zugänglicher wurde. Das wichtigste war, dass den Konsuln nicht
mehr die eigene Kooptation überlassen, das Weitervererben der Ratsstellen in
bestimmten Familien sehr erschwert war, und der Zutritt zu ihnen dafür der
Tüchtigkeit eines grösseren Kreises offen stand. Freilich kam es in der Praxis
doch allmählich wieder zu einseitiger Bevorzugung der Reichen.
Der neue Rat, welcher zu Michaelis 1425 gewählt wurde, bestand aus
dem Bürgermeister, zwei Ratsherren (rydehem), dem Grosskämmerer, zwei
Münzmeistern, dem Kleinkämmerer, dem Zinsherrn, ^ dem Weinherm, noch einem
Mitgliede und zwei Bauermeistem. Was diese letzteren betrifft, so wird
unter den Nachbarschaften eine gewisse Reihenfolge bestanden haben, und
die Sache so eingerichtet gewesen sein, dass sie alle nach und nach an die
Reihe kamen.
Die Sühjievorschriften jenes Vertrages waren energisch, aber selbstverständ-
lich für die billig Denkenden. Dass zu diesen aber die Stadtverwaltung von
Halberstadt auch nach ihrer Reform nicht gehörte, zeigt ihr ferneres Verhalten
in dem Prozesse, durch welchen zwei der vertriebenen Parteien, die Familien
Ammendorf und Tangen, jahrelang vergeblich ihr Recht gegen die Stadt zu
erstreiten suchten. Von ihrem Zufluchtsorte Erfurt erhoben die Ammendorfs
(von den Tangen hört man wenig) zahlenmässig aufgerechnete Ansprüche, die
aber jedenfalls übertrieben waren. Thatsache ist freilich, dass sie das meiste
verloren hatten. In ihrer Not wandten sie sich an das Gericht des Königs Sigis-
mund, der ihre Wiederaufnahme und Entschädigung verordnete, ausserdem die
Gelegenheit benutzte, der Stadt noch eine Busse von 2000 Goldgutden aufzulegen.
Darauf wurde den Ammendorfs aber nur erlaubt, ein halbes oder ein ganzes
Vierteljahr in die Stadt zu kommen, dort ihre Habe zu veräussem und dann
wieder für immer die Stadt zu meiden. Der Zweck der allzu kurzen Verkaufs-
frist war durchsichtig genug, man wollte die Verlegenheit der Familien benutzen,
um ihre Güter für ein Spottgeld zu erwerben. Natürlich gaben sie sich damit
nicht zufrieden. Die Sache ging wieder an den König, dem sie die längsten
* Ihm oblag unter anderen die Wege- und Ötrassenpolizei.
Halberstadt (Geschichte: der Ammendorfsche Prozess) 199
Klageschriften überreichten , welche er wieder zu weiterer Veranlassung an den
Rat zu Erfurt gab. Da auf die Art nichts Wirksames zu stände kam, so be-
stürmten die Ammendorfs und Tangen alle möglichen Stadtverwaltungen und
Kapitel um ihre Verwendung. Der Erfurter Rat wurde der Sache zuletzt über-
drüssig und zog sich ganz davon zurück , nachdem er am 3. Oktober 1428 die
Exekution gegen Halberstadt beschlossen hatte.
Inzwischen entschloss sich der Rat von Halberstadt, um wenigstens zum
Schein etwas zu thun, eine Summe von 1117 rh. Oulden zu zahlen, aber als
Tilgung Ammendorfscher Schulden an verschiedene Braunschweiger Bürger,
nicht an die Geschädigten selbst, die daher von dieser Zahlung nichts hatten.
So ging der Prozess weiter. Auf den 6. Mai 1429 wurden beide Parteien vor
den König nach Pressburg befohlen. Dort wurde die Sache an den Rat von
Leipzig verwiesen. Darauf neue Zeugen verhöre; wieder wurde die Sache nach
Pressburg geschleppt, während die Ammendorfs endlose Klagen über die ihnen
ungünstig gesonnenen Städte erhoben. Am 10. Juli 1431 erfolgte endlich zu
Nürnberg das Königliche Urteil, welches die über Halberstadt bereits verhängte
Acht, aber noch nicht die Zahlung der Strafsumme aufhob. In späteren Erlassen
gab der König den Ammendorfs beliebig viel Zeit, ihre Güter ohne Schaden zu
verkaufen, Hess aber gleichzeitig andeuten, dass er es müde sei, sich mit dieser
endlosen Geschichte weiter zu befassen. Die Geldstrafe zu zahlen weigerte sich
aber Halberstadt, worauf den übrigen Städten jeder weitere Verkehr mit der
widerspenstigen Stadt verboten wurde. Dann wieder Verhandlungen auf Ver-
handlungen, viel zu lang, als dass hier darauf eingegangen werden könnte.
Halberstadt kam wieder in die Acht, welche der Erbkäramerer des Reiches,
Konrad von Weinsberg, vollstrecken sollte (143ö). Er liess auch nicht nach, die
Stadt weiter um Bezahlung der Strafsumme zu drängen, obgleich Acht und
Zahlungsbefehl bald aufgehoben würden, und noch am 1. August 1437 musste sich
der Erzbischof Günther von Magdeburg deshalb beim Kaiser ins Mittel legen.
Die Sache verlief sich zuletzt im Sande. Die Ammendorfsche Sache war aber
inzwischen noch lange nicht aus. Nachdem sie wieder das königliche Hofgericht,
das Konzil von Konstanz und die westfälische Vehme beschäftigt hatte,
erhob sie sich von neuem im August 1442 in Halberstadt selbst, als Heinrich
Ammendorf dort Beschimpfungen erlitten hatte. Die Ammendoris und Tangens
verbrauchten ihre Kräfte in fortwährendem Querulieren, welches zuletzt ihr
alleiniger Lebenszweck gewesen zu sein scheint, verdarben so ihre Sache und
raubten sich die Sympathien, die sie anfangs gehabt hatten. Was weiter aus
ihnen geworden, ist nicht bekannt; 1486 tritt in Magdeburg ein Vasall Heinrich
Ammendorf auf. Ihr ehemaliger Wohlstand dürfte durch die Beschädigungen,
die sie in der Stadt wiederholt erlitten hatten, und durch den endlosen Prozess
stark geschmälert worden sein. Dass sie ihr Schicksal verdient hatten, möchte
man vielleicht daraus schliessen, dass der Hass gegen alle Vertriebenen sich
legte, gegen ihre Familie aber noch neunzehn Jahre nach der Schicht nicht zur
Ruhe gekommen war.'
Auch sonst stand es mit dem Frieden nach innen und aussen andauernd
schlecht. Die Aufregung von 1423 wirkte noch lange nach; auffallend gross ist
die Zahl derer, welche nach dieser Zeit, besonders unter der Regierung des
l
200 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1437^1458)
folgenden Bischofs Burchard von Warberg (1437—58) dem Rate Urfehde
schwören mussten.
Die Briefe des Erzbischofs Dietrich von Mainz, welche die Wahl Burchards
betreffen, befinden sich im königlichen Staatsarchiv zu Magdeburg, des-
gleichen seine Wahlkapitulation, die er im Dome zu Halberstadt beschwor,
als er nach seiner unter Schwierigkeiten erlangten Bestätigung in die Stelle
seines am 11. April 1437 verstorbenen Vorgängers eintrat. Die Eegierung
Burchards war für Halberstadt keine gedeihliche; fortwährende Fehden und
andere kostspielige Unternehmungen, darunter besonders die ausgedehnte
Bauthätigkeit am Halberstädter Dome, nahm die Steuerkraft aufs schwerste
in Anspruch. Yon den Fehden des Bischofs ist vor allem bedeutend jene,
die im Januar 1438 ausbrach. Sie erhob sich z. T. um die geistliche
Gerichtsbarkeit, welche damals neu normiert, nach verschiedenen Richtungen
eingeschränkt und von gröblichen Missbräuchen gesäubert wurde. In dieser
Fehde stand der Bischof im Bunde mit den Städten Quedlinburg, Halberstadt
und Aschei*sleben gegen die vereinigte Macht derer von Stolberg, Schwarzburg,
Hohnstein, Mansfeld, Querfurt, der Herzöge von Sachsen und der Landgrafen
von Thüringen und Hessen im Felde. Der Streit endete zuletzt durch Schieds-
spruch des Erzbischofs von Magdeburg und des Herzogs Friedrich von Sachsen
durch einen vorläufigen Friedensvertrag am 25. Juli 1439, wobei Halberstadt zur
Zahlung von 29000 rh. Gulden verurteilt wurde, einer Summe, die nur mit
grossen Schwierigkeiten aufzubringen war, und zur Ansammlung bedeutender
Schulden führt. Trotzdem ruhten die Fehden nicht. Ende 1440 schloss sich
Halberstadt einem vom Markgrafen von Brandenburg ins Leben gerufenen Bunde
gegen die sächsischen Herzöge an; 1441 verursachte eine Fehde gegen die Veit-
heims grössere Kosten; im Februar desselben Jahres finden wir Halberstadt mit
seinem Bischof und Domkapitel an einem grösseren Bunde gegen die Markgrafen
von Meissen beteiligt; im Juni 1443 an einem solchen gegen die Grafen von
Regenstein. Noch mehrfach war Halberstadt in der Zeit Burchards in dergleichen
Unternehmungen verwickelt, am berech tigsten , als im Sommer 1447 Herzog
Wilhelm von Sachsen von Soest zurückkam, dabei die von ihm durchzogenen
Landschaften mit Raub und Verwüstung heimsuchte, und sich viele Städte und
Fürsten gegen dieses Unwesen erhoben. Wie sehr der Wohlstand Halberstadts
unter diesen Unruhen gelitten, lässt sich leicht denken; auch des Bischofs Geld-
verlegenheit steigerte sich beständig, hatte aber das Gute, dass er dadurch ge-
zwungen war, den Judenschutz und die bereits wieder eingelöste weltliche
Gerichtsbarkeit 1456 bezw. 1457 an den Rat zu verpfänden. Seine letzte Urkunde
stellte er am 20. Febr. 1458 aus.
Im Laufe des März erwählte man als seinen Nachfolger Gebhard von
Hoym, der sein Amt mit der üblichen Privilegienbestätigung antrat. Von
Leistungen zu Gunsten der Stadt ist bei ihm keine Rede. Ende der sechziger
Jahre entstand ein grosser Zwist der Stadt mit der Geistlichkeit, wie von seiten
ersterer behauptet wurde, um die Frage der Erhaltung und Ergänzung der
Stadtbefestigungen, über welche der Rat andauernd die Aufsicht führte, in
Wirklichkeit, weil der Rat Anstalten machte, die Bestimmungen von 1425 zu
beseitigen. Er richtete seine Angriffe gegen den freien Handel auf der Burg,
HalberBtadt (Geschichte 1469--1484) 201
gegen die Freiheit der Eirchenbezirke und gegen die baupolizeilichen Ein-
schränkungen. Es kam zu grossem Tumulte, geistliches Eigentum wurde zerstört^
und nachdem ein Geistlicher gar in der-Holtemme ertränkt worden war, verliess
der Klerus die Stadt und kehrte erst wieder, nachdem im Juli 1469 der Streit
durch Vermittlung des Hildesheimer Dompropstes Eckhardt von Wenden und
des Kates von Braunschweig beendet worden war.
In jener Zeit muss Halberstadt stark durch Feuer gelitten hüben. Oft ist
von Brandstellen die Rede , die sich in der Vogtei , im Westendorfe, der Mittel-
Paulstrasse u. s.w. befanden. Noch jetzt ist der grosse Mangel an Häusern in
Halberstadt bemerkenswert, deren ersichtliches Alter über etwa 1460 zurückreicht
Das älteste datierte Privathaus, der Ratskeller, ist von 1461. — Wenn auch
weniger als die Regierung Burchards, so war doch auch die Oebhards an Fehden
reich. So richtete sich anfangs der sechziger Jahre ein grosser 'Bund gegen
Herzog Friedrich den Jüngeren von Braunschweig. Die Versöhnung kam erst
im Mai 1467 zu stände. Auch dem grossen 1471 geschlossenen, 1476 erneuerten
Städtebunde gehörte Halberstadt an. Auf die übrigen Unternehmungen der
äusseren Politik des Bischofs einzugehen würde hier zu weit führen. Die Re-
gierung Oebhards, welcher in Halberstadt wenig und zumeist in Oröningen
gewohnt hatte, endete 1479 mit seinem freiwilligen Rücktritte. Das Kapitel
gewährte ihm eine Pension und trat ihm das Schloss Wegeleben ab. Er starb
am 17. Dezember 1484 und wurde auf der Huysburg begraben, wo seine Ruhe-
stätte 1525 von den Bauern vernichtet wurde.
Am 22. März 1479 bestätigte Papst Sixtus IV. die Wahl des Nachfolgers
Gebhards, am 19. Juli fand dessen Einführung statt. Es war Ernst, Erzbischof
von Magdeburg, der das Hochstift als Administrator verwaltete. Schon 14Tage
vor seinem Eintritte hatte er die Privilegien der Stadt bestätigt. Wollte man ihn
seinem späteren Benehmen nach als deren Feind betrachten, so thäte man ihm
unrecht; Ernst ist ein energischer Territorialherr gewesen, dessen scharfes
Vorgehen durch das Verhalten und den allgemeinen Zustand der Halberstädter
Stadtverwaltung erklärt wird, ausserdem allerdings ein Kirchenfürst, der alles
daran setzte, die erschütterte Stellung der geistlichen Macht wieder zu befestigen.
So wandte er sich vor allem der Aufgabe zu, die Einbusse wieder gut zu machen,
welche durch Verpfändung der weltiichen Gerichtsbarkeit, der Vogtei und des
Judenschutzes ^ entstanden war. Dem letzten dieser drei Punkte gab er eine
einfache Erledigung dadurch, dass er die Juden aus seinem Machtbereiche aus-
wies; materiellem Schaden beugte er vor durch Konfiscierung desjenigen Teiles
ihres Vermögens, der zur Befriedigung ihrer wirklichen oder vorgeblichen Gläubiger
^ Juden gab es in Halberstadt nachweislich seit dem 13. Jahrhimdert. Ihr Viertel ist
noch jetzt an dem Namen der Göddenstrasse erkennbar. Ihr Zins betrug im H.Jahrhundert
12 Schillinge. Als sie dem Rate 1456 auf 3 Jahre für 200 Mark verpfändet wurden, wurde
ausdräcklich bestimmt, dass sie ordentliches Gericht haben sollten und ihnen keine besondere
Steuer von Stadt w^en auferlegt würde. Gesellschaftlich wurden sie mit den gleich-
falls unter stadtischem Schutze stehenden vrowen up dem Pole (den öffentlichen Dirnen) von
der öffentlichen Meinung auf eine Stufe gestellt. Über den von ihnen getriebenen Wucher
wird oft geklagt und dieser zum Vorwande für Austreibungen und Guter -Konfiskationen
benutzt.
202 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte: der Administrator Ernst)
diente. Demnächst schritt er zur Einlösung des von Burchard III. ver-
pfändeten weltlichen Gerichtes. Die Stadt setzte dieser Zumutung den
heftigsten Widerstand entgegen, weil von dem Besitze dieses Privilegs ihre Unab-
hängigkeit gegenüber dem klerikalen Begimente zum grossen Teile abhing, und weil
sie auf nichts so sehr bedacht war, als auf die Sicherung der vorteilhaften alten
egoistischen Selbstverwaltung und des Schlendrians, welcher schon bald nach
der Reform ton 1425 trotz äusserlich veränderter Formen sich wieder zu melden
begann. In der Gerichtsverwaltung trat er besondei*s hervor, und es war zum
Schaden nur für ihre Inhaber, für die Allgemeinheit aber zum Nutzen, dass der
Administrator hier Wandel zu schaffen begehrte. Bei den Verhandlungen mit
ihm machte der Halberstädter Rat vermutlich unter Einschüchterung von vorn-
herein den Fehler, dass er sich am 12. April 1485 von Ernst die Pfandsumme
samt den Zinsen auszahlen liess. Kaum war dies geschehen, als es dem Rate leid
wurde, und er alles widerrief; nur das Geld behielt er. Dies seltsame Verfahren
fand natürlich auch dadurch keine Rechtfertigung, dass sich der Stadtverwaltung
wirklicher Grund zur Beschwerde bot. Denn Ernst zog nicht nur die Rechte
wieder an sich, die Burchard besessen, sondern auch die er nicht besessen, und
von denen er ausdrücklich zugestanden hatte, dass sie dem Rate gehörten:
Hergewet, Erbschaftssteuer, Haus- und Strassenfrieden, Marktstandgeld u. s. w.
Die dem Administrator vom Rate präsentierten Richter nahm er nicht an, sondern
erklärte, er wolle selbständig ein weltliches Gericht einsetzen; über den dabei
zu beobachtenden Modus schwieg er vorläufig. Als alle Beschwerden wirkungslos
blieben, ging die Bürgerschaft bis an den Papst, ohne etwas zu erreichen.
Der Administrator bewahrte Vorläufig Zurückhaltung und dabei eine Ehrlich-
keit, die sich von dem Verhalten der Halberstädter wesentlich unterschied.
Zunächst hatte er nach Einlösung des Gerichtes dieses nach seinem Gutdünken
eingerichtet; die Stimmung in Halberstadt war aber gegen die Richter des
Bischofs derart, dass diese ihr Amt nicht anzutreten wagten. Statt nun zur
Gewalt zu greifen, bot Ernst der Stadt an, dass der obwaltende Streit von
jeder Partei je einem Schiedsrichter übertragen werden sollte. Beide Teile
sollten Denkschriften ausarbeiten, die dann unter Vorlegung des urkundlichen
Materiales beiderseits ausgetauscht werden mussten. Endlich sollten die Schieds-
richter ein nicht zu widerrufendes Urteil von einer unparteiischen Universität
einholen. Die gleichzeitig zwischen der Stadt und dem Bischöfe streitigen Ein-
künfte sollten, so lange der Handel schwebte, sicher gestellt und später der
obsiegenden Partei zuerteilt werden. Diesen durchaus billigen Vermittlungs-
vorschlag nahmen die Halberstädter nicht an, folgten auch nicht der Ladung zu
zwei Tagen zu Groningen und Giebichenstein. Als des Bischofs Boten nach
Halberstadt kamen, um zu verhandeln, Hessen sich die Bürger auf nichts ein^
verspotteten jene und schössen hinter ihnen drein, als sie fortritten. Alle diese
Vorfälle, zu denen noch die Verweigerung der Heeresfolge und das Abspenstig-
machen von bischöflichen Truppen kam, als es galt, dem Hildesheimer Bischöfe
Hilfe zu leisten — alles das brachte den Administrator erklärlicherweise in
immer üblere Stimmung. Vergeblich bemühte sich der bischöfüche Hofmeister
Georg Schenk von Tautenberg, der nach dem Tone seiner Schriftstücke zu
urteilen, ein gutherziger Mann gewesen sein muss, darum, die Stadt zur Nach-
Halberstadt (Geschichte : Einlösung und Refonn der weltlichen Gerichtsbarkeit 1486) 203
giebigkeit zu bringen; aber gegenüber ihrem Starrsinn verliess zuletzt auch ihn
der Oleichmut. Als alles erfolglos blieb, ging der Administrator im Sommer
1486 mit grösster Energie vor. Mit einem z. T. von seinen sächsischen Ver-
wandten geführten Heere erschien er vor Halberstadt und eröffnete dort die
letzten Verhandlungen. Der Rat der Stadt, welchem er freies Geleit zugesichert
hatte, erschien am 4. August vor dem Thore, und unter der Linde vor dem
Siechenhofe wurde hin und her gesprochen, aber eine Einigung wurde auch
hier nicht erzielt Am nächsten Tage übersandte Ernst der Stadt den Fehdebrief .
Dieser wurde zurückgewiesen, der Bote angegriffen und seines Bosses beraubt.
Trotzdem gab es immer noch vornehme Persönhchkeiten , welche Vermittlungs-
versuche machten. Das zog sich erfolglos bis zum 17. August hin, während
welcher Zeit die Gegend um Halberstadt durch Plünderung und Brand verheert
wurde. Endlich eröffnete Ernst die Beschiessung der Stadt und zwar von der
Südseite her, beim Kloster St. Johannis und dem Wardeho, zwischen dem Hars-
leber- und Kühlingerthore. Wenn dabei auch kein grosser Schaden angerichtet
wurde, so wurde doch der gewünschte Erfolg endlich erzielt. Die am 22. August
begonnenen Friedensverhandlungen führten am 25. durch die Unterwerfung
Ualberstadts zur Beilegung des Streites. Der Administrator wurde auf das Kat-
haus geführt und gab, nachdem er die Huldigung als Landesherr empfangen
hatte, dem Rate die Schlüssel der Stadt zurück. Die Friedensbedingungen waren
folgende: die Neuordnung des dem Bischof gehörenden weltlichen Gerichtswesens;
das Becht der bischöflichen Bestätigung für den alljährlich zu wählenden Bürger-
meister und die anderen Ratsmitglieder ; eine Kriegs- und Einkünfteentschädigung
von 10000 rh. Gulden, zahlbar von Michaelis 1486 an in 2 Jahren. Nachdem
die Stadt erst noch in einem langen Schriftstücke hiergegen vergeblich protestiert
hatte, kam am 26. August die Einigung zu stände, und schon zwei Tage nachher
veröffentlichte Ernst die neue, offenbar schon ausgearbeitet fertiggehaltene Gerichts-
ordnung, welche folgende siebzehn Funkte enthielt:
1. Warnung vor Bestechlichkeit;
2. eingesetzt werden ein Richter und sechs Schöffen, die dem Bischöfe ver-
eidigt sind und mindestens alle vierzehn Tage an gewohnter Stätte Gericht zu
halten haben: zu ihrem Dienste haben sie einen Gerichtsschreiber und zwei
Gerichtsdiener ;
3. jede Partei hat für ihre Sache selbst zu sorgen, entweder mündlich
persönlich, bezw. durch einen Vertreter oder nach besonderer gerichtlicher Er-
laubnis auch schriftlich;
4. der Richter hat das Urteil nur von den Schöffen, nicht von anderen
zufällig Anwesenden zu erfragen; die Stimmenmehrheit entscheidet; in Zweifel-
fällen ist das Gutachten von Rechtsgelehrten oder Universitäten einzuholen;
5. die Appellation geschieht an den Bischof;
6. gegen Widersetzliche hat der Richter durch seine Gerichtsdiener, wenn
nötig durch den bischöflichen Vogt die Disciplinargewalt;
7. Appellationen, die nicht durch thatkräftiges Vorgehen der Parteien unter-
stützt werden, gelten als Verschleppung und verlieren nach acht Wochen
ihre Kraft;
8. Uberteurung der Parteien ist verboten;
204 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Geschichte : Reform der welü. Gerichtsbarkeit 1486)
9. der Richter hat darüber zu wachen, dass auch die Unterbeamten die
gerichtlichen Gebühren nur in vorschriftsmässiger Höhe erheben; Übertretungen
werden mit besonderen Strafen bedroht;
10. strenge Gewissenhaftigkeit in der Amtsführung wird von Bichtern und
Schöffen verlangt;
11. zu Gunsten ihrer völligen Unparteilichkeit stehen sie unter ganz beson-
derem Schutze des Bischofs; Klagen gegen sie sind bei ihm anzubringen; im
Range stehen sie dem bischöflichen Yogte, dem regierenden Bürgermeister und
den Ratmannen gleich;
12. im Falle der Not haben Rat und Bürgerschaft die Exekution des
Gerichts zu unterstützen;
13. stirbt ein Richter oder Schöffe, so geschieht die Neuwahl durch den
Bischof ;
14. ftuch die Schöffen sind auf Unparteilichkeit zu vereidigen;
15. desgleichen haben die Gerichtsdiener Wahrhaftigkeit und ordentliche
Amtsführung eidlich zu geloben;
16. an vorstehenden Massregeln kann der Bischof nach eintretender Not-
wendigkeit Änderungen vornehmen;
17. das Gericht bekommt eine Abschrift dieses Gesetzes, um sie Wissbegie-
rigen und Zweifelhaften auf Verlangen vorzulegen.
Die Bestimmungen der Emstschen Gerichtsreform bedürfen keiner Erläute-
rung, sie erklären sich in ihrer Schlichtheit von selbst. Das Bestreben geht
durchweg auf Herstellung eines einfachen, raschen und redlichen Gerichts-
verfahrens. Es entspricht dies ganz dem Wesen des Administrators. Wiederholt
beklagt er sich in seinen Erlassen über die Länge und Verworrenheit der
gerichtlichen Schriftstücke alten Stiles; seine eigenen Entscheidungen und Äusse-
rungen sind überall ohne Umschweife, von vorbildlicher Klarheit und Verständ-
lichkeit, allerdings in einem durch die Verhältnisse erheischten herrischen Tone
gehalten. Wenn man das Unwesen früherer Prozesse (Ammendorf!) ansieht
so erscheint diese Gerichtsreform als nötige und nützliche Massregel; ihre
Paragraphen bedeuten die Abschaffung von eben so vielen oder noch vielmehr
groben Missbräuchen, zum Verdrusse derer, die damit unlauteren Erwerb gehabt
hatten, für jeden, der sein Recht suchte, zur Wohlthat. Die weltliche Gerichts-
barkeit blieb von da an in den Händen der Bischöfe.*
' Das wichtigste Recht, welches der Stadt bis auf weiteres verblieb, war das der selb-
ständigen Münze. Sie besass es schon seit der Zeit, wo sie anfing selbständig zu werden
(die moneta nostre civitatis wird am 3. Febr. 1285 genannt) ; sie erwarb auch das bischöfliche
Münzregal seit dem 23. Aug. 1863, wo es vom Bischof X^udwig in Anerkennung der zunehmenden
Münzverschlechtening, welche alle Handelsgeschäfte stark schädigte, an die Stadt und das Dom-
kapitel überlassen wurde. Bis dahin war es ausschliesslich bischöflich, ein Teil jener Privi-
legien der Ottonenzeit, verbürgt seit 989, bestätigt von Friedrich I. zwischen 1160 und 77.
Die Münzprägung wird zunächst von Stadt und Domkapitel gesondert betrieben worden aem,
getrennt war beides sicher von 1622 an, was denn fürs erste allerlei Falschmünzerei und
daraus entstehende Tumulte zur Folge hatte. Eigentliche Münzen der Stadt giebt es nur
von 1622 — 34, sowie 1663. Die Münzen zeigen in geringwertiger Prägung auf dem Avers
das Stadtwappen, auf dem Revers den Reichsapfel mit der Wertangabe. Die mit dem Dom-
kapitel gemeinschaftlich ausgegebenen Münzen haben auf dem Avers den h. Stephanus oder
Halberstadt (Geschichte 1486—1513; Münzrecht; Untergang der st&dt. Freiheit) 205
Nachdem der Administrator in dieser Sache seine ganze Energie gezeigt
hatte, ging er alsbald (21. Dezember 1486) auch an die Einlösung der Vogtei.
Er beachtete dabei nicht, dass das Pfand längst verfallen und durch Gewohnheits-
recht unzweifelhaftes Eigentum der Stadt war, gewährte auch keinerlei Ent-
schädigung für die Unkosten, welche die Stadt in der langen Zeit an die Vogtei
gewendet hatte. Aber niemand wagte mehr zu widersprechen.
So ging Halberstadts Freiheit an die Bischöfe verloren. Fortan war der
Rat ganz in deren Gewalt; seine Mitglieder konnten ihr Amt nicht antreten,
ehe es nicht der Bischof „gnediglich bewilliget, bestetiget, vergunnet und zu-
gelassen'* hatte. Die Domweihe am 28. August 1491 war das Siegesfest der
wiederhergestellten bischöflichen Macht! Drei Jahre später erliess Kaiser Maxi-
milian eine Bestätigung der Privilegien des Bistums und der Königlichen Lehen
des Bischofs.
In kriegerische Unternehmungen war Bischof Ernst wiederholt verwickelt:
1487 bei der Belagerung des Schlosses Weferlingen, 1493 mit' dem Herzog Georg
von Sachsen wegen der regensteiner Lehen. Da Halberstadt und sein Gebiet
dabei kaum oder gar nicht in Betracht kam, so liegt hier keine Veranlassung
vor näher auf diese Dinge einzugehen. Die Stadt selbst finden wir unter Emsts
Regierung nur einmal 1482, also vor ihrer Unterwerfung bei einem Städtebunde
beteiligt — Der Administrator kam selten nach Halberstadt, auf dem Petershofe
walteten seine Beamten. Trotzdem hat er für die Stadt in mancherlei Weise
gesorgt, auf Hebung der öffentlichen Sittlichkeit, auf Erleichterung des Loses der
niederen Klassen hingewirkt und dergl. Auch auf Verbesserung der Klöster
war er bedacht
Gegen Ende seines Lebens scheint er weniger streng regiert zu haben.
Auch an ihn trat wohl nicht selten Geldverlegenheit heran, die seine Energie
wankend machte. Das Kapitel hielt ihn aber. 1505 liess es sich die schon
ehemals in der Wahlkapitulation gegebene, seitdem wahrscheinlich oft übertretene
Versicherung von neuem bestätigen, dass der Bischof bei Vergebung erledigter
kirchlicher Lehen stets die Zustimmung des Kapitels einholen wolle; und
charakteristisch für seine abnehmende Festigkeit ist es, dass er dem Kapitel das
Versprechen geben musste, die weltliche Gerichtsbarkeit nicht etwa wieder
verpfänden zu wollen. Ernst starb am 3. August 1513 auf der Moritzburg
zu Halle.
Sein Nachfolger wurde nach anfänglich zwiespältiger Wahl Kardinal Albrecht
von Brandenburg, Erzbischof von Magdeburg und Mainz. Er verweilte in
dA8 Wappen des Stiftes, auf dem Revers das Stadtwappen. Das Städtische Münzgebäude lag
dem Kathause schräg gegenüber. Im 17. Jahrhundert nahm das 8tädti$:che Münzrecht zu
Halberstadt, vielleicht durch den Kurfürsten Friedrich III. ein Ende. Die letzte Münze, mit
dem Domkapitel gemeinschaftlich herausgegeben, stammt von 1691. Ein Versuch zur Wieder-
herstellung dieses selbständigen Rechtes, der 1721 unternommen wurde, blieb ohne Folgen.
Von weiterem Eingehen auf diesen Gegenstand kann hier abgesehen werden. Man vergleiche
V. Mfiiverstedt, die Münzen der Stadt Halberstadt, Harz-Zeitschr. 1869, I, 100-119. — Zeper-
nick, die Kapitels- und Sedisvakanzmünzen , Halle 1822; — Leitzmann, Numismatische Zei-
tung 1889, 108, 114, 121; 1858, 137, 190-191; Grote, Blätter für Münzkunde III, 61 f. —
Auch Harz/eitschr. XV, 358 f.; XVII, 257 f.; XVIII, 325.
i06 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Gescbichte 1521—1530)
den sächsischen Gegenden bis 1541, worauf er nach Mainz zog, und dort am
24. September 1545 starb. So wenig bedeutend seine Regierung an sich für das
Halberstädter Gebiet blieb, so wichtig ist doch deren Zeit dadurch, dass innerhalb
ihrer die Einführung der Reformation geschah. Sie nahm ihren Ausgang von
dem Johanniskloster, aus welchem zwei Mönche des Augustinerordens, Johannes
Wissel aus Braunschweig und Heinrich Gefferdes aus Helmstedt, als erste Ver-
kündiger der evangelischen Lehre von 1521—23 in der Martinikirche wirksam
waren; dann wurden sie aus der Stadt verwiesen. Auch die beiden Männer,
welchen sie und die evangelische Sache besondere Förderung verdankt hatten,
der Propst von St. Johannis, Dr. Eberhard Weidensee und der Bürgermeister
Heinrich Schreiber, gerieten in grosse Gefahr. Letzterer wurde vom Bischöfe
zum Tode verurteilt, nach Erlegung einer grossen Summe aber begnadigt nnd
des Landes verwiesen; ersterer eniging seiner Gefangennehmung, nachdem er
als Probst und Archidiakon abgesetzt worden war, durch die Flucht nach Magde-
burg. Er ist 1547 als Superintendent in Goslar gestorben. Ähnlich erging es
den anderen Verfechtern der evangelischen Sache. Der Mönch Valentin Mustäus,
welcher im Kloster der Marienknechte evangelisch gepredigt hatte, entrann nach
schwerer Misshandlung nach Wittenberg; er wurde 1524 in Sachsen angestellt.
Der Domprediger Bartholomäus Hammenstedt entzog sich seiner Gefangennahme,
indem er gleich Weidensee nach Magdeburg entfloh. Das Hereinbrechen des
Bauernkrieges gab diesen Dingen eine vorübergehende Wendung zu Gunsten der
Evangelischen. Ein Teil der katholischen Geistlichkeit entrann aus der Stadt
andere wurden Halberstädter Bürger, darunter der Weihbischof Heinrich und
der bischöfliche Official Heinrich Hom.^ Nach dem Bauernkriege wurde in der
Martinikirche wieder evangelisch gepredigt durch Heinrich Wincke^l aus Wernige-
rode (geb. 1493, 1507 im Johanniskloster zu Halberstadt, wo er später Prior
wurde). Als er aufgefordert wurde, wenigstens gelegentlich, mindestens jährlich
einmal Messe zu lesen, und er sich dessen weigerte, hatte dies seine Ausweisung
zur Folge. Er ging nach Wittenberg und von da nach Braunschweig. Sein
Nachfolger im Predigtamte zu St. Martin war der gleichfalls dem Johanniskloster
angehörige Mönch Johann Winnigstedt. Auch dieser musste sein Amt nieder-
legen und eine Zeitlang hatte die Martinikirche keinen evangelischen Geistlichen.
Die dadurch geschaffenen ünzuträglichkeiten und Winnigstedts Wiedererscheinen
in Halbergtadt, als er kam, das für ihn gesammelte Geld abzuholen, führten
dazu, dass er eine Zeitlang die Erlaubnis zum Predigen wieder erhielt. Als
jedoch 1529 über die Abendmahlsfeier und über seine geistliche Tracht Streit
entstand und er den katholischen Forderungen gegenüber standhaft blieb, musste
er von neuem aus Halberstadt weichen. Er lebte später in Braunschweig und
arbeitete 1542 mit Bugenhagen, Jonas und Corvinus in Hildesheim eine neue
Kirchenordnung aus. Um fortan die Neigung zur Reformation in Halbei^tadt
ganz zu unterdrücken, beabsichtigte damals (1530) der Kardinal Albrecht die
Erbauung eines bischöflichen Schlosses, welches als Zwingburg dienen sollte, in
der Nähe des Kühlinger Thores an der Stadtmauer. Die evangelische Lehre
^ £r wird zuerst 1515 erwähnt und starb 1553. Sein Epitaph befindet sich in der Lieb-
frauenMrche. S.d.
' Halberstadt (Geschichte 1539—1564) 207
konnte vorläufig nur noch in den Orten der Umgegend verkündigt werden,
erlitt aber keinerlei Einbusse, nahm vielmehr immer weitere Fortschritte. Nach
der Einführung der Reformation in Sachsen, Brandenburg, Wernigerode und
Quedlinburg benutzten Magdeburg und Halberstadt die Gelegenheit, sich die
Freiheit ihrer Bellgionsübung von dem Kardinal zu erkaufen, indem sie seine
Schulden, welche sich auf 500000 Gulden beliefen, auf dem Landtage zu Kalbe
1539 zu bezahlen beschossen. Seitdem war\ obgleich sich der Kardinal auch
fernerhin ziemlich ablehnend verhielt, der Bestand der Reformation im Halber-
städtischen gesichert. Die Martinikirche erhielt 1540 als ersten evangelischen
Prediger Jodocus Otto (f 1574), als Diakon den Licentiaten Autor Lampadius
("f" 1559). Die Johannis-, Moritz- und Paulsgemeinde folgten im selben Jahre
nach« Der Dom erhielt seinen ersten evangelischen Prediger erst 1591 in der
Person des Dr. Martin Mirus, welcher bis dahin Oberprediger an der Martini-
kirche gewesen war (f 1594); das Liebfrauenstift folgte erst 1604. Der erste,
welcher dort evangelisch predigte, war David Müller, bis dahin Prediger zu
St. Spiritus.
Auf den Kardinal Albrecht folgte dessen Vetter, der lahme Johann
Albrecht (geb. 1499), welcher seit 1536 Koadjutor von Magdeburg war. Obwohl
er der Reformation abgeneigt war, machte sie doch unter seiner Regierung
beständig weitere Fortschritte. Er trat am 3. Januar 1547 Magdeburg und Halber-
stadt gegen ein Jahresgehalt an den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen
ab; 1548 wurde er vom Kaiser wieder eingesetzt und starb am 17. Mai 1550
in Halle.
Nach der kurzen Regierung seines Nachfolgers Friedrich, Sohnes
Joachims n. von Brandenburg (Friedrich starb am 2. Oktober 1552 und wurde
im Halberstädter Dome bestattet), kam es zu einer zwiespältigen Wahl, aus
welcher durch die Bestätigung des Papstes Sigismund, Markgraf von Brandenburg,
Erzbischof von Magdeburg, gleichfalls ein Sohn Joachims IL, siegreich gegen den
Dompropst Christoph, Graf von Stolberg, hervorging, Sigismund war ein Freund
der evangelischen Kirche, deren ungestörter Entwicklung er keine Hindemisse
bereitete, für deren ordentliche Organisation er vielmehr durch die 1564 ver-
anstaltete erste Kirchenvisitation sorgte. ^ Sie war notwendig, weil auf dem Lande
die kirchlichen Zustände nach der Reformation wenig zufriedenstellend waren,
besonders das Kirchenvermögen in Gefahr stand, die richtige Verwaltung der
von den Gemeinden organisierten Kirchen und Schulen auf mancherlei Art
beeinträchtigt war, und die Personen der Geistlichen teilweise sehr ungeeignet
waren. Die wirtschaftlichen Zustände scheinen dagegen günstig gewesen zu
sein, wofür der Umstand spricht, dass zwischen dieser und der zweiten, fünfund-
zwanzig Jahre später stattfindenden Visitation in den meisten Ortschaften eine
beträchtliche Zunahme der Bevölkerung bemerkbar ist.
Im Zusammenhange mit der Geschichte der Reformation ist es am Platze,
auch das Schulwesen^ zu erwähnen. Von nicht besonderer Wichtigkeit waren
die Klosterschulen, welche zum Liebfrauen-, Bonifatius- und Paulsstifte gehören.
^ Nebe, die Kirchenvisitationen des Bistums Halberstaclt.
' Harzzeitschr. XVin, 302; XXI, ISO, 370; XXIII, 344; XXIV, 325.
208 Halberstädter Stadtkreis: Ralberstadt (Schulwesen, Geschichte bis 1589)
Sie wurden nach der Reformation wegen zu geringen Besuches geschlossen, um
teilweise später in veränderter Art wieder eingerichtet zu werden. Interesse
bieten sie wenig. Andauernde Lebensfähigkeit dagegen haben die Domschule
und die Martinischule bewiesen. Erstere dürfte ebenso alt sein, wie das Bistum
überhaupt. Von ihren Schicksalen während des Mittelalters ist wenig bekannt.
Nachdem sie unter Schwierigkeiten und unter konfessionellen Zwistigkeiten ihr
Dasein bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts gefristet hatte, wurde sie 1674
in ordentlicher und planmässiger Weise neu eingerichtet und besteht als Dom-
gymnasium noch heute in blühendem Zustande. Die Martinischule, das
Martineum, gleichfalls aus mittelalterlicher Zeit stammend, aber beträchtlich jünger
als die Domschule, war nacheinander im Dominikanerkloster, dann im Antonius-
hofe, dann wieder in dem Kloster, und, nachdem man sie von hier vertrieben
hatte, seit 1545 in dem Deutsch -Herrn -Hofe untergebracht und war seitdem
der eigentliche Sitz des in evangelischem Sinne erteilten Unterrichtes in Halber-
stadt. Die tüchtig geleitete Anstalt, deren gute Erfolge auch bei der Visitation
1589 Anerkennung fanden, nahm einen solchen Aufschwung, dass sie zeitweise
sogar die Domschule in ihrer Existenz bedrohte. Nach einer während der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingetretenen Yerf allzeit, wurde sie 1822 ihres
Charakters als Gymnasium entkleidet und zur höheren Bürgerschule gemacht.
Sie besteht als Realgymnasium (in einem auf dem Johannisbrunnen errichteten
neuen Gebäude) noch jetzt. Weiter auf die Schulverhältnisse einzugehen, kann hier
nicht unternommen werden. Man vergleiche darüber: Richter, Beiträge zur
Geschichte des Stephaneums zu Halberstadt, Halberstadt 1875; -— v. Mülverstedt
Beiträge zur Kunde des Schulwesens im M.-A., Magdeburg 1875; — Nebe,
Kirchen visi tationen ; — Scheffer, Inschriften u. s, w., p. 13 nebst Abbild. No. 19; —
Zschiesche, Halberstadt sonst und jetzt, p. 202 ff.
Nach Sigismunds Tode wurde aus nicht genügend bekannten Gründen
Heinrich Julius von Braunschweig, ^ geb. 15. Okt 1564, damals also erst
zwei Jahre alt, zum Bischof erwählt. Er wurde evangelisch erzogen und behielt dies
Bekenntnis auch bei. In seinem vierzehnten Jahre erlangte er die Majorennität und
übernahm die Regierung. Er verheiratete sich 1585 mit der Tochter des Kur-
fürsten von Sachsen. Unter ihm fand die zweite Kirchenvisitation 1689 statt Die
Instruktion für die Visitatoren ist gedruckt bei Nebe, p. 17 ff. Die Visitation
verlief von April bis Oktober, wobei viele bedeutende Besserungen gegen früher
festgestellt werden konnten. Heinrich Julius führte den evangelischen Gottes-
dienst auch im Halberstädter Dome ein. Wiewohl Heinrich Julius nur bisweilen
als Gast nach Halberstadt kam, und sonst zumeist von Wolfenbüttel aus regierte,
erfreute er sich doch infolge seiner beträchtlichen Fähigkeiten, die er zum
Wohle der Stadt und seines Bistums anzuwenden verstand, erheblicher Beliebt-
heit. Von seiner Wirksamkeit ausserhalb der Stadt sei die Entwässerung des
grossen Bruchs an der Nordgrenze des jetzigen Kreises genannt, von den Bauten,
die er innerhalb der Stadt aufführen liess, verdienen die Zwicken und die Kommisse
Erwähnung. Unglücksfälle blieben freilich auch in seiner Zeit nicht aus.. Im
^ Vgl. Opel, das Stift fialberstadt unter dem Bischof Heinrich Julius von Braunschweig.
Zeitschr. f. preuss. Gesch. u. Landeskunde VI, 385—406.
Halberstadt (Geschichte 1576—1642) 20Ö
Jahre 1576 gab es eine grosse Überschwemmung. An eine Pest im Jahre 1577
erinnert die Inschrift an der Sonnenuhr der Martinikirche; die Seuche kehrte
noch 1597 und 1611 wieder. 1587 brannte das Johanniskloster nieder. — Hein-
rich Julius wurde 1607 vom Kaiser zum Direktor seines geheimen Rates in Prag
ernannt und starb als solcher daselbst 1613. Die Geschäfte des Domkapitels
lagen zu seiner Zeit\ganz besonders in den Händen des hochverdienten Dom-
dechanten Matthias von Oppen. Sein Tagebuch, welches über die Verhältnisse
in Stadt und Land Halberstadt eine Fülle der interessantesten Nachrichten
enthält, ist herausgegeben durch v. Mülverstedt. Über die Bevölkerungszahl der
Stadt haben wir aus diesen Zeiten einige Nachrichten. Bei der Visitation 1589
wurden gezählt 550 Hauswirte in der Martinigemeinde, 250 in der Bonifatius-
gemeinde, 226 in der Paiiligemeinde; im Jahre 1624 gab es über 2400 waffen-
fähige Bürger in der Stadt. Die Ziffer lässt darauf schliessen, dass mit Einschluss
der Geistlichkeit, Halberstadt damals gegen 13000 Einwohner gehabt haben mag.
Auf Heinrich Julius folgten seine Söhne; zunächst der jüngste, erst vier-
jährige Heinrich Karl, dann nach dessen 1615 erfolgtem Tode sein 13jähriger
Bruder Budolf. Der Urheber dieser Wahlen war Matthias v. Oppen, welcher
für das Stift dadurch bedeutende materielle Vorteile herbeiführte. Nachdem
Rudolf schon 1616 gestorben war, kam sein Bruder der „tolle Christian" zur
Regierung, welcher als Parteigänger des Winterkönigs das Bistum zwang, unter
den schwersten Opfern an dem Kriege teilzunehmen. Der unglückliche Verlauf
des Unternehmens (Niederlagen bei Höchst 1622, bei Stadtlohn 1624!) brachte
ihn dazu 1624 die Kegierung niederzulegen; für die Stadt und den Bezirk Halber-
stadt gaben jene Vorfälle Anlass zur Züchtigung durch Wallenstein 1625 und in
den folgenden Jahren. 1629 wurden sämtliche Kirchen und geistlichen Anstalten,
mit alleiniger Ausnahme der Stadtkirche St. Martin und des Hospitals St Spiritus
wieder katholisch gemacht. ^ Auch in der darauffolgenden Zeit der schwedischen
Herrschaft wurde zwar das evangelische Kirchenwesen durch Gustav Adolf 1632
wieder hergestellt,* doch besserten sich die äusserst trostlosen Verhältnisse, in
welche Stadt und Bistum verfallen waren, nicht, im Gegenteil verschlimmerten sie
sich noch infolge der Belagerungen der Stadt, die im Oktober und November 1631
von den Kaiserlichen unternommen wurden. Dem Schicksale Magdeburgs, aus
welcher Stadt damals auch nach Halberstadt viele Flüchtlinge, besonders Frauen
und Kinder, sich gewendet hatten, entging Halberstadt, doch fiel das Johanniskloster
und die Johannisvorstadt der Zerstörung anheim. 1634 endete die schwedische
Herrschaft vorläufig, um 1636 wieder zu beginnen. Trotzdem war sie nicht
beständig, wechselte vielmehr mit der kaiserlichen verschiedentlich, während die
wirtschaftlichen Verhältnisse immer elender wurden. Von den waffenfähigen
Bürgern der Stadt waren gegen 1642 nur noch etwa 200 übrig. Endlich gewann
1643 am Margaretentage (13. Juli) Königsraark durch einen Handstreich die Stadt
wieder,^ ebenso kamen damals im August Osterwieck, im November Hornburg
in schwedischen Besitz.
^ H-.Z.XV1I, 104. * Vgl. E. Jacobs in der H.-Z. 1897, 113-298.
■ Vgl. Jacobs in der H.-Z. 1872, 221 ff. Daselbst auch ein zeitgenössisches Lied auf dies
Ereignis. Über die Schicksale der Stadt während des 30jährigen Krieges vgl. Zschiesche,
Halberstadt sonst und jetzt, p. 28ff.
Knto HAlbentftdt U
210 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1629--1682 — Stadttopographie)
In die Zeiten dieser Kriegswirren fällt auch die Regierung des letzten
Halberstädter Bischofs, des vom Kaiser eingesetzten Erzherzoges LeopoldWilhelm
(1629 — 1636). Der westfälische Friede brachte endlich die Befreiung von den
Schwedeiv und die endgiltige Regelung der politischen Verhältnisse dadurch,
dass aus dem Bistum ein weltliches Fürstentum gemacht und dieses dem grossen
Kurfürsten zugesprochen wurde.* Nachdem er am 3. April 1650 sich hatte hul-
digen lassen und Besitz von seinem neuen Eigentum ergriffen hatte, kehrten
Ruhe und Ordnung wieder. Die weltliche Gerichtsbarkeit, welche wie oben
erzählt, seit den Tagen des Administrators Ernst bischöflich geworden war, und
somit in den Besitz des Kurfürsten überging, wurde von ihm gegen eine
Entschädigungssumme von 17 500 Thalern der Stadt überlassen. In demselben
Jahre am 2. November wurde die Stadt, insbesondere die Gegend des Breiten-
weges durch einen gewaltigen Brand heimgesucht 1681 und 82 erschien die
Pest, welcher gegen 2200 Menschen zum Opfer fielen. Friedrich Wilhelm half
durch Unterstützungen, soweit es ihm möglich war, sorgte auch dafür, dass sich
von den vertriebenen Hugenotten eine beträchtliche Zahl in jenen Gegenden
niederliess. Ihnen verdankt unter anderem Osterwieck seine noch jetzt mit
Erfolg betriebene Handschuhfabrikation.
Da die Beschreibung der Bau- und Kun^tdenkmäler, welcher dieses Buch
eigentlich gilt, im wesentlichen an der Grenze des 17. zum 18. Jahrhundert endet,
so kann hier die geschichtliche Einleitung abgebrochen werden. Einzelheiten,
welche über diese Zeitgrenze hinausgehen, werden, wo es' erforderlich ist, bei der
Besprechung der Denkmäler selbst nachgeholt werden. Über die Schicksale der
Stadt und des Bezirkes von Halberstadt in den letzten zwei Jahrhunderten giebt
das mehrfach genannte Buch von Zschiesche einen gen^ügenden Oberblick.
Stadttopographie
a) Burgmauer, Stadtmauer, Thore
Der Mittelpunkt der Stadt, der Ort, um welchen herum im Anschlüsse an
die noch ältere Ansiedlung bei der Martinikirche die Stadt sich allmählich aus-
breitete (über die Art dieser Entwicklung ist oben gesprochen worden), bis sie
den jetzigen Umfang annahm, ist der Domplatz, die urbs, welche man auch die
Burg nennen kann, wegen der Befestigungen, welche sie seit den Zeiten Bischof
Arnulfs, 1020, erhalten und wenigstens, soweit die dazu gehörige Mauer in Frage
kommt, bis heute grösstenteils bewahrt hat. Die Mauer befindet sich zwischen
den Häusern des Domplatzes und der diesen umgrenzenden Strassen: Hoheweg,
Lichtengraben, Düstemgraben, Grudenberg, Westendorf und Schmiedestrasse;
man vergleiche den Stadtplan (Fig. 75). Dieser Burgbezirk hat folgende ehemals
durch befestigte Thore bewehrte Zugänge:
Die Burgtreppe, die graden wo men getvom hon wege in de borch (1377).
Ob sie immer so geheissen, oder, was wahrscheinlicher ist, ehemals einen anderen
Namen geführt hat, ist ungewiss; —
^ H.-Z. XIII, 228, 237 ; XXX, 237 f.
Halberstadt (Stadttopögraphie: Bargmauer, Stadtmauer, Thore) 211
das Steile Thor, so genannt nach der Ait der Terrainbeschaffenheit der
Strasse, welche hier vom Domplatze zum Düstemgraben hinabführt; erhielt später
die Bezeichnung Tränkethor, weil man von hier das Vieh zu der unten
fliessenden Holtemme hinabzutreiben pflegte; von den hier befindlichen, 1833
abgerissenen Thoren sind noch schwache Spuren vorhanden; —
die Peterstreppe, gleichfalls im Norden in der Nähe der Liebfrauenkirche
zur Holtemme hinabführend; so genannt nach dem unmittelbar benachbarten
bischöflichen Palaste, dem Petershofe und der zugehörigen Kapelle; —
das Drachenloch, dor by vnser frowen (1385), dessen Namenserklärung
nicht ohne Schwierigkeit ist ; möglicherweise nannte man es nach dem im Mittel-
alter von den Schülern des Liebfrauen stiftes aufgeführten Drachenspiele (s. oben
S. 188), vielleicht auch nach irgend einem in der Nähe, etwa als Hauszeichen
angebrachten Bilde. Auch hier waren zwei Thore vorhanden, von denen beim
Hause Grudenberg 2 noch ein Fragment erhalten ist; —
das Düstere Thor, von der Schmiedestrasse zum Domplatze führend, besass,
wie die 1884 aufgedeckten Fundamente zeigten, einen Türm von einem Durch-
messer von etwa 6 m. über die diesem Thore nordöstlich dicht benachbarte
Kapelle St. Laurentii vgl. unten.
Seitdem die Entwicklung der Stadt im Mittelalter zu einem gewissen Ab-
schlüsse gelangt war,^ nämlich schon 1203, wurde auf Betreiben des Probstes
Gerold, Dechanten des Liebfrauenstiftes, zur Abwehr der Feinde, welche die
Partei Ottos IV. vertraten, als äussere Begrenzungslinie ein mit Pallisaden be-
setzter Wall nebst einem Graben begründet, und dies in späterer Zeit durch eine
auf Bögen erbaute Mauer ersetzt (Höhe 5,50 m, Breite 1,90 m), deren Reste
noch heute an vielen Stellen erhalten sind und mit ihrem trotzigen, schwer und
sorgfältig ausgeführten Gemäuer (Quaderverblendung über mit Gips vergossenem
Füll werke) und ihren teils halbrunden, teils rechteckig ausgeführten Turm-
Torsprüngen einen höchst malerischen Schmuck der um die alte Stadt sich
hinziehenden Gartenanlagen bilden. Diese Mauer war begleitet von einem Walle,
der beiderseits von Gräben beschützt wurde. (Vgl. Fig. 76.) In der Mauer be-
fanden sich folgende Thore , deren Lage aus dem Stadtplan (s. Figg. 75 u. 76)
ersichtlich ist:
das Breite Thor, am Ende des Breitenweges, lata valva, brede dor (bereits
1208 urkundlich angedeutet). Ein Stein davon mit der Jahreszahl M CCC ....
(angeblich 1378) befand sich zu Scheffers Zeit „im Garten des unter No. 1768
vor dem Breiten Thore belegenen Gasthofes zur Stadt Cöln"; —
das Wasser thor, porte oppe dem water (1444), von welchem noch ein rundoj.
Turm (Fig. 77) von geringer Höhe übrig ist, über dessen Eingange die
Inschrift in Minuskeln sich befindet: anno tJ" diu (II CCCC XL IUI (oder
X L III ?) fnä sexta p fcstv corp xpi (Vgl. Scheffer p. 6 nebst Abbildung
Nr. 9); —
' Vgl. darüber das oben (8. 185) in der Verfassungsgeschichte Gesagte, sowie Arndt, die
Einteilung 'der Stadt Halberstadt in früheren Zeiten. Halberstädter Zeitung und Intelli-
genzblaU 1896 Nr. 141. 142.
S12 Salberstadter Stadtkreis: Halberstadt (Stadttopoerraphie: Thore)
das Gröperthor (1208 angedeutet), Gropertore (1313).
das Burchardithor (1208 angedeutet), sinteBorcfaardes dore(1361). Davor
stand die St. Thomaskapelle. — Der vor dem Burchardithor gelegene Ratsteich
erwähnt 1466; —
das Johannisthor (Fig. 78), schon 1271 erwähnt, valva b.Johannis (131l>,
yalva exterior (1329), Westendorfthor (1488), renoviert 1689 (die Zahl befand sich
nebst dem Stadtwappen am Thurturni ; Scheffer), desgleichen 1692 unter Verwendung
von Trümmern- des ältesten Teiles der Liebfrauenkirche (s. diese), endlich 1770
(Scheffer) ; abgebrochen 1873 als letztes von allen. — Ausseriialb lag ein Fisch-
teich (1311), dem Domkapitel zugehörig (1392), ebenso wie der gleichzeitig er-
wähnte, dort gelegene Äckerbezirk Gosewort, an welchem die öffentliche Strasse
vorüberzog; —
das Kühlinger Thor, valva clavarum( 1373),' Kuhngedore (1486), nach der
Wüstung Eühlingen benannt wie die Eühlingerstrasse. Oben am Gesimse stand
' Also d*B Keulenthor nach dieser falschen Etymologie. l!>er Gedanke au die in maachen
Thoren (Jüterbog uud souBt) als WahrEeicheii aufgehängten Keulen mag zu dieser Verwechs-
lung Anlasi gegeben haben.
214 Halberstädter Stadtbreis: Halberstadt (Stadtt^po^^raphte : Strassen)
die Jahreszahl 1346 (Scheffer Abbild. Nr. 4), Abgebrochen 1854. Hier beabsichtigte
Kardinal Albrecht 1630 die Anlage einer Zwingburg gegen die Protestanten Ton
Halberstadt; der Plan wurde als zu weitschichtig aufgegeben.
Von den drei Aussenwerken, welche sich vor den Thoren befanden, giebt
flg. 76 einige Anschauung.
b) Strassen
Ich zähle sie auf nach der chronologischen Reihenfolge ihrer urkundlichen
Erwähnung. Nicht mehr Bestehendes, nicht Nachweisbares oder Zweifelhaftes
ist in [ ] geschlossen:
[Eine südlich am Prcdigerkloster vorübergehende Strasse 1247.]
Grauer Hof (Vulgämamen) , urkundlich angedeutet, nicht genannt 1257;
grisea curia (1401); der Graffenhoff (1606). Gehörte den Cisterziensem vom
Kloster Michaelstein.
[Garbraterstrasse, apud assatores (1272), twischen den bradem, Garbradir-
Halberstadt (Stadttopographie: Strassen) 215
strate (1396), inter penesticos Yulgariter garbrader (1398). Vielleicht identisch
mit der Strasse in der garkoken (1529). Beim Rathause.]
[Eine Strasse an der Kapelle St. Jakobi vorüberführend. 1272.]
Moritzstrasse, platea s. Mauricii. 1294.
Vogtei, Advocatia. 1294. (Ihre jetzige No.58 hiess ehemals Giltschaft.)
[Zwischen den Krämern, inter mercatores, inter institores, 14. Jahrhundert.
Beim Rathause.]
Sack, Saccus. 1306.
Weingarten, Vinea, wyngarde. 1306.
Gröperstrasse, inter ollatores, platea lutifigulorum, platea figulorum, Groper-
strate. 1306.
Hoheweg, alta via, superior platea, Hoghe weghe, Honweg. 1311.
Weberstrasse, platea textorum, Weverstrate. 1313.
Johannisbrunnen, up dem pole, bi dem pole. 1322. Der nordöstliche, jetzt
zugehörige Teil hiess ehemals Tittenklapp, später Titusplatz.
Taubenstrasse, Dovestrate, Dofenstrate. 1326.
[Ägidiusstrasse. 1334- Beim Pauls-Kirchhof J
Kuhgasse, vicus in cono qui ducit ad latam platheam (1382). 1334.
Pfahlgasse. 1334. Faule Gasse, fule gatze, fetidus vicus (nach 1465).
Ritterstrasse, platea militum, Ridderstrate. 1336. Möglicherweise so benannt
nach dem Hause der Tempelherren. Sie scheint ehemals mit der Rosniarinstrasse
und dem zwischen ihr und jener belegenen Teile der Franziskaner- (Neuen-)
Strasse ein Ganzes gebildet zu haben. (Vgl. Scheffer p. 12.)
Seidenbeutel, bursa serica, sidhenbudel. 1347.
[lutke gatzen dar me geit in de Ridderstrate. 1354.]
Düstemgraben, graven, 1361. düstere graven (1423).
Schmiedestrasse, platea fabrorum, 1362. Smedestrate.
TrüUstrasse, hem Gevehardes tweyten 1375, strata cellitarum sive loUar-
dorum, der TrüUebröder strate (1462).
[via publica quae ducit ad s. Egidium. 1379. Identisch mit der Ägidius-
strasse? s.o.]
Breite weg, lata plathea, breden wegh. 1382.
Westendorf, Westendorpe. 1388. (Die Nummern 1 — 8 und 52—58 hiessen
zeitweise Johannisstrasse.)
Ochsenkopfstrasse, platea que dicitur Ossenkop. 1395.
[platea que. vertitur ad viridarium predicatorum. 1395. Lag in der Nähe
der Moritzkirche, südlich von der Ochsenkopfstrasse; vielleicht die heutige
Georgenstrasse.]
Vorsack; op dem hörne vor dem Sacke. Vor 1400.
Kühlingerstrasse , Kuligstrate. Vor 1400. Nach der Wüstung Kühlingen
benannt. S. oben.
Harsleberstrasse, Herslingstrate. Vor 1400. Harszlinge strate (1487), platea
vulgariter nuncupata de Herslingstrate (1476). So benannt wegen der dorthin
geschehenen Übersiedelung von Einwohnern des seitdem wüsten Dorfes Klein-
Harsleben.
Hal1)er8tftdter StodtVreis: H&lberstadt (Stadttopographie : Straesen)
Fig. 78.
Abtsliof, dem Kloster Huysburg gehörig. 1400.' Scheint früher {1277)
Bromes Hof geheissen zu halten. Des abtes von Huysborch hot (1462). Die
Nnmmem 1—9 und 23 —31 hiessen früher Bhimonstrasse.
' Schon in diesem Jahre nach der allerdinKH sehr wahracheiDlichen Vermutung von
Schmidt jH.U.B. I, 67.5. I, 150. Aom.). An der betreffenden Stelle ist aber nur von einem
Hofe bei der Trullgaase die ß«de.
Halberstadt (Stadttopographie: Strassen) 217
[Schling, beim Martiniplan, iip dem Slinghe. 1401. Gegenüber dem Holz-
markt]
Schulstrasse, bi den Barvoten (1404), welcher Name (hochdeutsch) bis 1886
im Gebrauch war.
[Papenkulk, 1407.]
[Velkenstrate, 1415. Valkenstrase, 1514, 1604. Später (1522) auch Kakstrasse
genannt. Vielleicht identisch mit der jetzigen (früher Kommiss-Strasse genannten)
Heinrich - Julius - Strasse.]
Lichtengraben, 1417.
Bakenstrasse, 1440. Enthielt ehemals auch jene Toile der jetzigen Hühnör-
brücke, die man Rattengang nannte Ihre Nummern 29—34, 38—43 Wessen
ehemals Nicolaistrasse. Femer gehörte zu ihr die Gegend Klein -Venedig bei
der Holtemme; ihre No. 7— 8 hiess Petersbrücke.
Schuhstrasse, platea sutorum, 1444.
Ober-Paulsstrasse (jetzt Licht werstrasse), 1445.
Tannenstrasse, wan men kumet van s. Johanse an der gatzen to dem Dore
Word, da men dorch geyt upp s. AUexius hoff; vicus per quem propinquior
extitit transitus a capella s. Alexii versus portam civitatis. 1458.
Bosenwinkel, 1462.
[Ein Weg von dem Hofe der Domküsterei nach dem Wasser hinunter; der Rat
hatte ihn abgesperrt und musste ihn auf bischöflichen Befehl wieder öffnen. 1467.]
Mittel -Paulsstrasse (später XJnterpaulsstrasse, jetzt Paulsstrasse), middel
Pauwel Straten, 1471.
Michelshagen, 1477.
Niedere Paulsstrasse (jetzt Petersilien^trasse), 1478.
Woort, 1481.
Göddenstrasse, 1482, jodenstrate (1485).
Sackstrasse, 1485.
[Sperlingstrasse, spirlingestrate, 1487.]
Komstrasse, 1490.
[Strasse zum Pfortenhause führend, bei der Holtemme, 1494.]
Kämmekenstrasse, Kemkenstrate, 1495.
Stieg, 1510. Jetzt Johannisbrunnen No. 1— 7; benannt nach einer kleinen
Brücke über die Holtemme.
Hundsrücken, 1510. Jetzt Schmiedestrasse zwischen No. 14 und 26.
Beginenstrasse, 1515.
[Strasse, die auf der einen Seite nach der Mauer, auf der anderen nach dem
Klinkstoven geht. 1539.]
[Stein weg, beim Burchardithor, 1601.]
[Männichestrasse, 1605.]
[Estern Strasse, 1564, in der Martiniparochie.]
[Darenstrasse, 1607, wahrscheinlich beim Siechenhof.]
[Thodenstrasse, 1608.]
[Die Minneches Taschen, 1608, beim Paulsstift.]
Einige heutige Namen sind urkundlich nicht nachgewiesen;
Äntoniusstrasse.
^
218 Halbentädter Stadtkreis: Halberstadt (Stadttopographie: Strassen — Märkte)
Klein -Blankenburg (dessen Bezirk ehemals regensteinisch war und nach
Budaeus noch am Anfange des 17. Jahrhunderts jährlich den regensteinischen
Hauszins zahlte).
Bomstrasse.
Dominicanerstrasse.
Beim Frauenhause.
Gerberstrasse.
Qrudenberg.
Eatzenplan.
Krebsscheere.
Eulkstrasse.
Lange Reihe, lange Wand, jetzt Wehrstedter Strasse.
Hinter der Münze.
Hinter dem Bichthause (so genannt nachdem früher hinter dem Hause Fisch-
markt 5 belegenen Stadtgefängnis).
Bosmarinstrasse.
Spritzenstrasse.
Steinhof.
Jedenfalls sind verschiedene von ihnen unter den oben aufgeführten, un-
bestimmbaren Namen verborgen.
c) Von Märkten zu nennen ist:
vorweg die Burgfreiheit, wo unter geistlichem Schutz Markt gehalten wurde,
der der städtischen Verwaltung in keiner Weise unterworfen und daher Gegen-
stand vielen Streite^ war. Einzelnes darüber s. in der Stadtgeschichte; —
der Markt am Martini plan. An ihn ist wohl bereits zu denken, wenn 1242
ein Alvericus de foro urkundlich erwähnt wird. An diesem Platze lag das älteste
Rathaus. Hier hatten die Krämer ihre Buden (1311), welche teilweise Eigentum
des Paulsstiftes, zum Teil auch der Stadt waren. Hier befanden sich wohl die
Scharren von Bäckern (1197), Schustern (um 1258), Heringhändlern (1266),
Fleischern (1324), Garköchen (1494), auch die zwischen den Krämern genannte
Gegend (1260, s. oben), endlich, die Häuser verschiedener Gilden. Seit 1433
deutet der Roland vor dem neuen Rathause an , dass der Markt officiell verlegt
war nach
dem Holzmarkte, der sich durch den Rathaus-Neubau als westliche Hälfte
des eilten Marktes von der östlichen, dem Korn- (jetzt Fisch-) Markte getrennt
hatte. Als forum lignorum war dieser Teil aber schon 1275 bekannt (Holt-
markede 1352) Von Zeltstätten (telzstede) für Händler hören wir 1285. Zwischen
ihm und dem Martinikirchhof lag der Schling (slynge) (s.o.) mit soinen Fleisch-
scharren (1498). Über die am Holzmarkt belegene Kommisse vgl. Profanbauten; —
der Kom- (jetzt Fisch-) Markt. ^ östlicher Teil dos alten, vorher genannten
Marktes. Er gehörte ursprünglich dem Bonifaziusstifte ; für den Nutzniess hatte
die Stadt an das Kapitel 4 Schillinge jährlichen Zins zu zahlen, der erst 1491
abgelöst wurde; — '
* In den Neuen allgem. Blättern 1791, I, 183 einmal, jedenfalls durch einen Druckfehler
„Birnmarkt" genaoot.
Halberstadt (Stadttopographie: Begräbnisplätze — Ehemalige kirchliche Geb&nde) 219
der neue Markt, novam forum, nigen markete bi der Seiden (der südlichen
Abzweigung der Holtemme), zuerst 1311 erwähnt Heisst jetzt „unter den Weiden"
(s. 0.). Über die sog. Freiheiten vgl. bei den einzelnen Kirchen.
Über die bei verschiedenen Kirchen ehemals in Benutzung gewesenen
d) Begräbnisplätze
vgl. bei den Kirchen. Neuerdings sind sie meist freie Plätze geworden.
Über die noch vorhandenen Gebäude ist an anderen Stellen zu handeln ;
die Kurien, welche zu den einzelnen Stiftern gehörten, werden im Zusammen-
hange mit diesen besprochen.
Im folgenden zähle ich
die nicht mehr vorhandenen a) kirchlichen,
b) weltlichen Gebäude
auf, deren Kenntnis nur durch die historische Überlieferung vermittelt wird:
Franziskanerkloster, gegründet 1289 von den Grafen von Regenstein an
Stelle einer früher ihnen gehörigen Burg, auf dem Platze des jetzigen Rats-
kellers; —
die Ägidius -Kapelle, in deren Nähe ein Vorwerk lag. 1366; —
die Annen-Kapelle, dicht beim Bonifaziusstift, Gründung des Kanonikus
Arnold Dompnitz, 1502 geweiht von Bischof Matthias von Gada; —
die Lampertus-Kapelle, sunt« Lambertes cappellen, auf der Burg. 1410,
1440, 1461 u. ö. ; —
die Lorenz-Kapelle, „de de licht an der westeren siden des düsteren
dores, also men geyt ud der Smedestrate in de borch," oft erwähnt, zuerst 1279; /
gehörte zum Liebfrauenstift; ihr Patronat stand zuerst der westlich daneben
gelegenen Kurie, später (seit 1447) dem ältesten Domkämmerer zu. Ihr Rektor
wird 1442 erwähnt. Sie war um dieselbe Zeit vor Alter in ganz trümmerhaftem
Zustande und wurde auf Kosten des Domkapitels hergestellt. Ein Stein mit der
Jahreszahl 1446 fand sich, als in der Gegend der Kapelle in unserem Jahrhundert
ein Umbau gemacht wurde. 1452 wurde bei dem Altar ein zweiter Kaplan
bestätigt auf Gründung des Burchard von Marenholz , Kanonikus zu St. Pauli
Beide Altaristen verwalteten gemeinsam die Schlüssel zur Kapelle und deren
Zither. Ausserdem erwähnt werden ein Kelch und die in besserungsbedürftigem
Zustande befindlichen Messbücher.; —
die Maternus-Kapelle, auf der Burg in der Nähe der Liebfrauen-Kirche
und deren Schule und Badstube. 1461, 1476; —
die Thomas -Kapelle, capella s.Thomae Gantuariensis, vor dem Burchardi-
thor, gehörte zum Liebfrauenstift, von welchem ein Vikar ihr Rektorat vorwaltete
(1292). Eine neue Kommission an ihrem Altar wurde gestiftet von Margarete,
der Witwe eines Bürgers Konrad Marggreve, welche zunächst das Patronat dieser
Stelle ausübte, 1441 ; —
das Trüllkloster, Cellenbrüderkl, Cellitenkl., Lollhardskl., Lullenbrüderkl.,
Kloster der willigen Armeui war ein der Augustinerregel unterworfenes Mönchs-
kloster unter dem Patronat der h. Anna und des h. Hieronvmus, wurde um die
Wende des 14. Jahrhunderts gegründet und befand sich zunächst in dem Hofe
I
220 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Stadttopographie: ehemalige kircUiche Gebäude)
„mit der steinernen Pforte" in der Gebhardstweete , jetzigen Trüllgasse hinter
S. Nikolai. Ein Neubau wurde 1476 durch das Johannisstift verhindert, woraus
ein Streit mit diesem entstand, den Bischof Gebhard beilegte. Er verfügte, dass
die Cellenbrüder nur eine Kapelle mit einem Dachreiter und kleiner Glocke
darin und einen Kirchhof zur Beerdigung ihrer Klosterangehörigen haben dürften.
Sie hatten für Kranke zu sorgen und Tote, auch an der Pest Gestorbene, zu
begraben. Die Stiftung, welche als Kloster in der Reformationszeit einging,
erhielt bauliche Erneuerung 1693 durch den Domherrn von Münchhausen. 1804
wurden dort noch 19 Hospitaliten verpflegt. Die alte Klosterkapelle S. Anna,
deren Altar S.Anna 1489 erwähnt wird, stand noch 1720. Das Siegel der Cellen-
brüder existiert noch in der Culemannschen Sammlung in Hannover. Vgl. H.-Z.
1869, II, 193f. Halberstädter gem.Unterh. 1806, II, 215 f.; —
das weibliche Gegenstück zum Trüllkloster war das Ursulinerinnenkloster,
Kloster der schwarzen Beginen, angeblich schon 1441 existierend. Es lag
an der Ecke der Beginen- und Gerberstrasse, wo noch jetzt das für das Kloster
1764 aufgeführte Gebäude steht. Die Aufsicht über die Nonnen führten seit
1455 der Probst von S. Johannis und der Pfarrer von S. Martini. Die Nonnen,
welche der Augustinerregel unterworfen waren, widmeten sich der Pflege von
Kranken und Obdachlosen beiderlei Geschlechts. 1479 wurde der Bau einer
Kapelle durch den Kardinal Auslas von S. Sabina erlaubt; die Kosten wurden
durch Ablass aufgebracht. 1601 und 1606 waren die Gebäude in verfallenem
Zustande. Die Kapelle stand noch 1804. Die Aufhebung des Klosters er-
folgte 1810; —
der Antonius- (Tönjes-, Tönnings-) Hof. Sein Name war 1306 als
Vulgärbezeichnung schon lange im Gebrauch, wiewohl er mit dem h. Antonius
angeblich nichts zu thun hatte. Unter der Bezeichnung curia quae vulgariter curia
S. Antonii nuncupatur (1306), späterhin Tönjeshof, lag er zuerst in der Nähe des
Klosters der Marienknechte, später unweit der französisch-reformierten Kirche. Das
Antonier-Mannskloster war seit 1382 abhängig von dem auf der Lichtenburg bei
Prettin wohnhaften Ordensmeister der Antoniter. Das Klostergebäude, welches eine
daran gebaute zierliche Kapelle besass und von einer aus Quadern erbauten
Mauer umgeben war, war nach der Auflösung des Ordens im 16. Jahrhundert
wenigstens z.T. noch bis 1716 vorhandeji; —
der Orden der Serviten wurde vom Grafen Heinrich von Regenstein
1277 in Hasselfelde (vallis Josaphat) gegründet und 1298 nach Halberstadt über-
führt.^ Sie gehörten dem Augustinerorden an, ihre gewöhnliche Bezeichnung
aber war die im Volke gebräuchliche Form „Marienknechte." Nach der Lage
ihres Klosters in der Neustadt beim alten Antoniushofe in der Nähe des Salvator-
hospitals hiessen sie auch die monachi in nova civitate (1372), de heren ute der
nigen stad (1479). Ihr Provinzial für Deutschland und Böhmen, welcher das
Kloster bei Bechtshändeln zu vertreten hatte, wird 1319 genannt. Das Personal
des Klosters (prior, subprior, predier u. s.w.) 1477. (H. Ü.-B. II, 1070.) 1319
schlössen sie Brüderschaft mit der St. Stephans-Gildschafl , 1439 mit den Gesell-
schaften der Müller- und Bäckerknechte, seit 1495 mit dem Minoritenorden. Von
» H.-Z. XXII, 17.
Halberstadt (Stadttopographie: ehemalige kirchliche (rebäude) 221
ihrem Besitztum nennen die Quellen den Begräbnisplatz 1439, die Fahnen 1439
und das Toten buch 1477. In dem Kloster der Marienknechte lehrte und litt der
Mönch Valentin Mustäus (s. oben S. 206). Nach der Aufhebung- des Boosters
wurden die Gebäude auf Veranlassung des Rates von Halberstadt niedergelegt; —
das neben dem Antoniuskloster gelegene Haus der blauen Beginen.
Die Gründungszeit ist unbekannt, jedenfalls nicht nach dem 13. Jahrhundert. Es
war zur Aufnahme armer kranker Frauen bestimmt und existierte noch 1811.
Die Aufsicht über das Haus, die Almosen, die Vermietung der Kammern hatte
die Stadtverwaltung; —
das Haus der armen Brüder bestand schon 1416. Vgl. v. Mülverstedt
in der H.-Z. 1872, 34; —
der Templerhof, das am Breitenthore (Breiteweg 69— 71) gelegene, ehemals
den Nonnen vonS. Jakobi gehörige Kloster, welches von den Templern eingenommen
wurde, nachdem sie jenen das Thomaskloster abgetreten hatten. Er kam später
an das liebfrauenstift und gehörte 1442 dem Altar S. Jakobi und Barbarae. Die
zugehröige Jakobikapelle, noch 1370 capella S. Jacobi Templariorum genannt, litt
zu derselben Zeit solchen Mangel, dass sie keinen Priester bekommen konnte; doch
stiftete eine in den Urkunden nicht genannte Person damals zur Abhilfe dessen
Ansstattungsgegenstände und einiges Geld; —
der Gottesritterhof, die Deutsch-Ordens-Komraende, Franziskanerstrasse
33, 34, „uppe deme home by deme hilgen geiste." Den Hof schenkte Burchard
von Barby 1307 dem Deutschen Orden. 1533 kaufte der Magistrat den Hof für
873 Gulden für die Martini-, Pauls- und Moritz-Gemeinde. 1545 wurde die
Martinischule dorthin verlegt. — Vgl. Ledebur, Archiv XVI, 255—262. •— Scheffer,
S. 13 und Abb. No. 19; —
das Alexiushospital, gegründet Ende des 11. Jahrhunderts von Bischof
Burchard II.; eine Stiftungsurkunde ist nicht vorhanden. Es wurde 1138 von
Bischof Otto dem Johannisstift geschenkt, in dessen Abhängigkeit es ganz blieb,
seitdem die Schenkung 1199 durch Bischof Gardolf bestätigt war. 1362 wurden
die Gebäude wieder hergestellt, wobei auch die zugehörige Alexiuskapelle berück-
sichtigt wurde, welche zu diesem Zweck damals einen Ablass bewilligt erhielt.
Das Hospital war für vier arme alte Frauen bestimmt 1808, als das Johannis-
stift eingezogen wurde, und die Hospitalitinnen dadurch ihre Einkünfte verloren,
mussten sie seitens der Stadt anderen Hospitälern zugewiesen werden. Das 1689
neu aufgeführte Gebäude (Grudenberg 11) wurde 1813 abgebrochen; —
das Ludgerihospital, gegründet und für zwölf Arme eingerichtet durch
Bischof Bucco Ende des 11. Jahrhunderts. Es verschwand 1631 dadurch, dass
auf seiner Stelle, dem Lüdershofe, die in die Stadt ziehenden Mönche von
S. Johannis (unter der Aufsicht dieses Stiftes stand das Hospital) sich nieder-
liessen; —
daß Elisabethhospital vor dem Wasserthor, im 15. Jahrhundert ge-
gründet und für achtzehn Arme bestimmt. Durch den Dechant Heinrich Hom
wurde es Mitte des 16. Jahrhunderts reich beschenkt. An der Spitze standen
zwei Verwalter, welche jährlich dem Rate Rechnung zu legen hatten. Die zu-
gehörige Kapelle, welche 1869 beseitigt wurde, stand 1476 unter Patronat des
Klosters Münzenberg; —
■
222 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Stadttopographie: ebemalige weltliche Gebäude)
das Maria-Magdalenenhospital, in der Trüllgasse, gestiftet 1500 durch
den Weihbischof Matthias von Gada, der das Haus vom Domkanonikus Bernhard
von Veitheim gekauft hatte. Die Kranken hatten, damit immer wieder Platz
geschaffen würde, dort immer nur Aufenthalt bis zu ihrer geschehenen Heilung.
Das Geld für die Verpflegung gab der Stifter. An der Stelle des Hospitals steht
jetzt der sog. Magdalenenhof (Trüllgasse 3 — 9); —
das S. Georgs-Hospital (sinte Jurien hoff) wurde vor dem Gröperthor
auf dem späteren Moritzkirchhof (buten Halb, an der stad graben, 1473) in der
Parochie S. Moritz angeblich 1313 von Gertrud von Blankenburg (sie stammte
nicht aus regensteinischem Geschlecht) gestiftet und war dazu bestimmt. Kranke,
Schwache, Vertriebene und Obdachlose christlicher Religion bis zu ihrer Genesung
oder bis zu ihrem Tode zu beherbergen. Die erlaubte Zahl derselben betrug 24;
an der Spitze standen ein Hausmeister und zwei Vorsteher. Ein Kirchhofsplatz
wurde dem Hospital 1313 durch Bischof Albrecht, an der Ostseite nach derGröper-
brücke zu, geschenkt. Das Hospital wurde am 31. Oktober 1642 durch die Kaiser-
lichen zerstört und bestand seitdem in dem ehemaligen Brauhaus, jetzigen
städtischen Leihhaus am Kulk.
e) £in Keller nebst mehreren anderen Baulichkeiten, dem Johannisstifte
gehörig, am Holzmarkt, 1225.
Das bürgerliche Weinhaus am Markte, cellarium, vinarium burgensium in
foro, domus vini civium, 1225. Vorläufer des Ratskellers.
Ein Turm auf einer den Predigermönchen gehörigen Wort, um 1258.
Der Paulshof, 1312.
Hof am Pfuhl, genannt Vorwerk des Joh. von Dreileben, 1322. Hiess später
Thesauri Vorwerk (1393), curia apud paludem, up dem pole (dem Teiche, welchen
noch um 1400 die Holtemme dort bildete), Kämmereihof. Abgebrannt 1851. Am
Johannisbrunnen.
Der Winkelhof, 1340.
Der Hof eines Gebhard von Wehrstedt, bei der Ritterstrasse, 1354.
Der Hof des urkundlich oft genannten Joh. Semelstute, am Hohenwege, 1356.
Haus und Hof, genannt St Augustins Garten, 1360. Zu St. Johannis ge-
hörig (1461).
Ein Turm neben der Thomaskapelle, 1361.
Der Gosehof, nördlich am Nicolaikloster. Zu ihm gehörte eine Mehrzahl
von Häusern und Gebäuden, 1367; doch war der Name damals schon nicht mehr
im Gebrauch.
Der Sulverhof, am Seidenbeutel, 1347.
Frauenhaus up dem pole, 1370. Ebendaselbst.
Der hof mid der stenen porten, de de lit achter sente Nicolause in hem
Gevehardes tweyten, 1375; das spätere TrüUkloster. S. Klöster.
Ein Häuschen, im Volksmunde de crop genannt, in der Kuhgasse, 1382.
Der Honsteiner Hof, bei der Burgtreppe, 14. Jahrb.
Der Mahrenholtzische Hof, auf der Stelle der jetzigen Johanniskirche, 14. Jahrh.
Der hem bursen (Apotheke), im Lichtengraben, 1408.
Die Dombauhütte, im Lichtengraben zwischen der Magdeburger Mühle (s. u.)
und der Apotheke, 1408.
Halberstadt (Stadttopographie: ehemalige weltliche Gebäude, Badstuben — Der Dom) 223
Der Krekenhof, 1414, beim Graaeu Hof.
Das richtehus, consistorium, 1427. War 1601 schon so baufällig, dass es mit
Einsturz drohte.
Der Hessenhof, in der Nähe der Domküsterei; wurde 1429 an das Pforten-
kloster verkauft
Der Ziegelhof, by deme grawen moneke (also wohl beim Franziskaner-
kloster?), 1443.
Der Hof zum h. Geiste, bei der Hossmühle an d^r Holtemme, 1460.
Johannisgildschaftshaus, am Johannisthor, 1464.
Der Krauthof, hinter S.Paul, gegenüber dem Antoniushof, dar de twey
olden remen tovome gestan hadden. (Der Rat erhielt bischöfliche Erlaubnis,
diese wieder aufzurichten.) 1467.
Eürschnergildehaus, am Holzmarkt beim Schling, 1490.
Brauhaus, an der Eornstrasse, hinter dem Garten der Predigermönche, 1490.
Schradergildehaus, am Eommarkt, 1491.
Hirtenhaus, in der Bakenstrasse, 1517.
Marstall, 1539.
Der Stedemsche Hof, Trüllgasse 10, erbaut von Franz und Christoffel von
Dorstadt 1556, abgebrochen 1839.
Zwei Brauhäuser, in der Yalkenstrasse, 1604.
Potts Brauhaus,. am Breitenwege, 1680.
Die Erebsscheere , vor dem Eingange der danach benannten Strasse, ab-
gebrochen ca. 1830.
Badstuben werden oft erwähnt. Eine solche stupa, gehörig dem Pauls-
süft (alle Badstuben gehörten den geistlichen Stiftern !), lag vor einem der Stadt-
thore (1303, 1305).
Die Badstube der schönen Mädchen (scone meteken stoven), Dominicanerstr. 7.,
1311 erwähnt, damals unter der Yogtei eines bischöflichen Lehnsmannes; 1456
der Paulskirche gehörig, die den Zins (34 Schillinge jährlich) davon erhielt.
Paradiesstoven, bei der Magdeburgermühle, 1395, am Lichtengraben.
In der Neustadt vor dem Wasserthore lag die Hackelstoven, 1454.
Die stoven der hern von unser vrowen, 15. Jahrh.
In der Nähe des Doms die Badstube der Domherren (stupa Älberti), 1443.
Die Elinkstoven unweit der Stadtmauer, 1539.
Hoenstoven, bei der Hühnerbrücke, 16. Jahrh.
Noch vorhandene kirchliche Gebäude
1. Der Dom
Von der Litteratur kann hier nur das Wichtigste erwähnt werden, im übrigen wird
auf die in den Anmerkungen gelegentlich enthalteneu Litteraturangaben hingewiesen.
Dr. A. Brackmann , Urkundl. Geschichte des Halberstadter Domkapitels im Mittelalter.
Harzzeitschrift 1899, S. 1-147.
C. Elis, Der Dom zu Halberstadt. Halb. 1857.
Derselbe, Der Dom zu Halberstadt. Im Wochenblatt für Architekten u. s. w. 1882
. No. 80ff.
224 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Kurien u. s. w.)
C. M. Haber, Kurzgefasste aber doch gründliche Nachricht von der Hohen ÖtiilU-
Kirchen oder Dom-Kirchen zu Halberstadt. Halb. 1728.
E. Hermes, Der Dom zu Halberstadt. Seine Geschichte lud seine Schätze. Halb. 1896.
Dr. F. G. H. Lucanus, Der Dom zu Halberstadt. Halb. 1837.
Derselbe in Bechsteins Kunstdenkmälern in Deutsch!. I, 2. 17.
V. <4uast in der Ztschr. f . Bauwe§en 1852, 115.
Dr. K. L. Zschiesche, Halberstadt sonst und jetzt. Halb. 1895, S. 134-165.
Über die Geschichte des Domkapitels giebt die oben angeführte
Arbeit von Brackmann äusserst genauen und zuverlässigen Überblick, welcher
hier ein weiteres Eingehen auf diesen Gegenstand entbehrlich macht Wir wenden
uns daher sogleich der Aufzählung der
Kurien zu. Sie werden im allgemeinen schon 1150 erwähnt Seit alter
Zeit sind sie mit Buchstaben bezeichnet worden, welche indes in ihrer Anordnung
wiederholt gewechselt haben. Ein Verzeichnis von 1573 nennt die damaligen
Besitzer: A. Marenholz (am Düstemthor bei der Lorenzkapelle, schon 1508. Jetzt
liegt A. als No. 34 an der Nordseite des Domplatzes). B. Spitznase (war die
zweite vom Düstemthor nach Liebfrauen zu; diente 1473 dem Balthasar von
Neuenstadt zur Wohnung). C. Knesebeck (wahrscheinlich damals neu erbaut da
sie 1510 als baufällig bezeichnet wird). D. Marstall auf dem Petershof (jetzt ist
D. No. 37 an der Nordseite des Domplatzes). E. Randow. F. Marenholz d. J.
(jetzt No. 40, am Tränkethor). 6. Lochau. H. Spiegel (die Spiegeische Kurie,
Aufbewahrungsort einer stattlichen Gemäldegalerie, nördlich am Domplatz),
K Holtzendorf (am Tränkethor, 1509 schon erwähnt, jetzt No. 12 westlich vom
Düstemthor). L. Rössing. M. Rintorf (lag 1478 am Lichtengraben). N. Herling.
0. Dechant Friedrich v. Britzke (jetzt No. 33 an der Nordseite des Platzes).
P. Remtermeister. Q. Rekewech (zuerst 1501 erwähnt). R. Werder. S. Langen.
T. Theologenhof (lag 1455 hinter der Schule). V. Kannenberg (1461 hinter der
Schule nach Norden). X. Britzke (gegenüber der Schule 1479). Y. Meltzengk
(zuerst 1512 genannt). Z. Die Domprobstei (curia ultima, östlich vom Düstem-
thor schon 1477, wie noch jetzt).
Ausser den schon erwähnten, welche noch jetzt Buchstabierung zeigen, sind
heute als Kurien noch kenntlich Domplatz No. 43, wo an der Vorderseite zwei
Wappen angebracht sind a) des Christian Friedrich, Grafen zu Stolberg-Werni-
gerode, Probstes zu Walbeck, 1798; b) des Christof v. Hüneken, Domherrn und
Vicedominus zu Halberstadt, 1658. Femer Domplatz No. 3, welches Haus über
dem Mittelfenster des Oberstocks das Wappen des Erasmus Friedrich, Freiherm
V. Redern 1796 zeigt Da jener aber Dechant von Liebfrauen war, so dürfte diese
Kurie zu jener Kirche zu rechnen sein.
Sonst werden urkundlich erwähnt und auch der Lage nach bezeichnet,
jedoch nicht so, dass man sie sicher identifizieren könnte: der Honsteinerhof
auf der Burg 1383; — der Hof des Domprobstes Albrecht von Wernigerode beim
Liebfrauenthor (Drachenloch) 1386; — die Kurie des Friedrich von Hoym hinter
der Schule 1432; — Kurie bei der Lamprechtskapelle 1440; — eine Kurie bei
der Laurentiuskapelle östlich vom Düstemthor; — eine Kurie nördlich von der
Burgtreppe 1458; — eine Kurie hinter der Schule 1461; — eine Kurie an und
über dem Tränkethor 1461 ; — eine Kurie gegenüber Liebfrauen an der Matemus-
kapelle 1461 ; — eine Kurie bei der Lamprechtskapelle 1461 ; — eine Kurie auf
*.
.i
Halberstadt (der Dom : Enrien n. s. w.)
der Burg, an der Ecke am Düsterathor nach "Westen {identisch mit der Kurie B.?)
1461; — eine Kurie an der Eciie des Tränketliors 1472; — eine Kurie auf der
Fig. 79.
Burg, rechts an der Ecke, wo man zu den Pfortenfranen ging, 1486; — eine
Kurie in der Triillgasse 1509.
226 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : ehemalige Baumlichkeiten des Stiftes)
Von* anderen ehemals zum Stift gehörigen Räumlichkeiten
wird zuerst das Refectorium 1150, dann auch 1218, 1241, ein Refectorium der
Kanoniker 1365 erwähnt; — die Küche der Domherren 1194; — das heizbare
Aestuarium 1307; es diente dem Kapitel im "Winter (als locus capitularis hye-
malis, 1371) als Sitzungsraum; — der Sommerkapitelsaal 1380 u. ö.; — der
Kapitelsaal, ohne nähere Bezeichnung 1324 (des capitels domzen 1483), heisst
auch das capitalium dominorum und lag am Kreuzgange, wo vor seinem Ein-
gange geistliches Gericht gehalten wurde (s. Baubeschr.); — die alte Badstube
(stuba nostra claustralis, Wirkungsstätte eines barbitonsor) 1365 und 1443; — das
Schlafhaus 1377 (dormitorium 1436); ein neues Schlafhaus der Vikare wurde 1460
zu erbauen beschlossen, erwählt wurde dazu eine wüste Stätte, wo die alte Bad-
stube gestanden hatte. Im Untergeschosse des Hauses wurde eine Kinderschule
eingerichtet ; dass das Schlafhaus auch als Gefängnis diente, erfahren wir 1607 ; —
das Haus des Unterküsters, gelegen im „Graben" 1386; — das üomarchiv (elau-
sura) 1411, 1419; — die Bibliothek der Vikare, erbaut 1416 bei dem Schlaf-
hause; — die Domkämmerei, an der Ritterstrasse gelegen 1457; — die Klausur
der neuen Vikare, zugleich als Kassenlokal benutzt 1466; — der Küstereihof,
nicht weit vom Wasser gelegen 1467; — das Stiftsgefängnis 1606; — die
Dechanei 1610.
Bis in die sechziger Jahre unseres Jahrhunderts gab es um den Kreuzgang
südlich, westlich und östlich eine Anzahl von wohlerhaltenen Stiftsgebäuden, welche
bei der Preilegung leider beseitigt worden sind , nämlich : westlich am Domplatz
1. der sog. Domkeller (Plan DK), ein unten massives, oben schön geschnitztes Fach-
werkhaus mit hohem, 3 geschossigem Dach (Fig. 79); Reste der Schnitzereien sind
an die Domprobstei (Zwicken) übertragen worden. Der Domkeller war aus dem
16. Jahrhundert; 2. neben dem Remter, welcher hinter dem Domkeller versteckt
stand, südlich führte die sog. Spendetreppe (Plan T) in den Kreuzgang hinab. Neben
dieser 3. eine Scheune (Plan Seh); daneben, die Ecke bildend 4. ein Wohnhaus
(Plan W), unten massiv, das überkragende, einzige Obergeschoss in Fachwerk.
Wir haben dies Haus als jenes neue Badehaus anzusehen, welches 1416 in der
Grösse eines früheren erbaut worden ist, und 1606 jährlich 50 Gulden an das
Bauamt zu zahlen hatte. Zu gleicher Zeit ist auch entstanden 5. das Komhaus
(Plan K), durch eine Brandmauer von dem vorigen getrennt, gleich diesem nur
einstöckig, aber breiter und höher. Seine Erbauung wurde 1416 den Vikaren
erlaubt, welche zu diesem Zweck die alte Badstube und andere Gebäude besei-
tigen mussten. Von den drei Stockwerken, welche ihnen erlaubt wurden, ent-
hält das Dach zwei. Daneben nach Osten 6. die Choralei (Plan C H), ein niederes,
mit zwei Dacherkem versehenes, langes Gebäude; 14. Jahrhundert, darauf 7. die
Bibliothek (Plan B), auch als Archiv benutzt, mit Gewölben und einem grossen
Kamin im Untergeschoss. Ganz südöstlich 8. ein grosses Sitzungszimmer (PlanSz)
mit gewölbter Holzdecke. Neben der Stephanskapelle 9. die mit einem Tonnen-
gewölbe eingedeckte Ständestube (Plan S S T), über beiden 10. Rittersaal, Kapitel-
stube und Bibliothek, erbaut 1613; nur noch eine geschnitzte Thür davon ist in
der Stephanskapelle aufbewahrt.
Noch vorhanden ist der Remter, seit alter Zeit als Kasse und Registratur,
jetzt als Gymnasialaula benutzt; der alte Kapitelsaal; die jetzt als Domküster-
Halberstadt (der Dom: Kapellen — Baugeschichte: der Land 2. Dom) 227
Wohnung benutzten Räume; die alte Sakristei; die Schatzkammer; der neue
Kapitelsaal; die Domprobstei (Zwicken).
Kapellen. Da von ihnen in der Baugeschichte näher zu sprechen ist,
seien hier nur ihre Namen und ihre Lage genannt. 1. St. Ludger an der Nord-
seite, 2. Kryptenkapelle S.Mariae und Stephani, 3. Marien- (Bischofs-) Kapelle
hinter dem Chor, 4. Stephanskapelle, 5. Neustädterkapelle, beide am Kreuzgange,
6. S. Laurentii am Düstemthor.
Bevor an die Darstellung der Baugeschichte des Domes gegangen werden
kann, ist zu bedenken, dass der jetzige Dom, genau gerechnet, der
fünfte ist, den Halberstadt seit Begründung des Bistums besessen hat. Es
scheint nicht überflüssig, trotz mancherlei früherer Bearbeitungen über die zu
Grunde gegangeneu Bauten hier nochmals zu reden.
[Der 1. Dom. Die Zeit der Gründung des ältesten Domes (monasterium)
liegt im Dunkeln ; jedoch wird man schon das Ende des 8. Jahrhunderts dafür
annehmen dürfen. Er wurde aber damals keineswegs vollendet, erhielt vielmehr
einen Erweiterungsbau durch den Bruder des Bischofs Hildegrim I., Ludger
(f 26. März 809); was dieser vollendete, wurde dem h. Johannes und Paulus ge-
weiht Es muss ein sehr wesentlicher Teil des Domes gewesen sein, der dal
die Bezeichnung basilica s. Ludgeri empfing, unvergessen blieb Ludgers VenHle
auch später, als man im 13. Jahrhundert eine (unten zu besprechendeiffiörige
am Dom, die jedenfalls einen Ersatz für ähnliche, den früheren Dom^segrim IL,
Kapellen bildete, dem h. Ludger weihte. Erst der vierte Bisclmfog. Auf dem
gab dem Dome die Vollendung und weihte ihn am 5. NovejifOnsolidität des
Hochaltar wurden kostbare Reliquien niedergelegt Abj^ieT Er soll das Grab
Baues bewirkte, dass dieser am 3L Mai 965 zusammegg^s vom Stephanusaltar,
des Bischofs Sigismund (f 923) enthalten haben, d'^tattet war. — Nichts er-
nicht liegend, sondern auf einer Eathedra siteg^bäude und der bischöflichen
fahren wir über das Schicksal der ältesten^^^ diesem selbst lässt sich nach
Wohnung; sie lagen nördlich vom Dop^^^gg g^ etwas nordöstlich von dem
den unklaren Überlieferungen "^^rria^^^^Yi&nenheit kann der Abstand nur
jetzigen Dome stand; nach der /^
unbedeutend gewesen sein.] ^^^^^ Bischof Bernhard mit dem Neubau, weihte
[Der 2. Dom. Sofort ^^ ^^^ ^ ^^g^l, ^u^de das "Werk wenigstens
schon 966 einen Altar /^' '^^^^ ^^ j^ Gebrauch genommen werden konnte,
teilweise hergestellt, 'f g H (p 85-88) weihte Bischof Hüdeward die Krypta
Nach dem Beriet^ ^ Stephanus. Er errichtete an der Osteeite (ako in
t iÄ Altar der h. Ju^^r., ^^^^^^^ ^^.^^^
r^elZr für beide zusammen, südlich einen des h. Petrus und Paulus
nLlTetetATar der beiden hh. Johannes. AUe diese Altäre wurden mit
SSn vTeLTiligen aufs reichste ausgestattet ^ der Krypta -rd^ ^e .
Leiche des 968 gestorbenen Bischofs Bernhard beigesetzt "/^ f *^^/i^ ''
t^ «nkte Hiirward den Dom „mit einem Schatze, köstlicher als Gold und Topas,
Smth mTdemtlute des h.Steph-us samt zweiGUedern von ihm und seinem
l
228 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: der 2. Dom)
Gewände, alles, wie man es in dem Altar fand, in welchem Drogo, der Bischof
von Metz, diese Dinge samt dem Arme des Heiligen niedergelegt hatte. Am
10. Mai 980 (der seitdem ein hoher Feiertag in der Halberstädter Diöcese blieb)
wurden die Reliquien von der Geistlichkeit und einer unermesslichen Volksmenge
in Empfang genommen.
Allmählich, aber vergleichsweise sehr rasch, wurde der Dom vollendet Die
Weihe fand statt unter der Regierung Ottos HL am 16. Oktober 992. Anwesend
waren die Erzbischöfe von Mainz, Magdeburg und Hamburg (samt ihren Suffragan-
Bißchöfen), ferner acht andere Bischof^. Diese elf, welche mit Hildeward zusammen
gleich der Zahl der Apostel waren, halfen bei der Weihe des Doms. Mithilfe
leisteten die Äbte von Monte Cassino, Corvey, Lüneburg und viele andere.
Auch Otto in. wohnte der Weihe in vollem Königsschmucke bei; er schenkte
dem Altar des Ja, Stephan seinen goldenen Stab, der noch zu Zeiten des Ver-
fassers der GEH (also zwischen 1209 und 1218) im Dome aufbewahrt wurde.
Anwesend war auch die Kaiserin Adelheid mit ihrer Tochter und Nichte, den
Äbtissinnen von Quedlinburg und Gernrode; sie beschenkten die neue Kirche
reichlich. Alle sächsischen Grossen und viele andere Fürsten und Vornehme
spendeten samt einer gewaltigen Volksmenge fröhlichen Zuruf. Das Fest, wie
^n ähnliches noch von niemand erlebt worden war, fand statt am Tage des
'^llus. Die Einzelheiten der Weihe waren folgende:
h. Drädeward weihte den grösseren Altar und somit die ganze Kirche der
einer Braut und dem h. Stephanus. Er schmückte den Altar „wie das Haupt
von der Kripplt zwölf Edelsteinen und barg in ihm eine Kreuzpartikel, Reste
Körper, ein Stüctf dem Grabe des Herrn, den Bart S. Peters, etwas von seinem
und Reste vieler andb^^^^^^ ^®^ Evangelisten Johannes, die Stephanusreliquien
von Magdeburg einen aTL^^'^S®^- -^^ ^®^ Südseite dieses Altars weihte Giselar
Innocenz, Vitalis und aller '64 Ehren der hh. Mauritius, Exuperius, Kandidus,
Kleide des h. Mauritius und ifeU Märtyrer und beschenkte den Altar mit dem
vom Hauptaltar weihte Livezo von ^'^ ^^^ übrigen eben Genannten. Nördlich
Vitus, Justinus und Cyriacus. An de?*^^^^ ®^^^" ^^^^ *^^ ^^® ^^' ^^^^^^^^^
Erpo von Verden einen Alter dem h. Papsß^ ^^^ Klosters gegen Süden weihte
lieh an der Pforte der bischöflichen Wohnung" w"^^^^ "^^ ^^^ ^' Cäcilie. Nord-
Altar dem h. Dionysius und h Liborius Im We^ ^^*^^ ^^" Paderborn einen
des hohen Chors weihte Hugo von Zeitz einen Altar zu''^'' ^''''^^' '"^ "^^^ ^^^^
Sixtus t Felicissimus, Agapetus und Januarius. Südlich Ä'^ ^'' ^1*!; ^^'"^^
Hildebald von Worms einen Altar zu Ehren der Märtvrer f '"" ^^""'^ ''^'^''
lytus Pankraz, Vincenz und Cyriacus. Gegen Norden aber^^^^^^^^^^ ^^^'
. JNach der Schilderung der Einweihung in den GV n Ai^ r^v i
Schwieriekeit haf i«f ,in„K «„ • i • u . ^^ ü M, die freilich manche
_^ngie|Wiat, ist doch soviel sicher, dass der Dom einen Westehor gehabt
' Der also schon damals Kompatron der Kirche war.
Halberstadt (der Dom : Baugeschichte : der 2. und 3. Dom) 229
hat Es scheint aber auch, dass er östlich eine Haupt- und zwei Nebenapsiden
besass. Wenigstens erklärt sich so am einfachsten die Anlage von Altären
nördlich« und südlich vom Hauptaltar. ^ Die von Erpo von Verden und Rithar
von Paderborn angelegten Altäre dürften am passendsten an den beiden Seiten
des Querschiffs zu denken sein. In der Nähe befand sich an der Südseite die
Thür, welche zu den Klosterräumlichkeiten führte, nördlich die zur Bischofs-
wohnung. Ob letztere Gebäude noch von älterer Zeit her stehen geblieben oder
jetzt gleichfalls neu erbaut waren, geht aus der Erzählung der GEH nicht
hervor, ja der Ausdruck monasterium . . . a fundamentis studiosissirae reparavit
weist sogar direkt nur auf den Dom hin , weil das Kloster nur immer claustrum
genannt wird. Was die Bauart der Kirche selbst betrifft, so haben wir sie uns
als Basilika zu denken, wahrscheinlich als solche, in welcher Pfeiler und Säulen
abwechselten. Denn überhaupt erscheint der wohl aufgetauchte Gedanke, dass
gemäss der Erziehung Hildebrands der Baugedanke von St. Gallen im Halber-
städter Dome erneuert worden sei, als durchaus unwahrscheinlich.
Am 18. April 1060 ging durch eine Feuersbrunst dieser Dom zu Grunde.)
[Der 3. Dam, das Werk Bischof Buccos, elf Jahre nach dem Brande
(11. Juni 1071) geweiht, dürfte im wesentlichen eine Wiederherstellung des vorigen
gew^esen sein, von dem vermutlich noch bedeutende Reste übrig waren. Bucco
beschenkte den Dom mit neuen Glocken, was darauf deutete, dass der Brand
von 1060 ganz besonders die Türme betroffen hatte, und schmückte ihn mit
Malereien, kostbarem Gerät und einem Ambo. Besondere Sorgfalt widmete er
dem hohen Chor, welcher Gold- und Silberschmuck erhielt. An der Weihe
beteiligten sich 7 Erzbisqhöfe und Bischöfe, darunter Adelbert von Hamburg,
Ricbert von Verden u. a. Ausserdem war Heinrich IV. in königlichem Ornate
zugegen samt seinen Verwandten und grossem Gefolge, unter dem sich auch Otto
von Northeim befand.
Die Herstellung des Domes scheint, da sie so beeilt wurde, nicht sehr sorg-
fältig gewesen zu sein. Schon Bischof Rudolf (11147) war zu Ausbesserungen,
besonders des Daches, welches er (angeblich 1135) mit Blei decken liess, genötigt.
Seiner Bauliebe, die sich unter anderm auch an der liebfrauenkirche bethätigte,
möchte ich jene romanischen Reste zuschreiben, welche sich noch jetzt unter dem
Remter und östlich vom Kreuzgange, zwischen letzterem und der Stephanskapelle
vorfinden. Über die Beschaffenheit der erstgenannten Räume vgl. die Bau-
beschreibung. Sie gehören ebenso wie eine einzelne Säule (s. daselbst) offenbar
der rudolfinischen Zeit an. Was den anderen Raum (vor der Stephanskapelle)
betrifft, so benutzte Rudolf bei dessen Ausbau den noch brauchbaren Teil eines
älteren Gewölbes. Man hat diesen Raum als Krypta des 3. Domes angesehen.
Dagegen sprechen viele Gründe, ganz besonders folgende : Erstens giebt es keinerlei
Beweis, dass jener Dom südlich vom jetzigen gelegen habe. Es ist vielmehr sicher,
dass er, wenn er auch kürzer war, doch wenigstens mit seinem Westende auf der-
selben Stelle stand wie dieser. Seit 965 ist jeder Dom gewissermassen nur immer
* Das Gleiche von dem Westchor anzunehmen dürfte durch die Analogie anderer nahe
gelegener doppelchöriger Kirchen (Quedlinburg, Gernrode) verhindert werden. Die 3 Altäre
werden also in einem Kaum gestanden haben.
230 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: der 3. u. 4. Dom)
die Reparatur des vorigen gewesen; auch nach 1179 stellte man den Dom nur
notdürftig wieder her und nach 1220 begann man damit, dessen hässliche Er-
scheinung stückweise nach und nach zu verbessern und zu erweitem. Eiie Platz-
veränderung hat nicht stattgefunden. Zweitens hat diese angebliche Krypta die
Längenerstreckung von Norden nach Süden, würde also gegen die orientierte Dom-
kirche quer gelaufen sein, was ausgeschlossen ist Endlich nennt eine Erwähnung
von 1417 der Stephanskapelle diese ausdrücklich als an dem alten Kapitel-
saale erbaut (capellam nostram novam inferiorem in ambitu ecclesiae nostrae
in antiquo loco capitulari fabricatam. U. B. d. Höchst. IV, 3 41). Wäre der Raum
je Krypta gewesen und hätte er Gräber enthalten, so hätte man ihn ver-
mutlich nicht zum Kapitelsaal gemacht. So aber blieb er es, da er es seit alter
Zeit war, bis zur Erbauung eines neuen. Was sonst zum 3. Dome gehört, und
wie er im einzelnen ausgesehen habe, ist nicht zu ergründen. Nur sicher ist,
dass er, wie schon gesagt, im ganzen kleiner war als der jetzige. Die Zerstörung,
welche ihn samt der Stadt am 22. September 1179 betraf, war keineswegs voll-
ständig. — Die Beseitigung aller seiner Reste geschah erst bei dem späteren
Neubau des 5. (jetzigen) Domes, wobei man ausser der oben erwähnten einzelnen
Säule, von der wir es wissen, sicher noch vieles andere als Füllwerk der neuen
Mauern verwendet hat]
[Der 4. Dom. Im Jahre 1181 ist die Rede von einer Wiederherstellung
der beschädigten Kirche. Die Festhaltung dieses Gedankens war es, die ver-
hinderte, dass etwas Ordentliches geschah. 1193 giebt es im Dome einen Heilig-
kreuz-Altar, vor dem Bischof Theodor begraben wird. Gardolf bemüht sich
weiter um den Dom, beschenkt ihn mit einem Taufstein, einer Glocke und einem
Altar der Maria Magdalena. — Ein anderer Altar (S. Jakobi des Jüngeren) wird
von Bischof Konrad imter dem Turme gestiftet. Der 4. Dom hatte also keinen
Westeingang, so wenig wie der dritte, weil sich vor ihm der Westchor befand,
der auch in der folgenden Periode noch eine Rolle spielte. Die Nachricht, dass
Konrad die Kirche, „welche hässlich, roh und von verächtlichem Aussehen war,"
habe vergrössern und durchaus würdig einwölben lassen, deutet darauf, dass bei
dem Wiederherstellungsbau bis dahin nur die Schnelligkeit und Wohlfeilheit
massgebend gewesen waren. Das 1214 erwähnte Kirchenschiff ist darum sicher-
lich ein unscheinbares gewesen. Am 16. August 1220 erfolgte die Weihe
durch die Bischöfe von Halberstadt, Hildesheim, Minden, Havelberg und Preussen.
Dass aus dieser Zeit nichts erhalten ist, irgend welche Bauteile des jetzigen
Domes nicht daher stammen können, ist offenbar. Wenn eine Kirche deformis,
rudis, ac despecta genannt wird, so kann sie nicht so ausgesehen haben, wie
sich nach den schönen ältesten Bestandteilen jetzt schliessen lässt.
Die Wiederaufnahme des Baus entsprang dem Wunsche, dem Halber-
städter Dome, aus dem bei fortgesetzter Flickarbeit doch nichts Rechtos
werden konnte, durch allmählichen vollständigen Umbau und Vergrösserung
ein würdiges Äusseres zu geben. Man ist gewöhnt, die Entstehung der
ältesten Teile dem Verdienste des Johann Semeca zuzuschreiben. Semeca
(Cemeca, Zemeke, Magister Johannes) war angeblich von niederer Herkunft,
studierte in Paris und wurde einer der bedeutendsten Juristen der Zeit In
Halberstadt erscheint er urkimdlich als Magister 1224, als Scholastikus 1234, als
Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: I.Periode) 231
Decbant 1235 — 41. Winnigstedts Chronik erzählt, er sei 1245 vom Blitz erschlagen,
doch ist wenigstens das Datum unrichtig, da er noch in einer Urkunde vom
September 1263 (ungedr. Urkk. des Johannesstiftes) vorkommt. Von seinen Fähig-
keiten als Architekt berichtet nur die alte Tradition, keine Urkunde, und die
einzige sichere Nachricht, Semeca habe sich um die Erbauung der Halberstädter
Stadtmauern verdient gemacht, beweist nicht, dass er Architekt war. Wie es
sich damit auch verhalten mag, soviel sieht man aus den stilistischen Merkmalen,
dass der seinem Einfluss zugeschriebene Teil des Domes auch zu seiner Zeit
entstanden ist, gegen 1230—40 etwa, also unter seinem Dechanate.
Das erste Bauglied, dessen Erneuerung geplant wurde, war der Westchor.
Ihn wollte der Domküster und Probst zu Jechaburg Burchard von Warberg auf
seine Kosten und zu Ehren der h. Jungfrau und des h. Sixtus^ neu erbauen
lassen. Auch stiftete Burchard dort testamentarisch eine Vikarie beider Heiligen.
Da diese nun aber erst nach seinem Tode eingeführt werden sollte, femer der
Ausdnick in der Urkunde: in occidentali choro, quem ipse . . . constituit nicht
so klar ist, dass man daraus die Fertigstellung oder auch nnr die im Werden
befindliche Herstellung des Westchors abnehmen könnte, so darf man wohl
vermuten, dass jene damals nur erst beabsichtigt und verabredet war. Wahr-
scheinlich gab man das Ganze bald darnach auf, weil es noch auf den vorigen,
anders und besonders kleiner gestalteten Turmbau berechnet war. Als man bald
darnach an dessen Erneuerung ging, erfolgte diese nach durchaus verändertem
Plane. Hiermit erst beginnt die Baugeschichte des jetzigen Doms.]
Der 5. Dom. Die Geschichte der Entstehung des gegenwärtig vorhandenen
Doms erstreckt sich über den weiten Zeitraum von rund drei Jahrhunderten, ist
damit aber noch nicht abgeschlossen. Obgleich die Bauthätigkeit in dieser ganzen
Zeit eigentlich nie unterbrochen wird, und sich auch später noch fortsetzt, so
lassen sich doqh mehrere Abschnitte deutlich von einander trennen.
Der ersten Periode gehören diejenigen Teile an, die aus der Zeit des Über-
gangsstils stammen: der Turmbau mit der Westfront, zweierlei Stücke am Chor,
die Schatzkammer; femer ausserhalb des Doms: der Remter, der Kreuzgang, die
Doniküsterwohnung.
Anschauung französischer und rheinischer Baukunst haben zusammen
gewirkt, um dem Dome eine durchaus neue Erscheinung zu sichern. Der
Westchor fiel. Hinter ihm erwuchs von Norden beginnend ein mächtiger
Doppelturmbau mit prachtvoll ersonnener Westfront, geschmückt von fein durch-
gearbeitetem Portale und einer Fensterrose. Gleichzeitig fasste man, um dem
Bau die Ähnlichkeit mit der früheren doppelchörigen Anlage einigermassen zu
bewahren, den Plan, statt des verschwundenen Chors hier an der Westseite eine
dreischiffige Säulen verhalle, sog. Paradies, zu errichten. Es ist nicht zur Aus-
führung gekommen, sehr bedauerlich, weil die noch vorhandenen Ansätze dazu
beweisen, dass hier ein Werk von hohem Reiz beabsichtigt war. Späterhin
erbaute man statt dessen eine hölzerne Vorhalle, die noch bis ins 18. Jahrhundert
vorhanden war.
* Vgl. was oben über den Westchor des 2. Doms gesagt ist. — Obige Notiz über den
Warbergiscben Westchor steht in einer Urk. von 1227. Uß. des Höchst. I, 602.
232 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Born: Baugeschichte: 1. Periode)
Dass die ersten Joche des Langhauses auch schon angefangen wurden^ ist
unwahrscheinlich; nur sichtbar ist, wo sie ansetzen sollten. Zu gleicher Zeit
begann hinter dem Chor des 4. Domes der Bau des Chors samt seiner Krypta,
die zuerst 1258 genannt wird. Wo diese lag, wird in gleichzeitigen Urkunden
nicht berichtet, lässt sich aber aus späteren mühelos schliessen. Es wird nämlich
die Marienkapelle, von der unten weiter zu reden ist, oft genannt: in crypta.
Das würde noch nicht viel beweisen, man möchte vielleicht sogar an irgend eine
andere Kapelle gleichen Namens denken, freilich wäre nicht zu sagen, an welche.
Dass nicht an den Baum vor der Stephanskapelle gedacht sein kann, ist oben
schon dargethan. Eine Nachricht vom 1. Oktober 1477 macht aber die Sache
deutlich. Dort heisst dieselbe Kapelle „unser leven Frowen klufft effte capellen
boven unde tiegen deme chore" und in ihr ist die Vikarie „geheyten unser
leven Frowen altare in cripta." Die erstere Ortsbestimmung ist durchaus
zutreffend: oberhalb des Chores in ihn eingeschoben liegt allerdings die
Marienkapelle. Natürlich gab es 1477 dort längst keine Krypta mehr, aber
der Altar hatte den Namen geerbt, welchen der früher an derselben Stelle, in
der Mittelapsis der Krypta, stehende geführt, und den dieser schon von
Bischof Hildeward 974 erhalten hatte. Wer noch nach äusseren Zeichen sucht,
dass der alte Dom des Übergangstils seine Krypta, also auch seinen Chor an
derselben Stelle gehabt hat, wie der jetzige, findet ein solches in der sog. Klee-
blattthür, einem zum Stil des Westbaus durchaus, zu dem des jetzigen Chores
gar nicht passenden Stück. Sie .muss einen Eingang zur Krypta gebildet haben,
da sie zur ebenen Erde (in der nordöstlichen Travee des Chorschlusses) liegt
Zu solchem Zwecke würde auch die Schlichtheit und Schwere ihrer Form passen.
Die eigentümliche schräge innere Verkröpfung ihres Gewändes rechts dürfte
darauf deuten, dass hier ehemals eine geviertelte Treppe nach Osten in die Krypta
hinabführte. Eine andere ähnliche Thür lag südöstlich symmetrisch. Die erstere
bewahrte man, so lange die Krypta noch gebraucht wurde, und es keinen anderen
Zugang zu ihr gab, weil der ganze Chor der Bauarbeiten wegen viele Jahre
vom Langhause abgetrennt war. Späterhin baute man sie einfach mit ein, um
sie als Choreingang zu benutzen. — Dass der Chor etwa an der Stelle der
heutigen Vierung gelegen hätte, ist durch nichts zu beweisen. Was man als
dessen Rest angesehen hat, wird sich als etwas ganz anderes herausstellen.
Vorweg sei hier auf einen sehr merkwürdigen Befehl des Bischofs Albrecht
hingewiesen, den er erliess, als der Neubau des Chors nach der Mitte des
14. Jahrhunderts begann. Da verfügte er nämlich, man solle, da durch den
Umbau auch die Zerstörung mehrerer Altäre im Chor notwendig geworden
sei, um keine Unterbrechung des Kultus herbeizuführen, hölzerne Altäre pro-
visorisch aufstellen. Wenn der alte Chor erhalten blieb, während der neue
gebaut wurde, weshalb sollte man in ihm die Altäre vorzeitig zerstört haben?
Hätte man nicht vielmehr zuerst die Altäre des neuen Chors vollendet und
sie dem Gebrauche übergeben? Nein, der alte Chor musste erst beseitigt
werden, weil er dem Neubau im Wege stand, und darum zerstörte man jene
Altäre, grenzte dann jedenfalls durch eine Wand das Langhaus gegen den Altar-
raum ab und vollendete dahinter den Bau, während der Chordienst einstweilen
an den provisorischen Altären im Langhause versehen werden musste. Dass
\
Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: 1. Periode) 233
dies ein halbes Jahrhundert dauern würde, konnte man freilich nicht vor-
hersehen.
Auch noch ein anderes Stück musste bei bem Chomeubau niedergerissen
werden : die Ludgerkapelle. Von ihr soll sogleich weiter die Kede sein.
Zunächst ist als Resultat des Vorhergehenden festzustellen, dass, weil die
Westfront noch da ist, und der Chor (nebst Krypta) unzweifelhaft an Stelle des
jetzdgen stand, der 5. Dom schon in seiner ersten Bauperiode in
derselben oder ganz unwesentlich geringerer Länge gedacht
war als derjenigen, welche er auch jetzt hat. Nur so gewannen Länge
und Breite des Doms das richtige Verhältnis zu einander. Hier kommt aber
ein Moment hinzu, was die Sache auffallend machen könnte. Die Baubeschrei-
bung wird lehren, dass derselbe Dom niedriger werden sollte als er heute ist;
das Mittelschiff nur so hoch, dass der Mittelbau zwischen den Türmen frei
stehen konnte. Das hätte denn zwischen Länge und Höhe ein merkliches
Missverhältnis abgegeben. Auch heute noch ist ein solches vorhanden trotz der
grösseren Höhe der Kirchenschiffe; auch in neuester Gestalt beherrschen die
Türme nicht den langen Bau, und dies wird durch den kleinen Dachreiter nicht
beseitigt. Es ist genau derselbe Übelstand, an welchem auch der Dom zu Magde-
burg leidet. Diese Schwierigkeit konnte nur dadurch sicher und harmonisch
gelöst werden, wenn der Dom vier Türme erhielt! Das ist damals richtig
erkannt, und die Ausführung auch begonnen worden. Noch lebte und baute
man ja im Geschmack der romanischen Epoche. Die rheinischen Vorbilder des
Doms und deren Nachbild, die auf demselben Platze stehende Liebfrauenkirche,
gaben leicht das Muster dazu her. Auch der Dom zu Magdeburg that es, dessen
Zusammenhang mit dem Halberstädter Dom längst bekannt ist. Auch er ist
als viertürmige Anlage gedacht gewesen. Die Torsos seiner zwei viereckigen
Osttürme stehen unmittelbar hinter dem Querhause, über dessen Giebelwände
nicht hinaustretend. Betrachtet man den Grundriss unseres Doms, so sieht man
die Anfänge eines solchen , genau entsprechend gelegenen und ähnlich grossen
Turmes östlich vom südlichen Kreuzarm, wo eine Mauermasse auffällt, deren
Dicke motiviert ist dadurch, dass an den dort stehenden Chorstrebepfeiler eine
andere Wand sich anlehnt. Die nach dem Kreuzgange gelegene Wand dieses
Bauteils tritt aus der Kreuzgangswand deutlich unterscheidbar hervor, hat auf
der Westecke die Beste zweier massig starker Ecksäulen und ein in der Quere
sich über die Mauer ziehendes, schmales Gesims. Der Innenraum enthält jetzt
eine Treppe, die sichtlich erst später eingesetzt ist. Ursprünglich diente der
Raum als Kapelle, wie zwei Sakramentsnischen an der Ostwand deutlich zeigen.
Hier einen Überrest des ehemaligen Chores zu vermuten ist darum irrig, weil
der Baum ausserhalb des Kirchenschiffs liegt. Hat man hier vielmehr ein Über-
bleibsel des Südostturms zu erkennen, *so entsteht die Frage, ob es auch einen
Nordostturm gegeben habe. Nun wurde im Mai 1354 die Erlaubnis erteilt, die
Kapelle St. Ludger abzubrechen, weil sie dem Bau des neuen Chores im Wege
stand. Sie befand sich nach urkundlicher Beglaubigung am Dom auf der Nord-
seite. Die Steine sollten zur Vollendung des Chorbaus dienen. Dass sie wirklich
damals schon abgebrochen wurde , erfahren wir nicht. Erst im 15. Jahrhundert
wurde der Bau der nördlichen Chorseite mit der ersten Travee neben dem Quer-
234 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: fiaugeschichte : l.u. 2. Periode)
hause östlich beendet. Das ist aber gerade die Stelle, wo ein Nord- Ost-Turm,
wenn es ihn gab, gestanden haben muss. Elis (p. 9) nimmt nun diesen Platz als
den der Ludgerkapolle an. Wenn er recht hat, wogegen sich nichts sagen lässt,
so folgere ich daraus, dass die Ludgerkapelle der viereckige, untere
Innenraum des Nord-Ost-Turms war! Er musste weichen, um denEin-
druck des schönen nördlichen Frontbaus nicht zu stören, während sein südlicher
Genosse, wenigstens zum Teil, stehen bleiben durfte; war doch die Südseite
unten ohnehin durch die Stiftsgebäude verdeckt
So sind also in der ersten Periode erbaut: Die Westtürme, die verschwun-
denen Osttürme, der im 14. Jahrhundert verschwundene Chor mit der Krypta.
Ferner entstand zu ähnlicher Zeit der Kreuzgang, die Schatzkammer und der
Remter. Der Stil dieser Baulichkeiten giebt dafür den hinlänglichen Beweis.
Mir scheint nicht, dass es für uns zu bedauern ist, dass damals nicht mehr
vollendet wurde. Gerade, dass der Halberstädter Dom nicht aus einem Gusse
entstanden ist, bildet einen seiner Hauptreize, wie bei so vielen mittelalterlichen
Bauten. Eine andre Frage ist es, ob es denen, die jeweilig daran schufen,
erwünscht war, ihr Werk unvollendet zu lassen. Gewiss oft nur mit schwerer
Entsagung mögen sie Abstand genommen haben. Die Hauptursache war zu
allen jenen Zeiten die Unsicherheit des Lebens, die schlechte wirtschaftliche
Lage. Um nur einigermassen weiter kommen zu können, benutzte man das
Mittel der Ablässe,^ in dieser Periode allerdings noch nicht so ausgiebig wie in
der folgenden. — Von einem Bauamte wird noch nichts berichtet, was jedenfalls
nur Zufall ist
2. Periode. Während des 13. Jahrhunderts weicht die Neigung zur Schwer-
mut, die Befangenheit und Schwerfälligkeit der früheren Zeit; die Freude an
Licht, Leben und Bewegung lässt die Kirchen hoch, hell und geräumig werden.
Auch in Halberstadt lässt man den bisherigen Bauplan endgiltig fallen und
entwirft einen neuen, der für alle Folgezeit massgeblich blieb, wenn auch die ,
Einzelheiten ihre Gestalt nach dem veränderten Zeitgeschmack wechselten. Nur
von dem Entwürfe des neuen Chors musste später abgewichen werden. Er
sollte ursprünglich gleich dem Magdeburger im halben Zehneck
geschlossen und wahrscheinlich gleichfalls mit einem Kapellen-
kranze versehen werden! Als Beweis dafür lässt sich ansehen, dass die
Breite der Traveen (durchschnittlich 5,50 m) im Verhältnis zu dem Halbmesser
des Chores (8,52 m) genau dazu stimmt, um dem Chore einen halbzehneckigen
Abschluss zu geben. Eine einfache trigonometrische Rechnung bestätigt dies.
Zunächst aber entstand das Schiff des Langhauses in Anlehnung an das
Vorbild des Doms zu Rheims. Die drei ersten Joche sind noch erhalten. Das
Schiff scheint 1276 fertig gewesen zu sein. Das Geld war zu der Zeit ganz
besonders spärlich. Allein zwischen 1252 und 1266 wurde nicht weniger als
13 mal nachweislich, in Wirklichkeit sicher viel öfter Ablass erteilt. Daneben
hört man von Strafgeldern, die zum Bau verwendet wurden, von Schulden; 1297
gab das Liebfraucn-Stift 100 Mark, wofür Verpfändung von Präbendon u. dergl.
stattfand.
' Über einen Ablass 1276 s. H.-Z. XXIIl, 279.
Halberstadt (der Dom: Baugeschicbte: 2. und 3. Periode) 235
Von dem alten Chor ist einigemal die Rede, urkundliche Vollziehungen
finden in ihm statt. Aber seine Zeit ist gekommen. 1354 wird der Abbruch
der Ludgerkapelle erlaubt; der Chorneubau ist beschlossen. Ohne aber auf
dessen Vollendung, wahrscheinlich sogar ohne auf dessen Beginn zu warten,
reisst man die Apsis des alten Chors fort, beseitigt den darunter liegenden
Teil der Krypta mit dem Marienaltar und baut hier in viel zu beträchtlicher
Breite, absichtlich ohne den alten Plan für diesmal zu beachten, eine neue
Marienkapelle hin, die 1362 fertig wird. Ihre Bestimmung geht zunächst auch
dahin, während des Chorbaus provisorisch als Sakramentskapeile zu dienen. So
beherbergt sie noch 1434 unses herren godes licham, also ein Kruzifix, vor dem
eine ewige Lampe brennt. Ihre Breite zwingt zu weiterer Abweichung vom
ehemaligen Plan. Von der Idee des halbzehneckigen Abschlusses muss jetzt ab-
gesehen werden, der Chorschluss erhält rechts und links von der Marienkapelle
je eine plumpe breite Travee. Die übrigen werden nach dem alten Massstab
weiter gebaut. Etwas anderes möchte man mit Unrecht dem Bau der Marien-
kapelle schuldgeben: die südliche Abweichung des Chors von der Achse. Der
Fehler ist sicher schon begangen worden, als Mitte des 13. Jj^hrhunderts hinter
dem Chor des 4. Domes, von diesem verdeckt, der des 5. entstand. Die Gelegen-
heit, beim Bau der Marienkapelle mit der Verbesserung dieses Fehlers zu be-
ginnen, liess man vorübergehen. Man nahm eben den Chorbau nicht auf einmal,
sondern stückweise vor. So zog sich der Bau lange hin, und erst 1402 wird
berichtet, dass er vollendet sei.
Wiederum hatte sich das Stift in die erheblichsten Unkosten gestürzt; oft
hören wir davon und von den so entstandenen Schulden , die dadurch nicht
beseitigt wurden, dass 1344 mehrere goldne Kleinodien beim Rat von Braun-
schweig versetzt, 1350 zwei Heiligenbilder einem Juden verpfändet wurden, dass
man das Amtsantrittsgeld der Kanoniker um 10 Mark erhöhte (1366), Bischof
Ernst eine Landsteuer erhob (1391) und das Bauherrenamt häufig bedeutende
Spenden erhielt. — Von dieser fabrica ist sehr oft die Rede, am ausführlichsten
unter Angabe aller ihrer Befugnisse und sonstiger, auch technischer Einzel-
heiten in dem Registrum fabricae von 1366.^ Die beiden darin genannten
Bauherren, die Domherren Johann v. Romsleben und Hermann v. Bültzings-
löwen, kommen noch 1373 zusammen im selben Amte vor. Es ist auch hier
wie «anderwärts, dass diese sog. Bauherron nur Verwaltungsbeamte waren;
die technische Leitung hatten sie nicht.
Auch andere Bauten sind in dieser Zeit ausgeführt, darunter die kost-
spielige, neue Eindeckung des südlichen Westturmes, die im Oktober 1366 noch
nicht fertig war. Auch das Schiff bedurfte schon nach dem ersten Jahrhundort
seines Bestehens wegen zu schwacher Konstruktion der Strebepfeiler eines sehr
umfassenden Umbaus. Mit ihm beginnt ein neuer Abschnitt in der Baugeschichte
des Doms. Das Werk der 2. Periode ist also: das (jetzt nur noch im Westen
erhaltene) Langhaus, Marienkapelle, Umbau des Chors.
3. Periode. Ehe der Umbau begann, wurde ausserhalb der Kirche an dem
alten Kapitelsaale der Bau der sog. Stephanskapelle ausgeführt. Sie war 14U5
noch im Bau und war vor 1417 fertig.
* Vergl. Blis p. 34. Auf das Nähere hier eiozugehen, würde zu weit fuhren.
236 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baugeschichte : 3. Periode)
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Der Bau des Schiffes betraf dasselbe in voller Ausdehnung mit Ausnahme
der drei nordwestlichen Joche. Die Arbeit begann von Osten und Westen
ziemlich zugleich. Die an den nördlichen Pfeilern eingemeisselten Jahreszahlen
zeigen, dass der dritte von der Vierung aus der jüngste ist (1444), erbaut unter
der Regierung Bischof Burchards III. von Warberg (f 1459). Er vollendete mit
der Schliessung des vierten Gewölbes im südlichen Seitenschiff (sein Wappen
ist am Schlussstein) den Bau der Seitenschiffe. Das neue Mittelschiff war
inzwischen provisorisch mit einer geraden Balkendecke versehen. Burchards
Helfer war der Domprobst Ludolf Quirre (f 1463). Das Querhaus wurde eben-
falls begonnen und gegen 1466 eingewölbt, während das Mittelschiff zwischen
1470 und 86 seine Wölbung erhielt (Elis, S.46). Am 23. Februar 1450 heisst es,
dass der Bau zwar sehr prächtig weitergeführt, aber noch nicht zur Hälfte fertig
sei. Diese Klage dürfte sich vorzugsweise auf den Mangel an innerer Ausstattung
beziehen. Die an und für sich alten und baufälligen Stiftsgebäude wurden
im selben Jahre durch Brand beschädigt und bedurften des Neubaus. Am
5. Dezember 1454 machte ein Blitzschlag Reparaturen am Dache und an den
Türmen nötig. i471 war der Bau zum grössten Teil vollendet und wurde
eifrigst fortgesetzt. Im August 1480 ist die Rede von dem nördlichen Portal.
Der nördliche Kreuzarm war somit fertig. Der südliche war es wohl schon
1463, wo Ludolf Quirre in ihm bestattet wurde. Man hatte diesen Kreuzarm
über sein drittes Quadrat (auf mehr war er im ursprünglichen Plane nicht be-
rechnet) hinaus verlängert, wodurch eine Durchbrechung und Überbauung des
Kreuzganges nötig wurde. Im Hochsommer 1491 war man endlich so weit, dass
der Bau, trotzdem es noch viel an ihm zu thun gab, doch am 28. August durch
den Administrator Ernst geweiht und dem Gebrauch vollständig übergeben
werden konnte.
Während die südliche Empore bereits fertig war und mit ihrem eigentümlich
schiefen Laufe die Achsenabweichung und die im Verhältnis zum Langhause
geringere Breite des Chors ausgleichen musste, erbaute man die nördliche mit
ihrem reicheren Masswerke (dat kruszewerk) gegen 1500; 1510 wurde der Bau
des Bischofstuhls, 1514 der des Kapitelsaales (wobei der Remter nördlich durch-
brochen werden musste) beendet, alles in reichster, überreifer Gotik und mit
Aufbietung der höchsten technischen Meisterschaft. 1574 bekamen die Türme
neue Obergeschosse. Ausserhalb des Doms entstand in den ersten Jahren des
lü. Jahrhunderts an der Ostseite des westlichen Kreuzgangkorridors die sogen.
Neustädter Kapelle, der h. Jungfrau geweiht. Ihren Namen hatte sie von ilirera
Erbauer, dem Domprobste Balthasar von Neuenstadt (zuerst urkundlich 1461,
t 1512), der einer bis ins 14. Jahrhundert zurückzuverfolgenden Familie an-
gehörte.^ Er wohnte November 1473 in der Kurie B, der zweiten vom Düstern-
thor nach Liebfrauen zu. Seine Vermögensumstände waren gut; einen Teil
seiner Einkünfte bezog er 1501 aus den Bergwerken von Mansfeld und Werni-
gerode, in deren Ertrag er sich mit dem bekannten Mainzer Buchdrucker Peter
Schöffer und dessen Sohn Johann gemäss den von ihnen eingelegten Geldanteilen
teilte. Die Kapelle, die nur schlicht ausgeführt wurde, war 1502 im Bau fertig
' y. Mülverstedt in der H.-Z. 1870, 627.
Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: S.Periode) 237
und erhielt in diesem Jahre Ablass zu Gunsten ihrer inneren Ausstattung vom
päpstlichen Legaten Kardinal Rairaund von Gurk. Erst 1516 fand die Weihe statt.
Abgesehen von diesem letzten Bau fielen die Kosten für alles andere dem
Bistum zur Last. 1426 gab es darum wieder einen Ablass. Das Sammeln in
der Diöcese übernahm die Stephansbrüderschaft, deren stationarii im Lande
umherzogen (1435, 1488). 1448 betrugen die Schulden des Kapitels, die freilich
durch vielerlei verursacht waren, noch 6600 rh. Gulden, die bei den Kapiteln zu
Magdeburg, Hildesheim, dem Rat zu Goslar und einigen Privatpersonen auf-
genommen waren und mit 435 Gulden verzinst werden mussten. 1450 hob
Bischof Burchard das Kämmereramt auf, um es dem Dombauamt einzuverleiben.
Doch war die Schuldenlast inzwischen noch bedeutend gewachsen, besonders
durch die Kriegsunfälle. So erklärt sich die Langsamkeit im Fortschritt der
Arbeit. 1454 mussten wieder mehr als 350 rh. Gulden geborgt, 1471 viele Güter
der Kirche verpfändet werden. 1455 gaben zwei Vikare, Johann Schröder und
Gerhard Barkhusen 800 rh. Gulden zum Bau, letzterer ausserdem Kleinodien
und rohes Edelmetall für zusammen 22 Mark, alles als Dank für die Beilegung
eines Streites über die Einkünfte der Vikare. Besonders gern wird die Gelegen-
heit wahrgenommen, wenn man den Juden Geldstrafen auferlegen kann. Im
Ganzen lassen sich die Kosten des Kirchenbaus nicht berechnen, weil die An-
gaben allzu lückenhaft und unbestimmt sind. — Vom Baüamte wird häufig
berichtet. Das Baubureau (fabrica) lag 1408 (April) am Lichtengraben zwischen
der Magdeburger Mühle und der ,,hembursen" (Apotheke); 1486 lag „unser
korken Steinbutten" auf der Burg gegenüber der Ecke „wo man zu den Pforten-
frauen ging." An der Spitze des Bauamtes stehen wie früher Kanoniker, „unse
bugmestere unde vorstendere des buwes," „procuratores fabrice, qui et magistri
fabrice communiter appellantur" (1449). Genannt werden als solche u. a. 1450
Gebhard v. Hoym und Wieprecht Grope, 1445 Albrecht Kempe, 1464 Sievert
V. Hoym und Ludolf v. Estorf, 1488 der Vikar Ludolf Nagel. Auch nach der
Domweihe bestand das Bauamt weiter. Es begegnet noch 1631, als es alles ent-
behrliche Blei zum Giessen von Kugeln an den Rat verkaufte. Seine Einkünfte
bezog es teils durch bestimmte Abgaben, unter anderen der neu eintretenden
Kanoniker, gewisse Lehnszinse, die Einkünfte des seit 1450 aufgehobenen Kära-
niereramtes, teils durch Sammlungen, testamentarische Stiftungen, freiwillige
Spenden und dergleichen.
Nach der Reformation, besonders nach 1574 lässt die Bauthätigkeit nach.
Ab und zu hört man von Reparaturen. Auch diese setzen nach 1810 aus, bis
der Eifer des Oberdompredigers D. Augustin durchsetzte, dass 1848 die Restau-
rierung der Marienkapelle, 1853—54 die des Turmmittelbaues und der Neustädter
Kapelle unternommen wurde. Von 1856—68 folgte eine gründliche TVieder-
herstellung des ganzen Domes, wobei aber leider die alten Stiftsgebäude an der
Südseite zerstört wurden. Die hässlichen Priechen waren schon 1845 entfernt.
Von den Türmen, welche infolge ihrer mit Gips vergossenen Bruchstein-
füllung schadhaft geworden waren, und deren obere Fenster darum schon im
Mittelalter der Entlastung wegen auf mancherlei Art verändert waren (Hermes,
S. 44 ff.), wurden 1858—61 das vierte und fünfte Geschoss umgebaut Sie
erhielten achteckige Helme mit je vier kleinen Ecktürmchen. Doch schon
238 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Born: Baubeschreibung: Turmbau)
1882 musste der nördliche, 1891 der südliche Turm wegen Baufälligkeit ab-
getragen werden.
Nur der Unterbau erwies sich noch als brauchbar. Die Wiederherstellung,
welche nach Möglichkeit den Formen des 'Unterbaus gerecht zu werden sucht,
ist durch Baurat Vamhagen zu Halberstadt ausgeführt, und hat einen Aufwand
von 470000 Mark verursacht. Die Weihe der neuen Türme fand am 18. September
1896 statt.
Baubeschreibung. Die Massverhältnisse des Domes, wie er nach den
verschiedenen Bauperioden auf uns gekommen, sind aus den beiden beigefügten
Plänen ersichtlich.
Hinter dem Turmpaare folgt das dreischiffige Langhaus, hinter diesem das
einschiffige Querhaus von derselben Höhe wie das Mittelschiff, ursprünglich auf
drei Quadrate neben einander angelegt, später aber über den Kreuzgang nach
Süden erweitert. An das Querhaus schliesst sich in gleicher Einteilung und
ähnlicher Breite wie das Langhaus der Altarraum an, mit Chorumgang versehen
und mit fünf Seiten eines Achtecks geschlossen. Er weicht aus oben erörterten
Gründen von der Längsachse nach Süden um 1® 23' ab. Vor dem Eingange der
Marienkapelle beü-ägt die Abweichung 0,80 m. Ein Kapellenkranz fehlt, nur die
einzige Marienkapelle schliesst sich nach Osten an den Chor an. Die neben
liegenden Wandflächen (Traveen) sind aus oben erörterten Gründen besonders
breit geworden.
Die Architektur des Doms ist infolge seiner oben geschilderten langsamen
Entstehung von bedeutender Mannigfaltigkeit, jedoch von vorzüglicher Gesamt-
wirkung, die nur der auf ein anderes Gesamtbild berechnete Turmbau beein-
trächtigt; er ist in den Einzelheiten schön, wirkt aber, besonders von ferne
gesehen, nicht beherrschend.
a) Der Turmbau. Die Mitte der dreiteiligen Fassade nimmt ein grosses,
11 m hohes Portal ein, welches zwei zweiflügelige Thüren, getrennt durch einen
steinernen Mittelpfosten, enthält. Jede dieser Thüröfftiungen ist halbkreisförmig
überwölbt und von einem gleichgeformtcn Blendbogen überspannt in einer Art,
die an maurische Vorbilder erinnert, nur dass den Bögen unten die hufeisen-
artige Einziehung fehlt. Beide Bogenpaare vereinigen sich in der Mitte, um sich
gemeinschaftlich auf den Mittelpfciler zu stützen. Die Thürbögen sind durch
Bogenbänder belebt, welche sich im Innern mit fünf, im Äussern mit neun kleinen
Rundbögen auf die Halbkreislinie aufsetzen. Die Zwickelfelder zwischen und
neben den Bögen sind ausgefüllt in der Mitte durch einen nach links schrei-
tenden, nach aussen schauenden Löwen ohne Fundamentlinie, welcher ein
Menschenbein im Rachen hält, an beiden Seiten durch je einen geflügelten
Löwen. Die Formen sind streng und schlank. Die Lünette darüber ist durch
einen nach Weise der frühesten Gotik konstruierten Spitzbogen überspannt
Dieselbe Breite hat das schön gegliederte, nach innen abgeschrägte Gewände,
bestehend aus drei Rundstäben und ebensoviel verzierten Leisten. Die Lünette
enthält eine pyramidale Stellung von 7 Säulen mit 6 Kleeblattbögen, in deren
Zwickeln verschiedene Symbole verteilt sind : am Fusse links das des Evangelisten
Markus, rechts das des Lukas; ganz oben Christus, zu dessen beiden Seiten links
das Symbol des Matthäus, rechts das des Johannes, weiter unten zwei Erzengel.
Balberstadt (der Dom: Baubeschreibnng: Turmbau)
Das innere flache Band des GowUndos ist in naiver Weise von dem Rolimen
des unteren Kleeblattbogens durchwachsen. Die zwei inneren Leisten sind noch
HalberatAdter Stadtkreis: Halberetadt (der Dom: Itaubeschreibnng : Turmbau)
besonders durch kleine Enfi;elsköpfcheii in gleichen Zwischenräumen besetzt. —
Zu imterat der Spitzbogenwandung stehen jederseits vier gegürtete Säulen.
Zur Seite des Portals befinden sich zwei grosse Blendiiischen, nur durch
ein schmales spitzbogiges Gewände eingerahmt. Die Scheitel passen nicht
auf die Mitte der Türme, sondern sind gegen das Mittelthor eingerückt. Wie in
der unten zwischen den Türmen befindlichen Vorhalle, so brachte man auch in
Fig, 81.
diesen ßlendnischen unten die dort beliebte Verzierung mittels fünf kleiner
Wand Säule hen mit darüber stehenden vier Kloeblattbögen an. (Die lichte Hohe
der Zwischenräume beträgt 2,17 m). Von dem beabsichtigten Paradiese vor der
Westfront existiert jetzt nichts mehr als links von der nordlichen, rechts von
der südlichen Blcndnische je eine Gruppe von Säulen, von denen die innen am
Turmgemäuer befindlichen bis zum Fussgesims herabsteigen und wie am Portal
gegürtet sind, die aussen aber bereits in grösserer Hohe über dem Fussboden
auf ein Gesims aufgesetzt sind. Ihre Kämpfer, einst bestimmt das Qewölbe zu
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Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung : Turmbau)
241
tragen, stehen unbenutzt. Das Mauerwerk der Türme zeigt bis gegen die
mittlere Höhe der Portallünette eine rauhe Beschaffenheit. Yielleicht stammt es
noch Tom Turmbau des 4. Domes.^
Das wuchtige Fussgesims des Turmbaus, welches nur an dessen äussersten
Enden auftritt und bestimmt war, auch um die Säulen verhalle geführt zu werden,
ist seiner Bedeutung entsprechend mehrgliederig ausgebildet. Über einer Plinthe
eine Leiste mit Rundstab, dann die attische Base, welche sich um alle Yorsprünge
herumwindet. Die beiden Turmecken werden durch Lisenen eingefasst, deren
Ecken von drei gegürteten Säulenlisenen gebildet sind, während die innere Kante
in ITorm einer attischen Base gebrochen ist und oben in einen Rundbogenfries
einläuft. Die Eckiisenen sind, wie ihnen als Säulen zukommt, mit Würfel-
kapitälchen und Basis vorsehen (Fig. 81).
über dem 'Portal ist eine wenig hereingerückte Blendfläche von quadra-
tischer Anlage. Sie ist mit einem Entlastungsbogen überwölbt mit Rücksicht
WJdtrstäät ,
Fig. 82.
auf das in dem Viereck befindliche grosse kreisförmige Fenster, einem aus dem
Westen geholten Motive, einem Vorläufer der grossartigen Rosenfenster an den
französischen Kathedralen der ausgebildeten Gotik. Die Entlastung ist nur
unvollkommen erreicht; die obere Hälfte des Fensters weist deutlich ein
wesentliches Setzen des Bogens auf. Das etAva 5V2 m breite Fenster ist umrahmt
mit einem Bogenbande innerhalb eines Rundstabes; der Entlastungsbogen hat
dieselbe Umrahmung, die sich beiderseits auf zwei zweimal gegürtete Wandsäulen
stützt, ein Motiv, welches sich auch im Innern wiederholt. Die unteren Zwickel
sind mit zwei herrlichen Rosetten geschmückt. Das Massw^erk des Fensters ist
modern; als genau benutztes Vorbild hat offenbar das Rosenfenster von S.Maria
in Toscanella gedient, dessen Form vorzüglich zu diesem Zwecke geeignet war.
Der vorher erwähnte obere Rundbogenfries unter dem Hauptgesimse ver-
* Nachbildung aller dieser Dinge geben am besten die ausgezeichneten Aufnahmen der
Königlichen Messbildanstalt, deren bis jetzt vom Dome allein 82 existieren.
Kreui Halbentadt. 16
242 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baubescbreibung: Turmbau)
kröpft sich zweimal nach oben und ebenso läuft damit parallel eine Zackenschicht
(Fig. 82) und das Hauptgurtgesiras. Zur Belebung der grossen Mauerflächen neben
dem Kundfenster bemerkt man unter den Turmachsen zwei blinde, gekuppelte
Kleeblattbogenfenster, von Spitzbögen überhöht und zwei entsprechend angelegte
kleinere nicht gekuppelte Lichtfenster. Die Form der ersteren findet sich in
grösster Ähnlichkeit auch an der Eatharinenkirche zu Braunschweig. An der
Nordseite zeigt der Turmbau oben drei gekuppelte Fenster mit Kleeblattbögen
und Spitzbogen, das rechts und links ist blind; darunter ein gekuppeltes ent-
sprechendes kleineres Lichtfenster, ein drittes noch kleineres ganz unten hat in
gotischer Zeit seinen Kleeblattbogen verloren. Die Südseite des Turms hat dieselben
drei Fenster oben, unten dagegen nur ein grosses Fenster, welches, wie sein inneres
Gewände ausweist, gleichfalls ursprünglich, aber auch seines Kleeblattbogens
beraubt ist. Es dient zur Erhellung der Turmkapelle (sog. Blei-* kammer, s.u.).
Als besonderer Schmuck finden sich zur Begleitung der Bogenfriese und
Ecklisenen fortlaufende Bänder von kleinen, stark unterarbeiteten schrägen
Kreuzchen. Offenkundig ist ihre Verwandtschaft mit den sogenannten Diamant-
bändem; zur Belebung tragen sie in erheblichstem Masse bei. Als ein zweites
Motiv der Verzierung erscheinen die gegürteten Säulen.
Zwischen den Türmen erhebt sich der Mittelbau. Er zeigt zunächst drei
dreifach gekuppelte Lichtfenster mit Spitzbogen überhöht ; das mittelste ist ein
wenig höher als die beiden anderen. Darüber erhebt sich der Giebel mit drei
Lichtöffnungen, deren mittlere grösste gekuppelt ist und in der Grundform sich
durchaus den übrigen Fenstern anpasst, aber mit frühgotischem Masswerk gefüllt
ist. Ein gestelzter Eundbogenfries umgiebt das Giebelfeld, während neun, oben
mit Knoten versehene kleine spitze Pfeiler den Giebel bekrönen. Dass er
ursprünglich bestimmt war, frei in die Lüfte zu ragen, nicht wie jetzt durch das
Dach des Langhauses verdeckt zu werden, zeigt sich, wenn man vom Dachboden
aus seine dort verborgene Rückseite betrachtet; sie hat, jetzt natürlich zwecklos,
dieselbe Ausstcittung wie die Vorderseite. Ausser diesem Merkmale finden sich
dort noch mehrere andere, welche für die Höhenbestimmung der beabsichtigten,
aber nicht ausgeführten Domkirche des U bergan gstils von grösster Bedeutung sind.
Die vorbeschriebene Architektur wurde in späterer Zeit an den Domtürmen,
zwar in ähnlichem Stile, aber in einfacherer Weise fortgesetzt. Die Fenster
erhielten in schlanken Verhältnissen Kuppelungen, die Ecklisenen, schmäler als
die unteren, zogen sich bis zu den Plateaus hinauf und schlössen sich den ver-
kröpften Bogenfriesen daselbst an.
Da der Turmbau gewissermassenjetzt ein Ganzes für sich bildet, und nur
aus dessen Gesamtbetrachtung Schlüsse auf das beabsichtigte Aussehen des
alten Domes gezogen w^erden können, so muss zunächst noch von seiner inneren
Beschaffenheit die Eede sein, ehe zur Betrachtung der übrigen Kirchenteile
übergegangen w^erden kann.
Tritt man durch das Westportal ein, so befindet man sich in einer Halle
von 9,66 m Breite und 6,44 m Tiefe, welche sich mit fünf breiten, flachen Stufen
gegen das Mittelschiff senkt und über dem Kundfenster mit einem sechsteiligen
Gewölbe überdeckt ist. Dasselbe hat Rippen, welche nach der Art des Übergangs-
stiles eher den Gurtbögen ähneln, und ist über Schalung gegossen. Ausserdem
Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung: Turmbau) 243
aber (was für das Auge zunächst nur bemerkbar ist) ist die Halle durch ein
neuerdings eingefügtes Kreuzgewölbe in zwei Teile geschieden.
Vordem gab es auch hier ein romanisches Kreuzgewölbe, sicher ent-
sprechend dem unten zu erwähnenden in der südlichen Turmhalle. An das
erste Gewölbe schliesst sich nach dem Kirchenschiffe zu ein schmales zweites.
Man hat es errichtet an Stelle eines Holzbaus, statt dessen es jetzt zum Tragen
der Orgel dient
In die südliche Turmhalle führt eine Thür, überwölbt jnit einem in zwei
Stufen vertieften Spitzbogen, zwischen dessen schön profiliertem Gewände sich
zyfei Bänder vom Kreuzchen in der oben beschriebenen Art hinziehen. Das
äussere setzt sich rechts zum Zeichen des Abschlusses fest auf den Kämpfer der
darunter stehenden Säule auf, während der linke Ast sich unten nach innen
krümmt und in ein Blatt ausbreitet, entsprechend den Rundstäben des Gewändes
am Hauptportal. Auch am Gewände dieser Thür, welche die Form des ab-
geplatteten Kleeblattbogens zeigt, findet sich Laubwerk. Im Tympanon sieht
man eine Kreuzigungsgruppe von gleichem Alter wie die Architektur zwischen
zwei einfachen schönen Rosetten. Von den vier die Thür einsdiliessenden Säulen
gehören nur drei eigentlich zu ihr, die vierte schon zu den Blendarkaden, welche
den ganzen Turmbau schmücken. Durch diese Thür kommt man in einen vier-
eckigen Raum, die sog. Bleikammer (dort pflegte man die für die Bedachung
des Domes notwendigen Bleiplatten zu giessen), wahrscheinlich ehemals Kapelle
In jeder Ecke steht ein Bündel von drei Säulen, welche durch Blendnischen
mit einander verbunden sind und ein über Schalung gegossenes, scharf gratiges
Kreuzgewölbe tragen. Über diesem Raum liegt ein anderer, auch mit Kreuz-
gewölbe, aber ohne Ecksäulen. — In den nördlichen Turm führt gleichfalls eine
Thür, welche von einem hohen Kleeblattblendbogen überhöht ist und auf den
ersten Blick Ähnlichkeit mit der südlichen hat. Doch ist die Profilierung ihres
Gewändes einfacher; die Kreuzchenbänder fehlen, dagegen sieht man rechts und
links je drei Säulen, von denen die vier inneren kleiner und gekuppelt sind,
während von den beiden äusseren die rechts stehende zu den Blendarkaden
gehört. Die Kapitale aller Säulen an beiden Thüren zeigen die reichsten und
verschiedenaitigsten Formen vom einfachen Knospenkapitäl bis zu dem Würfel-
kapital, welches mit Akanthus und dem schönsten Rankenwerk geschmückt ist.
Das nördliche Tympanon ist ebenso gestaltet wie das südliche und enthält als
Füllung ein prachtvoll ausgearbeitetes Blatt- und Rankenwerk, zwischen welchem
Ungeheuergestalten ihr Wesen treiben. Die nördliche Turmthür führt zu der
zunächst 2,40 m im Durchmesser haltenden Wendeltreppe, welche sich bald
auf 4,45 m erweitert. Der nördliche Turm stellt sich sonach mit seinem über
71,3 qm bedeckenden, fast quadratischen unteren Bau als eine über Bedürfnis
mächtige Mauermasse dar. — Die mehrfach erwälinten Blendarkaden, welche,
drei an der Zahl zwischen vier Säulchen, die Nord- und Südwand dieser
Vorhalle einfassen, sind von gleicher Gestalt und Höhe wie die aussen an der
Westfront. Die Ränder der Kleeblattbögen sind ganz schlicht gehalten, doch
zeigen zwei Merkmale, dass einer nur wenig späteren Zeit diese Einfachheit
nicht mehr zusagte. Über der Säule rechts an der nördlichen Turmthür beweist
ein Gesimsansatz, dass ein reicherer Schmuck in Aussicht genommen war. So
16»
244 Halbarsfääter Stadtkreis: Balbeiatadt (der Dom: BaabJSchreibuDg: Turmban)
hat man auch bei dem letzten a&rdüchen Kleeblattbogen nach dem Schiffe zu
einen Anfang gemacht, die Blendnische oben mit einer Profilleiste zu umgeben
und sie mit dem Brustbild eines Heiligen zu füllen. Vielleicht das etwas schwer-
fällige Aussehen dieser Verzierung, wahrscheinlich aber die mittlerweile g&-
Fig. 83.
Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung: Turmbau — Langhaus) 245
schehene Änderung des Bauplans verhinderte eine weitere Durchführung dieses
Gedankens.
Auch die Ostseiten beider Türme sind unten mit je drei Blendnischen ge-
schmückt, die jedoch geraden Sturz haben. Sie sind nur 1,99m hoch; der Kämpfer
der nördlichsten Säule ist um 3 cm höher, und das darauf ruhende Mauerwerk daher
um soviel weiter von der Basis eutfernt. Der Grund mag der sein, dass die
beabsichtigte Blendarkadenverzierung der nördlichen Seitenschiffswand (denn
jedenfalls hat der ganze Dom diese Art von Schmuck erhalten sollen , der z. B.
auch in der Kathedrale von St. Denis angewendet worden ist) noch höher stehen
sollte, um im Verhältnis zur Länge der Wand nicht allzu kleinlich zu wirken.
Die kleine Erhöhung der letzten Blendnische diente also als Übergang zu den
folgenden höher gedachten.
Über diesen Blendarkaden der Ostseite erheben sich an beiden Türmen
spitzbogige Blendnischen, welche mit denen an der Aussenseite übereinstimmen.
Die ganz schlicht gehaltenen Bögen ruhen an den Seiten nach dem Mittelschiffe
zu auf schlanken Säulen, die mit den an den Turmecken erscheinenden west-
lichsten Mittelschiffspfeilern auf demselben Sockel stehen. Auf den Wandseiten
dagegen stützen sie sich auf einen Kämpfer je einer Gruppe von ebenso hohen
Säulen. Die zugehörigen beiden anderen Kämpfer tragen jetzt nichts, waren
aber natürlich dazu bestimmt, die Gewölbe zu unterstützen.
An dem nordwestlichen Eckbündelpfeiler, der zum Mittelschiffe überleitet,
giebt es folgende zwei Steinmetzzeichen: ^ i -
Es ergiebt sich aus der Betrachtung dieser Dinge, dass die Breitenmasse
der Schiffe der beabsichtigten Dombasilika ursprünglich schon fast ebenso gedacht
waren, wie sie auch später ausgeführt wurden, ihre Höhe aber durchweg erheb-
lich niedriger werden musste.
b) Das Langhaus. An die Türme schliesst sich nördlich und südlich ein
kürzeres Stück von vier Traveen mit drei Pfeilern, der frühen Gotik angehörig.
Aus der ganzen Anlage geht hervor, dass hier ein ausgearbeiteter Plan vorlag,
von dem oben schon die Rede war. Man begann mit schwächeren Konstruktionen,
als sie später bei dem übrigen Hause als notwendig erkannt wurden, und wählte
doch dabei die Proportionen kürzer und schwerer. Dies zeigt sich namentlich
ausserhalb bei den an den Strebepfeilern angebrachten Baldachinen für Heiligen-
figuren und den sie krönenden Fialen. Ihre Ähnlichkeit mit denen am Dom zu
Rheims ist auffallend und schon von Lukanus bemerkt worden. Nur dass den
Fialen unseres Doms die vier kleineren Eckfialen fehlen, welche man bei dem
französischen Vorbilde mit angebracht hat. In Höhe des Kaffgesimses zog sich
durch diese älteren Strebepfeiler ehemals ein Cirkuliergang, welcher später ver-
mauert worden ist (Abbild, bei Elis S. 30, Fig. 17). Interessant sind die phan-
tastischen Wasserspeier. Die Fenster der ersten drei Traveen sind offener und
grösser als. die des späteren Baus, aber wie jene unten vier-, oben dreiteilig. Die
inneren drei Pfeiler unterscheiden sich von denen des späteren Baues in der
schon oben angegebenen Art, dass die Dienste nicht aus dem Kern gearbeitet,
sondern ihm frei vorgelegt sind.
! .
246 Halberet&dter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baubescbreibong: Langbaus)
An diesen drei Nordwestpfeilern findet man auch Steinnietzzeichen, die bei
den drei südwestlichen fehlen.
1.
2.
3.
An der zugehörigen Nordwand sieht man diese:
'7
Die Kreuzgewölbe hier sind mit dem unteren Bau zugleich erbaut worden
Die schmale Stellung der Pfeiler bei grosser Höhenentwicklung, welches beides
System'
dtriimMrenWänddienstB
und,
deren RUsgeaims.
A.
Vf^/f//M/i44/iMMk
Chor. k Schür.
äu/sere FuJsgesimse
Thärme
Fig. 84.
auch bei dem späteren Bau beibehalten wurde, ist in Anlehnung an französische
Muster ausgeführt und macht den Halberstädter Dom zu einem der schlanksten
und graziösesten Werke im nördlichen Teil unseres Vaterlandes.
Vom vierten Pfeiler an ändern sich die Einzelheiten, während im ganzen
auch bei diesem spätesten Bau der anfängliche Grundgedanke festgehalten wird-
Halberstadt (der Dom: Baabeschreibung : Langhaus) 247
Die äusseren Strebepfeiler sind breiter und weiter hervortretend als vorher, das
ganze (auch das älteste) Langhaus, samt den Querschiffen und dem Chor ist
aussen am Eande des Daches mit einer Gallerie von Vierpässen eingefasst,
welche bei jedem Pfeiler durch Fialen (am älteren Bau sind sie etwas kleiner)
unterbrochen wird. Gegen diese nun münden Schwibbogen aus,^ welche von
den Strebepfeilern der Seitenschiffe aufsteigen und den einzigen, nicht wesentlich
strebenden Gegenschub gegen die von innen wirkenden Gewölbe bilden. Auf-
fallend ist ihre Steilheit. Denn während sonst dem Hohlraum des Schwibbogens
ein Quadrant und der deckenden Linie 45^ gegeben zu werden pflegen, ist hier
der Bogen nur ein halber Spitzbogen und die Decklinie in einen Winkel von
60^ gestellt. Die über einander zweimal mit Fialen gezierten Strebepfeiler zeigen
keine Bildertabemakel wie die ersten, sondern immer je zwei Konsolen zur Auf-
stellung von (nicht ausgeführten) Statuen, getragen von je einer dünnen Säule.
Darüber schwebt oben ein kleiner reicher Baldachin.
Im Innern sind die Masse der Pfeiler ähnlich den vorhin beschriebenen.
Die jungen und alten Dienste sind gleichermassen aus den Kernquadern gehauen.
Die vier nördlichen Joche sind mit Netzgewölben, die vier südlichen mit zwei
Stern- und zwei Netzgewölben im Wechsel überdeckt. Das Mittelschiff hat auch
hier wie durchweg Kreuzgewölbe; jedoch ist dasselbe diesem spätesten Teile
erst später aufgesetzt worden, vorher war es provisorisch mit einer Holzdecke
versehen, wie die oben etwas über den Seitenschiffen angebrachten, zum Tragen
der Decke bestimmt gewesenen Steinkousolen beweisen. — Die Wand der fünften
nördlichen Travee enthält eine (unbenutzte) Thür, die ins Freie führt. Von den
Thüren und Fenstern des südlichen Seitenschiffes ist weiter unten die Rede.
Die Steinmetzzeichen an den nördlichen Pfeilern sind folgende:
5.
6.
7.
Am Vierungspfeiler : No. 1 vom 5., No. 2 vom 7. Pfeiler.
An den Pfeilern der Südseite:
5. z.T. wie die vorigen
6. ^
7. f
' Einzelne davon sind gelegentlich erneuert worden. Der eine trägt die Jahreszahl 160'?.
J
248 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung: Querhaus)
Am Vierungspfeiler: ZT Y
An der Aussenseite des südlichen Seitenschiffs:
Bei jedem Pfeiler sind nur die zu den vorigen neu hinzukommenden Zeichen
wiedergegeben.
Jeder der nördlichen Pfeiler vom vierten bis einschliesslich zum Vierungs-
pfeiler trägt ausserdem in spätgotischer Schrift erfreulicherweise die ursprünglich
eingemeisselte Zahl seines Entstehungsjahres, nämlich 1443, 1443, 1444, 1442
1442; der sechste ist also der jüngste, was man ohne die Zahl nicht wissen
könnte.
c) Das Querhaus. Es besteht eigentlich aus drei Quadraten neben ein-
ander, deren südliches aber eine Verlängerung erhalten hat. Über der Vierung
erhebt sich ein kleinlich gehaltener Dachreiter. Sehr reich und schön ist der
nördliche Quergiebel, von -grosser Pracht namentlich das zweiteilige Portal mit
seiner Mittelsäule, auf der als Kapital zwei Engel ein aufgeschlagenes Buch
halten, imd mit der breiten T^eibung, die durch Nischen belebt ist, in denen
musizierende Engel über einander Konsolen tragen, worauf Heiligenfiguren sich
befinden. Die durch leider sehr beschädigte Werke der Plastik geschmückten
Felder zur Seite und das mit einer Darstellung des Todes der Maria gefüllte
Tympanon , ferner über dem ganzen ein mächtiges, mit Blätterschmuck prangendes
Kreuz, an dessen Enden die Evangelistensymbole angebracht sind, während zwei
Konsolen daneben und zwei Baldachine für (nicht vorhandene) Statuen bestimmt
sind — das alles vervollständigt das reiche und prachtvolle, an vorzügliche fran-
zösische Vorbilder erinnernde Bild. Der Ausstattung des Giebels entsprechend
st oben ein sechsteiliges, kurzschäftiges Fenster mit reichem Masswerk, überdeckt
durch ein Gesims mit Spitzbogenband und Kreuzblume, angebracht.
Am Nordportal findet sich ein Steinmetzzeichen: XJ
Ausserdem an der nördlichen Seitenschiffswand:
Während der nördliche Giebel, wegen seiner Lage an öffentlicher Strasse,
besonders reich ausgeführt ist, hat man den südlichen, etwas versteckt liegenden,
einfacher gehalten. Er zeigt in der grossen Wandfläche nur ein mächtiges, sechs-
teiliges Fenster, welches bis zum Kreuzgange herabreicht. Das Masswerk ist
ebenso reich wie an der Nordseite, und stützt sich auf einen durch die Mitte
des ganzen Fensters gespannten, dünnen Rundbogen. Der darunter befindliche
Teil der Fenster ist mit dünnen aufstrebenden Steinsäulen unterbrochen, die sich
oben mittels schönen Masswerkes mit einander verbinden. Das dreieckige Giebel-
feld ist mit drei Strahlen von mit Masswerk gezierten Blenden belebt, in deren
J5
Halberstadt (der Tom: Baubeschreibung: Querhaus) 249
Winkeln sich Vierpässe befinden — ein Motiv, welches gleich dem Bundbogen
in der späten Gotik vielfach zur Anwendung gelangt ist.
Das Querhaus ist zum Langhause nicht symmetrisch angeordnet; der süd-
liche Arm ist beträchtlich länger, weil man ihn über den Kreuzgang hinaus-
geführt hat. Da aber dieser gleichwohl nicht unterbrochen werden sollte, so
besteht dieser Verlängerungsbau nur in dem Obergeschosse, welches in der
Kreuzgangsflucht durch gewaltige Pfeiler gestützt wird. Die Durchbruchstelle
im Kreuzgange erhielt zwei der späten Gotik entsprechende, reiche Gewölbe,
welche von den übrigen einfachen Tonnenkreuzgewölben dort seltsam abstechen.
Die drei neben einander liegenden Quadrate des Querhauses sind mit prächtigen
Stemgewölben eingedeckt, von denen das über der Vierung das reichste ist.
Die südliche Verlängerung hat ein einfacheres, dessen Gestalt der rechteckigen
Grundform dieses Teiles entsprechend gestreckt ist. Die auf dem Grundrisse
sichtbaren Punkte in der Mitte vor den beiden Kreuzarmen bedeuten schön
skiilpierte Säulen, welche je eine mit reichen Balustraden versehene Empore
tragen. Zur nördlichen führt seit etwa 25 Jahren an der Ostseite eine zierliche
steinerne Wendeltreppe, früher eine Ti-eppe in einem Turmchen aussen nord-
westlich am Querhause. Oben am Ende der Wendeltreppe ist ein reizend aus-
geführter Kleeblattbogen, umgeben von schönem Blattwerk und einem Kreuzchen-
bande, angebracht. Das zierliche Stück wird getragen von zwei Knospenkapitälen.
Es gehörte, wie die Ausführung unzweifelhaft zeigt, ^ura Bau des Übergang-
Stils, war beim Chorneubau im 14. Jahrhundert gleich manchen anderen Resten
andei-wärts untergebracht und hat seinen jetzigen Platz erst seit dem Bau der
Emporentreppe. — Die nördliche Empore ist höher als die südliche. Die süd-
liche ist durch eine im Chorumgange nächst dem Querhause befindliche enge
Treppe zugänglich. Die etwas schmälere Anlage des Chors und die Achsen-
abweichung machten es nötig, dass die Vorderseite dieser Empore schräg vom
Altarhause zum Langhause hinüber geführt wurde, eine Aushilfe, die so geschickt
gemacht worden ist, dass man ihrer beim nicht genauen Anschauen kaum gewahr
wird. Oben auf der südlichen Empore befindet sich östlich der Eingang zur
Schatzkammer (s. u.), westlich sind zwei Thüren. Eine ist neu und führt in
einen zum Dachboden aufsteigenden runden Treppenturm , sein eigentlicher Ein-
gang unter der Empore ist jetzt gesperrt; die andere geht zum Kapitelsaal (s.u.).
An der diese Empore in der Mitte stützenden Säule befindet sich unten ein
kleiner Sitzplatz aus dem Stein herausgearbeitet, der sog. Adamssitz. Hier musste
jener Adam bei seiner Absolution Platz nehmen, von dem die Schedeische Welt-
chronik (deutsche Ausgabe von 1493, p. 279v.) folgendermassen erzählt: Es „wirdt
alle iar ierlech einer, den das volck einen grossen sünder achtet, auss dem volck
erwelet, mit einem kleglichen klayd beklaidet vnd mit verdecktem hawbt am
ersten tag der fasten in die kirchen gefüert vnd nach volbringung der götlichen
ambt wider aussgew^orffen. Derselb geet alle tag der virtzigtegigen fasten par-
fuess durch die statt vnd vmb die kirchen vnd nicht darein, vnd redt mit
nymant vnd schlaft nach mitternacht auff der gassen. An den heilligen grün-
dönrstag nach gesegnung des öls wird er wiederumb in die kirchen gefüert vnd
nach beschehenem gebette von seinen Sünden absoluirt vnd ime von dem volck
gelt gegeben, vnd doch dasselb gelt der kirchen gelassen. Denselben haissen
250 HalberstadteT Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Banbesclireibung: Qnerbansl
sie adam rnd achten inen aller sünden frey." Urkundlich kommt dieser Ge-
brauch schon 1383 vor. 1401 wird er für alte Gewohnheit erklärt
Am südlichen KreuKarm sieht man folgende Steinmetzzeichen:
{Tgl. 4. Pfeiler südlich im Mittelschiff.)
Hulberstadt [der Dom: Bunbeschreibniig : Querhaus [der Lettner])
251
Eigentlich schon zum Chor gehört der Lettner mit dem davor gebauten
anmutigen Bischofsstuhl. Dieser ist der UaiiptM^hniuek des Querhauses wie des
Domes überhaupt, dessen Eindruck er ganz besonders bestimmt, wenn man von
der Turnihalle das Kirchenschiff hinunterblickt Vor die eigentliche Lettnerwand,
die den gleichen Stil zeigt wie die übrige Chorumwandung (s. n.), und an welcher
in der Mitte noch ein Rest des alten Predigtstuhles zu sehen ist (vgl.Grund'riss),
hat man einen zierlichen gewölbten Vorbau gesetzt. Er öffnet sich nach rechts
und links in je einem, nach vom in drei Spitzbogen, die von schlanken Kiel-
bögen überhöht sind. Die reich gcglie<lerten, im Gnindriss merkwürdig länglieh
geformten Pfeiler (Umfang 2,16 m) sind unten belebt durch zierliche Sockel, auf
denen dünne gewundene und gegürtete Säulen emporstreben. Auf ihi-en präch-
Fig. 86.
tigen Kapitalen und gewissermassen als Verbreiterung derselben sieht man Sockel
mit Flechtmnstern, worauf Statuen aufgestellt sind. Über diesen sehweben
Baldachine, die in Fialen endigen. Die Zeichnung der Einzelheiten ist allent-
halben verachieden. Die Kerne der Pfeiler steigen bündelartig auf und gipfeln
in langen, schlanken, z.T. gedrehten Fialen, die mit Krabben, Tiergestalten und
Kreuzblumen überreich geschmückt sind. Ähnliche, aber breit ausladende Kreuz-
blumen tragen die hohen dünnen Pfeiler, welche die Endigung der Kielbögen
bilden. Die Blenden zwischen den Spitz- und Kielbögen sind mit üppig
■wucherndem, höchst mannigfaltigem Masswerke gefüllt. Sehr schön ist es
namentlich an der südlichen Seite, wo eine flache Rosette, aus dem regulären
Fünfeck konstruiert, mit ihrem reichen Netzwerk fast an maurische Muster
erinnert. Oben trägt der Bischofsstuhl eine Plattform , umgeben von einer
Balustrade. Ihre niedrigen, breiten Ständer sind mit flachen Ornamenten be-
252 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Born: Baubeschreibung: Querhaus — Chor)
deckt; entsprechend ist der untere Rand verziert, während oben eine einfach
gekehlte Leiste den Schluss bildet. Auch hier giebt es Steinmetzzeichen:
^Ui\
Die Errichtung dieses Lettners wurde offenbar angeregt durch den des
Magdeburger Domes. Freilich ist dieser, entsprechend seinem um ein halbes
Jahrhundert höheren Alter viel schlichter und schwerer in seinen Formen als
der Halberstädter. Wenn dieser auch mit seinem der spätesten Gotik ange-
hörenden bunten Tand das überschwängliche Lob nicht voll verdient, welches
man ihm gespendet hat, so bleibt er doch immer ein Werk von ausgezeichneter
Anmut und höherem künstlerischen Werte, als ihn der Magdeburger und andere
ähnliche Anlagen (in Havelberg, Lübeck, Hildesheim, St. Madeleine in Troyes
[1506] u. s. w.) besitzen. Zudem ist die Vermutung ansprechend, dass man ihm
die überaus prächtige Ausstattung gab, um dadurch die Aufmerksamkeit des
Beschauers zu fesseln und sie so den Fehler übersehen zu lassen, der in der
Achsenabweichung des Chors begangen war. Ohne diesen Bischofsstnhl wäre
jener Mangel ungleich auffallender. Es ist höchst erfreulich, dass die Meinung
derjenigen nicht durchdrang, die noch in diesem Jahrhundert das zierliche und
wichtige Werk, als der Würde des Oanzen nicht angemessen, beseitigt wissen
wollten. — Von dem Meister des Lettnors besitzt der Dom noch ein Werk,
nämlich das Türmchen, welches unten auf der Balustrade der nördlichen Kmpore
schlank und zierlich emporstrebt. Auch die darin befindlichen kleinen Statuen
zeigen denselben Stil.
d) Der Chor. Neben dem Querhause gehört seine erste Travee noch dem
Stil des jüngsten Baus an und zeigt daher dieselben Merkmale wie der späte
Teil des Langhauses. Da aber, wo der ältere Chorbau beginnt, ändert und ver-
einfacht sich das Bild, aber auch hier nur in den Einzelheiten. Die äusseren
Strebepfeiler sind schlichter und schwerer; die zur Aufnahme von Statuen be-
stimmten Konsolen stehen nicht auf zierlichen Säulen, sondern auf plumpen
Sockeln. Unter jedem Fenster des nördlichen Chorumganges ist eine spitzbogige
Altarnische mit reichlichen Spuren ehemaliger dunkelroter Bemalung. Wie im
Schiffe werden die Wände unten durch breite vierteilige, oben durch schmälere
dreiteilige Fenster unterbrochen. Den Chorschhiss bildet ein halbes Achteck von
nicht durchaus ebenmässiger Form. Seine drei hinteren Traveen mussten der
Breite der Kirche wegen länger ausfallen als die übrigen. Die Fenster des Chor-
schlusses sind daher unten sechsteilig und von plumper Wirkung, während die
oberen die Dreiteilung bewahren. Die eigentliche Schlussseite fehlt, da man
genötigt war, dort die schon vorher erbaute Marienkapelle mit dem Chor zu ver-
einigen. Sein Mauerwerk stösst unvermittelt an das ihrige, versperrt ihre ehe-
maligen Thüren, die dadurch zu Nischen geworden sind, und so häufen sich dort
zsvei konstruktiv zwecklose Mauermassen an. (S. den Grundriss!) Die früher
geschehene willkürliche Erbauung der Marienkapelle trägt die Schuld daran, dass
der Chor im halben Achteck endet Unzweifelhaft ging der Bauplan ursprünglich
daraufhin, den Chor mit sieben Seiten des regulären Zehnecks zu schliessen.
(S. Baugeschichte). So wären die überbreiten Traveen (Länge innen etwa 7,92 m)
Halberetadt (der Dom: Banbeschreibnng: Chor)
vennieden worden, die das halbe Achteck bedingte. Auch hier mag St. Denis
vorbildlich gewesen sein, wie sich an einem anderen Merkmale schon vorher
Fig. BT.
beobachten Hess. Als stark diese meine Meinung unterstützend sei auf den
gleichzeitig mit dem alten Teile des Halberstädter Schiffes erbauten Chor des
Magdeburger Domes hingewiesen, der die halbzebneckige Form und einen Kranz
von fünf polygonalen Kapellen besitzt
254 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baabeschreibung : Chor)
Die Marienkapelle wirkt durch würdevolle Ruhe. Die Ausführung ist höchst
solide; die Verzierung des Äussern beschränkt sich nur auf schlichtes Masswerk
an den langen dreiteiligen Fenstern und auf ein zierliches durchbrochenes
Glockentürmchen von Stein auf dem westlichen Abschlüsse der Kapelle.
Im nördlichen Chorumgange in der ersten breiten Travee des Chorschlusses
interessiert die 2,10 m hohe, 1,92 m breite sog. Kleeblattthtir, über deren wahr-
scheinliche Bedeutung in der Baugeschichte gesprochen worden ist. Sie ist innen
von einem spitzbogigen, rechts unten schräg verkröpften Gewände eingefasst
Demselben entsprechend zeigt die südliche Travee neben der Marienkapelle eine
symmetrisch gestaltete Nische, zweifellos ehemals ebenfalls ein Eingang, von
dem später aber bei dem Chorbau äusserlich jede Spur verwischt wurde. —
unter dem sogenannten Oppenschen Fenster (s.u.) sieht man eine schmale, ina
Geschmacke der Spätrenaissance prächtig ausgestattete Thür, die ehemals zu dem
sogenannten Rittersaale führte, seit dessen Abbruch aber vermauert und zur
Nische geworden ist. Eine kleine Thür daneben erschliesst einen runden, ?um
Dachboden führenden Treppenturm. Die Thür der nächsten Travee leitet auf
einen überdeckten Treppengang und von diesem in die alte Sakristei, die jetzt
als Konfirmandenzimmer benutzt wird. Die folgende Travee hat wieder eine
Wandnische, die vielleicht vordem eine Thür war. Durch die nächste gelangt
man mittels einer niederen Thür einige Stufen hinab in einen viereckigen Baum
und von da in den Kreuzgang. Die letzte Travee des südlichen Chorumgangs
endlich enthält eine Thür, die in den südöstlichen Turmansatz führt Sein vier-
eckiges Inneres ist als Treppenraum verwertet, als nach der Verlängerung des
südlichen Kreuzschiffes und der Erbauung des Kapitelsaales eine Verbindung
dort hinauf geschaffen werden musste.
Der ganze innere Raum des Chors ist in einer Höhe von 4,5 m von unten
mit einer Mauer umgeben, die durch gedoppelte, spitzbogige Blenden belebt
(gefüllt neben dem Lettner mit modernen Skulpturen, ehedem überall mit Ge-
mälden auf Holz) und oben von einer Balustrade von Vierpässen begleitet, welche
aus Kleeblattformen zusammengesetzt sind, während die zwischen diesen stehenden
Haken in Lilien auslaufen. Diese Schranke schliesst das Allerheiligste ab und
giebt zugleich eine Rückwand für die Chorstühle. Vier Thüren führen in diesen
inneren Raum, nämlich zwei ziemlich einfache spitzbogige unter dem Bischofs-
stuhl und je eine nördlich und südlich vom Chorumgange aus. Erstere haben
von innen ein ganz einfaches, von aussen ein schön profiliertes Gewände und
sind mit reichem Eisenbeschlag geziert. Die beiden anderen, deren Spitzbögen
auffallend breit gespannt sind, zeigen geschmackvollen Skulpturenschmuck, die
nördliche ist überdies mit einer Wimperge überhöht und von Fialen flankiert^
die an der südlichen entweder nicht fertig geworden oder verstümmelt sind. Das
Gewände ist höchst ausdrucksvoll und bei beiden übereinstimmend profiliert. Die
Thüren sind nach dem Muster der früher vorhandenen (jetzt im Kapitelsaale
aufbewahrten) mit Malereien bedeckt. Hinter der dem Mittelschiffe zugewandten
Westmauer führt ein Türmchen mit einer Wendeltreppe zum Bischofsstuhle
(früher zu dem oben erwähnten Predigtstuhle) empor.
Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung: Chor — Übrige Bäumlichkeiten) 255
Von Steinmetzzelclien finden sich im Chore:
In der Marienkapelle:
N ^X^l Xh
Um das ganze Kirchenschiff nebst Chor läuft aussen über dem Dachgesims
eine Gallerie von Vierpässen hin. Gedeckt ist die Kirche mit Schiefer; ehemals
war sie es mit Blei. Die Türme haben Kupfer — der Dachreiter Zinkbedachung.
Auf der Ostseite des Daches des hohen Chors sieht man ein in die Dachschiefer
eingelegtes, grosses, bleiernes Kreuz, welches an eine Pest 1683 erinnert
e) Die übrigen Räumlichkeiten, welche ausserhalb des eigentlichen
Kirchenbaus zum Dom gehören.
1. Im nördlichen Seitenschiffe führt eine in der (von Westen) sechsten
Travee befindliche Thür in die 3,11 m tiefe, 3,91 ra breite Sakristei (Plan: S.).
Sie hat ein dreiteiliges Fenster zum Kreuzgange, in welchen von hier aus ehe-
mals die sog. Totenthür führte. Eechts und links von ihr liegen Bäume von ähn-
lichen Ausdehnungen. Der links erhält Licht durch je zwei Fenster vom Kirchen-
schiffe und vom Kreuzgange aus. Von den beiden Räumen rechts hat der erste
zwei Fenster nach dem Schiffe, eins nach dem Kreuzgange. Weiter kommt man
aus ihm in einen ziemlich dunklen Kaum, der nach beiden Seiten nur je ein
kleines Fenster hat. Er dient zu Wirtschaftszwecken.
Über allen diesen Gemächern, zugleich über dem vorliegenden Teile des
Kreuzganges bis an die Westwand des südlichen Kreuzarms und über den
westlich sich anschliessenden Untergeschossen des Remters in entsprechender
Breite steht
2. der Kapitelsaal. Er hat seine ursprüngliche Bestimmung sehr bald zu
Gunsten des Rittersaales verloren, diente später als Bibliothek, bis 1823 als
Domarchiv, seit 1837 als Aufbewahrungsort eines grossen Teiles der Domsamm-
lung, besonders der Paramente. Freilich sind die Lichtverhältnisse des 40 m
langen und nur 8 V/j m breiten Saales ziemlich ungünstig. Während der vordere
östliche Teil durch fünf grosse Fenster erhellt wird, bekommt die andere über
18 m lange Hälfte ihr Licht nur durch ein einziges, wenn auch breites Fenster
auf der Westseite. Bei Elis p. 22 findet sich dessen Aussenansicht. Die Zeichnung
des eigentümlichen, etwas verwilderten aber schönen Masswerkes stimmt durch-
aus im Charakter mit derjenigen der Gewölberippen im Innern überein. Ferner
veranschaulicht die Elis'sche Abbildung, wie der Kapitalsaal mit Wegbrechung
eines Teiles des Remters (ein halbes Fenster, welches auf dem Bilde noch zu
256 Halberstadter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : ßaubeschreibang : übrige Räumlicbkeiten)
sehen, ist bei der Domrestaiiration leider beseitigt) bis zum Doraplatze durch-
geführt worden ist.
Die tJberbauung des unteren Bemtergeschosses machte notwendig, dass der
Fussboden des Saales dort um mehrere Stufen höher gelegt werden musste, was
eine Eintönigkeit des langen Raumes in erfreulicher, höchst malerischer Weise
verhindert. Auch in anderer Art ist die Architektur des Saales belebt durch
die stehen gelassenen Strebepfeiler des Kirchenschiffes, zwischen denen auf
solche Art sieben tiefe Nischen entstanden, begrenzt durch die hohen Travccn-
fenster des Langhauses. Sehr eigentümlich und ein Beweis ausgezeichneter
Fähigkeiten des Baumeisters ist das Gewölbe. Denn weil der Saal auf dem
Kreuzgange steht, dieser aber dort 6 Pfeiler hat, so mussten die Saalpfeiler auf
diese gestellt werden, wodurch 5 Fenster geboten waren. Der gegenüber
liegende Teil des Langhauses aber hat nur 4 Fenster. Die Verschmelzung
dieser ungleichen Verhältnisse durch die Qewölbeanlago ist staunenswert
gelungen und macht einen überaus reichen und harmonischen Eindruck.
Steinmetzzeichen im Kapitelsaale:
t
Xf^J^
Dem Eingange zum Kapitelsaale gegenüber kommt man durch eine kleine
Thür in
3. die Schatzkammer, den Aufenthaltsort der zur Domsammlung gehörigen
Pretiosen und anderer Kostbarkeiten. Sie ist ein mit Tonnengewölbe ein-
gedeckter schmaler und länglicher Raum, mit Fenstern, welche deutlich seine
Zugehörigkeit zur Bauperiode des Kreuzganges beweisen, auf welchem sie auch
in seiner Breite und in Länge von dreien seiner Gewölbejoche steht.
4. Der Kreuzgang. Er nimmt einen grossen Teil der Länge des Domes an
seiner Südseite ein, ist sieben Quadrate im Lichten des Hofes breit und elf
dergleichen lang. Die Korridorweiten sind verschieden. Die Anlehnung des
Kreuzganges an die Kirche ist wegen der etwas ungleichen Masse -keine durch-
aus rechtwinkelige. Jedes Quadrat des Kreuzganges öffnet sich mit einem
weiten, gedrückten Spitzbogen', der unter einer Blende drei Kleeblattbögen für
zwei schlanke circa 1,10 m hohe Säulchon nach dem Hofe hin einschliesst; sie
fehlen nur den zwei Spitzbögen unter der Überführung des südlichen Kreuz-
arms, sind aber durchweg neu. Alt sind nur die Kapitale und Basen, die sieh
an den Seiten der die Spitzbögen dragende Pfeiler befinden. Sie sind wegen
ihrer Schönheit und Mannigfaltigkeit von hohem Interesse. Die Abbildungen
geben eine Reihe von Proben. Zu bemerken ist die Feinheit, dass am Süd-
korridor, der sich also nach Norden, d. h. nach der Schattenseite öffnet, Blüten
und Knospenmotive ganz fehlen. — Der ganze Kreuzgang, ausgenommen die
Durchbruchstelle des südlichen Kreuzarms, ist mit Kreuzgewölben eingedeckt,
deren Schub früher auf die Aussenwände sichtlich gewirkt hat Jetzt ist der
Bau ruhig.
Halberslodt (der Dom: BanbewhreibDng : flbrige Räumlichkeiten)
Die ganze Architektur trägt den CLarakter dos westlichen Turmbaus und
ist mit diesem der ersten Bauperiode zuzurechnen. Die an den Kreuzgang
westlicli und Östlich stossciiden Gel)uude (Remter bczw. Domküsterwohnung) sind
zweistöckig, ragen also über ihn fort und stehen ausserdem mit dem Ober-
Strii Hallwnudl. IT
258 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : Baubeschreibung : übrige Bäamlichkeiten)
•
geschosse auf ihm; desgl. läuft über den Süd-Korridor eine gleich breite Galerie
hin, in welche nach Süden moderne, unharmonisch grosse Fenster eingebrochen
sind. Treppen führen am Ost- und Westrande auf den Domplatz. Die vor-
genannten Räume erhalten z. T. ihr licht durch Fenster, die nach dem Mittel-
raume des Kreuzganges (jetzt Garten des Domkiistos) gehen. Sie sind gekuppelt,
Avenig über ein Quadrat hoch und wechselweise dreieckig oder trapezförmig
über Kleeblattbögen überdeckt. Die Formen sind originell. Die Entstehungszeit
ist urkundlich nicht nachzuweisen , dürfte aber in die zweite Hälfte des 13. Jahr-
hunderts zu verlegen sein.* In dieselbe Zeit gehört auch
5. der Remter (Plan: R), ein einfacher, mit Holzdecke versehener Raum,
worüber ehemals ein hohes zweigeschossiges, jetzt ein niederes Dach. Zwei (vor
der Erbauung des Kapitelsaals drei) unter Spitzbogenblenden dreifach gekuppelte
gleich hohe Kleeblattbogenfenster sind auf die Westwand in schöner, ruhiger
Weise verteilt. Der Remter dient jetzt in vei-einzelten Fällen dem Domgymuasium
als Aula. Unter ihm befinden sich zwei Gewölbe unter einander, beide jetzt als
Vorratsräume an eine Weinhi^ndlung vermietet. Da der Kapitelsaai über sie
hingebaut ist, so haben sie noch ihre alte Längenerstreckung bis an die Pfeiler
' und die Wand des Domes. Das obere, eigentlich noch zu ebener Erde gelegene
Geschoss hat acht kleine spitzbogige Fenster nach Westen, eine Thür nach Süden,
zu der wegen des allmählich geschehenen Anwachsens des Terrains Stufen vom
Domplatze hinabf ühren,^ und zwei nach dem Kreuzgange. Der Raum ist zwei schiffig
und mit über Schalung gegossenen Kreuzgewölben eingedeckt, die auf romanischen
Bündelpfeilern (fast quadratisch f(),51 m : 0,55 m], an den Ecken vorgeschobene
Rundstäbe, die Basen mit einfachen Eckblättern) ruhen. — Unter dem Erd-
geschosse liegt das gleichgegliederte Kellergewölbe, von einfachen vierkantigen
Pfeilern getragen.
An den Kreuzgang stösst ferner und ist nur von ihm aus zugänglich:
6. Die Stephanskapelle an der Ostseite des Kreuzganges. Zu4hr gelangt
man sechs Stufen hinunter durch einen nicht zu ihr gehörigen Vorraum, der wesent-
lich grösseres Interesse bietet als sie. Es ist ein von Norden nach Süden ge-
streckter, zweischiffiger Raum , der durch eine rechts von der Treppe gelegene
Niveauvei-schiedenheit in zwei deutlich gesonderte Abteilungen zerlegt wird.
Offenbar haben zwei Bauperioden daran gearbeitet, diesen Raum zu schaffen.
(s. Baugesch.) Der südliche Teil ist sehlichter als der nördliche. Die Pfeiler,
welche sein gratiges Kreuzgewölbe tragen und durch Gurtbögen verbunden sind,
sind einfacher und etwas kürzer. Von ihnen existiert der zweite nur noch zur
Hälfte, weil er mit einem der späteren Pfeiler vereinigt ist. Die in dem nörd-
lichen Teile sind 1,86 ni hoch und zeigen elegantere Formen; der Grundriss ist
kreuzförmig; an den Kapitalen ist bei einem Pfeiler mit Glück das Schachbrett-
' Hier sei noch eine einzelne romanische Säule erwähnt, die im Kreuzgange an der Süd-
wand der Sakristei in einer kleinen Nische eingemauert ist. »Sie ist 1,16 m, die Basis (mit
Eckblättern) 0,30 m, das Kapital 0,36 m hoch. Letzteres weist mit seinen Blattformen auf
das 12. Jahrhundert. Die Säule wurde beim Restaurationsbau als Mauermaterial in dem
Füllwerke entdeckt und hier hingestellt, wo sie in keiner Art hinpasst.
* Diese Treppe (ehemals sog. Spendetreppe) geht geradeaus weiter hinab zu einer Spitz-
bogen thür, die sich früher in den Kreuzgang öffnete.
Domremter nach Elis.
Halberstadt (der Dom: Baubeschreibang: übrige Bäumlichkeiten — Fenster) 259
motiv verwendet Spuren von schwarzer und roter Bemalung finden sich an
vielen Stellen. Als irrig ist die Ansicht zu verwerfen, dass dieser Raum die
Krypta des alten 1179 eingeäscherten Doms sei. (s. Baugesch.) — Fünf noch
nachweisbare kleine Fenster liegen in der Ostwand, das letzte durch die Mauer
der Stephanskapelle geschlossen. — Während der Baum jetzt nur fünf Gewölbe-
quadrate lang ist, hatte er früher mindestens sieben. Die zwei letzten sind durch
eine Mauer abgetrennt und bilden zwei Räume. Der letzte Raum ist schmäler
geworden und hat dabei sein Gewölbe verloren. Beide Räume dienen zu Wirt-
schaftszwecken. Eine (moderne) Thür führt östlich ins Freie.
Die schlichte gotische Stephanskapelle, deren grosser Eingang auf der
Ostwand des Vorraumes liegt, ist eigentlich als ein mit einem Trapez ge-
schlossener Raum gedacht. Platzrücksichten aber erforderten, dass nördlich eine
gerade Wand gezogen wurde. Wahrscheinlich stand dort schon damals die
Ständestube (Plan: S. St.), deren Vernichtung, gleich der der meisten übrigen
Stiftsgebäude, erst unserem Jahrhundert vorbehalten war. Im Innern zeigt sich
die Kapelle als ein einfacher Raum mit Kreuzgewölbe vom und fünfteiligem
Gewölbe hinten, sowie mit vier Fenstern, von denen eins (nach Süden) Radform
hat. Gegenüber an der Westseite des Kreuzganges und in dessen Hof hinein liegt
7. die sog. Neustädter Kapelle. Ihre westliche Wand ist die des
Kreuzganges, dessen Bögen hier vermauert sind. Sie ist ein im halben Achteck
geschlossener länglicher Raum mit vom Kreuzgewölbe, hinten sechsteiligem Gewölbe
und von ziemlicher Einfachheit trotz ihrer späten Entstehung. Jede der sieben
Traveen hat ein Fenster. An der westlichen Wand oben befindet sich eine
Empore mit schöner Balusti-ade (Abbild. Zeitschr. f. bild. Kunst 1897, IV. p. 52). Ein
Treppentürmchen lehnt sich südwestlich an die Kapelle an. Es ist von aussen
zugänglich , war es aber früher durch eine jetzt vermauerte Thür im Kreuzgange,
rechts von der Kapellenthür.
Steinmetzzeichen :
5 -b. -(^ ^ \ ^ r- ^
Fenster des Domes:^ Mit Malereien von irgend welcher Bedeutung istnur
eine geringe Zahl der Fenster geschmückt.
a) Im nördlichen Seitenschiff sind die Fenster schmucklos, nur ihre
Couronnements zeigen Ornamente, z.T. auch Heilige.
b) Nördlicher Chorumgang: die Fenster sind von oben nach unten in
vier, von links nach rechts in 'fünf Streifen, im Ganzen also in zwanzig
Felder geteilt, wobei die zur Ausfüllung des Masswerkes in der Wölbung der
Spitzbögen benutzten Scheiben nicht mitgerechnet sind. Meine Numerierung der
einzelnen Felder beginnt links in der obersten Reihe und endet immer von
* Ihre Beschreibung erfolgt nach dem 1897 noch bestehenden Zustande, der zwar weniger
Bchmnckvoll, dafür aber geschichtlich wertvoller war als der jetzige.
17»
260 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baubeschreibang: Fenster)
links nach rechts schreitend in der rechten Ecke unten. Die fehlenden Nummern
bezeichnen moderne gemalte oder ungemalte Fenster.
1. Fenster vom Mittelschiff aus: I.Arche Noah. 6. Auflösung des Manna.
16. Jeremias (?). 17. Samuel salbt David. 18. „Spes". 19. Maria Magdalena (?).
2ü. Allegorie des „Ordo sacerdotalis^^ — Im Couronnement Gott Vater und zwei
Heilige.
2. Fenster: I.S.Mauritius. 2. S. Lauren tius. 3. Karl der Grosse (?).
4. S.Martin. 5. Heiliger mit Buch (Liudger?). 8. S. Stephanus mit Palme. 12.
S.Georg. 20. Gekrönter Heiliger. — Im Couronnement Gott Vater und zwei Engel.
3. Fenster: 4. „Sepelitur Maria a discipulis". — Couronnement gegenständlich
wie bei Nr. 2.
4. Fenster: I.Maria mit dem Gnadenmantel. 2. Margaretha und Dorothea.
5. Heimsuchung. 7. Zwei weibliche Heilige. 9. Moses am Berge Horeb (??).
11. Goldenes Kalb. 13. „Jerobeam Rex" beim Rauchopfer (1. Könige 13). 15.
Abner's Tötung. — Im Couronnement Ornamente, oben die Taube.
5. Fenster: 1. Kreuzigung. 2. Tod der Maria. 3. S. Dionysius wird ge-
kreuzigt 4. S. Dionysius „pendit in cruce." 5. Maria Reinigung. 6. Darbringung
der Maria. 7. Maria Darstellung. 8. Hochzeit von Cana. 9. „. . . odit Josephus
in columbam (?). 10. Marias Vermählung. 11. Christi Geburt. 12. Anbetung
der Könige. 13. Maria am Rahmen, mit goldenen Fäden webend. 14. „Annun-
ciatio''. 15. Heimsuchung. 16. Joseph nimmt Maria auf. 17. Joachim bei den
Hirten. 18. Joachim im Tempel. 19. Drei betende Frauen. 20. Geburt der
Maria. — Im Couronnement Madonna und 2 Heilige.
6. Fenster: Es hat nur vier horizontale, dabei aber sechs vertikale Streifen,
mithin vierundzwanzig Felder. Die Zählung erfolgt nach dem vorigen System.
1. Krönung Maria. 2. Christus als Weltrichter. 3. Ausgiessung des h. Geistes.
4. Himmelfahrt. 5. Christus als Gärtner. 6. Höllenfahrt. 7. Auferstehung. 8. Grab-
legung. 9. Ki'euzabnahme. 10. Kreuzigung. 11. Kreuztragung. 12. Geisselung.
13. Domenkrönung. 14.Eccehomo. 15. Gefangennahme. 16. Abendmahl. 17. Ein-
zug in Jerusalem. 18. Priesterweihe (?). 19. Die Weisen bei Herodes. 20. Der
12 jährige Jesus im Tempel. 22. Reliquienübertragung. 23. Desgleichen. 24. Wahl
des Matthias. — Im Couronnement Engel.
c. Südlicher Chorumgang. 1. Fenster neben der Marienkapelle. Ge-
stiftet von der Familie v. Hoym, deren Schutzpatron S.Johannes Evang. war;
enthält daher Darstellungen aus der Legende dieses Heiligen, welche im Ganzen
nur selten künstlerisch verwertet worden ist. Die vorherrschenden Farben waren
vor der neuerdings geschehenen Restauration braun und grün, letzteres, wiewohl
ziemlich unharmonisch und grell, doch von kräftiger Wirkung. Die Darstellungen
sind den Gegenständen nach z. T. von aussergewöhnlicher Seltenheit. Die Reihen-
folge, welche ich nach Massgabe des alten Zustandes gebe, ist jetzt verändert
Wie das sechste Fenster vorhin, hat auch dieses vierundzwanzigFelder. 1. Johannes
erwartet im Grabe schlummernd die Wiederkehr Christi : neben ihm noch ein
offenes Grab mit einem Toten darin. Figuren rechts und links. 2. Johannes vor einem
Altar (?) betend, Leute rechts und links. 3. Johannes an das kniende Volk die
Hostie verteilend. 4. Zwei Personen im Taufbecken von Johannes getauft 5.
Mehrere Mämier, darunter ein kleiner krüppelhafter neben mehreren kirchen-
Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung : Fenster) 261
artigen Gebäuden. Vorgang unklar. 6. Eeiterschar durch ein Thor ziehend. 7.
Johannes vor einem Tische, auf dem ein rätselhafter, mit Perlen (?) besetzter
Gegenstand. Links mehrere Personen, darunter eine mit grünem Mantel, grossem
Hut und Kragen. 8. Johannes predigt von hohem Sitze aus seinen Jüngern in
Ephesus. 9. Die Häscher teilen des Johannes Kleider unter sich. 10. Johannes
hält seine Hand über einen dunklen Gegenstand auf einem Tische. Links zwei
verehrende (?) Männer. Vorgang unklar. 11. Auf erweckung der Drusiana am
Thore von Ephesus.^ 12. Johannes auf Patmos schreibend. Oben schaut Jesus
(?) aus dem Himmel. 13. Johannes verwandelt die von zwei abtrünnigen Jüngern
gebrachten Holzstücke und Steine in Gold.* 14 Gefangennehmung des Johannes.
15. Zwei Männer überreichen dem Johannes innerhalb eines Zimmers einen ovalen
Gegenstand (Schüssel). Vorgang unklar. 16. Johannes im Ölkessel, zwei Knechte
übergiessen ihn. 17. Johannes am Stadtthore vom Volke verehrt , Leute schauen
betend aus den Häusern. 18. Die Kaiserin Galla Placidia empfängt vor Johannes
kniend dessen Sandale.^ 19. Zwei Männer überreichen dem Johannes einen
runden Gegenstand. Vorgang unklar. 20. König Eduard derBekenner empfängt
den ihm von Johannes zurückgesandten Ring.^ 21. Begegnung Joachims und
Annas. Gehört nicht hierher. 22. Die h. Anna sitzend, vor ihr Maria. Gehört
nicht hierher. 23. Johannes vor Eduard dem Bekenner. 24. Johannes vor einem
Götzenbilde den Teufel austreibend. Im Couronnement befindet sich ornamen-
tales Blumenwerk. Ganz oben Christus als Weltrichter in einem Vierpass. Da-
runter im Vierpass links der weissgekleidete Stifter mit Spruchband: miserere
mei de, dabei das Wappen derer v. Hoym; rechts neben einem knieenden
Eitter dasselbe Wappen und dieselbe Inschrift.
2. Fenster. Modem, gestiftet 1883 von dem dänischen Kammerherm
V. Oppen-Schilden zu Ehren des Domdekanten Matthias v. Oppen (f 1621). Mit
zwanzig Scenen aus Luthers Leben. Im Couronnement Ornamente. Ausgeführt
wurde es 1884 im kgl. Institut für Glasmalerei zu Charlottenburg nach Entwurf
von C. Elis.
3. Fenster. Gleichfalls modern; mit Darstellungen aus dem Leben des
h. Martinus. Im Couronnement die Dreieinigkeit. Die zwei nächsten Fenster
des südlichen Chorumganges sind fast ohne Schmuck, nur das vierte hat im
Couronnement Ornamente. Das letzte Fenster vor dem Querhause ist ganz neu;
es zeigt Scenen aus dem Leben des h. Paulus. Im Couronnement Jesus, Abraham
und Moses. Angefertigt im kgl. Institut zu Charlottenburg.
d. Marienkapelle. Ihre fünf Fenster sind schlank. Die drei inneren
sind in der Länge in elf, in der Breite in drei Felder geteilt. Die zwei
äusseren haben in der Länge dreizehn, in der Breite zwei Felder. Die vor-
herrschende Farbe ist Rot.
1. Fenster (nördlich): Von oben nach unten sind immer zweimal zwei
gegenüberliegende Felder mit Blattwerk gefüllt, während rechts und links das
dritte, sechste, neunte und zwölfte Feld einen Heiligen mit Spruchband zeigt.
^ Der Gegenstand ist auch ?on Giotto in der Penizzika])elle in St. Croce dargestellt.
' Auch in der Kathedrale zu Bourges.
' Auch über dem Portal von S. Giovanni Evang. zu Bavenna.
* Auch in den Beliefs der Westm inster- Abtei.
262 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Fenster)
2. Fenster. Die erste Reibe links hat im obersten Felde einen betenden
Engel, die übrigen zehn Felder darunter zeigen je einen Heiligen mit Buch und
Spruchband. Die mittlere Reihe zeigt oben Maria, unten einen Heiligen; die
neun Felder dazwischen sind mit je zwei Engeln gefüllt. Die Reihe rechts
beginnt oben mit einem thronenden Könige; die Felder darunter entsprechen
denen der linken Reihe. Im Gouronnement sieht man das Lamm Gottes.
3. Fenster: Die linke Reihe ist erfüllt Ton Heiligen mit verschiedenen
Attributen und Spruchbändern. Die Mittelreihe zeigt Scenen aus dem Leben
Jesu, nämlich von unten nach oben: Verkündigung, Geburt, Anbetung der
Könige, Flucht nach Ägypten, zwölfjährige Jesus im Tempel, Taufe, Qefangen-
nehmung, Geisselung, Kreuztragung, Kreuzigung, Auferstehung. Die rechte
Reihe entspricht der linken.
4. Fenster: Es ist unlängst ohne besonderes Glück restauriert
Die linke und rechte Reihe zeigen u. a. die Figuren der klugen und
thörichten Jungfrauen, dazwischen biblische Scenen. Ln Einzelnen ist die Reihen-
folge von unten nach oben so: linke Reihe: Ornamente, Gottes Bund mit Noah
nach der Sündflut, die Ecclesia, Joseph findet seine Brüder, kluge Jungfrau,
Durchzug der Juden durchs rote Meer, kluge Jungfrau, Jonas schwimmend {?)^
kluge Jungfrau, Daniel in der Löwengrube, kluge Jungfrau. — Mittelreihe:
Ornamente, Noah nach der Sündflut, Opfer Isaaks, Moses sieht Gott im feurigen
Busch, Simson mit dem Löwen, Salomo (?) thronend, David (?), hinter ihm
Jerusalem, eine Konsole mit zwei Engeln, welche die über die nächsten zwei
Felder gehende, stehende Madonna trägt, Ornamente. — Rechte Reihe : Ornamente,
Sintflut, die Synagoge, Lots Frau wird zur Salzsäule, thörichte Jungfrau, Pharao
ertrinkt, thörichte Jungfrau, Saul stürzt sich ins Schwert, thörichte Jungfrau,
Blendung des Zedekia, thörichte Jungfrau. —
5. Fenster, Seine Anlage entspricht genau der des ersten. —
e) Obere Fenster des Chors. Von oben nach unten in drei, von links
nach rechts in siebzehn Streifen geteilt.
1. Fenster (links): Darstellungen aus den Legenden des hh. Sixtus,
Stephanus und Johannis des Täufers.
2. Fenster (Mitte): zeigt eine grosse Kreuzigungsgruppe, darunter drei
Heilige mit Spruchbändern, oben Ornamente.
3. Fenster (rechts): mit nicht genügend verständlichen legendarischen
Darstellungen.
f) Im Querschiff. 1. nördliches: vier stehende Heilige, daneben und da-
runter 8 Wappen; im Gouronnement Engel und Ornamente.
2. südliches : unten die Apostel mit einander lesend ; darüber dieselben ver-
sammelt nach der Himmelfahrt der Jungfrau; darüber diese selbst mit Johannes
dem Täufer vor Gott und Christus kniend, die ganze Scene umgeben von einem
Wolkenkranz (dieser Teil ist modern und wegen seiner gelben Farbe von un-
günstiger Wirkung); im Gouronnement Engel; rings um das ganze sechsund-
zwanzig moderne Wappen. Das Fenster zeichnet sich durch seine gewaltige
Grösse aus, unter den Farben aber herrscht ein stumpfes Weiss vor, wodurch
die Wirkung im Ganzen kalt bleibt.
üalberstadt (der Dom: bildnerischer Schmuck) 263
g) Im südlichen Seitenschiff finden sich an den Fenstern hin und
wieder Wappen ehemaliger Chorherren, nur in schwarz und weiss ausgeführt.
Gitter.
1. Um Senecas Grabmal, Schmiedeeisen, 15. Jahrhundert.
2. und 3. Zwei Gitter vor den beiden Nischen in der Marienkapelle ; beide
mit dem v. Marenholz'schen Wappen. 1,43m bezw. 1,19 m hoch, 16. Jalirhundert.
4. Ein gothisches Gitter vor derselben Kapelle, 2,78 m hoch.
5. Vor der Stephanskapelle.
'Sakramentsniscben giebt es zwei nebst einer Piscina im südöstlichen
Turm (Ostwand), zehn an und neben den Altären des Chorumgangos und der
jtfarienkapelle , mit dem Chor gleichaltrig, eine oben im Kielbogen geschlossen,
datiert 1512 an der Ostwand des Nordwestturms unter dem S. Stephanus.
Bildnischer Schmuck des Gebäudes
I. Skulpturen a. An der Aussenseite. über die Skulpturen des
Westportals vgl. die Baubeschreibung.
An der Nordseite stehen unter den Baldachinen der drei ersten Strebepfeiler
Karl d. Gr. sowie zwei weibliche Heilige. Die auf Säulchen ruhenden Konsolen des
spätem Baus endigen z.T. in menschlichen Halbfiguren. Besonders reich ist der
Skulptarenschmuck des nördlichen Portals. In seinem Gewände sieht man in der
äussern Hohlkehle zehn, in der Innern acht sitzende Heilige mit Spruchbändern, die
Konsolen werden von musicierenden Engeln getragen. Im Tympanon befindet
sich die figurenreiche Darstellung des Todes der Maria in Hochrelief, stark be-
schädigt und vielfach ergänzt Rechts und links von dem Portal sind zwei oben
rundbogig geschlossene stark beschädigte Hochreliefs eingelassen. Das links stellt
die Steinigung des Stephanus dar, eine 1. stehende bärtige Figur ist durch Spruch-
band als Saulus bezeichnet. Unten die Schrift:
dne ne statuas illis h*^ pecca [hoc peccatum]
Ein Spruchband unterhalb des Stephanus besagt fiat tibi sicut petis. Das Relief
rechts zeigt ein Haus auf einem Felsen, darunter die symbolische Mühle, davor
einen knienden Beter, neben welchem ein anderer Mann steht; Gott Vater mit
Spruchband schaut aus dem Himmel. Unterschrift beat Sixt dixit ego sacrifico
deo hostiam puram. Der Charakter der Schrift wie der Skulpturen weist diese
ins 15. Jahrh.^ Über dem Portal erhebt sich ein grosses Kruzifix, r. u. 1. zwei leere
Konsolen. Übrigens fehlt dem Domo aller sonstiger äusserer Skulpturenschmück,
nur am südl. Giebel sieht man ganz oben eine bemalte Figur des h. Stephanus,
weiter unten zu den Seiten des Fensters zwei Wappen.
b. Im Innern. Im Nordwestturme ist oben am Ende des Mittelpfostens
der Wendeltreppe eine verstümmelte kleine Gauklerfigur, welche die eigenen
4
Beine erfasst hat und den Oberleib hindurchbiegt. Die Beziehung der Figur ist
unbekannt. An den Dompfeilern sind Statuen in etwa •'^/^ Lebensgrösse angebracht,
auf Konsolen stehend und mit kleinen Baldachinen überdacht^ nämlich von Westen
her, 1. nördlich: Laurentius (18. Jahrh. aus Holz); Luther; Bischof Konrad;
Bonifatius; St. Martin (alle modern); Madonna aus Sandstein, bemalt, da,s Kind
^ Vgl. Scheffer, p. 3 nebst Abbild. 1—3.
264 Halberstädter Siadtkreis: Halberstadt (der Dom: bildnerischer Schmuck)
mit einer Taube auf dem Arm haltend (15. Jahrb.); Mauritius mit einer modernen
Fahne in der Hand,, auf dem Schilde der Doppeladler und die Worte: Gloriosa
Thebeorum Martyrum Certamina. An der Konsole steht: Beatus Mauritius
hac oratione legionem sanctam alloquitur: Gratulor virtuti vestrae quod
nullam vobis intulit Caesaris praeceptum formidinem vester benedictus Deus
et Pater Domini nostri Jesu Christi qui tantam vobis animi contulit con-
stantiam. MoV^^XIII. Sebastianus nobiUs de Ploto. Am nächsten Pfeiler
S. Sebastian (1510); am letzten S. Georg in prächtiger Rüstung. — 2. südlich:
S. Stephanus (18. Jahrb. aus Holz); Melanchthon (gleich Luther von Schwarz in
Dresden); Bischof Bucco. Hildegriml; Augustinus; [am nächsten Pfeiler die
Kanzel] ; S. Johannis (alle modern, letzterer als Ersatz für den schönen Johannes
des 16. Jahrb., welcher jetzt verstümmelt in der Stephanskapelle steht); S. Erasmus
(1509); S. Hieronymus (undatiert, Ende 15. Jahrb.).
Im Querhause. Im nördl. Kreuzarm die süsslichen modernen Figuren
Adams und Evas, die eine thörichte Prüderie an Stelle zweier mittelalterlichen
Figuren (13. Jahrb.) setzte, welche in die Stephanskapelle verbannt wurden (Fig. 90) ;
femer eine Madonna (16 Jahrb.). Im südlichen Kreuzarme an dem die Empore
tragenden Pfeiler, der oben in den mit einer Fiale geschmückten Balchachin
übergeht, Karl d. Grosse (Ende 15. Jahrh.'s) mit dem knienden Sifter Siegfried
v. Hoym; an den Pfeilern rechts und links Bischof Ernst II, bezw. Heinrich
Julius (beide modern).
Am Lettner sind die Figuren nicht derart vollendet wie das Ornamentwerk.
Die halblebensgrossen etwas unbeholfenen Gestalten sind eben nicht zu selbst-
ständiger Existenz bestimmt. Es sind folgende : S. Barbara, Stephanus, sein Kom-
patron Sixtus, die Madonna, die hb. Kosmas und Damian. Unter Letzterem das
Zeichen
.An den Pfeilern des Chors setzt sich der Statuenschmuck fort, mit welchem
man auf der Grenze des 14. und 15. Jahrh.'s den Dom auszustatten begann. Es
finden sich dort S. Laurentius, S.Barbara, die zwölf Apostel (Petrus als Papst go-
kleidet), S. Stephanus und Sixtus. Eine von diesen Figuren ist datiert von 1422
Die Werke sind von schöner Technik, besonders was die Gewänder betrifft
Im nördl. Chorumgange sieht man über der Chorthür eine Madonna, über
der Thür, im südl. die Krönung Maria. Über einer andern Thür daselbst ein
kleines, bemaltes Steinrelief (Tympanon), die heilige Nacht darstellend.
In der Marienkapelle stehen an den Pfeilern 4 Figuren, zusammen die
Anbetung der Könige bedeutend; ausserdem 2 andere Heilige.
Im Kreuzgange: einEelief, einen liegenden Löwen darstellend, 13. Jahrb.;
— eine Kreuzigungsgruppe, Sandstein polycbromiert, 16 Jahrb., mit den knienden
Figuren des Stifters (genannt F. v. H, d. h. Friedrich v. Hoym, derselbe, dessen
Epitaphium sich in der Liebfrauenkirche befindet) und seiner Gemahlin; — eine
grosso Bewein ung des Leichnams Christi mit vier lebensgrossen Figuren, Sandstein,
16. Jahrb. — eine Reihe von dreizehn Doraherrnwappen, Sandstein, 16. Jahrb. ; —
polychrom ierte kleine Madonna, U.Jahrii.
In der Stephanuskapelle am Kreuzgange finden sich viele Keste von
Skulpturen u.dergl., das meiste ohne besondere Bedeutung; wichtig sind nur die
Halberstadt (der Dom: bildnerischer Schmuck)
Torsi TonAdam und Eva (13. Jahrb.); eine früher in der (abgebrochenen) Nicolai-
kapelle befindlich gewesene Madonna, ein Werk der schönsten deutschen Plastik
des 13. Jahrh., (Fig. 91); der oben erwähnte Johannes d. T. (16. Jahrh.) ii. s. w.
Fig. 90.
II. Malereien giebt es im und am Dome nur wonige. In der Nische der
alten Thür im südlichen Cliorumgange ist ein halbverlöselitcs Ocmähle, anscheinend
aus zwei verschiedenen Hciligenlegenden, wovon eine die der h. Agatha zu sein
scheint Zu unfcrschoiden sind noch mehrere grün gekleidete weibliche Figuren
und Engel, ausserdem einige unleserliche Spruchbänder. 14.JalirlL
266 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: bildnerischer Schmuck — Glocken)
Die Chorschranken waren ehemals von aussen mit auf Holz gemalten
Bildern geschmückt, deren Form in die Mauerblenden hineinpasste, und die
deshalb länglich, oben kleeblattartig endend waren. Nur zwei existieren
noch, ein Johannes in rotem Gewände und ein unkenntlicher grün gekleideter
Heiliger.
Die Flügel der Thüren des Chors im nördl. und südl. Umgange waren be-
malt, die nördl. beiderseits, die südl. nur aussen. Sie befinden sich jetzt im
Kapitelsaale, während neue Thüren an ihre Stelle getreten sind. Diese tragen
beiderseits Malereien, von denen drei den alten nachgeahmt sind. Das südl.
innere Bild (Anbetung der Könige) ist neu dazu erfunden. Jeder Thürflügel ist
2^2 m h., 0,63 m br., oben an der Seite der Thürleibung abgeschrägt, um in
den Spitzbogen zu passen; alle vier haben oben eine kleine vergitterte Fenster-
öffnung. Von den alten Thüren zeigt die nördl. links einen stehenden Engel
mit Spruchband: o rex sancte carole mundi triumphator; gegenüber rechts
Karl der Grosse stehend als bärtiger Mann mit einem Buch in der Rechten, das
Scepter in der Linken; oben 1. und r. die Halbfiguren zweier miteinander redender,
bärtiger Männer mit grauen Gewändern und Hüten. Innen die Verkündigung
(1. der Engel, r. Maria, neben der ein Krug mit Lilien steht; beide Figuren mit
unbeschriebenen Spruchbändern). Oben 1. Gott Vater, r. ein schwebender Engel
mit Spruchband: SPS. SCS. SUP. VEJT. MRE. — Die südl. alte Thür hat
aussen die Figuren 1. des h. Stephanus, r. des h. Sixtus, beide stehend und gegen-
einander gewendet. Oben 1. und r. je ein schwebender Engel mit Spruchband,
worauf der Name der darunter befindlichen Figur. Die innere Seite ist unbemalt
Die Farbe der Gewänder ist vorwiegend ein grünliches Grau, der Grund dunkel-
rot in schöner, satter Tönung, welche bei der Nachbildung besonders misslungen
ist. Die Malereien sind nicht auf das Holz gemalt, sondern mit Harzfarben auf
darüber geklebtes, mit starkem Kreidegrund bedecktes Pergament. Die Thüren
sind beseitigt, weil sie durch unnütze Hände fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt
waren.
Auch der Kreuzgang zeigte ehemals ähnlichen Schmuck, der leider ganz
vernichtet ist (Elis p. 27). Es waren Scenen aus der Bibel. Zwei grössere Wand-
gemälde im westiichen Corridor sind leider bis zur Unkenntiichkeit zerkratzt Im
Tyrapanon der zum Erdgeschosse des Remtei-s führenden Thür sieht man zwei
Engel Interessant ist die Nachricht, dass unter den Malereien des Kreuzganges
sich auch das Martyrium des h. Thomas v. Canterbury befunden habe. Gerade
in Halb, hatte dieser sonst bei uns seltene Heilige eine Stätte gefunden, so u. a.
auch in der ihm geweihten Kapelle, welche zur Liebfr.-Kirche gehörte.
Glocken. Auf den Türmen des Doms befinden sich im ganzen zwölf
Glocken.
L Die grösste, Donna genannt, hängt im südl. Turm. Sie hat 2,35 m Durch-
messer und ist umgegossen, weil die vorige einen unreinen Klang hatte'. Ihre
Vorgängerin, gleichfalls ein Umguss, wurde 1860 durch Engelcke in Halb, aus
dem Metall derjenigen angefertigt, welche 1840 beim Läuten nach dem Tode
Friedrich Wilhelms IIL zersprang. Die jetzige stammt aus der Werkstatt des
Stückgiessers J. (t. Grosse in Dresden , trägt die Fabriknummer 825 und hat den
Halberstadt (der Dom : Glocken)
Ton Fis. Sie trägt die-
selben Insciirifton und
Bilder, wie die 1457 resp.
I»5ß0 gegossenen Vor-
gängerinnen, nämlich die
Verse
Christi cultores voco
feslos promo canorcs
et tentatorcs abigo
tonitruque fragores.
An der einen Seite be-
findet sicli die Ki-eii-
zigungsgrappe mit der
Jahreszahl 1457 und der
Schrift orate pro me
Bertramo (Bertram v,
Hoym , Stifter der Glok-
ke), darunter das von
Hoym'sche "Wappen; an
der andern Seite der h.
Stephanus, darunter das
"Wappen des Bischofs
Burchard v. Warberg.
[Der Name der Donna
ist schon viel älter, schon
die 1195 von Bischof
Gardolf gestiftete trug
denselben Namen. Für
ihre Bedienung sind
■wiederholt Spenden be-
willigt worden. Durcli
Blitzschlag wurde sie am
5. Dezember 1454 zer-
stört; die jetzige Donna
ist also eigentlich die 4.J
2. Die nächstgrösstc
Glocke hat einen Durch-
messer von 1,82 m und
den Namen Osanna. Die
Umschrift (in gothischen
Minuskeln) lautet:
Fig, 91,
MC quadrata L quatuor I sociata
Johannis Floris octobris me facit horis
Osannam fatam soc>am Dünne sociatam.
268 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Glocken)
Sie ist mithin von Johannes Blume (s. u.) 1454 gegossen. An den Seiten ist das
Bild des h. Stephanus und auf beiden Seiten je einmal das Wappen des Bischofs
Burchard v. Warberg.
[Urkundl. wird berichtet, dass sie von einem Teile vom Ablassgelde des
Jubeljahres bezahlt wurde, auch von den freiwilligen Beiträgen, welche die Bürger
in den Opferstock thaten. 1458 erhielt sie eine kleine Stiftung, dafür, dass sie
an den Festen des h. Ambrosius und Servatius geläutet wurde.]
Auf diese folgen 2 Glocken, gleich der Osanna auf dem nördl. Turme hängend,
welche im Jahre 1514 von dem berühmten Hinrick v. Kampen gegossen sind:
3. Die 1,25 m weite hat in Minuskeln die zweizeilige obere Umschrift:
Laurentii in merita nunc canto melodia dulci qua volitant
ad templum divi Steffani anno domini 15x4.
Sancte Laurenti, bidde vor uns, her Johann von Marnholte
Domdeken. Sancte Steffane, bidde vor uns, her
Baltazar Nuestadt Dompravest.
4. Die 1,07 m weite hat eine ähnliche zweizeilige Umschrift:
Mariae mihi nomen quae Magdalena vocatur. Meritam divi
Sixti ostendit hie in campana. anno domini 1514.
Hinrick von Kampen.
S. Sixte bidde vor uns, her Johann von Marenholte domdeken.
S. Maria Magdalena bidde vor uns« her
baltatzar Nyenstadt, dompravest.
Auf beiden Glocken sind die ganzen Figuren der angerufenen Heiligen und
darunter die Wappen der beiden Stifter.
. 5. Durchmesser 0,77 m, mit Umschrift oben in gothischen Majuskeln Ave
Maria Gracia Plena.
6. Durchmesser 0,70 m, oben in rückläufiger Schrift (goth. Majuskebi) Ave.
Maria. Gra. Wie die vorige aus dem 13. Jahrh.
7. Durchm. 0,64 m. Keine Inschrift. Von altertümlicher, langgestreckter
Form.
8. Durchm. 0,56 m. Umschrift oben Ave Maria Gracia. Ausführung und
Alter wie No. 5 und 6.
9. Durchm. 0,40 m. Ohne Schrift, langgestreckt und sehr alt.
Die letztgenannten fünf hängen im Mittelbau zwischen den beiden Türmen,
Sie führten ehemals (vielleicht noch jetzt) im Volksmunde Spitznamen: Sauer-
kohl, Bratwurst, Langhals, Lämmchen, Stimpimp, (auch Stinkstank). Die beiden
letzten werden jetzt nicht mehr geläutet.
10. Ein kleines Glöckchen 0,40 m weit, Adämchen genannt (weil es bei der
Austreibung des Adam geläutet wurde) hängt im Dachreiter der Vierung. Es
hat keine Inschrift, scheint aber nicht so alt zu sein wie N. 7 und 9. (H.-Z. IX, 289.)
11. und 12. Auf dem südl. Turme hängen zwei für ihre geringe Höhe auf-
fallend breite Glocken, eine grosse und eine kleine zum Anschlagen der Viertel-
Halberstadt (der Dom: Altare) 269
und ganzen Stunden, beide gegossen 1845 von C. H. Qettwerth in Halb, aus dem
Metalle einer gesprungenen von 1470. Ihre Weite kann wegen Unzugänglichkeit
nicht gemessen werden. [Die alte Glocke hatte folgende Inschrift:
Annos post mille X pariter LX que quater C
me fecit Hans Blome
hie pendeo to dem Dome.
non campanari nee eampana voeitari,
sed debeo horas per me diseutere eunetas.
Diese Glocke war also gleichfalls Stundenglocke und 1470 von Hans Blume ge-
gossen. (H.-Z. VI, 509.)
Ausserdem werden in älterer Zeit erwähnt eine Glocke über dem Sanctua-
rium 1227; die Ave Maria-Glocke 1365, 1454; eine neue Seiger-Glocke 1607.J
Altäre: [Urkundlich erwähnt sind folgende : dem 4. undö.Dom angehörige:
1. St Stephan, Hochaltar, altare majus, prineipale, zuerst erwähnt 1023,
später wiederholt erneuert, der am 3. August 1491 vom Bischof Enist geweihte
barg Reliquien, deren Einwickelung, ein orientalisches Gewebe, 1864 gefunden
wurde, (s. u. „Gewebe'' Domsch: No. 318.)
2. Heilig-Kreuzaltar 1193. Standort? Dort wurde 1458 vom Vicar
Johann Mestorp eine zweite Vicarie zu Ehren des Leibes und Blutes Christi
gestiftet.
3. Neuer Altar unter dem Turme, von Bischof Konrad geweiht
18. Oktober 1208.
4. Marienaltar, gegenüber dem Hochaltar am andern Endo des Kirchen-
schiffes 1214.
5. St. Sixtus, im Westchor, vor 1228, wo auch seine Beleuchtung erwähnt
wird. Die Vicarie S. Sixti 1449.
6. Marienaltar, in der Krypta, zuerst 1234; einen Marienaltar bekam schon
974 der 2. Dom.
7. St. Jakobi, 1235, Standort? Hatte damals dieselbe Vicarie mit dem
8. St Euphemiaaltar, der vom Kanon. Osto gestiftet war. Standort?
9. St Johannis-Bapt, 1247. Standort?
10. St Moritz. Bekam 1252 einen Ablass. Standort?
11. St Georg, in der Krypta 1262, gestiftet vom Domherrn Wedekind.
Bekam 1436 eine zweite Vicarie.
12. St Sylvestri. Vicarie erwähnt 1294. Standort?
13. St Katharina, um 1305. Steht noch jetzt an der ersten nordwestlichen
Travee, früher unter einer seitdem verschwundenen hölzernen Kapelle. 1317
hatte er mit dem Johannis-Evang. Altar einen gemeinsamen Altaristen.
14. St Johannis-Evang., 1317. Standort vielleicht an der Stelle des
Altars, durch den er ersetzt wurde.
15. Der heiligen Engel. Stand vor 1317 unterm Patronat des Dom-
dechans, seitdem unter dem des Archidiakonus von Eisleben. Standort?
16. 11000 Jungfrauen, 1324. Standort?
17. St Ludgeri, 1324, in der Ludgerskapelle, später nach deren Abbruch
anderwärts im Dome.
270 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Born : Altäre)
18. St. Dionysii, 1325. Standort? Bekam 1369 durch Testament des
Vikars Thomas v. Schirstedt eine zweite Vicarie.
19. St. Thomae. 1329 wurde die Vicarie gestiftet durch Testament des
Vikars Albrecht v. Northeini. Standort?
20. St. Mariae-Magdalenae, 1333. Standort? Gestiftet von Bischof
Gardolf Ende 12. Jahrh.'s.
21. St. Peter und Paul, 1334 gestiftet von Nikolaus v. Orsleben; Pa-
tronat der Domkellnerei ; gegenüber der sogenannten Totenthür, die nach dem
Kreuzgange führte, „jegen der portenfruwen angesichte over.'' Daselbst ein
Benefizium gestiftet vom Vikar Heinrich Bodeker; der Besitzer des Lohns war
verpflichtet vor dem Altar eine ewige Lampe zu Ehren des h. Leichnams zu
unterhalten. Kommission der hh. Anna, Jakobus d. Ä. und St, Thomas. Ge-
stiftet 1507 von Lukas Schickman.
22. Philipp US und Jakobus. Die Vicarie stiftete 1334 Graf Barchard
V. Falkenstein. Patronat der Domkellnerei. Standort?
23. St. Karoli, 1337 wurde eine solche Vicarie, gestiftet vom Domherrn
Dietrich v. Freckleben, bestätigt. Der Altar ist auch 13130 erwähnt. Anscheinend
ein neuer sollte errichtet werden 1475 (Juni) ,,supra novam capellam in parte
australi circa et supra ambitum.'* Daselbst auch eine Kommission St Antonii
beschlossen.
24. St. Godehardi, gestiftet 1339 von Heinrich v. Hakensted t, bestätigt
1352. Standort?
25. St. Martini, in der Krypta 1343.
26. St. Cyriaci und Valentini, gestiftet durch Testament des Domherrn
Gumprecht von Wanzleben 1375.
27. St. Godehardi, Bervardi u. Sebastiani, erbaut 1375. Standort?
28. St. Jakobi d. Ä. und Livini, 1387 gestiftet von Bischof Albrecht.
Standort?
29. St. Matthiae und Eucharii. Standort? 1388 wurde die Vicarie
gestiftet durch Testament des Vikars Edeler v. Hildensen.
30. St. Erasmi, 1426, in der Kapelle im Kreuzgange.
31. St. Blasii, Johannis-Evang., Katharinae, Stephani und aller
Heiligen, wird 1456 gestiftet vom Probst Ludolf Quirre an der oberen Säule
vor dem Chor nach Süden, mit 100 Mark und 100 rh. Gulden, so\vie mit einem
Hause. Jeder der beiden Vikare hatte seine Alturgeräte für sich.
32. St. Petri und
33. St. Bartholomäi, beide vor 1458, bei letzterem die Vicarie St Materni.
Zw^ischen ihnen wurde gestiftet
34. ein Altar 1458 durch einen Heinrich Hume und seine Frau. Am
4. Pfeiler des Kirchenschiffs.
35. S-t. Laurentii vor Dezember 1461.
36. Aller Heiligen, existierte schon vor dem Dezember 1478. Damals
erhielt er seine Bestimmung und Mag. Joh. Eggerdes stiftete eine Kommission
U. L. Fr. und aller Heilgcn.
37. 11000 Jungfrauen und St. Moritz, gestiftet kurz vor dem 17. August
1480 „under dem crussewerke benedden an der kerkdore in dat norden.''
i
Halberstadt (der Dom: Altäre) 271
Er diente als Ersatz des 11000 Jungfrauenaltars (No. 16) und des Moritzaltars
(No. 10). Zwei Kommissionen für ihn, 1. h. Ursula und 11000 Jungfrauen,
2. St. Moritz stiftete 1482 der Vikar Konrad Eddeier.
38. St. Nikolai vor 1484. Dort waren damals zwei Kommissionen gestiftet
durch Testament des Domprobstes Heinrich Gerwyn. 1. Petri und Pauli, 2. Kosmae
und Damiani. Zwischen dem St. Godehardi-Altar und dem Laurentii-Altar stand
an einem Pfeiler
39. Der Altar der 10000 Ritter und vier grossen Kirchenlehrer.
1505 wurde dort durch einen Bethmann Swider eine Kommission St. Andreae
gestiftet.
Bei diesen Altären gab es folgende Vicarien, deren Zugehörigkeit zweifel-
haft ist:^ Neue Vicarie 1269; eine Vicarie gestiftet vom Domherrn Konrad
V. Winnigstedt 1336, Patronat der Domkellnerei; St. Johannis-Evang. 1441; St.
Laurentii 1460; St. Godehardi, Roratae und Livini 1461; Corporis Christi 1465;
St Urban 1466: St. Katharinae 1537; » St. Jakobi zweiter Gründung 1607.
Kommissionen, welche nicht unterzubringen sind, waren: St. ürbani,
Antonii, Erasmi, (alle drei 1484); Andreae (1505) vom Stifter beschenkt mit Kelch,
Pacificale, Kasein, Alben und Missale.]
Gegenwärtig vorhanden sind 13; von ihnen stehen 9 unbenutzt Im Ge-
brauche sind :
1. Der Altar, im Chor (beim Abendmahl); 2. der in der Marienkapelle (zur
Taufe); 3. ein romanischer Altar in der Sakristei. Ausserdem dient für den ge-
wöhnlichen Gottesdienst der moderne, sog. liturgische Altar, aus Kalkstein. Unten
ist er mit den Figuren dreier Apostel und zweier Engel bemalt Er trägt
ein 1,87m hohes Kruzifix (15. Jahrb.). — Die unbenutzten Altäre sind: 1. der
Katharinen-Altar (s.o. Nr. 13); 2. 3. 4. 5. Vier Altäre im nördlichen Chorumgange
an der Wand unter den Fenstern innerhalb der dort befindlichen Bogennischen.
Auch in der neben der Kleeblattthür muss ehemals einer gestanden haben, desgl.
vielleicht wenigstens zeitweise einer an dieser selbst, wie die Sakramentsnischen
an beiden Stellen anzudeuten scheinen. 6. Einer in der Nische der Travee süd-
lich von der Marienkapelle. 7. An der Chorwand am Ende des südlichen , Um-
ganges. 8. In der Stephanskapelle. 9. In der Neustädter Kapelle,
Altargeräte, Reliquiarien und andere Gegenstände der Fein-
schmiedekunst [Schon der älteste Dom war reich an Reliquien und damit
natürlich an deren Behältern. Die GEH p. 88 zählen eine gewaltige Menge solcher
Reste auf, offenbar indem sie aus alten Katalogen abgeschrieben haben. Bischof
Arnulf stiftete für den Hochaltar eine Tafel von purem Golde und Edelsteinen, ein
goldenes Weihrauchgef äss , eine ebensolche Weihrauchbüchse, einen grossen
goldenen Kelch mit Patene u. a. m. GEH p. 90. — Gegen 1150 schenkte ein
Domherr Martin einen Schrein mit vielen Reliquien, mit Silber und Gold ge-
* Ein vollständiges Verzeichnis der Vicarien am Anfange des 18. Jahrh. giebt v.
Mülveretedt, H.-Z. 1871, 408.
* Die Kurie des Vikars ist noch erhalten und liegt am Düsterngraben No. 12, sie tragt
die Inschrift: Hec domus spectans ad vicariam diue Catharine in ecclia halberstaden. Per
Valentinum Rynner funditus extnicta est. Anno 1537. Vergl. auch „Profanbauten.*'
272 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Altargeräte, Beliqularien u. s. w.)
schmückt und einen goldenen Abendmahlskelch. Auch von Bischof Rudolf hören
wir, dass er den Dom mit vielerlei Kostbarkeiten beschenkte. Als später (1205)
Bischof Konrad von Byzanz zurückkehrte, brachte auch er eine grosse Menge
von wertvollen Geschenken mit. Die Kenntnis davon ist uns durch eineürkimde
von 1208 überliefert. Es werden dort aufgezählt: 1. eine grosse Kreuzpartikel
auf einer silbernen Tafel; 2. der Schädelknochen des h. Stephan, veraiert mit
Gold, Silber und Edelsteinen; 3. das Haupt des h. Jakobus des Jüngeren in
ähnlicher Ausstattung : 4. das Schienbein des h. Petrus; 5. desgl. des h. Barnabas;
6. desgl. des h. Mattliäus, alle drei in silbernen Behältern; 7. ein grosses, silbernes
Reliquiar (capsa) mit unzählbaren Reliquien; 8. ein Arm der h. Euphemia, mit
Gold, Silber und Edelsteinen verziert; 9. silbernes Ciborium mit Gold und Edel-
steinen, in welchem ein Schädelknoohen des h. Stephan geborgen war; 10. schöne
(nobiles) Ölflaschen; 11. eine desgl. zum Gebrauch am Ostersonnabend; 12. ein
herrliches Antependium von Sammet in verschiedenen Farben für den Hochaltar;
13. eine Decke (palla) für einen Altar, mit Goldfäden gewirkt und mit Edel-
steinen besetzt, samt einem Überhang (cortina), auf dem ein Salvatorbild mit
Gold, Silber und Edelsteinen geschmückt, eingewirkt war; 14. drei andere Decken,
eine für Werktag, eine für Sonntag, eine für die Apostelfeste; 15. eine desgl.
mit Gold durchwirkt für den h. Kreuzaltar; 16. drei Kaisertücher (imperialis),
purpurn; 17. eine desgl für den Predigtstuhl; 18. vier Vorhänge im Chore zu
benutzen; 19. ein Ciborium; 20. zwei Korporaltücher mit ihren Behältern;
21. zwei kleinere und zwei grössere Fahnen mit Gold durchwirkt; 22. eine vor-
treffliche seidene Alba; 23. drei Chormäntel; 24. ein griechisches Rauchfass;
25. eine grosse silberne Schüssel (scutella) zum Umhertragen des Kelches.
Die GEH p. 120 geben die Eeliquien, welche Bischof Konrad mitbrachte, in
viel grösserer Zahl an, ob ohne Irrtum, ist zweifelhaft. Über die zugehörigen
Behälter und sonstigen Gegenstände dagegen schweigen sie. Der Ankimftstag
der Reliquien (16. August) blieb bis in späte Zeiten ein hoher Feiertag. Andere
Reliquien kamen 1225 aus dem Kloster Sichem, in welches Bischof Konrad über-
getreten war, in den Dom. Wenn ich im Obigen alle, auch nicht in dies Kapitel
gehörigen, Gegenstände jener grossen Schenkung 1205 genannt habe, so geschah
es, um spätere Wiederholungen zu vermeiden. Im übrigen sind urkundliche Er-
wähnungen solcher Kostbarkeiten selten. Ein Kelch (1227), ein silbernes, ver-
goldetes Bild des heiligen Matthäus (1435 ; s. H.— Z. 1886). 1482 schenkte der
Vikar Konrad Eddeier einen silbernen Kelch mit vergoldeter Patene und ein
silbernes, vergoldetes rundes Pacificale.]
In der Domsammlung, jetzt vorhanden sind:^ 1. 2. Zwei Prozessionskreiize,
Bergkrystall, 0,56 bezw. 0,72 m hoch, 14. Jahrb., Hermes p. 130. — 3. Prozessions-
^ Durchaus unsicher ist, welche Gegenstande des Domschatzes von Anfang an dem
Dom gehört haben. Im Folgenden werden die Gegenstände überall nur kurz bezeichnet;
genauere Herausgabe behalte ich mir vor. Die Nummern sind die des dortigen Inventars.
Wo es ging, ist auf Hertaes verwiesen, dessen Aufzeichnung freilich nicht frei von Lücken
ist. Abbildungen gebe ich nur von den Stücken, deren deutscher Ursprung nachweisbar ist
und welche dabei genügendes Interres^^c bieten. Wo nicht das Gegenteil gesagt ist, sind die
Stücke guterhaltcn.
Halberstadt (der Dom: Altargeräte, Beliquiarien u.s. w.) 273
*
kreuz, Silber, 0,25 ra hoch, Kruzifix und Evangelistensymbole eingraviert,
17. Jahrh. — 4. Kruzifix, Körper von Elfenbein, modern. — 5. Monstranz (defekt),
Messing vergoldet, 0,52, m hoch, 15. Jahrh. — 6. Desgleichen, Silber vergoldet. —
7. Kelch mit Patene, Silber vergoldet; 6 lappiger Fiiss, worauf Heiligenfiguren-
Kelch 0,196 m hoch, Patene 0,143 m Durchmesser. Geschenk des Weihbischofs
Matthias von Qade 1501. — 8. Desgleichen, am Fuss Christus am Kreuz, am
Knauf OMARIA. Kelch 0,196 m hoch, Patene 0,125 m Durchmesser. Geschenk
eines Adalrich Stibler. 16. Jahrh. — 9. Kelch wie vorher, 0,17 m hoch. —
10. Desgleichen, am Fuss Christus am Kreuz, das braunschweigische Wappen und
ein Adler, am Knauf IHESTJS. Schaft sechsseitig, Fuss rund. 0,17 m hoch.
Geschenk der Margarete, Herzogin von Braunschweig, 1536. — 11. Desgleichen,
ähnlich wie No. 10 ohne Wappen, Silber vergoldet, 0,177 m hoch, 16. Jahrh. —
12. Desgleichen, 0,145 m hoch. — 13. Kelchlöffel, Silber vergoldet, 16. Jahrh.? —
14. Wärmapfel, vergoldete Bronce, mit Evangelistenbildem und Symbolen; in
schön gepresster braunledemer Kapsel. 0,015 m Durchmesser, 13. Jahrh. Hermes
p. 95. — 16. Keliquientafel, vergoldetes Holz mit Bergkrystallkugeln, 15. Jahrh. —
In einem ihrer Fächer befand sich 16 a. eine kleine viereckige Büchse von Gold,
auf deren Deckel in feinstem Zellenschmelz das Bild des h. Demetrius, am Boden
der h. Nestor 0,045 m hoch , 0,03 m breit. Byzanz. 9. Jahrh. Hermes p. 99. —
17. Reliquie'ntuch, Pergament mit brauner Seide überzogen, Mitteltafel von ver-
goldetem Silberblech, mit Perlen und Edelsteinen besetzt, 30 Reliquien enthaltend ;
in der Mitte Kreuzigungsgruppe. Mitteltafel 0,90 m hoch, 13. Jahrh. Hermes p.
100. — 18. Straussenei als Keliquiar, Einfassung Silber vergoldet, 0,43 m hoch.
15. Jahrh. Hermes p. 101. — 19. Schädel des Apostels Jakobus in silberner Passung.
12. — 13. Jahrh. — 20. Sogenannter Stephanusstein, in silberner Fassung, um 1200.
Hermes p. 96 mit Abbildung.' — 21. Bracchiarium, Holz mit vergoldetem Silber-
blech reich verziert, auf drei Löwenf üssen , 0,51 m hoch, um 1300. Hermes p.
103. — 22. Desgleichen mit viel Perlen, Edelsteinen und Filigran. 0,51 m hoch,
um 1350. Hermes p. 103 mit Abbildung. — - 23. Desgleichen mit Bergkrystall,
Emaillen und Edelsteinen. 0,445 m hoch, 14. Jahrh. — 24. Reliquienbüchse, so-
genanntes Demetriusgrab. Silber vergoldet. Die Emaillen sind vernichtet. Auf
dem Deckel das getriebene Bild des Heiligen. 0.03 m hoch, 0,06 m breit, 0,10
lang. Byzanz, 13. Jahrh. Hermes p. 100. — 25. Desgleichen, in Form eines kleinen
Buchs. Silber. Vom Adam, hinten Eva zwischen Edelsteinen. 0,037 m hoch,.
0,03 m breit, 17. Jahrh. ? — 26. Desgleichen, mit Klappdeckel, 0,01 m hoch, 0,035 m
breit, 0,055 m lang, Byzanz 12. Jahrh. — 27. Kusstäf eichen. Kupfer. Form des
griechischen Kreuzes, oben rund abgeschlossen. Reich mit Grubenschraelz ver-
ziert, limoges? 12. Jahrh. Hermes p. 95. — 28. Reliquienbehälter. Holz. Seiten
von Elfenbein von einem byzantinischen Diptychon. Tgl. Schnitzereien No. 59 a
und b. — 29. Desgleichen, vergoldetes Kupfer. — 30. Desgleichen. — 31. Des-
gleichen, Holz, unten mit Seidenstoff des 10. Jahrh. überzogen. — 32. Ablasstafel.
Messing mit ornamentiertem Rande. Oben eine neunzeilige Inschrift, darunter
eine stehende Madonna eingraviert. 0,405 m hoch, 0,243 m breit. Früher in der
Liebfrauen -Kirche. Mitte des 13. Jahrh. — 33. Kruzifix, Silber vergoldet, mit
Edelsteinen. 0,094m hoch, ebenso breit, 16. Jahrh.? — 34. Desgleichen, Silber. —
35. Prozessionskreuz. Messing vergoldet. Der silberne Christuskörper 0,14 m hoch,
Kmia Halbentadt. 18
274 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Altargeräte, Beliquiarien n. s. w.)
16. Jahrh. — 36. Weihbrotschale, Silber vergoldet. Das Innere bildet einen Acht-
pass. Am Boden die Ereuzigungsgruppe in Hoclirelief. Griechische Umschrift
mit den Einsetzungsworten des Abendmahls. Die später angesetzten Figuren (in
der Mitte der h. Stephan, am Rande vier Steine werfende Juden) sind enfmt und
auf einer Nachbildung der Schale, angebracht, (s. unten No. 405). 0,41 m Durch-
messer. 0,04 m tief. Mitgebracht 1206 aus Byzanz durch Bischof Eonrad (s. o.)
Hermes p. 89 mit Abbildung. — 37. Gemellio (Doppel Waschbecken , wovon eins
mit Abguss) Eupfer. Innen Grubenschmelz mit figürlichen Darstellungen. 0,24 m
Durchmesser. Angeblich 1205 aus Byzanz gebracht, wahrscheinlich fran-
zösische Arbeit des 13. Jahrh. — 38. Desgleichen, scheint etwas älter. —
39. Monstranzfuss, Eupfer vergoldet 16. Jahrh. — 40. Hostienbüchse. Silber,
innen vergoldet. 1726. — 41. Leuchter. Eupfer, am oberen Rande eingegrabene
Namen von 4 Aposteln, am halbkugeligen Fusse 4 Engel im blauen Gruben-
schmelz. 0,157 m hoch. 12. Jahrh. Hermes p. 95. — 42. Desgleichen. —43. Schiffs-
ähnliches Weihrauchgefäss. Modem. — 46. Reliquien tafel, sogenannte tabula
Theodulfi abatis. Silber vergoldet, mit Gold, Perlen, vielen Edelsteinen und
Emaillen. Sehr wertvolles Stück. 0,45 m hoch, 0,39 m breit. 12. Jahrh.^ die
Emaillen zum Teil älter. Hermes p. 98 mit Abbildung. — 47. Straussenei als
Reliquiar. Am Fuss mit vielen Edelsteinen besetzt. Deckel defekt 12. Jahrh. —
48. Reliquiengefäss aus Bergkrystall. Einfassung von vergoldetem Silber auf drei
Füssen. Mit vielen kleinen Rosen besetzt, die aus vergoldetem Silber mit Edelsteinen
bestehen. Enthält Reste der h. Elisabeth, welche am 9. November 1270 eingeholt
wurden. 0,144 m hoch, 0,052 m Durchmesser. 13. Jahrh. — 49. Desgleichen
in Earaffenform mit ausgescimittenen erhabenen Blatt- und Rankenverzierungen.
Metallbeschläge oben und imten aus verschiedener aber romanischer Zeit 0,17 m
hoch. 10. Jahrh. — 50. Glaskugel, das sogenannte Nähzeug der h. Jungfrau.
Modemer Glasbläserscherz. Hermes p. 103. — 51. Reliquien kästchen. Hörn mit
Silberbeschlag. Aufschrift in blauer Email : De ligno dni. 13. Jahrh. — 52.-58.
Desgleichen. Meist ziemlich wertlos. Orientalischer Herkunft Mittelalter. —
60. Desgleichen. Auf dem Deckel die Ereuzigungsgruppe gemalt 15. Jahrh.
Hermes p. 129. — 61. Desgleichen ähnlich. 14. Jahrh. — 62. Runde Schachtel
mit Brokatstoff beklebt, 13. Jahrh. — 63. Reliquiar. Holz mit Silberbeschlag. —
64 Monstranz. Silber vergoldet In ein Türmchen mit Eruzifix auslaufend.
0,47 m hoch 15. Jahrh. — 65. Ciborium. Eupfer, aussen vergoldet, innen ver-
silbert. In Eelchform. Hermes p. 91 mit Abbildung. — 67. Drei Zinnkännchen
für Wein und drei für Wasser auf ovalem Zinnteller. — 68. Reliquienpokal mit
Glasgefäss. Der dünne Fuss mit Löwenfiguren. Auf dem Deckel sechs Reiter.
Enopf mit Bild Earls des Grossen. 0,43 m hoch, 0,19 m Durchmesser. 14. Jahrh.
Hermes p. 101. — 69. Desgleichen, sogenanntesHedwigsglas. Deckel in Turm-
form. Glas mit hochgeschliffenen Ornamenten. 0,28 m hoch, 0,077 m Durch-
messer. Glas (?), Einfassung 14. Jahrlw Hermes p. 102 mit Abbildung.* —
70. Bracchiarium. Holz mit vergoldetem Silber und Edelsteinen. — 71. — 76.
Reliquienkästchen von verschiedenem Material, ziemlich minderwertig und zum
Teil defekt — 77. Untersatz. Vergoldetes Holz mit Emaillen und anderen Ver-
^ Vgl. über derartige Gläser: Bucher, G^chichte der technischen Eünste III, 282.
HalberBtadt (der Dom: Altargerate, Beliquiarien u. a v.)
zierungen. 12. Jahrb. — 78. Kruzifixhiss (?) in Kapellenforni. Holz. Übergangs-
stil des 13. Jabrh, — 80. Reliquienbebälter in Krononiorm. — 80 a. Defekte Seliach-
figur aus dem angeblichen Spiele Karls des Grossen. Bergkrystall. Ähnliclie
Stücke im Dom zu Osnabrück. — 80 b. Silberner Pokal, modern. — 81. Knizifixi
vergoldetes Holz, stark beschädigt. — 82. Kleines Weihrauch fass, Messing. —
83. Desgleichen. Kupfer; 15. Jahrh. — 96. 97. Vier messingne Altarleuchter. —
98. Ein desgleichen, Blei. — 99—103. Minderwertige, zum Teil beschädigte Re-
liquienbehälter. — 113. Kruzifixfuss aus Holz. — 176. Marienkrone, angeblich
Keliquienbebälter, Silberblech mit Perlen. — 320. Aquamanile. Bronce. Kossel-
f orm, Ausguss und Henkel mit tierischen
Motiven, zum Aufhängen. Der Deckel
fehlt. 14. Jabrh. Hermes p. 94.— 321.
Desgleichen Messing. Löwenform, 13.
Jabrh. Hermes p. 94. — 322. Taufbecken.
Messing. — 323. Desgleichen, Zinn, mit
dem Wappen von Sachsen und der
Familien von Hoym, Samptleben und
Holle. 0,51 m Durchmesser, 15. Jahrh, ?
Hermes p, 91. — 324. Offertorium. Holz,
bemalt, in der Mitte Christus, ringsum
die zwölf Apostel. 0,42 m Durchmesser,
13. Jahrh, Hermes p.94. — 325. Des-
gleichen. In der Mitte Juvenal, Platoi
Vergil, Ovid, riogsum zehn Bnistbilder
griechischer Welsen. Hermes p. 94. —
326. Desgleichen mit Fuss. Auf dem
Boden ein Agnus Dei, Inschrift und
Umschrift 0,41 m Durchmesser. Fuss
0,105 m hoch, 14. Jahrb. Hermes p.94. '^
— 327. Sechseckiger Untersatz, ver-
goldetes Kupfer. — 328. Taufbecken, Messing, mit Darstellung des Sünden-
falls. — ^©9. Zwei Vasen. Zinn 1635. — 330. Eine desgleichen defekt,
1712. — 331. Zwei desgleichen, mit schönen gestochenen Ornamenten. 1651. —
333—336. Sechs minderwertige Altarleuchter. — 337-339. Drei Messglöckchen. —
340. Kleine Platte. Marmor in ornamentiertem Eichonrahnicn. — 390. Lesepult
in Form eines Adlers. Kopie nach dem auf dem Lettner befindlichen. — 399- Tauf-
becken. Bronce, Die Oberfläche zeigt auf acht Feldern polychrome Darstellungen
aus der Jugend Christi, 0,53 m hoch, 0,77 m Durchmesser, nach unten sich vor-
engend. 14. Jahrh. Hermes p. 91, — 400. Reliquienbehälter mit acht kreisrunden
Fächern, Diptychon. Holz. Innen die Anbetung der Könige in Hochrelief. ÜJJ8 m
hoch, (Figuren durchschnittlich 0,1-J. m), 0,80 m breit, 14. Jahrii. Hermes p. 130. —
404. Kohlenpfanne, Bronce, zweihenklig auf drei Füssen. Mit Tiermotiven. Giesser-
zeichen ^ . 0,28 m hoch. 0,80 m Durchmesser. Dicke der Beckenwand
etwa 0,018 m. 12. Jahrh. Hermes p. 95. — *35. Nachbildung der Stephansschüssel
mit den früher auf jener befindlichen vier Judenfiguren. Der Stephanus fehlt.
Halberstadter Stadtkreii: Halberatadt (der Dom: Altarfter&fe, ChorfrestflU)
(vergl. No. 36) Gusseisen. — 410. Kopie einer Schüssel von Petnizzi. Ousseisen. —
412. Lampe. Messing. In LBteroenfomi. Inschrift Hans Meissner goot mick
tho Bronsswick. — 425. Zwei Leuchter. Bronce. 152 m hoch, 14. Jahrb.? —
427. Bracchiarinm. Etwas beschädigt. Mit Reliquien unter Marienglas. 0.45 m
hoch. — 428. Desgleichen, mit vier leeren Boliquicnhehültem. 0^ m hoch. —
429. Kruzifix. 18. Jahrh. — Ausserdem sind gegenwärtig im Gebrauch: 1. Drei
Kelche von vergoldetem Silber, mit&echslappigem
Fuss und sechkantigem Knauf, a. 0,17 m hoch.
datiert 1474, am Knauf ihesvs b. 0,16 m hoch,
am Knauf oben mariaa(!), unten ana (!)■
c. 0,175 ni hoch, am Knauf IHESVS
2. Drei Pafenen von vergoldetem Silber.
jede mit graviertem Kreuz im Kreise, a. Durrfi-
mes-ser 0.16 m, gotisch mit graviertem Blatt-
werke in den Zwickeln eines Vierpasses,
b. Durchmesser 0,15 m. c. Durchmesser 0.16ni.
3. Silberne Kanne, 0.19 m hoch, plump, ge-
stiftet 1678 vom Portenarius Friedrich v. Schlitz.
4. Kleines Weingefäsa, sechseckig, Silber,
Halb.'er Beschau. Zeichen: (»JJ)
5. Silberne Kanne von 1830.
6. Kelchlöffel, Silber, Halb.'er Beschan.
Zeichen T. T. 17L . .
7. Zwei Kelchdeckel, 1678, beide mit Silber-
stickei-ei auf Grund von roten Glasperlen.
. mit Lamm, b. mit | riS.
8. Zwei Taufbecken sind modern.
Chorgestfihl. [Die Sitze der Vikare Im
östlichen Teile des Chores sind 1306 erwähnt,
ein älteres Chorgestühl 1363 und 1410. Das
1436 genannte stallum in choro ist möglicher-
weise schon das jetzt noch existierende.]
Das fast 12 m lange Gestühl (Pig. 93 u.94l.
der Gotik des 15. Jahrhunderts angehörig, ei
vortrefflich erhalten. In Eichenholz geschnitzt,
zeigt es an den 2,48 m hohen Wangen reiches
Blattwerk und Rosetten. An der hohen Bück-
wand befindet sich oben oin langer, schmaler,
p; gg hölzerner Baldachin mit kleinen Giebeln und
Fialen. Jedes Gestühl bat oben und unten je
sechzehn Klapp-sitze und Stützen (Misericordien) für die Stehenden.
Kanzel. [Amboncn werden schon beim zweiten Dome, femer in dem fünften
1328 und 1305 genannt. Die Reste der letzten befinden sich mitten auf der
Lettnerwand, dahinter führt eine Wendeltreppe zu ihr (jetzt zum Biachofsstnhl)
Halberstadt (der Dom: Kaozel, Orgel.) 277
empor. Von dem Aufgange zu einer noch älteren Kanzel ist noch ein Belief (der
ungläubige Thomas) im nördlichen Chorumgange (s. u. Skulpturen). Die jetzige
Eanzet ist ein geschnitztes und unschön bemaltes Werls von 1598. Besonders schwer
vonForm ist der Deckel. Sie steht am 3. südlichen Pfeiler von der Vierun aus; am
ü. würde sie einen für das Auge besseren Platz haben, jedoch empfiehlt sich die
jetzige Stelle der besseren Akustik wegen. Der Deckel ist mit den Wappen von
Chorherren (Aufzählung siehe bei Hermes, p. 55), oben mit einer kleinen Fignr
des Christuskindes geschmückt; um ihren unteren
Eand geht die Schrift: Qui vos audit me audit
et qui V03 spernit me spernit qui autem me
spernit spernit eum qui misit me (Luc. 10).
In den Füllungen des Aufganges zur Kanzel und
dieser selbst sieht man die Figuren der Kardinal-
tugenden, Christi und der Evangelisten. Unter
dem Aufgange zwei massige Malereien, auf der
eisen Seite Simsen, die Säulen zerbrechend, auf
der andern zwei aus einem Grabgewölbe hervor-
tretende Gerippe, darüber die Verse:
Got ist alleine geregt
Hie stat der Herr vnd aug der Knegt
Bistu Glugh soo trit herbei
Vndt sage welcher der Knegt oder der
Her sei.
Die Kanzel ruht auf einem einfachen, runden
Pfeiler, an welchem vorn eine vom Ende des
15. Jahrh.'s stammende, holzgeschnitzte und be-
malte Figur eines lesenden Apostols angefügt ist,
den man durch Ansetzung unschöner vergoldeter
Flügel zum Plngel umgewandelt hat.
Orgel. [Der Balgetreter einer alten Orgel
ist 1328 erwähnt. Er bekam am Fronleichnams-
tage drei Schillinge. Auch 1343 ist von der Orgel pj g^
die Rede. 1361 wurde eine neue Orgel durch
den Priester Nicolaus Paber vollendet; 1495
erneuert von Gregor Kleng. Diese 1G05 mit neuen Verzierungen versehene Orgel
beschreibt Merian als sehr alt; sie hatte nur wenige, sehr grosse bleierne Pfeifen,
auch nur wenige Tasten, die sehr schwer und über eine Hand breit waren. Sie
mussten mit den ganzen Händen oder mit dem Ellenbogen niedergedrückt worden.
So konnten nur die Melodien, nicht Begleitungen dazu gespielt werden. Ein
Gemälde daran zeigte drei Mönche, die wegen frevelhafter Prahlerei mit ihrer
Stimme sich zu Tode singen mussten. Bei Michael Praetorius, Syntagma musicum
(1614) finden sich am Ende des 2. Teiles auf Tafel XXIV— XXVI verschiedene
Abbildungen aus jener Orgel, nämlich:
XXIV: „Manual-Clavir in der Alten Orgel im Tbunib zu Halborstadt. "
'Detailabbild, des 1. und 2. Diskant-Klaviers, welches auf der nächsten Tafel volU
278
Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Orgel, Taufbecken)
ständig abgebildet ist. Grosse plumpe Tasten, die etwa die Form einer Violine
haben; die oberhalb gelegenen Tasten sind für eis, dis, fis, gis, b; viereckig und
schwerfällig.
XXV: Drei Abbildungen a) das I. und II. Discant-Klavier, b) das III. Klavier,
c) das IV. Pedal-Klavier. Unterschrift: „Diss sind die Manual- vnd Pedal-Klavier,
wie die in der gar grossen Orgel im Thumb zu Halberstadt vber einander liegen.'"
XXVI: „Blassbälge vnd Calcanten, so zu derzeit bey derselben Orgel ge-
braucht worden." Zwei Männer sind beschäftigt die Bälge zu treten, deren auf
der Abbild, achtzehn zu erkennen sind (zwanzig waren es wirklich).
Ausserdem spricht Praetorius von dieser Orgel im 2. Teil p. 98ff.
Eine 3. Orgel ist jetzt Eigentum der Franziskaner Kirche (s. d.)].
Die jetzige Orgel wurde von H. Herbst und Sohn aus Magdeburg 1718 voll-
endet, 1719 aufgestellt. Umgebaut wurde sie 1838 durch Friedrich Schulze aus
Paulinzelle. Heute soll sie nicht mehr allen
Ansprüchen genügen, ein völliger Umbau,
nur mit Erhaltung der Vorderseite, daher
nötig sein. Diese Vorderseite zeigt in reicher
Schnitzerei, welcher die natürliche Holz-
farbe bewahrt geblieben ist, unten den
stehenden S. Laurentius und Stephanus,
weiter hinauf folgen in pyramidalem Auf-
bau sechs kleine sitzende, musicierende
Engel. Die Pfeifen stehen auf reich ver-
kröpften Konsolen und sind oben ähnlich
bekrönt Ganz oben das brandenburgisch -
preussiche Wappen von den wilden Männern
gehalten.
Die die Orgel tragende Empore ist
rund; sie ist erst 1866 an Stelle einer von
zwei eichenen Pfeilern getragenen hölzernen
erbaut worden. — P. Stöbe, Zur Gesch. der
Kirchenorgeln in Halb., Zeitschr. für In-
strumentenbau, 1865, II, III. — Habers Buch
enthält eine von Heinrich Herbst verfasste Beschreibung der Orgel. — Hermes, p. 83.
Taufbecken. Ausser den in der Domsammlung befindlichen, oben be-
schriebenen, giebt OS zwei.
1. Ein grosses am Westende des Mittelschiffes auf drei Stufen aufgestelltes,
aus Kübeländor Marmor, gestiftet 1195 von Bischof Gardolf. Es hat die Form
eines Pokals, welcher auf vier liegenden Löwen steht. Durchm. der Schale 1,05 ra,
Höhe 1,235 m, die Wanddicke beträgt etwa 0,10 m, der Umfang oben 3,30 m, in
der Mitte 1,73 m; die Löwen sind 0,42 m hoch.
2. Bronzenes Taufbecken in der Marien kapeile, verziert mit vierzehn, hin
und wieder zerstörten, flachen Beliefs, die, sehr undeutlich gegossen, heilige und
bibl. Scenen darzustellen scheinen. Auch dieses hat Pokalform. Durchm. 0,61 ni,
Höhe 0,80 m. [Fig. 95.]
Leuchter. [Kronleuchter im Chor 1365; 3 Kandelaber auf den Stufen
Fig. 95.
Halberstadt (der Dom: Leuchter u. dergl.) 279
1365. Im selben Jahr vier Schüsseln (pelves), auf welche Lichte gesetzt wurden.
Ein Kronleuchter diente 1404 zum Miister für eineq der Liebfr.- Kirche ge-
schenkten. Ein Leuchter wurde 1449 gestiftet vom Vikar Johann M es torp: steyd
uppe deme grade sancturaii in deme chore.]
Drei dreiarraige Leuchter, alle aus dem 14. Jahrb., stehen im hohen Chore,
1. 3,20 m hoch, 2,50 m breit, schlicht, nur mit Gürtungen. 2. 1,80 m hoch, 1,50 m
breit, mit vier Löwenfüssen und zwei Heiligenfiguren unten. 3. 1,33 m hoch.
0,72 m breit, mit Tierköpfen an den zwei äusseren Armen.
Die beiden grössten stiftete im 16. Jahrb. der Vikar Heimerding.
Im Mittelschiff hängt ein schmiedeeiserner Kronleuchter für 60 Lichte. Er
stellt gleich den Leuchtern zu Hildesheim, Aachen und Komburg die Mauer des
himmlischen Jerusalem vor und ist demgemäss mit 12 Türmchen geschmückt, in
denen die Apostel stehen. Innen die Umschrift:
alleluia.
Regina coeli laetare
Quia quem meruisti portare
Resurrexit sicut dixit
Ora pro nobis deum
Der Kronleuchter ist gestiftet von Balthasar von Neuenstadt, dessen Wappen
an dem Leuchter viermal vorkommt.
Im hohen Chor hängt ein ehemals versilberter Kronleuchter, bestehend aus
vier mit Gitterwerk durchbrochenen, eisernen Reifen unterhalb eines fünfseitigen,
gotischer Türmchens. Jeder Reif ist weiter als der nächst höhere. Der erste^
hat fünf, der letzte zwanzig Lichtbehälter.
Auf dem liturgischen Altar zwei Bronce-Leuchter, 0,38 m hoch, geschenkt
1676 vom Kanon. Joachim v. Werder.
In der Sakristei stehen zwei broncene Altarleuchter.
Die im Kapitelsaal befindlichen Leuchter, Lampen u. s. w. siehe oben unter
„Altargeräte u. s. w.'^
In der Neustädter Kapelle hängt ein überaus fein gearbeiteter Kronleuchter
(Abbildung in der Zeitschrift für bildende Kunst 1897 Heft lY, p. 52). Der
Reifen zeigt geschmackvoll durchbrochene Muster, und ist mit kleinen Wappen
geschmückt, desgleichen die an den Ketten befestigten Rosetten und die kleine
Krone oben. Die zwölf lichttüUen sind einfach.
[Ewige Lampen gab es: 1404 eine „vor unses hem godes lichnam vom
unser fabriken und ref enter" als Stiftung des Domprobstes Friedrich Hake, in
welcher auch der „ Lampen wardere'^ bedacht wurde; im Kreuzgange wurde ein
ewiges. licht 1446 (1. Mai) gestiftet zu Ehren des von den Grafen von Regenstein
ermordeten Hans v. Krosigk; ein „geluchte", gestiftet 1448; eine Lampe vor einer
Chorthür, gestiftet 1449; vier Lampen, gestiftet 1468 von Nik. Nur, Priester und
Offizial; ein „geluchte, so hem Nikolaus Nuer, anders gebeten Rorate, dat darto
gemaket, gekofft unde gegeven hefft. 1470.''J
Jetzt existieren noch folgende: Eine an drei mit kleinen Blumen gezierten
Ketten in der Marienkapelle; Schmiedeeisen, 1399 urkundlich erwähnt. — Eine
in Latemenfonn im Kreuzgange. — Von den als Wahrzeichen der Stadt dienenden
zwei grossen Turmlatemen (de luchter unde lochte an de tome, 1429) steht eine
280 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Möbel)
v, ■ ■ — ■ —
in der Stephanskapelle seit 1810 ausser Verwendung. Eine Kopie ist neuerdings
am Nordturme angebracht.
Schränke und andere Möbel. [Ein .Urkunden- und Bücherschrein wird
1427 erwähnt.] Zur Donisammlung gehören : No. 383, grosser Lehnsessel des grossen
Kurfürsten. Lehnen und Füsse sind geschnitzt. Der Überzug ist ein grünlicher
Sammet mit rotseidner Fransenborte, 1,40 m hoch, 0,70 m breit, 17. Jahrh. —
416. Schränkchen. Innen mit einer Kreuzigungsgruppe, die Thüren innen mit je
vier Heiligen bemalt, 0,80 m hoch, 0,57 m breit, 0,15 m tief, deutsch. 15. Jahrh. —
425. Zwei gothische Stühle, ohne Polster mit geschnitztem Masswerk und Spuren
von Malerei. 1,02 m hoch, 0,70 m breit, 0,55 m tief, 15. Jahrh. — 426. Zwei-
etagiger Schrank aus Eichenholz. Die Innenseite der Thüren ist mit je einer
gekrönten Heiligen auf Goldgrund (St. Katharina und Kunegundis) bemalt. Die
aussenbefindliche Malerei ist überstrichen und nur noch in Spuren erkennbar.
Früher in der Liebfrauenkirche. 1,97 m hoch, 1,33 m breit^ 0.58 m tief. Deutsch.
13. Jahrh.
Ausserdem befindet sich im Kapitelsaal : ein romanischer Schrank aus Eichen-
holz; 13. Jahrh. 2,47 m hoch, 0,90 m breit, ähnlich dem in der Liebfrauen-Kirche
(s. u.), aber viel einfacher, nur mit ein paar schlichten Rosetten geziert. — Drei
Schränke von ziemlich plumper Form mit Zinnen und flach eingeschnitzteni Blatt
Ornament, zwei durch handschriftliche Vermerke datiert 1541 bezw. 1567, der
dritte aus ähnlicher Zeit. — In der Schatzkammer stehen noch zwei romanische
Schränke des 13. Jahrh. Der eine 2 m hoch, 0,63 m breit; der Giebel oben
endigt in zwei Drachen; der andere mit Eisenbeschlag, 2,87 m hoch, 1,07 m breit;
der Giebel oben schlicht zulaufend. Beide aus Eichenholz. — In der Sakristei
befindet sich ein gotischer Schrank des 15. Jahrh. Ziemlich einfach, mit Zinnen,
wenig durchbrochenem Masswerk und Eisenbeschlag. 1,85 m hoch, 0,83 m breit —
Im hohen Chor ist an der nördlichen Wand ein gothischer dreiteiliger Schrank
befestigt, der zur Aufbewahrung gottesdienstlicher Geräte und Webereien bestimmt
war. Auf der Thür des mittleren Teiles befindet sich eine ziemlich verblasste
Malerei: Monstranz von zwei knienden Engeln verehrt. Die früher vorhandenen
Fialen und sonstigen zur Bekrönung des Schrankes dienenden Schnitzereien hat
man entfernt, in dem Glauben, dass der Schrank auf diese Art besser in die
Chorarchitektur passe! 1,43m hoch, 3 m breit, 15. Jahrh. [Fig.96J ~ Hinter dem
Chor gegenüber der Marienkapelle ist ein vergitterter Kasten an der Chorwand,
der ehemals zur Aufbewahrung von Messbüchern und dergl. diente.
In der Domküsterwohnimg giebt es einen schwerfälligen, aber mit schönem
Blattwerk in Flachschnitzerei gezierten gothischen Schrank des 16. Jahrh.'s, ver-
wandt mit denen im Kapitelsaal, aber nicht so gut erhalten. Ferner einen niedern
Schrank, mit Blumen bemalt, von 1674.
Webereien. I. Liturgische Gewänder: Der Grund zu der äussei-st
reichhaltigen und kostbaren Textilsammlung, deren andere Hälfte, Altar- und Wand-
docken, weiterhin besprochen werden wird, ist, wie leicht erklärlich, schon im frühen
Mittelalter gelegt worden. Glücksumständen ist es zu verdanken, dass die Sammlung
sich ziemlich in dem Umfange erhalten hat, den sie zu den Zeiten der Blüte der
katholischen Kirche in Nord -Deutschland angenommen hatte. Sie ist eine der
reichsten Sammlungen, welche es giebt, besonders wichtig wegen der nicht geringen
i
282 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Born: Webereien a) liturg. Gewänder)
Zahl von Webereien des frühen Mittelalters und des Orients. Die Herausgabe
von genügenden Darstellungen der wichtigsten Stücke nebst vollständigem be-
schreibenden Kataloge wäre eine der bedeutensten Aufgaben der kunstgewerblichen
Forschung. [1150 schenkte der Domherr Martin eine Casula von grünem Seidenstoff
mehrere Stolen und Manipeln mit Gold geschmückt, ein Schultertuch, zwei Alben mit
Cingulen, eine Dalmatica von weissem Seidenstoff, eine seidene Tunica und ein des-
gleichen Dorsale. Von den Gegenständen, welche Bischof Konrad 1205 mitbrachte, ist
schon oben gesprochen. 1482 schenkte der Vikar Eddeier ein rotes seidenes Gewand
mit zehn silbernen und vergoldeten runden Fibeln und Rückenkreuz, ein weisses Gte-
wand 7on Seide, ein blaues aus Arras, eins von weissem Drell, zwei Altardecken.]
In der Domsammlung jetzt vorhanden sind: 117. Dalmatica, sogenannte leo-
nata, purpurne Seide mit in Gold gestickten, stilisierten Löwen. Persien. 12. Jahrh.
Hermes p. 116. — 118. Desgleichen, Goldbrokat mit schwarzem Sammetmuster. —
119. Chormantel, gelbe Seide. — 120. Desgleichen, weisse Seide, Gold und Stickerei. —
121. Casula, roter Sammet mit gelber Seide. Gabelkreuz mit gestickter^ Kreuzigungs-
gruppe. Anfang 15. Jahrh. Hermes p. 114. — 122. Desgleichen, lachsfarbener
Sammet, Granatapfelmuster. Stickerei. — 123. Desgleichen, weiss mit bunter Wolle. —
124. Desgleichen, gelber Sammet, Reliefstickerei (Kruzifix). — 125. Desgleichen,
Goldbrokat mit Sammet. Granatapfeünuster. — 145. Schultertuch, Leinwand, Kragen
rote Seide mit Goldflittem. Hermes p. 118. — 146. Desgleichen, Leinwand, Kragen
blaue Seide mit Perlenstickerei. Hermes p. 118. — 147. Stola. ^ Mehrfarbige
Seide mit Figuren in Goldstickerei (Agnus Dei und sechzehn Heilige) 3 m lang,
0,07 m breit. Hermes p. 118. — 156. Schulterhülle (velum oblongum) Nesseltuch
mit Zwirnstickerei. Netzfransen. 0,575 m breit. — 157. Desgleichen, weisse
Leinwand. Adlermuster in roter Wollstickerei. — 177. Manipel. Bunte Seide
mit Gold. — 178. Desgleichen, bunte Seide. — 179. Desgleichen, Goldbrokat —
180. Desgleichen, gelbe Seide mit Halbfiguren zweier Heiligen in grober Stickerei.
Byzantinisch. — 181. Eückenkreuz einer Casula. Gestickt mit Kruzifix und
Heiligen. — 182. Besatz eines Pluviale. Gestickt mit Verkündigung und Heiligen. —
183. Desgleichen. Biblische Scenen, gestickt auf Goldgrund. — 184. Desgleichen. —
185. Desgleichen. — 191. Gesticktes Fragment einer Casula. — 192. Casula. Roter
Sammet, Rückenkreuz. Goldbrokat mit Reliefstickerei, mit den Wappen von Hohen-
zollem und Churbrandenburg. Hermes p. 114 mit Abbildung. — 193. Desgleichen,
Schwarzer Sammet, Rückenkreuz mit Reliefstickerei. Ehemals dem Balthasar von
Neuenstadt (s. Baugeschichte.) gehörig. Hermes p. 114 mit Abbildung. — 194.
Dalmatica. Lila Seide, Stickerei einerseits Tierfiguren zwischen Blattornament,
andrerseits Madonna und Christus regelmässig wechselnd. Sicilianisch. Hermes
p. 116. — 195. Desgleichen, ehemals lachsfarbener Goldbrokat mit eingewirkten
Menschen, Hunden, Vögeln und Arabesken. Vom und hinten verschiedenes
Gewebe. Sicilien 12. Jahrh. — 196. Chormantel. Goldbrokat mit Löwen, Vögeln
und Arabesken. Titulus gestickt auf roter Leinwand. Sicilien. 12. Jahrh. Bock,
Lit. Gew. I, 2, 192. — 197. Desgleichen, gepresster roter Sammet Stickerei zum
Teil zerstört. — 198. Desgleichen, gemusterte grüne Seide. — 199. Casula. Blaue
^ Wo nichts anderes gesagt, ist immer Plattstichstickerei gemeint.
* Von den Stolen und Manipeln der Sammlung spricht Bock, Lit. Gew. II. 73 f.
Balberstadt (der Dom: Webereien a) liturgische Gewänder)
Seide mit Goldomamenten. — 200. Tunika. GemuBterte blaue Seide, mit Wappen
des Kardinals Albreclit. — 201. Desgleichen, gemusterte weisse Seide, dasselbe
Wappen. — 202. Desgleichen, weisse Wolle. Besatz rot. — 204. Gingulum aus
Goldschniiren. — 2ü&. Gasula. Grüne Seide mit eingewirkten goldenen Adlern,
Drachen und Burgen. Gegen 12C0. BUckenkreu» lachsfarbener Sammet mit Relief-
Fig. 97.
Stickerei. — 206. Desgleichen, grüner Sammet, Rückenkreuz rot mit reicher
Belief Stickerei. — 207. Desgleichen, grüne Seide. Rückenkreuz mit Silberplatten.
12. Jahrb.? — 206. Desgleiciien, gelbe Seide. Kragen mit silbergestickten
Figuren. Zusammengesetzt aus verschiedenen, dem IL, 12. und 14. Jahrh. ange-
hörigen Stücken. Hermes p, 112 mit Abbildung. — 209. Desgleichen, grüner Atlas.
Streifen vorn und hinten mit Scenen aus dem Leben Christi. — 210. Desgleichen,
284 Ualberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Webereien a) litnrg. Gewänder)
dunkelblaue Seide. Nachahmung einer Aquilata. Die Adlerfiguren sind von
Goldbrokat ausgeschnitten und mit Seidonfäden in den Grundstoff eingenäht. Gold
borte als Besatz (0,065 breit). Deutschland. Gegen 1300. Vgl. Bock, Lit. Gew. I,
2 p. 192. Tafel VIII, 1 ., II, p. 109. [Fig. 97J ~ 211. Tunica. Rote Seide mit Gold durch-
wirkt. MitHil^ch-undCentauernfiguren. Orient. 12. Jahrb. Hermes p. 116 mit Ab-
bildungen. — 212. Chormantel. Grüngelb, stark geflickt. — 213. Desgleichen, Gold-
brokat, Reliefstickerei. — 214. Manipel. Seide mit Gold. Stickerei (aus dem Marien-
leben). 1. Hälfte des 13. Jahrb. — 216. Casula. Weisse Wolle. Rückenkreuz mit Kru-
zifix und Heiligen. — 217. Dalmatica. Dunkelrote Seide mit Gold. — 218. Chormantel.
Gelbe Seide. — 219. Desgleichen. Kappe fehlt. — 220. Desgleichen, gelbe Seide
mit grün und Gold durchwirkt. — 221. Desgleichen, roter und schwarzer Sanimet.
Stickerei: Heiligenfiguren und Wappen des Kardinals Albrecbt. Hermes p. 118. —
222. Desgleichen, gepresster roter Samniet. Heilige in Reliefstickerei. Ehemals
dem Domprobst von Gherwen gehörig. Hermes p. 118. — Ü23. Desgleichen, ge-
musterte rote Seide mit gesticktem Besatz. — 224. Desgleichen, gemustert,
dunkelblau. Gestickte Heiligen. — 225. Casula. Lila Seide. Rückenkreuz gelb
mit Gold. — 226. Desgleichen, gemusterte dunkelblaue Seide. Rückenkreuz ge-
stickt (Krönung Maria, Heilige). — 227. Desgleichen, weisser Atlas. Rücken-
kreuz gestickt (aus dem Marienleben). — . 228. Desgleichen, gemusterte weisse
Seide. Rückenkreuz mit baumstammartigem Kruzifix. — 229. Dalmatica. Ge-
musterte weisse Seide. Wappen des Kardinals Albrecht — 230. Desgleichen
ähnlich, sehr beschädigt, — 232. Ein Stück Goldbrokat mit Granatapfelniuster.
Mit Brandspuren. lö.Jahrh. — 233. Chormantel. GestickteLeinwand. — 234. Des-
gleichen, gemusterte blaue Seide, Kappe fehlt. — 235. Desgleichen, grün-
gemustert. Gestickter Besatz (sechs Apostel). — 236. Desgleichen, weissgelbe
Seide. Eingewirkte Muster. Kappe gestickt (Kreuztragung). Vorderbesatz mit
Heiligen. — 237. Desgleichen, roter gepresster Sammet. Stickerei (sechs Apostel).
— 238. Casula. Gelbe Seide mit eingewirkten silbernen Hundefiguren in gri'mem
Rankenwerk.' Rückenkrenz mit Kruzifix und Heiligen. 239. Desgleichen,
rote Seide mit grün und Silber durchwirkt. Rückenkreuz mit Kruzifix und
Heiligen, — 240. Desgleichen, dunkelroter Sammet. Rückenkreuz mit Scenen
aus dorn Marienleben. — 241. Desgleichen, braune Seide mit blauen Arabesken.
Rückenkreuz mit Heiligen. Wappen des Kardinals Albrecht. — 242. Desgleichen,
roter Atlas. Rückenkreuz mit Madonna und Heiligen. — 243. Desgleichen,
gemusterte rote Seide. Rückenkreuz mit Mater Dolorosa. — 244. Dalmatica.
Gemusterte weisse Seide. — 245. Desgleichen, gepresster blauer Sammet. —
246. Casula. Rote Seide. Rückenkreuz grüne Seide. — 247. Desgleichen,
ähnlich. — 248. Desgleichen, gelbe Leinwand mit roter und grüner Wolle
gestickt. Rückenkreuz mit grob gesticktem Kruzifix. 14. Jahrhundert? —
249. Desgleichen, lila Seide. Rückenkreuz mit Kruzifix und Heiligen. —
250. Desgleichen, roter Atlas. Rückenkreuz baumstammartig. — 251. Des-
gleichen, sog. Pestkasel. Weisse Leinwand. Rotseidenes Gabelkreuz. Hermes
p. 115. Bock, Lit. Gew. II, 250. — 252. Desgleichen, ähnlich. — 253. Des-
gleichen, schwarze Wolle mit weisser Borte. — 254. Desgleichen, schwarze
Wolle. Rotseidenes Rückenkreuz. — 255. Levitenrock. Gelbe Leinwand mit
bunter W^oUe. -- 256. Desgleichen, ähnlich. — 257. Dalmatica. Dunkellila Seide.
Halberstadt (der Dom: Webereien, a. litargische Gewänder) 285
die hellbraunen Einsätze mit Granatapfelmuster. Wappen des Erzbischofs Ernst —
258. Desgleichen, weisse Wolle mit rotem und goldenem Besatz. — 259. Des-
gleichen, gelb und rote Leinwand. — 260. Casula. Bunte gestreifte Seide. —
261. Desgleichen, grüngemusterte Seide. — 262* Desgleichen, grüne, rotgemusterte
Wolle. Auf dem Kückenkreuz 1701. H. S. — 263. Desgleichen, violetter Atlas
mit bunten Blumen. Weiss seidene Borte. — 264. Desgleichen, roter Wollmoiree. —
265. Dalmatica. Roter Sammet mit seidener Franse. Früher mit Wappen des
Kardinals Albrecht. — 266. Desgleichen, ähnlich. — 267. Desgleichen, ähnlich
wie N. 264. — 268. Desgleichen, schwarze Wolle. Defekt. — 269. Pluviale.
Lachsfarbener Seidendamast. Arabischeinschrift. Gemusterte grüne Seide. Hermes
p. 117. — 270. Levitenrock. Dunkelbraune Leinwand. — 271. Desgleichen,
ähnlich. — 272. Casulafragment (Rückenkreuz). — - 273. Desgleichen. — 274. Plu-
vialebesatz mit sechs Aposteln bestickt. — 279. Casulafragment (Rückenkreuz)
mit gestickter Kreuzigungsgruppe, Perlen und Edelsteinen. — 280. Dalmatica.
Goldbrokat mit Granatapfelmuster. Dreifarbige seidene Franse. — 281. Casula.
Dunkelroter Atlas. Stickerei mit Heiligen. Wappen derer von Britzke und von
Samptleben. — 282. Dalmatica. Weisse Seide. Granatapfelmuster und schön ge-
wirkte Streifen. — 283. Desgleichen. — 284. Desgleichen, gelber Sammet und
vierfarbige seidene Franse. Wappen des Kardinals Albrecht. — 285. Chormantel-
fragment Mit Königsfigur in Reliefstickerei Christus mit Magdalena im Garten. —
287. Rock eines bischöflichen Beamten. Roter Sammet mit goldener Litze. —
311. Schultertuch. Goldbrokat. — 312. Chormantelbesatz (mit neun Aposteln be-
stickt). — 313. Rückenkreuz einer Casula. Baumstammartiges Kruzifix. —
314. Desgleichen, ähnlich. — 342. Schulterhülle (velum oblongum). Rote Seide
mit verschiedenfarbigen Streifen. — 343. Cingulum. Grüne Seide mit Fransen
und Füttern. — 344. Desgleichen , weisse Leinwand. — 345. Stola. Aus Streifen
von verschiedenfarbiger Seide und gemustertem Goldstoff. — 346. Desgleichen,
gepresster roter Sammet. — 347. Desgleichen, ähnlich mit Troddeln. — 348. Des-
gleichen, gelber Sammet, seidene Fransen. — 349. Desgleichen, mit silbernen
Querstreifen. Farbige Fransen. — 350. Desgleichen, goldbrokat. — 351. Des-
gleichen, gepresster grüner Sammet. —352. Desgleichen, rote Seide und Fransen. —
353. Desgleichen, buntgestreifte Seide. — 354. Desgleichen, gepresster blauer
Sammet mit seidenen Fransen. — 355. Desgleichen, hanfgewebe mit seidenen
Mustern. — 356. Desgleichen , verschiedenfarbige Seide mit Fransen. — 357. Des-
gleichen, gelbe Seide mit schwarzem Sammetmuster. — 358. Desgleichen, schwarze
Wolle mit weissen Kreuzen. — 359. Desgleichen, violette Seide mit bunten
Blumen. Borte weiss. — 360. Desgleichen, grüne gemusterte Seide. Borte
gelb. — 361. Desgleichen, weisse gemusterte Seide mit goldenen Kreuzen. —
362. Desgleichen. Rote gemusterte Seide mit Fransen. — 363. Desgleichen,
Roter Sammet. — 364. Desgleichen, grüne rotgemusterte Wolle mit weissen
Kreuzen. — 365. Manipel aus verschiedenfarbiger Seide mit Goldstreifen. —
366. Desgleichen, blauer Sammet mit gelbem Muster. — 367. Desgleichen. Hanf-
gewebe mit bunten Mustern. — 368. Desgleichen, ähnlich. — 369. Desgleichen,
rote Seide mit Fransen. — 370. Desgleichen, roter Wollmoiree mit Fransen. —
371. Desgleichen, gemusterte rote Seide mit Fi-ansen. — 372. Desgleichen,
ähnlich. — 373. Desgleichen, blassrote Seide mit Fransen. — 374. Desgleichen,
286 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Webereien, a. litarg. Gewänder)
* - —
gemusterte grüne Seide, Borte gelb. — 375. Desgleichen, violette Seide mit
bunten Blumen, Borte weiss. — 376. Desgleichen, grüne Wolle mit rotem
Muster und weissen Kreuzen. — 377. Desgleichen, gemusterte rote Seide mit
Fransen. — 378. Desgleichen, gemusterte weisse Seide mit Fransen. — 379. Des-
gleichen, gemusterter blauer Sammet mit Fransen. — 380. Desgleichen, schwarze
Wolle mit weissen Kreuzen.
131. Mitra. Weisser Seidenrips. Stirnbinde und Titulus in Goldstoff mit
Perlenstickerei. 0,235 m hoch, 0,30 m breit. Altertümliches Exemplar. 12. Jahrh.
Hermes p. 120 mit Abbildung. Bock, Lit. Gew. I, 2, 185. — 132. Desgleichen,
Perlen- und Korallenstickerei, zum Teil auf untergelegten Metallplättchen. 0,26 m
hoch, 0,30 m breit. — 133. Desgleichen, altertümlich. Mit Darstellung des Kampfes
zweier Ritter. 0,26 m hoch, 0,287 m breit. Hermes p. 120 mit Abbildung. Bock,
Lit. Gew. I, 2, 226.^ — 134. Desgleichen, roter Sammet mit Perlenstickerei
0,327 m hoch, 0,30 m breit. Angeblich ehemals einem Abt von Huysburg gehörig.
Hermes p. 121 mit Abbildung. — 135. Desgleichen, ähnlich. Angeblich früher
im Besitz eines Abts von Hamersleben. — 136. Desgleichen, rote Seide mit
Flitteni und Schellen. Petrus und Paulus in Keliefstickerei. 0,34 m hoch, 0^6 m
breit Hermes p. 121. — 137. Desgleichen, ähnlich. 0,365 m hoch, 0,288 m
breit. — 138. Desgleichen, späte schwerfällige Form. Keliefstickerei. 0,365 ra
hoch, 0,314 m breit. Hermes p. 121 mit Abbildung. — 139. Handschuh, weisse
Seide mit Stickerei (Agnus Dei). — 306. Desgleichen, weisse Baumwolle, ge-
strickt, mit aufgesticktem bunten Muster. — 307. Desgleichen. — 308. Desgleichen. —
309. Desgleichen, mit Agnus Dei. — 310. Strumpf (caliga). Violette buntgestreifte
Seide. Bock, Lit. Gew. H, 9f. — 190. Schuh. Seidner Goldstoff mit Ledersohle.
Hermes p. 122. — 304. Ein Paar desgleichen. Gepresster roter Sammet, Gramit-
apfelmuster.2 — 305. Ein Paar desgleichen. Roter Sammet an den Seiten zum
schnallen. — 140. Schweisstuch. Rote Seide mit Goldborte und Füttern. 0,52 m
lang. — 141. Desgleichen, aus Byssus mit Perlenstickerei und silbernen Sternen.
0,75 m lang. — 142. Desgleichen , weisse Leinwand , einfach. — 149. Bursa
(Gtirteltasche). Kastenform. Roter Sammet — 150. Desgleichen, Taschenform,
Goldstickerei. -— 151. Desgleichen, rote Seide. — 152. Desgleichen, roter Sammet
und Seide. Schloss silbern. Mit von Stamem'schem Wappen. Hermes p. 107. —
153. Desgleichen, dreifarbige Sammetstreifen, Goldstickerei. — 154. Desgleichen,
Kastenform. Roter Sammet. — 155. Desgleichen, rot und Gold. — 289. Des-
gleichen , Taschenform. Relief Stickerei (Kreuzigungsgruppe). — 290. Desgleichen,
rote Seide. — 291. Desgleichen, lila Seide. — 292. Desgleichen, rote Seide.—
293. Desgleichen, rote Seide, grünes Kreuz aufgemäht. — 294. Desgleichen,
Buchdeckelform. Weiss mit gestickter Kante. — 295. Desgleichen, gemusterte
grüne Seide, Borte gelb. — 296. Desgleichen, gemusterte blaue Seide, Borte
weiss. — 297. Desgleichen, schwarzes, weissgemustertes Zeug, rückseite blau.
IL Altardecken, Wandteppiche und dergleichen. In der Dom-
sammlung sind vorhanden : 94. Antependium, Nesseltuch mit Zwimstickerei. acht-
^ Er erklärt die Kampfdarstellung irrtümlicli für den Streit zwischen Judaismus und
Christentum. Beide Figaren tragen durchaus gleiche Kleidung.
» Von Bock, Lit. Gew. I, 1, 106. fälschlich ins 12. Jahrh. datiert.
Halberstadt (der Dom: Webereien, b. Deckeo, Teppiche n. s. w.)
zehn Heiligenbilder, im Mittelfelde die Kreuzigungsgruppc. (Fig. 98). .I,20mhoch,
3,84 m lang. 13. Jahrb. Hermes p. 105 mitunvollständigerJÄbbildung. — 95. Desgl.,
mit Darstellungen aus einer Heiligenlegende (St. Barbara?). Angenäht sind andere
nicht zugehörige aber gleichaltrige Stücke. 0,88 m hoch, 2,39 m lang, 13. Jahrh.i
' Von Bock, Ut. Gew.I, I, 106. fälBchlich iaa 12. Jahrh. datiert.
288 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Webereien, b. Decken, Teppiche u. s. w.)
Hermes p. 106. — 127. Sehr beschädigte Sargdecke. Kreuz darauf von Gold-
brokat. — 158. Antependiura. Seidenstickerei auf Nesseltuch mit achtzehn bib-
lischen Darstellungen. An den Seiten Heilige. Verziert mit Perlen und Edel-
steinen. 1^7 m breit, 3,14 m lang. Anfang des IS.Jahrh. Hermes p. 105 mit un-
vollständiger Abbildung. — 159. Desgleichen, Seide mit Goldstickerei (Burgen
und Tiere) 0,95 m breit, 1,57 m lang, Hermes p. 106. — 160. Desgleichen, Stickerei
auf Leinwand mit Hohlsäumen. 0,62 m breit, 1,9 m lang. — 161. Altarvelura.
Roter Atlas mit Schildern, Rosetten und Füttern (sogenannte ouvraiged'Angleterne).
Vgl. Bock, lit. Gew. I, 2, 211. — 162. Desgleichen, mit gesticktem Bilde des
h. Stephanus. — 163. Desgleichen. — 164. Desgleichen, grüner Altlas, Schilder
und Füttern. — 165. Desgleichen, roter Atlas. Vergoldete Silberpiättchen. Ge-
stickte Kante. — 166. Desgleichen, grüne Seide. Ähnliche Ausstattung. —
186. Fragment eines Antependium. Rote Seite, doppelseitig gestickt. Vom Gethse-
mane, hinten Verkündigung. 15. Jahrh. Hermes p. 106. — 187. Desgleichen,
grüne Seide mit Schildern und Füttern. — 188. Altarvelum. Doppelseitige
Stickerei. Sehr beschädigt. — 189. Desgleichen. — 203. Antependium. Mit Perlen
und Korallenstickerei auf rotem Atlas. In der Mitte Krönung Mariae. 0,7 m
breit, 1,57 m lang. Kante 0,21m breit 13. Jahrh. Hermes p. 106. — 215. Altar-
decke. Stickerei auf Leinwand mit einundzwanzig Passionsdarstellungert. Prätexta
von roter Seide. Hermes p. 106. — 231. Kelchvelum. Buntgestreifte Seide. —
276. Antependium. Nach Art eines grauen Zwimnetzes mit gesticktem Muster.
3,14 m lang, 1,9 m breit. — 277. Desgleichen, Stickerei auf Leinwand (Heiüge
und Vögel. 0,95 m lang und breit. Gestickte Kante 0,21 m breit. — 288. Kelch-
velum. Schwarze Wolle mit weissem Spitzenbesatz. — 298. Decke. Gemusterte
grüne Seide. Borte gelb. — 299. Desgleichen, gemusterte schwarze Seide. Borte
weiss. — 300. Desgleichen, grün und rot gemusterte Seide. Borte weiss und
gelb. — 301. Desgleichen, roter Sammet. Silbernes Kreuz. — 302. Desgleichen,
blaue Seide. — 303. Desgleichen, blaugemusterte Seide. Borte weiss. — 315.
Gestickte Kante eines Antependiums. 1,'^5 m lang, 0,12 m breit. — 316. Kelch-
velum. Roter Sammet mit Gold- und Perlenstickerei und drei NieUen. Ein kleiner
Rosskamm von vergoldetem Silber weist auf schwarzburgische Herkunft Hermes
p. 106. — 317. Desgleichen. Rote Seide mit Goldfäden und bunten Fransen.
Doppeladlermuster. Itaüen. 13 Jahrh. — 318. Seidenes buntes Gewebe mit ein-
gewebter Figur mit drei Vogelköpfen, sowie andere Figuren in altertümlicher
Auffassung. Weberei auf beiden Seiten gleich. Gefunden 1864 im Hochaltar
als Reliquienhülle, jetzt zwischen zwei Glasplatten, 0,237m breit, 0,667m lang.
Orient. Hermes p, 124. — Ausserdem ohne Nummer in der Sakristei eine Altar-
decke von resedafarbenem Sammet mit Granatapfelmuster.
Wandteppiche sind im hohen Chor, einige Fragmente in der Domsammlung
vorhanden. Letztere sind folgende: 128. Teppichfragment. Gemusterte Kante.
Wollen hautelissegewebe. 12. Jahrh. — 275. Gestickte Kante mit Heiligen. 4,71 m
lang, 0,20 m breit. — 278. Desgleichen, rotbraungemustert.
Von den Teppichen im Chor ist der älteste eine Hautelisseweberei des*
12. Jahrh., 1,58 m hoch, 1,44 m breit, jedoch ist seine wirkliche Höhe bedeutender
gewesen und hat, wie das Muster beweist? gegen 2 m betragen. Inmitten einer
roten Raute befindet sich die thronende Figur Karls des Grossen. In den zwischen
»Halberstadt (der Dom: Webereien, b. Decken, Teppiche ti.s. w.) S8Ö
^>
den Seiten der Baute und dem Eande des Teppichs befindlichen dreieckigen
Feldern sieht man die Figuren von vier Philosophen, von denen die beiden
oberen halb zerstört, die beiden unteren vollständig sind. Durch Beischrift ist die
Figur links unten als Cato, die rechts als Seneca bezeichnet Ein jeder von ihnen
hält ein Spruchband, deren Inschriften folgendermassen lauten : oben links TVTVM.
CRED . . . ; oben rechts . . . VIS. NEMINI. DIX . . . ; unten links DENIGRAT.
MERITVM. DANTI8. MORA; unten rechts QVI. CITO. DAT. BIS. DAT. Auf
der Raute zieht sich folgende Inschrift hin: . . . TARE. DIV. NEC. HONOR.
NEC. VIS. NEC. FORMA. NEC. ETAS. 8VFFICIT. IN. MVNDO. PLV8. TAMEN.
|STA. PLACE. . . Das Ganze scheint ein Distichon zu sein, dessen Bedeutung
sich freilich nur vermuten lässt. Um den Rand gehen die Worte : DIV. QVERITVR.
VIX. INVENITVR. DIFFICILIVS. . . Der Grund ist ein dunkles Blau und Grün ;
die Gewänder sind grün, gelb und rot; der Rand ist weiss.
Von besonderem Interesse sind zwei Teppiche griechischer Herkunft, welche
Bischof Eonrad mitgebracht haben soll. Die oben citierte Urkunde bezeichnet
diese Stücke nicht in erkennbarer Weise, dagegen berichten die Gesta epp. Halb.
Konrad habe den Chor von allen Seiten mit seidenen Decken verziert. Die in
Rede stehenden Teppiche, welche ich der Kürze halber den Abrahams- und den
Apostelteppich nenne, sind jedoch von Wolle, Hautelissewebereien aus der
ersten Hälfte des 12. Jahrh.
Der Abrahamsteppich (an der südlichen Chorseite; Breite 1,14 m, Länge
10,04 m) enthält folgende Darstellungen von links nach rechts: Abraham und die
drei Engel vor der Thür der Hütte; die drei Engel essen bei Abraham; Isaak
wird zum Opfer geführt; Opferung Isaaks; St. Michael den Drachen tötend. Die
einzelnen Scenen sind durch Bäume oder aufrecht stehende Spruchbänder ge-
trennt. Erstes Spruchband:
ÄDORATP + B^VN^NA RSDVPLCXS /9TINVA
Das Band liegt unten rechtwinkelig um, und die dort befindliche Schrift
ist unkennbar. Zweites Spruchband:
P2DAGNVM . i>NATOIVBeOTePDeReCARO .
Der Grund ist blau mit dunklerem Rande, die Gewänder rot, weiss (sehr
beliebt) und dunkelblau, die Heiligenscheine gelbgiün, auch rot mit weissem
Rande. Die Wangen der Personen zeigen kreisrunde rote Flecken. Die vor-
kommenden schwarzen Fäden sind im Laufe der Zeit vergangen. Zur Verhütung
des Auftrennens ist oben und unten ein Streifen von rötlichem Stoff angenäht.
Dieses wie auch die sonst in beiden Teppichen sichtbare wenig geschickte Flick-
arbeit ist das Werk des im vorigen Jahrh. lebenden Domküstei-s ^aber.
Der Apostelteppich (an der nördlichen Chorseite. Breite 1,15 m, Länge
8,93 m). Die allgemeinen Merkmale sind dieselben wie beim Abrahamsteppich.
Die Darstellung zeigt in der Mitte Jesus in der Mandorla thronend, in der Linken
ein Buch, die Rechte segnend erlioben; die Mandorla wird gehalten von zwei
Engeln, rechts Gabriel, links Michael. Rechts und links von dieser Gruppe sieht
man die Apostel im Freien zwischen Gebäuden sitzen. Mit Ausnahme von Petrus
bat keiner ein Attribut, sondern alle und auch er halten Bänder mit ihren Namen
Krall HftlbentadL 19
1
290 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : Webereien, b. Teppiche, Decken u. s. w.)
in der Hand. Sie folgen von links nach rechts so: Thomas, Johannes (bärtig!),
Andreas, Jakobus, Philippus, Petrus, (Mittelgruppe), Paulus, Jakobus, Bartholomäus,
Judas, Simon, Bamabas. Nach Abwechslung wird gestrebt, jedoch beschränkt sich
diese darauf, dass immer ein älterer auf einen jüngeren Mann folgt, auch ist einige
Verschiedenheit in der Haltung zu bemerken. Die Grundfarbe des Teppichs ist
blau. An den Gewändern und Architekturen giebt es graugrün, rot, grün, schwarz,
weiss. Die Heiligenscheine sind sämtlich gelblich mit rotem Rand. Die Augen
sind grellweiss und schwarz, Lippen und Wangen rotfleckig, die Haare meist mit
Rot abschattiert. Sie wallen lockig und gescheitelt herab. Petrus hat graues,
krauses Haar, Paulus und Bartholomäus schlichtes graues.
Hieran schloss sich ehemals noch ein Stück, welches im vorigen Jahr-
hunderte schon in völliger Auflösung begriffen gewesen sein soll und die
sitzenden vier Evangelisten zeigte, gekennzeichnet durch Spruchbänder und
Symbole, in ihrer Mitte den auferstandenen Christus mit der Siegesfahne. Der
Domküster Haber fertigte eine gemalte Kopie davon an, die an sich ungeschickt
genug, doch für seine gute Absicht zeugt. Jedenfalls haben wir nur durch ihn
eine Anschauung von dem fehlenden Stücke. Desgleichen existiert von Haber
eine ergänzende Malerei zum Abrahamsteppich mit der Darstellung der Jakobs-
leiter. Trotz grosser Unbeholfenheit zeigt das Werk den Charakter des Teppichs,
zu dem es gehören soll, und es ist der Gedanke darum nicht unwahrscheinlich,
dass auch dieser Teppich eines Bestandteiles beraubt worden ist, dessen Yerlust
Haber gut zu machen suclite. Wahrscheinlich waren beide Stücke für seine
Flickthätigkeit beim besten Willen nicht mehr herstellbar. Die Malereien werden
in einem Schrankkasten im Kapitelsaale aufbewahrt. — Es wäre ein dringendes
Erfordernis, dass für eine sorgfältigere Aufbewahrung der beiden grossen und
wichtigen Teppiche energische Massregeln getroffen würden.
Marienteppich, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts (an der Ostseite des Chors, hinter
dem Altar. Breite 1 ,78 m, Länge 13,84 m.). Der rote Grund ist ausgefüllt mit grünem,
blauem und gelbem stilisierten Blatt- und Blütenwerk in kreisförmig gebogenen
Zweigen. Dazwischen finden sich folgende 12 Scenen aus dem Leben der Maria: Die
junge Maria steigt in den Tempel; Vermählung; Verkündigung (im Freien!); Heim-
suchung; Christi Geburt (im Freien!); Beschneidung (im Freien, nur der Altar
ist da); Anbetung der Könige; Darstellung im Tempel (im Freien); Flucht nach
Aegypten; der zwölfjährige Jesus im Tempel (auf Stufen im Freien); Tod der
Maria (im Freien); Krönung Maria. Zu Füssen der meisten dieser Gruppen
giebt es kleine, scheinbar nicht zugehörige Scenen von Tieren, Hunden, welche
Hirsche und Hasen verfolgen und dergleichen. Dies fehlt nur bei der vierten
und siebenten Gruppe. Die Köpfe der Personen scheinen zum Teil ergänzt,
wenigstens stechen sie mit ihrer sehr hellen Farbe unharmonisch von dem
übrigen ab.
Rotsammtner Teppich des 16. Jahrhunderts mit den Wappen von Halb.,
Magdeburg, Mainz, Pommern, Brandenburg und Hohenzollem. Geschenk des
Kardinals Albrecht. Er dient gegenwärtig zur Bekleidung des Treppentürmchens,
welches zum Lettner hinaufführt.
Sonstige Erzeugnisse der Webekunst und Stickerei. 84. Pro-
zessionsfahne. Mit Bild des h. Stephanus. — 85. Desgleichen. Mit Bild des
Halberstadt (der Dom : Webereien, b. Teppiche, Decken u. s. w. — Bildwerke) 291
h. Laurentius. — 86. Desgleichen. Mit gesticktem Kruzifix. Alle drei sehr be-
schädigt. — 87. Fahne. Grün mit Gold. In der Mitte ein gestickter schwarz-
seidner Einsatz mit figürlichen Darstellungen und griechischer Schrift Das
Fahnentuch endigt in fünf Zacken. Länge der Fahne 0,785 m, der Zacken 0,628 m.
Das innere Feld ist 0,47 m hoch und 0,39 m breit. Durch Bischof Konrad 1206
aus Byzanz mitgebracht. Sehr merkwürdiges Stück. Hermes p. 123. Bock, Lit.
Gew. 1,2, 187. III, 212. — 88. Desgleichen. Ähnlich. Hermes und Bock, a. a. 0.
— 148. Hostienbüchse mit Perlenstickerei. I.Hälfte des 13. Jahrhunderts. — 167
bis 173. Sieben Marienmäntelchen. — 175. Messbuchunterlage. Perlenstickerei,
darauf das Wappen derer von Gherwen. 0,09 m Durchmesser. — 341. Kurhut
des Grossen Kurfürsten. Angeblich benutzt bei der Huldigung am 2. April 1650.
Roter Sammet mit Hermelin.
Bildwerke. Siehe auch Epitaphien. In der Domsammlung vorhanden
sind: 15. Kleiner Tragaltar. Walrosszahn. Innen die Madonna und eine
Anzahl von Scenen aus ihrem Leben nebst den Figuren der Kirche und
Synagoge. 0,56 m hoch, 0,22 m breite die Figuren zwischen 0,21 m und 0,08 m
hoch. Früher in der Liebfrauen-Kirche. Vorzüglich erhalten. Frankreich. Ende
des 1^. Jahrhunderts. Abbildungen in den Mitteilungen der Central -Kommission
1 868. Tafel zu pag. LXXVHI. Weber, Geistliche Schauspiele und kirchliche Kunst,
p 102. Hermes p. 130 mit Abbildung. — 44. Elfenbeinrelief auf dem Deckel eines
Evangehars. 0,14 m hoch. 9. Jahrhundert. Hermes p. 132. — 45. Konsulardiptychon
auf beiden Seiten eines Buchdeckels. Elfenbein. Von besonderem Interesse ist
die genaue Wiedergabe der Gewandstickereien. S.Jahrhundert. Hermes p. 125ff.
mit Abbildungen. Bock, Lit. Gew. 1,2, 131 und Tafel I. Auf seine Auseinander-
setzungen sei vorläufig verwiesen statt weiterer Untersuchung, die hier zu weit
führen würde. — 59. a und b. Zwei Diptychontafeln von Elfenbein vordem als
Seiten des Reliquienkästchens No. 28 benutzt. Byzanz. — 381. Altaraufsatz.
Früher zu dem liturgischen Altar gehörig. Speckstein. Grosse Kreuzigungs-
seene. Bemalte Predella mit Brustbildern von 14 Heiligen. 16. Jahrhundert.
Hermes p. 132. — 387. Altarkruzifix. Holz, bemalt. Die Füsse gleichmässig neben
einanderstehend auf einer Konsole. 0,97 m hoch. 12. Jahrhundert — 392. Mittelteil
eines Triptychons. Holz, bemalt. Anbetung der Könige. 0,85 m hoch. (Figuren
0,45 m hoch) 0,68 m breit. Deutschland. Ende des 14. Jahrhundert. — 396. Maria
mit dem Leichnam Christi. Holz, bemalt. 0,92 m hoch. Deutschland, 15. Jahr-
hundert- — 396a. H. Anna, selbdritt. Holz, bemalt. Defekt. 0,94 m hoch. Deutschland.
15. Jahrhundert — • 401. Altarschrein. In der Mitte die Madonna in der Strahlen-
glorie, beiderseits je 4 Heilige zu zweien über einander. Massige Holzschnitzerei,
bemalt Die Flügel fehlen. Deutsch. 15. Jahrhundert — 402. Desgleichen mit
Flügeln. Mittelbild, Madonna, rechts und links über einander je zwei Heilige,
die Flügel mit je zwei mal zwei Heiligen. Alles von üppigem Masswerk um-
geben, Holzschnitzerei, bemalt und reich vergoldet Besser als No. 401. — 403. Des-
gleichen. Triptychon. In der Mitte die geschnitzte Kreuzigungsgruppe Die
Flügel sind innen bemalt, links Jakobus der Ältere, rechts Christophorus. Die
äussere Malerei der Flügel ist mit Ölfarbe überstrichen. 1,10 m hoch, 0,82 m
breit. Deutsch. 15. Jahrhundert. Hermes p. 132. — 411. Alabasterrelief. J)ie
Auferstehung Christi darstellend. Vielleicht von einem kleinen Altar herrührend.
292 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom : Bildwerke)
Zum Teil vergoldet 0,50 m hoch, 0,30 m breit. 16. Jahrhundert. — 421. Keicfc
geschnitzter, vergoldeter Rahmen, oben mit einem Adler, seitlich mit 2 Heiligen-
figuren geschmückt. Darin ein grosser Kupferstich, sogenannter Domherrenkalender.
18. Jahrhundert. — 422. Altarschrein mit polychromer Schnitzerei. Das Mittelbild
zeigt die Krönung Maria, links stehend eine Heilige mit Kelch, St. Augustin,
St. Magdalena; rechts die hh. Katharina, Stephanus, Barbara. Im Flügel
rechts: Johannes, Martinus, Antonius, links: die Anbetung der Könige. Alles
von reichem Masswerk umgeben, auf welchem oben in der Mitte St. Sebastian
steht. Die Schnitzereien unterhalb der Figuren sind später hinzugefügt. Sie
zeigen innerhalb von Rankenwerk die Halbfiguren der 12 Apostel. Das etwas
plumpe Werk ist ziemlich gut erhalten. Früher in der Moritzkirche. Mittelteil
1,63 m hoch, 3,05 m lang. Deutschland. Ende des 15. Jahrhunderts. — 423. Altar-
bekrönung in Form eines sechskantigen Türmchens. Holzschnitzerei mit Ver-
goldung, zum Teil beschädigt, früher in der sogenannten Neustädter Kirche beim
Salvatorhospital. 2,08 m hoch. 15. Jahrhundert.
Ausserdem existieren an und in der Kirche und ihren Nebenräumen folgende
nicht numerierte Skulpturwerke: am 2. Strebepfeiler der Nordfront eine gotische
Gewölbeschlussrosette, ein in Blattwerk übergehendes Gesicht. — St. Stephanus am
Westende des nördlichen Seitenschiffes, ein lebensgrosses Werk vom Anfange
des 16. Jahrhunderts in schöner geschwungener Haltung. Er war früher am West-
portal angebracht, und ist erst vor kurzer Zeit an seine jetzige Stelle gebracht
worden, wo er recht malerisch wirkt. Unter ihm am Sockel befindet sich ein Wappen
mit der Inschrift: f. m. ep. gadensis, d.h. frater matthias episcopus gadensis.
Auf dem daneben befindlichen Altar steht eine h. Katharina, bemaltes Holz,
1,35 m hoch. 15. Jahrhundert.
Im nördlichen Kreuzarm hängt ein altes Kruzifix, mit neben einander
stehenden Füssen, eine ziemlich rohe, bemalte Holzfigur, welche eine Kopie nach
einem älteren Vorbilbe zu sein scheint. Sie stammt aus Harsleben (s. oben), wo sie
in einer Rumpelkammer lag. Am Eingange des nördlichen Kreuzarms an der die
Empore tragenden Säule hängt der Baum der Erkenntnis, eine polychrome, derbe,
flache Holzschnitzerei des 15. Jahrhunderts. Die Schlange endigt in einer ge-
krönten nackten Frau, darüber die Halbfigui Gott Vaters.
Im nördlichen Chorumgange, an der Wand des hohen Chors der ungläubige
Thomas, Sandsteinrelief, 14. Jahrhundert, 0,99 m hoch, 0,52 m breit. Eckstück
des Frieses von einem Kanzelaufgange. Unterschrift: mitte manum tuam in
la[tus meum]. — Hinter dem hohen Chor ein Schmerzensmann. Dreiviertel
Lebensgrösse, bemalter Sandstein. 15. Jahrhundert.
Am Eingange zur Marienkapelle rechts und links zwei Leuchter tragende,
kniende Engel.
In der Marienkapelle stehen auf dem Altar drei frühgotische Figuren (Fig. 99)
vom Ende des 13. Jahrhunderts: a. lachender Engel ohne Flügel, in der linken Hand
den Griff eines (fehlenden) Schwertes, die rechte Hand erhoben; b. ältere Frau
(Maria); nach links gewendet, steht sie mit gefalteten Händen auf einem niedern
Sockel. Die Ausführung der Gewandung ist zu loben, c. Maria Magdalena in
etwas nach vorn gebückter Haltung mit Salbgefäss und Weihrauchfass. Nur
die beiden letztern Figuren, welche etwas jünger sind als die erste, stammen von
Halberstadt (dor Dom: Bildwerke)
derselben Hand. Die drei Figuren zeigen noch die ursprüngliche, gut erhaltene
Bemalung; die Technik ist von hervorragendem Werte. In der südliche Nischen
daselbst steht auf einem Sockel eine Madonnenstatue, etwas über lebensgross
aas Sandstein gearbeitet und bemalt aus dem 14. Jahrhundert; vielleicht identisch
mit dem von Merian (Topog. Saxon. Infer. p. 119) genannten Bilde. Der Falten-
294 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Bildwerke)
wurf ist streng aber nicht unfrei, die Modellierung des Körpers zeigt die in jener
Periode gewöhnlichen stilistischen Merkmale. In der nördlichen Nische ein Thon-
relief, datiert von 1514. In der Mitte Joseph und Maria das Kind anbetend, welches von
kleinen Engeln verehrt wird, dahinter die Stallwand, durch deren gedoppeltes
Fenster Ochs und Esel hereinblicken. Der Hintergrund zeigt in flachem Relief
in der Mitte den Stern und einen herabschwebenden Engel, zu den Seiten den
Herbeizug der h. drei Könige von drei verschiedenen Richtungen, jeder mit grossem
Gefolge. Oben rechts die Hirten, links der Bethlehemitische Kindermord. Ganz
oben Christus als Weltrichter von Maria und Johannes verehrt. An der Predella
die Verkündigung mit kleinem knienden Stifter. Am Gitter das v. Marenholzsche
Wappen. Das Relief ist leider ziemlich verdorben; die technische und geistige
Behandlung des Gegenstandes zeugt von Zartheit der Empfindung. Auf einem
Altar im südlichen Ohorumgange öine h. Katharina von 1509, bezeichnet FVH
(Friedrich v. Hoym). Im südlichen Seitenschiff am Pfeiler neben der Vierung
hängt ein kleines beschädigtes Holzrelief des 15 Jahrhunderts, den Ölberg dar-
stellend. 0,53 m hoch, 0,40 m breit.
Im Mittelschiffe auf dem liturgischen Altar steht ein Kruzifix (1,87 m hoch).
Holzschnitzerei des 15. Jahrhunderts.
Über dem Lettner befindet sich auf einem zwischen den Pfeilern der Vierung
ausgespannten Balken eine kolossale Kreuzigungsgruppe vom Anfange des 13. Jahr-
hunderts. In der Mitte schwebt Christus, ohne Dornenkrone, das Haupt etwas
nach rechts gesenkt, die Füsse neben einander stehend, an einem Kreuz, welches
auf ein anderes aufgesetzt ist, dessen Arme in Kleeblätter ausgehen. Innerhalb
derselben befinden sich Engelfiguren, unten eine kauernde halb nackte männ-
liche Figur (Adam). Das Kreuz wird unten von zwei knienden Engeln gehalten.
Daneben vom Beschauer links die matronenhaft aufgefasste Maria, die gefalteten
Hände halb erhoben; rechts Johannes, ganz nach vorne gewendet, das Haupt in
die rechte Hand stützend, während Maria eine halbe Wendung zu Christus hin
macht. Während die Füsse des Heilandes auf einer Schlange stehen, steht Maria
auf einem Drachen, Johannes auf einem gekrönten Manne, der sich krümmt.
Wieder rechts und links von diesen Personen sieht man zwei sechsflügelige
Seraphim auf Rädern stehend (im Anschluss an die Stelle Hesekiel 1, 5ff). Die
Gesichter der drei Hauptpersonen zeigen einen innigen gemütstiefen Ausdruck,
wiewohl die Charakterisierung des Seelenzustandes weniger durch jenen als
durch Gebärden bewirkt ist, eine Eigentümlichkeit, die ebensowohl durch die
technische Unvollkommenheit des Künstlers als durch dessen richtige Erwägung
bewirkt ist, dass bei der Entfernung des Werkes vom Beschauer, die Charakte-
ristik der Gebärden wirkungsvoller ist als die der Mienen. Die Seraphim ver-
halten sich bewegungslos und als unterwürfige Zuschauer. In starker Bewegung
befinden sich die beiden Engel in den Kreuzarmen rechts und links; ebenso
nimmt Adam, der mit emporgerichtetem Blick von oben das Heil erwartet, ruhigen
und doch lebhaften Anteil. am Sterben des Herrn. Der oberste Engel zeigt keine
besondere Bewegung. — Am Balken, der die ganze Gruppe trägt, befinden sich
vorn unter kleinen, in Kleeblattform gebildeten Baldachinen, die Halbfiguren von
zehn Aposteln, in der Mitte ohne Baldachine, die schon erwähnten zwei Engel, die
das Kreuz mit ihren Händen stützen. Auf der Rückseite sieht man unter Balda-
Halberstadt: (der Dom: Gemälde) 295
chinen, die mit Stadtzinnen Ähnlichkeit haben, die Halbfiguren von zehn Propheten
mit Schriftbändem in den Händen, in der Mitte ohne Baldachin die ganzen
Figuren der Marien, welche von rechts her an das Grab herantreten, auf dem
der Engel mit einem Schriftbande sitzt Die Propheten zeichnen sich aus durch
Verschiedenheit der Auffassung, Mannigfaltigkeit der Bewegung, Lebhaftigkeit
der Empfindung und Schönheit der antikisierenden Kleidung, jedoch im einzelnen
nicht zu bestimmen. 1 Der Christusfigur ist der Christus der Liebfrauen-Kirche
nachgeahmt, welcher aber den Kopf steiler hält.
In der Neustädter Kapelle befindet sich ein sehr schön geschnitztes und
gemaltes Altarblatt (Pentaptychon) ; jetzt in einer den Grundsätzen der Denkmal-
pflege nicht durchweg entsprechenden Weise hergestellt, d. h. durch Ver-
schönerungen und Zuthaten z. T. in seinem Werte beeinträchtigt. Innen in der
Mitte die Krönung der Maria, in Nischen rechts und links Paulus und Petrus ; auf den
Flügeln rechts Hieronymus und Ambrosius, links Augustin und Gregor. Oben in der
Bekrönung stehen umgeben von zierlichem, reichem Masswerk in der Mitte die
h. Jungfrau, r. S. Katharina, 1. S. Barbara. Alle diese Bildwerke sind geschnitzt^
bemalt und vergoldet. Die Aussenseiten der Fitigel zeigen folgende Darstellungen :
Rechts: 1) Oben links Verkündigung, rechts Heimsuchung; unten links Anbetung
der Könige, rechts Darstellung im Tempel. 2) Oben links Jesus vor Kaiphas,
rechts Geisselung; unten links Kreuztragung, rechts Christus am Kreuz. — Links:
1) Oben links Joachim und Anna an der Tempelthür, rechts Marias Ver-
mählung; unten links Anbetung der Hirten, rechts Beschneidung. 2) Oben links
Einzug in Jerusalem, rechts Gefangennalmie ; unten links Ecce homo, rechts
Pilatus Handwaschung. An der Predella ist vom links die Beweinung, rechts
die Auferstehung. Das Mittelbild hat auf der Rückseite eine Darstellung des
jüngsten Gerichts; nnten, den Predellabildern entsprechend, gi-ün in grün gemaltes
gotisches Laubwerk. Alle* diese Malereien sind in Tempera ausgeführte massige
Erzeugnisse der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
In der Sakristei befindet sich über dem Altar ein bemaltes Sandsteinrelief
des 15. Jahrhunderts, Kruzifixus mit Maria, Johannes und drei Heiligen. 1,09 m
hoch, 1,51 m breit.
Im Kaptelsaal stehen auf Wandkonsolen eine Anzahl von hölzernen, poly-
chromen Figuren ungefähr von Metergrösse, aus dem 15. bis 18. Jahrhundert.
Ob alle ursprünglich dem Dom gehört haben, ist nicht zu ermitteln. Es sind
dies fünf Madonnen, ein Bischof mit Kirchenmodell, Jakobus der Ältere, dreimal
der h. Stephanus, eine Heilige mit Buch, St. Georg und zwei andere Heilige. Ihr
künstlerischer Wert ist durchweg nicht bedeutend.
Gemälde. In der Domsammlung vorhanden sind folgend©: Nr. 66. Schweiss-
tuch der h. Veronica, auf Flor gemalt unter Marienglas in einem Hoizrahmen
mit Henkel. 0,176 m hoch, 0,136 m breit. 15. Jahrhundert. Hermes p.l35. —
' Vergl. Küsthardt, Apostelbalken und Triumphkreuz, Zeitschr. f. bild. KunRt. 1888, 322ff.
mit Abb. der Mittelgruppe, beider Seitenstucke und des Christuskopfes einzeln. Bode, Deutsche
Plastik, p. 44ff. mit Abbildungen. Förster, Denkmäler, V. Hermes p. 58 mit Abbildungen
der Vorder- und Rückseite. Uasak, Geschichte der deutschen Bildhauerkunst im 13. Jahr-
hundert, p. 16.
HalbentUdter Stadtlireis: Halberstadt (d« Qom: GemtUde)
12&. Christus von
Magdalena gesalbt,
Ölmalerei auf einem
Tnihendeckel,0^45m
hoch, 0,388 m breiL
16. Jahrhundert —
384.KreuzesabDabme.
Von Samuel Bott-
schild (t 1707 J. -
385. Altarbild. Trip-
tychon; innen Ma-
donna mit hb. Bar-
bara (?), KatliariDa
und ^lisabeHi ; Flügel
innen mit je zwei Soe-
nen aus der Katha-
rinalegende, aussen
links Stephanus |?|.
reclits Joiiannes der
Täufer. Mittelbildlm
lioch, 1,49 m breit-
Deutsch. 15.Jahri). —
386. Zweiflügeliges
Bild, darstellend die
aus 17 Personen be-
stehende Familie des
Dr. Martin Mims,
ersten evangelischen
Dompredigers, ölbilj
auf Holz. 17.Jahrh. -
388. Flacher Knsten.
innen mit grossen be-
schriebenen Perga-
mentblättem ausge-
klebt Aussen
Schweisstuch der h.
Veronica. Tempera.
0,65 m hoch, 0,53 m
breit Ende 14. Jahr-
hundert — 389. Ova-
les Brustbild des Dom-
herrn von Spiegel,
nach rechts blickend,
tüchtiges, gut erhal-
tenes Portrait 0,72 in
hoch. 18. Jabrh. -
1
HalberGtadt (det Soiu: GemSlde)
391.Altarbild,Triptychon ;
in der Mitte die Madon-
na; Flügel: aussen rechts
St Andreas, St. Anna selb-
dritt, innen rechts Paulus,
links Petrus. Mittelbild
0,41 m hoch, 0,30 m breit.
Mittelbild italienisch (?).
M.Jalirh. tlügel deutsch.
laJahrh. — 393. Kreuzi-
gungsscene. Vielfiguriges
Temperabild auf Holz mit
Goldgrund. 0,^ m hoch,
0,57 m breit. 16.Jabrh.—
394. Triptychoii. Madonna
mit Heiligen. Nur ein
Flügel mit dem Bilde Ju-
hannes des Täufers ist
noch vorhanden. Mittel-
bild 1,07 m hoch, 1,02 m
breit. Kölnische Schule
des Meisters Wilhelm.
Ende 14. Jahrh. Hermes
p. 133 mit Abbildung.
Janitscbeh, Deutsche
Malerei p. 214. — 395.
Mittelteil eines Tripty-
chons. Kreuzigungs-
gruppe. Links Marünus,
rechte Jakobus der Äl-
tere. Tempera auf Holz.
Deutsch. 15.Jahrh.~397.
Triptychon. In der Mitte
die Kreuzigiingsgruppe
(Fig. 100) mit vielen Fi-
guren ; Flügel : aussen
rechts acht h. Frauen,
links Christus mit den
Aposteln, voran der un-
gläubige Thoiuas. Innen
rechts oben die beilige
Nacht, unten fieschnei-
dung {Fig. 102), Unks Fig. 102.
oben die Yerhündigung,
unten Anbetung [der Könige'(Fig. 101). Ölbild aufHolz. Mittelbild l,56rahoch, 1,44
breit. Über den Meister und die Entstehungszeit giebt eine Majuskelinscbrift
298 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Gemälde)
Auskunft, die sich unter dem Mittelbilde hinzieht: ANNO • DOMINI •
MILLE8IM0 • QVINGENTE8IM0 - OGTAVO • PRESENS - OPVS • PER • ME •
lOHANNEM . RAPHON - IN EMBECK - EST - COMPLETVM PARITER
ET • FABRIKATVM - Die Predella enthält die Halbfiguren von sieben Heiligen.
Ihre Anfertigung durch Baphon ist bei ihr ebenso ausgeschlossen, wie bei den
Aussenseiten der Plügel. Die Art des Bildes ist eine etwas altertümliche, je-
doch nicht talentlose. Die Charakteristik der Figuren ist kräftig und ansprechend.
Der Künstler ist in gleicher Weise von der westfälischen wie von der fränkischen
Schule jener Zeit beeinflusst gewesen. Vergleiche: Janitschek p.«507f.; ß. Engel-
hard, Beitr. zurKunstgesch. Niedersachsens p. 17.; Lucanus, der Dom zu Halb,
p. 10 mit Abb.; Kugler, Geschichte der Malerei 11, 429. Kugler, KL Sehr. I,139f. mit
Abbildung zweier Köpfe aus dem Bilde. Der eine — der der Maria Magdalena —
auch bei Weltmann und Wörmann, Gesch. der Malerei II, 435 ; Hermes p. 134. —
398. Krönung Maria, links Paulus, rechts Petrus. Tempera auf Holz. 14. Jahrhundert.
— 406. Triptychon ; in der Mitt« die Kreuzigung, links Ecce homo, rechts Beweinung
des Leichnams. Tempera auf Holz. Beschädigt Deutsch. 16. Jahrhundert —
407. Lebensgrosses Bild eines Heiligen (Johannis des Täufers?). Deutsch. 16. Jahr-
hundert — 408. Lebensgrosses Portrait Melanchthons. Deutsch. 16. Jahrhundert
— 409. Triptychon. In der Mitte die Kreuzigung; Flügel aussen mit je einem,
innen mit je zwei Legendenbildern. Deutsch. 16. Jahrhundert — 413. Mittelteil
eines Triptychons. Johannis Bapt und Evang. Tempera auf Holz. Deutsch.
16. Jahrhundert. — 414. Desgleichen, Madonna mit 2 Heiligen und Stifter. —
415. Desgleichen, Kruzifixus mit sechs Heiligen. — 417. Holzplatte eingerahmt
Von zwei verschiedenen Händen, vorderseits mit fünf, hinterseits mit drei
Heiligenfiguren auf Goldgrund, bemalt Schlecht erhalten. 0,30 m hoch, 0,49 m
breit Deutsch. 13. Jahrhundert — 418. Christophorus. Tempera auf Holz.
Deutsch. 16. Jahrhundert — 419. Kreisrunde Holzplatte mit gemalter Madonna
in der Strahlenglorie. Bandumschrift Deutsch. 15. Jahrhundert — 420. H. Anna
selbdritt und eine andere h. Frau (Magdalena?). Lebensgrösse. Tempera auf
Holz. Deutsch. 16. Jahrhundert — 430. Triptychon. In der Mitte oben die
Enthauptung des h. Sixtus, unten Steinigung des Stephanus. In den Flügeln
Sixtus und Stephanus. — 431. Kreuzigungsgi'uppe. Tempera auf Holz. 15. Jahr-
hundert — 432. Zweimal zwei Heilige über einander. Tempera auf Holz. 15. Jahr-
hundert. — 433. Zehn Predellen. Ziemlich schlecht erhalten. Sämtlich mit Halb-
figuren von Heiligen bemalt
Wenn man von Nr. 389, 394 und 397 absieht, so ist der Kunstwert
sämtlicher Bilder ein geringer. Sie sind durchweg handwerksmässige Er-
zeugnisse. — Über das zum Teil gemalte Pentaptychon der Neustädter
Kapelle siehe Bildwerke. — Ein von Friedrich Wilhelm IV. für den Hoch-
altar gestiftetes, jetzt über der Thür des Kapitelsaals hängendes, grösseres Ge-
mälde zeigt oben Christus am ölberg, unten das Abendmahl.
Verschiedene Gegenstände, a. In der Domsammlung: 44. Evangeliarium,
hundertundachtundsechzig Pergamentblätter mit teilweise farbigen Initialen 11.
Jahrh. Über das auf dem Deckel befindliche Elfenbeinrelief siehe oben Bild-
werke No. 44. — 45. Antiphonale. 12. Jahrh. Neun Pergaraentblätter. Hernies
p. 136. Den Deckel bildet das Konsular- Diptychon, s. Bildwerke No. 45. —
Halberstadt (der Dom: Verschiedene Gegenstände — Epitaphien) 299
79. Glasvase, defekt. — 89 — 92. Neunzehn Fahnenstangen. — 93. Hölzerner Wind-
lichthalter. — 1()4. Kupferplatten zum Drucke des Domherrenkalenders. 18. Jahrh.
s. Bildwerke No. 421. — 105. Siegelprcsse. Holz mit Eisenbeschlag. — 106.
Drei Wachsgiesskellen von Eisen. — 107. Neun Domherrenkalender für 1794,
95 — 97^-1601, 1805, 18C6. Schwarz gerahmt. — 108. Drachenflügel von Holz,
rot bemalt. Mit Riemen zum Umhängen. Beim sogenannten Drachenspiel be-
nutzt. — 109. Ein vergoldeter Engelflügel von Holz. — 110. Ein hölzernes gotisches
(ifefäss, sehr verdorben. — 111. Eine hölzerne Büchse. — 112. Ein hölzerner
Stempelapparat. — 114. Ein hölzerner bemalter Büchsendeckel, 14. Jahrh. —
1 15. Schreibtafel mit Wachs überzogen. Datiert 1577. Mit eingeritzten Namen
von Mitgliedern des Domkapitels. 0,63m hoch, 0,24m breit. — 116. Gedruckte
Präsentienliste- von 1777. — 129. Bischofsstab von Cyprossenholz, mit Spuren
ehemaliger Vergoldung. Die Krümmung fehlt. 1,25 m lang, 0,02 m dick. 1486. —
130. Desgleichen, ähnlich. — 143. Rosenkranz von Bernstein und Chalcedon. —
144. Desgleichen. — 174. Rose von Jericho. — 319. Siegel des Bischofs Enist,
Gehörte zu der dem Gewebe No. 318 beiliegenden Urkunde über die Weihe des
Hochaltars. — 332. Zinnerne Büchse. — 382. Ofen, mit grün glasierten Kacheln,
die zum Teil Nachbildungen der Dürer'schen kleinen Passion aufweisen. Die
^usseisernen Platten unten, vorn und hinten zeigen gleichmässig die Taufe Christi,
seitwärts den h. Stephanus. 1588. — b. Im Dom und seinen Nebenräumen. Ein
grosses Uhrzifferblatt von 1571 im südlichen Seitenschiff, Westwand. [Eine neue
Uhr wurde 1607 von M. Ulrich für hundert Tahler angefertigt]. — Helm, Sporen
und Handschuhe eines schwedischen Offiziers. — Zwei^ Stangen von schwedischen
Fahnen.
Ausserdem beherbergt der Dom im Kapitelsaale eine kleine vom Superin-
tendenten Nebe zusammengestellte prähistorische Sammlung; in der Schatz-
kammer eine Münzensammlung von geringem Umfange.
Grabstätten, Grabgewölbe und Epitaphien. I. Grabstätten. [Der
älteste Dom enthielt angeblich die Grüfte der Bischöfe Haimo (f 853), Agiulf
(Evelippus) (t 894) und Sigismund (f 923). Alle sollen später in die folgenden
Dome übertragen worden sein. — Im zweiten Dome gab es die Grüfte des Bischofs
Bernhard (f 968) mitten im Chore , sowie vor dem Heiligen Kreuzaltar des Erz-
bischofs Ludolf von Mainz (f 1008), während Bischof Hilde ward (f 996) nebst
seinen Brüdern, sowie Bischof Arnulf (f 1023) vor dem Haupteingange der Stifts-
gebäude begraben würden. Zwischen diesen Bischofsgräbem war das des Bischofs
Brantog (tl036); auch Arnulfs Bruder, Graf Hermann fand dort seine Ruhestätte.
Arnulfs Grab wurde 1372 nach der Liebfrauen - Kirche verlegt. — Im dritten
Dome lag begraben Bischof Reinhard (f 1122) vor dem Heiligen Kreuzaltar in
der Gruft des Erzbischofs Ludoll — Im vierten Dome waren die Gräber des
Bischofs Dietrich (f 1193), Gardolf (jedoch ohne Herz und Eingeweide; f 1201),
beide vor dem Heiligen Kreuzaltar; vielleicht auch des Bischofs Friedrich (f 1231).
falls dieser nicht in Langenstein beigesetzt wurde. — Im fünften Dome, jedoch
nicht mehr nachweisbar, liegen begraben Bischof Ludolf I. (f 1241), Bischof Volrad
(t 1296). Albrecht L (f 1324) in der Mitte des Domes; Albrecht III. (t 1407) vor
dem Altar des h. Cyriacus; Heinrich von Werberge (f 1410) in der Mitte des
Domes. Ludolf Quirre (f 1463) im südlichen Kreuzarm (s. Baugeschichte).] Jetzt
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300 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : Grabstätten, Epitaphien)
sind im Dome noch eine grössere Anzahl von Grüften nachweisbar. Die ehemals
auf den meisten liegenden Epitaphien sind beseitigt und anderwärts aufgestellt^
die Namen der betreffenden Personen aber auf dem Fussboden bezeichnet. Leider
nutzt sich die Schrift immer mehr ab. Es sind folgende: a. im Mittelschiff, Just
Georg Spiegel von Pickelsheim, f 1669; Johann Spiegel von Pickelsheim, f 1674;
ein Anonymus^; Melchior von Steinberg, Scholast, f 1716; Werner Friedrich
Spiegel von Pickelsheim, Senior, f 1669; ein Anonymus: Philipp Sigismiind von
Wiedensee; Hedwig Spiegel von Picke^sheim, f 1646; Anna Dorothea von Spiegel,
t 1657; Constantine Spiegel von Pickelsheim, f 1645; Christophorus von Hüne-
ken, Kanonikus; Ludwig von Bieren, Senior, f 1672; Elisabeth Hedwig von Spitz-
nase, t 1662; Just Ludolf von Stedern, Dechant, f 1661; Balthasar von Neuen-
stadt (in der. Mitte unter dem Kronleuchter); Friedrich Bars, Obrist, f 1643:
Clemens Klanberg, Obrist, f 1643; Karl Weiss, Obrist, 1614; Bischof Burchard III.
von Warberg, f 1458; Johann Ludwig, Kheingraf von galm, Obrist, f 1641.
b. Im nördlichen Kreuzarm Johann von Querfurt, Dechant, f 1506; Friedrich von
Britzke, Dechant^ f 1576; Ludwig von Britzke, Dechant, f 1588; Heinrich Gerve,
Doraprobst, f 1470. c. Im südlichen Kreuzarm Friedrich Gustav von Kannenberg,
Senior, f 1711; Johann Levin von Bennigsen, Scholast, f 1703. d. Unter der
Vierung Levin Caspar von Bennigsen, Dechant, f 1691; ein Anonymus: Caspar
von Kannenberg, Dechant, f 16C6. e. Im nördlichen Chorumgange Johann von
Marenholz, Dechant, f 1538; Hunerus von Sampeleve, Dechant, f 1550. f. Vor
der Marienkapelle Bischof Johann von Hoym, f 1437; Bischof Albrecht IV, von
Wernigerode, f 1419. g. Im südlichen Seitenschiff Leopold von Bössing, Scholast,
t 1024; Johann Georg Vitzthum von Eckstedt, f 1611; Georg- Friedrich von
Schachten, Kanonikus, f 1644; David von Hüneken, Kanonikus, f 1691. h. Im
Chor Bischof Sigismund (s. o.), Bernhard, Brantog, angeblich auch Agiulf.
IL Grabgewölbe der Familie von dem Buschc-Streithorst, f 1696, ein-
gemauert in dem Viereck zwischen der Ostwand des Südwestturms und dem
ersten Pfeiler des südlichen Seitenschiffs. Von aussen ist es von zwei Holzwänden
eingefasst, die mit schöner aber überladener Schnitzerei (gewundenen Säulen,
überreichem Blattwerk und dergleichen) geziert sind. Engel halten oben das
gemalte, reich eingerahmte Brustbild der Anna Katharina von EUef, Gemahlin
des Dechants Klamer v. d. Busche, dessen Portrait sich in ähnlicher Ausstattung,
samt den Wappen der Familie an der nördlichen Seite des Gewölbes befindet.
Gerade infolge seiner ganz abweichenden Art bringt dies Grabmal eine belebende
schöne Wirkung hervor. Von den Särgen darin zeichnen sich einige durch be-
sonders pomphafte Ausstattung aus. (Abbildung bei Hermes, p. 80).
III. Epitaphien. A. Im Dome, a) Im südlichen Chorumgange steht das
von einem Gitter umgebene Kenotaph des Johannis Semeca, errichtet von Bischof
Ernst IL, der den Doni 1491 weihte. An dem länglich viereckigen Unterbau
sieht man in Blendnischen spät<gotischer Form vier trauernde Figuren, am Kopf-
ende ein Wappen, am Fussende einen sitzenden Affen mit Halsband. Oben Hegt
die den Semeca vorstellende Figur in handwerksmässiger und unbehilflicher
Ausführung. Viel anmutiger ist ein Engel, der zu den Füssen der Figur auf
* Die Anonymi sind nur durch kleine Kreuze im Fussboden bezeichnet.
302 Halberstadter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom: Epitaphien)
einem niedern Sockel steht. Ihm entsprach ehemals ein anderer am Kopfende
(Haber, p.4l). Über dem Ganzen eine Tafel mit den Versen:
Est, erit atque fuit, qui desiit esse Johannes,
Dogma viget, viguit, florebitque omnibus annis,
Lux decretorum, Dux doctorum, via morum,
Hie jacet et placet, ut vacet a poenis miserorum.
Anno Domini Millesimo CCXLV obiit.^
b) Auf der südlichen Empore sind längs der Wand eine Anzahl Bronce-
Epitaphien angebracht, welche sich ehemals auf den entsprechenden Gräbern im
Dome befanden. Einige von ihnen (No. 1, 3, 4,) sind leider sehr verdorben, weil
sie von den Kindern als Rutschbahn benutzt wurden. Die gut erhaltenen sind
dadurch gerettet, dass sie nicht oben auf, sondern verdeckt waren. Sämtliche
Figuren sind stehend, in ihrer Amtstracht abgebildet. I. Dom probst Heinrich
Gerwe; die Figur ist aus dem Grunde ausgeschnitten, der beseitigt ist. In der
Umrahmung in Medaillons die Evangelistensymbole und zwei Heilige. 1470.
2 m hoch, 1,02 m breit. 2. Balthasar von Neuenstadt (Fig. Iu2). An den Ecken
die Evangelistensymbole. Der Domprobst hält ein Buch in den Händen; unten
befindet sich sein Wappen. Der Hintergrund zeigt ein sehr schön und scharf
ausgeführtes gotisches Teppichmuster; die Umschrift lautet: Ano dni. 1516.
die veneris. 17. mcsis oct*^^ obijt no*»* egregiusque vir et dn9 Baltasar de
neuestat pposit^ h^ ecclie cap*® xho et be^^ marie vgis F abitu ac corone
pntis (des Kronleuchters unter dem er begraben liegt) füdator h« sepult^
c9 aia reqescat 1 pace. Ausgezeichnetes Werk. Vischer'sche Schule? 1,97 ra
hoch, 1,12 m breit. 3. Unkenntlich gewordenes Epitaph eines Domprobstes vom
Ende des 15. Jahrhunderts. 1,72 m hoch, 0,72 m breit. 4. Johann v. Himis
(Hoym?) 1506. Figur ausgeschnitten wie Nr. 1. 2 m hoch, 1,11 m breit
5. Johann v. Marnholt, Dechant, f 13. September 1538. Die Figur ist ausge-
schnitten; in der Umrahmung die Evangelistensymbole und zwei Heilige in
Medaillons. Massiges Werk. 2,10 m hoch, 1,12 m breit. 6. Hunerus de Sampe-
leve, Dechant, f 2. Februar 1560. Leidlich erhalten mit zweizeiliger Umschrift;
in Medaillons die Evangelistensymbole und 2 Heilige. „Hans Meisner got mick
M
hi
tho Brunswick. rCi 1,82 m hoch, 1,03 m breit. 7. Friedrich v. Britzke,
Dechant, f 25. Juli 1576. Die nach links gewendete Figur mit Buch steht unter
einem Renaissancebogen. In der Umrahmung Evangelistensymbole und 2 Heilige
in Medaillons. „Hans Meisner. Gos. Mich. Zo. Bravnschweig. V. D. M. J. JE. (d. i.
Verbum Doraini Manet In Aetemum.) ff^ 2,08 m hoch, 1,18 m breit. Schönes
^ Das für die Zeit der Stiftung dieses Grabmals auffallend schlechte Latein, der un-
geschickte Versbau und .die Reimspielerei erwecken den Verdacht, dass diese Verse aus
früherem Mittelalt^T, vielleicht von dem ursprünglichen Grabstein stammen.
Halberstadt (der Dom: Epitaphien) 303
gut erhaltenes Werk. 8. Ludwig v. Britzke, Dechant, t4. September 1588. Figur
nach rechts; auf dem Rahmen die Evangelistensymbole in Medaillons. ,,Hans.
Wilken. 6ot. Mich. Zo. Bronsewick.' 2,25 m hoch, 1,25 m breit. 9. Kaspar von
Kannenberg, Dechant, f 31. Januar 1605, 72 Jahre alt. Er steht in seiner
Amtstracht mit Pelzschaube, ein Buch in den Händen, zu den Füssen sein
Wappen, vor einer in Flach-Relief angedeuteten Renaissance -Nische. Diese
ist oben mit einem Kleeblattbogen geschlossen und von zwei schönen
Pilastern eingefasst, welche zwischen andern Verzierungen Todessyrabole auf-
weisen. Oben in den Zwickeln die vier Evangelisten, ausser durch ilire Sym-
bole durch eingeritzte Überscliriften kenntlich gemacht. Ganz unten in zarter
Schrift: ,,6eorg. Wolgast. Me. Fecit. Halensis.'' Schönes, vorzüglich erhaltenes
Werk. 1,85 m hoch, 1,16 m breit. 10. Johann von Marnholt, Senior und Kellerer
des Stiftes, f 30. Oktober 1585. Die Evangelistensymbole in Medaillons. Die
Ausstattung ist ähnlich der von No. 9. „Hans. Wilkens. Me. Fecit. Brunswig.^'
1,82 m hoch, 1,00 m breit. 11. Von dem Epitaphium des Levin Kaspar von Ben-
iiigsen sind nur noch das Wappen, die mittlere Schrifttafel, oben eine Krone
und um das Ganze ein Lorbeerzweig, alles von Bronce, übrig. 12. Schrifttafel
vom Epitaph des Domscholasten Melchior von Steinberg ff 1716, 18. März).
13. Auf einer Holzplatte ist eine Anzahl von broncenen Wappen vereinigt,
welche von Epitaphien stammen: Ranne, Hardenberg, Spiegel, desgleichen, Spitz-
nase, Mtinchhausen, Wiedensee, von der Wense, Allianz wappen des Philipp
Sigismund von Wiedensee und der Anna Elisabeth von Fronhorst.
c) Auf der nördlichen Empore. 14. Ein grosses Epitaph des Rhaban v. Can-
stein, Regierungsdirektor und seiner Gemahlin Lucia v, Oppershusen, deren beide
lebensgrosse, gemalte Portraits rechts und links neben zwei grossen Schrifttafeln
sich befinden. Oben ist ein Gemälde der Auferstehung. Alles umgeben von
hässlichem, bemaltem und vergoldetem schnörkelhaftem Schnitz werk. Ende
17. Jahrhunderts.
d) An den Pfeilern der Vierung. Nördlich am Chor. 15. Das Marmor-
epitaph des Dechants Friedrich von Britzke, + 25. Juli 1576. In der Mitte das
Relief der Kreuzigung, vor ihr der Dechant als Rundfigur, kniend. Oben Gott
Vater mit Engeln (^Relief); die Seiten werden durch Karyatiden (Justitia und
Caritas) gebildet. Der Meister des nicht unschönen Werkes ist unbekannt.
16. Marmorepitaph des Dechants Caspar von Kannenberg, f 31. Januar 1605.
Unten die Kreuzigung, oben die Auferstehung, beides in flachem Relief. Ganz
oben Gott Vater, Hochrelief. Vor dem Hauptbilde der Dechant als Rundfigur,
kniend, auf einer breiten, verkröpften Konsole. Durch das Übermass von Ver-
zierungen (viele Engel, Heilige, Rollwerk, Säulen, Wappen u. s.w.) hat das an
sich schön erdachte Werk unruhige und kleinliche Wirkung. Unten in einer
kleinen Cartouche die Worte ,,Bastian Ertle Steinmetz zu Ma^deb.", sowie dessen
(Abbildung bei Hermes p. 79.) 17. Am südlichen Seitenschiff.
Trophäen des Johann Christoph v. Burgstorf f, ersten Gouverneurs von Halberstadt,
f 1672. Neuerdings aufgefrischt, ebenso wie 18. die Trophäen des Joachim Friedrich,
304 Halberst&dterStadtkreis: Halberstadt (der Dom: Epitaphieo)
Freiherm v. filumenthal. + 14. Jan. 1(Ö7, ersten kurbrandenbui^ischen Statthaltere
welche am nordwestlichen Viorungspfeiler angebracht sind.
o) Im Chor ist 19. das grosse, aus gelbem Sandstein gearbeitete Epitaph de^
Erzbiseliofs Friedrich von Magdeburg, Sohnes Joachims II., + 2. Ottober 1552.
Die Mitte nimmt Friedrich selbst ein, welcher in Lebensgrösse, nach rechts
blickend, mit der Beeilten auf die in der Linken gehaltene Bibel hinweisend.
innerhalb einer allzu niedrig geratenen Riindbogennische steht. Dem architek-
tonischen Aufbau, welcher zur Seite dieser Hauptnischo zwei kleinere zwischen
Siiulen zeigt, haben nimische Tiiuinphbögen als Muster gedient Oben über dem
verkröpften Gesims eriiebt sich ein entsprechend verkröpftes Obergeschoss. über
diesem ein pyramidaler Aufbau mit kurbrandenbiirgischem Wappen. Ül)erall
wimmelt es von mythologischen und allegorischen Figuren, deren von aus-
schweifender Renaissancpphantastik erzeugte Ge.italten zu der schlichten Kgur
Friedrichs in scharfem Gegensatz stehen. Unterhalb des Epitaphs zieht sich
ein schmaler Bildstreifen hin , bedeckt mit in Flachrelief ausgeführten Alle-
gorien des Todes. Links schiebt der Tod eine Schiebkarre, die mit Knochr^D
beladen ist und die Inschrift trägt: Hec imago monet et movet. Es folgt
ein toter Mann (Fig. 10.^), darauf in der Mitte ein Schild mit dem Spruch: Vigilatc
quia neacitis diem neque horam. 1558. Rechts und links davon halten Putten
Todfsembleme in viereckigen Cartouclien; endlich rechts wieder ein Tod inii
älmliclier Schiebkarre nacli links fahi-end. Über dem Ganzen ziebt sich die
Schrift hin: Qvid valet hie mvndvs qvid gloria qvidve trivmphvs, Post
miservm fvmvs pvlvis et vmbra svmvs. Sola salvs adherere deo svnt
cetera fravdcs. Anno 1658. Alle Schriften sind in Majuskeln ausgeführt.
Halberstadt (die Liebfrauenkirche) 305
£. Ausserhalb des Domes, a) Im alten Kapitelsaale am Kreuzgange befinden
sich neun, aus dem 17. Jahrhundert stammende Grabsteine von Kanonikern des
Domes, femer von vier in Halberstadt gestorbenen schwedischen Offizieren. Die
Werke zeichnen sich weder durch grösseres historisches Interesse, noch durch
künstlerischen Wert aus.
b) Der Kreuzgang enthält die Grabsteine: des H. B. Bötticher (barock); des
Joachim von Schulenburg (in Rüstung, f 1549, in hübscher Renaissanceumrahmung);
einer Dame (Halbfigur, 16, Jahrhundert); des Domkantors Thamme (f 1462); des
Kanonikers Joachim von Borch (f 1601), sämtlich aus Sandstein, die Bildnisse
lebensgross; ferner 49 wertlose Epitaphien aus Stein bezw. aus Holz, mehr oder
weniger verdorben; sie gehören dem 17. und 18. Jahrhundert an.
Die Anordnung der Grabsteine im Kreuzgange, wie sie noch zu Zeiten des
Domküsters Haber (Anfang 18. Jahrh.) bestand, wiid veranschaulicht durch eine
von diesem angefertigte Zeichnung, welche von Elis d. ä. im Jahre 1836 ver-
öffentlicht worden ist. Das jetzt selten gewordene Blatt ist mir durch die Freund-
lichkeit des I^rrn Pastors Arndt in Halberstadt benutzbar gemacht worden. Es
zeigt sich daraus, eine wie grosse Menge von Grabsteinen dort inzwischen zu
Grunde gegangen sind; Haber verzeichnet (abgesehen von den vielen an den Wänden
des Kreuzganges befindlichen Tafeln und dergleichen), auf dem Pussboden der
vier Gänge, in dem Garten und in der Neustädter Kapelle insgesamt hundert-
unddreiundvierzig Epitaphien. Um die Aufzeichnung der noch vorhandenen hat
sich der jetzige Domkustos Teitge, als unermüdlicher Forscher für die Geschichte
des Halberstädter Domes verdient gemacht.
2. Die Liebfrauenkirche
Quellen. Ausser den für die Halbcrstädter Geschichte im allgemeinen wichtigen
Quellen werken, sowie Schmidts Urkunden-Buch der Stadt Halberstadt kommt insbesondere
in Betracht die von demselben hinterlasscne Sammlung der Abschriften von weit über
tausend Urkunden des Liebfrauenstiftes; gleich denen des Hochstifts (s. o.) zum grössten
Teil im königlichen Staatsarchiv zu Magdeburg. Die Kopien bewahrt das Archiv zu
Wolfenbüttel. Ebendaselbst Schmidts Abschrift des Kalcndariums von Licbfi*aucn, welches
nach den Namensformen etwa dem 12. Jahrhundert angehört Ein Urkunden-Xopialbuch
(Pergament-Hds. des 15. Jahrhundert) in der Hechtschen Sammlung zu Halberstadt konnte
von mir nicht eingesehen werden.
Litteratur: Haber, Kurtac jedoch zureichende Beschreibung von der Ober-Collegiats-
Stiffts-Kirchen Beatae Mariae Virginis in Halberstadt. Halberstadt 1737. — Lucanus, Die
Liebfrauenkirche zu Halberstadt, deren Geschichte, Architektur, Kunstwerke und Denk-
male. Halberstadt 1848. — v. Qua.st, Kunstblatt 1845. Nr. 52 ff. — Ders., Zeitschr. für
Archäol. u. Kunst II, 176fr. — v. Mülverstedt, H.-Z. 1871, 409 flF. — Elis, H.-Z. 1886, 1 ff.
— Lucanus, Halberst. gem. Unterh. 1805, I, 57 flF. — Neue Mitteilungen XII, 107 flP. —
I^cnz, Halb. Stifts-Historie. — Ilartmann, Klosterkirche zu U. L. Fr. zu Halberstadt. (Zeit-
schrift d. Arcliitekten- und Ingeneieurvcreins für Hannover 1862). — Kuglers Museum
1833, 86. 103 if. — Kallenbach, Chronol. II, 1. — Zeitschrift f. prakt. Baukunst 1866,
Tf. 38. 39. — Förster, Baukunst VIII, 15 flF. — Otte, romanische Baukunst Fig. 247. —
Otte-Wemickc, Handbuch der kirchlichen Kunst-Architektur. II, 178 f.
Die Liebfrauenkirche (mönstere unser Vröen to Halb., 1320; secunda ecclesia
in Halb., 1330) nimmt die westliche Seite des Domplatzes ein (Pig. 104), und da
KroU HalbenUidt. SO
306 Balberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenbirche: Geschichte)
sie annähernd dieselbe Orientierung hat, wie fast alle anderen Kirchen der Stadt
— die Andreaskirche macht hiervon eine Ausnahme — der Dom aber die öst-
liche Seite dos Platzes einnimmt, so liegen beide Hauptkirclien mit einer unbe-
deutenden Abweichung in einer und derselben Längenachse. Während jedoch
der Dom mit seiner mächtigen Turmtassade nach dem Platze zugewandt ist, zeigt
sich die an sich schon niedrigere Liebfrauen-Kirche nur mit ihrem Altarschluss,
erscheint daher wesentlich kleiner und von geringerer architektonischer Wirkimg,
als dem interessanten Bauwerk zukommt. Die auf den drei übrigen Seiten mehr
oder weniger nahe herantretenden Gebäude lassen die malerische Erscheinung
des Bauwerks nicht recht zur Geltung kommen, doch hat die in den vierziger
"i^M-
Fig. 105.
Jaliren dieses Jahrhunderts auf Staatskosten unter Oberleitung des damaligen
Konservators von Quast ausgeführte Restauration wesentlich dazu beigetragen,
dass die Kirche von manchem verunstaltenden Beiwerk befreit und mit würdigem
Äussern hergestellt worden ist. Sie gehört gegenwärtig zu den schönsten nieder-
sächsischen Kirchen romanischeu Stils und ist die einzige vicrtürmige, reinromanische
Anlage in der Provinz Sachsen. Nur zwei unbedeutende Anbauten auf der Süd-
seite und der westlich angefügte Kreuzgang nebst dem dort befindlichen Haupt-
portal gehöreu der Gotik an,
Geschichte; Das unter der Augustiner-Regel stehende Kollegiatstift, desseu
Patronin von Anfang an die h. Jungfrau war, wurde nach dem Berichte der
GE H. p.92 vom Bischof Arnulf gegründet, welcher l(XX> mit dem Bau der
Halberst&dt (die Liebfrauenbirche : Geschichte)
Fig. 106.
Kirche begann. Bald "gnkngte das Stift 7m orliebliclier Bedoutung. Es erhielt
am 23. Dezember 1 143 eine Sclnitüurkumle des Papstes Ciilestin II. Brii<ierschaften
schlössen mit ihm das Kapitel von t^temlal 12H8, ihis Kapitel S. Crueis zu Hildes-
308 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Geschichte)
heim 1294, Kloster Königslutter 1296, Neuwerk und Walkenried 1297, das Stift
zum Moritzberge vor Hildesheim 1307, die Priesterliche Brüderschaft in Braun-
schweig 1313, das Halb.'er Nikolai-Kloster 1374. Am 23. Februar 1369 und am
Mittwoch nach Himmelfahrt 1396 schloss sich das Stift der bekannten Union mit
den übrigen KoUegiatsstiftern von Halberstadt an. — Zu Konservatoren des
Stiftes wurden 1401 von Papst Bonifaz IX der Bischof von Havelberg, sowie die
Dekane von St Blasii zu Braunschweig (statt seiner seit 1476 der von Hildes-
heim) und von TJ. L. Fr. zu Erfurt ernannt. Letzterer bestimmte 1476 zu Sub-
konservatoren den Abt von St. Egidii in Braunschweig, den Probst S. Crucis in
Hildesheim und die Dekane von St Nikolai in Magdeburg und St. Bonifacii in
Halberstadt, fenier die Officialen von Magdeburg, Halberstadt und Hildesheim. —
Das Stift besass das Patronat über zehn verschiedene Kirchen und Kapellen.
Vgl. V. Mülverstedt, H.Z.IV, 409f. — Über die Stiftsschule vgl. oben in der Stadt-
geschichte den Abschnitt „Schulwesen.'' — Die Zahl der Kanoniker schwankt in
den Urkunden zwischen 16 und 21. Letzteres dürfte die höchste nachweisbare
Zahl sein, während niedrigere Ziffern für die Mitgliederzahl nichts beweisen, da
nach ausdrücklicher Versicherung 1341 zu den Versammlungen des Kapitels ausser
denen, welche zum Erscheinen im Augenblick verpflichtet waren, nur die kamen,
welche konnten und wollten. An der Spitze standen Dekan und Probst, welche
vom Kapitel selbständig gewählt werden durften. Der Dekan wurde eidlich
auf sein Amt verpflichtet Er versprach, es nur mit Genehmigung des Kapitels
niederzulegen, zu vertauschen oder sonst darüber zu verfügen, stets persönlich
in Halberstadt anwesend zu sein, es sei denn, dass er durch Gesundheits- oder
andere berechtigte Bücksichten verhindert wäre; erledigte Kirchenämter durfte
er nicht selbständig besetzen, sondern hatte dies nach altem Herkommen dem
Kapitel anheim zu stellen. Desgleichen war seine Disciplinargewalt gegenüber
den Kanonikern durch das Kapitel eingeschränkt, welches er in jedem Falle zu
Rate zu ziehen hatte. Ein anderes wichtiges Amt war das des Kellerers. Seine
Wahl aus der Zahl der Kanoniker unterlag keiner bestimmten Vorschrift, bis Bischof
Volrad 1267 bestimmte, dass die Wahl durch den Dekan, Kustos und Schola-
sticus jährlich in vigilia s. Margarcthae (19. Juli) oder acht Tage darnach vorzunehmen
sei. In Streitfällen entschied der Bischof mit zwei Wählern. Nach Ablauf des
Amtsjahres war der Betreffende erst nach drei Jahren wieder wählbar. Der
Vicarien gab es bis zu dreiundzwanzig (1374). Die vorher am häufigsten be-
glaubigte Zahl ist zwanzig, welche sich in die vier grossen und sechzehn kleinen
teilten und den Altardienst versahen, während die später über zwanzig er-
scheinenden anderweitig beschäftigt waren. So wird 1335 ein Vicar des Re-
liquienschreines erwähnt An der Spitze der Vicarienbrüderschaft stand (1492)
ein Procurator, vier Consiliarii und zwei Senioren. Beim Amtsantritt hatte jeder
Vicar eine Mark zu erlegen zur Bezahlung von Wein, Oblaten und Wachs (1347).
Die Einkünfte der Vicarie waren anfangs verschieden, bis 1330 im Generalkapitol
eine Vereinigung herbeigeführt wurde. Die Vermögenslage der Kapitelmitglieder
war zum Teil keineswegs gering, wie z.B. das Nachlassinventar dos Thomas von
Gerbstedt (1442. H.-Z. 24, 531 ff.) ausweist Die Mildthätigkeit solcher reichen
Mitglieder kam in vielen Fällen der Kirche zu statten, von deren häufig sehr
schlimmer Verschuldung unten weiter zu berichten sein wird. Die Geldverwaltung
Halberstadt (die LiebfraneDkirche : Geschichte) 309
des Stifts war im Mittelalter gelegentlich in sehr verwahrlostem Zustande. Bei
der Revision 1232 war Klage, dass die Güterverwalter der Kirche keine Rechnung
über Einnahmen und Ausgaben legten. 1341 wurde beschlossen, eine Kommission
von fünf Mann niederzusetzen mit der Vollmacht, die Finanzen nach eigenem
Ermessen zu ordnen. Sie hatte auf Verlangen Rechnung abzulegen und versah
ihr Amt nur immer ein Jahr lang, worauf Neuwahl erfolgte. Eine andere, gleich
jener vom Kapitel gewählte Kommission hielt die Reliquien, die Siegel, die
Privilegien u. s. w. imter ihrem Verschluss (1270). Von den übrigen Kirchen-
ämtern hier genauer zu reden würde zu weit führen. Es werden noch erwähnt
Kustos, Scholasticus, Thesaurarius, Kantor, Sakristan, die Mitglieder der Stifts-
schule, Kirchner, Kämmerer, balneatores, Thelonearii, Sangmeister, Zitermänner,
Altardiener, Bäcker.
Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhundert kam für das trotz aller
Anfechtungen blühende Stift die Zeit des Verfalles. Im Jahre 1509 hören wir,
dass manche Vikare weltlich geworden seien, ohne Ersatz für die ihnen zu teil
gewordenen Beneficien zu leisten, andere befanden sich nur im Besitze der
niederen Weihen. Das Amtsantrittsgeld wurde überhaupt von niemandem mehr
erlegt. Trotz solcher Misstände kam es doch erst gegen 1591 zur Einführung der
Reformation durch den Bischof Heinrich Julius; 1604 fand zu Neujahr der erste
protestantische Gottesdienst statt. Den Katholiken wurde dabei die Benutzung
einer Kapelle gewährleistet, welche daher den Beinamen der katholischen Kapelle
erhielt. Aber 1629 wurde der Protestantismus wieder abgeschafft und erst wieder
eingeführt, als die Schweden die Stadt in Besitz nahmen. Zur selben Zeit aber
wurde die weitere Existenz der Kirche in Frage gestellt, weil die Schweden
einen Augenblick die Absicht hatten, dieselbe niederzureissen. Die endgültige
Einführung des Protestantismus erfolgte nach dem Ende des grossen Krieges.
Die alten Wandmalereien wurden 1661 übertüncht; sie sind erst in unserem
Jahrhundert in spärlichen Resten wieder zum Vorschein gekommen. 1775 stiftete
Friedrich der Grosse einen Orden, wie für die Mitglieder der übrigen Stifter, so
auch für die von L. Fr. Von den Kriegsereignissen im Anfange unseres
Jahrhunderts wurde die Kirche in mancherlei Art in Mitleidenschaft gezogen
1809 bewahrte der Herzog von Braunschweig seine Pulvervorräte in der Barbara-
Kapelle auf. Die Aufhebimg des Stiftes erfolgte am 1. Dez. 1810, der letzte
Gottesdienst wurde am 25. Oktober 1812 abgehalten. Dann sollte die Kirche auf
Befehl des Königs Jöröme an die Andreasgemeinde kommen, was jedoch unter-
blieb. In unwürdiger Verkommenheit, zu allerlei profanen Zwecken dienend,
verblieb darauf die Kirche bis 1840, wo sie durch Friedrich Wilhelm IV. wieder
hergestellt und seit Pfingsten 1848 der evangelisch reformierten Hofgonieinde
überlassen wurde. Sie steht jetzt unter königlichem Patronat, welches ein Drittel
der Unterhaltungskosten trägt, während die andern zwei Drittel von der Kirchen-
kasse bestritten werden. Zwei Geistliche (der erste davon mit dem Titel Hof-
prediger) üben die Seelsorge aus.
Siegel. Über diese vgl. v. Mülverstedt a. a. 0. pag. 411.
Über die Kurien näher zu sprechen, läge nur dann ein Grund vor, wenn
die Urkunden über ihre Bauart, Einrichtung u. s. w. etwas mitteilten. Da dies
nicht der Fall ist, so genügt es, ihre beglaubigte Lage zu bezeichnen, welclic in
310 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Geschichte)
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Halberstadt (die Lieb&anenkiTclie: Kurien n. s. w.)
311
älterer Zeit allerdJDgs durchaus unbekannt ist 1472 gab es ihrer einundzwanzig,
nämlich sechs grosse ausser der Stadt, zehn grosse und fünf kleine in derselben.
Eine der letzteren lag 1508 gegenüber der Alexiuskapolle ; die übrigen, unbe-
sdninit ob gross oder klein: 1. im Westendorf beim Johannisgildschaftshause
(ohne Jahr), 2. im Düstemgraben
• (1402), 3. „im Winkel zwischeo
dem Somhemi Balthasar von
Keuenstadt und Kanonikus Her-
mann Schütten", also auf der
Burg (1472), 4. zwischen der Ka-
pelle St Materni und dem Kloster-
stoven derSchule gegenüber (1476),
1498 ganz verfallen, 5. südlich
Tom Komhause (1479), 6. im
Westondorf (1479), 7. die als 6. be-
zeichnete Kurie auf der Burg der
Kirche gegenüber (1489), 8. eben-
falls auf der Burg (1489), 9.
gegenüber der Peterstreppe (1492),
10. mehrere Kurien im Düstem-
graben (1494), 11. an der Ecke
nach dem Alexiushofe zu (1496),
12. gegenüber dem consistorium
generalis curiae (1505), 13. gegen-
über dem Bemter nach Süden
{1506), 14. im Westendorf- (1506),
15. hinter dem Schlafhause. Dazu
gehört das kleine Höfeben an der
Badestube „bei der eisernen Kette"'
(1507), 16. in der Trüllgasse (1509).
Dies die Angaben. Man sieht,
dass es nur in vereinaelten Fällen
möglich ist, die Lage der ein-
zelnen Kurien hiemach zu be-
stimmen. Abgesehen davon, dass
im vorstehenden Verzeichnis
Wiederholungen vorzukommen scheinen, ist auch selbst da, wo Genaueres
über die Lage gesagt wird, selten etwas damit anzufangen, da sie meist nach der
Nachbarschaft, d. h. oft nach inzwischen untergegangenen Gebäuden oder unbe-
kannten Personen bezeichnet wird.
Von andern Baulichkeiten und Bäumen werden als zur Benutzung
für die Mitglieder des Kapitals dienend folgende erwähnt: Der oft genannte
Ziter; das Schlafhaus, für welches 1232 ein Erweiterungsbau verfügt wurde; die
Badstube (1271, stören 1368), neben ihr befand sich 1472 die dort zur Absperrung
des Bezirks dienende eiserne Kette, der Kapitelraum (1341, freilich ist nicht ge-
wiss, ob damals ein besonderer Saal für die Versammlungen des Kapitels vor-
AUer Begrdiiniisplaa
Fig. 108.
312 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Baugeschichte)
banden gewesen ist; wenigstens dienten zu diesem Zweck auch sehr häufig die
Barbarakapelle, die Refectorien, der Kreuzgang, auch die Kirche selbst, so dass
mit vorstehendem Ausdruck auch einer dieser Räume gemeint sein könnte); der
Remter (reventer) als Lokal der Kirchenkasse (1402); das aestuarium (1432); die
stupa paradisi (1433); Haus und Hof der Vicare (1475); die Winterbadstube des
Kanonicus Gerhard v. Mortz (1489); das Sommerrefectorium (anla aestivalis 1494);
die nördlich sub aula aestivali belegene Wohnung des Dekans, in dessen Schlaf-
gemach (1494) ein urkundlicher Akt vollzogen wird — kein seltenes Vorkommnis;
geschah auch in Wohnungen anderer Geistlicher, besonders wenn sie, bereits auf dem
Sterbelager, ihr Testament machen; das Winterrefectorium (1497). Femer werden
beim Kloster belegene Begräbnisstätten 1319, der Kirchhof 1363 erwähnt. — Die
Bibliothek (libraria) kommt zuerst 1416 vor, bestand aber sicher schon früher.
Vgl. über sie Neue Mitteilungen XII, 107 ff. 1471 bekam sie testamentarisch von
einem Kanonikus Friedrich Radeleff geschenkt das Corpus Juris Civilis, auf Perga-
ment geschrieben, femer ein Altes, ein Neues Testament und 11 andere Bände
von unbekanntem Inhalt. Nicht eigentlich zum Bestände der Bibliothek zu
roclmen ist der liber oblationum (obventionum), ein Pergamentband, 1341 zuerst
erwähnt, der zunächst unter besonderem Gewahrsam gehalten wurde, nachher
aber zur beliebigen Einsicht der Stiftsmitglieder auf der rechten Seite des Chors
auf einem Pulte ausgelegt war, zu seinem und des Stiftes Schaden, da er dort
ohne genügende Aufsicht war, beschädigt und beschmutzt wurde, ausserdem
an den darin enthaltenen Eintragimgen von Schenkungen und sonstigen Stifts-
einkünften Fälschungen durch Rasuren, Ausreissen von Blättem u. s. w. vor-
kamen (1433).
Baugeschichte: Unter der Regierung des Bischofs Arnulf soll die erste
Liebfraüenkirche samt den sonst zum Stift gehörigen Baulichkeiten 1005 begonnen
und ihr Bau bis 1020 fortgesetzt sein. Ob sie überhaupt vollendet wurde, er-
scheint fraglich. Mit Sicherheit stammt aus der ersten Bauperiode nur die jetzige
westliche Turmpartie, von welcher jedoch nur der Unterbau hierzu gehört,
während die oberen Geschosse mit den gekuppelten Schallfenstera in zwei
Reihen über einander erst aus der folgenden Bauperiode herrühren. Über
den 3 Räumen des untersten Turmgeschosses, welche aus dem Grundrisse (Fig. 107)
ersichtlich sind, zieht sich noch jetzt ein grosser Raum hin, welcher nach Westen
zwei schlichte, etwas plumpe rundbogige Fenster enthält, nach Norden und Süden
je ein kleines ähnliches, nach Osten aber in der Mitte ein grosses, aber niedriges
Rundbogenfenster aufweist. Sie alle, mit Ausnahme des nördlichen, sind jetzt
vormauert. Ihre Form harmoniert mit derjenigen einer Thür, welche südlich
neben dem jetzt im Kreuzgange befindlichen gotischen Haupteingange vermauert
zu sehen ist und zu einer Zeit, als der Kreuzgang noch nicht gebaut war (dessen
Gewölbe sich gerade an diese vermauerte Thür lehnt), noch benutzt worden sein
mag. Diese Thür hat eine Breite von 1,00 m und ist in einer Entfernung von
2,59 m von der südlichen Ecke der Kirchenfront angebracht. Ihre Entfernung
von dem Mittelportal beträgt 5,18 m, also das Doppelte. Man sieht schon
hierbei, dass der alte Kirchenbau eine auf ziemlich einfachen, mathematischen
Verhältnissen beruhende Anlage war. Jener Thür entsprach eine in das
nördliche Turmgemach führende, die wegen Verbauung nicht mehr erkenn-
J
Halberstadt {die Liebtouenkirche: Bangeschichte)
bar ist. Zwischen beiden aber in der Mitte lag das alte Hauptportal,
welches später durch das p;otiscbe ersetzt worden ist. Dieser äusseren
Anlage des Turmbaues entsprach die innere, da er sich auch gegen dio
der Kirchenschiffe, wie noch jetzt ersichtlich , mit rechts und links je einem
kleinen, in der Mitte einem grossen Eundbogen öffnete, welche erst später ver-
mauert sind. Fdr die ältere Zeit hat man sich sowohl den Ereuzgang als die
vor dem Nordwest-Turm stehenden Gebäude fortzudenken und sich klar zu
machen, dass damals die ganze Westfront der Kirche frei stand, wälirend
der Krenzgang vor Ende des 11, Jahrhunderts überhaupt nicht vorbanden war,
Fig. 109.
dann aber auf der Südseite der Kirche angelegt wurde. Die Grund risygcstaltung
des zugehörigen Lang- und Querhauses, wie^die gesamte Anlage der alten Kirclie, so-
weit wie sie nach den vonij Verfasser dieses Buches geleiteten Ausgrabungen im
Jahre 1899 festzustellen war, veranschaulicht Kig. 108. Über die Nachforschungen
genatferen Bericht zu geben, kann hier erspart bleiben, indem Ich auf die Artikel
im 7. Jahresberichte der Provinzialdenkmälerkommission der Provinz Sachsen, sowie
in der ,,Denkmalpflege'" Jahrgang 1 Nr. 15 verweise. Von den drei Bögen, welche aus
dem Turmbau ins Innere der Kirche führten, sieht man noch die zu Bogennischen aus-
gebildeten Lichträunie und die Kämpfergesimso , welche sich mit ihrem untern
Kande an den beiden Seiten 2,98 m, am Mittelbogen 4,65 m hoch über dem Fussboden
befinden. Ihre lotrechten Enden lassen einen Zwischenraum von 0,92 m, woraus her-
vorgeht, dass die Arkadenmauern der ersten Kirche eine ebensolche Stärke hatten. — .
Der, älteste Bau galt als klein und hässlich. Über letzteres dürfte man streiten
314 Ealberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenicirche: Bangescbichte)
können. Die Kleinheit, das durch die geringe Höhe der Türme vorgeschriebene
geringe Längenmass aber wurde von den Zeitgenossen nicht allzu sehr empfunden.
Vorläufig dachten sie noch nicht daran, wie es später geschah, den ganzen Bau-
plan zu ändern, sondern suchten sich durch An- und Ausbauten zu helfen.
Bischof Thietmar (f 1089, in der Kirche beigesetzt) sorgte in seinem Vermächtnis
dafür, dass sein ganzes grosses Vermögen zu diesem Zweck verfügbar wurde.
Die bedeutendste Bauthätigkeit begann unter Bischof Rudolf (f 1147), der
die Kirche von Grund aus neu zu bauen unternahm. Den Neubau begann man
ohne organischen Zusammenliang mit der erhalten gebliebenen Turmpartie. Man
setzte das Langhaus in einer et^vas grösseren Weite an. Die Seitenschiffe ver-
breiterten sich gegen den Chor hin. Der Bau begann, wie so oft, von zwei
Seiten her. Der alte Chor blieb zunächst erhalten. Die südliche Seitenapsis
erhielten die geringe Höhe von 4,24 m in Lichten, überdacht mit einem schlichten
Tonnengewölbe. Darüber setzte man ein zweites Stockwerk auf bis zur gleichen
Höhe mit der nördlichen Seitenapsis und überdeckte es mit zwei quadratischen
Kreuzgewölben. Auch dies Obergeschoss liess man wie das untere mit
Apsis nebst Koncha endigen. Von aussen lassen sich diese Veränderungen,
besonders aber der Umstand, dass eine Apsis zwei Konchen übereinander
enthält, wohl in Folge späterer äusserer Überarbeitungen nicht mehr er-
kennen. Damit der obere Kaum benutzbar wurde, führte man unter Durch-
brechung des Tonnengewölbes in der südwestlichen Ecke im Innern des
unteren Raumes eine Treppe empor ^ und versah den obern vielleicht anfangs
überhaupt dunklen Raum mit einem Fenster nach dem Innern der Kirche zu.
Man war dabei genötigt, einen kurzen, gewölbten und etwas gekrümmten
Gang in den südöstlichen Vierungspfeiler hineinzulegen; dessen dadurch ver-
ursachte Schwächung machte man unschädlich, indem man einen Verstärkungs-
pfeiler daneben baute, der nicht ganz bis zur Höhe des auf die untere Kapelle
aufgesetzten Kreuzgewölbes reicht und etwas unter demselben ohne eigentlichen
Abschluss endigt.
Die übrigen Decken, mit Ausnahme derer in den beiden Seitenapsiden,
waren gerade Balkendecken, wie solche auch bei dem Erneuerungsbau in unserm
Jahrhundert wieder eingesetzt sind. Zierrat wurde fast ganz vermieden.
Nach der Zerstörung von 1179 vergingen, weil die Kirche in ihren wesent-
lichen Teilen benutzbar geblieben war (einige Brandspuren sind noch heute
auf der Ostseite vorhanden) gegen 90 Jahre, bis man sich zur Vollendung
des von Rudolf begonnenen Baues entschloss. Erst von dieser Zeit her stammt
die jetzige Gestalt der Kirche; was noch ausser den Türmen vom alten Bau
' Dass nicht, wie behauptet worden ist, das Tonnengewölbe spätem Datums und in die
Kapelle erst eingezogen ist, geht aus dessen gewaltsamer Durchbrechung hervor, welche zu
Gunsten dieser Treppe geschah. Man hat sich nicht die Mühe gegeben, die Spuren de«
Durchbruchs zu beseitigen, ein Zeichen, dass der obere Raum vielleicht nur selten, jedenfalls
nicht zu feierlichen Zwecken l>enutzt worden ist Wahrscheinlich wiir er ein Buss- oder Straf-
aufenthalt. Auch das nach der Kirche führende jetzt vermauerte Fenster, hinter dessen Gewände
noch die Löcher für einen eheiuals dort angebrnchten Sitz zu sehen sind, von wo aus die Insassen
dem Gottesdienste beiwohnen konnten, ohne gesehen zu werden, und die schwere mit Eisen-
blech beschlagene Thür, welche die Treppe in halber Höhe absperrt, dürften hierfür sprechen.
J
Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Baugescbichte) 315
übrig was, auch die Krj'-pta musste schwinden. Aus dieser und der nächst-
folgenden Zeit scheinen die Obergeschosse der Westtürme zu stammen. Noch
in den letzten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts entstand die sogenannte Tauf-
kapelle (Katholische Kapelle),^ welche sich südlich unmittelbar an den alten
Turmbau anlehnt (Fig. 109). Sie liefert den Beweis, dass bei der damaligen
Bauthätigkeit grössere Eleganz waltete. Zu verwerfen ist die von ver-
schiedenen ausgesprochene Ansicht, man habe in diesem Kaum den Rest des
alten Kreuzganges zu erblicken. Die Stufen, welche den Chor dieser Kapelle
von dem übrigen Räume trennen, sind, wenn auch nicht in jetziger Form, aber
doch ihrer Anlage nach alt; sie wären in einem Kreuzgange durch nichts ge-
nügend zu erklären. Noch sieht man östlich den Ansatz zu einem dritten Paar
ebensolcher Kreuzgewölbe, wie die beiden noch vorhandenen Paare sind. An
dieses mag sich dann eine kleine Apsis angesetzt haben, vielleicht fehlte auch
eine solche, und es handelte sich überhaupt um keinen zu Zwecken des Gottes-
dienstes dienenden Räum. Die Lage unmittelbar an der Kirche bildete dafür
kein Hindernis, da der Raum ursprünglich nicht von dieser, sondem nur von der
Aussenseite westlich her zugänglich war. Eine Ähnlichkeit mit dem oben (vgl.
Dom) besprochenen Kapitelraume neben dem dortigen Kreuzgange ist unver-
kennbar. Trotz alle dem waltete Sparsamkeit. Die dadurch herbeigeführte
Einfachheit, welcher man freilich den Vorzug nicht absprechen kann, dass
sie die Gebäudemasse um so mächtiger und würdevoller erscheinen lässt,
war wohl weniger Sache des freien Willens als der Notwendigkeit. Die
Finanzlage des Stifts war in jenen Zeiten fortwährender Fehden meist ziemlich
bedrängt. Zum ersten Mal 1245 hören wir von einem der Kirche durch Papst
Innocenz IV. erteilten Ablass, von da folgen die Ablässe rasch aufeinander,
zwischen 1247 und 1290 allein zwölf teilweise sehr feierliche. Selten ist, dass
ihr Zweck genannt wird; nur 1284 (13. Mäi-z) heisst es in einem von zwei
Erzbischöfen und elf Bischöfen ausgestellten Ablassbriefe, dass zur Wieder-
herstellung der Kirche kein Geld vorhanden sei.^ Im übrigen lassen die Ablass-
briefe nur die bedeutenden Schulden des Stifts erraten, über welche auch sonst
viel geklagt wird. 1267 gestattete im Hinblick auf sie, da sie durch Wucher-
zinsen fortwährend wuchsen, Bischof Volrad Verkauf, Vertauschung und Ver-
pfändung von Mobilien und Immobilien; 1268 waren immer noch Schulden vor-
handen, verursacht durch vielen Raub und Brand; 1271 wurde zur Regelung
dieser Verhältnisse eine Kommission von Stiftsmitgliedern eingesetzt; 1288 ist
von neuen Schulden die Rede, entstanden durch Entsendung mehrerer Dele-
gierten zum Konzil in Würzburg (1287 abgehalten durch den Legaten Johann
von Tusculum), durch hohe Güterzinse und wieder durch Brand und Raub; um
* Sie hiess im 15. Jahrh. S. Mariae Magdalenae et Margarethae. Die Erbauung eines
Chore war schon 1402 beschlossen und dem [Baumeister V] Kanon. Heinrich Bare übertragen,
war 1405 und 1425 noch im Werk, wofür ein besonderes Bauamt eingesetzt war, wurde aber
eret in der Mitte des 10. Jahrh. beendet.
' über eine Bronceplatte aus der Mitte des 13. Jahrh. mit eingravierten Ablasserteilungen,
welche früher am südöstlichen Eingang befestigt war (Fig. llOj vgl. oben Domschatz unter
Nr. 32.
Halberstadfc (die Liebfrauenkirche: Baugeschichte) B17
Wucher musste von den Juden geborgt werden; 1292 veräusserte man Güter,
um Schulden bezahlen zu können; 1299 thaten sich endlich die Stifter L. Fr.,
St Bonifaz und St Paul zusammen, um gegen die Räuber und Plünderer gemein-
same Schritte thun zu können. Einer von den Hauptübelthätern war Ottol. von
Anhalt, der auf Beschwerde des Bischofs 1291 exkommuniciert wurde. Im selben
Jahre verfielen auch die Ritter Ludwig, Jordan und Johann von Neindorf wegen
derselben Vergehen der Exkommunikation. Wie sich denken lässt, fand das be-
drängte Stift in seinen Nöten mancherlei Helfer, welche ihm mit Geld- und Güter-
stiftungen beizustehen suchten; besondere Verdienste erwarb sich in dieser Be-
ziehung am Ende des 13. Jahrh. der Kanonicus Dietrich von Westerhausen. Trotz-
dem half dergleichen nicht viel, und der Bau, zu welchem König Heinrich VI.
<jie Erlaubnis gegeben hatte, kam nur langsan^ vorwärts. Eine Urkunde vom
Ende Mai 1291 belehrt uns, dass die Gebäude eine Ausgabe von 62, das Turmdach eine
von 54, die Glocken eine von 43 Mark verursacht hätten. Der erstgenannte Posten war
damals abgezahlt bis auf 18, der zweite bis auf 22, der dritte bis auf 20 Mark. Diese
übrigen 60 Mark wurden damals dem schon genannten Dietrich, welcher die
Baukasse verwaltete, aus der Kasse des Stifts angewiesen. Der Kirchenbau be-
traf also in jenem Augenblick das Schiff in geringerem Grade, vor allem aber die
Glocken und die Türme. Wieviel der ersteren waren, erfahren wir leider nicht.
Was das Turmdach betrifft, so ist nicht klar, ob die Ost- oder Westtürme gemeint
sind-; jene stammen vom Ende des 13. Jahrh., ebenso wie die Uberwölbung des
Kirchenschiffs. Im Beginne des 14. Jahrh. waren neue Ablässe erforderlich. Zwar
war der Bau in der Hauptsache fertig, ^ aber fortwährend gab os Änderungen
und Reparaturen, welche durch die nicht zu beseitigende Schuldenlast beinträchtigt
wurden. Da 1341 verschiedene zur Kirche gehörige Gebäude in trümmerhaftem
Zustande, andere besonders an den Dächern beschädigt waren, so wurden am
14. Mai jenes Jahres fünf Männer gewählt, welche als ständige Baukommission
für Abstellung solcher Missständc zu sorgen hatten. Sie bildeten den Anfang
des Bauamts (fabrica), welches sich seitdem oft in den Urkunden des 14. und
15. Jahrh. genannt findet und offenbar auch noch im 16. Jahrh. thätig war. Spuren
seiner Wirksamkeit hinterliess es in dem 1366 zuerst erwähnten Kreuzgange,
dem gotischen Westportal, der Überwölbung der Schiffe (der Seitenschiffe an-
geblich erst im 15. Jahrh.), wodurch die ehemals höheren Fenster eine Verkleinerung
erfuhren, des Chors u. s. w., femer in der der Taufkapelle 1552 angesetzten
gotischen Altarnische, welche eine Renaissancekuppel erhielt, ausserdem in der
Barbarakapelle,2 der heutigen Sakristei, welche Lucanus und v. Mülverstedt ohne
Begründung capella sub claustro nennen. Ihre Gründung schreibt ersterer
fälschlich dem Dekan Friodrieh v. Marenholz zu und setzt ihre Erbauung ins
Jahr 1435 oder 1438, während doch der Augenschein lehrt, dass die Decken-
malereien der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstammen, jedoch wegen
' Vielleicht mit Recht bringt Elia (H.-Z., 1886, 6) die 1327 geschehene Übertragung
der Reste des Bischofs Arnulf vom Dom in die Liebfrauen kirchc mit der, vielleicht wenigstens
in der Hauptsache geschehenen Fertigstellung in Beziehung.
* Ich gebrauche diesen üblichen Namen, wiewohl er urkundlich nicht belegt, auch, wie
sich bei Besprochung des Altargemäldes zeigen wird, kaum richtig ist.
318 Ealberstädter Stadtkreis: Haiborstadt (die Liebfraaenldrclie: Baugeschichte)
der Figur des die dreifache Krone tragenden Papstes kaum vor den Tagen
Urbans V (f 1370) gemalt sein können. Elis glaubt an die Gründung durch die
Familie v. Plötzke, welche im 15. Jahrhundert ein mit ihrem Wappen gezeichnetes
Altarbild in diese Kapelle stiftete, üngedruckte Urkunden des Magdeburgischen
Archivs, welche Elis nicht kannte, sprechen nun aber 1350 und 1353 von einer
neuen Kapelle; das erste Mal, dass sie gegründet und erbaut sei auf Testaments-
bestiramung des Kanon. Mag. Johann v. Gittelde, das zweite Mal, dass ein gewisser
Johann von Wernigerode 1351 einen Altar daselbst gestiftet habe. Da gerade in diese
Zeit der Stil des Bauwerks wie in wenig spätere der der Deckenmalerei passt
da ferner eine andere zu Liebfrauen gehörige Kapelle aus dieser Zeit weder
vorhanden noch sonst bekannt ist, so ist anzunehmen, dass die leider nicht nach
ihrem Heiligen genannte Kapelle mit der Barbarakapelle identisch sei. — Aus
der gotischen und den folgenden Perioden fehlen weitere Beste am heutigen
Bau; man wird sich hauptsächlich auf die Erhaltung des Bestehenden gerichtet
haben. Auch das erforderte bedeutende Mittel, zu denen noch das zur Bezahlung
der Kommissionsmitglieder erforderliche Geld kam. Dasselbe wurde teils durch
freiwillige Spenden, teils durch bestimmte Einkünfte aufgebracht 1434 wurde
bestimmt, dass jeder, der das Kanonikat oder eine kleinere oder grössere Präbende
des Stifts erlangte, zur Unterstützung des Bauamtes verschiedenerlei Geldbeiträge
zu leisten hatte. Im Oktober 1444 scheint die Baukommission neu organisiert
worden zu sein. Ihre Mitglieder, die Baumeister (bugmester, magistri fabricae;
wie zumeist ist bei diesem Titel nur an geistliche Oberaufseher, nicht an die
technischen Bauleiter zu denken) erhielten dreijährige Amtsdauer, hatten be-
stimmte Rechnung zu legen, bezogen als Einkünfte die Zinsen gewisser an
andere Städte verliehener Kapitalien. Auch hatte jeder, der ein Fest oder eine
Memorie stiftete, auch das Bauamt mit einer Stiftung zu bedenken; endlich
wurde eine Art von Sparkasse zu dessen Gunsten angelegt.
Seit Ende des 15. Jahrhunderts verstummen die urkundlichen Nachrichten
über die Bauthätigkeit. Reste des ältesten Baues (natürlich kann es sich niu
um den ältesten Kreuzgang handeln) sollen in Trümmern noch 1690 vor-
handen gewesen sein; damals räumte man sie hinweg und benutzte 1692 die
Steine beim Neubau des Johannisthors. — Nach der Aufhebung des" Stifts 1810
verwahrloste die Kirche, bis Friedrich Wilhelm IV. zu ihrer Wiederhei-stellung
45,000 Thaler zur Verfügung stellte. Die Erneuerung wurde durch Rosentlial
und Wägener ausgeführt. Sie begann am 29. November 1839. Der nordöstliche
Turm, welcher wie der südöstliche auf einem Unterbau stand, der ureprünglich
garnicht für ihn berechnet und zu schwach war, rausste gleich anfangs wegen
Einsturzgefahr abgetragen und neu gebaut werden; er erhielt seinen Knopf am
7. November 1847. Die alten Überw()lbungen der drei Kirchenschiffe ausserhalb
des Chors und des Transsepts wurden beseitigt und durch gerade Holzdecken
ersetzt, da die Gewölbe zu stark drückten und den Aussen wänden Gefahr
drohten. An der Nord- und Südseite des Langhauses wurde je eine neue Ein-
gangspforte von 1,6 m Weite durchgebrochen. Der Erneuerungsbau war 1848
vollendet.
Beschreibung des Bauwerkes. Die äussere Gestalt der Kirche ist von
grosser Einfachheit und wird nur durch die vier Türme belebt. Da die östlichen
1
Halberetadt (die Liebfrauenkirche: Baubeschreibung) 319
■- ■■ - ■ - , ,
Türme ausserhalb des Mittelschiffes stehen, so ist ihr Abstand von der Weite desselben
abhängig. Den älteren Westttirmen ist ein engerer Abstand von ^/s der Turm-
breite gegeben. Die beiden östlichen Türme, quadratisch fundiert, sind, um sie
schlanker erscheinen zu lassen, oberhalb des Hauptgesimses der Kirche in eine
achtseitige Form übersetzt und in diese zwei Reihen kleiner, gekuppelter Fenster
angeordnet, deren Säulchen nur mit Würfelkapitälen (da sie auf die Entfernung
berechnet sind, ist jeder Schmuck überflüssig) und attischen Basen versehen sind.
Die achtseitigen Pyramiden haben eine Höhe von 14,4 m. Die beiden westlichen
Turme haben mit Rücksicht auf die im 12. Jahrhundert vergrösserte Länge der
Kirche über ihre ursprüngliche Form noch eine Etage mit dreifach gekuppelten
Fenstern, mit Seitenlisenen und Bogenfriesen erhalten und sind nach rheinischen
Torbildem dergestalt mit vierseitigem Pyramidaldach (Bischofsmütze) versehen,
dass die Kanten der Pyramide sich auf die Spitzen der vier Giebelmauern auf-
setzen. Die Seitenflächen der Pyramiden haben Rautenform, deren Seitenlinien
gleich denen der Giebeldreiecke sind. So hat das Pyramidaldach eine Höhe von
16,3 m erhalten. Zwischen den Westtürmen zieht sich der mit einem Satteldach
versehene, die älteren und jüngeren Schallfenster enthaltende Zwischenbau hin.
Sämtliche Dächer sind mit Blei gedeckt.
Das Langhaus hat auf jeder Seite acht gleich verteilte Oberlichte und im
Erdgeschoss je sechs Fenster und eine Thür (letztere neu), ungleich eingeteilt,
jedoch stehen die Fenster des Erdgeschosses im allgemeinen ziemlich gegenüber
der Mitte der Pfeilerabstände im Innern; sollte eine regelmässige Anordnung in
dieser Art beabsichtigt gewesen sein, was wohl wahrscheinlich, so ist sie doch
durch Sorglosigkeit verfehlt. Die obere Etage der Querschnitte und des Altar-
raumes ist nach Norden und Süden durch je drei Fenster erhellt Yen den
Seitenapsiden weist die südliche im obern und untern Geschoss je drei, in der
Altarnische je ein kleines Fenster auf; die nördliche hat, da sie nur einen Raum
bildet^ auch nur drei grössere Rundbogenfenster nach Norden und ein kleines in
der Altamische.
Das Innere der Kirche erweist dieselbe als schlichte Pfeilerbasilica,
welche nach dem Vorbilde der Paulskirche zu Halberstadt erbaut ist. Das
Mittelschiff ist von den gegen den Chor hin ein wenig erweiterten Seiten-
schiffen durch auf Pfeilern ruhende Bögen getrennt. Die Pfeiler haben
abwechselnd einfach quadratische (1,12 : 1,12) und rechteckige (1,12 : 1,28
[bezw. 1,43 und 1,73]) Grundfläche. Der Abstand der Pfeiler von einander
beträgt zwischen 2,93 und 3,36 m. Vielleicht ist die Annahme berechtigt,
man habe anfänglich beabsichtigt, nach Art anderer niedersächsischer Kirchen
die Weiten zwischen den rechteckigen Pfeilern mit grossen Bogen zu über-
spannen und dazwischen je eine Säule zu setzen zur Aufnahme von je zwei
kleineren Bögen. Dieser Plan mag aber frühzeitig aufgegeben sein; möglich
auch, dass man die Säulen erst beseitigte und durch die festem Pfeiler ersetzte,
als die Kirche eingewölbt wurde. Alle Kämpfergesimse (sie sind in Stuck ange-
setzt) sind höchst einfach, selbst einfacher als bei den älteren westlichen Türmen.
Das Mittelschiff setzt sich um zwei Quadrate östlich fort und erweitert sich
zum Kreuz mit zwei Vierecken, von denen nur das südliche ein Quadrat ist,
während die Nordwand des nördlichen ein wenig länger als die ihr gegenüber-
n
320 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Baabeschreibung)
liegende Südwand ist und deshalb eine schräge Abweichung zeigt; doch scheint auch
hier ursprünglich die quadratische Form beabsichtigt gewesen zusein. Die Vierung
öffnet sich mit mächtigen, auf Wandpfeilem ruhenden Bögen nach allen vier Seiten
hin. Von den beiden Kreuzarmen liegt der nördliche 5 Stufen von 0,835 m Gesamt-
höhe, der südliche nur 4, zusammen 0,70 ra hohe Stufen über dem Niveau der Seiten-
schiffe. Deragemäss führen aus dem nördlichen zwei Stufen (0,37 m insgesamt hoch),
aus dem südlichen 3 Stufen (0,49 m Gesamthöhe) in den hohen Chor. Die Kreuz-
arme sind in ihrer Abgeschlossenheit selbständige Kapellen gewesen. Je eine
einfache Thür führt neben den Seitenchören, mit gradlinigem Sturz verseben,
über dem sich ein rundbogiges Tympanon erhebt, ins Freie. An sie schliessen
sich die zwei mit halbrunden Altairäumen versehenen Seitenchöre, welche die-
selbe Breite wie die Seitenschiffe bei einer Länge von 10 (südlich 10,20) m haben
und ehemals gegen das Querhaus mit Bögen geöffnet waren. Sie enden in
gleicher Linie mit dem hohen Chor. Aus der südlichen Kapelle führte ehemals
eine Thür in den hohen Chor. Sie ist später vermauert und die daselbst ver-
bliebene Nische von der Chorseite her mit einem Gemälde verdeckt worden.
Vgl. unten. Zur Unterstützung des (neuen, westlich gelegenen) Orgelchors ist
eine (gleichfalls neue) Arkade von drei Bögen quer durch das Mittelschiff ge-
zogen, welche in einer dem Stil des Gebäudes widersprechenden Art von zwei
Säulen getragen werden.
Der ganze Innenbau ist ebenso wie die Aussenseite von grösster Einfachheit,
auf Farbenschmuck berechnet, der auf den mit ausgezeichnet hartem Bewurf
glatt geputzten Wänden nach organischem Plan erfolgte. Bei der in den vierziger
Jahren erfolgten Wiederherstellung fanden sich zahlreiche Reste davon. Näheres
darüber siehe unten. Von eigentlichem architektonischen .Zierrat findet sich
ausser den Säulchen in den gekuppelten Fenstern der Türme und drei kleinen
Nischen aussen am hohen Chor, welche für die Aufnahme von Skulpturen be-
stimmt wurden, nichts vor. Keine derThüren besitzt ein ursprünglich verziertes
Tympanon, die Gesimse sind äusserst einfach, die Plinthe durchweg eine Schmiege,
die Gurtgesimse sehr spärlich, schmal und nur in kleiner Hohlkehle oder
schwachem Rundstab bestehend. Auch die Gewände der Thüren beschränken
sich auf schlichte Abtreppungen, die der Fenster auf steile Schmiegen, nur die
der grossen Altarnische eingefasst mit einem Rundstab. Ebenso einfach wie die
Wände sind die Decken. Von den Gewölben sind noch die in dem mittleren
und südlichen Turmraum, ferner die im Chor und im Querschiff vorhanden.
Von den Holzdecken des alten Baues existieren noch die Balken über den
jetzigen Gewölben. Die beiden Seitenaltan*äume, ebenfalls ganz schmucklos,
zeigen noch die ursprünglichen Tonnengewölbe, während der obere Raum des
südlichen mit zwei Kreuzgewölben versehen und in zwei quadratische Räume
geteilt ist
Der dicht an den Westtürmen gelegene, jetzt als Taufkapelle bezeichnete Raum,
bildet ein Quadrat von 6,84 m Seitenlänge, welches von dem Kreuzgange durch eine
alte rechtwinkelige Thür, von der Kirche aus durch eine neu angelegte Tliür zu-
gänglich gemacht und nach Osten gotisch im halben Achteck geschlossen ist. Der
romanische Teil ist überdeckt mit vier quadratischen Kreuzgewölben zwischen recht-
eckig profilierten Gurtbögen. Der Mittelpfeiler, der das Ganze trägt, ist mit vier Halb-
fialberstadt (die Liebfrauenkirche: Baabeschreibnng)
321
Säulen belebt, seine Ecken sind ausgekehlt, Verzierungen, welche sich in durchaus ähp-
licher Weise auch an dem anderen (östlichen) Pfeiler und den Pilastem wiederfinden. .
Die Pfeilerkapitäle (Fig. 111), sind aus dem Würfel konstruiert Eins davon (nicht mit
abgebildet) ist ein sogenanntes Faltenkapitäl ; ein anderes zeigt Diamantbänder
innerhalb seiner Blattdekoration, noch an einem anderen sieht man, wie
auf eine besondere, nicht gerade häufige Weise etwas weit ausladende Blättör
durch gegenstrebende Blätter unterstützt werden.^ Die Basen zeigen Eckblätter
Fig. 111.
•
welclie nur in einer einfachen Einziehung bestehen. Von den Niveauveir-
liältnissen der Kapelle und deren möglicher ehemaliger Bestimmung war schön
in der Baugeschichte die Rede. Der gotische Teil der Kapelle ist ohne
Interesse.
Im Winkel des südlichen Querschiffs und Turmes befindet sich die
Barbarakapelle, ein mit zwei quadratischen gratigen Kreuzgewölben versehener
länglicher Raum, welcher durch eine Thür vom Seitenschiff her zugänglich
* Im Kloster Bosau bei Zeitz (1114 gegründet) findet sich u. a. ein gleiches Beispiel.
Kreis Halberttadt. 21
Hallierstodt (die Liobfraueokircbe : Fenster)
ist and zwei Fenster nach Süden hat. Seiner EntstehungBzeit (s. o.) entsprechend
ist er im gotischen Stil, aber sehr einfach gebaut
Fe n ste r. Da die Kirche in ihrer architektonischen Schlichtheit auf
malerischen Schmuck aller Art geradezu angewiesen war, so werden vermutlich
Fig. 113.
ehemals die Fenster sämtlich oder zum grössten Teil im Schmuck von Glas-
malerei geprangt haben. Erhalten ist nichts davon. Die Fenstar der Seiten-
schiffe sind jetzt in musivischen Mustern verglast, die übrigen bieten nichts
Bemerkenswertes, Sie bestehen einfach aus verbleiten, kleinen, wenig ge-
schmackvoll verzierten Scheiben. Das Mittelfenster der Ältarnische im hohen
Chor zeigt die ziemlich massig ausgeführte Figur des Heilandes,
324 BalberBt£dter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfraaenkinrhe : Bildwerke)
Ein Gitter von Schmiedeeisen, aus einfachen vierkantigen Stäben bestehend
und wenig verziert, trennt etwas vor der Tierung diese und den Chor vom
Mittelschiff; ein anderes ähn-
liches schliesst die nördliche
Seitenapsis ab. Höhe 2^ m
bezw. 2 m. £7. Jahrh.
Ein Sakraments baus-
chen, in zierlichen Formen
früh-gotisch ausgeführt, zeich-
net sieb durch die vier schlan-
ken Pfeiler aus, auf denen es
steht, und von denen viele zier-
liche Giebel und J^alen leicht
in die Lüfte steigen. Es steht
im sudlichen Querscbiffe leider
gerade vor zwei StuckfigureQ
derChorschranke, wodurch die-
selben der Betrachtung fast ent-
zogen sind. Zalilreiche Bruch
stücke des Sakramentshauses
liegen in der südlichen Seiten-
apsis.
Bildwerke. Den wenigen
Skulpturenschmuck, welchen
das Gebäude aufzuweisen hat,
bilden folgende Stücke:
Im Innern l.zweiRosettcn,
eingemauert über den Ein-
gängen von den Seitonschiffen
zu den Kreuzarmen, südlich
eineTraube,nördlicheiTiLöwen-
kopf, früher mit vergoldetem
p. ,,j KingeimMaul;2.dioberühmteQ
Reliefs* an den dem Mittelschiff
abgekehrten Seiten der 2,15 m
hohen Zwischenwände zwischen der Vierung und den Kreuzarmen. Die Wände
sind voUgemaucrt, durch kleine Säulenarkaden von je 12 Bogen (Höbe 1,25 m)
gekrönt und im Mittelschiff mit Füllungen gegliedert Auf der Rückseite jeder
solchen "Wand sind neben einer (sudlich rundbogigen, nördlich mit geradem Sturz
versehenen) ganz in der Ecke neben den Seitenchören angebrachten Thür sieben
flache, etwa 0,99 m breite Rundbogennischen zu bemerken, in welchen beider-
' Abbild, bei Ebe, Deutsche Eigenart in d. bild. Kunst, pag. 300; Bude, G^ich. d. d.
Plastik, pag- 45 (nur der ADdreae); Hasak, Geschichte der deutschen Bildhauerkunst im
13. Jahrb., p. IT ff.; ferner bei Lucanus u. s. w.
Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Bildwerke) 325
<
seits sechs Apostel und in ihrer Mitte südlich die thronende Madonna*, nördlich
der segnende Heiland in sitzender Stellung abgebildet sind. (Fig. 112, 113, 114.)
Diese Figuren, welche aus einer Art von Cementstuck gebildet sind, erheben
sich mit den hervoitretendsten Teilen (Gesichter und Kniee) nicht mehr als
10 — 13 cm über die Grundfläche. Sie sind durch Stützen mit Kapital und Basis
in Form von teils Halbsäulen, teils Pilastern getrennt, durch architravierte Halb"
kreisbögen überspannt, und oben und unten von einem durchlaufenden Friese
begleitet (0,30 bezw. 0,20 m hoch). Derselbe weist unten, und an der nördlichen
Schranke auch oben, einfache romanische Blattornamente auf, während dm oberen
Fries der südlichen Wand innerhalb von Ranken und Blattverschlingungen
folgende Scenen aufeinander folgen: zwei mit den Hälsen verschlungene Drachen,
Lamm, Löwe, Drache mit drei Mannsköpfen, Mann mit einem Fisch kämpfend,
nackter Jüngling im Kampfe mit einem vogelartigen langgeschwänzten Ungeheuer,
Stier von vier Löwen überfallen, zwei Centauren, Affe, Centaurenmutter zwei
Kinder säugend, ein Eeiter. — Die sitzenden Figuren sind folgende: a. nördlich
Matthias, Bartholomeus, Petrus, Christus, Andreas, Matthäus, Thoraas; b. südlich
Thaddäus, Simon, Johannes, Madonna, Jakobus Zebedäi, Philippus, Jakobus
Alphäi. Es ist mir unbekannt, warum diese üblichen Benennungen für die Figuren
eingeführt sind, da alle Attribute fehlen. Erkennbar sind nur Christus und Maria, für
die übrigen stehen oben an den Bögen Namensinschriften, die aber nicht ur-
sprünglich sind. Die 1,14 — 1,20 m hohen sitzenden Figuren sind im Geschmack des
ausgehenden 12. Jahrhunderts ausgeführt, gehören also nicht mehr zum rudolfinischen
Bau. Sie zeugen von grossem Kunstverständnis und gewandter Technik, welche
bei den Figuren der Südseite noch schönere und eindrucksvollere Ergebnisse
hervorgebracht hat als auf der nördlichen, wo namentlich der Jugendroiz fehlt,
welcher jene andern verschönt. Die Gestalten beider Seiten aber sind mannig-
faltig, die Gesichtsbildungen edel, individuell und verhältnismässig frei von
Starrheit. Ziemlich glücklich gelungen, in Einzelheiten vortrefflich sind die
Hände und Füsse, wenn auch deren Stellung manches Gezwungene hat. Be-
sondere Sorgfalt ist auf die Gewandung und deren Faltenwurf verwendet. Zwar
sind auch diese Dinge noch etwas von dem damaligen Geschmack beeinflusst,
welcher parallele Lagen von dünnem Zeuge liebte und besonders Kniee und
Bäuche glatt hervortreten liess, aber trotzdem sind gerade die Gewänder dieser
Figuren zum grossen Teil von schönster "Wirkung, welche durch die durchweg
noch vorhandene Bemalung noch mehr zur Geltung kommt. Alles zusammen-
gerechnet tritt uns in diesen Skulpturen eine vorzügliche Künstlerart entgegen,
die mit frischer Naivetät und vortrefflicher Naturbeobachtung nach Loslösung
von der mittelalterlichen Befangenheit ringt und die Kraft besitzt, diesem
freilich noch auf Jahrhunderte hinaus unerreichbaren Ziele näher zu kommen
als andern deutschen Künstlern derselben Epoche möglich war. Denn auch in
der Klosterkirche zu Klostergröningcn und zu Hamersleben, sowie an der Chor-
' Noch jetzt flieht man dicht neben diesem Bilde verschiedene Nägel und Haken. Sie
dienten dazu, die Gewänder festzuhalten, womit man diese Madonna, obgleich sie Relief war,
ehemals am Martinitage zu bekleiden liebte (Urk. von 1400). Eine Frau war besonders mit
diesem Amte beauftragt. Sie hatte auch für die LamjK) zu sorgen, welche vor iäcm Bilde
brannte.
326 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfraueiikirche: Wandmalereien)
schranke der Michaeliskirche zu Hildesheim finden sich ähnliche Werke, vielleicht
Torbilder für die in der Liebfrauen-Kirche; aber obgleich an jenen Stellen
die Kunsttechnik bereits sehr vorgeschritten war, ist sie doch hier entschieden
übertroffen worden.
Am Äussern: An der Rundung der Mittelapsis in drei Nischen der
thronende Christus von Maria und Johannes verehrt; über derThür zum nördichen.
Kreuzarme Christus mit Maria thronend ; beides kleme Steinwerke des 14. Jahiii.
Zu derselben Zeit entstanden auch die meisten und wichtigsten Wand-
malereien der alten Kirche. Sie wurden 1661 übertüncht und erst 1830 ent-
deckte der Apotheker Dr. Lucanus ihre Spuren wieder.* Die Untersuchungen
wurden von Brackenhausen 1832 eifrig fortgesetzt, und der Konservator v. Quast
nahm Veranlassung, ein erschöpfendes Gutachten darüber zu dem Zwecke
abzugeben, dass man sich bewogen fühlen m()ge, die alten ebenso schönen als
merkwürdigen Beste zu ergänzen und aufzufrischen. Dies geschah auch durch
die Maler Pfannschmidt, Schäfer und Ruprecht, aber leider in einer Weise, welche
den alten Malereien ihren Charakter genommen hat und von der Art, wie die
Kirche ehemals geschmückt gewesen, ein unzutreffendes Bild giebt. Ehe diese
verfehlte Übermal ung stattfand, der erfreulicher Weise wenigstens einige unten
zu besprechende Wand- und Deckengemälde nicht zum Opfer fielen, liess man
zum Glück eine Anzahl von Figuren durchpausen, welche sich zwischen den
Oberlichtfenstern des Mittelschiffes befinden. Es waren dies 10 Propheten,* femer
die neben den westlichsten Fenstern angebrachten Halbfiguren Salomos und der
Synagoge, Davids und der Ecclesia, Dazu kamen noch die Figuren einiger Engel
aus der Hauptapsis und zwei Streifen Akanthusomament Diese Pausen sind
heute im Königlichen Kunstgewerbe-Museum zu Berlin aufbewahrt. Durch das
freundliche Entgegenkommen der Museumsverwaltung^ wurde ich in den Stand
gesetzt, jene Blätter photographieren zu lassen, welche in Gefahr des Unterganges
schweben; der Zustand des alten, dunkel und sehr brüchig gewordenen Paus-
papiers verheisst, wiewohl die Blätter auf Leinwand gezogen sind, für die
Zukunft nichts Gutes. Schon jetzt muss man sich sehr hüten, dass nicht beim
Anfassen Stücke in der Hand bleiben.
Nach dem v. Quast'schon Fundberichte* entdeckte man „unter den Fenstern
fortlaufend ein reiches, gemaltes Ornamentenband: schön entfaltetes romanisches
Blattwerk,'' „gelblich und gi'ün auf braunrotem Grunde mit farbigen Lineamenton
eingefassf Diese Bänder waren auf beiden Seiten des Langhausos verschieden.
Zwei Proben befinden sich unter den erwähnten Pausen. Bei der Erneuerung hat man
diese Akanthusstreifen wenigstens in der Zeichnung genügend verschont (Fig. 131).
Auf diese Bänder stützten sich gemalte Säulchen „verschieden gefärbt und mit Or-
namenten belegt,^* welche als Fenstereinfassung dienten und halb auf der Wand,
* Vgl. Zeitschrift für ehr. Archäol. und Kunst II. Tafel 12.
' Leider nicht alle; der unten folgende Bericht wird lehren, wie vieles man hat zu
Grunde gehen lassen. Allein von den Propheten fehlen Daniel, Maleachii Zepbania, Habakuk,
Haggai und Sacharia.
^ Besondern des Herrn Hcgierungsbaumeisters Borrmann, dem ich dafür zu lebhaftem
Danke verpflichtet bin.
* Im Kunstblattc 1854, No. 52 ff.
J
Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Wandmalereien) 337
halb, um die Ecke gebogen, in der Pensterleibung standen. Oben trugen sie
einen Kundbogen von gemalten Quadern , welche um einzelne der Fenster über-
haupt als Einfassung statt der Säulen herumgeführt waren. — Zwischen diesen
Fenstern fanden sich „auf lichtem Grunde'^ im Schiff der Kirche die zwölf kleinen
Propheten, im Chor die vier grossen, zu äusserst an der Westseite aber über-
einander rechts und links je zwei Halbfiguren, rechts (vom Chor gesehen) David,
darunter die Ecclesia (Fig. 126); links Salomo, unter ihm die Regina Austriae,
die Synagoge (Fig. 123). — Diese Malereien knüpfen an das im Mittelalter und
seit dem 12. Jahrh. auch in ganz Deutschland beliebte Prophetenspiel, welches
mit dem von alters bekannten, bildlich uijzählich oft verschiedenartig dargestellten
Streitgespräche der Kirche und Synagoge (beruhend auf dem Sermo b. Augustini
contra paganos, Judaeos et Arianes de symbolo) in mannigfaltigste Verbindungen
trat.i Dass es auch in Halberstadt bekannt war und wohl sogar in der Liebfrauen-
kirche aufgeführt wurde, sieht man aus diesen Wandgemälden. Übrigens erscheint
die Synagoge hier noch im vollen königlichen Schmuck, was auffallend ist, da
sie schon zur selben Zeit in den Bildwerken meist ärmlich dargestellt wird, nach
Vorschrift des Spiels die Augen verbunden, die Fahne in ihren Händen zer-
brochen. Das alles fehlt bei unserer Regina Austriae. Man möchte sie ohne
diese Beischrift, und wenn sie nicht gerade auf der linken Wand stände, eher für
die Ecclesia ansehen; diese tritt viel bescheidener auf, trägt dabei gleichfalls keine
Fahne oder sonstiges Abzeichen, ja im Gegensatz zu den meisten sonstigen Dar-
stellungen nicht einmal eine Krone. Im v. Quast'schen Berichte, auf welchen
ich mich hier immer beziehen muss, da er besonders über die alten Farben allein
zuverlässige Nachrieht giebt, heisst es von den vier Halbfiguren: ,,Das Kostüm
derselben ist völlig verschieden, doch unter sich verwandt; ein roter Mantel wird
auf der Brust durch eine Agraffe zusammengehalten und lässt das grüne Unter-
gewand mehr oder weniger frei hervortreten. Goldner Schmuck bezeichnet den
Abschluss der Ärmel und ein noch reicherer schmückt dasselbe auf der Brust
unter dem Mantel." Von David und Salomo sagt er : „Ersterer bärtig, doch fast
ohne alle Beizeichen; letzterer jugendlich, mit einer goldenen Krone über dem
Lockenhaar." Die Synagoge schmückt „eine noch reichere Krone über dem lang-
herabfliessenden Haar, das jedoch zunächst durch einen grünen Schleier^ gedeckt
ist,"* Ecclesia prangt „mit keinem andern Schmuck als dem ihrer Locken." Diese
Xostüms sind besonders auch deirum von Interesse, weil man annehmen
kann, dass die betreffenden Figuren einstmals so gekleidet auf der Halber-
städter Schaubühne auftraten. Es ist daher bedauerlich, dass von Quast's Be-
richt in dieser Beziehung so lückenhaft ist und nur noch Nahums und Daniels
Kostüm beschreibt. Von ersterem sagt er: „Der rote Mantel gleitet im schönsten
Gefälte, keine Bewegung beengend, bis zu den nackten Füssen herab; nur ein
^ Vgl. Paul Weber, Geistliches ßchjauspiel und kirchliche Kunst. Stuttgart 1894.
* Ee ist der Schleier, welchen auch Innocenz III. 1215 den jüdischen Frauen zu tragen
befahl. Doch hatt« dieser blauen Besatz. Würde man heute die Farbe der alten Malerei
noch beurteilen können, so liesse sich wahrscheinlich hier ein Irrtum v. Quasts, hervorgerufen
durch chemische Veränderung der Farbe feststellen und so ein wichtiger Anhalt zur Datierung
dieser Malereien gewinnen.
328 Hulberstädtfr Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirehe : Wandmalereien)
geringer Teil des hell blniien Untergewandes an der Brust und an wenigen andern
Stellen bleibt siclitbar.'" Was er von dem (leider zu Grunde gegangenen) Daniel
berichtet, ist zum Glück besonders genau:
„Völlig abweichend von allen Torher-
gelienden Propheten, doch durch den bei-
gi'schriehenen Namen nicht minder wie
durch dio Zusammenstellung mit den
andern grossen Propheten hinlänglich be-
zeichnet, ist Daniel dargestellt; hellgrüne.
eng anschliessende Beinkleider reichen
bis zu den Fussspitzen hinab. Goldne
Spangen oder Stickereien schmücken die-
selben über den Füssen, unter und über
den Knien. Ein kurzer Bock mit engen
Ärmeln von dunkelgrüner Farbe, mit
breiten goldnen Säumen geschmückt, ist
über der Hüfte gegürtet und öffnet sich
über dem Schenkel des rechten, zurück-
tretenden Beines. Der hellrote, gold-
gt'säumte, kurze Mantel wird auf der
Brust durch eine Spange gehalten, doch
lässt derselbe unter dem Halse noch ein
weisses Untergewand hervorsehen. Eine
niedere Tiara, mit senkrechter goldener
Borte geschmückt, deckt das jugendliche
Haupt. Die durch den Mantel fast ver-
deckte Rechte ergreift das über die BruM
hinweggehende Spruchband, während die
Linke anbetend erhoben ist. Offenbar
ist dies die sogenannte phrygische Tracht,
durch welche von den Griechen alle Orien-
talen bezeichnet wurden, und in welcher
wir auf altchristlichen Abbildungen na-
mentlich die Freunde Daniels, die drei
Männer im feurigen Ofen, dai^estelit
finden." Weiter stellt v. Quast Verglei-
chungen dieser Figur mit .ähnlichen zu
y''g. 115. Wechselburg und an der goldenen Pforte
zu Freibeig an und folgert d araiis auf
gleiche Ent.stehungszeit mit jenen. Man mag dies zugeben ; besonders auch darum,
weil die Vergleicliung der Figur dos Freiberger Daniel (.Fig. 115)' mit vorstehender
lii's<Oireilning die auffallendste Ähnlichkeit verrät; nur die Haltung der Hände ist
verschieden; die Statue fasst ihr Spruchband mit der linken Hand, während
die Rechte den kurzen Rock erhebt und dadurch das vorsehreilende rechte
' HariaV, ii.22flr. neljRt Abb. 11 — 15;
Fig 116.
Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Wandmalereien) 329
Bein sichtbarer macht; beide Hände der Figur hängen daher mit deren Körper-
masse zusammen, was im Interesse der Haltbarkeit bei einem Skulpturwerk
durchaus berechtigt, bei der Malerei aber natürlich überflüssig ist. Diese
Ähnlichkeit führt dann weiter zu der Vermutung, dass ein französischer Einfluss,
wie er in Freiberg vorzuliegen scheint, auch bei den Prophetenfiguren der Lieb-
fraiien-Kirche wirksam war. Man möchte dabei den letzteren sogar die gi-össere
Eleganz zuschreiben; die Körperverhältnisse bei den Malereien sind durchweg
schlanker als bei jenen Skulpturen; aber dies mag auf Eechnnng des hohen
Standpunktes der Gemälde kommen, welche, da der Kirche Emporen fehlen, nur
von unten, also nur in Verkürzung gesehen werden konnten, daher bei ge-
drungeneren Formen, wie in Freiberg, falsch gewirkt hätten. Es ist sehr zu be-
dauern, dass von dem Daniel und vielen andern Figuren Pausen entweder nicht
genommen oder nicht aufbewahrt worden sind. Dass die jetzigen Propheten-
figuren dem ehemaligen Zustande nur ungenügend oder gamicht entsprechen,
lehrt ihr Vergleich mit den erhaltenen Pausen. Ich mache daher nicht den Versuch
einer Kostümbeschreibung der durch v. Quast nicht erwähnten Figuren, sondern
zähle sie hiermit der Reihe nach auf, indem ich die Inschriften ihrer Spruchbänder
gleichzeitig durch Angabe der Stelle aus ihren Schriften kurz bezeichne; dieselben
Angaben finden sich auch heutzutage auf dem Spruchbande jeder Figur neben den
lateinischen Worten angemerkt. Sie enthalten die Messianischen Weissagungen, mit
welchen und zu deren Verteidigung gegenüber der ungläubigen und widerstrebenden
Synagoge sich die Propheten in das Spiel einmischten. Der Ausgang desselben
war bei dem Halberstädter Spiel die Bekehrung der Synagoge, wie aus den ihr
in den Mund gelegten Worten hervorgeht. Die Figuren (vergl. die Einschalte-
blätter Fig. 116 — 127) nun sind folgende (die cursiv gedruckten fehlen):
a. im Chor, nördliche Wand: Jesaias (5,27) und Daniel; südliche Wand:
Jeremias (53,5) und Ezechiel (18,23).
b. im Mittelschiff, nördliche Wand: Zacharias (9,9), liaggai (2,8), Obadja
(1,15), Arnos (9,13), Joel (3,21), Micha (2,1)^ David (Ps. 21,17) mit Ecclesia. Süd-
liche Wand: Habakuk (2,4), JlafcacAi (3,1),' Hosea( 12,7), Jonas (2,5), Nahum (1,9),
Zephania (1,4), Salomo (7,5) mit Regina (1. Könige 10,7).
Nun sind diese Propheten nebst den vier Halbfiguren aber keines-
wegs die einzigen Malereien der Liebfrauenkirche gewesen, welche in Be-
ziehung zu dem Prophetenspiel standen. Einerseits fehlen verschiedene Figuren,
welche dazu gehören und die man billig erwarten könnte: Balaam, Abraham,
Moses, Aaron, die Sibylle, Elisabeth u.a. Andererseits berichtet v. Quast, dass
sich am Ostende des Schiffes Reste von mehreren nebeneinander stehenden oder
sitzenden Figuren gefunden hätten, aber in ganz zerstörtem Zustande, deren
nähere Beschreibung er deshalb nicht liefern konnte. Desgleichen enthielten
die Kreuzarme Malereien zwischen ihren Oberlichtom. In der Hauptaltar^
nische machte v. Quast die Beobachtung, dass die „ursprüngliche Anordnung
im Laufe der Zeit mehrfach nicht nur restauriert, sondern vollkommen über-
malt wurde." In drei Abteilungen über einander baute sich die Malerei auf-
„Die untere reicht bis zu den Fenstern; die zweite entliält den Raum bis
zu dem Anfang der Halbkuppel, in welchem die drei Rundbogenfenster bis
zur gleichen Höhe hinaufsteigen; die dritte endlich begreift die Malerei der
21a
330 Halberatädter Stadtkreis: Halberstadt (die LieWrauonliirche: Wandmalrreien)
Halbkugel selbst. Letztere enthält auf blauem Grande die Madonna in throno',
zu jeder Seite mit drei Heiligen, welche anbetend sich ihr und dem Christus-
-J2fi=^
^.-,^s\
,3iL;.,^
i
\KW"-:£
kinde auf ihrem Scliyss nahen, alle in einfach würdiger Haltung und in schönen
lang licrabfliesscnden Doppelgewändorn, den Mantel auf der Brust zusammen-
' Bei der Wiederherstellung hat man von dieser Malerei alles, womit man nichts anza-
Bteilen wusste, eiofach mit einem grellen IJlau übermalt, von welchem die Halbfigureo
der Madonna und von vier Engeln unharmonisch und bäs^liuh abgt«cheD.
Halberstadt (die Liebfrauenliirche: Wandmalerien) 331
geheftet. Ausser goldenen Büchom, welche einige von ihnen in den Händen
halten, haben siu keine Beizeichen.'' Hier hat v. Quast erstens die, die Madonna
umschwebenden Engelsgestalten zu erwähnen vergessen, von denen einige noch
heute zu sehen sind; von einigen sind auch Pausen gemacht worden, deren Ab-
bildung ich hier beifüge (Fig. 128, 129). Zum zweiten ist wahrscheinlich, dass v. Quast
sich geirrt hat, was die Zahl der die Madonna umgebenden Personen betrifft.
Erinnern wir uns nochmals der vorliin zum Vergleich lierangezogenen goldenen
Pforte zu Freiberg. Bei dieser gipfelte die Darstellung, zu der die an den
Thürgewänden angebrachten vier Figuren die Einleitung bilden, darin, dass das
Tynipanon die Anbetung der tlironenden Madonna durch die heiligen drei
Könige entiiält, welche links von ihr kniend ihre Gaben darbringen, während
rechts ein Engel und Joseph (letzterer sitzend) der Scono zuschauen, oben aber
Fig. 130.
rechts und lints je ein Engel aus Wolken herabschwebend ^der Madonna mit
verhüllten Händen einen kugelartigen Gegenstand hinhält (Fig. 130). Es genagt ein
Blick auf den schwebenden Engel rechts, um zu erkennen, dass der in unserer Pause
abgebildete nach links gewandte (Fig. IiJ9) fast wie eine Kopie der Freiberger Figur
erscheint. Freilich waltet eine Verschiedenheit der Zahl der Engel (Freiberg
zwei, Liebfrauen vielleicht sechs, da jedenfalls links zwei verloren sind), aber
diese Ungleichheit erklärt sich leicht durch die verschiedenartigen Raumver-
hältnisse, und aus diesem Grunde wäre es auch möglich, dass v. Quast doch
recht damit hätte, dass auf beiden Seiten je drei Personen vorhanden waren.
Dies waren sicher auf der einen Seite die heiligen drei Könige — die Bücher,
welche v. Quast zu erkennen glaubte, waren die Behälter, in welchen sie ihre
Gaben brachten — auf der anderen Seite Joseph mit einer oder zwei anderen
Figuren, wahrscheinlich Engeln. "Wir werden weiterhin sehen, dass die Malereien
des mittleren und unteren Teils der Altaraische mit dem Prophetenspiel nichts
zu thun hatten. Da sie aber nach der v. Quast'schen Beobachtung Übermatung
älterer Malereien waren, so kann man annehmen, dass auch jene vor-
332 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: WandmalereieB)
schwimdenen zum Kreise des Prophetenspiels gehört haben. Vielleicht warea
hier die oft vorkommenden Vorfahren Christi dargestellt. Die Marienanbetung
in der Koncha aber gehört mindestens zu diesem Kreise, wie ich nach Webers
Ausführungen (pag. 54ff.) glaube vermuten zu dürfen. Ausser in Halber$tadt
und Freiberg findet sich diese Darstellung in demselben Zusammenhange
noch in der Ldebfrauenkirche zu Nürnberg und sonst. — Um auch von den.
Malereien der beiden andern Abteilungen der Altarnische einen Begriff zu
geben, mögen die betreffenden Stellen des v. Quast'schen Berichtes hier folgen:
,,Die mittlere Abteilung ist von vorzüglich schöner Anordnung. Die Zwischen-
räume der Fenster, mit diesen von gleicher Breite, sind als rundbogige Nischen
ausgebildet, und diese sowohl wie die Fenster selbst wurden mit grünen und
roten Einfassungen umgeben, welche sich an einander reihen und so die ganze
Nische gewissermassen mit einer fortlaufenden Bogenreihe umgeben, deren drei
geöffnet waren, an den schrägen Leibungen durch grünes Rankenomament
Dazwischen stehen auf rotbraunem Grunde einzelne Heiligenfiguren, welche vom
Boden durch gemalte Postamente erhöht sind. Zwei derselben lagen uns in
einer grösseren Nachbildung^ vor, ein Jüngling in reichem purpurfarbenen
Levitenrock, der durch eingewirkte goldene Greifen und Adler geschmückt ist
über dem weissen Untergewande, in der. rechten ein Buch, in der linken einen
grünen Palmenzweig haltend, wahrscheinlich der heilige Stephanus, der Patron
des Domstifts. Der andere ältliche Heilige erscheint in ähnlich reicher Bischofs^
tracht und hält das Zeichen seiner Würde, den noch ziemlich altertümlich
gebildeten Stab, in der linken; die Mütze dagegen ist abgerundet, jener oben
genannten des Daniel fast ganz entsprechend *. Vielleicht ist es St. Servatius,
Patron des benachbarten Stiftes zu Quedlinburg. Gemeinsam ist beiden die
einfache ruhige Haltung, ohne alle Nebenbeziehung und eine so durchgehende
Vollendung aller Teile in Zeichnung nicht minder wie in der Farbe, dass man
in ihnen deutlich Werke erkennt, welche der Zeit der höchsten Vollendung der
Malerei in Deutschland angehören. Namentlich die Köpfe sind wahrhaft als
Meisterwerke anzuerkennen. Uns ist bisher bei deutschen Wandmalereien nirgend
eine ähnliche Meisterschaft vorgekommen.^' Es lässt sich nach den modernen
Ei-neuerungen dieser Nischenabteilung leider nicht genügend beurteilen, in
wieweit v. Quasts Begeisterung von uns hätte geteilt werden können. Zu-
dem unterlässt er die Besclu-cibung der beiden anderen Figuren. Zum Propheten-
spiel haben sie wahrscheinlich nicht gehört, schon da ihnen die Spruchbänder
fehlen. „Die unterste der drei Abteilungen scheint ohne spätere übermalung
geblieben zu sein, leider befindet sie sich aber auch zugleich in einem überaus
zerstörten Zustande. Jedoch erkennt man, dass auf dem blauen Grunde, welcher
liier allgemein herrscht, vier kreisförmige Bilder angeordnet waren, deren lichtei
Umkreis wiederum ein blaues Feld umschliesst, auf welchem einzelne Historien
in gelblich-bräunlichen Lokalfarben dargestellt waren. Der Gegenstand ist sehr
dunkel. Auf dem besterhaltcnen Bilde zur linken sitzt eine würdige weibliche
^ Scheint leider verloren.
'' Von den vier Figuren, welche man als Ersatz jener heute in der Altarnißche erblickt,
trägt keine ein solches Stück.
HalberBtadt (die Lieb&auenkirche: Wandmalereien)
Heiligenfigur mit dem Nimbus geschmückt und die Linke gewissermassen in
ilegleitung der Rede erhoben, unter einem mit Türmen und Zinnen geschmückten
Thronhimmel. Yor ihr steht ein ältlicher Bitter, in kurzem Rock und Mantel
darüber, der neben sich zur Linken einen hohen, unten spitzen, oben runden
Schild hält, während er mit der Rechten seine Rede zu begleiton scheint Das
zweite Bild ist bei weitem mehr zerstört, doch erkennt man, dass in der unteren
Hälfte zur Seite eines aufsteigenden Ornaments, das sich mehr oberhalb nach
beiden Seiten hin entwickelt, ein Pferd steht, in ähnlicher Haltung wie auf alten
Hosaiken die Lämmer; darüber sieht man auch die Beine einer schwebenden
Egur, vielleicht des verklärten Christus, während zur einen Seite noch die Beine
Fig. 131.
einer anderen Figur zu erkennen sind, welche auf einem Berge zu stehen scheint
Der Rest ist völlig zerstört und war es bereits 1582, da diese Ziffer nebst vielen
Namenszügen schon an der Stelle der zerstörten Gemäldeteile vorgefunden wurde.
Auf dem dritten Medaillon sind nur noch die undeutlichen Umrisse zweier
neben einander gruppierten Figuren zu erkennen, wie es scheint von Kriegern.
Alles übrige fehlt Das vierte Medaillon ist völlig verloren." Ich habe diesen
interessanten Teil des v. Quast'scben Berichts hierher gesetzt, ohne ihn zu kürzen;
mir scheint jedoch, dass die Angaben über den Inhalt der vier Medaillons bei
deren Zerstörtheit nur mit Vorsicht aufzunehmen sind. Es wäre nicht unmöglich,
dass in allen Scenen aus dem Marienlcben enthalten waren; das Stück mit dem
angeblichen Pferde war vielleicht die Wucht nach Ägypten. Heut ist von
alledem nichts mehr übrig.
Von dem sonstigen malerischen Sehmuck der Kirche spricht v. Quast wie
folgt: Ausser drei Fenstern und den zwei mit ganzen Figuren geschmückten
Pfeilern zwischen ihnen schnitt der Gewölbebogen' zu jeder Seite noch ein
' der ÖsÜiche Yienin gebogen.
334 Halberstfidter Stadtkreis: Halberstadt (die LiebfraaeDkirche: WaDdmalereieD)
kleineres Feld ab, das mit aufsteigendem Rankenwerk ß:esGhinückt ist, auf dessen
Spitze je ein Paradiesvogel (oder Phönix?) in Iciiiclitenden Farben sitzt und von
den Früchten der Pflanze, wahrscheinlich Trnubon, zu essen scheint. Das Kreaz-
gewölbo darüber zeigt auf hellblauem Grunde ein Bankenornament, das in den
gewähltesten Formen des Blattwerks von den nur durch Malerei cliarakterisieilen
Graten des Gewölbes bis zum Schlussstein emporsteigt. Grün herrscht in den
Stielen und Blättern vor, doch erscheint bei letzteren und bei den Früchten auch
ein helles Braun und dunkles Blau. Sohl- reich wird das Ganze durch die Ver-
Fig 132.
goldung einzelner Blätter und Knospen geschmückt'' Man mag, wenn man
will, diese Worte auch für eine Beschreibung des gegenwärtigen Zustande«
nehmen, weil bei der Wiederherstellung die Ausmalung in ungefähr entsprechender
Weise vorgenommen worden xa sein scheint An der absoluten Genauigkeit der
Nachbildung dürfte man trotzdem stark zweifeln können. Weiter hcisst es: ,J)ie
Gewölbe des Kreuzes sind mit figürlichen Darstellungen geschmückt, wie die in
Kelief gearbeiteten Heiligeusehoine schon liingst vermuten üei^scn (Fig. 132). Im
Krenzesmittel befindet sich, leider nur sehr verdorben, auf blauem Grunde die
Bimmelfahrt Mariae, über die vorderen fehlt es noch an genauen Berichten.''
Heute ist hiervon nichts mehr da; nur die Beliefs der Heiligenscheine heben
sich flach von der hässHchen gelben Tünche ab, mit welcher man fast die ganze
Kirche verunziert hat An einer Stelle dos Gewölbes imsüdlichen Querschiffe
• sind noch jetzt Sonne, Mond und Sterne plastisch zu erkennen, daneben ein plas-
tischer Heiligenschein; es mögen daher die Gewölbefläclieu in den Kreuzarnien
die Scenen der Schöpfungsgeschichte dargestellt haben, worüber v, Quast nichts
Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Wandmalereien) 335
sagt Von diesem malerischen Schmucke mit plastischen Zuthaten hat sich nur
ein kleines Stück in einer Nische an der südlichen Chorwand (hinter dem Chor-
gestühl) erhalten, wo es durch mich im Jahre 1899 freigelegt wurde (Fig. 132).
Die zarten blauen, grünen und roten Parbentöne sind fast unversehrt und durch
Fixierung mittelst Tempera in ihrem Bestände gesichert. Das Gewände der Nische
entliielt früher auch Heiligenfiguren, welche später rot übertüncht worden sind.
Ton -ihren plastischen Nimben existiert einer noch, der in Fig. 132 skizziert ist;
alle übrigen sind leider herausgefallen und verloren. Die Abbildung 132 ist 1899
in Nr. 15 der Denkmalpflege abgedruckt und von der Schriftleitung freundlichst
zur Verfügung gestellt worden. — V. Quast berichtet weiter : „Die Gurtbögen
zwischen diesen Kreuzgewölben sind in der schönsten Weise durch Bandstreifen ge-
bildet, in denen einzelne kreisförmige, viereckige oder rhombenförmige Felder sich
auszeichnen, in denen Heiligen- und Engelsköpfe gemalt sind, während die Zwischen-
räume mit farbigem Blattornament auf braunrotem Grunde belegt waren." Man
möchte Portalverzierungen zum Vergleiche heranziehen; fing man doch damals an,
die Archivolten nach französischem Muster mit übereinander befindlichen Heiligen-
figuren zu schmücken. „Die Kurven dieser Rundbögen sind mit denen der
Gewölbe nicht völlig konzentrisch, so dass die Zwischenräume zwischen beiden
in dem Scheitel höher sind als in den Enden. Die Ungleichmässigkeit ist nun
in glücklicher Weise also vermittelt, dass sich hier Kreis an Kreis schliesst, deren
mittlerer oberer der grösste ist, und die folgenden um so mehr abnehmen, je tiefer
sie in den Schenkeln hinabsteigen. Jeder enthält ein blaues Feld mit roter
TJmschliessung ; bei den elf mittleren und grösseren befindet sich in der Mitte
eines jeden der Kopf eines Heiligen. Die Zwischenräume sind durch gelbes
Ornament auf braunem Grunde glücklich vermittelt. Als Schluss des ganzen
Werkes folgt die Altamische, zu deren Seiten geraalte Säulen, ähnlich doch
reicher als jene neben den Fenstern, bis zum Anfang des Bogens hinaufsteigen.''
Der Triumphbogen über der Nische^ war einst gleichfalls farbig geschmückt.
Seine innere Leibung und die des dazu gehörigen Pfeilers war belebt durch
kleinere Medaillons „mit hellroter Umfassung, deren jedes auf blauem Grunde
einen Engelskopf zeigt. Einige derselben sind noch aus der ersten Periode
erhalten. Gleich den zuletzt beschriebenen Malereien ^ von trockner Zeichnung
und Farbengebung völlig im Stil der Miniaturen des 12. Jahrhunderts. Die bei
weitem grössere Mehrzahl jedoch ist von einer Vollendung der Köpfe, wie wir
sie bei den Figuren zur Seite der Fenster in der Chornische geschildert haben.
Das himmlische Entzücken, dessen sie geniessen, ist allen gemeinsam und in
der mannigfaltigsten Art des Ausdrucks wiedergegeben." Auch die gesamte letzte
Beschreibung stimmt ungefähr im oben angedeuteten Sinne auf den heutigen
Zustand. Von Unterschieden des Stils oder des Ausdruckes aber ist heute
nichts mehr zu bemerken, da aus allen den Köpfen und Figuren des 12. oder
13.Jahrh. solche aus der Mitte unseres Jahrh. geworden sind. Derselbe Umstand
würde auch verhindern, über den Kunstwert der ehemaligen Wandmalereien
ein Ucteil zu gewinnen, wenn wir nicht zum Glück wenigstens die kleine Zahl
* Der Mittelapsis.
' In der untersten Abteilung der Mittelapsis.
336 HsIberBt&dter Stadtlcreis: Halberstadt (die Liebfraaenkirche: Wandmalereien)
jener Pausen und das in Fig. 132 das gestellte Originalgemälde, sowie das mit
diesem verwandte aussen im Eingänge zum südlicUen Querschiffarme (Rg. 136)
besässen. Für die Entstehungszeit der Malereien lehren sie uns, dass die in der
Mittelapsis und oben an den Chorwänden etwas älteren Datums als die im Schiff
sind. Den Kunstvvcrt aber lernen wir aus ihnen als einen in Wirklichkeit bedeutenden
schätzen. Die Gestalten der Propheten wirken in hohem Masse monumental;
sie imponieren durch edle Verhältnisse, durch Vornehmheit uud Grösse der
Auffassung. Vor allem interessiert die vortreffliche Zeichnung. Die Köpfe and
besonders gelungen; der Künstler hat sich mit Erfolg bemUht, den einzelnen
Fig.l!l3.
Individualitäten gerecht zu werden. Oleich vorzüglich sind die Gewänder tw-
bandelt Hände und Füsse sind weniger erheblich, die Stellung der letzteren
zum Teil etwas geziert, freilich bisweilen mit nachweisbarer bestimmter Absiebt
und Beziehung. So kommt Nahum leichten Schrittes über Berggipfel gegangen,
weil OS in seinem Spruche {'2,1) heisst; „Siehe auf den Bergen kommen FQsse
eines guten Boten, der da Frieden predigt" Von gleicher Vortrefflichkeit in
Zeichnung und Auffassung sind die vier Halbfiguren. — Für immer verloren
sind die Malereien an den Deckengewölben des Scliiffs, weil diese, wie oben
gesagt, bei der Wiederherstellung der Kirche weggebrochen werden mussten.
Der unter den Oberlichtern gelegene Teil der Kirchenwände war nie bemalt;
Halberstadt (die Liebfranenkirch« : Wandmalereien) 337
'wahrscheinlicii hat man die Absicht dazu gehabt, die aber aiir unbekannten
Gründen nicht zur Anführung kam. — Zum Schlüsse sei zusammengefasst , was
an sichtbarer Malerei im Langhaus und Chor der Kirche heute vorhanden ist:
David -Ecciesia, Salonio- Synagoge, 12 kloine, 4 grosse Propheten, 4Heilige in
der Apsis, Bemahing der Gurtbögen und Gewölbe im Kreuz, Vierung und Chor
Fig, 134.
(alles modern), Reste der Madonna und vier Engel in der Concha (alt und nur
aufgefrischt), Kreuzigungsgruppe unten an der südlichen Chorwand (alt).'
Andere Wandmalereien sind vorhanden:
1. in der südlichen Seitenapsis. Auch über diese spricht t. Quast, und da
sie seit dessen Zeit ziemlich gelitten zu haben scheinen (besonders die unterhalb
der Koncha befindlichen sind heute beinahe unkenntlich), so lasse ich das Wich-
> Vgl. auch Otte, Hdb. d. chriBtl. Kunetorch. II, 57 1 ff. 615. — HaselolT, eine thOringisch-
sächs. Malerschule des 13. Jahrb. (Studien e. deutseben KuDBl^esch. Heft 9) p. 33S.
Kr^ BalbtnUdl. 3*
^% BalbersUtdter Stadtkreis: Balberstodt (die Liebfrauenkirche: Wandmalereien)
tigste von seinen "Worten folgen: „Reich ornamentierte Einfassungen mit lebendigen
Farben auf dunklem Grunde umseliliessen dreifach den Rundbogen der Nische;
bemerkenswert ist namentlich der mittlere Streifen mit einem in Perspektive
dargestellten Mäander." „In der dunkelblauen Halbkuppel (Fig. 133) steht die
Madonna mit dem Kinde, in der Linken ein goldenes Scepter; zu ihren Seiten
zunächst Petrus und Paulus, orsterer durch einen Sehliissel ausgezeichnet.* Weiter-
hin neben dem letzteren St. Johannes, durch den Namen bezeichnet, mit jugend-
lichem Gesicht. Auf der entgegengesetzten Seite neben Petrus wahrscheinlich
Andreas. Die Madonna im blauen Unterkleide und Purpurmantel, die Apostel
särotLich in langen weissen Untergewändern und verschieden farbigen Mänteln."
„Unter der Halbkuppel befindet sich in der Höhe des einzigen Fensters dieser
Fig. 135.
Nische ein Gemäldestreifen, von dem jedoch nur noch ein Teil aufgefunden wurde.
Auf der einen Seite des Fensters stehen, einfach nebeneinander geoninet, vier
Bischöfe, während sich gegenüber wahrscheinlich eine gleiche Anzahl befand.
In künstlerischer Hinsicht wären sie weniger zu erwähnen; das Kostüm derselben
ist jedoch durch die altertümliche Form, namentlich der überaus niedrigen Infui.
interessant genug. Hinter ihren Häuptern befinden sich Heiligenscheine." Im
allgemeinen entspricht diese Beschreibung noch dem heutigen Zustande. Hin-
zuzufügen ist, dass die Ränder der Leibungen der drei kleinen Fenster an der
' Von dieaem ist jetzt nichts zu Behen; v. Quast hat wolil doa Buch verkannt, welches
der Heilige in der Hand hält.
Halberstadt (die Liebf ran«ikirelie : Wandmalereien)
e Spuren von bräunlichroten Einfassungsstreifen aufweisen. — Die schema-
tische Anordnung der Gewänder, die storre Haltung der Personen und deren
im Ganzen noch schwache Charakterisierung deuten darauf, dass diese Malerei
älter ist als die im Schiff.
2. Deckenmalereien in der Barbarakapelle. Sie weisen nur noch schwache
Farbenspuren auf, während die Konturen bei der modernen Restaurierung in
guter Art mit brauner Farbe nachgezogen sind. Der Grund ist dunkelblau, die
Fig. 136 ■
vierzehn Felder der beiden Kreuzgewölbe enthalten von Osten her gerechnet
a. sechs Engel, einer singend, die andern musicierend auf der Geige, Mandollne,
Harfe, Orgel (Fig. 134) und dem Trumseheit; b. auf den beiden grossen gegen-
überstehenden Flächen: zwischen den Fenstern Jesus thronend, neben ihm die
Symbole von Markus und Lukas; gegenüber Maria thronend, neben ihr die Symbole
von Matthäus und Johannes (Fig. 135): c. ein schreibender Bischof (Ambrosius?);
ein Papst mit dreiteiliger Krone (Gregor der Grosse?); ein Kardinal (Hieronymus?);
ein schreibender Bischof (Augustinus?); eine männliche und eine weibliche (?)
340 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkircbe: Glocken)
heilige Person mit Spruchbändern. Inschriften spurios. Die Zeichnung aller
Figuren ist vortrefflich, von ruhiger Würde und Schönheit. Entstehungszeit nach
1350; schwerlich nach der Zeit ürbanll. (f 1370. s. Baugeschichte).
3. Im Tympanon aussen über dem Eingang zum südlichen Ereuzarm eine
(vielfach beschädigte) Darstellung der thronenden Madonna, rechts eine Heilige
mit Krone, in den Händen ein Buch, links St. Katharina mit dem Schwert (Kg. 136).
Der Thronsessel sowie die Heiligenscheine sind in Stuck erhaben ausgeführt
und vergoldet. Reichliche Reste von grüner, rötlicher u. a. Farbe. Irgend ein
Schutz gegen weitere Verwitterung wäre dringend zu empfehlen. 13. Jahrb.
[4. In der Nische über der Thür zur südlichen Seitenapsis war ehemals
der Tod und darüber die Krönung der Maria gemalt, nach v. Quast „ in vor-
trefflicher, jedoch schon bedeutend späterer Weise" als die Malereien im Schiff
ausgeführt, und nach Kugler „durch den Adel der Gestalten sowie durch die
Ausbildung schöner, würdiger Charaktere ausgezeichnet". Neuerdings leider gelb
übertüncht, Farbenspuren sind noch vorhanden.]
[5. Bildliche Darstellungen mit vergoldeten Umrissen soll es ehemals an
den Dächern der beiden westlichen Türme gegeben haben. Nähere Nachrichten
fehlen.] Am Südost-Turme befindet sich auf der südöstlichen Fläche des Turm-
helmes die sehr grosvse Gestalt eines Ritters (oder Geistlichen?); die Umrisse sind
mit Metallstreifen auf der Fläclie befestigt.
Glocken. [Eine Urkunde vom 30. Mai 1292 erwähnt zuerst eine Glocke
Gloriosa, welche wegen einer Schuld von 30 Mark zerschlagen und zum blossen
Metallwert an die Juden verkauft werden musste. Das Kapitel verpflichtete sich
aber binnen drei Jahren eine neue, bessere anzuschaffen. Aber erst 1297
(30. April) hören wir, dass ein Glockenguss im Gange war, wofür Geld von den
Gläubigern gesammelt wurde. Am 21. Mai wurde die neue Glocke aufgehängt
Zu ihrem Guss war u. a. das Metall der Glocke von Runstedt mit benutzt
worden. Die für die Arbeit entstandenen Kosten wurden durch Opfergelder
gedeckt. Ob diese Glocke heute noch existiert, ist nicht zu entscheiden.] Immer-
hin aber gehören die im nächstfolgenden Verzeichnis unter 2, 3, 7 genannten,
besonders letztere zu denen, welche aus jener oder noch älterer Zeit stammen.
Alle sieben hängen in den beiden westlichen Türmen. Nach der Grösse folgen
sie so auf einander: 1. Dm. 1,39 m mit der oberen Umschrift in Minuskeln:
anno dni 1496 in honore beate virginis marie perfecta est campana ista
per me hinricum becker civem halber. Mit dem Giesserzeichen : 1^^
Auf jeder Seite eine Madonna mit dem Kinde.
2. Dm. 1,19 m. Umschrift in Majuskeln, aus zwei leoninischen Hexa-
metern bestehend
HOC IN HONORE PIE VAS FIRMVM CHRISTE MARIE
PILI GONSIGNA QVOD PELLAT GVNGTAM ALIGNA
3. Dm. 1,04 m. Ohne Umschrift und ohne Bild, dagegen mit einer gitter-
artigen Verzierung über die ganze Glocke ähnlich wie in Langenstein (s, d.)
Aus der Form darf man sowohl auf ein hohes Alter als vielleicht auf denselben
Giesser dieser beiden Glocken schliessen.
Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Altäre) 341
4. Dm. 0,96 m. Mit folgender Majuskelinscbrlft :
COR o LQTÖTV8 o DQVS o gr o dt o
13. (?) Jahrhundert.
5. um. 0,65 m. Mit oberen Umschrift in Minuskeln: + ave maria
gra plena dns tecum. anno dni m° cccc° VI?. Giesserzeichen T . An der
einen Seite Christus als Weltrichter, auf der andern die Figur eines Bischofs
(vgl. H.-Z. 1876, 294. HUB 2, 711).
6. Dm. 0,62 m. Mit einer Majuskelinschrift unten:
ÄVÖ ÖIÄRIÄ GRÄQIÄ PLÖRÄ DOöimVS SöaVGfl
BöEöDiasÄ SV ip öivLiawBvs öS BöcaDiasvs
oben keine Schrift; an der einen Seite sieht man ein Kruzifix mit den Buch-
staben zur Seite: I.I?. | I. R.
7. Dm. 0,58 m. Nach der gestreckten Form und nach dem rohen Guss
von hohem Alter. Ohne Schrift, ohne Bild, an der einen Seite ein f.
Altäre. [Im M.-A. werden folgende Altäre urkundlich genannt:
1. Der Hochaltar. -Als Marienaltar erwähnt 1195, zu einer Zeit, als es
ausser ihm nur erst fünf Altäre in der Kirche gab, aber natürlich von Anfang
an existierend. 1284 wurde ein neuer Hochaltar erbaut. In der Hauptapsis.
2. St. Kunegundis. Schon gleich nach 1212 im Kalender unterm 3. März
(dem Todestage der Heiligen). Im November 1492 wurde dabei eine Kommission
St. Petri vom Dekan Jordan gestiftet. Tor dem Marienbilde an der südlichen
Chorschranke.
3. S. Crucis, 1246, 127,2, 1306 vor der Yierung.
4. StBlasii, 13. Jahrh. im Kalender unterm 25. Mai. Standort?
5. St. Nikolai, gleich nach 1292, Kalender 13. April. Dabei wurde im März
1505 von den Testamentarien des f Kanon. Michael Glyn eine Kommende
St. Bartholomaei und Sebastian! gestiftet. Standort?
6. St. Vincentii, 1315 genannt, wo dieser Altar Schenkungen erhielt. Gleich-
zeitig wird sein Vikar erwähnt. Standort?
7. StAndreae, 1320. Standort?
8. St. Eustachii, 1347. Standort?
9. St Johannis Bapt. und Evang.,1355. Standort?
10. St. Philipp! und Jakobi, 1362. Standort?
11. StGeorgü, 1423. Standort?
12. St. Mariae Magdalenae, 1400, 1425. Bei diesem Altar wurde testamen-
tarisch vom Kanon. Mag. Kpnrad Böse zu Ehren der hh. Matthäus, Lorenz, Martha
und Barbara eine Kommission gestiftet, welche 28. April 1500 bestätigt wurde.
In der kathol. Kapelle.
13. St.Cyriaci, 1402. Standort?
14. St. Matthäi, 1404, gestiftet durch den Dekan Heinrich von Bardorp
Standort?
15. S.Marthae 1411. Standort?
16. St. Pauli, 1411. 1490 Stiftung einer neuen Kommission St. Jakobi
daselbst Standort?
342
Halbersiädter StadtJireis: Balberstadt (die Liebfranenkiithc : AltSre)
17. StThomae, 1396. Erhielt 1411 zwei Vicarien. In der katliol. Kapelle
(nacli Andeutung 1479), vielleicht auch in der Kapelle St.Thoniae Cantuariensi».
18. St. Johannis, 1439. Im südliclien Kreuzarm.
19. St. Jakobi und Barbarae, 1442. In der Barbarakapellc.
20. St. Margaretae, 1452, Für diesen und den li. Kreuzaltar wurde daraat
eine gemeinsame Kommission gestiftet. In der kathoi. Kapelle.
21. St. Antonii, und St. Bervardi, 1459. Gestiftet durch Testament des
Kanon. Dietrich von Mamliolz. In der Katliarinenkapelle {nördl. Seitenapsis).
Fig. 137.
22. StKosmae und Daniiani, I4(i0. Dabei wurde damals die Kommission
St.Ivonis gestiftet. Dotation duich einen (Friedrich?) v, Hoym 1510. (ÜbrifKit^
wäre nicht unmöglich, dass St. Ivo einen besondoi-cn Altar gehabt hätte. Nich
Andeiitiuig 1479).
23. St.Kathnrinae, 1492. Hatte zwei Vicarien. Jedenfalls in der Katharinen-
kapelle.
Halbeistadt (die LiebfiBnenhirche: Alt&te, Qeslflhl) 343
24. St. Petri und Pauli, 1494. Stiftung des Dekans Dr. Jordan Heyne,
dessen Fnmilie das Patronat behielt. Der Altar wurde 1500 an die früher ge-
stiftete Kommission St. Pankraz gegeben. Im Norden des Cliors; wahrscheinlich
der von Kiigler als vor dem Christusbilde stehend erwähnte Altar.
25. St. Cyriaci secunde fundationis 1600.
Ausserdem ist noch von zwoi Vicarion die Rede, deren Altäre vielleicht
mit zweien der vorgenannten identisch sind: die eine sollte eingerichtet werden
nach dem Tode eines Heinrich v. Bec und seiner l'rau, im westlichen Stadt-
viertel zu Osterwieck wohnhaft, welche 1305 hierfür eine Stiftung machten; die
andere war geweiht dem heiligen Georg und den 10,000 Rittern, erwähnt 1409. '
ng. 138.
TiValirscheinlich, aber nicht sicher beim Altar St. Gcorgii. Zwei der Altäre standen
(nach Haber) an irgend welchen Mittelschiff spfeüern.]
Von den vorgenannten Altären sindjioch nenn vorhanden, nämlich: 1. 2.
3. 11. 15. 17. 18. 23., dazu ein unbesümnibaror in der südl. Soitenapsis. Nur
der in der Barbarakapelle (Nr. 17) besitzt noch seine ursprüngliche Aus-
schmückung (s. unten.). Im tlebrauclie sind als Tische der reform. Oomeinde
1 . 3. 17, und ein neu erbauter vor der Kanzel im Mittelschiff. Sie dienen als
1 . Abendmahls-, 3. Trau-, 17. Tauf-, der letzte als Losetisch.
Gestühl. Schon 1500 ist ein solches erwähnt, ein Rest davon steht im süd-
lichen Kreuzarm (Fig. 137). Er zeigt bemalte, gotische Flachschnitzorei, an den
Seitenwänden vorn rundgcsehnitzte elcfantenartige Ungeheuer.
344 Halberstftdtor Stadtkreis : Halberstadt (die Liebfronenhirche : Ambonen, Kanzeln')
Als Stiftung des Dekans Heinrich Hörn werden die jetzt im Chor befind-
lichen schön geschnitzten Choretühle bezeichnet, welche jeder in der Tordem
Reibe zehn, in der hintern zwölf Sitze aufweisen. Das Hom'sche Wappen war
ehemals daran angebracht. Leider sind die Rückseiten nicht mehr ursprünglich.
Als Muster schöner Rosetten dürfen an ihnen die Bekrönungen der Wangen gelten
[Fig. 138), aber auch diese selbst enthalten schöne Ornamente, Laubwerk, Tier-
und Heiligenfiguren (oben Madonna, unten Andreas und Stephanus), welche letz-
teren am nördlichen Gestühl fehlen. Desgleichen beachtenswert sind die alten,
zum Teil bemalten Friese. Der reiche, dreiteilige, gotische Bischofssitz an der
äussersten Ostwand hinter dem Hauptaltar ist etwas älter als die Chorstühle.
Abbildung bei Heideloff, Ornamentik XIX, 7.
E5
r
Flg. 139.
Ainbonen, 1500 erwähnt, aber beide noch dem Endo des 12. Jahrhunderts
angehörig, unmittelbar hinter der Vierung an den Wanden rechts und lints auf
den zum Chor führenden Stufen ausgeführt, nach der Ohormitto im rechten Winkel
umgebogene schwache Brustwehren, durch schöne romanische Friese geschmückt
(Fig. 139). Die Vorderseiten sind in je zwei Felder geteilt, welche Spuren von
alter Malerei in blaugrüner und brauner Farbe zeigen. In der Mitte der Vorder-
seiten sind eiserne Ösen angebracht, deren Bestimmung unklar ist. Höhe 1,05 m.
Kanzeln giebt es zwei, beide modern. Die eine aus Holz mit Schnitzerei
im Charakter derjenigen des Bischofstuhls, stobt im Mittelschiff an der Nordwand;
die andere steinern, mit halbrunder Brüstung steht auf der rechten Seite der zur
Halberstadt (die Liebfranenkirche: Orgel, Taufbecken, Leuchter) 345
Vierung führenden Stufen und ist nicht im Gebrauch wegen der akustisch un-
günstigen Lage.
Orgel. [Eine solche wird 1343, ein sie bedienender Balgetreter 1425 erwähnt].
Die heutige Orgel ist modern.
Taufbecken, a. In der Tauf- (katholischen) Kapelle befindet sich ein bron-
cener Taufkessel, welcher samt dem aufzuziehenden Deckel, der mit einer ver-
goldeten Madonna gekrönt ist, 8 V4 Centner wiegen und 157 1/2 Thaler gekostet
haben soll. Seine Höhe ist 1,08 m, Durchmesser 0,76 m, Tiefe 0,48 m. Höhe des
Deckels mit der Madonna 1,30m. Um den Deckelrand geht die einzeilige Schrift:
Wer glcvbet vndt getavfFet wirdt der wirdt selig werden wer aber
nicht glevbet der wirdt verdammet werden. Marci am 16. Cap. Dabei
eine Rose.
Um den oberen Band des Kessels selbst steht in einer zweizeiligen Schrift:
Es sei denn das jemant geboren werde avs dem Wasser vnd
geist kan er nicht in das Reich Gottes komen. Johannis am 3.
Zwei Rosen.
Nomina Canonicorum residentium ecclesiae beatae Mariae vir-
ginis Halberstadensis anno domini 1614
Darunter an der weitesten Ausdehnung des Kessels befinden sich deren
Wappen mit folgenden zugehörigen Unterschriften:
Christoff von Heurodt; Jodocus Pctri, Cellarius; Victor Just, Schencke;
Wilhelmmus ab Arnstedt; Otto Schwitzin; Melchior ab Rindtorf; Hans Georg von
Britzke, Dechandt; Albrecht von Kreiendorf; Cristoff von Brist ; Cristoff Wulff; Hin-
Ticus a Werder; Jakobus a Bieren, Domherr zu Minden; Auetor Balstoch.
Ganz unten am Fuss steht Matthias Kipmann. hat mich gegossen
ZV Halberstadt.
Die Entwicklung der ganzen Form dieses Gerätes zeugt von einer ziemlichen
Verflachung der Kunstrichtung, namentlich in betreff der phimpen Rundstäbe und
der nach demselben Muster gebildeten Reifen, welche Gurtgosimse vertreten sollen.
Leuchter. [Eine Corona pro luminaribus incendendis in ecciesia nostra
iuxta similitudinem corone ecclesie cathodralis wurde 1404 durch Testament des
Dekans Heinrich von Bardorp gestiftet. Zwei kleine Kronleuchter standen vor
dem Altar auf dem Sanktuarium. Ferner gab es „am grade unde anfange des
sanctuarii an beyden seyten" zwei steinerne Säulen, welche zum Tragen von
Kerzen bestimmt waren. Endlich wird 1451 eine hinter dem Chor vor dem
Marienbilde an der Chorschranke brennende Lampe erwähnt.]
Vorhanden ist noch a) der anfangs erwähnte Kronleuchter, welcher aus
vier Reifen besteht, welche nach oben hin enger werden, und Leuchterttirmchen
tragen ; oben endigt er in einem Turm, über dem sich Blattwerk erhebt; Bronce ;
gestiftet vom Dechanten Dr. Jordan Heyne 1494. (Ungcdr. ürk. d. Liebfr.-Stifts).
b) ein kolossaler, droiarmiger Bronceleuchter von über 3 m Höhe und 2,5 m
Breite, steht auf der Trennungslinie zwischen Querschiff und Altarraum (Fig. 140).
Er soll vom Dechanten Dietrich Block geschenkt sein. Er besteht aus einem
cylindrischen Mittelständer von mehrfacher Gürtung und auslaufendem, von
drei Löwen getragenem Fuss. Oben verbreiten sich zwei S-artige Arme von
346 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Leuchter, Altargeräte)
geringerem Durchmesser. Auf dem Schafte sind eingegraben zwei ziemlich
gleich gestaltete, gekrönte Madonnen mit reichem faltigen Gewände (Höhe der
oberen 20,5, der unteren 15,5 cm), unter der oberen befindet sich das Meister-
zeichen, welches sich am Fuss noch einmal wiederfindet, und ein Wappen mit
einem Ast, an welchem zwei Eichenblätter. Weiter unten geht um den Leuchter
ein Ring mit der Jahreszahl, deren Lesung dadurch erschwert ist, dass der
Ring einstmals in mehrere Stücke zerbrochen und falsch wieder zusammen-
gesetzt ist. Die Zahl lautot richtig: anno • dm" • m° - cccc° • IXXV - Am
\v
i^
^
/,
1^
rig.;i40.
Fusse zwischen zwei schönen gotischen Ornamenten steht ferner mit verzierten
Worttrennungszeichen der Satz: maria du geberes eyn son vnde bleuest cy"
rel mat maria alle dyn leuent (Fig. 141).
Altargeräte. Zwei silberne Ktmnen von 1724; 0,26 m hoch, Halber-
städter Beschau, Marke TT.
Kelche; einer von 1703, vergoldetes Silber, sechslappiger Fuss, 0,25 m hoch;
zwei von 1727, desgl.; einer desgleichen undatiert 0,22 m hoch.
Patenen: eine von 1703, Durchmesser 0,22 m, eine undatiert, Durch-
messer 0,16 m. Zeichen:
Längliches achteckiges Schälchen, vergoldetes
Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Schrank)
347
Silber 1727, Länge 0,21 m. Ovale Oblatenschüssel mit getriebenen Muscheln
lind eingestochenen Blättern, Länge 0,22 in. Vergoldetes Kupfer, 18. Jahrh.
Kleiner Löffel von vergoldetem Silber. Beschau und Marke ist bei all
diesen Gegenständen (mit Ausnahme der einen Patene) dieselbe.
Altes Taufbecken von 1698 in Terrinenform; Silber. Deckel und Leib
mit getriebenen Palmetten. Durchmesser 0,25 m, Tiefe 0,09 m, Höhe mit
Deckel 0,15 m.
% ron 0 lanbt § blr ueft 5 ^Ij § m § itiat •
Fig. 141.
Silberne Schale, durch einen Messingdeckel zum Opferbecken umgestaltet,
1702. Halberstädter Beschau von 1(397. Durchmesser 0,23 m.
Das im Gebrauch befindliche Taufbecken ist modern.
Schrank. [Ein scrinium reliquiarum kommt 1311 vor, einecapsareliquiarum,
vermutlich damit identisch, 1314. -Derselbe Gegenstand findet sich erwähnt als
scrinium s. Mariae, welchem „nach vaterländischer Gewohnheit" gewisse Land-
schenkungon gemacht waren, 1325; als armarium, welches seinen besonderen
Vicar hatte, 1335. Neben diesem RcUquienschrank fanden öfter feierliche Reclits-
händel statt; so 1312, 1316 u.ö.]
In der Taufkapelle steht ein schön geschnitzter Schrank des 13. Jahrh.
aus Eichenholz, 2,35 m hoch, 0,83 m breit, 0,53 m tief. Er hat eine doppelte
Thür, deren Gewände mit Banken und vierblättrigen Kleeblättern verziert ist.
Oben endigt der Schrank in einem Giebel, der von zwei kleinen Drachonfiguren
gebildet wird. Ob das Stück mit dem vorerwähnten scrinium etwas zu thun
gehabt hat, ist nicht klar, auch wonig wahrscheinlich. — Über einen andern
ehemals der Kirche gehörigen Schrank vgl.Domsamralung Nr. 426,
348 Halberslädter Stadtkreis: Hulberstadt (die Liebfrunenkirdie: Reliquien 0.8. w.)
1
Reliquien sind nicht mehr vorhanden, sie müsston denn in den Dom-
schatz übergegangen sein. [Eine Madonnen reliqiie sclionkfe 1266 dfer Ritter
Joh. V. Budendik. Die bcdeutendi^to Reliquie der Kirche war die von einem
Johann von Lewenberg geschenkte Milch der h.Jungfrau. Vgl. H.-Z. 1879, 582 ff.]
Messgewänder. Von ihnen -gilt dasselbe wie von den Reliquien. [Ehe-
mals gab es natürlich viel dergleichen. 1439 hatte die Frau, welche das Marien-
bild bediente, auch für Ausbesserung und Reinigung des Kirchenomats zu
sorgen.J
Fig. 142.
Kunstgegenstände: [Bei einem Gewitter 1517 soll nach Winnigstädts
Bericht der Blitz ein steinernes Madonnenbild im Chor zerstört haben. — Em
Tragaltar wurde durch den Papst 1481 dem Thesaurarius Dietrich Block zur Ab-
haltung von Gottesdiensten zugebilligt, — Ferner worden erwähnt das Prozessions-
bild des h. Petrus, sowie zwei grosse Prozession skreuzo (1494), welche Sachen
bei der am Potcr-Paulstag (30. Juni) durch den Kreuzgang ziehenden Prozession
feierlich aufgeführt wurden. Nachweisbar ist nichts mehr davon].
Halberstadt (die Liebfrauenkirche: KanstgegenstSnde) 349
a. Skulpturen: eine ehemals der Kirche gehörige Pieta aus Holz, bemalt,
15. Jahrb., ist jetzt hn Provinzial-Miiseuni zu Halle. — Über den kleinen Marien-
altar aus Walrosszabn, ehoinal)« in der Sakristei befindlich, vgl. Domsammlung
Nr. 15. (Fig. 142). — Madonnenstatue vom Hochaltar vgl. Andreaskirche.
Inder Kirche sind noch
vorhanden:
I • 1. Im Langhause :^tne
h. Anna solbdritt und
ein Johannes d. T., beide
aus Sandstein, poly-
chromiert; Anf. 16. Jahr-
hundert.
2. im südl. KrcuKarm:
auf dem Altar unter dem
Hak ramentshSu sehen eine
sitzende Madonna mit
dem Kinde auf einem
Fiedestat ; von Eichen-
hol/, im Stil des 13. Jahrh-
geschnitzt, mit Farben-
resfen. Höhe 0,72 ni.
(Fig. 143) Ihr Standort
wird früher jedenfalls ein
anderer gewesen sein,
der jetzige ist in An-
betracht der Sicherheit
des interessanten Stückes
unrichtig gewühlt. —
Hoch oben anderöstlichen
Wand befindet sich ein
Stoinrelief, darstellend
Maria v. Ägypten, welche
von sechs Engeln gen
Himmel geführt wird. Die
Bemalung (blauer (irund,
Fig U3, Figuren gelblich mit
Spuren anderer Farben)
ist ziemlich vtrblasst.
Höhe etwa 1 m, Breite etwa 's m. Deutsche Arbeit vom Anfangt des 16. Jahr-
h underts,
3. im nördlichen Kreuzarm: oben an den Wänden angebracht: einzelne be-
malte Steinfiguren, nämlich StLiborius in Bischofstracht, mit Steinen in der Hand;
ein Diakon (St Stephanus?), Attribute unkenntlich; eine Madonna; St. Christophorus
jedoch ohne Stab und Kind); St Anna selbdritt stehend, Maria und Jesus auf den
Armen haltend. Alles halb lebcnsgrosso deutsche Arbeiten des IG. Jahrh.
Kruzifix, in Holz geschnitzt, mit Rosten von Bemalung, in schlanken Körperver-
350 Halbe rslädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkircbe: Kanstgegenstande)
hältnissen.^ Rest einer Figurengruppe die der auf dem Doralettner befindlichen
entsprach. Ebenso wie l^ei dem Christus im Dome sitzt das Kreuz auf einem
dahinter gelegten grösseren Kreuze, dessen Arme in Kieeblattform endigen.
Diese Endflächen sind mit Figuren (Engeln, zu unterst wahrscheinlich wie ira
Dom Adam) gefüllt gewesen, von denen die oberste noch erhalten ist. Von
den übrigen sieht man nur noch die Nägel, mit denen sie befestigt waren.
Im 17. Jahrhundert hat man an die Stelle der fehlenden Figuren Malereien
gesetzt. Der Kunstwert des Werkes ist ein überaus hoher. Deutsche Arbeit;
erst^ Hälfte des 13. Jahrb. Das Kreuz samt der zugehörigen Gruppe befand
sich ehemals auf einem Balken unter dem Triumphbogen vor dem Chor, wo in
der Decke noch die Löclier für die Ketten zu sehen sind, an denen es hing.
4. im Kreuzgange: ein Stein mit zwei "Wappen in Flachrelief; — ein halb-
lebensgrosser Kruzifixus mit Maria, Magdalena und Johannes Ev., seitwärts links
die kleine Figur des knienden Stifters Friedrich v. Hoym; 1508; Sandstein.
b. Malereien. Altargemälde in der Barbarakapelle. 1. Die Wandnische am
östlichen Ende der Kapelle über dem Altar wurde im 15. Jahrh. mit Brettern
geschlossen und diese mit einem seitdem sehr dunkel gewordenen Bilde in
Tempera bemalt, darstellend Christus als Weltiichter, rechts und links je ein
Engel. Unten die Figuren zweier Geistlichen als Stifter, daneben St. Barbara
und Jakobus. Darüber heraldische Verzierungen mit dem Wappen der Familie
von Plötzke (roter Schild mit weissem Balken, auf welchem zwei rote Rosen).
Die Besichtigung der Malerei ist erschwert dadurch, dass davor steht
2. ein Flügelaltar (Triptychon), etwas jünger, jedoch auch dem 15. Jahrh.
angehörend und nach dem Wappen ebenfalls Stiftimg der Familie von Plötzke.
In der Mitte Christus am Kreuz, links Maria und Barbara (mit dem Turm), rechts
Johannes und ein Heiliger mit Säule und fächerförmiger Blume; unten das
V. Plötzke'sche Wappen, rechts der Stifter in geistlichem Gewände, mit Spruchband :
propitius esto michi peccatori alleluia, links die Stifterin als Nonne in Fran-
ziskanerinnentracht, mit Spruchband : miserere mei secundum magnam [miseri-
cordiam tuam. Ps. 51, 3].
Linker Flügel. Aussen: oben St. Stephanus, unten Christus mit Lamm
Innen: oben ritterlicher Heiliger mit Hammer und Wappen (St Reinhold?), unten
St. Dorothea.
Rechter Flügel. Aussen: oben St. Andreas, unten St Bartholomäus. Innen:
oben St. (jeorg, unten eine Heilige mit kleinem Hause (Modell der Barbara-
kapelle ?j in der Hand.
Predella. Sieben Heilige in Halbfiguren nebeneinander. Jakobus der Äl-
tere, Lukas mit dem Farbenkasten, unbekannter Heiliger, St Anna selbdritt, bär-
tiger Heiliger mit Buch, Heiliger mit Stab, worauf oben ein Kreuz (St Antonius?),
Bischof mit Krummstab.
Höhe des Mittelbildes 1,36 m, Breite 1,24 m; Breite der Flügel 0,G2m; Höhe
der Predella 0,39 m.
' Im südlichen Kreuzarm dasBildnis eines protestantischen Geistlichen. 17. Jahrh.
* Vgl. Küsthardt „Apostelbalkeii und Tri uraph kreuz" (Zeitschrift für bild. Kunst 1888,
pag. 322 ff. mit AbbilduDgen). Hasak, Tafel 6 nebst Text p. 16.
J
Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Grabraaler) 351
Sonnenuhr.. Eine solche von ziemlichem Alter findet sich aussen an der
Südwand des Querschiffes in grosser Höhe angebracht.
Wahrzeichen. Ein altes Schwert, aussen neben dem südöstlichen Eingange
aufgehängt, dient angeblich zum Andenken an einen aus Eifersucht damit be-
gangenen Mord.
Grabmäler. [Nicht mehr nachweisbar ist die in GEH p. 101 erwähnte
Gruft des Bischofs Tiüetmar. Vgl. oben p. 169.]
a. Im Kirchenschiff:
1. Zwei Brüder v. Dorstadt (f 1327). Figuren, barhäuptig, in Rüstung neben-
einander unter zwei kielbogigen Nischen stehend. Die Umschrift ist mit Pech
nieliiert. Der Grabstein ist den Beiden, den spätgotischen Kunstformen zufolge,
erst in späterer Zeit gewidmet worden. Sandstein. Höhe 2,16 m, Breite 1,18 m.
2. Dekan Heinrich v. Bariim (?) (f 1402). Figur nach rechts stehend mit
Kelch; Sgraffitto. Sandstein. Höhe 2,03 m. Breite 1,19m.
3. Priesterfigur stehend unter einem Kielbogen. Umschrift in gotischen Mi-
nuskeln : C . quadruplato . bis . X . L . IH . I . sonato . Bertram u . giatu . Mutoie . sub .
tumulatu . Ei . comendatu . scito . turpi . morte . necatu . Spätgotisch. Sandstein.
Höhe 1,73 m, Breite 0,72 m.
4. Broncerelief einer Kanonissin. 16. Jahrhundert. (Auf einen Stein ehemals
aufgelegt gewesen).
5. Broncerelief eines Kanonikers. 16. Jahrh. Wie verlier.
6. Friedrich v. Hoym,i capitaneus olim diocesis halberstadensis (f 10. Februar
1510). Barhäuptige, bärtige, ältliche Figur, in Rüstung, nacli vorn gewandt stehend,
unter spätgotischer Nische. Gute Arbeit. Sandstein. Höhe 1,91 m, Breite 1,04 m.
7. Kanonikus Joh. Müller (f 1524). Figur, Kelch in den Händen, unter spät-
gotischer Nische stehend. Sandstein. Höhe 1,86 m, Breite 0,99 m.
8. Zwei Kanoniker (f 1496 bew. 1528). Beide Figuren nebeneinander stellend,
mit Kelchen. Sandstein. Höhe 1,94 m, Breite 1,10 m.
9. Zwei Dekane (f 1526 bezw. 1537). Figuren nebeneinander stehend. Sand-
stein. Höhe 1,97 m, Breite 1,40 m.
10. Bischof Heinrich (f 22. August 1538). Figur, nach rechts gewandt, unter
Renaissance-Ornamenten stehend. Sandstein. Höhe 2,14 m, Breite 1,59 m.
11. Ein Bischof (?) (f 1547); Figur stehend nach rechts. Umschrift und
unterer Teil sehr verdorben. Sandstein. Höhe 1,86 m, Breite 1,12 m.
12. V. Neindorf sches Epitaphium. Mit sechzehn Wappen um die Inschrift.
Mitte 16. Jahrh. Sehr verdorben. Sandstein. Höhe 2,00 m, Breite 1,30 m.
13. Dekan Heinrich Hom (f 1553). Figur charakteristisch aufgefasst, vom
Alter gebeugt, mit eingefallenem Gesicht; stehend nach rechts, Kelch in den Händen.
Mit Wappen. Sandstein. Höhe 1,97 m, Breite 1,35 m.
14. Kanonikus v. Genven. Figur stehend mit Wappen. 16. Jahrh. 2. Hälfte.
Sandstein. Höhe 2,18 m. Breite 0,94 m.
* Friedrich v. Hoym hat sich als Gönner des Domes, der Liebfrauenkirche u. s. w. öfter
hervorgethan. Von ihm gestiftete, noch erhaltene Werke sind im Texte erwähnt worden.
Verschiedene davon zeigen sein Bildnis.
352 flalberetadter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Grainnaler)
15. Ein Senior der Liebfraiientirche {f 1577). Stehend unter zierlichem
Renaissance-Laubwerk. Sandstein. Höhe 2,03 m Breite 0,96 m,
16. Dekan Ciiristian Schwindt (f 1585). Stehend unter Renaissance-Nische.
Sandstein. Höhe 2,17 m. Breite 1,31 m.
Fig. 144.
17. Joh. Drude und Joh. Probst (flSl? bezw. 1597), Kanoniker. Mit ihren
beiden Wappen in einem Kranze. Saniistcin. Hölie 138 nii Breite 1,00 m.
18. Ein V. Britzkosches Kind [.t 1607). Mit Bildnis und vier Wappen. Sand-
stein. Hiilie 0,89 m, Breite 0,G4m.
19. Kanoniku.=i Balthasar v,Beichel(?)(t 1610). Stellend in einer Nische; mit
Wappen. Sandsfein. Höhe 1,90 m, Breite 1,08 m.
Halberstadt (die Liebfranenkirche: Grabmäler) 353
20. Senior (?) v. Heilingen (f 1612). Unter einer Nische stehend mit Buch.
Sandstein. Höhe 1,93 m, Breite 1,16 m.
[21. Das Epitaph eines Joh. v. Britzke, f 1622, erwähnt Scheffer p. 17].
22. Vicar und Senior Joachim Greif (f 1626). In der Mitte sein Wappen
in einem Kranze. Sandstein. Höhe 1,79 m, Breite 0.98 m.
23. Kanonikus Christophorus Wulff (f 1637). Stehend unter einer Nische;
mit acht kleinen Wappen. Sandstein. Höhe 2,05m, Breite 1,12 m.
24. Katliarina Elers (f 1640). Mit Spruch in^einem Kranze und zwei Wappen.
Höhe 1.96 m, Breite 1,32 m.
25. Drei Feuerbaumsche Kinder, rechts und links neben dem Kruzifix
kniend. Mit zwei Wappen. 1659. Höhe 1,95 m, Breite 0,95 m.
26. Ein Feuerbaumsches Kind (f 1660), neben dem Kruzifix kniend. Sand-
stein. Höhe 1,37 m. Breite 0,93 m.
27. Katharina Peters (?). Mit bürgerlichem Wappen in einem Kranze.
17. Jahrhundert Sandstein. Höhe 1,92 m. Breite 1,14 m.
28. Senior Friedrich v. Amstedt (f 1669). Figur stehend unter einer Nische.
Sandstein. Höhe 1,78 m, Breite 1,10 m.
29. Kanonikus Senior Hermann Feuerbaum (f 1669) und seine Frau Anna
Maria Altermans. Inschrift in doppelter Cartouche. Sandstein. Höhe 2,00 m,
Breite 1,00 m (Scheffer p. 50).
30. Senior Matthias Günther und seine Frau ApoUonia Pagell (f 1693 bezw.
1690). Lange Inschrift in schlecht gearbeiteter Cartouche. Oben das Doppel-
wappen, über dem Engel eine Krone haltend. Reste von Bemalung. Sandstein.
Höhe 2,26 m. Breite 1,63 m.
81. Konsistorialrat Johann Sandrart (f 1732). Sandstein. Höhe 1,95 m.
Breite 0,96 m.
32. Christian Eberiiard Reichsfreiherr v. Sohlendahl (1680—1743). Inschrift
in Rocococartouche. Oben sein Wappen. Über dem Epitaph seine Büste in
Marmor (Fig. 144). Sandstein. Höhe 2,09 m. Breite 1,02 m.
33. Georg Heinrich v. Hammerstein, kgl. preussischer Postmeister (1670 bis
1746). Rococo. Z. T. verdorben. Sandstein. Höhe 2,05 m, Breite 1,15 m.
34. Decan Julius Hecht (f 1749). Inschrift in hübscher Rocococartouche.
Sandstein. Höhe 2,10 m, Breite 0,98 m.
35. Andreas Georg Langershausen und seine Frau Elisab. Wusthoff. 18. Jahr-
hundert. Schwarzer und weisser Marmor. Höhe 1,22 m, Breite 0,68 m.
b. Auf dem hohen Chore:
36. Grabplatte des Bischofs Rudolf (f 1147. S. oben p. 171, sowie die Grund-
risse p. 310 und 311, wo die Stelle der Gruft mit einem R angegeben ist. Lite-
ratur: Haberp. 8 f.; v. Quast im Kunstblatte 1845, p.218; Scheffer p. 48 ; Zschiesehe
p. 170; u. s. w). Die ursprüngliche Grabplatte ist verloren gegangen. Die jetzige
(lang 1,63 m, breit 0,72 m), Bronceguss des 16. Jahrhunderts, zeigt im Hochrelief die
liegende, mit vollem Amtsomate bekleidete Figur des Bischofs. (Die Leiche selbst
ist, wie die Ausgrabung lehrte, einbalsamirt und in einen rotseidenen, darüber
in einen ledernen Sack genäht.) Die moderne nachgebildete Umschrift lautet:
SEPÜLTÜM EST CORPUS RUDOLFI QUONDAM EPISC. HALBERST. RENO-
Krels Halbentadt. 83
354 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfraneukirche: GrabmUer)
TATORIS HUIUS ECCLESIAE ANNO C. MUCLVII MENSE OCTOBRIS CUIUS
ANIMA REQUIESCAT IN FACE AMEN. In den Ecken die Evangelistensymbole.
37. Grabplatte des Bischofs Arnulf (+ 1028. S. oben p. 167f., sowie den
Grundriss p. 310, wo die Stelle der Gruft mit einem A bezeiclinet ist Literatur:
Haber p. Gff. ; v. Quast a, a. 0. ; Nieters Abschiedspredigt 1812; Zschiesche a. a. 0. ;
U.S.W.) Die Bronceplatto war schon 1812 verschwunden. Die Inschrift lautete (nach
Haber): Anno Domini MXXIII in vigilia festivitatis (d.h. nativitatis)s. Marte
virginis dominus Arnulphus Halb, ecclesie cpiscopus noster fundator obiit
et in maiori ecclesia Halb, sepultus, deinde sub- anno Domini MCCCLXXII
in die b. Marci evang. ibidem inventus et ante summum attare relocatus
Halberstadt (die Paulskirche: Geschichte) 355
preter quedam ossa ipsius hie sepulta, cuius anima requiescat in pace.
amen. Auf der Platte lag die Figur des Bischofs, in der Rechten das Kirchen-
raodel, in der Linken den Krummstab. Jetzt liegt an der Stelle ein quadratischer
Stein mit der Insclirift : Arnulphus Halberstadensis ecclesiae episcopus huius
b. M. V« aedis dicatae fundator anno domini MXXIII obiit, cuius mortalia
ossa in ecclesia cathedrali sepulta, nunc ab anno MCCCLXXII heic recon-
dita servantur. Bei den Ausgrabungsarbeiten, welches unter Leitung des Ver-
fassers dieses Buches im Jahre 1899 stattfanden, wurde der Stein aufgehoben.
Unterhalb einer Schiefer- und einer Gipsplatte fand sich ein bleierner Kasten mit
Resten von Gebeinen, die in Seidenstoff eingehüllt waren; auf dem Kasten ein
bleiernes Kreuz mit der romanischen Majuskelinschrift: OSSA ARNÜLPHI EPI
NHI FTTD ATORIS. Ein im Kasten befindlicher Stein besagte dasselbe. Vgl. 6.
Jahresbericht des Vereins zur Erhalt, u. z. Schutze d. Denkm. d. Prov. Sachsen 1899,
p. 87 ff. Denkmalpflege I, Nr. 15.
c. Im südlichen Kreuzarm.
38. Eine Kanonissin (t 1572). Stehend unter Renaissance-Nische. Mit
4 Wappen. Sandstein. Höhe 2,09 m, Breite 1,22 m.
39. Kanonikus Basilius Meisner (f 1667). Mit 2 Wappen. Sandstein, poly-
chromiert. Höhe 1,92 m, Breite 1,18 m.
40. Maria Hampe (f 1685). Mit 2 Wappen. Sandstein. Höhe 1,90 m.
Breite 1,00 m.
41. Grosses Grabmal von 1689. Der Name der Familie felilt; sie hiess Un-
verfährt. Reich ornamentierte, polychrome Steinkammer; ringsum ein kunstvoll
geschnitztes Gitter. Beschreibung bei Haber p. 11 f. Lucanus p. 21.
d. Im nördlichen Kreuzarm:
42. Brustbild des Rittmeisters v. Spitznase. Mit vielen Trophäen. Poly-
chromierte Holzschnitzerei. Haber p. 4.
43. Anna Sophia Schmiden (f 1685). Schön in Holz geschnitzte und be-
malte Votivtafel. Schwarz und weiss mit Vergoldung. Haber p. 3.
44. Katharina Kunigunde Lindt (f 1700^ und Maria Sophia Crull (f 1707)
beide Frauen des Kammerrates Joh. Heinr. Koch. Sehr stattlicher Aufbau aus,
Sandstein und Marmor, umgeben von einem eleganten, schmiedeeisernen Gitter.
Haber a. a. 0.
e. In der katholischen Kapelle:
45. Eine Dame (f 1612) in breit abstehendem Reifrock; als Kostümbild
interessant. Sie trägt die Haube, die bei alten Frauen in der Gegend von Berssel
(s. o. p. 23) noch jetzt zum Teil üblich ist. Sandstein. Höhe 1,87 m, Breite 1,18 m.
[Haber erwähnt p. 21 die messingene Grabplatte des Dechanten Caspar
Stötzer (t 1520).]
• f. Im Kreuzgange: [Im Kreuzgange wurden seit 1366 die Rektoren der am
breiten Thore belegenen Jakobikapelle bestattet.]
46. Hinricus de Monasterio (f 1440). Figur des Geistlichen in Zaddeltracht
nach links unter spätgotischen Bögen stehend. Sgraffitto. Inschrift niellirt.
Sandstein. Höhe 1,89 m, Breite 1,26 m.
47. V. Veitheim (Fig. 145). 16. Jahrhundert. Sehr tüchtige Arbeit. Sand-
stein. Höhe 1,94 m, Breite 1,10 m.
356 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (die Paulskirche: Geschichte)
48. Ein Domherr (v. Schenk?) (f 1613). Mit 4 kleinen Wappen. Sandstein.
Höhe 2,03 m, Breite 1,12 m.
49—54. Sechs Beste von Epitaphien aus Holz bezw. Stein. Zum Teil mit
hübschen Kunstformen, aber völlig verdorben. 17. und 18. Jahrhundert.
[55. David Müller, erster evangelischer Prediger der Liebf.-K. f 1616. —
Verschiedene andere, jetzt verschwundene Grabmäler nennt Haber p.9ff.]
Die Räumlichkeiten über dem Kreuzgange bieten in ihrem
jetzigen Zustande keinerlei Interesse mehr. Sie sind völlig verändert; nur die
Fenster entlialten noch z. T. spätgotische Masswerke, aber auch diese ohne höheren
Wert. Der ehemalige Remter dient als Arbeitsraum für Strafgefangene. Sein nach
Westen gerichteter Giebel, welcher ein grosses spitzbogiges Fenster hat, scheint
früher abgetreppt gewesen zu sein. Merkwürdig ist die Technik des Quader-
werkes, wobei viele sog. Hakensteine verwendet worden sind. Aus älterer Zeit
stammen die unteren Räume neben dem Kreuzgange; sie sind mit über Schalung
gegossenen Gewölben eingedeckt; eine jetzt als Waschküche dienende Abteilung
zeigt noch ein gekuppeltes Kleeblattbogenfenster mit schlanker Mittelsäule, Form
des 13. Jahrhunderts.
Die St. Paulskirche
Literatur bei v. Mülverstedt, H.-Z. 1872, 31. Elis in der H-Z. 1886.
Abbildungen jetzt am besten herausgegeben von der Kgl. Messbild anstalt (sieben
Aussenaufnahmen).
Quellen: Urkundenbuch der KoUegiatstifter S. Bonifacii und S. Pauli in Ilalberstadt,
herausgegeben v. G. Schmidt, Halberstadt, 1881.
Geschichte: Das Kollegiatstift regulierter Chorherren unter der Regel des
h. Augustin [monasterium (1136), suntePauwele(1467)] wurde errichtet von Bischof
Burchard IL 1083 oder 1085. Es stand erst unter dem Patronat der hh. Peter
und Paul, später nur unter letzterem, seit dem 16. Jahrh. an wieder unter beiden.
So lag auch die Kirchweih zuerst auf dem Sonntage nach Peter -Paul (29. Juni),
seit 1508 auf dem Sonntage nach Maria Heimsuchung (2. Juli), weil letzteres Fest
oft mit der Kirchweih zusammengefallen war. Burchard machte seine Gründung
unter Zustimmung der Erzbischöfe Gerhard von Salzburg und Hartwich von
Magdeburg, der Bischöfe Hartwich von Verden und Wernher von Merseburg.
Er ordnete das Leben der Kanoniker, wurde aber durch seinen Tod an der
YoUendung des Werkes verhindert. Der Weiterbestand des Stiftes, dessen Güter
wieder verschleudert wurden, dessen Kanoniker sich zerstreuten, geriet in ernst-
liche Gefahr. Erst Bischof Reinhard (f 1122) brachte es wieder in die Höhe
durch mancherlei Schenkungen, über welche eine Urkunde von 1136 (Urkunden-
Buch V. St.-P. Nr. 2) das Nähere enthält. Er sammelte die Brüder wieder,
weihte die Kirche, richtete einen Markt zu Gunsten des Klosters ein, gab den
davon erhobenen Zoll zur Bedachung und sonstigen Verbesserung der Kloster-
gebäude und sorgte für Wiederherstellung des Klosterbesitzes. Aber trotz dem,
was von ihm und anderen nach ihm geschehen war, fand Bischof Rudolf bei
seinem Amtsantritt (1136) das Stift ziemlich verlassen und hilfsbedürftig vor;
zudem war dessen Besitz durch Fehden und andere Unruhen bedroht. Erbrachte
Halberstadt (die Faulskirche: Baugeschichte) 357
durch seine Energie den alten Besitzstand des Klosters nach Möglichkeit wieder
zusammen. Schweren Schaden erlitt das Stift durch die fast völlige Zerstörung
1179. Der Union der Stifter in den Jahren 1250 und 1369 schloss es sich ebenfalls
an. 1408 wurden Kirche und Pfarrei, welche bisher nur unter dem Patronat des Stiftes
gestanden hatten, diesem förmlich einverleibt, nachdem vorher häufige Streitig-
keiten zwischen Kapitel und Pfarrer bestanden hatten, die in einem Falle sogar
bis zur Excommunication des letzteren führten. Der Wohlstand des Stiftes hielt
sich bis Anfang des 15. Jahrhunderts, von wo an er allmählich zurückzugehen
begann. Über Bedrückungen durch geistliche und • weltliche Gegner wird 1434
und 1476 geklagt; im ersteren Fall, sorgte das Konzil von Basel für Abhilfe;
aus Anlass der zweiten Gelegenheit setzte Papst Sixtus IV. den Bischof von
Brandenburg, sowie die Dechante^ von Hildesheim und Liebfrauen zu Erfurt als
Konservatoren des Stifts ein. — An der Spitze standen Probst und Dechant.
Letztere Würde ist erst im September 1425 geschaffen worden durch Bischof
Johann. Der Dechant wurde vom Kapitel erwählt und bedurfte der bischöflichen
Bestätigung. Der Kanoniker gab es von Anfang 12, gemäss der Zahl der Apostel.
Zu ihnen gehörte der Küster (1274), der Senior, der Kellerer .(1377), der Thesau-
rarius (1422). Sie wurden laut Entscheidung von 1191 nur durch das Kapitel,
nicht durch den Probst, erwählt. Die häufig unter ihnen herrschenden Rang-
streitigkeiten bekämpfte das Wahlstatut des Bischofs Volrad 1282. Wer in seinem
Amte andauernd saumselig war, wurde mit Verlust der Präbende (seit 1282)
oder mit Geldstrafe (1367) belegt, übrigens hatten sie schon früh ausser ihrem
Einkommen allerlei Nebeneinnahmen durch die Spenden der Gläubigen. Bei
Übernahme der Kurien hatten die Kanoniker den Vorzug, doch durften auch
seit 1512 die Vikare jene nach der Erledigung übernehmen. Sonst durften
letztere auch ausserhalb der Stiftsfreiheit wohnen, wo sie wollten. — Vikarien
(zwei) werden zuerst gleich nach 1248 erwähnt, 1251 sind es schon acht, 1365
elf. 1726 folgende acht: S. Vincentii, S. Andrea, S. Mariae virginis ad nives, ss.
Philippi und Jacobi, s. Mariae Magdalenae, s. Georgii, s. Matthiae, s. Johannis
Evang. Von der Brüderschaft der Vikare, welcher drei Personen angehörten,
ist 1457 die Rede. Die Körperschaft bestand noch 1754. Beim Antritt ihres
Amtes hatten sie 1364 eine Mark, 1515 drei rheinische Gulden an das Bauarat
und drei an die Brüderschaft zu zahlen. Über einzeln genannte Vikarien s. unten
,,Altäre". Im 14. Jahrhundert nahm auch die Saumseligkeit der Vikare überhand,
welche deshalb 1334 mit Geldstrafen und Einkommensentziehung bedroht wurden.
— Von sonstigen zum Stift gehörigen Personen worden erwähnt zwei Kapläne,
der Kirchner, ferner der Diakon und Subdiakon, welche seit 1373 das früher
gesonderte Lektorenamt mit versahen. Endlich der Zitermann, der sich seinen
Nachfolger selbst wählen durfte (1430). Die Chorschüler sind zuerst genannt
1268. Für sie wurden 1274 durch Testament des Magister Albrecht von Groningen
12 Stellen eingerichtet, von denen (1364) wenigstens 8 besetzt sein mussten.
Sie teilten sich (1300) in sportenses (zahlende) und gratonses (nicht zahlende).
An der Spitze des Chorschüleramtes (Korscholeryge. 1463) stand (1274) ein
provisor, seit 1300 der Kantor (oder Kämmerer). Er hatte ausser dem Vorsänger-
amt in der Schule und im Chor die Verwaltung ihrer Einkünfte. Seine Wahl
oblag, wie seine Absetzung, dem Probste. Bei der Kirchenvisitation 1589
358 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Paulskirche: Bangeschichte)
existierte die Schule nicht mehr. Der Pfarrer stand bis 1541 unter dem Patronate
des Kapitels, dann unter dem des Rates. — Die Reformation wurde von der
Gemeinde seit 1536 lebhaft angenommen; 1540 wurde der erste evangelische
Prediger angestellt (das Pfarrhaus wird 1589 erwähnt.) Nur sehr schwer, nachdem
es u. a. im Herbst 1619 zu heftigen Tumulten gekommen war, auch 1623 sich
der Kaiser Ferdinand 11. in den Streit gemischt hatte, und 1639 beim Nahen der
Schweden die Mitglieder des Kapitels zeitweise sich zerstreut hatten, erlangten die
Evangelischen von dem katholisch gebliebenen Kapitel 1661 das Zugeständnis,
die Kirche mit benutzen zu. dürfen. Den Evangelischen blieb das Kirchenschiff;
sie hielten ihren Gottesdienst morgens von acht Uhr an, ausserdem Sonntags
vor ein, Werktags vor zwei Uhr nachmittags. Oleichwohl nahm der Streit kein
Ende. Nachdem sich zuletzt König Friedrich I. 1702 eingemischt hatte, erfolgte
ein weiterer Vergleich 1703. Seitdem durften die Evangelischen die Kirche
morgens bis 8V4, und mittags von eins bis zwei benutzen; die Benutzung des
Kirchhofs war gemeinsam. Den Schltissel zum Kreuzgange und zu dem durch
eine Glaswand abgetrennten hohen Chor behielten die Katholiken (1708). Seit
1624 nahm die Zahl der Gemeindemitglieder allmählich zu; eingepfarrt waren
damals 1526 Personen, die in 255 Häusern wohnten. — Am 7. Dezember 1787
stiftete Friedrich Wilhelm II. einen Orden für die Angehörigen des Kapitels.
Ein Exemplar befindet sich in der städtischen Sammlung. Beschreibung bei
Schmidt, Urk.-B. v. St. P. Nr. 533. Die Aufhebung des Stifts durch die west-
fälische Regierung erfolgte am 11. Januar 1812, der letzte Gottesdienst war am
24. Januar 1813. Seitdem diente die Kirche zeitweise als Lazareth, dann bis jetzt
als militärisches Proviantmagazin. Die Gemeinde wurde zur Martinipfarre
verlegt — Vier Siegel des Stiftes beschreibt von Mülverstedt in der H.-Z.
1872, 30.
Baugeschichte. Schon vor Begründung des Klosters bestand neben dem
für dasselbe erwählten Platze eine alte St. Pauluskirche, welche Bischof Hilde-
grim erbaut haben soll. Jede Spur von ihr ist verschwunden. Die Anfänge der
noch bestehenden Kirche stammen aus der Zeit der Klostergründung, nach
welcher vielleicht die älteste Kirche beseitigt wurde. Der Kirchenbau Buccos
muss sehr unsorgfältig gewesen sein, da er schon zu Bischof Reinhards Zeit
ganz trümmerhaft war. Dieser stellte das Verfallene wieder her, und sorgte für
Bedachung der Klostergebäude. Der Probst Alverus (f gegen 1136) -erbaute
den Chor und das Klaustrum von neuem, führte die zerfallenen Türme wieder vom
Fundamente bis zur Spitze auf, sorgte für die Decken im Kirchenschiff und im
Dormitorium, schenkte Glocken, Bücher, Dorsalien, Teppiche, Messgewänder u.s. w.
Die Ausbesserungen wurden in der Zerstörung 1179 zum Teil wieder zunichte
gemacht. 1180 ist der Zoll vom Gallusmarkt bestimmt zur Bedachung und zum
Wiederaufbau der Kirche. Vom ältesten Bau war damals nur das Kirchenschiff,
und auch dieses ohne das ursprüngliche Dach, ausserdem einige baufällige Reste
übrig. Nach einem Brande im Jahre 1246 finden wir 1252 den Neubau im
Gange. Die Gelder für den Kirchenbau wurden teils durch Sammlungen an
gewissen Festtagen, teils durch Ablässe aufgebracht. Solche wurden gegeben
u.a. 1246, 1252, 1287, 1291, 1300, 1359, 1390. Im Jahre 1274 bestimmte der
Kanonikus und Kustos, Magister Albrecht von Groningen testamentarisch 10 Mark
Halberstadt (die Paulskirche: Banbeschreibung) 359
zu einer Kapelle und eines Altars da, „wo jetzt das alte Sacrariura ist." Es ist
unklar, welcher Teil des Gebäudes damit gemeint war. Kurz vor dem Dezember
1363 begann man mit dem Bau des neuen Chors, da der alte allzu klein und
dunkel war. Die Gelder wurden aufgebracht durch Spenden der Gläubigen;
durch eine Stiftung des 1363 bereits verstorbenen Kanon. Ludolf von Braun-
schweig; durch Ablässe; endlich dadurch, dass man die Kanoniker nötigte, beim
Amtsantritte die erkleckliche Summe von 2 Mark zu zahlen. Noch am 27. Oktober
1388 hören wir von dem Chorbau, der damals schwerlich schon vollendet wurde.
Zur selben Zeit waren die Dächer und viele andere Teile der Kirche der Wieder-
herstellung dringend bedürftig. Offenbar hat damals der Gedanke bestanden,
die ganze Kirche nach und nach gotisch umzugestalten. Wie häufig, begann
man den Neubau mit dem Chor. Nördlich und südlich sind an demselben von
aussen die Ansätze des neuen Querschiffs zu sehen mit den Anfängen je eines
Fensters. Schon früher hatte man angefangen, erst das nördliche, dann das
südliche Seitenschiff zu erweitern. Von da an verlautet über Neubauten nichts;
man wird sich begnügt haben, die erforderlichen Reparaturen zu besorgen.
1653 brannten 14 zur Kirche gehörige Häuser nieder. Gegen 1703 war das
Kirchengebäude in sehr schlechtem Zustande, besonders das Dach drohte mit
Einsturz. — Zur Verwaltung der Bauangelegenheiten existierte ein Bauamt,
dessen Inhaber (procuratores) natürlich Kanoniker waren. Ich sehe es in den
Urkk. zuerst 1358, also kurz vor dem Chomeubau. Seine Bezahlung erhielt es
durch gelegentliclie und gewisse feststehende Unterstützungen. Es existierte
noch 1702. — Die Stiftsgebäude lagen nördlich von der Kirche, die Dompropstei
(1334) an der Steile des jetzigen Lazareths. Erwätmt werden die Sakristei (1363)
als Aufbewahrungsort von Kostbarkeiten, das Schlafhaus der Vicare (1457), das
der Kanoniker (1465), das Winterrefektorium (1522), das Leiter- und Brunnen-
kufenhaus (1623). Der Kreuzgang (nördlich) kommt schon 1180 vor. Die
zwölf Kurien lagen östlich und südlich am Paulsplan. Badstuben finden sich
1303, 1305 und gegen 1365. Letztere wird genauer beschrieben [U.-B. v, St. P.].
Alle waren dem Stift zinsbar. Jetzt existiert von dem allen nichts mehr.
Beschreibung des Gebäudes. Die Kirche enthält ein wunderliches
Gemisch von Architekturen und profanen Anbauten und ist namentlich in der
Mitte verbaut. Der Kern des Bauwerks ist eine einfache, dreischiff ige Pfeiler-
basilica vom Ende des 11. Jahrhunderts, also aus einer Zeit, für welche derartige
Beispiele in unsem Gegenden nur vereinzelt sind; in der Anlage vermutlich
das Vorbild für die Liebfrauenkirche, wahrscheinlich von demselben Alter wie
die Moritzkirche; man hatte eben damals in die der Bischofstadt nach allen Seiten
angehängten Vorstädte verscliiedene Kirchen für die betreffenden Gemeinden
zu bauen. Während aber von den Unbilden der Fehden und Brände die Moritz-
kirche mehr gelitten hat, kann man hiermit grösserer Gewissheit die ursprüngliche
Anlage feststellen. Den Grundriss der Reconstruktion zeigt Fig. 146 in der
Weise, wie ihn Elis in der Harzztschr. 1886 veröffentlicht hat. Das Mittelschiff,
von doppelter Höhe und Weite wie die Seitenschiffe, ist noch vorhanden, ebenso,
wenn auch etwas beschädigt, das Querschiff. An der Nord wand unweit der
Thüren ist ein gotisches Portal, an der des nördlichen Kreuzarmes befindet
sich eine rundbogig überwölbte romanische Thür in Kleeblattform. Die OberlichtfM*
360 Halberstädter Stadtkreis: Ealberstadt (die FanlskiTche: Baubeschreibung)
Halberstadt (die Pautskirche: BaubeschreiboDg)
361
i.
862 Halberetfidter Stadtkreis: Halberstadt (die PaulsVircbe: Baaliescbreibung)
Fig. 148.
im Mittelschiff sind, wenn auch trümmerliaft , erhalten. Die Aussenfronten der
alten Seitenschiffe fohlen, man kann aber ihre Lage an den auf uns gekommenen
Türmen noch deutlich sehen. Die im 14. Jahrliundert angebauten neuen
erweiterten Seitenschiffwande zeigen ähnlichen Stil wie der neue Chor. Leider
wird der Innenraura bis jetzt nie ganz leer. Untersuchungen dort siod daher
Halberstadt (die Fäulskirche: Baubeschreibnng) 363
nur selten und in ganz beschränktem Masse möglich, und es musste leider
darauf verzichtet werden, eine selbständige Grundrissaufnahme zu geben. Fig. 147,
welche den Grundriss des jetzigen Zustaudes andeutet, ist daher gleichfalls nach
Elis gegeben. Zum Glück ist die Zeit nahe, wo das neue Proviantmagazin fertig
wrid. Nach der sodann geschehenden Räumung der Kirche wird an deren
Untersuchung gegangen werden können. Die Innenarkaden stehen noch unver-
sehrt und enthalten je fünf quadratische Pfeiler mit attischer Basis und gleichem
Kapital. Die Breite der Pfeiler ist verschieden, zwischen 0,79 und 0,85 m. Ihre
Abstände schwanken zwischen 2.50 und 2,78 m. Dass derartige Verschieden-
heiten lediglich Zufall sein können, entstanden durch mangelnde Beaufsichtigung
der Handwerker, ist eine bei mittelalterlichen Bauten oft zu machende
Beobachtung. Ein Pfeiler soll ein Kapital mit Schachbrettmuster aufweisen.
Dem grossen Triumphbogen scheint ein zweiter Bogen zu entsprechen, mit
welchem sich vermutlich der Turmbau gegen das Mittelschiff öffnet, denn da
1721 verlangt wird, die neue Orgel solle „unter dem Turme" stehen, so muss
hier ein Einbau und eine Orgelempore existiert haben. Die Decke mag ehemals
gerade und von Holz Jgewesen, die Einwölbung mit spitzgratigem Tonnen-
kreuzgewölbe späteren Datums sein. Der alte Altarraum samt seiner Apsis ist
abgebrochen. Zu beiden Seiten des Altarraumes befanden sich zwei Nebenräume,
wahrscheinlich beide zweigeschossig, von eignen aber nur noch der südliche
existiert; sie waren vielleicht ebenfalls mit Apsiden geschlossen. Dann hätte die
Kirche drei Apsiden neben einander gehabt, wie die Liebfrauenkirche, eine
Vermutung, welche zuerst Elis (H.-Z. 1886) aufgestellt hat. (Fig. 146). Die Turm-
partie (Fig. 148), mit z. T. überraschend klein geformten Quadern verblendet, ver-
wandt mit derjenigen der Moritzkirche, steigt wuchtig und wirkungsvoll empor.
Unten befindet sich ausser ein paar Luken eine zugemauerte rundbogige
Öffnung, das ehemalige Westportal, bei welchem die eigentümliche Bogenbildung
technisches Interesse hat. Dass hier einmal eine Westapsis vorhanden gewesen
sei, ist aus der Beschaffenheit der Turmmauer nicht zu erkennen. Über dieser
vermauerten Thür ist ein grösseres, viereckiges Fenster, unterhalb dessen ein
schmales Gesims sich quer über den ganzen Turmbau zieht Die Türme sind eins
mit dem zwischen ihnen befindlichen Mittelbau. Er enthält zwei grössere, ge-
kuppelte, sehr einfache romanische Fenster, getrennt durch einen breiten Pfeiler
mit Schachbrettkämpfer. Die Ausführung ist nach Westen und Osten dieselbe.
(Fig. 149). Unter dem Mittelbau ist eine kleine rundbogig eingewölbte Nische mit
Relief: Christus thronend, über ihm das nach links blickende Lamm; Entstehungs-
zeit 13. Jahrh. Das Dach setzt ursprünglich auf dem noch vorhandenen unteren
Turmgesimse auf. Der obere Turmteil mit den teils rund-, teils spitzbogigen Schall-
löchern ist später hinzugefügt, wahrscheinlich nach dem Brande 1246. Der neu
angebaute Chor ist von beträchtlicher Höhe und im halben Achteck geschlossen. Die
Kippen des gegossenen Gewölbes, welche kräftig hervortreten, haben herzförmigen
Durchschnitt. Die zwischen den einfach abgetreppten Strebepfeilern emporsteigenden
Fenster (Fig. 150) sind hoch und schlank, dreifach längs geteilt und endigen in je drei
DreipÄSsen. Zierrat ist bei ihnen >vie bei dem Chorbau überhaupt spärlich; von
guter Wirkung sind die im Viertelkreis vertieften kräftigen Hohlkehlen, welche
die Fensterleibungen begleiten. An der Südwestecke der Kirche (Fig. 151) tritt einfe
HalbeiBtadt (die Panlsbirche: Wandmalereien, Glocken)
Wegräumung der jüngsten liässlichen Zutliaten ihr leicht wieder ein würdiges
Ansehen verleihen könnte.'
Von dem noch vorhandenen Skulpturenschmuck ist schon geredet.
Malereien finden sich spurenweise im Innern auf dem feinen Stuckputz,
welcher die Mauern bekleidet, darunter am 1,, 2. und 3. Pfeiler der Nordseite
366 Ealberstadt Stadtkreis: Halborsladt (die Paulskirche: Altäre)
[Altäre: Hochaltar Ö. Peter-Paul, im alten, später im neuen Chor. —
S. Joliannis-Erang. (1275). Eine Eommission der li. Anna und Juhann Baptista
gestiftet vom Vikar Konrad Ostendorp (1502). — H. Kreuz (1282). — Liebfraiien,
in einem der Seitenchöre (1^103). Eine Kommission daselbst stiftete 1493 der
Vikar Franz Kothen. — S. Andrea (1313). Vikarie, gestiftet vom Schulmeister
Fig. 151.
Mag. Dietrich. — S. Pancratii (1327). Der letzte Vikar wurde Laie (1573), worauf
die Vikarie eingezogen wurde. — S. S. Vincentii und Oodehardi (1328), gestiftet
von Adelheid, Witwe des Rudolf von Olzckow. — S. Maria Magdalena (1330),
gestiftet vom Ritter Rudolf von Schauen, die zweite Vikarie, gegründet vom
Kanon. Dietrich von Oscberslcben (1375). Patronat des Decbanten seit 1425. —
S. S. Phiiippi und Jacobi (1333). — S. Georg — (1335). Eine nicht näher be-
Halberstadt (die Paulskirctae : Inventar) 367
zeichnete Vikarie stiftete der Kanon. Mag. Meinhard von Osterwiek (1349). —
S. Matthiä (1365). Patronat des Stiftskapitels. — S. Barbara (1388), gehörte zur
Kantorei (1592?). — S. S. Fabiani und Sebastiani (1395). Patronat zwischen Hat
und Kapitel streitig. — S. Magni (1485). Kommende dabei (1516). — - S. Katha-
rina (1522). Seine Vikarie sollte 1530 wegen Verarmung der Pfarre dieser
einverleibt werden. — Ein kleiner Altar, mitten in der Kirche (1708). War
wohl zum Gebrauch der Evangelischen.]
[Chorgestühl (1335), Predigtstuhl und Mittelstühle mit Vorbänkchen (1623).J
[Orgeln. Die erste 1388, die zweite (1579 erneuert) 1573 erwähnt. Die
dritte wurde von Kapitel und Gemeinde beim Orgelbauer Christof Cuncius
bestellt. Sie sollte unter dem Turme stehen (s. oben) und bis Michaelis 1721
geliefert werden. Sie zeigte Verzierungen in Schnitzwerk und kostete 800 Thal er.
Die beiden vorhandenen kleinen Orgeln wurden in Zahlung gegeben.]
[Metallgeräte: ein silberner Becher von 9 Ijoth, ein Becher odersilbeme
Schale von 29 Loth, ein am Fuss versilbertes Glas, ein grosses Becken; ein
Löwe aus Messing (Aquamanile?), zwei zinnerne Flaschen. Alles gestiftet durch
Testament des Seniors Joh. Piwe (1524); ein Kelch 1564.]
[Leuchter zur Osterkerze 1456. Kandelaber, fün farmig, 1540.]
[Reliquienbehälter 1317.]
[Gewebe: Zwei goldgestickte seidene Tücher, eines zur Kasula, das andere
zum Gebrauch bei Exequien bestimmt, geschenkt vom Kanon. Ludwig von
Braunschweig (f 1363).]
[Bücher: Summa Raymundi, Speculum rationale divinorum und noch ein
Codex. Geschenk des vorigen.]
[Über das Ganze vergl. Schmidts Inventar des Kirchenschatzes in den Magd.
Gesch.-Bl. 1868, p. 443 ff.]
Uhr. Hoch oben an der Südseite des südlichen Turmes sieht man die
Reste einer grossen Sonnenuhr.
Grabstätten und Epitaphien. Beerdigt wurde seit alter Zeit sowohl
auf dem zur Kirche gehörigen Friedhofe, als auch im Kreuzgange und
innerhalb der Kirche. Letztere Stelle war -noch 1708, wo das Kapitel die
Aufsicht darüber behauptete, im Gebrauch, wenn auch selten. Epitaphien sind
gegenwärtig nur in ein paar Fragmenten mit unleserlicher Inschrift nachweisbar.
[Schmidt nennt im Ü.-B. von St. P. Nr. 416, 433 und 473 drei Epitaphien,
die vielleicht auch noch existieren. Ich führe sie nach seiner Beschreibung an :
a) Grabschrift des Thesaurarius Heinrich Kloke Anno Domini 1521 domi-
nica decima quinta mensis Decembris obiit venerabilis dominus Hinricus
Kloke, hujus ecclesie thesaurarius et canonicus, cujus anima requiescat in
pace. In der Kirche. ,J)argestellt ist der Verstorbene mit der Rechten segnend,
in der Linken einen Kelch, unten links das Wappen, ein Zweig mit Eichen-
blättern zwischen H-K.*'
b) Grabschrift des Senior Joh. Fiwe: 1524 ipso die Gregorii obiit vene-
rabilis vir dominus Johannes Piwen, hujus ecclesie senior et ad 50 annos
decanus, cujus anima requiescat in pace. In der Kirche. „Dargestellt ist der
Verstorbene mit Kelch in der Linken, in den 4 Ecken die Tiere der 4 Evangelisten."
1
368 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (die Johanniskirche: Geschiebte)
c) Grabschrift des Dechanten Michael Ketteier. Anno Domini 1567. i8* No-
vembris [obiit] venerabilis dominus Michael Ketteier, hujus ecclesie decanus.
[cujus auima] requiescat in pace. In der Kirche. „Der Verstorbene ist dar-
gestellt mit Kelch in der Linken, in den vier Ecken die Tiere der vier
Evangelisten.''
Ausserdem hat in der Kirche der Thesaurarius Heinrich Bode (f 1540) seine
Grabstätte gehabt]
Die St. Johanniskirche
Litteratur: Mag. J. G. Derling, Historische Nachrichten von der Kirche 8. JohaDois
in Halberstadt 1748. Lucanus, das ehemalige S. Johanniskloster in Halberstadt (Halb. 'er
gem. Unterh. 1809, II, 356 ff.). Batzeli, Kurze geschichtliche Nachricht von der Kirche und
Gemeinde Set. Johannis zu Halberstadt 1848. — H.-Z.XXIV., 499; XXTI, 40, 45, 188;
XXIII, 259. Die Johann isschule XXI, 160.
Quellen: Die Urkunden bespricht v. Miilverstedt in der H.-Z. V, SlfiT. Sie sind
von G. Schmidt gesammelt, aber nicht zum Abdruck gebracht. Er hat besonders ein Manu-
skript der Jenaer Universitäts-Bibliothek benutzt, betitelt Copiale sive Diplomatarium mona-
sterii s. Johannis extra muros Halberstndiensis (Rud. MS. fol. 288); es enthält zweihundert-
undneun beschriebene und eine Anzahl von unbeschriebenen Blättern. Schmidt« Kopien
liegen im Archive zu Wolfenbüttel. Für das Folgende sind sie von mir benutzt worden. Vgl.
auch V. Heinemann, Bruchstück eines Nekrologiums d. Joh. Kl. zu Halb. H.-Z. II, 2, 1 — 14.
Die Namen unter welchen das Stift in den Quellen genannt wird, sind
durch V. Mülverstedt a. a. 0. in reicher Menge aufgezählt.
Geschichte: Das Stift wurde angeblich an der Stelle der alten Burg
Hartingau gegen das Jahr 1030 durch Bischof Brantog begründet, als dieser,
nach langer Abwesenheit zurückkehrend, sein Bistum in besonders grossem
Wohlstande vorfand.^ Es war seit 1107 (oder um 1120?) ein reguliertes Chor-
herrenstift unter der Regel des h. Augustin, und unter dem Patronate des hh. Jo-
hannis d. T. und Evang. wurde durch Bischof Reinhard verbessert und erhielt
die Konfirmation unter Bischof Ulrich. An der Spitze stand der Probst, der
zugleich Archidiakon des Bannes Gerdekestorp war; Schilderung einer Probst-
wahl im Tagobuche des Matth. v. Oppen p. 295f. Die Ijage des Klosters war
zunächst innerhalb der Stadt Hier erlitt es 1060 und 1179 Zerstörungen,
denen 1209 eine dritte durch Otto IV. folgte. Nachdem es im Anfange des
14. Jahrhunderts durch den Grafen von Regenstein und Bischof Albrecht wieder
hergestellt und mit Büchern, Kirchenschmuck und Glocken beschenkt war, geriet
das Stift anscheinend durch die Verkleinerung der Stadt oder aus andern nicht
festzustellenden Ursachen ausserhalb der Ringmauer, wahrscheinlich im 13. Jahr-
hundert zu Bischof Volrads Zeit. • Durch Gregor IX. erfolgte 1228 die Be-
stätigung der Statuten des Stiftes, besonders auch der Augustinerregel. Auch
die Stiftsgüter, welche wir schon 1153, 1199 und 1225 näher bezeichnet finden,
werden damals nochmals ausdrücklich aufgezählt. Demnach gehörte dazu die
Alexiuskapelle samt dem Hospital, eine Anzahl Häuser, welche extra jus fori
waren, ein Keller mit Gebäuden, drei Scharren , acht Krämer und fünf Schuster-
^ Sein Todestag (27. Aug.) wurde noch in späteren Jahrhunderten in der Klosterkirche
feierlich begangen.
J
Halberstadt (die Johannisldrclie: Geschichte) 309
buden, zwei Worten mit zwei Hufen im Klosterbezirk, ein Vorwerk und sechs
Hufen nebst deren Zehnten ; ein Garten, eine Mühle, ein Spital samt ihren Worten ;
eine Mühle ausserhalb nebst Weidengebüschen und zwei Worten u. s. w. Ausser-
dem Besitzungen in Nigendorp, Ergstedt, Werstedt, Holtemmenditfurt und Run-
stedt, Wetteborn, (Hesemberche, Jerxheim), Heiligendorf, Nigenhagen, Hütten-
rode, Albrechtesvelde, Wigenrode, Westerhausen, Herlestorp, Oster- und Wester-
bömecke, Suiten, Klein- und Gross-Harsleben, Heudeber, Altenrode, Achim,
(Volcsem, Reddeber, Gevensleben), Vatenstide, (Jerdekestorp), Upplingen, Gundenes-
leve, Meiendorp, Emeringe, Badesleben, Nigendorp, Bersleve, Betlege und sonst
mehr. In der 1261 von Alexander VI. erlassenen Erneuerung derselben Urkunde
kommen dazu noch Häuser am Markte und anderwärts, femer Vinkestorp, die
oben eingeklammerten Namen aber fehlen. Die Vogtei über das Kloster hatte
seit 1221 der Bischof, welchem das Stift einen jährlichen Zins von zwei Mark
zu zahlen hatte. Über die nächste Zeit mangelt es an Nachrichten. Berichtet
wird, dass das Stift 1325 unter den Streitigkeiten zwischen Bischof Albrecht H.
und Bernhard III. von Anhalt zu leiden hatte. 1363 hören wir, dass das Stift
durch Brand und Plünderung sehr geschädigt worden sei. Der Union der Stifter
trat es 1369 und 1386 ebenfalls bei. Besonders eng befreundet war es mit dem
Bonifatiusstift; Gesang und viele Gebräuche des Gottesdienstes waren trotz-
dem anders als dort. Bei der Neuordnung des Stifts 1494 wurde auch jener
alte Freundschaftsbund erneuert. Im Juni 1363 wurde dem Stifte die Stadt-
kirche S.Martini nebst deren Patronat einverleibt. Sonstige Patronate hatte das
Stift über die Kapelle B. M. Virginis und die Kapelle S. Alexii in Halberstadt,
Oerdekestorp, die Kapelle S. Johannis Bapt in Holtemmenditfurt (vgl. oben
p. lOf), die Kirchen in Nienhagen, Osterode (s. oben p. 82), Veitheim (oben p. 146),
Watenstedt 1529 ereignete sich ein grösserer Brandschaden. Als die Reformation
kam, nahm nur die Gemeinde diese an (1539), während das Stift katholisch blieb.
Darnach existierte die Kirche noch bis 1631 , wo die Schweden , um den Kaiser-
lichen einen wichtigen Stützpunkt zu rauben, sie samt dem ganzen Kloster
zerstörten. Die Trümmer wurden 1633 beim Neubau der Stadtmauer am Breiten
Thore mit verwendet; elf Jahre später erfolgte die gänzliche Beseitigung der
Überreste durch die Schweden unter dem Obersten Karl Weiss. Die Stifts-
geistlichkeit siedelte in die Stadt nach dem sog. Lüder'schen Hofe über, wo ihre
Zahl bald so gering wurde, dass der Grosse Kurfürst ernstlich an die Aufhebung
des Stiftes dachte; erst 1667 gab er diese Absicht auf (H.-Z. 1872, 34 ff.). Noch
einmal drohte dieselbe Gefahr 1708, dann führte das Stift sein bedeutungsloses
Dasein noch bis 1804, wo es durch die preussische Regierung am 2. Oktober
aufgehoben und zur königlichen Domäne umgewandelt wurde. Die Stiftsgebäude
(am Grauen Hofe gelegen), an welchen seit 1684 und besonders 1689 gebaut
worden war, dienten von da an profanen Zwecken; die Stiftskirche ist heute
ein Kornmagazin (s. u.).
Inzwischen hatte die seit 1539 protestantische Gemeinde, welche seit 1540
als ersten evangelischen Prediger einen Johann Schacht angestellt hatte, für Ein-
richtung einer eigenen Kirche gesorgt, freilich erst nach verschiedenen vergeblichen
Anfängen. Zuerst behalf man sich im Johanniskloster, seit 1564 in der Franzis-
kanerkirche, seit 1627 j durch Tilly genötigt, jene zu verlassen, wieder in der
Kreta Halbentadt. U
370 HalberstSdter Stadtkreis: Halberstadt (die Johanniskirche: Ältester Bau)
Johannisklosterkirche, dann in verschiedenen Frivathäusem. 1589 hatte die Pfarre
605 Hauswirte, sie umfasste damals das Westendorf und die Yogtei.^ 1589 gab
es ein neues Pfarrhaus auf dem Barfüsserkirchhofe und eine neue Eüsterei bei
der Alexiuskapelle. Die Kirche und die Schule, welche damals 3 Lehrer und
150 Schüler umfasste, verwalteten die Bauerraeister, Alterleute, Vorständer und
die Gemeinde. £rst 1635 war es der Gemeinde möglich, auf einem vordem der
Familie von Marenholz gehörigen Gebiete, abseits von der Strasse (wie es die
Katholiken erzwangen) ihre Kirche als erste protestantische in Halberstadt her-
zurichten. Die Kosten wurden durch Sammlungen in Niedersachsen aufgebracht,
wobei auch Christine von Schwedeni Torstenson, Königsmark und andere be-
deutende Personen Beiträge leisteten. Die Gesamtkosten des Baues betrogen
6700 Thaler. Die Grundsteinlegung* war am 29. Juni 1646, die Weihe am
9. März 1648. Bald darnach wurde neben der Kirche ein Glockenhaus erbaut;
das jetzt dort befindliche ist aber bereits das zweite, es besteht seit 1680. —
2 Siegel des Stifts beschreibt v. Mülverstedt in der H.-Z. 1872,36.
Beschreibung der Gebäude. [A. Die alte Klosterkirche (domus
beati Johannis). Sie war eine zweitürmige Anlage ungefähr in der Grösse wie die
Moritzkirche.^ Der Baucharakter war ursprünglich romanisch, insbesondere ver-
blieben die Türme in diesem Stile. Das Gebäude bot im übrigen in späterer
Zeit Proben der Gotik wie besonders der Renaissance. Denn einesteils ist keine
der fünf Zerstörungen zwischen 1030 bis 1631 einer völligen Ausrottung
gleichgekommen; andemteils machten jene Verwüstungen jedesmal Aus-
besserungen nötig, bei denen natürlich an keine Nachahmung des alten Stils
gedacht wurde. Sehr durchgreifend wird die Erneuerung nach 1209 gewesen
sein. Wie der Chor gestaltet gewesen ist, der 1325 zuerst urkundlich erwähnt
wird, aber jedenfalls schon vorher vorhanden war, lässt keine der Abbildungen
erkennen. Yielleicht war die Ostseite gleich der der Moritzkirche geradlinig
geschlossen. Man vergleiche die Stadtansicht auf Seite 213 (Fig. 76) und dag
beigefügte Bild aus dem Buche von Derling (Fig. 152). Vielleicht auch ist der
Chor schon im 16. Jahrhundert verloren gewesen und nicht wieder erbaut worden.
Das Kirchenschiff ist auf Fig. 76 sicher falsch gezeichnet, da es dort einschiffig
ist, nur drei Fenster zeigt und die Türme beiderseits breit darüber hinaustreten.
Ein solcher Zustand kann bei der Bedeutung des Klosters Ende des 16. Jahr-
hunderts unmöglich mehr bestanden haben. Die (freilich auch sehr schlecht
gezeichnete) Derling'sche Abbildung zeigt dagegen das Kirchenschiff breiter als
den Turmbau, zweitens die Anlage oben rundbogiger hoher Fenster zwischen
abgetreppten Strebepfeilern, ein zugehöriges Querschiff und eine südlich
angebaute Kapelle, Teile, welche ersichtlich erst im 16. Jahrhundert erbaut sind.
Die Dächer der genannten Kapelle und eines nördlichen Nebenraumes zeigen
Benaissanceformen. Das Dach des Kirchenschiffes auf Fig. 152 überdeckt den
^ Vgl. Nebe, KirchenvlBit. p. 47 £f. Daselbst sind auch die VorschriA«n abgedruckt,
welche damals für das Amt des Pastors, die Wahl und Obli^euheiten der Alterleute, die
Schulverwaltung und die Armenpflege galten.
' Nachrichten über alles dies sind von dem damaligen Pastor Matthias LadoTins
hinterlassen.
' Die Bezeichnung munstere (1369) beweist für Ihre Grösse nichts.
Halberstadt (die JohaDniskirche: Ältester Bau) 371
gesamten Bau, eine basilihale Anlage ist also hier nicht mehr zu erkennen, und
so lässt sich schliessen, dass der Bau bei der von den YorstäudeD der Kirche 1592
veranlassten Änderung (Wlnnigstedts Chronik p. 422) oder bei dem Neubau nach
1587 die Form einer Hallenkirche erhalten bat
Die Klostergebäude lagen überwiegend an der Nord- und Ostseite der
Kirche. Erwähnt werden urkundlich das refectorium dominocum et puerorum
1309, das refectorium 1336, das Winterrefectorium 1363. Der Kreuzgang, über
dem die Conventsräume sich befanden (Fig. 152) lag an derNordseite der Kirche.
Fig. 152.
Er mag wohl noch alt gewesen sein, wogegen der Convent, die nordöstlich
gelegene Probsteikurie (eine frühere wird schon 1450 genannt) und die Qebäude im
Osten der Renaissance angehörten. Der ganze Bezirk war wenigstens in früherer Zeit
ummauert; aus ihm führte durch ein (später beseitigtes) Thor über eine Brücke
der Weg zu dem gleichfalls ummauerten Begräbnisplatze (urkundlich 1486). Von
Kapellen werden erwähnt: 8. Marien gegen 1204, S. Maria Magdalena 1320. Über
die Lage der Schule ist nichts bekannt. Sie muss zeitweise in Verfall gewesen sein,
, da "Winnigstedt (p. 373) berichtet, man habe sie 1522 wieder aufgebaut. An der
Spitze stand ein Rektor, der zugleich Kantor war. Unterrichtet wurde in den freien
Künsten, Griechisch und Hebräisch. Lektionsplan s. Nebe, Kirchen Visitationen p. 55.
Das Haus des Johannis-Kalands lag südlich vom Thomaskirchhofe am Burchardithor
1318. Das Haus der Bruderschaft IT. L. Fr. zu S. Johann stand am Lichtengraben und
war 1564 den Schützen als Eigentum überwiesen. Das Hospital S. Johannis, 1238
zuerst erwähnt, der h. Jungfrau geweiht, ist der Lage nach unbekannt; Bischof
Ernst Hess es zerstören. 1553 wurde ein neues vor dem Kloster erbaut. Un-
bekannt ist endlich, wo der Kapitelsaal (1606) sich befand. — Von Glocken wird
372 HalbersiAdter Stadtkreis: Halberstadt (die Johanniskirche: zweiter und dritter Bau)
eine grössere nebst kleineren erwähnt 1309. 1394 wurde die grosse Glocke der
Kirche von Holtemmenditfurt daselbst vom Kirchturm genommen und in der
Kirche des Johannisklosters aufgehängt (s. oben p. 11). Eine Glocke wurde bei
der schwedischen Zerstörung verkauft, die andern sind nach langem Streite
gegen zehn Hufen Acker an die jetzige S. Johanniskirche gekommen. Da eine
davon bald darnach zersprang, so sind jetzt nur noch drei übrig. Beschreibung
s. unten bei Abschnitt G. — Altäre finden sich gegen 1204 erwähnt Im Einzelnen
werden genannt: der h. Kreuzaltar 1233; Marienaltar 1308; S. Anna 13*20; S.
Katharina 1320; ein Altar, der nach Stiftung des Kanon, zu S. Pauli Burchard
Pellel erbaut werden sollte zu Ehren der hh. Andreas, Stephanus, Vincenz,
Euphrosyne und Maria von Ägypten 1339; S. Nikolaus 1340; 11000 Jungfrauen 1361.
— Von sonstiger Kirchenausstattung gab es nach den Urkunden ein Ambo 1328;
— eine Orgel 1309, 1350 (Reparatur derselben 1551) ; eine neue wurde Ende Juli
1607 abgeliefert und 1631 von den Schweden vernichtet; — einen dreiarmigen
Kandelaber in der Mitte des Ghors 1233; — Reliquien des h. Johannes 1144; —
einen silbernen Kelch, Stiftung der Königin Richenza (f 1141) Gemahlin
Lothars ni. (H.-Z. 1869, 2,3); — Bischof Brantogs angebliche Kasula „darinnen
er bey nahe 100 Jahr im Grabe gelegen, ist noch im Kloster S. Johannis, welche
der Probst des Jahres einmal an seinem Anniversario anthut, und ist schwartz
mit güldnen littem eingewircket" (Winnigstedt, p. 277); — Ein Pallium aus
unbekannter Zeit (H.-Z. 1869, 2, 1.)]. — Noch manches andere wird bei Derling
erwähnt: Tauf stein (s. unten bei C.), Gotteskasten, Gestühle, Luthers und
Melanchthons Bildnisse, Grabsteine u. s. w.J.
B. Die alte St. Johanniskapelle am Grauen Hofe. Das Gebäude
nebst dem zugehörigen Hofe war ehemals Eigentum der Grafen von Regenstein.
Die Kapelle (unter dem Patronate der h. Margarete; genannt grisea capella)
gehörte den Cisterziensern vom Kloster Michaelstein. Die vom Weihbischof
Johann 1442 geweihten Altäre dienten der Verehrung der h. Margarete und des
h. Jacobus d. J. Das jetzt noch erhaltene Kapellengebäude weist nichts dergleichen
mehr auf. Es ist ein mit regelmässig geformten Sandsteinquadern verblendetes,
kleines , rechteckiges Gebäude mit vier Fensterachsen (im Lichten lang 20,23 m ;
br. 10,06 m). Ein Turm oder dergleichen fehlt Desgleichen ermangelt die Kirche
jeglicher Kunstformen. Die Fenster sind lang, oben rundbogig gesclJossen und
scheinen diese Form erst im 16. Jälirhundert erhalten zu haben, während die
übrige Technik des Gebäudes diesem ein höheres Alter zuweist. Das Gebäude
dient gegenwärtig als Militärmagazin.
C. Die jetzige St. Johanniskirche im Westendorfe. Durch ein Ende
des 17. Jahrhunderts erbautes steinernes Thor, dessen (freilich schon längst kaum
noch erkennbare) Inschrift neuerdings ganz beseitigt ist, gelangt man in den ge-
räumigen Vorhof, auf welchem geradezu sich die Kirche mit ihrer Nordfront er-
streckt, während rechts von ihr abgesondert der Glockenturm steht Er ist im
unteren Teile aus Sandsteinquadem mit einfachem quadratischem Grundrisse er.
baut, während der obere Teil in Fach werk ausgeführt ist Eine kleine Haube
bekrönt ihn. Die Holzkonstruktion ist entsprechend dem Zwecke des Turmes
ausserordentlich stark ausgeführt. Die vereinigten Wappen der Vogtei und des
Halberstadt (die Johanniskirche: Banbeschreibang, Ansstattung) 373
Westendorfes sind an der Ostseite angebracht Über die Glocken s. unten. Das
Kirchengebäude ist ein höchst nüchtern erdachter langer Fachwerkbau; nur
der Westgiebel, über welchem sich ein kleiner Dachreiter erhebt, ist von Stein.
Der Chor ist in fünf Seiten des Zehnecks geschlossen. Die Fenster und Thüren
stellen Nachahmungen gotischer Bauweise dar, zeigen aber keinerlei Eunstformen.
Immerhin ist bemerkenswert, dass die Halberstädter Bevölkerung imstande ge-
wesen ist, zu den Zeiten, als der dreissigjährige Krieg seine schlimmsten Formen
angenommen hatte, an die Ausführung dieses Baus zu denken und sie auch
wirklich, wenn auch noch so einfach, durchzusetzen. An eine eigentliche Aus-
schmückung des Innern konnte freilich erst nach dem Kriege gegangen werden.
Sie ist verhältnismässig reich ausgefallen und enttäuscht angenehm die nach dem
Anblicke der Aussenseiten geringen Erwartungen des Eintretenden. Die Decke,
der Kirche zeigt anmutige flache Kassettierungen in mannigfaltiger Zeichnung,
welche stellenweise durch malerischen Schmuck noch stärker hervorgehoben
wird. In gleicher Weise sind die Decken der Emporen behandelt, welche letzteren
auf hölzernen Säulen ruhen, die z.T. in kräftiger "Weise geschnitzt sind.
Die Fenster sind heutzutage sehr einfach; einige sind mit modernen Glas-
gemälden angefüllt. Von älteren Glasmalereien sind acht, in Schmelzfarben aus-
geführte bürgerliche Wappen vorhanden, ferner zwei vielfigurige Scenen (Ver-
kündigung bei den Hirten und Einzug in Jerusalem), datiert 1648, in derselben
wenig bedeutenden Technik hergestellt, auch in der Zeichnung nicht hervorragend,
aber als Beispiele des Verfalls der Glasmalerei kunstgeschichtlich interessant
Vielleicht sind die beiden Stücke Reste einer grösseren Reihenfolge, oder Anfang
zu einer solchen, die nicht vollendet wurde.
Der Altar ist ein vom Ende des 17. Jahrhunderts stammender, reich ge-
schnitzter, etwas schwerer, aber schön gegliederter Aufbau, geschmückt mit
Farben und Vergoldung. Seine drei Hauptteile enthalten übereinander je ein
Ölgemälde, nämlich die Predella das Abendmahl, die Mitte die Grablegung Christi,
der obere Teil die Kreuzigung. Die plastischen Figuren Mosis, Aarons (als Hoher-
priester), der vier Evangelisten und andere schmücken das Werk und heben
dessen Gliederung noch mehr hervor.
Die Kanzel ist etwas jünger und als Kunstwerk weniger bedeutend als
der Altar. Sie trägt folgende zwei Inschriften:
1. Diese Canzel hat zur Ehre Gottes Herr Andreas Schmied Bau-
meister Kirchvater vnd dieses Kirchenhaus wolverdienter Bauherr vor sich
vnd seine heyde Eheliche Haussfrauen Anna Weinreben vnd Catharina
Groben Seel aö 1653 setze lassen.
2. Aö 1680 hat zur Ehre Gottes vnd Zierde dieser Kirchen diese Kanzel
illustrieren vnd vermählen lassen M : Anton Schaum E. E. Rahts Müller alhier.
Die Kanzel ist reich geschnitzt, am Corpus mit biblischen Figuren geschmückt,
polychromiert und vergoldet. Die sie tragende Säule stellt Johannes d, T. dar.
Der Schalldeckel ist in passender Weise ausgeführt.
Die Orgel soll angeblich aus der Halberstädte^ Franziskanerkirche hierher
übertragen worden sein. Sie zeigt hübsche Barockschnitzereien und das Wappen
des Bischofs Heinrich Julius.
374 Halberstädter Stadtkreis: Haiborstadt (die Johanniskirche: Ausstattung).
Der Tauf stein ist ein überaus wertvolles Stück, Bronceguss des 13. Jahr-
hunderts. Ob er noch aus der alten Klosterkirche heiTührt, oder von anders
woher, ist nicht bekannt Der Fuss, der mit vier Löwenköpfen geschmückt ist,
hängt mit dem Kessel nicht zusammen, zeigt auch eine andere Farbe seines
Metalls (grünlich, während der Kessel gelb ist), so dass man annehmen darf, dass
hier zwei ursprünglich nicht zu einander gehörige Teile gelegentlich vereinigt
worden sind, (Abb. Fig. 153). Von zwei messingenen Kronleuchtern, deren
einer von 1692 datiert ist, der andere
aus derselben Zeit herrührt, hat der
erstere acht Arme um eine Kugel herum ;
der andere deren vierzehn in zwei Etagen.
Als Henkel dient dem ersteren ein
Mann zu Bosse, dem zweiten ein nackter
Mann mit einem Schwerte, der auf einem
Adler reitet
Altargeräte: 1. Kelch, Silber, ver-
goldet Höhe 046 m. Um den Hals
steht üiria, am Knaufe IHESVS, unterhalb
desselben ll|tlli(. Die Jahreszahl 1A91
steht an dem Fusse, der sechslappig ist
2. Kelch, ebenso, hoch 0,22 m. Fuss
sechslappig mit zwei bürgerlichen Wappen.
Am Knauf IHESVS. Datiert 1580.
3. Kelch , ebenso , hoch 0,24 m. Am
sechslappigen Fusse eine silberne Kreuzi-
gungsgruppe. Am Knauf e IHESVS. Datiert
1640. Keine Beschau- und Meisterzeichen.
4. Kelch, ebenso, hoch 0,19 m. Mit
Kreuzigungsgruppe. Am Knaufe IHESVS
17. Jahrhundert
5. Patene. Durchmesser 0,16 m. Mit
Vierpass, am Bande ein graviertes Krouz.
Halb. 'er Beschau, Meisterzeichen MG.
6. Desgleichen, ebenso mit vertieftem Sechspass.
7. und 8. Desgleichen. Alle übrigen Geräte sind modern.
Li der Sakristei befindet sich ein kleines, in Holz geschnitztes Relief (lang
0,45 m, hoch 0,35 m), polychromiert In der Mitte des Vordergrundes der
gekreuzigte Heiland, neben ihm und in der Landschaft des Hintergrundes
biblische Scenen und religiöse Allegorien. Unten zwei Wappen und die Anfänge
verschiedener Bibelsprüche. Das Ganze ist von einer flachbogigen Architektur
eingeschlossen. Gute deutsche Arbeit von etwa 1550.
Von den sämtlich ausserhalb der Kirche befindlichen, nicht zahlreichen
Epitaphien sind nennenswert das des Kämmerers Georg Koggel (f 1697), in
Sandstein gearbeitet, ebenso wie das des Ehepaars Melchior Runckel (+ 1687) und
Elisabeth Dolsch (f 1710); letzteres zeigt eine grosse Architektur mit der rund
gearbeiteten geflügelten Figur des Todes.
TJV.
Fig. 158.
Halberstadt (Johanniskirche : Olocken — St. Moritzkirche: Geschichte) 375
Von den auf dem oben beschriebenen Turme hängenden drei Olocken zeigt
die erste die Inschrift
AVe fllÄRLBL 6RÄCLBL PL€HÄ
Sie ist ein Werk des 14. Jahrhunderts. Höhe 1,15 m, Durchmesser 1,08 m.
Die zweite hat die Minuskelinschrift: ano • dni • MCCCCXCVII - ave •
maria • consolor - viva • fleo - mortva • pello • nociva - vox • qvia - svm
marie • voco • vos • orate • venite • amen • Mit den in den Mantel- ge-
ritzten, also auf der Glocke in erhabenen Linien stehenden, 0,40 m hohen Bildern
Johannis d. T. und Johannis d. Ev. Höhe 1,27 ra, Durchmesser 1,35 m.
Die dritte ist aus einer älteren 1833 von H. Engelcke in Halberstadt um-
gegossen. Durchmesser 1,40 m.
Auf dem Kirchenboden befinden sich Beste Ton Skulpturen, unter denen
ein Kruzifixus von höherem Werte ist und vielleicht hergestellt werden könnte.
Ausserdem findet sich dort das leider beschädigte, zierlich gearbeitete Modell
der Kirche.
5. Die St. Moritz- (Bonifatius-) Kirche
Quellen und Litteratur: UrkundeDbuch der Kollegiatstiiter St. BoDiÜEu^ii und St.
Pauli in Halberstadt. Bearbeitet von Dr. Gustav Schmidt im Auftrage der HiBtorischen
Kommission der Provinz Sachsen. Halle a. S. 1881. — Hartmann und v. Quast , in der Zeit-
schrift för christliche Archäologie und Kunst II., 280—83. — v. Mülverstedt, in derHarzzeit-
schr. 1872,p.26f. — Elis, ebendaselbst 1886, p. 17 ff. -• Otte, romanische Baukunst p. 560f. —
H.-Z. XVI, 250.
Oeschichte. Bischof Brantog (s. o. Seite 168) von Halberstadt gründete
1034 das Kloster S. Bonifatii, als er von seiner Keise nach Palästina zurückkehrte
ausserhalb der Mauern der Stadt in dem damals noch bestehenden Dorfe Boss-
leben. Über die Geschichte dieser Gründung und die der Kapelle, welche später
als Rest des Klosters dort verblieb und noch, jedoch nicht mehr im ursprüng-
lichen Zustande, besteht vgl. oben p. 8 Kapitel Wüstungen. Wegen der Lage
des Stiftes, welche es ähnlichen Gefahren aussetzte, wie sie das Johannesstift
(s. 0.) auszustehen hatte , siedelten die Kanoniker 1237 oder 1238 in die Stadt
über, wo ihnen unter Bestätigung seitens des Bischofs Ludolf durch den Dom-
probst, späteren Bischof Meinhardt (s. p. 173) die bisher dem Domkapitel
gehörige Kirche St Mauritii am 22. Juli 1237 abgetreten worden war. Von dieser
Zeit her stammt der Bang des Stiftes als Kellegiatstift regulierter Augustiner-
Chorherrn. Auf den zugehörigen Ländereien innerhalb der Stadt wohnten die
Kanoniker, nachdem sie für die Entwässerung der feuchten Gegend gesorgt
hatten (mittels eines durch die Stadtmauer geschlagenen, in die Holtemme
führenden Abzugskanals) und erbauten die für ihre Zwecke erforderlichen Ge-
bäude. Der in der Stadt belegene Kirchhof wird 1313 genannt.
An der Spitze des Kapitels stand der Probst, welcher zugleich Archi-
diakon des Bannes Hecklingen war; neben ihm der Dechant, als erster der
Kanoniker, deren es zwölf gab. Der zweite bekleidete das Amt des Kustos, die
übrigen walteten als Schatzmeister , Kellerer u. s. w. und führten auch die zu-
sammenfassende Bezeichnung magistri. Über die Art der Wahl aller dieser
Personen gab es bestimmte Vorschriften, deren genaue Wiedergabe hier zu weit
376 Halberstftdter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Geschichte — Stiftsgebände)
führen würde. Man vergleiche darüber den Text im Urk.-B. v. St Bonif. p, 284 ff.
Einige Änderungen der Statuten erfolgten 1584 (daselbst p. Ü94). Ein neu ein-
tretender Kanonikus hatte (wie 1362 yersichert wird, nach altem Gebrauche)
4 Mark an die Kirche zu zahlen; 1484 zahlte er 30 rheinische Gulden zum
Kirchenbau, 3 Mark für den bischöflichen Dienst und 2 rheinische Gulden an den
Kämmerer für die Kleidung. Personen unehelicher Geburt oder Ausländer wurden
nicht angenommen. Jeder hatte ausser den Pflichten seines geistlichen Amtes
(dessen Erfüllung übrigens in der Mitte des 14. Jahrhunderts so lässig betrieben
wurde, dass Massregeln dagegen nötig wurden) für seine Kurie zu sorgen und
sie in gutem baulichen Zustande zu erhalten. Unterliess er es, so führte das
Kapitel den Besserungsbau zwangsweise aus. Unerlaubter Abbruch oder Verkauf
war verboten. Die Einnahmen der Kapitelmitglieder können hier nicht genauer er-
läutert werden; näheres enthält die Einleitung des Schmidt'schen Urkundenbuches.
Das Kapitel war im Mittelalter mit dem des St. Paulstiftes so eng ver-
bunden, dass oft die Vikare einer Kirche die der andern im Amte vertraten.
Vikare gab es zuletzt dreizehn, nachdem ihre Zahl sich allmählich gesteigert
hatte. Die sogenannte Probstvikarie wurde bei .dem Umzüge 1237 eingerichtet
Jeder neue Vikar zahlte 2 Mark Antrittsgeld. Einzelnes über die Vikarien vergl.
unten bei der Besprechung der Altäre. Die zu gegenseitiger Geldunterstützung
geschlossene Brüderschaft der Vikare erhielt eine Bestätigung ihrer Statuten
1358 durch Bischof Ludwig. Die Vikare hielten nur zweimal im Jahre Singe-
messen, sonst nur stille (seit 1305); nur der Pfarrer war ausgenommen. Die
Wahl dieser letzteren Person, deren Wirkungskreis über die Stadtmauern hinaus-
reichte, oblag zuerst dem Domprobste, dann weil es Unzuträglichkeiten herbei-
führte, dem Kellerer, bis das Amt, dem es an einer rechten Organisation fehlte,
1457 von Bischof Burchard dem Stifte einverleibt wurde. Dieseä unterhielt die
Pfarre bis 1542, worauf sie unter Obhut des Rates überging, als das Moritzstift
reformiert wurde.
Das Siegel des Kapitels beschreibt v. Mülverstedt a.a.O.
Konservator des Stiftes war seit 1476 der Bischof von Brandenburg, Sub-
konservatoren die Officialen von Halberstadt und Magdeburg, dieDechanten von
St. Blasii in Braunschweig und St Pauli in Halberstadt Aldermannen fprovisores
sive vitrici seu aldermanni), zwei an der Zahl, werden wiederholt genannt.
Die Stiftsschule, an der Mauer der Stadt gelegen, führte ihre Existenz bis
zur Reformation und war 1564 ausser Betrieb.
Der Union der Stifter trat das Bonifatiusstift 1250 und zum zweiten male
1369 bei. 1540 erhielt die Moritzkirche den ersten evangelischen Prediger. Seine
Wahl erfolgte unter Zustimmung des Rates durch die Alderleute und die vor-
nehmsten der Gemeinde. Daneben hörte aber die Existenz des katholischen
Domkapitels nicht auf; der evangelischen Gemeinde war die Benutzung des
Kirchenschiffes bis morgens 8 Uhr gestattet; den Chor behielt das Kapitel für
sich. Ein Orden für die Kapitelmitgüeder wurde 1787 gestiftet Die Aufhebung
des Kapitels erfolgte 1810.
Von zu dem Stifte gehörigen Gebäuden werden erwähnt
a) Kapellen: St. Nikolai 1327, südöstlich an der Kirche; abgebrochen 1818;
Fundamente nachgewiesen 1885; — St. Martini 1416; — St. Anna (gestiftet vom
Halberstadt (die St. Moritzkirche: Stiftsgebäade — Baageschichte) 377
Kanonikus Arnold Dompnitz), die Weihe imtemahni der Weihbischof Matthias
von Gada; Ablass für sie wurde 1502 gewährt; Altäre in ihr (nach Elis):
St. Crucis, St. Valentini, Kosmae und Damiani, Barbarae und ApoUoniae; — die
Kapelle der Vikare 1508.
b) Andere Bauten: der Kreuzgang 1241; er lehnte sich nördlich an die
Kirche an, wo an der äusseren Chorwand noch jetzt die Spuren zweier Gewölbe-
ansätze zu erkennen sind; sie lassen darauf schliessen, dass der Kreuzgang eine
lichte Höhe von etwa 2,90 m besass, während die Bögen sich ungefähr 2,70 m
weit spannten. Demgemäss dürfte auch die Breite des Kreuzganges eine ähn-
liche gewesen sein; die Ausdehnung seines Vierecks, der Umfang seines inneren
Hofes u. s. w. lassen sieht nicht mehr feststellen, da an seiner Stelle sich jetzt
der Kirchhof der Gemeinde befindet. Abgebrochen ist der Kreuzgang 1818. —
Der Schlafsaal der Schüler mit einem daneben liegenden heizbaren Kaume,
pirale genannt, zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts; — der heizbare Kemter
1481; — eine Kurie mit Hofeingang in den Kreuzgang 1481; — der Kapitel-
saal 1484; — das Haus der ersten Vikarie 1496. Die Sakristei, nach Elis, in der
Ecke zwischen Chor und nördlichem Querschiff belegen. Auf sie bezieht sich
die von Elis wiedergegebene Inschrift: renovatum est hoc sacrarium sum-
ptibus reverendi capituli anno Christi M . D . C . XXIU . mense augusto
magistro fabricae Johanne daltzsche canonico seniore huius ecclesiae. Die
zum Stift gehörigen Gebäude bildeten einen Komplex westlich von der Kirche
bei einem Gässchen, welches Schling genannt wurde (nicht zu verwechseln mit
dem Schling bei der Martinikirche, s.o. S. 217). Das Haus des Pfarrers lag in
der Gröperstrasse an der Ecke, wenn man sich vom Kirchhofe nach Süden
wandte.
Baugeschichte. Wie erwähnt, zwang die Unsicherheit der Lage des
Moritzstiftes ausserhalb der Stadt zur Übersiedelung in dieselbe. Die bereits
vorhandene St. Moritzkirche wurde in Besitz genommen, und die Übertragung
der Reliquien bildete den Schluss des Umzuges. Das durch den Kanonikus
AViller gestiftete Fest dieser Translation wurde seitdem alljährlich am 15. September
feierlich begangen. Bald zeigte sich die Notwendigkeit eines Umbaus der Kirche,
welche sich in ganz schlechtem Zustand befand. Die oberen Geschosse der
Türme, sowie die gesamten Umfassungsmauern von Schiff und Chor, einschliess-
lich der Oberlichter des Mittelschiffes sowie des Bogens, welcher aus dem Turme
in das Mittelschiff führt, und der Bögen, welche die Vierung begrenzen, be-
durften völliger Erneuerung. Diese wurde im Sinne des damals herrschenden
Baugeschmackes, also des Überganges ausgeführt. Die das Mittelschiff be-
grenzenden Arkaden liess man stehen, wiewohl sie ihrer unregelmässigen
Anlage wegen wohl auch einer Erneuerung wert gewesen wären. Die Un-
aufmerksamkeit, mit welcher man einst die älteste Moritzkirche gebaut hatte,
trägt die Schuld an den mancherlei noch jetzt bemerkbaren Fehlem. Nicht bloss,
dass das Mauerwerk der Turmuntergeschosse rauh und unregelmässig ist und
die kreisrunden, westlich angebrachten Fensterluken ausserhalb des Mittelpunktes
der Mauern angebracht wurden, sondern es hatten die Erbauer der ältesten
Kirche auch unterlassen, die Abmessungen des Schiffes sorgfältig vorher fest-
zustellen. Als sie daher anfingen, von der Mitte des verfügbaren Raumes aus
378 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Bangeschichte)
Fig. 154.
Halberstadt (die SiMoritzkiiche: ßaageschichte)
379
das Mittelschiff gegen den Turm und die Yierung bin zu bauen (wobei eine Ab-
weichung der Längsachse nach Süden unbeachtet blieb) (Fig. 154), mussten sie alsbald
bemerken, dass der gewählte Pfeilerabstand (rund 2,85 m) zu einer regelmässigen
Arkadenstellung falsch gewählt war. Dies wurde der Grund, dass gegen die
Turm wand hin die Pfeilerabstände zunehmen, gegen die Vierung hin abnehmen
mussten. Auch die gewählte Scheitelhöhe der Bögen wurde nach beiden Seiten
hin verringert und so herbeigeführt, dass statt des beabsichtigten leichten Ein-
druckes das Schiff einen plumpen und schwerfälligen macht Es waren wohl
Sparsamkeitsrücksichten, welche das Kapitel zwangen, diese unregelmässigen
Teile, da sie noch brauchbar waren, desgleichen die Bögen, die aus den Seiten-
schiffen nach dem Querhause führen, beizubehalten. Um die Aufbringung des
Geldes war man von Anfang an in Verlegenheit. Auf mancherlei Art wurde
Fig. 155.
wenigstens dem dringendsten Bedürfnis genügt. Wie das Necrologium berichtet,
hat gegen Ende der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts der Priester Heinrich
von Molenburg die Fundamentierung der neuen Anlage bezahlt und das Schlaf-
haus erbaut. Die Stadtgemeinde überwies 1241 gewisse Strafgelder an die Bau-
kasse; um 1237 schenkte der Kanonikus Elger 10 Mark und 1255 überwiesen
der Kanonikus Magister Heinrich, der Kanonikus Zacharias und der Diakonus
Everwin ähnliche Summen; Papst Innocenz IV. bewilligte 1246 einen Ablass,
welchem sich weitere Ablässe 1249, 1252, 1254, 1258, 1259, 1260 anschlössen.
Im Jahre 1273 war der Bau noch nicht fertig, stockte vielmehr wegen Geld-
mangel. Wiederum folgten Ablässe, vier im Jahre 1273, einer 1275, drei 1283,
einer 1284. In dieser Zeit heisst es, die Kirche sei erbaut, ob damit aber gesagt
sein soll, sie sei fertig gewesen, geht daraus nicht hervor. Noch ein Ablass
folgte 1291, dann schweigen die Nachrichten bis ins 15. Jahrhundert, wo wir
hören, dass zur Überwachung des baulichen Zustandes eine aus drei Mitgliedern
380 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Baugeschichte)
(dem Dechanten und zwei Kanonikern) bestehende Baukommission andauernd
weiter bestand. Die laufenden Ausgaben für Ausbesserungen und dergl. wurden
aus der Bauamtskasse bestritten, die 1484 erwähnt wird. Sie hatte ihre be-
stimmten Einkünfte aus gewissen Beiträgen, welche die Kanoniker bei ihrem
Amtsantritte zu zahlen hatten, ausserdem durch Sammlungen, welche der Diener
der Alderleute in der Kirche umhergehend an den vier hohen Festen und sonst
zusammenbrachte. Eingreifende Änderungen fanden das ganze Mittelalter hin-
durch an der Kirche nach jenem ersten Umbau nicht mehr statt, vielmehr blieb
das Gebäude bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in jenem alten Zustande, den
es im 13. Jahrhundert gewonnen hatte. 1843 zwang der zunehmende Verfall zu
einer gründlichen Herstellung des Baus. Leider wurde diese Arbeit in durchaus
unzweckmässiger, Verständnisses barer Art unternommen. Der zu spät ge-
kommene Widerspruch des Konservators v. Quast und dessen Verlangen, dass
alles wieder in den alten Zustand gebracht werden sollte, blieben erfolglos. Auf
das Einzelne der begangenen Fehler einzugehen, würde zu weit führen; nur
erwähnt sei u. a., dass die östliche Chorwand ihrer drei Fenster beraubt wurde
und statt deren zwei unverhältnismässig grosse, unharmonisch wirkende erhielt
Wie die alten Fenster aussahen, veranschaulicht die Abbildung, welche aus Ottes
romanischer Baukunst entnommen ist (Fig. 155). 1886 wurde die Kirche von
neuem geändert, wobei besonders das Querschiff und die Dachkonstruktion
erneuert wurden. Mehrere schöne Ausstattiingsgegenstände (Kanzel, Taufstein etc.)
wurden dabei leider beseitigt. Bei dem Anbau der Sakristei (deren Lage aus
dem am Anfange dieses Kapitels befindlichen Situationsplane ersichtlich ist)
wurden Fundamente freigelegt. Interessant waren die bei dieser Restaurierung
gemachten Funde, über welche Elis wie folgt berichtet: „Beim Abbruch
des Portals im nördlichen Querschiffe fand man die Gewände aus alten
mächtigen Säulenkapitälen gearbeitet, die ihrer Formgebung nach sich als
korinthische, ähnlich wie die der Krypta der Schlosskirche zu Quedlinburg
resp. der Kirche zu Gernrode zeigen. Sie gehören zu Säulen von etwa 55 cm
oberen Durchmessers. Weitere Koste fanden sich im oberen Mauerwerk
des südlichen Querschiffes: Bogenstücke von Graustuck von etwa 40 cm Durch-
messer und 18qcm, deren Ijoibung und beiderseitige Stirnflächen mit einer
primitiven Bemalung auf dem bläulich aschfarbenen Grunde der Masse durch
schwarze Conturlinien und rote Ausfüllung behandelt sind. Um die Bogen halt-
bar zu machen, sind Holzstücke eingegossen. Auch ein zu diesen Bogen ge-
höriges Kapitälchen hat sich erhalten. Die Bogen mögen als Krönung von Chor-
schranken oder dergl. in der alten Kirche gedient haben." Elis vergisst zu
berichten, dass sich in dem Mauerwerke auch sogenannte Schalltöpfe, über deren
vermutliche Bestimmung im Handbuche der kirchlichen Kunstarchäologie von
Otte-Wemicke (5. Aufl. Band 1, S. 45) gesprochen wird, sich vorfanden. Was Elis
aus den gefundenen Säulenkapitälen für die ehemalige Gestaltung der Moritz-
kirche folgert, als einer Basilika, in welcher Pfeiler und Säulen abgewechselt
hätten, findet in den thatsächlichen Verhältnissen der Kirche keine Begründung.
Bereits benutzte Werkstücke (desgl. Balken, die schon anderwärts im Verbände
gewesen waren) sind im Mittelalter oft benutzt worden, ohne dass dies auf einen
ursprünglichen Zusammenhang mit dem Bauwerk weist, wo man sie neu verbaute.
Halborstadt (die Sfc. Moritzkirche : Baabeschreibang) 381
Baube Schreibung (Fig. 156). Die beiden Türme erheben sich mit einer
Grundfläche von je 5,90 qm bis zu einer Höhe von 33,80 m, während der Zwischen-
bau bis zu 24,50 m emporsteigt. Seine Breite im Vergleich zu der geringen
Hol» der frei aufsteigenden Turmgeschosse (von der Firstlinie des Mittelbaus an
nur noch 4m, zu welchen noch die 5,50m Höhe der Walmdächer der Türme
hinzukommen) verursacht einen für das Auge nicht eben befriedigenden Eindruck,
Die bemerkbare Plumpheit der Turmpartie wird in den unteren Geschossen durch
nichts gemildert, die beiden an der Westfront übereinander befindlichen kreis-
runden Luken, deren innerer Durchmesser nur rund Im ausmacht, tragen viel-
mehr zur Erhöhung dieses Eindruckes bei. Nebenher sei bemerkt, dass die untere
Luke bereits in romanischer Zeit an die Stelle eines ehemals dort befindlichen
gekuppelten romanischen Fensters getreten ist, dessen Gewände noch teilweise
zu erkennen sind, und welches wohl angenehmer gewirkt haben mag als der
jetzige Zustand. Eine Belebung und Erleichterung der schwerfälligen Masse
wird dagegen in wirksamer Weise im obersten Geschosse der Türme bezw. des
Mittelbaus hervorgebracht durch die Spitzbogenfenster, welche bei dem Umbau
in der Mitte des 13. Jahrhunderts hergestellt worden sind. Es sind ihrer auf
jeder Turmseite eins. Dies wird durch eingesetzte Steinplatten, welche sich auf
eine schlanke, mit einfacher Basis und ebensolchem Kapital vei*sehene Mittelsäule
stützen, in zwei oben im Eleeblattbogen geschlossene schlanke Abteilungen
getrennt. Der Mittelbau hat auf jeder Seite (östlich und westlich) je 4 ebenso
beschaffene Fensteröffnungen, also in jeder Reihe 8 Kleeblattbogenöffnungen.
Die oberen Geschosse der Türme zeigen sorgfältige Quaderverblendung, während
die Yerblendung des unteren Teiles aus unregelmässigen Bruchsteinen besteht.
Steinmetzzeichen fehlen im untern Teile gänzlich, sind aber auch bei den
frühgotischen oberen Teilen nicht nachweisbar. Die Walmdächer der Türme
sind in unserm Jahrhundert durch angehängte Gaupen verunziert worden. Das
Innere des Turmbaus bietet nichts Bemerkenswertes mit Ausnahme des früh-
gotischen Gewölbes, welches die unterste gegen das Langhaus geöffnete Halle
eindeckt. Es stellt eigentlich ein Kreuzgewölbe vor, doch ist dies zu einer sehr
merkwürdigen Erscheinung gelangt. Während nämlich entsprechend dem in das
Langhaus führenden Spitzbogen eine entsprechend breite Gewölbefläche den Turm
in westöstlicher Richtung durchsetzt, ist das nordsüdliche Gewölbe viel schmäler
als die Turmwände, auf welche es sich beiderseits stützt, und das Gewölbe sieht
infolgedessen aus wie ein spitzbogiges Tonnengewölbe, in welches zwei lange
keilförmige Schlitze beiderseits rechtwinklig hineingearbeitet worden wären,
welche sich mit ihren Spitzen im Scheitel des Gewölbes treffen.
Das Langhaus ist dreischiffig, die Breiten verhalten sich wie 2:3:2; es
legt sich im Osten dagegen ein einschiffiges Querhaus, an welches sich ein Chor-
raum von nicht gewöhnlicher Länge anschliesst, der östlich in gerader Linie
geschlossen ist. Der Bau ist eine einfache Pfeilerbasilica. welche trotz veränderter
Massverhältnisse eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit der ältesten Liebfrauen-
kirche von Halberstadt aufzuweisen hatte, deren wiederhergestellter Grundriss
auf S. 311 verglichen werden kann. Über die Unregelmässigkeiten der Pfeiler-
abstände, über die Achsenabweichung des gesamten Baus gegen den Turmbau
und sonstige Nachlässigkeiten der Ausführung ist schon oben gesprochen worden.
382 HalberstAdter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Baabeschreibang)
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Fig. 156.
Halberstadt (die St. Moritzkirclie : Baabeschreibang — Glocken) 383
Für die Betrachtung im Einzelnen verweise ich auf den beigefügten Grund-
riss.^ Sowohl den erhalten gebliebenen ältesten Teilen als auch denjenigen,
welche bei den Umbauten im dreizehnten bezw. im neunzehnten Jahrhundert
hinzugekommen sind, fehlt es an irgend welchen Bedeutenderen Sehmuckformen.
Vor den Kapitalen der Säulchen, welche die drei Abteilungen des ehe-
maligen grossen östlichen Chorfensters trennten, giebt Otte (Romanische Baukunst
p. 561 nach v. Quastes Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst, B. 2)
eine Anschauung, welche beweist, dass sie ein wenig reicher waren als die in
den Turmfenstem. Ebenfalls von grösster Einfachheit sind die noch erhaltenen
Kämpfer der Arkadenpfeiler im Langhause, welche trotz der verschiedenartigen
Scheitelhöhen der Scheidbögen alle in einer Horizontale liegen. Sie bestehen
nur aus einer Platte mit darunter befindlicher Holükehle.
Sämtliche Fenster der Kirche haben spitzbogige Form, z. T. noch aus mittel-
alterlicher Zeit, z. T. neuerdings angepasst
Die Räume der Kirche sind wahrscheinlich niemals eingewölbt gewesen und
sind auch jetzt flach mit Holz gedeckt
[In den Chorraum hat vermutlich von der Sakristei (nördlich) und der
Nikolaikapelle (südlich) ehemals je eine Thür geführt, deren Spuren verloren
sind. Sie waren dem h. Kreuz bezw. dem h. Matthäus geweiht; die letztere
durfte nur von den Kanonikern benutzt werden.]
Die Fenster zeigen einige moderne Glasmalereien.
Glocken. [Einen Glockenläuter, campanarius, gab es bereits gegen 1258.]
Yon den jetzt auf den Türmen befindlichen vier Glocken zeigt
1. die grösste (Dm. 1,26m) die zweizeilige Majuskelumschrift: ANNO* DNI -
M - CG CXV . IUI- NÖN • AV5+FACtV - EST HOC - OP9 P- MAN^MAÖRl-
lORiS • S MAVRICIVS - Ausserdem befinden sich auf der Glocke 6 Bilder: der
h. Mauricius zu Pferde; 2 Heilige; Löwe mit einem Drachen kämpfend; zwischen
zwei Türmen die M^adonna; Siegelabdruck mit St. Bonifatius (sitzende Figur).
(Halb. Urk. B. 1, 356a.)
2. Dm. 1,14 m. Majuskelinschrift:
P . CRVCI8 . H . SIQNV . + FVGIÄT . ,PCVL . 5C . MÄUGNVga . OB . TVO .
XP€ . BN6ICS . SIT . LOC9 . ISTe.
(Per crucis hoc Signum fugiat procul omne malignum. Ore tuo Christo benedictus
sit locus iste.) An der Wandung, ziemlich in der Mitte, zieht sich in kleineren
Majuskeln die weitläufig verteilte Datierung : A • D • M • CG L X X X I. Die
Glocke ist somit die älteste datierte von Halberstadt (Halb. Urk. B. 1, 159.)
3. Dm. 0,56. m. Minuskelinschrift : anno domini • m • ccc ix - Christi -canta -
bona (Halb. Urk. B. II, 731. H.-Z. 1876 p. 293.)
^ Zur Erklärung des Grundrisses sei hier bemerkt, dass die Nordwand des Querhauses
ein ebensolches Portal aufweist wie die Südwand. Doch sind nördlich die beiden über diesem
Portal befindlichen Fenster gezeichnet worden, um auch deren Ebcistenz klar zu machen.
Die beiden ebensolchen Fenster, welche über dem Portal der Südwand angebracht sind,
mussten, da hier das Portal gezeichnet worden ist, fort bleiben.
1
384 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (St Morltzkiiehe: Altargeräte — Chorgestahl)
4. Dm. 0^6 m. Minuskelinschrift: ave ■ maria - graci+anno - domini - m •
ccc • Ixx vi. Mit 3 Heiligenbildchen und 3 Münzabdrücken. Nr. 1 , 3 und 4
hängen im südlichen, 2 im nördlichen Turme.
Altäre. [Urkundlich finden Erwähnung: der h. Kreuzaltar 1236, dessen
Standort Elis auf der Grenze von Schiff und Chor annimmt; — der Marienaltar,
2. Hälfte des 13. Jahrhunderts; von neuem gestiftet durch den Kanonikus Heinrich
Schreiber von Köln, Anfang 14. Jahrhundert; — St Johannis Evang., gestiftet
1294 vom Tikar Alverich, unter Patronat des Dechanten und des Kapitels; —
St Moritz 1294, jedenfalls der Hochaltar ; — St Matthäi und Katharina, vor 1297:
— St Petri Apostoli, St. Stephan und St Ulrich, gestiftet 1282 vom Kanonikus
und Küster Konrad von Aldendorp; — Allerheiligen , in der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts, gestiftet vom Kanonikus Ludolf von Kissenbrück; — St Georg
1325; — St Margarete 1366; — St Nikolai 1404; — St Lorenz 1448; — ein
neuer Altar in der „Affsyden" nach dem Kreuzgange zu, 1528.
Von Vikarien werden genannt die des Georgaltares 1332 unter Patronat des
11. Kanonikus; — St. Andrea unter Patronat des Domkelleres, seit 1376 des
Probstes von St Bonifatius; — St Petri 1395 unter Patronat des Kapitels; —
des Allerheiligenaltars (12. und 13. Vikarie) 1452; — St Nikolai 1494; — St
Matthäi 1534.]
Der jetzige Altar ist modern; rechts und links von ihm befinden sich Durch-
gänge, die ebenso wie die Bekrönung des Altargemäldes einfaches spätgotisches
Schnitzwerk zeigen, welches von der ehemaligen Lettnerwand stammen soll.
Altargeräte. [Das Nekrologium (Febr. 13) erwähnt einen goldenen Kelch.
Einen Kelch für den Kreuzaltar stiftete um 1264 — 1269 der Kanonikus Dietrich
V. Nordhausen. Von einer Monstranz wird 1547 berichtet]
1. Kelch, Silber vergoldet, mit Kruzifix am sechslappigen Fusse. H. 0,26m
1633. Halberstädter Beschau; Meisterzeichen
2. Kelch, Silber vergoldet. H. 0,24 m. 1725. Halberstädt. Beschau ; Meister-
zeichen N^i'
3. Kanne, Silber. Oben auf dem Deckel die plastische Figur des Lammes
mit der Fahne. H. 0,27 m. 1672. Keine Beschau ; Meisterzeichen ^KB)
4. Broncene Taufschüssel, ohne Schmuck, 17. Jahrhundert
5. Zinnernes achteckiges Weingefäss, 1748.
Chorgestühl. Im Chor befinden sich rechts und links Gestühle (mit
je acht Sitzen, unterhalb deren sich einfach konsolenartig geschnitzte Miserikordien
befinden) mit schön, wenn auch etwas schwer geschnitzten Wangen. Sie zeigen
rechts vom übereinander die Figuren des h. Andreas und des h. Stephanus, links
des h. Bonifatius und h. Moritz ; hinten rechts den Ecce Homo, links die Madonna.
Die Schnitzereien der vorderen Wangen sind durchbrochen gearbeitet, die der
hinteren (gegen die östliche Chorwand stehenden) sind massiv. Die oben befind-
lichen Giebel sind schwer und ausdrucksvoll. Besonders schön ist das Laubwerk
(Fig. 157). Dieses ist auch von hervorragendem Werte bei zwei anderen Gestühl-
Halbffirstadt (die 3L Horitaldrche: Kanul — Orgel — Taufstwo — Eroolenohter) 385
Wangen, welche von ihrem ursprünglichen Orte entfernt und im nördlichen Quer-
schiffarme aufgestellt sind.
[Nachrichten über ältere Chorstühle enthalten die Urkunden bereits 1264
und 1332.1
£anzel. [Ein ambo urkundlich erwähnt 1297.] Die im Gebrauch befind-
liche Kanzel ist modern. Auf dem Eirchenboden befinden sich die Beste der
früheren, aus dem 17. Jahrhundert stammenden, welche innerhalb von halbkreis-
förmig geschlossenen Blendnischen die 4 Evangelisten in flachen Reliefs zeigt.
Orgel. [Erwähnt bereits in der 2. Hälfte
des 14. Jahrhunderts und dann Öfter.] Die jetzige
Orgel ist ein mit den Jahreszahlen 1786 und
1 787 bezeichnetes , mit schweren aber schönen
Schnitzereien verziertes Werk. Bemerkenswert sind
daran die Figuren des h. Bonifatius und h. Moritz,
sowie acht Wappen, von denen anzunehmen ist,
dass sie den Stiftern der Orgel angehören. Es
sind ihrer oben drei mit folgenden Namens-
bezeichnungen :
August Friedrich Weste, Decanus
Died. Ernst Spiegel von und zu Pickelsheim,
Präpositus
Eman, Franz Budolphi, can. sen; —
in der Mitte fünf mit folgenden Namen;
Friedr. Carl Philipp v. Kahle, Canonicus
Carl Wilh. Alexand. t. Wahl, Canonicus
Ludew. Alexand. t. Wreech, Can. subsenior
Christ Friedr. v, Weyracli, Canonicus Fig. 157.
Job. Am. Kopstadt, Canonicus.
Taufstein. Am 17. Januar 1610 wurde ein neuer Taufstein zuei-st in
Benutzung genommen, welcher an Stelle eines alten von dem Bürger Hans
Eramme gestiftet worden war. Das aus Sandstein gearbeitete, mit Voluten, Engels-
köpfeo , Beliefs der Evangelisten u. s. w. reich verzierte Renaissancewerk ist 1886
aus der Kirche entfernt und liegt jetzt gänzlich verwahrlost und zerbrochen nuf
dem Kirchhofe. Es zeigt eine bemerkbare Verwandtschaft mit dem oben p. 4H
abgebildeten Taufsteine aus Haralebeii, welcher vermutlich von demselben Meistor
herrührt wie der im Herzogl. Museum zu Braunschweig befindliche Taufstein
von Vorsfelde (vergl, Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunsehweip:,
1, 151 nebst Tafel 18). [Rings um diesen Taufstein ging ehemals ein verschlossenes
Gitter.] Der jetzt im Gebrauche befindliche Taufstein ist modern.
Die Kirche besitzt zwei schöne Kronleuchter aus spätmittelalterlicher
Zeit. Der grössere, 1,89m im Durchmesser, ist aus Bronce überaus kunstvoll
gegossen. Von einem 0,21 cm hohen durch eiserne Ringe versteiften Reif springen
sechs Ttlrmcben als Leuchterträger vor, während 18 Kerzen auf eben soviel
Giebelchen aufgesteckt werden können. Zwischen den grösseren Türmen befinden
sich immer drei solche Giebel, zwischen welchen wieder zwei kleine Türmchen
386 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Reliqaien ~ Bildwerke)
über Eck aufgestellt sind. Bewunderungswürdig ist der grosse Reichtum der
Phantasie in den überaus zart gearbeiteten Masswerken. Die gleichfalls durch-
brochen gearbeitete Inschrift lautet anno dni m cccc Ixxx viii pfetu est hoc
op9 1 die ste margrete vgls.
Der kleinere Kronleuchter (Fig. 158) von 1,30 m im Durchmesser, ist von
Schmiedeeisen und in spätgotischer Ornamentierung ausgeführt. Die Einteilung
wird durch Fialen gebildet, von denen jede eine Lichtertülle trägt (der Deutlichkeit
«.%
Fig. 158.
halber sind auf der Abbildung nur zwei von diesen gezeichnet worden). An einer
Abteilung befindet sich die Inschrift: l1j$ 1517. [Drei vor dem Altar befindliche
Kronleuchter werden schon im 13. Jahrhundert erwähnt.]
[Reliquien werden Anfang des 13. Jahrhunderts und 1297 erwähnt; zu
ihnen gehörte als besonders wichtiges Stück ein Arm des h. Moritz.]
[Von wertvollen Webereien erwähnen die Urkunden: Mäntel (cappae)
1214; — einen Mantel von blauem Sammet, einen leinenen Altarvorhang, eine
Decke von gi-ünem Nesseltuch, Geschenke des Presbyters Jugardus, gegen 1230
(Necrologium Febr. 12.); — einen Mantel von rotem Sammet und einen Teppich
gegen 1297; — Mitte des 14 Jahrhunderts schenkte der Diakon Albert von
Winnigstedt tapetum magnum et II linteamina bona, calcitram rubeam de syn-
done et unam massam sericam coloris fyole ad faciendum preparamenta (Necrol.)
— ein Kissen von grüner Farbe, Geschenk des Domdechanten Dietrich Dompnitz,
vor 1458; — eine Alba, ein Manutergium, eine sehr gute Stola, ein grosses
Fastentuch und viele andere Gegenstände, geschenkt von einer Laiin Gertrud
aus Danstedt, 13. Jahrhundert? (Necrol. März 27).]
Bildwerke. [Ein 1490 erwähntes Madonnenbild ist nicht mehr nachweisbar.]
An den westlichen Vierungspfeilern befinden sich die in Holz geschnittenen
Figuren des h. Bonifatius (sitzend in Bischofstracht, H. 0,72 m) und des h. Moritz
(stehend mit Lanze und Schild, H. 0,74 m)i gute Arbeiten des 16. Jahrhunderts.
An der Wand des südlichen Seitenschiffes hängt das Mittelstück eines gut
gearbeiteten Schnitzaltars, enthaltend die vielfigurige Darstellung der Beweinung
Christi. Polychromierte Holzschnitzerei des 16. Jahrhunderts H. 2 m, Br. 1,57 m.
Halberstadt (die Pfarrkirche St Martini: Qeschichte) 387
An der Wand des nördlichen Seitenschiffes ein Ölgemälde , darstellend die
Anbetung des Kindes. Unten ein Wappen nebst der Jahreszahl 1694. Besonders
wertvoll ist der schön geschnitzte Bahmen.
Epitaphien sind drei (Marmortafeln) an der Wand des südlichen Seiten-
schiffes angebracht. Sie gehören 1. dem Dechanten Joh. Christian Dietrich, f 1758;
2. dem Dechanten August Friedrich Weste, tl796; 3. dessen Frau, flSOö.
6. Die Pfarrkirche St. Martini
Litteratur: Zschiesche, Halberstadt sonst und jetzt p. 170 ff. v. Mülverstedt in der
H.-Z. 1872. Otte - Wemicke, Handbuch der. kirchlichen Kunstarchäologie I, 80, 806; 11,179,
406. Bildliche Aufnahmen bisher am besten von der Egl. Messbildanstalt (aussen 4, innen 5).
Geschichte: So alt wie die neben der bischöflichen Burg angesessene
Bürgergemeinde, ist ohne Zweifel auch die Geschichte der St Martinikirche.
Erinnert man sich, dass der Bitter St. Martin in vieler Beziehung der Nachfolger
Wotans war, und dass neuere- freilich anfechtbare Auffassung ^ auch die Rolandsäulen
(der älteste Roland stand wie oben dargethan in nächster Nähe der Martinikirche) mit
altem Wotansdienste in Verbindung setzt, dass endlich in den letzten Jahren bei
Gelegenheit von Eanalisationsarbeiten dicht an der Kirche Reste prähistorischer
Ansiedlungen (Urnen) gefunden worden sind, so mag die Annahme erlaubt sein,
dass da, wo jetzt die Martinikirche steht, schon in vorchristlicher Zeit von der
dort sitzenden Bevölkerung ein Heiligtum verehi-t worden ist. Seit der Bekehrung
wurde dieses heidnische ein christliches, und so mag nächst dem Dome und
vielleicht vor ihm die Martinikirche die älteste von ganz Halberstadt sein. Ur-
kundlich zahlenmässig freilich erscheint sie viel später, 1186, wo ihre Existenz
durch ihre Erwähnung als ecclesia forensis in civitate verbürgt wird. Trotzdem
wird gemeldet, dass Bischof Oardolf (1193 — 1201) den Bau der Kirche begonnen
habe. Es ist dies so zu erklären, dass nach der Zerstörung der Stadt durch
Heinrich den Löwen auch für diese Kirche, wie für den Dom, sich die Notwendig-
keit eines vollständigen Neubaus herausgestellt hatte. Während er mit grosser
Langsamkeit vorschritt, vielleicht auch vorläufig überhaupt nur Projekt blieb,
wurden die Reste der älteren Kirche, über deren Beschaffenheit man nur aus
dem unteren Teile des Turmbaus, sowie aus der Art des späteren Neubaus Schlüsse
ziehen kann, weiter benutzt Besitzer der Kirche war damals das unlängst ge-
gründete Kloster St. Thomas (St. Burchardi ; s. unten), dem sie am 9. April 118G
geschenkt worden war, und an welches daher das bis dahin bischöfliche Patronat
übergegangen war. Dieses Verhältnis dauerte bis zum Anfange des 14. Jahr-
hunderts, wo Bischof Albrecht und das Domkapitel die Kirche dem Johannis-
kloster überwiesen. Dieser Akt hatte lange dauernde Streitigkeiten mit dem
städtischen Rate im Gefolge, welcher darauf Wert legte seinesteils das Patronat
der Pfarre der alten Bürgerkirche auszuüben. Nachdem 1363 und 1371 päpstliche
Bestätigungen der Schenkung erfolgt waren, zogen sich die Zwistigkeiten noch
bis 1465 hin, wo der Rat endgültig das Patronat behielt, jedoch bestimmt wurde,
dass die Pfarre immer einem Konventualen übertragen werden musste. Dessen
^ B. Platen, zur Frage nach dem Ursprong der Kolandsäulen. 38. Jahresbericht des Yitz-
thumgchen GymnaBiums. Dresden 1899.
388 Halberstadter Stadtkreis : Halberstadt (die P&rrkirche St Hartini : Geschichte)
Einsetzung erfolgte durch den Domkellerer als Verwalter des Archidiakonats.
Mittlerweile vollzogen sich jene baulichen Unternehmungen, welche der Martini-
kirche im wesentlichen ihr jetziges Aussehen verliehen haben. Zuerst nur langsam.
Seitdem aber in der Mitte des 13. Jahrhunderts der städtische Bat seine Selb-
ständigkeit erlangt hatte, die Stadt emporblühte und nach sichtbaren Zeichen
dessen verlangte, schritt der Bau lebhaft vorwärts. Er begann wie so oft, von
Osten her, mit dem Chore und dem Querhause. Nach Hirsauer Schema wurden
die Seitenschiffe über das Querschiff hinaus neben dem Chore hingeführt. Das
alte Langhaus wurde inzwischen beibehalten. Der 1274 erwähnte Bauherr (rector)
der Kirche, Siegfried, dürfte es schwerlich erlebt haben, welche Wendung die
Ausführung in der Folgezeit nahm. Nachdem der kostspielige Bau durch viele
Ablässe insbesondere in den achtziger Jahren des 13. Jahrhunderts rüstig gefördert
worden war, scheint gegen Anfang des 14., wenngleich auch zu dieser Zeit
periodisch gewählte Bauherren (provisores) erwähnt werden, die Thätigkeit doch
nachgelassen zu haben. Erst seitdem die Kirche dem Johanniskloster überwiesen
wird, kommt neues Leben und zugleich ein verändeter Baugedanke in die Sache.
Man überzeugte sich, dass der Neubau zu eng angelegt war, und verbreiterte ihn ;
an seiner Länge liess sich nach Vollendung des Chors nichts mehr ändern. In
immer noch schweren, jedoch ganz anderen Formen als erst beabsichtigt — es
wird unten davon geredet werden — wurde nun das Langhaus fertig gestellt
Ablässe für diesen Neubau wurden 1321, 1325 und 1334 erteilt, jedenfalls noch
öfter, doch ist dies^nicht überliefert. Aus dieser Zeit stammt ausser dem Lang-
hause auch die Einwölbung der gesamten Kirche. Seitdem war die bauliche
Entwicklung abgeschlossen. Spätere Ablässe und dergleichen bezweckten die
Beförderung der Ausstattung im Einzelnen. Insbesondere wurden Anfang des
15. Jahrhunderts die Fenster und Schalllöcher am Turme durchweg modernisiert
Kirchweihfest war der Martinstag, doch wurde dies 1486 geändert und das
Fest auf den vorhergehenden Sonntag gelegt, hauptsächlich aus dem Grunde,
weil die Insassen der Pfarre an dem Abend durch die volkstümliche Art der
Martinsfeier zu sehr vom Kirchenbesüchen abgehalten wurden. Ausbesserungen
und Herstellungen an der St Martinikirche, wobei vielerlei Altes beseitigt
wurde, fanden 1843—49, 1880—81 statt Bei letzterer Gelegenheit wurde leider
auch der schöne Barockaltar (s. unten Fig. 16(3) aus dem Chor in einen dunklen
Winkel befördert.
Von dem im Mittelalter zu der Kirche gehörigen Personal sind zu erwähnen
der Pfarrer, mehrere Kapiäne, Priester, Altaristcn, Schüler, der Unter- und Ober-
küster, die Schwesterschaft der willigen Armen. An der- Spitze «ler letzteren
stand eine g[ubematrix, welche ]die Schwestern mit Genehmigung ihrer beiden
Aufseher, nämlich des Probstes von St. Johannis und des Pfarrers von St Martin
wählten. Sie besassen auch' eine Kapelle innerhalb der Kirche; 1485 wurde
Ablass dafür erteilt. Die wichtigste Person an dieser Pfarrkirche (parkerken to
sinte Merten, parochialis ecclesia) war der Pfarrer, der zuerst urkundlich 1241
erwähnt wird. Das Patronat hatte, wie schon erwähnt, für die Pfarre der Bat,
dessen Streitigkeiten mit dem Johannisstifte seit der Reformation gänzlich en-
digten; noch heute ist das Patronat daher städtisch. Die Einsetzung geschah
ehemals • durch den Rat, die Alderleute, (welche schon im frühen Mittelalter vor-
HaJbentadt (die Pfiurkirche BLMartiDi: Baubeschreibang:)
390 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Pfarrkirche St. Martini: Baabescbreibüng)
kommen), die Wortbalter der Gilden und der Gemeinde. Den ersten evangelischen
Prediger erhielt die Kirche 1540 in der Person des Jodokus Otto (f 1574), den
ersten Diakonus in dem Licentiaten Autor Lampadius. Über die .Einkünfte der
Geistlichen und der Kirche vergl. Nebe, Kirchenvisit. p. 35. Über die Martini-
schule siehe oben p. 208, femer H.-Z. 21, 160 und 23, 344.
[Ton Kapellen werden erwähnt: die Marienkapelle, capella b. virginis circa
chorum s. Martini 1356; — St Barbara 1421; — eine Kapelle bei dem Zither
1482; — die Kapelle der willigen Armen s. oben.]
Der Zither diente als Aufbewahrungsort der Messgeräte sowie (nach ur-
kundlicher Versicherung von 1377) als städtisches Archiv, wohl zur Entlastung
des damals bereits nicht mehr völlig zureichenden alten Rathauses.
Baubeschreibung (Fig. 159). Die Martinikirche zeigt, trotzdem sie aus drei
zu ungleicher Zeit entstandenen Teilen besteht, doch ungestört das Hirsauer Bau-
schema, nach welchem sie ursprünglich begonnen wurde, und welches in Kreis
und Stadt Halberstadt noch bei der Klosterkirche von Stötterlingenburg, bei der
Liebfrauen- und Paulskirche und dem Burchardikloster zu Halberstadt in ver-
schiedenartigen Formen zu beobachten ist. Dies Schema spricht sich bei diesen
sämtlichen Kirchen am auffallendsten aus in der Fortsetzung der Seitenschiffe
über das Querschiff hinaus, wobei sie den Ghorraum nördlich und südlich in
seiner fast vollen Länge begleiten, in Stötterlingenburg, bei der Liebfrauenkirche
und der Paulskirche im alten Zustande in halbkreisförmigen Apsiden endigen,
in der Burchardikirche sich auch östlich um den Chor herum fortsetzen, bei der
Martinikircho im Gegensatze zu dem polygonal geschlossenen Chor, welcher ein
beträchtliches Stück über sie hinaustritt östlich geradlinig geschlossen sind. .
Der Turm bau (Fig. 1 60) ist in spätgotischer Zeit überarbeitet worden und hat dabei
die weiterhin genauer zu betrachtenden Fensterformen und seine Helme erhalten.
Sein ganzer Habitus aber, sein Grundriss, seine Mauertechnik, das Fehlen eines
Westeinganges geben ihm eine augenfällige Ähnlichkeit mit den Turmanlagen
zu Stötterlingenburg, Hamei-sleben, St. Paul und St. Moritz zu Halberstadt, sowie
mit vielen Turmanlagen der Hirsauer Art in andern Gegenden Deutschlands. Es
lässt sich daraus schliessen, dass dieser (freilich später veränderte) Turmbau noch zu
der Kirche gehört hat, welche vor Heinrichs des Löwen Zeit dort stand und welche
nach den angeführten Analogien im elften Jahrhundert oder Anfang des 12. ent-
standen sein muös. Rechnet man ferner die Ähnlichkeit gerade mit Kirchen der
Hirsauer Richtung, sowie ferner den Umstand hinzu, dass man bei dem späteren
Neubau doch höchst wahrscheinlich versucht haben wird, den Grundcharakter der
alten Kirche beizubehalten, und dass die Verlängerung der Seitenschiffe gerade darin
ihren Grund haben dürfte, so lässt sich ferner die Vermutung aussprechen, dass
die alte Martinikirche, gleich den angeführten andern Bauwerken, ein Hirsauer
Bau gewesen ist. Es wäre möglich, daraufliin die Grundform jenes alten Baus
einigermassen zu restaurieren, doch lässt sich dies noch nicht mit solcher Sicher-
heit thun, dass hier ein Versuch dazu unternommen werden könnte.
Wie schon gesagt, zeigt der Turmbau keinen West-Eingang, sondern ober-
halb des Fussgesimses ein niederes spitzbogiges Fenster, darüber ein grosses
kreisrundes, welches mit spätgotischem Masswerke gefüllt ist Letzteres ist
nicht ursprünglich, sondern im Anfange des 15. Jahrhunderts eingesetzt worden,
HalbTTEtadt (die Pfanlir<he Et. Martini: BanbeerliTeibDrg — Tflnne) 391
zugleich mit jenem, welches sich in den übrigen Fensteröffnungen nnd in den
Schaulöchern dei" Türme wie des Mittelbaus befinden. Gleich über dem Bad-
Pig. 160.
fenster umzieht ein in der Breite den Mittelbaus nach oben vorkröpftes einfaches
Gurtgesims den Turmbau. Ein zweites ätmliches befindet sich oben unweit der
Stelle, wo die Türme sieh von dem Mittelbau ablösen. Diese beiden Gurtgesimso
: HalberBUdterStadtireia: Halberstadt (die Pforrkiiche 8t. Martini: Banbeeclinibimg-)
HalbeTBtadt (die P&n-tirche SLHaitiiii: Banbesclireibaiig — Cbor)
zerlegen iJen Tunubau in drei Teile, deren unterster bereits beschrieben ist Der
mittlere enthält fünf kleinere spitzbogi^e Fenster, welche die schweren Flächen
in schöner Weise unterbrechen. Das oberste Drittel zeigt eine starte Auflösung
der Mauermassen dadurch, dass sich hier die selir grossen reich gegliederten
^halllöcher befinden. Von diesen enthält der Hittelbaii eins, welches etwa die
Hälfte des ganzen Giebelflächeninhalts einnimmt. Das Masswerk steigt unten eine
Fig, 162.
Künfteilung ditrch gotische KIceblattbögen, welche durch dünne ISäulchen von-
einander getrennt sind. Darüber befindet sich ein sphärisches gleichseitiges
Dreieck, innerhalb dessen das Masswerk vom Mittelpunkte aus sieh in drei Haiipt-
strahlen verbreitet, ein ornamentaler Gedanke, welcher sich auch am Halbcrstädter
Dome und sonst an Gebäuden der späten Gotik haußg findet.
Das obere Geschoss der beiden Türme weist beiderseits an der Westfront
unten ein dreiteiliges, schlankeres, darüber ein vierteiliges, kürzeres und breiteres
n
394 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Pfarrkirche St. Maitiiü: BaubeschreibiiDg)
SchalUoch auf. Die Massyrerke haben Verwandtschaft mit dem oben beschriebenen
des Mittelbaus^ nur sind entsprechend der längeren Form die trennenden Säulchen
mehr in die Länge gezogen. Bei den oberen vierteiligen SchalUöchem sind
jedesmal die beiden äussersten Längsabteilungen als Blenden behandelt, also nur
die beiden innern offen, wodurch bewirkt ist dass der an sich gewichtigere Eindruck
dieser Schailöffnungen gegenüber den unteren doch gerade gemildert und har-
monisch abgeschwächt erscheint. Das Kranzgesims beider Türme besteht aus einer
merkwürdigen treppenartig gegliederten Linie. Diese Form ist sonst bei Stein-
bauten höchst ungewöhnlich und kommt nur an den Saumschwellen der älteren
gotischen Fachwerkbauten häufig vor.
Die achteckigen Turmhelme sind ungleich. Der südliche ist doppelt so lang
als der nördliche. Beide sind mit Bleiplatten gedeckt. Zwischen ihnen zielit sich
eine überdeckte hölzerne Brücke hin. Das unterste Geschoss des Turmbaus ist
im Innern in drei Räume geteilt, von denen der nördliche und südliche quadratische
Form haben, der mittlere rechteckig ist. Dieser letztere öffnet sich gegen das
Kirchenschiff mit einem breiten Spitzbogen, während die beiden andern Räume
keine solche Ausgänge besitzen. Statt dessen haben sie beide schmale Thüren
gegen den "Mittelraum hin, doch ist die in den nördlichen Raum führende seit
der letzten Herstellung der Kirche vermauert. Den Zugang hat dieser Raum
von der Strasse her über eine kleine Treppe, welche an der Nordseite angelegt
ist. Diese kleine Thür bildet, da andere Pforten nicht vorhanden sind, zugleich
den einzigen Strassenzugang für den gesamten Turmbau. Tritt man durch sie
ein, so gelangt man durch einen kurzen schmalen Gang zu der Wendeltreppe,
welche auf die Höhe des Turmes führt. Alle drei Räume im Turmbau sind mit
gratigen Kreuzgewölben eingedeckt.
Betritt man das Innere des Baus (Fig. 161), so stellt sich dieser in seinem
Hauptteile als eine Hallenkirche dar. Es ist jedoch ersichtlich, dass diese Form nicht die
ursprünglich beabsichtigt gewesene ist, dass vielmehr die Martinikirche hat Basiliken-
form erhalten sollen. Dies ergiebt sich daraus, dass die Seitenschiffe des Chores
in einer der basilikalen Art durchaus entsprechenden Weise niedriger sind als der
Mittelteil des Chores (Fig. 162). Der gesamte Chorbau nebst den damit zusammen-
hängenden Pfeilern der Vierung zeigt frühe gotische Formen. Die Vierungs-
pfoiler, sowie die Stützen der Bögen, welche die Chorseitenschiffe vom Mittel-
schiffe trennen, haben kreuzförmigen Grundriss, wobei freilich bei letzteren der
nach Norden bezw. Süden weisende Arm fehlt; die Gurtbögen setzen in un-
organischer Art direkt an der Wandfläche an. Die Vierungspfeiler sind heut-
zutage durch angebaute Verstärkungen in ihrem Eindrucke wesentlich geschädigt.
Die Kämpfergesimse sind von grosser Einfachheit Sie bestehen nur aus zwei
Wülsten, von denen der obere bimförmigen Durchschnitt hat, der untere halbrund
ist; zwischen ihnen liegt eine schmale Hohlkehle. — Die Bögen, welche die drei
Chorschiffe mit der Vierung und diese mit dem Langhause verbinden, (Fig. 163) sind
nach der Art des frühgotischen Stiles breit und schwerfällig mit tiefliegenden Scheitel"
punkten angelegt. Die Fenster im Chorraume sind schmal und hoch, nur in zwei
Teile zerlegt durch eine schmale Mittelsäule, in deren obere Hälfte ein kreis-
förmiger Steinring eingefügt ist, eine Form, welche sich auch an der Andreas-
kirche (s. unten) wieder findet. Von ganz besonderer Merkwürdigkeit sind die
Halberstadt (die Pforrkirch« St. Hartini: BaabeBchreibuog — Chor) 395
Haeswerke der beiden Fenster, welche im Chorschliisse rechts und links neben dem
mittelsten belegen sind. Jede geschwungene Linie ist vermieden, statt der Klee-
bl&ttform und eines gewöhnlichen Yierpasses sind ähnliche Gebilde aus recht-
winklig zusammenstossenden geraden Linien hergestellt (Fig. 161). Die Fenster-
gewände zeigen eine reiche Gliederung.
Fig 163.
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde der Bauplan gänslich
geändert Uan überzeugte sich von der Unzulänglichkeit der Breiten Verhältnisse,
wie sie bisher im Chorraume festgehalten worden waren, verHess den Gedanken
an eine Basilika und schuf aus dem bisher unvollendeten Langhause eine Hallen-
kirche mit drei annähernd gleich breiten Schiffen. Dies wurde ermöglicht auf
Kosten des organischen Zusammenhanges, und dieser wurde umsomehr nu-ssachtet,
als auch von der Pfeilerform der Stützen abgesehen und statt dessen durchweg
396 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Ffarrlcircfae St. Martini: Banbeschreibnng)
die Säule gewählt wurde (Fig. 163). Die Gestalt derselben wurde belebt durch vier
daran angebrachte ziemlich starke Dienste, welche fast ganz rund herausgearbeitet
und mit dem Kern der Säule nur in einer schmalen Fläche vereinigt sind. Den
beiden Säulen, welche (in recht ungeschickter Weise) unmittelbar vor die alten
westlichen Vierungspfeiler gesetzt sind, fehlen die Dienste mit* Ausnahme des
einen nach Westen gerichteten, welcher als Unterstützung des über ihm auf-
setzenden Gurtbogens unentbehrlich war. Die Basen der Säulen und Dienste
sind flache Pfühle, welche über den Sockel überquellen; die in ihrer Grundgestalt
einfachen Kapitale sind mit sehr zierlich und mannigfaltig gezeichnetem früh-
gotischem Blattwerke geschmückt. Darauf ruht ein schlichter, in der Hauptsache
aus zwei verschieden dicken Platten bestehender niedriger Kämpfer. Über ihm
steigen die Gurtbögen auf, aus drei Stäben bestehend, kräftig und wuchtig in
der Fonn. Sie stützen sich an der nördlichen und südlichen Wand auf
»■
Dreiviertel-Säulen , welche in ihrem Umfange wie in ihrer Ausstattung den
Säulen-Diensten durchaus entsprechen. Zwischen den Gurtbögen schwingen
sich die spitzgratigen Kreuzgewölbe. Zu der Zeit, als das Ijanghaus erbaut
und in der angegebenen Weise eingedeckt wurde, hat man es auch für nötig
gehalten, das Querschiff und den Chorraum, welche bis dahin wahrscheinlich
flach gedeckt waren, mit. ebensolchen Gewölben zu versehen. Über dem
Ghorschlusse bildete man ein tief gegliedertes Fächergewölbe. Zu seiner
scheinbaren Unterstützung wählte man Dreiyiertel-Säulchen, durchaus von der
Art der vorher beschriebenen, jedoch bei weitem nicht in derselben Länge;
hoch über dem Fussboden endigen sie, indem sie sich auf Konsolen stützen,
\yelche ihren Kapitalen durchaus entsprechen. Man sieht diese Säulchen besonders
im Querschiffe, darum weil sie spätere Zuthat sind, an allerlei Stellen, wohin sie
keineswegs passen. Die Fenster des Langhauses zeigen Zweiteilung und ein^he
Masswerke mit Kleeblattformen und oben darin eingeschlossen schlicht« Yierpässe.
Die Leibungen unterscheiden sich in ihrer breiteren und leichteren Gliedening
beträchtlich von denen der Chorfenster.
Das Äussere der Kirche zeigt schlichte, solide gearbeitete, regelmässig ver-
blendete Mauerflächen sowohl an den altem als an den jungem Teilen (Fig. 164 u. 165).
Die schlicht abgetreppten Strebepfeiler bieten nichts ausserordentliches. Die Portale
haben schöne Gewände; malerischen Eindruck macht es, dass gelegentlich über
ihre Hohlkehlen frei gearbeitetes frühgotisches Blattwerk sich hinzieht. Über
dem südlichen Hauptportale befindet sich in der Lünette ein Hochrelief, dar-
stellend den h. Martin zu Pferde, welcher einem Bettler ein Stück seines
Mantels schenkt ; die Skulptur stammt aus dem 18. Jahrhundert. Auf der Nord-
(Fig. 164) Seite befindet sich an den Chorrauni angebaut die Sakristei. Ursprünglich
existierte von ihr nur die westliche Hälfte, wie noch jetzt ein Rest eines an
ihrer ehemaligen Ndrdosfecke befindlichen Strebepfeilers beweist. Auch die Sakristei
ist mit zwei Kreuzgewölben eingedeckt. Ferner befindet sich an der Südseite des
Langhauses eine kleine Vorhalle, leider jetzt als Heizraum hergerichtet, mit zier-
lichem Portale und Kreuzgewölbe.
In den Fenstern der Kirche finden sich an neun Stellen grössere und
kleinere kreisrunde Wappenscheiben des 17. Jahrhunderts, in Schmelzfarben aus-
geführt.
Halberstadt (die P&rrkircbe St HartiDi: Baiibeschreibung — Äusseres) 397
Vor dem Eingänge zu der Tunnhalle, welche früher als Taufkapelle diente,
befindet sich ein schön geschmiedetes eisernes Gitter, hergestellt im 17. Jahrh.
Jig. 164.
Glocken: Auf den beiden Türmen hängen ini Ganzen acht Glocken. Von
diesen können die kleine und die grosse Stundenglocke nicht nälier beschrieben
werden, da sie TöUig unzugänglich sind. Nur von ferne liisst sich an der grössern
i HalbertitSdter Stadtkreis: Haltwrstadt (die Pbrrliirclie St Hartiai: Fenster — Olocleo)
Fig. 165.
Halberstadt (die Pfarrkirche StUarttni: Glocken) 399
eine um die Krone laufende Minuskelinschrift feststellen, wonach sie aus der
Zeit des 15. Jahrhunderts zu stammen scheint.
Von den sechs Läuteglocken, welche einen aussergewöhnlich schönen
Zusammenklang haben, hängen die beiden grössten in den Türmen selbst, die
übrigen im Zwischenbau.
1. Die grösste mit einem Durchmesser von 2,12 m, im südlichen Turme
hängend, hat eine doppelte Umschrift in Minuskeln mit reich verzierten Anfangs-
buchstaben. Die obere Umschrift lautet
Exeqvias - pando - Funebres - Fulmina - pello • Atqve • cano - sonitu •
festa • decoro • fleo • Annis • qvingentis - Undenis • Mille • peractis • me -
hinrick- de- campen« fuderat- arte- sua-
Die Umschrift der untern Reihe zerfällt in zwei Teile, von welchen sich
jeder wieder rechts und links von einer in Flach -Relief ausgeführten Figur
angebracht findet. Auf der einen Seite der Wandung sieht man Christus
mit der Weltkugel auf einem. Drachen stehend, davon rechts die Worte: sum -
lux* vita • via- , links: merces • bona- janua • regia- Auf der entgegen-
gesetzten Seite befindet sich St. Martin in Bischofstracht^ einem vor ihm knieenden
Armen ein Almosen reichend, davon rechts die Worte: Christe • tuum • populum •
links: salvum . fac - atque • tuere - Einen besonderen Schmuck hat die Glocke
durch die umlaufenden schön gezeichneten Friese. Auch Münzabdrücke und das
Halberstädter Wappen finden sich.
2. Im nördlichen Turme hängt die zweitgrösste Glocke mit einem Durch-
messer von 1,78 m. Sie ist ein Werk des Hans Blome. Die um die Krone
laufende Minuskelinschrift lautet:
anno * dni • m- cccc - xxxix- xpi • cultores • voco - festos • promo •
canores • et • temptatores • abigo • tonitrusque • fragores • ame •
An der Krone scheint eine Reparatur vorgenommen worden zu sein, welche
vielleicht mit der an der Aussen wandung eingemeisselten Inschrift: M. Diterich.
Linke. 1537 in Verbindung zu bringen ist.
3. Durchmesser 1,50 m. Von demselben Giesser. Umschrift oben: anno -
dm • m • cccc • xxxix * o • rex • glorie • pxe (!) • veni • com • pace • xpe - fili •
dei • vi vi • miserere • nobis • anie •
4. Durchmesser 1,26 m. Da diese Glocke von demselben Meister stammt
wie Nr. 1 , so sind auch ihre Verzierungen denen jener durchaus ähnlich. Die
Umschrift ist zweizeilig. Obere Reihe :
Anno - dni • M • ccccc • xi + Fulmina • propello • vivos • voco • ploro •
sepultos • Dns - hermanus • keve - plebanus • Magister • hinrick - de •
campen •
Die untere Reihe zeigt auf zwei entgegengesetzten Seiten zwei rechts und
links von je einem Bilde angeordnete Spiniche, nämlich:
sancta • maria • (Madonnenbild) bidde • vor • vns • vitrici • ecclesie •
sancta • katerina • (Bild der h. Katharina) bidde • vor • vns • clawes -
siuerdes - diderick • hildesem •
Neben beiden Bildern befindet sich das Stadtwappen.
5. Durchmesser 0,76 m. Mit der Majuskelschrift:
AVE • MARIA • QRÄ • PLE -
Halberstadt (die P&rrkirche Si Martini: Allftre — Altargeräte) 401
der Standenglocken handeln, keine Anwendung finden. Ygl. aucfa H.-Z.
1876, 291.
6. Durchmesser 0,60 m; altertümliche schlanke Form; keine Schrift
Altäre [Urkundlich werden erwähnt. der iJtar St. Nikolai in der willigen
Armen Abseite vor dem Zither (in der afsyden by dem kor) 1388 und öfter; —
der Marienaltar 1401 ; — St, Johannis ,,hinter der Thür" 1421 ; — Si Brasmi
auch Glemensaltar genannt mitten in der Kirche. Er wurde über dem Grabe der
in der Schicht hingerichteten Ratsherren (siehe oben p. 195) vom Rate der Stadt
als Sühnealtar errichtet, am 23. November 1425 zur Ehre der h. Jungfrau sowie
der hh. Andreas, Erasmus, Clemens, Livinus und ApoUonia geweiht und beschenkt
mit einem Messbuche, Kelch, Messgewand, Wein, Oblaten und Lichten. Das in-
direkte Patronat hatten die Hinterbliebenen der getöteten Ratsmitglieder, das
direkte der Rat. — St. Barbarae 1430; — St. Andreas 1430; — St. Margarete,
(1564 auch Corporis Christi genannt) wurde 1439 vom Rate mit Erlaubnis des
Domkellerers und des Domkapitels gestiftet, stand unter Patronat des Rates,
welcher dem Inhaber des Altars 4 Mark jährliche Zinsen zahlte. Standort „in der
Apsis südlich vom Chor." — St. Thomae, Andreae, Simonis und Judae, der zwölf
Apostel, St. Lorenz und St. Elisabeth, 1443 gestiftet von Hans Adersleben; unterm
Patronate von dessen Familie. Standort „unter dem h. Kreuz vor dem Zither." —
St. Moritz und der thebaischen Legion, St. Michael und der übrigen Erzengel,
sawie der hh. Matthias, Sebastian, Cyriacus, Christophorus, Gregor und ürban,
1453 gestiftet von den zwei Brüdern Mestorp, unter dem Patronate von deren
Familie. — „Der hilligen Driervaldicheit unde mer patronen" 1467; — Heiligkreuz
1482, „an dem Zither vor des. Pfarrers Thür." — Der Frühmessenaltar (1564 auch
Meienaltar genannt), geweiht Johannes d. T. und Johannes d. Ev., sowie den lOOüO
Bittem ; Standort hinter der grossen Thür „to deme rathuse wort," 1484. Es ist unklar,
ob die Richtung nach dem alten Rathause, welches östlich von der Kirche sich
befand, oder nach dem neuen (jetzigen) gemeint ist. — St. Bartholomäus und
Maria Magdalena am Sonntage nach Petri Eettenfeier 1503 vom Weihbischof
Matthias von Gada geweiht. ~ Endlich werden 1564 noch erwähnt die nicht
bestimmbaren Altäre des Andreas Homann, des Hans Wever, der Altar der h.
drei Könige und der St. Stephans oder Jahrmarktsaltar.]
- Der jetzige Altar ist i^ modemer Gotik ausgeführt.
Am Nordende des Querhauses steht ein mit reichen Schnitzereien (gewundenen
Säulen, Heiligenfiguren, in der durchbrochenen Mitte eine freistehende Kreuzigungs-
gruppe, darüber die Grablegung, in der Predella das Abendmahl) gezierter, sehr
wertvoller Altar vom Jahre 1696 (Fig. 166).
Altargeräte: [Ein „neuer" Kelch wird 1443 erwälmt]
[Am Anfange des 19. Jahrhunderts gab es in der Martinikirche eine Anzahl-
von heiligen Geräten, welche 1806 zu grösserer Sicherheit, naoh Magdeburg ge-
schafft und von dort 1807 durch die Franzosen leider auf Nimmerwiedersehen
entführt worden sind. Ein Verzeichnis davon, dessen Mitteilung ich der Gütiö
des Herrn Oberpfarrers Koch verdanke, in den Kirchenakten befindlich, lautet
folgendermassen :
Kreta Halbeistadt. Id
402 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Pfarrkirche St. Martini: Altarger&te)
Verzeichni s
und Gewicht des Silbergenits, welches die St. Martini - Kirche
im Oktober 1806 bei dem Magistrat in Magdeburg niedergelegt hat,
nebst Angabe des Werts desselben.
Nr. Mrk. Unae Rthr. Gr. W.
1. Eine grosse ailbeme und vergoldete Schtissel; an Ge-
wicht vier Mark und vier Unzen 4 4 — — —
An Wert, incl. der Goldschiniedarbeit , pro Mark
14 Rthr. 16 Gr. — — 6r, — —
und der Vergoldung .... — — It* — —
2. Ein silbernes und vergoldetes GefUss in Form einer
Giesskanne; an Gewicht sieben Mark und eine
viertel Unze 7 V'4 — — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14 Rthr. 16 Gr — — 103 6 —
und der Vergoldung — — 14 — —
3. Eine silberner und vergoldeter Becher, mit seinem Deckel
und der Jahreszahl 1577; an Gewicht vier Mark
und vier Unzen 4 4 — — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14 Rthr. 16 Gr — — 66 — —
und der Vergoldung — — 8 — —
4. Ein anderer silberner und vergoldeter Becher, kleiner
als der vorige, mit seinem Deckel und der Jahres-
zahl 1618; an Gewicht drei Mark, drei und eine
halbe Unze 3 3'/2 — — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pi*o Mark
14 Rthr. 16 Gr. — — 50 10 —
und der Vergoldung — — 5 —
5. ^ Ein grosses silbernes Gefass mit seinem Deckel nebst
drei Kelchschüsselchen von verschiedener Grösse
und einem anderen silbernen Gefass mit seinem
Deckel. An dem grossen Gefass ist das braun-
Hchweigische Wappen und die Jahreszahl 1620
eingegraben; an Gewicht zwölf Mark und sechs Unzen 12 6 — — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14 Rthr. 16 Gr — — 187 — —
und der Vergoldung — — 15 — —
6. EÜn ovales silbernes Becken mit der Jahreszahl 1772;
an Gewicht vier Mark drei und eine halbe Unze . 4 3^2 — — —
An Wert, incl. der (voldsch miedarbeit, pro Mark
14 Rthr. 16 Gr — — 65 2 —
*■ Dieser Kelch war vom Herzog Christian von Braunschweig dem Tobias Herold, D. theol.
nnd Oberpfarrer an der Martinikirche geschenkt worden. Herold bestimmte darüber in seinem
Testamente vom 13. Oktober 1628 folgendes:
,,Dem Altar zu Bt. Martini vermache ich zum Kirchengebrauch hier und zur administratio
des heil. Abendmahls eine grosse , in- und auswendig vergoldete silberne Kanne von 5 Pfund
oder 160 Lot, ein Geschenk des Herzogs Christian von Braunschweig. Sollte die jutheriscbe
Religion gesperrt und eine andere als calvinische oder papistische Religion daselbst eingef&hrt
werden , alsdann soll solche der Vorsicht halber entsetzt und dem letzten latherischen Pastor
St. Martini zum viatico gegeben werden.^'
(Nach gütiger Mitteilung des Herrn Oberpfarrers Koch.)
J
Ualberstadt (die Ffarrkircho St. Martini: Altargeräte) 40B
7. Zwei silberne Leuchter mit der Inschrift D. B. S. H. S.
M.B.D.A., Halberstadt, den 29. September 1696;
an Gewicht, ohne Inbegriff des Eisens, yierzehn
Mark und zwei Unzen 14 2 — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14 Rthr. 16 Gr. — — 209 10
8. Ein kleines silbernes Gefass mit seinem Deckel und
einem kleinen Löffel; an Gewicht eine Mark und
zwei Unzen 1 2 — —
An Wert. incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14Rthr.l6Gr — — 18 18
9. Ein anderes silbernes Gefass mit der Jahreszahl 1662;
an Gewicht fünf Mark, drei und eine halbe Unze. 5 3* ^ — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14Rthr. 16Gr — — - 79 18
10. Zwei silberne Altarleuchter mit einer deutschen Inschrift,
welche sich anfangt: „Herr Andreas Rosenthal",
und sich endigt: „den 30. November anno 1699'^:
an Gewicht, ohne Inbegriff des Eisens^ vierund-
vierzig Mark und sechs Unzen 44 6 — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14 Rthr. 16 Gr — — 656 8
11- Ein grosser silberner Becher, vergoldet, mit seinem
Deckel und einer Inschrift, die sich anfangt: „Hen-
ri cus Ricardus" und sich endigt mit: „anno 1662";
an Gewicht sechs Mark und eine halbe Unze . . 6 ^j^ — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14 Rthr. 16 Unzen — — 88 22
und der Vergoldung ., — — 15 —
12. Ein kleiner silberner und vergoldeter Becher : an Gewicht
fünf Unzen — 5 — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14 Rthr. 16 Gr — _ 9 4
und der Vergoldung — — 2 —
13. Ein anderer silberner und vergoldeter Becher, ein wenig
grösser als der vorige, mit der Jahreszahl 1709:
an Gewicht eine Mark drei und eine halbe Unze . 1 S^/'g — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14 Rthr. 16 Gr — — 21 2
und der Vergoldung — — 3 —
14. Zwei grosse silberne Oblatenteller; an Gewicht eine
Mark und sieben Unzen 1 7 — —
An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark
14Rthr. 16Gr — — 27 12
Hundert und zwölf Mark zwei und drei viertel Unze 112 2^j^ 1720 16 —
Jetzt im Besitze der Kirche und im Gebrauche befinden sich folgende
Gegenstände :
1. ein Kelch, Silber vergoldet; am sechsstrahligen Knaufe \\fi^^^, unten ein
Kruzifix. Höhe 0,17 m. 17. Jahrhundert; — 2. ein Kelch, desgleichen, Knauf
ohne Buchstaben, am Fusse eine Kreuzigungsgruppe, sowie das gravierte Wappen
von Halberstadt; Höhe 0,17 m; datiert 1605; — 3. Kelch, desgleichen, am Knauf
IHESV8; unten eine Kreuzigimgsgruppe ; Höhe 0,19 m; 16. Jahrhundert; —
28«
404 Halberstädtet Stadtkreis: HalberBtadt(diePfarrkiTcUe8t.HarUai: Altargertte — Kaaul)
4. Kelch, desgleichen, ähnlich dem vorigen, mit dem eingravierten Kamen
Gabrigeil Schevre; Höhe 0,28 m; 17. Jahrhuadert; als Geschenk de» Chrigtoffel
von Honrott gekennzeichnet durch dessen Wappen, welches sich auf einem be-
sonders aufgelöteten silbeTnen Scbildchen am Fusse befindet; — 5. Kelch, desgl.,
Höhe 0,19 m; 18. Jahrhundert; — 6. Kelch, desgleichen, Höhe 0,26 ni; aus der
Empirezeit; — 7. Kelch, desgleichen, mit gravierten Ornamenten; Beschau und
Heisterzeichen unkenntlich; Höhe 0,23m; datiert 1810; — 8. Kelch, Silber, Höhe
055 ni; datirt 1845; — 9. Kelch, Silber vergoldet; um die sechs Lappen des
weit ausladenden plumpen Fusses zieht sieh ein fein gearbeitetes Renaissancereiief
aus getriebenem vergoldeten Silber; Höhe 0.24 m; datiert 1652; stammt aus
dem ehemaligen Kloster Walbeck; — 10. Kanne, vergoldetes Silber, mitWappen
derer v.Difurth; datiert 1663; aus dem ehemaligen Kloster Walbeck; ~ 11. Kanne,
desgleichen, am Korpus mit sehr schönen gestochenen Renaissanceomamenten, oben
Fig. 167.
ein Thnler des Johann Georg Friedrich von Sachsen; datiert 1632; stammt aas
der 8t. Pnulskirche zu Halberstadt; — 12. Oblatenschachtel, Silber vergoldet, mit
Wappen der Familie Feurbaum; an der Aussenwandung zweimal die Kreuzigungs-
gnippe und die vier Evangelisten in Flachrelief (Silber), auf dem Deckel das
Lamm in Hochrelief; datiert 1666; stammt aus der Halberstädter Liebfrauen-
kirche; — 13.— 19. Rieben Patenen von vergoldetem Silber, eine von 1559, eine
mit Haiherstädter Beschau und der Marke ^O
Sämtliciie Gegenstände , bei denen Beschau oder Meisterzeichen nicht er-
wähnt sind, haben dergleichen nicht.
Kanzel. [Ein Anibo findet sich urkundlich erwähnt 1287.1 Über die
Kanzel, welche die Kirche bis in die zwejte Hälfte des 16. Jahrhunderts besass,
ist nichts bekannt, ebenso wenig über den Grund, weshalb 1564 hei der A'isitation
geäussert wurde, dass eine neue Kanzel hergestellt werden würde. Ihre Fertig-
stellting, wenn man als Termin dafür die an der jetzigen Kanzel angebrachte
Zahl 1595 ansehen will, hat sich sehr lange hingezogen. Dafür hat aber auch
die Kirche ein Werk erhalten, welches man als ganz vorzügliches Erzeugnis der
deutschen Renaissance bezeichnen muss. Nur lebhaft zu bedauern ist die ver-
Halberstadt (die F&irkirche Si Martini Kanzel — Orgel — Tauftessel — Leuchter) 405
«
ständnislose Überarbeitung, welche das schöne Stück am £nde des 17. Jahr-
honderts gefunden hat, wo sie durch Hinzufügung schwerfälliger Ecksäulen und
schnörkelhafter anderer Schnitzereien in ihrem feinen Eindrucke Avesentlich be-
einträchtigt worden ist. Von figürlichen Darstellungen finden sich : um das Corpus
der Kanzel herum die Weltschöpfung; der Sündenfall; Isaaks Opfer vom Könige
David verehrt; die Himmelfahrt; der Kruzifixus, angebetet von dem durch Inschrift
und Wappen gekennzeichneten Stifter der Kanzel Bartelt Hane (aet sue 25. 1563) ;
die Auferstehung. Am Aufgange der Kanzel von oben nach unten der Welt-
untergang und das Weltgericht. Die Pilaster dazwischen, sowie alle übrigen
Flächen sind mit sehr fein gezeichneten flachen Kenaissancereliefs gefüllt, welche
sich wirkungsvoll in ihrer Vergoldung von dem dunklen Hintergrunde abheben.
(Pig. 167) Als Stütze der Kanzel dient die Figur Simsons. An der Thür zum
Aufgange findet sich folgende Inschrift: Zur Ehren Gottes auss Christlicher
Andacht und Liehe zu dessen heiligen wordt und dienst, hat diese Cantzel
Renoviren und dergestalt zieren lassen Fr. Catharina Beckerin Christian-
Fleischhauers Seel Wittibe Anno CHRJ8TJ 1690.
Orgel. [Von der früheren Orgel sagt Michael Prätorius im Jahre 1619:
„Das erste Werk in S. Martini Kirchen, hat M. David Becke mit neununddreissig
Stimmen vnd einem Tremulant gesetzet.'^ Er zählt auf: im Oberwerke acht
Stimmen, in der Brust sechs, im Pedal zwölf, im Rückpositiv zwölf.]
Die jetzige Orgel stammt aus der Schlosskirche zu Groningen, wurde dortliin
gestiftet von Herzog Julius von Braünschweig, Bischof von Haiberstadt, im
Jahre 1769 aber durch Befehl Friedrichs des Grossen der Martinikirche über-
wiesen, 1770 durch denOrgelbauer J. Ch. Widemann hergestellt und vervollständigt.
Zum Zeichen, dass die Orgel ein- Geschenk des Königs war, wurde sie oben mit
dessen Monogramm und dem schwarzen Adler geziert. Sie zeigt eine schöne
Gliederung des Aufbaus, herbeigeführt durch kräftige Gesimsverkröpfungen, und
ist reich mit Schnitzereien (Figuren und Laubwerk) geschmückt.
Einen besonders wertvollen Besitz der Kirche bildet der Taufkessel (Fig. 1 (38),
ein vortrefflicher Bronceguss aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, heutzutage
leider durch bunten Ölfarbenanstrich, dessen Beseitigung dringend zu wünschen
wäre, entstellt Er ist 1,095 m hoch und hat einen oberen Durchmesser (zwischen
den äussern Rändern gemessen) von 1,166 m. Der Kessel wird getragen von
vier männlichen knieenden Figuren, welche Wassergefässe ausgiessen, den Personi-
fikationen der vier Paradiesesflüsse. Der Kessel selbst, dessen obere und untere
Kante von noch romanisch ansprechenden Blattfriesen begleitet ist, zeigt an seiner
Wandung imme^ unter je zwei frühgotischen Giebeln, aus deren Treffpunkten
sich Fialen erheben, welche ebenso wie die Giebel reichlich mit Krabbon besetzt
sind, und deren als schlanke Halbsäulen gebildete Stützen die Fläche der Wandung
in acht Felder zerlegen , folgende in mittleren Relief ausgeführte Darstellungen :
die Verkündigung Mariae und die Heimsuchung; Geburt Christi; Verkündigung
der Hirten; Anbetung der Könige; Bethlehemi tischer Kindermord; Darstellung
im Tempel; Flucht nach Ägypten; Taufe.
Leuchter: [1260 wurde die Kirche von einem Pfarrer und einem Bürger
mit einer ewigen Lampe beschenkt; — 1463 gab es zwei ewige Lampen, eine auf
dem Chor, eine mitten in der Kirche; — 1482 wird „der Elenden Licht' genannt.]
V
Halberstadt (die Pfarrkirche St. Martini: Leuchter — Kunstwerke — Epitaphien) 407
W»*'." f.
Auf dem Hauptaltar giebt es zwei etwas plump geformte hohe broncene
Leuchter mit Löwenkopffüssen , aus frühgotischer Zeit. Ferner zwei messingene
TiBuchter von 1686 als ehemaliges Eigentum der Ldebfrauenkirche beglaubigt
durch die Inschrift E^ : B : MAR : VIRG :
Im Kirchenschiffe hängen zwei Kronleuchter:
1. von 1686; Bronce; sechs Arme oberhalb einer Kugel, die Lichtmanschetten
in Muschelform. Darüber ein cylinderartiger Teil mit Henkeln, an denen sich
weibliche Hermen befinden; zu oberst die rund gearbeitete Figur der Minerva.
Der Leuchter hängt noch an der ursprünglich dazu gestifteten Stange, welche in
geeigneten Zwischenräumen durch zierlich geschmiedete vierteilige Qlieder unter-
brochen wird.
2. von 1689; Messing; ohne Kugel; sechzehn Arme in zwei Etagen über
einander. Oben eine männliche Figur; der Ring unten hängt im Maule eines
Löwenkopfes.
In der Sakristei steht eine spätgotische Truhe von einfacher Gestalt, aus
Holz mit vielen Eisenbändem beschlagen.
Webereien: [Erwähnt werden Teppiche 1374, 1401, 1421 und 1433; ein
neues Messgewand 1443.]
Kunstwerke: [Das h. Kreuz vor der Zither 1443; — Das Madomienbild
in der Martinskapelle 1480; — ein silbernes Bild des h. Martinus; es war im
März 1480 noch in Arbeit; der Heilige sollte auch eiii silbernes Pferd bekommen.
Eine Sonnenuhr war (nach Scheffer p. 17) an der Südseite neben dem
Portale mit dem Martinsbilde angebracht und trug die Inschrift
Anno Domini 1577.
Dum sarcire aedem hanc nixi, contagia pestis Cernimus, auxilium
xnittito, Christe, tuum.]
Grabmal er: [Die bei der Schicht 1423 hingerichteten Ratsherrn (siehe oben
p. 194 f) waren zuerst vor der Thür der Martinikirche verscharrt; doch wurden
ihre Leichen später wieder ausgegraben und innerhalb der Martinikirche am
Sonntage nach Maria Geburt 1425 beigesetzt. In Bezug auf dieses letztere Er-
eignis heisst es in dem Berichte darüber: als^ men den rad plecht to donde (wie
man dem fiate pflegt zu thun). Daraus geht hervor, dass Batsmitglieder für ge-
wöhnlich ihre Ruhestätte in dieser unter städtischem Fatronat stehenden Kirche
gefunden haben. — Erwähnt wird ferner 1442 die Gruft einer Frau Kunne Woldag,
und 1616 wird als aussen an der Kirche befindlich von Merian das aus Quader-
steinen gebaute Grab des Juristen und bischöflichen Kanzlers Tobias Paurmeister
von Kochstedt genannt. — Von dem Martinikirchhofe ist schon im frühen Mittel-
alter die Rede; 1241 wird er mit Bezug darauf, dass St. Martini die Kirche der
alten Kaufmänner-Gemeinde war, cimiterium forense genannt]
Folgende Epitaphien sind heute in der Kirche vorhanden:
1. Lorenz Trautenbuel, t gegen 1540 aetatis sue 43. Stehende Figur in
Schaube, die Hände zusammengelegt; unten zwei Wappen. Sandstein. H. 1,94 m,
Br. 1,06 m.
2. Ein vor dem Kruzifixus knieender geharnischter Ritter. Inschrift:
ANNO- J B-6 0- lAR. AVF- DEN DAG- VN8ER8 HERN CHRISTI GEBORT
AM- SONTA: ANDREJ IST DER- ERBAR- VN- ERENFESTEN GHRISTOFFEL
408 Halberstftdter Stadtkreis: Haibetstadt (die Pfarrkirche St Martini: Epitaphien)
VON . LEIPCZIK • ALHIR • IN • GOT VOR • SEI A • Sandstein. Die Figur ist
in Hochrelief ausgeführt. Höhe des £pitaphs 1,91 m, Br. 1,07 m. Über dem
Epitaph befindet sich das aus gleichem Material hergestellte polychromierte Wappen
des Verstorbenen, welches ein springendes Pferd zeigt; darunter die Schrift
GVL 1664-
3. Justus Otto von Einbeck, erster eyangelischer Prediger der M.-Kirche,
f 1574. Stehend im Talar, umgeben von einer Renaissance-Architektur. Unten
ein Spruchband. Meisterzeichen \. Sandstein. H. 1,96 m, Br. 0,99 m.
4. Joachim Blume, f 1581 und seine Frau Lucia Schuten, f 1573. Das
hübsche Benaissance-Epitaph , welches oben an der Wand im südlichen Kreuz-
arme angebracht ist, ist in Sandstein gearbeitet und zeigt im flachen Belief die
Auferstehung Christi.
5. Yincenz Runstedt, Grosskämmerer, f 1587 im 86sten Jahre. Stehende
Figur in Schaube ; umgeben von einer Benaissance-Nische ; zwei Wappen. Sand-
stein. H. 1,80 m, Br. 1,00 m. Gutes Werk.
6. Daniel Sachse, Prediger, f 1605. Stehende Figur im Talar, umgeben von
einer Benaissance-Architektur. Sandstein, polychromiert. H. 1,80 m, Br. 0,96 m.
7. Lambert Ehren traut, Prediger, f 1606. Unten sein Wappen. Die Dar-
stellung der Figur, das Material und die Ausstattung ist dem unter No. 6
genannten Epitaph Sehr ähnlich und das Werk dürfte daher von demselben
Meister sein. H. 1,92 m, Br. 1,11 m.
8. Der Pastor Geileusius (Yomame unleserlich), f 1625. Stehende Figur
und zwei Wappen. Sandstein. H. 1,66 m, Br. 0,85 m.
9. Simon Gleissenbergk , Stadtrichter, f 1626. Halbfigur, gutes Portrait
Zwei Wappen. Im untern Teile des Epitaphiums ist ein hölzerner Einsatz ; vielleicht
wurde diese Partie gelegentlich beschädigt Sandstein. H. 2,40 m, Br. 1,00 m.
10. Andreas Beiter, Jurist, f 1668. Die Fläche zeigt zwei Wappen (das des
A. B. und seiner Gemahlin Elisabeth von Uslar) Sandstein. H. 1,78 m, Br. 0,95 m.
11. Ludwig Fidler, Pastor, f 1674. Stehende Figur und zwei Wappen.
Oben ein hebräischer Spruch (Psalm 62, 8). Sandstein. H. 1,91 m, Br. 0,97 m.
12. Der Pastor Primarius August Meschmann, f 1678. Schlichte Marmor-
tafel. H. 1,82 m, Br. 0,92 m.
13. Heinrich Bixner, f 1692. Die Tafel zeigt eine von einem Kranze um-
gebene lange Inschrift; oben halten Engel zwei Wappen. Sandstein. H. 2,21 m.
Br. 1,15 m.
14. Johann Beyr, Bürgermeister, f 1704. Ehewappen (das des J. B. und
seiner Frau Eath. Elis. Froweins) und Inschrift in Kartusche. Sandstein.
H. 1,93 m, Br. 1,08.
Ausserdem enthält die Kirche noch 4 minderwertige Gedächtnistafeln des
17. Jahrh.'s.
Ausserhalb an der Kirche befinden sich 3 Steinepitaphien mit unleserlich
gewordener Schrift aus derselben Zeit
7. Die französisch-reformierte Kirche,
in der Antoniusstrasse (am Tönnieshof) gelegen, wurde für die durch Aufhebung
des Edikts von Nantes Vertriebenen erbaut Nach Verbindung der französischen
HalbeiBtadt (die fraBzösisch-reforinierte Kirche — die jüdische Synagoge) 409
mit der deatsch-reformierten Gemeinde, welche letztere seit 1664 besteht, fand
am 6. September 1818 der letzte Gottesdienst in dieser Kirche statt. 1824 wurde
das Gebäude verkauft und dient seitdem als Warenmagazin. Die Kirche ist ein
zierlicher Zentralbau ohne besondere Merkwürdigkeiten. Unterhalb des vorderen
Teiles befinden sich Wölbungen auf viereckigen, abgefasten Pfeilern. Die Gurt-
bögen, flach gespannt, sind nur teilweise fertig geworden, und die Wölbungen
später unorganisch darauf gesetzt. Die in schlichten Sococoformen gehaltene
Front zeigt zwei französische Inschriften, die eine religiösen Inhaltes, die andere
des Wortlautes: La colonie fran9oi8e d'Halberstadt a bati ce temple pour
son usage de Targent des coUectes sous les auspices de Friederich I et
Friederich Guillaume, rois de Pruase depuis Tan MDCCXIII jusqu'en
M D CC X VIU.
Die Altargerätschaften sind jetzt im Besitze der (reformierten) Liebfrauen-
gemeinde. Von ihnen ist besonders zu erwähnen eine von 1724 datierte, 0,26 m
hohe Zinnkanne, verziert mit einer Maske am Ausflusse, einer eingravierten
französischen Inschrift und einem gleichfalls eingravierten Pelikan.
8. Die jüdische Synagoge
Litteratur: Dr. Auerbach, Gesch. der israelitischen Gemeinde in Halberstadt. 1866.
Die seit dem 13. Jahrhundert nachweisbare Judengemeinde, deren frühere
Kultusorte unbekannt sind — nur einer wird 1485 erwähnt over de goten int
westenwort; 1487 liegt die Judenschule in der jodenstrate — , hatte seit dem
17. Jahrhundert nacheinander vier Tempel, von denen Nachricht erhalten ist.
Der erste wurde 1621, der zweite (in der Judenstrasse 21) 1669 zerstört. Noch
erhalten ist die „Klaus^\ Bösenwinkel 18, 1703 durch Isaschar Bermann gestiftet.
Den Hauptgottesdienst hält die Gemeinde aber in dem grossen, Bakenstrasse 56
belegenen Tempel. £r ist im Anfange des 18. Jahrhunderts erbaut als quadra-
tische Zentralanlage mit einer Kuppel, also in einer in Halberstadt vereinzelt
dastehenden Art Die äusseren Wandflächen sind in grosse, wenig vertiefte,
fiachbogige Blenden eingeteilt, welche durch breite Lisenen getrennt sind. Im
Scheitelpunkte der flachen Bögen befinden sich schlicht ornamentierte Schluss-
steine. An die Ostseite schliesst sich der kleine Anbau, welcher die heilige
Lade enthält Das Hauptgesims zeigt feine Yerkröpfungen. Die Kuppel ist vom
Dache überbaut, daher von aussen nicht sichtbar. Zwei schön skulpierte steinerne
Thüren, mit durchbrochenen Giebeln bekrönt, führen in den Tempel. Das Innere
erhält sein Licht durch 15 schlanke, flachbogig geschlossene Fenster. Zwischen
ihnen steigen schmale Pilaster empor, welche die wuchtigen Konsolen tragen,
auf denen das kräftig entwickelte Gesims der Decke ruht Diese, wie auch die
Kuppel ist in grössere Felder eingeteilt, welche mit symbolischen Malereien und
Stuckverzierungen geschmückt sind. An der Westseite erheben sich übereinander
die Emporen für die verheirateten bezw. die ledigen weiblichen Personen.
Von den Ausstattungsgegenständen fällt zunächst ins Auge die inmitten
des Baumes befindliche Almemor (Platz, von wo aus die Thorah verlesen wird).
Sie ist achteckig, umgeben von einem zwischen geschnitzten und bemalten
hölzernen Pfosten angebrachten schönen schmiedeeisernen Gitter. Hinter der
410 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (die jüdische Synagoge — St. Andreaskloster)
Kanzel befindet sich der Eingang zum AUerheiligsten, verhüllt je nach den ver-
schiedenen Festen und Jahreszeiten durch verschiedene kostbare Vorhänge. Die
Synagoge besitzt deren eine ganze Menge, durchgängig aus den kostbarsten
Stoffen mit höchst wertvollen Stickereien geschmückt; sie stammen aus dem 17.
und 18. Jahrhundert. Derselben Zeit gehören auch die zahlreich vorhandenen,
sehr wertvollen Thorah-Mäntelchen an.
Zu weiterem Schmucke der Gesetzesrollen, deren 72 im AUerheiligsten vor-
handen sind, besitzt die Gemeinde einen grösseren Vorrat silberner Schilder
u. dergl.
Der Eingang zum AUerheiligsten ist umrahmt von schwerer, vergoldeter
Barockschnitzerei. Die Art des Laubwerkes und die Anordnung des Ganzen hat
starke Ähnlichkeit mit den aus derselben Zeit stammenden Altar-Aufsätzen der
christlichen Kirchen.
Zur Beleuchtung dienen 20 messingene Barock-Kronleuchter der bekannten
Art, die Lichterarme etagenweise um eine mittlere Kugel angeordnet; die Be-
krönung bilden Adler, Löwen u. dergl. Zur Beleuchtung der Thorah am Sabbath
und an den Festtagen ist ein silberner Kronleuchter vorhanden. Auch rechts
und links von der Kanzel hängt je ein messingener Wandleuchter an einem
langen schmiedeeisernen Arm. Ausserdem dienen den gottesdienstlichen Zwecken
im engeren Sinne zwei grosse, stehende, messingene Armleuchter zu je neun
Kerzen; vor ihnen stehen zwei Armleuchter, beides sehr zierliche Erzeugnisse
der Schmiedekunst des späten Barock, gleichfalls aus Messing.
Kloster
Das St. Andreaskloster
Litteratur: v. I^ebur»« Archiv VIII, 276 ff. v. Mülverstedt H.— Z. 1872,46.
Zschiesche, p 183 ff. Korrespondenzblatt 1866, 49. Lutz, Kunsttopographie I, 1270 f. Otte-
Wemicke I, 406.
Geschichte: Das Kloster „to den barvoten" (St. Andreae-, Barfüsser-
Minoriten-, Franziskaner- oder Heilige-Kreuzkloster) wurde Ende des 13. Jahrh.,
(am wahrscheinlichsten 1289) durch den Grafen Heinrich von Regenstein ge-
gründet und zwar an der Stelle, wo sich jetzt der Ratskeller und die Kommisse
befinden. 1399 wurde das Kloster, um es von der im Interdikte befindlichen
Stadt abzusondern (vgl. oben p. 178) auf das Terrain Klein-Blankenburg verlegt,
welches in Regenstein'schem Besitz war. Die Andreaskirche war bereits vorhanden
und wurde von den Franziskanern nur übernommen. Doch ist diese ganze Ent-
stehungsgeschichte nicht hinreichend aufgeklärt und der anderen Annahme, das
Kloster habe von Anfang an auf jener zweiten Stelle gestanden, lässt sich nicht
hinlänglich widersprechen. Das Kloster gedieh infolge vieler Bedrängnisse imd
Wechselfälle nie zu bedeutendem Wohlstande. 1546 verlor es seine Besitzungen
an das Domkapitel und lebte dann von milden Gaben und wissenschaftlichem
Unterricht. Nachdem es 1547 aufgehoben, 1548 bereits wieder hergestellt war,
nachdem die Mönche 1616 und 1624 vertrieben, aber auch nach dem zweiten Male
wiedergekehrt waren, bestand das Kloster bis 1810, wo die allgemeine Aufhebung
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Halberstadt (das St. Andreaskloster: Banbeschreibang)
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412 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (St. Ardreaskloster: Baubeschreibung — Glocken)
der geistlichen Stifter auch ihm ein Ende machte. Die Kirche aber dient nach
wie vor bis heute als katholische Pfarrkirche.
Baubeschreibung. (Kg. 169.) Die Kirche, erbaut am Ende des 14, repariert
Anfang des 17. Jahrh.^ ist ein mit Sandsteinquaderverblendung ausgeführter, ein-
facher gotischer Bau ohne westlichen Turm, nur mit einem Dachreiter auf der
Stelle des Firstes, wo sich der Altarraum an das Schiff anschliesst Die Portale
sind ganz schlicht; die Strebepfeiler einfach und nur einmal abgetreppt. Sie ist
eine Hallenkirche zu nennen ; die Seitenschiffe (Vs so breit wie das MittelsdiiffJ
sind nur unbedeutend niedriger als das Mittelschiff. Die Massverhältnisse wirken
infolge des schlanken Aufstrebens der Säulen elegant und der Blick von der
Orgelempore gegen den Chor hin ist von grosser Schönheit. (Fig. 170.) Die Seiten-
schiffe sind vom Mittelschiffe durch beiderseits vier achteckige Pfeiler getrennt,
welch keine Kapitale aufweisen. Die Scheidbögen sind schmäler in ihrem Durch-
schnitte als die Pfeiler und an den Kanten stark abgefast. Die Kreuzgewölbe des
Mittelschiffes und des Chores ruhen auf kurzen Diensten, die sich auf kleine einfach
gestaltete Konsolen stützen und oben mit zierlichen Kapitalen gekrönt sind; nur
im Chorschlusse laufen die Dienste bis zum Fussboden hinab. Die Gewölberippen
zeigen ein einfaches birnenförmiges Profil. In den Seitenschiffen kommen die
Rippen aus den Ecken der Säulen, die Qurtbögen ruhen ähnlich dein, welcher das
Mittelschiff vom Chore trennt auf kurzen abgerundeten Wandkonsolen« Die sehr
hohen Fenster sind dreiteilig und zeigen in der Mitte eine vorteilhaft wirkende
Unterbrechung durch einen eingelegten Kreis; das Masswerk ist schlicht^ nur am
Westgiebel ist es reicher gestaltet, insbesondere am mittleren Fenster, w^o sechs
ineinander greifende Fischblasen ein Muster von hervorragender Schönheit bilden.
Die Leibungen zeigen aussen und innen tiefe Hohlkehlen. Die Fenster der Süd-
. Seite sind fast ganz vermauert. Die an den Enden der Seitenschiffe befindlichen
sind zweiteilig. Die Fenster des Chorabschlusses sind mit modernen Malereien
geschmückt, während die in den Seitenschiffen verschiedene Reste von in Grisaille
gemalten Wappenscheiben des 18. Jahrhunderts aufweisen.
Im Dachreiter hängen zwei Glocken. Die eine ist modern, die andere, aus
dem 15. Jahrb. stammend, hat einen ungefähren Durchmesser von 60 cm. Um
die Krone läuft als Umschrift der bekannte Spruch: Plebem voco, congrego etc.
Altäre. [Urkundlich erwähnt, jedoch nicht in der Weise, dass eine sichere
Bestimmung möglich wäre, werden der Liebfrauenaltar in der Kirche 1434; —
der Altar der h. Jungfrau und der hh. Peter, Paul, Kosmas und Damian, Lucia
und Gertrud; gestiftet von ' der Brüderschaft der Schneidergesollen 1466; Standort
,,an der vordem Seite an der Kirchenwand."]
Der Hochaltar, ein spätgotisches italienisches Schnitzwerk, welches zwischen
Masswerk die Madonna mit acht Heiligen zeigt, ist von der Genoral Verwaltung der Kgl.
Museen zu Berlin der Kirche leihweise überlassen. Er ist für seinen Standort viel zu
klein und nimmt die Stelle eines leider zerstörten, sehr grossen und schönen
Barockaltars ein, von welchem einzelne Figuren sich noch auf dem Dachboden
und in der Pfarre vorfinden.
Zwei sehr hübsche gleichaltrige Altäre (der eine datiert von 1784) stehen
^ Scheffer p. 30.
414 Hatberst&dterStadtkieis: Halberstadt (SLAndreasliloater: Altargerät« — Ijenchter]
der Wand des nördlichen Seitenschiffes ist mit einer iast lebensgrossen Statne der
Madonna gesclimückt Das Werk ist in Marmor ausgeführt und verdient wegen
der ausserordentlicli schönen Arbeit, der ruhigen Haltung und des herrlichen
Flusses der Gewänder die grösste Bewunderung. Als Entstehungszeit ist das
15. Jahrb., als Heimat das westliche Deutschland anzusehen; wenigstens ist der
französische Einfluss unverkennbar. Am Sockel der Figur befindet sich ein
nicht dazu gehöriges kleines
polychromiertes Marmor-
relief, aus dem Anfange des
15. Jahrhunderts stamiDend,
welches die Anbetung der
Könige vorstellt. Sehr feine
Arbeit. Höhe 032 ra, Breite
0,45 m. (Fig 171.)
AltargerSte: [Em
Kelch , 10 balberstadter
Mark wert, findet 1466 Er-
wähnung.]
Gestühl. Die go-
tischen Chorstühle sind ein-
fach beiderseits zweireihig
^8"'- aufgestellt. Die an der
Bückwand über den ein-
zelnen Plätzen befindlichen Füllungen zeigen Ölgemälde der Barockzeit, Scenen
aus dem Leben des h. Franziskus darstellend. Die Sitzbänke in den Schiffen
haben zierlich geschnitzte Wangen, sie stammen ebenso wie die beiden vor dem
Choreingange befindlichen Kommunionbänke aus dem 18. Jahrb.
Aus derselben Zeit ist der prächtig geschnitzte Beichtstuhl.
Etwas jünger ist die Kanzel. Sie zeigt in ihren Seitenflächen die Figuren
Christi, Marias und der Evangelisten; die Ecken sind mit gedrehten, mit Blatt-
werk gezierten Säulen geschmückt. Über der Aufgangsthür die Figur der Justitia.
Die Orgel. [Von der früheren, im Jahre 1619 vorhandenen Orgel sagt
Michael Praetorius: „(die Orgel) zun Baarfüssern, dessen M. Elias Winnigsteten
gewesen, vnd zu stehen TOOThaler, ohne dasMahlwerck gekostet, hat 27 Stimmen,
1 Tremulant. S Blasshälge." Er zählt auf: im Werke 8 Stimmen, im Pedal oben
8, in der Brust zum Manual 5, in der Brust zum Pedal 3, im Rüekpositiv 13.]
Die jetzige Orgel stammt aus dem Dome, sie war die dritte, welche dieser
besass (vergl. oben p. 278}. Sie ist zweiteilig, mit vielen Figuren und schwerer,
ausdrucksvoller Schnitzerei geschmückt. Sie ist ebenso wie die Orgelempore ans
dem 18. Jahrhundert.
Von Leuchtern sind zu erwähnen: 1) ein Kronleuchter, zwölf Arme um
t'ine Kugel. Letztere ist als Himmelskugel gedacht, auf welcher die betende
Madonna mit Strahlenkranz und Sternenglorie steht. Ende 17. Jahrhundert; —
2) die gotische, messingene ewige Lampe; — zwei schöne marmorne stehende
Engel als Leuchterträger auf einem der nördlichen Seitenattäre. 15. Jahrhundert.
Ein Opferstock, in Eichenholz geschnitzt, lö. Jahrhundert. (Fig. 172.)
Halberstadt (das Si Andreaskloster: Kunstwerke) 415
Ein Yortragekreuj; mit rundgeschliffenen Steinen und Reliquien, M.Jahrli.
Von Kunstwerken beherbergt die Franziskanerkirche : 1) ein Doppel-
wappen, aus dem St. Burchardikloster stammend; — y) ein zierliches kleines,
in Holz geschnitztes Roeocokruzifix; — 3) einen Kruzifixiis vom Ende des
16. Jahrhunderts; — 4) einen marmornen, halblebensgrossen Kruzifixus, 18. Jahr-
hundert; — 5) eine sehr wertvolle
thronende Madonna , polychromierte
Holzschnitzerei; Höhe l,C6 m; das Werk
ist bis auf kleine Mängel gut er-
halten (Fig. 173); — 6) eine Anzahl von
Ölgemälden ohne erheblichen Wert. —
7) einen Kelch von vergoldetem Silber,
15. Jahrhundert, 0,16 m hoch. Der Knauf
ist sechsstrahlig, an jeder Kante mit
einem Buchstaben des Namens ihesvs,
erhaben in emailliertem Grunde. Am
Fusse befindet sieh zweimal der Name
ludolf vs Ivekenvm, das eine Mal anf einem
fliegenden Spruehbande; femer daselbst
eine graviei-te gekrönte Madonna; auf
dem ihr gegenüberliegenden Felde des
sechslappigen Fusses war ehemals eine
(plastische?) Figur (Kniziflxus?) be-
festigt; — 8) einen Kelch von 0,2:i m
Höhe aus dem 18. Jahrhundert; Knauf
sechsstrahlig, Fuss sechslappig ; dieKuppa
des aus vergoldetem Silber bestehenden
Kelches, ist von einer Htilse umgeben,
die prächtigßBlumen-und andere Pflanxen-
motive in getriebenem Silber zeigt; —
9) und 10) zwei kunstvoll gearbeitete
Monstranzen des 18. Jahrhunderts; — Fig. 172.
11) eine messingene Pyxis in Form eines
mit Zinnen, geschmückten Türmchens, 14. Jahrhundort; — 12) einen hölzernen
mit weissem Pergament überzogenen, innen mit Purpur gefärbten Kasten; mit
vergoldeten Broncebeschtägen ; an den äusseren Kanten mit schwarzen gemalten
Ornamenten auf Goldgrund; der Deckel fehlt: 13. Jahrhundert; — 13)— 15) drei
spätromanisehe Kassetten von Eichenholz ; die Aussenflächen mit höchst künstlicii
gearbeiteter Holzintarsia inkrustiert; vergoldete BroneebeschJäge; an zwei von
diesen Kassetten sind noch die mit gestochenen Mustern geschmückten Messing-
schlösser erhalten. Die Füsse der einen sind als umgekehrte Würfelkapitälo
gestaltet. Nr. 12—15 bilden einen äusserst kostbaren und seltenen Besitz der
Kirche. Die nähere Beschreibung der Stücke würde hier zu weit führen
und muss an anderem Orte geschehen. Von einer der Kassetten, der
grössten (Höhe 1,38 m, der Füsse 0,68 m, Breite 0.26 m. Lange 0,48 m, untere
Fläche der Füsse 0,28 m), femer von deren Deckel (der bei den übrigen fehlt)
416 Halbentadter Stadtkreis: Halberstadt (das St. Ändretiskloster: Knnatirerbe)
eDdlich von zwei Einzelheiten der Intarsia sind hier Abbildungen beigegeben.
Fig. 174 and 175; — 16) ein Weihrauchgefäss von Silber; die untere Hälfte
iat aus der Barockzeit, während die obere romanisch ist. Fig. 178. (Auf
dem oben erwähnten, von den Schneidergeselleii gestifteten Altar stand 1466
ein Marienbild; es war schon älteren Datums und nur provisorisch aufgestellt.
bis die Gesellen würden ein Altarbild stiften können. Vielleicht war d»5
Marienbild identisch mit dem schönen marmornen, dessen Wert oben hervor-
gehoben ist]
^Salberstadt (das St. Andreaskloster: Bibliothek — Hee§gewftnder — Epitaptüen) 417
[Die Bibliothek wird 1569 erwähnt. Das meiste daraus ist nach Halle
^kommen: der jetzige Bestand ist nur noch ein geringer Rest des ehemaligen.
Messgewtiiider (zwei weisse Alben und eine rote Kasel) wurden 1466
geschenkt]
Epitaphien:
1) des Bischofs Burcbard I.; aus dem St. Burchardikloster 1710 hierher
abertragen imd an der Wand des nördlichen Seitenschiffes aufgestellt. Sandstein
Höhe 2,05 m. Breite 1,04 m. Der Bischof ist in ganzer Figur, bekleidet mit dem
Rg. 174.
vollen Ornate, dargestellt. Unten hält ein kleiner Engel das Wappen hoch. Um-
schrift in Majuskeln: S : Burchardus : xi : Halberst : Epus 105g Jn Ecclesia
Cathed : Sepult^ : Qua : Exusta : 1060 : Ad : Hunc Locum Qui Ab Eo
Nomen Habet Translatus est. Schönes Barockwerk. Das Gesicht ist sehr
individuell aufgefasst und scheint Portrait irgend einer vornehmen Persönlichkeit
zu sein. Fig. 179.
2) des Ferdinand Joseph von Pürstenberg, Kanonikus zu Halberstadt, f 1800.
3) Heinrichs des Jüngern, Grafen von Regenstein, Gründers des Franziskaner-
Knli Uiiltwntidl. !(
Halbentadt (das SL Andnasklostor: EpilapMen)
419
parentTm • eive - etezeadem ■ fanilia ■ defmctorvm ■ memoria postridie • S :
Andreae apoetoli ecclesiae hvivs patroni annva solemnitate celebrator : insignein
bmc conventTm, et ecclesiam ex lapide qvadro Bvb titrlo 8 : Andreae apostoli
hoc in loco residentiae svae vvlgo die kieine Blanckenburg dictae, anno 1'
profratribvg oidjnis Minorvm S : Francisci fvndavit • et anno 1314 morirrs -
medio cbori hvivs ecclesiae in babitr ordinis nostri magnifioe est sepvltvs —
420 HalberBtädter Stadtkreis; Halberstadt (das StÄndreasklostor; Epitaphien)
Halberertadt (das St Andieaskloster: Sonstig Baumlichkeiten)
ac cboFvm 9vis svmptibvs lapide blanckenbvrgico sterni cvrarvnt, qvorvni me-
nioria sit in benedictione et aninia exceUentissiini comitis piae memoriae
hie aepvlti reqviescat in
sancta pace.
Ton den zum Kloster
gehörigen sonstigen
Räumlichkeiten sind zu
erwähnen: DderKreuz-
gang, welcher noch er-
halten ist, aber die far-
bige frühere Verglasung
seiner Fenster einge-
büsst bat; — 2) die
neben ibni belegenen
Zimmer. Sie bieten trotz
aller Veränderungen
noch manches Inter-
essante, so besonders
eine spätgotische Hache
Holzdecke, deren Zeich-
nung ich der Liebens-
würdigkeit des Herrn
Stadtbaurates Schmidt
verdanke; Fig. 176 und
177; — 3) über der
neben der Kirche be-
legenen Sakristei be-
findet sich ■ ein Kaum
mit flacher Holzdecke,
die von einer dicken
spätgotischen hölzomon
Säule mit merk w ürdigem
seltenem Kapitälgetragen
■wird, [letzteres zeigt
prismatisch gestaltete
rechteckige Stücke,li»hl-
und Bchiffskehienartige
Formen ; eine Ein-
schnürung unterhalb
des Kapitals, sowie ein
Abakus oder dgl. fehlen p- j^g
gänzUch. (Fig. 180).
Im Hofe fanden sich bei Ausschachtungsarbeiten im Jahre 1869 zwei tirubcn,
worin prähistorische Urnen, sowie eine kleine steinerne Madonnonstatue entdeckt
wurden.
422 HalbentUter Stadtkreis: Halberstadt (das SLKaUiariDeiikloBter: Geseliteht«)
Auf dem Hofe findet sich am südlicliea Flügel der ElostergebSude die
auch von Scheffer (p. 29) erwälmte Inschrift: D. O. M. B, Hariae virgini sc-
raphico Francisco hanc domutn poni curavit preenobile reverendun et
gratiosum capitulum cathedralis ecdesiae halberstadensis. Anco salutis
M.D.C.XXX.
2. Das St Katharinenkloster
Litteratur: v. Mühentodt in der H.-Z. 1872, wo§fdbit die frühere UUeratur tut-
geführt iit; Zrchieeche, H&lb. lODBt tiod jetet p. I85f-, Lotz, Kunsttopogniphie 1,270; Otte-
Wemicke, II, 406 ; t, Ledebur, Eorreepondeosblatt 1S66, 50.
Abbildung ist hergestellt von der Kgl. Meesbild&nBtalt und mit deren KrlaobiiiB hi«r
□«ohgebildet
Geschichte: Das Kloster stand unter dem Patronate der hh. Katbarioa,
Barbara und Paulus. Dem letzteren verdankte ea den im Mittelalter f^eläufigen
Namen der Pevlercloster; die Bezeichnung Eatharinenkloster blieb eine seltene,
Es wurde Ende der zwanziger Jahre des 13. Jahrhunderts von den Grafen von
Begenstein gegründet und angeblich 1231 geweiht. Drei Siegel beschreibt von
Müiverstedt a.a.O. p.40. 1566 wurde das Kloster dem Domkapitel überiiefert,
worauf der Rat der Stadt dort eine Schule für Studierende der Theologie ein-
richtete, doch war diese nicht von langem Bestände, da das Kloster 1597 einging.
Die Gebäude ausser der"Kirohe wurden erst vermietet, dann für 1050 Tbaler
1598 an Ernst t. Ämstedt verkauft. Während des dreissigjährigen Krieges kun
es vorübergehend (1624—32) wieder in Besitz von Klosterbrüdern, die aus Os-
nabrück dorthin gekommen waren; von 1648 an abermals von Dominikanern
besetzt, verblieb es diesen bis zur Aufhebung des Klosters im Jahre 1810. Die
Kirche aber dient noch jetzt der katholischen Gemeinde zu St. Katharinen.
Als Fatronat des Klosters wird die Kirche zu Derenburg erwähnt Von
den Schicksalen des Klosters ist leider nicht viel bekannt da die im 18. Jahrh.
von dem Prior RaimundusBruns verfasste Chronik untei^gangen zu sein scheint
[Von den Schicksalen der ersten Klosterkirche, welche im 14. Jahrhundert durch
die jetzt noch bestehende ersetzt wurde, wird berichtet, dass die beträchtlidieii
Baukosten durch Sammlungen und Ablässe aufgebracht wurden. Letztere wieder-
holen sich während des 13. Jahrhunderts öfter, zuletzt 1289, wobei der Ablus
Halberstadt (das St. Katharinenkloster: Baabeschreibnng)
423
auch denjenigen Personen verheissen wurde, qui ad fabricam seu reparationem
vel luminaria seu omamenta Beiträge leisten würden. Altäre des b. Paulus und
der h. Katharina werden 1259 erwähnt Ein Ablass wurde 1284 erteilt, weil die
Kirche des Leprosenhauses gebaut werden musste.]
Baubeschreibung: (Fig. 181.) Das Oebäude stellt sich dar als eine drei-
schiffige Hallenkirche, erbaut im 14. Jahrhundert, deren Schiffe durch fünf acht-
eckige Pfeiler, die auf viereckigen Sockeln ruhen, von einander getrennt sind.
Fig. 181.
Das letzte Joch gegen Westen ist von der Kirche 1630 abgetrennt, um eine
Durchfahrt für die dahinter liegenden, jetzt zu militärischen Zwecken dienenden
Gebäude zu ermöglichen. Im übrigen bietet von der Architektur des Gebäudes
nur der Chor grösseres Interesse (Fig. 182); er ist in spätgotischer Zeit mit einem
scharfgratigen Kreuzgewölbe eingedeckt worden, wogegen die drei Schiffe des
Langhauses mit geraden Holzdecken versehen sind. Die Fenster, deren es an
der Südseite fünf, an der Nordseite nur im äussersten Westen eins giebt, zeigen
spätgotisches Masswerk. Die beiden östlichsten in der Südwand sind vier-, die
424 HalberBtadter Stadtkreis : Halberstadt (das St Eatliarinenkloster: Baabeechreibang) ,
übrigen dreiteilig, eins von ihnen enthält zwei geraalte Wappenscbeiben des
17- Jahrhunderts in guter Erhaltung. Auch dem Chore fehlen die Fenster auf
Fig. 182
der Nordbeite, im Süden und Osten bat er durcn sieben, ^velche denen des
Langhauses durchaus verwandt sind.
Steinmetz/.eichen giebt es an den Pfeilern des südlichen Seitenschiffes
wahrscheinlich eine ganze Anzahl, doch sind sie durch vielfache Übertünchung
Halberstadt (das StKatharinenkloster: Altäre — Kanzel — Orgel — Taufbecken) 425
unkenntlich geworden. Festzustellen sind nur noch
diese beiden Steinmetzzeichen an der Südseite aussen :
±^
1. am Schiffe:
2. am Chore:
Die Kirche zeigt im Innern noch Spuren von Bemalung, \velche im 17. Jahrh.
ausgeführt ist
An den nördlichen Teil des Chores lehnen sich Kreuzgewölbe, welche auf
kurzen, mit frühgotischen Kämpfern versehenen Pfeilern ruhen. Unser Plan zeigt
den gesamten Umfang der ehemaligen Stiftsgebäude, welche jedoch durch Um-
bauten völlig entstellt worden sind.
Die im Dachreiter hängende Glocke ist unzugänglich.
Altäre: Der Hochaltar ist ein überaus reich geschmücktes Schnitz werk
des 18. Jahrhunderts, ähnlich dem in der St. Martinikirche. Innerhalb seiner
prachtvollen Architektur zeigt es viele Figuren und Gemälde. Es bedeckt mit
seiner Höhe die gesamte lünge der Chorfenster bis zum Gewölbe hinauf. Zwei
Nebenaltäre, rechts und links neben dem Eingänge zum Chor befindlich, stammen
aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Besonders der südlich stehende,
dessen geschnitzte Ornamente 1779 neu bemalt worden sind, zeigt schön erfundene
Rococoformen, doch ist auch der nördliche von bedeutendem Werte.
Die Gestühle im Chor sind den Altären im Stile angepasst.
Die Kanzel (Fig. 183) ist ein prächtig geschnitztes polychromiertes Werk
aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Ecken sind mit gewundenen
Säulen verkleidet; die Flächen dazwischen zeigen innerhalb schöner Renaissance-
architektur vertiefte Nischen, innerhalb deren Schnitzereien (Gottvater, die vier
Evangelisten, ein Fruchtomament) sich befinden. Darüber die Worte IWS - HIC ■
EST • Fl - LIV8 MEVS - DILECTVS - HVNC . AVDITE • Der Schalldeckel stammt
aus etwas späterer Zeit; er ist ebenfalls sehr reich ornamentiert, im Verhältnis
zu der Kanzel jedoch gar zu massenhaft, immerhin aber für sich betrachtet ein
schönes und wertvolles Stück.
Die Orgel zeigt einen aus dem 17. Jahrhunderte stammenden, mit kräftigen
Schnitzereien und stark wirkenden Verkröpfungen, oben mit den Figuren des
Königs David und zweier Engel gezierten Prospekt. Die Orgelempore hat die
im Anfange des 17. Jahrhunderts beliebten Blendarkaden, w^elche sich auch noch
an vielen Fachwerkhäusern jener Zeit vorfinden.
Das Taufbecken ist aus Rübeländer Marmor.
Ein Lichthalter (Fig. 184) in Gestalt eines Chorknaben ist ein wertvolles
und interessantes polychromiertes Holzschnitzwerk des 14. Jahrhunderts.
Von liturgischen Gewändern giebt es wie in der Franziskanerkirche
eine ganze Anzahl, jedoch durchweg neueren Datums,
Halteratadtoi Stadtkreis : Halberstadt (das St. Eatbarinenkloster: Knnetirarke)
Fig. 184.
An der nördliclien Wand
des Langhauses befindet
sieh eine Kreuzigungs-
giuppe. Die Figuren von
Maria u. Jobannes stammen
UUH dem 15. Jahrhundert,
der Kru/Jflxtis ist mög-
licherweise älter. Die beiden
Seitenfiguren haben viel-
leicht ehedem zu einer
Gruppe gehört, welche gleich
vielen ähnlichen in anderen
Kirchen auf einem Triumph-
balken vor dem Chore auf-
gestellt war.
Eine kleine polychro-
mierte Madonna von
einem Strahlenkränze um-
geben, ist ein schönes Holz-
schnitzwerk des 17- Jahr-
428 HalberstSdter Stadtkreis : Halberstadt (das St. Burchardikloster: Oeschiehte)
Ton der reichhaltigen Bibliothek (vota welcher ein geschriebener Katalog
existiert) ist nur noch weniges in der Kirche erhalten , der grösste Teil an die
Universitätsbibliothek zu Halle übergegangen.
Die sonstigen Räumliciikeiten der zugehörigen Gebäude bieten wenig
Wesentliches. Der Kreuzgang ist ganz verbaut Interessant ist der neben dem
Korridor D gelegene Remter (Fig. 185), dessen zweischiffige Halle schöne, von
spätgotischen Säulen gestützte Wölbungen aufweist. Die trennenden Wände in
seinem Inneren, welche der (aus früherer Zeit stammende) Grundriss aufweist,
existieren jetzt nicht mehr.
3. Das St. Burchardikloster
Litteratur: Halberstädter Blätter 1828, 1,244—256; — Halberstader GemeiDnützige
ünterhaltuDgen III, 1, S69-880; IV, 1, 175—177; — v. Mülverstedt in der H.-Z. 1872, 39.
(wo die Litteratur im übrigen verglichen werden kann). — Derselbe ibid. p. 45. — Leuckfeldt,
Antiqu. Blankenburg, p. 28. 61 ; — v. Ledebur in dem Oorrespondenzblatte des Gesamtvereins
der deutschen Geschichts- Vereine 1866, 49. — Otte-Wemicke II, 178. — Lotzl, 26a —
Zchiesche p. 188. — Elis in der Harzzeitschrift 1886, 20 ff. _ H.-Z. XXIII, 243. — Otte,
Bomanische Baukunst p. 294.
Namen: Das Stift führt die Bezeichnung St. Thomas nach demjenigen
Kloster, welches die Nonnen bis 12U8 inne gehabt hatten (s. unten); St. Jacobi
nach dem Schutzpatron der Kirche; St Burchardi nach dem Begründer, Bischof
Burchard I. Die beiden letzteren Namen hielten sich lange nebeneinander, bis
die Bezeichnung St. Burchardi, welche schon Anfang des 14. Jahrhunderts die
gewöhnliche war, seit Anfang des 17. Jahrhunderts die allein geltende blieb.
Nach der Lage wird das Kloster auch > bezeichnet als prope civitatem, extra muros
civitatis, in suburbio; 1216 und auch später führt das Kloster die Bezeichnung
novum opus.
Geschichte: Bischof Burchard I. war der Gründer des Klosters, in dessen
Bäumen er auch begraben wurde.^ Es war seit 1186 ein Prämonstratenser
Mönchskloster und kam dann in den Besitz der Templer, welche in Halberstadt
eine ' Kommende stifteten. Im Jahre 1208 verliessen sie das Kloster aber und
siedelten in das am breiten Thore belegene Kloster St Thomae über, wogegen die
bis dahin dort hausenden Gisterziensernonnen das Burchardikloster übernahmen,
angeblich, weil dieses dem Lärm der Stadt ferner lag. [Dies 1186 von Bischof
Dietrich gegründete und reich beschenkte Kloster führte seitdem die Bezeichnung
Tempelhof oder Gottesritterhof. Seine Spuren sind heute verloren. Vergl. oben
p. 221. 1 Der Tausch wurde 1230 durch Bischof Konrad bestätigt. Wegen Über-
füllung des Klosters ging in der Mitte des 13. Jahrhunderts eine Anzahl von Nonnen
nach dem Kloster St. Nikolai zu Adersleben, scheinen aber dort Schwierigkeiten
gefunden zu haben, die die Rückkehr verschiedener von ihnen verursachten.
Besitzungen hatte das Kloster in Aspenstedt, Quenstedt, Wehrstedt, Harsleben,
Börnecke, Timmenrode, Hordeshusen, Alderode, Adersleben, Hodal, Bemburg,
Schöningen und am Goldbache; auch das Recht des Holzschlages im Harze gehörte
dazu. Patronate werden erwähnt u. a. in Westerhausen , Emersleben, bei den
' Sein Leichnam wurde später in den Dom und von da in die Andreaskirche über-
tragen, wo er sich im nördlichen Seitenschiffe noch befindet.
Halberstadt (das StBarchardikloster: Oeschichte)
429
Kapellen in Schwanebeck und Oschersleben u. s. w. — Von der Aufzählung des
Klosterpersonals kann hier abgesehen werden, da es im Index des Schmidt'schen
Halberstädter Urkundenbuches in aller Vollständigkeit aufgezählt ist und daselbst
verglichen werden kann. — Über die Siegel vergl. v. Mülverstedt a. a. 0. —
X
.10
Fig. 186.
Von den äusseren Schicksalen des Klosters verlautet nicht viel. 1325 hatte es
unter den Streitigkeiten zwischen Bischof Albrecht II. und Bernhard HI. von
Anhalt zu leiden. Am 10. Oktober 1631 und am 12. Januar 1632 fanden Plünderungen
statt, an denen der Hat von Halberstadt nicht ohne Mitschuld gewesen sein soll.
Im 18. Jahrhundert geschahen zu drei Malen Beschädigungen durch Über-
schwemmung. Das Kloster blieb katholisch bis zu seiner Aufhebung am
432 UalbentSdter Stadtkreis: H&lberstiult (das StBnrcbardlUoster; BaabeschKibsDE)
Breitenverbältnist» der Schiffe im Langfiause sind annaliemd 1 : 3 : 1 , je ein
niedriger Bogen füiirt aus den Seitenscliiffen und ein niäciitiger aus dem Mittel-
sctiiffe in das Querhaus, welches aus drei nebeneinander gelagerten Quadtaten
besteht Die Vierung wird von Itteuzförmig gezeichneten schweren Pfeilen
begrenzt. Aus der Vierung geht es durth Bügen, welche denen an der Westseitt
entsprechen, iu den Cliorrauni (Kig. 1881, welcher sieb einer reichen und originellen
AusbilJnng erfreut, und den Vergleich mit den Kirchen zu Riddagshausen. Maiien-
fcld in Westfalen und ähnlichen herausfordert, wie denn auch die Maasse dei»
m Riddagshausen ähnlich sind. Der Chorraum besitzt dieselbe Breite wie Ix
Uinghaus und ist wie dieses dreiscliiffig nngolegt, jedoch so, dass die SeitenscbiBt
mittels eines an dem Altarraumc im Osten sich hinziehenden Ganges ein»
Ijmgang um diesen bilden. Dieser Umgang öffnet sich (regelmässiger als in
Italbersiadt (das Si Öurchardikloster: BanbesdhreibuBg — kloBtergeb&nde) 433
Riddagshausen ^) auf jeder Seite in drei Bögen zwischen Pfeilern gegen den
Mittelraum. Zwischen den Pfeilern und den Aussenwänden schwingen sich halb-
kreisförmige Gurtbögen, welche auf höchst schlicht gezeichneten Kämpfergesimsen
aufsetzen. Zwischen ihnen befinden sich Kreuzgewölbe, welche die bedeutende
Eigentümlichkeit haben, dass ihre Orate nicht bis zum Schlussstein reichen,
sondern sich schon vorher in der Fläche verlieren, so dass sie eine Art Mittel-
ding zwischen Kreuzgewölbe und Kuppel bilden.
Das Langhaus war mit geraden Holzdecken eingedeckt, während der Chor
und das Querhaus eingewölbt werden sollten. Ob sie es einmal waren, lässt sich
nicht sagen; die steinernen Gewölbeaufsätze sind noch vorhanden. Yielleicht
aus Gründen der Billigkeit, vielleicht auch aus statischen Rücksichten begnügte
man sich aber schon in frühmittelalterlicher Zeit mit hölzernen Gewölben; die
derb geschnitzten Konsolen, auf welche jene sich stützten, sind noch an vielen
Stellen erhalten. Sie haben grosse Ähnlichkeit mit denen in Biddagshausen
(vergl. bei P. J. Meier a. a. 0. pag. 141 Fig. 51 und pag. 144 Fig. 54), nur ist die
Ausbildung einfacher und schmuckloser. Im 18. Jahrhundert ist der Chor mit
einem unpassenden hölzernen Tonnengewölbe mit darauf genagelten Bippen vor-
sehen worden.
Überhaupt sind eigentliche Schmuckformen im Innern gar nicht vorhanden,
dagegen hat das Äussere zwei ausgezeichnete Zierden an den beiden Portalen,
welche an der West- und an der Südfront des Gebäudes sich befinden. Das
westliche (Fig. 189) stammt aus der frühgotischen Zeit. Mit den Kapitalen der in der
Leibung befindlichen Dreiviertel -Säulchen, welche sich um die Archivolte herum
fortsetzen, mit den Gurtbändern, welche um diese Säulchen gelegt sind und mit
der Verzierung, welche die innere Fase der Leibung in einer sehr pikant wirkenden
Beihe erhabener Kreuzchen erhalten hat, erinnert dieses Portal stark an verwandte
Motive aus dem ältesten Teile des Halberstädter Domes. Das südliche Portal
(Fig. 19ü) befand sich ehemals an der Südseite des entsprechenden Seitenschiffes;
es ist nach dessen Entfernung 1711 an die jetzige Stelle gesetzt worden. Hierauf
deutet die Inschrift: Anno 1711. Hicposita sum sub F. G. Bertram. Can. Vic. Praep.,
Es ist älter als das vorher erwähnte Portal und zeigt noch den reichen Typus
unveränderten spätromanischen Stiles. Die Leibung ist höchst ausdrucksvoll
gegliedert, und einen besonders schönen Schmuck hat das Portal in dem Tympanon,
welches durch einen verzierten Mittelbalken getrennt, zwei vorzüglich schön
gearbeitete Bosetten aufweist. Besonders zu beachten ist die rechts, welche von
einem Strickornament umwunden ist, während die Strahlen tangentiell gegen ein
zierliches Mittelblümchen anlaufen.
Auf dem Westgiebel steht eine Windfahne (18. Jahrhundert) mit den
Figuren des h. Jakobus und Burchard.
Von der Beschaffenheit der Klostergebäude lässt sich jetzt, wo alles
durch umbauten verändert ist, kaum noch eine Vorstellung gewinnen. Ifur an
einer Stelle des westlichen Teiles sind in der Aussenmauer vier kleine romanische
Fenster (je zwei übereinander) sowie Spuren von noch mehreren erhalten;
^ Vergl. die Baabeschreibung dieses Klosters von P. J. Meier in den Bau- und Kunst-
denkmäiern des Herzogtums Braunschweig Band II S. 121 ff.
Kreta Hjübentadt. 8d
434 HalbetstadterStadtlreis: Halberstadt (St. Bnrchardiklogtor: Ehemaliger BesitE der Eircbe)
stellenweise finden sich noch die romanischen Ge»mse; ein abgetreppter Giebel
scbliesst eins der westlichen Gebäude ab u. s. w.
An der Westwand sieht man femer zwei Reliefs des 15. Jahrhunderts,
die Kreuztragung und die Kreuzigung darstellend. Die Jahreszahl 1610 da-
zwischen deutet auf die Erbauung dieses Teiles, welcher 1837 erneuert worden ist
Flg. 190.
Über der Hofeinfahrt ein Relief von 179t, darstellend den h. Jakobus und
Burchard mit einer bezüglichen Umschrift (vergl. auch Scheffer pag. 42).
[Von dem ehemaligen Besitze der Kirche wird genannt: ein Leuchter
1313; — der Gürtel Kaiser Ottos, welchen dieser 1216 den Nonnen schenkte
(Braunschweig. Reimchr. MG. Chron. 11,1, 549). — Altare: St. Burchardi über
dem Grabe Burchardsl. in der Kitte der Kirche, also jedenfalls der Hochaltar; —
des Erzengels Raphael, 12üS, datiert durch die Ertrage eines von dem Kämmerer
Halberstadt (das Nikolaikloster: Geschichte) 435
Alvericus dem Kloster übertragenen Afterlehns; — - Mariae Magdalenae, gestiftet
1328 vom Kanonikus zu St. Bonifatius, Johann Ton Reinstedt; der für den Altar
eingesetzte Kaplan bekam auch die Verwaltung der zur Pflege des Altars be-
stimmten Güter; — Heilig-Kreuz 1366; — St Martini 1392; -- St. Luciae 1489.—
Gräber: des h. Burchard, erwähnt mit dem Zusätze prout asseritur 1263; —
des Bischofs Meinhard von Kranichfeld (f nach 1262; s. o. p. 173); sein Grab-
stein war noch 1794 vorhanden; — einer gewissen Jutta, Wohlthäterin der
Kirche 1282.]
4. Das Nikolaikloster
Litteratur: Halberst. GemeinDützige UnterhaltuDgen 1807, 1,353—360; -H.-Z.XXII,
15; XXIII, 278; — y. Mfilveratedt in der H.-Z. 1872, 41 ff. — Leukfeld, Antiq. Gröning. p.39.
190. — Zschiesche p. 188.
Geschichte. Das Kloster St. Nikolai, welches auch lange nach seiner
Gründung noch den Namen novum claustrum führte, auch ad paulistas genannt
wurde, sollte angeblich zuerst in Derenburg durch Bia und Sophie voq Regen-
stein oder durch die Freiin Sophie von Reuss gegründet werden,^ wurde 1289
aber nach Halberstadt verpflanzt unter Zustimmung des Bischofs Yolrad, des
Domkapitels und des Rates der Stadt, wo die (freilich viel spätere) Klosterkirche
in der Strasse „unter den Weiden 12—13" noch jetzt existiert. Zur Kirche wurde
die bereits dort vorhandene Nikolaikapelle erhoben; Patronin war eigentlich die
h. Katharina von Alexandria, eine seit der Zeit der Kreuzzüge in Europa beliebte
Heilige; neben ihr gehörte das Patronat dem h. Nicolaus. Das Gebiet, auf welchem
das neue Kloster errichtet wurde, war bis dahin Eigentum des bischöflichen
Truchsessen Johann v. Alvensleben. Bia, welche ihre Gründung für Nonnen des
Dominicaner-Ordens bestimmt hatte, zog sich darauf in dies Kloster zurück samt
ihren Töchtern Lucharda und Oda, und fand hier auch ihre letzte Ruhestätte.
Papst Nicolaus IV. bestätigte die Stiftung am 14. November 1289. Im selben
Jahre ging die Pfarrkirche von Derenburg durch Schenkung des Grafen Heinrich IV.
von Regenstein, Bias Gemahl (sie war aus dem Geschlechte derer v. Warberg)
an das Nicolaikloster über. — Die Gründung führte reiche Schenkungen herbei
insbesondere seitens der Regensteiner Grafen. Genannt werden als Orte, wo
die Nonnen begütert waren und daher auch die Vogtei besassen, Heudeber,
Hordorf, Harsleben, Derenburg, Oschersleben u. s. w. Innerhalb Halberstadts
erhielt das Kloster 1367 den Goseliof (s. oben p. 222), der zuvor dem Domkapitel
gehört hatte. Der Wohlstand des Klosters, wenn man davon überhaupt einmal
hat reden können, sank allmählich, und 1478 wird gemeldet, es sei sehr
ärmlich, seine Gebäude und Ausstattung alt, verdorben und unvollständig, die
Nonnen wegen ihres Lebensunterhaltes infolge vieler Unfälle in beträchtlicher
Verlegenheit gewesen. — An der Spitze der Nonnen stand die Priorin, ihr
zunächst die Unterpriorin ; zu ihnen kamen noch die Kellnerin, Küsterin und
und Kämmererin. Nonnen gab es 1465 neunundzwanzig. Die Aufsicht führte
der Probst, der von den Nonnen gewählt, vom Bischöfe bestätigt wurde. Das
SchwestemkoUegium hatte gegenüber der Verwaltung der Nikolaikirche Selbst-
' Vergl. oben p. 86.
28*
436 Halber Städter Stadtkreis: Halberstadt (das Pfortenkloster — das Heiligegeistboepital)
ständigkeit, führte wie diese auch ein eigenes Siegel, bedurfte aber bei dem
Abschlüsse von Rechtsgeschäften der Zeugenschaft, Bestätigung und Besiegelung
durch männliche Mitglieder der hohen Geistlichkeit, durch Ministerialen u.s.w.
Die Orafen von Begenstein scheinen sich hierbei von Anfang an einen gewissen
Einfluss vorbehalten zu haben. — Noch 1804 hatte das Kloster sein volles In-
ventar; 1810 wurde es aufgehoben; die Kirche diente später als Schauspielhaus,
ist aber jetzt als solches nicht mehr im Gebrauch und steht noch mit der alten
Theatereinrichtung unbenutzt.
[Von dem Inventar der Klosterkirche werden urkundlich genannt: Der
Altar St. Petri in der Kirche, bei welchem 1492 vom Presbyter Martin Sone ein
Benefizium gestiftet wurde; — der Altar zum heiligen Kreuz 1324; — eine ewige
Lampe vor dem Sakrament auf dem Chor 1471; — ein armarium 1471; — ein
Marienbild 1415; — ein Kelch 15C0. — Ein schon vor Erbauung des Klosters
auf dem Hofe befindlicher Turm wird 1300, die an der Hühnerbrücke belegene
Mühle des Nikolaiklosters 1497 genannt]
Der dem 14. Jahrhundert angehörige Bau (mit Sandsteinquaderverblendung)
bietet in seiner äusserst schlichten Ausstattung äusserlich kein Interesse; die
Untersuchung im Innern ist durch die Theatereinrichtung unmöglich gemacht
Von der Baugeschichte erfahren wir sehr wenig. Ein Ablass für Ausbessenmg
baufälliger Teile wurde 1478 erteilt Auf eine weitere Herstellung im Jahre 1708
deutet die (auch von Scheffer p.40 erwähnte) Inschrift LaVs sIt Dco In Ccs-
santer In tcMpLo.
6. Das Pfortenkloster
Litteratur: Halberstädter Blätter 1823, 1,113-159. 161—176. M.-Z. 1872; Woker,
Geschickte der norddeutschen Franziskanermissionen.
Geschichte. Das Kloster — Porta coeli — am Johannisbrunnen, wurde 937
durch Bischof Bernhard und seine Nichte Guntradis, Äbtissin zu Hadmersleben, ge-
gründet und für zwölf arme Witwen (dominae de porta) bestimmt Bischof Brantog
übertrug es 1030 der Fürsorge des Johannisstiftes, dem es aber durch Bischof Reinhard
1 107 wieder genommen wurde. Seitdem stand es unter dem Domkapitel, das Johannis-
Stift aber erhielt von Bischof Otto zur Entschädigung das Alexiushospital (s. dass.).
Die Aufsicht führte der Portenarius des Domkapitels als reich besoldetes Amt.
Im 16. Jahrhundert sank die Zucht und Ordnung der Anstalt; Winnigstedt
(p. 266) beschwert sich, dass zu seiner Zeit „geile junge Menscher" darin unter-
gebracht worden seien, denen man einen jungen „Thumpfaffen" zum Verwalter
gesetzt habe. Die alte Tracht (schwarzer Mantel mit weissem Schleier) ist seit
1811 abgeschafft Die Wohlthaten des Stiftes gemessen gegenwärtig zwölf weib-
liche Personen in und vierundzwanzig ausser dem Stiftsgebäude. Letzteres ist
ein Bau von 1832.
Hospitäler
1. Das Heiligegeisthospital,
gelegen innerhalb der Stadt am Harslebener Thore, wurde als Kranken- und
Armenhaus für Geistliche und Laien von einem Bruder Wilhelm von Gent An-
fang des 13. Jahrhunderts gegründet und stand bis 1225 unter der Martinipfarre,
. Halberiitadt (das Heiligegeistboepital: GeEcliiclite — BaubeEcbreilinng) 437
von welcher es seitdem eximiert wurde. Das Hospital stand unter der Oerichts-
barkeit des Domprobstes, bezüglich seiner Besitzungen in Elein-Harsleben aber
bis 1295 unter der des Grafen von Regenstein. Steuerpflichtig war es dem Rate
der Stadt, wurde jedoch davon befreit, als es 1241 das Gebiet, auf welchem die
Stadt ihr Rathaus erbaut hatte, und welches ihm gehört hatte, der Stadt schenkte.
Sechs Personen bildeten
den Vorstand. Die zwei
Obersten, welche jährlich
neu gewählt wurden,
waren Mitglieder des
Stadtrates. Der Pfarrer
verwaltete zugleich die
Laurent! uspfarre inGross-
Quenstedt. Der Hof-
meister hatte für die
"Wirtschaft zu sorgen.
Die Besitzungen des
Hospitals , teils durch
Schenkungen, teils durch
Ankäufe erworben, waren
reich und ausgedehnt
innerhalb und ausserhalb
der Stadt. Gleichwohl
genügten die vorhan-
denen Gelder nicht immer,
besonders als um die
Uitte und gegen das
Ende des 13.Jahrhunderts
die fiauaufgaben einen
grösseren Umfang infolge
starken Krankenbesuchs
annahmen. Durch päpst-
liche Gunst wurden daher
wiederholte Ablässe ge-
währt, jedoch musste auch
anderweitig Rat vorge-
sorgt werden und es
wurde dabei nicht immer *^*' ''*"
vorsichtig genug gewirt-
schaftet 1288 schritt der Papst Nikolaus IV, gegen die überhandnehmenden Gütor-
verkäufe des Hospitals ein.
Heutzutage sind die meisten Kospitalgebäude'sebr neu und stammen erst
aus dem 18. Jahrhundert. Das Portal (Fig. 191), von Pilastern eingefasst und
mit Blumen und Figurenschmuck nebst dem Stadtwappen geziert, worüber der
preussische Adler mit dem Kamenszuge Friedrichs des Grossen sich erhebt, ist
die Hauptzierde des Gebäudes von aussen. Durch eine grosse Thorfahrt, über
438 U&lberBt&dter Stadtkreis : Halberetadt (das HeUigegeiaUiospital : Banbeschreibong)
welcher bis 1872 ein Fachwerktarm (Fig. 192) stand, gelangt man in den Hot;
hier erblickt roan den Westgiebel der Hospitalkirche (Patron St Bartholomäus),
Fig. 193.
Seine Fläche ist, der frUhgotischen Entätohung der Kirche angemessen, durch
drei nebeneinander aufsteigende schlanke, spit^bogige Fenster gegliedert, deren
mittelstes höher als die anderen ii^t. Auch der Ustgiebei zeigt die Spuren dreier
Halbeistadt (das Heiligegeisfhospital — das Salvator- und Elisabeth-Hospital) 4S9
genau entsprechender Fenster, welche durch zwei rundbogige ersetzt sind. Der
Innenraum der Kirche ist mit einem hölzernen Tonnengewölbe überdeckt, er-
neuert 1694 auf Kosten einer Katharina Detten. Aus derselben Zeit stammen
die meisten Ausstattungsgegenstände:
Der reicbgeschnitzte Altar mit der Kanzäl darin, die gleichfalls ge-
schnitzte Orgel und ein messingener Kronleuchter mit 16 Armen.
Der Innenraum wird durch die in zwei Stockwerken übereinander befind-
lichen Emporen etwas verengt, macht aber, weil alles Holzwerk seine natürliche
Beschaffenheit behalten hat, von keinem Anstriche bedeckt ist, einen ruhigen
und vornehmen Eindruck. Zu erwähnen sind noch zwei Truhen romanischer
Herkunft, aus dem 13. Jahrhundert, davon die eine (Fig. 193) mit geschmackvollen
Beschlägen. 1877 wurde die Kirche hergestellt, wobei die gewölbten Grüfte ver-
schüttet wurden.
2. Das Salvator- und Elisabeth-Hospital
Vergl. Arndt, Geschichte des Salvator- und Elisabeth-Hospitals sowie des Salvator-
Krankenhauses in Halberstadt 1898.
Das Salvatorhospital , in welchem das Elisabethhospital (s. o. pag. 221) auf-
gegangen ist, wurde zu unbekannter Zeit gestiftet und 1548 durch den Offizialen
Heinrich Hom neu eingerichtet, welcher sich durch seine ausserordentliche Wohl-
thätigkeit, zu welcher sein allmählich erworbenes bedeutendes Vermögen die
Mittel gewährte, ausgezeichnet hat. Sein Bildnis auf dem in der Liebfrauen-
kirche befindlichen Epitaph ist oben (S. 351 No. 13) erwähnt.
Die Stiftungsurkunde ist in Abschrift in der Gymnasialbibliothek erhalten.
Bald nach der Mitte des 16. Jahrhunderts geschah die Vereinigung des Elisabeth-
hospitals mit dem Salvatorhospital. Ein Haus, welches 1598 erbaut ist und
vor dem Wasserthore noch steht, nahm beide auf. Über der Hausthür sah
man früher eine Inschrift, welche auf das Jahr 1714 und den Provisor, Rats-
herrn Erhard Hörn, hinwies.^ Es geht daraus hervor, dass damals bauliche Ver-
änderungen gemacht wurden. Auch 1765 scheint einer anderen Inschrift zufolge
Ähnliches stattgefunden zu haben.
[Die schon oben p. 221 erwähnte, zu den Hospitälern gehörige sog. Neu-
städter-Kapelle, auch Elisabeth-Kapelle genannt, wurde 1869 abgebrochen. Die
im Stadtbauamte noch erhaltenen Zeichnungen und eine Photographie, welche
beistehend abgebildet ist (Fig. 194), lassen vermuten, dass das kleine Bauwerk in
spätgotischer Zeit errichtet worden ist. Der Dachreiter war eine spätere Zuthat,
wahrscheinlich infolge der Zerstörungen, welche das Gebäude im dreissigjährigen
Kriege erlitten hatte. 1824 sollen noch Reste von alten Glasgemälden vorhanden
gewesen sein.]
Der Kirchhof, 1598 laut Inschrift von einer Mauer umgeben, enthält eine
Anzahl interessanter Grabsteine.'
[Verloren ist der von Scheffor pag. 19 erwähnte Stein zur Erinnerung an
^ Scheffer, pag. 42.
440 HalberstadterStadUims: Halberstadt (das Salrator- und ElieaMh-Hospital)
den am 14. Mai 1599 ermordeten Regulas Breitspracb, über dessen Inschrift eine
Darstellimg des jüngsten Gerichts sich befand.]
Noch vorhanden sind: der Gedenkstein des am 18. September 1637 bei der
Afolkenmühle ermordeten Hans Harsleben; ferner der der Barbara. und Anna
Wiedelah, + 1597 bezw. 1607; ausserdem mehrere Epitaphien des 18. Jahrhunderts.
An den Mauern des Kirchhofs sind noch eine Anzahl von Steinen mit
Wappen und Bauinschriften, sowie mit den Namen von Bauermeistem und
anderen ■wichtigen Personen der Stadt befestigt
Halberstadt (der Siechenhof: Geschiebte — Kapelle: Ausstattangsgegenstände) 441
3. Der Siechenhof
Der Siechenhof (Leprosenhaus ; — domus infirmorum que juxta oapellam
s. Alexii est sita 1199; •— zekhof 1447; — seekhof 1452; — der sekin hove,
seykhof 1480) wurde gegen 1206 von den Gräfinnen Mette und Margarete von
Keinstein gegründet. Die Vermögenslage war wälirend des 13. Jahrhunderts nicht
besonders günstig und musste durch Ablässe, Schenkungen u. dergl. verbessert
werden. Allmählich gelangte der Siechenhof zu grossem Keichtum. Die Ver-
waltung blieb bischöflich, seitdem sie gegen 1223 dem Einflüsse der bürgerlichen
Stadtregiening mit Mühe entzogen wordön war. Doch blieben zwei Ratsmitglieder
in seinem Vorstande; sie finden sich noch 1553. Satzungen erliess Bischof
Friedrich 1223; der Hausvater (provisor, vormunder), welchem die Besorgung der
inneren Angelegenheiten des Siechenhofes oblag, wurde lediglich durch den
Bischof eingesetzt Ausser den Ki:anken wohnten im Siechenhofe noch eine
Anzahl von geistlichen Personen zur Besorgung des Lehr- und Seelsorger-Amtes.
Für ihre Lebensführung wurden von Bischof Hermann 1301 ziemlich strenge
Satzungen erlassen. Die Verwaltung der Güter, welche dem Siechenhofe ge-
hörten, besorgte im 15. Jahrhundert ein Hofmeister. Die Gebäude gingen im
30jährigen Kriege fast zu Grunde, wurden in der Folgezeit aber wieder auf-
geführt, und so besteht diese Kranken- und Versorgungs- Anstalt noch jetzt,
nachdem seit 1811 auch dieses, gleich dem Pfortonhause und anderen, der
städtischen Verwaltung unterstellt worden war. Seit 1866 besteht ausser dem
alten Siechenliofe ein neuer.
Die Kapelle des Siechenhofes, 6,62m breit und 14,40 m lang, in der Längs-
achse etwas gegen Nordwesten abweichend, wurde Ende des 17. Jahrhunderts
wiederhergestellt, erhielt nach Süden vier, nach Osten zwei Fenster und einen
zierlichen Dachreiter. Die mit Sandsteinquadern verblendeten Wände wurden
verputzt mit Ausnahme des Westgiebels. Doch war die Erneuerung nicht so
durchgreifend, dass nicht die romanische Herkunft des kleinen Gebäudes noch
heute deutlich erkennbar wäre. Die Nordwand zeigt zwei vermauerte romanische
Fenster, und zwischen den Fenstern der Südwand fanden sich neuerdings Reste
von Malerei, welche dem 13. Jahrhundert angehört, nämlich ausser einem Kruzi-
fixus zwei kreisrunde Medaillons mit Köpfen von Heiligen. [Die Ausstattungs-
stücke aus jenen alten Zeiten sind bis auf eine Glocke (s. u.) verloren gegangen.
Erwähnt werden Bücher, Leuchter, Schmuckstücke 1319; — die ewige Lampe,
welche vor dem h. Leichnam brannte, 1453.] Auch in spätgotischer Zeit hat man
an dem Gebäude geändert; eine jetzt vermauerte Thür aus jener Zeit befindet
sich an der Südseite.
Von Ausstattungsgegenständen besitzt die Kapelle:
Einen Altaraufsatz, ein zierliches, jetzt etwas verwahrlostes Renaissance-
werk von 1612. Innerhalb dreier Felder befindet sich zu oberst in Ol gemalt
die Halbfigur des segnenden Christus, in der Mitte die Darstellung der Grab-
legung, unten die kniende Familie des Stifters, im ganzen 14 Personen, dazu
die Inschrift in Majuskeln:
Anno z6i2 ist des erbarn vnd wolgeachten Hans Westen ehlige havs-
frawe Ilsebe Webers in Gott seliglich entschlafen, am dage Elisabet des
442 Halbersifidter Stadtkreis : Hall)er8tadt (der Siechenhof — der Petershqf)
abens zwischen 6 v 7 Uhr, der Gott gnedig sei ihrs alters 34 Jahr A5 1617
ist Margreta Westen in Gott selig entschlafen ihrs alters im 16 jähr. Cathrina
und Ilsebe Westen sind gestorben Ao 1612 deren Got allen gnedig sey Am.
Die Kanzel, datiert von 1682, zeigt zwischen gedrehten Ecksäulen, inner-
halb viereckiger, von Muscheln überhöhter Felder die Figuren der vier Evangelisten.
Ein kleiner, polychromierter Kruzifixus stammt aus dem 15. Jahrhundert
An der Orgelempore befinden sich die auch bei Scheffer p.37 ungenau
wiedergegebenen Inschriften in Majuskeln:
Ex qvo halberstadas cruce pestis reptat ad aedes nosqre ac magd-
borgos Itnqyit : en, exto strves.
RESPFF (d. h. respublica fieri fecit) Illuminari autem ex legatis D.
Christophori Ostrum Vicarij quondam CEH et Margaretha. Sievers, Huius
Xenodochij commembri.
Im Dachreiter befindet sich eine altertümlich lang geformte Glocke mit
der Inschrift um die Krone : AVE MARIA GRATIA PLENA. Unterer Durchmesser
etwa 60 cm. Die Ausmessung ist wegen Unzugänglichkeit nicht möglich.
Unter den anderen Gebäuden des Siechenhofes sind nur zwei Fachwerk-
häuser der späten Barockzeit erwähnenswert. Ihr baulicher Charakter stimmt
mit den in der Stadt erhaltenen, die unten näher beschrieben werden, überein.
Die Schiffskehlen sind schwach, die dicken Füllhölzer treten hinter den Balken-
köpfen nur wenig zurück. Sie zeigen folgende Inschriften in Majuskeln:
Dnvs Levinvs Casparvs a Bennigsen decanvs praepositvs b. m. Virginis
dnvs Joannes Levinvs a Bennigsen senior et scholasticvs dnvs Engelhardvs .
a Nienhavsen svbsenior praepositvs s. Mavritij et s. Pauli provisores dnvs
Hermannvs Stramann vicarivs procvrator f f Ao 1685 mense jvnio mcklaw
Dnvs Clamervs d Bvsch . decanvs et praepositvs b. m. v. dnvs loes
Levinvs a Bennigsen senior et scholasticvs dnvs Philippvs Fridericvs de
Schlitz dictvs de Gortz svbsenior vicednvs et portanarivs provisores dn^
Stratman cathed. et colleg. s. Pavli vicarivs procvrator h a 1695.
Im Garten des Siechenhofes befindet sich ein Brunnen mit dem Spiegeischen
Wappen. Die Rückwand zeigt innerhalb hübscher Eokoko -Verzierungen die
Figuren der beiden Gründerinnen an dem Brunnen, dessen Wasser ihnen, der
Sage nach, Genesung gespendet haben soll.
Von den Nebengebäuden ist zu erwähnen eine Scheune, unterhalb der
sich ein zweiscliiffiges Kreuzgewölbe (6,78 m breit, 10,50 m lang) befindet, geteilt
durch zwei Pfeiler von rechteckigem Grundrisse. Eine andere Scheune zeigt
über dem Thürsturze die Inschrift: a"no dm 1554, I.W. Auf einer dritten be-
findet sich eine Windfahne mit der Figur der h. Katharina und der Jahreszahl
1767. Endlich sei erwähnt das auf massivem Quaderunterbau stehende Tauben-
haus von 1744.
Der Petershof
Von ihm und seiner Kapelle kann erst hier gesprochen werden, weil die
Anlage gewissermasson eine Mittelstellung zwischen den Gebäuden gottesdienst-
lieber und weltlicher Bestimmung bildet. So mag die Beschreibung den Über-
gang von jenen zu diesen bilden.
Halberstadt (der Petershof: Geschichte)
443
Der Petershof (Fig. 195) (eurtis episcopalis, curia sancti Petri, domus epis-
copalis, sala episcopi, aula nostra, principalis episcopi sedes und ähnlich benannt)
wurde 1052 von Burchhard I. an der jetzigen Stelle erbaut, nachdem zweifellos
schon vorher ein bischöflicher Palast innerhalb des Dojnbezirkes existiert hatte.
PX4
Er bildete die Burg, in welcher die Bischöfe, wenn sie sich in Halberstadt auf-
hielten, hausten, und wo auch mancherlei Regierungshandhmgen von ihnen voll-
zogen wurden. Es umgab sie eine zahlreiche Menge höherer und niederer
Beamten, teils der Amtsverwaltung des Bischofs, teils seinem persönlichen Dienste
444 HalberstSdter Stadtkreis: Halboretadt (der Fetersliof: BSnme)
zugeteilt. Es werden gonannt: der Kapellan 1311; — Kanzler 1346; —Hol-
richter 1358; — Consiliarius 1359; — Droste 1364; — Marschälle. Vogt. Um.
Kämmerer 1365; — der Stiftshauptmann 1375; — der Protonotar 1387; — I^nifc-
haiiptmann (beveler) 14^. Von anderen Beamten: der Küchenmeister 1224;-
Her Schatzmeister 1284; — Truchsess, Kellerei 1289; — Pförtner 1290; — Sco-
tellarius 1341 ; — Wagen-
meister und Bur^ogt 1606.
[Von den Bäumen d(s
Petershofes werden erwähnt
das ceaacuium (Speisesulj
des Bischofs als Ort nrtoBd-
licher Akte 1350; — du
aestuarium ebenso 1404; -
die stuba hyemalis (dK
Winterrefectorium ?) 1451:-
eine „obere" Stube 1493.]
Umbauten bedeuteEden
IJmfanges wurden vom Bisch«
Sigismund U. voi^enomoiM
Das Schloss wurde roa
letzterem zu einem Beiwi*-
sancebau umgewandelt, toi
dessen einstiger Schönheitnur
noch wenig übrig ist Nament-
lich ist höchlich zu bedaaenL
dass die schön gezeichnetem
hochragenden Giebel ter-
schwunden sind, die für dis
Stadtbild den alten Abbil-
dungen zufolge eine ausser-
ordentliche Zierde gewew
sind. Noch übrig sind einii*
Fenster, ein breiter Erter-
vorbau, sowie die in einem
nach dem Hofe vorspriDgeu-
den Turme befindliche, von
schrägen Fenstern beletichleK
Wendeltreppe. Sie dreht sich
um eine zierliche Spindel aai
ist oben mit einem sehr fein gezeichneten Sterngewölbe überdeckt, in dessen
SchlussKtein die Zahl 1554 stellt. (Fig. 196.) Den Eingang bildet vom Hofe wä
ein Renaissanceportal von 1552 (Fig. 197), dessen Skulpturen teilweise (mit ihren
Fächerrosetten) an die Ornamentik der gleichzeitigen Holzbauten anklingen. D»
Majuskel-Überschrift unterhalb des bischöflieben Wappens lautet:
Sigismundus Dei gratia archiepiscopus Magdeburgen: primas Ga-
maniae, administrator eccieaiae halbersta: Marchio brandenbur: Stetinen:
Rg.196.
Halberstadt (der Petersbof: Kapelle) 445
Pommeraniae Cassuborum Slavorumque et in Silesia Crossiae dux burg-
gravius Norinber: et Rugie princeps.'
Die Zimmer haben Kreuz-, Tonnen- oder Netzgewölbe in mannigfaltiger
Abwechslung.
Am besten erlialten, wenigstens in ihrer Architektur, ist die schon 1195
erwähnte Kapelle des F^tershofes,
geweiht dem h. Petrus oder der
h. Nothburgis. Ursprünglich zum
Gottesdienste der Bischöfe be-
stimmt, aber wenig benutzt, wurde
sie 1629 den Jesuiten gegeben
Fig. 197. Fig. 199.
und 1665 vom grossen Kurfürsten den Reformierten überwiesen, die sie bis
1848 hatten. Sie dient heutzutage, wo der Petershof seit 1823 den Zwecken
des Justizfiskus überliefert ist, als Schwurgeriehtssaal. Die Ausstattungs-
gegenstände , welche die alte , hier abgebildete Zeichnung erkennen lässt
(Fig. 198): der Altartisch, die Kanzel, die Emporen, die Orgel, alles aus dem
' ScbefT« p. 14.
446 HalberstOdter Stadtkreis: Halberstadt (der Petershof: Kapelle)
17. Jahrhundert, sind beseitigt An das Schiff der Kapelle achliesst sich ein
schmälerer halbachteckiger Altarraum; beides ist mit Kreuzgewölben ein-
gedeckt, im Schiffe ohne Bippen, im Chor mit solchen. Letztere ruhen auf
Fig. 188.
ktii7^n Diensten, welche in halber Höhe der Wand über dem Fiissboden endigen
mi<l sich auf Rehr hübsch gearbeitete Sockel stützen. Sie sind in mannigfachen
Qestalten als Menschenköpfe ausgebildet. (Fig. 199).
Am Chore aussen sind nebenstehende Steinmetz-
zeichen. Das letzte Zeichen findet sich auch am
Schiffe einmal.
K t ^
Halberstadt; (die Donu>ropst«i [Zviclceii])
Noch vorhandene Gebäude weltlicher Bestimmung
1. Die Dompropstei (Zwicken)
Yon der Schmiedestrasse erstreckt sich an der Stelle, wo sie sich ia das
Westendorf fortsetzt, eine kurze Strasse in nördlicher Kichtung nach dem Dom-
platze. Sie führt den Namen Zwicken (ein nicht hinlänglich gedeutetes Wort
welches aus „Schwibbogen" entstanden sein soll) nach dem Gebäude, welches
Big. 200.
ihre nordöstliche Ecke am Domplatze bildet. Dies ist die ehemalige Dompropstei,
deren Hof schon 1156 erwähnt wird; das untere Geschoss war ehemals doni-
kapitularisches , das obere bischöfliches Eigentum. Die beiden Stockwerke des
Hauses sind in Fachwerk gebaut. Das obere Geschoss tritt bedeutend über das
untere hervor und wird nach der Strasse von einer in Sandstein, nach dem Hofe
von einer in Holz ausgeführten Kolonnade gestützt, Erstere erstreckte sich ehe-
mals längs der ganzen vorerwähnten Strasse, wie es seheint, bis zu dem an der
Hallwntadt (die Dompropstei [Zwicken]) 449
beseitigt Eine Anschauung von dem vor 1884 bestehenden Zustande giebt die
beigefügte Abbildung (Fig. 200 S.447).
Das zwischen 1592 und 1611 vom Bischof Heinrich Julius aufgeführte
Gebäude zeigt die charakteristischen Merkmale der damaligen Fachwerkbaukunst,
auf welche bei Besprechung der Profanarchitekturen unten genauer einzugehen
ist, geschweifte Konsolen, Schnürrollen an der Saumechwelle und an den Füll-
hölzern zwischen den Balkenköpfen, ein oberhalb der Fensterbrüstungsplatten
sich hinziehendes Zahnschnittband, eine Maske als Eckkonsole des oberen Oe-
Fig. 202.
Schosses. Die Brüstungsplatten an der dem Domplatze zugewandten Seite sind
an 17 Stellen durch Platten ersetzt, die mit geschnitzten Wappen von Domherren
geziert sind. Diese Platten stammen von dem sogen. Domkeller her, welcher
ehemals südlich neben dem Domportale stand (Abbild. S. 225). Das unt«re
Geschoss ist ganz schlicht. Die Hofseite zeigt über den schon erwähnten Holz-
arkadeii ein kräftig vorspringendes Obergesehoes, im ganzen äimlicli behandelt
wie an der Strassenseite, doch sind die Stellen der Brüstungsplatten durch schräg
gekreuzte Riegel ausgefüllt. Das Ganze wirkt überaus malerisch. (Fig. 201.)
Die steinernen Kolonnaden sind mit (bereits ursprünglich dazu gehörigen)
steinernen Wappen von Domherren verziert. (Fig. 202.) Es sind ihrer elf auf
Kr^i HaliMnudt. »
450 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (die Dompropstei [Zwicken] — die Kommisse)
der nördlichen und gegenwärtig noch vier auf der westlichen Seite. Sie sind
grösstenteils gut erhalten und von trefflicher Arbeit; von abweichender, äusserst
reicher Ausführung sind die beiden am weitesten nach Nordosten befindlichen
Wappen.
Bemerkenswert ist die in die Figur eines nackten kauernden Mannes (die
linke Hand stützt den Deckstein, während die rechte den linken Fuss festhält)
ausgearbeitete Eckkonsole, während die übrigen den vorkragenden Fachwerkbau
des Obergeschosses tragenden Steinkonsolen von einfacherer Ausführung sind.
Das Innere bietet nichts Bemerkenswertes.
An der Ecke, am Fussgesims, steht der Name eines Bartholomäus Trute-
bom (1611), auf der anderen Seite der eines Heinrich Heier M. M., vielleicht des
Baumeisters und des Maurermeisters.
Neben dem Eingange befindet sich ein Bildwerk, den h. Stophanus sitzend
darstellend.
2. Die Kommisse
Litteratnr: Scheffer, p. 20. — Koldewey, Geschichte des herzogl. GymDasiums zu
Wolfenbüttel, 1879. — Tagebueh des Matthias von Oppen, p. 172 fr. — Zschieache, p. 128 ff
Das am Holzmarkte südlich vom Rathause stehende grosse Gebäude, dessen
Name allen von der herzoglichen Verwaltung eingerichteten Gasthäusern bei-
gelegt war, wurde 1596 durch den Bischof Heinrich Julius an der Stelle von
drei ehemals dort befindlichen Brauhäusern zu dem Zwecke erbaut, dort eine
Unterkunft für fremde vornehme Gäste zu schaffen. Die Baukosten sollen an-
geblich 72000 Thaler betragen haben. Da das Hauptgebäude dem Bischöfe bald
nicht mehr genügte, so fasste er 1604 den Plan, in der anstossenden Valkenstrasse
(jetzt Heinrich Juliusstrasse) die Häuser eines gewissen Albrecht Meyen und
eines Breier anzukaufen, um dort Erweiterungsbauten zu errichten, was er trotz
des heftigen Widerstandes des Domkapitels, des Kates und der Gilden cndlieli
auch durchsetzte. 1613 ging das Gebäude durch Schenkung seitens des Sohnes
des Bischofs, der damit Schulden seines Vaters zu tilgen suchte, an das Dom-
kapitel über, ein Vorgang, der zu Streitigkeiten desselben mit der preussischen
Regierung führte; letztere vertrat den Standpunkt, dass Heinrich Julius nicht
Eigentümer des Gebäudes gewesen sei, seine Erben also kein Verfügungsrecht
darüber gehabt hätten; sie drang mit dieser Ansicht 1696 durch, und seitdem ist
(las Gebäude Eigentum der preussischen Regierung und diente als Douane, Pack-
liof und Accise. Noch jetzt befindet sich dort das Königliche Hauptsteueramt.
Die Kommisse ist ein dreistöckiges, wuchtiges Gebäude, vor dessen Mittel-
teil zwei schmälere Seitenteile rechts und links kräftig hervortreten. Beide
Seitenteile sind mit schön gezeichneten Giebeln gekrönt, deren Flächen mit ge-
quaderten Lisenen, und deren Kanten mit mannigfachen Voluten und Fialen
geschmückt sind, während auf ihren Spitzen je ein Löwe als Windfahnenhaiter
den Abschluss bildet. Die Kanten der Seitenteile sind gequadert, ihre Flächen
in jedem Stockwerke von einem Paar einfacher Fenster belebt, während die
Giebel je ein grösseres und ein kleineres Fenster übereinander aufweisen. Der
Mittelteil des Gebäudes, vier Fenster breit, ist mit zwei Mansardenluken über-
höht, deren Vorderseite eine gequaderte Einrahmung zeigt. Ihren Übergang in
Halberstadt (die Kommisse — das fiathaus: Baugeschichte — Bäumlichkeiten) 451
die Dachlinie vermitteln Yolutenanläuf e ; oben bildet eine zwischen zwei Giebel-
ansätzen stehende Spitzsäule den frei aufsteigenden Abschluss.
Das Portal steht nicht genau in der Mitte der Mittelfront, ist vielmehr so
«
angeordnet, dass sich rechts von ihm ein, links zwei Fenster befinden. Eine
einfach gequaderte Einfassung trägt einen etwas gedrückten, schlicht dreieckigen
Oiebel, innerhalb dessen sich das Wappen des Herzogs Heinrich Julius befindet
Der Schlussstein der Thürwölbung zeigt einen Lowenkopf, und rechts und links
von. der Thür steht in Nischen je ein wilder Mann. Die Inschrift über derThür
lautet: Renovatum 1726. Von Gottes Gnaden Henricvs Jvlivs postvlirter
bischoff des stififts zv Halberstadt Herzog zv Bravnsw. v. LQneb. 1596.
Ehemals waren die Fenster parterre und eine Treppe hoch dreifach gekuppelt,
hatten auch andere Gewände als jetzt Eine Freitreppe von acht Stufen führt in
das Innere. Seinen ehemaligen Schmuck von Stuckaturen hat es eingebüsst.
Neben dem Portale links sieht man eine Beihe von zehn Domherrenwappen.
Ähnliche Reihen sind an den domkapitularischen Gebäuden des Kreises Halber-
stadt noch vielfach erhalten und in vorliegender Denkmälerbeschreibung bereits
öfter zu erwähnen gewesen.
3. Das Rathaus
^ [Von dem alten, vor 1241 gebauten Rathause ist schon oben (p. 182) die
Rede gewesen. Es führte die Bezeichnung domus communis civitatis und stand
auf dem Martinikirchhofe. Wie die Rathäuser in Wernigerode, Wegeleben,
Holtemmenditfurt (s. 0. p. 11) u. s. w. scheint es als Rat- und Spielhaus zugleich
gedient zu haben. Während es zur Zeit der Schicht noch benutzt worden zu
sein scheint, ist anzunehmen, dass es bei der Wiederherstellung des bischöflichen
Regimentes seines Charakters gewaltsam beraubt wurde. Hierfür spricht, dass
damals auch die Kanzlei des revolutionären Rates mit vernichtet wurde. Zu
Winnigstedts Zeiten gab es noch einen Giebel davon, sowie Räume, welche als
Gefängnis dienten. Später verlor es alle offizielle Art und wurde zum Bürger-
hause umgewandelt.^]
Das neue, noch jetzt im Gebrauche befindliche Rathaus (1398 praetorium
genannt), wenigstens dessen ältester Teil, bestand schon geraume Zeit vor der
Schicht. Berichtet wird, der Bau sei schon 1366 unter Bischof Ludwig begonnen
worden, doch widerspricht dieser Nachricht die an der Westseite an der vor-
letzten ^uaderschicht unter dem Dache befindliche Inschrift a . dm . m . ccc .
Ixxxi . op9 Iccpt" est . "1 . die . grego'i . Demnach wäre der Bau am 12. März
1381 angefangen worden. Die Baustelle gehörte ursprünglich dem Kapitel des
Moritzstiftes; der Rat hatte dafür 8 Schilling Zins zu zahlen, der erst 1491 ab-
gelöst wurde. Vollständig in Gebrauch statt des alten Rathauses scheint das
neue, nachdem es bis dahin nur zur Aushilfe gedient hatte, 1433 genommen
worden zu sein, wofern man die am Gürtel der Rolandstatue befindliche Jahres-
zahl hiermit in Verbindung setzen darf.
[Einige Räumlichkeiten des Rathauses, die sich nicht mehr mit Sicherheit
nachweisen lassen, waren die Ratsstube (1428; stuba consulatus 1439; consistorium
' Winnigstedts Chronik p. 347.
j9#
452 Halberst&dter Stadtkreis: Halberstadt (das Bathaus : Bäumlichkeiten — Baabeschreibimg)
generale causarum curiae 1476); — die Kasse 1436. — Erwähnt wird ferner
1428 die Rathausglocke, welche das Zeichen zum Beginne der Sitzungen gab. —
Von einem Altar ist schon 1398 die Rede. Er stand in einer gewissen Abhängig-
keit von der Pfarrkirche St. Martini; es wurde bei ihm Gottesdienst gehalten.
Ob er damals schon vorhanden oder erst gestiftet wurde, sowie ob er sich im
alten oder neuen Rathause befand, ist aus dem Wortlaute der Urkunde nicht zu
ersehen. — In den ungedruckten Urkunden des Johannisstiftes wird endlich 1506
eine Treppe erwähnt, die von aussen ins Innere des Gebäudes führte.]
Der Bau ist in beträchtlicher Längenerstreckung (rd.60m) bei entsprechender
Breite (rd. 17 m) in zwei Geschossen und in zwei rechtwinklig zusammenstossenden,
I gleichzeitig entstandenen Abteilungen erbaut und mit sehr regelmässigen, fem
verfugten Sandsteinquadern verblendet, deren Oberfläche eine kräftige Belebung
durch Meisselschlag aufweisst. Folgende Steinmetzzeichen finden sich hier an
der Nord- und Südseite:
^J^^Z.7
Ausserdem an der
Südseite: Diö ehemalige Ostseite ist verbaut, an der Westseite waren
- Steinmetzzeichen nicht zu entdecken. Die Fenstergewände
I I IV haben durchgängig keine solchen Zeichen. Die Dachfirst-
^^wj VI l^^^i^ <iös westlichsten Teiles geht von Norden nach Süden,
^■^^ N sodass die Giebel dieses Teiles nach diesen beiden Himmels-
^r • richtungen stehen. Der nördliche ist ei*st 1880 in
massivem Bau aufgeführt worden. Der Dachfii-st der öst-
lichen Hälfte setyi sich in der Mitte rechtwinklig dagegen, wo Ost- und
Westteil aneinander stossen, erhebt sicli ein steinerner Brandgiebel; das Haus
endet gegen Osten in einem ähnlichen, steil aufsteigenden Giebel, dessen Fläche
durch spitzbogige, zum Teil gekuppelte Fenster mit schlichtem Masswerke
belebt ist; sie dienen zur Entlüftung der Bodenräume. Die Ecken des
Gebäudes sowie die Stellen, wo die beiden Teile rechtwinklig gegeneinander
stossen, sind mit Fialen besetzt. Aus dem oberen, Amtsräume enthaltenden
Geschosse des Hauses aber führte ehemals eine Thür ins Freie •zu einer
Treppe, über welche man, ohne das Untergeschoss zu betreten, zum Fiscb-
markte hinabsteigen konnte. Das Portal ist noch erhalten und liegt jetzt,
von dem Platze unsichtbar, hinter dem unten zu besprechenden späteren
Vorbau. Es zeigt in schöner kräftiger Ausführung seines spitzbogigen Gewändes
zwischen einem stärkeren und einem schwächeren, bimförmig profilierten Stabe
innerhalb einer tiefen Kehle schönes, hohl heraus-
gemeisseltes Hopfenlaub, auf der linken Seite mit
den weiblichen Blüten, auf der rechten ohne diese.
Hier finden sich auch nebenstehende Steinmetz-
zeichen.
X
Halberstadt (das Bathaas: Baubeschreibung) 453
Über diesem Portale befindet sich das Halberstädter Wappen, von knienden
Engeln gehalten, über denen sich Laubbüschel erheben. Kechts und links hier-
von sieht man zwei Steintafeln mit zierlich in Hochrelief gearbeiteten, etwa 30 cm
hohen Musikant^nfigürchen (die sogenannten Hilariusmänner). Es sind ihrer im
ganzen noch fünf, links ein Kuhhombläser, ein Dudelsackpfeifer und noch eine
Figur (Bürgermeister?), welche ebenso wie die beiden rechts befindlichen in
ihrem Charakter unkenntlich geworden ist. Eine sechste Figur rechts dürfte
verloren gegangen sein. Die Entstehungszeit ist Ende des 14. Jahrhunderts.
Weiter oberhalb, unter dem hier noch kenntlichen einfachen Kranzgesimse be-
finden sich zwei hakenförmige Kragsteine. Sie haben ohne Zweifel dazu gedient,
cinDacli zu tragen, welches die nach dem Platze führende Freitreppe beschirmte.
Über die Anlage dieser letzteren — höchst wahrscheinlich ist sie die oben
genannte, welche 1506 erwähnt wird — lassen sich, da alle Spuren verwischt
sind, nur Vermutungen äussern. Aus ästhetischen Gründen und auch wegen
billiger Rücksicht auf den Marktverkehr dürfte sie sich nicht allzu weit auf
den Fiscbmarkt hinausgestreckt haben; man darf vermuten, dass sie also
nicht einläufig, sondern doppelläufig gewesen ist, von einem vor dem be-
schriebenen Portal befindlichen Podeste an der üstwand nach Norden und
Süden absteigend.
Die Fenster dos Rathauses sind teils spitzbogig, teils flachbogig mit schlichten
Masswerken. Auch das zu ebener Erde befindliche Westportal zeigt nur ein-
fache Formen und keinen bildnerischen Schmuck. Durchschritt man es, so
gelangte man ehemals in eine den ganzen Innenraum ununterbrochen bildende,
mit steil s])itzbogigem Kreuzgewölbe versehene dreischiff ige Halle, die Schiffe je
in 3 m Breite. Eine Treppe führte im Südostwinkel des Westbaues ehemals
ins Obergeschoss. Das Gewölbe wurde wie das sehr ähnliche im Kellergeschoss
(unter dem Westbau ist ein Tonnengewölbe) getragen von kurzen schworen
'Pfeilern, deren Durchschnitt aus dem Viereck gebildet, aber durch starke Ab-
fiisung zum Achteck (Seite 24 cm) umgewandelt ist. Diese Halle diente zum
öffentlichen Verkehr des Volkes und insbesondere zum Abschlüsse kaufmännischer
Geschäfte. Hier wurden auch Waren auf ihr Gewicht geprüft; das Rad, über
welches ehemals das Tau zum Emporheben der abzuwiegenden Stücke lief,
ist auf dem Dachboden noch jetzt vorhanden. 1509 scheint dieser Gebrauch
bereits abgeschafft zu sein, weil damals an der Ecke des Fischmarktes
iind des Breiten weges, dem Schuhhofe gegenüber, eine besondere Ratswage er-
richtet w^urde.
In diesen Jahren änderte sich offenbar die Bestimmung dieses unteren
Raumes" überhaupt, die nach Osten führende Treppe-wurde beseitigt, und statt
ihrer 1560 ein Vorbau angelegt (Fig. 203), zu welchem Zwecke damals, lässt sicli
nicht mehr sagen. Er gehört zu dem Reizvollsten, was die Halberstädter Archi-
tektur aufzuweisen hat. In der baulichen Auffassung noch nicht völlig beeinflusst
von dem veränderten Kunstgeschmacke der Zeit, welche der Formenwelt der
Renaissance zustrebte, ohne mit den gotischen Überlieferungen noch brechen zu
können, schmiegt er sich dennoch aufs glücklichste dem ernsthaften älteren Bau
an und dient dazu, um dieses Bild Halberstadts zu einem der anmutigsten in
unseren deutschen Städten zu machen. Die Steinmetzen, welche hier arbeiteten.
454 Halberetadter Stadtkreis: Halberstadt (das Batbana: Baabeechreibnng)
haben, wie ihre Torganger, nicht versäumt, ihre Zeichen an den Thüi^wänden,
Oesimsen und BrüetimgeD anzubringen:
Fig. 208.
Die Wandflächen des Untergeachossos sind verputzt Sehr interessant ist
ejj zu sehen, wie an diesem östlichen Vorbau die Konstruktion des Fachwerk-
baues ihren damals in Ualberstadt übermächtigen Einfluss auf den Steinbau aus>
geübt hat. Vorkragung des Obergeschosses, Stander, Riegöl, Brüstungsplatten
und -Gesimse, alles findet sich getreu in Stein wiedergegeben; nur der Teil
oberhalb des Brüstungsgesimses besteht aus Holzfachwerk. Die Ornamentik zeigt
Halberstadt (das Bathaus: Baubeschreibnng) 455
innerhalb der Brüstungsflächen höchst reizvolle Blendmasswerke der spätesten
Gotik, während die Ständerflächen des steinernen wie des hölzernen Teiles mit
feinen Renaissancemustem belebt sind. Allenthalben an diesem Vorbau finden
sich Spuren roter Bemalang.
Aus wenig früherer Zeit wie der Vorbau ist der aus der Südwand hervor-
springende zierliche Erker. Er erhebt sich auf einer breiten Eonsole, die mit
fein profilierten, zierlich durchschnittenen Stäben verziert ist. Sie bildet ausser
ein paar Rosetten, welche Eerbschnittmuster nachahmen, die einzige Erinnerung
an die Gotik an diesem Erker. Alles übrige gehört durchaus der Renaissance
an. Zwei durch eine Mittelsäule getrennte Fenster nach Süden und je eins nach
Osten und Westen oberhalb einer kräftigen Brüstung geben das nötige Licht her.
Durch fünf reich profilierte, verkröpfte Gesimse und durch an den Ecken auf-
steigende Pilaster, welche neben den Fenstern durch je ein feines Säulchen er-
setzt sind, wird eine überaus reizvolle Einteilung herbeigeführt. Ein mit Schiefer
gedecktes, kleines, in geschwungenen Formen gehaltenes Dach bekrönt den Erker.
In den zwei Feldern der Fensterbrüstung sieht man das städtische und das
Stiftswappen mit der Jahreszahl der Erbauung dieses Erkers 1541. Über den
Wappen befindet sich die in Majuskeln ausgeführte Inschrift: Maniger saget
dus vnd das vnd weis selb nit was. Bistv froembe svnder niet vnde has
so mach dv es besser so lobe ich das.
Unterhalb des Erkers sieht man an der Wand die bekannten eingekratzten
Killen und Rundmarken, wodurch die Annahme, diese fänden sich nur an Ge-
bäuden kirchlicher Bestimmung, wieder einmal widerlegt wird.
östlich von dem kleinen Erker noch in der Südwand des westlichen Rat-
hausteiles sieht man einen gewaltigen Rundbogen, welcher aber schon in der
Renaissancezeit vermauert worden ist. Drei gekuppelte, von Renaissancegewänden
eingefasste Fenster, von einem Steingesimse überhöht, sind dort in nicht eben
glücklicher Art eingesetzt worden. Der Rest des Rundbogens darüber ist mit
einer Verglasung in Holzeinfassungen geschlossen, welche aus dem 18. Jahr-
hundert zu stammen scheint. Welche Bestimmung die grosse Rundbogenöffnung
ehemals gehabt hat, bleibt unklar. Vielleicht bildete sie den Abschluss einer Loggia.
Unmittelbar hiemeben führt eine Thür in den östlichen Rathausteil. Sie
befindet sich innerhalb eines prächtigen Vorbaues, der 1663 errichtet wurde.
Zu ihr führt eine zweischenklige Freitreppe, deren wuchtige Balustraden beider-
seits in einem mit Flachreliefornament bedeckten Obelisken endigen. Auf die
Brüstung des Treppenpodestes stützen sich die vier Pfeiler einer rundbogigen
gewölbten Halle (Fig. 204), welche oben ein aus der Südwand herausstrebendes
Zimmer und darüber einen Dachraum trägt, der in den des Rathauses ein-
mündet und gegen die Strasse mit einem steinernen Giebel abgeschlossen ist.
Auch bei dem Mittelteil dieses südlichen Vorbaues ist derEinfluss des Fachwerk-
baues unverkennbar, während die Arkatur des Unterbaues und der Giebel keine
derartigen Anklänge aufweisen. Die Ornamentik ist überaus reich. Männliche
Masken, Seejungfern und weibliche Hermen betonen die Hauptteile, während die
Quadern und die steinernen Ständer des Mittelbaues mit flachen Barockverzierungen
gefüllt sind. An den Brüstungsflächen des Mittelbaues sieht man in der Mitte
das Halberstädter Wappen zwischen zwei Blumenkrügen; in den vertikal noch-
456 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (das BatbaiiB: Banbesr&rabiiiig)
nials geteilten Feldern rechts und links je ein Wappen und den Genius der
Gerechtigkeit bezw. des Friedens in weiblicher Gestalt. Unterhalb des Uaupt-
gesimsos läuft die Majuskelinschrift: Rempvblicam servant et omont [üetaa
jvstitia concordia morvm gravitas civivm ädelitas et dcbitvm obseqvivci.
Aus der Mitta des Giebels schauen zwei Fenster nach der Strasse, unter
ihnen sind zwischen vertikalen Omamentstreifen drei reich verzierte büi^rUcbe
Wappen angebracht. Im oberen Dreieck des Giebels, welches durch ein bon-
zontales Gesims abgegrenzt wird, ist innerhalb einer Kartouche die JahreenU
1663. Die Riindor des Giebels zeigen in schwerem Barockornament niensdiUaK,
und tierische Masken, Pflanzen- und Fruchtmotive und die bekannten, i^|
gedrückten Voluten und ohrenartigen Gebilde, welche dieser Periode des Band^
Stils charakteristisch sind. Die horizontale Einteilung des Giebels wini doH*
aufgesetzte kleine Obelisken besonders betont. Den frei aufsteigenden Äbscbloss
nach oben bildet über einer Gesimsplatte, eine Maske.
In derselben Zeit, wo diese äusseren Veränderungen gemacht wurden, nalim
man auch im Innern des Eathauses Gelegenheit, allerlei Verschönerungen und
Veränderungen anzubringen. Der Unterzugsbalkon im grossen Vorsaaie des
Ubergeschosses, von wo eine hölzerne Wendeltreppe mit schön gedrehter, tief
ausgekehlter Spindel sclion seit dem 16. Jahrimndert zum Dachboden führt, er-
hielt zwei künstliche, hökerne, schlanke Stützen. Sie erscheinen als aus eckigen
Halbentadt (das BathauB: Banbeschreibnng) 457
Schnüren gedreht. Ihrem Kapital sind je zwei hübsch geschnitzte Kopfbändor
angesetzt. Den grössten Schmuck erhielt der Baum, welcher jetzt alsÄmtszimmcr
des Oberbürgermeisters dient, in Gestalt einer prächtigen Holzkassettendecke,
welche mit tippigen Malereien bedeckt ist: innerhalb reicher Ornamente ist sie
Fig. 205.
mit den sinnbildlichen Köpfen der deut.'wlien Kaiser geziert (Fig. 205.) Kino
andere Decke ans gleicher Zoit befindet sich im Obergeschosse des zurück-
tretenden stidlichen Teiles des östlichen Vorbaues über einem Kaumc, welcher
durch die Einschiebung einer liässüchen eisernen Wendeltreppe allen Reiz ver-
1
458 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (das Batbaus: Kunstwerke— derBoland)
loren hat. Er diente ehemals als Sitzungszimmer der Bauermeister. Eine grosse
Menge zierlich in Ölfarben ausgeführter Wappen bürgerlicher Personen aus der
ganzen 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts sind zwischen mannigfaltig gestaltetem
Ornamente in Kreisen und Kartouchen dort angebracht. Die Decke ist 1879 her-
gestellt worden, ebenso wie die vorher erwähnte.
Ein Tafelbild auf dem Vorsaale zeigt die Wappen der Vorsteher der
Gewandschneidergilde.
Im Stadtverordnetensitzungssaale hängt eine in Öl gemalte grosse Ansicht
der Stadt Halberstadt vom Ende des 17. Jahrhunderts.
Vor einigen Jahrzehnten ist das Rathaus durchgreifend und mit ver-
schiedenen nicht eben glücklichen Änderungen (darunter die Anbringung einer
gotischen Galerie am Dache der Westfront) hergestellt worden.
Der Roland, aus Sandstein gehauen, steht an der Südecke der Westfront
des Rathauses auf einer mit der Mauer im Verbände befindlichen Stufe. Die
gleichmässig auf beiden Füssen stehende, etwas breit gedrückt erscheinende
Figur ist bekleidet mit dem Panzer, über den hinten ein faltiger Mantel bis zum
Sockel herunterreicht. Um die Lenden üegt ein breiter Gürtel (Dusing), der
aus verzierten quadratischen Metallplatten zusammengesetzt gedacht ist. Die
mittelste, etwas breitere Platte zeigt in der Mitte eine Rosette, um welche kreis-
förmig folgende Inschrift läuft: ano O dni O millesimo O cccc O xxxui 0*
Die Hände stecken in Handschuhen, die linke hängt herab, stützt sich jedoch in
den Gürtel, die rechte ist starr emporgezogen und hält das schräg nach rechts
zeigende Schwert aufrecht, dessen Klinge von Metall eingesetzt ist, während der
breite und sehr lange, am Ende mit einem kreisrunden Knauf verzierte Griff
von Stein ist. Auf der linken Seite der Brust, so hoch, dass der obere Band
fast das Gesicht berührt, hängt schräge nach links unten gerichtet das Wappen
mit dem doppelten Adler. Der Kopf ist unbedeckt, das breite Gesicht bartlos
und ohne Ausdruck, das Haar in rosenartigen Lockenspiralen stilisiert Die
Modellierung der Figur ist fehlerhaft, die Beine besonders steif und falsch, die
Füsse in viel zu stumpfem Winkel nach unten gebogen, die Knie treten als
runde Klumpen heraus, die Arme sind zu kurz, ebenso der Hals. Das handwerks-
mässige Werk hat Ähnlichkeit mit dem Roland zu Bremen und nahe Verwandt-
schaft mit dem zu Zerbst, dessen Wappen jedoch nur den einköpfigen Adler
zeigt. Das Ganze stellt sich ersichtlich als beabsichtigte Nachahmung einer älteren
Rolandfigur dar, welche danach aus dem 13. Jahrhundert gestammt haben dürfte.
Masse : vom Erdboden bis zur Fussspitze 0,80 m , wovon auf den Figurensockel
0,25 m kommen. Höhe der Figur 4,20 m. Über dem Kopfe stand die jetzt ver-
schwundene Inschrift: renovatum, über dem Schwertknopfe: 1686.2 Hierbei
wurde er auch polychromiert, was 1710 noch zu sehen war.* Über dem Boland
war ehemals ein Dach angebracht, wie dies auch in vielen anderen Orten der
Fall ist Verschwunden ist auch die neben der Figur an einem eisernen Haken
hängende Normal-Elle. Auch das Vorkommen dieser ist nicht vereinzelt; Giemen
' Wegen dieser Jahreszahl kann dieser Roland nicht identisch mit dem sein, vor
welchem 1423 die vier Batsherren hingerichtet worden sein sollen. Vgl. oben Seite 195.
' Niemann, Die Stadt Halberstadt, p. 12.
» Uffenbach, Merkwürdige Reisen II, 150.
Halberstadfc (das Bathans — Wohnhäuser : A. Steinhäuser — B. Fachwerkhäuser) 459
(Zeitschr. des Aachener Gesch.-Ver. 1889) berichtet von einem solchen, angeblich
Karl d. Gr. darstellenden Bilde, an welchem gleichfalls Normalmasse angebracht
waren. Die Ansicht, die Rolande seien zu dieser Zeit Marktzeichen gewesen,
erhält durch den unsrigen eine wichtige Unterstützung.
Tgl. Outhovins, De statuis ßolandinis et Weichbildis Saxonicis. — Halber-
städter gem. Unterhaltungen 1804, 321; 1806, 277. — Zöpfl, Die Rulandsäule
(Altert, d. deutschen Reichs und Rechts III, 242—244). ~ Sello, Der Roland zu
Bremen, 1901, pag.33. — Abbildungen bei Scheffer No.44, bei Schröder, Die
Rolande Deutschlands, p. 83 u. 85 und bei Sello.
4. Wohnhäuser
Sie sind in Halberstadt ihrer bei weitem grössten Menge nach in Fach-
werk erbaut.
A. Steinhäuser aus älterer Zeit sind nur sehr yereinzelt; sie stammen
sämtlich aus dem 18. Jahrhundert und zeichnen sich durch schlichte Vornehm-
heit aus. Die Fassaden zeigen einfache Quaderungen, Einteilung der Fläche
durch Pilaster und dergl. Gelegentlich ist das Portal mit Säulen geschmückt.
Zu erwähnen sind die Häuser:
Qerberstrasse 15;
die v.Redem'sche Kurie am Domplatz 3, von 1796;
das Landgericht am Domplatz 34 mit wohlerhaltener geschnitzter Treppe,
schönen Thüren, Kaminen u. dergl. ;
die V. SpiegeFsche Kurie, Domplatz 36;
das Haus Domplatz 37;
ein schönes Rokokohaus Judenstrasse 16, mit drei Seiten frei an der Ecke
zweier Strassen stehend, erbaut gegen 1730, mit hübschem Risalit, welcher oben
von einem Giebel bekrönt ist; er ist gleich der Hausfront von Pilastern ein-
gefasst, welche reich verzierte Kapitale tragen;
Martiniplan 16.
[Verschwunden ist leider das alte Gymnasium mit seinem schönen Barock-
portal (Fig. 206).]
B. Die Fachwerkhäuser haben in Halberstadt vielfach noch heute ein
so altertümliches Aussehen, dass sie vorzugsweise dazu beitragen, der Stadt das
charakteristische Aussehen zu verleihen. Mag auch besonders in unseren Tagen
die Zerstörung der altehrwürdigen Bauten rasche Fortschritte machen, so ist
doch zum Glück immer noch reichlich so viel vorhanden, um eine ziemlich voll-
ständige Geschichte des Halberstädtischen Holzbaues vom 15. bis 18. Jahrhundert
daraus ableiten zu können. Die Stadt bietet für jede der verschiedenen Bau-
perioden ausgezeichnete und in vieler Beziehung eigenartige Beispiele. Die
Holzarchitektur ist in den ganzen vier in Betracht kommenden Jahrhunderten
die einseitig beliebte gewesen, wie sich aus der Nähe des waldreichen Harzes
mit Leichtigkeit erklärt. Nur höchst ausnahmsweise erfahren wir, dass in alter
Zeit massive Bauten ausgeführt wurden. Geschah dies, so galt das Ereignis für
grossaiüg genug, um dem Unternehmer danach einen volkstümlichen und sogar
offiziell gültigen Beinamen zu verleihen. Im 1. Bande des H. U.-B. begegnen
wir unter No, 64 und 126 in Urkunden von 1247 bezw, 1266 unter den Zeugen
460 Halberstadter Stadtkreis: HalberBtadt (Woliiiliäuser : 6. Facbwerkb3iiser — ADgvmeitin)
einem Hennciis und emem Johannes de lapidea domo, die wohl derselben
angestaunten Familie angehört haben. Ein Steinhaus gab es auch 1509 auf dem
Holzmarkte dem Rathause gegenüber westlich. Auch einzelne steinerne Gebäude-
teile waren so selten, dass das spätere Trüllbloster im M. Ä. stets der ^Hof
Fig. 206.
mit der steinernen Pforte", genannt wurde. Es ist zu bedauern, dass wir
wenig Vorstellung davon haben, wie in frühen Zeiten ein steinernes oder
hölzernes Haus in Halbei-stadt ausgesehen haben mag. Doch erscheint es nicht
nngcrochtfortigt, aniiuuehmen,. dass sie mit den uns bekannten ältesten Beispielen
Halberstadt (Wohnbäufier: B. Fachwerkhäuser — Allgemeines) 461
anderwärts eine ziemliche Ähnlichkeit gehabt haben. Das steinerne Haus stellte
sich in romanischen oder gotischen Formen dar; die Holzhäuser, vor dem Ende
des 14. Jahrhunderts vielfach mit Stroh oder Schindeln gedeckt (beides wurde
gegen 1400 in den Stadt-Statuten verboten), waren die Vorfahren der heute
noch aus dem Ende des Mittelalters erhaltenen. Doch zeigen diese letzteren nur
noch teilweise die Eigentümlichkeiten jener verloren gegangenen ältesten Häuser
und bilden insofern ein Mittelglied zwischen ihnen und den Holzhäusern aller
späteren Zeit', als sich bei den jetzt erhaltenen ältesten Stücken die Durchführung
der Ständerbalken vom Sockel bis unter das Dach und die Durchzapfung der
Balken findet, daneben bei denselben ilxemplaren aber auch die Vorkragung der
Obergeschosse schon völlig ausgebildet ist. Letztere Technik verwandte man auf
die Strassen-, erstere auf die Hoffront. Holzhäuser ohne alle Vorkragung aus
ältester Zeit, welche über die Beschaffenheit der frühesten Fachwerkbauten zu
Halberstadt ziemlich verlässiiche Auskunft geben dürften, finden sich noch in
Quedlinburg und Stolberg a, Harz.
Die Vorkragung, das augenfälligste äussere Merkmal der älteren Facli-
werkbauten, wurde in der Weise ausgeführt, dass die Balken mit jeder höheren
Etage etwas weiter über die Grundlinie der Front hinausgeschoben („ubergesatzt")
wurden, und zwar mindestens utii die Dicke des Balkenkopfes. Man begnügte
sich indessen nicht immer mit diesem etwa 0,25m betragenden Masse, sondern
ging oft bis auf 0,50 — 0,60 m, und bei mehreren Etagen und demgemäss wieder-
holten solchen Auskragungen entstand daher oft ein Traufenvorsprang von ins-
gesamt gegen oder über anderthalb Meter. Dies brachte mit sich, dass die
Zwischenräume der Balken zwischen Saumschwelle und Ramholz auf irgend eine
Weise ausgefüllt werden mussten, sei es durch eingezogene starke Bretter oder
Bohlen, sei es durch Füllbalken. Ebenso entstand bei grösseren Vorkragungen
die Notwendigkeit, die Balkenköpfe durch Knaggen (Konsolen) zu unterstützen.
Sehr häufig, jedoch keineswegs immer brachte man über dem Erdgeschosse noch
ein nicht vorgekragtes Zwischengeschoss von geringer Höhe an; ebenso wie
dieses pflegten auch die obei'sten Stockwerke der Dachgiebel an der Vorkragung
nicht teilzunehmen. Herausgerückte Erker von oblonger, halb sechs- oder halb
achteckiger Grundform sind gleichfalls nicht selten, kommen aber doch in Halber-
stadt nur verhältnismässig vereinzelt vor; viele davon sind in neuerer Zeit leider
beseitigt worden. Die Auskragung war für die städtischen und offiziellen Gebäude
ebenso beliebt wie für die bürgerlichen Wohnhäuser. Doch verlangte die
städtische Polizei vermutlich auch hier, dass ihre besondere Genehmigung dafür
eingeholt wurde. In Osterwieck (s.o.) war dies der Fall; im dortigen Stadtbuche
ist unter § 16 angeordnet: „de richtore mach nicht erlowen, venstere up de
strade to henghene noch dore noch dor, noch balken over sine wand to stekene.
Dat scal erlowen de rad mit der nevbure willen, den ez scaden mach."
Dass ähnliche Bestimmungen auch in Halberstadt existiert haben, geht
daraus hervor, dass man die Vorkragungen dort als Steuerquelle benutzte. In
dem Lehnsreverse des Bischofs Gebhard von Hoym 1479 heisst es: ,,Un de bawet
up de strate mit overhang, de gifft von dem spanne ^2 verding." Doch hinderten
derartige Beschränkungen die Bevölkerung nicht, der beliebten Bauweise treu
zu bleiben. Sie war in solchem Grade massgeblich, dass sie, als in den Zeiten
462 Halberstftdter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäosor: B. Fachwerkh&aser — Allgemeines)
der Benaissance der Steinbau anfing, einige Bedeutung zu gewinnen, ihren Ein-
fluss auch auf diesen geltend machte. Sie bewirkte, wie wir schon oben be-
merkten, dass auch am Ostbau des Rathauses das massive Untergeschoss ein
vorkragendes steinernes Obergeschoss erhielt. Freilich kam es, aber nur hödist
selten, und erst in der Zeit des Verfalls vor, dass die Yorkragung am Fachwerk-
bau unterlassen wurde. Das Haus Paulsstrasse 10, datiert von 1669, liefert den
Beweis für diese sonst nirgend zu beobachtende Thatsache. Es ist, ohne Yer-
änderung am Äussern erlitten zu haben, von unten bis oben völlig glatt, nicht
zum Yorteile seiner Erscheinung, welche durch die starke Betonung der hori-
zontalen Linie eine wesentlich eindrucksvollere geworden wäre. Das Hervor-
ragen der oberen Geschosse hat die Nüchternheit des Strassenbildes verhütet
und malerisch bewegte Bilder erzeugt. Freilich ist dies nicht der Zweck ge-
wesen, um dessentwillen diese eigentümliche Bauweise beliebt wurde. Sie ver-
dankte ihre lange Existenz vielmehr praktischen Rücksichten: die Traufe von
der Frontwand des Erdgeschosses weiter abzubringen; viele Eonstruktionsteile
gegen Schlagregen und stehenbleibende Nässe zu schützen, was namentlich bei
den Hirnflächen des Holzes, bei den Balkenköpfen von Wichtigkeit ist; es bot
ferner die auf den vorspringenden Balkenköpfen ruhende Last der Wand ein
Gegengewicht gegen das stärkere Durchbiegen der Balken im Innern des Hauses;
der Raum in den Obergeschossen wurde erweitert und so der Bauplatz besser
ausgenutzt, ohne dass der Yerkehr auf den Strassen dadurch eingeschränkt wurde.
Dies war um so nötiger, als damals Stadtbebauungspläne nicht existierten,
vielmehr jeder im alten Schema nach seinem Belieben bauen durfte, wenn er
sich nur einigermassen an die üblichen Baufluchtlinien hielt. Daher kommt es,
dass in Halberstadt und anderwärts viele ältere Häuser existieren, die mit einer
Ecke ein wenig, meistens um die Breite eines schmalen Fensters, über das
Nachbarhaus hervorstehen, eine Erscheinung, die sich z.B. am Breitenwege 64,
am Ratskeller u. s.w. findet. Die vollständig organische Ausbildung der Ecken
beweist, dass nicht etwa später zufällig das Nachbarhaus etwas weiter rückwärts
erbaut wurde. Und so kommt es ferner, dass die Strassen oft auf einer oder
auf beiden Seiten krumme Fluchtlinien zeigen. Wo dergleichen vorkommt, lässt
sich wiederholt beobachten, dass die Krümmung innerhalb einer Hausfront und
nicht am Zusanimenstosse zweier Häuser liegt In der Gröperstrasse 63 findet
sich der seltsame Fall, dass das auf einer Ecke, die einen ausspringenden Winkel
bildet, stehende Haus mit seinem Untergeschosse der gebrochenen Linie der
Strassenflucht folgt, während die Obergeschosse geradlinig verlaufen und daher
über das Untergeschoss beiderseits hervortreten.
Als Nachteile dieser Bauweise lassen sich die grössere Feuersgefahr und
die Gefährdung der Gesundheit der Bewohner durch den Mangel an Licht und
Luft in den nach oben eingeengten Strassen und Gassen nicht übersehen, wenn
man den stärkeren Yerbrauch von Nutzholz nicht in Anschlag bringen will.
Im Mittelalter und bei der Nähe des Harzes kam das letztere Bedenken nicht in
Betracht An vorzüglichstem Holze ausgewachsener alter Stämme war reichlidier
Yorrat, und man konnte es auch vermeiden, den weichen und vergängUchen
Splint zu benutzen, der namentlich, wo Schnitzereien anzubringen waren, an-
brauchbar war, und man verarbeitete nur das feste, wohl ausgetrocknete Kernholz.
Halbeistadt (WobnUaser: B. Fachwerkhänser — Allgemeiiies)
Was die gegenwärtige Zahl der noch vorhandenen Holzbauten vergangener
Jahrhunderte anlangt, so ist sie, wie schon gesagt, noch immer erheblich, obwohl
sie leider beständig abnimmt Es giebt solcher älteren Häuser noch in allen
Strassen innerhalb des alten Hauerringes, und zwar sind ihrer gegenwärtig noch
Fig. 207.
721, welche dem Zeiträume von der Mitte des 15. bis Anfang des 18. Jahrhunderts
angehören. Ton diesen sind 184 auf diese oder jene Art so verdorben, dass
ihre Datierung nicht mehr möglich ist; 314 gehören der Verfallzeit an, deren
Beginn man gegen 1640 annehmen kann, sodass nach Abzug dieser aller noch
223 Vertreter der guten Perioden übrig bleiben.
464 Hnlberstadter Stadtkreis : Ualberstadt (WulmhäDser : B. Fachverkli9iiBor — Allgeneiaee)
Der Bauperioden giebt es vier:
1) die gotische, etwa bis 1530,
2) die Periode des Überganges von der Gotik zur Renaissanee bis etwa 1580,
3) die Renaissance- und Barockperiode bis etwa 1640,
Sa-':. I
Fig. 208.
Halberstadt (Wohnhäaser: B. Facbwerkhäuser — I. Periode)
465
4) die Yerfallzeit, welche sieh bis Ende des 18. Jahrhunderts lünzieht, seit
dessen zwanziger Jahren aber Werke erzeugt, die keiner Beachtung
mehr wert sind.
Man sieht, dass die zeitliche Begrenzung dieser Abschnitte nicht mit der sonst
in der Kunstgeschichte feststehenden übereinstimmt; die konservative Art des
bürgerlichen Handwerks folgte der Entwicklung der hohen Kunst langsamer
wandelnd nach.
In der nachfolgenden Zusammenstellung der noch vorhandenen Holz-
architekturen betrachten wir im Anschlüsse an die eben genannten Perioden die
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Fig. 209.
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in einer jeden bemerkenswertesten Bauwerke und ordnen ihnen die zur selben
Zeit und Gattung gehörigen, weniger bedeutenden Beispiele unter.
I. Periode. Vom bedeutendsten Alter, welches sich freilich aus Mangel
an Datierung nicht genau feststellen lässt, dürfte ein Haus liinter der Moritz-
kirche (Fig. 207) sein, bei welchem an der Hofseite noch die Ständerbalken von
unten auf durch zwei Stockwerke emporreichen. Die die Fussböden bildenden
Balken sind mit Zapfen durch jene hindurchgezogen und durch davor geschlagene
starke Holznägel am Zurücktreten verhindert; kleine Schutzbrettchen sind dach-
artig zum Schutze gegen die Witterung über die heraustretenden Zapfen gesetzt.
Etwas Ähnliches findet sich auch an der Hj^fseite eines Hauses in der Strasse
Unter der Tanne, welches gleichzeitig die weitere Eigentümlichkeit zeigt, dass
Kreli IlalberaUdt.
30
466 HallberetädterStadäEreis: Salberstadt (Wohnhäoser: B. ¥*achwerkh&user — I. Periode)
es über die dort einmündende kleine Strasse als Thor hinübergebaut ist. Das
i/^ahrscheinlich ähnliche Haus Breiterweg 30, aus der ersten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts stammend, ist leider abgerissen.
Das älteste datierte Fachwerkgebäude von Halberstadt ist der Ratskeller.^
(Fig. 208 u. Fig. 209 rechts.) In zwei Zeilen gotischer Minuskeln, die Worte durch
kleine vierblättrige Röschen oder durch Punkte getrennt, befindet sich die Zeit-
angabe an der Nordostecke der ersten über dem Zwischengeschoss befindlichen
Saumschwelle und besagt:
anii0 O N«iMi O m . cca
O In in We . NMt|re O «
Da hier wie auch in späterer Zeit die Schnitzereien an dem fertigen Bau (auf
Gerüsten) ausgeführt w^urden, so stellt diese Jahreszahl 146L wohl die Zeit der
Vollendung, nicht der Gründung dar.
Die Architektur des Ratskellers ist überaus klar und bleibt vorbildlich bis
in die Zeit der Renaissance hinein. In jedem der drei Stockwerke stehen die
Säulen (sullen 1488) in gleichen Entfernungen und bilden mit den Balken
Systeme, um die Balkenköpfe direkt zu unterstützen. Die Balkenweiten ent-
sprechen den Säulenweiten. Zugleich stehen alle Säulen lotrecht übereinander,
und nur die Ecksäulen (ortsulen 1477) rücken mit jeder höheren Etage, wie sich
infolge der Vorkragung bei jedem Eckhause von selbst versteht, diagonal hinaus,
was zugleich diagonal gelegte Eckbalken und Stichbalken für die Seitenfronten
bedingt Die Säulen, wie überhaupt alle Holzteile, sind von bedeutender, später
ungewöhnlicher Dicke, ganz besonders die Ecksäulen. Die Verbindung ist über-
aus scharf und genau gearbeitet, sodass man die Verstrebungen nur durch
kleine Hölzer über der Saumschwelle bewirkte oder auch ganz fortliess.
Die Saum schwellen sind reich verziert. Unter den Aufsatzstellen der
Säulen befinden sich an der unteren Schwelle gotische Vierpässe, in den breiten
Zwischenräumen abgeflachte Kleeblattbögen, in denen teils stilisierte Masken,
teils Drachenpaare miteinander wechgcln. An der Saumschwelle des oberen
Stockwerks sieht man flache Kassetten, und in ihrer Mitte einzelne kleine
Blätter verschiedener Gestalt. Unterhalb der Säulen sind kleine Dreipässe ein-
geschnitzt.
Die Balkenköpfe enden in der mittleren Reihe in Masken, von denen
zwei tierischer Art sind, in der oberen Reihe ist die Hirnholzseite flach und nur
unten sind ein paar Querlinien eingeschnitzt. Zwölf reiche Konsolen unter-
stützen diese Balkenköpfe in der unteren Reihe. Sie sind kulturgeschichtlich
interessant, da sie sämtlich mit Musikanten- und Gauklerfiguren nach damaligem
Tj^pus verziert sind. In der mittleren Reihe befinden sich nur sechs Konsolen
' Als eine nicht beweisbare, aber wahrscheinliche Vermutung möchte ich es hinstelleni
dass der Ratskeller als städtisches Spielhaus (tbeatrum) erbaut worden ist. Der Figureo-
schmuck ist nahe verwandt dem des WernigerÖder Rathauses, welches gleichfalls ehemals
als Spielhaus gedient hat. Vgl. übrigens, was oben über das Halberstädter alte Rathans
gesagt ist.
• 6. Februar. Vergl. Hcheffer, Inschriflen und Legenden Halberstadter Bauten, p.7.
Abbild. No. 10.
äalberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — t. Periode: Katskeller) 46t
mit menschlichen Figuren (darunter ein sich umarmendes Paar), die übrigen sind
ornamentierte Knauf konsolen , welche letzteren endlich in der oberen Reihe fast
allein herrschen. Nur zwei sind dort mit Masken geziert, drei mit ganzen
menschlichen Figuren. Die Eckkonsolen; über Eck aufgestellt, sind länger als
die übrigen, eine jener Eigentümlichkeiten, durch welche Halberstadt sich aus-
zeichnet An der dem HoJzmarkt zugewandten westlichen Ecke zeigen sie von
unten auf: einen Mann, der ein Wappen (vielleicht das der Stadt) hält, imMittel-
geschoss Simson mit dem Ixiwen, unter dem Dache eine kleine laufende Figur.
Die ganze Ecke ist durch öftere bauliche Veränderungen stark verdorben;
Fenster sind teils durchgebrochen, teils zugemauert, drei Konsolen fehlen;
Figurenkonsolen sieht man nur in der untersten Reihe, während oben nur Knauf-
konsolen (lang gestreckt, halb achteckig, reich mit Masswerk verziert) vorkommen.
An der Aussenwand ist, was hier nebenbei erwähnt sei, der aus dem 13. Jahr-
hundert stammende Grabstein eines Ritters eingemauert, welcher vor einem
merkwürdig gezeichneten Kreuze kniet. Die Zeichnung ist eingeritzt; die Um-
schrift zeigt an, dass Johannes v. Aisleben an einem Montag vor Pfingsten er-
mordet worden sei.
Die östliche, in einer engen Seitengasse (die Krebsschere genannt) liegende
Front ist einfacher gehalten, zeigt jedoch ganz gleiche Grundsätze. Die untere
Schwelle ist mit zwischen Vierpässen eingeschalteten flachen Bögen verziert, die
mit kleeblattartigen Mustern gefüllt sind. Die Balkenköpfe sind auf dieser Seite
nur einmal mit einem Kopfe, im übrigen nur mit Querstreifen geziert. Von den
Konsolen zeigen sechs im unteren, fünf im mittleren, drei im oberen Stockwerk
verschieden grosse menschliche Figuren, wie auf der Nordfront durchweg Typen
des Volkes, darunter auch eine völlig nackte weibliche Figur. Die Eckkonsolen
haben die doppelte Länge der übrigen und zeigen von unten auf übereinander:
einen König, St. Georg, einen Narren.
An beiden Fronten sind die Räume zwischen den herabhängenden Konsolen
mit schräg gegen die Wand verlaufenden Schutzbrettern gefüllt, die ein
Charakteristikum dieser Epoche bilden und vermutlich ehemals bemalt waren.
Leider ist die alte Malerei in Halberstadt nur noch sehr vereinzelt zu finden,
was sich aus den Einflüssen der Witterung und dem wechselnden Oeschmacke
der Besitzer erklärt. Das Haus an der Ecke des Düsterngrabens und des Tränke-
thors hat die mit ursprünglicher gotischer Bemalung versehenen Schutzbretter
noch in schöner Vollständigkeit. (Fig. 210.) Die Muster, von welchen hier einige
Proben wiedergegeben werden, sind mit grauer Farbe auf bräunlich dunklem
Grunde hergestellt.
Der Architektur dieses Gebäudes nahe verwandt ist die eines ihm östlich
gegenüber stehenden Hauses, welches eine Ecke des Fischmarktes bildet. Es
ist undatiert, aber jedenfalls nur wenige Jahre nach dem Ratskeller, etwa um
1480, erbaut. Es hat drei Stockwerke, zwischen denen die Saumschwellen ver-
schiedenartigen Schmuck zeigen, nämlich unten dreistufigen Treppenfries mit
eingeschalteten Vierpässen (Fig. 211 oben), in der Mitte Kassetten und Dreipässe,
oben abgeplattete BQeeblattbögen , unter dem Dache endlich einen zweistufigen
Treppenfries. Die Front nach dem Fischmarkt hat 16, die nach der Krebsschere
8 Fachbreiten. Die Balkenköpfe sind schmucklos. Die Konsolen ähneln in den
30»
468IHalboratÄdter Stadtkreis: Halberstadt (WohnlSoser : B. Pachwarkhausar — I. Periode)
unteren Stockwerken den Knauf konsolen, wie wir sie schon am Katskeiler kenneu
lernten; sie sind im untersten Oeschoss beseitigt bis auf eine nach der westlichen
Fig.2I0. Fig.210. Fig. 210.
r
.-^;
..""" —— I Seite zu. Die oboien Konsolen verlaufen gegen die
Wand flach, nicht mit Knäufen, ein Merkzeichen, dass
dieses Haus jünger als der Katskeller ist. Die Eck-
^ ,J^ ] konsolen aber sind wie bei diesem verlängert, und
^ '%^^ T ■ ■ i zwar ist im untersten Geschosse eine eigentümliche
I - '"^ " Gruppe von dreien gebildet, deren mittelste wiederum
'"" . ■ ,. ' .■ * '. am längsten ist. Sie zeigt als Schmuck den oft Tor-
" "* kommenden Simson mit dem Löwen, während die
Fjg, 210 Konsolen links und rechts zwei männliche, halb
hockende Figuren anfweison. Diese beiden Konsolen
endigen unten mit gotischem Knauf, die mittelste mit einem Löwenkopfe. Die
oberen Stockwerte haben nur je eine Eckkonsple mit folgenden Verzierungen
Halberstadt (WohohSuser: B. Fachwerkhäuser — I. Periode)
469
von unten auf: St Georg, Christophorus (die so sehr beliebte, dem Beschauer der
Tradition nach für den betreffenden Tag den Tod abwendende Figur), St. Lau-
rentius. Die Verlängerung der Eckkonsolen ist übrigens kein notwendiges Er-
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Fig. 211.
fordernis jener Zeit, wie das von 1518 datierte Haus Kühlingerstrasse 23 be-
weist. — Von den Schutzbrettem gilt dasselbe wie von denen des Ratskellers.
Ganz im selben Stil und daher aus denselben Jahren ist die linke Hälfte
des Hauses Harsleberstrasse 8 (die rechte Hälfte ist etwa 100 Jahre jünger).
Auch hier findet sich die Schwelle mit dem Treppenfriese, die Knaufkonsolen in
470 Halberetadter Stadtkreis: Halberstadt, (WohohäuBor: B. Facbwerklianser — I.Periode)
maimigfaltiger Gestalt gleich jenen des Ratskellers, ausseriiom vier KoDsoien mit
Figuren (Fig. 212), nämlich Tviederum Simsen, Christopborus, ein Mann mit einem
Becher und eine weibliche Figur.
tielfi^il» .
dn-tU . jt/iiicÄ^ert .
Weitere Beispiele aus dieser Periode des 15. Jahrhunderts existieren in
Ilalberstadt nicht mehr. Im allgemeinen wird von den untergegangenen ffi-
gölten haben, was bei den erhaltenen zu beobachten ist.
■ Einen etwas veränderten Charakter zeigt, wiewohl noch der gotischen
Periode angehörig, das Haus am Fischmarkt No. 9, erbaut laut Inschrift im
Halberstadt (Wohnbäuser: B. Fachwerkhäuser — I. Periode)
471
Jahre 1529 von einem gewissen Eberth Holtbusen. Die Schwellen zeigen in
beiden Stockwerken flache Korbbögen, die mit Verzierungen angefüllt sind:
Fischen, einer Maske mit Laubwerk, Füllhörnern, Blättern, einer Eule und zwei
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/YsMfriarkt
^ tiri, •ijvtm //n4**e^^ /üjt/tr e^*r J^//ft u»
Fig. 213.
anderen Vögeln. An den Aufsatzstellen der Säulen befinden sich kleine Rosetten.
Im unteren Stockwerk sehen wir fünf Figurenkonsolen mit zwei weltlichen und
drei geistlichen Personen, unter letzteren jene, welcher mittels einer später auf-
gesetzten Inschrift der Name Tetzel beigelegt worden ist. Im selben Charakter
472 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Wohnbäu8er4 B. Fachwerkhäuser — I. Periode)
waren die Nachbarhäuser No. 10, 11 ^ und 12, welche leider modernen Geschäfts-
häusern haben weichen müssen. Von diesen verschwundenen trug das Eckhaus
zwischen Fischmarkt und Hoheweg eine Inschrift in schönen Minuskeln und
grossen Initialen : Anno Domini M ccccc XXV am Dag Erasmi (3. Juni).
(Fig. 213 oben.) (Zu Ehren dieses Schutzheiligen der Schiffer und der ünterleibs-
leidenden, welchem nach der Legende unter Diocletian die Eingeweide aus dem
Leibe gewunden wurden, gab es in der gegenüberliegenden Martinikirche einen
Seitenaltar. S. oben pag. 401.) Die Inschrift befand sich an der dem Fischmarkt
zugekehrten ersten Saumschwelle über fünf Balkenfachen. Die Balkenköpfe waren
einfach profiliert und ruhten stellenweise noch auf altgotischen Knaufkonsolen.
Die übrigen Teile der Saumschwelle waren mit Gesichtsmasken oder fabelhaften
Tieren innerhalb gestreckter Kleeblattbogen verziert, die überhaupt eine Halber-
städter Eigentümlichkeit bilden , während der Treppenfries die ineinander
steckenden Rechtecke, die Korbbögen und dergl. auch sonst in Niedersachsen
überall verbreitet sind. Hierbei sei bemerkt, dass die Schwellenverzierimgen,
seien sie bogig oder eckig, wie sie sämtlich derselben Grundform entstammen,
so auch sämtlich dieselbe Richtung, nämlich die nach unten geöffnete, haben,
was in der Zeichnung der Gebäude ja auch das einzig Richtige ist.
Von ganz gleicher Architektur wie die eben beschriebenen Häuser war in
den vierziger Jahren noch die sogenannte alte Ratswage, welche als solche bis
1806 benutzt worden ist, das Eckhaus dos Fischmarktes und Breitenweges. Laut
jetzt nicht mehr vorhandener Inschrift war das Haus 1519 erbaut worden.'
Leider hat man vor einer Reihe von Jahren fast sämtliche Schnitzereien mit
Kalkputz überarbeitet. Nur die Schwelle nach dem Breitenwege hat man ver-
schont. Sie zeigt in Korbbögen zwei Vögel, zwei Männer, einen Storch, der
einen Frosch verschlingt, zwei Sirenen, einen Mann und eine Frau, zwei
kämpfende Drachen, einen Hund, einen nach links blickenden Kopf. Dazwischen
befinden sich kleine Wappen. Zwei Eckkonsolen sind gleichfalls erhalten: unten
ein Bischof, vor dem eine kleine Figur kniet, die ohne Grund Huss genannt
wird, oben ein König mit dem Scepter.
[Vom Jahre 1524 war ein leider zu Grunde gegangenes zweistöckiges Haus
in der Kühlingerstrasse, das hoch interessante Skulpturen an der Saumschwelle
zeigte. Es waren stets zwei Tiere gegeneinander gerichtet und mittels Ornament
nach links und rechts zur Ausfüllung des Raumes zwischen je zwei Balken ver-
längert. Unter diesen Tieren erkannte mau zwei Hähne, zwei Hunde, zwei
Böcke, zwei Pferde u. s. w. , sämtlich im Kampfe miteinander begriffen. Gleich-
falls aus dieser ersten Periode stammte das ehemals an Stelle der jetzigen
Mädchenschule neben den Zwicken stehende Haus mit massivem üntergeschoss,
von welchem wir beistehend eine Abbildung geben. (Fig. 214.) Sie wie jedes
Bild der ehemals südlich vom Dom stehenden Häuser erweckt schmerzliches Be-
dauern, dass alles dies hat zu Grunde gehen müssen.]
Ein aufmerksames Durchmustern der Strassen der Stadt lässt aus der ersten,
^ Nach Scheffer p. 7 hatte dies Haus die Inschrift: Mo Domine ezaudi htc Die
Jahreszahl (a.a.O. Abbild. 13): Anno Domini M ccccc xxv.
» ScheflTer p. 7, Abbildung No. 13.
Halberstadt (Wohnliäaser : B. Fachwerlibäuser — L Periode) 473
gotischen, Periode noch eine Anzahl von Häusern vermuten, doch sind sie nach
vielen Richtungen dergestalt in der Umwandlung begriffen , dass die Erwähnung
nur bei wenigen lohnt. So steht an einem Hintergebäude in der Nahe des
Wasserthores die i^ahl 1528 nebst der Inschrift: doe nemand eren alse du
nemen wult vordragh eme des du nicht liden wult, d.h. thue niemand Ehren
Fig 214.
an, wie du sie beanspruchen magst, halte ihm zu Gute, was du selber nicht
leiden willst. Es ist dies eine der sehr seltenen niedeideulschcn Inscliriftcn,*
während man sich sonst dazu immer des Hochdeutschen oder des Lateinischen
bediente. Auch die Häuser Kühlingerstrasse 23 von 1518 (?),i daselbst No. 18
von 1528, Klein -Blankenburg 6 vom selben Jahre gehören in diese Epoche.
' Die Inicbrift (Scheffer pag. 10, Abbilil. 16) deutet auf 1508 oder 1518: Ao . dmi .
inillennio . quigintesimo .... octavo . i . oct . visitat . Mari ['J. Juli] bc . domus . com-
plet» . est.
474 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — IL Periode)
Letzteres hat die Inschrift : 1528 . D. H. linde (?) faciendum curavit ^ Dazu
kommt noch eine Anzahl von undatierten Häusern. Zu ihnen gehört eins im
Westendorf 25. Es ist 10 Fach breit, die Balkenköpfe haben nur eine einfache
Verzierung mit drei Querstrichen. Die Konsolen sind lang gestreckt, nach unten
flach auslaufend und haben Querstreifen. Die Saumschwelle zeigt felderweise
eine Verzierung von ineinander geschobenen Rechtecken ; zwischen diesen Feldern
befinden sich kleine Kerbschnitzrosetten. Unten sieht man eine zwei Fenster
breite Auslucht, die mit dem vorgekragten oberen Geschoss zusammenhängt.
11. Periode. Indem wir zur Betrachtung der zweiten Periode, der des
Überganges von der (Jotik zur Renjiissance, schreiten, finden wir als inschriftlich
datiert die Häuser Hoheweg 5 von 1532, Holzmarkt 4 vom selben Jahre, Düstem-
graben 12 von 1537, Göddenstrasse 28 von 1541, Franziskanerstrasse 12 von 1542
(Fig. 215), Franziskanerstrassc 23.24 von 1544, Holzmarkt 3 von 1552, Schuh-
strasse 7 von 1553, Göddenstrasse 26 von 1554, Westendorf 2 von 1557, Breiter-
weg 39 von 1558, Breiterweg 38 von 1559, Kühlingerstrasse 29 von 1569, den
alten Marstall von 1574, Gerberstrasse 1 von 1575. Der undatierten Häuser sind
hier, wie sich denken lässt, noch eine ganze Menge, darunter die Häuser Hohpr-
weg 13, Harsleberstrasse 8 (rechte Hälfte), Lichtengraben 15, Hinter der Münze 19,
das Eckhaus am Hohenweg und Lichtengraben und andere.
[Zu Grunde gegangen ist das ebenfalls hierher gehörige Haus Breiterweg 44.]
Das Haus Hoherweg 5 mag als das älteste Beispiel dieser Periode zuerst
betrachtet worden. Sogleich macht sich eine neue Erscheinung bemerkbar, welche,
wiewohl aus romanischer Zeit herrührend, doch mit bewusster Kraft in dieser
Periode wieder einsetzt, die Verzierung der Saumschwellc durch die sogenannten
»Schiffskehlcn. Die Schiffskehle ist entstanden durch Verniedrigung imd
gleichzeitige Vertiefung der in der gotischen Zeit üblichen (gleichfalls der spät-
romanischen Ornamentik angehörigen) Korbbögen, und sie behauptet ihr Dasein,
bis sie ganz dürftig und krüppelhaft im 18. Jahrhundert ausstirbt. Sie ist eine
langgestreckte, tiefe Abfasung und Auskehlung des unteren Schwellenrandes,
gegen die Balkenköpfe hin spitz auslaufend. Besonders in Begleitung anderer
Ornamente wirkt sie äussei*st lebendig und malerisch. Denn erstens fand sie
selber mancherlei Verzierungen. Die einfachsten sind buckel- oder nagelkopf-
artige Erhöhungen unweit ihrer Enden. Wollte man üppiger sein, so fasste man
ihren ganzen Rand (Franziskanerstrasse 38) mit Kundstäben und Hohlkehlen, oder
nur den oberen mit einem Diamantbande ein; das häufigste endlich ist die Aus-
füllung ihrer Höhlung durch eine Schnürrolle, die oft wie mit einer Perlenschnur
durchzogen scheint, bisweilen auch in eine Schuppenrolle tibergeht — Zum
zweiten vorschwanden in dieser Periode mehr und mehr die gotischen Schutx-
bretter zwischen den Konsolen und an ihre Stelle treten Füll holz er, welche
ornamental durchaus den darüber befindlichen Teilen der Schwelle nachgeahmt
werden, sodass also die Schiffskehlen verdoppelt erscheinen. Die Länge der
Schiffskehlen entspricht den Räumen zwischen den Säulen. Die Räume zwischen
den Schiffskehlen unter den Aufsatzstellen der Säulen zierte man mit kleinen
Rosetten, Wappen, Handwerkssinnbildern oder anderen Figuren. Am Hause
1 Scheffer pag. 9, Abbild. U.
Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — II. Periode)
475
Hoherweg 5 sind es kleine Hackbeile, die wohl andeuten, dass das Haus ehe-
mals einem Fleischhauer gehörte. Für ein Innungshaus halte ich es deshalb
nicht, weil an solchen, wie etwa an dem später zu besprechenden Schuhhofe, die
Wappen der Innungsgenossen angebracht zu werden pflegten. Hier sei gleich
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Fig. 215.
angefügt, was über sonstige Verzierungsarten der Schwellen zu bemerken ist.
Sehr häufig ist ein gotischer Laubstab (Franziskanerstrasse 9 und öfter) oder ein
Flechtband, welche beiden Motive am Lichtengraben 15 vereinigt sind. Man
belebte sie auch mit Hohlkehlen, die entweder felderweise unterbrochen sind
476 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — ü. Periode)
oder über die ganze Schwelle hinlaufen. Zu demselben Zweck und in derselben
Art benutzte man Schnürrollen, welche den an den Schiffskehlen beobachteten
entsprechen. Nicht häufig sind die Fälle, wo sie sich über die ganze Schwelien-
länge hinziehen, wie Kulkstrasse 34 und Weingarten 29. Eine eigentümliche
Verzierung zeigen die Häuser Sackstrasse 20. und Abtshof 2—3, deren Saum-
schwellen mit einer Anzahl kleiner, unregelmässig verstreuter Tupfen bedeckt ist.
Alle eben beschriebenen Motive waren übrigens nicht auf diese Periode be-
schränkt, sondern lebten weiter auch in der Zeit der Kenaissance. Sogar den
gotischen Laubstab findet man an dem aus jener späteren Zeit stammenden Hause
Breiterweg 20 wieder. Endlich war allgemein beliebt durch diese und die fol-
genden Epochen, die Schwellen mit Inschriften zu bedecken. Ihre grosse
Anzahl verbietet leider, auf sie näher einzugehen. Trotzdem wäre dies un-
erlässlich, wenn nicht der oft citierto Scheffer mit rühmlichem Fleisse, freilich
trotzdem nicht vollständig noch durchweg mit diplomatischer Genauigkeit, sich
der Sammlung der Halberstädter Inschriften angenommen hätte. Inhaltlich unter-
scheiden sich diese nicht von den in anderen Städten vorkommenden; sie sind
der Sprache nach hochdeutsch, niederdeutsch, lateinisch, gelegentlich griechisch,
dem Inhalte nach religiös, profan, naiv, gelehrt, milde und herausfordernd, ernst
und humoristisch wie anderwärts. Überdies bieten sie ein reiches Material zur
Halberstädter Familiengeschichte. Alte Hausnamen sind höchst selten. Die
Sammlung der Hausmarlcen muss mit Rücksicht auf die Kostspieligkeit ihrer
Nachbildung hier leider unterbleiben, sie wird trotz Scheffers Bemühungen noch-
mals und bald an anderer Stelle besorgt werden müssen, ehe es zu spät wird.
Von charakteristischen Balkenköpfen und Konsolen wird bei anderen besseren
Beispielen die Rode sein, denn leider ist das vorher genannte älteste Haus dieser
Periode Hoherweg 5 sehr verdorben. Aber dennoch giebt es Anlass, einer
weiteren neuen Erscheinung zu gedenken, die an ihm, wenn auch Zerstörung
halber, nur fragmentarisch zu beobachten ist. Ich meine jene äusserst charakte-
ristischen bekannten Fächerrosetten, dem ersten in die gotische Ornamentik
des Fachwerkbaues sich einmischenden Renaissancemotive, welches seine Ent-
wicklung nur in der Übergangszeit findet, um gegen Ende des 16. Jahrhunderts
zu verschwinden. Die fächerähnlich ausgespannten Scheiben bestehen aus einem
Mittelkem, von dem aus Strahlen geradlinig oder straussenfederartig (in Halber-
stadt nur in der Verfallzeit in geschwungenen Linien) sowie in gewissen Zwischen-
räumen nach der Peripherie eines Halbkreises verlaufen. Der Mittelpunkt liegt
fast durchweg über der Saumschwelle dergestalt, dass die wohl nie fehlende
Mittelscheibe ganz auf der Säule enthalten ist, die übrige Fläche der Rosette sich
dagegen auf die jeder Säule unten beigegebenen dreieckigen Fussstreben aus-
dehnt. Die Manier, eine Form über verschiedene Werkstücke hinüberzuziehen,
nimmt hiermit ihren Anfang und führt späterhin, unter anderem an dem Hause
Ijichtengraben 15, zu vollständiger Willkür. Dort ist die Schnitzerei ohne jede
Rücksicht auf die Bauteile angebracht, wo es dem Baumeister gerade beliebte,
und dort haben auch die Fussstreben selbständige Verzierungen erlangt, was
ihnen bei streng ausgeführten Bauten nie zu teil wird. Die Rosetten aber fangen
gegen Ende dieser Periode stellenweise an, ihren Platz zu wechseln. Ihr Mittel-
punkt liegt nicht mehr auf der Säule, sondern auf dem Fach, zu welchem Zwecic
Halberstadt (Wohnh&aser: B. Fachwerkhäaser — II. Periode)
477
dieses mit Brüstungsplatten aus Holz ausgelegt werden muss. Rücken auf diese
Art die Fächerrosetten zu weit auseinander, so werden die Räume zwischen ihnen
mit geometrischen (Kerbschnitz-) Mustern gefüllt. Andere Motive zu diesem
Zweck sind durchaus selten. Tiere (einen Storch und einen Hirsch) sieht man
Harsleberstrasse 15, Weinreben am Lichtengraben 15. Die echten Fächerrosetten
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Fig. 216.
stossen femer immer erst unten in ihren Fusspunkten aneinander. Dass sie, zu
weit gespannt, ineinander übergreifen, ist ein Zeichen des Verfalls, welches in
Halberstadt sehr selten (hinter dem Richthause 7—9, Güldenstrasse 16—18) vor-
kommt. Das Gegenstück hierzu ist, dass die zu eng gestellten Fächer, um an-
einander zu passen, an den Seiten abgeschnitten erscheinen. Diese Form kommt
478 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (WohnbÄuser: B. Fachwerkhäuser — It. Periode)
in Halberstadt gar nicht, anderwärts, z.B. in Osterwieck, sehr häufig vor. Ein
merkwürdiges Beispiel des Überganges der Rosette in die Kreisform zeigt ein
Haus liinter der Münze (Fig. 213 unten auf S.471). Als ein reguläres Beispiel
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Fig. 217.
aus dem Beginn der zweiten Periode ist das Haus Franziskanerstrasse 12 an-
zusehen*, welches die Jahreszahl 1542 (Fig. 215 auf S. 475) trägt. Die Sauni-
schwellen und Füllhölzer sind mit Schiffskehlen verziert. Die schön profilierten
Balkenköpfe haben eine Vorkragung von 0,5 m und sind unterstützt von Konsolen,
BalbATstadt (WohDliSuaer: B. fachwerkhanser — 11 Periode)
479
deren Gestalt durchaus typisch ist. Das Erdgeschoss dieses Hauses ist wie in
den meisten übrigen Häusern nach dem heutigen Bedürfnis umgestaltet
Ein anderes gutes Beispiel dieser Zeit stellt sich in jenem Hause dar, das
die nördliche Ecke vom Hohenweg und Lichtengraben bildet. (Fig. 216 und 209
linksauf S. 465.) Zwar ist
gegenwärtig eine Jahres-
zahl nicht zu finden, doch
wfrd von solchen, die das
Haus früher kannten, ver-
sichert, man habe die
Ziffer 156Ü daran gelesen.
Ks ist idies nach dem
ganzen Charakter der Ver-
zierungsweise nicht un-
wahrscheinlich ; manche
Motive, besonders die
kurzen, gerollten Kon-
solen (von denen unten
noch genauer zu sprechen
ist) weisen auf diese
spätere Zeit hin. Die
Keitenenden der t'ächer-
rosetten nehmen mehr
oder weniger die Form
von Wurzeln , Locken,
Voluten u. s. w. an, dio
Mittelscheiben und die
Schwellenverzierungen
wenien reicher.
Ans Endo dieser
Periode gehört jenes
Hans, welches früher iler
alte Marstall' (Pig.2n)
hiess und jetzt in ein
Heumagozin für die
Kavallerie-Oamison um- p- ^is
gewandelt, daher nicht
mehr in der unversehrten Gestalt y.u erkennen ist. Die Abbildung ist nach
einer vom Bauinspektor Sommer in den vierzigor Joliren angefertigten Skizze
gezeichnet Die Erbaiiungszelt ergiebt sich dureh die Inschrift über der mittleren
der drei halbkreisförmigen Thnrfahrten*: Anno Domini 1574 Denn X. Dagk .
' Ober den vor diesem existierenden Maratall vgl. oben diu Verieichnia verBcliwundener
Oebiude.
* Die alten groaseii Thorfahrten sind nur noch iel(«D uud dann meist beschädigt
erhalten. Linke und rechts von ihrem runden Bogen (dea^ien olien geradliniger Sturz Hars-
1
480 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fach werkhäuser — IL Periode)
Majus. ^ Die Thorfahrten sind jetzt durch mancherlei Entstellung unscheinbar
geworden. Das ganze Gebäude hat 23 Fach in der Länge ; die Fächer waren in
den mannigfaltigsten Mustern mit gebrannten Mauerziegeln in Kalkmörtel aus-
gemauert, die Fenster zum Teil mit Butzenscheiben in nach aussen aufgehenden
Flügeln verglast Die obere Etage, für Pferdefutter aller Art bestimmt, zeigt
noch jetzt drei Aufzugsluken und vergitterte Schiebefenster, überhöht von so-
genannten Vorhangbögen. Die Flächen zwischen Saumschwelle und Fenster-
brüstung zwischen den ungewöhnlich starken Säulen sind mit Bohlen ausgesetzt
und reich mit ganzen Rosetten (Fig. 218) mannigfaltigster Art, grossen und kleinen
untermischt, beschnitzt. Von den sechs ähnlichen Rosetten zur Seite der drei
Thore sind hier Detailzeichnungen beigefügt, da sie zu den schönsten Mustern
ihrer Gattung gehören. Die Saumschwellen und die Füllstücke sind mit Schiffs-
kehlen geschmückt. Über den Balkenköpfen befinden sich an der Saumschwelle
14 kleine Wappen, darunter über der einen Thür das Halberstädter Wappen,
ausserdem noch 10 kleine Rosettchen. Die Namen der Wappeninhaber sind nach
der Reihe: Herman Widelaw, Ludolph ...onen, Bastian Ottenn, , Hans
Kormien, Jachop Drolten, Sictus Drolten, Henning Groten, Peter Bindd, Wolff
Schenitz, Nicolaus Hartman, Hans Sehneni, Benedictus Gerken, Lucas Luchaw.
Der sogenannte alte Marstall ist ein Innungshaus gewesen wie der Schuhhof.
Um die Merkmale dieser Periode vollständig zu besprechen, muss noch der
Konsolen und Balkenköpfe gedacht werden. Wenn in der Litteratur be-
hauptet worden ist, die mit Figuren geschmückten langen Konsolen der ereten Periode
verschwänden in der Folgezeit, so ist das ein Irrtum. Wir finden sie noch Gerber-
strasse 1, Holzmarkt 8, am Schuhhof, Fischmarkt 17, in dem aus dem späteren
16. Jahrhundert stammenden undatierten Hause Grudenberg 3. An einer Eckkonsole
des Hauses Gerberstrasse 1 sieht man im unteren Geschosse einen Mann, der
einen Reifen um ein Fass schlägt, im oberen einen nach links schreitenden
Mönch. 2 Holzmarkts zeigt verschiedene Heilige, Fischmarkt 17 den h. Sebastian,
die h. Elisabeth, die Madonna, Grudenberg 3 den alt beliebten Christophorus;
der Schuhhof endlich liefert den Beweis, dass fast alles Ornament der Übergangs-
periode in die Renaissance als, Erbe mit hinübergenommen wird. Das Vor-
kommen dieser Konsolen auch in der nachgotischen Zeit an so stattlichen Bauten
wie den eben genannten, denen sich das bescheidene Häuschen am Grudenberge
anschliesst, scheint dafür zu sprechen, dass sie zu ihrer Zeit keineswegs so selten
gewesen sind, als sie sich an den Resten der Vergangenheit heute nachweisen
lassen. Schwerlich wird man in den Luxus liebenden Zeiten des ausgehenden
16. Jahrhunderts geneigt gewesen sein, die Häuser absichtlich altmodisch heraus-
zuputzen. Aber jedenfalls kommt die Figurenkonsole nach dem 16. Jahrhundert
nicht mehr vor. Wo sie in späterer Zeit ähnliche Ausstattung zeigt, besteht
leberstrasse 8 mit dem gotischen Laubstab verziert ist) sieht man oft Kerbschnitzkreise und
andere, kleinere Ornamente.
* Scheffer p. 16, Abbild. No. 22.
• In diesem Hause braute angeblich ein gewisser Andreas Westphal den ersten Broi-
hahn. Scheffer fand nur noch unleserliche Reste einer alten Inschrift (p.28). Am Neben-
gebäude steht: Andreas Westphal, 1614 den 20. Juuius (p.28).
Ualberstadt (Wohnli&nser: B. Fachwerkhäuser — It. u. 01. Periode) 481
diese (und überhaupt seit 1530 meistens) nur noch aus Masken! Das gotische
Motiv der Verlängerung der Eckkonsolen findet sich auch noch in der späteren
Zeit bis in die Renaissance hinein, so am Schuhhof. Anderwärts, z. B. Breiter-
weg 20, finden sich verlängerte Konsolen auch da, wo sie nicht bestimmt sind,
eine Ecke hervortreten zu lassen. Bakenstrasse 43 und Taubenstrasse 5 geniessen
nur die Eckkonsolen den Vorzug der Verschönerung durch Masken, am letzteren
Hause vereinigt mit Verlängerung des Stückes.
Die nicht mit Figuren verzierten Konsolen sind in zwei Gruppen zu
scheiden, die langen und die gerollten. Beide beschränken ihre Existenz nicht
auf die zweite Periode, sondern begleiten die Halberstädter Holzbaukunst bis in
die Verfallzeit hinein. Die langen Konsolen endigen nicht mehr mit dem
gotischen Knauf, sondern flach an der Wand mit geradlinigem oder halbkreis-
förmigem Schluss, welcher oft durch einen schmalen Saum eingefasst und mit
kleinen Rosetten oder Kränzen gefüllt ist. So Franziskanerstrasse 12. Der
Körper der Konsole, welcher, ob lang oder gerollt, nicht aufhört, die Grundform
seines Profils aus dem rechtwinkligen Dreieck abzuleiten, ist mit Strichen, halb-
runden Rollen und strickartigen Bändern quergestreift; in der späteren Zeit
kommt es vor, dass diese Streifen schräg laufen (Kühlingerstrasse 18). Zwischen
den Streifen hin gehen bald breitere, bald schmälere Hohlkehlen und dünne,
mit Zähnen besetzte Linien. Je weiter die Zeit vorschreitet, um so kürzer
werden die gestreckten Konsolen; sehr lange zeigen das höhere Altar eines
Hauses an. Gegen die Mitte dieser Periode kommt die zweite Art, die gerollte,
auf. Da der Balkenkopf in diesem Falle ornamental gleich der Konsole behandelt
wird, so entsteht dadurch die sehr häufige Gestalt zweier übereinander liegender
Wulste, welche beide wie aus einem Stück gearbeitet aussehen. Die geraden
Seitenflächen dieser kurzen dicken Rundstäbe sind nie mit Rollmustern, sondern
stets mit geomekischen Kerbschnitzzeichnungen (Sternen u. dergl.) verziert. Die
Herleitung dieser Doppelrollen aus der Grundvorstellung eines zwiefach auf-
gerollten Bandes ist also ausgeschlossen; ihre Entstehung aus missverstandonen
S artigen Voluten vielleicht glaublich, doch muss zu derselben Zeit diese Vor-
stellung nur unklar gewesen sein, weil schon damals auch einfach gerollte Kon-
solen oder Balkenköpfe unabhängig von einander vorkommen. Es giebt ander-
seits auch Konsolen, die für sich allein doppelt gerollt sind, sodass mit einer
Rolle des Balkenkopfes drei Rollen übereinander liegen. Diese Rollen sind an
ihrer Vorderseite entweder glatt oder mit senkrecht oder parallel zur Achse
laufenden Querlinien verziert. Andere, der Hauptform nicht entsprechende Ver-
zierungen sind selten. So finden sich allerlei derartige Kreuz- und Querlinien
am Hause Harsleberstrasse 15.
HI. Periode. Die Ornamentik der Übergangszeit geht, wie gesagt, auch
in der Renaissance weiter, jedoch kommt bei dieser dritten Periode ein be-
sonderes Merkmal hinzu, die sogenannten Blendar"kaden, Pilasterstellungen,
welche auf den mit Bohlen ausgesetzten Fensterfächern angebracht sind, immer
je zwei zwischen zwei Säulen des Fachwerks. Diese Verzierungsweise tritt bereits
in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts hervor und kreuzt sich mit den
Fächerrosetten, welche in einzelnen datierten Beispielen noch bis 1590 vorkommen.
Oben und unten ziehen sich Profilleisten hin, die sehr oft durch das damals
Krals Halbentadt. 31
482 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (WohnlilLnsor: B. Fachwerkliäaser — III. Periode]
beliebte einfache bis dreifache Zahnschnittband gebildet sind. Die Blendarkaden
gehören zu den Eigentümlichkeilen des Haiborstädter Gebietes. Desgleichen das
Merkmal, dass die Fensterbrüstungsplatten, anderwärts schon Anfang des
17. Jahrhunderts verschwunden, sich hier noch bis in die sechziger Jahre halten.
Die Säulen werden ebenfalls zu Pilastem ausgebildet. Als solche tragen sie
oft, aber keineswegs immer ornamentalen Schmuck, den sie in den vorigen
Perioden niemals hatten. Sie verlieren ihn in der Verfallzeit zunächst wieder
bis auf eine bisweilen beibehaltene lange rechteckige Vertiefung, die gelegent-
lich durch einen oberen bogigen Abschluss niscbenartig gestaltet wird {Pranzis-
kanerstrasse 38). Oft sind die Säulen nur zwischen den Eensterbrüstungsplatten
verziert, weiterhin aber glatt. Die Hervorhebung vertikaler Formen ist in Halber-
stadt sonst im allgemeinen wenig beliebt. Balkenköpfe und Konsolen sind
in dieser Zeit oft mit gleichförmigen Masken verziert, die teils angeschnitzt, teils
ind. (Fig. 219 u. 211 unten auf S.469.)
Fig. 219.
Das ausgezeichnetste Beispiel, welches zugleich den Ausgang der gotisierenden
und den Anfang der Renaissance-Periode kennzeichnet, ist die Fassade des so-
genannten Schulrfiofes, welcher 1579 im nordöstliclien Winkel des Fischmarktes
erbaut ist, wo er zugleich die Ecke der Schuhgasse bildet. [Die Stelle diente als
curia sutorum ihrem Zwecke bereits 1251.) Die Front ist nach dem Markte zu
in der obersten Etage 23, in der mittleren 22 Fächer lang. (Fig. 220.) Die pilaster-
artigen Säulen haben im Mittelgeschosse keine Kapitale, oben dagegen finden sich
drei mit miss verstand liehen jonischen Kapitalen.' Ihre Flächen besitzen flache
Filllungen, in denen, von Eierstäben umrahmt, augenähnlichc Vertiefungen reihen-
weise, teils einfach, teils doppelt, emporsteigen. Die Fenster setzen sich auf ein
durchlaufenes Ourtgesims, aus Hohlkehle und zwei Reihen Zahnschnitten bestehend,
um die Säulen herum verkröpft, welcher Rege! auch das Deckgeaims der Saiim-
schwclle folgt Auch an der Hofseite findet sich diese Anordnung, wenn auch
einfaclier. Die Fensterleibungen zeigen an vier Stellen Eierstäbe als Einraliraung.
' An dem Hause LichUmgraben 15, welches im übrigen noch an den Scbloaa der Ol>er-
gangsperiode gehört und eine wAbre Fundgrube von intereaäanten Unregelmäßigkeiten iat,
giebt es dergleichen auch bereits.
Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — IIL Periode: Schuhhof) 483
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Fig. 220.
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484 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — TH. Periode)
Zwischen den Säulen sind die Blendarkaden entwickelt: in der mittleren Etage
besonders reich, an den Pilastem mit weiblichen Hermen besetzt und zum Teil
zwischen den Bogenzwickeln mit Tierraasken, von denen die Abbildung Muster
mitteilt; in den Bogenfeldem finden sich 29 Wappen von Innungsgenossen nebst
deren Namen. Die letzte Inschrift neben der Schuhgasse lautet: Bavhere Niclaus
Hartman. Jede der Saumschwellen zeigt über einem als Löwenkopf stilisierten
Balkenkopfe ein Wappenschildchen und daneben einen Namen. Die übrigen Balken-
köpfe sind mit Masken verziert. Bemerkenswert ist unter dem Dach, dass sich an
sechs Stellen je drei Balken vereinigen, die an zwei Stellen noch mit drei Masken
geziert sind, die anderen vier sind ohne Schmuck. Die freien Kanten der Saum-
schwellen und Füllhölzer sind in bekannter Weise durch Schiffskehlen unter-
brochen, welche mit Schnürrollen gefüllt sind, die ihrerseits mit Perlen- orter
Diamantbändem durchflochten erscheinen. An drei Stellen tritt Flachschnitzerei
an die Stelle der Schiffskehlen. Die Balkenköpfe werden durch Konsolen unter-
stützt, von denen 22 nach dem Fischmarkt zu liegen. Dreizehn von ihnen zeigen
Christus mit den Aposteln, etwas flach geschnitzt und nach innen gebogen; vier
andere zeigen kauernde, stark hervortretende männliche Personen. Ebenso wie
diese offenbar zum Ersatz älterer schadhaft gewordener Stücke dienen, so sind
auch an fünf anderen Stellen verloren gegangene Konsolen durch solche schlichten
Musters ersetzt. Die drei Eckkonsolen sind verlängert. Sie zeigen Bischofs-
gestalten, davon die unterste mit der Unterschrift: Severinus fundator ...ine.
Das Zwischengeschoss ist vollständig erhalten, unten hat man wie gewöhnlich
alles verändert und moderne Läden eingebaut. Ehemals war das Haus noch
durch drei reiche Erker geziert, welche im Jahre 1804 beseitigt worden sind.
Ein Haus, welches ganz vom üblichen Schema abweicht und ebenfalls in
diese Zeit gehört, befindet sich am Paulsplan 16. Es fehlen die Konsolen, die
Saumschwelle ist nicht in Felder geteilt, vielmehr zieht sich an ihrer unteren
Kante eine über ihre ganze Länge laufende Schnürrolle hin, welche mit einem
Laubstabe (man beachte das gotische Motiv um diese Zeit) und einem Zahn-
Rchnittbande überhöht ist. Fensterbrüstungsplatten fehlen, dagegen sind die
Säulen mit Ornamenten bedeckt. Die bei der auffallend starken Vorkragung
von unten sichtbaren Tragbalken des Obergeschosses sind gleich der Schwelle
mit Schnürrollen verziert.
Von Häusern mit Blendarkaden giebt es in Halberstadt im ganzen noch
zwanzig, von ihnen ist eins der interessantesten am Holzmarkt No. 8. Hier er-
strecken sich die Blendarkaden bis hinauf in den sehr hohen Giebel der Aus-
lucht. Derartige Ausluchten (Erker) giebt es sonst nur noch eine im Westen-
dorf 25, die jedoch klein ist, während jene am Holzmarkt zu ihrer Unterstützung
einer auf der Strasse freistehenden Säule bedarf. Andere vortreffliche Blend-
arkadenliäuser sind Hoherweg 1 (Kulkmühle genannt) und 2 und Kühlinger-
strasse 28 (Fig. 221).
IV. Periode. Der letzten Periode gehört ein anmutiges kleines Haus,
Breiterweg 64, an, vollendet laut Inschrift im Jahre 1651. (Fig. 222.) Es besteht
aus drei Stockwerken von nur vier Fächern in der Längsfront. Während das
Erdgeschoss Veränderungen erfahren hat, weil das Haus in einer der verkehrs-
reichsten Strassen der Stadt liegt, sind die oberen Geschosse unverändert und
Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — IV. Periode)
486
wohlerhalten geblieben. Das Holzgerippe ist von kräftigen Dimensionen, und
man hat daher die öfteren Verstrebungen für unnötig gehalten, da die Aus-
füllungen in den Fächern unter den Fensterriegeln, bestehend in starken Bohlen-
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Fig. 221.
stücken, eine Verschiebung nicht zulassen; nur zu unterst sehen wir eine Strebe
neben dem Eingange. Profilschmuck an Balkcnköpfen , Saumschwellen u. s. w-
fehlt fast gänzlich, der Zierat ist fast nur auf Flächen beschränkt. Das Hirn-
holz des ßalkenkopfes zeigt in der untersten Reihe fünf Gesichtsmasken, in don
486 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — IV. Periode)
obersten Reihen schwache Andeutungen von Ornament Die Saumschwellen er-
hielten zwischen den Balkenköpfen starke Fasen, unten mit einem Eierstab be-
setzt, oben mit spärlichen Blättern und Blümchen besetzt Das mittlere Rahm-
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Fig, 222.
stück zeigt über den Fenstern schmale omamontierte Friese, wie dies nur
höchst selten gefunden wird. Endlich enthalten die zwei oberen Fenster-
brüstungen sehr reich ornamentierte Flächen, die das kloine Haus zu einem der
hübschesten in Halberstadt machen; bandartige Ranken erscheinen in buntem
Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — IV. Periode) 487
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Fig. 223.
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488 Halberstadier Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — lY. Periode)
Wechsel und reicher Phantasie, in sechs der acht Flächen um eine Maske
gruppiert. (Fig. 223.) Die geringelten Ranken endigen nicht durchweg in der
straffen Kreislinie zurückschlagend, sondern oft in der schlaffen Ellipse, die den
Kunststil dieser späten Zeit charakterisiert.
[Als Beispiel des Ausgangs der letzten Periode ist ein Haus zu betrachten^
von welchem Bauinspektor Sommer seiner Zeit eine Abbildung gemacht hat, leider
ohne zu merken, wo das Haus gelegen war. (Fig. 224.) Heutzutage existiert es
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Fig. 224.
nicht mehr. Nur dass es zu Halberstadt gehört hat, ist gewiss. Es bestand aus
drei Stockwerken, von denen das unterste mit einer Durchfahrt versehen war
und Parterreziramer in einem niedrigen Zwischengeschoss enthielt Die Fenst«r-
formen waren früher andere, die auf der Abbildung sichtbaren sind modern.
Wo die Zwischenbalken lagen, ist in der Zeichnung angegeben. Die Halbkreis-
form des Thorscblusses ist durch z\vei grosse Bänder hergestellt, ausgeschnitten
aus zwei krumm gewachsenen Hölzern. Für den Durchgang von Fussgängern
war eine Pforte im linken Thorflügel angebracht, was ja auch heutzutage häufig
Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerich&user — IV. Periode) 489
ist Über dem hohen Erdgeschoss waren zwei obere Geschosse errichtet, das
mittlere mit einem Erker zum Bewolmen, das oberste zur Aufbewahrung von
Materialien, Sämereien, Getreide und dergleichen. Während für die Wohnzimmer
die gewöhnlichen Pensterformen mit nach aussen aufgehenden Flügeln verwendet
waren, sah man im obersten Stockwerk meist Schiebefiügel , entweder verglast
oder mit engen Holzgittern gegen das Eindringen von Vögehi versehen.]
Diese Gattung von Holzhäusern lässt jeden ornamentalen Schmuck ver-
missen und es scheint, als habe man die Zierde nur in der Häufung von kon-
struktiven Teilen gesucht. Das Winkel- und das Strebeband erscheinen netzartig
zusammengesetzt, gekreuzt und verschlungen, auf den Kreuzungen durch kräftige,
auf der Drehbank zierlich gefertigte Holznägel markiert, ohne Rücksicht darauf,
dass mit der allzu häufigen Vorwendung von Streben nicht immer eine grössere
Festigkeit Hand in Hand geht. Das Mauerwerk ergeht sich in allerlei bunten
Mustern. Die Balkenköpfe zeigen die für jene Zeit typischen prismatischen Zu-
spitzungen, welche diamantartig vortreten, die Saumschwellen sind glatt, be-
ziehungsweise mit langen Inschriften bedeckt. Meist sind die dürftigen, schiffs-
kehlenartigen Brechungen der Unterkante mit einem gewundenen Kundstabe
gefüllt, einem Nachkommen der kräftigen Schnürrollen der vergangenen Periode.
Seine Windung geht bald links, bald rechtsherum. Das undatierte Haus Vogtei 40
zeigt an den Balkenköpfen Masken, Rollwerk, Engelsköpfe und dergleichen. Die
Schwelle wird oben und unten von einem stehenden Blätterkranze begleitet, die
PüUhölzer zeigen im Untergeschoss stilisiertes Blatt- und Rollwerk, welches meist
von einer Maske in der Mitte ausgeht, im Obergeschoss einen grob geschnitzten Eicr-
stab. Viel verwandt wird auch der Zahnschnitt. (Fig. 211 unten rechts auf S. 469.)
Von näherer Besprechung noch weiterer Häuser sei abgesehen. Sie sind
von verschiedenem Werte, folgen aber meist einem gemeinsamen Schema. Wo
noch Schmuck angewendet wird, ist er spärlich, wiewohl nicht ohne Schönheit.
Westendorf 23 zeigt einfach verzierte Fensterbrüstungsplatten mit verschiedenen
Kerbschnitzrosetten, dazwischen ein doppeltes Herz. Die Schwelle bleibt in der
Verfallzeit meist schmucklos. Bisweilen ziert man sie mit Eierstab oder Akanthus-
blättern und erweist dasselbe auch den PüUhölzem. Zu ihrem Schmucke ver-
wandte man auch Blumen- und Fruchtgewinde (Paulstrasse 19, Dominikaner-
strasse 7), ferner lambrequinartige Überhänge und dergleichen. Zuletzt werden
die runden oder eckigen Füllhölzer so dick, dass die Balkenköpfe nur noch
schwach oder gar nicht über sie hervortreten. Das Zahnschnittband tritt an
Schwelle, Füllhölzern und Balkenköpfen auf. Letztere werden gelegentlich noch mit
Masken verziert. Die Konsolen verschwinden teilweise ganz, teilweise stimmt ihre
Breite nicht mit der der Balkenköpfe überein. Die Vorkragung wird immer schmaler.
Leider verschwinden die alten Bauwerke immer mehr und das Strassen-
bild büsst damit seinen ehemaligen Charakter ein. Vor einigen Jahrzehnten war
es üblich, die Schnitzereien mit Brettern zu vernageln oder mit Putz zu ver-
decken, Inschriften zu überstreichen u. dergl. Viele meinten, dergleichen Ver-
zierung sei unnütze Spielerei, viele genierte es. Fremde vor ihren Häusern stehen
zu sehen und was dergleichen Gründe mehr waren. Heutzutage ist diese Art
von Vernichtung zum Glück wonig mehr üblich, zur Beseitigung alter Gebäude
trägt seltener das mangelnde Verständnis als das Bedürfnis des modernen Lebens
490 Halberstädter Stadtkieis: Halberstadt (WobDhäuser: B. Fachwerkhäuser — Allgemeines)
bei. Zu loben ist die Vorschrift -der Stadtverwaltung, dass Schnitzteile alter
Häuser abgeliefert werden müssen. Auch mit dem Photographieren alter Häuser
vor ihrem Abbruch wird ernsthaft vorgegangen. Bei den Neubauten aber kann
man sich leider selten entschliessen, die Nachahmung der Schönheiten der älteren
Gebäude zu wagen. Nur selten findet sich jemand, der an seinem neuen Hause
Sprüche oder Schnitzereien anbringen lässt Ein paar moderne Konsolen mit
ganzen Figuren finden sich am Hause Hoherweg 7.
Zu allgemeinen Bemerkungen, Avelche nicht an die zeitliche Entstehung der
Häuser gebunden sind, geben mancherlei Dinge Anlass, welche hier noch kurz
erwähnt werden müssen:
Brandmauern zwischen alten Häusern fehlen durchweg und zuweilen
haben zwei aneinander stossende eine gemeinschaftliche Fach wand. Die Unter-
geschosse sind nicht durchgohends in Fachwerk gehalten, sondern vielfach
massiv; wo das Fachwerk schon im Untergeschosse beginnt, ruht es auf einem
niedrigen, aus Bruchstein erbauten Sockel, welcher als in die Erde hinab-
reichende Fundamentmauer die stets massiv ausgeführten Kellerräume um-
schliesst. Doch sind die Fälle nicht selten, wo Keller überhaupt nicht vor-
handen sind. Die Überbauten der Kellerhälse sind als für den Verkehr hinder-
lich jetzt meist beseitigt.
Die Ausfüllung der Fächer geschah mit Zaunstaken oder Windel-
staken, welche mit Lehm verschmiert wurden, durch Lehrastaken oder getrocknete,
nicht gebrannte Lehmsteine, endlich durch gebrannte Ziegel, welche in späterer
Zeit gern in mannigfach abwechselnden zierlichen Figuren angeordnet wurden.
Die Dachflächen, wo sie noch die ursprünglichen sind, haben eine steile
Neigung, und ihre Linie pflegt in früherer Zeit unten durch Anwendung von
Aufschiebungen nach aussen gebrochen, in späterer nach innen abgewalmt zu
werden. Sie sind mit Hohlziegeln von 35—46 cm Länge und 16—18 cm Breite
bei 6—7 cm Höhlung behängt, deren aneinanderstossende Krempen mit einer
starken Mörtelleiste verstrichen wurden, wodurch die Dächer einen ins Weisse
schimmernden Farbenton annahmen. Die Flächen der Dächer werden unter-
brochen durch die reihenweise übereinander angeordneten Dachluken.
Die Fenster erfüllen meist die ganze Strassenflucht imd die erforderliche
Verstrebung der Wand gegen Seitenschub wurde nur den starken Säulen und
den kurzen Bändern unter der Fensterbrüstung überlassen, weil man eine inten-
sivere Verstrebung b.ei dem geschlossenen Stande der Häuser und bei der grossen
Zahl der Fussstreben für nicht so nötig hielt. In der letzten Periode erst kam
man zu der Einsicht, dass an den Enden der Front eine wirksamere Verstrebung
sehr wünschenswert sei, dass auch die grosse Zahl der Fenster die Wärme im
Innern zu sehr beeinträchtige. Man verringerte darum die Zahl dieser letzteren
und bildete an den Frontenden Kreuzstreben oder vierfache Andreaskreuze aus.
Doch übersah man dabei, dass mit den vermehrten Verzapfungen, Überblattungen
und Kreuzungen die Wahrscheinlichkeit grösseren Haltes sich nicht vermehrte.
In Wirklichkeit zeigen sich durch Eintrocknen des Holzes so weite Fugen, dass
die Streben oft nicht wirksam sein müssen.
Was die Fensterflügel betrifft, so schlugen diese, um die von aussen
nach innen drückende kalte Luft besser zurückzuhalten, nach aussen, waren
Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — Allgemeines) 491
daher mit Sturmhaken versehen. Ausserdem waren Schiebefenster sehr beliebt.
Sie pflegten zu zweien innerhalb von sechs Abteilungen angebracht zu sein.
Von diesen waren die beiden untersten Teile imbeweglich und nur von geringer
Höhe (10 — 15 cm), nur um zu verhindern, dass bei geöffneten Fenstern keine
Gegenstände hinausfielen, die vier oberen von erheblicherer, untereinander gleicher
Grösse, ohne verstärkten Pfosten. Die Schiebeflügel waren so angebracht, dass
der eine unten, mit oder ohne Knopf nach links, der andere oben nach rechts
geschoben werden konnte, oder auch umgekehrt.
Wo kleine Glasscheiben zur Verwendung kamen, mochten diese nun vier-
eckig oder rund (Butzenscheiben) sein, also eine Bleiverglasung angebracht war,
wurden ein bis zwei schwache aufgelötete Eisenstäbe nötig, um zu verhindern,
dass die Glasflächen vom Winde ^eingedruckt oder verbogen werden konnten.
Für Räume, welche nicht bewohnt wurden, sondern zur Bergung von Vorräten
dienten, Hess man die Verglasung ganz fort und versah die betreffenden Fenster-
abteilungen mit Holzgittem, deren lotrecht gestellte Stäbchen des grösseren Haltes
wegen zumeist über Eck gestellt wurden und eine, bisweilen mehrere aufgeklaute
Holzleisten erhielten. Bei den Vergitterungen finden sich nur Schiebeflügel.
Aufziehluken sieht man fast an allen Holzhäusern, namentlich da, wo
grössere Geschäfte als Getreide-, Brennerei-, Brauerei-, Bäckereibetrieb u. dergl.
den Erwerb der Bewohner bildeten. Sie waren erforderlich, weil die mittel-
alterlichen Treppen ziemlich schwächlich ausgeführt wurden, daher die Beförderung
grosser Ijasten auf ihnen nicht vertrugen, auch meist nur schlechtes Licht hatten.
Die Luken wurden gebildet, indem durch Herausnahme oder Weglassung des
Holzriegels ein Fensterfach zur Thür erweitert wurde. Mittels einer auf dem
Dachboden angebrachten, aus einer Erkerluke hervorschauenden Windevorrichtung
mit Krahn, Rolle und Tau wurden die Lasten emporgezogen. Grössere alte
Geschäftshäuser haben häufig mehrere Luken übereinander. Zierat daran pflegte
wegen der Leichtigkeit der Beschädigung nicht angebracht zu werden.
Hausthüren und Thorfahrten sind, in Stein hergestellt, in Halberstadt
sehr selten, die meisten sind aus Holz gearbeitet, wie es das Überwiegen des
Holzbaues mit sich bringt. Ihre Lage richtete sich nach dem vorliegenden Be-
dürfnis bezw. nach der Lage der inneren Räume und des Hofes. Da das Be-
dürfnis im Laufe der Zeiten mannigfach wechselte, so sind von den Thorfahrten
nur wenige unverändert geblieben. Ihre Form war meist rechtwinklig für kleinere
Öffnungen, für grössere in den Ecken mehr oder weniger unterstützt. Hierfür
dienten kleine Winkel- oder Kopfbänder mit Schnitzereien, gelegentlich aber
auch grosse Kopfbänder, welche zu einem gedrückten Spitzbogen, einer Ellipse
oder einem Kreisbogen ausgerundet sind. Hierzu sind sehr breite Halbholz-
gtücke nötig, um so mehr als sie eine sichere Versetzung bei den Zapfen er-
heischen. Diese sind merkwürdigerweise nicht normal angeordnet, sondern nach
innen fallend gestellt. Von ähnlicher Konstruktion sind die Thürstürze für ge-
ringere Weiten, obschon hier eine Verstrebung oder Unterstützung nicht so
nötig ist. Die Fläche des Thürsturzes wurde zum Einschnitzen von Jahreszahlen,
Namen, Ornamenten und dergleichen benutzt. Treppen und Beischläge vor den
Hausthüren mögen ehemals zahlreicher vorhanden gewesen sein, als sie sich
jetzt noch finden.
492 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Wohnhänser: B. Fachwerkhäuser — ÄngemeineG)
Die Thiirüügel erscheinen bisweilen in der Mitte horizontal geteilt, so-
dass nach Belieben nnr die Hälfte der Tliiir geöffnet werden konnte, eine Ein-
richtung, welche noch heute auch anderwärts und namentlich auf dem Lande
viel gefunden wird. Daneben sind die ungeteilten Thüren, ein oder zweiflügelig,
vielfach die beiden Flügel von ungleicher Breite, stark im Gehrauch. Ihre Fläche
ist mit Vorliebe durch die mittels Verdoppelung bewirkten, schräglinigen oder
rautenförmigen Muster belebt, zeigt aber auch in vielen Fällen die während der
Rokokozeit beliebten, in Haibrelief gehaltenen, schön geschwungenen Schnitz-
Terzierungen. Kleine Lichtfenster in den Thüren kommen häufig vor.
Von baulicher Veränderung wurden namentlich die Erdgeschosse derHäiw^r
betroffen. Es gehört darum zu den grossen Soltenheiten , wenn noch un-
beschädigte Hausflure sich irgendwo vorfinden. Der anderen Lebensweise
unserer Vorfahren entsprechend, welche in dem Flur, der auch schlechthin
„Haus" genannt wurde, vielerlei Thätigkcit entwickelten und Handelsgeschäfte
daselbst hielten, war er von grosser Auf^
dehnung, ebenso waren auch die Vor-
flure in den oberen Etagen, „Saal" oder
„Vorsaal" genannt, wo die unteren
Treppen ausmündeten und andere Treppen
und Gänge weiter führten, sehr geräumig.
Der Fussboden bestand im Erd-
geschosse aus Bruchsteinen, Platten oder
Fliesen, bei einfaclien Häusern wohl
auch nur aus Lehmschlag, oben meist
aus Gipsestrich, welcher letztere, wegen
seiner stärkeren Belastung, starke Balken-
lagen verlangte.
Die Treppen waren vielfach be-
deutend bequemer, vielfach in engen
Häusern aber auch viel steiler als die
unsrigen. Ihre Breite geht bis zu 1,2501.
Sie waren durchweg aus Tritt- und Setz-
stufen stumpf aufeinander gesetzt und,
aus schwachen Brettern bestehend, er-
baut, wodurch sie zur Tragung grösserer
Toasten nicht geeignet waren. Beischmalen
^*™'*~' " ^ Treppen fehlten wohl auch die ^\2.-
^'8 225- stufen ganz. Die Geländer und Ver-
schlage bestanden aus Brettstücken, welche
mittels der Schweifsäge Musterungen erhielten. Wendeltreppen kamen vor, waren
aber ihrer Unbequemlichkeit wegen wenig beliebt.
Wohnzimmer, Kammern, Küchen und dei^l. Innenräume sind im
ursprünglichen Zustande nur noch wenig vorhanden. Die Decken der Wohn-
zimmer bestanden aus Brettern, welche auf Unterzugbalken ruhten. Sowie die
letzteren bisweilen schwere und schöne Profi liorungen zeigen, so kam es auch
vor, dass die Bretter der Decke an den Kanten profiliert waren. In diesem
Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — Allgemeines — Statistik) 493
Falle wurde die Decke so ausgebildet, dass die mit den Profilkanten versehenen
Bretter breit auseinander gerückt und die Lücken zwischen ihnen durch von
oben dagegen genagelte Bretter geschlossen wurden. Die Decke erhielt hier-
durch ein schönes und bewegtes Aussehen. Nicht zu vergessen ist das Vor-
kommen von Stuckdecken, welche freilich in Halberstadt eine besondere künst-
lerische Bedeutung nicht erlangt zu haben scheinen. Wandtäfelungen dürften
aus alter Zeit in Halberstadt nicht mehr erhalten sein. Die Küchen sind der
Feuersgefahr wegen sehr häufig besonders gesichert und bilden darum in vielen
Fachwerkhäusern den einzigen massiven Teil. Der Bauchabzug geschah früher
aligemein durch deutsche Schornsteine.
Fig. 226.
Mit dem Untergange der alten Gebäude oder ihrer Teile verschwinden
leider auch viele schöne Schlosserarbeiten: die geschweiften Thürbänder
mit den kräftigen Nägeln, die ausgesohmiedeten oder ausgeschnittenen Schliess-
bleehe, die Ziehknöpfe, die Thürklopfer u. a. Die Thürschlösser, meist Feder-
riegel mit Hohlschlüsseln, sind zumeist nur noch in abgelegenen Kammern,
Kellern und Böden zu finden. Schmiedeeiserne Gitter kommen gelegentlich vor.
Eins der schönsten (in der Gröperstrasse) ist beistehend abgebildet (Fig. 225).
Ein schönes Handwerkerzeichen zeigt Fig. 2;^6.
Statistik
Es gehören von den Fachwerkbauten in Halberstadt:
I. Zur ersten Periode:
Unter der Tanne: 1.2 (frühes 15. Jh.). Harsleberstrasse: 8 (linke Hälfte;
Moritzplan: 2 (s.o.). s. o.).
Fischmarkt: l(s.o.). 2 (Schutzbretter, Kühlingerstrasse: 23 (1508? 1518?
stark profilierte Balkenköpfe, im Spätgotisches steinernes Thor mit
übrigen verdorben). 14 Ratskeller Kielbogen).
(s. 0.). Seitengebäude von 9 (zwei- Kulk: (Hinterhaus der Gerberstrasse;
stöckig, lange Konsolen, Schutzbretter). 1528; s.o.).
Domplatz: 23. Westendorf: 25 (s.o.).
II. Zur zweiten Periode:
a) Konsolen mehr oder weniger gestreckt, mit Profilierung; die übrigen
Merkzeichen wie bei h)^:
Abtshof: 2 — 3 (mit gerollten Balken- Bakenstrasse: 45. 46. 47.
köpfen). 26. 28. Klein-Blanke nburg: 44.
' Es ist hierbei festzuhalten, dass keineswegs jedes der genannten Häuser stets alle
angegebenen Merkzeichen aufzuweisen braucht.
494 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnbäaser: B. Fachwerkhäuser — Statistik)
Dorainikanerstrasse: 30.
Düsterngraben: 12 (1537). 31.
Fischmarkt: 9 (1529, sogenanntes
Tetzelhaus, s. o.). 17 (Figiirenkonsolen,
s. 0.).
Franziskanerstrasse: 12. 16 (Schutz-
bretter). + 17. + 18. 1
Am Frauenhause: 8,
Oerberstrasse: 1 (1575, s.o.). 5.
Göddenstrasse: 7.9.13. 16-18 (s.o.).
Gröperstrasse: 34.
Harsleberstrasse: 1 (Schutzbretter).
8 (rechte Hälfte; Schutzbretter).
Hoherweg: 4. 5 (1532). 7 (mit moder-
nen Figurenkonsolen, s.o.). +15. 16.
Holzmarkt: 4 (1532).
Johannisbrunnen: 14. 22.
b) Konsolen gerollt; Fächerrosetten;
Abtshof: 4. 27. 31.
Breiterweg: 38 (1559). 39 (1558).
Seitengebäude von 33.
Dominikanerstrasse: 4. 9. 12.
Dom platz: +31 (Gleimhaus).
Fisch markt: Hintergebäude von 4
(Schwelle mit gotischem Laubstab).
Franziskanerstrasse: 9 (Schwelle
mit Laubstab). 23—24 (1544). +29.
30. 33—34. 49.
Am Frauenhause: 6.
Gerberstrasse: 10 (Schwelle mit
Laubstab).
Gröperstrasse: 16. 18.
Grudenberg: 6.
Harsleberstrasse: Hinterhäuser v. 8.
Hoherweg: 13 (Schwelle mit Laubstab).
Holzmarkt: 3 (1552). 22. 23 (Schuh-
macherwitwen- und -Waisenhaus).
Johannisbrunnen: 25. 26.
Li eilten graben: Ecke Hoherweg (s.
oben). 8.
K ü hl in ger Strasse: 18 (1528? Schwelle
mit Laubstab; Thürsturz desgleichen).
31 (linke Hälfte).
Judenstrasse: 25. 32.
Krebsscheere: 2.
Martiniplan: 31. 32.
Ochsenkopfstrasse: 7 — 9.
Hinter dem Richthause: G (die
Fächerrosetten teilweise in ganze oder
dreiviertel Kreise übergehend). 7-9
(s. 0.).
Rosmarinstrasse: 4.
Sackstrasse: 2.
Schmiedestrasse: 13.
Schuhstrasse: 7 (1553). IL 13. 27.
Seidenbeutel: 1. 2.
Tränkethor: 5.
Vogtei: 5,
Westendorf: 2 (1557).
Wort: 1. 13.
Schiffskehlen :
Kulkstrasse: 23. 31.
Lichtengraben: 13. 14.
Martini plan: 8. +25. 28. 29. 30.
Hinter der Münze: 19.
Ochsonkopfstrasse: 7 (Schwellemit
Laubstab).
Paulsstrasso: 14. 17.
Ritterstrasse: 7—8. 10-11. 13
(Schutzbretter).
Rosmarinstrasse: 1.
Sackstrasse: 20.
Bei den Spritzen: 8.
Steinhof: 14—15.
Taubenstrasse: 7. 13. 25.
Tränkethor: 1 (mit Schutzbrettern).
2 (.Schutzbrettor jetzt beseitigt).
Trüllgasse: 2.
Vogtei: 8. U. 27. 46.
Unter den Weiden: 7.
Weingarten: 29 (obere Schwelle mit
durchlaufender Schnürrolle).
AVestendorf: 50.
Wort: 6.
^ Das -\- bedeutet, dass das betr. Haus sich in zwar stilistisch noch bestimmbarem,
aber verdorbenen Zustande befindet.
Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser — Statistik)
495
c) Ganz verdorben sind:
Abtshof: 9.
Bakenstrasse: 58.
Klein-Blankenburg: 6 (1528). 7.
Göddenstrassei 28 (1541).
Grudenberg: 3 (s.o.). 4.
Höh er weg: 19. 40.
Johannisbrunnen: 5.
Kühlingerstrasse: 9. 12. 29 (1569).
Lichtengraben: 9.
Liehtwerstrasse: 2 (Schwelle mit
Martiniplan: 6. 9.
Hinter der Münze: 4.
Ritterstrasse: 1. 6.
Schuhstrasse: 3. 34. 38.
Bei den Spritzen: 13.
Vogtei: 16.
Westendorf: 16 (mit Inschrift in go-
tischen Buchstaben : $ . xtM . t\$X\üt .
uft . utni . ttm . iiocr . fehlt bei
Scheffer).
Laubstab).
IIL Zur dritten Periode:
a) Konsolen gerollt; Schiffskehlen; Balkenköpfe mit Masken oder gerollt:
Antoniusstrasse: 17.
Bakenstrasse: 11.
Breiterweg: Hofgebäude von 25 (mit
Galerie; alte Fenster).
Burgtreppe: 3.
Franziskanerstrasse: 38.
Güddenstrasse: 26 ( 1554, hat Fächer-
rosetten).
Georgenstrasse: 7.
Gröperstrasse: 55 (nur an der Front
nach der Ochsenkopfstrasse noch im
alten Zustande). 63.
Harsleberstrasse: 6 (1589). 7 (Thor-
fahrt von 1590). 15 (Fächerrosetten).
Holzraarkt: 21.
Johannisbrunnen: 19.
Judenstrasse: 26.
Krebsscheere: (mit vielen Wappen,
ehemaliges Innungshaus, sogen, alter
Marstall, s.o.).
Kulkstrasse: 4 (Mauerrest eines
steinernen Gebäudes. Über der er-
haltenen Thür steht: C. A. D. 1602.).
Lichtengraben: 15 (s.o.).
Liehtwerstrasse: 3.
Paulsplan: 15.
Paulsstrassc: 13.
Taubenstrasse: 5 (s.o.).
Westendpr^: 44— 45(1588, mit langen
Konsolen und überhaupt altmodisclien
Formen).
Wort: 3 (1614).
b) Mit Blendarkaden, die übrigen Merkzeichen wie vorher:
Abtshof: 21.
Beginenstrasse: 7 (1609, auf der
Saumschwelle Abbildungen von Weber-
geräten).
Breiterweg: +20 (an der Front nach
der Kuhgasse unbeschädigt; Schwellen
mit Renaissancelaubstab).
Gröperstrasse: 56 (nur an der Seite
nach der Ochsenkopfstiasse nocli im
alten Zustande; obere Schw^elle mit
gotischem Laubstab).
Harsleberstrasse: 9 (1640; gestreckte
Konsolen). 10 (1618).
Hoheweg: 1 (1594 ; Hausflur ursprüng-
lich). 2 (1620; Hausflur und Treppen
ursprünglich). 51 (1622).
Holzmarkt: 8(1576; Dreieckkonsolen
mit Figuren: Landsknecht, Christo-
phorus, Simson).
Kühlingerstrasse: 28 (1600; unter-
halb der Blendarkaden ein über die
ganze Front laufender Streifen mit
Akanthus). 30(1599). 31 (roclite Hälfte).
Kulkstrasse: 34 (1601).
Liehtwerstrasse: 7. 8.
Hinter der Münze: 14. 15.
Paulsplan: 16 (s.o.).
Paulsstrasse: 8.
Das Richthaus.
Hinter dem Richthause: 1.
Schmiedestrasse: 17. 18.
Schuhstrasse: 1. 31 (teils lange, teils
gerollte Konsolen).
496 Halbersfödter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäaser: B. Fachwerkhäuser — Statistik)
c) Ganz verdorbene Häuser:
Holzmarkt: 16 (1618).
Johannisbrunnen: 24 (Ständer verziert).
IV. Zur letz
Abtshof: 7.
Antoniusstrasse: 9. 15. 19.
Bakenstrasse: 3. 8. 9. 21. 22. 23. 24
(1687). 44. 48. 61. 66. 67 (1679).
Beginenstrasse: 3. 4. 5. 13. 14.
Klein-Blankenburg: 1. 8.
Breiterweg: +2. +5. +6. 8. +9.
+ 12. +13. +23. +28. 29. 33. 34.
41. +48. +49. 50 (1668; ohne Kon-
solen). 52. +54. +65. +57. 59.
+ 61. +62. +63. 64.
Hinter- und Seitengebäude von:
69—70.
Seitengebäude von: 18. 24. 49. 65.
Seitengebäude und Hinterfront
von: 53.
Dominikanerstrasse: 7 (1710; ähn-
lich aber zierlicher als Vogtei 40). 8.
13. 28.
Dom platz: 11. 27 (Haus des Dichters
Klamer Schmidt 1745—1825).
Düsterngraben: 11. 32.
Fischmarkt: +4. 5.
Franziskanerstrasse: 20. 22.35.41.
42. 43.
Am Frauenhause: 3 (1704). 4. 5. 9.
Georgenstrasse: 7. 13.
Gerberstrasse: 14. 16.
Göddenstrasse: 6. 11. 12. 25 (1697).
Grauer Hof: 3. 4. 5. 6. 7. 8. 22. 23.
24. 29. 30. 31. 32.
Gröperstrasse: 10. 15. 21 (1700). 23.
26. 29. 66. 69. 70. 71. 73. 76.
Grudenberg: 8 (1697).
Harsleberstrasse: 4. 16.
Holzmarkt: 2. 15.
Johannisbrunnen: 15 (Füllhölzer u.
Balkenköpfe mit Eierstab).
Judenstrasse: 1. 7. 8. 9. 11. 12. 13.
19. 20. 21. 22. 35.
Kämmekenstrasse: 8.
ten Periode:
Kornstrasse: 4. 5. 7. 9. 11(1650).
12. 16.
Krebsscheere: rechts (1670).
Kühlingerstrasse: Ecke hinter der
Münze. 17 (1652; lange Konsolen und
Schiffskehlen). 32.
Hinterhaus von: 8 (1652).
Kulk: 6. 10.
Kulkstrasse: 14. 15. 16. 17. 18. 19.
25. 29. 30.
Lichtengraben: 10. 11. 12. 17 (Por-
tal des 18. Jahrh. zur Spiegerschen
Kurie gehörig).
Lichtwerstrasse: 6. 10.
Martini plan: 36. 38 (1699). 39.
Michelshagen: 2. 3. 5.
Hinter der Münze: 2. 18 (1653).
Oclisenkopfstrasse: 1. 2. 6. 10.
Paulsplan: 21. 22.
Paulsstrasse: 5. 10 (1669, ohne Vor-
kragung). 11. 15. 16 (1687). 18
(Schwelle und Füllhölzer mit Eierstab).
19 (Füllstücke mit Blumengehängen,
oben mit Lambrequins).
Petersilienstrasse: 2. 3. 7. 8.9. 10.
11. 12. 14. 15. 16. 17. 19.
Pfahlgasse: 2. 3. 4. 5. 7. 8.
Hinter dem Richthause: 2. 3. 4.5.
Rosenwinkel: 2. 3. 4. 5. 8. 11. 14.
Rosmarinstrasse: 5. 7.
Haus in der Sackgasse.
Sackplatz: 1. 3. 5. 8. 9. 10.
Sackstrasse: 4. 8. 9. 10. 11. 12, 13.
15. 16. 17. 23. 24. 27. 29. 31. 33.
Schuhstrasse: 4 7a. 8. 9 (1688). 15.
19. 20. 21. 22. 29. 36. 37. 39. 48. 49.
50. 51. 52. 53.
Schulstrasse: 2. 3.
Seidenbeutel: 3. 4 (1696). 5. 6. 8
(1700). 9. 11. 14. 19. 21. 23. 24.25.28.
]
Halberstadt (Wohnhäuser : B. Fachwerkhäuser — Statistik) 4d7
Bei den Spritzen: 1. 3. 6. 17. 19 Unter den Weiden: 41. ^
(1688). Weingarten: 1. 8. 10. 19. 21. 22. 23.
Steinhof: 2. 5. G. 16. 24. 25. 26. 28 (1697). 30. 31.
Unter der Tanne: 8. 10. Westendorf: 2. 5. 11 (1666). 22. 24.
Taubenstrasse: 8. 30. 39. 52. 54. 55.
Tränkethor: 10. Hofgebäude von: 16 (1657).
Vogtei: 1. 4. 9. 12. 40 (s. oben). 42. Wort: 4. 7 (Füllhölzer mit Eierstäben).
52. 53. 10. 12. 14 (1662).
Prismatische Balkenköpfe und Zahnsehnitte:
Bakenstrasse: 36. Ilarsleberstrasse: 5. 13.
Breiterweg: 53. 65 (1672). Judenstrasse: 33.
Dominikanerstrasse: 3 (1671, mit Lichtwerstrasse: 9. 12. 21.
vier Fenster breiter Auslucht; sehr Peterstreppe: 4. 5.
stattliches Haus). Bei den Spritzen: 20.
Düsterngraben: 3. Taubenstrasse: 22.
Gerberstrasse: 12. Westendorf: 23 (s.o.).
Gröperstrasse: 24. 72.
V. Ältere Gebäude, deren Zuerteilung an eine bestimmte
Periode .wegen zu starker Verderbnis nicht möglich ist, über-
wiegend jedoch jedenfalls der letzten Periode angehörend:
Abtshof: 11. 20. Hinter der Münze: 1.
Bakenstrasse: 5. 15. 33. 34. 49. 50. Ochsenkopfstrasse: 12.
53. 54. 55. 57. 59. 65. 74. 75. Paulsplan: 7. 9. 10.
Beginenstrasse: 1. 2. 8. 9. Paulsstrasse: 7.
Klein-Blankenburg: 2. 5. 45. 46. Ritterstrasse: 12.
47. 48. Rosenwinkel: 12. 15. 17.
Dominikanerstrasse: 21. 26. 27. 29. Rosmarinstrasse: 1. 2. 6.
Düsterngraben: 16. 17. 30. Sackplatz: 2.
Fischraarkt: 6. 7. 8. Sackstrasse: 7. 32.
Franziskanerstrasse: 10.26.28.31. Schmiedestrasse: 1. 2. 3. 4. 5. 10.
Am Fraiienhause: 2. 11. 12. 15.36.
Gerberstrasse: 3. 8. 13. Schuhstrasse: 5. 6. 12. 18. 28. 30.
Göddenstrasse: 22. 41. 42.
Gröperstrasse: 8. 9. 20. 35. 60a. 75. Seidenbeutel: 7. 10. 20.
Harsleberstrasse: 18. Bei den Spritzen: 2.
Hoherweg: 10. 12. 18. 25. 28. 29. 30. Taubenstrasse: 9. 10. 20.
35. 38. 39. 45. Tränkethor: 8.
Johannisbrunnen: 2. 3. 4. 6. 7. 9. TrüUgasse: 12. 13. 14. 15. 16.
23. 27. 28. 30. Vogtei: 2. 3. 10. 14. 15. 17. 18. 19.
Judenstrasse: 4. 24. 41. 45. 48. 49. 50. 54. 55.
Kornstrasse: 3. 6. 13. Unter den Weiden: 5. 6.
Kühlingerstrasse: 8. 10. 14. 19. . Westendorf: 4. 17.21.26. 32.46.47.
Lichtengraben: 2. 4. 18. 48. 49. 53. 56.
Dichtwerstrasse: 5. Wort: 3.
Martiniplan: 12. 26. - .
Kiels Halbentadt. 31
Halbentädter Stadtkreis: Oilberatadt (Saamlungen)
Litteratur: C. Lachner, Die HolEarchitektor Halberatadta. ZdtMhrift für faiUeade
Knnat XIX (1884), ITOff. 212fr. mit Abb. von Fragmenten folgender B*aten: BraitenregSO;
Holzmarkt 24; Batakeller; Wwtendorf 25 ; Fleichmarkt 1.11.12; DOBtemgraben 13; Franzi«-
kanerBtnuwe 12; RoUmHrkt 23; Hinter der HOnze 19; Harakberatrasae 15; Liditengrabeo 15;
Han)leber«traB»e6.8,9; Breiterweg 20; Schuhfaof; HolunarktS (Sadfront); BcbmiedestruBelT:
Bakenatnwee *A; Weetendorf 23; Breiterw«^ 54. — Liebotd, Die mittelalteH. HolE&rddlektm
in Niedersachsen. — Boetticher, Die Holzarcbitektur dea Mittelalters, 1843. — Cuno nnd
Schftfer, Holzarcbitektur vom 14.— 18. Jabrb. — ^le, Allgemeine Baazdtung voa Fonter,
Wien 1845. — Kallenbach (vervcbiedene Werke).
Verschiedenes
Sammlungen
Die städtische Sammlung im Gleimhause, einem hübschen VaA-
werkbau des 16. Jahrhunderts, hinter der Nordostecke des Domchores b^egaa,
ist bisher nicht katalogisiert. Sie
enthält die Bibliothek (gegen
9000 Bande) und die SunmlimgeB
(dabei etwa 370 Handw^usRoi)
des Dichters Qleim, wek^er vm
1747 bis l?CQ hier wohnte. Be-
berühmter
für viele d
selbst die I
Künstlern ,
beiteten, s
Tischbein
Ausserdem
Sammlung
untergebrai
einer Bibtio
einigen Sc
deren Eunt
zen, Meda
pfarrer I
reichen San
Gebäude ai
Stadt, vorgeschichtlichen GcgM
*"'K227. ständen, welche zum Töl b
Halberstadt selbst gefunden änä
u. 8. w. Als Beispiel sei hier ein ausgezeichnetes gotisches Madonnenbiid mit-
geteUt {Fig. 227.)
Halberstadt (Samnlnngea)
500 Ualberst&dter Stodtkr^: Halberatadt (Saminlun^n — Brannen)
Eine GeraUldesanimliing befindet sicli in der Spiegel'schen Kurie.
Sie enthält hauptsiichiicli moderne Stücke, darunter den „Tod der Sötine Eduards"
von Hildebrandt.
Erwäliniing verdient ferner die Heclit'sclie Sammlung, welche einen
reichen Schatz von Urkunden, Siegeln und Büchern umfassen soll.
Von der Nebe'schen Sammlung ist oben
beim Dome (pag. 299) gesprochen worden.
Im Domgyninasiura befindet sich eine sehr wert-
volle Bücher- und Handschrif tensaniralung,
hervorgegangen aus der von Matthias von .Oppen ge-
stifteten und gesammelten Dombibliotliek. Ihre An-
fänge waren schon früher vorhanden ; so werden wert-
volle, in» Chore aufbewahrte Schriften 1427 erwälmt.
Die Bibliotheken amlerer Stifter wurden neuerdings
damit vereinigt, doch ist vieles nach Magdeburg und
nach Halle gekommen. Auf die einzelnen zum Teil
sehr beachtenswerten Schriften einzugehen, wünle hier
zu weit führen. Doch wird es im Zusammenhange
dieses Buches interessieren, wenn hier ein in Pressung
von braunem Le<ler aii.sgoführterHandschrifteneinband
aus spätronuinischer Zeit abgebildet wird. (Fig.22H.)
Das abgebildete I stammt aus einem romanischen
Kodex der Sammlung. (Pig, 229.)
Brunnen
In erster Linie ist zu erwähnen der auf dem
Holzmarkte, welcher lange Zeit trocken stand, jetzt
aber aufgefrischt und seiner Bestimmung wiedergegeben
ist. (Fig. 230.) Er besteht aus einem nchteckifi^n
sandsteinemen Becken. Die Ecken sind durch kräftige
Yulutq;! hervorgehoben, die mit Akanthusblättem ge-
schmückt sind. Die Fullplatten zeigen schöne halb-
erhabene Bliunen- und Fruchtstucke an Büsdem
hängend. Der kräftig vorspringende, obere Rand des Beckens ist, dessen Ecken
folgend, verkröpft. In der Mitte stand früher eine hölzerne, jetzt eine steinerne
Säule, innerhalb deren die Wasserröhro emporsteigt Der Ausfluss geschiebt
durch die Mäuler von vier Delphinen, weiche mit ihren um eine Mittelsäule in
die Höhe gekrümmten Schwänzen eine auf einer Deckplatte ruhende Kugel tragen.
Schon am Anfange fies 16. Jahrh. scheint an dieser Stelle ein Brunnen gestanden zu
haben. In den ungedrnckten Urkunden des Liebfrauen- und Johaniiisstiftes
finden sich Erwähnungen, wolcho sich auf ihn deuten lassen. [Daselbst ist Buch
1506 von einem Brunnen die Rede, welcher der Treppe zum Rathause gegenüber-
stand, sieh also wohl auf dem Fischmarkte befunden hat.) Ein zweiter erwSIinens-
werter Brunnen steht auf dem Platze, welcher danach Johannisbninnen genannt
wird. Er ist sonst wertlos und neu, aber gekennzeichnet durch die oben auf-
Fig.229.
Halberetadt (BrnnneD) 50t
gesetzte kleine höizerDe bemalte Figur Jobannis des Täufers, aus dem 16. Jahr-
hundert: stammend.
[Strassenbrunnen werden gleichzeitig mit Klage über ihre häufige Ver-
unreinigung im Mittelalter wiederholt erwähnt]
502 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (WachtQrme — Mühlen — Liebf rauenkapelle)
^ Ansserhalb der Stadt
[Die Stadtflur, im Mittelalter breda, die Breite, genannt, bietet in alter Zeit
die Namen einer ganzen Anzahl von Flurstätten. Am häufigsten erwähnt ist
die lüttge Mark beim Assebach, deren Zehnter 1289 vom Bischöfe an das Lieb-
frauenstift überwiesen wurde ; sodann die Withecke, welche zuerst den Edlen von
Quenstedt, dann der Stadt, dann den Templern gehörte und von ihnen 1306
samt ihrem übrigen Besitz verkauft wurde. Genannt werden noch das immen-
dal 1311; — die gosewort am Stadtgraben 1392; — ein Ort by deme nygen pylre
na unser leven vruwen berge in der Nähe des Landgrabens 1452; — auf dem rode
1492; — der Sperlingsberg 1493; — die rabane 1495 und öfter; — das Kaiserreich
oberhalb der Mordmühle 1^95; — die domherrnkule 1606.
Vor dem Thore von St. Johannis lag der Gerichtsort Wardeho.
Wiesen und Gärten gab es vor der Stadt verschiedene, von denen die
Tanzwiese, danswische, häufiger erwähnt wird. Auf ihr befand sich ein steinerner
Turm. Obst- und Hopfengärten gab es in Menge.
Solcher Wachttürme werden in der Halberstädter Flur im 15. Jahr-
hundert mehrere erwähnt, darunter der von einer Mauer umgebene braun-
schweigische Turm (1420).]
Auf den Thekenbergen stand ehemals die sogen, kalte Warte, von welcher
noch Mauerreste vorhanden sind.
Mord-, Gerichts- und Grenzsteine. [„BeidenKreuzen von St Johann"
1507.] In der Nähe des Hoppelberges, am sogen. Tönnigsberge steht noch ein
Stein, etwa anderthalb Meter hoch, mit der Inschrift: tön f an. 1537. Zwei
Grenzsteine mit dem Stadtwappen und der Zahl 1728 stehen am Wegelebener
Wege. Alle übrigen Grenzsteine sind bei der Separation verschwunden.
[Bei einer Mühle an der Holtemme gab es im 13. Jahrhundert Steine, auf
welchem bei den Prozessionen am Mittwoch vor Himmelfahrt die Reliquien
niedergelegt und woselbst Lieder gesungen und Psalmen gelesen wurden. Die
vom Dome ausgegangene Prozession ging dann nach dem Johanneskloster und
betrat beim Burchardithor die Stadt wieder.
Von Mühlen werden erwähnt die Kaisermühle (molendinum caesaris) süd-
lich der Stadt 1313; — die Klostermühlo 1324, beiWchrstedt gelegen, auch Warm-
holzmühle genannt» — die Spital mühle oberhalb der Stadt 1384; — die Rossmühle
(by den pawelern); — Magdeburger Mühle; — Mühle zu St. Nikolas; — Mühle
zu St. Johannes; — die Wicholtraühle ; — die Pfortenmühle 1400, letztere beim
Bonifatiuskloster gelogen und öfter erwähnt; — die Mordmühlo südlich der Stadt
an der Holtemme 1422 und öfter; — die Ölmühle vor dem Gröperthore, in
städtischem Besitze 1438; — die Wassermühle vor dem Burchhardithor 1490.]
Noch übrig ist die am Fusse der Klus (s.u.) belogene Molkenmühle, eigentlich
mulleke, d.h. Mühlchen, wonach der jetzige Name eigentlich eine Verdoppelung
desselben Namens ist; sie ist schon 13(53 erwähnt. Sie gehörte dem Kloster
Münzenberg; 1443 erhielt sie der Rat von Halberstadt zu Lehn, der sie 1445
einem Bruno v. Hagen in Erbenzins gab.
[Auf dem vor der Stadt in der Nähe des Landgrabens belegenen Marien-
berge stand, schon 1214 erwähnt, eine Liebfrauenkapelle, von welcher öftere
Halberstadt (Liebfrauenkapelle — Schlitzenhaas — Gleims Garten — Klos) 503
Nachrichten verlauten. Erwähnt wird der Altar St. Pauli, Lauren tii et Cyriaci
auf der linkfen Seite in der Kapelle, welcher 1442 von Burchard von Mahrenholz,
dem Bektor der Laurentiuskapelle (s. o.), gestiftet worden war. Von Ausstattungs-
gegenständen werden ausserdem genannt Messbuch, Messgewänder, Kelch und
Lichter.]
Dicht bei den Bullerbergen, also bei der Wüstung Bossleben (s. o. p. 8),
befindet sich der Schützenwall mit dem Schützenhause, Eigentum der gegen
1500 entstandenen Schützengildschaft, welche 1543 vom Bäte bestätigt wurde.
Das Schützenhaus erfreut sich noch jetzt des Besitzes vieler Urkunden, welche
auf die Geschichte der Gesellschaft Bezug haben, sowie von allerlei Kostbar-
keiten. Yon diesen sind in erster Linie zu nennen eine Anzahl von in Schmelz-
farben ausgeführten Glasmalereien des 17. und 18. Jahrhunderts (die älteste von
1609, die jüngste [abgesehen von den modernen Zuthaten] von 1738), durch-
gangig Wappen von Vorständen und Mitgliedern der Schützengesellschaft. Die
wertvollen Scheiben sind in den sieben Fenstern des grossen Saales im Ober-
stockwerke untergebracht, in der Weise, dass jedes Fenster immer ein grösseres
Wappen und um den Rand herum 11—13 kleinere enthält. Unter letzteren be-
finden sich eine Anzahl aus ganz später Zeit, welche überhaupt ohne Anwendung
von Farben durch Einschleifen der Zeichnung hergestellt sind. Die neuen Er-
gänzungen auf Kathedralglas passen leider zum Charakter der alten Malereien
nicht genügend. Die Wappenscheiben sind interessant und wertvoll wegen der
vielen Hausmarken und Familiennamen und bilden als seltene Vertreter der
spätesten Glasmalerei dieser Gegend ein wertvolles Studienobjekt. Von anderen
wertvollen Gegenständen sind zu nennen drei silberne Becher modemer Arbeit.
Ein Willkommenbecher von 1618 ist leider abhanden gekommen. Nach einer
Nachricht vom Ende des 18. Jahrhunderts zeigte er schöne getriebene Arbeit,
wog 4 Mark und 1 Lot und war 20 Zoll hoch. Ferner existiert eine alabasterne
polychromierte Pieta, Höhe 30 cm; unten die Umschrift „dat Marien beide is
gewiget (d. h. geweiht) in de ere von unser lewen fruwen do man schroff dusent
drehundert im sesteynten jare na der bort goddes." Es war ein für den Katha-
rinenaltar der Johanniskirche bestimmtes Geschenk eines angeblich pomesanischen
Bischofes. Dadurch, dass die Mariengilde sich 1531 mit der Schützengilde ver-
einigte, kam dieses ihr Eigentum in den Gebrauch der letzteren.
Gleichfalls in der Nähe der Stadt, vor dem Gröperthore, befindet sich
Gleims Garten, ehemals mit seinem „Hüttchen,^^ d. h. seinem Sommerhause,
dessen Tapeten mit den eigenhändigen Namen und anderen Autographen seiner
Freunde bedeckt waren. Das Obergeschoss des 1846 abgebrochenen Hauses ist
in der Huy Strasse 9 im Garten wieder aufgebaut. In Gleims Garten befindet
sich sein und seiner Nichte Dorothea Grabmal, von Urnen umgeben, auf denen
Namen von Freunden und Dichtungsgenossen Gleims verzeichnet stehen.
Gleichfalls wie die Molkenmühle dem Kloster Münzenberg angehörig, war
die in den Sandsteinfelsen der südlich von der Stadt hinziehenden Hügelkette
befindliche K 1 u s mit ihrer Kapelle (de geistliken capellen und klus bowen der
mulleken 1420). Die steil aufragenden Sandsteinfelsen sind hier, wie auch bei
Langenstein und auf dem Regenstein, seit Urzeiten zu menschlichen Wohnungen
ausgehöhlt worden. Vorgeschichtliche Funde sind bei der Klus häufig. In
504 HalbarstUtor Stadtkreis: Halbentadt (Eins — Spiegrieberge: JagdsehlosB)
christlicher Zeit dionte sie mit ihrer Kapelle als EinBiedelei , hatte aacb 1516
eine Brüderschaft, welche von den Ilirten der Gegend begründet war. Der
kleine Kaum, welcher als Kapelle gedient hat, ist kenntlich an einem aits der
Wand herausgemeisselten , leider nur noch in schwachen Sparen erhaltenen
Kruzifix. Eigentliche Architektur fehlte gänzlich. Die Dotubauhiitte hat im
Mittelalter zu der kleinen Kapelle nähere Beziehungen gehabt An einer Stelle
der Felsen sind eine Menge von den Steintnetzzcichen eingemeisselt, welche sich
auch im Dome wiederfinden.
Westlich von den Klusbergen in gleicher Richtung streichend, befinden sich
die Spiegelsberge. Ihre Höhen, welche eine weite Aussicht nach der Stadt
und dem Harze eröffnen, hat Ernst Ludwig Christoff Freiherr v. Spiegel zum
Diesenberg (geb. ii2. Februar 1711, Domherr zu Halberstadt seit 1731, gestorben
22. Mai 17ti6, sein Bildnis auf der zu seinem 50jährigen Jubiläum geprägteg
Medaille ist hier abgebildet [Fig. 231]) angeforstet und durch Erbauung voaLost-
Fig. 281.
häusern und zahlreichen anderen architektonischen Schmuck zu einem prächtigeii
Ausflugsorte der Halberstädtcr umgeschaffon. Er begann damit gleich nach
Beendigung des siebenjährigen Krieges. Von den Baulichkeiten ist die wicbti^te
das auf der höchsten Erhöhung des Bergrückens befindliche Jagdschloss,
dessen Bau 1769 begann; 1782 wurde es eingeweiht Es zeigt einfache Rokoko-
formen und — wie alle von Spiegel hier aufgeführten Bauten — Verzierungen,
welche in phantastischer und dabei doch naturalistischer Art die Kunsterzetignisse
mit dem Charakter der Landschaft verschmcl7X)n sollen. Zum Teil ist dies auch
mit gutem Geschick erreicht, wie denn namentlich der Übergang der Architektur
des Jagdschlosses, sowie der des weiterhin zu erwähnenden Aussichtsturmes in
den umgebenden natürlichen Felsen vortrefflich zwanglos gelöst ist Die Wände
sind gequadert, die Fenster rundbogig. Nach der Nordseite führt im Ober-
geschosse ein Balkon mit schönem schmiedeeisernen Gitter ins Freie. Auf der
Südseite führt eine Freitreppe zum Jagdsaale und zu zwei kleineren Zimmern.
Von hier aus führt eine schöne Wendeltreppe zum Dachgeschosse. Der Keller
des Jagdtschlosses beherbergt ein Riesenfass von gegen 1330 hl Inhalt, welches
1594 Bischof Heinrich Julius durch Michael Werner aus Landau, der auch das
Heidelberger Fass erbaut hatte, herstellen liess. Es war im bischöflichen Schlosse
Halberstadt (Spiegelsberge : das Jagdschloas — Denkmftler — Anssichtstann) 506
zu Groningen untergebracht Als dieses im 18. Jahrhundert in Verfall geraten
war, erwarb Spiegel das Fass, und vielerlei Skulpturen und andere Werke zur
Wiederauf Stellung auf einer seiner Besitzungen. Unter den erworbenen Schmuck-
stücken befand sieh auch das Portal xum Kellereingange (Fig. iJ32}, welches oben
von den Wappen des Herzogs Heinrich Julius und seiner zwei Gattinnen, der
Prinzessin Dorothea von Sachsen und der Prinzessin Elisabeth von Dänemark,
bekrönt ist. Das Portal tragt die Jahreszahl 16Ü6 und zeigt eine feine Kenaisäance-
architektur mit sehr zierlichen Urnamenten. Rechts und links davon sind die
Treppenwangen mit lagernden Löwen geschmückt. Unterhalb des Jagdschlosses
Fig. 232.
auf der Nordseite befinden sich zwei tiefe halbkreisförmige Grotten, über der
einen das Spiegel'sche, über der anderen das v. Rochow'sche Wappen. (Seiten-
ansicht Fig. 233.)
Unweit des Schlosses steht eine Säule, Spiegel zu Ehren errichtet von
einem setner Vorwandten. Ein eingomeisseltcs Gedicht preist die Verdienste
Spiegels als des Verschönerers dieser Gegend in überschwenglichen Worten.
Ein anderes Freundschaf tsdcnknial ist die sogenannte Heinrichshöhe, eine
kleine Grotte, oberhalb deren ein Hirsch vor einem aus Stein gehauenen Baura-
stamme liegt. Dicht hierbei steht ein Aussichtsturm in Gestalt eines sechs-
eckigen, auf felsenartigem Unterbau sieh erhebenden, von einer Kuppel gekrönten
kleinen Tempels. Sein Gewölbe ruht auf Konsolen, welche menschliche Masken
darstellen. Die verkröpfton Ecken sind aussen mit Säulen verkleidet. Unterhalb
5C6 Klbeisiadter Stadtkreis: Hallwratadt {BpiegelBbeTge: Grotten)
dieses Tempels sind eine Anzahl von Nischen und Grotten in den Felsen ge-
arbeitet, darunter eine südlich, welche einem Freunde Spiegels, dem General Ton
Halberstadt (Spiegelsberge: Einsiedelei — Badebaus — Spiegels Grab) — Schlussblick 507
Erlacb, gewidmet war. Allenthalben sind die natürlichen Felsen und die sie
nachahmenden Quadern belebt von einer Unmenge der verschiedensten vier-
füssigen und geflügelten Tiere, und Köpfe von Waldgöttern schauen aus dem
Gestein. Auch sonst noch finden sich hier und da Grotten und Ruhesitze. Ver-
mauert ist jetzt der Eingang zu der Einsiedelei, welche zahlreiche Reste von
Statuen enthält, die ehemals allenthalben standen. Ganz verschwunden ist auch
das Badehaus; es musste 1820, weil es allzu baufällig war, beseitigt werden.
Erwähnung verdient noch Spiegels Grab, in Form eines sechseckigen gekuppelten
Tempels, oben geschmückt mit den Figuren des h. Stephanus und Laurentius,
auf der Spitze mit einer Urne, welche mit Flachrelief darstellungen bedeckt ist.
Ein schmiedeeisernes Gitter, von Sandsteinpfosten gehalten, umgiebt dies Grabmal.
Es ist von Spiegel selber erbaut; sein Sarg, welcher nach einer in der Franzosen-
zeit geschehenen Störung jetzt sein Gebein, wieder birgt, ist von aussen zu sehen*
Das Grab bildet an jedem 22. Mai den Mittelpunkt einer Erinnerungsfeier.
Gleichfalls auf diesen Bergen befindet sich, jedoch verschüttet, die Statue
der Dichterin 'Karschin.
Leider trägt alles deutliche Spuren des Verfalls, zu welchem die allzu
weiche Beschaffenheit des Sandsteins beiträgt.
Schlussblick
Der ausserordentliche Reichtum und zum Teil zur äussersten Höhe künst-
lerischer Bedeutung sich erhebende Wert der Bau- und Kunstdenkmäler des
Kreises Halberstadt, welche dieses Buch zu betrachten und mit möglichster Voll-
ständigkeit darzustellen hatte, ist die Frucht der von Anfang an infolge geo-
graphischer Lage und politischer Bedeutung besonders bevorzugten Stellung des
Bistums, welches sich eine seit uralter Zeit stark besiedelte Stätte zum Sitze
erkor. Der Glanz der bischöflichen Regierung, in Krieg und Frieden gleich
hervorragend, die Kraft und der Trotz des neben ihr erstarkenden Bürgertums
und der rührige Wettstreit beider Mächte führte zu den fruchtbarsten Ent-
faltungen auf dem Gebiete des gesamten Kulturlebens, und der mächtige Einfluss
solches vielseitigen Strebens äusserte sich, bis auf den heutigen Tag bemerkbar,
auch in den kleinen Ortschaften des ländlichen Bezirkes. Den glänzenden Aus-
gangspunkt nahm die Entwicklung der Kunst im Halberstädter Gebiete von dem
Mittelpunkte ihres kirchlichen Lebens, dem Dome der Stadt, dessen wechselvolles
Geschick an seiner Stelle geschildert worden ist. Wie er in seinem Innern die
kostbarsten Schätze noch heute birgt, welche die Bischöfe im Eifer für die
Religion und für ihre eigene Macht gesammelt hatten, so bietet er an seinen
Bauteilen einen Schatz an Ornamentik, in seiner gesamten Erscheinung aber
einen solchen von grossartigen architektonischen Gedanken, und sein Studium hat
vorzüglich dazu beigetragen, die Baumeister der Halberstädter Gegend anzuregen,
nicht zur Nachahmung, sondern zu selbständigem, grosszügigem Erfassen ihrer
Aufgaben. Jeder, der verständnisvollen Blickes sich dem Halberstädter Dome
naht, sein Inneres betritt, kann bestätigen, wie bei jeder neuen Betrachtung sich
508 Schlussblick
Neues aufthut, wie die edlen Verhältnisse und die mit herrlichem Geschmacke
entworfenen Einzelheiten immer wieder eine gesteigerte Wirkung thun und das
Verständnis für sich selbst und für andere Kunstwerke fördern. Neben dem
Dome erwachsen schon in romanischer Zeit stattliche Kirchenanlagen: in Halber-
stadt die Liebfrauenkirche, St Moritz, St Paul, StBurchardi; in Derenburg, in
Deersheim, in Osterwieck, in Stötterlingenburg Stadt- und Klosterkirchen, alle
stolz mit zwei Türmen gen Himmel weisend, Liebfrauen in Halberstadt als
einziges Beispiel dieser Gegend gar mit vieren. Auf dem Lande aber herrscht
in romanischer Zeit eine emsige Bauthätigkeit Allenthalben erstehen die Kirchen
mit dem schweren Turme von rechteckiger Grundform und zumeist ohne "West-
eingang, alle nur in Glockenhöbe mit kleinen Sundbogenfenstem, einzelnen oder
gekuppelten, die von fein gezeichneten Zwergsäulen getrennt sind. Die Archi-
tektur der romanischen Bauten ist durchgehends einfach und edel in den Ver-
hältnissen und erhebt sich in der Halberstädter Liebfrauenkirche zu einer sonst
in dieser Gegend nicht wieder erreichten Erhabenheit, welche sie im Verein mit
den ausgezeichneten Bildwerken in ihrem Innern als eine kunsigeschichtliche
Erscheinung vorzüglichsten Banges darstellt
Nicht minder wichtig als diese älteste Kunstperiode ist für Halberstadt und
seinen Bezirk die Zeit der Gotik geworden Der Dom entwickelt sich nach alten
Baugedanken, aber in neuer Selbständigkeit Es erwachsen zu gleicher Zeit die
Martini-, die Andreas-, die Katharinenkirche, und ein grossartiger Umbau der
Kirche St Paul wird begonnen, ohne zu Ende geführt zu werden. Überall hoch-
strebende edle Bauformen, ein Ringen nach freier Bewegung, nach Luft und
Licht, welches durch herrliche Olasgomälde bunten Schimmer ins Innere strahlen
lässt Welch einen Anblick müssen sie geboten haben, ehe die Zeiten der
Trübsal und des mangelnden Kunstverständnisses über sie hereinbrachen, ehe
die Glasgemälde zertrümmert, die Wandmalereien übertüncht, die geschnitzten
Altäre verschleppt" und zerschlagen, die von der Frömmigkeit der Vorfahren
gestifteten Schmuckstücke verstreut wurden. Nur unvollkommen ist der Begriff,
welchen die erhaltenen Koste vom einstigen Glänze zu geben vermögen. Was
erhalten ist, haben wir erwähnt; die Inhaltsangabe dieses Buches stellt es noch-
mals übersichtlich zusammen, sodass an dieser Stelle des Einzelnen nicht gedacht
zu werden braucht Übersehen wir aber die Zusammenstellung, so muss es
erfreuen, dass, alles zusammen genommen, doch noch eine erhebliche Menge von
Kunstwerken aller Arten und aller Zeiten gerettet worden ist Noch rühmt sich
Stadt und Kreis Halberstadt vieler Schnitzereien und Steinbildwerke, kostbarer
Malereien an Wänden und auf Tafeln, wertvoller Taufsteino, Orgeln, Kanzeln,
mancher Glasmalereien der besten Zeit, kostbarer Erzeugnisse der Webekunst,
vorzüglicher Metallarbeiten und um von den vielen anderen nur noch eins zu
erwähnen, eines grossen Schatzes älterer und neuerer Glocken. Ja, man war
künstlerisch betriebsam im alten Halberstadt, das zeigt die Menge von Meistern,
deren Namen noch ermittelt werden konnten. Ihre frische, lebhafte, kräftige
und naive Wirksamkeit geht hervor aus dem starken Freiheitsbewusstsein des
städtischen Bürgers, der im 13. Jahrhundert keck sein Haupt erhebt und bis vor
die Beformationszeit unter manchen heftigen Stürmen seine Unabhängigkeit za
wahren weiss. Als Zeichen seiner Selbstherrlichkeit stellt er 1381 das neue Bathaus
Schlttssblick 509
in die Mitte des grossen Marktes als eine Yeste des Bürgertums gegen die im
Petersbofe sitzende bischöfliche Macht Während das geistliche Regiment inner-
halb seiner von Ketten abgesperrten Bezirke ein vereinsamtes Dasein führt, und
nur die Notwendigkeit des täglichen Lebens einen Zusammenhang mit dem
Yolke der Bürger erzwingt, breitet dieses sich wohlhäbig aus und erbaut seine
Behausungen einfach und dabei mit schönem künstlerischen Takte. Nirgends
tritt uns bei den Halberstädter Privatbauten , von denen die in Fachwerk aus-
geführten der Stadt zu besonderer Zierde gereichen, aufdringliche Prachtentfaltung
entgegen; die Schmuckformen sind bis in die späte Zeit rein und edel in der •
Gestaltung, und Halberstadt zeichnet sich hierdurch vor vielen anderen Orten
seiner näheren und ferneren Umgebung aus. Sind die Zierformen des Fachwerk-
baues auch nicht in Halberstadt erfunden worden, so haben sie doch hier eine
Heimstätte gefunden, wo man sich ihrer Entwicklung mit vollem Verständnisse
annahm. Fachwerkbauten weisen auch die übrigen Städte des Halberstädter
Kreises auf. Sie stehen wenig unter dem Einfluss der grossen Stadt. Jeder
Ort hat vielmehr gewisse Eigentümlichkeiten in sich ausgebildet und weiter ent-
wickelt- So gestaltet sich das Studium der Fachwerkbaukunst in dieser Gegend
nicht eintönig, nicht als etwas, womit man rasch fertig würde, sondern ist eine
Fundgrube mannigfachster, allen tlialben individuellster Anregung. Sie bleibt
es bis in die Zeiten des Barock- und Rokokostiles, dessen Erzeugnisse in
dieser Gegend sparsam auftreten, aber in jedem einzelnen Falle der Beachtung
würdig sind.
So in Halberstadt und den anderen kleineren Städten des Bezirkes. Draussen
aber hausen die Burgherren. Von beherrschender Bergeshöhe blicken sie herab
auf die Ortschaften, denen sie gebieten. Merkwürdig genug sind diese Burg-
anlagen, die Hornburg und die Westerburg als kreisförmige Befestigungen, die
Derenburg als viereckiges Kastell und, von äusserstem Interesse die Burg
Langenstein als teilweise in den Felsen gearbeitete Burg. Ihre Eigenart über-
trifft noch bei weitem der mit jähem Abstürze n^ch Norden dräuende Regen-
stein mit seinen gewaltigen, in den Felsen getriebenen Säulen und Kammern.
Von seiner Höhe aus schweift ein letzter Blick hinüber nach Halberstadt
und über den Kreis, dessen Geschichte und künstlerische Schönheiten ich habe
schildern dürfen, und somit nehme ich Abschied von ihm.
Nachträge und Berichtigungen
S. 3. Dass auch versprengte Teile hessischen Stammes in unser Gehiet gelangt
seien, könnte sich ans der in Heudeher urkundlich heglaubigten Ortsbezeichnang jaxta
fontem Cattorum (s. S. 51) schliessen lassen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass auch
das in den Kreis eingeschlossene braunschweigische Dorf Hessen auf die gleiche Völker-
schaft hinweist
S. 8. Nachzutragen Bräuklingen südöstlich von Dardesheim.
S. 10 Z. 24 V. 0. zu streichen Heyningeroth.
S. 12. Es ist bei Radelingerode zu beachten, dass zwei verschiedene Lagen an-
gegeben sind. Am wahrscheinlichsten ist die Identität mit Bedingerode. — Onungendorf
ist identisch mit Neindorf bei Westerburg. Thidesdorp ist = Dingeisdorf; Ziegers1e?e =
Siegersleben bei SeehauseUi gehört also nicht zum Kreise.
S. 15. Türme, die nicht mehr erhalten sind, lassen sich noch nachweisen bei Stötter-
lingen (2 östl.), Osterwieck (1 südl.), Bohrsheim (1 nörd.), Heudeber (1 östl), Aspenstedt
(1 westl), Ströbeck (1 sfldwestl.), Mahndorf (1 östl), Sargstedt (1 südösÜ.).
S. 23 Z. 3 V. 0. lies Neinstedt statt Neindorf.
S. 26. Zum Inventar der Pfarre zu Bühne gehört ein grosser, stattlicher Schrank
des 17. Jahrhunderts mit in Laubsägearbeit ausgeführten, aufgeleimten Verzierungen.
S. 30. Vgl. die für die Klus getroffenen letztwilligen Bestimmungen des Friedr.
V. Hake vom 21. Oktober 1435; heräusgeg. von G. Schmidt (Die Dompröbste von Halber-
stadt, Harzzcitschr. 1886 p. 59).
S. 31. Die Hejkenthaler Warte, welche etwas südöstlich von Dardesheim und vom
Vorwerk Heykenthal auf dem Bücken des Huy steht, ist ein Bundturm von der in dieser
Gegend häufigen Art S. auch Nachtrag zu Seite 129.
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Fig. 234.
S. 37. Obenstihend ist der Grundriss der Stadtkirche von Derenburg a1
S. 43. Altargeräte: Nur eine silberne Oblatenschachtel ist aus dem 18. Jahrhundert,
alle anderen Stücke sind modern.
Nachträge und Berichtigangen 511
S. 49. An den Emporen hängen acht Ölgemälde vom Anfange des 18. Jahrh., die
4 Evangelisten nnd 4 grossen Propheten (?) darstellend. Am Altar sind 2 kleine, fein
gemalte Ölhildchen, weibliche Heilige, angenagelt; anscheinend niederländisch, 16. Jahrh.
S. 49. Der Taufstein ist aus Sandstein. Er stammt hOchst wahrscheinlich von dem-
selben KQnstler, welcher anch den in Vorsfelde (Beschr. Darstellung der älteren Bau- und
Kunst -Denkmäler des Herzogt Braunschweig, Bd. I.) und den aus der Moritzkirche zu
Halberstadt (s. u.) entfernten gearbeitet hat.
S. 50 Z. 7 V. u. lies 1,19 statt 0,19.
S. 72. Die Abbildung ist nach geschehener Korrektur durch ein Versehen des
Druckers auf den Kopf gestellt worden.
S. 74. Die Beziehungen Goethes zur Frau v. Branconi sind neuerdings besonders
eingehend behandelt in Dr. Bimpau's Schrift: Frau v. Branconi (Wernigerode 1900).
S. 75. Zur alten Kirche gehörte ein frühgotischer Taufstein, dessen Ober- und
Unterteil sich getrennt auf Höfen im Dorfe neuerdings (1902) vorfanden. Sie sind,
wieder vereinigt, im Parke des Gutes aufgestellt worden. Der Kessel ist, gewissermassen
schwach kanelliert, zwölfeckig. Den oberen Band begleitet aussen eine Beihe von 12 Becht-
ecken, deren jedes ein anderes kleines Ornament enthält.
S. 79 Z. 7 V. u. lies Nobiles statt Nobilis.
S. 82 Z. 2 V. u. oben lies Dünsing statt DOsing.
S. 94 Z. 7 V. oben lies Kelch statt Kelche.
S. 96. Die Glockeninschrifk Fig. 41 lautet aufgelöst: got lat es se gheneten
Allster margreten • johan von deme • . . got mote sin denken f ore tuo xpe
benediotuB alt looiui iste. (Die letzteren Woite finden sich auch auf einer Glocke der
Moritzkirche zu Halberstadt).
S. 106. Die Notiz von der Übertragung der Täfelungen nach Wernigerode beruht
auf mfindlicher Nachricht.
S. 120. Im Hofe des Begensteins stehen zwei Sandsteinfiguren des 18. Jahrb.,
Heilige in Lebensgrösse darstellend.
S. 123. Kronleuchter aus Messing, 17. Jahrb., ähnlich dem in Stötterlingenburg.
(S. 140.)
S. 123. Altargeräte: Die Geräte der Kirche von Bimbeck gehören der von Bühne,
mit an und sind dort beschrieben.
S. 129. Die sog. Sargstedter Warte ist ein in der dortigen Flur stehender Wart-
tnrm, wie die Heykenthaler Warte.
S. 131. unter dem Altarraume befindet sich ein Steingewölbe, angefüllt mit Särgen.
S. 138 Z. 4 V. u. lies ccc statt cc.
S. 158. Der Altar ist modern und wertlos.
S. 165 Z. 15 V. 0. lies Seligenstadt statt Halberstadt.
S. 172 sind die beiden obersten Zeilen vertauscht.
S. 177 Z. 13 V. 0. fehlt Sie heisst: starb er.
S. 178. Hierher gehört auch das reichhaltige Testament des Balthasar von Neuen-
stadt (Harzzeitschr. 1886 p. 65 fr.). Bemerkenswert ist des sehr reichen Mannes Mangel
an Tafelgemälden. Einige werden erwähnt, dem Inhalte nach nur eins, den Obristophorus
darstellend.
S. 186 Z. 13 V. 0. lies Bäckerinnung.
S. 187 Z. 12 V. 0. Dies Kapitel, welches nach dem Vorbilde der anderen Hefte
unserer Baudenkmälerbeschreibungen ursprünglich beabsichtigt war, ist von mir durch
das Begister ersetzt worden.
S. 230 Z. 23 V. 0. Gemeint ist Bischof Dietrich v. Krosigk (f 1193).
S. 236 Z. 5 V. 0. lies (f 1458).
S. 236. Es dürfte nicht ausgeschlossen sein, dass die Neustädter Kapelle an Stelle
eines älteren Baues, die als Brunnenkapelle oder sog. Tonsur gedient hat, erbaut wurde
512 Nachträge und Berichtigangen
In der Lage ähnelt sie viden anderwärts, in Sachsen z. 6. in Magdeburg (Dom und Lieb-
fraaenkirche) und Merseburg befindlichen, obigem Zwecke bestimmten Kapellen.
S. 237 Z. 6 Y. n. Die bei Seite 241 eingeheftete Schnittzeichnung zeigt jene
Priecfaen noch.
S. 243 Z. 1 y. 0. lies nicht statt nur.
S. 255 Z. 25 ?. u. lies südlichen statt nördlichen.
S. 259. Die Kapelle, gestiftet von Balthasar von Neuenstadt, vollendet 1518, zwei
Jahre nach seinem Tode, war dessen Lieblingsschöpfung, wie die reichen Schenkongen
beweisen, die er ihr testamentarisch zuwies. Vgl. Nachtrag zu Seite .30.
S. 263 Z. 4 V. 0. lies Semecas statt Senecas.
S. 266 S. 20. V. 0. Die Worte bedeuten Spiritus sanctus supervBnit Mariae.
S. 272. Auch die von Balthasar von Neuenstadt 1516 hinterUissenen Kostbarkeitan
(Harzzeitschr. 1886, p. 65 ff.) gehören hierher.
S. 273 Z. 4 V. 0. lies Gada statt Gade.
S. 273 Z. 4 V. u. lies sitzende statt stehende.
S. 279 Z. 5 V. 0. zu streichen die Worte: alle aus dem 14. Jahrh.
S. 288. Über diese Teppiche vgl. auch Kugler, Kleine Schriften I, 131 ff.
S. 295. Zu berichtigen ist der Druckfehler 15 in Z. 28 v. o., zu lesen ist 16. Jahrb.,
und zwar sind nach dem Stil der Malerei, sowie darum, weil Baltbasar von Neuenstadt
(f 1516) kurz vor seinem Tode die Kapelle ausstattete, die Jahre um 1510—16
anzunehmen. Von Herrn Dr. Ed. Flechsig in Braunschweig wird auf den Einfluss Sdion-
gauerscher Kupferstiche aufmerksam gemacht, unter dem diese Malereien zu stehen
scheinen. — Bei den anderen spätgotischen Malereien der Domsammlnng glaubt derselbe
Forscher EinflQsse der damaligen Leipziger Malschule zu erkennen. Gewiss ist allerdings,
dass damals der Leipziger Maler Heinrich Schmidt (1501—41) fflr Halberstadt eine
Bestellung auf ein Altarblatt hatte. Im Leipziger Stadtbuche von 1508 findet sich eine
beim Bfirgermeister erhobene Beschwerde der Kirchenväter, dass Schm. die Arbeit nicbt
abliefere; es wird mit Zwangsmassregeln gedroht
S. 336 Z. 1 V. 0. lies dargestellte statt das gestellte.
S. 359 ff. Unmittelbar vor Abschluss dieses Buches (August 1902) ist es möglich
geworden, das Innere der Paulskirche näher zu besichtigen, nachdem die Heu- und Strob-
vorräte nunmehr endgiltig ausgeräumt sind. Es hat sich in erster Linie ergeben, dass
der auf Seite 361 abgedruckte Elissche Grundriss nur in so nebensächlichen Einzelheiten
Abweichungen von dem thatsächlichen Zustand zeigt, dass von der Veröffentlichung einer
ganz neuen Aufnahme abgesehen werden kann.
Die Oberlichter des Mittelschiffs sind nur z. T. erhalten, z. T. durch Einbruch sehr
grosser Öffnungen verdorben.
Die Dicken der Pfeiler sind nicht verschieden , sondern durchweg rund 0,80 m.
Diese Pfeiler erregen erhebliches Interesse. Ihre Kalksteinqnadern haben vermutlich durcb
Brand, der bei der Zerstörung der Stadt durch Heinrich d. Löwen erfolgt sein dürfte,
einen rötlichen Ton angenommen. Über diese Brandspuren ist eine Putzschicht gelegt,
und Aber diese abermals eine, beide sehr feinkörnig, die untere mehr ins Graue fallend,
während ^e obere rein weiss ist. Letztere ist an den Kanten der Pfeiler höchst sorg-
fältig geglättet. Die langen rechteckigen Flächen der Pfeiler sind innerhalb dieser Ein-
rahmung durchweg mit Malereien bedeckt gewesen, von denen noch acht trotz starker
Verderbnis gut erkennbar sind. Sie stammen aus dem 13. Jahrhundert und stellen
stehende männliche Heilige (Höhe 1,56 m) dar. Die Umrisszeichnung (in rotbrauner
Farbe) überwiegt, doch sieht man auch farbig angelegte Flächen in, wie es scbeint,
dunkel roten Tönen. Attribute und Inschriften fehlen. Eine Figur (südwestlich) ist durch
Mitra und Krnmmstab als Bischof gekennzeichnet. Die Zeichnung und Charakterisiening
ist vorzüglich und steht derjenigen der alten, oben abgebildeten Prophetenfiguren der
Liebfranenkirche nicht nach; es ist sogar wahrscheinlich, dass hier derselbe Meister
thätig war. Die schönen ausdrucksvollen Köpfe, die Haltung der Hände und Fflsse
J
Kachtrage und Berichtignngeu 5l3
(letztere nur bei einer Figur noch zn erkennen), der Faltenwurf der Qewänder, die monu-
mentale Aufstellung der Figuren verdient dasselbe Lob wie dort. Der nordwestlichste
Pfeiler zeigt an seiner Westseite zwei Scenen übereinander, unten 2 stehende Heilige,
darüber der Kruzifixus mit Maria und Johannes, letztere Gruppe gut erhalten. Beide
sind gleichfalls aus dem 18. Jahrhundert und jede etwa Im hoch. Sorgfältige Abbildung
und wenn möglich Erhaltung der Malereien wird Aufgabe der Denkmalpflege sein.
Merkwüi'dig ist, dass die Putzfläche, welche diese Malereien zeigt, auch stellenweise
über die schon oben erwähnten Schachbrettkapitäle der Pfeiler hinübergezogen und dort
zur attischen Form gestaltet sind. Es zeigt sich also auch hier ein Fall von Denkmals-
modernisieruDg im Mittelalter, wie es u. a. auch in der Klosterkirche zu Drübeck zu
beobachten ist. Die Schachbrettmuster finden sich an verschiedenen Stellen.
Beste von Malerei sieht man auch im Chor. Es scheint sich um einen in der
Mandorla thronenden Christus zu handeln ; die grüne Farbe herrscht vor.
Am Triumphbogen steht in Lettern des 16. Jahrhunderts: [renov] ATVM ANNO I • • •
Von Giabsteinen haben sich bisher nur 2 gefunden, einer eines Klerikers des
16. Jahrhunderts, die stehende Figur halb erhaben, die Einzelheiten und die Schrift sehr
verdorben, und eines der 1649 verstorbenen Elisabeth Winterhauer, Cartouche, von einem
Kranze umgeben, flankiert von den Figuren von Schlaf und Tod, unten eine breite,
ornamentierte Konsole. Beide Epitaphien sind aus Sandstein.
Der Znstand der Paulskirche, der ehemals ganz vorzüglich war (der Dachstuhl ist
es noch jetzt), ist zwar verwahrlost, aber keineswegs derart, dass nicht eine völlige Her-
stellung möglich wäre.
S. 387. In der Sakristei ist eine in einem Nebenraume der S[irche neuerdings auf-
gefundene Altarpredella, ein Werk des 17 Jahrb., aufgehängt, das Abendmahl darstellend.
S. 394. Die Binge in den Mittelsäulen der Chorfenster sind spätgotische Zuthat,
wie ihr Profil beweist
S. 425 Z. 17 V. u. lies Barock statt Renaissance.
S. 453 oben. Die Scene enthält möglicherweise die Darstellung der feierlichen Vor-
führung mehrerer neu gewählen Batmänner. Wie schon oben Seite 183 gesagt ist, geschah
die Wahl am St Hilariustage.
S. 459. Die Kurien tragen das Wappen der ehemaligen Inhaber.
S. 477 Z. 3 V. u. lies GOddenstrasse statt Güldenstrasse.
8. 501. Zu erwähnen ist der sog. Lügen- oder Leggenstein, ein flacher Granitblock,
der ehemals in der Mitte des Domplatzes, jetzt vor der SQd westecke des Domes liegt,
vielleicht ein alter Gerichtsstein.
Kr«b Halbentadt. 3»
Verzeichnis der Abbildungen
Wappen
Fig. 1.
2.
3.
4.
5.
6.
7—
10.
11.
»»
Seite
Titelblatt
20
22
23
25
30
32
33
35
„ 52.
53.
fi
Ton Halberstadt . . .
Athenstedt, Fussbodenziegel .
Berssely Glockeninschrifb . .
,, Belief auf einer Olocke
Bühne, Glockeninschrifk . .
Dardesheim, alte Eins . .
Deersheim, Kirchtnrm . .
9. „ Säolenkapitäle .
Bexheim, Taufstein . . .
Derenburg, Grundriss des
Burggeländes .... 40
Derenburg, Wappen ... 41
EmerslebeU; gotische Truhe 44
Harsleben, Taufstein . . 48
Heudeber, Frauentracht. . 51
Homburg, Stadtplan. . . 54
„ Wappen ... 57
,, Grundriss der
Stadtkirche 58
20. Homburg, Alte Ansicht
von Stadt und Schloss . 61
27. Homburg, Teile von
Fachwerkhäusern . . .62 fr.
Homburg, Strasse ... 68
„ Fachwerkhaus . 70
„ Inneres eines
Hauses 72
Langenstein, Grandriss der
alten Kirche .... 75
Langenstein, Teile derselben 76
„ Burggelände,
Grandriss und Schnitte . 78
Osterode, Inschrift ... 82
Osterwieck, Wappen ... 85
„ Stadtplan . . 86
„ Stephanikirche,
TQrme und Finzelheiten 88
Osterwieck, Glockeninschrift 90
Taufkessel . . 93
Kanne ... 94
Glockeninschrift 95
Schüssel ... 97
Teile von Fach-
werkhäusem . . . . 98fif.
Osterwieck, der „bunte Hof 105
Gross-Quenstedt, Laurentius-
kirche 111
Regenstein, Thor .... 116
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19—
21—
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
41.
42.
43—50.
51.
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Fig. 54.
55.
66.
67.
58.
59.
60.
61.
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62.
63.
64.
65.
66.
67.
68.
69.
70.
71.
72.
73.
74.
75.
76.
77.
78.
»»
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121
122
124
125
134
136
136
Seite
Begenstein, alter Plan . . 117
Ansicht von Süden 118
Felsengemacher . 118
Ehoden, Kirchenportal . .
,, Sakramentnische .
Boclum, Taufsteinfuss . .
„ Kreuz ....
StGtterlingenburg, alte An-
sicht des Klosters. . .
Stötterlingenburg , Kirche,
Grandriss
Stötterlingenburg, Kirche,
Ansicht von Norden . .
Stötterlingenburg, Profil der
Chemische 137
Stötterlingenburg, romanischer
Pries 138
Stötterlingenburg, Sakrament-
nische 139
Ströbeck, Schachturm . . 143
Veitheim, Kirche, Grundriss
und Einzelheiten . . . 147
Westerburg, Grundriss der
Banerburg 151
Westerburg, Grundriss . . 153
„ Hofansicht . 153
Wülperode, Fachwerkhaus . 156
Zilly, Kirche 157
(Diese Nummer ist aus Ver-
sehen übergangen) . .
Halberstadt, Stadtplan . . 212
„ alteStstdtansicht
"von Süden 213
Halberstadt, Wasserthorturm 214
altes Johannis-
216
»
thor
Halberstadt, Dom,
79. alter Domkeller .
80. .Westfront . . .
81. Profile am Turmbau
82. westlicher Bogenfries
83. Inneres ....
84. innere Wanddienste
85. Lettner^ Ansicht .
'86. Lettner, Grandriss
87. Dachpaxtie am Chor
88. Kreuzgang . . .
225
239
240
241
244
246
250
251
253
257
Verzeichnis der AbbildiingeA
515
99
Seite
Fig. 89. Eckblätter von SäulenbaseD
im Ereuzgange. . . . 257
Adam und E^a .... 265
frühgotiscbe Madonna . . 267
Adler-Lesepult 275
Chorgestfihlwange . . . . 276
94. Chorgestfllilwange . ... 277
96. Taufkessel 278
96. gotischer Schrank . . . 281
97. Aquilata 283
98. Antependium 287
99. Statuen in der Marienkapelle 293
100--102. Flflgelaltargemälde
von Baphon 296 f.
103. Grabplatte des Baltbasar
von Neuenstadt . . . 301
104. vom Grabmal des Erzbi-
schof Friedrich .... 304
91
91
»
91
91
91
»
99
90.
91.
92.
93.
Halberstadt, Liebfrauenkirche,
106. Ansicht von Saden ... 306
106. Ansicht von Osten . . . 307
107. Grundriss 810
108. Grundriss der ehemaligen
Kirche 311
109. katholische Kapelle. . . 313
110. Ablasstafel 816
111. Säulenkapitäle .... 321
112 — 114. Bildwerke von den
Chorschranken .... 322fir.
116. Daniel von der gold. Pforte
zu Freiberg 328
1 16— 127. alte Wandmalereien bei 328
128—129. desgleichen ... 330
130. Tympanon von der gold.
Pforte zu Freiberg . .331
131. Friese . 333
132—185. Wandmalereien . . 334fF.
136. Bild über dem Sddeingange 839
137. Chorgestühl 842
138. Chorgestühl Wangen . . . 343
139. Ambo 844
140—141. Leuchter . . . . 846f.
142. Tragaltärchen .... 348
143. frühgotische Madonna . . 349
144. Portraitbüste des Freiherm
V. Sohlendahl .... 352
1 45. Grabplatte eines v. Veitheim 354
Halberstadt, Paulskirche,
146. hergestellter Grundriss . 860
147. jetziger Grundriss . . . 361
148. Ansicht von Westen . . 362
149. Ansicht von Nordosten . 364
150. Choransicht von Norden . 865
151. Ansicht von Südwesten . 366
1 52. Halberstadt, Johanniskirche,
Ansicht des alten Klosters 371
Seite
Fig. 153. Halberstadt, Johanniskirche,
Taufkessel 374
Halberstadt, Moritzkirche,
„ 154. Grundriss 379
„ 155. ehemalige Chorfenster . . 380
„ 156. Querschnitt 382
„ 157. Gestühlwange .... 385
„ 158. Kronleuchter 386
Halberstadt, Martinikirche,
„ 159. Grundriss 389
„ 160. Ansicht von Südwesten . 391
„ 161. Innenansicht nach Osten . 392
„ 162. „ „ Westen 893
„ 163. „ „ Nord-
osten 895
„ 164. Ansicht von Norden . . 397
„ 166. „ „ Osten ... 398
„ 166. alter Altar 400
„ 167. Eelief von der Kanzel . 404
„ 168. Taufkessel 406
Halberstadt, Andreaskirche,
„ 169. Grundriss 411
„ 170. Inneres 418
„ 171. Eelief 414
„ 172. Opferstock 415
„ 173. Madonna 416
„ 174 — 175. romanische SLassetten 417f.
„ 176—177. gotischeZimmerdecke419f.
„ 178. Weihrauchbecken ... 420
„ 179. Grabplatte des Bischofs
Burchard 1 421
„ 180. gotisches Säulenkapital . 422
Halberstadt, Katharinenkloster,
„ 181. Grundriss 423
., 182. Kirche von Südosten . . 424
„ 183. Kanzel 426
„ 184. Lichthalter 426
„ 185. Eemter 427
Halberstadt, Burchhardikloster,
„ 186. Grundriss der Kirche . . 429
„ 187. Kirche von Südwesten . . 430
„ 188. Inneres der Kirche. . .431
„ 189. Westportal 432
„ 190. Südportal 434
Halberstadt, Heiligengeisthospital,
„ 191. Portal ......... 437
„ 192. ehemaliger Turm . . . 438
„ 193. Truhe 438
„ 194. Halberstadt, Salvatorhospital,
ehemalige Kapelle « . . 440
„ 195. Halberstadt, Petershof,
Grundriss ..... 443
516
Verzeichnis der Abbildungen
Fig.
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' Seite
Halberstadt, Petershof,
196. Gewölbe über der Treppe. 444
197. Portal 445
198. Wanddienstkonsole . . . 445
1 99. ehemalige Innenansicht der
Kapelle 446
Halberstadt, Zwicken,
200. alter Zustand nach Westen 447
201. Uofansicht 448
202. Äusseres nach Norden. . 449
Halberstadty Bathaas,
203. Ansicht von Osten . . . 454
204. Treppenpodest im Süden . 456
205. bemalte Decke .... 457
Halberstadt,
206. altes Gymnasium, Portal . 460
207. gotisches Fachwerkhaus . 463
208. ' Ratskeller 464
Fig. 209. Einzelheiten von Fachwerk-
häusern 465
210. alte Malereien an Fachwerk-
häusern 468
211 — 224. Fachwerkhäuser nebst
Einzelheiten 469ff.
225. Schmiedeeisernes Gitter . 492
226. Desgl. Handwerkerzeichen 493
227. Gleimhaus, Gemälde . . 498
228. Gymnasium, BucheiQband. 499
229. „ romanische
Initiale 1 500
230. Brunnen auf dem Holz-
markte 501
23 1 . Medaille auf E. L. v . Spiegel 504
ff
yf
yy
Halberstadt, Spiegelsberge,
232. yom Jagdschlosse ... 505
233. Grotte 506
234. Dereuburg, Grundriss der
Kirche 510
Einschalteblätter ohne Nummern:
Derenburg, Kalandkapelle .
Hornburg, Burggrundriss
„ Grundrisse und Schnitte von Fachwerkbauien
Osterwieck, Grundriss der Stephanikirche
Wehrstedt, Einzelheiten von der Kirche
Halberstadt, Dom, Abbildung von 1858
., ,. Grundriss
Längsschnitt
System des nördlichen Seitenschiffes .
Domremter nach Elis
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99
yy
bei Seite
38
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60
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224
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240
240
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258
Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Begister
A. Geschichtliches
BIschSfe von Halberstadt
Agiuir s. Eiulf
Albrecht I. v. Anhalt (1304—1324) 12 77 84
112 130 175 299 387
Albrecht II. v. Braunschweig (1324-1357) 36
55 115 157 163 175 177 188 189 191 232
368 f: 429
Albrecht III. v. Berge (1366-1390) 16 25 52
55 154 177 191 270 299
Albrecht IV. V.Wernigerode (1410-1419) 182
178 300
Kardinal Albrecht V.Brandenburg (1513—1545)
83 205 f. 214 284 f. 290
Albrecht v. Mansfeld (Gegenbischof 1346 bis
1356) 176
Arnulf (996-1023) 21 167 f. 210 271 299 306
312 317 354 f.
Bernhard (923—968) 166ff. 227 299 f. 436
Brantog (1023-1036) 8 168 299 f. 368 372
375 436
Burchard I. v. Nabburg (1036-1059) 141 168
169 417 428 434 f. 443
Burchard II. (1059-1088) 167 ff. 264 356 358
Burchard III. v. Warberg (1437—58) 11 13
126 157 200 202 221 229 236 f. 267 f. 300
376
Christian v.Braunschweig (1616-1624) 57 209 f.
Dietrich V. Krosigk (1180-1193) 75 77 171
230 299
Eiulf (886—?) 166 168 299 f.
Ernst V. Honstein (1390-1400) 74 131 145
177 f. 190 371
Ernst (147Ö-1513) 16 44 55 f. 74 84 154 189
201 ff. 210 236 264 269 285 299 f.
Friedrich 1. (1102-1107) 168 299
Friedrich IL (1209-1236) 9 77 146 173 186
230 441
Friedrich v. Brandenburg (1548—1552) 207
Gardolf v. Harbke (1193-1201) 55 77 172
221 230 267 270 278 299 387
Gebhard v. Hoym (1458-1479) 15 44 87 200
217 220 461
Gerhard (1136) 170
Gero (1160-1177) 171
Giseko (Gegenbischof 1324-1346) 175 f.
Haimo (840-853) 166 299
Heinrich v. Warberee (1406-1410) 178 299
Heinrich Julius v. Braunschweig (1566—1613)
37 56 81 115 126 152 159 208 f. 264 309
373 405 449 f. 504 f.
Heinrich Eari (1613-1615) 209 450
Hermann (1023) 168
Hermann v. Anhalt (1296-1303) 174 f. 441
Herrand (1090-1102) 26 168 170
Hildegrim I. (781-827) 14 28 165 f. 168 227
264 358
Hildegrim II. (853-886) 166 168 227
Hildeward (968-996) 133 167 f. 227 f. 232 299
Johann v. Hoym (1420-1437) 12 74 178
195 ff. 300 357
Johann Albrecht (1545-1548) 207
Konrad v. Krosigk (1201-1209) 172 f. 230
263 269 272 274 282 289 291 428
Leopold Wilhelm (1629-1636) 56 115 210
Ludolf I. V. Schiaden (1236-1241) 77 173 f.
299 375
Ludolf IL V. Schiaden (1252-1255) 174
Ludwig V. Meissen (1357—1366) 25 52 77 83
176 f. 204 876 451
Meinhard v. Kranichfeld (1241 — ca. 1252) 16
112 173 375 435
Otto (1123-1131) 168 170 221 436
Reinhard (1107—1123) 83 133 168 170 299
356 358 368 436
Rudolf (1136-1147) 42 58 168 170 f. 229
272 314 353 f. 356
Rudolf V. Anhalt (1401-1406) 178
Rudolf (1615-1616) 209
Sigismund (?-923) 166 168 227 299 f.
SigismuDd v. Brandenburg (1552-1564) 74
207 444
Stephanus s. Herrand
Thiatgrim (827-840) 166 168
Thietmar (1088—1089) 168 ff. 314
Ulrich (1147—1180) 74 171 368
Volrad V. Kranichfeld (1255-1298) 18 36 174
186 191 299 306 315 317 ?57 368 435 502
Weihblschofe
Ditmar von Gabala 175
Heinrich 206
Inzelerius von Budua 174
Johann 372
Matthias v. Gada 219 222 273 292 377 401
Nicolaus von Constantiana 177
Donipropste und Domdechanten
10 18 20 26 28 30 f. 42 45 f. 52 60 81 124 142 159 163 171 173 176 197 209 224 227 236
268 f. 271 279 282 284 300 302 376 386 447
518
Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Register
Familien des hohen und niederen Adels
y. Adeleben 145
V. Adersleben 193
V. Aldendorp 384
V. Aisleben 467
V. Altenhausen 82 146
V. Alvensleben 34 42 74 77
157 435
V.Anhalt 174 f. 317 369 429
V. Arnstedt 345 353
V. Asseburg 31 44 55 f. 81 132
154 158
v.Barby 135
V. Bardorf 345
V. Behr 23
y. Bennigsen 158 303
v.Beichel 352
y. Bemburg 174
V. Berwinkel 7 25 56 128
y.Bieren 158 300 345
y. Blankenburg 36 114 ff. 170
V. Blumenthal 304
V. Borch 305
y.Branconi 74 79
y. Briest 845
y. Britzke 41 158 224 300 302 f.
345 352 f.
y. Bülder 159
y. Bültzingslöwen 235
y. Bfinde 90
y. Burgsdorf 25 32 44 56 74
152 154 303
y. d. Busche-Streithorst 159 300
y. Dewitz 146
y. Diepenbroick 159
y. Ditfurt 404
y. Dönstedt 109 190
y. Dötichen 24
y. Dorstadt 43 74 109 157 351
y. Ebersteinburg 158 f.
Vitztum V. Eckstedt 300
y. Eller 300
y. Emersleben 42
y. Ende 159
y. Erlach 507
y. Falkenstein 48 270
y. Forchhamer 150
y. Freckleben 270
y. Fresen 145
y. Fronhorst 803
y. Gadenstedt 145
y. Gerbstedt 305
y. Gerwen 284 300 302 351
y. Gittelde 318
y. d. Gowische 52 120 123 145
154
Beichsfrhr. Grote 130 f.
y. Gudershusen 145
y.Gustedt 21 28 32 ff. 45 154
y. Haaren 159
y. Hadmersleben
y. Hagen 158
y. Hakenstedt 270
V. Hamersleben 142
y. Haniniei'stein 353
y. Hardenberg 308
5 143 166
V. Harff 159
y. Hasserode 18 81 142
y. Heilingen 353
y. Heimburg 20 36 46 115 ff.
y. Hildensen 270
y. Holle 275
y. Holzendorf 118 224
y. Honrott 404
y. Honstein 120 144 159 200
V. Hoym 55 120 157 2i^4 260 f
264 267 275 294 300 342
350 f.
y. Hfinecken 158 224 300
V. Kahle 385
y. Kampen 59
y. Kannenbei-g 81 125 158 f.
224 300 303
v.Kanstein 303
y. Ketteier 159
y. Kissleben 146
y. Kleist 135
y. Kneitlingen 59
y. Knesebeck 224
y. fCnüplau 157
y. Kotze 130
y. Krebs 25 56 120. 146
y. Kreyendorf 845
V. Krosigk 279
y. Larabrecht 132 f. 135 139 £
y. Landsberg 125
y. Langein 80
y. Langen 224
y. Ledebur 81
y. Leerodt 159
y. Lochau 224
Woes zu Lochenheim 81
y. Lochten 16
y. Loeper 159
y. Löwenberg 348
y. Mahrenholz 28 131 224 263
268 294 300 302 f. 817 342
870
y.Mansfeld 176 200
y. Mardelsio 145
V. Meissen 176
y. Meltzengk 224
V. Metsch 77
y. Minsleben 142
V. Moldenberg 130
V. Molenburg 379
y.Mortz 312
V. Münchhausen 23 81 130
158 f. 303
V. Neindorf 55 81 175 317 851
y. Neuenstadt, Balthasar 224
236 268 279 282 300 ff. 311
y. Niehausen 158
V. Northeim 270
y. Öttmgen 420
y.Olzekow 366
y.Oppen 80 159 163 209 254
500
y. Oppershuscn 308
y. Orsleben 270
y. O verbeck 145
v. Partensieben 158
v. d. Planitz 74 77 79 81
v.Plötzke 318 350
v. Putelendorf 16
V. Quenstedt 55 109 112 502
v. Querfurt 42
v. Kandow 56 59 f. 224
v. Ranne 303
y. Redem 224 459
v. Regenstein 7 9 1 1 ff. 19 21
24 ff. 32 39 42 50 52 81
114 ff. 122 125 128 141 152
157 159 f. 174 ff. 200 219 f.
222 279 368 372 410 417 ff.
435 487 441 f.
v. Rekewech 224
y. Reinstedt 435
v. Rhoden 154
v. Rintorf 224 345
v. Rochow 505
yRösöing 21 fL 25 52 8194t
106 120 123 132 145 154
157 f. 190 224
v. Romsleben 235
v. Rucken 59
y. Rustlcben 46 74 109
v. Saldern 154 157
y. Salm, Rheingrafeii SCO
v. Samptleben 275 300 302
v. Schachten 300
y. Scha&otsch 59
V. Schafstedt 28 32 34
v. Schauen 130
y. Schenk 356
v. Schiretedt 145 270
y. Schiaden 173
v. Schütz 158 276
y. Schulenbui^ 152 305
V. Schwarzburg 200
y. Schwichelte 157 178
v. Seebach 145
v. Sohlendahl 353
v. Soranierschenbui^ 36
Spiegel v. Pickelshenn 145 150
158 f. 224 296 800 303 385
459 504 ff.
v. Spitznase 158 224 800 803
v. Staniem 286 |85o
v.Stechau 81 158
y.Stedom 43 158 300
v. Stein acker 32
V. Steinberg 127 152 158 300
803
y. Stftindorf 82
v. Stolberg 11 36 126 130157
200 207
v. Stolberg -Weniigerodc 11 f.
19 21 26 31 45 50 81 130
157 175 224
v. Stollheim 94
v. Strauss 24
v.Strobeck 141
v. Sundhausen 74
V. Suselitz 149 179
y.Teutoch 158
Geschichtliches, geographisches und knnststatistisches Register
519
V. Veitheim 83 36 f. 55 146 152
V.Viereck 159
V. Wahl 385
V. Waldow 95
V. Wallmoden 120 f.
V. Wanzleben 270
V. Warberg 90 120 126 146
V. Wefcrlingen 95 130 146
V. Wegeleben 46
V.Wenden 157
v.Wendt 158
V. d. Wense 303
V. Werder 224 279 345
V. Werfe 167
V. Werterd 74
V. Westerhausen 317
v.Westphal 81
V. Weyrauch 385
v. Wiedensee 300 303
V. Winnigstcdt 271 386
V.Wirten 157
v.Wrampe 17 56 146
V. Wreech 385
V. Wunstorf 55
Andere, im Zusammenhaiige dienes Buches nvichtige Personen ^bis 1800)
(Künstlervcrzeichnis s. unten)
Geflerdes, Heinrich 206
Gleini 19 498 503
Gustav Adolf 209
Uaber, Domküflter 289 355 f.
Heinrich d. L5we 171 f.
Heyne, Dr. Jordan 345
Hörn, Heinrich, DechHnt 206 344 351 439
Innocenz VI., Papst 176
Karschin 507
Klamer Schmidt, Dichter 496
Deutsche Könige:
Friedrich I. 171 •
Heinrich I. 166
Heinrich II. 168
Heinrich IV. 169 229
Heinrich V. 170
Heinrich VI. 172
Kart d. Gr. 165 263 f. 2K8
Lothar 170
Ludwig d. Fromme 165 f.
Maximilian 205
Otto I. 166 f.
Otto III. 167 f. 228
Otto IV. 172
Philipp V. Schwaben 172 f.
Ruprecht 178
Sigismund 196 198 f.
Kurfürst, der grosse 210 280 291 369
Lampadius, Autor, Licentiat 207 390
Matthias von Hadeber 193 ff.
Matz, der lange s. Matthias
Mirus, J)r. Martin 207 296
Maller, David, Pastor 149 207 356
Mustaus, Valentin 206
Otto, Jodocus, Prediger 207 390
Quirre, Ludolf, Dompropst 30 236 270 299
Schreiber, Heinrich, Bürgermeister 206
Semeca, Johannes, Magister 230 f. 263 300
Snelhart, Jacob, Domdechant 176
Urban VI., Papst 191 f.
Weidensee, Dr. Eberhard 206
Winckel, Heinrich 206
Winnigstädt, Johann 206
Wissel, Johannes 206
Juden
Halbcrstädtische s. Ortsregister
s. v. Ilalberstadt
22 70
Bürgerliche und b&nerliche Familien-
namen (bis 1800)
10 17 f. 23 f. 30 33 f. 38 42 f. 45 47 49 60
70 ff. 85 94 f. 100 105 107 HO 112 152
127 f. 133 f. 138 f. 142 ff. 146 148 150 155f.
183 187 193 ff. 218 222 270 f. 273 305 352 f.
355 366 ff. 373 f. 385 887 399 ff. 405 407 ff.
414 439 441 f. 450 460 471 480
Wappen
17 22 f. 31 33 ff. 38 41 43 45 57 59 f. 67 69
77 80 f. 85 94f. 104 110 112 117 122 126 f.
131 138 144 ff. 148 ff. 153 158 f. 261 ff. 268
273 275 277 ff. 282 ff. 290 292 294 300
302 ff. 318 344 ff. 350 ff. 355 f. 372 ff. 385
387 396 399 403 f. 407 f. 415 417 424 437
442 444 449 ff. 453 455 f. 458 467 474 f.
480 484 495 503 505
Siegel
Derenburg 41
HalberstMt, Stadtgeineinde i
„ Domstift J 8. Ortsregister
„ Liebfrauen J
Harsleben 46
Osterwieck 85
Vorgeschichtliches
35 42 73 129 299 387 421 498 503
Verfassnngsgeschichtliches
Dörfliche Verfassung 18 22 26 32 45 f. 50
109 112 144 149
Städtische Verfassung (Dardesheim 28. Deren-
burg 36. Homburg 56 ff. Osterwieck 83 ff
95. Halberstadt s. Ortsregistcr)
Einfuhrong der Reformation
37 82 84 206 ff. 237 309 353 369 376 390
Hansa
177 179 184 187 196
Templerorden
175 181
Innungen
182 f. 186 192 f. 215 458
Knlturgeschichtliches
Kassentragen in Bohrsbeim 127
SchachHpielen in Strobeck 144
I^bensführung in Familien 187 f.
Drachenspiel 188 211 299
Festlichkeiten 188
Unsittüchkeit 188
1
520
Geschichtliches, geographisches und kanststatisiisches Register
Prophetenspiel 327 ff.
Adamaustreiben 249
Schulen
Homburg 56
Osterwieck 84
Stötterlingenburg 134
Ströbeck 143
Halberstädtische s. Orti)verzeichni8 s. v. Halber-
stadt
Handschriften und Bücher
Schauen (Grote'sche Sammlung) mi
Halberstadt, l)om8ammlung No. 44 45 (p. 298)
Andreaskirche 417
Katharinenkirche 428
GleimhauB 498
Hechtsche Sammlung 500
Domgymnasialbibliothek 500
Privatsammlnngen
Deersheim : Baron v. Gustedt : Prahbtorica 35
Derenburg: Schwannecke: Münzen u. s. w. 42
Halber Stadt (Seitenzahlen im OrtBver-
zeiclinis); Spiegeische Gemäldesammlung;
Nebesche Sammlung im Dome; HechUcbe
Sammlung
Homburg: Dr. Bamer: Prahistorica u. Kunst-
gewerbliches 73
Langenstein: Dr. Rimpau: Gemälde 79
Regenstein: Mfiller: Dort gefundene Alter-
tümer 120
Sargstedt: Lehrer German: Prahistorica 129
Schauen: Reichsfreihr. Grote: Bücher, Mfinzen,
Siegell Kupferstiche, Gemälde 131
KoBtame
(s. a. Bildnisse, Grabplatten und Tafelmalereien)
Ileudeber (Frauentracht, 18. Jahrh.) 51 f.
Weinbau
8 16 18 46 141 160
Ameisberg 47
Aniskopf 75
Bullerberge 8 502
Dickberg 37
Domberg 47 75
Duvestein 15
Erdberg 46 f.
Fallstein 2 7 14 f. 25 120 123
135 146
Frevelberg 149
Gallenberff 18 84
t Glockenberg 149
tGrundbere 75
Hahnberg 42
t Hedeberg 32
Heldberge 1
Heiliger Berg Gottes 113
fHezelberg 13
t Hopfenberg 32 85
B. Geographisches
Berg^ (t verschollene Namen)
Hoppelberg 74 79 171 502 1
Huy 2
t Jukenberg 85
Kellerberg 15
Kirchberg 86
Klusberge 9 46 50 503 f.
fLangenbcrg 47
Liskenberg 37
t Lorriesberg 85
t Nordberg 20 85
Orangenberg 74
Osterberg 15 141
Reinberg 82
fRingenoerg 20
Ruggenherg 20
tßandberg 13 20
Schäferberg 79
t Scheifebreide 75
fScIievenberg 20
Schiefe Berg 109
t Schmerberg 32 135
t Seeberg 46
fSnidalsoerg 20
tSöltersberg 85
t BperlingHJ&rg 502
Spie^elsberge b. OrtAcbaftsver-
zeichnis s. v. Halbcrstiidt
Thekenberge 502
Tönnigsberg 75 502
tUberg 37
tVertalsberg 20
fWelberg 13
t Weiteberg 47
Werberg 146
t Wischeberg 46
t Wortberg 32
Assebach 2 18 109 112 502
Auebach 2 32
Bodo 2
Bruch 125 146 171
t Bruchgraben 15
Dendalsgraben 20
Dietze 2
Ecker 1 3 7 16 44 73 154
Goldbach 2 9 46 74 f. 129
HöUenspringbach 3
Hollemmc I f. 10 35 109 211
217 219 222 f. 502
Ilse If. 10 ff. 21 24 52 83 103
131 f.
Kalbkebach 3 28 86
Landgraben 10 42 198 502
Marbei'ker Bach 2
Gew&HSer (t verschollene Namen)
I Medeborn 32
Mönchscraben 130
Mücken Dach 2 157
I Oberbach 185
Ocker 2 f.
; Ossenbach 85
Runstedter Bach 2 128
Saddebach 85
Sargstedter Graben 18 128
Scheelebach 2
Schiffgraben 2
Sohlenbach 2 157
Stiddebach 85
Stimmecke 3 11 144
Ströbecker Fliess 2 19 141
fSuderbom 50
Teiche:
bei Bossleben 8
„ Wigenrode 15
„ Bersael 22
,y Danstedt 27
Romsleger Teich 32
bei Harsleben 50
„ I^Angenstein 75
„ Lfittgenrodc 80
Ratsteich bei Balberstadi
212
Tiefenbach 9
fÜplinger Born 14
Walwyer Graben 2 14
fWelborn 37 42
Wernschc Born 85
Zieselbach 120
Geschichtliches, georaphisches and kunststatistiscfaes Begister
521
Dardesheim 7 12 f. 15 19 28
32 81 125 146 157
Halberstadt 8 9 ff. 18 18 24
42 46 74 80 109 112 128
141 149 163 388
Archidiaconate
Harzgatt 7
Kalme 124 138
Osterwieck 7 U 12 14 16 21
25 52 80 83 122 129 131
133 144
Stötterlingenburg 8 133
Utzleben 9 18 ff. 26 86 50
Westerode 10 11 13 ff. 44 74
82 120 154
a. Wüstungen
Adorp 8. Odorp
Ailinge 7
Alstomesvdt 7
Appenrode 7
Archstede s. Ergsted t
Balhom 7 175
Barsleben 369
Beck 7
Berwinkel 7 85 86
Bezheim 7
Biestede 7
Binzleben 7
Biscopingerode 7 f.
Bodingerode 8
BoBleben 8 149 375 503
Brodesende 8
Bruchschauen 8 129
DeDrode s. Tönnicerode
Diepen-Niendorf s.KleiQ'Nieii-
dorf
Dingstorp 8 9 149 198
Dingelstedt s. Dingstorp
Drondorp 8
Emersieben 8 f.
Ercklev^ 9
Ergötedt 8 9 12 24 80 149 369
Erptingerode 9
Gerdekestorp 369
Glüsingen 9
Goddenhusen 9 86 42
Gundenesleve 869
Hannigeroth s. Heiriggeroth
Harpstede 9
Hapkendorf 9
Heiriggeroth 10
Herebrect ingerode 10
Herlestorp 369
Hcsenberche 369
Hilgenroth s. Hulingerode
Hilverdingerode 10
Hodal 428
Holienrode 10
Holtemmenditfurt 10 f. 114369
372 451
Hordeshusen 428
Hulingerode 11 175
Ikenr^e 11
Klein - Uarsleben 9 f. 16 114
215 369 437
Klein-Niendorf 12 175
Klein -Wehrstedt 14
kolbeck 8
Kreiendorf 11 47 149
Künlingen 215
Külingerode 18 179
Marbeck 2 12
Ortschaften
Mattenrode 11 f.
Nettorp 12
Niendorf bei Aspenstedt 12
Niendorf bei Emersieben 12
Niendorf bei Halberstadt 12
Nigendorp 369
Nordrode 12
Odorp 12
Onungendorf s. Niendorf bei
Aspenstedt
Osterbek 7 12
Otterode 12
Badelingerode 12
Ram sieben 12
Redingerode s. Badelingerode
Betiege 369
Bunstedt 2 12f. 15 128 340
869
Sievershausen 13 36
Stein 13 55 f. 146
Stenym s. Stein
Sükum 18
Thidestorp 12 f.
Tönnigerode 13
Üplingen 14 369
Uhrsleben 14
Unter-Zilly 15
Utzleben 14 18 36 42 114 128
Vatenstide 869
Vinkestorp 14 369
Volcsem 369
Walvy 2 14 85
Wedde s. Wetteborn
Westerbek 7 14 52 85 f.
Westerode 14 81
Wetteborn 14 369
Wibv 3 14 f. 46 f.
Wichhausen 15 36 39 42 142
Wigenrode 11 15 369
Winzersdorf 15
Ziegersieve 15
Ziesel 15 55
b. noch vorhandene (ausser
Halberstadt)
(Die mit * bexelclineteD gehören znm
Kreite Halbcratadt)
Aachen 279
Achim 55 869
»Abbenrode 1 9 ff. 16 ff. 44
lOA
Adereleben 14 174 428
AlbrechUfelde 369
Altenrode 369 428
Aschersleben 175 f. 189 192
196 f. 200
♦Aspenstedt 2 12 18 ff. 142 42§
♦Athenstedt 2 14 19 ff. 142
160 175
Badersleben 20 97 869
*Banerburg 152
Bernburg 428
♦Berssel 2 8 11 f. 21 ff. 45 85
145 160 175
♦Bexheim 24 32 34 f.
Blankenburg 36 114 f 119 170
222
* Böhnshausen 8 f. 24
Bornecke 428
Bourees 261
Brandenburg 357
Braunschweig 18 32 55 93 115
134 142 145 175 ff. 19:{ 196
199 201 206 208 242 273
276 308 367 376 402 405
*Bühne 1 3 24ff. 115 123 135
155
Byzanz 178 272 274 291
Chalons 165
«Danstedt 2 8 14 18 20 26
50 142 150 175
♦Dardesheim 3 12 14 27 ff.
114 142
* Deershoim 2 7 12 20 24 3 1 ff 508
♦Derenburg l 8 f. 13 ff. 35 ff.
114 117 196 422 435 508 f.
Ditfurt 11 46 f. 142
Dräbeck 62 89 133 142
Einbeck 408
Emeringen 369
♦Emersieben 1 f . 8 11 f. 42 ff.
109 149 176 428
Erfurt 198 f. 357
Florenz 261
Freiberg 828 331 f.
Gandersheim 15 36
Georgenberg 174
Gemrode 11 142 f. 380
Giebichenstein 202
* Göddeckenrode 44 ff. 154 f.
•Gottingen 196
Goslar 15 17 46 87 133 135
169 174 176 206 237
Groningen 149 202 357 f. 405
505
Gross-Dedeleben 12
♦Gross-Quenstedt 2 15 43 46
109 ff. 149 f. 428 437
Hadmcrsleben 166 f. 436
Halle 203 303 417
Hamersleben 83 170 f. 825 390
♦Harsleben 1 10 14 46 ff. 292
369 42S
Hasselfelde 220
522
Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Register
HederRleben 46
Heiligendorf 369
Heimburg 115
Helmstedt 112 196 206
Hesseil 115 13i
*Heudeber 1 50 ff. 114 157
175 193 369 435
* Heyken thal 12
Hildesheiju 196 201 206 230
237 V52 279 307 f. 326 357
Himmelpforte 50
»Hoppenstedt 12 52 f. 115 145
155
Hordorf 435
*Hornburg If. 7f. 10 ff. 53 ff.
82 85 120 122 145 f. 171f.
176 209 509
Huttenrode 369
Huyseburg 10 18f.'128 169f.
172 201 216
Icht-erahausen 140
Jena 368
Jerzheim 369
Ilsenburg 14 16 18 21f. 31 73 f.
87 125 f. 157 166 168 f.
*l8ingerode 13 7 14 56 60
Kalbe a. S. 207
Kaltenbom 172
Kassel 171
Kissen brück 384
* Klein-Quenstedt 15 43 109
112 ff 149
* Klöpperkrug 3 156
Kloster Grönmgen 42 325
Kochstedt 407
Köln 171 193 384
Königslutter 308
Korn bürg 279
KonradsDurg 170
Konstanz 199
Korvey 42
Krottorf 109
Landau 504
Langein 2 9 12 74
«Langenstein 2 9 24 74 ff. 114
117 171 173 299 340 503 509
Leipzig 199 408 [511
London 261
Lübeck 187 252
Lüneburg 81
♦Lütgenrode 3 10 12 15 80 133
Magdeburg 167 169 171 175
178 196 199 201 203 206f.
209 228 237 252 290 303
356 376 401 f.
♦Mahndo'rf 8 f. 11 13 15 42
80 149
Mainz 171 175 200 203 f. 228
290 299
Mansfeld 236
Marienberg 112
Marienfeld 432^
Marienthal 7
Meissen 171
Merseburg 168 177 356
Metz 167 228
Meyendorf 369
Michaelstein 214 372
Minden 345
Minsleben 39
Münzenberg 9 221 503
*Mulmcke 7 50 81 175
Niendorf S69
Nienhagen 109 128 369
Nordliausen 384
Nürnberg 199 332
Obermühlheim , siehe Ost^r-
wieck 83
Oschersleben 366 429 435
Osnabrück 275
Osterbomecke 369
'^Osterode 12 15 55 81 369
*Osterwieck 1 f . 7 f. 12 14
64 83 ff. 114 129 f. 135 159
165 170 175f.l79 209f. 367
461 478 508
Posa 321
Prag 209
Pressburg 199
Quedlinburg 46 f. 167 175 f.
178 192 196f.200 207 228f.
332 380 461
Ravenna 261
Beddeber 369
*Begenstein 1 9 11 24 f. 28
32 114 ff. 122 125 f. 133 157
218 503 508
Reinhardsbrunn 170
*Rhoden 3 15 55 120 ff.
Riddagshausen 432 f.
♦Rimbeck 3 7 13 115 122 f.
140 145 155
♦Roclum 1 123ff.
♦Rohreheim 1 12 14 125 ff.
150 152
Salzburg 356
♦Sargstedt 2 10 18 128 f. 176
♦Schauen 7 f. 10 f. 115 129 ff.
175 366
Schauenteichen 129
Schlanstedt 175
Bcböningen 428
Schwanebeck 109 429
*f Scligenstadt (?) 83 165 f.
Silstedt 9
Sittichenbach 173 272
Soest 200
* Sonnenburg 1
St Denis 245 252
Stapelnburg 3 8 12
Stendal 307
♦Stötterlingen 115 131 ff. 140
155
* Stötterlingenburg 7£ 11 f
15 25 32 52 56 80 85 87
115 122 130ff. 144 146 167
390 508
Stolberg 461
♦Ströbeck 2 14 18 80 Hl ff.
175 198
♦Suderode 10 f. 15 135 M4ff
Suiten 369
♦Tempelhof 1 f.
Timmenrode 428
Toura 172
Troyes 252
♦Veitheim 8 13 55 146 ff. 369
Vienenburg 8 10 12
Vogelsdorf 9
Walbeck 404
Walkenried 87 115 129 f. 157
173 175 808
Wasserleben 2 129
Wechselburg 328
Weferiingen 203
Wegeleben 2 47 74 149 201
451 502
♦Wehrstedt 11 14 4779148ff.
369 428 502
Wernigerode 8 20 35 50 106
115 142 157 206 f. 236 451
466
Westerbomecke 369
♦Westerbui^ 9 12 32 125 f.
150 ff. 509
Westerhausen 369 428
Wiedelah 11 15
Wittenberg 206
Wöltingerode 25
Wolfenbüttel 208 368
Worms 172 228
* Wüli>erode 3 25 44 52 77
120 123 131 f. ]54ff.
Würzburg 315
♦Zilly If. 20 142 157 ff. 175
t Badstuben 223 226 311 f. 359
Broihan 186 480
Brunnen 500 f.
Bischöfliche Burg (Domplatz) 185 187 189 197
210 f. 218 f. 224 237 305 311 442 ff. 459
Domkapitel 18 25 f. 28 31 39 42 46 50 55 f.
60 77 81 84 124 128 130 Ulf 152 154
157 163 166 f. 174ff. 191 197 204f. 209
375 f. S87 401 410 422 435 f. 447 450
Halberstadt (f Untergegangenes)
Französiach-reformierte Kirche 220
408 f.
Höfe, geistliche:
Antoniushof 208 220 223 408
t Deutechherrnhof 208
t Gottesritterhof 9 221 428
Grauer Hof 114 214 369 372
t Templerhof 175 215 221
Tönjesnof 8. Antoniushof
j
Geschichtliches, geographisches und ktinststatistisches Register
523
fHaiis der armen BrQder 221
-j-HauB der blauen Beginen 221
Hospitäler 436-442:
tAlexiushospital 221 311 368 486
Elisabethhoepital s. Salvatorhoepita]
t St. GeorgshoBpital 222
I^rosenhaus s. Siechenhof
t Lud^rihospital 221
t Maria Magdalenenhospital 222
Salvatorhospitai 220 f. 292 439 f.
Siechenhof 9 li4 203 217 423 441 f.
Hospital St. Spiritus 111 149 173 182 207
209 436 ff.
Innungen 186 f.
Juden 184 187 191 200 f. 217 235 237 317
340 409 f.
Kapellen und Kirchen, unterge-
gan^genc:
t Ägidiuskapelle 219
tAlexiuskapelle 311 368 fr.
t Annenkapelle 219
t Elisabethkapelle s. Nicolaikai)elle
t Jakobikapelle 215 355
fLampertuskapelle 219 224
t Lorenzkapelle 211 219 224 227 503
t Ludgerikapelle 166 227 233 235 269
t Kapelle B. Mariae Virginis 369
t Matemuskapelle 219 224 311
t Neustadter Kirche 292 439 f.
t Nicolaikapelle 265
t Thomaskapelle 185 212 219 222 342
Kirchhöfe 215 219 221 f. 312 358 367 371
375 377 407 439
Klöster 410-436:
Barfusser - , Franziskaner - , Minoriten -,
Heiligekreuzkloster s. Andreaskloster
t Kloster der willigen Armen s. TrüU-
kloster
t Kloster der schwarzen Beginen 220
Cellitenkloeter s. Trüllkloster
Dominicaner-, Pewlerkloster s. Katha-
rinenkloster
t Franziskanerkloster, altes 219
Lollhardskloster s. Trüllkloster
t Kloster der Marienknechte 114 174 206
220 f.
Pfortenkloster 167 217 223 f. 237 270
436 441
Thomas-, Jakobikloster s. Burchardikloster
tTrüllkloster 219 222
Andreaskloster 87 169 174 178 214
217 222 f. 278 306 309 369 373 410 ff. 508
Alt&re 412 ff.
Altargerate 414
GestiOil 414
Glocken 412
Grabsteine 417
Leuchter 414
Kanzel 414
Klostergebäude 421 ff.
Kunstwerke 415 f.
Opferstock 414
Orgel 414
Burchardikloster 18 42 112 114 128
149 221 387 390 413 415 417 428 ff. 508
t AuHstattungsgegenstäude 434 f.
t Klostergebäude 433
Katharinenkloster 208 422ff.
Altare 423 425
Ausstattungsgegenstande 425
Bibliothek 428
Klostergebäude 428
Kunstwerke 425 ff.
Siegel 422
Nicolaikloster 9 36 41 114 174 220
222 306 435 f.
Martinikirche 172 181 195 197 206f 209f.
217 220 f. 358 369 377 387 ff. 436 452 472
508
Altäre 388 400 f.
Altargeräte 390 401 ff.
Chor 390 394 ff. 401
Fenster 390 ff. 396
Glocken 3^7 ff.
Grabsteine 407 f.
Kanzel 404 f.
t Kapellen 890 407
Kunstwerke 396 407
Leuchter 405 ff.
Orgel 405
Portale 390 394 401 407
Taufkessel 405 f.
Tünne 387 390 ff.
Petershof 153 169 205 211 224 442 ff. 509
Kapelle 445 f.
Plätze:
Fischmarkt 218 223 453 467 470 472 480
497 ff.
Holzmarkt 187 195 217 f. 223 450 460
467 474 4S0 498
Johannisbrunnen 185 208 215 222 436
497 500
Kornmarkt s. Fisch markt
Martiniplan 176 182 186 218 451 459
Neuer Markt 219 *
Paulsplan 359
littenklapp s. Johannisbrunnen
Titusplatz s. Johannisbrunnen
Profanbauten:
Gleimhaus 498
Kommisse 208 218 410 450 f.
t Münze 205 218
Schuhhof 186
tBathaus, altes 181 f 184 195 197 215
218 390 401 437 451 f. 466
Rathaus, jetziges 184 214 218 401 450 ff.
460 508
Ratskeller 188 201 222 410 464 466 ff.
t Richthaus 184 218 •
t Untergegangene 9 114 175 181 f. 184 f.
195 197 203 205 f. 208 211 f. 215 217 f.
220 222 f. 226 311 369
Wohnhäuser
Steinbauten 459
Fachwerkbauten 459 ff . 508
Zwicken 208 224 226 f. 447 ff.
Rat, bischöflicher 179 ff. 189 ff.
„ städtischer 49 176 ff. 217 358 367 376
387 f. 401 407 422 429 435 437 441 502 f.
fRoland, alter 184 187 195 387
jetziger 184 187 195 197 218 451
458 f.
Sammlungen 499 f.
524
GeBchichtliches, geographisches und kunststatisiisches Register
Schulwesen 207 f. (vgl. auch bei den Stiftern,
der Martinikirche und den Klöstern)
Domschule 208 224 258 500
t JohannisBchule 371
t Liebirauen-Schule 308 f.
Martineum s. Martinischule
Martinischule 208 221 890
Moritzschule 876
Stephaneum s. Domschule
Stadtmauer 176 184f. 189 195 200 206 210 ff.
217 223 281 368 f. 375 f.
Stiftskirchen 223-387
Dom 8 28 49 1661 169 171 ff. 177 200
205 2071. 228—306 317 351 387 393
414 428 433 502 504 507 f.
Adamssitz 249
Altare 28 269 ff. 292 294 f. 299
Altargerate 271 ff.
Bauamt 222 234 f. 237 504
Baugeschichte 227-238
BUd werke 291 ff.
Chor 231 ff. 252 ff. 264 270 ff. 277
279 f. 288 ff. 299 303 f.
Chorgestühl 254 276
Dachreiter 248 255 268
Fenster 241 f. 245 248 252 255 f.
258 ff. 271
Glocken 172 229 f. 266 ff.
Grabstätten und Epitaphien 299 ff.
Kanzel 276 f.
Kapitelsaal, alter 229 f. 235 305
Kapitelsaal, neuer 226 236 249 254 ff.
258 266 280 290 295 299
t Keller 226 258 449
Kreuzgang 226 f. 231 238 f. 248 f. 252
255 ff 264 266 270 279 305
f Krypta 229 232 234 269 f.
LettnA 251 f 254 264 276 290 294 350
Leuchter 278 ff.
Malereien 295 ff.
f Marienkapelle, alte 227 231
Marienkapelle, jetzige 235 2(7 252 ff.
260 f. 263 f. 271 278 ff. 292 300
Möbel 280 f.
Münzsammlung 299
Neustadter Kapelle 227 236 f. 259
271 279 295 298 305 511
Orgel 277 f.
t Paradies 231 240
Portale und Thüren 238 ff. 248 f. 254 f.
263 265 f. 270 279 449
Probstei s. Zwicken (Profanbauten)
t Räume, zum Dom gehörig 226 f.
254 f. 259 299
Reliquien 271 ff.
Remter 226 231 234 236 255 ff.
Sakristei 227 255 271 295
Schatz 144 173 188 [280
Schatzkammer 227 231 234 249 256
Schmiedearbeiten 263 271 ff.
Skulpturen 263 ff
Spendetreppe 258
Stephanskapelle 226 230 232 235
258 f. 263 f. 271 280
Taufbecken 172 278
Törme 231 ff. 236 ff. 255 257 263 300
Verschiedene Kunstwerke 298 f
Vorgeschichtliche Sammlung 299
Webereien 269 280 ff.
t Westchor 228 f. 231 269
Johannisstift 9f. 13ff. 32 81f. 128
146 163 168 1701. 173 203 206f. 209
220 ff. 368-375 387 f. 486 452 500 5021
Altar 373
Altaigeräte 374
Bibliothek 368
Glasmalereien 373
Glocken 368 370 ff. 375
Grabsteine 374
Kanzel 373
Kapelle am Granen Hof 372
f Kapellen 371
t Altes Kloster 368 ff. 374
Kronleuditer 374
Namen 368
Orgel 373
ReUef 374
Stiftsgebäude 369
Taufetein 374
Liebfrauenstift 7 12 ff. 42 128 149
163 167 171 174 176f. 186 188 2061
211f. 219 221 223f. 227 233f. 264 266
273 279 f. 'zn 295 299 305-356 359
363 390 404 407 409 489 500 502 508
Ablasstafel 273 315 f.
Altäre 341 ff.
Altargeräte 346
AiTibonen 344
Barbarakapelle 309 312 317 321 339 f.
842 f. 350
Bauamt 317 f.
Bibliothek 312
Bildwerke 324 ff.
Chor 314 317 ff. 335 ff. 348 350 3531
Chorschranken 324 ff. 341
Fenster 319 323 356
Gemälde 318 320
Gestühl 3 13 f.
Gitter 324
Glocken 317 340 f.
Grabsteine 351 ff.
Kanzeln 344 f.
Katharinenkapelle 342
Katholische Kapelle 309 315 317320
341 f. 345 355
Kirche, alte 312 ff. 881
Kreuzgang 306 312 f. 315 317 £ 320
348 350 355 f.
Kunstgegenstände 291 349 ff.
Leuchter 345
Messgewänder 348
Orgel 345
Portale und Thüren 312 ff. 317 3191
Zugehörige Räume Ul f. 315 317
Reliquien 308 348
Remter 311 f. 356
Sakramentshäuschen 324
Schränke 280 347 f.
Siegel 309
Taufbecken 345
Türme 311 ff. 317 f. 340
Wandmalereien 309 317 320 326 ff.
j
Geschichtliches, geographisches und kanststatistisches Register
525
Moritzstift 8 14 20 42 74 149 168 170
174 177 185 207 209 215 218 f. 221 f.
292 306 817 859 369 f. 375-387 390
451 465 502 508
Alter Zustand 379 f.
Altargeräte 384
Altare 876 384
Bildwerke 386 f.
fBonifatiuskloster 375
Gestühl 384 f.
Glocken 383 f.
Grabsteine 387
Kanzel 380 385
t Kreuzgang 377 384
t Kurien 376
Leuchter 385 f.
Orgel 385
Reliquien 386
Siegel 376
tStiflsgebäude 376 f.
Taufstein 380 385
Webereien 386
Paulsstift II 14 42 149 163 169 ff.
174 207 209 217 f. 221 223 317 319
356—368 375 f. 390 404 508 512 f.
t Altare 857 359 366 f.
Bauamt 857 359
Bildwerke 363 ff. 512 f.
t Bibliothek 358 367
t Gestühl 367
t Glocken 358 365
t Grabstatten und Epitaphien 367 f.
t Kapellen 359 364
t Kreuzgang 358 f. 367
t Metallgeräte 367
t Orgeln 363 367
t Stiflsgebäude 356 ff.
t Webereien 358 367
Strassen 9 46 185 f. 197 201 210 f. 214 ff.
219 ff. 311 371 877 408 f. 435 447 453 459
465 ff.
Klein-Blankenburg 114 410 473 497
Vogtei 175 177 185 191 f. 196 f. 201 205
^0 372 497
Synagoge 409 f.
Thore (Gebäude durchweg verschwunden):
Breites Thor 211 221 355 369
Burgtreppe 210 222 224
Burehardithor 212 217 219 371 502
Drachenloch 211 224
Düsteres Thor 211 219 224 236 448
Gröperthor 185 222 502 f.
Harsleber Thor 114 203 436
Johannisthor 176 212 223 318 502
Kühlinger Thor 203 206 212
Liebfrauenthor s. Drachenloch
Peterstreppe 211 311
Steiles Thor s. Tränkethor
Tränkethor 185 211 224 467 497
Wasserthor 211 221 223 439 473
Topographische Entwicklung der Stadt
185
Mühlen (t verschollene)
Abbenrode 18
tBerssel 24
Bexbeim 85
fBexheim 7
Bosleben 8
"Dardesheim 81
"Derenbnrg 41
"Emersleben 43 f.
-Gr.Quenstedt 112
"Harsleben 46 f. 49
- * Holtemmenditfurt 11
"Hoppenstedt 52
"Homburg 56
- Kaisermühle 502
- Kl. Harsleben 10
fKreiendorf 11
t Langenstein 80
fLüttgenrode 80
t Magdeburger M. 222 f. 237 502
Molkenmable 11 502
fMordmüble 502
t Ölmühle 502
tOsterwieck 87
fOsterwieck (Vogelsmühle [s. Hoppenstedt!)
85 87
t Pfortenmüble 502
f Regenstein 117
Rossmühle 223 502
zu St. Johannes 502
zu St. Nicolas 502
teinfelder Mühle 3 7
Steinmühle 13
Sievershausen 13
t Spitalmühle 502
Veldens Mühle 10
fVinkestorp 14
t Wassermühle 502
tWehrstedt 149 f. 502
Wichhänsermühle 15
Wicholzmfihle 193 502
fZilly 160
MeiereieB
t Bosleben 8 ■
fDanstedt 26
f Derenburg 41
-{-Klein Harsleben 10
•fRhoden 120
-j-Roclum 124
tRunstedt 13
fSargstedt 128
fStötterlingenburg 134 f.
tStrobeck 18 148
-Thidestorp 13
-Utzleben 14
-Wehrstedt 149
Gerichts- und Dini^stätten
Derenburg 36
Dreiberg bei Dardesheim 28
Hartingau 114
Heudeber 50 114
Holtemmenditfurt 11
Klein-Harsleben 9 f. 114
Odorp 12
Osterwieck 88 114
Üplingen 14
Utzleben 14 18 114 128
^ardeho 176 203 602
Wiby 14
n
526
0«8cliichtliclies, geogfräphisches und kunststatistisehes Begistef
C. Kunststatistisehes
Alte Verschanznngen und dergl.
fUhlenburg bei Berssel 24
Ümwalluog des Kirchhofes in Danstedt 27
t Befestigte Kirche in Utzleben 14
t „ ,, f, Wichhausen 15 39
Deer8heiin,Brü(lerberg(80gSchwedenBchanze)85
fDerenburg, Sohloss 36
t „ Kloster St. Dionys 39
Emersleben, Burg 44
fHarsleben, Altenburg 50
Heudeber, Schanzenburg 50
Hornburg, Burg 55 ff. 60 fi.
Isiugerode, Kingwall auf dem Orangenberge 74
Langenstein, alte Burg 74 ff. (Höhlenburg)
Osterode, Dorfbefestigung 82
Begenstein (Höhlenburg) 11 4 ff.
fSchloss Hartingau 114
tStötterlingenburg (bis 1106) 133
Wehrstedt, befestigter Kirchhof 150
Gross-Quenstedt, befestigter Kirchhof 112 150
Banerburg (Ringwall) 151 ff.
Westerburg 150 ff.
Zilly 158 f.
Stadtbefestigiingeii
Dardesheim 31
Derenburg 40
Halberst^tische s. Ortschaftsverzeichnis s. v.
Halberstadt
Homburg 57
Osterwieck 86 f.
a) zu Gru
Dingstorp 8
Drondorp 8
Danstedt 27
Deersheim 32
Derenburg 42
ITtzleben 42
Mahndorf 42 80
Har^leben 49
Turme
nde gegangene
Osterode 82
Osterwieck (Drohn-
turm) 85
Ströbeck 143
Veitheim 148
Dardesheim 28
Stötterlingen 132
b) noch vorhandene
(BurgtUnne auag«nchlaM«n)
Halberstadtische s. Ortschaftsverzeichnis s. v.
Halberntadt
In Mulmke 81
In Ströbeck 143
Rathäuser
Dardesheim 31
t Derenburg (1425) 40 f.
Derenburg (1789) 40
Halberstadt, altes und neues s. Ortsverzeichnis
t Holtemmenditfurt (theatrum, spelhus 1246)
11 114
t Homburg (vor 1646) 56
t Osterwieck (theatrum 1267) 87 97
Osterwieck (17. Jahrb.) 97 f.
t Ströbeck (18.Jahrh.) 142
tWiby (theatrum 1251) 14
Wohnhäuser
a) Dorfhäuser
3 18 21 24 26 f. 35 44 50 53 81 f. 112 122f
125 127 129 131 133 141 143 148 150 153
155 159 f.
459 f.
b) Stadthäuser
a) steinerne
»
)»
ß) Fachwerkbauten
Allgemeines 62ff. 98ff. 459ff. 509
Balkenköpte 63 466 ff. 480
Bemal ung 467 f.
Blendarkaden 65 103 425
Bodenluken 63 480
Brustungsplatten 65 99 101 ff. 449
Einfluss auf den Steinbau 153 444 45i
Erker und Ausluchten 63 497
Fällhöker 63 103 449 474 fi. 480 497
Fussstreben 64 f. 466
Konsolen 63 103 449 466 ff. 479 f.
Konstmktion 461 f. 465 ff.
Meisternamen siehe Künstlerverzeichnis
Ornament, Entartetes 476 ff.
Geometrisches 466 471 474 f.
476 ff. 480
Menschliches 466 f. 470 ff. 480
Pflanzen 471 477
Tiere 467 472 477
Rosetten 65 99 444 476 ff. 480
idaumschwellen 63 103 449 466 ff. 480
Schiffskehlen 64 103 474 ff.
Schutzbretter 467
Stander und Riegel 64 108 466 480
Thorfahrten 63 67 69 ff. 103 ff. 107 f 479 f.
4^8 491 495
Vorkragung 63 99 461 f.
Fachwerkbauten nach den Perioden
1. Periode bis etwa 1530
Halberstadt (12) 465 (Ratskeller 466 ff.)
Hornburg (4) 66
Osterwieck 103
Rhoden 122
2. Periode etwa 1530— gegen 1600
Dardesheim (3) 31
Deersheim 35
Derenburg (2) 40
Halberstodt (146) 474 ff.
Harsleben 50
Homburg (81) 66 ff.
Osterwieck (54) 103 ff.
Gr.- Quenstedt 112
Rhoden 122
Rimbeck (2) 123
Roclum 124
Ströbeck 144
Veitheim (4) 148
Wülperode 155
Qescbiclitliches, geographisches und kaaststatistisches Register
527
8. Periode etwa 1600— gegen 1650
Berssel 23
Dardesheim (12) 31
Deersheim (2) 35
Derenburg (5) 40
Halberstadt, Zwicken 449
(52) 495
Hornburg (11) 71
Osterwieck (27) 107 f.
Rohrsheim 127
4. Periode gegen 1650-1800
Bühne (2) 26
Daitiesheim (150) 31
Derenburg 40
HalberBtadt (327) 496!.]
Hoppeostedt 53
Hornburg (75) 71
Osterode 82
Osterwieck (30) 108
Gr-Quenstedt (5) 112
Rhoden 122
Stotteriingen 133
Ströbeck 144
Veitheim 148
Alt, aber nicht datierbar
Halberatadt (165) 497
Hornburg (12) 73
Osterwieck (11) 108
Hausmarken
Halberstadt 211 476 503
Hornburg 64 68 fT.
Osterwieck 104 f.
Inschriften an Gebäuden
21 26 31 45 47 49 58 63 66 f. 69 ff. 73 82
101 if. 110 112f. 119 123 131 142 148 155 f.
158 f. 372 377 409 422 433 486 439 442 444
450 f. 455 f. 458 467 472 ff. 476 479 f. 484
490 495
Badstuben
Halberstadtische s. Ortschaftsverzeichnis s. v.
Halberstadt
Osterwieck 87
Ströbeck 143
tWehrstedt 150
Brunnen
Halberstadt, Hölzmarkt (17. Jabrh.) 500
Johannisbrunnen 500 f
Siechenhofgarten (18. Jahrh.) 442
ff
Merkwürdige Steine
Aspenstedt, Stein an der Klopstockquelle 19
Deersheim, Opferplatte 35
Derenburg/ Hünensteine 42
y, Steinkreuz 42
Halberstadt, t<ii^ langep Matze 195
Lügenstein 513
Tönnigsatein (1537) 502
Grenzsteine 502
Spi^elsberge, Verschiedenes 505
fHarsleben, Sieben Kreuze 46
„ „der Stein" 46
fKl. Harsieben, Frohnenstein 10
tHoltemmenditfurt, Heiligtumstein 11 502
t Langenstein, Grenzsteine 75
Obelisk 79
Boclum'' Stein mit Kreuz (1507) 125
1»
Kirchliches
Patronatsheilige
Ägidius (t Halberstadt, Kapelle)
Alexius (t Halberstadt, Hospital, f Kapelle)
Andreas (Abbenrode. Halberstadt, Kloster)
Anna (f Dardesheim , Klus. f Halberstadt,
Kapelle, f Kapelle im Trüllkloster. Kapelle
an der Moritzsirche)
Antonius (f Halberstadt, Kloster)
Barbara (Halberstadt, Kapelle in der Lieb-
frauen-Kirche, t Kapelle in der Martini-
kircbe)
Bartholomäus (Halberstadt, Hospitalkapelle
St. Spiritus)
Bonifatius ^Halberstadt, Moritzstift)
Briccius (Zilly)
Bnrchard (Halberstadt, Kloster)
Dionysius (f Derenburg, Kloster)
Dreieinigkeit (Derenburg)
Elisabeth (Halberstadt, Hospital)
Georg (t Halberstadt, Hospital)
Heiland (Halberstadt, Salvatorhospital)
Heiliger Geist (f Hornburg, Kapelle. Halber-
staat, Hospital)
Johannes d. T. (f Halberstadt, Hospital, f ^1-
Harsieben. j Holtemmenditfurt)
Johannes d. Ev. (Halberstadt, Johann isatifb.
t Kl.-Harsleben)
Jakobus (t Halberstadt, Kai>elle. f Kloster)
Katharina (Derenburg, Hospital. Halberstadt,
Liebfr.-K., Kapelle. Katharinen-Kloster)
Katharina von Alexandria (f Halberstadt,
Kapelle)
Lampertus (f Halberstadt, Kapelle)
Laurentius (Gr.-Quenstedt, L.-Kirche. Stötter-
lingenburg. Wehrstedt. f Halberstadt,
Kapelle)
Liudffer (fHalberstadt, Kapelle am Dom.
t Hospital)
Margarethe (f Johanniskapelle am Grauen Hofe)
Maria (Derenburg, Pfarrkirche. fHeudeber,
Kapelle. Hornburg, Stadtkirqhe. f Langen-
stein, t Osterwieck. f StÖtterlingenburg,
Kapelle, f^üly- Halberstadt, Lieofraueu-
stift. Dom, Neustadter Kapelle, f Kloster
der Marienkiiechte. f Dom, Kapelle. Kapelle
am Chor, t Kapelle bei der Johanniskirche.
t Johannishospital. f Kapelle an der Martini-
kirche, t Kapelle ausserhalb der Stadt)
Maria Magdalena (f Nordrode, f Hornburg,
Schlosskapelle. f Halberstadt , Hospital.
Kapelle in der Liebfr.-Kirche. f Kapelle bei
der Johanniskirche)
Martin (Halberstadt, Pfarrkirche. t^^P^i^^
an der Moritzkirche)
Maternus (f Halberstadt, Kapelle)
528
Oescliicbtlichos, geographisches und kunststatistisches Register
Moritz (Halberstadt, Moritzstift)
Nicolaug (OsterwieckyNic.-Kirche. fRegenstein,
Burakapelle. f Stötterlingenburg , Kapelle.
Haloerstadt, Kloster. t^^^P^^^^* t Kapelle
an der Moritzkircbe)
Nothburgis (Halberstadt, Petershofkapelle)
Pancratius (fStröbeck)
Paulus (Osterode. Halberstadt, Stift, f Kapelle
am Dom)
Petrus (Emersleben. f^^i^Icben. Osterode.
Gr. Quenstedt, P.- Kirche, t l^alberstadt,
Kapelle am Dom. Burgkapelle)
Remigius (Veitheim)
Simon und Judas fHarsleben)
Sixtus (t Halberstadt, Dom, Westchor)
Stephan (Dardesheim. Halberstadt, Domstift.
Hoppenstedt. f Homburg , Stadtkapelle.
StÖtterlingenburg. Osterwieck, Pfarrkirche)
Thomas (f Halberstadt, Kapelle. Burchardi-
kloster)
Thomas von Canterbury (f Halberstadt. Kapelle)
Ulrich (Danstedt)
Urban (Aspenstedt)
Veit (Rhoden)
Vincenz (Wehrstedt)
Hospit&ler
Dardesheim 30
Derenbure 36 39
Halberstädtische s. Ortsregister s. y. Halber-
stadt
Hornburg 56
Wehrstedt 150
Klangen
fbei Dardesheim 30
bei Halberstodt 10 503 f.
t auf dem Nicolaikirchhofe, Odterwieck 87
fin Zilly 160
Kloster
Abbenrode
St. Bonifaz bei Halberstadt
Halberstadtische s. im Ortschaftsverzeichnis
8. V. Halberstadt
Osterwieck, Kl. der grauen Mönche
StÖtterlingenburg
Kirchen nnd Kapellen
a) zu Grunde gegangene
Berssel 24
Biscoplngeroth, Kapelle (bis 1312) 7
Böhnshausen 24
Bosleben 8
Bruchschauen, Kirche (bis 1309) 8 130
Dardesheim, Klus 30
Dardesheim (St. Stephan!) 28
Derenburg, befestigt gewesen (St. Dionys) 36 39
Ergstedt 9
Hfuberstadt s. Ortschaftsverzeichnis die mit f
bezeichneten Gebäude
Harsleben (St. Petri) 46
Heiriggeroth 10
Heudeber (Liebfrauenkapelle) 51
Hilverdingerode 10
Holtemmenditfurt (St. Johannes Bapt.) 10
Hornburg (Burgka^elle St. Msriae Magda-
lenae) 55 60
— (Kapelle St. Spiritus) 60
— ^Stadtkapelle St. Stephan) 57
Klein-Harsleben (St. Johannis) 9
Kreiendorf 11
Langenstein (Burgkapelle) 77
— (St. Marien) 75
Lüt^nrode (Kirche) 80
Mahndorf fKirche) 80
Mulmcke (Kirche) 81
Niendorf b. Emersleben (romanisch, erbaut
vor 1187) 12
Nordrode (St. Mariae Magdalenae) 12
Osterbek 12
Osterwieck (Kapelle auf dem St Stephaos-
kirchhof) 87
— (Klus auf dem Nicolaikirchhof) 87
— (Liebfrauenkirche vorm Kapellentbor) 87
Begensteln, Kapelle (St. Nicolai?) 119
— Kirche (1756) 117 '
Rhoden, Kapelle (vor 1589) 120
Boclum, Kapelle (romanisch) 124
Bunstedt (St.Liudger) 13
Steinum 13
Ströbeck, Kirche St. Pancratii im Nordeodorf
142
— Liebfrauenkapelle im Sudendorf (roma-
nisch?) 143
Suderode, Kirche (bis 1859) 145
Üplingen 14
Utzleben (befestigt gewesen) 14
Westerode 14
Wibv, Kapelle 14
Wichhausen (Kloster, befestigt gewesra) 15 S9
Wülperode, Schlosskapelle (noch 1589) 155
Ziesel, Kapelle 15
Zilly, Küdie StBricdi 157
— Klus im Niedemdorf (vor 1564) 160
b) noch vorhandene
Abbenrode (Kalkbruchstein; romanisch bis
Barock; Chor %) 17
Aspenstedt (Sandi>nichstein; romanisch; Chor
noriz.) 19
Athenstedt (Kalkbruchstein; Renaissance bb
Rococo; Chor *7,) 20
Berssel (Kalkbruchstein ; romanisch, spatgoUach
bis Barock ; Chor %) 22
Bühne (Rogenstein; 1Ö.—17. Jh.; Chor«/,) 25
Danstedt (Kalkbruchstein; romanisch, Rococo;
Chor %) 26 f.
Dardesheim (modern) 28
Deersheim (Muschelkalkbruchsteio ; romanisch,
modern) 32 f.
Bexheim (Muschelkalkbruchstein; romanisch;
Chor Halbkr.) 34
Derenburg, Pfarrkirche (Bruchstein ; romanisch,
Rococo; Chor 7,) 37
Derenburg, Kalandkapeile (Bosenstein ; gotisch
bis spatgotisch; CShor horiz.) 38 f
Derenburg, Hospitalkapelle (Sandstein; Rooooo)
89
£mersleben(Kalkbruohstein ; romanisch^oooco;
Chor horiz.) 43
Göddeckenrode (Kalkbruchstein; romanisch,
Rococo) 45
Q^schichÜiches, geographiBches und konatsiatistisches Begister
529
Halberstadt (Seitenzahlen im Ortsrerzeichnis) :
Dom (Kalkstein, frflh- bis spätgotiBch,
Ghorechl. ]x>l7gonal mit angesetzter öst-
licher Ka])elle, dreischiffig)
Liebfrauenkirche (Kalkstein; romanisch,
8 Apsiden, dreischiffig, Hirsaner Schema)
Paulskirche (romanische Teile Kalkstein,
spatere Sockel Kalkstein; oben Sand-
Steinquadern, romanisch bis spätgotisch;
Oiorstuhl polygonal, dreischimg,üir8auer
Sdiema)
Johanniskirche (Facbwerkbau ; Glocken-
turm abgesondert, Chor polygonal,
17. Jahrh.)
Moritzkirche (Kalkstein; romanisch, drei-
schiffig; Chor horiz.)
Martinikirche (Turm: Kalksteinquadern ;
Schiff: Sockel, Kalk; oben Sandstein,
frfih- bis spätjrotisch ; Chor polygonal,
dreischiffiff, Hirsauer Schema)
Pranzos.- reformierte Kirche (Sandstein;
18. Jiüirh., Centralbau)
Synagoge (Sandstein; 17. Jahrb., Central-
bau mit Kuppel)
Andreaskirche (Sandsteinquadem ; gotisch,
Schiff dreisohiffig; Chor polygonal)
Katharinenkirche (Sockel Kalk-, sonst
Sandstein ; gotisch , Schiff dreischif&g)
Buichardikloeter (Kalkbmchstein , roma-
nisch, dreischiffiff, Hirsauer Schema;
ChorschlusB gerade)
' Nicolaikirche (Sandsteinquadem ; gotisch ;
Chor polygonal)
Hospitaudrche St Spiritus (Sandstein;
fimgotisch, gerader Schluss)
Siechenhofkapelle (Sandstein; romanisch
bis gotisch, eerader Schluss)
Petershof kapelle (Sandstein, gotisch ; Chor-
schluss polygonal)
Barsleben (Sandsteinquadem ; romanisch ; spät-
gotisch, Renaissance; Chor %) 47 f.
Heudeber (modern) 50
Bc^ppensteat (Kaikbrucfastein , romanisch, er-
neuert; Chor horiz.) 52
Homburg (Kalkbrachstein, Renaissance; Chor
Langenstein (modern) 76 [^/s) 58
Oetcffode (Feldstein, romanisch bis Barock) 82
Osterwieck, Stephanikirche (Kalkstein; roma-
nisch bis spätgotisch ; Chor ^Z,) 89
Osterwieck , Nicolaikirche (Kalkbruchstein ;
Ecken ge<}uadert, frOhgotisch bis spätgotisch ;
Chor honz.) 95 f.
Osterwieck, kath. Kirche (modern) 97
Or.-Quenstedt, Petrikirche (Kalkstein; roma-
msdi bis Renaissance ; Decke Holz, polygonal ;
Chor horiz.^ 110
Or.-Quenstedt, Laurentiuskirche (Kalkbruch-
stein, romanisch bis spätbarock ; Chor horiz.)
111
Kl.-Quenstedt (Feldstein; Ecken Sandstein-
quadem, frfihromanisch , spätgotisch bis
Rococo; Chor •/,) 113
Bhoden (Quadern, verputzt; romanisch, Über-
gang, 18. Jahrb.; Chor horiz.) 121
Rimb^k (Rogenstein, Kalkstein; Renaissance,
Rocooo; Chor 7,) 123
Krtta Halb«ntiult.
Roclum (Kalkbruchstein; romanisch, modern)
124
Rohrsheim ( Kalkbmchstein ; romanisch, Rococo ;
Chor horiz.) 126
SargBtedt (Kalkbruchstein ; romanisch, modern)
128
Schauen (Feldstein, 1690) 130
Stötterlingen (Bruch- und Feldsteine, romanisch
bis Rococo; Chor 7.) 132
Stötterlingenbui^ (KalKbruchstein ; romanisch,
Renaissance, Hireauer Schema; Chor Halbkr.)
137
Strobeck (modem) 142 f.
Suderode (modem) 145
Veitheim (Sandstein, romanisch bis Renaissance
[zweischiffigl]; Chor; «/,) 146 f.
Wehrstedt (Turm unten Kalksteinquadern,
oben und Schiff Sandstdnquadern ; romanisch,
Schiff später erneuert Chor ^/,) 149 f.
Wfilperode (Fachwerk, 18. Jahrb.; Chor horiz.)
155
Zilly (modern) 157
(Krypten fehlen durchweg)
KirchtnrnifornieB (moderne ausgeschlossen)
Satteldach: Deersheim (Südturm), Klein-
Quenstedt, Stötterlingen
Walm: Bühne (mit Dachreiter), Derenburg
(KatharinenkapeUe), Hoppenstedt (Fachwerk),
Gross - Quenstedt (Laurentii), Wehrstedt,
Halberstadt, Moritzkirche (Doppelturm)
Welsche Haube: Abbenrode, Athenstedt>
Berssel, Emersleben, (}5ddeckenrode, Hars-
leben, Homburg, Gross - Quenstedt (Petri),
Rhoden, Rimbedr, Roclum, Schauen
Dachreiter: Bühne, Veltheim, Wülperode,
Halberstadt: Dom,Andreaskirche,Katharinen-
kirche, Siechenhofkapelle
Hölzerne Pyramide (zumeist beschiefert) ,
Aspenstedt, Dansted t, Deersheim (Nordturiii):
Derenburg f Doppelturm) , Osterode, Oster-
wieck (Stephan!, Doppelturm), Osterwieck
(Nicolai), Rohrsheim, Sar^tedt, Stötter-
lingenburg (Doppelturm), Hdberstadt: Dom
(Donpelturm, Kupferdeckung), Liebfrauen-
kirche (viertürmig, Bleideckungi, Paulskirche
(Dop|)dturm) , Johanniskirche (abgetrennt),
Martinikirche (ungleiche Doppeltürme, Blei-
deckung)
Kuppel: Halberstadt, Synagoge
Wichtige Portale
(wo nichts anderes gesagt, von Kirchen)
Berssel (1488) 22
Bezheim (romanisch) 34
Deersheim (Steinackerhof, spätgotisch) 35
Derenburg (Kalandkapelle, eotisch) 38
„ (Privathaus, 15. Jahrb.) 41
Emersleben (2, 18. Jahrh.) 43
Qöddeckenrode (18. Jahrh.; 45
Halberstadt, Dom (1 frühgotisch) 240
Dom (1 spatgotisch) 248
Liebfrauenkirche (1 gotisch^ 312
p (2 romanisch) 820
Paulskirche (1 romanisch; 1 gotisch) 859
Martinikirche (3 frühgotisch) 396
34
530
Geschichtliches, geographisches und knnststatistisches Begister
FranzÖs.-reforin. Kirche (Rococo) 408
Synagoge (2 18. Jahrb.) 409
Andreaakirche (gotisch) 412
Eatharinenkirche (gotisch) 423
Burchardik] oster (1 romanisch; 1 früh-
gotisch) 433
Heiligengeisthofipital (Rococo) 437
Siechenhof (spa^otisch) 441
Petershof (Renaissance) 444
Kommisse (17. Jahrh.) 450 f.
Rathaus (2 gotisch) 453
Wohnhäuser (18. Jshrh.) 459
Spiegelsches Ja^schloss (1606) 505
Spiegeische Kune (am Lichtengraben , 18.
JÄrh.) 459
Homburg (2 spaf gotisch, 2 Renaissance) 58
Langenstein (Schloss, ) 8. Jahrh.) 79
Mahndorf (Gutsgebäude, Renaissance) 80
Osterwieck (Btepnanikirche, romanisch ; 2 spät-
gotisch, 1 18. Jahrh.) 89 f.
Rhoden (spätromanisch) 121
Rimbeck (spätgotisch) 123
Rohrsheim (spatromanisch) 126
Westerburg (2 Renaissance) 153
Kirohendecken
a) gerade Holzdecken
Derenburg (Kalandkapelle) 38
Derenburg (Hospitalkapelle) 39
Halberstadtf Lieofrauenkiraie
Paulskirche
Moritzkirche
Katharinen kirche
Burchardikirc'he (Schiff)
„ Siechenhofkapelle
Harsleben 48
Hoppenstedt 52
Osterwieck (Nicolaikirche) 95
Schauen (Altarraum) 130 '
Stotterlingen 132
b) gerade Holzdecken mit seitlicher
Abschrägung
Halberstadt, Johanniskirche
Harsleben 4iB
Gr.-Quenstedt (Laurentiikirche) 111
c) gewölbte Holzdecken
Ahbenrode 17
Aspenstedt 19
Athenstedt 20
Berssel 22
Bühne 25
Danstedt 26
Derenburg (Pfarrkirche) 37
Emersleben 43
Göddeckenrode 45
Halberstadt, Synagoge (Kuppel)
„ Bnrcharaikirche (Chor)
„ Hospitalkirche St. Spiritus
Osterode 82
Gr.-Quenstedt (Petrikirche) 110
Kl.-Quenstedt 113
Rhoden 121
Rimbeck 123
Roclum 124
Rohrsheim 126
>»
»>
>t
ff
Schauen (Schiff) 130
Stötterlingenburg 137
Wehrstedt 150
Wülperode 155
d) Steingewolbe
Halberstadt, Dom
Andreaskirche
Martinikirche
Nicolaikirdie
„ Petershofkapelle
Hornbure 58 «
Osterwieck (Stephanikirche) 89
Veitheim 147
Wertvolle Heizdecken (unbemalt)
Halberstadt, Andreaskloster (spätgotisch) 421
„ Johanniskirche (17. Jahrh.) 373
Harsleben (1601) 48
Westerburg (16. Jahrh.) 154
Stnckdecken
Halberstadt, Synagoge 410
Privathäuser 493
Spiegelsches Jagdschloss 504
ff
Sakramentsgeb&use
Halberstadt, Dom (11 gotisch, 1 spätgotisch)
263
„ Lbfr. (frühgotisch) 324
Gr.-Quenstedt (Petri, gotisch, 2; HO
Rhoden (gotisch) 122
Stötterlingenburg (spätgotisch) 138 f.
Wehistedt (spätgotisch) 150
KrejiEgBSLge
Halberstadt, Dom (13. Jahrh.) 256 ff. 305
Lbfr. (gotisch) 312 f. 350 355 f.
Andreaskloster (gotisch) 421
Katharinenkloster (gotisch) 428
>i
>}
AltSre (im ganzen 66)
(wo niehti änderet bemtrkt, in Hols getchnltst, iinb«aotit»
Flfigelaltlr» nicht mitgerechnet)
Abbenrode (Triptychon, 15. Jahrh.) 17
Aspenstedt (18. Jahrhundert, m. eingebauter
Kanzel) 19
Athenstedt (18. Jahrhundert, m. eingebauter
Kanzel) 20
Berssel (17. Jahrh.) 22
Bezheim (romanisch, Kalkstein) 84
Bexheim (Triptychon, 15. Jahrh.) 34
Bühne (1857) 25
Danstedt (m. eingebauter Kanzel, 18. Jahr-
hundert) 27
Danstedt (Triptychon, 15. Jahrh.) 27
Emersleben (m. eingebauter Kanzel, 1742) 4S
Oöddeckenrode <m. eingebauter Kanzel, 1720)45
Halberstadt, Dom (13) 271
Lbfr. (9) 343
Johanniskirche (17. Jahrh.) 878
Martmikirche (1696) 400 f.
Andreaskirche (1 spätgotisdi, italieniflch;
4 aus dem 18. Jahrh.) 412 £
Katharinenkirche (3 aus dem 18. Jahih.)425
Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Begister
531
Hospital 8t. Spiritus (Ende 17. Jahrh.,
mit eingebauter Kanzel) 439
Siechenhofkapelle (1612) 441
Harsleben (18. Jahrh., m. eingebauter Kanzel
des 16. Jahrhunderts) 49
Hoppenstedt (Triptychon, 15. Jahrh.) 53
Hornburg (1617) 59
Langenstein (IS. Jahrh.) 76
Osterode (m. eingebauter Kanzel, 18. Jahr-
hundert) 82
Osterwieck, Stephanikirche (doppeltes Tripty-
chon, 15. Jahrh.) 91
Osterwieck.I^icolai ( 14. Jahrh., Triptychon) 96
Osterwieck, kath. Kirche (17. Jahrh.) 97
Or.-Quenstedt, StPetri (18. Jahrh., mit ein-
gebauter Kanzel) 110
Or.-Quenstedt, St.Laurentii (17. Jahrh.) 112
Kl.-<^uen8tedt (18. Jahrh., mit eingebauter
Kanzel) 113
Elioden (m. eingebauter Kanzel, 1734) 121
Bimbeck (m. eingebauter Kanzel, 18. Jahrh.)
128
fiohrsheim (1661) 127
Schauen (18. Jahrh.) 131
•StÖtterlingen (m. eingebauter Kanzel, 18. Jahr-
hundert) 132
StÖtterlingenburg (Triptychon, 16. Jahrh.) 140
Veitheim (1698) 147
Wehrstedt (m. eingebauter Kanzel, 1701) 150
Westerburg (17. Jimrh., m. eingebauter Kanzel)
154
Wülperode (18. Jahrh.) 155
Klappaltftre (im ganzen 28)
Abbenrode (15. Jahrh.) 17
Danstedt (15. Jahrh.) 27
Deersheim (15. Jahrh.) 34
Halberstadt, Dom (Narwalhorn, 13. Jahrh.) 291;
(16 teils ganz, teils in Besten, 15. bis
16. Jahrh.) 291 f. 296 ff.; (fünfteiüg, Anf.
16. Jahrh.) 295
Lbfr. (15. Jahrh.) 350
Moritzkirche (nur Mitte, 16. Jahrh.) 386
Hoppenstedt (15. Jahrh.) 53
Homburg (15. Jahrh.) 60
Osterwieck, St. Stephan! (fünfteilig, 15. Jahr-
hundert) 91
St. Nicolai (14. Jahrh.) 96
Stotterlingenburg (16. Jahrh.) 140
Krasifixe
s. Gegenstande der bildlichen Darstellung
1 b. 8. Y. Kreuzigung
Kanzeln (im ganzen 35)
Abbenrode (18. Jahrh.) 17
Aspenstedt (im Altar, 18. Jahrh.) 19
Athenstedt (im Altar, 17.— 18. Jahrh.) 20
Berssel (17. Jahrh.) 23
Danstedt (im Altar, 18. Jahrh.) 27
Emersleben (im Altar, vor 1742, mit Intar-
sien) 43
Oöddeckenrode (im Altar, 1720) 45
Halberstadt, Dom (1598) 277
Johanniskirche (1653-80) 373
Moritzkirche (17. Jahrh., verdorben) 385
Martinikirche (16. Jahrh., überarbeitet
1690) 404 f.
Synagoge (17. Jahrh.) 410
Andreaskirche (17. Jahrh.) 414
Katharinenkirche (17 Jahrh., Deckel desgl.
aber jünger) 425
Hospital St. Spiritus (im Altar, 17. Jahrh.)
439
Siechenhofkapelle (1682) 442
Harsleben (im Altar, mit Intarsien; Ende
16. Jahrh) 49
Hoppenstedt (1692) 53
Homburg (1616) 59
Langenstein (18. Jahrh.) 76
Osterode (im Altar, 18. Jahrh.) 82
Osterwieck, Stephan! (gegen 1570) 92
„ Nicolai (1664) 96
Gr.-Quenstedt, Petri (im Altar, 18. Jahrh.) 110
„ Laurentii (17. Jahrh.) 112
Kl.-Quenstedt (im Altar, 18. Jahrh.) 113
Rhoden (im Altar, 1734) 121
Rimbeck (im Altar, 18. Jahrh.) 123
Rohrsheim (17. Jahrh.) 127
Stotterlingen (im Altar, 18. Jahrh.) 132
Stötterlingenburg (16. Jahrh.) 139
Veitheim ^17. Jahrh.) 147
Wehrstedt (im Altar, 1701) 150
Westerburg (im Altar, £nde 17. Jahrh.) 154
Wülperode (18. Jahrh.) 155
Gestühle nnd Emporen
Abbenrode (18. Jahrh.) 17
Aspenstedt (17. Jahrh.) 19
Atnenstedt (18. Jahrh.) 21
Bahne (18. Jahrh.) 25
Halberstadt, Dom (15. Jahrh.) 276
Lbir. (15. Jahrh.) 348 f.
Moritzkirche (15. Jahrh.) 384 f.
Andreaskirche (17 -18. Jahrh.) 414
Katharinenkirche (18. Jahrh.) 425
Hospital St. Spiritus (Emporen 17. Jahrh.)
439
Hornburg (17. Jahrb., Emporen 1666) 59
Osterwieck, Stephanikirche (Oestühl ca. 1620,
Emix)ren 1575) 92
„ Nicoiaikirche (Gestühl Anfang
17. Jahrb., Emporen älter) 96
Gr.-Quenstedt, Petrikirche (18. Jahrh.) 110
Rohrsheim (ca. 1660) 127
Stötterlingenburg (1657, Malereien 18. Jahrh.)
139
Veitheim (17. Jahrh.) 147
Wehrstedt (ca. 1620) 150
Orgeln (im ganzen 24)
Abbenrode (1708) 17
Aspenstedt (18. Jahrb.) 19
Athenstedt (18. Jahrh.) 21
Dardesheim (18. Jahrh.) 28
Derenburg (1589) 38
Emersleben (1750) 43
Halberstadt, Dom (1718) 278
Johanniskirche (17. Jahrh.) 373
34»
532
Geschichtliclies, geographisches und kuDststatistisches Register
Moritzkirche (1786) 985
Martinikirche (17. Jahrh., hergestellt 1770)
405
Andreaskirche (18. Jahrh.) 414
Eatharinenkirche (17. Jahrh.) 425
Hospital 8t. 8piritu8 (Ende 17. Jahrh.) 439
Siechenhofkapelle (17. Jahrh.) 442
Harsleben (18. Jahrh.) 49
Hornhurg (18. Jahrh.) 59
Langenstein (m. Teilen aus dem 18. Jahrh.) 76
Or.-Quenstedt (m. Teilen aus d. 18. Jahrh.) 110
Kl.-Quen8tedt (18. Jahrh.) 113
Bodum (gegen 1760) 124
Bohrsheim (18. Jahrh.) 127
Schauen (1778) 131
St5tterlingen (17. Jahrh.) 132
Wehrstedt (18. Jahrh.) 150
Tanfsteine (im ganzen 24)
Bexheim (romanisch) 35
Derenburg (Sandstein, 1579) 38
Emersleben (18. Jahrh.) 43
GÖddeckenrode (Kalkstein, romanisch) 45
Halberstadt, Dom (Marmor, 12. Jahrh.) 278
Dom (Bronce, gotisch) 278
Lbfr. (Bronce, 1614) 345
Johanniskirche (Bronce, 13. Jahrh.) 374
Moritzkirche (Sandstein, 17. Jahrh. , ver-
dorben) 385
Martinikirche fBronce, 13. Jahrh.) 405 f.
Eatharinenkirche (Marmor, 17. Jahrh.) 425
Harsleben (Sandstein 1602) 48 f.
Homburg (Sandstein, 1581) 59
Osterwieck, Stephani (Bronce, 13. Jahrh.) 92 f.
Gr.-Quenstedt, JPetri (Holz, 18. Jahrh.) 110
Laurentii (Holz, 18. Jahrh.) 112
Laurentii (Kalkstein, 1581) 112
Bhoden (romanisch) 121
Boclum (romanisch, Fragment) 124
StötterUngen (Holz, 17. Jahrh.) 133
Stötterlingenburg (Holz, 17. Jahrh.) 140
Suderode (Sandstein, 1592; Fragment) 145
Wehrstedt (Holz, 18. Jahrh.) 150
Wülperode (Holz, 18. Jahrh.) 155
Tvnfeilgel (im ganzen 5)
Hoppenstedt (Ende 17. Jahrh.) 53
Osterode (18. Jahrh.) 82
Bimbeck (18. Jahrh.) 123
Veitheim (18. Jahrh.) 147
Westerburg (18. Jahrh.) 154
Grabplatten und Erinnerungstafeln
(im guiten 236, m. B. bedeutet mit Bildnii)
13. Jahrhundert. Stein (1)
Halberstadt, Ratskeller (m. B.) 467
15. Jahrhundert. Bronce (2):
Halberstadt, Dom (2 m. B.) 302
Stein (5):
Halberstadt, Dom (m. R) 303
liebfraaenkirche (4'm.B.J 351 355
16. Jahrhundert Stein (46):
Deersheim (m. B.) 34
Emersleben (4 m. B.) 43 f.
Halberstadt, Dom (4 m. B.) 303
Liebfr.-Kirche (17, davon 14 m.6., wobei
2 mit 2 Bildnissen) 351
Martinikirche (5 m. B.) 408
Homburg (3 m. B) 60
Langenstein (m. B.) 77
Osterwieck (Stephanikirche 5, davon 4 m. B.
94 f.
Bohrsheim (m.B.) 127
Snderode (m.R) 145 f.
Veitheim ^2, davon 1 m. B.) 148
Wehrstedt 150
Wülperode (Klöpperkrug, m. B) 156
Holz (1):
Osterwieck, Stadtkirche 95
Bronce (6):
Halberstadt, Dom (6 m. B.) 302 f.
17. Jahrhundert Stein (65):
Berssel (m. B,) 23
Halberstadt, Dom (18, davon 15 m. B.) 303
LiebfV.-Eirche (17, davon 9 m.B., wobei
1 mit 3 BUdnissen) 351 355
Johanniskirche (2) 374
Martinikirche (11, davon 4 m.B.) 408
Salvatorhospital (2) 440
Harsleben 49
Osterwieck (Stephanik. 10, davon 2 m. B.) 9S
Bhoden (m.B.) 122
Boclum 125
Wehrstedt 150
Bronee (2):
Halberstadt, Dom (2, davon 1 m. 6.) 303
Gedächtnistafeln von Holz (29):
Halberstadt, Dom (m. 2 B) 803
Liebfr.-Eirche (2 n. B.) 355
Martinikirche (4) 406
Homburg, Stadtkiiche (6 m. B.) 60
Osterwieck, Stodtkirche (10) 95
Bohrsheim (3 m. R) 127
Vdtheim (3 m.B.) 148
18. Jahrhundert (81):
Deersheim (4) 341.
Halberstadt, Dom (50) 308
liebfrauenkircuie (11) 351
Johanniskirche 374
Moritzkirche (2) 387
Martinikirche 409
Andreaskirche (m. B.) 417
Harsleben (2) 49
Langenstein 77
Bhoden 122
Stötterlingenburg (5) 141
Hornbnrg (Holz, m. B.) 60
Langenstein (Holz) 77
Geschichtlicliefl, geographisches und knnststatistisches Begister
583
SknlptQren
a) Holz
(b. auch Altare, Fach werkbauten [AÜgemeiiiee],
Grabplatten, Kanzeln, Klappaltäre, Kruzifixe,
Orgeln, Schranke, Taufengel)
Athenstedt (18. Jahrh.) 21
Derenburg, Hospitalkapelle (16. Jahrh.) 89
HalbersUdt, Dom (12.— 18. Jahrh.) 263ff. 291 ff.
Lbfr. (13.-16. Jahrh.) 849 f.
Joh.-K. (16. Jahrh.) 874
Moritzk. (16. Jahrh.) 386
Andreaek. (14.-> 17. Jahrh.) 415 f.
Katharinenk. (17. Jahrh.) 426
Haisleben (17. Jahrh.) 49
Homburg (18. Jahrh.) 69
Gr.-Quenstedt (18. Jahrh.) 110
StoUerlingenburs (15. Jahrh.) 140
Suderode (17. Jfärh.) 145
Wülperode (16. Jahrh.) 155
b) Stein
Abbenrode (gotisch?) 18
Emersleben (18. Jahrh.) 43
Halberstadt, Dom (18.— 16. Jahrh.) 263 ff. 291ff.
Lbfr. (13.— 16. Jahrh.) 325 ff. 350
Paukk. (13.— 14. Jahrh.) 363 f.
Andreask. (15. Jahrh.) 414
Burchardikloster (15. u. 18. Jahrh.) 434
Zwicken (17. Jahrh.) 450
Kathaus (15. Jahrh.) 453
Boland s. Ortechaftsverzeichnis s. v. Hal-
berstadt
Spiegelsberge (18. Jahrh.) 504 ff.
Gr.-Quenstedt (18. Jahrh.) 110
R^;enstein (18. Jahrh.) 120
Boclum (16. Jahrh.) 125
StatterUngenburg (18. Jahrh.) 140
Veitheim (15. Jahrh.) 147
Heilige Gerate
a) Kelche (85)
(wo nlebta andern bemarkt, aus vergoldetem Silber)
Abbenrode (Kupfer vergold., 15. Jahrh.) 18
Aspenstedt (1798) 19; (Kupf.verg., 17. Jh.) 19
Athenstedt 07. Jahrh.) 21; (Zmn, 18. Jh.) 21
Berssel (1625) 23; (1701) 23
Bühne (Silber, 18. Jahrh.?) 26
Danstedt (Kupfer verg., 17. Jahrh.) 27; (Blei,
18. Jahrh.) 27
Dardesheim (17. Jahrh.) 28; (1626) 29
Deersheim (1711) 33; (18. Jahrh.) 33
Deienburg (Silber, 1652) 38; (Silber, 17. Jahr-
hundert?) 88
GÖddeckenrode (Messing, 17. Jahrhundert?) 45 ;
(Silber, 16. Jahrh.) 45
Halberstadt, Dom (2 15. Jahrhundert) 276;
(6 16. Jahrh.) 273
Lbfr. (2 18. JahriL) 346
Johanniskirche (1 15. Jahrh.; 1 16. Jahrh.;
2 17. Jahrh.) 374
Moritzk. [l 17. und I 18. Jahrh.) 384
Martinikirche (1 16. Jahrh. ;* 4 17. Jahrb.;
2 18. und 2 19. Jahrh.) 403 f.
Andreask. (1 15. und 1 18. Jahrh.) 415
Harsleben (1698) 49; (1699) 49; (Ende des
17. Jahrh.) 49; (Zinn, 18. Jahrb.?) 49
Heudeber (1633) 50; (1697) 50
Homburg (2, 17. Jahrh.) 59
Lang«nstein (1705) 76; (1711) 76
Osterode (1697) 82
Osterwieck. Stephan! (Kupfer verr., 15. Jahr-
hundert) 94 ; ( 1 573) 94 ; (1 7. Jahrhundert) 94 ;
(18. Jahrb.?) 94
Gr.-Quenstedt, Petri (1712) 110; (1683) 110
„ Laurentü (1718) 112
Kl.-Quenstedt (1637) 113
Khoden (16. Jahrh.) 122; (Blei, 1669) 122
Boclum (17. Jahrh.) 124; (Silber, 1724) 124
Bohrsbeim (1685) 127; (1697) 127
Sargstedt (Kupf.verg., 1584) 129; (1661) 129;
(1717) 129
Schauen (18. Jahrh.) 131
St5tterlingen (1710) 133
Ströbeck (17. Jahrh.) 143
Suderode (16. Jahrh.) 145
Veitheim (18. Jahrh.) 148; (1728) 148
Wehrstedt (1711) 150
Wülperode (18. Jahrh.) 155; (deagL) 155
Zilly (1696J 158; (17. Jahrh.) 158; (1705) 158
b) Patenen (66) siehe a)
Abbenrode (Kupfer verg., 1651) 18
Aspenstedt (1696) 19; (Kupf verg., 17. Jh.) 19
Athenstedt (17. Jahrh.) 21
Berssel (emailliert, 18. Jahrh.) 28
Bühne (Silber, 18. Jahrb.?) 26
Danstedt (Kupfer verg., 17. Jahrh.) 27 ; (Blei,
1772) 27
Dardesheim (1696) 29; (1695) 29; (17. Jh.) 29
Deersheim (2 18. Jahrh.) 33
Derenburg (Silber, 1643) 38; (Silber, 1720) 38
Göddeckenrode (Silber, 16. Jh.) 45; (Messing,
17. Jahrb.?) 45
Halberstadt, Dom (3 15. und 2 16. Jahrh.)
273 276
Lbfr. (2 18. Jahrh.) 346
Johannisk. (4 16. Jahrh.) 374
Martinik. (7 t6. Jahrb.) 404
Harsleben (3, 1698 — 1699 — Ende 17. Jh.) 49
Hoppenstedt (Bld. 18. Jh.?) 53; (18. Jh.?) 53
Homburg (2 17. Jahrh.) 59
Langenstein (2 18. Jahrb.?) 77
Osterode (1697) 82
Osterwieck, Stephani (Kupfer verg., 15. Jahrh.)
94' (17. Jahrn.) 94
Gr.-Quenstedt, Laurentii (18. Jahrh.) 112
Bhoden (17. Jahrh.) 122; (Blei, 17. Jahrh.) 122
Bochim (17. Jahrh.) 124; (desgl.) 124
Rohrsheim (1697) 127; (2 17. Jahrb.) 127
Sargstedt (Kupfer vergoldet, 16. Jahrh.) 129;
(17. Jahrh.) 129; (18. Jahrh.) 129
Schauen (18. Jahrh.) 133
Ströbeck (17. Jahrh.) 143
Suderode (1625) 145
Veitheim (18. Jahrh.) 148
Wülperode (1714) 155
Zilly (3 17.— 18. Jahrh.) 158
c. Kannen (17) siehe a)
Daidesheim (Blei, 1744) 29
Deersheim (18. Jahrh.) 83
534
Geschichtliches, freographisches and kunststatistisches Register
Derenburg (Zinn, 1728) 38 (Zinn,' 18. Jahrh.?)
38
Halberstadt, Dom (1 Silber, 1678 und 1 desgl.
19. Jahrh.) 276
Liebfrauenkirche (2 Silber, 1724) 346
Martinikirche (1682; 1668) 404
Moritzkirche (Silber, 1672) 884
Harsleben (Zinn, 18 Jahrh.?) 49
Langenstein (1736) 77
Osterwieck, Stephani (1574) 94
Rhoden (Blei, 1748) 122
Schauen (Silber, 18. Jahrh.) 181
Wehrstedt (Zinn, 1810) 150
d) Oblatenschachteln (23) siehe a)
Aspenstedt (1718) 19
Dansted t (Blei, 18. Jahrh.) 27
Bühne (18. Jahrb.?) 26
Deersheim (18. Jahrh.) 33
Derenburg (Silber, 18. Jahrh.) 38
Emersleben (Silber, 18. Jahrh.) 611
Halber>«tadt, Martinikirche (1666) 404
Harsleben (Silber, 1699) 49
Heudeber (Silber, 1733) 51
Hoppenstedt (Blei, 1729) 53
Hornburg (Silber, 18. Jahrh.) 59
Langenstein (Silber, 18. Jahrb.?) 77
Osterwieck, Stephani (17. Jahrh.) 94; (1709) 94
Gross-Quenstedt, Petri (1711) 110
Bhoden (Silber. 1805) !22
Roclum (Silber, 17. Jahrh.) 124
Sargstedt (Silber, 1697) 129
Schauen (Silber, 18. Jahrh.) 131, (desgl.) 131
Ströbeck (1687) 143
Veitheim (18. Jahrh.) 148
Zilly (1710) 158
e) Taufschüsseln (19) siehe a)
Athenstedt (Messing* mit Verkündigung und
scheinbarer Umscnrift, 16. Jahrh.) 21
Dardesheim (Messing, 1738) 28
Derenburg (Zmn ; Inschrift, Bilder, 17. Jahrh.?) 38
Göddeckenrode (Messins;, 1760) 45
Halberstadt , Dom (Schatz No. 322 323 328
399 S. 275)
Liebfrauenkirche (Silber, 1698) 347
„ (Silber, 1702) 347
Moritzldrche (Bronze, 17. Jahrh.) 384
Harsleben (Messing, Art wie in Athenstedt)
49 (Zinn 18. Jahrh. 7) 49
Hoppenstedt (1695) 53
Homburg (Messing, 16. Jahrh.) 59
Osterwieck, Stephani (Art wie in Athenstedt)
Bhoden (1734) 121
Rimbeck (Messing, 1662) 123
Schauen (Messing, 17. Jahrh.) 131
Ströbeck (Messing, Art wie in Athenstedt) 143
f) Verschiedenes (117)
(IiOff«l, Kreuze, Rellquiari«n, Monstranzen, Schalen,
Lampen, Ranchfllaaer und dergl.)
Dardesheim (Löffel, 17. Jahrh.) 29
Halberstadt, Domsammlung 272 ff. ( 100 Stücke)
Liebf rauenkirche ( Löffel, 18. Jahrh. ; Schale,
Süber, 1702) 347
Moritzkirche (Weingefass, Zinn, 1748) 384
Andreaskirche, Sammlung ( 1 1 Stücke) 415 f.
Harsleben (Löffel, Silber, 1697) 49
Langenstein (Löffel, Silber, 18. Jahrh.?) 77
Boclum (Löffel, 18. Jahrh) 124
Besohauorte
Braunschweig 94 131 148 155
Frankfurt 26 (?) 33 53 59 124
Halberstadt 19 21 23 26 29 33 49 50 f. 76
77 110 112 122 124 129133143 15015827a
346 f 374 384 404
Magdeburg 33
Glocken
a) zu Grunde gegangene oder nicht
mehr nachweisbare
Dardesheim, Stadtkirche (zwei Glocken noch
1564) 80
Dardesheim, Klus (Dm. 0,34, Inschrift) 30
Emersleben (Dm. 0,77 1744, umgegossen 1894)
48
Halberstadt, Dom (eine 13. Jahrh.) 172,
(mehrere 11. Janrh.) 229, (eine, Üonna,
12. Jahrh.) 230
Dom (Donna, a) 1457, umgegossen 1860,
b) umgegossen
Dom (1470, Stundenglocke, Ton Haoa
Blume, umgegossen 1845) 269; (Glocke
über dem Sanktuarium 1227 ; Avemaria-
Glocke 1365; Seiger-Glocke 1607) 269
Johanniskirche (mehrere, 14. Jahrh) 368
372
Liebfrauenkirche (Gloriosa 340)
Martinikirche il401) 400
Moritzldrche (mehrere? 1258)
Pauiskirche (mehrere 1136, 1368; SexU
1623) 365
Rathaus (1428) 452
TrüUkloster (eino 15. Jahrh.) 220
Holtemmenditfurt (bis 1394) 11 372
Langenstein (Dm. 0,54, umgegossen 1888 mit
Bandornamenten) 76
Osterwieck, Stadtkirche (1443) 90
„ „ ( 1 6. Jahrh , gesprangen
1848, umg^os^n 1852) 90
Gross-Quenstedt, St. Petri (Dm. 1,37 1770) HO
„ „ (Um. 1,00 1863) 110
Rhoden (1511, umgegossen 1867) 121
Rimbeck (umgegossen 1855) 123
Runstedt (bis 1297) 13
Ströbeck (drei vor 1566, zerschmolzen beim
Brande 1876) 142
Suderode (1729 (?) 145
Veitheim (Ulocken der 1722 verbrannten Kirche)
147
Zilly (zwei 1589) 157
b) noch vorhandene
(GlookeagieMernjuDieii, aiehe K(Lnttl«rvenetohiii«)
1. Abbenrode (1532), Dm. 1,07, Inschrift, Büder
17
2. „ (1886), 17
3. „ (lb86), 17
4. „ alt, keine Inschrift, 17
Geschichtliches/ geographisches und Inunststatistisches Begister
535
ö. AspeoBtedt (J664), Dm. 1,04, 19
6. „ (1781), Dm. 0,79, 19
7. „ Dm. 0,46. keine Inschrift, 19
8. Athenstedt flöll). Dm. 1,17, iDSchrift,
Bilder. 20
9. „ (14.Jahrh.), Dm 0,72. Inschrift,
20
10. Berssel (1702), Dm. 1J9. Inschrift, 22
11. „ (13. Jahrh.). Dm. 0,91, Inschrift,
BUder 22
12. „ (1722), Dm. 0,67, 22
13. Bexheim, Dm. 0,52, alt, keine Inschrift 34
14. Bühne (15. Jahrb.), Dm. 0,92, Inschrift,
Bilder, 25
15. „ (13. (?) Jahrh.), Dm. 0,90, Anal-
phabetische Umschrift 25
16. „ unzugängliche ßtun denglocke, 25
17. Danstedt (1710), Dm. 1,28, Inschrift, 27
18. „ (1742), Dm. 1,19, Inschriften 27
19. „ Dm. 0,48, keine Inschrift 27
20. Dardesheim (1778), Dm. 1,12, 28
21. „ (1480), Dm. 0,86, Inschriften
28
22. „ (1871), Dm. 0,41, 28
23. Deersheim (14. Jahrb.), Dm. 1,21, Inschrift,
Bilder, 33
24. „ (1667), Dm. 0,94, 33
25. „ (1747), Dm. 0,80, 33
Derenburg, 8tadtkirche
26. (1677), Dm. 1,62, Inschriften, Bilder, 37
27. (1677), Dm. 1,47, Inschriften, 38
28. (1677), Dm. 1.18, Inschriften, 38
29. (1677), Dm. 0,76, Inschrift, Bild 38
30. Derenbarg, Hospitalkapelle ( 1 676), Dm. 0,78,
Inschrift, Bild, r.9
81. Emersleben (1858), Dm. 1,41, 43
32. „ (1822), Dm. 1,14, 43
33. „ (1894), Dm. 0,82, 43
84. Göddeckenrode (1785), Dm. 0,91, 45
85. „ (1874), Dm. 0,70, 45
36. „ Dm. 0.42 , ohne Inschrift 45
Halberstadt, Dom
37. Donna (modemer Um guss von 1860), Dm.
2,35, Inschrift, 266 f.
38. Osanna (1454), Dm. 1,82, Inschrift, 267 f.
39. LaurentiuB (1514), Dm. 1,25, Inschrift
lateinisch und deutsch. 268
40. Maria Magdalena (1514), Dm. 1,07, In-
schrift wie vor., 268
41. (Sauerkohl) (13. Jahrb.), Dm. 0,77, In-
schrift, 268
42. (Bratwurst) (13. Jahrb.), Dm. 0,70, In-
schrift, 268
48. (Langhals) (alt), Dm. 0,64, ohne Schrift,
268
44. (Lammchen) (13. Jahrb.), Dm. 0,56, In-
schrift, 268
45. (Stimpimp) (alt). Dm. 0,40, ohne Schrift,
268
46. (Adämchen) (alt), Dm. 0,40, ohne Schrift,
268
47. Stundenglocke (1845) 269
48. desgl. 269
Halberstadt, Liebfrauenkirche
49. (1496), Dm. 1,39, Inschrift, 340
60. (gotisch), Dm. 1,19, Inschrift, 340
51. (alt), Dm. 1,04, ohne Schrift, Bandorna-
ment, 340
52. (13. [?] Jahrb.), Dm. 0,96. Inschrift, 341
53. (1406), Dm. 0,65. Inschrift, Bilder, 841
54. (gotisch), Dm. 0,62, Inschrift, 341
55. (alt), Dm. 0,58, ohne Schrift, 341
Halberstadt. Johanniskirche
56. (14. Jahrb.), Dm. 1.15, Inschrift, 375
57. (1497), Dm. 1,35, Inschrift, Bilder, b75
58. (1833), Dm. 1,40, 375
Halberstadt, Moritzkirche
59. Mauritius (1319), Dm. 1,26, Inschrift, 383
60. (1281), Dm. 1,14, Inschrift, 88.H
61. (1309), Dm. 0,56, Inschrift, 883
62. (1876), Dm. 0,56, Inschrift, 384
Halberstadt, Martinikirche
68. (1511), Dm. 2,12, Inschrift, 399
64. (1439), Dm. 1,78, Inschrift, 399
65. (1439), Dm. 1,50, Inschrift, 399
66. (1511). Dm. 1,26, Inschrift, 399
67. (gotisch^ Dm. 0,76, Inschrift, 899
68. (alt). Dm. 0,60, ohne Schrift, 401
69. Stundenglocke (15. Jahrb.), Inschrift, 399
70. desgl., kleiner, 399
Halberstadt, Andreaskirche
71. modern, 412
72. (ca. 15. Jahrb.), Dm. 0,60, 412
Halberstadt, Katbarinenkimbe
73. mittelalterlich, unzugänglich, 425
Halberstadt, Siechenhof
74. (frübgoliscb), Dm. 0,60. Inschrift, 442
75. Harsleben (1877), Dm. 1,56, 48
76. „ (1587), Dm. 1,10, Inschrift, 49
77. „ (1593), Dm. 0,51, Inschrift, 49
78. Heudeber (1823), Dm. 1,19, 50
79. „ (1823), Dm. 1,01, 50
80. „ (1828). Dm. 0.82. 50
81. Hoppenstedt (1871), Dm. 1,03. 52
82. „ (1492), Dm. 0,95, Inschrift,
Bilder, 52
83. Homburg (1858), Dm. 1,71, 59
84. „ (1876), Dm. 1,30, 59
85. „ (1722 s Dm. 1,07, Inschrift, 59
86. „ (14. Jahrhundert), Dm. 0,82,
Inschrift, 59
87. „ (1858), Dm. 0,68, 59
Si. Langenstein (1854), Dm. 1,04, 76
89. „ (1888), Dm. 0,80, 76
90. „ (1888). Dm. 0,68, 76
91. „ (1888), nicht erreichbar, 76
92. Osterode (1876), Dm. 0,97, 82
98. „ (1490), Dm. 0,54, Inschrift, 82
Osterwieck, Stephanskirche
94. (1852), Dm. 1,76, 90
95. (1339 1, Dm. 1,50, Inschrift, 90
96. (13. Jahrh.?), Dm. 0,95, Inschrift, 90
97. (1852), Dm. 0,51, 90
98. unzugängliche Stundenglocke, 90
Osterwieck, Nikolai
99. Dm. 0,93, keine Inschrift, 96
100. (18. Jahrb.), Dm. 0,89, Inschrift, 96
101. (14. Jahrb.?), Dm. 0,44, Inschrift, 96
Osterwieck, kath. Kirche
102. (1887), Dm. 0,82, 97
Gr.-Quenstedt, St.Petri
108. (1891), Dm. 1,66, 110
^
536
Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Begister
104. (1891), Dm. 1,05. HO
105. (1891), Dm. 0.89, HO
106. (1891), Dm. 0,50, Ho
107. St. Uurentii (1712), Dm. 1,21, Hl
108. „ „ (1702), Dm. 0,98, IH
109. „ „ (1328),Dm.0,47,In8chrift,Hl
HO. Klein-Quenstedt (1829), Dm. 1,15, 113
111. „ „ (1520), Dm. 039, In-
schrift, Münzabdrücke, 113
112. „ „ (16. Jabrh.), Dm. 0,50
Inschrift, 113
113. Rhoden (1867), Dm. 1,27, 121
114. „ (1674), Dm. 1,10, 121
115. „ (1796), Dm. 0,49, 121
116. „ (alt), unerreichbar, keine Inschrift,
121
117. Rimbeck (18. Jahrb.), Dm. 0,80, 123
118. „ (1855), Dm. 0,61 123
119. Roclum (1777), Dm. 0,97, 124
120. „ (1796), Dm. 0,94, 124
121. „ (1797), Dm. 0,52, 124
122. „ unerreichbar, klein, 124
123. Rohrsheim (1865), Dm. 1,52, 126
124. „ (1717), Dm. 1,30, 126
125. „ (14. Jahrb. (?), Dm. 0,85, In-
schrift, 127
126. 8arg8tedt (1710), Dm. 1,24, 128
127. „ (1617), Dm. 1,14, Inschrift,
Bilder 128
128. „ (alt). Dm. 0,38 (Höhe 0,58),
keine Inschrift, 129
129. Schauen (1723), Dm. 0,93, 131
130. „ unerreichbar, ohne Schrift 131
131. Stotterlingen, (1786), Dm. 1,08, Inschrift
132
132. „ (alt), Dm. 0,54 (Höhe 0,57),
mit Kreuzen in Vieipässen, 132
133. Stötterlingenburg (1394), Dm. 1,08, In-
schriften, Bilder, 138
134. „ (1881), Dm. 1,32, 139
135. Strobeck (1877), Dm. 1,33, 143
136. „ (1877), Dm. 1,09, 143
137. „ (1877), Dm. 0,96, 143
138. Suderode, unerreichbar, klein, 145
189. Veitheim, (1723), Dm. 1,29, 147
140. „ (1725), Dm. 1,11, Inschrift 147
141. „ (1723). Dm. 0,59, 147
142. Wehrstedt, .(1683), Dm. 0,96, 150
143. „ (alt), Dm. 0,92 (Höhe 0,87),
mit Kreuzen, keine Inschrift, 150
144. Wülperode (1829), Dm. 0,61, Inschrift, 155
145. Zilly (13. Jahrb. (?), Dm. 1,13, Inschrift.
157 f.
146. „ (1703). Dm. 1.03, 158
147. „ (1703), Dm. 0,85, 158
148. „ (Domäne) (14. Jahrb. (?), Dm. 0,57
(Höbe 0,73), Inschrift, 159
Die grösste Glocke Ko. 37, die älteste
datierte No. 60
Gioekenmschrifteii
(orthogn^^hlache Abweichungexi anbeachtet)
Ave Maria gratia plana dominus
tecum (vielmch verkürzt, selten länger)
(1 Atbenstedt 20. 1 Deersheim 33. Halber-
stadt: 3 Dom 268. 2 Liebfrauen kircbe 341.
1 Johannisldrcbe 375. 1 Moritzkirche 384.
1 Martinikirche 399. 1 Siechenhof 442.
1 Homburg 59. 2 Oatenrieck 90 96.
1 Gross-Quenstedt 111. 1 Bohrshehn 127)
O rex gloriae Christe veni cum pacc
(Halberstadt: 1 Martinikirche 399. IBersiel
22. 1 Hoppenstedt 52. 1 3tötterlingenbare
188. 1 Züly 158)
Andere lateinische Inschriften (Halber-
stadt : 4 Dom 267 f. 3 Liebfrauenkirche 840 f.
1 Joh.-Kirche 375. 3 Moritzkirche 383.
3 Martinikirche 399. 1 Andreaskiidie 412.
1 Dardesheim 28. 2 Harsleben 49. 1 Oster-
wieck90. 2 Klein-Quenstedt 113. 1 Zilly 159)
Niederdeutsche Inschriften (1 Abben-
rode 17. 1 Bühne 25. Halberstadt: 2 Dom
268. 1 Martinikirche 399) 1 Osterode 82.
1 Osterwieck 96.
Majuskelinschriften (1 Atbenstedt 20.
1 Berssel 22. 1 Deersheim 33. Halber-
stadt: 3 Dom 268. 3 Liebfrauenkirche 840 f.
1 Job. -Kirche 875. 2 Moritzkirche 383.
1 Martinikirche 399. 2 Osterwieck 90 96.
1 Zilly 158
An alphabetische Inschriften (l Bühne
1 Dardesheim 28)
Mit vom 17. Jahrhundert an gerech-
neter, moderner Inschrift (2 Abben-
rode 17. 2 Aspenstedt 19. 1 Athenstedt 20.
2 Berssel 22. 2 Dansted t 27. 2 Daides-
heim 28. 2 Deersheim 33. 5 Derenbuig 88.
3 Emersleben 43. 2 Goddeckenrode 45.
Halberstadt: 2 Dom 269. 1 Joh.-Kirche 375
1 Andreaskirche 412). 1 Harsleben 48. S
Heudeber50. 1 Hoppenstedt 52. 4Hombarg
59. 4 Langenstein 76. 1 Osterode 82. 3
Osterwieck 90. 6 Gross-Quenstedt JlOl
1 Klein- Quenstedt 113. 3 Bhoden 121.
2 Rimbeck 123. 3Bocluml24. 2 RobrBheim
126. 2 Sargstedt 128. 1 Schauen 131. 1
Stotterlingen 132 1 Stötterlingenburg 139.
3 Strobeck 143. 2 Veitheim 147. 1 Wehr-
stedt 150. 1 Wülperode 155. 2 Zilly 158.
Ohne Inschrift (1 Abbenrode 17. lAspen-
stedt 19. 1 Bexheim 34. 1 Danstedt 27.
Halberstadt: 3 Dom '^68. 2 LiebfrauenJdrche
340 f. 1 Martinikirche 401. 1 Qöddeeken-
rode 45. 1 Osterwieck 96. 1 Rhoden 121.
1 Sargstedt 129. 1 Schauen 131. 1 St&tter-
lingen 132. 1 Wehrstedt 150)
Glockennamen.
Abbenrode, Paulus 17
Halberstadt, Donna 266 f.
Osanna 267 f.
Maria Magdalena 268
Laurentius 268
(Sauerkohl) 268
(Bratwurst) 268
' (Langhals) 268
(Lammchen) 268
(Stimpimp) 268
(AdämchenJ 268
tGloriosa 340
t Sexta 365
Mauritius 383
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J
Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Register
537
Lenohter
a) Kronleuchter (im ganzen 44)
Danstedt (2 16. Jahrh.) 27
•OöddeckeDrode (Messing, 1621) 45
JHalberstadt, Dom (Badform, öchmiedeeisen,
16. Jahrh.) 279; (desgl. gotisch) 279;
(desgl. in der Neustädter Kapelle) '^79
Liebfrauenkirche(Badform, Schmiedeeisen,
1494) 345
Johanniskirche (2 Messing, Ende 17. Jh.)
374
Moritzkirche (Bronce, spatgotisch) 385 f.;
(Schmiedeeisen, 1517) 386
Martinikirche (Bronce, 1686) 407 ; (Messing,
1689) 407
Synagoge (20 Messing, 17. Jahrh,) 410;
(Silber, 17. Jahrh.) 410
Andreaskirche (Messine, 17. Jahrh.) 414
Hospital St. Spiritus (Messing, Ende des
' 17. Jahrh.) 489
Harsleben (Messing, 17. Jahrh.) 49
Homburg (Messing, 1643) 59
OsterwieSk, Stephan! (Messing, 1665) 98
(Wandleuchter, Bronce, 1567) 93
Osterwieck, Nicolai (17. Jahrh.) 97
Bimbeck (17. Jahrh.) 128
«totterlingenburg f 17. Jahrh.) 140
Veitheim (17. Jahrh.) 147
, b) Kerzenst&nder (im ganzen 84)
Derenbur« (2 Zinn, 1727) 88
JHalberstiSt, Dom (Bronce, 14. Jahrhundert;
2 Bronce, 16. Jahrh.; 2 Bronce, 1676) 279.
Domschatz No. 41, 42, 96, 97, 98, 383—336,
425 p. 274 ff.
liebfiauenkirche (Bronce, 1475) 346
Martinikirche (2 Silber, 1785) 406; (2
Bronce, frfihgotisch) 407
Synagoge (4 Messing, 17. Jahrh.) 410
iUidreaskirche (2 Marmor, Engelfiguren,
15. Jahrh.) 414
Katharinenkirche (Holz, Knabenfigur,
14. Jahrh.) 425 f.
Teltheim (2 Holz, 17. Jahrh.) 147
Schmiede- und Schlesserarbeiten
(s. a Leuchter, Grabplatten, Taufbecken,
fi^ge Geräte, Taufkessel, Sakramentsgehause
Derenburg, Hospital (18. Jahrh.) 39
JHalberstadt, Dom (15.-16. Jahrh.) 263 273 ff.
liebfrauenkirche (17. Jahrh.) 324
Martinikirche (17. Jahrh.) 897
Syn^oge (17. Jahrh.) 409
Burchardikloster (18. Jahrh.) 433
Siechenhof (18. Jahrh.) 442
Kommisse (17. Jahrh.) 450
an Wohnhäusern u.dgl. 493
Spiegels Grab (18. Jahrh.) 507
Homburg, Privathäuser (17. Jahrh.) 69 71
«trObeck, Schachturm (1650) 144
Wehrstedt, Kirchturm (18. Jahrh.) 149
Webereien und Stickereien
Berssel (16. Jahrh.; 1610; 1675; 1676) 23
"Göddeckenrode (16. Jahrh.) 45
Kreis Halbentadt.
Halberstadt, Domsammlung No. 31 (p. 273),
62 (p. 274), 383 (p. 280), liturgische Gewander
(p.280 ff.), Ältaiuecken, Wandteppiche u. s. w.
(p. 286 ff.), Fahnen (p. 290 f.)
Synagoge, Vorhänge zum AUerheiügsten
(17.— 18. Jh.), Thorahmäntelchen (desgl.)
410
Andreask., Messgewänder (17.— 18. Jahrh.)
425
Katharinenkirche, Messgewänder (17. bis
18. Jahrh.) 425
Langenstein (16. Jahrh.) 76
Sargsledt (1773) 129
Schauen (17. Jahrh.) 131
Schränke, Truhen
Bühne (Sehr., 17. Jahrh.) 25
Emersleben (Tr., 14. Jahrh.) 43 f.
Halberstadt, Domsammlung (Sehr.: 3 roma-
nisch, 8 gotisch, 1 barock) 280
Liebfrauenkirche (Sehr., 13. Jahrh.) 347
Martinikirche (Tr , spätgotisch) 407
Hospital St. Spiritus (2 Tr. , romanisch)
439
Osterwieck, Stephani (Tr., 17. Jahrh.) 93
Elfenbeinarbeiten
Halberstadt, in der Domsammlung No. 28
(p.273), 44 (p.291), 45 (römisches Konsu-
lardiptychon, p. 291), 59 a, b (zu No. 28)
Wandmalereien
Halberstadt, Dom (14. Jahrh.) 265
Liebfrauenkirche (13. Jahrb., modern ver-
dorben) 826 ff. ; (18. Jahrb., im Chor) 334;
(13. Jahrh., Südapsis) 336 ff. ; (14. Jahrh.,
Barbarakapelle) 889 f.; (18. Jahrh., Süd-
portal) 389 f.
Paulskirche (13. Jahrh.) 365
Katharinenkirche (17. Jahrh.) 425
SiechenhofkapeUe (13. Jahrh.) 441
Homburg, Kirche (17. Jahrh.) 58
Deckenmalereien
Danstedt (18. Jahrh.) 26
Emersleben (18. Jahrh.) 43
Halberstadt, Liebfrauenkirche (Mittel- u. Süd-
apsis, Barbarakapelle, 13.— 14. Jahrh.)
330 ff.
Synagoge (17. Jahrh.) 410
Bathaus (17. Jahrh.) 457
Glasmalereien
Abbenrode (18. Jahrh.) 17
Halberstadt, Dom (14.— 15. Jahrh. u. mod^n)
259 ff.
Liebfrauenkirche (modern) 823
Johanniskirche (1648) 378
Moritzkirche (modern) 388
Martinikirche (17. Jahrh.) 896
Andreaskirche (modern) 414
Haus der Schützengesellschaft (17. bis
18. Jahrh.) 503
Osterwiek , Stephanikirche (16. u. 17. Jahr-
hundert) 90
96
538
Geschicbtliclies» geographisches und knnststatistisches Begister
Osterwieck, Nicolaikirche (17. u. 18. Jabrh.) 96
Ströbeck (1653) 144
Tafelmalereien
(b. a. Altare, Bildnisse und Gedächtnistafeln)
Halberstadt, Domsammiung , Chorthüren (15.
Jahrh.) 266; (14 Stücke, 14.— 18. Jahrh.)
295 ff.
Liebfrauenkirche (15. Jahrh.) 350
Moritzkirche (1694) 387
Katharinenkirche (18. Jahrh.) 427
Bathaus (2 17.JahrhO 458
Oleimhaus (14.-18. Jahrh.) 498
Spiegeische Sammlung (modern) 500
Harsleben (10 16. u. 18. Jahrh.) 48
Homburg (2 18. Jahrh.) 59 f.
Langenstein, Bimpausche Sammlung 79
Osterwieck, St. Stephani (7) 95
Or.-Quenstedt (1626) 112
Schauen, Grotesche Sammlung 131
Wülperode (1687) 155
Bildnisse
(wo Sicht« anderes gesagt, Oelgemälde. Epitaphien
und Privatbesitz fehlen)
Abbenrode (17. Jahrh.) 18
Berssel (3 17. Jahrh.) 23
Deersbeim (17. Jahrh.) 83
Halberstadt, Dom (17. Jahrh.) 296; (18. Jahrh.)
296; (16. Jahrh.) 298
Spiegeische Medaille 504
Harsleben (5 18. Jnlirh.) 49
Osterwieck, Stephani (10 17.— 19. Jahrh.) 94
Gr.-Queustedt, Fetri (18. Jahrh.) 110
Gr.-Quenstedt, Laurentii (17. Jahrh.) 112
Kl.-Quenstedt (2 18. Jahrh.) 118
Schauen (18. Jahrh.) 181
Stötterlingen (2 18. Jahrh.) 133
Wülperode (17. Jahrh.) 155
Gegenstände der bildlichen Dar Stellung
(Bildnisse, Ornamente und Heraldisches
ausgeschlossen)
a. aus Bibel und Legende
1. Personen und Symbole
Aaron 45 121 127 150 373
Abner 260
Abraham 289 f.
Adam und £va 264 273
Agathe 265
Ambrosius 295 339
Anna selbdritt 34 53 94 261 291 297 f. 349 f.
Andreas 59 297 350 883
Antonius 292 n50
Die 12 Apostel 53 92 110 127 264 292
Augustin 292 295 839
Barbara 34 53 264 287 292 295 f. 350
Bartholomäus 94 350
Bonifatius 383 ff.
Burchard 433 f.
Christophorus 34 53 291 298 349 469 f.
David 26 262 326 ff. 425
Pemetrius 273
Dionysius 260
»
Dorothea 260 350
Dreieinigkeit 26 128
Elisabeth 296
Enge) 26 38 262
Engel, die Madonna verehrend 326 ff.
die Monstranz verehrend 280
musizierend 260 263 278 339
Leuchter tragend 292 414
„ mit Schwert 292
Erasmus 264
Die 4 Evangelisten 28 45 59 127 UO 150 154
290 373 425 442
Evan^elistensymbole 273 302 f.
Franciscus 414
Georg 260 264 295 850 467
Gesicht mit 2 Schwertern (Offenb. 19, 15) 122
Gott -Vater 17 23 260 263 303 425
Gregor 295 339
Heilige (unbestimmbar) 244 260 262 ff. 278f[.
• 284 291 f. 295 298 302 339 350 364 383
412 441
Hieronymus 264 295 339
Jakobus d. Alt. 34 291 295 297 350 433 f.
Jeremias 260
Jerobeam 260
Jesus 27 37 110 121 127 132 150 282 414 441
„ und die Apostel 275 289 297 324 ff.
„ als guter Hirte 127
„ als Kind 29 275 277
„ als Kinderfreund 76
„ als Überwinder 399
„ als Weltregierer 38 139 147 326 868
„ als Weltriditer 39 96 260 f. 341 350
Joachim 260
Johannes d. £. 21 34 59 123 266 292 298 32(^
Johannes d.T. 21 27 91 110 150 154 262
264 f 296 ff. 349
Jonas 262
Kari d. Gr. 260 263 ff. 274 288
Katharina 34 39 280 292 294 ff. 899 442
Kosmas und Damian 264
Kunegundis 280 •
Lamm Gattes 38 262 275 f. 884
Laurentius 58 133 260 263 f. 268 278 290 m
507
Liborius 349
Lucas 350
Madonna 17 28 25 27 94 138 260 262 2641
273 282 291 ff. 295 ff. 324 ff. 331 ff. 888 ff.
345 ff. 888 f. 31*9 412 414 f.
— wird geklönt 53 91 262 284 292
— gekrönt auf der Mondsichel 84 38 €0 125
148 291 298 414 426 498
— als Mater dolorosa 284
— mit der heiligen Sippe 140
Margaretha 260
Markus 139
Maria Magdalena 260 292
Martin 260 292 297 396 399
Matthäus 139
Mauritius 260 264 884 f.
— zu Pferde 383
Michael 289
Moses 27 43 45 110 121 123 127 132150154
373
Nestor 273
Geschichtliches, geographisches und kimststatistisches Begister
Ö39
Paulus 27 37 60 123 139 262 295 2971 364
Petrus 20 27 34 37 43 110 123 295 297 f.
Propheten 295 326 ff.
Beinhold 350
Salomo 262 326 if.
Sebastian 264
Servatius 332
Simson 262 277 405 467 f. 470
Sixtus 96 262 264 266 268 298
Stepbanus 28 84 52f. 91 f. 96 139f. 159 260
262 ff. 266 268 274 278 290 292 295 f. 298
332 349 f. 384 450 507
Zedekia 262
2. Scenen
a. alttestamentliche
Arche Noah 260
Auszag der Juden 262
Baum der Erkenntnis 292
Daniel in der Lowengrube 262
Ebeme Schlange 59
Goldenes Knlb 260
Gottes Bund mit Koah 262
Joseph und seine Brüder 262
Lots Weib 262
Mannalese 260
Moses am Ber^e Horeb 260
,, am feuriffen Busch 262
Noflh nach der Sintflut 262
Opfer Isaaks 59 262 289 405
I*barao6 Tod 262
{Samuel und Dayid 260
Sauls Tod 262
Schöpfung 405
Sintflut 262
Sündenfall 43 405
ß. neutestamentliche
Anbetung des Kindes 140 294 387
Anbetung der Könige 45 60 140 260 264 275
292 297 331 ff. 414
Arme Lazarus 127
Ausgiessung des heiligen Geistes 96 260
Barmherzige Samariter 95
Beschneidung ^ 1 40
Flucht nach Ägypten 262 333
Geburt Jesu 60 260 262 264 297
Hochzeit von Kana 260
12jahriger Jesus im Tempel 260 262
JesuB wird getauft 43 59 262
von Magdalena gesalbt 296
mit der Samariterin 133
,, als Leidensmann 23 88 292
Johannesleeende 260 f.
Jünger in Em maus 131
Kluge und törichte Jungfrauen 262
Kreuzigung 17 20 22 f. 25 27 29 33 38 f. 45
49 52f. 59f. 77 82 91 f. 94f. 110 112 121
124 127 ff. 138 140 143 147 f. 158 260
262 ff. 267 272 ff. 280 282 ff. 291 f. 294 f. 297 f.
350 f. 374 f. 408 ff. 415 426 441 504
Marienleben 260 262 ff. 284 288 290 f. 295 405
Marter der Zehntausend 155
Passionsdarstellungen (vom Abendmahl bis
zur Auferstehung, Kreuzigung siehe oben)
17 43 59f. 91 f. 95 ff. 127 140 260 262 264
285 291 295 f. 298 803 373 884 386 405 408
434 441 508
Schweisstuch der heiligen Veronica 295 f.
Uneläubiger Thomas 277 292 297
Verkündigung (siehe Marienleben)
bei den Hirten 873
Wahl des Mattiiias 260
Die Weisen bei Herodes 260
Weltgericht 405
Weltuntergang 405
b. Weltliches und Verschiedenes
Allegorien 260
Antike Dichter und Philosophen 275 289
„ Götter 507
Belagerung einer Stadt 499
Gaukler 263 466
Geistliche (unbestimmbar) 340 f.
Halberstadt 458
Hilariusmänner 453
Jagd 17
Die 4 Jahreszeiten 69 154
Kaiser, römische 106 457
Kampfscene 286
Kardinaltugenden 88 59 414
Kirche und Synagoge 262 291 326 ff.
König, thronend 94 98 467
Luther 150
Melanchthon 298
Die Paradiesesflüsse 98 405
Pflanzen 504 ff.
Priesterweihe 260
Beliquienübertraeung 260
Boland, siehe Halberstadt (Ortschaftsverzeichn.)
Spes 260
Ströbeck 142
Tiere 45 66 104 107 137 264 275 278 282 284
288 290 300 334 344 383 504 ff
Todessymbole 34 277 304 374
Volksfiguren 27 103 107 144 466 470 480
Kfinstler und Handwerker
a) Allgemeines
FeiuBchmiede 187
Gerber 187 218 220
Glaser 187
Grobschmiede 187 219
Handschuhmacher 187
Hutmacher 186
Kürschner 186 223
Schneider 186 416 458
Schuhmacher 186 217 f.
Weber 186 215
b) N a m e n (19. Jahrhundert ausgeschlossen)
Appe, Michael (Glockengiesser aus Wolfen-
büttel, 17..Iahh.) 33
Becker, Claus (Glockengiesser, 1520) 118
„ Hinric (Glockengiesser, 16. (?) Jahrb.)
113 340
Blume, Johannes (Glockengiesser, 15. Jahrh.)
267 ff. 899
Borstelmann, Heinrich (Glockengiesser aus
Magdeburg, 17. Jahrh.) 20 49 128
Bottschild, Samuel (Maler, 18. Jahrh.) 296
540
Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Register
Bjlaert, J. van (Maler, 17. Jahrh.) 79
Dipp, Zachaiias (Baumeister, 17. Jahrh.) 47
Dunsing, Christoph (Baumeister, 18. Jahrh.)
64 72
„ Heinrich (Baumeister, 17. Jahrh.)
63f. 71 82 122
Dürer, Aibrecht 299
£rdmaru8 (^Glookengiesser 1339) ,90
Brtle, Bastian (Bilonauer zu Magdeburg, 16.
bis 17. Jahrh.) 303
Faber, Nicolaus (Orgelbauer, 14. Jahrh.) 277
Felbinger, Johann Wilhelm (Glockengieeser
aus Halberstadt, 18. Jahrh.) 45
Froböee (Schnitzer aus Hombarg, 18. Jahrh.)
45 59
Gterardus (Glockengieeser aus Osterwieck [?J) 1 59
Gettwerth, Johann Georg (Glockengiesser aus
Halberstadt, Ende 18. Jahrh.) 124
Herbst, H. und Sohn (Orgelbauer in Magde-
burg, 18. Jahrh.) 278
Johannes, Magister (Glockengiesser in Halber-
stadt (?), 14. Jahrh.) 383
Kämpen, Heinrich von (Glockengiesser, 16.
Jahrh.5 268 399
Kasten, G. (C.) N. (Glockengiesser aus Halber-
stadt, 18. Jahrh.) 27 59
Kipmann, Matthias (Giesser zu Halberstadt,
17. Jahrh.) 315
Elleng, Gregor (Orgelbauer, 15. Jahrh.) 277
Knoblauch, Christian Heinrich (Glockengiesser
aus Halberstadt, 18. Jahrh.) 19 28 43 110 182
Koster, Hermann (Glockenfliesser, 15. Jahrh.) 25
Guntzius, Christoph (Orgelbauer aus Wernige-
rode 1708) 17 367
Lindemeyer, Daniel (Maler, 17. Jahrh.) 60
„ Wulf Ernst (Maler, 17. Jahrh.) 60
Meier, Heiso (Glockengiesser aus Wolfenbüttei,
spater in Braunschweig, 17. Jahrii.) 19 22
37 39 111 121 123 158
Meier, Heiso (Glockengiesser in Wolfenbüttel,
1777) 124
Meisner, Hans (Giesser aus Braunschweig 1567)
93 276 302
Meyer, Christian Ludwig (Glockengiesser aus
Braunschweig, 18. Jahrh.) 22 27 111 126
128 147
Molyn, Charles (Maler, 18. Jahrh.) 79
Baphon, Johannes (Malerin Eimbeck, 16. Jahrh.)
298
Schmidt, Heinrich (Maler in Leipzig, 1501 — 41)
Schongauer, Martin (Malerin Counar, 15. Jahrh.)
511
Schrader, Tobias (Baumeister, 1742) 64 78
Sieden topf, Hans (Baumeister, Ende 17. Jahrh.)
64 73
„ Henni (Baumeister, 17. JahilL) 64 72
Spatz, Christoph (Glockengiesser ans üidbcx-
stadt, 18. Jahrh.) 83
Stegler, Hans (Tischler, 1575) 92
Straube, Christoph (Baumeister, 17. Jahrii.) 18
Ulrich, M. (Uhrmacher, 17. Jahrh.) 299
Vischer, Peter (Bildgiesser in Nürnberg, 16.
Jahrh.) 302
Wentzel, Jakob (Glockengiesser aus Mairdeburt:,
n.Jatrh.) 150 -« -ß.
Werner, Michael (Böttcher aus Landau, 16.
Jahrh.) 504
Wilcke, Hans Heinrich (Kunsttischler, 1744)
144
Wilhelm, Meister (Maler in Köln, 14. Jahrh.) 297
Wilken, Hans (Bildgiesser zu Braunschweig,
16. Jahrh.) 303
Wolgast, Georg (Bildgiesser zu Halle, 16.— 17.
J^rh.) 303
A. A. B. 346
A.D. 131
A.G.B. 83
C.E. 113
CM. 127
C.P.M. 884
CT. 143
D.T. (1722) 124
E.B.W. (Bildhauer) H5f.
E.F. (1696) 158
E.G. (1697) 50
F. J. M. 276 384
G. G. (BUdhauer) 264
H.B. 59
H. C R. L. 29
c) Meisterzeichen
(wo nicht ftndsn bemerkt yon OoMichni Jeden)
H.S. (1698) 49
J. A. H. 82
J. C J. 94
J. G. M. 26
J.K.B. (1718) 19
J. K. B. 77 384
J. V. D. 124 148
K. 131
K. B. (1718) 112
L. J. C. R. V. L. (1726) 406
L.J.S. 122
L. S. 51 77 155
M. C 21
M.G. (1697) 129
M.G. (1698) 49
M.G. (1712) 110
MG. 29 133 158 374
P.R. (BUdhauer) 148
S.E. 127
S.K. 94
S. W. 23
T. A. H. 26
T.H.H. 53
T.T. (170..) 23 158
T.T. (171..) 276
T.T. (1711) 33 77 110 150
T.T. 346
W. B. 38
Z.U.Z. 181
d) Steinmetzzeichen
Halberstadt. Dom 245 ff. (frOhgotische 245 f.)
250 252 255 f. 259 803 (Bastian Ertle)
Katharinenkirche 425
Petershof 446
Rathaus 452 454
Homburff 58
Osterwieck (Stephanikirche) 90
Veitheim 147
e) Marken
Giesserzeichen
275 (romanisch)
302 (Hans Meisner)
340 (Heinrich Becker
341 (15. Jahrh.)
Bildhauerzeichen
408 Anonym, 16. Jahrh.)
Übersicht des Registers
A. Gesehiehtlkshes
Adlige Familien 518
Bischöfe 517
Dom probate u. DomdechaDten
517
Familiennamen , bürgerliche
und bauerliche 519
Handschriften und Bücher 520
Hansa 519
Innungen 519
Juden 519
Kostüme 520
-Kulturgeschichtliches 519
Personen, andere 519
Privatsammlungen 520
Reformation , Einführung der
519
Schulen 520
Siegel 519
Templerorden 519
Verfassungsgeschichtlicbes 519
Vorgeschichtliches 519
Wappen 519
Weihbischöfe 517
Weinbau 520
B. Geographisches
Archidiaconate 521
Ber^e 520
Genchts- und Dingstätten 525
Oewässer 520
Halberstadt 522
Meiereien 525
Mühlen 525
Ortschaften 521
C. Knngtstatlstlsehes
Altare 530
Badstuben 527
Beschauorte 534
Bildnisse 538
Brunnen 527
Deckenmalereien 537
Elfenbeinarbeiten 537
Qegenstände der bildlichen
Darstellung: 538 f.
a) Aus Bibel und Legende
b) Weltliches und Ver-
schiedenes
Geräte, Heilige 533
a) Kelche 533
b) Patenen 533
c) Kannen 533
d) Oblatenschachteln 534
e) Taafschüssehi 534
f ) Verschiedenes 534
Gestühle und Emporen 531
Glasmalereien 537
Glocken: 534
sl) zu Qrunde gegangene 534
m noch vorhandene 534
Glockeninschriften 536
Glockennamen 536
Grabplatten und Erinnerungs-
tafehi 532
Hausmarken 527
Holzdecken 530
Hospitäler 528
Inschriften an Grebäuden 527
Kanzeln 531
Kirchen und Kapellen: 528
a) zu 6ru nde gegangene 528
b) noch vorhandene 528
Kircbendecken 530
Kirchturmformen 529
Klappaltäre 531
Klausen 528
Klöster 528
Kreuzffänge 530
Kruzinxe 531
Künstler u. Handwerker: 539 f.
a) Aligemeines
b) Namen
c) Monogramme
d) Stein metzzeichen
e) Marken
Leuchter: 537
a) Kronleuchter 537
b) Kerzenständer 527
Orgeln 531
Patronatsheilige 527
Portale, wichtige 529,
Rathäuser 526
Sakramentsgehäuse 530
Schmiede- u. Schlosserarbeiten
537 .
Schränke und Truhen 537
Skulpturen: 533
a) Holz 5 53
b) Stein 533
StadtbefestigUDgen 526
Steine, merkwürdige 527
Stuckdecken 530
Tafelmalereien 538
Taufengel 532
Taufsteine 532
Türme: 526
a) zu Grunde gegangene 526
b) noch vorhandene 526
Verschanzungen, alte u. dergl.
526
Wandmalereien 537
Webereien und Stickereien 527
Wohnhäuser: 526
a) Dorfhäuser 526
b) Stadthäuser 526
a) Steinerne 526
ß) Fachwerkbauten 526
Allgemeines 526
Nach den Perioden 526
Halle a. S., Druck von Otto Hendel.
Halle a. S., Druck von Otto Hendel.
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