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Full text of "Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete : Hgg. von der Histor. Commission der Provinz Sachsen. 30"

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From  the 


Fine  Arts  Library 

Fogg  Art  Museum 
Harvard  University 


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1 


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Beschreibende  Darstellung 

der  alteren 

Bau-  und  Kunstdenkmäler 


der 


Provinz  Sachsen. 


Herausgegeben 
von  der 


Historischen  Commission  für  die  Provinz  Sachsen 

und  das  Herzogtum  Anhalt. 


XXIII.  Heft. 

Die  Kreise  Halbei'stadt  Land  und  Stadt. 


Mit  221  {a  den  Text  gedruekten  AbblldiingeD, 
23  Tafeln  und  1  Karte. 


Halle  a.  <i.  S. 

Druck  und  Verlag  von  Otto  Hendel. 

1902. 


Beschreibende  Darstellung 
der  alteren 

Bau-  und  Kunstdenkmäler 

der  Kreise 

Halberstadt  Land  und  Stadt. 

Bearboitot 
vuu  Provinzial-Konw^rvator 

Dr.  Oskar  Doering 

iu  Magdeburg. 
Herausgegeben 

Historischen  Ooinmission  für  die  Provinz  Sachsen 
und  das  Herzogtum  Anhalt 


Halle  R.  d.  8. 
Druck  und  Verlag  von  Otto  Hendel. 


wiSYJkBD  FIIJE  AKTS  t 
"^         FOGG  MUSEUM 

FA   7  70.  17<^M5  (---:) 


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Vorwort 

Ohne  der  mancherlei  Schwierigkeiten,  welche  sich  einer  erwünscht  schnellen 
Herausgabe  des  Heftes  ,,Halberstadt''  entgegenstellten,  des  näheren  zu  gedenken,  und 
in  Zufriedenheit,  dass  sie  sich  doch  zuletzt  alle  haben  beseitigen  lassen,  sei  hiermit 
besagtes  Heft  der  Öffentlichkeit  übergeben,  die  es  prüfen,  beurteilen  und  ergänzen, 
vor  aUem  aber  sein  Erscheinen,  die  Arbeit  sei  nun  ausgefallen,  wie  sie  wolle,  hoffent- 
lich gtttheissen  wird.  Denn  ohne  Mängel  geht  es  bei  Arbeiten  dieser  Ari  nicht  ab, 
und  ein  eigentliches  Fertigwerden  ist  dabei  überhaupt  nicht  zu  erreichen.  Das 
weiss  ein  jeder,  der  sich  über  Denkmälerinventarisation  gemüht  hat,  und  so  ist 
vom  Urteile  des  Kundigen  wohl  zu  hoffen? ,  dass  es  sich  den  Umständen  gerecht 
und  freundlich  nachsichtig  erweisen  werde.  Über  das,  was  zu  tadeln  oder  zu 
ändern  sein  würde,  wird,  hoffe  ich,  nicht  vergessen  werden,  dass  das  Buch  einiges 
bietet,  was  wenigstens  meiner  Auffassung  nach,  die  dabei  doch  wohl  nicht  ganz 
subjektiv  genannt  werden  dürfte,  dazu  dient,  das  Buch  für  den  praktischen 
Gebrauch  nutzbar  zu  machen.  Es  soll  in  erster  Linie  ein  Inventar  sein,  und 
ein  solches  bedarf  der  Übersichtlichkeii  Für  erforderlich  habe  ich  darum 
gehalten,  Klarheit  zu  schaffen  durch  eine  feste  Disposition,  durch  Hervorhebung 
der  Schlagwörter  und  durch  kurze  Inhaltsangaben  über  jeder  Seite,  femer  durch 
Anlage  eines  ausgedehnten  Registers,  welches  an  Stelle  der  in  den  früheren 
Bänden  üblich  gewesenen  „Glockenschau"  und  „Kunststatistik''  getreten  ist.  Trotz 
seiner  scheinbaren  Genauigkeit,  welche  auch  manches  den  Text  ; Ergänzende 
bietet,  hätte  es  noch  viel  eingehender  werden  können  und  müssen,  wenn 
es  nicht  das  Register  eines  einzigen  Bandes  wäre.  Viele  Unterabteilungen 
wären  hierbei  entstanden,  die  nur  je  ein  einziges  Stück  aufwiesen,  und  es 
war  zu  befürchten,  dass  ein  allen  kunstgeschichtlichen  Einzelheiten  Rechnung 
tragendes  Register  allzu  unübersehbar  wurde,  und  damit  an  seiner  wichtigsten 
Bestimmung,  der  Brauchbarkeit  für  den  Kunstliebhaber,  Forscher  und  Be- 
amten, Einbusse  erlitt.  Erst  wenn  das  ganze  provinzielle  Inventarisationswerk 
fertig  sein  wird,  wird  die  Aufgabe  unabweisbar  sein,  ein  wirklich  erschöpfendes 
Gesamtregister  zu  veranstalten.  Würde  dann  das  vorliegende  als  Anhalt  dazu 
dienen,  so  wäre  einer  der  lebhaftesten  Wünsche  erfüllt,  die  mich  zu  der  müh- 
seligen Arbeit  ermuntert  haben.  Zu  bemerken  ist  noch,  dass  ich  in  das  Register 
überwiegend  nur  solche  Dinge  aufgenommen  habe,  die  noch  existieren,  andere 
nur  dann,  wenn  mir  ihre  Erwähnung  im  Interesse  der  Forschung  zu  liegen  schien. 

Ein  anderes  erhebliches  Gewicht  glaubte  ich  auf  eine  möglichst  grosse  Menge 
von  Abbildungen  legen  zu  sollen,  und  ich  hoffe,  auch  damit  des  Beifalls  eines 
jeden  gewiss  zu  sein,  der  den  Wert  gerade  dieser  Beigaben  zu  würdigen  weiss, 


VI  Vorwort 

Freilich  ist  nicht  zu  verhehlen,  dass  mir  trotzdem  in  dieser  Beziehung  des  Nötigen 
noch  lange  nicht  genug  gethan  scheint.  Eine  Anzahl  von  Abbildungen  konnten 
erst  nach  geschehenem  Drucke  noch  eingeschoben  werden;  diese  Einschaltungen 
sind  nicht  eben  vorteilhaft  für  das  Aussehen  des  Buches,  weiden  aber  der  Sache 
wegen  Entschuldigung  finden  dürfen.  Was  die  Herkunft  der  Abbildungen 
anlangt,  so  konnte  eine  Anzahl  von  denen  Verwendung  finden,  welche  vor 
Jahren  Herr  Bauinspektor  Sommer  für  das  künftige  Heft  „Halberstadt"  angefertigt 
hatte;  es  sind  femer  Zeichnungen  gütigst  zur  Verfügung  gestellt  seitens  der  Herren: 
Regierungs-  und  Baurat  Brinckmann  in  Braunschweig,  Dr.  Brinkmann  in  Zeitz, 
Architekt  H.  Ehbets  in  Tempelhof  bei  Berlin,  Regierungs-Baumeister  E.  Petersen 
in  Magdeburg,  Amtsrat  Dr.  Rimpau  in  Langenstein,  Stadtbaurat  Schmidt  in  Halber- 
stadt; der  Kgl.  Kreisbauinspektion  in  Halberstadt  und  des  Kgl.  Kunstgewerbemuseums 
zu  Berlin.  Zur  Veröffentlichung  durfte  ferner  eine  Anzahl  der  unübertrefflichen 
photographischen  Aufnahmen  der  Kgl.  Messbildanstalt  zu  Berlin  mit  Genehmigung 
ihres  Leiters  gebracht  werden.  Endlich  ist  eine  ganze  Menge  von  Photographien 
nachgebildet  worden,  die  ich  selbst  angefertigt  habe.  Die  im  vorliegenden  Hefte 
enthaltenen  geschichtlichen  und  kunstgeschichtlichen  Untersuchungen  beruhen 
durchweg  auf  eigenem  Quellenstudium,  und  dürften  durch  mancherlei  neue  Auf- 
fassung hoffentlich  zu  weiterer  Forschung  Anregung  geben.  Von  grossem  Vorteil 
war  es  für  mich,  dass  mir  seitens  der  Herzoglichen  Archiv  Verwaltung  zu 
Wolfenbüttel  der  grosse  Schatz  der  vom  unvergesslichen  Gustav  Schmidt  hinter- 
lassenen  Urkundenabschriften  zur  Verfügung  gestellt  wurde,  deren  staunenswert 
reicher  Inhalt  bisher  fast  ungenützt  blieb.  —  Die  Karte  des  Kreises  ist  nicht  von 
mir  bearbeitet  worden. 

Lange  Zeit  ist  verflossen,  während  dies  Heft  allmählich  entstand.  So  ist  es 
nicht  ausgeblieben,  dass  sich  eine  Anzahl  von  Nachträgen  ergeben  hat,  die  am 
Schlüsse  vereinigt  sind.  Es  wird  durchaus  erforderlich  sein,  diesen  in  jedem 
Falle  Beachtung  zu  schenken. 

Derjenigen  Personen,  deren  freundliches  Entgegenkommen  mir  die  Arbeit 
erleichtert  und  erfreulich  gemacht  hat,  sind  zu  viele,  als  dass  ich  sie  hier  alle 
nennen  könnte.  Ganz  besonders  ist  der  sämtlichen  Herren  Geistlichen  aller 
Konfessionen  in  Stadt  und  Land  Halberstadt  zu  gedenken,  nicht  weniger  aller 
anderen  Behörden,  nicht  weniger  der  Archiv-  und  Bibliotheksverwaltungeu 
innerhalb  und  ausserhalb  des  Kreises,  welche  meinen  Bemühungen  förderlich 
gewesen  sind.  Einem  jeden,  der  zum  Gedeihen  dieses  Heftes  auf  irgend  eine  Art 
beigetragen  hat,  sei  an  dieser  Stelle  nochmals  der  ergebenste  Dank  ausgesprochen 

Darlingerode  a.  Harz,  August  1902. 

Doering. 


Inhalt 


Einleitung 

Die  einzelnen  Ortschaften,  ihre  Geschichte  und  ihre  Kunst 
dcnkmäler 


Sott« 

1 


5 


A.  Halberatädter  Landkreis 

L  Wüstungen 7 

II.  Die  noch  bestehenden  Ortschaften  des  Landkreises 16 


Abbenrode 

Aspenstedt 

Athenstedt 

Berssel 

Bexheim 

Bohnshausen 

Bühne     

Danstedt 

Dardesheim 

Deersheim  (und  Bexheim) 

Derenburg 

Emersleben 

Göddeckenrode     .    .    .    . 

Harsleben 

Heudeber 

Hoppenstedt 

Homburg 

Isingerode 

Langenstein 

Lüttgenrode 

Mahndorf 


Seit« 

16 
18 
19 
21 
24 
24 
24 
26 
27 
81 
35 
42 
44 
46 
50 
52 
53 
73 
74 
80 
80 


Mnlrake 81 

Osterode 81 

Osterwieck 83 

Gross-Quenstedt 109 

Elein-Quenstedt 112 

Der  Begenstein 114 

Rhoden 120 

Rimbeck 122 

Boclum 123 

Bohrsheim 125 

Sargstedt \    .  128 

Schauen 129 

Stötterlingen 131 

StÖtterlingenburg     ....  133 

Ströbeck 141 

Suderode 144 

Veitheim 146 

Wehrstedt 148 

Westerburg  ....»,..  150 

Wülperode 154 

ZiUy 157 


B.  Halberstädter  Stadtkreis 

Halberstadt.    . 163 

Ausserhalb  der  Stadt 502 

Schlussblick • 507 


Nachträge  und  Berichtigungen 510 

Verzeichnis  der  Abbildungen 514 

Geschichtliches,  geographisches  u.  kunststatistisches  Register  517 

Übersicht  des  Registers 541 


Einleitung 

er  Kreis  Halberstadt  hat  eine  von  Ost-Süd-Ost  nach  West-Nord-West 
sieh  hinziehende  schmale  Gestalt,  welche  ungefähr  einem  Rhombus 
gleichen  würde,  wenn  nicht  mancherlei  Ans-  und  Einbuchtungen 
diese  Form  zu  einer  sehr  unregelmässigen  machen  würden.  Der 
nördlichste  Punkt  (nördlich  von  Rocium)  liegt  unter  52®  6',  der  südlichste  Punkt 
(abgesehen  vom  Regenstein,  südlich  von  Harsleben)  unter  51*^ 50' 3"  n. Br.:  der 
östlichste  Punkt  (südöstlich  von  Emersleben)  unter  28®  50'  5",  der  westlicliste 
(westlich  von  Isingerode)  unter  28®  15'  6"  ö.  L.  Ein  um  den  Kreis  zu  kon- 
struierendes Rechteck  hat  also  die  Breite  von  30,4,  die  Länge  von  36,9  km.  Die 
wirkliche  Länge  des  Kreises,  gemessen  zwischen  Tempelhof  und  den  Heidbergen 
südöstlich  von  Harsleben,  beträgt  aber  gegen  47  km,  die  grösste  Breite  (nördlich 
von  Robrsheim  bis  südlich  von  Headeber)  19,1  km,  die  geringste  (südlich  von 
Zilly  bis  ost-nord-östlich  vom  Vorwerke  Sonnenburg)  5,1  km.  —  Der  Regensteiu 
zieht  von  Süd-Osten  nach  Nord-Westen  zwischen  51®  48' 24"  und  51®  49' 20"  n.B., 
28® 36' 30"  und  28® 38' 54"  ö.L.  Er  hat  eine  wirkliche  lünge  von  2V2  km  und 
eine  zwischen  1,1  und  0,3  km  wechselnde  Breite. 

Die  Bodenbeschaffenheit  zeigt  keine  bedeutende  Mannigfaltigkeit.  Im 
Osten  finden  wir  vorzugsweise  Diluvial-Boden,  durchzogen  von  dem  jungen  Allu- 
vimn,  welches  sich  in  den  der  Holtemme,  Ilse,  Ecker,  und  deren  Zuflüssen  ge- 
hörenden Thälern  sowie  in  den  sumpfigen  Gegenden  des  nördlich  sich  hinziehenden 
grossen  Bruches  gebildet  hat.  Von  Derenburg  nach  dem  Regensteine  hinüber 
und  in  den  von  Süd- Ost  nach  Nord-West  streichenden  Hügelzügcn  südlich  von 
Halberstadt  findet  sich  die  senonische  Kreideforraation.  Ihr  dort  oblonges  Gebiet 
ist  schmal  umzogen  von  dem  Turon,  Cenoman  und  Ganlt  der  Kreideforraation, 
innerhalb  deren,  schon  ausserhalb  des  Kreises,  geringe  Mengen  von  Lias  und 
Keuper  als  Erscheinungen  dei*  Systeme  des  Jura  und  der  Trias  eingelagert  sind. 
In  der  westlichen  Hälfte  des  Kreises  überwiegt  das  Senon,  welches  nur  bei 
Osterwieck,  Zilly  und  in  einem  an  der  westlichen  Grenze  hinziehenden  schmalen 
Streifen  von  Abbenrode  bis  Bühne  von  Diluvium  durchzogen  ist.  Jura-Formation 
tritt  nur  ganz  spärlich  in  schmalen  und  kurzen  Streifen  bei  Harsleben ,  südlich 
^on  Halberstadt,  nördlich  von  Rohrsheini,  südlich  von  Rocium  und  westlich  von 
Hörn  bürg  auf. 

Kreis  Halberatadt.  1 


Einleitung 


An  der  nördlichen  Grenze  des  Kreises  finden  sich  in  den  Höhenzügen  des 
Huy  und  des  grossen  Fallsteines  die  Triasbildungen  desKeupers  und  des  Muschel- 
kalkes, wogegen  an  der  eben  daselbst  befindlichen  Eegion  des  Buntsandsteins 
der  Kreis  Halberstadt  keinen  Anteil  mehr  hat.  Diese  in  einem  schwach  ge- 
schwungenen, nach  Norden  offenen  Bogen  hinziehende  Formation  ist  südlich 
begleitet  von  einem  schmalen  Streifen  älterer  und  jüngerer  Kreideformation, 
welche  westlich  von  Homburg  beginnt,  in  der  Nähe  von  Deersheim  einmal  von 
Diluvium  unterorochen  wird  und  dann  von  diesem  umgeben  sich  bis  gegen 
Athenstedt  hinzieht. 

Über  die  Höhenverhältnisse  giebt  die  diesem  Buche  beigefügte  Karte 
des  Kreises  Auskunft. 

Die  Gewässer  gehören  zum  Teil  dem  Gebiete  der  Elbe,  zum  Teil  dem  der 
Weser  an. 

I.  Zum  Eibgebiete : 

A.  Der  Goldbach.  Er  betritt  den  Kreis  südlich  von  Langenstein,  berührt 
diesen  Ort,  biegt  westlich  um  die  Spiegelsberge  herum  und  wendet  sich  dann 
in  östlicher  Richtung  nach  Harsleben,  um  auf  der  halben  Entfernung  zwischen 
diesem  Dorfe  und  Wegeleben  den  Kreis  zu  verlassen  und  seinen  Weg  zur  Bode 
zu  nehmen. 

B.  Die  Holtemme.  Sie  tritt  westlich  von  Derenburg  in  den  Ki-eis  ein, 
durchfliesst  diese  Stadt,  empfängt  links  das  bei  Athenstedt  enspringende  Ströbecker 
FliesSj  durchzieht  bezw.  berührt  Halberstadt  in  mehrfacher  Gabelung  und  nimmt 
bei  Gr.-Quenstedt  links  den  Assebach  auf,  der  am  Huy  bei  Aspenstedt  entspringt 
und  sich  mit  dem  bei  Sargstedt  entspringenden  Kunstedterbache  verbindet. 
Nachdem  die  Holtemme  unterhalb  Gr.-Quenstedt  noch  den  kleinen  Scheelebacli 
aufgenommen  hat,  verlässt  sie  den  Kreis  in  dessen  nordöstlicher  Ecke  unterlialb 
Emersleben. 

n.  Zum  Wesergebiete: 
A.  Die  Ilse.  Ihr  Eintritt  in  den  Kreis  liegt  an  dessen  Südrande  zwischen 
der  Wasserlebener  Zuckerfabrik  und  dem  Dorfe  Berssel.  Sie  fliesst  in  der 
Richtung  von  Süd-Osten  nach  Nord-Westen  und  verlässt  den  Kreis,  nachdem  sie 
sich  oberhalb  Hornburg  in  zwei  Arme  geteilt  hat,  bei  dem  Vorwerke  Tempelhof, 
um  sich  bald  danach  in  die  Ocker  zu  ergiessen.  Sie  nimmt  innerhalb  des  Kreises 
auf :  a.  rechts  1.  einen  nördlich  von  Osterwieck  hinziehenden ,  durch  den  sog. 
Walwyer  Graben  verstärkten  Bach,  2.  den  Schiffgraben,  welcher  eine  bedeutende 
Strecke  weit  die  Nordgrenze  des  Kreises  bildet.  Er  empfängt  von  links  (Süden) 
den  von  Zilly  herkommenden  Auebach,  der  sich  dort  aus  dem  Zusammenflusse 
des  vonDanstedt  kommenden  Mückenbaches  mit  dem  bei  Langein  entspringenden 
Sohlenbache  (mit  der  Dietze)  bildet,  und  von  links  oberhalb  Deersheim  den  bei 
Wasserleben  entspringenden   Marbeckerbach  aufnimmt.     Auch   der  südlich    von 


Geographische  Lage;  Geologisches;  Gewässer;  Dörfer;  Geschichte 


Dardesheim  entstehende  Kalbkebach  mit  dem  HöUenspniigbache  gehört  diesem 
Systeme  an. 

b.  links  1.  unweit  Bühne  einen  nahe  bei  Lütgenrode  entspringenden  Bach, 
2.  die  Stimmecke  (im  Mittelalter  Bimbeke  oder  Rimmeck  genannt),  welche  bei 
Stapelnburg  entspringt  und,  nachdem  sie  Rimbeck  durchflössen  hat,  unterhalb 
dieses  Ortes  in  die  Use  fällt. 

B.  Die  Ecker,  an  der  westlichsten  Seite  des  Kreises.  Sie  tritt  südlich  von 
Wülperode  in  ihn  ein,  durchfliesst  gemeinsam  mit  der  nahen  Ocker,  welche  beim 
Klöpperkruge  den  Kreis  einen  Augenblick  berührt,  das  Steinfeld  und  verlässt 
den  Kreis  bei  der  Steinfelder  Mühle  nördlich  von  Isingerode,  um  sich  gleich 
darauf  mit  der  Ocker  zu  vereinigen. 

Die  Dörfer  des  Halberstädtischen  Bezirkes  sind  sicher  alle  viel  älter  als  ihre 
erste  urkundliche  Erwähnung,  waren  ausserdem  ehemals,  wie  die  vielen  Namen  von 
Wüstungen  (siehe  unten)  beweisen,  viel  zahlreicher  als  jetzt  Ihre  Verödung  ist 
die  Folge  teils  der  unaufhörlichen  Fehden  und  Kriege,  teils  der,  wenn  auch  gut 
gemeinten,  aber  unsinnigen  Verschleuderungen  an  die  tote  Hand.  Mit  Ausnahme 
des  Dorfes  Rhoden,  welches  eine  Rundlingsanlage  zeigt,  haben  sie  alle  lang- 
gestreckte Grundform.  Den  Osten  des  Kreises  durchschneidet  die  Westgrenze 
des  Gebietes  der  im  2.  Jahrh.  von  Norden  eingewanderten  Warnen,  dessen 
Ortsnamen  als  Kennzeichen  die  Endung  „leben"  tragen.  Im  Norden  und  Westen 
ist  ostphälisches  Gebiet,  kenntlich  an  der  Ortsnamenendung  „heim",  die  auch  im 
Halberstädtischen  bereits  in  „um"  entstellt  ist.  Slavische  Niederlassungen  sind 
nur  vereinzelt  nachweisbar  (Wiby);  auch  bei  Rhoden  wäre  vielleicht  Anlass, 
diesen  Ort  für  eine  solche  zu  halten. 

Die  Dorfhäuser  haben  die  thüringische  Anlage,  stehen  also  mit  den  Breit- 
seiten nach  Norden  und  Süden,  in  den  von  Norden  nach  Süden  gerichteten 
Strassen  also  mit  dem  Giebel  nach  der  Strasse  zu.  Der  Haupteingang  liegt 
meistens  auf  der  Südseite.  Die  Anlage  des  Dorfhauses  nach  niedersächsischer 
Art  ist  im  Halberstädtischen  noch  unbekannt. 

Die  befestigungslose  Anlage  der  Dorfschaften  hat  bewirkt,  dass  von  Gebäuden 
älterer  Herkunft  nur  verschwindend  wenig  auf  unsere  Zeit  gekommen  sind ,  und 
dass  die  ältesten  noch  vorhandenen  fast  durchweg  nicht  über  das  vorige  Jahr- 
hundert oder  gar  über  die  Zeit  des  30  jährigen  Krieges  zurückzudatieren  sind. 

Über  die  Einteilung  des  jetzigen  Kreises  nach  den  ehemaligen  Archidiako- 
naten  wird  bei  der  Erörterung  der  kirchlichen  Verhältnisse  in  der  Einleitung 
des  vom  Halberstädter  Dome  handelnden  Kapitels  zu  sprechen  sein. 

Eine  Geschichte  des  Kreises  lässt  sich  von  der  seiner  Umgegend  und  des 
ganzen  Bistums  Halberstadt  nicht  trennen.  Da  aber  eine  Aufgabe  dieses  Umfanges 
nicht  zu  den  Zwecken  dieses  Buches  gehört,  so  wird  bei  jedem  Orte  dessen 
einzelne  Geschichte  gegeben  werden,  wobei  der  Stadt  Halberstadt  naturgemäss  der 


Einleitung 


breiteste  Raum  gelassen  werden  niuss.  Nur  im  Zusammenhange  mit  dieser 
Stadtgescbiehte  sind  einzelne  Blicke  auf  die  Geschichte  des  Bistums  möglich, 
deren  Bearbeitung  im  Zusammenhange  andern  überlassen  bleiben  muss,  und  zu 
der  die  vorliegenden  Untersuchungen  nur  Beiträge  bieten  können.  Erwägungen 
derselben  Art  boten  den  Anlass,  auch  von  einer  Zusammenstellung  von  Quellen 
und  Litteratur  an  der  Spitze  des  Buches  abzusehen.  Diejenigen,  welche  für  die 
Geschichte  nur  einzelner  Ortschaften  in  Betracht  kommen,  sind  bei  den  betreffenden 
Kapiteln  angegeben,  während  die  geringe  Menge  derer,  welche  Stadt-  und 
Landkreis  Halberstadt  betreffen,  doch  Tor  allen  Dingen  immer  der  Stadt  gilt, 
und  darum  am  angemessensten  ihren  Platz  am  Eingange  des  Kapitels  „Halber- 
stade^  findet 


Die  einzelnen  Ortschaften, 
ihre  Geschichte  und  ihre  Kunstdenkmäler 


A.  Halberstädter  Landkreis 


p 


I 


I 


II 

I» 


I.  Wüstungen 


Adorp,  siehe  Odorp. 

AUinge,  bei  Scliauen  (?),  1178. 

Aistomesvelt ,  bei  Stötteriingenburg  (?),  1106.  Wird  villa  genannt. 
Stötl  Ü.B.  1. 

Appenrode,  zwischen  Isingerode  und   der  Steinfelder  Mühle  an  der  Ecker. 

Archstede,  identisch  mit  Ergstedt. 

BalhorD,  BaUhorn  1187,  nord-östlich  von  Mulmiie.  Dort  Besitzungen  von 
Drübeck.  Archidiakonat  Dardesheim.  Bis  1343  regensteinisch,  von  da  ab  wer- 
nigerödisch.  Der  Pfarrer  wird  noch  1351  erwähnt.  H.  Z.  I IV,  381,  Xu,  179 
XXm,357f.  XXni,385. 

Bec,  Beck,  Biek  (1202)  bei  Osterwieck.  1195  villa.  Archidiakonat  Oster- 
wieck.  Dort  Besitzungen  des  Halberstädter  Liebfr.  Stifts.  H.  Z.  XXIV,  321. 
(identisch  mit  Osterbek  oder  Westerbek?) 

Berwinkel,  Berewinkele  (1263)  am  Fallstein  bei  Osterwieck  nördlich. 
Archidiakonat  Osterwieck.  Der  Pfarrer  wird  anfang  des  15.  Jahrhunderts  er- 
wähnt Die  dem  Domkapitel  gehörige  Wüstung  wurde  1577  an  die  Kirche  zu 
Osterwieck  zur  Erhaltung  eines  Kaplans  daselbst  resigniert.  Reste  von  Gemäuer 
wiurden  unlängst  beim  Pflügen  entdeckt,  aber  wieder  zugepflügt.  (Nach  privater 
Mitteilung.)  Die  Familie  von  Berwinkel  erlosch  1662.  Wappenbuch  des  aus- 
gestorbenen Adels  der  Provinz  Sachsen,  p.  10.  H.  Z.  11  c,  82.  III,  438. 

Bexheim,  Berteneshem  (968—96),  Bachtesheim  (1184),  Bechtenesheim,  Bechtes- 
hem,  Betthsem  (1211),  Betsinc  (1319),  Bechtesem  (1364),  Bechtissem,  Bechzen, 
Bexssen  (1517).  Bei  Deersheim.  Eine  Mühle  wird  1495  erwähnt.  Wegen  der 
noch  existierenden  Kirche  vgl.  das  Kapitel  „Deersheim". 

Biestede,  zwischen  Homburg  und  Rimbeck,  näher  zu  letzterem  Orte  hin. 
(Biesteder  Grund,  Feld,  Anger.) 

Binsleben,  Birsleva,  Lage  unbekannt.    Schaumann,  Valkenstein  177. 

Biscopingerodt  (1299),  Bischepingherode  (1303),  zwischen  Osterwieck,  Schauen 
und  Stötteriingenburg.  Archidiakonat  des  Harzgaues.  Schon  1302  (18.  Oktober) 
war  es  Wüstung,  worauf  die  Dorfstelle  Eigentum  des  Klosters  Stötteriingenburg 
wurde.  Die  verlassene  Kapelle  wurde  1312  dem  Kloster  Marienthal  zur  Zer- 
störung überlassen.  Die  Wälder  in  der  Nähe  werden  im  allgemeinen  1299,  die 
Holzung  Gamnie  im  besondern  1310  erwähnt.  Brede  Kolinge  heisst  eine  Gegend 
dabei  1422.     Ferner   werden   im   selben   Jahre   erwähnt   die  Wolter  strenge^   der 


*  Die  curöiv  gedruckten  Flurnamen  sind  noch  heute  gebräuchlich. 


Halberstädter  Landkreis 


Erlliope;  eine  Gegend  van  der  Krummen  e,yk  an  den  Smedewech  to  richte  ut 
wente  iip  dat  velt  to  enem  wandestene,  de  steyt  by  Osten  de  Wernigerode 
lierstrate  boven  dem  StÄpelenborgeschen  wege  wol  enen  halven  stenworp;  der 
Girwech.    H.  Z.  XII,  M6.  XIII,  280. 

Bodingerode,  südlich  von  Veltlieim  1249. 

BosHleben,  bei  Halb,  vor  dem  Gröperthore  gelegen,  ßossenlove  (1164), 
Bursleve  (1196),  Bosselove  (1198),  Bosleve  (1223),  Busseleve  (gegen  1224).  Ge- 
nannt nach  einem  Burchard  (Busso.)  Hier  wurde  vom  Bischof  Brantog  1034, 
als  er  aus  Palästina  zurückkehrte,  auf  den  Bullerbergen  (Abschleifung  aus  Boss- 
leber Bergen)  das  Kloster  St.  Bonifaz  gegründet  und  der  Augustinerregel  unter- 
stellt, welches  1237  in  die  Stadt  Halberstadt  verlegt  wurde.  Vgl.  unten  die  Geschichte 
des  Stifts  St.  Bonifatii.  An  die  ehemalige  Existenz  des  Klosters  erinnerte  noch 
viel  später  die  auf  dem  Bossleben 'sehen  Berge  gelegene  dem  Bonifatiusstift  (erste 
Yicarie)  gehörige  Kapelle.  Ihr  Rektor  hatte  seinen  Sitz  im  Chor  von  St.  Moritz 
in  Halberstadt  (1264),  seinen  Wohnsitz  in  Halberstadt,  dicht  an  der  Mauer  (1491). 
Der  Liebfr.  Altar  dieser  Kapelle  wird  1497  erwähnt.  Im  selben  Jahre  hören  wir, 
dass  die  schon  1426  erwähnte  Klostermühle  Eigentum  des  Vikars  jenes  Altars 
war  und  damals  von  ihm  dem  Rate  von  Halberstadt  zu  Lehen  gegeben  wurde.  Dieser 
Hess  sie  umbauen.  Nach  ihrer  Zerstörung  im  30jährigen  Krieg  wurde  sie  1643 
wiederhergestellt  und  existiert  noch.  Ausserdem  werden  in  Bossleben  erwähnt 
mehrere  Höfe  (Grosser  Hof,  Apostelhof  u.  a.,  zwischen  1340  und  63),  die  Meierei, 
Wald  in  der  Nähe,  ein  Weinberg  (1531),  Gräben  (1584).  Der  ehemalige  Dorfteich 
ist  ausgetrocknet.  —  H.  Z.  III,  442, 920.  V,  25, 424.  VI,  298,394,426,428,431  u.s.w. 

Brodesende,  Brosenn,  nördlich  an  der  Vienenburger  Bahn  bei  Wennerode. 
1106  noch  bewohnt-    Der  Zehnte  wurde  1106  an  Stötterlingenburg  gegeben. 

Bruehsehauen,  Brucsowe  1219,  Brocschowen  1292,  zw.  Schauen  und  Bei'ssel. 
Kirche  erwähnt  1309,  schon  vorher  im  Archidiakonat  des  Probstes  von  Stötter- 
lingenburg, 1317  war  es  wüst,  nachdem  es  mit  Mönchschauen  vereinigt  war. 
Reinicke,  Gesch.  d.  fr.  Reichsherrsch.  Schauen,  p.  5.  Anm.  3  u.  5  p.  251  f.  Vgl. 
auch  unten  das  Kapitel  „Schauen." 

Colbeck,  bei  Danstedt  südöstlich  beim  „Kohlwege." 

Denrode,  südöstlich  von  Homburg;  ident.  mit  Tönnigerode. 

Dingelstedt,  östlich  von  Derenburg.    Identisch  mit  Dingstorp. 

Dingstorp,  Dingelstorp,  Dingelstrop  (1432) ;  1429  als  zwischen  Mabndorf  und 
Bönshausen  gelegen  erwähnt,  ^ohl  identisch  mit  dem  gegen  1204  genannten 
Vinkestorp.  1445  gab  es  dort  noch  eine  Pfarrei,  welche  zum  Archidiakonat 
Halb,  gehörte.  Dort  stand  auch  (aber  wie  es  scheint  schon  auf  Ergstedter  Flur) 
ein  Turm,  der  Stadt  Halb,  gehörig ;  er  wurde  von  Bischof  Johann  zur  Hälfte  zer- 
stört, als  dieser  die  Stadt  für  die  Schicht  bestrafte.  Die  Stadt  baute  ihn  wieder 
auf,  musste  sich  aber  verpflichten,  seinen  steinernen  Unterbau  nicht  über  16 
Ellen  hoch  zu  machen,  darauf  kam  ein  Obergeschoss  von  Holz  (1432). 

Drondorp,   „wahrscheinlich  bei  Osterwieck  am  Drohneturm  vor  dem   Fall- 

«tcin."     Gr.  p.  7. 

Emersleben,   Ober-   und   Unter-K.,    Ammerslovr   snperius  et  inferius,    vuu 


Wüstungen :  Adorj)  —  Kl.-Harsleben 


denen  eins,  welches  1236  noch  bewohnt  war,  später  wüst  wurde.     Heute  liegt  E. 
wieder  halb  auf  der  Höhe,  halb  im  Thale.    Archidiakonat  Halberstadt. 

Er^stedt,  Ergizstide  (1153),  Ergetstede  (1183,  1243),  Ergezstede  (1222),  Er- 
gestide (1235),  Erchstede  (1298),.Erx8tidde,  Arxstede  (1474),  bei  Langenstein  nach 
Derenburg  zu.  Archidiakonat  Halberstadt.  1153  hatte  das  Johanniskloster  zu 
Halberstadt  dort  Besitzungen;  die  Kirche  war  Mutterkirche  derer  zu  Mahndorf 
und  Böhnshausen  bis  1222,  wo  jene  von  ihr  eximiert  wurden;  Patronat  von 
Kegenstein;  1432  wurde  sie  der  Pfarrkirche  zu  Langein  einverleibt  und  muss 
1474  noch  bestanden  haben,  da  sie  in  den  Flurbezeichnungen  mit  erwähnt  wird. 
Dagegen  war  der  Ort  1466  schon  eine  desolata  villa.  —  Flurlagebezeichnungen 
1436:  in  dem  Balnsole  (auch  1477),  im  Vulsacke  (auch  1474).  — 1474:  unter  derae 
Dingelstorpeschen  tome;  in  der  drolcenkoppen  by  den  grasewegen;  tiegen  de 
kerken  twischen  den  holenwegen  unde  grasewegen  na  der  stadt  ward;  over  den 
becke  tiegen  de  kerken;  vor  den  worden  in  der  rechten  herstraten  na  Langen- 
steyn;  nppe  den  becke  und  Adesleven  anewende;  by  deme  bruthege;  under  deme 
Winterberge  uppe  den  becke  in  den  richterwech  na  Langensteyn ;  by  der  schonen 
breyde;  by  dem  Blankenborgischen  wegen;  uppe  der  heyde;  over  der  steinkule 
wech;  tiegen  de  kolden  warde  na  deme  Ketelhoge;  by  deme  dombusche;  in  der 
grünt  unter  der  kolden  warden.  —  Der  Dingstorper  Turm  stand  in  der  Ergstedter 
Flur.  H.  Z.  1, 272.  II  b,  6.  H  c,  82, 84, 93  f.  IE,  230.  V  334, 479.  XII 144  f.  XVni,  168. 

Erckleye,  am  Goldbache,  nordnordöstlich  von  Langenstein.  Identisch  mit 
Ergstedt.    Hkxlowe  (1137). 

Erptingerode,  Erxtingerode,  1300;  Erptingherode,  Herbetingrode  1303.  Lage 
imbestimmt,  vielleicht  bei  Abbenrode.    Ils.  TJ.-B.  I,  166. 

Glüsingen,  südlich  von  der  Westerburg,  z.  T.  auf  Vogelsdorfer  Feldmark. 

Goddenhnsen ,  bei  Derenburg  nach  Silstedt  zu  am  Tiefenbach.  Godenhuse, 
Göddenhausen,  erwähnt  937.  Alt-G.  1267.  1291.  1390.  Olden-Godenhusen  1323. 
Neu-G.,  Nien-Godeshuse  1421.  Gross-G.  1481.  Die  Unterscheidung  dieser  Ort- 
schaften ist  unmöglich.  Archidiakonat  Utzleben.  Gericht  und  Grafschaft  regen- 
steinisch  1358.  Den  Zehnten  hatte  das  Domkapitel.  H.  Z.  II  b,  184.  II  c,  90  f. 
ÜI,  765, 894.    Über  Neu-Godenhusen  H.  Z.  IE,  233.  IV,  386  f. 

Hannigeroth,  vgl.  Heiriggeroth. 

Hapkendorf,  vielleicht  bei  Derenburg.    1486.    H.  U.  B.  2, 1 142. 

Harpgtede,  bei  Halberstadt.  (?) 

Kl.-Harsleben,  Wester-Hirselowe,  Vester-Hersleve  1153,  Hersleve  minor  1246, 
bei  Harsleben,  südlich  dicht  bei  Halberstadt,  an  der  nach  den  Spiegelsbergen 
führenden  Landstrasse  östlich,  apud  clusam  lapideam  (1290),  lutteken  Hei-sieve 
(1380).  Archidiakonat  Halberstadt.  Wüst  schon  im  April  1363.  Die  dem  hei- 
ligen Johannis  (Täufer  oder  Evang.?)  geweihte  Kirche  stand  unter  dem  Patronate 
des  Gottesritterhofs  zu  Halberstadt.  Die  Pfarrei  existierte  noch  September  1452, 
die  zur  Kapelle  umgewandelte  Kirche  noch  im  März  1602.  Vielleicht  hat  Kl.-H. 
der  Harsleberstrasse  in  Halberstadt  ihren  Namen  gegeben.  -—  Besitzungen  hatten 
hier  der  Siechenhof  (1246),  das  Nikolaikloster  (1289).  Kloster  Münzenberg,  welches 
pMnen  Teil  mit  Ausnahme  der  Klus  im  Mai  1363  an  Rat  und  Bürgerschaft  von 


10  Halberstädter  Landkreis 


Halberstadt  zu  Lehen  gab,  das  Domkapitel  (1472).  —  Erwähnt  werden  ferner: 
die  Meierei  1275,  Vorwerk  1300,  Windmühle  1437,  in  der  Flur  eine  alte  Burg  1419 
(die  Klus?).  Flurbezeichnungen:  der  Heidberg  (1350);  —  uppe  suUen  iegen  dem 
negenhoge;  uppe  derHoltbeke;  under  der  oldenborch\^  indem  Harslever osterlang; 
uppen  Westerhuschen  wech\  uppe  gensit  dem  Gosleschen  bleke;  vor  dem  kannen- 
stige;  avh  deme  Born  eher  sehen  wege  an  twen  stucken;  iegen  de  heyde;  in  deme 
thoysdale;  vor  dem  Kolwege;  an  den  eykho  in  deme  utzenpule;  boven  dem  utzen- 
pule;  in  dem  Hilmerdale;  iegen  dem  Moydinges  wech;  uppe  de  indere;  by  der 
lindwarde;  boven  der  slipmole  (1419);  — -  die  mulke  (1437);  ■—  Grrasweg; Slüters Wort; 
Heinrich  Schüttens  Breite;  Claus  Aderslebens  Spring;  an  dem  Graben  in  den 
Weinbergen;  Ludolf  Otums  Breite;  Volkmar  Lobecks  Breite  (1452);  —  to  der  stad 
wort;  iegen  der  mulkenmolen ;  iegen  dem  werde;  over  den  papenstich;  an  der 
mulkenmolen  dar  me  geyt  au  de  berge  iegen  Hans  Hoiingosberch;  by  Hans 
Rustinges  brede;  iegen  HansSluters  brede  (1456);  —  die  State  iegen  dat  gerichte 
jegen  den  graffen;  wunne  jegen  die  nagen  hege;  up  den  Gallechherch  iegen  dat 
stech  von  der  mulken  molen;  jegen  dem  brinke;  auf  dem  forde;  to  dem  fronen 
steyne  wort;  molkenbrouk;  brouk  in  den  raden  (1459);  —  iegen  dem  vorde  boven 
der  sliphutten;  iegen  der  sliphutten;  jegen  Bardoi-ps  Morgen  nach  dem  Graben 
und  der  Stadt  zu;  das  brok  zwischen  dem  nmlken  inne  memer  vor;  gegen  dem 
richte;  der  Eselstieg  (1461,  Febr.  1);  —  die  valegrovc  (1472);  — das  Berggut (1485). 
V. Strömbeck,  d.Halb.  Archidiak.;  HZ. III,  991. VE,  269.  XU,  550. XXH,  258. 

Heiriggeroth ,  zwischen  Suderode  und  Lüttgenrode,  von  da  etwas  gegen 
Bühne  sich  hinziehend.  Hannigeroth,  Henningerod,  Heinzingerod  1203:  als  villa 
zuerst  1106  erwähnt;  die  Kapelle  stand  unter  Patronat  des  Domprobstes  Heyninge- 
roth. Dat  woiste  dorp  1519.  Das  „hohe  Thor"  daselbst  stand  noch  1524.  Bis 
zum  selben  Jahr  war  die  Feldmark  z.  T.  v.  Rössingscher  Besitz..    H.  Z.  VI,  543. 

Herebrectingerode,  bei  Abbenrode  1150.  Herbrochtingcrode.  Horplingerode 
(15.  Jahrb.).    Yielieicht  identisch  mit  Erptingerode.    H.  Z.  XU,  541. 

Hilgenroth,  westlich  von  Schauen,  an  der  Vienenburger  Bahn,  identisch 
mit  Hulingerode. 

Hilverdingerode,  Hildewerdingerode,  Hyldewardingherud  (1156)  bei  Hom- 
burg. Vielleicht  beim  Hiilorbergo  an  der  Ilse  südöstlich.  Arcliidiakonat  Weste- 
rode. Zahlte  1084  einen  Zehnten  an  Huysburg.  Weinberge  erwähnt  1133. 
Kirche  mit  Turm  1258.    H.  Z.  III,  363.  XXIII,  357.  Anm.  4.  XXIV,  318. 

Hohenrode,    westlich  von  Sargstedt 

Holtemmenditf nrt ,  westlich  von  Halbcrstadt,  an  der  Holtenimc  bei 
C.  Veldens  Mühle.  Dietforde  1138,  Thietphorde  1150,  Thetforde  1153, 
Holti^mpne-Ditforde  1223,  Holczemmen-Ditforte  1358.  Archidiakonat  Halber- 
stadt Mutterkirche  der  dortigen  Kapelle  (St.  Johann is  Bapt.)  war  von  Alters 
her  das  Johann is-Stift  zu  Halbcrstadt,  welches  auch  den  Zehnten  erhielt  (ein 
Zehntner  Hoyer  1266),  doch  war  es  1223  streitig  zwischen  diesem  und  dem 
Domkellerer.  Seitdem  fiel  es  durch  biscluifliches  Urteil  dem  Probst  vom 
St.  Johannis  im  Verein  mit   dem  Domkellerer  und  dem  Volke   zu,  den  Priester 


^  Vgl.  Kapitel  ,,Harr*lebeii.*' 


Wüstungen:  Heiriggeroth — Mattenrode  11 


dort  zu  wählen.  In  Streitfällen  entschied  der  Bischof.  Hieran  schloss  sich 
weiterer  Zwist  des  Johannis-Stifts  mit  den  Bauern  von  H.-D.,  der  1235  durch 
den  Bischof  zu  ihren  Ungunsten  entschieden  wurde.  Die  grosse  Glocke  der 
Kirche  wurde  1394  vom  Kirchturm  genommen  und  in  der  Kirche  des  Johannis- 
klosters  zu  Halberstadt  aufgehängt.  Die  Pfarrei  gehörte  noch  1445  (Febr.)  zum 
Archidiakonat  Halberstadt;  1453  scheint  die  Kirche  noch  bestanden  zu  haben. 
In  H.-D.  wurde  das  Kegensteiner  Grafengericht  abgehalten.  Das  Rathaus  (auch 
hier  theatrum,  Spelhus  genannt)  wird  1246  erwähnt  Die  Mühle  des  Siechen- 
hofs 1282.  Der  1311  noch  bewohnte  Ort  eischeint  1448  als  Wüstung.  Flur- 
bezeichnungen: Ellernholz(1326);  —  Ditf urter Feld ;  Heerstrasse;  Grasweg;  lange 
Feld;  zwischen  den  Verebergen;  bei  dem  Dornshoge;  hinter  dem  Ditfurter  Ho, 
iegen  den  eieren  (noch  1453); — Derenburger  Weg;  Mahndorfer Graben ( 1448) ; — 
over  den  Mandorpeschen  wech;  beneden  der  korken  to  Dytforde;  jegen  der  becker 
molen;  jegen  deme  verde  to  Dytf.;  over  den  Strobcschen  wech;  up  den  middol- 
wech;  upe  de  Brunswikesche  strate;  in  derwischeto  Dytf.  (1453);  —  updenberch 
tygen  den  steyn,  der  nie  dat  hilgedom  up  sat  (1464);  —  gegenüber  der  Hilgen- 
dorftächen  Mühle;  hinter  dem  donische  pund;  na  dem  Seckborne;  auf  die 
Dräkenkoppe  und  Ditfordesche  wunde  und  up  dat  degenblock;  auf  den  Berj^ 
über  das  Wasser;  auf  das  Kamp  über  der  Wiese  und  Ellern  (1531).  v.  Ström- 
beck, d.  Halb.  Archidiak.    H.  Z.  I,  272.  IIc,  88.  IV,  376.  V,  33.  XXIII,  357. 

Hullini^erode ,  zwischen  Schauen  und  Abbenrode.  Vgl.  bei  Hilgenroth. 
Hulingherode  (1312),  Huligherode  (1329),  Hulligerode  (1530).  Archidiakonat  Oster- 
wieck.  Grafschaft  und  Gericht  noch  1343  regensteinisch,  seitdem  wernigerödisch. 
Gehörte  1457  dem  Grafen  Heinrich  v.  Stolberg,  des  es  „mit  allem  Rechte,  mit 
fünftehalb  Hufen  Landes  auf  dem  Feld  zu  Berssel,  mit  einem  zehntfreien  Hof  in 
dem  Dorfe  daselbst  über  dem  Wasser''  vom  Bischof  von  Halberstadt  zu  Lehen 
hatte.  1329  war  es  noch  bewohnt  und  wie  es  scheint,  auch  noch  1478,  wenigstens 
teilweise,  1530  Wüstung,  als  welche  es  damals  Eigentum  von  Stötterlingenburg 
war.    Reinicke,  p.  32,  Anm.,  H.  Z.  IV,  381. 

Ikenrode,  nordwestlich  von  Homburg,  dicht  vor  der  Stiidt  an  der  Ilse; 
Ikenrode  1418,  damals  zu  Homburg  gehörig.    Archidiakonat  Westerode. 

Kreiendorf ,  südlich  von  Emersleben.  Crcindorp  1136,  Crentorp  1184  (93). 
Crendorpe  1312.  Die  Kapelle  samt  dem  Ijcuchter  daiin  1184  (93)  erwälmt,  1136 
hatte  die  Kapelle  in  Gernrode  dort  Besitzungen.  Als  die  Kirche  1312  dem 
Pauls-Stift  zu  Halberstadt  einverleibt  wurde,  war  der  Ort  schon  wüst.  1342 
scheint  auch  die  Kirche  nicht  mehr  existiert  zu  haben.  Südlich  lag  1373  der 
slepwech;  von  diesem  aus  nach  Emersleben  zu,  (istlich  von  der  Molkenmühle 
gab  es  einen  Ort  uppe  den  neghen  gerden  (groben  ?).  Das  Kreindorfer  Feld,  zwischen 
der  Emerslebener  und  Wehrstedter  Mark,  wird  1356  und  1449  erwähnt  H.  Z.  III,  451. 

Mattenrode,  Matthenrode,  grother  unde  lutteken  (1446),  schon  erwähnt  1249, 
lag  nach  Grote  westlich  von  Stötterlingenburg,  südlich  von  Suderode,  östlich  von 
Wiedelah,  nordöstlich  von  Wigenrode  an  der  Stimmecke.  Die  Feldmark  gehörte 
teils  zu  Wiedelah,  teils  zu  Stötterlingenburg.  Flurnamen:  in  der  nedderen 
wände;  up  obdans  kulen  boven  wente  an  den  hoppen  hof;  up  den  soltmorgen 
linde  up  den  Rimbecke,  van  dem  dickdamme  na  dem  Widelage;  up  den  olden 


12  Halberstädter  Landkreis 


vorde;   up  den  depen  wech  xmde  up  den  Rimbecke;  up  den  Domebusk;  ander 
dem  dämme  (1514). 

Marbeke,  Marchbeke  1251  u.  1302.  Die  Lage  (nördlich  von  Langeln  und 
nördlich  von  der  Vienenburger  Bahn;  eben  soweit  von  dieser  entfernt  wie 
Langeln  südlich  davon)  ist  noch  bekannt.  ArchidiakonatDardesheim.  v.  Strömbeck, 
d.  Halb.  Archidiak.  H.  Z.  II  a,  4.  XII,  129. 

Nettorp,  Neltorp  1400,  in  der  Flur  von  Rohrslieim  nach  Gross -Dedeleben 
zu.  Netthorp,  Nettorph  (941).  Archidiak onat  Dardesheim.  v.  Strömbeck,  d.Halb. 
Archidiak.,  H.  Z.  XX,  8. 

Niendorf,  südöstlich  von  Aspenstedi  Nyendorp  1156. 1311  wüst  Der  Templer- 
orden hatte  hier  Besitzungen.  Flurbezeichnungen  1488:  Halberstädtischer  Stieg; 
in  de  ysenkulen. 

Niendorf,  bei  Emersleben  1187.  Die  neugebaute  Kirche  daselbst  damals 
unter  Patronat  der  Kirche  von  Emersleben. 

Niendorf,  zwischen  Halberstadt  und  Ergstedt  bei  Thidestorp  (s.u.)  1189. 
Vielleicht  als  Nigenthorp  schon  1153  erwähnt. 

Klein-  (oder  Kraut-)  Niendorf,  campus  qui  wustemark  dicitur  1268,  lutken 
Niendorpe  1484,  luttken  Neindorf  1559,  Grote:  Diepen-Niendorp,  Depen -Neyn- 
dorp  (1400)  beim  Heykenthal,  ostsüdöstlich  von  Dardesheim.  Der  Neinstedtische 
Stieg  1488.  Archidiakonat  Dardesheim.  Grafschaft  und  Gericht  bis  1343  regen- 
steinisch,  seitdem  wernigerödisch.  Hermes  u.  Weigelt,  d.  Reg.-Bez.  Magdbeurg; 
V.  Strömbeck,  d.Halb.  Archidiak.;  H.Z.IV,  381.  VIII,  20.  59 f. 

Nordrode,  nördlich  von  Hornburg,  zum  Amte  daselbst  gehörig.  Schon  1128 
und  1287  erwähnt.  Archidiakonat  Osterwieck.  1420  (Aug.)  klagt  der  Bischof 
über  gewaltsame  Beschädigung  des  Orts.  Die  Kirche  St.  Mariae  Magdalenae  zu 
Nordrode  war  1562  wüst  Bis  zum  selben  Jahre  gehörte  das  Kirchlehen  zu 
Stötterlingenburg.    H.  Z.  XXIV,  318.  319. 

Odorp,  Adorp,  dicht  südlich  von  Berssel  an  der  Ilse.  Blankenburger  Malstätte, 
schon  1128  erwähnt.    H.Z.IV  373  f,  381. 

Onnngendorf,  zum  Amt  Westerburg  gehörig. 

Osterbek,  bei  Osterwieck.  Osterbech  (1318).  Archidiakonat  Osterwieck. 
Die  Kirche  war  1322  schoii  verwüstet;  der  Rat  von  Osterwieck  durfte  die  Bau- 
steine auf  Erlaubnis  des  Kapitels  von  U.  L.  Frauen  zu  Halberstadt  nach  seinem 
Belieben  verwenden,  nachdem  der  Bischof  den  Abbruch  gestattet  hatte.  Das 
Dorf  scheint  bereits  1311  wüst  gewesen  zu  sein.  Die  Dorfstelle  blieb  unter 
Regensteinor  Vogtei. 

Otterode,  zwischen  Osterode  und  Hoppenstedt. 

Radelingerode,  Radelingrode  1396  „zwischen  Lütgenrode  und  Mattenrode*'^ 
(1249).    Am  grossen  Fallstein  (Höchst.  U.  B.  IV  No.  3105). 

Ramsleben,  nördlich  von  Deersheim. 

Redingerode,  zwischen  Stötterlingenburg  und  Abbenrode,  gegen  Stapeln- 
burg hin.  Reddingerod  1218,Redigerod  1506.  Delius,  Harzburg.  H.  Z.  XII,  110. 123. 
Rnustedt.   1.  Runstedt  2.  Osten-B,  3.Gross-R.,  südlich  vomHuv,  zwischen 


Wüstnugen:  Marbeke  —  Tönnigerode  13 


KL- Quenstedt  und  Sargstedi  Ronstede  1133,  Archidiakonat  Halberstadt.  War 
zwar  1311  noch  bewohnt,  hatte  1323  noch  einen  Meierhof,  war  aber  1297  schon 
im  Rückgange.  Damals  wurde  der  Kirche  die  Glocke  genommen  und  zum  Guss 
einer  neuen  für  die  Liebfrauen -Kirche  zu  Halberstadt  verwendet.  Die  Vogtei 
war  regensteinisch;  Juni  1345  ging  sie  an  das  Johannesstift  zu  Halberstadt  über, 
welches  dort  Besitzungen  hatte.  Flurbezeichnungen:  der  Wald  Remesdal  1324;  — 
1356:  distelmorghen;  over  den  wech;  bi  dem  langhen  menen;  in  dem  grosesche 
opposito  crucis;  tighen  dem  Santberghe;  twischen  den  weghen;  papenhaghe,  in 
der  vrucht;  tighen  den  vosholen;  de  A^uJccUe^an  dre  morgen;  hinter  dem  welberghe; 
opme  lutteken  esche;  neghest  der  brede;  umme  den  hezelberch ;  boven  dem  dorpe; 
Swanebeker  Weg;  gegenüber  kemenaten  in  den  lutteken  grosesche  boven  dem 
cruce;  Eilsteder  Weg:  de  brede  morghen;  in  den  slepwech;  bi  dem  nederen 
Runstedeschen  velde;  bi  dem  campweghe.  H.Z.IH,  121,  124.  VÜI,  95.  XI,  212. 
4.  Ober-Runstedt,  Obim-Runstede  (1358).  Vgl.  v.  Strömbeck.  5.  Nieder-R., 
inferior  Ronstad  (113^,  minus  Ronstede  (ca.  1203),  Nedderen  Runstedde  (1442), 
bei  Ober-R.  Es  war  1311  noch  bewohnt  Als  Wüstung  (villa  desolata  inferioris 
Runstede)  genannt  1441  (Sept.).  Das  Gebiet  gehörte  dem  Bischof  und  Dom- 
kapitel, die  Vogtei  war  regensteinisch  (1431),  die  ehemalige  Pfarrkirche  St.  Liutger 
unterstand  noch  nach  ihrem  Verschwinden  nominell  dem  Domkämmereramt,  den 
Zehnten  hatte  1480  die  Familie  von  Wegeleben.  1442  wurde  in  der  Nähe  eine 
Warte  zum  Schutz  der  Stadt  Halberstadt  und  der  Reisenden  mit  bischöflicher 
Erlaubnis  von  der  Stadt  erbaut  und  ein  Wächter  dort  eingesetzt.  Eine  genauere 
Unterscheidung  der  fünf  verschiedenen  Ortsnamen  R.  ist  nur  in  betreff  von 
Ober-  und  Nieder-R  möglich.    H.Z.IV,  386.  XXH,  28,  40.  41. 

Sievershansen,  nordnordwestlich  bis  nördlich  von  Derenburg.  Sigefriedes- 
husön  (995),  Siverthusen  (1197),  Severthusen  (1199),  Siberhishusen  (1349).  Archi- 
diakonat ützleben.  Gericht  und  Grafschaft  regensteinisch  1358.  Der  Name 
Sievershäuser  Feld  existiert  noch,  desgl.  der  Sievershäuser  Zoll  und  die  Sievers- 
hänser  Mühle.  Das  Allod  des  Grafen  Siegfried  IL  von  Blankenburg  war  vielleicht 
identisch  mit  dem  jetzigen  Derenburger  Amtsgute.  Flurnamen  1477:  in  dat  velt 
na  der  blotenlonn;  Hasenwinkel;  Valenwech;  nach  der  Ströbeck'sche  Landwehr, 
kolwech;  over  dem  syk;  Atensteter  weg ;  updevalenerde;  Tanstetsche  weg;  over  de 
dale;  Hadeber  weg;  auf  die  Anewende;  auf  den  holen  wech.  H.  Z.  IIc,86,89,91. 
IV,  386  f.  VI,  454.  XII,  77, 96. 

Stenym,  Steynum,  Steynem,  villa  bei  Veitheim,  wahrscheinlich  da,  wo  jetzt 
das  von  Dewitz'sche  Rittergut  liegt,  1184.  Archidiakonat  Dardesheim.  Gehörte 
1378  zu  Homburg.  Die  Kirche  und  deren  Einkünfte  kamen,  nachdem  der  Ort 
(durch  Überschwemmung?)  zu  Grunde  gegangen  war,  an  die  Pfarrkirche  zu  Veit- 
heim, wohin  auch  die  Einwohner  übersiedelten.    Identisch  mit 

Stein.  Eine  Steinmühle  liegt  noch  jetzt  an  jener  Stelle.  Sie  ist  dem  Amte 
Homburg  erbenzinspflichtig.    Wüst  war  es  wohl  1583.    S.Hornburg.  H.Z.  1,136. 

Sükum,  nördlich  von  Abbenrode.    In  der  Nähe  ein  „Pfaffenkamp.'' 

Thidestorp,  Meierei  bei  Mahndorf  1146.    H.Z. III, 589. 

Tonnigerode,  zwischen  Homburg  und  Rimbeck,  westlich  von  d^r  Jlse, 
Archidiakonat  Westerode. 


14  Halberstädter  Landkreis 


Uhrnleben,  bei  Ströbeck  1086.  Der  Zehnte  dort  gehörte  dem  Kloster  Ilsenburg. 

Üplingen,  Klein-  und  Gross-Üpl.,  zw.  Rohrsheim  und  Dardesheim.  Grund- 
mauern, anscheinend  von  der  Kirche,  zwei  Schlüssel  (jetzt  im  Besitze  der  Fa- 
milie Sauer  zu  Eohrsheim),  Gräber,  ein  gepflasterter  Weg  wurden  in  der  Mitte 
dieses  Jahrhunderts  aufgefunden.  Ein  Brunnen,  der  Üplinger  Born,  bewahrt  noch 
(Ion  Namen  der  Orte.   Dicht  dabei  eine  alte  Gericlitsstätte,  noch  jetzt  Thie  geheisseii. 

Utzleben  (937),  nordwestlich  von  Deronburg.  üttislevo  (1084),  üttesleve  (1259), 
Utsleibin  (1358).  Als  Archidiakonat  des  Hochstifts  zuerst  1247  erwähnt  Gericht 
und  Grafschaft,  regensteinisch,  hatten  hier  einen  ihrer  bedeutendsten  Sitze.  Die 
Meierei  1259,  das  Utzlebener  Feld  1322  und  1477.  Daselbst  „der  von  Severthusen 
Hove*'.  Die  Kirche  war  von  Wällen  und  Gräben  umgeben,  deren  Beste  noch 
teilweise  zu  erkennen  sind.  H.  Z.  IIa,  1.  f.  5.  20.  IIb,  184.  II c,  90 f.  III,  231,330, 
765.   IV,  386  f.  402.  XII,  128,  163.  XXIIL  357,  358  u.  s.  w. 

YinkeBtorp,  wo?  um  1204.  Dort  gab  es  eine  der  Körner  des  St.  Johannis- 
Stifts  gehörige  Mühle.  Auch  der  Zehnte  gehörte  dem  Stift  1225.  Ungedr.  Urk. 
des  Joh.-Stifts.    Vielleicht  identisch  mit  Dingstorp  (s.  o.) 

Walvy,  unter  dem  Fallstein  bei  Osterwieck.  Walleweghe  (1194),  Walle- 
wegkhe  (1202),  Wallewicghe  (1372).  Archidiakonat  Osterwieck.  Den  halben 
Zehnten  bekam  1252  das  Stift  St.  Bonifaz,  den  andern  hatte  schon  1194  das 
Liebfr.-Stift  zu  Halberstadt;  beides  war  ehemals  bischöfliches  Lehen  gewesen. 
1311  war  es  Lehnsbesitz  der  Ministerialen  Ulrich  und  Ludolph.  Ein  Probst  von 
W.  1252,  Pfarrer  1372.  Als  Wüstung  genannt  April  1460.  Das  Walwyer  Feld 
1549.  Ein  im  östlichen  Teile  von  Osterwieck  in  die  Ilse  sich  ergiessender  Bach 
heisst  noch  jetzt  "VValwyer  Graben.    H.  Z.  IV,  376. 

Wedde,  vielleicht  identisch  mit  Wetteborn?  (s.  u.)  Oder  Dorf  südlich  von 
Danstedt? 

Klein-Wehrstedt,  bei  Wehrstedt;  heisst  jetzt  die  Wolfskuhle. 

Westerbek,  nordwestlich  von  Osterwieck  am  Fallstein.  Villa  1318.  Wester- 
beek  (1331).   Archidiakonat  Osterwieck.  Der  Zehnte  war  bischöfliches  Lehen  1359. 

Westerode,  südlich  bei  Hornburg.  Westerrothe  (1147).  Westirrode  (1378), 
gehörte  damals  zu  Homburg.  Archidiakonat  Westerode.  Die  Kirche  gehörte  zu 
den  ältesten  derartigen  Gründungen  und  verdankte  ihre  Entstehung  vermutlich 
schon  dem  Bischof  Hildegrim.  Der  Kirchhof  ist  Eigentum  der  Gemeinde  Isinge- 
rode  geworden. 

Wetteborn,  1(X)4,  an  der  Chaussee  auf  dem  halben  Wege  von  Danstedt 
nach  Athenstedt.  Witebuma  (1084),  Witheburne  (1153),  Witebome  (1225),  Wete- 
borne.  Archidiakonat  Utzleben.  Dort  hatte  1004  ein  Graf  Wigger  Besitzungen. 
Auch  das  Joh.-Stift  zu  Halberstadt  und  das  Kloster  Ilsenburg  waren  dort  be- 
gütert.   H.  Z.  IV,  26.  XXIV,  316. 

Wiby,  Wibuge  1251,  Wiboye  1311,  zwischen  Halb,  und  Wegeleben. 
Die  Kirche  gehörte  als  filia  zum  Halberstädter  Paulsstifte ;  die  Flur  zu  Harsleben, 
als  der  Ort  anfangs  des  14.  Jahrhunderts  wüst  war.  Auch  ein  Rathaus  (teatrum) 
gab  es  dort,  welches  1251  erwähnt  wird.  Besitzungen  hatten  dort:  das  Kloster 
Adersleben;  die  v.  Kreyendorf  1440;   die  v.  Wegeleben  1480.    Auf  der  Flur  lag 


Wüstungen :  Utzleben  -  Zilly  15 


die  Grafengerichtsistiitte  De  grote  frevel,  daneben  die  Kapelle  (1480).    H. Z. IIc, 
194;  111,160,452,642;  XVIII,  199;  XXII, 259, 262. 

Wichhausen,  Wighusen  937,  Wiclihasen,  Yickhusen  1400,  ehemals  be- 
festigter Ort  östlich  von  Derenburg.  Archidiakonat  Utzleben.  Gericht  und  Graf- 
schaft regensteinisch.  Der  Zehnte  gehörte  1187  dem  Domkapitel  Die  urawallto 
Kirche,  bis  1304  (15.  Mai)  zur  Dionysiuskirchc  bei  Dcrenl)urg  gehörig,  wurde 
seitdem  von  ihr  getrennt  und  zu  einer  Parochialkirche  gemacht.  .  Noch  1481 
(25.  Juli)  wird  W.  als  Dorf  genannt,  dessen  Yogtei  dem  Stift  Gandersheim  zu- 
stand. Daselbst  auch  ein  Vorwerk,  welches  zur  selben  Zeit  dem  Stifte  jährlich  (?) 
500  Wolfsangeln  (??)  zu  liefern  hatte.  Noch  vorhanden  ist  die  sog.  Wichhäuser 
Mühle,  zu  Mahndorf  eingemeindet;  Privateigentum.  Von  dem  Wichhäuser  Kloster 
sind  noch  Reste  von  Grundmauern  auf  dem  sog.  Kellerberge  bis  1877  vorhanden 
gewesen.    H.  Z.  IIb,  6,  184.   IIc,  90.   IV,  386  f.   V,  386.   XII,  90,  92, 

Wigenrode,  an  der  Stimmecke,  südlich  von  Suderode,  zwischen  Wiedelah 
und  Lüttgenrode.  WigeroÜi  (1139),  Wigenrothe  (1153),  Wieherode  (1599).  Be- 
sitzungen dort  hatten  das  Petersbergkloster  zu  Goslar,  nach  diesem  das  Johannis- 
stift.  1446  gehörte  die  Flur  teilweise  und  1545  der  Klosterhof  zu  Stötterlingen- 
burg.  Ein  Teich  in  der  Nähe  war  durch  Dämme  verhindert,  über  seine  Ufer  zu 
treten  (15G3).  H.  Z.  I,  272.  IIb,  93,  217.  111,1024.  VI,  543.  In  der  Nähe  süd- 
östlich ein  Flur  „der  Palast"  genannt. 

Winzersdorf,  bei  Halberstadt  (?). 

Ziesel,  östlich  von  Hornburg,  nach  Rhoden  zu  am  Zieselbach;  etwa  eine 
Meile  nördlich  von  Stötterlingenburg.  Zuerst  genannt'  1249.  Zeczele  (1249), 
Tsesele  (1290),  Tziesele  gegen  1358,  Zissel,  Ziszel  (1500),  Ziesel  (1564).  Archi- 
diakonat  Westerode.  Die  Kirche  und  Pfarce  war  Lehn  des  Münsters  zu  Goslar. 
Z.  war  1464  bereits  wüst,  Die  Kirche  wurde  durch  Bischof  Gebhard  von  Halber- 
stadt zur  Kapelle  degradiert  und  wurde  mit  der  ünterpfarre  zu  Hornburg  ver- 
einigt (1539).  Ein  dem  Kloster  Neuwerk  zu  Goslar  gehöriger  ßnrghof  mit  10 
Hufen  Land  wurde  1524  dem  Schlosse  Homburg  überwiesen.  Flurnamen  um 
1500:  Osterberg;  na  dein  broke;  up  dem  Duvestein;  Weg  nach  Osterode  uf  den 
Kley;  uf  der  midddwande;  auf  den  Kreuzweg  vor  dem  Fallstein;  uf  den  rischen, 
uf  dem  Hundeschlagk;  über  einen  breiten  Grasweg;  uf  die  dingwordt;  uf  den 
brockgraven;  bey  der  hesecken  brüge;  nach  Homburg  zwischen  dem  Rlioder  und 
Zisselerwege ;  uf  dem  kampe;  in  den  rischen;  uf  der  Osterwische,  —  Die  Be- 
zeichnungen „Zieselfeld",  „Zieselwiesen'\  „Zieselholz''  und  „auf  dem  Zieselkirch- 
hofe" sind  noch  übUch.    H.  Z.  Yin,38  f.  77.  XII,  120. 

Ziegersleve,  wo?     Ungedr.  Urk.  d.  Höchst. 

Zilly,  CzilUnge,  inferior,  zum  Archidiakonat  Dardesheim  gehörig  (siehe  bei 
dem  noch  bestehenden  Dorf  Zillv). 

Wüstungen,  deren  Namen  nicht  zu  ermitteln  sind,  befinden  sich  ausserdem: 

1.  nördlich  von  Gross-Quenstedt  und  der  Wüstung  Wirbeck  „auf  dem  Gartling''. 

2.  östlich  von  Gr.-Quenstedt  bei  der  Laurentiuskirche.  S.  das  Kapitel  Gr.-Quenstedt. 

3.  westlich  von  Kl.-Quonstedt  am  Assebach  (vielleicht  =  Nieder-Runstedt?) 


II.  Die  noch  bestehenden  Ortschaften  des  Landkreises 


Abbenrode 

Reichsfreiherr  Gi-ote,  Lexikon  deutsclier  Stifter  etc.  I,  p.  3  —  H.  Z.  an  vielen  Stellen. 
—  Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1620  zurück.  Abbildung:  Kupferstich  von  Funk,  1815. 
Grösse  17:237,  cm. 

Hebenrotli  (?)  937,  Abenrod  964,  curtis  Abbenrod  in  pago  Hartingo  964, 
Abbenrod  1129,  Abbenroth  Ticus  1147,  Abbanroth  1150,  Abbenrothe  1218,Abben- 
rodhe  1249,  Habenrode  1252,  Abberode  1400.  Der  Name  bedeutet  Rodung 
des  Abbo. 

Dorf  28,4  km*  westlich  von  Haiberstadt,  an  der  Ecker,  Einwohner:  1564, 
42  Hauswirte,  1589  deren  48;  heute  1150  Einwohner  protestantischer,  nur  wenige 
katholischer  Konfession.    Haupterwerbszweig  ist  die  Landwirtschaft* 

Archidiakonat:  Osterwieck. 

Geschichte:  In  A.  hat  schon  1086  das  Kloster  Ilsenburg  Besitzungen, 
1129  wird  die  curtis  A.,  die  bis  dahin  im  Besitze  des  Pfalzgrafen  Friedrich  von 
Putelendorf  gewesen  war,  von  diesem  an  einen  Gebhard  von  Lochten  geschenkt 
Die  Gründung  des  Klosters  zuA.  erfolgte  1145.  Es  war  zuerst  ein  Doppelkloster, 
wurde  dann  aber  nur  als  Cistercienserinnenkloster  benutzt  Patron  war  der 
h.  Andreas.  Die  Kirche,  um  deren  Patronat  lange  Zeit  zwischen  dem  Andreaskloster 
zu  A.  und  dem  Kloster  Dsenburg  Zwist  geherrscht  hatte,  wurde  1243  auf  Ver- 
anlassung des  Bischofs  Meinhard  in  eine  Probstei  von  6  regulierten  Chorherren 
umgewandelt;  der  Probst  sollte  immer  aus  dem  Kloster  Ilsenburg  gewählt  werden. 
Über  die  Patronate  und  Güter  des  Klosters  vgl.  Grote  a.  a.  0.  Obgleich  der 
Besitz  an  Land  nicht  eben  gering  war,  befand  sich  doch  Anfang  des  16.  Jahr- 
hunderts das  Kloster  in  Vermögensverfall,  derart,  dass  ihm  1504  die  Abgaben 
vom  Bischof  Ernst  erlassen  wurden.  1525  wurde  es  von  den  Bauern  und  kurz 
darauf  durch  Räuber  völlig  zerstört.  1531  ging  es  an  das  Hochstift  Halberstadt 
über,   unter  dessen  Patronat  seitdem   die  Kirche   stand.    Heute  ist  daher  das 


*  Samtliche  Entfernungen  von  Halberstadt  sind  in  der  Luftlinie  gemessen,  der  Halber- 
Städter  Dom  als  Nullpunkt  angenommen. 

'  Die  Landbewohner  betrieben  im  Mittelalter  wie  noch  jetxt  voraugsweise  den  Ackerbau, 
der  sich  abgesehen  von  den  erst  neuerdings  eingeführten  Kulturgewächsen  mit  denselben 
beschäftigte  wie  heutzutage.  Von  Haustieren  züchtete  man  Pferde,  Rinder,  Schweine,  G&ise 
Hühner  u.  s.  w.,  ausserdem  wurde  des  Honigs  und  Wachses  wegen  Bienenzucht  getrieben.  Zur 
Gewinnung  des  nötigen  Getränkes  baute  man  Wein  und  Hopfen,  letzteren  in  Menge  in  der 
Nähe  des  jetzt  wüsten  KL-Harsleben.  Der  Hopfen  zehnte ,  welcher  dem  Bischöfe  gehorte, 
wurde  von  dem  geldbedürftigen  Albrecht  II I.  1368  dem  Rate  von  Halberstadt  verpfändet. 
Das  Bierbrauen  wurde  besondei-s  in  der  Stadt  stark  betrieben  [h.  unten). 


Abbenrode  17 


Patronat  königlich.  Die  Säkularisation  erfolgte  1554.  Seitdem  verfiel  das 
Kloster;  heute  existiert  keine  Spur  mehr  davon.  1480  wird  die  Familie  von 
Wrampe  in  A.  erwähnt 

Flurname:  1324  Santbrink. 

Die  Kirche.  Der  niedrige,  langgestreckte  Bau  stammt  aus  verschiedenen 
Bauperioden.  Der  älteste  Teil  ist  der  Turm.  Über  dem  Eingange  in  den  Chor 
steht  die  Jahreszahl  1695,  doch  hören  wir  auch  1589  von  Kirchenbau,  zu  welchem 
der  Ertrag  des  Ootteskastens  mit  benutzt  wurde.  Das  Schiff  hat  eine  lichte 
Länge  von  24,50  m,  eine  Breite  von  8,73  m.  Der  im  halben  Achteck  geschlossene 
Chor  zeigt  eine  äussere  Seitenlänge  von  3,90  m.  Das  Kirchenschiff  tritt  südlich 
über  den  aussen  7,55  m  breiten  Turmbau  mehr  als  3  m  hinaus,  während  die 
nördliche  Wand  mit  der  Turmwand  bündig  ist  Die  z.  T.  aus  dem  Lot  ge- 
ratenen Wände  sind  stellenweise  durch  Streben  gestützt  Die  Kirche  hat  eine 
aus  Holz  gewölbte  Decke.  —  An  der  nördlichen  Seite  befindet  sich  die  schmuck- 
lose sogenannte  Domhermprieche. 

In  den  Fenstern  (es  sind  auf  jeder  Seite  5)  die  sonst  keine  Merkwürdig- 
keit zeigen,  befinden  sich  an  drei  Stellen  kleine  gemalte  Scheiben:  1.  Wappen 
des  M.  Hans  Lampen;  2.  eine  Jagd  mit  dem  Namen  des  abbenröder  Försters 
Christoph  Zabell,  18.  Jahrhundert;  3.  der  Gastwirt  Hans  Fürstake  1695. 

Auf  dem  Turm  befinden  sich  3  Glocken: 

1.  Dm.  1,07  m.    Sie  zeigt  die  Jahreszahl  1532  und  den  Spruch: 

pauwels  es  mynen  naem  my  gheluyt  sy  gode  bequame  als  verre  als  my 
hören  sal  wilt  god  bewaren  ovaral. 
Ausserdem  zeigt  die  Glocke  ein  Wappenschild  mit  3  Türmen  und  2  Händen 
darüber;  ringsherum  liest  man  in  teils  lateinischen,  teils  gotischen  Majuskeln 
die  Namen  M.D.  Blöder,  Loder  Kerckhof  (jedenfalls  Alderleute),  femer  zeigt  die 
Glocke  in  3  Medaillons  die  Figuren  Gottvaters,  der  thronenden  Madonna  und 
die  Halbfigur  des  Paulus. 

2.  Gegossen  von  C.  F.  Ukich  in  Apolda  1886. 

3.  Alter  und  Herkunft  wie  No.  2. 

Diese  beiden  neuen  Glocken  sind  der  Ersatz  für  zwei  alte,  von  denen  eine 
zersprungen  war  und  eingeschmolzen  ist.  Die  andere  Glocke  hat  0,37  m  Dm. 
Die  langgestreckte  Form  weist  auf  hohes  Alter  hin.  Eine  Inschrift  hat  sie  nicht. 
Sie  befindet  sich  noch  zu  Abbenrode  im  Besitze  des  Herrn  Pastors  Voigtel. 

Altar.    [Ein  Altar  S.  Petri  wird  erwähnt  1468.] 

Der  geschnitzte  Altar,  Triptychon,  zeigt  die  Kreuzigung  innerhalb  einer 
Gruppe  von  24  Personen.  Die  1,14  m  breiten  Flügel  zeigen  aussen  links  oben 
die  Kreuztragung,  unten  die  Grablegung;  rechts  oben  Jesus  vor  Pilatus,  unten 
die  Beweinung  des  Leichnams.  Die  inneren  Seiten  sind  erfüllt  mit  je  6  Heiligen. 
Die  Predella  zeigt  das  heil.  Abendmahl.  Das  massige  Werk  stammt  vom  Ende 
des  15.  Jahrhunderts,  befand  sich  früher  in  der  Stephanikirche  zu  Goslar  und 
ist  seit  1728  in  A. 

Die  Kanzel  zeigt  reiche  Schnitzerei  und  ist  vom  Anfange  des  18.  Jahr- 
hunderts. 

Gleichfalls  schön  geschnitzt  ist  die  von  1708  datierte  Orgel,  erbaut  von 
einem  Wemigeröder  Meister,  Christoph  Cuntzius. 

Krela  Halb«rtladt.  S 


18  Halberstädter  Landkreis:  Abbenrode  —  Aspenstedt 


Taufbecken,  modern,  etwa  30  Jahre  alt.  Ein  älterer  Tauf  stein  ist  nicht 
nachweisbar. 

Von  Altargeräten  ist  vorhanden  ein  neuer  Kelch,  eine  ebensolche  Kanne, 
femer  ein  Kelch  aus  vergoWetem  Kupfer  0,20  m  hoch,  von  gotischer  Form, 
15.  Jahrhundert,  um  den  Knauf  die  BuchstÄben  IHESVS;  ist  laut  Inschrift  der 
Kirche  1651  geschenkt,  1652  vergoldet.  Dazu  gehört  eine  1651  angefertigte 
Patene  von  0,15  m  Durchmesser.  [Ein  silberner  Kelch  nebst  Patene  war  als 
Geschenk  des  f  Amtmanns  Albertus  aus  Zilly  1589  in  der  Kirche  vorhanden.] 

Bildwerke.  An  der  Turmwand  innen  befinden  sich  die  Reste  eines 
Reliefs,  den  thronenden  Christus  darstellend,  soweit  sich  noch  erkennen  lässt, 
von  bedeutendem  Alter.  In  der  Kirche  hängt  das  lebensgrosse  Portrait  des 
Pastors  Chry Sander  (f  1721),  des  Wiederherstellers  der  Kirche. 

[Eine  Uhr  wurde  kurz  vor  1589  neu  angeschafft.] 

Von  andern  Gebäuden  sind  vorhanden  1.  die  domkapitularischen  Mühlen 
(Papier-,  Kupfer-  und  Schleif mühle),  erbaut  1607  auf  Veranlassung  des  Dom- 
dechanten  Matthias  von  Oppen  durch  den  Baumeister  Christoph  Straube;  2.  das 
domkapitularische  Jagdhaus,  ausserhalb  des  Ortes,  dicht  bei  der  Wüstung  Külinge- 
rode  1757  erbaut    [Erwähnt  wird  noch  1603  der  sog.  alte  Schäferhof.] 

Aspenstedt 

Die  Kirchenbücher  geben  bis  1661  zurück. 

Aspenstede  1084,  Espenstede  1096,  Aspenstide  1191,  Aspenstidde  1203, 
Asmenstede  1241,  Aspenstete  1358,  Aspinstede  1402,  Aszmustedt  1597  (Oppensches 
Tagebuch,  p.  5  ^). 

Dorf  8,3  km  nordwestlich  von  Halberstadt,  am  Assebach,  mit  038  Ein- 
wohnern (1564  43,  1589  66  Hauswirte),  evangelischer  Konfession,  deren  Haupt- 
erwerb die  Landwirtschaft  bildet. 

Archidiaconat:  Halberstadt. 

Geschichte:  Seit  dem  frühen  Mittelalter  (1084  bezw.  1096)  waren  in  A. 
die  Klöster  Huysburg  und  Ilsenburg  begütert,  auch  das  Jakobikloster  hatte  im 
13.  Jahrhundert  dort  Besitzungen.  Die  Uten  von  A.  gehörten  zur  Meierei  in 
Ströbeck;  sie  wurden  12G6  duieh  den  Bischof  von  der  Vogtei  der  Gebrüder  von 
llabserude  losgekault.  Die  Ijieiichubarkeit  war  regensteinisch  und  gehörte  zu 
dem  Din^stuüi  von  Utzieüen;  sie  wurae  i'doö  an  das  Hochstift  verkauft.  1485 
finden  wir  A.  als  Sitz  des  Archipresbyters  des  Bannes  Halberstadt.  Von  der 
Ortsverwaltung  werden  ein  Bauermeister  und  2  andere  als  Alderleute  des  ,31^kes" 
und  Gotteshauses  zu  A.  1517  erwähnt  Das  Kirchenpatronat  war  ehedem  hays- 
burgisch;  jetzt  ist  es  königlich.  1564  gehörte  der  Ort  der  Domprobstei.  Dassdie 
Bewohner  Weinbau  betrieben,  ist  aus  den  Jahren  1096  und  1208  verbürgt. 

Flurnamen:  1483  op  deme  wege  nha  Sarxtede  vppedorp,  jegen  den 
Oallenberch,  vp  den  Sarxtedeschen  grauen,  in  den  Tanstedeschen  wech,  bouen 
deme  depen  Szyteren,  vp  deme  Atenstedeschen  stich,  vp  de  Voszhaler,  tiegen 
denn  Szyteren,  vp  de  Buxsborne,  in  de  Langhe  wisch,  jegen  der  Smalenwisch, 
vp  des  gadeshuszes  acker,  vp  de  Brunswikeschen  strate,  vp  den  Breden  legheden, 
nha  deme  holte,  tieghen  der  Warde.  —  1589  das  Sanktmeriensgras. 

^  Vgl.  die  interessanten  Angaben  im  von  Oppenschen  Tagebuch,  p  378  f.  8841 


Aspensiedt  (Kirche)  —  Athenstedt  19 


Die  aus  Sandsteinbruchsteinen  mit  Bewurf  erbaute  Kirche  (St.  Urbani)  hat 
keinen  Westeingang.  Der  romanische  Turm  zeigt  einen  rechteckigen  Grundriss, 
äussere  Breite  8,35  m,  Tiefe  5,33  m.  Er  wurde  1731  und  1779  erneuert  und 
erhielt  1834  einen  neuen  Knopf.  Er  verbindet  sich  durch  einen  grossen  Halb- 
kreisbogen mit  dem  Schiff.  Dieses  ist  im  Lichten  (ohne  Turmhalie)  17,97  m  lang 
und  6,73  m  breit.  Der  Chor  ist  gerade  geschlossen.  Die  Decke  ist  ein  hölzernes 
Tonnengewölbe, 

Die  Fenster  (sädlich3,  nördlich  4;  18.  Jahrhundert)  bieten  nichts  Bemerkens- 
wertes.   Ausserdem  befinden  sich  in  der  Decke  an  jeder  Seite  3. 

Glocken  giebt  es  3,  im  Durchmesser  von  I,ü4  m,  0,79  m  und  0,46  m. 
Die  erste  ist  1664  durch  Heise  Meier  in  Wolfenbüttel,  die  zweite  1781  durch 
Christian  Knoblauch  in  Haiberstadt  gegossen,  die  kleinste  ist  ohne  Schrift. 

Der  Altar,  die  in  ihn  hineingebaute  Kanzel  (Stil  Louis  XIV.)  und  die 
Orgel  sind  künstlerisch  unbedeutende  Schnitzwerke  vom  Anfange  des  18.  Jahr- 
hunderts. Der  Orgelchor  stammt  mit  seinen  geschnitzten  Schnürrollen  vom  An- 
fange des  17.  Jahrhunderts. 

Ein  Tauf  stein  fehlt. 

Das  Gestühl  stammt  aus  dem  17.  Jahrhundert. 

Altargeräte.  [Die  1584  vorhandenen  Wertsachen  kamen  damals  durch 
Diebstahl  abhanden.]    Jetzt  ist  vorhanden: 

1.  Tauf  Schüssel,  Silber  vergoldet,  modern. 

2.  Kelch,  Silber  vergoldet,  gestiftet  von  Isidorus  Hachspiel,  Abt  von  Huys- 
burg  1798,  Höhe  0,24  m. 

3.  Kelch,  Kupfer  vergoldet,  Höhe  0,12  m,  17.  Jahrhundert. 

4.  Patene,  Silber  vergoldet,  gestiftet  von  Diederich  Christian  Bette  1696, 
Dm.  0,13  m. 

5.  Patene,  Kupfer  vergoldet.  Dm.  0,08  m. 

6.  Oblatenscbachtel,  Silber  vergoldet,  Halberstädter  Beschau,  Meisterzeichen 

17  . 

^  j^ß;  gestiftet  von  Anna  Margareta  Stefi  1720;  Dm.  0,09  m. 

7.  Kanne,  Silber,  modern. 

Bemerkenswert  ist  in  A.  eine  Quelle,  neben  der  sich  auf  einer  dunklen 
Marmorplatte  die  Inschrift  befindet:  Klopstock  hat  aus  dieser  Quelle  getrunken. 
Zum  Andenken  von  Gleim. 

Athenstedt 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1689,  die  Eirchrechnungen  bis  1626  zurück. 

Ate'nstede  1219,  Attenstede  1316,  Atenstidde  1451. 

Dorf  10,7  km  nordwestlich  von  Halberstadt  am  Ströbeckschen  Fliess,  mit 
560  Einwohnern  (1564  35  Hauswirte,  1589  deren  36),  evangelischer  Konfession. 
Ihren  Haupterwerb  bietet  die  Landwirtschaft. 

Archidiakonat:  Bardesheim. 

Geschichte:  Als  viUa  Atenstede  wird  der  Ort  zuerst  1219  genannt.  Graf- 
schaft und  Gericht  waren  regensteinisch  und  wurden  1343  an  den  Grafen  Konrad 
von  Wernigerode  verkauft    Das  Kirchenpatronat  gehörte  erst  den  Brüdern  von 


Halberstädter  Landkreis:  Athenstedt  (Kirche) 


Heimburg,  seit  1340  dem  Kanonikus  Ludolf  von  Kissenbrück,  dessen  Bruder  und 
dem  ersten  Vikariat  des  Allerheiligen-Altars  zii  H.  Bonifaz  in  Halberstadt  Später 
gehörte  der  Ort  zum  Amte  Zilly.  Auch  das  Silvestristlft  zu  Wernigerode  war 
hier  begütert. 

Flurnamen:  Mitte  ]4.  Jahrhunderts:  grasewissche.  —  15(S  Nortbei^, 
Baderslebener  Weg,  Lutken-Steinstedter  Weg,  videgerade,  Dendokgraben, 
Santberg,  Suderdal,  Schevenberg,  Tye,  Danstedter  Weg,  grosse  und  kleine  Sdtar- 
tciese,  Buggenberg,  Koweg,  Scheidelbom,  Klaverwiese,  Vertelsberg,  Stil- 
beke,  Heerstrasse.  —  1516  Nothdal,  Ringenberg,  fulebom,  Snidalsberg,  bruchten- 
brok.  —  1664  der  Soltmorgen.  —  1589  das  Weitholz. 

Die  Kirche.  Das  im  Lichten  35,70  m 
lange  und  7,80  m  breite  Kirchenschiff  stammt 
aus  dem  18.  Jahrhundert.  Der  Chor  ist  im 
halben  Zehneck  geschlossen.  Der  Fussboden 
zeigt  Ziegelfliessen  (Fig.  1),  die  z.  T.  von  qua- 
dratischer Form  und  mit  eingepressten  halben 
Rosetten,  ähnlich  denen,  welche  oft  an  den 
Schnitzereien  der  Holzhäuser  vorkommen.  Die 
Decke  ist  mit  Brettern  eingewölbt  und  unbe- 
malt  Älteren  Datums  ist  der  Turm.  Kr  hat 
quadratischen  Grundriss  (Seite  5^  m).  Das 
Fig.  1.  Mauerwerk  ist  ziemlich  schlecht,  ein  Gewölbe 

im  untersten  Teil  ist  über  Schalung  gegossen. 
Oben  befinden  sich  auf  allen  Seiten  je  2  kleine 
Rundbogenfenster.  Trotzdem  ist  er  nicht  romanisch,  sondern  unter  Nachabmmig 
der  alten  Form  vor  1589  neu  erbaut  worden;  die  Kosten  betrugen  600 Gulden. 

Die  Fenster  (im  Schiff  auf  jeder  Seite  4,  im  Chor  2,  in  der  Mitte  eine 
Thür)  sind  ohne  Interesse,  18.  Jahrhundert, 

Glocken:  1.  Dm.  1,17  m,  sie  bat  die  Inschrift:  Anno  1611  Heinrich 
Borstelmann  in  Magdeburg  me  fecit.  Von  den  vielen  Kamen,  die  auf  derGlocke 
verzeichnet  stehen,  interessiert  besonders  der  des  Dechans  Matthias  von  Oppen. 
Verziert  ist  die  Glocke  auf  einer  Seite  mit  der  stehenden  Figur  des  Petrus,  auf 
der  andern  mit  einer  Kreuzigungsgruppe. 

2.  Dm.  0,72  m,   sie  ziert  in  rückläufiger  Schrift  und  gotischen  Majuskehi 

die  Inschrift:  

AVE  MARIA  GRA  PL  Hh 

Zeit  anscheinend  14.  Jahrhundert.  Auffallend  ist  ihre  unten  stark  ausladende 
Form.    Sie  wurde  1853  vom  Rittergut  Deersheim  gekauft 

Der  Altar,  entstanden  auf  der  Grenze  des  17.  zum  IS.  Jahrhundert,  ent- 
spricht im  Typus  dem  von  Aspenstedt,  ist  aber  weniger  zopfig  als  jener. 

Die  Kanzel  gehört  zum  Altar.  Auf  der  einen  Seite  sieht  man  ein  offenes, 
auf  der  andern  ein  geschlossenes  Buch,  in  der  Mitte  einen  schwebenden  Engel. 
Umsclirift  unten  herum: 

Annoeh  versteckt 

gantz  unbefleckt. 

Hier  recht  entdeckt. 


Atbenstedt  (Kirche,  Pro^Dgebände)  —  Berssel  21 


Die  Orgel,  18.  Jahrhundert,  ist  geschnitzt,  oben  4  tleine  Figuren. 

Das  Taufbecken  ist  in  Messing  getrieben,  zeigt  in  der  Mitte  die  Gruppe 
der  Verkündigung,  um  welche  eine  der  bekannten  sinnlosen  Inschriften  läuft. 
Der  Rand  ist  mit  kleinen  eingegrabenen  Verzierungen  belebt.  Ganzer  Dm.  0,40  m. 

Die  mit  Schnitzereien  verzierte  Empore  stammt  aus  dem  18.  Jahrhundert. 

Bildwerke.  Die  aus  Holz  in  dreiviertel  Lebensgrösse  geschnitzten  Figuren 
Johannis  d.  T.  und  Johannis  d.  Ev.  aus  dem  18.  Jahrhundert  stammend  zieren 
die  Wände  der  Kirche. 

A.lt  arge  rate.  [1589  gab  es  in  der  Athenstedter  Kirche  einen  sehr  kleinen 
Kelch,  der  durch  einen  grossem  ersetzt  werden  sollte.]    Die  jetzigen  Geräte  sind 

1.  ein  Kelch,  vergoldetes  Silber,  mi^  6 lappigem  Fuss  und  rundem  Knauf; 
am  Fusse  ein  silbernes  Kruzifix^  Halberstädter  Beschau,  Marke  MC.  Höhe  0,23  m ; 
17.  Jahrhundert ; 

2.  ein  zinnerner  Kelch,  Höhe  0,18  m; 

3.  eine  silberne  vergoldete  Patene,  Dm.  0,14  m,  mit  eingraviertem  Kreuz, 
Beschau  und  Marke  wie  bei  No.  1 ; 

4.  eine  silberne  Oblatenschachtel  und 

5.  eine  silberne  Kanne  sind  modern. 

Am  Turme  befinden  sich  südlich  2  anscheinend  aus  dem  17.  Jahrhundert 
stammende  Inschriften ;  sie  sind  fast  unleserlich  und  scheinen  Namen  von  Kirchen- 
vorständen zu  bedeuten. 

Von  anderen  Gebäuden  ist  kein  bemerkenswertes  vorhanden.  [Der Hof 
des  Gebhard  von  Kneitlingen  wird  1606,  der  Pfarrhof  1607  erwähnt] 

Berssel 

A.  von  Rosäing ,  Zur  Geschichte  der  Herren  v.  Röusing.  Celle  1880.  —  Die  Kirchen- 
bücher gehen  bis  1595  zurück.  —  Vgl.  auch  Harzztschr.  XI,  874. 

Bireslevo  1018,  Bireslove  1148,  Bei-ssle  1194,  Berzel  1195,  Bersele  1200, 
Bersle  1276  und  sonst  häufig,  Bersslle  1471,  Perzel  1555,  Berstel  1606,  Börsel  1815. 

Dorf  21,6  km  westnordwestlich  von  Halberstadt,  an  der  Ilse,  mit  933  Ein- 
wohnern evangelischer  Konfession;  wenige  Katholiken.  Den  Haupterwerb  bildet 
die  Landwirtschaft. 

Archidiakonat :  Osterwieck. 

Geschichte:  Der  Ort  wird  als  villa  zuerst  1018  erwähnt,  bei  der  Gelegen- 
heit einer  Schenkung  des  Bischofs  Arnulf  an  das  neugestiftete  Kloster  Ilsenburg. 
Dasselbe  blieb  auch  in  der  Folgezeit  für  Berssel  von  entscheidender  Bedeutung, 
wie  die  im  Ilsenburger  ürkundenbuch  (II,  377  ff.)  aufgezeichneten  Verpflich- 
tungen Berssels  gegen  das  Kloster  beweisen.  Grafschaft  und  Gericht  waren  bis 
1343,  wo  sie  an  die  Grafen  von  Wernigerode  verkauft  wurden,  regensteinisch. 
1398  kam  B.  in  den  andauernden  Besitz  der  Familie  v.  Rössing  (Rossingen, 
Rossing,  Rötzingen,  Rottinge,  Rottinghen,  Rossy),  welche  gleichzeitig  in  den  Be- 
sitz des  Erbmarschallamtes  des  Hochstifts  Halberstadt  gelangten.  Der  ilsen- 
burgesche  freie  Klosterhof,  auch  des  Abts  Hof  genannt,  wurde  ihnen  1560  in 
Pacht  gegeben.  1832  ist  das  Gut  aus  ihrem  Besitz  gelangt.  Ihr  Wappen  zeigt 
einen  gekrönten  Löwen.    Heute  ist  das  Gut  im  Besitze  der  Familie  von  Gustedt. 


22  Halberstädter  Landkreis:  Berssel  (Kirche) 


Der  Ort  zählte  1589:  60  Hauswirte,  zugleich  hielten  die  Rössings  eine  An- 
zahl von  Schutzjuden ;  die  Pfarre  stand  zur  selben  Zeit  noch  unter  Ilsenburger 
Patrenat. 

Die  Ortsobrigkeit  bestand  1490  aus  dem  Pfarrer,  2  Alderleuten,  dem  Vogt 
und  2  Bauermeistem. 

Flurnamen:  1589  Zef erläge;  dabei  befanden  sich  die  Amtsteiche,  deren 
mittelster  1605  ausgetrocknet  werden  sollte.  Noch  jetzt  giebt  es  nordöstlich  von 
B.  ein  Söberla-Holz  (Jeuerloh  1604).  —  1607  ümme  Flut,  Sonn  wiese,  Qelthoffe, 
Sambtwiese,  Überteich. 

Die  Kirche  stammt  in  jetziger  Gestalt  von  1688,  jedoch  ist  der  Chor  200 
Jahre  älter.  Die  Decke  der  Kirche  ist  ein  hölzernes  Tonnengewölbe.  Der  spät- 
gotische mit  Vorhangbögen  und  verschlungenen  Stäben  gezierte  Choreingang 
trägt  die  Jahreszahl  1488,  welche  bei  der  Herstellung  der  Kirche  in  1688  ver- 
ändert worden  ist.  An  dieses  Wiederherstellungsjahr  erinnert  eine  aussen  an- 
gebrachte Tafel,  welche  besagt,  dass  Hermann  Friedrich  v.  Rössing  (f  1692)  die 
Kirche  auf  seine  Kosten  von  Grund  aus  erbaut  habe. 

Der  Turmbau  stammt  aus  alter  Zeit,  trägt  aber  einen  aus  der  Zeit 
des  Umbaus  stammenden  Helm.  Seine  lichte  Weite  beträgt  6,19  m,  während  die 
des  Kirchenschiffes  8,58  m  beträgt  bei  einer  Gesamtlänge  von  29,36  m.  Der 
Turm  besitzt  keinen  Westeingang  (der  jetzt  vorhandene  ist  nicht  ursprünglich), 
und  hat  einen  grossen  Halbkreis-Bogen  als  Verbindung  mit  dem  Schiff  auf 
Kämpfern,  welche  aber  in  neuerer  Zeit  abgemeisselt  worden  sind.  Das  Schiff 
ist  verhältnismässig  niedrig,  die  8Fenster  zeigen  Spitzbögen:  die  Wände  werden 
durch  starke  mehr  als  meterdicke  Strebepfeiler  gehalten.  Der  Chor  ist  im  halben 
Zehneck  geschlossen  (Seitenlänge  3,38—3,51  m). 

Glocken.  1.  Dm.  1,19  m,  gegossen  1702  von  Heise  Meyer  in  Wolfen- 
büttel.   Sie  trägt  die  Inschrift: 

Cum  sibi  subjectis  magni  fecere  patroni 
Quos  Rossingiadum  stirps  generosa  dedit 

Ad  Sacra  christicolas  sonitu  ut  campana  vocarem 
Essern  et  bella,  faces»  funera,  laeta,  canens. 

2.  Dm,  0,91m.   Sie  zeigt  in  sehr  schönen  Majuskeln  (Fig. 2)  den  Spruch: 


WMM  ^©feIMJ€£«%r® . 


1-  ig.  iJ. 

Auf  der  einen  Seite  der  Wandung  ist  in  die  Form  ein  plumpes  Kruzifix  mit 
Maria  und  Johannes  (Fig.  3)  eingeritzt.    13.  Jahrhundert. 

3.  Dm.  0,67  m.    Gegossen  von  C.  L.  Meyer  in  Braunschweig  1722. 

Altar.  Er  zeigt  unbedeutende  Schnitzereien  vom  Ende  des  17.  Jahrhunderts 
und  ist  mit  2  Kössingschen  Wappen  geschmückt. 


Berssel  (Kirche) 


23 


Die  Kanzel  zeigt  die  Figaren  von  Oott  Yater,  der  Madonna  und  den 
4  Erangelisten  und  ist  in  gleichem  Stil  gehalten. 

Die  Orgel  ist  neu  und  von  Böver  in  Neindorf  erbaut 

Abendmahlsgeräte.    Eelch  von  1625,  0,23  m  hoch,  von  vergoldetem 
Silber  mit  sechsluppigem  Fuss.     Er  zeigt  die   Wappen  derer  v.  Rössing  und 
y.  Münehbausen ,  ausserdem  die  Halberstädt^r  Beschau  und  das  Zeichen  %^ 
Ein  anderer  Kelch  von  1701,  0,19  m 
hoch,  von  vergoldetem  Siber  zeigt  die 
Halberstädter  Beschau  und  das  Zeichen 
T.  T.  170..     Eine  Patene    von   ver- 
goldetem Silber  ist  innen  mit  einem 
Emailbilde    (leider   von  Säure    ange- 
griffen) geschmückt,  welches  Christus 
umgeben  von  den  Marterinsti'umenten 
darstellt.  Anfang  18.  Jahrhundert,  Dm. 
0,15  m,  der  Email  0,04.    Das  Meister- 
zeichen ist  unkenntlich. 

Von  Paramenten  ist  besonders 
bemerkenswert  eine  Altardecke  von 
rotem  Sammet  (2,75  m  lang,  0,95  m 
breit).  Sie  zeigt  in  der  Mitte  eine 
grössere  Stickerei,  Christus  am  Kreuz 
(0,58  m  hoch),  links  von  ihm  kniet 
die  Stifterin  Ilse  Dorothea  v.  Rössing. 
Aasserdem  ist  die  Decke  mit  4  Wappen 
geschmückt,  wovon  die  v.  Rössing,  Behr 
und  Marenholtz  bestimmbar  sind.  In 
einer  Kartouche  oben  links  neben  der 
Stifterin  steht  ausser  einem  frommen 

Spruch  ihr  Name  und  die  Jahreszahl  1610.  Die  Stickerei  ist  in  Seide  teils  mit 
Plattstich  teils  mit  Aufnäharbeit  ausgeführt  und  aufs  reichste  mit  Gold,  Silberund 
Perlen  geziert.  —  Eine  kleine  Decke  von  schönem,  hellgrünem  gemusterten  Sammet 
mit  grün  und  roten  Seidenfransen  ist  aus  dem  16.  Jahrhundert.  —  Eine  kleine  rote 
Sammetdecke  mit  Lorbeerkranz  und  Krone  bestickt  von  1675  und  eine  rote  Seiden- 
damastdecke von  1676  sind  ebenso  wie  die  anfangs  erwähnte  grosse  Decke  mit 
schönen  Goldspitzen  eingefasst. 

Von  Bildern  sind  vorhanden:  Das  Portrait  des  Pastors  Gregor  Hasen- 
winckel  (gemalt  16^^,  in  seinem  62  Jahre),  ferner  die  von  Trophäen  unip:ebonen 
Bildnisse  zweier  Herren  v.  R()ssin«:. 

Ein  gut  erhaltenes  im  Innern  des  Chors  an  der  Wand  angebrachtes 
Epitaph  zeigt  die  Kgur  der  Katherine  v.  Behr,  der  Frau  des  1616  gestorbenen 
Julius  Heinrich  v.  Rössing.  Oben  befinden  sich  das  Rössing'sche  und  Behr'sche 
Wappen,  an  beiden  Seiten  herunter  je  7  kleinere.  Eine  Inschrift  fehlt.  Die  Figur 
ist  kostümgeschichtlich  interessant,  besonders  wegen  der  hohen  oben  flachen 
Haube,  eines  Kleidungsstückes,  welches  in  derselben  Form  vereinzelt  noch  jetzt 
getragen  wird. 


Fig.  3. 


24  Halberstadter  Landkreis:  Berssel   —  Bexheim  —  Böhnshausen  —  Bühne 


[Wann  eine  urkundlich  1482  genannte  Kapelle  untergegangen  ist,  ist 
unbekannt] 

Von  sonstigen  Gebäuden  werden  genannt  das  Vorwerk  1290,  die  Obere 
Mühle  1400  (vielleicht  identisch  mit  der  under  der  borneken  genannten),  der 
Merbekeshove  1467,  Kreyenhoffe  1497,  Tevenhouffe  1497,  die  Schenke  1481. 

unweit  des  Ortes  bei  der  Kirche  befindet  sich  eine  ältere,  von  einem  Graben 
umgebene  Verschauzung,  im  Volksmunde  die  ühlenburg  genannt. 

Bexheim 

Berteneshem  um  968  — 996 ;  —  Becthesemll85;  —  Bechtesem  1358;  —  Bech- 
gitssem  1361;  —  Bechtessem  1369;  —  Bechtsem  1370;  —  Beckzem  1382;  — 
Bichtesem  1405;  —  Bexem  1664. 

Der  nie  ganz  selbständige  Ort  ist  immer  nur  sehr  klein  gewesen.  Er  hatte 
1564  elf,  1589  zwölf  Hauswirte.  Jetzt  wird  seine  Bewohnerzahl  auf  18  Seelen 
berechnet    Geschichtlich  gehört  er  völlig  zu  Deersheim.    Vgl.  das  betr.  Kapitel. 

Böhnshausen 

Leibrock,  Chronik  der  Stadt  und  des  Fürstentums  Blankenbiirg. 

Bionshus  um  937;  —  Buneshusen,  Anf.  d.  13.  sec.  {Lehnsregister  des  Grafen 
Sigfrid  IL  von  Blankenburg.  H.-Z.üc,  91.);  —  Bunshusen  1222;  —  Bönshusen 
1358 ;  —  Boneshusen  1361. 

Gutsbezirk  7,2  km  südwestlich  von  Halberstadt 

Archidiakonat :  Halberstadt. 

Geschichte:  Das  ehemalige  Dorf  B.,  welches  angeblich  von  Bia,  der 
Witwe  des  Gaugrafen  Friedrich  gegen  937  gegründet  war,  blieb  unter  der  Graf- 
schaft und  dem  Gericht  von  Regenstein,  auch  nachdem  die  Grafen  ihre  Rechte 
über  die  meisten  andern  Dorfschaften  verkauft  hatten.  Die  Kirche  war  zuerst 
der  von  Ergstedt  untergeordnet,  seit  1222  aber  eximiert.  Sie  stand  unter  regen- 
steinischem  Patronat.  Die  Pfarrei  wird  noch  1445  erwähnt,  also  um  dieselbe 
Zeit,  wo  das  Dorf  B.  in  den  kriegerischen  Wirren  zu  Grunde  ging.  1612  kam 
der  Rest  an  das  Hochstift  Halberstadt,  nach  dessen  Übergang  an  Preussen  B. 
eine  königliche  Domaine  wurde.  Sie  befand  sich  zuerst  im  Besitz  der  Familie 
von  Strauss,  seit  den  letzten  150  Jahren  ist  das  Gut  Privateigentum  der  Familie 
Hertzer.    Politisch  und  kirchlich  gehört  es  zu  Langenstein. 

Am  Herrenhause  sieht  man  die  Wappen  v.  Strauss  und  Dötichen.  Reste 
von  Fundamenten  älterer  Baulichkeiten  sollen  gelegentlich  gefunden  worden  sein. 

Dieses  me  die  übrigen  Gebäude  bieten  kein  archäologisches  Interesse. 

Bühne 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1658  zurück,  die  Kirchenrechnungen  bis  1687. 

Bunethe  1224,  Bunedhe  1247,  Bunede  1249,  Bunde  1308,  Bünde  1343, 
Bune  1607. 

Dorf  30,6  km  westnordwestlich  von  Halberstadt  an  der  Ilse  mit  300  Ein- 
wohnern (1564  31,  1589  32  Hauswirte),  evangelischer  Konfession,  deren  Haupt- 
erwerb die  Landwirtschaft  bildet. 


Bühne  (Geschichte^  Kirche)  25 


Archidiakonat:  Osterwieck. 

Geschichte:  In  dem  1224  zuerst  genannten  Orte  waren  Anfang  des 
14.  Jahrhunderts  die  Familien  v.  Berwinkel  und  v.  Krebs  angesessen.  Auch  das 
Kloster  Stötterlingenburg  hatte  hier  Besitzungen.  Herr  des  Ortes  im  Ganzen 
aber  war  das  Domkapitel  von  Halberstadt  Als  1343  die  Regensteiner  ihre  Rechte 
über  Stötterlingenburg  und  dessen  Zubehör  veräusserten,  ging  der  betreffende 
Teil  von  B.  an  die  Braunschweiger  Herzöge  über.  1363  verpfändete  Bischof 
Ludwig  B.  samt  Wülperode  und  andern  Orten  an  die  von  der  Gowische;  1383 
gab  Bischof  Albrecht  dieselben  Dörfer  denen  von  Rössing  zum  Pfände,  ein  Ver- 
trag, der  späterhin  noch  öfters  erneuert  wurde.  1481  finden  sich  Vertreter  der 
Familie  v.  Burgsdorf  als  Lehnsleute  des  Hochstifts  in  B.  Das  Patronat  der  Kirche 
hatte  noch  1564  das  Kloster  Stötterlingenburg,  jetzt  ist  es  königlich.  Der  Pfarrer 
wird  schon  1310  erwähnt. 

Flurnamen:  1564:  Der  Hopfenhof,  der  Papenwinkel,  das  Klusebleek,  die 
Thamwiese,  die  Meinwiese,  die  Salzwiese.  —  1589:  die  Dornenwiese,  die  Hainlage 
am  Fallstein,  unter  dem  Espenberge,  die  Papenhegge,  Dambwiese,  Klausbleek. 

Die  aus  Wöltingeröder  Rogenstein  erbaute  Kirche  hat  ein  sehr  weites 
Schiff  (lichte  Länge  23,10  m,  Breite  9,80  m),  welches  aus  dem  17.  Jahrhundert 
stammt;  der  Chor  ist  im  halben  Achteck  geschlossen,  die  Decke  aus  Brettern 
gewölbt.  Der  aus  Bruchkalkstein  erbaute  Turm  hat  eine  äussere  Breite  von 
6,96  m,  eine  Tiefe  von  5,60  m.  Er  ist  in  Annäherung  an  die  romanische  Form 
eines  älteren  Turms  1566  neu  gebaut.^  Ein  Halbkreisbogen  vermittelt  die  Ver- 
bindung mit  dem  Schiff;  ein  Westeingang  fehlt.  Der  Turm  ist  mit  einem  ganzen 
Walm  gedeckt,  der  einen  kleinen  Dachreiter  trägt. 

Drei  Glocken  befinden  sich  auf  dem  Turm. 

1.  Dm.  0,92  m.  Die  durch  einige  Querstreifen  belebte  Glocke  zeigt  oben 
folgende,  durch  fehlerhaften  Guss  mehrfach  unleserliche  Inschrift:  +  anno  +  dm 
m  cccc  dar  ...  in  (?)  ...  ghoet  hermen  koster  . . .  my  ...  d  . . :  ere  (?)  godc(s) 
...  sunte  pancraci 

Auf  der  einen  Seite  ist  eine  thronende  Maria,  auf  der  andern  ein  Kruzifix. 
Das  Gerüst,  in  welchem  die  Glocke  hängt,  zeigt  die  Jahreszahl  16 . .  5. 

2.  Dm.  0,90  m.  Die  Glocke  hat  folgende  obere  Umschrift  (Kg.  4),  welche 
offenbar  von  einem  des  Schreibens  nicht  Kundigen  herrührt: 

Flg.  4 

3.  Die  Stundenglocke  befindet  sich  in  unzugänglicher  Stellung  in  dem 
Dachreiter. 

Der  Altar  ist  1857  neu  erbaut. 
''    Die  Kanzel  und  die  Orgel  sind  gleichfalls  neu,  desgleichen  der  hölzerne 
Taufstein.    Das  Gestühl  ist  1742—47  aufgestellt. 


'  Nebe,  Kirchen visitationeo. 


26  Halberstädter  Landkreis :  Bühne  —  Danstedt  (Geschichte,  Kirche) 


Altargeräte.  [Ein  zinnerner  Kelch,  der  1589  erwähnt  wird,  ist  nicht 
mehr  vorhanden.]    Die  jetzigen  Geräte  sind: 

1.  ein  silberner  Kelch;  Beschauzeichen  Adler  (Frankfurt?).    Marke  T/H. 

2.  Patene,  Silber,  Dm.  0,14  m.  Beschau  und  Marke  wie  vorher. 

3.  ovale  Oblatenschachtel,  Halberstädter  Beschau,  Marke  L  G.  M.  Dm.  0,11m. 

4.  ein  platiert  silbernes  Taufbecken  und  eine  zinnere  Kanne  sind  modern. 
[1567  erhielt  die  Kirche  eine  neue  Uhr.] 

Von  andern  Gebäuden  ist  bemerkenswert  das  Pastorenhaus,  an  dessen 
Saumschwelle  sich  die  Inschrift  befindet:  IN  CX)ELIS  MAIORA  ERVNT  PRAEMIA 
QVAM  SANCTORVM  PIA  DESIDERIA.  Hier  ist  nur  Angst  vnd  pein  dort  dort 
wird  Freude  sein  Dahin  nach  [?]  Gottes  Wille  wir  frommen  [?J  sanfft  vnd  stille 
nach  diesen  Jammer  Jahren  im  friede  wollen  fahren.    I.L.W.A.I.  L.  K.  P. 

Ein  anderes  Haus  zeigt  die  Zahnschnittmotive  des  17.  Jahrhunderts. 

Danstedt 

Chronik  oder  kurze  geschichthche  Nachricht  von  der  Gemeinde  D.  von  Kantor  Wilhehn 
Vogeler,  Halb.  1852. 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1775  zurück. 

Die  Namensform  beginnt  in  ältester  und  neuester  Zeit  mit  D,  im  13.— 
17.  Jahrhundert  meist  mit  T.  —  Dannenstedi  1004,  Dannenstidde  1084,  Dannen- 
stede  1096,  Danstade  1136,  Dannenstid  1148,  Danninstide  1194,  Dunstide  1196, 
Donstede,  Danstide  1216,  Donstide  1257,  Tannenstede  1266,  Thannenstede  1289 
Tanstede  1343,  Tanstedde  Mitte  des  14.  Jahrhunderte,  Danstidde  1493,  Danstet  1519, 
Dannstett  1520,  Tanstet  1538,  Tanstedt  1554,  Thenstedt  1616. 

Dorf  11,2  km  westlich  von  Halberstadt  mit  892  Einwohnern,  evangelischer 
Konfession,  deren  Haupterwerb  die  Landwirtschaft  bildet. 

Arohidiakonat:  ützleben. 

Geschichte:  Danstedt  wird  1004  zuerst  erwähnt,  und  führt  1516  die  Be- 
zeichnung Bleek;  1520  wird  es  oppidum  genannt.  Der  Zehnte  gehörte  bis  1096 
dem  bischöflichen  Ministerialen  Luder,  wurde  aber  damals  von  Bischof  Herrand 
an  Ilsenburg  gegeben.  Das  Einzelne  darüber  vgl.  imilsenburger  UrkundenbuchH, 
400.  Auch  die  Dompropstei  empfing  von  hier  jährlich  gewisse  Abgaben.  Die 
Einkünfte  der  Meierei  waren  bischöflich.  Grafschaft  und  Gericht  waren  regen- 
steinisch,  wurden  aber  1343  an  Konrad  von  Wernigerode  verkauft.  1485  war 
D.  der  Sitz  des  Archipresbyters  des  Bannes  ützleben.  Als  Ortsverwaltung  werden 
1520  Bauermeister,  Rat  und  ganze  Gemeinde  genannt.  1613  ging  der  Ort  in  den 
Besitz  des  Domkapitels  über.  Das  Kirchenpatronat  ist  heute  königlich.  —  Der 
Danstedter  Zollen  1815. 

Flurnamen:  1467  vor  dem  Volcmer  euer;  in  dem  Krummen  lande; 
vp  den  Tanstede  wech;  tighen  dem  Tanstede  dore;  vp  der  Holtstede;  an  der 
borch;  vor  dem  Sakendale;  —  1554  of  dem  ßambecke.  — 

Die  Kirche  (S.  üdalricus).  Das  Schiff  stammt  aus  dem  18.  Jahrhundert, 
Länge  im  Lichten  29,11  m,  Breite  7,64  m.  Der  Chor  ist  im  halben  Achteck  ge- 
schlossen (vSeite  4,03  m),  Fenster  sind  auf  jeder  Seite  4,  in  den  Chorwänden  je  eins. 
Die  Decke  ist  aus  Brettern  gewölbt  und  mit  geringwertigen  Malereien  (die  Drei- 
einigkeit, Erzengel,  David,  musizierende  kleine  Engel)  bedeckt;  18.  Jahrhundert. 


Danstedt  (Kirche,  Profangebäude)  —  Dardesheim  27 


Südlich  ist  eine  kleine  Halle  vorgebaut  Der  Turm,  welcher  ebenso  wie 
die  Kirche  aus  rohen  Quadern  erbaut  und  beworfen  ist,  stammt  aus  romanischer 
Zeit,  hat  rechteckigen  Gmndriss  (äussere  Breite  5,73  m,  Tiefe  etwa  4,50  m),  be- 
sitzt keinen  Westeingang,  dafür  aber  einen  grossen  Halbkreisbogen  zur  Ver- 
bindung mit  dem  Schiff. 

Die  3  Glocken  haben  einen  Durchmesser  von  1,28  bezw.  1,19  und  0,48  m. 
Die  grösste  hat  ausser  anderer  Schrift  die  Angabe:  Christian  Ludewig  Meyer 
gos  mich  zu  Brauns :  Anno  1710.  Die  zweite  führt  in  ihren  Inschriften  den  Ver- 
merk, dass  die  Glocke  von  G.  N.  Kasten  in  Halberstadt  1742  neu  gegossen  worden 
sei.  Auf  derselben  Glocke  zeigt  sich  das  vom  Giesser  oft  benutzte  viereckige 
Medaillon.    Die  kleinste  Glocke  ist  ohne  Schrift 

Der  Altar,  in  welchen  die  Kanzel  in  der  Mitte  eingebaut  ist,  stammt 
vom  Anfange  des  18.  Jahrhunderts.  Er  ist  mit  nicht  gerade  geschmacklosen  aber 
eb^^as  überladenen  Schnitzereien,  an  der  Piedella  und  dem  oberen  Aufbau  mit 
fflittelmässigen  Malereien  sowie  mit  den  plastischen  Figuren  des  Petrus,  Paulus, 
Johannis  d.  T.,  Moses,  ganz  oben  des  Heilandes  geschmückt. 

Auf  dem  Boden  befindet  sich  ein  altes  Altarschnitzwerk  des  15.  Jahrhunderts 
von  unbedeutendem  Wert:  in  der  Mitte  die  Madonna,  rechts  und  links  je  zwei 
männliche  Heilige  übereinander  (einer  fehlt).  Die  Gewänder  und  der  Grund  sind 
vergoldet. 

Die  Orgel  ist  modern. 

Altargeräte:  1.  ein  Kelch  von  vergoldetem  Kupfer  mit  6 lappigem  Fuss, 
woran  eine  silberne  Kreuzigungsgruppe ;  runder  Knauf  mit  gestochenen  Mustern. 
Höhe  0,23  m,  17.  Jahrhundert  2.  Patene  von  vergoldetem  Kupfer  mit  aufgraviertem 
Kreuz,  Dm.  0,16  m.  3.  Eine  bleierne  Patene  von  1772.  4.  Ein  bleierner  Kelch. 
5.  Eine  bleierne  Oblatenschachtel.  6.  Eine  moderne  silberne  Kanne.  7.  Ein 
silberner  Löffel. 

Leuchter:  Die  beiden  Kronleuchter  sind  aus  der  Servatiuskirche  in  Quedlin- 
burg. Der  eine  ist  oben  mit  einer  männlichen  Gestalt  im  Zeitkostüm  geschmückt, 
er  zeigt  an  den  Armen  Delphine  und  unten  einen  Löwenkopf,  der  andere  hat  9 
einfach  ornamentierte  geschwungene  Arme  um  eine  Kugel  herum.  Beide  sind 
von  Messing,  der  erste  neuerdings  vernickelt    Beide  16.  Jahrhundert 

[Von  anderen  Gebäuden  werden  erwähnt:  der  Vorwerkshof  vor  dem 
Westthor  1460;  —  der  Grasehof  1467;  —  das  Klostervorwerk  1493,  1516,  „vor 
Tanstedt  jegen  der  gemeinde  deich",  1554;  —  der  neue  Turm  „zwischen  Hanse 
Winckel  vnd  der  Sekein  holtzem'*  1554;  —  die  Schaf  brücke  am  Teichdamm  1608; 
—  zwei  Höfe,  die  Helle  genannt,  1615.] 

Ein  grosser  Brand,  welcher  D.  gelegentlich  betraf,  ist  Ursache,  dass  ältere 
Häuser  gegenwärtig  nicht  mehr  vorhanden  sind. 

Der  Kirchhof  ist  von  einer  halbkreisförmigen  ümwallung  umgeben. 

Dardesheim 

Kirchenbücher  gehen  Mb  1655  zurück. 

Dardessem,  Dardi8sll94;  —  Derdesseim  1218 ;  —  Derdesheim  1219 ;  -—  Der- 
densem  1277;  —  Derdesheym  1282;  —  Derdesem  1307;  —  Derdesum  1385;  — 
Derde8suml390;  —  Derdessen,Derdessheml468;  —  Dardessen,  15.  Jahrhundert;  — 


28  Halberstädter  Landkreis:  Dardesheim  (Geschichte,  Strassen,  Kirche) 

Derdessym  1560;  —  Derdissem,  Dardeseihm  1579;  —  Darssem,  Ende  16.  Jahr- 
hundert; —  Dardessem  1600. 

Stadt,  17,4km  nordwestlich  von  Halberstadt  am  Ealbkebach  mit  1524  Ein- 
wohnern, die  der  Konfession  nach  fast  durchweg  evangelisch  sind,  nur  42  siud 
katholisch.  Haupterwerb  bildet  die  Landwirtschaft  und  einiges  Klein-Handwerk. 
(1564  hatte  die  Stadt  90,  1589  120  Hauswirte.) 

Archidiakonat :  Dardesheim. 

Geschichte:  Das  Archidiakonat  zu  D.  wird  1218  zuerst  erwähnt;  die 
Kirche,  deren  Patronat  dem  Domprobste  von  Halberstadt  zustand  (es  ist  daher 
heute  königlich),  ist  sehr  viel  älter  und  gehörte  wahrscheinlich  zu  den  bei  der 
Christianisierung  der  Gegend  durch  Hildegrim  gegründeten.  Der  Inhaber  der 
Pfarre  war  zugleich  Vikar  beim  Stephanialtar  im  Dome  zu  Halberstadt  Dass 
der  Pfarrer  ein  eigenes  Siegel  führte,  wird  1390  berichtet.  Ihm  zur  Seite  standen 
die  1411  erwähnten  Aldermänner.  Dass  zu  D.  ein  Kaland  bestanden  habe,  ist 
überliefert,  aber  nicht  beglaubigt  (H.-Z.  XH,  549).  —  Die  Vogtei  des  Ortes,  dessen 
Stadtrecht  ihm  zu  unbekannter  Zeit,  aber  jedenfalls  erst  nach  1492,  verliehen  ist, 
weil  er  damals  noch  bleke  efte  dorpe  heisst  (noch  1564  heisst  ein  Teil  das  Niedem- 
dorf)  hatte  bis  1282  der  Markgraf  vonMeissen,  der  sie  in  diesem  Jahre  an  das  Dom- 
kapitel von  Halberstadt  abtrat  Der  Vogt  desselben,  welcher  sich  von  da  an  dort 
aufhielt,  muss  eine  bedeutende  Rolle  gespielt  haben,  da  ihm  gleichzeitig  das 
Patronat  mehrerer  Vikarien  in  Halberstadt  übertragen  war.  Für  den  nördlichen 
Teil  des  Archidiakonates  befand  sich  eine  regensteinische  Gerichtsstätte  auf  dem 
benachbarten  Dreiberge.  Das  Gut,  welches  ursprünglich  zur  Administration  der 
Domprobstei  gehörte,  war  zeitweise  Eigentum  der  Familie  von  Schafstedt,  dann 
derer  von  Gustedt  Heute  gehört  das  Rittergut  dem  HeiTn  Dippe  zu  Quedlinburg 

Flurnamen:  Bi  der  vravisch  1372;  —  am  Orth  berge  1589. 

Von  Strassen  des  Ortes  werden  urkundlich  erwähnt:  der  Klint  1390;  die 
Strasse  hinter  dem  Turm  1411;  von  Befestigungen:  das  hohe  Thor  1493. 

Die  Kirche  ist  modern.  Desgleichen  ihr  meistes  Inventar  mit  Ausnahme 
1.  einer  aus  dem  18.  Jahrhundert  stammenden  steinenien  Figur  des  h.  Stephan 
(über  dem  Westeingange),  der  also  wohl,  da  die  Kirche  ehemals  domprobsteilich 
war,  der  Schutzheilige  der  Kirche  gewesen  ist;  2.  zweier  Glocken:  a)  Dm.  1,12m. 
Umgegossen  1778  von  C.  H.  Knoblauch  in  Halberstadt;  b)  Dm.  0,86  m  von 
schlechtem  Guss  mit  zwei  fast  unentzifferbaren  Minuskelumschriften.  Oben  steht: 

ano  dni  mcccc  yn  dem  Ixxx  gloria  in  excelsis  deo  et 

in  terra  pax  et  hbus 

Unten  scheint  zu  stehen: 

fcsta  tua  rüde  (?)  hyghen  (?)  den  fondyc  (?) 

...  byn  ...  reabe  ghoten. 

c)  eine  dritte  Glocke  von  1,41  m  Dm.  ist  1871  von  Ulrich  in  Laucha  gegossen; 
3.  des  mit  reichem  geschnitzten  Laubwerke  geschmückten  Orgel  Prospektes, 
18.  Jahrhundert;  4.  des  jetzt  als  Opferbecken  dienenden  messingenen  ehemaligen 
Taufbeckens,  datiert  1733;  5.  der  Altargeräte:  a)  Kelch  von  vergoldetem  Silber, 
Höhe  0,18  m,  sechslappiger  Fuss,  sechseckiger  Knauf  mit  den  Buchstaben  IHESVS. 


Dardeeheim  (Kirche)  29 


Am  Fasse  ein  silbernes  Kruzifix.  Marken  H  CR  L.  b)  Kelch  von  vergoldetem 
Silber.  Fuss  und  Knauf  rund.  Mit  eingraviertem  Kreuz  und  Filigranverzierungen. 
Höhe  0,18  m.  Datiert  1626.  Halberstädter  Beschau.  Meisterzeichen  unkenntlich, 
cd)  Deckel  zu  beiden  Kelchen,  e)  Patene;  vergoldetes  Silber;  Dm.  0,15  m. 
Mit  graviertem  Kreuz.  Datiert  1696.  Halberstädter  Beschau.  Marke  MG.  f)  desgl. 
Dm.  0,14  m.  g)  desgl.,  datiert  1695,  Dm.  0,14  m.  h)  kleiner  Kelchlöffel  von  ver- 
goldetem Silber,  17.  Jahrhundert,    i)  bleierne  Kanne,  1744. 

[1564  gab  es  in  der  Kirche  einen  sog.  Frühmessenaltar.  1589  wurde  eine 
Orgel  bei  der  Visitation  vorgefunden,  welche  damals  erst  unlängst  erbaut  war. 
Die  Kosten  waren  von  der  Kirche,  besonders  aber  von  dem  Stiftshauptmann 
Heinrich  v.  d.  Luhe  getragen  worden.  Bei  derselben  Gelegenheit  wurde  das 
Inventar  der  Kirche  festgestellt,  wie  folgt: 

ein  goldenes  Stück  Messgewand  mit  Kasel  und  Alba, 

ein  grünsammtenes  Messgewand, 

ein  desgl.  von  grünem  Damast, 

eine  Chorkappe, 

sechs  gemeine  Messgewänder, 

vier  gemeine  Diakonenröcke, 

zwei  Handzweien, 

eine  Altarzwele, 

zwei  Kasein, 

eine  Alba. 
Auf  dem  Altar  des  h.  Stephanus  gab  es : 

ein  Jesuskind, 

drei  Leuchter, 

vier  zinnerne  Kännchen, 

ein  Laken, 

eine  Zweie  über  dem  Altar, 

ein  Antependium  mit  etlichen  Spangen, 

vier  Ruchein  (Rauchfässer), 

ein  Tuch  über  die  Toten. 
Von  Büchern  waren  vorhanden: 

vier  Missalien, 

eine  lateinische  Bibel, 

drei  Vesperalbücher, 

drei  Psalterien, 

eine  alte  Agende, 

ein  Ghoralbuch  Lassii, 

ein  desgl.  Spangenbergi, 

ein  deutsches  Gesangbuch, 

drei  Gradualien. 
Im  Gewahrsam  des  Küsters  befanden  sich: 

das  Viatikum, 

eine  Schüssel  und  ein  Näpfchen, 

zwei  Kelche  mit  Patenen, 

etliche  Tücher  und  Servatica, 


1 


30  HalberstAdter  Landkreis:  Dardesheim  (Hospital,  CIqb) 


zwei  Kartekentüchlein  über  den  Altar  beim  Sakrament, 

zwei  kleine  Leucbter, 

Lutheri  Postille  in  zwei  Teilen,  Geschenk  des  alten  Meiere  Cyriacus 

LoEsan  in  Halberstadt, 
ein  Handfass  und  ein  Löwe  (Aquamanile?), 
zwei  Glocken. 
Von  allen  diesen  Gegenständen  ist  nichts  mehr  nachweisbar.] 
Das  Hospital  der  Stadt  ist  modern. 

[Bis  vor  wenigen  Jahren  stand  vor  dem  westlichen  Tliore  der  Stadt, 
dem  ehemals  sog.  tvdore  ein  kapellenartiges  Gebäude  (Fig.  5),  oblong  im 
Grundrisse,  mit  kleinen  Rundbogenfenstem ,  aber  mit  spitzbogiger  Thür.  Das 
Ziegeldach    war    abgewalmt     Das    Gebäude    fahrte    zuletzt    die    Bezeichnung 


Fig.  5. 

GluB,  war  aber  ursprünglich  ein  Hospital,  der  h.  Anna  geweiht  und  angeb- 
lich 1435  Ton  Friedrich  von  Hake,  Domprobst  zu  äilberetadt,  gestiftet 
(H.-Z.  XH,  549),  Auch  die  Dompröbste  Quirre  und  Balthasar  von  Xeuenstadt 
trugen  zu  seiner  Ausstattung  bei.  Die  Inschrift  anno  dni  tncccclxxviii,  welche, 
in  Stein  gemeisselt,  sich  über  der  Eingangsthür  befand,  mag  sich  auf  die  Thälig- 
keit  eines  gewissen  Johannes  Michaelis  bezogen  haben,  der  1475  im  April  vom 
Kapitel  des  Laterans  die  Erlaubnis  erhielt,  in  Dardesheim  eine  Kapelle  zu  er- 
richten zu  Ehren  der  h.  Dreieinigkeit,  der  fünf  Wunden  Christi,  der  h.  Jungfrau, 
der  hh.  Anna,  Johannes  Bopt.  und  Evang.,  sowie  aller  Heiligen.  Das  Hospital 
diente  als  Herberge  für  arme  Leute,  stand  unter  der  Verwaltung  eines  Hof- 
meisters (villicus  infirmorum,  provisor  curiae,  paterfamilias  leprosomm),  der  1468 
ein  Halberstädter  Domherr  war,  und  unter  der  Gerichtsbarkeit  der  Baaermeister 
zu  Dardesheim,  weiterhin  unter  der  des  Domkapitels.  Das  Statut,  auf  welches 
hier  nicht  näher  eingegangen  werden  kann,  befindet  sich  im  Magdeburger  Staats- 
archiv s.  r,  Dardesh.2.  Das  Gebäude,  welches  ersichtlich  aus  viel  früherer  Zeit 
stammte,  als  die  lobten,  welche  es  seiner  späteren  Bestimmung  übei^ben,  ent- 
hielt  noch  bis  zuletzt  eine  (sehr  zopfige)  Kanzel,  den  urspriinglichen  Altar  mit 
den  Weihekreuzen,  femer  in  dem  kleinen  Dachreiter  ein  Glöcklein  von  0,34  m 
Dm.  mit  der  Minuskelumschrift  ave  maria  gracia.  Die  Kapelle  diente  aber  nur 
noch  als  Raum  für  Kartoffeln  und  als  Remise.] 


Dardesheim  (Profanbanten)  —  Deersheim  (und  Bexheina)  31 


Profanbauten. 

a)  Von  den  Stadtmauern  sind  noch  hier  und  da  Reste  vorhanden,  die  Thore 
dagegen  alle  verschwunden. 

b)  Auf  dem  Bittergute  sieht  man  gegenwärtig  nur  moderne  Gebäude,  in 
nachgeahmter  Gotik  ausgeführt  An  einem  eingemauerten  Wappensteine  liest 
man  in  Minuskelschrift  den  Namen  Wolffganck  graiF  zu  stolberg  vn  Wernige- 
rode 15218.    Zwei  ähnliche  Wappensteine  stammen  von  1519  und  1528. 

c)  Von  Privatgebäuden  aus  älterer  Zeit  sind  noch  165  nachweisbar,  doch 
stammen  150  von  ihnen  erst  aus  der  spätesten  Verfallperiode  des  Holzbaus. 

Aus  gotischer  Zeit  ist  keins  vorhanden. 

Aus  der  guten  Zeit  des  16.  Jahrhunderts  sind  nur  noch  drei  Häuser  übrig, 
davon  eins  (hinter  dem  Rathause)  nur  noch  in  spärlichen  Resten,  die  aber  das 
Vorhandensein  von  Fächerrosetten  noch  deutlich  zeigen.  Das  Haus  No.  52  besitzt 
Fächerrosetten  auf  den  Brüstungsplatten,  Schiffskehlen  und  wulstige  Eonsolen, 
auf  der  Saumschwelle  die  Inschrift:  Wer  Gott  vertrawt  u. s.w.  Die  Jahreszahl 
ist  verlöscht  Das  Haus  No.  194  ist  datiert  von  1578,  hat  runde  verzierte  Füll- 
hölzer, lange  Eonsolen  und  die  Doppelinschrift:  Wer  Gott  vertrawet  u.  s.  w.  Also 
hat  Gott  die  Welt  geliebet  u.s.w. 

Die  übrigen  zwölf  sind  aus  der  späten  Renaissance-  und  Barockperiode  des 
niedersächsischen  Holzbaus  (17.  Jahrhundert): 

No.  33,  am  XTntergeschoss  Schnürrollen,  Saumschwelle  mit  Laubstab;  das 
Obergeschoss  ist  aus  dem  18.  Jahrhundert, 

No.90  mit  Schnürrollen  und  quergestreiften  Balkenköpfen, 

No.  102  von  1668  mit  Schnürrollen, 

No.  103  ebenso, 

No.  104  von  1671, 

No.  108  von  1664, 

No.  112  mit  Schnürrollen  und  schachbrettartig  gemusterten  Füllhölzem, 

No.  239  mit  prismatischen  Balkenköpfen, 

No.254  mit  gotisierendem  Laubstab  an  der  Saumschwelle,  geperlten  Schnür- 
rollen und  langen  Eonsolen, 

No.276  mit  Schnürrollen.,  im  übrigen  aber  ganz  entstellt, 

das  langgestreckte  (21  Fach)  Brauereigebäude  mit  langen  Eonsolen,  Unter- 
bau massiv,  das  daneben  stehende,  6  Fach  breite  Gebäude,  mit  wulstigen  Eonsolen. 

[Urkundlich  erwähnt  sind  noch:  eine  Mühle,  Besitz  des  Elosters  Ilsenburg, 
1194;  —  ein  wüster  Hof,  das  Eapitelsvorwerk  genannt,  samt  einem  Weingarten, 
1372;  —  ein  auf  diesem  Vorwerk  durch  Burchard  v.  d.  Asseburg  aufgeführtes 
Gebäude  1372;  der  Pfarrhof,  neben  dem  sich  der  Hof  des  Domprobstes  Heinrich 
von  Braunschweig  befand,  1380.] 

Deersheim  (und  Bexheim) 

Urkunden  des  v.  Gustedtschen  Familienarchivs. 
IMe  Kirchenbücher  gehen  bis  1619  zurück. 

Lersem  1209;  —  Derssenhem  1249;  —  Dersum  1318;  —  Dersim  1319;  — 
Darsem  1417 ;  —  Deerssem  1467;  —  Derssem  1480;  —  Derssen  1496;  —  Derrhessem, 
Derressem  1534. 


32  Ealberstädter  Landkreis:  Deersheini  (Geschichte, PlnrDamen, Kirche) 


Dorf,  21,3  km  nordwestlich  von  Halberstadt  am  Anebach,  mit  820  erange- 
lischen  Einwohnern  (1564  gab  es  63  Hauswirte,  1589  deren  70).  Haiipterwerit 
ist  die  lAndwirtechaft. 

Archidiakonat:  Dardesheim, 

Geschichte:    Die  Yogtei   über  die  Deersheimer  und   damit  sicher   auch 
über  die  Bexiieimer  Kirche  gehörte  bis  1270  den  Grafen  von  Kegenstein,  welche 
sie  damals  an   die   Braunschvreiger  Herzöge  abtraten.     Grund  dafür  war   wohl, 
dass  die  Deersheimer  (ob  auch  die  Bexheimer?)  zum  Liebfrauen-Altar  des  Domes 
St.  Blasii  zu  Braunschwelg  gehörte.    Dies  Verhältnis  fand   sich  noch  bei  der 
Kirchen  Visitation  von  1589.     Die  Bexheimer  Pfarre  gehörte  zur  Deersheimer: 
einen  eigenen  Pfarrer  hatte  sie    erst  1589;  sie  stand  damals  und  schon  1564 
unter   dem   Patronat   der  Familie    v.  Steindorf.     Die    „nienne    unde    burschop" 
standen  unter  Bauermeistem  (magistri  rusticorum,  1509),   Grafschaft  und  Gericht 
aber  waren  regensteinisch  bis  1358.    Demgemäss  gehörte  der  Deersheimer  Zehnte 
noch  1526  der  Vogtei  zu  Westerburg  (s.  u.),  während  der  Bexheimer  schon  1369 
als  bischöfliches  Recht  überliefert  ist,    Als  Grundbesitzer  begegnet  das  Kloster 
üsenburg  inBexheim  schon  1086;  sehr  wahrschein- 
lich hatte  es  auch  in  Deersheim  schon  früh  Grund- 
eigentum, obgleich  dort  vom  Ilsenburger  Kloster- 
acker erst  1437  die   Bede  ist     1333   erhielt  das 
Halberstadter  Johanniskloster  vom  Grafen  von  Regen- 
stein die  Erlaubnis,  sich  in  Deersheim  anzukaufen. 
Ausserdem  hatte  das  Kloster  Stötterlingenbnrg  hier 
Besitzungen.     Ausserdem  waren  in  Deersheim  die 
Familien  v,  Burgdorf,  v.  Schafstedt  und  v.  Steinacker 
begütert.    Die  noch  jetzt  im  Besitze  des  Kttergutes 
befindliche  Familie  v.  Gustedt  tritt  dort  zuerst  1406 
auf.    Ihr  gehört  das  Kircbenpatronat;  doch  ist  das 
Besetzungsrecht  streitig.  Amtlich  bilden  Deersheiiu 
und  Bexheim  ein  Ganzes. 

Flurnamen:  1473:  inElstede:  nademenjgen 

tome    (es    lässt  sich  nicht  sagen,    welcher  Turm 

gemeint  ist);    uppe  dem  westem  beke:    in   deme 

radelande;  vor  den  bevere  home;  boven  der  lem- 

kulen;  uppe  deme  Hedeberghe;  by  der  Dannowen, 

*■  an  der  groten  hoghe;  in  deme  körten  rodelande: 

Fig.  6.  atnme  Gosekampe ;  in   deme  Kerkweghe ;  in  deme 

Distddael;  entieghen  deme  Zyke;  vor  den  troghm: 

up    deme  Wortberghe;    up    deme    Beinberghe;  — 

1497:  dat  Breyde  gut;  —  1^7;  oben  dem  Med^>om;  im  Smerberge;  ufm  holtz- 

wege;  bei  Hans  Kochs  bopfenberge;  uf  die  buerwiesche;  beim  Romsleger  teiche; 

in  der  grossen  frueht;  bey  den  veldtenbuschen ;  zwieschen  den  wegen  nach  Dardessem 

Werts:  oben  dem  wohle;  —  1564:  die  Wredischen;  —  1589:  das  Lindenfeld. 

Die  Kirche  von  Deersheim  hat  ein  sehr  geräumiges  Schiff  aus  neuerer 
Zeit  Die  Anlage  der  beiden  Turme  ist  dagegen  noch  romanisch.  Nur  der 
nördliche  Turm  (Fig.  6)  steht  vollendet  da,  der  südliche  ist  entweder  nicht  fertig 


DeerBheim  (Kirche:  Baubeschreibung,  Ausstattung) 


33 


geworden,  oder  einmal  in  späterer  Zeit,  vielleicht  als  der  ursprüngliche  baufällig 
geworden  war,  hergestellt  und  mit  einem  Notdache  versehen  worden.  Eigentüm- 
lich ist  die  Behandlung  der  oberen  Fenster  des  Nordturmes,  wo  die  auf  schlanken 
Mittelsäulen  (mit  einfachem  Würfelkapitäl,  eine  mit  Paltenkapitäl)  ruhenden  breit 
ausladenden  Kämpfer  den  in  der  Abbildung  (Fig.  7  u.  8)  skizzierten  merkwürdigen 
Durchschnitt  zeigen.  Die  Basen  der  Säulen  haben  keine  Eckblätter.  Das  untere 
gekuppelte  Fenster  weicht  davon  ab,  indem  innerhalb  eines  Blendbogens  sich  der 
Doppelbogen  ohne  Kämpfer  entwickelt,  vielmehr  nur  von  einem  zierlichen,  an 
den  Ecken  mit  Masken  geschmückten  Kapital  (Fig.  9)  getragen  wird.  Der  Turm- 
mittelbau wird  rechts  und  links  durch  je  einen  lisenenartigen  Rundstab  abge- 
grenzt Breite  des  ganzen  Turmbaus  12^8  m,  Tiefe  5,20  m.  Die  unteren  Turm- 
hallen sind  mit  einfachem  Kreuzgewölbe  geschlossen.  Von  dem  ehemaligen, 
jedenfalls  basilikalen  Langhause  ist  nichts  mehr  erhalten. 


t. 


nv 


Oberes  yffirftL  -Cap'Jtal 


W 


W///P//fßr 


JPnfiL  TfU  STV 


Y/f/ifue/n 


Fig.  7  u.  8. 


Uhttrts  yfurftUapUaJt 
Fig.  9. 


Drei  Glocken  sind  vorhanden:  1.  Dm.  1,21m,  mit  der  gotischen  Majuskel- 
umschrift: AVE  MARIA  GRATIA  PLENA.  Verzierungen:  ein  unter  einem  Bal- 
dachin thronender  Heiliger,  eine  Kreuzigungsgruppe  unter  einem  Baldachin,  eine 
Heilige  zu  Boss.  14.  Jahrhundert.  2.  Dm.  0,94  m,  gegossen  von  Michael  Appe 
zu  Wolfenbüttel,  1657.  3.  Dm.  0,80  m,  gegossen  von  Christoph  Spatz  zu  Halber- 
stadt, 1747. 

Der  Altar  ist  modern  [ein  St. Margarethenaltar  wird  1462  erwähnt],  ebenso 
die  übrige  Kirchenausstattung.    Etwas  älter  ist  die  Orgel ;  sie  ist  von  1790. 

Ton  Altargeräten  sind  vorhanden: 

1.  silberner  vergoldeter  Kelch  mit  rundem  Knauf,  hoch  0,22  m,  Halberstädter 
Beschau,  Meisterzeichen  T.  T.  1711.  Gustedtsches  und  Veltheimsches  Allianzwappen ; 

2.  ebensolcher  Kelch;  Fuss  sechslappig;  Magdeburger  Beschau;  Meisterzeichen  Vß; 

3.  ebensolche  Kanne  und  4.  Oblatenbüchse  (Dm.  0,10),  Beschau  und  Meisterzeichen 
bei  beiden  wie  bei  2;    5.  zwei  Patenen  a)  Dm. 0,15,  mit  Kruzifix,  Frankfurter 

Beschau,  Meisterzeichen  V^  b)  Dm.  0,15;  mit  Kreuz. 

Gemälde:  Portrait  eines  Pastors  Bamer.   In  öl.    Lebensgrösse.   Um  1640. 

Kreb  Halberatadt.  8 


I 


Halberstädter  Landkreis:  Deersheim (und  ßexlieim)(Beiheinior  Kirche) 


Epitaphien:  1.  Des  Christoph  t.  Schafstädt  (f  1507)  und  seines  Sohnes. 
Beide  knien  vor  dem  Kruzifix.  Rechts  und  links  Wappen,  unten  eine  Inschrift 
von  20-  deutschen  Versen.  Darunter  eine  symbolische  Dai-stellun^  mit  den 
Worten:  Hodie  mihi  cras  tibi.  Sandstein.  2.  Eines  Ehepaars  v.  Gustedt  (Johann 
Friedrich  v.  G.,  geb.  1714,  f  1771,  und  Agnes  Christine  v,  Alvensleben,  Erbfrau 
von  Osterwiecfc,  geb.  2.8. 1726,  f  um  1800).  3.  Des  Pastors  Deliiis,  f  1786.  Sand- 
stein; an  der  Aussenseite  der  Kirche. 

Die  Kirche  von  Bexheim,  im  Gutsparke  gelegen,  vrird  nur  dreimal  im 
Jahre,  nämlich  an  den  Sonntagen  Judica,  Exaudi  und  4.  Advent,  vormittags  zum 
Gottesdienste  benutzt,  den  der  Deersheimer  Pastor  abhält.  Sie  hat  romanische 
Grundform.  An  das  einschiffige,  im  Lichten  9,25  m  lange  und  6,35  m  breite 
Langhaus  schliesst  sich  östlich  der  3,90  ni  lange  und  5,04  m  breite  Altarraum, 
vom  Langhause  durch  einen  mit  ganz  schlichtem  Kämpfergesimse  geschmückten 
Triumphbogen  getrennt  und  um  eine  Stufe  erhöht.  Den  Beschluss  macht  östlich 
die  Apsis,  Sie  ist  ein  Kreissegment  von  3,82  m  Grundlinie  und  2,25  m  Höhe. 
Westlich  führt  aus  dem  Lnngbause  ein  Halbkreisbogen  von  2,10  m  Weite  in  den 
mit  Westeingang  versehenen  Turm  (Mauerdicke  1,26  m;  lichte  'Kefe  4,43  m; 
Breite  3,21  m). 

Die  Fenster  (Langhaus  jederseits  drei,  Altarraum  jederseits  eins,  Apsis 
drei)  sind  neueren  Datums;  die  alten  vermauerten  haben  eine  vordere  Breite  von 
0,57—0,63  m. 

Eine  kleinere  Sakramentsnischo  ist  hinter  dem  Altare. 

Die  altertümliche  Glocke  hat  bei  einem  unteren  Dm.  von  0,52  und  einem 
oberen  von  0,23  m  eine  Höhe  von  0,56  m.  Der  Schlagring  ist  unten  abgerundet. 
Schrift  oder  Verzierungen  fehlen. 

Der  Altar  ist  von  Kalkstein  und  hat  schlichte  romanische  Form.  Ein 
wertvolles  bemaltes  Attarschnitzwerk  (Triptyehon  des  15.  Jahrhunderts)  steht, 
ziemlich  beschädigt,  in  der  Apsis,  hinter  dem  Altar  verborgen.  Die  Anordnung 
der  Bilder  ist  folgende : 


1 

1 

1 

1 

£ 

Fd 

ä 

Oekrönte 
Mfuionna  in 


MäS    l'S: 


F 


Deersheim  (und  Bexheim)  (fiexheimer  Kirche;  Profangebäude>  —  Berenburg  o5 


Die  Kanzel  ist  modern  und  wertlos. 

Die  kleine  Orgel  ist  ein  geringfügiges  Werk  des  Empirestils. 

Der  noch  vorhandene  romanische  Tauf  stein  (Fig.  10)  ist  schwerfällig  von 
Form  nnd  tief  ausgehöhlt  zum  Untertauchen  des  ganzen  Kindes. 

Epitaphien:  1.  Des  Phil.  v.  Qustedt,  tl767; 
dazu  gehört  eine  Inschrifttafel,  welche  besonders 
angebracht  ist  2.  Eines  Qutsverwalters,  f  1741; 
beide  ohne  künstlerischen  Wert. 

Von  anderen  Gebäuden  in  D.  sind  be- 
merkenswert : 

1.  Der  Steinackerhof,  mit  Gebäuden   aus  der 
1.  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts.    Der  Turm  trägt  die  T^fsUa^. 
Jahreszahl  1558.  Das  ehemalige  Wohnhaus  mit  spät-  ^^8- 1^- 
gotischem  Portale  und  Wappen  ist  jetzt  Scheune. 

2.  Das  Kühnesche  Haus,    ein  Fach  werkbau 

ans  der  2.  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts.  Zur  Verzierung  dienen  z.  T.  die  bekannten 
Schnürrollen. 

3.  Der  Gasthof  zum  alten  Krug,  erbaut  von  Clara  v.  Gustedt  und  ihren 
Söhnen.    17.  Jahrhundert 

[Erwähnt  werden  noch:  „de  Hilsynnborgesche  hove",  zeitweise  an  einen 
Altar  zu  S.  Silvestri  in  Wernigerode  verpfändet,  1467  und  1497;  —  eine  Mühle 
zu  Bexheim  1361;  —  der  Pfarrhof  zu  Bexheim,  1564  wüst;  das  Pfarrhaus  wurde 
bei  der  Visitation  1589  neu  erbaut  vorgefunden.] 

Vorgeschichtliche  Reste: 

1.  die  sog.  Schwedenschanze  auf  dem  Brüderberge,  eine  gut  erhaltene,  deut- 
lich erkennbare  Umwallung; 

2.  der  sog.  Goldknühl  und  andere  Hügelgräber  im  Hegholze; 

3.  eine  grosse  steinerne  runde  Platte,  vielleicht  ein  Opferaltar,  anfangs  der 
40er  Jahre  im  sog.  Osterfelde  in  der  Nähe  des  Fallsteins  ausgegraben  und  noch 
gut  erhalten. 

Eine  Sammlung  von  prähistorischen  Gegenständen  (Stein waffen  und 
Urnen)  besitzt  Herr  Baron  v.  Gustedt  auf  Deersheim.  Sie  sind  fast  alle  am  Fall- 
stein im  Osterfelde  gefunden. 

Derenburg 

Niemann ,  p.  225.  ■—  v.  Wersebe ,  GaubeBchreibiing ,  p.  82.  —  Buchholz ,  Brandenburg. 
Gesch.  IV,  25.  —  Acta  pacis  Westph.  VI,  463.  —  Aus  der  Chronik  Derenburgs  (Halber- 
städter Zdtung  o.  Intelligenzblau,  März  1888).  —  Ledebur's  Archiv  1830,  II,  6.  171.  VI, 
108.114.  —  Lucanus,  Hist.  Bibl.  1784,  II,  20.88.41.66.  —  Jacobe,  Zum  Kaland  des  Bannes 
Utzleben  in  Wernigerode,  H  -Z  1869,  I,  147  f  —  Die  Kirchenbücher  reichen  bis  1655  zurück. 

Dameburge  1008;  Dehemeburc  1208 ;  Derneburch  1250;  Demeborg,  Deme- 
borch  1284;  Derrenburk  1359;  Derneburgk,  Demburgk  1501;  Demeborgk  1603. 
Der  Name  ist  Ton  demselben  Stamm  abzuleiten,  der  noch  in  unserm  Wort 
Dirne  erhalten  ist.  Da  nach  mittelalterlichem  Sprachgebrauch  dies  eine  der  Be- 
zeichnungen der  Jungfrau  Maria  ist,  so  bedeutet  der  Name  soviel  wie  Marienburg. 

Stadt  9,7  km  westsüdwestlich  von  Halberstadt  an  der  Holtemme,  mit  3100 

8* 


3(3  Halberstädter  Landkreis:  Derenburg  (Geschichte) 


Einwohnern  (1701:  2067),   davon   sind   3043  evangelischer,  45  katholischer  und 
12  jüdischer  Konfession.    Den  Haupterwerb  bildet  die  Landwirtschaft. 
Archidiakonat:  ützleben. 

Geschichte:   Den   Grund   zur  Anlage   der  Stadt  soll  Köni^  Heinrich  I. 
925  durch  die  ihm  zugeschriebene  Anlage  einer  Burg  gegeben  haben,  als  er  Teile 
der  Besatzungen  aus  Godenhusen,  Sieverthusen,  Ützleben  undWichhusen  dorthin 
versetzte.     935  wurde   angeblich   ein  Graf   von   Blankenburg  von  ihm  mit  der 
neuen  Burg  belehnt.    1008  ging  Derenburg  durch  Schenkung  Heinrich  IL  an  das 
Stift  Gandersheim  über.    Die  Burg  wurde  1130  durch  den  Pfalzgrafen  Friedrich 
von  Sommerschenburg  zerstört,  doch  wurde  sie  später  wieder  aufgebaut   Bei  der 
Erbteilung   unter  die   Söhne   des   Grafen   Poppe   von  Blankenburg   erhielt  der 
jüngere,  Konrad,   den   Regenstein  nebst  der  Derenburg.    Der  um  diese  heran- 
wachsende Ort  blieb  seitdem  Hauptort  der  Grafschaft.    Die  Vogtei,  welche  der 
Graf  von  Regenstein   1190  von   der  Äbtissin   von  Gandersheim   übertragen  be- 
kommen hatte,  bildete  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  einen  Gegenstand  des  Streites 
zwischen  beiden.    Unter   der  Linde  auf  dem  Kirchhofe  war  die  Stätte  des  Ge- 
richtes, w^elches  der  Graf  dreimal  jährlich  dort  abzuhalten  hatte.    Im  Jalire  1289 
gestattete  Bischof  Volrad  der  Gräfin  Sophie,  der  Schwester  des  Grafen  Heinrich 
von  Regenstein  die  Anlage  eines  Prediger-Nonnenklosters  in  D.;  bei  der  Ge- 
schichte   von  Halberstadt  wird  erwähnt  werden,    dass  diese   Gründung  unter- 
blieb, man  das  Kloster  (S.  Nikolai)  vielmehr  in  Halberstadt  anlegte.    An  dessen 
Patronin,   die  h.  Katharina,  erinnert  noch  der  Name  des  Katharinenhospitals  vor 
D.    1304  wurden  die  Burgmannen  der  Pfarrkirche   einverleibt.    Die  Dionysius- 
kirche,  der  sie  bis  dahin  angehört  hatten,  wurde  seitdem  zu  einer  blossen  Kapelle 
die   zur  Pfarrei  Wichhusen  gethan   wurde.     Das   Patronat    der  Pfarrkirche  zu 
Derenburg  (ein  Pfarrer  Hinricus  kommt  zuerst  1195  vor)  hatte  der  Bischof.   Die 
Einsetzung    des    Pfarrers    war    abhängig    von    der   Einwilligung    der    Bürger- 
schaft, was  seit  1303  zu  einem  langen  Streite  mit  dem  Archidiakon  von  Ützleben 
und  dem  Nikolai-Kloster  zu  Halberstadt  führte,  der  schliesslich  bis  vor  den  Erz- 
bischof von  Mainz  gebrsicht  wurde  und   mit  dem  Siege  der  Derenburger  endigte. 
Als   1337    der  besiegte   Graf  Heinrich   VIII.   von  Regenstein   seine  Heimburger 
Vettern  zu   entschädigen   hatte   (s.  Gesch.  d.  Regensteins),   verkaufte   er  ihnen  in 
diesem  Jahre  und  1339  in  zwei  Teilen  das  Schloss  und  die  Stadt  D.  mit  allem 
Zubehör.    Die  Stadtverwaltung,   der   Rat,   bestand    in    mittelalterlicher  Zeit  aus 
6  Personen,  nämlich  einem  Bürgermeister  (procurator  civium  1304)   und  5  Rat- 
mannen.   Sie  hatten   die   Aufsicht  über   die   Alderleute   der   Kirche.    Von  den 
Kämpfen  Bischof  Albrechts  IL   um   D.   ist    bei  dessen  Geschichte   zu  sprechen. 
Bei  der  Teilung  der  Reinstcin-Blankenburgischen  Herrschaft  zwischen  den  Grafen 
Ulrich  und  Bernhard  1442  wurde  D.  Vorort  der  einen  Hälfte.   Bernhard  wohnte 
dort  bis  1448,  wo  er  nach  Blankenburg  übersiedelte.    1451  belehnte  die  Äbtissin 
von  Gandersheim   den   Kurfürsten   von   Brandenburg  mit  D.  und  1481  ging  die 
eine  Hälfte  durch  Kauf  an  Brandenburg  über,  während  die  andere  Hälfte  regen- 
steinisch  wurde.    Die  erstere  aber  kam  als  Afterlehen  Brandenburgs  gleichfalls 
an  Regenstein.    Von  hier  gelangte  beides  1530  wiederkäuflich  für  35,000  Gulden 
an   Botho   den   Glückseligen  von  Stolberg,   von  diesem  1540  mit  Genehmigung 
Brandenburgs  als  Pfandlehen  an  die  von  Veitheim.    1511  war  D.  der  Sitz  des 


Derenburg  (Geschichte,  Pfarrkirche)  37 


Arcbipresbyters  des  Bannes  Utzleben.  Seit  Einführung  der  Eeformation  in  D. 
1526  wurde  der  Ort  eine  Zufluchtsstätte  für  die  evangelischen  Halberstädter. 
Als  nach  dem  Aussterben  der  Regensteiner  159V)  deren  Erbschaft  an  das  Hochstift 
überging,  machte  der  Bischof  Heinrich  Julius  Schloss  und  Stadt  D.  zu  braun- 
schweigischem  Lehn.  1623  hatte  D.  gegen  die  Truppen  des  Christian  von  Braun- 
schweig schwere  Kämpfe  zu  bestehen,  die  mit  Eroberung  und  Plünderung  der 
Stadt  endigten.  In  den  folgenden  Jahren  war  sie  abwechselnd  der  Willkür  der 
Kaiserlichen  und  der  Schweden  ausgesetzt.  Das  Pfandlolien,  welches  die  Yelt- 
heims  gehabt  hatten,  wurde  erst  1701  durch  König  Friedrich  I.  eingelöst.  — 
Zuwachs  an  Einwohnerschaft  erhielt  D.  durch  die  Einwanderung  von  rhein- 
pfälzischen Kolonisten  unter  Friedrich  d.  Or.  — 

Flurnamen:  1304  Martacker;  —  1413  in  dem  Lee,  in  der  Wellen,  in 
dem  Sekendahy  by  den  Kesenbomen;  —  1421  die  Dcpenhekc,  der  Dikbcrg, 
Liskenberg,  die  Suderwische,  der  Papenstieg,  der  Uberg,  der  Linthorn,  der 
Welborn. 

Die  Pfarrkirche,  1413  Liebfrauenkirche,  jetzt  Trinitatiskirche  ge- 
nannt. Ihr  Schiff  ist  im  18.  Jahrhundert  erbaut  worden,  der  Grundstein 
wurde  am  6.  Juli  1726  gelegt.  Es  hat  nur  geringe  Länge,  halbachteckigen 
Chorschluss  und  eine  gewölbte  Bretterdecke.  ^  Die  Thüren  haben  bogen- 
förmige Frontons,  worüber  sich  elliptische,  sogen.  Ochsenaugenfenster  befinden. 
Von  viel  höherem  Alter  sind  die  Türme,  ziemlich  roh  aus  Bruchstein  erbaut 
und  beworfen.  Gegenwärtig  sind  sie  stark  aus  dem  Lot  geraten.  Da  der  Bewurf 
vielfach  abgefallen  ist,  so  ist  deutlich  zu  sehen,  dass  die  Türme  mit  ihrem 
Zwischenbau  von  unten  nach  oben  nicht  bündig,  sondern  etwas  später  an  ihn 
angebaut  sind.  Schon  dies  führt  zu  der  Vermutung,  dass  der  Zwischenbau 
ehemals  der  einzige  Turm  der  Kirche  gewesen  ist.  Den  vollständigen  Beweis 
dafür  liefert  das  Innere,  welches  die  Seitenmauem  jenes  ursprünglichen  Turms 
als  vollständig  erhalten  aufweist.  Auf  allen  Seiten  hatte  er  im  obersten  Stock- 
werk gekuppelte  Fensteröffnungen.  Aus  der  nördlichen  und  südlichen  sind,  als 
die  beiden  Türme  angebaut  wurden,  um  die  Verbindung  mit  diesen  zu  ermög- 
lichen, die  Zwischensäulchen  herausgeschlagen  (ihre  Reste  sind  noch  deutlich 
erkennbar)  und  so  die  Fenster  zu  Durchgangsöffnungen  gemacht  worden.  So 
stellt  nun  der  ursprüngliche  Turm  den  Zwischenbau  dar,  welcher  oben  mit  einem 
Renaissance  -  Dachreiter  gekrönt  ist,  und  das  Ganze  enti>pricht  durchaus  dem 
Typus  der  doppeltürmigen  sächsischen  Kirchen.  Auch  die  angebauten  Türme 
(Breite  5  m,  Tiefe  6,14  m;  der  gesamte  Turmbau  hat  eine  Breite  von  über  18  m), 
deren  Fenstersäulchen  kelchartige  Kapitale  aufweisen,  stammen  noch  aus  spät- 
roraanischer  Zeit.  Die  achteckigen  schlanken  Turmhelme  sind  unmittelbar  nach 
dem  Brande  von  1677  erbaut.  Ein  Westeingang  ist  ursprünglich  nicht  vorhanden 
gewesen,  die  jetzige  kleine  Thür  ist  neueren  Datums.  Die  Verbindung  mit  dem 
Schiff  im  Innern  ist  durch  einen  Halbkreisbogen  bewirkt. 

(rlocken.    Es  sind  deren  vier.   Sie  sind  nach  dem  Brande  von  1677  durch 
Heise  Meyer  aus  Wolfenbüttel  gegossen  und  stehen  im  Dreiklang  von  cis-moll. 

1.  Dm.  1,62  m.    Sie  ist  verziert,  mit  den  Figuren  von  Christus,  Petrus  und 


*  Neuerdings  ist  das  Schiff  innerlich  vei'ändert  worden.    Ich  beschreibe  nacli  dem  Zu- 
tand,  wie  er  noch  1897  war. 


38       Halberstadter  Landkreis:  Derenbarg  (Pfarrkirche:  Ausstattung  —  Ealandkapelle) 

Paulus,  Namen  von  obrigkeitlichen  Personen   und  2  lateinischen  Hexametern. 
Auf  das  tiefe  „cis^^  gestimmt.    Im  Stidwestturm. 

2.  Dm.  1,47  m.  Weniger  reich  ornamentiert  als  die  erste.  Sie  zeigt  ausser 
den  Namen  offizieller  Persönlichkeiten  die  Giesserinschrift  und  eine  Erinnerung 
an  die  Feuersbrunst  vom  19.  Februar  1677.    Ton  „e.^'    Im  Nordwestturm. 

3.  Dm.  1,18  m.  Mit  offiziellen  Namen,  Giesserinschrift  und  lateinischem 
Chronostichon  auf  die  Zahl  1677.    Ton  „gis."    Im  Mittelbau. 

4.  Dm.  0,76  m.  Mit  der  Darstellung  Christi  als  Weltregierer.  Sie  ist  auf 
den  Ton  „eis"  gestimmt  und  befindet  sich,  auf  einem  besonderen  Postament 
stehend  im  Dachreiter. 

Altar  und  Kanzel  sind  modern  und  befinden  sich  auf  der  Nordseite 
des  Innern. 

Die  Orgel.  Sie  ist  1589  erbaut  und  gehörte  bis  1770  der  Martinikirche  in 
Halberstadt;  für  600 Thaler  kam  sie  damals  in  den  Besitz  der  Derenburger Pfarr- 
kirche. Sie  zeigt  reiches  Schnitzwerk  mit  Vergoldung  und  2  breite  Flügel,  auf 
denen  sich  2  Wappenschilder  und  hinterwärts  massige  Malereien  (Temperantia, 
Laute  spielender  Engel)  befinden.  Sie  trägt  eine  Inschrift,  welche  angiebt,  dass 
sie  1830  wieder  hergestellt  worden  sei.  Da  sie  in  die  allzu  niedrige  Kirche 
nicht  passt,  so  ist  die  oberste  Bekrönung  nach  vorn  übergeklappt 

Der  achteckige  Taufstein  ist  aus  Sandstein  und  von  unbedeutender  Er- 
findung; datiert  1579.  Das  ebenfalls  achteckige  Taufbecken  ist  von  Zinn, 
zeigt  auf  dem  Bande  6  Wappen,  femer  eine  Madonna  auf  dem  Halbmonde,  sowie 

H.  P 

die  Marken    Hh  SHE  +,    W.    j- ,    W.  Hi    »Hös  mit  dem  Stichel  eingraviert 

Abendmahlsgeräte:  1.  eine  Taufkanne  von  Zinn,  1728,  mit  Spruch  auf 
dem  Deckel  und  dem  Namen  Christina  Margareta  Houers.  2.  Silberner  Kelch, 
1652,  am  Fuss  kleine  Kreuzigungsgruppe  und  Name  des  Stifters,  M.  Erasmus 
Silvester  Hosling  Diac.  Deremb.  3.  Silberner  Kelch,  unten  ein  graviertes  Wappen 
mit  einem  Löwen.  Am  Knauf  die  Buchstaben  IHESVS.  4.  Silberne  Patene, 
1643,  mit  Marken  P.P. -E.G.  5.  Desgl.,  1720,  mit  eingraviertem  lorbeerbekränztera 
Kreuze.  6.  Zinnerne  Weinkanne.  7.  Silberne  Oblatenbüchse,  18.Jahrh.,  auf  dem 
Deckel  das  Ijamm  mit  der  Fahne,  innerhalb  Christus  als  Leidensmann,  beides 
graviert  [Ein  kleines  zinnernes  Taufbecken  von  1729  mit  Randinschrift:  Das 
Aug'  Allein  Das  Wasser  Siht  u.s.  w.  und  eine  zinnere  Weinkanne,  welche  beide 
noch  1877  vorhanden  waren,  sind  nicht  mehr  nachweisbar.] 

Von  anderen  Geräten  besitzt  die  Kirche  2  zinnerne  Altarleuchter  von  1727, 
ein  dreiftissiges  I^sepult,  von  schwarzem  Adler  getragen,  18.  Jahrb.,  Holz. 

Die  Kaiandkapelle  neben  der  Unterpfarre  dient  jetzt  in  beschädigtem 
Zustande  als  Scheune;  sie  ist  1484  und  1524  ausgebessert  Eine  Kapelle  des  Kalands, 
in  der  Hauptsache  wahrscheinlich  identisch  mit  der  jetzigen,  war  in  Derenburg, 
wie  urkundlich  feststeht  (Jacobs,  in  der  H.-Z.  1879),  schon  zwischen  1295  und 
1306.  Ihr  Patronat  hatte  die  Stadtgemeinde  von  Derenburg.  Bau  und  Erhaltung 
war  Sache  der  Kaiandbrüderschaft,  welche  die  Kapelle  und  einen  Hof  von  den 
Grafen  von  ßcgenstein  zu  Ijchn  hatte. 

Die  jetzige  Kapelle  hat  eine  äussere  Länge  von  11,84,  eine  Breite  von  9,75  ni, 
und  ist  aus  Benzingeröder  Rogenstein  erbaut    An  der  Südseite  sind  drei  spitz- 


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Derenburg  (Kalandkapelle  —  Hospital  —  [DionysiuskapoUe  —  Burg])  39 


bogige,  jetzt  vermauerte  Fenster  ohne  Gewände  (Breite  1  m,  Höhe  3,20  m),  sowie 
die  Spuren  einer  Thür.  An  der  Ostseite  ist  eine  gleichfalls  vermauerte,  2,35  m 
breite  Thür,  der  Haupteingang.  Das  Masswerk  des  Oberlichtes,  von  einfacher 
Form,  ist  z.T.  zerbrochen,  aber  noch  durchaus  herstellbar.  Die  Untersuchung 
des  Innern  ist  ausserordentlich  erschwert  durch  das  dort  aufgehäufte  Stroh.  Die 
Wände  sind  mit  einem  sehr  festen  Gipsbewurf  überzogen.  Eine  Wiederherstellung 
des  Gebäudes  wäre  unschwer  zu  bewerkstelligen. 

Die  Hospitalkapelle  St.  Katharina.  Die  jetzige  Kapelle  ist  ein 
Gebäude,  welches  1768  an  Stelle  eines  schlechten  Fachwerkbaues  errichtet  wurde. 
Der  Siechenhof  wird  schon  1282,  die  Hospitalkirche  1311  erwähnt,  wo  sie 
von  den  Regensteinem  ausgestattet  wurde ;  1322  heissen  die  Insassen  die  „guden 
lüde  up  dem  velde  to  Demeburg,  de  dar  heyten  to  dem  spetale  to  sunte 
Katerinen." 

Das  Gebäude  ist  ein  längliches  Achteck  aus  Sandstein  mit  Walmdach  und 
Dachreiter,  auf  welchem  eine  Wetterfahne  mit  der  h.  Katharina  und  der  Jahres- 
zahl 1768.  Das  Innere  des  aus  Sandstein  aufgeführten  Gebäudes  bietet  nichts 
Bemerkenswertes,  als  eine  über  der  Thür  aufgestellte  kleine,  mit  Ölfarbe  bedeckte 
Figur  der  h.  Katharina,  16.  Jahrhundert.  Auf  dem  Boden  befindet  sich  ein  be- 
schädigter Kruzifixus  mit  Reliquienbehältem  (14.— 15.  Jahrhundert),  sowie  ein 
roh  gearbeitetes  kleines  Kruzifix  von  hohem  Alter.  Im  Dachreiter  hängt  eine 
Glocke  von  0,78  m  Dm.,  geschmückt  mit  der  Figur  Christi  als  Weltrichter,  dar- 
unter die  Buchstaben  8VMD.  Eine  Inschrift  besagt,  dass  die  Glocke  1676  von 
Heise  Meyer  in  Wolfenbüttel  gegossen  wurde. 

Das  Katharinenhospital.  [Das  alte  Gebäude,  Fachwerk  des  17.  und 
18.  Jahrhunderts,  ohne  künstlerischen  Wert  ist  1896  abgerissen  und  durch  einen 
Neubau  ersetzt,  nachdem  der  alte  Bau  durch  den  Maler  Wolfer  zu  Derenburg 
abgebildet  worden  war.] 

[Die  Dionysiuskirche,  zum  Kloster  S.  Dionys  (S.  Agnes)  gehörig,  lag  im 
Mittelalter  auf  jenem  Berge,  dessen  entstellter  Name  ,, Anisberg"  noch  jetzt  an 
das  alte  Kloster  erinnert.  Zu  ihrer  Pfarrei  gehörten  die  Burgmannen  von  Deren- 
burg. Sie  stand  unter  dem  Patronat  der  Äbtissin  von  Gandersheim  imd  hatte  ihrer- 
seits das  Patronat  der  Kirche  in  Wichhusen.  Ihr  Vorsteher  war  ein  Halberstädter 
Domkanonikus.  1304  wurde  sie  eine  blosse  Kapelle  ohne  Seelsorge  und  der  Kirche 
in  Wichhusen  untergeordnet.  Die  Wälle  des  befestigt  gewesenen  Klostors  sind 
nur  noch  an  wenigen  Stellen  schwach  erkennbar.  In  der  Nähe  gab  es  früher 
eine  Quelle,  die  der  Krankenborn  genannt  wurde  und  eine  Einnahme  des 
Dionysiusklosters  bildete.  Ihre  Sandsteineinfassung,  an  welcher  eine  auf  Johann 
Huss  deutende  Inschrift  gewesen  sein  soll,  wurde  gegen  1867  beseitigt  und  daraus 
ein  später  abgebrannter  Schweinestall  erbaut] 

[Die  Burg  (Fig.  11),  östlich  von  der  Stadt  auf  einem  Hügel  gelegen, 
ist  völlig  zerstört.  Die  Steine  dienten  als  Material  zu  andern  Bauten,  u.  a. 
zum  Bau  des  Herrenhauses  auf  dem  Eittergut  Minsleben.  Der  Berchfrit,  wie 
es  sclieint  in  der  Südostecke  des  Burgterrains  errichtet  (auf  dem  Plane  durch 
einen  punktierten  Kreis  angedeutet),  stürzte  1785  ein.  Die  Burgstätte  ist  ein 
etwa  iX)  Ar  grosses  unregelmässiges  Viereck.  Die  Gräben  und  Wälle  sind 
noch   deutlich   erkennbar.     Die  Fundamente   liegen  flach  unter  dem  Erdboden, 


40 


Halberstädter  Landkreis:  Derenburg  (Stadtmauer  —  Bath&user) 


und  ihr  Grundriss  wäre  noch  mit  Leichtigkeit  mittels  einer  Ausgrabung  fest- 
zustellen. Die  Ausgrabung  war  bereits  beschlossene  Sache,  als  sie  im  letzten 
Augenblicke,  dadurch  dass  der  Eigentümer  sein  bereits  gegebenes  Wort  zurück- 
nahm, vereitelt  wurde.  Es  sollen  sich  nach  Versicherung  älterer  Leute  dort 
noch  wohlerhaltene  mit  Tonnengewölbe  eingedeckte  Keller  befinden.  Das  Burg- 
thor war  in  der  Stadtmauer.  Das  Terrain  gehört  jetzt  dem  Ackermann  Bamme 
in  Derenburg.  Der  beigefügte  Tjageplan  ist  von  Herrn  Feldmesser  Meyer  in 
Quedlinburg  aufgenommen.] 

Die  Stadtmauer.  Ihre  Reste  beweisen,  dass  sie  etwa  14C0m  lang,  2,20 m 
dick,  3—4  m   hoch   und   ohne  Fundament  aus  Füll  werk   erbaut  war.     Sie  ist 

urkundlich  1334  zuerst  er- 
wähnt, die  in  ihr  befind- 
lichen Thore  1304.  [Letzterer 
waren  es  drei  (abgesehen 
von  dem  zur  Burg  führen- 
den Thor),  nördlich,  östlich 
und  westlich,  welche  durch 
viereckige  Türme  befestigt 
waren.  Bei  dem  nörd- 
lichen und  westlichen  stan- 
den sie  daneben,  der  Turm 
des  östlichen  Thores  erhob 
sich  über  demselben.  Halbe 
Mauertürme  (Wichhäuser) 
scheint  es  nicht  gegeben 
zu  haben.  Das  westliche 
Thor  wird  1421  erwähnt 
Die  Thore  sind  in  diesem 
Jahrhundert,  das  letzte  in 
den  vierziger  Jahren  abge- 
rissen worden.]  Der  aussen 
um  die  Mauer  gehende 
Graben  ist  noch  z.  T.  er- 
kennbar. 

Von  andern  Bau- 
lichkeiten sind  vor- 
handen: 

a)  Das  untere,  eigentliche  Rathaus,  am  Markte  neben  der  Pfarrkirche,  1789 
in  Fachwerk  gebaut,  mit  Walm-Mansardendach.  Von  Interesse  ist  nur,  dass  es 
auf  den  Fundamenten  und  Kellern  des  alten,  1769  durch  Brandstiftung  zerstörten 
Rathauses  steht.  [Ein  Rathaus,  von  dem  freilich  zweifelhaft  ist,  ob  es  mit  dem 
letztgenannten  identisch  war,  wird  1425  erwähnt.] 

b)  Das  sog.  obere  Rathaus,  auch  Ratskeller  genannt,  Holzschnitzbau  von 
etwa  1560.  Die  Balkenköpfe  sind  mit  Rundstäben  und  Hohlkehlen  belebt  und 
ruhen  auf  ähnlichen  Konsolen.  Die  dazwischen  angebrachten  Füllhölzer  zeigen 
einfache  runde  Formen.    Der  Bau  scheint  ehemals  noch  ein  oberes  Stockwerk 


1:1SOO 


Fig.  11. 


Derenbnrg  (Pmathänser  —  Siegel — Wappen) 


41 


gehabt  zu  haben.  Der  Yotksmuad  berichtet  von  unter  dem  Gebäude  befindlichen 
Kellern  uud  unterirdischen  Gängen. 

Das  älteste  Privathaus  ist  das  im  Besitz  eines  Fräulein  Strausä  befindliche 
Hans  Halberstädter  Strasse  38.  Sein  Untergeschoss  ist  aus  der  zweiton  Hallte 
des  15.  Jahrhunderts.  Es  hat  ein  steinernes  Portal,  dessen  Gewände  ans  einfachen 
Rimdstäben  besteht,  neben  denen  rechts  und  links  senkrechte  Kundstabe  bis  zum 
Bande  des  Gewändes  aufsteigen.  Neben  und  über  dem  Portal  sind  zwei  kleine 
gotische  Fenster,  deren  steinerne  Leibung  geraden  Sturz  aufweist  Das  Ober- 
geschoss,    Fach  werk     mit    reichlicher    BaikenTerriegelung    ist    vom   Ende    des 

17.  Jahrhunderts. 

Femer  ist  von  Interesse; 

Die  sog.  Batsschäferei ,  ein  Fachwerkbau  im  Typus  von  etwa  1560,  mit 
Schiffskehlen  und  Fächerrosetten,  deren  Mitte  auf  den  Standern  liegt.  Die  Thür 
hat  den  gotischen  Vorhangbogen. 

Aus  dem  17.  Jahrhundert  stammen  die  Häuser  Halberstädter  Strasse  23  und 
Eomstraäse  14  (mit  Schiffskehlen  und  Schnürrollen);  Kornstrasse  2  mit  vier- 
eckigen Ausluchten;  Kornstrasse  3  mit  Balkenriegelwerk. 

Die   übrigen    älteren  Häuser   gehören  der  letzten  Verfallzeit  des    17.  und 

18.  Jahrhunderts  an. 

[Urkundlich  erwähnt  sind  noch  von  Gebäuden:  die  Meierei  1208;  eine 
Mühle,  östlich  von  der  Kirche,  1289  aus  Gandersheimschem  Besitz  dem  Nicoiai- 
kloster  zu  Halberstadt  geschenkt;  —  von  Strassen;  die  Sievershäuser  Strasse 
1462  u.  ö.,  die  Halberstädter  und  die  Rosenstrasse  1489 ;  —  von  Plätzen :  der  Kirch- 
hof 1334,  Bleek  D  beim  Kirchhof  an  der  Ecke,  dem  Kathause  gegenüber,  1462 ;  — 
ausserhalb  des  Ortes  die  Krumme  Wiese,  v.  Britzke'sches  Eigentum,  1612.J  ' 

Das  Siegel* zeigt  die 
Schrift:  s.borgensivm  —  in 
demeborch  um  das  Bild 
eines  Stiirmigen  Stadt- 
thores ;  rechts  und  links 
über  der  Mauer  ein  Helm 
mit    den  Begenstein'schen 


A^A 


DasWappen  derStadt 
(Fig.  12)  ist  an  dem  Kat- 
hause seitwärts  angebracht. 
Es  zeigt  STürme,  verbunden 
durch  eine  Mauer,  die  Seiten- 
törme  mit  Zinnen  undSpitzen 
der  Mittelturm, 


Ü 


platt,  trägt  auf  einem  Kübelhelm  2  Hirschstangen.  Er  hat  ein  halbkreisförmiges 
Thor  und  darüber  3  Fenster  nebeneinander.  Das  an  der  Orgel  in  der  Pfarrkirche 
angebrachte  Wappen  ist  etwas  abweichend  und  zeigt  drei  hohe  Türme  mit  Spitz- 
kuppeln und  Kreuzen  darauf,  Thoren  und  Fenstern;  der  Mittelturm  mit  2  kleinen 


'  Vgl.  R«ichstiDzeiger  1872,  No.  28. 


42  Halberstädter  Landkreis:  Derenburg (Prähistorisches  Ti.derj,l.)  —  Emersleben  (Geschichte) 


Türmchen  auf  Seitenkonsolen;  zwischen  den  3  Türmen  Kütelhelme  mit  Hirsch- 
geweihen.   Silber  auf  blauem  Grunde. 

Der  in  der  Nähe  von  D.  südlich  belegene  Bocksberg  ist  ein  bcsondei*s  er- 
giebiger Fundort  von  Umenresten  und  Feuersteinmessern,  ebenso  wie  die  Gegen- 
den  von  Utzleben,  Godenhusen  und  Wichhausen.  —  Über  die  3  sog.  Hüne  li- 
ste ine  (alte  Grenzsteine)  vergl.  Stübners  Denkwürdigkeiten  des  Fürstentums 
Blankenburg  (1788)  I,  417.  Ein  ähnliches  Zeichen  in  der  Nähe  der  Mahndorfer 
ehemaligen  Hundertmorgenbreite  war  der  sog.  Heringsstein.  —  Ein  rohes  Sand- 
steinkreuz  ist  am  Wellbache  bei  Mahndorf  zu  finden.  —  Warttürme  von 
rechteckiger  Gestalt  gab  es  früher  bei  ützleben,  bei  Mahndorf  am  Landgraben 
und  östlich  von  D.  auf  dem  Hahnberge.  Von  diesen  Türmen  ist  keine  Spur 
mehr  vorhanden. 

Eine  Privatsammlung,  besondei^  von  Münzen,  ist  im  Besitze  des  Rentiers 
Herrn  Schwannecke. 

Emersleben 

Handschriftliche  Chronik  von  E.  —  Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1697  zurück. 

Amersleve  1136;  —  Amerslove  1174;  —  Emerstid  (?)  1186;  —  Emersleve 
1289;  —  Engrensleve  (?)  Anfang  14.  Jahrhundert;  —  Enegheraersleve  1332;  — 
Emerschlebe  1624. 

Dorf,  7,5  km  nordöstlich  von  Halberstadt  bei  der  Holtemme,  mit  813  Ein- 
wohnern (1564  37,  1589  nur  30  Hauswirte),  von  denen  780  evangelisch,  die  andern 
katholisch  sind.    Den  Haupterwerb  bildet  die  Landwirtschaft. 

Archidiakonat:  Halberstadt. 

Geschichte:  Zur  Zeit  seiner  ersten  Erwähnung  1136  hatt«  der  Ort  schon 
eine  längere  Entwicklungszeit  hinter  sich,  da  bereits  zwei  Teile,  das  Ober-  und 
Unterdorf  (Amersleve  superior  und  inferior)  unterschieden  werden.  Damids  be- 
sass  laut  Bestätigung  durch  Bischof  Eudolf  das  Halberstädter  St  Paulsstift  dort 
im  Oberdorf e  16  Hufen  und  8  Morgen,  im  Unterdorf e  3  Hufen.  Anfangs  des 
13.  Jahrhunderts  standen  gewisse  Teile  des  Dorfbezirkes  unter  der  Vogtei 
des  -Halberstädtor  Domdochanten.  Zur  selben  Zeit  war  ein  Zehnter  von  E. 
zwischen  dem  Probst  von  St.  Bonifaz  in  Halberstadt  und  seinem  Kapitel  streitig. 
Auch  das  Liebfrauenstift  tritt  damals  als  Besitzer  in  E.  auf.  —  Das  Patronat  der 
Kirche  gehörte  bis  1238  dem  Walthcr  von  E.,  der  es  damals  an  das  Kloster 
St.  Jacobi  zu  Halberstadt  schenkte.  Ein  Pfarrer  Konrad  wird  1256  erwähnt, 
1564  stand  das  Patronat  beim  Kloster  Groningen;  heute  gehört  es  zu  zwei  Drittel 
dem  Fiskus,  zu  ein  Drittel  dem  Rittergute  zu  E.  —  Das  Schloss  (castrum;  dat 
huz  to  Em.)  zu  unbekannter  Zeit  begründet,  und  wahrscheinlich  der  Kern  des 
Ortes,  der  sich  seinetwillen  wohl  erst  gebildet  hat,  hat  viele  Besitzer  gehabt,  da 
es,  wie  so  viele  Schlösser,  als  Verpfändungsobjekt  gern  benutzt  wurde.  1253 
hatte  der  Abt  von  Corvey  einen  Teil  inne;  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  besass  das 
Schloss  der  Truchscss  Johann  von  Alvensleben;  1261  war  es  im  Besitze  des 
Grafen  Burchard  von  Querfurt;  1263  in  dem  des  Markgrafen  Johann  von  Branden- 
burg. 1305  war  Graf  Heinrich  von  Regenstein  Pfandinhaber.  Aus  den  folgenden 
Jahren  wird  berichtet,  und  vielleicht  stimmt  dies  auch  schon  für  vorausgegangene 


Emersleben  (Kirche)  43 


Zeiten,  die  Burg  sei  ein  Räubernest  gewesen.  Bischof  Albrecht  II.  belagerte  sie 
darum  1325,  eroberte  sie  und  Hess  die  Übelthäter  hinrichten.  1332  sehen  wir 
Burchard,  Grafen  von  f^alkenstein,  im  Besitze  von  Burg  und  Dorf;  beides  schenkte 
er  damals  dem  Halberstädter  Domstift.  Aber  schon  1359  wurde  es  wieder  für 
30ü  brandenburgische  Mark  an  einen  Arnold  Stammer  und  dessen  Sohn  ver- 
pfändet, mit  der  Erlaubnis,  dass  diese  15  Mark  daran  verbauen  durften.  1492, 
am  31.  Januar,  wurde  Valentin  von  Dorstadt  nach  seines  Vaters  Tode  vom  Ad- 
ministrator Ernst  mit  Schloss  E.  samt  Gericht  und  Recht,  Landbesitz,  Schoss, 
Wasser  und  Fischerei  über  der  Ecke  vor  dem  Hagen  gegenüber  Quenstedt,  Weide, 
Holz  und  der  Mühle  vor  dem  Hagen  belehnt.  Die  Familie  v.  Dorstadt  scheint 
somit  schon  vor  1492  im  Besitze  des  Gutes  gewesen  zu  sein.  Sie  blieb  es  bis 
zu  ihrem  Aussterben,  worauf  E.  in  die  Hände  derer  v.  Stedem  überging.  Heute 
ist  Besitzer  Herr  Assessor  Rimpau.  Als  Amt  ist  E.  immer  selbständig  gewesen; 
in  seinen  Verwaltungsbezirk  gehören  Gross-  und  Klein-Quenstedt 

Die  Kirche  (St.  Petri)  besteht  aus  einem  romanischen  Turm  und  einem 
1742  angebauten  Schiff.  Ersterer  öffnet  sich  gegen  letzteres  mit  einem  grossen 
Halbkreisbogen  auf  Kämpfern.  Ausser  verschiedenen  vermauerten  Fenstern  be- 
sitzt er  oben  vierfach  gekuppelte  Schallöffnungen ;  die  Zwischensäulen  tragen  ein- 
fache Würfelkapitäle ;  die  Basen  haben  bereits  Eckblätter,  die  aber  noch  schwach 
entwickelt  sind.  Das  Kirchenschiff  zeigt  architektonisch  keine  Merkwürdigkeiten. 
Die  hölzernen  Decken  sind  mit  Ölmalereien  des  18.  Jahrhunderts  geschmückt:  in 
der  Kirche  mit  der  Kreuzigung  (auf  Holz),  in  der  Sakristei  mit  der  Auferstehung 
(auf  Leinwand),  in  den  Logen  mit  der  Auferstehung  und  dem  jüngsten  Gericht 
(auf  Holz).  Als  äusseren  Schmuck  besitzt  das  Langhaus  an  der  nördlichen  Wand 
über  beiden  Thüren  je  eine  steinerne  Figur,  des  h.  Petrus. 

Drei  Glocken:  1.  Dm.  1,41  m,  gegossen  von  W.  Engelcke  in  Halberstadt 
1858.  2.  Dm.  1,14  m ,  gegossen  von  Chr.  Heinr.  Gettwerth  in  Halberstadt  1822. 
3.  Dm.  0,82  m,  gegossen  von  Ulrich  in  Laucha  1894;  sie  ist  Umguss  einer  0,77  m 
weiten,  1744  von  C.  H.  Knoblauch  in  Halberstadt  gegossenen  Glocke. 

Der  Altar  ist  ein  Schnitzwerk  von  1742,  angeblich  eine  Sühnestiftung  einer 
Frau  von  Stedem.    Daran  die  Figuren  von  Petrus  und  Moses. 

Die  Kanzel,  in  den  Altar  oben  eingebaut,  aber  nicht  zu  ihm  passend,  intar- 
sierte  Arbeit  des  17.  Jahrhunderts,  jedenfalls  ehemals  Teil  eines  andern  Altar- 
werkes. 

Die  geschnitzte  Orgel  stammt  von  1750.  An  ihrer  Brüstung  befinden  sich 
Ölmalereien:  Sündenfall,  Taufe  Christi,  Auferstehung. 

Die  Bogen,  gleichfalls  schön  geschnitzt,  sind  1743  errichtet. 

Der  Taufstein,  neben  welchen  rechts  und  links  je  ein  Engel  steht,  zeigt  den 
Stil  des  Altars. 

Eine  schön  geschnitzte  gotische  Truhe  (Fig.  13)  zeigt  in  flacher  Arbeit  Blatt- 
werk und  Tiere  (Hirsche,  Löwen,  Drachen,  Greifen). 

Epitaphien:  1.  einer  Frau,  f  1582;  2.  eines  jungen  Ritters,  f  1587.  Die 
Namen  von  beiden,  wahrscheinlich  Mitgliedern  der  Familie  v.  Dorstadt,  sind  von 
den  davor  stehenden,  nicht  zu  beseitigenden  Bänken  verdeckt;  3.  des  Erasinus 
v.  Dorstadt  Figur  stehend  in  Rüstung.  4  Wappen.  Gut  erhaltenes  Werk  des 
16.  Jahrhunderts.     4.   Bekrönung   eines  Epitaphs  mit  Relief   der  Auferstehung. 


44    Halberatädter  Landkreis:  EraerBleben  (Probnfreb&nde)  —  Gftddeclienrode  (Üeachichte) 


Tüchtige  Arbeit    vom    Ende  des  16.  Jahrhunderts.     Alle  Epitaphien  sind   aus 
Sandstein. 

Das  Innere  der  Kirclie  niaclit  einen  aussergewöhiilich  pomphaften  Eindruck. 


Von  anderen  Gebäuden  sind  nur  die  auf  dein  Rittergute  ku  bemerken. 
Von  den  Baulichkeiten  der  alten  Wasserburg  sind  indes  nur  noch  ein  viereckiger 
und  ein  achteckiger  Turm  übrig.  Ein  Stall  ist  datiert  von  1595.  [Urkundlich 
werden   noch  erwälmt:    eine   Mühle  1359,   die  Taverne  1465,  die  Küsterci  1476, 

die  „ostorhoften"  1504,  das  Wasserthor  1507.] 


Göddeckenrode 

O.  Borchert,  Göddeckenrode  (OrtakUDde,  berausgegeben  von  Hottinger,  No.  4  1889).  — 
H.-Z.IV,  63.    XXIII,  358.    XXIV,  318. 

Dorf  34,5  km  nordwestlich  von  Halberstadt  an  der  Ecker  mit  345  Ein- 
wohnern (davon  15  katholisch;  1564  gab  es  31,  1589  32  Einwohner). 

Archidiakonat:  Westerode. 

Geschichte:  Als  zu  Abbenrode  gehörig  wird  es  1324  erwähnt  1412  kam 
es  durch  Verpfändung  zusammen  mit  Wülperode  (s.  daselbst)  an  die  von  Asse- 
burg. 1481  hatten  drei  Vettern  von  Burgdorf  dort  I^ehn  von  Bischof  Oebhard 
und  Administrator  Ernst.  Im  selben  Jahr  wird  ein  oberhalb  des  Dorfes  gelegener 
Hohlweg  erwähnt 


66ddeckenrode  (Geschichte,  Kirche)  45 


Die  Kirche,  welche  früher  unter  dem  Patronat  des  Klosters  Ilsenburg, 
dann  der  Grafen  von  Wernigerode,  darauf  der  Dompröbste  stand,  wurde  1564 
und  1589  visitiert.  Heute  steht  das  Patronat  zu  zwei  Drittel  der  Regierung,  zu 
ein  Drittel  dem  Baron  von  Qustedt  auf  Berssel  zu,  der  es  1842  von  den  Erb- 
marschällen von  Bössing  übernahm. 

Flurnamen:  1564:  Schlaggen -,  Rohr-  und  Hagen  wiese,  Salvefleck, 
Hanenhof,  grosser  und  kleiner  Kräng  (Kramke,  Krenge),  die  Srei  Meinen. 

Kirche:  Über  ihren  1718  geschehenen  Neubau  giebt  eine  aussen  an  der 
Kirche  angebrachte  Tafel  Auskunft  mit  der  Inschrift:  Burchart,  Huet  Amtmann, 
Christoph  Henr.  Chrysander  Past.  Zachar.  Schmid  K.  Vorsteher.  Fr.  Wolfg.  Henr. 
Lof  K.  Väter  H.  Lampe  u.  Jac.  Schrader  Geschworne  Und  die  ganze  Gemeine. 
1718.  sVMptIbVs  segregHs  tottot  CVrante  ChrysanDer  ||  HoC  loVie  penItVssI 
reparata  DoMVs.  Das  Kirchenschiff  ist  mit  einem  im  halben  Zehneck  geschlossenen 
Chor  versehen  und  im  Ganzen  17,50  m  lang,  5,37  m  breit  Die  Decke  ist  aus 
Holz  gewölbt.  Rechts  befinden  sich  drei,  links  zwei  rundbogig  geschlossene 
Fenster.  —  Der  Turm  stammt  in  der  unteren  Hälfte  aus  romanischer  Zeit.  Er 
beherbergt  drei  Glocken:  1.  Die  grösste  hat  einen  Durchmesser  von  0,91  m. 
Gegossen  von  Johann  Wilhelm  Felbinger  in  Halbei*stadt  1785.  2.  Durchmesser 
0,70  m.  Gegossen  von  J.  J.  Radler  in  Hildesheim  1874.  3.  Durchmesser  0,42  m. 
Ohne  Schrift 

Der  Altar  von  1720,  mittelmässige  Holzschnitzerei  von  Froböse  in  Hom- 
burg, zeigt  unten  die  Figuren  der  vier  Evangelisten,  oben  Moses  und  Aaron. 

Die  über  dem  Altar  befindliehe  Kanzel  ist  im  gleichen  Stil  gehalten. 

Die  Orgel  ist  neu. 

Das  Taufbecken  von  Bronze,  mit  dem  Spruch  Lucas  18,  Iß,  gleichfalls  neu. 
Ein  alter  romanischer  Taufkessel  von  Kalkstein,  0,73  m  hoch,  0,90  m  Durchm., 
kreisrund,  ohne  Inschriften  oder  Bilder  befindet  sich  in  einer  Scheune. 

Ein  sechsarmiger  Kronleuchter  von  Messing,  mit  einem  doppelköpfigen 
Adler  oben  darauf,  stammt  von  1621. 

Das  messingene  Kollektenbecken,  wohl  ehemaliges  Taufbecken,  ist 
gestiftet  von  D.  Kirhoff,  1760.  Es  steht  auf  einem  geschnitzten  dreifüssigen  Holz- 
untersatze, der  die  Inschrift  zeigt:  D.  K.  H.  1760. 

Abendmahlsgeräte:  1.  ein  Kelch  von  Messing  mit  breitem  Knauf, 
unten  ein  kleiner  Kruzifixus,  0.15  m  hoch,  undatiert.  2.  Desgl.  von  Silber,  am 
Knauf  Spuren  früher  eingesetzter  Steine  und  in  rückläufiger  Schrift  SMARIA; 
weiter  unten  ein  Engelskopf  und  die  Schrift  IHCVS;  am  Fuss  eingraviertes 
Kreuz  ohne  Figur;  0,28  m  hoch,  16.  Jahrhundert.  3.  Zu  jedem  Kelch  gehört 
eine  Patene  von  0,12  m  bezw.  0,15  m  Durchmesser. 

Eine  gestickte  Decke  zeigt  in  Plattstich  mit  reichlicher  Verzierung  |von 
Silber  und  Gold  die  Anbetung  der  Könige  vor  der  thronenden  Madonna.  Im 
Hintergrunde  das  burgartige  Bethlehem.  Am  Bande  ausser  zwei  Wappen  viele 
symbolische  und  andere  Tiere  (Pelikan,  Pfau,  Adler,  Hii*sch  u.  s.  w.),  16.  Jahrb., 
1,08  m  lang,  1,06  m  breit.  Geschenk  der  Frau  Hofrat  Hecht  in  Halberstadt  1776, 
Neuerdings  ist  die  Decke  ausgebessert  worden. 


46  Balberstädter  Landkreis:  üarsleben  (Geschichte) 


Harsleben 

Die  KicheDbücher  gehen  bis  1632  zurück.  —  Altes  Ratsbuch  von  H.  H.-Z.  XXII, 
250fr.  —Reformation  und  Willkür  der  Gemeinde  Grossen -Harszleben.  H.-Z. XXI,  420 ff. 
XXII,  297  ff.   - 

Hirsleve,  Heresleve  1136;  —  Herislofe  1172;  —  Oster- Hersleve  1184;  — 
Magnum  Hersleve  gegen  1215;  —  Herflove  1261;  —  Grozzen-Hereleven  1359;  — 
Grotin  Hersieven  ffi96. 

Die  Namensforni  Herslingen  (vgl.  Herslingstrasse,  jetzt  Harsleberstrasse  zu 
Halberstadt)  soll  der  Ort  früher  geführt  haben,  doch  finde  ich  dafür  keinen 
authentischen  Nachweis. 

Dorf  4,7  km  südöstlich  von  Halberstadt,  am  Goldbach,  mit  2370  Einwohnern 
(1564=  130,  1589  =  200  Hauswirte),  wovon  nur  wenige  Katholiken  und  Alt- 
lutheraner, alle  übrigen  evangelischer  Konfession  sind.  Den  Haupterwerb  bildet 
die  Landwirtschaft. 

Archidiakonat :  Halberstadt. 

Geschichte:  Harsleben,  ehedem  im  Gegensätze  zu  Klein  -  Harsleben, 
welches  später  wüst  wurde  (s.  Wüstungen),  Gross -H.  genannt,  tritt  urkundlich 
Ende  des  12.  Jalirhunderts  zuerst  auf.  Die  Vogtei  hatten  bis  dahin  die  Brüder 
von  Heimburg,  seitdem  das  Domkapitel.  Der  Ort  war  Eigentum  des  Dom- 
probstes,  zu  dessen  Amte  er  noch  1564  gehörte.  An  der  Spitze  der  Ortsverwaltung 
finden  wir  1205  einen  Präfektus,  der  1221  auch  Schultetus  (er  hiess  Ludolf) 
genannt  wird  und  damals  zu  den  Mitgliedern  des  bischöflichen  Konsiliums 
gehörte.  1432  nennt  sich  die  Ortsverwaltung:  we  burmestere  ratlude  unde  de 
bär  geraeyne  des  dorpes  Groten- Hersleve.  Von  adligen  Familien  sind  in  H. 
nachweisbar  1480  die  von  Wegeleben,  1482  die  von  Rusteleben.  Näheres  über 
die  Verfassung  von  H.,  die  dort  wohnenden  Familien  u.  s.  w.  vgl.  an  den  oben 
genannten  Stellen  der  Harzzeitschrift. 

Kirchen  gab  es  zwei:  1.  Die  Kirche  St.  Petri  in  dem  overwater,  welche 
verschwunden  ist  und  an  welche  nur  noch  die  örtlichkeit  Petersende  heute 
erinnert.  2.  Die  noch  existierende  Kirche  St.  Simonis  und  Judä.  Sie  hatte  ihre 
Schutzheiligen  daher,  dass  sie  von  Anfang  an  unter  dem  Patronate  des  Probstes 
des  denselben  Heiligen  geweihten  Klosters  zu  Goslar  stand  und  von  diesem 
gegen  den  Widerstand  der  Harslebener  Bauern  behauptet  wurde.  Heute  ist  das 
Patronat  königlich.  Der  Pfarrer  der  Kirche  wird  1340  genannt.  Ihr  Siegel  zeigte 
die  Gestalten  der  beiden  Schutzheiligen,  die  an  Spruchbändern  kenntlich  waren 
und  die  Umschrift:  .  .  .  +  willc  +  maioris  +  hersleve  +.^ 

Flurnamen:  1463:  am  Seeberg;  zwischen  dem  mulhenwege;  vor  der 
Wejgebeyn;  vor  dem  Langenberge;  legen  de  vlatmolen;  under  dem  Hederslever 
stige;  bei  dem  Teile wege;  over  den  Wischeberg;  in  den  Quenstedeschen  osterlange ; 
an  den  gropeshoch;  vor  dem  dore  legen  den  seven  kruzen  by  den  toyngarden; 
in  eyme  stucke  osterdorpes  by  der  waterfrucht;  boven  den  pluchsiich  over  den 
borgen;  by  dem  holtwege;  by  dem  garddwege  ok  over  den  bergen;  tuschen  den 
Quedlinburger  wegen;  am  Erdberg;  an  dem  groperhoch;  —  1464:  goddeshuses 
gud  (39  Morgen);  Schultengud  (45  Morgen);  —  1478:  der  statweg;  der  stein;  in 
deme  fkUho;  Ditfurter  weg;   hinder  dei'  see;  Wiby  weg;  wikstdte;  am  iyge;  ars- 

»  Abbildung  in  der  H.-Z.  1889  p.272. 


Harsleben  (Geschichte,  Kirche)  47 


kerve;  schelen  dal;  toegebende;  langenberg;  Wegeleber  Schlag  op  dem  cleyge; 
Kreiendorfer  Weg;  über  den  Scropeshoch;  über  den  Bergen  over  den  Hoppendal; 
bei  dem  Stadtwege;  Ostendorfer  Grasweg;  gegenüber  der  Mittelmühle;  gegen  der 
Wulfsiechte;  im  langen  etzke;  bei  dem  Amelsherg;  auf  den  Ertzberg;  vor  der 
WegAenne;  am  henge;  auf  dem  Langenberge;  —  1480:  in  deme  waterstelle;  an 
der  wostenmarke,  de  geyt  an  den  Wibyschen  wech;  noHersleve  word;  op  jenne- 
half  den  negen  bögen  to  Hersleve  word  jogen  dat  Wegelevesche  slach;  oppe  den 
Rovers  kamp  boven  deme  molnhoffe;  over  denErtberch;  oppe  deme  mülkenwech 
na  dem  Quedelingborgischen  stige;  op  den  wech,  de  na  dem  Ameisberg  lopt;  op 
den  Welteberch;  op  de  deypen  denen  in  den  osterlangen;  in  de  grünt,  op  den 
Mekekdde  wech  osterlangen;  in  deme  langen  eschen;  under  deme  bomewege;  op 
beyde  gartdwege  osterlangen;  op  dem  wydenbome  wege,  de  na  dem  steynwege 
lopt;—  1481:  op  de  sulten  jegen  dat  grass;  hinder  dem  hoge  op  den  Dit- 
fordeschen  wech  op  de  wunne;  an  den  osterlingen  an  dem  wege;  an  der 
Wulffesslechte;  vor  dem  Happendale  in  den  Hersleven  osterlangen;  over  den 
Werstedeschen  wech  an  des  domprovestes  osterlangen;  up  dem  Wiby  wege  in 
dat  Frevel  over  den  stadtwech;  in  dem  Elvemdale  op  den  Quelingborgeschen 
wech;  in  den  lutken  osterlangen  op  den  Mekelvddeschen  wech;  vor  dem  Dom- 
berge  op  des  monkes  breyde;  over  de  Domesnesse;  tygen  dem  molenlioffe;  an 
dem  Weiteberge;  an  dem  Ertberge;  jennehalf  dem  Wydenborne  wege;  op  den 
papenstich  jegen  den  plokmorgen;  vor  deme  Langenberge;  —  1484:  Das  Ober- 
wasser (overwater);  —  1495:  boven  styges  an  Bruns  brede;  cley;  Holzveg;  auf 
dem  wynborne  wech;  hinter  dem  schelendale*;  an  dem  henge;  —  1501:  Käsekorb; 
Weiteberg;  Herrenbreite;  Wegelebener  Schlag;  Wüstemark  im  Wibyer  Wege; 
Osterlangen;  Halenlek;  Quedlinburger  Stieg;  Mollenhof;  Thelweg;  Holney;  — 
1503:  über  den  Qropshog;  zwischen  den  Kappelwegen;  im  Alverdale;  auf  dem 
Hollenweg  nach  Meckelfeldo  zu;  in  den  Osterlangen;  Kemplingeweg ;  vor  dem 
Wulfesiech te ;  auf  demplogstig;  zwischen  beiden  Happendalen;  im  lutteken  Felde; 
im  schelendal;  bei  dem  Widenbornweg;  im  kleinen  Happendal;  bei  der  Land- 
meigerie;  Amelsherg;  Eddelershog;  Papenstieg;  Hemeckesweg;  Hasel  weg. 

Die  Kirche  stammt  in  jetziger  Gestalt,  den  Unterbau  des  Turmes  und  den 
gotischen  Chor  (14.  Jahrhundert)  ausgenommen,  von  1601.  Bauherr  war  damals 
Zacharias  Dipp.   An  der  Nordseite  sieht  man  die  zum  Teil  verstümmelte  Inschrift : 

IM  JARE  NACH  CHRIST  GEBVRT  1601  IST  DIESES 
GEBEWDE  DER  KIRCHEN  ZV  BAWEN  ANGEFA 
NGEN  BEI  LEBZEITEN  HERN  GEORG  BOD 
ENDORFS  PHAR  HERN  JOHAN  MISCH 
EN  ANBTMANS  CHVRDT  KODDING  RICHTE 

RS  JANNI  ERXSEM SCHVFEN  ERS  BEIDER 

BVRGERMEISTERS  VND  HEINRICH 
TIES  HÄRMEN  KONNEKEN  OLDER  LVDENER 
ZACHERIAS  BAVHER 
KASPER  HORSIER  MEVRER  HAHB 

Der  mit  einer  Renaissancehaube  gedeckte  Turm,  an  der  Vorderseite  7,57  m  breit, 
zeigt  östlich  und  westlich  je  zwei  gekuppelte  Fenster  (westlich  fehlen  die  Mittel- 


48  Halberstadter  Landkreis:  Uarsleben  (Kirche) 

Säulen),  nördlich  und  südlicb  je  eins.  Die  Kapitale  sind  Würfel,  ohne  An- 
schtniegung  an  die  Süule;  die  Basen  fehlen  teils,  teils  sind  sie  neu.  Das  Schiff 
hat  eine  lichte  Länge  von  22,15  m,  eine  Breite  von  13,70  m,  wovon  auf  den 
Chor  5,19  m  in  der  Länge,  5,74  m  in  der  Breite  kommen.  Letzterer  ist  im 
halben  Achteck  geschlossen  und  uro  zwei  Stufen  gegen  das  Schiff  erhöht)  von 


Fig. » 

dem  er  durch  leinen' grossen  Ourtbogen  getrennt  ist.  Unter  ihm  befindet  sich 
ein  unzugängliches  Gewölbe.  Das  Schiff  besitzt  eine  schön  geschnitzte,  kassettierte 
Decke,  die  von  einem  starken  Pfeiler  getragen  wird.  Von  diesem  gehen  zn 
weiterer  Unterstützung  der  Decke  vier  elegant  geformte  Kopfbänder  aus,  die  mit 
Schnürrollen  verziert  sind  und  zwischen  denen  und  dem  Pfeiler  sich  mit  Fächer- 
rosetten geschmückte  Füllhölzer  befinden. 

Glocken:   1.  Dm.  1,56m,  gegossen  von  J.  G.  Grosse  in  Dresden  1877,  und 


Harsleben  (Kirche:  Ausstattung  —  Profangebäude)  49 


bezeichnet  mit  der  Nummer  882.  2.  Dm.  1,10  m,  mit  der  Minuskelumschrift: 
anno  dm  mcccccxxxvii  f  henning  seiring  (?)  f  ihs  nazarenus  rex  iudeorum  f 
».  Dm.  0,51  m,  Umschrift:  ANNO  DOMINI  1593  .  HEINRICH  BORSTELMANN  ZV 
MAGDEBURG  ME  FECIT.    Sie  soll  aus  Wibj  stemmen. 

Der  Altar.    [Ein  Alter  S.  Petri  und  Pauli  wird  1484  erwähnt.l 
Der  jetzige  Altar  ist  ein  reich  geschnitztes  mit  gedrehten  Säulen  verziertes 
Werk  des  18.  Jahrhunderts. 

Die  darin  befindliche  Kanzel  mit  ihren  Intareiamustern  gehört  ursprüng- 
lich nicht  dazu. 

Die  kleine  Orgel  ist  aus  dem  18.  Jahrhundert. 

Der  Tauf  stein  (Fig.  14)  ist  ein  hervorragend  schönes  Bildhauerwerk  mit 
der  Inschrift: 

i6o2.  Philippus  Sigismundis  dei  gratia  postulat^  episcopus  et  verdensis 
praeposit^  halberstad:  brunswicensis  et  luneburgensis. 

Der  Kronleuchter  von  Messing  trägt  16  Arme  um  eine  Kugel  und  ist 
oben  mit  einem  Adler  verziert. 

Altargeräte: 

1.  Kelch,  Silber  vergoldet,  hoch  023  m,  am  sechslappigen  Fusse  eine 
Kreuzigungsgruppe.    Halberstädter  Beschau.    Zeichen  M  G  .  IfiÖS. 

2.  Kelch,  ebenso,  Ende  17.  Jahrhunderts. 

3.  Kelch,  ebenso,  Höhe  0,20  m,  1699. 

4.  Patene,  Silber  vergoldet.  Beschau  und  Zeichen  ebenso,  Dm.  0,16  m. 

5.  Patene,  Dm.  0,14  m  und 

6.  desgl.,  Dm.  0,16  m.  Beschau  und  Zeichen  ebenso. 

7.  Oblatenschachtel  von  Silber,  oben  ein  stehendes  Kruzifix,  1699. 

8.  Löffel,  Silber  vergoldet,  Halberstädter  Beschau,  1697,  Meisterzeichen 
H  S  .  1698. 

9.  Taufbecken  von  Messing,  Dm.  0,46  m,  in  der  Mitte  die  Darstellung  der 
Verkündigung,  ringsherum  die  bekannte  rätselhafte  Inschrift. 

10.  Ein  zinnernes  Taufbecken. 

11.  Eine  ebensolche  Kanne  und 

12.  ebensolcher  Kelch. 

Von  Bildwerken  sind  vorlianden:  1.  eine  geschnitzte,  bemalte  Kreuzigungs- 
gruppe, 17.  Jahrhundert;  2.  die  Bildnisse  des  Kaspar  Koggcl  und  seiner  Frau 
(t  1720  und  1736);  3.  die  Bildnisse  von  drei  Pastoren  (Christian  Keller,  Caspar 
Oustedt  und  Philipp  Sigismund  Klokius).  Die  Sakristei  enthält  eine  geschnitzte 
Supraporte  des  18.  Jahrhunderts  und  2  Partisanen  aus  dem  17.  Jahrhundert  [Ein 
altertümliches  Kruzifix  befindet  sich  jetzt  im  nördlichen  Kreuzarme  des  Halber- 
städter Domes  (s.  denselben).] 

Epitaphien  :  Pastor  Johann  Roden,  f  1689,  Pastor  Christian  Keller,  f  1716, 
Pastor  Johann  Friedrich  Schneider,  f  1769.    Sie  sind  ohne  künstlerischen  Wert 

Pro  fange  bau  de.  [Der  Hof  mit  dem  steinernen  Turm  1184;  —  die  dem 
Domkapitel  gehörige  Mühle  1320;  —  des  grauen  Mönches  Hof  1448;  —  der 
Vlothoff  unterhalb  Gr.-H.  1489;  —  eine  Mühle,  genannt  das  Himmelreich,  vor 
1589  dem  Rate  zu  Halberstadt  gehörig;  —  Ölmühle  1604;  —  Schenke  und  Orts- 

Krali  HalberttAdt.  4 


50  Halberstädter  Landkreis:  Harsleben  —  Headelwr  (Geschichte,  Kirche) 


gefängiiis  1607;  —  zu  erwähnen  wären  hier  noch  manche  Gebäude,  auch  ver- 
schiedene Örtlichkeiten,  darunter  das  Ostendorf,  ein  Teil  von  Harsleben  und  die 
Harslebischen  Teiche.  Südwestlich  von  Harsleben  gegen  die  Klusberge  hin  be- 
findet sich  die  Stätte  der  sog.  Altenburg.  Anderes  siehe  unter  Flurnamen.  Von 
noch  bestehenden  älteren  Gebäuden  verdient  das  sog.  Johanniterhaus  Erwähnung 
wegen  seiner  Schnitzverzierungen,  die  indes  ohne  besondern  Wert  sind;'  es 
stammt  von  1567. 

Heudeber 

H.-Z.  XXIII,  358;  XXIV,  316.  —  Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1647  zurück. 

Hadeburun  1021;  -  Hathebere,  Hathebero  1136;  —  Hädeber  1194;  —  Hade- 
bere  1205  und  öfter;  —  Hedhebere  1263;  —  Heydeber  1424;  —  Hoiber  1603;  — 
Heuber  1616;  —  Hödeber  1697. 

Dorf  14,1  km  westlich  von  Halberstadt,  mit  1200  Einwohnern  fast  nur 
evangelischer  Konfession.    Den  Haupterwerb  bildet  die  Landwirtschaft. 

Archidiakonat :  Utzleben. 

Geschichte:  Schon  1004  hören  wir  von  dem  Orte,  1194  von  Besitzungen, 
welche  das  Kloster  Ilsenburg  dort  hatte.  Grafschaft  und  Gericht  waren  regen- 
steinisch,  wurden  aber  1343  an  Wernigerode  verkauft.  Die  Kirche,  deren 
Patronat  noch  1564  regensteinisch  war,  wurde  1394  dem  Kloster  Himmelpforten 
einverleibt,  um  dieses  für  die  durch  Graf  Ulrich  v.  Regenstein  erlittenen  Ein- 
bussen  schadlos  zu  halten.  Von  der  Orts-  und  Kirchenobrigkeit  werden  1394 
der  Pfarrer  und  die  Kirchväter,  1488  die  jurati  et  pociores  rusticorum  erwähnt 
Das  Hochstift  hatte  in  H.  vielerlei  Besitzungen,^  ebenso  schon  1246  der  Siechcn- 
hof  in  Halberstadt.  1564  hatte  der  Ort  50,  1589  62  Hauswirte.  Die  Kirche  steht 
heute  unter  Patronat  des  Königs. 

Flurnamen:  1467  by  der  lutteken  Lake;  up  dem  Holtweghe;  over  den 
Langhelwech;  dat  vischkorfelen ;  teyghen  den  wyden;  tigen  dat  cruce  up  den 
beken;  vor  dem  Volcmer  over;  in  dem  Krummen  lande;  up  den  Tanstede  wech; 
tighon  dem  Tanstede  dore;  up  der  Holtstede;  an  der  Borch;^  vor  dem  Sakendale; 
up  dem  Balwenworde;  by  dem  Mynsleve  stighe;  tighen  dem  suder  bome  by  der 
Hymmelporter  acker;  up  dat  Dobelbrcth;  —  1496  up  den  Remeken:  uppe  den 
Mulbeke  vech;  upp  dem  Kannenfelde ;  up  der  hostede;  uppe  demKillenfelde;  dat 
Düvelinge  land. 

Die  Kirche  ist  in  den  fünfziger  Jahren  dieses  Jahrhunderts  neu  gebaut 

Bemerkenswert  sind  in  ihr  nur  die  3  Glocken  von  0,19  m,  bezw.  1,01  m 
und  0,82  m  Durchmesser,  die  aber  alle  modern  und  1823  von  H.  Engelcke  in 
Halberstadt  gegossen  sind. 

Unter  den  Altargeräten  befinden  sich  2  Kelche  von  vergoldetem  Silber, 
der  eine  von  1633,  0,20  m  hoch,  mit  rundem  Knauf  und  sechslappigem  Fuss,  an 
welchem  unten  ein  graviertes  Kreuz  angebracht  ist;  der  andere  von  1697,  0,21^ m 

hoch,  von  ähnlicher  Ausstattung.    Halberstädter  Beschau.    Meisterzeichen 


*  Über  die  Beziehungen  des  Domkapitels  zu  H.  vergl.  das  v.  Oppensche  Tagebuch. 
'  Wahrscheinlich  ist  die  sog.  Schanzenburg  gemeint. 


Hendeber  (ehemalige  Gebäude  —  Volkstracht) 


Beides  ist  bei  dem  ersten 
Kelch  unkenntlich,  —  Eine 
silberne  Oblatenbücbse  mit 
gleicher  Beschau  und  dem 
Zeichen  LS.  ist  von  1733, 
die  übrigen  Geräte  sind  neu, 

[Von  anderen  Ge- 
bäuden lind  Hufen 
werden  urkundlich  erwähnt 
1463;  Sunte  Andreashove, 
Smale  hoff  by  der  holen- 
strate,  hoff  bv  dem  ketken- 
berenbome  (1475  heiast  der 
Hot  der  L«ngehoff  by  dem 
Kattenherenbome ;  bome  ist 
gleich  borae,  wie  1520  die 
Bezeichnung  jiixta  fontem 
Cattorum  beweist),  Tanstede 
dor.  —  147Ö:  DyckhOTe.  — 
1493:  die  Liebfraueukapelle. 
- 1498 :  Waterhove.  —  1C07 ; 
der  Krug.]  Das  Pfarrhaus 
ist  1777  erbaut,  von  dem 
früheren  existiert  noch  ein 
Keller  unter  einem  Garten- 
bause.  — 

Im  Besitze  des  Fürst 
Otto-Museums  zu  Wernige- 
rode giebt  es  einFrauen- 
kostüni(fig.l5),wiesolches 
noch  in  neuerer  Zeit  Ton 
wohlhabenden  Personen  ge- 
tragen wurde.  Es  stammt 
aas  dem  Ende  des  vorigen 
Jahrhunderts  und  ist  aus- 
gezeichnet erhalten.  Es  be- 
steht aus  Haube,  Taille, 
Schürze  und  Rock.  Letztere 
drei  sind  aus  gemustertem 
schwarzen  Seidenatlas,  strei- 
fenweise mit  weissen  seide- 
nen Blumen  durchwirkt 
Der  Rock  ist  vielfaltif^,  die 
grosse  Schürze  glatt  Die 
Taille  hat  zwei  Kragen,  der 
eine    ist    von    schwarzem 


52  Halberstadter  Landkreis:  Heudeber  —  Hoppenstedt  (Geschichte  —  Kirche) 


Seidenrips  und  mit  Blumen  von  weisser  Seide  und  Chenille  bestickt,  der  zweite 
besteht  aus  echten  Brüsseler  Spitzen.  Die  kleine  Haube  ist  gleichfalls  von 
schwarzer  Seide,  der  Boden  ist  von  aussen  mit  Gold  gestickt,  breite,  lange, 
schwarze  Seidenbänder  hängen  über  den  Rücken  hinunter. 

Hoppenstedt 

fl.-Z.IV,  403;  XVIII,  844;  XXIII,  59,280;  XXIV,  321.  -  Die  Kirchenbücher  gehen 
biH  1695  zurück. 

Hoppelinstede  1249;  —  Hoppenstede  1310;  -  Hopelenstede  1317;  —  Hop- 
pelenstide  1343;  —  Hoppelstede  1360;  —  Hoppenstidde  1391 ;  —  Hoppenwinckel  (?) 
1419;  —  Hupelstede  1480. 

Dorf  29,3  km  nordwestlich  von  Halberstadt  an  der  Ilse  mit  230  Einwohnern 
(1564  und  1589  29  Hauswirte).    Haupterwerb  Landwirtschaft. 

Archidiaconat :  Osterwieck. 

Geschichte:  Die  in  H.  befindlichen  Besitzungen  des  Klosters  Stötterlingen- 
burg  wurden  1343  von  den  Regensteinern  an  die  Herzöge  von  Braunschweig  ver- 
kauft. Bischof  Ludwig  von  Halberstadt  verpfändete  H.  1363  samt  Wülperode  an 
die  V.  d.  Gowische,  Bischof  Albrecht  1383  an  die  Familie  v.  Rössing;  letzterer 
Vertrag  wurde  1390,  1399  und  1412  erneuert  Amtlich  gehörte  H.  von  alters  her 
zu  Wülperode;  das  Patronat  der  Kirche  war  1564  Eigentum  der  Dompropstei  zu 
Halberstadt  und  ist  daher  heute  königlich. 

Flurnamen:  1504  (zwischen  H.  und  Westerbeck):  by  Spornians  breiden; 
an  Smalejans  acker;  benodden  dem  wege  tho  Westerbecke;  vpp  Hakelberges 
garden;  vpp  dem  grauen;  vp  den  wech  by  Tilen  Wilden  kulacker;  vpp  dat  slöp 
tigen  den  Witten  wech;  vor  der  olden  lantwere;  vpp  den  knick;  up  dem  molen- 
grauen by  Stridden  breyden;  an  dem  graseweghe;  an  den  Beiwinkel  wech;  by 
Hauermoses  breide;  in  demEtichgen  lande;  na  der  lemkülen;  in  domLusebekes; 
by  der  Vogelsmolen ;  tigen  den  kulmorgen  in  dem  Hoynkendale;  —  1564:  Gras- 
hof; Gras  vorm  Klehe ;  Hakelwinckel ;  kleine  Mühlhope;  kleine  Winkel ;  Barbicken 
Bleck;  Pannenkuhl;  —  1589:  der  Sunder;  vor  dem  Kleye;  kleiner  Grashof  bei 
der  Mühlen;  der  Hasenwinkel;  die  Multhopo. 

Die  Kirche  (St.  Stephan!)  hat  einen  alten  Turm,  dessen  unteres  Geschoss 
aus  Kalkbruchsteinen  erbaut  und  mit  Bewurf  versehen  ist,  während  das  in  Fach- 
werk ausgeführte  obere  Geschoss  ein  gewalmtes  Dach  trägt.  Er  ist  aussen  5,52  ni 
breit,"  und  ca.  4,70  m  tief  Ein  Westeingang  fehlt.  Ins  Innere  der  Kirche  ge- 
langt man  durch  eine  in  einem  kleinen  südlichen  Vorbau  befindliche  Thür.  Das 
Schiff  der  Kirche  ist  im  Lichten  18,10  m  lang  und  6,H5  m  breit.  Der  Chor  ist 
geradlinig  geschlossen  und  um  eine  Stufe  erhöht.  Die  Decke  ist  flach,  der  Fuss- 
boden  besteht  aus  Ziegeln.  In  der  südlichen  Wand  befinden  sich  sechs,  in  der 
nördlichen  zwei  Fenster,  in  der  Chorwand  nur  eins,  alle  ohne  künstlerische  Be- 
sonderheiten. 

Von  den  zwei  Glocken  hat  die  grössere  einen  Dm.  von  1,03  m;  sie  ist 
1871  durch  Ulrich  in  Apolda  gegossen.  Die  kleinere  misst  im  Dm.  0,95  m  und 
zeigt  die  Minuskelumschrift  O  rex  glorie  veni  cum  pace  anno  dni  mcccclxxxxii : 
ausserdem  ist  sie  mit  einem  Kruzifixus,  entgegengesetzt  mit  dem  Bilde  des  heil. 
Stephanus  geschmückt. 


Hoppenstedt  (Kirche  —  Profangebäude)  —  Hornbnrg 


53 


Der  Altar  besitzt  ein  schönes  mit  reichem  Masswerk  verziertes  Schnitz- 
werk vom  Ende  des  15.  Jahrhunderts.  Es  ist  in  den  siebziger  Jahren  unseres 
Jahrhunderts  restauriert 


St.  Lau- 
rentitis 


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St,  Christophorus 

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2  musieierende 

Engel 


St.  Ste- 
phanus 


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Krönung 


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Auf  den  oberen  drei  Stücken  des  Altarschreins  steht  als  spätere  Zuthat  je 
ein  Kreuz,  davon  eins  mit  dem  Kruzifixus. 

Die  \ij92  geschnitzte  Kanzel  zeigt  schöne  ausdrucksvolle  Blendai'kaden. 

Das  Gestühl  hat  keine  Besonderheiten. 

Die  Orgel  ist  modern. 

Ein  in  Holz  geschnitzter  und  bemalter  Taufengel  ist  noch  im  Gebrauch, 
flr  dürfte  mit  dem  von  1695  datierton  Taufbecken  von  gleichem  Alter  sein. 

Von  Altarge  raten  sind  sonst  vorhanden:  eine  achteckige  bleierne 
Oblatenschachtel  von  1721);  eine  bleierne  Patene;  eine  desgl.  von  vergoldetem 
Silber,  mit  eingraviertem  Kreuz,  Dm.  9,12  m,  Frankfurter  Beschau,  Marke 
T.H.  H.;  zwei  Kelche,  zwei  Kannen,  eine  Taufschüssel  sind  von  Silber  und  modern. 

Von  andern  Gebäuden  besitzt  das  Dorf  nur  zwei  aus  älterer  Zeit,  näm- 
lich die  Pfarre  (Ende  17.  Jahrhunderts)  und  das  mit  einer  Inschrift  versehene 
Haus  des  Gastwirtes  Borchers,  datiert  1694,  beide  ohne  höheren  Wert. 

Homburg 

Annal.  Saxo,  MG.  SS.  VI.  —  Annal.  Paliden^cs  MG.  SS.  XVI.  —  Gesta  cpisc.  Halb.  - 
Eratb,  cod.  dipl.  Quedlinb.  Winnigstedt,  Chronik.  —  Grotc,  Osterwiecker  Stadtbuch.  —  Abel, 
Stifts-  u.  Landclironik  etc.  —  Nebe,  Kirchenvisltationen.  —  Rathmann,  Gesch.  v.  Mngdeburg, 
T.  1.  >-  Havemann,  Braunschw.  Landesgesch. ,  T.  1.  —  Merian,  Topogr.  Saxon.  Inf.  p.  145.  -• 


I 


Halberetadter  I^ndkreis:  Homburg  (Geschichte) 


Lenz,  Halb.  Hist  —  LncuiuB,  Beitr.,  Bd.  1.  —  Tlieatram  Europ.,  T.  1.  —  Hermes  u.Weigelt, 
Handbuch  f.  d,  Eeg.-Be«.  Magdeb. ,  T.  II,  213.  —  v.  Mfliveretedt,  H.-Z.  1870.  -  H.-Z.  XVI, 
118;  XVIII,  344.  —  Von  Urkunden  kommen  nuBser  den  gedruckten  auch  die  Ton  G.  Schmidt 
gesammelten  ungedruckten  dee  Hochaiifu  und  LiebfrauenHiif(«s  in  Betracht. 

Homberc  8.  Jahrhundert;  —  Hompergi  932;  —  Homaburhc  994;  -  Horne- 
burch  1128;  —  Homeburg  1147;  —  Horabtirc  1195;  —  Horaeborcb,  Homeborg 
1211;  —  Horenberch  1217;  —  Homebiirc  um  1210—20;  —  Horneberg  130»;  - 
Horenbergk  1327;  —  Homborch  1507;  —  Horneborgk  1562.  —  Der  Name  dürfte 


Ao.  /.  Kirclu.  Xn.  g.  Obernfarre.  So.  S.  Balhatit.  Nn.  4.  VnlerpfaTTe.  -Vo.  S.  Akt<t«K<M- 
lenenfabrik.  Xo.  6.  KnnaurTenfabHIi  wen  Weisel.  No.  7.  K.  BiUhmami.  l¥«gfahHk.  Nn.  S.  POHanl. 
No.  9.  Sehnte.  Nn.  10.  DntHäHC  (mit  den  Sehtinsruinen).  No.  11.  HtdbentSdter  Thor.  Nn.  lt.  Pfarr- 
hofttKoT.    No.  13.  Braunachicciger  Thor.    No,  I4.  Dammthor.    No,  IS.   Vorwerkilhor. 


mit  horo,  abd.  =  Sumpf  zusammenhängen.     Das  Stadtwappen    zeigt    irrtumlich 
ein  Hom  an  einer  Schnur  hängend,  auf  weiss-rotem  Schilde. 

Stadt  34  km  nordwestlich  von  Halberstadt  mit  2902  Einwohnern  (2816 
evangelisch,  86  katholisch).  [1654  gab  es  200  Bürger,  1598  wurden  300  Haus- 
wirte gezählt.]     Haupterwerb   vorwiegend  Ackerbau,  der  früher  vorwiegend  der 


Homburg  (Geschichte)  55 


Hopfen-,  jetzt  der  Bübenkultur  gilt  Ausserdem  sind  einige  Fabriken  vor- 
banden. 

Geschichte:  Die  schon  im  8.  Jahrhundert  erwähnte  Stadt  verdankt  ihre 
Entstehung  der  Anlage  der  Burg,  unter  deren  Schutz  sie  sich  allmählich  aus- 
breitete. Die  Gründungszeit  der  Burg  ist  unbekannt.  Vielleicht  ist  die  Nach- 
richt richtig,  dass  Suidger  von  Bamberg,  der  spätere  Papst  Clemens  II.  (f  1047), 
in  Homburg  geboren  sei.  Die  erste  Zerstörung  derVeste  nahm  Heinrich  V.  1113 
bei  seinem  Zuge  gegen  die  aufständischen  Sachsen  vor.  Sie  muss  damals  sehr  stark 
gefestigt  gewesen  sein,  da  ausdrücklich  überliefert  ist,  dass  die  Zerstörung  erst  nach 
langer  Belagerung  möglich  war.  Zum  zweiten  und  dritten  Male  zerstört  wurde 
das  Schloss  (castrum)  durch  Heinrich  den  Löwen  1178  und  1179  wegen  der  für 
Braunschweig  gefahrbringenden  Nähe  dieses  bischöflich  -  halberstädtischen  Stütz- 
punktes. Etwas  dauerndes  wurde  damit  nicht  erreicht,  da  die  Burg  durch 
Bischof  Gardolf  wie4er  aufgebaut  wurde.  Er  umgab  sie  mit  stärkeren  Wällen 
und  Mauern,  baute  auch  dort  eine  der  h.  Maria  Magdalena  geweihte  Kapelle. 
Anfang  des  13.  Jahrhunderts  war  das  Schloss  im  Pfandbesitze  des  Grafen  Otto 
V.  Hadmersleben,  kam  dann  durch  Eroberung  zeitweilig  an  Braunschweig, 
darauf  aber  an  den  Bischof  von  Halberstadt  zurück.  Von  diesem  wurde  es 
1334  dem  Domkapitel  verpfändet,  1365  vorübergehend  wiedergewonnen,  kam 
aber  sogleich  wieder  in  fremde  Hände,  diesmal  in  die  des  Braunschweiger 
Bürgermeisters  Thilo  vom  Damme.  Nach  dusson  Hinrichtung  (1374)  nimmt 
der  Kat  von  Braunschweig  die  H.  in  Besitz,  bis  Bischof  Albrecht  IIL  sie  wieder 
auslöst. 

Erst  von  dieser  Zeit  an  ist  in  den  Quellen  auch  von  dem  unter  der  H. 
belegenen  Orte  die  Rede,  obwohl  dessen  Anfänge  schon  früher  existiert  haben 
mögen.  Wann  er  Stadtrecht  erhalten  hat,  ist  unbekannt.  Die  bischöflichen  und 
sonstigen  Vögte,  welche  dort  walteten  (im  13.  Jahrhundert  die  von  Quenstedt), 
regierten  nur  ein  Dorf,  eine  villa,  zu  der  noch  ein  befestigtes  Vorwerk,  das 
prourbium  gehörte.  Mochte  auch  das  Verhältnis  des  Dorfes  zur  Burg  der  Nach- 
barschaft wegen  ein  unmittelbareres  sein,  so  hatte  es  doch  rechtlich  keine 
andere  Stellung  zu  ihr,  als  die  anderen  zum  Burgverwaltungsbezirke  gehörigen 
Dörfer  Bhoden,  Osterode,  Veitheim,  Zosel,  Steinum  (beide  seitdem  wüst)  und 
der  Hof  zu  Achim  mit  der  Mühle.  Von  ihnen  allen  wurden  Hand-  und 
'Spanndienste,  von  H.  noch  ausserdem  der  beträchtliche  Zoll  beansprucht.  Eine 
selbständige  Bedeutung  hat  der  Ort,  welcher  noch  1451  nur  als  blek  bezeichnet 
wird,  damals  nicht  besessen;  seine  Schicksale  folgen  denen  der  Burg.  Diese 
blieb  nominell  bischöflich  und  diente  in  wiederholten  Fällen  als  Objekt  der  Ver- 
pfändung an  das  Domkapitel  oder  andere;  so  kam  sie  z.B.  1418  an  die  Gebrüder 
V.  d.  Asseburg,  1433  an  den  Rat  zu  Braunschweig,  weiterhin  an  die  Familien 
V,  Neindorf,  v.  Wunstorf,  v.  Hoym  und  v.  Veltheim;  an  letztere  beiden  erst,  als 
sie  vom  Administrator  Ernst  für  6000  rheinische  Gulden  vorübergehend  eingelöst 
war.  Sie  hatte  damals  bereits  ihre  vierte  Zerstörung  hinter  sich,  von  der  sie  in 
dem  Kriege  betroffen  wurde,  welchen  1430  die  Herzöge  Heinrich  und  Wilhelm 
miteinander  führten  und  der  zu  Ungunsten  des  letzteren  ausschlug.  Erneuerungs- 
bauten, besonders  ein  neuer  Zwinger,  wurden  für  bischöfliches  Geld  1457  aus- 
geführt  und  sind   wohl   durch  jene  Zerstörung  verursacht  worden.    Auch  vom 


56  Halberstädter  Landkreis:  Homburg  (Geschichte) 


Administrator  Ernst  wird  berichtet,  dass  er  auf  der  H.  vielerlei  Bauten  ausführen 
liess.  1583  wurde  die  Burg  für  4000  rheinische  Gulden  dem  Domkapitel  ver- 
pfändet Steinum  wird  in  dem  Vertrage  nicht  mehr  erwähnt,  mag  also  damals 
schon  wüst  gewesen  sein,  dagegen  ist  damals  Isingerode  dem  Homburger  Amts- 
bezirke angeschlossen.  Als  Bischof  Heinrich  Julius  dem  Domkapitel  das  Kloster 
Stötterlingenburg  überliess,  erhielt  er  die  H.  zurück.  Noch  immer  und  noch 
1612  gab  es  dort  die  „erbare  Mannschaft,'*  als  Überrest  der  Burgmannen  (ca- 
strenses,  castellani,  milites  de  H.),  welche  seit  dem  13.  Jahrhundert  öfter  erwähnt 
werden,  und  welche  für  die  Höfe,  mit  denen  sie  belehnt  waren,  dem  jeweiligen 
Burgherren  zu  militärischem  Dienste  verpflichtet  waren.  —  Als  Inhaber  des 
Hauptfreigutes  zu  H.  finden  sich  seit  dem  Ende  des  15.  Jahrhundorts:  die  v. 
Burgsdorf,  v.  Randow,  v.  d.  Asseburg,  1650  der  schwedische  Oberst  Hans  Schäfer, 
1663  der  Oberstleutnant  Melchior  Ruck,  endlich  die  Familie  Rudolphi.  Ausserdem 
sind  1311  die  Familie  v.  Krebs,  1480  die  v.  Wrampa,  1504  die  v.  Ben^dnkel  in  H. 
begütert  gewesen. 

Die  bischöflichen  Vögte  erlangen  im  Laufe  der  Zeit  den  Titel  Amtshaupt- 
leute, als  welche  sie  die  gesamte  Verwaltung  und  Aufsicht  über  die  üntersassen, 
die  „bur  und  borgher  tho  H."  (1437)  auszuüben  hatten.  Der  blek  hatte  nur 
Vorständer  und  Ratmannen,  aber  keinen  Bürgermeister,  da  er  keine  Stadt  war, 
und  besass  somit  auch  kein  Stadtsiegel.  Ein  solches  existiert  erst  seit  Mitte  des 
16.  Jahrhunderts  (H.-Z.  1870,  p.  706.)  Es  hatte  die  Umschrift:  SIGIL  :  CONSVLVM  : 
IN  :  HORNEBORCH  :  —  Der  Stadtschreiber  wird  1589  erwähnt  Der  Wohlstand 
der  Stadt  scheint  damals  nicht  gering  gewesen  zu  sein.  Über  einzelne  Einrich- 
tungen sind  wir  näher  unterrichtet.  So  giebt  es  ein  langes  niederdeutsches 
Gedicht  (im  Hornburger  Kirchenarchive)  über  die  Statuten  des  dortigen  Kalands, 
worin  des  weiteren  von  der  Organisation  dieser  Gesellschaft,  der  Kost  bei  den 
gemeinschaftlichen  Mählem,  den  Strafen  für  die  Saumseligen  u.  s.  w.  die  Rede 
ist.  Über  ihre  Besitztümer  vgl.  Nebe,  Kirchenvisit.  p.  114ft  Die  Satzungen  der 
Hornburger  Schützenbiüderscliaft  von  1437  enthält  das  Osterwiecker  Stadtbuch 
p.  58ff.  Die  Schustergilde  wird  1607  genannt  —  Die  Pfarre  stand  unter  bischöf- 
lichem Patronat,  die  Kaplanei  dagegen  unter  dem  des  Rates.  Das  zu  letzterer 
gehörige  Gebäude  war  zuerst  auf  dem  Markte,  später  erhielt  sie  einen  anderen 
Platz.  —  Die  Schule  wurde  1564  von  einem  Schulmeister  und  einem  Baccalaureus 
besorgt  Den  Lehrplan  s.  bei  Nebe  p.  118.  —  Das  schon  1432  erwähnte  Hospital 
lag  vor  der  Stadt;  es  hatte  1564  zwei  vom  Rate  ernannte  Vorsteher  und  beher- 
bergte 5  Arme.  —  Von  Gebäuden  werden  im  Mittelalter  genannt:  1378  eine 
Mühle  und  der  Zoll,  1401  ein  Vorwerk,  1437  eine  Taverne,  1599  der  Ratskeller 
und  1600  die  Malzmühle. 

Im  dreissigjährigen  Kriege  ist  H.  ziemlich  glimpflich  davongekommen,  wie 
die  grosse  Zahl  noch  erhaltener  Häuser  aus  vorhergegangenen  Zeiten  beweist 
Gleichwohl  ging  es  auch  hier  nicht  ohne  bedeutenden  Schaden  ab.  Ein  Schreiben 
des  Bischofs,  Erzherzogs  Leopold  Wilhelm,  vom  16.  Januar  1646  nimmt  Bezug 
auf  solchen,  der  durch  Zerstörung  des  Stadthauses,  der  Stadtwege,  des  Zeughauses, 
der  Stadtschreiberei,  der  Apotheke,  des  Weinkellers,  Pfarrhauses  und  anderer 
Gebäude  sowie  durch  Verwüstung  der  Kirche,  Schule,  des  Hospitals  und  vieler 
Privathäuser  geschehen  sei  und  bewilligt  daraufhin  den  Erlass  1.  der  zweitägigen 


Homburg  (Geschichte  —  Kirche) 


57 


^tttiotioin 
3frruKPS 


BHANSPOFPBRMÜLLER: 
LBIOHAN-DIEPE- 


Yon  jedem  Hause  dem  Amte  zu  leistenden  Handarbeit,  2.  des  Weidegeides 
Tom  Steinfelde,  3.  des  Zinses  vom  Ratsbrauhause  und  der  Badstube»  4.  der 
buleviöge. 

Die  Burg  hatte  damals  wiederholt  Belagerungen  durchzumachen.    Sie  war 
1625    in    den  Händen   des  Herzogs  Christian  von  Braunschweig,    postulierten 
Bischofs  von  Halberstadt,  kam  1626  nach  der  Schlacht  bei  Lutter  am  Barenberge 
in  die  Gewalt  Tillys,   1628  wurde  sie  von  einem  Hauptmann  des  Altringischen 
Regimentes  kommandiert;  1630  nahmen  sie  die  Schweden,  1623  bekam  sie  Pappen- 
heim, und  von  da  an  blieb  sie  bis  1639  kaiserlich,  wo  sie  am  20.  März  von  Bauer 
nach  heftigem  Kampfe  erobert  wurde.    Aber  schon  1641  gewannen  Piccolomini 
und  Gonzaga  diesen  wichtigen  Stützpunkt  dank  der  Feigheit  des  deshalb  später 
enthaupteten  schwedischen  Kommandanten  wieder.    Noch  einmal  wechselt  in  den 
Jahren  1643  und  1644  der  Besitz  derVeste  zwischen  Schweden  und  Kaiserlichen. 
Im  Januar  1645  wird  sie  auf  Befehl  Königsmarks  durch  den  Obristen  Burgdorf 
beschossen  —  wie  es  heisst, 
auch  vom  Kirchturme  aus  — 
der  Obrist  v.  Bülow  und  der 
Major     von    Münchhausen 
schliessen  sich  dem  Unter- 
nehmen an,    welches,    der 
Überlieferung  nach  infolge 
von  unter  der  Besatzung  aus- 
gebrochenen Streitigkeiten,  |  x iji'i^  v^_^  [    |  >^   w         ^       "^^    ^    \  ^ 

in  wenigen  Tagen  den  ge- 
wünschten Erfolg  hat.  Die 
H.  wird  danach  zum  fünften 
Male  zerstört  und  hat  von 

da  an  keine  Befestigungen  wieder  bekommen.  Zwar  wurde  der  Ort  in  der 
Folge  wieder  kaiserlich,  kam  aber  im  westfälischen  Frieden  samt  dem  übrigen 
halberstädtischen  Besitze  in  die  Hände  Brandenburgs.  Seitdem  ist  es  Doraänen- 
amt  geblieben.  Das  Schloss  war  trotz  der  Zerstörung  noch  bis  zum  Anfange 
dieses  Jahrhunderts  in  leidlichem  Zustande.  Erst  da  sind  die  Gebäude  auf 
Betreiben  des  Amtmanns  Schlieckmann  behufs  Gewinnung  von  Steinmaterial 
zu  dem  neuen  Amtswohnhause  niedergerissen  worden. 

Jetzt  ist  das  Gut  im  Besitze  des  Herrn  von  Lüdecke. 

Das  Wappen  der  Stadt  (Fig.  17)  ist  dargestellt  auf  einem  Steine,  welcher 
sich  am  östlichen  Stadtthore  eingemauert  vorfindet.  Ein  anderer  dicht  daneben 
befindlicher  Stein  zeigt  dasselbe  Wappen,  jedoch  ohne  vertikale  Teilung,  dazu 
die  Jahreszahl  1663  und  den  Namen  B  .  HANS  .  POPPERMUELLER  .  B  .  lOHAN  . 
DIPPE.    Das  Hifthorn  ist  hier  an  einer  vierästigen  Hirschstange  aufgehängt. 

Flurnamen:  1402:  der  Eygherd  (jetzt  Eichhorst)  bei  der  Stadt;  —  1589: 
Im  Hom;  bei  den  kleinen  und  grossen  Alerholzen;  Probsteiholz;  am  Vastwege; 
auf  der  Bettesbeuren ;  Beuke. 

Die  Kirche  Unser  IJeben  Frauen.  [An  ihrer  Stelle  stand  ehedem  (erwähnt 
1149,  H.-Z.  XXlV,313)  nur  eine  Kapelle,  welche  dem  h.  Stephaniis  gewidmet  war, 
also  wohl  zu  den  ältesten  Gründungen  dieser  Art  gehört  hat.  Die  Kirche  verdankte 


Fig.  17. 


58 


Halberstädter  Landkreis:  Hombarg  (Kirche:  Baubeschreibung) 


ihre  Erbauung  in  erweiterter  Gestalt  dem  Bischöfe  Rudolph.  Ein  Pfarrer  Gottschalk 
wird  1240  genannt  Die  Verwaltung  der  Kirche  besorgten  ausser  ihm  eine  Anzahl  von 
Aldermannen.  In  der  Kirche  befand  sich  1490  ein  Altar  St.  Johannis,  15CJ4  ein 
Frtihmessenaltar,  1589  ein  Heiligkreuz-Altar,  der  von  der  Familie  von  der  Asse- 
burg gestiftet  war.]  Der  jetzige  Bau,  von  dem  hier  der  Grundriss  (Kg.  18)  mit- 
geteilt wird,  wurde  auf  alten  Fundamenten  und  mit  Benutzung  des  Unterbaus 
des  alten  Turmes  1616  erbaut.  Der  Turm,  über  den  das  Langhaus  nördlich  und 
südlich  um  je  5,50  m  hinausragt,  hat  eine  äussere  Breite  von  10,63  m,  eine  Tiefe 
von  5,50  m.  Die  Kirche  hat  eine  lichte  Länge  von  36,40  m ,  der  Chor  eine  von 
7,37  ra;  eine  lichte  Breite  von  19,45  m  (das  Mittelschiff  ist  9,43  m  breit,  beide 
Seitenschiffe  je  4,94  m),  der  Chor  eine  von  8,43  m.  Achteckige  Pfeiler  (von  0,47 
bezw.  0,32  m  Seitenlänge)  trennen  die  drei  gleich  hohen  Schiffe  von  einander 
und  gehen  in  Gurtbögen  über,  welche  in  der  Mitte  die  Gestalt  von  Korbbögen, 


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Fig.  18. 


in  den  Seitenschiffen  die  von  Spitzbögen  annehmen.  Demgemäss  sind  die 
zwischen  ihnen  befindlichen  Kreuzgewölbe  im  Mittelschiffe  flach  gespannt,  in 
den  Seitenschiffen  hochbusig  und  scharf  gratig.  Der  Chor,  unter  dem  sich  au- 
geblich ein  Gewölbe  befindet,  ist  um  drei  Stufen  erhöht  und  halbachteckig 
geschlossen.  Die  Sakristei  (4,58  m  breit,  4,64  m  tief)  ist  mit  einem  flachen  Kreuz- 
gewölbe eingedeckt.    Sie  ist  älter  als  der  übrige  Bau. 

Ein  Westeingang  fehlt  der  Kirche.  Nördlich  befinden  sich  zwei  rundbogige, 
mit  Zahnschnitten,  Perlbändem  u.  s.  w.  geschmückte  Thüren;  südlich  zwei  spät- 
gotische, davon  eine  einfache  und  eine,  deren  Gewände  mit  Stabüberschneidungen 
geziert  ist.    Die  Strebepfeiler  sind  neu  angebaut. 

Steinmetzzeichen  sind  wegen  Verputzung  und  Bemalung  im  Innern  und 
Äussern  nicht  mehr  erkennbar. 

Von  den  Fenstern  sind  nur  erwähnenswert  drei  von  den  fünf  im  Chor 


Homburg  (Kirche:  AnsstattoDg)  59 

befindlichen  modernen,  welche  ornamentale  Glasmalereien  aus  der  Anstalt  von 
Müller -Quedlinburg  aufweisen. 

Glocken:  1.  Dm.  1,71  m,  umgegossen  1858  von  Ulrich  in  Apolda.  2.  Dm. 
1,30  m,  von  J.  G.  Grosse  in  Dresden,  1876.  3.  Dm.  1,07  m :  Mc  fccit  C.  N.  KASTEN 
in  Halberstadt:  ein  Chronostichon  zeigt  die  Jahreszahl  1722  an.  4.  Dm.  0,82m, 
mit  der  Inschrift:  Ave  Maria  gra  ple;  14.Jahrh.    5.  Dm.  0,68  m,  wie  No.  1. 

Der  Altar,  ein  massiges  Schnitzwerk  der  Benaissancezeit,  zeigt  in  der 
Mitte  die  Kreuzigung,  rechts  und  links  Johannis  d.Ev.  und  Andreas;  oben  sieht 
man  die  Auferstehung,  unten  in  der  Predella  das  Abendmahl.  Nach  einer  an 
dem  Altar  angebrachten  Notiz  ist  er  1617  auf  Kosten  der  Witwe  Elisabeth  von 
fiandau  geb.  v.  Werder  angefertigt,  weshalb  am  Fusse  der  Mittelgruppe  16 
Wappen  ihrer  Ahnen  angebracht  sind.  Auf  Kosten  einer  Frau  Elisabeth  Maria 
Lappin,  verheiratet  mit  Hans  Christoph  v.  Schaffgotsch,  ist  das  Werk  1660  bemalt 
worden. 

Die  Kanzel.  Ein  bemaltes  Schnitzwerk  von  massigem  Werte,  angefertigt 
1616,  zeigt  am  Aufgang  in  Nischen  die  vier  Evangelisten,  oben  die  eherne 
Schlange,  den  ölberg,  die  Verkündigung,  das  Opfer  Jsaaks;  vorne  vor  dem  öl- 
berge  sieht  man  das  Stifterehepaar  neben  dem  Kruzifixe  kniend;  als  Stütze 
unten  dient  die  Gestalt  des  Moses.  Eine  Inschrift  deutet  an,  dass  Friedrich  von 
Randau  und  seine  Frau  Ursula  von  KneiUingen  den  20.  Dezember  1616  die 
Kanzel  gestiftet  haben.  —  Am  Schalldeckel  befindet  sich  eine  grosse  Anzahl  von 
Wappen,  sowie  der  Spruch  Joh.  8:  Wer  von  Gott  ist,  der  höret  u.  s.  w. 

Die  Orgel  ist  eine  mit  Laubwerk  und  Engelsfiguren  sehr  reich  geschmückte 
Arbeit,  welche  ein  Meister  Froböse  im  18.  Jahrhundert  angefertigt  hat  Erneuert 
von  Rover  in  Haus  Neinstedt. 

Der  Taufstein,  1581  in  Sandstein  gearbeitet,  ist  achteckig  und  mit 
4  Wappen  geschmückt;  unten  der  Spruch  „Lasset  die  Kindlein  u.  s.  w."  Der 
Deckel  über  dem  Taufstein  ist  von  Holz  geschnitzt  und  bemalt  und  oben  bekrönt 
von  einem  kleinen  Rundtempel,  innerhalb  dessen  die  Taufe  Christi  plastisch  dar- 
gestellt ist.  Ringsum  laufen  2  Sprüche;  unten:  „Gehet  hin  in  alle  Welt  u. s.  w."; 
oben:  „Wer  da  glaubet  u. s. w." 

Das  Gestühl  mit  seinen  Blendarkaden  stammt  vom  Anfange  des  17.  Jahr- 
hunderts. —  Die  von  1666  datierten  Emporen  sind  mit  den  Wappen  derer  von 
Rucken,  von-  Campen  und  den  Namen  vieler  Bürgerfamilien  bezeichnet.  In  den 
Füllungen  auf  der  Nordseite  handwerksmässige,  aber  ornamental  gut  wirkende 
Malereien  des  18.  Jahrhunderts,  neutestamentliche  Scenen  darstellend.  —  Eine 
Prieche  ist  mit  den  Figuren  der  Kardinaltugenden  geschmückt. 

Der  messingne  Kronleuchter  von  1643  hat  acht  grosse  und  acht  kleine 
Arme  in  zwei  Reihen  über  einander  um  eine  Kugel  angeordnet;  oben  ein  Adler. 

Altarge  rate:   I.Kelch,  Silber  vergoldet,  Höhe  0,25  m,  17.  Jahrhundert. 

2.  Desgl.,    Höhe    0,24  m,    mit    sechslappigem    Fusse;    am    Knauf    IHESVS. 

3.  Patene,  Silber  vergoldet,  Dm.  0,18  m.  4.  Desgl.  modern.  5.  Desgl.  mit  ein- 
graviertem Kreuze,  Dm.  0,14  m.  6.  Ovale,  silberne  Oblatenschachtel,  Dm.  0,11  m. 
Inschrift  Maria  Gerdrud  von  Ruck.  Frankfurter  Beschau,  Meisterzoichen  HB. 
7.  Messingne  Taufschüssel  mit  kleinen  gepunzten  Verzierungen.    Dm.  0,53  m.  " 

Neben  der  Orgel  hängt  ein  schlecht  gemaltes  grosses  Bild  des  18.  Jahr- 


60         HalberBtädter  Landkreis:  Hornbarg  (Kirche:  Ausstattung  —  Profanbauten) 


hunderts  mit  Scenen  aus  dem  neuen  Testament,  darunter  ein  Doppelbild  mit 
der  Geburt  Christi  und  der  Anbetung  der  h.  drei  Könige. 

Auf  dem  2.  Boden  des  Turmes  lagern  die  Beste  eines  Schnitzaltars ^  Maria 
in  einer  Strahlenaureole  auf  dem  Halbmonde,  sowie  einige  Heiligenfiguren. 

In  der  Kirche  befindet  sich  eine  der  Gemeinde  Isingerode  gehörende 
Fahne  von  1816. 

Vor  dem  Chore  sind  drei  Tafeln  in  die  Wand  gelassen.  Ihre  Inschriften 
lauten : 

1.  Cum  strueretur  hoc  templum  pastoratum  gerebant  Sebastianus 
Werneken  et  Andreas  Corvinus.    Anno  1615; 

2.  et  bonis  ecclesiasticis  praeerant  Moritz  Brauns  et  Simon  Seband; 
S.  cum  aediflcaretur  hoc  templum   collegae  scholae  fverunt  Andreas 

Groshenning,  Rector  Conradus  Pfaug  Matthias  Kravse  B. 

Eine  steinerne  kleine  Tafel  aus  Sandstein  mit  zwei  Wappen  ist  gleichfalls 
von  1615. 

Epitaphien:  a)  Votivtafeln: 

1.  Der  Familie  Glander,  1600  geschnitzt;  mit  dem  von  der  Familie  ver- 
ehrten Kruzifixus;  ziemlich  klein. 

2.  Grosse  Tafel  des  Pastors  Heinrich  Magius,  f  1604;  die  Einfassungen  mit 
bemalten  und  vergoldeten  Schnitzereien  (Säulen,  Rollv^erk  u.  s.  w.),  die  Füllungen 
mit  Malereien  (Bekehrung  des  Paulus,  unten  die  aus  15  Personen  bestehende 
Familie). 

3.  Grosse  Tafel  des  Pastors  Andreas  Corvinus,  f  1646.  Oben  mit  seinem 
Bildnisse,  unten  mit  der  aus  13  Personen  bestehenden  Familie.  Inschrift  Wulf 
Ernst  Lindemeyer  Pinx. 

4.  Bildnis  des  Inspektors  Johann  Jacob  Lentz,  1788. 

5.  Tafel  der  Elisabeth  Fuermans,  tl604;  geschnitzt,  Füllungen  gemalt  (Auf- 
erstehung, darunter  die  Frau  mit  Mann  und  Kind,  den  Kruzifixus  anbetend). 

6.  Grosse  Tafel  des  Pastors  Sebastian  Wernectius,  f  1619.  Geschnitzt,  oben 
gemalt  (Auferstehung,  darunter  die  10  Personen  der  Familie  vor  der  Kreuzigung). 

7.  Tafel  der  beiden  Frauen  des  Johann  Mercken.  Geschnitzt,  oben  gemalt 
(Kreuzigung,  unten  die  11  Personen  der  Familie).  Inschrift  Daniel  Linden- 
meier Pictor. 

b)  Grabtiifeln: 

1.  Der  Ilse  von  Randau,  die  als  junges  Mädchen  dargestellt  ist,  f  1572. 
Sandstein.    Gut  erhalten. 

2.  Des  Hans  von  Randau,  11572;  stehende  Figur  in  Rüstung.    Sandstein. 

3.  Des  Johannn  von  Lehate  (?),  f  1584;  stehende  Figur  in  Rüstung,  oben 
zwei  verstümmelte  Figuren,  in  den  Ecken  vier  Wappen.    Sandstein. 

[Ausserdem  gab  es  in  Hornburg  eine  nicht  mehr  nachweisbare  Heiligegeist- 
kapelle, in  deren  Nähe  sich  eine  ,,stede  up  dem  watere"  (1481)  befand,  und 
deren  Einkommen  noch  15G4  der  Halbcrstädter  Domdechant  hatte.l 

Profanbauten:    1.  Das  Schloss. 

Von  den  weitläufigen  und  stattlichen  Anlagen,  welche  noch  die  Merianische 
Abbildung  (Fig.  II)  u.  20)  aufweist,  ist  jetzt  nur  noch  weniges  Mauerwerk  übrig, 
darunter  das  etwa  10  ni  hohe  Stück  des  Berchfrits,  dessen  innere  Weite  5^  na 


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•1 


Homburg  (Profiinbaaten:  Schloss) 


und  dessen  M'aiiei'stiirke  fast  3  m  beträp:!.  Um  ihn  zieht  sich  rund  gestaltet  ein 
von  einer  Futtermauer  begrenzter  Raum.  Etwas  ferner,  südwestlich,  ist  eine 
andere  Mauer,  an  die  sich  wahrscheinlich  ein  grösseres  Gebäude  anschloss,  von 


welchem  noch  Fensternischen  zu  seilen  sind.  Weiter  unten  am  Bergabhange 
zeigen  sieb  mächtige  Futtermauern  mit  runden  Bastionen,  deren  eliemaliger 
Zinnenkranz  von  noch  vorhandenen,   einen  Kundbogenfries  bildenden  Konsulen 


Halberstädter  Landkreis:  Hornbarg  (Frofunliauten :  Pachwerkhäuset) 


getragen  wurde.  Nach  der  der  Stadt  abgewendeten  Seite  der  Burg  ist  der  nicht 
viel  höhere  Berg  durch  einen  Einaclinitt  von  der  Burg  abgetrennt  [Auf  der  Burg 
befand  sich  eine  der  Madonna  oder  der  Maria  Magdalena  (?)  geweihte  Kapelle, 
vielleicht  identisch  mit  der  schon  877  zu  Drübeck  gehörigen  cella  sanctae  Mariae 
(1156;  H.-Z.  XXIV,  310f.,  352f.)  13G0  wird  dort  ein  Altar  Corporis  Christi  und 
der  lOOOÜ  Jungfrauen  erwähnt,  der  durch  die  Kaiandbrüder  erneuert  worden 
war  und  damals  mit  einem  Hofe  in  Homburg  beschenkt  wurde,  1396  wurde  ein 
Altar  St  Jakobi  von  Gumprecht  von  Wanzleben  gestiftet  Das  Einkommen  der 
Kapelle  hatte  1564  der  Domsenior.] 

2.  Holzbauten.  Die  Stadt Hornburg  verdankt  dem  Umstände,  dass  sie  bis 
vor  kurzer  Zeit  keine  Eisenbahn  hatte,  und  dass  sie,  wenigstens  nach  dem  grossen 
Brande  im  16.  Jahrhundert,  von  grösseren  Unfällen  zumeist  verschont  geblieben 
ist,  eine  aussergewöhnlicbo  ünberührtheit.  Überraschend  gross  ist  in  dieser  kleinen 


Stadt  die  Anzahl  der  geschnitzten  Fachwerkhäuser  früherer  Jahriiunderte ,  und 
selbst  wohl  erhaltene  Innenausstattungen,  die  anderwärts  im  Kreise  Halberstadt 
zu  den  äussersten  Seltenheiten  geboren,  kommen  hier,  wenn  auch  in  geringer, 
aber  dabei  doch  relativ  grosser  Zahl  vor.  Im  übrigen  sind  die  Merkmale  des 
Holzbaustils,  wie  bei  der  Näbo  Halberstadts  erklärlich,  unj^efähr  dieselben  wie 
dort.  Wenn  daher  unten  eine  Aufzählung  der  criialten  gebliebenen  älteren  Ge- 
bäude nach  Stilperioden  vorgenommen  wird,'  so  geschieht  dies  mit  genauem  Be- 

'  Die  HäuBer  Bind  unten  und  auch  hier  nur  nach  ihren  Nummern,  nicht  nach  den  nur 
im  Volkaniunde  bekannten  Strassen namen  «ufgeführt.  Wo  mehrere  Nummern  vereinigt  sind, 
bedeutet  dies,  dass  sie  zu  demselben  Uauae  gehören. 


Homburg  (Profanbaaten:  Fachwerkhäuser)  63 


zug  auf  die  bei  der  Besprechung  der  Halberstädter  Bauten  festzustellenden  Grund- 
sätze.   Eine  zeitlich  genaue  Begrenzung  der  Perioden  ist  allerdings  darum  nicht 
durchzuführen,  weil  diese  erheblich  in  einander  übergreifen.    Was  die  einzelnen 
Merkmale  betrifft,  so  ist  fürs  erste  wegen  der  angeblich  allgemeinen  Eigenschaft 
derartiger  Häuser,  der  Yorkragung,  zu  sagen,  dass  diese  zumeist  dem  Halber- 
städter Typus  folgt,  dass  jedoch  auch,  wie  es  dort  an  einem  Beispiel  zu  bemerken 
ist,  hier  in  wiederholten  Fällen,  und  zwar  schon  in  der  Blütezeit  des  nieder- 
sächsischen Stils,  die  Yorkragung  schwach  ist  (bei  den  Häusern  31,  34,  47),  teils 
ganz  fehlt  (Häuser  78—79,  254[1619],  301  [1586]).    Thorfahrten  giebt  es  in  nicht 
geringer  Menge  aus  älterer  Zeit,  jedoch  sind  sie  fast  alle  heutzutage  vermauert  oder 
entstellt,  und  kaum  geben  einzelne  Reste  der  schönen  Schnitzereien  (Fig.  21  u.  22), 
mit  denen  sie  umsäumt    waren,    eine  Yorstellung  von  ihrer  ehemaligen,  male- 
rischen Schönheit.    Nur  einmal  ist  der  Sturz   geradlinig  (No.58),  sonst  herrscht 
das  Rundbogenportal  vor,  auch  giebt  es  solche,  welche  oben  gotisierend  geschweifte 
Formen  zeigen.    Das  Gewände  ist  bisweilen  nur  mit  flachen  Kehlen  belebt,  zeigt 
aber  vielfach  ringsum  geführte  Perl-   oder  Diamantbänder,  auch  Schmuck  von 
Rosetten  und  dergl.    Auch  Inschriften  kommen  vor.  —  Die  Bodenluken  haben 
häufig  die  Form  des  gotischen  Yorhangbogens.  —  Ähnlichen   Charakter  zeigen 
bisweilen  die  Fenster;  jedoch  sind  diese  überwiegend  nur  einfach  vierkantig,  die 
alte  Verbleiung  und  Yergitterung,  sowie  die  Schiebefenster  sind  noch  in  grosser 
Anzahl  vorhanden,  die  alten  Butzenscheiben  jedoch,  wie  es  scheint,  durchweg  die 
Beute  von  Sammlern  geworden.  —  Erker  und  Ausluchten  sind  nicht  eben 
selten.    Ilir  Charakter  harmoniert  natürlich  mit  dem  des  zugehörigen  Gebäudes. 
Ausgenommen,  weil  eine  spätere  Zuthat,  ist  der  des  Hauses  23.  —  Die  Ständer 
sind  in  älterer  Zeit  ganz  schlicht  und  erhalten  erst  in  der  Renaissanceperiode 
Verzierungen. —Die  Balkenköpfe  sind  fast  nirgends  verziert ;  höchstens  dass  sie 
einmal  vorne  abgerundet  erscheinen;   auch  das  in  späterer  Zeit  so  beliebte  Merk- 
mal der  prismatischen  Zuspitzung  kommt  in  H.  kaum  vor.  —  Die  Konsolen,  auf 
welchen  jene  ruhen,  entbehren  der  Mannigfaltigkeit  der  anderwärts  angewendeten 
Verzierungen.    Von   der  gotischen   bis  in  die  späte  Yerfallzeit  bleibt  der  Typus 
der  langgestreckten,  mit  gezähnelten  Querstreifen  und  dergl.  belebten  Konsolen, 
während  rollenartige  gamicht,  oder  höchstens  einmal  in  Entartung  auftreten.   Die 
Eckkonsolen  finden  sich  ungefähr  ebenso  häufig  in  Vereinzelung,  wie  in  Grup- 
pierung zu  drei  gleich  langen.  —  Die  Füll  holz  er,  die  Nachfolger  der  in  gotischer 
Zeit  zwischen  den  Balkenköpfen  angebrachten  Schutzplatten,  haben  in  früherer 
Zeit  keine  Selbständigkeit;  sie  schliessen  sich  dem  Charakter  der  Schwelle  an. 
Späterhin  sind  sie  bisweilen  für  sich  allein  verziert.    Bei  den  Bauten  des  Hein- 
rich Dünsing  (s.  unten)  weisen  sie  etwas  schwerfällige  Zahnschnitte  auf.    Bei- 
spiele anmutiger  Blattschnitzereien  giebt  es  in  späterer  Barockzeit.  —  Die  Ver- 
zierungen der  Saumschwellen  sind  mannigfaltig  genug.   Besonders  beliebt  sind 
bis  in  späte   Zeit  Laubstäbe  und  Flechtbänder,  bisweilen  unterbrochen  von  ein- 
geschalteten kleinen  Ornamenten,  die  auch  wohl  für  sich  allein  die  ganze  Länge 
einer  Schwelle  einnehmen  können;   ferner  finden  sich  auf  den  Saumschwellen 
fromme  und  weltliche  Sprüche  in  niederdeutscher,  hochdeutscher,  lateinischer,  ja 
einmal  sogar  griechischer  Sprache ;  ausserdem  die  Namen  des  Besitzers  und  seiner 
Frau,   die  Jahreszahl,  die  Hausmarke  und  bisweilen  in  später  Zeit  der  Meister- 


64 


Halberstädter  Landkreis:  Hornburg  (Profanbauten:  Fachwerkhäuser) 


name.  Hausmarken  sind  in  nicht  geringer  Zahl  vorhanden;  in  der  unten  folgen- 
den Aufzählung  der  Häuser  sind  sie  sämtlich  mit  angegeben.  Die  Angabe  von 
Meisternamen  kommt  erst  seit  dem  späten  17.  Jahrhundert  vor.  Fünf  Namen 
sind  tiberliefert:  1.  Heinrich  Dünsing,  ein  auch  auf  den  Dörfern  der  Umgegend 
viel  beschäftigt  gewesener  Mann.  Seine  Bauten  zeichnen  sich  aus  durch  Grösse 
und  eine  gewisse  anspruchsvolle  Einfachheit.  Er  bedient  sich  ganz  besonders 
gern  des  Zahnschnittmotives,  w.elches  er  in  breiter  Ausführung  besonders  an  den 
Füllhölzern  verwendet.  Auch  Sprüche  und  Pflanzenornaraente  kommen  vor, 
ohne  jedoch  als  Charakteristika  hervorzutreten.  In  Homburg  sind  von  ihm  noch 
9  Bauten  erhalten.  2.  Christoph  Dünsing,  ein  nur  einmal  im  Anfange  des 
18.  Jahrhunderts  in  einem  unbedeutenden  Werke  nachweisbarer  Meister.  3.Henni 
Siedentopf  (Sidentop,  Seidentop);  er  erbaute  nach  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts 
einige  der  noch  erhaltenen  Häuser,  wobei  er  die  Anwendung  flach  geschnitzter 
Ranken  und  Blätter  (Fig.  23)  liebte,  die  eigentümlich  rundliche  Formen  und 
etwas  hervortretende  Ränder  haben.     Seine  Werke  sind  an  diesem  Merkmale, 


T^i/^y^W^ 


Fig.  28. 


auch  wo  Sie  seinen  Namen  nicht  tragen,  leicht  zu  erkennen.  Weniger  bedeutend 
ist  4.  Hans  Siedentopf,  der  am  Ende  des  17.  Jahrhunderts  wirkte  und  wohl  der 
Sohn  des  vorigen  war.  5.  Tobias  Schrader,  einmal  1742  vorkommend,  über  dessen 
Fähigkeiten  sich  nach  dem  einen  Beispiel  nicht  urteilen  lilsst,  doch  scheint  er 
nichts  Aussergewöhnliches  geleistet  zu  haben. —  Zur  Belebung  und  Unterbrechung 
der  Saumschwellenkante  dienen  mit  grosser  Vorliebe  die  Schiffskehlen, 
welche  sich  seit  dem  1.  Drittel  des  16.  Jahrhunderts,  zunächst  nur  in  schwachem 
Relief  angedeutet,  einfinden,  und  bis  in  die  späteste  Zeit  beliebt  bleiben.  Während 
der  Blütezeit  sind  sie  gern  mit  Schnürrollen  gefüllt,  die  jedoch  nur  verhältnis- 
mässig selten  zu  der  in  Halberstadt  zu  beobachtenden  vollen  Schönheit  gelangen, 
dagegen  häufig,  wie  auch. in  Osterwieck  allerlei  entartete  Formen  annehmen.  In 
der  Zeit  des  Verfalles  werden  sie  schwächlich  und  unansehnlich,  bis  sie  zu- 
letzt ganz  verschwinden.  —  Die  unterhalb  der  Fenster  gelegenen  Räume  bis  zur 
Saumschwelle  werden  wie  in  Halberstadt  in  früherer  Zeit  durch  dreieckige  Fuss- 
bänder,  in  späterer  Zeit  durch  eingesetzte  Brüstungsplatten  ausgefüllt.    Bei  den 


Homburg  (FachirerkbanteD) 


Bauten  der  Blütezeit  beschränkt  sich  ihr  Schmuck  an  Schnitzereien  auf  wenige 
Votive,  nämlich  vorzugsweise  auf  die  bekannten  Fächerrosetten  und  Laubetäbe. 
Wo  Fussbänder  angewendet  sind,  können  natürhch  nur  die  ersteren  vorkommen. 
Die  Rosetten  (Fig.  34)  haben  in  H.  im  allgemeinen  schöne  und  regelmässige 
Formen  and  halten  sich  hei  von  den  in  Osterwieck  vorkommenden  Entartungen. 
Gelegentlich  werden  die  Strahlen  sehr  dicht  gestellt  und  durch  konzentrische 
Kreise  gewissermassen  in  Perlen  aufgelöst,  auch  die  Durchbildung  einer  Rosette 
in  der  Art  eines  Eorbgeflochtes  kommt  vor.  Wo  Brüstungsplatten  angewendet 
werden,  und  der  Entfaltung  der  Rosetten  damit  freier  Spielraum  gewährt  wird, 
gevinnen  sie  an  Lebendigkeit.  Ihre  Breite  ist  so  angenommen ,  dass  sie  sich, 
was  jedoch  selten  ist  und  bei  guten  Bauten  nicht  vorkommt,  gegenseitig  fem 
bleiben,  oder  dass  sie  sich  mit  den  Kanten  berühren,  oder  endlich  ineinander 


übergreifen.  Ihre  Mittelpunkte  sind  meist,  wiewohl  auch  unsymmetrische  An- 
lagen vorkommen,  auf  die  Mitte  der  Brüstungsplatte  oder  auf  den  Fusspunkt 
des  Ständers  gelegt  In  den  Zwickeln  werden  bisweilen  stilisierte  Blätter  oder 
dergl.  angebracht;  andere  Verzierungen  hierbei  sind  selten,  einmal  kommt  eine 
Storchfigur  vor.  —  Für  die  Brüstungsplatten  ist  ausserdem  die  Ausschmückung 
durch  Laubstäbe  häufig,  welche  dann  zumeist  doppelt  bis  dreifach  nebeneinander 
hinlaufen.  In  der  Renaissancezeit  verschwinden  alle  diese  Motive  und  machen 
flachen  Omamentschnitzereien  Platz,  die  nicht  seiton  überaus  reich  und  mannig- 
faltig entworfen  sind  und  auch  gern  da  angewendet  werden,  wo  statt  der 
Bnistungsplatten  Fussbänder  angebracht  worden  sind.  Das  in  Halberstadt  und 
anderwärts  so  verbreitete  Motiv  der  Blendarkaden  zum  Schmucke  der  Brüstungen 
kommt  in  Homburg  nur  einmal  vor. 

Indem  jetzt  dazu  übergegangen  wird,  die  den  einzelnen  Stilperioden  ange- 
hörigen  Gebäude  aufzuzählen,  muss  vorweg  davon  abgesehen  werden,  irgend  ein 


66 


Halberstädter  Landkreis:  Homburg  (Fachwerkbauten) 


Haus  als  sicher  der  ersten  Periode  angehörig  zu  bezeichnen.  Die  grosse  Feuers- 
brunst in  der  1.  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  hat  derartig  unter  ihnen  aufgeräumt, 
dass  nur  ganz  vereinzelte  Exemplare  bis  in  neuere  Zeit  sich  erhielten.  Heute 
existiert  leider  keins  mehr  davon,  doch  kann  hier  die  Zeichnung  eines  Details 
(Fig.  25  u.  26)  von  einem  solchen  Hause  mitgeteilt  werden,  welche  Herr  Bau- 
inspektor Sommer  noch  aufzunehmen  in  der  Lage  war.  Im  übrigen  sind  solche 
Häuser,  welche  Merkmale  hohen  Alters,  wenn  auch  nicht  die  charakteristischen  der 
altgotischen  Zeit  tragen,  in  geringer  Zahl  vorhanden.     Es  sind   die  Nummern 


Hörnburg, 


r\r\ 


j^<z> 


ftpuiiJks  FeuA. 


MM  ttMSm. 


MaAsm  eUr'Wät^ftrjfyiUm 


Fig.  25. 


Fig.  26. 


25—26  (Schwelle  mit  Längssti-eifen) ;  45  (ebenso,  die  Balken  durch  die  Ständer 
gezapft  und  davor  mit  Holznägeln  befestigt);  121  (mit Schutzbrettern;  leider  ver- 
putzt); 296  (dieselbe  Konstruktion  wie  45,  datiert  1508). 

Der  2.  Periode  gehören  an: 

3  (1568).  4—5  (15  Fach  breit;  die  Fächerrosetten  sind  gelegentlich  in 
konzentrische  Reihen  von  Perlen  zerlegt.  1592).  8.  9  (Pächerrosetten  über- 
greifend; Ständer  z.T.  verziert;  mit  Inschrift).  10.  18.  19—20  (die  Schwelle 
mit  Längsstreifen  verziert;  die  Ecke  mit  drei  gleichlangen  Konsolen). 

23  (1577;  Erker  vom  Anfang  des  17.  Jahrhunderts). 

24  (1595). 

28  (die  Fächerrosetten  sind  z. T.  ineinander  geschoben,  z.T.  voneinander 
entfernt,  an  einer  Stelle  dazwischen  ein  Storch;  Reste  einer  Thür  mit  einer 
grossen  und  drei  kleinen  Rosetten;  die  Inschrift  ist  verwittert,  aber  ein  Name 
Seb.  Wer(?)  noch  zu  erkennen). 

29.    30. 

32  (Schut^bretter). 


Hornborg  (PachwerVbanten)  67 

33  (die  Fäcberrosetten  auf  den  Brüstungsplatten  aneinander  etossend;  Schiffs- 
■6hleD  mit  Schnürrolleo,  ausserdem  an  der  Schwelle  über  den  Balkenköpfen  und 
anderwärts  kleine  Medaillons  mit  Köpfchen  in  schwacher  Zeichnung;  Reste  einer 
Thorfahrt;  1559). 

34  (Kckhaus  (Fig.27);  Fächerrosetten  ähnlieh  wie  bei  33,  Blätter  in  den 
Zwickelo;  die  Ständer  mit  Pflanzenomamenten  verziert;  obere '  Schwelle  mit 
UiibsUb,  untere  mit  niederdeutscher  Inschrift  und  Rollenomament ;  1563). 


Fig.  27. 

35  (mit  doppelzeili^er  lateinischer  Inschrift,  die  durch  kleine  Wappen  unter- 
brocbra  ist). 

37.    39  (1584). 

40.  41  (Balken  durch  die  Ständer  gezapft;  Schwelle  mit  Diamantband  und 
schwachen  Schiffskeblen). 

47  (Vorkragung  schwach ;  Fächerrosetten  dürftig  verteilt ;  1589). 

48  (1604). 


Halberstftdter  Landkreis:  Honibarf;  (Fachwerkbanten) 


56-57  (1687). 
69— «0  (Marke  IVB). 
76.    77  (1595). 


80.    96. 
124  (1616). 

127  (eigentlich  zwei  Häuser:  a)  mit  übergreifenden  Fäcberrosetten, 
b)  der  näebsten  Periode  angeliörig,  s.  unten). 

138—139.    145  (1604;  Eonsolen  unten  wulstig,  oben  volutenartjg). 


Homburg  (Fachwerkbauten)  69 


162  (Fächerrosetten;  flache  Scbiffskehlen;  der  Name  des  ehemaligen  Be- 
sitzers ist  mit  H.S.  angedeutet;  die  Hausmarke  zeigt  die  Figur  eines  Kegels;  1541). 

167.  172 — 173  (an  der  unteren  Kante  Rollen  mit  Schuppenomamenten; 
Inschrift;   1588). 

182.  188  (die  Fächerrosetten  übergreifend,  auf  Brüstungsplatten;  Schwelle 
mit  Ijanbstab,  der  von  kleinen  Quadraten  unterbrochen  ist). 

201.  211.  219.  242  (eigentlich  zwei  Häuser:  a)  Eckhaus;  schon  das 
Zwischengeschoss  ist  weit  vorgekragt  und  ruht  auf  drei  Säulen  und  drei  Stein- 
konsolen; 1609;  b)  mit  Fächerrosetten;  16.  Jahrhundert). 

245-246.  250—252  (die  Schwelle  mit  Laubstab,  die  Schiffskehlen  gefüllt 
mit  geperlten  Schnürrollen;  die  Fächerrosetten  auf  den  Brüstungsplatten  an- 
einander stossend;  besonders  schönes  und  reiches  Werk  von  1569.) 

253  (Fächerrosetten  auf  den  Fussbändem,  ihre  Mitte  auf  den  Ständern; 
Schwelle  mit  schmalen  Rollen  und  Inschrift;  1614). 

256.  261.  262  (mit  zwiefachem  Laubstabe  auf  den  Brüstungsplatten;  die 
Schwelle  verziert  mit  übereinander  greifenden,  sich  spitzbogig  schneidenden 
kleinen  Rundbögen.  Die  andere  Seite  des  Hauses  zeigt  auf  den  Brüstungsplatten 
im  unteren  Geschosse  aneinander  stossende,  im  oberen  übergreifende  Fächei 
rosetten;  Schwelle  mit  Laubstab  und  niederdeutscher  Lischrift;  1566). 

266—267  (1590;  lange  Inschrift). 

269.  270.  272.  276  (die  Fächerrosetten,  deren  Mitte  auf  den  Ständern 
befindlich  ist,  sind  in  verschiedener  z.  T.  entarteter  Auffassung  ausgeführt;  die 
obere  Schwelle  zeigt  ein  Flechtband,  die  untere  einen  Spruch;  in  der  Höhe 
des  I.Stockwerks  sind  vier  hässliche Figuren  des  18.  Jahrhunderts  (Holzschnitzerei 
und  bemalt),  die  vier  Jahreszeiten  darstellend,  angebracht;  1594). 

277  (grosses  dreistöckiges  Eckhaus  mit  Erker  und  hochragendem  Dache 
(B'ig.  29);  die  oberste  Schwelle  zeigt  den  Laubstab,  die  unteren  sind  ganz  mit 
Sprüchen  bedeckt;  die  mit  Schnürrollen  gefüllten  Schiffskehlen  sind  lang- 
gestreckt; Ständer  und  Fussbänder  zeigen  reiche  Flachornamente;  die  Ecken 
haben  nur  je  eine  Konsole;  Wetterfahne  mit  dem  Zeichen  W-H;  1609). 

287  (übergreifende  Fächerrosetten  auf  Brüstungsplatten;  die  Schiffskehlen 
mit  dünnen  Rollen  gefüllt;  Schwellen  mit  Laubstab  und  lateinischer  Inschrift 
die  unterbrochen  ist  von  kleinen  Feldern  mit  flachen  Ornamenten.  Die  Ständer 
des  Untergeschosses  sind  auffallend  breit.  Oben  Spuren  von  Vorhangbogen- 
fenstern. Reste  einer  mit  einem  Diamantbande  umgrenzten  Thorfahrt  Die  Haus- 
marke zeigt  ein  Hörn,  ähnlich  wie  das  Stadtwappen.    1561). 

294.  295.  297—298  (anstossende  Fächerrosetten  auf  den  sehr  niedrigen 
Brüstungsplatten ;  Reste  einer  Thorfahrt  mit  Inschrift ;  Hausmarke :  Schere). 

299  (eigentlich  zwei  Häuser :  a)  Fächerrosetten  ähnlich  wie  vorher ;  Schwelle 
in  ornamentierte  Quadrate  geteilt;  schwache  Schiffskehlen;  1549;  b)  ähnlich; 
Schwelle  mit  Spruch.) 

301  (Fächerrosetten;  die  Vorkragung  fehlt;  1586). 

304.    305  (doppelter  Laubstab;  Ecke  mit  drei  gleichlangen  Konsolen). 

310  (die  Thür  zeigt  Barockschnitzereien). 

315.  323  (mit  langer  lateinischer  Inschrift  und  der  Hausbezeichnung  Tho 
Hasen,  mit  Bezug  darauf,  dass  die  Hausmarke  einen  Hasen  zeigt;  1567). 


HHlbeTBtftdtor  IdDdkreis:  Hoinburg  (Fachwerkbanten) 


328.  329  (von  1554;  mit  der  Inschrift;  ÖEOT  4IA0NT0S  MHAEN  ISXTKl 
<1»Ö0N0S.    eEOT  MH  Ä1Ä0NT02  MHAEN  12XTKI  llONOS;  ehemals  seinem 

gewissen  Statins  lUagius  gehörig). 

332.    335  (die  Balken  durch  die  Ständer  gezapft;  1548.) 

337.  338—339  (die  Balkenküpfe  sind  abgerundet;  Reste  einer  Thorfahrt  mit 
ganzen    Sonnen    und  Ferlbändern;  Boden  lukentbür  mit  Yorhangbogen ;    1569. 


Auf  dem  Hofe  befindet  sich  der  Jndentempel  und  oiu  noch  leidlich  erhaltenes 
Judenbad). 

340.    341.    342—344  (die  letzte  Nummer  sehr  verdorben;  1560). 

345  (Ecke  vorspringend;  1571). 

347  (jetzt  sehr  verdorben;  Inschrift:  dominus  henningus  grotecoerdes 
pastor  in  börsem  emit  atque  rcfecit  sibi  hanc  doroum  anno  dni  1567  tertia 
die  Junii;  Hausmarke  mit  Eolch,  worüber  ein  von  einem  Pfeile  durchschossenes 
Herz ;  darüber  die  Anfangsbuchstaben  des  Namens  H.  G.  C.) 


Homburg  (Fachwerkbauten)  71 


349—360.   352  (eine  der  Fächerrosetten  korbflechtartig;  Reste  einer  Thorfahrt). 

354  (die  Unterpfarre;  zweistöckiges  Gebäude;  die  Küche  befindet  sich  noch 
im  alten  Zustande.) 

355  (mit  Schutzbrettem;  die  Balken  sind  oben  durch  die  Ständer  durch- 
gezapft und  davor  mit  Holznägeln  befestigt;  1569). 

361—362  (in  den  Zwickeln  zwischen  den  Fächerrosetten  befinden  sich 
Blumen.    Reste  einer  Thorfahrt  mit  Perlband.) 

[Leider  verschwunden  ist  das  alte  Haus  No.  275  vom  Jahre  1594,  welches 
sehr  reich  geschnitzte  Fächerrosetten,  sowie  eine  lange  deutsche  Inschrift  hatt«.] 

Der  3.  Periode  gehören  an: 

21  (1609). 

46  (Ständer  und  Fussbänder  mit  Flachschnitzereien;  1609). 

58  (Ständer  und  Fussbänder  mit  Pflanzenornamenten,  erste  z.T.  als  reich 
geschnitzte  Pilaster  gebildet;  Thorfahrt  mit  flachem  Sturz;  16ü9). 

61  (1604). 

82  (stark  geformte  lange  Konsolen;  Schwelle  mit  Inschrift;  Bodenluke 
mit  Vorhangbogen.  Hausmarke  Zirkel  und  Winkelmass.  Zahl  in  der  Wetter- 
fahne 1651). 

127  (zweite  Hälfte  des  Hauses.  Flache  Schiffskehlen  mit  Diamantbändem. 
Die  starke  Vorkragung  wird  bei  jedem  Balken  getragen  von  einer  Konsole,  vor 
der  sich  noch  ein  Kopfband  befindet;  beide  sind  von  geschwungener  Form  und 
mit  Perlbändem  verziert). 

254  (ohne  Vorkragung;  1619). 

275  (zweistöckiges  Eckhaus.  Ecke  mit  drei  gleich  langen  Konsolen. 
Brüstungsplatten  mit  Blendarkaden  —  einziges  Beispiel  in  Hornburg!  Obere 
Schwelle  mit  Laubstab,  untere  mit  langem  Spruch). 

278  (Ständer  und  Fussbänder  mit  reichen  Flachomamenten ;  Haus- 
marke ;{;•,  1621). 

293  (die  Schwellen,  die  Ständer  bis  zur  halben  Höhe  und  die  Fussbänder 
mit  flachen  Renaissancemustern  bedeckt;  die  Füllhölzer  zwischen  den  Balken- 
köpfen zeigen  im  Untergeschosse  Schiffskehlen,  die  mit  Rollen  gefüllt  sind,  im 
Obergeschosse  Zahnschnitte.  Vorder-  und  Rückseite  des  Hausos  tragen  denselben 
reichen  Schmuck;  1638). 

379  (1616). 

Der  4.  Periode  gehören  an: 

1.  Bauten  von  Heinrich  Dünsing: 
38  (1665). 
71  (1672). 
165  (1651). 
192  (1665). 

227  (1662;  Hausmarke:  Semmel  und  Bretzel). 
309  (1672). 
334  (1668). 
336  (1667;  das  Innere  ist  noch  wohl  erhalten:  Küche,  Diele  mit  Wendel- 


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Homburg  (Fachwerkbauten,  Priratsammlnng)  —  Isingerode  73 

177  (ohne  Jahreszahl). 
181  (16Ö3). 

4.  von  Hans  Siedentopf:  . 
112—113  (1688). 

204  (ohne  Datum). 

230  (1671). 

255  (ohne  Datum). 

5.  von  Tobias  Schrader: 

233  (1742). 

6.  von  unbekannten  Meistern: 

a)  17.  Jahrhundert. 
31  (schwache  Vorkragung). 

96  (Ständer  z.T.  mit  Perlen  geziert. 
176  (1696).    185. 

234  (1687). 

271  (schwache  Schiffskehlen  mit  Bollen). 

279  (ähnUch). 

281  (ähnlich;  1650). 

351  (1663;  mit  Spruch). 

366.    367. 

b)  18.  Jahrhundert. 

22.  34.  52.  53.  54.  75.  78-79  (Ohne  Vorkragung,  flach  angedeutete 
Schiffskehlen). 

86.    87.    89.    90.    94  (Mit  reich  geschnitzten  Füllhölzern). 

102  (mit  Rococothür;  1717). 

103  (1713). 

108b  (1718).    128.    136.    152.    153. 

170  (Rococokartouche  über  der  Thür).  171.  178  (1675).  179.  183  (1728). 
186  (1700).  190  (1786).  191  (1700).  196  (1700).  198.  203.  207.  210.  214.  215. 
220.  228.  247.  288.  289.  290.  307(1716)-  330(1734).  333(1719).  348  (1726). 
363  (17(«).    371  (1719). 

Wegen  Verputzungen,  Verschalungen  und  anderer  Entstellungen  sind  fol- 
gende offenbar  alte  Gebäude  keiner  bestimmten  Periode  zuzuteilen:  2.  49—50. 
85.     109.    134.    135.    217.    300.    303.    313.    331.    377. 

Bemerkenswert  ist  inHomburg  die  Privatsammlung  des  Dr.  med. Barner, 
welche  sich  auszeichnet  durch  vortreffliche  Stücke  der  neolitischen  und  späteren 
prähistorischen  Perioden,  schöne  Majolikakrüge  des  vorigen  Jahrhunderts  und 
andere  Erzeugnisse  älteren  Hausgewerbes. 

Isingerode 

H.-Z.VI,  153  f.,  444;  XVHI,  344;  XXIII,  280;  XXIV,  318. 

Isingerod  1214;  —  Eisenrode  1564. 

Dorf  35,9  km  nordwestlich  von  Halberstadt,  an  der  Ecker,  hatte  1564  etwa 
8  Hauswirte,  jetzt  135  Einwohner  evangelischer  Konfession,  die  sich  vorzugsweise 
von  Landwirtschaft  nähren. 


74  HalberstMter  Landkreis:  Isingerode  —  Langenstein  (Geschichte) 

Archidiakonat:  Westerode. 

Ein  Zehnter  gehörte  seit  1214  dem  Bonifaciusstift  zu  Halberstadt,  einen 
anderen  hatten  1481  die  drei  Vettern  von  Burgdorf  vom  Bischof  Gebhard  und 
Administrator  Ernst  zu  Lehn. 

Flurname:   1589 :  die  Suthwiese. 

I.  ist  in  Homburg  eingepfarrt. 

Auf  dem  sog.  Orangenberge  befindet  sich  ein  alter  Ringwall. 

Langenstein 

Lucanus,  Beiträge  zur  Gesch.  des  Fürstentums  Halb.  —  Akten  des  Gutsarchivs.  — 
Haiberstädter  Intelligenzblatt  1823  p.  10.  —  H.-Z.  IIa,  150;  IV,  124,377;  VII,  300,  388; 
XII,  145;  XV,  240;  XXIV,  201,284.  —  Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1618  zurück. 

Dorf  6,5  km  südsüdwestlich  von  Halberstadt  am  Goldbach  mit  1376  Ein- 
wohnern evangelischer  Konfession,  deren  Haupterwerb  die  Landwirtschaft  ist 
1589:  42  Hauswirte,  1793:  800  Seelen. 

Archidiakonat:  Halberstadt. 

Geschichte:  Das  Dorf  Langenstein  (Laghenstein  1272)  verdankt  seine 
Entstehung  vermutlich  dem  darüber  befindlichen,  bischöflichen  Schlosse,  welches 
1151  von  Bischof  Ulrich  erbaut  wurde.  Es  diente  als  Kastell  gegen  die  An- 
griffe Heinrichs  des  Löwen.  Über  die  weiteren  Schicksale  des  Schlosses  siehe 
unten.  1311  heisst  L.  villa,  1359  stat.  Die  Kommende  Langein  hatte  in  L. 
Besitzungen,  ebenso  im  14.  Jahrhundert  die  Familie  v.  Dorstadt  ein  Burg- 
lehen. (H.-Z.  in,  441 ;  XI,  478  f.)  Öfters  dienten  Ort  und  Schloss  als  Pfand- 
objekt, so  1316i  als  es  sich  für  das  Hochstift  darum  handelte,  Stadt  und 
Schloss  Wegeleben  vom  Erzbischof  Burchard  III.  von  Magdeburg  zu  erwerben. 
Das  Domkapitel,  welchem  es  gemeinsam  mit  dem  Bischof  gehörte,  löste  es  mit 
nicht  unbedeutenden  Opfern  wieder  ein.  1390  versprach  Bischof  Ernst  in  seiner 
Wahlkapitulation,  das  Schloss  nicht  in  andere  Hände  gelangen  zu  lassen.  Aber 
1434  verpfändete  es  Bischof  Johann  an  Otto  von  Rustleben,  welcher  auch  bald 
darnach  die  Erlaubnis  bekam,  dort  bauliche  Verbesserungen  bis  zum  Werte  von 
400  rlioinischen  Gulden  auszuführen.  1483  gelangte  es  aus  dem  Besitze  des 
Administrators  Ernst  in  den  des  Domherrn  Balthasar  von  Neuenstadt  und  wurde 
1410  an  Anton  von  Werterd  weiter  verschrieben.  Den  Scboss  aus  der  Vogtei 
empfing  der  Bischof.  Nach  einem  Brande  vor  dem  Juni  1500  wurde  L.  am 
1.  Mai  1516  für  2755  rheinische  Gulden  4  Schilling  2  Pfennige  und  10  alte 
Groschen  an  Valentin  von  Sunthausen  verpfändet.  Nachdem  es  1561  wieder 
eingelöst  worden  war,  kam  es  1562  durch  Bischof  Sigismund  an  Ludolf  von 
Alvensleben,  dessen  Familie  es  noch  1604  besass  (Wohlbrück,  Gesch.  Nachr.  vom 
Geschlecht  von  Alvensleben).  1662  verkaufte  das  Domkapitel  L.  an  den  Obristen 
V.  d.  Planitz.  1742  wurde  es  an  Prinz  Heinrich  Ludwig  von  Preussen  verkauft; 
bald  nach  jener  Zeit  war  es,  wo  der  hinter  der  alten  Burg  befindliche  Marmor 
zuerst  zur  Verwendung  kam.  Im  März  1776  kam  L.  in  Besitz  der  Frau  Marie 
Antoinette  von  Branconi,  geb.  v.  Eisner  zu  Berlin  (f  1793),  bekannt  durch  ihre 
Beziehungen  zu  Goethe.  Aus  dem  Besitz  der  Branconischen  Familie  kam  das 
Bittergut  L.  1828  an  die  Familie  Reinicke,  1855  an  die  Familie  Bimpau,  in  deren 


Isingerode  —  LaDgenstein  (alte  Kirche) 


76 


Besitz  es  noch  ist.  Seit  1873  hat  die  Halberstadt^BIankenburger  Bahn  hier  eine 
Station. 

Flurnamen:  1536:  Hopfdherg;  Kyfholz;  Boltzenheide ;  Haymkergrund; 
Kyffteich;  Brockenstidemarck;  Vosholem;  Domeberg;  —  1584:  Fuüsack;  — 
1589:  Grundberg;  der  Berg Scheifebreide;  — 1732:  Brückwegsbreite;  Jaköbsbreite; 
Kamp;  Lange  tläch;  Schlossbreite;  —  1743:  Der  grosse,  mittlere  und  kleine  Stand 
am  Tonnigsberge;  HcLSsdhoU;  grosser  und  kleiner  Hasen winkel;  der  Hang;  — 
1796:  Aniskopf;  Boknenbreite;  am  Lötveken,  Von  Grenzsteinen  in  der  Gegend 
des  Hoppelberges  und  Goldbaches,  auf  Veranlassung  des  Bischofs  Albrecht  auf- 
gestellt, ist  1311  die  Bede. 

Kirche.  [Sie  ist  zuerst  1180  erwähnt,  als  Bischof  Dietrich  für  ihren 
Wiederaufbau  sorgte.  Patronin  war  die  Jungfrau  Maria.  Der  beigefügte  Grund- 
riss  (Fig.  31),  welchen  ich,  wie  auch  die  übrigen  Abbildungen  aus  der 
alten  Kirche,  der  Liebenswürdigkeit  des  Herzoglichen  Baurats  Brinckniann 
zu  Braunschweig  verdanke,  der  sie  noch  während  des  Abbruches  1888  aufzu- 
nehmen imstande  war,  zeigt,  dass  die  alte  Kirche  aus  zwei  Hauptteilen  bestand, 


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Fig.  31. 


dem  älterenlMittelschiff  nebst  Turmbau  (letzterer  offenbar  noch  älter)  und  dem 
im  halben  Achteck  geschlossenen  Chor,  der  merkwürdigerweise  östlich  nicht  mit 
einer  Wandfläche,  sondern  mit  einem  Winkel  endigte.  An  diesen  jüngeren  Bau 
schlössen  sich  nördlich  und  südlich  unsymmetrisch  angebaute  viereckige  Räume 
an,  der  nördliche  als  Sakristei,  der  südliche  als  Grabgewölbe  benutzt.  Im  Innern 
enthielt  sie  im  16.  Jahrhundert  eingesetzte  geschnitzte  Holzteile,  von  denen 
nebenstehend  ein  paar  Proben  (Fig.  32)  abgebildet  sind.  Abbildungen,  welche 
besonders  den  romanischen ,  mit  einem  Renaissancehelm  bedeckten  Turm  zeigen, 
befinden  sich  im  Besitze  des  Amtsrats  Dr.  Rimpau  zu  L.  (Sepiazeichnung),  sowie 
des  Fräulein  Friederich  zu  Wernigerode.  Damach  ?a  schUessQU  wich  seine 
Gestalt  nicht  von  der  sonst  im  Kreise  typischen  ab.] 


76 


Halberst&dter  Landkreis:  Lan^renstein  (neue  Kirche) 


Die  seit  1888  neugebaute  Kirche. 

Der  Altar  zeigt  den  häufigen  Typus  mit  geschnitzten  Figuren  und  ge- 
drehten Säulen  entsprechend  dem  Stil  vom  Anfang  des  18.  Jahrhunderts. 

Die  Kanzel  entspricht  der  Art  des  Altars. 

Die  Orgel  ist  neu,  aber  unter  Yerwendung  alten  Scboitzwerks  im  Stil  des 
Altars  gearbeitet 

Glocken:  1.  Dm,  1,01m,  gegossen  von  W.  Engelcke  in  Halberstadt  18&4; 
2.  Dm.  0,80  m;  3.  Dm.  0,68  m;  4.  die  unerreichbare,  in  einem  kleinen  Erker  seit- 
wärts am  Turm  hängende  Stundenglocke,  alle  drei  1888  von  G.  A.  Jauer  in  Leipzig 
gegossen.  [Vordem  gab  es  auf  dem  Turm  der  alten  Kirche  ausser  der  unter 
No.  1  genannten  eine  sehr  alte  kleine  Glocke  von  0/4  m  Durchmesser;  ihreVer- 


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zierung  bestand  in  netzförmig  über  Eck  gezogenen  Bändern  mit  folgendem  Profil: 
ßiMä  über  den  ganzen  Mantel  herab.    Sie  ist  1888  eingeschmolzen  worden.] 

Ein  Gobelin,  der  innerhalb  eines  Frucht-  und  Blumenrahmens  Christas 
darstellt,  welcher  die  Kinder  zu  sich  kommen  lässt;  vom  Ende  des  tö-Jabi'' 
hunderte,  diente  ehemals  als  Taufkesseldecke  und  ist  jetzt  auf  einen  Holzrabmen 
gespannt,  in  der  Kirche  aufgehängt. 

Von  Altargeräten  sind  vorbanden  ein  silberner,  vergoldeter  Kelch,  1705l 
ein  kleinerer  Kelch  desgl.  mit  sechslappigem  Fuss  von  1711,  Haiberstädter  Be- 


Langenstein  (neue  Kirche  —  alte  Burg)  77 


schau,  Meisterzeichen  TT;  eine  desgl.  Kanne  1736  mit  Halberstädter  Beschau 
und  Meisterzeichen  IKB;  eine  silberne  Oblatenschachtel  mit  Meisterzeichen  LS; 
ein  kleiner  silberner  Löffel;  zwei  kleine  Patenen,  Silber  vergoldet.  Die  Tauf- 
schale ist  modern. 

In  der  Kirche  befindet  sich  das  Wappen  des  Georg  Heinrich,  Edler  von 
der  Planitz,  Obrist  zu  Boss  und  kurfürstlich  brandenburgischer  Hauptmann  des 
Amtes  Wulperode  1611—1662.  Ringsherum  sieht  man  sechzehn  andere  Wappen 
nebst  militärischen  Insignien.  —  Über  der  Thür  zur  Sakristei  ist  ebenfalls  ein 
Wappen  mit  der  Schrift  darunter  „Rudolf  August,  Edler  von  der  Planitz,  Kgl. 
Preuss.  Geheimber  Rath,  Direktor  der  Halberstädt.  Kriegs  u.  Domainen  Cammer, 
Senior  u.  Portenarius  der  hohen  Stifts  Kirche  in  Halberst.  Ambts  Hauptmann  zu 
Homburg,  Wulperode  u.  Stötterlingenburg,  des  löblichen  Johanniter  Ordens 
Bitter,  Probst  zu  Walbeck,  Erbherr  auf  Langenstein."  Das  Wappen  daneben  ge- 
hörte laut  Inschrift  der  „Henriette  Sibille  Edle  v.  d.  Planitz,  gebohrene  Metsch," 
beide  gestorben  vor  1731. 

Epitaphien.  [Ein  altes,  schon  zu  Winnigstädts  Zeiten  fast  unleserliches 
Epitaph  in  der  Kirche  wurde  als  das  des  Bischofs  Friedrich  (f  1231)  angesehen. 
Beim  Abbruch  der  Kirche  fand  sich  keine  Spur  davon.]  Ausserhalb  an  der 
Kirchenmauer  ist  das  gemeinsame  Epitaph  zweier  lö88  un&  89  gestorbenen 
Kinder  von  Alvensleben.  Daneben  ein  Kriegerepitaph  von  1815.  Seitwärts  steht 
ein  Epitaph  des  18.  Jahrhunderts  mit  Kruzifixus  und  unleserlicher  Inschrift. 

Die  Burg  (Kg.  33) :  1 151  erbaut,  jetzt  Altenburg  genannt,  war  ein  häufiger 
Aufenthalt  der  halberstädter  Bischöfe,  sowohl  im  Sommer  als  auch  im  Winter. 
Eine  grosse  Menge  von  Urkunden  sind  dort  ausgestellt  worden.  Ganz  besonders 
von  Bischof  Friedrich,  der  in  der  alten  Kirche  auch  beigesetzt  gewesen  sein 
soll.  Nach  der  zweimaligen  Zerstörung  durch  Heinrich  den  Löwen  1166  und 
1177  wurde  es  durch  Bischof  Dietrich  1178  wieder  erbaut,  auch  vom  Bischof 
6ardulf.ll93  und  95  restauriert.  Die  Burgmannen  (Castellani)  werden  als 
Urkundenzeugen  oft  erwähnt.  Dort  wurde  auch  der  von  Bischof  Ludolf  I.  ge- 
fangene Markgraf  von  Brandenburg  in  Gewahrsam  gehalten.  Graf  Burchhard 
von  Mansfeld  eroberte  das  Schloss  1317  bei  seiner  Fehde  gegen  den  Bischof 
Albrecht  I.  In  der  Folge  wurde  es  Gegenburg  der  Regensteiner  bis  gegen  1363. 
Nach  der  Wiedererwerbung  besserte  Bischof  Ludwig  die  Burg  in  bedeutendem 
Umfange  wieder  aus,  wobei  das  Domkapitel  und  der  Rat  von  Halberstadt  bedeu- 
tende Gelder  beisteuern  mussten,  denn  das  Schloss  war  so  verfallen,  dass  es  fast 
nicht  mehr  benutzbar  war.  Bei  den  vielfachen  Verpfändungen  wurde  dafür 
gesorgt,  den  Pfandinhabem  die  Instandhaltung  des  Schlosses,  seine  Fenster, 
Thüren,  Dächer,  Wände,  Brücken  u.  s.  w.  aufzubürden.  Von  Bestandteilen,  welche 
dieses  „hfis"  zu  Langenstein  aufwies,  werden  genannt :  eine  Kapelle,  deren  Kaplan 
zugleich  Pfarrer  der  Dorfkirche  war  (1263);  der  Turm  am  niedersten  Thore  der 
Burg  (1420);  eine  „Domse,'*  zu  deren  Bau,  1490,  sechzehn  Gulden  ausgeworfen 
wurden;  das  Burgthor  (1684);  1507  waren  für  den  Neubau  einiger  Gebäude  im 
Schloss  und  des  abgebrannten  Vorwerks  650  rheinische  Gulden  erforderlich. 
Nach  den  Zeiten  des  Bauernkrieges  verfiel  das  Schloss,  scheint  aber  noch  in 
benutzbarem  Zustande  gewesen  zu  sein,  bis  es  1644  von  den  Schweden  ge- 
plündert wurde.    Sein  völliger  Abbruch  erfolgte  1653.    Heutzutage  ist  von  den 


78 


Halberstädter  Landkreis:  Langenstein  (alte  Burg) 


00 
09 


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Tiefer  Ein^hnitt 


Langenstein  (alte  Borg  —  Schloss  —  Obelisk)  79 


Gebäuden  nichts  mehr  vorhanden  mit  Ausnahme  eines  spärlichen  Bestes  eines 
Turms  am  Westende. 

Der  Felsenrticken,  auf  welchem  die  alte  Burg  stand,  ist  eine  Sandstein- 
masse, die  sich  weiter  östlich  zum  sog.  Hoppelberge  erhebt.    Die  nördliche  Seite 
,        des  Felsenrückens  fällt  ungleich  steiler  ab  als  die  südliche,  weshalb  die  letztere 
an  einigen  Stellen  Mauern  zu  weiterer  Befestigung  erhielt  und  von  einem  Graben 
I        umgeben  wurde,  der  sich  westlich  um  die  Burgherumzieht  und  sich  an  den  steilen, 
I        nördlichen  Hängen  verliert    Er  ist  nur  teilweise  in  den  Felsen   eingehauen, 
I        überall  aber  wo  dies  nicht  sichtbar  ist,  als  tief  eingeschnittene  Bodensenkung 
kenntlich.     Die  Beschaffenheit  des  Felsrückens,  dessen  bedeutendste  Höhe  im 
I        Osten  liegt,  mit  seinen  steilen  von  Klippen  durchzogenen  Hängen  erschwert  eine 
freie  Bewegung  ausserordentlich.    Mehrere  tiefe  Quereinschnitte  gaben  bei  einem 
!        Kampfe  um  die  Burg  wirksame  Abschlüsse  her.  Gemäss  den  dadurch  gebildeten 
I        drei  Haupterhebungen  kann  man  die   Burg  in  eine  Yorburg,  Mittelburg  und 
Hauptburg  einteilen.    Zwei  Zugangswege  giebt  es,  einen  von  Westen  her  an  der 
Nordseite,  tief  eingeschnitten  und  mit  Spuren  von  Wagengleisen,  den  andern 
im  Osten  an  der  Südseite,  den  sog.  Eselstieg. ^    Zu  den  Räumlichkeiten  der  Burg 
ehemals  gehörig,  aber  jedenfalls  wenigstens  zum  Teil  von  viel  höherem  Alter  als 
diese,  sind  die  vielen  in  den  Felsen  gearbeiteten  Höhlen.    Sie  dienten  bis  vor 
nicht  zu  langer  Zeit  als  durchaus  gesunde  menschliche  Wohnungen,   eine  von 
ihnen  noch  heute.    Der  Orundriss  dieser  Höhlenwohnungen  ist  bei  den  meisten 
derselbe,  ein  Quadrat  von  etwa  IG  m  Seitenlänge,  in  der  Mitte  ein  viereckiger, 
stehengelassener  Pfeiler,  von  dem  aus  der  Raum  durch  eingeschaltete  Holzwände 
verschiedenartig  eingeteilt    werden  konnte.'     Ähnliche  Aushöhlungen    befinden 
sich  in  der  Gegend,  soweit  das  Gebiet  des  Sandsteins  reicht,  noch  vielfach,  am 
Schäferberge  nördlich  von  L.,  in  der  Klus  südlich  von  Halberstadt,  am  bedeutend- 
sten auf  dem  Regenstein. 

Das  jetzt  dem  Herrn  Amtsrat  Dr.  Rimpau  gehörige  Schloss  zeigt  über  der 
Haupteingangspforte  das  Branconische  Wappen.  Der  Bau  ist  1777  begonnen 
worden.  Er  beherbergt  als  besondere  Kostbarkeit  eine  etwa  150  Nummern 
zählende  Gemäldegalerie,  welche  schon  von  der  Frau  v.Branconi  angelegt  und 
allmählich  bereichert  worden  ist.  Besonders  bedeutend  sind:  ein  Familienbild, 
dem  J.  van  Bylaert  zugeschrieben  und  eine  Liandschaft  von  Charles  Molyn. 

Im  Schlosspark  steht  ein  Obelisk,  errichtet  1730  durch  Johann  Georg  und 
Otto  Heinrich  v.  d.  Planitz,  neuerdings  wiederhergestellt  auf  Veranlassung  des 
Dr.  Rimpau.    Er  zeigt  südlich  die  Inschrift : 

J.  G. 
O.  H. 
N.  A.  P. 

d.h.  Johannes  Georgius,  Otto  Henricus,  Nobilis  A  Planitz;   östlich  einen   ver- 
schnörkelten Namenszug,  der  dieselben  Buchstaben  enthält  mit  einer  Krone,  west- 

*  Der  bischöfliche  Meier  in  Halberstadt  war  verpflichtet,  behufe  regelmässiger  Beförde- 
nmg  von  Wasser  und  Holz  nach  der  Burg,  zwei  Esel  zu  liefern  (Nachricht  von  1490).  Der 
Name  Eselstieg  findet  sich  übrigens  auch  anderwärts,  so  in  Wehrstedt. 

'  Der  beigef&gte  Grundriss  ist  von  Herrn  Amtsrat  Dr.  W.  Rimpau  auf  Langenstein  auf- 
genommen und  mir  gütigst  zur  Verfügung  gestellt  worden. 


80  Halberstädter  Landkreis:  Langenstein  —  Lüttgenrode  — Mahndorf 

lieb  die  Inschrift:  Hunc  obeliscum  posuerunt  filii;  nördlich:  £  palude  hortus 
sumtu  patris. 

[Von  andern  Gebäuden  früherer  Zeit  im  Dorfe  wird  erwälint  die  Ta- 
beme  1483  und  die  Mühle  1490,  beide  in  bischöflichem  Besitz.] 

Lüttgenrode 

H.-Z.  XXI,  146. 

Vgl.  Stötterlingenburg. 

Luthingerode  1249;  —  Luttekenrod  1272;  —  Luttekenrodh  1297;  —  parvum 
novale  1303;  —  Lutteken  Rodhe  1343;  -  Lutken  Rohde  1536. 

Dorf  27,7  km  westnordwestlich  von  Halberstadt,  an  einem  unterhalb  Stötter- 
lingen  in  die  Ilse  mündenden  Bache;  mit  Stötterlingenburg  zusammen  656 
Einwohner  evangelischer  Konfession.  Den  Haupterwerb  bildet  die  Land- 
wirtschaft 

Archidiakonat:  Osterwieck. 

Geschichte:  Gehörte  bis  1144  als  braimschweigisches  Lehngut  dem  Ritter 
Everd  v.  Langein,  wurde  aber  in  diesem  Jahr  von  ihm  dem  Kloster  Stötterlingen- 
burg für  36  rh.  Gulden  verpfändet.  Im  Besitze  des  Klosters  blieb  es  auch 
fernerhin.    Die  Gerichtsbarkeit  gehörte  dem  Hochstift  Halberstadt. 

[Von  der  ehemaligen  Kirche  zu  L.  wissen  wir  weiter  nichts,  als  dass  sie 
unter  dem  Patronat  des  Klosters  stand,  auch  von  ihm  in  genügendem  baulichen 
Zustand  gehalten  wurde.  Da  aber  1689  das  neu  gebaute  Pfarrhaus  auf  dem 
Kloster  war,  so  gingen  die  Leute  damals  auch  daselbst  zur  Kirche. 

Im  Übrigen  wird  erwähnt  ein  Hof  mit  einer  grossen  Tanne  1461,  eine 
Mühle  1697,  ein  Gehölz  1341,  ein  Teich  i486.]  Gegenwärtig  bietet  der  Ort 
nichts   archäologisch   Interessantes. 

Mahndorf 

Manendorp  1200,  1222;  —  Mammendorp  1250.    (H.-Z.nc,90;  XXIV, 208.) 

Rittergut  6  km  westsüdwestlich  von  Halberstadt 

Archidiakonat:  Halberstadi 

Geschichte:  Gehörig  dem  Herrn  v.  Wulffen.  Früher  königliche  Domäne. 
Jetzt  politisch  und  kirchlich  zu  Ströbeck  gehörig.  1084  wird  Beffen-Mandorp  und 
Biscopa  -  Mandorp  unterschieden.  Damals  ein  unter  regensteinischer  Vogtei 
stehendes  Dorf.  Die  Kirche  war  zuerst  der  von  Ergstedt  (s.  Wüstungen) 
untergeordnet,  seit  1222  eximiert.  Der  Pfarrer  wird  1369  erwähnt  Der 
Kirchturm  1413.  Ein  anderer  Turm  1448.  1603  liess  der  Domdechant  Matth. 
V.  Oppen  die  Wappen  der  Domherrn  an  einem  der  Gebäude  anbringen.  1615  ist 
es  Vorwerk.  Ein  Neubau  daselbst  1618  scheint  hauptsächlich  die  Stallgebäude 
betroffen  zu  haben,  jedoch  stammt  vielleicht  auch  der  an  dem  Kontorgebäude 
befindliche  Best  eines  rundbogigen  Steinportals  von  jenem  Jahre  her.  Die 
heutigen  Gutsgebäude  sind  durchweg  modern. 


Mulmke — Osterode 


81 


Mulmke 

Harazeitschr.  II,c.84;  III,  225,  239,  1024;  IV,  381  u,8.  w. 

Mulembeke  1144—45;  —  Mulbikel208;  —  Mulbekel303  und  öfter;  —  Mul- 
bici  1303;  —  Molbecke  1314;  -  Mulbeck  1510;  -  Molraeck  1519;  —  Molbegk 
Ende  16.  Jahrhunderts;  —  Mulpke  1589;  —  Mülpke  1590;  —  Moimcken  1599. 

Königl.  Domäne  14,3  km  westlich  von  Halberstadt.    454  ha  gross. 

Archidlakonat :  Dardesheim. 

Geschichte:  M.  war  ehemals  ein  Dorf  und  wird  als  solches  noch  1351 
erwähnt  Ton  dem  Pfarrer  hören  wir  1281.  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  aber 
war  es  ein  blosses  Vorwerk.  Das  Michaeliskloster  in  Lüneburg  hatte  dort  be- 
deutenden Besitz,  der  ihm  1011  vom  Herzog  Bernhard  von  Sachsen  geschenkt 
war;  1212  gab  es  einen  grossen  Teil  davon  an  das  Kloster  Ilsenburg  ab.  (Über 
die  Beziehungen  zu  diesem  Kloster  siehe  Usenb.  U.-B.  II,  391.)  1336  erwarb  das 
Johanniskloster  bei  Halberstadt  dort  eine  Hufe  und  einen  Hof  käuflich  von  den 
Brüdern  Ludolf  und  Anno  von  Hasserode,  die  beides  bis  dahin  von  dem  Michaels- 
kloster in  Lüneburg  zu  Lehen  gehabt  hatten;  andere  Besitzungen  erwarb  es  von 
einem  gewissen  Willekin  Herkstorp  im  gleichen  Jahr.  Grafschaft  und  Gericht 
waren  bis  1343,  wo  sie  an  Wernigerode  übergingen,  regensteinisch.  Schon  1368 
stand  der  Ort  unter  dem  Domkapitel  in  Halberstadt,  dem  es  endlich  1599  von 
Herzog  Heinrich  Julius  geschenkt  wurde.  M.  war  Sitz  eines  der  domkapitularischen 
Hauptamtsbezirke.  Seit  1872  ist  das  Gut  im  Besitz  des  Amtsrats  Schröder  und 
ist  in  Heudeber  eingepfarrt,  hat  aber  im  übrigen  seine  eigene  Verwaltung. 

Flurnamen:  1460:  eine  Wiese  tigen  dem  Hartesper  by  der  Helle;  dat 
Ditmersland. 

Einige  der  Gutsgebäude  sind  älteren  Datums  und  stammen  vom  Ende  des 
17.  und  Anfang  des  18.  Jahrhunderts.  Ein  Thor  von  1674  ist  durchaus  schmuck- 
los. Bemerkenswert  ist  ein  alter  Turm  von  romanischer  Form  mit  hölzernem 
Obergeschoss,  in  welchem  eine  nicht  erreichbare  mittelgrosse  Glocke  hängt  Der 
Turm  scheint  in  seinem  untern  Teile  der  Rest  des  alten  Dorfkirchturms  zu  sein. 
An  zwei  Hauswänden  befinden  sich  Reihen  von  Wappen,  wie  man  sie  auf  den 
Gütern  des  Domkapitels  häufig  sieht  (vergl.  besonders  Zilly).  Die  eine  Reihe 
hat  11  Wappen:  Stechau,  Kannenberg,  Neindorf,  Weers  zu  Lochenhem,  Rössing, 
Asseburg,  Planitz,  Westpfaln,  Ledebur,  Münchhausen  und  des  Johann  Heinrich 
Reiche,  der  1707  Amtmann  zu  Zilly  und  Mulmke  war.  —  Die  andere  Reihe  be- 
steht aus  13  kleineren  Wappen  und  ist  augenscheinlich  älter  als  die  erste.  Die 
Wappen  gehören  z.  T.  denselben  Familien  an  wie  die  vorigen.  Beischriften 
fehlen.  [Vielleicht  ist  dies  jene  Wappenreihe,  welche  nach  eigener  Versicherung 
der  Domdechant  Matth.  v.  Oppen  1603  anbringen  liess.  Fast  zur  selben  Zeit 
werden  ein  Brauhaus  und  ein  neuer  Brunnen,  auch  ein  neu  angelegter  Hopfen- 
garten erwähnt.] 

Osterode 

über  den  Kaland  zu  O.  Halb,  gemeinnütz.  Unterb.  1801,  146  f.  —  H.-Z.  V,  33.  — Die 
Kirchenbücher  gehen  bis  in  die  sechziger  Jahre  des  17.  Jahrhunderts  zurück. 

Osterrode  1136;  —  Hosterrode  1298.   So  genannt  nach  der  Himmelsrichtung 
im  Verhältnis  zu  der  Wüstung  Westerode. 

Krab  HalUntadt.  6 


82  Halberstädter  Lindkreis:  Osterode 


Dorf,  30,6  kra  nordwestlich  von  Halberstadt  mit  470  evangelischen  Ein- 
wohnern (1564  gab  es  38  Hauswirte,  1589  deren  40),  welche  von  Liandwirtschaft 
und  Steinbrucharbeit  leben. 

Archidiakonat :  Westerode. 

Geschichte:  Da  der  Ort  im  Mittelalter  castrum  genannt  wird  (Annal. 
Palid.  MG.  SS  XVI,  87),  so  scheint  er  Befestigungen  besessen  zu  haben,  von 
denen  indes  nichts  mehr  nachweisbar  ist  Die  Kirche  stand  bis  1232  unter  dem 
Patronate  der  Grafen  von  Altenhausen,  von  da  an  unter  dem  des  halberstädter 
Johannisstiftes.  Dies  Verhältnis  wurde  noch  bei  der  Visitation  1564  vorgefunden, 
nachdem  die  Reformation  zu  einer  nicht  festzustellenden  Zeit  eingeführt  worden 

war.  Heute  ist  das  Fatronat  königlich. 
Amtlich  hat  0.  seit  mittelalterlichen  Zeiten 
zu  Homhurg  gehört. 

Die  Kirche  (St.  Petri  oder  St  Petri 
und  Pauli)  stammt  aus  verschiedenen  Bau- 
zeiten.    An    einen  älteren  Turm   schliesst 
sich   ein   neueres  Schiff  (17,70X6,40  m  im 
j^$  an  dcrTUwwks  xJf^rr  Lichten)  in   dessen  Südmauer  aussen   ein, 

Fig.  84.  jedenfalls  von  der  älteren  Kirche  stammender 

Stein    (Fig.  34)    eingelassen    ist,    der   die 
Jahreszahl  1490  trägt    [Jene  Kirche  soll  an 
der   Stelle    gestanden    haben,    wo   sich    jetzt    die    Schule    befindet     Ebendort 
sollen    die  Reste  eines  Turmes  gefunden  worden  sein.]    Die  Decke  ist  ein  höl- 
zernes Tonnengewölbe. 

Die  beiden  Glocken  haben  0,97  bezw,  0,54  m  Dm.  Die  grössere  ist  1876 
von  J.  G.  Grosse  in  Dresden  gegossen,  auf  den  Ton  G.  gestimmt  und  trägt  die 
Nummer  826.  Die  kleinere,  etwas  schlanke  hat  die  Minuskelinschrift  help  ihesvs 
vnde  maria  anno  dni  mccccxc 

Der  Altar,  in  welchen  oben  die  Kanzel  eingebaut  ist,  zeigt  Schnitzereien 
des  18.  Jahrhunderts.  Zwei  spärliche  Reste  eines  grösseren  Altarblattes,  darstellend 
die  Kreuztragung,  sowie  eine  Volks-  und  ßeitergruppe  neben  dem  (nicht  mehr 
vorhandenen)  Kreuze  befinden  sich  in  der  Turmhalle.  Sie  sind  übertüncht,  aber 
sonst  noch  ziemlich  erhalten,  obwohl  sie  vom  Wurmfrass  gelitten  haben.  Die 
dem  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  angehörige  Arbeit  zeugt  von  einer  tüchtigen 
Künstlerschaft 

Taufstein,  Orgel  und  Altarleuchter  sind  modern.  Ein  geschnitzter 
Taufengel  (18.  Jahrhundert)  ist  noch  vorhanden,  aber  nicht  mehr  im  Gebrauch. 

Als  Schmuckstück  besitzt  die  Kirche  einen  grossen,  geschnitzten  Kruzi- 
fix us  von  modemer,  nicht  übler  Ausführung. 

Von  Altargeräten  sind  vorhanden:  1.  ein  Kelch,  0,18  m  hoch,  von  ver- 
goldetem Silber,  datiert  1697;  Braunschweiger  Beschau,  Marke  WH;  —  2.  Patene 
mit  gekräuseltem  Rande,  Dm.  0,13m,  zu  dem  Kelche  gehörig,  also  in  Her- 
stellung und  Alter  ihm  gleich. 

Von  anderen  Gebäuden  ist  bemerkenswert  das  Pfarrhaus,  erbaut  1674 
von  H.  Düsing,  welcher  auch  hier  seine  in  Hornburg  beliebten  Zahnschnitt- 
verzierungen verwendet  hat    [Der  westlich  vom  Dorfe  gelegene  Kirchhof  wird 


Osterode  —  Österwieck  (Geschichte)  83 


1436  erwähnt.  Neben  ihm  westlich  befand  sich  die  Viehtrift,  sowie  das  v.  Asse- 
burgische  Vorwerk.  —  1564  wird  berichtet,  dass  auf  dem  alten  Pfarrhofe  drei 
Wohnhöte  eingerichtet  worden  seien.] 

Österwieck 

Das  Ofiterwiecker  Stadtbuch  vom  Jahre  1353,  heraasgegeben  von  Julius  Grote,  BeichB- 
freiherm  zu  Schauen,  1850.  —  Geschriebene  Chronik  der  Stadt  O.  vom  Jahre  1602,  von 
Johannis  Lezenerus  Hardessianus.  —  Beinecke,  Gesch.  d.  Schätzenbrüderschaft  in  Österwieck. 
—  Anderweitige  Litteratur  siehe  unten. 

Osterwich,  Hosterwich  1108;  —  Ostirwich  1194;  —-  Oster  wie,  —wik  1239, 
1303;  —  Osterwigh  1303;  —  Ostirwiik  1394;  —  Osterwig  1489;  —  Osterwigk, 
— wygk  1492,  1518;  —  Ostrewigk,  ostrewigh  1495;  —  Osterweigk  1573;  —  Oster- 
wiegk  1580. 

Stadt  an  der  Ilse,  25  km  westnordwestlich  von  Halberstadt  mit  6000  Ein- 
wohnern (1564:  über  400,  1589:  beinahe  500  Bürger),  evangelischer,  katholischer 
und  mosaischer  Eonfession. 

Archidiakonat:  Österwieck  (zuerst  1140  erwähnt). 

Geschichte:  Über  die  Frage  der  Identität  Osterwiecks  mit  Seligenstadt 
vgl.  die  Geschichte  von  Halberstadt.  In  ältester  Zeit  hiess  die  Stadt  angeblich 
Obermühlheim  (H.-Z.  XVIII;  283).  Der  jetzige  Name  hat  Bezug  auf  geographische 
Lage,  nicht  etwa  auf  die  Göttin  Ostara. 

In  0.,  welches  1108  zur  Grafschaft  eines  gewissen  Idudger  gehörte,  be- 
gründete im  selben  Jahre  Bischof  Reinhard  von  Halberstadt  ein  Kloster,  welches 
aber  schon  1112  nach  Hamersleben  verlegt  wurde.  Die  Gerichtsbarkeit  der 
bischöflichen  Stadt  war  regensteinisch  bis  zum  Jahre  1358,  wo  sie  nach  manchen 
vorausgegangenen  Streitigkeiten  in  die  Hände  des  Bischofs  überging.  Er  liess 
sie  seitdem  durch  seinen  Vogt  ausüben,  der  als  Vertreter  der  bischöflichen 
Gewalt  schon  1172  genannt  wird,  natürlich  aber  dort  gewaltet  hat,  seitdem  es 
überhaupt  ein  Bistum  Halberstadt  gab.  Er  war  daher  der  Verwalter  der  (durch 
Heinrich  11.  1002  bestätigten)  ottonischen  Privilegien  (als  Münzstätte  wird 
0.  1231  genannt),  und  der  Erheber  der  bischöflichen  Einkünfte.  Zu  diesen 
gehörte  auch  die  bekannte  bulevinge,  welche  erst  1543  von  Bischof  Albrecht  auf- 
gegeben wurde;  doch  verlangte  dieser  dafür  die  stete  Waffenbereitschaft  der  Bürger 
zur  Verfolgung  flüchtiger  Feinde.  1376  war  0.  der  Sitz  des  Ärchipresbyters  des 
Bannes  0.  Im  17.  Jahrhundert  war  es  Vorort  eines  der  (kleinen)  Amtsbezirke,  in 
welche  das  Gebiet  des  Hochstifts  eingojteilt  war.  —  Die  weltliche  Verwaltung  der 
Stadt  lag  in  der  Hand  des  Rates  (universitas  consulum),  welcher  aus  drei  Bürger- 
meistern und  neun  Batmannen  bestand.  Der  im  13.  Jahrhundert  als  Stadtober- 
haupt wiederholt  genannte  praefectus  oder  sculthetus  dürfte  als  bischöflicher 
Beamter  anzusehen  sein.  Da  er  1365  als  richtere  bezeichnet  wird,  so  scheint  er 
identisch  mit  dem  bischöflichen  Vogt  gewesen  zu  sein.  Über  das  Einzelne  der 
Entwicklung  der  Stadtverfassung  von  0.  erfährt  man  aus  den  Urkunden  wenig; 
im  allgemeinen  wird  sie  derjenigen  von  Halberstadt  ähnlich  gewesen  sein.  Bei 
den  Wahlen,  die  jährlich  am  1.  März  stattgefunden  zu  haben  scheinen,  legten 
keineswegs  alle  alten  Ratmannen  ihr  Amt  nieder,  wenigstens  finden  sich  1316 
Ton  den  zwölf,  die  am  7. Januar  genannt  werden,  am  22.  März  noch  fünf  neben 

6» 


84  HalberetJidter  Landkreis:  Oster.wieck  (Geschichte) 


sieben  neuen  vor.  Denigeraäss  wird  auch  1468  gesprochen  von  dem  rad  nyge 
vnde  olt,  da  er  aus  alten  und  neuen  Mitgliedern  zusammengesetzt  war.  Von 
Beamten  wird  ausser  den  schon  angeführten  nur  der  Stadtschreiber  1553  erwähnt; 
von  dem  Ratsarchive  hören  wir  1457.  Die  Namen  der  Bürgermeister  seit  1494 
sind  auf  einer  noch  jetzt  im  Rathause  befindlichen  Tafel  aufgezeichnet,^  In  den 
Amtsbereich  des  Rates  gehörten  die  polizeilichen  und  civilgerichtlichen  Sachen, 
sowie  das  Patronat  der  Pfarrkirche  und  der  Schule.  Über  den  Zustand  der 
letzteren  sind  wir  wenigstens  aus  der  spätmittelalterlichen  Zeit  leidlich  unterrichtet 
durch  zwei  Schulordnungen,  deren  eine  aus  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts,  die 
andere  von  1687  stammt.^  Die  Lehrer  (Rektor,  Konrektor,  Kantor,  Baccalaureus, 
Organist^)  erhielten  ihre  Besoldung  vom  Rate;  in  früherer  Zeit  musste  der 
Rektor  die  Hilfslehrer  selbst  besolden.  —  1589  existierte  noch  eine  sog.  Winkel- 
schule, die  aber  abgeschafft  werden  sollte.  — 

Der  Erwerb  der  Einwohner  im  Mittelalter  war  mannigfaltig.  Es  begegnen 
in  den  Quellen:  1308  die  Leine weberinnung,  deren  Statut  damals  durch  Bischof 
Albrecht  bestätigt  wurde;  sie  war  dem  Bischof  zinspflichtig,  wie  die  übrigen 
Innungen  jedenfalls  auch.  Der  Innungsmeister  wurde  von  der  Innung  gewählt 
und  vom  Rate  vereidigt.  Die  Sitzungen,  in  welchen  die  Meister  über  die 
Angelegenheiten  der  Innung  berieten  führten  den  noch  jetzt  bekannten  Namen 
„morghensprake^';*  —  1327  erhielt  die  Krämer -Innung  ihre  Bestätigung,  die 
1489  erneuert  wurde;  1353  werden  erwähnt:  die  Hutmacher  (viltere),  Gewand- 
schneider, Fleischhauer  (knokenhowcr;  ihr  Statut  bestätigte  Bischof  Gebhard  1470), 
Brater,  Bäcker,  Brauer  (das  Osterwiecker  Bier  wird  noch  1565  erwähnt,  wo  ein 
Fass  davon  fünf  Gulden  kostete),  Messerschmiede;  —  die  Schmiede  begegnen 
1492;  die  Schuster  1498,  als  sie  eine  St.  Annen -Brüderschaft  begründet  liatten, 
die  der  Administrator  Ernst  bestätigte.  Ihre  Vorsteher  waren  dem  Pfarrer  und 
Gildemeister  zur  Rechnungsablage  verpflichtet;  —  das  Statut  einer  Liebfrauen- 
Brüderschaft,  deren  Herkunft  unklar  ist,  findet  sich  1491.  —  Heute  erwirbt  die 
Osterwiecker  Bevölkerung  ihren  Unterhalt  vielfach  durch  Gerberei,  Färberei  und 
eine  in  besonders  gutem  Rufe  stehende  Handschuhfabrikation. 

In  der  Nacht  zum  7.  August  1495  wurde  die  Stadt  von  einer  furchtbaren 
Überschwemmung  heimgesucht,  welche  Mauern,  Gräben  und  Häuser,  auch  den 
Kirchhof  St.  Stophani  schwer  beschädigte.  —  Die  Reformation  fand  in  0.  früh- 
zeitig Eingang.  Der  erste  evangelische  Prediger,  Konrad  Beine,  wurde  1535 
durch  den  Rat  eingesetzt^  welcher  auch  weiterhin,  zusammen  mit  der  Gemeinde, 
den  Pfarrer  einsetzte,  während  das  Domkapitel  von  Halberstadt  das  Bestätigungs- 
recht behielt.  Die  vollständige  Einführung  der  Reformation  geschah  seit  1548 
durch  Henning  Unterberg  und  Heinrich  Winckel.  —  Im  30  jährigen  Kriege 
wechselte  der  Besitz  von  0.  zwischen  den  Kaiserlichen  und  den  Schweden.  Im 
Oktober  1625  war  Wallenstcin  dort,  1636  wurde  0,   von   den  Kaiserlichen,  am 


*  Vgl.  Grote  in  der  H.-Z.  1870,  503. 

*  Abgedruckt  von  Grote  in  der  H.-Z.  1869,  1,  33  ff.,  eretere  auch  im  Osterwiecker  Stadt- 
buche p.  27  f. 

»  Über  den  Zustand  1564  und  1589  vgl.  Nebe,  Kirch.- Visit,  p.  102. 108. 

*  Osterw.  Stadtb.  p.  46. 


Osterwieck  (Siegel,  Wappen,  Flurnamen) 


85 


3.  März  1639  von  Baner,  am   28.  Juli  1641  von  Piccolomini,  im  August  1643 
durch  Eönigsmark  erobert. 

Das  Siegel  des  fiates  im  Mittelalter  zeigte  das  Brustbild  des  h.  Stephanus 
innerhalb  eines  zweiflügeligen  Thores  und  die  Umschrift  S*  :  BVRQENSIVM  DE 
OSTERWIC  +    (H.-Z.  XXII,  272.) 

Das  Wappen  der  Stadt  (Fig.  34)  ist  in  zwiefacher  Form  gebildet  worden: 
Der  Schild  lotrecht  in  Silber  und  Rot  geteilt  (wie  das  Wappen  von  Halberstadt) 
und  entweder  eine  einzige  vielblättrige  Rose  mit  verwechselten  Farben  darauf 
gelegt  (so  die  jetzige  häufigere  Darstellung)  oder  2  Rosen  aufgelegt,  die  rote  im 
silbernen,  die  silberne  im  roten  Felde,  wie  ein  in  die  Aussenfront  des  Rathauses 
eingelassener  Wappenstein  dies  zeigt.    (H.-Z.  I,  340.) 

Flurnamen:  1300:  Fuchshellern;  ad  antra 
vulpium  (ein  Forstort,  vor  1300  zu  Stötterlingen- 
burg  gehörig);  —  1314:  Heynla  (ein  Wald  bei 
0.);  —  1320;  opme  latmrode;^  —  1330:  Herde; 
FackenhoÜ  (Forstorte,  letzterer  im  Fallstein);  — 
1358:  over  deme  weghe  to  Hullingherode  wort; 
over  deme  Stedebeke ;  boven  der  Vogheles  molen ; 
boven  deme  dike  gyghen  deme  Vordorpe;  over 
demö  Walwikeschen  wech ;  —  1360 :  der  Elvinnen 
holt;  der  von  Walwighe  holt  (Forstorte);  — 
1391:  vor  dem  GcUleberge;  vor  dem  Graben; 
bei  dem  Busche;  Hoppensted ter  Weg;  over  den 
Wemeschen  beke;  bi  den  Ghertlinge  unde  ten 
uppe  den  Lake;  Bersselschor  Weg;  uppe  der 
sehen  f Siechenhof)  kamp;  bei  dem  Graswege; 
tyghen  de  Voshole;  vor  deme  Stiddebeke;  bi 
dem  Kempeken;  bi  den  seken  bi  der  stad;  — 
1409:  tighen  de  Lutteken  Wordo;  tighen  de  dtn^- 
benke  (der  Gerichtsstätte  ausserhalb  der  Stadt);  —  1468:  in  deme  Beyghere-,  — 
1469:  jegen  der  schorenker  tore;  in  der  lutken  wische;  by  dem  Saddebeke;  dar 
de  grave  over  geyt  na  der  Homeburge ;  bi  dem  Wemschen  bom;  under  dem 
gerichte;  bi  der  letnkulen;  na  den  hanenvoiten;  benedden  dem  wege  under  den 
hanenmiten;  in  den  elven;  an  den  santhogen;  in  den  dron;  up  dem  ekesho; 
unter  dem  mantelwege;  gegen  den  langenkamp;  to  Westerbek;  vor  dem  Witten 
wege;  —  Anfang  16.  Jahrhunderts:  vor  dem  WühoUe;  vppo  de  lantwcre  tho 
Berwinkel;  vor  dem  Rosendale;  tygen  de  Vogelsmolen;  vppe  dem  La;  vppe 
dem  grauen  tho  Walwye;  —  gegen  1536:  bei  der  linden;  in  dem  Lusebeke; 
up  Valberges  hoppenberge;  an  dem  dron^n  tarne;  boven  der  eicken;  up  den 
sandtbrincken;  over  de  worde;  an  wirten  breiden;  over  dem  Wal  wieschen 
wegk  nechst  Malwien;  —  1564:  in  den  Röten;  am  Juttkenbergo ;  —  1589:  im 
Sack;  hinter  der  Mauer;  am  Lorriesberge;  auf  dem  Ossenbecke;  vor  dem 
neuen  Kirchthore ;  Rössings  Breite ;  nach  den  Rennebäumen ;  auf  der  Stcinkaulen ; 
vor  Söltersberge;   auf  der  Laice  beim  Siechenhof;   auf  jenseit  Platengarten ;  vor 


happ0n  vofP  Oshrwiek. 
Fig.  34. 


*  S.  die  Wüstung  Latenrodc. 


86 


Halberstädter  Landkreis:  Osterwieck  (Flnmamen,  Thore,  Strassen  n.  dergl.) 


dem  Westerbekschen  Holze;  vor  dem  Bossthale  /'BhönsthaleJ]  im  Krumhling,  bei 
dem  Northbergischen  Schlage ;  auf  dem  Northberge ;  vor  Braunschweiges  Holze ;  bei 
Basteleben;  bei  der  Hasenvelle;  vor  dem  Hohlwege;  über  dem  Berwinkelschen 
Wege;  auf  dem  Kälber beck;  auf  den  Vorbergischen;  vor  dem  Kirchberge;  am 
Huüer;  auf  dem  Lade;  auf  dem  Eaykenthal;  bei  dem  Kindichen  Morgen;  —  1618: 
die  güldene  Breite. 

Die  Stadtttirme  und  Stadtthore  sind  sämtlich  verschwunden,  von  den 
Umfassungsmauern  sind  nur  hier  und  da  noch  einige  Beste  erhalten.  Ur- 
kundlich werden  en^^ähnt  das  Schulzenthor  1444  und  das  neue  Kirchenthor 
(Nyghenkerkendore)  schon  1358,  doch  lässt  sich  vermuten,  dass  diese  Anlagen  schon 
lange  vorher  existierten.  Von  1503  ist  der  Bau  eines  neuen  Turms  an  den  Stadt- 


«?u  7*AtcA     0\Utmui^    »un  *fin  JOaij- »t«»    V«'!'«*'^"»   ^riyywild'    ^i«(foi^«ni    Cm  G.  AvguAi  Mnt  ff^ß. 


Fig.  35. 

befestigungen  verbürgt.  Damals  wurden  die  Mauern,  welche  die  Überschwemmung 
1495  zum  Teil  zerstört  hatte,  wiederhergestellt,  womit  gleichzeitig  eine  Erweite- 
rung ihres  Umfanges  verbimden  wurde.  Die  Arbeit  dauerte  bis  1546.  Die  Be- 
seitigung der  Mauern  geschah,  um  ihrer  kostspieligen  Unterhaltung  ein  Ende  zu 
machen,  1872  und  73. 

Stadtteile,  Strassen,  Plätze  (Fig.35.)  Das  Vordorf  wird  öfters  erwähnt, 
zuerst  1358];  die  neue  Kirchenstrasse  (nyekerkenstrate)  1412;  die  KapoUenstrasse  1434, 
angeblich  samt  dem  zugehörigen  Thore  benannt  nach  der  Kirche  von  Walwy; 
die  Schulzenstrasse  1470;  der  Hagen  1477;  Schling  1495;  der  Markt  1470;  der 
St.  Stephanskirchhof  1331;  der  Nikolaikirchhof  1364;  der  Matthiaskirchhof  1471; 
die  Schützenstrasse  1632. 


Osterwieck  (ehemalige  Gebäude  —  Kirchen :  A.  Pfarrkirche  St.  Stephani)  87 


Mühlen.  Die  Mühle  bei  der  Kirche  1108;  die  Mühle  bei  der  steinernen 
Bracke  1313;  die  Äbtissinmühle  1352;  die  Yogelsmühle  vor  dem  Schulzenthor 
1358;  die  Obennühle,  1377  z.T.  dem  Kloster  Walkenried  gehörig;  die  Stoven- 
mühle,  inrar  Eigentum  von  Stötterlingenburg  und  wurde  1441  vom  Rate  gekauft; 
die  dem  Rate  gehörige  Mühle  hintei*  dem  Pfarrhofe  1564;  die  Ölmühle  vor  der 
Stadt  und  die  Hagenmülile  1589. 

Ehemalige  Gebäude,  Höfe  und  Badstuben.  Der  Bischofshof  (domi- 
nicale  nostrum)  1108;  die  dem  Kloster  Stötterlingenburg  zinspflichtigen  Fleischer- 
scharren (sie  lagen  um  den  Markt  und  das  Rathaus  und  wurden  seit  1267  von 
dem  Kloster  der  Stadt  überlassen,  wofür  diese  eine  jährliche  Abgabe  zahlten) 
1215;  das  Haus  des  Münzmeisters  1237;  das  Rathaus,  theatrum  genannt,  1267 
(s.  u.) ;  das  oft  genannte  Kaufhaus  1277 ;  der  Neuenhof  1348 ;  das  Ilsenburger 
Herrenhaus  1353;  der  Pfarrhof  1364;  der  Siechenhof,  dessen  Vorsteher  vom  Rate 
eingesetzt  wurden,  er  lag  im  Westen  der  Stadt,  1361;  die  kleine  Badstube  1372; 
ein  Haus,  genannt  „dat  crevetes'',  gelegen  „uppe  dem  sunnencleve",  1372;  das 
Ordenshaus  der  Predigermönche  von  Halberstadt  1385;  die  sog.  Wunnenburg, 
am  Markte,  erbaut  angeblich  1412  in  Fachwerk  und  1551  auf  Befehl  des  Rates 
abgebrochen;  die  Höfe  im  Vordorf  1416;  die  grosse  Badstube  in  der  Nähe  der 
neuen  Kirchenstrasse,  Stötterlingenburgisch,  1441;  der  Hof  der  grauen  Mönche 
an  der  Nikolaikirche  1476;  der  ridder  dornszen  1476;  der  Winkelhof  1476;  der 
von  Rössing'sche  Hof  an  der  neuen  Kirchenstrasse  1489;  das  Siechenhaus  1490; 
St.  Barbaras  Hof,  östlich  nach  der  Stadtmauer  zu  gelegen,  „by  der  drallen," 
1490;  die  Küsterei  1495;  das  kleine  Haus  derBarfüsser  auf  dem  Stephanskirchhof, 
Eigentum  des  Franziskanerklosters  zu  Ooslar,  wurde  1529  für  25  Gulden  an 
Koyne  von  Bardeleben  verkauft;  die  Kaplanei  1589;  der  Walkenrieder  Klosterhof 
(der  beren  hof  von  scowen)  1591;  das  neue  Vogteigebäude  1605;  ein  Getreide- 
magazin und  ein  Zeughaus  sollen  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  erbaut  sein.  — 
Über  untergegangene  kirchliche  Gebäude  siehe  unten. 

Kirchen.  [Verschwunden  sind  1.  die  ehemals  vor  dem  Kapellenthore 
gelegene,  noch  1412  erwähnte  Liebfrauenkirche;  von  ihrer  Beleuchtung  (geluchte) 
ist  1354  die  Rede;  2.  die  Kapelle  auf  dem  St.  Stephanskirchhof;  3.  die  Klus  auf 
dem  Nikolaikirchhof;  sie  gehörte  dem  Rate  und  wurde  1516  für  9  leichte  Gulden 
an  einen  Heinrich  Jacops  auf  Abbruch  verkauft  Auf  der  Abbildung  im  Thea- 
trum Europaeum  sieht  man  ihren  Dachreiter  rechts  von  der  Kirche.] 

A.    Die    Pfarrkirche    St.  Stephani    wird    schon  781    erwäknt.     (H.-Z.  |; 

XXIV,  323.)    Der  Pfarrer  findet  zuerst  1245  erwähnung;  1309  versah  ein  Kanonikus  r^ 

des  Paulsstifts  in  Halberstadt  dieses  Amt.  Ein  Vicepfarrer  tritt  1494  auf,  Alderleute 
werden  1465  genannt.    Die  Vorstellung  und  Berufung  des  Pfarrers  oblag  dem  Rate,  ? 

welcher  auch  das  Patronat  der  Unterpfarre  hatte,  und  der  Gemeinde;  die  Kollation  ;  ■" 

dem  Domkapitel,  welches  das  Patronat  der  Pfarre  verwaltete.  Eine  unter  zwei  Pro- 
kuratoren oder  Provisoren  stehende  Brüderschaft  von  exulos  wurde  1477  durch 
Bischof  Gebhard  bestätigt.  Die  jetzigen  Kirchenbücher  reichen  bis  1617  zurück.  Die 
ältesten  Bauteile  der  heutigen  Stephanskirche  dürften  noch  aus  der  Zeit  der  Grün- 
dung des  Augustinerordens  1108  herstammen.  Ende  des  13.  und  Anfang  des 
14.  Jahrhunderts  wurde  an  der  Kirche  gebaut  und  diese  durch  Kelche,  Bücher  und 
sonstige  Ausstattungsgegenstände  bereichert,  wofür  im  November  1284,  August 


88 


Halberstädter  Landkreis:  Osterwieck  (Pfarrkirche:  Geschichte) 


1291,  Mai  1293,  Januar  1320  und  April  1327  Ablässe  gewährt  wurden.  Von  den 
damals  entstandenen  Bauteilen  ist  nichts  Nachweisbares  übrig,  höchstens  könnten 
die  Grundmauern  des  jetzigen  Chores  noch  daher  stammen.  Doch  ist  dessen 
Bau  ein  viel  späterer,  nämlich  laut  Inschrift  erst  1516  vollzogen.  Das  Ijanghaus 
aber  entstand  nach  Wegräumung  der J  gotischen  Reste  erst  1556,  wobei  zugleich 


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Fig.  86. 


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Fig.  37. 


eine  Erweiterung  des  Mittelschiffes  um  etwa  Meterbreite  nach  Süden  hin  statt- 
fand. Daher  kommt  es,  dass  die  nördliche  Pfeilerreihe  mit  der  nördlichen  Chor- 
wand in  einer  Linie  steht,  die  südliche  Pfeilerreihe  dagegen  über  die  südliche 
Chorwand  hinausgerückt  ist    In  neuerer  Zeit  ist  die  Kirche  einige  Mal  wieder 


Zu  Seite  88. 


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Ostiermeck  (Pfarrkirche:  ßaubeschreibung)  89 

hergestellt  worden,  zuerst  1790,  dann  in  der  Mitte  dieses  Jahrhunderts.  1896 
wurde  der  Turmbau  von  einem  Blitzstrahl  getroffen,  der  indes  keinen  bedeu- 
tenden Schaden  anrichtete. 

Baubeschreibung  (Fig. 36  und  37.)  Der  mächtige  romanische  Turmbau 
zeigt  unten  ein  einfaches  rundbogiges  Portal  mit  2  kantigen  und  2  runden 
Stäben  im  Gewände.  Die  Ecken  zeigen  je  eine  flache  Lisene,  die  vordere  Wand 
dazwischen  6,  die  Seitenwände  je  2  halbrunde  Lisenen,  welche  bis  zum  Haupt- 
gesimse emporsteigen.  Kleinere  Fenster  heben  in  schöner  Anordnung  die  Ein- 
förmigkeit des  Bildes  auf.  Im  oberen  Geschoss  zeigen  beide  Türme  gekuppelte 
Bundbogenfenster  —  die  Basen  der  Zwischensäulen  mit  Eckblättem  — ;  der  mit 
einem  Pultdache  gegen  das  Dach  des  Langhauses  anlaufende  Zwischenbau  hat 
2  dreiteilige  Rundbogenfenster.  Die  Pyramidenhelme  und  die  dazwischen 
befindliche  Brücke  sind  neueren  Datums.  Der  von  aussen  16,20  m  breite, 
16,42  m  tiefe  Turmbau  zeigt  im  Innern  3  ziemlich  quadratische  Hallen  (Seite 
durchschnittlich  3,30  m).  Sie  sind  mit  starkgratigen  Kreuzgewölben  überdeckt, 
deren  südliches  wegen  der  dort  emporführenden  Treppe  weggebrochen  ist  Die 
Durchgänge  von  der  mittleren  zu  den  beiden  Seitenhallen  (der  nördliche  ist 
vermauert)  zeigen  an  den  Kanten  kurze,  dicke  Rundstäbe,  welche  attisierende 
Basen  mit  Eckblättem,  statt  der  Kapitale  aber  z.  T.  Gesichter  zeigen.  Die 
Kämpf ergesimse  bestehen  aus  starken  Wülsten,  z.  T.  mit  Schachbrettmustern, 
die  Fussgesimse  haben  eine  sehr  ausdrucksvolle  Gliederimg.  Die  äusserlich 
sichtbaren  Lisenen  wiederholen  sich  auch  im  Innern  der  Kirche,  an  der  dem 
Langbause  zugekehrten  Seite  des  Turmbaus.  Die  edeln  Einzelheiten,  besonders 
die  Behandlung  der  Lisenen  fordern  zum  Vergleiche  mit  der  Klosterkirche  in 
Drtibeck  auf.  Leider  ist  als  Material  ein  etwas  mürber  Sandstein  verwendet 
worden,  sodass  die  Witterungseinflüsse  den  scharfen  Kanten  und  den  Lisenen 
beträchtlichen  Schaden  gethan  haben. 

Das  Langhaus  schliesst  sich  an  den  Turmbau  an.  Die  Schiffe  von  30,86  m 
Länge  und  5,95  m  bezw.  9,73  m,  5,90  m  Breite  (immer  bis  zur  Pfeilermitte  ge- 
messen) sind  beiderseits  durch  je  4  achteckige  Pfeiler  und  dazwischenliegende 
5  Spitzbogen  von  einander  getrennt  und  mit  Kreuzgewölben  versehen.  Ent- 
sprechend ist  der  im  halben  Achteck  geschlossene,  hinten  um  3  Stufen  erhöhte 
Chor  eingewölbt.  Seine  Länge  beträgt  16,89  m,  die  Breite  7,83  m.  Ein  grosser 
Gurtbogen  trennt  ihn  von  dem  Langhause  ab.  Die  3  Schiffe  haben  gleiche  Höhe 
und  stehen  in  der  schon  oben  angegebenen  Weise  unsymmetrisch  gegen  den 
Chor.  Kräftige  Aussenpfeiler  sichern  gegen  den  innern  Gewölbeschub.  Die 
Wandflächen  sind  innerlich  geputzt*,  die  Pfeiler  und  die  Bogenleibungen  roh 
gelassen,  sodass  die  rot  und  gelbe  Aderung  des  Sandsteins  zur  Geltung  kommt 
und  im  Verein  mit  den  dem  Renaissancestil  angehörigen,  künstlerisch  freilich 
nicht  sehr  bedeutenden,  eingemeisselten  Reliefs  in  den  Leibungen  einen  warmen, 
wenn  auch  etwas  unruhigen  Eindruck  macht.  Die  Pfeiler  haben  Fussgesimse 
und  Kapitale,  welche  aus  ähnlich  gestalteten  Gesimsen  gebildet  sind.  Die 
sclüanken  Spitzbogenfenster  haben  teils  2,  teils  3  fache  Felderteilung  und  der 
Spätgotik  entsprechendes  Masswerk.  Demselben  Stile  gehören  die  Portale  an,  von 
denen  eins  sich  an  der  Nordseite,  zwei  sich  an  der  Südseite  befinden.  Von  diesen 
letzteren  ist   das  eine   mit  verwildertem  Ornament  umrahmt,  innerhalb    dessen 


90       Halberstädter  Landkreis:  Osterwieck  (Pfarrkirche:  Fenster,  Glocken,  Altäre) 

drachen-  oder  chamäleonartige  Tiergestalten  auffallen,  während  sich  oben  rechts 
und  links  2  schön  gestaltete  Rosetten  befinden.  Das  andere  Portal  zeigt  am 
Gewände  überschnittene ,  baumstaramartige  Stäbe  und  die  Jahreszahl  15ö2. 
Nördlich  ist  neben  dem  Chor,  und  mit  dem  Eingange  von  diesem  aus,  ein 
kleiner  der  frühen  Gotik  angehöriger,  quadratischer  Raum,  die  Sakristei,  über- 
deckt mit  einem  gratigen  Kreuzgewölbe.  Eine  Ton  hier  ins  Freie  führende 
Thür  ist  1754  eingesetzt  worden.    Steinmetzzeichen  des  Langhauses 

aussen:  np       r*     xJU.    "Dv 

Die  Fenster  zeigen  als  Schmuck  nur  wenige,  künstlerisch  interesselose 
Glasbildchen,  welche  dem  16.  und  1 7.  Jahrhundert  angehören. 

Glocken.  [Eine  Ave  Maria -Glocke  wird  1443  erwähnt;  ob  sie  mit  der 
unter  3  unten  beschriebenen  identisch  ist,  lässt  sich  nicht  sagen.]  Auf  den 
beiden  Türmen  hängen  5  Glocken,  südlich  3,  nördlich  2,  davon  die  Stunden- 
glocke in  einem  Erker  ausserhalb  und  unerreichbar.  Sie  haben  einen  Dm.  von 
1,76  m,  bezw.  1,50  m,  0,95  m,  0,51  m.  Die  grösste  und  die  kleinste  sind  1852 
von  Johann  Gotthelf  Grosse  in  Dresden  gegossen;  die  erstere  ist  umgegossen 
aus  einer  1848  gesprungenen ,  die  aus  dem  16.  Jahrhundert  stammte.  No.  2  hat 
folgende  3 zeilige  Majuskelschrift  (Fig.  38) 


*3^(niMlO^DO]MIW5^]M[Ca(lK»8Xo0VTT3 

Fig.  38. 

Ihr  Sinn  ist  teilweise  unklar.  Der  Giesser  scheint  Ertmarus  geheissen  zu  haben. 
No.  3  zeigt  als  obere  Umschrift  zwischen  strickartigen  Bändern  den  Engelsgruss 
+  Ave  Maria  Gracia  Plena  Dominus  Te  in  Majuskeln  ältester  Form. 

Altäre.  [Von  Altären  ist  zuerst  1393  die  Rede,  im  Einzelnen  werden 
erwähnt:  der  Barbara-Altar  1364;  —  derAjtar  der  hh.  Bartholomäus  und  Andreas 
1405;  er  war  gestiftet  von  Friedrich  von  Bünde,  zwischen  dessen  Familie  und 
dem  Pfarrer  das  Patronat  wechselte;  —  der  Frühmessen -Altar  1495,  wo  dort 
eine  Kommende  gestiftet  wurde;  —  der  Fronleichnams-  und  St.  Annen -Altar 
mitten  in  der  Kirche,  gestiftet  von  Dietrich  Luterdes,  1500,  wo  durch  den* 
Domvikar  Konrad  Wichard  von  Warberg  eine  Kommende  zu  Ehren  der  h.  Jung- 
frau und  der  14  Nothelfer  als  zweite  bei  diesem  gestiftet  wurde.  Beide  Männer 
waren  auch  die  Stifter  der  vorher  genannten  Kommende;  das  Patronat  hatte 
die  Pfarre;  —  der  Altar  circa  baptisterium  1511,  auch  hier  war  von  demselben 


Hl 


Osterwieck  (Pfarri[irche :  Altarscbrein) 


91 


Stifter  eine  Kommende  der  14  Notfaelfer  eingerichtet;  das  Patronat  hatte  der 
älteste  Laienbruder  des  Kalands  in  Osterwieck;  —  ausserdem  wird  noch  1589 
eine  Kommende  Corporis  Christi  genannt.] 

Der  Altarschrein  (Breite  des  Mittelstückes  2^0  m)  zeigt  rechts  und  links 
je  2  Flügel,  ist  also  ein  doppeltes  Triptychon.  Er  ist  im  Mittelfelde  und  den 
Innenseiten  der  innern  Flügel  geschnitzt,  mit  reicher  Vergoldung  und  Bemal ung 
und  gehört  dem  Ende  des  15.  Jahrhunderts  an.  In  der  Mitte  sieht  man  die 
Krönung  Maria,  umgeben  von  einem  kranzförmigen  Gewölke,  aus  welchem 
9  kleine  Gruppen  von  je  3  Engeln  hervorschauen;  sie  sind  teils  singend,  teils 
musizierend  dargestellt  In  den  beiden  oberen  Ecken  über  dem  Kranze  sieht 
man  schwebende  Engel,  in  den  beiden  unteren  die  Figuren  der  Verkündigung. 
Daneben  stehen  links  der  Schutzheilige  der  Kirche  S.  Stephanus,  rechts  Johannes 
der  Täufer,  beide  halblebensgross.  Neben  diesen  stehen  auf  kleinen  Blattkonsolen 
und  unter  Baldachinen  über  einander  je  2  Pilger.  Die  Flügel  des  Altars  sind 
quer  geteilt  und  zeigen  im  oberen  und  unteren  Felde  je  4  Heilige  unter  reichem 
Masswerk,  in  welchem  die  sog.  Fischblasen  sehr  zahlreich  sind.  An  der*Predella 
befinden  sich  die  Halbfiguren  rechts  und  links  je  dreier  weiblicher  Heiligen  zur 
Seite  der  Madonna.  Der  Hintergrund  der  Schnitzereien  ist  teppichartig  in  reichem 
Muster  ausgeführt  und  vergoldet.  Das  Ganze  ist  oben  von  einem  Kruzifix 
bekrönt.  Die  Rückseiten  der  Flügel  sind  gemalt,  desgl.  die  beiden  äusseren 
Flügel.  Jede  bemalte  Flügelseite  mit  Ausnahme  der  Rückseiten  der  beiden 
äusseren  Flügel  ist  in  je  4  Felder  geteilt: 

Innerer  Flügel  rechts  von  aussen: 


Gefangen- 
nahme 


Kreuz- 
abnahme 


Jesus  vor 
Kaiphas 


Grab- 
legung 


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Äusserer  Flügel  rechts  von  innen 


Geisselung 


HÖUenfahrt 


Domenkrönung 


Auferstehung 


92    Halberstädter  Landkreis:  Osterwieck  (Pfarrkirche:  Altar  n.  sonstige  Aasstattung) 


Innerer  Flügel  links  von  aussen : 

Einzug 
in  Jerusalem 


Jesus  vor 
Pilatus 

Äusserer  Flügel  links  von  innen: 


Abendmahl 


Kreudragung 


Ölberg 


Kreuzigung 


Christus 
triumphierend 


Kruzifixus  mit 

Maria  und 

Johannes 


Die  Aussenseiten  der  äusseren  Flügel  zeigen  über  ihre  ganze  Fläche  hin 
je  eine  unkenntlich  gewordene  Darstellung. 

Die  Malereien  sind  in  Ölfarben  ausgeführt,  haben  unten  Goldgrund,  zeigen 
aber  dabei  landschaftliche  Hintergründe.  Zeichnung  und  Kolorit  zeugen  von  be- 
trächtlichem Talent.  Die  Hand  scheint  dieselbe  zu  sein  wie  die  des  Künstlers, 
welcher  die  im  Rathause  befindliche  Schüssel  (s.  u.)  gemalt  hat. 

Die  Mensa  des  Altars  zeigt  eine  Reliquiengrube  und  4  Weihekreuze ,  nach 
deren  Form  zu  schliessen  dieser  Altar  in  frühe  Zeit  zurückreicht. 

Die  Kanzel  ist  reich  geschnitzt  und  zeigt  in  Nischen  die  Apostelfiguren, 
entsprechend  ist  der  Schalldeckel  gestaltet.  Getragen  wird  die  Kanzel  von  einer 
Säule,  die  zum  Ersatz  für  einen  früher  vorhandenen  StStephanus  dient.  Zeit 
gegen  1570. 

Die  Orgel  ist  modern.  Sie  steht  auf  einer  reich  geschnitzten,  mit  Engels- 
figuren geschmückten  Empore,  einem  Werke  des  18.  Jahrhunderts. 

Das  Chorgestühl,  an  der  Südseite  mit  15,  an  der  Nordseite  mit  10 Sitzen 
zeigt  reiche  Schnitzerei  (Blendarkaden,  Zahnschnittbänder,  Engelsköpfe)  und  ist 
um  1620  angefertigt. 

Die  Emporen  sind  von  1575  datiert,  schlicht  in  der  Form  und  auf 
den  Füllungen  und  sonst  mit  vielen  massigen  Malereien,  Namen,  Sprüchen 
AVappen  und  dergl.  bemalt.  Ihr  Verfertiger  ist  ein  gewisser  Hans  Stegler. 
Neben  dem  Chor,  am  Ende  des  südlichen  Seitenschiffes  steht  eine  Loge,  welche 
in  zierlicher  Rococoarbeit  ausgeführt  ist. 

Der  broncene  Tauf  kessel  (Fig.  39)  von  eleganter  Form  und  mit  geschmack- 
vollen Friesen  verziert,  die  nicht  ursprünglich  gegossen,  sondern  durch  Aus- 
meisselung  der  Grundes  hervorgehoben  sind,  besitzt  weder  Schrift  noch  Giesser- 


Osterwieck  (Pferrkirche:  Taufkessel,  Leuchter,  Truhe,  Altargeräte) 


93 


zeichen  noch  eine  Jahreszahl,  um  die  Zeit  seiner  Ausführung  zu  erfahren.  Nach 
dem  Stil  zu  schliessen,  dürfte  er  ins  13.  Jahrhundert  zu  setzen  sein.  Er  steht 
auf  den  halbkauernden  Figuren  von  4  Männern.  Diese  Figuren  sind  auf  der 
Rückseite  unfertig  und  zeigen  auffallende  Spuren  eines  weisslichen  Überzuges, 
wie  wenn  der  Untersatz  des  Kessels  ehemals  gemauert  und  sie  an  dem  Mauer- 
werk befestigt  gewesen  wären.  Höhe  des  Kessels  0,905  m,  Dm.  0,885  m,  Höhe 
der  Figuren  0,53  m. 

Leuchtei.    [Das  geluchte  wird  1354  erwähnt]    Ein  Messing-Kronleuchter 
mit  je  8  Armen  oben  und  unten  um  eine  Kugel  herum,  oben  mit  einer  Engels- 


OL. 


c. 

Fig.  39. 

figur,  stammt  von  1665.  Ein  Bronze -Wandleuchter  von  1,12  m  Länge,  dabei 
unverhältnisraässig  schmal,  zeigt  am  Ansätze  des  Arms  einen  Mannskopf,  femer 
die  Inschrift  HANS  MISNER  VON  BRVNSWICK  GOT  MICK  und  die  Jahres- 
zahl 1567. 

Eine  in  der  Sakristei  befindliche  Truhe  zeigt  mit  ihren  geschnitzten  Blend- 
arkaden den  Stil  vom  Anfange  des  17.  Jahrhunderts. 

Altargeräte.  1.  Eine  Taufschale  in  Messing  getrieben  zeigt  in  der  Mitte 
die  Darstellung  der  Verkündigung,  umgeben   von    der  bekannten  rätselhaften 


&  1 


■  ..:  i 


94    Halberstädter  Landliieis :  Osterwieck  (Prarrkirche :  Altargei^,  Bildnisse,  Epitaphien) 


Inschrift  und  einem  gotischen  Laubstabe.    Der  Rand  hat  kleine  gestochene  Ver- 
zierungen.   Dm.  0,53  m. 

2.  Kelch  von  vergoldetem  Kupfer.  Sechslappiger  Fuss  mit  auf^legtem 
Kruzifix,  den  Buchstaben  X  (D  und  den  eingravierten  Figuren  der  Madonna,  der 
h.  Anna  selbdritt  und  des  b.  Bartholomäus.  Am  Knauf  befinden  sich  gotische 
Verzierungen  und  die  Buchstaben  IHESVS.    Höhe  0,18m.    ]5.Jahrh. 

3.  Kelche  von  vergoldetem  Silber, 
unten  die  Kretizigungsgruppe  und  die 
Zahl  1573.  Am  Knauf  GWHE  X^  und 
die  Figur  eines  kleinen  Kindes.  Höhe 
0,22  m. 

4.  Kelch  von  vei^oldetem  Silber 
mit  sechslappigem  Fuss  und  gotisierendem 
Knauf.    17.  Jahrhundert    Höhe  0,19  m. 

5.  Kelch  von  vei^oldetem  Silber, 
Braunschweiger  Beschau.  Marke  8.  K. 
Höhe  020  m. 

6.  Patene  von  vergoldetem  Kupfer, 
Dm.  0,16  m. 

7.  Patene  von  vergoldetem  Silber, 
Dm.  0,15  m. 

8.  Silberne  Oblatenbüchse,  als  Füsse 
3  Köpfchen.  Mit  Gravierungen.  Dm. 
0,10  m.    Anfang  H.Jahrh. 

y.  Desgl.  mit  grobgetriebenen  Or- 
namenten und  dem  Zeichen  ICI,  Dm. 
0,12  m.    1709. 

10.  Silberner,  teilweise  vergoldeter 
Krug  (Fig.  40)  mit  schönen  eingravierten 


Fig.  40, 


Renaissance- Mustern;   am   Henkel  oben 


ein  sitzender  König,  unten  ein  Frauen- 
köpfehen.  Höhe  0,23  m.  Datiert  1574. 
Die  Kirche  enthält  die  in  öl  gemalten  Bildnisse  einer  Anzahl  von  Geist- 
lichen: 1.  Jonas  Nicolaus  Miona  (?)  (f  1(>20),  2.  ein  Ungenannter  (Anfang  des 
17.  Jahrhunderts),  3.  Joli. Kirchhoff  (tl685),  4.  August  Abundtis  Dyen  (f  1718), 
5.  Barthold  Wiegand  (+172U),  6.  Ootthold  Aug.Laurentius  (tI727),  7.  Christian 
Ehrlich  (f  1737),  8.  Friedrich  Aug.  Wiegand  (t  1750),  9.  Andreas  Friedrich  Luther 
{tl762),  10.  Hermann  Welken  (+1886). 

Epitaphien  und  Gedächtnistafeln. 

1.  Steintafel  mit  weiblicher  Figur,  16.  Jahrhundort 

2.  Desgl.  mit  der  Halbfigur  eines  v.  Eössing,  bemalt  16.  Jahrhundert 

3.  Desgl.  mit  Figur  des  Ludlof  (!)  v.  Rossing  (f  1595),  in  ciseliertem  Panzer 
mit  doppelter  Kette,  unten  der  Helm.  Die  Leiche  befindet  sich  noch  in  der 
Kirche  in  ähnlicher  Ausstattung,  wie  auf  dem  Stein  dargestellt  ist. 

4.  Desgl.  mit  Bild  der  Anna  v,  Stollheim  (+  1593),  Gemahlin  des  vorigen.  Die 
Figuren  auf  diesem  und  dem  vorigen  Steine  sind  von  je  8  kleinen  Wappen  umgeben. 


Osterwieck  (P£urrldrche:  Epitaphien  —  B.  St  Nicolaikirche:  Geschichte,  Beschreibung)    95 


5.  Ein  in  Holz  geschnitztes  Wappen,  datiert  1547;  zur  Erinnerung  an  einen 
Ulrich  von  Weferlingen. 

6.  Steintafel  des  Bartold  v.  Rössing  (f  1568),  mit  Darstellung  der  Auferstehung. 

7.  Desgl.  des  Eleman  Upling  (f  1602);  der  Dargestellte  trägt  eine  Schaube 
mit  breitem  Kragen. 

8.  In  Holz  geschnitzte  Tafel  von  1619,  mit  der  gemalten  Darstellung  des 
barmherzigen  Samariters. 

9.  Desgl.  von  1600,  etwas  kleiner,  Gegenstand  der  Malerei  derselbe. 

10.  Desgl.,  Anfang  des  17.  Jahrhunderts,  mit  Gemälde  der  Auferstehung. 

11.  Desgl.,  kleiner;  Darstellung  und  Zeit  dieselbe. 

12.  Desgl. 

13.  Desgl.,  mit  gutem  Bilde  der  Auferstehung. 

14.  Desgl.,  zum  Gedächtnis  der  Sophie  v.  Waldow  (f  1644),  mit  mittel- 
mässiger  Kopie  der  Rubens'schen  Kreuzigung  innerhalb  einer  reichen  Cartouche; 
oben  der  auferstehende  Christus. 

15.  Desgl.  mit  Kreuzigung  in  schöner  Cartouche;  unten  eine  Familie  von 
10  Personen;  datiert  1653. 

16.  Desgl.  mit  schlechter  Darstellung  der  Verkündigung,  17.  Jahrhundert. 


Fig.  41. 


B.  Die  St  Nijkolaikirche  wird  als  ecclesia  nova  zuerst  1262  erwähnt. 
Im  selben  Jahre  erhielt  sie  das  Vermächtnis  einer  Klausnerin,  der  Schwester 
Margarethe,  nämlich  eine  Hufe  ausserhalb  und  4  Worten  innerhalb  der  Stadt 
und  zwar  wie  ausdrücklich  gesagt  ist,  in  reparationem  et  necessaria  ac  omatus 
eeclesie.  Die  Verwaltung  der  Stiftung  oblag  gewissen  vom  Rate  bestimmten 
Personen.  Daraus  ergiebt  sich,  dass  damals  die  Nikolai kirche  bereits  so  lange 
existierte,  dass  Ausbesserungen  an  ihr  nötig  waren  und  dass  sie  ferner  wie 
noch  heute  unter  dem  Patronate  des  Magistrats  stand.  Die  Schwester  Margarethe 
ist  jedenfalls  dieselbe,  deren  Namen  auch  auf  der  unten  zu  erwähnenden  Glocke 
genannt  ist,  woraus  sich  schliessen  lässt,  dass  auch  diese  von  den  Zinsen  ihrer 
Stiftung  angeschafft  worden  ist.  Nachdem  die  Kirche  lange  dem  Osterwiecker 
Ealand  gedient  hatte,  stand  sie  bei  der  Visitation  1564  wüst,  wurde  aber  1583 
renoviert   Seitdem  dient  sie  aushilfsweise  für  den  Gottesdienst  der  Stephanikirche. 

Das  Langhaus  und  der  gerade  geschlossene  Chor  haben  zusammen  eine 
lichte  Länge  von  22,70  m,  eine  Breite  von  10,37  m  und  sind  mit  einer  geraden 
Balkendecke  versehen. 


96 


Halberstädter  Landkreis:  Osterwieck  (Nikolaikirche:  Ausstattang) 


Während  das  Schiff  aus  dem  späteren  Mittelalter  stammt,  ist  der  Turm 
frühgotisch  Er  hat  eine  Schieferspitze ;  die  Glockenstube  öffnet  sich  nach  allen 
4  Seiten  mit  je  einem  gekuppelten  Spitzbogenfenstermit  zierlichen  Zwischen- 
säulchen. 

Die  Fenster,  deren  es  nördlich  2,  südlich  4,  im  Chor  3  giebt,  zeigen  hin 
und  wieder  kleine  gemalte  Scheibchen  des  17.  und  18.  Jahrhunderts. 

Glocken  giebt  es  3.  1.  Dm. 0,93m,  ohne  Schrift.  2.  Dm. 0,89m,  sie  zeigt 
unter  einem  verzierten  Friese  eine  dreizeilige  Majuskelumschrift  (Fig.  41.)  Einige 
dieser  Worte  entziehen  sich  der  Erkläruug.  Von  der  Schwester  Margarete  ist 
oben  die  Rede  gewesen.  3.  Dm.  0,44  m.  Sie  hat  als  obere  Umschrift  in  Minuskeln 
die  Worte  ave  maria  gracia  plena  dominus  te  + 

Auf  dem  Altar  befindet  sich  ein  gemalter  Schrein  vom  Ende  des  14.  Jahr- 
hunderts, Breite  2,20  m.  In  der  Mitte  sieht  man  die  Kreuzigung,  als  Seitenbilder 
auf  dem  Mittelfelde  rechts  oben  Christus  vor  Pilatus,  unten  die  Kreuztragung, 
links  oben  die  Kreuzabnahme,  unten  die  Höllenfahrt. 

Die  Flügel  sind  in  je  4  Felder  geteilt,  nämlich  rechts 


Grab- 
legung 


Ausgiessung 
des  h.  Geistes 


links 


Ölberg 


Geissdung 


Auferstehung 


Christus  als 
Weltrichter 


Gefangennahme 


Domenkrönung 


Die  Rückseiten  zeigen  im  Ganzen  8  sehr  beschädigte  Bilder,  deren  Gegenstände 
der  Sixtus-  und  Stephanus- Legende  anzugehören  scheinen.  An  der  Predella 
befindet  sich  Christus  mit  den  Aposteln. 

Die  Kanzel  im  Renaissancestil,  datiert  von  1664,  zeigt  gemalte  Füllungen 
und  wird  von  der  Figur  des  h.  Sixtus  getragen. 

Die  Orgel  ist  modern. 

Das  z.T.  mit  Blendarkaden  geschmückte  Gestühl  ist  aus  den  ersten  Jahr- 
zehnten des  17.  Jahrhunderts.  Etwas  älter  sind  die  mit  schlechten  Malereien 
bedeckten  Emporen. 

Aus  der  Mitte  desselben  Jahrhunderts  ist  der  achtarmige,  oben  mit  einem 


Ostenrieck  (Nicolaikircbe:  Anastattung  —  Katholische  Kirche  —  Pro&nbanten)     9? 


Adler  geBchmückte,  messingne  Kronleuchter.  [Das  geluchte  der Nikolaikircbe 
wird  1351  erwähnt] 

Ein  massiges  Kruzifix  stammt  aus  dem  17. Jahrhundert;  eine  Gedächtnis- 
tafel mit  dem  Belief  der  Auferstehung  ist  Ton  1594  datiert  Diese  Gegenstände 
sind  in  Holz  geschnitzt. 

C.  Die  katholische  Kirche,  für  eine  Gemeinde  von  etwa  500  Seelen 
eingerichtet,  ist  ganz  modern.  Nur  ein  Seitenaltar,  der  aus  Badersleben  hier- 
her versetzt  ist,  ist  aus  dem  17.  Jalirhundert 

Die  Glocke  von  0,82  m  Dm.  ist  1887  gegossen. 


Fig.  42. 

Profanbauten. 

Ä.  Das  Rathaus  ist  massiv  in  2  Etagen  ausgeführt  und  von  .schlichtem 
Äussern.  [Mit  demjenigen  Bathause,  welches  1267  den  Titel  theatrum  führt,  ist 
es  nicht  identisch.]  Obschon  es  mehrfach  den  neueren  Bedürfnissen  entsprechend 
umgebaut  ist,  finden  sich  doch  noch  alte  Wendeltreppen  und  ursprüngliche 
grosse  Flure  darin.  Schnitzereien  an  einzelnen  der  Thüren  stammen  aus  der 
I.Hälfte  des  17. Jahrhunderts.  Im  Besitze  des  Magistrats  befindet  sich:  1.  eine 
ziemlich  gut  erhaltene  hölzerne  flache  Schüssel  (Fig.  42)  (gesamter  Durchmesser 
Knia  HiaiMnUdl.  1 


98     Halbersfädter  Landkreis :  Osterwieck  (ProfaDbauten :  Bathaus  —  FachwerkMuser) 

0,775  m,  der  Eand  allein  0,18  m)  mit  Lackfarben  gemalt  Der  Rand  zeigt  zweimal 
dasselbe  Wappen  und  gotisches  Eichen-  und  Distellaubwerk  auf  Goldgrund.  In 
der  Mitte  befindet  sich  ein  Gemälde,  dai-gteJlend  einen  thronenden  jugendlichen 
König  von  bedienenden  Personen  umgeben;  wie  es  scheint,  ein  Werk  desselben 
Künstlers,  der  den  Altar  der  St. Stephanikirche  gemalt  hat  {s.o.),  15.  Jalirbundert 
2.  Ein  Schwert  mit  Gravierung  (Einhorn,  3  Kosen,  2  Quadrate  mit  Kreuzen.) 
15.  Jahrhundert 


OjUrtvUk.. 


SaumsArvUtK  ain,/fü  t6. 


^^^^^.^^^ 


3.  Zwei  Zweihänderschwerte  mit  Renaissance-Gravierungen. 

4.  Ein    spanisches   Rapier    mit    der  Inschrift:     Pro   Christo    et   Patria. 
17.  Jahrhundert. 

B.  Privathäuser.    Von  ihnen  sind  alle  diejenigen,  welche  hier  in  Betracht 
kommen,   fachwerkbauten.     Ihre   Zahl    ist  wegen    des   letzten   grossen  Brandes 


Oster wieck  (PiiGhwerkMuseF} 


leider  nicht  mehr  sehr  gross,  aber  immer  noch  bedeutend  genug,  um  gewisse 
Regeln  feststellen  zu  können.  Im  allgemeinen  schliessen  sich  die  Erscheinungen 
denen  der  Halberstädter  Holzbaukunst  an,  lassen  aber  gegen  das  Endo  der 
Blütezeit  dos  niedersächsischen  Stils  vielfach  die  dort  bemerkte  Eeinheit  der 
Formen  vermissen,    Festgelialten  wird  bis  in  die  Yerfallzeit  an  dem  Prinzip  der 


OsUrmtek 
ygn>einMn>  Hause  der  Ce^tUttstr^u . 


Fig,44.-fl 

Vorkragung  der  oberen  Geschosse  (balkea  over  sine  want  to  stekene.  Osterw. 
Stadtb.  p,  4  No.  XVI,)  Die  Pächerrosetten  haben  gelegentlich  gokrümmte 
Strahlen,  willkürlich  in  sie  hineingeschnitzte  Kerbsehnitzkreise  u.  dergl.  Bisweilen 
sind  sie  sehr  schmal  und  infolgedessen  auch  niedrig  und  ihre  Mittelpunkte  liegen 
dann,  falls  überhaupt  eine  regelmässige  Gestaltung  festgehalten  wird ,  sowohl  auf 
den  Ständern  als  auch  auf  der  Mitte  der  Brüstungsplatten  (Fig43— 47.)  In  vielen 
anderen  Fällen  werden  die  Rosetten  absichtlich  zu  breit  angelegt,  während   ihre 


Halberstadter  Landkreis:  Odterwiock  (Fachverkhäuser) 


CHAN-EIN  :VNDAVS;  HENNI  :  SANDEM.:   ANNO-  )  JÖO: 


|i1)s|äi/!|vio|dm.|  t  |  jIs^IäIWI 


ÄNNOlÖMjR/VlÖWLDX 


/!\ 


/!^ 


C'S7M  J  Fig.  48. 


Ostenrieck  {Fachwerkhäaeer) 


101 


Mittelpunkte  zu  eng  an  einander  stehen.  Die  Folge  ist,  dass  ihre  seitliche  Ent- 
wicklung gehemmt  wird  und  sie  beiderseits  wie  abgeschnitten  erscheinen ; 
eine  kleine  Säule  oder  ein  senkrechtes  Schnürband  trennt  dann  die  Rosetten 
von  einander,    welche  in  solchen  Fällen   auch   oft  bis  auf  die  Saumschwelle 


heruntergezogen  werden.  Wo  sie  zu  vollständiger  Entwicklung  kommen,  stehen 
sie  entweder  von  einander  getrennt  und  kleine  Sterne.  Keibschnitzkreise  oder 
dergl.  schieben  sich  dazwischen,  oder  man  setzt  sie  in  mancherlei  Art  in  Ver- 
bindung mit  einander.  Dieses  geschieht  nm  liebsten  durch  ein  die  Rosetten  ein- 
fassendes, schmales,  glattes  oder  mit  Diamantprismen,  Perlen  und  dergl.  belebtes 
Band,  welches  zwischen  den  Rosetten  herabsteigend  eine  Schleife  bildet  oder  sich 
auch  nur  einfach  wiederempor  krümmt.  —  Die  sehr  beliebten  Brüstungsplatten 


£taftltfürliuig ,  Jfy 


Fig.  48. 


fPig.  48  und  49)  unterhalb  der  Fenster  zeigen  ausser  dem  Rosetten  niotiv  auch 
andere  Verzierungen.  Gern  angewendet  werden  phantastisch  gestaltete  jedoch 
selten  sehr  glücklich  erfundene  Flachornamente;  auch  Sprüche  kommen  vor,  die 
nicht  immer  nur  frommen  Inhaltes  sind;  in  einem  Falle  (Nikolaistrasse  2,  von 


Halbersildter  Landltrois:  Osterwieck  (PachwerkhäoBor) 


Viit.*öner*,JIaMie  dar  Cipeäeii^ajse.  f/6/z) 


Osterwieck  (Fachwerkhäuser)  103 


1658)  kommen  Sentenzen  aus  Cicero,  Seneca,  Plautus  und  Terenz  vor.  Auch  die 
Blendarkaden  sind  in  derselben  Zeit  wie  in  Halberstadt  als  Verzierung  der 
Brüstungsplatten  beliebt.  —  Die  Ständer  und  Riegel  zeigen  an  den  Häusern  der 
späteren  Zeit  ebenfalls  hin  und  wieder  Verzierungen.  —  Die  Saumschwelle  hat 
als  Belebung  bis  in  späte  Zeit  hinein  ein  doppelt  oder  mehrfach  geflochtenes 
Riemenomament,  oft  auch  den  gotischen  Laubstab,  von  welchem  jenes  abstammt 
An  anderen  Bauten  sieht  man  an  der  Saumschwelle  über  einander  greifende,  an 
den  unteren  Treffpunkten  mit  Kleeblättern  versehene  kleine  Halbkreise  oder 
kleine  auf  mancherlei  Art  gefüllte  Quadrate,  endlich  die  überall  beliebten  Sprüche 
imd  Eigentümemamen.  —  Die  Konsolen  entsprechen  im  allgemeinen  denen  zu 
Halberstadt;  mit  Figuren  geschmückte  kommen  vor,  jedoch  erlauben  die  noch 
erhaltenen  Bauten  keine  Vermutung,  ob  sie  auch  in  der  früheren  gotischen  Zeit 
üblich  gewesen  sind.  Die  zwischen  ihnen  liegenden  Füllhölzer  sind  in  sehr 
vielen  Fällen  durch  Schiffskehlen  belebt,  in  welche  Schnürrollen  eingelagert  sind. 
Die  Form  der  letzteren  entartet  am  Ende  des  16.  Jahrhunderts  stark;  Bänder 
mit  geraden  oder  gezähnten  Säumen  durchschneiden  sie .  und  zerlegen  sie  in 
mehrere  Abteilungen,  welche  verschieden  ornamentiert  werden.  Selbst  in  der 
guten  Zeit  werden  die  Schiffskehlen  oft  nur  oberflächlich  behandelt,  nur  in 
schwach  vertieftem  Relief  angegeben,  in  einem  Falle  aber  (Neukirchenstrasse  19. 20) 
unverhältnismässig  tief,  muldenartig  herausgeschnitten.  Der  Behandlung  dieser 
Füllhölzer  schliesst  sich  die  der  entsprechenden  Teile  der  Saumschwelle  durchaus 
an.  In  späterer  Zeit  zeigt  das  Füllholz  oft  den  auch  in  Halberstadt  beliebten 
Zahnschnitt  oder  es  wird  zum  blossen  Wulst.  —  Von  den  alten  Thorfahrten 
und  Eingängen  sind  noch  einige,  allerdings  durch  Vermauerung  ausser  Gebrauch 
gesetzte  übrig.  Ihre  stilistische  Behandlung  schliesst  sich  allemal  der  des  zu- 
gehörigen Gebäudes  an.    Ein  Beispiel  zeigt  die  Abbildung  No.  50. 

Im  Ganzen  sind  von  Häusern  der  älteren  Zeit  jetzt  noch  125  vorhanden 
Von  ihnen  sind  11  derartig  verdorben,  dass  ihre  Zuordnung  an  eine  bestimmte 
Periode  nicht  mehr  möglich  ist.  Von  den  übrigen  gehört  eins,  an  der  Ilse 
beim  „Hagen"  gelegen,  noch  der  ersten  Periode,  dem  Ende  des  15.  Jahr- 
hunderts an.  Es  zeigt  die  jener  Zeit  eigentümlichen,  gestreckten,  quergestreiften 
Konsolen  und  an  der  Saumschwelle  einen  nicht  sehr  sorgfältig  ausgeführten 
Treppenfries. 

Der  2.  Periode,  der  des  ausgebildeten  niedersächsischen  Holzbaustils  ent- 
stammen 54  Häuser.  Von  ihnen  ist  wohl  eins  der  merkwürdigsten  und  frühesten 
das  Haus  Mittelstrasse  12. 13,  datiert  von  1526.  Es  hat  ziemlich  lange  Konsolen, 
zwischen  denen  sich  Schutzbretter  befinden-  An  der  Saumschwelle  ziehen  sich 
lange  Hohlkehlen  hin  und  unter  diesen  treten  zum  erstenmal  schüchterne  Versuche 
zur  Bildung  von  kleinen  flachen  Schiffskehlen  auf.  Nur  wenig  jünger,  von  1534 
ist  die  rechte  Hälfte  des  sogen.  Eulenspiegelhauses  (Schulzenstrasse  8)  von  deren 
sehr  schöner  Saumschwelle  nebenstehend  eine  Abbildung  (Fig.  50)  gegeben  ist. 
Heute  ist  dieser  Teil  des  Hauses  leider  stark  verkürzt.  Die  Jahreszahl  ist  nicht 
mehr  vollständig.  [Noch  vor  einer  Reihe  von  Jahren  ging  die  Inschrift  weiter 
und  lautete  dni  M  CCCCC  XXX  IUI  iare  zom  der  landt  grafe  un  (vm  ?) 
grave  (?)  woraus  sich  vermuten  lässt,  dass  das  Haus  ehemals  noch  länger 
war.]    Da  links  auch  das  Wort  anno  fehlt,  so  ist  auch  von  dieser  Seite  her  ein 


101 


HalberBtädter  Landkreis:  Osterwieck  (Fachwerkbäneer) 


Teil  des  ursprünglichen  Gebäudes  beseitigt.  Hier  bat  man  in  etwas  späterer 
Zeit,  etwa  um  1560  oder  wenig  später  auf  das  samt  seiner  Thorfahrt  erhalten 
gebliebene  untere  Oeschoss  ein  neues  oberes  Stockwerk  aufgesetzt.  Die  Saum- 
schwelle  dieses  späteren  Teiles,  welche  wegen  weicherer  Beschaffenheit  des  Holzes 
durch  die  Witteningseinflüsse  ziemlich  gelitten  hat,  ist  in  einer  sonst  in  diesen 
Gegenden  seltenen  Art  mit  sehr  anmutigen  Renaissancemustern  bedeckt:  in  üppigen 
Blattranken  bewegen  sich  Engel- und  Tiergestalten.  Über  der  ganzen  Saumschwelle 
stehen  in  regelmässigen  Entfernungen  gedrungene  Ständer  und  ebensolche  Fuss- 
streben  für  die  Einschnitzung  einfacher  Rosettenornamente.  Bas  bemerkenswerteste 
Stück  an  dem  Hause  ist  die  spitzbogigeThür(Fig.50),  deren  geschnitztes  Gewände 
im  Stil  der  gleichaltrigen   Steinportale  gehalten  ist.    Sie  ist  in  so  gedrücktem  Ver- 


Fig.&O. 


hältnis  konstruiert,  dass  ihr  Spitzbogen  der  Form  des  Halbkreises  nahe  kommt. 
Links  neben  der  Thür  steht  die  ziemlich  flach  gehaltene  Figur  eines  Mannes, 
welcher  in  der  Rechten  einen  Krug,  die  Linke  aber  erhoben  hält,  als  ob  er  auf 
irgend  etwas  aufmerksam  machte.  Auf  dem  Thürsturze  sieht  man  Schnitzereien: 
zunächst  dem  Manne  eine  Eule,  welche  Veranlassung  gegeben  hat,  den  Mann  als 
Till  Eulenspiegcl  zu  betrachten  und  dem  Hause  daraufhin  den  unbegründeten 
Namen  „Eulenspiegelhaus"  zu  geben.  Dann  folgt  ein  Wappenschild  mit 
einer  offenen  Schere.  Dahinter  2  kauernde,  nackte  Gestalten.  Am  weitesten  ' 
rechts  schläft  ein  nackter  Mann,  dessen  recliter  Arm  sich  auf  einen  Totenkopf 
stützt  Unter  ihm  siebt  man  die  Inschrift:  Verbum  dni  Manett(!)  In  Etemum. 
Die  wenigen  Fenster  zeigen  den  gotischen  Vorhangbogen.  — 

Von  geringer  Frontlänge  und  nnr  2  Stockwerk  Höhe  ist  das  Haus  Hagen  22 


Osterwieck  (Fachwerk  bSnser)  105 


mit  einer  reichet)  Rosettenverzierung.  Es  stammt  von  15G0.  Aus  ähnlicher  Zeit 
ist  das  Hans  Hagen  45,  gleichfalls  mit  Fächerrosetten^  die  obere  Saumschwelle 
mit  dem  Laubstabo,   die  untere  mit  der  InscbriCt: 

IN  LAVOe  ET  SIGNV  PERPETV« 
GRATITV0INI3  ERGA  DE7  EIVSQ» 
ECCLESJÄ  HANS 

(  INCLYTVS     SENATVS  BORNE 

\  OSTERV  :  ME     EXTRVI     CVRAVIT     MAN 


FigSl. 

Von  ziemlich  gleichem  Alter  dürfte  das  Haus  Mittelstrasse  11  sein.  Es 
zeigt  Schiffskehlen  mit  Schnürrollen,  die  Rosetten  sind  durch  Schniirsäiilen  von 
einander  getrennt.  Die  schöne  Thorfahrt  ist  noch  erhalten,  aber  ausser  Gebrauch 
gesetzt.  —  Von  1574  ist  ein  Haus  mit  ganz  verwilderten  Schiffskelilen  und  ähn- 
lichen Schnürrollen.  Es  hat  an  der  oberen  'Schwelle  eine  Inschrift,  welche,  jetzt 
unvollständig,  sich  ehemals  noch  weiter  nach  rechts  erstreckte:  „Pcne  sVos 
AprILIs  Vbl  transegerat  ortus  —  Erlgor  aettiereo  rege  faVentc  DoMVs" 
„Wer  den  herm  furchtet  der  hat  eine  starke  festung  vnd  seine  kinder  werden 
auch  beschirmet;  Gott  .  .  ,"  Auch  die  untere  Schwelle  ist  mit  einem  Verse  ge- 
schmückt   Die  Thorfahrt  ist  ursprünglich.    Von   ganz  gleichem  Alter  ist  das 


106  Halberstädter  Landkreis:  Osterwieck  (Fachwerkhäuser) 

stattlichste  aller  Osterwiecker  Häuser  (Kg.  51),  der  ehemals  der  Familie 
V.  Rössing  gehörige  sog.  bunte  Hof.  Er  liegt  im  Osten  der  Stadt  und  war  früher 
durch  die  Stadtmauer,  Wälle  und  einen  14  Morgen  grossen  Teich  stark  befestigt. 
Die  gelegentlich  für  diesen  Namen  vorgebrachte  Erklärung  als  „BundeshoP  dürfte 
als  richtig  anzusehen  sein,  da  der  Hof  schon  1354  als  moles  sociorum  bezeichnet 
wird;  die  Bezeichnung  „bunt"  erklärt  sich  aber  auch  aus  der  noch  stellenweise 
erkennbaren  Polychromierung  des  Gebäudes.  Dies  besteht  aus  zwei  rechtwinklig 
zusammenstossenden  grossen,  einerseits  10,  andererseits  7  Fachen  breiten  Flügeln, 
in  deren  Treffpunkt  ein  Treppenturm  mit  drei  Seiten  eines  Achtecks  in  den  Hof 
hervortiitt.  Er  ist  jetzt  leider  seiner  Spitze  beraubt,  welche  auf  der  Stadt- 
abbildung im  Theatrum  Europaeum  noch  sichtbar  ist.  Eine  vom  Hofe  aus  in 
den  Turm  führende  Thür,  deren  Sturz  die  Form  des  Vorhangbogens  zeigt,  ist 
vermauert.  Ist  dies  Decorationsmotiv  für  1579  eigentlich  nicht  mehr  recht  zeit- 
gemäss,  so  zeigt  das  Gebäude  andererseits  an  den  Brüstungsplatten  die  Blend- 
arkaden, deren  Vorkommen  in  dieser  Zeit  als  sehr  früh  bezeichnet  werden  muss. 
Die  Felder  dieser  Blenden  enthalten  die  freilich  schwer  erkennbaren  Reste  von 
Malereien,  welche  die  Büsten  römischer  Kaiser  vorstellten.  Die  Saumschwellen 
haben  vorzüglich  erhaltene,  erhaben  geschnitzte  Inschriften,  von  denen  die  untere, 
lateinische,  in  zwei  Distichen  über  die  Geschichte  des  Bauwerks  Auskunft  giebt: 
Condidit  hanc  molem  studio  atque  labore  Ludolphus  Rossingus  priscae 
nobilitatis  bonos.  Omnia  fert  aetas  secum  trahit  omnia  tempus  Flores  sed 
studio  clare  Ludolphe  tuo.  An  der  oberen  Schwelle  ist  eine  lange  deutsche 
Inschrift  Die  übrigen  Holzteile  haben  keine  Verzierungen,  nur  den  Ständern 
des  Turmes  sind  Kapitale  aufgenagelt,  um  einen  pilaster- ähnlichen  Charakter  zu 
erzielen.  Im  Innern  ist  besonders  der  sog.  Bittersaal  bemerkenswert  Er  ist 
20,57  m  lang  und  9,48  m  breit.  Die  Decke  wird  in  ihrer  ganzen  Länge  durch 
einen  einzigen  ünterzug  in  einem  Hängewerk  getragen.  Hin  und  wieder  sind 
Malereien  noch  kenntlich.  An  den  Thüren  im  Innern  sieht  man  stellenweise 
Beste  von  Schnitzereien.  Die  im  Bittersaale  ehemals  vorhandenen  schön  ge- 
schnitzten Täfelungen  sind  leider  entfernt  und  nach  dem  Schlosse  zu  Wernigerode 
gebracht  worden,  wo  ihr  Verbleib  indes  jetzt  nicht  mehr  nachweisbar  ist 
[Ehemals  stand  neben  diesem  Hauptgebäude  ein  schönes  Haus  aus  der  Zeit  von 
etwa  1560  mit  vortretendem  Mittelrisolit,  Fächerrosetten,  Schiffskehlen  und  reich 
profilierten  Gurtgesimsen.  Der  Grund,  weshalb  es  entfernt  worden,  ist  mir  un- 
bekannt; jedenfalls  ist  dadurch  die  malerische  Wirkung  des  Hofes  stark  ge- 
schmälert worden.] 

Das  Haus  Mittelstrasse  26  ist  1578  erbaut,  hat  oben  leidliche,  unten  höchst 
missverstandene  Fächerrosetten,  die  Fensterbrüstungsplatten  sind  oberseits  durch 
eine  unterhalb  der  Ständer  verkröpfte  Gurtleiste  eingesäumt,  welche  einer  miss- 
verstandenen Schnürrolle  gleicht  —  Zwei  Jahre  jünger  ist  Nicolaistrasse  30.  Man 
sieht  daselbst  lange  Konsolen,  an  den  Brüstungsplatten  oben  Blendarkaden,  unten 
Fächerrosetten,  welche  letzteren  durch  Ornamente  (Sterne  und  Kerbschnitzkreise) 
von  einander  getrennt  sind;  ausserdem  die  Inschrift  „die  furcht  des  hem 
macht  das  hertz  frolich,  vnd  gibt  freude  vnd  wonne  Ewiglich.  Thue  nichts  ohn 
radt.  So  gerewt  dirs  nicht  nach  der  thatt  1580.  F.  A.  W."  Auch  vom  Ende  des 
16.  Jahrhunderts  sind  die  Häuser  Nicolaistrasse  23  und  Rössingstrasse  6 ,  ersteres 


Osterwieck  (Fachwerkhäuser)  107 


mit  langen  Konsolen,  übergreifenden  Rosetten  und  z.  T.  verzierten  Ständern, 
sowie  einem  nicht  mehr  vollständigen  Spruche;  letzteres  (am  bunten  Hofe  ge- 
legen) ähnlich,  die  Schwelle  mit  flachen,  die  Füllhölzer  mit  tiefen  Schiff skeblen. 
Die  Brüstungsplatten  sind  nach  der  Strasse  zu  mit  Fächerrosetten  geziert,  die 
ihre  Anordnung  ohne  Rücksicht  auf  die  Stellung  der  Ständer  erhalten  haben; 
nach  dem  Hofe  zu  sind  die  Platten  mit  gotisierenden  Laubstäben  bedeckt  [Hart 
an  der  Ilse  lag  noch  1877  ein  altes  Gerberhaus,  an  dem  zwei  kämpfende  Löwen, 
von  denen  einer  geflügelt  war,  ein  Schwan  und  zwei  Männer  am  Gerbefasse  mit 
Schabeisen  abgebildet  waren.    Nach  Mitt.  des  Hrn.  Pastor  Lincke  zu  Osterwieck.] 

Ausserdem  gehören  derselben  Periode  an: 

Mcolaistrasse  8,  17,  20,  22  (Schwelle  mit  Laubstab,  die  Thür  ehemals  mit 
Vorhangbogen). 

Neukirchenstrasse  1,  4,  13,  23,  25,  26,  27,  35  (Rosetten  willkürlich  verteilt 
und  durch  fächerartige  Ornamente  verbunden),  36. 

Rössingstrasse  24. 

Nicolaikirchhof  3,  5,  6  (Schwelle  mit  dreifach  geflochtenem  Bande,  oben 
von  einem  Diamantbande  besäumt). 

Nicolaistrasse  12,  14  (1542),  16,  29,  31,  32. 

Schulzenstrasse  2,  3  (1577;  die  Konsolen  gerollt),  6  (die  Thorfahrt  mit  Stäben 
nach  Art  der  Schnürrollen  eingefasst. 

VogteiplatÄ  5  (1595). 

Marktplatz  14  (1570;  übergreifende,  von  Sternbändern  eingefasste  Rosetten, 
ähnliche  Bänder  an  der  Schwelle,  Schiffskehlen  mit  verwilderton  Ornamenten, 
lange  Inschrift). 

Mittelstrasse  1  (1549;  lange  Konsolen,  die  Rosetten  durch  Schnürsäulchen 
getrennt,  die  Schwelle  in  lauter  kleine  quadratische  Stücke  geteilt,  die  je  mit 
einem  kleinen  Ornamente  gefüllt  sind),  2  (Schwelle  mit  vierfach  geflochtenem 
Bande,  an  der  abgefasten  Kante  Schnürrollen,  Fächerrosetten  durch  Säulchen 
getrennt,  Schiffskehlen  mit  Schnürrollen),  8  (Schwelle  mit  vielästigeni  Laubstabe, 
obere  Schwelle  mit  überschlagenden  Bögen  und  doppeltem  Sternbande,  zwischen 
den  Rosetten  Schnürsäulchen),  16,  17  (ähnlich  wie  8,  die  Fensterbrüstungsplatten 
flach  ornamentiert,  21,  23  (mit  langen  Konsolen). 

Stobentwete  1  (Flachornamento  auf  den  Brüstungsplatten). 

Stobenplatz  2  (1550;  mit  niederdeutscher  Inschrift),  4  (Schnürrollen  in  den 
Schiffskehlen,  verzierte  Ständer,  keine  Brüstungsplatton,  Inschrift). 

Hagen  3  (Laubstäbo  über  die  Brüstungsplatten  und  die  Ständer  hinlaufend, 
lange  Konsolen),  4  (lange,  unten  abgerundete  Konsolen),  11,  12,  22  (1580;^  In- 
schrift: ...  Ghan  ein  vnd  avs  Henni  Sander  [Fig.  45J),  24  (lange  Konsolen, 
lateinische  und  deutsche  Inschrift). 

Wietholz  2. 

Der  Renaissanceperiode  entstammen  nur  27  Häuser.  Eins  der  inte- 
ressantesten davon  ist  das  Gasthaus  zur  Tanne,  Rosmarinstr.  8,  erbaut  1614. 
Es  zeigt  ausser  einer  Anzahl  von  Zierraten,  welche  noch  der  früheren  Zeit  an- 
gehören, lange  ornamentierte  Konsolen,  davon  die  Eckkonsole  mit  einer  Maske, 


^  Nicht  1560,  wie  irrtümlich  auf  der  Abbildung  steht. 


106  Halberstädter  Landkreis:  Osterwieck  (Fachwerkhäuser) 


und  den  in  der  Folgezeit  so  beliebten  Zahnschnitt  Durchaus  malerisch  ist  die 
Wirkung  des  Hauses,  über  die  stark  vorspringende  Ecke  gesehen,  wobei  die  mit 
einem  Diamantbande  geschmückte  Thorfahrt  zu  schöner  Geltung  kommt  —  Um 
neun  Jahre  jünger  als  dieses  ist  das  Haus  Marktplatz  4,  dessen  Brüstungsplatten 
oben  von  einem  Gurtgesims  begleitet  sind,  welches  aus  einem  doppelten  Zahn- 
schnittbande  hergestellt  scheint  Datiert  von  1645  ist  das  Gasthaus  zum 
preussischen  Hof,  welches  mit  Blendarkaden,  Schiffskehlen  und  einer  langen 
deutschen  Inschrift  geschmückt  ist  und  einzelne  mit  kräftigen  Kreuzgewölben 
eingedeckte  Bäume  enthält.  —  Der  oben  erwähnte  Fall,  dass  die  Brüstungsplatten 
Sprüche  aus  antiken  Schriftstellern  aufweisen,  findet  sich  Nicolaistrasse  2.  Das 
Haus  ist  1658  erbaut;  die  Ständer  sind  bis  zur  Höhe  des  oberen  Brüstungsplatten- 
randes mit  kleinen,  von  Kerbschnitzmuscheln  überhöhten  Nischen  geschmückt  — 
Das  Haus  Neukirchenstrasse  19/20  hat  ovale,  an  den  Ecken  zugespitzte,  sehr 
tief  herausgeholte  Schiffskehlen,  die  Kosettenstrahlen  verlaufen  nicht  gerade, 
sondern  sind  nach  links  geschwungen 

Ausserdem  gehören  dieser  Periode  an: 

Rosmarinstrasse  9  (Blendarkaden). 

Nicolaistrasse  34,  35,  36  (die  Fächerrosetten  nur  noch  schwach  kenntlich, 
Schnürrollen  und  Schiffskehlen  mittelmässig),  9,  21. 

Neukirchenstrasse  3,  16,  17,  21  (Ständer  z.T.  verziert). 

Nicolaikirchhof  4. 

Nicolaistrasse  11  (Blendarkaden),  38,  39  (wie  11),  40  (1620,  desgl.),  41 
(Fensterbrüstungsplatten  mit  Flachornamenten,  runde  und  kantige  Schnürrollen, 
Ständer  zwischen  den  Brüstungsplatten  ornamentiert). 

Stephanikirchgasse  9  (Thür  mit  Vorhangbogen). 

Mittelstrasse  20  (1622,  mit  Zahnschnittbändern,  lange  Konsolen,  Platten  flach 
geschnitzt,  auf  den  Schwellen  oben  und  unten  lange  deutsche  Sprüche),  24  (Blend- 
arkaden), 25  (Zahnschnitte). 

Wietholz  41  (Blendarkaden). 

Der  letzten  Periode,  der  des  Verfalls,  gehören  folgende  30  Häuser  an: 

Rosmarinstrasse  10  (1692),  13. 

Nicolaistrasse  1,  12— 15. 

Neukirchenstrasse  2,  9,  12,  14,  15. 

Nicolaikirchhof  2. 

Nicolaistrasse  33,  35,  36. 

Stephanikirchgasse  6,  7. 

Stephanikirchplatz  5  (1677),  6,  7,  8. 

Marktplatz  10  (Balkenköpfe  mit  Masken). 

Marktstrasse  5,  6. 

Mittelstrasse  19.      Hagen  35.     Wietholz  1,  19. 

Alt,  aber  wegen  zu  grosser  Verderbnis  der  Periode  nicht  mehr 
definier  bar,  sind  die  Häuser: 

Neukirchenstrasse  28,  29. 

Neukirchenstrasse  la,  1,  2,  7. 

Mittelstrasse  4,  5,  6,  15. 

Stobenplatz  1. 


Gro38-Qaenstedt  (Geschichte  -  Pfarrkirche  St.  Petri)  109 


Gross  -  Quenstedt 

Goedicke,  Chronik  von  Gr.-Q.  HalberBtadt,  1898.  H.-Z.I,  274f;  IIb,  6;  III.  160,  232ff; 
XII,  550  u  8.  w.    Das  Gemeinde- Archiv  und  die  Kirchenbücher  gehen  bis  vor  1618  zurück. 

Quenstedi  993;  —  Quenstidi  1051  ca;  —  Queinstete  1046;  —  Queenstede 
1129;  —  Quenstide  1186;  —  Quenstede  1199;  —  Quenstidde  1214;  —  Magnum 
Qwenstede  um  1215;  —  Groten-Quinstete  1359.  Nanienserklärung  von  got-quinö 
H..Z.  XIX,  332. 

Dorf,  5,6  km  nordöstlich  von  Halberstadt  an  der  Holtemme,  die  sich  dort 
mit  dem  Assebach  vereinigt.  Einwohner:  1564  90  Hauswirte;  1589  hatte  die 
Laurentiuspfarre  20,  die  Petripfarre  94  Hauswirte.  Jetzt  hat  Gr.-Q.  1300  Ein- 
wohner, überwiegend  evangelischer,  nur  wenige  katholischer  Konfession,  deren 
Haupterwerb  die  Landwirtschaft  bildet. 

Archidiakonat:  Halberstadt. 

Geschichte:  G.-Q.  wahrscheinlich  1129,  als  Gross- Q.  sicher  1232  zuerst 
erwähnt,  gehörte  zur  bischöflichen  Meierei  (der  Meier  wird  1257  genannt.)  Dem- 
gemäss  war  auch  die  Vogtei  bischöflich.  1289  wurde  für  alle  Einwohner  die 
Gemeinsamkeit  von  Weiden,  Wiesen,  Wegen  und  Un wegen,  sowie  die  Freiheit 
von  Zoll  und  Tribut  in  Halberstadt  und  anderen  Städten  des  bischöflichen 
Sprengeis  verordnet  Seit  alter  Zeit  unterscheidet  man  von  dem  eigentlichen 
Gr.-Q.  das  Ostendorf,  von  jenem  ehemals  durch  ein  Thor  getrennt,  dessen  Spuren 
noch  vorhanden  sind.  Das  Ostendorf  ist  urkundlich  zuerst  1417  erwähnt  und 
führt  1475  die  Bezeichnung  suburbium.  Es  ist  vermutlich  der  Best  einer  älteren 
Ansiedelung,  von  welcher  auch  noch  die  heute  einsam  im  Felde  liegende  Kirche 
St.  Laurentii  herstammt,  deren  Eigenschaft  als  zweite  Pfarrkirche  des  Ortes  sich 
nur  auf  diese  Art  historisch  erklärt.  Mit  dem  noch  anfangs  des  14.  Jahrhunderts 
den  Templern  gehörigen  Gute,  welches  alsdann  in  den  Besitz  des  Domkapitels 
überging,  wurde  1347  Rudolf  von  Dorstadt  belehnt.  Von  anderen  Familien,  die 
zu  Gr.-Q-  in  Beziehung  standen,  sind  wichtig  die  alten  Herren  des  Ortes,  die 
Edlen  von  Quenstedt,  welche  ihre  von  Albrecht  dem  Bären  zerstörte  Burg  auf 
der  Withecke  gehabt  haben  sollen;  ferner  die  von  Rusteleben  und  die  Schenken 
von  Dönstedt.  Ausser  den  Templern  hatten  im  13.  Jahrhundert  der  Siechenhof 
von  Halberstadt,  femer  das  Burchardikloster  und  das  Hospital  S.  Spiritus  hier 
Besitzungen.    Heute  gehört  Gr.-Q.  zum  Amtsbezirk  Emersleben. 

Flurnamen:  up  dem  NygenAagren  velde;  in  dem  merlande  legen  de 
dicken  wyden  edder  iegen  Dörstadis  wyske  over  der  Holtemmen ;  in  deme  hogen 
toege;  up  den  Ässebek;  up  de  bredeken  up  dem  hogen  wege;  an  deme  scheven 
berge;  Svanebekweg;  na  dem  Hugewort;  uppe  deme  ierüingen  by  Fricke  Bister- 
veldes  stucke;  der  spring;  over  dat  Hwdal;  Luttken -Quenstedesken  weg;  uppe 
deme  weyte  hude;  des  graspeld  1319;  —  jegen  der  gemeyne;  jegen  den  luUeken 
ess  und  jegen  de  sehedd;  im  scheven  dale;  jegen  de  schede  am  langen  hon; 
over  de  wege;  jegen  dem  sülte  1470,  Dez. 21;  —  über  dem  Weiser;  in  der  SüUe; 
im  erdeland;  im  lutken  velde  gegen  den  negenhogen;  bei  dem  Hasselborn;  über 
den  botelsweg;  über  der  horgden  nach  Schwanebeck  zu;  over  unses  hern  godes 
wech;  im  Crottorfschen  Hom,  1478  febr.24.  — 

Kirchen:    a)  Pfarrkirche  St.  Petri.     Der   Pfarrer,  welcher   1444   ein 


110  Halberstadter  Landkreis:  Gross-Qoenatedt  (Pfarrlcirche  St.  Petri) 


eigenes  Siegel  führte,  ist  zuerst  1410  erwähnt.  1564  wird  darüber  geklagt,  dass 
er  nicht  in  Gr.-Q.,  sondern  in  Halberstadt  wohnte.  Die  Alderleute  der  Kirche 
1473.  Die  Einkünfte  der  Küsterei  waren  für  beide  Kirchen  vereinigt;  1589 
musste  der  Küster  von  S.  Petri  denjenigen  von  S.  Lorenz  besolden.  Damals  wie 
noch  heute  besass  die  Dorfgemeinde  das  Patronat. 

Die  vor  vier  Jahren  ausgebesserte  Kirche  besitzt  einen  romanischen,  mit 
Renaissance-Haube  abgedeckten  Tnrm  aus  Kalkstein  von  rechteckigem  Grundriss 
(8,13:4,95  m.)  Jederseits  befindet  sich  ein  gekuppeltes  Fenster;  die  Mittelsäulen 
sind  neuerdings  durch  Pfeiler  ersetzt.  Ein  Westeingang  fehlt  Das  lange, 
niedrige  Schiff,  dessen  Mauern  z.T.  aus  dem  Lot  geraten  und  darum  gestützt 
sind,  stammt  mit  seinen  Anbauten  (besonders  einer  Vorhalle  auf  der  Nordseite, 
6,30  :  5,60  m)  aus  dem  16.  Jahrhundert.  Das  Schiff  ist  im  Licliten  23,60  m  lang, 
11,30  m  breit.  Der  Chor  hat  geraden  Scliluss  und  hat  daselbst  2  Fenster,  das 
Schiff  hat  nördlich  3,  südlich  4  Fenster.  Die  Decke  ist  von  Brettern  gewölbt.  An 
der  Ostwand  des  Chores  befinden  sich  2  einfache  Sakramentsnischen.  Ein  in  die 
westliche  Wand  des  Turms  später  eingesetzter,  jedoch  zerbrochener  Inschriftstein  be- 
sitzt nur  einen  lückenhaften  Text,  zeigt  jedoch  deutlich  die  Jahreszahl  1576. 

Glocken:  Auf  dem  Turm  hängen  vier  Glocken  von  1,66  bezw.  1,05,  0,89 
und  0,50  m  Dm.,  alle  1891  gegossen  von  Gebrüder  Ulrich  in  Laucha  a.  ü. 
[Vordem  gab  es  nur  zwei  von  1,37  bezw.  1,00  m  Dm.,  deren  grössere  1770  von 
Chr.  Heinrich  Knoblauch  in  Halberstadt,  die  kleinere  1863  von  W.  Engelcke  in 
Haiborstadt  gegossen  war.] 

Der  Altar  ist  anfangs  des  18.  Jahrhunderts  von  Quenstedter  Schnitzern 
angefertigt  worden.  Er  ist  mit  gedrehten  Säulen  geschmückt,  ausserdem  mit 
Figuren:  oben  Christus,  neben  ihm  sechs  Apostel,  unten  Johannis  und  Moses. 

Die  Kanzel  befindet  sich  mit  am  Altar. 

Das  Taufbecken,  von  zwei  Engeln  gehalten,  zeigt  ebenfalls  den  Stil 
des  Altiirs. 

Die  Emporen  und  Priechen  sind  mit  lebhaft  bemalten  Blumen- 
schnitzereien geschmückt    Anfang  des  18.  Jahrhunderts. 

Die  Orgel  ist  erst  seit  etwa  36  Jahren  vorhanden.  Von  der  alten,  in  den 
Kauf  gegebenen,  sind  jedoch  die  geschnitzten  Seitenteile  (Anfang  des  18.  Jahr- 
hunderts) mit  verwendet 

Altargeräte: 

1.  Kelch,  Silber  vergoldet,  von  1712,  mit  rundem  Knauf  und  sechslappigem 
Fuss,  woran  eine  Kreuzigungsgruppe;  0,20  m  hoch.  Halberstädter  Beschau, 
Zeichen  M,  G. 

2.  Kelch,  Silber,  mit  sechslappigem  Fuss,  von  1683,  unten  angeschroben 
vier  Kruzifixe,  S.Petrus,  ein  Wappen  (Marenholz?).  Am  Knauf  IHESVS; 
0,26  m  hoch. 

3.  Oblatenbüchse,  Silber,  Halberstädter  Beschau,  Zeichen  T.  T.  1711.  0,11  m  Dm. 
Aussen  an  der  Kirche  befindet  sich  die  etwa  Vgm  hohe  Figur  des  h.  Petrus; 

innen  über  der  Thür  zur  Vorhalle  ein  Kruzifix  des  18.  Jahrhunderts,  ferner  zwei 
Gemälde:  das  lebensgrosse  Bildnis  des  Pastors  J.  H.  Behrens  (f  1750)  und  ein 
Votivbild  von  1618  zum  Andenken  des  Pastors  Joh.  Hessen  (Kreuzigung  mit 
sechs  Stiftern.) 


Gross-^uenstedt  (P&rrkirche  St  LanreDtii)  111 

b)  Pfarrkirche  StLaurentii  (Pig,52.)  Sie  lie^t  in  ziemlicher  Enffemung 
von  dem  östlichen  Ende  des  Dorfes,  mitten  in  Äckern  und  Wiesen.  Sie  ist  zuerst 
1S81  erwähnt,  stand  seit  13U1  unter  dem  Patronat  des  Spitals  S.  Spiritns,  1564 
unter  dem  des  Rats  von  Halberstadt,  jetzt  unter  königlichem.  Die  Vorständer 
(2  Personen)  finden  1444  Erwähnung. 

Der  Turm,  welcher  nur  in  seinem  untersten  Teile  mit  dem  Kirchenschiffe 
bündig  ist,  ist  romanisch,  hat  rechteckigen  Grundriss  (8,70  :  7,(fö  m)  und 
eine  Uauerdicke  von  1,45  m,  welche  nach  ohen  abnimmt.  Oben  befinden  sich 
sQdlich  und  ösÜich  je  ein  dreifach  gekuppeltes  Rundbogenfenster,  eingeteilt  durch 


Fig.  52. 

je  zwei  nach  oben  verjüngte  Säulen  mit  Würfelkapitälen  und  breit  ausladenden 
Kämpfern.  Westlich  sind  zwei  einfache,  nicht  gekuppelte  Rundbogenfenster, 
nördlich  eins.  Das  viel  jüngere  Kirchenschiff  ist  20,46  m  lang,  6,78  m  breit, 
hat  geraden  Ghorschluss,  rechts  und  links  je  fünf  rundbogige  Fenster  und  einen 
modernen,  in  der  Gotik  der  vierziger  Jahre  ausgeführten  unpassenden  Dachstuhl. 
Glocken:  Die  drei  Glocken  haben  1,21  hezw.  0,98  und  0,47  m  Dm.  Die 
grosse  ist  1712  von  Chr.  Ludw.  Meyer  in  Braunschweig,  die  mittlere  1702  von 
Heyso  Meyer  gegossen,  wobei  bemerkenswert  ist,  dass  der  Guss  damals  nicht 
mehr  in  Wolfenbüttel,  sondern  in  Braunschweig  erfolgte,  wohin  Meyer  verzogen 
zu  sein  scheint    Die  kleinste  Glocke  zeigt  in  Minuskeln  die  Inschrift: 

Hh  ano  dm  mcccxxviii  Hh  ave  maria  gracia  plena 


112        Halberstudter  Landkreis:  Gross-Quenstedt  —  Klein-Qaenstedt  (Geschichte) 


Der  Altar  und  die  Kanzel  sind  im  Stile  vom  Anfange  des  17.  Jahrhunderts 
geschnitzt,  ersterer  mit  zwei  Wappen  geschmückt.    Der  ölanstrich  ist  neu. 

Das  Taufbecken,  eine  Holzschnitzerei  vom  Ende  des  18.  Jahrhunderts,  hat 
die  Gestalt  einer  Urne  und  wird  von  zwei  geschnitzten  Engeln  gehalten.  Besser,  aber 
allzu  plump  ist  der  jetzt  ausser  Gebrauch  gestellte,  aus  Kalkstein  gearbeitetalte  Tauf- 
stein. Er  ist  achteckig  (Seite  0,28  m)  mit  Riefeln  verziert  und  zeigt  die  Jahreszahl  1581 . 

Altargeräte:  1.  Kelch,  Silber  vergoldet,  Halberstädter  Beschau,  Meister- 
zeichen K.B.  1718. 

2.  Patene,  Silber  vergoldet,  0,14  m  Dm. 

In  der  Kirche  befindet  sich  ein  kleines  ölbildchen  von  1626,  der  Kruzifixus 
von  zwei  knienden  Frauen  (Familie  Könnecken)  verehrt;  zur  Erinnerung  an  die 
damals  geschehene  Restaurierung  der  Kirche,  wobei  besonders  auch  die  Kirchhofs- 
mauer erneuert  wurde,  von  der  jetzt  nur  noch  schwache  Spuren  vorhanden  sind. 

Profangebäude:  [Der  Hof  des  Bischofs  Meinhard  bei  der  Lorenzkirche 
1281 ;  —  Mühle  und  Vorwerk  der  Templer,  1306  samt  ihren  übrigen  Besitzungen 
verkauft;  —  ein  Hof  im  Osten  des  Ortes,  hiess  Ostermoneke,  einer  in  der  Mitte 
hiess  Helle,  einer  im  Westen  innerhalb  des  Dorfes  hiess  Rokeshof;  alle  drei 
werden  1320  erwähnt,  letzterer  wurde  damals  von  Bischof  Albrecht  an  Johann 
von  Quenstedt  geschenkt;  —  die  Mühle  1383;  —  die  badehort  1463,  bei  der 
Peterskirche;  —  die  luttekenneber  beim  Kirchhof  1473;  —  das  Thor  „wo  man 
zur  Kirche  S.  Laurentii  geht"  und  das  Hirtenhaus  1516.J 

Noch  vorhanden  sind  aus  älterer  Zeit  nur  sehr  wenige  Häuser;  erwähnens- 
wert das  zwischen  1576  und  89  erbaute  Pfarrhaus,  welches  vordem  die  Inschrift  trug: 

Aedibus  o  flammas  deus  his  averte  furentes 

Te  custode  ovibus  nil  nocuisse  potest.    (Scheffer,  p.  43.) 

Das  Schulhaus  ist  1695  erbaut.  Architektonisch  bieten  beide  Häuser  kein 
Interesse,  ebensowenig  wie  die  vier  anderen  älteren  Häuser  des  Ortes,  die  alle 
vom  Ende  des  17.  Jahrhunderts  stammen.  An  dem  Gasthofe  zum  schwarzen 
Adler,  der  immer  als  Dorfkrug  gedient  hat,  sieht  man  die  häufigen  prismatisch 
zugeschnittenen  Balkenköpfe. 

Klein  -  Quenstedt 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1654  zurück. 

Wester-Quenstide  1185;  —  lutteken  Quenstide  1439;  —  u. s.w. 

Dorf,  2,9  km  nordnordöstlich  von  Halberstadt,  am  Assebach,  mit  697  Ein- 
wohnern (1564  sechzig,  1589  dreiundvierzig  unfreie  und  vier  freie  Hauswirte, 
1829  487  Einwohner)  evangelischer  Konfession.    Haupterwerb:  Liandwirtschaft 

Archidiakonat :  Halberstadt. 

Geschichte:  In  dem  zur  Meierei  des  Hochstifts  gehörigen  Orte  hatte 
der  Templerorden  Besitzungen,  welche  1306  verkauft  wurden;  auch  das  Kloster 
St.  Burchardi  war  dort  begütert.  1313  wird  die  Ortsregierung  erwähnt  als  in 
den  Händen  von  Leuten  liegend,  die  den  Titel  magistri  civium  führten.  Die 
Pfarre,  deren  Inhaber  1316  zuerst  zur  Erwähnung  kommt,  stand  damals  unter 
dem  Patronate  des  Klosters  Marienberg  bei  Helmstedt.    1564  gehört  das  Patronat 


Klein- Qaenstedt  (Kirche:  Ausstattung  —  Profangebäude)  ll3 


dem  Domherrn  Andreas  von  Holzendorf,  1589  dem  Vice-Dominus  des  Hochstiftes, 
heute  ist  es  fiskalisch. 

Flurnamen:  1383  bi  deme  hoghe;  Oorrenddl;  bolenwegh;  depe  wegh; 
fvithoU;  an  den  jerÜingen;  waterbrok;  boven  der  tigrove;  scrotwegh;  —  1589 
tigen  den  ho;  tigen  den  monnekehoff;  Schwanebekerweg ;  bei  den  rischen;  auf 
den  volenwech;  über  die  waterronnen;  auf  die  tygrowe. 

[In  der  Nähe  von  Kl.-Q.  befand  sich  1483  die  sog.  Walkemühle.] 

Die  1862  restaurierte  Kirche  steht  auf  dem  sog.  Heiligen  Berge  Gottes. 
Das  Schiff  ist  spätgotisch  und  zeigt  Spuren  von  früherer  kreuzförmiger  Anlage, 
eine  Inschrift  am  Chore  aussen:  CreSCens  grcx  DoMinum  SpeqVe  fIdeqVe 
Vocet  besagt,  dass  dort  1718  Restaurierungen  vorgenommen  sind  (die  beiden 
S  gelten  je  eins.)  Der  Turm  dagegen,  welcher  ebenso  breit  ist  (7,80  m)  wie  das 
Schiff  und  eine  Tiefe  von  6,60  m,  eine  durchschnittliche  Mauerdicke  von  1,30  m 
hat,  ist  von  sehr  alter  frühromanischer  Form,  mit  einem  Satteldach  gedeckt; 
zwei  Halbkreisbögen  vermitteln  im  Erdgeschosse  die  Verbindung  von  Schiff  und 
Turm.  Das  Kirchenschiff,  welches  wahrscheinlich  auf  romanischen  Orundmauem 
erbaut  ist,  hat  eine  lichte  Länge  von  22,05  m  bei  einer  lichten  Breite  von  6,05  m. 
Der  Chor  ist  halbachteckig  geschlossen;  Seitenlängen  2,25  m,  2,95  m,  2,17  m.  Die 
Decke  besteht  aus  einem  hölzernen  Tonnengewölbe. 

Glocken: 

1.  Dm.  1,15  m,  von  H.  Engelcke  in  Halberstadt  1829. 

2.  Dm.  0,89  m,  mit  einigen  Münzabdrücken  und  der  Minuskelinschrift: 
anno  millesimo  quingentesimo  viceixio  clavs  becker  dextra  xne  rexerat  intus 

et  extra.    Dieser  Klaus  Becker  führt  dasselbe  Giesserzeichen  "iJ^  wie  der  sonst 

vorkommende  Hinrik  Becker,  ist  also  jedenfalls  mit  ihm  derselben  Familie  an- 
gehörig. 

3.  Dm.  0,50  m,  mit  den  in  Minuskeln  ausgeführten  Namen  von  Alderleuten, 
16.  Jahrhundert. 

Der  Altar  (nebst  Kanzel)  ist  ein  mit  reichem  Laubwerk  und  gedrehten 
Säulen  geziertes  Schnitzwerk  des  18.  Jahrhunderts.  Die  von  1744  datierte  Altar- 
brüstung  zeigt  eine  etwas  abweichende  Ausführung. 

Auch  die  geschnitzte  Orgel  ist  aus  dem  18.  Jahrhundert. 

Alt  arge  rate:  1.  ein  Kelch,  Silber  vergoldet,  Höhe  0,18  ra,  mit  sechslappigem 
Fusse  und  sechszackigem  Knaufe.  Von  1637.  Die  Beschau  Ist  unkenntlich; 
Meisterzeichen  C^ 

In  der  Kirche  befinden  sich  die  schlecht  erhaltenen  Bildnisse  zweier  Pastoren 
vom  Anfange  des  18.  Jahrhunderts. 

Profangebäude:  [An  der  ehemaligen  Kantorwohnung,  einem  jetzt  ver- 
schwundenen, alten,  aus  2  Etagen  bestehenden  Fachwerkshause,  befand  sich  die 
Inschrift:  Christo  sacrum.  Quam  patrum  patriae  tuo  honori  cura  paterna 
largaque  munificum  struxerint  dona  virorG  brotege  Christe  scholam 
Icemens  u.  s.  w.    Anno  1645. 

An  einem  anderen  gleichfalls  abgebrochenen  Hause  stand:  wer  got  ver- 
truwet  der  heft  wol  gebuet.    Godt   fruchten  is  de  wisheit  de  rike  maket 

Kreis  HaltMraUdt.  8 


114  Halberstädter  Landkreis:  Der  Regenstein  (Geschichte) 


vnde  bringet  alle  gvdt  mit  sick.  Se  erfüllet  dat  gantze  hus  mit  erer  gave 
vnn  alle  gemack  orem  schatte.  Jhesvs  Sirach  am  ersten  capittel.  Anno 
dni  1563.  An  dem  Pachwerke  der  oberen  Etage  sah  man  noch  einzelne  Fächer- 
rosetten.] 

Der  Regenstein 

über  seine  Lage  siehe  die  Topographie  des  Kreises. 

Steinhoff,  der  Regenstein.  Blankenburg,  1892.  —  Krieg  von  Hochfelden ,  Geschichte 
der  Militär- Architektur,  p.  322  ff.   -  Pieper,  Burgenkunde.  —  H.-Z.  XIII,  228;  XVI,  218. 

Der  Name  Eegenstein  (Regensten,  Reghensteyn,  Reyghenstein  und  ähnlich) 
ist  nicht  genügend  erklärt.  Man  deutet  ihn  als  „Reihe  von  Steinen"  oder  „den 
berühmten  Stein"  oder  „den  Beratungsstein "  mit  welcher  letzteren  Bezeichnung 
seine  Eigenschaft  als  uralte  Kultusstätte  eine  Andeutung  findet, 

Geschichte:  Sie  wird  hier  nur  kurz  behandelt,  da  die  Beziehungen  der 
regensteiner  Grafen  zum  Bistum  und  zur  Stadt  Halberstadt  auch  anderwärts 
wiederholt  berührt  werden  müssen.  Die  Burg  soll  angeblich  durch  Heinrich  I.  erbaut 
worden  sein,  jedoch  ist  durchaus  anzunehmen,  dass,  falls  jener  König  überhaupt 
dort  für  Befestigungen  gesorgt  haben  sollte,  es  sich  nur  um  Erweiterung  oder 
Wiederherstellung  bereits  vorhandener  gehandelt  hat.  Die  Benutzung  der  in 
dem  weichen  Sandstein  leicht  herzustellenden  Räume  als  Wohn-  und  Zufluchts- 
stätten mag  in  viel  ältere  Zeit  zurückgehen.  Beispiele  für  dergleichen  sind  auch 
sonst  in  der  Nähe  mehrfach  vorhanden.  Vgl.  die  Kapitel  „Halberstädter  Stadt- 
kreis" und  „Langenstein."  Das  Geschlecht  der  Grafen  von  Blankenburg  und 
Regenstein  erscheint  in  der  Geschichte  zuerst  mit  der  Person  des  1162  ver- 
storbenen Poppe,  eines  Verwandten  des  Königs  Lothar.  Von  Poppos  zwei  Söhnen 
erhielt  der  eine,  Siegfried,  Blankenburg,  der  andere,  Konrad,  Regenstein.  Beide 
Grafen  waren,  wie  es  scheint,  Anhänger  Heinrichs  des  Löwen.  1181  wurde  der 
die  Burg  von  Barbarossa  erobert.  Für  die  nächste  Zeit  finden  wir  Regenstein 
und  Blankenburg  wieder  vereinigt,  doch  trennten  sie  sich  1190  wieder.  Haupt- 
ort der  Grafschaft  war  seitdem  Derenburg.  Nach  dem  Tode  des  Grafen 
Heinrich  I.  1241  trennte  sich  die  regensteinisch-heimburgische  Linie  endgültig 
von  der  blankenburgischen  ab,  und  die  beiden  ersteren  teilten  sich  seitdem  in 
die  regensteinische  Grafschaft.  Sehr  ausgedehnt  war  der  Grundbesitz  des  kriege- 
rischen Geschleclites,  weit  umher,  auch  im  Lüneburgischen  und  im  Anhaltischen 
waren  sie  begütert;  vor  Halberstadt  erstreckte  sich  ihr  Gebiet  bis  an  das 
Harsleber  Thor,  und  auch  innerhalb  der  Stadt  hatten  sie  mancherlei  Besitz  (u.a. 
den  sog.  Grauen  Hof,  den  Ritterhof  in  Klein -Blankenburg  u.  s.  w.)  und  Einfluss, 
den  sie  durch  Schenkungen  (u.  a.  an  den  Siechenhof,  an  das  Kloster  der  Marien- 
knechte, an  das  Nikolai-  und  Burchardi- Kloster  u.  s.  w.  siehe  die  betr.  Artikel) 
aufrecht  zu  halten  und  zu  verstäi'ken  wussten.  Die  grösste  Bedeutung  hatten 
die  Regensteiner  Grafen  als  Verwalter  des  weltlichen  Gerichtes  (vriding),  welches 
sie  innerhalb  des  halberstädtischen  Bezirkes  ausübten:  beim  Schlosse  Hartingau, 
in  Utzleben,  auf  dem  Driberge  bei  Dardesheini,  im  Spielhause  zu  Holtemmen- 
ditfurt,  in  Heudeber,  bei  Osterwieck  und  in  Klein- Harsleben.  Von  gräflichen 
Unterbeamten  werden  genannt  der  Schreiber,  der  Gogrefe,  die  Vögte,  der  Schult- 
heiss,    Zehntner,  Nuntius,  preco,   der   Marschall   und   der  Schenk,    femer   die 


J 


Der  Begenstem  (Geschichte)  115 


Kastellane  der  regensteinischen  Schlösser;  die  Ministerialen  der  Grafen  erscheinen 
sehr  häufig.  Vom  12.— 16.  Jahrhundert  hatten  die  Regensteiner  selbständiges 
Münzrecht.    Die  Münze  befand  sich  in  Blankenburg. 

Das  14.  Jahrhundert  brachte  in  seiner  ersten  Hälfte  folgenschwere  Ver- 
wickelungen und  einen  erheblichen  Rückgang  der  regensteinischen  Macht.  Die 
schon  lange  dauernden  Streitigkeiten  mit  dem  Kloster  Walkenried  wegen  der 
Vogtei  von  Schauen  (siehe  dasselbe)  führten  1323  die  Regensteiner  dazu,  jenes 
Dorf  zu  überfallen  und  die  Güter  des  Klosters  völlig  auszuplündern.  Zwar  kam 
es  1327  zur  Versöhnung.  Aber  bald  stifteten  die  Umtriebe  des  Bischofs 
Albrechts  11.  neue  Feindschaft  zwischen  Walkenried  und  Regenstein  (Erlaubnis 
zur  Anlage  eines  walkenriedischen ,  vom  regensteiner  Grafengericht  eximierten 
Klosterhofes  in  Osterwieck.)  Der  daraus  entstandene  Krieg  zwischen  dem 
Bischof,  mit  welchem  Graf  Konrad  von  Wernigerode  im  Bunde  war,  und  den 
Heimburgern  und  Regensteinem  endete  zu  Ungunsten  des  letzteren.  Sie  waren 
gezwungen,  dem  Grafen  Konrad  bedeutende  Abtretungen  zu  machen,  die  sie 
aber  erst  durch  eine  verlustreiche  Abfindung  der  Heimburger  ermöglichen 
konnten.  Daraufhin  verkauften  die  Regensteiner  am  26.  Juni  1343  an  Graf 
Konrad  Grafschaft  und  Gericht  vieler  Dörfer,  sodass  seit  der  Zeit  ihre  Macht  in 
der  westlichen  Seite  des  Harzgaus  gebrochen  war.  Nachdem  darauf  durch  den 
Verkauf  der  nicht  mehr  für  sie  zu  haltenden  Ortschaften  Stötterlingen,  Hoppen- 
stedt,  Bühne,  Rimbeck,  der  Vogtei  über  Stötterlingenburg  und  Hessen  an  die 
Herzöge  von  Braunschweig,  die  Brüder  des  Bischofs  Albrecht,  und  durch  gleich- 
zeitigen Erwerb  anderer  günstiger  gelegener  Besitzungen  wieder  einige  Abrun- 
dung  des  regensteinischen  Territoriums  erreicht  war,  kam  es  zu  einer  vorläufigen 
Versöhnung  mit  dem  Bischof.  Graf  Heinrich  VHI.  (geb.  1313)  lebte  danach  noch 
bis  gegen  1358,  war  aber  seit  1343  nicht  mehr  im  Besitze  der  Regierung,  viel- 
mehr wurden  seitdem  Heimburg,  Blankenburg  und  Regenstein  als  braunschwei- 
gische  Lehen  angesehen,  welche  den  Heimburgern  übertragen  waren.  Seit 
Anfang  des  15.  Jahrhunderts  diente  der  Regenstein  nicht  mehr  als  Wohnort  der 
Grafen,  sondern  wurde  von  einem  Vogt  (Marschall  1422,  Hauptmann  1541) 
verwaltet. 

1599  starben  die  Grafen  von  Blankenburg- Reinstein  aus,  und  der  Bischof 
Heinrich  Julius  von  Halberstadt,  der  seit  1589  gleichzeitig  Herzog  von  Braun- 
schweig war,  eignete  Regenstein  dem  Hochstift  Halberstadt,  Blankenburg  aber 
dem  Herzogtum  Braunschweig  zu.  1628  wurde  Max  von  Waldstein  zur  Be- 
lohnung für  eine  grössere  Geldunterstützung  vom  Kaiser  mit  der  Grafschaft 
Regenstein  belehnt.  Willkürlich  nahm  er  auch  Blankenburg  dazu  und  übertrug 
beides,  trotz  aller  Proteste,  an  den  Grafen  von  Merode.  Erst  nach  der  Schlacht 
bei  Leipzig  gewann  Braunschweig  die  Grafschaft  wieder.  Seitdem  wechselte  der 
Besitz  mehrfach  zwischen  der  kaiserlichen  und  der  schwedischen  Partei;  1643 
belehnte  Erzherzog  Leopold  Wilhelm  von  Oesterreich,  damals  Bischof  von  Halber- 
stadt, den  Grafen  von  Tättenbach  mit  der  Grafschaft,  die  dieser  sich  auch 
vorsichtshalber  1650  von  Braunschweig  zu  Lehn  geben  Hess.  Hiergegen  erhob 
Brandenburg,  nach  dem  dreissigjährigen  Kriege  im  Besitz  der  Herrschaft  von 
Halberstadt,  also  auch  der  Lehen  des  Hochstifts,  Widerspruch,  mit  welchem  es 
zugleich  einen  Anspruch  auf  den  Regenstein  verband.    1662  wurde  den  Braun- 


116  Halberetädter  Landknis:  Der  Kegenstein  (Geschieht«) 

Schweigern  die  Burg  durch  brandenburgische  Truppen  genommen.  Als  1671  das 
Leben  dadurch  erledigt  wurde,  dass  Tättenbachs  Neffe,  Hans  Erasmus,  der  ea 
nach  jenem  gehabt  hatte,  wegen  Verschwörung  gegen  den  Kaiser  hingerichtet 
wurde,  entstand  neuer  Streit  zwischen  Braunschweig  und  Brandenburg.  Beider- 
seits wurde  stark  gerüstet,  zuletzt  aber  die  Sache  durch  Yermittlung  des  Kur- 


Fig.  53. 

fürsten  von  Sachsen  an  das  Beichskamniergericlit  übertragen.  Dieses  entschied 
1697  für  Braunschweig;  da  aber  Brandenburg  nicht  nachgab,  schleppte  sich  der 
Prozess  weiter  bis  1806,  wo  nach  der  Auflösung  des  Reichskammergerichts 
Preussen  den  Kegenstein  behielt. 

Als  Festung  wurde  die  Burg  schon  unter  dem  grossen  Kurfürsten,  1671, 
nach  Fargells  Plänen  angefangen  auszubauen;  die  Mauern  wurden  allenthalben 


Der  BegenBteiD  (BeBchreibung)  117 

Terstärkt,  der  Turm  ausgebessert,  erbaut  wurden  ein  Kommandantenhaus, 
8  Baracken  für  die  Besatzung,  ein  Zeughaus  mit  Erker,  Uagazine,  ein  Backhaus, 
ein  neues  Kommandantenhaus  1730,  ein  Brauhaus  und  eine  Windmühle,  17Ö6 
auch  eine  Kirche,  alle  Wege  wurden  durch  Bastionen  geschützt  Letztere  führten 
die  Namen:  scharfe  Ecke  (nördlich  vom  Thore),  Vogelgesang  (grüner  Hof), 
Friedrichsburg,  Friedrich -Wilhelmsburg,  Karlsburg.  Die  schon  1687  benutzte 
Festung  war  nie  von  besonderer  Bedeutung  und  erwies  sich  ihrer  zu  schwachen 
Besatzung  halber  1757,  als  Richelieu  in  Halberstadt  war,  als  nutzlos.  Nachdom 
sie  damals  dem  Herzog  von  Agen  ausgeliefert  worden  war,  wurde  sie  im  Februar 
1758  vom  Prinzen  Heinrich  von  Preussen  wiedergenoromen  und  geschleift 


Fig.  54. 

Kirche  und  Festung  waren  bis  um  1880  zu  Derenburg  eingepfarrt.  Jetzt 
gehört  der  Regenstein  nur  noch  in  Bezug  auf  die  Forstverwaltung  dorthin, 
politisch  und  kirchlich  aber  zu  Langenstein. 

Das  Wappen  der  Grafen  von  Regenstein  zeigt  eine  rote,  von  links  nach 
rechts  -gebogene  Hirschstange  (Fig.  53.) 

Beschreibung:  Die  ungefähr  2,5  km  lange  und  nur  0,3—0,7  breite 
Sandsteinmasse,  deren  Längsachse  parallel  mit  der  des  Harzes,  also  wie  dieser 
von  West -Nord -West  nach  Ost-Süd-Ost  streicht,  zeigt  einen  mehr  oder  weniger 
schroffen  Abfall  nach  Norden  (Fig.  54)  und  einen  etwas  flachen  Abhang  nach 
Süden  (Fig.  55.)  Der  wegen  Verwitterung  des  Felsens  sehr  sandige  Boden  lässt 
nur  einen  spärlichen  Waldbestand  an  Kiefern,  Birken,  Eichen  u.  dergl.  zu,  ist 
auch  arm  an  Quellen.    Die  grösste  Höhe  im  Nordwesten  ist  260  m  über  dem 


Halberstädter  Landjcreis:  Der  Regenstein  (B^sctireiban^) 


Meer,  erhebt  sich  über  dem  nördlichen  Thale  um  60—70  m,  erscheint  aber  durch 
den  steilen  Absturz  bedeutender.  Namentlich  von  Osten  oder  von  Westen  ge- 
sehen wirkt  die  Masse  des  Regensteins  höchst  imposant. 


m\  7^^ps^^y-" 


Während  die  Festungsniine  ohne  archäologisches  Interesse  und  grösstenteils 
abgetragen  ist,  bietet  die  Burgruine  (Fig.  56)  das  seltene  Beispiel  einer  roh  in 


Der  Regenstein  (Beschreibung)  119 


den  Felsen  gehauenen  mittelalterlichen  Ritterwohnung.  Nur  spärlich  sind  die 
Beste  und  Spuren  einer  Nachhilfe  durch  Mauerwerk,  da  sich  aus  dem  Sandstein- 
felsen fast  alle  Käumlichkeiten  ohne  grosse  Schwierigkeit  herausarbeiten  Hessen. 
Die  Art,  wie  dies  geschah,  war  eine  äusserst  rohe. 

Die  Felsenburg  liegt  auf  der  nordwestlichen  Ecke  auf  engem  Raum  zusammen- 
gedrängt. Man  gelangt  zu  ihr  auf  verschiedenen  Wogen,  verhältnismässig  am 
bequemsten  von  Süden  her;  die  nördlich  hinaufführenden  Pfade  sind  steil  und 
beschwerlich.  Von  den  Festungsruinen  allein  noch  erhalten  ist  das  bedeckte 
Thor  A  und  der  Rest  einer  Zugbrücke  B.  C,  D,  E,  F,  6  bezeichnen  entsprechend 
die  Bastionen:  scharfe  Ecke,  Friedrichsburg,  Friedrich -Wilhelmsburg,  Karlsburg, 
Vogelgesang.  Die  Buchstaben  a,  b,  c,  d,  e,  f,  g,  h,  i,  k  bezeichnen  verschiedene 
Gebäude  der  Festung,  darunter  a  die  Kommandantur,  b  die  Schenke,  e  die  Kirche, 
f,  g  und  h  Baracken,  i  den  Kirchhof,  k  die  Wirtschaftsgebäude.  Im  17.  Jahr- 
hundert soll  dort  ein  Forsthaus  gestanden  haben.  Wenn  man  sich  vom  Gast- 
hause, welches  in  die  ehemaligen  Wirtschaftsgebäude  eingebaut  ist,  nach  dem 
nördlichen  Hange  wendet,  so  umgeht  man  zunächst  einen  ruinenhafton  Raum; 
sein  Zweck  ist  unbekannt,  vielleicht  diente  er  zum  Aufenthalt  für  einen  Pförtner 
und  hatte  einen  Überbau  von  Stein  oder  Fachwerk.  Von  hier  tritt  man  in  eine 
Durchfahrt,  die,  aus  dem  Felsen  herausgehauen,  sich  fast  ganz  gerade  durch 
das  Gebäude  hindurchzieht.  Etwa  in  ihrer  Mitte  führt  eine  sehr  geräumige 
Öffnung  rechts  in  einen  grossen,  ziemlich  dunkeln  Raum,  der  gegenwärtig 
als  Rittersaal  bezeichnet  wird  und  nach  der  nördlichen  Lichtöffnung  hin  sich 
nischenartig  erweitert.  Dem  vorerwähnten  Eingange  gegenüber  blickt  man  in 
einen  ebenso  grossen  Raum  von  gleicher  Beschaffenheit,  der  als  ehemalige 
Kapelle  der  Burg  gilt.  Der  eigentliche  Eingang  ist  von  Süden  her,  der  Fuss- 
boden  ist  östlich  um  eine  Stufe  erhöht;  durch  zwei  Felsenluken  erhält  der  Raum 
ein  spärliches  Licht.  [Die  capella  Regen steyn,  welche  1246  erwähnt  wird,  scheint 
dem  h.  Nicolaus  geweiht  gewesen  zu  sein,  von  welchem  Reliquien  dort  auf- 
bewahrt wurden.]  Bevor  man  die  Durchfahrt  verlässt,  gelangt  man  rechts  durch 
eine  Öffnung  in  eine  dunkle  Kammer,  hinter  welcher,  von  aussen  zu  betreten, 
noch  eine  gleiche  Kammer  liegt.  Ob  über  diesen  Räumen  noch  Überbauten 
waren,  ist  zweifelhaft,  da  jede  Spur  fehlt.  Südlich  davor,  etwas  tiefer  hinab, 
führen  Freitreppen  nach  Nebenräumen,  deren  Zweck  zweifelhaft  ist.  Bei 
dem  sog.  veilorenen  Posten  soll  ein  kleinerer  runder  Turm  als  Luginsland  ge- 
standen haben.  Unter  die  wenigen  gemauerten  Teile  gehört  namentlich  der 
runde  Berchfrit,  welcher  einen  äusseren  Durchmesser  von  8,3  m  und  eine 
innere  Weite  von  2,3  m,  also  eine  Wandstärke  von  3  m  besitzt.  Die  jetzige 
Höhe  des  Turms  ist  nur  gering,  nämlich  6  m.  Auf  der  Südseite  ist  er  stark 
beschädigt. 

Im  Felseneingange  eines  unterirdischen  Raumes,  der  in  seiner  Fortsetzung 

nach  dem  Blankenburger   Schloss   führen   soll,    befindet   sich  die   eingehauene 

Inschrift ' 

ANNO  •  MXC  •  I  -  DIE  -  ANNE 

Darüber  befindet  sich  dieselbe  Inschrift  in  langgezogenen  ungeschickten  Minus- 
keln nochmals  eingehauen.  Letztere  erscheint  nach  dem  Duktus  der  Buchstaben 
älter  als  die  erstere;  sie  kann  aber  auch  nur  höchstens  vom  Ende  des  13.  Jahr- 


122 


Halberstädter  Stadtkreis:  Ehoden  —  Bimbek 


Altargoräte:  1.  Kelch,  Höhe  0^19  m,  von  vergoldetem  Silber,  mit  sechs- 
lappigem Fuss  und  sechzackigem  Knaufe,  woran  die  Buchstaben  IHGSVS 

2.  Bleierner  Kelch  von  1669. 

3.  Silberne  vergoldete  Patene,  Dm.  0,12  m  mit  graviertem  Kreuze.    Meister- 
zeicben  L I S 

4.  Bleierne  Patene  mit  Halberstädter  Wappen.    Dm.  0,12  m. 

5.  Bleierne  Kanne  1748. 

6.  Oblatenschachtel  von  Silber,  viereckig,  1805. 

Der  Chor  der  Kirche  enthält  ein  Sakramentshäuschen,  dessen  an- 
seheinend dem  13.  Jahrhundert  angehörige 
eigentümliche  Verzierung,  ein  Gesicht  mit 
zwei  Schwertern  (mit  Bezug  auf  Offen- 
barung 19,  15)  zeigt.    (Fig.  58.) 

Von  Epitaphien  sind  nur  zwei  nach- 
weisbar, das  eine  einem  von  Hoym  gehörig, 
etwa  von  1630,  unter  den  Dielen  im  Lang- 
hause so  gelegen,  dass  nur  der  Kopf  sicht- 
bar ist;  das  andere  dasjenige  eines  Pasturs 
Heinrich  Julius  Schade  (f  1741). 

Von  Profangebäuden  sind  in  Rh. 
bemerkenswert  1.  Der  Krug,  ein  10  Fach 
breites  Gebäude  von  1548,  verziert  mit  lang 
gestreckten  Konsolen ,  Schiffskehlen  mit 
Schnürrollen,  ausserdem  mit  Fächerrosetten. 
2.  Das  altertümliche  Haus  des 
Kossathen  H.  Temme,  mit  langen  Konsolen 
und  von  unten  bis  oben  durchgehenden 
Ständern. 

3.  Das  Amtshaus,  zweistöckig  mit 
langen  Konsolen  und  Zahnschnittverzierungen,  welche  auf  eine  Entstehung  etwa 
um  1670  hinweisen  und  höchst  wahrscheinlich  machen,  dass  der  in  und  bei 
Hornburg  so  vielfach  beschäftigte  Meister  Heinrich  Dünsing  dieses  Haus  er- 
baut habe. 


Rimbeck 

Harzzeitechr.  XXHI,  281. 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1658  zurück  und  sind  mit  denen  von  Bühne  vereinigt. 

Rimbeke  1308,  Kymbeke  1343,  Rymbecke  1363,  Rynbeke  1383,  Reimbke  1564, 
Rimk  1607. 

Dorf  31,2  km  nordwestlich  von  Halberstadt  an  der  Stimmecke.  Es  hatte 
1564:  27  Hauswirte,  jetzt  209  Einwohner,  überwiegend  evangelischer  Konfession, 
deren  Hauptbeschäftigung  die  Landwirtschaft  ist. 

Archidiakonat:  Osterwieck. 

Geschichte:  Grafschaft  und  Gericht  w^ar  bis  1343  regensteinisch,  von  da 
an  wernigerödisch.  Im  selben  Jahre  wurde  R.  von  den  Regensteiner  Grafen 
an   die  Herzöge  von  Braunschweig  verkauft,   gleichzeitig  mit  Stötterlingenburg, 


Rimbeck  (Kirche)  —  Roclum  123 


Ton  dessen  Besitzungen  es  einen  Teil  bildete.  Das  Dorf  wurde  1363  geraeinsam 
mit  Wülperode,  zu  dem  es  damals  gehörte,  an  die  von  Gowisch  verpfändet. 
1383  kam  es  ebenso  an  die  Gebrüder  von  Kössing  (Rottinge).  Die  Pfarre  war 
1607  unter  dem  Patronat  des  Domkapitels,  heute  ist  sie  im  Wechsel  zwischen 
der  Gemeinde  und  der  Regierung,  welche  letztere  vor  1890  es  allein  wahrnahm. 
Ein  Pfarrer  Nandewig  in  R.  starb  1314.  (vergl.  H.-Z.  1872,  p.  322.)  1564  war 
die  Pfarre,  so  wie  sie  es  noch  jetzt  ist,  Filial  von  Bühne,  dessen  Kirche  zeitweise 
von  den  Einwohnern  von  R.  benutzt  wurde,  während  sie  ihre  eigene  Kirche 
nicht  gebrauchten. 

Flurnamen:  1564:  Unser  Lieben  Frauen  Winkel;  1589:  Die  Papenhegge, 

Die  Kirche  hat  im  Schiff  eine  Länge  von  16,0  m  und  eine  Breite  von  9,55  m 
und  ist  im  halben  Achteck  geschlossen.  Sie  hat  einen  Ziegelfussboden  und  eine 
gewölbte  Holzdecke,  die  früher  bemalt  war,  was  bei  der  Restauration  1895 
vertilgt  ist.  Das  Schiff  ist  1747  erbaut  worden.  Der  Turmbau  (4,74  m  1.,  5,93  m  br.) 
stammt  aus  der  Renaissanceperiode.  Kr  öffnet  sich  gegen  das  Kirchenschiff  mit 
einem  grossen  Bogen.  Eine  spätgotische  Thür  des  15.  Jahrhunderts  ist  von 
einem  älteren  Kirchenbau  erhalten  geblieben  und  an  der  Nordseite  des  Turmes 
mit  eingebaut  worden.  Ihre  überschlungenen  Gewändestäbe  laufen  in  ge- 
wundene Säulenfüsse  aus.  Die  Kirche  ist  aus  Roggenstein  von  Wöltingerode 
und  Kalkstein  vom  Fallstein  erbaut  worden. 

Glocken:  1.  Durchm.  0,80  m,  gegossen  von  Heise  Meyer  in  Wolfenbüttel. 
2.  Durchm.  0,61  m,  gegossen  von  Wilh.  Engelcke  in  Halberstadt  1855.  (ümguss 
einer  älteren.) 

Der  Altar,  geschnitzt  und  bemalt,  zeigt  die  Figuren  von  Petrus,  Moses, 
Paulus  und  Johannis  Evang.    Anfang  18.  Jahrhunderts. 

Die  Kanzel  gehört  mit  zum  Altar. 

Die  Orgel  ist  modern,  desgl. 

der  Taufstein  nebst  dessen  Becken. 

Ein  altes  Taufbecken  von  Messing  ohne  Verzierung  ist  datiert  1662.  Ein 
Taufengel,  bemalte  Holzschnitzerei,  ist  aus  dem  18.  Jahrhundert 

R.  besitzt  noch  zwei  Häuser  vom  Ende  das  16.  Jahrhunderts  Nr.  18  und  21. 

Die  Saumschwellen  sind  mit  etwas  gedrückten  Schnürrollen  verziert,  die  Konsolen 

sind    gestreckt    mit    querlaufenden    Schnitzereien.      Am    letztern    Hause    Rest 

einer  Inschrift: 

.  .  .  HRADER  CATHARINA  .  .  . 

Roclum 

Einige  Auskunft  über  die  friihere  Geschichte  von  W,  geben  die  Kirchenbücher,  die 
indes  nur  bis  1650  gehen. 

Harzzeiteehr.  XXII,  260;  XXIII,  280. 

Rekele  1159;  —  Ruchele,  Rokel  145();  —  Rochein  1605.  —  Eine  falsche 
Etymologie  brachte  den  Namen  in  Verbindung  mit  dem  „Rok",  welcher  Heinrich 
dem  Löwen  vom  verbrannten  Halberstadt  bis  hier  nachgefolgt  wäre. 

Dorf  28,8   km  nordwestlich   von    Halberstadt.     Der  Ort  hatte   1564:   40, 


124  Halberstädter  Landkreis:  Boclum  (Geschichte — Kirche) 


1589:  50  Hauswirte,  jetzt  900  Einwohner,  überwiegend  evangelischer  Konfession; 
nur  wenige  Katholiken  sind  vorhanden.  Ausser  der  Landwirtschaft  giebt  einigen 
Unterhalt  der  Betrieb  einer  grossen  Zuckerfabrik. 

Archidiakonat:  Kalme  (Kalium). 

Geschichte:  Der  Ort  stand  1397  unter  dem  Schutz  der  Herzöge  von 
Braunschweig,  der  Zehnte  gehörte  dem  Domprobst  von  Halberstadt  von  alter 
Zeit  her.  Ihm  unterstand  auch  die  1160  und  1307  genannte  Probsteimeierei. 
1606  wurde  wiederzum  erstenmal  seit  40  Jahren  ein  Zehntner  angestellt.  Die 
angeblich  durch  Heinrich  den  Löwen  gegründete  Kapelle  stand  unter  dem 
Patronate  der  Domprobstei. 

Die  Kirche  ist  1868—69  wieder  hergestellt  Das  Schiff  hat  eine  Länge 
von  22,0  m  und  eine  Breite  von  6,50  m.  DieApsis  ist  bereits  jetzt  in  schlechtem 
baulichen  Zustande.  Die  Altamische  ist  um  zwei  Stufen  erhöht  hinter  /einem 
grossen  Triumphbogen.  Die  Decke  ist  von  Holz  und  gewölbt  Fenster  giebt 
es  nach  dem  Altar  gesehen  rechts  vier,  nebst  zwei  Oberlichtern,  links  zwei 
kleine.  Der  Turmbau  ist  in  seinem  unteren  Teile  noch  romanisch  und  öffnet 
sich  gegen  das  Kirchenschiff  mit  zwei  Kreisbögen  auf  Kämpfern.  Der  Turm 
selbst  zeigt  zwei  rippenlosse  Kreuzgewölbe. 

Glocken  sind  vier  vorhanden:  1.  Durchm.  0,97  m,  gegossen  von  Heiso 
Meyer  in  Wolfenbüttel  1777,  2.  Durchm.  0,94  m,  und  3.  Durchm.  0,52  m,  beide 
gegossen  von  Johann  Georg  Gettwerth  in  Halberstadt  1796  bezw.  97,  4.  eine 
kleide  Glocke,  die  unerreichbar  ist 

Der  Altar  ist  modern.  [Ein  ehemals  vorhandener  Schnitzaltar  ist  ver- 
schwunden.] 

Die  Kanzel  ist  modern  und  unbedeutend. 

Die  Orgel,  ohne  Kunstwert,  stammt  von  ungefähr  1760. 

Der  Rest  eines  sechseckigen  romanischen 
Tauf  Steines  steht  im  Vorraum  (Fig.  59.)  Im 
Gebrauch  ist  ein  modernes,  wertloses  Stück. 
[Ein  ehemals  vorhandener  Taufengel  ist  abhanden 
gekommen.] 

Altargeräte:  1.  Ein  Kelch,  Silber  ver- 
goldet, 0,19  m  hoch,  mit  sechslappigem  Fuss 
zeigt  an  demselben  ein  kleines  Kruzifix.  Am 
Knauf  steht  IHESVS.  Der  Name  des  Pastors 
Johann  Mack  deutet  auf  die  Mitte  des  17.  Jahr- 
hunderts.  2.  Desgl.,  Silber,  0,22  m  hoch,  unten 
mit  einem  kleinen  Kruzifixus  nebst  Maria  und 
Johannis.  Halberstädter  Beschau,  Meisterzeichen 
D  T  1722.  Dauert  ist  der  Kelch  1724.  3.  Oblatenschachtel.  Silber.  Frank- 
furter    Beschauzeichen.      Meisterzeichen     (^^   Mitte     17.  Jahrh.     4.    Kleiner 

durchbrochener  Löffel,  Silber  vergoldet  5.  Patene,  Silber  vergoldet,  Zeichen 
wie  beim  Kelch  1  mit  auf  dem  Kande  eingraviertem  Kreuz  im  Kreise, 
Dm.  0,16  m.  6.  Patene,  17.  Jahrhundert  Material,  Grösse  und  Verzierung 
dieselbe.  *• 


Boclum  (Kirche:  Ausstattung)  —  Hohrsheim  (Geschichte)  125 

Ein  Kruzifix,  in  Holz  geschnitzt,  stammt  aus  dem  17.  Jahrhundert. 

In  der  Turmwand  oben  bei  den  Glocken  finden  sich  zwei  Sandstein- 
reliefs, kleeblattförmig  gestaltet,  eingelassen.  Das  eine  stellt  Maria  auf  dem 
Halbmonde  dar,  darunter  die  Unterschrift:  Julius  Sunnerman;  das  andere  ist 
die  freie  Kopie  desselben,  unten  steht  Margaretha  Fi . . .  Die  Höhe  der  Figur 
ist  0,51  m. 

In  der  Kirche  befindet  sich  das  Epitaph  des  Dardesheimer  Amtmannes 
Arnold  v.  Landsberg,  geb.  1588,  f  1637.  Es  weist 
sein  und  seiner  Frau  Wappen,  ausserdem  Sprüche 
u.  s.  w.  auf.  [Von  dem  Begräbnis  des  Dom- 
dekans Caspar  v.  Kannenberg,  f  1605,  ist  nichts 
mehr  zu  entdecken]. 

Am  Eingange  zum  Kirchhofe  ist  ein  Stein 
(Fig.  60)  eingemauert,  welcher  ein  0,60  m  breites, 
von  1507  datiertes  Kreuz  zeigt. 

Von  Privathäusern  aus  älterer  Zeit  ist 
nur  eins ,  No.  21 ,   vorhanden.     Es  sind    daran  ^^-  ^' 

noch  4  grosse  Fächerrosetten  erkennbar;  bei  der 

einen  trifft  die  zugehörige   Säule  nicht  ihre  Mitte.    Die  Schwelle  ist  mit  etwas 
gedrückten  Schnürrollen  verziert. 

Rohrsheim 

Handschriftliche  Chronik,  verfasst  vom  Kantor  H.  Clajus  zu  BohrBheiin.  —  Die  Kirchen- 
bücher reichen  bis  1673  zurück  —  Ein  sog.  Lagerbuch  ist  im  18.  Jahrh.  angelegt  worden ; 
es  bietet  viel  historisch  Wichtiges.  —  Harzzeitschr.  X VIII,  1Ö2. 169;  XX,  8;  XXII,  41u.ö. 

Kareshem  941;  —  Roreshem  945;  —  Roresheim,  Roresheym,  Ende  11.  Jahr- 
hunderts; —  Rorsheim  1194;  —  Rorsum,  Rorsem,  1316;  —  Rorsum  1358;  — 
ßorssem  1484;  —  Rorsem  1497;  —  Rorszenn,  Rorssen,  Rorsseim,  Rorszeinn,  1498;  — 
Rorsym  1527;  —  Rosem  1539;  —  Rhorshem,  Rorschem,  Rorsshem,  1563.  Der 
Name  mag  aus  der  in  der  sumpfigen  Gegend  häufigen,  früher  massenhaften 
Vegetation  von  Schilfrohr  herzuleiten  sein. 

Dorf,  20,6  km  nordnordwestlich  von  Halberstadt  am  kleinen  Bruche,  mit 
1175  Einwohnern,  welche  der  Konfession  nach  evangelisch  (nur  wenige  katho- 
lisch) sind,  und  deren  Haupterwerb  die  Landwirtschaft  bildet. 

Arcliidiakonat :  Dardesheim. 

Die  Geschichte  von  Rohrsheim  kann  hier  kurz  behandelt  werden,  da  sie 
zum  grössten  Teile  mit  derjenigen  der  Westerburg  eng  verknüpft  ist.  Ich  ver- 
weise daher  auf  das  betr.  Kapitel  der  Ergänzung  halber.  Der  amtliche  Zusammen- 
hang beider  Ortschaften  erhielt  sich  bis  zur  Errichtung  des  westfälischen  König- 
reichs. —  Der  Ursprung  von  R.  ist  in  Dunkel  gehüllt;  jedenfalls  bestand  der  Ort 
schon  941;  er  gehörte  damals  zu  dem  Gebiete  des  Grafen  Thietmar.  Gericht  und 
Grafschaft  wurden  späterhin  regensteinisch  und  blieben  es  auch  nach  1358  bis  zum 
Aussterben  der  Regensteiner.  Ein  Zehnter  von  Geld,  Fleisch  und  Früchten  gehörte 
seit  1086  und   nachweislich   noch    1499  dem  Kloster  Ilsenburg.    Aus  letzterem 


126  Halberötädter  Landkreis:  Eohrsbeim  (Geschichte  —  Kirche) 

Jahre  giebt  es  eine  Nachricht,  welche  für  den  damaligen  umfang  der  Bevölke- 
rungszahl von  Wichtigkeit  ist.  Man  unterschied  nämlich  die  dem  Kloster  zur 
Lieferung  von  Zehnthühnem  Pflichtigen  in  Osterlinghe,  Midderlinghere  und 
Westerlinghe.  Der  ersteren  werden  23,  der  mittleren  19,  der  letzteren  27,  zu- 
sammen also  69  Namen  genannt.  Die  Bezeichnung  „die  österlingischen*'  ist 
noch  heute  üblich,  desgleichen  die  Einteilung  des  Ortes  in  die  Nachbarschaften 
Mitteldorf,  östernstrasse  (ostemstraten  1515)  und  Westendorf,  wozu  seit  Alters 
noch  die  sog.  Kliebe,  der  Schüttewall  und  die  Missgunst  als  jüngere  Ansiedelungen 
kommen.  Ausser  den  Regensteinem  und  Ilsenburg  erhob  das  halberstädtische 
St.  Bonifaziusstift  und  1457  durch  Verleihung  des  Bischofs  Burchard  v.  Warberg 
auch  Graf  Heinrich  von  Stolberg  Zins  in  R  Mit  Regenstein  wurde  unter  dem 
Bischöfe  Heinrich  Julius  auch  R.  braunschweigisch.  Die  weiteren  Besitzverän- 
derungen decken  sich  mit  denen  von  West^rburg.  Die  Reformation  wurde  erst 
am  Ende  des  16.  Jahrhunderts  eingeführt;  der  erste  evangelische  Pfarrer  hiess 
Andreas  Siegfried.  Die  zweite  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  brachte  durch  die 
Plünderungen  der  Franzosen  1757  und  einen  verheerenden  Brand  am  19.  Juni  1770 
vielerlei  Unglück  über  den  Ort.  Dennoch  gelangte  dieser  bald  wieder  zu  Wohl- 
stand, der  sich  besonders  in  unserem  Jahrhundert  seit  Einführung  des  Zucker- 
rübenbaus sehr  gehoben  hat.  —  Das  Wappen  des  Ortes  zeigt  drei  Rohrkolben. 

Flurnamen  finden  sich  in  sehr  grosser  Zahl,  aus  dem  Jahre  1467/68 
überliefert,  im  zweiten  Bande  des  Ilsenburger  Urkundenbuches  p.  505— 508. 

Die  Kirche  enthält  als  Grundbestandteile  die  Reste  einer  schönen  roma- 
nischen Kirche,  welche  etwa  im  12.  Jahrhundert  erbaut  sein  mag,  wofern  die 
erhaltenen  Ornamente  nicht  bereits  Zuthat  zu  einem  älteren  Bau  waren,  übrig 
ist  noch  der  Turm,  der  eine  äussere  Länge  von  8,15  m  und  Tiefe  von  8,32  m  hat 
Verzierungen  fehlen,  die  viel  spätere  Spitze  ist  mit  Schiefer  gedeckt.  Ferner  ist 
von  dem  romanischen  Bau  noch  vorhanden  ein  Portal  an  der  Südseite,  jetzt 
durch  eine  Vorhalle  bedeckt.  Es  besitzt  ein  schmuckloses  Tympanon,  rechts 
und  links  stehen  noch  je  eine  romanische  Säule,  links  mit  Blattkapitäl,  rechts 
mit  Ornamentkapitäl.  Der  Abakus  ist  bei  beiden  steil  abgeschrägt,  der  linke 
Schaft  cylindrisch,  der  rechte  achteckig,  die  Basen  haben  Eckblätter.  Das  Ganze 
ist  von  einem  starken  Rundstabe  unter  einer  gleich  weit  heraustretenden  breiten 
Leiste  umrahmt.  Die  Stelle  des  Triumphbogens  im  Innern  ist  noch  durchaus 
erkennbar.  Desgleichen  lässt  sich  unschwer  feststellen,  dass  die  alte  Kirche 
4,12  m  schmäler  war  als  die  jetzige,  welche  eine  Breite  von  11,67  m  besitzt  bei 
einer  Länge  (diese  ist  unverändert  geblieben)  von  25,09  m.  Die  Erweiterung, 
welche  mit  der  fast  völligen  Verderbnis  des  alten  Baus,  die  höchlich  bedauert 
werden  muss,  zugleich  1753  vorgenommen  wurde  (eine  Inschrift  über  der  nörd- 
lichen Thür  giebt  darüber  Auskunft)  erstreckt  sich  lediglich  auf  die  •  nördliche 
Seite,  sodass  der  Chor  unsymmetrisch  zum  Schiffe  stehen  geblieben  ist.  Er  zeigt 
geradlinigen  Schluss  und  ist  um  zwei  Stufen  erhöht.  Die  Decke  der  Kirche 
ist  ein  hölzernes  Tonnengewölbe.  Fenster  sind  auf  der  nördlichen  wie  auf 
der  südlichen  Seite  -je  fünf,  im  Chor  zwei.  Sie  zeigen  zum  Teil  Malereien,  die 
modern  sind. 

Glocken  sind  drei  vorhanden.  1.  Dm.  1,52  m,  gegossen  1865  durch 
W.  Engelcke  in  Halberstadt;   2.  Dm.  1,30  m,  gegossen  1717  durch  Christ.  Ludw, 


Rohrsheim  (Kirche:  Ausstattung — Profangebäude  —  Alte  Sitte)  127 

Meyer  in  Braiinschweig;  3.  Dm.  0,85  m  mit  der  gotischen  Minuskelumschrift  AUE 
MARIA  GRA  Hh 

Den  Altar  schmückt  ein  Schnitzwerk  von  1661,  in  welches  Malereien  ein- 
gesetzt sind.  Ausser  den  vier  Evangelisten  sieht  man  Moses  am  brennenden 
Busche,  die  Kreuzigung,  den  Hohenpriester  als  Symbol  des  alten  Bundes,  oben 
die  Auferstehung,  an  der  Predella  das  Abendmahl. 

In  gleichem  Stile,  mit  reicher  Anwendung  von  ohrenartigen  Ornamenten, 
ist  das  Gestühl  gehalten. 

Die  Emporen  sind  in  ihren  Füllungen  mit  massigen  Malereien  aus  der- 
selben Zeit  bedeckt,  wobei  sich  die  Arbeit  mehrerer  verschiedener  Hände  unter- 
scheiden lässt.  Dargestellt  sind  Christus,  die  Apostel,  die  Evangelisten  und 
biblische  Scenen. 

Auch  die  Kanzel,  deren  Schalldeckel  besonders  schmuckvoll  ist,  stammt 
aus  gleicher  Zeit;  sie  ist  mit  sieben  Apostelfiguren  geschmückt 

Die  Orgel  ist  ein  massiges  Scbnitzwerk  des  18.  Jahrhunderts. 

Von  Altargeräten  sind  vorhanden:  1.  ein  Kelch  von  1685,  0,20  m  hoch. 

Beschau  Greif,  Marke  ^.    Unten  Chiistus  als  guter  Hirte.    Vergoldetes  Silber; 

2.  Kelch  'von  1697,  0,19  m  hoch,  dieselbe  Beschau,  Marke  CM.  Am  runden 
Knaufe  das  Wort  IHCSVS.  Vergoldetes  Silber;  3.  Patene.  Dm.  0,18  m.  Mit 
graviertem  Kreuz.  Beschau  und  Marke  wie  bei  No.  2 ;  4.  Patene.  Dm.  0,15  m 
und  5.  desgl.,  Dm.  0,13  m.  Beide  aus  vergoldetem  Silber  mit  eingraviertem 
Kreuz. 

Epitaphien:  1.  Kalksteinerne  Erinnerungstafel  für  ein  sehr  junges  Mädchen, 
welches  in  Lebensgrösse  vor  dem  Kruzifix  kniend  dargestellt  ist.  Die  Erhaltung 
ist  sonst  sehr  gut,  nur  die  Unterschrift,  die  u.  a.  den  Namen  enthielt,  ist  grossen- 
teils  durch  Feuchtigkeit  zerstört.  Schöne  Gewandfigur  des  16.  Jahrhunderts;  — 
2.  Epitaph  der  Familie  Stoff  regen.  Mit  fünf  Bildnissen.  Gegen  1720;  —  3.  Epi- 
taph eines  Pastors,  der  mit  seiner  Familie  vor  dem  Kruzifixe  kniet;  Scbnitzwerk 
vom  Ende  des  17.  Jahrhunderts;  —  4.  Epitaph  des  Henni  Adolph  v.  Steinberg 
(t  1684).  Oben  sein  Portrait;  darunter  die  grosse  Darstellung  des  armen  Lazarus, 
der  die  Steinbergschen  Gesichtszüge  hat.  Das  Ganze  ist  von  gedrehten  Säulen 
flankiert,  die  mit  Blattwerk  geschmückt  sind,  und  mit  vielen  Wappen  umgeben. 

Von  anderen  Gebäuden  ist  nur  das  alte  Pfarrhaus  zu  erwähnen,  welches 
in  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  erbaut  wurde.  Architektonisch  ist  es  ohne 
Interesse.  [Urkundlich  erwähnt  sind  ausserdem:  das  Siechenhaus  1468,  das 
Hirtenhaus  1483,  der  Pfarrhof  1498.  Der  Kirchhof  St.  Martini  in  der  Osternstrasse 
wird  1515  und  w^ahrscheinlich  schon  1468  genannt.] 

In  R.  besteht  noch  jetzt  der  alte  Gebrauch  des  sog.  Kassentragens.  Die 
„Kassen''  sind  lange  hölzerne  Kerzenhalter,  reich  mit  Rauschgold  umwickelt;  sie 
werden  bei  Begräbnissen  (ehemals  auch  bei  Hochzeiten)  mit  einer  brennenden 
Kerze  besteckt  und  vom  Leichengefolge  in  den  Händen  getragen.  Der  Gebrauch 
dürfte  als  Rest  des  katholischen  Kultus  anzusehen  sein. 


128  Halberstädter  Landkreis:  Sargstedt  (Geschichte  —  Kirche) 


Sargstedt 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1685  zurück. 

Serkstide  1084;  —  Siricstedi  1114;  —  Sircstide  1193;  —  Hui-Sircstide  1195; 
—  Sericstede  1197;  —  Sirxstede  1237;  —  Sergestede,  Sergestide  1243;  —  Seric- 
stide  1249;  —  Serichstide,  Serkstide  1250i  —  Serkestede  1288;  —  Serichstede 
1293;  —  Serchezstede  1297;  —  Serchstede  1302;  —  Serxstedhe  1311;  —  Sarx- 
stede  1312;  —  Serxstede  1318;  —  Schergstede  1322;  —  Zercstede  1331;  —  Scer- 
stede  1341;  —  Sercstete  1358;  -  Serchstete  1359;  —  Starkstede  1453;  — 
Sarxtede  1483. 

Dorf,  6,8  km  nordnordwestlich  von  Halberstadt  am  Huy,  am  Runstedter 
Bache,  mit  1100  Einwohnern  (1564  wurden  50,  1589  16  freie  und  36  unfreie 
Hauswirte  gezählt)  evangelischer  Konfession  —  nur  41  sind  katholisch  —  deren 
Haupterwerb  die  Landwirtschaft  bildet. 

Archidiakonat:  Halberstadt. 

Geschichte:  S.,  auchHuy-S.  genannt  zum  Unterschiede  von  Bod-S.  (Nien- 
hagen)  wird,  obwohl  es  unzweifelhaft  von  höherem  Alter  ist,  doch  erst  Ende  des 
11.  Jahrhunderts  urkundlich  erwähnt.  Es  gehörte  zu  den  bischöflichen  Meierei- 
dörfem,  und  der  Meier  stand  in  solchem  Ansehen,  dass  er  gelegentlich  (1283) 
sogar  als  Mitglied  des  bischöflichen  Konsiliums  mitwirken  durfte.  S.  gehörte  zu 
dem  Dingstuhl  von  Utzleben,  stand  also  unter  regensteinischer  Gerichtsbarkeit, 
welches  Verhältnis  jedoch  nicht  über  1358  fortdauerte.  Das  Patronat  der  Kirche 
war  seit  alter  Zeit  Vorrecht  des  Klosters  Huysburg,  welches  im  Dorfe  auch  be- 
gütert war  und  seinen  Meier  dort  hielt,  dem  gegenüber  jedoch  die  Bauern  in 
keiner  Abhängigkeit  standen.  Heute  ist  das  Patronat  königlich.  Besitzungen  in 
S.  hatten  sonst  noch:  das  Kloster  Borchhorst  (im  Bistum  Münster),  dessen  Güter 
dort  jedoch  noch  im  13.  Jahrhundert  an  den  halberstädter Siechenhof  übergingen; 
das  halberstädter  Jacobikloster  (1262);  das  halberstädter  Liebfrauenstift  (1268); 
die  Familie  v.  Berwinkel  als  Lehensträger  des  Domkapitels  (1302);  auch  das 
halberstädter  Johannisstift. 

Flurnamen:  Die  „lütge  Mark"  (qui  marche  vulgariter  nuncupatur.  1294) 
zwischen  S.  und  Klein-Runstedt;  —  ein  Waldfleck,  genannt  „holtblech"  1341;  — 
der  Sargstedtische  Graben  1483. 

Die  Kirche.  [Ein  sacerdos  wird  1199  erwähnt.  Bei  der  Revision  1589 
fand  sich,  dass  sie  einen  neuen  Turm,  neues  Dach  und  neue  Uhr  hatte;  alles 
zusammen  hatte  nur  80  Gulden  gekostet.  Dass  der  Turm  damals  nicht 
„neu"  war,  zeigt  seine  Gestalt  noch  jetzt.  S.  u.  Ein  neuer  Altar  war  damals 
gestiftet  von  Eggert  Runstedt]  Das  Schiff  ist  1829  erbaut,  der  Turm  aber 
stammt  noch  aus  romanischer  Zeit.  Er  hat  gekuppelte  dreifache  Fenster  mit 
schlanken  vierkantigen  Pfeilern  dazwischen,  auf  denen  breite  Kämpfer  ruhen. 
Die  Fenster  sind  zum  Teil  erneuert,  zum  Teil  vermauert. 

Die  drei  Glocken  haben  1,24  bezw.  1,14  und  0,38  m  Dm.  Die  grösste 
ist  1710  von  Christian  Ludwig  Meyer  in  Braunschweig  gegossen;  die  mittlere 
verfertigte  1617  Heinrich  Borstelmann  in  Magdeburg;  sie  zeigt  auf  einer  Seite 
eine  Darstellung  der  h.  Dreieinigkeit,  auf  der  entgegengesetzten  die  Kreuzigungs- 


r 


Sargstedt  (Kirche:  Ausstattung)  —  Schauen  l29 

gruppe  mit  Maria  und  Johannes.  Die  kleinste  Glocke  ist  0,56  m  hoch,  hat  keine 
Inschrift  und  ist  augenscheinlich  von  hohem  Alter. 

Zwei  zinnerne  Leuchter  sind  von  1718  datiert. 

Eine  schöne  Alt  ardecke  von  gemusterter  Seide  ist  von  1773. 

Von  Altargeräten  sind  vorhanden:  1.  ein  Kelch  von  vergoldetem  Kupfer, 
datiert  1584.  An  dem  sechslappigen,  mit  rundem  Knaufe  versehenen  Fasse 
besagt  eine  absichtlich  verwischte,  jedoch  noch  erkennbare  Inschrift  dass  dieser 
Fiiss  ehemals  zu  einer  Monstranz  gehörte.  Höhe  des  Kelches  0,15  m;  2.  ein 
Kelch  von  vergoldetem  Silber,  sechslappiger  Fiiss,  runder  Knauf,  1661.  Höhe 
0,22  m;  3.  ein  Kelch  von  vergoldetem  Silber,  Gestalt  ähnlich  wie  bei  Nr.  2; 
ara  Fusse  eine  silberne  Kreuzigungsgruppe;  1717;  Höhe  0,26  m;  4.  Patene  von 
Kupfer;  Dm.  0,12  m;  —  5.  desgl.  von  vergoldetem  Silber  mit  eingraviertem 
Kreuz;  Dm.  0,14  m;  —  6.  dosgl ,  vergoldetes  Silber  mit  graviertem  Kreuz, 
Halberstädter  Bescliau,  Zeichen  MG.  Dm.  0,17  m;  7.  eine  runde  Oblatenschachtel. 
Silber.    Halberstädter  Beschau,  Zeichen  MG.    Datiert  1697.    Dm.  0,14  ra. 

Alle  übrigen  Aasstattungsgegenstände  der  Kirche  sind  modern. 

Von  den  andern  Gebäuden  des  Dorfes  bietet  keins  ein  wesentliches 
Interesse.    [Urkundlich  erwähnt  werden  1453  das  Küster-  und  das  Hirtenhaus.] 

Eine  nicht  unbeträchtliche  Sammlung  prähistorischer  Gegenstände  befindet 
sich  im  Besitze  des  Lehrers  Germann.  Fundstätten  von  Urnen  und  der- 
gleichen sind  am  Thieberge  und  am  Halberstädter  Wege,  letztere  Stelle  im 
Besitze  des  Landwirtes  K.  Sievers  IL 

Schauen 

Keinicke,  Geschichte  der  freien  Reicheherrschaft  Scliauen.  —  Die  Kirchenbücher  gehen 
bis  1691  zurück.  —  Harzzeitschr.  III,  358ff.  XIT,  182.  331.  XVIII,  504,  XXIII,  504  u.  ö. 

Scann  in  pago  hardago  973;  —  Scouwe,  Wester-Scouwe  1203;  —  Vester- 
Scowenl246;  —  Schowenl255;  —  Monnecke-Schowen,  Moneke-Scouwen  1281;  — 
Monke-Schowen  1309:  —  Schowel317;  —  Schauingen  1564 ;  —  Schouwen  1624;  — 
die  Namensdeutung  ist  unklar. 

Dorf  mit  grossem  Rittergute  23,8  km  nordnordwestlich  von  Halberstadt  beim 
güldenen  Bache,  mit  730  Einwohnern  (1589  =  44,  1665  =  40,  1685  =  50—60 
Hauswirte),  von  denen  nur  wenige  katholisch,  die  übrigen  evangelisch  sind  und 
deren  Hauptbeschäftigung  ausser  der  Landwirtschaft  besonders  die  im  benach- 
barten Osterwieck  betriebene  Handschuhfabrikation,  Färberei  und  Gerberei  ist. 

Archidiakonat :  Osterwieck. 

Geschichte:  Der  Ort  Schauen,  welcher  vielleicht  schon  in  der  zweiten 
Hälfte  des  8.  Jahrhunderts  existiert  hat,  wird  urkundlich  zuerst  am  4.  Juni  973 
in  einer  Besitzbestätigung  Otto  H  für  das  Erzbistum  Magdeburg  als  scann  in 
pago  hardago  genannt.  Immerhin  ist  zweifelhaft,  was  damit  gemeint  ist,  weil 
derselbe  Name  vier  verschiedenen  Ortschaften  beigelegt  wurde.  Man  unterschied 
Süd-Sch.  (das  jetzige  Vorwerk  Schauenteichen  westlich  von  Wasserleben),  Bruch- 
schauen  (s.  Wüstungen),  Wester -Schauen  und  Mönch -Schauen,  welche  beiden 
letzteren  Namen  bis  Ende  des  13.  Jahrhunderts  als  gleichbedeutend  neben  ein- 
ander gebraucht  wurden.  Für  Mönch-Sch.  (H.-Z.  XXIII,  369)  kommt  auch  der  Name 
Hof-Sch.  vor.    Die  grangia  Seh.  war  1200  im  Besitze  von  Walkenried.    Bruch- 

Krela  UiOtientadt.  9 


130  Halberstädter  Landkreis:  Schauen  (Geschichte) 


schauen  wurde  schon  im  frühen  Mittelalter  wüst.    Der  Bischof  von  Halberstadt 
erlaubte    1309    dem    Kloster   Walkenried,    die    Kirche    abzubrechen,    weil    die 
Befürchtung  vorlag,   dass    sie   wegen    ihres    festen  Turmes    gelegentlich    einem 
Feinde  als  Stützpunkt  dienen  könnte.    Der  Altar,  die  Reliquien  und   die   vom 
Kirchhofe  erhobenen  Leichname  wurden  nach  Mönch-Sch.  überführt.    Als  älteste 
Besitzer  des  Gutes  Schauen  sind  die  Herren  von  Schauen  noch  1327  verbürgt, 
deren  Familie  noch  im  15.  Jahrhundert  nachweisbar  ist.    Seit  Ende  des  12.  Jahr- 
hunderts sind  auch  die  Herren  von  Kotze  dort  begütert  gewesen.    Schon  1264 
finden  sich  ferner   die   Grafen  von   Stolberg  in  Schauen  im  Besitze  gewisser 
Rechte,  unter  andern  der  Vogtei  über  die  Mönchschauener  Kirche.    Diese  ge- 
hörte zu  dem   Archidiakonate   des  Probstes  von  Stötterlingenburg,  stand   unter 
bischöflichem  Patronate  und  kam  1281  in   den  Besitz  des  Klosters  Walkenried, 
welches  freilich  zunächst  von  ihr  keinen  Gebrauch  gemacht  zu  haben  scheint. 
Dieses  Kloster   hatte   seit   dem    12.  Jahrhundert    Besitzungen    in   Schauen    er- 
worben und  einen   Klosterhof    daselbst  eingerichtet.      (Ein   Kloster  hat  es   in 
Schauen  nie  gegeben.)    Da  nun  die  Walkenrieder  Vogtei  in  den  Händen  der 
Grafen  von  Regenstein  lag  und  diese  damit  ihre  Macht  auch  auf  die  in  Schauen 
belegenen  Besitze  des  Klosters  ausdehnten,  so  entstand  daraus  eine  lange  Kette 
von  Streitigkeiten,  die   dazu  führten,   dass  den  Regensteinern  am  Anfange   des 
13.  Jahrhunderts  die  Schauener  Vogtei  gekündigt  und  dem  Grafen  von  Molden- 
berg  gegeben  wurde.    Die  Folge  war  1323  eine  furchtbare  Plünderung  Schauens 
durch   die  Regensteiner,  jedoch  verzichteten  diese  1328  auf  die  Vogtei,  behielten 
aber   die   Gerichtsbarkeit,   bis   auch   diese  1343  von  ihnen   an    die  Grafen   von 
Wernigerode   abgetreten  wurde.     Im   15.  Jahrhundert    entspann    sich    zwischen 
diesen  und  dem  Bischöfe   um  Schauen  ein  Streit,  welcher  noch  am  Ende   des 
16.  Jahrhunderts  fortdauerte.    1530  verkaufte  Walkenried  den  Hof  Schauen   an 
die  Stoiberger,   die   ihn  samt  dem  Dorfe  1546  an  Ulrich    von  Weferlingen  ver- 
pfändeten.    Als   Walkenried    sich    dann   später    bemühte.   Schauen    wieder   zu 
erlangen   und  die  Stadt  Osterwieck  sich   erboten   hatte   das  Geld   dazu  vorzu- 
strecken, weigerten  sich  die  Stolbcrgcr  und  setzten  es  mit  Hilfe  des  Oberlehns- 
herm  Joachim  II  von   Brandenburg   und  schliesslich  durch  Urteil   des   Reichs- 
kammergerichts (1581)  durch,   dass   sie   im  Besitze   verblieben.     Demgemäss  ist 
damals   die  Vogtei   stolbergisch,    während    die   Pfarre   der   geschichtlichen   Ent- 
wicklung gemäss  unter  Walkenriedischem  Patronate  verblieb.     1601  verpfändeten 
die  Stoiberger  Schauen  an  Statz  von  Münchhausen,  dem  sie  es  1610  für  4320  Thaler 
und  4(X)0  Goldgulden  abtraten.    1616  gelangte  der  Ort  für  65000  Thaler  in  den  Besitz 
des  Domkapitels.    Im  30  jährigen  Kriege  hatte  Seh.  während  der  Belagerungen  von 
Osterwieck  schwer  zu  leiden.    Damals  verloren  die  Stoiberger  die   letzten   noch 
behaupteten  Rechte  in  Schauen,  welches  nach  1648  reichs  unmittelbares  Lehen 
der  Herzöge  von  Braunschweig-CcUe  wurde.    Heute  ist  die  Herrschaft  Schauen  im 
Besitze  der  Reichsfreiherrn  Grote,  der  Erbschenken  des  Fürstentums  Halberstadt 
Alles  Nähere  vergleiche  in  dem  oben  angeführten  Buche  von  Reinicke. 

Flurnamen:  Sulczwiese,  Münnichsgraben  1619. 

Die  Kirche,  ein  kleiner  Bau,  welcher  mit  Benutzung  geringer  Stücke 
einer  älteren  Kapelle  1690  erbaut  ist,  bietet  architektonisch  kein  Interesse.  Auch 
die  Ausstattungsgegenstände  sind  geringfügig. 


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Schauen  (Kirche:  Ausstattung)  —  Stotterlingen  131 

In  dem  Dachreiter  hängen  2  Glocken.  Die  grössere  hat  0,93  m  Durch- 
messer und  ist  1723  gegossen,  die  kleinere,  welche  ohne  Schrift  ist,  lässt  sich 
nicht  erreichen. 

Der  Altar  ist  eine  weiss  bemalte  Schnitzerei  des  18.  Jahrhunderts  und 
enthält  ein  Gemälde,  die  Jünger  in  Emmaus  darstellend. 

Der  schmiedeeiserne  Tauf  Ständer  trägt  ein  messingnes  Taufbecken  ohne 
Schmuck. 

Die  Orgel  ist  von  1778. 

Ausserdem  enthält  die  Kirche  das  Bildnis  eines  Pastors,  zwei  in  Seide 
gestickte  Wappen,  ursprünglich  aus  einer  Altardecke,  jetzt  eingerahmt.  Dieselben 
beiden  Wappen  (eins  ist  das  Grote'sche)  befinden  sich  in  einem  der  Fenster. 

Altargeräte:  1.  Kelch,  Silber  vergoldet,  Höhe  0,23  m,  18.  Jahrhundert; 
2.  Paten e,  Dm.   1,16  m,   mit    graviertem    Kreuz   im   Kreise,   Silber   vergoldet. 

ßraunschweiger  Beschau,  Meisterzeichen  K  und  ^^    3.  Silberne  Kanne,  Höhe 

0,25  m,  gestiftet  von  Eleonore  Reichsfreiherrin  Grote,  geb.  v.  Marenholtz.    Anfang 
18.  Jahrhunderts.     4.   Silberne    Oblatenschachtel,   Dm.  0,11  m,   Braunschweiger 

Beschau,  Zeichen  ^^j  dieselbe  Herkunft.  5.  Ovale  Oblatenschachtel  in  getriebenem 

Silber    mit    Eierstab  Verzierung    und    gekräuselten    Rändern,    sowie    mit    dem 
Marenholtz 'sehen  Wappen,  Dm.  0,09. 

Die  Profangebäude  Schauens  bieten  nichts  Interessantes.  Am  Gutsthore 
befindet  sich  ein  Wappen  mit  der  Inschrift :  VON  GOTTESGNADEN  CHRISTIAN 
LUDOWIG  HERTZOG  ZU  BRAUNSCHW  VND  LUNEBU.  Unten  steht  SINOERE 
ET  CON8TANTER. 

[Die  Schenke  zu  Schauen  wird  1590  erwähnt.] 

Auf  dem  Gute  des  Reichsfreiherrn  Grote  befinden  sich  bedeutende  Samm- 
lungen von  Büchern  (8000  Bände),  Münzen,  Siegeln  (etwa  6U00),  Kupferstichen 
und  Gemälden. 

Stotterlingen 

Siehe  auch  Stötterlingenburg. 

Ein  Tagebuch,  welches  Nachrichten,  die  Pfarre  zu  St.  betreffend,  enthält,  ist  1823  vom 
Pastor  Frd.  Wilh.  Gronau  angefangen  und  bis  heute  fortgeführt.  —  Die  Kirchenbücher 
gehen  bis  1628  zurück.  —  H.-Z.  III,  232—234.  VI,  542. 

Stotterlinge  1106;  —  Stoterling  1308;  —  Stetterlinge  1545;  —  Stodter- 
lingk  1553. 

Dorf  27,8  km  westnordwestlich  von  Halberstadt,  unweit  der  Ilse,  hatte 
1564  44  Hauswirte,  jetzt  zählt  es  396  Einwohner,  evangelischer  Konfession, 
deren  Haupterwerb  die  Landwirtschaft  ist. 

Archidiakonat:  Osterwieck. 

Geschichte:  Als  Ort  wird  St.  schon  im  10.  Jahrhundert,  als  villa  1249 
erwähnt,  wo  wir  auch  von  Besitzungen  des  Klosters  Stötterlingenburg  hören. 
1399  wurde  es  vom  Bischof  Ernst  mit  Wülperode  und  andern  Orten  an  die  von 

9» 


132  Halberstädter  Landkreis:  StötterÜDgen  (Kirche) 


Rössing  und  Genossen  verpfändet.  1412  von  Bischof  Albrecht  an  die  von  der 
Asseburg.  Ein  Zehnter  wurde  1457  dem  Grafen  Heinrich  von  Stolberg  zu  Lehen 
gegeben.  Die  Gerichtsbarkeit  hatten  bis  1606  die  Kössings  auf  Wülperode,  erst 
damals  wurde  der  Ort  Stcitterlingenburg  zugeordnet.  In  jenem  Jahre  wurde  auch 
beschlossen,  Verbesserungen  in  dem  Dorfe  vorzunehmen,  über  dessen  Armut  schon 
1589  geklagt  wird.  Die  Pfarre  stand  immer  unter  dem  Patronat  des  Klosters,  heute 
unter  dem  der  Frau  Rittergutsbesitzer  von  Lambrecht  auf  Stötterlingenburg. 

Flurnamen:  1370  die  Wellen,  die  Mene,  das  Molenstal;  1470  die  lange 
Wiese,  „an  dem  watere,  de  Scholeke  genannt"  bei  der  Ilse;  1564  vor  dem 
Therm,  vor  dem  Teich,  bei  dem  Goslar 'sehen  Berge. 

Die  Kirche,  für  gewöhnlich  Gottes  Gnaden  Kirche  genannt,  ist  1726  mit 
Erhaltung  der  romanischen  Turmpartie  und  der  nur  mit  andern  Fenstern  ver- 
sehenen Nordwand,  sowie  eines  von  1629  datierten  Osteinganges  neu  erbaut 
worden.  Das  Kirchenschiff,  welches  im  halben  Achteck  geschlossen  ist,  ist 
19,5  m  lang  und  9,3  m  breit  und  mit  einem  hölzernen  Tonnengewölbe  ein- 
gedeckt. Der  Turm,  aus  Bruch-  und  Feldsteinen  erbaut,  ist  nur  im  untern 
Geschoss  erhalten,  das  obere  Geschoss  ist  durch  einen  hässlichen  Ziegelaufbau 
ersetzt.  Er  hat  eine  Tiefe  von  4,75  m  bei  einer  Breite  von  8  m.  Der  1726 
ausgeführte  Neubau  bedeutete  also  eine  Erweiterung  des  Kirchenschiffes, 
die  in  der  Weise  ausgeführt  wurde,  dass  man  die  Südwand  über  die  ent- 
sprechende Seite  des  Turmbaues  um  1,65  m  hinausrückte.  Gegen  das  Schiff 
öffnet  sich  der  Turm  mit  einem  grossen  Halbkreisbogen.  Nicht  unmöglich  wäre 
es,  dass  der  Turm,  wie  der  in  Stötterlingenburg,  ehemals  ein  Paar  Zwillingstürme 
getragen  hat,  da  seine  Breite  für  einen  einzigen  Turm  zu  erheblich  scheint 
Einen  Westeingang  hat  die  Kirche  niemals  gehabt.  An  der  Stelle,  wo  ein  solcher 
sein  würde,  ist  ein  kleines  steinernes  Kreuz  eingemauert.  —  Neben  dem  nörd- 
lichen Seiteneingange  scheinen  zwei  Balkenroste  an  der  Aussenseite  der  Kirchen- 
wand auf  die  ehemalige  Existenz  eines  Vorbaus  hinzuweisen. 

Glocken:  1.  Durchm.  1,08  m.  Gegossen  von  C.  H.  Knoblauch  in  Halber- 
stadt 1786.    Ein  darauf  befindliches  Gedicht  fängt  folgendermassen  an: 

Schon   lange   schnarrt   ich    stark    und 

heiser  war  mein  Schall 
Im  zarten  Ohr  erweckt  ich  Eckel  überall 
Doch  durch   der  Gönner  Gut  und  der 

Gemeinde  Gahen 
Die  Wunsch  und  Vorsatz  jetzt  geneigt 

erfüllet  haben 
Bin  ich  nun  ganz  erneut  etc. 

2.  Eine  kleine  Glocke  Ton  bedeutendem  Alter,  Durchm.  0,54  m,  Höhe  0,57  m, 
auf  4  Seiten  unten  mit  einem  Kreuze  innerhalb  eines  Vierpasses  verziert. 

Der  Altar  und  die  mit  ihm  zusammenhängende 

Kanzel  zeigen  reiches  Schnitzwerk,  dessen  ehemaliger  Anstrich  beseitigt  ist. 
Links  sieht  man  Moses,  rechts  Christus,  Anfang  18.  Jahrhundeit 

Vor  der  Orgel  befindet  sich  eine  aus  dem  17.  Jahrhundert  stammende 
geschnitzte  und  bemalte  Brüstung  olme  besonderen  Wert. 


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Stötterlingen  (Kirche:  Ausstattung)  —  StötterÜDgenburg  (Geschichte)  133 


Das  Taufbecken  stammt  von  1882,  ausserdem  existiert  ein  alter  hölzerner 
bemalter  Taufstein  aus  dem  17.  Jahrhundert 

Von  den  Bildern  in  der  Kirche  verdienen  nur  zwei  Beachtung:  1.  das 
Bildnis  des  Pastors  Joh.  Blume  (f  1709),  ein  nicht  eben  schlecht  ausgeführtes 
Werk.  2.  Das  Bildnis  des  Pastors  Franz  Ludw.  Blume  d.  J.  (f  1755),  nur  von 
historischem  Wert,  da  es  lediglich  mit  Ausnahme  des  Kopfes  eine  schlechte 
Kopie  des  vorigen  ist.    Beide  Figuren  haben  Lebensgrösse. 

Altargeräte:  1.  Kelch  von  1710,  Silber  vergoldet.  Am  Fusse  eine  kleine 
Darstellung  von  Jesus  und  der  Samariterin  am  Brunnen.  2.  Kleine  Patene  mit 
gekräuseltem  Bande.  Neben  demselben  e^n  graviertes  Kreuz  in  einem  Kreise. 
Halberstädter  Beschau,  Meisterzeichen :  M.  G. 

Von  andern  Gebäuden  in  St.  ist  nur  das  Pfarrhaus  zu  nennen,  welches 
1711  erbaut  ist. 

Stötterlingenburg 

Schmidt- Phiseldeck,  Urk.-B.  des  Klosters  Stbg.  Harzzeitschr.  1, 17. 21 ;  IIa,  4 ;  XV,  156; 
XVI,  236u.  ö.  —  Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1657  zurück. 

Stetterlingheburg  Ann.  Quedl.  995.  M  G.  S  S.  III  73;  —  Stoterlingeborch, 
Stiitterliggeburg  1106;  —  Stuterlingeburch  1108;  —  Stuterliggeburc  1136;  — 
Stutherlingeburg  1150;  —  Stutirligburg  1184;  —  Stoterlincheborch  1303;  — 
Stoterlingenborch  1319;  —  Stoterligburch,  Stoterlingborgh,  St-borgch  1329;  — 
Stotterlyngborch  1518;  —  Stetterlingkburgk  1564. 

Rittergut  im  Besitz  der  Frau  von  Lambrecht,  Lage  und  Einwohnerzahl 
siehe  Lüttgenrode. 

Archidiakonat  Osterwiock,  welches  1140  zuerst  erwähnt,  seitdem  stets  unter 
Verwaltung  des  Probstes  von  Stötterlingenburg  stand;  1184  findet  sich  eine 
Verbindung  mit  dem  Archidiakonat  Kalme. 

Geschichte.  An  der  Stelle  des  spätem  Klosters  stand  ursprünglich  eine 
Burg,  deren  ehemalige  Existenz  in  dem  Namen  des  Klosters  nachklingt.  Die 
Burggebäude  verschwanden  jedoch  bald  und  waren  gegen  1106  bereits  nicht 
mehr  vorhanden  (G  E  H  p.  88.  Annal.  Saxo  M  0.  SS.  VI,  638).  In  jener  Burg  wurde 
992  von  Bischof  Hildeward  von  Halberstadt  ein  der  Benediktinerregel  unter- 
worfenes Nonnenkloster  gegründet  und  am  19.  Juli  995  geweiht.  Weitere 
Nachrichten  über  die  erste  Entwicklung  fehlen,  doch  muss  diese  keine  vorteil- 
hafte gewesen  sein,  weil  berichtet  wird,  dass  gegen  das  Jahr  1108  Bischof 
Reinhard  das  Kloster  in  ziemlich  verkommenem  Zustande  vorfand,  dermassen, 
dass  die  von  ihm  vorgenommene  Reform  fast  einer  Neugründung  gleichkam. 
Seitdem  stand  das  Kloster  in  bedeutender  Blüte,  welches  es  sowohl  /der  von 
Reinhard  eingeführten  strengen  Zucht,  als  auch  den  von  ihm  gewährten  reichen 
Dotationen  verdankte.  1312  wurde  es  von  dem  (später  sogenannten)  Gertruden- 
kaland,  1322  vom  Kloster  Drübeck,  1347  von  dem  Frankenbergerkloster  St.  Peter 
bei  Goslar  in  engere  Verbindung  aufgenommen.  Vogt  des  Klosters  war  der 
Graf  von  Eegenstein  belehnt  vom  Markgrafen  von  Meissen  (gegen  1255  bis  61). 
Als  solcher  bezog  er  aus  Stbg  gewisse  Einkünfte,  über  welche  eine  Urkunde 
von  1319  (Stbg.  ÜB.  88)  nähere  Auskunft  giebt  Doch  verkaufte  er  1343  (ibid.  112) 
das  Kloster  nebst  dem  ganzen  Besitz  an  die  Herzöge  von  Braunschweig,  welche 


134  Halbeistadter  LaDdkreis:  StötterlingrenbQrg  (GeBchicht«] 

dafür,  sowie  für  das  Dorf  Hessen  damals  zusamnieii  500  löthige  Mark  braun- 
schweiger  Währung  zaLlten.  15  Jahre  später  ging  dies  alles  durch  Verpfändung 
für  12üO  Mark  an  den  Kat  von  Braunschweig  über.  Von  der  wirtschaftlichen 
Lage  des  Klosters  in  der  Folgezeit  ist  so  viel  bekannt,  dass  sie  zwischen  1494 
und  1507  einer  durchgreifenden  Besserung  bedurfte,  welche  der  Probst  Tisemann 
Wise  ■vollzog.  Auch  die  Klosterzucht  war  gegen  1450  bei  der  Reformatioa  der 
Benediktinerklöster  und  der  Einführung  einer  strengeren  Regel  verbessert 
worden.  Die  Aufnahme  in  das  Kloster  erforderte  eine  Zahlung  oder  sonstige 
Vergütung.  An  der  Spitze  des  Konventes  standen  der  Probst,  die  Äbtissin  und 
die  Priorin,  welche  drei  in  Urkunden  gewöhnlich  allein  namhaft  gemacht  werden. 
Der  Probst  wurde  vom  Konvent  gewählt  und  vom  Bischof  oder  seinem  Officialen 
bestätigt  und  eingesetzt    Er  hiess  (1402)  Prepositus,  rector  et  administrator  und 


hatte  die  Aufsicht  über  alle  Bewohner  des  Klosteiiä,  dessen  Oütcr  und  Gerecht- 
same. 'Weibliche  Klosterbeanitc,  Amtsfrauen  waren  ausser  den  schon  genanuten 
die  Küsterin,  Kellnerin,  Sanguieisterin,  Kämnierin.  Von  männlichen  Beamten 
und  Zugehörigen  des  Klosters  sind  die  Priester  und  der  Hospital  Vorsteher  als 
Geistliche,  der  Gliickner,  der  Hofmeister  (pater  famihas),  der  Meier,  der  Jflug-, 
Küchen-,  Schaf-  und  Backmeister  als  Laienbrüder  zu  erwähnen.  Sie  waren 
soweit  angesehen,  dass  sie  als  Zeugen  bei  Beurkundungen  auftreten  durften, 
Klosterschiiler  werden  1312  genannt,  ein  für  sie  aufgestellter  Stundenplan  ist 
aus  dem  Jahr  1589  erhalten  {Nebe,  Kirchenvisit.  p.yO).  Der  grosse  Sturm  des 
Bauernkrieges  brach  am  5.  Mai  1525  verheerend  auch  über  Stbg  herein.  Nach 
einem  Berichte,  den  vermutlich  der  Probst  Henning  Pulmann  vci-fasste,  kam  es 
damals  zu  einer  Zusammenrottimg  der  Bauern.  Die  Klosterinsassen  wurden  zur 
Flucht  gezwungen,  alles  Vieh,  aller  Getreide-,  Futter-  und  Nahrungsm ittelvorrat 
wurde  geraubt,  und  aus  der  Kirche  der  gesamte  Inhalt  entwendet  Alle  übrigen 
Gebäude  wurden  demoliert  und  alles  hinweggeführt,  was  sich  wegschleppen  Hess. 


Stütterlingenburg  (Geschichte  —  Kirche)  135 


Der  Brunnen  wurde  verschüttet,  die  Brauerei  vernichtet.  Im  Kloster  lag  der 
Schutt  der  zerstörten  Wände  doppelt  mannshoch.  Im  selben  Jahre  noch  wurde 
am  Tage  Johannis  des  Täufers  (24.  Juni  ?  oder  am  Enthauptungstage  29.  August?) 
mit  der  Wiederherstellung  begonnen,  da  sich  die  Klosterinsassen  nicht  von  ihrer 
alten  Stätte  trennen  mochten,  wieviel  Feindschaft  sie  auch  immer  bedrohte.  Von 
1525—28  wurde  gekauft:  für  112  fl.  Bretter,  für  150  fl.  Eisenwerk,  für  113  fl. 
5  Scliilling  4  Pfennig  Wagen  und  sonstiger  landwirtschaftlicher  Bedarf,  für  261  fl. 
Schafe  und  Schweine,  für  150  fl.  Butter,  Käse,  Hopfen,  Malz,  Salz  und  dergleichen, 
fürlTfl.  allerlei  „Inghedome''  für  das  Kloster  (Fig.  61);  femer  wurden  verwendet 
120  fl.  5  Schilling  4  Pfennig  für  Lohn  bei  den  Bauarbeiten.  Die  Ernte  des 
Jahres  1535  war  fast  vernichtet,  die  der  folgenden  Jahre  war  demgemäss  spärlich. 
Der  Gesamtschaden  wurde  nach  einem  Anschlage  vom  6.  Mai  1528  auf  1538\2  A- 
weniger  4  Pfennige  berechnet  (über  dies  alles  vgl.  Stbg.  ÜB.  315).  Auch  nach 
der  Zerstörung  blieb  die  Organisation  des  Klosters  dieselbe,  nur  dass  sich  mit 
der  Zeit  eine  grössere  Abhängigkeit  von  Braunschweig  einerseits,  vom  Hochstift 
Halberstadt  andererseits  bemerkbar  machte.  1555  wurde  Stbg.  säcularisiert  und 
vom  Hochstifte  eingezogen  und  1557  an  einen  gewissen  Johann  v.  Barby  ge- 
schenkt, der  die  Nonnen  elend  darben  liess.  Das  bischöfliche  Gut  ging  später 
in  den  Besitz  des  preussischen  Staates  über  und  wurde  1814  zur  Dotation  des 
Feldmarschall  Grafen  v.  Kleist  verwendet.  Dieser  wieder  verkaufte  es  1856  an  die 
(heute  geadelte)  Familie  Lambrecht,  in  deren  Besitz  das  Rittergut  noch  jetzt  ist. 

Die  ganze  Gegend  war  ehemals  stark  besiedelt,  wie  die  Namen  der  vielen 
Wüstungen  in  jener  Gegend  bew^eisen,  aber  auch  an  Waldungen  war  Uberfluss, 
weshalb  die  Landwirtschaft  auf  keiner  bedeutenden  Höhe  gestanden  haben  kann. 
Es  werden  erwähnt  ein  Wald  nach  Osterwiek  zu  1108,  einer  gegen  Suderode 
um  1255,  der  Waldort  Vosshole  1314,  das  Reynekenholt,  die  lutteke  Rothene  1351, 
das  Äbtissinholz  am  Fallstein  1535,  das  Küchenholz  (Kiffholz)  1535,  das  Wiet- 
holz  1565,  Eichen  Waldungen  1604. 

Flurnamen:  1106:  des  Feld  Herde  (auch  1300,  als  Wald  1330);  die  So- 
lingehove  1311;  —  by  der  Overbecke;  up  dem  becdam;  oppe  unse  anevende; 
tighen  dem  hoy  nedder;  tigen  unser  vrouwen;  Bühner  Weg;  op  dem  Papen- 
stige;  tigen  de  espen;  op  den  wiesen;  tigen  de  groten  Wellen;  tigen  Stemeberch 
hove;  tigen  dem  closterhof;  tuschen  den  dorpen;  Goslarscher  Weg;  tigen  den 
appelboyn;  tigen  de  dalwische;  boven  den  Hogenwege;  op  dem  Reinberge;  tigen 
de  rote;  by  des  richters  kampe;  anevende  genscliit  dem  cruce;  by  dem  busche; 
over  den  graven;  in  den  seewech;  op  dat  Ekholt;  tigen  den  nyen  hof;  in  der 
Wellen  bi  dem  closter  ackor;  bi  dem  Wellenwegen;  in  den  Smedostich;  bovenden 
dem  Kranckorde;  up  de  gravonwische;  up  dat  gras  vor  dem  Molenstal;  eyn 
wandersteyn  dartwischen;  boven  dem  boenlandt;  1  hof  het  olde  Las;  1  hof  de 
junge;  bi  dem  snakenbome;  bi  des  closters  18  swade  1432;  —  der  Schmerberg, 
welcher  schon  im  16.  Jahrhundert  abgerodet  war  1535;  —  Ad^  Eisenthal  1599;  — 
die  Vogtganne  (?)  1611. 

Die  Kirche  unter  dem  Patronat  des  h.  Laurentius  (seit  dem  Übergänge 
an  das  Hochstift  unter  dem  des  h.  Stephanus)  ist*  seit  der  Zerstörung  1525  nur 
noch  in  Resten  vorhanden,  welche  über  die  allmäliliche  Entstehung  des  Ganzen 
keinen  genügenden  Aufschluss  mehr  geben.    Sehr  spärlich  sind  die  Nachrichten 


136 


Halberstädter  Landkreis:  Stötterlingenburg  (Kirche) 


G^rundtiß 


.O— I i—L. 


J—l 1— l. 


1 


■i 


Fig.  62. 


Über  die  Baugeschichte.  1331  (April)  hören  wir  einmal  von  einem  Ablass,  1450 
wird  das  Bauamt  genannt.  Der  westlichste  Teil  des  Schiffes  ist,  wie  aus  den  mit 
den  übrigen  nicht  harmonierenden  Fenstern  und  der  Beschaffenheit  der  Mauer- 
werks ersichtlich,  in  der  Renaissancezeit  ergänzt  worden  (Fig.  63),  vielleicht  bei 


Fig.  63. 


Stötterlingenburg  (Kirche:  Beschreibung)  137 


der  Ausbesserung  nach  der  Zerstörung.  Dieser  Teil  ist  jetzt  durch  eine 
Holzwand  abgetrennt  und  dient  als  Stellmacherei  des  Amtes;  der  Ein- 
druck, welchen  das  beträchtlich  lange  Kirchenschiff  einstmals  gemacht  haben 
muss,  ist  auf  die  Art  ganz  gestört,  die  Akustik  des  jetzigen  Kirchenraumes  aller- 
dings verbessert.  Auch  von  aussen  ist  der 
Eindruck  ein  anderer,  weil  das  Kirchen- 
dach ehemals  höher  war  als  jetzt.  1892  ist 
das  Innere  der  Kirche  restauriert  worden. 

Die  aus  Kalkbruchstein  erbaute  Kirche  ^^ 


I 


war  eine  Pfeiler- Basilika  mit  flacher  Holz- 
decke.   Die   beiden  Seitenschiffe  sind  ver-  wnj^^j?^^ 
schwunden  und  über  ihre  Breite  ist  nichts 
Genaueres  zu  vermuten,  vielleicht  waren  sie  ^' 
halb  so  breit  wie  das  Schiff,  dessen  lichte 
Weite  8,20  m  (bei  einer  Länge  von  51,8  m) 

ist,  während  die  beiderseitige  Mauerdicke  zusammen  nicht  ganz  3  m  beträgt.  Von 
den  (wahrscheinlich  6)  Bögen,  die  einst  aus  dem  Mittelschiff  in  die  Seitenschiffe 
führten,  ist  an  der  Nordseite  noch  einer  zu  sehen,  ausserdem  ein  grösserer  Bogen, 
der  nach  dem  Querschiff  führte.  Seine  Verhältnisse  beweisen,  dass  das  Dach  des 
Quei-schiffs  ehemals  niedriger  gewesen  sein  -muss  als  das  des  Hauptschiffes. 
Ähnliches  findet  sich  in  Hamersleben.  Das  Mittelschiff  erhielt  sein  Licht  durch 
10  Oberlichter,  von  denen  beiderseits  die  zwei  westlichsten  verschwunden  sind. 
Alle  drei  Schiffe  waren  jedenfalls  mit  Absiden  geschlossen,  deren  mittelste  noch 
vorhanden  ist.  Ihre  Wände  sind  heutzutage  schief  und  drohen  mit  Umsturz, 
woran  sie  vorläufig  durch  eiserne  Bänder  vorhindert  werden,  auch  die  Seiten- 
wände des  Schiffes  stehen  nach  aussen  hin  aus  dem  Lot.  Drei  Bögen  scheinen 
ehemals  aus  dem  Hauptchor  auf  beiden  Seiten  in  die  Seitenchöre  geführt  zu 
haben,  nur  zwei  sind  auf  der  Nordseite  jetzt  noch  zu  erblicken.  Genauere  Unter- 
suchungen verhindert  der  undurchdringliche  Epheu,  der  die  Nordwand  überzieht. 
Die  Südseite  ist  derartig  verändert,  dass  s^e  über  den  ehemaligen  Zustend  keine 
Auskunft  giebt.  Die  Chornische  ist  um  2x2  Stufen  erhöht  (ihr  Bogengewände 
vgl.  Fig.  64).  Eine  Krypta  wird  1313  einmal  erwähnt,  ist  aber  nicht  nachweisbar. 
Die  Pfeilerkapitäle  an  den  beiden  Seiten  der  Mittelapsis  zeigen  wulstige  Quer- 
bänder mit  schachbrettartiger  Verzierung,  die  Pfeilerbasen  sind  attisch.  Er- 
kennbar sind  auch  noch  die  Priese  der  Pfeiler  zwischen  dem  mittleren  Chor 
und  den  Seitenchören.  Die  Abbildungen  (Fig.  65)  sind  im  Innern  der  Kirche 
genommen,  da  die  Friese  an  der  Aiissenseite  etwas  gelitten  haben;  allerdings 
sind  auch  sie  noch  kenntlich  und  zeigen  schönes  Blattwerk  und  Tiere,  der  Stil 
dieser  Skulpturen  weist  dieselben  in  den  Anfang  des  12.  Jahrhunderts.  Es  wäre 
nicht  unmöglich,  dass  der  ganze  sehr  lange  Chorbau  einer  etwas  späteren 
ßauperiode  angehörte  als  die  Mitte.  Hierfür  spricht  auch,  dass  sich  unter  dem 
Langhause,  nicht  unter  dem  Chore,  ein  in  der  Länge  z.  T.  vermauertes  spitz- 
gratiges  Gewölbe  hinzieht,  welches  durch  plumpe  Pfeiler  quadratischen  Grund- 
risses (Seite  0,80  m)  in  zwei  Langschiffe  geteilt  ist,  die  sich  wieder  in  quadratische 
Joche  (etwa  4  m  Seite)  zerlegen.  Das  Gewölbe,  dessen  Gesammtbreito  gleich  der 
des  Kirchenschiffes  ist,  erstreckt  sich  auch  unter  den  Turmbau, 


138       Halberstädtei  Landkreis:  StOtterlingenbur^  (Kirche:  Kapelleo,  Ausstattnng) 


Ob  der  Turm  mit  seiner  Zwilüngsspitze  und  den  grossen  Rundbogenfenstem 
ursprünglich  so  gestaltet  war,  ist  selir  zweifelhaft  und  auch  unwahrscheinlich. 
Vermutlich  stammt  auch  er  aus  der  Kenatssancczoit,  der  auch  das  anschlii-sseodü 
Mauerwerk  angehört.  Anzunehmen  ist,  dass  die  alte  Kirche  zwei  quadratische 
Türme  an  der  Westseite  hatte,  die  aber  mit  den  Seitenschiffen  verschwunden 
sind.  Der  jetzige  Turm  setzt  das  Mittelschiff  fort  und  ist  jedenfalls  ebenso  breit 
wie  der  ehemalige  Mittelbau  zwischen  den  Türmen,  auf  dessen  Grundmauern  er 
denn  auch  stehen  mag.   DerTurm  öffnet  sich  gegen  dasSchiff  mit  einem  grossen 

Bogen,  was  darauf  seh  Hessen 
lässt,  dass  die  Kirche  keinen 
Westeingang  und  wie  vorhin 
angedeutet,  vielleicht  sogar  eine 
westliche  Apsis  gehabt  hat. 

Von  ehemaligen  Kapellen 
p  werden   erwähnt   dio  Kapelle  S, 
■  ■           Nikolai,  erbaut  vom    Kanonikus 
Rodengerus  vor   1215,    die   Ka- 
pelle   der    männlichen    Kloster- 
genossen  1313,   der  Nonnenehor 
1313  und  1450,   die  Kapelle   auf 
dem  Chor  1450  sowie   die  Lieb- 
frauenkapelle im  Kreuzgange  1450. 
Über  die  Lage  aller  dieser  lassen 
Fig.  65.                                         sich  kaum  Vermutungen  fassen, 
der  Kreuzgang   ist    samt    allen 
übrigen    zur    Kirche     gehörigen 
Baulichkeiten  spurlos  verschwunden.    Von  der  Lage  des  Kreuzganges  würde  ab- 
hängig sein,  wo  die  Eingänge  der  Kirche,  Portale  bezw,  Vorhallen  sich  befanden. 
Die   jetzigen  Fenster   sind,   ebenso  wie   auf  beiden    Längsseiten  je   eine 
Thür,   dem  Bedürfnis  aber  nicht  dem   Sinn   der  Architektur  entsprechend   ein- 
gesetzt worden  (von  den  Oberlichtem  ist  hier  nicht  die  Rede),    Es  sind  auf  jeder 
Seite  drei,  die  sich  in  ihrer  Lage  nicht  entsprechen.    Verzierungen  zeigt  nur  eins 
in  r.estalt  von  vier  kleinen  gemalten  Scheiben  des  17,  Jahrhunderts,  den.>n  über- 
wiegend  gelb   gehaltene  Malerei  darstellt  1,  das  Wappen  des  Hans  Sachzen  mit 
Zeichen  -t^;    2.  Wappen   des  Baltzer  Vet  ,  .  .,  Pfeil  in  weiss  und   rotgeteilteni 

Schilde;   3.  desgl.  des  Joh.  Sander,  Lilie  über  zwei   Stcnicn,  Engel   als  Schild- 
haltcr;  4.  S.  Stephanus  nach  links  schreitend. 

Sakramentshaus,  reich  ausgebildet  und  von  einem  zinnenartigen  fle- 
sims  überdeckt;   es  stammt  vom  Ende  des  15.  Jahrhunilorts  (Fig.  6ti), 

Von  Glocken  ist  schon  1249  die  Rede.   Gegenwärtig  giebt  es  deren  zwei: 

1.  Dui-chm,  1,U8  m,  Hohe  0,H7  m;  sie  hat  folgende  Minuskelinschrift: 

anno  dni  m  [cc]  1  xxxx  -  im  -  in  die   jakobi   apli 

ave  maria  amen  Hh  o  rx  glorie  veni  cum  pace. 

Verzierungen    zeigt    die    Glocke    vier    Abdrücke     von     Siegeln     des     Klosters 

Stbg.     (mit    dem     h.  Laurentius;,    ferner    oben     und     unten    nagelkopfähnliche 


SUtterlingenbui^  tKirche:  Ausstattung) 


Ornamente,  endlich  oben  einen  Kruzifixus,  eine  stehende  Madonna  und  eine 
unerkennbare  kreisrunde  Darstellung.  2.  Durclim.  1,32  ni.  Genossen  von  J.  G. 
Grosse  in  Dresden  1881.  Die  Glocke,  welche  gestiftet  ist  durch  den  Patron 
Ferdinand  Lambrecht  und  seine  Gattin  Doretto  Lanibrecht,  geb.  Hineke,  zeigt 
unten  die  Nummer  1U88,  ist  mit  der  Tonangabe  Es  versehen  und  mit  fünf 
Sprüchen  und  den  Namen  der  Ortyobrigk  ölten  ausgestattet. 

Altäre:     [Ehemals  waren  vor- 
handen die  Altäie  S.  Laurentii,  S.  Ni-  

bolai  1215;  B.  Marie Virginis  in  Kripta, 
b.  Johanois  apostoli  et  evangelistae 
(in  choro  domJnarum),  s,  Petri  apostoli 
(in  capella  dominorum),  b,  Stepliani 
1313;  ein  Altar  'n  der  Liebfrauen- 
kapelle im  Kreuzgange,  der  Allerseelen 
Altar,  aller  h.  Engel  Altar  und  h.  Kreuz- 
altar fuppeder  juncvrowen  köre)  1450; 
der  Altar  in  der  Kapelle  S.  Nikolai 
war  vermutlich  identisch  mit  dem 
vorhin  genannten  Nikolas-Altar;  er 
wird  1465  erwähnt  als  durch  Gottschalk 
Wegener,  Altaristen  zu  Homburg  bei 
ihm  eine  Yikarie  gestiftet  und  mit 
100  Mark  dotiert  wurde,  die  unter 
dem  Patronat  des  Hofmeisters  zu  Stbg 
stand,]  Nur  der  ehemalige  Hochaltar 
in  der  Mittelapsis  ist  noch  vorhanden 
und  im  Gebrauch. 

Die  Eirchstüble  werden  1525 
erwähnt  Die  jetzt  vorhandenen  Kind  laut  Inschrift  am  16.  Mai  1657  auf- 
gestellt worden.  Die  herrschaftliche  Loge  und  auch  andere  Stühle  gehören  der 
selben  Zeit  an.  Sie  sind  mit  Blendarkadcn  geziert,  wie  solche  auch  an  den 
Holzhäusern  im  benachbarten  Osterwieck  und  anderwärts  in  der  Zeit  viel  vor- 
kommen. Die  Füllungen  sind  mit  massigen  Maleroion,  Darstellungen  aus  der 
h,  Geschichte,  bedeckt;  18,  Jahrhundert 

Die  Kanzel  stammt  vom  Ende  dos  16.  Jahrhunderts.  Sie  ist  aus  fünf 
Seiten  des  Achtecks  zusammengesetzt  Die  Ecken  sind  durch  zierliche  Säulen 
hervorgehoben;  zwischen  ihnen  befinden  sich  kleine  Rundbogcnnischen,  von 
denen  vier  mit  flachen  Reliefs  stehender  Figuren  (Matthäus,  Christus  mit  Welt- 
kugel, Markus,  Paulus)  erfüllt  sind.  Der  in  entsprechendem  Stil  gehaltene  Sehall- 
deckel zeigt  imten  rings  herum  den  Spruch:  „Selig  sind  die  Gottes  "Wort  hören 
und  howaren."  Die  Bekrünung  oben  wird  durch  die  kleine  stehende  Figur  des 
h.  Klephanus  gebildet  Die  Kanzel  befindet  sich  vom  Chor  aus  rechts  gegen  die 
Mitte  hin,  sie  ist  WJ2  von  AV.  Kom  in  Osterwieck  in  verständiger  Welse  repa- 
riert worden. 

Orgel.  Eine  ältere  ging  1525  mit  zu  Grunde,  die  jetzige  ist  modern,  1892 
von  Frau  v.  Lambi-eclit  geschenkt 


140  Halberstädter  Landkreis:  Stötterlingenburg  (Kirche:  Ausstattung) 


Das  Taufbecken  ist  eine  Holzschnitzerei  vom  Anfange  des  17.  Jahr- 
hunderts. 

Die  Abendmahlsgeräte  gehören  der  Kirche  von  Stötterlingen  (s. das.) 

Ein  Kronleuchter  von  Messing,  dessen  sechs  Arme  in  flachgeschnittene 
Köpfe  ausgehen,  zeigt  oben  einen  doppelköpfigen  Adler,  ähnlich  dem  in  Rimbeck. 
17.  Jahrhundert. 

[Eine  schwarze  Lade  zur  Aufbewahrung  von  Urkunden  und  dergl.  gab  es 
noch  1572.] 

[Yen  Reliquien,  die  das  Kloster  besass,  werden  urkundlich  nur  die  des 
h.  Godehard  genannt,  welche  zwischen  1133  und  53  Bischof  Bernhard  v.  Hildes- 
heim schenkte  und  die  1178  an  das  Kloster  Ichtershausen  weiter  gegeben 
wurden.] 

Kunstgegenstände.  [Das  „h.  Kreuz"  wird  1352  erwähnt.  1607  wurde 
eine  Bildsäule  des  h.  Stephan,  zu  der  der  Stein  30  Thaler  gekostet  hatte,  nach 
Stbg  gebracht,  vor  das  erste  Thor  gesetzt  und  der  Name  des  Heiligen  an 
letzterem  eingemeisselt.]  Gegenwärtig  findet  sich  ein  mehr  als  lebensgrosser 
S.  Stephan,  eine  Steinskulptur  des  18.  Jahrhunderts,  über  der  Pforte  an  der 
Südseite  der  Kirche.  Da  dieses  Bild  ehemals  am  Eingange  des  Klosters  stand, 
so  ist  wohl  anzunehmen,  dass  es  an  die  Stelle  des  vorhin  erwähnten,  verloren 
gegangenen  gesetzt  worden  ist.  —  In  der  Kirche  vor  dem  Chore  giebt  es  einen 
Triumphbalken  mit  den  etwa  1  m  hohen  Figuren  von  Maria  und  Johannis, 
zwischen  denen  die  grössere  Figur  des  Gekreuzigten  steht  Bemalte  Holz- 
schnitzerei des  15.  Jahrhunderts.  In  den  Köpfen  befanden  sich  vordem  Reliquien, 
jetzt  im  Gewahrsam  der  Frau  v.  Lambrecht. 

Über  dem  Altar  steht  ein  Gemälde,  Triptychon,  der  sächsischen  Schule 
des  beginnenden  16.  Jahrhunderts  angehörig.  Seine  ursprüngliche  Beschaffenheit 
lässt  sich  nur  noch  wenig  beurteilen,  weil  das  Bild  bei  seiner  Wiederheretellung 
1887  sehr  verdorben  ist.  Das  Mittelbild  zeigt  die  Kreuzigung,  Magdalena  mit 
grossem  Kopfputz  umfasst  das  Kreuz,  links  sieht  man  die  Gruppe  der  ohnmächtig 
niedersinkenden  Maria,  welche  von  Johannes  und  den  Frauen  gestützt  wird; 
dahinter,  und  dem  Beschauer  den  Rücken  drehend,  sieht  man  den  Soldaten, 
welcher  mit  dem  Speer  sticht.  Rechts  vorne  kauern  die  um  den  Rock  streitenden 
Kriegsknechtc.  Hinten  erscheint  der  bekehrte  Hauptmann  nebst  anderen  Kriegern, 
von  denen  einer  eine  Fahne  trägt.  Das  Mittelbild  ist  rechts  und  links  von 
gemalten  Säulen  eingefasst,  daneben  stehen  je  zwei  Figuren  übereinander,  rechts 
oben  Johannes  Evang.,  unten  Lukas  mit  der  Palette;  links  oben  Matthäus,  unten 
Markus,  jeder  mit  seinem  Symbol.  Flügel:  rechts  aussen  oben  Anbetung  des 
Kindes,  unten  Beschneidung;  innen  oben  Dornenkrönung,  unten  Grablegimg. 
Links  aussen  oben  Verkündigung,  unten  Anbetung  der  Könige;  innen  oben 
Christus  am  ölberg,  unten  Kreuztragung.  Höhe  1,56  m.  Breite  des  Mittelbildes 
1,97  m.  Die  vielleicht  etwas  ältere  Predella  zeigt  die  h.  Sippe  und  andere  Heilige 
z.  T.  ganz  jugendlich,  versammelt  um  die  in  der  Mitte  sitzenden  Figuren  der 
Madonna  und  der  h.  Anna.  Höhe  0,60  m.  Breite  1,65  m.  Die  Köpfe  sind  teil- 
weis schön  und  charaktervoll. 

[Kirchenschatz.  Dessen  Inventar  bei  Schmidt,  Magdeb.  Geschichtsbl.  1868, 
p.  443  ff.] 


Stötterlingenburg  (Kirche:  Ausstattung)  —  Ströbeck  (Geschichte)  141 


Epitaphien.    [Begräbnisstätten  finden  sich  1249  erwähnt] 

Zwei  Grabtufeln  mit  eingeritzten  Figuren  und  unleserlich  gewordenen  Um- 
schriften, liegen  fast  ganz  verdorben  und  zerbrochen  auf  dem  rohgepflasterten 
Fussboden  der  Kirche.  Ausserdom  sind  in  einem  kleinen,  an  der  Nordseite  be- 
findlichen modernen  Vorbau  an  den  Wänden  rechts  und  links  fünf  Epitaphien 
der  Familie  Huet.  Sie  stammen  mit  einer  Ausnahme  (von  1729)  sämtlich  aus 
der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts. 

[Von  den  nicht  eigentlich  mit  der  Kirche  zusammenhängenden  Gebäuden 
des  claustrum  hört  man  in  den  Urkunden  öfter.  1473  ist  von  ihrer  Ausbesserung 
die  Rede.  Genannt  werden  die  bischöfliche  Kellerei  1106,  die  Küche  und  Back- 
stube 1316,  die  Klausur  der  Nonnen  1323,  das  Leichenhaus  1413,  der  Wein- 
garten 1465,  der  Remter  als  Aufenthaltsort  der  Kasse  1465,  das  Sprakhaus  als 
Ort  urkundlicher  Vollziehungen  1492  und  1495.  Ferner  werden  1525  genannt 
die  Probstei  (die  nach  der  damals  zerstörten  erbaute  wurde  1606  abgerissen), 
das  Brauhaus,  das  Multehus  (?  Molkenhaus?),  die  Ställe,,  der  Brunnen.  Von 
Thoren  kommen  vor  1465  das  „vor  dem  tige'',  1525  das  „vor. dem  bomhove",  vor 
dem  Kirchhofe  und  zwei  andere  grosse  Thore.] 

Die  heutigen  Gutsgebäude  sind  sämtlich  modern. 

Ströbeck 

Elia,  Kurzgefasste  historische  Nachrichten  von  Ströbeck.  Halberetiidt  1843.  —  Die 
Kirchenbücher  gehen  bis  1660  zurück.  Andere  Notizen,  wahrscheinlich  Communicanten Ver- 
zeichnisse, finden  sich  von  1596  an.  —  Harzztschr.  III,  124,  242, 921;  IV,  26;  V,  426;  XVIII, 
344;  XIX,  73;  XXIV,  260,  316  u,  ö. 

Eine  zuverlässige  Erklärung  des  Namens  giebt  es  nicht.  Dass  er  vom  Oster- 
berge  oder  gar  von  dem  Namen  der  Göttin  Ostera  herkommt,  ist  nicht  an- 
zunehmen. 

Strebeki  1C04;  —  Sterabeeck  1052;  —  Strobeke  1084;  —  Strobike  1174. 
Li  späterer  Zeit  wird  der  Ort  mit  Vorliebe  Stropke  genannt 

Grosses,  stattliches  Dorf  7,6  km  westnordwestlich  von  Halberstadt  am 
Ströbecker  Fliess.  Einwohner:  1564  66  Hauswirte,  1589  deren  93,  1843  gab  es 
783  Einwohner,  jetzt  1342,  deren  Haupterwerb  die  Landwirtschaft  bildet.  Der 
Konfession  nach  sind  alle  evangelisch  bis  auf  21  Katholiken. 

Archidiakonat:  Halberstadt. 

Geschichte:  Der  Ort  wird  zuerst  erwähnt  in  einer  Urkunde  Heinrich  IL 
vom  1.  August  1004  und  heisst  1223  villa,  1470  blek.  Seit  alter  Zeit  unter- 
scheidet man  in  Str.  das  Nordendorf  und  das  Sudendorf;  letzteres  entstand  nach 
der  Zerstörung  des  Ortes  durch  Heinrich  den  Löwen,  als  viele  Bewohner 
benachbarter  Ortschaften  sich  dort  ansiedelten.  1052  kam  Str.  durch  Schenkung 
Heinrich  III.  an  den  Bischof  Burchard  I.  von  Halberstadt,  während  die  Herr- 
schaft im  Orte  selbst  zunächst  noch  von  den  Herren  von  Ströbeck  (Strombeck) 
ausgeübt  wurde;  sie  haben  sie  jedoch  bald  verloren.  Über  ihre  weitere  Ge- 
schichte s.  Elis. 

Grafschaft  und  Gericht  waren  regensteinisch,  jedoch  erwarb  das  Domkapitel 
1268  von  den  Grafen  von  Regenstein  die  niedere,  1358  auch  die  hohe  Gerichts- 
barkeit des  Ortes.    Das  kapitularische  Gericht  fand   dreimal  jährlich   statt.     Die 


142  Halberstädter  Landkreis:  Ströbeck  (Kirche) 


Yogtei  von  Str.  hat  das  Domkapitel  1268  von  den  Gebrüdern  von  Hasserode 
erworben.  Begütert  waren  in  Sti*.  die  Herren  von  Minsleben,  von  Amersleben, 
sowie  das  Kloster  Drübeck.  Das  Patronatrecht  der  Kirche  gehörte  zeitweise  den 
Äbtissinen  von  Gernrode.  Vom  Domkapitel  kam  Str.  späterhin  in  die  Hände  des 
Doraprobste^s  und  wurde  dem  domprobsteilichen  Amte  Dardesheim  untergeordnet; 
von  da  gelangte  es  1665  durch  Tausch  wieder  an  das  Domkapitel  und  damit  unter 
das  Amt  Zilly.  Schon  früh  wurde  Str.  reformiert;  der  erste  evangelische  Prediger 
Hermann  Künne  +  1544.  Eine  St.  Annen -Brüderschaft,  die  durch  freiwillige 
Spenden  der  Einwohner  erhalten  wurde,  findet  sich  1589  erwähnt.  1631  waren 
die  Schweden  in  Str.,  die  mit  ihren  Yerschanzungsarbeiten  in  den  folgenden 
Jahren  viele  Zerstörungen  anrichteten.  1757  lagerte  im  Herbst  in  dortiger 
Gegend  die  Armee  des  Marechalls  Richelieu. 

Plurnamen:  Grashove  1235;  —  Braunschweiger  Weg;  uppe  de  tvunne 
1396;  —  in  dem  skapdale;  hinter  dem  neuen  Turm;  Aspenstedter,  Dardesheiraer, 
Athenstedter,  Wernigeröder,  Danstedter  Weg;  nach  dem  Braunschweiger  Turm 
zu  über  den  Stadtweg;  Wichhäuser  Stein;  Ditfurtsche  Marke;  Holzweg;  neuer 
Graben;  auf  dem  Sudenbeke;  auf  dem  hogenwech;  auf  der  SüUe  auf  der  Aspen- 
stedter Marke  1471,  jan.  6. 

Kirche:  Von  den  zwei  Kirchen,  welche  auf  der  Abbildung  des  alten  Str., 
die  sich  in  Intarsia  auf  dem  1651  gearbeiteten  Ströbecker  Schachbrett  befindet 
(s.  u.),  zu  sehen  sind,  existiert  nur  noch  die  im  Nordendorf,  d.  h.  der  mit  Be- 
nutzung einiger  Reste  von  ihr  1877  aufgeführte  Neubau.  Die  ältere  Kirche  (Patron 
S.  Pancratius)  ist  am  29.  Juli  1876  durch  einen  Blitzschlag  eingeäschert  worden.  [Die 
Nordendorfer  Kirche,  die  ältere  von  beiden,  hatte,  wie  ein  im  Besitze  des  Herrn 
Posthalters  Krieg  zu  Str.  befindliches  Ölbild  zeigt,  einen  Turm,  der  oben  auf 
allen  4  Seiten  kleine  rundbogige  Fenster  zeigte.  Er  war  dem  früheren  roma- 
nischen Turme  nachgebildet,  der  1566  durch  Brand  zerstört  wurde.  Bei  der 
Gelegenheit  wurden  aber  die  drei  Glocken  gerettet  und  in  den  neuen  Turm 
übertragen.  Der  Altar  war  in  der  1876  zerstörten  Kirche  wie  der  vieler  anderer 
Kirchen  der  Gegend  mit  gewundenen  Säulen  ausserdem  mit  Wappen  geschmückt, 
und  rechts  und  links  zu  einer  den  Chor  abschliessenden  Wand  ausgedehnt. 
Er  stammte  vom  Ende  des  17.  oder  Anfang  des  18.  Jahrhunderts.  Die  Orgel 
hatte  22  Stimmen  und  war  1748  erbaut  an  Stelle  einer  kleinen,  die  1664  gekauft 
worden  war.  In  der  Kirche  befand  sich  an  der  Prieche  folgende,  über  die 
Zerstörungen  im  30jährigen  Kriege  hinüber  gerettete  Inschrift  zum  Gedächtnis 
des  Pastors  Hermann  Künne: 

Ex  Lutheranis  hujus  Pastoribus  aedis 
Ausus  suggestum  scandere  primus  eram. 
Intrepide  docui  sacra  dogmata  rite  restaurans, 
Fulmina  nee  timui  Pontificisque  minas. 
Tandem  obdormivi  placide,  pieque  resurgens 
Exspecto  coeli  praemia  dicta  piis.    (Elisp.  23.) 

Ausserdem  war  beim  Altar  das  Porträt  des  Pastors  Jakob  Treue  (f  1721).  Ein 
silberner  vergoldeter  Kelch  war  gestiftet  von  der  Frau  des  Mahndorfer  Admini- 
strators  Müller  (t  1676).   —  Der    „Rektor"    der    Kirche  im    Nordendorf    wird 


StrOlrack  (Kirche:  Ausstattung  —  Profangebäude] 


1428  erwähnt.  —  Die  Sudendorfer  Kirche,  erwähnt  1396,  wird  1564  Unser  Lieben 
Frauen  Kapelle  genannt.    Näheres  über  sie  ist  unbekannt.] 

Der  untere  Teil  des  Turmes  der  alten  Kirche  ist  erlialten  geblieben  und  der 
neue  darauf  gebaut.  Der  Grundriss  ist  quadratisch  mit  6.63  m  äusserer  Seiten- 
länge. Die  drei  Glocken  sind  von  J.  G. Grosse  in  Dresden  1377  geliefert,  mit 
dessen  Fabriknumniem  898 — 900  versehen  und  haben  1^  m,  bezw.  I,ü9  m  und 
0,96  m  Dm.  Die  mittlere  ist  aus  dem  beim  Brande  geschmolzenen  Glockengut 
hergestellt  —  Das  Patronat  gehörte  erst  den  Edlen  von  Hadmersleben,  wurde 
132Ü  an  Gemrode  übertragen,  seit  1585  war  es  bischöflich,  jetzt  ist  es  königlich. 

Ältargeräte:  1.  Kelch,  Silber  vergoldet,  Höhe  0,21  m;  mit  sechslappigem 
Fusse,  woran  ein  Kreuz  eingraviert  ist;  am  Knauf  IHGSVS;  Halberstädter  Beschau, 
Zeichen  CT. 

2.  Patene,  Silber  vergoldet,  Dm.  0,15  m,  ohne  Schmuck. 

3.  Kunde  Oblatenschachtel  von  vergoldetem  Silber,  datiert  1687;  oben  ein 
kleines  Kruzifix;  Dm.  0,9  m. 

4.  Taufsehiissel  von  getriebenem  Messing,  Dm.  0^7  m;  in  der  Mitte  das 
Bild  der  Immaculata,  ringsherum  eine  doppelzeilige  rätselhafte  Inschrift. 

Profangebäude:  [Meierei  1320;  Badstube  seit  1409  Eigentum  der  Dom- 
Tikare,  vorher  der  Grafen  von  Wernigerode;  —  Vogtliof  1409;  —  der  Pfarrhof 
1466;  —  der  „neue"'  Turm,  der  Braunschweiger  Turm  1471;  —  das  Wittwenhaus, 
gestiftet  1670  von  Johann 
Heinrich  Müller,  Ädmini- 
stiator  zu  Mahndorf,  erbaut 
1671,  hatte  über  der  Thür 
die  Inschrift:  Communi 
consensu  omnium  Strö- 
beccensium  Dominus  Jo- 
hann Heinrich  Müller, 
Administrator  Mahndorf- 
fiensis,  domum  hanc  Vi- 
duarum  maxima  ex  parte 
aediBcari  curavit  anno  1671 
(Elis,  p.  26) ;  —  Knaben- 
schule, erbaut  1693;  — 
Mädchenschule,  erbaut  1 7 10.] 
Von  Interesse  ist  der  so- 
genannte Schachturm,  eine 
alte  Mauerwarte  (Fig.  67), 
die  mit  der  Sage  der  Ent- 
stehung der  Ströbecker  Tkurm  in  :>traOecK . 
Schachliebhaberei  irrtüm- 
lich in  Verbindung  ge-  ^''^-  ^'■ 
bracht  vrird.  Er  hat  qua- 
dratischen    Grundri.ss    mit 

4,66  m  äusserer  Seitenlänge;  in  der  Mitte  der  Vorderseite  führt  eine  0,91  m 
breite  Thür   in   einen   quadratischen    (Seite    circa  2,20  m),    mit   Tonnengewölbe 


144     Halberslädter  Landltreis:  Ströbeck  (Privathäuser  —  Schachspiel)  —  Suderode 


gedeckten  Innenraum,  über  dem  sich  das  Obergeschoss  erhebt.  Die  oberen 
Lichtluken  sind  spitzbogig  und  scheinen  nie  verändert  worden  zu  sein.  Auf 
dem  Turme  ist  eine  Wetterfahne  mit  der  Inschrift: 

H  M 

H  S  1650 

Die  noch  vorhandenen  Privathäuser  aus  älterer  Zeit  stammen  fast  sämt- 
lich ans  dem  17.  Jahrhundert.  Sie  zeigen  zum  Teil  verschränktes  Riegelwerk 
mit  figuriert  gemauerten  Füllungen.  Ganz  vereinzelt  sind  Beispiele  des  16.  Jahr- 
hunderts.   Sie  schliessen  sich  den  Halberstädter  Typen  an. 

Im  Gasthanse  zum  Schachspiel  gicbt  es  eine  Anzahl  von  kreisrunden 
(Dm.  0,13  m)  gemalten  Fensterscheiben;  drei  davon  zeigen  Handwerker  bei  der 
Arbeit,  die  übrigen  Wappen  von  Ströbeckern;  Entstehungszeit  1656. 

Bekannt  sind  die  Einwohner  von  Str.  als  tüchtige  Schachspieler.  Über 
die  Entstehung  dieses  Herkommens  giebt  es  verschiedene  Sagen,  jedoch 
dürfte  die  Wahrheit  sein,  dass  das  Schachspielen  sich  durch  das  Missverstehen 
des  ströbecker  Ortswappens  eingebürgert  hat.  Dasselbe  ist,  wie  das  der 
Grafen  von  Honstein  u.  a.,  schachbrettartig  geteilt.  Die  Ströbecker  haben 
nicht  ihr  Wappen  erhalten,  weil  sie  spielten,  sondern  sie  spielen,  weil  sie 
das  Wappen  haben.  Angeblich  haben  die  Einwohner  die  Verpflichtung  gehabt, 
jedem  neuen  Bischöfe  ein  mit  Silber  ausgelegtes  Schachbrett  nebst  Figuren  zu 
überreichen.  Mir  ist  weder  in  der  Domsammlung  noch  anderwärts  ein  derartiges 
Exemplar  bekannt.  Dagegen  ist  noch  das  Schachbrett  vorhanden,  welches  der 
grosse  Kurfürst  1651  der  Gemeinde  geschenkt  hat.  Am  Rande  zeigt  es  in 
Intarsia  eine  Ansicht  des  Ortes,  femer  die  Worte :  „Des  Serinissimus  Durchlaucht 
zn  Brandenburg  Herr  Herr  Friedrich  Wilhelm  etc.  haben  dieses  Schach  und 
Courrirspiel  am  13.  Mai  Anno  1651  dem  Flecken  Ströbke  aus  sondern  Gnaden 
verehret  und  bei  ihrer  alten  Kunstfertigkeit  zu  schützen  gnädigst  zugesagt, 
solches  ist  zum  ewigen  Gedächtnis  hierauf  verzeichnet.  Paul  Langenstrass. 
B.  Valentin  Kieche ,  Richter.  Andreas  Bartels ,  Baur.  Meist. ,  Hans  Ilsen, 
B.  Valent.  Langenstrass,  Richter.  Hans  Hartmann,  Baur.  Meist.  Renovatum 
Anno  1744.  M.  Hans  Heinrich  Wilcke  mo  fecit."  Die  Figuren  sind  nicht  die 
ursprünglichen.  Die  Rückseite  des  Brettes  ist  für  das  sog.  Kourrierspicl,  wofür 
auch  48  Figuren  und  eine  Anweisung  vorhanden  ist,  welches  aber  niemals 
gespielt  wird,  in  96  Felder  geteilt.  Auch  Friedrich  der  Grosse  soll  sich  für 
die  Schachfertigkeit  der  Ströbecker  interessiert  haben,  und  Kaiser  Wilhelm  I. 
hat  aus  demselben  Grunde  der  Gemeinde  eine  goldene  Medaille  verliehen. 

Suderode 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1695  zurück.  -  H.-Z.  IH.  329,  364. 

Suderoth  1106;  —  Sutcrrothe  1118;  — Suderrodh  1292; —  Suderrodo  1398; — 
Sügrado  1605. 

Dorf:  31,2  km  westnord westlich  von  Halberstadt  an  der  Stimmecke.  Jetzt 
mit  150  Einwohnern,  überwiegend  evangelischer,  nur  wenige  katholischer  Kon- 
fession, deren  Hauptbeschäftigung  die  Landwirtschaft  ist. 

Archidiakonat :  Osterwieck. 

Geschichte:   Zum   erstenmal    erwähnt   1106  als  Eigentum    von   Stötter- 


Suderode  (Geschichte  —  Kapelle)  145 


lingenburg.  1389  erhielten  Sievert  und  Dietrich  v.  Rössing  durch  Bischof  Ernst 
von  Halberstadt  ausser  dem  Marschallamt  und  den  Gütern  zu  Berssei  auch 
Suderode  zu  Lehn,  letzteres  mit  12  Hufen  nebst  den  Patronatsrechten.  Seitdem 
blieb  das  Gut  im  Besitz  der  Familie  v.  Bössing.  So  begegnet  es  uns  auch  als 
freier  adliger  Sitz  des  Jan  v.  Rössing  bei  der  Visitation  1589,  wobei  erwähnt  wird, 
der  Ort  sei  „früher"  ein  Dorf  gewesen.  Jans  Linie  teilte  sich  1668  in  drei,  die 
Bersselsche,  Rössingsche  und  Suderodesche.  Doch  kam  S.  Mitte  des  18.  Jahr- 
hunderts durch  Verpfändung  aus  ihrem  Besitz  in  den  derer  v.  Gowisch,  dann 
der  Familien  v.  Overbeck  und  v.  Spiegel.  Neuerdings  gehört  das  Rittergut  dem 
Herrn  Forstmeister  Michaelis  auf  Detershagen  bei  Burg.  Seit  1835  ist  die  Dorf- 
und  Gutsgemeinde  getrennt  Die  Pfarre,  v.  Rössingsches  Patronat,  war  ehedem 
Filiale  von  Homburg,  1589  von  Bühne,  jetzt  von  Hoppensted t  DasPationat  der 
Schule  hängt  am  Rittergut. 

Flurbezeichnung:   1481:  das  Honwerdings  Holz. 

Kapelle.  Sie  ist  1859  neu  erbaut.  [Die  alte  Kirche  hatte  ihren  Platz  vor 
dem  Gutshause ;  sie  war  bedeutend  grösser  und  hatte  einen  grossen  Turm  ähnhch 
dem  der  Rimbeckschen  Kirche.  Eine  der  grossen  Glocken  ist  nach  Hoppenstedt 
gekommen.  Eine  Glocke,  in  Braunschweig  gegossen,  wurde  1729  für  45  Thaler 
angekauft;  vordem  soll  es  keine  gegeben  haben.] 

Eine  kleine  Glocke  hängt  unerreichbar  in  einem  freistehenden  Mauer- 
pfeiler des  westlichen  Giebels,  der  die  Stelle  des  Turms  vertritt. 

Abendmahlsgeräte:  1.  Ein  Kelch  von  vergoldetem  Silber  hatte  ehemals 
am  Fuss  drei  kleine  Wappen,  von  denen  nur  noch  zwei  vorhanden  sind.  Sie 
zeigen  Spuren  von  EmailUerung.  Nur  eins  ist  noch  als  das  v.  Rössingsche  er- 
kennbar. Höhe  des  Kelches  0,19  m.  16.  Jahrhundert.  2.  Patene,  Silber  ver- 
goldet.  Durchm.  0,13  m,  Inschrift:  H.  G.  V.  M.  H.  L.  V.  R.  N.W.   AÜ.  i.  6.  25. 

Die  Reste  eines  alten  Taufsteins  befinden  sich  im  Gutsgarten  und  beim 
Schulhause,  der  Untersatz  fehlt.  Es  ist  eine  schöne  Renaissanceskulptur  von 
1592,  sechseckig;  um  den  oberen  Teil,  der  bis  vor  kurzem  als  Brunnenbecken 
diente,  gehen  sechs  Wappen,  von  denen  nur  das  vorderste  v.  Rössingsche  erkenn- 
bar ist.  Die  übrige  Verzierung  besteht  in  Rollwerk,  Engelsköpfen  und  der- 
gleichen.   Meisterzeichen  E.  B.  W.    Sandstein. 

Die  Reste  zweier  anbetenden  Figuren,  Mann  und  Frau,  beide  mit  Mühl- 
steinkragen, polychrom,  finden  sich  in  Nebenräumen  des  Schulgebäudes. 

Epitaph.  Neben  der  Thür  der  Kapelle  befand  sich  bis  vor  kurzem 
das  jetzt  ins  Innere  der  Kapelle  übertragene,  2,30  m  hohe,  1,09  m  breite  Epi- 
taph des  Jahn  v.  Rössing  (1572  Rittmeister  mit  Generalsrang  unter  Alba.) 
Der  bärtige  Ritter  ist  stehend,  nach  links  blickend  und  gepanzert,  in  Lebens- 
grösse  dargestellt.  In  der  Rechten  halt  er  den  langen  Stossdegen,  um  den 
mit  einem  breiten  Kragen  geschmückten  Hals  trägt  er  eine  fünfmal  um- 
gewundene Kette  mit  Gnadenpfennig.  Der  Helm  steht  unten  neben  ihm.  Um 
die  Figur  oben  und  auf  beiden  Seiten  sieht  man  die  Wappen  derer  v.  Rössing, 
V.  Gudershusen ,  v.  Adeleben,  v.  Sebach,  v.  Mardelslo,  v.  Schirstedt,  v.  Fresen, 
V.  Gadenstedt  zwischen  Renaissance -Ornamenten.  Von  der  in  gotischen  Buch- 
staben herumlaufenden  Umschrift  lautet  das  "Wichtigste:  Anno  Dnj  1591  den 
10.  February   ...   ist   ...  Jahn    von  Rössing,    Erbmarschalk    des    Stifts 

Krek  HalbeiBtidt.  10 


146  Halberstädter  Landkreis:  Veitheim  (Geschichte) 


Halberstad  .  .  .  entslaffen  .  .  .  Unten  befindet  sich  das  Zeichen  des  Meisters 
E.  B.  W.,  der  sich  mit  dieser  Leistung  ein  vorzügliches  Zeugnis  ausgestellt  hat 
Das  besonders  als  Kostümstück  interessante  Epitaph  lag  früher  in  der  alten 
Kirche. 

Veitheim 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1648  zurück.  —  H.-Z.I,  338;  III,  435,443,448;  V,  33; 
XII»  548. 

Velthem  um  968;  —  Velthehin  1133;  —  Veitheim  1188;  —  Yeltem  1261; 
—  Veltim  1294;  —  Veltum  1301;  —  Veltym  1360;  —  VelÜiüm  1378;  — 
Feltem  1443. 

Dorf  mit  Rittergut  26,3  km  nordwestlich  von  Halberstadt,  am  grossen 
Bruche,  mit  1180  Einwohnern  (1564  =  80,  1589  =  90  Hauswirte)  evangelischer 
Konfession.    Den  Haupterwerb  bildet  die  Landwirtschaft 

Archidiakonat :  Dardesheim. 

Geschichte:  Der  Ort  Veltheim^  erscheint  urkundlich  zuerst  966,  wo  ein 
gewisser  Mamaco  von  Otto  I  dort  Güter  geschenkt  bekam.  Ein  Werner  von 
Veitheim  kommt  urkundlich  1087  vor.  Das  (jetzt  königliche)  Kirchenpatronat 
war  bis  Ende  1232  im  Besitze  der  Grafen  von  Altenhausen,  seitdem  durch 
Verleihung  des  Bischofs  Friedrich  des  Johannisklosters  zu  Halberstadt,  welches 
auch  einen  Teil  des  Zehnten  bekam,  während  ein  andrer  Teil  1249  dem  Kloster 
Stötterlingenburg  gehörte.  Der  über  die  Kirchengüter  zwischen  den  Bauern  von 
Veitheim  und  dem  Probst  von  St  Johannis  entstandene  Streit  wurde  1236  bei- 
gelegt. Verzeichnis  der  Pfarrgüter  zu  Veitheim  vgl.  Nebe,  Kirchenvisit.  p.  122. 
Veitheim  gehörte  1378  zu  Homburg  und  war  später  der  Sitz  eines  eigenen  kleinen 
Amtsbezirks.  Von  adligen  Familien  sind  in  Veitheim  nachweisbar  die  von  Kiss- 
leben,  1480  die  von  Wrampe  und  die  von  Warberg,  1496  die  von  Weferlingen,  vorher 
und  Jahrhunderte  lang  nachher  die  von  Krebs.  Der  Edelhof  gehört  jetzt  der  Familie 
von  Dewitz.  —  1722  vernichtete  ein  grosser  Brand  das  ganze  Dorf  bis  auf 
geringe  Beste.  Der  damalige  Pastor  Kichter  hat  sich  um  die  Wiederherstellung 
des  Ortes  besonders  verdient  gemacht.  Das  alte  messingne  Dorfsiegel  mit 
3  Bäumen  und  3  Ähren  darunter  befindet  sich  jetzt  im  Ständehaus  zu 
Halberstadt. 

Flurnamen:  1362:  in  deme  sederndolle  by  deme  nidern  busghe.  1.  Im 
Somraerfelde:  up  der  bwred;  by  dem  dombleghe;  hinder  dem  koltgraven;  boven 
dem  sraalen  wistise ;  an  dem  werberghe.  2.  im  Winterfelde :  by  dem  overn  Hesnen 
grasweghe;  in  der  smeghe;  by  dem  Negenbome;  vor  deme  stüve.  3.  in  der  Brache: 
to  dem  someken ;  achter  Lwles  hove ;  over  des  papen  ho ;  by  der  langenwellen ; 
teghen  haltytem  rede;  halve  over  des  ockersdal. 

1564:  Der  Papenhof  (ein  Holz);  das  Tockenholz;  Stenem  Mark;  Smehe; 
Sandeklee;  Heidenkirchhof;  Osterlangen;  der  tiefe  Weg;  Sedernthai. 

1589:  Hessenfeld;  auf  dem  Lerckenstiege. 

Die  Kirche  ist  aus  Fallsteiner  Sandstein  gebaut.  Von  der  ehemaligen 
Kirche  St.  Remigius  ist  nur  noch  der  Turm  vorhanden,  welcher  aus  romanischer 


Über  dessen  ehemaligen  Nachbarort  Steinum  siehe  Wüstungen. 


Veitheim  (Kirche) 


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iär  GuHSo^en,  derTfeiUr  ^'^^^'^   nürji^onds 

Fig.  68. 


Zeit  stammt  (äussere  Breite  9,28  m,  Tiefe  4,20  m)  (Kg.  68).  Er  war  ehemals  durch 
zwei  Halbkreisbögen  mit  dem  Schiffe  verbunden.  Das  jetzige  Langhaus  stammt  von 
1569  und  ist  zweischiffig 
(Länge  22,05  ra  einschliess- 
lich d  es  Chors,  Breite  1 2,U5  m , 
durchschnittliche  Breite  je- 
des Schiffs  5,45  m,  Breite  des 
Chors  9,65  m,  Seitenlängen 
des  halbachteckig  geschlos- 
senen Chors  6,43  m,  4,64  m, 
3,62  m,  4,64  m  0,43  m)  mit 
zwei  kräftigen  achteckigen 
Pfeilern  und  Kreuzgewölben 
zwischen  Gurtbögen.  Der 
Chor  ist  älter  als  das  Lang- 
haus. —  An  der  nördlichen 
und  südlichen  Seite  befinden 
sich  obige  (Fig.  68)  neben 
dem  Orundriss  abgebildete 
Steinmetzzeichen. 

Glocken:  1.  Dm.  1,29  m,  von  1723.  Eine  Inschrift  besagt,  dass  sie  von 
Christian  Ludwig  Meyer  zu  Braunschweig  gegossen  sei.  2.  Dm.  1,11  m,  von  1725; 
gegossen  aus  dem  1722  beim  Brande  geschmolzenen  Glockengute;  3.  Dm. 0,69m 
von  1723.    Inschrift  wie  vor. 

Der  Altar.    [Ein  Nikolausaltar  wird  1429  erwähnt.] 

Der  jetzige  Altar  trägt  an  seiner  südlichen  Seitenthür  die  Inschrift:  anno 
1698  hat  gemeine  zu  Feltheim  diesen  Altar  [machen  lassen].  An  der  nörd- 
lichen Thür  steht  anno  1763  renovatum  est.  Er  ist  ein  mit  gedrehten  Säulen 
verziertes,  bemaltes  Holzschnitzwerk.  In  der  Mitte  Maria  undJohannis  zu  beiden 
Seiten  des  Kruzifixus. 

Die  geschnitzte  Kanzel  ist  auf  allen  Seiten  mit  flachen  Nischen  ge- 
schmückt   17.  Jahrhundert. 

Die  Priechen  zeigen  als  Belebung  die  am  Anfange  des  17.  Jahrhunderts 
beliebten  Blendarkaden.  Ausserdem  ist  ein  geschnitzes  Gestühl  des  17.  Jahr- 
hunderts vorhanden,  welches  unten  in  zwei  Kartuschen  mit  Malereien  geschmückt 
ist,  die  Christus  mit  der  Weltkugel  und  eine  knieende  Figur  darstellen. 

Ein  Taufstein  fehlt.  Der  früher  im  Gebrauch  befindliche  Taufengel 
(Holzschnitzerei  des  18.  Jahrhunderts)  wird  jetzt  im  Pfarrhause  aufbewahrt 

Der  Altar  trägt  zwei  mit  reichem  Blattwerk  gezierte  und  vergoldete,  in  Holz 
geschnitzte  Leuchter  aus  dem  17.  Jahrhundert  Derselben  Zeit  gehört  der 
messingne  Kronleuchter  an,  welcher  neun  Arme  um  eine  Kugel  herum  trägt 

Als  besonderes  Schmuckstück  dient  an  der  südlichen  Aussenseite  der  Kirche 
ein  gotisches  Relief  aus  Sandstein  (15.  Jahrhundert),  darstellend  die  Kreuzigungs- 
gruppe mit  den  Schachern  und  Sonne  und  Mond  unter  den  Kreuzen.  In  der 
Ecke  links  ein  Engel,   rechts  gegenüber  der  Teufel;   neben  Maria  eine  kleine 

betende  weibliche  Figur. 

10* 


148  Halberstädter  Landkreis :  Veltheim  (Kirche:  Ausstattang  —  Profangebäude)  —  Wehrstedt 

Abendmahls  gerate:    I.Kelch   von   vergoldetem   Silber;  0,22  m  hoch; 

Braunschweiger  Beschau,  Meisterzeichen  (^o^i  18.  Jahrhundert;    2.  ebensolcher 

Kelch;  0,24m  hoch;  ohne  Beschau  und  Zeichen;  1728.  3.  Patene  von  vergoldetem 
Silber;  Dm.  0,15  m;  18.  Jahrhundert.  4.  desgl.  Dm.  0,15  m-  5.  Oblatenschachtel, 
Silber  vergoldet;  Dm. 0,12 m.  Beschau  und  Zeichen  wie  bei  No.  1.  Mit  kunst- 
vollem Monogramm  auf  dem  Deckel.  —  Die  übrigen  Gegenstände  sind  ohne 
künsterlische  Bedeutung. 

Epitaphien:  1.  Des  Hans  Friedrich  von  Dahlwulf.  Mit  16  kleinen  Wappen. 
1507;  "bezeichnet  PR  • 

2.  Eines  Eitters  inEüstung,  Inschrift  unleserlich,  Sandstein,  16.  Jahrhundert 

3.  Des  Pastors  Valentin  Dieterich,  f  1669,  ein  geschnitztes  und  vergoldetes 
Werk;  in  der  Mitte  ein  Ölgemälde:  die  Familie  um  die  Kreuzigungsgruppe 
versammelt 

4.  Des  Pastors  Tobias  Eichter  (f  1716). 

5.  Dessen  Frau  (f  1714). 

Profangebäude  aus  älterer  Zeit,  deren  künstlerischer  Wert  irgendwie 
hervortritt,  giebt  es  in  Veltheim  trotz  jenes  Brandes  noch  mehr  als  in  irgend 
einem  anderen  Dorfe  des  Halberstädter  Bezirkes.  Auf  dem  Eittergute  allein 
drei  undatierte  aus  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts.  1.  eins  mit  schlichten 
langen  Konsolen  und  Fächerrosetten;  2.  eins  mit , ähnlichen  Konsolen,  welche  an 
den  Ecken  in  Gruppen  von  je  3  gleich  langen  vereinigt  sind,  an  der  Saum- 
schwelle und  den  Fällhölzern  Schiffskehlen;  über  die  Brüstungsplatten  zieht  sich 
ein  doppelter  gotischer  Laubstab  hin;  3.  eins  mit  Fächerrosetten  um  Dreiviertel. 
kreise  herum,  die  Schwelle  mit  übereinander  greifenden,  sich  spitzbogig  schnei- 
denden Eundbögen  verziert 

Zu  erwähnen  ist  ferner  das  Pfarrhaus,  begonnen  1571,  vollendet  laut  einer 
langen  Inschrift  1580.  Das  Gebäude  ist  10  Fach  breit,  zeigt  lange  Konsolen,  die 
Kanten  der  Schwellen  und  die  Füllhölzer  sind  oben  und  unten  mit  von  Schnür- 
rollen erfüllten  Schiffskehlen  belebt  Über  die  Schwelle  des  ersten  Geschosses 
zieht  sich,  von  einem  Perlstabe  begleitet,  die  erwähnte  Inschrift  Darüber  prangen 
die  bekannten  Fächerrosetten. 

Endlich  ist  bemerkenswert  das  Pfarrerwitwenhaus,  datiert  von  1683,  mit 
prismatisch  zugespitzten  Balkenköpfen.  An  der  Schwelle  steht  die  Inschrift 
Receptaculum  hoc  viduale  cura  et  soUicitaoe  Tobiae  Richter!  Pastoris 
Veleth.  exstructum. 

[Urkundlich  erwähnt  sind  noch  „des  Pfaffen  Hofthor"  1362;  der  Hof,  worin 
der  steinerne  Turm  steht  (auch  tornehove  genannt)  1402;  zwei  Torwerke  1466; 
die  Küsterei  1502.] 

Wehrstedt 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1564  zurück.  —  H.-Z.IIa,  108;  IV,  378;  V,  224 f.;  u.ö. 

Werstede  1153;  —  Wirstat  1156;  —  Widerstide  1186;  —Werstide  1208;  — 
Verstide  1228;  —  Wirstede  1274. 

Dorf,  ostnordöstlich  vor  den  Thoren  von  Halberstadt,  und  von  der  Stadt 
nur  durch  die  Eisenbahn  getrennt,    mit  1369  Einwohnern  (1564  =  40,  1589  = 


\  at^.r^A^.K^'^-^-^-^.not- 


Wehrstedt  (Geschiebte  —  Kirche)  149 

30  Hauswirte),  wovon  etwa  40  katholisch,  die  übrigen  evangelisch  sind.  Den 
Haapterwerb  bildete  früher  besonders  die  Leineweberei,  heute  Gartenwirtschaft 
und  Bahnarbeit. 

Archidiakonat:  Halberstadt. 

Geschichte:  Der  villa  genannte  Ort  lag  ehemals  weiter  von  Halberstadt 
entfernt  um  seine  jetzt  einzelstehende  Kirche  herum,  gehörte  zur  Meierei  des 
Hochstifts  und  hatte  besonders  die  Aufgabe,  dieses  mit  Fischen  zu  versorgen. 
Im  Anfange  des  13.  Jahrhunderts  finden  wir  hier  ausserdem  die  Stifter  Lieb- 
frauen, St.  Paul  und  St.  Bonifaz,  das  Kloster  St.  Jakobi,  das  Hospital  St.  Spiritus, 
auch  die  Familie  von  Suselitz,  welche  letztere  aber  ihre  Besitzungen  bald  grössten- 
teils der  Kirche  überliess,  begütert.  Die  Ortsregierung  wurde  von  zwei  Bauer- 
meistern geführt,  die  1368  zuerst  erwähnt  werden.  Die  Kirche  war  den  Heiligen 
Tincenz  und  Lorenz  geweiht.  Sie  gehörte  bis  zum  August  1194  zum  St.  Pauls- 
stifte, wurde  dann  von  diesem  abgetrennt,  doch  behielt  St.  Paul  das  Patronat 
bis  in  späteste  Zeit;  heute  ist  es  fiskalisch.  Der  Pfarrer  wird  1380  zuerst  er- 
wähnt; zur  Zeit  der  Kirchen  Visitationen  1564  und  1589  wohnte  er,  wiewohl  ein 
Pfarrhaus  nebst  Garten  vorhanden  war,  in  der  Stadt,  weil  er  zugleich  im  Heiligen 
Geist -Hospital  zu  predigen  hatte.  Es  war  der  bekannte  David  Müller,  der  1604 
der  erste  evangelische  Prediger  der  Liebfrauenkirche  wurde  (f  1616). 

Flurnamen:  1373:  Wadekstich.  1385:  oppe  de  gröne;  HersleveschesZojfÄ; 
Stein  in  dem  Wegelebenschen  Wege;  des  papen  brede;  oppe  de  bure  mene; 
jensit  den  Lenteken  wyden;  Graben;  dissit  der  Moneke  molen  vil  na  by  dem 
grase;  tighen  des  dftvels  crftcze;  Emerslebenscher  Weg;  Quenstedtscher  Weg; 
jensit  deme  SiiUeberghe;  by  deme  anewende ;  by  der  grünt;  Gröningenscher  Weg ; 
dissit  deme  Pissendale;  Kreiendorfscher  Weg;  in  den  drönen,  1391:  uppe  dat 
Frevel;  Frevelberg.  1442:  bei  dem  Eselsstiege;  Tanzwiese;  Brücke  nach  Klein- 
Quenstedt;  Klein- Quenstedter  Feld;  Mönchsmühle;  Sultehoe.  1446:  im  lutken 
vdde;  by  dem  pilre;  im  Winkel  nach  dem  Wegeleben  er  Schlage  über  den  Graben; 
üLber  dctö  Walser  bei  Bossleben;  boven  den  dronen;  Ergstedter  Hufe;  auf  die 
erste  wunne  die  geht  nach  Mahndorf;  bei  dem  Busch  nach  Dingelsdorf ;  über  den 
Bach  unter  dem  Winterberge.  1455:  by  den  honen;  bi  der  Roden  molen;  Kreien- 
dorfer  Grasweg;  gegen  dem  vischerstige.  1501:  bi  den  negesten  puren;  tegen  de 
rennebome;  Gröninger  Heerstrasse;  Gross- Quenstedter  Weg;  Gross-Quenstedter 
wunde;  Emerslebener  Grasweg.    1540:  im  warmen  holte.    1602:  der  Glockenberg. 

Yen  der  Kirche  reicht  der  Turm  in  frühromanische  Zeit  zurück.  Er  hat 
eine  äussere  Breite  von  8,38  m,  eine  Tiefe  von  5,18  m.  Ein  Westeingang  fehlt. 
Die  Turmhalle  unten  ist  von  einem  über  Schalung  gegossenen  Tonnengewölbe 
überdeckt.  Oben  hat  der  Turm  nach  Westen  zwei  rundbogige  Fenster,  nach 
Süden  und  Norden  je  ein  gekuppeltes ^  nach  Osten  zwei  gekuppelte.  Die  Mittel- 
säulen der  östlichen  Fenster  haben  einfach  vierkantige  Kapitale  mit  rohen  Ver- 
zierungen und  ohne  Anschmiegung  an  die  Säule  und  mit  breiten  Kämpferstücken. 
Die  Säule  des  nördlichen  Fensters  zeigt  ein  einfach  verziertes  Würfelkapitäl  mit 
Anschmiegung.  Der  Turm  trägt  ein  niedriges  Walmdach,  auf  welchem  zwei 
grosse  Wetterfahnen  (das  Wahrzeichen  des  Dorfes)  mit  dem  Bilde  eines  Bischofs 
und  dem  Spiegeischen  Wappen  stehen.  Mittels  zweier  Bögen  schliesst  sich  der 
Turmbau  dem  gleich  breiten  Schiffe  an.  Dieses  hat  eine  lichte  Länge  von  23,81  ni. 


150  Halberstädter  Landkreis  :Wehrstedt  (Kirche:  Ausstattung — ProfangeMude) — Westerburg 


eine  Breite  von  6,70  m  und  ist  auf  romanischen  Grundmauern  zu  unbekannter 
Zeit  erneuert  worden.  Offenbar  nicht  auf  diesen  Umbau,  sondern  jedenfalls  nur 
auf  eine  allgemeine  Ausbesserung  bezieht  sich  eine  nebst  dem  Spiegeischen 
Wappen  über  der  südlichen  Eingangsthür  angebrachte  Inschrift,  welche  von  einer 
auf  Kosten  des  E.  L.  Frhm.  v.  Spiegel  1777  unternommenen  Reparatur  der  Kirche 
und  des  Turmes  spricht.  Der  Chor  ist  im  halben  Achteck  (Seite  etwa  2,80  m) 
geschlossen.  Die  Decke  ist  ein  hölzernes  Tonnengewölbe.  Jede  Längswand  der 
Kirche  hat  vier  grosse  rundbogige  Fenster. 

Glocken:  1.  Dm. 0,96m,  gegossen  1683  von  Jakob  Wentzel  in  Magdeburg, 
2.  Dm.  0,92  m,  Höhe  0,87  m,  ohne  Schrift,  nur  verziert  mit  einem  in  einen  Kreis 
eingezeichneten  und  drei  freistehenden  Kreuzen.  Der  sehr  altertümlichen  Form 
nach  gehört  die  Glocke  in  frühes  Mittelaltar. 

Der  Altar,  in  welchen  die  Kanzel  mit  eingebaut  ist,  ist  ein  1701  an- 
gefertigtes, bis  zur  Decke  der  Kirche  reichendes  Schnitzwerk  von  massigem  Werte. 
Es  ist  verziert  mit  den  Figuren  Christi,  Moses,  der  Evangelisten,  Johannis  d. T., 
eines  Hohenpriesters,  Luthers  u.  s.  w.  [Ehemals  besass  die  Kirche  mehrere  Altäre, 
von  denen  einer  1522  durch  einen  neuen  ersetzt  wurde.] 

Die  Orgel  ist  ein  Schnitzwerk  des  18.  Jahrhunderts,  desgl.  der  Tauf  stein. 

Von  älterem  Gestühl  ist  ein  mit  Blendarkaden  verzierter  Rest,  etwa  1620 
gearbeitet,  erhalten. 

Im  Chor  befindet  sich  eine  Sakramentsnische  mit  spätgotischem  Blend- 
masswerk. 

Altargeräte:  1.  Kelch,  Silber  vergoldet,  Höhe  0,26  m,  Halberstädter 
Beschau,  Meisterzeichen  T.T.  1711.    2.  zinnerne  Kanne  von  1810. 

Epitaphien:  1.  Elisabeth  von  Forchhamer,  f  1598;  mit  zwei  Wappen. 
Gut  erhalten. 

2.  Johannis  Buttendach,  f  1667. 

Die  Kirche  ist  ähnlich  wie  die  Laurentiuskirche  bei  Gross -Quenstedt  und 
die  Kirche  in  Danstedt  ehemals  von  einer  Umfassungsmauer  umgeben  gewesen, 
welche  noch  in  Resten  vorhanden  ist,  der  Kirchplatz  diente  also  gelegentlich 
als  Zufluchtsort. 

Von  Profangebäuden  bietet  heute  keins  irgend  ein  Interesse. 

[Urkundlich  erwähnt  werden  ziemlich  häufig  allerlei  Mühlen,  darunter  1324 
die  Schiffmühle  (to  dhen  Schepen),  die  Mönchenmühle  1573,  Rodemühle  1461, 
Hans  Gruttemekers  Mühle  1494,  die  Mittelmühle  1500,  Mühle  bei  der  Kirche  1507. 
Ferner  erwähnt  werden  die  Wirtshäuser  1284,  die  alte  Badstube,  deren  Stelle 
1368  noch  der  Stofhof  hiess,  der  Konekenhof  1388,  Krekenhof  1490,  der  Pfarr- 
hof 1515,  die  Steinbrücke  1517.  Ausserdem  sind  für  diesen  Punkt  wichtig  die 
1324  genannten  Namen  dreier  Einwohner:  Ludolphus  de  hospitali,  Henning^is 
ante  castrum,  Hinricus  von  dem  Werdaere.] 

Westerburg 

Die  Clajusche  Chronik.  Vergl.  Rohraheim.  —  Företemann,  N.  Mitteilung  VI,  1841. 
Heft  3,  p.54.  —  H.-Z.  III,  801,  892;  VII,  '299. 

Königliche  Domäne,  18,2  km  nordnordwestlich  von  Halberstadt  mit  190 
Einwohnern. 


WMterbuTg  (die  Banerburg) 


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152  Halberstädter  Landkreis:  Westerburg  (Geschichte  —  die  Banerburg  —  Beschreibung) 

Geschichte:  Die  Gründungszeit  der  Westerburg  ist  unbekannt  Sie 
dürfte  ein  sehr  hohes  Alter  haben,  ja  in  vorgeschichtliche  Zeiten  zurück- 
reichen, ebenso  wie  die  in  nächster  Nähe  belegene  sog.  Banerburg  (Pig.  69). 
Da  diese  die  östlich  belegene  von  beiden  ist,  so  hat  die  W.  ihren  Namen 
als  die  westliche  erhalten.  Möglicherweise  ist  vor  der  Schwedenzeit  die  Baner- 
burg als  Osterburg  bezeichnet  worden.  Beide  haben  durchaus  verwandte  Anlage 
mit  ursprünglich  doppelter  Umwallung.  Während  aber  die  Banerburg  schon 
seit  alter  Zeit  ihre  Baulichkeiten  in  der  Mitte  eingebüsst  hat,  so  dass  diese  jetzt 
nur  noch  durch  eine  grosse  Menge  von  Steinbrocken  ihre  ehemalige  Existenz 
verraten,  ist  die  Westerburg,  soweit  historisch  nachweisbar,  stets  besiedelt  ge- 
wesen. Zuerst  Eigentum  der  Harzgaugrafen,  kam  sie  um  1052  in  den  Besitz  des 
Bistums  Halberstadt,  wurde  um  1180  regensteinisches  Lehen  und  blieb  samt 
dem  zugehörigen  Dorfe  Rohrsheim,  trotz  vorübergehender  Herrschaft  derer  von 
Burgsdorf  in  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts,  regensteinisch  bis  zum 
Aussterben  des  Grafengeschlechtes.  Unter  dem  Bischöfe  Heinrich  Julius  wurde 
die  W.  braunschweigisch,  nachdem  sie  vorher  in  den  Pfandbesitz  derer  von 
Yeltheim,  und  von  diesen  aus  in  den  derer  von  Schulenburg  gekommen  war. 
1630  war  sie  von  den  Kaiserlichen  besetzt  und  wurde  von  den  Schweden  be- 
lagert, welche  als  ihren  Hauptstützpunkt  die  alte  Wallburg  im  Osten  hatten,  die 
später  daher  den  Namen  Banerburg  erhielt  1633  bekam  Henning  von  Steinberg 
(sein  Epitaph  in  der  Kirche  zu  Rohrsheim)  das  Gut  in  Afterlehen.  Beim  Aus- 
sterben der  mittleren  Linie  des  Braunschweigischen  Herzogshauses  fiel  die  W. 
an  das  Domstift  Halberstadt  zurück  und  wurde  somit  seit  dem  westfälischen 
Frieden  brandenburgisch,  während  die  von  Steinberg  Lehensinhaber  des  Gutes 
blieben.  Als  die  Familie  1701  ausstarb,  kam  die  W.  an  die  Krone  Preussen, 
wurde  vom  Könige  Friedrich  L  seinem  Halbbruder  Albrecht  Friedrich  (f  1732) 
geschenkt,  von  dem  sie  dessen  Sohn,  Markgraf  Karl  Friedrich  Albrecht  (f  1765) 
erbte.  Von  diesem  kam  sie  an  den  Bruder  Friedrichs  des  Grossen,  den  Prinzen 
Heinrich.  Nach  dem  Frieden  von  Tilsit  schenkte  sie  Napoleon  seiner  Schwester 
Pauline,  der  späteren  Herzogin  von  Guastalla,  während  gleichzeitig  der  amtliche 
Zusammenhang  mit  Rohrsheim,  welches  alle  die  früheren  Besitzveränderungen 
mit  hatte  durchmachen  müssen,  und  von  dort  namentlich  seine  gerichtliche 
Verwaltimg  erhalten  hatte,  aufgehoben  wurde.  Seit  1813  ist  die  W.  wieder 
königlich  preussische  Domäne. 

Beschreibung:  Die  ganze  Anlage  wurde  unter  Benutzung  der  reichen 
Wasserquellen  der  nahen  Umgegend  von  einem  doppelten  Wassergraben  um- 
schlossen, welcher  jetzt  grossenteils  verschüttet  ist  (Fig.  70).  Der  reiche  Baum- 
wuchs des  ganzen  Burgterrains  versteckt  die  Baulichkeiten  derart,  dass  man  von 
fern  nur  den  oberen  Teil  des  alten  Berchfrits  erblickt.  Dieser  ist  noch  mittel- 
alterlicher Herkunft,  und  ist  bei  einem  Durchmesser  der  Mauer  von  4,50  m  im 
cylindrischen  Teile  34m,  in  der  Kegelspitze  12  m  hoch.  Noch  ein  zweiter,  vier- 
eckiger Turm  ist  vorhanden,  welcher,  wie  auf  einem  älteren  Bilde  zu  sehen, 
noch  1806  mit  einer  Haube  bedeckt  war.  —  Das  Gehöft,  von  ursprünglich  kreis- 
runder Anlage,  mit  einem  einzigen  Zugänge  von  Ostnordost  her,  ist  im  späteren 
Mittelalter  mit  einem  westlichen  schlossähnlichen  Anbau  versehen.  Für  diesen 
wurde  ein  zweiter,  westlicher  Eingang  beschafft,  damit  man  nicht  nötig  hatte. 


Westerburg  (Beschreibung)  153 


bei  der  Ankunft  den  Ökonomiehof  zu  passieren.  Die  Gebäude  des  letzteren  zeuften 
eine  Fachwerkestage  massirem  Erdgescboss.    Zwei  verwitterte  Wappen  deuten 
anf  ehemals  halberstädtischen  Besitz. 
Der  jüngere  Anbau  ist  massiv.  Sein 

südwestlicher  Flügel  schliesst  sich  an  ßnuuiri/s  not'  msUrhtrg. 

den  alten  Turm  an,  der  nordöstliche 
an  den  Centralbau  des  Hofes  an. 
Zwischen  beiden  Flügeln,  an  den 
nmden  Turm  sich  anlehnend,  ist 
eine  Trennungsmauer,  welche  nur 
für  ein  Thor  Baum  lässt  —  Der 
Anban  zeigt  die  Formen  der  Gotik 
bis  zur  Kenaissance  (Fig.  71).  Sein 
Äusseres  ist  ziemlich  schmucklos. 
Nur  an  der  Nordseite  giebt  es  einen 
zierlichen  Erker  und  mehrere  Fenster  -^ 
mit  gotischem  Vorhangbogensturz.  ^ 
Im  Hofe  fallen  zwei  schöne,  ver- 
mauert« Benaissanceportale  auf;   ein 

drittes,  welches  in  der  nordöstlichen  Fie.  70. 

Ecke  zu  einer  Treppe  führt,    zeigt 
in  Steinskulptur  Nachahmungen    der 

gleichzeitigen   Holzschnitzformen    und    hat    dadurch  Verwandtschaft    mit    dem 
Portale    des    Petershofes    zu    Halberstadt      Nicht    unmöglich,    dass    es    von 


154        Halberstädter  Landkreis:  Westerburg  (Kapelle)  —  Wülperode  (Geschichte) 

demselben  Künstler  ist.  Im  Innern  des  Schlosses  interessiert  besonders  der 
Keller,  der  angeblich  früher  als  Kapelle  benutzt  wurde.  Yon  in  der  Mitte  be- 
findlichen einfachen  kurzen  Pfeilern  schwingen  sich  Gurtbögen  nach  den  gegen- 
überliegenden Wandpfeilern,  dazwischen  ist  die  Halle  mit  spitzgradigen  Kreuz- 
gewölben eingedeckt.  Von  schöner  Ausstattung  ist  auch  ein  grosser  Raum,  der 
jetzt  als  Vorrathskammer  benutzt  wird.  Seine  Balkendecke  wird  von  einem 
vierkantigen,  an  den  Kanten  mit  Rundstäben  verzierten  Holzpfeiler  in  der  Mitte 
getragen.  Die  von  ihm  ausgehenden  Kopfbänder  zeigen  die  von  den  Halber- 
städter und  verwandten  Holzbauten  genugsam  bekannten  geschnitzten  Rollen 
und  Kerbschnitzrosetten  aus  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts.  Der  Rest  eines 
Kamins  zeigt  dagegen  die  Jahreszahl  1680.  —  Gleichfalls  interessant,  ohne  jedoch 
das  Übrige  an  Wert  zu  überragen,  ist  die  Schlosskapelle.  Architektonisch 
bietet  sie  nichts  Bemerkenswertes.  Der  Altar  zeigt  Schnitzereien  im  Stile  vom 
Ende  des  17.  Jahrhunderts:  Moses  und  Johannes  der  Täufer  von  reichem 
Omamentwerk  umgeben.  Die  Kanzel  ist  über  dem  Altar  angebracht,  in  Nischen 
daran  stehen  die  Figuren  der  Evangelisten.  Gleichfalls  geschnitzt  ist  die  Orgel- 
brüstung. Man  sieht  durchbrochenes  Laubwerk  in  fünf  durch  Säulen  getrennte 
Felder  geteilt,  in  deren  vier  sich  die  allegorischen  Gestalten  der  Jahreszeiten 
befinden.  Alle  diese  Schnitzereien,  zu  denen  noch  ein  Engel,  der  ein  Opfer- 
becken hält,  gehört,  stammen  aus  derselben  Zeit. 


Wülperode 

Die  Kirchenbücher  reichen  bis  1652  zurück.  -  H.-Z.  III,  434,  706;  VII,  314;  Xil,  4f. 

Wendilburgoroth  (?)  995;  ~  Wulptingerode  1316;  —  Wulptingherode  1390; 
—  Wülptyngerode  1399;  —  Wlptingrode  1412;  —  Wulpingerode  1545;—  Wulp- 
kerode  1600;  —  Wolperode  1607. 

Dorf  327  km  westnordwestlich  von  Halberstadt  an  der  Ecker  mit  350  Ein- 
wohnern evangelischer  Konfession.  Nur  20  sind  Katholiken.  (1564  acht,  1589 
elf  Hauswirte).    Don  Haupterwerb  bildet  die  Landwirtschaft. 

Archidiakonat:  Westerode. 

Geschichte:  Die  Pfarre  von  Wülperode  ist  heute  zu  der  in  Göddicken- 
rode  gehörig,  war  aber  früher  selbständig;  1396  wird  sie  zuerst  genannt.  Das 
ehemals  Rössingsche  Patronat  ist  heute  zu  zwei  Drittel  fiskalisch,  Kompatron  ist 
zu  ein  Drittel  der  Rittergutsbesitzer  Baron  v.  Gustedt  auf  Berssel.  Patron  in 
Wülperode  ist  Herr  Rittergutsbesitzer  Hilmar  Löbbecke  auf  Hedwigsburg.  Den 
wichtigsten  Bestandteil  des  Ortes  bildete  seit  Alters  das  Schloss,  heute  ein 
moderner  Bau  ohne  weiteres  Interesse.  Als  bischöflicher  Besitz  wurde  es  viel- 
fach als  Pfandobjekt  benutzt.  So  kam  es  1359  an  die  v.  Saldern,  1363  an  die 
von  der  Gowische;  1383  verpfändete  es  Bischof  Albrecht  an  die  Gebrüder 
V.  Rössing,  1388  finden  wir  es  im  Pfandbesitze  der  Gebrüder  von  den  Rhoden, 
1412  in  dem  der  Gebrüder  von  der  Asseburg.  Einen  neuen  Berchfrit  hatte  das 
Schloss  1390  erhalten.  1511  verpfändete  es  der  Administrator  Ernst  und  das  Dom- 
kapitel an  Joachim  von  Burgdorf,  am  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  ging  das 
Schloss  in  die  Hände  derer  v.  Rössing  über,  wurde  aber  1606  zurückerworben. 


Wülperode  (Geschichte  —  Kirche  —  Privatgebäude)  155 

Zur  selben  Zeit  war  das  Schloss  (in  dem  sich  auch  eine  1589  erwähnte  Kapelle 
befand),  in  so  verfallenem  Zustande,  dass  ein  Neubau  nötig  wurde.  Wülperode 
war  damals  Sitz  eines  Hauptamtsbezirkes,  zu  welchem  ausser  W.  selbst  Göddecken- 
rode,  Bühne,  Rimbeck,  Stötterlingen  und  Hoppenstedt  gehörten. 

Flurnamen:    1589:  Papenholz;  Papen wiese. 

Die  auf  dem  Gutshofe  stehende  Kirche  hat  eine  innere  Länge  Ton  13,50 m, 
eine  Breite  von  8  m,  ist  nur  in  Fachwerk  ausgeführt  und  trägt  keinen  Turm, 
sondern  nur  einen  Dachreiter.  Das  Schiff  ist  im  Osten  geradlinig  geschlossen 
und  mit  einer  flachgewölbten  Holzdecke  eingedeckt.  An  jeder  Seite  befinden 
sich  drei  rundbogige  Fenster. 

Der  Dachreiter  enthält  eine  Glocke  von  0,61  m  Dm.,  gegossen  von 
H.  Engelcke  in  Halberstadt  1829,  mit  der  Inschrift:  Ich  werd  an  Feiertagen 
Zur  Andacht  Mahnung  sein,  Bald  um  die  Toten  klagen.  Bald  Freudenfeste  weihn. 

Der  nicht  bemalte  Altar  und  die  ebensolche  von  einem  Engel  getragene 
Kanzel  sind  aus  dem  Anfange  des  18. Jahrhunderts. 

Der  Untersatz  des  Taufbeckens  ist  im  Stile  des  Altars  geschnitzt. 

Von  Altargeräten  ist  vorhanden: 

1.  ein  Kelch  von  Silber,  Höhe  0,17  m,  Dm.  0,11  m;  Braunschweiger  Beschau, 

Meisterzeichen    [ts^ 

2.  Kelch  von  vergoldetem  Silber,  Höhe  0,17  m.  Dm.  0,09  m,  geriefelter 
Knauf  und  Fuss,  gestiftet  von  Thomas  Kühneleins  Frau  und  Erben. 

3.  Patene  von  vergoldetem  Silber,  Dm.  0,13  m,  mit  graviertem  Kreuz  im 
Kreise,  datiert  1714,  Umschrift  Cura  Christo  .  Hcnr  .  Chrysandri  P.Wülp. 

Von  dem  ehemaligen,  1638  gestifteten  Gestühl,  welches  mit  Blendarkaden 
zwischen  kleinen  Pilastern  geschmückt  war,  ist  noch  ein  kleiner  Best  vorhanden. 
Als  Stifter  ist  Christian  Zanten  genannt. 

Ausserdem  enthält  die  Kirche  von  Bildwerken  1.  eine  kleine  bemalte 
Holzschnitzerei  aus  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  (0,59  m  im  Quadrat), 
die  Marter  der  Zehntausend  darstellend. 

2.  ein  0,89  m  hohes,  3,97  m  langes  Ölgemälde  von  1687,  die  15  Mitglieder 
der  Familie  Wend  in  Anbetung  vor  dem  Kruzifixus  darstellend. 

3.  einen  lebensgrossen,  in  Holz  geschnitzten  und  bemalten  blasenden  Engel 
mit  fliegendem  Spruchbande;  18.  Jahrhundert. 

Auf  dem  Thürsturze  der  Kirche  ist  äussorlich  eine  sehr  verdorbene  lateinische 
Inschrift  eingeschnitzt,  in  welcher  Friedrich  Wilhelm  I.  als  Landesherr,  Chry- 
sander  als  gleichzeitiger  Pastor  genannt  werden;  eine  vierte  Zeile  enthält  ein 
nicht  zu  entzifferndes  Chronostichon. 

Von  Privatgebäuden  ist  nur  eins  von  Bedeutung,  dem  Schlächter 
Kaufmann  gehörig,  dies  allerdings  eins  der  schönsten  im  ganzen  Kreise  Halber- 
stadt und  auf  den  Dörfern  desselben  überhaupt  Unikum  (Fig.  72).  Das  jetzt  als 
Stall  benutzte  Haus  ist  neun  Fach  breit,  die  Ständer  sind  mit  senkrechten  Linien 
verziert,  die  Kanten  der  Saumschwelle  mit  eckig  gehaltenen  Schnürrollen,  während 
die  Balkenköpfe  ohne  Verzierung  sind.  Zwischen  den  Ständern  sind  die  Flächen 
unterhalb  der  Fenster  mit  Füllplatten  ausgesetzt,  welche  reich  geschnitzte,  flache 
Ornamente  mit  Tier-  und  Pflanzenmotiven  aufweisen.    Am  Thürsturze  liest  man 


156  Halberstadtor  Landkreis:  WQIperode  (Uackelbergs  Grab) 


die    Inschrift    Vllerich  Schriden  .  Hans  Schriden  .  David  Schriden  .  Hans 
Ahn  1640. 

In  der  Nähe  von  Wülperode,  etveas  westlich  liegt  der  Klöpperkrug  (früher 
Steinadlerkrug),  neben  dem  sich  im  freien  Felde  das  Grab  des  dort  gestorbenen 


Fig72 

angeblichen  Oberjägermeisters  des  Herzogs  von  Braunschweig  Hackelbei^  be- 
findet. Es  ist  von  einem  Epitaphium  bedeckt,  auf  dem  der  dort  Bestattete  in 
der  2  Tracht  von  etwa  15Ö0  auf  einem  Maultiere  reit«Dd  und  von  seinem 
Hunde  begleitet  dargestellt  ist.  Die  aus  dem  Grabe  stammende  Blechkappe  und 
der  Stossdegen  werden  auf  dem  Gute  zu  Wülperode  aufbewahrt 


Zilly  (Geschichte  —  Kirche) 


157 


Zilly 

Die  Kirchenbücher  gehen  bis  1627  zurück.  —  H.-Z.  I,  232,  244;  II  c,  86;  III,  162,  978; 
IV,  354  u.  ö. 

Von  den  sehr  vielfach  variierten  Namensformen  können  hier  nur  die 
wichtigsten  genannt  werden:  Xiilingho  1172;  —  Cillinge,  Skillinge  1211;  — 
Sciliigge  1214;  —  Zillinge  1251;  —  Tsilligge  1289;  —  Tsilege  1296;  —  Tsillinge 
1305;  —  Tzillinghe  1307;  —  TziUige  1320;  —  Czyllien  1468;  —  Zillige  1516;  — 
Zeillingen  1564;  ~  Zilge  1578;  —  Zilling  1589;  —  Zielgen  Ende  des  16.  Jahr- 
hunderts; —  Zylge  1610. 

Dorf,  16,6  km  westnordwestlich  von  Halberstadt  am  Sohlenbache,  der  sich 
hier  mit  dem  Mückenbache  vereinigt.  Einwohner:  im  Jahre  1589:  70 Hauswirte, 
jetzt  1226,  mit  Ausnahme  einiger  Katholiken,  evangelischer  Konfession.  Ihren 
Haupterwerb  finden  sie  durch  Landwirtschaft. 

Archidiakonat:  Dardesheim.  1485  war  in  Z.  der  Sitz  des  Archipresbyters 
dieses  Bannes. 

Geschichte:  Im  Mittelalter  unterscheidet  man  Z.  ein  oberes  und  ein 
niederes  Dorf.  1172  hatte  Ilsenburg  in  Z-  Besitzungen,  die  im  Lauf  der  Zeit 
erweitert  wurden.  (Ilsenb.  ÜB.  IL  381.)  Auch  Walkenried  war  hier  begütert. 
Grafschaft  und  Gericht  waren  regensteinisch ,  gingen  aber  1343  an  Wernigerode 
über.  Schon  zwei  Jahre  vorher  war  Graf  Konrad  v.  Wernigerode  vom  Bischof 
von  Halberstadt  mit  dem  Schlosse  belehnt  worden.  1371  kam  dies  durch  Ver- 
pfändung für  1000  lötige  Braunschweigische  Mark  wieder  in  die  Hände  der 
Regensteiner,  die  es  1386  weiter  an  die  v.  Dorstadt,  Saldern,  Alvensleben, 
Schwichelte  und  Rössing  verpfändeten.  1457  erfolgte  eine  Belehnung  des  Grafen 
Heinrich  v.  Stolberg  mit  der  einen  Hälfte  des  Schlosses,  während  die  andere 
Eigentum  des  Bischofs  und  des  Domkapitels  blieb,  wobei  er  sich  verpflichtete, 
die  Rechte,  welche  die  Regensteiner  Grafen 
etwa  noch  haben  könnten,  gebührend  zu 
berücksichtigen.  Nachdem  beide  Hälften 
durch  Belehnung  und  Verpfändung  ihre 
Inhaber  (u.  a.  die  v.  Wirten,  v.  Hoym, 
V.  Enüplau,  v.  Wenden)  wiederholt  ge- 
wechselt hatten,  wurde  die  wemigeröder 
Hälfte  1504  (30.  April)  für  4300  Gulden 
von  den  Grafen  Heinrich  L,  Heinrich  II. 
und  Botho  von  Wernigerode  an  das  Dom- 
kapitel verkauft. 

Die  Kirche  (S.  Briccii)  (Fig.  73)  stand 
1564  unter  demPatronat  derer  v.  Warberg,1589 
unter  dem  des  Domkapitels,  jetzt  übt  die  kgl. 

Regierung  das  Patronat  aus.  [Im  Mittelalter  war  sie*  der  h.  Jungfrau  geweiht. 
Der  Pfarrer  wird  1305  erwähnt.  1589  fanden  die  Visitatoren  daselbst  2  neue,  für 
teuem  Preis  gekaufte  Glocken.  Auch  ein  kleiner  nicht  mehr  benutzter  Altar 
vvar  vorhanden.]  Die  jetzige  Kirche  ist  1838  erbaut  und  sehr  verwandt  mit  der 
in  Heudeber.    Von  den  3  Glocken,  welche  1,13  m  bezw.  1,03  m  und  0,85  m 


158  Halberstadter  Landkreis:  Zilly  (Kirche  —  Schloss) 


im  Durchmesser  haben,  ist  nur  die  erste  alt  und  stammt  wahrscheinlich  aus  der 
alten  verschwundenen  Kirche.  Sie  zeigt  in  Majuskeln  die  um  den  Kranz  lau- 
fende Schrift: 

0  Rex  6L0RIQ  ISQßl  aiSJD  VRdQ  ®  OSSIS  ÜDÖT  Dß 

Was  die  letzten  Worte  ausdrücken,  ist  unklar.  Die  beiden  andern  Glocken  sind 
1703  von  Heiso  Meyer  gegossen. 

Altargeräto:  3  Kelche  von  vergoldetem  Silber:  1.  0,21  m  hoch,  datiert 
von  1697,  unten  ein  Kruzifixus,  sechskantiger  Knauf,  Halberstädter  Beschau, 
Meisterzeichen  E.  F.  1696.  2.  0,17  m  hoch,  ähnlich,  mit  graviertem  Kreuz. 
3.  0,235  m  hoch,  von  1705,  unten  eine  Kreuzigungsgruppe;  Meisterzeichen  M.  G. 
Beschau  wie  vorher.  —  Zu  diesen  Kelchen  gehören  entsprechend  3  Patenen  von 
0,13  m  bezw.  0,13  m  und  0,15  m  Durchm.  —  Eine  silberne  Oblatenbüchse  von 
0,10  m  Durchm,  hat  Halberstädter  Beschau  und  das  Zeichen  T. T.  170  ...  — 

Der  Hauptteil  der  Königlichen  Domäne  ist  ein  burgähnliches  Wasser- 
schloss.  Es  führt  1211  den  Titel  castrum,  später  wird  sie  (1371)  hus,  (1386)  slod, 
(1518)  de  Borch  genannt.  Sie  ist  gegenwärtig  im  Besitz  des  Oberamtmanns 
F.  Heine.  Die  zugehörigen  Ländereien  umfassen  gegen  2000  ha.  Die  zu  sehr 
verschiedenen  Zeiten  des  16.  bis  18.  Jahrhunderts  entstandenen  Gutsgebäude 
(abgesehen  von  den  modernen)  gruppieren  sich  um  4  Höfe,  von  denen  der  älteste 
und  kleinste  noch  durchaus  den  Charakter  eines  mittelalterlichen  Burghofes  zeigt; 
Man  erreicht  ihn  nach  Durchschreitung  eines  mit  Tonnenkreuzgewölbe  bedeckten 
Thorvveges.  Die  den  Hof  begrenzenden  Gebäude  zeigen  die  Jahreszahl  1501. 
Die  Fenster  haben  zum  Teil  spätgotische  Vorhangbögen.  Die  innere  Einrichtung 
zeigt  mancherlei  Veränderungen  neben  fast  unbeschädigten  alten  Resten.  So 
findet  sich  in  dem  einen  Gebäude  im  Erdgeschoss  ein  zwischen  schmalen  Gurt- 
bögen ausgespanntes  gratiges  Kreuzgewölbe,  in  der  Mitte  getragen  von  einer 
niedern  gedrehten  Säule  ohne  Kapital  und  mit  nur  schwachen  Kämpferstück; 
die  Pfeiler  an  den  Wänden  sind  entsprechend  gestaltet  Ausserhalb  an  demselben 
Hause  befindet  sich  eine  Reihe  von  18  zum  Teil  unkenntlichen  Wappen  von 
Halberstädter  Domherren.  Im  Innern  eines  gleiclifalls  alten  Gebäudes  ist  ein 
Kamin  (jetzt  unbrauchbar)  datiert  1616  und  bezeichnet  mit  BVEG.  Er  ist  aus 
Kalkstein  gefertigt.  Derselbe  Raum  (jetzt  Käsekammer)  ist  mit  geschnitzten 
eichenen  Paneelen  des  17.  Jahrhunderts  geschmückt.  An  einem  andern  Hofe 
steht  ein  Haus  von  1608,  verziert  mit  einer  Reihe  von  11  Wappen,  die  1687 
angebracht  sind:  2  Bennigsen,  Niehausen,  Wendt,  Schlitz,  Ebersteinburg,  Münch- 
hausen,  Steinberg,  Hünecken,  Steindorff,  Stechau.  An  einer  andern  Seite  des- 
selben Hofes  steht  ein  mit  stark  verriegeltem  Balkenwerk  erbautes  Haus  mit 
der  Inschrift:  CAPITULVM  ECCLESIAE  CATHEDRALIS  HALBERSTADENSIS 
AEDIFICIVM  HOC  INTER  MORVM  EXTRVI  FIERI  IVSSERVNT  und  die  Jahr- 
angabe 1688.  —  Ein  anderes  Gebäude  daselbst  von  1686  hat  dieselben  Wappen 
wie  das  Gebäude  von  1608.  —  An  dem  dritten  Hofe  steht  ein  Haus  von  1610 
mit  einer  1660  angebrachten  Wappenreihe  (Hüneken,  Spitznas,  Stedem,  Spiegel, 
Bieren,  Britzke,  Münchhausen,  Hüneken,  Teutsch,  Hagen  gen.  Geist,  Bennigsen 
Partensieben).  Ein  anderes  Gebäude  vom  Ende  des  17.  Jahrhunderts  hat  die 
Wappen  Wendt,  Bennigsen,  Asseburg,  Niehausen,  Schlitz,  Rössing,  Bennigsen, 


Zilly  (Schloss  —  Dorf häuser) 


159 


Löepre,  Eberateinburg,  Münchhausen.  Ein  drittes  vom  18.  Jahrhundert  hat  die 
Wappen  v.  d.  Busche,  Leerodt,  Haaren,  Viereck,  Ende,  Kannenber^,  Pickelsheim, 
Harff,  Diepenbroick,  Bülder,  Münchhausen,  Ketteier. 

Neben  dem  Eingange  zum  ältesten  Hofe  steht  ein  hoher  plumper  Turm, 
der  ehemalige  ßerchfrit,  mit  moderner  Haube  9,08  m  br.,  9,0  m  tf.,  seine  Mauern 
haben  eine  zwischen  2  und  2,60  m  wechselnde  Dicke;  er  wird  jetzt  als  Tauben- 
schlag benutzt.  Ein  an  einem  anderen  Gebäude  errichteter  Turm  für  die  Uhr  ist 
weniger  massenhaft,  wiewohl  seine  Mauern  nicht  viel  dünner  sind.  Oben  be- 
findet sich  eine  Glocke  mit  einem  Durchm.  von  0,57  m  und  einer  Höhe  (mit 
Henkel)  von  0,73  m.  Um  den  Kranz  läuft  eine  Inschrift,  zum  Teil  durch  Grün- 
span vernichtet  Noch  zu  lesen  ist:  VIRGINE  GERARDVS  FACIT  IN  0(sterwieck?). 
Die  Türme  wie  sämratliche  massiven  Bauteile  sind  aus  Kalkstein. 

An  der  Strasse  an  einem  Hause  von  1613  befindet  sich  eine  fast  ganz 
verlöschte  steinerne  Inschrifttafel.  An  der  Wand  daneben  ist  wiederum  eine 
Reihe  von  12  Wappen  von  Domherren,  links  eingeleitet  durch  die  in  einer  Nische 

stehende  Figur  des  h.  Stephan. 

[Im  Tagebuche  des   Math,   von   Oppen  ist  von   den  Zillyschen   Gebäuden 

oaufig  die  Eede.    An  einem  von  ihnen  liess  Oppen   folgende   selbst  verfasste 

^erse  anbringen : 

Struximus  has  aedes,  reliquas  renouaimus  apte 
Praedia  condidimus  multo  Hewkendalia  sumptu 
Pro  Rein  ac  Honstein,  Hinricus  presul  Julus 
Brunswigus  Molmken  nostras  donavit  ad  aras. 
Augeat  altisonans,  conseruet  parta,  precamur, 
Posteritas  humili  persoluens  munera  voto. 

Aus  einem  andern  Oppenschen  Inschriftgedichte  1604  war  der  Vers: 
Non  minor  est  virtus,  quam  quaerere,  parta  tueri. 

Erwähnt  werden  durch  von  Oppen  ferner:   das  Brauhaus,  über  welchem 

3  Bäume  entlialtend  3  Stuben  und  3  Kammem  1599;  —  eine  Stephansbildsäule, 

welche,  weil  sie  verbaut  worden  war,  1601  am  vordersten  Thor  angebracht  wurde; 

—  ein  neues  Gebäude  mit  Wappen  daran,  für  dessen  Erbauung  1602  1500  Gulden 

bewilligt  wurden;  —  eine  1603  am  Schweinestall  angebrachte  Wappenreihe;  — 

die  Zugbrücke  1605;  —   eine   neue    Scheune    1606,   für  die   das  Rodegeld   von 

Stötterlingenburg  gebraucht  werden  sollte;  —  der  Neubau  einer  Werkstatt  statt 

einer  abgebrannten,  sowie  eines  Hirten-  und  Zollhauses,   alles  aus  Ziegeln  und 

Kalkstein  1606;  —  eine  ganze  Reihe  von   Veränderungen  und  Verbesserungen 

1612;   —   die    „Dechanejstube"   samt  2   Kammern,    neu    erbaut    1616;    —   ein 

steinernes   Thor   zwischen   den    beiden   Aratsgärten;    der  Saal   des  Hauptmanns 

mit  einer  Kammer  darüber  1620.] 

Die  Dorf  häuser  bieten  fast  nichts,  was  über  die  Regel  hinausginge. 

Nur  ein  Haus  vom  Ende  des  17.  Jahrhunderts  zeigt  Verzierungen  in 
ziemlich  grober  Schnitzerei.  An  der  langen  Saumschwelle  zieht  sich  ein  Spruch 
hin.  Die  Ziegel,  mit  welchen  die  Fächer  ausgemauert  sind,  sind  z.  T.  mit  halben 
eingepressten  kleinen  Fächerrosetten  verziert,  ähnlich  wie  der  Fussboden  in  der 


160  Halberstädter  Landkreis:  Zilly  (Klas) 

Kirche  zu  Athenstedt  (s.  o.).  [Von  andern  Gebäuden  früherer  Zeit  sind  urkund- 
lich erwähnt:  der  Klosterhof  1460;  —  der  Niederhof  bei  der  Marienkirche  1460; 
—  das  Pfarrhaus  1468  und  1605;  —  eine  neue  Mühle  1604;  —  Papiermühlen  am 
Severlaschen  Teiche  (s.  Berssel),  deren  Bau  1606  beabsichtigt  wurde;  —  ein 
Salzwerk  1607;  —  eine  kleine  Mühle  nebst  öl- und  Bockmühle  (Pochmühle)  1611.] 

Im  Niedemdorfe  gab  es  vordem  eine  Kirche,  auch  die  Klauss  oder  Klus 
genannt,  also  offenbar  nur  eine  kleine  Kapelle,  welche  lö64  bereits  wüst 
war.  Die  Pfarre  daselbst  hatte  früher  unter  regensteinschem  Patronat  gestanden. 
(H.-Z.  XU,  549.) 

1498  hören  wir,  dass  bei  Z.  auch  Weinbau  getrieben  wurde. 


B.  Halberstädter  Stadtkreis 


Kreb  Halberatadt. 


11 


Halberstadt 

Quellen  und  Litteratur.^ 

Urkundenbuch  der  Stadt  Halb.,  2  Bände, 

Urk.-B.  des  Hochstifts  Halb.,  4  Bande, 

Urk.-B.  der  Stifter  St.  Paul  und  St.  Bonifaz,  1  Band,  sämtlich  herausgeg. 
Yon  Dr.  6.  Schmidt  im  Auftrage  der  historischen  Kommission  der  Provinz  Sachsen. 

ürknnden  des  Hochstifts,  als  Material  zu  einem  fünften  Bande, 

Urkunden  der  Liebfrauen-  und  St.  Johanniskirche, 

Varia  zur  Stadtgeschiclite,  sämtlich  von  demselben  gesammelt  und  (ur  die 
Herausgabe  vorbei*eitet ;  die  Manuskripte  befinden  sich  im  herzoglichen  Staatsarchive  zu 
Wolfenbüttel  und  wurden  dem  Verfasser  dieses  Buches  vom  Herrn  Herzoglichen  Archivrate 
Dr.  Zinmiermann  in  dankenswertestem  Entgegenkommen  zur  Benutzung  überlassen. 


Annalista  Saxo,  herausg.  von  Waitz,  MG. Scriptt. VI,  542—777. 

Gesta  episcoporum   Halberstadensium,  herausg^.  von  Weiland,  MG.  SS 
XXin,  73—123.    Auch  schon   1839  von  Schatz  unter  dem  Titel  Chronicon  Halberstadense 
veröflfentlicht. 

Fragmentum  gestorum  episcoporum  Halberstadensium,  herausg.  von  0.  Holder-Egger, 
MG.  SS.  XXX,  p.  19  f. 

Gesta  Alberti  II,  herausgeg.  von  Weiland,  MG. SS. XXIII,  123—129. 

Tagebuch    des    Domdechanten    Matthias    von    Oppen,    herausgeg.   von 
V.  Mülverstedt. 

Kirchenvisitationen  im  Bistum  Halb.,  herausgeg.  von  Nebe. 


Halberstädter  Chronik  des  Joh.  Winnigstedt,  herausgegeben  in  Caspar 
Abels  „Sammlung  etlicher  noch  nicht  gedruckten  alten  Chroniken*'  (Braunschweig  1732) 
pp.  252-478. 

Budäus,  Des  . . .  Herrn  Alberti  . . .  Leben  u.  s.  w.  (Halb.  1624). 

Melchior  Steofanius,  catalogus  episcoporum  Halberstadensium,  (Zerbst  1586). 

Joachim  Rulff,  Origines  Halb,  reipublicae  (Wittenberg,  ohne  Jahr). 

Caspar  Sagittarius,  historia  Halberstadensis  (Jena  1675). 

J.  F.  Beimmann,  Grundriss  der  Halberstädter  Historie  (Halb.  1702). 

S.  Lentz,  diplomatische  Stifts-  u.  Landeshistorie  von  Halb.  (Halle  1749). 

Leukfeld,  historische  Beschreibung  des  Bischoftums  Halb.  (Wolfen büttel  1714). 

Leukfeld,  antiquitates  Halberst 

Dingelstedt,  Karte  des  Fürstentums  Halb.  (1742). 

V.  Bennigsen,  Halberstädter  Merkwürdigkeiten  (Halb.  1751). 

Lucanus,  Beiträge  zur  Gesch.  d.  Fürstentums  Halb.  (Halb.  1781). 

ders.,  histor.  Bibliothek  des  Fürstentums  Halb. 

L. F. Niemann,  Gesch.  d.  vormaligen  Bistums  und  jetzigen  Fürstentums,  insbesondere 
aber  der  Stadt  Halb.  (Halb.  1829). 


*  Die  obige  Aufzählung  nennt  nur  das  Wichtigste.  Auf  Untersuchungen  des  Wertes  der 
einzelnen  Werke  kann,  weil  dies  viel  zu  weit  füliren  würde,  hier  nicht  eingegangen  werden; 
ich  muss  diese  interessante  und  wichtige  Arbeit  späterer  Müsse  überlassen.  Die  Titel 
der  erheblichsten  Schriften  sind  durch  gesperrten  Druck  hervorgehoben.  Übrigens  verweise 
ich  auf  das  in  der  Einleitung  dieses  Buches  über  diesen  Punkt  Gesagte. 

11- 


164  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Litteratur) 

LucanuB,  Wegweiser  durch  Halb.  (Halb.  1823). 
Franz,  Gesch.  d.  Bistums  Halb.  (1853). 
Zschiesche,  Halb,  sonst  und  jetzt  (Halb.  1895). 
Führer  durch  Halb,  und  Umgegend  (Halb.  1895). 

Von  den  vielen  in  Zeitschriften  und  dergl.  verstreuten  kleineren  Beitragen  zur  Halber- 
stadter  Geschichte  sei  hier  nur  auf  die  grosse  Zahl  der  in  der  Harzzeitschrift  ent- 
haltenen hingewiesen,  welche  wie  vieles  andere  hier  nicbt  Erwähnte  bei  den  Quellennach- 
weisen der  einzelnen  Abschnitte  erwähnt  werden. 

Halberstadt,  Stadt  im  preussischen  Regierungsbezirke  Magdeburg,  ge- 
legen unter  51  ^  54'  n.  Br.  und  28  ^  43'  ö.  L.,  mit  40000  Einwohnern.  Halb, 
dient  als  Sitz  für  ein  Amts-,  ein  Land-  und  ein  Gewerbegericht,  eine  Berg- 
behörde, ein  Domänenrentamt,  eine  Handelskammer,  ein  Katasteramt,  eineLandes- 
bauinspektion,  ein  Landratsamt,  eine  Garnison  Magdeburgisches  Infanterie- 
Regiment  No.  27  und  v.  Seydlitz-Kürassiere  nebst  Proviantamt,  ein  Gymnasium, 
ein  Realgymnjksium ,  eine  Oberrealschule,  mehrere  Volksschulen  verschiedener 
Konfession,  zwei  höhere  Töchterschulen,  eine  städtische  und  eine  kaufmännische 
Fortbildungsschule,  eine  Industrieschule,  eine  Präparandenanstalt,  ein  Lehrer- 
und Lehrerinnenseminar,  eine  Seminarschule,  ein  Taubstummeninstitut,  ein 
Theater,  femer  für  viele  Vereine,  welche  wissenschaftlichen,  gewerblichen,  ge- 
meinnützigen und  geselligen  Zwecken  dienen  u.  s.  w.  u.  s.  w. 

Von  gewerblichen  Betrieben  in  Halb,  sind  besonders  zu  nennen:  Brauereien, 
Brennereien,  Bürstenmachereien,  Cigarrenfabriken,  Gärtnereien,  Gerbereien,  Hand- 
schuhfabriken, Orgelbauanstalten,  Schneidereien,  Schuhmachereien, 

Archidiakonat:  Halberstadt. 

Namen,  bei  den  Schriftstellern :  AJfurtested  (Flodoard.  Ann. 948  MG.  SS. III, 
395);  —  Alfursted  (Hugonis  Chron.I  MG.  SS.  VIII,  361);  —  Alfureested  (Richeri 
hist.  II,  MG.  SS.  III,  6U3);  —  Alveristat  (MG.  Necrol.  I,  622);  —  Alvestet  (MG. 
Legg.IV,  99);  —  Haluestot  (ibid.  13);  —  Alvertat  (Sugerii  vita  Ludov.  MG.  SS. 
XXVI,  50);  —  Alvensant  (hist.  ducum  Venet.  MG.  SS.  XIV,  85);  —  Halvarastat 
(MG.  Legg.  1,561);  —  Haluersdat  (Geneal.  com.  Flandr.  MG.  SS.  IX,  330);  —  Hai- 
barstet (MG.  Legg.  II,  24);  —  Harberstad  (Ann.  Hildesh.  1088);  —  in  den  Ur- 
kunden: Halverstad  1003;  —  Halberstede  1018;  —  Halverestid  1036  (?);  —  Hal- 
versted,  Halverstad  1068;  —  Halberstad  1105;  —  Haiversted  1108;  --  Albe- 
stat 1136  (italienische  Urk.) ;  —  Alverstad,  Alberstad  1160;  —  Alvei-stat  1186;  — 
Halbirstad  1196. 

Da  die  Urkunden  grössere  Zuverlässigkeit  besitzen  als  die  vielfach  auf  irr- 
tümlichen Nachrichten  beruhenden  Überlieferungen  der  Chronisten,  so  dürfte 
anzunehmen  sein,  dass  schon  seit  sehr  alter  Zeit  der  Ort  einen  dem  heutigen 
fast  gleichlautenden  Namen  geführt  hat.  Die  Deutung  ist  unklar;  die  Erklä- 
rungen als  „Stadt  der  Alben,"  „halbe  Stadt"  („Hemipolis"),  „Alves  Stadt,^' 
„Albheres  Stadt,"  letztere  beide  mit  angeblicher  Beziehung  auf  einen  Gründer 
solches  Namens,  sind  sämtlich  nicht  zu  erweisen,  wiewohl  die  beiden  letzten 
ziemliche  Wahrscheinlichkeit  besitzen;  doch  dürften  auch  sie  statt  aufklärend 
eher  irreführend  wirken. 


Halberstadt  (Geschichtliches:  Gründung)  165 

Geschichtliches 

In  der  Landschaft,  deren  natürliche  Beschaffenheit  im  ersten  Kapitel  dieses 
Buches  beschrieben  ist,  wurde,  wie  alle  Quellen  tibereinstimmend  berichten,  ein 
Ort  Namens  Seligenstadt  (seliganstedi,  saliganstedi,  salingenstide,  saligestat  u.  s.  w.) 
zum  Mittelpunkte  des  Bistums  ausersehen,  welches  von  Karl  d.  Gr.  im  Jahre  781 
oder  Avenigstens  sicher  am  Anfange  des  9.  Jahrhunderts  im  Hartengaue  begründet 
wurde.*  Es  umfasste  ausserdem  den  Derlingau,  Nordthüringau ,  Balsamgaii, 
Schwabengau,  Hessengau  und  das  Friesenfeld.  Bistumspatron  war  schon  814  der 
h.  Stephanus.  Hildegrim,  ein  vielleicht  748  geborener  Friese,  Sohn  des  Thiatgrim 
und  der  Liafburga,  bisher  Bischof  von  Chalons  und  Abt  von  Werden  a.  d.  Euhr, 
wurde  zum  Bischöfe  der  neuen  Gründung  eingesetzt.  Dieser  Mann,  welcher 
durch  rastlose  Bemühungen  für  die  Veibreitung  des  Christentums  sich  unver- 
gängliche Verdienste  erworben  hat  (er  hat  im  ganzen  35  Dorfkirchen  in  dem 
neuen  Bistum  gegründet)^  soll  nach  der  Überlieferung  den  Sitz  seiner  Herrschaft 
nach  Halberstadt  verlegt  haben.  Doch  stützt  sich  diese  Annahme  auf  keinerlei 
urkundliche  Überlieferung,  ebensowenig  wie  jene,  dass  Seligenstadt  mit  Oster- 
wieck  identisch  gewesen  sei,  wo  Karl  d.  Gr.  ein  Monasterium,  eine  Kirche,  erbaut 
und  dem  h.  Stephanus  geweiht  hatte.  Es  wird  vielmehr  schon  in  den  ältesten 
Quellen  stets  berichtet,  Halberstadt  sei  der  Bistumssitz  gewesen.  Es  ist  über 
diesen  Punkt  viel  gestritten  worden,  ohne  dass  eine  Einigung  erzielt  worden 
wäre.  Lediglich  als  Vermutung  sei  hier  hinzugefügt,  dass  möglicherweise  der 
ganze  Streit  aus  einer  falschen  Etymologie  verursacht  sein  kann.  Eine  aus- 
reichende Erklärung  des  Namens  Halberstadt  ist  bisher  nicht  geliefert  worden,  dessen 
Ableitung  vielmehr  zu  allen  Zeiten  verschleiert  und  eine  Quelle  von  mancherlei 
Irrtümern  gewesen.  Eine  Niederlassung  dieses  Namens  hat  in  der  damals  wald- 
reichen, wahrscheinlich  auch  wasserreicheren  Gegend  ohne  Zweifel  schon  be- 
standen, bevor  sie  zum  Sitze  des  Bistums  erwählt  wurde,  und  sie  muss  eine 
verhältnismässig  bedeutende  Stellung  gehabt  haben,  da  die  Errichtung  von 
Bistümern  an  unwichtigen  Orten  kirchlich  untersagt  war.  Bei  Gelegenheit  dieser 
Gründung  mag  der  Name  Haiborstadt  gedeutet  worden  sein  als  Stadt  der 
Alben,  der  Elfen,  der  heidnischen  bösen  Geister,  weshalb  man  für  nötig  hielt, 
diesen  Namen  christlich  zu  gestalten  als  Stadt  der  saugen  (Förstemann,  altdtsch. 
Namenb.  II,  1284),  locus  beatorum.  Die  mächtige  Gewohnheit  der  alten  volks- 
tümlichen Benennung  aber  blieb  bald  gegen  die  kirchlichen  Bemühungen  sieg- 
reich, und  aus  diesem  Vorgange  gestaltete  sich  die  Sage,  das  Bistum  sei  von 
Seligenstadt  nach  Halberstadt  verlegt  worden.  Ob  nun  diese  Vermutung  richtig 
sit,  oder  die,  Seligenstadt  sei  untergegangen,  oder  es  sei  das  jetzige  Osterwieck 
(wobei  dessen  Namenswoehsel  einer  Erklärung  bedürfen  würde),  oder  der  Name 
Seligenstadt  sei  eine  Veränderung  aus  Chalonsstadt  —  es  muss  hier  eine  ge- 
nauere Untersuchung  darüber,  als  zu  weit  führend,  unterbleiben.  Ein  endgiltiges 
Ergebnis  wird  mit  den  gegenwärtigen  Mitteln  überhaupt  nicht  festzustellen  sein. 
902  scheint  der  Name  Seligenstadt  noch  im  Gebrauche  gewesen  zu  sein,  weil 
ein  derartig  heissender  Ort   in  einer  Urkunde  König  Ludwigs  als   Münz-  und 

'  Vgl.  H.-Z.  XVIII,  353  ff. 

»  Vgl.  P.  Meier  H.-Z.  1898  p.  227ff. 


166  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte  814-^937) 


Zollstätte  genannt  wird.  Beides  aber  passt,  falls  die  Urkunde  echt  sein  sollte, 
auch  auf  Halberstadt. 

Hildegrim  führte  den  Bau  der  neben  der  Hauptkirche  zu  Halberstadt 
von  seinem  Bruder,  dem  h.  Liuder,  begonnenen  Kirche  zu  Ende  und  weihte 
diese  den  hh.  Petrus  und  Paulus.  814  erhielt  das  Bistum  eine  Bestätigung 
seiner  Privilegien  in  einer  für  jene  frühe  Zeit  höchst  verdächtigen  Form,  welche 
in  den  durch  das  ganze  Mittelalter  immer  wieder  erneuerten  Bestätigungen 
bis  in  das  15.  Jahrhundert  hinein  in  ziemlich  unveränderter  Form  beibehalten 
wurde.  Hildegrim  starb  am  19.  Juni  827  und  fand  sein  Grab  in  der  Abtei 
"Werden.  Kanonisiert  scheint  er  nicht  zu  sein,  wiewohl  er  bisweilen  als  Heiliger 
genannt  wird.  Sein  Nachfolger  Thiatgrim  (f  8.  Februar 840)  dürfte,  da  auch  er 
zu  Werden  in  Beziehungen  stand  und  gleichfalls  dort  begraben  ist,  im  Sinne 
seines  Vorgängers  fortgewirkt  haben.  Auf  ihn  folgte  der  Angelsachse  Haimo 
(Heimo,  Heinmo,  Hemmo),  ursprünglich  Mönch  in  Fulda,  Schüler  Alcuins,  Freund 
des  Hrabanus  Maurus.  Er  war  als  theologischer  Schriftsteller  bedeutend  und 
hat  als  solcher  unter  anderen  eine  Schrift  über  die  Apokalypse  und  einen  Auszug 
aus  der  Kirchengeschichte  des  ßufinus  verfasst.  Seine  Interessen  galten,  wie 
versichert  wird,  mehr  seiner  alten  als  seiner  neuen  Heimat,  und  das  Bistum 
Halberstadt  soll  daher  mancherlei  Schaden  durch  ihn  erlitten  haben.  Er  starb 
am  28.  März  853.  Seine  Lebensbeschreibung  wurde  erst  anderthalb  Jahrhunderte 
später  von  einem  Ilsenburger  Mönche  Rochus  verfasst.  Als  Erinnerung  an  ihn 
hinterblieb  in  Halberstadt  eine  von  ihm  gesammelte  Bibliothek,  die  1179,  als  der 
Dom  verbrannt  wurde,  mit  zu  Grunde  ging. 

Die  Verbindung  mit  Kloster  Werden  war  mittlerweile  nicht  abgebrochen 
worden,  wie  aus  der  Geschichte  von  Haimos  Nachfolger  Hildegrim  IL  hervor- 
geht, welcher  nach  seinem  886  (21.  Dezember)  erfolgten  Tode  dort  beigesetzt  wurde. 
Das  Christentum  fand  er,  dank  den  schweren  Bemühungen  Haimos,  ziemlich 
gesichert,  vor  und  er  befestigte  es  weiter  durch  die  Yollendung  und  Einweihung 
der  Halberstädter  Domkirche.  Auf  ihn  folgte  der  nur  in  einer  Urkunde  er- 
wähnte Eiulf  (von  den  Geschichtsschreibern  Egolf,  Agiulf  oder  Evilippus  genannt). 
Sichere  Nachrichten  über  seine  Herkunft  und  seine  Thätigkeit  fehlen. 

Auch  von  seinem  Nachfolger  Sigisraund  (f  14.  Januar  923)  weiss  man 
wenig.  Er  regierte  mit  einer  Sittenstrenge,  zu  welcher  er  gelegentlich  durch 
Verhängung  des  Bannfluches  auch  den  späteren  König  Heinrich  zwang.  Ausser- 
dem war  er  nach  Thietmars  Zeugnis  ein  Mann  von  Geist,  welcher  alle  seine 
Zeitgenossen  an  Kenntnis  der  das  Geistliche  und  Weltliche  betreffenden  Wissen- 
schaften übertraf.  Seit  seiner  Regierung  genoss  das  Domkapitel  das  Vorrecht 
der  selbständigen  Bischofswahl.  Erst  von  dieser  Zeit  an,  seit  dem  Regierungs- 
antritte des  folgenden  Bischofs  Bernhard  werden  die  Nachrichten  über  die 
Halberstädter  Bistumsgeschichte  ausführlicher  und  zuverlässiger. 

Bernhard  stammte  aus  der  Familie  der  Grafen  von  Hadmersleben.  Auf 
Rat  des  Bischofs  Sigismund  bewarb  er  sich  um  das  Bistum  und  erhielt  es  durch 
Vermittlung  Heinrichs  I.  Seine  diplomatische  Gewandheit  befähigte  ihn  zu 
gelegentlicher  politischer  Thätigkeit,  welche  er  im  Auftrage  des  Königs  ausübte. 
Am  4.  Februar  937  bestätigte  Otto  I.  die  angeblich  schon  von  früheren  Königen 
dem  Bistum  gewährleistete  Immunität.     Doch  trübte   sich   das  gute  Verhältnis 


HalberBtadt  (Geschichte  937—1018)  167 

zum  Kaiser  infolge  des  heftigen  Widerspruchs,  welchen  Bernhard  dem  Lieblings- 
plane des  Kaisers  entgegensetzte,  Magdeburg  zum  Erzbistum  zu  erhebeui  Es  soll 
sogar  zur  Gefangennehmung  des  Bischofs  und  dessen  Einkerkerung  in  Quedlin- 
burg gekommen  sein,  jedoch  soll  Otto  durch  des  Bischofs  Unerschrockenheit 
sich  haben  bewegen  lassen,  jenen  wieder  in  alle  seine  Ehren  einzusetzen  und 
sogar  Eirchenbusse  zu'thun.  So  blieb  es  Bernhard  erspart  Teile  seiner  Diöcese 
abtreten  zu  müssen.  Die  Halberstädter  Kirche  verdankt  seiner  Freigebigkeit  den 
Besitz  einer  grossen  Menge  von  Reliquien,  die  er  von  einer  Reise  nach  Bom 
mitgebracht  hatte. 

Ausserdem  zeugt  von  seiner  Thätigkeit  noch  heute  das  von  ihm  und  seiner 
Nichte,  der  Äbtissin  des  von  ihm  gestifteten  Klosters  Hadmersleben ,  937  ge- 
gründete Pfortenhaus.    96ö  stürzte  der  Dom  zu  Halberstadt  ein. 

Sobald  Bernhard  gestorben  war  (3,  Februar  9G8)  nahm  Otto  I  seinen  ehe- 
maligen Plan  der  Gründung  des  Erzbistums  Magdeburg  wieder  auf  und  führte 
ihn  noch  im  selben  Jahre  aus,  begünstigt  von  der  vielleicht  nicht  uneigen- 
nützigen Nachgiebigkeit  von  Bernhards  Nachfolger  Hildeward. 

Dieser,  aus  dem  Hause  der  Grafen  von  Werle  stammend,  hatte  seine  Bildung 
in  St.  Gallen  genossen.  Er  befestigte  das  von  jeher  bestehende  enge  Verhältnis 
zu  der  Kirche  von  Metz  und  verschaffte  dadurch  der  Halberstädter  Kirche  den 
Besitz  kostbarer  Reliquien,  darunter  besonders  eines  kleinen  Teiles  von  dem 
Blute  des  beiden  Kirchen  gemeinsamen  Schutzpatrones  St.  Stephan.  Hildeward 
gründete  995  das  Nonnenkloster  zu  Stötterlingenburg  und  weihte  imgefälir  zur 
selben  Zeit  den  von  ihm  neu  erbauten  Halberstädter  Dom.  Seine  weltliche 
Gewalt  wurde  dadurch  befestigt,  dass  Otto  ÜI.  am  4.  Juli  989  dem  Bistum  das 
Markt-,  Münz-  und  Zollrecht  samt  dem  Heerbann  verlieh  bezw.  bestätigte. 
Hildewards  treuer  Gefährte  bei  allen  seinen  Regierungshandlungen  war  sein 
Kapellan  Hiddo.  Doch  wurde  dieser  nach  dem  am  25.  November  996  erfolgten 
Ableben  Hildewards,  obgleich  er  viele  Stimmen  für  sich  hatte,  sein  Nachfolger 
nicht,  vielmehr  schlichtete  der  König  den  Streit  des  Domkapitels  durch  Ein- 
setzung seines  Hofkapellans  Arnulf. 

Dieser  erlangte  vom  Papste  Benedikt  die  Bestätigung  der  Grenzen  seiner 
Diöcese  und  sorgte  dafür,  dass  diese  genau  festgestellt  wurden.  Den  bei  seinem 
Amtsantritte  durch  die  Kriegswirren  der  vergangenen  Zeit  stark  verwahrlosten 
Zustand  in  Stadt  und  Land  Halberstadt  war  er  unablässig  zu  bessern  bemüht, 
jedoch  hatte  er  erst  1018  die  Genugthuung  die  Stadt  wieder  völlig  hergestellt 
zu  sehen. 

Am  19.  Dezember  machte  er  im  vollen  bischöflichen  Ornate  einen  feierlichen 
Umzug  um  die  von  ihm  hergestellten  Mauern.  Er  gründete  das  Liebfrauenstift 
imd  die  zugehörige  Kirche  und  sorgte  für  engste  Verbindung  der  dortigen 
Kanoniker  mit  denen  des  Domkapitels.  Freilich  blieben  Streitigkeiten  auf  die 
Dauer  nicht  aus,  welche  besonders  unter  Bischof  Burchard  H.  einen  solchen 
Umfang  annahmen,  das  es  zu  ihrer  Beilegung  des  ganzen  Ansehens  des  Bischofs 
bedurfte.  Den  Besitz  des  Domes  vermehrte  Arnulf  durch  Schenkung  bedeutender 
Ländereien,  Mühlen  u.  s.  w.  Er  war  bei  seinem  Wirken  unterstützt  und  dieses 
war  ihm  überhaupt  nur  ermöglicht  dadurch,  dass  er  sich  die  Gunst  der  Könige 
dauernd   zu  wahren  wusste.     Schon  Otto  HI.  beschenkte  ihn  mit    bedeutenden 


168  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte  1002—1036) 


Besitzungen  und  Rechten  (Jagd  im  Harz  u.  s.  w.)  und  Heinrich  H.  war  wieder- 
holt (1008,  1017)  sein  Gast  in  Halberstadt.  1002  bestätigte  er  ihm  die  volle 
Immunität  gemäss  den  Verfügungen  seiner  Vorgänger,  wobei  besonders  das 
Recht  des  Heerbannes  und  die  Gerichtsbarkeit  über  Halberstadt  zur  Geltung 
gebracht  wurden.  Gleichwohl  kamen  infolge  der  nicht  genügenden  Abgrenzung 
des  bischöflichen  Bezirkes  in  der  Folge  mancherlei  Verletzungen  dieser  Immu- 
nität vor,  welche  erst  nach  1018  genügend  gesichert  wurde.  (Weiteres  über 
diese  verfassungsgeschichtlichen  Vorgänge  s.  unten.) 

1003  überwies  Heinrich  dem  Stifte  das  Kloster  Ilsenburg  und  fügte  1004 
gegen  Abtretung  des  Gebietes  von  Merseburg  etwa  100  Hufen  vom  königlichen 
Eigentum  hinzu.  Arnulf  starb  am  7.  September  1023.  Zu  seinem  Nachfolger 
wurde  zunächst  von  Klerus  und  Volk  Hermann  gewählt,  welcher  später  Erz- 
bischof von  Hamburg  wurde  und  das  Halberstädter  Bischofsamt  nur  vertretungs- 
weise verwaltete,  bis  als  wirklicher  Nachfolger  am  26.  Dezember  desselben  Jahres 
Brantog  (Brantoch,  Branthogus,  Branthohus  u.  s.  w.)  gewählt  wurde,  welcher  seit 
1011  Abt  von  Fulda  gewesen  war.  Auch  er  verdankte  seine  Wahl,  wie  vordem 
Arnulf,  dem  König.  Abscheu  vor  dem  Anblicke  des  Elends,  welches  in  den 
letzten  Zeiten  seines  Vorgängers  die  Pest  verursacht  hatte,  soll  der  Grund 
gewesen  sein,  weshalb  er  alsbald  eine  Reise  nach  Palästina  unternahm.  Der 
Nutzen  seiner  späteren  Regierung  wird  verschieden  beurteilt,  doch  versichern 
wenigstens  die  Gesta  ep.  Halb.,  dass  der  Wohlstand  der  Diöcese  unter  ihm  sich 
gehoben  habe.  Das  von  ihm  1025  erbaute  Kloster  St.  Johannis  und  das  Kloster 
St.  Bonifatii  in  Bosleben,  beide  dicht  vor  den  Thoren  von  Halberstadt,  hinterblieben 
als  Zeugnisse  seiner  Thätigkeit  bis  in  späte  Zeiten.  Brantog  starb  1036  an  der 
Pest  Sein  Todestag  wird  verschieden  angegeben  (26.  27.  August,  26.  September). 
Sein  Nachfolger,  der  durch  kaiserlichen  Einfluss  zur  Herrschaft  gebrachte  ^  bis- 


^  Die  Wahl  der  Bischöfe  erfolgte  zunächst  durch  den  König.  Wenigstens  ist  dies  in 
den  Gesta  ep.  Halb,  überliefert  betreffs  Hildegrim  I.,  Thiatgrim  und  Bernhard.  Nichts  über 
den  Wablmodus  hören  wir  bei  Hildegrim  II.,  Eiulf  und  Sigismund.  Dagegen  wird  be- 
richtet, dass  Hildeward  durch  Zuruf  des  Klerus  und  Volkes  erwählt  und  vom  Vertreter  des 
damals  abwesenden  Königs,  Herzog  Hermann  von  Sachsen,  in  sein  Amt  eingeführt  wurde. 
Bischof  Arnulf  verdankte  seine  Wahl  der  Hofpartei,  während  der  Klerus  einen  anderen 
Kandidaten  aufgestellt  hatte.  Man  sieht,  wie  damals  bereits  das  Bestreben  herrschte,  den 
König  aus  der  bestimmenden  Stellung  in  Sachen  der  Bischofswahl  hinauszudrängen.  Bischof 
Hermann  wurde  von  Klerus  und  Volk  erwählt,  Brantog  wieder  vom  Könige,  Burchard  I. 
wieder  von  Klerus  und  Volk.  Doch  beschränkte  sich  diese  letztere  Art  der  Wahl  zunächst 
nur  auf  eine  Wunschäusserung.  Wenigstens  heisst  es  von  Burchard  I.,  er  sei  so  beliebt 
gewesen,  dass  er  in  episcopum  Halb,  civitatis  ab  omnibus  certatim  postularetur.  Quorum 
peticioni  Imperator  gratanter  annuit  etc.  (Gesta  ep.  Halb.  p.  94).  Über  den  Wahlmodus  bei 
Burchard  II.  erzählen  die  Gesta  nichts.  Sein  Nachfolger  Thietmar  aber  wurde  canonica 
electione  von  der  Kirche  erwählt.  (Gesta  p.  101).  Desgl.,  jedoch  unter  beträchtlichen  Zwistig- 
keiten  der  Kirche ,  die  in  drei  Parteien  zerspalten  war ,  dessen  Nachfolger  Herrond ,  welcher 
die  Bestätigung  des  Papstes  fand  und  von  ihm  den  Namen  Stephanus  erhielt.  Friedrich 
war  kaiserlicher  Parteibischof.  Beinhard  wurde  canonice  erwählt;  Otto  war  Simonist;  zur 
Wahl  Budolfs  erschienen  Kaiser  Lothar,  Erzbischof  Albert  von  Mainz,  Bernhard  von 
Hildesheim,  und  so  wurde  er  Bischof  pari  voto  totius  cleri  et  unanimi  consensu  populi 
(Gresta  p.  106).  Seitdem  findet  Beteiligung  des  Kaisers  überhaupt  nicht  mehr  statt.  Den 
Bischöfen  stand  das  Vorschlagsrecht  bezüglich  ihrer  Amtsnachfolger  zu. 


Halberstadt  (Geschichte  1049—1089)  169 

herige  kaiserliche  Kanzler  Burchar^d  von  Nabburg,  war  der  Erbauer  eines 
neuen  bischöflichen  Palastes  in  Halberstadt,  des  sog.  Petershofes.  Gleich  diesem  am 
Domplatze  liess  Burchard  24:  neue  Wohnhäuser  (Kurien)  für  die  Domherren  erbauen. 
Ausserhalb  des  jetzigen  Kreises  Halberstadt  begründete  er  eine  Kapelle  als  Anfang 
des  späteren  Klosters  Huysburg.  Die  zwischen  dem  Bistum  Halberstadt  und  dem 
Erzbistum  Magdeburg  damals  häufigen  Grenzstreitigkeiten  wurden  1049  durch 
Hemrich  III.  geschlichtet,  welcher  1052  (17.  Januar)  dem  Bischöfe  die  Grafschaft 
über  den  Hartengau,  Darlingau,  Balsamgau  und  Teile  des  Nordthüringaus  förm- 
lich verlieh.  Als  Burchard  I.  am  18.  Oktober  1059  gestorben  war,  wurden 
seine  Reste  im  Dome  beigesetzt,  später  aber  nach  der  Franziskanerkirche  über- 
tragen, wo  sie  sich  noch  jetzt  befinden.  König  Heinrich  lY.  bestimmte  zum 
nächsten  Bischöfe  einen  angeblich  aus  bürgerlichem  Geschlechte  zu  Goslar 
stammenden  Mann,  welcher  bisher  dort  als  Probst  gewirkt  hatte,  Burchard  IL, 
(auch  Bucco  genannt)^  den  späteren  Erbauer  der  Halberstädter  Paulskirche. 
Heinrich  gab  ihm  seine  Gunst  dadurch  zu  erkennen,  dass  er  1060  gemeinsam 
mit  seiner  Mutter,  seiner  Braut  Bertha  und  einer  glänzenden  Versammlung 
geistlicher  und  weltlicher  Fürsten  das  Osterfest  in  Halberstadt  feierte.  Es  war  die 
letzte  Feierlichkeit,  welche  der  damalige  Halberstädter  Dom  sah,  der  wenige 
Wochen  darauf  (18.  April)  samt  dem  grössten  Teil  der  Stadt  niederbrannte. 
Erst  11  Jahre  später  war  der  Schaden  soweit  ausgebessert,  dass  der  Dom  von 
neuem  geweiht  werden  konnte.  Noch  damals  dauerte  die  Freundschaft  mit 
Heinrich  rv.,  welcher  1071  in  Halberstadt  das  Pfingstfest  feierte.  Es  ist  nicht  voll- 
ständig aufgeklärt,  wodurch  diese  Freundschaft  sich  plötzlich  in  ihr  völliges 
Gegenteil  verkehrt  hat.  Bei  dem  Zwiste  zwischen  Heinrich  IV.  und  Gregor  VII. 
nahm  Burchard  II.  eine  entschieden  königsfeindliche  Stellung  an  und  trug 
infolgedessen  die  Schuld  an  der  Verwüstung,  mit  welcher  der  König  im  Juli 
1075  die  Halberstädter  Gegend  heimsuchte.  Er  selbst  geriet  in  die  Gefangen- 
schaft des  Königs,  welcher  er  sich  auf  seinem  Transporte  auf  der  Donau  durch 
List  zu  entziehen  verstand.  Nach  mancherlei  Schwierigkeiten  gelangte  er  wieder 
nach  Sachsen.  1088  ereilte  ihn,  noch  immer  des  Königs  Feind,  sein  Verhängnis 
in  Goslar.  Bei  einem  Volksauflaufe  suchte  er  sein  Ansehen  durch  Bedrohung 
der  Stadt  mit  dem  Banne  zur  Geltung  zu  bringen,  wurde  dabei  von  einem 
Handwerker'  schwer  verwundet  und  starb  bald  danach  im  Kloster  Ilsenburg^ 
(6.  April  1088).  Lambert  von  Hersfeld  sagt  von  ihm :  Wiewohl  er  vom  Könige  durch 
viel  Unrecht  gereizt  war,  so  kann  man  doch,  da  er  ein  Mann  von  hervorragender 
Heiligkeit  und  von  bestem  Rufe  in  Gottes  Kirche  war,  keinesfalls  glauben,  dass 
er  zu  solcher  Kühnheit  aus  anderen  Gründen  sich  habe  hinreissen  kvssen,  als 
aus  Eifer  für  Gott  und  allein  durch  die  Rücksicht  auf  das  gemeine  Wohl. 

Nach  Burchard  IL  Ende,  über  dessen  Ursache  und  Verlauf  die  Gesta  ep.  Halb, 
parteiisch  und  ungenau  berichten,  folgte  der  Diacon  Thietmar  der  Kleine, 
der  aber  nur  bis  zum  10.  Februar  1089  wirkte,  wo  er,  vielleicht  an  Gift,  starb. 


*  Vgl.  Halberstädter  Zeitung  u.  Intel ligenzblatt  1879  No.  109.  —  An  Bucco  hat  ßich  die 
Wandereage  von  seiner  Kinderfreundschaft  geknüpft. 

'  Der  spätere  Bischof  Herrand   schrieb   eine  Schrift  über  den  Tod  Buccos,  von  der  sich 
bedeutende  Teile  beim  Annalista  Saxo  finden. 


170  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte  1090^1146) 


Ihm  folgte  Herrand  (Heirradiis),  früher  Mönch  zu  Reinhardsbrunn  und  Ton  Bucco 
eingesetzter  Abt  zu  Ilsenburg,  ein  frommer  und  friedliebender  Mann.  Er  wurde 
1090  erwählter  Bischof  zu  Halberstadt,  4  Jahre  danach  von  Urban  IL  consecriert, 
wobei  ihm  der  Papst  den  Namen  Stephanus  beilegte.  Er  wie  Thietmar  waren 
Anhänger  der  päpstlichen  Partei.  Herrand  starb  am  23.  November  (oder  Ende 
Oktober)  1102  und  machte  damit  Platz  für  den  bereits  seit  1089  von  der  könig- 
lichenPartei  eingesetzten  Bischof  Friedrich,  welcher  im  kirchlichen  Banne  lebte 
und  1105  seine  Herrschaft  durch  Absetziuig  wegen  Simonie  enden  musste.  Zwar 
versuchte  er  sich  noch  2  Jahre  zu  halten,  doch  wu?*de  1107  seine  Absetzung 
durch  die  Wahl  eines  neuen  Bischofs  entgiltig  entschieden.  Eingesetzt  wurde 
statt  seiner  Reinhard  (Reingerus)  aus  der  Familie  der  Grafen  von Blankenburg, 
seine  Konsekration  erfolgte  am  31.  März  desselben  Jahres.  Seine  Parteisteliung 
war  eine  durchaus  königsfeindliche.  Sie  führte  dazu,  dass  1112  Heinrich  V.  das 
Halberstädter  Gebiet  verwüstend  durchzog,  Halberstadt  selbst  angriff,  eroberte 
und  z.  T.  zerstörte.  Trotzdem  hatte  die  Unterwerfung  Reinhards  keinen  langen 
Bestand.  1115  stand  er  der  bedeutend  überlegenen  Macht  des  Kaisers  in  der 
Schlacht  am  Weifesholze  gegenüber,  wo  bekanntlich  das  Kriegsglück  sich  zu 
Gunsten  der  Feinde  des  Kaisers  entschied.  Von  des  Bischofs  Friedensthaten 
sind  hauptsächlich  jene  bemerkenswert,  welche  verschiedenen  Klöstern  zu  gute 
kamen.  Er  führte  in  dem  von  Brantog  gegründeten  Johannisstifte  die  klöster- 
liche Ordnung  ein,  stellte  die  Zucht  im  Paulsstifte  wieder  her  und  nahm  sich 
der  Huysburg  mit  besonderer  Sorgfalt  an,  welche  durch  Burchard  IL  zur  Bene- 
diktiner-Abtei erhoben  worden  war.  Das  Augustinerstift  zu  Osterwieck  verlegte 
er  nach  Hamersleben. 

Als  Reinhard  am  2.  März  1123  gestorben  war,  wählte  die  Geistlichkeit  den 
Magdeburger  Domherrn  Otto.  Da  diesem,  welcher  sein  Amt  vor  allem  der 
kaiserlichen  Gunst  verdankt  zu  haben  scheint,  der  Voi'wurf  der  Simonie  gemacht 
wurde,  so  erfolgte  1128  durch  Papst  Honorius  II.  seine  Absetzung,  deren  Auf- 
rechthaltung der  päpstlichen  Partei  nicht  geringe  Mühe  machte.  Der  Streit 
darüber  spann  sich  noch  bis  1135  weiter,  wo  Otto  nach  vorübergehender  Wieder- 
einsetzung (1131)  endgiltig  vom  Amte  entfernt  wurde.  In  seine  letzten  Zeiten 
fällt  das  glänzende  Osterfest,  welches  Kaiser  Lothar  am  15.  April  1134  in  Gegen- 
wart der  Kaiserin,  vieler  Bischöfe  und  anderer  Geistlichen,  sowie  des  Königs 
Magnus  von  Dänemark,  welcher  dort  als  des  Kaisers  Lehnsmann  auftrat,  in 
Haiborstadt  feierte.  An  Stelle  des  abgesetzten  Otto  wurde  zunächst,  weil  man 
keinen  andern  wusste,  der  Probst  Gerhard  vom  Johanniskloster,  dann  nach 
mancherlei  Zwist  des  Kapitels  mit  dem  Klerus  und  Yolke  Rudolf,  Probst  des 
Bönifatiustiftes  und  zu  Konradsburg,  am  1.  März  1136  gewählt.  Wiewohl  sich 
seine  Regierung  durch  Ruhe  und  Frieden  auszeichnete,  gab  es  doch  gelegentliche 
Unruhen  innerhalb  der  Geistlichkeit  Die  sächsiche  Weltchronik  (M  G.  Chron.  II, 
1,  213)  erzählt  darüber  zum  Jahre  1146:  „In  den  tiden  gescha  to  Halverstat 
grot  bedrofnisse,  also  men  vint  gescreven  dar  up  eneme  grave: 

Fratcr  honorandus,  Christi  levita  Wingandus 
Quid  moriens  tulerit,  hec  series  aperit. 

Ausus  enim  cleri  communia  jura  tueri, 
Saucius  ense  mit  justaque  facta  luit 


r 


Halberstadt  (Geschichte  1147—1179)  171 

Dene  selven  Wigande  slogen  des  domprovestes  Mertines  heimlike  vrunt;  darmnbe 
ward  de  selbe  domprovest  untsat  siner  eren,  wante  men  ene  tech,  dat  he't 
geraden  hadde.^^ 

Immerbin  bildeten  solche  Fälle  die  Ausnahme.  Im  ganzen  war  Besserung 
der  Zustände  bemerkbar,  und  deren  Folge  war  eine  Belebung  der  Kulturarbeiten. 
So  begann  Budolf  deu  neuen  Bau  der  Liebfrauenkirche,  versah  den  Dom  mit 
einem  neuen  Dache  und  vertilgte  überhaupt  die  Spuren  der  1112  geschehenen 
Zerstörung.  Er  ist  auch  der  Erbauer  des  noch  jetzt  durch  den  grossen  Bruch 
nach  Hamersleben  führenden  sog.  neuen  Damms.  Er  starb  am  6.  Oktober  1147, 
wahrscheinlich  auf  dem  damals  stattfindenden  Wendenkreuzzuge,  an  welchem 
ausser  ihm  viele  sächsische  Grösse  teilnahmen,  und  fand  sein  Grab  in  der 
Liebfrauenkirche,  wo  eine  viel  später  ausgeführte  Bronceplatte  dessen  Stelle 
bedeckt  ^ 

Auf  Rudolf  folgte  Ulrich,  Probst  zu  Liebfrauen,  welcher  vom  Erzbischofe 
von  Mainz  die  Weihe  empfing.  Seine  Regierung  war  durchweg  von  Krieg  und 
Verwirrung  erfüllt,  zunächst  dadurch,  dass  er  Gegner  des  schismatischen  Papstes 
war  und  dem  Kaiser  die  Heeresfolge  verweigerte.  Alsbald  bildete  sich  eine 
Verschwörung  der  Bürger  gegen  ihn  (1153),  1160  wurde  er  abgesetzt  und  ein 
gewisser  Gero  trat  an  seine  Stelle.  Als  er  1177  (nach  der  Versöhnung  Friedrich 
Barbarossas  mit  Alexander  III.)  wiederkehrte  und  Gero  abgesetzt  war,  widerrief 
er  zunächst  alles,  was  dieser  gethan  hatte,  schloss  die  von  jenem  „nicht  geweihten, 
sondern  vielmehr  entweihten"  Kirchen  und  entliess  alle  von  jenem  angestellten 
Beamten.  Die  Versöhnung  mit  dem  Kaiser  und  sein  Versuch,  die  von  Gero 
Heinrich  dem  Löwen  überlieferten,  zum  Stifte  Halberstadt  gehörigen  Besitztümer 
wieder  an  sich  zu  ziehen,  stürzte  ihn  in  Krieg  mit  diesem.  1178  schloss  er  zu 
Kassel  mit  dem  Erzbischofe  Philipp  von  Köln  ein  Bündnis  gegen  jenen,  ex- 
communizierte  ihn  auch.  Heinrich  kam  zwar  nach  Halberstadt,  that  Busse  und 
wurde  losgesprochen,  bald  aber  brach  der  Streit  wieder  aus.  Mit  Hilfe  des 
Markgrafen  Otto  von  Meissen  und  eines  Grafen  Bernhard  erbaute  Bischof  Ulrich 
1178  auf  dem  Hoppelberge  eine  feste  Burg,  Langenstein,  früher  Bischofsheim 
genannt.  Auf  die  Kunde  davon  kam  Heinrich,  dessen  Gebiet  von  den  Bischöf- 
lichen, die  sich  auf  Halberstadt  und  Hörn  bürg  stützten,  vielfach  geschädigt 
worden  war,  mit  Heeresmacht  herbei,  belagerte  und  zerstörte  die  neue  Burg, 
welche  aber  bald  wieder  erbaut  wurde.  Der  Erzbischof  von  Magdeburg  ver- 
mittelte für  diesmal  den  Frieden.  Als  bald  danach  der  Krieg  von  neuem  aus- 
gebrochen war,  erschien  Heinrich  vor  Halberstadt  und  nahm  die  Stadt  ohne 
Mühe  ein,  wobei  viele  Bürger  gefangen  genommen  und  reiche  Beute  geraaciit 
wurde.'  Über  die  Ursache  des  verheerenden  Brandes,  welcher  bei  dieser  Gelegen- 
heit (23.  September  1179)  die  ganze  Stadt  ergriff,  geht  die  Meinung  der  Quellen 
auseinander.  Das  Feuer  vernichtete  den  Dom,  die  Liebfrauenkirche,  das  Johannis- 
imd  das  Paulstift  u.  s.  w.  Baugeschichtlich  ist  dabei  festzuhalten,  dass  nur  die 
hölzernen  Dachstühle  in  Flammen  aufgingen,  die  Mauern  selbst  aber  stehen 
blieben.    Der  Einsturz  der  brennenden  Teile  wurde  den  vielen  Geistlichen  und 


'  Vgl.  unten  die  Beschreibung  der  Liebfraiienkirche. 
»  Vgl.  H.-Z.  XIX,  5. 


172  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschiebe  1179—1201) 


Bischof  selbst  konnte  nur  mit  Mühe  aus  seinem  brennenden  Palaste  gerettet 
Bürgern  zum  Verderben,  welche  sich  in  die  Kirchen  geflüchtet  hatten.  Der 
werden  und  geriet  in  Gefangenschaft.  Heinrich,  welcher  angeblich  bei  diesem 
Greuel  nicht  zugegen  war,  soll  nach  dem  Berichte  der  Arnold'schen  Slaven- 
chronik  beim  Anblicke  des  gefangenen  Bischofs  und  der  von  diesem  geretteten, 
halbangebrannten  Reliquien  des  h.  Stephanus  in  Schrecken  geraten  sein  und 
beteuert  haben,  dass  dies  ohne  sein  Wissen  und  Wollen  geschehen  sei.  In 
Widerspruch  mit  dieser  Meldung  steht,  dass  er  den  Bischof  trotzdem  nicht  aus 
seiner  Haft  entliess  und  ihn  erst  zu  Weihnachten,  nachdem  ihn  jener  vom  Banne 
befreit  hatte,  wieder  heim  sandte.  Inzwischen  war  auch  Homburg,  dessen  Be- 
satzung den  Kampf  fortgesetzt  hatte,  eingeäschert  worden.  Bald  danach,  am 
30.  Juli  1180,  starb  Ulrich  auf  der  Huysburg,  angeblich  an  den  Folgen  der 
erlittenen  Misshandlungen. 

Vier  Tage  dauerte  die  Wahl  seines  Nachfolgers  Dietrich  von  Krosigk  und 
bis  zum  Jahre  1183  (6.  Mai)  währte  es,  bis  dieser  die  päpstliche  Bestätigung 
erhielt^  Er  regierte  dann  bis  zum  10.  August  1193,  beschäftigt  damit,  die  mate- 
riellen und  ideellen  Schäden,  welche  das  Bistum  erlitten,  auszubessern. 

An  seine  Stelle  trat  nach  seinem  Tode  Gardolf,  Edler  von  Harbke,  der 
frühere  Kaplan  Heinrichs  VI.  Noch  vieles  hatte  ihm  sein  Vorgänger  zu  thun 
übrig  gelassen.  Es  galt  die  in  Verfall  geratenen  Einkünfte  und  Rechte  des 
Bistums  wieder  herzustellen  und  zu  befestigen.  Diese  Thätigkeit  unterbrach  er, 
um  sich  1197  (April),  nachdem  er  schon  1195  zu  Worms  das  Kreuz  genommen 
hatte,  am  Kreuzzuge  zu  beteiligen.  Als  er  nach  vielen  Gefahren  wieder  heim- 
kehrte, fand  er  sein  Bistum  beträchtlich  geschädigt  durch  die  Streitigkeiten  der 
zwischen  Philipp  von  Schwaben  und  Otto  zwiespältigen  Königswahl.  In  seiner 
Verlegenheit,  wie  er  sich  neutral  halten  solle,  verliess  er  abermals  sein  Bistum 
und  wallfahrtete  nach  Tours.  Durch  den  Befehl  des  Papstes  Innocenz  jedoch 
gezwungen,  sich  Otto  IV.  anzuschli essen,  machte  er  sich  selbst  nach  Rom  auf, 
um  persönlich  durch  Bitten  beim  Papste  alles  kommende  Unheil  von  seiner 
Diöcese  abzuwenden,  oder  schlimmsten  Falles  selbst  die  Bischofswürde  nieder- 
zulegen. Er  kam  aber  nur  bis  zum  Kloster  Kaltenbom,  der  Stätte  seiner  Jugend- 
erziehung, wo  er,  vom  Fieber  ergiiffen,  nach  wenigen  Tagen  starb  (21.  Aug.  1201). 
Der  Verfasser  der  Gesta  ep.  Halb.,  der  ihn  jedenfalls  noch  persönlich  gekannt 
hat,  beklagt  lebhaft  den  zu  frühen  Tod  dieses  Mannes,  der  seine  Kirche  nach 
aussen  und  innen  trefflich  zu  reformieren  und  zu  kräftigen  verstanden  hatte. 
Sein  Herz  und  seine  Eingeweide  wurden  in  St,  Johann  zu  Kaltenbom  vor  dem 
Stephansaltare  beigesetzt,  sein  übriger  Körper  nach  Halberstadt  gebracht  und  im 
Domo  bestattet,  welchem  er  eine  Glocke  geschenkt,  und  in  dem  er  zum  noch 
heute  währenden  Gedächtnisse  einen  grossen  marmornen  Taufkessel  aufgestellt 
hatte.    Halberstadt  verdankt  ihm  auch  den  Beginn  des  Baues  der  Martinikirche. 

Ihm  folgte  der  Domprobst  Kon  r  ad,  gleich  seinem  zweiten  Vorgänger  (seinem 
Oheim)  aus  der  Familie  von  Krosigk.  Seine  Regierung  war  von  Anfang  an 
beunruhigt  infolge  seiner  entschiedenen  Parteinahme  für  König  Philipp  von 
Schwaben.    Es  kam  so  weit,   dass  er  von  Papst  Innocenz  HI.  gebannt  wurde. 


^  Ein  Siegel  Dietricha  aus  seiner  Zeit  als  electus  bespricht  v.  Mülverstedt,  H.-Z.  1870,  676ff. 


Halberstadt  (Geschichte  1202—1252)  173 

Um  seinem  Bistum  das  Ärgste  zu  ersparen,  beschloss  er  da,  1202  sich  an  dem 
Ereiizzuge  zu  beteiligen.  Allenthalben  mit  grössten  Ehren  aufgenommen,  ge- 
langte er  nach  Byzanz,  wo  er  sich  der  Gunst  des  griechischen  Kaisers  und  vieler 
hoher  Geistlichen  erfreute.  Er  verdankte  diesen  guten  Beziehungen  den  Erwerb 
einer  Menge  von  Reliquien  und  Kostbarkeiten.  Zu  Akkon  wurde  er  vom  Banne 
losgesprochen.  Am  16.  August  1205  zog  er  wieder  in  Halberstadt  ein  und  dieser 
Tag  blieb,  weil  an  ihm  die  Reliquien  dem  Dom  überwiesen  wurden,  von  da  an  ein 
Festtag.  Das  Nähere  über  diese  Kostbarkeiten  siehe  unter  „Domschatz."  Auch 
fernerhin  blieb  Konrad,  wie  er  auch  bei  seiner  Heimreise  in  Rom  dem  Papste 
entschieden  erklärt  hatte,  auf  Seiten  Philipps.  Aber  nicht  lange  mehr  fühlte  er 
sich  den  Aufregungen  der  Zeit  gewachsen,  und  er  richtete  an  den  Papst  die 
Bitte,  ihn  seines  Amtes  zu  entheben,  damit  er  Mönch  werden  könne ;  doch  wurde 
dieser  Wunsch  abgelehnt.  Als  Philipp  von  Schwaben  sein  gewaltsames  Ende 
gefunden  hatte,  machte  Konrad  seinen  Frieden  mit  Otto  IV.,  welcher  ernsthafte 
Anstalten  zur  Bestrafung  Halberstadts  traf  und  bereits  das  St.  Johanniskloster 
niedergebrannt  hatte.  Ohne  weiter  die  päpstliche  Erlaubnis  abzuwarten,  zog  sich 
Eonrad  darauf  in  das  Kloster  Sittichenbach  (Sichem  bei  Eisleben)  zurück,  nach- 
dem er  dem  Domkapitel  die  Erlaubnis  zur  Wahl  eines  neuen  Bischofs  gegeben 
und  Klerus  und  Volk  vom  Gehorsam  gegen  sich  entbunden  hatte.  Dort  im 
Kloster  starb  er  am  21.  Juni  1225.  Aus  Konrads  Zeit  verdient  Erwähnung  der 
seit  1184  in  Halberstadt  nachweisbare  Domprobst  Burchard,  vielleicht  ein  Graf  von 
Schladen,  welcher  sich  im  Anfange  des  13.  Jahrhunderts  um  die  Christianisierung 
von  livland  besonders  verdient  machte.    H.-Z.  1870,  925  ff. 

An  Konrads  Stelle  wählte  man  Friedrich  IL,  Grafen  von  Kirchberg,  dessen 
Wahl  anfänglich  vom  Papste  angefochten,  1209  nach  besonderer  Feststellung 
seiner  Würdigkeit  aber  bestätigt  wurde.  Gerühmt  wird  seine  Wohlthätigkeit  und 
Gerechtigkeitsliebe  sowie  sein  Wohlwollen  gegenüber  der  Halberstädter  Bürger- 
schaft und  deren  Rechten.  Unter  seiner  Regierung  nahm  der  Bau  des  Doms 
einen  neuen  sehr  bemerkenswerten  Fortgang.  Das  Hospital  St.  Spiritus  gelangte 
in  jener  Zeit  zur  Unabhängigkeit.  Friedrich  starb  am  5.  März  1236  und  an  seine 
Stelle  trat  Ludolf  I.,  Graf  von  Schladen,  mit  dem  Beinamen  der  Dicke,  ein 
tüchtiger  Krieger,  aber  massiger  Bischof.  Bekannt  ist  seine  Fehde  mit  dem 
Markgrafen  Otto  von  Brandenburg,  welchen  er  gefangen  nahm  und  auf  der 
Burg  Langenstein  festhielt  (1238).  Doch  wendete  sich  später  das  Kriegsglück, 
und  die  Sache  endete  mit  der  Niederlage  des  Bischofs  imd  dem  Verluste  aller 
errungenen  Vorteile.  Ludolf  L  starb  am  9.  August  1241  und  wurde  im  Dom  begraben. 

Sein  Nachfolger  wurde  MeinhardvonKranichfeld,  welcher  seine  gelehrte 
Erziehung  in  Walkenried  erhalten  hatte.  Obwohl  persönlich  nicht  zur  Gewalt- 
samkeit geneigt,  wurde  er  doch  in  die  Fehde  des  Markgrafen  Heinrich  von 
Meissen  und  des  Erzbischofs  Wilbrand  von  Magdeburg  gegen  Markgraf  Johann 
von  Brandenburg  verwickelt,  einen  Kampf,  iwelcher  ihn  und  das  Bistum  in  be- 
deutende Schulden  stürzte.  Meinhards  Todesdatum  ist  nicht  sicher  bekannt. 
Seine  letzte  Urkunde  ist  vom  22.  Juli  1252,  und  es  ist  wahrscheinlich,  dass  er 
bald   danach   gestorben   ist.  ^     Um    diese  Zeit  wurde   zum   erstenmal   von   den 

^  V.  Mülverstedty  Zur  Chronologie  der  Bischöfe  Meinhard ,    Ludolf  II.    und  Volrad. 
H..Z.  1869,  2,  67—78. 


174  Ealberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte  1252—1298) 


Halberstädter  Stiftern  (Dom,  liebfrauen,  St.  Bonifaz,  St.  Paul)  eine  Union  ge- 
schlossen zum  Zwecke  geraeinsamer  Verteidigung  gegen  alle  Bedrückungen  und 
Unbilden.  Im  Herbste  1252  wurde  Ludolf  H.  erwählt,  ein  wenig  über  20  Jahre 
alter  Mann,  Vetter  des  Bischof  Ludolf  I.  von  Schiaden.  Erzogen  im  Kloster 
Georgenberg  bei  Goslar,  war  er  schon  1249  Domherr  zu  Halberstadt.  Er  selbst  nennt 
sich  im  Januar  1253  noch  electus  et  confirmatus.  Die  Weihe  erfolgte  wahr- 
scheinlich in  der  Mitte  des  folgenden  Jahres.  Er  benutzte  angeblich  seine 
Stellung  dazu,  Güter  des  Domkapitels  widerrechtlich  zu  veräussem,  um  den 
Erlös  für  sich  zu  verwenden.  Er  wurde  infolgedessen  durch  den  Kardinal  Hugo 
von  St.  Sabina  excoramuniciert  und  dieses  durch  Innocenz  IV.  bestätigt  (12Ö5). 
Seine  Partei  wurde  verfolgt  und  aller  Ämter  entsetzt,  die  widerrechtlichen  Ver- 
käufe für  ungültig  erklärt  und  allen  Orten,  die  ihn  aufnehmen  würden,  das 
Interdikt  in  Aussicht  gestellt.  Doch  wurde  in  Wirklichkeit  eine  solche  Strenge 
nicht  in  Anwendung,  gebracht  und  dies  und  seine  Volkstümlichkeit  könnten 
Zweifel  daran  erregen,  ob  seine  Vergehen  wirklich  so  schwerer  Art  gewesen  sind, 
und  ob  nicht  vielleicht  politische  Sänke  zu  seiner  Absetzung  thätig  waren. 
Ludolf  blieb  Domherr,  führte  auch  den  Bischofstitel  bis  an  sein  Lebensende  weiter. 
Er  starb  nach  1287. 

Der  Streit  zwischen  Ludolf  und  seinem  Nachfolger Volrad  von  Kranich- 
feld, welcher  am  22.  April  1255  gewählt  worden  war,  dauerte  noch  lange  Jahre. 
Ludolf  scheint  sich  beim  Volke  grosser  Beliebtheit  erfreut  zu  haben,  denn  die 
Partei  Volrads  war  so  klein,  dass  dieser  den  Mut  verlor,  weiter  zu  regieren  und 
Papst  Urban  dem  IV.  sein  Rücktrittsgesuch  zusandte,  welches  aber  nicht  an- 
genommen wurde.  Die  schon  beim  Amtsantritte  Volrads  bedeutenden  Schulden 
des  Hochstifts  verringerten  sich,  wie  es  scheint,  unter  seiner  Regierung  nicht, 
vielmehr  sah  sich  1261  das  Kapitel  genötigt,  den  Bischof  eigens  zur  Sparsamkeit 
zu  verpflichten,  und  1281  wurde  zur  Besserung  der  bedrängten  Lage  des  Stiftes 
eine  Kommission  niedergesetzt  Besonderes  scheint  sie  nicht  erreicht  zu  haben. 
Lehrreich  dafür  ist  die  Baugeschichte  der  grossen  Kirchen  in  Halberstadt  Näheres 
siehe  in  den  betreffenden  Kapiteln.  Zwischen  1270  und  1284  gab  es  mancherlei 
Gewaltsamkeiten  der  Regensteiner  Grafen  Ulrich  und  Albrecht  gegen  das  Hoch- 
stift Sie  wurden  zuletzt  von  Volrad  excommuniciert  und  ihre  Ortschaften  mit 
dem  Interdikt  belegt  Für  die  Kirchengoschichte  von  Halb,  war  es  wichtig,  dass 
Volrad  das  Nikolai-,  Franziskaner-  und  Servitenkloster  stiftete,  sowie  ausserhalb 
des  jetzigen  Kreises  das  Kloster  Adersleben  weihte.  Über  Volrads  Verhältnis 
zur  Bürgei-schaft  und  seine  Wirksamkeit  in  dieser  Richtung  wird  unten  bei 
Betrachtung  der  Entwicklung  der  städtischen  Verfassung  noch  kurz  zu  reden 
sein.  Seit  1291  scheint  Volrad  sein  Amt  nicht  mehr  genügend  haben  versehen 
zu  können.  Wiederholt  werden  seine  Vertreter  erwähnt  1291,  femer  1293  und 
94  finden  sich  Urkunden  des  Inzelerius,  Bischofs  von  Budua  in  Dalmatien, 
welcher  der  erste  Weihbischof  von  Halberstadt  war.  Am  23.  (25.  ?)  April  1298  starb 
Volrad.*  In  seinen  letzten  Jahren  übte  die  Regierung  überhaupt  nicht  mehr  er 
aus,  sondern  der  als  Bischof  urkundlich  zuerst  am  27.  November  1296  erwähnte 
Hermann,   Sohn  des  Grafen  Heinrichs  I.  von  Anhalt    Unter  seiner  Regierung 


»  V.  Miilverstedt,  H.-Z.  1870,  739  f. 


Halberstadt  (Geschichte  1303—1343)  175 

fand  in  der  Halberstädter  Diöcese  auf  Befehl  des  Papstes  eine  bedeutende  Geld- 
sammlung zu  Kreuzzugszwecken  statt.  Nach  dem  Tode  Hermanns  (27.  Oktober 
1303)  gab  es  eine  vorübergehende  Sedisvakanz,  während  welcher  der  Scholasticus 
Anno  als  Vertreter  des  Bischofs  waltete.  Er  war  eingesetzt  vom  Archidiaconus 
von  TJtzleben  Friedrich  von  Plötzke,  Domherrn  in  Halberstadt,  erwählten  Bischof 
von  Brandenburg.  Dieser  Zwischenzustand  endete  durch  die  Wahl  Alb  rechts  I. 
von  Anhalt,  welcher  am  15.  März  1304  im  Dome  seinen  Amtseid  ablegte.  Sein 
Hauptaugenmerk  war  die  Vergrösserung  des  Bistums,  welche  er,  nicht  immer  besorgt 
um  die  Bechtlichkeit  der  angewendeten  Mittel  und  unter  Benachteiligung  seines 
eigenen  Bruders  Bernhards  H.  von  Bemburg,  betrieb,  wiewohl  der  Erzbischof 
von  Magdeburg,  ja  sogar  der  Kaiser  zu  Gunsten  des  Geschädigten  Einspruch 
erhoben.  Da  indes  weder  diese  noch  die  sonstigen  Streithändel  Albrechts  von 
eigentlicher  Bedeutung  für  die  Geschichte  des  jetzigen  Kreises  Halberstadt  waren, 
so  kann  hier  nicht  weiter  darauf  eingegangen  werden.  Unter  seiner  Regierung 
verkauften  1306  die  Templer  ihre  Halberstädter  Besitzungen.  1311  ereignete 
sich  auf  der  Burg  Schlanstedt  angeblich  der  Greuel  der  Ermordung  von  12 
Tempelrittern.  Im  Juli  1322  gab  es  eine  schwere  Teurung,  unter  der  auch  die 
geistlichen  Stifter  zu  leiden  hatten.  Am  12.  März  1323  verpfändete  Albrecht 
dem  Domkapitel  die  Vogtei  in  Halberstadt  als  Entgeld  für  geleistete  Hilfe  und 
Güterverkäufe,  die  zu  seinen  Gunsten  an  den  Grafen  von  Regenstein  geschehen 
waren.    Albrecht  starb  am  13.  September  1324. 

Als  Halberstädter  Weihbischof  kommt  um  1320  vor  Ditmar  von  Gabala. 

1324  wählte  eine  Partei  des  Domkapitels  zum  Nachfolger  Albrechts  I. 
Ludwig  von  Neindorf,  die  andere  Alb  recht,  Sohn  Herzog  Albrechts,  von  Braun- 
schweig, wogegen  der  Papst  einen  gewissen  Giseko  von  Holstein-Rendsburg  auf 
den  Bischofsstuhl  zu  erheben  wünschte.  Doch  gelang  es  Albrecht  gegen  diese 
Mitbewerber  das  Übergewicht  zu  behaupten.  Er  erhielt  die  Weihe  vom  Erz- 
bischof Matthias  von  Mainz.  Doch  waren  die  Streitigkeiten  gegen  Mitbewerber 
damit  keineswegs  abgeschlossen,  zogen  sich  vielmehr  durch  die  ganze  Dauer 
seiner  Regierung.  Überhaupt  war  diese  mit  Kampf  und  Unruhe  unaufhörlich 
angefüllt.  Nicht  weniger  als  einige  zwanzig  Fehden  hat  Albrecht  H.  aus- 
gefochten.  Zuerst  handelte  es  sich  um  einen  wegen  der  Stadt  Aschersleben 
entstandenen  Streit;  sie  sollte  von  ihm  an  den  Grafen  Bernhard  III.  von 
Anhalt  abgetreten  werden.  Erst  1340  wurde  dieser  Streit  durchs  Schiedsgericht 
beigelegt.  Langwierige  Zwistigkeiten  gab  es  mit  den  Regensteinern  wegen  der 
Vogtei  über  Quedlinburg.  Unter  mancherlei  Wechsel  fällen ,  wobei  das  Halber- 
stadter  Gebiet,  zu  Weihnachten  1343  auch  die  Stadt  Halberstadt  furchtbar  litt, 
zog  sich  dieser  Krieg  hin  und  her,  endete  aber  schliesslich  für  die  Regen- 
Steiner  mit  einer  bedeutenden  Niederlage  und  demEnde  ihres  Übergewichtes 
im  westlichen  Teile  des  Bistums.  Durch  die  von  Bischof  Albrecht  veranlasste 
Gründung  eines  freien  Klosterhofes  in  Osterwieck  durch  das  Kloster  Walkenried 
verloren  sie  dort  ihre  Schutzherrschaft,  die  sie  nicht  wieder  erlangten.  Graf- 
schaft und  Gericht  von  Schauen,  Zilly,  Diepen-Niendorp,  Athenstedt,  Danstedt, 
Balhom,  Mulmke,  Heudeber,  Berssel,  Ströbeck,  Hulingerode  und  vielen  anderen 
Ortschaften  mussten  an  Konrad  von  Wernigerode,  des  Bischofs  Verbündeten,  ab- 
getreten  werden,  wobei  Heinrich  von  Regenstein  auch  noch   gezwungen  war, 


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11 


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176  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte  1353—1357) 

seine  ihm  verbündet  gewesenen  Heimburger  Vettern  schwer  zu  entschädigen.  Eine 
völlige  Versöhnung  der  ßegensteiner  mit  Albrecht  kam  erst  1353  zustande.  Andere 
Fehden  entbrannten  mit  dem  Markgrafen  von  Meissen,  dem  Grafen  von  Man^feld, 
dem  Oheim  des  Bischofs,  dem  Herzoge  von  Lüneburg,  u.a.m.  Alle  diese  Eatepfe 
verursachten  nicht  geringe  Kosten  und  wurden  die  Quelle  bedeutender  Schulden, 
welchen  Albrecht  gelegentlich  durch  Borgen  beim  Domkapitel  abzuhelfen  suchte. 
Er  verpfändete  diesem  Falkenstein,  welcher  dem  Bistum  von  dem  letzten  Grafen 
geschenkt  worden  war,  Emersleben,  später  statt  dieser  Güter  das  Hau^  Homburg 
samt  dem  Zoll  daselbst,  und  das  Dorf  Sargstedt  samt  allem  Zubehör.  Während- 
dessen hatte,  wie  schon  gesagt,  Albrecht  vielfach  mit  den  aufgestellten  Gegen- 
bischöfen zu  kämpfen.  Noch  lange  dauerten  die  Bemühungen  des  Papstes  zu 
Gunsten  des  Giseko,  welcher  im  Dezember  dieses  Jahres  die  Bannung  Albrechts 
durch  Bischof  Ludwig  von  Brandenburg  durchsetzte.  Die  Existenz  Gisekos  ist 
zuletzt  1346  nachweisbar.  Im  selben  Jahre  tritt  als  gewählter  Gegenbischof 
Graf  Albrecht  von  Mansfeld  auf,  welcher  sich,  obwohl  er  in  Wirklichkeit  nie 
Bischof  gewesen  ist,  doch  in  seinen  Urkunden  eines  bischöflichen  Siegels  bediente 
und  noch  im  November  1356  wirksam  war.  Er  ist  1357  gestorben.  Auch  mit 
der  ihm  untergebenen  Geistlichkeit  und  der  Stadt  lebte  Albrecht  in  Zwist  Ein 
gewisser  Jakob  Snelhart,  Kanonikus  zu  Liebfrauen  und  Domdechant,  der  vom 
Bischöfe  die  erledigte  Parochie  Osterwieck  erhalten  hatte,  stellte  sich  1336  an 
die  Spitze  einer  geheimen  Verschwörung,  welche  die  Absetzung  des  Bischofs 
bezweckte.  Im  Bunde  mit  der  weltlichen  Stadtbehörde,  welcher  es  um  Erlangung 
ihrer  Freiheit  zu  thun  war,  begann  Snelhart  und  sein  Anhang  den  Kampf  gegen 
Albrecht.  Zwar  kam  es  im  März  1337  durch  Vermittlung  des  Herzogs  von 
Braunschweig,  Bruders  des  Bischofs,  zu  einer  vorübergehenden  Aussöhnung, 
doch  endete  diese  und  machte  einem  erst  recht  energischen  Vorgehen  der  Feinde 
des  Bischofs  Platz,  als  der  Erzbischof  von  Mainz  gegen  Snelhart  einschritt  und 
ihn  seiner  Ämter  entsetzen  wollte.  Des  Bischofs  darauf  begründete  Massregeln 
verursachten  einen  furchtbaren  Volksauf  stand,  welchem  auch  mehrere  Geistliche 
zum  Opfer  fielen.  Während  geraubt  und  allerlei  Gewaltthat  verübt  wurde, 
rettete  der  Bischof  sein  Leben  durch  Flucht  über  die  Stadtmauer.  Die  Folge 
dieser  Dingo  war  die  Verhängung  des  Bannes  über  die  Stadt,  der  erst  1339 
aufgehoben  wurde,  als  sich  der  Bischof  durch  Verleihung  von  Vorrechten  an  die 
Stadtverwaltung  mit  dieser  wieder  versöhnt  hatte.  Nachdem  die  Verabredungen 
hierüber  auf  der  Gerichtsstätte  Wardeho  vor  dem  Johannissthore  stattgefunden 
hatten,  konnte  der  Bischof  seinen  feierlichen  Einzug  in  die  Stadt  halten  und  auf 
dem  Martiniplan  von  neuem  den  Treueid  von  Rat  und  Bürgerschaft  in  Empfang 
nehmen.  Snelhart  scheint  seiner  Ämter  nicht  entsetzt  worden  zu  sein.  Erst 
1343  tritt  ein  neuer  Domdechant  Themo  auf  (s.o.).  Aus  den  eben  erwähnten 
Ereignissen,  sowie  aus  den  häufigen  Bündnisverträgen,  welche  die  Stadt  Halberstadt 
mit  andern  Städten  (Aschersleben,  Quedlinburg,  Goslar,  Braunschweig  u.  a.)  schloss, 
zeigt  sich,  wie  bedeutend  die  bürgerliche  Macht  der  Stadt  damals  schon  dastand. 
Über  die  Entwicklung  der  Stadtverfassung  wird  unten  genauer  zu  reden  sein. 

So  lange  Albrecht  noch  rüstig  war,  gelang  es  seinen  Gegnern  nicht,  ihn  zu 
beseitigen.  Erst  im  April  1357  fügte  er  sich  der  durch  Innocenz  VI.  ausge- 
sprochenen Absetzung.    An  seiner  Stelle  wurde  der  erst  achtzehnjährige  Ludwig 


Halbersiadt  (Geschichte  1359—1390)  177 

■■  — 

von  Meissen  als  Bischof  bestätigt.  Mit  einer  von  Ludwig  und  dessen  Brüdern 
ihm  ausgesetzten  jährlichen  Pension  von  200  Mark  zog  sich  Albrecht  ins  Privat- 
leben zurück  und  starb  am  13.  Oktober  1359.  Sein  Gegner,  Albrecht  von  Mans- 
feld,  wurde  1366  zum  Bischof  von  Merseburg  erwählt,  starb  aber  gleich  darauf. 

Ludwig  erhielt  die  bischöfliche  Weihe  nicht  sogleich,  sondern  auf  sein 
eigenes  Bitten  erst  drei  Jahre  später.  Geldverlegenheiten,  in  welche  er  durch 
verschiedene  Bündnisse,  eine  verunglückte  Unternehmung  gegen  die  Grafen  von 
Mansfeld  und  deren  Anhang,  durch  einen  Krieg  gegen  den  Herzog  von  Braun- 
schweig, sowie  durch  Yerbesserungen  an  den  heruntergekommenen  Gütern  und 
Burgen  des  Hochstiftes,  geraten  war,  nötigten  ihn  1363  zur  Abtretung  seines 
Münzrechtes  an  die  Stadt  und  das  Domkapitel  Nachdem  er  im  September  1366 
noch  einem  kriegerischen  Bunde  gegen  die  Stadt  Braunschweig  beigetreten  war. 

Als  sein  Nachfolger  in  Halb.  ti*at  1366  Albrecht  III.  von  Berge,  gebürtig 
von  Rikmersdorf,  die  Regierung  an,  ein  gelehrter  Mann,  der  durch  sein  selbstän- 
diges Denken  und  die  freimütige  Art,  seine  Gedanken  auszusprechen,  1372  sogar 
dem  Papste  Anlass  zum  Einschreiten  bot.  Gleich  nach  seinem  Regierungsantritte 
machte  er  sich  an  die  Bekämpfung  der  Strassenräuberei,  welche  besonders  von 
den  Knesebecks,  die  ihren  Sitz  auf  der  Dumburg  im  Hakelwalde  hatten  und  im 
Hildesheimischen  Gebiete  von  der  Burg  Walmoden  aus  betrieben  wurde.  Während 
die  erste  Unternehmung  glücklich  verlief,  nahm  die  zweite,  an  welcher  sich  auch 
Erzbischof  Dietrich  von  Magdeburg  und  Herzog  Magnus  von  Braunschweig  be- 
teiligten, einen  ungünstigen  Ausgang  durch  die  Niederlage  in  dem  Treffen 
zwischen  Dinklar  und  Farmsen.  Der  Bischof  selbst  wurde  gefangen  und  konnte 
nur  mit'  beträchtlichen  Opfern  wieder  ausgelöst  werden.  Auf  des  Bischofs  übrige 
kriegerische  Unternehmungen  und  die  mancherlei  dabei  geschlossenen  Bündnisse 
kann  hier  nicht  weiter  eingegangen  werden.  Bemerkenswert  ist  auch  in  dieser 
Zeit  das  selbständige  politische  Verhalten  der  Stadt  Halberstadt  und  die  zu- 
nehmende Unabhängigkeit,  welche  sie  als  Mitglied  der  Hansa,  der  sie  schon 
unter  Albrecht  II.  beigetreten  war,  gegenüber  dem  Bischof  allmählich  gewann. 
Der  zwischen  Albrecht  und  der  Stadtverwaltung  besonders  wegen  der  Vogtei 
bestehende  Zwiespalt  wurde  1370  einstweilen  beigelegt.  Weiteres  hierüber  s.  u. 
Je  merklicher  die  Energie  der  städtischen  Behörden  sich  gegenüber  der  klerikalen 
Herrschaft  geltend  machte,  je  mehr  war  diese  natürlich  auf  ihre  eigne  Befestigung 
bedacht.  Es  war  daher  etwas  Neues  und  Bedeutungsvolles,  wenn  auch  in  Wirk- 
lichkeit nur  die  Wiederaufnahme  eines  alten  Gedankens,  als  am  23.  Februar  1369 
die  Kapitel  der  Stifter  sich  zu  der  sogenannten  Union  zusamm^nthaten  behufs 
gemeinsamer  Verteidigung  gegen  alle,  welche  ihren  Rechten  zu  nahe  zu  treten 
versuchen  würden,  ja  nötigenfalls  auch  gegen  den  Bischof  selbst.  Dieser  Vertrag 
wurde  am  30.  Mai  1386  erneuert  und  hat  sich  bis  in  das  17.  Jahrhundert  erhalten. 
Eine  Kommission  von  acht  Mitgliedern  (das  Domkapitel  stellte  dazu  4,  Lieb- 
frauen 2,  St.  Bonifaz  und  St.  Paul  je  1,  St.  Johannis  blieb  vorläufig  unvertreten) 
führte  die  Geschäfte.  Albrecht  starb  am  8.  Juli  1390  und  wurde  im  Dome  vor 
dem  von  ihm  gestifteten  Altare  St.  Livini  bestattet. 

Es  trat  darauf  eine  Sedisvakanz  ein.  Weihbischof  war  in  dieser  Zeit 
Nikolaus  von  Constantiana.  Dieser  Zwischenzustand  dauerte  aber  nicht  lange, 
da  schon  am  28.  November  die  Wahlkapitulation  des  neuen  Bischofs,  Ernst  von 

Kreis  Uaiberatadt.  18 


1 


178  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberatadt  (Geschichte  1390-1420) 


Hon  stein,  vier  Monate  nach   dem  dieser  sich  auf  sie  verpflichtet  hatte,  vom 
Papste   anerkannt  wurde.     Fehden   (besonders  gegen  den  Herzog  von   Braun- 
schweig) und  Unruhen  zerrütteten  den   wirtschaftlichen  Zustand  des  Hochstifts 
immer  mehr.     Die  Folge  waren  Verpfändungen,  die  Ausschreibung  einer  auch 
auf   die  Geistlichkeit   ausgedehnten   allgemeinen  Vermögens-   und   Grundsteuer, 
die  wiederkäufliche  Überlassung  des  weltlichen  Gerichtes  an  den  Rat  der  Stadt, 
besonders  die  letztere  eine    sehr  folgenschwere  Massregel,  alle  zusammen  aber 
dazu  geeignet,   die  Stellung  des  Bischofs   zu  erschüttern.     Ob   hierin   auch   die 
Ursache  lag,  dass  Ernst,  wie  erzählt  wird,  im   Banne  habe   sterben   und   sein 
Leichnam   sieben  Jahre  lang  habe  unbeerdigt  bleiben  müssen,  ist  nicht  bekannt 
Er  starb   am  5.  (6.  ?)   Dezember    14CX).      Da    sein   Anhang   der  Stadt   weiteren 
Schaden  zufügte  und   aus   unten  zu   erörternden  Gründen  die  Erregung  gegen 
die  übermässig  bevorrechtete   Geistlichkeit  überhaupt   eine    gewaltige    war,   so 
erhob  sich  Aufruhr  gegen  die  Geistlichkeit,  welche  vorübergehend  aus  der  Stadt 
weichen  musste.    Die  Folge  war  die   Bannung  Halberstadts ,  welcher  nur   die 
Franziskanermönche  keine  Beachtung  schenkten.    Dass   die  Bewegung  sich  nur 
gegen  die  Halberstädter  Geistlichkeit,  nicht  gegen  die  Kirche  im  Ganzen  richtete, 
zeigt  sich  aus  der  freundlichen  Aufnahme  und  dem  energischen  Schutze,  welchen 
der  päpstliche  Bote  Augustinus  de  Undinis  mit  seinem  Gefolge  fand,  als  er  1401 
in  Halberstadt  das  Kreuz  predigte.    Von   einer  Versöhnung  des  Rates  mit  der 
Geistlichkeit  aber  konnte  keine  Rede  sein,  da  beide  Teile  um  ihre  wichtigsten 
Lebensbedingungen  kämpften.    Erst  1404  wurde  auf  Befehl  König  Ruprechts  ein 
Ausgleich  angebahnt.    Bischof  war  zu  dieser  Zeit  Rudolf  von  Anhalt,  vom 
Papste  bestätigt  23.  Februar  1401.  Zu  erwähnen  ist  unter  seiner  Regierung  der  un- 
glücklich verlaufene  Krieg  gegen   den  Erzbischof  von   Magdeburg.     Abgesehen 
von   diesem    unternehmen,  welches   nicht  von   Rudolf    selbst   ausging,  war  er 
kriegerischen  Dingen  abhold.    Seinem  Einflüsse  gelang  es,  1406  die  Versöhnung 
zwischen  Rat  und  Geistlichkeit  einigermassen  zu  befestigen.     Seine   Regierung 
und  sein  Leben  endeten  am  28.  November  1406.    Sein  Nachfolger,   Heinrich 
vonWerberge,  befestigte  den  Frieden  zwischen  der  kirchlichen  und  städtischen 
Regierung   durch   Einsetzung  eines    dauernden    Schiedsgerichtes.     Zu    weiterer 
erheblicher  Thätigkeit  kam   er   nicht,   da  er  schon  am  24.  Dezember  1410  starb. 
An  seine  Stelle  trat  Albrecht  IV.  von  Wernigerode,  welcher  sich  namentlich 
durch  seine  Beteiligung  an  dem  Kampfe  verdient  gemacht  hatte,  welchen  Erz- 
bischof Günther  von  Magdeburg,  die  Herzöge  von  Braunschweig"  und  die  Städte 
Halberstadt  und  Quedlinburg  gegen   die  Ritter  von   Schwicheldt  unternahmen, 
die   durch   ihre  Räubereien   die  Gegend  in  Schrecken  setzten.    Nach  Eroberung 
der  Harzburg,  auf  welcher  sie  hausten,  und  durch  Gefangeusetzung  eines  Haupt- 
übelthäters  wurde   Ruhe    geschaffen.     Albrecht    starb    am    11.  September  1419, 
nachdem   er  zehn  Tage  vorher  ein  Testament   gemacht  hatte,   welches  für   die 
Geschichte     des    damaligen    Kunstgewerbes    manches    Interesse   hat    (U.-B.  d. 
Höchst.  IV,  3369).    Der  nächste  Bischof  Johann  von  Hoym  erliess  seine  Wahl- 
kapitulation am  24.  Februar  1420.     Von  den  kriegerischen  Ereignissen  während 
seiner  Regierung   ist  für  die  Halberstädter  Gegend   als   wichtig   erwähnenswert 
der  von  1420—23  dauernde  Kampf  zwischen  dem  Bischof  von  Hildesheim   und 
Herzog  Bernhard   von  Braunschweig,   welcher   letztere  mit  Bischof  Johann  von 


Halberstadt  (Geschichte  1421—1430  —  Verfassungsgeschichte)  1*79 


Halberstadt  verbündet  war.  1421  kam  es  dabei  südwestlich  von  Osterwieck  in 
der  Gegend  von  Külingerode  (s.  Wüstungen)  zu  einem  Kampfe,  in  welchem  die 
Hildesheimer  besiegt  wurden.  Ferner  ist  von  Wichtigkeit  1430  das  Auftreten 
der  Hussiten  im  Halberstädtischen.  Von  den  übrigen  mancherlei  Kämpfen,  auch 
von  der  Beteiligung  der  Stadt  Halberstadt  an  den  Unternehmungen  der  Hansa, 
kann  hier  nicht  weiter  die  Rede  sein.  Für  das  Genauere  sei  auf  die  einschlägige 
Latteratur  verwiesen  und  die  Sache  selbst  hier  nur  erwähnt,  weil  sie  zeigt,  zu 
welcher  Bedeutung  sich  die  Macht  Halberstadts  emporgerungen  hatte.  Sie  war 
damals  auf  dem  Wege  zur  Erlangung  völliger  Selbständigkeit  gegenüber  der 
bischöflichen  Regierung  und   würde  den   Kampf  mit  dieser,   welcher  schon   im 

14.  Jahrhundert  wiederholt  entbrannt  und  der  nur  scheinbar  beigelegt  war,  sieg- 
reich durchgeführt  haben.    Die  Stellung  des  Bischofs  erscheint  im  Anfange  des 

15.  Jahrhunderts  gegenüber  der  bürgerlichen  Selbständigkeit  schwer  bedroht. 
Die  Rettung  kam  ihm  durch  das  furchtbare  Ereignis,  welches  unter  dem  Namen 
Halberstädter  Schicht  bekannt  ist. 

Um  jene  Revolution  samt  ihren  Folgen  richtig  zu  verstehen,  muss  hier 
ein  kurzer  Überblick  über  die  Entwicklung  der  Halberstädter  Ver- 
fassung gegeben  werden.*  Wir  haben  oben  gesehen,  dass  eine  Niederlassung 
von  Bedeutung,  Halberstadt  genannt,  schon  bestanden  haben  muss,  als  das 
Bistum  dorthin  gelegt  wurde.  Das  Regiment  führte  der  Vertreter  des  Königs, 
der  Graf  und  dessen  Beamte,  dann,  nachdem  der  Bischof  Ende  des  10.  Jahr- 
hunderts in  den  Besitz  der  weltlichen  Herrschaft  gelangt  war,  dieser  mit  den  von 
ihm  eingesetzten  Beamten,  welche  zum  Teil  die  unmittelbaren  Nachfolger  der 
früheren  königlichen  Beamten  waren.  Aus  dem  königlichen  Grafen  wurde  der 
Grossvogt  (advocatus  major,  adv.  summus  etc.)  Sein  Amt  war  erblich,  wie 
sich  wenigstens  in  Bezug  auf  die  Familie  von  Suselitz  nachweisen  lässt.  Er  übte 
die  Obervogtei  über  die  Stadt  und  deren  Gebiet.  Zuerst  wird  das  Amt  1068  als 
von  einem  Johannes  verwaltet  erwähnt,  doch  steht  der  Zuverlässigkeit  solcher 
ersten  Erwähnungen  die  Lückenhaftigkeit  des  Halberstädter  Urkundenmaterials 
entgegen.  Die  Placita,  welche  der  Grossvogt  abhielt,  betrafen  nur  weltliche 
Personen;  alles  mit  dem  geistlichen  Wesen  nur  irgendwie  Zusammenhängende 
entzog  sich  seiner  Gewalt;  nur  über  die  bischöflichen  Liten  durfte  er  dreimal  im 
Jahre  in  des  Bischofs  Burg  Gericht  halten.  Seine  Mittlerstellung  zwischen 
Bischof  und  Volk  bewirkte,  dass  er  sein  Amt  nur  in  Gegenwart  von  Vertretern 
beider  Parteien  niederlegen  (und  sichei;  auch  antreten)  durfte.  Im  Interesse 
redücher  Amtsführung  wurde  darauf  gesehen,  dass  der  Grossvogt  in  gesicherter 
Vermögenslage  war.  Dabei  blieben  die  Grossvögte  des  Bischofs  Lehnsleute,  doch 
fühlten  sie  sich  allmählich  unabhängig  genug,  gelegentlich  eigene  Wege  zugehen. 
Schon  1133  wagte  ein  gewisser  Werner  gegen  Geistliche  einzuschreiten,  sogar  von 
ihrer  Dienerschaft  einzelne  gefangen  zu  nehmen.  Ähnliche  Fälle  mögen  wieder- 
holt vorgekommen  sein.     Die  Lostrennung  des   städtischen    vom    bischöflichen 


*  Über  alle  Einzelheiten  der  Haiberstädter  Verfassiingsgeschichte  vgl.  die  sehr  aus- 
führliche Arbeit  von  Dr.  W.  Varges  in  der  H  -Z.  1896.  Hier  können  nur  einzelne  wichtige 
Punkte  berührt  werden,  insbesondere  diejenigen,  bei  welchen  meine  Ansicht  von  der  des 
genannten  Herrn  abweicht. 

18* 


180  Halber^tädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Verfassungsgeschichte) 


Rate  (s.  unten)  kam  entscheidend  dazu,  und  1226  beschloss  der  Bischof,  das 
Amt  mit  Benutzung  guter  Gelegenheit  abzuschaffen.  Es  ist  unbekannt,  was  den 
Grossvogt  Dietrich  damals  bewog,  dem  Bischöfe  sein  Amt  für  150  Mark  zu  ver- 
kaufen. Der  Verdacht  liegt  nahe,  dass  der  Bischof  eine  Geldverlegenheit  des 
unbequemen  Mannes  ausnutzte.  Jedenfalls  v^rurde  er  seiner  ledig,  denn  wiewohl 
ein  Wiederkauf  des  Amtes  verabredet  war,  ist  doch  davon  nichts  zu  hören. 
Dietrich  ist  der  letzte  Grossvogt,  den  die  Urkunden  kennen,  und  wenn  er  im 
Halberstädter  Urkundenbuche  noch  in  einer  undatierten,  vom  Herausgeber  auf 
etwa  1232  gesetzten  Urkunde  vorkommt,  so  mag  entweder  diese  angenommene 
Datierung  unrichtig  sein,  oder  Dietrich,  wenn  auch  nicht  das  Amt,  so  doch  den 
Titel  noch  eine  Zeitlang  fortgeführt  haben. 

Des  Grossvogts  Untergebener,  gleichfalls  aus  der  königlichen  Zeit  herüber- 
genommen, war  der  Stadtkommandant.  Er  heisst  in  den  Urkunden  advocatus, 
tribunus  plebis;  seit  1118  heisst  er  häufig  praefectus;  seit  1183  kommt  auch  der 
Titel  scultetus  vor;  auch  der  Titel  burggravius  findet  sich  1182.  Der  erste  Tribun, 
Bervardus  gehwissen,  erscheint  1068,  so  spät  sicherlich  nur  durch  denselben 
Zufall  wie  der  Grossvogt.  Er  gehörte  zu  des  Bischofs  Ministerialität;  die  Dauer 
des  Amtes  war  zeitlich  nicht  begrenzt,  hing  vielmehr  von  der  Brauchbarkeit  des 
Inhabers  ab.  Von  einem  gewissen  Caesarius  wenigstens  hören  wir  1186,  dass 
er  schon  vordem  Präfekt  war;  1208  verwaltete  er  das  Amt  immer  noch.  Dass 
mit  diesem  ausser  den  militärischen  auch  stadtrichterliche  Befugnisse  verbunden 
waren,  was  eine  Losgelöstheit  der  Stadt  von  der  Gaugerichtsverfassung  bedeuten 
würde,  ist  durchaus  wahrscheinlich.  Beim  Verschwinden  des  Grossvogtes  ver- 
schwand auch  der  Präfekt,  und  an  die  Stelle  beider  traten  zur  Verwaltung  der 
weltlichen  Gerichtsbarkeit  seit  1237  ein,  seit  1241  zwei  iudices.  Über  das  Amt 
des  Vicedominus,  eines  Laien,  der  1087  zuerst  auftritt,  lässt  sich  nichts  Be- 
stimmtes sagen. 

Als  geistlicher  Kollege  dieser  weltlichen  Beamten  des  Bischofs  erscheint 
zur  selben  Zeit  der  Official,  zwar  erst  1242  genannt,  aber  mit  ^icr  Versicherung, 
dass  er  (ein  gewisser  Ludolf)  das  Amt  schon  unter  dem  Bischof  Friedrich  (f  1232) 
versehen  habe.  Seine  Erwähnung  bleibt  bis  zum  14.  Jahrhundert  die  einzige; 
unklar  ist  ausserdem,  ob  seine  Befugnisse  sich  mit  denen  des  späteren  Officials 
gedeckt  haben. 

Wichtiger  und  für  die  Folgezeit  bedeutender  als  die  meisten  dieser  Beamten 
war  aber  die  bischöfliche  Katsversammlung.  Sie  war  keine  Körperschaft, 
denn  ihre  Zusammensetzung  hing  vom  jeweiligen  Belieben  des  Bischofs  ab.  Sie  war 
auch  keine  Behörde,  denn  sie  hatte  fürs  Erste  nach  keiner  Richtung  ein  eigenes  Ver- 
fügungsrecht. Wie  ihr  Name  consilium  zeigt,  stand  sie  vielmehr  neben  und 
unter  dem  Bischöfe,  nur  beratend,  seine  Willensakte  bezeugend.  Als  Mitglieder 
gehörten  zu  dem  bischöflichen  Rate  die  Ministerialen  des  Bischofs,  ausserdem 
pflichtmässig  die  vorher  aufgeführten  Beamten.  Von  allen  diesen  zog  er  zu 
seinen  Beurkundungen  und  Beratungen  wen  er  wollte,  und  sah  sich  so  von  einer 
Anzahl  ihm  gefügiger  Männer  unterstützt,  die  dem  geistlichen  wie  dem  Laien- 
stande angehörten.  Die  letzteren,  wiewohl  je  länger  je  mehr  ihre  Überzahl 
zunahm,  werden  in  den  Zeugenreihen  der  Urkunden  mit  geflissentlicher  Kürze 
behandelt,  vielfach  nur  summarisch  erwähnt.    Da  nun  zu  den  Ministerialen  des 


Halberstadt:  (Verfassungsgeschichte :  der  städtische  Rat,  Siegel,  Wappen)         181 

Bischofs  sowohl  ländliche  Besitzer  als  auch  städtische  Bürger  gehörten,  so  war 
dieser  bischöfliche  Rat  der  des  ganzen  Territoriums,  noch  nicht  blos  der  Stadt. 

Ausser  den  bischöflichen  Ministerialen  gab  es  in  Halberstadt  von  einer  Zeit 
her,  die  sich  nicht  feststellen  lässt,  eine  Gemeinschaft  freier  Leute.  Ihre  Un- 
abhängigkeit begründete  sich  auf  die  Garantien,  welche  dem  Halberstädter  Frei- 
markte in  früherer  Zeit  mündlich,  durch  Bischof  Friedrich  schriftlich  gegeben 
waren.  Sie  führten  1105  die  offizielle  Bezeichnung  cives  forenses  und  genossen 
besondere  Vorrechte,  darunter  die  Abhaltung  des  burmal  (des  Bauern-  und 
Bürgergerichtes),  Bestimmung  von  Mass  und  Gewicht,  selbständige  oder  von 
ihrem  Obmanne  besorgte  Schlichtungen  von  Streitigkeiten  bei  Kauf  und  Verkauf 
und  dergl.  Diese  alte  Marktgemeinde  ist  es,  welche  bei  der  späteren  Absonderung 
des  städtischen  vom  bischöflichen  Rate  ihren  Einfluss  besonders  geltend  machte. 
Wegen  ihrer  andauernden  Bedeutung  finden  sich  oft  Hindeutungen  auf  sie,  und 
der  Bischof  fand  für  nötig,  ihre  Vertreter  auch  zu  seinem  Konsilium  heran- 
zuziehen. Unter  den  Zeugen  einer  Bischofsurkunde  von  1186  giebt  es  vier 
Personen  ohne  Standesbezeichnung,  nur  mit  dem  Zusätze  de  civitate;  1214  gab 
es  einen  Streit  der  Bürgerschaft  mit  den  Templern,  der  durch  den  Bischof  bei- 
gelegt wurde  in  Gegenwart  seines  Consiliums  und  der  universi  civitatis  nostre 
burgenses;  1237  wurden  diese  burgenses  ausdrücklich  von  den  ministeriales 
unterschieden.  Die  immerhin  fühlbare  Bedeutung,  welche  dio  alte  Marktgemeinde 
schon  darum,  weil  sie  vor  die  Zeiten  der  bischöflichen  Herrschaft  ihren  Ursprung 
zurückverfolgen  mochte,  dieser  gegenüber  mit  Erfolg  behauptete,  femer  die 
allmählich,  je  mannigfaltiger  die  Thätigkeit  der  bischöflichen  Regierung  wurde, 
immer  unabweisbarer  werdende  Notwendigkeit  der  Geschäftsteilung  führte  seit 
dem  zweiten  Jahrzehnt  des  13.  Jahrhunderts  dazu,  dass  sich  ein  städtischer  Rat 
von  dem  bischöflichen  lostrennte.  Ein  bestimmtes  Jahr  für  dieses  wichtige  Ereignis 
ist  unbekannt;  es  ist  auch  kaum  anzunehmen,  dass  die  Sache  mit  einem  Schlage 
geschah.  Als  Erfolg  eines  bewussten  Drängens  der  Bürgerschaft  wurde  das 
Ereignis  vielleicht  von  dieser  angesehen,  wogegen  der  Bischof  keinen  Grund 
hatte,  darin  mehr  zu  erblicken  als  eine  seiner  freiwilligen  Regierungsthaten. 
Seitdem  (zuerst  1223)  führte  die  Stadtverwaltung  ein  selbständiges  Siegel  und 
ein  eigenes  Wappen.^  Als  Versammlungslokal  der  burgenses  diente  die  Markt- 
kirche St.  Martin,  bis  schon  vor  1241  zum  Bau  eines  selbständigen  Rathauses 
neben  dieser  Kirche  geschritten  wurde.  Freiheit  vom  bischöflichen  Regimente 
hat  der  städtische  Rat  weder  damals  noch  zu  irgend  einer  Zeit  gewonnen;  nur 


'  Das  Siegel  ist  abgebildet  auf  dem  Titelblatte  des  ersten  Bandes  des  Halb.  Urkund<n- 
buches.  Beschreibung  in  einer  Urkunde  von  1380  nach  dem  Originale  von  1806:  predictum 
vero  sigilluin  in  dicta  cordula  seric^'a  appensum  erat  rotunda  figura  et  de  cera  alba  sanum 
et  integrum,  in  cuius  medio  apparuit  imago  b.  Stephani  prothomartiris  versus  orientem 
geniculantis  et  orantis  manibus  convolutis  et  elevatis  et  in  superiori  parte  quasi  domuucula 
quedam  et  a  dextris  et  sinistris  ciniboria  depressa,  in  cuius  circumferentin  in  superiori  parte 
primo  figura  lilii  deinde  litteris  grecis  (?grossi8?)  continebatur  explicite  .  .  .  ,,SigilIum  burgen- 
siam  in  Halberstad'*  in  cuius  sigilli  dorso  tres  concavationes  quasi  per  pollicem  impresse 
apparebant.  —  Das  Wappen  ähnelte  zuerst  dem  soeben  beschriebenen  Siegel.  Erst  seit  der 
Neugestaltung  der  Stadtverfassung  nach  der  Schiebt  erhielt  es  die  noch  jetzt  gültige  Gestalt, 
in  welcher  es  bis   dahin  vielleicht  nur  einem  einzelnen  Stadtteile  angehört  hatte.    Es  zeigt 


182  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Verfassnngsgescbichte:  der  Rat) 


die  Grade  seiner  Abhängigkeit  sind  verschieden  gewesen.  Da  er  aber  beständig 
danach  strebte,  sie  abzuschütteln,  die  klerikale  Bevormundung  los  zu  werden,  die 
selbstsüchtige,  der  Stadt  oft  genug  interesselos,  wenn  nicht  gar  feindlich  gegen- 
überstehende Politik  der  Bischöfe  zu  durchkreuzen,  und  da  die  letzteren  natür- 
lich allen  solchen  Versuchen  mehr  oder  weniger  heftigen  Widerstand  entgegen- 
setzten, ja  dabei  auch  offensiv  wurden,  so  entstand  aus  diesem  unseligen  Ver- 
hältnis eine  durch  das  ganze  Mittelalter  sich  ziehende  Reihe  von  Streitigkeiten, 
unter  denen  die  Entwicklung  der  Stadt  unermesslich  gelitten  hat. 

Das  Bathaus  ist  schon  vorher  erwähnt  worden.  Es  war  am  Martiniplane 
auf  einem  acht  Worten  umfassenden  Gebiete  erbaut,  welches  ehemals  dem 
Hospital  St.  Spiritus  gehörte,  und  wofür  der  Rat  Zins  zahlen  musste,  den  er  aber 
1241  ablöste.  Hier  versammelte  sich  der  Rat,  die  unanimitas  burgensium, 
communitas  nostre  civitatis,  universi  consules  et  burgenses,  nos  consules  burgenses 
et  populus  civitatis  (1261),  nos  consules  et  magistri  civium  ac  officiorum  civitatis 
halb.  (1289),  consules  magistratus  et  tota  plebs,  consules  et  commune  civitatis 
halb.  (1290),  consistorium  (1317),  oder  wie  er  sich  sonst  nennen  mochte.  Wir 
lerneil  von  dem  Rate  1241  sechzehn  Personen  kennen,  nämlich  fünf  Ministerialen, 
fünf  Bürger  und  sechs  Bauermeister  (magistri  civitatis).  Jene  ersten  zehn  hiessen 
Stadträte  (consiliarii  civitatis),  und  ihre  Zusammensetzung  zeigte  dass  der  Bischof 
für  seine  Vertretung  im  städtischen  Rat  sorgte;  denn  jene  Ministerialen  sind 
die  seinigen,  ihre  Namen  kommen  auch  in  den  Zeugenregistern  mehrerer  bischöf- 
licher Urkunden  vor.  Den  magistri  civitatis  dürfte  jedenfalls  unter  den  Sechzefin 
die  bedeutendste  Stellung  zukommen;  zwei  von  ihnen  heissen  auch  iudices,  zwei 
andere  monetarii,  während  sie  doch  zumeist  samt  den  übrigen  als  consules 
bezeichnet  werden  (1241.  1251).  Die  angeführten  Titel  zeigen,  dass  die  magistri 
die  eigentlich  wichtigen  Ämter  verwalteten.  Leider  fehlt  der  urkundliche  Anhalt 
dafür  festzustellen,  in  welchem  Zusammenhange  das  Auftauchen  dieser  neuen 
städtischen  Ämter  mit  dem  nur  wenig  früheren  Verschwinden  des  alten  praefectus 
steht.  Fast  könnte  man  annehmen,  dass  der  Bischof  des  Präfekten  Befugnisse 
der  neuen  städtischen  Verwaltung  übertragen  habe,  und  dass  er  mit  seiner  eignen 
gleichzeitigen  Machtverstärkung  durch  Beseitigung  des  Grossvogts  ein  Gegen- 
gewicht gegen  die  der  Stadt  vielleicht  nur  unfreiwillig  gemachten  Zugeständnisse 
habe  schaffen  wollen.  So  gingen  aus  der  Umgestaltung  der  Verbältnisse  beide 
Parteien,  Bischof  und  Stadt,  gekräftigt  hervor,  beide  stark  genug,  von  nun  an, 
wenn  es  sein  musste,  getrennte  Wege  zu  gehen. 

Ausser  den  oben  genannten  sechzehn  Männern  wirken  1251,  als  es  sich  bei 
einer  Amtshandlung  der  beiden  iudices  um  die  Scharren  der  Schuster  liandelt, 
noch  neunzehn  andere  als  Zeugen  mit.  Die  ersten  dreizehn  sind  mit  Namen 
genannt;  es  sind  sechs  Kaufleute,  vier  Wechsler,  drei  Krämer,  sechs  Schneider, 
Mit  ihnen  bezeugen  die  ceteri  burgenses  civitatis.    Ijctztere  dürften  der  vorher 


„einen  in  Weiss  und  Kot  gespaltenen  Schild  mit  einem  schwarzen,    bald   schräg  rechto,  bald 
schräg  links  gelegten  Widerhaken   oder  sogenannter  Wolfsangel.     Den  Helm   ziert  zwischen 
zwei   an    gelben  Staugen    flatternden,    von  Rot  und  W^eitjs  quergeteilten  Fähnlein  ein  hoher, 
weisser,   rot  aufgestülpt<)r  Hut,  dessen  gelber  Knopf  mit  drei  Pfauenfedern  besteckt  ist.     Die 
Helmdecken   sind   rot   und    weiss.'*     Vgl.  G.  SalzenbiTg,   die    Wolfsangel   in   dem    Halber- 
städtischen Stadtwappen.    Neue  Mitteil.  VIII,  3.  4.,  94—101. 


Halberstadt  (Verfassuogsgeschichte :  der  Bat)  183 


besprochene  Bat  sein,  die  andern  neunzehn  sind  Vertreter  der  Innungen,  welche 
es  damals  bereits  durchgesetzt  haben,  dass  auch  sie  bei  Sachen,  die  ihre  Interessen 
und  die  von  ihresgleichen  betreffen,  zu  Rate  gezogen  werden  müssen.  Auch 
dies  scheint  nicht  erst  1251  aufgekommen  zu  sein.  An  die  Vertreter  der  Innungen 
ist  auch  gedacht,  wenn  in  den  älteren  Urkunden  von  populus,  tota  plebs  u.  dergl. 
gesprochen  wird.  Doch  bilden  sie  vorläufig  eine  von  dem  Begriffe  burgenses 
noch  nicht  deutlich  zu  unterscheidende  Klasse.  Erst  im  Laufe  des  13.  Jahr- 
hunderts stellt  sich  eine  Teilung  des  Rates  in  drei  Abteilungen  heraus,  die  sich 
an  den  oben  angeführten  lateinischen  Bezeichnungen  erkennen  lassen.  Am 
Anfange  des  14.  Jahrhunderts  unterscheidet  man:  rat,  innunge  und  burghere 
ghemene  (1310);  borgemestern,  radmannen,  innungismestem  undeborgem(1315), 
wobei  die  beiden  erstem  zusammen  den  Rat  im  engern  Sinne  bilden.  Alle 
zusammen  heissen  auch,  nach  ihrem  Amtseide,  der  Stadt  Geschworene  (iurati 
civitatis  1404).  Die  Zusammensetzung  des  Rates  zeigt,  dass  dieser  alles  besass, 
was  geeignet  gewesen  wäre,  ihm  auf  die  Dauer  des  Übergewicht  über  die 
bischöfliche  Macht  zu  verschaffen.  Ein  verständiges  Zusammengehen  der  drei 
Klassen  der  Ratsmitglieder  hätte  das  Beste  bewirken  können;  das  Missgeschick, 
welches  1423  in  der  Schicht  noch  keineswegs  seinen  Höhepunkt  fand,  kam  abqr 
daher,  dass  ein  solches  Zusammengehen  nicht  hergestellt  wurde. 

Wie  viele  Mitglieder  der  Rat  gehabt  hat,  lässt  sich  schwer  feststellen,  weil 
zu  den  urkundlichen  Bezeugungen  keineswegs  immer  alle  erschienen.  Ausser- 
dem hat  die  Zahl  der  Innungsvertreter  in  Wirklichkeit  geschwankt;  allmählich  nimmt 
sie  ab.  Die  höchste  nachweisbare  Zahl  der  Ratsmitglieder  ist  36  (1387);  dabei  ist  ein 
Bürgermeister,  7  Ratsherrn,  8  Bauermeister  (über  sie  ist  unten  weiter  zu  sprechen) 
und  20  Meister,  während  der  letzteren  1399  nur  dreizehn,  1400  sogar  nur  elf  sind. 
Der  Rat  im  engeren  Sinne  aber,  bestehend  aus  dem  Bürgermeister  und  7  Rat- 
mannen hält  seine  Zahl  zumeist  fest.  Alter  und  Vermögensverhältnisse  kamen 
für  den  Eintritt  in  den  Rat  der  Theorie  nach  nicht  in  Betracht,  während  in  der 
Praxis  wenigstens  die  Geldfrage  eine  sehr  wesentliche  Rolle  spielte.  Über  den 
Wahlmodus  verlautet  nichts;  die  späteren  Ereinnisse  aber  führen  zu  der  Ver- 
mutung, dass,  wenn  überhaupt  jemals  Volkswahl  stattfand,  dies  Recht  bald  durch 
den  Gebrauch  der  Kooptation  und  den  dadurch  begünstigten  Nepotismus  ein- 
geschränkt wurde.  Die  Wiederkehr  gewisser  Familiennamen  im  Rate  schon  am 
Ende  des  13.  Jahrhunderts  (Ludolf  Landgreve  1289,  Hogherus  Landgravius  1301 ; 
Konrad  von  Lohe  1289,  Johannis  de  Lo  1296)  macht  dies  ausserdem  wahr- 
scheinlich. Die  Amtsdauer  scheint  uneingeschränkt  gewesen  zu  sein,  wie 
ehemals  beim  Präfekten.  Fünf  Namen  von  1275  wiederholen  sich  1285;  ein 
Ditmar  von  Veckenstedt  ist  im  Mai  1289  und  noch  im  November  1305  im 
Amte;  Heise  Pellel  begegnet  uns  im  Dezember  1296  und  noch  im  Dezember 
1317.  Der  Wahltag  war,  wie  es  scheint,  der  auch  später  übliche  Hilariustag 
(13.  Januar).  Die  Bestätigung  der  Wahlen  oblag,  wenigstens  in  früherer  Zeit, 
dem  Bischöfe. 

Unter  den  Befugnissen  des  Stadtrates  traten  zunächst  die  marktrecht- 
lichen hervor.  Trotzdem  ist  von  ihnen  am  wenigsten  zu  berichten,  weil  gerade  auf 
diesem  Gebiete  die  Konkurrenz  der  klerikalen  Regierung  am  schärfsten  war.  So 
beschränkten  sich  seine  Rechte  auf  Erhebung  von  Einfuhrzöllen  und  Ausübung 


184  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Verfassungsgescfaichte) 

der  Marktpolizei.    Das  Bathaus  am  Martiniplane  diente  als  Börse.    Yor  ihm  stand 
der  Boland^  als  Zeichen  des  Marktfriedens. 

Der  Bat  besorgte  ferner  die  Verwaltung  der  städtischen  Finanzen.  Er  zog 
die  städtischen  Steuern  ein,  die  Wortzinse,  die  bulevinge,  die  wekenpennige, 
die  Frohnzinse,  die  Strafgelder  u.  s.  w.  Der  Bat  beaufsichtigte  auch  das 
städtische  Münzwesen.  Schon  1239  finden  wir  ihn  ferner  im  Besitze  des  Heer- 
bannes. Allmählich  entwickelte  sich  die  Wehrfähigkeit  der  Stadt  in  so 
bedeutender  Weise,  dass  Bündnisse  mit  ihr  in  vielen  Fällen  von  anderen 
Machthabern  aufgesucht  werden,  und  dass  sie  imstande  war,  der  Hansa  als 
Mitglied  beizutreten.  Mit  dieser  Wehrhaftigkeit  hing  natürlich  zusammen, 
dass  der  Bat  auf  den  guten  Zustand  der  Stadtmauern,  Türme  und  Gräben  sah 
und  die  Einwohner  zur  Mauerwache  anhielt,  einer  der  dringendsten  Pflichten,  zu 
der  auch  die  Bewohner  von  Freihöfen  herangezogen  wurden,  und  von  welcher 
Befreiungen  nur  schwer  zu  erlangen  waren.  Zu  baulichen  Veränderungen  an 
den  Befestigungswerken  oder  auch  nur  in  deren  Nähe  bedurfte  es  der  Genehmi- 
gung des  Bates. 

Ferner  oblagen  dem  Bäte  die  Grundbuchsachen;  Besitzveränderungen  an 
Grundstücken  wurden  vor  den  Stadtrichtern  vollzogen.  Fanden  diese  oder  andere 
Bechtshändel  zwischen  einer  bürgerlichen  und  einer  geistlichen  Partei  statt,  so 
bedurfte  die  darüber  ausgestellte  Urkunde  der  Besiegelung  von  Stadt  wegen.  Es 
oblag  dem  Bäte  ferner  die  Qesundheitspolizei.  Sie  betraf  die  Beinhaltung  der 
Wasserläufe  in  und  ausser  der  Stadt;  seit  1250  wurde  dem  Bischöfe  auch  die 
Fürsorge  für  die  Strassenreinigung  abgenommen,  wofür  jener  einen  Steuererlass 
bewilligte.  Sonst  ist  von  der  Thätigkeit  des  Bates  nach  dieser  Seite,  der  Sorg- 
losigkeit des  Mittelalters  entsprechend,  wenig  die  Bede.  Auch  von  baupolizeilichen 
Massregeln  hört  man  nichts.  Seit  1261  übernahm  der  Bat  auf  Bitten  des  Bischofs 
und  Domkapitels  den  Judenschutz.  Endlich  war  seine  Aufgabe  die  Verwaltung 
der  Sicherheitspolizei.  Er  sorgte  für  Bestrafung  der  Gesetzübertreter,  für 
ihre  Einsperrung  (im  Bichthause  oder  in  den  ßathauskellern),  wenn  nötig  für 
ihre  Entfernung  aus  der  Stadt,  im  schlimmsten  Falle  für  ihre  ^Hinrichtung. 
Straffällige  Batspersonen  unterlagen  der  eigenen  Innern  Disciplin  des  Bates.  Alle 
diese  Befugnisse  erwarb  die  Stadtverwaltung  in  früher  Zeit;  wie  sie  ihre  Bechte 
allmählich  auszudehnen  wusste,  werden  wir  an  deren  Einschränkung  nach  der 
Schicht  sehen. 

Das  durchweg  vereidigte  städtische  Beamtenpersonal  war  nicht  gering. 
Ausser  dem  Bürgermeister,  den  beiden  Stadtrichtern,  welche  bei  weltlichen  Bechts- 
händeln  die  über  dem  Bäte  stehende  Instanz  bildeten,  und  den  Zinsmeistern, 
von  denen  einer  der  grosse  hioss,  gab  es  die  acht  Bauermeister  (s.  u.),  zwei 
Münzmeister,  einen  Marktmeister,  den  Batsschreiber,  die  drei  Grabenherren,  ver- 


*  DasB  ein  solcher  schon  in  älterer  Zeit  und  vor  dem  jetzigen,  von  1433  datierten 
Rolande  vorhanden  war,  geht  daraus  hervor,  dass  man  bei  dem  1381  erfolgenden  Beginne  des 
Ilathausncubaues  an  der  Westseite  sogleich  d(>n  Sockel  für  den  Eoland  mit  in  das  Fussgesims 
einbaute.  Warum  man  den  alten  nicht  dort  aufstellte,  ist  unbekannt.  Am  einfachsten  ist 
wohl  die  Annahme,  dass  er  zu  alt  und  schlecht  geworden  war  und  darum  fiü*  das  neue  Baus 
nicht  passte.  Vielleicht  war  er  gleich  dem  vor  1412(1404?)  in  Bremen  vorhandenen  Bolaude 
von  Holz.    Bei  der  Erwähnung  der  Schicht  wird  unten  Weiteres  über  ihn  zu  sagen  sein. 


Halberstadt  (Verfassungsgeschichte)  185 


pflichtet  zur  Beaufsichtigung  der  Reinlichkeit  und  der  Fischzucht  in  den  Stadt- 
gräben; die  Ratsdiener,  Thorschliesser ,  Nachtwächter,  Stadtknechte,  endlich  den 
vor  dem  Gröperthore  wohnenden  Henker  (angestmann). 

Die  wiederholt  erwähnten  Bauermeister,  welche  gleichfalls  zum  Rate  ge- 
hörten, und  an  die  vielleicht  mit  einiger  Einschränkung  schon  zu  denken  ist,  wenn 
frühere  Urkunden  von  den  magistri  civium  reden,  waren  die  Vorstände  der  Stadt- 
bezirke oder  sog.  Nachbarschaften,  in  welche  Halberstadt  seit  dem  14.  Jahrhundert 
eingeteilt  war.  Die  topographische  Entwicklung  der  Stadt  (vgl.  den  Stadt- 
plan) war  bisher  in  folgender  Weise  von  statten  gegangen.  Als  ältesten  Teil  haben  wir 
jene  Gegend  anzusehen,  welche  begrenzt  wird  von  der  Schmiedestrasse,  Hohenweg 
bis  zur  Göddenstrasse,  Schuhstrasse,  Breitenweg  bis  zur  Sackgasse,  Sackstrasse  und 
dem  zwischen  dieser  und  der  Kühlingerstrasse  liegenden  Teile  des  Weingartens,  der 
jetzt  noch  erkennbaren  alten  Stadtmauer  bis  zur  Spiegelstrasse,  der  Ritter-  und  Ros- 
marinstrasse. Schon  in  alter  Zeit  erweiterte  sich  aber  der  besiedelte  Bezirk  und  nahm 
allmählich  den  Raum  ein,  welcher  durch  die  um  die  Ostseite  der  Stadt  ziehenden 
Reste  der  alten  Stadtmauer,  sowie  nördlich  durch  den  die  Stadt  quer  durch- 
ziehenden Arm  der  Holtemme  bis  zum  Tränkethor  eingeschlossen  wird.  Dem- 
nächst bildet  sich  nördlich  hiervon,  nach  Westen  begrenzt  durch  eine  vom 
Tränkethor  über  den  Johannisbrunnen  bis  zur  Promenade  gedachte  gerade  Linie 
das  Suburbium,  in  welchem  die  vermutlich  von  Anfang  an  lebhafte  Gewerb- 
thätigkeit  der  Töpfer  an  dem  Namen  der  Gröperstrasse  noch  jetzt  zu  erkennen 
ist.  Ummauert  wurde  dieser  Bezirk  zwischen  1208,  wo  die  Thomaskirche  noch 
ausserhalb  lag  und  1236,  wo  die  Moritzkirche  als  in  civitate  gelegen  erwähnt 
wird.  Die  weitere  Besiedelung  erfolgte  seitdem  westlich  von  den  bisher  gebildeten 
Stadtvierteln  über  den  ganzen  Raum  hin,  welchen  die  Ruinen  der  alten  Stadt- 
mauer dort  im  Süden,  Westen  und  Norden  einschliessen,  sodass  nunmehr  die 
Burg,  der  eigentliche  Mittelpunkt  der  bischöflichen  Regierung,  seit  1020  von 
eigner  Mauer  umgeben  von  den  Häusern  der  Stadt  rings  eingeschlossen  war. 
Während  die  ersten  drei  Stadtteile,  ältere  und  jüngere  Altstadt  und  die  Neustadt, 
zusammen  Weichbild  genannt,  unter  städtischer  Verwaltung  standen,  hiess  der 
westliche  Teil  die  Vogtei.  Sie  blieb  der  bischöflichen  Regierung  vorbehalten. 
Das  Weichbild  wurde  nun  schon  früh  in  sechs  Nachbarschaften  geteilt.  Es  waren 
dies:  1.  die  vom  Breitenwege,  2.  die  von  der  Kühlingerstrasse,  3.  von  der  Hars- 
leberstrasse,  4.  von  der  Schmiedestrasse,  5.  vom  Hohen wege,  6.  vom  Schuhhofe. 
Dazu  kamen  in  späterer  Zeit  noch  zwei,  nämlich:  7.  die  von  der  Ritterstrasse, 
8.  aus  dem  Westendorfe.  Sie  bildeten  Genossenschaften  zu  gemeinsamer  Wahr- 
nehmung ihrer  Interessen,  welche  die  städtischen  Angelegenheiten,  einschliesslich 
Armenpflege,  Wacht-  und  Wehrpflicht,  sowie  auch  die  landwirtschaftlichen  Dinge 
betrafen.  An  der  Spitze  stand  der  Bauermeister,  neben  ihm  zwei  oder  mehr 
Vorständer.  Auch  ihre  Diener  und  Schreiber  werden  erwähnt.  Mehr  davon  ist 
unten  zu  sprechen. 

Die  Statuten  der  Stadtverwaltung  sind  in  zwei  Fassungen*  auf  uns  ge- 
kommen, die  sich  in  dem  sogenannten  Stadtbuche  befinden.     Sie   wurden  all- 


*  Über  ihr  gegenseitiges  Verhältnis  vergl.  die   Einleitung  zum   1.  Bande    des    Halber- 
stadter  Urkundenbuches. 


186  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wirtschaftsgeschiclite,  Innungen) 


jährlich  bei  dem  sogenannten  burding  vorgelesen  und  sind  heute  das  einzige 
Überbleibsel  aus  der  ehemaligen  Ratsregistratur.  Vor  weiterer  Darstellung  der 
verfassungsgeschichtlichen  Entwicklung  sei  hier  noch  ein  Blick  auf  das  wirt- 
schaftliche Leben  der  Halberstädter  Bürgerschaft  im  Mittelalter 
geworfen. 

Die  früher  erwähnten  ländlichen  Beschäftigungen  waren  keineswegs  auf  die 
Dörfer  beschränkt,  sondern  die  Anlage  der  Stadt  und  die  eigentümliche  Zu- 
sammensetzung ihrer  Bevölkerung  bewirkte,  dass  die  meisten  Zweige  des  Acker- 
baus und  der  Viehzucht  auch  von  Stadtbewohnern  des  Erwerbes  und  Lebens- 
unterhaltes halber  betrieben  wurden.  Infolge  dessen  blühten  dort  auch  diejenigen 
Gewerbe,  welche  sich  mit  der  Verarbeitung  der  Rohmaterialien  beschäftigten. 

Die  Mühlenwirtschaft  wird  oft  erwähnt.  Sie  stand  in  Stadt  und  Land  in 
lebhaftestem  Betriebe.  Damit  hing  zusammen  das  Gewerbe  der  Bäckerinnungl 
die,  wie  alle  Innungen  der  bischöflichen  Oberaufsicht  unterworfen  war.  Von  ihr 
ist  ein  Statut  von  1340  erhalten.  Die  Bauermeister  der  Stadt  hatten  die 
Kontrolle  über  die  Verkaufsstellen  und  die  Ware.  Gebacken  wurde  grobes  Brot, 
Weissbrot  und  Bretzeln  (bretzstellen).  Der  öffentliche  Verkauf  fand  zweima, 
wöchentlich  auf  dem  Kirchhofe  (Martiniplan?)  statt.  —  Eine  Gesellschaft  der 
Müller-  und  Bäckerknechte,  geleitet  von  fünf  Vorständen,  wird  1439  erwähnt. 

Die  Brauer.  Ihr  Gewerbe,  zu  dessen  Gunsten  der  früher  erwähnte  starke 
Hopfenbau  in  der  Nähe  von  Halberstadt  betrieben  wurde,  blühte  sicher  schon 
viel  früher,  als  es  urkundlich  zuerst  erwähnt  wird.  Von  einer  cervisia  capitalis 
wird  1360  berichtet.  1492  hören  wir  von  der  Marienbrüderschaft  der  Brauer- 
knechte. Der  sogen.  Broihan  wurde  zuerst  1574  durch  Andreas  Westphal  her- 
gestellt, sein  Haus  am  Ende  der  Gerberstrasse  steht  noch  jetzt  Das  Brauen 
und  Ausschenken  von  Bier  war  nicht  blos  den  Gastwirten,  sondern  auch  den 
Bürgern  gestattet. 

Die  Weber.  Sie  empfingen  1283  eine  Urkunde  des  Bischofs  Volrad,  in 
welcher  bestimmt  wurde,  dass,  wer  in  die  Zunft  eintreten  wolle,  eine  bestimmte 
Summe  an  die  Zunftkasse  und  einen  halben  Gulden  samt  einem  Talente  Wachs 
an  die  bischöfliche  Kammer  zu  zahlen  hätte.  1291  wurde  dazugesetzt,  dass, 
wenn  sie  nicht  zur  inninge  der  Kaufleute  gehörten,  sie  kein  Tuch  schneiden 
dürften. 

Ihnen  am  nächsten  standen  die  Schneider,  auf  deren  Statut  (aus  der  ersten 
Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  und  im  18.  Jahrhundert  noch  im  Gebrauch)  wegen 
dessen  Woitschichtigkeit  hier  nicht  näher  eingegangen  werden  kann.  Die  Innung 
hatte  vier  Provisoren. 

Das  Statut  der  Hutmacherinnung  (factores  pilleorum)  stammt  von  1284. 

Die  Kürschner  sind  schon  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  erwähnt;  ihre  unter 
3  Provisoren  stehende  Gilde  1483. 

Die  Schuhmacherinnung,  deren  Gedächtnis  in  dem  Namen  des  Schuhhofes 
und  der  Schuhstrasse  noch  jetzt  bewahrt  wird,  empfing  1230  ein  Privileg  des 
Bischofs  Friedrich,  worin  auch  die  Filzschuhmacher  als  zur  Innung  gehörig 
gerechnet  wurden.  Ihr  Vorstand  scheint  aus  sechs  Personen  bestanden  zu  haben, 
an  deren  Spitze  der  Aldcrmann  stand.  Ein  Streit  wegen  der  Scharren  am  Schuh- 
hofe,   welchen    sie    lange   Zeit   mit   dem   Liebfrauenstifte    führten,   wurde   1251 


Halberstadt  (Innungen,  Wirtschaftsgeschichte)  187 


dadurch  geschlichtet,  dass  ihnen  die  Scharren  für  eine  jährliche  Steuer  zu 
beständigem  Besitze  gegeben  wurden.  —  Mit  der  Gilde  der  Schuhmacher  finden 
wir  Ende  des  15.  Jahrhunderts  auch  die  der  Gerber  vereinigt. 

Von  der  Innung  der  Schmiede  wird  urkundlich  wenig  berichtet,  obwohl  es 
nach  den  Namen  vieler  mittelalterlicher  Halberstädter  Familien  (Goldschmied, 
Kleinschmied,  Messerschmied ,  Pfannenschmied ,  Pfeilschmied ,  Plattenschläger, 
Schildschmied)  scheint,  dass  gerade  dieses  Handwerk  in  vielen  Zweigen  in 
Halberstadt  vertreten  war.  Auch  der  Name  der  Schmiedestrasse  zeugt  noch 
heute  für  die  ehemalige  Bedeutung  dieses  Handwerks.  Da  dasselbe  in  manchen 
Beziehungen  geradezu  als  eine  Kunstthätigkeit  ausgeübt  wurde,  wäre  hier  Ge- 
legenheit auf  die  Halberstädter  Künstler  näher  einzugehen,  doch  sei  diese  wichtige 
and  weitführende  Sache  für  das  Kapitel  „Kunststatistik''  aufgehoben. 

Ausserdem  seien  nach  Familiennamen  noch  erwähnt  die  Handschuhmacher, 
Münzer,  Oblatenbäcker,  Fenstermacher  (Glaser?)  u.  a.  darunter  die  wiederholt 
erwähnten  Apotheker.  Selbstverständlich  gab  es  auch  Ärzte;  die  Namen  einer 
Anzahl  von  ihnen  sind  uns  aufbewahrt. 

Die  Fleischer,  Knochenhauer,*  Garbrater  (assatores)  und  Heringshändler  und 
die  Innung  der  Krämer  vermitteln  den  Übergang  zu  den  mehr  kaufmännischen 
Berufen,  von  deren  Betriebe  die  altfreie  Marktgeraeinde  von  Anbeginn  her  ihre 
Existenz  fristete.  Diese  Halberstädter  Kaufmannschaft  im  engeren  Sinne  war 
dem  Bischof  zinspflichtig,  erfreute  sich  aber  des  Besitzes  alter  Gerechtsame  und 
sorgte  dafür,  dass  ihr  diese  von  Zeit  zu  Zeit  durch  die  Bischöfe  ausdrücklich 
bestätigt  wurden.  Dazu  gehörten  gewisse  Grundbesitze,  Freiheit  vom  Fleisch- 
zehnten, Zollfreiheit  auf  allen  königlichen  Märkten,  die  Abhaltung  des  Burmal, 
Feststellung  von  Mass  und  Gewicht,  selbständige  Schlichtung  ihrer  innem 
Streitigkeiten  und  dergl.  Um  das  Marktregal  führten  sie  mit  dem  Bischöfe  einen 
unablässigen  Streit.  Über  die  bedeutende  Rolle,  welche  dieser  Kern  der  Bürger- 
schaft im  Innern  politischen  Leben  der  Stadt  gespielt  hat,  ist  oben  bereits  hin- 
gewiesen worden;  auf  die  Einzelheiten  ihrer  kaufmännischen  Institutionen  kann, 
so  interessant  diese  auch  sind,  hier  nicht  weiter  eingegangen  werden.  Schon  im 
13.  Jahrhundert  ging  der  Handel  Halberstadts  weit  hinaus,  so  verbürgter  Massen 
nach  Flandern;  die  Verbindung  mit  Lübeck  ist  1281  nachweisbar,  und  hierin  liegt 
der  Anlass,  dass  Halberstadt  sich  späterhin  der  Hansa  anschloss.  Das  Zeichen 
des  Marktfriedens  war  der  Roland,  der  zuerst  vor  dem  alten  Rathause  am 
Martiniplane,  seit  1433  vor  dem  neuen  am  Holzmarkte  stand. 

Die  durch  den  lebhaften  Handel  begünstigten  wirtschaftlichen  Verhältnisse 
hatten  schon  seit  dem  früheren  Mittelalter  zur  Folge,  dass  die  Lebensführung  der 
christlichen  und  jüdischen  Kaufleute  eine  zum  Teil  prunkvolle  war.  Als  Beispiel 
sei  die  Familie  Ammendorf  erwähnt.  Sie  bewohnte  ein  eigenes  Haus;  die  Frauen 
erfreuten  sich  des  Besitzes  von  Perlen,  Korallen,  Spangen,  goldnen  Reifen  u.  dergl. 
Ausserdem  waren  vorhanden  wertvolle  Kleider,  Geld,  geistliche  und  weltliche 
Bücher;  in  den  Vorratsräumen  Mehl,  Fleisch,  Getreide,  Getränke  (Wein,  Bier, 
Kii-schschnaps),  Kohlen,  Holz,  WiLsche  u. s.w.,  ferner  eine  Anzahl  von  Haustieren: 
alles  zusammen  wurde,  als  die  Familie  in  der  Schicht  das  Ihrige  verloren  hatte, 


*  Das  Siegel  ihrer  Innung  beschrieben  von  v.  Mülverstedt,  H.-Z.  1870  p.  706. 


188  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Veriassungsgeschichte) 

abgesehen  von  den  Grundstücken,  in  der  Klageforderung  auf  gegen  15f)0  rh. 
Gulden  geschätzt.  Von  dem  Aussehen  des  Ammendorfschen  Hauses  ist  keine 
Nachricht  erhalten,  doch  wird  man  bei  solchem  Wohlstande  auch  in  dieser 
Beziehung  Kosten  nicht  gescheut  haben.  In  welcher  Blüte  die  bürgerlich(3  Bau- 
kunst schon  damals  gestanden  haben  mag,  lässt  sich  aus  dem  Beispiele  dfes  nur 
wenige  Jahrzehnte  jungem,  1461  erbauten  Ratskellers  schliessen.  Die  vornehmen 
Geschlechter  des  Halberstädter  Bistums  hatten  in  der  Stadt  ihre  eigenen  Höfe 
auf  der  Burg,  um  sich  während  der  grossen  Feste  dort  aufzuhalten.  Diese 
Gebäude  enthielten  auch  Kapellen  oder  dazu  bestimmte  mit  Altären  versehene 
Gemächer.  Budäus  (Leben  Albrecht  IL  p.20.  f),  welcher  diese  Nachricht  über- 
liefert, fügt  hinzu,  in  einigen  solchen  Höfen  sei  dergleichen  noch  zu  seiner  Zeit 
(1624)  vorhanden.  Mit  dem  Wohlstande  der  Bürger  hing  zum  Teil  auch  der  der 
Geistlichkeit  zusammen,  wovon  verschiedene  uns  erhaltene  Testamente  von  Dom- 
herrn^  interessantes  Zeugnis  ablegen.  Luxusvorschriften  gab  es  im  Mittelalter 
in  Halberstadt  ebenso  wie  an  andern  Orten,  und  ebenso  gering  wie  dort  war  ihre 
Wirkung.  So  war  denn  auch  das  Einerlei  des  täglichen  Lebens  von  allerlei 
Scherz  und  Lustbarkeit  unterbrochen,  von  Fastelabendsgelagen ,  Martinsfesten, 
Jahrmarktstrubel  u.  dergl.,  und  das  Yolk  sorgte  dafür,  dass  hiervon  auch  in  den 
ernstesten  Zeiten  nicht  abgelassen  wurde.  Bekannt  ist  das  sogenannte  Drachen- 
spiel,^  welches  bis  1416  von  den  Schülern  des  Liebfrauenstiftes  um  Epiphanias 
aufgeführt,  von  der  genannten  Zeit  an  aber  durch  das  Kapitel  verboten  wurde.^ 
Schlimme  Folgen  zeitigte  der  Wohlstand  in  dem  Hange  zum  Wirtshausleben,  zu 
Glücksspielen  (das  sog.  Doppeln  wurde  Ende  des  14.  Jahrhunderts  mit  Strafe 
belegt,  falls  der  Einsatz  über  einen  Schilling  ging)  und  der  zunehmenden  ün- 
sittlichkeit,  welcher  die  zahlreich  vorhandenen  Badstuben  Vorschub  leisteten. 
Das  Verhalten  der  Geistlichen  wich  in  dieser  Beziehung  von  dem  der  Bürger 
nicht  ab.  1447  sah  sich  das  Domkapitel  genötigt,  ausdrücklich  zu  verbieten,  dass 
die  Kurien  auf  der  Domfreiheit  an  Dirnen  und  andere  zweifelhafte  Personen 
verkauft  oder  vermietet  würden.  —  Dass  es  neben  dem  Reichtum  auch  grosse 
Armut  gab,  ist  erklärlich,  die  Urkunden  deuten  es  an  durch  Erwähnung 
von  obdachlosen  Personen  und  solchen,  die  auf  Kosten  der  Stadt  begraben 
werden  mussten. 

Während  so  die  Stadt  sich  entwickelte,  bestand  die  b  ischöflich  e  Parallel- 
regierung weiter,  welche  ihre  Hand  auf  allem  hielt,  mit  Ausnahme  dessen,  was 
keinen  Vorteil  brachte.  Entschloss  sie  sich  hin  und  wieder,  der  Stadt  irgend  ein 
wichtigeres  Recht  zu  überlassen,  so  geschah  es  stets  der  augenblicklichen  Geld- 
verlegenheit halber  und  immer  nur  unter  der  Form  der  Verpfändung,  welche 
den  Wiedererwerb  ermöglichte.  Und  dieser  wurde  aus  Mangel  an  gesetzlichen 
Regeln  immer  unweigerlich  wieder  angetreten,  mochte  auch  das  Pfand  nach  den 
Begriffen  der  Moral  und  des  gesunden  Verstandes  längst  verfallen  sein.  Des- 
gleichen suchte  man  sich  von  den  Verpflichtungen  der  Stadt  gegenüber,  welche 
vei*ständiger   Weise    von   jedem   ihrer   Bewohner  verlangt   werden  mussten,  zu 


*  Vergl.  z.  B.  das  des  Dompropstes  Friedrich  Hake  (f  1435).     H.-Z.  1886.  p.  59Ö. 

*  Die  DracheDflügel  sind  noch  jetzt  im  Domschatze  vorhanden. 
»  Vergl.  H.-Z.  1879  p.  594ff. 


Halberstadt  (Verfassungsgeschichte:  die  bischöfliche  Regierung)  189 


entlasten,  wo  es  nur  ging.  Dazu  gehörte  insbesondere  die  Pflicht  zur  Mauer- 
wache und  zur  Erhaltung  der  Befestigungswerke.  Bisweilen  kam  es  daher  zu 
verdriesslichen  Weiterungen.  Allmählich  wurde  das  Rechtsverhältnis  des  Rates, 
die  Stadtbefestigungen  betreffend,  welches  naturgeraäss  ganz  einfach  hätte  sein 
müssen,  derart  verdunkelt,  dass.,  als  1377  Aschersleben  nach  dieser  Richtung  in 
Halberstadt  um  Auskunft  bat,  eine  solche  nicht  erteilt  werden  konnte.  Es 
leuchtet  ein,  welch  verhängnisvolle  Folgen  aus  dieser  Lage  unter  Umständen 
entstehen  konnten.  All  dergleichen  geschah  des  allgemeinen  Grundsatzes  wegen, 
dass  man  der  Stadtverwaltung  in  jedem  Falle  den  Meister  zeigen  müsse.  Zu 
wirksamem  Wiederstande  vermochte  die  Stadtverwaltung,  weil  sie  in  sich  selbst 
zwiespältig  war,  keine  Kraft  aufzubringen;  sie  erschöpfte  sich  in  kleineren  Streitig- 
keiten, welche  im  Grossen  und  Ganzen  immer  mit  ihrer  Niederlage  endeten  und 
immer  nur  kleine  Vorteile  verschafften.  Trotzdem  machte  die  Selbständigkeit  der 
Stadt  Fortschritte  und  die  klerikale  Regierung  musste  sehen,  wie  ihr  eine  wichtige 
Stellung  nach  der  andern  verloren  ging.  Als  die  Schicht  aber  eintrat,  war  der 
Augenblick  für  die  energische  Befestigung  der  bischöflichen  Herrschaft  gekommen, 
die  nun  eigentlich  erst  festen  Fuss  fasste,  und  später  durch  den  Administrator 
Ernst  die  Selbständigkeit  der  Stadtverwaltung  zum  blossen  Schattenbilde  machte. 
Die  Konkurrenz  der  klerikalen  Regierung  richtete  sich  seit  der  Emanzipation 
der  Stadtverwaltung  gegen  die  verschiedensten  Zweige  der  städtischen  Verwaltung. 
Vor  allem  sicherte  sie  sich  deren  fortwährende  Beeinflussung  durch  die  in  den 
Stadtrat  zu  wählenden  bischöflichen  Ministerialen,  deren  Prozentsatz  schon  oben 
angegeben  ist.  An  und  für  sich  hätte  sich  wenig  hiergegen  sagen  lassen,  wenn  es 
sich  bloss  darum  gehandelt  hätte,  die  Stellung  des  Bischofs  als  dos  Territorialherrn 
zu  schützen.  In  diesem  Sinne  hatte  auch  der  Huldigungseid  der  Bürgerschaft 
beim  Regierungsantritte  des  Bischofs  kein  Bedenken.  Uns  ist  die  Formel  über- 
liefert, mit  welcher  die  Bürger  Albrecht  dem  H.  ihren  Schwur  leisteten^:  „Dat 
we  useme  herren  bischoppe  Albert  van  Halberstad,  de  hier  to  ieghemwordich 
is,  also  tniwe  unde'also  holt  sin,  also  borghere  to  rechte  schuUen  creme  herren, 
unde  schollen  ome  behulpen  wesen  unde  sine  stad  to  Halberstad  ome  holden 
to  allen  syneu  nutten  unde  noden,  dat  us  God  also  helpe  unde  sine  hilghen." 
Darauf  bestätigte  der  Bischof  die  Stadtverfassung,  auch  die  alten  Rechte  des  Rates, 
ging  aber  über  die  Angabe  bestimmter  Einzelheiten  mit  Stillschweigen  hinweg. 
An  sich  ungefährlich  und  dazu  selbstverständlich  war  ferner,  dass  der  Bischof  sein 
Konsilium  auch  nach  Abtrennung  des  städtischen  Rates  beibehielt.  Auch  das 
kann  die  mittelalterliche  Welt  nicht  befremdet  haben,  dass  der  Bischof  dafür 
sorgte,  der  weltlichen  Behörde  die  Macht  über  alles  zu  nehmen,  was  geistlich 
war.  Ah  den  Ketten,  welche  den  Burgbezirk  abschlössen,  an  den  Grenzen  der 
Stiftsfi'eiheiten  endete  die  weltliche  Gewalt.  Als  1386  die  Stadt  jemanden  aus  der 
Burgfreiheit  hatte  verhaften  lassen,  musste  diese  nacli  Urteil  des  Bischofs  erst  von 
neuem  geweiht  werden.  Aber  diese  ängstliche  Heilighaltung  des  Burgbezirkes 
diente  nicht  blos  als  Sinnbild  für  die  Unverletzlichkeit  der  bischöflichen  Person 
und  Macht.  Sie  hatte  noch  einen  andern  sehr  weltlichen  und  praktischen  Grund. 
Die  Burgfi-eiheit  war  nämlich  der  Ort  der  unter  bischöflichem  Schutze  und  zu 


'  GesU  Alb  II,  p.  126. 


190  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (Verfassungsgeschichte:  bischöfliche  Begierang) 

Gunsten  der  kirchlichen  Kassen  abgehaltenen  Märkte;  die  dort  hinkommenden 
Händler  zahlten  der  Stadt  keinen  Zoll  und  machten  überdies  den  Kaufleuten 
und  Märkten  der  Stadt  schwere  Konkurrenz.  Jener  Verhaftete  war  einer  von 
den  Kaufleuten  des  bischöflichen  Marktes.  Vergeblich  blieben  die  Bemühungen 
der  Stadt,  sich  vor  solchem  Schaden  zu  schützen;  die  Kirche  hätte  lieber  anderes 
aufgegeben^  als  dies  einträgliche  Reservatrecht,  welches  sie  noch  aus  den  Otto- 
nischen Privilegien  herzuleiten  vermochte.  Weniger  Schwierigkeiten  machte  es 
der  Stadt  im.  allgemeinen,  von  den  Stiftern  u. s.  w.  die  Zinse  zu  erhalten,  etwa 
die,  welche  jene  für  diejenigen  ihrer  Gebäude  zu  zahlen*  hatten,  die  auf  städtischem 
Grund  und  Boden  standen.  Aber  auch  hier  herrschte  die  erklärliche  Tendenz  der 
Kirche,  die  lästige  Verpflichtung  abzulösen.  Galt  es  doch,  auf  jede  mögliche 
Art  die  Summen  aufzubringen,  welche  für  die  kostspieligen  Bauten,  über  die  bei 
der  Geschichte  der  einzelnen  Kirchen  näher  zu  reden  sein  wird,  für  die  Ent- 
faltung des  von  dem  Bitus  geforderten  Prunkes,  für  die  politischen  Unter- 
nehmungen, insbesondere  für  die  ewigen  Fehden,  für  die  Lebensführung  der 
Geistlichkeit,  dabei  vor  allem  für  die  Hofhaltung  der  Bischöfe  erforderlich  waren. 
Die  regelmässigen  Einkünfte  des  Bischofs,  die  Wortzinse,  Frohnzinse,  die  Ab- 
gaben der  geistlichen  Stifter  an  ihn,  die  Erträgnisse  seiner  Forsten,  die  Lehns- 
abgaben der  Ministerialen,  auch  derer,  welche  im  Besitz  der  grossen  bischöflichen 
Hofämter  (Marchall,  Truchsess,  Kämmerer,  Schenk)^  waren,  und  was  der  Bischof 
sonst  einnehmen  mochte  —  es  würde  zu  weit  führen,  auf  das  Einzelne  hier 
einzugehen  —  waren  keineswegs  genügend,  um  alles  dies  zu  decken  und  vor 
Schulden  zu  schützen. 

Auch  bei  einer  andern  äusserst  wichtigen  Sache  handelt  es  sich  ausser  um 
die  Machtfrage  wieder  vorzugsweise  um  den  Geldvorteil,  der  auch  hier  untfer  dem 
Vorwande  der  Festhaltung  eines  Ottonischen  Privilegs  gesucht  und  gefunden 
wurde.  Es  ist  die  Ausübung  der  weltlichen  Gerichtsbarkeit.  Alljährlich  am 
Walpurgistage  (I.Mai),  besetzte  der  Bischof  die  Richterstellen  von  neuem.  Das 
nannte  er  „richtere  stedcghcn  tu  Halberstadt  nach  aldere  wönheyt"  (1358).  Falls 
der  Bischof  abwesend  war,  vertraten  ihn  die  Domherren,  denen  die  Richter  auch 
in  solchem  Falle  den  Amtseid  leisten  mussten.  Die  Stadt  hatte  nur  das  Vorschlags- 
recht. 1393  überliess  Bischof  Ernst  die  Richterwahl  pfandweise  an  die  Stadt 
Seitdem  urteilten  jene  bis  auf  weiteres  nicht  mehr  im  Interesse  des  Bischofs, 
sondern  der  oberen  Ratspartei,  der  sie  durch  ihre  Stellung  angehörten.  —  Von 
den  Gerichtshändeln,  in  welchen  diese  weltlichen  Diener  der  bischöflichen  Rechts- 
pflege das  Urteil  in  weltlichen  Angelegenheiten  zu  finden  hatten,  sind  jene  zu 
unterscheiden,  bei  welchen  von  den  Parteien  eine  weltlich,  die  andere  geistlich, 
und  daher  eine  Einmischung  der  geistlichen  vorgesetzten  und  stellvertretenden 
Behörde  natürlich  war.  Es  war  bei  solchen  Sachen  nicht  selten,  dass,  wenn 
die  Wichtigkeit  des  Falles  es  erforderte,  der  Bischof  selber  den  Vorsitz  führte, 
andernfalls  vertrat  ihn   der  Offizial,   von   dem   schon   oben   die  Rede  war.     Er 


^  Die  Marschälle  erscheinen  seit  1189.  Der  Titel  befindet  sich  noch  jetzt  im  Besitze 
der  Familie  v.  Hössing.  Dai)  Truchsessenamt  ist  seit  1133  nachweisbar  und  ist  1840  neu 
hergestellt.  Das  Amt  des  Schenken  (seit  1179)  hatte  die  Familie  v.  Dönstedt,  welche  später 
von  Kur-Brnndenburg  auch  das  Erbkämmerer-  und  Erbschatzmeisteramt  erhielt.  (H.-Z.  1870 
p.  633)    Das  seit  1173  nachweisbai'e  Käinmereramt  ist  erloschen. 


Halberstadt  (Yerfassungsgeschichte :  bischöfliche  Begierimg,  Zwistigkeiten)       191 


setzte  die  Termine  fest,  lud  die  Parteien  und  die  Zeugen  und  wurde  während 
der  Verhandlung  von  einer  Anzahl  von  prudentes  viri  unterstützt.  Er  urteilte 
in  Klagesachen  aller  Art,  mochten  sie  zivilrechtlich  oder  strafrechtlich  sein, 
verhängte  Exkommunikation  oder  andere  Strafen  bis  zu  den  schlimmsten  und 
benutzte,  da  er  Geistlicher  war,  die  Exekutivgewalt  des  Rates.  Gegenüber  seiner 
Rechtsprechung  hatte  die  weltliche  Macht  zurückzutreten;  dem  Rate  blieb  nichts, 
als  bisweilen  die  Anwesenheit  bei  den  Verhandlungen  und  die  Bestätigung, 
nötigenfalls  die  Besiegelung  der  Urkunden  über  solche  bürgerlich -geistliche 
Rechtshändel.  Zur  Vollendung  dieses  verwirrenden  Zwiespaltes  in  der  Ver- 
waltung kam  noch,  dass  der  Bischof  auch  Polizeiverordnungen  erliess,  wenn  sie 
Geistliche  und  Laien  zugleich  betrafen.  Die  für  die  Übertretung  solcher  Vor- 
schriften eingezogenen  Strafgelder  flössen  halb  in  die  bischöfliche,  halb  in  die 
städtische  Kasse.  —  Auch  der  Judenschutz  oblag  als  Regal  eigentlich  dem 
Bischöfe,  wurde  wie  oben  erwähnt,  von  ihm  an  den  Rat  abgetreten,  aber  deshalb 
nicht  aufgegeben  und  diente  noch  in  viel  spätem  Zeiten  als  Pfandobjekt  der 
geldbedürftigen  Kirchenhäupter. 

Fast  ganz  und  gar  der  städtischen  Verwaltung  entzogen  blieb  der  Stadtteil, 
welcher  die  Vogtei  heisst.  Sie  stand  unter  dem  Domkapitel;  trotzdem  gehörten 
ihre  Bauermeister  mit  zum  Rate.  In  Streitigkeiten  zwischen  Vogtei  und  Weich- 
bild entschied  das  bischöfliche  Gericht.  Das  einzige  Recht,  welches  die  Stadt 
hier  besass,  war,  den  Mauer-  und  Grabenschutz  zu  verlangen.  Gewiss  vor  allen 
in  den  V?'ünschen  der  Vogteibewolmer  selbst,  welche  nach  Anschluss  an  die  ihnen 
nützlichere  städtische  Verwaltung  trachten  mussten,  dann  auch  in  denen  der 
Stadtregierung,  der  es  auf  Einfachheit  und  Übersichtlichkeit  des  Regimentes  und 
auf  Verstärkung  ihrer  Macht  ankam,  liegt  der  Ursprung  schwerer  Zwistigkeiten 
zwischen  dem  Bischöfe  und  der  Stadt,  welche  1370  mit  Aufläufen  und  Unruhen 
ihren  Gipfel  erreichten.  Im  Jahre  darauf  ersah  Bischof  Albrecht  darum  die 
günstige  Gelegenheit,  teils  diesem  Streite,  teils  seiner  ewigen  Geldnot  abzuhelfen. 
Nachdem  Amnestie  verabredet  war,  verpfändete  er  unter  dem  energischsten 
Widerstände  des  Domkapitels,  wobei  es  zu  den  heftigsten  Auftritten  kam,  die 
Vogtei  an  die  Stadt  für  20(X)  Mark  zunächst  auf  10  Jahre,  aus  welchen  dann 
ein  viel  längerer  Zeitraum  wurde.  Die  Höhe  der  Pfandsumme  zeigt,  welche 
Wichtigkeit  die  Stadt  dieser  Sache  beimass.  Der  Geistlichkeit  blieb  zwar  ihr 
ehemaliges  Recht  an  ihren  dortigen  Freihöfen,  Gebäuden,  Woiien  und  Geld- 
einkünften, aber  doch  empfand  das  Domkapitel  so  manchen  Ausfall,  und  der- 
gleichen wurde  dadurch  gut  gemacht,  dass  der  Bischof  ihm  die  Zehnten  von 
zweien  seiner  Güter  verpfändete.  Für  den  Augenblick  ruhte  damit  der  Streit; 
er  war  nicht  der  erste  und  besonders  nicht  der  letzte,  der  um  dieselben  An- 
gelegenheiten geführt  wurde.  Schon  1288  unter  Bischof  Volrad  hören  wir  von 
dergleichen  und  von  der  danach  geschehenen  Versöhnung;  grösserer  Zwist 
entbrannte  zwischen  der  Stadt  und  Bischof  Albrecht  IL  1336;  gegen  das  Ende 
des  14.  Jahrhunderts  häuften  sich  dergleichen  Vorfälle.  Als  1381  die  Herausgabe 
der  verpfändeten  Vogtei  verlangt  wurde,  Hess  es  der  Rat  auf  einen  Vertragsbruch 
ankommen,  der  dann  zu  einem  26jährigen  furchtbaren  Streit  führte.  1382  brachte 
die  Geistlichkeit  die  Beschwerde  über  die  Schmälerung  ihrer  Freiheit  bis  an 
Papst  Urban  VI.    Dieser  Hess  alle  Ratsmitglieder  vor  sich  laden;   vier  sollten 


192  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte:  innere  Unruhen  im  14.u.  15.  Jahrb.) 

persönlich  erscheinen,  die  andern  27  sich  vertreten  lassen.  Ob  sie  es  gethan 
haben,  weiss  man  nicht,  darf  es  auch  stark  bezweifeln.  Denn  sonst  wäre  viel- 
leicht eine  Vereinbarung  getroffen  worden,  und  es* würde  nicht  1386  schon 
wieder  von  grossem  Streite  berichtet  werden.  Die  Geistlichkeit  wurde  von  den 
wütenden  Bürgern  hart  bedroht;  in  einer  allgemeinen  Vei-sammlung  lehnte  der 
Rat  die  Verantwortung  für  ihre  weitere  Sicherheit  ab.  Daraufhin  verliess,  wie 
schon  früher  erzählt,  die  Mehrzahl  des  Klerus  die  Stadt,  was  einer  Vertreibung 
fast  gleichkam.  Der  Rat  aber  widersetzte  sich  später  der  Rückkehr  seiner 
Gegner  und  sorgte  dafür,  dass  die  Einkünfte,  auch  der  zurückgebliebenen,  ge- 
schmälert wurden;  die  Opferspenden  an  die  Kirche  wurden  eingeschränkt,  Ver- 
mächtnisse an  sie  ganz  verboten.  Die  Folge  war  Verhängung  des  Interdiktes, 
welches  aber  am  30.  November  1400  von  der  weltlichen  Stadtvenvaltung  gewalt- 
sam aufgehoben  wurde.  Darauf  wieder  Einmischung  des  Papstes,  welcher  durch 
drei  Vertreter  Genugthuung,  besonders  aber  die  Wiederaufnahme  der  Geistlichen 
und  die  Herausgabe  der  Vogtei  verlangte,  für  den  Fall  der  Weigerung  aber  mit 
den  höchsten  Kirchenstrafen  drohte.  Als  diese  und  noch  zwei  Warnungen  ohne 
Erfolg  blieben,  kam  wiederum  das  Interdikt,  welches  aber  am  3.  Juli  1404  von 
Bonifaz  IX.  zurückgenommen  wurde.  Es  muss  damals,  nachdem  man  sich  24 
Jahre  lang  gestritten  liatte,  ein  starkes  Friedensbedürfnis  bei  beiden  Parteien 
vorhanden  gewesen  sein.  Wenn  dieser  formell  auch  erst  1407  nach  nochmaliger 
Verhängung  eines  kurzen  Interdiktes  zustande  kam,  so  erfolgte  doch  schon  1404 
eine  völlige  Aussöhnung  der  Bürgerschaft  mit  dem  Bischöfe.  Damit  war  dieser 
„Pfaffenkrieg"  fürs  Erste  beigelegt.  Verabredet  wurde,  dass  künftig  in  Streit- 
fällen zunächst  ein  Schiedsgericht  i3ingesetzt  werden  solle,  bestehend  aus  2  Mit- 
gliedern des  Klerus  und  2  des  Rates.  Konnten  sich  diese  innerhalb  14  Tagen 
nicht  einigen,  was  schon  durch  die  Stimmengleichheit  erschwert  werden  konnte,  so 
trat  ein  neues  Schiedsgericht  zusammen,  bestehend  aus  4  Klerikern,  2  Mitgliedern 
des  Rates  von  Quedlinburg  und  2  dessen  von  Aschersleben.  Dabei  lag  wiederum 
die  Gefahr  der  Stimmengleichheit  vor,  ausserdem  die,  dass  die  vier  weltlichen 
Stimmen,  wenn  sie  auch  den  alten  Freunden  von  Halberstadt  angehörten,  doch 
unter  umständen  nicht  im  Sinne  der  Halberstädter  städtischen  Verwaltung  ab- 
gegeben werden  konnten.  Trat  auch  hier  keine  Einigung  ein,  so  entschied  der 
Bischof,  womit  die  Sache  natürlich  zu  Gunsten  der  Kirche  gewandt  wurde.  Die 
Hauptsache  freilich  hatte  die  Stadt  durchgesetzt:  die  Vogtei  blieb  bis  auf  weiteres 
städtisch.  Aber  um  jenen  Vertrag  anzunehmen,  muss  die  Stadt  sich  in  einer 
Zwangslage  befunden  haben,  die  sie  um  jeden  Preis  Frieden  mit  der  Kirche 
suchen  liesss.  Diese  Zwangslage  bestand  darin,  dass  damals  Spaltungen  im 
Innern  des  Rates  hervortraten,  die  allerdings  vorläufig  noch  nicht  unmittelbar 
bedrohlich  waren,  aber  doch  alles  Interesse  für  ihre  Beseitigung  in  Anspruch 
nehmen  mussten. 

Schon  oben  ist  bemerkt  worden,  dass  die  Zahl  der  Innungsmeister  im  Rate 
gegen  Ende  des  14.  Jahrhunderts  im  Abnehmen  begriffen  war;  1387  waren  es  20, 
1399  noch  13,  1400  noch  11,  1403  nur  noch  10.  Es  ist  dies  ein  Zeichen  von  den 
Zwistigkeiten,  welche  damals  mit  den  Innungen  herrschten.  Die  Handwerker- 
bevölkerung wurde  je  länger  je  mehr  zu  Gunsten  der  alten,  reichen  Familien, 
den  Nachkommen  der   altfreieu  cives  forenses,  in  den  Hintergrund  geschoben. 


.  f* 


HalbefBfaidi  ^ÖHracbidite:  innere  Zwistigkeiten  während  des  15.  Jahrhunderts)      193 

Sie  stand  abseits  von  der  Möglichkeit  ordentlicher  Mitregierung;  sie  konnte  nichts 
gegen  die  ewigen  verheerenden  Fehden  und  kostspieligen  Bündnisse  thun,  nichts 
gegen  den  Steuerdruck,  gegen  den  habgierigen  Erwerb  der  Stadtländereien,  gegen 
die  Münzverschlechterung.  Von  den  daraus  erwachsenen  Misshelligkeiten  wissen 
wir  nicht  viel.  Nur  eine  Sache,  der  Streit  mit  der  Knochenhauer-Innung,  wird 
urkundlich  erwähnt.  Sie  versöhnte  sich  1417  mit  dem  Rate,  nachdem  ihre  Sache 
unbekannt  wie  lange  gedauert  hatte.  Lange  Zeit  hatte  sie  überhaupt  keinen 
Vertreter  mehr  in  den  Rat  geschickt,  offenbar,  weil  dieser  selbst  ihn  ehemals 
aasgeschlossen  hatte.  Dem  neuen  Abgeordneten,  der  1417  zugelassen  wurde, 
verbot  der  Rat  von  vornherein  jeden  Widerspruch ;  desgleichen  wurde  die  Knochen- 
hauer-Innung  durch  eine  ihr  aufgedrungene  Konkurrenz  und  durch  markt- 
polizeiliche Verordnungen  beschränkt  Wäre  dieser  Vorfall  vereinzelt  gewesen,  so 
könnte  er  nicht  zur  Erklärung  der  revolutionären  Ereignisse  der  Folgezeit  dienen ; 
er  war  aber,  wie  manches  Symptom  zeigt,  nur  einer  von  vielen  ähnlichen. 
Dazu  kam,  dass  die  Finanzverwaltung  der  Stadt  Anlass  zu  Misstrauen  gab.  Fand 
sich  jemand,  der  Privathändel  mit  dem  Rate  auszumachen  hatte,  so  konnte  er 
auf  eine  diesem  feindliche  Partei  rechnen.  Es  ist  schwerlich  das  öffentliche 
Interesse  gewesen,  welches  den  berüchtigten  Matthias  von  Hadeber,  den  man 
den  langen  Matz  nannte,  und  seine  Brüder  in  den  Kampf  mit  dem  Rate  trieb. 
Er  selbst  gehörte  diesem  schon  1401  an,  wurde  aber  gegen  1409  oder  1410  aus 
nur  zu  vermutenden  Gründen  aus  ihm  entfernt.  Es  scheint  sich  besonders  um  Geld- 
angelegenheiten, auch  um  ein  Haus  und  einen  Hof,  den  man  ihm  mit  Betrug  ab- 
gekauft hatte,  gehandelt  zu  haben.  Des  langen  Matz  Gegner  sassen  mit  ihm  im  Rate. 
Wahjcscheinlich  war  es  ganz  besonders  ein  gewisser  Gebhard  von  Ammen  dorf 
und  seine  Söhne,  gegen  die  sich  sein  Grimm  richtete.  Und  ihm  gelang,  gegen 
diesen  Mann  und  dessen  Anhang  eine  Waffe  zu  finden.  Dieser  war  es,  von 
dem  man  sagte,  er  habe  städtische  Gelder  unterschlagen,  ein  Gerücht,  welches 
immer  lauter  erklang,  bis  es  zuletzt  in  den  Bier-  und  Weinhäusem  in  Spottversen 
abgesungen  wurde.  Es  ist  unmöglich  zu  sagen,  wie  viel  davon  wahr  gewesen 
ist.  Dass  die  Ammendorfs  aber  in  der  Meinung  der  Öffentlichkeit  belastet  blieben, 
zeigen  die  ungeheuren  Schwierigkeiten,  mit  diesen  sie  in  viel  späteren  Jahren 
wegen  ihrer  Wiedereinführung  zu  kämpfen  hatten.  Als  berufenen  Vertreter  der 
beaitslosen  Klasse  kann  man  Matthias  von  Hadeber  schwerlich  ansehen,  denn  er 
selbst  war  nicht  ohne  Vermögen,  ihm  gehörten  u.  a.  zwei  Hufen  im  alten  Frevel 
und  die  sogenannte  Wicholz-Mtihle.  Sein  Streit  mit  dem  Rate  nahm  1412  einen 
solchen  Umfang  an,  dass  die  Stadt  sich  um  Entscheidung  an  den  Rat  von  Braun- 
schweig wendete.  Es  scheint,  dass  Matthias  damals  bereits  eine  Partei  beeinflusst 
hat,  und  dass  man  das  Verfahren  gegen  ihn  aus  Rücksicht  auf  diese  so  umständlich 
gestaltete.  Das  Urteil  des  Braunschweiger  Rates  muss  gegen  ihn  ausgefallen 
sein.  Trotz  des  heftigsten  Widerstandes,  den  er  bis  vor  den  Freigrafen  des 
Erzbischofs  von  Köln  trug,  nahm  man  ihm  1413  seine  Besitztümer,  mit  denen 
der  Ratsherr  Heinrich  von  Adersleben  belehnt  wurde;  er  selbst  und  seine  Brüder 
mnssten  die  Stadt  verlassen.  Nun  aber  begann  er  zu  zeigen,  was  seine  Feind- 
schaft bedeutete.  Vor  allem  wandte  er  sich  mit  Klage  an  die  Vehme.  Zugleich 
fingen  die  ihm  ergebenen  Unzufriedenen  an,  sein  Rachewerk  zunächst  an  den 
Ammendorfs  zu  vollziehen.    Mit  fliegenden  Fahnen  zogen  die  Bürger  vor  deren 

Krafa  HaliMntadt.  13 


"'C 


194    .        Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (Geschichte:  die  Schicht  1423) 

Haus,  Tertrieben  die  Insassen,  die  aus  der  Stadt  flüchteten,  und  quartierten 
andere  dort  ein,  die  darin  nach  Lust  hausten  und  alles  verbrauchten  und  ver- 
darben. Diese  That  der  Yolksracbe  fand  ihre  officielle  Billigung  seitens  des 
übriggebliebenen  Rates,  sei  es  nun,  dass  dieser  wirklich  die  Schuld  der  Ammen- 
dorfs  anerkannte,  sei  es,  dass  er  sie  opferte,  um  Frieden  mit  der  Bürger- 
partei herbeizuführen.  Ihre  Vertreibung  wurde  erst  1417  auf  Betreihen  des 
Grafen  Heinrich  von  Wernigerode  wieder  aufgehoben  und  das  nur  mit  dem 
Vorbehalte,  dass  sie  nicht  wieder  in  den  Rat  oder  in  eine  andere  Würde  gewählt 
werden  durften;  in  ihre  Besitztümer  setzte  sie  der  König  wieder  ein.  Der  lange 
Matz  aber  und  seine  Brüder  wurden  begnadigl,  erhielten  Entschädigung  und 
durften  zu  Ostern  1414  zurückkehren.  Trotzdem  gaben  sie  keine  Ruhe;  1415 
wiederholte  sich  die  Schreckensscene  der  Plünderung  und  Austreibung  bei  fünf 
anderen  Ratsherren,  die  dem  Matthias  gleichfalls  seit  lange  verfeindet  waren. 
Wieder  wurde  dieser  als  Anstifter  erkannt  und  von  Stadt  wegen  ins  Gefängnis 
gesetzt,  auf  wie  lange  ist  nicht  bekannt.  1417  durften  auch  diese  Vertriebenen 
in  die  Heimat  zurückkehren.  Man  hätte  meinen  sollen,  dass  diese  Vorfälle  der 
Stadtverwaltung  den  Gedanken  hätten  eingeben  müssen,  die  Schuld  nicht  nur 
bei  anderen,  sondern  auch  in  sich  selbst  zu  suchen  und  auf  Abhilfe  bedacht  zu 
sein.  Aber  keineswegs.  Von  keiner  vernünftigen  Reform  ist  die  Rede.  Die 
durch  den  Erwerb  der  Vogtei  erheblich  gewachsene  Zahl  gerade  des  niederen 
Volkes  steht  da,  ohne  genügende  Möglichkeit,  die  Handlungen  der  Stadtregierung 
nach  ihrem  Interesse  zu  lenken;  schon  seit  nahezu  fünfzig  Jahren  leben  sie  ohne 
Vertretung,  da  sie  keine  Bauermeister  haben;  der  Nutzen  ihrer  Arbeit  fliesst 
zwar  nicht  mehr  in  die  bischöfliche,  dafür  aber  in  die  städtische  Kasse;  sie  sehen 
ein,  dass  sie  einen  anderen  Herrn  aber  kein  freundlicheres  Regierungssystem 
über  sich  haben.  Alle  diese  Ubelstände  müssen  viel  schwerer  gewesen  seia,  als 
aus  den  Andeutungen  der  Quellen  hervorgeht.  Die  nächfolgenden  Ereignisse 
hätten  sonst  keine  ausreichende  Erklärung. 

Im  einzelnen  ist  der  Verlauf  des  Aufstandes  1423  durchaus  unbekannt. 
G.Schmidt  der  über  die  Schicht  geschrieben  hat,^  muss  selbst  zugeben,  dass  die 
Erzählungen  darüber  nicht  gleichzeitig  und  durch  die  Sage  bis  zur  Unkenntlich- 
keit entstellt  seien.  Mau  muss  daher  von  den  Einzelheiten,  die  er  berichtet, 
absehen.  Verbürgt  ist  nur,  dass  1423  eine  Steuer  ausgeschrieben  wurde,  die 
erforderlich  war,  um  die  durch  eine  Fehde  gegen  die  Alvensleben  entstandenen 
Schulden  zu  decken.  Die  Bauermeister  wussten  es  durchzusetzen,  dass  dieser 
Beschluss  vorzugsweise  zum  Schaden  der  begüterten  Klasse  gefasst  wurde. 
Daraufhin  beschloss  der  Rat  insgeheim  die  Absetzung  der  Bauermeister.  Als 
dies  bekannt  wurde  kam  es  zu  Volksaufläufen,  bei  denen  besonders  die  Schuster- 
gesellen und  an  der  Spitze  des  Volkes  ein  gewisser  Rolf  Rolfs  eine  Rolle  spielten. 
Im  städtischen  Weinkeller  fanden  erregte  Verhandlungen  statt,  so  besonders  am 
11.  September,  wo  sich  der  Unwille  der  Volkspartei,  vor  allem  gegen  den  Rats- 
herrn Hermann  Quenstedt  richtete.  Am  22.  November  kam  es  zu  offenem 
Tumult  und  zur  Erstürmung  und  Plünderung  der  Häuser  der  Ratsherren.    Wer 


'  Die    Halborstädter    Schicht    im    November    1423.     Halle   1880.     Vgl.  auch  H.  Oh. 
Benckenberg,  Selecta  juris  et  historiarum.    Frankf.  1782—42.    Teih  VI,  199 ff. 


Halberstadt  (Geschichte:  die  Schicht  1423  und  ihre  Folgen)  195 

von  diesen  noch  Zeit  fand,  entfloh  über  die  Stadtmauer.  Es  brachten  sich  in 
Sicherheit  Vater  und  Sohn  Gebhard  Ammendorf,  Johann  Ammendorf,  Ludicke, 
Tangen,  Hermann  Quenstedt,  Hermann  und  Cord  Huilingerode,  Hermann  Hornung, 
Henning  Breiteweg,  Bertram  Danstedt,  Klaus  Adersleben^  Henning  Yogelstorp. 
Dm  so  schlimmer  waren  die  vier  Unglücklichen  daran,  welche  in  die  Hand  des 
wütenden  Volkes  fielen.  Nur  von  einem,  Henning  Adersleben,  ist  uns  die  ehe- 
malige Feindschaft  mit  Matthias  bekannt,  die  übrigen  drei,  Volkmar  Lobeck, 
Busse  Bertram  und  Heinrich  Zacharias,  wurden  vielleicht  nur  Opfer  der  Volks- 
leidenschaft an  Stelle  derer,  die  entronnen  waren;  sicher  hätten  wenigstens  die 
Ammendorfs  ihr  Los  geteilt  In  der  Cäciliennacht  (22.  auf  23.  November)  wurden  sie 
^fangen  genommen,  am  folgenden  Tage  St  Clemens  zur  Vesperzeit  hingerichtet. 
Als  Stätte  solcher  „angestlicher  greselicher  tat  unde  quader  geschieht''  (Halb. 
U.B.II,786)  ist  es  geläufig,  den  Platz  vor  dem  Roland  anzugeben,  obwohl  die  Quellen 
hierüber  nichts  melden.  Würde  die  Überlieferung  auf  Wahrheit  beruhen,  so 
könnte  nur  der  alte  Roland  gemeint  sein,  da  der  neue,  jetzt  noch  stehende, 
damals  noch  nicht  existierte.  Damit  würde  der  Schauplatz  der  That  ein  anderer 
werden.  Denn  wir  wissen,  dass  die  Leichen  der  Hingerichteten  vor  der  Thür 
der  Martinikirche  verscharrt  wurden,  und  dass  man  sie  dort  später  wieder 
erhob.  Es  ist  nicht  als  wahrscheinlich  anzunehmen,  dass  man  die  Leichen  vom 
Holzmarkte  dort  hinübergetragen  hat,  worin  noch  ein  Rest  von  Pietät  gelegen 
hätte,  sondern  dass  man  sie  einfach  liegen  liess  und  begrub,  wo  sie  gefallen 
waren.  Als  Stätte  der  Hinrichtung,  welche  allem  Volke  weithin  sichtbar  sein 
sollte,  eignete  sich  ausserdem  der  hochgelegene  Platz  vor  dem  Nordportale  der 
Martinikirche  besser  als  der  flache  Holzmarkt.  Wenn  sie  also  vor  der  Thür  der 
Martinikirche  starben,  so  würde  die  Überlieferung,  den  Roland  betreffend, 
andeuten,  das  dieser  damals  noch  vor  dem  alten,  gegenüber  der  Kirche  am 
Martinipkine  gelegenen  Rathause  stand,  und  dies  also  damals  noch  benutzt 
wurde. 

Nach  Beseitigung  des  alten  Rates  schritt  man  alsbald  zur  Bildung  eines 
neuen.  Ihm  gehörten  an :  Werner  Winneken,  Cord  Leydege,  Matthias  von 
Hadeber  und  sein  Bruder  Hans,  Cord  Range,  Hans  Loyde,  Henrik  Lauwe,  Hans 
Harsleben  der  Schrader,  Haus  Sillinges,  Hans  Cramme,  Jan  Säbel,  Ludeke 
Schacht  und  Bertold  Bornevorer.  Die  acht  Bauermeister  waren:  Henning  Wagey, 
Merten  Grashoff,  Hermann  Heyse,  Hinrik  Loyde,  Hennig  Dusing,  Heinrieh  Stock, 
Cord  Wedenmeiger  und  Busse  Vridach.  Von  den  Namen  alter  Familien  erscheint 
natürlich  in  diesem  Rate  keiner.  Wo  Werner  Winneken  herkam,  der  neben  dem 
langen  Matz  die  Hauptrolle  spielte,  ist  nicht  zu  ermitteln.  Jedenfalls  muss  sein  wie 
auch  der  übrigen  Gebaren  vor  und  während  der  Schicht  sie  alle  dem  langen 
Matz  als  für  ihn  brauchbar  dargestellt  haben.  Vier  der  neuen  Ratsherren,  ausser 
Matthias  hatten  schon  dem  alten  Rate  angehört,  nämlich  Cord  Leydege,  Cord 
Range,  Hans  Loyde  (Lode)  und  Hans  Harsleben.  Desgleichen  waren  Merten 
Grashoff,  Hermann  Heyse  und  Hinrik  Loyde  schon  vorher  Bauermeister  gewesen^ 
Es  ist  bezeichnend  für  die  Stellung  des  Bischofs  zu  der  Volkspartei,  dass  er 
gerade  diese  .drei  (ausser  vier  anderen)  zur  Vollziehung  einer  seiner  Urkunden 
hinzuzog.  An  der  Spitze  des  ganzen  neuen  Halberstädter  Gemeinwesens  stand 
erst  Werner  Winneken,   seit  1424  der  lange  Matz.    Die  Urkunden  nennen  ihn 


196    Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte:  die  Folgen  der  Schicht  1423) 


zwar  „Matthias  unser  Bürgermeister"  aber  der  Ton,  in  dem  sie  gehalten  sind, 
verrät  deutlich  die  Furcht,  welche  dieser  nicht  als  Bürgermeister,  sondern  als 
Tyrann  herrschende  Mensch  verbreitete.  Dass  seine  Urkunden  vom  Rate  und  der 
Stadt  Geschworenen  mit  vollzogen  werden  mussten,  war  nur  Formsache.  Trotz 
seines  Übermutes  aber  fühlte  er,  wie  gefährdet  seine  Stellung  war.  Er  wandte 
sich  deshalb  an  Aschersleben  mit  der  Zumutung,  ihn  zu  unterstützen,  doch  wurde 
dies  abgelehnt,  und  es  half  ihm  nichts,  dass  er  die  Stadt  für  bundbrüchig 
erklären  liess.  Auch  die  Erklärungen  und  Entschuldigungen,  welche  er  wegen 
der  Schicht  an  andere  Stadtgemeinden  sandte,  machten  nicht  den  gewünschten 
Eindruck,  vielmehr  warfen  sich  insbesondere  Hildesheim  und  Göttingen  zum 
Schutze  der  Vertriebenen  auf.  Erreicht  wurde,  dass  König  Sigismund  diesen 
Schutzbriefe  an  den  Bischof  und  die  Stadt  Halberstadt  gab.  Da  sie  diese  nicht 
selber  überreichen  konnten,  so  schickten  sie  Abschriften  an  den  Rat  von  Quedlin- 
burg, der  Halberstadt  zur  Befolgung  dieser  Befehle  auffordern  sollte.  Es  ist 
nicht  sicher,  ob  es  geschehen  ist,  da  die  Quedlinburger  sich  vorher  ziemlich  lau 
verhalten  hatten.    Jedenfalls  gehorchten  die  Halberstädter  nicht. 

Merkwürdig  ist  bei  dem  ganzen  Verlaufe  der  Schicht  die  Haltung  des 
Bischofs,  der  schon  vor  dem  Beginne  des  Aufstandes  die  Stadt  verlassen  und 
sich  nach  Groningen  begeben  hatte.  Er  mag  wohl  gewusst  haben,  was  da  kam, 
und  hielt  es  für  nötig,  bei  Zeiten  das  Feld  zu  räumen.  Von  ferne  erliess  er 
einen  vergeblichen  Protest  gegen  die  Hinrichtung  der  Ratsherren.  Vielleicht 
war  er  im  Grunde  mit  den  Ereignissen  nicht  so  unzufrieden,  denn,  richtig 
benutzt,  boten  sie  ihm  die  Möglichkeit,  mit  Reformen  der  Stadtverwaltung  vor- 
zugehen, zu  welchen  die  Bürger  in  ruhigen  Zeiten  sich  selbst  niemals  entschlossen 
hätten.  Vor  allem  galt  es  natürlich  die  Stadt  wieder  zu  erobern  und  die  revo- 
lutionäre Regierung  zu  beseitigen.  Diese  hatte  auch,  als  eine  am  16.  Mai  1425 
ausgestellte  königliche  Verfügung  sie  mit  Konfiskation  ihrer  Einkünfte  bedrohte, 
sich  nach  kurzem  Schwanken  entschlossen,  bei  ihrem  Widerstände  zu  beharren. 
Darauf  kam  es  zu  gewaltsamem  Einschreiten  gegen  die  Stadt.  Noch  am  18.  Juli 
versuchte  Braunschweig  vergebens  sie  zu  warnen.  Das  energische  Auftreten 
des  Exekutivheeres,  welches  aus  Truppen  des  Bischofs,  Braunschweigs,  Aschers- 
lebens und  Quedlinburgs,  sowie  der  Hansa  zusammengesetzt  war  und  am  20.  Juli 
1425  vor  der  Stadt  erschien,  beendete  dann  rasch  allen  Widerstand.  Der  lange 
Matz  nebst  seinem  Sohne,  welche  verkleidet  entflohen  waren,  aber  bei  Derenburg 
erkannt  und  festgehalten  wurden,  ferner  sein  Bruder  und  Werner  Winneken,  die 
von  den  Bürgern  freiwillig  ausgeliefert  wurden,  erhielten  am  23.  Juli  ihre  Strafe 
durch  Enthauptung.  Damit  war  der  Widerstand  gebrochen  und  der  Bischof 
Herr  der  Situation.  Er  nutzte  sie  nicht  so  aus,  wie  er  gekonnt  hätte,  ob  aus 
Energielosigkeit  oder  aus  verständiger  Rücksichtnahme  auf  die  vorgeschrittene 
Entwicklung  der  Stadtverfassung,  dürfte  kaum  zu  entscheiden  sein,  wiewohl  die 
Wahrscheinlichkeit  mehr  für  das  letztere  ist.  Es  wäre  ein  Leichtes  gewesen,  die 
weltliche  Gerichtsbarkeit  und  die  Vogtei  wieder  an  sich  zu  nehmen,  und  wahr- 
scheinlich hätte  sich  sogar  die  Rückgabe  der  Pfandsummen  dabei  vermeiden 
lassen.  Erst  die  Folgezeit  verstand  es,  diese  Konsequenzen  aus  den  Ereignissen 
von  1423  zu  ziehen. 

Am   19.  August   1425  kam   zu  Helmstedt  durch  Vermittlung  von  Magde- 


Halberstadt  (Geschichte:  die  Folgen  der  Schicht  1423)  197 

bürg,   Quedlinburg  und   Aschersleben,  des  Bischofs  und  des  Domkapitels  die 
Einigung  über  folgende  Punkte  zu  stände: 

1.  Erhebung  der  Leichen  der  Hingerichteten  und  ihre  Bestattung  in  der 
Stadtkirche  St.  Martini  unter  den  für  Satsmitglieder  üblichen  Ehren  am  Sonntage 
nach  Maria  Geburt.  Der  ganze  Rat  muss  sich  dabei  beteiligen,  und  jeder  opfert 
ein  Wachsliöht  für  den  Hochaltar.  Über  dem  Grabe  wird  ein  Altar  errichtet, 
der  am  23.  November  den  hh.  Clemens  und  Erasmus  zu  weihen  ist,  und  dessen 
indirektes  Patronat  die '  Nachkommen  der  Hingerichteten  haben.  Ausserdem 
zahlt  die  Stadt  alljährlich  am  23.  November  eine  Geldspende  an  verschiedene 
Klöster  in  der  Stadt 

2.  Wiedereinsetzung  der  geschädigten  Bürger,  insbesondere  des  Hermann 
Quenstedt  und  der  abgesetzten  Innungsmeister,  und  völlige  Yersöhnung  mit  d^m 
Rate,  die  bei  Strafe  nicht  gebrochen  werden  darf. 

3.  Geldentschädigung  für  alle  bei  der  Schicht  zu  Schaden  gekommenen. 
Die  Vertriebenen  erhalten  700  Gulden  schon  Weihnachten  1425,  damit  sie  ihre 
Schulden  auswärts  -  bezahlen  können,  das   übrige  zu  Michaelis  oder  spätesten 
Weihnachten  1426;  die  übrigen  Geschädigten  bekommen  ihre  Abfindung  Weih- 
nachten 1427. 

4.  Die  Anstifter  der  Schicht  sollen  Strafsummen  zahlen  oder  vertrieben 
werden.  Bei  wem  aus  der  Plünderung  herrührende  Güter  gefunden  werden, 
wird  als  Dieb  behandelt.  Den  nach  ausserhalb  entflohenen  Rädelsführern  wird 
an  ihren  Aufenthaltsorten  der  Prozess  gemacht. 

5.  Der  im  Laufe  der  Zeit  bis  auf  sechsundvierzig  Personen  angewachsene  Rat 
wird  entlassen.  Fortan  sind  immer  nur  zwölf  Mann  zu  wählen ;  Verstärkungen 
dieser  Zahl  sind  nur  mit  Erlaubnis  des  Bischofs  möglich.  Die  Wahl  geschieht  all- 
jährUch  am  Tage  St.  Hilarii  (13.  Jan.)  aus  der  Bürgerschaft  des  Weichbildes  in 
der  Weise,  dass  zunächst  vom  Rate  des  ablaufenden  Jahres  die  sechs  Bauer- 
meistert  und  Innungsmeister  gewählt  werden.  Diese  wählen  dann  ihrerseits  den 
Bat  des  kommenden  Jahres.  Denn  nach  Ablauf  jedes  Jahres  scheiden  aus  dem 
alten  Rate  zehn  Mitglieder  aus,  deren  Wiederwahl  erst  nach  zwei  Jahren  wieder 
erfolgen  kann.  Bauer-  und  Innungsmeister  wählen  auch  den  Bürgermeister  aus 
der  Mitte  des  Rates.  Ebendaher  werden  die  zwei  Zinsmeister  gewählt.  Zur 
Wahl  ist  Stimmenmehrheit  erforderlich,  in  Fällen  des  Zweifels  entscheidet 
das  Los. 

6.  Schutz  der  geistlichen  Privilegien. 

7.  Marktfreiheit  für  den  Burgbezirk. 

8.  Die  freie  Eomausfuhr  darf  nur  mit  bischöflicher  Erlaubnis  gehindert 
werden. 

9.  Keine  Erhöhung  des  Jahrmarktstandgeldes. 

10.  Der  städtische  Holzeinfuhrplatz  im  Westendorfe  gehört  der  Dompropstei. 

11.  Freiheit  des  Handels  auf  dem  Rathause  und  darunter. 

12.  Nur  die  bäuerlichen  und  bürgerlichen  Bewohner  der  Kirchenfreiheiten 
sind  schoss-  und  wächtpflichtig. 

^  I  >ie  Vogtei  erhielt  also  auch  jetzt  keine,  jedeniaUs  weil  der  Bischof  ihre  Unterordnung 
unter  die  städtische  Verfassung  nicht  dulden  wollte,  vielmehr  sie  nach  wie  vor  als  kirchliches 
Eigentum  ansah. 


198       Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte:  Beform  des  Eates  1425) 

13.  In  der  Nähe  der  Kirchenfreiheiten  dürfen  nur  kleinere  Häuser,  und 
auch  diese  nur  in  gewisser  Entfernung  erbaut  werden. 

14.  Freiheit  des  Verkehrs  auf  dem  Wege  am  Landgraben  bei  Ströbeck. 

15.  Der  Turm  zu  Dingstorp  (s.  Wüstungen)  soll  nur  mit  bischöflicher  Ge- 
nehmigung verstärkt  oder  neu  gebaut  werden. 

16.  Ausserdem  erhält  der  Bischof  eine  Entschädigung  von  3000  rh.  Gulden. 
Man    sieht,    dass    es   sich,    abgesehen   von  den   Sühne  Vorschriften,   ganz 

besonders  um  zwei  Dinge  handelte: 

1.  Die  Aufrechterhaltung  der  kirchlichen  Marktfreiheit,  jenes  alten  Zank- 
gegenstandes; zum  Entgelte  wurde  dem  Rate  die  Freiheit  seines  Börsenverkehrs 
gewährleistet  die  demnach  früher  dem  Klerus  ebenfalls  als  begehrenswert,  jeden- 
falls aber  als  hinderlich  erschienen  sein  muss.  Infolgedessen  kann  der  Rat  sich 
1433  einen  neuen  Roland  aufstellen. 

2.  Die  Reform  des  Rates,  der  einerseits  offenbar  in  mehr  demokratischem 
Sinne  als  früher  zusammengesetzt,  andererseits  der  Beeinflussung  durch  den 
Bischof  wieder  zugänglicher  wurde.  Das  wichtigste  war,  dass  den  Konsuln  nicht 
mehr  die  eigene  Kooptation  überlassen,  das  Weitervererben  der  Ratsstellen  in 
bestimmten  Familien  sehr  erschwert  war,  und  der  Zutritt  zu  ihnen  dafür  der 
Tüchtigkeit  eines  grösseren  Kreises  offen  stand.  Freilich  kam  es  in  der  Praxis 
doch  allmählich  wieder  zu  einseitiger  Bevorzugung  der  Reichen. 

Der  neue  Rat,  welcher  zu  Michaelis  1425  gewählt  wurde,  bestand  aus 
dem  Bürgermeister,  zwei  Ratsherren  (rydehem),  dem  Grosskämmerer,  zwei 
Münzmeistern,  dem  Kleinkämmerer,  dem  Zinsherrn,  ^  dem  Weinherm,  noch  einem 
Mitgliede  und  zwei  Bauermeistem.  Was  diese  letzteren  betrifft,  so  wird 
unter  den  Nachbarschaften  eine  gewisse  Reihenfolge  bestanden  haben,  und 
die  Sache  so  eingerichtet  gewesen  sein,  dass  sie  alle  nach  und  nach  an  die 
Reihe  kamen. 

Die  Sühjievorschriften  jenes  Vertrages  waren  energisch,  aber  selbstverständ- 
lich für  die  billig  Denkenden.  Dass  zu  diesen  aber  die  Stadtverwaltung  von 
Halberstadt  auch  nach  ihrer  Reform  nicht  gehörte,  zeigt  ihr  ferneres  Verhalten 
in  dem  Prozesse,  durch  welchen  zwei  der  vertriebenen  Parteien,  die  Familien 
Ammendorf  und  Tangen,  jahrelang  vergeblich  ihr  Recht  gegen  die  Stadt  zu 
erstreiten  suchten.  Von  ihrem  Zufluchtsorte  Erfurt  erhoben  die  Ammendorfs 
(von  den  Tangen  hört  man  wenig)  zahlenmässig  aufgerechnete  Ansprüche,  die 
aber  jedenfalls  übertrieben  waren.  Thatsache  ist  freilich,  dass  sie  das  meiste 
verloren  hatten.  In  ihrer  Not  wandten  sie  sich  an  das  Gericht  des  Königs  Sigis- 
mund,  der  ihre  Wiederaufnahme  und  Entschädigung  verordnete,  ausserdem  die 
Gelegenheit  benutzte,  der  Stadt  noch  eine  Busse  von  2000  Goldgutden  aufzulegen. 
Darauf  wurde  den  Ammendorfs  aber  nur  erlaubt,  ein  halbes  oder  ein  ganzes 
Vierteljahr  in  die  Stadt  zu  kommen,  dort  ihre  Habe  zu  veräussem  und  dann 
wieder  für  immer  die  Stadt  zu  meiden.  Der  Zweck  der  allzu  kurzen  Verkaufs- 
frist war  durchsichtig  genug,  man  wollte  die  Verlegenheit  der  Familien  benutzen, 
um  ihre  Güter  für  ein  Spottgeld  zu  erwerben.  Natürlich  gaben  sie  sich  damit 
nicht  zufrieden.    Die  Sache  ging  wieder   an   den  König,  dem   sie  die  längsten 


*  Ihm  oblag  unter  anderen  die  Wege-  und  Ötrassenpolizei. 


Halberstadt  (Geschichte:  der  Ammendorfsche  Prozess)  199 


Klageschriften  überreichten ,  welche  er  wieder  zu  weiterer  Veranlassung  an  den 
Rat  zu  Erfurt  gab.  Da  auf  die  Art  nichts  Wirksames  zu  stände  kam,  so  be- 
stürmten die  Ammendorfs  und  Tangen  alle  möglichen  Stadtverwaltungen  und 
Kapitel  um  ihre  Verwendung.  Der  Erfurter  Rat  wurde  der  Sache  zuletzt  über- 
drüssig und  zog  sich  ganz  davon  zurück ,  nachdem  er  am  3.  Oktober  1428  die 
Exekution  gegen  Halberstadt  beschlossen  hatte. 

Inzwischen  entschloss  sich  der  Rat  von  Halberstadt,  um  wenigstens  zum 
Schein  etwas  zu  thun,  eine  Summe  von  1117  rh.  Oulden  zu  zahlen,  aber  als 
Tilgung  Ammendorfscher  Schulden  an  verschiedene  Braunschweiger  Bürger, 
nicht  an  die  Geschädigten  selbst,  die  daher  von  dieser  Zahlung  nichts  hatten. 
So  ging  der  Prozess  weiter.  Auf  den  6.  Mai  1429  wurden  beide  Parteien  vor 
den  König  nach  Pressburg  befohlen.  Dort  wurde  die  Sache  an  den  Rat  von 
Leipzig  verwiesen.  Darauf  neue  Zeugen  verhöre;  wieder  wurde  die  Sache  nach 
Pressburg  geschleppt,  während  die  Ammendorfs  endlose  Klagen  über  die  ihnen 
ungünstig  gesonnenen  Städte  erhoben.  Am  10.  Juli  1431  erfolgte  endlich  zu 
Nürnberg  das  Königliche  Urteil,  welches  die  über  Halberstadt  bereits  verhängte 
Acht,  aber  noch  nicht  die  Zahlung  der  Strafsumme  aufhob.  In  späteren  Erlassen 
gab  der  König  den  Ammendorfs  beliebig  viel  Zeit,  ihre  Güter  ohne  Schaden  zu 
verkaufen,  Hess  aber  gleichzeitig  andeuten,  dass  er  es  müde  sei,  sich  mit  dieser 
endlosen  Geschichte  weiter  zu  befassen.  Die  Geldstrafe  zu  zahlen  weigerte  sich 
aber  Halberstadt,  worauf  den  übrigen  Städten  jeder  weitere  Verkehr  mit  der 
widerspenstigen  Stadt  verboten  wurde.  Dann  wieder  Verhandlungen  auf  Ver- 
handlungen, viel  zu  lang,  als  dass  hier  darauf  eingegangen  werden  könnte. 
Halberstadt  kam  wieder  in  die  Acht,  welche  der  Erbkäramerer  des  Reiches, 
Konrad  von  Weinsberg,  vollstrecken  sollte  (143ö).  Er  liess  auch  nicht  nach,  die 
Stadt  weiter  um  Bezahlung  der  Strafsumme  zu  drängen,  obgleich  Acht  und 
Zahlungsbefehl  bald  aufgehoben  würden,  und  noch  am  1.  August  1437  musste  sich 
der  Erzbischof  Günther  von  Magdeburg  deshalb  beim  Kaiser  ins  Mittel  legen. 
Die  Sache  verlief  sich  zuletzt  im  Sande.  Die  Ammendorfsche  Sache  war  aber 
inzwischen  noch  lange  nicht  aus.  Nachdem  sie  wieder  das  königliche  Hofgericht, 
das  Konzil  von  Konstanz  und  die  westfälische  Vehme  beschäftigt  hatte, 
erhob  sie  sich  von  neuem  im  August  1442  in  Halberstadt  selbst,  als  Heinrich 
Ammendorf  dort  Beschimpfungen  erlitten  hatte.  Die  Ammendoris  und  Tangens 
verbrauchten  ihre  Kräfte  in  fortwährendem  Querulieren,  welches  zuletzt  ihr 
alleiniger  Lebenszweck  gewesen  zu  sein  scheint,  verdarben  so  ihre  Sache  und 
raubten  sich  die  Sympathien,  die  sie  anfangs  gehabt  hatten.  Was  weiter  aus 
ihnen  geworden,  ist  nicht  bekannt;  1486  tritt  in  Magdeburg  ein  Vasall  Heinrich 
Ammendorf  auf.  Ihr  ehemaliger  Wohlstand  dürfte  durch  die  Beschädigungen, 
die  sie  in  der  Stadt  wiederholt  erlitten  hatten,  und  durch  den  endlosen  Prozess 
stark  geschmälert  worden  sein.  Dass  sie  ihr  Schicksal  verdient  hatten,  möchte 
man  vielleicht  daraus  schliessen,  dass  der  Hass  gegen  alle  Vertriebenen  sich 
legte,  gegen  ihre  Familie  aber  noch  neunzehn  Jahre  nach  der  Schicht  nicht  zur 
Ruhe  gekommen  war.' 

Auch  sonst  stand  es  mit  dem  Frieden  nach  innen  und  aussen  andauernd 
schlecht.  Die  Aufregung  von  1423  wirkte  noch  lange  nach;  auffallend  gross  ist 
die  Zahl  derer,  welche  nach  dieser  Zeit,  besonders  unter  der  Regierung  des 


l 


200  Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte  1437^1458) 


folgenden  Bischofs  Burchard  von  Warberg  (1437—58)  dem  Rate  Urfehde 
schwören  mussten. 

Die  Briefe  des  Erzbischofs  Dietrich  von  Mainz,  welche  die  Wahl  Burchards 
betreffen,  befinden  sich  im  königlichen  Staatsarchiv  zu  Magdeburg,  des- 
gleichen seine  Wahlkapitulation,  die  er  im  Dome  zu  Halberstadt  beschwor, 
als  er  nach  seiner  unter  Schwierigkeiten  erlangten  Bestätigung  in  die  Stelle 
seines  am  11.  April  1437  verstorbenen  Vorgängers  eintrat.  Die  Eegierung 
Burchards  war  für  Halberstadt  keine  gedeihliche;  fortwährende  Fehden  und 
andere  kostspielige  Unternehmungen,  darunter  besonders  die  ausgedehnte 
Bauthätigkeit  am  Halberstädter  Dome,  nahm  die  Steuerkraft  aufs  schwerste 
in  Anspruch.  Yon  den  Fehden  des  Bischofs  ist  vor  allem  bedeutend  jene, 
die  im  Januar  1438  ausbrach.  Sie  erhob  sich  z.  T.  um  die  geistliche 
Gerichtsbarkeit,  welche  damals  neu  normiert,  nach  verschiedenen  Richtungen 
eingeschränkt  und  von  gröblichen  Missbräuchen  gesäubert  wurde.  In  dieser 
Fehde  stand  der  Bischof  im  Bunde  mit  den  Städten  Quedlinburg,  Halberstadt 
und  Aschei*sleben  gegen  die  vereinigte  Macht  derer  von  Stolberg,  Schwarzburg, 
Hohnstein,  Mansfeld,  Querfurt,  der  Herzöge  von  Sachsen  und  der  Landgrafen 
von  Thüringen  und  Hessen  im  Felde.  Der  Streit  endete  zuletzt  durch  Schieds- 
spruch des  Erzbischofs  von  Magdeburg  und  des  Herzogs  Friedrich  von  Sachsen 
durch  einen  vorläufigen  Friedensvertrag  am  25.  Juli  1439,  wobei  Halberstadt  zur 
Zahlung  von  29000  rh.  Gulden  verurteilt  wurde,  einer  Summe,  die  nur  mit 
grossen  Schwierigkeiten  aufzubringen  war,  und  zur  Ansammlung  bedeutender 
Schulden  führt.  Trotzdem  ruhten  die  Fehden  nicht.  Ende  1440  schloss  sich 
Halberstadt  einem  vom  Markgrafen  von  Brandenburg  ins  Leben  gerufenen  Bunde 
gegen  die  sächsischen  Herzöge  an;  1441  verursachte  eine  Fehde  gegen  die  Veit- 
heims grössere  Kosten;  im  Februar  desselben  Jahres  finden  wir  Halberstadt  mit 
seinem  Bischof  und  Domkapitel  an  einem  grösseren  Bunde  gegen  die  Markgrafen 
von  Meissen  beteiligt;  im  Juni  1443  an  einem  solchen  gegen  die  Grafen  von 
Regenstein.  Noch  mehrfach  war  Halberstadt  in  der  Zeit  Burchards  in  dergleichen 
Unternehmungen  verwickelt,  am  berech tigsten ,  als  im  Sommer  1447  Herzog 
Wilhelm  von  Sachsen  von  Soest  zurückkam,  dabei  die  von  ihm  durchzogenen 
Landschaften  mit  Raub  und  Verwüstung  heimsuchte,  und  sich  viele  Städte  und 
Fürsten  gegen  dieses  Unwesen  erhoben.  Wie  sehr  der  Wohlstand  Halberstadts 
unter  diesen  Unruhen  gelitten,  lässt  sich  leicht  denken;  auch  des  Bischofs  Geld- 
verlegenheit steigerte  sich  beständig,  hatte  aber  das  Gute,  dass  er  dadurch  ge- 
zwungen war,  den  Judenschutz  und  die  bereits  wieder  eingelöste  weltliche 
Gerichtsbarkeit  1456  bezw.  1457  an  den  Rat  zu  verpfänden.  Seine  letzte  Urkunde 
stellte  er  am  20.  Febr.  1458  aus. 

Im  Laufe  des  März  erwählte  man  als  seinen  Nachfolger  Gebhard  von 
Hoym,  der  sein  Amt  mit  der  üblichen  Privilegienbestätigung  antrat.  Von 
Leistungen  zu  Gunsten  der  Stadt  ist  bei  ihm  keine  Rede.  Ende  der  sechziger 
Jahre  entstand  ein  grosser  Zwist  der  Stadt  mit  der  Geistlichkeit,  wie  von  seiten 
ersterer  behauptet  wurde,  um  die  Frage  der  Erhaltung  und  Ergänzung  der 
Stadtbefestigungen,  über  welche  der  Rat  andauernd  die  Aufsicht  führte,  in 
Wirklichkeit,  weil  der  Rat  Anstalten  machte,  die  Bestimmungen  von  1425  zu 
beseitigen.    Er  richtete  seine  Angriffe  gegen  den  freien  Handel  auf  der  Burg, 


HalberBtadt  (Geschichte  1469--1484)  201 

gegen  die  Freiheit  der  Eirchenbezirke  und  gegen  die  baupolizeilichen  Ein- 
schränkungen. Es  kam  zu  grossem  Tumulte,  geistliches  Eigentum  wurde  zerstört^ 
und  nachdem  ein  Geistlicher  gar  in  der-Holtemme  ertränkt  worden  war,  verliess 
der  Klerus  die  Stadt  und  kehrte  erst  wieder,  nachdem  im  Juli  1469  der  Streit 
durch  Vermittlung  des  Hildesheimer  Dompropstes  Eckhardt  von  Wenden  und 
des  Kates  von  Braunschweig  beendet  worden  war. 

In  jener  Zeit  muss  Halberstadt  stark  durch  Feuer  gelitten  hüben.  Oft  ist 
von  Brandstellen  die  Rede ,  die  sich  in  der  Vogtei ,  im  Westendorfe,  der  Mittel- 
Paulstrasse  u. s.w.  befanden.  Noch  jetzt  ist  der  grosse  Mangel  an  Häusern  in 
Halberstadt  bemerkenswert,  deren  ersichtliches  Alter  über  etwa  1460  zurückreicht 
Das  älteste  datierte  Privathaus,  der  Ratskeller,  ist  von  1461.  —  Wenn  auch 
weniger  als  die  Regierung  Burchards,  so  war  doch  auch  die  Oebhards  an  Fehden 
reich.  So  richtete  sich  anfangs  der  sechziger  Jahre  ein  grosser  'Bund  gegen 
Herzog  Friedrich  den  Jüngeren  von  Braunschweig.  Die  Versöhnung  kam  erst 
im  Mai  1467  zu  stände.  Auch  dem  grossen  1471  geschlossenen,  1476  erneuerten 
Städtebunde  gehörte  Halberstadt  an.  Auf  die  übrigen  Unternehmungen  der 
äusseren  Politik  des  Bischofs  einzugehen  würde  hier  zu  weit  führen.  Die  Re- 
gierung Oebhards,  welcher  in  Halberstadt  wenig  und  zumeist  in  Oröningen 
gewohnt  hatte,  endete  1479  mit  seinem  freiwilligen  Rücktritte.  Das  Kapitel 
gewährte  ihm  eine  Pension  und  trat  ihm  das  Schloss  Wegeleben  ab.  Er  starb 
am  17.  Dezember  1484  und  wurde  auf  der  Huysburg  begraben,  wo  seine  Ruhe- 
stätte 1525  von  den  Bauern  vernichtet  wurde. 

Am  22.  März  1479  bestätigte  Papst  Sixtus  IV.  die  Wahl  des  Nachfolgers 
Gebhards,  am  19.  Juli  fand  dessen  Einführung  statt.  Es  war  Ernst,  Erzbischof 
von  Magdeburg,  der  das  Hochstift  als  Administrator  verwaltete.  Schon  14Tage 
vor  seinem  Eintritte  hatte  er  die  Privilegien  der  Stadt  bestätigt.  Wollte  man  ihn 
seinem  späteren  Benehmen  nach  als  deren  Feind  betrachten,  so  thäte  man  ihm 
unrecht;  Ernst  ist  ein  energischer  Territorialherr  gewesen,  dessen  scharfes 
Vorgehen  durch  das  Verhalten  und  den  allgemeinen  Zustand  der  Halberstädter 
Stadtverwaltung  erklärt  wird,  ausserdem  allerdings  ein  Kirchenfürst,  der  alles 
daran  setzte,  die  erschütterte  Stellung  der  geistlichen  Macht  wieder  zu  befestigen. 
So  wandte  er  sich  vor  allem  der  Aufgabe  zu,  die  Einbusse  wieder  gut  zu  machen, 
welche  durch  Verpfändung  der  weltiichen  Gerichtsbarkeit,  der  Vogtei  und  des 
Judenschutzes  ^  entstanden  war.  Dem  letzten  dieser  drei  Punkte  gab  er  eine 
einfache  Erledigung  dadurch,  dass  er  die  Juden  aus  seinem  Machtbereiche  aus- 
wies; materiellem  Schaden  beugte  er  vor  durch  Konfiscierung  desjenigen  Teiles 
ihres  Vermögens,  der  zur  Befriedigung  ihrer  wirklichen  oder  vorgeblichen  Gläubiger 


^  Juden  gab  es  in  Halberstadt  nachweislich  seit  dem  13.  Jahrhimdert.  Ihr  Viertel  ist 
noch  jetzt  an  dem  Namen  der  Göddenstrasse  erkennbar.  Ihr  Zins  betrug  im  H.Jahrhundert 
12  Schillinge.  Als  sie  dem  Rate  1456  auf  3  Jahre  für  200  Mark  verpfändet  wurden,  wurde 
ausdräcklich  bestimmt,  dass  sie  ordentliches  Gericht  haben  sollten  und  ihnen  keine  besondere 
Steuer  von  Stadt  w^en  auferlegt  würde.  Gesellschaftlich  wurden  sie  mit  den  gleich- 
falls unter  stadtischem  Schutze  stehenden  vrowen  up  dem  Pole  (den  öffentlichen  Dirnen)  von 
der  öffentlichen  Meinung  auf  eine  Stufe  gestellt.  Über  den  von  ihnen  getriebenen  Wucher 
wird  oft  geklagt  und  dieser  zum  Vorwande  für  Austreibungen  und  Guter -Konfiskationen 
benutzt. 


202        Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte:  der  Administrator  Ernst) 


diente.  Demnächst  schritt  er  zur  Einlösung  des  von  Burchard  III.  ver- 
pfändeten weltlichen  Gerichtes.  Die  Stadt  setzte  dieser  Zumutung  den 
heftigsten  Widerstand  entgegen,  weil  von  dem  Besitze  dieses  Privilegs  ihre  Unab- 
hängigkeit gegenüber  dem  klerikalen  Begimente  zum  grossen  Teile  abhing,  und  weil 
sie  auf  nichts  so  sehr  bedacht  war,  als  auf  die  Sicherung  der  vorteilhaften  alten 
egoistischen  Selbstverwaltung  und  des  Schlendrians,  welcher  schon  bald  nach 
der  Reform  ton  1425  trotz  äusserlich  veränderter  Formen  sich  wieder  zu  melden 
begann.  In  der  Gerichtsverwaltung  trat  er  besondei*s  hervor,  und  es  war  zum 
Schaden  nur  für  ihre  Inhaber,  für  die  Allgemeinheit  aber  zum  Nutzen,  dass  der 
Administrator  hier  Wandel  zu  schaffen  begehrte.  Bei  den  Verhandlungen  mit 
ihm  machte  der  Halberstädter  Rat  vermutlich  unter  Einschüchterung  von  vorn- 
herein den  Fehler,  dass  er  sich  am  12.  April  1485  von  Ernst  die  Pfandsumme 
samt  den  Zinsen  auszahlen  liess.  Kaum  war  dies  geschehen,  als  es  dem  Rate  leid 
wurde,  und  er  alles  widerrief;  nur  das  Geld  behielt  er.  Dies  seltsame  Verfahren 
fand  natürlich  auch  dadurch  keine  Rechtfertigung,  dass  sich  der  Stadtverwaltung 
wirklicher  Grund  zur  Beschwerde  bot.  Denn  Ernst  zog  nicht  nur  die  Rechte 
wieder  an  sich,  die  Burchard  besessen,  sondern  auch  die  er  nicht  besessen,  und 
von  denen  er  ausdrücklich  zugestanden  hatte,  dass  sie  dem  Rate  gehörten: 
Hergewet,  Erbschaftssteuer,  Haus-  und  Strassenfrieden,  Marktstandgeld  u.  s.  w. 
Die  dem  Administrator  vom  Rate  präsentierten  Richter  nahm  er  nicht  an,  sondern 
erklärte,  er  wolle  selbständig  ein  weltliches  Gericht  einsetzen;  über  den  dabei 
zu  beobachtenden  Modus  schwieg  er  vorläufig.  Als  alle  Beschwerden  wirkungslos 
blieben,  ging  die  Bürgerschaft  bis  an  den  Papst,  ohne  etwas  zu  erreichen. 
Der  Administrator  bewahrte  Vorläufig  Zurückhaltung  und  dabei  eine  Ehrlich- 
keit, die  sich  von  dem  Verhalten  der  Halberstädter  wesentlich  unterschied. 
Zunächst  hatte  er  nach  Einlösung  des  Gerichtes  dieses  nach  seinem  Gutdünken 
eingerichtet;  die  Stimmung  in  Halberstadt  war  aber  gegen  die  Richter  des 
Bischofs  derart,  dass  diese  ihr  Amt  nicht  anzutreten  wagten.  Statt  nun  zur 
Gewalt  zu  greifen,  bot  Ernst  der  Stadt  an,  dass  der  obwaltende  Streit  von 
jeder  Partei  je  einem  Schiedsrichter  übertragen  werden  sollte.  Beide  Teile 
sollten  Denkschriften  ausarbeiten,  die  dann  unter  Vorlegung  des  urkundlichen 
Materiales  beiderseits  ausgetauscht  werden  mussten.  Endlich  sollten  die  Schieds- 
richter ein  nicht  zu  widerrufendes  Urteil  von  einer  unparteiischen  Universität 
einholen.  Die  gleichzeitig  zwischen  der  Stadt  und  dem  Bischöfe  streitigen  Ein- 
künfte sollten,  so  lange  der  Handel  schwebte,  sicher  gestellt  und  später  der 
obsiegenden  Partei  zuerteilt  werden.  Diesen  durchaus  billigen  Vermittlungs- 
vorschlag  nahmen  die  Halberstädter  nicht  an,  folgten  auch  nicht  der  Ladung  zu 
zwei  Tagen  zu  Groningen  und  Giebichenstein.  Als  des  Bischofs  Boten  nach 
Halberstadt  kamen,  um  zu  verhandeln,  Hessen  sich  die  Bürger  auf  nichts  ein^ 
verspotteten  jene  und  schössen  hinter  ihnen  drein,  als  sie  fortritten.  Alle  diese 
Vorfälle,  zu  denen  noch  die  Verweigerung  der  Heeresfolge  und  das  Abspenstig- 
machen von  bischöflichen  Truppen  kam,  als  es  galt,  dem  Hildesheimer  Bischöfe 
Hilfe  zu  leisten  —  alles  das  brachte  den  Administrator  erklärlicherweise  in 
immer  üblere  Stimmung.  Vergeblich  bemühte  sich  der  bischöfüche  Hofmeister 
Georg  Schenk  von  Tautenberg,  der  nach  dem  Tone  seiner  Schriftstücke  zu 
urteilen,  ein  gutherziger  Mann  gewesen  sein  muss,  darum,  die  Stadt  zur  Nach- 


Halberstadt  (Geschichte :  Einlösung  und  Refonn  der  weltlichen  Gerichtsbarkeit  1486)   203 

giebigkeit  zu  bringen;  aber  gegenüber  ihrem  Starrsinn  verliess  zuletzt  auch  ihn 
der  Oleichmut.  Als  alles  erfolglos  blieb,  ging  der  Administrator  im  Sommer 
1486  mit  grösster  Energie  vor.  Mit  einem  z.  T.  von  seinen  sächsischen  Ver- 
wandten geführten  Heere  erschien  er  vor  Halberstadt  und  eröffnete  dort  die 
letzten  Verhandlungen.  Der  Rat  der  Stadt,  welchem  er  freies  Geleit  zugesichert 
hatte,  erschien  am  4.  August  vor  dem  Thore,  und  unter  der  Linde  vor  dem 
Siechenhofe  wurde  hin  und  her  gesprochen,  aber  eine  Einigung  wurde  auch 
hier  nicht  erzielt  Am  nächsten  Tage  übersandte  Ernst  der  Stadt  den  Fehdebrief . 
Dieser  wurde  zurückgewiesen,  der  Bote  angegriffen  und  seines  Bosses  beraubt. 
Trotzdem  gab  es  immer  noch  vornehme  Persönhchkeiten ,  welche  Vermittlungs- 
versuche machten.  Das  zog  sich  erfolglos  bis  zum  17.  August  hin,  während 
welcher  Zeit  die  Gegend  um  Halberstadt  durch  Plünderung  und  Brand  verheert 
wurde.  Endlich  eröffnete  Ernst  die  Beschiessung  der  Stadt  und  zwar  von  der 
Südseite  her,  beim  Kloster  St.  Johannis  und  dem  Wardeho,  zwischen  dem  Hars- 
leber-  und  Kühlingerthore.  Wenn  dabei  auch  kein  grosser  Schaden  angerichtet 
wurde,  so  wurde  doch  der  gewünschte  Erfolg  endlich  erzielt.  Die  am  22.  August 
begonnenen  Friedensverhandlungen  führten  am  25.  durch  die  Unterwerfung 
Ualberstadts  zur  Beilegung  des  Streites.  Der  Administrator  wurde  auf  das  Kat- 
haus geführt  und  gab,  nachdem  er  die  Huldigung  als  Landesherr  empfangen 
hatte,  dem  Rate  die  Schlüssel  der  Stadt  zurück.  Die  Friedensbedingungen  waren 
folgende:  die  Neuordnung  des  dem  Bischof  gehörenden  weltlichen  Gerichtswesens; 
das  Becht  der  bischöflichen  Bestätigung  für  den  alljährlich  zu  wählenden  Bürger- 
meister und  die  anderen  Ratsmitglieder ;  eine  Kriegs-  und  Einkünfteentschädigung 
von  10000  rh.  Gulden,  zahlbar  von  Michaelis  1486  an  in  2  Jahren.  Nachdem 
die  Stadt  erst  noch  in  einem  langen  Schriftstücke  hiergegen  vergeblich  protestiert 
hatte,  kam  am  26.  August  die  Einigung  zu  stände,  und  schon  zwei  Tage  nachher 
veröffentlichte  Ernst  die  neue,  offenbar  schon  ausgearbeitet  fertiggehaltene  Gerichts- 
ordnung, welche  folgende  siebzehn  Funkte  enthielt: 

1.  Warnung  vor  Bestechlichkeit; 

2.  eingesetzt  werden  ein  Richter  und  sechs  Schöffen,  die  dem  Bischöfe  ver- 
eidigt sind  und  mindestens  alle  vierzehn  Tage  an  gewohnter  Stätte  Gericht  zu 
halten  haben:  zu  ihrem  Dienste  haben  sie  einen  Gerichtsschreiber  und  zwei 
Gerichtsdiener ; 

3.  jede  Partei  hat  für  ihre  Sache  selbst  zu  sorgen,  entweder  mündlich 
persönlich,  bezw.  durch  einen  Vertreter  oder  nach  besonderer  gerichtlicher  Er- 
laubnis auch  schriftlich; 

4.  der  Richter  hat  das  Urteil  nur  von  den  Schöffen,  nicht  von  anderen 
zufällig  Anwesenden  zu  erfragen;  die  Stimmenmehrheit  entscheidet;  in  Zweifel- 
fällen ist  das  Gutachten  von  Rechtsgelehrten  oder  Universitäten  einzuholen; 

5.  die  Appellation  geschieht  an  den  Bischof; 

6.  gegen  Widersetzliche  hat  der  Richter  durch  seine  Gerichtsdiener,  wenn 
nötig  durch  den  bischöflichen  Vogt  die  Disciplinargewalt; 

7.  Appellationen,  die  nicht  durch  thatkräftiges  Vorgehen  der  Parteien  unter- 
stützt werden,  gelten  als  Verschleppung  und  verlieren  nach  acht  Wochen 
ihre  Kraft; 

8.  Uberteurung  der  Parteien  ist  verboten; 


204  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (Geschichte :  Reform  der  welü.  Gerichtsbarkeit  1486) 

9.  der  Richter  hat  darüber  zu  wachen,  dass  auch  die  Unterbeamten  die 
gerichtlichen  Gebühren  nur  in  vorschriftsmässiger  Höhe  erheben;  Übertretungen 
werden  mit  besonderen  Strafen  bedroht; 

10.  strenge  Gewissenhaftigkeit  in  der  Amtsführung  wird  von  Bichtern  und 
Schöffen  verlangt; 

11.  zu  Gunsten  ihrer  völligen  Unparteilichkeit  stehen  sie  unter  ganz  beson- 
derem Schutze  des  Bischofs;  Klagen  gegen  sie  sind  bei  ihm  anzubringen;  im 
Range  stehen  sie  dem  bischöflichen  Yogte,  dem  regierenden  Bürgermeister  und 
den  Ratmannen  gleich; 

12.  im  Falle  der  Not  haben  Rat  und  Bürgerschaft  die  Exekution  des 
Gerichts  zu  unterstützen; 

13.  stirbt  ein  Richter  oder  Schöffe,  so  geschieht  die  Neuwahl  durch  den 
Bischof ; 

14.  ftuch  die  Schöffen  sind  auf  Unparteilichkeit  zu  vereidigen; 

15.  desgleichen  haben  die  Gerichtsdiener  Wahrhaftigkeit  und  ordentliche 
Amtsführung  eidlich  zu  geloben; 

16.  an  vorstehenden  Massregeln  kann  der  Bischof  nach  eintretender  Not- 
wendigkeit Änderungen  vornehmen; 

17.  das  Gericht  bekommt  eine  Abschrift  dieses  Gesetzes,  um  sie  Wissbegie- 
rigen und  Zweifelhaften  auf  Verlangen  vorzulegen. 

Die  Bestimmungen  der  Emstschen  Gerichtsreform  bedürfen  keiner  Erläute- 
rung, sie  erklären  sich  in  ihrer  Schlichtheit  von  selbst.  Das  Bestreben  geht 
durchweg  auf  Herstellung  eines  einfachen,  raschen  und  redlichen  Gerichts- 
verfahrens. Es  entspricht  dies  ganz  dem  Wesen  des  Administrators.  Wiederholt 
beklagt  er  sich  in  seinen  Erlassen  über  die  Länge  und  Verworrenheit  der 
gerichtlichen  Schriftstücke  alten  Stiles;  seine  eigenen  Entscheidungen  und  Äusse- 
rungen sind  überall  ohne  Umschweife,  von  vorbildlicher  Klarheit  und  Verständ- 
lichkeit, allerdings  in  einem  durch  die  Verhältnisse  erheischten  herrischen  Tone 
gehalten.  Wenn  man  das  Unwesen  früherer  Prozesse  (Ammendorf!)  ansieht 
so  erscheint  diese  Gerichtsreform  als  nötige  und  nützliche  Massregel;  ihre 
Paragraphen  bedeuten  die  Abschaffung  von  eben  so  vielen  oder  noch  vielmehr 
groben  Missbräuchen,  zum  Verdrusse  derer,  die  damit  unlauteren  Erwerb  gehabt 
hatten,  für  jeden,  der  sein  Recht  suchte,  zur  Wohlthat.  Die  weltliche  Gerichts- 
barkeit blieb  von  da  an  in  den  Händen  der  Bischöfe.* 


'  Das  wichtigste  Recht,  welches  der  Stadt  bis  auf  weiteres  verblieb,  war  das  der  selb- 
ständigen Münze.  Sie  besass  es  schon  seit  der  Zeit,  wo  sie  anfing  selbständig  zu  werden 
(die  moneta  nostre  civitatis  wird  am  3.  Febr.  1285  genannt) ;  sie  erwarb  auch  das  bischöfliche 
Münzregal  seit  dem  23.  Aug.  1863,  wo  es  vom  Bischof  X^udwig  in  Anerkennung  der  zunehmenden 
Münzverschlechtening,  welche  alle  Handelsgeschäfte  stark  schädigte,  an  die  Stadt  und  das  Dom- 
kapitel überlassen  wurde.  Bis  dahin  war  es  ausschliesslich  bischöflich,  ein  Teil  jener  Privi- 
legien der  Ottonenzeit,  verbürgt  seit  989,  bestätigt  von  Friedrich  I.  zwischen  1160  und  77. 
Die  Münzprägung  wird  zunächst  von  Stadt  und  Domkapitel  gesondert  betrieben  worden  aem, 
getrennt  war  beides  sicher  von  1622  an,  was  denn  fürs  erste  allerlei  Falschmünzerei  und 
daraus  entstehende  Tumulte  zur  Folge  hatte.  Eigentliche  Münzen  der  Stadt  giebt  es  nur 
von  1622 — 34,  sowie  1663.  Die  Münzen  zeigen  in  geringwertiger  Prägung  auf  dem  Avers 
das  Stadtwappen,  auf  dem  Revers  den  Reichsapfel  mit  der  Wertangabe.  Die  mit  dem  Dom- 
kapitel gemeinschaftlich  ausgegebenen  Münzen  haben  auf  dem  Avers  den  h.  Stephanus  oder 


Halberstadt  (Geschichte  1486—1513;  Münzrecht;  Untergang  der  st&dt.  Freiheit)  205 


Nachdem  der  Administrator  in  dieser  Sache  seine  ganze  Energie  gezeigt 
hatte,  ging  er  alsbald  (21.  Dezember  1486)  auch  an  die  Einlösung  der  Vogtei. 
Er  beachtete  dabei  nicht,  dass  das  Pfand  längst  verfallen  und  durch  Gewohnheits- 
recht unzweifelhaftes  Eigentum  der  Stadt  war,  gewährte  auch  keinerlei  Ent- 
schädigung für  die  Unkosten,  welche  die  Stadt  in  der  langen  Zeit  an  die  Vogtei 
gewendet  hatte.    Aber  niemand  wagte  mehr  zu  widersprechen. 

So  ging  Halberstadts  Freiheit  an  die  Bischöfe  verloren.  Fortan  war  der 
Rat  ganz  in  deren  Gewalt;  seine  Mitglieder  konnten  ihr  Amt  nicht  antreten, 
ehe  es  nicht  der  Bischof  „gnediglich  bewilliget,  bestetiget,  vergunnet  und  zu- 
gelassen'* hatte.  Die  Domweihe  am  28.  August  1491  war  das  Siegesfest  der 
wiederhergestellten  bischöflichen  Macht!  Drei  Jahre  später  erliess  Kaiser  Maxi- 
milian eine  Bestätigung  der  Privilegien  des  Bistums  und  der  Königlichen  Lehen 
des  Bischofs. 

In  kriegerische  Unternehmungen  war  Bischof  Ernst  wiederholt  verwickelt: 
1487  bei  der  Belagerung  des  Schlosses  Weferlingen,  1493  mit'  dem  Herzog  Georg 
von  Sachsen  wegen  der  regensteiner  Lehen.  Da  Halberstadt  und  sein  Gebiet 
dabei  kaum  oder  gar  nicht  in  Betracht  kam,  so  liegt  hier  keine  Veranlassung 
vor  näher  auf  diese  Dinge  einzugehen.  Die  Stadt  selbst  finden  wir  unter  Emsts 
Regierung  nur  einmal  1482,  also  vor  ihrer  Unterwerfung  bei  einem  Städtebunde 
beteiligt  —  Der  Administrator  kam  selten  nach  Halberstadt,  auf  dem  Petershofe 
walteten  seine  Beamten.  Trotzdem  hat  er  für  die  Stadt  in  mancherlei  Weise 
gesorgt,  auf  Hebung  der  öffentlichen  Sittlichkeit,  auf  Erleichterung  des  Loses  der 
niederen  Klassen  hingewirkt  und  dergl.  Auch  auf  Verbesserung  der  Klöster 
war  er  bedacht 

Gegen  Ende  seines  Lebens  scheint  er  weniger  streng  regiert  zu  haben. 
Auch  an  ihn  trat  wohl  nicht  selten  Geldverlegenheit  heran,  die  seine  Energie 
wankend  machte.  Das  Kapitel  hielt  ihn  aber.  1505  liess  es  sich  die  schon 
ehemals  in  der  Wahlkapitulation  gegebene,  seitdem  wahrscheinlich  oft  übertretene 
Versicherung  von  neuem  bestätigen,  dass  der  Bischof  bei  Vergebung  erledigter 
kirchlicher  Lehen  stets  die  Zustimmung  des  Kapitels  einholen  wolle;  und 
charakteristisch  für  seine  abnehmende  Festigkeit  ist  es,  dass  er  dem  Kapitel  das 
Versprechen  geben  musste,  die  weltliche  Gerichtsbarkeit  nicht  etwa  wieder 
verpfänden  zu  wollen.  Ernst  starb  am  3.  August  1513  auf  der  Moritzburg 
zu  Halle. 

Sein  Nachfolger  wurde  nach  anfänglich  zwiespältiger  Wahl  Kardinal  Albrecht 
von   Brandenburg,  Erzbischof  von  Magdeburg  und  Mainz.    Er  verweilte  in 


dA8  Wappen  des  Stiftes,  auf  dem  Revers  das  Stadtwappen.  Das  Städtische  Münzgebäude  lag 
dem  Kathause  schräg  gegenüber.  Im  17.  Jahrhundert  nahm  das  8tädti$:che  Münzrecht  zu 
Halberstadt,  vielleicht  durch  den  Kurfürsten  Friedrich  III.  ein  Ende.  Die  letzte  Münze,  mit 
dem  Domkapitel  gemeinschaftlich  herausgegeben,  stammt  von  1691.  Ein  Versuch  zur  Wieder- 
herstellung dieses  selbständigen  Rechtes,  der  1721  unternommen  wurde,  blieb  ohne  Folgen. 
Von  weiterem  Eingehen  auf  diesen  Gegenstand  kann  hier  abgesehen  werden.  Man  vergleiche 
V.  Mfiiverstedt,  die  Münzen  der  Stadt  Halberstadt,  Harz-Zeitschr.  1869,  I,  100-119.  —  Zeper- 
nick,  die  Kapitels-  und  Sedisvakanzmünzen ,  Halle  1822;  —  Leitzmann,  Numismatische  Zei- 
tung 1889,  108,  114,  121;  1858,  137,  190-191;  Grote,  Blätter  für  Münzkunde  III,  61  f.  — 
Auch  Harz/eitschr. XV,  358 f.;  XVII,  257 f.;  XVIII,  325. 


i06  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Gescbichte  1521—1530) 


den  sächsischen  Gegenden  bis  1541,  worauf  er  nach  Mainz  zog,  und  dort  am 
24.  September  1545  starb.  So  wenig  bedeutend  seine  Regierung  an  sich  für  das 
Halberstädter  Gebiet  blieb,  so  wichtig  ist  doch  deren  Zeit  dadurch,  dass  innerhalb 
ihrer  die  Einführung  der  Reformation  geschah.  Sie  nahm  ihren  Ausgang  von 
dem  Johanniskloster,  aus  welchem  zwei  Mönche  des  Augustinerordens,  Johannes 
Wissel  aus  Braunschweig  und  Heinrich  Gefferdes  aus  Helmstedt,  als  erste  Ver- 
kündiger der  evangelischen  Lehre  von  1521—23  in  der  Martinikirche  wirksam 
waren;  dann  wurden  sie  aus  der  Stadt  verwiesen.  Auch  die  beiden  Männer, 
welchen  sie  und  die  evangelische  Sache  besondere  Förderung  verdankt  hatten, 
der  Propst  von  St.  Johannis,  Dr.  Eberhard  Weidensee  und  der  Bürgermeister 
Heinrich  Schreiber,  gerieten  in  grosse  Gefahr.  Letzterer  wurde  vom  Bischöfe 
zum  Tode  verurteilt,  nach  Erlegung  einer  grossen  Summe  aber  begnadigt  nnd 
des  Landes  verwiesen;  ersterer  eniging  seiner  Gefangennehmung,  nachdem  er 
als  Probst  und  Archidiakon  abgesetzt  worden  war,  durch  die  Flucht  nach  Magde- 
burg. Er  ist  1547  als  Superintendent  in  Goslar  gestorben.  Ähnlich  erging  es 
den  anderen  Verfechtern  der  evangelischen  Sache.  Der  Mönch  Valentin  Mustäus, 
welcher  im  Kloster  der  Marienknechte  evangelisch  gepredigt  hatte,  entrann  nach 
schwerer  Misshandlung  nach  Wittenberg;  er  wurde  1524  in  Sachsen  angestellt. 
Der  Domprediger  Bartholomäus  Hammenstedt  entzog  sich  seiner  Gefangennahme, 
indem  er  gleich  Weidensee  nach  Magdeburg  entfloh.  Das  Hereinbrechen  des 
Bauernkrieges  gab  diesen  Dingen  eine  vorübergehende  Wendung  zu  Gunsten  der 
Evangelischen.  Ein  Teil  der  katholischen  Geistlichkeit  entrann  aus  der  Stadt 
andere  wurden  Halberstädter  Bürger,  darunter  der  Weihbischof  Heinrich  und 
der  bischöfliche  Official  Heinrich  Hom.^  Nach  dem  Bauernkriege  wurde  in  der 
Martinikirche  wieder  evangelisch  gepredigt  durch  Heinrich  Wincke^l  aus  Wernige- 
rode (geb.  1493,  1507  im  Johanniskloster  zu  Halberstadt,  wo  er  später  Prior 
wurde).  Als  er  aufgefordert  wurde,  wenigstens  gelegentlich,  mindestens  jährlich 
einmal  Messe  zu  lesen,  und  er  sich  dessen  weigerte,  hatte  dies  seine  Ausweisung 
zur  Folge.  Er  ging  nach  Wittenberg  und  von  da  nach  Braunschweig.  Sein 
Nachfolger  im  Predigtamte  zu  St.  Martin  war  der  gleichfalls  dem  Johanniskloster 
angehörige  Mönch  Johann  Winnigstedt.  Auch  dieser  musste  sein  Amt  nieder- 
legen und  eine  Zeitlang  hatte  die  Martinikirche  keinen  evangelischen  Geistlichen. 
Die  dadurch  geschaffenen  ünzuträglichkeiten  und  Winnigstedts  Wiedererscheinen 
in  Halbergtadt,  als  er  kam,  das  für  ihn  gesammelte  Geld  abzuholen,  führten 
dazu,  dass  er  eine  Zeitlang  die  Erlaubnis  zum  Predigen  wieder  erhielt.  Als 
jedoch  1529  über  die  Abendmahlsfeier  und  über  seine  geistliche  Tracht  Streit 
entstand  und  er  den  katholischen  Forderungen  gegenüber  standhaft  blieb,  musste 
er  von  neuem  aus  Halberstadt  weichen.  Er  lebte  später  in  Braunschweig  und 
arbeitete  1542  mit  Bugenhagen,  Jonas  und  Corvinus  in  Hildesheim  eine  neue 
Kirchenordnung  aus.  Um  fortan  die  Neigung  zur  Reformation  in  Halbei^tadt 
ganz  zu  unterdrücken,  beabsichtigte  damals  (1530)  der  Kardinal  Albrecht  die 
Erbauung  eines  bischöflichen  Schlosses,  welches  als  Zwingburg  dienen  sollte,  in 
der  Nähe  des  Kühlinger  Thores  an   der  Stadtmauer.    Die  evangelische  Lehre 


^  £r  wird  zuerst  1515  erwähnt  und  starb  1553.    Sein  Epitaph  befindet  sich  in  der  Lieb- 
frauenMrche.    S.d. 


'    Halberstadt  (Geschichte  1539—1564)  207 

konnte  vorläufig  nur  noch  in  den  Orten  der  Umgegend  verkündigt  werden, 
erlitt  aber  keinerlei  Einbusse,  nahm  vielmehr  immer  weitere  Fortschritte.  Nach 
der  Einführung  der  Reformation  in  Sachsen,  Brandenburg,  Wernigerode  und 
Quedlinburg  benutzten  Magdeburg  und  Halberstadt  die  Gelegenheit,  sich  die 
Freiheit  ihrer  Bellgionsübung  von  dem  Kardinal  zu  erkaufen,  indem  sie  seine 
Schulden,  welche  sich  auf  500000  Gulden  beliefen,  auf  dem  Landtage  zu  Kalbe 
1539  zu  bezahlen  beschossen.  Seitdem  war\  obgleich  sich  der  Kardinal  auch 
fernerhin  ziemlich  ablehnend  verhielt,  der  Bestand  der  Reformation  im  Halber- 
städtischen gesichert.  Die  Martinikirche  erhielt  1540  als  ersten  evangelischen 
Prediger  Jodocus  Otto  (f  1574),  als  Diakon  den  Licentiaten  Autor  Lampadius 
("f"  1559).  Die  Johannis-,  Moritz-  und  Paulsgemeinde  folgten  im  selben  Jahre 
nach«  Der  Dom  erhielt  seinen  ersten  evangelischen  Prediger  erst  1591  in  der 
Person  des  Dr.  Martin  Mirus,  welcher  bis  dahin  Oberprediger  an  der  Martini- 
kirche gewesen  war  (f  1594);  das  Liebfrauenstift  folgte  erst  1604.  Der  erste, 
welcher  dort  evangelisch  predigte,  war  David  Müller,  bis  dahin  Prediger  zu 
St.  Spiritus. 

Auf  den  Kardinal  Albrecht  folgte  dessen  Vetter,  der  lahme  Johann 
Albrecht  (geb.  1499),  welcher  seit  1536 Koadjutor  von  Magdeburg  war.  Obwohl 
er  der  Reformation  abgeneigt  war,  machte  sie  doch  unter  seiner  Regierung 
beständig  weitere  Fortschritte.  Er  trat  am  3.  Januar  1547  Magdeburg  und  Halber- 
stadt gegen  ein  Jahresgehalt  an  den  Kurfürsten  Johann  Friedrich  von  Sachsen 
ab;  1548  wurde  er  vom  Kaiser  wieder  eingesetzt  und  starb  am  17.  Mai  1550 
in  Halle. 

Nach  der  kurzen  Regierung  seines  Nachfolgers  Friedrich,  Sohnes 
Joachims  n.  von  Brandenburg  (Friedrich  starb  am  2.  Oktober  1552  und  wurde 
im  Halberstädter  Dome  bestattet),  kam  es  zu  einer  zwiespältigen  Wahl,  aus 
welcher  durch  die  Bestätigung  des  Papstes  Sigismund,  Markgraf  von  Brandenburg, 
Erzbischof  von  Magdeburg,  gleichfalls  ein  Sohn  Joachims  IL,  siegreich  gegen  den 
Dompropst  Christoph,  Graf  von  Stolberg,  hervorging,  Sigismund  war  ein  Freund 
der  evangelischen  Kirche,  deren  ungestörter  Entwicklung  er  keine  Hindemisse 
bereitete,  für  deren  ordentliche  Organisation  er  vielmehr  durch  die  1564  ver- 
anstaltete erste  Kirchenvisitation  sorgte.  ^  Sie  war  notwendig,  weil  auf  dem  Lande 
die  kirchlichen  Zustände  nach  der  Reformation  wenig  zufriedenstellend  waren, 
besonders  das  Kirchenvermögen  in  Gefahr  stand,  die  richtige  Verwaltung  der 
von  den  Gemeinden  organisierten  Kirchen  und  Schulen  auf  mancherlei  Art 
beeinträchtigt  war,  und  die  Personen  der  Geistlichen  teilweise  sehr  ungeeignet 
waren.  Die  wirtschaftlichen  Zustände  scheinen  dagegen  günstig  gewesen  zu 
sein,  wofür  der  Umstand  spricht,  dass  zwischen  dieser  und  der  zweiten,  fünfund- 
zwanzig Jahre  später  stattfindenden  Visitation  in  den  meisten  Ortschaften  eine 
beträchtliche  Zunahme  der  Bevölkerung  bemerkbar  ist. 

Im  Zusammenhange  mit  der  Geschichte  der  Reformation  ist  es  am  Platze, 
auch  das  Schulwesen^  zu  erwähnen.  Von  nicht  besonderer  Wichtigkeit  waren 
die  Klosterschulen,  welche  zum  Liebfrauen-,  Bonifatius-  und  Paulsstifte  gehören. 


^  Nebe,  die  Kirchenvisitationen  des  Bistums  Halberstaclt. 

'  Harzzeitschr.  XVin,  302;  XXI,  ISO,  370;  XXIII,  344;  XXIV,  325. 


208         Halberstädter  Stadtkreis:  Ralberstadt  (Schulwesen,  Geschichte  bis  1589) 


Sie  wurden  nach  der  Reformation  wegen  zu  geringen  Besuches  geschlossen,  um 
teilweise  später  in  veränderter  Art  wieder  eingerichtet  zu  werden.  Interesse 
bieten  sie  wenig.  Andauernde  Lebensfähigkeit  dagegen  haben  die  Domschule 
und  die  Martinischule  bewiesen.  Erstere  dürfte  ebenso  alt  sein,  wie  das  Bistum 
überhaupt.  Von  ihren  Schicksalen  während  des  Mittelalters  ist  wenig  bekannt. 
Nachdem  sie  unter  Schwierigkeiten  und  unter  konfessionellen  Zwistigkeiten  ihr 
Dasein  bis  in  die  zweite  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  gefristet  hatte,  wurde  sie  1674 
in  ordentlicher  und  planmässiger  Weise  neu  eingerichtet  und  besteht  als  Dom- 
gymnasium noch  heute  in  blühendem  Zustande.  Die  Martinischule,  das 
Martineum,  gleichfalls  aus  mittelalterlicher  Zeit  stammend,  aber  beträchtlich  jünger 
als  die  Domschule,  war  nacheinander  im  Dominikanerkloster,  dann  im  Antonius- 
hofe,  dann  wieder  in  dem  Kloster,  und,  nachdem  man  sie  von  hier  vertrieben 
hatte,  seit  1545  in  dem  Deutsch -Herrn -Hofe  untergebracht  und  war  seitdem 
der  eigentliche  Sitz  des  in  evangelischem  Sinne  erteilten  Unterrichtes  in  Halber- 
stadt. Die  tüchtig  geleitete  Anstalt,  deren  gute  Erfolge  auch  bei  der  Visitation 
1589  Anerkennung  fanden,  nahm  einen  solchen  Aufschwung,  dass  sie  zeitweise 
sogar  die  Domschule  in  ihrer  Existenz  bedrohte.  Nach  einer  während  der 
zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  eingetretenen  Yerf allzeit,  wurde  sie  1822  ihres 
Charakters  als  Gymnasium  entkleidet  und  zur  höheren  Bürgerschule  gemacht. 
Sie  besteht  als  Realgymnasium  (in  einem  auf  dem  Johannisbrunnen  errichteten 
neuen  Gebäude)  noch  jetzt.  Weiter  auf  die  Schulverhältnisse  einzugehen,  kann  hier 
nicht  unternommen  werden.  Man  vergleiche  darüber:  Richter,  Beiträge  zur 
Geschichte  des  Stephaneums  zu  Halberstadt,  Halberstadt  1875;  -—  v.  Mülverstedt 
Beiträge  zur  Kunde  des  Schulwesens  im  M.-A.,  Magdeburg  1875;  —  Nebe, 
Kirchen visi tationen ;  —  Scheffer,  Inschriften  u.  s,  w.,  p.  13  nebst  Abbild.  No.  19;  — 
Zschiesche,  Halberstadt  sonst  und  jetzt,  p.  202  ff. 

Nach  Sigismunds  Tode  wurde  aus  nicht  genügend  bekannten  Gründen 
Heinrich  Julius  von  Braunschweig, ^  geb.  15.  Okt  1564,  damals  also  erst 
zwei  Jahre  alt,  zum  Bischof  erwählt.  Er  wurde  evangelisch  erzogen  und  behielt  dies 
Bekenntnis  auch  bei.  In  seinem  vierzehnten  Jahre  erlangte  er  die  Majorennität  und 
übernahm  die  Regierung.  Er  verheiratete  sich  1585  mit  der  Tochter  des  Kur- 
fürsten von  Sachsen.  Unter  ihm  fand  die  zweite  Kirchenvisitation  1689  statt  Die 
Instruktion  für  die  Visitatoren  ist  gedruckt  bei  Nebe,  p.  17 ff.  Die  Visitation 
verlief  von  April  bis  Oktober,  wobei  viele  bedeutende  Besserungen  gegen  früher 
festgestellt  werden  konnten.  Heinrich  Julius  führte  den  evangelischen  Gottes- 
dienst auch  im  Halberstädter  Dome  ein.  Wiewohl  Heinrich  Julius  nur  bisweilen 
als  Gast  nach  Halberstadt  kam,  und  sonst  zumeist  von  Wolfenbüttel  aus  regierte, 
erfreute  er  sich  doch  infolge  seiner  beträchtlichen  Fähigkeiten,  die  er  zum 
Wohle  der  Stadt  und  seines  Bistums  anzuwenden  verstand,  erheblicher  Beliebt- 
heit. Von  seiner  Wirksamkeit  ausserhalb  der  Stadt  sei  die  Entwässerung  des 
grossen  Bruchs  an  der  Nordgrenze  des  jetzigen  Kreises  genannt,  von  den  Bauten, 
die  er  innerhalb  der  Stadt  aufführen  liess,  verdienen  die  Zwicken  und  die  Kommisse 
Erwähnung.    Unglücksfälle   blieben   freilich   auch  in   seiner  Zeit  nicht  aus..  Im 


^  Vgl.  Opel,  das  Stift  fialberstadt  unter  dem  Bischof  Heinrich  Julius  von  Braunschweig. 
Zeitschr.  f.  preuss.  Gesch.  u.  Landeskunde  VI,  385—406. 


Halberstadt  (Geschichte  1576—1642)  20Ö 

Jahre  1576  gab  es  eine  grosse  Überschwemmung.  An  eine  Pest  im  Jahre  1577 
erinnert  die  Inschrift  an  der  Sonnenuhr  der  Martinikirche;  die  Seuche  kehrte 
noch  1597  und  1611  wieder.  1587  brannte  das  Johanniskloster  nieder.  —  Hein- 
rich Julius  wurde  1607  vom  Kaiser  zum  Direktor  seines  geheimen  Rates  in  Prag 
ernannt  und  starb  als  solcher  daselbst  1613.  Die  Geschäfte  des  Domkapitels 
lagen  zu  seiner  Zeit\ganz  besonders  in  den  Händen  des  hochverdienten  Dom- 
dechanten  Matthias  von  Oppen.  Sein  Tagebuch,  welches  über  die  Verhältnisse 
in  Stadt  und  Land  Halberstadt  eine  Fülle  der  interessantesten  Nachrichten 
enthält,  ist  herausgegeben  durch  v.  Mülverstedt.  Über  die  Bevölkerungszahl  der 
Stadt  haben  wir  aus  diesen  Zeiten  einige  Nachrichten.  Bei  der  Visitation  1589 
wurden  gezählt  550  Hauswirte  in  der  Martinigemeinde,  250  in  der  Bonifatius- 
gemeinde,  226  in  der  Paiiligemeinde;  im  Jahre  1624  gab  es  über  2400  waffen- 
fähige Bürger  in  der  Stadt.  Die  Ziffer  lässt  darauf  schliessen,  dass  mit  Einschluss 
der  Geistlichkeit,  Halberstadt  damals  gegen  13000  Einwohner  gehabt  haben  mag. 
Auf  Heinrich  Julius  folgten  seine  Söhne;  zunächst  der  jüngste,  erst  vier- 
jährige Heinrich  Karl,  dann  nach  dessen  1615  erfolgtem  Tode  sein  13jähriger 
Bruder  Budolf.  Der  Urheber  dieser  Wahlen  war  Matthias  v.  Oppen,  welcher 
für  das  Stift  dadurch  bedeutende  materielle  Vorteile  herbeiführte.  Nachdem 
Rudolf  schon  1616  gestorben  war,  kam  sein  Bruder  der  „tolle  Christian"  zur 
Regierung,  welcher  als  Parteigänger  des  Winterkönigs  das  Bistum  zwang,  unter 
den  schwersten  Opfern  an  dem  Kriege  teilzunehmen.  Der  unglückliche  Verlauf 
des  Unternehmens  (Niederlagen  bei  Höchst  1622,  bei  Stadtlohn  1624!)  brachte 
ihn  dazu  1624  die  Kegierung  niederzulegen;  für  die  Stadt  und  den  Bezirk  Halber- 
stadt gaben  jene  Vorfälle  Anlass  zur  Züchtigung  durch  Wallenstein  1625  und  in 
den  folgenden  Jahren.  1629  wurden  sämtliche  Kirchen  und  geistlichen  Anstalten, 
mit  alleiniger  Ausnahme  der  Stadtkirche  St.  Martin  und  des  Hospitals  St  Spiritus 
wieder  katholisch  gemacht.  ^  Auch  in  der  darauffolgenden  Zeit  der  schwedischen 
Herrschaft  wurde  zwar  das  evangelische  Kirchenwesen  durch  Gustav  Adolf  1632 
wieder  hergestellt,*  doch  besserten  sich  die  äusserst  trostlosen  Verhältnisse,  in 
welche  Stadt  und  Bistum  verfallen  waren,  nicht,  im  Gegenteil  verschlimmerten  sie 
sich  noch  infolge  der  Belagerungen  der  Stadt,  die  im  Oktober  und  November  1631 
von  den  Kaiserlichen  unternommen  wurden.  Dem  Schicksale  Magdeburgs,  aus 
welcher  Stadt  damals  auch  nach  Halberstadt  viele  Flüchtlinge,  besonders  Frauen 
und  Kinder,  sich  gewendet  hatten,  entging  Halberstadt,  doch  fiel  das  Johanniskloster 
und  die  Johannisvorstadt  der  Zerstörung  anheim.  1634  endete  die  schwedische 
Herrschaft  vorläufig,  um  1636  wieder  zu  beginnen.  Trotzdem  war  sie  nicht 
beständig,  wechselte  vielmehr  mit  der  kaiserlichen  verschiedentlich,  während  die 
wirtschaftlichen  Verhältnisse  immer  elender  wurden.  Von  den  waffenfähigen 
Bürgern  der  Stadt  waren  gegen  1642  nur  noch  etwa  200  übrig.  Endlich  gewann 
1643  am  Margaretentage  (13.  Juli)  Königsraark  durch  einen  Handstreich  die  Stadt 
wieder,^  ebenso  kamen  damals  im  August  Osterwieck,  im  November  Hornburg 
in  schwedischen  Besitz. 


^  H-.Z.XV1I,  104.        *  Vgl.  E.  Jacobs  in  der  H.-Z.  1897,  113-298. 

■  Vgl.  Jacobs  in  der  H.-Z.  1872,  221  ff.  Daselbst  auch  ein  zeitgenössisches  Lied  auf  dies 
Ereignis.  Über  die  Schicksale  der  Stadt  während  des  30jährigen  Krieges  vgl.  Zschiesche, 
Halberstadt  sonst  und  jetzt,  p.  28ff. 

Knto  HAlbentftdt  U 


210  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Geschichte  1629--1682  —  Stadttopographie) 


In  die  Zeiten  dieser  Kriegswirren  fällt  auch  die  Regierung  des  letzten 
Halberstädter  Bischofs,  des  vom  Kaiser  eingesetzten  Erzherzoges  LeopoldWilhelm 
(1629 — 1636).  Der  westfälische  Friede  brachte  endlich  die  Befreiung  von  den 
Schwedeiv  und  die  endgiltige  Regelung  der  politischen  Verhältnisse  dadurch, 
dass  aus  dem  Bistum  ein  weltliches  Fürstentum  gemacht  und  dieses  dem  grossen 
Kurfürsten  zugesprochen  wurde.*  Nachdem  er  am  3.  April  1650  sich  hatte  hul- 
digen lassen  und  Besitz  von  seinem  neuen  Eigentum  ergriffen  hatte,  kehrten 
Ruhe  und  Ordnung  wieder.  Die  weltliche  Gerichtsbarkeit,  welche  wie  oben 
erzählt,  seit  den  Tagen  des  Administrators  Ernst  bischöflich  geworden  war,  und 
somit  in  den  Besitz  des  Kurfürsten  überging,  wurde  von  ihm  gegen  eine 
Entschädigungssumme  von  17  500  Thalern  der  Stadt  überlassen.  In  demselben 
Jahre  am  2.  November  wurde  die  Stadt,  insbesondere  die  Gegend  des  Breiten- 
weges durch  einen  gewaltigen  Brand  heimgesucht  1681  und  82  erschien  die 
Pest,  welcher  gegen  2200  Menschen  zum  Opfer  fielen.  Friedrich  Wilhelm  half 
durch  Unterstützungen,  soweit  es  ihm  möglich  war,  sorgte  auch  dafür,  dass  sich 
von  den  vertriebenen  Hugenotten  eine  beträchtliche  Zahl  in  jenen  Gegenden 
niederliess.  Ihnen  verdankt  unter  anderem  Osterwieck  seine  noch  jetzt  mit 
Erfolg  betriebene  Handschuhfabrikation. 

Da  die  Beschreibung  der  Bau-  und  Kun^tdenkmäler,  welcher  dieses  Buch 
eigentlich  gilt,  im  wesentlichen  an  der  Grenze  des  17.  zum  18.  Jahrhundert  endet, 
so  kann  hier  die  geschichtliche  Einleitung  abgebrochen  werden.  Einzelheiten, 
welche  über  diese  Zeitgrenze  hinausgehen,  werden,  wo  es'  erforderlich  ist,  bei  der 
Besprechung  der  Denkmäler  selbst  nachgeholt  werden.  Über  die  Schicksale  der 
Stadt  und  des  Bezirkes  von  Halberstadt  in  den  letzten  zwei  Jahrhunderten  giebt 
das  mehrfach  genannte  Buch  von  Zschiesche  einen  gen^ügenden  Oberblick. 


Stadttopographie 

a)  Burgmauer,  Stadtmauer,  Thore 

Der  Mittelpunkt  der  Stadt,  der  Ort,  um  welchen  herum  im  Anschlüsse  an 
die  noch  ältere  Ansiedlung  bei  der  Martinikirche  die  Stadt  sich  allmählich  aus- 
breitete (über  die  Art  dieser  Entwicklung  ist  oben  gesprochen  worden),  bis  sie 
den  jetzigen  Umfang  annahm,  ist  der  Domplatz,  die  urbs,  welche  man  auch  die 
Burg  nennen  kann,  wegen  der  Befestigungen,  welche  sie  seit  den  Zeiten  Bischof 
Arnulfs,  1020,  erhalten  und  wenigstens,  soweit  die  dazu  gehörige  Mauer  in  Frage 
kommt,  bis  heute  grösstenteils  bewahrt  hat.  Die  Mauer  befindet  sich  zwischen 
den  Häusern  des  Domplatzes  und  der  diesen  umgrenzenden  Strassen:  Hoheweg, 
Lichtengraben,  Düstemgraben,  Grudenberg,  Westendorf  und  Schmiedestrasse; 
man  vergleiche  den  Stadtplan  (Fig.  75).  Dieser  Burgbezirk  hat  folgende  ehemals 
durch  befestigte  Thore  bewehrte  Zugänge: 

Die  Burgtreppe,  die  graden  wo  men  getvom  hon  wege  in  de  borch  (1377). 
Ob  sie  immer  so  geheissen,  oder,  was  wahrscheinlicher  ist,  ehemals  einen  anderen 
Namen  geführt  hat,  ist  ungewiss;  — 


^  H.-Z.  XIII,  228,  237 ;  XXX,  237  f. 


Halberstadt  (Stadttopögraphie:  Bargmauer,  Stadtmauer,  Thore)  211 

das  Steile  Thor,  so  genannt  nach  der  Ait  der  Terrainbeschaffenheit  der 
Strasse,  welche  hier  vom  Domplatze  zum  Düstemgraben  hinabführt;  erhielt  später 
die  Bezeichnung  Tränkethor,  weil  man  von  hier  das  Vieh  zu  der  unten 
fliessenden  Holtemme  hinabzutreiben  pflegte;  von  den  hier  befindlichen,  1833 
abgerissenen  Thoren  sind  noch  schwache  Spuren  vorhanden;  — 

die  Peterstreppe,  gleichfalls  im  Norden  in  der  Nähe  der  Liebfrauenkirche 
zur  Holtemme  hinabführend;  so  genannt  nach  dem  unmittelbar  benachbarten 
bischöflichen  Palaste,  dem  Petershofe  und  der  zugehörigen  Kapelle;  — 

das  Drachenloch,  dor  by  vnser  frowen  (1385),  dessen  Namenserklärung 
nicht  ohne  Schwierigkeit  ist ;  möglicherweise  nannte  man  es  nach  dem  im  Mittel- 
alter von  den  Schülern  des  Liebfrauen  stiftes  aufgeführten  Drachenspiele  (s.  oben 
S.  188),  vielleicht  auch  nach  irgend  einem  in  der  Nähe,  etwa  als  Hauszeichen 
angebrachten  Bilde.  Auch  hier  waren  zwei  Thore  vorhanden,  von  denen  beim 
Hause  Grudenberg  2  noch  ein  Fragment  erhalten  ist;  — 

das  Düstere  Thor,  von  der  Schmiedestrasse  zum  Domplatze  führend,  besass, 
wie  die  1884  aufgedeckten  Fundamente  zeigten,  einen  Türm  von  einem  Durch- 
messer von  etwa  6  m.  über  die  diesem  Thore  nordöstlich  dicht  benachbarte 
Kapelle  St.  Laurentii  vgl.  unten. 

Seitdem  die  Entwicklung  der  Stadt  im  Mittelalter  zu  einem  gewissen  Ab- 
schlüsse gelangt  war,^  nämlich  schon  1203,  wurde  auf  Betreiben  des  Probstes 
Gerold,  Dechanten  des  Liebfrauenstiftes,  zur  Abwehr  der  Feinde,  welche  die 
Partei  Ottos  IV.  vertraten,  als  äussere  Begrenzungslinie  ein  mit  Pallisaden  be- 
setzter Wall  nebst  einem  Graben  begründet,  und  dies  in  späterer  Zeit  durch  eine 
auf  Bögen  erbaute  Mauer  ersetzt  (Höhe  5,50  m,  Breite  1,90  m),  deren  Reste 
noch  heute  an  vielen  Stellen  erhalten  sind  und  mit  ihrem  trotzigen,  schwer  und 
sorgfältig  ausgeführten  Gemäuer  (Quaderverblendung  über  mit  Gips  vergossenem 
Füll  werke)  und  ihren  teils  halbrunden,  teils  rechteckig  ausgeführten  Turm- 
Torsprüngen  einen  höchst  malerischen  Schmuck  der  um  die  alte  Stadt  sich 
hinziehenden  Gartenanlagen  bilden.  Diese  Mauer  war  begleitet  von  einem  Walle, 
der  beiderseits  von  Gräben  beschützt  wurde.  (Vgl.  Fig.  76.)  In  der  Mauer  be- 
fanden sich  folgende  Thore ,  deren  Lage  aus  dem  Stadtplan  (s.  Figg.  75  u.  76) 
ersichtlich  ist: 

das  Breite  Thor,  am  Ende  des  Breitenweges,  lata  valva,  brede  dor  (bereits 
1208  urkundlich  angedeutet).  Ein  Stein  davon  mit  der  Jahreszahl  M  CCC  .... 
(angeblich  1378)  befand  sich  zu  Scheffers  Zeit  „im  Garten  des  unter  No.  1768 
vor  dem  Breiten  Thore  belegenen  Gasthofes  zur  Stadt  Cöln";  — 

das  Wasser thor,  porte  oppe  dem  water  (1444),  von  welchem  noch  ein  rundoj. 
Turm    (Fig.  77)    von    geringer  Höhe    übrig    ist,    über    dessen    Eingange    die 

Inschrift  in  Minuskeln  sich  befindet:   anno   tJ"  diu   (II    CCCC  XL  IUI    (oder 

X  L III  ?)   fnä  sexta  p  fcstv   corp   xpi     (Vgl.  Scheffer  p.  6  nebst  Abbildung 
Nr.  9);  — 


'  Vgl.  darüber  das  oben  (8. 185)  in  der  Verfassungsgeschichte  Gesagte,  sowie  Arndt,  die 
Einteilung 'der  Stadt  Halberstadt  in  früheren  Zeiten.  Halberstädter  Zeitung  und  Intelli- 
genzblaU  1896  Nr.  141. 142. 


S12  Salberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Stadttopoerraphie:  Thore) 

das  Gröperthor  (1208  angedeutet),  Gropertore  (1313). 

das  Burchardithor  (1208  angedeutet),  sinteBorcfaardes  dore(1361).  Davor 
stand  die  St.  Thomaskapelle.  —  Der  vor  dem  Burchardithor  gelegene  Ratsteich 
erwähnt  1466;  — 

das  Johannisthor  (Fig. 78),  schon  1271  erwähnt,  valva  b.Johannis  (131l>, 
yalva  exterior  (1329),  Westendorfthor  (1488),  renoviert  1689  (die  Zahl  befand  sich 
nebst  dem  Stadtwappen  am  Thurturni ;  Scheffer),  desgleichen  1692  unter  Verwendung 
von  Trümmern-  des  ältesten  Teiles  der  Liebfrauenkirche  (s.  diese),  endlich  1770 
(Scheffer) ;  abgebrochen  1873  als  letztes  von  allen.  —  Ausseriialb  lag  ein  Fisch- 


teich (1311),  dem  Domkapitel  zugehörig  (1392),  ebenso  wie  der  gleichzeitig  er- 
wähnte, dort  gelegene  Äckerbezirk  Gosewort,  an  welchem  die  öffentliche  Strasse 
vorüberzog;  — 

das  Kühlinger  Thor,  valva clavarum(  1373),'  Kuhngedore  (1486),  nach  der 
Wüstung  Eühlingen  benannt  wie  die  Eühlingerstrasse.    Oben  am  Gesimse  stand 


'  Also  d*B  Keulenthor  nach  dieser  falschen  Etymologie.  l!>er  Gedanke  au  die  in  maachen 
Thoren  (Jüterbog  uud  souBt)  als  WahrEeicheii  aufgehängten  Keulen  mag  zu  dieser  Verwechs- 
lung Anlasi  gegeben  haben. 


214  Halberstädter  Stadtbreis:  Halberstadt  (Stadtt^po^^raphte :  Strassen) 

die  Jahreszahl  1346  (Scheffer  Abbild.  Nr.  4),  Abgebrochen  1854.  Hier  beabsichtigte 
Kardinal  Albrecht  1630  die  Anlage  einer  Zwingburg  gegen  die  Protestanten  Ton 
Halberstadt;  der  Plan  wurde  als  zu  weitschichtig  aufgegeben. 

Von  den  drei  Aussenwerken,  welche  sich  vor  den  Thoren  befanden,  giebt 
flg.  76  einige  Anschauung. 


b)  Strassen 

Ich  zähle  sie  auf  nach  der  chronologischen  Reihenfolge  ihrer  urkundlichen 
Erwähnung.  Nicht  mehr  Bestehendes,  nicht  Nachweisbares  oder  Zweifelhaftes 
ist  in  [  ]  geschlossen: 

[Eine  südlich  am  Prcdigerkloster  vorübergehende  Strasse  1247.] 

Grauer  Hof  (Vulgämamen) ,  urkundlich  angedeutet,  nicht  genannt  1257; 
grisea  curia  (1401);  der  Graffenhoff  (1606).  Gehörte  den  Cisterziensem  vom 
Kloster  Michaelstein. 

[Garbraterstrasse,  apud  assatores  (1272),  twischen  den  bradem,  Garbradir- 


Halberstadt  (Stadttopographie:  Strassen)  215 


strate  (1396),  inter  penesticos  Yulgariter  garbrader  (1398).    Vielleicht  identisch 
mit  der  Strasse  in  der  garkoken  (1529).    Beim  Rathause.] 

[Eine  Strasse  an  der  Kapelle  St.  Jakobi  vorüberführend.    1272.] 

Moritzstrasse,  platea  s.  Mauricii.    1294. 

Vogtei,  Advocatia.    1294.    (Ihre  jetzige  No.58  hiess  ehemals  Giltschaft.) 

[Zwischen  den  Krämern,  inter  mercatores,  inter  institores,  14.  Jahrhundert. 
Beim  Rathause.] 

Sack,  Saccus.    1306. 

Weingarten,  Vinea,  wyngarde.    1306. 

Gröperstrasse,  inter  ollatores,  platea  lutifigulorum,  platea  figulorum,  Groper- 
strate.    1306. 

Hoheweg,  alta  via,  superior  platea,  Hoghe  weghe,  Honweg.    1311. 

Weberstrasse,  platea  textorum,  Weverstrate.    1313. 

Johannisbrunnen,  up  dem  pole,  bi  dem  pole.  1322.  Der  nordöstliche,  jetzt 
zugehörige  Teil  hiess  ehemals  Tittenklapp,  später  Titusplatz. 

Taubenstrasse,  Dovestrate,  Dofenstrate.    1326. 

[Ägidiusstrasse.    1334-    Beim  Pauls-Kirchhof  J 

Kuhgasse,  vicus  in  cono  qui  ducit  ad  latam  platheam  (1382).    1334. 

Pfahlgasse.    1334.    Faule  Gasse,  fule  gatze,  fetidus  vicus  (nach  1465). 

Ritterstrasse,  platea  militum,  Ridderstrate.  1336.  Möglicherweise  so  benannt 
nach  dem  Hause  der  Tempelherren.  Sie  scheint  ehemals  mit  der  Rosniarinstrasse 
und  dem  zwischen  ihr  und  jener  belegenen  Teile  der  Franziskaner-  (Neuen-) 
Strasse  ein  Ganzes  gebildet  zu  haben.    (Vgl.  Scheffer  p.  12.) 

Seidenbeutel,  bursa  serica,  sidhenbudel.    1347. 

[lutke  gatzen  dar  me  geit  in  de  Ridderstrate.    1354.] 

Düstemgraben,  graven,  1361.    düstere  graven  (1423). 

Schmiedestrasse,  platea  fabrorum,  1362.    Smedestrate. 

TrüUstrasse,  hem  Gevehardes  tweyten  1375,  strata  cellitarum  sive  loUar- 
dorum,  der  TrüUebröder  strate  (1462). 

[via  publica  quae  ducit  ad  s.  Egidium.  1379.  Identisch  mit  der  Ägidius- 
strasse? s.o.] 

Breite  weg,  lata  plathea,  breden  wegh.  1382. 

Westendorf,  Westendorpe.  1388.  (Die  Nummern  1 — 8  und  52—58  hiessen 
zeitweise  Johannisstrasse.) 

Ochsenkopfstrasse,  platea  que  dicitur  Ossenkop.    1395. 

[platea  que.  vertitur  ad  viridarium  predicatorum.  1395.  Lag  in  der  Nähe 
der  Moritzkirche,  südlich  von  der  Ochsenkopfstrasse;  vielleicht  die  heutige 
Georgenstrasse.] 

Vorsack;  op  dem  hörne  vor  dem  Sacke.    Vor  1400. 

Kühlingerstrasse ,  Kuligstrate.  Vor  1400.  Nach  der  Wüstung  Kühlingen 
benannt.    S.  oben. 

Harsleberstrasse,  Herslingstrate.  Vor  1400.  Harszlinge  strate  (1487),  platea 
vulgariter  nuncupata  de  Herslingstrate  (1476).  So  benannt  wegen  der  dorthin 
geschehenen  Übersiedelung  von  Einwohnern  des  seitdem  wüsten  Dorfes  Klein- 
Harsleben. 


Hal1)er8tftdter  StodtVreis:  H&lberstadt  (Stadttopographie :  Straesen) 


Fig.  78. 

Abtsliof,  dem  Kloster  Huysburg  gehörig.  1400.'  Scheint  früher  {1277) 
Bromes  Hof  geheissen  zu  halten.  Des  abtes  von  Huysborch  hot  (1462).  Die 
Nnmmem  1—9  und  23  —31  hiessen  früher  Bhimonstrasse. 

'  Schon  in  diesem  Jahre  nach  der  allerdinKH  sehr  wahracheiDlichen  Vermutung  von 
Schmidt  jH.U.B.  I,  67.5.  I,  150.  Aom.).  An  der  betreffenden  Stelle  ist  aber  nur  von  einem 
Hofe  bei  der  Trullgaase  die  ß«de. 


Halberstadt  (Stadttopographie:  Strassen)  217 


[Schling,  beim  Martiniplan,  iip  dem  Slinghe.  1401.  Gegenüber  dem  Holz- 
markt] 

Schulstrasse,  bi  den  Barvoten  (1404),  welcher  Name  (hochdeutsch)  bis  1886 
im  Gebrauch  war. 

[Papenkulk,  1407.] 

[Velkenstrate,  1415.  Valkenstrase,  1514,  1604.  Später  (1522)  auch  Kakstrasse 
genannt.  Vielleicht  identisch  mit  der  jetzigen  (früher  Kommiss-Strasse  genannten) 
Heinrich  -  Julius  -  Strasse.] 

Lichtengraben,  1417. 

Bakenstrasse,  1440.  Enthielt  ehemals  auch  jene  Toile  der  jetzigen  Hühnör- 
brücke,  die  man  Rattengang  nannte  Ihre  Nummern  29—34,  38—43  Wessen 
ehemals  Nicolaistrasse.  Femer  gehörte  zu  ihr  die  Gegend  Klein -Venedig  bei 
der  Holtemme;  ihre  No.  7— 8  hiess  Petersbrücke. 

Schuhstrasse,  platea  sutorum,  1444. 

Ober-Paulsstrasse  (jetzt  Licht werstrasse),  1445. 

Tannenstrasse,  wan  men  kumet  van  s.  Johanse  an  der  gatzen  to  dem  Dore 
Word,  da  men  dorch  geyt  upp  s.  AUexius  hoff;  vicus  per  quem  propinquior 
extitit  transitus  a  capella  s.  Alexii  versus  portam  civitatis.    1458. 

Bosenwinkel,  1462. 

[Ein  Weg  von  dem  Hofe  der  Domküsterei  nach  dem  Wasser  hinunter;  der  Rat 
hatte  ihn  abgesperrt  und  musste  ihn  auf  bischöflichen  Befehl  wieder  öffnen.  1467.] 

Mittel -Paulsstrasse  (später  XJnterpaulsstrasse,  jetzt  Paulsstrasse),  middel 
Pauwel  Straten,  1471. 

Michelshagen,  1477. 

Niedere  Paulsstrasse  (jetzt  Petersilien^trasse),  1478. 

Woort,  1481. 

Göddenstrasse,  1482,  jodenstrate  (1485). 

Sackstrasse,  1485. 

[Sperlingstrasse,  spirlingestrate,  1487.] 

Komstrasse,  1490. 

[Strasse  zum  Pfortenhause  führend,  bei  der  Holtemme,  1494.] 

Kämmekenstrasse,  Kemkenstrate,  1495. 

Stieg,  1510.  Jetzt  Johannisbrunnen  No.  1— 7;  benannt  nach  einer  kleinen 
Brücke  über  die  Holtemme. 

Hundsrücken,  1510.    Jetzt  Schmiedestrasse  zwischen  No.  14  und  26. 

Beginenstrasse,  1515. 

[Strasse,  die  auf  der  einen  Seite  nach  der  Mauer,  auf  der  anderen  nach  dem 
Klinkstoven  geht.    1539.] 

[Stein weg,  beim  Burchardithor,  1601.] 

[Männichestrasse,  1605.] 

[Estern Strasse,  1564,  in  der  Martiniparochie.] 

[Darenstrasse,  1607,  wahrscheinlich  beim  Siechenhof.] 

[Thodenstrasse,  1608.] 

[Die  Minneches  Taschen,  1608,  beim  Paulsstift.] 

Einige  heutige  Namen  sind  urkundlich  nicht  nachgewiesen; 

Äntoniusstrasse. 


^ 


218       Halbentädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Stadttopographie:  Strassen  —  Märkte) 


Klein -Blankenburg  (dessen  Bezirk  ehemals  regensteinisch  war  und  nach 
Budaeus  noch  am  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  jährlich  den  regensteinischen 
Hauszins  zahlte). 

Bomstrasse. 

Dominicanerstrasse. 

Beim  Frauenhause. 

Gerberstrasse. 

Qrudenberg. 

Eatzenplan. 

Krebsscheere. 

Eulkstrasse. 

Lange  Reihe,  lange  Wand,  jetzt  Wehrstedter  Strasse. 

Hinter  der  Münze. 

Hinter  dem  Bichthause  (so  genannt  nachdem  früher  hinter  dem  Hause  Fisch- 
markt 5  belegenen  Stadtgefängnis). 

Bosmarinstrasse. 

Spritzenstrasse. 

Steinhof. 

Jedenfalls  sind  verschiedene  von  ihnen  unter  den  oben  aufgeführten,  un- 
bestimmbaren Namen  verborgen. 

c)  Von  Märkten  zu  nennen  ist: 

vorweg  die  Burgfreiheit,  wo  unter  geistlichem  Schutz  Markt  gehalten  wurde, 
der  der  städtischen  Verwaltung  in  keiner  Weise  unterworfen  und  daher  Gegen- 
stand vielen  Streite^  war.    Einzelnes  darüber  s.  in  der  Stadtgeschichte;  — 

der  Markt  am  Martini  plan.  An  ihn  ist  wohl  bereits  zu  denken,  wenn  1242 
ein  Alvericus  de  foro  urkundlich  erwähnt  wird.  An  diesem  Platze  lag  das  älteste 
Rathaus.  Hier  hatten  die  Krämer  ihre  Buden  (1311),  welche  teilweise  Eigentum 
des  Paulsstiftes,  zum  Teil  auch  der  Stadt  waren.  Hier  befanden  sich  wohl  die 
Scharren  von  Bäckern  (1197),  Schustern  (um  1258),  Heringhändlern  (1266), 
Fleischern  (1324),  Garköchen  (1494),  auch  die  zwischen  den  Krämern  genannte 
Gegend  (1260,  s.  oben),  endlich,  die  Häuser  verschiedener  Gilden.  Seit  1433 
deutet  der  Roland  vor  dem  neuen  Rathause  an ,  dass  der  Markt  officiell  verlegt 
war  nach 

dem  Holzmarkte,  der  sich  durch  den  Rathaus-Neubau  als  westliche  Hälfte 
des  eilten  Marktes  von  der  östlichen,  dem  Korn-  (jetzt  Fisch-)  Markte  getrennt 
hatte.  Als  forum  lignorum  war  dieser  Teil  aber  schon  1275  bekannt  (Holt- 
markede  1352)  Von  Zeltstätten  (telzstede)  für  Händler  hören  wir  1285.  Zwischen 
ihm  und  dem  Martinikirchhof  lag  der  Schling  (slynge)  (s.o.)  mit  soinen  Fleisch- 
scharren (1498).    Über  die  am  Holzmarkt  belegene  Kommisse  vgl.  Profanbauten;  — 

der  Kom-  (jetzt  Fisch-)  Markt.  ^  östlicher  Teil  dos  alten,  vorher  genannten 
Marktes.  Er  gehörte  ursprünglich  dem  Bonifaziusstifte ;  für  den  Nutzniess  hatte 
die  Stadt  an  das  Kapitel  4  Schillinge  jährlichen  Zins  zu  zahlen,  der  erst  1491 
abgelöst  wurde;  —  ' 

*  In  den  Neuen  allgem. Blättern  1791,  I,  183  einmal,  jedenfalls  durch  einen  Druckfehler 
„Birnmarkt"  genaoot. 


Halberstadt  (Stadttopographie:  Begräbnisplätze  —  Ehemalige  kirchliche  Geb&nde)  219 

der  neue  Markt,  novam  forum,  nigen  markete  bi  der  Seiden  (der  südlichen 
Abzweigung  der  Holtemme),  zuerst  1311  erwähnt  Heisst  jetzt  „unter  den  Weiden" 
(s.  0.).    Über  die  sog.  Freiheiten  vgl.  bei  den  einzelnen  Kirchen. 

Über  die  bei  verschiedenen  Kirchen  ehemals  in  Benutzung  gewesenen 

d)  Begräbnisplätze 

vgl.  bei  den  Kirchen.    Neuerdings   sind  sie  meist  freie  Plätze  geworden. 

Über  die  noch  vorhandenen  Gebäude  ist  an  anderen  Stellen  zu  handeln ; 
die  Kurien,  welche  zu  den  einzelnen  Stiftern  gehörten,  werden  im  Zusammen- 
hange mit  diesen  besprochen. 

Im  folgenden  zähle  ich 

die  nicht  mehr  vorhandenen  a)  kirchlichen, 

b)  weltlichen  Gebäude 

auf,  deren  Kenntnis  nur  durch  die  historische  Überlieferung  vermittelt  wird: 

Franziskanerkloster,  gegründet  1289  von  den  Grafen  von  Regenstein  an 
Stelle  einer  früher  ihnen  gehörigen  Burg,  auf  dem  Platze  des  jetzigen  Rats- 
kellers; — 

die  Ägidius -Kapelle,  in  deren  Nähe  ein  Vorwerk  lag.    1366;  — 

die  Annen-Kapelle,  dicht  beim  Bonifaziusstift,  Gründung  des  Kanonikus 
Arnold  Dompnitz,  1502  geweiht  von  Bischof  Matthias  von  Gada;  — 

die  Lampertus-Kapelle,  sunt«  Lambertes  cappellen,  auf  der  Burg.  1410, 
1440,  1461  u.  ö. ;  — 

die  Lorenz-Kapelle,  „de  de  licht  an  der  westeren  siden  des  düsteren 
dores,  also  men  geyt  ud  der  Smedestrate  in  de  borch,"  oft  erwähnt,  zuerst  1279;  / 

gehörte  zum  Liebfrauenstift;  ihr  Patronat  stand  zuerst  der  westlich  daneben 
gelegenen  Kurie,  später  (seit  1447)  dem  ältesten  Domkämmerer  zu.  Ihr  Rektor 
wird  1442  erwähnt.  Sie  war  um  dieselbe  Zeit  vor  Alter  in  ganz  trümmerhaftem 
Zustande  und  wurde  auf  Kosten  des  Domkapitels  hergestellt.  Ein  Stein  mit  der 
Jahreszahl  1446  fand  sich,  als  in  der  Gegend  der  Kapelle  in  unserem  Jahrhundert 
ein  Umbau  gemacht  wurde.  1452  wurde  bei  dem  Altar  ein  zweiter  Kaplan 
bestätigt  auf  Gründung  des  Burchard  von  Marenholz ,  Kanonikus  zu  St.  Pauli 
Beide  Altaristen  verwalteten  gemeinsam  die  Schlüssel  zur  Kapelle  und  deren 
Zither.  Ausserdem  erwähnt  werden  ein  Kelch  und  die  in  besserungsbedürftigem 
Zustande  befindlichen  Messbücher.;  — 

die  Maternus-Kapelle,  auf  der  Burg  in  der  Nähe  der  Liebfrauen-Kirche 
und  deren  Schule  und  Badstube.    1461,  1476;  — 

die  Thomas -Kapelle,  capella  s.Thomae  Gantuariensis,  vor  dem  Burchardi- 
thor,  gehörte  zum  Liebfrauenstift,  von  welchem  ein  Vikar  ihr  Rektorat  vorwaltete 
(1292).  Eine  neue  Kommission  an  ihrem  Altar  wurde  gestiftet  von  Margarete, 
der  Witwe  eines  Bürgers  Konrad  Marggreve,  welche  zunächst  das  Patronat  dieser 
Stelle  ausübte,  1441 ;  — 

das  Trüllkloster,  Cellenbrüderkl,  Cellitenkl., Lollhardskl.,  Lullenbrüderkl., 
Kloster  der  willigen  Armeui  war  ein  der  Augustinerregel  unterworfenes  Mönchs- 
kloster unter  dem  Patronat  der  h.  Anna  und  des  h.  Hieronvmus,  wurde  um  die 
Wende  des  14.  Jahrhunderts  gegründet  und  befand  sich  zunächst  in  dem  Hofe 


I 


220  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (Stadttopographie:  ehemalige  kircUiche  Gebäude) 

„mit  der  steinernen  Pforte"  in  der  Gebhardstweete ,  jetzigen  Trüllgasse  hinter 
S.  Nikolai.  Ein  Neubau  wurde  1476  durch  das  Johannisstift  verhindert,  woraus 
ein  Streit  mit  diesem  entstand,  den  Bischof  Gebhard  beilegte.  Er  verfügte,  dass 
die  Cellenbrüder  nur  eine  Kapelle  mit  einem  Dachreiter  und  kleiner  Glocke 
darin  und  einen  Kirchhof  zur  Beerdigung  ihrer  Klosterangehörigen  haben  dürften. 
Sie  hatten  für  Kranke  zu  sorgen  und  Tote,  auch  an  der  Pest  Gestorbene,  zu 
begraben.  Die  Stiftung,  welche  als  Kloster  in  der  Reformationszeit  einging, 
erhielt  bauliche  Erneuerung  1693  durch  den  Domherrn  von  Münchhausen.  1804 
wurden  dort  noch  19  Hospitaliten  verpflegt.  Die  alte  Klosterkapelle  S.  Anna, 
deren  Altar  S.Anna  1489  erwähnt  wird,  stand  noch  1720.  Das  Siegel  der  Cellen- 
brüder existiert  noch  in  der  Culemannschen  Sammlung  in  Hannover.  Vgl.  H.-Z. 
1869,  II,  193f.    Halberstädter  gem.Unterh.  1806,  II,  215 f.;  — 

das  weibliche  Gegenstück  zum  Trüllkloster  war  das  Ursulinerinnenkloster, 
Kloster  der  schwarzen  Beginen,  angeblich  schon  1441  existierend.  Es  lag 
an  der  Ecke  der  Beginen-  und  Gerberstrasse,  wo  noch  jetzt  das  für  das  Kloster 
1764  aufgeführte  Gebäude  steht.  Die  Aufsicht  über  die  Nonnen  führten  seit 
1455  der  Probst  von  S.  Johannis  und  der  Pfarrer  von  S.  Martini.  Die  Nonnen, 
welche  der  Augustinerregel  unterworfen  waren,  widmeten  sich  der  Pflege  von 
Kranken  und  Obdachlosen  beiderlei  Geschlechts.  1479  wurde  der  Bau  einer 
Kapelle  durch  den  Kardinal  Auslas  von  S.  Sabina  erlaubt;  die  Kosten  wurden 
durch  Ablass  aufgebracht.  1601  und  1606  waren  die  Gebäude  in  verfallenem 
Zustande.  Die  Kapelle  stand  noch  1804.  Die  Aufhebung  des  Klosters  er- 
folgte 1810;  — 

der  Antonius-  (Tönjes-,  Tönnings-)  Hof.  Sein  Name  war  1306  als 
Vulgärbezeichnung  schon  lange  im  Gebrauch,  wiewohl  er  mit  dem  h.  Antonius 
angeblich  nichts  zu  thun  hatte.  Unter  der  Bezeichnung  curia  quae  vulgariter  curia 
S.  Antonii  nuncupatur  (1306),  späterhin  Tönjeshof,  lag  er  zuerst  in  der  Nähe  des 
Klosters  der  Marienknechte,  später  unweit  der  französisch-reformierten  Kirche.  Das 
Antonier-Mannskloster  war  seit  1382  abhängig  von  dem  auf  der  Lichtenburg  bei 
Prettin  wohnhaften  Ordensmeister  der  Antoniter.  Das  Klostergebäude,  welches  eine 
daran  gebaute  zierliche  Kapelle  besass  und  von  einer  aus  Quadern  erbauten 
Mauer  umgeben  war,  war  nach  der  Auflösung  des  Ordens  im  16.  Jahrhundert 
wenigstens  z.T.  noch  bis  1716  vorhandeji;  — 

der  Orden  der  Serviten  wurde  vom  Grafen  Heinrich  von  Regenstein 
1277  in  Hasselfelde  (vallis  Josaphat)  gegründet  und  1298  nach  Halberstadt  über- 
führt.^ Sie  gehörten  dem  Augustinerorden  an,  ihre  gewöhnliche  Bezeichnung 
aber  war  die  im  Volke  gebräuchliche  Form  „Marienknechte."  Nach  der  Lage 
ihres  Klosters  in  der  Neustadt  beim  alten  Antoniushofe  in  der  Nähe  des  Salvator- 
hospitals  hiessen  sie  auch  die  monachi  in  nova  civitate  (1372),  de  heren  ute  der 
nigen  stad  (1479).  Ihr  Provinzial  für  Deutschland  und  Böhmen,  welcher  das 
Kloster  bei  Bechtshändeln  zu  vertreten  hatte,  wird  1319  genannt.  Das  Personal 
des  Klosters  (prior,  subprior,  predier  u.  s.w.)  1477.  (H.  Ü.-B.  II,  1070.)  1319 
schlössen  sie  Brüderschaft  mit  der  St.  Stephans-Gildschafl ,  1439  mit  den  Gesell- 
schaften der  Müller-  und  Bäckerknechte,  seit  1495  mit  dem  Minoritenorden.   Von 


»  H.-Z.  XXII,  17. 


Halberstadt  (Stadttopographie:  ehemalige  kirchliche  (rebäude)  221 


ihrem  Besitztum  nennen  die  Quellen  den  Begräbnisplatz  1439,  die  Fahnen  1439 
und  das  Toten  buch  1477.  In  dem  Kloster  der  Marienknechte  lehrte  und  litt  der 
Mönch  Valentin  Mustäus  (s.  oben  S.  206).  Nach  der  Aufhebung-  des  Boosters 
wurden  die  Gebäude  auf  Veranlassung  des  Rates  von  Halberstadt  niedergelegt;  — 

das  neben  dem  Antoniuskloster  gelegene  Haus  der  blauen  Beginen. 
Die  Gründungszeit  ist  unbekannt,  jedenfalls  nicht  nach  dem  13.  Jahrhundert.  Es 
war  zur  Aufnahme  armer  kranker  Frauen  bestimmt  und  existierte  noch  1811. 
Die  Aufsicht  über  das  Haus,  die  Almosen,  die  Vermietung  der  Kammern  hatte 
die  Stadtverwaltung;  — 

das  Haus  der  armen  Brüder  bestand  schon  1416.  Vgl.  v. Mülverstedt 
in  der  H.-Z.  1872,  34;  — 

der  Templerhof,  das  am  Breitenthore  (Breiteweg 69— 71)  gelegene, ehemals 
den  Nonnen  vonS.  Jakobi  gehörige  Kloster,  welches  von  den  Templern  eingenommen 
wurde,  nachdem  sie  jenen  das  Thomaskloster  abgetreten  hatten.  Er  kam  später 
an  das  liebfrauenstift  und  gehörte  1442  dem  Altar  S.  Jakobi  und  Barbarae.  Die 
zugehröige  Jakobikapelle,  noch  1370  capella  S.  Jacobi  Templariorum  genannt,  litt 
zu  derselben  Zeit  solchen  Mangel,  dass  sie  keinen  Priester  bekommen  konnte;  doch 
stiftete  eine  in  den  Urkunden  nicht  genannte  Person  damals  zur  Abhilfe  dessen 
Ansstattungsgegenstände  und  einiges  Geld;  — 

der  Gottesritterhof,  die  Deutsch-Ordens-Komraende,  Franziskanerstrasse 
33,  34,  „uppe  deme  home  by  deme  hilgen  geiste."  Den  Hof  schenkte  Burchard 
von  Barby  1307  dem  Deutschen  Orden.  1533  kaufte  der  Magistrat  den  Hof  für 
873  Gulden  für  die  Martini-,  Pauls-  und  Moritz-Gemeinde.  1545  wurde  die 
Martinischule  dorthin  verlegt.  —  Vgl.  Ledebur,  Archiv  XVI,  255—262.  •—  Scheffer, 
S.  13  und  Abb.  No.  19;  — 

das  Alexiushospital,  gegründet  Ende  des  11.  Jahrhunderts  von  Bischof 
Burchard  II.;  eine  Stiftungsurkunde  ist  nicht  vorhanden.  Es  wurde  1138  von 
Bischof  Otto  dem  Johannisstift  geschenkt,  in  dessen  Abhängigkeit  es  ganz  blieb, 
seitdem  die  Schenkung  1199  durch  Bischof  Gardolf  bestätigt  war.  1362  wurden 
die  Gebäude  wieder  hergestellt,  wobei  auch  die  zugehörige  Alexiuskapelle  berück- 
sichtigt wurde,  welche  zu  diesem  Zweck  damals  einen  Ablass  bewilligt  erhielt. 
Das  Hospital  war  für  vier  arme  alte  Frauen  bestimmt  1808,  als  das  Johannis- 
stift eingezogen  wurde,  und  die  Hospitalitinnen  dadurch  ihre  Einkünfte  verloren, 
mussten  sie  seitens  der  Stadt  anderen  Hospitälern  zugewiesen  werden.  Das  1689 
neu  aufgeführte  Gebäude  (Grudenberg  11)  wurde  1813  abgebrochen;  — 

das  Ludgerihospital,  gegründet  und  für  zwölf  Arme  eingerichtet  durch 
Bischof  Bucco  Ende  des  11.  Jahrhunderts.  Es  verschwand  1631  dadurch,  dass 
auf  seiner  Stelle,  dem  Lüdershofe,  die  in  die  Stadt  ziehenden  Mönche  von 
S.  Johannis  (unter  der  Aufsicht  dieses  Stiftes  stand  das  Hospital)  sich  nieder- 
liessen;  — 

daß  Elisabethhospital  vor  dem  Wasserthor,  im  15.  Jahrhundert  ge- 
gründet und  für  achtzehn  Arme  bestimmt.  Durch  den  Dechant  Heinrich  Hom 
wurde  es  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  reich  beschenkt.  An  der  Spitze  standen 
zwei  Verwalter,  welche  jährlich  dem  Rate  Rechnung  zu  legen  hatten.  Die  zu- 
gehörige Kapelle,  welche  1869  beseitigt  wurde,  stand  1476  unter  Patronat  des 
Klosters  Münzenberg;  — 


■ 


222  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (Stadttopographie:  ebemalige  weltliche  Gebäude) 


das  Maria-Magdalenenhospital,  in  der Trüllgasse,  gestiftet  1500  durch 
den  Weihbischof  Matthias  von  Gada,  der  das  Haus  vom  Domkanonikus  Bernhard 
von  Veitheim  gekauft  hatte.  Die  Kranken  hatten,  damit  immer  wieder  Platz 
geschaffen  würde,  dort  immer  nur  Aufenthalt  bis  zu  ihrer  geschehenen  Heilung. 
Das  Geld  für  die  Verpflegung  gab  der  Stifter.  An  der  Stelle  des  Hospitals  steht 
jetzt  der  sog.  Magdalenenhof  (Trüllgasse  3 — 9);  — 

das  S.  Georgs-Hospital  (sinte  Jurien  hoff)  wurde  vor  dem  Gröperthor 
auf  dem  späteren  Moritzkirchhof  (buten  Halb,  an  der  stad  graben,  1473)  in  der 
Parochie  S.  Moritz  angeblich  1313  von  Gertrud  von  Blankenburg  (sie  stammte 
nicht  aus  regensteinischem  Geschlecht)  gestiftet  und  war  dazu  bestimmt.  Kranke, 
Schwache,  Vertriebene  und  Obdachlose  christlicher  Religion  bis  zu  ihrer  Genesung 
oder  bis  zu  ihrem  Tode  zu  beherbergen.  Die  erlaubte  Zahl  derselben  betrug  24; 
an  der  Spitze  standen  ein  Hausmeister  und  zwei  Vorsteher.  Ein  Kirchhofsplatz 
wurde  dem  Hospital  1313  durch  Bischof  Albrecht,  an  der  Ostseite  nach  derGröper- 
brücke  zu,  geschenkt.  Das  Hospital  wurde  am  31.  Oktober  1642  durch  die  Kaiser- 
lichen zerstört  und  bestand  seitdem  in  dem  ehemaligen  Brauhaus,  jetzigen 
städtischen  Leihhaus  am  Kulk. 

e)  £in  Keller  nebst  mehreren  anderen  Baulichkeiten,  dem  Johannisstifte 
gehörig,  am  Holzmarkt,  1225. 

Das  bürgerliche  Weinhaus  am  Markte,  cellarium,  vinarium  burgensium  in 
foro,  domus  vini  civium,  1225.    Vorläufer  des  Ratskellers. 

Ein  Turm  auf  einer  den  Predigermönchen  gehörigen  Wort,  um  1258. 

Der  Paulshof,  1312. 

Hof  am  Pfuhl,  genannt  Vorwerk  des  Joh.  von  Dreileben,  1322.  Hiess  später 
Thesauri  Vorwerk  (1393),  curia  apud  paludem,  up  dem  pole  (dem  Teiche,  welchen 
noch  um  1400  die  Holtemme  dort  bildete),  Kämmereihof.  Abgebrannt  1851.  Am 
Johannisbrunnen. 

Der  Winkelhof,  1340. 

Der  Hof  eines  Gebhard  von  Wehrstedt,  bei  der  Ritterstrasse,  1354. 

Der  Hof  des  urkundlich  oft  genannten  Joh.  Semelstute,  am  Hohenwege,  1356. 

Haus  und  Hof,  genannt  St  Augustins  Garten,  1360.  Zu  St.  Johannis  ge- 
hörig (1461). 

Ein  Turm  neben  der  Thomaskapelle,  1361. 

Der  Gosehof,  nördlich  am  Nicolaikloster.  Zu  ihm  gehörte  eine  Mehrzahl 
von  Häusern  und  Gebäuden,  1367;  doch  war  der  Name  damals  schon  nicht  mehr 
im  Gebrauch. 

Der  Sulverhof,  am  Seidenbeutel,  1347. 

Frauenhaus  up  dem  pole,  1370.    Ebendaselbst. 

Der  hof  mid  der  stenen  porten,  de  de  lit  achter  sente  Nicolause  in  hem 
Gevehardes  tweyten,  1375;  das  spätere  TrüUkloster.   S.  Klöster. 

Ein  Häuschen,  im  Volksmunde  de  crop  genannt,  in  der  Kuhgasse,  1382. 

Der  Honsteiner  Hof,  bei  der  Burgtreppe,  14.  Jahrb. 

Der  Mahrenholtzische  Hof,  auf  der  Stelle  der  jetzigen  Johanniskirche,  14.  Jahrh. 

Der  hem  bursen  (Apotheke),  im  Lichtengraben,  1408. 

Die  Dombauhütte,  im  Lichtengraben  zwischen  der  Magdeburger  Mühle  (s.  u.) 
und  der  Apotheke,  1408. 


Halberstadt  (Stadttopographie:  ehemalige  weltliche  Gebäude,  Badstuben  —  Der  Dom)  223 

Der  Krekenhof,  1414,  beim  Graaeu  Hof. 

Das  richtehus,  consistorium,  1427.  War  1601  schon  so  baufällig,  dass  es  mit 
Einsturz  drohte. 

Der  Hessenhof,  in  der  Nähe  der  Domküsterei;  wurde  1429  an  das  Pforten- 
kloster verkauft 

Der  Ziegelhof,  by  deme  grawen  moneke  (also  wohl  beim  Franziskaner- 
kloster?), 1443. 

Der  Hof  zum  h.  Geiste,  bei  der  Hossmühle  an  d^r  Holtemme,  1460. 

Johannisgildschaftshaus,  am  Johannisthor,  1464. 

Der  Krauthof,  hinter  S.Paul,  gegenüber  dem  Antoniushof,  dar  de  twey 
olden  remen  tovome  gestan  hadden.  (Der  Rat  erhielt  bischöfliche  Erlaubnis, 
diese  wieder  aufzurichten.)    1467. 

Eürschnergildehaus,  am  Holzmarkt  beim  Schling,  1490. 

Brauhaus,  an  der  Eornstrasse,  hinter  dem  Garten  der  Predigermönche,  1490. 

Schradergildehaus,  am  Eommarkt,  1491. 

Hirtenhaus,  in  der  Bakenstrasse,  1517. 

Marstall,  1539. 

Der  Stedemsche  Hof,  Trüllgasse  10,  erbaut  von  Franz  und  Christoffel  von 
Dorstadt  1556,  abgebrochen  1839. 

Zwei  Brauhäuser,  in  der  Yalkenstrasse,  1604. 

Potts  Brauhaus,. am  Breitenwege,  1680. 

Die  Erebsscheere ,  vor  dem  Eingange  der  danach  benannten  Strasse,  ab- 
gebrochen ca.  1830. 

Badstuben  werden  oft  erwähnt.  Eine  solche  stupa,  gehörig  dem  Pauls- 
süft  (alle  Badstuben  gehörten  den  geistlichen  Stiftern !),  lag  vor  einem  der  Stadt- 
thore  (1303,  1305). 

Die  Badstube  der  schönen  Mädchen  (scone  meteken  stoven),  Dominicanerstr.  7., 
1311  erwähnt,  damals  unter  der  Yogtei  eines  bischöflichen  Lehnsmannes;  1456 
der  Paulskirche  gehörig,  die  den  Zins  (34  Schillinge  jährlich)  davon  erhielt. 

Paradiesstoven,  bei  der  Magdeburgermühle,  1395,  am  Lichtengraben. 

In  der  Neustadt  vor  dem  Wasserthore  lag  die  Hackelstoven,  1454. 

Die  stoven  der  hern  von  unser  vrowen,  15.  Jahrh. 

In  der  Nähe  des  Doms  die  Badstube  der  Domherren  (stupa  Älberti),  1443. 

Die  Elinkstoven  unweit  der  Stadtmauer,  1539. 

Hoenstoven,  bei  der  Hühnerbrücke,  16.  Jahrh. 

Noch  vorhandene  kirchliche  Gebäude 

1.  Der  Dom 

Von  der  Litteratur  kann  hier  nur  das  Wichtigste  erwähnt  werden,  im  übrigen  wird 
auf  die  in  den  Anmerkungen  gelegentlich  enthalteneu  Litteraturangaben  hingewiesen. 

Dr.  A.  Brackmann ,  Urkundl.  Geschichte  des  Halberstadter  Domkapitels  im  Mittelalter. 
Harzzeitschrift  1899,  S.  1-147. 

C.  Elis,  Der  Dom  zu  Halberstadt.    Halb.  1857. 

Derselbe,  Der  Dom  zu  Halberstadt.  Im  Wochenblatt  für  Architekten  u.  s.  w.  1882 
.  No.  80ff. 


224  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Kurien  u. s.  w.) 


C.  M.  Haber,  Kurzgefasste  aber  doch  gründliche  Nachricht  von  der  Hohen  ÖtiilU- 
Kirchen  oder  Dom-Kirchen  zu  Halberstadt.    Halb.  1728. 

E.  Hermes,  Der  Dom  zu  Halberstadt.   Seine  Geschichte  lud  seine  Schätze.   Halb.  1896. 

Dr.  F.  G.  H.  Lucanus,  Der  Dom  zu  Halberstadt.    Halb.  1837. 

Derselbe  in  Bechsteins  Kunstdenkmälern  in  Deutsch!.  I,  2.  17. 

V.  <4uast  in  der  Ztschr.  f .  Bauwe§en  1852,  115. 

Dr.  K.  L.  Zschiesche,  Halberstadt  sonst  und  jetzt.    Halb.  1895,  S.  134-165. 

Über  die  Geschichte  des  Domkapitels  giebt  die  oben  angeführte 
Arbeit  von  Brackmann  äusserst  genauen  und  zuverlässigen  Überblick,  welcher 
hier  ein  weiteres  Eingehen  auf  diesen  Gegenstand  entbehrlich  macht  Wir  wenden 
uns  daher  sogleich  der  Aufzählung  der 

Kurien  zu.  Sie  werden  im  allgemeinen  schon  1150  erwähnt  Seit  alter 
Zeit  sind  sie  mit  Buchstaben  bezeichnet  worden,  welche  indes  in  ihrer  Anordnung 
wiederholt  gewechselt  haben.  Ein  Verzeichnis  von  1573  nennt  die  damaligen 
Besitzer:  A.  Marenholz  (am  Düstemthor  bei  der  Lorenzkapelle,  schon  1508.  Jetzt 
liegt  A.  als  No.  34  an  der  Nordseite  des  Domplatzes).  B.  Spitznase  (war  die 
zweite  vom  Düstemthor  nach  Liebfrauen  zu;  diente  1473  dem  Balthasar  von 
Neuenstadt  zur  Wohnung).  C.  Knesebeck  (wahrscheinlich  damals  neu  erbaut  da 
sie  1510  als  baufällig  bezeichnet  wird).  D.  Marstall  auf  dem  Petershof  (jetzt  ist 
D.  No.  37  an  der  Nordseite  des  Domplatzes).  E.  Randow.  F.  Marenholz  d.  J. 
(jetzt  No.  40,  am  Tränkethor).  6.  Lochau.  H.  Spiegel  (die  Spiegeische  Kurie, 
Aufbewahrungsort  einer  stattlichen  Gemäldegalerie,  nördlich  am  Domplatz), 
K  Holtzendorf  (am  Tränkethor,  1509  schon  erwähnt,  jetzt  No.  12  westlich  vom 
Düstemthor).  L.  Rössing.  M.  Rintorf  (lag  1478  am  Lichtengraben).  N.  Herling. 
0.  Dechant  Friedrich  v.  Britzke  (jetzt  No.  33  an  der  Nordseite  des  Platzes). 
P.  Remtermeister.  Q.  Rekewech  (zuerst  1501  erwähnt).  R.  Werder.  S.  Langen. 
T.  Theologenhof  (lag  1455  hinter  der  Schule).  V.  Kannenberg  (1461  hinter  der 
Schule  nach  Norden).  X.  Britzke  (gegenüber  der  Schule  1479).  Y.  Meltzengk 
(zuerst  1512  genannt).  Z.  Die  Domprobstei  (curia  ultima,  östlich  vom  Düstem- 
thor schon  1477,  wie  noch  jetzt). 

Ausser  den  schon  erwähnten,  welche  noch  jetzt  Buchstabierung  zeigen,  sind 
heute  als  Kurien  noch  kenntlich  Domplatz  No.  43,  wo  an  der  Vorderseite  zwei 
Wappen  angebracht  sind  a)  des  Christian  Friedrich,  Grafen  zu  Stolberg-Werni- 
gerode,  Probstes  zu  Walbeck,  1798;  b)  des  Christof  v.  Hüneken,  Domherrn  und 
Vicedominus  zu  Halberstadt,  1658.  Femer  Domplatz  No.  3,  welches  Haus  über 
dem  Mittelfenster  des  Oberstocks  das  Wappen  des  Erasmus  Friedrich,  Freiherm 
V.  Redern  1796  zeigt  Da  jener  aber  Dechant  von  Liebfrauen  war,  so  dürfte  diese 
Kurie  zu  jener  Kirche  zu  rechnen  sein. 

Sonst  werden  urkundlich  erwähnt  und  auch  der  Lage  nach  bezeichnet, 
jedoch  nicht  so,  dass  man  sie  sicher  identifizieren  könnte:  der  Honsteinerhof 
auf  der  Burg  1383;  —  der  Hof  des  Domprobstes  Albrecht  von  Wernigerode  beim 
Liebfrauenthor  (Drachenloch)  1386;  —  die  Kurie  des  Friedrich  von  Hoym  hinter 
der  Schule  1432;  —  Kurie  bei  der  Lamprechtskapelle  1440;  —  eine  Kurie  bei 
der  Laurentiuskapelle  östlich  vom  Düstemthor;  —  eine  Kurie  nördlich  von  der 
Burgtreppe  1458;  —  eine  Kurie  hinter  der  Schule  1461;  —  eine  Kurie  an  und 
über  dem  Tränkethor  1461 ;  —  eine  Kurie  gegenüber  Liebfrauen  an  der  Matemus- 
kapelle 1461 ;  —  eine  Kurie  bei  der  Lamprechtskapelle  1461 ;  —  eine  Kurie  auf 


*. 


.i 


Halberstadt  (der  Dom :  Enrien  n.  s.  w.) 


der  Burg,  an  der  Ecke  am  Düsterathor  nach  "Westen  {identisch  mit  der  Kurie  B.?) 
1461;  —  eine  Kurie  an  der  Eciie  des  Tränketliors  1472;  —  eine  Kurie  auf  der 


Fig.  79. 

Burg,  rechts  an  der  Ecke,  wo  man  zu  den  Pfortenfranen  ging,  1486;  —  eine 
Kurie  in  der  Triillgasse  1509. 


226  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (der  Dom :  ehemalige  Baumlichkeiten  des  Stiftes) 


Von*  anderen  ehemals  zum  Stift  gehörigen  Räumlichkeiten 
wird  zuerst  das  Refectorium  1150,  dann  auch  1218,  1241,  ein  Refectorium  der 
Kanoniker  1365  erwähnt;  —  die  Küche  der  Domherren  1194;  —  das  heizbare 
Aestuarium  1307;  es  diente  dem  Kapitel  im  "Winter  (als  locus  capitularis  hye- 
malis,  1371)  als  Sitzungsraum;  —  der  Sommerkapitelsaal  1380  u.  ö.;  —  der 
Kapitelsaal,  ohne  nähere  Bezeichnung  1324  (des  capitels  domzen  1483),  heisst 
auch  das  capitalium  dominorum  und  lag  am  Kreuzgange,  wo  vor  seinem  Ein- 
gange geistliches  Gericht  gehalten  wurde  (s.  Baubeschr.);  —  die  alte  Badstube 
(stuba  nostra  claustralis,  Wirkungsstätte  eines  barbitonsor)  1365  und  1443;  —  das 
Schlafhaus  1377  (dormitorium  1436);  ein  neues  Schlafhaus  der  Vikare  wurde  1460 
zu  erbauen  beschlossen,  erwählt  wurde  dazu  eine  wüste  Stätte,  wo  die  alte  Bad- 
stube gestanden  hatte.  Im  Untergeschosse  des  Hauses  wurde  eine  Kinderschule 
eingerichtet ;  dass  das  Schlafhaus  auch  als  Gefängnis  diente,  erfahren  wir  1607 ;  — 
das  Haus  des  Unterküsters,  gelegen  im  „Graben"  1386;  —  das  üomarchiv  (elau- 
sura)  1411,  1419;  —  die  Bibliothek  der  Vikare,  erbaut  1416  bei  dem  Schlaf- 
hause; —  die  Domkämmerei,  an  der  Ritterstrasse  gelegen  1457;  — die  Klausur 
der  neuen  Vikare,  zugleich  als  Kassenlokal  benutzt  1466;  —  der  Küstereihof, 
nicht  weit  vom  Wasser  gelegen  1467;  —  das  Stiftsgefängnis  1606;  —  die 
Dechanei  1610. 

Bis  in  die  sechziger  Jahre  unseres  Jahrhunderts  gab  es  um  den  Kreuzgang 
südlich,  westlich  und  östlich  eine  Anzahl  von  wohlerhaltenen  Stiftsgebäuden,  welche 
bei  der  Preilegung  leider  beseitigt  worden  sind ,  nämlich :  westlich  am  Domplatz 
1.  der  sog.  Domkeller  (Plan  DK),  ein  unten  massives,  oben  schön  geschnitztes  Fach- 
werkhaus mit  hohem,  3  geschossigem  Dach  (Fig.  79);  Reste  der  Schnitzereien  sind 
an  die  Domprobstei  (Zwicken)  übertragen  worden.  Der  Domkeller  war  aus  dem 
16.  Jahrhundert;  2.  neben  dem  Remter,  welcher  hinter  dem  Domkeller  versteckt 
stand,  südlich  führte  die  sog.  Spendetreppe  (Plan  T)  in  den  Kreuzgang  hinab.  Neben 
dieser  3.  eine  Scheune  (Plan  Seh);  daneben,  die  Ecke  bildend  4.  ein  Wohnhaus 
(Plan  W),  unten  massiv,  das  überkragende,  einzige  Obergeschoss  in  Fachwerk. 
Wir  haben  dies  Haus  als  jenes  neue  Badehaus  anzusehen,  welches  1416  in  der 
Grösse  eines  früheren  erbaut  worden  ist,  und  1606  jährlich  50  Gulden  an  das 
Bauamt  zu  zahlen  hatte.  Zu  gleicher  Zeit  ist  auch  entstanden  5.  das  Komhaus 
(Plan  K),  durch  eine  Brandmauer  von  dem  vorigen  getrennt,  gleich  diesem  nur 
einstöckig,  aber  breiter  und  höher.  Seine  Erbauung  wurde  1416  den  Vikaren 
erlaubt,  welche  zu  diesem  Zweck  die  alte  Badstube  und  andere  Gebäude  besei- 
tigen mussten.  Von  den  drei  Stockwerken,  welche  ihnen  erlaubt  wurden,  ent- 
hält das  Dach  zwei.  Daneben  nach  Osten  6.  die  Choralei  (Plan  C  H),  ein  niederes, 
mit  zwei  Dacherkem  versehenes,  langes  Gebäude;  14.  Jahrhundert,  darauf  7.  die 
Bibliothek  (Plan  B),  auch  als  Archiv  benutzt,  mit  Gewölben  und  einem  grossen 
Kamin  im  Untergeschoss.  Ganz  südöstlich  8.  ein  grosses  Sitzungszimmer  (PlanSz) 
mit  gewölbter  Holzdecke.  Neben  der  Stephanskapelle  9.  die  mit  einem  Tonnen- 
gewölbe eingedeckte  Ständestube  (Plan  S  S  T),  über  beiden  10.  Rittersaal,  Kapitel- 
stube und  Bibliothek,  erbaut  1613;  nur  noch  eine  geschnitzte  Thür  davon  ist  in 
der  Stephanskapelle  aufbewahrt. 

Noch  vorhanden  ist  der  Remter,  seit  alter  Zeit  als  Kasse  und  Registratur, 
jetzt  als  Gymnasialaula  benutzt;   der  alte  Kapitelsaal;   die  jetzt  als  Domküster- 


Halberstadt  (der  Dom:  Kapellen  —  Baugeschichte:  der  Land  2. Dom)  227 

Wohnung   benutzten    Räume;   die  alte  Sakristei;    die  Schatzkammer;   der  neue 
Kapitelsaal;  die  Domprobstei  (Zwicken). 

Kapellen.  Da  von  ihnen  in  der  Baugeschichte  näher  zu  sprechen  ist, 
seien  hier  nur  ihre  Namen  und  ihre  Lage  genannt.  1.  St.  Ludger  an  der  Nord- 
seite, 2.  Kryptenkapelle  S.Mariae  und  Stephani,  3.  Marien-  (Bischofs-)  Kapelle 
hinter  dem  Chor,  4.  Stephanskapelle,  5.  Neustädterkapelle,  beide  am  Kreuzgange, 
6.  S.  Laurentii  am  Düstemthor. 

Bevor  an  die  Darstellung  der  Baugeschichte  des  Domes  gegangen  werden 
kann,  ist  zu  bedenken,  dass  der  jetzige  Dom,  genau  gerechnet,  der 
fünfte  ist,  den  Halberstadt  seit  Begründung  des  Bistums  besessen  hat.  Es 
scheint  nicht  überflüssig,  trotz  mancherlei  früherer  Bearbeitungen  über  die  zu 
Grunde  gegangeneu  Bauten  hier  nochmals  zu  reden. 

[Der  1.  Dom.  Die  Zeit  der  Gründung  des  ältesten  Domes  (monasterium) 
liegt  im  Dunkeln ;  jedoch  wird  man  schon  das  Ende  des  8.  Jahrhunderts  dafür 
annehmen  dürfen.  Er  wurde  aber  damals  keineswegs  vollendet,  erhielt  vielmehr 
einen  Erweiterungsbau  durch  den  Bruder  des  Bischofs  Hildegrim  I.,  Ludger 
(f  26.  März  809);  was  dieser  vollendete,  wurde  dem  h.  Johannes  und  Paulus  ge- 
weiht  Es  muss  ein  sehr  wesentlicher  Teil  des  Domes  gewesen  sein,  der  dal 
die  Bezeichnung  basilica  s.  Ludgeri  empfing,  unvergessen  blieb  Ludgers  VenHle 
auch  später,  als  man  im  13.  Jahrhundert  eine  (unten  zu  besprechendeiffiörige 
am  Dom,  die  jedenfalls  einen  Ersatz  für  ähnliche,  den  früheren  Dom^segrim  IL, 
Kapellen  bildete,  dem  h.  Ludger  weihte.  Erst  der  vierte  Bisclmfog.  Auf  dem 
gab  dem  Dome  die  Vollendung  und  weihte  ihn  am  5.  NovejifOnsolidität  des 
Hochaltar  wurden  kostbare  Reliquien  niedergelegt  Abj^ieT  Er  soll  das  Grab 
Baues  bewirkte,  dass  dieser  am  3L  Mai  965  zusammegg^s  vom  Stephanusaltar, 
des  Bischofs  Sigismund  (f  923)  enthalten  haben,  d'^tattet  war.  —  Nichts  er- 
nicht  liegend,  sondern  auf  einer  Eathedra  siteg^bäude  und  der  bischöflichen 
fahren  wir  über  das  Schicksal  der  ältesten^^^  diesem  selbst  lässt  sich  nach 
Wohnung;  sie  lagen  nördlich  vom  Dop^^^gg  g^  etwas  nordöstlich  von  dem 
den  unklaren  Überlieferungen  "^^rria^^^^Yi&nenheit  kann  der  Abstand  nur 
jetzigen  Dome  stand;  nach  der  /^ 
unbedeutend  gewesen  sein.]      ^^^^^  Bischof  Bernhard  mit  dem  Neubau,  weihte 

[Der  2.  Dom.  Sofort ^^  ^^^  ^  ^^g^l,  ^u^de  das  "Werk  wenigstens 
schon  966  einen  Altar  /^'  '^^^^  ^^  j^  Gebrauch  genommen  werden  konnte, 
teilweise  hergestellt,  'f  g  H  (p  85-88)  weihte  Bischof  Hüdeward  die  Krypta 
Nach  dem  Beriet^  ^  Stephanus.    Er  errichtete  an  der  Osteeite  (ako  in 

t  iÄ  Altar  der  h.  Ju^^r.,  ^^^^^^^  ^^.^^^ 

r^elZr  für  beide  zusammen,  südlich  einen  des  h.  Petrus  und  Paulus 
nLlTetetATar  der  beiden  hh.  Johannes.    AUe  diese  Altäre  wurden  mit 
SSn  vTeLTiligen  aufs  reichste  ausgestattet    ^  der  Krypta  -rd^  ^e . 
Leiche  des  968  gestorbenen  Bischofs  Bernhard  beigesetzt  "/^  f  *^^/i^  '' 
t^  «nkte  Hiirward  den  Dom  „mit  einem  Schatze,  köstlicher  als  Gold  und  Topas, 
Smth  mTdemtlute  des  h.Steph-us  samt  zweiGUedern  von  ihm  und  seinem 


l 


228      Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Baugeschichte:  der  2. Dom) 


Gewände,  alles,  wie  man  es  in  dem  Altar  fand,  in  welchem  Drogo,  der  Bischof 
von  Metz,  diese  Dinge  samt  dem  Arme  des  Heiligen  niedergelegt  hatte.  Am 
10.  Mai  980  (der  seitdem  ein  hoher  Feiertag  in  der  Halberstädter  Diöcese  blieb) 
wurden  die  Reliquien  von  der  Geistlichkeit  und  einer  unermesslichen  Volksmenge 
in  Empfang  genommen. 

Allmählich,  aber  vergleichsweise  sehr  rasch,  wurde  der  Dom  vollendet  Die 
Weihe  fand  statt  unter  der  Regierung  Ottos  HL  am  16.  Oktober  992.  Anwesend 
waren  die  Erzbischöfe  von  Mainz,  Magdeburg  und  Hamburg  (samt  ihren  Suffragan- 
Bißchöfen),  ferner  acht  andere  Bischof^.  Diese  elf,  welche  mit  Hildeward  zusammen 
gleich  der  Zahl  der  Apostel  waren,  halfen  bei  der  Weihe  des  Doms.  Mithilfe 
leisteten  die  Äbte  von  Monte  Cassino,  Corvey,  Lüneburg  und  viele  andere. 
Auch  Otto  in.  wohnte  der  Weihe  in  vollem  Königsschmucke  bei;  er  schenkte 
dem  Altar  des  Ja,  Stephan  seinen  goldenen  Stab,  der  noch  zu  Zeiten  des  Ver- 
fassers der  GEH  (also  zwischen  1209  und  1218)  im  Dome  aufbewahrt  wurde. 
Anwesend  war  auch  die  Kaiserin  Adelheid  mit  ihrer  Tochter  und  Nichte,  den 
Äbtissinnen  von  Quedlinburg  und  Gernrode;  sie  beschenkten  die  neue  Kirche 
reichlich.  Alle  sächsischen  Grossen  und  viele  andere  Fürsten  und  Vornehme 
spendeten  samt  einer  gewaltigen  Volksmenge  fröhlichen  Zuruf.  Das  Fest,  wie 
^n   ähnliches  noch   von  niemand   erlebt  worden   war,  fand   statt  am  Tage  des 

'^llus.    Die  Einzelheiten  der  Weihe  waren  folgende: 
h.  Drädeward   weihte   den   grösseren  Altar  und  somit  die  ganze  Kirche  der 
einer  Braut  und   dem  h.  Stephanus.    Er  schmückte  den  Altar  „wie  das  Haupt 
von  der  Kripplt  zwölf  Edelsteinen  und  barg  in  ihm  eine  Kreuzpartikel,  Reste 
Körper,  ein  Stüctf  dem  Grabe  des  Herrn,  den  Bart  S.  Peters,  etwas  von  seinem 
und  Reste  vieler  andb^^^^^^  ^®^  Evangelisten  Johannes,  die  Stephanusreliquien 
von  Magdeburg  einen  aTL^^'^S®^-    -^^  ^®^  Südseite  dieses  Altars  weihte  Giselar 
Innocenz,  Vitalis  und  aller  '64  Ehren   der  hh.  Mauritius,  Exuperius,  Kandidus, 
Kleide   des  h.  Mauritius  und  ifeU  Märtyrer  und  beschenkte  den  Altar  mit  dem 
vom  Hauptaltar  weihte  Livezo  von  ^'^  ^^^  übrigen  eben  Genannten.    Nördlich 
Vitus,  Justinus  und   Cyriacus.    An  de?*^^^^  ®^^^"   ^^^^  *^^  ^^®  ^^'  ^^^^^^^^^ 
Erpo  von  Verden  einen  Alter  dem  h.  Papsß^  ^^^  Klosters  gegen  Süden  weihte 
lieh  an  der  Pforte  der  bischöflichen  Wohnung"  w"^^^^  "^^  ^^^  ^'  Cäcilie.    Nord- 
Altar  dem   h.  Dionysius   und  h   Liborius     Im  We^  ^^*^^  ^^"  Paderborn  einen 
des  hohen  Chors  weihte  Hugo  von  Zeitz  einen  Altar  zu''^''  ^''''^^'  '"^  "^^^  ^^^^ 
Sixtus  t  Felicissimus,  Agapetus  und  Januarius.    Südlich  Ä'^  ^''  ^1*!;  ^^'"^^ 
Hildebald  von  Worms  einen  Altar  zu  Ehren   der  Märtvrer  f '""  ^^""'^  ''^'^'' 
lytus     Pankraz,  Vincenz  und  Cyriacus.    Gegen  Norden  aber^^^^^^^^^^        ^^^' 

.  JNach  der  Schilderung  der  Einweihung  in  den  GV  n    Ai^  r^v  i 

Schwieriekeit  haf    i«f  ,in„K   «„  •  i    •  u        .  ^^  ü  M,  die  freilich  manche 

_^ngie|Wiat,  ist  doch  soviel  sicher,  dass  der  Dom  einen  Westehor  gehabt 

'  Der  also  schon  damals  Kompatron  der  Kirche  war. 


Halberstadt  (der  Dom :  Baugeschichte :  der  2.  und  3.  Dom)  229 

hat  Es  scheint  aber  auch,  dass  er  östlich  eine  Haupt-  und  zwei  Nebenapsiden 
besass.  Wenigstens  erklärt  sich  so  am  einfachsten  die  Anlage  von  Altären 
nördlich«  und  südlich  vom  Hauptaltar.  ^  Die  von  Erpo  von  Verden  und  Rithar 
von  Paderborn  angelegten  Altäre  dürften  am  passendsten  an  den  beiden  Seiten 
des  Querschiffs  zu  denken  sein.  In  der  Nähe  befand  sich  an  der  Südseite  die 
Thür,  welche  zu  den  Klosterräumlichkeiten  führte,  nördlich  die  zur  Bischofs- 
wohnung. Ob  letztere  Gebäude  noch  von  älterer  Zeit  her  stehen  geblieben  oder 
jetzt  gleichfalls  neu  erbaut  waren,  geht  aus  der  Erzählung  der  GEH  nicht 
hervor,  ja  der  Ausdruck  monasterium  .  .  .  a  fundamentis  studiosissirae  reparavit 
weist  sogar  direkt  nur  auf  den  Dom  hin ,  weil  das  Kloster  nur  immer  claustrum 
genannt  wird.  Was  die  Bauart  der  Kirche  selbst  betrifft,  so  haben  wir  sie  uns 
als  Basilika  zu  denken,  wahrscheinlich  als  solche,  in  welcher  Pfeiler  und  Säulen 
abwechselten.  Denn  überhaupt  erscheint  der  wohl  aufgetauchte  Gedanke,  dass 
gemäss  der  Erziehung  Hildebrands  der  Baugedanke  von  St.  Gallen  im  Halber- 
städter Dome  erneuert  worden  sei,  als  durchaus  unwahrscheinlich. 

Am  18.  April  1060  ging  durch  eine  Feuersbrunst  dieser  Dom  zu  Grunde.) 
[Der  3.  Dam,  das  Werk  Bischof  Buccos,  elf  Jahre  nach  dem  Brande 
(11.  Juni  1071)  geweiht,  dürfte  im  wesentlichen  eine  Wiederherstellung  des  vorigen 
gew^esen  sein,  von  dem  vermutlich  noch  bedeutende  Reste  übrig  waren.  Bucco 
beschenkte  den  Dom  mit  neuen  Glocken,  was  darauf  deutete,  dass  der  Brand 
von  1060  ganz  besonders  die  Türme  betroffen  hatte,  und  schmückte  ihn  mit 
Malereien,  kostbarem  Gerät  und  einem  Ambo.  Besondere  Sorgfalt  widmete  er 
dem  hohen  Chor,  welcher  Gold-  und  Silberschmuck  erhielt.  An  der  Weihe 
beteiligten  sich  7  Erzbisqhöfe  und  Bischöfe,  darunter  Adelbert  von  Hamburg, 
Ricbert  von  Verden  u.  a.  Ausserdem  war  Heinrich  IV.  in  königlichem  Ornate 
zugegen  samt  seinen  Verwandten  und  grossem  Gefolge,  unter  dem  sich  auch  Otto 
von  Northeim  befand. 

Die  Herstellung  des  Domes  scheint,  da  sie  so  beeilt  wurde,  nicht  sehr  sorg- 
fältig gewesen  zu  sein.  Schon  Bischof  Rudolf  (11147)  war  zu  Ausbesserungen, 
besonders  des  Daches,  welches  er  (angeblich  1135)  mit  Blei  decken  liess,  genötigt. 
Seiner  Bauliebe,  die  sich  unter  anderm  auch  an  der  liebfrauenkirche  bethätigte, 
möchte  ich  jene  romanischen  Reste  zuschreiben,  welche  sich  noch  jetzt  unter  dem 
Remter  und  östlich  vom  Kreuzgange,  zwischen  letzterem  und  der  Stephanskapelle 
vorfinden.  Über  die  Beschaffenheit  der  erstgenannten  Räume  vgl.  die  Bau- 
beschreibung. Sie  gehören  ebenso  wie  eine  einzelne  Säule  (s.  daselbst)  offenbar 
der  rudolfinischen  Zeit  an.  Was  den  anderen  Raum  (vor  der  Stephanskapelle) 
betrifft,  so  benutzte  Rudolf  bei  dessen  Ausbau  den  noch  brauchbaren  Teil  eines 
älteren  Gewölbes.  Man  hat  diesen  Raum  als  Krypta  des  3.  Domes  angesehen. 
Dagegen  sprechen  viele  Gründe,  ganz  besonders  folgende :  Erstens  giebt  es  keinerlei 
Beweis,  dass  jener  Dom  südlich  vom  jetzigen  gelegen  habe.  Es  ist  vielmehr  sicher, 
dass  er,  wenn  er  auch  kürzer  war,  doch  wenigstens  mit  seinem  Westende  auf  der- 
selben Stelle  stand  wie  dieser.   Seit  965  ist  jeder  Dom  gewissermassen  nur  immer 


*  Das  Gleiche  von  dem  Westchor  anzunehmen  dürfte  durch  die  Analogie  anderer  nahe 
gelegener  doppelchöriger  Kirchen  (Quedlinburg,  Gernrode)  verhindert  werden.  Die  3  Altäre 
werden  also  in  einem  Kaum  gestanden  haben. 


230    Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Baugeschichte:  der  3.  u.  4.  Dom) 

die  Reparatur  des  vorigen  gewesen;  auch  nach  1179  stellte  man  den  Dom  nur 
notdürftig  wieder  her  und  nach  1220  begann  man  damit,  dessen  hässliche  Er- 
scheinung stückweise  nach  und  nach  zu  verbessern  und  zu  erweitem.  Eiie  Platz- 
veränderung hat  nicht  stattgefunden.  Zweitens  hat  diese  angebliche  Krypta  die 
Längenerstreckung  von  Norden  nach  Süden,  würde  also  gegen  die  orientierte  Dom- 
kirche quer  gelaufen  sein,  was  ausgeschlossen  ist  Endlich  nennt  eine  Erwähnung 
von  1417  der  Stephanskapelle  diese  ausdrücklich  als  an  dem  alten  Kapitel- 
saale erbaut  (capellam  nostram  novam  inferiorem  in  ambitu  ecclesiae  nostrae 
in  antiquo  loco  capitulari  fabricatam.  U.  B.  d.  Höchst.  IV,  3  41).  Wäre  der  Raum 
je  Krypta  gewesen  und  hätte  er  Gräber  enthalten,  so  hätte  man  ihn  ver- 
mutlich nicht  zum  Kapitelsaal  gemacht.  So  aber  blieb  er  es,  da  er  es  seit  alter 
Zeit  war,  bis  zur  Erbauung  eines  neuen.  Was  sonst  zum  3.  Dome  gehört,  und 
wie  er  im  einzelnen  ausgesehen  habe,  ist  nicht  zu  ergründen.  Nur  sicher  ist, 
dass  er,  wie  schon  gesagt,  im  ganzen  kleiner  war  als  der  jetzige.  Die  Zerstörung, 
welche  ihn  samt  der  Stadt  am  22.  September  1179  betraf,  war  keineswegs  voll- 
ständig. —  Die  Beseitigung  aller  seiner  Reste  geschah  erst  bei  dem  späteren 
Neubau  des  5.  (jetzigen)  Domes,  wobei  man  ausser  der  oben  erwähnten  einzelnen 
Säule,  von  der  wir  es  wissen,  sicher  noch  vieles  andere  als  Füllwerk  der  neuen 
Mauern  verwendet  hat] 

[Der  4.  Dom.  Im  Jahre  1181  ist  die  Rede  von  einer  Wiederherstellung 
der  beschädigten  Kirche.  Die  Festhaltung  dieses  Gedankens  war  es,  die  ver- 
hinderte, dass  etwas  Ordentliches  geschah.  1193  giebt  es  im  Dome  einen  Heilig- 
kreuz-Altar, vor  dem  Bischof  Theodor  begraben  wird.  Gardolf  bemüht  sich 
weiter  um  den  Dom,  beschenkt  ihn  mit  einem  Taufstein,  einer  Glocke  und  einem 
Altar  der  Maria  Magdalena.  —  Ein  anderer  Altar  (S.  Jakobi  des  Jüngeren)  wird 
von  Bischof  Konrad  imter  dem  Turme  gestiftet.  Der  4.  Dom  hatte  also  keinen 
Westeingang,  so  wenig  wie  der  dritte,  weil  sich  vor  ihm  der  Westchor  befand, 
der  auch  in  der  folgenden  Periode  noch  eine  Rolle  spielte.  Die  Nachricht,  dass 
Konrad  die  Kirche,  „welche  hässlich,  roh  und  von  verächtlichem  Aussehen  war," 
habe  vergrössern  und  durchaus  würdig  einwölben  lassen,  deutet  darauf,  dass  bei 
dem  Wiederherstellungsbau  bis  dahin  nur  die  Schnelligkeit  und  Wohlfeilheit 
massgebend  gewesen  waren.  Das  1214  erwähnte  Kirchenschiff  ist  darum  sicher- 
lich ein  unscheinbares  gewesen.  Am  16.  August  1220  erfolgte  die  Weihe 
durch  die  Bischöfe  von  Halberstadt,  Hildesheim,  Minden,  Havelberg  und  Preussen. 

Dass  aus  dieser  Zeit  nichts  erhalten  ist,  irgend  welche  Bauteile  des  jetzigen 
Domes  nicht  daher  stammen  können,  ist  offenbar.  Wenn  eine  Kirche  deformis, 
rudis,  ac  despecta  genannt  wird,  so  kann  sie  nicht  so  ausgesehen  haben,  wie 
sich  nach  den  schönen  ältesten  Bestandteilen  jetzt  schliessen  lässt. 

Die  Wiederaufnahme  des  Baus  entsprang  dem  Wunsche,  dem  Halber- 
städter Dome,  aus  dem  bei  fortgesetzter  Flickarbeit  doch  nichts  Rechtos 
werden  konnte,  durch  allmählichen  vollständigen  Umbau  und  Vergrösserung 
ein  würdiges  Äusseres  zu  geben.  Man  ist  gewöhnt,  die  Entstehung  der 
ältesten  Teile  dem  Verdienste  des  Johann  Semeca  zuzuschreiben.  Semeca 
(Cemeca,  Zemeke,  Magister  Johannes)  war  angeblich  von  niederer  Herkunft, 
studierte  in  Paris  und  wurde  einer  der  bedeutendsten  Juristen  der  Zeit  In 
Halberstadt  erscheint  er  urkimdlich  als  Magister  1224,  als  Scholastikus  1234,  als 


Halberstadt  (der  Dom:  Baugeschichte:  I.Periode)  231 


Decbant  1235 — 41.  Winnigstedts  Chronik  erzählt,  er  sei  1245  vom  Blitz  erschlagen, 
doch  ist  wenigstens  das  Datum  unrichtig,  da  er  noch  in  einer  Urkunde  vom 
September  1263  (ungedr.  Urkk.  des  Johannesstiftes)  vorkommt.  Von  seinen  Fähig- 
keiten als  Architekt  berichtet  nur  die  alte  Tradition,  keine  Urkunde,  und  die 
einzige  sichere  Nachricht,  Semeca  habe  sich  um  die  Erbauung  der  Halberstädter 
Stadtmauern  verdient  gemacht,  beweist  nicht,  dass  er  Architekt  war.  Wie  es 
sich  damit  auch  verhalten  mag,  soviel  sieht  man  aus  den  stilistischen  Merkmalen, 
dass  der  seinem  Einfluss  zugeschriebene  Teil  des  Domes  auch  zu  seiner  Zeit 
entstanden  ist,  gegen  1230—40  etwa,  also  unter  seinem  Dechanate. 

Das  erste  Bauglied,  dessen  Erneuerung  geplant  wurde,  war  der  Westchor. 
Ihn  wollte  der  Domküster  und  Probst  zu  Jechaburg  Burchard  von  Warberg  auf 
seine  Kosten  und  zu  Ehren  der  h.  Jungfrau  und  des  h.  Sixtus^  neu  erbauen 
lassen.  Auch  stiftete  Burchard  dort  testamentarisch  eine  Vikarie  beider  Heiligen. 
Da  diese  nun  aber  erst  nach  seinem  Tode  eingeführt  werden  sollte,  femer  der 
Ausdnick  in  der  Urkunde:  in  occidentali  choro,  quem  ipse  .  .  .  constituit  nicht 
so  klar  ist,  dass  man  daraus  die  Fertigstellung  oder  auch  nnr  die  im  Werden 
befindliche  Herstellung  des  Westchors  abnehmen  könnte,  so  darf  man  wohl 
vermuten,  dass  jene  damals  nur  erst  beabsichtigt  und  verabredet  war.  Wahr- 
scheinlich gab  man  das  Ganze  bald  darnach  auf,  weil  es  noch  auf  den  vorigen, 
anders  und  besonders  kleiner  gestalteten  Turmbau  berechnet  war.  Als  man  bald 
darnach  an  dessen  Erneuerung  ging,  erfolgte  diese  nach  durchaus  verändertem 
Plane.    Hiermit  erst  beginnt  die  Baugeschichte  des  jetzigen  Doms.] 

Der  5.  Dom.  Die  Geschichte  der  Entstehung  des  gegenwärtig  vorhandenen 
Doms  erstreckt  sich  über  den  weiten  Zeitraum  von  rund  drei  Jahrhunderten,  ist 
damit  aber  noch  nicht  abgeschlossen.  Obgleich  die  Bauthätigkeit  in  dieser  ganzen 
Zeit  eigentlich  nie  unterbrochen  wird,  und  sich  auch  später  noch  fortsetzt,  so 
lassen  sich  doqh  mehrere  Abschnitte  deutlich  von  einander  trennen. 

Der  ersten  Periode  gehören  diejenigen  Teile  an,  die  aus  der  Zeit  des  Über- 
gangsstils stammen:  der  Turmbau  mit  der  Westfront,  zweierlei  Stücke  am  Chor, 
die  Schatzkammer;  femer  ausserhalb  des  Doms:  der  Remter,  der  Kreuzgang,  die 
Doniküsterwohnung. 

Anschauung  französischer  und  rheinischer  Baukunst  haben  zusammen 
gewirkt,  um  dem  Dome  eine  durchaus  neue  Erscheinung  zu  sichern.  Der 
Westchor  fiel.  Hinter  ihm  erwuchs  von  Norden  beginnend  ein  mächtiger 
Doppelturmbau  mit  prachtvoll  ersonnener  Westfront,  geschmückt  von  fein  durch- 
gearbeitetem Portale  und  einer  Fensterrose.  Gleichzeitig  fasste  man,  um  dem 
Bau  die  Ähnlichkeit  mit  der  früheren  doppelchörigen  Anlage  einigermassen  zu 
bewahren,  den  Plan,  statt  des  verschwundenen  Chors  hier  an  der  Westseite  eine 
dreischiffige  Säulen  verhalle,  sog.  Paradies,  zu  errichten.  Es  ist  nicht  zur  Aus- 
führung gekommen,  sehr  bedauerlich,  weil  die  noch  vorhandenen  Ansätze  dazu 
beweisen,  dass  hier  ein  Werk  von  hohem  Reiz  beabsichtigt  war.  Späterhin 
erbaute  man  statt  dessen  eine  hölzerne  Vorhalle,  die  noch  bis  ins  18.  Jahrhundert 
vorhanden  war. 


*  Vgl.  was  oben  über  den  Westchor  des  2.  Doms  gesagt  ist.  —  Obige  Notiz  über  den 
Warbergiscben  Westchor  steht  in  einer  Urk.  von  1227.    Uß.  des  Höchst.  I,  602. 


232       Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Born:  Baugeschichte:  1.  Periode) 


Dass  die  ersten  Joche  des  Langhauses  auch  schon  angefangen  wurden^  ist 
unwahrscheinlich;  nur  sichtbar  ist,  wo  sie  ansetzen  sollten.  Zu  gleicher  Zeit 
begann  hinter  dem  Chor  des  4.  Domes  der  Bau  des  Chors  samt  seiner  Krypta, 
die  zuerst  1258  genannt  wird.  Wo  diese  lag,  wird  in  gleichzeitigen  Urkunden 
nicht  berichtet,  lässt  sich  aber  aus  späteren  mühelos  schliessen.  Es  wird  nämlich 
die  Marienkapelle,  von  der  unten  weiter  zu  reden  ist,  oft  genannt:  in  crypta. 
Das  würde  noch  nicht  viel  beweisen,  man  möchte  vielleicht  sogar  an  irgend  eine 
andere  Kapelle  gleichen  Namens  denken,  freilich  wäre  nicht  zu  sagen,  an  welche. 
Dass  nicht  an  den  Baum  vor  der  Stephanskapelle  gedacht  sein  kann,  ist  oben 
schon  dargethan.  Eine  Nachricht  vom  1.  Oktober  1477  macht  aber  die  Sache 
deutlich.  Dort  heisst  dieselbe  Kapelle  „unser  leven  Frowen  klufft  effte  capellen 
boven  unde  tiegen  deme  chore"  und  in  ihr  ist  die  Vikarie  „geheyten  unser 
leven  Frowen  altare  in  cripta."  Die  erstere  Ortsbestimmung  ist  durchaus 
zutreffend:  oberhalb  des  Chores  in  ihn  eingeschoben  liegt  allerdings  die 
Marienkapelle.  Natürlich  gab  es  1477  dort  längst  keine  Krypta  mehr,  aber 
der  Altar  hatte  den  Namen  geerbt,  welchen  der  früher  an  derselben  Stelle,  in 
der  Mittelapsis  der  Krypta,  stehende  geführt,  und  den  dieser  schon  von 
Bischof  Hildeward  974  erhalten  hatte.  Wer  noch  nach  äusseren  Zeichen  sucht, 
dass  der  alte  Dom  des  Übergangstils  seine  Krypta,  also  auch  seinen  Chor  an 
derselben  Stelle  gehabt  hat,  wie  der  jetzige,  findet  ein  solches  in  der  sog.  Klee- 
blattthür,  einem  zum  Stil  des  Westbaus  durchaus,  zu  dem  des  jetzigen  Chores 
gar  nicht  passenden  Stück.  Sie  .muss  einen  Eingang  zur  Krypta  gebildet  haben, 
da  sie  zur  ebenen  Erde  (in  der  nordöstlichen  Travee  des  Chorschlusses)  liegt 
Zu  solchem  Zwecke  würde  auch  die  Schlichtheit  und  Schwere  ihrer  Form  passen. 
Die  eigentümliche  schräge  innere  Verkröpfung  ihres  Gewändes  rechts  dürfte 
darauf  deuten,  dass  hier  ehemals  eine  geviertelte  Treppe  nach  Osten  in  die  Krypta 
hinabführte.  Eine  andere  ähnliche  Thür  lag  südöstlich  symmetrisch.  Die  erstere 
bewahrte  man,  so  lange  die  Krypta  noch  gebraucht  wurde,  und  es  keinen  anderen 
Zugang  zu  ihr  gab,  weil  der  ganze  Chor  der  Bauarbeiten  wegen  viele  Jahre 
vom  Langhause  abgetrennt  war.  Späterhin  baute  man  sie  einfach  mit  ein,  um 
sie  als  Choreingang  zu  benutzen.  —  Dass  der  Chor  etwa  an  der  Stelle  der 
heutigen  Vierung  gelegen  hätte,  ist  durch  nichts  zu  beweisen.  Was  man  als 
dessen  Rest  angesehen  hat,  wird  sich  als  etwas  ganz  anderes  herausstellen. 
Vorweg  sei  hier  auf  einen  sehr  merkwürdigen  Befehl  des  Bischofs  Albrecht 
hingewiesen,  den  er  erliess,  als  der  Neubau  des  Chors  nach  der  Mitte  des 
14.  Jahrhunderts  begann.  Da  verfügte  er  nämlich,  man  solle,  da  durch  den 
Umbau  auch  die  Zerstörung  mehrerer  Altäre  im  Chor  notwendig  geworden 
sei,  um  keine  Unterbrechung  des  Kultus  herbeizuführen,  hölzerne  Altäre  pro- 
visorisch aufstellen.  Wenn  der  alte  Chor  erhalten  blieb,  während  der  neue 
gebaut  wurde,  weshalb  sollte  man  in  ihm  die  Altäre  vorzeitig  zerstört  haben? 
Hätte  man  nicht  vielmehr  zuerst  die  Altäre  des  neuen  Chors  vollendet  und 
sie  dem  Gebrauche  übergeben?  Nein,  der  alte  Chor  musste  erst  beseitigt 
werden,  weil  er  dem  Neubau  im  Wege  stand,  und  darum  zerstörte  man  jene 
Altäre,  grenzte  dann  jedenfalls  durch  eine  Wand  das  Langhaus  gegen  den  Altar- 
raum ab  und  vollendete  dahinter  den  Bau,  während  der  Chordienst  einstweilen 
an  den  provisorischen   Altären  im  Langhause   versehen  werden  musste.    Dass 


\ 


Halberstadt  (der  Dom:  Baugeschichte:  1. Periode)  233 


dies   ein  halbes  Jahrhundert  dauern  würde,    konnte   man  freilich   nicht   vor- 
hersehen. 

Auch  noch  ein  anderes  Stück  musste  bei  bem  Chomeubau  niedergerissen 
werden :  die  Ludgerkapelle.    Von  ihr  soll  sogleich  weiter  die  Kede  sein. 

Zunächst  ist  als  Resultat  des  Vorhergehenden  festzustellen,  dass,  weil  die 
Westfront  noch  da  ist,  und  der  Chor  (nebst  Krypta)  unzweifelhaft  an  Stelle  des 
jetzdgen  stand,  der  5.  Dom  schon  in  seiner  ersten  Bauperiode  in 
derselben  oder  ganz  unwesentlich  geringerer  Länge  gedacht 
war  als  derjenigen,  welche  er  auch  jetzt  hat.  Nur  so  gewannen  Länge 
und  Breite  des  Doms  das  richtige  Verhältnis  zu  einander.  Hier  kommt  aber 
ein  Moment  hinzu,  was  die  Sache  auffallend  machen  könnte.  Die  Baubeschrei- 
bung wird  lehren,  dass  derselbe  Dom  niedriger  werden  sollte  als  er  heute  ist; 
das  Mittelschiff  nur  so  hoch,  dass  der  Mittelbau  zwischen  den  Türmen  frei 
stehen  konnte.  Das  hätte  denn  zwischen  Länge  und  Höhe  ein  merkliches 
Missverhältnis  abgegeben.  Auch  heute  noch  ist  ein  solches  vorhanden  trotz  der 
grösseren  Höhe  der  Kirchenschiffe;  auch  in  neuester  Gestalt  beherrschen  die 
Türme  nicht  den  langen  Bau,  und  dies  wird  durch  den  kleinen  Dachreiter  nicht 
beseitigt.  Es  ist  genau  derselbe  Übelstand,  an  welchem  auch  der  Dom  zu  Magde- 
burg leidet.  Diese  Schwierigkeit  konnte  nur  dadurch  sicher  und  harmonisch 
gelöst  werden,  wenn  der  Dom  vier  Türme  erhielt!  Das  ist  damals  richtig 
erkannt,  und  die  Ausführung  auch  begonnen  worden.  Noch  lebte  und  baute 
man  ja  im  Geschmack  der  romanischen  Epoche.  Die  rheinischen  Vorbilder  des 
Doms  und  deren  Nachbild,  die  auf  demselben  Platze  stehende  Liebfrauenkirche, 
gaben  leicht  das  Muster  dazu  her.  Auch  der  Dom  zu  Magdeburg  that  es,  dessen 
Zusammenhang  mit  dem  Halberstädter  Dom  längst  bekannt  ist.  Auch  er  ist 
als  viertürmige  Anlage  gedacht  gewesen.  Die  Torsos  seiner  zwei  viereckigen 
Osttürme  stehen  unmittelbar  hinter  dem  Querhause,  über  dessen  Giebelwände 
nicht  hinaustretend.  Betrachtet  man  den  Grundriss  unseres  Doms,  so  sieht  man 
die  Anfänge  eines  solchen ,  genau  entsprechend  gelegenen  und  ähnlich  grossen 
Turmes  östlich  vom  südlichen  Kreuzarm,  wo  eine  Mauermasse  auffällt,  deren 
Dicke  motiviert  ist  dadurch,  dass  an  den  dort  stehenden  Chorstrebepfeiler  eine 
andere  Wand  sich  anlehnt.  Die  nach  dem  Kreuzgange  gelegene  Wand  dieses 
Bauteils  tritt  aus  der  Kreuzgangswand  deutlich  unterscheidbar  hervor,  hat  auf 
der  Westecke  die  Beste  zweier  massig  starker  Ecksäulen  und  ein  in  der  Quere 
sich  über  die  Mauer  ziehendes,  schmales  Gesims.  Der  Innenraum  enthält  jetzt 
eine  Treppe,  die  sichtlich  erst  später  eingesetzt  ist.  Ursprünglich  diente  der 
Raum  als  Kapelle,  wie  zwei  Sakramentsnischen  an  der  Ostwand  deutlich  zeigen. 
Hier  einen  Überrest  des  ehemaligen  Chores  zu  vermuten  ist  darum  irrig,  weil 
der  Baum  ausserhalb  des  Kirchenschiffs  liegt.  Hat  man  hier  vielmehr  ein  Über- 
bleibsel des  Südostturms  zu  erkennen,  *so  entsteht  die  Frage,  ob  es  auch  einen 
Nordostturm  gegeben  habe.  Nun  wurde  im  Mai  1354  die  Erlaubnis  erteilt,  die 
Kapelle  St.  Ludger  abzubrechen,  weil  sie  dem  Bau  des  neuen  Chores  im  Wege 
stand.  Sie  befand  sich  nach  urkundlicher  Beglaubigung  am  Dom  auf  der  Nord- 
seite. Die  Steine  sollten  zur  Vollendung  des  Chorbaus  dienen.  Dass  sie  wirklich 
damals  schon  abgebrochen  wurde ,  erfahren  wir  nicht.  Erst  im  15.  Jahrhundert 
wurde  der  Bau  der  nördlichen  Chorseite  mit  der  ersten  Travee  neben  dem  Quer- 


234     Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  fiaugeschichte :  l.u.  2.  Periode) 

hause  östlich  beendet.  Das  ist  aber  gerade  die  Stelle,  wo  ein  Nord- Ost-Turm, 
wenn  es  ihn  gab,  gestanden  haben  muss.  Elis  (p.  9)  nimmt  nun  diesen  Platz  als 
den  der  Ludgerkapolle  an.  Wenn  er  recht  hat,  wogegen  sich  nichts  sagen  lässt, 
so  folgere  ich  daraus,  dass  die  Ludgerkapelle  der  viereckige,  untere 
Innenraum  des  Nord-Ost-Turms  war!  Er  musste  weichen,  um  denEin- 
druck  des  schönen  nördlichen  Frontbaus  nicht  zu  stören,  während  sein  südlicher 
Genosse,  wenigstens  zum  Teil,  stehen  bleiben  durfte;  war  doch  die  Südseite 
unten  ohnehin  durch  die  Stiftsgebäude  verdeckt 

So  sind  also  in  der  ersten  Periode  erbaut:  Die  Westtürme,  die  verschwun- 
denen Osttürme,  der  im  14.  Jahrhundert  verschwundene  Chor  mit  der  Krypta. 
Ferner  entstand  zu  ähnlicher  Zeit  der  Kreuzgang,  die  Schatzkammer  und  der 
Remter.    Der  Stil  dieser  Baulichkeiten  giebt  dafür  den  hinlänglichen  Beweis. 

Mir  scheint  nicht,  dass  es  für  uns  zu  bedauern  ist,  dass  damals  nicht  mehr 
vollendet  wurde.  Gerade,  dass  der  Halberstädter  Dom  nicht  aus  einem  Gusse 
entstanden  ist,  bildet  einen  seiner  Hauptreize,  wie  bei  so  vielen  mittelalterlichen 
Bauten.  Eine  andre  Frage  ist  es,  ob  es  denen,  die  jeweilig  daran  schufen, 
erwünscht  war,  ihr  Werk  unvollendet  zu  lassen.  Gewiss  oft  nur  mit  schwerer 
Entsagung  mögen  sie  Abstand  genommen  haben.  Die  Hauptursache  war  zu 
allen  jenen  Zeiten  die  Unsicherheit  des  Lebens,  die  schlechte  wirtschaftliche 
Lage.  Um  nur  einigermassen  weiter  kommen  zu  können,  benutzte  man  das 
Mittel  der  Ablässe,^  in  dieser  Periode  allerdings  noch  nicht  so  ausgiebig  wie  in 
der  folgenden.  —  Von  einem  Bauamte  wird  noch  nichts  berichtet,  was  jedenfalls 
nur  Zufall  ist 

2.  Periode.  Während  des  13.  Jahrhunderts  weicht  die  Neigung  zur  Schwer- 
mut, die  Befangenheit  und  Schwerfälligkeit  der  früheren  Zeit;  die  Freude  an 
Licht,  Leben  und  Bewegung  lässt  die  Kirchen  hoch,  hell  und  geräumig  werden. 
Auch  in  Halberstadt  lässt  man  den  bisherigen  Bauplan  endgiltig  fallen  und 
entwirft  einen  neuen,  der  für  alle  Folgezeit  massgeblich  blieb,  wenn  auch  die  , 
Einzelheiten  ihre  Gestalt  nach  dem  veränderten  Zeitgeschmack  wechselten.  Nur 
von  dem  Entwürfe  des  neuen  Chors  musste  später  abgewichen  werden.  Er 
sollte  ursprünglich  gleich  dem  Magdeburger  im  halben  Zehneck 
geschlossen  und  wahrscheinlich  gleichfalls  mit  einem  Kapellen- 
kranze versehen  werden!  Als  Beweis  dafür  lässt  sich  ansehen,  dass  die 
Breite  der  Traveen  (durchschnittlich  5,50  m)  im  Verhältnis  zu  dem  Halbmesser 
des  Chores  (8,52  m)  genau  dazu  stimmt,  um  dem  Chore  einen  halbzehneckigen 
Abschluss  zu  geben.    Eine  einfache  trigonometrische  Rechnung  bestätigt  dies. 

Zunächst  aber  entstand  das  Schiff  des  Langhauses  in  Anlehnung  an  das 
Vorbild  des  Doms  zu  Rheims.  Die  drei  ersten  Joche  sind  noch  erhalten.  Das 
Schiff  scheint  1276  fertig  gewesen  zu  sein.  Das  Geld  war  zu  der  Zeit  ganz 
besonders  spärlich.  Allein  zwischen  1252  und  1266  wurde  nicht  weniger  als 
13 mal  nachweislich,  in  Wirklichkeit  sicher  viel  öfter  Ablass  erteilt.  Daneben 
hört  man  von  Strafgeldern,  die  zum  Bau  verwendet  wurden,  von  Schulden;  1297 
gab  das  Liebfraucn-Stift  100  Mark,  wofür  Verpfändung  von  Präbendon  u.  dergl. 
stattfand. 


'  Über  einen  Ablass  1276  s.  H.-Z.  XXIIl,  279. 


Halberstadt  (der  Dom:  Baugeschicbte:  2.  und  3.  Periode)  235 


Von  dem  alten  Chor  ist  einigemal  die  Rede,  urkundliche  Vollziehungen 
finden  in  ihm  statt.  Aber  seine  Zeit  ist  gekommen.  1354  wird  der  Abbruch 
der  Ludgerkapelle  erlaubt;  der  Chorneubau  ist  beschlossen.  Ohne  aber  auf 
dessen  Vollendung,  wahrscheinlich  sogar  ohne  auf  dessen  Beginn  zu  warten, 
reisst  man  die  Apsis  des  alten  Chors  fort,  beseitigt  den  darunter  liegenden 
Teil  der  Krypta  mit  dem  Marienaltar  und  baut  hier  in  viel  zu  beträchtlicher 
Breite,  absichtlich  ohne  den  alten  Plan  für  diesmal  zu  beachten,  eine  neue 
Marienkapelle  hin,  die  1362  fertig  wird.  Ihre  Bestimmung  geht  zunächst  auch 
dahin,  während  des  Chorbaus  provisorisch  als  Sakramentskapeile  zu  dienen.  So 
beherbergt  sie  noch  1434  unses  herren  godes  licham,  also  ein  Kruzifix,  vor  dem 
eine  ewige  Lampe  brennt.  Ihre  Breite  zwingt  zu  weiterer  Abweichung  vom 
ehemaligen  Plan.  Von  der  Idee  des  halbzehneckigen  Abschlusses  muss  jetzt  ab- 
gesehen werden,  der  Chorschluss  erhält  rechts  und  links  von  der  Marienkapelle 
je  eine  plumpe  breite  Travee.  Die  übrigen  werden  nach  dem  alten  Massstab 
weiter  gebaut.  Etwas  anderes  möchte  man  mit  Unrecht  dem  Bau  der  Marien- 
kapelle schuldgeben:  die  südliche  Abweichung  des  Chors  von  der  Achse.  Der 
Fehler  ist  sicher  schon  begangen  worden,  als  Mitte  des  13.  Jj^hrhunderts  hinter 
dem  Chor  des  4.  Domes,  von  diesem  verdeckt,  der  des  5.  entstand.  Die  Gelegen- 
heit, beim  Bau  der  Marienkapelle  mit  der  Verbesserung  dieses  Fehlers  zu  be- 
ginnen, liess  man  vorübergehen.  Man  nahm  eben  den  Chorbau  nicht  auf  einmal, 
sondern  stückweise  vor.  So  zog  sich  der  Bau  lange  hin,  und  erst  1402  wird 
berichtet,  dass  er  vollendet  sei. 

Wiederum  hatte  sich  das  Stift  in  die  erheblichsten  Unkosten  gestürzt;  oft 
hören  wir  davon  und  von  den  so  entstandenen  Schulden ,  die  dadurch  nicht 
beseitigt  wurden,  dass  1344  mehrere  goldne  Kleinodien  beim  Rat  von  Braun- 
schweig versetzt,  1350  zwei  Heiligenbilder  einem  Juden  verpfändet  wurden,  dass 
man  das  Amtsantrittsgeld  der  Kanoniker  um  10  Mark  erhöhte  (1366),  Bischof 
Ernst  eine  Landsteuer  erhob  (1391)  und  das  Bauherrenamt  häufig  bedeutende 
Spenden  erhielt.  —  Von  dieser  fabrica  ist  sehr  oft  die  Rede,  am  ausführlichsten 
unter  Angabe  aller  ihrer  Befugnisse  und  sonstiger,  auch  technischer  Einzel- 
heiten in  dem  Registrum  fabricae  von  1366.^  Die  beiden  darin  genannten 
Bauherren,  die  Domherren  Johann  v.  Romsleben  und  Hermann  v.  Bültzings- 
löwen,  kommen  noch  1373  zusammen  im  selben  Amte  vor.  Es  ist  auch  hier 
wie  «anderwärts,  dass  diese  sog.  Bauherron  nur  Verwaltungsbeamte  waren; 
die  technische  Leitung  hatten  sie  nicht. 

Auch  andere  Bauten  sind  in  dieser  Zeit  ausgeführt,  darunter  die  kost- 
spielige, neue  Eindeckung  des  südlichen  Westturmes,  die  im  Oktober  1366  noch 
nicht  fertig  war.  Auch  das  Schiff  bedurfte  schon  nach  dem  ersten  Jahrhundort 
seines  Bestehens  wegen  zu  schwacher  Konstruktion  der  Strebepfeiler  eines  sehr 
umfassenden  Umbaus.  Mit  ihm  beginnt  ein  neuer  Abschnitt  in  der  Baugeschichte 
des  Doms.  Das  Werk  der  2.  Periode  ist  also:  das  (jetzt  nur  noch  im  Westen 
erhaltene)  Langhaus,  Marienkapelle,  Umbau  des  Chors. 

3.  Periode.  Ehe  der  Umbau  begann,  wurde  ausserhalb  der  Kirche  an  dem 
alten  Kapitelsaale  der  Bau  der  sog.  Stephanskapelle  ausgeführt.  Sie  war  14U5 
noch  im  Bau  und  war  vor  1417  fertig. 

*  Vergl.  Blis  p.  34.    Auf  das  Nähere  hier  eiozugehen,  würde  zu  weit  fuhren. 


236       Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Baugeschichte :  3. Periode) 

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Der  Bau  des  Schiffes  betraf  dasselbe  in  voller  Ausdehnung  mit  Ausnahme 
der  drei  nordwestlichen  Joche.  Die  Arbeit  begann  von  Osten  und  Westen 
ziemlich  zugleich.  Die  an  den  nördlichen  Pfeilern  eingemeisselten  Jahreszahlen 
zeigen,  dass  der  dritte  von  der  Vierung  aus  der  jüngste  ist  (1444),  erbaut  unter 
der  Regierung  Bischof  Burchards  III.  von  Warberg  (f  1459).  Er  vollendete  mit 
der  Schliessung  des  vierten  Gewölbes  im  südlichen  Seitenschiff  (sein  Wappen 
ist  am  Schlussstein)  den  Bau  der  Seitenschiffe.  Das  neue  Mittelschiff  war 
inzwischen  provisorisch  mit  einer  geraden  Balkendecke  versehen.  Burchards 
Helfer  war  der  Domprobst  Ludolf  Quirre  (f  1463).  Das  Querhaus  wurde  eben- 
falls begonnen  und  gegen  1466  eingewölbt,  während  das  Mittelschiff  zwischen 
1470  und  86  seine  Wölbung  erhielt  (Elis,  S.46).  Am  23.  Februar  1450  heisst  es, 
dass  der  Bau  zwar  sehr  prächtig  weitergeführt,  aber  noch  nicht  zur  Hälfte  fertig 
sei.  Diese  Klage  dürfte  sich  vorzugsweise  auf  den  Mangel  an  innerer  Ausstattung 
beziehen.  Die  an  und  für  sich  alten  und  baufälligen  Stiftsgebäude  wurden 
im  selben  Jahre  durch  Brand  beschädigt  und  bedurften  des  Neubaus.  Am 
5.  Dezember  1454  machte  ein  Blitzschlag  Reparaturen  am  Dache  und  an  den 
Türmen  nötig.  i471  war  der  Bau  zum  grössten  Teil  vollendet  und  wurde 
eifrigst  fortgesetzt.  Im  August  1480  ist  die  Rede  von  dem  nördlichen  Portal. 
Der  nördliche  Kreuzarm  war  somit  fertig.  Der  südliche  war  es  wohl  schon 
1463,  wo  Ludolf  Quirre  in  ihm  bestattet  wurde.  Man  hatte  diesen  Kreuzarm 
über  sein  drittes  Quadrat  (auf  mehr  war  er  im  ursprünglichen  Plane  nicht  be- 
rechnet) hinaus  verlängert,  wodurch  eine  Durchbrechung  und  Überbauung  des 
Kreuzganges  nötig  wurde.  Im  Hochsommer  1491  war  man  endlich  so  weit,  dass 
der  Bau,  trotzdem  es  noch  viel  an  ihm  zu  thun  gab,  doch  am  28.  August  durch 
den  Administrator  Ernst  geweiht  und  dem  Gebrauch  vollständig  übergeben 
werden  konnte. 

Während  die  südliche  Empore  bereits  fertig  war  und  mit  ihrem  eigentümlich 
schiefen  Laufe  die  Achsenabweichung  und  die  im  Verhältnis  zum  Langhause 
geringere  Breite  des  Chors  ausgleichen  musste,  erbaute  man  die  nördliche  mit 
ihrem  reicheren  Masswerke  (dat  kruszewerk)  gegen  1500;  1510  wurde  der  Bau 
des  Bischofstuhls,  1514  der  des  Kapitelsaales  (wobei  der  Remter  nördlich  durch- 
brochen werden  musste)  beendet,  alles  in  reichster,  überreifer  Gotik  und  mit 
Aufbietung  der  höchsten  technischen  Meisterschaft.  1574  bekamen  die  Türme 
neue  Obergeschosse.  Ausserhalb  des  Doms  entstand  in  den  ersten  Jahren  des 
lü.  Jahrhunderts  an  der  Ostseite  des  westlichen  Kreuzgangkorridors  die  sogen. 
Neustädter  Kapelle,  der  h.  Jungfrau  geweiht.  Ihren  Namen  hatte  sie  von  ilirera 
Erbauer,  dem  Domprobste  Balthasar  von  Neuenstadt  (zuerst  urkundlich  1461, 
t  1512),  der  einer  bis  ins  14.  Jahrhundert  zurückzuverfolgenden  Familie  an- 
gehörte.^ Er  wohnte  November  1473  in  der  Kurie  B,  der  zweiten  vom  Düstern- 
thor  nach  Liebfrauen  zu.  Seine  Vermögensumstände  waren  gut;  einen  Teil 
seiner  Einkünfte  bezog  er  1501  aus  den  Bergwerken  von  Mansfeld  und  Werni- 
gerode, in  deren  Ertrag  er  sich  mit  dem  bekannten  Mainzer  Buchdrucker  Peter 
Schöffer  und  dessen  Sohn  Johann  gemäss  den  von  ihnen  eingelegten  Geldanteilen 
teilte.    Die  Kapelle,  die  nur  schlicht  ausgeführt  wurde,  war  1502  im  Bau  fertig 


'  y.  Mülverstedt  in  der  H.-Z.  1870,  627. 


Halberstadt  (der  Dom:  Baugeschichte:  S.Periode)  237 


und  erhielt  in  diesem  Jahre  Ablass  zu  Gunsten  ihrer  inneren  Ausstattung  vom 
päpstlichen  Legaten  Kardinal  Rairaund  von  Gurk.   Erst  1516  fand  die  Weihe  statt. 

Abgesehen  von  diesem  letzten  Bau  fielen  die  Kosten  für  alles  andere  dem 
Bistum  zur  Last.  1426  gab  es  darum  wieder  einen  Ablass.  Das  Sammeln  in 
der  Diöcese  übernahm  die  Stephansbrüderschaft,  deren  stationarii  im  Lande 
umherzogen  (1435,  1488).  1448  betrugen  die  Schulden  des  Kapitels,  die  freilich 
durch  vielerlei  verursacht  waren,  noch  6600  rh.  Gulden,  die  bei  den  Kapiteln  zu 
Magdeburg,  Hildesheim,  dem  Rat  zu  Goslar  und  einigen  Privatpersonen  auf- 
genommen waren  und  mit  435  Gulden  verzinst  werden  mussten.  1450  hob 
Bischof  Burchard  das  Kämmereramt  auf,  um  es  dem  Dombauamt  einzuverleiben. 
Doch  war  die  Schuldenlast  inzwischen  noch  bedeutend  gewachsen,  besonders 
durch  die  Kriegsunfälle.  So  erklärt  sich  die  Langsamkeit  im  Fortschritt  der 
Arbeit.  1454  mussten  wieder  mehr  als  350  rh.  Gulden  geborgt,  1471  viele  Güter 
der  Kirche  verpfändet  werden.  1455  gaben  zwei  Vikare,  Johann  Schröder  und 
Gerhard  Barkhusen  800  rh.  Gulden  zum  Bau,  letzterer  ausserdem  Kleinodien 
und  rohes  Edelmetall  für  zusammen  22  Mark,  alles  als  Dank  für  die  Beilegung 
eines  Streites  über  die  Einkünfte  der  Vikare.  Besonders  gern  wird  die  Gelegen- 
heit wahrgenommen,  wenn  man  den  Juden  Geldstrafen  auferlegen  kann.  Im 
Ganzen  lassen  sich  die  Kosten  des  Kirchenbaus  nicht  berechnen,  weil  die  An- 
gaben allzu  lückenhaft  und  unbestimmt  sind.  —  Vom  Baüamte  wird  häufig 
berichtet.  Das  Baubureau  (fabrica)  lag  1408  (April)  am  Lichtengraben  zwischen 
der  Magdeburger  Mühle  und  der  ,,hembursen"  (Apotheke);  1486  lag  „unser 
korken  Steinbutten"  auf  der  Burg  gegenüber  der  Ecke  „wo  man  zu  den  Pforten- 
frauen ging."  An  der  Spitze  des  Bauamtes  stehen  wie  früher  Kanoniker,  „unse 
bugmestere  unde  vorstendere  des  buwes,"  „procuratores  fabrice,  qui  et  magistri 
fabrice  communiter  appellantur"  (1449).  Genannt  werden  als  solche  u.  a.  1450 
Gebhard  v.  Hoym  und  Wieprecht  Grope,  1445  Albrecht  Kempe,  1464  Sievert 
V.  Hoym  und  Ludolf  v.  Estorf,  1488  der  Vikar  Ludolf  Nagel.  Auch  nach  der 
Domweihe  bestand  das  Bauamt  weiter.  Es  begegnet  noch  1631,  als  es  alles  ent- 
behrliche Blei  zum  Giessen  von  Kugeln  an  den  Rat  verkaufte.  Seine  Einkünfte 
bezog  es  teils  durch  bestimmte  Abgaben,  unter  anderen  der  neu  eintretenden 
Kanoniker,  gewisse  Lehnszinse,  die  Einkünfte  des  seit  1450  aufgehobenen  Kära- 
niereramtes,  teils  durch  Sammlungen,  testamentarische  Stiftungen,  freiwillige 
Spenden  und  dergleichen. 

Nach  der  Reformation,  besonders  nach  1574  lässt  die  Bauthätigkeit  nach. 
Ab  und  zu  hört  man  von  Reparaturen.  Auch  diese  setzen  nach  1810  aus,  bis 
der  Eifer  des  Oberdompredigers  D.  Augustin  durchsetzte,  dass  1848  die  Restau- 
rierung der  Marienkapelle,  1853—54  die  des  Turmmittelbaues  und  der  Neustädter 
Kapelle  unternommen  wurde.  Von  1856—68  folgte  eine  gründliche  TVieder- 
herstellung  des  ganzen  Domes,  wobei  aber  leider  die  alten  Stiftsgebäude  an  der 
Südseite  zerstört  wurden.    Die  hässlichen  Priechen  waren  schon  1845  entfernt. 

Von  den  Türmen,  welche  infolge  ihrer  mit  Gips  vergossenen  Bruchstein- 
füllung schadhaft  geworden  waren,  und  deren  obere  Fenster  darum  schon  im 
Mittelalter  der  Entlastung  wegen  auf  mancherlei  Art  verändert  waren  (Hermes, 
S.  44 ff.),  wurden  1858—61  das  vierte  und  fünfte  Geschoss  umgebaut  Sie 
erhielten   achteckige    Helme    mit   je    vier    kleinen    Ecktürmchen.     Doch  schon 


238     Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Born:  Baubeschreibung:  Turmbau) 


1882  musste  der  nördliche,  1891  der  südliche  Turm  wegen  Baufälligkeit  ab- 
getragen werden. 

Nur  der  Unterbau  erwies  sich  noch  als  brauchbar.  Die  Wiederherstellung, 
welche  nach  Möglichkeit  den  Formen  des 'Unterbaus  gerecht  zu  werden  sucht, 
ist  durch  Baurat  Vamhagen  zu  Halberstadt  ausgeführt,  und  hat  einen  Aufwand 
von  470000  Mark  verursacht.  Die  Weihe  der  neuen  Türme  fand  am  18.  September 
1896  statt. 

Baubeschreibung.  Die  Massverhältnisse  des  Domes,  wie  er  nach  den 
verschiedenen  Bauperioden  auf  uns  gekommen,  sind  aus  den  beiden  beigefügten 
Plänen  ersichtlich. 

Hinter  dem  Turmpaare  folgt  das  dreischiffige  Langhaus,  hinter  diesem  das 
einschiffige  Querhaus  von  derselben  Höhe  wie  das  Mittelschiff,  ursprünglich  auf 
drei  Quadrate  neben  einander  angelegt,  später  aber  über  den  Kreuzgang  nach 
Süden  erweitert.  An  das  Querhaus  schliesst  sich  in  gleicher  Einteilung  und 
ähnlicher  Breite  wie  das  Langhaus  der  Altarraum  an,  mit  Chorumgang  versehen 
und  mit  fünf  Seiten  eines  Achtecks  geschlossen.  Er  weicht  aus  oben  erörterten 
Gründen  von  der  Längsachse  nach  Süden  um  1®  23'  ab.  Vor  dem  Eingange  der 
Marienkapelle  beü-ägt  die  Abweichung  0,80  m.  Ein  Kapellenkranz  fehlt,  nur  die 
einzige  Marienkapelle  schliesst  sich  nach  Osten  an  den  Chor  an.  Die  neben 
liegenden  Wandflächen  (Traveen)  sind  aus  oben  erörterten  Gründen  besonders 
breit  geworden. 

Die  Architektur  des  Doms  ist  infolge  seiner  oben  geschilderten  langsamen 
Entstehung  von  bedeutender  Mannigfaltigkeit,  jedoch  von  vorzüglicher  Gesamt- 
wirkung, die  nur  der  auf  ein  anderes  Gesamtbild  berechnete  Turmbau  beein- 
trächtigt; er  ist  in  den  Einzelheiten  schön,  wirkt  aber,  besonders  von  ferne 
gesehen,  nicht  beherrschend. 

a)  Der  Turmbau.  Die  Mitte  der  dreiteiligen  Fassade  nimmt  ein  grosses, 
11  m  hohes  Portal  ein,  welches  zwei  zweiflügelige  Thüren,  getrennt  durch  einen 
steinernen  Mittelpfosten,  enthält.  Jede  dieser  Thüröfftiungen  ist  halbkreisförmig 
überwölbt  und  von  einem  gleichgeformtcn  Blendbogen  überspannt  in  einer  Art, 
die  an  maurische  Vorbilder  erinnert,  nur  dass  den  Bögen  unten  die  hufeisen- 
artige Einziehung  fehlt.  Beide  Bogenpaare  vereinigen  sich  in  der  Mitte,  um  sich 
gemeinschaftlich  auf  den  Mittelpfciler  zu  stützen.  Die  Thürbögen  sind  durch 
Bogenbänder  belebt,  welche  sich  im  Innern  mit  fünf,  im  Äussern  mit  neun  kleinen 
Rundbögen  auf  die  Halbkreislinie  aufsetzen.  Die  Zwickelfelder  zwischen  und 
neben  den  Bögen  sind  ausgefüllt  in  der  Mitte  durch  einen  nach  links  schrei- 
tenden, nach  aussen  schauenden  Löwen  ohne  Fundamentlinie,  welcher  ein 
Menschenbein  im  Rachen  hält,  an  beiden  Seiten  durch  je  einen  geflügelten 
Löwen.  Die  Formen  sind  streng  und  schlank.  Die  Lünette  darüber  ist  durch 
einen  nach  Weise  der  frühesten  Gotik  konstruierten  Spitzbogen  überspannt 
Dieselbe  Breite  hat  das  schön  gegliederte,  nach  innen  abgeschrägte  Gewände, 
bestehend  aus  drei  Rundstäben  und  ebensoviel  verzierten  Leisten.  Die  Lünette 
enthält  eine  pyramidale  Stellung  von  7  Säulen  mit  6  Kleeblattbögen,  in  deren 
Zwickeln  verschiedene  Symbole  verteilt  sind :  am  Fusse  links  das  des  Evangelisten 
Markus,  rechts  das  des  Lukas;  ganz  oben  Christus,  zu  dessen  beiden  Seiten  links 
das  Symbol  des  Matthäus,  rechts  das  des  Johannes,  weiter  unten  zwei  Erzengel. 


Balberstadt  (der  Dom:  Baubeschreibnng:  Turmbau) 


Das  innere  flache  Band  des  GowUndos  ist  in  naiver  Weise  von  dem   Rolimen 
des  unteren  Kleeblattbogens  durchwachsen.     Die  zwei  inneren  Leisten  sind  noch 


HalberatAdter  Stadtkreis:  Halberetadt  (der  Dom:  Itaubeschreibnng :  Turmbau) 


besonders  durch  kleine  Enfi;elsköpfcheii  in  gleichen  Zwischenräumen  besetzt.  — 
Zu  imterat  der  Spitzbogenwandung  stehen  jederseits  vier  gegürtete  Säulen. 

Zur  Seite  des  Portals  befinden  sich  zwei  grosse  Blendiiischen,  nur  durch 
ein  schmales  spitzbogiges  Gewände  eingerahmt.  Die  Scheitel  passen  nicht 
auf  die  Mitte  der  Türme,  sondern  sind  gegen  das  Mittelthor  eingerückt.  Wie  in 
der  unten  zwischen  den  Türmen  befindlichen  Vorhalle,  so  brachte  man  auch  in 


Fig,  81. 

diesen  ßlendnischen  unten  die  dort  beliebte  Verzierung  mittels  fünf  kleiner 
Wand  Säule hen  mit  darüber  stehenden  vier  Kloeblattbögen  an.  (Die  lichte  Hohe 
der  Zwischenräume  beträgt  2,17  m).  Von  dem  beabsichtigten  Paradiese  vor  der 
Westfront  existiert  jetzt  nichts  mehr  als  links  von  der  nordlichen,  rechts  von 
der  südlichen  Blcndnische  je  eine  Gruppe  von  Säulen,  von  denen  die  innen  am 
Turmgemäuer  befindlichen  bis  zum  Fussgesims  herabsteigen  und  wie  am  Portal 
gegürtet  sind,  die  aussen  aber  bereits  in  grösserer  Hohe  über  dem  Fussboden 
auf  ein  Gesims  aufgesetzt  sind.    Ihre  Kämpfer,  einst  bestimmt  das  Qewölbe  zu 


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Halberstadt  (der  Dom:  Baubeschreibung :  Turmbau) 


241 


tragen,  stehen  unbenutzt.  Das  Mauerwerk  der  Türme  zeigt  bis  gegen  die 
mittlere  Höhe  der  Portallünette  eine  rauhe  Beschaffenheit.  Yielleicht  stammt  es 
noch  Tom  Turmbau  des  4.  Domes.^ 

Das  wuchtige  Fussgesims  des  Turmbaus,  welches  nur  an  dessen  äussersten 
Enden  auftritt  und  bestimmt  war,  auch  um  die  Säulen  verhalle  geführt  zu  werden, 
ist  seiner  Bedeutung  entsprechend  mehrgliederig  ausgebildet.  Über  einer  Plinthe 
eine  Leiste  mit  Rundstab,  dann  die  attische  Base,  welche  sich  um  alle  Yorsprünge 
herumwindet.  Die  beiden  Turmecken  werden  durch  Lisenen  eingefasst,  deren 
Ecken  von  drei  gegürteten  Säulenlisenen  gebildet  sind,  während  die  innere  Kante 
in  ITorm  einer  attischen  Base  gebrochen  ist  und  oben  in  einen  Rundbogenfries 
einläuft.  Die  Eckiisenen  sind,  wie  ihnen  als  Säulen  zukommt,  mit  Würfel- 
kapitälchen und  Basis  vorsehen  (Fig.  81). 

über  dem 'Portal  ist  eine  wenig  hereingerückte  Blendfläche  von  quadra- 
tischer Anlage.     Sie   ist   mit  einem  Entlastungsbogen  überwölbt  mit  Rücksicht 


WJdtrstäät , 


Fig.  82. 


auf  das  in  dem  Viereck  befindliche  grosse  kreisförmige  Fenster,  einem  aus  dem 
Westen  geholten  Motive,  einem  Vorläufer  der  grossartigen  Rosenfenster  an  den 
französischen  Kathedralen  der  ausgebildeten  Gotik.  Die  Entlastung  ist  nur 
unvollkommen  erreicht;  die  obere  Hälfte  des  Fensters  weist  deutlich  ein 
wesentliches  Setzen  des  Bogens  auf.  Das  etAva  5V2  m  breite  Fenster  ist  umrahmt 
mit  einem  Bogenbande  innerhalb  eines  Rundstabes;  der  Entlastungsbogen  hat 
dieselbe  Umrahmung,  die  sich  beiderseits  auf  zwei  zweimal  gegürtete  Wandsäulen 
stützt,  ein  Motiv,  welches  sich  auch  im  Innern  wiederholt.  Die  unteren  Zwickel 
sind  mit  zwei  herrlichen  Rosetten  geschmückt.  Das  Massw^erk  des  Fensters  ist 
modern;  als  genau  benutztes  Vorbild  hat  offenbar  das  Rosenfenster  von  S.Maria 
in  Toscanella  gedient,  dessen  Form  vorzüglich  zu  diesem  Zwecke  geeignet  war. 
Der  vorher  erwähnte  obere  Rundbogenfries  unter  dem  Hauptgesimse  ver- 


*  Nachbildung  aller  dieser  Dinge  geben  am  besten  die  ausgezeichneten  Aufnahmen  der 
Königlichen  Messbildanstalt,  deren  bis  jetzt  vom  Dome  allein  82  existieren. 

Kreui  Halbentadt.  16 


242      Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Baubescbreibung:  Turmbau) 


kröpft  sich  zweimal  nach  oben  und  ebenso  läuft  damit  parallel  eine  Zackenschicht 
(Fig.  82)  und  das  Hauptgurtgesiras.  Zur  Belebung  der  grossen  Mauerflächen  neben 
dem  Kundfenster  bemerkt  man  unter  den  Turmachsen  zwei  blinde,  gekuppelte 
Kleeblattbogenfenster,  von  Spitzbögen  überhöht  und  zwei  entsprechend  angelegte 
kleinere  nicht  gekuppelte  Lichtfenster.  Die  Form  der  ersteren  findet  sich  in 
grösster  Ähnlichkeit  auch  an  der  Eatharinenkirche  zu  Braunschweig.  An  der 
Nordseite  zeigt  der  Turmbau  oben  drei  gekuppelte  Fenster  mit  Kleeblattbögen 
und  Spitzbogen,  das  rechts  und  links  ist  blind;  darunter  ein  gekuppeltes  ent- 
sprechendes kleineres  Lichtfenster,  ein  drittes  noch  kleineres  ganz  unten  hat  in 
gotischer  Zeit  seinen  Kleeblattbogen  verloren.  Die  Südseite  des  Turms  hat  dieselben 
drei  Fenster  oben,  unten  dagegen  nur  ein  grosses  Fenster,  welches,  wie  sein  inneres 
Gewände  ausweist,  gleichfalls  ursprünglich,  aber  auch  seines  Kleeblattbogens 
beraubt  ist.    Es  dient  zur  Erhellung  der  Turmkapelle  (sog. Blei-* kammer,  s.u.). 

Als  besonderer  Schmuck  finden  sich  zur  Begleitung  der  Bogenfriese  und 
Ecklisenen  fortlaufende  Bänder  von  kleinen,  stark  unterarbeiteten  schrägen 
Kreuzchen.  Offenkundig  ist  ihre  Verwandtschaft  mit  den  sogenannten  Diamant- 
bändem;  zur  Belebung  tragen  sie  in  erheblichstem  Masse  bei.  Als  ein  zweites 
Motiv  der  Verzierung  erscheinen  die  gegürteten  Säulen. 

Zwischen  den  Türmen  erhebt  sich  der  Mittelbau.  Er  zeigt  zunächst  drei 
dreifach  gekuppelte  Lichtfenster  mit  Spitzbogen  überhöht ;  das  mittelste  ist  ein 
wenig  höher  als  die  beiden  anderen.  Darüber  erhebt  sich  der  Giebel  mit  drei 
Lichtöffnungen,  deren  mittlere  grösste  gekuppelt  ist  und  in  der  Grundform  sich 
durchaus  den  übrigen  Fenstern  anpasst,  aber  mit  frühgotischem  Masswerk  gefüllt 
ist.  Ein  gestelzter  Eundbogenfries  umgiebt  das  Giebelfeld,  während  neun,  oben 
mit  Knoten  versehene  kleine  spitze  Pfeiler  den  Giebel  bekrönen.  Dass  er 
ursprünglich  bestimmt  war,  frei  in  die  Lüfte  zu  ragen,  nicht  wie  jetzt  durch  das 
Dach  des  Langhauses  verdeckt  zu  werden,  zeigt  sich,  wenn  man  vom  Dachboden 
aus  seine  dort  verborgene  Rückseite  betrachtet;  sie  hat,  jetzt  natürlich  zwecklos, 
dieselbe  Ausstcittung  wie  die  Vorderseite.  Ausser  diesem  Merkmale  finden  sich 
dort  noch  mehrere  andere,  welche  für  die  Höhenbestimmung  der  beabsichtigten, 
aber  nicht  ausgeführten  Domkirche  des  U bergan gstils  von  grösster  Bedeutung  sind. 

Die  vorbeschriebene  Architektur  wurde  in  späterer  Zeit  an  den  Domtürmen, 
zwar  in  ähnlichem  Stile,  aber  in  einfacherer  Weise  fortgesetzt.  Die  Fenster 
erhielten  in  schlanken  Verhältnissen  Kuppelungen,  die  Ecklisenen,  schmäler  als 
die  unteren,  zogen  sich  bis  zu  den  Plateaus  hinauf  und  schlössen  sich  den  ver- 
kröpften Bogenfriesen  daselbst  an. 

Da  der  Turmbau  gewissermassenjetzt  ein  Ganzes  für  sich  bildet,  und  nur 
aus  dessen  Gesamtbetrachtung  Schlüsse  auf  das  beabsichtigte  Aussehen  des 
alten  Domes  gezogen  w^erden  können,  so  muss  zunächst  noch  von  seiner  inneren 
Beschaffenheit  die  Eede  sein,  ehe  zur  Betrachtung  der  übrigen  Kirchenteile 
übergegangen  w^erden  kann. 

Tritt  man  durch  das  Westportal  ein,  so  befindet  man  sich  in  einer  Halle 
von  9,66  m  Breite  und  6,44  m  Tiefe,  welche  sich  mit  fünf  breiten,  flachen  Stufen 
gegen  das  Mittelschiff  senkt  und  über  dem  Kundfenster  mit  einem  sechsteiligen 
Gewölbe  überdeckt  ist.  Dasselbe  hat  Rippen,  welche  nach  der  Art  des  Übergangs- 
stiles eher  den  Gurtbögen  ähneln,  und  ist  über  Schalung  gegossen.    Ausserdem 


Halberstadt  (der  Dom:  Baubeschreibung:  Turmbau)  243 


aber  (was  für  das  Auge  zunächst  nur  bemerkbar  ist)  ist  die  Halle  durch  ein 
neuerdings  eingefügtes  Kreuzgewölbe  in  zwei  Teile  geschieden. 

Vordem  gab  es  auch  hier  ein  romanisches  Kreuzgewölbe,  sicher  ent- 
sprechend dem  unten  zu  erwähnenden  in  der  südlichen  Turmhalle.  An  das 
erste  Gewölbe  schliesst  sich  nach  dem  Kirchenschiffe  zu  ein  schmales  zweites. 
Man  hat  es  errichtet  an  Stelle  eines  Holzbaus,  statt  dessen  es  jetzt  zum  Tragen 
der  Orgel  dient 

In  die  südliche  Turmhalle  führt  eine  Thür,  überwölbt  jnit  einem  in  zwei 
Stufen  vertieften  Spitzbogen,  zwischen  dessen  schön  profiliertem  Gewände  sich 
zyfei  Bänder  vom  Kreuzchen  in  der  oben  beschriebenen  Art  hinziehen.  Das 
äussere  setzt  sich  rechts  zum  Zeichen  des  Abschlusses  fest  auf  den  Kämpfer  der 
darunter  stehenden  Säule  auf,  während  der  linke  Ast  sich  unten  nach  innen 
krümmt  und  in  ein  Blatt  ausbreitet,  entsprechend  den  Rundstäben  des  Gewändes 
am  Hauptportal.  Auch  am  Gewände  dieser  Thür,  welche  die  Form  des  ab- 
geplatteten Kleeblattbogens  zeigt,  findet  sich  Laubwerk.  Im  Tympanon  sieht 
man  eine  Kreuzigungsgruppe  von  gleichem  Alter  wie  die  Architektur  zwischen 
zwei  einfachen  schönen  Rosetten.  Von  den  vier  die  Thür  einsdiliessenden  Säulen 
gehören  nur  drei  eigentlich  zu  ihr,  die  vierte  schon  zu  den  Blendarkaden,  welche 
den  ganzen  Turmbau  schmücken.  Durch  diese  Thür  kommt  man  in  einen  vier- 
eckigen Raum,  die  sog.  Bleikammer  (dort  pflegte  man  die  für  die  Bedachung 
des  Domes  notwendigen  Bleiplatten  zu  giessen),  wahrscheinlich  ehemals  Kapelle 
In  jeder  Ecke  steht  ein  Bündel  von  drei  Säulen,  welche  durch  Blendnischen 
mit  einander  verbunden  sind  und  ein  über  Schalung  gegossenes,  scharf  gratiges 
Kreuzgewölbe  tragen.  Über  diesem  Raum  liegt  ein  anderer,  auch  mit  Kreuz- 
gewölbe, aber  ohne  Ecksäulen.  —  In  den  nördlichen  Turm  führt  gleichfalls  eine 
Thür,  welche  von  einem  hohen  Kleeblattblendbogen  überhöht  ist  und  auf  den 
ersten  Blick  Ähnlichkeit  mit  der  südlichen  hat.  Doch  ist  die  Profilierung  ihres 
Gewändes  einfacher;  die  Kreuzchenbänder  fehlen,  dagegen  sieht  man  rechts  und 
links  je  drei  Säulen,  von  denen  die  vier  inneren  kleiner  und  gekuppelt  sind, 
während  von  den  beiden  äusseren  die  rechts  stehende  zu  den  Blendarkaden 
gehört.  Die  Kapitale  aller  Säulen  an  beiden  Thüren  zeigen  die  reichsten  und 
verschiedenaitigsten  Formen  vom  einfachen  Knospenkapitäl  bis  zu  dem  Würfel- 
kapital,  welches  mit  Akanthus  und  dem  schönsten  Rankenwerk  geschmückt  ist. 
Das  nördliche  Tympanon  ist  ebenso  gestaltet  wie  das  südliche  und  enthält  als 
Füllung  ein  prachtvoll  ausgearbeitetes  Blatt-  und  Rankenwerk,  zwischen  welchem 
Ungeheuergestalten  ihr  Wesen  treiben.  Die  nördliche  Turmthür  führt  zu  der 
zunächst  2,40  m  im  Durchmesser  haltenden  Wendeltreppe,  welche  sich  bald 
auf  4,45  m  erweitert.  Der  nördliche  Turm  stellt  sich  sonach  mit  seinem  über 
71,3  qm  bedeckenden,  fast  quadratischen  unteren  Bau  als  eine  über  Bedürfnis 
mächtige  Mauermasse  dar.  —  Die  mehrfach  erwälinten  Blendarkaden,  welche, 
drei  an  der  Zahl  zwischen  vier  Säulchen,  die  Nord-  und  Südwand  dieser 
Vorhalle  einfassen,  sind  von  gleicher  Gestalt  und  Höhe  wie  die  aussen  an  der 
Westfront.  Die  Ränder  der  Kleeblattbögen  sind  ganz  schlicht  gehalten,  doch 
zeigen  zwei  Merkmale,  dass  einer  nur  wenig  späteren  Zeit  diese  Einfachheit 
nicht  mehr  zusagte.  Über  der  Säule  rechts  an  der  nördlichen  Turmthür  beweist 
ein  Gesimsansatz,  dass  ein  reicherer  Schmuck  in  Aussicht  genommen  war.    So 

16» 


244     Halbarsfääter  Stadtkreis:  Balbeiatadt  (der  Dom:  BaabJSchreibuDg:  Turmban) 


hat  man  auch  bei  dem  letzten  a&rdüchen  Kleeblattbogen  nach  dem  Schiffe  zu 
einen  Anfang  gemacht,  die  Blendnische  oben  mit  einer  Profilleiste  zu  umgeben 
und  sie  mit  dem  Brustbild  eines  Heiligen  zu  füllen.  Vielleicht  das  etwas  schwer- 
fällige Aussehen  dieser  Verzierung,    wahrscheinlich  aber  die  mittlerweile  g&- 


Fig.  83. 


Halberstadt  (der  Dom:  Baubeschreibung:  Turmbau  —  Langhaus)  245 


schehene  Änderung  des  Bauplans  verhinderte  eine  weitere  Durchführung  dieses 
Gedankens. 

Auch  die  Ostseiten  beider  Türme  sind  unten  mit  je  drei  Blendnischen  ge- 
schmückt, die  jedoch  geraden  Sturz  haben.  Sie  sind  nur  1,99m  hoch;  der  Kämpfer 
der  nördlichsten  Säule  ist  um  3  cm  höher,  und  das  darauf  ruhende  Mauerwerk  daher 
um  soviel  weiter  von  der  Basis  eutfernt.  Der  Grund  mag  der  sein,  dass  die 
beabsichtigte  Blendarkadenverzierung  der  nördlichen  Seitenschiffswand  (denn 
jedenfalls  hat  der  ganze  Dom  diese  Art  von  Schmuck  erhalten  sollen ,  der  z.  B. 
auch  in  der  Kathedrale  von  St.  Denis  angewendet  worden  ist)  noch  höher  stehen 
sollte,  um  im  Verhältnis  zur  Länge  der  Wand  nicht  allzu  kleinlich  zu  wirken. 
Die  kleine  Erhöhung  der  letzten  Blendnische  diente  also  als  Übergang  zu  den 
folgenden  höher  gedachten. 

Über  diesen  Blendarkaden  der  Ostseite  erheben  sich  an  beiden  Türmen 
spitzbogige  Blendnischen,  welche  mit  denen  an  der  Aussenseite  übereinstimmen. 
Die  ganz  schlicht  gehaltenen  Bögen  ruhen  an  den  Seiten  nach  dem  Mittelschiffe 
zu  auf  schlanken  Säulen,  die  mit  den  an  den  Turmecken  erscheinenden  west- 
lichsten Mittelschiffspfeilern  auf  demselben  Sockel  stehen.  Auf  den  Wandseiten 
dagegen  stützen  sie  sich  auf  einen  Kämpfer  je  einer  Gruppe  von  ebenso  hohen 
Säulen.  Die  zugehörigen  beiden  anderen  Kämpfer  tragen  jetzt  nichts,  waren 
aber  natürlich  dazu  bestimmt,  die  Gewölbe  zu  unterstützen. 

An  dem  nordwestlichen  Eckbündelpfeiler,  der  zum  Mittelschiffe  überleitet, 

giebt  es  folgende  zwei  Steinmetzzeichen:     ^        i   - 

Es  ergiebt  sich  aus  der  Betrachtung  dieser  Dinge,  dass  die  Breitenmasse 
der  Schiffe  der  beabsichtigten  Dombasilika  ursprünglich  schon  fast  ebenso  gedacht 
waren,  wie  sie  auch  später  ausgeführt  wurden,  ihre  Höhe  aber  durchweg  erheb- 
lich niedriger  werden  musste. 

b)  Das  Langhaus.  An  die  Türme  schliesst  sich  nördlich  und  südlich  ein 
kürzeres  Stück  von  vier  Traveen  mit  drei  Pfeilern,  der  frühen  Gotik  angehörig. 
Aus  der  ganzen  Anlage  geht  hervor,  dass  hier  ein  ausgearbeiteter  Plan  vorlag, 
von  dem  oben  schon  die  Rede  war.  Man  begann  mit  schwächeren  Konstruktionen, 
als  sie  später  bei  dem  übrigen  Hause  als  notwendig  erkannt  wurden,  und  wählte 
doch  dabei  die  Proportionen  kürzer  und  schwerer.  Dies  zeigt  sich  namentlich 
ausserhalb  bei  den  an  den  Strebepfeilern  angebrachten  Baldachinen  für  Heiligen- 
figuren und  den  sie  krönenden  Fialen.  Ihre  Ähnlichkeit  mit  denen  am  Dom  zu 
Rheims  ist  auffallend  und  schon  von  Lukanus  bemerkt  worden.  Nur  dass  den 
Fialen  unseres  Doms  die  vier  kleineren  Eckfialen  fehlen,  welche  man  bei  dem 
französischen  Vorbilde  mit  angebracht  hat.  In  Höhe  des  Kaffgesimses  zog  sich 
durch  diese  älteren  Strebepfeiler  ehemals  ein  Cirkuliergang,  welcher  später  ver- 
mauert worden  ist  (Abbild,  bei  Elis  S.  30,  Fig.  17).  Interessant  sind  die  phan- 
tastischen Wasserspeier.  Die  Fenster  der  ersten  drei  Traveen  sind  offener  und 
grösser  als. die  des  späteren  Baus,  aber  wie  jene  unten  vier-,  oben  dreiteilig.  Die 
inneren  drei  Pfeiler  unterscheiden  sich  von  denen  des  späteren  Baues  in  der 
schon  oben  angegebenen  Art,  dass  die  Dienste  nicht  aus  dem  Kern  gearbeitet, 
sondern  ihm  frei  vorgelegt  sind. 


!     . 


246     Halberet&dter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Baubescbreibong:  Langbaus) 


An  diesen  drei  Nordwestpfeilern  findet  man  auch  Steinnietzzeichen,  die  bei 
den  drei  südwestlichen  fehlen. 


1. 
2. 
3. 


An  der  zugehörigen  Nordwand  sieht  man  diese: 


'7 


Die  Kreuzgewölbe  hier  sind  mit  dem  unteren  Bau  zugleich  erbaut  worden 
Die  schmale  Stellung  der  Pfeiler  bei  grosser  Höhenentwicklung,  welches  beides 


System' 

dtriimMrenWänddienstB 

und, 

deren  RUsgeaims. 


A. 


Vf^/f//M/i44/iMMk 


Chor.        k    Schür. 


äu/sere  FuJsgesimse 


Thärme 


Fig.  84. 


auch  bei  dem  späteren  Bau  beibehalten  wurde,  ist  in  Anlehnung  an  französische 
Muster  ausgeführt  und  macht  den  Halberstädter  Dom  zu  einem  der  schlanksten 
und  graziösesten  Werke  im  nördlichen  Teil  unseres  Vaterlandes. 

Vom  vierten  Pfeiler  an   ändern  sich  die  Einzelheiten,  während  im  ganzen 
auch  bei  diesem  spätesten  Bau  der  anfängliche  Grundgedanke  festgehalten  wird- 


Halberstadt  (der  Dom:  Baabeschreibung :  Langhaus)  247 


Die  äusseren  Strebepfeiler  sind  breiter  und  weiter  hervortretend  als  vorher,  das 
ganze  (auch  das  älteste)  Langhaus,  samt  den  Querschiffen  und  dem  Chor  ist 
aussen  am  Eande  des  Daches  mit  einer  Gallerie  von  Vierpässen  eingefasst, 
welche  bei  jedem  Pfeiler  durch  Fialen  (am  älteren  Bau  sind  sie  etwas  kleiner) 
unterbrochen  wird.  Gegen  diese  nun  münden  Schwibbogen  aus,^  welche  von 
den  Strebepfeilern  der  Seitenschiffe  aufsteigen  und  den  einzigen,  nicht  wesentlich 
strebenden  Gegenschub  gegen  die  von  innen  wirkenden  Gewölbe  bilden.  Auf- 
fallend ist  ihre  Steilheit.  Denn  während  sonst  dem  Hohlraum  des  Schwibbogens 
ein  Quadrant  und  der  deckenden  Linie  45^  gegeben  zu  werden  pflegen,  ist  hier 
der  Bogen  nur  ein  halber  Spitzbogen  und  die  Decklinie  in  einen  Winkel  von 
60^  gestellt.  Die  über  einander  zweimal  mit  Fialen  gezierten  Strebepfeiler  zeigen 
keine  Bildertabemakel  wie  die  ersten,  sondern  immer  je  zwei  Konsolen  zur  Auf- 
stellung von  (nicht  ausgeführten)  Statuen,  getragen  von  je  einer  dünnen  Säule. 
Darüber  schwebt  oben  ein  kleiner  reicher  Baldachin. 

Im  Innern  sind  die  Masse  der  Pfeiler  ähnlich  den  vorhin  beschriebenen. 
Die  jungen  und  alten  Dienste  sind  gleichermassen  aus  den  Kernquadern  gehauen. 
Die  vier  nördlichen  Joche  sind  mit  Netzgewölben,  die  vier  südlichen  mit  zwei 
Stern-  und  zwei  Netzgewölben  im  Wechsel  überdeckt.  Das  Mittelschiff  hat  auch 
hier  wie  durchweg  Kreuzgewölbe;  jedoch  ist  dasselbe  diesem  spätesten  Teile 
erst  später  aufgesetzt  worden,  vorher  war  es  provisorisch  mit  einer  Holzdecke 
versehen,  wie  die  oben  etwas  über  den  Seitenschiffen  angebrachten,  zum  Tragen 
der  Decke  bestimmt  gewesenen  Steinkousolen  beweisen.  —  Die  Wand  der  fünften 
nördlichen  Travee  enthält  eine  (unbenutzte)  Thür,  die  ins  Freie  führt.  Von  den 
Thüren  und  Fenstern  des  südlichen  Seitenschiffes  ist  weiter  unten  die  Rede. 

Die  Steinmetzzeichen  an  den  nördlichen  Pfeilern  sind  folgende: 


5. 
6. 
7. 


Am  Vierungspfeiler :  No.  1  vom  5.,  No.  2  vom  7.  Pfeiler. 
An  den  Pfeilern  der  Südseite: 


5.  z.T.  wie  die  vorigen 

6.  ^ 

7.  f 


'  Einzelne  davon  sind  gelegentlich  erneuert  worden.    Der  eine  trägt  die  Jahreszahl  160'?. 


J 


248      Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Baubeschreibung:  Querhaus) 


Am  Vierungspfeiler:    ZT    Y 

An  der  Aussenseite  des  südlichen  Seitenschiffs: 

Bei  jedem  Pfeiler  sind  nur  die  zu  den  vorigen  neu  hinzukommenden  Zeichen 
wiedergegeben. 

Jeder  der  nördlichen  Pfeiler  vom  vierten  bis  einschliesslich  zum  Vierungs- 
pfeiler trägt  ausserdem  in  spätgotischer  Schrift  erfreulicherweise  die  ursprünglich 
eingemeisselte  Zahl  seines  Entstehungsjahres,  nämlich  1443,  1443,  1444,  1442 
1442;  der  sechste  ist  also  der  jüngste,  was  man  ohne  die  Zahl  nicht  wissen 
könnte. 

c)  Das  Querhaus.  Es  besteht  eigentlich  aus  drei  Quadraten  neben  ein- 
ander, deren  südliches  aber  eine  Verlängerung  erhalten  hat.  Über  der  Vierung 
erhebt  sich  ein  kleinlich  gehaltener  Dachreiter.  Sehr  reich  und  schön  ist  der 
nördliche  Quergiebel,  von  -grosser  Pracht  namentlich  das  zweiteilige  Portal  mit 
seiner  Mittelsäule,  auf  der  als  Kapital  zwei  Engel  ein  aufgeschlagenes  Buch 
halten,  imd  mit  der  breiten  T^eibung,  die  durch  Nischen  belebt  ist,  in  denen 
musizierende  Engel  über  einander  Konsolen  tragen,  worauf  Heiligenfiguren  sich 
befinden.  Die  durch  leider  sehr  beschädigte  Werke  der  Plastik  geschmückten 
Felder  zur  Seite  und  das  mit  einer  Darstellung  des  Todes  der  Maria  gefüllte 
Tympanon ,  ferner  über  dem  ganzen  ein  mächtiges,  mit  Blätterschmuck  prangendes 
Kreuz,  an  dessen  Enden  die  Evangelistensymbole  angebracht  sind,  während  zwei 
Konsolen  daneben  und  zwei  Baldachine  für  (nicht  vorhandene)  Statuen  bestimmt 
sind  —  das  alles  vervollständigt  das  reiche  und  prachtvolle,  an  vorzügliche  fran- 
zösische Vorbilder  erinnernde  Bild.  Der  Ausstattung  des  Giebels  entsprechend 
st  oben  ein  sechsteiliges,  kurzschäftiges  Fenster  mit  reichem  Masswerk,  überdeckt 
durch  ein  Gesims  mit  Spitzbogenband  und  Kreuzblume,  angebracht. 

Am  Nordportal  findet  sich  ein  Steinmetzzeichen:    XJ 
Ausserdem  an  der  nördlichen  Seitenschiffswand: 

Während  der  nördliche  Giebel,  wegen  seiner  Lage  an  öffentlicher  Strasse, 
besonders  reich  ausgeführt  ist,  hat  man  den  südlichen,  etwas  versteckt  liegenden, 
einfacher  gehalten.  Er  zeigt  in  der  grossen  Wandfläche  nur  ein  mächtiges,  sechs- 
teiliges Fenster,  welches  bis  zum  Kreuzgange  herabreicht.  Das  Masswerk  ist 
ebenso  reich  wie  an  der  Nordseite,  und  stützt  sich  auf  einen  durch  die  Mitte 
des  ganzen  Fensters  gespannten,  dünnen  Rundbogen.  Der  darunter  befindliche 
Teil  der  Fenster  ist  mit  dünnen  aufstrebenden  Steinsäulen  unterbrochen,  die  sich 
oben  mittels  schönen  Masswerkes  mit  einander  verbinden.  Das  dreieckige  Giebel- 
feld ist  mit  drei  Strahlen  von  mit  Masswerk  gezierten  Blenden  belebt,  in  deren 


J5 


Halberstadt  (der  Tom:  Baubeschreibung:  Querhaus)  249 


Winkeln  sich  Vierpässe  befinden  —  ein  Motiv,   welches  gleich  dem  Bundbogen 
in  der  späten  Gotik  vielfach  zur  Anwendung  gelangt  ist. 

Das  Querhaus  ist  zum  Langhause  nicht  symmetrisch  angeordnet;  der  süd- 
liche Arm  ist  beträchtlich  länger,  weil  man  ihn  über  den  Kreuzgang  hinaus- 
geführt hat.  Da  aber  dieser  gleichwohl  nicht  unterbrochen  werden  sollte,  so 
besteht  dieser  Verlängerungsbau  nur  in  dem  Obergeschosse,  welches  in  der 
Kreuzgangsflucht  durch  gewaltige  Pfeiler  gestützt  wird.  Die  Durchbruchstelle 
im  Kreuzgange  erhielt  zwei  der  späten  Gotik  entsprechende,  reiche  Gewölbe, 
welche  von  den  übrigen  einfachen  Tonnenkreuzgewölben  dort  seltsam  abstechen. 
Die  drei  neben  einander  liegenden  Quadrate  des  Querhauses  sind  mit  prächtigen 
Stemgewölben  eingedeckt,  von  denen  das  über  der  Vierung  das  reichste  ist. 
Die  südliche  Verlängerung  hat  ein  einfacheres,  dessen  Gestalt  der  rechteckigen 
Grundform  dieses  Teiles  entsprechend  gestreckt  ist.  Die  auf  dem  Grundrisse 
sichtbaren  Punkte  in  der  Mitte  vor  den  beiden  Kreuzarmen  bedeuten  schön 
skiilpierte  Säulen,  welche  je  eine  mit  reichen  Balustraden  versehene  Empore 
tragen.  Zur  nördlichen  führt  seit  etwa  25  Jahren  an  der  Ostseite  eine  zierliche 
steinerne  Wendeltreppe,  früher  eine  Ti-eppe  in  einem  Turmchen  aussen  nord- 
westlich am  Querhause.  Oben  am  Ende  der  Wendeltreppe  ist  ein  reizend  aus- 
geführter Kleeblattbogen,  umgeben  von  schönem  Blattwerk  und  einem  Kreuzchen- 
bande, angebracht.  Das  zierliche  Stück  wird  getragen  von  zwei  Knospenkapitälen. 
Es  gehörte,  wie  die  Ausführung  unzweifelhaft  zeigt,  ^ura  Bau  des  Übergang- 
Stils,  war  beim  Chorneubau  im  14.  Jahrhundert  gleich  manchen  anderen  Resten 
andei-wärts  untergebracht  und  hat  seinen  jetzigen  Platz  erst  seit  dem  Bau  der 
Emporentreppe.  —  Die  nördliche  Empore  ist  höher  als  die  südliche.  Die  süd- 
liche ist  durch  eine  im  Chorumgange  nächst  dem  Querhause  befindliche  enge 
Treppe  zugänglich.  Die  etwas  schmälere  Anlage  des  Chors  und  die  Achsen- 
abweichung machten  es  nötig,  dass  die  Vorderseite  dieser  Empore  schräg  vom 
Altarhause  zum  Langhause  hinüber  geführt  wurde,  eine  Aushilfe,  die  so  geschickt 
gemacht  worden  ist,  dass  man  ihrer  beim  nicht  genauen  Anschauen  kaum  gewahr 
wird.  Oben  auf  der  südlichen  Empore  befindet  sich  östlich  der  Eingang  zur 
Schatzkammer  (s.  u.),  westlich  sind  zwei  Thüren.  Eine  ist  neu  und  führt  in 
einen  zum  Dachboden  aufsteigenden  runden  Treppenturm ,  sein  eigentlicher  Ein- 
gang unter  der  Empore  ist  jetzt  gesperrt;  die  andere  geht  zum  Kapitelsaal  (s.u.). 
An  der  diese  Empore  in  der  Mitte  stützenden  Säule  befindet  sich  unten  ein 
kleiner  Sitzplatz  aus  dem  Stein  herausgearbeitet,  der  sog.  Adamssitz.  Hier  musste 
jener  Adam  bei  seiner  Absolution  Platz  nehmen,  von  dem  die  Schedeische  Welt- 
chronik (deutsche  Ausgabe  von  1493,  p.  279v.)  folgendermassen  erzählt:  Es  „wirdt 
alle  iar  ierlech  einer,  den  das  volck  einen  grossen  sünder  achtet,  auss  dem  volck 
erwelet,  mit  einem  kleglichen  klayd  beklaidet  vnd  mit  verdecktem  hawbt  am 
ersten  tag  der  fasten  in  die  kirchen  gefüert  vnd  nach  volbringung  der  götlichen 
ambt  wider  aussgew^orffen.  Derselb  geet  alle  tag  der  virtzigtegigen  fasten  par- 
fuess  durch  die  statt  vnd  vmb  die  kirchen  vnd  nicht  darein,  vnd  redt  mit 
nymant  vnd  schlaft  nach  mitternacht  auff  der  gassen.  An  den  heilligen  grün- 
dönrstag  nach  gesegnung  des  öls  wird  er  wiederumb  in  die  kirchen  gefüert  vnd 
nach  beschehenem  gebette  von  seinen  Sünden  absoluirt  vnd  ime  von  dem  volck 
gelt  gegeben,  vnd  doch  dasselb  gelt   der  kirchen  gelassen.    Denselben  haissen 


250      HalberstadteT  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Banbesclireibung:  Qnerbansl 


sie  adam  rnd   achten  inen   aller  sünden  frey."    Urkundlich   kommt   dieser   Ge- 
brauch schon  1383  vor.    1401  wird  er  für  alte  Gewohnheit  erklärt 
Am  südlichen  KreuKarm  sieht  man  folgende  Steinmetzzeichen: 

{Tgl.  4.  Pfeiler  südlich  im  Mittelschiff.) 


Hulberstadt  [der  Dom:  Bunbeschreibniig :  Querhaus  [der  Lettner]) 


251 


Eigentlich  schon  zum  Chor  gehört  der  Lettner  mit  dem  davor  gebauten 
anmutigen  Bischofsstuhl.  Dieser  ist  der  UaiiptM^hniuek  des  Querhauses  wie  des 
Domes  überhaupt,  dessen  Eindruck  er  ganz  besonders  bestimmt,  wenn  man  von 
der  Turnihalle  das  Kirchenschiff  hinunterblickt  Vor  die  eigentliche  Lettnerwand, 
die  den  gleichen  Stil  zeigt  wie  die  übrige  Chorumwandung  (s.  n.),  und  an  welcher 
in  der  Mitte  noch  ein  Rest  des  alten  Predigtstuhles  zu  sehen  ist  (vgl.Grund'riss), 
hat  man  einen  zierlichen  gewölbten  Vorbau  gesetzt.  Er  öffnet  sich  nach  rechts 
und  links  in  je  einem,  nach  vom  in  drei  Spitzbogen,  die  von  schlanken  Kiel- 
bögen überhöht  sind.  Die  reich  gcglie<lerten,  im  Gnindriss  merkwürdig  länglieh 
geformten  Pfeiler  (Umfang  2,16  m)  sind  unten  belebt  durch  zierliche  Sockel,  auf 
denen  dünne  gewundene  und  gegürtete  Säulen  emporstreben.     Auf  ihi-en  präch- 


Fig.  86. 


tigen  Kapitalen  und  gewissermassen  als  Verbreiterung  derselben  sieht  man  Sockel 
mit  Flechtmnstern,  worauf  Statuen  aufgestellt  sind.  Über  diesen  sehweben 
Baldachine,  die  in  Fialen  endigen.  Die  Zeichnung  der  Einzelheiten  ist  allent- 
halben verachieden.  Die  Kerne  der  Pfeiler  steigen  bündelartig  auf  und  gipfeln 
in  langen,  schlanken,  z.T.  gedrehten  Fialen,  die  mit  Krabben,  Tiergestalten  und 
Kreuzblumen  überreich  geschmückt  sind.  Ähnliche,  aber  breit  ausladende  Kreuz- 
blumen tragen  die  hohen  dünnen  Pfeiler,  welche  die  Endigung  der  Kielbögen 
bilden.  Die  Blenden  zwischen  den  Spitz-  und  Kielbögen  sind  mit  üppig 
■wucherndem,  höchst  mannigfaltigem  Masswerke  gefüllt.  Sehr  schön  ist  es 
namentlich  an  der  südlichen  Seite,  wo  eine  flache  Rosette,  aus  dem  regulären 
Fünfeck  konstruiert,  mit  ihrem  reichen  Netzwerk  fast  an  maurische  Muster 
erinnert.  Oben  trägt  der  Bischofsstuhl  eine  Plattform ,  umgeben  von  einer 
Balustrade.    Ihre  niedrigen,  breiten  Ständer  sind  mit  flachen  Ornamenten  be- 


252  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der Born:  Baubeschreibung:  Querhaus  —  Chor) 


deckt;  entsprechend  ist  der  untere  Rand  verziert,  während  oben  eine  einfach 
gekehlte  Leiste  den  Schluss  bildet.    Auch  hier  giebt  es  Steinmetzzeichen: 


^Ui\ 


Die  Errichtung  dieses  Lettners  wurde  offenbar  angeregt  durch  den  des 
Magdeburger  Domes.  Freilich  ist  dieser,  entsprechend  seinem  um  ein  halbes 
Jahrhundert  höheren  Alter  viel  schlichter  und  schwerer  in  seinen  Formen  als 
der  Halberstädter.  Wenn  dieser  auch  mit  seinem  der  spätesten  Gotik  ange- 
hörenden bunten  Tand  das  überschwängliche  Lob  nicht  voll  verdient,  welches 
man  ihm  gespendet  hat,  so  bleibt  er  doch  immer  ein  Werk  von  ausgezeichneter 
Anmut  und  höherem  künstlerischen  Werte,  als  ihn  der  Magdeburger  und  andere 
ähnliche  Anlagen  (in  Havelberg,  Lübeck,  Hildesheim,  St.  Madeleine  in  Troyes 
[1506]  u. s. w.)  besitzen.  Zudem  ist  die  Vermutung  ansprechend,  dass  man  ihm 
die  überaus  prächtige  Ausstattung  gab,  um  dadurch  die  Aufmerksamkeit  des 
Beschauers  zu  fesseln  und  sie  so  den  Fehler  übersehen  zu  lassen,  der  in  der 
Achsenabweichung  des  Chors  begangen  war.  Ohne  diesen  Bischofsstnhl  wäre 
jener  Mangel  ungleich  auffallender.  Es  ist  höchst  erfreulich,  dass  die  Meinung 
derjenigen  nicht  durchdrang,  die  noch  in  diesem  Jahrhundert  das  zierliche  und 
wichtige  Werk,  als  der  Würde  des  Oanzen  nicht  angemessen,  beseitigt  wissen 
wollten.  —  Von  dem  Meister  des  Lettnors  besitzt  der  Dom  noch  ein  Werk, 
nämlich  das  Türmchen,  welches  unten  auf  der  Balustrade  der  nördlichen  Kmpore 
schlank  und  zierlich  emporstrebt.  Auch  die  darin  befindlichen  kleinen  Statuen 
zeigen  denselben  Stil. 

d)  Der  Chor.  Neben  dem  Querhause  gehört  seine  erste  Travee  noch  dem 
Stil  des  jüngsten  Baus  an  und  zeigt  daher  dieselben  Merkmale  wie  der  späte 
Teil  des  Langhauses.  Da  aber,  wo  der  ältere  Chorbau  beginnt,  ändert  und  ver- 
einfacht sich  das  Bild,  aber  auch  hier  nur  in  den  Einzelheiten.  Die  äusseren 
Strebepfeiler  sind  schlichter  und  schwerer;  die  zur  Aufnahme  von  Statuen  be- 
stimmten Konsolen  stehen  nicht  auf  zierlichen  Säulen,  sondern  auf  plumpen 
Sockeln.  Unter  jedem  Fenster  des  nördlichen  Chorumganges  ist  eine  spitzbogige 
Altarnische  mit  reichlichen  Spuren  ehemaliger  dunkelroter  Bemalung.  Wie  im 
Schiffe  werden  die  Wände  unten  durch  breite  vierteilige,  oben  durch  schmälere 
dreiteilige  Fenster  unterbrochen.  Den  Chorschhiss  bildet  ein  halbes  Achteck  von 
nicht  durchaus  ebenmässiger  Form.  Seine  drei  hinteren  Traveen  mussten  der 
Breite  der  Kirche  wegen  länger  ausfallen  als  die  übrigen.  Die  Fenster  des  Chor- 
schlusses sind  daher  unten  sechsteilig  und  von  plumper  Wirkung,  während  die 
oberen  die  Dreiteilung  bewahren.  Die  eigentliche  Schlussseite  fehlt,  da  man 
genötigt  war,  dort  die  schon  vorher  erbaute  Marienkapelle  mit  dem  Chor  zu  ver- 
einigen. Sein  Mauerwerk  stösst  unvermittelt  an  das  ihrige,  versperrt  ihre  ehe- 
maligen Thüren,  die  dadurch  zu  Nischen  geworden  sind,  und  so  häufen  sich  dort 
zsvei  konstruktiv  zwecklose  Mauermassen  an.  (S.  den  Grundriss!)  Die  früher 
geschehene  willkürliche  Erbauung  der  Marienkapelle  trägt  die  Schuld  daran,  dass 
der  Chor  im  halben  Achteck  endet  Unzweifelhaft  ging  der  Bauplan  ursprünglich 
daraufhin,  den  Chor  mit  sieben  Seiten  des  regulären  Zehnecks  zu  schliessen. 
(S.  Baugeschichte).    So  wären  die  überbreiten  Traveen  (Länge  innen  etwa  7,92  m) 


Halberetadt  (der  Dom:  Banbeschreibnng:  Chor) 


vennieden  worden,  die  das  halbe  Achteck  bedingte.    Auch  hier  mag  St.  Denis 
vorbildlich  gewesen  sein,  wie  sich  an  einem  anderen  Merkmale  schon    vorher 


Fig.  BT. 

beobachten  Hess.  Als  stark  diese  meine  Meinung  unterstützend  sei  auf  den 
gleichzeitig  mit  dem  alten  Teile  des  Halberstädter  Schiffes  erbauten  Chor  des 
Magdeburger  Domes  hingewiesen,  der  die  halbzebneckige  Form  und  einen  Kranz 
von  fünf  polygonalen  Kapellen  besitzt 


254        Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Baabeschreibung :  Chor) 


Die  Marienkapelle  wirkt  durch  würdevolle  Ruhe.  Die  Ausführung  ist  höchst 
solide;  die  Verzierung  des  Äussern  beschränkt  sich  nur  auf  schlichtes  Masswerk 
an  den  langen  dreiteiligen  Fenstern  und  auf  ein  zierliches  durchbrochenes 
Glockentürmchen  von  Stein  auf  dem  westlichen  Abschlüsse  der  Kapelle. 

Im  nördlichen  Chorumgange  in  der  ersten  breiten  Travee  des  Chorschlusses 
interessiert  die  2,10  m  hohe,  1,92  m  breite  sog.  Kleeblattthtir,  über  deren  wahr- 
scheinliche Bedeutung  in  der  Baugeschichte  gesprochen  worden  ist.  Sie  ist  innen 
von  einem  spitzbogigen,  rechts  unten  schräg  verkröpften  Gewände  eingefasst 
Demselben  entsprechend  zeigt  die  südliche  Travee  neben  der  Marienkapelle  eine 
symmetrisch  gestaltete  Nische,  zweifellos  ehemals  ebenfalls  ein  Eingang,  von 
dem  später  aber  bei  dem  Chorbau  äusserlich  jede  Spur  verwischt  wurde.  — 
unter  dem  sogenannten  Oppenschen  Fenster  (s.u.)  sieht  man  eine  schmale,  ina 
Geschmacke  der  Spätrenaissance  prächtig  ausgestattete  Thür,  die  ehemals  zu  dem 
sogenannten  Rittersaale  führte,  seit  dessen  Abbruch  aber  vermauert  und  zur 
Nische  geworden  ist.  Eine  kleine  Thür  daneben  erschliesst  einen  runden,  ?um 
Dachboden  führenden  Treppenturm.  Die  Thür  der  nächsten  Travee  leitet  auf 
einen  überdeckten  Treppengang  und  von  diesem  in  die  alte  Sakristei,  die  jetzt 
als  Konfirmandenzimmer  benutzt  wird.  Die  folgende  Travee  hat  wieder  eine 
Wandnische,  die  vielleicht  vordem  eine  Thür  war.  Durch  die  nächste  gelangt 
man  mittels  einer  niederen  Thür  einige  Stufen  hinab  in  einen  viereckigen  Baum 
und  von  da  in  den  Kreuzgang.  Die  letzte  Travee  des  südlichen  Chorumgangs 
endlich  enthält  eine  Thür,  die  in  den  südöstlichen  Turmansatz  führt  Sein  vier- 
eckiges Inneres  ist  als  Treppenraum  verwertet,  als  nach  der  Verlängerung  des 
südlichen  Kreuzschiffes  und  der  Erbauung  des  Kapitelsaales  eine  Verbindung 
dort  hinauf  geschaffen  werden  musste. 

Der  ganze  innere  Raum  des  Chors  ist  in  einer  Höhe  von  4,5  m  von  unten 
mit  einer  Mauer  umgeben,  die  durch  gedoppelte,  spitzbogige  Blenden  belebt 
(gefüllt  neben  dem  Lettner  mit  modernen  Skulpturen,  ehedem  überall  mit  Ge- 
mälden auf  Holz)  und  oben  von  einer  Balustrade  von  Vierpässen  begleitet,  welche 
aus  Kleeblattformen  zusammengesetzt  sind,  während  die  zwischen  diesen  stehenden 
Haken  in  Lilien  auslaufen.  Diese  Schranke  schliesst  das  Allerheiligste  ab  und 
giebt  zugleich  eine  Rückwand  für  die  Chorstühle.  Vier  Thüren  führen  in  diesen 
inneren  Raum,  nämlich  zwei  ziemlich  einfache  spitzbogige  unter  dem  Bischofs- 
stuhl und  je  eine  nördlich  und  südlich  vom  Chorumgange  aus.  Erstere  haben 
von  innen  ein  ganz  einfaches,  von  aussen  ein  schön  profiliertes  Gewände  und 
sind  mit  reichem  Eisenbeschlag  geziert.  Die  beiden  anderen,  deren  Spitzbögen 
auffallend  breit  gespannt  sind,  zeigen  geschmackvollen  Skulpturenschmuck,  die 
nördliche  ist  überdies  mit  einer  Wimperge  überhöht  und  von  Fialen  flankiert^ 
die  an  der  südlichen  entweder  nicht  fertig  geworden  oder  verstümmelt  sind.  Das 
Gewände  ist  höchst  ausdrucksvoll  und  bei  beiden  übereinstimmend  profiliert.  Die 
Thüren  sind  nach  dem  Muster  der  früher  vorhandenen  (jetzt  im  Kapitelsaale 
aufbewahrten)  mit  Malereien  bedeckt.  Hinter  der  dem  Mittelschiffe  zugewandten 
Westmauer  führt  ein  Türmchen  mit  einer  Wendeltreppe  zum  Bischofsstuhle 
(früher  zu  dem  oben  erwähnten  Predigtstuhle)  empor. 


Halberstadt  (der  Dom:  Baubeschreibung:  Chor  —  Übrige  Bäumlichkeiten)       255 


Von  Steinmetzzelclien  finden  sich  im  Chore: 


In  der  Marienkapelle: 


N  ^X^l  Xh 


Um  das  ganze  Kirchenschiff  nebst  Chor  läuft  aussen  über  dem  Dachgesims 
eine  Gallerie  von  Vierpässen  hin.  Gedeckt  ist  die  Kirche  mit  Schiefer;  ehemals 
war  sie  es  mit  Blei.  Die  Türme  haben  Kupfer  —  der  Dachreiter  Zinkbedachung. 
Auf  der  Ostseite  des  Daches  des  hohen  Chors  sieht  man  ein  in  die  Dachschiefer 
eingelegtes,  grosses,  bleiernes  Kreuz,  welches  an  eine  Pest  1683  erinnert 

e)  Die  übrigen  Räumlichkeiten,  welche  ausserhalb  des  eigentlichen 
Kirchenbaus  zum  Dom  gehören. 

1.  Im  nördlichen  Seitenschiffe  führt  eine  in  der  (von  Westen)  sechsten 
Travee  befindliche  Thür  in  die  3,11  m  tiefe,  3,91  ra  breite  Sakristei  (Plan:  S.). 
Sie  hat  ein  dreiteiliges  Fenster  zum  Kreuzgange,  in  welchen  von  hier  aus  ehe- 
mals die  sog.  Totenthür  führte.  Eechts  und  links  von  ihr  liegen  Bäume  von  ähn- 
lichen Ausdehnungen.  Der  links  erhält  Licht  durch  je  zwei  Fenster  vom  Kirchen- 
schiffe und  vom  Kreuzgange  aus.  Von  den  beiden  Räumen  rechts  hat  der  erste 
zwei  Fenster  nach  dem  Schiffe,  eins  nach  dem  Kreuzgange.  Weiter  kommt  man 
aus  ihm  in  einen  ziemlich  dunklen  Kaum,  der  nach  beiden  Seiten  nur  je  ein 
kleines  Fenster  hat.    Er  dient  zu  Wirtschaftszwecken. 

Über  allen  diesen  Gemächern,  zugleich  über  dem  vorliegenden  Teile  des 
Kreuzganges  bis  an  die  Westwand  des  südlichen  Kreuzarms  und  über  den 
westlich  sich  anschliessenden  Untergeschossen  des  Remters  in  entsprechender 
Breite  steht 

2.  der  Kapitelsaal.  Er  hat  seine  ursprüngliche  Bestimmung  sehr  bald  zu 
Gunsten  des  Rittersaales  verloren,  diente  später  als  Bibliothek,  bis  1823  als 
Domarchiv,  seit  1837  als  Aufbewahrungsort  eines  grossen  Teiles  der  Domsamm- 
lung, besonders  der  Paramente.  Freilich  sind  die  Lichtverhältnisse  des  40  m 
langen  und  nur  8  V/j  m  breiten  Saales  ziemlich  ungünstig.  Während  der  vordere 
östliche  Teil  durch  fünf  grosse  Fenster  erhellt  wird,  bekommt  die  andere  über 
18  m  lange  Hälfte  ihr  Licht  nur  durch  ein  einziges,  wenn  auch  breites  Fenster 
auf  der  Westseite.  Bei  Elis  p.  22  findet  sich  dessen  Aussenansicht.  Die  Zeichnung 
des  eigentümlichen,  etwas  verwilderten  aber  schönen  Masswerkes  stimmt  durch- 
aus im  Charakter  mit  derjenigen  der  Gewölberippen  im  Innern  überein.  Ferner 
veranschaulicht  die  Elis'sche  Abbildung,  wie  der  Kapitalsaal  mit  Wegbrechung 
eines  Teiles  des  Remters  (ein  halbes  Fenster,   welches  auf  dem   Bilde   noch  zu 


256  Halberstadter  Stadtkreis :  Halberstadt  (der  Dom :  ßaubeschreibang :  übrige  Räumlicbkeiten) 


sehen,  ist  bei  der  Domrestaiiration  leider  beseitigt)  bis  zum  Doraplatze  durch- 
geführt worden  ist. 

Die  tJberbauung  des  unteren  Bemtergeschosses  machte  notwendig,  dass  der 
Fussboden  des  Saales  dort  um  mehrere  Stufen  höher  gelegt  werden  musste,  was 
eine  Eintönigkeit  des  langen  Raumes  in  erfreulicher,  höchst  malerischer  Weise 
verhindert.  Auch  in  anderer  Art  ist  die  Architektur  des  Saales  belebt  durch 
die  stehen  gelassenen  Strebepfeiler  des  Kirchenschiffes,  zwischen  denen  auf 
solche  Art  sieben  tiefe  Nischen  entstanden,  begrenzt  durch  die  hohen  Travccn- 
fenster  des  Langhauses.  Sehr  eigentümlich  und  ein  Beweis  ausgezeichneter 
Fähigkeiten  des  Baumeisters  ist  das  Gewölbe.  Denn  weil  der  Saal  auf  dem 
Kreuzgange  steht,  dieser  aber  dort  6  Pfeiler  hat,  so  mussten  die  Saalpfeiler  auf 
diese  gestellt  werden,  wodurch  5  Fenster  geboten  waren.  Der  gegenüber 
liegende  Teil  des  Langhauses  aber  hat  nur  4  Fenster.  Die  Verschmelzung 
dieser  ungleichen  Verhältnisse  durch  die  Qewölbeanlago  ist  staunenswert 
gelungen  und  macht  einen  überaus  reichen  und  harmonischen  Eindruck. 

Steinmetzzeichen  im  Kapitelsaale: 


t 


Xf^J^ 


Dem  Eingange  zum  Kapitelsaale  gegenüber  kommt  man  durch  eine  kleine 
Thür  in 

3.  die  Schatzkammer,  den  Aufenthaltsort  der  zur  Domsammlung  gehörigen 
Pretiosen  und  anderer  Kostbarkeiten.  Sie  ist  ein  mit  Tonnengewölbe  ein- 
gedeckter schmaler  und  länglicher  Raum,  mit  Fenstern,  welche  deutlich  seine 
Zugehörigkeit  zur  Bauperiode  des  Kreuzganges  beweisen,  auf  welchem  sie  auch 
in  seiner  Breite  und  in  Länge  von  dreien  seiner  Gewölbejoche  steht. 

4.  Der  Kreuzgang.  Er  nimmt  einen  grossen  Teil  der  Länge  des  Domes  an 
seiner  Südseite  ein,  ist  sieben  Quadrate  im  Lichten  des  Hofes  breit  und  elf 
dergleichen  lang.  Die  Korridorweiten  sind  verschieden.  Die  Anlehnung  des 
Kreuzganges  an  die  Kirche  ist  wegen  der  etwas  ungleichen  Masse -keine  durch- 
aus rechtwinkelige.  Jedes  Quadrat  des  Kreuzganges  öffnet  sich  mit  einem 
weiten,  gedrückten  Spitzbogen',  der  unter  einer  Blende  drei  Kleeblattbögen  für 
zwei  schlanke  circa  1,10  m  hohe  Säulchon  nach  dem  Hofe  hin  einschliesst;  sie 
fehlen  nur  den  zwei  Spitzbögen  unter  der  Überführung  des  südlichen  Kreuz- 
arms, sind  aber  durchweg  neu.  Alt  sind  nur  die  Kapitale  und  Basen,  die  sieh 
an  den  Seiten  der  die  Spitzbögen  dragende  Pfeiler  befinden.  Sie  sind  wegen 
ihrer  Schönheit  und  Mannigfaltigkeit  von  hohem  Interesse.  Die  Abbildungen 
geben  eine  Reihe  von  Proben.  Zu  bemerken  ist  die  Feinheit,  dass  am  Süd- 
korridor, der  sich  also  nach  Norden,  d.  h.  nach  der  Schattenseite  öffnet,  Blüten 
und  Knospenmotive  ganz  fehlen.  —  Der  ganze  Kreuzgang,  ausgenommen  die 
Durchbruchstelle  des  südlichen  Kreuzarms,  ist  mit  Kreuzgewölben  eingedeckt, 
deren  Schub  früher  auf  die  Aussenwände  sichtlich  gewirkt  hat  Jetzt  ist  der 
Bau  ruhig. 


Halberslodt  (der  Dom:  BanbewhreibDng :  flbrige  Räumlichkeiten) 


Die  ganze  Architektur  trägt  den  CLarakter  dos  westlichen  Turmbaus  und 
ist  mit  diesem  der  ersten  Bauperiode  zuzurechnen.  Die  an  den  Kreuzgang 
westlicli  und  Östlich  stossciiden  Gel)uude  (Remter  bczw.  Domküsterwohnung)  sind 
zweistöckig,   ragen   also   über   ihn    fort   und    stehen   ausserdem    mit   dem  Ober- 

Strii  Hallwnudl.  IT 


258  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (der  Dom :  Baubeschreibung :  übrige  Bäamlichkeiten) 

• 

geschosse  auf  ihm;  desgl.  läuft  über  den  Süd-Korridor  eine  gleich  breite  Galerie 
hin,  in  welche  nach  Süden  moderne,  unharmonisch  grosse  Fenster  eingebrochen 
sind.  Treppen  führen  am  Ost-  und  Westrande  auf  den  Domplatz.  Die  vor- 
genannten Räume  erhalten  z.  T.  ihr  licht  durch  Fenster,  die  nach  dem  Mittel- 
raume  des  Kreuzganges  (jetzt  Garten  des  Domkiistos)  gehen.  Sie  sind  gekuppelt, 
Avenig  über  ein  Quadrat  hoch  und  wechselweise  dreieckig  oder  trapezförmig 
über  Kleeblattbögen  überdeckt.  Die  Formen  sind  originell.  Die  Entstehungszeit 
ist  urkundlich  nicht  nachzuweisen ,  dürfte  aber  in  die  zweite  Hälfte  des  13.  Jahr- 
hunderts zu  verlegen  sein.*    In  dieselbe  Zeit  gehört  auch 

5.  der  Remter  (Plan:  R),  ein  einfacher,  mit  Holzdecke  versehener  Raum, 
worüber  ehemals  ein  hohes  zweigeschossiges,  jetzt  ein  niederes  Dach.  Zwei  (vor 
der  Erbauung  des  Kapitelsaals  drei)  unter  Spitzbogenblenden  dreifach  gekuppelte 
gleich  hohe  Kleeblattbogenfenster  sind  auf  die  Westwand  in  schöner,  ruhiger 
Weise  verteilt.  Der  Remter  dient  jetzt  in  vei-einzelten  Fällen  dem  Domgymuasium 
als  Aula.  Unter  ihm  befinden  sich  zwei  Gewölbe  unter  einander,  beide  jetzt  als 
Vorratsräume  an  eine  Weinhi^ndlung  vermietet.  Da  der  Kapitelsaai  über  sie 
hingebaut  ist,   so  haben  sie  noch  ihre  alte  Längenerstreckung  bis  an  die  Pfeiler 

'  und  die  Wand  des  Domes.  Das  obere,  eigentlich  noch  zu  ebener  Erde  gelegene 
Geschoss  hat  acht  kleine  spitzbogige  Fenster  nach  Westen,  eine  Thür  nach  Süden, 
zu  der  wegen  des  allmählich  geschehenen  Anwachsens  des  Terrains  Stufen  vom 
Domplatze  hinabf ühren,^  und  zwei  nach  dem  Kreuzgange.  Der  Raum  ist  zwei  schiffig 
und  mit  über  Schalung  gegossenen  Kreuzgewölben  eingedeckt,  die  auf  romanischen 
Bündelpfeilern  (fast  quadratisch  f(),51  m  :  0,55  m],  an  den  Ecken  vorgeschobene 
Rundstäbe,  die  Basen  mit  einfachen  Eckblättern)  ruhen.  —  Unter  dem  Erd- 
geschosse liegt  das  gleichgegliederte  Kellergewölbe,  von  einfachen  vierkantigen 
Pfeilern  getragen. 

An  den  Kreuzgang  stösst  ferner  und  ist  nur  von  ihm  aus  zugänglich: 

6.  Die  Stephanskapelle  an  der  Ostseite  des  Kreuzganges.  Zu4hr  gelangt 
man  sechs  Stufen  hinunter  durch  einen  nicht  zu  ihr  gehörigen  Vorraum,  der  wesent- 
lich grösseres  Interesse  bietet  als  sie.  Es  ist  ein  von  Norden  nach  Süden  ge- 
streckter, zweischiffiger  Raum ,  der  durch  eine  rechts  von  der  Treppe  gelegene 
Niveauvei-schiedenheit  in  zwei  deutlich  gesonderte  Abteilungen  zerlegt  wird. 
Offenbar  haben  zwei  Bauperioden  daran  gearbeitet,  diesen  Raum  zu  schaffen. 
(s.  Baugesch.)  Der  südliche  Teil  ist  sehlichter  als  der  nördliche.  Die  Pfeiler, 
welche  sein  gratiges  Kreuzgewölbe  tragen  und  durch  Gurtbögen  verbunden  sind, 
sind  einfacher  und  etwas  kürzer.  Von  ihnen  existiert  der  zweite  nur  noch  zur 
Hälfte,  weil  er  mit  einem  der  späteren  Pfeiler  vereinigt  ist.  Die  in  dem  nörd- 
lichen Teile  sind  1,86  ni  hoch  und  zeigen  elegantere  Formen;  der  Grundriss  ist 
kreuzförmig;  an  den  Kapitalen  ist  bei  einem  Pfeiler  mit  Glück  das  Schachbrett- 


'  Hier  sei  noch  eine  einzelne  romanische  Säule  erwähnt,  die  im  Kreuzgange  an  der  Süd- 
wand der  Sakristei  in  einer  kleinen  Nische  eingemauert  ist.  »Sie  ist  1,16  m,  die  Basis  (mit 
Eckblättern)  0,30  m,  das  Kapital  0,36  m  hoch.  Letzteres  weist  mit  seinen  Blattformen  auf 
das  12.  Jahrhundert.  Die  Säule  wurde  beim  Restaurationsbau  als  Mauermaterial  in  dem 
Füllwerke  entdeckt  und  hier  hingestellt,  wo  sie  in  keiner  Art  hinpasst. 

*  Diese  Treppe  (ehemals  sog.  Spendetreppe)  geht  geradeaus  weiter  hinab  zu  einer  Spitz- 
bogen thür,  die  sich  früher  in  den  Kreuzgang  öffnete. 


Domremter  nach  Elis. 


Halberstadt  (der  Dom:  Baubeschreibang:  übrige  Bäumlichkeiten  —  Fenster)     259 

motiv  verwendet  Spuren  von  schwarzer  und  roter  Bemalung  finden  sich  an 
vielen  Stellen.  Als  irrig  ist  die  Ansicht  zu  verwerfen,  dass  dieser  Raum  die 
Krypta  des  alten  1179  eingeäscherten  Doms  sei.  (s.  Baugesch.)  —  Fünf  noch 
nachweisbare  kleine  Fenster  liegen  in  der  Ostwand,  das  letzte  durch  die  Mauer 
der  Stephanskapelle  geschlossen.  —  Während  der  Baum  jetzt  nur  fünf  Gewölbe- 
quadrate lang  ist,  hatte  er  früher  mindestens  sieben.  Die  zwei  letzten  sind  durch 
eine  Mauer  abgetrennt  und  bilden  zwei  Räume.  Der  letzte  Raum  ist  schmäler 
geworden  und  hat  dabei  sein  Gewölbe  verloren.  Beide  Räume  dienen  zu  Wirt- 
schaftszwecken.   Eine  (moderne)  Thür  führt  östlich  ins  Freie. 

Die  schlichte  gotische  Stephanskapelle,  deren  grosser  Eingang  auf  der 
Ostwand  des  Vorraumes  liegt,  ist  eigentlich  als  ein  mit  einem  Trapez  ge- 
schlossener Raum  gedacht.  Platzrücksichten  aber  erforderten,  dass  nördlich  eine 
gerade  Wand  gezogen  wurde.  Wahrscheinlich  stand  dort  schon  damals  die 
Ständestube  (Plan:  S. St.),  deren  Vernichtung,  gleich  der  der  meisten  übrigen 
Stiftsgebäude,  erst  unserem  Jahrhundert  vorbehalten  war.  Im  Innern  zeigt  sich 
die  Kapelle  als  ein  einfacher  Raum  mit  Kreuzgewölbe  vom  und  fünfteiligem 
Gewölbe  hinten,  sowie  mit  vier  Fenstern,  von  denen  eins  (nach  Süden)  Radform 
hat.   Gegenüber  an  der  Westseite  des  Kreuzganges  und  in  dessen  Hof  hinein  liegt 

7.  die  sog.  Neustädter  Kapelle.  Ihre  westliche  Wand  ist  die  des 
Kreuzganges,  dessen  Bögen  hier  vermauert  sind.  Sie  ist  ein  im  halben  Achteck 
geschlossener  länglicher  Raum  mit  vom  Kreuzgewölbe,  hinten  sechsteiligem  Gewölbe 
und  von  ziemlicher  Einfachheit  trotz  ihrer  späten  Entstehung.  Jede  der  sieben 
Traveen  hat  ein  Fenster.  An  der  westlichen  Wand  oben  befindet  sich  eine 
Empore  mit  schöner  Balusti-ade  (Abbild.  Zeitschr.  f.  bild.  Kunst  1897,  IV.  p.  52).  Ein 
Treppentürmchen  lehnt  sich  südwestlich  an  die  Kapelle  an.  Es  ist  von  aussen 
zugänglich ,  war  es  aber  früher  durch  eine  jetzt  vermauerte  Thür  im  Kreuzgange, 
rechts  von  der  Kapellenthür. 

Steinmetzzeichen : 

5 -b. -(^  ^  \  ^  r- ^ 

Fenster  des  Domes:^  Mit  Malereien  von  irgend  welcher  Bedeutung  istnur 
eine  geringe  Zahl  der  Fenster  geschmückt. 

a)  Im  nördlichen  Seitenschiff  sind  die  Fenster  schmucklos,  nur  ihre 
Couronnements  zeigen  Ornamente,  z.T.  auch  Heilige. 

b)  Nördlicher  Chorumgang:  die  Fenster  sind  von  oben  nach  unten  in 
vier,  von  links  nach  rechts  in  'fünf  Streifen,  im  Ganzen  also  in  zwanzig 
Felder  geteilt,  wobei  die  zur  Ausfüllung  des  Masswerkes  in  der  Wölbung  der 
Spitzbögen  benutzten  Scheiben  nicht  mitgerechnet  sind.  Meine  Numerierung  der 
einzelnen   Felder  beginnt  links   in   der   obersten  Reihe   und  endet  immer   von 


*  Ihre  Beschreibung  erfolgt  nach  dem  1897  noch  bestehenden  Zustande,  der  zwar  weniger 
Bchmnckvoll,  dafür  aber  geschichtlich  wertvoller  war  als  der  jetzige. 

17» 


260       Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Baubeschreibang:  Fenster) 


links  nach  rechts  schreitend  in  der  rechten  Ecke  unten.  Die  fehlenden  Nummern 
bezeichnen  moderne  gemalte  oder  ungemalte  Fenster. 

1.  Fenster  vom  Mittelschiff  aus:  I.Arche  Noah.  6.  Auflösung  des  Manna. 
16.  Jeremias  (?).  17.  Samuel  salbt  David.  18.  „Spes".  19.  Maria  Magdalena  (?). 
2ü.  Allegorie  des  „Ordo  sacerdotalis^^  —  Im  Couronnement  Gott  Vater  und  zwei 
Heilige. 

2.  Fenster:    I.S.Mauritius.     2.  S.  Lauren  tius.     3.  Karl   der  Grosse  (?). 

4.  S.Martin.  5.  Heiliger  mit  Buch  (Liudger?).  8.  S.  Stephanus  mit  Palme.  12. 
S.Georg.    20.  Gekrönter  Heiliger.  —  Im  Couronnement  Gott  Vater  und  zwei  Engel. 

3.  Fenster:  4.  „Sepelitur  Maria  a  discipulis".  —  Couronnement  gegenständlich 
wie  bei  Nr.  2. 

4.  Fenster:  I.Maria  mit  dem  Gnadenmantel.    2.  Margaretha  und  Dorothea. 

5.  Heimsuchung.  7.  Zwei  weibliche  Heilige.  9.  Moses  am  Berge  Horeb  (??). 
11.  Goldenes  Kalb.  13.  „Jerobeam  Rex"  beim  Rauchopfer  (1.  Könige  13).  15. 
Abner's  Tötung.  —  Im  Couronnement  Ornamente,  oben  die  Taube. 

5.  Fenster:  1.  Kreuzigung.  2.  Tod  der  Maria.  3.  S.  Dionysius  wird  ge- 
kreuzigt 4.  S.  Dionysius  „pendit  in  cruce."  5.  Maria  Reinigung.  6.  Darbringung 
der  Maria.  7.  Maria  Darstellung.  8.  Hochzeit  von  Cana.  9.  „.  .  .  odit  Josephus 
in  columbam  (?).  10.  Marias  Vermählung.  11.  Christi  Geburt.  12.  Anbetung 
der  Könige.  13.  Maria  am  Rahmen,  mit  goldenen  Fäden  webend.  14.  „Annun- 
ciatio''.  15.  Heimsuchung.  16.  Joseph  nimmt  Maria  auf.  17.  Joachim  bei  den 
Hirten.  18.  Joachim  im  Tempel.  19.  Drei  betende  Frauen.  20.  Geburt  der 
Maria.  —  Im  Couronnement  Madonna  und  2  Heilige. 

6.  Fenster:  Es  hat  nur  vier  horizontale,  dabei  aber  sechs  vertikale  Streifen, 
mithin  vierundzwanzig  Felder.  Die  Zählung  erfolgt  nach  dem  vorigen  System. 
1.  Krönung  Maria.  2.  Christus  als  Weltrichter.  3.  Ausgiessung  des  h.  Geistes. 
4.  Himmelfahrt.  5.  Christus  als  Gärtner.  6.  Höllenfahrt.  7.  Auferstehung.  8.  Grab- 
legung. 9.  Ki'euzabnahme.  10.  Kreuzigung.  11.  Kreuztragung.  12.  Geisselung. 
13.  Domenkrönung.  14.Eccehomo.  15.  Gefangennahme.  16.  Abendmahl.  17.  Ein- 
zug in  Jerusalem.  18.  Priesterweihe  (?).  19.  Die  Weisen  bei  Herodes.  20.  Der 
12  jährige  Jesus  im  Tempel.  22.  Reliquienübertragung.  23.  Desgleichen.  24.  Wahl 
des  Matthias.  —  Im  Couronnement  Engel. 

c.  Südlicher  Chorumgang.  1.  Fenster  neben  der  Marienkapelle.  Ge- 
stiftet von  der  Familie  v.  Hoym,  deren  Schutzpatron  S.Johannes  Evang.  war; 
enthält  daher  Darstellungen  aus  der  Legende  dieses  Heiligen,  welche  im  Ganzen 
nur  selten  künstlerisch  verwertet  worden  ist.  Die  vorherrschenden  Farben  waren 
vor  der  neuerdings  geschehenen  Restauration  braun  und  grün,  letzteres,  wiewohl 
ziemlich  unharmonisch  und  grell,  doch  von  kräftiger  Wirkung.  Die  Darstellungen 
sind  den  Gegenständen  nach  z.  T.  von  aussergewöhnlicher  Seltenheit.  Die  Reihen- 
folge, welche  ich  nach  Massgabe  des  alten  Zustandes  gebe,  ist  jetzt  verändert 
Wie  das  sechste  Fenster  vorhin,  hat  auch  dieses  vierundzwanzigFelder.  1.  Johannes 
erwartet  im  Grabe  schlummernd  die  Wiederkehr  Christi :  neben  ihm  noch  ein 
offenes  Grab  mit  einem  Toten  darin.  Figuren  rechts  und  links.  2.  Johannes  vor  einem 
Altar  (?)  betend,  Leute  rechts  und  links.  3.  Johannes  an  das  kniende  Volk  die 
Hostie  verteilend.  4.  Zwei  Personen  im  Taufbecken  von  Johannes  getauft  5. 
Mehrere  Mämier,   darunter  ein  kleiner  krüppelhafter  neben  mehreren  kirchen- 


Halberstadt  (der  Dom:  Baubeschreibung :  Fenster)  261 

artigen  Gebäuden.  Vorgang  unklar.  6.  Eeiterschar  durch  ein  Thor  ziehend.  7. 
Johannes  vor  einem  Tische,  auf  dem  ein  rätselhafter,  mit  Perlen  (?)  besetzter 
Gegenstand.  Links  mehrere  Personen,  darunter  eine  mit  grünem  Mantel,  grossem 
Hut  und  Kragen.  8.  Johannes  predigt  von  hohem  Sitze  aus  seinen  Jüngern  in 
Ephesus.  9.  Die  Häscher  teilen  des  Johannes  Kleider  unter  sich.  10.  Johannes 
hält  seine  Hand  über  einen  dunklen  Gegenstand  auf  einem  Tische.  Links  zwei 
verehrende  (?)  Männer.  Vorgang  unklar.  11.  Auf  erweckung  der  Drusiana  am 
Thore  von  Ephesus.^  12.  Johannes  auf  Patmos  schreibend.  Oben  schaut  Jesus 
(?)  aus  dem  Himmel.  13.  Johannes  verwandelt  die  von  zwei  abtrünnigen  Jüngern 
gebrachten  Holzstücke  und  Steine  in  Gold.*  14  Gefangennehmung  des  Johannes. 
15.  Zwei  Männer  überreichen  dem  Johannes  innerhalb  eines  Zimmers  einen  ovalen 
Gegenstand  (Schüssel).  Vorgang  unklar.  16.  Johannes  im  Ölkessel,  zwei  Knechte 
übergiessen  ihn.  17.  Johannes  am  Stadtthore  vom  Volke  verehrt ,  Leute  schauen 
betend  aus  den  Häusern.  18.  Die  Kaiserin  Galla  Placidia  empfängt  vor  Johannes 
kniend  dessen  Sandale.^  19.  Zwei  Männer  überreichen  dem  Johannes  einen 
runden  Gegenstand.  Vorgang  unklar.  20.  König  Eduard  derBekenner  empfängt 
den  ihm  von  Johannes  zurückgesandten  Ring.^  21.  Begegnung  Joachims  und 
Annas.  Gehört  nicht  hierher.  22.  Die  h.  Anna  sitzend,  vor  ihr  Maria.  Gehört 
nicht  hierher.  23.  Johannes  vor  Eduard  dem  Bekenner.  24.  Johannes  vor  einem 
Götzenbilde  den  Teufel  austreibend.  Im  Couronnement  befindet  sich  ornamen- 
tales Blumenwerk.  Ganz  oben  Christus  als  Weltrichter  in  einem  Vierpass.  Da- 
runter im  Vierpass  links  der  weissgekleidete  Stifter  mit  Spruchband:  miserere 
mei  de,  dabei  das  Wappen  derer  v.  Hoym;  rechts  neben  einem  knieenden 
Eitter  dasselbe  Wappen  und  dieselbe  Inschrift. 

2.  Fenster.  Modem,  gestiftet  1883  von  dem  dänischen  Kammerherm 
V.  Oppen-Schilden  zu  Ehren  des  Domdekanten  Matthias  v.  Oppen  (f  1621).  Mit 
zwanzig  Scenen  aus  Luthers  Leben.  Im  Couronnement  Ornamente.  Ausgeführt 
wurde  es  1884  im  kgl.  Institut  für  Glasmalerei  zu  Charlottenburg  nach  Entwurf 
von  C.  Elis. 

3.  Fenster.  Gleichfalls  modern;  mit  Darstellungen  aus  dem  Leben  des 
h.  Martinus.  Im  Couronnement  die  Dreieinigkeit.  Die  zwei  nächsten  Fenster 
des  südlichen  Chorumganges  sind  fast  ohne  Schmuck,  nur  das  vierte  hat  im 
Couronnement  Ornamente.  Das  letzte  Fenster  vor  dem  Querhause  ist  ganz  neu; 
es  zeigt  Scenen  aus  dem  Leben  des  h.  Paulus.  Im  Couronnement  Jesus,  Abraham 
und  Moses.    Angefertigt  im  kgl.  Institut  zu  Charlottenburg. 

d.  Marienkapelle.  Ihre  fünf  Fenster  sind  schlank.  Die  drei  inneren 
sind  in  der  Länge  in  elf,  in  der  Breite  in  drei  Felder  geteilt.  Die  zwei 
äusseren  haben  in  der  Länge  dreizehn,  in  der  Breite  zwei  Felder.  Die  vor- 
herrschende Farbe  ist  Rot. 

1.  Fenster  (nördlich):  Von  oben  nach  unten  sind  immer  zweimal  zwei 
gegenüberliegende  Felder  mit  Blattwerk  gefüllt,  während  rechts  und  links  das 
dritte,  sechste,  neunte  und  zwölfte  Feld  einen  Heiligen  mit  Spruchband  zeigt. 

^  Der  Gegenstand  ist  auch  ?on  Giotto  in  der  Penizzika])elle  in  St.  Croce  dargestellt. 

'  Auch  in  der  Kathedrale  zu  Bourges. 

'  Auch  über  dem  Portal  von  S.  Giovanni  Evang.  zu  Bavenna. 

*  Auch  in  den  Beliefs  der  Westm  inster- Abtei. 


262  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Fenster) 

2.  Fenster.  Die  erste  Reibe  links  hat  im  obersten  Felde  einen  betenden 
Engel,  die  übrigen  zehn  Felder  darunter  zeigen  je  einen  Heiligen  mit  Buch  und 
Spruchband.  Die  mittlere  Reihe  zeigt  oben  Maria,  unten  einen  Heiligen;  die 
neun  Felder  dazwischen  sind  mit  je  zwei  Engeln  gefüllt.  Die  Reihe  rechts 
beginnt  oben  mit  einem  thronenden  Könige;  die  Felder  darunter  entsprechen 
denen  der  linken  Reihe.    Im  Gouronnement  sieht  man  das  Lamm  Gottes. 

3.  Fenster:  Die  linke  Reihe  ist  erfüllt  Ton  Heiligen  mit  verschiedenen 
Attributen  und  Spruchbändern.  Die  Mittelreihe  zeigt  Scenen  aus  dem  Leben 
Jesu,  nämlich  von  unten  nach  oben:  Verkündigung,  Geburt,  Anbetung  der 
Könige,  Flucht  nach  Ägypten,  zwölfjährige  Jesus  im  Tempel,  Taufe,  Qefangen- 
nehmung,  Geisselung,  Kreuztragung,  Kreuzigung,  Auferstehung.  Die  rechte 
Reihe  entspricht  der  linken. 

4.  Fenster:  Es  ist  unlängst  ohne  besonderes  Glück  restauriert 

Die  linke  und  rechte  Reihe  zeigen  u.  a.  die  Figuren  der  klugen  und 
thörichten  Jungfrauen,  dazwischen  biblische  Scenen.  Ln  Einzelnen  ist  die  Reihen- 
folge von  unten  nach  oben  so:  linke  Reihe:  Ornamente,  Gottes  Bund  mit  Noah 
nach  der  Sündflut,  die  Ecclesia,  Joseph  findet  seine  Brüder,  kluge  Jungfrau, 
Durchzug  der  Juden  durchs  rote  Meer,  kluge  Jungfrau,  Jonas  schwimmend  {?)^ 
kluge  Jungfrau,  Daniel  in  der  Löwengrube,  kluge  Jungfrau.  —  Mittelreihe: 
Ornamente,  Noah  nach  der  Sündflut,  Opfer  Isaaks,  Moses  sieht  Gott  im  feurigen 
Busch,  Simson  mit  dem  Löwen,  Salomo  (?)  thronend,  David  (?),  hinter  ihm 
Jerusalem,  eine  Konsole  mit  zwei  Engeln,  welche  die  über  die  nächsten  zwei 
Felder  gehende,  stehende  Madonna  trägt,  Ornamente.  —  Rechte  Reihe :  Ornamente, 
Sintflut,  die  Synagoge,  Lots  Frau  wird  zur  Salzsäule,  thörichte  Jungfrau,  Pharao 
ertrinkt,  thörichte  Jungfrau,  Saul  stürzt  sich  ins  Schwert,  thörichte  Jungfrau, 
Blendung  des  Zedekia,  thörichte  Jungfrau.  — 

5.  Fenster,    Seine  Anlage  entspricht  genau  der  des  ersten.  — 

e)  Obere  Fenster  des  Chors.  Von  oben  nach  unten  in  drei,  von  links 
nach  rechts  in  siebzehn  Streifen  geteilt. 

1.  Fenster  (links):  Darstellungen  aus  den  Legenden  des  hh.  Sixtus, 
Stephanus  und  Johannis  des  Täufers. 

2.  Fenster  (Mitte):  zeigt  eine  grosse  Kreuzigungsgruppe,  darunter  drei 
Heilige  mit  Spruchbändern,  oben  Ornamente. 

3.  Fenster  (rechts):  mit  nicht  genügend  verständlichen  legendarischen 
Darstellungen. 

f)  Im  Querschiff.  1.  nördliches:  vier  stehende  Heilige,  daneben  und  da- 
runter 8  Wappen;  im  Gouronnement  Engel  und  Ornamente. 

2.  südliches :  unten  die  Apostel  mit  einander  lesend ;  darüber  dieselben  ver- 
sammelt nach  der  Himmelfahrt  der  Jungfrau;  darüber  diese  selbst  mit  Johannes 
dem  Täufer  vor  Gott  und  Christus  kniend,  die  ganze  Scene  umgeben  von  einem 
Wolkenkranz  (dieser  Teil  ist  modern  und  wegen  seiner  gelben  Farbe  von  un- 
günstiger Wirkung);  im  Gouronnement  Engel;  rings  um  das  ganze  sechsund- 
zwanzig moderne  Wappen.  Das  Fenster  zeichnet  sich  durch  seine  gewaltige 
Grösse  aus,  unter  den  Farben  aber  herrscht  ein  stumpfes  Weiss  vor,  wodurch 
die  Wirkung  im  Ganzen  kalt  bleibt. 


üalberstadt  (der  Dom:  bildnerischer  Schmuck)  263 


g)  Im  südlichen  Seitenschiff  finden  sich  an  den  Fenstern  hin  und 
wieder  Wappen  ehemaliger  Chorherren,  nur  in  schwarz  und  weiss  ausgeführt. 
Gitter. 

1.  Um  Senecas  Grabmal,  Schmiedeeisen,  15. Jahrhundert. 

2.  und  3.  Zwei  Gitter  vor  den  beiden  Nischen  in  der  Marienkapelle ;  beide 
mit  dem  v. Marenholz'schen  Wappen.    1,43m  bezw.  1,19  m  hoch,  16.  Jalirhundert. 

4.  Ein  gothisches  Gitter  vor  derselben  Kapelle,  2,78  m  hoch. 

5.  Vor  der  Stephanskapelle. 

'Sakramentsniscben  giebt  es  zwei  nebst  einer  Piscina  im  südöstlichen 
Turm  (Ostwand),  zehn  an  und  neben  den  Altären  des  Chorumgangos  und  der 
jtfarienkapelle ,  mit  dem  Chor  gleichaltrig,  eine  oben  im  Kielbogen  geschlossen, 
datiert  1512  an  der  Ostwand  des  Nordwestturms  unter  dem  S.  Stephanus. 

Bildnischer  Schmuck  des  Gebäudes 

I.  Skulpturen  a.  An  der  Aussenseite.  über  die  Skulpturen  des 
Westportals  vgl.  die  Baubeschreibung. 

An  der  Nordseite  stehen  unter  den  Baldachinen  der  drei  ersten  Strebepfeiler 
Karl  d.  Gr.  sowie  zwei  weibliche  Heilige.  Die  auf  Säulchen  ruhenden  Konsolen  des 
spätem  Baus  endigen  z.T.  in  menschlichen  Halbfiguren.  Besonders  reich  ist  der 
Skulptarenschmuck  des  nördlichen  Portals.  In  seinem  Gewände  sieht  man  in  der 
äussern  Hohlkehle  zehn,  in  der  Innern  acht  sitzende  Heilige  mit  Spruchbändern,  die 
Konsolen  werden  von  musicierenden  Engeln  getragen.  Im  Tympanon  befindet 
sich  die  figurenreiche  Darstellung  des  Todes  der  Maria  in  Hochrelief,  stark  be- 
schädigt und  vielfach  ergänzt  Rechts  und  links  von  dem  Portal  sind  zwei  oben 
rundbogig  geschlossene  stark  beschädigte  Hochreliefs  eingelassen.  Das  links  stellt 
die  Steinigung  des  Stephanus  dar,  eine  1. stehende  bärtige  Figur  ist  durch  Spruch- 
band als  Saulus  bezeichnet.    Unten  die  Schrift: 

dne  ne  statuas  illis  h*^  pecca  [hoc  peccatum] 
Ein  Spruchband  unterhalb  des  Stephanus  besagt  fiat  tibi  sicut  petis.  Das  Relief 
rechts  zeigt  ein  Haus  auf  einem  Felsen,  darunter  die  symbolische  Mühle,  davor 
einen  knienden  Beter,  neben  welchem  ein  anderer  Mann  steht;  Gott  Vater  mit 
Spruchband  schaut  aus  dem  Himmel.  Unterschrift  beat  Sixt  dixit  ego  sacrifico 
deo  hostiam  puram.  Der  Charakter  der  Schrift  wie  der  Skulpturen  weist  diese 
ins  15.  Jahrh.^  Über  dem  Portal  erhebt  sich  ein  grosses  Kruzifix,  r.  u.  1.  zwei  leere 
Konsolen.  Übrigens  fehlt  dem  Domo  aller  sonstiger  äusserer  Skulpturenschmück, 
nur  am  südl.  Giebel  sieht  man  ganz  oben  eine  bemalte  Figur  des  h.  Stephanus, 
weiter  unten  zu  den  Seiten  des  Fensters  zwei  Wappen. 

b.  Im  Innern.  Im  Nordwestturme  ist  oben  am  Ende  des  Mittelpfostens 
der  Wendeltreppe   eine   verstümmelte  kleine  Gauklerfigur,   welche  die  eigenen 

4 

Beine  erfasst  hat  und  den  Oberleib  hindurchbiegt.  Die  Beziehung  der  Figur  ist 
unbekannt.  An  den  Dompfeilern  sind  Statuen  in  etwa  •'^/^  Lebensgrösse  angebracht, 
auf  Konsolen  stehend  und  mit  kleinen  Baldachinen  überdacht^  nämlich  von  Westen 
her,  1.  nördlich:  Laurentius  (18.  Jahrh.  aus  Holz);  Luther;  Bischof  Konrad; 
Bonifatius;  St.  Martin  (alle  modern);  Madonna  aus  Sandstein,  bemalt,  da,s  Kind 


^  Vgl.  Scheffer,  p.  3  nebst  Abbild.  1—3. 


264         Halberstädter  Siadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  bildnerischer  Schmuck) 


mit  einer  Taube  auf  dem  Arm  haltend  (15.  Jahrb.);  Mauritius  mit  einer  modernen 
Fahne  in  der  Hand,,  auf  dem  Schilde  der  Doppeladler  und  die  Worte:  Gloriosa 
Thebeorum  Martyrum  Certamina.  An  der  Konsole  steht:  Beatus  Mauritius 
hac  oratione  legionem  sanctam  alloquitur:  Gratulor  virtuti  vestrae  quod 
nullam  vobis  intulit  Caesaris  praeceptum  formidinem  vester  benedictus  Deus 
et  Pater  Domini  nostri  Jesu  Christi  qui  tantam  vobis  animi  contulit  con- 
stantiam.  MoV^^XIII.  Sebastianus  nobiUs  de  Ploto.  Am  nächsten  Pfeiler 
S.  Sebastian  (1510);  am  letzten  S.  Georg  in  prächtiger  Rüstung.  —  2.  südlich: 
S.  Stephanus  (18.  Jahrb.  aus  Holz);  Melanchthon  (gleich  Luther  von  Schwarz  in 
Dresden);  Bischof  Bucco.  Hildegriml;  Augustinus;  [am  nächsten  Pfeiler  die 
Kanzel] ;  S.  Johannis  (alle  modern,  letzterer  als  Ersatz  für  den  schönen  Johannes 
des  16.  Jahrb.,  welcher  jetzt  verstümmelt  in  der  Stephanskapelle  steht);  S.  Erasmus 
(1509);  S.  Hieronymus  (undatiert,  Ende  15.  Jahrb.). 

Im  Querhause.  Im  nördl.  Kreuzarm  die  süsslichen  modernen  Figuren 
Adams  und  Evas,  die  eine  thörichte  Prüderie  an  Stelle  zweier  mittelalterlichen 
Figuren  (13.  Jahrb.)  setzte,  welche  in  die  Stephanskapelle  verbannt  wurden  (Fig.  90) ; 
femer  eine  Madonna  (16  Jahrb.).  Im  südlichen  Kreuzarme  an  dem  die  Empore 
tragenden  Pfeiler,  der  oben  in  den  mit  einer  Fiale  geschmückten  Balchachin 
übergeht,  Karl  d.  Grosse  (Ende  15.  Jahrh.'s)  mit  dem  knienden  Sifter  Siegfried 
v.  Hoym;  an  den  Pfeilern  rechts  und  links  Bischof  Ernst  II,  bezw.  Heinrich 
Julius  (beide  modern). 

Am  Lettner  sind  die  Figuren  nicht  derart  vollendet  wie  das  Ornamentwerk. 
Die  halblebensgrossen  etwas  unbeholfenen  Gestalten  sind  eben  nicht  zu  selbst- 
ständiger Existenz  bestimmt.  Es  sind  folgende :  S.  Barbara,  Stephanus,  sein  Kom- 
patron  Sixtus,  die  Madonna,  die  hb.  Kosmas  und  Damian.     Unter  Letzterem  das 

Zeichen 


.An  den  Pfeilern  des  Chors  setzt  sich  der  Statuenschmuck  fort,  mit  welchem 
man  auf  der  Grenze  des  14.  und  15.  Jahrh.'s  den  Dom  auszustatten  begann.  Es 
finden  sich  dort  S.  Laurentius,  S.Barbara,  die  zwölf  Apostel  (Petrus  als  Papst  go- 
kleidet), S.  Stephanus  und  Sixtus.  Eine  von  diesen  Figuren  ist  datiert  von  1422 
Die  Werke  sind  von  schöner  Technik,  besonders  was  die  Gewänder  betrifft 

Im  nördl.  Chorumgange  sieht  man  über  der  Chorthür  eine  Madonna,  über 
der  Thür,  im  südl.  die  Krönung  Maria.  Über  einer  andern  Thür  daselbst  ein 
kleines,  bemaltes  Steinrelief  (Tympanon),  die  heilige  Nacht  darstellend. 

In  der  Marienkapelle  stehen  an  den  Pfeilern  4  Figuren,  zusammen  die 
Anbetung  der  Könige  bedeutend;  ausserdem  2  andere  Heilige. 

Im  Kreuzgange:  einEelief,  einen  liegenden  Löwen  darstellend,  13.  Jahrb.; 
—  eine  Kreuzigungsgruppe,  Sandstein  polycbromiert,  16  Jahrb.,  mit  den  knienden 
Figuren  des  Stifters  (genannt  F.  v.  H,  d.  h.  Friedrich  v.  Hoym,  derselbe,  dessen 
Epitaphium  sich  in  der  Liebfrauenkirche  befindet)  und  seiner  Gemahlin;  —  eine 
grosso  Bewein ung  des  Leichnams  Christi  mit  vier  lebensgrossen  Figuren,  Sandstein, 
16.  Jahrb.  —  eine  Reihe  von  dreizehn  Doraherrnwappen,  Sandstein,  16.  Jahrb. ;  — 
polychrom ierte  kleine  Madonna,  U.Jahrii. 

In  der  Stephanuskapelle  am  Kreuzgange  finden  sich  viele  Keste  von 
Skulpturen  u.dergl.,  das  meiste  ohne  besondere  Bedeutung;  wichtig  sind  nur  die 


Halberstadt  (der  Dom:  bildnerischer  Schmuck) 


Torsi  TonAdam  und  Eva  (13. Jahrb.);  eine  früher  in  der  (abgebrochenen) Nicolai- 
kapelle befindlich  gewesene  Madonna,  ein  Werk  der  schönsten  deutschen  Plastik 
des  13.  Jahrh.,  (Fig.  91);  der  oben  erwähnte  Johannes  d.  T.  (16.  Jahrh.)  ii.  s.  w. 


Fig.  90. 

II.  Malereien  giebt  es  im  und  am  Dome  nur  wonige.  In  der  Nische  der 
alten  Thür  im  südlichen  Cliorumgange  ist  ein  halbverlöselitcs  Ocmähle,  anscheinend 
aus  zwei  verschiedenen  Hciligenlegenden,  wovon  eine  die  der  h.  Agatha  zu  sein 
scheint  Zu  unfcrschoiden  sind  noch  mehrere  grün  gekleidete  weibliche  Figuren 
und  Engel,  ausserdem  einige  unleserliche  Spruchbänder.    14.JalirlL 


266  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  bildnerischer  Schmuck  —  Glocken) 


Die  Chorschranken  waren  ehemals  von  aussen  mit  auf  Holz  gemalten 
Bildern  geschmückt,  deren  Form  in  die  Mauerblenden  hineinpasste,  und  die 
deshalb  länglich,  oben  kleeblattartig  endend  waren.  Nur  zwei  existieren 
noch,  ein  Johannes  in  rotem  Gewände  und  ein  unkenntlicher  grün  gekleideter 
Heiliger. 

Die  Flügel  der  Thüren  des  Chors  im  nördl.  und  südl.  Umgange  waren  be- 
malt, die  nördl.  beiderseits,  die  südl.  nur  aussen.  Sie  befinden  sich  jetzt  im 
Kapitelsaale,  während  neue  Thüren  an  ihre  Stelle  getreten  sind.  Diese  tragen 
beiderseits  Malereien,  von  denen  drei  den  alten  nachgeahmt  sind.  Das  südl. 
innere  Bild  (Anbetung  der  Könige)  ist  neu  dazu  erfunden.  Jeder  Thürflügel  ist 
2^2  m  h.,  0,63  m  br.,  oben  an  der  Seite  der  Thürleibung  abgeschrägt,  um  in 
den  Spitzbogen  zu  passen;  alle  vier  haben  oben  eine  kleine  vergitterte  Fenster- 
öffnung. Von  den  alten  Thüren  zeigt  die  nördl.  links  einen  stehenden  Engel 
mit  Spruchband:  o  rex  sancte  carole  mundi  triumphator;  gegenüber  rechts 
Karl  der  Grosse  stehend  als  bärtiger  Mann  mit  einem  Buch  in  der  Rechten,  das 
Scepter  in  der  Linken;  oben  1.  und  r.  die  Halbfiguren  zweier  miteinander  redender, 
bärtiger  Männer  mit  grauen  Gewändern  und  Hüten.  Innen  die  Verkündigung 
(1.  der  Engel,  r.  Maria,  neben  der  ein  Krug  mit  Lilien  steht;  beide  Figuren  mit 
unbeschriebenen  Spruchbändern).  Oben  1.  Gott  Vater,  r.  ein  schwebender  Engel 
mit  Spruchband:  SPS.  SCS.  SUP.  VEJT.  MRE.  —  Die  südl.  alte  Thür  hat 
aussen  die  Figuren  1.  des  h.  Stephanus,  r.  des  h.  Sixtus,  beide  stehend  und  gegen- 
einander gewendet.  Oben  1.  und  r.  je  ein  schwebender  Engel  mit  Spruchband, 
worauf  der  Name  der  darunter  befindlichen  Figur.  Die  innere  Seite  ist  unbemalt 
Die  Farbe  der  Gewänder  ist  vorwiegend  ein  grünliches  Grau,  der  Grund  dunkel- 
rot in  schöner,  satter  Tönung,  welche  bei  der  Nachbildung  besonders  misslungen 
ist.  Die  Malereien  sind  nicht  auf  das  Holz  gemalt,  sondern  mit  Harzfarben  auf 
darüber  geklebtes,  mit  starkem  Kreidegrund  bedecktes  Pergament.  Die  Thüren 
sind  beseitigt,  weil  sie  durch  unnütze  Hände  fast  bis  zur  Unkenntlichkeit  entstellt 
waren. 

Auch  der  Kreuzgang  zeigte  ehemals  ähnlichen  Schmuck,  der  leider  ganz 
vernichtet  ist  (Elis  p.  27).  Es  waren  Scenen  aus  der  Bibel.  Zwei  grössere  Wand- 
gemälde im  westiichen  Corridor  sind  leider  bis  zur  Unkenntiichkeit  zerkratzt  Im 
Tyrapanon  der  zum  Erdgeschosse  des  Remtei-s  führenden  Thür  sieht  man  zwei 
Engel  Interessant  ist  die  Nachricht,  dass  unter  den  Malereien  des  Kreuzganges 
sich  auch  das  Martyrium  des  h.  Thomas  v.  Canterbury  befunden  habe.  Gerade 
in  Halb,  hatte  dieser  sonst  bei  uns  seltene  Heilige  eine  Stätte  gefunden,  so  u.  a. 
auch  in  der  ihm  geweihten  Kapelle,  welche  zur  Liebfr.-Kirche  gehörte. 

Glocken.  Auf  den  Türmen  des  Doms  befinden  sich  im  ganzen  zwölf 
Glocken. 

L  Die  grösste,  Donna  genannt,  hängt  im  südl.  Turm.  Sie  hat  2,35  m  Durch- 
messer und  ist  umgegossen,  weil  die  vorige  einen  unreinen  Klang  hatte'.  Ihre 
Vorgängerin,  gleichfalls  ein  Umguss,  wurde  1860  durch  Engelcke  in  Halb,  aus 
dem  Metall  derjenigen  angefertigt,  welche  1840  beim  Läuten  nach  dem  Tode 
Friedrich  Wilhelms  IIL  zersprang.  Die  jetzige  stammt  aus  der  Werkstatt  des 
Stückgiessers  J.  (t.  Grosse  in  Dresden ,  trägt  die  Fabriknummer  825  und  hat  den 


Halberstadt  (der  Dom :  Glocken) 


Ton  Fis.  Sie  trägt  die- 
selben Insciirifton  und 
Bilder,  wie  die  1457  resp. 
I»5ß0  gegossenen  Vor- 
gängerinnen, nämlich  die 
Verse 

Christi  cultores  voco 
feslos  promo  canorcs 
et  tentatorcs  abigo 
tonitruque  fragores. 

An  der  einen  Seite  be- 
findet sicli  die  Ki-eii- 
zigungsgrappe  mit  der 
Jahreszahl  1457  und  der 
Schrift  orate  pro  me 
Bertramo  (Bertram  v, 
Hoym ,  Stifter  der  Glok- 
ke),  darunter  das  von 
Hoym'sche  "Wappen;  an 
der  andern  Seite  der  h. 
Stephanus,  darunter  das 
"Wappen  des  Bischofs 
Burchard  v.  Warberg. 
[Der  Name  der  Donna 
ist  schon  viel  älter,  schon 
die  1195  von  Bischof 
Gardolf  gestiftete  trug 
denselben  Namen.  Für 
ihre  Bedienung  sind 
■wiederholt  Spenden  be- 
willigt worden.  Durcli 
Blitzschlag  wurde  sie  am 
5.  Dezember  1454  zer- 
stört; die  jetzige  Donna 
ist  also  eigentlich  die  4.J 
2.  Die  nächstgrösstc 
Glocke  hat  einen  Durch- 
messer von  1,82  m  und 
den  Namen  Osanna.  Die 
Umschrift  (in  gothischen 
Minuskeln)  lautet: 


Fig,  91, 

MC  quadrata  L  quatuor  I  sociata 
Johannis  Floris  octobris  me  facit  horis 
Osannam  fatam  soc>am  Dünne  sociatam. 


268  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Glocken) 

Sie  ist  mithin  von  Johannes  Blume  (s.  u.)  1454  gegossen.  An  den  Seiten  ist  das 
Bild  des  h.  Stephanus  und  auf  beiden  Seiten  je  einmal  das  Wappen  des  Bischofs 
Burchard  v.  Warberg. 

[Urkundl.  wird  berichtet,  dass  sie  von  einem  Teile  vom  Ablassgelde  des 
Jubeljahres  bezahlt  wurde,  auch  von  den  freiwilligen  Beiträgen,  welche  die  Bürger 
in  den  Opferstock  thaten.  1458  erhielt  sie  eine  kleine  Stiftung,  dafür,  dass  sie 
an  den  Festen  des  h.  Ambrosius  und  Servatius  geläutet  wurde.] 

Auf  diese  folgen  2  Glocken,  gleich  der  Osanna  auf  dem  nördl.  Turme  hängend, 
welche  im  Jahre  1514  von  dem  berühmten  Hinrick  v.  Kampen  gegossen  sind: 

3.  Die  1,25  m  weite  hat  in  Minuskeln  die  zweizeilige  obere  Umschrift: 

Laurentii  in  merita  nunc  canto  melodia  dulci  qua  volitant 
ad  templum  divi  Steffani  anno  domini  15x4. 

Sancte  Laurenti,  bidde  vor  uns,  her  Johann  von  Marnholte 
Domdeken.     Sancte    Steffane,    bidde    vor    uns,    her 
Baltazar  Nuestadt  Dompravest. 

4.  Die  1,07  m  weite  hat  eine  ähnliche  zweizeilige  Umschrift: 

Mariae  mihi  nomen  quae  Magdalena  vocatur.    Meritam  divi 
Sixti  ostendit  hie  in  campana.    anno  domini  1514. 
Hinrick  von  Kampen. 

S.  Sixte  bidde  vor  uns,  her  Johann  von  Marenholte  domdeken. 
S.  Maria  Magdalena  bidde  vor  uns«    her 
baltatzar  Nyenstadt,  dompravest. 

Auf  beiden  Glocken  sind  die  ganzen  Figuren  der  angerufenen  Heiligen  und 
darunter  die  Wappen  der  beiden  Stifter. 

.  5.  Durchmesser  0,77  m,  mit  Umschrift  oben  in  gothischen  Majuskeln  Ave 
Maria  Gracia  Plena. 

6.  Durchmesser  0,70  m,  oben  in  rückläufiger  Schrift  (goth.  Majuskebi)  Ave. 
Maria.  Gra.    Wie  die  vorige  aus  dem  13.  Jahrh. 

7.  Durchm.  0,64  m.  Keine  Inschrift.  Von  altertümlicher,  langgestreckter 
Form. 

8.  Durchm.  0,56  m.  Umschrift  oben  Ave  Maria  Gracia.  Ausführung  und 
Alter  wie  No.  5  und  6. 

9.  Durchm.  0,40  m.    Ohne  Schrift,  langgestreckt  und  sehr  alt. 

Die  letztgenannten  fünf  hängen  im  Mittelbau  zwischen  den  beiden  Türmen, 
Sie  führten  ehemals  (vielleicht  noch  jetzt)  im  Volksmunde  Spitznamen:  Sauer- 
kohl, Bratwurst,  Langhals,  Lämmchen,  Stimpimp,  (auch  Stinkstank).  Die  beiden 
letzten  werden  jetzt  nicht  mehr  geläutet. 

10.  Ein  kleines  Glöckchen  0,40  m  weit,  Adämchen  genannt  (weil  es  bei  der 
Austreibung  des  Adam  geläutet  wurde)  hängt  im  Dachreiter  der  Vierung.  Es 
hat  keine  Inschrift,  scheint  aber  nicht  so  alt  zu  sein  wie  N.  7  und  9.   (H.-Z.  IX,  289.) 

11.  und  12.  Auf  dem  südl.  Turme  hängen  zwei  für  ihre  geringe  Höhe  auf- 
fallend breite  Glocken,  eine  grosse  und  eine  kleine  zum  Anschlagen  der  Viertel- 


Halberstadt  (der  Dom:  Altare)  269 


und  ganzen  Stunden,  beide  gegossen  1845  von  C.  H.  Qettwerth  in  Halb,  aus  dem 
Metalle  einer  gesprungenen  von  1470.  Ihre  Weite  kann  wegen  Unzugänglichkeit 
nicht  gemessen  werden.    [Die  alte  Glocke  hatte  folgende  Inschrift: 

Annos  post  mille  X  pariter  LX  que  quater  C 

me  fecit  Hans  Blome 

hie  pendeo  to  dem  Dome. 

non  campanari  nee  eampana  voeitari, 

sed  debeo  horas  per  me  diseutere  eunetas. 

Diese  Glocke  war  also  gleichfalls  Stundenglocke  und  1470  von  Hans  Blume  ge- 
gossen.   (H.-Z.  VI,  509.) 

Ausserdem  werden  in  älterer  Zeit  erwähnt  eine  Glocke  über  dem  Sanctua- 
rium  1227;  die  Ave  Maria-Glocke  1365,  1454;  eine  neue  Seiger-Glocke  1607.J 

Altäre:  [Urkundlich  erwähnt  sind  folgende :  dem  4.  undö.Dom  angehörige: 

1.  St  Stephan,  Hochaltar,  altare  majus,  prineipale,  zuerst  erwähnt  1023, 
später  wiederholt  erneuert,  der  am  3.  August  1491  vom  Bischof  Enist  geweihte 
barg  Reliquien,  deren  Einwickelung,  ein  orientalisches  Gewebe,  1864  gefunden 
wurde,    (s.  u.  „Gewebe''  Domsch:  No.  318.) 

2.  Heilig-Kreuzaltar  1193.  Standort?  Dort  wurde  1458  vom  Vicar 
Johann  Mestorp  eine  zweite  Vicarie  zu  Ehren  des  Leibes  und  Blutes  Christi 
gestiftet. 

3.  Neuer  Altar  unter  dem  Turme,  von  Bischof  Konrad  geweiht 
18.  Oktober  1208. 

4.  Marienaltar,  gegenüber  dem  Hochaltar  am  andern  Endo  des  Kirchen- 
schiffes 1214. 

5.  St.  Sixtus,  im  Westchor,  vor  1228,  wo  auch  seine  Beleuchtung  erwähnt 
wird.    Die  Vicarie  S.  Sixti  1449. 

6.  Marienaltar,  in  der  Krypta,  zuerst  1234;  einen  Marienaltar  bekam  schon 
974  der  2.  Dom. 

7.  St.  Jakobi,  1235,  Standort?    Hatte  damals  dieselbe  Vicarie  mit  dem 

8.  St  Euphemiaaltar,  der  vom  Kanon.  Osto  gestiftet  war.    Standort? 

9.  St  Johannis-Bapt,  1247.   Standort? 

10.  St  Moritz.    Bekam  1252  einen  Ablass.    Standort? 

11.  St  Georg,  in  der  Krypta  1262,  gestiftet  vom  Domherrn  Wedekind. 
Bekam  1436  eine  zweite  Vicarie. 

12.  St  Sylvestri.    Vicarie  erwähnt  1294.    Standort? 

13.  St  Katharina,  um  1305.  Steht  noch  jetzt  an  der  ersten  nordwestlichen 
Travee,  früher  unter  einer  seitdem  verschwundenen  hölzernen  Kapelle.  1317 
hatte  er  mit  dem  Johannis-Evang.  Altar  einen  gemeinsamen  Altaristen. 

14.  St  Johannis-Evang.,  1317.  Standort  vielleicht  an  der  Stelle  des 
Altars,  durch  den  er  ersetzt  wurde. 

15.  Der  heiligen  Engel.  Stand  vor  1317  unterm  Patronat  des  Dom- 
dechans,  seitdem  unter  dem  des  Archidiakonus  von  Eisleben.    Standort? 

16.  11000  Jungfrauen,  1324.    Standort? 

17.  St  Ludgeri,  1324,  in  der  Ludgerskapelle,  später  nach  deren  Abbruch 
anderwärts  im  Dome. 


270  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (der  Born :  Altäre) 


18.  St.  Dionysii,  1325.  Standort?  Bekam  1369  durch  Testament  des 
Vikars  Thomas  v.  Schirstedt  eine  zweite  Vicarie. 

19.  St.  Thomae.  1329  wurde  die  Vicarie  gestiftet  durch  Testament  des 
Vikars  Albrecht  v.  Northeini.    Standort? 

20.  St.  Mariae-Magdalenae,  1333.  Standort?  Gestiftet  von  Bischof 
Gardolf  Ende  12.  Jahrh.'s. 

21.  St.  Peter  und  Paul,  1334  gestiftet  von  Nikolaus  v.  Orsleben;  Pa- 
tronat  der  Domkellnerei ;  gegenüber  der  sogenannten  Totenthür,  die  nach  dem 
Kreuzgange  führte,  „jegen  der  portenfruwen  angesichte  over.''  Daselbst  ein 
Benefizium  gestiftet  vom  Vikar  Heinrich  Bodeker;  der  Besitzer  des  Lohns  war 
verpflichtet  vor  dem  Altar  eine  ewige  Lampe  zu  Ehren  des  h.  Leichnams  zu 
unterhalten.  Kommission  der  hh.  Anna,  Jakobus  d.  Ä.  und  St,  Thomas.  Ge- 
stiftet 1507  von  Lukas  Schickman. 

22.  Philipp  US  und  Jakobus.  Die  Vicarie  stiftete  1334  Graf  Barchard 
V.  Falkenstein.    Patronat  der  Domkellnerei.    Standort? 

23.  St.  Karoli,  1337  wurde  eine  solche  Vicarie,  gestiftet  vom  Domherrn 
Dietrich  v.  Freckleben,  bestätigt.  Der  Altar  ist  auch  13130  erwähnt.  Anscheinend 
ein  neuer  sollte  errichtet  werden  1475  (Juni)  ,,supra  novam  capellam  in  parte 
australi  circa  et  supra  ambitum.'*  Daselbst  auch  eine  Kommission  St  Antonii 
beschlossen. 

24.  St.  Godehardi,  gestiftet  1339  von  Heinrich  v.  Hakensted t,  bestätigt 
1352.    Standort? 

25.  St.  Martini,  in  der  Krypta  1343. 

26.  St.  Cyriaci  und  Valentini,  gestiftet  durch  Testament  des  Domherrn 
Gumprecht  von  Wanzleben  1375. 

27.  St.  Godehardi,  Bervardi  u.  Sebastiani,  erbaut  1375.    Standort? 

28.  St.  Jakobi  d.  Ä.  und  Livini,  1387  gestiftet  von  Bischof  Albrecht. 
Standort? 

29.  St.  Matthiae  und  Eucharii.  Standort?  1388  wurde  die  Vicarie 
gestiftet  durch  Testament  des  Vikars  Edeler  v.  Hildensen. 

30.  St.  Erasmi,  1426,  in  der  Kapelle  im  Kreuzgange. 

31.  St.  Blasii,  Johannis-Evang.,  Katharinae,  Stephani  und  aller 
Heiligen,  wird  1456  gestiftet  vom  Probst  Ludolf  Quirre  an  der  oberen  Säule 
vor  dem  Chor  nach  Süden,  mit  100  Mark  und  100  rh.  Gulden,  so\vie  mit  einem 
Hause.    Jeder  der  beiden  Vikare  hatte  seine  Alturgeräte  für  sich. 

32.  St.  Petri  und 

33.  St.  Bartholomäi,  beide  vor  1458,  bei  letzterem  die  Vicarie  St  Materni. 
Zw^ischen  ihnen  wurde  gestiftet 

34.  ein  Altar  1458  durch  einen  Heinrich  Hume  und  seine  Frau.  Am 
4.  Pfeiler  des  Kirchenschiffs. 

35.  S-t.  Laurentii  vor  Dezember  1461. 

36.  Aller  Heiligen,  existierte  schon  vor  dem  Dezember  1478.  Damals 
erhielt  er  seine  Bestimmung  und  Mag.  Joh.  Eggerdes  stiftete  eine  Kommission 
U.  L.  Fr.  und  aller  Heilgcn. 

37.  11000  Jungfrauen  und  St.  Moritz,  gestiftet  kurz  vor  dem  17.  August 
1480  „under   dem  crussewerke   benedden   an  der  kerkdore  in  dat  norden.'' 


i 


Halberstadt  (der  Dom:  Altäre)  271 


Er  diente  als  Ersatz  des  11000  Jungfrauenaltars  (No.  16)  und  des  Moritzaltars 
(No.  10).  Zwei  Kommissionen  für  ihn,  1.  h.  Ursula  und  11000  Jungfrauen, 
2.  St.  Moritz  stiftete  1482  der  Vikar  Konrad  Eddeier. 

38.  St.  Nikolai  vor  1484.  Dort  waren  damals  zwei  Kommissionen  gestiftet 
durch  Testament  des  Domprobstes  Heinrich  Gerwyn.  1.  Petri  und  Pauli,  2.  Kosmae 
und  Damiani.  Zwischen  dem  St.  Godehardi-Altar  und  dem  Laurentii-Altar  stand 
an  einem  Pfeiler 

39.  Der  Altar  der  10000  Ritter  und  vier  grossen  Kirchenlehrer. 
1505  wurde  dort  durch  einen  Bethmann  Swider  eine  Kommission  St.  Andreae 
gestiftet. 

Bei  diesen  Altären  gab  es  folgende  Vicarien,  deren  Zugehörigkeit  zweifel- 
haft ist:^  Neue  Vicarie  1269;  eine  Vicarie  gestiftet  vom  Domherrn  Konrad 
V.  Winnigstedt  1336,  Patronat  der  Domkellnerei;  St.  Johannis-Evang.  1441;  St. 
Laurentii  1460;  St.  Godehardi,  Roratae  und  Livini  1461;  Corporis  Christi  1465; 
St  Urban  1466:  St.  Katharinae  1537; »    St.  Jakobi  zweiter  Gründung  1607. 

Kommissionen,  welche  nicht  unterzubringen  sind,  waren:  St.  ürbani, 
Antonii,  Erasmi,  (alle  drei  1484);  Andreae  (1505)  vom  Stifter  beschenkt  mit  Kelch, 
Pacificale,  Kasein,  Alben  und  Missale.] 

Gegenwärtig  vorhanden  sind  13;  von  ihnen  stehen  9  unbenutzt  Im  Ge- 
brauche sind : 

1.  Der  Altar,  im  Chor  (beim  Abendmahl);  2.  der  in  der  Marienkapelle  (zur 
Taufe);  3.  ein  romanischer  Altar  in  der  Sakristei.  Ausserdem  dient  für  den  ge- 
wöhnlichen Gottesdienst  der  moderne,  sog.  liturgische  Altar,  aus  Kalkstein.  Unten 
ist  er  mit  den  Figuren  dreier  Apostel  und  zweier  Engel  bemalt  Er  trägt 
ein  1,87m  hohes  Kruzifix  (15.  Jahrb.).  —  Die  unbenutzten  Altäre  sind:  1.  der 
Katharinen-Altar  (s.o.  Nr.  13);  2.  3.  4.  5.  Vier  Altäre  im  nördlichen  Chorumgange 
an  der  Wand  unter  den  Fenstern  innerhalb  der  dort  befindlichen  Bogennischen. 
Auch  in  der  neben  der  Kleeblattthür  muss  ehemals  einer  gestanden  haben,  desgl. 
vielleicht  wenigstens  zeitweise  einer  an  dieser  selbst,  wie  die  Sakramentsnischen 
an  beiden  Stellen  anzudeuten  scheinen.  6.  Einer  in  der  Nische  der  Travee  süd- 
lich von  der  Marienkapelle.  7.  An  der  Chorwand  am  Ende  des  südlichen ,  Um- 
ganges.   8.  In  der  Stephanskapelle.    9.  In  der  Neustädter  Kapelle, 

Altargeräte,  Reliquiarien  und  andere  Gegenstände  der  Fein- 
schmiedekunst [Schon  der  älteste  Dom  war  reich  an  Reliquien  und  damit 
natürlich  an  deren  Behältern.  Die  GEH  p.  88  zählen  eine  gewaltige  Menge  solcher 
Reste  auf,  offenbar  indem  sie  aus  alten  Katalogen  abgeschrieben  haben.  Bischof 
Arnulf  stiftete  für  den  Hochaltar  eine  Tafel  von  purem  Golde  und  Edelsteinen,  ein 
goldenes  Weihrauchgef äss ,  eine  ebensolche  Weihrauchbüchse,  einen  grossen 
goldenen  Kelch  mit  Patene  u.  a.  m.  GEH  p.  90.  —  Gegen  1150  schenkte  ein 
Domherr  Martin  einen  Schrein   mit  vielen  Reliquien,   mit  Silber  und  Gold  ge- 


*  Ein  vollständiges  Verzeichnis  der  Vicarien  am  Anfange  des  18.  Jahrh.  giebt  v. 
Mülveretedt,  H.-Z.  1871,  408. 

*  Die  Kurie  des  Vikars  ist  noch  erhalten  und  liegt  am  Düsterngraben  No.  12,  sie  tragt 
die  Inschrift:  Hec  domus  spectans  ad  vicariam  diue  Catharine  in  ecclia  halberstaden.  Per 
Valentinum  Rynner  funditus  extnicta  est.    Anno  1537.    Vergl.  auch  „Profanbauten.*' 


272  Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Altargeräte,  Beliqularien  u. s. w.) 


schmückt  und  einen  goldenen  Abendmahlskelch.  Auch  von  Bischof  Rudolf  hören 
wir,  dass  er  den  Dom  mit  vielerlei  Kostbarkeiten  beschenkte.  Als  später  (1205) 
Bischof  Konrad  von  Byzanz  zurückkehrte,  brachte  auch  er  eine  grosse  Menge 
von  wertvollen  Geschenken  mit.  Die  Kenntnis  davon  ist  uns  durch  eineürkimde 
von  1208  überliefert.  Es  werden  dort  aufgezählt:  1.  eine  grosse  Kreuzpartikel 
auf  einer  silbernen  Tafel;  2.  der  Schädelknochen  des  h.  Stephan,  veraiert  mit 
Gold,  Silber  und  Edelsteinen;  3.  das  Haupt  des  h.  Jakobus  des  Jüngeren  in 
ähnlicher  Ausstattung :  4.  das  Schienbein  des  h.  Petrus;  5.  desgl.  des  h.  Barnabas; 
6.  desgl.  des  h.  Mattliäus,  alle  drei  in  silbernen  Behältern;  7.  ein  grosses,  silbernes 
Reliquiar  (capsa)  mit  unzählbaren  Reliquien;  8.  ein  Arm  der  h.  Euphemia,  mit 
Gold,  Silber  und  Edelsteinen  verziert;  9.  silbernes  Ciborium  mit  Gold  und  Edel- 
steinen, in  welchem  ein  Schädelknoohen  des  h.  Stephan  geborgen  war;  10.  schöne 
(nobiles)  Ölflaschen;  11.  eine  desgl.  zum  Gebrauch  am  Ostersonnabend;  12.  ein 
herrliches  Antependium  von  Sammet  in  verschiedenen  Farben  für  den  Hochaltar; 
13.  eine  Decke  (palla)  für  einen  Altar,  mit  Goldfäden  gewirkt  und  mit  Edel- 
steinen besetzt,  samt  einem  Überhang  (cortina),  auf  dem  ein  Salvatorbild  mit 
Gold,  Silber  und  Edelsteinen  geschmückt,  eingewirkt  war;  14.  drei  andere  Decken, 
eine  für  Werktag,  eine  für  Sonntag,  eine  für  die  Apostelfeste;  15.  eine  desgl. 
mit  Gold  durchwirkt  für  den  h.  Kreuzaltar;  16.  drei  Kaisertücher  (imperialis), 
purpurn;  17.  eine  desgl  für  den  Predigtstuhl;  18.  vier  Vorhänge  im  Chore  zu 
benutzen;  19.  ein  Ciborium;  20.  zwei  Korporaltücher  mit  ihren  Behältern; 
21.  zwei  kleinere  und  zwei  grössere  Fahnen  mit  Gold  durchwirkt;  22.  eine  vor- 
treffliche seidene  Alba;  23.  drei  Chormäntel;  24.  ein  griechisches  Rauchfass; 
25.  eine  grosse  silberne  Schüssel  (scutella)  zum  Umhertragen  des  Kelches. 

Die  GEH  p.  120  geben  die  Eeliquien,  welche  Bischof  Konrad  mitbrachte,  in 
viel  grösserer  Zahl  an,  ob  ohne  Irrtum,  ist  zweifelhaft.  Über  die  zugehörigen 
Behälter  und  sonstigen  Gegenstände  dagegen  schweigen  sie.  Der  Ankimftstag 
der  Reliquien  (16.  August)  blieb  bis  in  späte  Zeiten  ein  hoher  Feiertag.  Andere 
Reliquien  kamen  1225  aus  dem  Kloster  Sichem,  in  welches  Bischof  Konrad  über- 
getreten war,  in  den  Dom.  Wenn  ich  im  Obigen  alle,  auch  nicht  in  dies  Kapitel 
gehörigen,  Gegenstände  jener  grossen  Schenkung  1205  genannt  habe,  so  geschah 
es,  um  spätere  Wiederholungen  zu  vermeiden.  Im  übrigen  sind  urkundliche  Er- 
wähnungen solcher  Kostbarkeiten  selten.  Ein  Kelch  (1227),  ein  silbernes,  ver- 
goldetes Bild  des  heiligen  Matthäus  (1435 ;  s.  H.— Z.  1886).  1482  schenkte  der 
Vikar  Konrad  Eddeier  einen  silbernen  Kelch  mit  vergoldeter  Patene  und  ein 
silbernes,  vergoldetes  rundes  Pacificale.] 

In  der  Domsammlung, jetzt  vorhanden  sind:^  1.  2.  Zwei  Prozessionskreiize, 
Bergkrystall,  0,56  bezw.  0,72  m  hoch,  14.  Jahrb.,  Hermes  p.  130.  —  3.  Prozessions- 


^  Durchaus  unsicher  ist,  welche  Gegenstande  des  Domschatzes  von  Anfang  an  dem 
Dom  gehört  haben.  Im  Folgenden  werden  die  Gegenstände  überall  nur  kurz  bezeichnet; 
genauere  Herausgabe  behalte  ich  mir  vor.  Die  Nummern  sind  die  des  dortigen  Inventars. 
Wo  es  ging,  ist  auf  Hertaes  verwiesen,  dessen  Aufzeichnung  freilich  nicht  frei  von  Lücken 
ist.  Abbildungen  gebe  ich  nur  von  den  Stücken,  deren  deutscher  Ursprung  nachweisbar  ist 
und  welche  dabei  genügendes  Interres^^c  bieten.  Wo  nicht  das  Gegenteil  gesagt  ist,  sind  die 
Stücke  guterhaltcn. 


Halberstadt  (der  Dom:  Altargeräte,  Beliquiarien  u.s.  w.)  273 

* 
kreuz,  Silber,  0,25  ra  hoch,  Kruzifix  und  Evangelistensymbole  eingraviert, 
17.  Jahrh.  —  4.  Kruzifix,  Körper  von  Elfenbein,  modern.  —  5.  Monstranz  (defekt), 
Messing  vergoldet,  0,52,  m  hoch,  15.  Jahrh.  —  6.  Desgleichen,  Silber  vergoldet.  — 
7.  Kelch  mit  Patene,  Silber  vergoldet;  6  lappiger  Fiiss,  worauf  Heiligenfiguren- 
Kelch  0,196  m  hoch,  Patene  0,143  m  Durchmesser.  Geschenk  des  Weihbischofs 
Matthias  von  Qade  1501.  —  8.  Desgleichen,  am  Fuss  Christus  am  Kreuz,  am 
Knauf  OMARIA.  Kelch  0,196  m  hoch,  Patene  0,125  m  Durchmesser.  Geschenk 
eines  Adalrich  Stibler.  16.  Jahrh.  —  9.  Kelch  wie  vorher,  0,17  m  hoch.  — 
10.  Desgleichen,  am  Fuss  Christus  am  Kreuz,  das  braunschweigische  Wappen  und 
ein  Adler,  am  Knauf  IHESTJS.  Schaft  sechsseitig,  Fuss  rund.  0,17  m  hoch. 
Geschenk  der  Margarete,  Herzogin  von  Braunschweig,  1536.  —  11.  Desgleichen, 
ähnlich  wie  No.  10  ohne  Wappen,  Silber  vergoldet,  0,177  m  hoch,  16.  Jahrh.  — 
12.  Desgleichen,  0,145  m  hoch.  —  13.  Kelchlöffel,  Silber  vergoldet,  16.  Jahrh.?  — 

14.  Wärmapfel,  vergoldete  Bronce,  mit  Evangelistenbildem  und  Symbolen;  in 
schön  gepresster  braunledemer  Kapsel.  0,015  m  Durchmesser,  13.  Jahrh.  Hermes 
p.  95.  —  16.  Keliquientafel,  vergoldetes  Holz  mit  Bergkrystallkugeln,  15.  Jahrh.  — 
In  einem  ihrer  Fächer  befand  sich  16  a.  eine  kleine  viereckige  Büchse  von  Gold, 
auf  deren  Deckel  in  feinstem  Zellenschmelz  das  Bild  des  h.  Demetrius,  am  Boden 
der  h.  Nestor  0,045  m  hoch ,  0,03  m  breit.  Byzanz.  9.  Jahrh.  Hermes  p.  99.  — 
17.  Reliquie'ntuch,  Pergament  mit  brauner  Seide  überzogen,  Mitteltafel  von  ver- 
goldetem Silberblech,  mit  Perlen  und  Edelsteinen  besetzt,  30  Reliquien  enthaltend ; 
in  der  Mitte  Kreuzigungsgruppe.  Mitteltafel  0,90  m  hoch,  13.  Jahrh.  Hermes  p. 
100.  —  18.  Straussenei  als  Keliquiar,  Einfassung  Silber  vergoldet,  0,43  m  hoch. 

15.  Jahrh.  Hermes  p.  101.  —  19.  Schädel  des  Apostels  Jakobus  in  silberner  Passung. 
12. — 13.  Jahrh.  —  20.  Sogenannter  Stephanusstein,  in  silberner  Fassung,  um  1200. 
Hermes  p.  96  mit  Abbildung.' —  21.  Bracchiarium,  Holz  mit  vergoldetem  Silber- 
blech reich  verziert,  auf  drei  Löwenf üssen ,  0,51  m  hoch,  um  1300.  Hermes  p. 
103.  —  22.  Desgleichen  mit  viel  Perlen,  Edelsteinen  und  Filigran.  0,51  m  hoch, 
um  1350.  Hermes  p.  103  mit  Abbildung.  — -  23.  Desgleichen  mit  Bergkrystall, 
Emaillen  und  Edelsteinen.  0,445  m  hoch,  14.  Jahrh.  —  24.  Reliquienbüchse,  so- 
genanntes Demetriusgrab.  Silber  vergoldet.  Die  Emaillen  sind  vernichtet.  Auf 
dem  Deckel  das  getriebene  Bild  des  Heiligen.  0.03  m  hoch,  0,06  m  breit,  0,10 
lang.  Byzanz,  13.  Jahrh.  Hermes  p.  100.  —  25.  Desgleichen,  in  Form  eines  kleinen 
Buchs.  Silber.  Vom  Adam,  hinten  Eva  zwischen  Edelsteinen.  0,037  m  hoch,. 
0,03  m  breit,  17.  Jahrh.  ?  —  26.  Desgleichen,  mit  Klappdeckel,  0,01  m  hoch,  0,035  m 
breit,  0,055  m  lang,  Byzanz  12.  Jahrh.  —  27.  Kusstäf eichen.  Kupfer.  Form  des 
griechischen  Kreuzes,  oben  rund  abgeschlossen.  Reich  mit  Grubenschraelz  ver- 
ziert, limoges?  12.  Jahrh.  Hermes  p.  95.  —  28.  Reliquienbehälter.  Holz.  Seiten 
von  Elfenbein  von  einem  byzantinischen  Diptychon.  Tgl.  Schnitzereien  No.  59  a 
und  b.  —  29.  Desgleichen,  vergoldetes  Kupfer.  —  30.  Desgleichen.  —  31.  Des- 
gleichen, Holz,  unten  mit  Seidenstoff  des  10.  Jahrh.  überzogen.  —  32.  Ablasstafel. 
Messing  mit  ornamentiertem  Rande.  Oben  eine  neunzeilige  Inschrift,  darunter 
eine  stehende  Madonna  eingraviert.  0,405  m  hoch,  0,243  m  breit.  Früher  in  der 
Liebfrauen -Kirche.  Mitte  des  13.  Jahrh.  —  33.  Kruzifix,  Silber  vergoldet,  mit 
Edelsteinen.  0,094m  hoch,  ebenso  breit,  16.  Jahrh.?  —  34.  Desgleichen,  Silber.  — 
35.  Prozessionskreuz.   Messing  vergoldet.   Der  silberne  Christuskörper  0,14  m  hoch, 

Kmia  Halbentadt.  18 


274  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Altargeräte,  Beliquiarien  n.  s.  w.) 


16.  Jahrh.  —  36.  Weihbrotschale,  Silber  vergoldet.  Das  Innere  bildet  einen  Acht- 
pass.  Am  Boden  die  Ereuzigungsgruppe  in  Hoclirelief.  Griechische  Umschrift 
mit  den  Einsetzungsworten  des  Abendmahls.  Die  später  angesetzten  Figuren  (in 
der  Mitte  der  h.  Stephan,  am  Rande  vier  Steine  werfende  Juden)  sind  enfmt  und 
auf  einer  Nachbildung  der  Schale,  angebracht,  (s.  unten  No.  405).  0,41  m  Durch- 
messer. 0,04  m  tief.  Mitgebracht  1206  aus  Byzanz  durch  Bischof  Eonrad  (s.  o.) 
Hermes  p.  89  mit  Abbildung.  —  37.  Gemellio  (Doppel Waschbecken ,  wovon  eins 
mit  Abguss)  Eupfer.  Innen  Grubenschmelz  mit  figürlichen  Darstellungen.  0,24  m 
Durchmesser.  Angeblich  1205  aus  Byzanz  gebracht,  wahrscheinlich  fran- 
zösische Arbeit  des  13.  Jahrh.  —  38.  Desgleichen,  scheint  etwas  älter.  — 
39.  Monstranzfuss,  Eupfer  vergoldet  16.  Jahrh.  —  40.  Hostienbüchse.  Silber, 
innen  vergoldet.  1726.  —  41.  Leuchter.  Eupfer,  am  oberen  Rande  eingegrabene 
Namen  von  4  Aposteln,  am  halbkugeligen  Fusse  4  Engel  im  blauen  Gruben- 
schmelz. 0,157  m  hoch.  12.  Jahrh.  Hermes  p.  95.  —  42.  Desgleichen.  —43.  Schiffs- 
ähnliches Weihrauchgefäss.  Modem.  —  46.  Reliquien tafel,  sogenannte  tabula 
Theodulfi  abatis.  Silber  vergoldet,  mit  Gold,  Perlen,  vielen  Edelsteinen  und 
Emaillen.  Sehr  wertvolles  Stück.  0,45  m  hoch,  0,39  m  breit.  12.  Jahrh.^  die 
Emaillen  zum  Teil  älter.  Hermes  p.  98  mit  Abbildung.  —  47.  Straussenei  als 
Reliquiar.  Am  Fuss  mit  vielen  Edelsteinen  besetzt.  Deckel  defekt  12.  Jahrh.  — 
48.  Reliquiengefäss  aus  Bergkrystall.  Einfassung  von  vergoldetem  Silber  auf  drei 
Füssen.  Mit  vielen  kleinen  Rosen  besetzt,  die  aus  vergoldetem  Silber  mit  Edelsteinen 
bestehen.  Enthält  Reste  der  h.  Elisabeth,  welche  am  9.  November  1270  eingeholt 
wurden.  0,144  m  hoch,  0,052  m  Durchmesser.  13.  Jahrh.  —  49.  Desgleichen 
in  Earaffenform  mit  ausgescimittenen  erhabenen  Blatt-  und  Rankenverzierungen. 
Metallbeschläge  oben  und  imten  aus  verschiedener  aber  romanischer  Zeit  0,17  m 
hoch.  10.  Jahrh.  —  50.  Glaskugel,  das  sogenannte  Nähzeug  der  h.  Jungfrau. 
Modemer  Glasbläserscherz.  Hermes  p.  103.  —  51.  Reliquien kästchen.  Hörn  mit 
Silberbeschlag.  Aufschrift  in  blauer  Email :  De  ligno  dni.  13.  Jahrh.  —  52.-58. 
Desgleichen.  Meist  ziemlich  wertlos.  Orientalischer  Herkunft  Mittelalter.  — 
60.  Desgleichen.  Auf  dem  Deckel  die  Ereuzigungsgruppe  gemalt  15.  Jahrh. 
Hermes  p.  129.  —  61.  Desgleichen  ähnlich.  14.  Jahrh.  —  62.  Runde  Schachtel 
mit  Brokatstoff  beklebt,  13.  Jahrh.  —  63.  Reliquiar.  Holz  mit  Silberbeschlag.  — 
64  Monstranz.  Silber  vergoldet  In  ein  Türmchen  mit  Eruzifix  auslaufend. 
0,47  m  hoch  15.  Jahrh.  —  65.  Ciborium.  Eupfer,  aussen  vergoldet,  innen  ver- 
silbert. In  Eelchform.  Hermes  p.  91  mit  Abbildung.  —  67.  Drei  Zinnkännchen 
für  Wein  und  drei  für  Wasser  auf  ovalem  Zinnteller.  —  68.  Reliquienpokal  mit 
Glasgefäss.  Der  dünne  Fuss  mit  Löwenfiguren.  Auf  dem  Deckel  sechs  Reiter. 
Enopf  mit  Bild  Earls  des  Grossen.  0,43  m  hoch,  0,19  m  Durchmesser.  14.  Jahrh. 
Hermes  p.  101.  —  69.  Desgleichen,  sogenanntesHedwigsglas.  Deckel  in  Turm- 
form. Glas  mit  hochgeschliffenen  Ornamenten.  0,28  m  hoch,  0,077  m  Durch- 
messer. Glas  (?),  Einfassung  14.  Jahrlw  Hermes  p.  102  mit  Abbildung.*  — 
70.  Bracchiarium.  Holz  mit  vergoldetem  Silber  und  Edelsteinen.  —  71. — 76. 
Reliquienkästchen  von  verschiedenem  Material,  ziemlich  minderwertig  und  zum 
Teil  defekt  —  77.  Untersatz.    Vergoldetes  Holz  mit  Emaillen  und  anderen  Ver- 


^  Vgl.  über  derartige  Gläser:  Bucher,  G^chichte  der  technischen  Eünste  III,  282. 


HalberBtadt  (der  Dom:  Altargerate,  Beliquiarien  u.  a  v.) 


zierungen.    12.  Jahrb.  —  78.  Kruzifixhiss  (?)    in  Kapellenforni.  Holz.  Übergangs- 
stil des  13.  Jabrh,  —  80.  Reliquienbebälter  in  Krononiorm.  —  80  a.  Defekte  Seliach- 
figur  aus  dem   angeblichen  Spiele  Karls  des  Grossen.     Bergkrystall.    Ähnliclie 
Stücke  im  Dom  zu  Osnabrück.  —  80  b.  Silberner  Pokal,  modern.  —  81.  Knizifixi 
vergoldetes  Holz,  stark  beschädigt.  —  82.  Kleines  Weihrauch fass,   Messing.  — 
83.  Desgleichen.  Kupfer;  15.  Jahrh.  —  96.  97.  Vier  messingne  Altarleuchter.  — 
98.  Ein  desgleichen,  Blei.  —  99—103.  Minderwertige,  zum  Teil  beschädigte  Re- 
liquienbehälter. —  113.  Kruzifixfuss  aus  Holz.  —  176.  Marienkrone,  angeblich 
Keliquienbebälter,  Silberblech  mit  Perlen.  —  320.  Aquamanile.    Bronce.    Kossel- 
f  orm,  Ausguss  und  Henkel  mit  tierischen 
Motiven,  zum  Aufhängen.  Der  Deckel 
fehlt.    14.  Jabrh.    Hermes  p.  94.— 321. 
Desgleichen  Messing.    Löwenform,  13. 
Jabrh.  Hermes  p.  94.  —  322.  Taufbecken. 
Messing.  —  323.  Desgleichen,  Zinn,  mit 
dem  Wappen  von  Sachsen   und    der 
Familien  von  Hoym,   Samptleben  und 
Holle.    0,51  m  Durchmesser,  15.  Jahrh,  ? 
Hermes  p,  91.  —  324.  Offertorium.  Holz, 
bemalt,  in  der  Mitte  Christus,  ringsum 
die  zwölf  Apostel.  0,42  m  Durchmesser, 
13.  Jahrh,    Hermes  p.94.  —  325.  Des- 
gleichen.    In  der  Mitte  Juvenal,  Platoi 
Vergil,  Ovid,  riogsum  zehn  Bnistbilder 
griechischer  Welsen.  Hermes  p.  94.  — 
326.  Desgleichen  mit  Fuss.     Auf  dem 
Boden  ein  Agnus  Dei,  Inschrift  und 
Umschrift    0,41  m  Durchmesser.  Fuss 
0,105 m  hoch,  14.  Jahrb.  Hermes  p.94.  '^ 

—  327.  Sechseckiger  Untersatz,  ver- 
goldetes Kupfer.  —  328.  Taufbecken,  Messing,  mit  Darstellung  des  Sünden- 
falls. —  ^©9.  Zwei  Vasen.  Zinn  1635.  —  330.  Eine  desgleichen  defekt, 
1712.  —  331.  Zwei  desgleichen,  mit  schönen  gestochenen  Ornamenten.  1651.  — 
333—336.  Sechs  minderwertige  Altarleuchter.  —  337-339.  Drei  Messglöckchen.  — 
340.  Kleine  Platte.  Marmor  in  ornamentiertem  Eichonrahnicn.  —  390.  Lesepult 
in  Form  eines  Adlers.  Kopie  nach  dem  auf  dem  Lettner  befindlichen.  —  399-  Tauf- 
becken. Bronce,  Die  Oberfläche  zeigt  auf  acht  Feldern  polychrome  Darstellungen 
aus  der  Jugend  Christi,  0,53  m  hoch,  0,77  m  Durchmesser,  nach  unten  sich  vor- 
engend. 14.  Jahrh.  Hermes  p.  91,  —  400.  Reliquienbehälter  mit  acht  kreisrunden 
Fächern,  Diptychon.  Holz.  Innen  die  Anbetung  der  Könige  in  Hochrelief.  ÜJJ8  m 
hoch,  (Figuren  durchschnittlich  0,1-J.  m),  0,80  m  breit,  14.  Jahrii.  Hermes  p.  130.  — 
404.  Kohlenpfanne,  Bronce,  zweihenklig  auf  drei  Füssen.    Mit  Tiermotiven.    Giesser- 

zeichen  ^     .    0,28  m  hoch.  0,80  m  Durchmesser.     Dicke  der  Beckenwand 

etwa  0,018  m.    12.  Jahrh.  Hermes  p.  95.  —  *35.  Nachbildung  der  Stephansschüssel 
mit  den  früher  auf  jener  befindlichen  vier  Judenfiguren.     Der  Stephanus  fehlt. 


Halberstadter  Stadtkreii:  Halberatadt  (der  Dom:  Altarfter&fe,  ChorfrestflU) 


(vergl.  No.  36)  Gusseisen.  —  410.  Kopie  einer  Schüssel  von  Petnizzi.  Ousseisen.  — 

412.  Lampe.     Messing.     In  LBteroenfomi.     Inschrift  Hans  Meissner  goot  mick 

tho  Bronsswick.  —  425.  Zwei  Leuchter.    Bronce.     152  m  hoch,  14.  Jahrb.?  — 

427.  Bracchiarinm.    Etwas  beschädigt.    Mit  Reliquien  unter  Marienglas.    0.45  m 

hoch.  —  428.  Desgleichen,  mit  vier  leeren  Boliquicnhehültem.    0^  m  hoch. — 

429.  Kruzifix.     18.  Jahrh.  —   Ausserdem  sind  gegenwärtig  im  Gebrauch:  1.  Drei 

Kelche  von  vergoldetem  Silber,  mit&echslappigem 

Fuss  und  sechkantigem  Knauf,    a.  0,17  m  hoch. 

datiert  1474,  am  Knauf  ihesvs  b.  0,16  m  hoch, 

am     Knauf    oben    mariaa(!),    unten    ana    (!)■ 

c.  0,175  ni  hoch,  am   Knauf  IHESVS 

2.  Drei  Pafenen  von  vergoldetem  Silber. 
jede  mit  graviertem  Kreuz  im  Kreise,  a.  Durrfi- 
mes-ser  0.16  m,  gotisch  mit  graviertem  Blatt- 
werke in  den  Zwickeln  eines  Vierpasses, 
b.  Durchmesser  0,15  m.    c.  Durchmesser  0.16ni. 

3.  Silberne  Kanne,  0.19  m  hoch,  plump,  ge- 
stiftet 1678  vom  Portenarius  Friedrich  v.  Schlitz. 

4.  Kleines  Weingefäsa,    sechseckig,  Silber, 

Halb.'er  Beschau.    Zeichen:  (»JJ) 

5.  Silberne  Kanne  von  1830. 

6.  Kelchlöffel,  Silber,  Halb.'er  Beschan. 
Zeichen    T.  T.  17L  .  . 

7.  Zwei  Kelchdeckel,  1678,  beide  mit  Silber- 
stickei-ei    auf    Grund    von    roten   Glasperlen. 


.  mit  Lamm,  b.  mit      |  riS. 


8.  Zwei  Taufbecken  sind  modern. 
Chorgestfihl.  [Die  Sitze  der  Vikare  Im 
östlichen  Teile  des  Chores  sind  1306  erwähnt, 
ein  älteres  Chorgestühl  1363  und  1410.  Das 
1436  genannte  stallum  in  choro  ist  möglicher- 
weise schon  das  jetzt  noch  existierende.] 

Das  fast  12  m  lange  Gestühl  (Pig.  93  u.94l. 
der  Gotik  des  15.  Jahrhunderts  angehörig,  ei 
vortrefflich  erhalten.  In  Eichenholz  geschnitzt, 
zeigt  es  an  den  2,48  m  hohen  Wangen  reiches 
Blattwerk  und  Rosetten.    An  der  hohen  Bück- 

wand  befindet  sich  oben  oin  langer,  schmaler, 

p;     gg  hölzerner  Baldachin  mit  kleinen  Giebeln  und 

Fialen.    Jedes  Gestühl   bat  oben  und  unten  je 
sechzehn  Klapp-sitze  und  Stützen  (Misericordien)  für  die  Stehenden. 

Kanzel.  [Amboncn  werden  schon  beim  zweiten  Dome,  femer  in  dem  fünften 
1328  und  1305  genannt.  Die  Reste  der  letzten  befinden  sich  mitten  auf  der 
Lettnerwand,   dahinter  führt  eine  Wendeltreppe  zu  ihr  (jetzt  zum  Biachofsstnhl) 


Halberstadt  (der  Dom:  Kaozel,  Orgel.)  277 


empor.    Von  dem  Aufgange  zu  einer  noch  älteren  Kanzel  ist  noch  ein  Belief  (der 
ungläubige  Thomas)  im  nördlichen  Chorumgange  (s.  u.  Skulpturen).     Die  jetzige 
Eanzet  ist  ein  geschnitztes  und  unschön  bemaltes  Werls  von  1598.  Besonders  schwer 
vonForm  ist  der  Deckel.  Sie  steht  am  3.  südlichen  Pfeiler  von  der  Vierun  aus;  am 
ü.  würde  sie  einen  für  das  Auge  besseren  Platz  haben,  jedoch  empfiehlt  sich  die 
jetzige  Stelle  der  besseren  Akustik  wegen.    Der  Deckel  ist  mit  den  Wappen  von 
Chorherren  (Aufzählung  siehe  bei  Hermes,  p.  55),  oben  mit  einer  kleinen  Fignr 
des  Christuskindes  geschmückt;  um  ihren  unteren 
Eand  geht  die  Schrift:  Qui  vos  audit  me  audit 
et   qui  V03  spernit  me  spernit  qui  autem  me 
spernit   spernit  eum   qui  misit  me  (Luc.  10). 
In  den  Füllungen  des  Aufganges  zur  Kanzel  und 
dieser  selbst  sieht  man  die  Figuren  der  Kardinal- 
tugenden, Christi  und   der  Evangelisten.     Unter 
dem  Aufgange    zwei  massige  Malereien,  auf   der 
eisen  Seite  Simsen,  die  Säulen  zerbrechend,  auf 
der  andern  zwei  aus  einem  Grabgewölbe  hervor- 
tretende Gerippe,  darüber  die  Verse: 

Got  ist  alleine  geregt 

Hie  stat  der  Herr  vnd  aug  der  Knegt 

Bistu  Glugh  soo  trit  herbei 

Vndt  sage  welcher  der  Knegt  oder  der 
Her  sei. 

Die  Kanzel  ruht  auf  einem  einfachen,  runden 
Pfeiler,  an  welchem  vorn  eine  vom  Ende  des 
15.  Jahrh.'s  stammende,  holzgeschnitzte  und  be- 
malte Figur  eines  lesenden  Apostols  angefügt  ist, 
den  man  durch  Ansetzung  unschöner  vergoldeter 
Flügel  zum  Plngel  umgewandelt  hat. 

Orgel.  [Der  Balgetreter  einer  alten  Orgel 
ist  1328  erwähnt.  Er  bekam  am  Fronleichnams- 
tage  drei  Schillinge.    Auch  1343  ist  von  der  Orgel  pj    g^ 

die  Rede.     1361  wurde  eine  neue  Orgel  durch 
den    Priester    Nicolaus    Paber    vollendet;     1495 

erneuert  von  Gregor  Kleng.  Diese  1G05  mit  neuen  Verzierungen  versehene  Orgel 
beschreibt  Merian  als  sehr  alt;  sie  hatte  nur  wenige,  sehr  grosse  bleierne  Pfeifen, 
auch  nur  wenige  Tasten,  die  sehr  schwer  und  über  eine  Hand  breit  waren.  Sie 
mussten  mit  den  ganzen  Händen  oder  mit  dem  Ellenbogen  niedergedrückt  worden. 
So  konnten  nur  die  Melodien,  nicht  Begleitungen  dazu  gespielt  werden.  Ein 
Gemälde  daran  zeigte  drei  Mönche,  die  wegen  frevelhafter  Prahlerei  mit  ihrer 
Stimme  sich  zu  Tode  singen  mussten.  Bei  Michael  Praetorius,  Syntagma  musicum 
(1614)  finden  sich  am  Ende  des  2.  Teiles  auf  Tafel  XXIV— XXVI  verschiedene 
Abbildungen  aus  jener  Orgel,  nämlich: 

XXIV:  „Manual-Clavir    in    der   Alten  Orgel   im  Tbunib   zu  Halborstadt. " 
'Detailabbild,  des  1.  und  2.  Diskant-Klaviers,  welches  auf  der  nächsten  Tafel  volU 


278 


Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Orgel,  Taufbecken) 


ständig  abgebildet  ist.  Grosse  plumpe  Tasten,  die  etwa  die  Form  einer  Violine 
haben;  die  oberhalb  gelegenen  Tasten  sind  für  eis,  dis,  fis,  gis,  b;  viereckig  und 
schwerfällig. 

XXV:  Drei  Abbildungen  a)  das  I.  und  II.  Discant-Klavier,  b)  das  III.  Klavier, 
c)  das  IV.  Pedal-Klavier.   Unterschrift:  „Diss  sind  die  Manual-  vnd  Pedal-Klavier, 
wie  die  in  der  gar  grossen  Orgel  im  Thumb  zu  Halberstadt  vber  einander  liegen.'" 
XXVI:  „Blassbälge   vnd  Calcanten,  so  zu  derzeit  bey  derselben  Orgel  ge- 
braucht worden."    Zwei  Männer  sind  beschäftigt  die  Bälge  zu  treten,  deren  auf 
der  Abbild,  achtzehn  zu  erkennen  sind  (zwanzig  waren  es  wirklich). 
Ausserdem  spricht  Praetorius  von  dieser  Orgel  im  2.  Teil  p.  98ff. 
Eine  3.  Orgel  ist  jetzt  Eigentum  der  Franziskaner  Kirche  (s.  d.)]. 
Die  jetzige  Orgel  wurde  von  H.  Herbst  und  Sohn  aus  Magdeburg  1718  voll- 
endet,  1719  aufgestellt.    Umgebaut  wurde  sie  1838  durch  Friedrich  Schulze  aus 

Paulinzelle.  Heute  soll  sie  nicht  mehr  allen 
Ansprüchen  genügen,  ein  völliger  Umbau, 
nur  mit  Erhaltung  der  Vorderseite,  daher 
nötig  sein.  Diese  Vorderseite  zeigt  in  reicher 
Schnitzerei,  welcher  die  natürliche  Holz- 
farbe bewahrt  geblieben  ist,  unten  den 
stehenden  S.  Laurentius  und  Stephanus, 
weiter  hinauf  folgen  in  pyramidalem  Auf- 
bau sechs  kleine  sitzende,  musicierende 
Engel.  Die  Pfeifen  stehen  auf  reich  ver- 
kröpften Konsolen  und  sind  oben  ähnlich 
bekrönt  Ganz  oben  das  brandenburgisch - 
preussiche  Wappen  von  den  wilden  Männern 
gehalten. 

Die    die  Orgel   tragende  Empore    ist 
rund;  sie  ist  erst  1866  an  Stelle  einer  von 
zwei  eichenen  Pfeilern  getragenen  hölzernen 
erbaut  worden.  —  P.  Stöbe,  Zur  Gesch.  der 
Kirchenorgeln   in  Halb.,    Zeitschr.  für  In- 
strumentenbau, 1865,  II,  III.  —  Habers  Buch 
enthält  eine  von  Heinrich  Herbst  verfasste  Beschreibung  der  Orgel.  —  Hermes,  p.  83. 
Taufbecken.     Ausser  den  in  der  Domsammlung  befindlichen,  oben   be- 
schriebenen, giebt  OS  zwei. 

1.  Ein  grosses  am  Westende  des  Mittelschiffes  auf  drei  Stufen  aufgestelltes, 
aus  Kübeländor  Marmor,  gestiftet  1195  von  Bischof  Gardolf.  Es  hat  die  Form 
eines  Pokals,  welcher  auf  vier  liegenden  Löwen  steht.  Durchm.  der  Schale  1,05  ra, 
Höhe  1,235  m,  die  Wanddicke  beträgt  etwa  0,10  m,  der  Umfang  oben  3,30  m,  in 
der  Mitte  1,73  m;  die  Löwen  sind  0,42  m  hoch. 

2.  Bronzenes  Taufbecken  in  der  Marien  kapeile,  verziert  mit  vierzehn,  hin 
und  wieder  zerstörten,  flachen  Beliefs,  die,  sehr  undeutlich  gegossen,  heilige  und 
bibl.  Scenen  darzustellen  scheinen.  Auch  dieses  hat  Pokalform.  Durchm.  0,61  ni, 
Höhe  0,80  m.    [Fig.  95.] 

Leuchter.    [Kronleuchter  im  Chor  1365;  3  Kandelaber  auf  den  Stufen 


Fig.  95. 


Halberstadt  (der  Dom:  Leuchter  u.  dergl.)  279 

1365.  Im  selben  Jahr  vier  Schüsseln  (pelves),  auf  welche  Lichte  gesetzt  wurden. 
Ein  Kronleuchter  diente  1404  zum  Miister  für  eineq  der  Liebfr.- Kirche  ge- 
schenkten. Ein  Leuchter  wurde  1449  gestiftet  vom  Vikar  Johann  M es torp:  steyd 
uppe  deme  grade  sancturaii  in  deme  chore.] 

Drei  dreiarraige  Leuchter,  alle  aus  dem  14.  Jahrb.,  stehen  im  hohen  Chore, 
1.  3,20  m  hoch,  2,50  m  breit,  schlicht,  nur  mit  Gürtungen.  2.  1,80  m  hoch,  1,50  m 
breit,  mit  vier  Löwenfüssen  und  zwei  Heiligenfiguren  unten.  3.  1,33  m  hoch. 
0,72  m  breit,  mit  Tierköpfen  an  den  zwei  äusseren  Armen. 

Die  beiden  grössten  stiftete  im  16.  Jahrb.  der  Vikar  Heimerding. 

Im  Mittelschiff  hängt  ein  schmiedeeiserner  Kronleuchter  für  60  Lichte.  Er 
stellt  gleich  den  Leuchtern  zu  Hildesheim,  Aachen  und  Komburg  die  Mauer  des 
himmlischen  Jerusalem  vor  und  ist  demgemäss  mit  12  Türmchen  geschmückt,  in 
denen  die  Apostel  stehen.    Innen  die  Umschrift: 


alleluia. 


Regina  coeli  laetare 
Quia  quem  meruisti  portare 
Resurrexit  sicut  dixit 
Ora  pro  nobis  deum 

Der  Kronleuchter  ist  gestiftet  von  Balthasar  von  Neuenstadt,  dessen  Wappen 
an  dem  Leuchter  viermal  vorkommt. 

Im  hohen  Chor  hängt  ein  ehemals  versilberter  Kronleuchter,  bestehend  aus 
vier  mit  Gitterwerk  durchbrochenen,  eisernen  Reifen  unterhalb  eines  fünfseitigen, 
gotischer  Türmchens.  Jeder  Reif  ist  weiter  als  der  nächst  höhere.  Der  erste^ 
hat  fünf,  der  letzte  zwanzig  Lichtbehälter. 

Auf  dem  liturgischen  Altar  zwei  Bronce-Leuchter,  0,38  m  hoch,  geschenkt 
1676  vom  Kanon.  Joachim  v.  Werder. 

In  der  Sakristei  stehen  zwei  broncene  Altarleuchter. 

Die  im  Kapitelsaal  befindlichen  Leuchter,  Lampen  u.  s.  w.  siehe  oben  unter 
„Altargeräte  u.  s.  w.'^ 

In  der  Neustädter  Kapelle  hängt  ein  überaus  fein  gearbeiteter  Kronleuchter 
(Abbildung  in  der  Zeitschrift  für  bildende  Kunst  1897  Heft  lY,  p.  52).  Der 
Reifen  zeigt  geschmackvoll  durchbrochene  Muster,  und  ist  mit  kleinen  Wappen 
geschmückt,  desgleichen  die  an  den  Ketten  befestigten  Rosetten  und  die  kleine 
Krone  oben.    Die  zwölf  lichttüUen  sind  einfach. 

[Ewige  Lampen  gab  es:  1404  eine  „vor  unses  hem  godes  lichnam  vom 
unser  fabriken  und  ref enter"  als  Stiftung  des  Domprobstes  Friedrich  Hake,  in 
welcher  auch  der  „ Lampen wardere'^  bedacht  wurde;  im  Kreuzgange  wurde  ein 
ewiges.  licht  1446  (1.  Mai)  gestiftet  zu  Ehren  des  von  den  Grafen  von  Regenstein 
ermordeten  Hans  v.  Krosigk;  ein  „geluchte",  gestiftet  1448;  eine  Lampe  vor  einer 
Chorthür,  gestiftet  1449;  vier  Lampen,  gestiftet  1468  von  Nik.  Nur,  Priester  und 
Offizial;  ein  „geluchte,  so  hem  Nikolaus  Nuer,  anders  gebeten  Rorate,  dat  darto 
gemaket,  gekofft  unde  gegeven  hefft.    1470.''J 

Jetzt  existieren  noch  folgende:  Eine  an  drei  mit  kleinen  Blumen  gezierten 
Ketten  in  der  Marienkapelle;  Schmiedeeisen,  1399  urkundlich  erwähnt.  —  Eine 
in  Latemenfonn  im  Kreuzgange.  —  Von  den  als  Wahrzeichen  der  Stadt  dienenden 
zwei  grossen  Turmlatemen  (de  luchter  unde  lochte  an  de  tome,  1429)  steht  eine 


280  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Möbel) 

v,  ■  ■  — ■ — 


in  der  Stephanskapelle  seit  1810  ausser  Verwendung.    Eine  Kopie  ist  neuerdings 
am  Nordturme  angebracht. 

Schränke  und  andere  Möbel.  [Ein  .Urkunden-  und  Bücherschrein  wird 
1427  erwähnt.]  Zur  Donisammlung  gehören :  No.  383,  grosser  Lehnsessel  des  grossen 
Kurfürsten.  Lehnen  und  Füsse  sind  geschnitzt.  Der  Überzug  ist  ein  grünlicher 
Sammet  mit  rotseidner  Fransenborte,  1,40  m  hoch,  0,70  m  breit,  17.  Jahrh.  — 
416.  Schränkchen.  Innen  mit  einer  Kreuzigungsgruppe,  die  Thüren  innen  mit  je 
vier  Heiligen  bemalt,  0,80  m  hoch,  0,57  m  breit,  0,15  m  tief,  deutsch.  15.  Jahrh.  — 
425.  Zwei  gothische  Stühle,  ohne  Polster  mit  geschnitztem  Masswerk  und  Spuren 
von  Malerei.  1,02  m  hoch,  0,70  m  breit,  0,55  m  tief,  15.  Jahrh.  —  426.  Zwei- 
etagiger  Schrank  aus  Eichenholz.  Die  Innenseite  der  Thüren  ist  mit  je  einer 
gekrönten  Heiligen  auf  Goldgrund  (St.  Katharina  und  Kunegundis)  bemalt.  Die 
aussenbefindliche  Malerei  ist  überstrichen  und  nur  noch  in  Spuren  erkennbar. 
Früher  in  der  Liebfrauenkirche.  1,97  m  hoch,  1,33  m  breit^  0.58  m  tief.  Deutsch. 
13.  Jahrh. 

Ausserdem  befindet  sich  im  Kapitelsaal :  ein  romanischer  Schrank  aus  Eichen- 
holz; 13.  Jahrh.  2,47  m  hoch,  0,90  m  breit,  ähnlich  dem  in  der  Liebfrauen-Kirche 
(s.  u.),  aber  viel  einfacher,  nur  mit  ein  paar  schlichten  Rosetten  geziert.  —  Drei 
Schränke  von  ziemlich  plumper  Form  mit  Zinnen  und  flach  eingeschnitzteni  Blatt 
Ornament,  zwei  durch  handschriftliche  Vermerke  datiert  1541  bezw.  1567,  der 
dritte  aus  ähnlicher  Zeit.  —  In  der  Schatzkammer  stehen  noch  zwei  romanische 
Schränke  des  13.  Jahrh.  Der  eine  2  m  hoch,  0,63  m  breit;  der  Giebel  oben 
endigt  in  zwei  Drachen;  der  andere  mit  Eisenbeschlag,  2,87  m  hoch,  1,07  m  breit; 
der  Giebel  oben  schlicht  zulaufend.  Beide  aus  Eichenholz.  —  In  der  Sakristei 
befindet  sich  ein  gotischer  Schrank  des  15.  Jahrh.  Ziemlich  einfach,  mit  Zinnen, 
wenig  durchbrochenem  Masswerk  und  Eisenbeschlag.  1,85  m  hoch,  0,83  m  breit  — 
Im  hohen  Chor  ist  an  der  nördlichen  Wand  ein  gothischer  dreiteiliger  Schrank 
befestigt,  der  zur  Aufbewahrung  gottesdienstlicher  Geräte  und  Webereien  bestimmt 
war.  Auf  der  Thür  des  mittleren  Teiles  befindet  sich  eine  ziemlich  verblasste 
Malerei:  Monstranz  von  zwei  knienden  Engeln  verehrt.  Die  früher  vorhandenen 
Fialen  und  sonstigen  zur  Bekrönung  des  Schrankes  dienenden  Schnitzereien  hat 
man  entfernt,  in  dem  Glauben,  dass  der  Schrank  auf  diese  Art  besser  in  die 
Chorarchitektur  passe!  1,43m  hoch,  3  m  breit,  15.  Jahrh.  [Fig.96J  ~  Hinter  dem 
Chor  gegenüber  der  Marienkapelle  ist  ein  vergitterter  Kasten  an  der  Chorwand, 
der  ehemals  zur  Aufbewahrung  von  Messbüchern  und  dergl.  diente. 

In  der  Domküsterwohnimg  giebt  es  einen  schwerfälligen,  aber  mit  schönem 
Blattwerk  in  Flachschnitzerei  gezierten  gothischen  Schrank  des  16.  Jahrh.'s,  ver- 
wandt mit  denen  im  Kapitelsaal,  aber  nicht  so  gut  erhalten.  Ferner  einen  niedern 
Schrank,  mit  Blumen  bemalt,  von  1674. 

Webereien.  I.  Liturgische  Gewänder:  Der  Grund  zu  der  äussei-st 
reichhaltigen  und  kostbaren  Textilsammlung,  deren  andere  Hälfte,  Altar-  und  Wand- 
docken, weiterhin  besprochen  werden  wird,  ist,  wie  leicht  erklärlich,  schon  im  frühen 
Mittelalter  gelegt  worden.  Glücksumständen  ist  es  zu  verdanken,  dass  die  Sammlung 
sich  ziemlich  in  dem  Umfange  erhalten  hat,  den  sie  zu  den  Zeiten  der  Blüte  der 
katholischen  Kirche  in  Nord -Deutschland  angenommen  hatte.  Sie  ist  eine  der 
reichsten  Sammlungen,  welche  es  giebt,  besonders  wichtig  wegen  der  nicht  geringen 


i 


282  Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Born:  Webereien  a)  liturg.  Gewänder) 


Zahl  von  Webereien  des  frühen  Mittelalters  und  des  Orients.  Die  Herausgabe 
von  genügenden  Darstellungen  der  wichtigsten  Stücke  nebst  vollständigem  be- 
schreibenden Kataloge  wäre  eine  der  bedeutensten  Aufgaben  der  kunstgewerblichen 
Forschung.  [1150  schenkte  der  Domherr  Martin  eine  Casula  von  grünem  Seidenstoff 
mehrere  Stolen  und  Manipeln  mit  Gold  geschmückt,  ein  Schultertuch,  zwei  Alben  mit 
Cingulen,  eine  Dalmatica  von  weissem  Seidenstoff,  eine  seidene  Tunica  und  ein  des- 
gleichen Dorsale.  Von  den  Gegenständen,  welche  Bischof  Konrad  1205  mitbrachte,  ist 
schon  oben  gesprochen.  1482  schenkte  der  Vikar  Eddeier  ein  rotes  seidenes  Gewand 
mit  zehn  silbernen  und  vergoldeten  runden  Fibeln  und  Rückenkreuz,  ein  weisses  Gte- 
wand  7on  Seide,  ein  blaues  aus  Arras,  eins  von  weissem  Drell,  zwei  Altardecken.] 
In  der  Domsammlung  jetzt  vorhanden  sind:  117.  Dalmatica,  sogenannte  leo- 
nata,  purpurne  Seide  mit  in  Gold  gestickten,  stilisierten  Löwen.  Persien.  12.  Jahrh. 
Hermes  p.  116.  —  118.  Desgleichen,  Goldbrokat  mit  schwarzem  Sammetmuster.  — 
119.  Chormantel,  gelbe  Seide.  —  120.  Desgleichen,  weisse  Seide,  Gold  und  Stickerei.  — 
121.  Casula,  roter  Sammet  mit  gelber  Seide.  Gabelkreuz  mit  gestickter^  Kreuzigungs- 
gruppe. Anfang  15.  Jahrh.  Hermes  p.  114.  —  122.  Desgleichen,  lachsfarbener 
Sammet,  Granatapfelmuster.  Stickerei.  — 123.  Desgleichen,  weiss  mit  bunter  Wolle.  — 
124.  Desgleichen,  gelber  Sammet,  Reliefstickerei  (Kruzifix).  —  125.  Desgleichen, 
Goldbrokat  mit  Sammet.  Granatapfeünuster.  —  145.  Schultertuch,  Leinwand,  Kragen 
rote  Seide  mit  Goldflittem.  Hermes  p.  118.  —  146.  Desgleichen,  Leinwand,  Kragen 
blaue  Seide  mit  Perlenstickerei.  Hermes  p.  118.  —  147.  Stola.  ^  Mehrfarbige 
Seide  mit  Figuren  in  Goldstickerei  (Agnus  Dei  und  sechzehn  Heilige)  3  m  lang, 
0,07  m  breit.  Hermes  p.  118.  —  156.  Schulterhülle  (velum  oblongum)  Nesseltuch 
mit  Zwirnstickerei.  Netzfransen.  0,575  m  breit.  —  157.  Desgleichen,  weisse 
Leinwand.  Adlermuster  in  roter  Wollstickerei.  —  177.  Manipel.  Bunte  Seide 
mit  Gold.  —  178.  Desgleichen,  bunte  Seide.  —  179.  Desgleichen,  Goldbrokat  — 
180.  Desgleichen,  gelbe  Seide  mit  Halbfiguren  zweier  Heiligen  in  grober  Stickerei. 
Byzantinisch.  —  181.  Eückenkreuz  einer  Casula.  Gestickt  mit  Kruzifix  und 
Heiligen.  —  182.  Besatz  eines  Pluviale.  Gestickt  mit  Verkündigung  und  Heiligen.  — 
183.  Desgleichen.  Biblische  Scenen,  gestickt  auf  Goldgrund.  —  184.  Desgleichen.  — 
185.  Desgleichen.  —  191.  Gesticktes  Fragment  einer  Casula.  —  192.  Casula.  Roter 
Sammet,  Rückenkreuz.  Goldbrokat  mit  Reliefstickerei,  mit  den  Wappen  von  Hohen- 
zollem  und  Churbrandenburg.  Hermes  p.  114  mit  Abbildung.  —  193.  Desgleichen, 
Schwarzer  Sammet,  Rückenkreuz  mit  Reliefstickerei.  Ehemals  dem  Balthasar  von 
Neuenstadt  (s.  Baugeschichte.)  gehörig.  Hermes  p.  114  mit  Abbildung.  —  194. 
Dalmatica.  Lila  Seide,  Stickerei  einerseits  Tierfiguren  zwischen  Blattornament, 
andrerseits  Madonna  und  Christus  regelmässig  wechselnd.  Sicilianisch.  Hermes 
p.  116.  —  195.  Desgleichen,  ehemals  lachsfarbener  Goldbrokat  mit  eingewirkten 
Menschen,  Hunden,  Vögeln  und  Arabesken.  Vom  und  hinten  verschiedenes 
Gewebe.  Sicilien  12.  Jahrh.  —  196.  Chormantel.  Goldbrokat  mit  Löwen,  Vögeln 
und  Arabesken.  Titulus  gestickt  auf  roter  Leinwand.  Sicilien.  12.  Jahrh.  Bock, 
Lit.  Gew.  I,  2,  192.  —  197.  Desgleichen,  gepresster  roter  Sammet  Stickerei  zum 
Teil  zerstört.  —  198.  Desgleichen,  gemusterte  grüne  Seide.  —  199.  Casula.   Blaue 


^  Wo  nichts  anderes  gesagt,  ist  immer  Plattstichstickerei  gemeint. 

*  Von  den  Stolen  und  Manipeln  der  Sammlung  spricht  Bock,  Lit.  Gew.  II.  73  f. 


Balberstadt  (der  Dom:  Webereien  a)  liturgische  Gewänder) 


Seide  mit  Goldomamenten.  —  200.  Tunika.  GemuBterte  blaue  Seide,  mit  Wappen 
des  Kardinals  Albreclit.  —  201.  Desgleichen,  gemusterte  weisse  Seide,  dasselbe 
Wappen.  —  202.  Desgleichen,  weisse  Wolle.  Besatz  rot.  —  204.  Gingulum  aus 
Goldschniiren.  —  2ü&.  Gasula.  Grüne  Seide  mit  eingewirkten  goldenen  Adlern, 
Drachen  und  Burgen.  Gegen  12C0.  BUckenkreu»  lachsfarbener  Sammet  mit  Relief- 


Fig.  97. 

Stickerei.  —  206.  Desgleichen,  grüner  Sammet,  Rückenkreuz  rot  mit  reicher 
Belief  Stickerei.  —  207.  Desgleichen,  grüne  Seide.  Rückenkreuz  mit  Silberplatten. 
12.  Jahrb.?  —  206.  Desgleiciien,  gelbe  Seide.  Kragen  mit  silbergestickten 
Figuren.  Zusammengesetzt  aus  verschiedenen,  dem  IL,  12.  und  14.  Jahrh.  ange- 
hörigen  Stücken.  Hermes  p,  112  mit  Abbildung.  —  209.  Desgleichen,  grüner  Atlas. 
Streifen  vorn  und  hinten  mit  Scenen  aus  dem  Leben  Christi.  —  210.  Desgleichen, 


284   Ualberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Webereien  a)  litnrg. Gewänder) 


dunkelblaue  Seide.      Nachahmung   einer  Aquilata.     Die  Adlerfiguren   sind  von 
Goldbrokat  ausgeschnitten  und  mit  Seidonfäden  in  den  Grundstoff  eingenäht.  Gold 
borte  als  Besatz  (0,065  breit).  Deutschland.    Gegen    1300.    Vgl.  Bock,  Lit.  Gew.  I, 
2  p.  192.  Tafel  VIII,  1 .,  II,  p.  109.  [Fig.  97J  ~  211.  Tunica.   Rote  Seide  mit  Gold  durch- 
wirkt.  MitHil^ch-undCentauernfiguren.   Orient.  12.  Jahrb.   Hermes  p.  116  mit  Ab- 
bildungen. —  212.  Chormantel.   Grüngelb,  stark  geflickt.  —  213.  Desgleichen,  Gold- 
brokat, Reliefstickerei.  —  214.  Manipel.   Seide  mit  Gold.   Stickerei  (aus  dem  Marien- 
leben).  1.  Hälfte  des  13.  Jahrb.  —  216.  Casula.  Weisse  Wolle.  Rückenkreuz  mit  Kru- 
zifix und  Heiligen.  —  217.  Dalmatica.   Dunkelrote  Seide  mit  Gold.  —  218.  Chormantel. 
Gelbe  Seide.  —  219.  Desgleichen.    Kappe  fehlt.  —  220.  Desgleichen,  gelbe  Seide 
mit  grün  und  Gold  durchwirkt.  —  221.  Desgleichen,  roter  und  schwarzer  Sanimet. 
Stickerei:  Heiligenfiguren  und  Wappen  des  Kardinals  Albrecbt.    Hermes  p.  118.  — 
222.  Desgleichen,   gepresster  roter  Samniet.    Heilige  in  Reliefstickerei.    Ehemals 
dem  Domprobst  von  Gherwen  gehörig.    Hermes  p.  118.  —  Ü23.  Desgleichen,  ge- 
musterte   rote   Seide    mit    gesticktem  Besatz.    —    224.   Desgleichen,    gemustert, 
dunkelblau.    Gestickte  Heiligen.  —  225.  Casula.    Lila  Seide.    Rückenkreuz  gelb 
mit  Gold.  —  226.  Desgleichen,  gemusterte  dunkelblaue  Seide.    Rückenkreuz  ge- 
stickt (Krönung  Maria,  Heilige).  —  227.  Desgleichen,  weisser  Atlas.     Rücken- 
kreuz gestickt  (aus  dem  Marienleben).  — .  228.  Desgleichen,  gemusterte   weisse 
Seide.     Rückenkreuz  mit  baumstammartigem  Kruzifix.  —  229.  Dalmatica.     Ge- 
musterte weisse  Seide.     Wappen  des  Kardinals  Albrecht  —  230.  Desgleichen 
ähnlich,  sehr  beschädigt,  —  232.  Ein   Stück  Goldbrokat  mit  Granatapfelniuster. 
Mit  Brandspuren.    lö.Jahrh.  —  233.  Chormantel.    GestickteLeinwand.  — 234.  Des- 
gleichen,  gemusterte    blaue    Seide,    Kappe    fehlt.    —    235.   Desgleichen,  grün- 
gemustert.    Gestickter   Besatz  (sechs  Apostel).  —  236.  Desgleichen,    weissgelbe 
Seide.     Eingewirkte  Muster.    Kappe  gestickt  (Kreuztragung).     Vorderbesatz  mit 
Heiligen.  —  237.  Desgleichen,  roter  gepresster  Sammet.   Stickerei  (sechs  Apostel). 
—  238.  Casula.    Gelbe  Seide  mit  eingewirkten  silbernen  Hundefiguren  in  gri'mem 
Rankenwerk.'     Rückenkrenz    mit    Kruzifix    und    Heiligen.      239.    Desgleichen, 
rote    Seide  mit  grün   und  Silber  durchwirkt.     Rückenkreuz  mit    Kruzifix  und 
Heiligen,   —  240.  Desgleichen,  dunkelroter    Sammet.     Rückenkreuz  mit  Scenen 
aus  dorn  Marienleben.  —  241.  Desgleichen,  braune  Seide  mit  blauen  Arabesken. 
Rückenkreuz  mit  Heiligen.    Wappen  des  Kardinals  Albrecht.  —  242.  Desgleichen, 
roter   Atlas.     Rückenkreuz   mit  Madonna   und   Heiligen.    —   243.    Desgleichen, 
gemusterte   rote   Seide.      Rückenkreuz  mit   Mater  Dolorosa.  —  244.  Dalmatica. 
Gemusterte    weisse   Seide.  —   245.   Desgleichen,   gepresster  blauer  Sammet.  — 
246.    Casula.     Rote    Seide.     Rückenkreuz    grüne   Seide.    —    247.    Desgleichen, 
ähnlich.   —    248.   Desgleichen,   gelbe    Leinwand    mit    roter  und   grüner   Wolle 
gestickt.      Rückenkreuz    mit    grob    gesticktem    Kruzifix.      14.   Jahrhundert?    — 

249.  Desgleichen,    lila    Seide.     Rückenkreuz    mit   Kruzifix    und    Heiligen.    — 

250.  Desgleichen,  roter  Atlas.  Rückenkreuz  baumstammartig.  —  251.  Des- 
gleichen, sog.  Pestkasel.  Weisse  Leinwand.  Rotseidenes  Gabelkreuz.  Hermes 
p.  115.  Bock,  Lit.  Gew.  II,  250.  —  252.  Desgleichen,  ähnlich.  —  253.  Des- 
gleichen, schwarze  Wolle  mit  weisser  Borte.  —  254.  Desgleichen,  schwarze 
Wolle.  Rotseidenes  Rückenkreuz.  —  255.  Levitenrock.  Gelbe  Leinwand  mit 
bunter  W^oUe.  --  256.  Desgleichen,  ähnlich.  —  257.  Dalmatica.    Dunkellila  Seide. 


Halberstadt  (der  Dom:  Webereien,  a.  litargische  Gewänder)  285 


die  hellbraunen  Einsätze  mit  Granatapfelmuster.  Wappen  des  Erzbischofs  Ernst  — 
258.  Desgleichen,  weisse  Wolle  mit  rotem  und  goldenem  Besatz.  —  259.  Des- 
gleichen, gelb  und  rote  Leinwand.  —  260.  Casula.  Bunte  gestreifte  Seide.  — 
261.  Desgleichen,  grüngemusterte  Seide.  —  262*  Desgleichen,  grüne,  rotgemusterte 
Wolle.  Auf  dem  Kückenkreuz  1701.  H.  S.  —  263.  Desgleichen,  violetter  Atlas 
mit  bunten  Blumen.  Weiss  seidene  Borte.  —  264.  Desgleichen,  roter  Wollmoiree.  — 
265.  Dalmatica.  Roter  Sammet  mit  seidener  Franse.  Früher  mit  Wappen  des 
Kardinals  Albrecht.  —  266.  Desgleichen,  ähnlich.  —  267.  Desgleichen,  ähnlich 
wie  N.  264.  —  268.  Desgleichen,  schwarze  Wolle.  Defekt.  —  269.  Pluviale. 
Lachsfarbener  Seidendamast.  Arabischeinschrift.  Gemusterte  grüne  Seide.  Hermes 
p.  117.  —  270.  Levitenrock.  Dunkelbraune  Leinwand.  —  271.  Desgleichen, 
ähnlich.  —  272.  Casulafragment  (Rückenkreuz).  — -  273.  Desgleichen.  —  274.  Plu- 
vialebesatz  mit  sechs  Aposteln  bestickt.  —  279.  Casulafragment  (Rückenkreuz) 
mit  gestickter  Kreuzigungsgruppe,  Perlen  und  Edelsteinen.  —  280.  Dalmatica. 
Goldbrokat  mit  Granatapfelmuster.  Dreifarbige  seidene  Franse.  —  281.  Casula. 
Dunkelroter  Atlas.  Stickerei  mit  Heiligen.  Wappen  derer  von  Britzke  und  von 
Samptleben.  —  282.  Dalmatica.  Weisse  Seide.  Granatapfelmuster  und  schön  ge- 
wirkte Streifen.  —  283.  Desgleichen.  —  284.  Desgleichen,  gelber  Sammet  und 
vierfarbige  seidene  Franse.  Wappen  des  Kardinals  Albrecht.  —  285.  Chormantel- 
fragment Mit  Königsfigur  in  Reliefstickerei  Christus  mit  Magdalena  im  Garten.  — 
287.  Rock  eines  bischöflichen  Beamten.  Roter  Sammet  mit  goldener  Litze.  — 
311.  Schultertuch.  Goldbrokat.  —  312.  Chormantelbesatz  (mit  neun  Aposteln  be- 
stickt). —  313.  Rückenkreuz  einer  Casula.  Baumstammartiges  Kruzifix.  — 
314.  Desgleichen,  ähnlich.  —  342.  Schulterhülle  (velum  oblongum).  Rote  Seide 
mit  verschiedenfarbigen  Streifen.  —  343.  Cingulum.  Grüne  Seide  mit  Fransen 
und  Füttern.  —  344.  Desgleichen ,  weisse  Leinwand.  —  345.  Stola.  Aus  Streifen 
von  verschiedenfarbiger  Seide  und  gemustertem  Goldstoff.  —  346.  Desgleichen, 
gepresster  roter  Sammet.  —  347.  Desgleichen,  ähnlich  mit  Troddeln.  —  348.  Des- 
gleichen, gelber  Sammet,  seidene  Fransen.  —  349.  Desgleichen,  mit  silbernen 
Querstreifen.  Farbige  Fransen.  —  350.  Desgleichen,  goldbrokat.  —  351.  Des- 
gleichen, gepresster  grüner  Sammet. —352.  Desgleichen,  rote  Seide  und  Fransen. — 
353.  Desgleichen,  buntgestreifte  Seide.  —  354.  Desgleichen,  gepresster  blauer 
Sammet  mit  seidenen  Fransen.  —  355.  Desgleichen,  hanfgewebe  mit  seidenen 
Mustern.  —  356.  Desgleichen ,  verschiedenfarbige  Seide  mit  Fransen.  —  357.  Des- 
gleichen, gelbe  Seide  mit  schwarzem  Sammetmuster.  —  358.  Desgleichen,  schwarze 
Wolle  mit  weissen  Kreuzen.  —  359.  Desgleichen,  violette  Seide  mit  bunten 
Blumen.  Borte  weiss.  —  360.  Desgleichen,  grüne  gemusterte  Seide.  Borte 
gelb.  —  361.  Desgleichen,  weisse  gemusterte  Seide  mit  goldenen  Kreuzen.  — 
362.  Desgleichen.  Rote  gemusterte  Seide  mit  Fransen.  —  363.  Desgleichen, 
Roter  Sammet.  —  364.  Desgleichen,  grüne  rotgemusterte  Wolle  mit  weissen 
Kreuzen.  —  365.  Manipel  aus  verschiedenfarbiger  Seide  mit  Goldstreifen.  — 
366.  Desgleichen,  blauer  Sammet  mit  gelbem  Muster.  —  367.  Desgleichen.  Hanf- 
gewebe mit  bunten  Mustern.  —  368.  Desgleichen,  ähnlich.  —  369.  Desgleichen, 
rote  Seide  mit  Fransen.  —  370.  Desgleichen,  roter  Wollmoiree  mit  Fransen.  — 
371.  Desgleichen,  gemusterte  rote  Seide  mit  Fi-ansen.  —  372.  Desgleichen, 
ähnlich.  —  373.   Desgleichen,  blassrote  Seide  mit  Fransen.  —  374.  Desgleichen, 


286  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Webereien,  a.  litarg.  Gewänder) 

*      -  — 

gemusterte  grüne  Seide,  Borte  gelb.  —  375.  Desgleichen,  violette  Seide  mit 
bunten  Blumen,  Borte  weiss.  —  376.  Desgleichen,  grüne  Wolle  mit  rotem 
Muster  und  weissen  Kreuzen.  —  377.  Desgleichen,  gemusterte  rote  Seide  mit 
Fransen.  —  378.  Desgleichen,  gemusterte  weisse  Seide  mit  Fransen.  —  379.  Des- 
gleichen, gemusterter  blauer  Sammet  mit  Fransen.  —  380.  Desgleichen,  schwarze 
Wolle  mit  weissen  Kreuzen. 

131.  Mitra.  Weisser  Seidenrips.  Stirnbinde  und  Titulus  in  Goldstoff  mit 
Perlenstickerei.  0,235  m  hoch,  0,30  m  breit.  Altertümliches  Exemplar.  12.  Jahrh. 
Hermes  p.  120  mit  Abbildung.  Bock,  Lit.  Gew.  I,  2,  185.  —  132.  Desgleichen, 
Perlen-  und  Korallenstickerei,  zum  Teil  auf  untergelegten  Metallplättchen.  0,26  m 
hoch,  0,30  m  breit.  —  133.  Desgleichen,  altertümlich.  Mit  Darstellung  des  Kampfes 
zweier  Ritter.  0,26  m  hoch,  0,287  m  breit.  Hermes  p.  120  mit  Abbildung.  Bock, 
Lit.  Gew.  I,  2,  226.^  —  134.  Desgleichen,  roter  Sammet  mit  Perlenstickerei 
0,327  m  hoch,  0,30  m  breit.  Angeblich  ehemals  einem  Abt  von  Huysburg  gehörig. 
Hermes  p.  121  mit  Abbildung.  —  135.  Desgleichen,  ähnlich.  Angeblich  früher 
im  Besitz  eines  Abts  von  Hamersleben.  —  136.  Desgleichen,  rote  Seide  mit 
Flitteni  und  Schellen.  Petrus  und  Paulus  in  Keliefstickerei.  0,34  m  hoch,  0^6  m 
breit  Hermes  p.  121.  —  137.  Desgleichen,  ähnlich.  0,365  m  hoch,  0,288  m 
breit.  —  138.  Desgleichen,  späte  schwerfällige  Form.  Keliefstickerei.  0,365 ra 
hoch,  0,314  m  breit.  Hermes  p.  121  mit  Abbildung.  —  139.  Handschuh,  weisse 
Seide  mit  Stickerei  (Agnus  Dei).  —  306.  Desgleichen,  weisse  Baumwolle,  ge- 
strickt, mit  aufgesticktem  bunten  Muster.  —  307.  Desgleichen.  —  308.  Desgleichen.  — 
309.  Desgleichen,  mit  Agnus  Dei.  —  310.  Strumpf  (caliga).  Violette  buntgestreifte 
Seide.  Bock,  Lit.  Gew.  H,  9f.  —  190.  Schuh.  Seidner  Goldstoff  mit  Ledersohle. 
Hermes  p.  122.  —  304.  Ein  Paar  desgleichen.  Gepresster  roter  Sammet,  Gramit- 
apfelmuster.2  —  305.  Ein  Paar  desgleichen.  Roter  Sammet  an  den  Seiten  zum 
schnallen.  —  140.  Schweisstuch.  Rote  Seide  mit  Goldborte  und  Füttern.  0,52  m 
lang.  —  141.  Desgleichen,  aus  Byssus  mit  Perlenstickerei  und  silbernen  Sternen. 
0,75  m  lang.  —  142.  Desgleichen ,  weisse  Leinwand ,  einfach.  —  149.  Bursa 
(Gtirteltasche).  Kastenform.  Roter  Sammet  —  150.  Desgleichen,  Taschenform, 
Goldstickerei.  -—  151.  Desgleichen,  rote  Seide.  —  152.  Desgleichen,  roter  Sammet 
und  Seide.  Schloss  silbern.  Mit  von  Stamem'schem  Wappen.  Hermes  p.  107.  — 
153.  Desgleichen,  dreifarbige  Sammetstreifen,  Goldstickerei.  —  154.  Desgleichen, 
Kastenform.  Roter  Sammet.  —  155.  Desgleichen,  rot  und  Gold.  —  289.  Des- 
gleichen ,  Taschenform.  Relief  Stickerei  (Kreuzigungsgruppe).  —  290.  Desgleichen, 
rote  Seide.  —  291.  Desgleichen,  lila  Seide.  —  292.  Desgleichen,  rote  Seide.— 
293.  Desgleichen,  rote  Seide,  grünes  Kreuz  aufgemäht.  —  294.  Desgleichen, 
Buchdeckelform.  Weiss  mit  gestickter  Kante.  —  295.  Desgleichen,  gemusterte 
grüne  Seide,  Borte  gelb.  —  296.  Desgleichen,  gemusterte  blaue  Seide,  Borte 
weiss.  —  297.  Desgleichen,  schwarzes,  weissgemustertes  Zeug,  rückseite  blau. 

IL  Altardecken,  Wandteppiche  und  dergleichen.  In  der  Dom- 
sammlung sind  vorhanden :  94.  Antependium,  Nesseltuch  mit  Zwimstickerei.    acht- 


^  Er  erklärt  die  Kampfdarstellung  irrtümlicli  für  den  Streit  zwischen  Judaismus  und 
Christentum.    Beide  Figaren  tragen  durchaus  gleiche  Kleidung. 

»  Von  Bock,  Lit.  Gew.  I,  1,  106.    fälschlich  ins  12.  Jahrh.  datiert. 


Halberstadt  (der  Dom:  Webereien,  b.  Deckeo,  Teppiche  n. s.  w.) 


zehn  Heiligenbilder,  im  Mittelfelde  die  Kreuzigungsgruppc.  (Fig.  98).  .I,20mhoch, 
3,84  m  lang.  13.  Jahrb.  Hermes  p.  105  mitunvollständigerJÄbbildung.  —  95.  Desgl., 


mit  Darstellungen  aus  einer  Heiligenlegende  (St.  Barbara?).  Angenäht  sind  andere 
nicht  zugehörige  aber  gleichaltrige  Stücke.    0,88  m  hoch,  2,39  m  lang,  13.  Jahrh.i 

'  Von  Bock,  Ut.  Gew.I,  I,  106.    fälBchlich  iaa  12.  Jahrh.  datiert. 


288   Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Webereien,  b.  Decken,  Teppiche  u. s.  w.) 

Hermes  p.  106.  —  127.  Sehr  beschädigte  Sargdecke.  Kreuz  darauf  von  Gold- 
brokat. —  158.  Antependiura.  Seidenstickerei  auf  Nesseltuch  mit  achtzehn  bib- 
lischen Darstellungen.  An  den  Seiten  Heilige.  Verziert  mit  Perlen  und  Edel- 
steinen. 1^7  m  breit,  3,14  m  lang.  Anfang  des  IS.Jahrh.  Hermes  p.  105  mit  un- 
vollständiger Abbildung.  —  159.  Desgleichen,  Seide  mit  Goldstickerei  (Burgen 
und  Tiere)  0,95  m  breit,  1,57  m  lang,  Hermes  p.  106.  —  160.  Desgleichen,  Stickerei 
auf  Leinwand  mit  Hohlsäumen.  0,62  m  breit,  1,9  m  lang.  —  161.  Altarvelura. 
Roter  Atlas  mit  Schildern,  Rosetten  und  Füttern  (sogenannte  ouvraiged'Angleterne). 
Vgl.  Bock,  lit.  Gew.  I,  2,  211.  —  162.  Desgleichen,  mit  gesticktem  Bilde  des 
h.  Stephanus.  —  163.  Desgleichen.  —  164.  Desgleichen,  grüner  Altlas,  Schilder 
und  Füttern.  —  165.  Desgleichen,  roter  Atlas.  Vergoldete  Silberpiättchen.  Ge- 
stickte Kante.  —  166.  Desgleichen,  grüne  Seide.  Ähnliche  Ausstattung.  — 
186.  Fragment  eines  Antependium.  Rote  Seite,  doppelseitig  gestickt.  Vom  Gethse- 
mane,  hinten  Verkündigung.  15.  Jahrh.  Hermes  p.  106.  —  187.  Desgleichen, 
grüne  Seide  mit  Schildern  und  Füttern.  —  188.  Altarvelum.  Doppelseitige 
Stickerei.  Sehr  beschädigt.  —  189.  Desgleichen.  —  203.  Antependium.  Mit  Perlen 
und  Korallenstickerei  auf  rotem  Atlas.  In  der  Mitte  Krönung  Mariae.  0,7  m 
breit,  1,57  m  lang.  Kante  0,21m  breit  13.  Jahrh.  Hermes  p.  106.  —  215.  Altar- 
decke. Stickerei  auf  Leinwand  mit  einundzwanzig  Passionsdarstellungert.  Prätexta 
von  roter  Seide.  Hermes  p.  106.  —  231.  Kelchvelum.  Buntgestreifte  Seide.  — 
276.  Antependium.  Nach  Art  eines  grauen  Zwimnetzes  mit  gesticktem  Muster. 
3,14  m  lang,  1,9  m  breit.  —  277.  Desgleichen,  Stickerei  auf  Leinwand  (Heiüge 
und  Vögel.  0,95  m  lang  und  breit.  Gestickte  Kante  0,21  m  breit.  —  288.  Kelch- 
velum. Schwarze  Wolle  mit  weissem  Spitzenbesatz.  —  298.  Decke.  Gemusterte 
grüne  Seide.  Borte  gelb.  —  299.  Desgleichen,  gemusterte  schwarze  Seide.  Borte 
weiss.  —  300.  Desgleichen,  grün  und  rot  gemusterte  Seide.  Borte  weiss  und 
gelb.  —  301.  Desgleichen,  roter  Sammet.  Silbernes  Kreuz.  —  302.  Desgleichen, 
blaue  Seide.  —  303.  Desgleichen,  blaugemusterte  Seide.  Borte  weiss.  —  315. 
Gestickte  Kante  eines  Antependiums.  1,'^5  m  lang,  0,12  m  breit.  —  316.  Kelch- 
velum. Roter  Sammet  mit  Gold-  und  Perlenstickerei  und  drei  NieUen.  Ein  kleiner 
Rosskamm  von  vergoldetem  Silber  weist  auf  schwarzburgische  Herkunft  Hermes 
p.  106.  —  317.  Desgleichen.  Rote  Seide  mit  Goldfäden  und  bunten  Fransen. 
Doppeladlermuster.  Itaüen.  13  Jahrh.  —  318.  Seidenes  buntes  Gewebe  mit  ein- 
gewebter Figur  mit  drei  Vogelköpfen,  sowie  andere  Figuren  in  altertümlicher 
Auffassung.  Weberei  auf  beiden  Seiten  gleich.  Gefunden  1864  im  Hochaltar 
als  Reliquienhülle,  jetzt  zwischen  zwei  Glasplatten,  0,237m  breit,  0,667m  lang. 
Orient.  Hermes  p,  124.  —  Ausserdem  ohne  Nummer  in  der  Sakristei  eine  Altar- 
decke von  resedafarbenem  Sammet  mit  Granatapfelmuster. 

Wandteppiche  sind  im  hohen  Chor,  einige  Fragmente  in  der  Domsammlung 
vorhanden.  Letztere  sind  folgende:  128.  Teppichfragment.  Gemusterte  Kante. 
Wollen  hautelissegewebe.  12.  Jahrh.  —  275.  Gestickte  Kante  mit  Heiligen.  4,71  m 
lang,  0,20  m  breit.  —  278.  Desgleichen,  rotbraungemustert. 

Von  den  Teppichen  im   Chor    ist  der   älteste  eine  Hautelisseweberei  des* 
12.  Jahrh.,  1,58  m  hoch,  1,44  m  breit,  jedoch  ist  seine  wirkliche  Höhe  bedeutender 
gewesen  und   hat,  wie  das  Muster  beweist?  gegen  2  m  betragen.    Inmitten  einer 
roten  Raute  befindet  sich  die  thronende  Figur  Karls  des  Grossen.  In  den  zwischen 


»Halberstadt  (der  Dom:  Webereien,  b.  Decken,  Teppiche  ti.s. w.)  S8Ö 


^> 


den  Seiten  der  Baute  und  dem  Eande  des  Teppichs  befindlichen  dreieckigen 
Feldern  sieht  man  die  Figuren  von  vier  Philosophen,  von  denen  die  beiden 
oberen  halb  zerstört,  die  beiden  unteren  vollständig  sind.  Durch  Beischrift  ist  die 
Figur  links  unten  als  Cato,  die  rechts  als  Seneca  bezeichnet  Ein  jeder  von  ihnen 
hält  ein  Spruchband,  deren  Inschriften  folgendermassen  lauten :  oben  links  TVTVM. 
CRED  .  .  .  ;  oben  rechts  .  .  .  VIS.  NEMINI.  DIX  .  .  .  ;  unten  links  DENIGRAT. 
MERITVM.  DANTI8.  MORA;  unten  rechts  QVI.  CITO.  DAT.  BIS.  DAT.  Auf 
der  Raute  zieht  sich  folgende  Inschrift  hin:  .  .  .  TARE.  DIV.  NEC.  HONOR. 
NEC.  VIS.  NEC.  FORMA.  NEC.  ETAS.  8VFFICIT.  IN.  MVNDO.  PLV8.  TAMEN. 
|STA.  PLACE.  .  .  Das  Ganze  scheint  ein  Distichon  zu  sein,  dessen  Bedeutung 
sich  freilich  nur  vermuten  lässt.  Um  den  Rand  gehen  die  Worte :  DIV.  QVERITVR. 
VIX.  INVENITVR.  DIFFICILIVS.  .  .  Der  Grund  ist  ein  dunkles  Blau  und  Grün ; 
die  Gewänder  sind  grün,  gelb  und  rot;  der  Rand  ist  weiss. 

Von  besonderem  Interesse  sind  zwei  Teppiche  griechischer  Herkunft,  welche 
Bischof  Eonrad  mitgebracht  haben  soll.  Die  oben  citierte  Urkunde  bezeichnet 
diese  Stücke  nicht  in  erkennbarer  Weise,  dagegen  berichten  die  Gesta  epp.  Halb. 
Konrad  habe  den  Chor  von  allen  Seiten  mit  seidenen  Decken  verziert.  Die  in 
Rede  stehenden  Teppiche,  welche  ich  der  Kürze  halber  den  Abrahams-  und  den 
Apostelteppich  nenne,  sind  jedoch  von  Wolle,  Hautelissewebereien  aus  der 
ersten  Hälfte  des  12.  Jahrh. 

Der  Abrahamsteppich  (an  der  südlichen  Chorseite;  Breite  1,14  m,  Länge 
10,04  m)  enthält  folgende  Darstellungen  von  links  nach  rechts:  Abraham  und  die 
drei  Engel  vor  der  Thür  der  Hütte;  die  drei  Engel  essen  bei  Abraham;  Isaak 
wird  zum  Opfer  geführt;  Opferung  Isaaks;  St.  Michael  den  Drachen  tötend.  Die 
einzelnen  Scenen  sind  durch  Bäume  oder  aufrecht  stehende  Spruchbänder  ge- 
trennt.   Erstes  Spruchband: 

ÄDORATP  +  B^VN^NA  RSDVPLCXS  /9TINVA 

Das  Band  liegt  unten  rechtwinkelig  um,  und  die  dort  befindliche  Schrift 
ist  unkennbar.    Zweites  Spruchband: 

P2DAGNVM  .  i>NATOIVBeOTePDeReCARO  . 

Der  Grund  ist  blau  mit  dunklerem  Rande,  die  Gewänder  rot,  weiss  (sehr 
beliebt)  und  dunkelblau,  die  Heiligenscheine  gelbgiün,  auch  rot  mit  weissem 
Rande.  Die  Wangen  der  Personen  zeigen  kreisrunde  rote  Flecken.  Die  vor- 
kommenden schwarzen  Fäden  sind  im  Laufe  der  Zeit  vergangen.  Zur  Verhütung 
des  Auftrennens  ist  oben  und  unten  ein  Streifen  von  rötlichem  Stoff  angenäht. 
Dieses  wie  auch  die  sonst  in  beiden  Teppichen  sichtbare  wenig  geschickte  Flick- 
arbeit ist  das  Werk  des  im  vorigen  Jahrh.  lebenden  Domküstei-s  ^aber. 

Der  Apostelteppich  (an  der  nördlichen  Chorseite.  Breite  1,15  m,  Länge 
8,93  m).  Die  allgemeinen  Merkmale  sind  dieselben  wie  beim  Abrahamsteppich. 
Die  Darstellung  zeigt  in  der  Mitte  Jesus  in  der  Mandorla  thronend,  in  der  Linken 
ein  Buch,  die  Rechte  segnend  erlioben;  die  Mandorla  wird  gehalten  von  zwei 
Engeln,  rechts  Gabriel,  links  Michael.  Rechts  und  links  von  dieser  Gruppe  sieht 
man  die  Apostel  im  Freien  zwischen  Gebäuden  sitzen.  Mit  Ausnahme  von  Petrus 
bat  keiner  ein  Attribut,  sondern  alle  und  auch  er  halten  Bänder  mit  ihren  Namen 

Krall  HftlbentadL  19 


1 


290     Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (der  Dom :  Webereien,  b.  Teppiche,  Decken  u.  s.  w.) 


in  der  Hand.  Sie  folgen  von  links  nach  rechts  so:  Thomas,  Johannes  (bärtig!), 
Andreas,  Jakobus,  Philippus,  Petrus,  (Mittelgruppe),  Paulus,  Jakobus,  Bartholomäus, 
Judas,  Simon,  Bamabas.  Nach  Abwechslung  wird  gestrebt,  jedoch  beschränkt  sich 
diese  darauf,  dass  immer  ein  älterer  auf  einen  jüngeren  Mann  folgt,  auch  ist  einige 
Verschiedenheit  in  der  Haltung  zu  bemerken.  Die  Grundfarbe  des  Teppichs  ist 
blau.  An  den  Gewändern  und  Architekturen  giebt  es  graugrün,  rot,  grün,  schwarz, 
weiss.  Die  Heiligenscheine  sind  sämtlich  gelblich  mit  rotem  Rand.  Die  Augen 
sind  grellweiss  und  schwarz,  Lippen  und  Wangen  rotfleckig,  die  Haare  meist  mit 
Rot  abschattiert.  Sie  wallen  lockig  und  gescheitelt  herab.  Petrus  hat  graues, 
krauses  Haar,  Paulus  und  Bartholomäus  schlichtes  graues. 

Hieran  schloss  sich  ehemals  noch  ein  Stück,  welches  im  vorigen  Jahr- 
hunderte schon  in  völliger  Auflösung  begriffen  gewesen  sein  soll  und  die 
sitzenden  vier  Evangelisten  zeigte,  gekennzeichnet  durch  Spruchbänder  und 
Symbole,  in  ihrer  Mitte  den  auferstandenen  Christus  mit  der  Siegesfahne.  Der 
Domküster  Haber  fertigte  eine  gemalte  Kopie  davon  an,  die  an  sich  ungeschickt 
genug,  doch  für  seine  gute  Absicht  zeugt.  Jedenfalls  haben  wir  nur  durch  ihn 
eine  Anschauung  von  dem  fehlenden  Stücke.  Desgleichen  existiert  von  Haber 
eine  ergänzende  Malerei  zum  Abrahamsteppich  mit  der  Darstellung  der  Jakobs- 
leiter. Trotz  grosser  Unbeholfenheit  zeigt  das  Werk  den  Charakter  des  Teppichs, 
zu  dem  es  gehören  soll,  und  es  ist  der  Gedanke  darum  nicht  unwahrscheinlich, 
dass  auch  dieser  Teppich  eines  Bestandteiles  beraubt  worden  ist,  dessen  Yerlust 
Haber  gut  zu  machen  suclite.  Wahrscheinlich  waren  beide  Stücke  für  seine 
Flickthätigkeit  beim  besten  Willen  nicht  mehr  herstellbar.  Die  Malereien  werden 
in  einem  Schrankkasten  im  Kapitelsaale  aufbewahrt.  —  Es  wäre  ein  dringendes 
Erfordernis,  dass  für  eine  sorgfältigere  Aufbewahrung  der  beiden  grossen  und 
wichtigen  Teppiche  energische  Massregeln  getroffen  würden. 

Marienteppich,  2.  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  (an  der  Ostseite  des  Chors,  hinter 
dem  Altar.  Breite  1 ,78  m,  Länge  13,84  m.).  Der  rote  Grund  ist  ausgefüllt  mit  grünem, 
blauem  und  gelbem  stilisierten  Blatt-  und  Blütenwerk  in  kreisförmig  gebogenen 
Zweigen.  Dazwischen  finden  sich  folgende  12  Scenen  aus  dem  Leben  der  Maria:  Die 
junge  Maria  steigt  in  den  Tempel;  Vermählung;  Verkündigung  (im  Freien!);  Heim- 
suchung; Christi  Geburt  (im  Freien!);  Beschneidung  (im  Freien,  nur  der  Altar 
ist  da);  Anbetung  der  Könige;  Darstellung  im  Tempel  (im  Freien);  Flucht  nach 
Aegypten;  der  zwölfjährige  Jesus  im  Tempel  (auf  Stufen  im  Freien);  Tod  der 
Maria  (im  Freien);  Krönung  Maria.  Zu  Füssen  der  meisten  dieser  Gruppen 
giebt  es  kleine,  scheinbar  nicht  zugehörige  Scenen  von  Tieren,  Hunden,  welche 
Hirsche  und  Hasen  verfolgen  und  dergleichen.  Dies  fehlt  nur  bei  der  vierten 
und  siebenten  Gruppe.  Die  Köpfe  der  Personen  scheinen  zum  Teil  ergänzt, 
wenigstens  stechen  sie  mit  ihrer  sehr  hellen  Farbe  unharmonisch  von  dem 
übrigen  ab. 

Rotsammtner  Teppich  des  16.  Jahrhunderts  mit  den  Wappen  von  Halb., 
Magdeburg,  Mainz,  Pommern,  Brandenburg  und  Hohenzollem.  Geschenk  des 
Kardinals  Albrecht.  Er  dient  gegenwärtig  zur  Bekleidung  des  Treppentürmchens, 
welches  zum  Lettner  hinaufführt. 

Sonstige  Erzeugnisse  der  Webekunst  und  Stickerei.  84.  Pro- 
zessionsfahne.    Mit  Bild    des   h.  Stephanus.  —  85.  Desgleichen.     Mit  Bild   des 


Halberstadt  (der  Dom :  Webereien,  b.  Teppiche,  Decken  u.  s.  w.  —  Bildwerke)    291 


h.  Laurentius.  —  86.  Desgleichen.  Mit  gesticktem  Kruzifix.  Alle  drei  sehr  be- 
schädigt. —  87.  Fahne.  Grün  mit  Gold.  In  der  Mitte  ein  gestickter  schwarz- 
seidner  Einsatz  mit  figürlichen  Darstellungen  und  griechischer  Schrift  Das 
Fahnentuch  endigt  in  fünf  Zacken.  Länge  der  Fahne  0,785  m,  der  Zacken  0,628  m. 
Das  innere  Feld  ist  0,47  m  hoch  und  0,39  m  breit.  Durch  Bischof  Konrad  1206 
aus  Byzanz  mitgebracht.  Sehr  merkwürdiges  Stück.  Hermes  p.  123.  Bock,  Lit. 
Gew.  1,2, 187.  III,  212.  —  88.  Desgleichen.  Ähnlich.  Hermes  und  Bock,  a.  a.  0. 
—  148.  Hostienbüchse  mit  Perlenstickerei.  I.Hälfte  des  13.  Jahrhunderts.  —  167 
bis  173.  Sieben  Marienmäntelchen.  —  175.  Messbuchunterlage.  Perlenstickerei, 
darauf  das  Wappen  derer  von  Gherwen.  0,09  m  Durchmesser.  —  341.  Kurhut 
des  Grossen  Kurfürsten.  Angeblich  benutzt  bei  der  Huldigung  am  2.  April  1650. 
Roter  Sammet  mit  Hermelin. 

Bildwerke.     Siehe   auch   Epitaphien.     In   der   Domsammlung  vorhanden 
sind:     15.   Kleiner    Tragaltar.      Walrosszahn.      Innen    die    Madonna    und    eine 
Anzahl   von    Scenen   aus    ihrem   Leben    nebst    den   Figuren   der  Kirche    und 
Synagoge.     0,56  m  hoch,  0,22  m  breite  die  Figuren  zwischen  0,21  m  und  0,08  m 
hoch.    Früher  in  der  Liebfrauen-Kirche.    Vorzüglich  erhalten.   Frankreich.  Ende 
des  1^.  Jahrhunderts.    Abbildungen  in  den  Mitteilungen  der  Central -Kommission 
1 868.   Tafel  zu  pag.  LXXVHI.  Weber,  Geistliche  Schauspiele  und  kirchliche  Kunst, 
p  102.  Hermes  p.  130  mit  Abbildung.  —  44.  Elfenbeinrelief  auf  dem  Deckel  eines 
Evangehars.  0,14  m  hoch.   9.  Jahrhundert.   Hermes  p.  132.  —  45.  Konsulardiptychon 
auf  beiden  Seiten  eines  Buchdeckels.    Elfenbein.    Von  besonderem  Interesse  ist 
die  genaue  Wiedergabe  der  Gewandstickereien.    S.Jahrhundert.    Hermes p.  125ff. 
mit  Abbildungen.     Bock,  Lit.  Gew.  1,2,  131  und  Tafel  I.    Auf  seine  Auseinander- 
setzungen  sei  vorläufig   verwiesen  statt  weiterer  Untersuchung,  die  hier  zu  weit 
führen  würde.  —  59.  a  und  b.    Zwei  Diptychontafeln  von  Elfenbein  vordem   als 
Seiten   des   Reliquienkästchens    No.  28   benutzt.     Byzanz.   —   381.   Altaraufsatz. 
Früher   zu   dem  liturgischen  Altar  gehörig.     Speckstein.     Grosse  Kreuzigungs- 
seene.     Bemalte  Predella  mit  Brustbildern  von  14  Heiligen.     16.  Jahrhundert. 
Hermes  p.  132.  —  387.  Altarkruzifix.    Holz,  bemalt.    Die  Füsse  gleichmässig  neben 
einanderstehend  auf  einer  Konsole.  0,97  m  hoch.    12.  Jahrhundert  —  392.  Mittelteil 
eines  Triptychons.    Holz,  bemalt.    Anbetung  der  Könige.    0,85  m  hoch.    (Figuren 
0,45  m  hoch)  0,68  m  breit.   Deutschland.    Ende  des  14.  Jahrhundert.  —  396.  Maria 
mit  dem  Leichnam  Christi.    Holz,  bemalt.    0,92  m  hoch.    Deutschland,   15.  Jahr- 
hundert- —  396a.  H.  Anna,  selbdritt.  Holz,  bemalt.  Defekt.  0,94  m  hoch.  Deutschland. 
15.  Jahrhundert  — •  401.  Altarschrein.    In  der  Mitte  die  Madonna  in  der  Strahlen- 
glorie, beiderseits  je  4  Heilige  zu  zweien  über  einander.    Massige  Holzschnitzerei, 
bemalt    Die  Flügel  fehlen.    Deutsch.     15.  Jahrhundert  —   402.  Desgleichen  mit 
Flügeln.    Mittelbild,  Madonna,  rechts  und  links  über  einander  je  zwei  Heilige, 
die  Flügel  mit  je  zwei  mal  zwei  Heiligen.    Alles  von  üppigem  Masswerk  um- 
geben,   Holzschnitzerei,  bemalt  und  reich  vergoldet    Besser  als  No.  401.  —  403.  Des- 
gleichen.   Triptychon.     In   der   Mitte   die   geschnitzte   Kreuzigungsgruppe      Die 
Flügel  sind  innen  bemalt,  links  Jakobus  der  Ältere,  rechts  Christophorus.    Die 
äussere   Malerei  der  Flügel  ist  mit  Ölfarbe  überstrichen.    1,10  m  hoch,  0,82  m 
breit.    Deutsch.     15.  Jahrhundert.    Hermes  p.  132.   —  411.  Alabasterrelief.    J)ie 
Auferstehung  Christi  darstellend.    Vielleicht  von  einem  kleinen  Altar  herrührend. 


292  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom :  Bildwerke) 


Zum  Teil  vergoldet  0,50  m  hoch,  0,30  m  breit.  16.  Jahrhundert.  —  421.  Keicfc 
geschnitzter,  vergoldeter  Rahmen,  oben  mit  einem  Adler,  seitlich  mit  2  Heiligen- 
figuren geschmückt.  Darin  ein  grosser  Kupferstich,  sogenannter  Domherrenkalender. 
18.  Jahrhundert.  —  422.  Altarschrein  mit  polychromer  Schnitzerei.  Das  Mittelbild 
zeigt  die  Krönung  Maria,  links  stehend  eine  Heilige  mit  Kelch,  St.  Augustin, 
St.  Magdalena;  rechts  die  hh.  Katharina,  Stephanus,  Barbara.  Im  Flügel 
rechts:  Johannes,  Martinus,  Antonius,  links:  die  Anbetung  der  Könige.  Alles 
von  reichem  Masswerk  umgeben,  auf  welchem  oben  in  der  Mitte  St.  Sebastian 
steht.  Die  Schnitzereien  unterhalb  der  Figuren  sind  später  hinzugefügt.  Sie 
zeigen  innerhalb  von  Rankenwerk  die  Halbfiguren  der  12  Apostel.  Das  etwas 
plumpe  Werk  ist  ziemlich  gut  erhalten.  Früher  in  der  Moritzkirche.  Mittelteil 
1,63  m  hoch,  3,05  m  lang.  Deutschland.  Ende  des  15.  Jahrhunderts.  —  423.  Altar- 
bekrönung in  Form  eines  sechskantigen  Türmchens.  Holzschnitzerei  mit  Ver- 
goldung, zum  Teil  beschädigt,  früher  in  der  sogenannten  Neustädter  Kirche  beim 
Salvatorhospital.    2,08  m  hoch.    15.  Jahrhundert. 

Ausserdem  existieren  an  und  in  der  Kirche  und  ihren  Nebenräumen  folgende 
nicht  numerierte  Skulpturwerke:  am  2. Strebepfeiler  der  Nordfront  eine  gotische 
Gewölbeschlussrosette,  ein  in  Blattwerk  übergehendes  Gesicht.  —  St.  Stephanus  am 
Westende  des  nördlichen  Seitenschiffes,  ein  lebensgrosses  Werk  vom  Anfange 
des  16.  Jahrhunderts  in  schöner  geschwungener  Haltung.  Er  war  früher  am  West- 
portal angebracht,  und  ist  erst  vor  kurzer  Zeit  an  seine  jetzige  Stelle  gebracht 
worden,  wo  er  recht  malerisch  wirkt.  Unter  ihm  am  Sockel  befindet  sich  ein  Wappen 
mit  der  Inschrift:  f.  m. ep. gadensis,  d.h.  frater  matthias  episcopus  gadensis. 

Auf  dem  daneben  befindlichen  Altar  steht  eine  h.  Katharina,  bemaltes  Holz, 
1,35  m  hoch.    15.  Jahrhundert. 

Im  nördlichen  Kreuzarm  hängt  ein  altes  Kruzifix,  mit  neben  einander 
stehenden  Füssen,  eine  ziemlich  rohe,  bemalte  Holzfigur,  welche  eine  Kopie  nach 
einem  älteren  Vorbilbe  zu  sein  scheint.  Sie  stammt  aus  Harsleben  (s.  oben),  wo  sie 
in  einer  Rumpelkammer  lag.  Am  Eingange  des  nördlichen  Kreuzarms  an  der  die 
Empore  tragenden  Säule  hängt  der  Baum  der  Erkenntnis,  eine  polychrome,  derbe, 
flache  Holzschnitzerei  des  15.  Jahrhunderts.  Die  Schlange  endigt  in  einer  ge- 
krönten nackten  Frau,  darüber  die  Halbfigui  Gott  Vaters. 

Im  nördlichen  Chorumgange,  an  der  Wand  des  hohen  Chors  der  ungläubige 
Thomas,  Sandsteinrelief,  14.  Jahrhundert,  0,99  m  hoch,  0,52  m  breit.  Eckstück 
des  Frieses  von  einem  Kanzelaufgange.  Unterschrift:  mitte  manum  tuam  in 
la[tus  meum].  —  Hinter  dem  hohen  Chor  ein  Schmerzensmann.  Dreiviertel 
Lebensgrösse,  bemalter  Sandstein.    15.  Jahrhundert. 

Am  Eingange  zur  Marienkapelle  rechts  und  links  zwei  Leuchter  tragende, 
kniende  Engel. 

In  der  Marienkapelle  stehen  auf  dem  Altar  drei  frühgotische  Figuren  (Fig.  99) 
vom  Ende  des  13.  Jahrhunderts:  a.  lachender  Engel  ohne  Flügel,  in  der  linken  Hand 
den  Griff  eines  (fehlenden)  Schwertes,  die  rechte  Hand  erhoben;  b.  ältere  Frau 
(Maria);  nach  links  gewendet,  steht  sie  mit  gefalteten  Händen  auf  einem  niedern 
Sockel.  Die  Ausführung  der  Gewandung  ist  zu  loben,  c.  Maria  Magdalena  in 
etwas  nach  vorn  gebückter  Haltung  mit  Salbgefäss  und  Weihrauchfass.  Nur 
die  beiden  letztern  Figuren,  welche  etwas  jünger  sind  als  die  erste,  stammen  von 


Halberstadt  (dor  Dom:  Bildwerke) 


derselben  Hand.    Die  drei  Figuren  zeigen  noch  die  ursprüngliche,  gut  erhaltene 
Bemalung;  die  Technik  ist  von  hervorragendem  Werte.    In  der  südliche  Nischen 


daselbst  steht  auf  einem  Sockel  eine  Madonnenstatue,  etwas  über  lebensgross 
aas  Sandstein  gearbeitet  und  bemalt  aus  dem  14.  Jahrhundert;  vielleicht  identisch 
mit  dem  von  Merian  (Topog.  Saxon.  Infer.  p.  119)  genannten  Bilde.    Der  Falten- 


294  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Bildwerke) 


wurf  ist  streng  aber  nicht  unfrei,  die  Modellierung  des  Körpers  zeigt  die  in  jener 
Periode  gewöhnlichen  stilistischen  Merkmale.  In  der  nördlichen  Nische  ein  Thon- 
relief,  datiert  von  1514.  In  der  Mitte  Joseph  und  Maria  das  Kind  anbetend,  welches  von 
kleinen  Engeln  verehrt  wird,  dahinter  die  Stallwand,  durch  deren  gedoppeltes 
Fenster  Ochs  und  Esel  hereinblicken.  Der  Hintergrund  zeigt  in  flachem  Relief 
in  der  Mitte  den  Stern  und  einen  herabschwebenden  Engel,  zu  den  Seiten  den 
Herbeizug  der  h.  drei  Könige  von  drei  verschiedenen  Richtungen,  jeder  mit  grossem 
Gefolge.  Oben  rechts  die  Hirten,  links  der  Bethlehemitische  Kindermord.  Ganz 
oben  Christus  als  Weltrichter  von  Maria  und  Johannes  verehrt.  An  der  Predella 
die  Verkündigung  mit  kleinem  knienden  Stifter.  Am  Gitter  das  v.  Marenholzsche 
Wappen.  Das  Relief  ist  leider  ziemlich  verdorben;  die  technische  und  geistige 
Behandlung  des  Gegenstandes  zeugt  von  Zartheit  der  Empfindung.  Auf  einem 
Altar  im  südlichen  Ohorumgange  öine  h.  Katharina  von  1509,  bezeichnet  FVH 
(Friedrich  v.  Hoym).  Im  südlichen  Seitenschiff  am  Pfeiler  neben  der  Vierung 
hängt  ein  kleines  beschädigtes  Holzrelief  des  15  Jahrhunderts,  den  Ölberg  dar- 
stellend.   0,53  m  hoch,  0,40  m  breit. 

Im  Mittelschiffe  auf  dem  liturgischen  Altar  steht  ein  Kruzifix  (1,87  m  hoch). 
Holzschnitzerei  des  15.  Jahrhunderts. 

Über  dem  Lettner  befindet  sich  auf  einem  zwischen  den  Pfeilern  der  Vierung 
ausgespannten  Balken  eine  kolossale  Kreuzigungsgruppe  vom  Anfange  des  13.  Jahr- 
hunderts. In  der  Mitte  schwebt  Christus,  ohne  Dornenkrone,  das  Haupt  etwas 
nach  rechts  gesenkt,  die  Füsse  neben  einander  stehend,  an  einem  Kreuz,  welches 
auf  ein  anderes  aufgesetzt  ist,  dessen  Arme  in  Kleeblätter  ausgehen.  Innerhalb 
derselben  befinden  sich  Engelfiguren,  unten  eine  kauernde  halb  nackte  männ- 
liche Figur  (Adam).  Das  Kreuz  wird  unten  von  zwei  knienden  Engeln  gehalten. 
Daneben  vom  Beschauer  links  die  matronenhaft  aufgefasste  Maria,  die  gefalteten 
Hände  halb  erhoben;  rechts  Johannes,  ganz  nach  vorne  gewendet,  das  Haupt  in 
die  rechte  Hand  stützend,  während  Maria  eine  halbe  Wendung  zu  Christus  hin 
macht.  Während  die  Füsse  des  Heilandes  auf  einer  Schlange  stehen,  steht  Maria 
auf  einem  Drachen,  Johannes  auf  einem  gekrönten  Manne,  der  sich  krümmt. 
Wieder  rechts  und  links  von  diesen  Personen  sieht  man  zwei  sechsflügelige 
Seraphim  auf  Rädern  stehend  (im  Anschluss  an  die  Stelle  Hesekiel  1,  5ff).  Die 
Gesichter  der  drei  Hauptpersonen  zeigen  einen  innigen  gemütstiefen  Ausdruck, 
wiewohl  die  Charakterisierung  des  Seelenzustandes  weniger  durch  jenen  als 
durch  Gebärden  bewirkt  ist,  eine  Eigentümlichkeit,  die  ebensowohl  durch  die 
technische  Unvollkommenheit  des  Künstlers  als  durch  dessen  richtige  Erwägung 
bewirkt  ist,  dass  bei  der  Entfernung  des  Werkes  vom  Beschauer,  die  Charakte- 
ristik der  Gebärden  wirkungsvoller  ist  als  die  der  Mienen.  Die  Seraphim  ver- 
halten sich  bewegungslos  und  als  unterwürfige  Zuschauer.  In  starker  Bewegung 
befinden  sich  die  beiden  Engel  in  den  Kreuzarmen  rechts  und  links;  ebenso 
nimmt  Adam,  der  mit  emporgerichtetem  Blick  von  oben  das  Heil  erwartet,  ruhigen 
und  doch  lebhaften  Anteil. am  Sterben  des  Herrn.  Der  oberste  Engel  zeigt  keine 
besondere  Bewegung.  —  Am  Balken,  der  die  ganze  Gruppe  trägt,  befinden  sich 
vorn  unter  kleinen,  in  Kleeblattform  gebildeten  Baldachinen,  die  Halbfiguren  von 
zehn  Aposteln,  in  der  Mitte  ohne  Baldachine,  die  schon  erwähnten  zwei  Engel,  die 
das  Kreuz  mit  ihren  Händen  stützen.    Auf  der  Rückseite  sieht  man  unter  Balda- 


Halberstadt:  (der  Dom:  Gemälde)  295 


chinen,  die  mit  Stadtzinnen  Ähnlichkeit  haben,  die  Halbfiguren  von  zehn  Propheten 
mit  Schriftbändem  in  den  Händen,  in  der  Mitte  ohne  Baldachin  die  ganzen 
Figuren  der  Marien,  welche  von  rechts  her  an  das  Grab  herantreten,  auf  dem 
der  Engel  mit  einem  Schriftbande  sitzt  Die  Propheten  zeichnen  sich  aus  durch 
Verschiedenheit  der  Auffassung,  Mannigfaltigkeit  der  Bewegung,  Lebhaftigkeit 
der  Empfindung  und  Schönheit  der  antikisierenden  Kleidung,  jedoch  im  einzelnen 
nicht  zu  bestimmen.  1  Der  Christusfigur  ist  der  Christus  der  Liebfrauen-Kirche 
nachgeahmt,  welcher  aber  den  Kopf  steiler  hält. 

In  der  Neustädter  Kapelle  befindet  sich  ein  sehr  schön  geschnitztes  und 
gemaltes  Altarblatt  (Pentaptychon) ;  jetzt  in  einer  den  Grundsätzen  der  Denkmal- 
pflege nicht  durchweg  entsprechenden  Weise  hergestellt,  d.  h.  durch  Ver- 
schönerungen und  Zuthaten  z.  T.  in  seinem  Werte  beeinträchtigt.  Innen  in  der 
Mitte  die  Krönung  der  Maria,  in  Nischen  rechts  und  links  Paulus  und  Petrus ;  auf  den 
Flügeln  rechts  Hieronymus  und  Ambrosius,  links  Augustin  und  Gregor.  Oben  in  der 
Bekrönung  stehen  umgeben  von  zierlichem,  reichem  Masswerk  in  der  Mitte  die 
h.  Jungfrau,  r.  S.  Katharina,  1.  S.  Barbara.  Alle  diese  Bildwerke  sind  geschnitzt^ 
bemalt  und  vergoldet.  Die  Aussenseiten  der  Fitigel  zeigen  folgende  Darstellungen : 
Rechts:  1)  Oben  links  Verkündigung,  rechts  Heimsuchung;  unten  links  Anbetung 
der  Könige,  rechts  Darstellung  im  Tempel.  2)  Oben  links  Jesus  vor  Kaiphas, 
rechts  Geisselung;  unten  links  Kreuztragung,  rechts  Christus  am  Kreuz.  —  Links: 
1)  Oben  links  Joachim  und  Anna  an  der  Tempelthür,  rechts  Marias  Ver- 
mählung; unten  links  Anbetung  der  Hirten,  rechts  Beschneidung.  2)  Oben  links 
Einzug  in  Jerusalem,  rechts  Gefangennalmie ;  unten  links  Ecce  homo,  rechts 
Pilatus  Handwaschung.  An  der  Predella  ist  vom  links  die  Beweinung,  rechts 
die  Auferstehung.  Das  Mittelbild  hat  auf  der  Rückseite  eine  Darstellung  des 
jüngsten  Gerichts;  nnten,  den  Predellabildern  entsprechend,  gi-ün  in  grün  gemaltes 
gotisches  Laubwerk.  Alle*  diese  Malereien  sind  in  Tempera  ausgeführte  massige 
Erzeugnisse  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts. 

In  der  Sakristei  befindet  sich  über  dem  Altar  ein  bemaltes  Sandsteinrelief 
des  15.  Jahrhunderts,  Kruzifixus  mit  Maria,  Johannes  und  drei  Heiligen.  1,09  m 
hoch,  1,51  m  breit. 

Im  Kaptelsaal  stehen  auf  Wandkonsolen  eine  Anzahl  von  hölzernen,  poly- 
chromen Figuren  ungefähr  von  Metergrösse,  aus  dem  15.  bis  18.  Jahrhundert. 
Ob  alle  ursprünglich  dem  Dom  gehört  haben,  ist  nicht  zu  ermitteln.  Es  sind 
dies  fünf  Madonnen,  ein  Bischof  mit  Kirchenmodell,  Jakobus  der  Ältere,  dreimal 
der  h.  Stephanus,  eine  Heilige  mit  Buch,  St.  Georg  und  zwei  andere  Heilige.  Ihr 
künstlerischer  Wert  ist  durchweg  nicht  bedeutend. 

Gemälde.  In  der  Domsammlung  vorhanden  sind  folgend©:  Nr. 66.  Schweiss- 
tuch  der  h.  Veronica,  auf  Flor  gemalt  unter  Marienglas  in  einem  Hoizrahmen 
mit  Henkel.     0,176  m  hoch,  0,136  m  breit.     15.  Jahrhundert.     Hermes  p.l35.  — 


'  Vergl.  Küsthardt,  Apostelbalken  und  Triumphkreuz,  Zeitschr.  f.  bild.  KunRt.  1888,  322ff. 
mit  Abb.  der  Mittelgruppe,  beider  Seitenstucke  und  des  Christuskopfes  einzeln.  Bode,  Deutsche 
Plastik,  p.  44ff.  mit  Abbildungen.  Förster,  Denkmäler,  V.  Hermes  p.  58  mit  Abbildungen 
der  Vorder-  und  Rückseite.  Uasak,  Geschichte  der  deutschen  Bildhauerkunst  im  13.  Jahr- 
hundert,   p.  16. 


HalbentUdter  Stadtlireis:  Halberstadt  (d«  Qom:  GemtUde) 


12&.  Christus  von 
Magdalena  gesalbt, 
Ölmalerei  auf  einem 
Tnihendeckel,0^45m 
hoch,  0,388  m  breiL 
16.  Jahrhundert  — 
384.KreuzesabDabme. 
Von  Samuel  Bott- 
schild  (t   1707 J.    - 

385.  Altarbild.  Trip- 
tychon;  innen  Ma- 
donna mit  hb.  Bar- 
bara (?),  KatliariDa 
und  ^lisabeHi ;  Flügel 
innen  mit  je  zwei  Soe- 
nen  aus  der  Katha- 
rinalegende, aussen 
links  Stephanus  |?|. 
reclits  Joiiannes  der 
Täufer.  Mittelbildlm 
lioch,  1,49  m  breit- 
Deutsch.  15.Jahri).  — 

386.  Zweiflügeliges 
Bild,  darstellend  die 
aus  17  Personen  be- 
stehende Familie  des 
Dr.  Martin  Mims, 
ersten  evangelischen 
Dompredigers,  ölbilj 
auf  Holz.  17.Jahrh. - 
388.  Flacher  Knsten. 
innen  mit  grossen  be- 
schriebenen Perga- 
mentblättem  ausge- 
klebt   Aussen 

Schweisstuch  der  h. 
Veronica.  Tempera. 
0,65  m  hoch,  0,53  m 
breit  Ende  14.  Jahr- 
hundert —  389.  Ova- 
les Brustbild  des  Dom- 
herrn von  Spiegel, 
nach  rechts  blickend, 
tüchtiges,  gut  erhal- 
tenes Portrait  0,72  in 
hoch.     18.  Jabrh.  - 


1 


HalberGtadt  (det  Soiu:  GemSlde) 


391.Altarbild,Triptychon ; 
in  der  Mitte  die  Madon- 
na; Flügel:  aussen  rechts 
St  Andreas,  St.  Anna  selb- 
dritt,  innen  rechts  Paulus, 
links  Petrus.  Mittelbild 
0,41  m  hoch,  0,30  m  breit. 
Mittelbild  italienisch  (?). 
M.Jalirh.  tlügel  deutsch. 
laJahrh.  —  393.  Kreuzi- 
gungsscene.  Vielfiguriges 
Temperabild  auf  Holz  mit 
Goldgrund.  0,^  m  hoch, 
0,57  m  breit.  16.Jabrh.— 
394.  Triptychoii.  Madonna 
mit  Heiligen.  Nur  ein 
Flügel  mit  dem  Bilde  Ju- 
hannes  des  Täufers  ist 
noch  vorhanden.  Mittel- 
bild  1,07  m  hoch,  1,02  m 
breit.  Kölnische  Schule 
des  Meisters  Wilhelm. 
Ende  14.  Jahrh.  Hermes 
p.  133    mit    Abbildung. 

Janitscbeh,  Deutsche 
Malerei  p.  214.   —    395. 
Mittelteil    eines    Tripty- 

chons.  Kreuzigungs- 
gruppe.  Links  Marünus, 
rechte  Jakobus  der  Äl- 
tere. Tempera  auf  Holz. 
Deutsch.  15.Jahrh.~397. 
Triptychon.  In  der  Mitte 
die  Kreuzigiingsgruppe 
(Fig.  100)  mit  vielen  Fi- 
guren ;  Flügel :  aussen 
rechts  acht  h.  Frauen, 
links  Christus  mit  den 
Aposteln,  voran  der  un- 
gläubige Thoiuas.  Innen 
rechts  oben  die  beilige 
Nacht,   unten  fieschnei- 

dung    {Fig.   102),    Unks  Fig.  102. 

oben  die  Yerhündigung, 

unten  Anbetung  [der  Könige'(Fig.  101).    Ölbild  aufHolz.  Mittelbild  l,56rahoch,  1,44 
breit.     Über  den  Meister  und  die  Entstehungszeit  giebt  eine  Majuskelinscbrift 


298  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Dom:  Gemälde) 


Auskunft,  die  sich  unter  dem  Mittelbilde  hinzieht:  ANNO  •  DOMINI  • 
MILLE8IM0  •  QVINGENTE8IM0  -  OGTAVO  •  PRESENS  -  OPVS  •  PER  •  ME  • 
lOHANNEM  .  RAPHON  -  IN  EMBECK  -  EST  -  COMPLETVM  PARITER 
ET  •  FABRIKATVM  -  Die  Predella  enthält  die  Halbfiguren  von  sieben  Heiligen. 
Ihre  Anfertigung  durch  Baphon  ist  bei  ihr  ebenso  ausgeschlossen,  wie  bei  den 
Aussenseiten  der  Plügel.  Die  Art  des  Bildes  ist  eine  etwas  altertümliche,  je- 
doch nicht  talentlose.  Die  Charakteristik  der  Figuren  ist  kräftig  und  ansprechend. 
Der  Künstler  ist  in  gleicher  Weise  von  der  westfälischen  wie  von  der  fränkischen 
Schule  jener  Zeit  beeinflusst  gewesen.  Vergleiche:  Janitschek  p.«507f.;  ß. Engel- 
hard, Beitr.  zurKunstgesch.  Niedersachsens  p.  17.;  Lucanus,  der  Dom  zu  Halb, 
p.  10  mit  Abb.;  Kugler,  Geschichte  der  Malerei  11,  429.  Kugler,  KL  Sehr.  I,139f.  mit 
Abbildung  zweier  Köpfe  aus  dem  Bilde.  Der  eine  —  der  der  Maria  Magdalena  — 
auch  bei  Weltmann  und  Wörmann,  Gesch.  der  Malerei  II,  435 ;  Hermes  p.  134.  — 
398.  Krönung  Maria,  links  Paulus,  rechts  Petrus.  Tempera  auf  Holz.  14.  Jahrhundert. 

—  406.  Triptychon ;  in  der  Mitt«  die  Kreuzigung,  links  Ecce  homo,  rechts  Beweinung 
des  Leichnams.  Tempera  auf  Holz.  Beschädigt  Deutsch.  16.  Jahrhundert  — 
407.  Lebensgrosses  Bild  eines  Heiligen  (Johannis  des  Täufers?).  Deutsch.  16.  Jahr- 
hundert —  408.  Lebensgrosses  Portrait  Melanchthons.    Deutsch.    16.  Jahrhundert 

—  409.  Triptychon.  In  der  Mitte  die  Kreuzigung;  Flügel  aussen  mit  je  einem, 
innen  mit  je  zwei  Legendenbildern.  Deutsch.  16.  Jahrhundert  —  413.  Mittelteil 
eines  Triptychons.  Johannis  Bapt  und  Evang.  Tempera  auf  Holz.  Deutsch. 
16.  Jahrhundert.  —  414.  Desgleichen,  Madonna  mit  2  Heiligen  und  Stifter.  — 
415.  Desgleichen,  Kruzifixus  mit  sechs  Heiligen.  —  417.  Holzplatte  eingerahmt 
Von  zwei  verschiedenen  Händen,  vorderseits  mit  fünf,  hinterseits  mit  drei 
Heiligenfiguren  auf  Goldgrund,  bemalt  Schlecht  erhalten.  0,30  m  hoch,  0,49  m 
breit  Deutsch.  13.  Jahrhundert  —  418.  Christophorus.  Tempera  auf  Holz. 
Deutsch.  16.  Jahrhundert  —  419.  Kreisrunde  Holzplatte  mit  gemalter  Madonna 
in  der  Strahlenglorie.  Bandumschrift  Deutsch.  15.  Jahrhundert  —  420.  H.  Anna 
selbdritt  und  eine  andere  h.  Frau  (Magdalena?).  Lebensgrösse.  Tempera  auf 
Holz.  Deutsch.  16.  Jahrhundert  —  430.  Triptychon.  In  der  Mitte  oben  die 
Enthauptung  des  h.  Sixtus,  unten  Steinigung  des  Stephanus.  In  den  Flügeln 
Sixtus  und  Stephanus.  —  431.  Kreuzigungsgi'uppe.  Tempera  auf  Holz.  15.  Jahr- 
hundert —  432.  Zweimal  zwei  Heilige  über  einander.  Tempera  auf  Holz.  15.  Jahr- 
hundert. —  433.  Zehn  Predellen.  Ziemlich  schlecht  erhalten.  Sämtlich  mit  Halb- 
figuren von  Heiligen  bemalt 

Wenn  man  von  Nr.  389,  394  und  397  absieht,  so  ist  der  Kunstwert 
sämtlicher  Bilder  ein  geringer.  Sie  sind  durchweg  handwerksmässige  Er- 
zeugnisse. —  Über  das  zum  Teil  gemalte  Pentaptychon  der  Neustädter 
Kapelle  siehe  Bildwerke.  —  Ein  von  Friedrich  Wilhelm  IV.  für  den  Hoch- 
altar gestiftetes,  jetzt  über  der  Thür  des  Kapitelsaals  hängendes,  grösseres  Ge- 
mälde zeigt  oben  Christus  am  ölberg,  unten  das  Abendmahl. 

Verschiedene  Gegenstände,  a.  In  der  Domsammlung:  44.  Evangeliarium, 
hundertundachtundsechzig  Pergamentblätter  mit  teilweise  farbigen  Initialen  11. 
Jahrh.  Über  das  auf  dem  Deckel  befindliche  Elfenbeinrelief  siehe  oben  Bild- 
werke No.  44.  —  45.  Antiphonale.  12.  Jahrh.  Neun  Pergaraentblätter.  Hernies 
p.  136.     Den  Deckel   bildet   das    Konsular- Diptychon,  s.  Bildwerke  No.  45.  — 


Halberstadt  (der  Dom:  Verschiedene  Gegenstände  —  Epitaphien)  299 


79.  Glasvase,  defekt.  —  89 — 92.  Neunzehn  Fahnenstangen.  —  93.  Hölzerner  Wind- 
lichthalter. —  1()4.  Kupferplatten  zum  Drucke  des  Domherrenkalenders.  18.  Jahrh. 
s.  Bildwerke  No.  421.  —  105.  Siegelprcsse.  Holz  mit  Eisenbeschlag.  —  106. 
Drei  Wachsgiesskellen  von  Eisen.  —  107.  Neun  Domherrenkalender  für  1794, 
95  — 97^-1601,  1805,  18C6.  Schwarz  gerahmt.  —  108.  Drachenflügel  von  Holz, 
rot  bemalt.  Mit  Riemen  zum  Umhängen.  Beim  sogenannten  Drachenspiel  be- 
nutzt. —  109.  Ein  vergoldeter  Engelflügel  von  Holz.  —  110.  Ein  hölzernes  gotisches 
(ifefäss,  sehr  verdorben.  —  111.  Eine  hölzerne  Büchse.  —  112.  Ein  hölzerner 
Stempelapparat.  —  114.  Ein  hölzerner  bemalter  Büchsendeckel,  14.  Jahrh.  — 
1 15.  Schreibtafel  mit  Wachs  überzogen.  Datiert  1577.  Mit  eingeritzten  Namen 
von  Mitgliedern  des  Domkapitels.  0,63m  hoch,  0,24m  breit.  —  116.  Gedruckte 
Präsentienliste-  von  1777.  —  129.  Bischofsstab  von  Cyprossenholz,  mit  Spuren 
ehemaliger  Vergoldung.  Die  Krümmung  fehlt.  1,25  m  lang,  0,02  m  dick.  1486. — 
130.  Desgleichen,  ähnlich.  —  143.  Rosenkranz  von  Bernstein  und  Chalcedon.  — 
144.  Desgleichen.  —  174.  Rose  von  Jericho.  —  319.  Siegel  des  Bischofs  Enist, 
Gehörte  zu  der  dem  Gewebe  No.  318  beiliegenden  Urkunde  über  die  Weihe  des 
Hochaltars.  —  332.  Zinnerne  Büchse.  —  382.  Ofen,  mit  grün  glasierten  Kacheln, 
die  zum  Teil  Nachbildungen  der  Dürer'schen  kleinen  Passion  aufweisen.  Die 
^usseisernen  Platten  unten,  vorn  und  hinten  zeigen  gleichmässig  die  Taufe  Christi, 
seitwärts  den  h.  Stephanus.  1588.  —  b.  Im  Dom  und  seinen  Nebenräumen.  Ein 
grosses  Uhrzifferblatt  von  1571  im  südlichen  Seitenschiff,  Westwand.  [Eine  neue 
Uhr  wurde  1607  von  M.  Ulrich  für  hundert  Tahler  angefertigt].  —  Helm,  Sporen 
und  Handschuhe  eines  schwedischen  Offiziers.  —  Zwei^  Stangen  von  schwedischen 
Fahnen. 

Ausserdem  beherbergt  der  Dom  im  Kapitelsaale  eine  kleine  vom  Superin- 
tendenten Nebe  zusammengestellte  prähistorische  Sammlung;  in  der  Schatz- 
kammer eine  Münzensammlung  von  geringem  Umfange. 

Grabstätten,  Grabgewölbe  und  Epitaphien.  I.  Grabstätten.  [Der 
älteste  Dom  enthielt  angeblich  die  Grüfte  der  Bischöfe  Haimo  (f  853),  Agiulf 
(Evelippus)  (t  894)  und  Sigismund  (f  923).  Alle  sollen  später  in  die  folgenden 
Dome  übertragen  worden  sein.  —  Im  zweiten  Dome  gab  es  die  Grüfte  des  Bischofs 
Bernhard  (f  968)  mitten  im  Chore ,  sowie  vor  dem  Heiligen  Kreuzaltar  des  Erz- 
bischofs Ludolf  von  Mainz  (f  1008),  während  Bischof  Hilde  ward  (f  996)  nebst 
seinen  Brüdern,  sowie  Bischof  Arnulf  (f  1023)  vor  dem  Haupteingange  der  Stifts- 
gebäude begraben  würden.  Zwischen  diesen  Bischofsgräbem  war  das  des  Bischofs 
Brantog  (tl036);  auch  Arnulfs  Bruder,  Graf  Hermann  fand  dort  seine  Ruhestätte. 
Arnulfs  Grab  wurde  1372  nach  der  Liebfrauen  -  Kirche  verlegt.  —  Im  dritten 
Dome  lag  begraben  Bischof  Reinhard  (f  1122)  vor  dem  Heiligen  Kreuzaltar  in 
der  Gruft  des  Erzbischofs  Ludoll  —  Im  vierten  Dome  waren  die  Gräber  des 
Bischofs  Dietrich  (f  1193),  Gardolf  (jedoch  ohne  Herz  und  Eingeweide;  f  1201), 
beide  vor  dem  Heiligen  Kreuzaltar;  vielleicht  auch  des  Bischofs  Friedrich  (f  1231). 
falls  dieser  nicht  in  Langenstein  beigesetzt  wurde.  —  Im  fünften  Dome,  jedoch 
nicht  mehr  nachweisbar,  liegen  begraben  Bischof  Ludolf  I.  (f  1241),  Bischof  Volrad 
(t  1296).  Albrecht L  (f  1324)  in  der  Mitte  des  Domes;  Albrecht III.  (t  1407)  vor 
dem  Altar  des  h.  Cyriacus;  Heinrich  von  Werberge  (f  1410)  in  der  Mitte  des 
Domes.  Ludolf  Quirre  (f  1463)  im  südlichen  Kreuzarm  (s.  Baugeschichte).]   Jetzt 


1 


300         Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (der  Dom :  Grabstätten,  Epitaphien) 


sind  im  Dome  noch  eine  grössere  Anzahl  von  Grüften  nachweisbar.  Die  ehemals 
auf  den  meisten  liegenden  Epitaphien  sind  beseitigt  und  anderwärts  aufgestellt^ 
die  Namen  der  betreffenden  Personen  aber  auf  dem  Fussboden  bezeichnet.  Leider 
nutzt  sich  die  Schrift  immer  mehr  ab.  Es  sind  folgende:  a.  im  Mittelschiff,  Just 
Georg  Spiegel  von  Pickelsheim,  f  1669;  Johann  Spiegel  von  Pickelsheim,  f  1674; 
ein  Anonymus^;  Melchior  von  Steinberg,  Scholast,  f  1716;  Werner  Friedrich 
Spiegel  von  Pickelsheim,  Senior,  f  1669;  ein  Anonymus:  Philipp  Sigismiind  von 
Wiedensee;  Hedwig  Spiegel  von  Picke^sheim,  f  1646;  Anna  Dorothea  von  Spiegel, 
t  1657;  Constantine  Spiegel  von  Pickelsheim,  f  1645;  Christophorus  von  Hüne- 
ken, Kanonikus;  Ludwig  von  Bieren,  Senior,  f  1672;  Elisabeth  Hedwig  von  Spitz- 
nase, t  1662;  Just  Ludolf  von  Stedern,  Dechant,  f  1661;  Balthasar  von  Neuen- 
stadt (in  der.  Mitte  unter  dem  Kronleuchter);  Friedrich  Bars,  Obrist,  f  1643: 
Clemens  Klanberg,  Obrist,  f  1643;  Karl  Weiss,  Obrist,  1614;  Bischof  Burchard  III. 
von  Warberg,  f  1458;  Johann  Ludwig,  Kheingraf  von  galm,  Obrist,  f  1641. 
b.  Im  nördlichen  Kreuzarm  Johann  von  Querfurt,  Dechant,  f  1506;  Friedrich  von 
Britzke,  Dechant^  f  1576;  Ludwig  von  Britzke,  Dechant,  f  1588;  Heinrich  Gerve, 
Doraprobst,  f  1470.  c.  Im  südlichen  Kreuzarm  Friedrich  Gustav  von  Kannenberg, 
Senior,  f  1711;  Johann  Levin  von  Bennigsen,  Scholast,  f  1703.  d.  Unter  der 
Vierung  Levin  Caspar  von  Bennigsen,  Dechant,  f  1691;  ein  Anonymus:  Caspar 
von  Kannenberg,  Dechant,  f  16C6.  e.  Im  nördlichen  Chorumgange  Johann  von 
Marenholz,  Dechant,  f  1538;  Hunerus  von  Sampeleve,  Dechant,  f  1550.  f.  Vor 
der  Marienkapelle  Bischof  Johann  von  Hoym,  f  1437;  Bischof  Albrecht  IV,  von 
Wernigerode,  f  1419.  g.  Im  südlichen  Seitenschiff  Leopold  von  Bössing,  Scholast, 
t  1024;  Johann  Georg  Vitzthum  von  Eckstedt,  f  1611;  Georg- Friedrich  von 
Schachten,  Kanonikus,  f  1644;  David  von  Hüneken,  Kanonikus,  f  1691.  h.  Im 
Chor  Bischof  Sigismund  (s.  o.),  Bernhard,  Brantog,  angeblich  auch  Agiulf. 

IL  Grabgewölbe  der  Familie  von  dem  Buschc-Streithorst,  f  1696,  ein- 
gemauert in  dem  Viereck  zwischen  der  Ostwand  des  Südwestturms  und  dem 
ersten  Pfeiler  des  südlichen  Seitenschiffs.  Von  aussen  ist  es  von  zwei  Holzwänden 
eingefasst,  die  mit  schöner  aber  überladener  Schnitzerei  (gewundenen  Säulen, 
überreichem  Blattwerk  und  dergleichen)  geziert  sind.  Engel  halten  oben  das 
gemalte,  reich  eingerahmte  Brustbild  der  Anna  Katharina  von  EUef,  Gemahlin 
des  Dechants  Klamer  v.  d.  Busche,  dessen  Portrait  sich  in  ähnlicher  Ausstattung, 
samt  den  Wappen  der  Familie  an  der  nördlichen  Seite  des  Gewölbes  befindet. 
Gerade  infolge  seiner  ganz  abweichenden  Art  bringt  dies  Grabmal  eine  belebende 
schöne  Wirkung  hervor.  Von  den  Särgen  darin  zeichnen  sich  einige  durch  be- 
sonders pomphafte  Ausstattung  aus.    (Abbildung  bei  Hermes,  p.  80). 

III.  Epitaphien.  A.  Im  Dome,  a)  Im  südlichen  Chorumgange  steht  das 
von  einem  Gitter  umgebene  Kenotaph  des  Johannis  Semeca,  errichtet  von  Bischof 
Ernst  IL,  der  den  Doni  1491  weihte.  An  dem  länglich  viereckigen  Unterbau 
sieht  man  in  Blendnischen  spät<gotischer  Form  vier  trauernde  Figuren,  am  Kopf- 
ende ein  Wappen,  am  Fussende  einen  sitzenden  Affen  mit  Halsband.  Oben  Hegt 
die  den  Semeca  vorstellende  Figur  in  handwerksmässiger  und  unbehilflicher 
Ausführung.     Viel  anmutiger  ist  ein  Engel,  der  zu  den  Füssen  der  Figur   auf 

*  Die  Anonymi  sind  nur  durch  kleine  Kreuze  im  Fussboden  bezeichnet. 


302  Halberstadter  Stadtkreis :  Halberstadt  (der  Dom:  Epitaphien) 


einem  niedern  Sockel  steht.    Ihm  entsprach  ehemals  ein  anderer  am  Kopfende 
(Haber,  p.4l).    Über  dem  Ganzen  eine  Tafel  mit  den  Versen: 

Est,  erit  atque  fuit,  qui  desiit  esse  Johannes, 
Dogma  viget,  viguit,  florebitque  omnibus  annis, 
Lux  decretorum,  Dux  doctorum,  via  morum, 
Hie  jacet  et  placet,  ut  vacet  a  poenis  miserorum. 
Anno  Domini  Millesimo  CCXLV  obiit.^ 

b)  Auf  der  südlichen  Empore  sind  längs  der  Wand  eine  Anzahl  Bronce- 
Epitaphien  angebracht,  welche  sich  ehemals  auf  den  entsprechenden  Gräbern  im 
Dome  befanden.  Einige  von  ihnen  (No.  1,  3,  4,)  sind  leider  sehr  verdorben,  weil 
sie  von  den  Kindern  als  Rutschbahn  benutzt  wurden.  Die  gut  erhaltenen  sind 
dadurch  gerettet,  dass  sie  nicht  oben  auf,  sondern  verdeckt  waren.  Sämtliche 
Figuren  sind  stehend,  in  ihrer  Amtstracht  abgebildet.  I.  Dom  probst  Heinrich 
Gerwe;  die  Figur  ist  aus  dem  Grunde  ausgeschnitten,  der  beseitigt  ist.  In  der 
Umrahmung  in  Medaillons  die  Evangelistensymbole  und  zwei  Heilige.  1470. 
2  m  hoch,  1,02  m  breit.  2.  Balthasar  von  Neuenstadt  (Fig.  Iu2).  An  den  Ecken 
die  Evangelistensymbole.  Der  Domprobst  hält  ein  Buch  in  den  Händen;  unten 
befindet  sich  sein  Wappen.  Der  Hintergrund  zeigt  ein  sehr  schön  und  scharf 
ausgeführtes  gotisches  Teppichmuster;  die  Umschrift  lautet:  Ano  dni.  1516. 
die  veneris.  17.  mcsis  oct*^^  obijt  no*»*  egregiusque  vir  et  dn9  Baltasar  de 
neuestat  pposit^  h^  ecclie  cap*®  xho  et  be^^  marie  vgis  F  abitu  ac  corone 
pntis  (des  Kronleuchters  unter  dem  er  begraben  liegt)  füdator  h«  sepult^ 
c9  aia  reqescat  1  pace.  Ausgezeichnetes  Werk.  Vischer'sche  Schule?  1,97 ra 
hoch,  1,12  m  breit.  3.  Unkenntlich  gewordenes  Epitaph  eines  Domprobstes  vom 
Ende  des  15.  Jahrhunderts.  1,72  m  hoch,  0,72  m  breit.  4.  Johann  v.  Himis 
(Hoym?)  1506.  Figur  ausgeschnitten  wie  Nr.  1.  2  m  hoch,  1,11  m  breit 
5.  Johann  v.  Marnholt,  Dechant,  f  13.  September  1538.  Die  Figur  ist  ausge- 
schnitten; in  der  Umrahmung  die  Evangelistensymbole  und  zwei  Heilige  in 
Medaillons.  Massiges  Werk.  2,10  m  hoch,  1,12  m  breit.  6.  Hunerus  de  Sampe- 
leve, Dechant,  f  2.  Februar  1560.  Leidlich  erhalten  mit  zweizeiliger  Umschrift; 
in  Medaillons  die  Evangelistensymbole  und  2  Heilige.    „Hans  Meisner  got  mick 


M 


hi 


tho  Brunswick.     rCi       1,82  m   hoch,   1,03  m  breit.     7.   Friedrich   v.   Britzke, 


Dechant,  f  25.  Juli  1576.  Die  nach  links  gewendete  Figur  mit  Buch  steht  unter 
einem  Renaissancebogen.  In  der  Umrahmung  Evangelistensymbole  und  2  Heilige 
in  Medaillons.    „Hans  Meisner.  Gos.  Mich.  Zo.  Bravnschweig.  V.  D.  M.  J.  JE.  (d.  i. 


Verbum  Doraini  Manet  In  Aetemum.)       ff^  2,08  m  hoch,  1,18  m  breit.    Schönes 


^  Das  für  die  Zeit  der  Stiftung  dieses  Grabmals  auffallend  schlechte  Latein,  der  un- 
geschickte Versbau  und  .die  Reimspielerei  erwecken  den  Verdacht,  dass  diese  Verse  aus 
früherem  Mittelalt^T,  vielleicht  von  dem  ursprünglichen  Grabstein  stammen. 


Halberstadt  (der  Dom:  Epitaphien)  303 


gut  erhaltenes  Werk.  8.  Ludwig  v.  Britzke,  Dechant,  t4.  September  1588.  Figur 
nach  rechts;  auf  dem  Rahmen  die  Evangelistensymbole  in  Medaillons.  ,,Hans. 
Wilken.  6ot.  Mich.  Zo.  Bronsewick.'  2,25  m  hoch,  1,25  m  breit.  9.  Kaspar  von 
Kannenberg,  Dechant,  f  31.  Januar  1605,  72  Jahre  alt.  Er  steht  in  seiner 
Amtstracht  mit  Pelzschaube,  ein  Buch  in  den  Händen,  zu  den  Füssen  sein 
Wappen,  vor  einer  in  Flach-Relief  angedeuteten  Renaissance -Nische.  Diese 
ist  oben  mit  einem  Kleeblattbogen  geschlossen  und  von  zwei  schönen 
Pilastern  eingefasst,  welche  zwischen  andern  Verzierungen  Todessyrabole  auf- 
weisen. Oben  in  den  Zwickeln  die  vier  Evangelisten,  ausser  durch  ilire  Sym- 
bole durch  eingeritzte  Überscliriften  kenntlich  gemacht.  Ganz  unten  in  zarter 
Schrift:  ,,6eorg.  Wolgast.  Me.  Fecit.  Halensis.''  Schönes,  vorzüglich  erhaltenes 
Werk.  1,85  m  hoch,  1,16  m  breit.  10.  Johann  von  Marnholt,  Senior  und  Kellerer 
des  Stiftes,  f  30.  Oktober  1585.  Die  Evangelistensymbole  in  Medaillons.  Die 
Ausstattung  ist  ähnlich  der  von  No.  9.  „Hans.  Wilkens.  Me.  Fecit.  Brunswig.^' 
1,82  m  hoch,  1,00  m  breit.  11.  Von  dem  Epitaphium  des  Levin  Kaspar  von  Ben- 
iiigsen  sind  nur  noch  das  Wappen,  die  mittlere  Schrifttafel,  oben  eine  Krone 
und  um  das  Ganze  ein  Lorbeerzweig,  alles  von  Bronce,  übrig.  12.  Schrifttafel 
vom  Epitaph  des  Domscholasten  Melchior  von  Steinberg  ff  1716,  18.  März). 
13.  Auf  einer  Holzplatte  ist  eine  Anzahl  von  broncenen  Wappen  vereinigt, 
welche  von  Epitaphien  stammen:  Ranne,  Hardenberg,  Spiegel,  desgleichen,  Spitz- 
nase, Mtinchhausen,  Wiedensee,  von  der  Wense,  Allianz wappen  des  Philipp 
Sigismund  von  Wiedensee  und  der  Anna  Elisabeth  von  Fronhorst. 

c)  Auf  der  nördlichen  Empore.  14.  Ein  grosses  Epitaph  des  Rhaban  v.  Can- 
stein,  Regierungsdirektor  und  seiner  Gemahlin  Lucia  v,  Oppershusen,  deren  beide 
lebensgrosse,  gemalte  Portraits  rechts  und  links  neben  zwei  grossen  Schrifttafeln 
sich  befinden.  Oben  ist  ein  Gemälde  der  Auferstehung.  Alles  umgeben  von 
hässlichem,  bemaltem  und  vergoldetem  schnörkelhaftem  Schnitz  werk.  Ende 
17.  Jahrhunderts. 

d)  An  den  Pfeilern  der  Vierung.  Nördlich  am  Chor.  15.  Das  Marmor- 
epitaph des  Dechants  Friedrich  von  Britzke,  +  25.  Juli  1576.  In  der  Mitte  das 
Relief  der  Kreuzigung,  vor  ihr  der  Dechant  als  Rundfigur,  kniend.  Oben  Gott 
Vater  mit  Engeln  (^Relief);  die  Seiten  werden  durch  Karyatiden  (Justitia  und 
Caritas)  gebildet.  Der  Meister  des  nicht  unschönen  Werkes  ist  unbekannt. 
16.  Marmorepitaph  des  Dechants  Caspar  von  Kannenberg,  f  31.  Januar  1605. 
Unten  die  Kreuzigung,  oben  die  Auferstehung,  beides  in  flachem  Relief.  Ganz 
oben  Gott  Vater,  Hochrelief.  Vor  dem  Hauptbilde  der  Dechant  als  Rundfigur, 
kniend,  auf  einer  breiten,  verkröpften  Konsole.  Durch  das  Übermass  von  Ver- 
zierungen (viele  Engel,  Heilige,  Rollwerk,  Säulen,  Wappen  u.  s.w.)  hat  das  an 
sich  schön  erdachte  Werk  unruhige  und  kleinliche  Wirkung.  Unten  in  einer 
kleinen  Cartouche  die  Worte  ,,Bastian  Ertle  Steinmetz  zu  Ma^deb.",  sowie  dessen 

(Abbildung  bei  Hermes  p.  79.)     17.  Am  südlichen  Seitenschiff. 

Trophäen  des  Johann  Christoph  v.  Burgstorf f,  ersten  Gouverneurs  von  Halberstadt, 
f  1672.   Neuerdings  aufgefrischt,  ebenso  wie  18.  die  Trophäen  des  Joachim  Friedrich, 


304  Halberst&dterStadtkreis:  Halberstadt  (der Dom:  Epitaphieo) 

Freiherm  v.  filumenthal.  +  14.  Jan.  1(Ö7,  ersten  kurbrandenbui^ischen  Statthaltere 
welche  am  nordwestlichen  Viorungspfeiler  angebracht  sind. 

o)  Im  Chor  ist  19.  das  grosse,  aus  gelbem  Sandstein  gearbeitete  Epitaph  de^ 
Erzbiseliofs  Friedrich  von  Magdeburg,  Sohnes  Joachims  II.,  +  2.  Ottober  1552. 
Die  Mitte  nimmt  Friedrich  selbst  ein,  welcher  in  Lebensgrösse,  nach  rechts 
blickend,  mit  der  Beeilten  auf  die  in  der  Linken  gehaltene  Bibel  hinweisend. 


innerhalb  einer  allzu  niedrig  geratenen  Riindbogennische  steht.  Dem  architek- 
tonischen Aufbau,  welcher  zur  Seite  dieser  Hauptnischo  zwei  kleinere  zwischen 
Siiulen  zeigt,  haben  nimische  Tiiuinphbögen  als  Muster  gedient  Oben  über  dem 
verkröpften  Gesims  eriiebt  sich  ein  entsprechend  verkröpftes  Obergeschoss.  über 
diesem  ein  pyramidaler  Aufbau  mit  kurbrandenbiirgischem  Wappen.  Ül)erall 
wimmelt  es  von  mythologischen  und  allegorischen  Figuren,  deren  von  aus- 
schweifender Renaissancpphantastik  erzeugte  Ge.italten  zu  der  schlichten  Kgur 
Friedrichs  in  scharfem  Gegensatz  stehen.  Unterhalb  des  Epitaphs  zieht  sich 
ein  schmaler  Bildstreifen  hin ,  bedeckt  mit  in  Flachrelief  ausgeführten  Alle- 
gorien des  Todes.  Links  schiebt  der  Tod  eine  Schiebkarre,  die  mit  Knochr^D 
beladen  ist  und  die  Inschrift  trägt:  Hec  imago  monet  et  movet.  Es  folgt 
ein  toter  Mann  (Fig.  10.^),  darauf  in  der  Mitte  ein  Schild  mit  dem  Spruch:  Vigilatc 
quia  neacitis  diem  neque  horam.  1558.  Rechts  und  links  davon  halten  Putten 
Todfsembleme  in  viereckigen  Cartouclien;  endlich  rechts  wieder  ein  Tod  inii 
älmliclier  Schiebkarre  nacli  links  fahi-end.  Über  dem  Ganzen  ziebt  sich  die 
Schrift  hin:  Qvid  valet  hie  mvndvs  qvid  gloria  qvidve  trivmphvs,  Post 
miservm  fvmvs  pvlvis  et  vmbra  svmvs.  Sola  salvs  adherere  deo  svnt 
cetera  fravdcs.    Anno  1658.     Alle  Schriften  sind  in  Majuskeln  ausgeführt. 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche)  305 


£.  Ausserhalb  des  Domes,  a)  Im  alten  Kapitelsaale  am  Kreuzgange  befinden 
sich  neun,  aus  dem  17.  Jahrhundert  stammende  Grabsteine  von  Kanonikern  des 
Domes,  femer  von  vier  in  Halberstadt  gestorbenen  schwedischen  Offizieren.  Die 
Werke  zeichnen  sich  weder  durch  grösseres  historisches  Interesse,  noch  durch 
künstlerischen  Wert  aus. 

b)  Der  Kreuzgang  enthält  die  Grabsteine:  des  H. B. Bötticher  (barock);  des 
Joachim  von  Schulenburg  (in  Rüstung,  f  1549,  in  hübscher  Renaissanceumrahmung); 
einer  Dame  (Halbfigur,  16,  Jahrhundert);  des  Domkantors  Thamme  (f  1462);  des 
Kanonikers  Joachim  von  Borch  (f  1601),  sämtlich  aus  Sandstein,  die  Bildnisse 
lebensgross;  ferner  49  wertlose  Epitaphien  aus  Stein  bezw.  aus  Holz,  mehr  oder 
weniger  verdorben;  sie  gehören  dem  17.  und  18.  Jahrhundert  an. 

Die  Anordnung  der  Grabsteine  im  Kreuzgange,  wie  sie  noch  zu  Zeiten  des 
Domküsters  Haber  (Anfang  18.  Jahrh.)  bestand,  wiid  veranschaulicht  durch  eine 
von  diesem  angefertigte  Zeichnung,  welche  von  Elis  d.  ä.  im  Jahre  1836  ver- 
öffentlicht worden  ist.  Das  jetzt  selten  gewordene  Blatt  ist  mir  durch  die  Freund- 
lichkeit des  I^rrn  Pastors  Arndt  in  Halberstadt  benutzbar  gemacht  worden.  Es 
zeigt  sich  daraus,  eine  wie  grosse  Menge  von  Grabsteinen  dort  inzwischen  zu 
Grunde  gegangen  sind;  Haber  verzeichnet  (abgesehen  von  den  vielen  an  den  Wänden 
des  Kreuzganges  befindlichen  Tafeln  und  dergleichen),  auf  dem  Pussboden  der 
vier  Gänge,  in  dem  Garten  und  in  der  Neustädter  Kapelle  insgesamt  hundert- 
unddreiundvierzig  Epitaphien.  Um  die  Aufzeichnung  der  noch  vorhandenen  hat 
sich  der  jetzige  Domkustos  Teitge,  als  unermüdlicher  Forscher  für  die  Geschichte 
des  Halberstädter  Domes  verdient  gemacht. 

2.  Die  Liebfrauenkirche 

Quellen.  Ausser  den  für  die  Halbcrstädter  Geschichte  im  allgemeinen  wichtigen 
Quellen  werken,  sowie  Schmidts  Urkunden-Buch  der  Stadt  Halberstadt  kommt  insbesondere 
in  Betracht  die  von  demselben  hinterlasscne  Sammlung  der  Abschriften  von  weit  über 
tausend  Urkunden  des  Liebfrauenstiftes;  gleich  denen  des  Hochstifts  (s.  o.)  zum  grössten 
Teil  im  königlichen  Staatsarchiv  zu  Magdeburg.  Die  Kopien  bewahrt  das  Archiv  zu 
Wolfenbüttel.  Ebendaselbst  Schmidts  Abschrift  des  Kalcndariums  von  Licbfi*aucn,  welches 
nach  den  Namensformen  etwa  dem  12.  Jahrhundert  angehört  Ein  Urkunden-Xopialbuch 
(Pergament-Hds.  des  15.  Jahrhundert)  in  der  Hechtschen  Sammlung  zu  Halberstadt  konnte 
von  mir  nicht  eingesehen  werden. 

Litteratur:  Haber,  Kurtac  jedoch  zureichende  Beschreibung  von  der  Ober-Collegiats- 
Stiffts-Kirchen  Beatae  Mariae  Virginis  in  Halberstadt.  Halberstadt  1737.  —  Lucanus,  Die 
Liebfrauenkirche  zu  Halberstadt,  deren  Geschichte,  Architektur,  Kunstwerke  und  Denk- 
male. Halberstadt  1848.  —  v.  Qua.st,  Kunstblatt  1845.  Nr.  52  ff.  —  Ders.,  Zeitschr.  für 
Archäol.  u.  Kunst  II,  176fr.  —  v.  Mülverstedt,  H.-Z.  1871,  409 flF.  —  Elis,  H.-Z.  1886,  1  ff. 
—  Lucanus,  Halberst.  gem.  Unterh.  1805,  I,  57  flF.  —  Neue  Mitteilungen  XII,  107  flP.  — 
I^cnz,  Halb.  Stifts-Historie.  —  Ilartmann,  Klosterkirche  zu  U.  L.  Fr.  zu  Halberstadt.  (Zeit- 
schrift d.  Arcliitekten-  und  Ingeneieurvcreins  für  Hannover  1862).  —  Kuglers  Museum 
1833,  86.  103  if.  —  Kallenbach,  Chronol.  II,  1.  —  Zeitschrift  f.  prakt.  Baukunst  1866, 
Tf.  38.  39.  —  Förster,  Baukunst  VIII,  15 flF.  —  Otte,  romanische  Baukunst  Fig.  247.  — 
Otte-Wemickc,  Handbuch  der  kirchlichen  Kunst-Architektur.  II,  178  f. 

Die  Liebfrauenkirche  (mönstere  unser  Vröen  to  Halb.,  1320;  secunda  ecclesia 
in  Halb.,  1330)  nimmt  die  westliche  Seite  des  Domplatzes  ein  (Pig.  104),  und  da 

KroU  HalbenUidt.  SO 


306  Balberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenbirche:  Geschichte) 

sie  annähernd  dieselbe  Orientierung  hat,  wie  fast  alle  anderen  Kirchen  der  Stadt 
—  die  Andreaskirche  macht  hiervon  eine  Ausnahme  —  der  Dom  aber  die  öst- 
liche Seite  dos  Platzes  einnimmt,  so  liegen  beide  Hauptkirclien  mit  einer  unbe- 
deutenden Abweichung  in  einer  und  derselben  Längenachse.  Während  jedoch 
der  Dom  mit  seiner  mächtigen  Turmtassade  nach  dem  Platze  zugewandt  ist,  zeigt 
sich  die  an  sich  schon  niedrigere  Liebfrauen-Kirche  nur  mit  ihrem  Altarschluss, 
erscheint  daher  wesentlich  kleiner  und  von  geringerer  architektonischer  Wirkimg, 
als  dem  interessanten  Bauwerk  zukommt.  Die  auf  den  drei  übrigen  Seiten  mehr 
oder  weniger  nahe  herantretenden  Gebäude  lassen  die  malerische  Erscheinung 
des  Bauwerks  nicht  recht  zur  Geltung  kommen,  doch  hat  die  in  den  vierziger 


"i^M- 


Fig.  105. 


Jaliren  dieses  Jahrhunderts  auf  Staatskosten  unter  Oberleitung  des  damaligen 
Konservators  von  Quast  ausgeführte  Restauration  wesentlich  dazu  beigetragen, 
dass  die  Kirche  von  manchem  verunstaltenden  Beiwerk  befreit  und  mit  würdigem 
Äussern  hergestellt  worden  ist.  Sie  gehört  gegenwärtig  zu  den  schönsten  nieder- 
sächsischen  Kirchen  romanischeu  Stils  und  ist  die  einzige  vicrtürmige,  reinromanische 
Anlage  in  der  Provinz  Sachsen.  Nur  zwei  unbedeutende  Anbauten  auf  der  Süd- 
seite und  der  westlich  angefügte  Kreuzgang  nebst  dem  dort  befindlichen  Haupt- 
portal gehöreu  der  Gotik  an, 

Geschichte;  Das  unter  der  Augustiner-Regel  stehende  Kollegiatstift,  desseu 
Patronin  von  Anfang  an  die  h.  Jungfrau  war,  wurde  nach  dem  Berichte  der 
GE  H.  p.92  vom  Bischof  Arnulf  gegründet,  welcher  l(XX>  mit  dem  Bau   der 


Halberst&dt  (die  Liebfrauenbirche :  Geschichte) 


Fig.  106. 

Kirche  begann.  Bald  "gnkngte  das  Stift  7m  orliebliclier  Bedoutung.  Es  erhielt 
am  23.  Dezember  1 143  eine  Sclnitüurkumle  des  Papstes  Ciilestin  II.  Brii<ierschaften 
schlössen  mit  ihm  das  Kapitel  von  t^temlal  12H8,  ihis  Kapitel  S.  Crueis  zu  Hildes- 


308  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Geschichte) 


heim  1294,  Kloster  Königslutter  1296,  Neuwerk  und  Walkenried  1297,  das  Stift 
zum  Moritzberge  vor  Hildesheim  1307,  die  Priesterliche  Brüderschaft  in  Braun- 
schweig 1313,  das  Halb.'er  Nikolai-Kloster  1374.    Am  23.  Februar  1369  und  am 
Mittwoch  nach  Himmelfahrt  1396  schloss  sich  das  Stift  der  bekannten  Union  mit 
den   übrigen   KoUegiatsstiftern    von  Halberstadt  an.   —  Zu  Konservatoren  des 
Stiftes  wurden  1401  von  Papst  Bonifaz  IX  der  Bischof  von  Havelberg,  sowie  die 
Dekane  von  St  Blasii  zu  Braunschweig  (statt  seiner  seit  1476  der  von  Hildes- 
heim) und  von  TJ.  L.  Fr.  zu  Erfurt  ernannt.     Letzterer  bestimmte  1476  zu  Sub- 
konservatoren  den  Abt  von  St.  Egidii  in  Braunschweig,  den  Probst  S.  Crucis  in 
Hildesheim  und  die  Dekane  von  St  Nikolai  in  Magdeburg  und  St.  Bonifacii  in 
Halberstadt,  fenier  die  Officialen  von  Magdeburg,  Halberstadt  und  Hildesheim.  — 
Das  Stift  besass   das  Patronat   über   zehn   verschiedene  Kirchen  und  Kapellen. 
Vgl.  V.  Mülverstedt,  H.Z.IV,  409f.  —  Über  die  Stiftsschule  vgl.  oben  in  der  Stadt- 
geschichte den  Abschnitt  „Schulwesen.''  —  Die  Zahl  der  Kanoniker  schwankt  in 
den  Urkunden  zwischen  16  und  21.     Letzteres  dürfte  die  höchste  nachweisbare 
Zahl  sein,  während  niedrigere  Ziffern  für  die  Mitgliederzahl  nichts  beweisen,  da 
nach  ausdrücklicher  Versicherung  1341  zu  den  Versammlungen  des  Kapitels  ausser 
denen,  welche  zum  Erscheinen  im  Augenblick  verpflichtet  waren,  nur  die  kamen, 
welche  konnten  und  wollten.    An  der  Spitze  standen  Dekan  und  Probst,  welche 
vom  Kapitel   selbständig   gewählt   werden    durften.     Der  Dekan   wurde    eidlich 
auf  sein  Amt  verpflichtet     Er  versprach,  es  nur  mit  Genehmigung  des  Kapitels 
niederzulegen,  zu  vertauschen  oder  sonst  darüber  zu  verfügen,  stets  persönlich 
in  Halberstadt  anwesend  zu  sein,  es  sei  denn,  dass  er  durch  Gesundheits-  oder 
andere  berechtigte  Bücksichten  verhindert  wäre;  erledigte  Kirchenämter  durfte 
er  nicht  selbständig  besetzen,  sondern  hatte  dies  nach  altem  Herkommen  dem 
Kapitel   anheim  zu  stellen.     Desgleichen  war  seine  Disciplinargewalt  gegenüber 
den  Kanonikern  durch  das  Kapitel  eingeschränkt,  welches  er  in  jedem  Falle  zu 
Rate  zu   ziehen  hatte.    Ein  anderes  wichtiges  Amt  war  das  des  Kellerers.    Seine 
Wahl  aus  der  Zahl  der  Kanoniker  unterlag  keiner  bestimmten  Vorschrift,  bis  Bischof 
Volrad  1267  bestimmte,  dass  die  Wahl  durch   den  Dekan,  Kustos  und  Schola- 
sticus  jährlich  in  vigilia  s.  Margarcthae  (19.  Juli)  oder  acht  Tage  darnach  vorzunehmen 
sei.     In  Streitfällen  entschied  der  Bischof  mit  zwei  Wählern.    Nach  Ablauf  des 
Amtsjahres    war  der   Betreffende  erst  nach  drei  Jahren  wieder  wählbar.     Der 
Vicarien  gab  es  bis  zu  dreiundzwanzig  (1374).     Die  vorher  am  häufigsten  be- 
glaubigte Zahl  ist  zwanzig,  welche  sich  in  die  vier  grossen  und  sechzehn  kleinen 
teilten    und   den   Altardienst   versahen,    während   die   später  über  zwanzig   er- 
scheinenden anderweitig   beschäftigt  waren.     So   wird  1335   ein  Vicar  des  Re- 
liquienschreines erwähnt     An  der  Spitze   der  Vicarienbrüderschaft  stand  (1492) 
ein  Procurator,  vier  Consiliarii  und  zwei  Senioren.    Beim  Amtsantritt  hatte  jeder 
Vicar  eine  Mark  zu  erlegen  zur  Bezahlung  von  Wein,  Oblaten  und  Wachs  (1347). 
Die  Einkünfte  der  Vicarie  waren  anfangs  verschieden,  bis  1330  im  Generalkapitol 
eine  Vereinigung  herbeigeführt  wurde.   Die  Vermögenslage  der  Kapitelmitglieder 
war  zum  Teil  keineswegs  gering,  wie  z.B.  das  Nachlassinventar  dos  Thomas  von 
Gerbstedt  (1442.     H.-Z.  24,  531  ff.)   ausweist    Die  Mildthätigkeit  solcher  reichen 
Mitglieder  kam   in  vielen  Fällen  der  Kirche  zu  statten,  von  deren  häufig  sehr 
schlimmer  Verschuldung  unten  weiter  zu  berichten  sein  wird.  Die  Geldverwaltung 


Halberstadt  (die  LiebfraneDkirche :  Geschichte)  309 


des  Stifts  war  im  Mittelalter  gelegentlich  in  sehr  verwahrlostem  Zustande.  Bei 
der  Revision  1232  war  Klage,  dass  die  Güterverwalter  der  Kirche  keine  Rechnung 
über  Einnahmen  und  Ausgaben  legten.  1341  wurde  beschlossen,  eine  Kommission 
von  fünf  Mann  niederzusetzen  mit  der  Vollmacht,  die  Finanzen  nach  eigenem 
Ermessen  zu  ordnen.  Sie  hatte  auf  Verlangen  Rechnung  abzulegen  und  versah 
ihr  Amt  nur  immer  ein  Jahr  lang,  worauf  Neuwahl  erfolgte.  Eine  andere,  gleich 
jener  vom  Kapitel  gewählte  Kommission  hielt  die  Reliquien,  die  Siegel,  die 
Privilegien  u.  s.  w.  imter  ihrem  Verschluss  (1270).  Von  den  übrigen  Kirchen- 
ämtern hier  genauer  zu  reden  würde  zu  weit  führen.  Es  werden  noch  erwähnt 
Kustos,  Scholasticus,  Thesaurarius,  Kantor,  Sakristan,  die  Mitglieder  der  Stifts- 
schule, Kirchner,  Kämmerer,  balneatores,  Thelonearii,  Sangmeister,  Zitermänner, 
Altardiener,  Bäcker. 

Ende  des  15.  und  Anfang  des  16.  Jahrhundert  kam  für  das  trotz  aller 
Anfechtungen  blühende  Stift  die  Zeit  des  Verfalles.  Im  Jahre  1509  hören  wir, 
dass  manche  Vikare  weltlich  geworden  seien,  ohne  Ersatz  für  die  ihnen  zu  teil 
gewordenen  Beneficien  zu  leisten,  andere  befanden  sich  nur  im  Besitze  der 
niederen  Weihen.  Das  Amtsantrittsgeld  wurde  überhaupt  von  niemandem  mehr 
erlegt.  Trotz  solcher  Misstände  kam  es  doch  erst  gegen  1591  zur  Einführung  der 
Reformation  durch  den  Bischof  Heinrich  Julius;  1604  fand  zu  Neujahr  der  erste 
protestantische  Gottesdienst  statt.  Den  Katholiken  wurde  dabei  die  Benutzung 
einer  Kapelle  gewährleistet,  welche  daher  den  Beinamen  der  katholischen  Kapelle 
erhielt.  Aber  1629  wurde  der  Protestantismus  wieder  abgeschafft  und  erst  wieder 
eingeführt,  als  die  Schweden  die  Stadt  in  Besitz  nahmen.  Zur  selben  Zeit  aber 
wurde  die  weitere  Existenz  der  Kirche  in  Frage  gestellt,  weil  die  Schweden 
einen  Augenblick  die  Absicht  hatten,  dieselbe  niederzureissen.  Die  endgültige 
Einführung  des  Protestantismus  erfolgte  nach  dem  Ende  des  grossen  Krieges. 
Die  alten  Wandmalereien  wurden  1661  übertüncht;  sie  sind  erst  in  unserem 
Jahrhundert  in  spärlichen  Resten  wieder  zum  Vorschein  gekommen.  1775  stiftete 
Friedrich  der  Grosse  einen  Orden,  wie  für  die  Mitglieder  der  übrigen  Stifter,  so 
auch  für  die  von  L.  Fr.  Von  den  Kriegsereignissen  im  Anfange  unseres 
Jahrhunderts  wurde  die  Kirche  in  mancherlei  Art  in  Mitleidenschaft  gezogen 
1809  bewahrte  der  Herzog  von  Braunschweig  seine  Pulvervorräte  in  der  Barbara- 
Kapelle  auf.  Die  Aufhebimg  des  Stiftes  erfolgte  am  1.  Dez.  1810,  der  letzte 
Gottesdienst  wurde  am  25.  Oktober  1812  abgehalten.  Dann  sollte  die  Kirche  auf 
Befehl  des  Königs  Jöröme  an  die  Andreasgemeinde  kommen,  was  jedoch  unter- 
blieb. In  unwürdiger  Verkommenheit,  zu  allerlei  profanen  Zwecken  dienend, 
verblieb  darauf  die  Kirche  bis  1840,  wo  sie  durch  Friedrich  Wilhelm  IV.  wieder 
hergestellt  und  seit  Pfingsten  1848  der  evangelisch  reformierten  Hofgonieinde 
überlassen  wurde.  Sie  steht  jetzt  unter  königlichem  Patronat,  welches  ein  Drittel 
der  Unterhaltungskosten  trägt,  während  die  andern  zwei  Drittel  von  der  Kirchen- 
kasse bestritten  werden.  Zwei  Geistliche  (der  erste  davon  mit  dem  Titel  Hof- 
prediger) üben  die  Seelsorge  aus. 

Siegel.     Über  diese  vgl.  v.  Mülverstedt  a.  a.  0.  pag.  411. 

Über  die  Kurien  näher  zu  sprechen,  läge  nur  dann  ein  Grund  vor,  wenn 
die  Urkunden  über  ihre  Bauart,  Einrichtung  u.  s.  w.  etwas  mitteilten.  Da  dies 
nicht  der  Fall  ist,  so  genügt  es,  ihre  beglaubigte  Lage  zu  bezeichnen,  welclic  in 


310  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Geschichte) 


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Halberstadt  (die  Lieb&anenkiTclie:  Kurien  n.  s.  w.) 


311 


älterer  Zeit  allerdJDgs  durchaus  unbekannt  ist  1472  gab  es  ihrer  einundzwanzig, 
nämlich  sechs  grosse  ausser  der  Stadt,  zehn  grosse  und  fünf  kleine  in  derselben. 
Eine  der  letzteren  lag  1508  gegenüber  der  Alexiuskapolle ;  die  übrigen,  unbe- 
sdninit  ob  gross  oder  klein:  1.  im  Westendorf  beim  Johannisgildschaftshause 
(ohne  Jahr),  2.  im  Düstemgraben 
•  (1402),   3.  „im    Winkel  zwischeo 

dem  Somhemi  Balthasar  von 
Keuenstadt  und  Kanonikus  Her- 
mann Schütten",  also  auf  der 
Burg  (1472),  4.  zwischen  der  Ka- 
pelle St  Materni  und  dem  Kloster- 
stoven  derSchule  gegenüber  (1476), 
1498  ganz  verfallen,  5.  südlich 
Tom  Komhause  (1479),  6.  im 
Westondorf  (1479),  7.  die  als  6.  be- 
zeichnete Kurie  auf  der  Burg  der 
Kirche  gegenüber  (1489),  8.  eben- 
falls auf  der  Burg  (1489),  9. 
gegenüber  der  Peterstreppe  (1492), 
10.  mehrere  Kurien  im  Düstem- 
graben (1494),  11.  an  der  Ecke 
nach  dem  Alexiushofe  zu  (1496), 
12.  gegenüber  dem  consistorium 
generalis  curiae  (1505),  13.  gegen- 
über dem  Bemter  nach  Süden 
{1506),  14.  im  Westendorf-  (1506), 
15.  hinter  dem  Schlafhause.  Dazu 
gehört  das  kleine  Höfeben  an  der 
Badestube  „bei  der  eisernen  Kette"' 
(1507),  16.  in  der  Trüllgasse  (1509). 
Dies  die  Angaben.  Man  sieht, 
dass  es  nur  in  vereinaelten  Fällen 
möglich  ist,  die  Lage  der  ein- 
zelnen Kurien  hiemach  zu  be- 
stimmen. Abgesehen  davon,  dass 
im  vorstehenden  Verzeichnis 
Wiederholungen  vorzukommen  scheinen,  ist  auch  selbst  da,  wo  Genaueres 
über  die  Lage  gesagt  wird,  selten  etwas  damit  anzufangen,  da  sie  meist  nach  der 
Nachbarschaft,  d.  h.  oft  nach  inzwischen  untergegangenen  Gebäuden  oder  unbe- 
kannten Personen  bezeichnet  wird. 

Von  andern  Baulichkeiten  und  Bäumen  werden  als  zur  Benutzung 
für  die  Mitglieder  des  Kapitals  dienend  folgende  erwähnt:  Der  oft  genannte 
Ziter;  das  Schlafhaus,  für  welches  1232  ein  Erweiterungsbau  verfügt  wurde;  die 
Badstube  (1271,  stören  1368),  neben  ihr  befand  sich  1472  die  dort  zur  Absperrung 
des  Bezirks  dienende  eiserne  Kette,  der  Kapitelraum  (1341,  freilich  ist  nicht  ge- 
wiss, ob  damals  ein  besonderer  Saal  für  die  Versammlungen  des  Kapitels  vor- 


AUer  Begrdiiniisplaa 

Fig.  108. 


312        Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Baugeschichte) 


banden  gewesen  ist;  wenigstens  dienten  zu  diesem  Zweck  auch  sehr  häufig  die 
Barbarakapelle,  die  Refectorien,  der  Kreuzgang,  auch  die  Kirche  selbst,  so  dass 
mit  vorstehendem  Ausdruck  auch  einer  dieser  Räume  gemeint  sein  könnte);  der 
Remter  (reventer)  als  Lokal  der  Kirchenkasse  (1402);  das  aestuarium  (1432);  die 
stupa  paradisi  (1433);  Haus  und  Hof  der  Vicare  (1475);  die  Winterbadstube  des 
Kanonicus  Gerhard  v.  Mortz  (1489);  das  Sommerrefectorium  (anla  aestivalis  1494); 
die  nördlich  sub  aula  aestivali  belegene  Wohnung  des  Dekans,  in  dessen  Schlaf- 
gemach (1494)  ein  urkundlicher  Akt  vollzogen  wird  —  kein  seltenes  Vorkommnis; 
geschah  auch  in  Wohnungen  anderer  Geistlicher,  besonders  wenn  sie,  bereits  auf  dem 
Sterbelager,  ihr  Testament  machen;  das  Winterrefectorium  (1497).  Femer  werden 
beim  Kloster  belegene  Begräbnisstätten  1319,  der  Kirchhof  1363  erwähnt.  —  Die 
Bibliothek  (libraria)  kommt  zuerst  1416  vor,  bestand  aber  sicher  schon  früher. 
Vgl.  über  sie  Neue  Mitteilungen  XII,  107  ff.  1471  bekam  sie  testamentarisch  von 
einem  Kanonikus  Friedrich  Radeleff  geschenkt  das  Corpus  Juris  Civilis,  auf  Perga- 
ment geschrieben,  femer  ein  Altes,  ein  Neues  Testament  und  11  andere  Bände 
von  unbekanntem  Inhalt.  Nicht  eigentlich  zum  Bestände  der  Bibliothek  zu 
roclmen  ist  der  liber  oblationum  (obventionum),  ein  Pergamentband,  1341  zuerst 
erwähnt,  der  zunächst  unter  besonderem  Gewahrsam  gehalten  wurde,  nachher 
aber  zur  beliebigen  Einsicht  der  Stiftsmitglieder  auf  der  rechten  Seite  des  Chors 
auf  einem  Pulte  ausgelegt  war,  zu  seinem  und  des  Stiftes  Schaden,  da  er  dort 
ohne  genügende  Aufsicht  war,  beschädigt  und  beschmutzt  wurde,  ausserdem 
an  den  darin  enthaltenen  Eintragimgen  von  Schenkungen  und  sonstigen  Stifts- 
einkünften Fälschungen  durch  Rasuren,  Ausreissen  von  Blättem  u.  s.  w.  vor- 
kamen (1433). 

Baugeschichte:  Unter  der  Regierung  des  Bischofs  Arnulf  soll  die  erste 
Liebfraüenkirche  samt  den  sonst  zum  Stift  gehörigen  Baulichkeiten  1005  begonnen 
und  ihr  Bau  bis  1020  fortgesetzt  sein.  Ob  sie  überhaupt  vollendet  wurde,  er- 
scheint fraglich.  Mit  Sicherheit  stammt  aus  der  ersten  Bauperiode  nur  die  jetzige 
westliche  Turmpartie,  von  welcher  jedoch  nur  der  Unterbau  hierzu  gehört, 
während  die  oberen  Geschosse  mit  den  gekuppelten  Schallfenstera  in  zwei 
Reihen  über  einander  erst  aus  der  folgenden  Bauperiode  herrühren.  Über 
den  3  Räumen  des  untersten  Turmgeschosses,  welche  aus  dem  Grundrisse  (Fig.  107) 
ersichtlich  sind,  zieht  sich  noch  jetzt  ein  grosser  Raum  hin,  welcher  nach  Westen 
zwei  schlichte,  etwas  plumpe  rundbogige  Fenster  enthält,  nach  Norden  und  Süden 
je  ein  kleines  ähnliches,  nach  Osten  aber  in  der  Mitte  ein  grosses,  aber  niedriges 
Rundbogenfenster  aufweist.  Sie  alle,  mit  Ausnahme  des  nördlichen,  sind  jetzt 
vormauert.  Ihre  Form  harmoniert  mit  derjenigen  einer  Thür,  welche  südlich 
neben  dem  jetzt  im  Kreuzgange  befindlichen  gotischen  Haupteingange  vermauert 
zu  sehen  ist  und  zu  einer  Zeit,  als  der  Kreuzgang  noch  nicht  gebaut  war  (dessen 
Gewölbe  sich  gerade  an  diese  vermauerte  Thür  lehnt),  noch  benutzt  worden  sein 
mag.  Diese  Thür  hat  eine  Breite  von  1,00  m  und  ist  in  einer  Entfernung  von 
2,59  m  von  der  südlichen  Ecke  der  Kirchenfront  angebracht.  Ihre  Entfernung 
von  dem  Mittelportal  beträgt  5,18  m,  also  das  Doppelte.  Man  sieht  schon 
hierbei,  dass  der  alte  Kirchenbau  eine  auf  ziemlich  einfachen,  mathematischen 
Verhältnissen  beruhende  Anlage  war.  Jener  Thür  entsprach  eine  in  das 
nördliche   Turmgemach    führende,   die   wegen   Verbauung  nicht  mehr    erkenn- 


J 


Halberstadt  {die  Liebtouenkirche:  Bangeschichte) 


bar  ist.  Zwischen  beiden  aber  in  der  Mitte  lag  das  alte  Hauptportal, 
welches  später  durch  das  p;otiscbe  ersetzt  worden  ist.  Dieser  äusseren 
Anlage  des  Turmbaues  entsprach  die  innere,  da  er  sich  auch  gegen  dio 
der  Kirchenschiffe,  wie  noch  jetzt  ersichtlich ,  mit  rechts  und  links  je  einem 
kleinen,  in  der  Mitte  einem  grossen  Eundbogen  öffnete,  welche  erst  später  ver- 
mauert sind.  Fdr  die  ältere  Zeit  hat  man  sich  sowohl  den  Ereuzgang  als  die 
vor  dem  Nordwest-Turm  stehenden  Gebäude  fortzudenken  und  sich  klar  zu 
machen,  dass  damals  die  ganze  Westfront  der  Kirche  frei  stand,  wälirend 
der  Krenzgang  vor  Ende  des  11,  Jahrhunderts  überhaupt  nicht  vorbanden  war, 


Fig.  109. 

dann  aber  auf  der  Südseite  der  Kirche  angelegt  wurde.  Die  Grund risygcstaltung 
des  zugehörigen  Lang- und  Querhauses,  wie^die  gesamte  Anlage  der  alten  Kirclie,  so- 
weit wie  sie  nach  den  vonij  Verfasser  dieses  Buches  geleiteten  Ausgrabungen  im 
Jahre  1899  festzustellen  war,  veranschaulicht  Kig.  108.  Über  die  Nachforschungen 
genatferen  Bericht  zu  geben,  kann  hier  erspart  bleiben,  indem  Ich  auf  die  Artikel 
im  7.  Jahresberichte  der  Provinzialdenkmälerkommission  der  Provinz  Sachsen,  sowie 
in  der  ,,Denkmalpflege'"  Jahrgang  1  Nr.  15  verweise.  Von  den  drei  Bögen,  welche  aus 
dem  Turmbau  ins  Innere  der  Kirche  führten,  sieht  man  noch  die  zu  Bogennischen  aus- 
gebildeten Lichträunie  und  die  Kämpfergesimso ,  welche  sich  mit  ihrem  untern 
Kande  an  den  beiden  Seiten  2,98  m,  am  Mittelbogen  4,65  m  hoch  über  dem  Fussboden 
befinden.  Ihre  lotrechten  Enden  lassen  einen  Zwischenraum  von  0,92  m,  woraus  her- 
vorgeht, dass  die  Arkadenmauern  der  ersten  Kirche  eine  ebensolche  Stärke  hatten.  — . 
Der,  älteste  Bau  galt  als  klein  und  hässlich.    Über  letzteres  dürfte  man  streiten 


314       Ealberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenicirche:  Bangescbichte) 


können.  Die  Kleinheit,  das  durch  die  geringe  Höhe  der  Türme  vorgeschriebene 
geringe  Längenmass  aber  wurde  von  den  Zeitgenossen  nicht  allzu  sehr  empfunden. 
Vorläufig  dachten  sie  noch  nicht  daran,  wie  es  später  geschah,  den  ganzen  Bau- 
plan zu  ändern,  sondern  suchten  sich  durch  An-  und  Ausbauten  zu  helfen. 
Bischof  Thietmar  (f  1089,  in  der  Kirche  beigesetzt)  sorgte  in  seinem  Vermächtnis 
dafür,  dass  sein  ganzes  grosses  Vermögen  zu  diesem  Zweck  verfügbar  wurde. 

Die  bedeutendste  Bauthätigkeit  begann  unter  Bischof  Rudolf  (f  1147),  der 
die  Kirche  von  Grund  aus  neu  zu  bauen  unternahm.  Den  Neubau  begann  man 
ohne  organischen  Zusammenliang  mit  der  erhalten  gebliebenen  Turmpartie.  Man 
setzte  das  Langhaus  in  einer  et^vas  grösseren  Weite  an.  Die  Seitenschiffe  ver- 
breiterten sich  gegen  den  Chor  hin.  Der  Bau  begann,  wie  so  oft,  von  zwei 
Seiten  her.  Der  alte  Chor  blieb  zunächst  erhalten.  Die  südliche  Seitenapsis 
erhielten  die  geringe  Höhe  von  4,24  m  in  Lichten,  überdacht  mit  einem  schlichten 
Tonnengewölbe.  Darüber  setzte  man  ein  zweites  Stockwerk  auf  bis  zur  gleichen 
Höhe  mit  der  nördlichen  Seitenapsis  und  überdeckte  es  mit  zwei  quadratischen 
Kreuzgewölben.  Auch  dies  Obergeschoss  liess  man  wie  das  untere  mit 
Apsis  nebst  Koncha  endigen.  Von  aussen  lassen  sich  diese  Veränderungen, 
besonders  aber  der  Umstand,  dass  eine  Apsis  zwei  Konchen  übereinander 
enthält,  wohl  in  Folge  späterer  äusserer  Überarbeitungen  nicht  mehr  er- 
kennen. Damit  der  obere  Kaum  benutzbar  wurde,  führte  man  unter  Durch- 
brechung des  Tonnengewölbes  in  der  südwestlichen  Ecke  im  Innern  des 
unteren  Raumes  eine  Treppe  empor  ^  und  versah  den  obern  vielleicht  anfangs 
überhaupt  dunklen  Raum  mit  einem  Fenster  nach  dem  Innern  der  Kirche  zu. 
Man  war  dabei  genötigt,  einen  kurzen,  gewölbten  und  etwas  gekrümmten 
Gang  in  den  südöstlichen  Vierungspfeiler  hineinzulegen;  dessen  dadurch  ver- 
ursachte Schwächung  machte  man  unschädlich,  indem  man  einen  Verstärkungs- 
pfeiler daneben  baute,  der  nicht  ganz  bis  zur  Höhe  des  auf  die  untere  Kapelle 
aufgesetzten  Kreuzgewölbes  reicht  und  etwas  unter  demselben  ohne  eigentlichen 
Abschluss  endigt. 

Die  übrigen  Decken,  mit  Ausnahme  derer  in  den  beiden  Seitenapsiden, 
waren  gerade  Balkendecken,  wie  solche  auch  bei  dem  Erneuerungsbau  in  unserm 
Jahrhundert  wieder  eingesetzt  sind.    Zierrat  wurde  fast  ganz  vermieden. 

Nach  der  Zerstörung  von  1179  vergingen,  weil  die  Kirche  in  ihren  wesent- 
lichen Teilen  benutzbar  geblieben  war  (einige  Brandspuren  sind  noch  heute 
auf  der  Ostseite  vorhanden)  gegen  90  Jahre,  bis  man  sich  zur  Vollendung 
des  von  Rudolf  begonnenen  Baues  entschloss.  Erst  von  dieser  Zeit  her  stammt 
die  jetzige    Gestalt  der  Kirche;   was  noch  ausser  den  Türmen  vom   alten  Bau 


'  Dass  nicht,  wie  behauptet  worden  ist,  das  Tonnengewölbe  spätem  Datums  und  in  die 
Kapelle  erst  eingezogen  ist,  geht  aus  dessen  gewaltsamer  Durchbrechung  hervor,  welche  zu 
Gunsten  dieser  Treppe  geschah.  Man  hat  sich  nicht  die  Mühe  gegeben,  die  Spuren  de« 
Durchbruchs  zu  beseitigen,  ein  Zeichen,  dass  der  obere  Raum  vielleicht  nur  selten,  jedenfalls 
nicht  zu  feierlichen  Zwecken  l>enutzt  worden  ist  Wahrscheinlich  wiir  er  ein  Buss-  oder  Straf- 
aufenthalt. Auch  das  nach  der  Kirche  führende  jetzt  vermauerte  Fenster,  hinter  dessen  Gewände 
noch  die  Löcher  für  einen  eheiuals  dort  angebrnchten  Sitz  zu  sehen  sind,  von  wo  aus  die  Insassen 
dem  Gottesdienste  beiwohnen  konnten,  ohne  gesehen  zu  werden,  und  die  schwere  mit  Eisen- 
blech beschlagene  Thür,  welche  die  Treppe  in  halber  Höhe  absperrt,  dürften  hierfür  sprechen. 


J 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Baugescbichte)  315 


übrig  was,  auch  die  Krj'-pta  musste  schwinden.  Aus  dieser  und  der  nächst- 
folgenden Zeit  scheinen  die  Obergeschosse  der  Westtürme  zu  stammen.  Noch 
in  den  letzten  Jahrzehnten  des  12.  Jahrhunderts  entstand  die  sogenannte  Tauf- 
kapelle (Katholische  Kapelle),^  welche  sich  südlich  unmittelbar  an  den  alten 
Turmbau  anlehnt  (Fig.  109).  Sie  liefert  den  Beweis,  dass  bei  der  damaligen 
Bauthätigkeit  grössere  Eleganz  waltete.  Zu  verwerfen  ist  die  von  ver- 
schiedenen ausgesprochene  Ansicht,  man  habe  in  diesem  Kaum  den  Rest  des 
alten  Kreuzganges  zu  erblicken.  Die  Stufen,  welche  den  Chor  dieser  Kapelle 
von  dem  übrigen  Räume  trennen,  sind,  wenn  auch  nicht  in  jetziger  Form,  aber 
doch  ihrer  Anlage  nach  alt;  sie  wären  in  einem  Kreuzgange  durch  nichts  ge- 
nügend zu  erklären.  Noch  sieht  man  östlich  den  Ansatz  zu  einem  dritten  Paar 
ebensolcher  Kreuzgewölbe,  wie  die  beiden  noch  vorhandenen  Paare  sind.  An 
dieses  mag  sich  dann  eine  kleine  Apsis  angesetzt  haben,  vielleicht  fehlte  auch 
eine  solche,  und  es  handelte  sich  überhaupt  um  keinen  zu  Zwecken  des  Gottes- 
dienstes dienenden  Räum.  Die  Lage  unmittelbar  an  der  Kirche  bildete  dafür 
kein  Hindernis,  da  der  Raum  ursprünglich  nicht  von  dieser,  sondem  nur  von  der 
Aussenseite  westlich  her  zugänglich  war.  Eine  Ähnlichkeit  mit  dem  oben  (vgl. 
Dom)  besprochenen  Kapitelraume  neben  dem  dortigen  Kreuzgange  ist  unver- 
kennbar. Trotz  alle  dem  waltete  Sparsamkeit.  Die  dadurch  herbeigeführte 
Einfachheit,  welcher  man  freilich  den  Vorzug  nicht  absprechen  kann,  dass 
sie  die  Gebäudemasse  um  so  mächtiger  und  würdevoller  erscheinen  lässt, 
war  wohl  weniger  Sache  des  freien  Willens  als  der  Notwendigkeit.  Die 
Finanzlage  des  Stifts  war  in  jenen  Zeiten  fortwährender  Fehden  meist  ziemlich 
bedrängt.  Zum  ersten  Mal  1245  hören  wir  von  einem  der  Kirche  durch  Papst 
Innocenz  IV.  erteilten  Ablass,  von  da  folgen  die  Ablässe  rasch  aufeinander, 
zwischen  1247  und  1290  allein  zwölf  teilweise  sehr  feierliche.  Selten  ist,  dass 
ihr  Zweck  genannt  wird;  nur  1284  (13. Mäi-z)  heisst  es  in  einem  von  zwei 
Erzbischöfen  und  elf  Bischöfen  ausgestellten  Ablassbriefe,  dass  zur  Wieder- 
herstellung der  Kirche  kein  Geld  vorhanden  sei.^  Im  übrigen  lassen  die  Ablass- 
briefe nur  die  bedeutenden  Schulden  des  Stifts  erraten,  über  welche  auch  sonst 
viel  geklagt  wird.  1267  gestattete  im  Hinblick  auf  sie,  da  sie  durch  Wucher- 
zinsen fortwährend  wuchsen,  Bischof  Volrad  Verkauf,  Vertauschung  und  Ver- 
pfändung von  Mobilien  und  Immobilien;  1268  waren  immer  noch  Schulden  vor- 
handen, verursacht  durch  vielen  Raub  und  Brand;  1271  wurde  zur  Regelung 
dieser  Verhältnisse  eine  Kommission  von  Stiftsmitgliedern  eingesetzt;  1288  ist 
von  neuen  Schulden  die  Rede,  entstanden  durch  Entsendung  mehrerer  Dele- 
gierten zum  Konzil  in  Würzburg  (1287  abgehalten  durch  den  Legaten  Johann 
von  Tusculum),   durch  hohe  Güterzinse  und  wieder  durch  Brand  und  Raub;  um 


*  Sie  hiess  im  15.  Jahrh.  S.  Mariae  Magdalenae  et  Margarethae.  Die  Erbauung  eines 
Chore  war  schon  1402  beschlossen  und  dem  [Baumeister V]  Kanon.  Heinrich  Bare  übertragen, 
war  1405  und  1425  noch  im  Werk,  wofür  ein  besonderes  Bauamt  eingesetzt  war,  wurde  aber 
eret  in  der  Mitte  des  10.  Jahrh.  beendet. 

'  über  eine  Bronceplatte  aus  der  Mitte  des  13.  Jahrh.  mit  eingravierten  Ablasserteilungen, 
welche  früher  am  südöstlichen  Eingang  befestigt  war  (Fig.  llOj  vgl.  oben  Domschatz  unter 
Nr.  32. 


Halberstadfc  (die  Liebfrauenkirche:  Baugeschichte)  B17 


Wucher  musste  von  den  Juden  geborgt  werden;  1292  veräusserte  man  Güter, 
um  Schulden  bezahlen  zu  können;  1299  thaten  sich  endlich  die  Stifter  L. Fr., 
St  Bonifaz  und  St  Paul  zusammen,  um  gegen  die  Räuber  und  Plünderer  gemein- 
same Schritte  thun  zu  können.  Einer  von  den  Hauptübelthätern  war  Ottol.  von 
Anhalt,  der  auf  Beschwerde  des  Bischofs  1291  exkommuniciert  wurde.  Im  selben 
Jahre  verfielen  auch  die  Ritter  Ludwig,  Jordan  und  Johann  von  Neindorf  wegen 
derselben  Vergehen  der  Exkommunikation.  Wie  sich  denken  lässt,  fand  das  be- 
drängte Stift  in  seinen  Nöten  mancherlei  Helfer,  welche  ihm  mit  Geld-  und  Güter- 
stiftungen beizustehen  suchten;  besondere  Verdienste  erwarb  sich  in  dieser  Be- 
ziehung am  Ende  des  13.  Jahrh.  der  Kanonicus  Dietrich  von  Westerhausen.  Trotz- 
dem half  dergleichen  nicht  viel,  und  der  Bau,  zu  welchem  König  Heinrich  VI. 
<jie  Erlaubnis  gegeben  hatte,  kam  nur  langsan^  vorwärts.  Eine  Urkunde  vom 
Ende  Mai  1291  belehrt  uns,  dass  die  Gebäude  eine  Ausgabe  von  62,  das  Turmdach  eine 
von  54,  die  Glocken  eine  von  43  Mark  verursacht  hätten.  Der  erstgenannte  Posten  war 
damals  abgezahlt  bis  auf  18,  der  zweite  bis  auf  22,  der  dritte  bis  auf  20  Mark.  Diese 
übrigen  60  Mark  wurden  damals  dem  schon  genannten  Dietrich,  welcher  die 
Baukasse  verwaltete,  aus  der  Kasse  des  Stifts  angewiesen.  Der  Kirchenbau  be- 
traf also  in  jenem  Augenblick  das  Schiff  in  geringerem  Grade,  vor  allem  aber  die 
Glocken  und  die  Türme.  Wieviel  der  ersteren  waren,  erfahren  wir  leider  nicht. 
Was  das  Turmdach  betrifft,  so  ist  nicht  klar,  ob  die  Ost-  oder  Westtürme  gemeint 
sind-;  jene  stammen  vom  Ende  des  13.  Jahrh.,  ebenso  wie  die  Uberwölbung  des 
Kirchenschiffs.  Im  Beginne  des  14.  Jahrh.  waren  neue  Ablässe  erforderlich.  Zwar 
war  der  Bau  in  der  Hauptsache  fertig, ^  aber  fortwährend  gab  os  Änderungen 
und  Reparaturen,  welche  durch  die  nicht  zu  beseitigende  Schuldenlast  beinträchtigt 
wurden.  Da  1341  verschiedene  zur  Kirche  gehörige  Gebäude  in  trümmerhaftem 
Zustande,  andere  besonders  an  den  Dächern  beschädigt  waren,  so  wurden  am 

14.  Mai  jenes  Jahres  fünf  Männer  gewählt,  welche  als  ständige  Baukommission 
für  Abstellung  solcher  Missständc  zu  sorgen  hatten.  Sie  bildeten  den  Anfang 
des  Bauamts  (fabrica),  welches  sich  seitdem    oft  in  den  Urkunden  des  14.  und 

15.  Jahrh.  genannt  findet  und  offenbar  auch  noch  im  16.  Jahrh.  thätig  war.  Spuren 
seiner  Wirksamkeit  hinterliess  es  in  dem  1366  zuerst  erwähnten  Kreuzgange, 
dem  gotischen  Westportal,  der  Überwölbung  der  Schiffe  (der  Seitenschiffe  an- 
geblich erst  im  15.  Jahrh.),  wodurch  die  ehemals  höheren  Fenster  eine  Verkleinerung 
erfuhren,  des  Chors  u.  s.  w.,  femer  in  der  der  Taufkapelle  1552  angesetzten 
gotischen  Altarnische,  welche  eine  Renaissancekuppel  erhielt,  ausserdem  in  der 
Barbarakapelle,2  der  heutigen  Sakristei,  welche  Lucanus  und  v.  Mülverstedt  ohne 
Begründung  capella  sub  claustro  nennen.  Ihre  Gründung  schreibt  ersterer 
fälschlich  dem  Dekan  Friodrieh  v.  Marenholz  zu  und  setzt  ihre  Erbauung  ins 
Jahr  1435  oder  1438,  während  doch  der  Augenschein  lehrt,  dass  die  Decken- 
malereien der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  entstammen,  jedoch   wegen 


'  Vielleicht  mit  Recht  bringt  Elia  (H.-Z.,  1886,  6)  die  1327  geschehene  Übertragung 
der  Reste  des  Bischofs  Arnulf  vom  Dom  in  die  Liebfrauen kirchc  mit  der,  vielleicht  wenigstens 
in  der  Hauptsache  geschehenen  Fertigstellung  in  Beziehung. 

*  Ich  gebrauche  diesen  üblichen  Namen,  wiewohl  er  urkundlich  nicht  belegt,  auch,  wie 
sich  bei  Besprochung  des  Altargemäldes  zeigen  wird,  kaum  richtig  ist. 


318       Ealberstädter  Stadtkreis:  Haiborstadt  (die  Liebfraaenldrclie:  Baugeschichte) 


der  Figur  des  die  dreifache  Krone  tragenden  Papstes  kaum  vor  den  Tagen 
Urbans  V  (f  1370)  gemalt  sein  können.  Elis  glaubt  an  die  Gründung  durch  die 
Familie  v.  Plötzke,  welche  im  15.  Jahrhundert  ein  mit  ihrem  Wappen  gezeichnetes 
Altarbild  in  diese  Kapelle  stiftete,  üngedruckte  Urkunden  des  Magdeburgischen 
Archivs,  welche  Elis  nicht  kannte,  sprechen  nun  aber  1350  und  1353  von  einer 
neuen  Kapelle;  das  erste  Mal,  dass  sie  gegründet  und  erbaut  sei  auf  Testaments- 
bestiramung  des  Kanon.  Mag.  Johann  v.  Gittelde,  das  zweite  Mal,  dass  ein  gewisser 
Johann  von  Wernigerode  1351  einen  Altar  daselbst  gestiftet  habe.  Da  gerade  in  diese 
Zeit  der  Stil  des  Bauwerks  wie  in  wenig  spätere  der  der  Deckenmalerei  passt 
da  ferner  eine  andere  zu  Liebfrauen  gehörige  Kapelle  aus  dieser  Zeit  weder 
vorhanden  noch  sonst  bekannt  ist,  so  ist  anzunehmen,  dass  die  leider  nicht  nach 
ihrem  Heiligen  genannte  Kapelle  mit  der  Barbarakapelle  identisch  sei.  —  Aus 
der  gotischen  und  den  folgenden  Perioden  fehlen  weitere  Beste  am  heutigen 
Bau;  man  wird  sich  hauptsächlich  auf  die  Erhaltung  des  Bestehenden  gerichtet 
haben.  Auch  das  erforderte  bedeutende  Mittel,  zu  denen  noch  das  zur  Bezahlung 
der  Kommissionsmitglieder  erforderliche  Geld  kam.  Dasselbe  wurde  teils  durch 
freiwillige  Spenden,  teils  durch  bestimmte  Einkünfte  aufgebracht  1434  wurde 
bestimmt,  dass  jeder,  der  das  Kanonikat  oder  eine  kleinere  oder  grössere  Präbende 
des  Stifts  erlangte,  zur  Unterstützung  des  Bauamtes  verschiedenerlei  Geldbeiträge 
zu  leisten  hatte.  Im  Oktober  1444  scheint  die  Baukommission  neu  organisiert 
worden  zu  sein.  Ihre  Mitglieder,  die  Baumeister  (bugmester,  magistri  fabricae; 
wie  zumeist  ist  bei  diesem  Titel  nur  an  geistliche  Oberaufseher,  nicht  an  die 
technischen  Bauleiter  zu  denken)  erhielten  dreijährige  Amtsdauer,  hatten  be- 
stimmte Rechnung  zu  legen,  bezogen  als  Einkünfte  die  Zinsen  gewisser  an 
andere  Städte  verliehener  Kapitalien.  Auch  hatte  jeder,  der  ein  Fest  oder  eine 
Memorie  stiftete,  auch  das  Bauamt  mit  einer  Stiftung  zu  bedenken;  endlich 
wurde  eine  Art  von  Sparkasse  zu  dessen  Gunsten  angelegt. 

Seit  Ende  des  15.  Jahrhunderts  verstummen  die  urkundlichen  Nachrichten 
über  die  Bauthätigkeit.  Reste  des  ältesten  Baues  (natürlich  kann  es  sich  niu 
um  den  ältesten  Kreuzgang  handeln)  sollen  in  Trümmern  noch  1690  vor- 
handen gewesen  sein;  damals  räumte  man  sie  hinweg  und  benutzte  1692  die 
Steine  beim  Neubau  des  Johannisthors.  —  Nach  der  Aufhebung  des"  Stifts  1810 
verwahrloste  die  Kirche,  bis  Friedrich  Wilhelm  IV.  zu  ihrer  Wiederhei-stellung 
45,000  Thaler  zur  Verfügung  stellte.  Die  Erneuerung  wurde  durch  Rosentlial 
und  Wägener  ausgeführt.  Sie  begann  am  29.  November  1839.  Der  nordöstliche 
Turm,  welcher  wie  der  südöstliche  auf  einem  Unterbau  stand,  der  ureprünglich 
garnicht  für  ihn  berechnet  und  zu  schwach  war,  rausste  gleich  anfangs  wegen 
Einsturzgefahr  abgetragen  und  neu  gebaut  werden;  er  erhielt  seinen  Knopf  am 
7.  November  1847.  Die  alten  Überw()lbungen  der  drei  Kirchenschiffe  ausserhalb 
des  Chors  und  des  Transsepts  wurden  beseitigt  und  durch  gerade  Holzdecken 
ersetzt,  da  die  Gewölbe  zu  stark  drückten  und  den  Aussen  wänden  Gefahr 
drohten.  An  der  Nord-  und  Südseite  des  Langhauses  wurde  je  eine  neue  Ein- 
gangspforte von  1,6  m  Weite  durchgebrochen.  Der  Erneuerungsbau  war  1848 
vollendet. 

Beschreibung  des  Bauwerkes.  Die  äussere  Gestalt  der  Kirche  ist  von 
grosser  Einfachheit  und  wird  nur  durch  die  vier  Türme  belebt.    Da  die  östlichen 


1 


Halberetadt  (die  Liebfrauenkirche:  Baubeschreibung)  319 

■-  ■■  -  ■  -  ,         , 

Türme  ausserhalb  des  Mittelschiffes  stehen,  so  ist  ihr  Abstand  von  der  Weite  desselben 
abhängig.  Den  älteren  Westttirmen  ist  ein  engerer  Abstand  von  ^/s  der  Turm- 
breite  gegeben.  Die  beiden  östlichen  Türme,  quadratisch  fundiert,  sind,  um  sie 
schlanker  erscheinen  zu  lassen,  oberhalb  des  Hauptgesimses  der  Kirche  in  eine 
achtseitige  Form  übersetzt  und  in  diese  zwei  Reihen  kleiner,  gekuppelter  Fenster 
angeordnet,  deren  Säulchen  nur  mit  Würfelkapitälen  (da  sie  auf  die  Entfernung 
berechnet  sind,  ist  jeder  Schmuck  überflüssig)  und  attischen  Basen  versehen  sind. 
Die  achtseitigen  Pyramiden  haben  eine  Höhe  von  14,4  m.  Die  beiden  westlichen 
Turme  haben  mit  Rücksicht  auf  die  im  12.  Jahrhundert  vergrösserte  Länge  der 
Kirche  über  ihre  ursprüngliche  Form  noch  eine  Etage  mit  dreifach  gekuppelten 
Fenstern,  mit  Seitenlisenen  und  Bogenfriesen  erhalten  und  sind  nach  rheinischen 
Torbildem  dergestalt  mit  vierseitigem  Pyramidaldach  (Bischofsmütze)  versehen, 
dass  die  Kanten  der  Pyramide  sich  auf  die  Spitzen  der  vier  Giebelmauern  auf- 
setzen. Die  Seitenflächen  der  Pyramiden  haben  Rautenform,  deren  Seitenlinien 
gleich  denen  der  Giebeldreiecke  sind.  So  hat  das  Pyramidaldach  eine  Höhe  von 
16,3  m  erhalten.  Zwischen  den  Westtürmen  zieht  sich  der  mit  einem  Satteldach 
versehene,  die  älteren  und  jüngeren  Schallfenster  enthaltende  Zwischenbau  hin. 
Sämtliche  Dächer  sind  mit  Blei  gedeckt. 

Das  Langhaus  hat  auf  jeder  Seite  acht  gleich  verteilte  Oberlichte  und  im 
Erdgeschoss  je  sechs  Fenster  und  eine  Thür  (letztere  neu),  ungleich  eingeteilt, 
jedoch  stehen  die  Fenster  des  Erdgeschosses  im  allgemeinen  ziemlich  gegenüber 
der  Mitte  der  Pfeilerabstände  im  Innern;  sollte  eine  regelmässige  Anordnung  in 
dieser  Art  beabsichtigt  gewesen  sein,  was  wohl  wahrscheinlich,  so  ist  sie  doch 
durch  Sorglosigkeit  verfehlt.  Die  obere  Etage  der  Querschnitte  und  des  Altar- 
raumes ist  nach  Norden  und  Süden  durch  je  drei  Fenster  erhellt  Yen  den 
Seitenapsiden  weist  die  südliche  im  obern  und  untern  Geschoss  je  drei,  in  der 
Altarnische  je  ein  kleines  Fenster  auf;  die  nördliche  hat,  da  sie  nur  einen  Raum 
bildet^  auch  nur  drei  grössere  Rundbogenfenster  nach  Norden  und  ein  kleines  in 
der  Altamische. 

Das  Innere  der  Kirche  erweist  dieselbe  als  schlichte  Pfeilerbasilica, 
welche  nach  dem  Vorbilde  der  Paulskirche  zu  Halberstadt  erbaut  ist.  Das 
Mittelschiff  ist  von  den  gegen  den  Chor  hin  ein  wenig  erweiterten  Seiten- 
schiffen durch  auf  Pfeilern  ruhende  Bögen  getrennt.  Die  Pfeiler  haben 
abwechselnd  einfach  quadratische  (1,12  :  1,12)  und  rechteckige  (1,12  :  1,28 
[bezw.  1,43  und  1,73])  Grundfläche.  Der  Abstand  der  Pfeiler  von  einander 
beträgt  zwischen  2,93  und  3,36  m.  Vielleicht  ist  die  Annahme  berechtigt, 
man  habe  anfänglich  beabsichtigt,  nach  Art  anderer  niedersächsischer  Kirchen 
die  Weiten  zwischen  den  rechteckigen  Pfeilern  mit  grossen  Bogen  zu  über- 
spannen und  dazwischen  je  eine  Säule  zu  setzen  zur  Aufnahme  von  je  zwei 
kleineren  Bögen.  Dieser  Plan  mag  aber  frühzeitig  aufgegeben  sein;  möglich 
auch,  dass  man  die  Säulen  erst  beseitigte  und  durch  die  festem  Pfeiler  ersetzte, 
als  die  Kirche  eingewölbt  wurde.  Alle  Kämpfergesimse  (sie  sind  in  Stuck  ange- 
setzt) sind  höchst  einfach,  selbst  einfacher  als  bei  den  älteren  westlichen  Türmen. 
Das  Mittelschiff  setzt  sich  um  zwei  Quadrate  östlich  fort  und  erweitert  sich 
zum  Kreuz  mit  zwei  Vierecken,  von  denen  nur  das  südliche  ein  Quadrat  ist, 
während  die  Nordwand  des  nördlichen  ein  wenig  länger  als  die  ihr  gegenüber- 


n 


320      Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Baabeschreibung) 


liegende  Südwand  ist  und  deshalb  eine  schräge  Abweichung  zeigt;  doch  scheint  auch 
hier  ursprünglich  die  quadratische  Form  beabsichtigt  gewesen  zusein.  Die  Vierung 
öffnet  sich  mit  mächtigen,  auf  Wandpfeilem  ruhenden  Bögen  nach  allen  vier  Seiten 
hin.  Von  den  beiden  Kreuzarmen  liegt  der  nördliche  5  Stufen  von  0,835  m  Gesamt- 
höhe, der  südliche  nur  4,  zusammen  0,70  ra  hohe  Stufen  über  dem  Niveau  der  Seiten- 
schiffe. Deragemäss  führen  aus  dem  nördlichen  zwei  Stufen  (0,37  m  insgesamt  hoch), 
aus  dem  südlichen  3  Stufen  (0,49  m  Gesamthöhe)  in  den  hohen  Chor.  Die  Kreuz- 
arme sind  in  ihrer  Abgeschlossenheit  selbständige  Kapellen  gewesen.  Je  eine 
einfache  Thür  führt  neben  den  Seitenchören,  mit  gradlinigem  Sturz  verseben, 
über  dem  sich  ein  rundbogiges  Tympanon  erhebt,  ins  Freie.  An  sie  schliessen 
sich  die  zwei  mit  halbrunden  Altairäumen  versehenen  Seitenchöre,  welche  die- 
selbe Breite  wie  die  Seitenschiffe  bei  einer  Länge  von  10  (südlich  10,20)  m  haben 
und  ehemals  gegen  das  Querhaus  mit  Bögen  geöffnet  waren.  Sie  enden  in 
gleicher  Linie  mit  dem  hohen  Chor.  Aus  der  südlichen  Kapelle  führte  ehemals 
eine  Thür  in  den  hohen  Chor.  Sie  ist  später  vermauert  und  die  daselbst  ver- 
bliebene Nische  von  der  Chorseite  her  mit  einem  Gemälde  verdeckt  worden. 
Vgl.  unten.  Zur  Unterstützung  des  (neuen,  westlich  gelegenen)  Orgelchors  ist 
eine  (gleichfalls  neue)  Arkade  von  drei  Bögen  quer  durch  das  Mittelschiff  ge- 
zogen, welche  in  einer  dem  Stil  des  Gebäudes  widersprechenden  Art  von  zwei 
Säulen  getragen  werden. 

Der  ganze  Innenbau  ist  ebenso  wie  die  Aussenseite  von  grösster  Einfachheit, 
auf  Farbenschmuck  berechnet,  der  auf  den  mit  ausgezeichnet  hartem  Bewurf 
glatt  geputzten  Wänden  nach  organischem  Plan  erfolgte.  Bei  der  in  den  vierziger 
Jahren  erfolgten  Wiederherstellung  fanden  sich  zahlreiche  Reste  davon.  Näheres 
darüber  siehe  unten.  Von  eigentlichem  architektonischen  .Zierrat  findet  sich 
ausser  den  Säulchen  in  den  gekuppelten  Fenstern  der  Türme  und  drei  kleinen 
Nischen  aussen  am  hohen  Chor,  welche  für  die  Aufnahme  von  Skulpturen  be- 
stimmt wurden,  nichts  vor.  Keine  derThüren  besitzt  ein  ursprünglich  verziertes 
Tympanon,  die  Gesimse  sind  äusserst  einfach,  die  Plinthe  durchweg  eine  Schmiege, 
die  Gurtgesimse  sehr  spärlich,  schmal  und  nur  in  kleiner  Hohlkehle  oder 
schwachem  Rundstab  bestehend.  Auch  die  Gewände  der  Thüren  beschränken 
sich  auf  schlichte  Abtreppungen,  die  der  Fenster  auf  steile  Schmiegen,  nur  die 
der  grossen  Altarnische  eingefasst  mit  einem  Rundstab.  Ebenso  einfach  wie  die 
Wände  sind  die  Decken.  Von  den  Gewölben  sind  noch  die  in  dem  mittleren 
und  südlichen  Turmraum,  ferner  die  im  Chor  und  im  Querschiff  vorhanden. 
Von  den  Holzdecken  des  alten  Baues  existieren  noch  die  Balken  über  den 
jetzigen  Gewölben.  Die  beiden  Seitenaltan*äume,  ebenfalls  ganz  schmucklos, 
zeigen  noch  die  ursprünglichen  Tonnengewölbe,  während  der  obere  Raum  des 
südlichen  mit  zwei  Kreuzgewölben  versehen  und  in  zwei  quadratische  Räume 
geteilt  ist 

Der  dicht  an  den  Westtürmen  gelegene,  jetzt  als  Taufkapelle  bezeichnete  Raum, 
bildet  ein  Quadrat  von  6,84  m  Seitenlänge,  welches  von  dem  Kreuzgange  durch  eine 
alte  rechtwinkelige  Thür,  von  der  Kirche  aus  durch  eine  neu  angelegte  Tliür  zu- 
gänglich gemacht  und  nach  Osten  gotisch  im  halben  Achteck  geschlossen  ist.  Der 
romanische  Teil  ist  überdeckt  mit  vier  quadratischen  Kreuzgewölben  zwischen  recht- 
eckig profilierten  Gurtbögen.   Der  Mittelpfeiler,  der  das  Ganze  trägt,  ist  mit  vier  Halb- 


fialberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Baabeschreibnng) 


321 


Säulen  belebt,  seine  Ecken  sind  ausgekehlt,  Verzierungen,  welche  sich  in  durchaus  ähp- 
licher  Weise  auch  an  dem  anderen  (östlichen)  Pfeiler  und  den  Pilastem  wiederfinden. . 
Die  Pfeilerkapitäle  (Fig.  111),  sind  aus  dem  Würfel  konstruiert  Eins  davon  (nicht  mit 
abgebildet)  ist  ein  sogenanntes  Faltenkapitäl ;  ein  anderes  zeigt  Diamantbänder 
innerhalb  seiner  Blattdekoration,  noch  an  einem  anderen  sieht  man,  wie 
auf  eine  besondere,  nicht  gerade  häufige  Weise  etwas  weit  ausladende  Blättör 
durch  gegenstrebende  Blätter  unterstützt  werden.^    Die  Basen  zeigen  Eckblätter 


Fig. 111. 

• 

welclie  nur  in  einer  einfachen  Einziehung  bestehen.  Von  den  Niveauveir- 
liältnissen  der  Kapelle  und  deren  möglicher  ehemaliger  Bestimmung  war  schön 
in  der  Baugeschichte  die  Rede.  Der  gotische  Teil  der  Kapelle  ist  ohne 
Interesse. 

Im  Winkel  des  südlichen  Querschiffs  und  Turmes  befindet  sich  die 
Barbarakapelle,  ein  mit  zwei  quadratischen  gratigen  Kreuzgewölben  versehener 
länglicher  Raum,   welcher    durch    eine  Thür    vom   Seitenschiff   her   zugänglich 


*  Im  Kloster  Bosau  bei  Zeitz  (1114  gegründet)  findet  sich  u.  a.  ein  gleiches  Beispiel. 

Kreis  Halberttadt.  21 


Hallierstodt  (die  Liobfraueokircbe :  Fenster) 


ist  and  zwei  Fenster  nach  Süden  hat.    Seiner  EntstehungBzeit  (s.  o.)  entsprechend 
ist  er  im  gotischen  Stil,  aber  sehr  einfach  gebaut 

Fe  n  ste  r.     Da   die    Kirche    in    ihrer    architektonischen    Schlichtheit  auf 
malerischen  Schmuck  aller  Art  geradezu  angewiesen  war,  so  werden  vermutlich 


Fig.  113. 

ehemals  die  Fenster  sämtlich  oder  zum  grössten  Teil  im  Schmuck  von  Glas- 
malerei geprangt  haben.  Erhalten  ist  nichts  davon.  Die  Fenstar  der  Seiten- 
schiffe sind  jetzt  in  musivischen  Mustern  verglast,  die  übrigen  bieten  nichts 
Bemerkenswertes,  Sie  bestehen  einfach  aus  verbleiten,  kleinen,  wenig  ge- 
schmackvoll verzierten  Scheiben.  Das  Mittelfenster  der  Ältarnische  im  hohen 
Chor  zeigt  die  ziemlich  massig  ausgeführte  Figur  des  Heilandes, 


324  BalberBt£dter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfraaenkinrhe :  Bildwerke) 

Ein  Gitter  von  Schmiedeeisen,  aus  einfachen  vierkantigen  Stäben  bestehend 
und  wenig  verziert,  trennt  etwas   vor  der  Tierung  diese  und  den  Chor  vom 

Mittelschiff;  ein  anderes  ähn- 
liches schliesst  die  nördliche 
Seitenapsis  ab.  Höhe  2^  m 
bezw.  2  m.    £7.  Jahrh. 

Ein  Sakraments  baus- 
chen, in  zierlichen  Formen 
früh-gotisch  ausgeführt,  zeich- 
net sieb  durch  die  vier  schlan- 
ken Pfeiler  aus,  auf  denen  es 
steht,  und  von  denen  viele  zier- 
liche Giebel  und  J^alen  leicht 
in  die  Lüfte  steigen.  Es  steht 
im  sudlichen  Querscbiffe  leider 
gerade  vor  zwei  StuckfigureQ 
derChorschranke,  wodurch  die- 
selben der  Betrachtung  fast  ent- 
zogen sind.  Zalilreiche  Bruch 
stücke  des  Sakramentshauses 
liegen  in  der  südlichen  Seiten- 
apsis. 

Bildwerke.  Den  wenigen 
Skulpturenschmuck,  welchen 
das  Gebäude  aufzuweisen  hat, 
bilden  folgende  Stücke: 

Im  Innern  l.zweiRosettcn, 
eingemauert  über  den  Ein- 
gängen von  den  Seitonschiffen 
zu  den  Kreuzarmen,  südlich 
eineTraube,nördlicheiTiLöwen- 
kopf,  früher  mit  vergoldetem 
p.    ,,j  KingeimMaul;2.dioberühmteQ 

Reliefs*  an  den  dem  Mittelschiff 
abgekehrten  Seiten  der  2,15  m 
hohen  Zwischenwände  zwischen  der  Vierung  und  den  Kreuzarmen.  Die  Wände 
sind  voUgemaucrt,  durch  kleine  Säulenarkaden  von  je  12  Bogen  (Höbe  1,25  m) 
gekrönt  und  im  Mittelschiff  mit  Füllungen  gegliedert  Auf  der  Rückseite  jeder 
solchen  "Wand  sind  neben  einer  (sudlich  rundbogigen,  nördlich  mit  geradem  Sturz 
versehenen)  ganz  in  der  Ecke  neben  den  Seitenchören  angebrachten  Thür  sieben 
flache,  etwa  0,99  m  breite  Rundbogennischen  zu   bemerken,  in  welchen  beider- 


'  Abbild,  bei  Ebe,  Deutsche  Eigenart  in  d.  bild.  Kunst,  pag.  300;  Bude,  G^ich.  d.  d. 
Plastik,  pag- 45  (nur  der  ADdreae);  Hasak,  Geschichte  der  deutschen  Bildhauerkunst  im 
13.  Jahrb.,  p.  IT  ff.;  ferner  bei  Lucanus  u.  s.  w. 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Bildwerke)  325 

< 

seits  sechs  Apostel  und  in  ihrer  Mitte  südlich  die  thronende  Madonna*,  nördlich 
der  segnende  Heiland  in  sitzender  Stellung  abgebildet  sind.  (Fig.  112,  113, 114.) 
Diese  Figuren,  welche  aus  einer  Art  von  Cementstuck  gebildet  sind,  erheben 
sich  mit  den  hervoitretendsten  Teilen  (Gesichter  und  Kniee)  nicht  mehr  als 
10 — 13  cm  über  die  Grundfläche.  Sie  sind  durch  Stützen  mit  Kapital  und  Basis 
in  Form  von  teils  Halbsäulen,  teils  Pilastern  getrennt,  durch  architravierte  Halb" 
kreisbögen  überspannt,  und  oben  und  unten  von  einem  durchlaufenden  Friese 
begleitet  (0,30  bezw.  0,20  m  hoch).  Derselbe  weist  unten,  und  an  der  nördlichen 
Schranke  auch  oben,  einfache  romanische  Blattornamente  auf,  während  dm  oberen 
Fries  der  südlichen  Wand  innerhalb  von  Ranken  und  Blattverschlingungen 
folgende  Scenen  aufeinander  folgen:  zwei  mit  den  Hälsen  verschlungene  Drachen, 
Lamm,  Löwe,  Drache  mit  drei  Mannsköpfen,  Mann  mit  einem  Fisch  kämpfend, 
nackter  Jüngling  im  Kampfe  mit  einem  vogelartigen  langgeschwänzten  Ungeheuer, 
Stier  von  vier  Löwen  überfallen,  zwei  Centauren,  Affe,  Centaurenmutter  zwei 
Kinder  säugend,  ein  Eeiter.  —  Die  sitzenden  Figuren  sind  folgende:  a.  nördlich 
Matthias,  Bartholomeus,  Petrus,  Christus,  Andreas,  Matthäus,  Thoraas;  b.  südlich 
Thaddäus,  Simon,  Johannes,  Madonna,  Jakobus  Zebedäi,  Philippus,  Jakobus 
Alphäi.  Es  ist  mir  unbekannt,  warum  diese  üblichen  Benennungen  für  die  Figuren 
eingeführt  sind,  da  alle  Attribute  fehlen.  Erkennbar  sind  nur  Christus  und  Maria,  für 
die  übrigen  stehen  oben  an  den  Bögen  Namensinschriften,  die  aber  nicht  ur- 
sprünglich sind.  Die  1,14 — 1,20  m  hohen  sitzenden  Figuren  sind  im  Geschmack  des 
ausgehenden  12.  Jahrhunderts  ausgeführt,  gehören  also  nicht  mehr  zum  rudolfinischen 
Bau.  Sie  zeugen  von  grossem  Kunstverständnis  und  gewandter  Technik,  welche 
bei  den  Figuren  der  Südseite  noch  schönere  und  eindrucksvollere  Ergebnisse 
hervorgebracht  hat  als  auf  der  nördlichen,  wo  namentlich  der  Jugendroiz  fehlt, 
welcher  jene  andern  verschönt.  Die  Gestalten  beider  Seiten  aber  sind  mannig- 
faltig, die  Gesichtsbildungen  edel,  individuell  und  verhältnismässig  frei  von 
Starrheit.  Ziemlich  glücklich  gelungen,  in  Einzelheiten  vortrefflich  sind  die 
Hände  und  Füsse,  wenn  auch  deren  Stellung  manches  Gezwungene  hat.  Be- 
sondere Sorgfalt  ist  auf  die  Gewandung  und  deren  Faltenwurf  verwendet.  Zwar 
sind  auch  diese  Dinge  noch  etwas  von  dem  damaligen  Geschmack  beeinflusst, 
welcher  parallele  Lagen  von  dünnem  Zeuge  liebte  und  besonders  Kniee  und 
Bäuche  glatt  hervortreten  liess,  aber  trotzdem  sind  gerade  die  Gewänder  dieser 
Figuren  zum  grossen  Teil  von  schönster  "Wirkung,  welche  durch  die  durchweg 
noch  vorhandene  Bemalung  noch  mehr  zur  Geltung  kommt.  Alles  zusammen- 
gerechnet tritt  uns  in  diesen  Skulpturen  eine  vorzügliche  Künstlerart  entgegen, 
die  mit  frischer  Naivetät  und  vortrefflicher  Naturbeobachtung  nach  Loslösung 
von  der  mittelalterlichen  Befangenheit  ringt  und  die  Kraft  besitzt,  diesem 
freilich  noch  auf  Jahrhunderte  hinaus  unerreichbaren  Ziele  näher  zu  kommen 
als  andern  deutschen  Künstlern  derselben  Epoche  möglich  war.  Denn  auch  in 
der  Klosterkirche  zu  Klostergröningcn  und  zu  Hamersleben,  sowie  an  der  Chor- 


'  Noch  jetzt  flieht  man  dicht  neben  diesem  Bilde  verschiedene  Nägel  und  Haken.  Sie 
dienten  dazu,  die  Gewänder  festzuhalten,  womit  man  diese  Madonna,  obgleich  sie  Relief  war, 
ehemals  am  Martinitage  zu  bekleiden  liebte  (Urk.  von  1400).  Eine  Frau  war  besonders  mit 
diesem  Amte  beauftragt.  Sie  hatte  auch  für  die  LamjK)  zu  sorgen,  welche  vor  iäcm  Bilde 
brannte. 


326       Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfraueiikirche:  Wandmalereien) 

schranke  der  Michaeliskirche  zu  Hildesheim  finden  sich  ähnliche  Werke,  vielleicht 
Torbilder  für  die  in  der  Liebfrauen-Kirche;  aber  obgleich  an  jenen  Stellen 
die  Kunsttechnik  bereits  sehr  vorgeschritten  war,  ist  sie  doch  hier  entschieden 
übertroffen  worden. 

Am  Äussern:  An  der  Rundung  der  Mittelapsis  in  drei  Nischen  der 
thronende  Christus  von  Maria  und  Johannes  verehrt;  über  derThür  zum  nördichen. 
Kreuzarme  Christus  mit  Maria  thronend ;  beides  kleme  Steinwerke  des  14.  Jahiii. 

Zu  derselben  Zeit  entstanden  auch  die  meisten  und  wichtigsten  Wand- 
malereien der  alten  Kirche.  Sie  wurden  1661  übertüncht  und  erst  1830  ent- 
deckte der  Apotheker  Dr.  Lucanus  ihre  Spuren  wieder.*  Die  Untersuchungen 
wurden  von  Brackenhausen  1832  eifrig  fortgesetzt,  und  der  Konservator  v.  Quast 
nahm  Veranlassung,  ein  erschöpfendes  Gutachten  darüber  zu  dem  Zwecke 
abzugeben,  dass  man  sich  bewogen  fühlen  m()ge,  die  alten  ebenso  schönen  als 
merkwürdigen  Beste  zu  ergänzen  und  aufzufrischen.  Dies  geschah  auch  durch 
die  Maler  Pfannschmidt,  Schäfer  und  Ruprecht,  aber  leider  in  einer  Weise,  welche 
den  alten  Malereien  ihren  Charakter  genommen  hat  und  von  der  Art,  wie  die 
Kirche  ehemals  geschmückt  gewesen,  ein  unzutreffendes  Bild  giebt.  Ehe  diese 
verfehlte  Übermal ung  stattfand,  der  erfreulicher  Weise  wenigstens  einige  unten 
zu  besprechende  Wand-  und  Deckengemälde  nicht  zum  Opfer  fielen,  liess  man 
zum  Glück  eine  Anzahl  von  Figuren  durchpausen,  welche  sich  zwischen  den 
Oberlichtfenstern  des  Mittelschiffes  befinden.  Es  waren  dies  10  Propheten,*  femer 
die  neben  den  westlichsten  Fenstern  angebrachten  Halbfiguren  Salomos  und  der 
Synagoge,  Davids  und  der  Ecclesia,  Dazu  kamen  noch  die  Figuren  einiger  Engel 
aus  der  Hauptapsis  und  zwei  Streifen  Akanthusomament  Diese  Pausen  sind 
heute  im  Königlichen  Kunstgewerbe-Museum  zu  Berlin  aufbewahrt.  Durch  das 
freundliche  Entgegenkommen  der  Museumsverwaltung^  wurde  ich  in  den  Stand 
gesetzt,  jene  Blätter  photographieren  zu  lassen,  welche  in  Gefahr  des  Unterganges 
schweben;  der  Zustand  des  alten,  dunkel  und  sehr  brüchig  gewordenen  Paus- 
papiers verheisst,  wiewohl  die  Blätter  auf  Leinwand  gezogen  sind,  für  die 
Zukunft  nichts  Gutes.  Schon  jetzt  muss  man  sich  sehr  hüten,  dass  nicht  beim 
Anfassen  Stücke  in  der  Hand  bleiben. 

Nach  dem  v.  Quast'schon  Fundberichte*  entdeckte  man  „unter  den  Fenstern 
fortlaufend  ein  reiches,  gemaltes  Ornamentenband:  schön  entfaltetes  romanisches 
Blattwerk,''  „gelblich  und  gi'ün  auf  braunrotem  Grunde  mit  farbigen  Lineamenton 
eingefassf  Diese  Bänder  waren  auf  beiden  Seiten  des  Langhausos  verschieden. 
Zwei  Proben  befinden  sich  unter  den  erwähnten  Pausen.  Bei  der  Erneuerung  hat  man 
diese  Akanthusstreifen  wenigstens  in  der  Zeichnung  genügend  verschont  (Fig.  131). 
Auf  diese  Bänder  stützten  sich  gemalte  Säulchen  „verschieden  gefärbt  und  mit  Or- 
namenten belegt,^*  welche  als  Fenstereinfassung  dienten  und  halb  auf  der  Wand, 


*  Vgl.  Zeitschrift  für  ehr.  Archäol.  und  Kunst  II.  Tafel  12. 

'  Leider  nicht  alle;  der  unten  folgende  Bericht  wird  lehren,  wie  vieles  man  hat  zu 
Grunde  gehen  lassen.  Allein  von  den  Propheten  fehlen  Daniel,  Maleachii  Zepbania,  Habakuk, 
Haggai  und  Sacharia. 

^  Besondern  des  Herrn  Hcgierungsbaumeisters  Borrmann,  dem  ich  dafür  zu  lebhaftem 
Danke  verpflichtet  bin. 

*  Im  Kunstblattc  1854,  No.  52  ff. 


J 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Wandmalereien)  337 


halb,  um  die  Ecke  gebogen,  in  der  Pensterleibung  standen.  Oben  trugen  sie 
einen  Kundbogen  von  gemalten  Quadern ,  welche  um  einzelne  der  Fenster  über- 
haupt als  Einfassung  statt  der  Säulen  herumgeführt  waren.  —  Zwischen  diesen 
Fenstern  fanden  sich  „auf  lichtem  Grunde'^  im  Schiff  der  Kirche  die  zwölf  kleinen 
Propheten,  im  Chor  die  vier  grossen,  zu  äusserst  an  der  Westseite  aber  über- 
einander rechts  und  links  je  zwei  Halbfiguren,  rechts  (vom  Chor  gesehen)  David, 
darunter  die  Ecclesia  (Fig.  126);  links  Salomo,  unter  ihm  die  Regina  Austriae, 
die  Synagoge  (Fig.  123).  —  Diese  Malereien  knüpfen  an  das  im  Mittelalter  und 
seit  dem  12.  Jahrh.  auch  in  ganz  Deutschland  beliebte  Prophetenspiel,  welches 
mit  dem  von  alters  bekannten,  bildlich  uijzählich  oft  verschiedenartig  dargestellten 
Streitgespräche  der  Kirche  und  Synagoge  (beruhend  auf  dem  Sermo  b.  Augustini 
contra  paganos,  Judaeos  et  Arianes  de  symbolo)  in  mannigfaltigste  Verbindungen 
trat.i  Dass  es  auch  in  Halberstadt  bekannt  war  und  wohl  sogar  in  der  Liebfrauen- 
kirche aufgeführt  wurde,  sieht  man  aus  diesen  Wandgemälden.  Übrigens  erscheint 
die  Synagoge  hier  noch  im  vollen  königlichen  Schmuck,  was  auffallend  ist,  da 
sie  schon  zur  selben  Zeit  in  den  Bildwerken  meist  ärmlich  dargestellt  wird,  nach 
Vorschrift  des  Spiels  die  Augen  verbunden,  die  Fahne  in  ihren  Händen  zer- 
brochen. Das  alles  fehlt  bei  unserer  Regina  Austriae.  Man  möchte  sie  ohne 
diese  Beischrift,  und  wenn  sie  nicht  gerade  auf  der  linken  Wand  stände,  eher  für 
die  Ecclesia  ansehen;  diese  tritt  viel  bescheidener  auf,  trägt  dabei  gleichfalls  keine 
Fahne  oder  sonstiges  Abzeichen,  ja  im  Gegensatz  zu  den  meisten  sonstigen  Dar- 
stellungen nicht  einmal  eine  Krone.  Im  v.  Quast'schen  Berichte,  auf  welchen 
ich  mich  hier  immer  beziehen  muss,  da  er  besonders  über  die  alten  Farben  allein 
zuverlässige  Nachrieht  giebt,  heisst  es  von  den  vier  Halbfiguren:  ,,Das  Kostüm 
derselben  ist  völlig  verschieden,  doch  unter  sich  verwandt;  ein  roter  Mantel  wird 
auf  der  Brust  durch  eine  Agraffe  zusammengehalten  und  lässt  das  grüne  Unter- 
gewand mehr  oder  weniger  frei  hervortreten.  Goldner  Schmuck  bezeichnet  den 
Abschluss  der  Ärmel  und  ein  noch  reicherer  schmückt  dasselbe  auf  der  Brust 
unter  dem  Mantel."  Von  David  und  Salomo  sagt  er :  „Ersterer  bärtig,  doch  fast 
ohne  alle  Beizeichen;  letzterer  jugendlich,  mit  einer  goldenen  Krone  über  dem 
Lockenhaar."  Die  Synagoge  schmückt  „eine  noch  reichere  Krone  über  dem  lang- 
herabfliessenden  Haar,  das  jedoch  zunächst  durch  einen  grünen  Schleier^  gedeckt 
ist,"*  Ecclesia  prangt  „mit  keinem  andern  Schmuck  als  dem  ihrer  Locken."  Diese 
Xostüms  sind  besonders  auch  deirum  von  Interesse,  weil  man  annehmen 
kann,  dass  die  betreffenden  Figuren  einstmals  so  gekleidet  auf  der  Halber- 
städter Schaubühne  auftraten.  Es  ist  daher  bedauerlich,  dass  von  Quast's  Be- 
richt in  dieser  Beziehung  so  lückenhaft  ist  und  nur  noch  Nahums  und  Daniels 
Kostüm  beschreibt.  Von  ersterem  sagt  er:  „Der  rote  Mantel  gleitet  im  schönsten 
Gefälte,  keine  Bewegung  beengend,  bis  zu  den  nackten  Füssen  herab;  nur  ein 


^  Vgl.  Paul  Weber,  Geistliches  ßchjauspiel  und  kirchliche  Kunst.    Stuttgart  1894. 

*  Ee  ist  der  Schleier,  welchen  auch  Innocenz  III.  1215  den  jüdischen  Frauen  zu  tragen 
befahl.  Doch  hatt«  dieser  blauen  Besatz.  Würde  man  heute  die  Farbe  der  alten  Malerei 
noch  beurteilen  können,  so  liesse  sich  wahrscheinlich  hier  ein  Irrtum  v.  Quasts,  hervorgerufen 
durch  chemische  Veränderung  der  Farbe  feststellen  und  so  ein  wichtiger  Anhalt  zur  Datierung 
dieser  Malereien  gewinnen. 


328      Hulberstädtfr  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkirehe :  Wandmalereien) 


geringer  Teil  des  hell blniien  Untergewandes  an  der  Brust  und  an  wenigen  andern 
Stellen  bleibt  siclitbar.'"  Was  er  von  dem  (leider  zu  Grunde  gegangenen)  Daniel 
berichtet,  ist  zum  Glück  besonders  genau: 
„Völlig  abweichend  von  allen  Torher- 
gelienden  Propheten,  doch  durch  den  bei- 
gi'schriehenen  Namen  nicht  minder  wie 
durch  dio  Zusammenstellung  mit  den 
andern  grossen  Propheten  hinlänglich  be- 
zeichnet, ist  Daniel  dargestellt;  hellgrüne. 
eng  anschliessende  Beinkleider  reichen 
bis  zu  den  Fussspitzen  hinab.  Goldne 
Spangen  oder  Stickereien  schmücken  die- 
selben über  den  Füssen,  unter  und  über 
den  Knien.  Ein  kurzer  Bock  mit  engen 
Ärmeln  von  dunkelgrüner  Farbe,  mit 
breiten  goldnen  Säumen  geschmückt,  ist 
über  der  Hüfte  gegürtet  und  öffnet  sich 
über  dem  Schenkel  des  rechten,  zurück- 
tretenden Beines.  Der  hellrote,  gold- 
gt'säumte,  kurze  Mantel  wird  auf  der 
Brust  durch  eine  Spange  gehalten,  doch 
lässt  derselbe  unter  dem  Halse  noch  ein 
weisses  Untergewand  hervorsehen.  Eine 
niedere  Tiara,  mit  senkrechter  goldener 
Borte  geschmückt,  deckt  das  jugendliche 
Haupt.  Die  durch  den  Mantel  fast  ver- 
deckte Rechte  ergreift  das  über  die  BruM 
hinweggehende  Spruchband,  während  die 
Linke  anbetend  erhoben  ist.  Offenbar 
ist  dies  die  sogenannte  phrygische  Tracht, 
durch  welche  von  den  Griechen  alle  Orien- 
talen bezeichnet  wurden,  und  in  welcher 
wir  auf  altchristlichen  Abbildungen  na- 
mentlich die  Freunde  Daniels,  die  drei 
Männer  im  feurigen  Ofen,  dai^estelit 
finden."  Weiter  stellt  v.  Quast  Verglei- 
chungen  dieser  Figur  mit  .ähnlichen  zu 
y''g.  115.  Wechselburg  und  an  der  goldenen  Pforte 

zu  Freibeig  an  und  folgert  d  araiis  auf 
gleiche  Ent.stehungszeit  mit  jenen.  Man  mag  dies  zugeben ;  besonders  auch  darum, 
weil  die  Vergleicliung  der  Figur  dos  Freiberger  Daniel  (.Fig.  115)'  mit  vorstehender 
lii's<Oireilning  die  auffallendste  Ähnlichkeit  verrät;  nur  die  Haltung  der  Hände  ist 
verschieden;  die  Statue  fasst  ihr  Spruchband  mit  der  linken  Hand,  während 
die   Rechte    den   kurzen   Rock    erhebt    und    dadurch    das   vorsehreilende    rechte 


'  HariaV,  ii.22flr.  neljRt  Abb.  11  —  15; 


Fig  116. 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Wandmalereien)  329 


Bein  sichtbarer  macht;  beide  Hände  der  Figur  hängen  daher  mit  deren  Körper- 
masse zusammen,  was  im  Interesse  der  Haltbarkeit  bei  einem  Skulpturwerk 
durchaus  berechtigt,  bei  der  Malerei  aber  natürlich  überflüssig  ist.  Diese 
Ähnlichkeit  führt  dann  weiter  zu  der  Vermutung,  dass  ein  französischer  Einfluss, 
wie  er  in  Freiberg  vorzuliegen  scheint,  auch  bei  den  Prophetenfiguren  der  Lieb- 
fraiien-Kirche  wirksam  war.  Man  möchte  dabei  den  letzteren  sogar  die  gi-össere 
Eleganz  zuschreiben;  die  Körperverhältnisse  bei  den  Malereien  sind  durchweg 
schlanker  als  bei  jenen  Skulpturen;  aber  dies  mag  auf  Eechnnng  des  hohen 
Standpunktes  der  Gemälde  kommen,  welche,  da  der  Kirche  Emporen  fehlen,  nur 
von  unten,  also  nur  in  Verkürzung  gesehen  werden  konnten,  daher  bei  ge- 
drungeneren Formen,  wie  in  Freiberg,  falsch  gewirkt  hätten.  Es  ist  sehr  zu  be- 
dauern, dass  von  dem  Daniel  und  vielen  andern  Figuren  Pausen  entweder  nicht 
genommen  oder  nicht  aufbewahrt  worden  sind.  Dass  die  jetzigen  Propheten- 
figuren dem  ehemaligen  Zustande  nur  ungenügend  oder  gamicht  entsprechen, 
lehrt  ihr  Vergleich  mit  den  erhaltenen  Pausen.  Ich  mache  daher  nicht  den  Versuch 
einer  Kostümbeschreibung  der  durch  v.  Quast  nicht  erwähnten  Figuren,  sondern 
zähle  sie  hiermit  der  Reihe  nach  auf,  indem  ich  die  Inschriften  ihrer  Spruchbänder 
gleichzeitig  durch  Angabe  der  Stelle  aus  ihren  Schriften  kurz  bezeichne;  dieselben 
Angaben  finden  sich  auch  heutzutage  auf  dem  Spruchbande  jeder  Figur  neben  den 
lateinischen  Worten  angemerkt.  Sie  enthalten  die  Messianischen  Weissagungen,  mit 
welchen  und  zu  deren  Verteidigung  gegenüber  der  ungläubigen  und  widerstrebenden 
Synagoge  sich  die  Propheten  in  das  Spiel  einmischten.  Der  Ausgang  desselben 
war  bei  dem  Halberstädter  Spiel  die  Bekehrung  der  Synagoge,  wie  aus  den  ihr 
in  den  Mund  gelegten  Worten  hervorgeht.  Die  Figuren  (vergl.  die  Einschalte- 
blätter Fig.  116 — 127)  nun  sind  folgende  (die  cursiv  gedruckten  fehlen): 

a.  im  Chor,  nördliche  Wand:  Jesaias  (5,27)  und  Daniel;  südliche  Wand: 
Jeremias  (53,5)  und  Ezechiel  (18,23). 

b.  im  Mittelschiff,  nördliche  Wand:  Zacharias  (9,9),  liaggai  (2,8),  Obadja 
(1,15),  Arnos  (9,13),  Joel  (3,21),  Micha  (2,1)^  David  (Ps.  21,17)  mit  Ecclesia.  Süd- 
liche Wand:  Habakuk  (2,4),  JlafcacAi  (3,1),' Hosea(  12,7),  Jonas  (2,5),  Nahum  (1,9), 
Zephania  (1,4),  Salomo  (7,5)  mit  Regina  (1.  Könige  10,7). 

Nun  sind  diese  Propheten  nebst  den  vier  Halbfiguren  aber  keines- 
wegs die  einzigen  Malereien  der  Liebfrauenkirche  gewesen,  welche  in  Be- 
ziehung zu  dem  Prophetenspiel  standen.  Einerseits  fehlen  verschiedene  Figuren, 
welche  dazu  gehören  und  die  man  billig  erwarten  könnte:  Balaam,  Abraham, 
Moses,  Aaron,  die  Sibylle,  Elisabeth  u.a.  Andererseits  berichtet  v.  Quast,  dass 
sich  am  Ostende  des  Schiffes  Reste  von  mehreren  nebeneinander  stehenden  oder 
sitzenden  Figuren  gefunden  hätten,  aber  in  ganz  zerstörtem  Zustande,  deren 
nähere  Beschreibung  er  deshalb  nicht  liefern  konnte.  Desgleichen  enthielten 
die  Kreuzarme  Malereien  zwischen  ihren  Oberlichtom.  In  der  Hauptaltar^ 
nische  machte  v.  Quast  die  Beobachtung,  dass  die  „ursprüngliche  Anordnung 
im  Laufe  der  Zeit  mehrfach  nicht  nur  restauriert,  sondern  vollkommen  über- 
malt wurde."  In  drei  Abteilungen  über  einander  baute  sich  die  Malerei  auf- 
„Die  untere  reicht  bis  zu  den  Fenstern;  die  zweite  entliält  den  Raum  bis 
zu  dem  Anfang  der  Halbkuppel,  in  welchem  die  drei  Rundbogenfenster  bis 
zur   gleichen   Höhe   hinaufsteigen;   die   dritte   endlich  begreift   die   Malerei   der 

21a 


330        Halberatädter Stadtkreis:  Halberstadt  (die  LieWrauonliirche:  Wandmalrreien) 


Halbkugel  selbst.    Letztere  enthält  auf  blauem  Grande  die  Madonna  in  throno', 
zu  jeder  Seite  mit  drei  Heiligen,  welche  anbetend  sich  ihr  und  dem  Christus- 


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kinde  auf  ihrem  Scliyss  nahen,  alle  in  einfach  würdiger  Haltung  und  in  schönen 
lang  licrabfliesscnden  Doppelgewändorn,   den  Mantel  auf  der   Brust  zusammen- 


'  Bei  der  Wiederherstellung  hat  man  von  dieser  Malerei  alles,  womit  man  nichts  anza- 
Bteilen  wusste,  eiofach  mit  einem  grellen  IJlau  übermalt,  von  welchem  die  Halbfigureo 
der  Madonna  und  von  vier  Engeln  unharmonisch  und  bäs^liuh  abgt«cheD. 


Halberstadt  (die  Liebfrauenliirche:  Wandmalerien)  331 


geheftet.  Ausser  goldenen  Büchom,  welche  einige  von  ihnen  in  den  Händen 
halten,  haben  siu  keine  Beizeichen.''  Hier  hat  v.  Quast  erstens  die,  die  Madonna 
umschwebenden  Engelsgestalten  zu  erwähnen  vergessen,  von  denen  einige  noch 
heute  zu  sehen  sind;  von  einigen  sind  auch  Pausen  gemacht  worden,  deren  Ab- 
bildung ich  hier  beifüge  (Fig.  128, 129).  Zum  zweiten  ist  wahrscheinlich,  dass  v.  Quast 
sich  geirrt  hat,  was  die  Zahl  der  die  Madonna  umgebenden  Personen  betrifft. 
Erinnern  wir  uns  nochmals  der  vorliin  zum  Vergleich  lierangezogenen  goldenen 
Pforte  zu  Freiberg.  Bei  dieser  gipfelte  die  Darstellung,  zu  der  die  an  den 
Thürgewänden  angebrachten  vier  Figuren  die  Einleitung  bilden,  darin,  dass  das 
Tynipanon  die  Anbetung  der  tlironenden  Madonna  durch  die  heiligen  drei 
Könige  entiiält,  welche  links  von  ihr  kniend  ihre  Gaben  darbringen,  während 
rechts  ein  Engel  und  Joseph  (letzterer  sitzend)  der  Scono  zuschauen,  oben  aber 


Fig.  130. 

rechts  und  lints  je  ein  Engel  aus  Wolken  herabschwebend  ^der  Madonna  mit 
verhüllten  Händen  einen  kugelartigen  Gegenstand  hinhält  (Fig.  130).  Es  genagt  ein 
Blick  auf  den  schwebenden  Engel  rechts,  um  zu  erkennen,  dass  der  in  unserer  Pause 
abgebildete  nach  links  gewandte  (Fig.  IiJ9)  fast  wie  eine  Kopie  der  Freiberger  Figur 
erscheint.  Freilich  waltet  eine  Verschiedenheit  der  Zahl  der  Engel  (Freiberg 
zwei,  Liebfrauen  vielleicht  sechs,  da  jedenfalls  links  zwei  verloren  sind),  aber 
diese  Ungleichheit  erklärt  sich  leicht  durch  die  verschiedenartigen  Raumver- 
hältnisse,  und  aus  diesem  Grunde  wäre  es  auch  möglich,  dass  v.  Quast  doch 
recht  damit  hätte,  dass  auf  beiden  Seiten  je  drei  Personen  vorhanden  waren. 
Dies  waren  sicher  auf  der  einen  Seite  die  heiligen  drei  Könige  —  die  Bücher, 
welche  v.  Quast  zu  erkennen  glaubte,  waren  die  Behälter,  in  welchen  sie  ihre 
Gaben  brachten  —  auf  der  anderen  Seite  Joseph  mit  einer  oder  zwei  anderen 
Figuren,  wahrscheinlich  Engeln.  "Wir  werden  weiterhin  sehen,  dass  die  Malereien 
des  mittleren  und  unteren  Teils  der  Altaraische  mit  dem  Prophetenspiel  nichts 
zu  thun  hatten.  Da  sie  aber  nach  der  v.  Quast'schen  Beobachtung  Übermatung 
älterer    Malereien    waren,    so     kann     man    annehmen,    dass     auch    jene    vor- 


332      Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  WandmalereieB) 

schwimdenen  zum  Kreise  des  Prophetenspiels  gehört  haben.    Vielleicht  warea 
hier  die  oft  vorkommenden  Vorfahren  Christi  dargestellt.    Die  Marienanbetung 
in  der  Koncha  aber  gehört  mindestens  zu  diesem  Kreise,  wie  ich  nach  Webers 
Ausführungen  (pag.  54ff.)  glaube  vermuten   zu   dürfen.     Ausser  in  Halber$tadt 
und    Freiberg    findet    sich    diese    Darstellung    in    demselben    Zusammenhange 
noch  in   der  Ldebfrauenkirche   zu  Nürnberg  und  sonst.  —  Um  auch  von  den. 
Malereien    der    beiden    andern  Abteilungen    der  Altarnische   einen  Begriff  zu 
geben,  mögen  die   betreffenden  Stellen  des  v.  Quast'schen  Berichtes  hier  folgen: 
,,Die  mittlere  Abteilung  ist  von  vorzüglich  schöner  Anordnung.    Die  Zwischen- 
räume der  Fenster,  mit  diesen  von  gleicher  Breite,  sind  als  rundbogige  Nischen 
ausgebildet,  und  diese  sowohl  wie  die  Fenster  selbst  wurden   mit  grünen  und 
roten  Einfassungen  umgeben,  welche  sich  an  einander  reihen  und  so  die  ganze 
Nische  gewissermassen  mit  einer  fortlaufenden  Bogenreihe  umgeben,  deren  drei 
geöffnet    waren,    an   den  schrägen   Leibungen   durch   grünes  Rankenomament 
Dazwischen  stehen  auf  rotbraunem  Grunde  einzelne  Heiligenfiguren,  welche  vom 
Boden   durch  gemalte   Postamente   erhöht  sind.    Zwei   derselben  lagen   uns  in 
einer  grösseren    Nachbildung^   vor,    ein   Jüngling    in   reichem  purpurfarbenen 
Levitenrock,  der  durch  eingewirkte  goldene  Greifen  und  Adler  geschmückt  ist 
über  dem  weissen  Untergewande,  in  der. rechten  ein  Buch,  in  der  linken  einen 
grünen  Palmenzweig  haltend,  wahrscheinlich  der  heilige  Stephanus,  der  Patron 
des  Domstifts.    Der  andere  ältliche  Heilige  erscheint  in  ähnlich  reicher  Bischofs^ 
tracht   und   hält  das   Zeichen  seiner   Würde,    den   noch    ziemlich  altertümlich 
gebildeten  Stab,   in  der  linken;  die  Mütze  dagegen  ist  abgerundet,  jener  oben 
genannten   des  Daniel  fast  ganz  entsprechend  *.     Vielleicht  ist  es  St.  Servatius, 
Patron  des    benachbarten   Stiftes    zu    Quedlinburg.     Gemeinsam   ist  beiden   die 
einfache  ruhige  Haltung,  ohne  alle  Nebenbeziehung  und  eine  so  durchgehende 
Vollendung  aller  Teile  in  Zeichnung  nicht  minder  wie  in  der  Farbe,  dass  man 
in  ihnen  deutlich  Werke  erkennt,  welche  der  Zeit  der  höchsten  Vollendung  der 
Malerei   in  Deutschland    angehören.     Namentlich   die   Köpfe   sind   wahrhaft  als 
Meisterwerke  anzuerkennen.   Uns  ist  bisher  bei  deutschen  Wandmalereien  nirgend 
eine   ähnliche  Meisterschaft   vorgekommen.^'     Es  lässt  sich  nach  den  modernen 
Ei-neuerungen    dieser   Nischenabteilung    leider    nicht   genügend    beurteilen,    in 
wieweit   v.  Quasts  Begeisterung    von    uns    hätte  geteilt  werden  können.     Zu- 
dem unterlässt  er  die  Besclu-cibung  der  beiden  anderen  Figuren.    Zum  Propheten- 
spiel haben  sie  wahrscheinlich  nicht  gehört,  schon  da  ihnen  die  Spruchbänder 
fehlen.     „Die  unterste  der  drei  Abteilungen  scheint   ohne  spätere   übermalung 
geblieben  zu  sein,  leider  befindet  sie  sich  aber  auch  zugleich  in  einem  überaus 
zerstörten  Zustande.    Jedoch  erkennt  man,  dass  auf  dem  blauen  Grunde,  welcher 
liier  allgemein  herrscht,  vier  kreisförmige  Bilder  angeordnet  waren,  deren  lichtei 
Umkreis  wiederum  ein  blaues  Feld  umschliesst,  auf  welchem  einzelne  Historien 
in  gelblich-bräunlichen  Lokalfarben  dargestellt  waren.    Der  Gegenstand  ist  sehr 
dunkel.    Auf  dem  besterhaltcnen  Bilde  zur  linken  sitzt  eine  würdige  weibliche 


^  Scheint  leider  verloren. 

''  Von  den  vier  Figuren,  welche  man  als  Ersatz  jener  heute  in  der  Altarnißche  erblickt, 
trägt  keine  ein  solches  Stück. 


HalberBtadt  (die  Lieb&auenkirche:  Wandmalereien) 


Heiligenfigur  mit  dem  Nimbus  geschmückt  und  die  Linke  gewissermassen  in 
ilegleitung  der  Rede  erhoben,  unter  einem  mit  Türmen  und  Zinnen  geschmückten 
Thronhimmel.  Yor  ihr  steht  ein  ältlicher  Bitter,  in  kurzem  Rock  und  Mantel 
darüber,  der  neben  sich  zur  Linken  einen  hohen,  unten  spitzen,  oben  runden 
Schild  hält,  während  er  mit  der  Rechten  seine  Rede  zu  begleiton  scheint  Das 
zweite  Bild  ist  bei  weitem  mehr  zerstört,  doch  erkennt  man,  dass  in  der  unteren 
Hälfte  zur  Seite  eines  aufsteigenden  Ornaments,  das  sich  mehr  oberhalb  nach 
beiden  Seiten  hin  entwickelt,  ein  Pferd  steht,  in  ähnlicher  Haltung  wie  auf  alten 
Hosaiken  die  Lämmer;  darüber  sieht  man  auch  die  Beine  einer  schwebenden 
Egur,  vielleicht  des  verklärten  Christus,  während  zur  einen  Seite  noch  die  Beine 


Fig.  131. 

einer  anderen  Figur  zu  erkennen  sind,  welche  auf  einem  Berge  zu  stehen  scheint 
Der  Rest  ist  völlig  zerstört  und  war  es  bereits  1582,  da  diese  Ziffer  nebst  vielen 
Namenszügen  schon  an  der  Stelle  der  zerstörten  Gemäldeteile  vorgefunden  wurde. 
Auf  dem  dritten  Medaillon  sind  nur  noch  die  undeutlichen  Umrisse  zweier 
neben  einander  gruppierten  Figuren  zu  erkennen,  wie  es  scheint  von  Kriegern. 
Alles  übrige  fehlt  Das  vierte  Medaillon  ist  völlig  verloren."  Ich  habe  diesen 
interessanten  Teil  des  v.  Quast'scben  Berichts  hierher  gesetzt,  ohne  ihn  zu  kürzen; 
mir  scheint  jedoch,  dass  die  Angaben  über  den  Inhalt  der  vier  Medaillons  bei 
deren  Zerstörtheit  nur  mit  Vorsicht  aufzunehmen  sind.  Es  wäre  nicht  unmöglich, 
dass  in  allen  Scenen  aus  dem  Marienlcben  enthalten  waren;  das  Stück  mit  dem 
angeblichen  Pferde  war  vielleicht  die  Wucht  nach  Ägypten.  Heut  ist  von 
alledem  nichts  mehr  übrig. 

Von  dem  sonstigen  malerischen  Sehmuck  der  Kirche  spricht  v.  Quast  wie 
folgt:  Ausser  drei  Fenstern  und  den  zwei  mit  ganzen  Figuren  geschmückten 
Pfeilern   zwischen  ihnen  schnitt  der  Gewölbebogen'  zu   jeder  Seite   noch   ein 


'  der  ÖsÜiche  Yienin gebogen. 


334        Halberstfidter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  LiebfraaeDkirche:  WaDdmalereieD) 


kleineres  Feld  ab,  das  mit  aufsteigendem  Rankenwerk  ß:esGhinückt  ist,  auf  dessen 
Spitze  je  ein  Paradiesvogel  (oder  Phönix?)  in  Iciiiclitenden  Farben  sitzt  und  von 
den  Früchten  der  Pflanze,  wahrscheinlich  Trnubon,  zu  essen  scheint.  Das  Kreaz- 
gewölbo  darüber  zeigt  auf  hellblauem  Grunde  ein  Bankenornament,  das  in  den 
gewähltesten  Formen  des  Blattwerks  von  den  nur  durch  Malerei  cliarakterisieilen 
Graten  des  Gewölbes  bis  zum  Schlussstein  emporsteigt.  Grün  herrscht  in  den 
Stielen  und  Blättern  vor,  doch  erscheint  bei  letzteren  und  bei  den  Früchten  auch 
ein  helles  Braun  und  dunkles  Blau.    Sohl-  reich  wird  das  Ganze  durch  die  Ver- 


Fig  132. 

goldung  einzelner  Blätter  und  Knospen  geschmückt''  Man  mag,  wenn  man 
will,  diese  Worte  auch  für  eine  Beschreibung  des  gegenwärtigen  Zustande« 
nehmen,  weil  bei  der  Wiederherstellung  die  Ausmalung  in  ungefähr  entsprechender 
Weise  vorgenommen  worden  xa  sein  scheint  An  der  absoluten  Genauigkeit  der 
Nachbildung  dürfte  man  trotzdem  stark  zweifeln  können.  Weiter  hcisst  es:  ,J)ie 
Gewölbe  des  Kreuzes  sind  mit  figürlichen  Darstellungen  geschmückt,  wie  die  in 
Kelief  gearbeiteten  Heiligeusehoine  schon  liingst  vermuten  üei^scn  (Fig.  132).  Im 
Krenzesmittel  befindet  sich,  leider  nur  sehr  verdorben,  auf  blauem  Grunde  die 
Bimmelfahrt  Mariae,  über  die  vorderen  fehlt  es  noch  an  genauen  Berichten.'' 
Heute  ist  hiervon  nichts  mehr  da;  nur  die  Beliefs  der  Heiligenscheine  heben 
sich  flach  von  der  hässHchen  gelben  Tünche  ab,  mit  welcher  man  fast  die  ganze 
Kirche  verunziert  hat  An  einer  Stelle  dos  Gewölbes  imsüdlichen  Querschiffe 
•  sind  noch  jetzt  Sonne,  Mond  und  Sterne  plastisch  zu  erkennen,  daneben  ein  plas- 
tischer Heiligenschein;  es  mögen  daher  die  Gewölbefläclieu  in  den  Kreuzarnien 
die  Scenen   der  Schöpfungsgeschichte   dargestellt  haben,  worüber  v,  Quast  nichts 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Wandmalereien)  335 


sagt  Von  diesem  malerischen  Schmucke  mit  plastischen  Zuthaten  hat  sich  nur 
ein  kleines  Stück  in  einer  Nische  an  der  südlichen  Chorwand  (hinter  dem  Chor- 
gestühl) erhalten,  wo  es  durch  mich  im  Jahre  1899  freigelegt  wurde  (Fig.  132). 
Die  zarten  blauen,  grünen  und  roten  Parbentöne  sind  fast  unversehrt  und  durch 
Fixierung  mittelst  Tempera  in  ihrem  Bestände  gesichert.  Das  Gewände  der  Nische 
entliielt  früher  auch  Heiligenfiguren,  welche  später  rot  übertüncht  worden  sind. 
Ton  -ihren  plastischen  Nimben  existiert  einer  noch,  der  in  Fig.  132  skizziert  ist; 
alle  übrigen  sind  leider  herausgefallen  und  verloren.  Die  Abbildung  132  ist  1899 
in  Nr.  15  der  Denkmalpflege  abgedruckt  und  von  der  Schriftleitung  freundlichst 
zur  Verfügung  gestellt  worden.  —  V.  Quast  berichtet  weiter :  „Die  Gurtbögen 
zwischen  diesen  Kreuzgewölben  sind  in  der  schönsten  Weise  durch  Bandstreifen  ge- 
bildet, in  denen  einzelne  kreisförmige,  viereckige  oder  rhombenförmige  Felder  sich 
auszeichnen,  in  denen  Heiligen-  und  Engelsköpfe  gemalt  sind,  während  die  Zwischen- 
räume mit  farbigem  Blattornament  auf  braunrotem  Grunde  belegt  waren."  Man 
möchte  Portalverzierungen  zum  Vergleiche  heranziehen;  fing  man  doch  damals  an, 
die  Archivolten  nach  französischem  Muster  mit  übereinander  befindlichen  Heiligen- 
figuren zu  schmücken.  „Die  Kurven  dieser  Rundbögen  sind  mit  denen  der 
Gewölbe  nicht  völlig  konzentrisch,  so  dass  die  Zwischenräume  zwischen  beiden 
in  dem  Scheitel  höher  sind  als  in  den  Enden.  Die  Ungleichmässigkeit  ist  nun 
in  glücklicher  Weise  also  vermittelt,  dass  sich  hier  Kreis  an  Kreis  schliesst,  deren 
mittlerer  oberer  der  grösste  ist,  und  die  folgenden  um  so  mehr  abnehmen,  je  tiefer 
sie  in  den  Schenkeln  hinabsteigen.  Jeder  enthält  ein  blaues  Feld  mit  roter 
TJmschliessung ;  bei  den  elf  mittleren  und  grösseren  befindet  sich  in  der  Mitte 
eines  jeden  der  Kopf  eines  Heiligen.  Die  Zwischenräume  sind  durch  gelbes 
Ornament  auf  braunem  Grunde  glücklich  vermittelt.  Als  Schluss  des  ganzen 
Werkes  folgt  die  Altamische,  zu  deren  Seiten  geraalte  Säulen,  ähnlich  doch 
reicher  als  jene  neben  den  Fenstern,  bis  zum  Anfang  des  Bogens  hinaufsteigen.'' 
Der  Triumphbogen  über  der  Nische^  war  einst  gleichfalls  farbig  geschmückt. 
Seine  innere  Leibung  und  die  des  dazu  gehörigen  Pfeilers  war  belebt  durch 
kleinere  Medaillons  „mit  hellroter  Umfassung,  deren  jedes  auf  blauem  Grunde 
einen  Engelskopf  zeigt.  Einige  derselben  sind  noch  aus  der  ersten  Periode 
erhalten.  Gleich  den  zuletzt  beschriebenen  Malereien ^  von  trockner  Zeichnung 
und  Farbengebung  völlig  im  Stil  der  Miniaturen  des  12.  Jahrhunderts.  Die  bei 
weitem  grössere  Mehrzahl  jedoch  ist  von  einer  Vollendung  der  Köpfe,  wie  wir 
sie  bei  den  Figuren  zur  Seite  der  Fenster  in  der  Chornische  geschildert  haben. 
Das  himmlische  Entzücken,  dessen  sie  geniessen,  ist  allen  gemeinsam  und  in 
der  mannigfaltigsten  Art  des  Ausdrucks  wiedergegeben."  Auch  die  gesamte  letzte 
Beschreibung  stimmt  ungefähr  im  oben  angedeuteten  Sinne  auf  den  heutigen 
Zustand.  Von  Unterschieden  des  Stils  oder  des  Ausdruckes  aber  ist  heute 
nichts  mehr  zu  bemerken,  da  aus  allen  den  Köpfen  und  Figuren  des  12.  oder 
13.Jahrh.  solche  aus  der  Mitte  unseres  Jahrh.  geworden  sind.  Derselbe  Umstand 
würde  auch  verhindern,  über  den  Kunstwert  der  ehemaligen  Wandmalereien 
ein  Ucteil  zu  gewinnen,  wenn  wir  nicht  zum  Glück  wenigstens  die  kleine  Zahl 


*  Der  Mittelapsis. 

'  In  der  untersten  Abteilung  der  Mittelapsis. 


336        HsIberBt&dter  Stadtlcreis:  Halberstadt  (die  Liebfraaenkirche:  Wandmalereien) 

jener  Pausen  und  das  in  Fig.  132  das  gestellte  Originalgemälde,  sowie  das  mit 
diesem  verwandte  aussen  im  Eingänge  zum  südlicUen  Querschiffarme  (Rg.  136) 
besässen.  Für  die  Entstehungszeit  der  Malereien  lehren  sie  uns,  dass  die  in  der 
Mittelapsis  und  oben  an  den  Chorwänden  etwas  älteren  Datums  als  die  im  Schiff 
sind.  Den  Kunstvvcrt  aber  lernen  wir  aus  ihnen  als  einen  in  Wirklichkeit  bedeutenden 
schätzen.  Die  Gestalten  der  Propheten  wirken  in  hohem  Masse  monumental; 
sie  imponieren  durch  edle  Verhältnisse,  durch  Vornehmheit  uud  Grösse  der 
Auffassung.  Vor  allem  interessiert  die  vortreffliche  Zeichnung.  Die  Köpfe  and 
besonders  gelungen;  der  Künstler  hat  sich  mit  Erfolg  bemUht,  den  einzelnen 


Fig.l!l3. 

Individualitäten  gerecht  zu  werden.  Oleich  vorzüglich  sind  die  Gewänder  tw- 
bandelt  Hände  und  Füsse  sind  weniger  erheblich,  die  Stellung  der  letzteren 
zum  Teil  etwas  geziert,  freilich  bisweilen  mit  nachweisbarer  bestimmter  Absiebt 
und  Beziehung.  So  kommt  Nahum  leichten  Schrittes  über  Berggipfel  gegangen, 
weil  OS  in  seinem  Spruche  {'2,1)  heisst;  „Siehe  auf  den  Bergen  kommen  FQsse 
eines  guten  Boten,  der  da  Frieden  predigt"  Von  gleicher  Vortrefflichkeit  in 
Zeichnung  und  Auffassung  sind  die  vier  Halbfiguren.  —  Für  immer  verloren 
sind  die  Malereien  an  den  Deckengewölben  des  Scliiffs,  weil  diese,  wie  oben 
gesagt,  bei  der  Wiederherstellung  der  Kirche  weggebrochen  werden  mussten. 
Der  unter  den  Oberlichtern  gelegene  Teil  der  Kirchenwände  war  nie  bemalt; 


Halberstadt  (die  Liebfranenkirch« :  Wandmalereien)  337 

'wahrscheinlicii  hat  man  die  Absicht  dazu  gehabt,  die  aber  aiir  unbekannten 
Gründen  nicht  zur  Anführung  kam.  —  Zum  Schlüsse  sei  zusammengefasst ,  was 
an  sichtbarer  Malerei  im  Langhaus  und  Chor  der  Kirche  heute  vorhanden  ist: 
David -Ecciesia,  Salonio- Synagoge,  12  kloine,  4  grosse  Propheten,  4Heilige  in 
der  Apsis,  Bemahing  der  Gurtbögen  und  Gewölbe  im  Kreuz,  Vierung  und  Chor 


Fig,  134. 

(alles  modern),  Reste  der  Madonna  und  vier  Engel  in  der  Concha  (alt  und  nur 
aufgefrischt),  Kreuzigungsgruppe  unten  an  der  südlichen  Chorwand  (alt).' 

Andere  Wandmalereien  sind  vorhanden: 

1.  in  der  südlichen  Seitenapsis.  Auch  über  diese  spricht  t.  Quast,  und  da 
sie  seit  dessen  Zeit  ziemlich  gelitten  zu  haben  scheinen  (besonders  die  unterhalb 
der  Koncha  befindlichen  sind  heute  beinahe  unkenntlich),  so  lasse  ich  das  Wich- 


>  Vgl.  auch  Otte,  Hdb.  d.  chriBtl.  Kunetorch.  II,  57 1  ff.  615.  —  HaselolT,  eine  thOringisch- 
sächs.  Malerschule  des  13.  Jahrb.  (Studien  e.  deutseben  KuDBl^esch.  Heft  9)  p.  33S. 

Kr^  BalbtnUdl.  3* 


^%        BalbersUtdter  Stadtkreis:  Balberstodt  (die  Liebfrauenkirche:  Wandmalereien) 


tigste  von  seinen  "Worten  folgen:  „Reich  ornamentierte  Einfassungen  mit  lebendigen 
Farben  auf  dunklem  Grunde  umseliliessen  dreifach  den  Rundbogen  der  Nische; 
bemerkenswert  ist  namentlich  der  mittlere  Streifen  mit  einem  in  Perspektive 
dargestellten  Mäander."  „In  der  dunkelblauen  Halbkuppel  (Fig.  133)  steht  die 
Madonna  mit  dem  Kinde,  in  der  Linken  ein  goldenes  Scepter;  zu  ihren  Seiten 
zunächst  Petrus  und  Paulus,  orsterer  durch  einen  Sehliissel  ausgezeichnet.*  Weiter- 
hin neben  dem  letzteren  St.  Johannes,  durch  den  Namen  bezeichnet,  mit  jugend- 
lichem Gesicht.  Auf  der  entgegengesetzten  Seite  neben  Petrus  wahrscheinlich 
Andreas.  Die  Madonna  im  blauen  Unterkleide  und  Purpurmantel,  die  Apostel 
särotLich  in  langen  weissen  Untergewändern  und  verschieden  farbigen  Mänteln." 
„Unter  der  Halbkuppel  befindet  sich  in  der  Höhe  des  einzigen  Fensters  dieser 


Fig.  135. 

Nische  ein  Gemäldestreifen,  von  dem  jedoch  nur  noch  ein  Teil  aufgefunden  wurde. 
Auf  der  einen  Seite  des  Fensters  stehen,  einfach  nebeneinander  geoninet,  vier 
Bischöfe,  während  sich  gegenüber  wahrscheinlich  eine  gleiche  Anzahl  befand. 
In  künstlerischer  Hinsicht  wären  sie  weniger  zu  erwähnen;  das  Kostüm  derselben 
ist  jedoch  durch  die  altertümliche  Form,  namentlich  der  überaus  niedrigen  Infui. 
interessant  genug.  Hinter  ihren  Häuptern  befinden  sich  Heiligenscheine."  Im 
allgemeinen  entspricht  diese  Beschreibung  noch  dem  heutigen  Zustande.  Hin- 
zuzufügen ist,   dass   die  Ränder  der  Leibungen  der  drei  kleinen  Fenster  an  der 


'  Von  dieaem  ist  jetzt  nichts  zu  Behen;  v. Quast  hat  wolil  doa  Buch  verkannt,  welches 
der  Heilige  in  der  Hand  hält. 


Halberstadt  (die  Liebf ran«ikirelie :  Wandmalereien) 


e  Spuren  von  bräunlichroten  Einfassungsstreifen  aufweisen.  —  Die  schema- 
tische Anordnung  der  Gewänder,  die  storre  Haltung  der  Personen  und  deren 
im  Ganzen  noch  schwache  Charakterisierung  deuten  darauf,  dass  diese  Malerei 
älter  ist  als  die  im  Schiff. 

2.  Deckenmalereien  in  der  Barbarakapelle.  Sie  weisen  nur  noch  schwache 
Farbenspuren  auf,  während  die  Konturen  bei  der  modernen  Restaurierung  in 
guter  Art  mit  brauner  Farbe  nachgezogen  sind.     Der  Grund  ist  dunkelblau,  die 


Fig.  136  ■ 

vierzehn  Felder  der  beiden  Kreuzgewölbe  enthalten  von  Osten  her  gerechnet 
a.  sechs  Engel,  einer  singend,  die  andern  musicierend  auf  der  Geige,  Mandollne, 
Harfe,  Orgel  (Fig.  134)  und  dem  Trumseheit;  b.  auf  den  beiden  grossen  gegen- 
überstehenden Flächen:  zwischen  den  Fenstern  Jesus  thronend,  neben  ihm  die 
Symbole  von  Markus  und  Lukas;  gegenüber  Maria  thronend,  neben  ihr  die  Symbole 
von  Matthäus  und  Johannes  (Fig.  135):  c.  ein  schreibender  Bischof  (Ambrosius?); 
ein  Papst  mit  dreiteiliger  Krone  (Gregor  der  Grosse?);  ein  Kardinal  (Hieronymus?); 
ein  schreibender  Bischof  (Augustinus?);  eine   männliche  und  eine  weibliche   (?) 


340  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkircbe:  Glocken) 


heilige  Person  mit  Spruchbändern.  Inschriften  spurios.  Die  Zeichnung  aller 
Figuren  ist  vortrefflich,  von  ruhiger  Würde  und  Schönheit.  Entstehungszeit  nach 
1350;  schwerlich  nach  der  Zeit  ürbanll.  (f  1370.  s.  Baugeschichte). 

3.  Im  Tympanon  aussen  über  dem  Eingang  zum  südlichen  Ereuzarm  eine 
(vielfach  beschädigte)  Darstellung  der  thronenden  Madonna,  rechts  eine  Heilige 
mit  Krone,  in  den  Händen  ein  Buch,  links  St.  Katharina  mit  dem  Schwert  (Kg.  136). 
Der  Thronsessel  sowie  die  Heiligenscheine  sind  in  Stuck  erhaben  ausgeführt 
und  vergoldet.  Reichliche  Reste  von  grüner,  rötlicher  u.  a.  Farbe.  Irgend  ein 
Schutz  gegen  weitere  Verwitterung  wäre  dringend  zu  empfehlen.   13.  Jahrb. 

[4.  In  der  Nische  über  der  Thür  zur  südlichen  Seitenapsis  war  ehemals 
der  Tod  und  darüber  die  Krönung  der  Maria  gemalt,  nach  v.  Quast  „  in  vor- 
trefflicher, jedoch  schon  bedeutend  späterer  Weise"  als  die  Malereien  im  Schiff 
ausgeführt,  und  nach  Kugler  „durch  den  Adel  der  Gestalten  sowie  durch  die 
Ausbildung  schöner,  würdiger  Charaktere  ausgezeichnet".  Neuerdings  leider  gelb 
übertüncht,  Farbenspuren  sind  noch  vorhanden.] 

[5.  Bildliche  Darstellungen  mit  vergoldeten  Umrissen  soll  es  ehemals  an 
den  Dächern  der  beiden  westlichen  Türme  gegeben  haben.  Nähere  Nachrichten 
fehlen.]  Am  Südost-Turme  befindet  sich  auf  der  südöstlichen  Fläche  des  Turm- 
helmes die  sehr  grosvse  Gestalt  eines  Ritters  (oder  Geistlichen?);  die  Umrisse  sind 
mit  Metallstreifen  auf  der  Fläclie  befestigt. 

Glocken.  [Eine  Urkunde  vom  30.  Mai  1292  erwähnt  zuerst  eine  Glocke 
Gloriosa,  welche  wegen  einer  Schuld  von  30  Mark  zerschlagen  und  zum  blossen 
Metallwert  an  die  Juden  verkauft  werden  musste.  Das  Kapitel  verpflichtete  sich 
aber  binnen  drei  Jahren  eine  neue,  bessere  anzuschaffen.  Aber  erst  1297 
(30.  April)  hören  wir,  dass  ein  Glockenguss  im  Gange  war,  wofür  Geld  von  den 
Gläubigern  gesammelt  wurde.  Am  21.  Mai  wurde  die  neue  Glocke  aufgehängt 
Zu  ihrem  Guss  war  u.  a.  das  Metall  der  Glocke  von  Runstedt  mit  benutzt 
worden.  Die  für  die  Arbeit  entstandenen  Kosten  wurden  durch  Opfergelder 
gedeckt.  Ob  diese  Glocke  heute  noch  existiert,  ist  nicht  zu  entscheiden.]  Immer- 
hin aber  gehören  die  im  nächstfolgenden  Verzeichnis  unter  2,  3,  7  genannten, 
besonders  letztere  zu  denen,  welche  aus  jener  oder  noch  älterer  Zeit  stammen. 
Alle  sieben  hängen  in  den  beiden  westlichen  Türmen.  Nach  der  Grösse  folgen 
sie  so  auf  einander:  1.  Dm.  1,39  m  mit  der  oberen  Umschrift  in  Minuskeln: 
anno  dni  1496  in  honore  beate  virginis   marie  perfecta   est   campana  ista 

per  me  hinricum  becker  civem  halber.    Mit  dem  Giesserzeichen :     1^^ 

Auf  jeder  Seite  eine  Madonna  mit  dem  Kinde. 

2.  Dm.  1,19  m.  Umschrift  in  Majuskeln,  aus  zwei  leoninischen  Hexa- 
metern bestehend 

HOC  IN  HONORE  PIE  VAS  FIRMVM  CHRISTE  MARIE 
PILI  GONSIGNA  QVOD  PELLAT  GVNGTAM  ALIGNA 

3.  Dm.  1,04  m.  Ohne  Umschrift  und  ohne  Bild,  dagegen  mit  einer  gitter- 
artigen Verzierung  über  die  ganze  Glocke  ähnlich  wie  in  Langenstein  (s,  d.) 
Aus  der  Form  darf  man  sowohl  auf  ein  hohes  Alter  als  vielleicht  auf  denselben 
Giesser  dieser  beiden  Glocken  schliessen. 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Altäre)  341 


4.  Dm.  0,96  m.    Mit  folgender  Majuskelinscbrlft : 

COR  o  LQTÖTV8  o  DQVS  o  gr  o  dt  o 
13.  (?)  Jahrhundert. 

5.  um.  0,65  m.  Mit  oberen  Umschrift  in  Minuskeln:  +  ave  maria 
gra  plena  dns  tecum.    anno  dni  m°  cccc°  VI?.    Giesserzeichen  T  .    An  der 

einen  Seite  Christus  als  Weltrichter,  auf  der  andern  die  Figur  eines  Bischofs 
(vgl.  H.-Z.  1876,  294.    HUB  2, 711). 

6.  Dm.  0,62  m.    Mit  einer  Majuskelinschrift  unten: 

ÄVÖ  ÖIÄRIÄ  GRÄQIÄ  PLÖRÄ  DOöimVS  SöaVGfl 

BöEöDiasÄ  SV  ip  öivLiawBvs  öS  BöcaDiasvs 

oben  keine  Schrift;  an  der  einen  Seite  sieht  man  ein  Kruzifix  mit  den  Buch- 
staben zur  Seite:  I.I?.  |  I.  R. 

7.  Dm.  0,58  m.  Nach  der  gestreckten  Form  und  nach  dem  rohen  Guss 
von  hohem  Alter.    Ohne  Schrift,  ohne  Bild,  an  der  einen  Seite  ein  f. 

Altäre.    [Im  M.-A.  werden  folgende  Altäre  urkundlich  genannt: 

1.  Der  Hochaltar.  -Als  Marienaltar  erwähnt  1195,  zu  einer  Zeit,  als  es 
ausser  ihm  nur  erst  fünf  Altäre  in  der  Kirche  gab,  aber  natürlich  von  Anfang 
an  existierend.    1284  wurde  ein  neuer  Hochaltar  erbaut.    In  der  Hauptapsis. 

2.  St.  Kunegundis.  Schon  gleich  nach  1212  im  Kalender  unterm  3.  März 
(dem  Todestage  der  Heiligen).  Im  November  1492  wurde  dabei  eine  Kommission 
St.  Petri  vom  Dekan  Jordan  gestiftet.  Tor  dem  Marienbilde  an  der  südlichen 
Chorschranke. 

3.  S.  Crucis,  1246,  127,2,  1306  vor  der  Yierung. 

4.  StBlasii,  13.  Jahrh.  im  Kalender  unterm  25.  Mai.    Standort? 

5.  St.  Nikolai,  gleich  nach  1292,  Kalender  13.  April.  Dabei  wurde  im  März 
1505  von  den  Testamentarien  des  f  Kanon.  Michael  Glyn  eine  Kommende 
St.  Bartholomaei  und  Sebastian!  gestiftet.    Standort? 

6.  St.  Vincentii,  1315  genannt,  wo  dieser  Altar  Schenkungen  erhielt.  Gleich- 
zeitig wird  sein  Vikar  erwähnt.    Standort? 

7.  StAndreae,  1320.    Standort? 

8.  St.  Eustachii,  1347.    Standort? 

9.  St  Johannis  Bapt.  und  Evang.,1355.    Standort? 

10.  St.  Philipp!  und  Jakobi,  1362.    Standort? 

11.  StGeorgü,  1423.    Standort? 

12.  St.  Mariae  Magdalenae,  1400,  1425.  Bei  diesem  Altar  wurde  testamen- 
tarisch vom  Kanon.  Mag.  Kpnrad  Böse  zu  Ehren  der  hh.  Matthäus,  Lorenz,  Martha 
und  Barbara  eine  Kommission  gestiftet,  welche  28.  April  1500  bestätigt  wurde. 
In  der  kathol.  Kapelle. 

13.  St.Cyriaci,  1402.    Standort? 

14.  St.  Matthäi,  1404,  gestiftet  durch  den  Dekan  Heinrich  von  Bardorp 
Standort? 

15.  S.Marthae  1411.    Standort? 

16.  St.  Pauli,  1411.  1490  Stiftung  einer  neuen  Kommission  St.  Jakobi 
daselbst    Standort? 


342 


Halbersiädter  StadtJireis:  Balberstadt  (die  Liebfranenkiithc :  AltSre) 


17.  StThomae,  1396.    Erhielt  1411  zwei   Vicarien.     In   der  katliol.  Kapelle 
(nacli  Andeutung  1479),  vielleicht  auch  in  der  Kapelle  St.Thoniae  Cantuariensi». 

18.  St.  Johannis,  1439.    Im  südliclien  Kreuzarm. 

19.  St.  Jakobi  und  Barbarae,  1442.     In  der  Barbarakapellc. 

20.  St.  Margaretae,  1452,    Für  diesen   und   den  li.  Kreuzaltar  wurde  daraat 
eine  gemeinsame  Kommission  gestiftet.    In  der  kathoi.  Kapelle. 

21.  St.  Antonii,   und   St.  Bervardi,    1459.     Gestiftet   durch    Testament  des 
Kanon.  Dietrich  von  Mamliolz.    In  der  Katliarinenkapelle  {nördl.  Seitenapsis). 


Fig.  137. 

22.  StKosmae  und  Daniiani,  I4(i0.  Dabei  wurde  damals  die  Kommission 
St.Ivonis  gestiftet.  Dotation  duich  einen  (Friedrich?)  v,  Hoym  1510.  (ÜbrifKit^ 
wäre  nicht  unmöglich,  dass  St.  Ivo  einen  besondoi-cn  Altar  gehabt  hätte.  Nich 
Andeiitiuig  1479). 

23.  St.Kathnrinae,  1492.  Hatte  zwei  Vicarien.  Jedenfalls  in  der  Katharinen- 
kapelle. 


Halbeistadt  (die  LiebfiBnenhirche:  Alt&te,  Qeslflhl)  343 


24.  St.  Petri  und  Pauli,  1494.  Stiftung  des  Dekans  Dr.  Jordan  Heyne, 
dessen  Fnmilie  das  Patronat  behielt.  Der  Altar  wurde  1500  an  die  früher  ge- 
stiftete Kommission  St.  Pankraz  gegeben.  Im  Norden  des  Cliors;  wahrscheinlich 
der  von  Kiigler  als  vor  dem  Christusbilde  stehend  erwähnte  Altar. 

25.  St.  Cyriaci  secunde  fundationis  1600. 

Ausserdem  ist  noch  von  zwoi  Vicarion  die  Rede,  deren  Altäre  vielleicht 
mit  zweien  der  vorgenannten  identisch  sind:  die  eine  sollte  eingerichtet  werden 
nach  dem  Tode  eines  Heinrich  v.  Bec  und  seiner  l'rau,  im  westlichen  Stadt- 
viertel zu  Osterwieck  wohnhaft,  welche  1305  hierfür  eine  Stiftung  machten;  die 
andere  war  geweiht  dem  heiligen  Georg  und  den  10,000  Rittern,  erwähnt  1409.   ' 


ng.  138. 

TiValirscheinlich,  aber  nicht  sicher  beim  Altar  St.  Gcorgii.  Zwei  der  Altäre  standen 
(nach  Haber)  an  irgend  welchen  Mittelschiff spfeüern.] 

Von  den  vorgenannten  Altären  sindjioch  nenn  vorhanden,  nämlich:  1.  2. 
3.  11.  15.  17.  18.  23.,  dazu  ein  unbesümnibaror  in  der  südl.  Soitenapsis.  Nur 
der  in  der  Barbarakapelle  (Nr.  17)  besitzt  noch  seine  ursprüngliche  Aus- 
schmückung (s.  unten.).  Im  tlebrauclie  sind  als  Tische  der  reform.  Oomeinde 
1 .  3.  17,  und  ein  neu  erbauter  vor  der  Kanzel  im  Mittelschiff.  Sie  dienen  als 
1 .  Abendmahls-,  3.  Trau-,  17.  Tauf-,  der  letzte  als  Losetisch. 

Gestühl.  Schon  1500  ist  ein  solches  erwähnt,  ein  Rest  davon  steht  im  süd- 
lichen Kreuzarm  (Fig.  137).  Er  zeigt  bemalte,  gotische  Flachschnitzorei,  an  den 
Seitenwänden  vorn  rundgcsehnitzte  elcfantenartige  Ungeheuer. 


344     Halberstftdtor  Stadtkreis :  Halberstadt  (die  Liebfronenhirche :  Ambonen,  Kanzeln') 


Als  Stiftung  des  Dekans  Heinrich  Hörn  werden  die  jetzt  im  Chor  befind- 
lichen schön  geschnitzten  Choretühle  bezeichnet,  welche  jeder  in  der  Tordem 
Reibe  zehn,  in  der  hintern  zwölf  Sitze  aufweisen.  Das  Hom'sche  Wappen  war 
ehemals  daran  angebracht.  Leider  sind  die  Rückseiten  nicht  mehr  ursprünglich. 
Als  Muster  schöner  Rosetten  dürfen  an  ihnen  die  Bekrönungen  der  Wangen  gelten 
[Fig.  138),  aber  auch  diese  selbst  enthalten  schöne  Ornamente,  Laubwerk,  Tier- 
und  Heiligenfiguren  (oben  Madonna,  unten  Andreas  und  Stephanus),  welche  letz- 
teren am  nördlichen  Gestühl  fehlen.  Desgleichen  beachtenswert  sind  die  alten, 
zum  Teil  bemalten  Friese.  Der  reiche,  dreiteilige,  gotische  Bischofssitz  an  der 
äussersten  Ostwand  hinter  dem  Hauptaltar  ist  etwas  älter  als  die  Chorstühle. 
Abbildung  bei  Heideloff,  Ornamentik  XIX,  7. 


E5 


r 


Flg.  139. 

Ainbonen,  1500  erwähnt,  aber  beide  noch  dem  Endo  des  12. Jahrhunderts 
angehörig,  unmittelbar  hinter  der  Vierung  an  den  Wanden  rechts  und  lints  auf 
den  zum  Chor  führenden  Stufen  ausgeführt,  nach  der  Ohormitto  im  rechten  Winkel 
umgebogene  schwache  Brustwehren,  durch  schöne  romanische  Friese  geschmückt 
(Fig.  139).  Die  Vorderseiten  sind  in  je  zwei  Felder  geteilt,  welche  Spuren  von 
alter  Malerei  in  blaugrüner  und  brauner  Farbe  zeigen.  In  der  Mitte  der  Vorder- 
seiten sind  eiserne  Ösen  angebracht,  deren  Bestimmung  unklar  ist.    Höhe  1,05  m. 

Kanzeln  giebt  es  zwei,  beide  modern.  Die  eine  aus  Holz  mit  Schnitzerei 
im  Charakter  derjenigen  des  Bischofstuhls,  stobt  im  Mittelschiff  an  der  Nordwand; 
die  andere  steinern,  mit  halbrunder  Brüstung  steht  auf  der  rechten  Seite  der  zur 


Halberstadt  (die  Liebfranenkirche:  Orgel,  Taufbecken,  Leuchter)  345 


Vierung  führenden  Stufen  und  ist  nicht  im  Gebrauch  wegen  der  akustisch  un- 
günstigen Lage. 

Orgel.  [Eine  solche  wird  1343,  ein  sie  bedienender Balgetreter  1425  erwähnt]. 
Die  heutige  Orgel  ist  modern. 

Taufbecken,  a.  In  der  Tauf-  (katholischen)  Kapelle  befindet  sich  ein  bron- 
cener  Taufkessel,  welcher  samt  dem  aufzuziehenden  Deckel,  der  mit  einer  ver- 
goldeten Madonna  gekrönt  ist,  8  V4  Centner  wiegen  und  157 1/2  Thaler  gekostet 
haben  soll.  Seine  Höhe  ist  1,08  m,  Durchmesser  0,76  m,  Tiefe  0,48  m.  Höhe  des 
Deckels  mit  der  Madonna  1,30m.   Um  den  Deckelrand  geht  die  einzeilige  Schrift: 

Wer  glcvbet  vndt  getavfFet  wirdt  der  wirdt  selig  werden  wer  aber 
nicht  glevbet  der  wirdt  verdammet  werden.  Marci  am  16.  Cap.  Dabei 
eine  Rose. 

Um  den  oberen  Band  des  Kessels  selbst  steht  in  einer  zweizeiligen  Schrift: 

Es  sei  denn   das  jemant   geboren  werde  avs  dem  Wasser  vnd 

geist   kan   er   nicht   in  das   Reich  Gottes  komen.     Johannis  am  3. 

Zwei  Rosen. 

Nomina  Canonicorum   residentium   ecclesiae   beatae  Mariae  vir- 

ginis  Halberstadensis  anno  domini  1614 

Darunter  an  der  weitesten  Ausdehnung  des  Kessels  befinden  sich  deren 
Wappen  mit  folgenden  zugehörigen  Unterschriften: 

Christoff  von  Heurodt;  Jodocus  Pctri,  Cellarius;  Victor  Just,  Schencke; 
Wilhelmmus  ab  Arnstedt;  Otto  Schwitzin;  Melchior  ab  Rindtorf;  Hans  Georg  von 
Britzke,  Dechandt;  Albrecht  von  Kreiendorf;  Cristoff  von  Brist ;  Cristoff  Wulff;  Hin- 
Ticus  a  Werder;  Jakobus  a  Bieren,  Domherr  zu  Minden;  Auetor  Balstoch. 

Ganz  unten  am  Fuss  steht  Matthias  Kipmann.  hat  mich  gegossen 
ZV  Halberstadt. 

Die  Entwicklung  der  ganzen  Form  dieses  Gerätes  zeugt  von  einer  ziemlichen 
Verflachung  der  Kunstrichtung,  namentlich  in  betreff  der  phimpen  Rundstäbe  und 
der  nach  demselben  Muster  gebildeten  Reifen,  welche  Gurtgosimse  vertreten  sollen. 

Leuchter.  [Eine  Corona  pro  luminaribus  incendendis  in  ecciesia  nostra 
iuxta  similitudinem  corone  ecclesie  cathodralis  wurde  1404  durch  Testament  des 
Dekans  Heinrich  von  Bardorp  gestiftet.  Zwei  kleine  Kronleuchter  standen  vor 
dem  Altar  auf  dem  Sanktuarium.  Ferner  gab  es  „am  grade  unde  anfange  des 
sanctuarii  an  beyden  seyten"  zwei  steinerne  Säulen,  welche  zum  Tragen  von 
Kerzen  bestimmt  waren.  Endlich  wird  1451  eine  hinter  dem  Chor  vor  dem 
Marienbilde  an  der  Chorschranke  brennende  Lampe  erwähnt.] 

Vorhanden  ist  noch  a)  der  anfangs  erwähnte  Kronleuchter,  welcher  aus 
vier  Reifen  besteht,  welche  nach  oben  hin  enger  werden,  und  Leuchterttirmchen 
tragen ;  oben  endigt  er  in  einem  Turm,  über  dem  sich  Blattwerk  erhebt;  Bronce ; 
gestiftet  vom  Dechanten  Dr.  Jordan  Heyne  1494.  (Ungcdr.  ürk.  d.  Liebfr.-Stifts). 
b)  ein  kolossaler,  droiarmiger  Bronceleuchter  von  über  3  m  Höhe  und  2,5  m 
Breite,  steht  auf  der  Trennungslinie  zwischen  Querschiff  und  Altarraum  (Fig.  140). 
Er  soll  vom  Dechanten  Dietrich  Block  geschenkt  sein.  Er  besteht  aus  einem 
cylindrischen  Mittelständer  von  mehrfacher  Gürtung  und  auslaufendem,  von 
drei   Löwen  getragenem  Fuss.     Oben  verbreiten  sich   zwei   S-artige  Arme   von 


346    Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Leuchter,  Altargeräte) 


geringerem  Durchmesser.  Auf  dem  Schafte  sind  eingegraben  zwei  ziemlich 
gleich  gestaltete,  gekrönte  Madonnen  mit  reichem  faltigen  Gewände  (Höhe  der 
oberen  20,5,  der  unteren  15,5  cm),  unter  der  oberen  befindet  sich  das  Meister- 
zeichen, welches  sich  am  Fuss  noch  einmal  wiederfindet,  und  ein  Wappen  mit 
einem  Ast,  an  welchem  zwei  Eichenblätter.  Weiter  unten  geht  um  den  Leuchter 
ein  Ring  mit  der  Jahreszahl,  deren  Lesung  dadurch  erschwert  ist,  dass  der 
Ring  einstmals  in  mehrere  Stücke  zerbrochen  und  falsch  wieder  zusammen- 
gesetzt ist.     Die    Zahl   lautot  richtig:    anno  •  dm"  •  m°  -  cccc°  •  IXXV  -      Am 


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rig.;i40. 

Fusse  zwischen  zwei  schönen  gotischen  Ornamenten  steht  ferner  mit  verzierten 
Worttrennungszeichen  der  Satz:  maria  du  geberes  eyn  son  vnde  bleuest  cy" 
rel  mat  maria  alle  dyn  leuent  (Fig.  141). 

Altargeräte.  Zwei  silberne  Ktmnen  von  1724;  0,26  m  hoch,  Halber- 
städter Beschau,  Marke  TT. 

Kelche;  einer  von  1703,  vergoldetes  Silber,  sechslappiger  Fuss,  0,25  m  hoch; 
zwei  von  1727,  desgl.;  einer  desgleichen  undatiert  0,22  m  hoch. 

Patenen:    eine    von    1703,   Durchmesser   0,22  m,   eine    undatiert,    Durch- 


messer 0,16  m.    Zeichen: 


Längliches  achteckiges  Schälchen,  vergoldetes 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Schrank) 


347 


Silber  1727,  Länge  0,21  m.  Ovale  Oblatenschüssel  mit  getriebenen  Muscheln 
lind  eingestochenen  Blättern,  Länge  0,22  in.    Vergoldetes  Kupfer,  18.  Jahrh. 

Kleiner  Löffel  von  vergoldetem  Silber.  Beschau  und  Marke  ist  bei  all 
diesen  Gegenständen  (mit  Ausnahme  der  einen  Patene)  dieselbe. 

Altes  Taufbecken  von  1698  in  Terrinenform;  Silber.  Deckel  und  Leib 
mit  getriebenen  Palmetten.  Durchmesser  0,25  m,  Tiefe  0,09  m,  Höhe  mit 
Deckel  0,15  m. 


%  ron  0  lanbt  §  blr ueft  5  ^Ij  §  m  §  itiat  • 


Fig.  141. 

Silberne  Schale,  durch  einen  Messingdeckel  zum  Opferbecken  umgestaltet, 
1702.    Halberstädter  Beschau  von  1(397.    Durchmesser  0,23  m. 

Das  im  Gebrauch  befindliche  Taufbecken  ist  modern. 

Schrank.  [Ein  scrinium  reliquiarum  kommt  1311  vor,  einecapsareliquiarum, 
vermutlich  damit  identisch,  1314.  -Derselbe  Gegenstand  findet  sich  erwähnt  als 
scrinium  s.  Mariae,  welchem  „nach  vaterländischer  Gewohnheit"  gewisse  Land- 
schenkungon  gemacht  waren,  1325;  als  armarium,  welches  seinen  besonderen 
Vicar  hatte,  1335.  Neben  diesem  RcUquienschrank  fanden  öfter  feierliche  Reclits- 
händel  statt;  so  1312,  1316  u.ö.] 

In  der  Taufkapelle  steht  ein  schön  geschnitzter  Schrank  des  13.  Jahrh. 
aus  Eichenholz,  2,35  m  hoch,  0,83  m  breit,  0,53  m  tief.  Er  hat  eine  doppelte 
Thür,  deren  Gewände  mit  Banken  und  vierblättrigen  Kleeblättern  verziert  ist. 
Oben  endigt  der  Schrank  in  einem  Giebel,  der  von  zwei  kleinen  Drachonfiguren 
gebildet  wird.  Ob  das  Stück  mit  dem  vorerwähnten  scrinium  etwas  zu  thun 
gehabt  hat,  ist  nicht  klar,  auch  wonig  wahrscheinlich.  —  Über  einen  andern 
ehemals  der  Kirche  gehörigen  Schrank  vgl.Domsamralung  Nr.  426, 


348    Halberslädter  Stadtkreis:  Hulberstadt  (die  Liebfrunenkirdie:  Reliquien  0.8. w.) 


1 


Reliquien  sind  nicht  mehr  vorhanden,  sie  müsston  denn  in  den  Dom- 
schatz  übergegangen  sein.  [Eine  Madonnen reliqiie  sclionkfe  1266  dfer  Ritter 
Joh.  V.  Budendik.  Die  bcdeutendi^to  Reliquie  der  Kirche  war  die  von  einem 
Johann  von  Lewenberg  geschenkte  Milch  der  h.Jungfrau.     Vgl. H.-Z.  1879, 582 ff.] 

Messgewänder.  Von  ihnen  -gilt  dasselbe  wie  von  den  Reliquien.  [Ehe- 
mals gab  es  natürlich  viel  dergleichen.  1439  hatte  die  Frau,  welche  das  Marien- 
bild bediente,  auch  für  Ausbesserung  und  Reinigung  des  Kirchenomats  zu 
sorgen.J 


Fig.  142. 

Kunstgegenstände:  [Bei  einem  Gewitter  1517  soll  nach  Winnigstädts 
Bericht  der  Blitz  ein  steinernes  Madonnenbild  im  Chor  zerstört  haben.  —  Em 
Tragaltar  wurde  durch  den  Papst  1481  dem  Thesaurarius  Dietrich  Block  zur  Ab- 
haltung von  Gottesdiensten  zugebilligt,  —  Ferner  worden  erwähnt  das  Prozessions- 
bild des  h.  Petrus,  sowie  zwei  grosse  Prozession skreuzo  (1494),  welche  Sachen 
bei  der  am  Potcr-Paulstag  (30.  Juni)  durch  den  Kreuzgang  ziehenden  Prozession 
feierlich  aufgeführt  wurden.    Nachweisbar  ist  nichts  mehr  davon]. 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  KanstgegenstSnde)  349 

a.  Skulpturen:  eine  ehemals  der  Kirche  gehörige  Pieta  aus  Holz,  bemalt, 
15.  Jahrb.,  ist  jetzt  hn  Provinzial-Miiseuni  zu  Halle.  —  Über  den  kleinen  Marien- 
altar aus  Walrosszabn,  ehoinal)«  in  der  Sakristei  befindlich,  vgl.  Domsammlung 
Nr.  15.  (Fig.  142).  —  Madonnenstatue  vom  Hochaltar  vgl.  Andreaskirche. 

Inder  Kirche  sind  noch 
vorhanden: 
I  •  1.  Im  Langhause  :^tne 
h.  Anna  solbdritt  und 
ein  Johannes  d.  T.,  beide 
aus  Sandstein,  poly- 
chromiert;  Anf.  16.  Jahr- 
hundert. 

2.  im  südl.  KrcuKarm: 
auf  dem  Altar  unter  dem 
Hak  ramentshSu sehen  eine 
sitzende  Madonna  mit 
dem  Kinde  auf  einem 
Fiedestat ;  von  Eichen- 
hol/, im  Stil  des  13.  Jahrh- 
geschnitzt,  mit  Farben- 
resfen.  Höhe  0,72  ni. 
(Fig.  143)  Ihr  Standort 
wird  früher  jedenfalls  ein 
anderer  gewesen  sein, 
der  jetzige  ist  in  An- 
betracht der  Sicherheit 
des  interessanten  Stückes 
unrichtig  gewühlt.  — 
Hoch  oben  anderöstlichen 
Wand  befindet  sich  ein 
Stoinrelief,  darstellend 
Maria  v.  Ägypten, welche 
von  sechs  Engeln  gen 
Himmel  geführt  wird.  Die 
Bemalung  (blauer  (irund, 
Fig  U3,  Figuren      gelblich      mit 

Spuren    anderer  Farben) 
ist     ziemlich    vtrblasst. 
Höhe  etwa  1  m,  Breite  etwa  's  m.    Deutsche  Arbeit  vom  Anfangt  des  16.  Jahr- 
h  underts, 

3.  im  nördlichen  Kreuzarm:  oben  an  den  Wänden  angebracht:  einzelne  be- 
malte Steinfiguren,  nämlich  StLiborius  in  Bischofstracht,  mit  Steinen  in  der  Hand; 
ein  Diakon  (St  Stephanus?),  Attribute  unkenntlich;  eine  Madonna;  St.  Christophorus 
jedoch  ohne  Stab  und  Kind);  St  Anna  selbdritt  stehend,  Maria  und  Jesus  auf  den 
Armen  haltend.  Alles  halb  lebcnsgrosso  deutsche  Arbeiten  des  IG.  Jahrh. 
Kruzifix,  in  Holz  geschnitzt,  mit  Rosten  von  Bemalung,  in  schlanken  Körperver- 


350    Halbe rslädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkircbe:  Kanstgegenstande) 


hältnissen.^  Rest  einer  Figurengruppe  die  der  auf  dem  Doralettner  befindlichen 
entsprach.  Ebenso  wie  l^ei  dem  Christus  im  Dome  sitzt  das  Kreuz  auf  einem 
dahinter  gelegten  grösseren  Kreuze,  dessen  Arme  in  Kieeblattform  endigen. 
Diese  Endflächen  sind  mit  Figuren  (Engeln,  zu  unterst  wahrscheinlich  wie  ira 
Dom  Adam)  gefüllt  gewesen,  von  denen  die  oberste  noch  erhalten  ist.  Von 
den  übrigen  sieht  man  nur  noch  die  Nägel,  mit  denen  sie  befestigt  waren. 
Im  17.  Jahrhundert  hat  man  an  die  Stelle  der  fehlenden  Figuren  Malereien 
gesetzt.  Der  Kunstwert  des  Werkes  ist  ein  überaus  hoher.  Deutsche  Arbeit; 
erst^  Hälfte  des  13.  Jahrb.  Das  Kreuz  samt  der  zugehörigen  Gruppe  befand 
sich  ehemals  auf  einem  Balken  unter  dem  Triumphbogen  vor  dem  Chor,  wo  in 
der  Decke  noch  die  Löclier  für  die  Ketten  zu  sehen  sind,  an  denen  es  hing. 

4.  im  Kreuzgange:  ein  Stein  mit  zwei  "Wappen  in  Flachrelief;  —  ein  halb- 
lebensgrosser  Kruzifixus  mit  Maria,  Magdalena  und  Johannes  Ev.,  seitwärts  links 
die  kleine  Figur  des  knienden  Stifters  Friedrich  v.  Hoym;  1508;  Sandstein. 

b.  Malereien.  Altargemälde  in  der  Barbarakapelle.  1.  Die  Wandnische  am 
östlichen  Ende  der  Kapelle  über  dem  Altar  wurde  im  15.  Jahrh.  mit  Brettern 
geschlossen  und  diese  mit  einem  seitdem  sehr  dunkel  gewordenen  Bilde  in 
Tempera  bemalt,  darstellend  Christus  als  Weltiichter,  rechts  und  links  je  ein 
Engel.  Unten  die  Figuren  zweier  Geistlichen  als  Stifter,  daneben  St.  Barbara 
und  Jakobus.  Darüber  heraldische  Verzierungen  mit  dem  Wappen  der  Familie 
von  Plötzke  (roter  Schild  mit  weissem  Balken,  auf  welchem  zwei  rote  Rosen). 
Die  Besichtigung  der  Malerei  ist  erschwert  dadurch,  dass  davor  steht 

2.  ein  Flügelaltar  (Triptychon),  etwas  jünger,  jedoch  auch  dem  15.  Jahrh. 
angehörend  und  nach  dem  Wappen  ebenfalls  Stiftimg  der  Familie  von  Plötzke. 
In  der  Mitte  Christus  am  Kreuz,  links  Maria  und  Barbara  (mit  dem  Turm),  rechts 
Johannes  und  ein  Heiliger  mit  Säule  und  fächerförmiger  Blume;  unten  das 
V.  Plötzke'sche  Wappen,  rechts  der  Stifter  in  geistlichem  Gewände,  mit  Spruchband : 
propitius  esto  michi  peccatori  alleluia,  links  die  Stifterin  als  Nonne  in  Fran- 
ziskanerinnentracht, mit  Spruchband :  miserere  mei  secundum  magnam  [miseri- 
cordiam  tuam.    Ps.  51,  3]. 

Linker  Flügel.  Aussen:  oben  St.  Stephanus,  unten  Christus  mit  Lamm 
Innen:  oben  ritterlicher  Heiliger  mit  Hammer  und  Wappen  (St  Reinhold?),  unten 
St.  Dorothea. 

Rechter  Flügel.  Aussen:  oben  St.  Andreas,  unten  St  Bartholomäus.  Innen: 
oben  St.  (jeorg,  unten  eine  Heilige  mit  kleinem  Hause  (Modell  der  Barbara- 
kapelle ?j  in  der  Hand. 

Predella.  Sieben  Heilige  in  Halbfiguren  nebeneinander.  Jakobus  der  Äl- 
tere, Lukas  mit  dem  Farbenkasten,  unbekannter  Heiliger,  St  Anna  selbdritt,  bär- 
tiger Heiliger  mit  Buch,  Heiliger  mit  Stab,  worauf  oben  ein  Kreuz  (St  Antonius?), 
Bischof  mit  Krummstab. 

Höhe  des  Mittelbildes  1,36  m,  Breite  1,24  m;  Breite  der  Flügel  0,G2m;  Höhe 
der  Predella  0,39  m. 

'   Im  südlichen  Kreuzarm  dasBildnis  eines  protestantischen  Geistlichen.  17.  Jahrh. 


*  Vgl.  Küsthardt  „Apostelbalkeii  und  Tri uraph kreuz"  (Zeitschrift  für  bild.  Kunst  1888, 
pag.  322  ff.    mit  AbbilduDgen).     Hasak,  Tafel  6  nebst  Text  p.  16. 


J 


Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Grabraaler)  351 


Sonnenuhr..  Eine  solche  von  ziemlichem  Alter  findet  sich  aussen  an  der 
Südwand  des  Querschiffes  in  grosser  Höhe  angebracht. 

Wahrzeichen.  Ein  altes  Schwert,  aussen  neben  dem  südöstlichen  Eingange 
aufgehängt,  dient  angeblich  zum  Andenken  an  einen  aus  Eifersucht  damit  be- 
gangenen Mord. 

Grabmäler.  [Nicht  mehr  nachweisbar  ist  die  in  GEH  p.  101  erwähnte 
Gruft  des  Bischofs  Tiüetmar.    Vgl.  oben  p.  169.] 

a.  Im  Kirchenschiff: 

1.  Zwei  Brüder  v.  Dorstadt  (f  1327).  Figuren,  barhäuptig,  in  Rüstung  neben- 
einander unter  zwei  kielbogigen  Nischen  stehend.  Die  Umschrift  ist  mit  Pech 
nieliiert.  Der  Grabstein  ist  den  Beiden,  den  spätgotischen  Kunstformen  zufolge, 
erst  in  späterer  Zeit  gewidmet  worden.    Sandstein.    Höhe  2,16  m,  Breite  1,18  m. 

2.  Dekan  Heinrich  v.  Bariim  (?)  (f  1402).  Figur  nach  rechts  stehend  mit 
Kelch;  Sgraffitto.    Sandstein.    Höhe  2,03  m.  Breite  1,19m. 

3.  Priesterfigur  stehend  unter  einem  Kielbogen.  Umschrift  in  gotischen  Mi- 
nuskeln :  C  .  quadruplato  .  bis .  X .  L .  IH  .  I .  sonato  .  Bertram u .  giatu  .  Mutoie .  sub  . 
tumulatu  .  Ei  .  comendatu  .  scito  .  turpi  .  morte  .  necatu .  Spätgotisch.  Sandstein. 
Höhe  1,73  m,  Breite  0,72  m. 

4.  Broncerelief  einer  Kanonissin.  16.  Jahrhundert.  (Auf  einen  Stein  ehemals 
aufgelegt  gewesen). 

5.  Broncerelief  eines  Kanonikers.    16.  Jahrh.    Wie  verlier. 

6.  Friedrich  v.  Hoym,i  capitaneus  olim  diocesis  halberstadensis  (f  10.  Februar 
1510).  Barhäuptige,  bärtige,  ältliche  Figur,  in  Rüstung,  nacli  vorn  gewandt  stehend, 
unter  spätgotischer  Nische.    Gute  Arbeit.    Sandstein.    Höhe  1,91  m,  Breite  1,04  m. 

7.  Kanonikus  Joh.  Müller  (f  1524).  Figur,  Kelch  in  den  Händen,  unter  spät- 
gotischer Nische  stehend.    Sandstein.    Höhe  1,86  m,  Breite  0,99  m. 

8.  Zwei  Kanoniker  (f  1496  bew.  1528).  Beide  Figuren  nebeneinander  stellend, 
mit  Kelchen.    Sandstein.    Höhe  1,94  m,  Breite  1,10  m. 

9.  Zwei  Dekane  (f  1526  bezw.  1537).  Figuren  nebeneinander  stehend.  Sand- 
stein.   Höhe  1,97  m,  Breite  1,40  m. 

10.  Bischof  Heinrich  (f  22.  August  1538).  Figur,  nach  rechts  gewandt,  unter 
Renaissance-Ornamenten  stehend.    Sandstein.    Höhe  2,14  m,  Breite  1,59  m. 

11.  Ein  Bischof  (?)  (f  1547);  Figur  stehend  nach  rechts.  Umschrift  und 
unterer  Teil  sehr  verdorben.    Sandstein.    Höhe  1,86  m,  Breite  1,12  m. 

12.  V.  Neindorf sches  Epitaphium.  Mit  sechzehn  Wappen  um  die  Inschrift. 
Mitte  16.  Jahrh.    Sehr  verdorben.    Sandstein.    Höhe  2,00  m,  Breite  1,30  m. 

13.  Dekan  Heinrich  Hom  (f  1553).  Figur  charakteristisch  aufgefasst,  vom 
Alter  gebeugt,  mit  eingefallenem  Gesicht;  stehend  nach  rechts,  Kelch  in  den  Händen. 
Mit  Wappen.    Sandstein.    Höhe  1,97  m,  Breite  1,35  m. 

14.  Kanonikus  v.  Genven.  Figur  stehend  mit  Wappen.  16.  Jahrh.  2.  Hälfte. 
Sandstein.    Höhe  2,18  m.  Breite  0,94  m. 


*  Friedrich  v.  Hoym  hat  sich  als  Gönner  des  Domes,  der  Liebfrauenkirche  u.  s.  w.  öfter 
hervorgethan.  Von  ihm  gestiftete,  noch  erhaltene  Werke  sind  im  Texte  erwähnt  worden. 
Verschiedene  davon  zeigen  sein  Bildnis. 


352  flalberetadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfrauenkirche:  Grainnaler) 

15.  Ein   Senior   der   Liebfraiientirche   {f  1577).    Stehend    unter   zierlichem 
Renaissance-Laubwerk.    Sandstein.    Höhe  2,03  m   Breite  0,96  m, 

16.  Dekan  Ciiristian  Schwindt  (f  1585).     Stehend   unter  Renaissance-Nische. 
Sandstein.    Höhe  2,17  m.  Breite  1,31  m. 


Fig.  144. 

17.  Joh.  Drude   und  Joh.  Probst  (flSl?  bezw.  1597),  Kanoniker.     Mit  ihren 
beiden  Wappen  in  einem  Kranze.    Saniistcin.    Hölie  138  nii  Breite  1,00  m. 

18.  Ein  V.  Britzkosches  Kind  [.t  1607).    Mit  Bildnis  und  vier  Wappen.   Sand- 
stein.   Hiilie  0,89  m,  Breite  0,G4m. 

19.  Kanoniku.=i  Balthasar  v,Beichel(?)(t  1610).     Stellend  in  einer  Nische;  mit 
Wappen.    Sandsfein.    Höhe  1,90  m,  Breite  1,08  m. 


Halberstadt  (die  Liebfranenkirche:  Grabmäler)  353 


20.  Senior  (?)  v.  Heilingen  (f  1612).  Unter  einer  Nische  stehend  mit  Buch. 
Sandstein.    Höhe  1,93  m,  Breite  1,16  m. 

[21.  Das  Epitaph  eines  Joh.  v.  Britzke,  f  1622,  erwähnt  Scheffer  p.  17]. 

22.  Vicar  und  Senior  Joachim  Greif  (f  1626).  In  der  Mitte  sein  Wappen 
in  einem  Kranze.    Sandstein.    Höhe  1,79  m,  Breite  0.98  m. 

23.  Kanonikus  Christophorus  Wulff  (f  1637).  Stehend  unter  einer  Nische; 
mit  acht  kleinen  Wappen.    Sandstein.    Höhe  2,05m,  Breite  1,12  m. 

24.  Katliarina  Elers  (f  1640).  Mit  Spruch  in^einem  Kranze  und  zwei  Wappen. 
Höhe  1.96  m,  Breite  1,32  m. 

25.  Drei  Feuerbaumsche  Kinder,  rechts  und  links  neben  dem  Kruzifix 
kniend.    Mit  zwei  Wappen.    1659.    Höhe  1,95  m,  Breite  0,95  m. 

26.  Ein  Feuerbaumsches  Kind  (f  1660),  neben  dem  Kruzifix  kniend.  Sand- 
stein.   Höhe  1,37  m.  Breite  0,93  m. 

27.  Katharina  Peters  (?).  Mit  bürgerlichem  Wappen  in  einem  Kranze. 
17.  Jahrhundert    Sandstein.    Höhe  1,92  m.  Breite  1,14  m. 

28.  Senior  Friedrich  v.  Amstedt  (f  1669).  Figur  stehend  unter  einer  Nische. 
Sandstein.    Höhe  1,78  m,  Breite  1,10  m. 

29.  Kanonikus  Senior  Hermann  Feuerbaum  (f  1669)  und  seine  Frau  Anna 
Maria  Altermans.  Inschrift  in  doppelter  Cartouche.  Sandstein.  Höhe  2,00  m, 
Breite  1,00  m  (Scheffer  p.  50). 

30.  Senior  Matthias  Günther  und  seine  Frau  ApoUonia  Pagell  (f  1693  bezw. 
1690).  Lange  Inschrift  in  schlecht  gearbeiteter  Cartouche.  Oben  das  Doppel- 
wappen, über  dem  Engel  eine  Krone  haltend.  Reste  von  Bemalung.  Sandstein. 
Höhe  2,26  m.  Breite  1,63  m. 

81.  Konsistorialrat  Johann  Sandrart  (f  1732).  Sandstein.  Höhe  1,95  m. 
Breite  0,96  m. 

32.  Christian  Eberiiard  Reichsfreiherr  v.  Sohlendahl  (1680—1743).  Inschrift 
in  Rocococartouche.  Oben  sein  Wappen.  Über  dem  Epitaph  seine  Büste  in 
Marmor  (Fig.  144).    Sandstein.    Höhe  2,09  m.  Breite  1,02  m. 

33.  Georg  Heinrich  v.  Hammerstein,  kgl.  preussischer  Postmeister  (1670  bis 
1746).    Rococo.    Z.  T.  verdorben.    Sandstein.    Höhe  2,05  m,  Breite  1,15  m. 

34.  Decan  Julius  Hecht  (f  1749).  Inschrift  in  hübscher  Rocococartouche. 
Sandstein.    Höhe  2,10  m,  Breite  0,98  m. 

35.  Andreas  Georg  Langershausen  und  seine  Frau  Elisab.  Wusthoff.  18.  Jahr- 
hundert.   Schwarzer  und  weisser  Marmor.    Höhe  1,22  m,  Breite  0,68  m. 

b.  Auf  dem  hohen  Chore: 

36.  Grabplatte  des  Bischofs  Rudolf  (f  1147.  S.  oben  p.  171,  sowie  die  Grund- 
risse p.  310  und  311,  wo  die  Stelle  der  Gruft  mit  einem  R  angegeben  ist.  Lite- 
ratur: Haberp.  8 f.;  v. Quast  im  Kunstblatte  1845,  p.218;  Scheffer  p.  48 ;  Zschiesehe 
p.  170;  u.  s.  w).  Die  ursprüngliche  Grabplatte  ist  verloren  gegangen.  Die  jetzige 
(lang  1,63  m,  breit  0,72  m),  Bronceguss  des  16.  Jahrhunderts,  zeigt  im  Hochrelief  die 
liegende,  mit  vollem  Amtsomate  bekleidete  Figur  des  Bischofs.  (Die  Leiche  selbst 
ist,  wie  die  Ausgrabung  lehrte,  einbalsamirt  und  in  einen  rotseidenen,  darüber 
in  einen  ledernen  Sack  genäht.)  Die  moderne  nachgebildete  Umschrift  lautet: 
SEPÜLTÜM  EST  CORPUS  RUDOLFI  QUONDAM  EPISC.  HALBERST.  RENO- 

Krels  Halbentadt.  83 


354  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Liebfraneukirche:  GrabmUer) 


TATORIS  HUIUS  ECCLESIAE  ANNO  C.  MUCLVII  MENSE  OCTOBRIS  CUIUS 

ANIMA  REQUIESCAT  IN  FACE  AMEN.  In  den  Ecken  die  Evangelistensymbole. 

37.   Grabplatte   des  Bischofs  Arnulf  (+  1028.  S.   oben  p.  167f.,   sowie  den 

Grundriss  p.  310,  wo  die  Stelle  der  Gruft  mit  einem  A  bezeiclinet  ist  Literatur: 


Haber  p.  Gff. ;  v.  Quast  a,  a.  0. ;  Nieters  Abschiedspredigt  1812;  Zschiesche  a.  a.  0. ; 
U.S.W.)  Die  Bronceplatto  war  schon  1812  verschwunden.  Die  Inschrift  lautete  (nach 
Haber):  Anno  Domini  MXXIII  in  vigilia  festivitatis  (d.h. nativitatis)s. Marte 
virginis  dominus  Arnulphus  Halb,  ecclesie  cpiscopus  noster  fundator  obiit 
et  in  maiori  ecclesia  Halb,  sepultus,  deinde  sub-  anno  Domini  MCCCLXXII 
in  die  b.  Marci  evang.   ibidem   inventus   et  ante  summum  attare  relocatus 


Halberstadt  (die  Paulskirche:  Geschichte)  355 


preter  quedam  ossa  ipsius  hie  sepulta,  cuius  anima  requiescat  in  pace. 
amen.  Auf  der  Platte  lag  die  Figur  des  Bischofs,  in  der  Rechten  das  Kirchen- 
raodel,  in  der  Linken  den  Krummstab.  Jetzt  liegt  an  der  Stelle  ein  quadratischer 
Stein  mit  der  Insclirift :  Arnulphus  Halberstadensis  ecclesiae  episcopus  huius 
b.  M.  V«  aedis  dicatae  fundator  anno  domini  MXXIII  obiit,  cuius  mortalia 
ossa  in  ecclesia  cathedrali  sepulta,  nunc  ab  anno  MCCCLXXII  heic  recon- 
dita  servantur.  Bei  den  Ausgrabungsarbeiten,  welches  unter  Leitung  des  Ver- 
fassers dieses  Buches  im  Jahre  1899  stattfanden,  wurde  der  Stein  aufgehoben. 
Unterhalb  einer  Schiefer-  und  einer  Gipsplatte  fand  sich  ein  bleierner  Kasten  mit 
Resten  von  Gebeinen,  die  in  Seidenstoff  eingehüllt  waren;  auf  dem  Kasten  ein 
bleiernes  Kreuz  mit  der  romanischen  Majuskelinschrift:  OSSA  ARNÜLPHI  EPI 
NHI  FTTD ATORIS.  Ein  im  Kasten  befindlicher  Stein  besagte  dasselbe.  Vgl.  6. 
Jahresbericht  des  Vereins  zur  Erhalt,  u.  z.  Schutze  d.  Denkm.  d.  Prov.  Sachsen  1899, 
p.  87  ff.  Denkmalpflege  I,  Nr.  15. 

c.  Im  südlichen  Kreuzarm. 

38.  Eine  Kanonissin  (t  1572).  Stehend  unter  Renaissance-Nische.  Mit 
4  Wappen.    Sandstein.    Höhe  2,09  m,  Breite  1,22  m. 

39.  Kanonikus  Basilius  Meisner  (f  1667).  Mit  2  Wappen.  Sandstein,  poly- 
chromiert.    Höhe  1,92  m,  Breite  1,18  m. 

40.  Maria  Hampe  (f  1685).  Mit  2  Wappen.  Sandstein.  Höhe  1,90  m. 
Breite  1,00  m. 

41.  Grosses  Grabmal  von  1689.  Der  Name  der  Familie  felilt;  sie  hiess  Un- 
verfährt.  Reich  ornamentierte,  polychrome  Steinkammer;  ringsum  ein  kunstvoll 
geschnitztes  Gitter.    Beschreibung  bei  Haber  p.  11  f.    Lucanus  p.  21. 

d.  Im  nördlichen  Kreuzarm: 

42.  Brustbild  des  Rittmeisters  v.  Spitznase.  Mit  vielen  Trophäen.  Poly- 
chromierte  Holzschnitzerei.    Haber  p.  4. 

43.  Anna  Sophia  Schmiden  (f  1685).  Schön  in  Holz  geschnitzte  und  be- 
malte Votivtafel.    Schwarz  und  weiss  mit  Vergoldung.    Haber  p.  3. 

44.  Katharina  Kunigunde  Lindt  (f  1700^  und  Maria  Sophia  Crull  (f  1707) 
beide  Frauen  des  Kammerrates  Joh.  Heinr.  Koch.  Sehr  stattlicher  Aufbau  aus, 
Sandstein  und  Marmor,  umgeben  von  einem  eleganten,  schmiedeeisernen  Gitter. 
Haber  a.  a.  0. 

e.  In  der  katholischen  Kapelle: 

45.  Eine  Dame  (f  1612)  in  breit  abstehendem  Reifrock;  als  Kostümbild 
interessant.  Sie  trägt  die  Haube,  die  bei  alten  Frauen  in  der  Gegend  von  Berssel 
(s.  o.  p.  23)  noch  jetzt  zum  Teil  üblich  ist.    Sandstein.    Höhe  1,87  m,  Breite  1,18  m. 

[Haber  erwähnt  p.  21  die  messingene  Grabplatte  des  Dechanten  Caspar 
Stötzer  (t  1520).] 

•     f.  Im  Kreuzgange:  [Im  Kreuzgange  wurden  seit  1366  die  Rektoren  der  am 
breiten  Thore  belegenen  Jakobikapelle  bestattet.] 

46.  Hinricus  de  Monasterio  (f  1440).  Figur  des  Geistlichen  in  Zaddeltracht 
nach  links  unter  spätgotischen  Bögen  stehend.  Sgraffitto.  Inschrift  niellirt. 
Sandstein.    Höhe  1,89  m,  Breite  1,26  m. 

47.  V.  Veitheim  (Fig.  145).  16.  Jahrhundert.  Sehr  tüchtige  Arbeit.  Sand- 
stein.   Höhe  1,94  m,  Breite  1,10  m. 


356  Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Paulskirche:  Geschichte) 


48.  Ein  Domherr  (v.  Schenk?)  (f  1613).  Mit  4  kleinen  Wappen.  Sandstein. 
Höhe  2,03  m,  Breite  1,12  m. 

49—54.  Sechs  Beste  von  Epitaphien  aus  Holz  bezw.  Stein.  Zum  Teil  mit 
hübschen  Kunstformen,  aber  völlig  verdorben.    17.  und  18.  Jahrhundert. 

[55.  David  Müller,  erster  evangelischer  Prediger  der  Liebf.-K.  f  1616.  — 
Verschiedene  andere,  jetzt  verschwundene  Grabmäler  nennt  Haber  p.9ff.] 

Die  Räumlichkeiten  über  dem  Kreuzgange  bieten  in  ihrem 
jetzigen  Zustande  keinerlei  Interesse  mehr.  Sie  sind  völlig  verändert;  nur  die 
Fenster  entlialten  noch  z.  T.  spätgotische  Masswerke,  aber  auch  diese  ohne  höheren 
Wert.  Der  ehemalige  Remter  dient  als  Arbeitsraum  für  Strafgefangene.  Sein  nach 
Westen  gerichteter  Giebel,  welcher  ein  grosses  spitzbogiges  Fenster  hat,  scheint 
früher  abgetreppt  gewesen  zu  sein.  Merkwürdig  ist  die  Technik  des  Quader- 
werkes, wobei  viele  sog.  Hakensteine  verwendet  worden  sind.  Aus  älterer  Zeit 
stammen  die  unteren  Räume  neben  dem  Kreuzgange;  sie  sind  mit  über  Schalung 
gegossenen  Gewölben  eingedeckt;  eine  jetzt  als  Waschküche  dienende  Abteilung 
zeigt  noch  ein  gekuppeltes  Kleeblattbogenfenster  mit  schlanker  Mittelsäule,  Form 
des  13.  Jahrhunderts. 

Die  St.  Paulskirche 

Literatur  bei  v. Mülverstedt,  H.-Z.  1872,  31.   Elis  in  der  H-Z.  1886. 

Abbildungen  jetzt  am  besten  herausgegeben  von  der  Kgl.  Messbild anstalt  (sieben 
Aussenaufnahmen). 

Quellen:  Urkundenbuch  der  KoUegiatstifter  S.  Bonifacii  und  S.  Pauli  in  Ilalberstadt, 
herausgegeben  v.  G.  Schmidt,   Halberstadt,  1881. 

Geschichte:  Das  Kollegiatstift  regulierter  Chorherren  unter  der  Regel  des 
h.  Augustin  [monasterium  (1136),  suntePauwele(1467)]  wurde  errichtet  von  Bischof 
Burchard  IL  1083  oder  1085.  Es  stand  erst  unter  dem  Patronat  der  hh.  Peter 
und  Paul,  später  nur  unter  letzterem,  seit  dem  16.  Jahrh.  an  wieder  unter  beiden. 
So  lag  auch  die  Kirchweih  zuerst  auf  dem  Sonntage  nach  Peter -Paul  (29.  Juni), 
seit  1508  auf  dem  Sonntage  nach  Maria  Heimsuchung  (2.  Juli),  weil  letzteres  Fest 
oft  mit  der  Kirchweih  zusammengefallen  war.  Burchard  machte  seine  Gründung 
unter  Zustimmung  der  Erzbischöfe  Gerhard  von  Salzburg  und  Hartwich  von 
Magdeburg,  der  Bischöfe  Hartwich  von  Verden  und  Wernher  von  Merseburg. 
Er  ordnete  das  Leben  der  Kanoniker,  wurde  aber  durch  seinen  Tod  an  der 
YoUendung  des  Werkes  verhindert.  Der  Weiterbestand  des  Stiftes,  dessen  Güter 
wieder  verschleudert  wurden,  dessen  Kanoniker  sich  zerstreuten,  geriet  in  ernst- 
liche Gefahr.  Erst  Bischof  Reinhard  (f  1122)  brachte  es  wieder  in  die  Höhe 
durch  mancherlei  Schenkungen,  über  welche  eine  Urkunde  von  1136  (Urkunden- 
Buch  V.  St.-P.  Nr.  2)  das  Nähere  enthält.  Er  sammelte  die  Brüder  wieder, 
weihte  die  Kirche,  richtete  einen  Markt  zu  Gunsten  des  Klosters  ein,  gab  den 
davon  erhobenen  Zoll  zur  Bedachung  und  sonstigen  Verbesserung  der  Kloster- 
gebäude und  sorgte  für  Wiederherstellung  des  Klosterbesitzes.  Aber  trotz  dem, 
was  von  ihm  und  anderen  nach  ihm  geschehen  war,  fand  Bischof  Rudolf  bei 
seinem  Amtsantritt  (1136)  das  Stift  ziemlich  verlassen  und  hilfsbedürftig  vor; 
zudem  war  dessen  Besitz  durch  Fehden  und  andere  Unruhen  bedroht.    Erbrachte 


Halberstadt  (die  Faulskirche:  Baugeschichte)  357 


durch  seine  Energie  den  alten  Besitzstand  des  Klosters  nach  Möglichkeit  wieder 
zusammen.  Schweren  Schaden  erlitt  das  Stift  durch  die  fast  völlige  Zerstörung 
1179.  Der  Union  der  Stifter  in  den  Jahren  1250  und  1369  schloss  es  sich  ebenfalls 
an.  1408  wurden  Kirche  und  Pfarrei,  welche  bisher  nur  unter  dem  Patronat  des  Stiftes 
gestanden  hatten,  diesem  förmlich  einverleibt,  nachdem  vorher  häufige  Streitig- 
keiten zwischen  Kapitel  und  Pfarrer  bestanden  hatten,  die  in  einem  Falle  sogar 
bis  zur  Excommunication  des  letzteren  führten.  Der  Wohlstand  des  Stiftes  hielt 
sich  bis  Anfang  des  15.  Jahrhunderts,  von  wo  an  er  allmählich  zurückzugehen 
begann.  Über  Bedrückungen  durch  geistliche  und  •  weltliche  Gegner  wird  1434 
und  1476  geklagt;  im  ersteren  Fall,  sorgte  das  Konzil  von  Basel  für  Abhilfe; 
aus  Anlass  der  zweiten  Gelegenheit  setzte  Papst  Sixtus  IV.  den  Bischof  von 
Brandenburg,  sowie  die  Dechante^  von  Hildesheim  und  Liebfrauen  zu  Erfurt  als 
Konservatoren  des  Stifts  ein.  —  An  der  Spitze  standen  Probst  und  Dechant. 
Letztere  Würde  ist  erst  im  September  1425  geschaffen  worden  durch  Bischof 
Johann.  Der  Dechant  wurde  vom  Kapitel  erwählt  und  bedurfte  der  bischöflichen 
Bestätigung.  Der  Kanoniker  gab  es  von  Anfang  12,  gemäss  der  Zahl  der  Apostel. 
Zu  ihnen  gehörte  der  Küster  (1274),  der  Senior,  der  Kellerer  .(1377),  der  Thesau- 
rarius  (1422).  Sie  wurden  laut  Entscheidung  von  1191  nur  durch  das  Kapitel, 
nicht  durch  den  Probst,  erwählt.  Die  häufig  unter  ihnen  herrschenden  Rang- 
streitigkeiten bekämpfte  das  Wahlstatut  des  Bischofs  Volrad  1282.  Wer  in  seinem 
Amte  andauernd  saumselig  war,  wurde  mit  Verlust  der  Präbende  (seit  1282) 
oder  mit  Geldstrafe  (1367)  belegt,  übrigens  hatten  sie  schon  früh  ausser  ihrem 
Einkommen  allerlei  Nebeneinnahmen  durch  die  Spenden  der  Gläubigen.  Bei 
Übernahme  der  Kurien  hatten  die  Kanoniker  den  Vorzug,  doch  durften  auch 
seit  1512  die  Vikare  jene  nach  der  Erledigung  übernehmen.  Sonst  durften 
letztere  auch  ausserhalb  der  Stiftsfreiheit  wohnen,  wo  sie  wollten.  —  Vikarien 
(zwei)  werden  zuerst  gleich  nach  1248  erwähnt,  1251  sind  es  schon  acht,  1365 
elf.  1726  folgende  acht:  S.  Vincentii,  S.  Andrea,  S.  Mariae  virginis  ad  nives,  ss. 
Philippi  und  Jacobi,  s.  Mariae  Magdalenae,  s.  Georgii,  s.  Matthiae,  s.  Johannis 
Evang.  Von  der  Brüderschaft  der  Vikare,  welcher  drei  Personen  angehörten, 
ist  1457  die  Rede.  Die  Körperschaft  bestand  noch  1754.  Beim  Antritt  ihres 
Amtes  hatten  sie  1364  eine  Mark,  1515  drei  rheinische  Gulden  an  das  Bauarat 
und  drei  an  die  Brüderschaft  zu  zahlen.  Über  einzeln  genannte  Vikarien  s.  unten 
,,Altäre".  Im  14.  Jahrhundert  nahm  auch  die  Saumseligkeit  der  Vikare  überhand, 
welche  deshalb  1334  mit  Geldstrafen  und  Einkommensentziehung  bedroht  wurden. 
—  Von  sonstigen  zum  Stift  gehörigen  Personen  worden  erwähnt  zwei  Kapläne, 
der  Kirchner,  ferner  der  Diakon  und  Subdiakon,  welche  seit  1373  das  früher 
gesonderte  Lektorenamt  mit  versahen.  Endlich  der  Zitermann,  der  sich  seinen 
Nachfolger  selbst  wählen  durfte  (1430).  Die  Chorschüler  sind  zuerst  genannt 
1268.  Für  sie  wurden  1274  durch  Testament  des  Magister  Albrecht  von  Groningen 
12  Stellen  eingerichtet,  von  denen  (1364)  wenigstens  8  besetzt  sein  mussten. 
Sie  teilten  sich  (1300)  in  sportenses  (zahlende)  und  gratonses  (nicht  zahlende). 
An  der  Spitze  des  Chorschüleramtes  (Korscholeryge.  1463)  stand  (1274)  ein 
provisor,  seit  1300  der  Kantor  (oder  Kämmerer).  Er  hatte  ausser  dem  Vorsänger- 
amt in  der  Schule  und  im  Chor  die  Verwaltung  ihrer  Einkünfte.  Seine  Wahl 
oblag,    wie   seine   Absetzung,    dem   Probste.    Bei    der   Kirchenvisitation    1589 


358  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Paulskirche:  Bangeschichte) 


existierte  die  Schule  nicht  mehr.  Der  Pfarrer  stand  bis  1541  unter  dem  Patronate 
des  Kapitels,  dann  unter  dem  des  Rates.  —  Die  Reformation  wurde  von  der 
Gemeinde  seit  1536  lebhaft  angenommen;  1540  wurde  der  erste  evangelische 
Prediger  angestellt  (das  Pfarrhaus  wird  1589  erwähnt.)  Nur  sehr  schwer,  nachdem 
es  u.  a.  im  Herbst  1619  zu  heftigen  Tumulten  gekommen  war,  auch  1623  sich 
der  Kaiser  Ferdinand  11.  in  den  Streit  gemischt  hatte,  und  1639  beim  Nahen  der 
Schweden  die  Mitglieder  des  Kapitels  zeitweise  sich  zerstreut  hatten,  erlangten  die 
Evangelischen  von  dem  katholisch  gebliebenen  Kapitel  1661  das  Zugeständnis, 
die  Kirche  mit  benutzen  zu. dürfen.  Den  Evangelischen  blieb  das  Kirchenschiff; 
sie  hielten  ihren  Gottesdienst  morgens  von  acht  Uhr  an,  ausserdem  Sonntags 
vor  ein,  Werktags  vor  zwei  Uhr  nachmittags.  Oleichwohl  nahm  der  Streit  kein 
Ende.  Nachdem  sich  zuletzt  König  Friedrich  I.  1702  eingemischt  hatte,  erfolgte 
ein  weiterer  Vergleich  1703.  Seitdem  durften  die  Evangelischen  die  Kirche 
morgens  bis  8V4,  und  mittags  von  eins  bis  zwei  benutzen;  die  Benutzung  des 
Kirchhofs  war  gemeinsam.  Den  Schltissel  zum  Kreuzgange  und  zu  dem  durch 
eine  Glaswand  abgetrennten  hohen  Chor  behielten  die  Katholiken  (1708).  Seit 
1624  nahm  die  Zahl  der  Gemeindemitglieder  allmählich  zu;  eingepfarrt  waren 
damals  1526  Personen,  die  in  255  Häusern  wohnten.  —  Am  7.  Dezember  1787 
stiftete  Friedrich  Wilhelm  II.  einen  Orden  für  die  Angehörigen  des  Kapitels. 
Ein  Exemplar  befindet  sich  in  der  städtischen  Sammlung.  Beschreibung  bei 
Schmidt,  Urk.-B.  v.  St.  P.  Nr.  533.  Die  Aufhebung  des  Stifts  durch  die  west- 
fälische Regierung  erfolgte  am  11.  Januar  1812,  der  letzte  Gottesdienst  war  am 
24.  Januar  1813.  Seitdem  diente  die  Kirche  zeitweise  als  Lazareth,  dann  bis  jetzt 
als  militärisches  Proviantmagazin.  Die  Gemeinde  wurde  zur  Martinipfarre 
verlegt  —  Vier  Siegel  des  Stiftes  beschreibt  von  Mülverstedt  in  der  H.-Z. 
1872,  30. 

Baugeschichte.  Schon  vor  Begründung  des  Klosters  bestand  neben  dem 
für  dasselbe  erwählten  Platze  eine  alte  St.  Pauluskirche,  welche  Bischof  Hilde- 
grim  erbaut  haben  soll.  Jede  Spur  von  ihr  ist  verschwunden.  Die  Anfänge  der 
noch  bestehenden  Kirche  stammen  aus  der  Zeit  der  Klostergründung,  nach 
welcher  vielleicht  die  älteste  Kirche  beseitigt  wurde.  Der  Kirchenbau  Buccos 
muss  sehr  unsorgfältig  gewesen  sein,  da  er  schon  zu  Bischof  Reinhards  Zeit 
ganz  trümmerhaft  war.  Dieser  stellte  das  Verfallene  wieder  her,  und  sorgte  für 
Bedachung  der  Klostergebäude.  Der  Probst  Alverus  (f  gegen  1136)  -erbaute 
den  Chor  und  das  Klaustrum  von  neuem,  führte  die  zerfallenen  Türme  wieder  vom 
Fundamente  bis  zur  Spitze  auf,  sorgte  für  die  Decken  im  Kirchenschiff  und  im 
Dormitorium,  schenkte  Glocken,  Bücher,  Dorsalien,  Teppiche,  Messgewänder  u.s.  w. 
Die  Ausbesserungen  wurden  in  der  Zerstörung  1179  zum  Teil  wieder  zunichte 
gemacht.  1180  ist  der  Zoll  vom  Gallusmarkt  bestimmt  zur  Bedachung  und  zum 
Wiederaufbau  der  Kirche.  Vom  ältesten  Bau  war  damals  nur  das  Kirchenschiff, 
und  auch  dieses  ohne  das  ursprüngliche  Dach,  ausserdem  einige  baufällige  Reste 
übrig.  Nach  einem  Brande  im  Jahre  1246  finden  wir  1252  den  Neubau  im 
Gange.  Die  Gelder  für  den  Kirchenbau  wurden  teils  durch  Sammlungen  an 
gewissen  Festtagen,  teils  durch  Ablässe  aufgebracht.  Solche  wurden  gegeben 
u.a.  1246,  1252,  1287,  1291,  1300,  1359,  1390.  Im  Jahre  1274  bestimmte  der 
Kanonikus  und  Kustos,  Magister  Albrecht  von  Groningen  testamentarisch  10  Mark 


Halberstadt  (die  Paulskirche:  Banbeschreibung)  359 


zu  einer  Kapelle  und  eines  Altars  da,  „wo  jetzt  das  alte  Sacrariura  ist."  Es  ist 
unklar,  welcher  Teil  des  Gebäudes  damit  gemeint  war.  Kurz  vor  dem  Dezember 
1363  begann  man  mit  dem  Bau  des  neuen  Chors,  da  der  alte  allzu  klein  und 
dunkel  war.  Die  Gelder  wurden  aufgebracht  durch  Spenden  der  Gläubigen; 
durch  eine  Stiftung  des  1363  bereits  verstorbenen  Kanon.  Ludolf  von  Braun- 
schweig; durch  Ablässe;  endlich  dadurch,  dass  man  die  Kanoniker  nötigte,  beim 
Amtsantritte  die  erkleckliche  Summe  von  2  Mark  zu  zahlen.  Noch  am  27.  Oktober 
1388  hören  wir  von  dem  Chorbau,  der  damals  schwerlich  schon  vollendet  wurde. 
Zur  selben  Zeit  waren  die  Dächer  und  viele  andere  Teile  der  Kirche  der  Wieder- 
herstellung dringend  bedürftig.  Offenbar  hat  damals  der  Gedanke  bestanden, 
die  ganze  Kirche  nach  und  nach  gotisch  umzugestalten.  Wie  häufig,  begann 
man  den  Neubau  mit  dem  Chor.  Nördlich  und  südlich  sind  an  demselben  von 
aussen  die  Ansätze  des  neuen  Querschiffs  zu  sehen  mit  den  Anfängen  je  eines 
Fensters.  Schon  früher  hatte  man  angefangen,  erst  das  nördliche,  dann  das 
südliche  Seitenschiff  zu  erweitern.  Von  da  an  verlautet  über  Neubauten  nichts; 
man  wird  sich  begnügt  haben,  die  erforderlichen  Reparaturen  zu  besorgen. 
1653  brannten  14  zur  Kirche  gehörige  Häuser  nieder.  Gegen  1703  war  das 
Kirchengebäude  in  sehr  schlechtem  Zustande,  besonders  das  Dach  drohte  mit 
Einsturz.  —  Zur  Verwaltung  der  Bauangelegenheiten  existierte  ein  Bauamt, 
dessen  Inhaber  (procuratores)  natürlich  Kanoniker  waren.  Ich  sehe  es  in  den 
Urkk.  zuerst  1358,  also  kurz  vor  dem  Chomeubau.  Seine  Bezahlung  erhielt  es 
durch  gelegentliclie  und  gewisse  feststehende  Unterstützungen.  Es  existierte 
noch  1702.  —  Die  Stiftsgebäude  lagen  nördlich  von  der  Kirche,  die  Dompropstei 
(1334)  an  der  Steile  des  jetzigen  Lazareths.  Erwätmt  werden  die  Sakristei  (1363) 
als  Aufbewahrungsort  von  Kostbarkeiten,  das  Schlafhaus  der  Vicare  (1457),  das 
der  Kanoniker  (1465),  das  Winterrefektorium  (1522),  das  Leiter-  und  Brunnen- 
kufenhaus (1623).  Der  Kreuzgang  (nördlich)  kommt  schon  1180  vor.  Die 
zwölf  Kurien  lagen  östlich  und  südlich  am  Paulsplan.  Badstuben  finden  sich 
1303,  1305  und  gegen  1365.  Letztere  wird  genauer  beschrieben  [U.-B.  v,  St.  P.]. 
Alle  waren  dem  Stift  zinsbar.    Jetzt  existiert  von  dem  allen  nichts  mehr. 

Beschreibung  des  Gebäudes.  Die  Kirche  enthält  ein  wunderliches 
Gemisch  von  Architekturen  und  profanen  Anbauten  und  ist  namentlich  in  der 
Mitte  verbaut.  Der  Kern  des  Bauwerks  ist  eine  einfache,  dreischiff  ige  Pfeiler- 
basilica  vom  Ende  des  11.  Jahrhunderts,  also  aus  einer  Zeit,  für  welche  derartige 
Beispiele  in  unsem  Gegenden  nur  vereinzelt  sind;  in  der  Anlage  vermutlich 
das  Vorbild  für  die  Liebfrauenkirche,  wahrscheinlich  von  demselben  Alter  wie 
die  Moritzkirche;  man  hatte  eben  damals  in  die  der  Bischofstadt  nach  allen  Seiten 
angehängten  Vorstädte  verscliiedene  Kirchen  für  die  betreffenden  Gemeinden 
zu  bauen.  Während  aber  von  den  Unbilden  der  Fehden  und  Brände  die  Moritz- 
kirche mehr  gelitten  hat,  kann  man  hiermit  grösserer  Gewissheit  die  ursprüngliche 
Anlage  feststellen.  Den  Grundriss  der  Reconstruktion  zeigt  Fig.  146  in  der 
Weise,  wie  ihn  Elis  in  der  Harzztschr.  1886  veröffentlicht  hat.  Das  Mittelschiff, 
von  doppelter  Höhe  und  Weite  wie  die  Seitenschiffe,  ist  noch  vorhanden,  ebenso, 
wenn  auch  etwas  beschädigt,  das  Querschiff.  An  der  Nord  wand  unweit  der 
Thüren  ist  ein  gotisches  Portal,  an  der  des  nördlichen  Kreuzarmes  befindet 
sich  eine  rundbogig  überwölbte  romanische  Thür  in  Kleeblattform.   Die  OberlichtfM* 


360        Halberstädter  Stadtkreis:  Ealberstadt  (die  FanlskiTche:  Baubeschreibung) 


Halberstadt  (die  Pautskirche:  BaubeschreiboDg) 


361 


i. 


862        Halberetfidter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  PaulsVircbe:  Baaliescbreibung) 


Fig.  148. 

im  Mittelschiff  sind,  wenn  auch  trümmerliaft ,  erhalten.  Die  Aussenfronten  der 
alten  Seitenschiffe  fohlen,  man  kann  aber  ihre  Lage  an  den  auf  uns  gekommenen 
Türmen  noch  deutlich  sehen.  Die  im  14.  Jahrliundert  angebauten  neuen 
erweiterten  Seitenschiffwande  zeigen  ähnlichen  Stil  wie  der  neue  Chor.  Leider 
wird   der  Innenraura    bis  jetzt  nie   ganz  leer.     Untersuchungen   dort  siod  daher 


Halberstadt  (die  Fäulskirche:  Baubeschreibnng)  363 


nur  selten  und  in  ganz  beschränktem  Masse  möglich,  und  es  musste  leider 
darauf  verzichtet  werden,  eine  selbständige  Grundrissaufnahme  zu  geben.  Fig.  147, 
welche  den  Grundriss  des  jetzigen  Zustaudes  andeutet,  ist  daher  gleichfalls  nach 
Elis  gegeben.  Zum  Glück  ist  die  Zeit  nahe,  wo  das  neue  Proviantmagazin  fertig 
wrid.  Nach  der  sodann  geschehenden  Räumung  der  Kirche  wird  an  deren 
Untersuchung  gegangen  werden  können.  Die  Innenarkaden  stehen  noch  unver- 
sehrt und  enthalten  je  fünf  quadratische  Pfeiler  mit  attischer  Basis  und  gleichem 
Kapital.  Die  Breite  der  Pfeiler  ist  verschieden,  zwischen  0,79  und  0,85  m.  Ihre 
Abstände  schwanken  zwischen  2.50  und  2,78  m.  Dass  derartige  Verschieden- 
heiten lediglich  Zufall  sein  können,  entstanden  durch  mangelnde  Beaufsichtigung 
der  Handwerker,  ist  eine  bei  mittelalterlichen  Bauten  oft  zu  machende 
Beobachtung.  Ein  Pfeiler  soll  ein  Kapital  mit  Schachbrettmuster  aufweisen. 
Dem  grossen  Triumphbogen  scheint  ein  zweiter  Bogen  zu  entsprechen,  mit 
welchem  sich  vermutlich  der  Turmbau  gegen  das  Mittelschiff  öffnet,  denn  da 
1721  verlangt  wird,  die  neue  Orgel  solle  „unter  dem  Turme"  stehen,  so  muss 
hier  ein  Einbau  und  eine  Orgelempore  existiert  haben.  Die  Decke  mag  ehemals 
gerade  und  von  Holz  Jgewesen,  die  Einwölbung  mit  spitzgratigem  Tonnen- 
kreuzgewölbe späteren  Datums  sein.  Der  alte  Altarraum  samt  seiner  Apsis  ist 
abgebrochen.  Zu  beiden  Seiten  des  Altarraumes  befanden  sich  zwei  Nebenräume, 
wahrscheinlich  beide  zweigeschossig,  von  eignen  aber  nur  noch  der  südliche 
existiert;  sie  waren  vielleicht  ebenfalls  mit  Apsiden  geschlossen.  Dann  hätte  die 
Kirche  drei  Apsiden  neben  einander  gehabt,  wie  die  Liebfrauenkirche,  eine 
Vermutung,  welche  zuerst  Elis  (H.-Z.  1886)  aufgestellt  hat.  (Fig.  146).  Die  Turm- 
partie (Fig.  148),  mit  z.  T.  überraschend  klein  geformten  Quadern  verblendet,  ver- 
wandt mit  derjenigen  der  Moritzkirche,  steigt  wuchtig  und  wirkungsvoll  empor. 
Unten  befindet  sich  ausser  ein  paar  Luken  eine  zugemauerte  rundbogige 
Öffnung,  das  ehemalige  Westportal,  bei  welchem  die  eigentümliche  Bogenbildung 
technisches  Interesse  hat.  Dass  hier  einmal  eine  Westapsis  vorhanden  gewesen 
sei,  ist  aus  der  Beschaffenheit  der  Turmmauer  nicht  zu  erkennen.  Über  dieser 
vermauerten  Thür  ist  ein  grösseres,  viereckiges  Fenster,  unterhalb  dessen  ein 
schmales  Gesims  sich  quer  über  den  ganzen  Turmbau  zieht  Die  Türme  sind  eins 
mit  dem  zwischen  ihnen  befindlichen  Mittelbau.  Er  enthält  zwei  grössere,  ge- 
kuppelte, sehr  einfache  romanische  Fenster,  getrennt  durch  einen  breiten  Pfeiler 
mit  Schachbrettkämpfer.  Die  Ausführung  ist  nach  Westen  und  Osten  dieselbe. 
(Fig.  149).  Unter  dem  Mittelbau  ist  eine  kleine  rundbogig  eingewölbte  Nische  mit 
Relief:  Christus  thronend,  über  ihm  das  nach  links  blickende  Lamm;  Entstehungs- 
zeit 13.  Jahrh.  Das  Dach  setzt  ursprünglich  auf  dem  noch  vorhandenen  unteren 
Turmgesimse  auf.  Der  obere  Turmteil  mit  den  teils  rund-,  teils  spitzbogigen  Schall- 
löchern ist  später  hinzugefügt,  wahrscheinlich  nach  dem  Brande  1246.  Der  neu 
angebaute  Chor  ist  von  beträchtlicher  Höhe  und  im  halben  Achteck  geschlossen.  Die 
Kippen  des  gegossenen  Gewölbes,  welche  kräftig  hervortreten,  haben  herzförmigen 
Durchschnitt.  Die  zwischen  den  einfach  abgetreppten  Strebepfeilern  emporsteigenden 
Fenster  (Fig.  150)  sind  hoch  und  schlank,  dreifach  längs  geteilt  und  endigen  in  je  drei 
DreipÄSsen.  Zierrat  ist  bei  ihnen  >vie  bei  dem  Chorbau  überhaupt  spärlich;  von 
guter  Wirkung  sind  die  im  Viertelkreis  vertieften  kräftigen  Hohlkehlen,  welche 
die  Fensterleibungen  begleiten.    An  der  Südwestecke  der  Kirche  (Fig.  151)  tritt  einfe 


HalbeiBtadt  (die  Panlsbirche:  Wandmalereien,  Glocken) 


Wegräumung  der  jüngsten  liässlichen  Zutliaten  ihr  leicht  wieder  ein  würdiges 
Ansehen  verleihen  könnte.' 

Von  dem  noch  vorhandenen  Skulpturenschmuck  ist  schon  geredet. 
Malereien  finden  sich  spurenweise  im  Innern  auf  dem  feinen  Stuckputz, 
welcher  die  Mauern    bekleidet,   darunter   am   1,,  2.  und  3.  Pfeiler  der  Nordseite 


366  Ealberstadt  Stadtkreis:  Halborsladt  (die  Paulskirche:  Altäre) 

[Altäre:  Hochaltar  Ö.  Peter-Paul,  im  alten,  später  im  neuen  Chor.  — 
S.  Joliannis-Erang.  (1275).  Eine  Eommission  der  li.  Anna  und  Juhann  Baptista 
gestiftet  vom  Vikar  Konrad  Ostendorp  (1502).  —  H.  Kreuz  (1282).  —  Liebfraiien, 
in  einem  der  Seitenchöre  (1^103).  Eine  Kommission  daselbst  stiftete  1493  der 
Vikar  Franz  Kothen.  —  S.  Andrea  (1313).    Vikarie,  gestiftet  vom  Schulmeister 


Fig.  151. 

Mag.  Dietrich.  —  S.  Pancratii  (1327).  Der  letzte  Vikar  wurde  Laie  (1573),  worauf 
die  Vikarie  eingezogen  wurde.  —  S.  S.  Vincentii  und  Oodehardi  (1328),  gestiftet 
von  Adelheid,  Witwe  des  Rudolf  von  Olzckow.  —  S.  Maria  Magdalena  (1330), 
gestiftet  vom  Ritter  Rudolf  von  Schauen,  die  zweite  Vikarie,  gegründet  vom 
Kanon.  Dietrich  von  Oscberslcben  (1375).  Patronat  des  Decbanten  seit  1425.  — 
S.  S.  Phiiippi  und  Jacobi  (1333).  —  S.  Georg  —  (1335).    Eine  nicht  näher   be- 


Halberstadt  (die  Paulskirctae :  Inventar)  367 

zeichnete  Vikarie  stiftete  der  Kanon.  Mag.  Meinhard  von  Osterwiek  (1349).  — 
S.  Matthiä  (1365).  Patronat  des  Stiftskapitels.  —  S.  Barbara  (1388),  gehörte  zur 
Kantorei  (1592?).  —  S.  S.  Fabiani  und  Sebastiani  (1395).  Patronat  zwischen  Hat 
und  Kapitel  streitig.  —  S.  Magni  (1485).  Kommende  dabei  (1516).  — -  S.  Katha- 
rina (1522).  Seine  Vikarie  sollte  1530  wegen  Verarmung  der  Pfarre  dieser 
einverleibt  werden.  —  Ein  kleiner  Altar,  mitten  in  der  Kirche  (1708).  War 
wohl  zum  Gebrauch  der  Evangelischen.] 

[Chorgestühl  (1335),  Predigtstuhl  und  Mittelstühle  mit  Vorbänkchen  (1623).J 

[Orgeln.  Die  erste  1388,  die  zweite  (1579  erneuert)  1573  erwähnt.  Die 
dritte  wurde  von  Kapitel  und  Gemeinde  beim  Orgelbauer  Christof  Cuncius 
bestellt.  Sie  sollte  unter  dem  Turme  stehen  (s.  oben)  und  bis  Michaelis  1721 
geliefert  werden.  Sie  zeigte  Verzierungen  in  Schnitzwerk  und  kostete  800  Thal  er. 
Die  beiden  vorhandenen  kleinen  Orgeln  wurden  in  Zahlung  gegeben.] 

[Metallgeräte:  ein  silberner  Becher  von  9  Ijoth,  ein  Becher  odersilbeme 
Schale  von  29  Loth,  ein  am  Fuss  versilbertes  Glas,  ein  grosses  Becken;  ein 
Löwe  aus  Messing  (Aquamanile?),  zwei  zinnerne  Flaschen.  Alles  gestiftet  durch 
Testament  des  Seniors  Joh.  Piwe  (1524);  ein  Kelch  1564.] 

[Leuchter  zur  Osterkerze  1456.    Kandelaber,  fün farmig,  1540.] 

[Reliquienbehälter  1317.] 

[Gewebe:  Zwei  goldgestickte  seidene  Tücher,  eines  zur  Kasula,  das  andere 
zum  Gebrauch  bei  Exequien  bestimmt,  geschenkt  vom  Kanon.  Ludwig  von 
Braunschweig  (f  1363).] 

[Bücher:  Summa  Raymundi,  Speculum  rationale  divinorum  und  noch  ein 
Codex.    Geschenk  des  vorigen.] 

[Über  das  Ganze  vergl.  Schmidts  Inventar  des  Kirchenschatzes  in  den  Magd. 
Gesch.-Bl.  1868,  p.  443  ff.] 

Uhr.  Hoch  oben  an  der  Südseite  des  südlichen  Turmes  sieht  man  die 
Reste  einer  grossen  Sonnenuhr. 

Grabstätten  und  Epitaphien.  Beerdigt  wurde  seit  alter  Zeit  sowohl 
auf  dem  zur  Kirche  gehörigen  Friedhofe,  als  auch  im  Kreuzgange  und 
innerhalb  der  Kirche.  Letztere  Stelle  war  -noch  1708,  wo  das  Kapitel  die 
Aufsicht  darüber  behauptete,  im  Gebrauch,  wenn  auch  selten.  Epitaphien  sind 
gegenwärtig  nur  in  ein  paar  Fragmenten  mit  unleserlicher  Inschrift  nachweisbar. 

[Schmidt  nennt  im  Ü.-B.  von  St.  P.  Nr.  416,  433  und  473  drei  Epitaphien, 
die  vielleicht  auch  noch  existieren.    Ich  führe  sie  nach  seiner  Beschreibung  an : 

a)  Grabschrift  des  Thesaurarius  Heinrich  Kloke  Anno  Domini  1521  domi- 
nica  decima  quinta  mensis  Decembris  obiit  venerabilis  dominus  Hinricus 
Kloke,  hujus  ecclesie  thesaurarius  et  canonicus,  cujus  anima  requiescat  in 
pace.  In  der  Kirche.  ,J)argestellt  ist  der  Verstorbene  mit  der  Rechten  segnend, 
in  der  Linken  einen  Kelch,  unten  links  das  Wappen,  ein  Zweig  mit  Eichen- 
blättern zwischen  H-K.*' 

b)  Grabschrift  des  Senior  Joh.  Fiwe:  1524  ipso  die  Gregorii  obiit  vene- 
rabilis vir  dominus  Johannes  Piwen,  hujus  ecclesie  senior  et  ad  50  annos 
decanus,  cujus  anima  requiescat  in  pace.  In  der  Kirche.  „Dargestellt  ist  der 
Verstorbene  mit  Kelch  in  der  Linken,  in  den  4  Ecken  die  Tiere  der  4  Evangelisten." 


1 


368  Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Johanniskirche:  Geschiebte) 


c)  Grabschrift  des  Dechanten  Michael  Ketteier.  Anno  Domini  1567.  i8*  No- 
vembris  [obiit]  venerabilis  dominus  Michael  Ketteier,  hujus  ecclesie  decanus. 
[cujus  auima]  requiescat  in  pace.  In  der  Kirche.  „Der  Verstorbene  ist  dar- 
gestellt mit  Kelch  in  der  Linken,  in  den  vier  Ecken  die  Tiere  der  vier 
Evangelisten.'' 

Ausserdem  hat  in  der  Kirche  der  Thesaurarius  Heinrich  Bode  (f  1540)  seine 
Grabstätte  gehabt] 

Die  St.  Johanniskirche 

Litteratur:  Mag.  J.  G.  Derling,  Historische  Nachrichten  von  der  Kirche  8.  JohaDois 
in  Halberstadt  1748.  Lucanus,  das  ehemalige  S.  Johanniskloster  in  Halberstadt  (Halb. 'er 
gem.  Unterh.  1809,  II,  356 ff.).  Batzeli,  Kurze  geschichtliche  Nachricht  von  der  Kirche  und 
Gemeinde  Set.  Johannis  zu  Halberstadt  1848.  —  H.-Z.XXIV.,  499;  XXTI,  40,  45,  188; 
XXIII,  259.     Die   Johann isschule  XXI,    160. 

Quellen:  Die  Urkunden  bespricht  v.  Miilverstedt  in  der  H.-Z.  V,  SlfiT.  Sie  sind 
von  G.  Schmidt  gesammelt,  aber  nicht  zum  Abdruck  gebracht.  Er  hat  besonders  ein  Manu- 
skript der  Jenaer  Universitäts-Bibliothek  benutzt,  betitelt  Copiale  sive  Diplomatarium  mona- 
sterii  s.  Johannis  extra  muros  Halberstndiensis  (Rud.  MS.  fol.  288);  es  enthält  zweihundert- 
undneun beschriebene  und  eine  Anzahl  von  unbeschriebenen  Blättern.  Schmidt«  Kopien 
liegen  im  Archive  zu  Wolfenbüttel.  Für  das  Folgende  sind  sie  von  mir  benutzt  worden.  Vgl. 
auch  V.  Heinemann,  Bruchstück  eines  Nekrologiums  d.  Joh.  Kl.  zu  Halb.  H.-Z.  II,  2,  1 — 14. 

Die  Namen  unter  welchen  das  Stift  in  den  Quellen  genannt  wird,  sind 
durch  V.  Mülverstedt  a.  a.  0.  in  reicher  Menge  aufgezählt. 

Geschichte:  Das  Stift  wurde  angeblich  an  der  Stelle  der  alten  Burg 
Hartingau  gegen  das  Jahr  1030  durch  Bischof  Brantog  begründet,  als  dieser, 
nach  langer  Abwesenheit  zurückkehrend,  sein  Bistum  in  besonders  grossem 
Wohlstande  vorfand.^  Es  war  seit  1107  (oder  um  1120?)  ein  reguliertes  Chor- 
herrenstift unter  der  Regel  des  h.  Augustin,  und  unter  dem  Patronate  des  hh.  Jo- 
hannis d.  T.  und  Evang.  wurde  durch  Bischof  Reinhard  verbessert  und  erhielt 
die  Konfirmation  unter  Bischof  Ulrich.  An  der  Spitze  stand  der  Probst,  der 
zugleich  Archidiakon  des  Bannes  Gerdekestorp  war;  Schilderung  einer  Probst- 
wahl  im  Tagobuche  des  Matth.  v.  Oppen  p.  295f.  Die  Ijage  des  Klosters  war 
zunächst  innerhalb  der  Stadt  Hier  erlitt  es  1060  und  1179  Zerstörungen, 
denen  1209  eine  dritte  durch  Otto  IV.  folgte.  Nachdem  es  im  Anfange  des 
14.  Jahrhunderts  durch  den  Grafen  von  Regenstein  und  Bischof  Albrecht  wieder 
hergestellt  und  mit  Büchern,  Kirchenschmuck  und  Glocken  beschenkt  war,  geriet 
das  Stift  anscheinend  durch  die  Verkleinerung  der  Stadt  oder  aus  andern  nicht 
festzustellenden  Ursachen  ausserhalb  der  Ringmauer,  wahrscheinlich  im  13.  Jahr- 
hundert zu  Bischof  Volrads  Zeit.  •  Durch  Gregor  IX.  erfolgte  1228  die  Be- 
stätigung der  Statuten  des  Stiftes,  besonders  auch  der  Augustinerregel.  Auch 
die  Stiftsgüter,  welche  wir  schon  1153,  1199  und  1225  näher  bezeichnet  finden, 
werden  damals  nochmals  ausdrücklich  aufgezählt.  Demnach  gehörte  dazu  die 
Alexiuskapelle  samt  dem  Hospital,  eine  Anzahl  Häuser,  welche  extra  jus  fori 
waren,  ein  Keller  mit  Gebäuden,  drei  Scharren ,  acht  Krämer  und  fünf  Schuster- 

^  Sein  Todestag  (27.  Aug.)  wurde  noch  in  späteren  Jahrhunderten  in  der  Klosterkirche 
feierlich  begangen. 


J 


Halberstadt  (die  Johannisldrclie:  Geschichte)  309 


buden,  zwei  Worten  mit  zwei  Hufen  im  Klosterbezirk,  ein  Vorwerk  und  sechs 
Hufen  nebst  deren  Zehnten ;  ein  Garten,  eine  Mühle,  ein  Spital  samt  ihren  Worten ; 
eine  Mühle  ausserhalb  nebst  Weidengebüschen  und  zwei  Worten  u.  s.  w.  Ausser- 
dem Besitzungen  in  Nigendorp,  Ergstedt,  Werstedt,  Holtemmenditfurt  und  Run- 
stedt,  Wetteborn,  (Hesemberche,  Jerxheim),  Heiligendorf,  Nigenhagen,  Hütten- 
rode,  Albrechtesvelde,  Wigenrode,  Westerhausen,  Herlestorp,  Oster-  und  Wester- 
bömecke,  Suiten,  Klein-  und  Gross-Harsleben,  Heudeber,  Altenrode,  Achim, 
(Volcsem,  Reddeber,  Gevensleben),  Vatenstide,  (Jerdekestorp),  Upplingen,  Gundenes- 
leve,  Meiendorp,  Emeringe,  Badesleben,  Nigendorp,  Bersleve,  Betlege  und  sonst 
mehr.  In  der  1261  von  Alexander  VI.  erlassenen  Erneuerung  derselben  Urkunde 
kommen  dazu  noch  Häuser  am  Markte  und  anderwärts,  femer  Vinkestorp,  die 
oben  eingeklammerten  Namen  aber  fehlen.  Die  Vogtei  über  das  Kloster  hatte 
seit  1221  der  Bischof,  welchem  das  Stift  einen  jährlichen  Zins  von  zwei  Mark 
zu  zahlen  hatte.  Über  die  nächste  Zeit  mangelt  es  an  Nachrichten.  Berichtet 
wird,  dass  das  Stift  1325  unter  den  Streitigkeiten  zwischen  Bischof  Albrecht  H. 
und  Bernhard  III.  von  Anhalt  zu  leiden  hatte.  1363  hören  wir,  dass  das  Stift 
durch  Brand  und  Plünderung  sehr  geschädigt  worden  sei.  Der  Union  der  Stifter 
trat  es  1369  und  1386  ebenfalls  bei.  Besonders  eng  befreundet  war  es  mit  dem 
Bonifatiusstift;  Gesang  und  viele  Gebräuche  des  Gottesdienstes  waren  trotz- 
dem anders  als  dort.  Bei  der  Neuordnung  des  Stifts  1494  wurde  auch  jener 
alte  Freundschaftsbund  erneuert.  Im  Juni  1363  wurde  dem  Stifte  die  Stadt- 
kirche S.Martini  nebst  deren  Patronat  einverleibt.  Sonstige  Patronate  hatte  das 
Stift  über  die  Kapelle  B.  M.  Virginis  und  die  Kapelle  S.  Alexii  in  Halberstadt, 
Oerdekestorp,  die  Kapelle  S.  Johannis  Bapt  in  Holtemmenditfurt  (vgl.  oben 
p.  lOf),  die  Kirchen  in  Nienhagen,  Osterode  (s.  oben  p.  82), Veitheim  (oben  p.  146), 
Watenstedt  1529  ereignete  sich  ein  grösserer  Brandschaden.  Als  die  Reformation 
kam,  nahm  nur  die  Gemeinde  diese  an  (1539),  während  das  Stift  katholisch  blieb. 
Darnach  existierte  die  Kirche  noch  bis  1631 ,  wo  die  Schweden ,  um  den  Kaiser- 
lichen einen  wichtigen  Stützpunkt  zu  rauben,  sie  samt  dem  ganzen  Kloster 
zerstörten.  Die  Trümmer  wurden  1633  beim  Neubau  der  Stadtmauer  am  Breiten 
Thore  mit  verwendet;  elf  Jahre  später  erfolgte  die  gänzliche  Beseitigung  der 
Überreste  durch  die  Schweden  unter  dem  Obersten  Karl  Weiss.  Die  Stifts- 
geistlichkeit siedelte  in  die  Stadt  nach  dem  sog.  Lüder'schen  Hofe  über,  wo  ihre 
Zahl  bald  so  gering  wurde,  dass  der  Grosse  Kurfürst  ernstlich  an  die  Aufhebung 
des  Stiftes  dachte;  erst  1667  gab  er  diese  Absicht  auf  (H.-Z.  1872,  34 ff.).  Noch 
einmal  drohte  dieselbe  Gefahr  1708,  dann  führte  das  Stift  sein  bedeutungsloses 
Dasein  noch  bis  1804,  wo  es  durch  die  preussische  Regierung  am  2.  Oktober 
aufgehoben  und  zur  königlichen  Domäne  umgewandelt  wurde.  Die  Stiftsgebäude 
(am  Grauen  Hofe  gelegen),  an  welchen  seit  1684  und  besonders  1689  gebaut 
worden  war,  dienten  von  da  an  profanen  Zwecken;  die  Stiftskirche  ist  heute 
ein  Kornmagazin  (s.  u.). 

Inzwischen  hatte  die  seit  1539  protestantische  Gemeinde,  welche  seit  1540 
als  ersten  evangelischen  Prediger  einen  Johann  Schacht  angestellt  hatte,  für  Ein- 
richtung einer  eigenen  Kirche  gesorgt,  freilich  erst  nach  verschiedenen  vergeblichen 
Anfängen.  Zuerst  behalf  man  sich  im  Johanniskloster,  seit  1564  in  der  Franzis- 
kanerkirche, seit  1627 j  durch  Tilly  genötigt,  jene  zu  verlassen,  wieder  in  der 

Kreta  Halbentadt.  U 


370        HalberstSdter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Johanniskirche:  Ältester  Bau) 


Johannisklosterkirche,  dann  in  verschiedenen  Frivathäusem.  1589  hatte  die  Pfarre 
605  Hauswirte,  sie  umfasste  damals  das  Westendorf  und  die  Yogtei.^  1589  gab 
es  ein  neues  Pfarrhaus  auf  dem  Barfüsserkirchhofe  und  eine  neue  Eüsterei  bei 
der  Alexiuskapelle.  Die  Kirche  und  die  Schule,  welche  damals  3  Lehrer  und 
150  Schüler  umfasste,  verwalteten  die  Bauerraeister,  Alterleute,  Vorständer  und 
die  Gemeinde.  £rst  1635  war  es  der  Gemeinde  möglich,  auf  einem  vordem  der 
Familie  von  Marenholz  gehörigen  Gebiete,  abseits  von  der  Strasse  (wie  es  die 
Katholiken  erzwangen)  ihre  Kirche  als  erste  protestantische  in  Halberstadt  her- 
zurichten. Die  Kosten  wurden  durch  Sammlungen  in  Niedersachsen  aufgebracht, 
wobei  auch  Christine  von  Schwedeni  Torstenson,  Königsmark  und  andere  be- 
deutende Personen  Beiträge  leisteten.  Die  Gesamtkosten  des  Baues  betrogen 
6700  Thaler.  Die  Grundsteinlegung*  war  am  29.  Juni  1646,  die  Weihe  am 
9. März  1648.  Bald  darnach  wurde  neben  der  Kirche  ein  Glockenhaus  erbaut; 
das  jetzt  dort  befindliche  ist  aber  bereits  das  zweite,  es  besteht  seit  1680.  — 
2  Siegel  des  Stifts  beschreibt  v.  Mülverstedt  in  der  H.-Z.  1872,36. 

Beschreibung  der  Gebäude.  [A.  Die  alte  Klosterkirche  (domus 
beati  Johannis).  Sie  war  eine  zweitürmige  Anlage  ungefähr  in  der  Grösse  wie  die 
Moritzkirche.^  Der  Baucharakter  war  ursprünglich  romanisch,  insbesondere  ver- 
blieben die  Türme  in  diesem  Stile.  Das  Gebäude  bot  im  übrigen  in  späterer 
Zeit  Proben  der  Gotik  wie  besonders  der  Renaissance.  Denn  einesteils  ist  keine 
der  fünf  Zerstörungen  zwischen  1030  bis  1631  einer  völligen  Ausrottung 
gleichgekommen;  andemteils  machten  jene  Verwüstungen  jedesmal  Aus- 
besserungen nötig,  bei  denen  natürlich  an  keine  Nachahmung  des  alten  Stils 
gedacht  wurde.  Sehr  durchgreifend  wird  die  Erneuerung  nach  1209  gewesen 
sein.  Wie  der  Chor  gestaltet  gewesen  ist,  der  1325  zuerst  urkundlich  erwähnt 
wird,  aber  jedenfalls  schon  vorher  vorhanden  war,  lässt  keine  der  Abbildungen 
erkennen.  Yielleicht  war  die  Ostseite  gleich  der  der  Moritzkirche  geradlinig 
geschlossen.  Man  vergleiche  die  Stadtansicht  auf  Seite  213  (Fig.  76)  und  dag 
beigefügte  Bild  aus  dem  Buche  von  Derling  (Fig.  152).  Vielleicht  auch  ist  der 
Chor  schon  im  16.  Jahrhundert  verloren  gewesen  und  nicht  wieder  erbaut  worden. 
Das  Kirchenschiff  ist  auf  Fig.  76  sicher  falsch  gezeichnet,  da  es  dort  einschiffig 
ist,  nur  drei  Fenster  zeigt  und  die  Türme  beiderseits  breit  darüber  hinaustreten. 
Ein  solcher  Zustand  kann  bei  der  Bedeutung  des  Klosters  Ende  des  16.  Jahr- 
hunderts unmöglich  mehr  bestanden  haben.  Die  (freilich  auch  sehr  schlecht 
gezeichnete)  Derling'sche  Abbildung  zeigt  dagegen  das  Kirchenschiff  breiter  als 
den  Turmbau,  zweitens  die  Anlage  oben  rundbogiger  hoher  Fenster  zwischen 
abgetreppten  Strebepfeilern,  ein  zugehöriges  Querschiff  und  eine  südlich 
angebaute  Kapelle,  Teile,  welche  ersichtlich  erst  im  16.  Jahrhundert  erbaut  sind. 
Die  Dächer  der  genannten  Kapelle  und  eines  nördlichen  Nebenraumes  zeigen 
Benaissanceformen.    Das  Dach   des  Kirchenschiffes  auf  Fig.  152  überdeckt  den 

^  Vgl.  Nebe,  KirchenvlBit.  p.  47 £f.  Daselbst  sind  auch  die  VorschriA«n  abgedruckt, 
welche  damals  für  das  Amt  des  Pastors,  die  Wahl  und  Obli^euheiten  der  Alterleute,  die 
Schulverwaltung  und  die  Armenpflege  galten. 

'  Nachrichten  über  alles  dies  sind  von  dem  damaligen  Pastor  Matthias  LadoTins 
hinterlassen. 

'  Die  Bezeichnung  munstere  (1369)  beweist  für  Ihre  Grösse  nichts. 


Halberstadt  (die  JohaDniskirche:  Ältester  Bau)  371 

gesamten  Bau,  eine  basilihale  Anlage  ist  also  hier  nicht  mehr  zu  erkennen,  und 
so  lässt  sich  schliessen,  dass  der  Bau  bei  der  von  den  YorstäudeD  der  Kirche  1592 
veranlassten  Änderung  (Wlnnigstedts  Chronik  p.  422)  oder  bei  dem  Neubau  nach 
1587  die  Form  einer  Hallenkirche  erhalten  bat 

Die  Klostergebäude  lagen  überwiegend  an  der  Nord-  und  Ostseite  der 
Kirche.  Erwähnt  werden  urkundlich  das  refectorium  dominocum  et  puerorum 
1309,  das  refectorium  1336,  das  Winterrefectorium  1363.  Der  Kreuzgang,  über 
dem  die  Conventsräume  sich  befanden  (Fig.  152)  lag  an  derNordseite  der  Kirche. 


Fig.  152. 

Er  mag  wohl  noch  alt  gewesen  sein,  wogegen  der  Convent,  die  nordöstlich 
gelegene  Probsteikurie  (eine  frühere  wird  schon  1450  genannt)  und  die  Qebäude  im 
Osten  der  Renaissance  angehörten.  Der  ganze  Bezirk  war  wenigstens  in  früherer  Zeit 
ummauert;  aus  ihm  führte  durch  ein  (später  beseitigtes)  Thor  über  eine  Brücke 
der  Weg  zu  dem  gleichfalls  ummauerten  Begräbnisplatze  (urkundlich  1486).  Von 
Kapellen  werden  erwähnt:  8.  Marien  gegen  1204,  S.  Maria  Magdalena  1320.  Über 
die  Lage  der  Schule  ist  nichts  bekannt.  Sie  muss  zeitweise  in  Verfall  gewesen  sein, 
,  da  "Winnigstedt  (p.  373)  berichtet,  man  habe  sie  1522  wieder  aufgebaut.  An  der 
Spitze  stand  ein  Rektor,  der  zugleich  Kantor  war.  Unterrichtet  wurde  in  den  freien 
Künsten,  Griechisch  und  Hebräisch.  Lektionsplan  s.  Nebe,  Kirchen  Visitationen  p.  55. 
Das  Haus  des  Johannis-Kalands  lag  südlich  vom  Thomaskirchhofe  am  Burchardithor 
1318.  Das  Haus  der  Bruderschaft  IT.  L.  Fr.  zu  S.  Johann  stand  am  Lichtengraben  und 
war  1564  den  Schützen  als  Eigentum  überwiesen.  Das  Hospital  S.  Johannis,  1238 
zuerst  erwähnt,  der  h.  Jungfrau  geweiht,  ist  der  Lage  nach  unbekannt;  Bischof 
Ernst  Hess  es  zerstören.  1553  wurde  ein  neues  vor  dem  Kloster  erbaut.  Un- 
bekannt ist  endlich,  wo  der  Kapitelsaal  (1606)  sich  befand.  —  Von  Glocken  wird 


372     HalbersiAdter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Johanniskirche:  zweiter  und  dritter  Bau) 


eine  grössere  nebst  kleineren  erwähnt  1309.  1394  wurde  die  grosse  Glocke  der 
Kirche  von  Holtemmenditfurt  daselbst  vom  Kirchturm  genommen  und  in  der 
Kirche  des  Johannisklosters  aufgehängt  (s.  oben  p.  11).  Eine  Glocke  wurde  bei 
der  schwedischen  Zerstörung  verkauft,  die  andern  sind  nach  langem  Streite 
gegen  zehn  Hufen  Acker  an  die  jetzige  S.  Johanniskirche  gekommen.  Da  eine 
davon  bald  darnach  zersprang,  so  sind  jetzt  nur  noch  drei  übrig.  Beschreibung 
s.  unten  bei  Abschnitt  G.  —  Altäre  finden  sich  gegen  1204  erwähnt  Im  Einzelnen 
werden  genannt:  der  h.  Kreuzaltar  1233;  Marienaltar  1308;  S.  Anna  13*20;  S. 
Katharina  1320;  ein  Altar,  der  nach  Stiftung  des  Kanon,  zu  S.  Pauli  Burchard 
Pellel  erbaut  werden  sollte  zu  Ehren  der  hh.  Andreas,  Stephanus,  Vincenz, 
Euphrosyne  und  Maria  von  Ägypten  1339;  S.  Nikolaus  1340;  11000  Jungfrauen  1361. 

—  Von  sonstiger  Kirchenausstattung  gab  es  nach  den  Urkunden  ein  Ambo  1328; 

—  eine  Orgel  1309,  1350  (Reparatur  derselben  1551) ;  eine  neue  wurde  Ende  Juli 
1607  abgeliefert  und  1631  von  den  Schweden  vernichtet;  —  einen  dreiarmigen 
Kandelaber  in  der  Mitte  des  Ghors  1233;  —  Reliquien  des  h.  Johannes  1144;  — 
einen  silbernen  Kelch,  Stiftung  der  Königin  Richenza  (f  1141)  Gemahlin 
Lothars  ni.  (H.-Z.  1869,  2,3);  —  Bischof  Brantogs  angebliche  Kasula  „darinnen 
er  bey  nahe  100  Jahr  im  Grabe  gelegen,  ist  noch  im  Kloster  S.  Johannis,  welche 
der  Probst  des  Jahres  einmal  an  seinem  Anniversario  anthut,  und  ist  schwartz 
mit  güldnen  littem  eingewircket"  (Winnigstedt,  p.  277);  —  Ein  Pallium  aus 
unbekannter  Zeit  (H.-Z.  1869,  2, 1.)].  —  Noch  manches  andere  wird  bei  Derling 
erwähnt:  Tauf  stein  (s.  unten  bei  C.),  Gotteskasten,  Gestühle,  Luthers  und 
Melanchthons  Bildnisse,  Grabsteine  u.  s.  w.J. 

B.  Die  alte  St.  Johanniskapelle  am  Grauen  Hofe.  Das  Gebäude 
nebst  dem  zugehörigen  Hofe  war  ehemals  Eigentum  der  Grafen  von  Regenstein. 
Die  Kapelle  (unter  dem  Patronate  der  h.  Margarete;  genannt  grisea  capella) 
gehörte  den  Cisterziensern  vom  Kloster  Michaelstein.  Die  vom  Weihbischof 
Johann  1442  geweihten  Altäre  dienten  der  Verehrung  der  h.  Margarete  und  des 
h.  Jacobus  d.  J.  Das  jetzt  noch  erhaltene  Kapellengebäude  weist  nichts  dergleichen 
mehr  auf.  Es  ist  ein  mit  regelmässig  geformten  Sandsteinquadern  verblendetes, 
kleines ,  rechteckiges  Gebäude  mit  vier  Fensterachsen  (im  Lichten  lang  20,23  m ; 
br.  10,06  m).  Ein  Turm  oder  dergleichen  fehlt  Desgleichen  ermangelt  die  Kirche 
jeglicher  Kunstformen.  Die  Fenster  sind  lang,  oben  rundbogig  gesclJossen  und 
scheinen  diese  Form  erst  im  16.  Jälirhundert  erhalten  zu  haben,  während  die 
übrige  Technik  des  Gebäudes  diesem  ein  höheres  Alter  zuweist.  Das  Gebäude 
dient  gegenwärtig  als  Militärmagazin. 

C.  Die  jetzige  St.  Johanniskirche  im  Westendorfe.  Durch  ein  Ende 
des  17.  Jahrhunderts  erbautes  steinernes  Thor,  dessen  (freilich  schon  längst  kaum 
noch  erkennbare)  Inschrift  neuerdings  ganz  beseitigt  ist,  gelangt  man  in  den  ge- 
räumigen Vorhof,  auf  welchem  geradezu  sich  die  Kirche  mit  ihrer  Nordfront  er- 
streckt, während  rechts  von  ihr  abgesondert  der  Glockenturm  steht  Er  ist  im 
unteren  Teile  aus  Sandsteinquadem  mit  einfachem  quadratischem  Grundrisse  er. 
baut,  während  der  obere  Teil  in  Fach  werk  ausgeführt  ist  Eine  kleine  Haube 
bekrönt  ihn.  Die  Holzkonstruktion  ist  entsprechend  dem  Zwecke  des  Turmes 
ausserordentlich  stark  ausgeführt.     Die  vereinigten  Wappen  der  Vogtei  und  des 


Halberstadt  (die  Johanniskirche:  Banbeschreibang,  Ansstattung)  373 

Westendorfes  sind  an  der  Ostseite  angebracht  Über  die  Glocken  s.  unten.  Das 
Kirchengebäude  ist  ein  höchst  nüchtern  erdachter  langer  Fachwerkbau;  nur 
der  Westgiebel,  über  welchem  sich  ein  kleiner  Dachreiter  erhebt,  ist  von  Stein. 
Der  Chor  ist  in  fünf  Seiten  des  Zehnecks  geschlossen.  Die  Fenster  und  Thüren 
stellen  Nachahmungen  gotischer  Bauweise  dar,  zeigen  aber  keinerlei  Eunstformen. 
Immerhin  ist  bemerkenswert,  dass  die  Halberstädter  Bevölkerung  imstande  ge- 
wesen ist,  zu  den  Zeiten,  als  der  dreissigjährige  Krieg  seine  schlimmsten  Formen 
angenommen  hatte,  an  die  Ausführung  dieses  Baus  zu  denken  und  sie  auch 
wirklich,  wenn  auch  noch  so  einfach,  durchzusetzen.  An  eine  eigentliche  Aus- 
schmückung des  Innern  konnte  freilich  erst  nach  dem  Kriege  gegangen  werden. 
Sie  ist  verhältnismässig  reich  ausgefallen  und  enttäuscht  angenehm  die  nach  dem 
Anblicke  der  Aussenseiten  geringen  Erwartungen  des  Eintretenden.  Die  Decke, 
der  Kirche  zeigt  anmutige  flache  Kassettierungen  in  mannigfaltiger  Zeichnung, 
welche  stellenweise  durch  malerischen  Schmuck  noch  stärker  hervorgehoben 
wird.  In  gleicher  Weise  sind  die  Decken  der  Emporen  behandelt,  welche  letzteren 
auf  hölzernen  Säulen  ruhen,  die  z.T.  in  kräftiger  "Weise  geschnitzt  sind. 

Die  Fenster  sind  heutzutage  sehr  einfach;  einige  sind  mit  modernen  Glas- 
gemälden angefüllt.  Von  älteren  Glasmalereien  sind  acht,  in  Schmelzfarben  aus- 
geführte bürgerliche  Wappen  vorhanden,  ferner  zwei  vielfigurige  Scenen  (Ver- 
kündigung bei  den  Hirten  und  Einzug  in  Jerusalem),  datiert  1648,  in  derselben 
wenig  bedeutenden  Technik  hergestellt,  auch  in  der  Zeichnung  nicht  hervorragend, 
aber  als  Beispiele  des  Verfalls  der  Glasmalerei  kunstgeschichtlich  interessant 
Vielleicht  sind  die  beiden  Stücke  Reste  einer  grösseren  Reihenfolge,  oder  Anfang 
zu  einer  solchen,  die  nicht  vollendet  wurde. 

Der  Altar  ist  ein  vom  Ende  des  17.  Jahrhunderts  stammender,  reich  ge- 
schnitzter, etwas  schwerer,  aber  schön  gegliederter  Aufbau,  geschmückt  mit 
Farben  und  Vergoldung.  Seine  drei  Hauptteile  enthalten  übereinander  je  ein 
Ölgemälde,  nämlich  die  Predella  das  Abendmahl,  die  Mitte  die  Grablegung  Christi, 
der  obere  Teil  die  Kreuzigung.  Die  plastischen  Figuren  Mosis,  Aarons  (als  Hoher- 
priester),  der  vier  Evangelisten  und  andere  schmücken  das  Werk  und  heben 
dessen  Gliederung  noch  mehr  hervor. 

Die  Kanzel  ist  etwas  jünger  und  als  Kunstwerk  weniger  bedeutend  als 
der  Altar.    Sie  trägt  folgende  zwei  Inschriften: 

1.  Diese  Canzel  hat  zur  Ehre  Gottes  Herr  Andreas  Schmied  Bau- 
meister Kirchvater  vnd  dieses  Kirchenhaus  wolverdienter  Bauherr  vor  sich 
vnd  seine  heyde  Eheliche  Haussfrauen  Anna  Weinreben  vnd  Catharina 
Groben  Seel  aö  1653  setze  lassen. 

2.  Aö  1680  hat  zur  Ehre  Gottes  vnd  Zierde  dieser  Kirchen  diese  Kanzel 
illustrieren  vnd  vermählen  lassen  M :  Anton  Schaum  E.  E.  Rahts  Müller  alhier. 

Die  Kanzel  ist  reich  geschnitzt,  am  Corpus  mit  biblischen  Figuren  geschmückt, 
polychromiert  und  vergoldet.  Die  sie  tragende  Säule  stellt  Johannes  d,  T.  dar. 
Der  Schalldeckel  ist  in  passender  Weise  ausgeführt. 

Die  Orgel  soll  angeblich  aus  der  Halberstädte^  Franziskanerkirche  hierher 
übertragen  worden  sein.  Sie  zeigt  hübsche  Barockschnitzereien  und  das  Wappen 
des  Bischofs  Heinrich  Julius. 


374         Halberstädter  Stadtkreis:  Haiborstadt  (die  Johanniskirche:  Ausstattung). 


Der  Tauf  stein  ist  ein  überaus  wertvolles  Stück,  Bronceguss  des  13.  Jahr- 
hunderts. Ob  er  noch  aus  der  alten  Klosterkirche  heiTührt,  oder  von  anders 
woher,  ist  nicht  bekannt  Der  Fuss,  der  mit  vier  Löwenköpfen  geschmückt  ist, 
hängt  mit  dem  Kessel  nicht  zusammen,  zeigt  auch  eine  andere  Farbe  seines 
Metalls  (grünlich,  während  der  Kessel  gelb  ist),  so  dass  man  annehmen  darf,  dass 
hier  zwei  ursprünglich  nicht  zu  einander  gehörige  Teile  gelegentlich  vereinigt 
worden  sind,     (Abb.  Fig.  153).    Von  zwei  messingenen  Kronleuchtern,  deren 

einer  von  1692  datiert  ist,  der  andere 
aus  derselben  Zeit  herrührt,  hat  der 
erstere  acht  Arme  um  eine  Kugel  herum ; 
der  andere  deren  vierzehn  in  zwei  Etagen. 
Als  Henkel  dient  dem  ersteren  ein 
Mann  zu  Bosse,  dem  zweiten  ein  nackter 
Mann  mit  einem  Schwerte,  der  auf  einem 
Adler  reitet 

Altargeräte:  1.  Kelch,  Silber,  ver- 
goldet Höhe  046  m.  Um  den  Hals 
steht  üiria,  am  Knaufe  IHESVS,  unterhalb 
desselben  ll|tlli(.  Die  Jahreszahl  1A91 
steht  an  dem  Fusse,  der  sechslappig  ist 

2.  Kelch,  ebenso,  hoch  0,22  m.  Fuss 
sechslappig  mit  zwei  bürgerlichen  Wappen. 
Am  Knauf  IHESVS.    Datiert  1580. 

3.  Kelch ,  ebenso ,  hoch  0,24  m.  Am 
sechslappigen  Fusse  eine  silberne  Kreuzi- 
gungsgruppe. Am  Knauf  e  IHESVS.  Datiert 
1640.  Keine  Beschau-  und  Meisterzeichen. 

4.  Kelch,  ebenso,  hoch  0,19 m.  Mit 
Kreuzigungsgruppe.  Am  Knaufe  IHESVS 
17.  Jahrhundert 

5.  Patene.  Durchmesser  0,16  m.  Mit 
Vierpass,  am  Bande  ein  graviertes  Krouz. 
Halb. 'er  Beschau,  Meisterzeichen  MG. 

6.  Desgleichen,  ebenso  mit  vertieftem  Sechspass. 

7.  und  8.  Desgleichen.    Alle  übrigen  Geräte  sind  modern. 

Li  der  Sakristei  befindet  sich  ein  kleines,  in  Holz  geschnitztes  Relief  (lang 
0,45  m,  hoch  0,35  m),  polychromiert  In  der  Mitte  des  Vordergrundes  der 
gekreuzigte  Heiland,  neben  ihm  und  in  der  Landschaft  des  Hintergrundes 
biblische  Scenen  und  religiöse  Allegorien.  Unten  zwei  Wappen  und  die  Anfänge 
verschiedener  Bibelsprüche.  Das  Ganze  ist  von  einer  flachbogigen  Architektur 
eingeschlossen.    Gute  deutsche  Arbeit  von  etwa  1550. 

Von  den  sämtlich  ausserhalb  der  Kirche  befindlichen,  nicht  zahlreichen 
Epitaphien  sind  nennenswert  das  des  Kämmerers  Georg  Koggel  (f  1697),  in 
Sandstein  gearbeitet,  ebenso  wie  das  des  Ehepaars  Melchior  Runckel  (+ 1687)  und 
Elisabeth  Dolsch  (f  1710);  letzteres  zeigt  eine  grosse  Architektur  mit  der  rund 
gearbeiteten  geflügelten  Figur  des  Todes. 


TJV. 


Fig.  158. 


Halberstadt  (Johanniskirche :  Olocken  —  St.  Moritzkirche:  Geschichte)  375 

Von  den  auf  dem  oben  beschriebenen  Turme  hängenden  drei  Olocken  zeigt 
die  erste  die  Inschrift 

AVe  fllÄRLBL  6RÄCLBL  PL€HÄ 

Sie  ist  ein  Werk  des  14.  Jahrhunderts.    Höhe  1,15  m,  Durchmesser  1,08  m. 

Die  zweite  hat  die  Minuskelinschrift:  ano  •  dni  •  MCCCCXCVII  -  ave  • 
maria  •  consolor  -  viva  •  fleo  -  mortva  •  pello  •  nociva  -  vox  •  qvia  -  svm 
marie  •  voco  •  vos  •  orate  •  venite  •  amen  •  Mit  den  in  den  Mantel- ge- 
ritzten, also  auf  der  Glocke  in  erhabenen  Linien  stehenden,  0,40  m  hohen  Bildern 
Johannis  d.  T.  und  Johannis  d.  Ev.    Höhe  1,27  ra,  Durchmesser  1,35  m. 

Die  dritte  ist  aus  einer  älteren  1833  von  H.  Engelcke  in  Halberstadt  um- 
gegossen.   Durchmesser  1,40  m. 

Auf  dem  Kirchenboden  befinden  sich  Beste  Ton  Skulpturen,  unter  denen 
ein  Kruzifixus  von  höherem  Werte  ist  und  vielleicht  hergestellt  werden  könnte. 
Ausserdem  findet  sich  dort  das  leider  beschädigte,  zierlich  gearbeitete  Modell 
der  Kirche. 

5.  Die  St.  Moritz-  (Bonifatius-)  Kirche 

Quellen  und  Litteratur:  UrkundeDbuch  der  Kollegiatstiiter  St. BoDiÜEu^ii  und  St. 
Pauli  in  Halberstadt.  Bearbeitet  von  Dr.  Gustav  Schmidt  im  Auftrage  der  HiBtorischen 
Kommission  der  Provinz  Sachsen.  Halle  a.  S.  1881.  —  Hartmann  und  v.  Quast ,  in  der  Zeit- 
schrift för  christliche  Archäologie  und  Kunst  II.,  280—83.  —  v.  Mülverstedt,  in  derHarzzeit- 
schr.  1872,p.26f.  —  Elis,  ebendaselbst  1886,  p.  17  ff.  -•  Otte,  romanische  Baukunst  p.  560f.  — 
H.-Z.  XVI,  250. 

Oeschichte.  Bischof  Brantog  (s.  o.  Seite  168)  von  Halberstadt  gründete 
1034  das  Kloster  S.  Bonifatii,  als  er  von  seiner  Keise  nach  Palästina  zurückkehrte 
ausserhalb  der  Mauern  der  Stadt  in  dem  damals  noch  bestehenden  Dorfe  Boss- 
leben. Über  die  Geschichte  dieser  Gründung  und  die  der  Kapelle,  welche  später 
als  Rest  des  Klosters  dort  verblieb  und  noch,  jedoch  nicht  mehr  im  ursprüng- 
lichen Zustande,  besteht  vgl.  oben  p.  8  Kapitel  Wüstungen.  Wegen  der  Lage 
des  Stiftes,  welche  es  ähnlichen  Gefahren  aussetzte,  wie  sie  das  Johannesstift 
(s.  0.)  auszustehen  hatte ,  siedelten  die  Kanoniker  1237  oder  1238  in  die  Stadt 
über,  wo  ihnen  unter  Bestätigung  seitens  des  Bischofs  Ludolf  durch  den  Dom- 
probst, späteren  Bischof  Meinhardt  (s.  p.  173)  die  bisher  dem  Domkapitel 
gehörige  Kirche  St  Mauritii  am  22.  Juli  1237  abgetreten  worden  war.  Von  dieser 
Zeit  her  stammt  der  Bang  des  Stiftes  als  Kellegiatstift  regulierter  Augustiner- 
Chorherrn.  Auf  den  zugehörigen  Ländereien  innerhalb  der  Stadt  wohnten  die 
Kanoniker,  nachdem  sie  für  die  Entwässerung  der  feuchten  Gegend  gesorgt 
hatten  (mittels  eines  durch  die  Stadtmauer  geschlagenen,  in  die  Holtemme 
führenden  Abzugskanals)  und  erbauten  die  für  ihre  Zwecke  erforderlichen  Ge- 
bäude.   Der  in  der  Stadt  belegene  Kirchhof  wird  1313  genannt. 

An  der  Spitze  des  Kapitels  stand  der  Probst,  welcher  zugleich  Archi- 
diakon  des  Bannes  Hecklingen  war;  neben  ihm  der  Dechant,  als  erster  der 
Kanoniker,  deren  es  zwölf  gab.  Der  zweite  bekleidete  das  Amt  des  Kustos,  die 
übrigen  walteten  als  Schatzmeister ,  Kellerer  u.  s.  w.  und  führten  auch  die  zu- 
sammenfassende Bezeichnung  magistri.  Über  die  Art  der  Wahl  aller  dieser 
Personen  gab  es  bestimmte  Vorschriften,  deren  genaue  Wiedergabe  hier  zu  weit 


376  Halberstftdter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  St.  Moritzkirche:  Geschichte  —  Stiftsgebände) 

führen  würde.  Man  vergleiche  darüber  den  Text  im  Urk.-B.  v.  St  Bonif.  p,  284 ff. 
Einige  Änderungen  der  Statuten  erfolgten  1584  (daselbst  p.  Ü94).  Ein  neu  ein- 
tretender Kanonikus  hatte  (wie  1362  yersichert  wird,  nach  altem  Gebrauche) 
4  Mark  an  die  Kirche  zu  zahlen;  1484  zahlte  er  30  rheinische  Gulden  zum 
Kirchenbau,  3  Mark  für  den  bischöflichen  Dienst  und  2  rheinische  Gulden  an  den 
Kämmerer  für  die  Kleidung.  Personen  unehelicher  Geburt  oder  Ausländer  wurden 
nicht  angenommen.  Jeder  hatte  ausser  den  Pflichten  seines  geistlichen  Amtes 
(dessen  Erfüllung  übrigens  in  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  so  lässig  betrieben 
wurde,  dass  Massregeln  dagegen  nötig  wurden)  für  seine  Kurie  zu  sorgen  und 
sie  in  gutem  baulichen  Zustande  zu  erhalten.  Unterliess  er  es,  so  führte  das 
Kapitel  den  Besserungsbau  zwangsweise  aus.  Unerlaubter  Abbruch  oder  Verkauf 
war  verboten.  Die  Einnahmen  der  Kapitelmitglieder  können  hier  nicht  genauer  er- 
läutert werden;  näheres  enthält  die  Einleitung  des  Schmidt'schen  Urkundenbuches. 
Das  Kapitel  war  im  Mittelalter  mit  dem  des  St.  Paulstiftes  so  eng  ver- 
bunden, dass  oft  die  Vikare  einer  Kirche  die  der  andern  im  Amte  vertraten. 
Vikare  gab  es  zuletzt  dreizehn,  nachdem  ihre  Zahl  sich  allmählich  gesteigert 
hatte.  Die  sogenannte  Probstvikarie  wurde  bei  .dem  Umzüge  1237  eingerichtet 
Jeder  neue  Vikar  zahlte  2  Mark  Antrittsgeld.  Einzelnes  über  die  Vikarien  vergl. 
unten  bei  der  Besprechung  der  Altäre.  Die  zu  gegenseitiger  Geldunterstützung 
geschlossene  Brüderschaft  der  Vikare  erhielt  eine  Bestätigung  ihrer  Statuten 
1358  durch  Bischof  Ludwig.  Die  Vikare  hielten  nur  zweimal  im  Jahre  Singe- 
messen, sonst  nur  stille  (seit  1305);  nur  der  Pfarrer  war  ausgenommen.  Die 
Wahl  dieser  letzteren  Person,  deren  Wirkungskreis  über  die  Stadtmauern  hinaus- 
reichte, oblag  zuerst  dem  Domprobste,  dann  weil  es  Unzuträglichkeiten  herbei- 
führte, dem  Kellerer,  bis  das  Amt,  dem  es  an  einer  rechten  Organisation  fehlte, 
1457  von  Bischof  Burchard  dem  Stifte  einverleibt  wurde.  Dieseä  unterhielt  die 
Pfarre  bis  1542,  worauf  sie  unter  Obhut  des  Rates  überging,  als  das  Moritzstift 
reformiert  wurde. 

Das  Siegel  des  Kapitels  beschreibt  v.  Mülverstedt  a.a.O. 

Konservator  des  Stiftes  war  seit  1476  der  Bischof  von  Brandenburg,  Sub- 
konservatoren  die  Officialen  von  Halberstadt  und  Magdeburg,  dieDechanten  von 
St.  Blasii  in  Braunschweig  und  St  Pauli  in  Halberstadt  Aldermannen  fprovisores 
sive  vitrici  seu  aldermanni),  zwei  an  der  Zahl,  werden  wiederholt  genannt. 

Die  Stiftsschule,  an  der  Mauer  der  Stadt  gelegen,  führte  ihre  Existenz  bis 
zur  Reformation  und  war  1564  ausser  Betrieb. 

Der  Union  der  Stifter  trat  das  Bonifatiusstift  1250  und  zum  zweiten  male 
1369  bei.  1540  erhielt  die  Moritzkirche  den  ersten  evangelischen  Prediger.  Seine 
Wahl  erfolgte  unter  Zustimmung  des  Rates  durch  die  Alderleute  und  die  vor- 
nehmsten der  Gemeinde.  Daneben  hörte  aber  die  Existenz  des  katholischen 
Domkapitels  nicht  auf;  der  evangelischen  Gemeinde  war  die  Benutzung  des 
Kirchenschiffes  bis  morgens  8  Uhr  gestattet;  den  Chor  behielt  das  Kapitel  für 
sich.  Ein  Orden  für  die  Kapitelmitgüeder  wurde  1787  gestiftet  Die  Aufhebung 
des  Kapitels  erfolgte  1810. 

Von  zu  dem  Stifte  gehörigen  Gebäuden  werden  erwähnt 

a)  Kapellen:  St.  Nikolai  1327,  südöstlich  an  der  Kirche;  abgebrochen  1818; 
Fundamente  nachgewiesen  1885;  —   St.  Martini  1416;  —  St.  Anna  (gestiftet  vom 


Halberstadt  (die  St.  Moritzkirche:  Stiftsgebäade  —  Baageschichte)  377 


Kanonikus  Arnold  Dompnitz),  die  Weihe  imtemahni  der  Weihbischof  Matthias 
von  Gada;  Ablass  für  sie  wurde  1502  gewährt;  Altäre  in  ihr  (nach  Elis): 
St.  Crucis,  St.  Valentini,  Kosmae  und  Damiani,  Barbarae  und  ApoUoniae;  —  die 
Kapelle  der  Vikare  1508. 

b)  Andere  Bauten:  der  Kreuzgang  1241;  er  lehnte  sich  nördlich  an  die 
Kirche  an,  wo  an  der  äusseren  Chorwand  noch  jetzt  die  Spuren  zweier  Gewölbe- 
ansätze zu  erkennen  sind;  sie  lassen  darauf  schliessen,  dass  der  Kreuzgang  eine 
lichte  Höhe  von  etwa  2,90  m  besass,  während  die  Bögen  sich  ungefähr  2,70  m 
weit  spannten.  Demgemäss  dürfte  auch  die  Breite  des  Kreuzganges  eine  ähn- 
liche gewesen  sein;  die  Ausdehnung  seines  Vierecks,  der  Umfang  seines  inneren 
Hofes  u.  s.  w.  lassen  sieht  nicht  mehr  feststellen,  da  an  seiner  Stelle  sich  jetzt 
der  Kirchhof  der  Gemeinde  befindet.  Abgebrochen  ist  der  Kreuzgang  1818.  — 
Der  Schlafsaal  der  Schüler  mit  einem  daneben  liegenden  heizbaren  Kaume, 
pirale  genannt,  zweite  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts;  —  der  heizbare  Kemter 
1481;  —  eine  Kurie  mit  Hofeingang  in  den  Kreuzgang  1481;  —  der  Kapitel- 
saal 1484;  —  das  Haus  der  ersten  Vikarie  1496.  Die  Sakristei,  nach  Elis,  in  der 
Ecke  zwischen  Chor  und  nördlichem  Querschiff  belegen.  Auf  sie  bezieht  sich 
die  von  Elis  wiedergegebene  Inschrift:  renovatum  est  hoc  sacrarium  sum- 
ptibus  reverendi  capituli  anno  Christi  M  .  D  .  C  .  XXIU  .  mense  augusto 
magistro  fabricae  Johanne  daltzsche  canonico  seniore  huius  ecclesiae.  Die 
zum  Stift  gehörigen  Gebäude  bildeten  einen  Komplex  westlich  von  der  Kirche 
bei  einem  Gässchen,  welches  Schling  genannt  wurde  (nicht  zu  verwechseln  mit 
dem  Schling  bei  der  Martinikirche,  s.o.  S.  217).  Das  Haus  des  Pfarrers  lag  in 
der  Gröperstrasse  an  der  Ecke,  wenn  man  sich  vom  Kirchhofe  nach  Süden 
wandte. 

Baugeschichte.  Wie  erwähnt,  zwang  die  Unsicherheit  der  Lage  des 
Moritzstiftes  ausserhalb  der  Stadt  zur  Übersiedelung  in  dieselbe.  Die  bereits 
vorhandene  St.  Moritzkirche  wurde  in  Besitz  genommen,  und  die  Übertragung 
der  Reliquien  bildete  den  Schluss  des  Umzuges.  Das  durch  den  Kanonikus 
AViller  gestiftete  Fest  dieser  Translation  wurde  seitdem  alljährlich  am  15.  September 
feierlich  begangen.  Bald  zeigte  sich  die  Notwendigkeit  eines  Umbaus  der  Kirche, 
welche  sich  in  ganz  schlechtem  Zustand  befand.  Die  oberen  Geschosse  der 
Türme,  sowie  die  gesamten  Umfassungsmauern  von  Schiff  und  Chor,  einschliess- 
lich der  Oberlichter  des  Mittelschiffes  sowie  des  Bogens,  welcher  aus  dem  Turme 
in  das  Mittelschiff  führt,  und  der  Bögen,  welche  die  Vierung  begrenzen,  be- 
durften völliger  Erneuerung.  Diese  wurde  im  Sinne  des  damals  herrschenden 
Baugeschmackes,  also  des  Überganges  ausgeführt.  Die  das  Mittelschiff  be- 
grenzenden Arkaden  liess  man  stehen,  wiewohl  sie  ihrer  unregelmässigen 
Anlage  wegen  wohl  auch  einer  Erneuerung  wert  gewesen  wären.  Die  Un- 
aufmerksamkeit, mit  welcher  man  einst  die  älteste  Moritzkirche  gebaut  hatte, 
trägt  die  Schuld  an  den  mancherlei  noch  jetzt  bemerkbaren  Fehlem.  Nicht  bloss, 
dass  das  Mauerwerk  der  Turmuntergeschosse  rauh  und  unregelmässig  ist  und 
die  kreisrunden,  westlich  angebrachten  Fensterluken  ausserhalb  des  Mittelpunktes 
der  Mauern  angebracht  wurden,  sondern  es  hatten  die  Erbauer  der  ältesten 
Kirche  auch  unterlassen,  die  Abmessungen  des  Schiffes  sorgfältig  vorher  fest- 
zustellen.   Als  sie  daher  anfingen,  von  der  Mitte  des  verfügbaren  Raumes  aus 


378        Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  St.  Moritzkirche:  Bangeschichte) 


Fig.  154. 


Halberstadt  (die  SiMoritzkiiche:  ßaageschichte) 


379 


das  Mittelschiff  gegen  den  Turm  und  die  Yierung  bin  zu  bauen  (wobei  eine  Ab- 
weichung der  Längsachse  nach  Süden  unbeachtet  blieb)  (Fig.  154),  mussten  sie  alsbald 
bemerken,  dass  der  gewählte  Pfeilerabstand  (rund  2,85  m)  zu  einer  regelmässigen 
Arkadenstellung  falsch  gewählt  war.  Dies  wurde  der  Grund,  dass  gegen  die 
Turm  wand  hin  die  Pfeilerabstände  zunehmen,  gegen  die  Vierung  hin  abnehmen 
mussten.  Auch  die  gewählte  Scheitelhöhe  der  Bögen  wurde  nach  beiden  Seiten 
hin  verringert  und  so  herbeigeführt,  dass  statt  des  beabsichtigten  leichten  Ein- 
druckes das  Schiff  einen  plumpen  und  schwerfälligen  macht  Es  waren  wohl 
Sparsamkeitsrücksichten,  welche  das  Kapitel  zwangen,  diese  unregelmässigen 
Teile,  da  sie  noch  brauchbar  waren,  desgleichen  die  Bögen,  die  aus  den  Seiten- 
schiffen nach  dem  Querhause  führen,  beizubehalten.  Um  die  Aufbringung  des 
Geldes  war  man  von  Anfang  an  in  Verlegenheit.     Auf  mancherlei  Art  wurde 


Fig.  155. 


wenigstens  dem  dringendsten  Bedürfnis  genügt.  Wie  das  Necrologium  berichtet, 
hat  gegen  Ende  der  ersten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  der  Priester  Heinrich 
von  Molenburg  die  Fundamentierung  der  neuen  Anlage  bezahlt  und  das  Schlaf- 
haus erbaut.  Die  Stadtgemeinde  überwies  1241  gewisse  Strafgelder  an  die  Bau- 
kasse; um  1237  schenkte  der  Kanonikus  Elger  10  Mark  und  1255  überwiesen 
der  Kanonikus  Magister  Heinrich,  der  Kanonikus  Zacharias  und  der  Diakonus 
Everwin  ähnliche  Summen;  Papst  Innocenz  IV.  bewilligte  1246  einen  Ablass, 
welchem  sich  weitere  Ablässe  1249,  1252,  1254,  1258,  1259,  1260  anschlössen. 
Im  Jahre  1273  war  der  Bau  noch  nicht  fertig,  stockte  vielmehr  wegen  Geld- 
mangel. Wiederum  folgten  Ablässe,  vier  im  Jahre  1273,  einer  1275,  drei  1283, 
einer  1284.  In  dieser  Zeit  heisst  es,  die  Kirche  sei  erbaut,  ob  damit  aber  gesagt 
sein  soll,  sie  sei  fertig  gewesen,  geht  daraus  nicht  hervor.  Noch  ein  Ablass 
folgte  1291,  dann  schweigen  die  Nachrichten  bis  ins  15.  Jahrhundert,  wo  wir 
hören,  dass  zur  Überwachung  des  baulichen  Zustandes  eine  aus  drei  Mitgliedern 


380        Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  St.  Moritzkirche:  Baugeschichte) 

(dem  Dechanten  und  zwei  Kanonikern)  bestehende  Baukommission  andauernd 
weiter  bestand.  Die  laufenden  Ausgaben  für  Ausbesserungen  und  dergl.  wurden 
aus  der  Bauamtskasse  bestritten,  die  1484  erwähnt  wird.  Sie  hatte  ihre  be- 
stimmten Einkünfte  aus  gewissen  Beiträgen,  welche  die  Kanoniker  bei  ihrem 
Amtsantritte  zu  zahlen  hatten,  ausserdem  durch  Sammlungen,  welche  der  Diener 
der  Alderleute  in  der  Kirche  umhergehend  an  den  vier  hohen  Festen  und  sonst 
zusammenbrachte.  Eingreifende  Änderungen  fanden  das  ganze  Mittelalter  hin- 
durch an  der  Kirche  nach  jenem  ersten  Umbau  nicht  mehr  statt,  vielmehr  blieb 
das  Gebäude  bis  in  die  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  in  jenem  alten  Zustande,  den 
es  im  13.  Jahrhundert  gewonnen  hatte.  1843  zwang  der  zunehmende  Verfall  zu 
einer  gründlichen  Herstellung  des  Baus.  Leider  wurde  diese  Arbeit  in  durchaus 
unzweckmässiger,  Verständnisses  barer  Art  unternommen.  Der  zu  spät  ge- 
kommene Widerspruch  des  Konservators  v.  Quast  und  dessen  Verlangen,  dass 
alles  wieder  in  den  alten  Zustand  gebracht  werden  sollte,  blieben  erfolglos.  Auf 
das  Einzelne  der  begangenen  Fehler  einzugehen,  würde  zu  weit  führen;  nur 
erwähnt  sei  u.  a.,  dass  die  östliche  Chorwand  ihrer  drei  Fenster  beraubt  wurde 
und  statt  deren  zwei  unverhältnismässig  grosse,  unharmonisch  wirkende  erhielt 
Wie  die  alten  Fenster  aussahen,  veranschaulicht  die  Abbildung,  welche  aus  Ottes 
romanischer  Baukunst  entnommen  ist  (Fig.  155).  1886  wurde  die  Kirche  von 
neuem  geändert,  wobei  besonders  das  Querschiff  und  die  Dachkonstruktion 
erneuert  wurden.  Mehrere  schöne  Ausstattiingsgegenstände  (Kanzel,  Taufstein  etc.) 
wurden  dabei  leider  beseitigt.  Bei  dem  Anbau  der  Sakristei  (deren  Lage  aus 
dem  am  Anfange  dieses  Kapitels  befindlichen  Situationsplane  ersichtlich  ist) 
wurden  Fundamente  freigelegt.  Interessant  waren  die  bei  dieser  Restaurierung 
gemachten  Funde,  über  welche  Elis  wie  folgt  berichtet:  „Beim  Abbruch 
des  Portals  im  nördlichen  Querschiffe  fand  man  die  Gewände  aus  alten 
mächtigen  Säulenkapitälen  gearbeitet,  die  ihrer  Formgebung  nach  sich  als 
korinthische,  ähnlich  wie  die  der  Krypta  der  Schlosskirche  zu  Quedlinburg 
resp.  der  Kirche  zu  Gernrode  zeigen.  Sie  gehören  zu  Säulen  von  etwa  55  cm 
oberen  Durchmessers.  Weitere  Koste  fanden  sich  im  oberen  Mauerwerk 
des  südlichen  Querschiffes:  Bogenstücke  von  Graustuck  von  etwa  40  cm  Durch- 
messer und  18qcm,  deren  Ijoibung  und  beiderseitige  Stirnflächen  mit  einer 
primitiven  Bemalung  auf  dem  bläulich  aschfarbenen  Grunde  der  Masse  durch 
schwarze  Conturlinien  und  rote  Ausfüllung  behandelt  sind.  Um  die  Bogen  halt- 
bar zu  machen,  sind  Holzstücke  eingegossen.  Auch  ein  zu  diesen  Bogen  ge- 
höriges Kapitälchen  hat  sich  erhalten.  Die  Bogen  mögen  als  Krönung  von  Chor- 
schranken oder  dergl.  in  der  alten  Kirche  gedient  haben."  Elis  vergisst  zu 
berichten,  dass  sich  in  dem  Mauerwerke  auch  sogenannte  Schalltöpfe,  über  deren 
vermutliche  Bestimmung  im  Handbuche  der  kirchlichen  Kunstarchäologie  von 
Otte-Wemicke  (5.  Aufl.  Band  1,  S.  45)  gesprochen  wird,  sich  vorfanden.  Was  Elis 
aus  den  gefundenen  Säulenkapitälen  für  die  ehemalige  Gestaltung  der  Moritz- 
kirche folgert,  als  einer  Basilika,  in  welcher  Pfeiler  und  Säulen  abgewechselt 
hätten,  findet  in  den  thatsächlichen  Verhältnissen  der  Kirche  keine  Begründung. 
Bereits  benutzte  Werkstücke  (desgl.  Balken,  die  schon  anderwärts  im  Verbände 
gewesen  waren)  sind  im  Mittelalter  oft  benutzt  worden,  ohne  dass  dies  auf  einen 
ursprünglichen  Zusammenhang  mit  dem  Bauwerk  weist,  wo  man  sie  neu  verbaute. 


Halborstadt  (die  Sfc.  Moritzkirche :  Baabeschreibang)  381 


Baube Schreibung  (Fig.  156).  Die  beiden  Türme  erheben  sich  mit  einer 
Grundfläche  von  je  5,90  qm  bis  zu  einer  Höhe  von  33,80  m,  während  der  Zwischen- 
bau bis  zu  24,50  m  emporsteigt.  Seine  Breite  im  Vergleich  zu  der  geringen 
Hol»  der  frei  aufsteigenden  Turmgeschosse  (von  der  Firstlinie  des  Mittelbaus  an 
nur  noch  4m,  zu  welchen  noch  die  5,50m  Höhe  der  Walmdächer  der  Türme 
hinzukommen)  verursacht  einen  für  das  Auge  nicht  eben  befriedigenden  Eindruck, 
Die  bemerkbare  Plumpheit  der  Turmpartie  wird  in  den  unteren  Geschossen  durch 
nichts  gemildert,  die  beiden  an  der  Westfront  übereinander  befindlichen  kreis- 
runden Luken,  deren  innerer  Durchmesser  nur  rund  Im  ausmacht,  tragen  viel- 
mehr zur  Erhöhung  dieses  Eindruckes  bei.  Nebenher  sei  bemerkt,  dass  die  untere 
Luke  bereits  in  romanischer  Zeit  an  die  Stelle  eines  ehemals  dort  befindlichen 
gekuppelten  romanischen  Fensters  getreten  ist,  dessen  Gewände  noch  teilweise 
zu  erkennen  sind,  und  welches  wohl  angenehmer  gewirkt  haben  mag  als  der 
jetzige  Zustand.  Eine  Belebung  und  Erleichterung  der  schwerfälligen  Masse 
wird  dagegen  in  wirksamer  Weise  im  obersten  Geschosse  der  Türme  bezw.  des 
Mittelbaus  hervorgebracht  durch  die  Spitzbogenfenster,  welche  bei  dem  Umbau 
in  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  hergestellt  worden  sind.  Es  sind  ihrer  auf 
jeder  Turmseite  eins.  Dies  wird  durch  eingesetzte  Steinplatten,  welche  sich  auf 
eine  schlanke,  mit  einfacher  Basis  und  ebensolchem  Kapital  vei*sehene  Mittelsäule 
stützen,  in  zwei  oben  im  Eleeblattbogen  geschlossene  schlanke  Abteilungen 
getrennt.  Der  Mittelbau  hat  auf  jeder  Seite  (östlich  und  westlich)  je  4  ebenso 
beschaffene  Fensteröffnungen,  also  in  jeder  Reihe  8  Kleeblattbogenöffnungen. 
Die  oberen  Geschosse  der  Türme  zeigen  sorgfältige  Quaderverblendung,  während 
die  Yerblendung  des  unteren  Teiles  aus  unregelmässigen  Bruchsteinen  besteht. 
Steinmetzzeichen  fehlen  im  untern  Teile  gänzlich,  sind  aber  auch  bei  den 
frühgotischen  oberen  Teilen  nicht  nachweisbar.  Die  Walmdächer  der  Türme 
sind  in  unserm  Jahrhundert  durch  angehängte  Gaupen  verunziert  worden.  Das 
Innere  des  Turmbaus  bietet  nichts  Bemerkenswertes  mit  Ausnahme  des  früh- 
gotischen Gewölbes,  welches  die  unterste  gegen  das  Langhaus  geöffnete  Halle 
eindeckt.  Es  stellt  eigentlich  ein  Kreuzgewölbe  vor,  doch  ist  dies  zu  einer  sehr 
merkwürdigen  Erscheinung  gelangt.  Während  nämlich  entsprechend  dem  in  das 
Langhaus  führenden  Spitzbogen  eine  entsprechend  breite  Gewölbefläche  den  Turm 
in  westöstlicher  Richtung  durchsetzt,  ist  das  nordsüdliche  Gewölbe  viel  schmäler 
als  die  Turmwände,  auf  welche  es  sich  beiderseits  stützt,  und  das  Gewölbe  sieht 
infolgedessen  aus  wie  ein  spitzbogiges  Tonnengewölbe,  in  welches  zwei  lange 
keilförmige  Schlitze  beiderseits  rechtwinklig  hineingearbeitet  worden  wären, 
welche  sich  mit  ihren  Spitzen  im  Scheitel  des  Gewölbes  treffen. 

Das  Langhaus  ist  dreischiffig,  die  Breiten  verhalten  sich  wie  2:3:2;  es 
legt  sich  im  Osten  dagegen  ein  einschiffiges  Querhaus,  an  welches  sich  ein  Chor- 
raum von  nicht  gewöhnlicher  Länge  anschliesst,  der  östlich  in  gerader  Linie 
geschlossen  ist.  Der  Bau  ist  eine  einfache  Pfeilerbasilica.  welche  trotz  veränderter 
Massverhältnisse  eine  nicht  unbedeutende  Ähnlichkeit  mit  der  ältesten  Liebfrauen- 
kirche von  Halberstadt  aufzuweisen  hatte,  deren  wiederhergestellter  Grundriss 
auf  S.  311  verglichen  werden  kann.  Über  die  Unregelmässigkeiten  der  Pfeiler- 
abstände, über  die  Achsenabweichung  des  gesamten  Baus  gegen  den  Turmbau 
und  sonstige  Nachlässigkeiten  der  Ausführung  ist  schon  oben  gesprochen  worden. 


382      HalberstAdter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  St.  Moritzkirche:  Baabeschreibang) 


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Fig.  156. 


Halberstadt  (die  St.  Moritzkirclie :  Baabeschreibang  —  Glocken)  383 


Für  die  Betrachtung  im  Einzelnen  verweise  ich  auf  den  beigefügten  Grund- 
riss.^  Sowohl  den  erhalten  gebliebenen  ältesten  Teilen  als  auch  denjenigen, 
welche  bei  den  Umbauten  im  dreizehnten  bezw.  im  neunzehnten  Jahrhundert 
hinzugekommen  sind,  fehlt  es  an  irgend  welchen  Bedeutenderen  Sehmuckformen. 

Vor  den  Kapitalen  der  Säulchen,  welche  die  drei  Abteilungen  des  ehe- 
maligen grossen  östlichen  Chorfensters  trennten,  giebt  Otte  (Romanische  Baukunst 
p.  561  nach  v.  Quastes  Zeitschrift  für  christliche  Archäologie  und  Kunst,  B.  2) 
eine  Anschauung,  welche  beweist,  dass  sie  ein  wenig  reicher  waren  als  die  in 
den  Turmfenstem.  Ebenfalls  von  grösster  Einfachheit  sind  die  noch  erhaltenen 
Kämpfer  der  Arkadenpfeiler  im  Langhause,  welche  trotz  der  verschiedenartigen 
Scheitelhöhen  der  Scheidbögen  alle  in  einer  Horizontale  liegen.  Sie  bestehen 
nur  aus  einer  Platte  mit  darunter  befindlicher  Holükehle. 

Sämtliche  Fenster  der  Kirche  haben  spitzbogige  Form,  z.  T.  noch  aus  mittel- 
alterlicher Zeit,  z.  T.  neuerdings  angepasst 

Die  Räume  der  Kirche  sind  wahrscheinlich  niemals  eingewölbt  gewesen  und 
sind  auch  jetzt  flach  mit  Holz  gedeckt 

[In  den  Chorraum  hat  vermutlich  von  der  Sakristei  (nördlich)  und  der 
Nikolaikapelle  (südlich)  ehemals  je  eine  Thür  geführt,  deren  Spuren  verloren 
sind.  Sie  waren  dem  h.  Kreuz  bezw.  dem  h.  Matthäus  geweiht;  die  letztere 
durfte  nur  von  den  Kanonikern  benutzt  werden.] 

Die  Fenster  zeigen  einige  moderne  Glasmalereien. 

Glocken.  [Einen  Glockenläuter,  campanarius,  gab  es  bereits  gegen  1258.] 
Yon  den  jetzt  auf  den  Türmen  befindlichen  vier  Glocken  zeigt 

1.  die  grösste  (Dm.  1,26m)  die  zweizeilige  Majuskelumschrift:  ANNO*  DNI  - 
M  -  CG  CXV  .  IUI-  NÖN  •  AV5+FACtV  -  EST  HOC  -  OP9  P-  MAN^MAÖRl- 
lORiS  •  S  MAVRICIVS  -  Ausserdem  befinden  sich  auf  der  Glocke  6  Bilder:  der 
h.  Mauricius  zu  Pferde;  2  Heilige;  Löwe  mit  einem  Drachen  kämpfend;  zwischen 
zwei  Türmen  die  M^adonna;  Siegelabdruck  mit  St.  Bonifatius  (sitzende  Figur). 
(Halb.  Urk.  B.  1, 356a.) 

2.  Dm.  1,14  m.    Majuskelinschrift: 

P .  CRVCI8 .  H .  SIQNV .  +  FVGIÄT .  ,PCVL .  5C .  MÄUGNVga .  OB .  TVO . 
XP€ .  BN6ICS .  SIT .  LOC9 .  ISTe. 

(Per  crucis  hoc  Signum  fugiat  procul  omne  malignum.  Ore  tuo  Christo  benedictus 
sit  locus  iste.)  An  der  Wandung,  ziemlich  in  der  Mitte,  zieht  sich  in  kleineren 
Majuskeln  die  weitläufig  verteilte  Datierung :  A  •  D  •  M  •  CG  L  X  X  X  I.  Die 
Glocke  ist  somit  die  älteste  datierte  von  Halberstadt  (Halb.  Urk.  B.  1, 159.) 

3.  Dm.  0,56.  m.  Minuskelinschrift :  anno  domini  •  m  •  ccc  ix  -  Christi  -canta  - 
bona  (Halb.  Urk.  B.  II,  731.    H.-Z.  1876  p.  293.) 


^  Zur  Erklärung  des  Grundrisses  sei  hier  bemerkt,  dass  die  Nordwand  des  Querhauses 
ein  ebensolches  Portal  aufweist  wie  die  Südwand.  Doch  sind  nördlich  die  beiden  über  diesem 
Portal  befindlichen  Fenster  gezeichnet  worden,  um  auch  deren  Ebcistenz  klar  zu  machen. 
Die  beiden  ebensolchen  Fenster,  welche  über  dem  Portal  der  Südwand  angebracht  sind, 
mussten,  da  hier  das  Portal  gezeichnet  worden  ist,  fort  bleiben. 


1 


384    Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (St  Morltzkiiehe:  Altargeräte  —  Chorgestahl) 

4.  Dm.  0^6  m.  Minuskelinschrift:  ave  ■  maria  -  graci+anno  -  domini  -  m  • 
ccc  •  Ixx  vi.  Mit  3  Heiligenbildchen  und  3  Münzabdrücken.  Nr.  1 ,  3  und  4 
hängen  im  südlichen,  2  im  nördlichen  Turme. 

Altäre.  [Urkundlich  finden  Erwähnung:  der  h.  Kreuzaltar  1236,  dessen 
Standort  Elis  auf  der  Grenze  von  Schiff  und  Chor  annimmt;  —  der  Marienaltar, 
2.  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts;  von  neuem  gestiftet  durch  den  Kanonikus  Heinrich 
Schreiber  von  Köln,  Anfang  14.  Jahrhundert;  —  St  Johannis  Evang.,  gestiftet 
1294  vom  Tikar  Alverich,  unter  Patronat  des  Dechanten  und  des  Kapitels;  — 
St  Moritz  1294,  jedenfalls  der  Hochaltar ;  —  St  Matthäi  und  Katharina,  vor  1297: 
—  St  Petri  Apostoli,  St.  Stephan  und  St  Ulrich,  gestiftet  1282  vom  Kanonikus 
und  Küster  Konrad  von  Aldendorp;  —  Allerheiligen ,  in  der  zweiten  Hälfte  des 
14.  Jahrhunderts,  gestiftet  vom  Kanonikus  Ludolf  von  Kissenbrück;  —  St  Georg 
1325;  —  St  Margarete  1366;  —  St  Nikolai  1404;  —  St  Lorenz  1448;  —  ein 
neuer  Altar  in  der  „Affsyden"  nach  dem  Kreuzgange  zu,  1528. 

Von  Vikarien  werden  genannt  die  des  Georgaltares  1332  unter  Patronat  des 
11.  Kanonikus;  —  St.  Andrea  unter  Patronat  des  Domkelleres,  seit  1376  des 
Probstes  von  St  Bonifatius;  —  St  Petri  1395  unter  Patronat  des  Kapitels;  — 
des  Allerheiligenaltars  (12.  und  13.  Vikarie)  1452;  —  St  Nikolai  1494;  —  St 
Matthäi  1534.] 

Der  jetzige  Altar  ist  modern;  rechts  und  links  von  ihm  befinden  sich  Durch- 
gänge, die  ebenso  wie  die  Bekrönung  des  Altargemäldes  einfaches  spätgotisches 
Schnitzwerk  zeigen,  welches  von  der  ehemaligen  Lettnerwand  stammen  soll. 

Altargeräte.  [Das  Nekrologium  (Febr.  13)  erwähnt  einen  goldenen  Kelch. 
Einen  Kelch  für  den  Kreuzaltar  stiftete  um  1264 — 1269  der  Kanonikus  Dietrich 
V.  Nordhausen.    Von  einer  Monstranz  wird  1547  berichtet] 

1.  Kelch,  Silber  vergoldet,  mit  Kruzifix  am  sechslappigen  Fusse.  H.  0,26m 

1633.  Halberstädter  Beschau;  Meisterzeichen 


2.  Kelch,  Silber  vergoldet.  H.  0,24  m.  1725.  Halberstädt.  Beschau ;  Meister- 
zeichen   N^i' 

3.  Kanne,  Silber.  Oben  auf  dem  Deckel  die  plastische  Figur  des  Lammes 
mit  der  Fahne.    H.  0,27  m.  1672.  Keine  Beschau ;  Meisterzeichen     ^KB) 

4.  Broncene  Taufschüssel,  ohne  Schmuck,  17.  Jahrhundert 

5.  Zinnernes  achteckiges  Weingefäss,  1748. 

Chorgestühl.  Im  Chor  befinden  sich  rechts  und  links  Gestühle  (mit 
je  acht  Sitzen,  unterhalb  deren  sich  einfach  konsolenartig  geschnitzte  Miserikordien 
befinden)  mit  schön,  wenn  auch  etwas  schwer  geschnitzten  Wangen.  Sie  zeigen 
rechts  vom  übereinander  die  Figuren  des  h.  Andreas  und  des  h.  Stephanus,  links 
des  h.  Bonifatius  und  h.  Moritz ;  hinten  rechts  den  Ecce  Homo,  links  die  Madonna. 
Die  Schnitzereien  der  vorderen  Wangen  sind  durchbrochen  gearbeitet,  die  der 
hinteren  (gegen  die  östliche  Chorwand  stehenden)  sind  massiv.  Die  oben  befind- 
lichen Giebel  sind  schwer  und  ausdrucksvoll.  Besonders  schön  ist  das  Laubwerk 
(Fig.  157).    Dieses  ist  auch  von  hervorragendem  Werte  bei  zwei  anderen  Gestühl- 


Halbffirstadt  (die  3L  Horitaldrche:  Kanul  —  Orgel  —  Taufstwo  —  Eroolenohter)    385 

Wangen,  welche  von  ihrem  ursprünglichen  Orte  entfernt  und  im  nördlichen  Quer- 
schiffarme aufgestellt  sind. 

[Nachrichten  über  ältere  Chorstühle  enthalten  die  Urkunden  bereits  1264 
und  1332.1 

£anzel.  [Ein  ambo  urkundlich  erwähnt  1297.]  Die  im  Gebrauch  befind- 
liche Kanzel  ist  modern.  Auf  dem  Eirchenboden  befinden  sich  die  Beste  der 
früheren,  aus  dem  17.  Jahrhundert  stammenden,  welche  innerhalb  von  halbkreis- 
förmig geschlossenen  Blendnischen  die  4  Evangelisten  in  flachen  Reliefs  zeigt. 

Orgel.  [Erwähnt  bereits  in  der  2.  Hälfte 
des  14.  Jahrhunderts  und  dann  Öfter.]  Die  jetzige 
Orgel  ist  ein  mit  den  Jahreszahlen  1786  und 
1 787  bezeichnetes ,  mit  schweren  aber  schönen 
Schnitzereien  verziertes  Werk.  Bemerkenswert  sind 
daran  die  Figuren  des  h.  Bonifatius  und  h.  Moritz, 
sowie  acht  Wappen,  von  denen  anzunehmen  ist, 
dass  sie  den  Stiftern  der  Orgel  angehören.  Es 
sind  ihrer  oben  drei  mit  folgenden  Namens- 
bezeichnungen : 

August  Friedrich  Weste,  Decanus 

Died.  Ernst  Spiegel  von   und  zu  Pickelsheim, 
Präpositus 

Eman,  Franz  Budolphi,  can.  sen;  — 
in  der  Mitte  fünf  mit  folgenden  Namen; 

Friedr.  Carl  Philipp  v.  Kahle,  Canonicus 

Carl  Wilh.  Alexand.  t.  Wahl,  Canonicus 

Ludew.  Alexand.  t.  Wreech,  Can.  subsenior 

Christ  Friedr.  v,  Weyracli,  Canonicus  Fig.  157. 

Job.  Am.  Kopstadt,  Canonicus. 

Taufstein.  Am  17.  Januar  1610  wurde  ein  neuer  Taufstein  zuei-st  in 
Benutzung  genommen,  welcher  an  Stelle  eines  alten  von  dem  Bürger  Hans 
Eramme  gestiftet  worden  war.  Das  aus  Sandstein  gearbeitete,  mit  Voluten,  Engels- 
köpfeo ,  Beliefs  der  Evangelisten  u.  s.  w.  reich  verzierte  Renaissancewerk  ist  1886 
aus  der  Kirche  entfernt  und  liegt  jetzt  gänzlich  verwahrlost  und  zerbrochen  nuf 
dem  Kirchhofe.  Es  zeigt  eine  bemerkbare  Verwandtschaft  mit  dem  oben  p.  4H 
abgebildeten  Taufsteine  aus  Haralebeii,  welcher  vermutlich  von  demselben  Meistor 
herrührt  wie  der  im  Herzogl.  Museum  zu  Braunschweig  befindliche  Taufstein 
von  Vorsfelde  (vergl,  Bau-  und  Kunstdenkmäler  des  Herzogtums  Braunsehweip:, 
1, 151  nebst  Tafel  18).  [Rings  um  diesen  Taufstein  ging  ehemals  ein  verschlossenes 
Gitter.]    Der  jetzt  im  Gebrauche  befindliche  Taufstein  ist  modern. 

Die  Kirche  besitzt  zwei  schöne  Kronleuchter  aus  spätmittelalterlicher 
Zeit.  Der  grössere,  1,89m  im  Durchmesser,  ist  aus  Bronce  überaus  kunstvoll 
gegossen.  Von  einem  0,21  cm  hohen  durch  eiserne  Ringe  versteiften  Reif  springen 
sechs  Ttlrmcben  als  Leuchterträger  vor,  während  18  Kerzen  auf  eben  soviel 
Giebelchen  aufgesteckt  werden  können.  Zwischen  den  grösseren  Türmen  befinden 
sich  immer  drei  solche  Giebel,  zwischen  welchen  wieder  zwei  kleine  Türmchen 


386    Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  St.  Moritzkirche:  Reliqaien  ~  Bildwerke) 

über  Eck  aufgestellt  sind.  Bewunderungswürdig  ist  der  grosse  Reichtum  der 
Phantasie  in  den  überaus  zart  gearbeiteten  Masswerken.  Die  gleichfalls  durch- 
brochen gearbeitete  Inschrift  lautet  anno  dni  m  cccc  Ixxx  viii  pfetu  est  hoc 
op9  1  die  ste  margrete  vgls. 

Der  kleinere  Kronleuchter  (Fig.  158)  von  1,30  m  im  Durchmesser,  ist  von 
Schmiedeeisen  und  in  spätgotischer  Ornamentierung  ausgeführt.  Die  Einteilung 
wird  durch  Fialen  gebildet,  von  denen  jede  eine  Lichtertülle  trägt  (der  Deutlichkeit 


«.% 


Fig.  158. 


halber  sind  auf  der  Abbildung  nur  zwei  von  diesen  gezeichnet  worden).  An  einer 
Abteilung  befindet  sich  die  Inschrift:  l1j$  1517.  [Drei  vor  dem  Altar  befindliche 
Kronleuchter  werden  schon  im  13.  Jahrhundert  erwähnt.] 

[Reliquien  werden  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  und  1297  erwähnt;  zu 
ihnen  gehörte  als  besonders  wichtiges  Stück  ein  Arm  des  h.  Moritz.] 

[Von  wertvollen  Webereien  erwähnen  die  Urkunden:  Mäntel  (cappae) 
1214;  —  einen  Mantel  von  blauem  Sammet,  einen  leinenen  Altarvorhang,  eine 
Decke  von  gi-ünem  Nesseltuch,  Geschenke  des  Presbyters  Jugardus,  gegen  1230 
(Necrologium  Febr.  12.);  —  einen  Mantel  von  rotem  Sammet  und  einen  Teppich 
gegen  1297;  —  Mitte  des  14  Jahrhunderts  schenkte  der  Diakon  Albert  von 
Winnigstedt  tapetum  magnum  et  II  linteamina  bona,  calcitram  rubeam  de  syn- 
done  et  unam  massam  sericam  coloris  fyole  ad  faciendum  preparamenta  (Necrol.) 
—  ein  Kissen  von  grüner  Farbe,  Geschenk  des  Domdechanten  Dietrich  Dompnitz, 
vor  1458;  —  eine  Alba,  ein  Manutergium,  eine  sehr  gute  Stola,  ein  grosses 
Fastentuch  und  viele  andere  Gegenstände,  geschenkt  von  einer  Laiin  Gertrud 
aus  Danstedt,  13.  Jahrhundert?  (Necrol.  März  27).] 

Bildwerke.  [Ein  1490  erwähntes  Madonnenbild  ist  nicht  mehr  nachweisbar.] 

An  den  westlichen  Vierungspfeilern  befinden  sich  die  in  Holz  geschnittenen 
Figuren  des  h.  Bonifatius  (sitzend  in  Bischofstracht,  H.  0,72  m)  und  des  h.  Moritz 
(stehend  mit  Lanze  und  Schild,  H.  0,74  m)i  gute  Arbeiten  des  16.  Jahrhunderts. 

An  der  Wand  des  südlichen  Seitenschiffes  hängt  das  Mittelstück  eines  gut 
gearbeiteten  Schnitzaltars,  enthaltend  die  vielfigurige  Darstellung  der  Beweinung 
Christi.    Polychromierte  Holzschnitzerei  des  16.  Jahrhunderts  H.  2  m,  Br.  1,57  m. 


Halberstadt  (die  Pfarrkirche  St  Martini:  Qeschichte)  387 


An  der  Wand  des  nördlichen  Seitenschiffes  ein  Ölgemälde ,  darstellend  die 
Anbetung  des  Kindes.  Unten  ein  Wappen  nebst  der  Jahreszahl  1694.  Besonders 
wertvoll  ist  der  schön  geschnitzte  Bahmen. 

Epitaphien  sind  drei  (Marmortafeln)  an  der  Wand  des  südlichen  Seiten- 
schiffes angebracht.  Sie  gehören  1.  dem  Dechanten  Joh.  Christian  Dietrich,  f  1758; 
2.  dem  Dechanten  August  Friedrich  Weste,  tl796;  3.  dessen  Frau,  flSOö. 

6.  Die  Pfarrkirche  St.  Martini 

Litteratur:  Zschiesche,  Halberstadt  sonst  und  jetzt  p.  170 ff.  v.  Mülverstedt  in  der 
H.-Z.  1872.  Otte -  Wemicke,  Handbuch  der. kirchlichen  Kunstarchäologie  I,  80,  806;  11,179, 
406.    Bildliche  Aufnahmen  bisher  am  besten  von  der  Egl.  Messbildanstalt  (aussen  4,  innen  5). 

Geschichte:  So  alt  wie  die  neben  der  bischöflichen  Burg  angesessene 
Bürgergemeinde,  ist  ohne  Zweifel  auch  die  Geschichte  der  St  Martinikirche. 
Erinnert  man  sich,  dass  der  Bitter  St.  Martin  in  vieler  Beziehung  der  Nachfolger 
Wotans  war,  und  dass  neuere- freilich  anfechtbare  Auffassung  ^  auch  die  Rolandsäulen 
(der  älteste  Roland  stand  wie  oben  dargethan  in  nächster  Nähe  der  Martinikirche)  mit 
altem  Wotansdienste  in  Verbindung  setzt,  dass  endlich  in  den  letzten  Jahren  bei 
Gelegenheit  von  Eanalisationsarbeiten  dicht  an  der  Kirche  Reste  prähistorischer 
Ansiedlungen  (Urnen)  gefunden  worden  sind,  so  mag  die  Annahme  erlaubt  sein, 
dass  da,  wo  jetzt  die  Martinikirche  steht,  schon  in  vorchristlicher  Zeit  von  der 
dort  sitzenden  Bevölkerung  ein  Heiligtum  verehi-t  worden  ist.  Seit  der  Bekehrung 
wurde  dieses  heidnische  ein  christliches,  und  so  mag  nächst  dem  Dome  und 
vielleicht  vor  ihm  die  Martinikirche  die  älteste  von  ganz  Halberstadt  sein.  Ur- 
kundlich zahlenmässig  freilich  erscheint  sie  viel  später,  1186,  wo  ihre  Existenz 
durch  ihre  Erwähnung  als  ecclesia  forensis  in  civitate  verbürgt  wird.  Trotzdem 
wird  gemeldet,  dass  Bischof  Oardolf  (1193 — 1201)  den  Bau  der  Kirche  begonnen 
habe.  Es  ist  dies  so  zu  erklären,  dass  nach  der  Zerstörung  der  Stadt  durch 
Heinrich  den  Löwen  auch  für  diese  Kirche,  wie  für  den  Dom,  sich  die  Notwendig- 
keit eines  vollständigen  Neubaus  herausgestellt  hatte.  Während  er  mit  grosser 
Langsamkeit  vorschritt,  vielleicht  auch  vorläufig  überhaupt  nur  Projekt  blieb, 
wurden  die  Reste  der  älteren  Kirche,  über  deren  Beschaffenheit  man  nur  aus 
dem  unteren  Teile  des  Turmbaus,  sowie  aus  der  Art  des  späteren  Neubaus  Schlüsse 
ziehen  kann,  weiter  benutzt  Besitzer  der  Kirche  war  damals  das  unlängst  ge- 
gründete Kloster  St.  Thomas  (St.  Burchardi ;  s.  unten),  dem  sie  am  9.  April  118G 
geschenkt  worden  war,  und  an  welches  daher  das  bis  dahin  bischöfliche  Patronat 
übergegangen  war.  Dieses  Verhältnis  dauerte  bis  zum  Anfange  des  14.  Jahr- 
hunderts, wo  Bischof  Albrecht  und  das  Domkapitel  die  Kirche  dem  Johannis- 
kloster  überwiesen.  Dieser  Akt  hatte  lange  dauernde  Streitigkeiten  mit  dem 
städtischen  Rate  im  Gefolge,  welcher  darauf  Wert  legte  seinesteils  das  Patronat 
der  Pfarre  der  alten  Bürgerkirche  auszuüben.  Nachdem  1363  und  1371  päpstliche 
Bestätigungen  der  Schenkung  erfolgt  waren,  zogen  sich  die  Zwistigkeiten  noch 
bis  1465  hin,  wo  der  Rat  endgültig  das  Patronat  behielt,  jedoch  bestimmt  wurde, 
dass  die  Pfarre  immer  einem  Konventualen   übertragen  werden  musste.    Dessen 


^  B.  Platen,  zur  Frage  nach  dem  Ursprong  der  Kolandsäulen.  38.  Jahresbericht  des  Yitz- 
thumgchen  GymnaBiums.  Dresden  1899. 


388     Halberstadter  Stadtkreis :  Halberstadt  (die  P&rrkirche  St  Hartini :  Geschichte) 

Einsetzung  erfolgte  durch  den  Domkellerer  als  Verwalter  des  Archidiakonats. 
Mittlerweile  vollzogen  sich  jene  baulichen  Unternehmungen,  welche  der  Martini- 
kirche im  wesentlichen  ihr  jetziges  Aussehen  verliehen  haben.  Zuerst  nur  langsam. 
Seitdem  aber  in  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  der  städtische  Bat  seine  Selb- 
ständigkeit erlangt  hatte,  die  Stadt  emporblühte  und  nach  sichtbaren  Zeichen 
dessen  verlangte,  schritt  der  Bau  lebhaft  vorwärts.  Er  begann  wie  so  oft,  von 
Osten  her,  mit  dem  Chore  und  dem  Querhause.  Nach  Hirsauer  Schema  wurden 
die  Seitenschiffe  über  das  Querschiff  hinaus  neben  dem  Chore  hingeführt.  Das 
alte  Langhaus  wurde  inzwischen  beibehalten.  Der  1274  erwähnte  Bauherr  (rector) 
der  Kirche,  Siegfried,  dürfte  es  schwerlich  erlebt  haben,  welche  Wendung  die 
Ausführung  in  der  Folgezeit  nahm.  Nachdem  der  kostspielige  Bau  durch  viele 
Ablässe  insbesondere  in  den  achtziger  Jahren  des  13.  Jahrhunderts  rüstig  gefördert 
worden  war,  scheint  gegen  Anfang  des  14.,  wenngleich  auch  zu  dieser  Zeit 
periodisch  gewählte  Bauherren  (provisores)  erwähnt  werden,  die  Thätigkeit  doch 
nachgelassen  zu  haben.  Erst  seitdem  die  Kirche  dem  Johanniskloster  überwiesen 
wird,  kommt  neues  Leben  und  zugleich  ein  verändeter  Baugedanke  in  die  Sache. 
Man  überzeugte  sich,  dass  der  Neubau  zu  eng  angelegt  war,  und  verbreiterte  ihn ; 
an  seiner  Länge  liess  sich  nach  Vollendung  des  Chors  nichts  mehr  ändern.  In 
immer  noch  schweren,  jedoch  ganz  anderen  Formen  als  erst  beabsichtigt  —  es 
wird  unten  davon  geredet  werden  —  wurde  nun  das  Langhaus  fertig  gestellt 
Ablässe  für  diesen  Neubau  wurden  1321,  1325  und  1334  erteilt,  jedenfalls  noch 
öfter,  doch  ist  dies^nicht  überliefert.  Aus  dieser  Zeit  stammt  ausser  dem  Lang- 
hause  auch  die  Einwölbung  der  gesamten  Kirche.  Seitdem  war  die  bauliche 
Entwicklung  abgeschlossen.  Spätere  Ablässe  und  dergleichen  bezweckten  die 
Beförderung  der  Ausstattung  im  Einzelnen.  Insbesondere  wurden  Anfang  des 
15.  Jahrhunderts  die  Fenster  und  Schalllöcher  am  Turme  durchweg  modernisiert 
Kirchweihfest  war  der  Martinstag,  doch  wurde  dies  1486  geändert  und  das 
Fest  auf  den  vorhergehenden  Sonntag  gelegt,  hauptsächlich  aus  dem  Grunde, 
weil  die  Insassen  der  Pfarre  an  dem  Abend  durch  die  volkstümliche  Art  der 
Martinsfeier  zu  sehr  vom  Kirchenbesüchen  abgehalten  wurden.  Ausbesserungen 
und  Herstellungen  an  der  St  Martinikirche,  wobei  vielerlei  Altes  beseitigt 
wurde,  fanden  1843—49,  1880—81  statt  Bei  letzterer  Gelegenheit  wurde  leider 
auch  der  schöne  Barockaltar  (s.  unten  Fig.  16(3)  aus  dem  Chor  in  einen  dunklen 
Winkel  befördert. 

Von  dem  im  Mittelalter  zu  der  Kirche  gehörigen  Personal  sind  zu  erwähnen 
der  Pfarrer,  mehrere  Kapiäne,  Priester,  Altaristcn,  Schüler,  der  Unter-  und  Ober- 
küster, die  Schwesterschaft  der  willigen  Armen.  An  der-  Spitze  «ler  letzteren 
stand  eine  g[ubematrix,  welche  ]die  Schwestern  mit  Genehmigung  ihrer  beiden 
Aufseher,  nämlich  des  Probstes  von  St.  Johannis  und  des  Pfarrers  von  St  Martin 
wählten.  Sie  besassen  auch' eine  Kapelle  innerhalb  der  Kirche;  1485  wurde 
Ablass  dafür  erteilt.  Die  wichtigste  Person  an  dieser  Pfarrkirche  (parkerken  to 
sinte  Merten,  parochialis  ecclesia)  war  der  Pfarrer,  der  zuerst  urkundlich  1241 
erwähnt  wird.  Das  Patronat  hatte,  wie  schon  erwähnt,  für  die  Pfarre  der  Bat, 
dessen  Streitigkeiten  mit  dem  Johannisstifte  seit  der  Reformation  gänzlich  en- 
digten; noch  heute  ist  das  Patronat  daher  städtisch.  Die  Einsetzung  geschah 
ehemals  •  durch  den  Rat,  die  Alderleute,  (welche  schon  im  frühen  Mittelalter  vor- 


HaJbentadt  (die  Pfiurkirche  BLMartiDi:  Baubeschreibang:) 


390  Halberstädter Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Pfarrkirche  St.  Martini:  Baabescbreibüng) 


kommen),  die  Wortbalter  der  Gilden  und  der  Gemeinde.  Den  ersten  evangelischen 
Prediger  erhielt  die  Kirche  1540  in  der  Person  des  Jodokus  Otto  (f  1574),  den 
ersten  Diakonus  in  dem  Licentiaten  Autor  Lampadius.  Über  die  .Einkünfte  der 
Geistlichen  und  der  Kirche  vergl.  Nebe,  Kirchenvisit.  p.  35.  Über  die  Martini- 
schule siehe  oben  p.  208,  femer  H.-Z.  21,  160  und  23,  344. 

[Ton  Kapellen  werden  erwähnt:  die  Marienkapelle,  capella  b.  virginis circa 
chorum  s.  Martini  1356;  —  St  Barbara  1421;  —  eine  Kapelle  bei  dem  Zither 
1482;  —  die  Kapelle  der  willigen  Armen  s.  oben.] 

Der  Zither  diente  als  Aufbewahrungsort  der  Messgeräte  sowie  (nach  ur- 
kundlicher Versicherung  von  1377)  als  städtisches  Archiv,  wohl  zur  Entlastung 
des  damals  bereits  nicht  mehr  völlig  zureichenden  alten  Rathauses. 

Baubeschreibung  (Fig.  159).  Die  Martinikirche  zeigt,  trotzdem  sie  aus  drei 
zu  ungleicher  Zeit  entstandenen  Teilen  besteht,  doch  ungestört  das  Hirsauer  Bau- 
schema, nach  welchem  sie  ursprünglich  begonnen  wurde,  und  welches  in  Kreis 
und  Stadt  Halberstadt  noch  bei  der  Klosterkirche  von  Stötterlingenburg,  bei  der 
Liebfrauen-  und  Paulskirche  und  dem  Burchardikloster  zu  Halberstadt  in  ver- 
schiedenartigen Formen  zu  beobachten  ist.  Dies  Schema  spricht  sich  bei  diesen 
sämtlichen  Kirchen  am  auffallendsten  aus  in  der  Fortsetzung  der  Seitenschiffe 
über  das  Querschiff  hinaus,  wobei  sie  den  Ghorraum  nördlich  und  südlich  in 
seiner  fast  vollen  Länge  begleiten,  in  Stötterlingenburg,  bei  der  Liebfrauenkirche 
und  der  Paulskirche  im  alten  Zustande  in  halbkreisförmigen  Apsiden  endigen, 
in  der  Burchardikirche  sich  auch  östlich  um  den  Chor  herum  fortsetzen,  bei  der 
Martinikircho  im  Gegensatze  zu  dem  polygonal  geschlossenen  Chor,  welcher  ein 
beträchtliches  Stück  über  sie  hinaustritt  östlich  geradlinig  geschlossen  sind. . 

Der  Turm  bau  (Fig.  1 60)  ist  in  spätgotischer  Zeit  überarbeitet  worden  und  hat  dabei 
die  weiterhin  genauer  zu  betrachtenden  Fensterformen  und  seine  Helme  erhalten. 
Sein  ganzer  Habitus  aber,  sein  Grundriss,  seine  Mauertechnik,  das  Fehlen  eines 
Westeinganges  geben  ihm  eine  augenfällige  Ähnlichkeit  mit  den  Turmanlagen 
zu  Stötterlingenburg,  Hamei-sleben,  St.  Paul  und  St.  Moritz  zu  Halberstadt,  sowie 
mit  vielen  Turmanlagen  der  Hirsauer  Art  in  andern  Gegenden  Deutschlands.  Es 
lässt  sich  daraus  schliessen,  dass  dieser  (freilich  später  veränderte)  Turmbau  noch  zu 
der  Kirche  gehört  hat,  welche  vor  Heinrichs  des  Löwen  Zeit  dort  stand  und  welche 
nach  den  angeführten  Analogien  im  elften  Jahrhundert  oder  Anfang  des  12.  ent- 
standen sein  muös.  Rechnet  man  ferner  die  Ähnlichkeit  gerade  mit  Kirchen  der 
Hirsauer  Richtung,  sowie  ferner  den  Umstand  hinzu,  dass  man  bei  dem  späteren 
Neubau  doch  höchst  wahrscheinlich  versucht  haben  wird,  den  Grundcharakter  der 
alten  Kirche  beizubehalten,  und  dass  die  Verlängerung  der  Seitenschiffe  gerade  darin 
ihren  Grund  haben  dürfte,  so  lässt  sich  ferner  die  Vermutung  aussprechen,  dass 
die  alte  Martinikirche,  gleich  den  angeführten  andern  Bauwerken,  ein  Hirsauer 
Bau  gewesen  ist.  Es  wäre  möglich,  daraufliin  die  Grundform  jenes  alten  Baus 
einigermassen  zu  restaurieren,  doch  lässt  sich  dies  noch  nicht  mit  solcher  Sicher- 
heit thun,  dass  hier  ein  Versuch  dazu  unternommen  werden  könnte. 

Wie  schon  gesagt,  zeigt  der  Turmbau  keinen  West-Eingang,  sondern  ober- 
halb des  Fussgesimses  ein  niederes  spitzbogiges  Fenster,  darüber  ein  grosses 
kreisrundes,  welches  mit  spätgotischem  Masswerke  gefüllt  ist  Letzteres  ist 
nicht  ursprünglich,  sondern  im  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  eingesetzt  worden, 


HalbTTEtadt  (die  Pfanlir<he  Et. Martini:  BanbeerliTeibDrg  —  Tflnne)  391 

zugleich  mit  jenem,  welches  sich  in  den  übrigen  Fensteröffnungen  nnd  in  den 
Schaulöchern  dei"  Türme  wie  des  Mittelbaus  befinden.     Gleich  über  dem  Bad- 


Pig.  160. 

fenster  umzieht  ein  in  der  Breite  den  Mittelbaus  nach  oben  vorkröpftes  einfaches 
Gurtgesims  den  Turmbau.  Ein  zweites  ätmliches  befindet  sich  oben  unweit  der 
Stelle,  wo  die  Türme  sieh  von  dem  Mittelbau  ablösen.  Diese  beiden  Gurtgesimso 


:  HalberBUdterStadtireia:  Halberstadt  (die  Pforrkiiche  8t.  Martini:  Banbeeclinibimg-) 


HalbeTBtadt  (die  P&n-tirche  SLHaitiiii:  Banbesclireibaiig — Cbor) 


zerlegen  iJen  Tunubau  in  drei  Teile,  deren  unterster  bereits  beschrieben  ist  Der 
mittlere  enthält  fünf  kleinere  spitzbogi^e  Fenster,  welche  die  schweren  Flächen 
in  schöner  Weise  unterbrechen.  Das  oberste  Drittel  zeigt  eine  starte  Auflösung 
der  Mauermassen  dadurch,  dass  sich  hier  die  selir  grossen  reich  gegliederten 
^halllöcher  befinden.  Von  diesen  enthält  der  Hittelbaii  eins,  welches  etwa  die 
Hälfte  des  ganzen  Giebelflächeninhalts  einnimmt.  Das  Masswerk  steigt  unten  eine 


Fig,  162. 

Künfteilung  ditrch  gotische  KIceblattbögen,  welche  durch  dünne  ISäulchen  von- 
einander getrennt  sind.  Darüber  befindet  sich  ein  sphärisches  gleichseitiges 
Dreieck,  innerhalb  dessen  das  Masswerk  vom  Mittelpunkte  aus  sieh  in  drei  Haiipt- 
strahlen  verbreitet,  ein  ornamentaler  Gedanke,  welcher  sich  auch  am  Halbcrstädter 
Dome  und  sonst  an  Gebäuden  der  späten  Gotik  haußg  findet. 

Das  obere  Geschoss  der  beiden  Türme   weist   beiderseits  an  der  Westfront 
unten  ein  dreiteiliges,  schlankeres,  darüber  ein  vierteiliges,  kürzeres  und  breiteres 


n 


394  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Pfarrkirche  St.  Maitiiü:  BaubeschreibiiDg) 

SchalUoch  auf.  Die  Massyrerke  haben  Verwandtschaft  mit  dem  oben  beschriebenen 
des  Mittelbaus^  nur  sind  entsprechend  der  längeren  Form  die  trennenden  Säulchen 
mehr  in  die  Länge  gezogen.  Bei  den  oberen  vierteiligen  SchalUöchem  sind 
jedesmal  die  beiden  äussersten  Längsabteilungen  als  Blenden  behandelt,  also  nur 
die  beiden  innern  offen,  wodurch  bewirkt  ist  dass  der  an  sich  gewichtigere  Eindruck 
dieser  Schailöffnungen  gegenüber  den  unteren  doch  gerade  gemildert  und  har- 
monisch abgeschwächt  erscheint.  Das  Kranzgesims  beider  Türme  besteht  aus  einer 
merkwürdigen  treppenartig  gegliederten  Linie.  Diese  Form  ist  sonst  bei  Stein- 
bauten höchst  ungewöhnlich  und  kommt  nur  an  den  Saumschwellen  der  älteren 
gotischen  Fachwerkbauten  häufig  vor. 

Die  achteckigen  Turmhelme  sind  ungleich.  Der  südliche  ist  doppelt  so  lang 
als  der  nördliche.  Beide  sind  mit  Bleiplatten  gedeckt.  Zwischen  ihnen  zielit  sich 
eine  überdeckte  hölzerne  Brücke  hin.  Das  unterste  Geschoss  des  Turmbaus  ist 
im  Innern  in  drei  Räume  geteilt,  von  denen  der  nördliche  und  südliche  quadratische 
Form  haben,  der  mittlere  rechteckig  ist.  Dieser  letztere  öffnet  sich  gegen  das 
Kirchenschiff  mit  einem  breiten  Spitzbogen,  während  die  beiden  andern  Räume 
keine  solche  Ausgänge  besitzen.  Statt  dessen  haben  sie  beide  schmale  Thüren 
gegen  den  "Mittelraum  hin,  doch  ist  die  in  den  nördlichen  Raum  führende  seit 
der  letzten  Herstellung  der  Kirche  vermauert.  Den  Zugang  hat  dieser  Raum 
von  der  Strasse  her  über  eine  kleine  Treppe,  welche  an  der  Nordseite  angelegt 
ist.  Diese  kleine  Thür  bildet,  da  andere  Pforten  nicht  vorhanden  sind,  zugleich 
den  einzigen  Strassenzugang  für  den  gesamten  Turmbau.  Tritt  man  durch  sie 
ein,  so  gelangt  man  durch  einen  kurzen  schmalen  Gang  zu  der  Wendeltreppe, 
welche  auf  die  Höhe  des  Turmes  führt.  Alle  drei  Räume  im  Turmbau  sind  mit 
gratigen  Kreuzgewölben  eingedeckt. 

Betritt  man  das  Innere  des  Baus  (Fig.  161),  so  stellt  sich  dieser  in  seinem 
Hauptteile  als  eine  Hallenkirche  dar.  Es  ist  jedoch  ersichtlich,  dass  diese  Form  nicht  die 
ursprünglich  beabsichtigt  gewesene  ist,  dass  vielmehr  die  Martinikirche  hat  Basiliken- 
form erhalten  sollen.  Dies  ergiebt  sich  daraus,  dass  die  Seitenschiffe  des  Chores 
in  einer  der  basilikalen  Art  durchaus  entsprechenden  Weise  niedriger  sind  als  der 
Mittelteil  des  Chores  (Fig.  162).  Der  gesamte  Chorbau  nebst  den  damit  zusammen- 
hängenden Pfeilern  der  Vierung  zeigt  frühe  gotische  Formen.  Die  Vierungs- 
pfoiler,  sowie  die  Stützen  der  Bögen,  welche  die  Chorseitenschiffe  vom  Mittel- 
schiffe trennen,  haben  kreuzförmigen  Grundriss,  wobei  freilich  bei  letzteren  der 
nach  Norden  bezw.  Süden  weisende  Arm  fehlt;  die  Gurtbögen  setzen  in  un- 
organischer Art  direkt  an  der  Wandfläche  an.  Die  Vierungspfeiler  sind  heut- 
zutage durch  angebaute  Verstärkungen  in  ihrem  Eindrucke  wesentlich  geschädigt. 
Die  Kämpfergesimse  sind  von  grosser  Einfachheit  Sie  bestehen  nur  aus  zwei 
Wülsten,  von  denen  der  obere  bimförmigen  Durchschnitt  hat,  der  untere  halbrund 
ist;  zwischen  ihnen  liegt  eine  schmale  Hohlkehle.  —  Die  Bögen,  welche  die  drei 
Chorschiffe  mit  der  Vierung  und  diese  mit  dem  Langhause  verbinden,  (Fig.  163)  sind 
nach  der  Art  des  frühgotischen  Stiles  breit  und  schwerfällig  mit  tiefliegenden  Scheitel" 
punkten  angelegt.  Die  Fenster  im  Chorraume  sind  schmal  und  hoch,  nur  in  zwei 
Teile  zerlegt  durch  eine  schmale  Mittelsäule,  in  deren  obere  Hälfte  ein  kreis- 
förmiger Steinring  eingefügt  ist,  eine  Form,  welche  sich  auch  an  der  Andreas- 
kirche (s.  unten)  wieder  findet.    Von  ganz   besonderer  Merkwürdigkeit  sind  die 


Halberstadt  (die  Pforrkirch«  St.  Hartini:  BaabeBchreibuog  —  Chor)  395 

Haeswerke  der  beiden  Fenster,  welche  im  Chorschliisse  rechts  und  links  neben  dem 
mittelsten  belegen  sind.  Jede  geschwungene  Linie  ist  vermieden,  statt  der  Klee- 
bl&ttform  und  eines  gewöhnlichen  Yierpasses  sind  ähnliche  Gebilde  aus  recht- 
winklig zusammenstossenden  geraden  Linien  hergestellt  (Fig.  161).  Die  Fenster- 
gewände zeigen  eine  reiche  Gliederung. 


Fig  163. 

In  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  wurde  der  Bauplan  gänslich 
geändert  Uan  überzeugte  sich  von  der  Unzulänglichkeit  der  Breiten  Verhältnisse, 
wie  sie  bisher  im  Chorraume  festgehalten  worden  waren,  verHess  den  Gedanken 
an  eine  Basilika  und  schuf  aus  dem  bisher  unvollendeten  Langhause  eine  Hallen- 
kirche mit  drei  annähernd  gleich  breiten  Schiffen.  Dies  wurde  ermöglicht  auf 
Kosten  des  organischen  Zusammenhanges,  und  dieser  wurde  umsomehr  nu-ssachtet, 
als  auch  von  der  Pfeilerform  der  Stützen  abgesehen  und  statt  dessen  durchweg 


396  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Ffarrlcircfae  St.  Martini:  Banbeschreibnng) 

die  Säule  gewählt  wurde  (Fig.  163).  Die  Gestalt  derselben  wurde  belebt  durch  vier 
daran  angebrachte  ziemlich  starke  Dienste,  welche  fast  ganz  rund  herausgearbeitet 
und  mit  dem  Kern  der  Säule  nur  in  einer  schmalen  Fläche  vereinigt  sind.  Den 
beiden  Säulen,  welche  (in  recht  ungeschickter  Weise)  unmittelbar  vor  die  alten 
westlichen  Vierungspfeiler  gesetzt  sind,  fehlen  die  Dienste  mit* Ausnahme  des 
einen  nach  Westen  gerichteten,  welcher  als  Unterstützung  des  über  ihm  auf- 
setzenden Gurtbogens  unentbehrlich  war.  Die  Basen  der  Säulen  und  Dienste 
sind  flache  Pfühle,  welche  über  den  Sockel  überquellen;  die  in  ihrer  Grundgestalt 
einfachen  Kapitale  sind  mit  sehr  zierlich  und  mannigfaltig  gezeichnetem  früh- 
gotischem Blattwerke  geschmückt.  Darauf  ruht  ein  schlichter,  in  der  Hauptsache 
aus  zwei  verschieden  dicken  Platten  bestehender  niedriger  Kämpfer.  Über  ihm 
steigen  die  Gurtbögen  auf,  aus   drei  Stäben  bestehend,  kräftig  und  wuchtig  in 

der    Fonn.      Sie    stützen    sich   an    der  nördlichen    und    südlichen    Wand   auf 

»■ 

Dreiviertel-Säulen ,  welche  in  ihrem  Umfange  wie  in  ihrer  Ausstattung  den 
Säulen-Diensten  durchaus  entsprechen.  Zwischen  den  Gurtbögen  schwingen 
sich  die  spitzgratigen  Kreuzgewölbe.  Zu  der  Zeit,  als  das  Ijanghaus  erbaut 
und  in  der  angegebenen  Weise  eingedeckt  wurde,  hat  man  es  auch  für  nötig 
gehalten,  das  Querschiff  und  den  Chorraum,  welche  bis  dahin  wahrscheinlich 
flach  gedeckt  waren,  mit.  ebensolchen  Gewölben  zu  versehen.  Über  dem 
Ghorschlusse  bildete  man  ein  tief  gegliedertes  Fächergewölbe.  Zu  seiner 
scheinbaren  Unterstützung  wählte  man  Dreiyiertel-Säulchen,  durchaus  von  der 
Art  der  vorher  beschriebenen,  jedoch  bei  weitem  nicht  in  derselben  Länge; 
hoch  über  dem  Fussboden  endigen  sie,  indem  sie  sich  auf  Konsolen  stützen, 
\yelche  ihren  Kapitalen  durchaus  entsprechen.  Man  sieht  diese  Säulchen  besonders 
im  Querschiffe,  darum  weil  sie  spätere  Zuthat  sind,  an  allerlei  Stellen,  wohin  sie 
keineswegs  passen.  Die  Fenster  des  Langhauses  zeigen  Zweiteilung  und  ein^he 
Masswerke  mit  Kleeblattformen  und  oben  darin  eingeschlossen  schlicht«  Yierpässe. 
Die  Leibungen  unterscheiden  sich  in  ihrer  breiteren  und  leichteren  Gliedening 
beträchtlich  von  denen  der  Chorfenster. 

Das  Äussere  der  Kirche  zeigt  schlichte,  solide  gearbeitete,  regelmässig  ver- 
blendete Mauerflächen  sowohl  an  den  altem  als  an  den  jungem  Teilen  (Fig.  164  u.  165). 
Die  schlicht  abgetreppten  Strebepfeiler  bieten  nichts  ausserordentliches.  Die  Portale 
haben  schöne  Gewände;  malerischen  Eindruck  macht  es,  dass  gelegentlich  über 
ihre  Hohlkehlen  frei  gearbeitetes  frühgotisches  Blattwerk  sich  hinzieht.  Über 
dem  südlichen  Hauptportale  befindet  sich  in  der  Lünette  ein  Hochrelief,  dar- 
stellend den  h.  Martin  zu  Pferde,  welcher  einem  Bettler  ein  Stück  seines 
Mantels  schenkt ;  die  Skulptur  stammt  aus  dem  18.  Jahrhundert.  Auf  der  Nord- 
(Fig.  164)  Seite  befindet  sich  an  den  Chorrauni  angebaut  die  Sakristei.  Ursprünglich 
existierte  von  ihr  nur  die  westliche  Hälfte,  wie  noch  jetzt  ein  Rest  eines  an 
ihrer  ehemaligen  Ndrdosfecke  befindlichen  Strebepfeilers  beweist.  Auch  die  Sakristei 
ist  mit  zwei  Kreuzgewölben  eingedeckt.  Ferner  befindet  sich  an  der  Südseite  des 
Langhauses  eine  kleine  Vorhalle,  leider  jetzt  als  Heizraum  hergerichtet,  mit  zier- 
lichem Portale  und  Kreuzgewölbe. 

In  den  Fenstern  der  Kirche  finden  sich  an  neun  Stellen  grössere  und 
kleinere  kreisrunde  Wappenscheiben  des  17.  Jahrhunderts,  in  Schmelzfarben  aus- 
geführt. 


Halberstadt  (die  P&rrkircbe  St  HartiDi:  Baiibeschreibung  —  Äusseres)  397 

Vor  dem  Eingänge  zu  der  Tunnhalle,  welche  früher  als  Taufkapelle  diente, 
befindet  sich  ein  schön  geschmiedetes  eisernes  Gitter,  hergestellt  im  17.  Jahrh. 


Jig.  164. 

Glocken:  Auf  den  beiden  Türmen  hängen  ini  Ganzen  acht  Glocken.  Von 
diesen  können  die  kleine  und  die  grosse  Stundenglocke  nicht  nälier  beschrieben 
werden,  da  sie  TöUig  unzugänglich  sind.  Nur  von  ferne  liisst  sich  an  der  grössern 


i  HalbertitSdter  Stadtkreis:  Haltwrstadt  (die  Pbrrliirclie  St  Hartiai:  Fenster  —  Olocleo) 


Fig.  165. 


Halberstadt  (die  Pfarrkirche  StUarttni:  Glocken)  399 

eine  um  die  Krone  laufende  Minuskelinschrift  feststellen,   wonach  sie  aus  der 
Zeit  des  15.  Jahrhunderts  zu  stammen  scheint. 

Von  den  sechs  Läuteglocken,  welche  einen  aussergewöhnlich  schönen 
Zusammenklang  haben,  hängen  die  beiden  grössten  in  den  Türmen  selbst,  die 
übrigen  im  Zwischenbau. 

1.  Die  grösste  mit  einem  Durchmesser  von  2,12  m,  im  südlichen  Turme 
hängend,  hat  eine  doppelte  Umschrift  in  Minuskeln  mit  reich  verzierten  Anfangs- 
buchstaben.   Die  obere  Umschrift  lautet 

Exeqvias  -  pando  -  Funebres  -  Fulmina  -  pello  •  Atqve  •  cano  -  sonitu  • 
festa  •  decoro  •  fleo  •  Annis  •  qvingentis  -  Undenis  •  Mille  •  peractis  •  me  - 
hinrick-  de-  campen«  fuderat-  arte-  sua- 

Die  Umschrift  der  untern  Reihe  zerfällt  in  zwei  Teile,  von  welchen  sich 
jeder  wieder  rechts  und  links  von  einer  in  Flach -Relief  ausgeführten  Figur 
angebracht  findet.  Auf  der  einen  Seite  der  Wandung  sieht  man  Christus 
mit  der  Weltkugel  auf  einem. Drachen  stehend,  davon  rechts  die  Worte:  sum  - 
lux*  vita  •  via-  ,  links:  merces  •  bona-  janua  •  regia-  Auf  der  entgegen- 
gesetzten Seite  befindet  sich  St.  Martin  in  Bischofstracht^  einem  vor  ihm  knieenden 
Armen  ein  Almosen  reichend,  davon  rechts  die  Worte:  Christe  •  tuum  •  populum  • 
links:  salvum  .  fac  -  atque  •  tuere  -  Einen  besonderen  Schmuck  hat  die  Glocke 
durch  die  umlaufenden  schön  gezeichneten  Friese.  Auch  Münzabdrücke  und  das 
Halberstädter  Wappen  finden  sich. 

2.  Im  nördlichen  Turme  hängt  die  zweitgrösste  Glocke  mit  einem  Durch- 
messer von  1,78  m.  Sie  ist  ein  Werk  des  Hans  Blome.  Die  um  die  Krone 
laufende  Minuskelinschrift  lautet: 

anno  *    dni  •  m-  cccc  -  xxxix-  xpi  •  cultores  •  voco  -  festos  •  promo  • 
canores  •  et  •  temptatores  •  abigo  •  tonitrusque  •  fragores  •  ame  • 

An  der  Krone  scheint  eine  Reparatur  vorgenommen  worden  zu  sein,  welche 
vielleicht  mit  der  an  der  Aussen wandung  eingemeisselten  Inschrift:  M.  Diterich. 
Linke.  1537  in  Verbindung  zu  bringen  ist. 

3.  Durchmesser  1,50  m.  Von  demselben  Giesser.  Umschrift  oben:  anno  - 
dm  •  m  •  cccc  •  xxxix  *  o  •  rex  •  glorie  •  pxe  (!)  •  veni  •  com  •  pace  •  xpe  -  fili  • 
dei  •  vi  vi  •  miserere  •  nobis  •  anie  • 

4.  Durchmesser  1,26  m.  Da  diese  Glocke  von  demselben  Meister  stammt 
wie  Nr.  1 ,  so  sind  auch  ihre  Verzierungen  denen  jener  durchaus  ähnlich.  Die 
Umschrift  ist  zweizeilig.    Obere  Reihe : 

Anno  -  dni  •  M  •  ccccc  •  xi  +  Fulmina  •  propello  •  vivos  •  voco  •  ploro  • 
sepultos  •  Dns  -  hermanus  •  keve  -  plebanus  •  Magister  •  hinrick  -  de  • 
campen  • 

Die  untere  Reihe  zeigt  auf  zwei  entgegengesetzten  Seiten  zwei  rechts  und 
links  von  je  einem  Bilde  angeordnete  Spiniche,  nämlich: 

sancta  •  maria  •  (Madonnenbild)  bidde  •  vor  •  vns  •  vitrici  •  ecclesie  • 
sancta  •  katerina  •  (Bild  der  h.  Katharina)  bidde  •  vor  •  vns  •  clawes  - 
siuerdes  -  diderick  •  hildesem  • 

Neben  beiden  Bildern  befindet  sich  das  Stadtwappen. 

5.  Durchmesser  0,76  m.    Mit  der  Majuskelschrift: 

AVE  •  MARIA  •  QRÄ  •  PLE  - 


Halberstadt  (die  P&rrkirche  Si  Martini:  Allftre  —  Altargeräte)  401 

der    Standenglocken    handeln,    keine   Anwendung    finden.     Ygl.    aucfa    H.-Z. 
1876,  291. 

6.  Durchmesser  0,60  m;  altertümliche  schlanke  Form;  keine  Schrift 
Altäre  [Urkundlich  werden  erwähnt. der  iJtar  St.  Nikolai  in  der  willigen 
Armen  Abseite  vor  dem  Zither  (in  der  afsyden  by  dem  kor)  1388  und  öfter;  — 
der  Marienaltar  1401 ;  —  St,  Johannis  ,,hinter  der  Thür"  1421 ;  —  Si  Brasmi 
auch  Glemensaltar  genannt  mitten  in  der  Kirche.  Er  wurde  über  dem  Grabe  der 
in  der  Schicht  hingerichteten  Ratsherren  (siehe  oben  p.  195)  vom  Rate  der  Stadt 
als  Sühnealtar  errichtet,  am  23.  November  1425  zur  Ehre  der  h.  Jungfrau  sowie 
der  hh.  Andreas,  Erasmus,  Clemens,  Livinus  und  ApoUonia  geweiht  und  beschenkt 
mit  einem  Messbuche,  Kelch,  Messgewand,  Wein,  Oblaten  und  Lichten.  Das  in- 
direkte Patronat  hatten  die  Hinterbliebenen  der  getöteten  Ratsmitglieder,  das 
direkte  der  Rat.  —  St.  Barbarae  1430;  —  St.  Andreas  1430;  —  St.  Margarete, 
(1564  auch  Corporis  Christi  genannt)  wurde  1439  vom  Rate  mit  Erlaubnis  des 
Domkellerers  und  des  Domkapitels  gestiftet,  stand  unter  Patronat  des  Rates, 
welcher  dem  Inhaber  des  Altars  4  Mark  jährliche  Zinsen  zahlte.  Standort  „in  der 
Apsis  südlich  vom  Chor."  —  St.  Thomae,  Andreae,  Simonis  und  Judae,  der  zwölf 
Apostel,  St.  Lorenz  und  St.  Elisabeth,  1443  gestiftet  von  Hans  Adersleben;  unterm 
Patronate  von  dessen  Familie.  Standort  „unter  dem  h.  Kreuz  vor  dem  Zither."  — 
St.  Moritz  und  der  thebaischen  Legion,  St.  Michael  und  der  übrigen  Erzengel, 
sawie  der  hh.  Matthias,  Sebastian,  Cyriacus,  Christophorus,  Gregor  und  ürban, 
1453  gestiftet  von  den  zwei  Brüdern  Mestorp,  unter  dem  Patronate  von  deren 
Familie.  —  „Der  hilligen  Driervaldicheit  unde  mer  patronen"  1467;  — Heiligkreuz 
1482,  „an  dem  Zither  vor  des. Pfarrers  Thür."  —  Der  Frühmessenaltar  (1564  auch 
Meienaltar  genannt),  geweiht  Johannes  d.  T.  und  Johannes  d.  Ev.,  sowie  den  lOOüO 
Bittem ;  Standort  hinter  der  grossen  Thür  „to  deme  rathuse  wort,"  1484.  Es  ist  unklar, 
ob  die  Richtung  nach  dem  alten  Rathause,  welches  östlich  von  der  Kirche  sich 
befand,  oder  nach  dem  neuen  (jetzigen)  gemeint  ist.  —  St.  Bartholomäus  und 
Maria  Magdalena  am  Sonntage  nach  Petri  Eettenfeier  1503  vom  Weihbischof 
Matthias  von  Gada  geweiht.  ~  Endlich  werden  1564  noch  erwähnt  die  nicht 
bestimmbaren  Altäre  des  Andreas  Homann,  des  Hans  Wever,  der  Altar  der  h. 
drei  Könige  und  der  St.  Stephans  oder  Jahrmarktsaltar.] 
-  Der  jetzige  Altar  ist  i^  modemer  Gotik  ausgeführt. 
Am  Nordende  des  Querhauses  steht  ein  mit  reichen  Schnitzereien  (gewundenen 
Säulen,  Heiligenfiguren,  in  der  durchbrochenen  Mitte  eine  freistehende  Kreuzigungs- 
gruppe, darüber  die  Grablegung,  in  der  Predella  das  Abendmahl)  gezierter,  sehr 
wertvoller  Altar  vom  Jahre  1696  (Fig.  166). 

Altargeräte:  [Ein „neuer"  Kelch  wird  1443  erwälmt] 
[Am  Anfange  des  19.  Jahrhunderts  gab  es  in  der  Martinikirche  eine  Anzahl- 
von  heiligen  Geräten,  welche  1806  zu  grösserer  Sicherheit,  naoh  Magdeburg  ge- 
schafft und  von  dort  1807  durch  die  Franzosen  leider  auf  Nimmerwiedersehen 
entführt  worden  sind.  Ein  Verzeichnis  davon,  dessen  Mitteilung  ich  der  Gütiö 
des  Herrn  Oberpfarrers  Koch  verdanke,  in  den  Kirchenakten  befindlich,  lautet 
folgendermassen : 


Kreta  Halbeistadt.  Id 


402    Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Pfarrkirche  St.  Martini:  Altarger&te) 


Verzeichni  s 

und  Gewicht  des  Silbergenits,  welches  die  St.  Martini  -  Kirche 

im  Oktober  1806  bei  dem  Magistrat  in  Magdeburg  niedergelegt  hat, 

nebst  Angabe  des  Werts  desselben. 

Nr.  Mrk.    Unae      Rthr.    Gr.    W. 

1.  Eine  grosse   ailbeme    und  vergoldete  Schtissel;   an  Ge- 

wicht vier  Mark  und  vier  Unzen 4  4  —  —  — 

An    Wert,    incl.   der   Goldschiniedarbeit ,    pro   Mark 

14  Rthr.  16  Gr. —  —  6r,  —  — 

und  der  Vergoldung  ....               —  —  It*  —  — 

2.  Ein    silbernes    und   vergoldetes   GefUss    in  Form    einer 

Giesskanne;    an    Gewicht    sieben    Mark   und    eine 

viertel  Unze 7       V'4  —     —    — 

An    Wert,    incl.  der   Goldschmiedarbeit,     pro   Mark 

14  Rthr.  16  Gr —       —         103       6    — 

und  der  Vergoldung —       —  14    —    — 

3.  Eine  silberner  und  vergoldeter  Becher,  mit  seinem  Deckel 

und  der  Jahreszahl  1577;    an  Gewicht   vier  Mark 

und  vier  Unzen 4         4  —     —    — 

An    Wert,    incl.   der    Goldschmiedarbeit,    pro    Mark 

14  Rthr.  16  Gr —      —  66    —    — 

und  der  Vergoldung —       —  8    —    — 

4.  Ein  anderer  silberner  und  vergoldeter  Becher,   kleiner 

als  der  vorige,  mit  seinem  Deckel  und  der  Jahres- 
zahl 1618;  an  Gewicht  drei  Mark,  drei  und  eine 
halbe  Unze 3    3'/2  —    —    — 

An    Wert,    incl.    der  Goldschmiedarbeit,    pi*o  Mark 

14  Rthr.  16  Gr. —      —  50    10    — 

und  der  Vergoldung —       —  5  — 

5.  ^    Ein  grosses  silbernes  Gefass    mit  seinem  Deckel    nebst 

drei    Kelchschüsselchen    von    verschiedener   Grösse 

und    einem    anderen   silbernen  Gefass    mit   seinem 

Deckel.     An    dem    grossen  Gefass    ist   das   braun- 

Hchweigische   Wappen    und     die    Jahreszahl    1620 

eingegraben;  an  Gewicht  zwölf  Mark  und  sechs  Unzen       12         6  —    —     — 

An    Wert,    incl.    der    Goldschmiedarbeit,    pro    Mark 

14  Rthr.  16  Gr —       —         187    —    — 

und  der  Vergoldung —      —  15    —    — 

6.        EÜn  ovales  silbernes  Becken   mit   der  Jahreszahl  1772; 

an  Gewicht  vier  Mark  drei  und  eine  halbe  Unze  .         4    3^2  —    —    — 

An    Wert,    incl.    der    (voldsch miedarbeit,    pro    Mark 

14  Rthr.  16  Gr —       —  65      2    — 


*■  Dieser  Kelch  war  vom  Herzog  Christian  von  Braunschweig  dem  Tobias  Herold,  D.  theol. 
nnd  Oberpfarrer  an  der  Martinikirche  geschenkt  worden.  Herold  bestimmte  darüber  in  seinem 
Testamente  vom  13.  Oktober  1628  folgendes: 

,,Dem  Altar  zu  Bt.  Martini  vermache  ich  zum  Kirchengebrauch  hier  und  zur  administratio 
des  heil.  Abendmahls  eine  grosse ,  in-  und  auswendig  vergoldete  silberne  Kanne  von  5  Pfund 
oder  160  Lot,  ein  Geschenk  des  Herzogs  Christian  von  Braunschweig.  Sollte  die  jutheriscbe 
Religion  gesperrt  und  eine  andere  als  calvinische  oder  papistische  Religion  daselbst  eingef&hrt 
werden ,  alsdann  soll  solche  der  Vorsicht  halber  entsetzt  und  dem  letzten  latherischen  Pastor 
St.  Martini  zum  viatico  gegeben  werden.^' 

(Nach  gütiger  Mitteilung  des  Herrn  Oberpfarrers  Koch.) 


J 


Ualberstadt  (die  Ffarrkircho  St. Martini:  Altargeräte)  40B 


7.  Zwei  silberne  Leuchter  mit  der  Inschrift  D.  B.  S.  H.  S. 
M.B.D.A.,  Halberstadt,  den  29.  September  1696; 
an  Gewicht,    ohne  Inbegriff  des  Eisens,   yierzehn 

Mark  und  zwei  Unzen 14         2  —     — 

An  Wert,    incl.    der   Goldschmiedarbeit,    pro   Mark 

14  Rthr.  16  Gr. —      —        209     10 

8.  Ein    kleines   silbernes  Gefass   mit   seinem   Deckel   und 

einem  kleinen  Löffel;   an  Gewicht  eine  Mark  und 

zwei  Unzen 1         2  —    — 

An    Wert.    incl.  der   Goldschmiedarbeit,    pro   Mark 

14Rthr.l6Gr —       —  18     18 

9.  Ein  anderes  silbernes  Gefass    mit  der  Jahreszahl  1662; 

an  Gewicht  fünf  Mark,  drei  und  eine  halbe  Unze.  5     3*  ^  —     — 

An    Wert,    incl.    der    Goldschmiedarbeit,    pro    Mark 

14Rthr.  16Gr —       — -         79     18 

10.  Zwei  silberne  Altarleuchter  mit  einer  deutschen  Inschrift, 
welche  sich  anfangt:  „Herr  Andreas  Rosenthal", 
und  sich  endigt:  „den  30.  November  anno  1699'^: 
an  Gewicht,  ohne  Inbegriff  des  Eisens^  vierund- 
vierzig Mark  und  sechs  Unzen 44         6  —     — 

An    Wert,    incl.    der    Goldschmiedarbeit,    pro    Mark 

14  Rthr.  16  Gr —       —         656       8 

11-  Ein  grosser  silberner  Becher,  vergoldet,  mit  seinem 
Deckel  und  einer  Inschrift,  die  sich  anfangt:  „Hen- 
ri cus  Ricardus"  und  sich  endigt  mit:  „anno  1662"; 
an  Gewicht  sechs  Mark  und  eine  halbe  Unze  .     .         6       ^j^  —    — 

An   Wert,    incl.    der    Goldschmiedarbeit,    pro    Mark 

14  Rthr.  16  Unzen —       —  88     22 

und  der  Vergoldung  ., —       —  15    — 

12.  Ein  kleiner  silberner  und  vergoldeter  Becher :  an  Gewicht 

fünf  Unzen —  5  —  — 

An    Wert,    incl.    der    Goldschmiedarbeit,    pro    Mark 

14  Rthr.  16  Gr —  _  9  4 

und  der  Vergoldung —  —  2  — 

13.  Ein  anderer  silberner  und  vergoldeter  Becher,  ein  wenig 

grösser  als   der  vorige,    mit    der  Jahreszahl  1709: 

an  Gewicht  eine  Mark  drei  und  eine  halbe  Unze  .  1     S^/'g  —     — 

An   Wert,    incl.    der    Goldschmiedarbeit,    pro    Mark 

14  Rthr.  16  Gr —       —  21       2 

und  der  Vergoldung —       —  3     — 

14.  Zwei    grosse    silberne    Oblatenteller;    an    Gewicht    eine 

Mark  und  sieben  Unzen  1  7  —     — 

An    Wert,    incl.    der    Goldschmiedarbeit,    pro    Mark 

14Rthr.  16Gr —       —  27     12 


Hundert  und  zwölf  Mark  zwei  und  drei  viertel  Unze       112     2^j^       1720     16    — 

Jetzt  im  Besitze  der  Kirche  und  im  Gebrauche  befinden  sich  folgende 
Gegenstände : 

1.  ein  Kelch,  Silber  vergoldet;  am  sechsstrahligen  Knaufe  \\fi^^^,  unten  ein 
Kruzifix.  Höhe  0,17  m.  17.  Jahrhundert;  —  2.  ein  Kelch,  desgleichen,  Knauf 
ohne  Buchstaben,  am  Fusse  eine  Kreuzigungsgruppe,  sowie  das  gravierte  Wappen 
von  Halberstadt;  Höhe  0,17  m;  datiert  1605;  —  3.  Kelch,  desgleichen,  am  Knauf 
IHESV8;    unten    eine   Kreuzigimgsgruppe ;    Höhe  0,19  m;     16.  Jahrhundert;    — 

28« 


404  Halberstädtet Stadtkreis:  HalberBtadt(diePfarrkiTcUe8t.HarUai:  Altargertte  — Kaaul) 

4.  Kelch,  desgleichen,  ähnlich  dem  vorigen,  mit  dem  eingravierten  Kamen 
Gabrigeil  Schevre;  Höhe  0,28  m;  17.  Jahrhuadert;  als  Geschenk  de»  Chrigtoffel 
von  Honrott  gekennzeichnet  durch  dessen  Wappen,  welches  sich  auf  einem  be- 
sonders aufgelöteten  silbeTnen  Scbildchen  am  Fusse  befindet;  —  5.  Kelch,  desgl., 
Höhe  0,19  m;  18.  Jahrhundert;  —  6.  Kelch,  desgleichen,  Höhe  0,26  ni;  aus  der 
Empirezeit;  —  7.  Kelch,  desgleichen,  mit  gravierten  Ornamenten;  Beschau  und 
Heisterzeichen  unkenntlich;  Höhe  0,23m;  datiert  1810;  — 8.  Kelch,  Silber,  Höhe 
055  ni;  datirt  1845;  —  9.  Kelch,  Silber  vergoldet;  um  die  sechs  Lappen  des 
weit  ausladenden  plumpen  Fusses  zieht  sieh  ein  fein  gearbeitetes  Renaissancereiief 
aus  getriebenem  vergoldeten  Silber;  Höhe  0.24  m;  datiert  1652;  stammt  aus 
dem  ehemaligen  Kloster  Walbeck;  —  10.  Kanne,  vergoldetes  Silber,  mitWappen 
derer  v.Difurth;  datiert  1663;  aus  dem  ehemaligen  Kloster  Walbeck;  ~  11.  Kanne, 
desgleichen,  am  Korpus  mit  sehr  schönen  gestochenen  Renaissanceomamenten,  oben 


Fig.  167. 

ein  Thnler  des  Johann  Georg  Friedrich  von  Sachsen;  datiert  1632;  stammt  aas 
der  8t.  Pnulskirche  zu  Halberstadt;  —  12.  Oblatenschachtel,  Silber  vergoldet,  mit 
Wappen  der  Familie  Feurbaum;  an  der  Aussenwandung  zweimal  die  Kreuzigungs- 
gnippe  und  die  vier  Evangelisten  in  Flachrelief  (Silber),  auf  dem  Deckel  das 
Lamm  in  Hochrelief;  datiert  1666;  stammt  aus  der  Halberstädter  Liebfrauen- 
kirche; —  13.— 19.  Rieben  Patenen  von  vergoldetem  Silber,  eine  von  1559,  eine 

mit  Haiherstädter  Beschau  und  der  Marke   ^O 

Sämtliciie  Gegenstände ,  bei  denen  Beschau  oder  Meisterzeichen  nicht  er- 
wähnt sind,  haben  dergleichen  nicht. 

Kanzel.  [Ein  Anibo  findet  sich  urkundlich  erwähnt  1287.1  Über  die 
Kanzel,  welche  die  Kirche  bis  in  die  zwejte  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  besass, 
ist  nichts  bekannt,  ebenso  wenig  über  den  Grund,  weshalb  1564  hei  der  A'isitation 
geäussert  wurde,  dass  eine  neue  Kanzel  hergestellt  werden  würde.  Ihre  Fertig- 
stellting,  wenn  man  als  Termin  dafür  die  an  der  jetzigen  Kanzel  angebrachte 
Zahl  1595  ansehen  will,  hat  sich  sehr  lange  hingezogen.  Dafür  hat  aber  auch 
die  Kirche  ein  Werk  erhalten,  welches  man  als  ganz  vorzügliches  Erzeugnis  der 
deutschen  Renaissance  bezeichnen  muss.    Nur  lebhaft  zu  bedauern  ist  die  ver- 


Halberstadt  (die  F&irkirche  Si  Martini    Kanzel  —  Orgel  —  Tauftessel  —  Leuchter)  405 


«  

ständnislose  Überarbeitung,    welche   das  schöne  Stück  am  £nde   des  17.  Jahr- 

honderts  gefunden  hat,  wo  sie  durch  Hinzufügung  schwerfälliger  Ecksäulen  und 
schnörkelhafter  anderer  Schnitzereien  in  ihrem  feinen  Eindrucke  Avesentlich  be- 
einträchtigt worden  ist.  Von  figürlichen  Darstellungen  finden  sich :  um  das  Corpus 
der  Kanzel  herum  die  Weltschöpfung;  der  Sündenfall;  Isaaks  Opfer  vom  Könige 
David  verehrt;  die  Himmelfahrt;  der  Kruzifixus,  angebetet  von  dem  durch  Inschrift 
und  Wappen  gekennzeichneten  Stifter  der  Kanzel  Bartelt  Hane  (aet  sue  25. 1563) ; 
die  Auferstehung.  Am  Aufgange  der  Kanzel  von  oben  nach  unten  der  Welt- 
untergang und  das  Weltgericht.  Die  Pilaster  dazwischen,  sowie  alle  übrigen 
Flächen  sind  mit  sehr  fein  gezeichneten  flachen  Kenaissancereliefs  gefüllt,  welche 
sich  wirkungsvoll  in  ihrer  Vergoldung  von  dem  dunklen  Hintergrunde  abheben. 
(Pig.  167)  Als  Stütze  der  Kanzel  dient  die  Figur  Simsons.  An  der  Thür  zum 
Aufgange  findet  sich  folgende  Inschrift:  Zur  Ehren  Gottes  auss  Christlicher 
Andacht  und  Liehe  zu  dessen  heiligen  wordt  und  dienst,  hat  diese  Cantzel 
Renoviren  und  dergestalt  zieren  lassen  Fr.  Catharina  Beckerin  Christian- 
Fleischhauers  Seel  Wittibe  Anno  CHRJ8TJ  1690. 

Orgel.  [Von  der  früheren  Orgel  sagt  Michael  Prätorius  im  Jahre  1619: 
„Das  erste  Werk  in  S.  Martini  Kirchen,  hat  M.  David  Becke  mit  neununddreissig 
Stimmen  vnd  einem  Tremulant  gesetzet.'^  Er  zählt  auf:  im  Oberwerke  acht 
Stimmen,  in  der  Brust  sechs,  im  Pedal  zwölf,  im  Rückpositiv  zwölf.] 

Die  jetzige  Orgel  stammt  aus  der  Schlosskirche  zu  Groningen,  wurde  dortliin 
gestiftet  von  Herzog  Julius  von  Braünschweig,  Bischof  von  Haiberstadt,  im 
Jahre  1769  aber  durch  Befehl  Friedrichs  des  Grossen  der  Martinikirche  über- 
wiesen, 1770  durch  denOrgelbauer  J.  Ch.  Widemann  hergestellt  und  vervollständigt. 
Zum  Zeichen,  dass  die  Orgel  ein-  Geschenk  des  Königs  war,  wurde  sie  oben  mit 
dessen  Monogramm  und  dem  schwarzen  Adler  geziert.  Sie  zeigt  eine  schöne 
Gliederung  des  Aufbaus,  herbeigeführt  durch  kräftige  Gesimsverkröpfungen,  und 
ist  reich  mit  Schnitzereien  (Figuren  und  Laubwerk)  geschmückt. 

Einen  besonders  wertvollen  Besitz  der  Kirche  bildet  der  Taufkessel  (Fig.  1  (38), 
ein  vortrefflicher  Bronceguss  aus  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts,  heutzutage 
leider  durch  bunten  Ölfarbenanstrich,  dessen  Beseitigung  dringend  zu  wünschen 
wäre,  entstellt  Er  ist  1,095  m  hoch  und  hat  einen  oberen  Durchmesser  (zwischen 
den  äussern  Rändern  gemessen)  von  1,166  m.  Der  Kessel  wird  getragen  von 
vier  männlichen  knieenden  Figuren,  welche  Wassergefässe  ausgiessen,  den  Personi- 
fikationen der  vier  Paradiesesflüsse.  Der  Kessel  selbst,  dessen  obere  und  untere 
Kante  von  noch  romanisch  ansprechenden  Blattfriesen  begleitet  ist,  zeigt  an  seiner 
Wandung  imme^  unter  je  zwei  frühgotischen  Giebeln,  aus  deren  Treffpunkten 
sich  Fialen  erheben,  welche  ebenso  wie  die  Giebel  reichlich  mit  Krabbon  besetzt 
sind,  und  deren  als  schlanke  Halbsäulen  gebildete  Stützen  die  Fläche  der  Wandung 
in  acht  Felder  zerlegen ,  folgende  in  mittleren  Relief  ausgeführte  Darstellungen : 
die  Verkündigung  Mariae  und  die  Heimsuchung;  Geburt  Christi;  Verkündigung 
der  Hirten;  Anbetung  der  Könige;  Bethlehemi tischer  Kindermord;  Darstellung 
im  Tempel;  Flucht  nach  Ägypten;  Taufe. 

Leuchter:  [1260  wurde  die  Kirche  von  einem  Pfarrer  und  einem  Bürger 
mit  einer  ewigen  Lampe  beschenkt;  —  1463  gab  es  zwei  ewige  Lampen,  eine  auf 
dem  Chor,  eine  mitten  in  der  Kirche;  —  1482  wird  „der Elenden  Licht'  genannt.] 


V 


Halberstadt  (die  Pfarrkirche  St. Martini:  Leuchter  —  Kunstwerke — Epitaphien)    407 


W»*'."  f. 


Auf  dem  Hauptaltar  giebt  es  zwei  etwas  plump  geformte  hohe  broncene 
Leuchter  mit  Löwenkopffüssen ,  aus  frühgotischer  Zeit.  Ferner  zwei  messingene 
TiBuchter  von  1686  als  ehemaliges  Eigentum  der  Ldebfrauenkirche  beglaubigt 
durch  die  Inschrift  E^  :  B  :  MAR  :  VIRG  : 

Im  Kirchenschiffe  hängen  zwei  Kronleuchter: 

1.  von  1686;  Bronce;  sechs  Arme  oberhalb  einer  Kugel,  die  Lichtmanschetten 
in  Muschelform.  Darüber  ein  cylinderartiger  Teil  mit  Henkeln,  an  denen  sich 
weibliche  Hermen  befinden;  zu  oberst  die  rund  gearbeitete  Figur  der  Minerva. 
Der  Leuchter  hängt  noch  an  der  ursprünglich  dazu  gestifteten  Stange,  welche  in 
geeigneten  Zwischenräumen  durch  zierlich  geschmiedete  vierteilige  Qlieder  unter- 
brochen wird. 

2.  von  1689;  Messing;  ohne  Kugel;  sechzehn  Arme  in  zwei  Etagen  über 
einander.  Oben  eine  männliche  Figur;  der  Ring  unten  hängt  im  Maule  eines 
Löwenkopfes. 

In  der  Sakristei  steht  eine  spätgotische  Truhe  von  einfacher  Gestalt,  aus 
Holz  mit  vielen  Eisenbändem  beschlagen. 

Webereien:  [Erwähnt  werden  Teppiche  1374,  1401,  1421  und  1433;  ein 
neues  Messgewand  1443.] 

Kunstwerke:  [Das  h.  Kreuz  vor  der  Zither  1443;  —  Das  Madomienbild 
in  der  Martinskapelle  1480;  —  ein  silbernes  Bild  des  h.  Martinus;  es  war  im 
März  1480  noch  in  Arbeit;  der  Heilige  sollte  auch  eiii  silbernes  Pferd  bekommen. 

Eine  Sonnenuhr  war  (nach  Scheffer  p.  17)  an  der  Südseite  neben  dem 
Portale  mit  dem  Martinsbilde  angebracht  und  trug  die  Inschrift 

Anno  Domini  1577. 

Dum  sarcire  aedem  hanc  nixi,  contagia  pestis  Cernimus,  auxilium 
xnittito,  Christe,  tuum.] 

Grabmal  er:  [Die  bei  der  Schicht  1423  hingerichteten  Ratsherrn  (siehe  oben 
p.  194 f)  waren  zuerst  vor  der  Thür  der  Martinikirche  verscharrt;  doch  wurden 
ihre  Leichen  später  wieder  ausgegraben  und  innerhalb  der  Martinikirche  am 
Sonntage  nach  Maria  Geburt  1425  beigesetzt.  In  Bezug  auf  dieses  letztere  Er- 
eignis heisst  es  in  dem  Berichte  darüber:  als^  men  den  rad  plecht  to  donde  (wie 
man  dem  fiate  pflegt  zu  thun).  Daraus  geht  hervor,  dass  Batsmitglieder  für  ge- 
wöhnlich ihre  Ruhestätte  in  dieser  unter  städtischem  Fatronat  stehenden  Kirche 
gefunden  haben.  —  Erwähnt  wird  ferner  1442  die  Gruft  einer  Frau  Kunne  Woldag, 
und  1616  wird  als  aussen  an  der  Kirche  befindlich  von  Merian  das  aus  Quader- 
steinen gebaute  Grab  des  Juristen  und  bischöflichen  Kanzlers  Tobias  Paurmeister 
von  Kochstedt  genannt.  —  Von  dem  Martinikirchhofe  ist  schon  im  frühen  Mittel- 
alter die  Rede;  1241  wird  er  mit  Bezug  darauf,  dass  St.  Martini  die  Kirche  der 
alten  Kaufmänner-Gemeinde  war,  cimiterium  forense  genannt] 

Folgende  Epitaphien  sind  heute  in  der  Kirche  vorhanden: 

1.  Lorenz  Trautenbuel,  t  gegen  1540  aetatis  sue  43.  Stehende  Figur  in 
Schaube,  die  Hände  zusammengelegt;  unten  zwei  Wappen.  Sandstein.  H.  1,94  m, 
Br.  1,06  m. 

2.  Ein    vor    dem    Kruzifixus    knieender    geharnischter    Ritter.     Inschrift: 
ANNO-  J   B-6  0-  lAR.  AVF-  DEN    DAG-  VN8ER8    HERN  CHRISTI    GEBORT 
AM-  SONTA: ANDREJ    IST    DER-  ERBAR-  VN-  ERENFESTEN GHRISTOFFEL 


408     Halberstftdter  Stadtkreis:  Haibetstadt  (die  Pfarrkirche  St  Martini:  Epitaphien) 


VON  .  LEIPCZIK  •  ALHIR  •  IN  •  GOT  VOR  •  SEI  A  •  Sandstein.  Die  Figur  ist 
in  Hochrelief  ausgeführt.  Höhe  des  £pitaphs  1,91  m,  Br.  1,07  m.  Über  dem 
Epitaph  befindet  sich  das  aus  gleichem  Material  hergestellte  polychromierte  Wappen 
des  Verstorbenen,  welches   ein  springendes   Pferd  zeigt;  darunter  die  Schrift 

GVL    1664- 

3.  Justus  Otto  von  Einbeck,  erster  eyangelischer  Prediger  der  M.-Kirche, 
f  1574.  Stehend  im  Talar,  umgeben  von  einer  Renaissance-Architektur.  Unten 
ein  Spruchband.    Meisterzeichen  \.    Sandstein.    H.  1,96  m,  Br.  0,99  m. 

4.  Joachim  Blume,  f  1581  und  seine  Frau  Lucia  Schuten,  f  1573.  Das 
hübsche  Benaissance-Epitaph ,  welches  oben  an  der  Wand  im  südlichen  Kreuz- 
arme angebracht  ist,  ist  in  Sandstein  gearbeitet  und  zeigt  im  flachen  Belief  die 
Auferstehung  Christi. 

5.  Yincenz  Runstedt,  Grosskämmerer,  f  1587  im  86sten  Jahre.  Stehende 
Figur  in  Schaube ;  umgeben  von  einer  Benaissance-Nische ;  zwei  Wappen.  Sand- 
stein.   H.  1,80  m,  Br.  1,00  m.    Gutes  Werk. 

6.  Daniel  Sachse,  Prediger,  f  1605.  Stehende  Figur  im  Talar,  umgeben  von 
einer  Benaissance-Architektur.   Sandstein,  polychromiert.   H.  1,80  m,  Br.  0,96  m. 

7.  Lambert  Ehren  traut,  Prediger,  f  1606.  Unten  sein  Wappen.  Die  Dar- 
stellung der  Figur,  das  Material  und  die  Ausstattung  ist  dem  unter  No.  6 
genannten  Epitaph  Sehr  ähnlich  und  das  Werk  dürfte  daher  von  demselben 
Meister  sein.    H.  1,92  m,  Br.  1,11  m. 

8.  Der  Pastor  Geileusius  (Yomame  unleserlich),  f  1625.  Stehende  Figur 
und  zwei  Wappen.    Sandstein.    H.  1,66  m,  Br.  0,85  m. 

9.  Simon  Gleissenbergk ,  Stadtrichter,  f  1626.  Halbfigur,  gutes  Portrait 
Zwei  Wappen.  Im  untern  Teile  des  Epitaphiums  ist  ein  hölzerner  Einsatz ;  vielleicht 
wurde  diese  Partie  gelegentlich  beschädigt    Sandstein.    H.  2,40  m,  Br.  1,00  m. 

10.  Andreas  Beiter,  Jurist,  f  1668.  Die  Fläche  zeigt  zwei  Wappen  (das  des 
A.  B.  und  seiner  Gemahlin  Elisabeth  von  Uslar)  Sandstein.  H.  1,78  m,  Br.  0,95  m. 

11.  Ludwig  Fidler,  Pastor,  f  1674.  Stehende  Figur  und  zwei  Wappen. 
Oben  ein  hebräischer  Spruch  (Psalm  62,  8).    Sandstein.    H.  1,91  m,  Br.  0,97  m. 

12.  Der  Pastor  Primarius  August  Meschmann,  f  1678.  Schlichte  Marmor- 
tafel.   H.  1,82  m,  Br.  0,92  m. 

13.  Heinrich  Bixner,  f  1692.  Die  Tafel  zeigt  eine  von  einem  Kranze  um- 
gebene lange  Inschrift;  oben  halten  Engel  zwei  Wappen.  Sandstein.  H.  2,21  m. 
Br.  1,15  m. 

14.  Johann  Beyr,  Bürgermeister,  f  1704.  Ehewappen  (das  des  J.  B.  und 
seiner  Frau  Eath.  Elis.  Froweins)  und  Inschrift  in  Kartusche.  Sandstein. 
H.  1,93  m,  Br.  1,08. 

Ausserdem  enthält  die  Kirche  noch  4  minderwertige  Gedächtnistafeln  des 
17.  Jahrh.'s. 

Ausserhalb  an  der  Kirche  befinden  sich  3  Steinepitaphien  mit  unleserlich 
gewordener  Schrift  aus  derselben  Zeit 

7.  Die  französisch-reformierte  Kirche, 

in  der  Antoniusstrasse  (am  Tönnieshof)  gelegen,  wurde  für  die  durch  Aufhebung 
des  Edikts  von  Nantes  Vertriebenen  erbaut    Nach  Verbindung  der  französischen 


HalbeiBtadt  (die  fraBzösisch-reforinierte  Kirche  —  die  jüdische  Synagoge)        409 


mit  der  deatsch-reformierten  Gemeinde,  welche  letztere  seit  1664  besteht,  fand 
am  6.  September  1818  der  letzte  Gottesdienst  in  dieser  Kirche  statt.  1824  wurde 
das  Gebäude  verkauft  und  dient  seitdem  als  Warenmagazin.  Die  Kirche  ist  ein 
zierlicher  Zentralbau  ohne  besondere  Merkwürdigkeiten.  Unterhalb  des  vorderen 
Teiles  befinden  sich  Wölbungen  auf  viereckigen,  abgefasten  Pfeilern.  Die  Gurt- 
bögen, flach  gespannt,  sind  nur  teilweise  fertig  geworden,  und  die  Wölbungen 
später  unorganisch  darauf  gesetzt.  Die  in  schlichten  Sococoformen  gehaltene 
Front  zeigt  zwei  französische  Inschriften,  die  eine  religiösen  Inhaltes,  die  andere 
des  Wortlautes:  La  colonie  fran9oi8e  d'Halberstadt  a  bati  ce  temple  pour 
son  usage  de  Targent  des  coUectes  sous  les  auspices  de  Friederich  I  et 
Friederich  Guillaume,  rois  de  Pruase  depuis  Tan  MDCCXIII  jusqu'en 
M  D  CC  X  VIU. 

Die  Altargerätschaften  sind  jetzt  im  Besitze  der  (reformierten)  Liebfrauen- 
gemeinde.  Von  ihnen  ist  besonders  zu  erwähnen  eine  von  1724  datierte,  0,26  m 
hohe  Zinnkanne,  verziert  mit  einer  Maske  am  Ausflusse,  einer  eingravierten 
französischen  Inschrift  und  einem  gleichfalls  eingravierten  Pelikan. 

8.  Die  jüdische  Synagoge 

Litteratur:  Dr.  Auerbach,  Gesch.  der  israelitischen  Gemeinde  in  Halberstadt.   1866. 

Die  seit  dem  13.  Jahrhundert  nachweisbare  Judengemeinde,  deren  frühere 
Kultusorte  unbekannt  sind  —  nur  einer  wird  1485  erwähnt  over  de  goten  int 
westenwort;  1487  liegt  die  Judenschule  in  der  jodenstrate  — ,  hatte  seit  dem 
17.  Jahrhundert  nacheinander  vier  Tempel,  von  denen  Nachricht  erhalten  ist. 
Der  erste  wurde  1621,  der  zweite  (in  der  Judenstrasse  21)  1669  zerstört.  Noch 
erhalten  ist  die  „Klaus^\  Bösenwinkel  18,  1703  durch  Isaschar  Bermann  gestiftet. 
Den  Hauptgottesdienst  hält  die  Gemeinde  aber  in  dem  grossen,  Bakenstrasse  56 
belegenen  Tempel.  £r  ist  im  Anfange  des  18.  Jahrhunderts  erbaut  als  quadra- 
tische Zentralanlage  mit  einer  Kuppel,  also  in  einer  in  Halberstadt  vereinzelt 
dastehenden  Art  Die  äusseren  Wandflächen  sind  in  grosse,  wenig  vertiefte, 
fiachbogige  Blenden  eingeteilt,  welche  durch  breite  Lisenen  getrennt  sind.  Im 
Scheitelpunkte  der  flachen  Bögen  befinden  sich  schlicht  ornamentierte  Schluss- 
steine. An  die  Ostseite  schliesst  sich  der  kleine  Anbau,  welcher  die  heilige 
Lade  enthält  Das  Hauptgesims  zeigt  feine  Yerkröpfungen.  Die  Kuppel  ist  vom 
Dache  überbaut,  daher  von  aussen  nicht  sichtbar.  Zwei  schön  skulpierte  steinerne 
Thüren,  mit  durchbrochenen  Giebeln  bekrönt,  führen  in  den  Tempel.  Das  Innere 
erhält  sein  Licht  durch  15  schlanke,  flachbogig  geschlossene  Fenster.  Zwischen 
ihnen  steigen  schmale  Pilaster  empor,  welche  die  wuchtigen  Konsolen  tragen, 
auf  denen  das  kräftig  entwickelte  Gesims  der  Decke  ruht  Diese,  wie  auch  die 
Kuppel  ist  in  grössere  Felder  eingeteilt,  welche  mit  symbolischen  Malereien  und 
Stuckverzierungen  geschmückt  sind.  An  der  Westseite  erheben  sich  übereinander 
die  Emporen  für  die  verheirateten  bezw.  die  ledigen  weiblichen  Personen. 

Von  den  Ausstattungsgegenständen  fällt  zunächst  ins  Auge  die  inmitten 
des  Baumes  befindliche  Almemor  (Platz,  von  wo  aus  die  Thorah  verlesen  wird). 
Sie  ist  achteckig,  umgeben  von  einem  zwischen  geschnitzten  und  bemalten 
hölzernen   Pfosten  angebrachten   schönen   schmiedeeisernen   Gitter.     Hinter  der 


410  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (die  jüdische  Synagoge  —  St.  Andreaskloster) 


Kanzel  befindet  sich  der  Eingang  zum  AUerheiligsten,  verhüllt  je  nach  den  ver- 
schiedenen Festen  und  Jahreszeiten  durch  verschiedene  kostbare  Vorhänge.  Die 
Synagoge  besitzt  deren  eine  ganze  Menge,  durchgängig  aus  den  kostbarsten 
Stoffen  mit  höchst  wertvollen  Stickereien  geschmückt;  sie  stammen  aus  dem  17. 
und  18.  Jahrhundert.  Derselben  Zeit  gehören  auch  die  zahlreich  vorhandenen, 
sehr  wertvollen  Thorah-Mäntelchen  an. 

Zu  weiterem  Schmucke  der  Gesetzesrollen,  deren  72  im  AUerheiligsten  vor- 
handen sind,  besitzt  die  Gemeinde  einen  grösseren  Vorrat  silberner  Schilder 
u.  dergl. 

Der  Eingang  zum  AUerheiligsten  ist  umrahmt  von  schwerer,  vergoldeter 
Barockschnitzerei.  Die  Art  des  Laubwerkes  und  die  Anordnung  des  Ganzen  hat 
starke  Ähnlichkeit  mit  den  aus  derselben  Zeit  stammenden  Altar-Aufsätzen  der 
christlichen  Kirchen. 

Zur  Beleuchtung  dienen  20  messingene  Barock-Kronleuchter  der  bekannten 
Art,  die  Lichterarme  etagenweise  um  eine  mittlere  Kugel  angeordnet;  die  Be- 
krönung  bilden  Adler,  Löwen  u.  dergl.  Zur  Beleuchtung  der  Thorah  am  Sabbath 
und  an  den  Festtagen  ist  ein  silberner  Kronleuchter  vorhanden.  Auch  rechts 
und  links  von  der  Kanzel  hängt  je  ein  messingener  Wandleuchter  an  einem 
langen  schmiedeeisernen  Arm.  Ausserdem  dienen  den  gottesdienstlichen  Zwecken 
im  engeren  Sinne  zwei  grosse,  stehende,  messingene  Armleuchter  zu  je  neun 
Kerzen;  vor  ihnen  stehen  zwei  Armleuchter,  beides  sehr  zierliche  Erzeugnisse 
der  Schmiedekunst  des  späten  Barock,  gleichfalls  aus  Messing. 


Kloster 

Das  St.  Andreaskloster 

Litteratur:  v.  I^ebur»«  Archiv  VIII,  276  ff.  v.  Mülverstedt  H.— Z.  1872,46. 
Zschiesche,  p  183  ff.  Korrespondenzblatt  1866,  49.  Lutz,  Kunsttopographie  I,  1270  f.  Otte- 
Wemicke  I,  406. 

Geschichte:  Das  Kloster  „to  den  barvoten"  (St.  Andreae-,  Barfüsser- 
Minoriten-,  Franziskaner-  oder  Heilige-Kreuzkloster)  wurde  Ende  des  13.  Jahrh., 
(am  wahrscheinlichsten  1289)  durch  den  Grafen  Heinrich  von  Regenstein  ge- 
gründet und  zwar  an  der  Stelle,  wo  sich  jetzt  der  Ratskeller  und  die  Kommisse 
befinden.  1399  wurde  das  Kloster,  um  es  von  der  im  Interdikte  befindlichen 
Stadt  abzusondern  (vgl.  oben  p.  178)  auf  das  Terrain  Klein-Blankenburg  verlegt, 
welches  in  Regenstein'schem  Besitz  war.  Die  Andreaskirche  war  bereits  vorhanden 
und  wurde  von  den  Franziskanern  nur  übernommen.  Doch  ist  diese  ganze  Ent- 
stehungsgeschichte nicht  hinreichend  aufgeklärt  und  der  anderen  Annahme,  das 
Kloster  habe  von  Anfang  an  auf  jener  zweiten  Stelle  gestanden,  lässt  sich  nicht 
hinlänglich  widersprechen.  Das  Kloster  gedieh  infolge  vieler  Bedrängnisse  imd 
Wechselfälle  nie  zu  bedeutendem  Wohlstande.  1546  verlor  es  seine  Besitzungen 
an  das  Domkapitel  und  lebte  dann  von  milden  Gaben  und  wissenschaftlichem 
Unterricht.  Nachdem  es  1547  aufgehoben,  1548  bereits  wieder  hergestellt  war, 
nachdem  die  Mönche  1616  und  1624  vertrieben,  aber  auch  nach  dem  zweiten  Male 
wiedergekehrt  waren,  bestand  das  Kloster  bis  1810,  wo  die  allgemeine  Aufhebung 


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Halberstadt  (das  St.  Andreaskloster:  Banbeschreibang) 


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412  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (St.  Ardreaskloster:  Baubeschreibung  —  Glocken) 

der  geistlichen  Stifter  auch  ihm  ein  Ende  machte.  Die  Kirche  aber  dient  nach 
wie  vor  bis  heute  als  katholische  Pfarrkirche. 

Baubeschreibung.  (Kg.  169.)  Die  Kirche,  erbaut  am  Ende  des  14,  repariert 
Anfang  des  17.  Jahrh.^  ist  ein  mit  Sandsteinquaderverblendung  ausgeführter,  ein- 
facher gotischer  Bau  ohne  westlichen  Turm,  nur  mit  einem  Dachreiter  auf  der 
Stelle  des  Firstes,  wo  sich  der  Altarraum  an  das  Schiff  anschliesst  Die  Portale 
sind  ganz  schlicht;  die  Strebepfeiler  einfach  und  nur  einmal  abgetreppt.  Sie  ist 
eine  Hallenkirche  zu  nennen ;  die  Seitenschiffe  (Vs  so  breit  wie  das  MittelsdiiffJ 
sind  nur  unbedeutend  niedriger  als  das  Mittelschiff.  Die  Massverhältnisse  wirken 
infolge  des  schlanken  Aufstrebens  der  Säulen  elegant  und  der  Blick  von  der 
Orgelempore  gegen  den  Chor  hin  ist  von  grosser  Schönheit.  (Fig.  170.)  Die  Seiten- 
schiffe sind  vom  Mittelschiffe  durch  beiderseits  vier  achteckige  Pfeiler  getrennt, 
welch  keine  Kapitale  aufweisen.  Die  Scheidbögen  sind  schmäler  in  ihrem  Durch- 
schnitte als  die  Pfeiler  und  an  den  Kanten  stark  abgefast.  Die  Kreuzgewölbe  des 
Mittelschiffes  und  des  Chores  ruhen  auf  kurzen  Diensten,  die  sich  auf  kleine  einfach 
gestaltete  Konsolen  stützen  und  oben  mit  zierlichen  Kapitalen  gekrönt  sind;  nur 
im  Chorschlusse  laufen  die  Dienste  bis  zum  Fussboden  hinab.  Die  Gewölberippen 
zeigen  ein  einfaches  birnenförmiges  Profil.  In  den  Seitenschiffen  kommen  die 
Rippen  aus  den  Ecken  der  Säulen,  die  Qurtbögen  ruhen  ähnlich  dein,  welcher  das 
Mittelschiff  vom  Chore  trennt  auf  kurzen  abgerundeten  Wandkonsolen«  Die  sehr 
hohen  Fenster  sind  dreiteilig  und  zeigen  in  der  Mitte  eine  vorteilhaft  wirkende 
Unterbrechung  durch  einen  eingelegten  Kreis;  das  Masswerk  ist  schlicht^  nur  am 
Westgiebel  ist  es  reicher  gestaltet,  insbesondere  am  mittleren  Fenster,  w^o  sechs 
ineinander  greifende  Fischblasen  ein  Muster  von  hervorragender  Schönheit  bilden. 
Die  Leibungen  zeigen  aussen  und  innen  tiefe  Hohlkehlen.  Die  Fenster  der  Süd- 
. Seite  sind  fast  ganz  vermauert.  Die  an  den  Enden  der  Seitenschiffe  befindlichen 
sind  zweiteilig.  Die  Fenster  des  Chorabschlusses  sind  mit  modernen  Malereien 
geschmückt,  während  die  in  den  Seitenschiffen  verschiedene  Reste  von  in  Grisaille 
gemalten  Wappenscheiben  des  18.  Jahrhunderts  aufweisen. 

Im  Dachreiter  hängen  zwei  Glocken.  Die  eine  ist  modern,  die  andere,  aus 
dem  15.  Jahrb.  stammend,  hat  einen  ungefähren  Durchmesser  von  60  cm.  Um 
die  Krone  läuft  als  Umschrift  der  bekannte  Spruch:  Plebem  voco,  congrego  etc. 

Altäre.  [Urkundlich  erwähnt,  jedoch  nicht  in  der  Weise,  dass  eine  sichere 
Bestimmung  möglich  wäre,  werden  der  Liebfrauenaltar  in  der  Kirche  1434;  — 
der  Altar  der  h.  Jungfrau  und  der  hh.  Peter,  Paul,  Kosmas  und  Damian,  Lucia 
und  Gertrud;  gestiftet  von '  der  Brüderschaft  der  Schneidergesollen  1466;  Standort 
,,an  der  vordem  Seite  an  der  Kirchenwand."] 

Der  Hochaltar,  ein  spätgotisches  italienisches  Schnitzwerk,  welches  zwischen 
Masswerk  die  Madonna  mit  acht  Heiligen  zeigt,  ist  von  der  Genoral  Verwaltung  der  Kgl. 
Museen  zu  Berlin  der  Kirche  leihweise  überlassen.  Er  ist  für  seinen  Standort  viel  zu 
klein  und  nimmt  die  Stelle  eines  leider  zerstörten,  sehr  grossen  und  schönen 
Barockaltars  ein,  von  welchem  einzelne  Figuren  sich  noch  auf  dem  Dachboden 
und  in  der  Pfarre  vorfinden. 

Zwei  sehr    hübsche  gleichaltrige  Altäre   (der  eine  datiert  von  1784)  stehen 


^  Scheffer  p.  30. 


414   Hatberst&dterStadtkieis:  Halberstadt  (SLAndreasliloater:  Altargerät«  —  Ijenchter] 

der  Wand  des  nördlichen  Seitenschiffes  ist  mit  einer  iast  lebensgrossen  Statne  der 
Madonna  gesclimückt  Das  Werk  ist  in  Marmor  ausgeführt  und  verdient  wegen 
der  ausserordentlicli  schönen  Arbeit,  der  ruhigen  Haltung  und  des  herrlichen 
Flusses  der  Gewänder  die  grösste  Bewunderung.  Als  Entstehungszeit  ist  das 
15.  Jahrb.,  als  Heimat  das  westliche  Deutschland  anzusehen;  wenigstens  ist  der 
französische   Einfluss    unverkennbar.     Am  Sockel  der  Figur  befindet  sich  ein 

nicht  dazu  gehöriges  kleines 
polychromiertes  Marmor- 
relief,  aus  dem  Anfange  des 
15.  Jahrhunderts  stamiDend, 
welches  die  Anbetung  der 
Könige  vorstellt.  Sehr  feine 
Arbeit.  Höhe  032  ra,  Breite 
0,45  m.    (Fig  171.) 

AltargerSte:  [Em 
Kelch ,  10  balberstadter 
Mark  wert,  findet  1466  Er- 
wähnung.] 

Gestühl.      Die    go- 
tischen Chorstühle  sind  ein- 
fach   beiderseits  zweireihig 
^8"'-  aufgestellt.      Die     an     der 

Bückwand    über   den   ein- 
zelnen Plätzen  befindlichen  Füllungen  zeigen  Ölgemälde  der  Barockzeit,  Scenen 
aus  dem  Leben  des   h.  Franziskus   darstellend.     Die  Sitzbänke  in  den   Schiffen 
haben  zierlich  geschnitzte  Wangen,  sie  stammen  ebenso  wie  die  beiden  vor  dem 
Choreingange  befindlichen  Kommunionbänke  aus  dem  18.  Jahrb. 
Aus  derselben  Zeit  ist  der  prächtig  geschnitzte  Beichtstuhl. 
Etwas  jünger  ist  die  Kanzel.   Sie  zeigt  in  ihren  Seitenflächen  die  Figuren 
Christi,  Marias  und  der  Evangelisten;  die  Ecken  sind  mit  gedrehten,  mit  Blatt- 
werk gezierten  Säulen  geschmückt.   Über  der  Aufgangsthür  die  Figur  der  Justitia. 
Die  Orgel.   [Von   der  früheren,   im  Jahre    1619   vorhandenen   Orgel    sagt 
Michael  Praetorius:   „(die  Orgel)   zun  Baarfüssern,   dessen  M.  Elias  Winnigsteten 
gewesen,  vnd  zu  stehen  TOOThaler,  ohne  dasMahlwerck  gekostet,  hat 27 Stimmen, 
1  Tremulant.  S  Blasshälge."    Er  zählt  auf:  im  Werke  8  Stimmen,  im  Pedal  oben 
8,  in  der  Brust  zum  Manual  5,  in  der  Brust  zum  Pedal  3,  im  Rüekpositiv  13.] 

Die  jetzige  Orgel  stammt  aus  dem  Dome,  sie  war  die  dritte,  welche  dieser 
besass  (vergl.  oben  p.  278}.  Sie  ist  zweiteilig,  mit  vielen  Figuren  und  schwerer, 
ausdrucksvoller  Schnitzerei  geschmückt.  Sie  ist  ebenso  wie  die  Orgelempore  ans 
dem  18.  Jahrhundert. 

Von  Leuchtern  sind  zu  erwähnen:  1)  ein  Kronleuchter,  zwölf  Arme  um 
t'ine  Kugel.  Letztere  ist  als  Himmelskugel  gedacht,  auf  welcher  die  betende 
Madonna  mit  Strahlenkranz  und  Sternenglorie  steht.  Ende  17.  Jahrhundert;  — 
2)  die  gotische,  messingene  ewige  Lampe;  —  zwei  schöne  marmorne  stehende 
Engel  als  Leuchterträger  auf  einem  der  nördlichen  Seitenattäre.  15.  Jahrhundert. 
Ein  Opferstock,  in  Eichenholz  geschnitzt,  lö.  Jahrhundert.    (Fig.  172.) 


Halberstadt  (das  Si  Andreaskloster:  Kunstwerke)  415 


Ein  Yortragekreuj;  mit  rundgeschliffenen  Steinen  und  Reliquien,  M.Jahrli. 

Von  Kunstwerken  beherbergt  die  Franziskanerkirche :  1)  ein  Doppel- 
wappen, aus  dem  St.  Burchardikloster  stammend;  —  y)  ein  zierliches  kleines, 
in  Holz  geschnitztes  Roeocokruzifix;  —  3)  einen  Kruzifixiis  vom  Ende  des 
16.  Jahrhunderts;  —  4)  einen  marmornen,  halblebensgrossen  Kruzifixus,  18.  Jahr- 
hundert; —  5)  eine  sehr  wertvolle 
thronende  Madonna ,  polychromierte 
Holzschnitzerei;  Höhe  l,C6  m;  das  Werk 
ist  bis  auf  kleine  Mängel  gut  er- 
halten (Fig.  173);  —  6)  eine  Anzahl  von 
Ölgemälden  ohne  erheblichen  Wert.  — 
7)  einen  Kelch  von  vergoldetem  Silber, 
15.  Jahrhundert,  0,16  m  hoch.  Der  Knauf 
ist  sechsstrahlig,  an  jeder  Kante  mit 
einem  Buchstaben  des  Namens  ihesvs, 
erhaben  in  emailliertem  Grunde.  Am 
Fusse  befindet  sieh  zweimal  der  Name 
ludolf  vs  Ivekenvm,  das  eine  Mal  anf  einem 
fliegenden  Spruehbande;  femer  daselbst 
eine  graviei-te  gekrönte  Madonna;  auf 
dem  ihr  gegenüberliegenden  Felde  des 
sechslappigen  Fusses  war  ehemals  eine 
(plastische?)  Figur  (Kniziflxus?)  be- 
festigt; —  8)  einen  Kelch  von  0,2:i  m 
Höhe  aus  dem  18.  Jahrhundert;  Knauf 
sechsstrahlig,  Fuss  sechslappig ;  dieKuppa 
des  aus  vergoldetem  Silber  bestehenden 
Kelches,  ist  von  einer  Htilse  umgeben, 
die  prächtigßBlumen-und  andere  Pflanxen- 
motive  in  getriebenem  Silber  zeigt;  — 
9)  und    10)  zwei    kunstvoll    gearbeitete 

Monstranzen     des     18.  Jahrhunderts;   —  Fig.  172. 

11)  eine  messingene  Pyxis  in  Form  eines 

mit  Zinnen,  geschmückten  Türmchens,  14.  Jahrhundort;  —  12)  einen  hölzernen 
mit  weissem  Pergament  überzogenen,  innen  mit  Purpur  gefärbten  Kasten;  mit 
vergoldeten  Broncebeschtägen ;  an  den  äusseren  Kanten  mit  schwarzen  gemalten 
Ornamenten  auf  Goldgrund;  der  Deckel  fehlt:  13.  Jahrhundert;  —  13)— 15)  drei 
spätromanisehe  Kassetten  von  Eichenholz ;  die  Aussenflächen  mit  höchst  künstlicii 
gearbeiteter  Holzintarsia  inkrustiert;  vergoldete  BroneebeschJäge;  an  zwei  von 
diesen  Kassetten  sind  noch  die  mit  gestochenen  Mustern  geschmückten  Messing- 
schlösser erhalten.  Die  Füsse  der  einen  sind  als  umgekehrte  Würfelkapitälo 
gestaltet.  Nr.  12—15  bilden  einen  äusserst  kostbaren  und  seltenen  Besitz  der 
Kirche.  Die  nähere  Beschreibung  der  Stücke  würde  hier  zu  weit  führen 
und  muss  an  anderem  Orte  geschehen.  Von  einer  der  Kassetten,  der 
grössten  (Höhe  1,38  m,  der  Füsse  0,68  m,  Breite  0.26  m.  Lange  0,48  m,  untere 
Fläche  der  Füsse  0,28  m),  femer  von  deren  Deckel  (der  bei  den  übrigen  fehlt) 


416       Halbentadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (das  St.  Ändretiskloster:  Knnatirerbe) 

eDdlich  von  zwei  Einzelheiten  der  Intarsia  sind  hier  Abbildungen  beigegeben. 
Fig.  174  and  175;  —  16)  ein  Weihrauchgefäss  von  Silber;  die  untere  Hälfte 
iat   aus    der    Barockzeit,    während    die    obere  romanisch  ist.    Fig.  178.     (Auf 


dem  oben  erwähnten,  von  den  Schneidergeselleii  gestifteten  Altar  stand  1466 
ein  Marienbild;  es  war  schon  älteren  Datums  und  nur  provisorisch  aufgestellt. 
bis  die  Gesellen  würden  ein  Altarbild  stiften  können.  Vielleicht  war  d»5 
Marienbild  identisch  mit  dem  schönen  marmornen,  dessen  Wert  oben  hervor- 
gehoben ist] 


^Salberstadt  (das  St.  Andreaskloster:  Bibliothek  —  Hee§gewftnder  —  Epitaptüen)    417 

[Die  Bibliothek  wird  1569  erwähnt.  Das  meiste  daraus  ist  nach  Halle 
^kommen:  der  jetzige  Bestand  ist  nur  noch  ein  geringer  Rest  des  ehemaligen. 

Messgewtiiider  (zwei  weisse  Alben  und  eine  rote  Kasel)  wurden  1466 
geschenkt] 

Epitaphien: 

1)  des  Bischofs  Burcbard  I.;  aus  dem  St.  Burchardikloster  1710  hierher 
abertragen  imd  an  der  Wand  des  nördlichen  Seitenschiffes  aufgestellt.  Sandstein 
Höhe  2,05  m.  Breite  1,04  m.    Der  Bischof  ist  in  ganzer  Figur,  bekleidet  mit  dem 


Rg.  174. 

vollen  Ornate,  dargestellt.  Unten  hält  ein  kleiner  Engel  das  Wappen  hoch.  Um- 
schrift in  Majuskeln:  S  :  Burchardus  :  xi  :  Halberst  :  Epus  105g  Jn  Ecclesia 
Cathed  :  Sepult^  :  Qua  :  Exusta  :  1060  :  Ad  :  Hunc  Locum  Qui  Ab  Eo 
Nomen  Habet  Translatus  est.  Schönes  Barockwerk.  Das  Gesicht  ist  sehr 
individuell  aufgefasst  und  scheint  Portrait  irgend  einer  vornehmen  Persönlichkeit 
zu  sein.    Fig.  179. 

2)  des  Ferdinand  Joseph  von  Pürstenberg,  Kanonikus  zu  Halberstadt,  f  1800. 

3)  Heinrichs  des  Jüngern,  Grafen  von  Regenstein,  Gründers  des  Franziskaner- 

Knli  Uiiltwntidl.  !( 


Halbentadt  (das  SL  Andnasklostor:  EpilapMen) 


419 


parentTm  •  eive  -  etezeadem  ■  fanilia  ■  defmctorvm  ■  memoria  postridie  •  S  : 
Andreae  apoetoli  ecclesiae  hvivs  patroni  annva  solemnitate  celebrator  :  insignein 
bmc  conventTm,  et  ecclesiam  ex  lapide  qvadro  Bvb  titrlo  8  :  Andreae  apostoli 


hoc  in  loco  residentiae  svae  vvlgo  die  kieine  Blanckenburg  dictae,  anno  1' 
profratribvg  oidjnis  Minorvm  S  :  Francisci  fvndavit  •  et  anno  1314  morirrs  - 
medio  cbori  hvivs  ecclesiae  in  babitr  ordinis  nostri  magnifioe  est  sepvltvs  — 


420  HalberBtädter Stadtkreis;  Halberstadt  (das  StÄndreasklostor;  Epitaphien) 


Halberertadt  (das  St  Andieaskloster:  Sonstig  Baumlichkeiten) 


ac  cboFvm  9vis  svmptibvs  lapide  blanckenbvrgico  sterni  cvrarvnt,  qvorvni    me- 
nioria    sit    in    benedictione    et    aninia  exceUentissiini    comitis    piae    memoriae 

hie  aepvlti  reqviescat  in 

sancta  pace. 

Ton  den  zum  Kloster 
gehörigen  sonstigen 
Räumlichkeiten  sind  zu 
erwähnen:  DderKreuz- 
gang,  welcher  noch  er- 
halten ist,  aber  die  far- 
bige frühere  Verglasung 
seiner  Fenster  einge- 
büsst  bat;  —  2)  die 
neben  ibni  belegenen 
Zimmer.  Sie  bieten  trotz 
aller  Veränderungen 
noch  manches  Inter- 
essante, so  besonders 
eine  spätgotische  Hache 
Holzdecke,  deren  Zeich- 
nung ich  der  Liebens- 
würdigkeit des  Herrn 
Stadtbaurates  Schmidt 
verdanke;  Fig.  176  und 
177;  —  3)  über  der 
neben  der  Kirche  be- 
legenen Sakristei  be- 
findet sich  ■  ein  Kaum 
mit  flacher  Holzdecke, 
die  von  einer  dicken 
spätgotischen  hölzomon 
Säule  mit  merk  w  ürdigem 
seltenem  Kapitälgetragen 
■wird,  [letzteres  zeigt 
prismatisch  gestaltete 
rechteckige  Stücke,li»hl- 
und  Bchiffskehienartige 
Formen ;  eine  Ein- 
schnürung unterhalb 
des  Kapitals,  sowie  ein 
Abakus  oder  dgl.  fehlen  p-    j^g 

gänzUch.    (Fig.  180). 

Im  Hofe  fanden  sich  bei  Ausschachtungsarbeiten  im  Jahre  1869  zwei  tirubcn, 
worin  prähistorische  Urnen,  sowie  eine  kleine  steinerne  Madonnonstatue  entdeckt 
wurden. 


422      HalbentUter  Stadtkreis:  Halberstadt  (das  SLKaUiariDeiikloBter:  Geseliteht«) 

Auf    dem  Hofe  findet  sich  am  südlicliea  Flügel  der  ElostergebSude    die 
auch    von   Scheffer  (p.  29)   erwälmte  Inschrift:  D.  O.  M.  B,  Hariae  virgini  sc- 


raphico  Francisco  hanc  domutn  poni  curavit  preenobile  reverendun  et 
gratiosum  capitulum  cathedralis  ecdesiae  halberstadensis.  Anco  salutis 
M.D.C.XXX. 

2.  Das  St  Katharinenkloster 

Litteratur:  v.  Mühentodt  in  der  H.-Z.  1872,  wo§fdbit  die  frühere  UUeratur  tut- 
geführt  iit;  Zrchieeche,  H&lb.  lODBt  tiod  jetet  p.  I85f-,  Lotz,  Kunsttopogniphie  1,270;  Otte- 
Wemicke,  II,  406 ;  t,  Ledebur,  Eorreepondeosblatt  1S66, 50. 

Abbildung  ist  hergestellt  von  der  Kgl.  Meesbild&nBtalt  und  mit  deren  KrlaobiiiB  hi«r 
□«ohgebildet 

Geschichte:  Das  Kloster  stand  unter  dem  Patronate  der  hh.  Katbarioa, 
Barbara  und  Paulus.  Dem  letzteren  verdankte  ea  den  im  Mittelalter  f^eläufigen 
Namen  der  Pevlercloster;  die  Bezeichnung  Eatharinenkloster  blieb  eine  seltene, 
Es  wurde  Ende  der  zwanziger  Jahre  des  13.  Jahrhunderts  von  den  Grafen  von 
Begenstein  gegründet  und  angeblich  1231  geweiht.  Drei  Siegel  beschreibt  von 
Müiverstedt  a.a.O. p.40.  1566  wurde  das  Kloster  dem  Domkapitel  überiiefert, 
worauf  der  Rat  der  Stadt  dort  eine  Schule  für  Studierende  der  Theologie  ein- 
richtete, doch  war  diese  nicht  von  langem  Bestände,  da  das  Kloster  1597  einging. 
Die  Gebäude  ausser  der"Kirohe  wurden  erst  vermietet,  dann  für  1050  Tbaler 
1598  an  Ernst  t.  Ämstedt  verkauft.  Während  des  dreissigjährigen  Krieges  kun 
es  vorübergehend  (1624—32)  wieder  in  Besitz  von  Klosterbrüdern,  die  aus  Os- 
nabrück dorthin  gekommen  waren;  von  1648  an  abermals  von  Dominikanern 
besetzt,  verblieb  es  diesen  bis  zur  Aufhebung  des  Klosters  im  Jahre  1810.  Die 
Kirche  aber  dient  noch  jetzt  der  katholischen  Gemeinde  zu  St.  Katharinen. 

Als  Fatronat  des  Klosters  wird  die  Kirche  zu  Derenburg  erwähnt  Von 
den  Schicksalen  des  Klosters  ist  leider  nicht  viel  bekannt  da  die  im  18.  Jahrh. 
von  dem  Prior  RaimundusBruns  verfasste  Chronik  untei^gangen  zu  sein  scheint 
[Von  den  Schicksalen  der  ersten  Klosterkirche,  welche  im  14.  Jahrhundert  durch 
die  jetzt  noch  bestehende  ersetzt  wurde,  wird  berichtet,  dass  die  beträchtlidieii 
Baukosten  durch  Sammlungen  und  Ablässe  aufgebracht  wurden.  Letztere  wieder- 
holen sich  während  des  13.  Jahrhunderts  öfter,  zuletzt  1289,  wobei  der  Ablus 


Halberstadt  (das  St.  Katharinenkloster:  Baabeschreibnng) 


423 


auch  denjenigen  Personen  verheissen  wurde,  qui  ad  fabricam  seu  reparationem 
vel  luminaria  seu  omamenta  Beiträge  leisten  würden.  Altäre  des  b.  Paulus  und 
der  h.  Katharina  werden  1259  erwähnt  Ein  Ablass  wurde  1284  erteilt,  weil  die 
Kirche  des  Leprosenhauses  gebaut  werden  musste.] 

Baubeschreibung:  (Fig.  181.)  Das  Oebäude  stellt  sich  dar  als  eine  drei- 
schiffige  Hallenkirche,  erbaut  im  14.  Jahrhundert,  deren  Schiffe  durch  fünf  acht- 
eckige Pfeiler,  die  auf  viereckigen  Sockeln  ruhen,  von  einander  getrennt  sind. 


Fig.  181. 


Das  letzte  Joch  gegen  Westen  ist  von  der  Kirche  1630  abgetrennt,  um  eine 
Durchfahrt  für  die  dahinter  liegenden,  jetzt  zu  militärischen  Zwecken  dienenden 
Gebäude  zu  ermöglichen.  Im  übrigen  bietet  von  der  Architektur  des  Gebäudes 
nur  der  Chor  grösseres  Interesse  (Fig.  182);  er  ist  in  spätgotischer  Zeit  mit  einem 
scharfgratigen  Kreuzgewölbe  eingedeckt  worden,  wogegen  die  drei  Schiffe  des 
Langhauses  mit  geraden  Holzdecken  versehen  sind.  Die  Fenster,  deren  es  an 
der  Südseite  fünf,  an  der  Nordseite  nur  im  äussersten  Westen  eins  giebt,  zeigen 
spätgotisches  Masswerk.     Die  beiden  östlichsten  in  der  Südwand  sind  vier-,  die 


424    HalberBtadter  Stadtkreis :  Halberstadt  (das  St  Eatliarinenkloster:  Baabeechreibang)    , 

übrigen   dreiteilig,  eins    von  ihnen  enthält  zwei  geraalte  Wappenscbeiben  des 
17- Jahrhunderts  in  guter  Erhaltung.     Auch  dem  Chore  fehlen  die  Fenster  auf 


Fig.  182 

der  Nordbeite,  im  Süden  und  Osten  bat  er  durcn  sieben,  ^velche  denen  des 
Langhauses  durchaus  verwandt  sind. 

Steinmetz/.eichen    giebt    es    an    den  Pfeilern  des  südlichen   Seitenschiffes 
wahrscheinlich  eine  ganze  Anzahl,  doch  sind  sie  durch  vielfache  Übertünchung 


Halberstadt  (das  StKatharinenkloster:  Altäre  —  Kanzel  —  Orgel  —  Taufbecken)  425 


unkenntlich  geworden.    Festzustellen  sind  nur  noch 
diese  beiden  Steinmetzzeichen  an  der  Südseite  aussen : 


±^ 


1.  am  Schiffe: 


2.  am  Chore: 

Die  Kirche  zeigt  im  Innern  noch  Spuren  von  Bemalung,  \velche  im  17.  Jahrh. 
ausgeführt  ist 

An  den  nördlichen  Teil  des  Chores  lehnen  sich  Kreuzgewölbe,  welche  auf 
kurzen,  mit  frühgotischen  Kämpfern  versehenen  Pfeilern  ruhen.  Unser  Plan  zeigt 
den  gesamten  Umfang  der  ehemaligen  Stiftsgebäude,  welche  jedoch  durch  Um- 
bauten völlig  entstellt  worden  sind. 

Die  im  Dachreiter  hängende  Glocke  ist  unzugänglich. 

Altäre:  Der  Hochaltar  ist  ein  überaus  reich  geschmücktes  Schnitz  werk 
des  18.  Jahrhunderts,  ähnlich  dem  in  der  St.  Martinikirche.  Innerhalb  seiner 
prachtvollen  Architektur  zeigt  es  viele  Figuren  und  Gemälde.  Es  bedeckt  mit 
seiner  Höhe  die  gesamte  lünge  der  Chorfenster  bis  zum  Gewölbe  hinauf.  Zwei 
Nebenaltäre,  rechts  und  links  neben  dem  Eingänge  zum  Chor  befindlich,  stammen 
aus  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts.  Besonders  der  südlich  stehende, 
dessen  geschnitzte  Ornamente  1779  neu  bemalt  worden  sind,  zeigt  schön  erfundene 
Rococoformen,  doch  ist  auch  der  nördliche  von  bedeutendem  Werte. 

Die  Gestühle  im  Chor  sind  den  Altären  im  Stile  angepasst. 

Die  Kanzel  (Fig.  183)  ist  ein  prächtig  geschnitztes  polychromiertes  Werk 
aus  der  zweiten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts.  Die  Ecken  sind  mit  gewundenen 
Säulen  verkleidet;  die  Flächen  dazwischen  zeigen  innerhalb  schöner  Renaissance- 
architektur vertiefte  Nischen,  innerhalb  deren  Schnitzereien  (Gottvater,  die  vier 
Evangelisten,  ein  Fruchtomament)  sich  befinden.  Darüber  die  Worte  IWS  -  HIC  ■ 
EST  •  Fl  -  LIV8  MEVS  -  DILECTVS  -  HVNC  .  AVDITE  •  Der  Schalldeckel  stammt 
aus  etwas  späterer  Zeit;  er  ist  ebenfalls  sehr  reich  ornamentiert,  im  Verhältnis 
zu  der  Kanzel  jedoch  gar  zu  massenhaft,  immerhin  aber  für  sich  betrachtet  ein 
schönes  und  wertvolles  Stück. 

Die  Orgel  zeigt  einen  aus  dem  17.  Jahrhunderte  stammenden,  mit  kräftigen 
Schnitzereien  und  stark  wirkenden  Verkröpfungen,  oben  mit  den  Figuren  des 
Königs  David  und  zweier  Engel  gezierten  Prospekt.  Die  Orgelempore  hat  die 
im  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  beliebten  Blendarkaden,  w^elche  sich  auch  noch 
an  vielen  Fachwerkhäusern  jener  Zeit  vorfinden. 

Das  Taufbecken  ist  aus  Rübeländer  Marmor. 

Ein  Lichthalter  (Fig.  184)  in  Gestalt  eines  Chorknaben  ist  ein  wertvolles 
und  interessantes  polychromiertes  Holzschnitzwerk  des  14.  Jahrhunderts. 

Von  liturgischen  Gewändern  giebt  es  wie  in  der  Franziskanerkirche 
eine  ganze  Anzahl,  jedoch  durchweg  neueren  Datums, 


Halteratadtoi  Stadtkreis :  Halberstadt  (das  St.  Eatbarinenkloster:  Knnetirarke) 


Fig.  184. 

An  der  nördliclien  Wand 
des  Langhauses  befindet 
sieh  eine  Kreuzigungs- 
giuppe.  Die  Figuren  von 
Maria  u.  Jobannes  stammen 
UUH  dem  15.  Jahrhundert, 
der  Kru/Jflxtis  ist  mög- 
licherweise älter.  Die  beiden 
Seitenfiguren  haben  viel- 
leicht ehedem  zu  einer 
Gruppe  gehört,  welche  gleich 
vielen  ähnlichen  in  anderen 
Kirchen  auf  einem  Triumph- 
balken  vor  dem  Chore  auf- 
gestellt war. 

Eine  kleine  polychro- 
mierte  Madonna  von 
einem  Strahlenkränze  um- 
geben, ist  ein  schönes  Holz- 
schnitzwerk    des    17-  Jahr- 


428       HalberstSdter  Stadtkreis :  Halberstadt  (das  St.  Burchardikloster:  Oeschiehte) 


Ton  der  reichhaltigen  Bibliothek  (vota  welcher  ein  geschriebener  Katalog 
existiert)  ist  nur  noch  weniges  in  der  Kirche  erhalten ,  der  grösste  Teil  an  die 
Universitätsbibliothek  zu  Halle  übergegangen. 

Die  sonstigen  Räumliciikeiten  der  zugehörigen  Gebäude  bieten  wenig 
Wesentliches.  Der  Kreuzgang  ist  ganz  verbaut  Interessant  ist  der  neben  dem 
Korridor  D  gelegene  Remter  (Fig.  185),  dessen  zweischiffige  Halle  schöne,  von 
spätgotischen  Säulen  gestützte  Wölbungen  aufweist.  Die  trennenden  Wände  in 
seinem  Inneren,  welche  der  (aus  früherer  Zeit  stammende)  Grundriss  aufweist, 
existieren  jetzt  nicht  mehr. 

3.  Das  St.  Burchardikloster 

Litteratur:  Halberstädter  Blätter  1828, 1,244—256;  —  Halberstader  GemeiDnützige 
ünterhaltuDgen  III,  1,  S69-880;  IV,  1,  175—177;  —  v.  Mülverstedt  in  der  H.-Z.  1872,  39. 
(wo  die  Litteratur  im  übrigen  verglichen  werden  kann).  —  Derselbe  ibid.  p.  45.  —  Leuckfeldt, 
Antiqu.  Blankenburg,  p.  28. 61 ;  —  v.  Ledebur  in  dem  Oorrespondenzblatte  des  Gesamtvereins 
der  deutschen  Geschichts- Vereine  1866,  49.  —  Otte-Wemicke  II,  178.  —  Lotzl,  26a  — 
Zchiesche  p.  188.  —  Elis  in  der  Harzzeitschrift  1886,  20  ff.  _  H.-Z.  XXIII,  243.  —  Otte, 
Bomanische  Baukunst  p.  294. 

Namen:  Das  Stift  führt  die  Bezeichnung  St.  Thomas  nach  demjenigen 
Kloster,  welches  die  Nonnen  bis  12U8  inne  gehabt  hatten  (s.  unten);  St.  Jacobi 
nach  dem  Schutzpatron  der  Kirche;  St  Burchardi  nach  dem  Begründer,  Bischof 
Burchard  I.  Die  beiden  letzteren  Namen  hielten  sich  lange  nebeneinander,  bis 
die  Bezeichnung  St.  Burchardi,  welche  schon  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  die 
gewöhnliche  war,  seit  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  die  allein  geltende  blieb. 
Nach  der  Lage  wird  das  Kloster  auch  > bezeichnet  als  prope  civitatem,  extra  muros 
civitatis,  in  suburbio;  1216  und  auch  später  führt  das  Kloster  die  Bezeichnung 
novum  opus. 

Geschichte:  Bischof  Burchard  I.  war  der  Gründer  des  Klosters,  in  dessen 
Bäumen  er  auch  begraben  wurde.^  Es  war  seit  1186  ein  Prämonstratenser 
Mönchskloster  und  kam  dann  in  den  Besitz  der  Templer,  welche  in  Halberstadt 
eine '  Kommende  stifteten.  Im  Jahre  1208  verliessen  sie  das  Kloster  aber  und 
siedelten  in  das  am  breiten  Thore  belegene  Kloster  St  Thomae  über,  wogegen  die 
bis  dahin  dort  hausenden  Gisterziensernonnen  das  Burchardikloster  übernahmen, 
angeblich,  weil  dieses  dem  Lärm  der  Stadt  ferner  lag.  [Dies  1186  von  Bischof 
Dietrich  gegründete  und  reich  beschenkte  Kloster  führte  seitdem  die  Bezeichnung 
Tempelhof  oder  Gottesritterhof.  Seine  Spuren  sind  heute  verloren.  Vergl.  oben 
p.  221. 1  Der  Tausch  wurde  1230  durch  Bischof  Konrad  bestätigt.  Wegen  Über- 
füllung des  Klosters  ging  in  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  eine  Anzahl  von  Nonnen 
nach  dem  Kloster  St.  Nikolai  zu  Adersleben,  scheinen  aber  dort  Schwierigkeiten 
gefunden  zu  haben,  die  die  Rückkehr  verschiedener  von  ihnen  verursachten. 
Besitzungen  hatte  das  Kloster  in  Aspenstedt,  Quenstedt,  Wehrstedt,  Harsleben, 
Börnecke,  Timmenrode,  Hordeshusen,  Alderode,  Adersleben,  Hodal,  Bemburg, 
Schöningen  und  am  Goldbache;  auch  das  Recht  des  Holzschlages  im  Harze  gehörte 
dazu.    Patronate  werden  erwähnt  u.  a.  in  Westerhausen ,  Emersleben,  bei  den 

'  Sein  Leichnam  wurde  später  in  den  Dom  und  von  da  in  die  Andreaskirche  über- 
tragen, wo  er  sich  im  nördlichen  Seitenschiffe  noch  befindet. 


Halberstadt  (das  StBarchardikloster:  Oeschichte) 


429 


Kapellen  in  Schwanebeck  und  Oschersleben  u.  s.  w.  —  Von  der  Aufzählung  des 
Klosterpersonals  kann  hier  abgesehen  werden,  da  es  im  Index  des  Schmidt'schen 
Halberstädter  Urkundenbuches  in  aller  Vollständigkeit  aufgezählt  ist  und  daselbst 
verglichen  werden  kann.  —  Über   die  Siegel  vergl.  v.  Mülverstedt  a.  a.  0.  — 


X 


.10 


Fig.  186. 

Von  den  äusseren  Schicksalen  des  Klosters  verlautet  nicht  viel.  1325  hatte  es 
unter  den  Streitigkeiten  zwischen  Bischof  Albrecht  II.  und  Bernhard  HI.  von 
Anhalt  zu  leiden.  Am  10.  Oktober  1631  und  am  12.  Januar  1632  fanden  Plünderungen 
statt,  an  denen  der  Hat  von  Halberstadt  nicht  ohne  Mitschuld  gewesen  sein  soll. 
Im  18.  Jahrhundert  geschahen  zu  drei  Malen  Beschädigungen  durch  Über- 
schwemmung.     Das   Kloster    blieb    katholisch    bis    zu    seiner  Aufhebung    am 


432    UalbentSdter Stadtkreis:  H&lberstiult  (das  StBnrcbardlUoster;  BaabeschKibsDE) 

Breitenverbältnist»  der  Schiffe  im  Langfiause  sind  annaliemd  1 : 3 :  1 ,  je  ein 
niedriger  Bogen  füiirt  aus  den  Seitenscliiffen  und  ein  niäciitiger  aus  dem  Mittel- 
sctiiffe  in  das  Querhaus,  welches  aus  drei  nebeneinander  gelagerten  Quadtaten 
besteht  Die  Vierung  wird  von  Itteuzförmig  gezeichneten  schweren  Pfeilen 
begrenzt.  Aus  der  Vierung  geht  es  durth  Bügen,  welche  denen  an  der  Westseitt 


entsprechen,  iu  den  Cliorrauni  (Kig.  1881,  welcher  sieb  einer  reichen  und  originellen 
AusbilJnng  erfreut,  und  den  Vergleich  mit  den  Kirchen  zu  Riddagshausen.  Maiien- 
fcld  in  Westfalen  und  ähnlichen  herausfordert,  wie  denn  auch  die  Maasse  dei» 
m  Riddagshausen  ähnlich  sind.  Der  Chorraum  besitzt  dieselbe  Breite  wie  Ix 
Uinghaus  und  ist  wie  dieses  dreiscliiffig  nngolegt,  jedoch  so,  dass  die  SeitenscbiBt 
mittels  eines  an  dem  Altarraumc  im  Osten  sich  hinziehenden  Ganges  ein» 
Ijmgang  um  diesen  bilden.    Dieser  Umgang  öffnet  sich   (regelmässiger  als  in 


Italbersiadt  (das  Si  Öurchardikloster:  BanbesdhreibuBg  —  kloBtergeb&nde)       433 


Riddagshausen  ^)  auf  jeder  Seite  in  drei  Bögen  zwischen  Pfeilern  gegen  den 
Mittelraum.  Zwischen  den  Pfeilern  und  den  Aussenwänden  schwingen  sich  halb- 
kreisförmige Gurtbögen,  welche  auf  höchst  schlicht  gezeichneten  Kämpfergesimsen 
aufsetzen.  Zwischen  ihnen  befinden  sich  Kreuzgewölbe,  welche  die  bedeutende 
Eigentümlichkeit  haben,  dass  ihre  Orate  nicht  bis  zum  Schlussstein  reichen, 
sondern  sich  schon  vorher  in  der  Fläche  verlieren,  so  dass  sie  eine  Art  Mittel- 
ding zwischen  Kreuzgewölbe  und  Kuppel  bilden. 

Das  Langhaus  war  mit  geraden  Holzdecken  eingedeckt,  während  der  Chor 
und  das  Querhaus  eingewölbt  werden  sollten.  Ob  sie  es  einmal  waren,  lässt  sich 
nicht  sagen;  die  steinernen  Gewölbeaufsätze  sind  noch  vorhanden.  Yielleicht 
aus  Gründen  der  Billigkeit,  vielleicht  auch  aus  statischen  Rücksichten  begnügte 
man  sich  aber  schon  in  frühmittelalterlicher  Zeit  mit  hölzernen  Gewölben;  die 
derb  geschnitzten  Konsolen,  auf  welche  jene  sich  stützten,  sind  noch  an  vielen 
Stellen  erhalten.  Sie  haben  grosse  Ähnlichkeit  mit  denen  in  Biddagshausen 
(vergl.  bei  P.  J.  Meier  a.  a.  0.  pag.  141  Fig.  51  und  pag.  144  Fig.  54),  nur  ist  die 
Ausbildung  einfacher  und  schmuckloser.  Im  18.  Jahrhundert  ist  der  Chor  mit 
einem  unpassenden  hölzernen  Tonnengewölbe  mit  darauf  genagelten  Bippen  vor- 
sehen worden. 

Überhaupt  sind  eigentliche  Schmuckformen  im  Innern  gar  nicht  vorhanden, 
dagegen  hat  das  Äussere  zwei  ausgezeichnete  Zierden  an  den  beiden  Portalen, 
welche  an  der  West-  und  an  der  Südfront  des  Gebäudes  sich  befinden.  Das 
westliche  (Fig.  189)  stammt  aus  der  frühgotischen  Zeit.  Mit  den  Kapitalen  der  in  der 
Leibung  befindlichen  Dreiviertel -Säulchen,  welche  sich  um  die  Archivolte  herum 
fortsetzen,  mit  den  Gurtbändern,  welche  um  diese  Säulchen  gelegt  sind  und  mit 
der  Verzierung,  welche  die  innere  Fase  der  Leibung  in  einer  sehr  pikant  wirkenden 
Beihe  erhabener  Kreuzchen  erhalten  hat,  erinnert  dieses  Portal  stark  an  verwandte 
Motive  aus  dem  ältesten  Teile  des  Halberstädter  Domes.  Das  südliche  Portal 
(Fig.  19ü)  befand  sich  ehemals  an  der  Südseite  des  entsprechenden  Seitenschiffes; 
es  ist  nach  dessen  Entfernung  1711  an  die  jetzige  Stelle  gesetzt  worden.  Hierauf 
deutet  die  Inschrift:  Anno  1711.  Hicposita  sum  sub  F.  G.  Bertram.  Can.  Vic.  Praep., 
Es  ist  älter  als  das  vorher  erwähnte  Portal  und  zeigt  noch  den  reichen  Typus 
unveränderten  spätromanischen  Stiles.  Die  Leibung  ist  höchst  ausdrucksvoll 
gegliedert,  und  einen  besonders  schönen  Schmuck  hat  das  Portal  in  dem  Tympanon, 
welches  durch  einen  verzierten  Mittelbalken  getrennt,  zwei  vorzüglich  schön 
gearbeitete  Bosetten  aufweist.  Besonders  zu  beachten  ist  die  rechts,  welche  von 
einem  Strickornament  umwunden  ist,  während  die  Strahlen  tangentiell  gegen  ein 
zierliches  Mittelblümchen  anlaufen. 

Auf  dem  Westgiebel  steht  eine  Windfahne  (18.  Jahrhundert)  mit  den 
Figuren  des  h.  Jakobus  und  Burchard. 

Von  der  Beschaffenheit  der  Klostergebäude  lässt  sich  jetzt,  wo  alles 
durch  umbauten  verändert  ist,  kaum  noch  eine  Vorstellung  gewinnen.  Ifur  an 
einer  Stelle  des  westlichen  Teiles  sind  in  der  Aussenmauer  vier  kleine  romanische 
Fenster    (je    zwei    übereinander)    sowie  Spuren  von   noch   mehreren   erhalten; 


^  Vergl.  die  Baabeschreibung  dieses  Klosters  von  P.  J.  Meier  in  den  Bau-  und  Kunst- 
denkmäiern  des  Herzogtums  Braunschweig  Band  II  S.  121  ff. 

Kreta  Hjübentadt.  8d 


434  HalbetstadterStadtlreis:  Halberstadt  (St.  Bnrchardiklogtor:  Ehemaliger  BesitE  der  Eircbe) 

stellenweise  finden  sich  noch  die  romanischen  Ge»mse;  ein  abgetreppter  Giebel 
scbliesst  eins  der  westlichen  Gebäude  ab  u.  s.  w. 

An  der  Westwand  sieht  man  femer  zwei  Reliefs  des  15.  Jahrhunderts, 
die  Kreuztragung  und  die  Kreuzigung  darstellend.  Die  Jahreszahl  1610  da- 
zwischen deutet  auf  die  Erbauung  dieses  Teiles,  welcher  1837  erneuert  worden  ist 


Flg.  190. 

Über  der  Hofeinfahrt  ein  Relief  von  179t,  darstellend  den  h.  Jakobus  und 
Burchard  mit  einer  bezüglichen  Umschrift  (vergl.  auch  Scheffer  pag.  42). 

[Von  dem  ehemaligen  Besitze  der  Kirche  wird  genannt:  ein  Leuchter 
1313;  —  der  Gürtel  Kaiser  Ottos,  welchen  dieser  1216  den  Nonnen  schenkte 
(Braunschweig.  Reimchr.  MG.  Chron.  11,1, 549).  —  Altare:  St.  Burchardi  über 
dem  Grabe  Burchardsl.  in  der  Kitte  der  Kirche,  also  jedenfalls  der  Hochaltar;  — 
des  Erzengels  Raphael,  12üS,  datiert  durch  die  Ertrage  eines  von  dem  Kämmerer 


Halberstadt  (das  Nikolaikloster:  Geschichte)  435 

Alvericus  dem  Kloster  übertragenen  Afterlehns;  — -  Mariae  Magdalenae,  gestiftet 
1328  vom  Kanonikus  zu  St.  Bonifatius,  Johann  Ton  Reinstedt;  der  für  den  Altar 
eingesetzte  Kaplan  bekam  auch  die  Verwaltung  der  zur  Pflege  des  Altars  be- 
stimmten Güter;  —  Heilig-Kreuz  1366;  —  St  Martini  1392; -- St.  Luciae  1489.— 
Gräber:  des  h.  Burchard,  erwähnt  mit  dem  Zusätze  prout  asseritur  1263;  — 
des  Bischofs  Meinhard  von  Kranichfeld  (f  nach  1262;  s.  o.  p.  173);  sein  Grab- 
stein war  noch  1794  vorhanden;  —  einer  gewissen  Jutta,  Wohlthäterin  der 
Kirche  1282.] 

4.  Das  Nikolaikloster 

Litteratur:  Halberst. GemeinDützige UnterhaltuDgen  1807, 1,353—360;  -H.-Z.XXII, 
15;  XXIII,  278;  —  y.  Mfilveratedt  in  der  H.-Z.  1872, 41  ff.  —  Leukfeld,  Antiq.  Gröning.  p.39. 
190.  —  Zschiesche  p.  188. 

Geschichte.  Das  Kloster  St.  Nikolai,  welches  auch  lange  nach  seiner 
Gründung  noch  den  Namen  novum  claustrum  führte,  auch  ad  paulistas  genannt 
wurde,  sollte  angeblich  zuerst  in  Derenburg  durch  Bia  und  Sophie  voq  Regen- 
stein oder  durch  die  Freiin  Sophie  von  Reuss  gegründet  werden,^  wurde  1289 
aber  nach  Halberstadt  verpflanzt  unter  Zustimmung  des  Bischofs  Yolrad,  des 
Domkapitels  und  des  Rates  der  Stadt,  wo  die  (freilich  viel  spätere)  Klosterkirche 
in  der  Strasse  „unter  den  Weiden  12—13"  noch  jetzt  existiert.  Zur  Kirche  wurde 
die  bereits  dort  vorhandene  Nikolaikapelle  erhoben;  Patronin  war  eigentlich  die 
h.  Katharina  von  Alexandria,  eine  seit  der  Zeit  der  Kreuzzüge  in  Europa  beliebte 
Heilige;  neben  ihr  gehörte  das  Patronat  dem  h.  Nicolaus.  Das  Gebiet,  auf  welchem 
das  neue  Kloster  errichtet  wurde,  war  bis  dahin  Eigentum  des  bischöflichen 
Truchsessen  Johann  v.  Alvensleben.  Bia,  welche  ihre  Gründung  für  Nonnen  des 
Dominicaner-Ordens  bestimmt  hatte,  zog  sich  darauf  in  dies  Kloster  zurück  samt 
ihren  Töchtern  Lucharda  und  Oda,  und  fand  hier  auch  ihre  letzte  Ruhestätte. 
Papst  Nicolaus  IV.  bestätigte  die  Stiftung  am  14.  November  1289.  Im  selben 
Jahre  ging  die  Pfarrkirche  von  Derenburg  durch  Schenkung  des  Grafen  Heinrich  IV. 
von  Regenstein,  Bias  Gemahl  (sie  war  aus  dem  Geschlechte  derer  v. Warberg) 
an  das  Nicolaikloster  über.  —  Die  Gründung  führte  reiche  Schenkungen  herbei 
insbesondere  seitens  der  Regensteiner  Grafen.  Genannt  werden  als  Orte,  wo 
die  Nonnen  begütert  waren  und  daher  auch  die  Vogtei  besassen,  Heudeber, 
Hordorf,  Harsleben,  Derenburg,  Oschersleben  u.  s.  w.  Innerhalb  Halberstadts 
erhielt  das  Kloster  1367  den  Goseliof  (s.  oben  p.  222),  der  zuvor  dem  Domkapitel 
gehört  hatte.  Der  Wohlstand  des  Klosters,  wenn  man  davon  überhaupt  einmal 
hat  reden  können,  sank  allmählich,  und  1478  wird  gemeldet,  es  sei  sehr 
ärmlich,  seine  Gebäude  und  Ausstattung  alt,  verdorben  und  unvollständig,  die 
Nonnen  wegen  ihres  Lebensunterhaltes  infolge  vieler  Unfälle  in  beträchtlicher 
Verlegenheit  gewesen.  —  An  der  Spitze  der  Nonnen  stand  die  Priorin,  ihr 
zunächst  die  Unterpriorin ;  zu  ihnen  kamen  noch  die  Kellnerin,  Küsterin  und 
und  Kämmererin.  Nonnen  gab  es  1465  neunundzwanzig.  Die  Aufsicht  führte 
der  Probst,  der  von  den  Nonnen  gewählt,  vom  Bischöfe  bestätigt  wurde.  Das 
SchwestemkoUegium  hatte  gegenüber  der  Verwaltung  der  Nikolaikirche  Selbst- 


'  Vergl.  oben  p.  86. 

28* 


436    Halber  Städter  Stadtkreis:  Halberstadt  (das  Pfortenkloster  —  das  Heiligegeistboepital) 

ständigkeit,  führte  wie  diese  auch  ein  eigenes  Siegel,  bedurfte  aber  bei  dem 
Abschlüsse  von  Rechtsgeschäften  der  Zeugenschaft,  Bestätigung  und  Besiegelung 
durch  männliche  Mitglieder  der  hohen  Geistlichkeit,  durch  Ministerialen  u.s.w. 
Die  Orafen  von  Begenstein  scheinen  sich  hierbei  von  Anfang  an  einen  gewissen 
Einfluss  vorbehalten  zu  haben.  —  Noch  1804  hatte  das  Kloster  sein  volles  In- 
ventar; 1810  wurde  es  aufgehoben;  die  Kirche  diente  später  als  Schauspielhaus, 
ist  aber  jetzt  als  solches  nicht  mehr  im  Gebrauch  und  steht  noch  mit  der  alten 
Theatereinrichtung  unbenutzt. 

[Von  dem  Inventar  der  Klosterkirche  werden  urkundlich  genannt:  Der 
Altar  St.  Petri  in  der  Kirche,  bei  welchem  1492  vom  Presbyter  Martin  Sone  ein 
Benefizium  gestiftet  wurde;  —  der  Altar  zum  heiligen  Kreuz  1324;  — eine  ewige 
Lampe  vor  dem  Sakrament  auf  dem  Chor  1471;  —  ein  armarium  1471;  —  ein 
Marienbild  1415;  —  ein  Kelch  15C0.  —  Ein  schon  vor  Erbauung  des  Klosters 
auf  dem  Hofe  befindlicher  Turm  wird  1300,  die  an  der  Hühnerbrücke  belegene 
Mühle  des  Nikolaiklosters  1497  genannt] 

Der  dem  14.  Jahrhundert  angehörige  Bau  (mit  Sandsteinquaderverblendung) 
bietet  in  seiner  äusserst  schlichten  Ausstattung  äusserlich  kein  Interesse;  die 
Untersuchung  im  Innern  ist  durch  die  Theatereinrichtung  unmöglich  gemacht 
Von  der  Baugeschichte  erfahren  wir  sehr  wenig.  Ein  Ablass  für  Ausbessenmg 
baufälliger  Teile  wurde  1478  erteilt  Auf  eine  weitere  Herstellung  im  Jahre  1708 
deutet  die  (auch  von  Scheffer  p.40  erwähnte)  Inschrift  LaVs  sIt  Dco  In  Ccs- 
santer  In  tcMpLo. 

6.  Das  Pfortenkloster 

Litteratur:  Halberstädter  Blätter  1823,  1,113-159.  161—176.  M.-Z.  1872;  Woker, 
Geschickte  der  norddeutschen  Franziskanermissionen. 

Geschichte.  Das  Kloster  —  Porta  coeli  —  am  Johannisbrunnen,  wurde  937 
durch  Bischof  Bernhard  und  seine  Nichte  Guntradis,  Äbtissin  zu  Hadmersleben,  ge- 
gründet und  für  zwölf  arme  Witwen  (dominae  de  porta)  bestimmt  Bischof  Brantog 
übertrug  es  1030  der  Fürsorge  des  Johannisstiftes,  dem  es  aber  durch  Bischof  Reinhard 
1 107  wieder  genommen  wurde.  Seitdem  stand  es  unter  dem  Domkapitel,  das  Johannis- 
Stift  aber  erhielt  von  Bischof  Otto  zur  Entschädigung  das  Alexiushospital  (s.  dass.). 
Die  Aufsicht  führte  der  Portenarius  des  Domkapitels  als  reich  besoldetes  Amt. 
Im  16.  Jahrhundert  sank  die  Zucht  und  Ordnung  der  Anstalt;  Winnigstedt 
(p. 266)  beschwert  sich,  dass  zu  seiner  Zeit  „geile  junge  Menscher"  darin  unter- 
gebracht worden  seien,  denen  man  einen  jungen  „Thumpfaffen"  zum  Verwalter 
gesetzt  habe.  Die  alte  Tracht  (schwarzer  Mantel  mit  weissem  Schleier)  ist  seit 
1811  abgeschafft  Die  Wohlthaten  des  Stiftes  gemessen  gegenwärtig  zwölf  weib- 
liche Personen  in  und  vierundzwanzig  ausser  dem  Stiftsgebäude.  Letzteres  ist 
ein  Bau  von  1832. 

Hospitäler 

1.  Das  Heiligegeisthospital, 

gelegen  innerhalb  der  Stadt  am  Harslebener  Thore,  wurde  als  Kranken-  und 
Armenhaus  für  Geistliche  und  Laien  von  einem  Bruder  Wilhelm  von  Gent  An- 
fang des  13.  Jahrhunderts  gegründet  und  stand  bis  1225  unter  der  Martinipfarre, 


.    Halberiitadt  (das  Heiligegeistboepital:  GeEcliiclite  —  BaubeEcbreilinng)  437 

von  welcher  es  seitdem  eximiert  wurde.  Das  Hospital  stand  unter  der  Oerichts- 
barkeit  des  Domprobstes,  bezüglich  seiner  Besitzungen  in  Elein-Harsleben  aber 
bis  1295  unter  der  des  Grafen  von  Regenstein.  Steuerpflichtig  war  es  dem  Rate 
der  Stadt,  wurde  jedoch  davon  befreit,  als  es  1241  das  Gebiet,  auf  welchem  die 
Stadt  ihr  Rathaus  erbaut  hatte,  und  welches  ihm  gehört  hatte,  der  Stadt  schenkte. 
Sechs  Personen  bildeten 
den  Vorstand.  Die  zwei 
Obersten,  welche  jährlich 
neu  gewählt  wurden, 
waren  Mitglieder  des 
Stadtrates.  Der  Pfarrer 
verwaltete  zugleich  die 
Laurent!  uspfarre  inGross- 
Quenstedt.  Der  Hof- 
meister hatte  für  die 
"Wirtschaft  zu  sorgen. 
Die  Besitzungen  des 
Hospitals ,  teils  durch 
Schenkungen,  teils  durch 
Ankäufe  erworben,  waren 
reich  und  ausgedehnt 
innerhalb  und  ausserhalb 
der  Stadt.  Gleichwohl 
genügten  die  vorhan- 
denen Gelder  nicht  immer, 
besonders  als  um  die 
Uitte  und  gegen  das 
Ende  des  13.Jahrhunderts 
die  fiauaufgaben  einen 
grösseren  Umfang  infolge 
starken  Krankenbesuchs 
annahmen.  Durch  päpst- 
liche Gunst  wurden  daher 
wiederholte  Ablässe  ge- 
währt, jedoch  musste  auch 
anderweitig  Rat  vorge- 
sorgt   werden    und     es 

wurde  dabei  nicht  immer  *^*'  ''*" 

vorsichtig  genug  gewirt- 
schaftet   1288  schritt  der  Papst  Nikolaus  IV,  gegen  die  überhandnehmenden  Gütor- 
verkäufe  des  Hospitals  ein. 

Heutzutage  sind  die  meisten  Kospitalgebäude'sebr  neu  und  stammen  erst 
aus  dem  18.  Jahrhundert.  Das  Portal  (Fig.  191),  von  Pilastern  eingefasst  und 
mit  Blumen  und  Figurenschmuck  nebst  dem  Stadtwappen  geziert,  worüber  der 
preussische  Adler  mit  dem  Kamenszuge  Friedrichs  des  Grossen  sich  erhebt,  ist 
die  Hauptzierde  des  Gebäudes  von  aussen.    Durch  eine  grosse  Thorfahrt,  über 


438    U&lberBt&dter  Stadtkreis :  Halberetadt  (das  HeUigegeiaUiospital :  Banbeschreibong) 


welcher  bis  1872   ein  Fachwerktarm  (Fig.  192)  stand,   gelangt  man  in  den  Hot; 
hier  erblickt  roan   den  Westgiebel  der  Hospitalkirche  (Patron  St  Bartholomäus), 


Fig.  193. 

Seine  Fläche  ist,  der  frUhgotischen  Entätohung  der  Kirche  angemessen,  durch 
drei  nebeneinander  aufsteigende  schlanke,  spit^bogige  Fenster  gegliedert,  deren 
mittelstes  höher  als  die  anderen  ii^t.    Auch  der  Ustgiebei  zeigt  die  Spuren  dreier 


Halbeistadt  (das  Heiligegeisfhospital  —  das  Salvator-  und  Elisabeth-Hospital)     4S9 

genau  entsprechender  Fenster,  welche  durch  zwei  rundbogige  ersetzt  sind.  Der 
Innenraum  der  Kirche  ist  mit  einem  hölzernen  Tonnengewölbe  überdeckt,  er- 
neuert 1694  auf  Kosten  einer  Katharina  Detten.  Aus  derselben  Zeit  stammen 
die  meisten  Ausstattungsgegenstände: 

Der  reicbgeschnitzte  Altar  mit  der  Kanzäl  darin,  die  gleichfalls  ge- 
schnitzte Orgel  und  ein  messingener  Kronleuchter  mit  16  Armen. 

Der  Innenraum  wird  durch  die  in  zwei  Stockwerken  übereinander  befind- 
lichen Emporen  etwas  verengt,  macht  aber,  weil  alles  Holzwerk  seine  natürliche 
Beschaffenheit  behalten  hat,  von  keinem  Anstriche  bedeckt  ist,  einen  ruhigen 
und  vornehmen  Eindruck.  Zu  erwähnen  sind  noch  zwei  Truhen  romanischer 
Herkunft,  aus  dem  13.  Jahrhundert,  davon  die  eine  (Fig.  193)  mit  geschmackvollen 
Beschlägen.  1877  wurde  die  Kirche  hergestellt,  wobei  die  gewölbten  Grüfte  ver- 
schüttet wurden. 

2.  Das  Salvator-  und  Elisabeth-Hospital 

Vergl.  Arndt,  Geschichte  des  Salvator-  und  Elisabeth-Hospitals  sowie  des  Salvator- 
Krankenhauses  in  Halberstadt  1898. 

Das  Salvatorhospital ,  in  welchem  das  Elisabethhospital  (s.  o.  pag.  221)  auf- 
gegangen ist,  wurde  zu  unbekannter  Zeit  gestiftet  und  1548  durch  den  Offizialen 
Heinrich  Hom  neu  eingerichtet,  welcher  sich  durch  seine  ausserordentliche  Wohl- 
thätigkeit,  zu  welcher  sein  allmählich  erworbenes  bedeutendes  Vermögen  die 
Mittel  gewährte,  ausgezeichnet  hat.  Sein  Bildnis  auf  dem  in  der  Liebfrauen- 
kirche  befindlichen  Epitaph  ist  oben  (S.  351  No.  13)  erwähnt. 

Die  Stiftungsurkunde  ist  in  Abschrift  in  der  Gymnasialbibliothek  erhalten. 
Bald  nach  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  geschah  die  Vereinigung  des  Elisabeth- 
hospitals mit  dem  Salvatorhospital.  Ein  Haus,  welches  1598  erbaut  ist  und 
vor  dem  Wasserthore  noch  steht,  nahm  beide  auf.  Über  der  Hausthür  sah 
man  früher  eine  Inschrift,  welche  auf  das  Jahr  1714  und  den  Provisor,  Rats- 
herrn Erhard  Hörn,  hinwies.^  Es  geht  daraus  hervor,  dass  damals  bauliche  Ver- 
änderungen gemacht  wurden.  Auch  1765  scheint  einer  anderen  Inschrift  zufolge 
Ähnliches  stattgefunden  zu  haben. 

[Die  schon  oben  p.  221  erwähnte,  zu  den  Hospitälern  gehörige  sog.  Neu- 
städter-Kapelle, auch  Elisabeth-Kapelle  genannt,  wurde  1869  abgebrochen.  Die 
im  Stadtbauamte  noch  erhaltenen  Zeichnungen  und  eine  Photographie,  welche 
beistehend  abgebildet  ist  (Fig.  194),  lassen  vermuten,  dass  das  kleine  Bauwerk  in 
spätgotischer  Zeit  errichtet  worden  ist.  Der  Dachreiter  war  eine  spätere  Zuthat, 
wahrscheinlich  infolge  der  Zerstörungen,  welche  das  Gebäude  im  dreissigjährigen 
Kriege  erlitten  hatte.  1824  sollen  noch  Reste  von  alten  Glasgemälden  vorhanden 
gewesen  sein.] 

Der  Kirchhof,  1598  laut  Inschrift  von  einer  Mauer  umgeben,  enthält  eine 
Anzahl  interessanter  Grabsteine.' 

[Verloren  ist  der  von  Scheffor  pag.  19  erwähnte  Stein  zur  Erinnerung  an 


^  Scheffer,  pag.  42. 


440       HalberstadterStadUims:  Halberstadt  (das  Salrator-  und  ElieaMh-Hospital) 


den  am  14.  Mai  1599  ermordeten  Regulas  Breitspracb,  über  dessen  Inschrift  eine 
Darstellimg  des  jüngsten  Gerichts  sich  befand.] 

Noch  vorhanden  sind:  der  Gedenkstein  des  am  18.  September  1637  bei  der 
Afolkenmühle  ermordeten  Hans  Harsleben;  ferner  der  der  Barbara. und  Anna 
Wiedelah,  +  1597  bezw.  1607;  ausserdem  mehrere  Epitaphien  des  18.  Jahrhunderts. 


An  den  Mauern  des  Kirchhofs  sind  noch  eine  Anzahl  von  Steinen  mit 
Wappen  und  Bauinschriften,  sowie  mit  den  Namen  von  Bauermeistem  und 
anderen  ■wichtigen  Personen  der  Stadt  befestigt 


Halberstadt  (der  Siechenhof:  Geschiebte  —  Kapelle:  Ausstattangsgegenstände)     441 


3.  Der  Siechenhof 

Der  Siechenhof  (Leprosenhaus ;  —  domus  infirmorum  que  juxta  oapellam 
s.  Alexii  est  sita  1199;  •—  zekhof  1447;  —  seekhof  1452;  —  der  sekin  hove, 
seykhof  1480)  wurde  gegen  1206  von  den  Gräfinnen  Mette  und  Margarete  von 
Keinstein  gegründet.  Die  Vermögenslage  war  wälirend  des  13.  Jahrhunderts  nicht 
besonders  günstig  und  musste  durch  Ablässe,  Schenkungen  u.  dergl.  verbessert 
werden.  Allmählich  gelangte  der  Siechenhof  zu  grossem  Keichtum.  Die  Ver- 
waltung blieb  bischöflich,  seitdem  sie  gegen  1223  dem  Einflüsse  der  bürgerlichen 
Stadtregiening  mit  Mühe  entzogen  wordön  war.  Doch  blieben  zwei  Ratsmitglieder 
in  seinem  Vorstande;  sie  finden  sich  noch  1553.  Satzungen  erliess  Bischof 
Friedrich  1223;  der  Hausvater  (provisor,  vormunder),  welchem  die  Besorgung  der 
inneren  Angelegenheiten  des  Siechenhofes  oblag,  wurde  lediglich  durch  den 
Bischof  eingesetzt  Ausser  den  Ki:anken  wohnten  im  Siechenhofe  noch  eine 
Anzahl  von  geistlichen  Personen  zur  Besorgung  des  Lehr-  und  Seelsorger-Amtes. 
Für  ihre  Lebensführung  wurden  von  Bischof  Hermann  1301  ziemlich  strenge 
Satzungen  erlassen.  Die  Verwaltung  der  Güter,  welche  dem  Siechenhofe  ge- 
hörten, besorgte  im  15.  Jahrhundert  ein  Hofmeister.  Die  Gebäude  gingen  im 
30jährigen  Kriege  fast  zu  Grunde,  wurden  in  der  Folgezeit  aber  wieder  auf- 
geführt, und  so  besteht  diese  Kranken-  und  Versorgungs- Anstalt  noch  jetzt, 
nachdem  seit  1811  auch  dieses,  gleich  dem  Pfortonhause  und  anderen,  der 
städtischen  Verwaltung  unterstellt  worden  war.  Seit  1866  besteht  ausser  dem 
alten  Siechenliofe  ein  neuer. 

Die  Kapelle  des  Siechenhofes,  6,62m  breit  und  14,40  m  lang,  in  der  Längs- 
achse etwas  gegen  Nordwesten  abweichend,  wurde  Ende  des  17.  Jahrhunderts 
wiederhergestellt,  erhielt  nach  Süden  vier,  nach  Osten  zwei  Fenster  und  einen 
zierlichen  Dachreiter.  Die  mit  Sandsteinquadern  verblendeten  Wände  wurden 
verputzt  mit  Ausnahme  des  Westgiebels.  Doch  war  die  Erneuerung  nicht  so 
durchgreifend,  dass  nicht  die  romanische  Herkunft  des  kleinen  Gebäudes  noch 
heute  deutlich  erkennbar  wäre.  Die  Nordwand  zeigt  zwei  vermauerte  romanische 
Fenster,  und  zwischen  den  Fenstern  der  Südwand  fanden  sich  neuerdings  Reste 
von  Malerei,  welche  dem  13.  Jahrhundert  angehört,  nämlich  ausser  einem  Kruzi- 
fixus  zwei  kreisrunde  Medaillons  mit  Köpfen  von  Heiligen.  [Die  Ausstattungs- 
stücke aus  jenen  alten  Zeiten  sind  bis  auf  eine  Glocke  (s.  u.)  verloren  gegangen. 
Erwähnt  werden  Bücher,  Leuchter,  Schmuckstücke  1319;  —  die  ewige  Lampe, 
welche  vor  dem  h.  Leichnam  brannte,  1453.]  Auch  in  spätgotischer  Zeit  hat  man 
an  dem  Gebäude  geändert;  eine  jetzt  vermauerte  Thür  aus  jener  Zeit  befindet 
sich  an  der  Südseite. 

Von  Ausstattungsgegenständen  besitzt  die  Kapelle: 

Einen  Altaraufsatz,  ein  zierliches,  jetzt  etwas  verwahrlostes  Renaissance- 
werk von  1612.  Innerhalb  dreier  Felder  befindet  sich  zu  oberst  in  Ol  gemalt 
die  Halbfigur  des  segnenden  Christus,  in  der  Mitte  die  Darstellung  der  Grab- 
legung, unten  die  kniende  Familie  des  Stifters,  im  ganzen  14  Personen,  dazu 
die  Inschrift  in  Majuskeln: 

Anno  z6i2  ist  des  erbarn  vnd  wolgeachten  Hans  Westen  ehlige  havs- 
frawe  Ilsebe  Webers  in  Gott  seliglich   entschlafen,  am  dage  Elisabet  des 


442  Halbersifidter  Stadtkreis :  Hall)er8tadt  (der  Siechenhof  —  der  Petershqf) 

abens  zwischen  6  v  7  Uhr,  der  Gott  gnedig  sei  ihrs  alters  34  Jahr  A5  1617 
ist  Margreta  Westen  in  Gott  selig  entschlafen  ihrs  alters  im  16  jähr.  Cathrina 
und  Ilsebe  Westen  sind  gestorben  Ao  1612  deren  Got  allen  gnedig  sey  Am. 

Die  Kanzel,  datiert  von  1682,  zeigt  zwischen  gedrehten  Ecksäulen,  inner- 
halb viereckiger,  von  Muscheln  überhöhter  Felder  die  Figuren  der  vier  Evangelisten. 
Ein  kleiner,  polychromierter  Kruzifixus  stammt  aus  dem  15.  Jahrhundert 
An  der  Orgelempore  befinden  sich  die  auch  bei  Scheffer  p.37  ungenau 
wiedergegebenen  Inschriften  in  Majuskeln: 

Ex  qvo  halberstadas  cruce  pestis  reptat  ad  aedes  nosqre  ac  magd- 
borgos  Itnqyit  :  en,  exto  strves. 

RESPFF  (d.  h.  respublica  fieri  fecit)  Illuminari  autem  ex  legatis  D. 
Christophori  Ostrum  Vicarij  quondam  CEH  et  Margaretha.  Sievers,  Huius 
Xenodochij  commembri. 

Im  Dachreiter  befindet  sich  eine  altertümlich  lang  geformte  Glocke  mit 
der  Inschrift  um  die  Krone :  AVE  MARIA  GRATIA  PLENA.  Unterer  Durchmesser 
etwa  60  cm.    Die  Ausmessung  ist  wegen  Unzugänglichkeit  nicht  möglich. 

Unter  den  anderen  Gebäuden  des  Siechenhofes  sind  nur  zwei  Fachwerk- 
häuser der  späten  Barockzeit  erwähnenswert.  Ihr  baulicher  Charakter  stimmt 
mit  den  in  der  Stadt  erhaltenen,  die  unten  näher  beschrieben  werden,  überein. 
Die  Schiffskehlen  sind  schwach,  die  dicken  Füllhölzer  treten  hinter  den  Balken- 
köpfen nur  wenig  zurück.    Sie  zeigen  folgende  Inschriften  in  Majuskeln: 

Dnvs  Levinvs  Casparvs  a  Bennigsen  decanvs  praepositvs  b.  m.  Virginis 
dnvs  Joannes  Levinvs  a  Bennigsen  senior  et  scholasticvs  dnvs  Engelhardvs  . 
a  Nienhavsen  svbsenior  praepositvs  s.  Mavritij  et  s.  Pauli  provisores  dnvs 
Hermannvs  Stramann  vicarivs  procvrator  f  f  Ao  1685  mense  jvnio  mcklaw 

Dnvs  Clamervs  d  Bvsch  .  decanvs  et  praepositvs  b.  m.  v.  dnvs  loes 
Levinvs  a  Bennigsen  senior  et  scholasticvs  dnvs  Philippvs  Fridericvs  de 
Schlitz  dictvs  de  Gortz  svbsenior  vicednvs  et  portanarivs  provisores  dn^ 
Stratman  cathed.  et  colleg.  s.  Pavli  vicarivs  procvrator  h  a  1695. 

Im  Garten  des  Siechenhofes  befindet  sich  ein  Brunnen  mit  dem  Spiegeischen 
Wappen.  Die  Rückwand  zeigt  innerhalb  hübscher  Eokoko -Verzierungen  die 
Figuren  der  beiden  Gründerinnen  an  dem  Brunnen,  dessen  Wasser  ihnen,  der 
Sage  nach,  Genesung  gespendet  haben  soll. 

Von  den  Nebengebäuden  ist  zu  erwähnen  eine  Scheune,  unterhalb  der 
sich  ein  zweiscliiffiges  Kreuzgewölbe  (6,78  m  breit,  10,50  m  lang)  befindet,  geteilt 
durch  zwei  Pfeiler  von  rechteckigem  Grundrisse.  Eine  andere  Scheune  zeigt 
über  dem  Thürsturze  die  Inschrift:  a"no  dm  1554,  I.W.  Auf  einer  dritten  be- 
findet sich  eine  Windfahne  mit  der  Figur  der  h.  Katharina  und  der  Jahreszahl 
1767.  Endlich  sei  erwähnt  das  auf  massivem  Quaderunterbau  stehende  Tauben- 
haus  von  1744. 

Der  Petershof 

Von  ihm  und  seiner  Kapelle  kann  erst  hier  gesprochen  werden,  weil  die 
Anlage  gewissermasson  eine  Mittelstellung  zwischen  den  Gebäuden  gottesdienst- 
lieber  und  weltlicher  Bestimmung  bildet.  So  mag  die  Beschreibung  den  Über- 
gang von  jenen  zu  diesen  bilden. 


Halberstadt  (der  Petershof:  Geschichte) 


443 


Der  Petershof  (Fig.  195)  (eurtis  episcopalis,  curia  sancti  Petri,  domus  epis- 
copalis,  sala  episcopi,  aula  nostra,  principalis  episcopi  sedes  und  ähnlich  benannt) 
wurde  1052  von  Burchhard  I.  an  der  jetzigen  Stelle  erbaut,  nachdem  zweifellos 
schon  vorher  ein  bischöflicher  Palast  innerhalb  des  Dojnbezirkes  existiert  hatte. 


PX4 


Er  bildete  die  Burg,  in  welcher  die  Bischöfe,  wenn  sie  sich  in  Halberstadt  auf- 
hielten, hausten,  und  wo  auch  mancherlei  Regierungshandhmgen  von  ihnen  voll- 
zogen wurden.  Es  umgab  sie  eine  zahlreiche  Menge  höherer  und  niederer 
Beamten,  teils  der  Amtsverwaltung  des  Bischofs,  teils  seinem  persönlichen  Dienste 


444  HalberstSdter  Stadtkreis:  Halboretadt  (der  Fetersliof:  BSnme) 


zugeteilt.  Es  werden  gonannt:  der  Kapellan  1311;  —  Kanzler  1346;  —Hol- 
richter 1358;  —  Consiliarius  1359;  —  Droste  1364;  —  Marschälle.  Vogt.  Um. 
Kämmerer  1365;  —  der  Stiftshauptmann  1375;  —  der  Protonotar  1387;  — I^nifc- 
haiiptmann  (beveler)  14^.  Von  anderen  Beamten:  der  Küchenmeister  1224;- 
Her  Schatzmeister  1284;  —  Truchsess,  Kellerei  1289;  —  Pförtner  1290;  —  Sco- 

tellarius  1341 ;  —  Wagen- 
meister  und  Bur^ogt  1606. 
[Von  den  Bäumen  d(s 
Petershofes  werden  erwähnt 
das  ceaacuium  (Speisesulj 
des  Bischofs  als  Ort  nrtoBd- 
licher  Akte  1350;  —  du 
aestuarium  ebenso  1404;  - 
die  stuba  hyemalis  (dK 
Winterrefectorium  ?)  1451:- 
eine  „obere"  Stube  1493.] 

Umbauten  bedeuteEden 
IJmfanges  wurden  vom  Bisch« 
Sigismund  U.  voi^enomoiM 
Das  Schloss  wurde  roa 
letzterem  zu  einem  Beiwi*- 
sancebau  umgewandelt,  toi 
dessen  einstiger  Schönheitnur 
noch  wenig  übrig  ist  Nament- 
lich ist  höchlich  zu  bedaaenL 
dass  die  schön  gezeichnetem 
hochragenden  Giebel  ter- 
schwunden  sind,  die  für  dis 
Stadtbild  den  alten  Abbil- 
dungen zufolge  eine  ausser- 
ordentliche Zierde  gewew 
sind.  Noch  übrig  sind  einii* 
Fenster,  ein  breiter  Erter- 
vorbau,  sowie  die  in  einem 
nach  dem  Hofe  vorspriDgeu- 
den  Turme  befindliche,  von 
schrägen  Fenstern  beletichleK 
Wendeltreppe.  Sie  dreht  sich 
um  eine  zierliche  Spindel  aai 
ist  oben  mit  einem  sehr  fein  gezeichneten  Sterngewölbe  überdeckt,  in  dessen 
SchlussKtein  die  Zahl  1554  stellt.  (Fig.  196.)  Den  Eingang  bildet  vom  Hofe  wä 
ein  Renaissanceportal  von  1552  (Fig.  197),  dessen  Skulpturen  teilweise  (mit  ihren 
Fächerrosetten)  an  die  Ornamentik  der  gleichzeitigen  Holzbauten  anklingen.  D» 
Majuskel-Überschrift  unterhalb  des  bischöflieben  Wappens  lautet: 

Sigismundus   Dei    gratia    archiepiscopus   Magdeburgen:   primas  Ga- 
maniae,  administrator  eccieaiae  halbersta:  Marchio  brandenbur:  Stetinen: 


Rg.196. 


Halberstadt  (der  Petersbof:  Kapelle)  445 

Pommeraniae  Cassuborum   Slavorumque  et   in   Silesia  Crossiae  dux  burg- 

gravius  Norinber:  et  Rugie  princeps.' 

Die  Zimmer  haben  Kreuz-,  Tonnen-  oder  Netzgewölbe  in   mannigfaltiger 

Abwechslung. 

Am  besten  erlialten,  wenigstens  in  ihrer  Architektur,  ist  die  schon  1195 
erwähnte  Kapelle  des  F^tershofes, 
geweiht  dem  h.  Petrus  oder  der 
h.  Nothburgis.  Ursprünglich  zum 
Gottesdienste  der  Bischöfe  be- 
stimmt, aber  wenig  benutzt,  wurde 
sie    1629    den  Jesuiten  gegeben 


Fig.  197.  Fig.  199. 

und  1665  vom  grossen  Kurfürsten  den  Reformierten  überwiesen,  die  sie  bis 
1848  hatten.  Sie  dient  heutzutage,  wo  der  Petershof  seit  1823  den  Zwecken 
des  Justizfiskus  überliefert  ist,  als  Schwurgeriehtssaal.  Die  Ausstattungs- 
gegenstände ,  welche  die  alte ,  hier  abgebildete  Zeichnung  erkennen  lässt 
(Fig.  198):    der  Altartisch,    die  Kanzel,  die  Emporen,  die  Orgel,  alles  aus  dem 

'  ScbefT«  p.  14. 


446  HalberstOdter  Stadtkreis:  Halberstadt  (der  Petershof:  Kapelle) 

17.  Jahrhundert,  sind  beseitigt  An  das  Schiff  der  Kapelle  achliesst  sich  ein 
schmälerer  halbachteckiger  Altarraum;  beides  ist  mit  Kreuzgewölben  ein- 
gedeckt, im  Schiffe   ohne  Bippen,  im  Chor  mit  solchen.     Letztere  ruhen  auf 


Fig.  188. 

ktii7^n  Diensten,  welche  in  halber  Höhe  der  Wand  über  dem  Fiissboden  endigen 
mi<l  sich  auf  Rehr  hübsch  gearbeitete  Sockel  stützen.  Sie  sind  in  mannigfachen 
Qestalten  als  Menschenköpfe  ausgebildet.  (Fig.  199). 
Am  Chore  aussen  sind  nebenstehende  Steinmetz- 
zeichen.  Das  letzte  Zeichen  findet  sich  auch  am 
Schiffe  einmal. 


K  t  ^ 


Halberstadt;  (die  Donu>ropst«i  [Zviclceii]) 


Noch  vorhandene  Gebäude  weltlicher  Bestimmung 

1.  Die  Dompropstei  (Zwicken) 

Yon  der  Schmiedestrasse  erstreckt  sich  an  der  Stelle,  wo  sie  sich  ia  das 

Westendorf  fortsetzt,  eine  kurze  Strasse  in  nördlicher  Kichtung  nach  dem  Dom- 

platze.    Sie  führt  den  Namen  Zwicken  (ein  nicht  hinlänglich  gedeutetes  Wort 

welches  aus  „Schwibbogen"  entstanden  sein  soll)  nach  dem  Gebäude,  welches 


Big.  200. 

ihre  nordöstliche  Ecke  am  Domplatze  bildet.  Dies  ist  die  ehemalige  Dompropstei, 
deren  Hof  schon  1156  erwähnt  wird;  das  untere  Geschoss  war  ehemals  doni- 
kapitularisches ,  das  obere  bischöfliches  Eigentum.  Die  beiden  Stockwerke  des 
Hauses  sind  in  Fachwerk  gebaut.  Das  obere  Geschoss  tritt  bedeutend  über  das 
untere  hervor  und  wird  nach  der  Strasse  von  einer  in  Sandstein,  nach  dem  Hofe 
von  einer  in  Holz  ausgeführten  Kolonnade  gestützt,  Erstere  erstreckte  sich  ehe- 
mals längs  der  ganzen  vorerwähnten  Strasse,  wie  es  seheint,  bis  zu  dem  an  der 


Hallwntadt  (die  Dompropstei  [Zwicken])  449 

beseitigt    Eine  Anschauung  von  dem  vor  1884  bestehenden  Zustande  giebt  die 
beigefügte  Abbildung  (Fig.  200  S.447). 

Das  zwischen  1592  und  1611  vom  Bischof  Heinrich  Julius  aufgeführte 
Gebäude  zeigt  die  charakteristischen  Merkmale  der  damaligen  Fachwerkbaukunst, 
auf  welche  bei  Besprechung  der  Profanarchitekturen  unten  genauer  einzugehen 
ist,  geschweifte  Konsolen,  Schnürrollen  an  der  Saumechwelle  und  an  den  Füll- 
hölzern  zwischen  den  Balkenköpfen,  ein  oberhalb  der  Fensterbrüstungsplatten 
sich  hinziehendes  Zahnschnittband,  eine  Maske  als  Eckkonsole  des  oberen  Oe- 


Fig.  202. 

Schosses.  Die  Brüstungsplatten  an  der  dem  Domplatze  zugewandten  Seite  sind 
an  17  Stellen  durch  Platten  ersetzt,  die  mit  geschnitzten  Wappen  von  Domherren 
geziert  sind.  Diese  Platten  stammen  von  dem  sogen.  Domkeller  her,  welcher 
ehemals  südlich  neben  dem  Domportale  stand  (Abbild.  S.  225).  Das  unt«re 
Geschoss  ist  ganz  schlicht.  Die  Hofseite  zeigt  über  den  schon  erwähnten  Holz- 
arkadeii  ein  kräftig  vorspringendes  Obergesehoes,  im  ganzen  äimlicli  behandelt 
wie  an  der  Strassenseite,  doch  sind  die  Stellen  der  Brüstungsplatten  durch  schräg 
gekreuzte  Riegel  ausgefüllt.    Das  Ganze  wirkt  überaus  malerisch.    (Fig.  201.) 

Die  steinernen  Kolonnaden  sind  mit  (bereits  ursprünglich  dazu  gehörigen) 
steinernen  Wappen  von  Domherren  verziert.  (Fig.  202.)    Es  sind  ihrer  elf  auf 

Kr^i  HaliMnudt.  » 


450  Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (die  Dompropstei  [Zwicken]  —  die  Kommisse) 


der  nördlichen  und  gegenwärtig  noch  vier  auf  der  westlichen  Seite.  Sie  sind 
grösstenteils  gut  erhalten  und  von  trefflicher  Arbeit;  von  abweichender,  äusserst 
reicher  Ausführung  sind  die  beiden  am  weitesten  nach  Nordosten  befindlichen 
Wappen. 

Bemerkenswert  ist  die  in  die  Figur  eines  nackten  kauernden  Mannes  (die 
linke  Hand  stützt  den  Deckstein,  während  die  rechte  den  linken  Fuss  festhält) 
ausgearbeitete  Eckkonsole,  während  die  übrigen  den  vorkragenden  Fachwerkbau 
des  Obergeschosses  tragenden  Steinkonsolen  von  einfacherer  Ausführung  sind. 
Das  Innere  bietet  nichts  Bemerkenswertes. 

An  der  Ecke,  am  Fussgesims,  steht  der  Name  eines  Bartholomäus  Trute- 
bom  (1611),  auf  der  anderen  Seite  der  eines  Heinrich  Heier  M.  M.,  vielleicht  des 
Baumeisters  und  des  Maurermeisters. 

Neben  dem  Eingange  befindet  sich  ein  Bildwerk,  den  h.  Stophanus  sitzend 
darstellend. 

2.  Die  Kommisse 

Litteratnr:  Scheffer,  p. 20.  —  Koldewey,  Geschichte  des  herzogl.  GymDasiums  zu 
Wolfenbüttel,  1879.  —  Tagebueh  des  Matthias  von  Oppen,  p.  172  fr.  —  Zschieache,  p.  128  ff 

Das  am  Holzmarkte  südlich  vom  Rathause  stehende  grosse  Gebäude,  dessen 
Name  allen  von  der  herzoglichen  Verwaltung  eingerichteten  Gasthäusern  bei- 
gelegt war,  wurde  1596  durch  den  Bischof  Heinrich  Julius  an  der  Stelle  von 
drei  ehemals  dort  befindlichen  Brauhäusern  zu  dem  Zwecke  erbaut,  dort  eine 
Unterkunft  für  fremde  vornehme  Gäste  zu  schaffen.  Die  Baukosten  sollen  an- 
geblich 72000  Thaler  betragen  haben.  Da  das  Hauptgebäude  dem  Bischöfe  bald 
nicht  mehr  genügte,  so  fasste  er  1604  den  Plan,  in  der  anstossenden  Valkenstrasse 
(jetzt  Heinrich  Juliusstrasse)  die  Häuser  eines  gewissen  Albrecht  Meyen  und 
eines  Breier  anzukaufen,  um  dort  Erweiterungsbauten  zu  errichten,  was  er  trotz 
des  heftigen  Widerstandes  des  Domkapitels,  des  Kates  und  der  Gilden  cndlieli 
auch  durchsetzte.  1613  ging  das  Gebäude  durch  Schenkung  seitens  des  Sohnes 
des  Bischofs,  der  damit  Schulden  seines  Vaters  zu  tilgen  suchte,  an  das  Dom- 
kapitel über,  ein  Vorgang,  der  zu  Streitigkeiten  desselben  mit  der  preussischen 
Regierung  führte;  letztere  vertrat  den  Standpunkt,  dass  Heinrich  Julius  nicht 
Eigentümer  des  Gebäudes  gewesen  sei,  seine  Erben  also  kein  Verfügungsrecht 
darüber  gehabt  hätten;  sie  drang  mit  dieser  Ansicht  1696  durch,  und  seitdem  ist 
(las  Gebäude  Eigentum  der  preussischen  Regierung  und  diente  als  Douane,  Pack- 
liof  und  Accise.    Noch  jetzt  befindet  sich  dort  das  Königliche  Hauptsteueramt. 

Die  Kommisse  ist  ein  dreistöckiges,  wuchtiges  Gebäude,  vor  dessen  Mittel- 
teil zwei  schmälere  Seitenteile  rechts  und  links  kräftig  hervortreten.  Beide 
Seitenteile  sind  mit  schön  gezeichneten  Giebeln  gekrönt,  deren  Flächen  mit  ge- 
quaderten  Lisenen,  und  deren  Kanten  mit  mannigfachen  Voluten  und  Fialen 
geschmückt  sind,  während  auf  ihren  Spitzen  je  ein  Löwe  als  Windfahnenhaiter 
den  Abschluss  bildet.  Die  Kanten  der  Seitenteile  sind  gequadert,  ihre  Flächen 
in  jedem  Stockwerke  von  einem  Paar  einfacher  Fenster  belebt,  während  die 
Giebel  je  ein  grösseres  und  ein  kleineres  Fenster  übereinander  aufweisen.  Der 
Mittelteil  des  Gebäudes,  vier  Fenster  breit,  ist  mit  zwei  Mansardenluken  über- 
höht, deren  Vorderseite  eine  gequaderte  Einrahmung  zeigt.    Ihren  Übergang  in 


Halberstadt  (die  Kommisse  —  das  fiathaus:  Baugeschichte  —  Bäumlichkeiten)    451 

die  Dachlinie  vermitteln  Yolutenanläuf e ;  oben  bildet  eine  zwischen  zwei  Giebel- 
ansätzen stehende  Spitzsäule  den  frei  aufsteigenden  Abschluss. 

Das  Portal  steht  nicht  genau  in  der  Mitte  der  Mittelfront,  ist  vielmehr  so 

« 

angeordnet,  dass  sich  rechts  von  ihm  ein,  links  zwei  Fenster  befinden.  Eine 
einfach  gequaderte  Einfassung  trägt  einen  etwas  gedrückten,  schlicht  dreieckigen 
Oiebel,  innerhalb  dessen  sich  das  Wappen  des  Herzogs  Heinrich  Julius  befindet 
Der  Schlussstein  der  Thürwölbung  zeigt  einen  Lowenkopf,  und  rechts  und  links 
von.  der  Thür  steht  in  Nischen  je  ein  wilder  Mann.  Die  Inschrift  über  derThür 
lautet:  Renovatum  1726.  Von  Gottes  Gnaden  Henricvs  Jvlivs  postvlirter 
bischoff  des  stififts  zv  Halberstadt  Herzog  zv  Bravnsw.  v.  LQneb.  1596. 
Ehemals  waren  die  Fenster  parterre  und  eine  Treppe  hoch  dreifach  gekuppelt, 
hatten  auch  andere  Gewände  als  jetzt  Eine  Freitreppe  von  acht  Stufen  führt  in 
das  Innere.  Seinen  ehemaligen  Schmuck  von  Stuckaturen  hat  es  eingebüsst. 
Neben  dem  Portale  links  sieht  man  eine  Beihe  von  zehn  Domherrenwappen. 
Ähnliche  Reihen  sind  an  den  domkapitularischen  Gebäuden  des  Kreises  Halber- 
stadt noch  vielfach  erhalten  und  in  vorliegender  Denkmälerbeschreibung  bereits 
öfter  zu  erwähnen  gewesen. 

3.  Das  Rathaus 

^  [Von  dem  alten,  vor  1241  gebauten  Rathause  ist  schon  oben  (p.  182)  die 
Rede  gewesen.  Es  führte  die  Bezeichnung  domus  communis  civitatis  und  stand 
auf  dem  Martinikirchhofe.  Wie  die  Rathäuser  in  Wernigerode,  Wegeleben, 
Holtemmenditfurt  (s.  0.  p.  11)  u.  s.  w.  scheint  es  als  Rat-  und  Spielhaus  zugleich 
gedient  zu  haben.  Während  es  zur  Zeit  der  Schicht  noch  benutzt  worden  zu 
sein  scheint,  ist  anzunehmen,  dass  es  bei  der  Wiederherstellung  des  bischöflichen 
Regimentes  seines  Charakters  gewaltsam  beraubt  wurde.  Hierfür  spricht,  dass 
damals  auch  die  Kanzlei  des  revolutionären  Rates  mit  vernichtet  wurde.  Zu 
Winnigstedts  Zeiten  gab  es  noch  einen  Giebel  davon,  sowie  Räume,  welche  als 
Gefängnis  dienten.  Später  verlor  es  alle  offizielle  Art  und  wurde  zum  Bürger- 
hause umgewandelt.^] 

Das  neue,  noch  jetzt  im  Gebrauche  befindliche  Rathaus  (1398  praetorium 
genannt),  wenigstens  dessen  ältester  Teil,  bestand  schon  geraume  Zeit  vor  der 
Schicht.  Berichtet  wird,  der  Bau  sei  schon  1366  unter  Bischof  Ludwig  begonnen 
worden,  doch  widerspricht  dieser  Nachricht  die  an  der  Westseite  an  der  vor- 
letzten ^uaderschicht  unter  dem  Dache  befindliche  Inschrift  a  .  dm  .  m .  ccc . 
Ixxxi  .  op9  Iccpt"  est  .  "1  .  die  .  grego'i .  Demnach  wäre  der  Bau  am  12.  März 
1381  angefangen  worden.  Die  Baustelle  gehörte  ursprünglich  dem  Kapitel  des 
Moritzstiftes;  der  Rat  hatte  dafür  8  Schilling  Zins  zu  zahlen,  der  erst  1491  ab- 
gelöst wurde.  Vollständig  in  Gebrauch  statt  des  alten  Rathauses  scheint  das 
neue,  nachdem  es  bis  dahin  nur  zur  Aushilfe  gedient  hatte,  1433  genommen 
worden  zu  sein,  wofern  man  die  am  Gürtel  der  Rolandstatue  befindliche  Jahres- 
zahl hiermit  in  Verbindung  setzen  darf. 

[Einige  Räumlichkeiten  des  Rathauses,  die  sich  nicht  mehr  mit  Sicherheit 
nachweisen  lassen,  waren  die  Ratsstube  (1428;  stuba  consulatus  1439;  consistorium 


'  Winnigstedts  Chronik  p.  347. 

j9# 


452  Halberst&dter  Stadtkreis:  Halberstadt  (das  Bathaus :  Bäumlichkeiten  —  Baabeschreibimg) 

generale  causarum  curiae  1476);  —  die  Kasse  1436.  —  Erwähnt  wird  ferner 
1428  die  Rathausglocke,  welche  das  Zeichen  zum  Beginne  der  Sitzungen  gab.  — 
Von  einem  Altar  ist  schon  1398  die  Rede.  Er  stand  in  einer  gewissen  Abhängig- 
keit von  der  Pfarrkirche  St.  Martini;  es  wurde  bei  ihm  Gottesdienst  gehalten. 
Ob  er  damals  schon  vorhanden  oder  erst  gestiftet  wurde,  sowie  ob  er  sich  im 
alten  oder  neuen  Rathause  befand,  ist  aus  dem  Wortlaute  der  Urkunde  nicht  zu 
ersehen.  —  In  den  ungedruckten  Urkunden  des  Johannisstiftes  wird  endlich  1506 
eine  Treppe  erwähnt,  die  von  aussen  ins  Innere  des  Gebäudes  führte.] 

Der  Bau  ist  in  beträchtlicher  Längenerstreckung  (rd.60m)  bei  entsprechender 

Breite  (rd.  17  m)  in  zwei  Geschossen  und  in  zwei  rechtwinklig  zusammenstossenden, 

I  gleichzeitig  entstandenen  Abteilungen   erbaut  und  mit  sehr  regelmässigen,  fem 

verfugten  Sandsteinquadern  verblendet,  deren  Oberfläche  eine  kräftige  Belebung 
durch  Meisselschlag  aufweisst.  Folgende  Steinmetzzeichen  finden  sich  hier  an 
der  Nord-  und  Südseite: 


^J^^Z.7 


Ausserdem  an  der 

Südseite:  Diö  ehemalige  Ostseite  ist  verbaut,  an  der  Westseite  waren 

-  Steinmetzzeichen  nicht  zu  entdecken.    Die  Fenstergewände 

I        I  IV         haben  durchgängig  keine  solchen  Zeichen.    Die  Dachfirst- 

^^wj      VI  l^^^i^  <iös  westlichsten  Teiles  geht  von  Norden  nach  Süden, 

^■^^         N  sodass  die  Giebel  dieses  Teiles  nach  diesen  beiden  Himmels- 

^r  •  richtungen     stehen.      Der     nördliche     ist     ei*st    1880    in 

massivem  Bau  aufgeführt  worden.  Der  Dachfii-st  der  öst- 
lichen Hälfte  setyi  sich  in  der  Mitte  rechtwinklig  dagegen,  wo  Ost-  und 
Westteil  aneinander  stossen,  erhebt  sicli  ein  steinerner  Brandgiebel;  das  Haus 
endet  gegen  Osten  in  einem  ähnlichen,  steil  aufsteigenden  Giebel,  dessen  Fläche 
durch  spitzbogige,  zum  Teil  gekuppelte  Fenster  mit  schlichtem  Masswerke 
belebt  ist;  sie  dienen  zur  Entlüftung  der  Bodenräume.  Die  Ecken  des 
Gebäudes  sowie  die  Stellen,  wo  die  beiden  Teile  rechtwinklig  gegeneinander 
stossen,  sind  mit  Fialen  besetzt.  Aus  dem  oberen,  Amtsräume  enthaltenden 
Geschosse  des  Hauses  aber  führte  ehemals  eine  Thür  ins  Freie  •zu  einer 
Treppe,  über  welche  man,  ohne  das  Untergeschoss  zu  betreten,  zum  Fiscb- 
markte  hinabsteigen  konnte.  Das  Portal  ist  noch  erhalten  und  liegt  jetzt, 
von  dem  Platze  unsichtbar,  hinter  dem  unten  zu  besprechenden  späteren 
Vorbau.  Es  zeigt  in  schöner  kräftiger  Ausführung  seines  spitzbogigen  Gewändes 
zwischen  einem  stärkeren  und  einem  schwächeren,  bimförmig  profilierten  Stabe 
innerhalb  einer  tiefen  Kehle  schönes,  hohl  heraus- 
gemeisseltes  Hopfenlaub,  auf  der  linken  Seite  mit 
den  weiblichen  Blüten,  auf  der  rechten  ohne  diese. 
Hier  finden  sich  auch  nebenstehende  Steinmetz- 
zeichen. 


X 


Halberstadt  (das  Bathaas:  Baubeschreibung)  453 


Über  diesem  Portale  befindet  sich  das  Halberstädter  Wappen,  von  knienden 
Engeln  gehalten,  über  denen  sich  Laubbüschel  erheben.  Kechts  und  links  hier- 
von sieht  man  zwei  Steintafeln  mit  zierlich  in  Hochrelief  gearbeiteten,  etwa  30  cm 
hohen  Musikant^nfigürchen  (die  sogenannten  Hilariusmänner).  Es  sind  ihrer  im 
ganzen  noch  fünf,  links  ein  Kuhhombläser,  ein  Dudelsackpfeifer  und  noch  eine 
Figur  (Bürgermeister?),  welche  ebenso  wie  die  beiden  rechts  befindlichen  in 
ihrem  Charakter  unkenntlich  geworden  ist.  Eine  sechste  Figur  rechts  dürfte 
verloren  gegangen  sein.  Die  Entstehungszeit  ist  Ende  des  14.  Jahrhunderts. 
Weiter  oberhalb,  unter  dem  hier  noch  kenntlichen  einfachen  Kranzgesimse  be- 
finden sich  zwei  hakenförmige  Kragsteine.  Sie  haben  ohne  Zweifel  dazu  gedient, 
cinDacli  zu  tragen,  welches  die  nach  dem  Platze  führende  Freitreppe  beschirmte. 
Über  die  Anlage  dieser  letzteren  —  höchst  wahrscheinlich  ist  sie  die  oben 
genannte,  welche  1506  erwähnt  wird  —  lassen  sich,  da  alle  Spuren  verwischt 
sind,  nur  Vermutungen  äussern.  Aus  ästhetischen  Gründen  und  auch  wegen 
billiger  Rücksicht  auf  den  Marktverkehr  dürfte  sie  sich  nicht  allzu  weit  auf 
den  Fiscbmarkt  hinausgestreckt  haben;  man  darf  vermuten,  dass  sie  also 
nicht  einläufig,  sondern  doppelläufig  gewesen  ist,  von  einem  vor  dem  be- 
schriebenen Portal  befindlichen  Podeste  an  der  üstwand  nach  Norden  und 
Süden  absteigend. 

Die  Fenster  dos  Rathauses  sind  teils  spitzbogig,  teils  flachbogig  mit  schlichten 
Masswerken.  Auch  das  zu  ebener  Erde  befindliche  Westportal  zeigt  nur  ein- 
fache Formen  und  keinen  bildnerischen  Schmuck.  Durchschritt  man  es,  so 
gelangte  man  ehemals  in  eine  den  ganzen  Innenraum  ununterbrochen  bildende, 
mit  steil  s])itzbogigem  Kreuzgewölbe  versehene  dreischiff  ige  Halle,  die  Schiffe  je 
in  3  m  Breite.  Eine  Treppe  führte  im  Südostwinkel  des  Westbaues  ehemals 
ins  Obergeschoss.  Das  Gewölbe  wurde  wie  das  sehr  ähnliche  im  Kellergeschoss 
(unter  dem  Westbau  ist  ein  Tonnengewölbe)  getragen  von  kurzen  schworen 
'Pfeilern,  deren  Durchschnitt  aus  dem  Viereck  gebildet,  aber  durch  starke  Ab- 
fiisung  zum  Achteck  (Seite  24  cm)  umgewandelt  ist.  Diese  Halle  diente  zum 
öffentlichen  Verkehr  des  Volkes  und  insbesondere  zum  Abschlüsse  kaufmännischer 
Geschäfte.  Hier  wurden  auch  Waren  auf  ihr  Gewicht  geprüft;  das  Rad,  über 
welches  ehemals  das  Tau  zum  Emporheben  der  abzuwiegenden  Stücke  lief, 
ist  auf  dem  Dachboden  noch  jetzt  vorhanden.  1509  scheint  dieser  Gebrauch 
bereits  abgeschafft  zu  sein,  weil  damals  an  der  Ecke  des  Fischmarktes 
iind  des  Breiten weges,  dem  Schuhhofe  gegenüber,  eine  besondere  Ratswage  er- 
richtet w^urde. 

In  diesen  Jahren  änderte  sich  offenbar  die  Bestimmung  dieses  unteren 
Raumes"  überhaupt,  die  nach  Osten  führende  Treppe-wurde  beseitigt,  und  statt 
ihrer  1560  ein  Vorbau  angelegt  (Fig.  203),  zu  welchem  Zwecke  damals,  lässt  sicli 
nicht  mehr  sagen.  Er  gehört  zu  dem  Reizvollsten,  was  die  Halberstädter  Archi- 
tektur aufzuweisen  hat.  In  der  baulichen  Auffassung  noch  nicht  völlig  beeinflusst 
von  dem  veränderten  Kunstgeschmacke  der  Zeit,  welche  der  Formenwelt  der 
Renaissance  zustrebte,  ohne  mit  den  gotischen  Überlieferungen  noch  brechen  zu 
können,  schmiegt  er  sich  dennoch  aufs  glücklichste  dem  ernsthaften  älteren  Bau 
an  und  dient  dazu,  um  dieses  Bild  Halberstadts  zu  einem  der  anmutigsten  in 
unseren  deutschen  Städten  zu  machen.    Die  Steinmetzen,  welche  hier  arbeiteten. 


454  Halberetadter Stadtkreis:  Halberstadt  (das  Batbana:  Baabeechreibnng) 

haben,  wie  ihre  Torganger,  nicht  versäumt,  ihre  Zeichen  an  den  Thüi^wänden, 
Oesimsen  und  BrüetimgeD  anzubringen: 


Fig.  208. 

Die  Wandflächen  des  Untergeachossos  sind  verputzt  Sehr  interessant  ist 
ejj  zu  sehen,  wie  an  diesem  östlichen  Vorbau  die  Konstruktion  des  Fachwerk- 
baues ihren  damals  in  Ualberstadt  übermächtigen  Einfluss  auf  den  Steinbau  aus> 
geübt  hat.  Vorkragung  des  Obergeschosses,  Stander,  Riegöl,  Brüstungsplatten 
und  -Gesimse,  alles  findet  sich  getreu  in  Stein  wiedergegeben;  nur  der  Teil 
oberhalb  des  Brüstungsgesimses  besteht  aus  Holzfachwerk.    Die  Ornamentik  zeigt 


Halberstadt  (das  Bathaus:  Baubeschreibnng)  455 

innerhalb  der  Brüstungsflächen  höchst  reizvolle  Blendmasswerke  der  spätesten 
Gotik,  während  die  Ständerflächen  des  steinernen  wie  des  hölzernen  Teiles  mit 
feinen  Renaissancemustem  belebt  sind.  Allenthalben  an  diesem  Vorbau  finden 
sich  Spuren  roter  Bemalang. 

Aus  wenig  früherer  Zeit  wie  der  Vorbau  ist  der  aus  der  Südwand  hervor- 
springende zierliche  Erker.  Er  erhebt  sich  auf  einer  breiten  Eonsole,  die  mit 
fein  profilierten,  zierlich  durchschnittenen  Stäben  verziert  ist.  Sie  bildet  ausser 
ein  paar  Rosetten,  welche  Eerbschnittmuster  nachahmen,  die  einzige  Erinnerung 
an  die  Gotik  an  diesem  Erker.  Alles  übrige  gehört  durchaus  der  Renaissance 
an.  Zwei  durch  eine  Mittelsäule  getrennte  Fenster  nach  Süden  und  je  eins  nach 
Osten  und  Westen  oberhalb  einer  kräftigen  Brüstung  geben  das  nötige  Licht  her. 
Durch  fünf  reich  profilierte,  verkröpfte  Gesimse  und  durch  an  den  Ecken  auf- 
steigende Pilaster,  welche  neben  den  Fenstern  durch  je  ein  feines  Säulchen  er- 
setzt sind,  wird  eine  überaus  reizvolle  Einteilung  herbeigeführt.  Ein  mit  Schiefer 
gedecktes,  kleines,  in  geschwungenen  Formen  gehaltenes  Dach  bekrönt  den  Erker. 
In  den  zwei  Feldern  der  Fensterbrüstung  sieht  man  das  städtische  und  das 
Stiftswappen  mit  der  Jahreszahl  der  Erbauung  dieses  Erkers  1541.  Über  den 
Wappen  befindet  sich  die  in  Majuskeln  ausgeführte  Inschrift:  Maniger  saget 
dus  vnd  das  vnd  weis  selb  nit  was.  Bistv  froembe  svnder  niet  vnde  has 
so  mach  dv  es  besser  so  lobe  ich  das. 

Unterhalb  des  Erkers  sieht  man  an  der  Wand  die  bekannten  eingekratzten 
Killen  und  Rundmarken,  wodurch  die  Annahme,  diese  fänden  sich  nur  an  Ge- 
bäuden kirchlicher  Bestimmung,  wieder  einmal  widerlegt  wird. 

östlich  von  dem  kleinen  Erker  noch  in  der  Südwand  des  westlichen  Rat- 
hausteiles sieht  man  einen  gewaltigen  Rundbogen,  welcher  aber  schon  in  der 
Renaissancezeit  vermauert  worden  ist.  Drei  gekuppelte,  von  Renaissancegewänden 
eingefasste  Fenster,  von  einem  Steingesimse  überhöht,  sind  dort  in  nicht  eben 
glücklicher  Art  eingesetzt  worden.  Der  Rest  des  Rundbogens  darüber  ist  mit 
einer  Verglasung  in  Holzeinfassungen  geschlossen,  welche  aus  dem  18.  Jahr- 
hundert zu  stammen  scheint.  Welche  Bestimmung  die  grosse  Rundbogenöffnung 
ehemals  gehabt  hat,  bleibt  unklar.   Vielleicht  bildete  sie  den  Abschluss  einer  Loggia. 

Unmittelbar  hiemeben  führt  eine  Thür  in  den  östlichen  Rathausteil.  Sie 
befindet  sich  innerhalb  eines  prächtigen  Vorbaues,  der  1663  errichtet  wurde. 
Zu  ihr  führt  eine  zweischenklige  Freitreppe,  deren  wuchtige  Balustraden  beider- 
seits in  einem  mit  Flachreliefornament  bedeckten  Obelisken  endigen.  Auf  die 
Brüstung  des  Treppenpodestes  stützen  sich  die  vier  Pfeiler  einer  rundbogigen 
gewölbten  Halle  (Fig.  204),  welche  oben  ein  aus  der  Südwand  herausstrebendes 
Zimmer  und  darüber  einen  Dachraum  trägt,  der  in  den  des  Rathauses  ein- 
mündet und  gegen  die  Strasse  mit  einem  steinernen  Giebel  abgeschlossen  ist. 
Auch  bei  dem  Mittelteil  dieses  südlichen  Vorbaues  ist  derEinfluss  des  Fachwerk- 
baues unverkennbar,  während  die  Arkatur  des  Unterbaues  und  der  Giebel  keine 
derartigen  Anklänge  aufweisen.  Die  Ornamentik  ist  überaus  reich.  Männliche 
Masken,  Seejungfern  und  weibliche  Hermen  betonen  die  Hauptteile,  während  die 
Quadern  und  die  steinernen  Ständer  des  Mittelbaues  mit  flachen  Barockverzierungen 
gefüllt  sind.  An  den  Brüstungsflächen  des  Mittelbaues  sieht  man  in  der  Mitte 
das  Halberstädter  Wappen  zwischen  zwei  Blumenkrügen;  in  den  vertikal  noch- 


456  Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (das  BatbaiiB:  Banbesr&rabiiiig) 

nials  geteilten  Feldern  rechts  und  links  je  ein  Wappen  und  den  Genius  der 
Gerechtigkeit  bezw.  des  Friedens  in  weiblicher  Gestalt.  Unterhalb  des  Uaupt- 
gesimsos  läuft  die  Majuskelinschrift:  Rempvblicam  servant  et  omont  [üetaa 
jvstitia  concordia  morvm  gravitas  civivm  ädelitas  et  dcbitvm  obseqvivci. 

Aus  der  Mitta  des  Giebels  schauen  zwei  Fenster  nach  der  Strasse,  unter 
ihnen  sind  zwischen  vertikalen  Omamentstreifen  drei  reich  verzierte  büi^rUcbe 
Wappen  angebracht.  Im  oberen  Dreieck  des  Giebels,  welches  durch  ein  bon- 
zontales  Gesims  abgegrenzt  wird,  ist  innerhalb  einer  Kartouche  die  JahreenU 


1663.  Die  Riindor  des  Giebels  zeigen  in  schwerem  Barockornament  niensdiUaK, 
und  tierische  Masken,  Pflanzen-  und  Fruchtmotive  und  die  bekannten,  i^| 
gedrückten  Voluten  und  ohrenartigen  Gebilde,  welche  dieser  Periode  des  Band^ 
Stils  charakteristisch  sind.  Die  horizontale  Einteilung  des  Giebels  wini  doH* 
aufgesetzte  kleine  Obelisken  besonders  betont.  Den  frei  aufsteigenden  Äbscbloss 
nach  oben  bildet  über  einer  Gesimsplatte,  eine  Maske. 

In  derselben  Zeit,  wo  diese  äusseren  Veränderungen  gemacht  wurden,  nalim 
man  auch  im  Innern  des  Eathauses  Gelegenheit,  allerlei  Verschönerungen  und 
Veränderungen  anzubringen.  Der  Unterzugsbalkon  im  grossen  Vorsaaie  des 
Ubergeschosses,  von  wo  eine  hölzerne  Wendeltreppe  mit  schön  gedrehter,  tief 
ausgekehlter  Spindel  sclion  seit  dem  16.  Jahrimndert  zum  Dachboden  führt,  er- 
hielt zwei  künstliche,  hökerne,  schlanke  Stützen.    Sie  erscheinen  als  aus  eckigen 


Halbentadt  (das  BathauB:  Banbeschreibnng)  457 

Schnüren  gedreht.  Ihrem  Kapital  sind  je  zwei  hübsch  geschnitzte  Kopfbändor 
angesetzt.  Den  grössten  Schmuck  erhielt  der  Baum,  welcher  jetzt  alsÄmtszimmcr 
des  Oberbürgermeisters  dient,  in  Gestalt  einer  prächtigen  Holzkassettendecke, 
welche  mit  tippigen  Malereien  bedeckt  ist:   innerhalb  reicher  Ornamente  ist  sie 


Fig.  205. 

mit  den  sinnbildlichen  Köpfen  der  deut.'wlien  Kaiser  geziert  (Fig.  205.)  Kino 
andere  Decke  ans  gleicher  Zoit  befindet  sich  im  Obergeschosse  des  zurück- 
tretenden stidlichen  Teiles  des  östlichen  Vorbaues  über  einem  Kaumc,  welcher 
durch  die  Einschiebung  einer  liässüchen  eisernen  Wendeltreppe  allen  Reiz  ver- 


1 


458      Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (das  Batbaus:  Kunstwerke—  derBoland) 


loren  hat.  Er  diente  ehemals  als  Sitzungszimmer  der  Bauermeister.  Eine  grosse 
Menge  zierlich  in  Ölfarben  ausgeführter  Wappen  bürgerlicher  Personen  aus  der 
ganzen  1.  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  sind  zwischen  mannigfaltig  gestaltetem 
Ornamente  in  Kreisen  und  Kartouchen  dort  angebracht.  Die  Decke  ist  1879  her- 
gestellt worden,  ebenso  wie  die  vorher  erwähnte. 

Ein  Tafelbild  auf  dem  Vorsaale  zeigt  die  Wappen  der  Vorsteher  der 
Gewandschneidergilde. 

Im  Stadtverordnetensitzungssaale  hängt  eine  in  Öl  gemalte  grosse  Ansicht 
der  Stadt  Halberstadt  vom  Ende  des  17.  Jahrhunderts. 

Vor  einigen  Jahrzehnten  ist  das  Rathaus  durchgreifend  und  mit  ver- 
schiedenen nicht  eben  glücklichen  Änderungen  (darunter  die  Anbringung  einer 
gotischen  Galerie  am  Dache  der  Westfront)  hergestellt  worden. 

Der  Roland,  aus  Sandstein  gehauen,  steht  an  der  Südecke  der  Westfront 
des  Rathauses  auf  einer  mit  der  Mauer  im  Verbände  befindlichen  Stufe.  Die 
gleichmässig  auf  beiden  Füssen  stehende,  etwas  breit  gedrückt  erscheinende 
Figur  ist  bekleidet  mit  dem  Panzer,  über  den  hinten  ein  faltiger  Mantel  bis  zum 
Sockel  herunterreicht.  Um  die  Lenden  üegt  ein  breiter  Gürtel  (Dusing),  der 
aus  verzierten  quadratischen  Metallplatten  zusammengesetzt  gedacht  ist.  Die 
mittelste,  etwas  breitere  Platte  zeigt  in  der  Mitte  eine  Rosette,  um  welche  kreis- 
förmig folgende  Inschrift  läuft:  ano  O  dni  O  millesimo  O  cccc  O  xxxui  0* 
Die  Hände  stecken  in  Handschuhen,  die  linke  hängt  herab,  stützt  sich  jedoch  in 
den  Gürtel,  die  rechte  ist  starr  emporgezogen  und  hält  das  schräg  nach  rechts 
zeigende  Schwert  aufrecht,  dessen  Klinge  von  Metall  eingesetzt  ist,  während  der 
breite  und  sehr  lange,  am  Ende  mit  einem  kreisrunden  Knauf  verzierte  Griff 
von  Stein  ist.  Auf  der  linken  Seite  der  Brust,  so  hoch,  dass  der  obere  Band 
fast  das  Gesicht  berührt,  hängt  schräge  nach  links  unten  gerichtet  das  Wappen 
mit  dem  doppelten  Adler.  Der  Kopf  ist  unbedeckt,  das  breite  Gesicht  bartlos 
und  ohne  Ausdruck,  das  Haar  in  rosenartigen  Lockenspiralen  stilisiert  Die 
Modellierung  der  Figur  ist  fehlerhaft,  die  Beine  besonders  steif  und  falsch,  die 
Füsse  in  viel  zu  stumpfem  Winkel  nach  unten  gebogen,  die  Knie  treten  als 
runde  Klumpen  heraus,  die  Arme  sind  zu  kurz,  ebenso  der  Hals.  Das  handwerks- 
mässige  Werk  hat  Ähnlichkeit  mit  dem  Roland  zu  Bremen  und  nahe  Verwandt- 
schaft mit  dem  zu  Zerbst,  dessen  Wappen  jedoch  nur  den  einköpfigen  Adler 
zeigt.  Das  Ganze  stellt  sich  ersichtlich  als  beabsichtigte  Nachahmung  einer  älteren 
Rolandfigur  dar,  welche  danach  aus  dem  13.  Jahrhundert  gestammt  haben  dürfte. 
Masse :  vom  Erdboden  bis  zur  Fussspitze  0,80  m ,  wovon  auf  den  Figurensockel 
0,25  m  kommen.  Höhe  der  Figur  4,20  m.  Über  dem  Kopfe  stand  die  jetzt  ver- 
schwundene Inschrift:  renovatum,  über  dem  Schwertknopfe:  1686.2  Hierbei 
wurde  er  auch  polychromiert,  was  1710  noch  zu  sehen  war.*  Über  dem  Boland 
war  ehemals  ein  Dach  angebracht,  wie  dies  auch  in  vielen  anderen  Orten  der 
Fall  ist  Verschwunden  ist  auch  die  neben  der  Figur  an  einem  eisernen  Haken 
hängende  Normal-Elle.    Auch  das  Vorkommen  dieser  ist  nicht  vereinzelt;  Giemen 

'  Wegen  dieser  Jahreszahl  kann  dieser  Roland   nicht  identisch   mit  dem  sein,  vor 
welchem  1423  die  vier  Batsherren  hingerichtet  worden  sein  sollen.     Vgl.  oben  Seite  195. 
'  Niemann,  Die  Stadt  Halberstadt,  p.  12. 
»  Uffenbach,  Merkwürdige  Reisen  II,  150. 


Halberstadfc  (das  Bathans  —  Wohnhäuser :  A.  Steinhäuser  —  B.  Fachwerkhäuser)  459 

(Zeitschr.  des  Aachener  Gesch.-Ver.  1889)  berichtet  von  einem  solchen,  angeblich 
Karl  d.  Gr.  darstellenden  Bilde,  an  welchem  gleichfalls  Normalmasse  angebracht 
waren.  Die  Ansicht,  die  Rolande  seien  zu  dieser  Zeit  Marktzeichen  gewesen, 
erhält  durch  den  unsrigen  eine  wichtige  Unterstützung. 

Tgl.  Outhovins,  De  statuis  ßolandinis  et  Weichbildis  Saxonicis.  —  Halber- 
städter gem.  Unterhaltungen  1804,  321;  1806,  277.  —  Zöpfl,  Die  Rulandsäule 
(Altert,  d.  deutschen  Reichs  und  Rechts  III,  242—244).  ~  Sello,  Der  Roland  zu 
Bremen,  1901,  pag.33.  —  Abbildungen  bei  Scheffer  No.44,  bei  Schröder,  Die 
Rolande  Deutschlands,  p.  83  u.  85  und  bei  Sello. 

4.  Wohnhäuser 

Sie  sind  in  Halberstadt  ihrer  bei  weitem  grössten  Menge  nach  in  Fach- 
werk erbaut. 

A.  Steinhäuser  aus  älterer  Zeit  sind  nur  sehr  yereinzelt;  sie  stammen 
sämtlich  aus  dem  18.  Jahrhundert  und  zeichnen  sich  durch  schlichte  Vornehm- 
heit aus.  Die  Fassaden  zeigen  einfache  Quaderungen,  Einteilung  der  Fläche 
durch  Pilaster  und  dergl.  Gelegentlich  ist  das  Portal  mit  Säulen  geschmückt. 
Zu  erwähnen  sind  die  Häuser: 

Qerberstrasse  15; 

die  v.Redem'sche  Kurie  am  Domplatz  3,  von  1796; 

das  Landgericht  am  Domplatz  34  mit  wohlerhaltener  geschnitzter  Treppe, 
schönen  Thüren,  Kaminen  u.  dergl. ; 

die  V.  SpiegeFsche  Kurie,  Domplatz  36; 

das  Haus  Domplatz  37; 

ein  schönes  Rokokohaus  Judenstrasse  16,  mit  drei  Seiten  frei  an  der  Ecke 
zweier  Strassen  stehend,  erbaut  gegen  1730,  mit  hübschem  Risalit,  welcher  oben 
von  einem  Giebel  bekrönt  ist;  er  ist  gleich  der  Hausfront  von  Pilastern  ein- 
gefasst,  welche  reich  verzierte  Kapitale  tragen; 

Martiniplan  16. 

[Verschwunden  ist  leider  das  alte  Gymnasium  mit  seinem  schönen  Barock- 
portal (Fig.  206).] 

B.  Die  Fachwerkhäuser  haben  in  Halberstadt  vielfach  noch  heute  ein 
so  altertümliches  Aussehen,  dass  sie  vorzugsweise  dazu  beitragen,  der  Stadt  das 
charakteristische  Aussehen  zu  verleihen.  Mag  auch  besonders  in  unseren  Tagen 
die  Zerstörung  der  altehrwürdigen  Bauten  rasche  Fortschritte  machen,  so  ist 
doch  zum  Glück  immer  noch  reichlich  so  viel  vorhanden,  um  eine  ziemlich  voll- 
ständige Geschichte  des  Halberstädtischen  Holzbaues  vom  15.  bis  18.  Jahrhundert 
daraus  ableiten  zu  können.  Die  Stadt  bietet  für  jede  der  verschiedenen  Bau- 
perioden ausgezeichnete  und  in  vieler  Beziehung  eigenartige  Beispiele.  Die 
Holzarchitektur  ist  in  den  ganzen  vier  in  Betracht  kommenden  Jahrhunderten 
die  einseitig  beliebte  gewesen,  wie  sich  aus  der  Nähe  des  waldreichen  Harzes 
mit  Leichtigkeit  erklärt.  Nur  höchst  ausnahmsweise  erfahren  wir,  dass  in  alter 
Zeit  massive  Bauten  ausgeführt  wurden.  Geschah  dies,  so  galt  das  Ereignis  für 
grossaiüg  genug,  um  dem  Unternehmer  danach  einen  volkstümlichen  und  sogar 
offiziell  gültigen  Beinamen  zu  verleihen.  Im  1.  Bande  des  H.  U.-B.  begegnen 
wir  unter  No,  64  und  126  in  Urkunden  von  1247  bezw,  1266  unter  den  Zeugen 


460  Halberstadter  Stadtkreis:  HalberBtadt  (Woliiiliäuser :  6.  Facbwerkb3iiser  —  ADgvmeitin) 


einem  Hennciis  und  emem  Johannes  de  lapidea  domo,  die  wohl  derselben 
angestaunten  Familie  angehört  haben.  Ein  Steinhaus  gab  es  auch  1509  auf  dem 
Holzmarkte  dem  Rathause  gegenüber  westlich.  Auch  einzelne  steinerne  Gebäude- 
teile waren    so    selten,    dass   das  spätere   Trüllbloster  im   M.  Ä.  stets  der  ^Hof 


Fig.  206. 

mit  der  steinernen  Pforte",  genannt  wurde.  Es  ist  zu  bedauern,  dass  wir 
wenig  Vorstellung  davon  haben,  wie  in  frühen  Zeiten  ein  steinernes  oder 
hölzernes  Haus  in  Halbei-stadt  ausgesehen  haben  mag.  Doch  erscheint  es  nicht 
nngcrochtfortigt,  aniiuuehmen,.  dass  sie  mit  den  uns  bekannten  ältesten  Beispielen 


Halberstadt  (Wohnbäufier:  B.  Fachwerkhäuser  —  Allgemeines)  461 


anderwärts  eine  ziemliche  Ähnlichkeit  gehabt  haben.  Das  steinerne  Haus  stellte 
sich  in  romanischen  oder  gotischen  Formen  dar;  die  Holzhäuser,  vor  dem  Ende 
des  14.  Jahrhunderts  vielfach  mit  Stroh  oder  Schindeln  gedeckt  (beides  wurde 
gegen  1400  in  den  Stadt-Statuten  verboten),  waren  die  Vorfahren  der  heute 
noch  aus  dem  Ende  des  Mittelalters  erhaltenen.  Doch  zeigen  diese  letzteren  nur 
noch  teilweise  die  Eigentümlichkeiten  jener  verloren  gegangenen  ältesten  Häuser 
und  bilden  insofern  ein  Mittelglied  zwischen  ihnen  und  den  Holzhäusern  aller 
späteren  Zeit',  als  sich  bei  den  jetzt  erhaltenen  ältesten  Stücken  die  Durchführung 
der  Ständerbalken  vom  Sockel  bis  unter  das  Dach  und  die  Durchzapfung  der 
Balken  findet,  daneben  bei  denselben  ilxemplaren  aber  auch  die  Vorkragung  der 
Obergeschosse  schon  völlig  ausgebildet  ist.  Letztere  Technik  verwandte  man  auf 
die  Strassen-,  erstere  auf  die  Hoffront.  Holzhäuser  ohne  alle  Vorkragung  aus 
ältester  Zeit,  welche  über  die  Beschaffenheit  der  frühesten  Fachwerkbauten  zu 
Halberstadt  ziemlich  verlässiiche  Auskunft  geben  dürften,  finden  sich  noch  in 
Quedlinburg  und  Stolberg  a,  Harz. 

Die  Vorkragung,  das  augenfälligste  äussere  Merkmal  der  älteren  Facli- 
werkbauten,  wurde  in  der  Weise  ausgeführt,  dass  die  Balken  mit  jeder  höheren 
Etage  etwas  weiter  über  die  Grundlinie  der  Front  hinausgeschoben  („ubergesatzt") 
wurden,  und  zwar  mindestens  utii  die  Dicke  des  Balkenkopfes.  Man  begnügte 
sich  indessen  nicht  immer  mit  diesem  etwa  0,25m  betragenden  Masse,  sondern 
ging  oft  bis  auf  0,50 — 0,60  m,  und  bei  mehreren  Etagen  und  demgemäss  wieder- 
holten solchen  Auskragungen  entstand  daher  oft  ein  Traufenvorsprang  von  ins- 
gesamt gegen  oder  über  anderthalb  Meter.  Dies  brachte  mit  sich,  dass  die 
Zwischenräume  der  Balken  zwischen  Saumschwelle  und  Ramholz  auf  irgend  eine 
Weise  ausgefüllt  werden  mussten,  sei  es  durch  eingezogene  starke  Bretter  oder 
Bohlen,  sei  es  durch  Füllbalken.  Ebenso  entstand  bei  grösseren  Vorkragungen 
die  Notwendigkeit,  die  Balkenköpfe  durch  Knaggen  (Konsolen)  zu  unterstützen. 
Sehr  häufig,  jedoch  keineswegs  immer  brachte  man  über  dem  Erdgeschosse  noch 
ein  nicht  vorgekragtes  Zwischengeschoss  von  geringer  Höhe  an;  ebenso  wie 
dieses  pflegten  auch  die  obei'sten  Stockwerke  der  Dachgiebel  an  der  Vorkragung 
nicht  teilzunehmen.  Herausgerückte  Erker  von  oblonger,  halb  sechs-  oder  halb 
achteckiger  Grundform  sind  gleichfalls  nicht  selten,  kommen  aber  doch  in  Halber- 
stadt nur  verhältnismässig  vereinzelt  vor;  viele  davon  sind  in  neuerer  Zeit  leider 
beseitigt  worden.  Die  Auskragung  war  für  die  städtischen  und  offiziellen  Gebäude 
ebenso  beliebt  wie  für  die  bürgerlichen  Wohnhäuser.  Doch  verlangte  die 
städtische  Polizei  vermutlich  auch  hier,  dass  ihre  besondere  Genehmigung  dafür 
eingeholt  wurde.  In  Osterwieck  (s.o.)  war  dies  der  Fall;  im  dortigen  Stadtbuche 
ist  unter  §  16  angeordnet:  „de  richtore  mach  nicht  erlowen,  venstere  up  de 
strade  to  henghene  noch  dore  noch  dor,  noch  balken  over  sine  wand  to  stekene. 
Dat  scal  erlowen  de  rad  mit  der  nevbure  willen,  den  ez  scaden  mach." 

Dass  ähnliche  Bestimmungen  auch  in  Halberstadt  existiert  haben,  geht 
daraus  hervor,  dass  man  die  Vorkragungen  dort  als  Steuerquelle  benutzte.  In 
dem  Lehnsreverse  des  Bischofs  Gebhard  von  Hoym  1479  heisst  es:  ,,Un  de  bawet 
up  de  strate  mit  overhang,  de  gifft  von  dem  spanne  ^2  verding."  Doch  hinderten 
derartige  Beschränkungen  die  Bevölkerung  nicht,  der  beliebten  Bauweise  treu 
zu  bleiben.    Sie  war  in  solchem  Grade  massgeblich,  dass  sie,  als  in  den  Zeiten 


462  Halberstftdter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wohnhäosor:  B.  Fachwerkh&aser  —  Allgemeines) 

der  Benaissance  der  Steinbau  anfing,  einige  Bedeutung  zu  gewinnen,  ihren  Ein- 
fluss  auch  auf  diesen  geltend  machte.  Sie  bewirkte,  wie  wir  schon  oben  be- 
merkten, dass  auch  am  Ostbau  des  Rathauses  das  massive  Untergeschoss  ein 
vorkragendes  steinernes  Obergeschoss  erhielt.  Freilich  kam  es,  aber  nur  hödist 
selten,  und  erst  in  der  Zeit  des  Verfalls  vor,  dass  die  Yorkragung  am  Fachwerk- 
bau unterlassen  wurde.  Das  Haus  Paulsstrasse  10,  datiert  von  1669,  liefert  den 
Beweis  für  diese  sonst  nirgend  zu  beobachtende  Thatsache.  Es  ist,  ohne  Yer- 
änderung  am  Äussern  erlitten  zu  haben,  von  unten  bis  oben  völlig  glatt,  nicht 
zum  Yorteile  seiner  Erscheinung,  welche  durch  die  starke  Betonung  der  hori- 
zontalen Linie  eine  wesentlich  eindrucksvollere  geworden  wäre.  Das  Hervor- 
ragen der  oberen  Geschosse  hat  die  Nüchternheit  des  Strassenbildes  verhütet 
und  malerisch  bewegte  Bilder  erzeugt.  Freilich  ist  dies  nicht  der  Zweck  ge- 
wesen, um  dessentwillen  diese  eigentümliche  Bauweise  beliebt  wurde.  Sie  ver- 
dankte ihre  lange  Existenz  vielmehr  praktischen  Rücksichten:  die  Traufe  von 
der  Frontwand  des  Erdgeschosses  weiter  abzubringen;  viele  Eonstruktionsteile 
gegen  Schlagregen  und  stehenbleibende  Nässe  zu  schützen,  was  namentlich  bei 
den  Hirnflächen  des  Holzes,  bei  den  Balkenköpfen  von  Wichtigkeit  ist;  es  bot 
ferner  die  auf  den  vorspringenden  Balkenköpfen  ruhende  Last  der  Wand  ein 
Gegengewicht  gegen  das  stärkere  Durchbiegen  der  Balken  im  Innern  des  Hauses; 
der  Raum  in  den  Obergeschossen  wurde  erweitert  und  so  der  Bauplatz  besser 
ausgenutzt,  ohne  dass  der  Yerkehr  auf  den  Strassen  dadurch  eingeschränkt  wurde. 

Dies  war  um  so  nötiger,  als  damals  Stadtbebauungspläne  nicht  existierten, 
vielmehr  jeder  im  alten  Schema  nach  seinem  Belieben  bauen  durfte,  wenn  er 
sich  nur  einigermassen  an  die  üblichen  Baufluchtlinien  hielt.  Daher  kommt  es, 
dass  in  Halberstadt  und  anderwärts  viele  ältere  Häuser  existieren,  die  mit  einer 
Ecke  ein  wenig,  meistens  um  die  Breite  eines  schmalen  Fensters,  über  das 
Nachbarhaus  hervorstehen,  eine  Erscheinung,  die  sich  z.B.  am  Breitenwege  64, 
am  Ratskeller  u. s.w.  findet.  Die  vollständig  organische  Ausbildung  der  Ecken 
beweist,  dass  nicht  etwa  später  zufällig  das  Nachbarhaus  etwas  weiter  rückwärts 
erbaut  wurde.  Und  so  kommt  es  ferner,  dass  die  Strassen  oft  auf  einer  oder 
auf  beiden  Seiten  krumme  Fluchtlinien  zeigen.  Wo  dergleichen  vorkommt,  lässt 
sich  wiederholt  beobachten,  dass  die  Krümmung  innerhalb  einer  Hausfront  und 
nicht  am  Zusanimenstosse  zweier  Häuser  liegt  In  der  Gröperstrasse  63  findet 
sich  der  seltsame  Fall,  dass  das  auf  einer  Ecke,  die  einen  ausspringenden  Winkel 
bildet,  stehende  Haus  mit  seinem  Untergeschosse  der  gebrochenen  Linie  der 
Strassenflucht  folgt,  während  die  Obergeschosse  geradlinig  verlaufen  und  daher 
über  das  Untergeschoss  beiderseits  hervortreten. 

Als  Nachteile  dieser  Bauweise  lassen  sich  die  grössere  Feuersgefahr  und 
die  Gefährdung  der  Gesundheit  der  Bewohner  durch  den  Mangel  an  Licht  und 
Luft  in  den  nach  oben  eingeengten  Strassen  und  Gassen  nicht  übersehen,  wenn 
man  den  stärkeren  Yerbrauch  von  Nutzholz  nicht  in  Anschlag  bringen  will. 
Im  Mittelalter  und  bei  der  Nähe  des  Harzes  kam  das  letztere  Bedenken  nicht  in 
Betracht  An  vorzüglichstem  Holze  ausgewachsener  alter  Stämme  war  reichlidier 
Yorrat,  und  man  konnte  es  auch  vermeiden,  den  weichen  und  vergängUchen 
Splint  zu  benutzen,  der  namentlich,  wo  Schnitzereien  anzubringen  waren,  an- 
brauchbar war,  und  man  verarbeitete  nur  das  feste,  wohl  ausgetrocknete  Kernholz. 


Halbeistadt  (WobnUaser:  B.  Fachwerkhänser  —  Allgemeiiies) 


Was  die  gegenwärtige  Zahl  der  noch  vorhandenen  Holzbauten  vergangener 
Jahrhunderte  anlangt,  so  ist  sie,  wie  schon  gesagt,  noch  immer  erheblich,  obwohl 
sie  leider  beständig  abnimmt  Es  giebt  solcher  älteren  Häuser  noch  in  allen 
Strassen  innerhalb  des  alten  Hauerringes,  und  zwar  sind  ihrer  gegenwärtig  noch 


Fig.  207. 

721,  welche  dem  Zeiträume  von  der  Mitte  des  15.  bis  Anfang  des  18.  Jahrhunderts 
angehören.  Ton  diesen  sind  184  auf  diese  oder  jene  Art  so  verdorben,  dass 
ihre  Datierung  nicht  mehr  möglich  ist;  314  gehören  der  Verfallzeit  an,  deren 
Beginn  man  gegen  1640  annehmen  kann,  sodass  nach  Abzug  dieser  aller  noch 
223  Vertreter  der  guten  Perioden  übrig  bleiben. 


464  Hnlberstadter  Stadtkreis :  Ualberstadt  (WulmhäDser :  B.  Fachverkli9iiBor  —  Allgeneiaee) 


Der  Bauperioden  giebt  es  vier: 

1)  die  gotische,  etwa  bis  1530, 

2)  die  Periode  des  Überganges  von  der  Gotik  zur  Renaissanee  bis  etwa  1580, 

3)  die  Renaissance-  und  Barockperiode  bis  etwa  1640, 


Sa-':.  I 


Fig.  208. 


Halberstadt  (Wohnhäaser:  B.  Facbwerkhäuser  —  I.  Periode) 


465 


4)  die  Yerfallzeit,  welche  sieh  bis  Ende  des  18.  Jahrhunderts  lünzieht,  seit 
dessen  zwanziger  Jahren  aber  Werke  erzeugt,  die  keiner  Beachtung 
mehr  wert  sind. 

Man  sieht,  dass  die  zeitliche  Begrenzung  dieser  Abschnitte  nicht  mit  der  sonst 
in  der  Kunstgeschichte  feststehenden  übereinstimmt;  die  konservative  Art  des 
bürgerlichen  Handwerks  folgte  der  Entwicklung  der  hohen  Kunst  langsamer 
wandelnd  nach. 

In    der    nachfolgenden   Zusammenstellung    der    noch    vorhandenen   Holz- 
architekturen betrachten  wir  im  Anschlüsse  an  die  eben  genannten  Perioden  die 


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Fig.  209. 


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in  einer  jeden  bemerkenswertesten  Bauwerke  und  ordnen  ihnen  die  zur  selben 
Zeit  und  Gattung  gehörigen,  weniger  bedeutenden  Beispiele  unter. 

I.  Periode.  Vom  bedeutendsten  Alter,  welches  sich  freilich  aus  Mangel 
an  Datierung  nicht  genau  feststellen  lässt,  dürfte  ein  Haus  liinter  der  Moritz- 
kirche (Fig. 207)  sein,  bei  welchem  an  der  Hofseite  noch  die  Ständerbalken  von 
unten  auf  durch  zwei  Stockwerke  emporreichen.  Die  die  Fussböden  bildenden 
Balken  sind  mit  Zapfen  durch  jene  hindurchgezogen  und  durch  davor  geschlagene 
starke  Holznägel  am  Zurücktreten  verhindert;  kleine  Schutzbrettchen  sind  dach- 
artig zum  Schutze  gegen  die  Witterung  über  die  heraustretenden  Zapfen  gesetzt. 
Etwas  Ähnliches  findet  sich  auch  an  der  Hj^fseite  eines  Hauses  in  der  Strasse 
Unter  der  Tanne,  welches  gleichzeitig  die  weitere  Eigentümlichkeit  zeigt,  dass 


Kreli  IlalberaUdt. 


30 


466  HallberetädterStadäEreis:  Salberstadt  (Wohnhäoser:  B.  ¥*achwerkh&user — I.  Periode) 


es  über  die  dort  einmündende  kleine  Strasse  als  Thor  hinübergebaut  ist.  Das 
i/^ahrscheinlich  ähnliche  Haus  Breiterweg  30,  aus  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahr- 
hunderts stammend,  ist  leider  abgerissen. 

Das  älteste  datierte  Fachwerkgebäude  von  Halberstadt  ist  der  Ratskeller.^ 
(Fig.  208  u.  Fig.  209  rechts.)  In  zwei  Zeilen  gotischer  Minuskeln,  die  Worte  durch 
kleine  vierblättrige  Röschen  oder  durch  Punkte  getrennt,  befindet  sich  die  Zeit- 
angabe an  der  Nordostecke  der  ersten  über  dem  Zwischengeschoss  befindlichen 
Saumschwelle  und  besagt: 

anii0  O  N«iMi  O  m .  cca 
O  In  in  We .  NMt|re  O « 

Da  hier  wie  auch  in  späterer  Zeit  die  Schnitzereien  an  dem  fertigen  Bau  (auf 
Gerüsten)  ausgeführt  w^urden,  so  stellt  diese  Jahreszahl  146L  wohl  die  Zeit  der 
Vollendung,  nicht  der  Gründung  dar. 

Die  Architektur  des  Ratskellers  ist  überaus  klar  und  bleibt  vorbildlich  bis 
in  die  Zeit  der  Renaissance  hinein.  In  jedem  der  drei  Stockwerke  stehen  die 
Säulen  (sullen  1488)  in  gleichen  Entfernungen  und  bilden  mit  den  Balken 
Systeme,  um  die  Balkenköpfe  direkt  zu  unterstützen.  Die  Balkenweiten  ent- 
sprechen den  Säulenweiten.  Zugleich  stehen  alle  Säulen  lotrecht  übereinander, 
und  nur  die  Ecksäulen  (ortsulen  1477)  rücken  mit  jeder  höheren  Etage,  wie  sich 
infolge  der  Vorkragung  bei  jedem  Eckhause  von  selbst  versteht,  diagonal  hinaus, 
was  zugleich  diagonal  gelegte  Eckbalken  und  Stichbalken  für  die  Seitenfronten 
bedingt  Die  Säulen,  wie  überhaupt  alle  Holzteile,  sind  von  bedeutender,  später 
ungewöhnlicher  Dicke,  ganz  besonders  die  Ecksäulen.  Die  Verbindung  ist  über- 
aus scharf  und  genau  gearbeitet,  sodass  man  die  Verstrebungen  nur  durch 
kleine  Hölzer  über  der  Saumschwelle  bewirkte  oder  auch  ganz  fortliess. 

Die  Saum  schwellen  sind  reich  verziert.  Unter  den  Aufsatzstellen  der 
Säulen  befinden  sich  an  der  unteren  Schwelle  gotische  Vierpässe,  in  den  breiten 
Zwischenräumen  abgeflachte  Kleeblattbögen,  in  denen  teils  stilisierte  Masken, 
teils  Drachenpaare  miteinander  wechgcln.  An  der  Saumschwelle  des  oberen 
Stockwerks  sieht  man  flache  Kassetten,  und  in  ihrer  Mitte  einzelne  kleine 
Blätter  verschiedener  Gestalt.  Unterhalb  der  Säulen  sind  kleine  Dreipässe  ein- 
geschnitzt. 

Die  Balkenköpfe  enden  in  der  mittleren  Reihe  in  Masken,  von  denen 
zwei  tierischer  Art  sind,  in  der  oberen  Reihe  ist  die  Hirnholzseite  flach  und  nur 
unten  sind  ein  paar  Querlinien  eingeschnitzt.  Zwölf  reiche  Konsolen  unter- 
stützen diese  Balkenköpfe  in  der  unteren  Reihe.  Sie  sind  kulturgeschichtlich 
interessant,  da  sie  sämtlich  mit  Musikanten-  und  Gauklerfiguren  nach  damaligem 
Tj^pus  verziert  sind.    In  der  mittleren  Reihe   befinden  sich  nur  sechs  Konsolen 


'  Als  eine  nicht  beweisbare,  aber  wahrscheinliche  Vermutung  möchte  ich  es  hinstelleni 
dass  der  Ratskeller  als  städtisches  Spielhaus  (tbeatrum)  erbaut  worden  ist.  Der  Figureo- 
schmuck  ist  nahe  verwandt  dem  des  WernigerÖder  Rathauses,  welches  gleichfalls  ehemals 
als  Spielhaus  gedient  hat.  Vgl.  übrigens,  was  oben  über  das  Halberstädter  alte  Rathans 
gesagt  ist. 

•  6.  Februar.  Vergl.  Hcheffer,  Inschriflen  und  Legenden  Halberstadter  Bauten,  p.7. 
Abbild.  No.  10. 


äalberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  t. Periode:  Katskeller)  46t 


mit  menschlichen  Figuren  (darunter  ein  sich  umarmendes  Paar),  die  übrigen  sind 
ornamentierte  Knauf konsolen ,  welche  letzteren  endlich  in  der  oberen  Reihe  fast 
allein  herrschen.  Nur  zwei  sind  dort  mit  Masken  geziert,  drei  mit  ganzen 
menschlichen  Figuren.  Die  Eckkonsolen;  über  Eck  aufgestellt,  sind  länger  als 
die  übrigen,  eine  jener  Eigentümlichkeiten,  durch  welche  Halberstadt  sich  aus- 
zeichnet An  der  dem  HoJzmarkt  zugewandten  westlichen  Ecke  zeigen  sie  von 
unten  auf:  einen  Mann,  der  ein  Wappen  (vielleicht  das  der  Stadt)  hält,  imMittel- 
geschoss  Simson  mit  dem  Ixiwen,  unter  dem  Dache  eine  kleine  laufende  Figur. 
Die  ganze  Ecke  ist  durch  öftere  bauliche  Veränderungen  stark  verdorben; 
Fenster  sind  teils  durchgebrochen,  teils  zugemauert,  drei  Konsolen  fehlen; 
Figurenkonsolen  sieht  man  nur  in  der  untersten  Reihe,  während  oben  nur  Knauf- 
konsolen (lang  gestreckt,  halb  achteckig,  reich  mit  Masswerk  verziert)  vorkommen. 
An  der  Aussenwand  ist,  was  hier  nebenbei  erwähnt  sei,  der  aus  dem  13.  Jahr- 
hundert stammende  Grabstein  eines  Ritters  eingemauert,  welcher  vor  einem 
merkwürdig  gezeichneten  Kreuze  kniet.  Die  Zeichnung  ist  eingeritzt;  die  Um- 
schrift zeigt  an,  dass  Johannes  v.  Aisleben  an  einem  Montag  vor  Pfingsten  er- 
mordet worden  sei. 

Die  östliche,  in  einer  engen  Seitengasse  (die  Krebsschere  genannt)  liegende 
Front  ist  einfacher  gehalten,  zeigt  jedoch  ganz  gleiche  Grundsätze.  Die  untere 
Schwelle  ist  mit  zwischen  Vierpässen  eingeschalteten  flachen  Bögen  verziert,  die 
mit  kleeblattartigen  Mustern  gefüllt  sind.  Die  Balkenköpfe  sind  auf  dieser  Seite 
nur  einmal  mit  einem  Kopfe,  im  übrigen  nur  mit  Querstreifen  geziert.  Von  den 
Konsolen  zeigen  sechs  im  unteren,  fünf  im  mittleren,  drei  im  oberen  Stockwerk 
verschieden  grosse  menschliche  Figuren,  wie  auf  der  Nordfront  durchweg  Typen 
des  Volkes,  darunter  auch  eine  völlig  nackte  weibliche  Figur.  Die  Eckkonsolen 
haben  die  doppelte  Länge  der  übrigen  und  zeigen  von  unten  auf  übereinander: 
einen  König,  St.  Georg,  einen  Narren. 

An  beiden  Fronten  sind  die  Räume  zwischen  den  herabhängenden  Konsolen 
mit  schräg  gegen  die  Wand  verlaufenden  Schutzbrettern  gefüllt,  die  ein 
Charakteristikum  dieser  Epoche  bilden  und  vermutlich  ehemals  bemalt  waren. 
Leider  ist  die  alte  Malerei  in  Halberstadt  nur  noch  sehr  vereinzelt  zu  finden, 
was  sich  aus  den  Einflüssen  der  Witterung  und  dem  wechselnden  Oeschmacke 
der  Besitzer  erklärt.  Das  Haus  an  der  Ecke  des  Düsterngrabens  und  des  Tränke- 
thors hat  die  mit  ursprünglicher  gotischer  Bemalung  versehenen  Schutzbretter 
noch  in  schöner  Vollständigkeit.  (Fig.  210.)  Die  Muster,  von  welchen  hier  einige 
Proben  wiedergegeben  werden,  sind  mit  grauer  Farbe  auf  bräunlich  dunklem 
Grunde  hergestellt. 

Der  Architektur  dieses  Gebäudes  nahe  verwandt  ist  die  eines  ihm  östlich 
gegenüber  stehenden  Hauses,  welches  eine  Ecke  des  Fischmarktes  bildet.  Es 
ist  undatiert,  aber  jedenfalls  nur  wenige  Jahre  nach  dem  Ratskeller,  etwa  um 
1480,  erbaut.  Es  hat  drei  Stockwerke,  zwischen  denen  die  Saumschwellen  ver- 
schiedenartigen Schmuck  zeigen,  nämlich  unten  dreistufigen  Treppenfries  mit 
eingeschalteten  Vierpässen  (Fig. 211  oben),  in  der  Mitte  Kassetten  und  Dreipässe, 
oben  abgeplattete  BQeeblattbögen ,  unter  dem  Dache  endlich  einen  zweistufigen 
Treppenfries.  Die  Front  nach  dem  Fischmarkt  hat  16,  die  nach  der  Krebsschere 
8  Fachbreiten.    Die  Balkenköpfe   sind  schmucklos.    Die  Konsolen  ähneln  in  den 

30» 


468IHalboratÄdter  Stadtkreis:  Halberstadt  (WohnlSoser :  B.  Pachwarkhausar  —  I.  Periode) 


unteren  Stockwerken  den  Knauf  konsolen,  wie  wir  sie  schon  am  Katskeiler  kenneu 
lernten;  sie  sind  im  untersten  Oeschoss  beseitigt  bis  auf  eine  nach  der  westlichen 


Fig.2I0.  Fig.210.  Fig.  210. 


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.."""  —— I       Seite   zu.     Die  oboien  Konsolen  verlaufen  gegen   die 

Wand  flach,  nicht  mit  Knäufen,  ein  Merkzeichen,  dass 

dieses  Haus  jünger  als  der  Katskeller  ist.    Die  Eck- 

^  ,J^    ]       konsolen  aber  sind   wie    bei   diesem   verlängert,   und 

^       '%^^  T  ■  ■  i       zwar  ist  im  untersten  Geschosse   eine   eigentümliche 

I  -    '"^  "  Gruppe  von  dreien  gebildet,  deren  mittelste  wiederum 

'""  .   ■       ,.      '  .■  *  '.       am  längsten  ist.    Sie  zeigt  als  Schmuck  den  oft  Tor- 

"  "*  kommenden   Simson   mit   dem   Löwen,    während    die 

Fjg,  210  Konsolen    links   und    rechts    zwei    männliche,    halb 

hockende  Figuren  anfweison.    Diese  beiden  Konsolen 

endigen  unten  mit  gotischem  Knauf,  die  mittelste  mit  einem  Löwenkopfe.    Die 

oberen  Stockwerte  haben  nur  je  eine  Eckkonsple  mit  folgenden  Verzierungen 


Halberstadt  (WohohSuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  I.  Periode) 


469 


von  unten  auf:  St  Georg,  Christophorus  (die  so  sehr  beliebte,  dem  Beschauer  der 
Tradition  nach  für  den  betreffenden  Tag  den  Tod  abwendende  Figur),  St.  Lau- 
rentius.    Die  Verlängerung  der  Eckkonsolen  ist  übrigens  kein  notwendiges  Er- 


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Fig.  211. 


fordernis  jener  Zeit,  wie   das  von   1518  datierte  Haus  Kühlingerstrasse  23  be- 
weist. —  Von  den  Schutzbrettem  gilt  dasselbe  wie  von  denen  des  Ratskellers. 

Ganz  im  selben  Stil  und  daher  aus  denselben  Jahren  ist  die  linke  Hälfte 
des  Hauses  Harsleberstrasse  8  (die  rechte  Hälfte  ist  etwa  100  Jahre  jünger). 
Auch  hier  findet  sich  die  Schwelle  mit  dem  Treppenfriese,  die  Knaufkonsolen  in 


470  Halberetadter  Stadtkreis:  Halberstadt, (WohohäuBor:  B.  Facbwerklianser  — I.Periode) 

maimigfaltiger  Gestalt  gleich  jenen  des  Ratskellers,  ausseriiom  vier  KoDsoien  mit 
Figuren  (Fig.  212),  nämlich  Tviederum  Simsen,  Christopborus,  ein  Mann  mit  einem 
Becher  und  eine  weibliche  Figur. 


tielfi^il» . 


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Weitere  Beispiele  aus  dieser  Periode  des  15.  Jahrhunderts  existieren  in 
Ilalberstadt  nicht  mehr.  Im  allgemeinen  wird  von  den  untergegangenen  ffi- 
gölten  haben,  was  bei  den  erhaltenen  zu  beobachten  ist. 

■    Einen  etwas  veränderten   Charakter  zeigt,    wiewohl    noch    der   gotischen 
Periode  angehörig,  das  Haus  am  Fischmarkt  No.  9,   erbaut  laut  Inschrift  im 


Halberstadt  (Wohnbäuser:  B.  Fachwerkhäuser —  I.  Periode) 


471 


Jahre  1529  von  einem  gewissen  Eberth  Holtbusen.  Die  Schwellen  zeigen  in 
beiden  Stockwerken  flache  Korbbögen,  die  mit  Verzierungen  angefüllt  sind: 
Fischen,  einer  Maske  mit  Laubwerk,  Füllhörnern,  Blättern,  einer  Eule  und  zwei 


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Fig.  213. 

anderen  Vögeln.  An  den  Aufsatzstellen  der  Säulen  befinden  sich  kleine  Rosetten. 
Im  unteren  Stockwerk  sehen  wir  fünf  Figurenkonsolen  mit  zwei  weltlichen  und 
drei  geistlichen  Personen,  unter  letzteren  jene,  welcher  mittels  einer  später  auf- 
gesetzten Inschrift  der  Name  Tetzel  beigelegt  worden  ist.    Im  selben  Charakter 


472  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (Wohnbäu8er4  B.  Fachwerkhäuser  —  I.  Periode) 

waren  die  Nachbarhäuser  No.  10,  11  ^  und  12,  welche  leider  modernen  Geschäfts- 
häusern haben  weichen  müssen.  Von  diesen  verschwundenen  trug  das  Eckhaus 
zwischen  Fischmarkt  und  Hoheweg  eine  Inschrift  in  schönen  Minuskeln  und 
grossen  Initialen :  Anno  Domini  M  ccccc  XXV  am  Dag  Erasmi  (3.  Juni). 
(Fig.  213  oben.)  (Zu  Ehren  dieses  Schutzheiligen  der  Schiffer  und  der  ünterleibs- 
leidenden,  welchem  nach  der  Legende  unter  Diocletian  die  Eingeweide  aus  dem 
Leibe  gewunden  wurden,  gab  es  in  der  gegenüberliegenden  Martinikirche  einen 
Seitenaltar.  S.  oben  pag.  401.)  Die  Inschrift  befand  sich  an  der  dem  Fischmarkt 
zugekehrten  ersten  Saumschwelle  über  fünf  Balkenfachen.  Die  Balkenköpfe  waren 
einfach  profiliert  und  ruhten  stellenweise  noch  auf  altgotischen  Knaufkonsolen. 
Die  übrigen  Teile  der  Saumschwelle  waren  mit  Gesichtsmasken  oder  fabelhaften 
Tieren  innerhalb  gestreckter  Kleeblattbogen  verziert,  die  überhaupt  eine  Halber- 
städter Eigentümlichkeit  bilden ,  während  der  Treppenfries  die  ineinander 
steckenden  Rechtecke,  die  Korbbögen  und  dergl.  auch  sonst  in  Niedersachsen 
überall  verbreitet  sind.  Hierbei  sei  bemerkt,  dass  die  Schwellenverzierimgen, 
seien  sie  bogig  oder  eckig,  wie  sie  sämtlich  derselben  Grundform  entstammen, 
so  auch  sämtlich  dieselbe  Richtung,  nämlich  die  nach  unten  geöffnete,  haben, 
was  in  der  Zeichnung  der  Gebäude  ja  auch  das  einzig  Richtige  ist. 

Von  ganz  gleicher  Architektur  wie  die  eben  beschriebenen  Häuser  war  in 
den  vierziger  Jahren  noch  die  sogenannte  alte  Ratswage,  welche  als  solche  bis 
1806  benutzt  worden  ist,  das  Eckhaus  dos  Fischmarktes  und  Breitenweges.  Laut 
jetzt  nicht  mehr  vorhandener  Inschrift  war  das  Haus  1519  erbaut  worden.' 
Leider  hat  man  vor  einer  Reihe  von  Jahren  fast  sämtliche  Schnitzereien  mit 
Kalkputz  überarbeitet.  Nur  die  Schwelle  nach  dem  Breitenwege  hat  man  ver- 
schont. Sie  zeigt  in  Korbbögen  zwei  Vögel,  zwei  Männer,  einen  Storch,  der 
einen  Frosch  verschlingt,  zwei  Sirenen,  einen  Mann  und  eine  Frau,  zwei 
kämpfende  Drachen,  einen  Hund,  einen  nach  links  blickenden  Kopf.  Dazwischen 
befinden  sich  kleine  Wappen.  Zwei  Eckkonsolen  sind  gleichfalls  erhalten:  unten 
ein  Bischof,  vor  dem  eine  kleine  Figur  kniet,  die  ohne  Grund  Huss  genannt 
wird,  oben  ein  König  mit  dem  Scepter. 

[Vom  Jahre  1524  war  ein  leider  zu  Grunde  gegangenes  zweistöckiges  Haus 
in  der  Kühlingerstrasse,  das  hoch  interessante  Skulpturen  an  der  Saumschwelle 
zeigte.  Es  waren  stets  zwei  Tiere  gegeneinander  gerichtet  und  mittels  Ornament 
nach  links  und  rechts  zur  Ausfüllung  des  Raumes  zwischen  je  zwei  Balken  ver- 
längert. Unter  diesen  Tieren  erkannte  mau  zwei  Hähne,  zwei  Hunde,  zwei 
Böcke,  zwei  Pferde  u.  s.  w. ,  sämtlich  im  Kampfe  miteinander  begriffen.  Gleich- 
falls aus  dieser  ersten  Periode  stammte  das  ehemals  an  Stelle  der  jetzigen 
Mädchenschule  neben  den  Zwicken  stehende  Haus  mit  massivem  üntergeschoss, 
von  welchem  wir  beistehend  eine  Abbildung  geben.  (Fig.  214.)  Sie  wie  jedes 
Bild  der  ehemals  südlich  vom  Dom  stehenden  Häuser  erweckt  schmerzliches  Be- 
dauern, dass  alles  dies  hat  zu  Grunde  gehen  müssen.] 

Ein  aufmerksames  Durchmustern  der  Strassen  der  Stadt  lässt  aus  der  ersten, 


^  Nach  Scheffer  p.  7   hatte   dies  Haus   die   Inschrift:    Mo  Domine  ezaudi  htc     Die 
Jahreszahl  (a.a.O.  Abbild.  13):  Anno  Domini  M ccccc xxv. 
»  ScheflTer  p.  7,  Abbildung  No.  13. 


Halberstadt  (Wohnliäaser :  B.  Fachwerlibäuser  —  L  Periode)  473 

gotischen,  Periode  noch  eine  Anzahl  von  Häusern  vermuten,  doch  sind  sie  nach 
vielen  Richtungen  dergestalt  in  der  Umwandlung  begriffen ,  dass  die  Erwähnung 
nur  bei  wenigen  lohnt.  So  steht  an  einem  Hintergebäude  in  der  Nahe  des 
Wasserthores  die  i^ahl  1528  nebst  der  Inschrift:  doe  nemand  eren  alse  du 
nemen  wult  vordragh  eme  des  du  nicht  liden  wult,  d.h.  thue  niemand  Ehren 


Fig  214. 

an,  wie  du  sie  beanspruchen  magst,  halte  ihm  zu  Gute,  was  du  selber  nicht 
leiden  willst.  Es  ist  dies  eine  der  sehr  seltenen  niedeideulschcn  Inscliriftcn,* 
während  man  sich  sonst  dazu  immer  des  Hochdeutschen  oder  des  Lateinischen 
bediente.  Auch  die  Häuser  Kühlingerstrasse  23  von  1518  (?),i  daselbst  No.  18 
von  1528,  Klein -Blankenburg  6  vom  selben  Jahre  gehören  in   diese  Epoche. 

'  Die  Inicbrift  (Scheffer  pag.  10,  Abbilil.  16)  deutet  auf  1508  oder  1518:  Ao  .  dmi  . 
inillennio  .  quigintesimo  ....  octavo  .  i  .  oct  .  visitat  .  Mari  ['J.  Juli]  bc  .  domus  .  com- 
plet»  .  est. 


474  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  IL  Periode) 


Letzteres  hat  die  Inschrift :  1528  .  D.  H.  linde  (?)  faciendum  curavit  ^  Dazu 
kommt  noch  eine  Anzahl  von  undatierten  Häusern.  Zu  ihnen  gehört  eins  im 
Westendorf  25.  Es  ist  10  Fach  breit,  die  Balkenköpfe  haben  nur  eine  einfache 
Verzierung  mit  drei  Querstrichen.  Die  Konsolen  sind  lang  gestreckt,  nach  unten 
flach  auslaufend  und  haben  Querstreifen.  Die  Saumschwelle  zeigt  felderweise 
eine  Verzierung  von  ineinander  geschobenen  Rechtecken ;  zwischen  diesen  Feldern 
befinden  sich  kleine  Kerbschnitzrosetten.  Unten  sieht  man  eine  zwei  Fenster 
breite  Auslucht,  die  mit  dem  vorgekragten  oberen  Geschoss  zusammenhängt. 

11.  Periode.  Indem  wir  zur  Betrachtung  der  zweiten  Periode,  der  des 
Überganges  von  der  (Jotik  zur  Renjiissance,  schreiten,  finden  wir  als  inschriftlich 
datiert  die  Häuser  Hoheweg  5  von  1532,  Holzmarkt  4  vom  selben  Jahre,  Düstem- 
graben  12  von  1537,  Göddenstrasse  28  von  1541,  Franziskanerstrasse  12  von  1542 
(Fig.  215),  Franziskanerstrassc  23.24  von  1544,  Holzmarkt  3  von  1552,  Schuh- 
strasse 7  von  1553,  Göddenstrasse  26  von  1554,  Westendorf  2  von  1557,  Breiter- 
weg 39  von  1558,  Breiterweg  38  von  1559,  Kühlingerstrasse  29  von  1569,  den 
alten  Marstall  von  1574,  Gerberstrasse  1  von  1575.  Der  undatierten  Häuser  sind 
hier,  wie  sich  denken  lässt,  noch  eine  ganze  Menge,  darunter  die  Häuser  Hohpr- 
weg  13,  Harsleberstrasse  8  (rechte  Hälfte),  Lichtengraben  15,  Hinter  der  Münze  19, 
das  Eckhaus  am  Hohenweg  und  Lichtengraben  und  andere. 

[Zu  Grunde  gegangen  ist  das  ebenfalls  hierher  gehörige  Haus  Breiterweg  44.] 
Das  Haus  Hoherweg  5  mag  als  das  älteste  Beispiel  dieser  Periode  zuerst 
betrachtet  worden.  Sogleich  macht  sich  eine  neue  Erscheinung  bemerkbar,  welche, 
wiewohl  aus  romanischer  Zeit  herrührend,  doch  mit  bewusster  Kraft  in  dieser 
Periode  wieder  einsetzt,  die  Verzierung  der  Saumschwellc  durch  die  sogenannten 
»Schiffskehlcn.  Die  Schiffskehle  ist  entstanden  durch  Verniedrigung  imd 
gleichzeitige  Vertiefung  der  in  der  gotischen  Zeit  üblichen  (gleichfalls  der  spät- 
romanischen Ornamentik  angehörigen)  Korbbögen,  und  sie  behauptet  ihr  Dasein, 
bis  sie  ganz  dürftig  und  krüppelhaft  im  18.  Jahrhundert  ausstirbt.  Sie  ist  eine 
langgestreckte,  tiefe  Abfasung  und  Auskehlung  des  unteren  Schwellenrandes, 
gegen  die  Balkenköpfe  hin  spitz  auslaufend.  Besonders  in  Begleitung  anderer 
Ornamente  wirkt  sie  äussei*st  lebendig  und  malerisch.  Denn  erstens  fand  sie 
selber  mancherlei  Verzierungen.  Die  einfachsten  sind  buckel-  oder  nagelkopf- 
artige Erhöhungen  unweit  ihrer  Enden.  Wollte  man  üppiger  sein,  so  fasste  man 
ihren  ganzen  Rand  (Franziskanerstrasse  38)  mit  Kundstäben  und  Hohlkehlen,  oder 
nur  den  oberen  mit  einem  Diamantbande  ein;  das  häufigste  endlich  ist  die  Aus- 
füllung ihrer  Höhlung  durch  eine  Schnürrolle,  die  oft  wie  mit  einer  Perlenschnur 
durchzogen  scheint,  bisweilen  auch  in  eine  Schuppenrolle  tibergeht  —  Zum 
zweiten  vorschwanden  in  dieser  Periode  mehr  und  mehr  die  gotischen  Schutx- 
bretter  zwischen  den  Konsolen  und  an  ihre  Stelle  treten  Füll  holz  er,  welche 
ornamental  durchaus  den  darüber  befindlichen  Teilen  der  Schwelle  nachgeahmt 
werden,  sodass  also  die  Schiffskehlen  verdoppelt  erscheinen.  Die  Länge  der 
Schiffskehlen  entspricht  den  Räumen  zwischen  den  Säulen.  Die  Räume  zwischen 
den  Schiffskehlen  unter  den  Aufsatzstellen  der  Säulen  zierte  man  mit  kleinen 
Rosetten,   Wappen,   Handwerkssinnbildern    oder  anderen  Figuren.     Am  Hause 

1  Scheffer  pag.  9,  Abbild.  U. 


Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  II.  Periode) 


475 


Hoherweg  5  sind  es  kleine  Hackbeile,  die  wohl  andeuten,  dass  das  Haus  ehe- 
mals einem  Fleischhauer  gehörte.  Für  ein  Innungshaus  halte  ich  es  deshalb 
nicht,  weil  an  solchen,  wie  etwa  an  dem  später  zu  besprechenden  Schuhhofe,  die 
Wappen  der  Innungsgenossen   angebracht  zu  werden  pflegten.     Hier  sei   gleich 


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Fig.  215. 


angefügt,  was  über  sonstige  Verzierungsarten  der  Schwellen  zu  bemerken  ist. 
Sehr  häufig  ist  ein  gotischer  Laubstab  (Franziskanerstrasse  9  und  öfter)  oder  ein 
Flechtband,  welche  beiden  Motive  am  Lichtengraben  15  vereinigt  sind.  Man 
belebte  sie  auch  mit  Hohlkehlen,  die  entweder  felderweise  unterbrochen  sind 


476  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  ü. Periode) 

oder  über  die  ganze  Schwelle  hinlaufen.  Zu  demselben  Zweck  und  in  derselben 
Art  benutzte  man  Schnürrollen,  welche  den  an  den  Schiffskehlen  beobachteten 
entsprechen.  Nicht  häufig  sind  die  Fälle,  wo  sie  sich  über  die  ganze  Schwelien- 
länge  hinziehen,  wie  Kulkstrasse  34  und  Weingarten  29.  Eine  eigentümliche 
Verzierung  zeigen  die  Häuser  Sackstrasse  20.  und  Abtshof  2—3,  deren  Saum- 
schwellen mit  einer  Anzahl  kleiner,  unregelmässig  verstreuter  Tupfen  bedeckt  ist. 
Alle  eben  beschriebenen  Motive  waren  übrigens  nicht  auf  diese  Periode  be- 
schränkt, sondern  lebten  weiter  auch  in  der  Zeit  der  Kenaissance.  Sogar  den 
gotischen  Laubstab  findet  man  an  dem  aus  jener  späteren  Zeit  stammenden  Hause 
Breiterweg  20  wieder.  Endlich  war  allgemein  beliebt  durch  diese  und  die  fol- 
genden Epochen,  die  Schwellen  mit  Inschriften  zu  bedecken.  Ihre  grosse 
Anzahl  verbietet  leider,  auf  sie  näher  einzugehen.  Trotzdem  wäre  dies  un- 
erlässlich,  wenn  nicht  der  oft  citierto  Scheffer  mit  rühmlichem  Fleisse,  freilich 
trotzdem  nicht  vollständig  noch  durchweg  mit  diplomatischer  Genauigkeit,  sich 
der  Sammlung  der  Halberstädter  Inschriften  angenommen  hätte.  Inhaltlich  unter- 
scheiden sich  diese  nicht  von  den  in  anderen  Städten  vorkommenden;  sie  sind 
der  Sprache  nach  hochdeutsch,  niederdeutsch,  lateinisch,  gelegentlich  griechisch, 
dem  Inhalte  nach  religiös,  profan,  naiv,  gelehrt,  milde  und  herausfordernd,  ernst 
und  humoristisch  wie  anderwärts.  Überdies  bieten  sie  ein  reiches  Material  zur 
Halberstädter  Familiengeschichte.  Alte  Hausnamen  sind  höchst  selten.  Die 
Sammlung  der  Hausmarlcen  muss  mit  Rücksicht  auf  die  Kostspieligkeit  ihrer 
Nachbildung  hier  leider  unterbleiben,  sie  wird  trotz  Scheffers  Bemühungen  noch- 
mals und  bald  an  anderer  Stelle  besorgt  werden  müssen,  ehe  es  zu  spät  wird. 

Von  charakteristischen  Balkenköpfen  und  Konsolen  wird  bei  anderen  besseren 
Beispielen  die  Rode  sein,  denn  leider  ist  das  vorher  genannte  älteste  Haus  dieser 
Periode  Hoherweg  5  sehr  verdorben.  Aber  dennoch  giebt  es  Anlass,  einer 
weiteren  neuen  Erscheinung  zu  gedenken,  die  an  ihm,  wenn  auch  Zerstörung 
halber,  nur  fragmentarisch  zu  beobachten  ist.  Ich  meine  jene  äusserst  charakte- 
ristischen bekannten  Fächerrosetten,  dem  ersten  in  die  gotische  Ornamentik 
des  Fachwerkbaues  sich  einmischenden  Renaissancemotive,  welches  seine  Ent- 
wicklung nur  in  der  Übergangszeit  findet,  um  gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts 
zu  verschwinden.  Die  fächerähnlich  ausgespannten  Scheiben  bestehen  aus  einem 
Mittelkem,  von  dem  aus  Strahlen  geradlinig  oder  straussenfederartig  (in  Halber- 
stadt nur  in  der  Verfallzeit  in  geschwungenen  Linien)  sowie  in  gewissen  Zwischen- 
räumen nach  der  Peripherie  eines  Halbkreises  verlaufen.  Der  Mittelpunkt  liegt 
fast  durchweg  über  der  Saumschwelle  dergestalt,  dass  die  wohl  nie  fehlende 
Mittelscheibe  ganz  auf  der  Säule  enthalten  ist,  die  übrige  Fläche  der  Rosette  sich 
dagegen  auf  die  jeder  Säule  unten  beigegebenen  dreieckigen  Fussstreben  aus- 
dehnt. Die  Manier,  eine  Form  über  verschiedene  Werkstücke  hinüberzuziehen, 
nimmt  hiermit  ihren  Anfang  und  führt  späterhin,  unter  anderem  an  dem  Hause 
Ijichtengraben  15,  zu  vollständiger  Willkür.  Dort  ist  die  Schnitzerei  ohne  jede 
Rücksicht  auf  die  Bauteile  angebracht,  wo  es  dem  Baumeister  gerade  beliebte, 
und  dort  haben  auch  die  Fussstreben  selbständige  Verzierungen  erlangt,  was 
ihnen  bei  streng  ausgeführten  Bauten  nie  zu  teil  wird.  Die  Rosetten  aber  fangen 
gegen  Ende  dieser  Periode  stellenweise  an,  ihren  Platz  zu  wechseln.  Ihr  Mittel- 
punkt liegt  nicht  mehr  auf  der  Säule,  sondern  auf  dem  Fach,  zu  welchem  Zwecic 


Halberstadt  (Wohnh&aser:  B.  Fachwerkhäaser  —  II.  Periode) 


477 


dieses  mit  Brüstungsplatten  aus  Holz  ausgelegt  werden  muss.  Rücken  auf  diese 
Art  die  Fächerrosetten  zu  weit  auseinander,  so  werden  die  Räume  zwischen  ihnen 
mit  geometrischen  (Kerbschnitz-)  Mustern  gefüllt.  Andere  Motive  zu  diesem 
Zweck  sind  durchaus  selten.  Tiere  (einen  Storch  und  einen  Hirsch)  sieht  man 
Harsleberstrasse  15,  Weinreben  am  Lichtengraben  15.    Die  echten  Fächerrosetten 


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Fig.  216. 

stossen  femer  immer  erst  unten  in  ihren  Fusspunkten  aneinander.  Dass  sie,  zu 
weit  gespannt,  ineinander  übergreifen,  ist  ein  Zeichen  des  Verfalls,  welches  in 
Halberstadt  sehr  selten  (hinter  dem  Richthause  7—9,  Güldenstrasse  16—18)  vor- 
kommt. Das  Gegenstück  hierzu  ist,  dass  die  zu  eng  gestellten  Fächer,  um  an- 
einander zu  passen,  an  den  Seiten  abgeschnitten  erscheinen.    Diese  Form  kommt 


478  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (WohnbÄuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  It.  Periode) 

in  Halberstadt  gar  nicht,  anderwärts,  z.B.  in  Osterwieck,  sehr  häufig  vor.  Ein 
merkwürdiges  Beispiel  des  Überganges  der  Rosette  in  die  Kreisform  zeigt  ein 
Haus  liinter  der  Münze  (Fig.  213  unten  auf  S.471).    Als  ein  reguläres  Beispiel 


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Fig.  217. 

aus  dem  Beginn  der  zweiten  Periode  ist  das  Haus  Franziskanerstrasse  12  an- 
zusehen*, welches  die  Jahreszahl  1542  (Fig.  215  auf  S.  475)  trägt.  Die  Sauni- 
schwellen  und  Füllhölzer  sind  mit  Schiffskehlen  verziert.  Die  schön  profilierten 
Balkenköpfe  haben  eine  Vorkragung  von  0,5  m  und  sind  unterstützt  von  Konsolen, 


BalbATstadt  (WohDliSuaer:  B.  fachwerkhanser  — 11  Periode) 


479 


deren  Gestalt  durchaus  typisch  ist.  Das  Erdgeschoss  dieses  Hauses  ist  wie  in 
den  meisten  übrigen  Häusern  nach  dem  heutigen  Bedürfnis  umgestaltet 

Ein  anderes  gutes  Beispiel  dieser  Zeit  stellt  sich  in  jenem  Hause  dar,  das 
die  nördliche  Ecke  vom  Hohenweg  und  Lichtengraben  bildet.  (Fig.  216  und  209 
linksauf  S.  465.)  Zwar  ist 
gegenwärtig  eine  Jahres- 
zahl nicht  zu  finden,  doch 
wfrd  von  solchen,  die  das 
Haus  früher  kannten,  ver- 
sichert, man  habe  die 
Ziffer  156Ü  daran  gelesen. 
Ks  ist  idies  nach  dem 
ganzen  Charakter  der  Ver- 
zierungsweise nicht  un- 
wahrscheinlich ;  manche 
Motive,  besonders  die 
kurzen,  gerollten  Kon- 
solen (von  denen  unten 
noch  genauer  zu  sprechen 
ist)  weisen  auf  diese 
spätere  Zeit  hin.  Die 
Keitenenden  der  t'ächer- 
rosetten  nehmen  mehr 
oder  weniger  die  Form 
von  Wurzeln ,  Locken, 
Voluten  u.  s.  w.  an,  dio 
Mittelscheiben  und  die 
Schwellenverzierungen 
wenien  reicher. 

Ans  Endo  dieser 
Periode  gehört  jenes 
Hans,  welches  früher  iler 
alte  Marstall'  (Pig.2n) 
hiess  und  jetzt  in  ein 
Heumagozin  für  die 
Kavallerie-Oamison  um-  p-    ^is 

gewandelt,    daher  nicht 

mehr  in  der  unversehrten  Gestalt  y.u  erkennen  ist.  Die  Abbildung  ist  nach 
einer  vom  Bauinspektor  Sommer  in  den  vierzigor  Joliren  angefertigten  Skizze 
gezeichnet  Die  Erbaiiungszelt  ergiebt  sich  dureh  die  Inschrift  über  der  mittleren 
der  drei   halbkreisförmigen  Thnrfahrten*:    Anno  Domini  1574  Denn  X.  Dagk  . 


'  Ober  den  vor  diesem  existierenden  Maratall  vgl.  oben  diu  Verieichnia  verBcliwundener 
Oebiude. 

*  Die  alten  groaseii  Thorfahrten  sind  nur  noch  iel(«D  uud  dann  meist  beschädigt 
erhalten.    Linke  und  rechts  von   ihrem  runden  Bogen  (dea^ien  olien  geradliniger  Sturz  Hars- 


1 


480  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fach werkhäuser  —  IL  Periode) 


Majus.  ^  Die  Thorfahrten  sind  jetzt  durch  mancherlei  Entstellung  unscheinbar 
geworden.  Das  ganze  Gebäude  hat  23  Fach  in  der  Länge ;  die  Fächer  waren  in 
den  mannigfaltigsten  Mustern  mit  gebrannten  Mauerziegeln  in  Kalkmörtel  aus- 
gemauert, die  Fenster  zum  Teil  mit  Butzenscheiben  in  nach  aussen  aufgehenden 
Flügeln  verglast  Die  obere  Etage,  für  Pferdefutter  aller  Art  bestimmt,  zeigt 
noch  jetzt  drei  Aufzugsluken  und  vergitterte  Schiebefenster,  überhöht  von  so- 
genannten Vorhangbögen.  Die  Flächen  zwischen  Saumschwelle  und  Fenster- 
brüstung zwischen  den  ungewöhnlich  starken  Säulen  sind  mit  Bohlen  ausgesetzt 
und  reich  mit  ganzen  Rosetten  (Fig.  218)  mannigfaltigster  Art,  grossen  und  kleinen 
untermischt,  beschnitzt.  Von  den  sechs  ähnlichen  Rosetten  zur  Seite  der  drei 
Thore  sind  hier  Detailzeichnungen  beigefügt,  da  sie  zu  den  schönsten  Mustern 
ihrer  Gattung  gehören.  Die  Saumschwellen  und  die  Füllstücke  sind  mit  Schiffs- 
kehlen geschmückt.  Über  den  Balkenköpfen  befinden  sich  an  der  Saumschwelle 
14  kleine  Wappen,  darunter  über  der  einen  Thür  das  Halberstädter  Wappen, 
ausserdem  noch  10  kleine  Rosettchen.    Die  Namen  der  Wappeninhaber  sind  nach 

der  Reihe:   Herman  Widelaw,  Ludolph  ...onen,   Bastian  Ottenn,   ,  Hans 

Kormien,  Jachop  Drolten,  Sictus  Drolten,  Henning  Groten,  Peter  Bindd,  Wolff 
Schenitz,  Nicolaus  Hartman,  Hans  Sehneni,  Benedictus  Gerken,  Lucas  Luchaw. 
Der  sogenannte  alte  Marstall  ist  ein  Innungshaus  gewesen  wie  der  Schuhhof. 

Um  die  Merkmale  dieser  Periode  vollständig  zu  besprechen,  muss  noch  der 
Konsolen  und  Balkenköpfe  gedacht  werden.  Wenn  in  der  Litteratur  be- 
hauptet worden  ist,  die  mit  Figuren  geschmückten  langen  Konsolen  der  ereten  Periode 
verschwänden  in  der  Folgezeit,  so  ist  das  ein  Irrtum.  Wir  finden  sie  noch  Gerber- 
strasse 1,  Holzmarkt  8,  am  Schuhhof,  Fischmarkt  17,  in  dem  aus  dem  späteren 
16.  Jahrhundert  stammenden  undatierten  Hause  Grudenberg  3.  An  einer  Eckkonsole 
des  Hauses  Gerberstrasse  1  sieht  man  im  unteren  Geschosse  einen  Mann,  der 
einen  Reifen  um  ein  Fass  schlägt,  im  oberen  einen  nach  links  schreitenden 
Mönch. 2  Holzmarkts  zeigt  verschiedene  Heilige,  Fischmarkt  17  den  h. Sebastian, 
die  h.  Elisabeth,  die  Madonna,  Grudenberg  3  den  alt  beliebten  Christophorus; 
der  Schuhhof  endlich  liefert  den  Beweis,  dass  fast  alles  Ornament  der  Übergangs- 
periode in  die  Renaissance  als,  Erbe  mit  hinübergenommen  wird.  Das  Vor- 
kommen dieser  Konsolen  auch  in  der  nachgotischen  Zeit  an  so  stattlichen  Bauten 
wie  den  eben  genannten,  denen  sich  das  bescheidene  Häuschen  am  Grudenberge 
anschliesst,  scheint  dafür  zu  sprechen,  dass  sie  zu  ihrer  Zeit  keineswegs  so  selten 
gewesen  sind,  als  sie  sich  an  den  Resten  der  Vergangenheit  heute  nachweisen 
lassen.  Schwerlich  wird  man  in  den  Luxus  liebenden  Zeiten  des  ausgehenden 
16.  Jahrhunderts  geneigt  gewesen  sein,  die  Häuser  absichtlich  altmodisch  heraus- 
zuputzen. Aber  jedenfalls  kommt  die  Figurenkonsole  nach  dem  16.  Jahrhundert 
nicht  mehr  vor.    Wo  sie  in    späterer  Zeit   ähnliche  Ausstattung  zeigt,   besteht 


leberstrasse  8  mit  dem  gotischen  Laubstab  verziert  ist)  sieht  man  oft  Kerbschnitzkreise  und 
andere,  kleinere  Ornamente. 

*  Scheffer  p.  16,  Abbild.  No.  22. 

•  In  diesem  Hause  braute  angeblich  ein  gewisser  Andreas  Westphal  den  ersten  Broi- 
hahn.  Scheffer  fand  nur  noch  unleserliche  Reste  einer  alten  Inschrift  (p.28).  Am  Neben- 
gebäude steht:  Andreas  Westphal,  1614  den  20.  Juuius  (p.28). 


Ualberstadt  (Wohnli&nser:  B.  Fachwerkhäuser  —  It.  u.  01.  Periode)  481 

diese  (und  überhaupt  seit  1530  meistens)  nur  noch  aus  Masken!  Das  gotische 
Motiv  der  Verlängerung  der  Eckkonsolen  findet  sich  auch  noch  in  der  späteren 
Zeit  bis  in  die  Renaissance  hinein,  so  am  Schuhhof.  Anderwärts,  z.  B.  Breiter- 
weg 20,  finden  sich  verlängerte  Konsolen  auch  da,  wo  sie  nicht  bestimmt  sind, 
eine  Ecke  hervortreten  zu  lassen.  Bakenstrasse  43  und  Taubenstrasse  5  geniessen 
nur  die  Eckkonsolen  den  Vorzug  der  Verschönerung  durch  Masken,  am  letzteren 
Hause  vereinigt  mit  Verlängerung  des  Stückes. 

Die  nicht  mit  Figuren  verzierten  Konsolen  sind  in  zwei  Gruppen  zu 
scheiden,  die  langen  und  die  gerollten.  Beide  beschränken  ihre  Existenz  nicht 
auf  die  zweite  Periode,  sondern  begleiten  die  Halberstädter  Holzbaukunst  bis  in 
die  Verfallzeit  hinein.  Die  langen  Konsolen  endigen  nicht  mehr  mit  dem 
gotischen  Knauf,  sondern  flach  an  der  Wand  mit  geradlinigem  oder  halbkreis- 
förmigem Schluss,  welcher  oft  durch  einen  schmalen  Saum  eingefasst  und  mit 
kleinen  Rosetten  oder  Kränzen  gefüllt  ist.  So  Franziskanerstrasse  12.  Der 
Körper  der  Konsole,  welcher,  ob  lang  oder  gerollt,  nicht  aufhört,  die  Grundform 
seines  Profils  aus  dem  rechtwinkligen  Dreieck  abzuleiten,  ist  mit  Strichen,  halb- 
runden Rollen  und  strickartigen  Bändern  quergestreift;  in  der  späteren  Zeit 
kommt  es  vor,  dass  diese  Streifen  schräg  laufen  (Kühlingerstrasse  18).  Zwischen 
den  Streifen  hin  gehen  bald  breitere,  bald  schmälere  Hohlkehlen  und  dünne, 
mit  Zähnen  besetzte  Linien.  Je  weiter  die  Zeit  vorschreitet,  um  so  kürzer 
werden  die  gestreckten  Konsolen;  sehr  lange  zeigen  das  höhere  Altar  eines 
Hauses  an.  Gegen  die  Mitte  dieser  Periode  kommt  die  zweite  Art,  die  gerollte, 
auf.  Da  der  Balkenkopf  in  diesem  Falle  ornamental  gleich  der  Konsole  behandelt 
wird,  so  entsteht  dadurch  die  sehr  häufige  Gestalt  zweier  übereinander  liegender 
Wulste,  welche  beide  wie  aus  einem  Stück  gearbeitet  aussehen.  Die  geraden 
Seitenflächen  dieser  kurzen  dicken  Rundstäbe  sind  nie  mit  Rollmustern,  sondern 
stets  mit  geomekischen  Kerbschnitzzeichnungen  (Sternen  u.  dergl.)  verziert.  Die 
Herleitung  dieser  Doppelrollen  aus  der  Grundvorstellung  eines  zwiefach  auf- 
gerollten Bandes  ist  also  ausgeschlossen;  ihre  Entstehung  aus  missverstandonen 
S artigen  Voluten  vielleicht  glaublich,  doch  muss  zu  derselben  Zeit  diese  Vor- 
stellung nur  unklar  gewesen  sein,  weil  schon  damals  auch  einfach  gerollte  Kon- 
solen oder  Balkenköpfe  unabhängig  von  einander  vorkommen.  Es  giebt  ander- 
seits auch  Konsolen,  die  für  sich  allein  doppelt  gerollt  sind,  sodass  mit  einer 
Rolle  des  Balkenkopfes  drei  Rollen  übereinander  liegen.  Diese  Rollen  sind  an 
ihrer  Vorderseite  entweder  glatt  oder  mit  senkrecht  oder  parallel  zur  Achse 
laufenden  Querlinien  verziert.  Andere,  der  Hauptform  nicht  entsprechende  Ver- 
zierungen sind  selten.  So  finden  sich  allerlei  derartige  Kreuz-  und  Querlinien 
am  Hause  Harsleberstrasse  15. 

HI.  Periode.  Die  Ornamentik  der  Übergangszeit  geht,  wie  gesagt,  auch 
in  der  Renaissance  weiter,  jedoch  kommt  bei  dieser  dritten  Periode  ein  be- 
sonderes Merkmal  hinzu,  die  sogenannten  Blendar"kaden,  Pilasterstellungen, 
welche  auf  den  mit  Bohlen  ausgesetzten  Fensterfächern  angebracht  sind,  immer 
je  zwei  zwischen  zwei  Säulen  des  Fachwerks.  Diese  Verzierungsweise  tritt  bereits 
in  den  siebziger  Jahren  des  16.  Jahrhunderts  hervor  und  kreuzt  sich  mit  den 
Fächerrosetten,  welche  in  einzelnen  datierten  Beispielen  noch  bis  1590  vorkommen. 
Oben  und  unten  ziehen  sich  Profilleisten  hin,   die  sehr  oft  durch  das  damals 

Krals  Halbentadt.  31 


482  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (WohnlilLnsor:  B.  Fachwerkliäaser  —  III.  Periode] 


beliebte  einfache  bis  dreifache  Zahnschnittband  gebildet  sind.  Die  Blendarkaden 
gehören  zu  den  Eigentümlichkeilen  des  Haiborstädter  Gebietes.  Desgleichen  das 
Merkmal,  dass  die  Fensterbrüstungsplatten,  anderwärts  schon  Anfang  des 
17.  Jahrhunderts  verschwunden,  sich  hier  noch  bis  in  die  sechziger  Jahre  halten. 
Die  Säulen  werden  ebenfalls  zu  Pilastem  ausgebildet.  Als  solche  tragen  sie 
oft,  aber  keineswegs  immer  ornamentalen  Schmuck,  den  sie  in  den  vorigen 
Perioden  niemals  hatten.  Sie  verlieren  ihn  in  der  Verfallzeit  zunächst  wieder 
bis  auf  eine  bisweilen  beibehaltene  lange  rechteckige  Vertiefung,  die  gelegent- 
lich durch  einen  oberen  bogigen  Abschluss  niscbenartig  gestaltet  wird  {Pranzis- 
kanerstrasse  38).  Oft  sind  die  Säulen  nur  zwischen  den  Eensterbrüstungsplatten 
verziert,  weiterhin  aber  glatt.  Die  Hervorhebung  vertikaler  Formen  ist  in  Halber- 
stadt sonst  im  allgemeinen  wenig  beliebt.  Balkenköpfe  und  Konsolen  sind 
in  dieser  Zeit  oft  mit  gleichförmigen  Masken  verziert,  die  teils  angeschnitzt,  teils 
ind.    (Fig.  219  u.  211  unten  auf  S.469.) 


Fig.  219. 


Das  ausgezeichnetste  Beispiel,  welches  zugleich  den  Ausgang  der  gotisierenden 
und  den  Anfang  der  Renaissance-Periode  kennzeichnet,  ist  die  Fassade  des  so- 
genannten Schulrfiofes,  welcher  1579  im  nordöstliclien  Winkel  des  Fischmarktes 
erbaut  ist,  wo  er  zugleich  die  Ecke  der  Schuhgasse  bildet.  [Die  Stelle  diente  als 
curia  sutorum  ihrem  Zwecke  bereits  1251.)  Die  Front  ist  nach  dem  Markte  zu 
in  der  obersten  Etage  23,  in  der  mittleren  22  Fächer  lang.  (Fig.  220.)  Die  pilaster- 
artigen  Säulen  haben  im  Mittelgeschosse  keine  Kapitale,  oben  dagegen  finden  sich 
drei  mit  miss  verstand  liehen  jonischen  Kapitalen.'  Ihre  Flächen  besitzen  flache 
Filllungen,  in  denen,  von  Eierstäben  umrahmt,  augenähnlichc  Vertiefungen  reihen- 
weise, teils  einfach,  teils  doppelt,  emporsteigen.  Die  Fenster  setzen  sich  auf  ein 
durchlaufenes  Ourtgesims,  aus  Hohlkehle  und  zwei  Reihen  Zahnschnitten  bestehend, 
um  die  Säulen  herum  verkröpft,  welcher  Rege!  auch  das  Deckgeaims  der  Saiim- 
schwclle  folgt  Auch  an  der  Hofseite  findet  sich  diese  Anordnung,  wenn  auch 
einfaclier.    Die  Fensterleibungen  zeigen  an  vier  Stellen  Eierstäbe  als  Einraliraung. 


'  An  dem  Hause  LichUmgraben  15,  welches  im  übrigen  noch  an  den  Scbloaa  der  Ol>er- 
gangsperiode  gehört  und  eine  wAbre  Fundgrube  von  intereaäanten  Unregelmäßigkeiten  iat, 
giebt  es  dergleichen  auch  bereits. 


Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  IIL Periode:  Schuhhof)  483 


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Fig.  220. 


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484  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  TH. Periode) 

Zwischen  den  Säulen  sind  die  Blendarkaden  entwickelt:  in  der  mittleren  Etage 
besonders  reich,  an  den  Pilastem  mit  weiblichen  Hermen  besetzt  und  zum  Teil 
zwischen  den  Bogenzwickeln  mit  Tierraasken,  von  denen  die  Abbildung  Muster 
mitteilt;  in  den  Bogenfeldem  finden  sich  29  Wappen  von  Innungsgenossen  nebst 
deren  Namen.  Die  letzte  Inschrift  neben  der  Schuhgasse  lautet:  Bavhere  Niclaus 
Hartman.  Jede  der  Saumschwellen  zeigt  über  einem  als  Löwenkopf  stilisierten 
Balkenkopfe  ein  Wappenschildchen  und  daneben  einen  Namen.  Die  übrigen  Balken- 
köpfe  sind  mit  Masken  verziert.  Bemerkenswert  ist  unter  dem  Dach,  dass  sich  an 
sechs  Stellen  je  drei  Balken  vereinigen,  die  an  zwei  Stellen  noch  mit  drei  Masken 
geziert  sind,  die  anderen  vier  sind  ohne  Schmuck.  Die  freien  Kanten  der  Saum- 
schwellen und  Füllhölzer  sind  in  bekannter  Weise  durch  Schiffskehlen  unter- 
brochen, welche  mit  Schnürrollen  gefüllt  sind,  die  ihrerseits  mit  Perlen-  orter 
Diamantbändem  durchflochten  erscheinen.  An  drei  Stellen  tritt  Flachschnitzerei 
an  die  Stelle  der  Schiffskehlen.  Die  Balkenköpfe  werden  durch  Konsolen  unter- 
stützt, von  denen  22  nach  dem  Fischmarkt  zu  liegen.  Dreizehn  von  ihnen  zeigen 
Christus  mit  den  Aposteln,  etwas  flach  geschnitzt  und  nach  innen  gebogen;  vier 
andere  zeigen  kauernde,  stark  hervortretende  männliche  Personen.  Ebenso  wie 
diese  offenbar  zum  Ersatz  älterer  schadhaft  gewordener  Stücke  dienen,  so  sind 
auch  an  fünf  anderen  Stellen  verloren  gegangene  Konsolen  durch  solche  schlichten 
Musters  ersetzt.  Die  drei  Eckkonsolen  sind  verlängert.  Sie  zeigen  Bischofs- 
gestalten, davon  die  unterste  mit  der  Unterschrift:  Severinus  fundator  ...ine. 
Das  Zwischengeschoss  ist  vollständig  erhalten,  unten  hat  man  wie  gewöhnlich 
alles  verändert  und  moderne  Läden  eingebaut.  Ehemals  war  das  Haus  noch 
durch  drei  reiche  Erker  geziert,  welche  im  Jahre  1804  beseitigt  worden  sind. 

Ein  Haus,  welches  ganz  vom  üblichen  Schema  abweicht  und  ebenfalls  in 
diese  Zeit  gehört,  befindet  sich  am  Paulsplan  16.  Es  fehlen  die  Konsolen,  die 
Saumschwelle  ist  nicht  in  Felder  geteilt,  vielmehr  zieht  sich  an  ihrer  unteren 
Kante  eine  über  ihre  ganze  Länge  laufende  Schnürrolle  hin,  welche  mit  einem 
Laubstabe  (man  beachte  das  gotische  Motiv  um  diese  Zeit)  und  einem  Zahn- 
Rchnittbande  überhöht  ist.  Fensterbrüstungsplatten  fehlen,  dagegen  sind  die 
Säulen  mit  Ornamenten  bedeckt.  Die  bei  der  auffallend  starken  Vorkragung 
von  unten  sichtbaren  Tragbalken  des  Obergeschosses  sind  gleich  der  Schwelle 
mit  Schnürrollen  verziert. 

Von  Häusern  mit  Blendarkaden  giebt  es  in  Halberstadt  im  ganzen  noch 
zwanzig,  von  ihnen  ist  eins  der  interessantesten  am  Holzmarkt  No.  8.  Hier  er- 
strecken sich  die  Blendarkaden  bis  hinauf  in  den  sehr  hohen  Giebel  der  Aus- 
lucht.  Derartige  Ausluchten  (Erker)  giebt  es  sonst  nur  noch  eine  im  Westen- 
dorf 25,  die  jedoch  klein  ist,  während  jene  am  Holzmarkt  zu  ihrer  Unterstützung 
einer  auf  der  Strasse  freistehenden  Säule  bedarf.  Andere  vortreffliche  Blend- 
arkadenliäuser  sind  Hoherweg  1  (Kulkmühle  genannt)  und  2  und  Kühlinger- 
strasse  28  (Fig.  221). 

IV.  Periode.  Der  letzten  Periode  gehört  ein  anmutiges  kleines  Haus, 
Breiterweg  64,  an,  vollendet  laut  Inschrift  im  Jahre  1651.  (Fig.  222.)  Es  besteht 
aus  drei  Stockwerken  von  nur  vier  Fächern  in  der  Längsfront.  Während  das 
Erdgeschoss  Veränderungen  erfahren  hat,  weil  das  Haus  in  einer  der  verkehrs- 
reichsten Strassen  der  Stadt  liegt,  sind   die  oberen  Geschosse  unverändert  und 


Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser — IV.  Periode) 


486 


wohlerhalten  geblieben.  Das  Holzgerippe  ist  von  kräftigen  Dimensionen,  und 
man  hat  daher  die  öfteren  Verstrebungen  für  unnötig  gehalten,  da  die  Aus- 
füllungen in  den  Fächern  unter  den  Fensterriegeln,  bestehend  in  starken  Bohlen- 


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Fig.  221. 


stücken,  eine  Verschiebung  nicht  zulassen;  nur  zu  unterst  sehen  wir  eine  Strebe 
neben  dem  Eingange.  Profilschmuck  an  Balkcnköpfen ,  Saumschwellen  u.  s.  w- 
fehlt  fast  gänzlich,  der  Zierat  ist  fast  nur  auf  Flächen  beschränkt.  Das  Hirn- 
holz des  ßalkenkopfes  zeigt  in  der  untersten  Reihe  fünf  Gesichtsmasken,  in  don 


486  Halberstädter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  IV.  Periode) 

obersten  Reihen  schwache  Andeutungen  von  Ornament  Die  Saumschwellen  er- 
hielten zwischen  den  Balkenköpfen  starke  Fasen,  unten  mit  einem  Eierstab  be- 
setzt, oben  mit  spärlichen  Blättern  und  Blümchen  besetzt    Das  mittlere  Rahm- 


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Fig,  222. 

stück  zeigt  über  den  Fenstern  schmale  omamontierte  Friese,  wie  dies  nur 
höchst  selten  gefunden  wird.  Endlich  enthalten  die  zwei  oberen  Fenster- 
brüstungen sehr  reich  ornamentierte  Flächen,  die  das  kloine  Haus  zu  einem  der 
hübschesten  in  Halberstadt  machen;    bandartige  Ranken  erscheinen  in  buntem 


Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  IV.  Periode)  487 


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Fig.  223. 


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488  Halberstadier  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser — lY.  Periode) 


Wechsel  und  reicher  Phantasie,  in  sechs  der  acht  Flächen  um  eine  Maske 
gruppiert.  (Fig.  223.)  Die  geringelten  Ranken  endigen  nicht  durchweg  in  der 
straffen  Kreislinie  zurückschlagend,  sondern  oft  in  der  schlaffen  Ellipse,  die  den 
Kunststil  dieser  späten  Zeit  charakterisiert. 

[Als  Beispiel  des  Ausgangs  der  letzten  Periode  ist  ein  Haus  zu  betrachten^ 
von  welchem  Bauinspektor  Sommer  seiner  Zeit  eine  Abbildung  gemacht  hat,  leider 
ohne  zu  merken,  wo  das  Haus  gelegen  war.    (Fig.  224.)    Heutzutage  existiert  es 


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Fig.  224. 


nicht  mehr.  Nur  dass  es  zu  Halberstadt  gehört  hat,  ist  gewiss.  Es  bestand  aus 
drei  Stockwerken,  von  denen  das  unterste  mit  einer  Durchfahrt  versehen  war 
und  Parterreziramer  in  einem  niedrigen  Zwischengeschoss  enthielt  Die  Fenst«r- 
formen  waren  früher  andere,  die  auf  der  Abbildung  sichtbaren  sind  modern. 
Wo  die  Zwischenbalken  lagen,  ist  in  der  Zeichnung  angegeben.  Die  Halbkreis- 
form des  Thorscblusses  ist  durch  z\vei  grosse  Bänder  hergestellt,  ausgeschnitten 
aus  zwei  krumm  gewachsenen  Hölzern.  Für  den  Durchgang  von  Fussgängern 
war  eine  Pforte  im  linken  Thorflügel  angebracht,  was  ja  auch  heutzutage  häufig 


Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerich&user  —  IV.  Periode)  489 


ist  Über  dem  hohen  Erdgeschoss  waren  zwei  obere  Geschosse  errichtet,  das 
mittlere  mit  einem  Erker  zum  Bewolmen,  das  oberste  zur  Aufbewahrung  von 
Materialien,  Sämereien,  Getreide  und  dergleichen.  Während  für  die  Wohnzimmer 
die  gewöhnlichen  Pensterformen  mit  nach  aussen  aufgehenden  Flügeln  verwendet 
waren,  sah  man  im  obersten  Stockwerk  meist  Schiebefiügel ,  entweder  verglast 
oder  mit  engen  Holzgittern  gegen  das  Eindringen  von  Vögehi  versehen.] 

Diese  Gattung  von  Holzhäusern  lässt  jeden  ornamentalen  Schmuck  ver- 
missen und  es  scheint,  als  habe  man  die  Zierde  nur  in  der  Häufung  von  kon- 
struktiven Teilen  gesucht.  Das  Winkel-  und  das  Strebeband  erscheinen  netzartig 
zusammengesetzt,  gekreuzt  und  verschlungen,  auf  den  Kreuzungen  durch  kräftige, 
auf  der  Drehbank  zierlich  gefertigte  Holznägel  markiert,  ohne  Rücksicht  darauf, 
dass  mit  der  allzu  häufigen  Vorwendung  von  Streben  nicht  immer  eine  grössere 
Festigkeit  Hand  in  Hand  geht.  Das  Mauerwerk  ergeht  sich  in  allerlei  bunten 
Mustern.  Die  Balkenköpfe  zeigen  die  für  jene  Zeit  typischen  prismatischen  Zu- 
spitzungen, welche  diamantartig  vortreten,  die  Saumschwellen  sind  glatt,  be- 
ziehungsweise mit  langen  Inschriften  bedeckt.  Meist  sind  die  dürftigen,  schiffs- 
kehlenartigen  Brechungen  der  Unterkante  mit  einem  gewundenen  Kundstabe 
gefüllt,  einem  Nachkommen  der  kräftigen  Schnürrollen  der  vergangenen  Periode. 
Seine  Windung  geht  bald  links,  bald  rechtsherum.  Das  undatierte  Haus  Vogtei  40 
zeigt  an  den  Balkenköpfen  Masken,  Rollwerk,  Engelsköpfe  und  dergleichen.  Die 
Schwelle  wird  oben  und  unten  von  einem  stehenden  Blätterkranze  begleitet,  die 
PüUhölzer  zeigen  im  Untergeschoss  stilisiertes  Blatt-  und  Rollwerk,  welches  meist 
von  einer  Maske  in  der  Mitte  ausgeht,  im  Obergeschoss  einen  grob  geschnitzten  Eicr- 
stab.    Viel  verwandt  wird  auch  der  Zahnschnitt.    (Fig.  211  unten  rechts  auf  S.  469.) 

Von  näherer  Besprechung  noch  weiterer  Häuser  sei  abgesehen.  Sie  sind 
von  verschiedenem  Werte,  folgen  aber  meist  einem  gemeinsamen  Schema.  Wo 
noch  Schmuck  angewendet  wird,  ist  er  spärlich,  wiewohl  nicht  ohne  Schönheit. 
Westendorf  23  zeigt  einfach  verzierte  Fensterbrüstungsplatten  mit  verschiedenen 
Kerbschnitzrosetten,  dazwischen  ein  doppeltes  Herz.  Die  Schwelle  bleibt  in  der 
Verfallzeit  meist  schmucklos.  Bisweilen  ziert  man  sie  mit  Eierstab  oder  Akanthus- 
blättern  und  erweist  dasselbe  auch  den  PüUhölzem.  Zu  ihrem  Schmucke  ver- 
wandte man  auch  Blumen-  und  Fruchtgewinde  (Paulstrasse  19,  Dominikaner- 
strasse 7),  ferner  lambrequinartige  Überhänge  und  dergleichen.  Zuletzt  werden 
die  runden  oder  eckigen  Füllhölzer  so  dick,  dass  die  Balkenköpfe  nur  noch 
schwach  oder  gar  nicht  über  sie  hervortreten.  Das  Zahnschnittband  tritt  an 
Schwelle,  Füllhölzern  und  Balkenköpfen  auf.  Letztere  werden  gelegentlich  noch  mit 
Masken  verziert.  Die  Konsolen  verschwinden  teilweise  ganz,  teilweise  stimmt  ihre 
Breite  nicht  mit  der  der  Balkenköpfe  überein.  Die  Vorkragung  wird  immer  schmaler. 

Leider  verschwinden  die  alten  Bauwerke  immer  mehr  und  das  Strassen- 
bild  büsst  damit  seinen  ehemaligen  Charakter  ein.  Vor  einigen  Jahrzehnten  war 
es  üblich,  die  Schnitzereien  mit  Brettern  zu  vernageln  oder  mit  Putz  zu  ver- 
decken, Inschriften  zu  überstreichen  u.  dergl.  Viele  meinten,  dergleichen  Ver- 
zierung sei  unnütze  Spielerei,  viele  genierte  es.  Fremde  vor  ihren  Häusern  stehen 
zu  sehen  und  was  dergleichen  Gründe  mehr  waren.  Heutzutage  ist  diese  Art 
von  Vernichtung  zum  Glück  wonig  mehr  üblich,  zur  Beseitigung  alter  Gebäude 
trägt  seltener  das  mangelnde  Verständnis  als  das  Bedürfnis  des  modernen  Lebens 


490  Halberstädter  Stadtkieis:  Halberstadt  (WobDhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  Allgemeines) 


bei.  Zu  loben  ist  die  Vorschrift  -der  Stadtverwaltung,  dass  Schnitzteile  alter 
Häuser  abgeliefert  werden  müssen.  Auch  mit  dem  Photographieren  alter  Häuser 
vor  ihrem  Abbruch  wird  ernsthaft  vorgegangen.  Bei  den  Neubauten  aber  kann 
man  sich  leider  selten  entschliessen,  die  Nachahmung  der  Schönheiten  der  älteren 
Gebäude  zu  wagen.  Nur  selten  findet  sich  jemand,  der  an  seinem  neuen  Hause 
Sprüche  oder  Schnitzereien  anbringen  lässt  Ein  paar  moderne  Konsolen  mit 
ganzen  Figuren  finden  sich  am  Hause  Hoherweg  7. 

Zu  allgemeinen  Bemerkungen,  Avelche  nicht  an  die  zeitliche  Entstehung  der 
Häuser  gebunden  sind,  geben  mancherlei  Dinge  Anlass,  welche  hier  noch  kurz 
erwähnt  werden  müssen: 

Brandmauern  zwischen  alten  Häusern  fehlen  durchweg  und  zuweilen 
haben  zwei  aneinander  stossende  eine  gemeinschaftliche  Fach  wand.  Die  Unter- 
geschosse sind  nicht  durchgohends  in  Fachwerk  gehalten,  sondern  vielfach 
massiv;  wo  das  Fachwerk  schon  im  Untergeschosse  beginnt,  ruht  es  auf  einem 
niedrigen,  aus  Bruchstein  erbauten  Sockel,  welcher  als  in  die  Erde  hinab- 
reichende Fundamentmauer  die  stets  massiv  ausgeführten  Kellerräume  um- 
schliesst.  Doch  sind  die  Fälle  nicht  selten,  wo  Keller  überhaupt  nicht  vor- 
handen sind.  Die  Überbauten  der  Kellerhälse  sind  als  für  den  Verkehr  hinder- 
lich jetzt  meist  beseitigt. 

Die  Ausfüllung  der  Fächer  geschah  mit  Zaunstaken  oder  Windel- 
staken, welche  mit  Lehm  verschmiert  wurden,  durch  Lehrastaken  oder  getrocknete, 
nicht  gebrannte  Lehmsteine,  endlich  durch  gebrannte  Ziegel,  welche  in  späterer 
Zeit  gern  in  mannigfach  abwechselnden  zierlichen  Figuren  angeordnet  wurden. 

Die  Dachflächen,  wo  sie  noch  die  ursprünglichen  sind,  haben  eine  steile 
Neigung,  und  ihre  Linie  pflegt  in  früherer  Zeit  unten  durch  Anwendung  von 
Aufschiebungen  nach  aussen  gebrochen,  in  späterer  nach  innen  abgewalmt  zu 
werden.  Sie  sind  mit  Hohlziegeln  von  35—46  cm  Länge  und  16—18  cm  Breite 
bei  6—7  cm  Höhlung  behängt,  deren  aneinanderstossende  Krempen  mit  einer 
starken  Mörtelleiste  verstrichen  wurden,  wodurch  die  Dächer  einen  ins  Weisse 
schimmernden  Farbenton  annahmen.  Die  Flächen  der  Dächer  werden  unter- 
brochen durch  die  reihenweise  übereinander  angeordneten  Dachluken. 

Die  Fenster  erfüllen  meist  die  ganze  Strassenflucht  imd  die  erforderliche 
Verstrebung  der  Wand  gegen  Seitenschub  wurde  nur  den  starken  Säulen  und 
den  kurzen  Bändern  unter  der  Fensterbrüstung  überlassen,  weil  man  eine  inten- 
sivere Verstrebung  b.ei  dem  geschlossenen  Stande  der  Häuser  und  bei  der  grossen 
Zahl  der  Fussstreben  für  nicht  so  nötig  hielt.  In  der  letzten  Periode  erst  kam 
man  zu  der  Einsicht,  dass  an  den  Enden  der  Front  eine  wirksamere  Verstrebung 
sehr  wünschenswert  sei,  dass  auch  die  grosse  Zahl  der  Fenster  die  Wärme  im 
Innern  zu  sehr  beeinträchtige.  Man  verringerte  darum  die  Zahl  dieser  letzteren 
und  bildete  an  den  Frontenden  Kreuzstreben  oder  vierfache  Andreaskreuze  aus. 
Doch  übersah  man  dabei,  dass  mit  den  vermehrten  Verzapfungen,  Überblattungen 
und  Kreuzungen  die  Wahrscheinlichkeit  grösseren  Haltes  sich  nicht  vermehrte. 
In  Wirklichkeit  zeigen  sich  durch  Eintrocknen  des  Holzes  so  weite  Fugen,  dass 
die  Streben  oft  nicht  wirksam  sein  müssen. 

Was  die  Fensterflügel  betrifft,  so  schlugen  diese,  um  die  von  aussen 
nach  innen  drückende  kalte  Luft   besser   zurückzuhalten,  nach  aussen,    waren 


Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  Allgemeines)  491 


daher  mit  Sturmhaken  versehen.  Ausserdem  waren  Schiebefenster  sehr  beliebt. 
Sie  pflegten  zu  zweien  innerhalb  von  sechs  Abteilungen  angebracht  zu  sein. 
Von  diesen  waren  die  beiden  untersten  Teile  imbeweglich  und  nur  von  geringer 
Höhe  (10 — 15  cm),  nur  um  zu  verhindern,  dass  bei  geöffneten  Fenstern  keine 
Gegenstände  hinausfielen,  die  vier  oberen  von  erheblicherer,  untereinander  gleicher 
Grösse,  ohne  verstärkten  Pfosten.  Die  Schiebeflügel  waren  so  angebracht,  dass 
der  eine  unten,  mit  oder  ohne  Knopf  nach  links,  der  andere  oben  nach  rechts 
geschoben  werden  konnte,  oder  auch  umgekehrt. 

Wo  kleine  Glasscheiben  zur  Verwendung  kamen,  mochten  diese  nun  vier- 
eckig oder  rund  (Butzenscheiben)  sein,  also  eine  Bleiverglasung  angebracht  war, 
wurden  ein  bis  zwei  schwache  aufgelötete  Eisenstäbe  nötig,  um  zu  verhindern, 
dass  die  Glasflächen  vom  Winde  ^eingedruckt  oder  verbogen  werden  konnten. 
Für  Räume,  welche  nicht  bewohnt  wurden,  sondern  zur  Bergung  von  Vorräten 
dienten,  Hess  man  die  Verglasung  ganz  fort  und  versah  die  betreffenden  Fenster- 
abteilungen mit  Holzgittem,  deren  lotrecht  gestellte  Stäbchen  des  grösseren  Haltes 
wegen  zumeist  über  Eck  gestellt  wurden  und  eine,  bisweilen  mehrere  aufgeklaute 
Holzleisten  erhielten.    Bei  den  Vergitterungen  finden  sich  nur  Schiebeflügel. 

Aufziehluken  sieht  man  fast  an  allen  Holzhäusern,  namentlich  da,  wo 
grössere  Geschäfte  als  Getreide-,  Brennerei-,  Brauerei-,  Bäckereibetrieb  u.  dergl. 
den  Erwerb  der  Bewohner  bildeten.  Sie  waren  erforderlich,  weil  die  mittel- 
alterlichen Treppen  ziemlich  schwächlich  ausgeführt  wurden,  daher  die  Beförderung 
grosser  Ijasten  auf  ihnen  nicht  vertrugen,  auch  meist  nur  schlechtes  Licht  hatten. 
Die  Luken  wurden  gebildet,  indem  durch  Herausnahme  oder  Weglassung  des 
Holzriegels  ein  Fensterfach  zur  Thür  erweitert  wurde.  Mittels  einer  auf  dem 
Dachboden  angebrachten,  aus  einer  Erkerluke  hervorschauenden  Windevorrichtung 
mit  Krahn,  Rolle  und  Tau  wurden  die  Lasten  emporgezogen.  Grössere  alte 
Geschäftshäuser  haben  häufig  mehrere  Luken  übereinander.  Zierat  daran  pflegte 
wegen  der  Leichtigkeit  der  Beschädigung  nicht  angebracht  zu  werden. 

Hausthüren  und  Thorfahrten  sind,  in  Stein  hergestellt,  in  Halberstadt 
sehr  selten,  die  meisten  sind  aus  Holz  gearbeitet,  wie  es  das  Überwiegen  des 
Holzbaues  mit  sich  bringt.  Ihre  Lage  richtete  sich  nach  dem  vorliegenden  Be- 
dürfnis bezw.  nach  der  Lage  der  inneren  Räume  und  des  Hofes.  Da  das  Be- 
dürfnis im  Laufe  der  Zeiten  mannigfach  wechselte,  so  sind  von  den  Thorfahrten 
nur  wenige  unverändert  geblieben.  Ihre  Form  war  meist  rechtwinklig  für  kleinere 
Öffnungen,  für  grössere  in  den  Ecken  mehr  oder  weniger  unterstützt.  Hierfür 
dienten  kleine  Winkel-  oder  Kopfbänder  mit  Schnitzereien,  gelegentlich  aber 
auch  grosse  Kopfbänder,  welche  zu  einem  gedrückten  Spitzbogen,  einer  Ellipse 
oder  einem  Kreisbogen  ausgerundet  sind.  Hierzu  sind  sehr  breite  Halbholz- 
gtücke  nötig,  um  so  mehr  als  sie  eine  sichere  Versetzung  bei  den  Zapfen  er- 
heischen. Diese  sind  merkwürdigerweise  nicht  normal  angeordnet,  sondern  nach 
innen  fallend  gestellt.  Von  ähnlicher  Konstruktion  sind  die  Thürstürze  für  ge- 
ringere Weiten,  obschon  hier  eine  Verstrebung  oder  Unterstützung  nicht  so 
nötig  ist.  Die  Fläche  des  Thürsturzes  wurde  zum  Einschnitzen  von  Jahreszahlen, 
Namen,  Ornamenten  und  dergleichen  benutzt.  Treppen  und  Beischläge  vor  den 
Hausthüren  mögen  ehemals  zahlreicher  vorhanden  gewesen  sein,  als  sie  sich 
jetzt  noch  finden. 


492  Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (Wohnhänser:  B.  Fachwerkhäuser  —  ÄngemeineG) 

Die  Thiirüügel  erscheinen  bisweilen  in  der  Mitte  horizontal  geteilt,  so- 
dass nach  Belieben  nnr  die  Hälfte  der  Tliiir  geöffnet  werden  konnte,  eine  Ein- 
richtung, welche  noch  heute  auch  anderwärts  und  namentlich  auf  dem  Lande 
viel  gefunden  wird.  Daneben  sind  die  ungeteilten  Thüren,  ein  oder  zweiflügelig, 
vielfach  die  beiden  Flügel  von  ungleicher  Breite,  stark  im  Gehrauch.  Ihre  Fläche 
ist  mit  Vorliebe  durch  die  mittels  Verdoppelung  bewirkten,  schräglinigen  oder 
rautenförmigen  Muster  belebt,  zeigt  aber  auch  in  vielen  Fällen  die  während  der 
Rokokozeit  beliebten,  in  Haibrelief  gehaltenen,  schön  geschwungenen  Schnitz- 
Terzierungen.     Kleine  Lichtfenster  in  den  Thüren  kommen  häufig  vor. 

Von  baulicher  Veränderung  wurden  namentlich  die  Erdgeschosse  derHäiw^r 
betroffen.     Es    gehört    darum    zu    den    grossen   Soltenheiten ,    wenn    noch    un- 
beschädigte  Hausflure   sich   irgendwo    vorfinden.     Der   anderen  Lebensweise 
unserer  Vorfahren  entsprechend,  welche   in  dem  Flur,    der  auch   schlechthin 
„Haus"   genannt  wurde,   vielerlei  Thätigkcit   entwickelten  und   Handelsgeschäfte 
daselbst  hielten,  war  er  von  grosser  Auf^ 
dehnung,   ebenso  waren  auch   die  Vor- 
flure in  den  oberen  Etagen,  „Saal"  oder 
„Vorsaal"     genannt,     wo     die     unteren 
Treppen  ausmündeten  und  andere  Treppen 
und  Gänge  weiter  führten,  sehr  geräumig. 
Der  Fussboden  bestand  im  Erd- 
geschosse aus  Bruchsteinen,  Platten  oder 
Fliesen,    bei    einfaclien    Häusern    wohl 
auch   nur  aus   Lehmschlag,    oben    meist 
aus  Gipsestrich,  welcher  letztere,  wegen 
seiner  stärkeren  Belastung,  starke  Balken- 
lagen verlangte. 

Die  Treppen  waren  vielfach  be- 
deutend bequemer,  vielfach  in  engen 
Häusern  aber  auch  viel  steiler  als  die 
unsrigen.  Ihre  Breite  geht  bis  zu  1,2501. 
Sie  waren  durchweg  aus  Tritt-  und  Setz- 
stufen stumpf  aufeinander  gesetzt  und, 
aus  schwachen  Brettern  bestehend,  er- 
baut, wodurch  sie  zur  Tragung  grösserer 
Toasten  nicht  geeignet  waren.  Beischmalen 
^*™'*~' "  ^  Treppen    fehlten    wohl    auch    die   ^\2.- 

^'8  225-  stufen    ganz.     Die  Geländer    und  Ver- 

schlage bestanden  aus  Brettstücken,  welche 
mittels  der  Schweifsäge  Musterungen  erhielten.  Wendeltreppen  kamen  vor,  waren 
aber  ihrer  Unbequemlichkeit  wegen  wenig  beliebt. 

Wohnzimmer,  Kammern,  Küchen  und  dei^l.  Innenräume  sind  im 
ursprünglichen  Zustande  nur  noch  wenig  vorhanden.  Die  Decken  der  Wohn- 
zimmer bestanden  aus  Brettern,  welche  auf  Unterzugbalken  ruhten.  Sowie  die 
letzteren  bisweilen  schwere  und  schöne  Profi liorungen  zeigen,  so  kam  es  auch 
vor,  dass  die  Bretter  der  Decke  an  den  Kanten  profiliert  waren.     In   diesem 


Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  Allgemeines  —  Statistik)        493 

Falle  wurde  die  Decke  so  ausgebildet,  dass  die  mit  den  Profilkanten  versehenen 
Bretter  breit  auseinander  gerückt  und  die  Lücken  zwischen  ihnen  durch  von 
oben  dagegen  genagelte  Bretter  geschlossen  wurden.  Die  Decke  erhielt  hier- 
durch ein  schönes  und  bewegtes  Aussehen.  Nicht  zu  vergessen  ist  das  Vor- 
kommen von  Stuckdecken,  welche  freilich  in  Halberstadt  eine  besondere  künst- 
lerische Bedeutung  nicht  erlangt  zu  haben  scheinen.  Wandtäfelungen  dürften 
aus  alter  Zeit  in  Halberstadt  nicht  mehr  erhalten  sein.  Die  Küchen  sind  der 
Feuersgefahr  wegen  sehr  häufig  besonders  gesichert  und  bilden  darum  in  vielen 
Fachwerkhäusern  den  einzigen  massiven  Teil.  Der  Bauchabzug  geschah  früher 
aligemein  durch  deutsche  Schornsteine. 


Fig.  226. 


Mit  dem  Untergange  der  alten  Gebäude  oder  ihrer  Teile  verschwinden 
leider  auch  viele  schöne  Schlosserarbeiten:  die  geschweiften  Thürbänder 
mit  den  kräftigen  Nägeln,  die  ausgesohmiedeten  oder  ausgeschnittenen  Schliess- 
bleehe,  die  Ziehknöpfe,  die  Thürklopfer  u.  a.  Die  Thürschlösser,  meist  Feder- 
riegel mit  Hohlschlüsseln,  sind  zumeist  nur  noch  in  abgelegenen  Kammern, 
Kellern  und  Böden  zu  finden.  Schmiedeeiserne  Gitter  kommen  gelegentlich  vor. 
Eins  der  schönsten  (in  der  Gröperstrasse)  ist  beistehend  abgebildet  (Fig.  225). 
Ein  schönes  Handwerkerzeichen  zeigt  Fig.  2;^6. 

Statistik 

Es  gehören  von  den  Fachwerkbauten  in  Halberstadt: 

I.  Zur  ersten  Periode: 

Unter  der  Tanne:  1.2  (frühes  15.  Jh.).  Harsleberstrasse:    8   (linke  Hälfte; 

Moritzplan:  2  (s.o.).  s.  o.). 

Fischmarkt:  l(s.o.).  2  (Schutzbretter,  Kühlingerstrasse:   23  (1508?  1518? 

stark     profilierte     Balkenköpfe,     im  Spätgotisches     steinernes    Thor     mit 

übrigen    verdorben).     14    Ratskeller  Kielbogen). 

(s.  0.).     Seitengebäude   von  9  (zwei-  Kulk:    (Hinterhaus  der  Gerberstrasse; 

stöckig,  lange  Konsolen,  Schutzbretter).  1528;  s.o.). 

Domplatz:  23.  Westendorf:  25  (s.o.). 

II.  Zur  zweiten  Periode: 
a)  Konsolen   mehr  oder  weniger  gestreckt,    mit  Profilierung;   die  übrigen 
Merkzeichen  wie  bei  h)^: 

Abtshof:   2 — 3  (mit  gerollten  Balken-     Bakenstrasse:  45.  46.  47. 
köpfen).  26.  28.  Klein-Blanke nburg:  44. 

'  Es   ist  hierbei  festzuhalten,  dass   keineswegs   jedes   der  genannten  Häuser  stets  alle 
angegebenen  Merkzeichen  aufzuweisen  braucht. 


494  Halberstadter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wohnbäaser:  B.  Fachwerkhäuser  —  Statistik) 


Dorainikanerstrasse:  30. 
Düsterngraben:  12  (1537).  31. 
Fischmarkt:    9    (1529,    sogenanntes 
Tetzelhaus,  s.  o.).  17  (Figiirenkonsolen, 

s.  0.). 

Franziskanerstrasse:  12. 16  (Schutz- 
bretter). + 17.  +  18. 1 

Am  Frauenhause:  8, 

Oerberstrasse:  1  (1575,  s.o.).  5. 

Göddenstrasse:  7.9.13.  16-18 (s.o.). 

Gröperstrasse:  34. 

Harsleberstrasse:  1  (Schutzbretter). 
8  (rechte  Hälfte;  Schutzbretter). 

Hoherweg:  4.  5  (1532).  7  (mit moder- 
nen Figurenkonsolen,  s.o.).  +15.  16. 

Holzmarkt:  4  (1532). 

Johannisbrunnen:  14.  22. 

b)  Konsolen  gerollt;  Fächerrosetten; 

Abtshof:  4.  27.  31. 

Breiterweg:  38  (1559).  39  (1558). 

Seitengebäude  von  33. 
Dominikanerstrasse:  4.  9.  12. 
Dom  platz:  +31  (Gleimhaus). 
Fisch  markt:    Hintergebäude    von    4 

(Schwelle  mit  gotischem  Laubstab). 
Franziskanerstrasse:    9    (Schwelle 

mit  Laubstab).  23—24  (1544).  +29. 

30.  33—34.  49. 
Am  Frauenhause:  6. 
Gerberstrasse:     10    (Schwelle     mit 

Laubstab). 

Gröperstrasse:  16.  18. 

Grudenberg:  6. 

Harsleberstrasse:  Hinterhäuser v. 8. 

Hoherweg:  13  (Schwelle  mit  Laubstab). 

Holzmarkt:  3  (1552).  22.  23  (Schuh- 
macherwitwen- und  -Waisenhaus). 

Johannisbrunnen:  25.  26. 
Li  eilten  graben:   Ecke  Hoherweg  (s. 
oben).  8. 

K ü hl  in  ger Strasse:  18  (1528?  Schwelle 
mit  Laubstab;  Thürsturz  desgleichen). 
31  (linke  Hälfte). 


Judenstrasse:  25.  32. 

Krebsscheere:  2. 

Martiniplan:  31.  32. 

Ochsenkopfstrasse:  7 — 9. 

Hinter  dem  Richthause:  G  (die 
Fächerrosetten  teilweise  in  ganze  oder 
dreiviertel  Kreise  übergehend).   7-9 

(s.  0.). 

Rosmarinstrasse:  4. 
Sackstrasse:  2. 
Schmiedestrasse:  13. 
Schuhstrasse:  7  (1553).  IL  13.  27. 
Seidenbeutel:  1.  2. 
Tränkethor:  5. 
Vogtei:  5, 

Westendorf:  2  (1557). 
Wort:  1.  13. 

Schiffskehlen : 

Kulkstrasse:  23.  31. 
Lichtengraben:  13.  14. 
Martini  plan:  8.  +25.  28.  29.  30. 
Hinter  der  Münze:  19. 
Ochsonkopfstrasse:  7  (Schwellemit 

Laubstab). 
Paulsstrasso:  14.  17. 
Ritterstrasse:      7—8.     10-11.    13 

(Schutzbretter). 
Rosmarinstrasse:  1. 
Sackstrasse:  20. 
Bei  den  Spritzen:  8. 
Steinhof:  14—15. 
Taubenstrasse:  7.  13.  25. 
Tränkethor:     1   (mit  Schutzbrettern). 

2  (.Schutzbrettor  jetzt  beseitigt). 
Trüllgasse:  2. 
Vogtei:  8.  U.  27.  46. 
Unter  den  Weiden:  7. 
Weingarten:  29  (obere  Schwelle  mit 

durchlaufender  Schnürrolle). 
AVestendorf:  50. 
Wort:  6. 


^  Das  -\-  bedeutet,   dass  das  betr.  Haus  sich   in  zwar  stilistisch  noch  bestimmbarem, 
aber  verdorbenen  Zustande  befindet. 


Halberstadt  (Wohnhäuser:  B.  Fachwerkhäuser  —  Statistik) 


495 


c)  Ganz  verdorben  sind: 
Abtshof:  9. 
Bakenstrasse:  58. 
Klein-Blankenburg:  6  (1528).  7. 
Göddenstrassei  28  (1541). 
Grudenberg:  3  (s.o.).   4. 
Höh  er  weg:  19.  40. 
Johannisbrunnen:  5. 
Kühlingerstrasse:  9.  12.  29  (1569). 
Lichtengraben:  9. 
Liehtwerstrasse:    2    (Schwelle   mit 


Martiniplan:  6.  9. 
Hinter  der  Münze:  4. 
Ritterstrasse:  1.  6. 
Schuhstrasse:  3.  34.  38. 
Bei  den  Spritzen:  13. 
Vogtei:  16. 

Westendorf:  16  (mit  Inschrift  in  go- 
tischen Buchstaben :  $  .  xtM  .  t\$X\üt  . 

uft  .  utni  .  ttm  .  iiocr .    fehlt  bei 

Scheffer). 


Laubstab). 

IIL  Zur  dritten  Periode: 

a)  Konsolen  gerollt;  Schiffskehlen;  Balkenköpfe  mit  Masken  oder  gerollt: 


Antoniusstrasse:  17. 
Bakenstrasse:  11. 

Breiterweg:  Hofgebäude  von  25  (mit 
Galerie;  alte  Fenster). 

Burgtreppe:  3. 

Franziskanerstrasse:  38. 

Güddenstrasse:  26  ( 1554,  hat  Fächer- 
rosetten). 

Georgenstrasse:  7. 

Gröperstrasse:  55  (nur  an  der  Front 
nach  der  Ochsenkopfstrasse  noch  im 
alten  Zustande).   63. 

Harsleberstrasse:  6  (1589).  7  (Thor- 
fahrt von  1590).  15  (Fächerrosetten). 
Holzraarkt:  21. 
Johannisbrunnen:  19. 


Judenstrasse:  26. 

Krebsscheere:  (mit  vielen  Wappen, 
ehemaliges  Innungshaus,  sogen,  alter 
Marstall,  s.o.). 

Kulkstrasse:  4  (Mauerrest  eines 
steinernen  Gebäudes.  Über  der  er- 
haltenen Thür  steht:  C.  A.  D.  1602.). 

Lichtengraben:  15  (s.o.). 
Liehtwerstrasse:  3. 
Paulsplan:  15. 
Paulsstrassc:  13. 
Taubenstrasse:  5  (s.o.). 

Westendpr^:  44— 45(1588,  mit  langen 
Konsolen  und  überhaupt  altmodisclien 
Formen). 

Wort:  3  (1614). 


b)  Mit  Blendarkaden,  die  übrigen  Merkzeichen  wie  vorher: 


Abtshof:  21. 

Beginenstrasse:  7  (1609,  auf  der 
Saumschwelle  Abbildungen  von  Weber- 
geräten). 

Breiterweg:  +20  (an  der  Front  nach 
der  Kuhgasse  unbeschädigt;  Schwellen 
mit  Renaissancelaubstab). 

Gröperstrasse:  56  (nur  an  der  Seite 
nach  der  Ochsenkopfstiasse  nocli  im 
alten  Zustande;  obere  Schw^elle  mit 
gotischem  Laubstab). 

Harsleberstrasse:  9  (1640;  gestreckte 
Konsolen).   10  (1618). 

Hoheweg:  1  (1594 ;  Hausflur  ursprüng- 
lich). 2  (1620;  Hausflur  und  Treppen 
ursprünglich).   51  (1622). 


Holzmarkt:  8(1576;  Dreieckkonsolen 
mit  Figuren:  Landsknecht,  Christo- 
phorus,  Simson). 

Kühlingerstrasse:  28  (1600;  unter- 
halb der  Blendarkaden  ein  über  die 
ganze  Front  laufender  Streifen  mit 
Akanthus).  30(1599).  31  (roclite  Hälfte). 

Kulkstrasse:  34  (1601). 
Liehtwerstrasse:  7.  8. 
Hinter  der  Münze:  14.  15. 
Paulsplan:  16  (s.o.). 
Paulsstrasse:  8. 
Das  Richthaus. 
Hinter  dem  Richthause:  1. 
Schmiedestrasse:  17.  18. 
Schuhstrasse:  1.  31  (teils  lange,  teils 
gerollte  Konsolen). 


496  Halbersfödter  Stadtkreis:  Halberstadt  (Wohnhäaser:  B.  Fachwerkhäuser  —  Statistik) 


c)  Ganz  verdorbene  Häuser: 

Holzmarkt:  16  (1618). 
Johannisbrunnen:  24  (Ständer  verziert). 


IV.  Zur  letz 

Abtshof:  7. 

Antoniusstrasse:  9.  15.  19. 
Bakenstrasse:  3.  8.  9.  21.  22.  23.  24 

(1687).  44.  48.  61.  66.  67  (1679). 
Beginenstrasse:  3.  4.  5.  13.  14. 
Klein-Blankenburg:  1.  8. 
Breiterweg:  +2.  +5.  +6.  8.  +9. 

+  12.  +13.  +23.  +28.  29.  33.  34. 

41.  +48.  +49.  50  (1668;  ohne  Kon- 
solen). 52.  +54.  +65.  +57.  59. 
+  61.  +62.  +63.  64. 

Hinter-    und   Seitengebäude    von: 
69—70. 
Seitengebäude  von:  18.  24.  49.  65. 
Seitengebäude      und      Hinterfront 
von:  53. 
Dominikanerstrasse:  7  (1710;  ähn- 
lich aber  zierlicher  als  Vogtei  40).  8. 
13.  28. 
Dom  platz:  11.  27  (Haus  des  Dichters 

Klamer  Schmidt  1745—1825). 
Düsterngraben:  11.  32. 
Fischmarkt:  +4.  5. 
Franziskanerstrasse:  20.  22.35.41. 

42.  43. 

Am  Frauenhause:  3  (1704).  4.  5.  9. 
Georgenstrasse:  7.  13. 
Gerberstrasse:  14.  16. 
Göddenstrasse:  6.  11.  12.  25  (1697). 
Grauer  Hof:   3.  4.  5.  6.  7.  8.  22.  23. 

24.  29.  30.  31.  32. 
Gröperstrasse:  10.  15.  21  (1700).  23. 

26.  29.  66.  69.  70.  71.  73.  76. 
Grudenberg:  8  (1697). 
Harsleberstrasse:  4.  16. 
Holzmarkt:  2.  15. 
Johannisbrunnen:  15  (Füllhölzer  u. 

Balkenköpfe  mit  Eierstab). 
Judenstrasse:    1.  7.  8.  9.  11.  12.  13. 

19.  20.  21.  22.  35. 
Kämmekenstrasse:  8. 


ten  Periode: 

Kornstrasse:  4.  5.  7.  9.  11(1650). 
12.  16. 

Krebsscheere:  rechts  (1670). 

Kühlingerstrasse:   Ecke  hinter  der 
Münze.  17  (1652;  lange  Konsolen  und 
Schiffskehlen).   32. 
Hinterhaus  von:  8  (1652). 

Kulk:  6.  10. 

Kulkstrasse:  14.  15.  16.  17.  18.  19. 
25.  29.  30. 

Lichtengraben:  10.  11.  12.  17  (Por- 
tal des  18.  Jahrh.  zur  Spiegerschen 
Kurie  gehörig). 

Lichtwerstrasse:  6.  10. 

Martini  plan:  36.  38  (1699).  39. 

Michelshagen:  2.  3.  5. 

Hinter  der  Münze:  2.  18  (1653). 

Oclisenkopfstrasse:  1.  2.  6.  10. 

Paulsplan:  21.  22. 

Paulsstrasse:  5.  10  (1669,  ohne  Vor- 
kragung). 11.  15.  16  (1687).  18 
(Schwelle  und  Füllhölzer  mit  Eierstab). 
19  (Füllstücke  mit  Blumengehängen, 
oben  mit  Lambrequins). 

Petersilienstrasse:  2.  3.  7.  8.9.  10. 
11.  12.  14.  15.  16.  17.  19. 

Pfahlgasse:  2.  3.  4.  5.  7.  8. 

Hinter  dem  Richthause:  2.  3.  4.5. 

Rosenwinkel:  2.  3.  4.  5.  8.  11.  14. 

Rosmarinstrasse:  5.  7. 

Haus  in  der  Sackgasse. 

Sackplatz:  1.  3.  5.  8.  9.  10. 

Sackstrasse:  4.  8.  9.  10.  11.  12,  13. 
15.  16.  17.   23.   24.    27.    29.    31.  33. 

Schuhstrasse:  4  7a.  8.  9  (1688).  15. 

19.  20.  21.  22.  29.  36.  37.  39.  48.  49. 

50.  51.  52.  53. 
Schulstrasse:  2.  3. 
Seidenbeutel:    3.  4  (1696).  5.   6.  8 

(1700).  9.  11.  14.  19.  21.  23.  24.25.28. 


] 


Halberstadt  (Wohnhäuser :  B.  Fachwerkhäuser  —  Statistik)  4d7 


Bei    den  Spritzen:    1.  3.  6.    17.   19  Unter  den  Weiden:  41.               ^ 

(1688).  Weingarten:   1.  8.  10.  19.  21.  22.  23. 

Steinhof:  2.  5.  G.  16.  24.  25.  26.  28  (1697).  30.  31. 

Unter  der  Tanne:  8.  10.  Westendorf:  2.  5.  11  (1666).  22.  24. 

Taubenstrasse:  8.  30.  39.  52.  54.  55. 

Tränkethor:  10.  Hofgebäude  von:  16  (1657). 

Vogtei:    1.  4.  9.   12.  40  (s.  oben).  42.  Wort:  4.  7  (Füllhölzer  mit  Eierstäben). 

52.  53.  10.  12.  14  (1662). 

Prismatische  Balkenköpfe  und  Zahnsehnitte: 

Bakenstrasse:  36.  Ilarsleberstrasse:  5.  13. 

Breiterweg:  53.  65  (1672).  Judenstrasse:  33. 

Dominikanerstrasse:  3  (1671,  mit  Lichtwerstrasse:  9.  12.  21. 

vier  Fenster   breiter  Auslucht;    sehr  Peterstreppe:  4.  5. 

stattliches  Haus).  Bei  den  Spritzen:  20. 

Düsterngraben:  3.  Taubenstrasse:  22. 

Gerberstrasse:  12.  Westendorf:  23  (s.o.). 
Gröperstrasse:  24.  72. 

V.  Ältere  Gebäude,  deren  Zuerteilung  an  eine  bestimmte 
Periode  .wegen  zu  starker  Verderbnis  nicht  möglich  ist,  über- 
wiegend jedoch  jedenfalls  der  letzten  Periode  angehörend: 

Abtshof:  11.  20.  Hinter  der  Münze:  1. 

Bakenstrasse:    5.   15.  33.  34.  49.  50.  Ochsenkopfstrasse:  12. 

53.  54.  55.  57.  59.  65.  74.  75.  Paulsplan:  7.  9.  10. 
Beginenstrasse:  1.  2.  8.  9.  Paulsstrasse:  7. 
Klein-Blankenburg:    2.  5.  45.  46.  Ritterstrasse:  12. 

47.  48.  Rosenwinkel:  12.  15.  17. 

Dominikanerstrasse:  21.  26.  27.  29.  Rosmarinstrasse:  1.  2.  6. 

Düsterngraben:  16.  17.  30.  Sackplatz:  2. 

Fischraarkt:  6.  7.  8.  Sackstrasse:  7.  32. 

Franziskanerstrasse:  10.26.28.31.  Schmiedestrasse:    1.  2.  3.  4.  5.  10. 

Am  Fraiienhause:  2.  11.  12.  15.36. 

Gerberstrasse:  3.  8.  13.  Schuhstrasse:   5.   6.   12.  18.  28.  30. 

Göddenstrasse:  22.  41.  42. 

Gröperstrasse:  8.  9.  20.  35.  60a.  75.  Seidenbeutel:  7.  10.  20. 

Harsleberstrasse:  18.  Bei  den  Spritzen:  2. 

Hoherweg:  10.  12.  18.  25.  28.  29.  30.  Taubenstrasse:  9.  10.  20. 

35.  38.  39.  45.  Tränkethor:  8. 

Johannisbrunnen:  2.  3.  4.   6.  7.  9.  TrüUgasse:  12.  13.  14.  15.  16. 

23.  27.  28.  30.  Vogtei:   2.  3.   10.   14.   15.  17.  18.    19. 

Judenstrasse:  4.  24.  41.  45.  48.  49.  50.  54.  55. 

Kornstrasse:  3.  6.  13.  Unter  den  Weiden:  5.  6. 

Kühlingerstrasse:  8.  10.  14.  19.     .  Westendorf:  4.  17.21.26.  32.46.47. 

Lichtengraben:  2.  4.  18.  48.  49.  53.  56. 

Dichtwerstrasse:  5.  Wort:  3. 

Martiniplan:  12.  26.  -      . 

Kiels  Halbentadt.  31 


Halbentädter  Stadtkreis:  Oilberatadt  (Saamlungen) 


Litteratur:  C.  Lachner,  Die  HolEarchitektor  Halberatadta.  ZdtMhrift  für  faiUeade 
Knnat  XIX  (1884),  ITOff.  212fr.  mit  Abb.  von  Fragmenten  folgender  B*aten:  BraitenregSO; 
Holzmarkt  24;  Batakeller;  Wwtendorf  25 ;  Fleichmarkt  1.11.12;  DOBtemgraben  13;  Franzi«- 
kanerBtnuwe  12;  RoUmHrkt  23;  Hinter  der  HOnze  19;  Harakberatrasae  15;  Liditengrabeo  15; 
Han)leber«traB»e6.8,9;  Breiterweg 20;  Schuhfaof;  HolunarktS  (Sadfront);  BcbmiedestruBelT: 
Bakenatnwee  *A;  Weetendorf  23;  Breiterw«^  54.  —  Liebotd,  Die  mittelalteH.  HolE&rddlektm 
in  Niedersachsen.  —  Boetticher,  Die  Holzarcbitektur  dea  Mittelalters,  1843.  —  Cuno  nnd 
Schftfer,  Holzarcbitektur  vom  14.— 18.  Jabrb.  —  ^le,  Allgemeine  Baazdtung  voa  Fonter, 
Wien  1845.  —  Kallenbach  (vervcbiedene  Werke). 


Verschiedenes 

Sammlungen 
Die  städtische  Sammlung   im  Gleimhause,  einem    hübschen  VaA- 
werkbau  des  16.  Jahrhunderts,  hinter  der  Nordostecke  des  Domchores  b^egaa, 

ist  bisher  nicht  katalogisiert.  Sie 
enthält  die  Bibliothek  (gegen 
9000  Bande)  und  die  SunmlimgeB 
(dabei  etwa  370  Handw^usRoi) 
des  Dichters  Qleim,  wek^er  vm 
1747  bis  l?CQ  hier  wohnte.    Be- 


berühmter 
für  viele  d 
selbst  die  I 
Künstlern , 
beiteten,  s 
Tischbein 
Ausserdem 
Sammlung 
untergebrai 
einer  Bibtio 
einigen  Sc 
deren  Eunt 
zen,  Meda 
pfarrer  I 
reichen  San 


Gebäude  ai 

Stadt,  vorgeschichtlichen  GcgM 
*"'K227.  ständen,    welche    zum    Töl    b 

Halberstadt  selbst  gefunden  änä 
u.  8.  w.  Als  Beispiel  sei  hier  ein  ausgezeichnetes  gotisches  Madonnenbiid  mit- 
geteUt    {Fig.  227.) 


Halberstadt  (Samnlnngea) 


500  Ualberst&dter  Stodtkr^:  Halberatadt  (Saminlun^n  —  Brannen) 


Eine  GeraUldesanimliing  befindet  sicli  in  der  Spiegel'schen  Kurie. 

Sie  enthält  hauptsiichiicli  moderne  Stücke,  darunter  den  „Tod  der Sötine  Eduards" 

von  Hildebrandt. 

Erwäliniing  verdient  ferner  die  Heclit'sclie  Sammlung,  welche  einen 

reichen  Schatz  von  Urkunden,  Siegeln  und  Büchern  umfassen  soll. 

Von  der  Nebe'schen  Sammlung  ist  oben 
beim  Dome  (pag.  299)  gesprochen  worden. 

Im  Domgyninasiura  befindet  sich  eine  sehr  wert- 
volle Bücher-  und  Handschrif tensaniralung, 
hervorgegangen  aus  der  von  Matthias  von  .Oppen  ge- 
stifteten und  gesammelten  Dombibliotliek.  Ihre  An- 
fänge waren  schon  früher  vorhanden ;  so  werden  wert- 
volle, in»  Chore  aufbewahrte  Schriften  1427  erwälmt. 
Die  Bibliotheken  amlerer  Stifter  wurden  neuerdings 
damit  vereinigt,  doch  ist  vieles  nach  Magdeburg  und 
nach  Halle  gekommen.  Auf  die  einzelnen  zum  Teil 
sehr  beachtenswerten  Schriften  einzugehen,  wünle  hier 
zu  weit  führen.  Doch  wird  es  im  Zusammenhange 
dieses  Buches  interessieren,  wenn  hier  ein  in  Pressung 
von  braunem  Le<ler  aii.sgoführterHandschrifteneinband 
aus  spätronuinischer  Zeit  abgebildet  wird.  (Fig.22H.) 
Das  abgebildete  I  stammt  aus  einem  romanischen 
Kodex  der  Sammlung.    (Pig,  229.) 

Brunnen 
In   erster  Linie   ist    zu   erwähnen   der    auf   dem 
Holzmarkte,  welcher  lange  Zeit  trocken   stand,   jetzt 
aber  aufgefrischt  und  seiner  Bestimmung  wiedergegeben 
ist.    (Fig.  230.)     Er    besteht   aus   einem    nchteckifi^n 
sandsteinemen  Becken.    Die  Ecken  sind  durch  kräftige 
Yulutq;!  hervorgehoben,  die  mit  Akanthusblättem  ge- 
schmückt sind.     Die  Fullplatten  zeigen  schöne  halb- 
erhabene    Bliunen-    und    Fruchtstucke    an     Büsdem 
hängend.    Der  kräftig  vorspringende,  obere  Rand  des  Beckens  ist,  dessen  Ecken 
folgend,  verkröpft.    In  der  Mitte  stand  früher  eine  hölzerne,  jetzt  eine  steinerne 
Säule,   innerhalb    deren   die   Wasserröhro   emporsteigt     Der   Ausfluss   geschiebt 
durch  die  Mäuler  von  vier  Delphinen,  weiche  mit  ihren  um  eine  Mittelsäule  in 
die  Höhe  gekrümmten  Schwänzen  eine  auf  einer  Deckplatte  ruhende  Kugel  tragen. 
Schon  am  Anfange  fies  16.  Jahrh.  scheint  an  dieser  Stelle  ein  Brunnen  gestanden  zu 
haben.     In   den    ungedrnckten   Urkunden    des   Liebfrauen-   und   Johaniiisstiftes 
finden  sich  Erwähnungen,  wolcho  sich  auf  ihn  deuten  lassen.     [Daselbst  ist  Buch 
1506  von  einem  Brunnen  die  Rede,  welcher  der  Treppe  zum  Rathause  gegenüber- 
stand, sieh  also  wohl  auf  dem  Fischmarkte  befunden  hat.)    Ein  zweiter  erwSIinens- 
werter  Brunnen  steht  auf  dem  Platze,  welcher  danach  Johannisbninnen   genannt 
wird.    Er  ist  sonst  wertlos  und  neu,  aber  gekennzeichnet  durch  die  oben  auf- 


Fig.229. 


Halberetadt  (BrnnneD)  50t 


gesetzte  kleine  höizerDe  bemalte  Figur  Jobannis  des  Täufers,  aus  dem  16.  Jahr- 
hundert: stammend. 

[Strassenbrunnen    werden   gleichzeitig   mit  Klage   über    ihre   häufige   Ver- 
unreinigung im  Mittelalter  wiederholt  erwähnt] 


502    Halberstädter  Stadtkreis :  Halberstadt  (WachtQrme  —  Mühlen  —  Liebf  rauenkapelle) 


^  Ansserhalb  der  Stadt 

[Die  Stadtflur,  im  Mittelalter  breda,  die  Breite,  genannt,  bietet  in  alter  Zeit 
die  Namen  einer  ganzen  Anzahl  von  Flurstätten.  Am  häufigsten  erwähnt  ist 
die  lüttge  Mark  beim  Assebach,  deren  Zehnter  1289  vom  Bischöfe  an  das  Lieb- 
frauenstift überwiesen  wurde ;  sodann  die  Withecke,  welche  zuerst  den  Edlen  von 
Quenstedt,  dann  der  Stadt,  dann  den  Templern  gehörte  und  von  ihnen  1306 
samt  ihrem  übrigen  Besitz  verkauft  wurde.  Genannt  werden  noch  das  immen- 
dal  1311;  —  die  gosewort  am  Stadtgraben  1392;  —  ein  Ort  by  deme  nygen  pylre 
na  unser  leven  vruwen  berge  in  der  Nähe  des  Landgrabens  1452; —  auf  dem  rode 
1492;  —  der  Sperlingsberg  1493;  —  die  rabane  1495  und  öfter; — das  Kaiserreich 
oberhalb  der  Mordmühle  1^95;  —  die  domherrnkule  1606. 

Vor  dem  Thore  von  St.  Johannis  lag  der  Gerichtsort  Wardeho. 

Wiesen  und  Gärten  gab  es  vor  der  Stadt  verschiedene,  von  denen  die 
Tanzwiese,  danswische,  häufiger  erwähnt  wird.  Auf  ihr  befand  sich  ein  steinerner 
Turm.    Obst-  und  Hopfengärten  gab  es  in  Menge. 

Solcher  Wachttürme  werden  in  der  Halberstädter  Flur  im  15.  Jahr- 
hundert mehrere  erwähnt,  darunter  der  von  einer  Mauer  umgebene  braun- 
schweigische  Turm  (1420).] 

Auf  den  Thekenbergen  stand  ehemals  die  sogen,  kalte  Warte,  von  welcher 
noch  Mauerreste  vorhanden  sind. 

Mord-,  Gerichts-  und  Grenzsteine.  [„BeidenKreuzen  von  St  Johann" 
1507.]  In  der  Nähe  des  Hoppelberges,  am  sogen.  Tönnigsberge  steht  noch  ein 
Stein,  etwa  anderthalb  Meter  hoch,  mit  der  Inschrift:  tön  f  an.  1537.  Zwei 
Grenzsteine  mit  dem  Stadtwappen  und  der  Zahl  1728  stehen  am  Wegelebener 
Wege.    Alle  übrigen  Grenzsteine  sind  bei  der  Separation  verschwunden. 

[Bei  einer  Mühle  an  der  Holtemme  gab  es  im  13.  Jahrhundert  Steine,  auf 
welchem  bei  den  Prozessionen  am  Mittwoch  vor  Himmelfahrt  die  Reliquien 
niedergelegt  und  woselbst  Lieder  gesungen  und  Psalmen  gelesen  wurden.  Die 
vom  Dome  ausgegangene  Prozession  ging  dann  nach  dem  Johanneskloster  und 
betrat  beim  Burchardithor  die  Stadt  wieder. 

Von  Mühlen  werden  erwähnt  die  Kaisermühle  (molendinum  caesaris)  süd- 
lich der  Stadt  1313;  —  die  Klostermühlo  1324,  beiWchrstedt  gelegen,  auch  Warm- 
holzmühle  genannt»  —  die  Spital  mühle  oberhalb  der  Stadt  1384;  —  die  Rossmühle 
(by  den  pawelern);  —  Magdeburger  Mühle;  —  Mühle  zu  St. Nikolas;  —  Mühle 
zu  St.  Johannes;  —  die  Wicholtraühle ;  —  die  Pfortenmühle  1400,  letztere  beim 
Bonifatiuskloster  gelogen  und  öfter  erwähnt;  —  die  Mordmühlo  südlich  der  Stadt 
an  der  Holtemme  1422  und  öfter;  —  die  Ölmühle  vor  dem  Gröperthore,  in 
städtischem  Besitze  1438;  —  die  Wassermühle  vor  dem  Burchhardithor  1490.] 
Noch  übrig  ist  die  am  Fusse  der  Klus  (s.u.)  belogene  Molkenmühle,  eigentlich 
mulleke,  d.h.  Mühlchen,  wonach  der  jetzige  Name  eigentlich  eine  Verdoppelung 
desselben  Namens  ist;  sie  ist  schon  13(53  erwähnt.  Sie  gehörte  dem  Kloster 
Münzenberg;  1443  erhielt  sie  der  Rat  von  Halberstadt  zu  Lehn,  der  sie  1445 
einem  Bruno  v.  Hagen  in  Erbenzins  gab. 

[Auf  dem  vor  der  Stadt  in  der  Nähe  des  Landgrabens  belegenen  Marien- 
berge stand,  schon  1214  erwähnt,  eine  Liebfrauenkapelle,  von  welcher  öftere 


Halberstadt  (Liebfrauenkapelle  —  Schlitzenhaas  —  Gleims  Garten  —  Klos)      503 


Nachrichten  verlauten.  Erwähnt  wird  der  Altar  St.  Pauli,  Lauren tii  et  Cyriaci 
auf  der  linkfen  Seite  in  der  Kapelle,  welcher  1442  von  Burchard  von  Mahrenholz, 
dem  Bektor  der  Laurentiuskapelle  (s.  o.),  gestiftet  worden  war.  Von  Ausstattungs- 
gegenständen werden  ausserdem  genannt  Messbuch,  Messgewänder,  Kelch  und 
Lichter.] 

Dicht  bei  den  Bullerbergen,  also  bei  der  Wüstung  Bossleben  (s.  o.  p.  8), 
befindet  sich  der  Schützenwall  mit  dem  Schützenhause,  Eigentum  der  gegen 
1500  entstandenen  Schützengildschaft,  welche  1543  vom  Bäte  bestätigt  wurde. 
Das  Schützenhaus  erfreut  sich  noch  jetzt  des  Besitzes  vieler  Urkunden,  welche 
auf  die  Geschichte  der  Gesellschaft  Bezug  haben,  sowie  von  allerlei  Kostbar- 
keiten. Yon  diesen  sind  in  erster  Linie  zu  nennen  eine  Anzahl  von  in  Schmelz- 
farben ausgeführten  Glasmalereien  des  17.  und  18.  Jahrhunderts  (die  älteste  von 
1609,  die  jüngste  [abgesehen  von  den  modernen  Zuthaten]  von  1738),  durch- 
gangig Wappen  von  Vorständen  und  Mitgliedern  der  Schützengesellschaft.  Die 
wertvollen  Scheiben  sind  in  den  sieben  Fenstern  des  grossen  Saales  im  Ober- 
stockwerke untergebracht,  in  der  Weise,  dass  jedes  Fenster  immer  ein  grösseres 
Wappen  und  um  den  Rand  herum  11—13  kleinere  enthält.  Unter  letzteren  be- 
finden sich  eine  Anzahl  aus  ganz  später  Zeit,  welche  überhaupt  ohne  Anwendung 
von  Farben  durch  Einschleifen  der  Zeichnung  hergestellt  sind.  Die  neuen  Er- 
gänzungen auf  Kathedralglas  passen  leider  zum  Charakter  der  alten  Malereien 
nicht  genügend.  Die  Wappenscheiben  sind  interessant  und  wertvoll  wegen  der 
vielen  Hausmarken  und  Familiennamen  und  bilden  als  seltene  Vertreter  der 
spätesten  Glasmalerei  dieser  Gegend  ein  wertvolles  Studienobjekt.  Von  anderen 
wertvollen  Gegenständen  sind  zu  nennen  drei  silberne  Becher  modemer  Arbeit. 
Ein  Willkommenbecher  von  1618  ist  leider  abhanden  gekommen.  Nach  einer 
Nachricht  vom  Ende  des  18.  Jahrhunderts  zeigte  er  schöne  getriebene  Arbeit, 
wog  4  Mark  und  1  Lot  und  war  20  Zoll  hoch.  Ferner  existiert  eine  alabasterne 
polychromierte  Pieta,  Höhe  30  cm;  unten  die  Umschrift  „dat  Marien  beide  is 
gewiget  (d.  h.  geweiht)  in  de  ere  von  unser  lewen  fruwen  do  man  schroff  dusent 
drehundert  im  sesteynten  jare  na  der  bort  goddes."  Es  war  ein  für  den  Katha- 
rinenaltar  der  Johanniskirche  bestimmtes  Geschenk  eines  angeblich  pomesanischen 
Bischofes.  Dadurch,  dass  die  Mariengilde  sich  1531  mit  der  Schützengilde  ver- 
einigte, kam  dieses  ihr  Eigentum  in  den  Gebrauch  der  letzteren. 

Gleichfalls  in  der  Nähe  der  Stadt,  vor  dem  Gröperthore,  befindet  sich 
Gleims  Garten,  ehemals  mit  seinem  „Hüttchen,^^  d.  h.  seinem  Sommerhause, 
dessen  Tapeten  mit  den  eigenhändigen  Namen  und  anderen  Autographen  seiner 
Freunde  bedeckt  waren.  Das  Obergeschoss  des  1846  abgebrochenen  Hauses  ist 
in  der  Huy Strasse  9  im  Garten  wieder  aufgebaut.  In  Gleims  Garten  befindet 
sich  sein  und  seiner  Nichte  Dorothea  Grabmal,  von  Urnen  umgeben,  auf  denen 
Namen  von  Freunden  und  Dichtungsgenossen  Gleims  verzeichnet  stehen. 

Gleichfalls  wie  die  Molkenmühle  dem  Kloster  Münzenberg  angehörig,  war 
die  in  den  Sandsteinfelsen  der  südlich  von  der  Stadt  hinziehenden  Hügelkette 
befindliche  K 1  u  s  mit  ihrer  Kapelle  (de  geistliken  capellen  und  klus  bowen  der 
mulleken  1420).  Die  steil  aufragenden  Sandsteinfelsen  sind  hier,  wie  auch  bei 
Langenstein  und  auf  dem  Regenstein,  seit  Urzeiten  zu  menschlichen  Wohnungen 
ausgehöhlt  worden.     Vorgeschichtliche  Funde  sind  bei    der   Klus   häufig.     In 


504        HalbarstUtor  Stadtkreis:  Halbentadt  (Eins  —  Spiegrieberge:  JagdsehlosB) 

christlicher  Zeit  dionte  sie  mit  ihrer  Kapelle  als  EinBiedelei ,  hatte  aacb  1516 
eine  Brüderschaft,  welche  von  den  Ilirten  der  Gegend  begründet  war.  Der 
kleine  Kaum,  welcher  als  Kapelle  gedient  hat,  ist  kenntlich  an  einem  aits  der 
Wand  herausgemeisselten ,  leider  nur  noch  in  schwachen  Sparen  erhaltenen 
Kruzifix.  Eigentliche  Architektur  fehlte  gänzlich.  Die  Dotubauhiitte  hat  im 
Mittelalter  zu  der  kleinen  Kapelle  nähere  Beziehungen  gehabt  An  einer  Stelle 
der  Felsen  sind  eine  Menge  von  den  Steintnetzzcichen  eingemeisselt,  welche  sich 
auch  im  Dome  wiederfinden. 

Westlich  von  den  Klusbergen  in  gleicher  Richtung  streichend,  befinden  sich 
die  Spiegelsberge.  Ihre  Höhen,  welche  eine  weite  Aussicht  nach  der  Stadt 
und  dem  Harze  eröffnen,  hat  Ernst  Ludwig  Christoff  Freiherr  v.  Spiegel  zum 
Diesenberg  (geb.  ii2.  Februar  1711,  Domherr  zu  Halberstadt  seit  1731,  gestorben 
22.  Mai  17ti6,  sein  Bildnis  auf  der  zu  seinem  50jährigen  Jubiläum  geprägteg 
Medaille  ist  hier  abgebildet  [Fig.  231])  angeforstet  und  durch  Erbauung  voaLost- 


Fig.  281. 

häusern  und  zahlreichen  anderen  architektonischen  Schmuck  zu  einem  prächtigeii 
Ausflugsorte  der  Halberstädtcr  umgeschaffon.  Er  begann  damit  gleich  nach 
Beendigung  des  siebenjährigen  Krieges.  Von  den  Baulichkeiten  ist  die  wicbti^te 
das  auf  der  höchsten  Erhöhung  des  Bergrückens  befindliche  Jagdschloss, 
dessen  Bau  1769  begann;  1782  wurde  es  eingeweiht  Es  zeigt  einfache  Rokoko- 
formen und  —  wie  alle  von  Spiegel  hier  aufgeführten  Bauten  —  Verzierungen, 
welche  in  phantastischer  und  dabei  doch  naturalistischer  Art  die  Kunsterzetignisse 
mit  dem  Charakter  der  Landschaft  verschmcl7X)n  sollen.  Zum  Teil  ist  dies  auch 
mit  gutem  Geschick  erreicht,  wie  denn  namentlich  der  Übergang  der  Architektur 
des  Jagdschlosses,  sowie  der  des  weiterhin  zu  erwähnenden  Aussichtsturmes  in 
den  umgebenden  natürlichen  Felsen  vortrefflich  zwanglos  gelöst  ist  Die  Wände 
sind  gequadert,  die  Fenster  rundbogig.  Nach  der  Nordseite  führt  im  Ober- 
geschosse ein  Balkon  mit  schönem  schmiedeeisernen  Gitter  ins  Freie.  Auf  der 
Südseite  führt  eine  Freitreppe  zum  Jagdsaale  und  zu  zwei  kleineren  Zimmern. 
Von  hier  aus  führt  eine  schöne  Wendeltreppe  zum  Dachgeschosse.  Der  Keller 
des  Jagdtschlosses  beherbergt  ein  Riesenfass  von  gegen  1330  hl  Inhalt,  welches 
1594  Bischof  Heinrich  Julius  durch  Michael  Werner  aus  Landau,  der  auch  das 
Heidelberger  Fass  erbaut  hatte,  herstellen  liess.    Es  war  im  bischöflichen  Schlosse 


Halberstadt  (Spiegelsberge :  das  Jagdschloas  —  Denkmftler  —  Anssichtstann)     506 


zu  Groningen  untergebracht  Als  dieses  im  18.  Jahrhundert  in  Verfall  geraten 
war,  erwarb  Spiegel  das  Fass,  und  vielerlei  Skulpturen  und  andere  Werke  zur 
Wiederauf Stellung  auf  einer  seiner  Besitzungen.  Unter  den  erworbenen  Schmuck- 
stücken befand  sieh  auch  das  Portal  xum  Kellereingange  (Fig.  iJ32},  welches  oben 
von  den  Wappen  des  Herzogs  Heinrich  Julius  und  seiner  zwei  Gattinnen,  der 
Prinzessin  Dorothea  von  Sachsen  und  der  Prinzessin  Elisabeth  von  Dänemark, 
bekrönt  ist.  Das  Portal  tragt  die  Jahreszahl  16Ü6  und  zeigt  eine  feine  Kenaisäance- 
architektur  mit  sehr  zierlichen  Urnamenten.  Rechts  und  links  davon  sind  die 
Treppenwangen  mit  lagernden  Löwen  geschmückt.     Unterhalb  des  Jagdschlosses 


Fig.  232. 

auf  der  Nordseite  befinden  sich  zwei  tiefe  halbkreisförmige  Grotten,  über  der 
einen  das  Spiegel'sche,  über  der  anderen  das  v.  Rochow'sche  Wappen.  (Seiten- 
ansicht Fig.  233.) 

Unweit  des  Schlosses  steht  eine  Säule,  Spiegel  zu  Ehren  errichtet  von 
einem  setner  Vorwandten.  Ein  eingomeisseltcs  Gedicht  preist  die  Verdienste 
Spiegels  als  des  Verschönerers  dieser  Gegend  in  überschwenglichen  Worten. 

Ein  anderes  Freundschaf tsdcnknial  ist  die  sogenannte  Heinrichshöhe,  eine 
kleine  Grotte,  oberhalb  deren  ein  Hirsch  vor  einem  aus  Stein  gehauenen  Baura- 
stamme liegt.  Dicht  hierbei  steht  ein  Aussichtsturm  in  Gestalt  eines  sechs- 
eckigen, auf  felsenartigem  Unterbau  sieh  erhebenden,  von  einer  Kuppel  gekrönten 
kleinen  Tempels.  Sein  Gewölbe  ruht  auf  Konsolen,  welche  menschliche  Masken 
darstellen.    Die  verkröpfton  Ecken  sind  aussen  mit  Säulen  verkleidet.    Unterhalb 


5C6  Klbeisiadter  Stadtkreis:  Hallwratadt  {BpiegelBbeTge:  Grotten) 

dieses  Tempels  sind  eine  Anzahl  von  Nischen  und  Grotten  in  den   Felsen  ge- 
arbeitet, darunter  eine  südlich,  welche  einem  Freunde  Spiegels,  dem  General  Ton 


Halberstadt  (Spiegelsberge:  Einsiedelei  —  Badebaus  —  Spiegels  Grab)  —  Schlussblick  507 

Erlacb,  gewidmet  war.  Allenthalben  sind  die  natürlichen  Felsen  und  die  sie 
nachahmenden  Quadern  belebt  von  einer  Unmenge  der  verschiedensten  vier- 
füssigen  und  geflügelten  Tiere,  und  Köpfe  von  Waldgöttern  schauen  aus  dem 
Gestein.  Auch  sonst  noch  finden  sich  hier  und  da  Grotten  und  Ruhesitze.  Ver- 
mauert ist  jetzt  der  Eingang  zu  der  Einsiedelei,  welche  zahlreiche  Reste  von 
Statuen  enthält,  die  ehemals  allenthalben  standen.  Ganz  verschwunden  ist  auch 
das  Badehaus;  es  musste  1820,  weil  es  allzu  baufällig  war,  beseitigt  werden. 
Erwähnung  verdient  noch  Spiegels  Grab,  in  Form  eines  sechseckigen  gekuppelten 
Tempels,  oben  geschmückt  mit  den  Figuren  des  h.  Stephanus  und  Laurentius, 
auf  der  Spitze  mit  einer  Urne,  welche  mit  Flachrelief darstellungen  bedeckt  ist. 
Ein  schmiedeeisernes  Gitter,  von  Sandsteinpfosten  gehalten,  umgiebt  dies  Grabmal. 
Es  ist  von  Spiegel  selber  erbaut;  sein  Sarg,  welcher  nach  einer  in  der  Franzosen- 
zeit geschehenen  Störung  jetzt  sein  Gebein,  wieder  birgt,  ist  von  aussen  zu  sehen* 
Das  Grab  bildet  an  jedem  22.  Mai  den  Mittelpunkt  einer  Erinnerungsfeier. 

Gleichfalls  auf  diesen  Bergen  befindet  sich,  jedoch  verschüttet,  die  Statue 
der  Dichterin 'Karschin. 

Leider  trägt  alles  deutliche  Spuren  des  Verfalls,  zu  welchem  die  allzu 
weiche  Beschaffenheit  des  Sandsteins  beiträgt. 


Schlussblick 


Der  ausserordentliche  Reichtum  und  zum  Teil  zur  äussersten  Höhe  künst- 
lerischer Bedeutung  sich  erhebende  Wert  der  Bau-  und  Kunstdenkmäler  des 
Kreises  Halberstadt,  welche  dieses  Buch  zu  betrachten  und  mit  möglichster  Voll- 
ständigkeit darzustellen  hatte,  ist  die  Frucht  der  von  Anfang  an  infolge  geo- 
graphischer Lage  und  politischer  Bedeutung  besonders  bevorzugten  Stellung  des 
Bistums,  welches  sich  eine  seit  uralter  Zeit  stark  besiedelte  Stätte  zum  Sitze 
erkor.  Der  Glanz  der  bischöflichen  Regierung,  in  Krieg  und  Frieden  gleich 
hervorragend,  die  Kraft  und  der  Trotz  des  neben  ihr  erstarkenden  Bürgertums 
und  der  rührige  Wettstreit  beider  Mächte  führte  zu  den  fruchtbarsten  Ent- 
faltungen auf  dem  Gebiete  des  gesamten  Kulturlebens,  und  der  mächtige  Einfluss 
solches  vielseitigen  Strebens  äusserte  sich,  bis  auf  den  heutigen  Tag  bemerkbar, 
auch  in  den  kleinen  Ortschaften  des  ländlichen  Bezirkes.  Den  glänzenden  Aus- 
gangspunkt nahm  die  Entwicklung  der  Kunst  im  Halberstädter  Gebiete  von  dem 
Mittelpunkte  ihres  kirchlichen  Lebens,  dem  Dome  der  Stadt,  dessen  wechselvolles 
Geschick  an  seiner  Stelle  geschildert  worden  ist.  Wie  er  in  seinem  Innern  die 
kostbarsten  Schätze  noch  heute  birgt,  welche  die  Bischöfe  im  Eifer  für  die 
Religion  und  für  ihre  eigene  Macht  gesammelt  hatten,  so  bietet  er  an  seinen 
Bauteilen  einen  Schatz  an  Ornamentik,  in  seiner  gesamten  Erscheinung  aber 
einen  solchen  von  grossartigen  architektonischen  Gedanken,  und  sein  Studium  hat 
vorzüglich  dazu  beigetragen,  die  Baumeister  der  Halberstädter  Gegend  anzuregen, 
nicht  zur  Nachahmung,  sondern  zu  selbständigem,  grosszügigem  Erfassen  ihrer 
Aufgaben.  Jeder,  der  verständnisvollen  Blickes  sich  dem  Halberstädter  Dome 
naht,  sein  Inneres  betritt,  kann  bestätigen,  wie  bei  jeder  neuen  Betrachtung  sich 


508  Schlussblick 


Neues  aufthut,  wie  die  edlen  Verhältnisse  und  die  mit  herrlichem  Geschmacke 
entworfenen  Einzelheiten  immer  wieder  eine  gesteigerte  Wirkung  thun  und  das 
Verständnis  für  sich  selbst  und  für  andere  Kunstwerke  fördern.  Neben  dem 
Dome  erwachsen  schon  in  romanischer  Zeit  stattliche  Kirchenanlagen:  in  Halber- 
stadt die  Liebfrauenkirche,  St  Moritz,  St  Paul,  StBurchardi;  in  Derenburg,  in 
Deersheim,  in  Osterwieck,  in  Stötterlingenburg  Stadt-  und  Klosterkirchen,  alle 
stolz  mit  zwei  Türmen  gen  Himmel  weisend,  Liebfrauen  in  Halberstadt  als 
einziges  Beispiel  dieser  Gegend  gar  mit  vieren.  Auf  dem  Lande  aber  herrscht 
in  romanischer  Zeit  eine  emsige  Bauthätigkeit  Allenthalben  erstehen  die  Kirchen 
mit  dem  schweren  Turme  von  rechteckiger  Grundform  und  zumeist  ohne  "West- 
eingang, alle  nur  in  Glockenhöbe  mit  kleinen  Sundbogenfenstem,  einzelnen  oder 
gekuppelten,  die  von  fein  gezeichneten  Zwergsäulen  getrennt  sind.  Die  Archi- 
tektur der  romanischen  Bauten  ist  durchgehends  einfach  und  edel  in  den  Ver- 
hältnissen und  erhebt  sich  in  der  Halberstädter  Liebfrauenkirche  zu  einer  sonst 
in  dieser  Gegend  nicht  wieder  erreichten  Erhabenheit,  welche  sie  im  Verein  mit 
den  ausgezeichneten  Bildwerken  in  ihrem  Innern  als  eine  kunsigeschichtliche 
Erscheinung  vorzüglichsten  Banges  darstellt 

Nicht  minder  wichtig  als  diese  älteste  Kunstperiode  ist  für  Halberstadt  und 
seinen  Bezirk  die  Zeit  der  Gotik  geworden  Der  Dom  entwickelt  sich  nach  alten 
Baugedanken,  aber  in  neuer  Selbständigkeit  Es  erwachsen  zu  gleicher  Zeit  die 
Martini-,  die  Andreas-,  die  Katharinenkirche,  und  ein  grossartiger  Umbau  der 
Kirche  St  Paul  wird  begonnen,  ohne  zu  Ende  geführt  zu  werden.  Überall  hoch- 
strebende edle  Bauformen,  ein  Ringen  nach  freier  Bewegung,  nach  Luft  und 
Licht,  welches  durch  herrliche  Olasgomälde  bunten  Schimmer  ins  Innere  strahlen 
lässt  Welch  einen  Anblick  müssen  sie  geboten  haben,  ehe  die  Zeiten  der 
Trübsal  und  des  mangelnden  Kunstverständnisses  über  sie  hereinbrachen,  ehe 
die  Glasgemälde  zertrümmert,  die  Wandmalereien  übertüncht,  die  geschnitzten 
Altäre  verschleppt"  und  zerschlagen,  die  von  der  Frömmigkeit  der  Vorfahren 
gestifteten  Schmuckstücke  verstreut  wurden.  Nur  unvollkommen  ist  der  Begriff, 
welchen  die  erhaltenen  Koste  vom  einstigen  Glänze  zu  geben  vermögen.  Was 
erhalten  ist,  haben  wir  erwähnt;  die  Inhaltsangabe  dieses  Buches  stellt  es  noch- 
mals übersichtlich  zusammen,  sodass  an  dieser  Stelle  des  Einzelnen  nicht  gedacht 
zu  werden  braucht  Übersehen  wir  aber  die  Zusammenstellung,  so  muss  es 
erfreuen,  dass,  alles  zusammen  genommen,  doch  noch  eine  erhebliche  Menge  von 
Kunstwerken  aller  Arten  und  aller  Zeiten  gerettet  worden  ist  Noch  rühmt  sich 
Stadt  und  Kreis  Halberstadt  vieler  Schnitzereien  und  Steinbildwerke,  kostbarer 
Malereien  an  Wänden  und  auf  Tafeln,  wertvoller  Taufsteino,  Orgeln,  Kanzeln, 
mancher  Glasmalereien  der  besten  Zeit,  kostbarer  Erzeugnisse  der  Webekunst, 
vorzüglicher  Metallarbeiten  und  um  von  den  vielen  anderen  nur  noch  eins  zu 
erwähnen,  eines  grossen  Schatzes  älterer  und  neuerer  Glocken.  Ja,  man  war 
künstlerisch  betriebsam  im  alten  Halberstadt,  das  zeigt  die  Menge  von  Meistern, 
deren  Namen  noch  ermittelt  werden  konnten.  Ihre  frische,  lebhafte,  kräftige 
und  naive  Wirksamkeit  geht  hervor  aus  dem  starken  Freiheitsbewusstsein  des 
städtischen  Bürgers,  der  im  13.  Jahrhundert  keck  sein  Haupt  erhebt  und  bis  vor 
die  Beformationszeit  unter  manchen  heftigen  Stürmen  seine  Unabhängigkeit  za 
wahren  weiss.  Als  Zeichen  seiner  Selbstherrlichkeit  stellt  er  1381  das  neue  Bathaus 


Schlttssblick  509 


in  die  Mitte  des  grossen  Marktes  als  eine  Yeste  des  Bürgertums  gegen  die  im 
Petersbofe  sitzende  bischöfliche  Macht  Während  das  geistliche  Regiment  inner- 
halb seiner  von  Ketten  abgesperrten  Bezirke  ein  vereinsamtes  Dasein  führt,  und 
nur  die  Notwendigkeit  des  täglichen  Lebens  einen  Zusammenhang  mit  dem 
Yolke  der  Bürger  erzwingt,  breitet  dieses  sich  wohlhäbig  aus  und  erbaut  seine 
Behausungen  einfach  und  dabei  mit  schönem  künstlerischen  Takte.  Nirgends 
tritt  uns  bei  den  Halberstädter  Privatbauten ,  von  denen  die  in  Fachwerk  aus- 
geführten der  Stadt  zu  besonderer  Zierde  gereichen,  aufdringliche  Prachtentfaltung 
entgegen;  die  Schmuckformen  sind  bis  in  die  späte  Zeit  rein  und  edel  in  der  • 
Gestaltung,  und  Halberstadt  zeichnet  sich  hierdurch  vor  vielen  anderen  Orten 
seiner  näheren  und  ferneren  Umgebung  aus.  Sind  die  Zierformen  des  Fachwerk- 
baues auch  nicht  in  Halberstadt  erfunden  worden,  so  haben  sie  doch  hier  eine 
Heimstätte  gefunden,  wo  man  sich  ihrer  Entwicklung  mit  vollem  Verständnisse 
annahm.  Fachwerkbauten  weisen  auch  die  übrigen  Städte  des  Halberstädter 
Kreises  auf.  Sie  stehen  wenig  unter  dem  Einfluss  der  grossen  Stadt.  Jeder 
Ort  hat  vielmehr  gewisse  Eigentümlichkeiten  in  sich  ausgebildet  und  weiter  ent- 
wickelt- So  gestaltet  sich  das  Studium  der  Fachwerkbaukunst  in  dieser  Gegend 
nicht  eintönig,  nicht  als  etwas,  womit  man  rasch  fertig  würde,  sondern  ist  eine 
Fundgrube  mannigfachster,  allen tlialben  individuellster  Anregung.  Sie  bleibt 
es  bis  in  die  Zeiten  des  Barock-  und  Rokokostiles,  dessen  Erzeugnisse  in 
dieser  Gegend  sparsam  auftreten,  aber  in  jedem  einzelnen  Falle  der  Beachtung 
würdig  sind. 

So  in  Halberstadt  und  den  anderen  kleineren  Städten  des  Bezirkes.  Draussen 
aber  hausen  die  Burgherren.  Von  beherrschender  Bergeshöhe  blicken  sie  herab 
auf  die  Ortschaften,  denen  sie  gebieten.  Merkwürdig  genug  sind  diese  Burg- 
anlagen, die  Hornburg  und  die  Westerburg  als  kreisförmige  Befestigungen,  die 
Derenburg  als  viereckiges  Kastell  und,  von  äusserstem  Interesse  die  Burg 
Langenstein  als  teilweise  in  den  Felsen  gearbeitete  Burg.  Ihre  Eigenart  über- 
trifft noch  bei  weitem  der  mit  jähem  Abstürze  n^ch  Norden  dräuende  Regen- 
stein mit  seinen  gewaltigen,  in  den  Felsen  getriebenen  Säulen  und  Kammern. 

Von  seiner  Höhe  aus  schweift  ein  letzter  Blick  hinüber  nach  Halberstadt 
und  über  den  Kreis,  dessen  Geschichte  und  künstlerische  Schönheiten  ich  habe 
schildern  dürfen,  und  somit  nehme  ich  Abschied  von  ihm. 


Nachträge  und  Berichtigungen 


S.  3.  Dass  auch  versprengte  Teile  hessischen  Stammes  in  unser  Gehiet  gelangt 
seien,  könnte  sich  ans  der  in  Heudeher  urkundlich  heglaubigten  Ortsbezeichnang  jaxta 
fontem  Cattorum  (s.  S.  51)  schliessen  lassen.  Es  sei  auch  darauf  hingewiesen,  dass  auch 
das  in  den  Kreis  eingeschlossene  braunschweigische  Dorf  Hessen  auf  die  gleiche  Völker- 
schaft hinweist 

S.  8.    Nachzutragen  Bräuklingen  südöstlich  von  Dardesheim. 

S.  10  Z.  24  V.  0.  zu  streichen  Heyningeroth. 

S.  12.  Es  ist  bei  Radelingerode  zu  beachten,  dass  zwei  verschiedene  Lagen  an- 
gegeben sind.  Am  wahrscheinlichsten  ist  die  Identität  mit  Bedingerode.  —  Onungendorf 
ist  identisch  mit  Neindorf  bei  Westerburg.  Thidesdorp  ist  =  Dingeisdorf;  Ziegers1e?e  = 
Siegersleben  bei  SeehauseUi  gehört  also  nicht  zum  Kreise. 

S.  15.  Türme,  die  nicht  mehr  erhalten  sind,  lassen  sich  noch  nachweisen  bei  Stötter- 
lingen  (2  östl.),  Osterwieck  (1  südl.),  Bohrsheim  (1  nörd.),  Heudeber  (1  östl),  Aspenstedt 
(1  westl),  Ströbeck  (1  sfldwestl.),  Mahndorf  (1  östl),  Sargstedt  (1  südösÜ.). 

S.  23  Z.  3  V.  0.  lies  Neinstedt  statt  Neindorf. 

S.  26.  Zum  Inventar  der  Pfarre  zu  Bühne  gehört  ein  grosser,  stattlicher  Schrank 
des  17.  Jahrhunderts  mit  in  Laubsägearbeit  ausgeführten,  aufgeleimten  Verzierungen. 

S.  30.  Vgl.  die  für  die  Klus  getroffenen  letztwilligen  Bestimmungen  des  Friedr. 
V.  Hake  vom  21.  Oktober  1435;  heräusgeg.  von  G.  Schmidt  (Die  Dompröbste  von  Halber- 
stadt, Harzzcitschr.  1886  p.  59). 

S.  31.  Die  Hejkenthaler  Warte,  welche  etwas  südöstlich  von  Dardesheim  und  vom 
Vorwerk  Heykenthal  auf  dem  Bücken  des  Huy  steht,  ist  ein  Bundturm  von  der  in  dieser 
Gegend  häufigen  Art    S.  auch  Nachtrag  zu  Seite  129. 


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Fig.  234. 


S.  37.    Obenstihend  ist  der  Grundriss  der  Stadtkirche  von  Derenburg  a1 
S.  43.    Altargeräte:  Nur  eine  silberne  Oblatenschachtel  ist  aus  dem  18.  Jahrhundert, 
alle  anderen  Stücke  sind  modern. 


Nachträge  und  Berichtigangen  511 


S.  49.  An  den  Emporen  hängen  acht  Ölgemälde  vom  Anfange  des  18.  Jahrh.,  die 
4  Evangelisten  nnd  4  grossen  Propheten  (?)  darstellend.  Am  Altar  sind  2  kleine,  fein 
gemalte  Ölhildchen,  weibliche  Heilige,  angenagelt;  anscheinend  niederländisch,  16.  Jahrh. 

S.  49.  Der  Taufstein  ist  aus  Sandstein.  Er  stammt  hOchst  wahrscheinlich  von  dem- 
selben KQnstler,  welcher  anch  den  in  Vorsfelde  (Beschr.  Darstellung  der  älteren  Bau-  und 
Kunst -Denkmäler  des  Herzogt  Braunschweig,  Bd.  I.)  und  den  aus  der  Moritzkirche  zu 
Halberstadt  (s.  u.)  entfernten  gearbeitet  hat. 

S.  50  Z.  7  V.  u.  lies  1,19  statt  0,19. 

S.  72.  Die  Abbildung  ist  nach  geschehener  Korrektur  durch  ein  Versehen  des 
Druckers  auf  den  Kopf  gestellt  worden. 

S.  74.  Die  Beziehungen  Goethes  zur  Frau  v.  Branconi  sind  neuerdings  besonders 
eingehend  behandelt  in  Dr.  Bimpau's  Schrift:   Frau  v.  Branconi  (Wernigerode  1900). 

S.  75.  Zur  alten  Kirche  gehörte  ein  frühgotischer  Taufstein,  dessen  Ober-  und 
Unterteil  sich  getrennt  auf  Höfen  im  Dorfe  neuerdings  (1902)  vorfanden.  Sie  sind, 
wieder  vereinigt,  im  Parke  des  Gutes  aufgestellt  worden.  Der  Kessel  ist,  gewissermassen 
schwach  kanelliert,  zwölfeckig.  Den  oberen  Band  begleitet  aussen  eine  Beihe  von  12  Becht- 
ecken,  deren  jedes  ein  anderes  kleines  Ornament  enthält. 

S.  79  Z.  7  V.  u.  lies  Nobiles  statt  Nobilis. 

S.  82  Z.  2  V.  u.  oben  lies  Dünsing  statt  DOsing. 

S.  94  Z.  7  V.  oben  lies  Kelch  statt  Kelche. 

S.  96.  Die  Glockeninschrifk  Fig.  41  lautet  aufgelöst:  got  lat  es  se  gheneten 
Allster  margreten  •  johan  von  deme  • . .  got  mote  sin  denken  f  ore  tuo  xpe 
benediotuB  alt  looiui  iste.  (Die  letzteren  Woite  finden  sich  auch  auf  einer  Glocke  der 
Moritzkirche  zu  Halberstadt). 

S.  106.  Die  Notiz  von  der  Übertragung  der  Täfelungen  nach  Wernigerode  beruht 
auf  mfindlicher  Nachricht. 

S.  120.  Im  Hofe  des  Begensteins  stehen  zwei  Sandsteinfiguren  des  18.  Jahrb., 
Heilige  in  Lebensgrösse  darstellend. 

S.  123.  Kronleuchter  aus  Messing,  17.  Jahrb.,  ähnlich  dem  in  Stötterlingenburg. 
(S.  140.) 

S.  123.  Altargeräte:  Die  Geräte  der  Kirche  von  Bimbeck  gehören  der  von  Bühne, 
mit  an  und  sind  dort  beschrieben. 

S.  129.  Die  sog.  Sargstedter  Warte  ist  ein  in  der  dortigen  Flur  stehender  Wart- 
tnrm,  wie  die  Heykenthaler  Warte. 

S.  131.    unter  dem  Altarraume  befindet  sich  ein  Steingewölbe,  angefüllt  mit  Särgen. 

S.  138  Z.  4  V.  u.  lies  ccc  statt  cc. 

S.  158.    Der  Altar  ist  modern  und  wertlos. 

S.  165  Z.  15  V.  0.  lies  Seligenstadt  statt  Halberstadt. 

S.  172  sind  die  beiden  obersten  Zeilen  vertauscht. 

S.  177  Z.  13  V.  0.  fehlt    Sie  heisst:  starb  er. 

S.  178.  Hierher  gehört  auch  das  reichhaltige  Testament  des  Balthasar  von  Neuen- 
stadt (Harzzeitschr.  1886  p.  65  fr.).  Bemerkenswert  ist  des  sehr  reichen  Mannes  Mangel 
an  Tafelgemälden.  Einige  werden  erwähnt,  dem  Inhalte  nach  nur  eins,  den  Obristophorus 
darstellend. 

S.  186  Z.  13  V.  0.  lies  Bäckerinnung. 

S.  187  Z.  12  V.  0.  Dies  Kapitel,  welches  nach  dem  Vorbilde  der  anderen  Hefte 
unserer  Baudenkmälerbeschreibungen  ursprünglich  beabsichtigt  war,  ist  von  mir  durch 
das  Begister  ersetzt  worden. 

S.  230  Z.  23  V.  0.    Gemeint  ist  Bischof  Dietrich  v.  Krosigk  (f  1193). 

S.  236  Z.  5  V.  0.  lies  (f  1458). 

S.  236.  Es  dürfte  nicht  ausgeschlossen  sein,  dass  die  Neustädter  Kapelle  an  Stelle 
eines  älteren  Baues,  die  als  Brunnenkapelle  oder  sog.  Tonsur  gedient  hat,  erbaut  wurde 


512  Nachträge  und  Berichtigangen 


In  der  Lage  ähnelt  sie  viden  anderwärts,  in  Sachsen  z.  6.  in  Magdeburg  (Dom  und  Lieb- 
fraaenkirche)  und  Merseburg  befindlichen,  obigem  Zwecke  bestimmten  Kapellen. 

S.  237  Z.  6  Y.  n.  Die  bei  Seite  241  eingeheftete  Schnittzeichnung  zeigt  jene 
Priecfaen  noch. 

S.  243  Z.  1  y.  0.  lies  nicht  statt  nur. 

S.  255  Z.  25  ?.  u.  lies  südlichen  statt  nördlichen. 

S.  259.  Die  Kapelle,  gestiftet  von  Balthasar  von  Neuenstadt,  vollendet  1518,  zwei 
Jahre  nach  seinem  Tode,  war  dessen  Lieblingsschöpfung,  wie  die  reichen  Schenkongen 
beweisen,  die  er  ihr  testamentarisch  zuwies.    Vgl.  Nachtrag  zu  Seite  .30. 

S.  263  Z.  4  V.  0.  lies  Semecas  statt  Senecas. 

S.  266  S.  20.  V.  0.    Die  Worte  bedeuten  Spiritus  sanctus  supervBnit  Mariae. 

S.  272.  Auch  die  von  Balthasar  von  Neuenstadt  1516  hinterUissenen  Kostbarkeitan 
(Harzzeitschr.  1886,  p.  65  ff.)  gehören  hierher. 

S.  273  Z.  4  V.  0.  lies  Gada  statt  Gade. 

S.  273  Z.  4  V.  u.  lies  sitzende  statt  stehende. 

S.  279  Z.  5  V.  0.  zu  streichen  die  Worte:  alle  aus  dem  14.  Jahrh. 

S.  288.    Über  diese  Teppiche  vgl.  auch  Kugler,  Kleine  Schriften  I,  131  ff. 

S.  295.  Zu  berichtigen  ist  der  Druckfehler  15  in  Z.  28  v.  o.,  zu  lesen  ist  16.  Jahrb., 
und  zwar  sind  nach  dem  Stil  der  Malerei,  sowie  darum,  weil  Baltbasar  von  Neuenstadt 
(f  1516)  kurz  vor  seinem  Tode  die  Kapelle  ausstattete,  die  Jahre  um  1510—16 
anzunehmen.  Von  Herrn  Dr.  Ed.  Flechsig  in  Braunschweig  wird  auf  den  Einfluss  Sdion- 
gauerscher  Kupferstiche  aufmerksam  gemacht,  unter  dem  diese  Malereien  zu  stehen 
scheinen.  —  Bei  den  anderen  spätgotischen  Malereien  der  Domsammlnng  glaubt  derselbe 
Forscher  EinflQsse  der  damaligen  Leipziger  Malschule  zu  erkennen.  Gewiss  ist  allerdings, 
dass  damals  der  Leipziger  Maler  Heinrich  Schmidt  (1501—41)  fflr  Halberstadt  eine 
Bestellung  auf  ein  Altarblatt  hatte.  Im  Leipziger  Stadtbuche  von  1508  findet  sich  eine 
beim  Bfirgermeister  erhobene  Beschwerde  der  Kirchenväter,  dass  Schm.  die  Arbeit  nicbt 
abliefere;  es  wird  mit  Zwangsmassregeln  gedroht 

S.  336  Z.  1  V.  0.  lies  dargestellte  statt  das  gestellte. 

S.  359  ff.  Unmittelbar  vor  Abschluss  dieses  Buches  (August  1902)  ist  es  möglich 
geworden,  das  Innere  der  Paulskirche  näher  zu  besichtigen,  nachdem  die  Heu-  und  Strob- 
vorräte  nunmehr  endgiltig  ausgeräumt  sind.  Es  hat  sich  in  erster  Linie  ergeben,  dass 
der  auf  Seite  361  abgedruckte  Elissche  Grundriss  nur  in  so  nebensächlichen  Einzelheiten 
Abweichungen  von  dem  thatsächlichen  Zustand  zeigt,  dass  von  der  Veröffentlichung  einer 
ganz  neuen  Aufnahme  abgesehen  werden  kann. 

Die  Oberlichter  des  Mittelschiffs  sind  nur  z.  T.  erhalten,  z.  T.  durch  Einbruch  sehr 
grosser  Öffnungen  verdorben. 

Die  Dicken  der  Pfeiler  sind  nicht  verschieden ,  sondern  durchweg  rund  0,80  m. 
Diese  Pfeiler  erregen  erhebliches  Interesse.  Ihre  Kalksteinqnadern  haben  vermutlich  durcb 
Brand,  der  bei  der  Zerstörung  der  Stadt  durch  Heinrich  d.  Löwen  erfolgt  sein  dürfte, 
einen  rötlichen  Ton  angenommen.  Über  diese  Brandspuren  ist  eine  Putzschicht  gelegt, 
und  Aber  diese  abermals  eine,  beide  sehr  feinkörnig,  die  untere  mehr  ins  Graue  fallend, 
während  ^e  obere  rein  weiss  ist.  Letztere  ist  an  den  Kanten  der  Pfeiler  höchst  sorg- 
fältig geglättet.  Die  langen  rechteckigen  Flächen  der  Pfeiler  sind  innerhalb  dieser  Ein- 
rahmung durchweg  mit  Malereien  bedeckt  gewesen,  von  denen  noch  acht  trotz  starker 
Verderbnis  gut  erkennbar  sind.  Sie  stammen  aus  dem  13.  Jahrhundert  und  stellen 
stehende  männliche  Heilige  (Höhe  1,56  m)  dar.  Die  Umrisszeichnung  (in  rotbrauner 
Farbe)  überwiegt,  doch  sieht  man  auch  farbig  angelegte  Flächen  in,  wie  es  scbeint, 
dunkel  roten  Tönen.  Attribute  und  Inschriften  fehlen.  Eine  Figur  (südwestlich)  ist  durch 
Mitra  und  Krnmmstab  als  Bischof  gekennzeichnet.  Die  Zeichnung  und  Charakterisiening 
ist  vorzüglich  und  steht  derjenigen  der  alten,  oben  abgebildeten  Prophetenfiguren  der 
Liebfranenkirche  nicht  nach;  es  ist  sogar  wahrscheinlich,  dass  hier  derselbe  Meister 
thätig   war.     Die   schönen  ausdrucksvollen  Köpfe,   die  Haltung  der   Hände   und  Fflsse 


J 


Kachtrage  und  Berichtignngeu  5l3 


(letztere  nur  bei  einer  Figur  noch  zn  erkennen),  der  Faltenwurf  der  Qewänder,  die  monu- 
mentale Aufstellung  der  Figuren  verdient  dasselbe  Lob  wie  dort.  Der  nordwestlichste 
Pfeiler  zeigt  an  seiner  Westseite  zwei  Scenen  übereinander,  unten  2  stehende  Heilige, 
darüber  der  Kruzifixus  mit  Maria  und  Johannes,  letztere  Gruppe  gut  erhalten.  Beide 
sind  gleichfalls  aus  dem  18. Jahrhundert  und  jede  etwa  Im  hoch.  Sorgfältige  Abbildung 
und  wenn  möglich  Erhaltung  der  Malereien  wird  Aufgabe  der  Denkmalpflege  sein. 

Merkwüi'dig  ist,  dass  die  Putzfläche,  welche  diese  Malereien  zeigt,  auch  stellenweise 
über  die  schon  oben  erwähnten  Schachbrettkapitäle  der  Pfeiler  hinübergezogen  und  dort 
zur  attischen  Form  gestaltet  sind.  Es  zeigt  sich  also  auch  hier  ein  Fall  von  Denkmals- 
modernisieruDg  im  Mittelalter,  wie  es  u.  a.  auch  in  der  Klosterkirche  zu  Drübeck  zu 
beobachten  ist.    Die  Schachbrettmuster  finden  sich  an  verschiedenen  Stellen. 

Beste  von  Malerei  sieht  man  auch  im  Chor.  Es  scheint  sich  um  einen  in  der 
Mandorla  thronenden  Christus  zu  handeln ;  die  grüne  Farbe  herrscht  vor. 

Am  Triumphbogen  steht  in  Lettern  des  16.  Jahrhunderts:  [renov]  ATVM  ANNO  I  •  •  • 

Von  Giabsteinen  haben  sich  bisher  nur  2  gefunden,  einer  eines  Klerikers  des 
16.  Jahrhunderts,  die  stehende  Figur  halb  erhaben,  die  Einzelheiten  und  die  Schrift  sehr 
verdorben,  und  eines  der  1649  verstorbenen  Elisabeth  Winterhauer,  Cartouche,  von  einem 
Kranze  umgeben,  flankiert  von  den  Figuren  von  Schlaf  und  Tod,  unten  eine  breite, 
ornamentierte  Konsole.    Beide  Epitaphien  sind  aus  Sandstein. 

Der  Znstand  der  Paulskirche,  der  ehemals  ganz  vorzüglich  war  (der  Dachstuhl  ist 
es  noch  jetzt),  ist  zwar  verwahrlost,  aber  keineswegs  derart,  dass  nicht  eine  völlige  Her- 
stellung möglich  wäre. 

S.  387.  In  der  Sakristei  ist  eine  in  einem  Nebenraume  der  S[irche  neuerdings  auf- 
gefundene Altarpredella,  ein  Werk  des  17  Jahrb.,  aufgehängt,  das  Abendmahl  darstellend. 

S.  394.  Die  Binge  in  den  Mittelsäulen  der  Chorfenster  sind  spätgotische  Zuthat, 
wie  ihr  Profil  beweist 

S.  425  Z.  17  V.  u.  lies  Barock  statt  Renaissance. 

S.  453  oben.  Die  Scene  enthält  möglicherweise  die  Darstellung  der  feierlichen  Vor- 
führung mehrerer  neu  gewählen  Batmänner.  Wie  schon  oben  Seite  183  gesagt  ist,  geschah 
die  Wahl  am  St  Hilariustage. 

S.  459.    Die  Kurien  tragen  das  Wappen  der  ehemaligen  Inhaber. 

S.  477  Z.  3  V.  u.  lies  GOddenstrasse  statt  Güldenstrasse. 

8.  501.  Zu  erwähnen  ist  der  sog.  Lügen-  oder  Leggenstein,  ein  flacher  Granitblock, 
der  ehemals  in  der  Mitte  des  Domplatzes,  jetzt  vor  der  SQd westecke  des  Domes  liegt, 
vielleicht  ein  alter  Gerichtsstein. 


Kr«b  Halbentadt.  3» 


Verzeichnis  der  Abbildungen 


Wappen 
Fig.  1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7— 

10. 

11. 


»» 


Seite 

Titelblatt 
20 
22 
23 
25 
30 
32 
33 
35 


„     52. 
53. 


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Ton  Halberstadt  .    .     . 

Athenstedt,  Fussbodenziegel  . 

Berssely  Glockeninschrifb .    . 

,,      Belief  auf  einer  Olocke 

Bühne,  Glockeninschrifk  .    . 

Dardesheim,  alte  Eins     .    . 

Deersheim,  Kirchtnrm      .    . 

9.       „         Säolenkapitäle    . 

Bexheim,  Taufstein   .    .    . 

Derenburg,    Grundriss  des 

Burggeländes  ....  40 
Derenburg,  Wappen ...  41 
EmerslebeU;  gotische  Truhe  44 
Harsleben,  Taufstein  .  .  48 
Heudeber,  Frauentracht.  .  51 
Homburg,  Stadtplan.  .  .  54 
„  Wappen  ...  57 
,,         Grundriss    der 

Stadtkirche 58 

20.    Homburg,  Alte  Ansicht 

von  Stadt  und  Schloss   .      61 
27.    Homburg,    Teile   von 

Fachwerkhäusern   .     .    .62  fr. 
Homburg,  Strasse     ...      68 
„         Fachwerkhaus    .      70 
„         Inneres     eines 

Hauses 72 

Langenstein,  Grandriss  der 

alten  Kirche     ....      75 
Langenstein,  Teile  derselben      76 
„  Burggelände, 

Grandriss  und  Schnitte  .      78 
Osterode,  Inschrift    ...      82 
Osterwieck,  Wappen  ...      85 
„  Stadtplan     .    .      86 

„  Stephanikirche, 

TQrme  und  Finzelheiten      88 
Osterwieck,  Glockeninschrift      90 
Taufkessel  .    .      93 
Kanne     ...      94 
Glockeninschrift      95 
Schüssel  ...      97 
Teile  von  Fach- 
werkhäusem      .    .     .    .  98fif. 
Osterwieck,  der  „bunte  Hof     105 
Gross-Quenstedt,  Laurentius- 

kirche 111 

Regenstein,  Thor ....     116 


12. 
13. 
14. 
15. 
16. 
17. 
18. 

19— 

21— 

28. 
29. 
30. 

31. 

32. 
33. 

34. 
35. 
36. 
37. 

38. 
39. 
40. 
41. 
42. 
43—50. 

51. 


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Fig.  54. 
55. 
66. 
67. 
58. 
59. 
60. 
61. 


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62. 
63. 
64. 
65. 
66. 

67. 

68. 

69. 

70. 
71. 
72. 
73. 
74. 

75. 
76. 

77. 

78. 


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121 
122 
124 
125 

134 

136 

136 


Seite 

Begenstein,  alter  Plan  .    .    117 
Ansicht  von  Süden    118 
Felsengemacher  .    118 
Ehoden,  Kirchenportal  .    . 
,,       Sakramentnische  . 
Boclum,  Taufsteinfuss   .    . 
„        Kreuz     .... 
StGtterlingenburg,  alte  An- 
sicht des  Klosters.    .    . 
Stötterlingenburg ,    Kirche, 

Grandriss 

Stötterlingenburg,     Kirche, 

Ansicht  von  Norden  .    . 

Stötterlingenburg,  Profil  der 

Chemische 137 

Stötterlingenburg,  romanischer 

Pries 138 

Stötterlingenburg,  Sakrament- 
nische       139 

Ströbeck,  Schachturm     .    .    143 
Veitheim,  Kirche,  Grundriss 

und  Einzelheiten  .     .    .    147 
Westerburg,  Grundriss  der 

Banerburg 151 

Westerburg,  Grundriss  .    .    153 

„  Hofansicht     .    153 

Wülperode,  Fachwerkhaus  .    156 

Zilly,  Kirche 157 

(Diese  Nummer  ist  aus  Ver- 
sehen übergangen)     .    . 
Halberstadt,  Stadtplan   .    .   212 
„         alteStstdtansicht 

"von  Süden 213 

Halberstadt, Wasserthorturm  214 
altes  Johannis- 
216 


» 


thor 


Halberstadt,  Dom, 

79.  alter  Domkeller    . 

80.  .Westfront    .    .    . 

81.  Profile  am  Turmbau 

82.  westlicher  Bogenfries 

83.  Inneres    .... 

84.  innere  Wanddienste 

85.  Lettner^  Ansicht  . 
'86.  Lettner,  Grandriss 

87.  Dachpaxtie  am  Chor 

88.  Kreuzgang  .    .    . 


225 
239 
240 
241 
244 
246 
250 
251 
253 
257 


Verzeichnis  der  AbbildiingeA 


515 


99 


Seite 

Fig.  89.    Eckblätter  von  SäulenbaseD 

im  Ereuzgange.    .    .    .  257 

Adam  und  E^a     ....  265 

frühgotiscbe  Madonna    .    .  267 

Adler-Lesepult 275 

Chorgestfihlwange .    .    .    .  276 

94.    Chorgestfllilwange .     ...  277 

96.    Taufkessel 278 

96.  gotischer  Schrank     .    .    .  281 

97.  Aquilata 283 

98.  Antependium 287 

99.  Statuen  in  der  Marienkapelle  293 
100--102.     Flflgelaltargemälde 

von  Baphon 296  f. 

103.  Grabplatte  des    Baltbasar 
von  Neuenstadt     .    .    .  301 

104.  vom   Grabmal   des   Erzbi- 
schof Friedrich ....  304 


91 
91 
» 
91 
91 
91 
» 

99 


90. 
91. 
92. 
93. 


Halberstadt,  Liebfrauenkirche, 

106.  Ansicht  von  Saden  ...  306 

106.  Ansicht  von  Osten  .    .     .  307 

107.  Grundriss 810 

108.  Grundriss  der  ehemaligen 

Kirche 311 

109.  katholische  Kapelle.    .    .  313 

110.  Ablasstafel 816 

111.  Säulenkapitäle  ....  321 
112 — 114.    Bildwerke    von    den 

Chorschranken  ....  322fir. 
116.    Daniel  von  der  gold.  Pforte 

zu  Freiberg 328 

1 16— 127.  alte  Wandmalereien  bei  328 
128—129.    desgleichen    ...    330 

130.  Tympanon  von  der  gold. 

Pforte  zu  Freiberg     .    .331 

131.  Friese .    333 

132—185.     Wandmalereien  .    .  334fF. 

136.  Bild  über  dem  Sddeingange    839 

137.  Chorgestühl 842 

138.  Chorgestühl  Wangen  .     .    .    343 

139.  Ambo 844 

140—141.    Leuchter    .     .    .    .  846f. 

142.  Tragaltärchen     ....    348 

143.  frühgotische  Madonna  .    .    349 

144.  Portraitbüste  des  Freiherm 

V.  Sohlendahl    ....    352 

1 45.  Grabplatte  eines  v.  Veitheim    354 

Halberstadt,  Paulskirche, 

146.  hergestellter  Grundriss  .  860 

147.  jetziger  Grundriss  .    .  .  361 

148.  Ansicht  von  Westen    .  .  362 

149.  Ansicht  von  Nordosten  .  364 

150.  Choransicht  von  Norden  .  865 

151.  Ansicht  von  Südwesten  .  366 

1 52.  Halberstadt,  Johanniskirche, 

Ansicht  des  alten  Klosters    371 


Seite 

Fig.  153.    Halberstadt,  Johanniskirche, 

Taufkessel 374 

Halberstadt,  Moritzkirche, 

„     154.    Grundriss 379 

„    155.    ehemalige  Chorfenster .    .  380 

„    156.    Querschnitt 382 

„    157.    Gestühlwange      ....  385 

„     158.    Kronleuchter 386 

Halberstadt,  Martinikirche, 

„     159.    Grundriss 389 

„     160.    Ansicht  von  Südwesten    .  391 
„    161.    Innenansicht  nach  Osten  .  392 
„     162.             „              „     Westen  893 
„    163.            „             „     Nord- 
osten    895 

„     164.    Ansicht  von  Norden    .    .  397 

„     166.         „         „    Osten  ...  398 

„    166.    alter  Altar 400 

„    167.    Eelief  von  der  Kanzel     .  404 

„     168.    Taufkessel 406 

Halberstadt,  Andreaskirche, 

„    169.     Grundriss 411 

„    170.    Inneres 418 

„    171.    Eelief 414 

„     172.    Opferstock 415 

„    173.    Madonna 416 

„    174 — 175.    romanische SLassetten  417f. 
„    176—177.    gotischeZimmerdecke419f. 

„     178.    Weihrauchbecken     ...  420 
„    179.    Grabplatte    des    Bischofs 

Burchard  1 421 

„     180.    gotisches  Säulenkapital    .  422 

Halberstadt,  Katharinenkloster, 

„    181.    Grundriss 423 

.,    182.    Kirche  von  Südosten    .     .  424 

„     183.    Kanzel 426 

„     184.    Lichthalter 426 

„    185.    Eemter 427 

Halberstadt,  Burchhardikloster, 

„     186.    Grundriss  der  Kirche  .    .  429 

„     187.    Kirche  von  Südwesten .     .  430 
„     188.    Inneres  der  Kirche.    .     .431 

„     189.    Westportal 432 

„     190.    Südportal 434 

Halberstadt,  Heiligengeisthospital, 

„     191.     Portal   .........  437 

„     192.    ehemaliger  Turm     .    .    .  438 

„     193.     Truhe 438 

„     194.    Halberstadt,  Salvatorhospital, 

ehemalige  Kapelle «  .  .  440 
„     195.    Halberstadt,     Petershof, 

Grundriss     .....  443 


516 


Verzeichnis  der  Abbildungen 


Fig. 


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'  Seite 

Halberstadt,  Petershof, 

196.  Gewölbe  über  der  Treppe.  444 

197.  Portal 445 

198.  Wanddienstkonsole  .    .     .  445 

1 99.  ehemalige  Innenansicht  der 

Kapelle 446 

Halberstadt,  Zwicken, 

200.  alter  Zustand  nach  Westen  447 

201.  Uofansicht 448 

202.  Äusseres  nach  Norden.    .  449 

Halberstadty  Bathaas, 

203.  Ansicht  von  Osten  .    .    .  454 

204.  Treppenpodest  im  Süden  .  456 

205.  bemalte  Decke    ....  457 

Halberstadt, 

206.  altes  Gymnasium,  Portal  .  460 

207.  gotisches  Fachwerkhaus    .  463 
208. '  Ratskeller 464 


Fig.  209.  Einzelheiten  von  Fachwerk- 
häusern      465 

210.  alte  Malereien  an  Fachwerk- 
häusern      468 

211 — 224.    Fachwerkhäuser  nebst 

Einzelheiten 469ff. 

225.  Schmiedeeisernes  Gitter    .  492 

226.  Desgl.   Handwerkerzeichen  493 

227.  Gleimhaus,  Gemälde     .    .  498 

228.  Gymnasium,  BucheiQband.  499 

229.  „           romanische 
Initiale  1 500 

230.  Brunnen  auf  dem  Holz- 
markte      501 

23 1 .  Medaille  auf  E.  L.  v .  Spiegel  504 


ff 

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Halberstadt,  Spiegelsberge, 

232.  yom  Jagdschlosse    ...    505 

233.  Grotte 506 

234.  Dereuburg,  Grundriss  der 

Kirche 510 


Einschalteblätter  ohne  Nummern: 


Derenburg,  Kalandkapelle  . 

Hornburg,  Burggrundriss 

„         Grundrisse  und  Schnitte  von  Fachwerkbauien 

Osterwieck,  Grundriss  der  Stephanikirche 

Wehrstedt,  Einzelheiten  von  der  Kirche 

Halberstadt,  Dom,  Abbildung  von  1858 

.,  ,.      Grundriss 

Längsschnitt 

System  des  nördlichen  Seitenschiffes  . 

Domremter  nach  Elis 


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bei  Seite 

38 

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240 

240 

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258 

Geschichtliches,  geographisches  und  kunststatistisches  Begister 


A.  Geschichtliches 


BIschSfe  von  Halberstadt 


Agiuir  s.  Eiulf 

Albrecht  I.  v.  Anhalt  (1304—1324)   12  77  84 

112  130  175  299  387 
Albrecht  II.  v.  Braunschweig  (1324-1357)  36 

55   115   157   163   175  177  188  189  191  232 

368  f:  429 
Albrecht  III.  v.  Berge  (1366-1390)  16  25  52 

55  154  177  191  270  299 
Albrecht  IV.  V.Wernigerode  (1410-1419)  182 

178  300 
Kardinal  Albrecht  V.Brandenburg  (1513—1545) 

83  205  f.  214  284  f.  290 
Albrecht  v.  Mansfeld  (Gegenbischof  1346  bis 

1356)  176 
Arnulf  (996-1023)  21  167  f.  210  271  299  306 

312  317  354  f. 
Bernhard  (923—968)  166ff.  227  299  f.  436 
Brantog  (1023-1036)    8   168  299  f.   368  372 

375  436 
Burchard  I.  v.  Nabburg  (1036-1059)  141  168 

169  417  428  434  f.  443 
Burchard  II.  (1059-1088)  167  ff.  264  356  358 
Burchard  III.  v.  Warberg  (1437—58)   11    13 

126  157  200  202  221  229  236  f.  267  f.  300 

376 
Christian  v.Braunschweig  (1616-1624)  57  209  f. 
Dietrich  V. Krosigk  (1180-1193)   75   77    171 

230  299 
Eiulf  (886—?)  166  168  299  f. 
Ernst  V.  Honstein   (1390-1400)   74   131    145 

177  f.  190  371 
Ernst  (147Ö-1513)  16  44  55  f.  74  84  154  189 

201  ff.  210  236  264  269  285  299  f. 
Friedrich  1.  (1102-1107)  168  299 
Friedrich  IL  (1209-1236)  9  77  146  173  186 

230  441 
Friedrich  v.  Brandenburg  (1548—1552)  207 
Gardolf  v.  Harbke  (1193-1201)    55   77    172 

221  230  267  270  278  299  387 
Gebhard  v.  Hoym  (1458-1479)  15  44  87  200 

217  220  461 
Gerhard  (1136)  170 
Gero  (1160-1177)  171 


Giseko  (Gegenbischof  1324-1346)  175  f. 
Haimo  (840-853)  166  299 
Heinrich  v.  Warberee  (1406-1410)  178  299 
Heinrich  Julius  v.  Braunschweig  (1566—1613) 

37  56   81    115   126  152  159  208  f.  264  309 

373  405  449  f.  504  f. 
Heinrich  Eari  (1613-1615)  209  450 
Hermann  (1023)  168 

Hermann  v.  Anhalt  (1296-1303)  174  f.  441 
Herrand  (1090-1102)  26  168  170 
Hildegrim  I.  (781-827)  14  28  165  f.  168  227 

264  358 
Hildegrim  II.  (853-886)  166  168  227 
Hildeward  (968-996)  133  167  f.  227  f.  232  299 
Johann   v.  Hoym   (1420-1437)     12    74    178 

195  ff.  300  357 
Johann  Albrecht  (1545-1548)  207 
Konrad  v.  Krosigk   (1201-1209)    172  f.   230 

263  269  272  274  282  289  291  428 
Leopold  Wilhelm  (1629-1636)  56  115  210 
Ludolf  I.  V.  Schiaden   (1236-1241)  77  173  f. 

299  375 
Ludolf  IL  V.  Schiaden  (1252-1255)  174 
Ludwig  V.  Meissen  (1357—1366)   25  52  77  83 

176  f.  204  876  451 
Meinhard  v.  Kranichfeld  (1241  —  ca.  1252)    16 

112  173  375  435 
Otto  (1123-1131)  168  170  221  436 
Reinhard  (1107—1123)   83  133   168   170  299 

356  358  368  436 
Rudolf  (1136-1147)    42    58    168    170  f.   229 

272  314  353  f.  356 
Rudolf  V.  Anhalt  (1401-1406)  178 
Rudolf  (1615-1616)  209 
Sigismund  (?-923)  166  168  227  299  f. 
SigismuDd   v.  Brandenburg   (1552-1564)    74 

207  444 
Stephanus  s.  Herrand 
Thiatgrim  (827-840)  166  168 
Thietmar  (1088—1089)  168  ff.  314 
Ulrich  (1147—1180)  74  171  368 
Volrad  V.  Kranichfeld  (1255-1298)  18  36  174 

186   191   299  306  315  317  ?57  368  435  502 


Weihblschofe 


Ditmar  von  Gabala  175 

Heinrich  206 

Inzelerius  von  Budua  174 


Johann  372 

Matthias  v.  Gada  219  222  273  292  377  401 

Nicolaus  von  Constantiana  177 


Donipropste  und  Domdechanten 


10   18  20  26  28  30  f.  42  45  f.  52  60  81  124  142  159  163  171  173  176  197  209  224  227  236 
268  f.  271  279  282  284  300  302  376  386  447 


518 


Geschichtliches,  geographisches  und  kunststatistisches  Register 


Familien  des  hohen  und  niederen  Adels 


y.  Adeleben  145 

V.  Adersleben  193 

V.  Aldendorp  384 

V.  Aisleben  467 

V.  Altenhausen  82  146 

V.  Alvensleben   34    42   74  77 

157  435 
V.Anhalt  174 f.  317  369  429 
V.  Arnstedt  345  353 
V.  Asseburg  31  44  55  f.  81  132 

154  158 
v.Barby  135 
V.  Bardorf  345 
V.  Behr  23 

y.  Bennigsen  158  303 
v.Beichel  352 
y.  Bemburg  174 
V.  Berwinkel  7  25  56  128 
y.Bieren  158  300  345 
y.  Blankenburg  36  114  ff.  170 
V.  Blumenthal  304 
V.  Borch  305 
y.Branconi  74  79 
y.  Briest  845 
y.  Britzke  41 158  224  300  302  f. 

345  352  f. 
y.  Bülder  159 
y.  Bültzingslöwen  235 
y.  Bfinde  90 
y.  Burgsdorf  25  32  44  56  74 

152  154  303 
y.  d.  Busche-Streithorst  159  300 
y.  Dewitz  146 
y.  Diepenbroick  159 
y.  Ditfurt  404 
y.  Dönstedt  109  190 
y.  Dötichen  24 

y.  Dorstadt  43  74  109  157  351 
y.  Ebersteinburg  158  f. 
Vitztum  V.  Eckstedt  300 
y.  Eller  300 
y.  Emersleben  42 
y.  Ende  159 
y.  Erlach  507 
y.  Falkenstein  48  270 
y.  Forchhamer  150 
y.  Freckleben  270 
y.  Fresen  145 
y.  Fronhorst  803 
y.  Gadenstedt  145 
y.  Gerbstedt  305 
y.  Gerwen  284  300  302  351 
y.  Gittelde  318 
y.  d.  Gowische  52  120  123  145 

154 
Beichsfrhr.  Grote  130  f. 
y.  Gudershusen  145 
y.Gustedt  21  28  32  ff.  45  154 
y.  Haaren  159 
y.  Hadmersleben 
y.  Hagen  158 
y.  Hakenstedt  270 
V.  Hamersleben  142 
y.  Haniniei'stein  353 
y.  Hardenberg  308 


5  143  166 


V.  Harff  159 

y.  Hasserode  18  81  142 

y.  Heilingen  353 

y.  Heimburg  20  36  46  115  ff. 

y.  Hildensen  270 

y.  Holle  275 

y.  Holzendorf  118  224 

y.  Honrott  404 

y.  Honstein  120  144  159  200 

V.  Hoym  55  120  157  2i^4  260  f 

264  267   275  294   300   342 

350  f. 
y.  Hfinecken  158  224  300 
V.  Kahle  385 
y.  Kampen  59 
y.  Kannenbei-g  81    125    158  f. 

224  300  303 
v.Kanstein  303 
y.  Ketteier  159 
y.  Kissleben  146 
y.  Kleist  135 
y.  Kneitlingen  59 
y.  Knesebeck  224 
y.  fCnüplau  157 
y.  Kotze  130 
y.  Krebs  25  56  120.  146 
y.  Kreyendorf  845 
V.  Krosigk  279 

y.  Larabrecht  132  f.  135  139  £ 
y.  Landsberg  125 
y.  Langein  80 
y.  Langen  224 
y.  Ledebur  81 
y.  Leerodt  159 
y.  Lochau  224 
Woes  zu  Lochenheim  81 
y.  Lochten  16 
y.  Loeper  159 
y.  Löwenberg  348 
y.  Mahrenholz  28  131  224  263 

268  294  300  302  f.  817  342 

870 
y.Mansfeld  176  200 
y.  Mardelsio  145 
V.  Meissen  176 
y.  Meltzengk  224 
V.  Metsch  77 
y.  Minsleben  142 
V.  Moldenberg  130 
V.  Molenburg  379 
y.Mortz  312 
V.  Münchhausen    23    81     130 

158  f.  303 
V.  Neindorf  55  81  175  317  851 
y.  Neuenstadt,  Balthasar  224 

236  268  279  282  300  ff.  311 
y.  Niehausen  158 
V.  Northeim  270 
y.  Öttmgen  420 
y.Olzekow  366 
y.Oppen  80  159  163  209  254 

500 
y.  Oppershuscn  308 
y.  Orsleben  270 
y.  O  verbeck  145 


v.  Partensieben  158 

v.  d.  Planitz  74  77  79  81 

v.Plötzke  318  350 

v.  Putelendorf  16 

V.  Quenstedt  55  109  112  502 

v.  Querfurt  42 

v.  Kandow  56  59  f.  224 

v.  Ranne  303 

y.  Redem  224  459 

v.  Regenstein  7  9  1 1  ff.  19  21 
24  ff.  32  39  42  50  52  81 
114  ff.  122  125  128  141  152 
157  159  f.  174  ff.  200  219  f. 
222  279  368  372  410  417  ff. 
435  487  441  f. 

v.  Rekewech  224 

y.  Reinstedt  435 

v.  Rhoden  154 

v.  Rintorf  224  345 

v.  Rochow  505 

yRösöing  21  fL  25  52  8194t 
106   120    123    132   145  154 

157  f.  190  224 
v.  Romsleben  235 
v.  Rucken  59 

y.  Rustlcben  46  74  109 

v.  Saldern  154  157 

y.  Salm,  Rheingrafeii  SCO 

v.  Samptleben  275  300  302 

v.  Schachten  300 

y.  Scha&otsch  59 

V.  Schafstedt  28  32  34 

v.  Schauen  130 

y.  Schenk  356 

v.  Schiretedt  145  270 

y.  Schiaden  173 

v.  Schütz  158  276 

y.  Schulenbui^  152  305 

V.  Schwarzburg  200 

y.  Schwichelte  157  178 

v.  Seebach  145 

v.  Sohlendahl  353 

v.  Soranierschenbui^  36 

Spiegel  v.  Pickelshenn  145  150 

158  f.  224  296  800  303  385 
459  504  ff. 

v.  Spitznase   158  224  800  803 
v.  Staniem  286  |85o 

v.Stechau  81  158 
y.Stedom  43  158  300 
v.  Stein  acker  32 
V.  Steinberg  127  152  158  300 

803 
y.  Stftindorf  82 
v.  Stolberg  11  36  126  130157 

200  207 
v.  Stolberg -Weniigerodc  11  f. 

19  21   26  31  45  50  81  130 

157  175  224 
v.  Stollheim  94 
v.  Strauss  24 
v.Strobeck  141 
v.  Sundhausen  74 
V.  Suselitz  149  179 
y.Teutoch  158 


Geschichtliches,  geographisches  und  knnststatistisches  Register 


519 


V.  Veitheim  83  36  f.  55  146  152 

V.Viereck  159 

V.  Wahl  385 

V.  Waldow  95 

V.  Wallmoden  120  f. 

V.  Wanzleben  270 

V.  Warberg  90  120  126  146 

V.  Wefcrlingen  95  130  146 


V.  Wegeleben  46 

V.Wenden  157 

v.Wendt  158 

V.  d.  Wense  303 

V.  Werder  224  279  345 

V.  Werfe  167 

V.  Werterd  74 

V.  Westerhausen  317 


v.Westphal  81 
V.  Weyrauch  385 
v.  Wiedensee  300  303 
V.  Winnigstcdt  271  386 
V.Wirten  157 
v.Wrampe  17  56  146 
V.  Wreech  385 
V.  Wunstorf  55 


Andere,  im  Zusammenhaiige  dienes  Buches  nvichtige  Personen  ^bis  1800) 

(Künstlervcrzeichnis  s.  unten) 


Geflerdes,  Heinrich  206 

Gleini  19  498  503 

Gustav  Adolf  209 

Uaber,  Domküflter  289  355  f. 

Heinrich  d.  L5we  171  f. 

Heyne,  Dr.  Jordan  345 

Hörn,  Heinrich,  DechHnt  206  344  351  439 

Innocenz  VI.,  Papst  176 

Karschin  507 

Klamer  Schmidt,  Dichter  496 

Deutsche  Könige: 

Friedrich  I.  171    • 

Heinrich  I.  166 

Heinrich  II.  168 

Heinrich  IV.  169  229 

Heinrich  V.  170 

Heinrich  VI.  172 

Kart  d.  Gr.  165  263  f.  2K8 

Lothar  170 

Ludwig  d.  Fromme  165  f. 

Maximilian  205 

Otto  I.  166  f. 

Otto  III.  167  f.  228 

Otto  IV.  172 

Philipp  V.  Schwaben  172  f. 

Ruprecht  178 

Sigismund  196  198  f. 
Kurfürst,  der  grosse  210  280  291  369 
Lampadius,  Autor,  Licentiat  207  390 
Matthias  von  Hadeber  193  ff. 
Matz,  der  lange  s.  Matthias 
Mirus,  J)r.  Martin  207  296 
Maller,  David,  Pastor  149  207  356 
Mustaus,  Valentin  206 
Otto,  Jodocus,  Prediger  207  390 
Quirre,  Ludolf,  Dompropst  30  236  270  299 
Schreiber,  Heinrich,  Bürgermeister  206 
Semeca,  Johannes,  Magister  230  f.  263  300 
Snelhart,  Jacob,  Domdechant  176 
Urban  VI.,  Papst  191  f. 
Weidensee,  Dr.  Eberhard  206 
Winckel,  Heinrich  206 
Winnigstädt,  Johann  206 
Wissel,  Johannes  206 

Juden 

Halbcrstädtische  s.  Ortsregister 


s.  v.  Ilalberstadt 


22  70 


Bürgerliche  und  b&nerliche  Familien- 
namen (bis  1800) 

10   17  f.   23  f.   30   33  f.   38   42  f.  45  47  49  60 
70  ff.   85   94  f.    100    105    107    HO   112   152 


127  f.  133  f.  138  f.  142  ff.  146  148  150  155f. 
183  187  193  ff.  218  222  270  f.  273  305  352  f. 
355  366  ff.  373  f.  385  887  399  ff.  405  407  ff. 
414  439  441  f.  450  460  471  480 

Wappen 

17  22  f.  31  33  ff.  38  41  43  45  57  59  f.  67  69 
77  80 f.  85  94f.  104  110  112  117  122  126 f. 
131  138  144  ff.  148  ff.  153  158  f.  261  ff.  268 
273  275  277  ff.  282  ff.  290  292  294  300 
302  ff.  318  344  ff.  350  ff.  355  f.  372  ff.  385 
387  396  399  403  f.  407  f.  415  417  424  437 
442  444  449  ff.  453  455  f.  458  467  474  f. 
480  484  495  503  505 

Siegel 

Derenburg  41 

HalberstMt,  Stadtgeineinde  i 

„  Domstift  J  8.  Ortsregister 

„  Liebfrauen         J 

Harsleben  46 
Osterwieck  85 

Vorgeschichtliches 

35  42  73  129  299  387  421  498  503 

Verfassnngsgeschichtliches 

Dörfliche  Verfassung  18  22  26  32  45  f.  50 
109  112  144  149 

Städtische  Verfassung  (Dardesheim  28.  Deren- 
burg 36.  Homburg  56  ff.  Osterwieck  83  ff 
95.    Halberstadt  s.  Ortsregistcr) 

Einfuhrong  der  Reformation 

37  82  84  206  ff.  237  309  353  369  376  390 

Hansa 

177  179  184  187  196 

Templerorden 

175  181 

Innungen 

182  f.  186  192  f.  215  458 

Knlturgeschichtliches 

Kassentragen  in  Bohrsbeim  127 
SchachHpielen  in  Strobeck  144 
I^bensführung  in  Familien  187  f. 
Drachenspiel  188  211  299 
Festlichkeiten  188 
Unsittüchkeit  188 


1 


520 


Geschichtliches,  geographisches  und  kanststatisiisches  Register 


Prophetenspiel  327  ff. 
Adamaustreiben  249 

Schulen 

Homburg  56 
Osterwieck  84 
Stötterlingenburg  134 
Ströbeck  143 

Halberstädtische  s.  Orti)verzeichni8  s.  v.  Halber- 
stadt 

Handschriften  und  Bücher 

Schauen  (Grote'sche  Sammlung)  mi 
Halberstadt,  l)om8ammlung  No.  44  45  (p.  298) 
Andreaskirche  417 
Katharinenkirche  428 
GleimhauB  498 
Hechtsche  Sammlung  500 
Domgymnasialbibliothek  500 

Privatsammlnngen 

Deersheim :  Baron  v.  Gustedt :  Prahbtorica  35 
Derenburg:  Schwannecke:  Münzen  u.  s.  w.  42 


Halber  Stadt    (Seitenzahlen     im    OrtBver- 
zeiclinis);    Spiegeische  Gemäldesammlung; 
Nebesche  Sammlung  im  Dome;  HechUcbe 
Sammlung 
Homburg:  Dr.  Bamer:  Prahistorica  u.  Kunst- 
gewerbliches 73 
Langenstein:  Dr.  Rimpau:  Gemälde  79 
Regenstein:    Mfiller:  Dort  gefundene  Alter- 
tümer 120 
Sargstedt:  Lehrer  German:  Prahistorica  129 
Schauen:  Reichsfreihr.  Grote:  Bücher, Mfinzen, 
Siegell  Kupferstiche,  Gemälde  131 

KoBtame 

(s.  a.  Bildnisse,  Grabplatten  und  Tafelmalereien) 
Ileudeber  (Frauentracht,  18.  Jahrh.)  51  f. 

Weinbau 

8  16  18  46  141  160 


Ameisberg  47 

Aniskopf  75 

Bullerberge  8  502 

Dickberg  37 

Domberg  47  75 

Duvestein  15 

Erdberg  46  f. 

Fallstein  2  7  14  f.  25  120  123 

135  146 
Frevelberg  149 
Gallenberff  18  84 
t  Glockenberg  149 
tGrundbere  75 
Hahnberg  42 
t  Hedeberg  32 
Heldberge  1 

Heiliger  Berg  Gottes  113 
fHezelberg  13 
t  Hopfenberg  32  85 


B.  Geographisches 

Berg^  (t  verschollene  Namen) 

Hoppelberg  74  79  171  502       1 

Huy  2 

t  Jukenberg  85 

Kellerberg  15 

Kirchberg  86 

Klusberge  9  46  50  503  f. 

fLangenbcrg  47 

Liskenberg  37 

t  Lorriesberg  85 

t  Nordberg  20  85 

Orangenberg  74 

Osterberg  15  141 

Reinberg  82 

fRingenoerg  20 

Ruggenherg  20 

tßandberg  13  20 

Schäferberg  79 

t  Scheifebreide  75 


fScIievenberg  20 
Schiefe  Berg  109 
t  Schmerberg  32  135 
t  Seeberg  46 
fSnidalsoerg  20 
tSöltersberg  85 
t  BperlingHJ&rg  502 
Spie^elsberge  b.  OrtAcbaftsver- 

zeichnis  s.  v.  Halbcrstiidt 
Thekenberge  502 
Tönnigsberg  75  502 
tUberg  37 
tVertalsberg  20 
fWelberg  13 
t  Weiteberg  47 
Werberg  146 
t  Wischeberg  46 
t  Wortberg  32 


Assebach  2  18  109  112  502 

Auebach  2  32 

Bodo  2 

Bruch  125  146  171 

t  Bruchgraben  15 

Dendalsgraben  20 

Dietze  2 

Ecker  1  3  7  16  44  73  154 

Goldbach  2  9  46  74  f.  129 

HöUenspringbach  3 

Hollemmc  I  f.  10  35  109  211 

217  219  222  f.  502 
Ilse  If.  10  ff.  21  24  52  83  103 

131  f. 
Kalbkebach  3  28  86 
Landgraben  10  42  198  502 
Marbei'ker  Bach  2 


Gew&HSer  (t  verschollene  Namen) 

I  Medeborn  32 

Mönchscraben  130 

Mücken  Dach  2  157 
I  Oberbach  185 

Ocker  2  f. 
;  Ossenbach  85 

Runstedter  Bach  2  128 

Saddebach  85 

Sargstedter  Graben  18  128 

Scheelebach  2 

Schiffgraben  2 

Sohlenbach  2  157 

Stiddebach  85 

Stimmecke  3  11  144 

Ströbecker  Fliess  2  19  141 

fSuderbom  50 


Teiche: 
bei  Bossleben  8 
„    Wigenrode  15 
„   Bersael  22 
,y   Danstedt  27 
Romsleger  Teich  32 
bei  Harsleben  50 
„   I^Angenstein  75 
„   Lfittgenrodc  80 
Ratsteich    bei   Balberstadi 
212 
Tiefenbach  9 
fÜplinger  Born  14 
Walwyer  Graben  2  14 
fWelborn  37  42 
Wernschc  Born  85 
Zieselbach  120 


Geschichtliches,  georaphisches  and  kunststatistiscfaes  Begister 


521 


Dardesheim  7  12  f.  15  19  28 

32  81  125  146  157 
Halberstadt  8  9  ff.  18  18  24 

42   46  74  80   109  112   128 

141  149  163  388 


Archidiaconate 

Harzgatt  7 

Kalme  124  138 

Osterwieck  7  U  12  14  16  21 

25  52  80  83   122   129  131 

133  144 


Stötterlingenburg  8  133 
Utzleben  9  18  ff.  26  86  50 
Westerode  10  11  13  ff.  44  74 
82  120  154 


a.  Wüstungen 

Adorp  8.  Odorp 
Ailinge  7 
Alstomesvdt  7 
Appenrode  7 
Archstede  s.  Ergsted t 
Balhom  7  175 
Barsleben  369 
Beck  7 

Berwinkel  7  85  86 
Bezheim  7 
Biestede  7 
Binzleben  7 
Biscopingerode  7  f. 
Bodingerode  8 
BoBleben  8  149  375  503 
Brodesende  8 
Bruchschauen  8  129 
DeDrode  s.  Tönnicerode 
Diepen-Niendorf  s.KleiQ'Nieii- 

dorf 
Dingstorp  8  9  149  198 
Dingelstedt  s.  Dingstorp 
Drondorp  8 
Emersieben  8  f. 
Ercklev^  9 

Ergötedt  8  9  12  24  80  149  369 
Erptingerode  9 
Gerdekestorp  369 
Glüsingen  9 
Goddenhusen  9  86  42 
Gundenesleve  869 
Hannigeroth  s.  Heiriggeroth 
Harpstede  9 
Hapkendorf  9 
Heiriggeroth  10 
Herebrect  ingerode  10 
Herlestorp  369 
Hcsenberche  369 
Hilgenroth  s.  Hulingerode 
Hilverdingerode  10 
Hodal  428 
Holienrode  10 
Holtemmenditfurt  10  f.  114369 

372  451 
Hordeshusen  428 
Hulingerode  11  175 
Ikenr^e  11 
Klein  -  Uarsleben   9  f.   16    114 

215  369  437 
Klein-Niendorf  12  175 
Klein -Wehrstedt  14 
kolbeck  8 

Kreiendorf  11  47  149 
Künlingen  215 
Külingerode  18  179 
Marbeck  2  12 


Ortschaften 

Mattenrode  11  f. 

Nettorp  12 

Niendorf  bei  Aspenstedt  12 

Niendorf  bei  Emersieben  12 

Niendorf  bei  Halberstadt  12 

Nigendorp  369 

Nordrode  12 

Odorp  12 

Onungendorf  s.  Niendorf  bei 

Aspenstedt 
Osterbek  7  12 
Otterode  12 
Badelingerode  12 
Ram  sieben  12 

Redingerode  s.  Badelingerode 
Betiege  369 
Bunstedt  2    12f.   15  128  340 

869 
Sievershausen  13  36 
Stein  13  55  f.  146 
Stenym  s.  Stein 
Sükum  18 
Thidestorp  12  f. 
Tönnigerode  13 
Üplingen  14  369 
Uhrsleben  14 
Unter-Zilly  15 

Utzleben  14  18  36  42  114  128 
Vatenstide  869 
Vinkestorp  14  369 
Volcsem  369 
Walvy  2  14  85 
Wedde  s.  Wetteborn 
Westerbek  7  14  52  85  f. 
Westerode  14  81 
Wetteborn  14  369 
Wibv  3  14  f.  46  f. 
Wichhausen  15  36  39  42  142 
Wigenrode  11  15  369 
Winzersdorf  15 
Ziegersieve  15 
Ziesel  15  55 

b.  noch  vorhandene  (ausser 
Halberstadt) 

(Die  mit  *  bexelclineteD  gehören  znm 
Kreite  Halbcratadt) 

Aachen  279 

Achim  55  869 

»Abbenrode   1    9  ff.    16  ff.    44 

lOA 

Adereleben  14  174  428 
AlbrechUfelde  369 
Altenrode  369  428 
Aschersleben    175  f.    189    192 

196  f.  200 
♦Aspenstedt  2  12  18  ff.  142  42§ 


♦Athenstedt   2   14   19  ff.    142 

160  175 
Badersleben  20  97  869 
*Banerburg  152 
Bernburg  428 
♦Berssel  2  8  11  f.  21  ff.  45  85 

145  160  175 
♦Bexheim  24  32  34  f. 
Blankenburg  36  114  f  119  170 

222 

*  Böhnshausen  8  f.  24 
Bornecke  428 
Bourees  261 
Brandenburg  357 
Braunschweig  18  32  55  93  115 

134  142  145  175  ff.  19:{  196 
199  201  206  208  242  273 
276  308  367  376  402  405 

*Bühne  1  3  24ff.  115  123  135 
155 

Byzanz  178  272  274  291 

Chalons  165 

«Danstedt  2  8  14  18  20  26 
50  142  150  175 

♦Dardesheim  3  12  14  27 ff. 
114  142 

*  Deershoim  2  7  12  20  24  3 1  ff  508 
♦Derenburg  l   8  f.  13  ff.  35  ff. 

114  117  196  422  435  508  f. 
Ditfurt  11  46  f.  142 
Dräbeck  62  89  133  142 
Einbeck  408 
Emeringen  369 
♦Emersieben  1  f .  8  11  f.  42 ff. 

109  149  176  428 
Erfurt  198  f.  357 
Florenz  261 
Freiberg  828  331  f. 
Gandersheim  15  36 
Georgenberg  174 
Gemrode  11  142  f.  380 
Giebichenstein  202 

*  Göddeckenrode  44 ff.  154  f. 
•Gottingen  196 

Goslar   15   17   46  87  133  135 

169  174  176  206  237 
Groningen  149  202  357  f.  405 

505 
Gross-Dedeleben  12 
♦Gross-Quenstedt  2  15  43  46 

109  ff.  149  f.  428  437 
Hadmcrsleben  166  f.  436 
Halle  203  303  417 
Hamersleben  83  170  f.  825  390 
♦Harsleben  1  10  14  46  ff.  292 

369  42S 
Hasselfelde  220 


522 


Geschichtliches,  geographisches  und  kunststatistisches  Register 


HederRleben  46 
Heiligendorf  369 
Heimburg  115 
Helmstedt  112  196  206 
Hesseil  115  13i 
*Heudeber   1   50  ff.    114   157 

175  193  369  435 

*  Heyken  thal  12 
Hildesheiju   196  201  206  230 

237   V52  279  307  f.  326  357 
Himmelpforte  50 
»Hoppenstedt  12  52  f.  115  145 

155 
Hordorf  435 
*Hornburg  If.  7f.  10  ff.  53  ff. 

82  85   120  122  145  f.  171f. 

176  209  509 
Huttenrode  369 
Huyseburg  10  18f.'128  169f. 

172  201  216 
Icht-erahausen  140 
Jena  368 
Jerzheim  369 
Ilsenburg  14  16  18  21f.  31  73  f. 

87  125  f.  157  166  168  f. 
*l8ingerode  13  7   14  56  60 
Kalbe  a.  S.  207 
Kaltenbom  172 
Kassel  171 
Kissen  brück  384 

*  Klein-Quenstedt  15  43  109 

112  ff  149 

*  Klöpperkrug  3  156 
Kloster  Grönmgen  42  325 
Kochstedt  407 

Köln  171  193  384 
Königslutter  308 
Korn  bürg  279 
KonradsDurg  170 
Konstanz  199 
Korvey  42 
Krottorf  109 
Landau  504 
Langein  2  9  12  74 
«Langenstein  2  9  24  74 ff.  114 

117  171  173  299  340  503  509 
Leipzig  199  408  [511 

London  261 
Lübeck  187  252 
Lüneburg  81 

♦Lütgenrode  3  10  12  15  80  133 
Magdeburg  167    169  171  175 

178  196  199  201  203  206f. 

209  228  237   252  290  303 

356  376  401  f. 


♦Mahndo'rf  8  f.  11    13   15  42 

80  149 
Mainz  171  175  200  203  f.  228 

290  299 
Mansfeld  236 
Marienberg  112 
Marienfeld  432^ 
Marienthal  7 
Meissen  171 
Merseburg  168  177  356 
Metz  167  228 
Meyendorf  369 
Michaelstein  214  372 
Minden  345 
Minsleben  39 
Münzenberg  9  221  503 
*Mulmcke  7  50  81  175 
Niendorf  S69 
Nienhagen  109  128  369 
Nordliausen  384 
Nürnberg  199  332 
Obermühlheim ,    siehe   Ost^r- 

wieck  83 
Oschersleben  366  429  435 
Osnabrück  275 
Osterbomecke  369 
'^Osterode  12  15  55  81  369 
*Osterwieck    1  f .    7  f.    12  14 

64  83  ff.  114  129  f.  135  159 

165  170  175f.l79  209f.  367 

461  478  508 
Posa  321 
Prag  209 
Pressburg  199 
Quedlinburg  46  f.   167    175  f. 

178  192  196f.200  207  228f. 

332  380  461 
Ravenna  261 
Beddeber  369 
*Begenstein  1  9   11   24  f.  28 

32  114  ff.  122  125  f.  133  157 

218  503  508 
Reinhardsbrunn  170 
*Rhoden  3  15  55  120  ff. 
Riddagshausen  432  f. 
♦Rimbeck  3  7   13   115  122  f. 

140  145  155 
♦Roclum  1  123ff. 
♦Rohreheim    1    12   14   125  ff. 

150  152 
Salzburg  356 

♦Sargstedt  2  10  18  128  f.  176 
♦Schauen  7  f.  10  f.  115  129 ff. 

175  366 
Schauenteichen  129 


Schlanstedt  175 
Bcböningen  428 
Schwanebeck  109  429 
*f  Scligenstadt  (?)  83  165  f. 
Silstedt  9 

Sittichenbach  173  272 
Soest  200 

*  Sonnenburg  1 
St  Denis  245  252 
Stapelnburg  3  8  12 
Stendal  307 
♦Stötterlingen  115  131  ff.  140 

155 

*  Stötterlingenburg    7£  11  f 

15  25  32  52   56  80  85  87 

115  122  130ff.  144  146  167 

390  508 
Stolberg  461 
♦Ströbeck  2   14  18  80  Hl  ff. 

175  198 
♦Suderode  10 f.  15  135  M4ff 
Suiten  369 
♦Tempelhof  1  f. 
Timmenrode  428 
Toura  172 
Troyes  252 

♦Veitheim  8  13  55  146 ff.  369 
Vienenburg  8  10  12 
Vogelsdorf  9 
Walbeck  404 
Walkenried  87  115  129  f.  157 

173  175  808 
Wasserleben  2  129 
Wechselburg  328 
Weferiingen  203 
Wegeleben  2  47  74  149  201 

451  502 
♦Wehrstedt  11  14  4779148ff. 

369  428  502 
Wernigerode  8  20  35  50  106 

115  142  157  206  f.  236  451 

466 
Westerbomecke  369 
♦Westerbui^  9    12  32  125  f. 

150  ff.  509 
Westerhausen  369  428 
Wiedelah  11  15 
Wittenberg  206 
Wöltingerode  25 
Wolfenbüttel  208  368 
Worms  172  228 

*  Wüli>erode  3  25  44  52  77 

120  123  131  f.  ]54ff. 
Würzburg  315 
♦Zilly   If.  20  142  157  ff.  175 


t  Badstuben  223  226  311  f.  359 

Broihan  186  480 

Brunnen  500  f. 

Bischöfliche  Burg  (Domplatz)  185  187  189  197 
210  f.  218  f.  224  237  305  311  442  ff.  459 

Domkapitel  18  25  f.  28  31  39  42  46  50  55  f. 
60  77  81  84  124  128  130  Ulf  152  154 
157  163  166 f.  174ff.  191  197  204f.  209 
375  f.  S87  401  410  422  435  f.  447  450 


Halberstadt     (f  Untergegangenes) 

Französiach-reformierte  Kirche  220 
408  f. 

Höfe,  geistliche: 

Antoniushof  208  220  223  408 
t  Deutechherrnhof  208 
t  Gottesritterhof  9  221  428 
Grauer  Hof  114  214  369  372 
t  Templerhof  175  215  221 
Tönjesnof  8.  Antoniushof 


j 


Geschichtliches,  geographisches  und  ktinststatistisches  Register 


523 


fHaiis  der  armen  BrQder  221 
-j-HauB  der  blauen  Beginen  221 
Hospitäler  436-442: 

tAlexiushospital  221  311  368  486 
Elisabethhoepital  s.  Salvatorhoepita] 
t  St.  GeorgshoBpital  222 
I^rosenhaus  s.  Siechenhof 
t  Lud^rihospital  221 
t  Maria  Magdalenenhospital  222 
Salvatorhospitai  220  f.  292  439  f. 
Siechenhof  9  li4  203  217  423  441  f. 
Hospital  St.  Spiritus  111  149  173  182  207 
209  436  ff. 
Innungen  186  f. 
Juden   184   187   191  200  f.  217  235  237  317 

340  409  f. 
Kapellen     und     Kirchen,      unterge- 
gan^genc: 
t  Ägidiuskapelle  219 
tAlexiuskapelle  311  368  fr. 
t  Annenkapelle  219 
t  Elisabethkapelle  s.  Nicolaikai)elle 
t  Jakobikapelle  215  355 
fLampertuskapelle  219  224 
t  Lorenzkapelle  211  219  224  227  503 
t  Ludgerikapelle  166  227  233  235  269 
t  Kapelle  B.  Mariae  Virginis  369 
t  Matemuskapelle  219  224  311 
t  Neustadter  Kirche  292  439  f. 
t  Nicolaikapelle  265 
t  Thomaskapelle  185  212  219  222  342 
Kirchhöfe    215    219  221  f.  312  358  367  371 

375  377  407  439 
Klöster  410-436: 

Barfusser  - ,    Franziskaner  - ,    Minoriten  -, 

Heiligekreuzkloster  s.  Andreaskloster 
t  Kloster  der  willigen  Armen    s.  TrüU- 

kloster 
t  Kloster  der  schwarzen  Beginen  220 
Cellitenkloeter  s.  Trüllkloster 
Dominicaner-,    Pewlerkloster    s.  Katha- 

rinenkloster 
t  Franziskanerkloster,  altes  219 
Lollhardskloster  s.  Trüllkloster 
t  Kloster  der  Marienknechte  114  174  206 

220  f. 
Pfortenkloster    167    217    223  f.    237   270 

436  441 
Thomas-,  Jakobikloster  s.  Burchardikloster 
tTrüllkloster  219  222 
Andreaskloster   87   169    174  178  214 
217  222  f.  278  306  309  369  373  410  ff.  508 
Alt&re  412  ff. 
Altargerate  414 
GestiOil  414 
Glocken  412 
Grabsteine  417 
Leuchter  414 
Kanzel  414 
Klostergebäude  421  ff. 
Kunstwerke  415  f. 
Opferstock  414 
Orgel  414 
Burchardikloster  18  42  112  114  128 
149  221  387  390  413  415  417  428  ff.  508 
t  AuHstattungsgegenstäude  434  f. 
t  Klostergebäude  433 


Katharinenkloster  208  422ff. 

Altare  423  425 

Ausstattungsgegenstande  425 

Bibliothek  428 

Klostergebäude  428 

Kunstwerke  425  ff. 

Siegel  422 
Nicolaikloster  9  36  41  114  174  220 
222  306  435  f. 
Martinikirche  172  181  195  197  206f  209f. 
217  220  f.   358  369  377  387  ff.  436  452  472 
508 
Altäre  388  400  f. 
Altargeräte  390  401  ff. 
Chor  390  394  ff.  401 
Fenster  390  ff.  396 
Glocken  3^7  ff. 
Grabsteine  407  f. 
Kanzel  404  f. 
t  Kapellen  890  407 
Kunstwerke  396  407 
Leuchter  405  ff. 
Orgel  405 

Portale  390  394  401  407 
Taufkessel  405  f. 
Tünne  387  390  ff. 
Petershof   153  169  205  211  224  442 ff.  509 
Kapelle  445  f. 

Plätze: 

Fischmarkt  218  223  453  467  470  472  480 

497  ff. 
Holzmarkt  187   195  217  f.   223  450  460 

467  474  4S0  498 
Johannisbrunnen    185   208   215   222   436 

497  500 
Kornmarkt  s.  Fisch  markt 
Martiniplan  176  182  186  218  451  459 
Neuer  Markt  219  * 

Paulsplan  359 

littenklapp  s.  Johannisbrunnen 
Titusplatz  s.  Johannisbrunnen 

Profanbauten: 
Gleimhaus  498 
Kommisse  208  218  410  450  f. 
t  Münze  205  218 
Schuhhof  186 
tBathaus,   altes    181  f  184    195  197  215 

218  390  401  437  451  f.  466 
Rathaus,  jetziges   184  214  218  401  450  ff. 

460  508 
Ratskeller  188  201  222  410  464  466  ff. 
t  Richthaus  184  218    • 
t  Untergegangene   9  114  175  181  f.  184  f. 

195  197  203  205  f.  208  211  f.  215  217  f. 

220  222  f.  226  311  369 
Wohnhäuser 

Steinbauten  459 
Fachwerkbauten  459  ff .  508 
Zwicken  208  224  226  f.  447  ff. 

Rat,  bischöflicher  179 ff.  189  ff. 
„      städtischer   49    176  ff.  217  358  367  376 
387  f.  401  407  422  429  435  437  441  502  f. 

fRoland,  alter  184  187  195  387 

jetziger  184  187  195  197  218  451 
458  f. 

Sammlungen  499  f. 


524 


GeBchichtliches,  geographisches  und  kunststatisiisches  Register 


Schulwesen  207 f.  (vgl.  auch  bei  den  Stiftern, 
der  Martinikirche  und  den  Klöstern) 
Domschule  208  224  258  500 
t  JohannisBchule  371 
t  Liebirauen-Schule  308  f. 
Martineum  s.  Martinischule 
Martinischule  208  221  890 
Moritzschule  876 
Stephaneum  s.  Domschule 

Stadtmauer  176  184f.  189  195  200  206  210 ff. 
217  223  281  368  f.  375  f. 

Stiftskirchen  223-387 

Dom  8  28  49  1661  169  171  ff.  177  200 
205  2071.  228—306  317  351  387   393 
414  428  433  502  504  507  f. 
Adamssitz  249 

Altare  28  269  ff.  292  294  f.  299 
Altargerate  271  ff. 
Bauamt  222  234  f.  237  504 
Baugeschichte  227-238 
BUd  werke  291  ff. 
Chor  231  ff.   252  ff.  264  270  ff.   277 

279  f.  288  ff.  299  303  f. 
Chorgestühl  254  276 
Dachreiter  248  255  268 
Fenster    241  f.   245   248    252   255  f. 

258  ff.  271 

Glocken  172  229  f.  266  ff. 
Grabstätten  und  Epitaphien  299  ff. 
Kanzel  276  f. 

Kapitelsaal,  alter  229  f.  235  305 
Kapitelsaal,  neuer  226  236  249  254  ff. 

258  266  280  290  295  299 
t  Keller  226  258  449 
Kreuzgang  226  f.  231  238  f.  248  f.  252 

255 ff  264  266  270  279  305 
f  Krypta  229  232  234  269  f. 
LettnA  251  f  254  264  276  290  294  350 
Leuchter  278  ff. 
Malereien  295  ff. 
f  Marienkapelle,  alte  227  231 
Marienkapelle,  jetzige 235  2(7  252 ff. 

260  f.  263  f.   271  278  ff.  292  300 
Möbel  280  f. 
Münzsammlung  299 
Neustadter  Kapelle   227   236  f.   259 

271  279  295  298  305  511 
Orgel  277  f. 
t  Paradies  231  240 
Portale  und  Thüren  238  ff.  248  f.  254  f. 

263  265  f.  270  279  449 
Probstei  s.  Zwicken  (Profanbauten) 
t Räume,  zum  Dom  gehörig  226  f. 

254  f.  259  299 
Reliquien  271  ff. 
Remter  226  231  234  236  255  ff. 
Sakristei  227  255  271  295 
Schatz  144  173  188  [280 

Schatzkammer  227  231  234  249  256 
Schmiedearbeiten  263  271  ff. 
Skulpturen  263  ff 
Spendetreppe  258 
Stephanskapelle    226    230   232   235 

258  f.  263  f.  271  280 
Taufbecken  172  278 
Törme  231  ff.  236  ff.  255  257  263  300 


Verschiedene  Kunstwerke  298  f 
Vorgeschichtliche  Sammlung  299 
Webereien  269  280  ff. 
t  Westchor  228  f.  231  269 

Johannisstift  9f.  13ff.  32  81f.  128 
146  163  168  1701.  173  203  206f.  209 
220  ff.  368-375  387  f.  486  452  500  5021 

Altar  373 

Altaigeräte  374 

Bibliothek  368 

Glasmalereien  373 

Glocken  368  370  ff.  375 

Grabsteine  374 

Kanzel  373 

Kapelle  am  Granen  Hof  372 

f  Kapellen  371 

t  Altes  Kloster  368  ff.  374 

Kronleuditer  374 

Namen  368 

Orgel  373 

ReUef  374 

Stiftsgebäude  369 

Taufetein  374 

Liebfrauenstift  7  12 ff.  42  128  149 
163  167  171  174  176f.  186  188  2061 
211f.  219  221  223f.  227  233f.  264  266 
273  279  f.  'zn  295  299  305-356  359 
363  390  404  407  409  489  500  502  508 

Ablasstafel  273  315  f. 

Altäre  341  ff. 

Altargeräte  346 

AiTibonen  344 

Barbarakapelle  309  312  317  321  339  f. 
842  f.  350 

Bauamt  317  f. 

Bibliothek  312 

Bildwerke  324  ff. 

Chor  314  317  ff.  335  ff.  348  350  3531 

Chorschranken  324  ff.  341 

Fenster  319  323  356 

Gemälde  318  320 

Gestühl  3 13  f. 

Gitter  324 

Glocken  317  340  f. 

Grabsteine  351  ff. 

Kanzeln  344  f. 

Katharinenkapelle  342 

Katholische  Kapelle  309  315  317320 
341  f.  345  355 

Kirche,  alte  312  ff.  881 

Kreuzgang  306  312  f.  315  317  £  320 
348  350  355  f. 

Kunstgegenstände  291  349  ff. 

Leuchter  345 

Messgewänder  348 

Orgel  345 

Portale  und  Thüren  312  ff.  317  3191 

Zugehörige  Räume  Ul  f.  315  317 

Reliquien  308  348 

Remter  311  f.  356 

Sakramentshäuschen  324 

Schränke  280  347  f. 

Siegel  309 

Taufbecken  345 

Türme  311  ff.  317  f.  340 

Wandmalereien  309  317  320  326  ff. 


j 


Geschichtliches,  geographisches  und  kanststatistisches  Register 


525 


Moritzstift  8  14  20  42  74  149  168  170 
174  177  185  207  209  215  218  f.  221  f. 
292  306  817  859  369  f.  375-387  390 
451  465  502  508 

Alter  Zustand  379  f. 
Altargeräte  384 
Altare  876  384 
Bildwerke  386  f. 
fBonifatiuskloster  375 
Gestühl  384  f. 
Glocken  383  f. 
Grabsteine  387 
Kanzel  380  385 
t  Kreuzgang  377  384 
t  Kurien  376 
Leuchter  385  f. 
Orgel  385 
Reliquien  386 
Siegel  376 

tStiflsgebäude  376  f. 
Taufstein  380  385 
Webereien  386 
Paulsstift    II    14   42    149   163   169 ff. 
174  207  209  217  f.  221   223   317   319 
356—368  375  f.  390  404  508  512  f. 
t  Altare  857  359  366  f. 
Bauamt  857  359 
Bildwerke  363  ff.  512  f. 
t  Bibliothek  358  367 
t  Gestühl  367 
t  Glocken  358  365 
t  Grabstatten  und  Epitaphien  367  f. 
t  Kapellen  359  364 
t  Kreuzgang  358  f.  367 
t  Metallgeräte  367 
t  Orgeln  363  367 
t  Stiflsgebäude  356  ff. 
t  Webereien  358  367 
Strassen   9  46  185 f.  197  201  210 f.  214 ff. 
219  ff.  311    371  877  408  f.  435  447  453  459 
465  ff. 
Klein-Blankenburg  114  410  473  497 
Vogtei  175  177  185  191  f.  196  f.  201  205 
^0  372  497 
Synagoge  409 f. 

Thore  (Gebäude  durchweg  verschwunden): 
Breites  Thor  211  221  355  369 
Burgtreppe  210  222  224 
Burehardithor  212  217  219  371  502 
Drachenloch  211  224 
Düsteres  Thor  211  219  224  236  448 
Gröperthor  185  222  502  f. 
Harsleber  Thor  114  203  436 
Johannisthor  176  212  223  318  502 
Kühlinger  Thor  203  206  212 
Liebfrauenthor  s.  Drachenloch 
Peterstreppe  211  311 
Steiles  Thor  s.  Tränkethor 
Tränkethor  185  211  224  467  497 
Wasserthor  211  221  223  439  473 
Topographische  Entwicklung  der  Stadt 
185 

Mühlen  (t  verschollene) 

Abbenrode  18 
tBerssel  24 
Bexbeim  85 


fBexheim  7 
Bosleben  8 
"Dardesheim  81 
"Derenbnrg  41 
"Emersleben  43  f. 
-Gr.Quenstedt  112 
"Harsleben  46  f.  49 

-  *  Holtemmenditfurt  11 
"Hoppenstedt  52 
"Homburg  56 

-  Kaisermühle  502 

-  Kl.  Harsleben  10 
fKreiendorf  11 
t  Langenstein  80 
fLüttgenrode  80 
t  Magdeburger  M.  222  f.  237  502 
Molkenmable  11  502 
fMordmüble  502 
t  Ölmühle  502 
tOsterwieck  87 
fOsterwieck  (Vogelsmühle   [s.  Hoppenstedt!) 

85  87 
t  Pfortenmüble  502 
f  Regenstein  117 

Rossmühle  223  502 

zu  St.  Johannes  502 

zu  St.  Nicolas  502 

teinfelder  Mühle  3  7 
Steinmühle  13 
Sievershausen  13 
t  Spitalmühle  502 
Veldens  Mühle  10 
fVinkestorp  14 
t  Wassermühle  502 
tWehrstedt  149  f.  502 
Wichhänsermühle  15 
Wicholzmfihle  193  502 
fZilly  160 

MeiereieB 

t  Bosleben  8  ■ 
fDanstedt  26 
f  Derenburg  41 
-{-Klein  Harsleben  10 
•fRhoden  120 
-j-Roclum  124 
tRunstedt  13 
fSargstedt  128 
fStötterlingenburg  134  f. 
tStrobeck  18  148 

-Thidestorp  13 

-Utzleben  14 

-Wehrstedt  149 

Gerichts-  und  Dini^stätten 

Derenburg  36 

Dreiberg  bei  Dardesheim  28 
Hartingau  114 
Heudeber  50  114 
Holtemmenditfurt  11 
Klein-Harsleben  9  f.  114 
Odorp  12 
Osterwieck  88  114 
Üplingen  14 
Utzleben  14  18  114  128 
^ardeho  176  203  602 
Wiby  14 


n 


526 


0«8cliichtliclies,  geogfräphisches  und  kunststatistisehes  Begistef 


C.  Kunststatistisehes 


Alte  Verschanznngen  und  dergl. 

fUhlenburg  bei  Berssel  24 

Ümwalluog  des  Kirchhofes  in  Danstedt  27 

t  Befestigte  Kirche  in  Utzleben  14 

t        „  ,,        f,   Wichhausen  15  39 

Deer8heiin,Brü(lerberg(80gSchwedenBchanze)85 

fDerenburg,  Sohloss  36 

t         „  Kloster  St.  Dionys  39 

Emersleben,  Burg  44 

fHarsleben,  Altenburg  50 

Heudeber,  Schanzenburg  50 

Hornburg,  Burg  55  ff.  60  fi. 

Isiugerode,  Kingwall  auf  dem  Orangenberge  74 

Langenstein,  alte  Burg  74  ff.  (Höhlenburg) 

Osterode,  Dorfbefestigung  82 

Begenstein  (Höhlenburg)  11 4  ff. 

fSchloss  Hartingau  114 

tStötterlingenburg  (bis  1106)  133 

Wehrstedt,  befestigter  Kirchhof  150 

Gross-Quenstedt,  befestigter  Kirchhof  112  150 

Banerburg  (Ringwall)  151  ff. 

Westerburg  150  ff. 

Zilly  158  f. 

Stadtbefestigiingeii 

Dardesheim  31 

Derenburg  40 

Halberst^tische  s.  Ortschaftsverzeichnis  s.  v. 

Halberstadt 
Homburg  57 
Osterwieck  86  f. 


a)  zu  Gru 

Dingstorp  8 
Drondorp  8 
Danstedt  27 
Deersheim  32 
Derenburg  42 
ITtzleben  42 
Mahndorf  42  80 
Har^leben  49 


Turme 

nde  gegangene 

Osterode  82 
Osterwieck   (Drohn- 
turm) 85 
Ströbeck  143 
Veitheim  148 
Dardesheim  28 
Stötterlingen  132 


b)  noch  vorhandene 

(BurgtUnne  auag«nchlaM«n) 

Halberstadtische  s.  Ortschaftsverzeichnis  s.  v. 

Halberntadt 
In  Mulmke  81 
In  Ströbeck  143 

Rathäuser 

Dardesheim  31 

t  Derenburg  (1425)  40  f. 

Derenburg  (1789)  40 

Halberstadt,  altes  und  neues  s.  Ortsverzeichnis 

t  Holtemmenditfurt  (theatrum,  spelhus  1246) 

11   114 
t  Homburg  (vor  1646)  56 
t  Osterwieck  (theatrum  1267)  87  97 
Osterwieck  (17.  Jahrb.)  97  f. 
t  Ströbeck  (18.Jahrh.)  142 
tWiby  (theatrum  1251)  14 


Wohnhäuser 

a)  Dorfhäuser 

3  18  21  24  26  f.  35  44  50  53  81  f.  112  122f 
125  127  129  131  133  141  143  148  150  153 
155  159  f. 


459  f. 


b)  Stadthäuser 
a)  steinerne 


» 


)» 


ß)  Fachwerkbauten 

Allgemeines  62ff.  98ff.  459ff.  509 
Balkenköpte  63  466  ff.  480 
Bemal  ung  467  f. 
Blendarkaden  65  103  425 
Bodenluken  63  480 
Brustungsplatten  65  99  101  ff.  449 
Einfluss  auf  den  Steinbau  153  444  45i 
Erker  und  Ausluchten  63  497 
Fällhöker  63  103  449  474  fi.  480  497 
Fussstreben  64  f.  466 
Konsolen  63  103  449  466  ff.  479  f. 
Konstmktion  461  f.  465  ff. 
Meisternamen  siehe  Künstlerverzeichnis 
Ornament,  Entartetes  476  ff. 

Geometrisches    466  471  474  f. 

476  ff.  480 

Menschliches  466  f.  470  ff.  480 

Pflanzen  471  477 

Tiere  467  472  477 
Rosetten  65  99  444  476  ff.  480 
idaumschwellen  63  103  449  466  ff.  480 
Schiffskehlen  64  103  474  ff. 
Schutzbretter  467 

Stander  und  Riegel  64  108  466  480 
Thorfahrten  63  67  69  ff.  103  ff.  107  f  479  f. 

4^8  491  495 
Vorkragung  63  99  461  f. 

Fachwerkbauten  nach  den  Perioden 
1.  Periode  bis  etwa  1530 

Halberstadt  (12)  465  (Ratskeller  466  ff.) 
Hornburg  (4)  66 
Osterwieck  103 
Rhoden  122 

2.  Periode  etwa  1530—  gegen  1600 

Dardesheim  (3)  31 
Deersheim  35 
Derenburg  (2)  40 
Halberstodt  (146)  474  ff. 
Harsleben  50 
Homburg  (81)  66  ff. 
Osterwieck  (54)  103  ff. 
Gr.-  Quenstedt  112 
Rhoden  122 
Rimbeck  (2)  123 
Roclum  124 
Ströbeck  144 
Veitheim  (4)  148 
Wülperode  155 


Qescbiclitliches,  geographisches  und  kaaststatistisches  Register 


527 


8.  Periode  etwa  1600—  gegen  1650 

Berssel  23 
Dardesheim  (12)  31 
Deersheim  (2)  35 
Derenburg  (5)  40 
Halberstadt,  Zwicken  449 

(52)  495 
Hornburg  (11)  71 
Osterwieck  (27)  107  f. 
Rohrsheim  127 

4.  Periode  gegen  1650-1800 

Bühne  (2)  26 
Daitiesheim  (150)  31 
Derenburg  40 
HalberBtadt  (327)  496!.] 
Hoppeostedt  53 
Hornburg  (75)  71 
Osterode  82 
Osterwieck  (30)  108 
Gr-Quenstedt  (5)  112 
Rhoden  122 
Stotteriingen  133 
Ströbeck  144 
Veitheim  148 

Alt,  aber  nicht  datierbar 

Halberatadt  (165)  497 
Hornburg  (12)  73 
Osterwieck  (11)  108 

Hausmarken 

Halberstadt  211  476  503 
Hornburg  64  68  fT. 
Osterwieck  104  f. 


Inschriften  an  Gebäuden 

21  26  31  45  47  49  58  63  66  f.  69  ff.  73  82 
101  if.  110  112f.  119  123  131  142  148  155  f. 
158  f.  372  377  409  422  433  486  439  442  444 
450  f.  455  f.  458  467  472  ff.  476  479  f.  484 
490  495 

Badstuben 

Halberstadtische  s.  Ortschaftsverzeichnis  s.  v. 

Halberstadt 
Osterwieck  87 
Ströbeck  143 
tWehrstedt  150 

Brunnen 

Halberstadt,  Hölzmarkt  (17.  Jabrh.)  500 
Johannisbrunnen  500  f 
Siechenhofgarten  (18.  Jahrh.)  442 


ff 


Merkwürdige  Steine 

Aspenstedt,  Stein  an  der  Klopstockquelle  19 
Deersheim,  Opferplatte  35 
Derenburg/ Hünensteine  42 

y,  Steinkreuz  42 

Halberstadt,  t<ii^  langep  Matze  195 

Lügenstein  513 

Tönnigsatein  (1537)  502 

Grenzsteine  502 

Spi^elsberge, Verschiedenes  505 
fHarsleben,  Sieben  Kreuze  46 

„  „der  Stein"  46 

fKl.  Harsieben,  Frohnenstein  10 
tHoltemmenditfurt,  Heiligtumstein  11  502 
t  Langenstein,  Grenzsteine  75 

Obelisk  79 
Boclum''  Stein  mit  Kreuz  (1507)  125 


1» 


Kirchliches 


Patronatsheilige 


Ägidius  (t  Halberstadt,  Kapelle) 

Alexius  (t  Halberstadt,  Hospital,   f  Kapelle) 

Andreas  (Abbenrode.    Halberstadt,  Kloster) 

Anna  (f  Dardesheim ,  Klus.  f  Halberstadt, 
Kapelle,  f  Kapelle  im  Trüllkloster.  Kapelle 
an  der  Moritzsirche) 

Antonius  (f  Halberstadt,  Kloster) 

Barbara  (Halberstadt,  Kapelle  in  der  Lieb- 
frauen-Kirche, t  Kapelle  in  der  Martini- 
kircbe) 

Bartholomäus  (Halberstadt,  Hospitalkapelle 
St.  Spiritus) 

Bonifatius  ^Halberstadt,  Moritzstift) 

Briccius  (Zilly) 

Bnrchard  (Halberstadt,  Kloster) 

Dionysius  (f  Derenburg,  Kloster) 

Dreieinigkeit  (Derenburg) 

Elisabeth  (Halberstadt,  Hospital) 

Georg  (t  Halberstadt,  Hospital) 

Heiland  (Halberstadt,  Salvatorhospital) 

Heiliger  Geist  (f  Hornburg,  Kapelle.  Halber- 
staat, Hospital) 

Johannes  d.  T.  (f  Halberstadt,  Hospital,  f  ^1- 
Harsieben.    j  Holtemmenditfurt) 

Johannes  d.  Ev.  (Halberstadt,  Johann isatifb. 
t  Kl.-Harsleben) 


Jakobus  (t  Halberstadt,  Kai>elle.   f  Kloster) 

Katharina  (Derenburg,  Hospital.  Halberstadt, 
Liebfr.-K.,  Kapelle.   Katharinen-Kloster) 

Katharina  von  Alexandria  (f  Halberstadt, 
Kapelle) 

Lampertus  (f  Halberstadt,  Kapelle) 

Laurentius  (Gr.-Quenstedt,  L.-Kirche.  Stötter- 
lingenburg.  Wehrstedt.  f  Halberstadt, 
Kapelle) 

Liudffer  (fHalberstadt,  Kapelle  am  Dom. 
t  Hospital) 

Margarethe  (f  Johanniskapelle  am  Grauen  Hofe) 

Maria  (Derenburg,  Pfarrkirche.  fHeudeber, 
Kapelle.  Hornburg,  Stadtkirqhe.  f  Langen- 
stein, t  Osterwieck.  f  StÖtterlingenburg, 
Kapelle,  f^üly-  Halberstadt,  Lieofraueu- 
stift.  Dom,  Neustadter  Kapelle,  f  Kloster 
der  Marienkiiechte.  f  Dom,  Kapelle.  Kapelle 
am  Chor,  t  Kapelle  bei  der  Johanniskirche. 
t  Johannishospital.  f  Kapelle  an  der  Martini- 
kirche,   t  Kapelle  ausserhalb  der  Stadt) 

Maria  Magdalena  (f  Nordrode,  f  Hornburg, 
Schlosskapelle.  f  Halberstadt ,  Hospital. 
Kapelle  in  der  Liebfr.-Kirche.  f  Kapelle  bei 
der  Johanniskirche) 

Martin  (Halberstadt,  Pfarrkirche.  t^^P^i^^ 
an  der  Moritzkirche) 

Maternus  (f  Halberstadt,  Kapelle) 


528 


Oescliicbtlichos,  geographisches  und  kunststatistisches  Register 


Moritz  (Halberstadt,  Moritzstift) 

Nicolaug  (OsterwieckyNic.-Kirche.  fRegenstein, 

Burakapelle.     f  Stötterlingenburg ,   Kapelle. 

Haloerstadt,  Kloster.    t^^^P^^^^*    t  Kapelle 

an  der  Moritzkircbe) 
Nothburgis  (Halberstadt,  Petershofkapelle) 
Pancratius  (fStröbeck) 
Paulus  (Osterode.  Halberstadt,  Stift,  f  Kapelle 

am  Dom) 
Petrus    (Emersleben.    f^^i^Icben.    Osterode. 

Gr.  Quenstedt,    P.- Kirche,     t  l^alberstadt, 

Kapelle  am  Dom.    Burgkapelle) 
Remigius  (Veitheim) 
Simon  und  Judas  fHarsleben) 
Sixtus  (t  Halberstadt,  Dom,  Westchor) 
Stephan  (Dardesheim.    Halberstadt,  Domstift. 

Hoppenstedt.       f  Homburg ,     Stadtkapelle. 

StÖtterlingenburg.   Osterwieck,  Pfarrkirche) 
Thomas   (f Halberstadt,  Kapelle.    Burchardi- 

kloster) 
Thomas  von  Canterbury  (f  Halberstadt.  Kapelle) 
Ulrich  (Danstedt) 
Urban  (Aspenstedt) 
Veit  (Rhoden) 
Vincenz  (Wehrstedt) 

Hospit&ler 

Dardesheim  30 
Derenbure  36  39 

Halberstädtische   s.  Ortsregister  s.  y.  Halber- 
stadt 
Hornburg  56 
Wehrstedt  150 

Klangen 

fbei  Dardesheim  30 

bei  Halberstodt  10  503  f. 

t  auf  dem  Nicolaikirchhofe,  Odterwieck  87 

fin  Zilly  160 

Kloster 

Abbenrode 

St.  Bonifaz  bei  Halberstadt 

Halberstadtische    s.   im   Ortschaftsverzeichnis 

8.  V.  Halberstadt 
Osterwieck,  Kl.  der  grauen  Mönche 
StÖtterlingenburg 

Kirchen  nnd  Kapellen 

a)  zu  Grunde  gegangene 

Berssel  24 

Biscoplngeroth,  Kapelle  (bis  1312)  7 

Böhnshausen  24 

Bosleben  8 

Bruchschauen,  Kirche  (bis  1309)  8  130 

Dardesheim,  Klus  30 

Dardesheim  (St.  Stephan!)  28 

Derenburg,  befestigt  gewesen  (St.  Dionys)  36  39 

Ergstedt  9 

Hfuberstadt  s.  Ortschaftsverzeichnis  die  mit  f 

bezeichneten  Gebäude 
Harsleben  (St.  Petri)  46 
Heiriggeroth  10 

Heudeber  (Liebfrauenkapelle)  51 
Hilverdingerode  10 
Holtemmenditfurt  (St.  Johannes  Bapt.)  10 


Hornburg    (Burgka^elle    St.  Msriae  Magda- 
lenae)  55  60 

—  (Kapelle  St.  Spiritus)  60 

—  ^Stadtkapelle  St.  Stephan)  57 
Klein-Harsleben  (St.  Johannis)  9 
Kreiendorf  11 

Langenstein  (Burgkapelle)  77 

—  (St.  Marien)  75 
Lüt^nrode  (Kirche)  80 
Mahndorf  fKirche)  80 
Mulmcke  (Kirche)  81 

Niendorf  b.  Emersleben    (romanisch,  erbaut 

vor  1187)  12 
Nordrode  (St.  Mariae  Magdalenae)  12 
Osterbek  12 
Osterwieck   (Kapelle  auf  dem   St  Stephaos- 

kirchhof)  87 

—  (Klus  auf  dem  Nicolaikirchhof)  87 

—  (Liebfrauenkirche  vorm  Kapellentbor)  87 
Begensteln,  Kapelle  (St. Nicolai?)  119 

—  Kirche  (1756)  117    ' 
Rhoden,  Kapelle  (vor  1589)  120 
Boclum,  Kapelle  (romanisch)  124 
Bunstedt  (St.Liudger)  13 
Steinum  13 

Ströbeck,  Kirche  St.  Pancratii  im  Nordeodorf 
142 

—  Liebfrauenkapelle    im    Sudendorf  (roma- 
nisch?) 143 

Suderode,  Kirche  (bis  1859)  145 

Üplingen  14 

Utzleben  (befestigt  gewesen)  14 

Westerode  14 

Wibv,  Kapelle  14 

Wichhausen  (Kloster,  befestigt  gewesra)  15  S9 

Wülperode,  Schlosskapelle  (noch  1589)  155 

Ziesel,  Kapelle  15 

Zilly,  Küdie  StBricdi  157 

—  Klus  im  Niedemdorf  (vor  1564)  160 

b)  noch  vorhandene 
Abbenrode    (Kalkbruchstein;    romanisch  bis 

Barock;  Chor  %)  17 
Aspenstedt  (Sandi>nichstein;  romanisch;  Chor 

noriz.)  19 
Athenstedt  (Kalkbruchstein;   Renaissance  bb 

Rococo;  Chor  *7,)  20 
Berssel  (Kalkbruchstein ;  romanisch,  spatgoUach 

bis  Barock ;  Chor  %)  22 
Bühne  (Rogenstein;  1Ö.—17.  Jh.;  Chor«/,)  25 
Danstedt  (Kalkbruchstein;  romanisch,  Rococo; 

Chor  %)  26  f. 
Dardesheim  (modern)  28 
Deersheim  (Muschelkalkbruchsteio ;  romanisch, 

modern)  32  f. 
Bexheim  (Muschelkalkbruchstein;  romanisch; 

Chor  Halbkr.)  34 
Derenburg,  Pfarrkirche  (Bruchstein ;  romanisch, 

Rococo;  Chor  7,)  37 
Derenburg,  Kalandkapeile  (Bosenstein ;  gotisch 

bis  spatgotisch;  CShor  horiz.)  38 f 
Derenburg,  Hospitalkapelle  (Sandstein;  Rooooo) 

89 
£mersleben(Kalkbruohstein ;  romanisch^oooco; 

Chor  horiz.)  43 
Göddeckenrode   (Kalkbruchstein;    romanisch, 
Rococo)  45 


Q^schichÜiches,  geographiBches  und  konatsiatistisches  Begister 


529 


Halberstadt  (Seitenzahlen  im  Ortsrerzeichnis) : 

Dom  (Kalkstein,  frflh-  bis  spätgotiBch, 
Ghorechl.  ]x>l7gonal  mit  angesetzter  öst- 
licher Ka])elle,  dreischiffig) 

Liebfrauenkirche  (Kalkstein;  romanisch, 
8  Apsiden,  dreischiffig,  Hirsaner  Schema) 

Paulskirche  (romanische  Teile  Kalkstein, 
spatere  Sockel  Kalkstein;  oben  Sand- 
Steinquadern,  romanisch  bis  spätgotisch; 
Oiorstuhl  polygonal,  dreischimg,üir8auer 
Sdiema) 

Johanniskirche  (Facbwerkbau ;  Glocken- 
turm   abgesondert,     Chor    polygonal, 

17.  Jahrh.) 

Moritzkirche  (Kalkstein;  romanisch,  drei- 
schiffig;  Chor  horiz.) 

Martinikirche  (Turm:  Kalksteinquadern ; 
Schiff:  Sockel,  Kalk;  oben  Sandstein, 
frfih-  bis  spätjrotisch ;  Chor  polygonal, 
dreischiffiff,  Hirsauer  Schema) 

Pranzos.- reformierte  Kirche  (Sandstein; 

18.  Jiüirh.,  Centralbau) 

Synagoge  (Sandstein;  17.  Jahrb.,  Central- 
bau mit  Kuppel) 

Andreaskirche  (Sandsteinquadem ;  gotisch, 
Schiff  dreisohiffig;  Chor  polygonal) 

Katharinenkirche  (Sockel  Kalk-,  sonst 
Sandstein ;  gotisch ,  Schiff  dreischif&g) 

Buichardikloeter  (Kalkbmchstein ,  roma- 
nisch,  dreischiffiff,   Hirsauer  Schema; 
ChorschlusB  gerade) 
'  Nicolaikirche  (Sandsteinquadem ;  gotisch ; 
Chor  polygonal) 

Hospitaudrche  St  Spiritus  (Sandstein; 
fimgotisch,  gerader  Schluss) 

Siechenhofkapelle  (Sandstein;  romanisch 
bis  gotisch,  eerader  Schluss) 

Petershof  kapelle  (Sandstein,  gotisch ;  Chor- 
schluss  polygonal) 

Barsleben  (Sandsteinquadem ;  romanisch ;  spät- 
gotisch, Renaissance;  Chor  %)  47 f. 

Heudeber  (modern)  50 

Bc^ppensteat  (Kaikbrucfastein ,  romanisch,  er- 
neuert; Chor  horiz.)  52 

Homburg  (Kalkbrachstein,  Renaissance;  Chor 

Langenstein  (modern)  76  [^/s)  58 

Oetcffode  (Feldstein,  romanisch  bis  Barock)  82 

Osterwieck,  Stephanikirche  (Kalkstein;  roma- 
nisch bis  spätgotisch ;  Chor  ^Z,)  89 

Osterwieck ,  Nicolaikirche  (Kalkbruchstein ; 
Ecken  ge<}uadert,  frOhgotisch  bis  spätgotisch ; 
Chor  honz.)  95  f. 

Osterwieck,  kath.  Kirche  (modern)  97 

Or.-Quenstedt,  Petrikirche  (Kalkstein;  roma- 
msdi  bis  Renaissance ;  Decke  Holz,  polygonal ; 
Chor  horiz.^  110 

Or.-Quenstedt,  Laurentiuskirche  (Kalkbruch- 
stein, romanisch  bis  spätbarock ;  Chor  horiz.) 
111 

Kl.-Quenstedt  (Feldstein;  Ecken  Sandstein- 
quadem, frfihromanisch ,  spätgotisch  bis 
Rococo;  Chor  •/,)  113 

Bhoden  (Quadern,  verputzt;  romanisch,  Über- 
gang, 18.  Jahrb.;  Chor  horiz.)  121 

Rimb^k  (Rogenstein,  Kalkstein;  Renaissance, 
Rocooo;  Chor  7,)  123 

Krtta  Halb«ntiult. 


Roclum  (Kalkbruchstein;  romanisch,  modern) 

124 
Rohrsheim  ( Kalkbmchstein ;  romanisch,  Rococo ; 

Chor  horiz.)  126 
SargBtedt  (Kalkbruchstein ;  romanisch,  modern) 

128 
Schauen  (Feldstein,  1690)  130 
Stötterlingen  (Bruch-  und  Feldsteine,  romanisch 

bis  Rococo;  Chor  7.)  132 
Stötterlingenbui^  (KalKbruchstein ;  romanisch, 

Renaissance,  Hireauer  Schema;  Chor  Halbkr.) 

137 
Strobeck  (modem)  142  f. 
Suderode  (modem)  145 
Veitheim  (Sandstein,  romanisch  bis  Renaissance 

[zweischiffigl];  Chor;  «/,)  146 f. 
Wehrstedt    (Turm    unten    Kalksteinquadern, 

oben  und  Schiff  Sandstdnquadern ;  romanisch, 

Schiff  später  erneuert  Chor    ^/,)  149  f. 
Wfilperode  (Fachwerk,  18.  Jahrb.;  Chor  horiz.) 

155 
Zilly  (modern)  157 

(Krypten  fehlen  durchweg) 

KirchtnrnifornieB  (moderne  ausgeschlossen) 

Satteldach:  Deersheim  (Südturm),  Klein- 
Quenstedt,  Stötterlingen 

Walm:  Bühne  (mit  Dachreiter),  Derenburg 
(KatharinenkapeUe),  Hoppenstedt  (Fachwerk), 
Gross  -  Quenstedt  (Laurentii),  Wehrstedt, 
Halberstadt,  Moritzkirche  (Doppelturm) 

Welsche  Haube:  Abbenrode,  Athenstedt> 
Berssel,  Emersleben,  (}5ddeckenrode,  Hars- 
leben,  Homburg,  Gross  -  Quenstedt  (Petri), 
Rhoden,  Rimbedr,  Roclum,  Schauen 

Dachreiter:  Bühne,  Veltheim,  Wülperode, 
Halberstadt:  Dom,Andreaskirche,Katharinen- 
kirche,  Siechenhofkapelle 

Hölzerne  Pyramide  (zumeist  beschiefert) , 
Aspenstedt,  Dansted  t,  Deersheim  (Nordturiii): 
Derenburg  f Doppelturm) ,  Osterode,  Oster- 
wieck (Stephan!,  Doppelturm),  Osterwieck 
(Nicolai),  Rohrsheim,  Sar^tedt,  Stötter- 
lingenburg  (Doppelturm),  Hdberstadt:  Dom 
(Donpelturm,  Kupferdeckung),  Liebfrauen- 
kirche  (viertürmig,  Bleideckungi,  Paulskirche 
(Dop|)dturm) ,  Johanniskirche  (abgetrennt), 
Martinikirche  (ungleiche  Doppeltürme,  Blei- 
deckung) 

Kuppel:  Halberstadt,  Synagoge 

Wichtige  Portale 

(wo  nichts  anderes  gesagt,  von  Kirchen) 

Berssel  (1488)  22 

Bezheim  (romanisch)  34 

Deersheim  (Steinackerhof,  spätgotisch)  35 

Derenburg  (Kalandkapelle,  eotisch)  38 
„  (Privathaus,  15.  Jahrb.)  41 

Emersleben  (2,  18.  Jahrh.)  43 

Qöddeckenrode  (18.  Jahrh.;  45 

Halberstadt,  Dom  (1  frühgotisch)  240 
Dom  (1  spatgotisch)  248 
Liebfrauenkirche  (1  gotisch^  312 

p  (2  romanisch)  820 

Paulskirche  (1  romanisch;  1  gotisch)  859 
Martinikirche  (3  frühgotisch)  396 

34 


530 


Geschichtliches,  geographisches  und  knnststatistisches  Begister 


FranzÖs.-reforin.  Kirche  (Rococo)  408 

Synagoge  (2  18.  Jahrb.)  409 

Andreaakirche  (gotisch)  412 

Eatharinenkirche  (gotisch)  423 

Burchardik] oster    (1   romanisch;    1   früh- 
gotisch)  433 

Heiligengeisthofipital  (Rococo)  437 

Siechenhof  (spa^otisch)  441 

Petershof  (Renaissance)  444 

Kommisse  (17.  Jahrh.)  450 f. 

Rathaus  (2  gotisch)  453 

Wohnhäuser  (18.  Jshrh.)  459 

Spiegelsches  Ja^schloss  (1606)  505 

Spiegeische  Kune  (am  Lichtengraben ,  18. 
JÄrh.)  459 
Homburg  (2  spaf gotisch,  2  Renaissance)  58 
Langenstein  (Schloss,  )  8.  Jahrh.)  79 
Mahndorf  (Gutsgebäude,  Renaissance)  80 
Osterwieck  (Btepnanikirche,  romanisch ;  2  spät- 
gotisch, 1  18.  Jahrh.)  89  f. 
Rhoden  (spätromanisch)  121 
Rimbeck  (spätgotisch)  123 
Rohrsheim  (spatromanisch)  126 
Westerburg  (2  Renaissance)  153 

Kirohendecken 

a)  gerade  Holzdecken 

Derenburg  (Kalandkapelle)  38 
Derenburg  (Hospitalkapelle)  39 
Halberstadtf  Lieofrauenkiraie 

Paulskirche 

Moritzkirche 

Katharinen  kirche 

Burchardikirc'he  (Schiff) 
„  Siechenhofkapelle 

Harsleben  48 
Hoppenstedt  52 
Osterwieck  (Nicolaikirche)  95 
Schauen  (Altarraum)  130   ' 
Stotterlingen  132 

b)  gerade  Holzdecken  mit  seitlicher 

Abschrägung 

Halberstadt,  Johanniskirche 

Harsleben  4iB 

Gr.-Quenstedt  (Laurentiikirche)  111 

c)  gewölbte  Holzdecken 

Ahbenrode  17 

Aspenstedt  19 

Athenstedt  20 

Berssel  22 

Bühne  25 

Danstedt  26 

Derenburg  (Pfarrkirche)  37 

Emersleben  43 

Göddeckenrode  45 

Halberstadt,  Synagoge  (Kuppel) 
„  Bnrcharaikirche  (Chor) 

„  Hospitalkirche  St.  Spiritus 

Osterode  82 

Gr.-Quenstedt  (Petrikirche)  110 

Kl.-Quenstedt  113 

Rhoden  121 

Rimbeck  123 

Roclum  124 

Rohrsheim  126 


>» 


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>t 


ff 


Schauen  (Schiff)  130 
Stötterlingenburg  137 
Wehrstedt  150 
Wülperode  155 

d)  Steingewolbe 

Halberstadt,  Dom 

Andreaskirche 

Martinikirche 

Nicolaikirdie 
„  Petershofkapelle 

Hornbure  58  « 

Osterwieck  (Stephanikirche)  89 
Veitheim  147 

Wertvolle  Heizdecken  (unbemalt) 

Halberstadt,  Andreaskloster  (spätgotisch)  421 

„  Johanniskirche  (17.  Jahrh.)  373 

Harsleben  (1601)  48 
Westerburg  (16.  Jahrh.)  154 

Stnckdecken 

Halberstadt,  Synagoge  410 

Privathäuser  493 
Spiegelsches  Jagdschloss  504 


ff 


Sakramentsgeb&use 

Halberstadt,  Dom   (11  gotisch,  1  spätgotisch) 

263 
„  Lbfr.  (frühgotisch)  324 

Gr.-Quenstedt  (Petri,  gotisch,  2;  HO 
Rhoden  (gotisch)  122 
Stötterlingenburg  (spätgotisch)  138  f. 
Wehistedt  (spätgotisch)  150 

KrejiEgBSLge 

Halberstadt,  Dom  (13.  Jahrh.)  256  ff.  305 

Lbfr.  (gotisch)  312  f.  350  355  f. 
Andreaskloster  (gotisch)  421 
Katharinenkloster  (gotisch)  428 


>i 


>} 


AltSre  (im  ganzen  66) 

(wo  niehti  änderet  bemtrkt,  in  Hols  getchnltst,  iinb«aotit» 
Flfigelaltlr»  nicht  mitgerechnet) 

Abbenrode  (Triptychon,  15.  Jahrh.)  17 
Aspenstedt  (18.  Jahrhundert,   m.  eingebauter 

Kanzel)  19 
Athenstedt  (18.  Jahrhundert,  m.  eingebauter 

Kanzel)  20 
Berssel  (17.  Jahrh.)  22 
Bezheim  (romanisch,  Kalkstein)  84 
Bexheim  (Triptychon,  15.  Jahrh.)  34 
Bühne  (1857)  25 

Danstedt  (m.  eingebauter  Kanzel,  18.  Jahr- 
hundert) 27 
Danstedt  (Triptychon,  15.  Jahrh.)  27 
Emersleben  (m.  eingebauter  Kanzel,  1742)  4S 
Oöddeckenrode  <m.  eingebauter  Kanzel,  1720)45 
Halberstadt,  Dom  (13)  271 

Lbfr.  (9)  343 

Johanniskirche  (17.  Jahrh.)  878 

Martmikirche  (1696)  400  f. 

Andreaskirche  (1  spätgotisdi,  italieniflch; 
4  aus  dem  18.  Jahrh.)  412  £ 

Katharinenkirche  (3  aus  dem  18.  Jahih.)425 


Geschichtliches,  geographisches  und  kunststatistisches  Begister 


531 


Hospital   8t.  Spiritus    (Ende    17.  Jahrh., 

mit  eingebauter  Kanzel)  439 
Siechenhofkapelle  (1612)  441 

Harsleben   (18.  Jahrh.,  m.  eingebauter  Kanzel 
des  16.  Jahrhunderts)  49 

Hoppenstedt  (Triptychon,  15.  Jahrh.)  53 

Hornburg  (1617)  59 

Langenstein  (IS.  Jahrh.)  76 

Osterode  (m.  eingebauter  Kanzel,   18.  Jahr- 
hundert) 82 

Osterwieck,  Stephanikirche  (doppeltes  Tripty- 
chon,  15.  Jahrh.)  91 

Osterwieck.I^icolai  ( 14.  Jahrh.,  Triptychon)  96 

Osterwieck,  kath.  Kirche  (17.  Jahrh.)  97 

Or.-Quenstedt,  StPetri  (18.  Jahrh.,  mit  ein- 
gebauter Kanzel)  110 

Or.-Quenstedt,  St.Laurentii  (17.  Jahrh.)  112 

Kl.-<^uen8tedt    (18.  Jahrh.,  mit  eingebauter 
Kanzel)  113 

Elioden  (m.  eingebauter  Kanzel,  1734)  121 

Bimbeck  (m.  eingebauter  Kanzel,    18.  Jahrh.) 
128 

fiohrsheim  (1661)  127 

Schauen  (18.  Jahrh.)  131 

•StÖtterlingen  (m.  eingebauter  Kanzel,  18.  Jahr- 
hundert) 132 

StÖtterlingenburg  (Triptychon,  16.  Jahrh.)  140 

Veitheim  (1698)  147 

Wehrstedt  (m.  eingebauter  Kanzel,  1701)  150 

Westerburg  (17.  Jimrh.,  m.  eingebauter  Kanzel) 
154 

Wülperode  (18.  Jahrh.)  155 

Klappaltftre  (im  ganzen  28) 

Abbenrode  (15.  Jahrh.)  17 
Danstedt  (15.  Jahrh.)  27 
Deersheim  (15.  Jahrh.)  34 
Halberstadt,  Dom  (Narwalhorn,  13.  Jahrh.)  291; 
(16  teils  ganz,  teils  in  Besten,   15.  bis 
16.  Jahrh.)  291  f.  296 ff.;  (fünfteiüg,  Anf. 
16.  Jahrh.)  295 
Lbfr.  (15.  Jahrh.)  350 
Moritzkirche  (nur  Mitte,  16.  Jahrh.)  386 
Hoppenstedt  (15.  Jahrh.)  53 
Homburg  (15.  Jahrh.)  60 
Osterwieck,  St. Stephan!  (fünfteilig,  15.  Jahr- 
hundert) 91 

St.  Nicolai  (14.  Jahrh.)  96 
Stotterlingenburg  (16.  Jahrh.)  140 

Krasifixe 

s.  Gegenstande  der  bildlichen  Darstellung 
1  b.  8.  Y.  Kreuzigung 

Kanzeln  (im  ganzen  35) 

Abbenrode  (18.  Jahrh.)  17 
Aspenstedt  (im  Altar,  18.  Jahrh.)  19 
Athenstedt  (im  Altar,  17.— 18.  Jahrh.)  20 
Berssel  (17.  Jahrh.)  23 
Danstedt  (im  Altar,  18.  Jahrh.)  27 
Emersleben   (im  Altar,  vor  1742,   mit  Intar- 
sien) 43 
Oöddeckenrode  (im  Altar,  1720)  45 


Halberstadt,  Dom  (1598)  277 

Johanniskirche  (1653-80)  373 
Moritzkirche  (17.  Jahrh.,  verdorben)  385 
Martinikirche    (16.  Jahrh.,    überarbeitet 

1690)  404  f. 
Synagoge  (17.  Jahrh.)  410 
Andreaskirche  (17.  Jahrh.)  414 
Katharinenkirche  (17  Jahrh.,  Deckel  desgl. 

aber  jünger)  425 
Hospital  St.  Spiritus  (im  Altar,  17.  Jahrh.) 

439 
Siechenhofkapelle  (1682)  442 

Harsleben    (im  Altar,   mit  Intarsien;    Ende 
16. Jahrh)  49 

Hoppenstedt  (1692)  53 

Homburg  (1616)  59 

Langenstein  (18.  Jahrh.)  76 

Osterode  (im  Altar,  18.  Jahrh.)  82 

Osterwieck,  Stephan!  (gegen  1570)  92 
„  Nicolai  (1664)  96 

Gr.-Quenstedt,  Petri  (im  Altar,  18.  Jahrh.)  110 
„  Laurentii  (17.  Jahrh.)  112 

Kl.-Quenstedt  (im  Altar,  18.  Jahrh.)  113 

Rhoden  (im  Altar,  1734)  121 

Rimbeck  (im  Altar,  18.  Jahrh.)  123 

Rohrsheim  (17.  Jahrh.)  127 

Stotterlingen  (im  Altar,  18.  Jahrh.)  132 

Stötterlingenburg  (16.  Jahrh.)  139 

Veitheim  ^17.  Jahrh.)  147 

Wehrstedt  (im  Altar,  1701)  150 

Westerburg  (im  Altar,  £nde  17.  Jahrh.)  154 

Wülperode  (18.  Jahrh.)  155 

Gestühle  nnd  Emporen 

Abbenrode  (18.  Jahrh.)  17 
Aspenstedt  (17.  Jahrh.)  19 
Atnenstedt  (18.  Jahrh.)  21 
Bahne  (18.  Jahrh.)  25 
Halberstadt,  Dom  (15.  Jahrh.)  276 
Lbir.  (15.  Jahrh.)  348  f. 
Moritzkirche  (15.  Jahrh.)  384  f. 
Andreaskirche  (17 -18.  Jahrh.)  414 
Katharinenkirche  (18.  Jahrh.)  425 
Hospital  St.  Spiritus  (Emporen  17.  Jahrh.) 
439 
Hornburg  (17.  Jahrb.,  Emporen  1666)  59 
Osterwieck,  Stephanikirche  (Oestühl  ca.  1620, 
Emix)ren  1575)  92 
„  Nicoiaikirche    (Gestühl    Anfang 

17.  Jahrb.,  Emporen  älter)  96 
Gr.-Quenstedt,  Petrikirche  (18.  Jahrh.)  110 
Rohrsheim  (ca.  1660)  127 
Stötterlingenburg  (1657,  Malereien  18.  Jahrh.) 

139 
Veitheim  (17.  Jahrh.)  147 
Wehrstedt  (ca.  1620)  150 

Orgeln  (im  ganzen  24) 

Abbenrode  (1708)  17 
Aspenstedt  (18.  Jahrb.)  19 
Athenstedt  (18.  Jahrh.)  21 
Dardesheim  (18.  Jahrh.)  28 
Derenburg  (1589)  38 
Emersleben  (1750)  43 
Halberstadt,  Dom  (1718)  278 

Johanniskirche  (17.  Jahrh.)  373 

34» 


532 


Geschichtliclies,  geographisches  und  kuDststatistisches  Register 


Moritzkirche  (1786)  985 

Martinikirche  (17.  Jahrh.,  hergestellt  1770) 

405 
Andreaskirche  (18.  Jahrh.)  414 
Eatharinenkirche  (17.  Jahrh.)  425 
Hospital  8t.  8piritu8  (Ende  17.  Jahrh.)  439 
Siechenhofkapelle  (17.  Jahrh.)  442 

Harsleben  (18.  Jahrh.)  49 

Hornhurg  (18.  Jahrh.)  59 

Langenstein  (m.  Teilen  aus  dem  18.  Jahrh.)  76 

Or.-Quenstedt  (m.  Teilen  aus  d.  18.  Jahrh.)  110 

Kl.-Quen8tedt  (18.  Jahrh.)  113 

Bodum  (gegen  1760)  124 

Bohrsheim  (18.  Jahrh.)  127 

Schauen  (1778)  131 

St5tterlingen  (17.  Jahrh.)  132 

Wehrstedt  (18.  Jahrh.)  150 

Tanfsteine  (im  ganzen  24) 

Bexheim  (romanisch)  35 
Derenburg  (Sandstein,  1579)  38 
Emersleben  (18.  Jahrh.)  43 
GÖddeckenrode  (Kalkstein,  romanisch)  45 
Halberstadt,  Dom  (Marmor,  12.  Jahrh.)  278 

Dom  (Bronce,  gotisch)  278 

Lbfr.  (Bronce,  1614)  345 

Johanniskirche  (Bronce,  13.  Jahrh.)  374 

Moritzkirche  (Sandstein,  17.  Jahrh. ,  ver- 
dorben) 385 

Martinikirche  fBronce,  13.  Jahrh.)  405  f. 

Eatharinenkirche  (Marmor,  17.  Jahrh.)  425 
Harsleben  (Sandstein  1602)  48  f. 
Homburg  (Sandstein,  1581)  59 
Osterwieck,  Stephani  (Bronce,  13.  Jahrh.)  92  f. 
Gr.-Quenstedt,  JPetri  (Holz,  18.  Jahrh.)  110 

Laurentii  (Holz,  18.  Jahrh.)  112 

Laurentii  (Kalkstein,  1581)  112 
Bhoden  (romanisch)  121 
Boclum  (romanisch,  Fragment)  124 
StötterUngen  (Holz,  17.  Jahrh.)  133 
Stötterlingenburg  (Holz,  17.  Jahrh.)  140 
Suderode  (Sandstein,  1592;  Fragment)  145 
Wehrstedt  (Holz,  18.  Jahrh.)  150 
Wülperode  (Holz,  18.  Jahrh.)  155 

Tvnfeilgel  (im  ganzen  5) 

Hoppenstedt  (Ende  17.  Jahrh.)  53 
Osterode  (18.  Jahrh.)  82 
Bimbeck  (18.  Jahrh.)  123 
Veitheim  (18.  Jahrh.)  147 
Westerburg  (18.  Jahrh.)  154 

Grabplatten  und  Erinnerungstafeln 

(im  guiten  236,  m.  B.  bedeutet  mit  Bildnii) 
13.  Jahrhundert.     Stein  (1) 
Halberstadt,  Ratskeller  (m.  B.)  467 

15.  Jahrhundert.     Bronce  (2): 
Halberstadt,  Dom  (2  m.  B.)  302 

Stein  (5): 

Halberstadt,  Dom  (m.  R)  303 

liebfraaenkirche  (4'm.B.J  351  355 


16. Jahrhundert     Stein  (46): 

Deersheim  (m.  B.)  34 
Emersleben  (4  m.  B.)  43  f. 
Halberstadt,  Dom  (4  m.  B.)  303 

Liebfr.-Kirche  (17,  davon  14  m.6.,  wobei 
2  mit  2  Bildnissen)  351 

Martinikirche  (5  m.  B.)  408 
Homburg  (3  m.  B)  60 
Langenstein  (m.  B.)  77 
Osterwieck  (Stephanikirche  5,  davon  4  m.  B. 

94  f. 
Bohrsheim  (m.B.)  127 
Snderode  (m.R)  145  f. 
Veitheim  ^2,  davon  1  m.  B.)  148 
Wehrstedt  150 
Wülperode  (Klöpperkrug,  m.  B)  156 

Holz  (1): 
Osterwieck,  Stadtkirche  95 

Bronce  (6): 
Halberstadt,  Dom  (6  m.  B.)  302  f. 

17.  Jahrhundert     Stein  (65): 

Berssel  (m.  B,)  23 

Halberstadt,  Dom  (18,  davon  15  m.  B.)  303 

LiebfV.-Eirche  (17,  davon  9  m.B.,  wobei 
1  mit  3  BUdnissen)  351  355 

Johanniskirche  (2)  374 

Martinikirche  (11,  davon  4  m.B.)  408 

Salvatorhospital  (2)  440 
Harsleben  49 

Osterwieck  (Stephanik.  10,  davon  2  m.  B.)  9S 
Bhoden  (m.B.)  122 
Boclum  125 
Wehrstedt  150 

Bronee  (2): 
Halberstadt,  Dom  (2,  davon  1  m.  6.)  303 

Gedächtnistafeln  von  Holz  (29): 

Halberstadt,  Dom  (m.  2  B)  803 

Liebfr.-Eirche  (2  n.  B.)  355 

Martinikirche  (4)  406 
Homburg,  Stadtkiiche  (6  m.  B.)  60 
Osterwieck,  Stodtkirche  (10)  95 
Bohrsheim  (3  m.  R)  127 
Vdtheim  (3  m.B.)  148 

18.  Jahrhundert  (81): 

Deersheim  (4)  341. 
Halberstadt,  Dom  (50)  308 

liebfrauenkircuie  (11)  351 

Johanniskirche  374 

Moritzkirche  (2)  387 

Martinikirche  409 

Andreaskirche  (m.  B.)  417 
Harsleben  (2)  49 
Langenstein  77 
Bhoden  122 

Stötterlingenburg  (5)  141 
Hornbnrg  (Holz,  m.  B.)  60 
Langenstein  (Holz)  77 


Geschichtlicliefl,  geographisches  und  knnststatistisches  Begister 


583 


SknlptQren 

a)  Holz 

(b.  auch  Altare,  Fach  werkbauten  [AÜgemeiiiee], 

Grabplatten,  Kanzeln,  Klappaltäre,  Kruzifixe, 

Orgeln,  Schranke,  Taufengel) 

Athenstedt  (18.  Jahrh.)  21 

Derenburg,  Hospitalkapelle  (16.  Jahrh.)  89 

HalbersUdt,  Dom  (12.— 18.  Jahrh.)  263ff.  291  ff. 

Lbfr.  (13.-16.  Jahrh.)  849  f. 

Joh.-K.  (16.  Jahrh.)  874 

Moritzk.  (16.  Jahrh.)  386 

Andreaek.  (14.->  17.  Jahrh.)  415  f. 

Katharinenk.  (17.  Jahrh.)  426 
Haisleben  (17.  Jahrh.)  49 
Homburg  (18.  Jahrh.)  69 
Gr.-Quenstedt  (18.  Jahrh.)  110 
StoUerlingenburs  (15.  Jahrh.)  140 
Suderode  (17.  Jfärh.)  145 
Wülperode  (16.  Jahrh.)  155 

b)  Stein 

Abbenrode  (gotisch?)  18 

Emersleben  (18.  Jahrh.)  43 

Halberstadt,  Dom  (18.— 16.  Jahrh.)  263  ff.  291ff. 

Lbfr.  (13.— 16.  Jahrh.)  325  ff.  350 

Paukk.  (13.— 14.  Jahrh.)  363  f. 

Andreask.  (15.  Jahrh.)  414 

Burchardikloster  (15.  u.  18.  Jahrh.)  434 

Zwicken  (17.  Jahrh.)  450 

Kathaus  (15.  Jahrh.)  453 

Boland  s.  Ortechaftsverzeichnis  s.  v.  Hal- 
berstadt 

Spiegelsberge  (18.  Jahrh.)  504  ff. 
Gr.-Quenstedt  (18.  Jahrh.)  110 
R^;enstein  (18.  Jahrh.)  120 
Boclum  (16.  Jahrh.)  125 
StatterUngenburg  (18.  Jahrh.)  140 
Veitheim  (15.  Jahrh.)  147 

Heilige  Gerate 

a)  Kelche  (85) 

(wo  nlebta  andern  bemarkt,  aus  vergoldetem  Silber) 

Abbenrode  (Kupfer  vergold.,  15.  Jahrh.)  18 

Aspenstedt  (1798)  19;  (Kupf.verg.,  17.  Jh.)  19 

Athenstedt  07.  Jahrh.)  21;  (Zmn,  18.  Jh.)  21 

Berssel  (1625)  23;  (1701)  23 

Bühne  (Silber,  18.  Jahrh.?)  26 

Danstedt  (Kupfer  verg.,  17.  Jahrh.)  27;  (Blei, 

18.  Jahrh.)  27 
Dardesheim  (17.  Jahrh.)  28;  (1626)  29 
Deersheim  (1711)  33;  (18.  Jahrh.)  33 
Deienburg  (Silber,  1652)  38;  (Silber,  17.  Jahr- 
hundert?) 88 
GÖddeckenrode  (Messing,  17.  Jahrhundert?)  45 ; 

(Silber,  16.  Jahrh.)  45 
Halberstadt,  Dom   (2   15.  Jahrhundert)  276; 
(6  16.  Jahrh.)  273 
Lbfr.  (2  18.  JahriL)  346 
Johanniskirche  (1  15. Jahrh.;  1  16.  Jahrh.; 

2  17.  Jahrh.)  374 
Moritzk.  [l  17.  und  I   18.  Jahrh.)  384 
Martinikirche  (1  16.  Jahrh. ;*  4  17.  Jahrb.; 

2  18.  und  2  19.  Jahrh.)  403  f. 
Andreask.  (1  15.  und  1  18.  Jahrh.)  415 


Harsleben  (1698)  49;  (1699)  49;  (Ende  des 
17.  Jahrh.)  49;  (Zinn,  18.  Jahrb.?)  49 

Heudeber  (1633)  50;  (1697)  50 

Homburg  (2,  17.  Jahrh.)  59 

Lang«nstein  (1705)  76;  (1711)  76 

Osterode  (1697)  82 

Osterwieck.  Stephan!  (Kupfer  verr.,  15.  Jahr- 
hundert) 94 ;  ( 1 573)  94 ;  (1 7.  Jahrhundert)  94 ; 
(18.  Jahrb.?)  94 

Gr.-Quenstedt,  Petri  (1712)  110;  (1683)  110 
„  Laurentü  (1718)  112 

Kl.-Quenstedt  (1637)  113 

Khoden  (16.  Jahrh.)  122;  (Blei,  1669)  122 

Boclum  (17.  Jahrh.)  124;  (Silber,  1724)  124 

Bohrsbeim  (1685)  127;  (1697)  127 

Sargstedt  (Kupf.verg.,  1584)  129;  (1661)  129; 
(1717)  129 

Schauen  (18.  Jahrh.)  131 

St5tterlingen  (1710)  133 

Ströbeck  (17.  Jahrh.)  143 

Suderode  (16.  Jahrh.)  145 

Veitheim  (18.  Jahrh.)  148;  (1728)  148 

Wehrstedt  (1711)  150 

Wülperode  (18.  Jahrh.)  155;  (deagL)  155 

Zilly  (1696J  158;  (17.  Jahrh.)  158;  (1705)  158 

b)  Patenen  (66)  siehe a) 

Abbenrode  (Kupfer  verg.,  1651)  18 

Aspenstedt  (1696)  19;  (Kupf  verg.,  17.  Jh.)  19 

Athenstedt  (17.  Jahrh.)  21 

Berssel  (emailliert,  18.  Jahrh.)  28 

Bühne  (Silber,  18.  Jahrb.?)  26 

Danstedt  (Kupfer  verg.,  17.  Jahrh.)  27 ;    (Blei, 

1772)  27 
Dardesheim  (1696)  29;  (1695)  29;  (17.  Jh.)  29 
Deersheim  (2  18.  Jahrh.)  33 
Derenburg  (Silber,  1643)  38;  (Silber,  1720)  38 
Göddeckenrode  (Silber,  16.  Jh.)  45;  (Messing, 

17.  Jahrb.?)  45 
Halberstadt,  Dom   (3   15.  und  2   16.  Jahrh.) 
273  276 
Lbfr.  (2  18.  Jahrh.)  346 
Johannisk.  (4  16.  Jahrh.)  374 
Martinik.  (7  t6.  Jahrb.)  404 
Harsleben  (3,  1698  —  1699  —  Ende  17.  Jh.)  49 
Hoppenstedt  (Bld.  18. Jh.?)  53;  (18.  Jh.?)  53 
Homburg  (2  17.  Jahrh.)  59 
Langenstein  (2  18.  Jahrb.?)  77 
Osterode  (1697)  82 
Osterwieck,  Stephani  (Kupfer  verg.,  15.  Jahrh.) 

94'  (17.  Jahrn.)  94 
Gr.-Quenstedt,  Laurentii  (18.  Jahrh.)  112 
Bhoden  (17.  Jahrh.)  122;  (Blei,  17.  Jahrh.)  122 
Bochim  (17.  Jahrh.)  124;  (desgl.)  124 
Rohrsheim  (1697)  127;  (2  17.  Jahrb.)  127 
Sargstedt  (Kupfer  vergoldet,  16.  Jahrh.)  129; 

(17.  Jahrh.)  129;  (18.  Jahrh.)  129 
Schauen  (18.  Jahrh.)  133 
Ströbeck  (17.  Jahrh.)  143 
Suderode  (1625)  145 
Veitheim  (18.  Jahrh.)  148 
Wülperode  (1714)  155 
Zilly  (3  17.— 18.  Jahrh.)  158 

c.  Kannen  (17)  siehe a) 

Daidesheim  (Blei,  1744)  29 
Deersheim  (18.  Jahrh.)  83 


534 


Geschichtliches,  freographisches  and  kunststatistisches  Register 


Derenburg  (Zinn,  1728)  38  (Zinn,'  18.  Jahrh.?) 
38 

Halberstadt,  Dom  (1  Silber,  1678  und  1  desgl. 
19.  Jahrh.)  276 
Liebfrauenkirche  (2  Silber,  1724)  346 
Martinikirche  (1682;  1668)  404 
Moritzkirche  (Silber,  1672)  884 

Harsleben  (Zinn,  18  Jahrh.?)  49 

Langenstein  (1736)  77 

Osterwieck,  Stephani  (1574)  94 

Rhoden  (Blei,  1748)  122 

Schauen  (Silber,  18.  Jahrh.)  181 

Wehrstedt  (Zinn,  1810)  150 

d)  Oblatenschachteln  (23)  siehe  a) 

Aspenstedt  (1718)  19 

Dansted t  (Blei,  18.  Jahrh.)  27 

Bühne  (18.  Jahrb.?)  26 

Deersheim  (18.  Jahrh.)  33 

Derenburg  (Silber,  18.  Jahrh.)  38 

Emersleben  (Silber,  18.  Jahrh.)  611 

Halber>«tadt,  Martinikirche  (1666)  404 

Harsleben  (Silber,  1699)  49 

Heudeber  (Silber,  1733)  51 

Hoppenstedt  (Blei,  1729)  53 

Hornburg  (Silber,  18.  Jahrh.)  59 

Langenstein  (Silber,  18.  Jahrb.?)  77 

Osterwieck,  Stephani  (17.  Jahrh.)  94;  (1709)  94 

Gross-Quenstedt,  Petri  (1711)  110 

Bhoden  (Silber.  1805)  !22 

Roclum  (Silber,  17.  Jahrh.)  124 

Sargstedt  (Silber,  1697)  129 

Schauen  (Silber,  18.  Jahrh.)  131,  (desgl.)  131 

Ströbeck  (1687)  143 

Veitheim  (18.  Jahrh.)  148 

Zilly  (1710)  158 

e)  Taufschüsseln  (19)  siehe  a) 

Athenstedt  (Messing*  mit  Verkündigung  und 

scheinbarer  Umscnrift,  16.  Jahrh.)  21 
Dardesheim  (Messing,  1738)  28 
Derenburg  (Zmn ;  Inschrift,  Bilder,  17.  Jahrh.?)  38 
Göddeckenrode  (Messins;,  1760)  45 
Halberstadt ,   Dom   (Schatz  No.  322  323  328 
399  S.  275) 
Liebfrauenkirche  (Silber,  1698)  347 
„  (Silber,  1702)  347 

Moritzldrche  (Bronze,  17.  Jahrh.)  384 
Harsleben  (Messing,   Art  wie  in  Athenstedt) 

49  (Zinn  18.  Jahrh.  7)  49 
Hoppenstedt  (1695)  53 
Homburg  (Messing,  16.  Jahrh.)  59 
Osterwieck,  Stephani  (Art  wie  in  Athenstedt) 

Bhoden  (1734)  121 

Rimbeck  (Messing,  1662)  123 

Schauen  (Messing,  17.  Jahrh.)  131 

Ströbeck  (Messing,  Art  wie  in  Athenstedt)  143 

f)  Verschiedenes  (117) 

(IiOff«l,  Kreuze,  Rellquiari«n,  Monstranzen,  Schalen, 
Lampen,  Ranchfllaaer  und  dergl.) 

Dardesheim  (Löffel,  17.  Jahrh.)  29 
Halberstadt,  Domsammlung  272  ff.  ( 100  Stücke) 
Liebf  rauenkirche  ( Löffel,  18.  Jahrh. ;  Schale, 
Süber,  1702)  347 


Moritzkirche  (Weingefass,  Zinn,  1748)  384 
Andreaskirche,  Sammlung  ( 1 1  Stücke)  415  f. 
Harsleben  (Löffel,  Silber,  1697)  49 
Langenstein  (Löffel,  Silber,  18.  Jahrh.?)  77 
Boclum  (Löffel,  18. Jahrh)  124 

Besohauorte 

Braunschweig  94  131  148  155 
Frankfurt  26  (?)  33  53  59  124 
Halberstadt  19  21  23  26  29  33  49  50  f.  76 

77  110  112  122  124  129133143  15015827a 

346 f  374  384  404 
Magdeburg  33 

Glocken 

a)  zu   Grunde   gegangene    oder  nicht 
mehr  nachweisbare 

Dardesheim,  Stadtkirche  (zwei  Glocken  noch 

1564)  80 
Dardesheim,  Klus  (Dm.  0,34,  Inschrift)  30 
Emersleben  (Dm.  0,77  1744,  umgegossen  1894) 

48 
Halberstadt,    Dom     (eine    13.  Jahrh.)    172, 
(mehrere  11.  Janrh.)  229,  (eine,  Üonna, 
12.  Jahrh.)  230 
Dom  (Donna,  a)  1457,  umgegossen  1860, 

b)  umgegossen 
Dom    (1470,    Stundenglocke,   Ton  Haoa 
Blume,  umgegossen  1845)  269;  (Glocke 
über  dem  Sanktuarium  1227 ;  Avemaria- 
Glocke  1365;  Seiger-Glocke  1607)  269 
Johanniskirche  (mehrere,    14.  Jahrh)  368 

372 
Liebfrauenkirche  (Gloriosa  340) 
Martinikirche  il401)  400 
Moritzldrche  (mehrere?  1258) 
Pauiskirche  (mehrere  1136,    1368;  SexU 

1623)  365 
Rathaus  (1428)  452 
TrüUkloster  (eino  15.  Jahrh.)  220 
Holtemmenditfurt  (bis  1394)  11  372 
Langenstein  (Dm.  0,54,  umgegossen  1888  mit 

Bandornamenten)  76 
Osterwieck,  Stadtkirche  (1443)  90 

„  „  ( 1 6.  Jahrh ,  gesprangen 

1848,  umg^os^n  1852)  90 
Gross-Quenstedt,  St.  Petri  (Dm.  1,37  1770)  HO 

„      „     (Um.  1,00  1863)  110 
Rhoden  (1511,  umgegossen  1867)  121 
Rimbeck  (umgegossen  1855)  123 
Runstedt  (bis  1297)  13 
Ströbeck  (drei  vor  1566,   zerschmolzen  beim 

Brande  1876)  142 
Suderode  (1729  (?)  145 
Veitheim  (Ulocken  der  1722  verbrannten  Kirche) 

147 
Zilly  (zwei  1589)  157 

b)  noch  vorhandene 

(GlookeagieMernjuDieii,  aiehe  K(Lnttl«rvenetohiii«) 

1.  Abbenrode  (1532),  Dm.  1,07,  Inschrift,  Büder 

17 

2.  „  (1886),  17 

3.  „         (lb86),  17 

4.  „         alt,  keine  Inschrift,  17 


Geschichtliches/  geographisches  und  Inunststatistisches  Begister 


535 


ö.  AspeoBtedt  (J664),  Dm.  1,04,  19 

6.  „  (1781),  Dm.  0,79,  19 

7.  „  Dm.  0,46.  keine  Inschrift,  19 

8.  Athenstedt   flöll).   Dm.   1,17,   iDSchrift, 

Bilder.  20 

9.  „  (14.Jahrh.),  Dm  0,72.  Inschrift, 

20 

10.  Berssel  (1702),  Dm.  1J9.  Inschrift,  22 

11.  „        (13.  Jahrh.).  Dm.  0,91,  Inschrift, 

BUder  22 

12.  „        (1722),  Dm.  0,67,  22 

13.  Bexheim,  Dm.  0,52,  alt,  keine  Inschrift  34 

14.  Bühne  (15.  Jahrb.),   Dm.  0,92,   Inschrift, 

Bilder,  25 

15.  „       (13.  (?)  Jahrh.),    Dm.  0,90,  Anal- 

phabetische Umschrift  25 

16.  „       unzugängliche  ßtun denglocke,  25 

17.  Danstedt  (1710),  Dm.  1,28,  Inschrift,  27 

18.  „         (1742),  Dm.  1,19,  Inschriften  27 

19.  „         Dm.  0,48,  keine  Inschrift  27 

20.  Dardesheim  (1778),  Dm.  1,12,  28 

21.  „  (1480),  Dm.  0,86,  Inschriften 

28 

22.  „  (1871),  Dm.  0,41,  28 

23.  Deersheim  (14.  Jahrb.),  Dm.  1,21,  Inschrift, 

Bilder,  33 

24.  „  (1667),  Dm.  0,94,  33 

25.  „         (1747),  Dm.  0,80,  33 
Derenburg,  8tadtkirche 

26.  (1677),  Dm.  1,62,  Inschriften,  Bilder,  37 

27.  (1677),  Dm.  1,47,  Inschriften,  38 

28.  (1677),  Dm.   1.18,  Inschriften,  38 

29.  (1677),  Dm.  0,76,  Inschrift,  Bild  38 

30.  Derenbarg,  Hospitalkapelle  ( 1 676),  Dm.  0,78, 

Inschrift,  Bild,  r.9 
81.  Emersleben  (1858),  Dm.  1,41,  43 

32.  „  (1822),  Dm.  1,14,  43 

33.  „  (1894),  Dm.  0,82,  43 

84.  Göddeckenrode  (1785),  Dm.  0,91,  45 

85.  „  (1874),  Dm.  0,70,  45 

36.  „  Dm.  0.42 ,  ohne  Inschrift  45 
Halberstadt,  Dom 

37.  Donna  (modemer  Um guss  von  1860),  Dm. 
2,35,  Inschrift,  266  f. 

38.  Osanna  (1454),  Dm.  1,82,  Inschrift,  267  f. 

39.  LaurentiuB    (1514),    Dm.   1,25,    Inschrift 
lateinisch  und  deutsch.  268 

40.  Maria  Magdalena  (1514),    Dm.  1,07,    In- 
schrift wie  vor.,  268 

41.  (Sauerkohl)    (13.  Jahrb.),    Dm.  0,77,    In- 
schrift, 268 

42.  (Bratwurst)   (13.  Jahrb.),    Dm.  0,70,    In- 
schrift, 268 

48.  (Langhals)  (alt),   Dm.  0,64,   ohne  Schrift, 
268 

44.  (Lammchen)  (13.  Jahrb.),   Dm.  0,56,    In- 
schrift, 268 

45.  (Stimpimp)  (alt).  Dm.  0,40,  ohne  Schrift, 
268 

46.  (Adämchen)  (alt),  Dm.  0,40,  ohne  Schrift, 
268 

47.  Stundenglocke  (1845)  269 

48.  desgl.  269 

Halberstadt,  Liebfrauenkirche 

49.  (1496),  Dm.  1,39,  Inschrift,  340 
60.  (gotisch),  Dm.  1,19,  Inschrift,  340 


51.  (alt),  Dm.  1,04,  ohne  Schrift,  Bandorna- 
ment, 340 

52.  (13.  [?]  Jahrb.),  Dm.  0,96.  Inschrift,  341 

53.  (1406),  Dm.  0,65.  Inschrift,  Bilder,  841 

54.  (gotisch),  Dm.  0,62,  Inschrift,  341 

55.  (alt),  Dm.  0,58,  ohne  Schrift,  341 

Halberstadt.  Johanniskirche 

56.  (14.  Jahrb.),  Dm.  1.15,  Inschrift,  375 

57.  (1497),  Dm.  1,35,  Inschrift,  Bilder,  b75 

58.  (1833),  Dm.  1,40,  375 

Halberstadt,  Moritzkirche 

59.  Mauritius  (1319),  Dm.  1,26,  Inschrift,  383 

60.  (1281),  Dm.  1,14,  Inschrift,  88.H 

61.  (1309),  Dm.  0,56,  Inschrift,  883 

62.  (1876),  Dm.  0,56,  Inschrift,  384 

Halberstadt,  Martinikirche 
68.  (1511),  Dm.  2,12,  Inschrift,  399 

64.  (1439),  Dm.  1,78,  Inschrift,  399 

65.  (1439),  Dm.  1,50,  Inschrift,  399 

66.  (1511).  Dm.  1,26,  Inschrift,  399 

67.  (gotisch^  Dm.  0,76,  Inschrift,  899 

68.  (alt).  Dm.  0,60,  ohne  Schrift,  401 

69.  Stundenglocke  (15.  Jahrb.),  Inschrift,  399 

70.  desgl.,  kleiner,  399 

Halberstadt,  Andreaskirche 

71.  modern,  412 

72.  (ca.  15.  Jahrb.),  Dm.  0,60,  412 

Halberstadt,  Katbarinenkimbe 

73.  mittelalterlich,  unzugänglich,  425 

Halberstadt,  Siechenhof 

74.  (frübgoliscb),  Dm.  0,60.  Inschrift,  442 

75.  Harsleben  (1877),  Dm.  1,56,  48 

76.  „  (1587),  Dm.  1,10,  Inschrift,  49 

77.  „  (1593),  Dm.  0,51,  Inschrift,  49 

78.  Heudeber  (1823),  Dm.  1,19,  50 

79.  „  (1823),  Dm.  1,01,  50 

80.  „  (1828).  Dm.  0.82.  50 

81.  Hoppenstedt  (1871),  Dm.  1,03.  52 

82.  „  (1492),  Dm.  0,95,  Inschrift, 

Bilder,  52 

83.  Homburg  (1858),  Dm.  1,71,  59 

84.  „  (1876),  Dm.  1,30,  59 

85.  „         (1722  s  Dm.  1,07,  Inschrift,  59 

86.  „  (14.  Jahrhundert),    Dm.  0,82, 

Inschrift,  59 

87.  „  (1858),  Dm.  0,68,  59 
Si.  Langenstein  (1854),  Dm.  1,04,  76 

89.  „  (1888),  Dm.  0,80,  76 

90.  „  (1888).  Dm.  0,68,  76 

91.  „  (1888),  nicht  erreichbar,  76 

92.  Osterode  (1876),  Dm.  0,97,  82 

98.  „        (1490),  Dm.  0,54,  Inschrift,  82 

Osterwieck,  Stephanskirche 

94.  (1852),  Dm.  1,76,  90 

95.  (1339 1,  Dm.  1,50,  Inschrift,  90 

96.  (13.  Jahrh.?),  Dm.  0,95,  Inschrift,  90 

97.  (1852),  Dm.  0,51,  90 

98.  unzugängliche  Stundenglocke,  90 

Osterwieck,  Nikolai 

99.  Dm.  0,93,  keine  Inschrift,  96 

100.  (18.  Jahrb.),  Dm.  0,89,  Inschrift,  96 

101.  (14.  Jahrb.?),  Dm.  0,44,  Inschrift,  96 

Osterwieck,  kath.  Kirche 

102.  (1887),  Dm.  0,82,  97 

Gr.-Quenstedt,  St.Petri 
108.  (1891),  Dm.  1,66,  110 


^ 


536 


Geschichtliches,  geographisches  und  kunststatistisches  Begister 


104.  (1891),  Dm.  1,05.  HO 

105.  (1891),  Dm.  0.89,  HO 

106.  (1891),  Dm.  0,50,  Ho 

107.  St.  Uurentii  (1712),  Dm.  1,21,  Hl 

108.  „  „         (1702),  Dm.  0,98,  IH 

109.  „         „        (1328),Dm.0,47,In8chrift,Hl 
HO.  Klein-Quenstedt  (1829),  Dm.  1,15,  113 

111.  „  „  (1520),  Dm.  039,   In- 

schrift, Münzabdrücke,  113 

112.  „  „  (16.  Jabrh.),   Dm.  0,50 

Inschrift,  113 

113.  Rhoden  (1867),  Dm.  1,27,  121 

114.  „        (1674),  Dm.  1,10,  121 

115.  „        (1796),  Dm.  0,49,  121 

116.  „       (alt),  unerreichbar,  keine  Inschrift, 

121 

117.  Rimbeck  (18.  Jahrb.),  Dm.  0,80,  123 

118.  „        (1855),  Dm.  0,61  123 

119.  Roclum  (1777),  Dm.  0,97,  124 

120.  „        (1796),  Dm.  0,94,  124 

121.  „        (1797),  Dm.  0,52,  124 

122.  „       unerreichbar,  klein,  124 

123.  Rohrsheim  (1865),  Dm.  1,52,  126 

124.  „  (1717),  Dm.  1,30,  126 

125.  „  (14.  Jahrb.  (?),  Dm.  0,85,  In- 

schrift, 127 

126.  8arg8tedt  (1710),  Dm.  1,24,  128 

127.  „         (1617),    Dm.  1,14,    Inschrift, 

Bilder  128 

128.  „         (alt).  Dm.  0,38    (Höhe  0,58), 

keine  Inschrift,  129 

129.  Schauen  (1723),  Dm.  0,93,  131 

130.  „        unerreichbar,  ohne  Schrift  131 

131.  Stotterlingen,  (1786),  Dm.  1,08,  Inschrift 

132 

132.  „  (alt),  Dm.  0,54  (Höhe  0,57), 

mit  Kreuzen  in  Vieipässen,  132 

133.  Stötterlingenburg  (1394),   Dm.  1,08,  In- 

schriften, Bilder,  138 

134.  „  (1881),  Dm.  1,32,  139 

135.  Strobeck  (1877),  Dm.  1,33,  143 

136.  „         (1877),  Dm.  1,09,  143 

137.  „         (1877),  Dm.  0,96,  143 

138.  Suderode,  unerreichbar,  klein,  145 
189.  Veitheim,  (1723),  Dm.  1,29,  147 

140.  „         (1725),  Dm.  1,11,  Inschrift  147 

141.  „         (1723).  Dm.  0,59,  147 

142.  Wehrstedt,  .(1683),  Dm.  0,96,  150 

143.  „  (alt),  Dm.  0,92  (Höhe  0,87), 

mit  Kreuzen,  keine  Inschrift,  150 

144.  Wülperode  (1829),  Dm.  0,61,  Inschrift,  155 

145.  Zilly  (13.  Jahrb.  (?),  Dm.  1,13,  Inschrift. 

157  f. 

146.  „     (1703).  Dm.  1.03,  158 

147.  „     (1703),  Dm.  0,85,  158 

148.  „     (Domäne)  (14.  Jahrb.  (?),  Dm.  0,57 

(Höbe  0,73),  Inschrift,  159 

Die  grösste  Glocke  Ko.  37,  die  älteste 
datierte  No.  60 

Gioekenmschrifteii 

(orthogn^^hlache  Abweichungexi  anbeachtet) 

Ave  Maria  gratia  plana  dominus 
tecum  (vielmch  verkürzt,  selten  länger) 
(1  Atbenstedt  20.  1  Deersheim  33.  Halber- 
stadt: 3  Dom  268.    2  Liebfrauen kircbe  341. 


1  Johannisldrcbe  375.  1  Moritzkirche  384. 
1  Martinikirche  399.  1  Siechenhof  442. 
1  Homburg  59.  2  Oatenrieck  90  96. 
1  Gross-Quenstedt  111.     1  Bohrshehn  127) 

O  rex  gloriae  Christe  veni  cum  pacc 
(Halberstadt:  1  Martinikirche  399.  IBersiel 
22.  1  Hoppenstedt  52.  1 3tötterlingenbare 
188.      1  Züly  158) 

Andere  lateinische  Inschriften  (Halber- 
stadt :  4  Dom  267  f.  3  Liebfrauenkirche  840  f. 
1  Joh.-Kirche  375.  3  Moritzkirche  383. 
3  Martinikirche  399.  1  Andreaskiidie  412. 
1  Dardesheim  28.  2  Harsleben  49.  1  Oster- 
wieck90.  2  Klein-Quenstedt  113.  1  Zilly  159) 

Niederdeutsche  Inschriften  (1  Abben- 
rode 17.  1  Bühne  25.  Halberstadt:  2 Dom 
268.  1  Martinikirche  399)  1  Osterode  82. 
1  Osterwieck  96. 

Majuskelinschriften  (1  Atbenstedt  20. 
1  Berssel  22.  1  Deersheim  33.  Halber- 
stadt: 3  Dom  268.  3  Liebfrauenkirche  840  f. 
1  Job. -Kirche  875.  2  Moritzkirche  383. 
1  Martinikirche  399.  2  Osterwieck  90  96. 
1  Zilly  158 

An  alphabetische  Inschriften  (l  Bühne 

1  Dardesheim  28) 

Mit  vom  17.  Jahrhundert  an  gerech- 
neter, moderner  Inschrift  (2  Abben- 
rode 17.    2  Aspenstedt  19.    1  Athenstedt  20. 

2  Berssel  22.  2  Dansted t  27.  2  Daides- 
heim  28.    2  Deersheim  33.    5  Derenbuig  88. 

3  Emersleben  43.  2  Goddeckenrode  45. 
Halberstadt:  2  Dom  269.  1  Joh.-Kirche  375 
1  Andreaskirche  412).  1  Harsleben  48.  S 
Heudeber50.  1  Hoppenstedt  52.  4Hombarg 
59.  4  Langenstein  76.  1  Osterode  82.  3 
Osterwieck   90.      6  Gross-Quenstedt  JlOl 

1  Klein- Quenstedt   113.      3   Bhoden  121. 

2  Rimbeck  123.  3Bocluml24.  2  RobrBheim 
126.  2  Sargstedt  128.  1  Schauen  131.  1 
Stotterlingen  132      1  Stötterlingenburg  139. 

3  Strobeck  143.  2  Veitheim  147.  1  Wehr- 
stedt  150.    1  Wülperode  155.   2  Zilly  158. 

Ohne  Inschrift  (1  Abbenrode  17.  lAspen- 
stedt  19.  1  Bexheim  34.  1  Danstedt  27. 
Halberstadt:  3  Dom  '^68.  2  LiebfrauenJdrche 
340  f.  1  Martinikirche  401.  1  Qöddeeken- 
rode  45.  1  Osterwieck  96.  1  Rhoden  121. 
1  Sargstedt  129.  1  Schauen  131.  1  St&tter- 
lingen  132.     1  Wehrstedt  150) 

Glockennamen. 

Abbenrode,  Paulus  17 
Halberstadt,  Donna  266  f. 

Osanna  267  f. 

Maria  Magdalena  268 

Laurentius  268 

(Sauerkohl)  268 

(Bratwurst)  268 
'  (Langhals)  268 

(Lammchen)  268 

(Stimpimp)  268 

(AdämchenJ  268 

tGloriosa  340 

t  Sexta  365 

Mauritius  383 


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J 


Geschichtliches,  geographisches  und  kunststatistisches  Register 


537 


Lenohter 

a)  Kronleuchter  (im  ganzen  44) 

Danstedt  (2  16.  Jahrh.)  27 
•OöddeckeDrode  (Messing,  1621)  45 
JHalberstadt,  Dom   (Badform,  öchmiedeeisen, 
16.  Jahrh.)  279;    (desgl.  gotisch)  279; 
(desgl.  in  der  Neustädter  Kapelle)  '^79 
Liebfrauenkirche(Badform,  Schmiedeeisen, 

1494)  345 
Johanniskirche  (2  Messing,  Ende  17.  Jh.) 

374 
Moritzkirche  (Bronce,  spatgotisch)  385 f.; 

(Schmiedeeisen,  1517)  386 
Martinikirche  (Bronce,  1686)  407 ;  (Messing, 

1689)  407 
Synagoge  (20  Messing,  17.  Jahrh,)   410; 

(Silber,  17.  Jahrh.)  410 
Andreaskirche  (Messine,  17.  Jahrh.)  414 
Hospital  St.  Spiritus   (Messing,  Ende  des 
'     17.  Jahrh.)  489 
Harsleben  (Messing,  17.  Jahrh.)  49 
Homburg  (Messing,  1643)  59 
OsterwieSk,  Stephan!  (Messing,  1665)  98 

(Wandleuchter,  Bronce,  1567)  93 
Osterwieck,  Nicolai  (17.  Jahrh.)  97 
Bimbeck  (17.  Jahrh.)  128 
«totterlingenburg  f  17.  Jahrh.)  140 
Veitheim  (17.  Jahrh.)  147 

,  b)  Kerzenst&nder  (im  ganzen  84) 

Derenbur«  (2  Zinn,  1727)  88 
JHalberstiSt,  Dom   (Bronce,  14.  Jahrhundert; 
2  Bronce,  16.  Jahrh.;   2  Bronce,  1676)  279. 
Domschatz  No.  41,  42,  96,  97,  98,  383—336, 
425  p.  274  ff. 
liebfiauenkirche  (Bronce,  1475)  346 
Martinikirche    (2  Silber,   1785)  406;   (2 

Bronce,  frfihgotisch)  407 
Synagoge  (4  Messing,  17.  Jahrh.)  410 
iUidreaskirche  (2  Marmor,   Engelfiguren, 

15.  Jahrh.)  414 
Katharinenkirche     (Holz,    Knabenfigur, 
14.  Jahrh.)  425  f. 
Teltheim  (2  Holz,  17.  Jahrh.)  147 

Schmiede-  und  Schlesserarbeiten 

(s.  a  Leuchter,  Grabplatten,  Taufbecken, 
fi^ge  Geräte,  Taufkessel,  Sakramentsgehause 

Derenburg,  Hospital  (18.  Jahrh.)  39 
JHalberstadt,  Dom  (15.-16.  Jahrh.)  263  273  ff. 
liebfrauenkirche  (17.  Jahrh.)  324 
Martinikirche  (17.  Jahrh.)  897 
Syn^oge  (17.  Jahrh.)  409 
Burchardikloster  (18.  Jahrh.)  433 
Siechenhof  (18.  Jahrh.)  442 
Kommisse  (17.  Jahrh.)  450 
an  Wohnhäusern  u.dgl.  493 
Spiegels  Grab  (18.  Jahrh.)  507 
Homburg,  Privathäuser  (17.  Jahrh.)  69  71 
«trObeck,  Schachturm  (1650)  144 
Wehrstedt,  Kirchturm  (18.  Jahrh.)  149 

Webereien  und  Stickereien 

Berssel  (16.  Jahrh.;  1610;  1675;  1676)  23 
"Göddeckenrode  (16.  Jahrh.)  45 

Kreis  Halbentadt. 


Halberstadt,   Domsammlung  No.  31   (p.  273), 

62  (p.  274),  383  (p. 280),  liturgische  Gewander 

(p.280  ff.),  Ältaiuecken,  Wandteppiche  u.  s.  w. 

(p.  286  ff.),  Fahnen  (p.  290  f.) 

Synagoge,  Vorhänge  zum  AUerheiügsten 

(17.— 18.  Jh.),  Thorahmäntelchen  (desgl.) 

410 

Andreask.,  Messgewänder  (17.— 18.  Jahrh.) 

425 
Katharinenkirche,  Messgewänder  (17.  bis 
18.  Jahrh.)  425 
Langenstein  (16.  Jahrh.)  76 
Sargsledt  (1773)  129 
Schauen  (17.  Jahrh.)  131 

Schränke,  Truhen 

Bühne  (Sehr.,  17.  Jahrh.)  25 

Emersleben  (Tr.,  14.  Jahrh.)  43  f. 

Halberstadt,  Domsammlung  (Sehr.:  3  roma- 
nisch, 8  gotisch,  1  barock)  280 
Liebfrauenkirche  (Sehr.,  13.  Jahrh.)  347 
Martinikirche  (Tr ,  spätgotisch)  407 
Hospital  St.  Spiritus   (2  Tr. ,  romanisch) 

439 
Osterwieck,  Stephani  (Tr.,  17.  Jahrh.)  93 

Elfenbeinarbeiten 

Halberstadt,  in  der  Domsammlung  No.  28 
(p.273),  44  (p.291),  45  (römisches  Konsu- 
lardiptychon,  p.  291),  59  a,  b  (zu  No.  28) 

Wandmalereien 

Halberstadt,  Dom  (14.  Jahrh.)  265 

Liebfrauenkirche  (13.  Jahrb.,  modern  ver- 
dorben) 826  ff. ;  (18.  Jahrb.,  im  Chor)  334; 
(13.  Jahrh.,  Südapsis)  336  ff. ;  (14.  Jahrh., 
Barbarakapelle)  889 f.;  (18.  Jahrh.,  Süd- 
portal) 389  f. 
Paulskirche  (13.  Jahrh.)  365 
Katharinenkirche  (17.  Jahrh.)  425 
SiechenhofkapeUe  (13.  Jahrh.)  441 
Homburg,  Kirche  (17.  Jahrh.)  58 

Deckenmalereien 

Danstedt  (18.  Jahrh.)  26 
Emersleben  (18.  Jahrh.)  43 
Halberstadt,  Liebfrauenkirche  (Mittel-  u.  Süd- 
apsis, Barbarakapelle,   13.— 14.  Jahrh.) 

330  ff. 
Synagoge  (17.  Jahrh.)  410 
Bathaus  (17.  Jahrh.)  457 

Glasmalereien 

Abbenrode  (18.  Jahrh.)  17 
Halberstadt,  Dom  (14.— 15.  Jahrh.  u.  mod^n) 
259  ff. 
Liebfrauenkirche  (modern)  823 
Johanniskirche  (1648)  378 
Moritzkirche  (modern)  388 
Martinikirche  (17.  Jahrh.)  896 
Andreaskirche  (modern)  414 
Haus    der    Schützengesellschaft   (17.  bis 
18.  Jahrh.)  503 
Osterwiek ,   Stephanikirche  (16.  u.  17.  Jahr- 
hundert) 90 

96 


538 


Geschicbtliclies»  geographisches  und  knnststatistisches  Begister 


Osterwieck,  Nicolaikirche  (17.  u.  18.  Jabrh.)  96 
Ströbeck  (1653)  144 

Tafelmalereien 

(b.  a.  Altare,  Bildnisse  und  Gedächtnistafeln) 

Halberstadt,   Domsammiung ,  Chorthüren  (15. 
Jahrh.)  266;    (14  Stücke,  14.— 18.  Jahrh.) 
295  ff. 
Liebfrauenkirche  (15.  Jahrh.)  350 
Moritzkirche  (1694)  387 
Katharinenkirche  (18.  Jahrh.)  427 
Bathaus  (2  17.JahrhO  458 
Oleimhaus  (14.-18.  Jahrh.)  498 
Spiegeische  Sammlung  (modern)  500 

Harsleben  (10  16.  u.  18.  Jahrh.)  48 

Homburg  (2  18.  Jahrh.)  59  f. 

Langenstein,  Bimpausche  Sammlung  79 

Osterwieck,  St.  Stephani  (7)  95 

Or.-Quenstedt  (1626)  112 

Schauen,  Grotesche  Sammlung  131 

Wülperode  (1687)  155 

Bildnisse 

(wo  Sicht«  anderes  gesagt,  Oelgemälde.    Epitaphien 
und  Privatbesitz  fehlen) 

Abbenrode  (17.  Jahrh.)  18 
Berssel  (3  17.  Jahrh.)  23 
Deersbeim  (17.  Jahrh.)  83 
Halberstadt,  Dom  (17.  Jahrh.)  296;  (18.  Jahrh.) 
296;  (16.  Jahrh.)  298 
Spiegeische  Medaille  504 
Harsleben  (5  18.  Jnlirh.)  49 
Osterwieck,  Stephani  (10  17.— 19.  Jahrh.)  94 
Gr.-Queustedt,  Fetri  (18.  Jahrh.)  110 
Gr.-Quenstedt,  Laurentii  (17.  Jahrh.)  112 
Kl.-Quenstedt  (2  18.  Jahrh.)  118 
Schauen  (18.  Jahrh.)  181 
Stötterlingen  (2  18.  Jahrh.)  133 
Wülperode  (17.  Jahrh.)  155 

Gegenstände  der  bildlichen  Dar  Stellung 

(Bildnisse,  Ornamente  und  Heraldisches 
ausgeschlossen) 

a.  aus  Bibel  und  Legende 

1.  Personen  und  Symbole 

Aaron  45  121  127  150  373 

Abner  260 

Abraham  289  f. 

Adam  und  £va  264  273 

Agathe  265 

Ambrosius  295  339 

Anna  selbdritt  34  53  94  261  291  297  f.  349  f. 

Andreas  59  297  350  883 

Antonius  292  n50 

Die  12  Apostel  53  92  110  127  264  292 

Augustin  292  295  839 

Barbara  34  53  264  287  292  295  f.  350 

Bartholomäus  94  350 

Bonifatius  383  ff. 

Burchard  433  f. 

Christophorus  34  53  291  298  349  469  f. 

David  26  262  326  ff.  425 

Pemetrius  273 

Dionysius  260 


» 


Dorothea  260  350 
Dreieinigkeit  26  128 
Elisabeth  296 
Enge)  26  38  262 

Engel,  die  Madonna  verehrend  326  ff. 
die  Monstranz  verehrend  280 
musizierend  260  263  278  339 
Leuchter  tragend  292  414 

„       mit  Schwert  292 
Erasmus  264 
Die  4  Evangelisten  28  45  59  127  UO  150  154 

290  373  425  442 
Evan^elistensymbole  273  302  f. 
Franciscus  414 
Georg  260  264  295  850  467 
Gesicht  mit  2  Schwertern  (Offenb.  19, 15)  122 
Gott -Vater  17  23  260  263  303  425 
Gregor  295  339 

Heilige  (unbestimmbar)  244  260  262  ff.  278f[. 
•    284   291  f.   295   298  302  339  350  364  383 

412  441 
Hieronymus  264  295  339 

Jakobus  d.  Alt.  34  291  295  297  350  433  f. 

Jeremias  260 

Jerobeam  260 

Jesus  27  37  110  121  127  132  150  282  414  441 

„      und  die  Apostel  275  289  297  324  ff. 

„      als  guter  Hirte  127 

„      als  Kind  29  275  277 

„     als  Kinderfreund  76 

„      als  Überwinder  399 

„     als  Weltregierer  38  139  147  326  868 

„      als  Weltriditer  39  96  260  f.  341  350 
Joachim  260 

Johannes  d.  £.  21  34  59  123  266  292  298  32(^ 
Johannes  d.T.   21   27   91    110   150  154  262 

264  f  296  ff.  349 
Jonas  262 

Kari  d.  Gr.  260  263  ff.  274  288 
Katharina  34  39  280  292  294  ff.  899  442 
Kosmas  und  Damian  264 
Kunegundis  280  • 
Lamm  Gattes  38  262  275  f.  884 
Laurentius  58  133  260  263  f.  268  278  290  m 

507 
Liborius  349 
Lucas  350 
Madonna  17  28  25  27  94  138  260  262  2641 

273   282  291  ff.  295  ff.  324  ff.  331  ff.  888  ff. 

345  ff.  888  f.  31*9  412  414  f. 

—  wird  geklönt  53  91  262  284  292 

—  gekrönt  auf  der  Mondsichel  84  38  €0  125 
148  291  298  414  426  498 

—  als  Mater  dolorosa  284 

—  mit  der  heiligen  Sippe  140 
Margaretha  260 

Markus  139 

Maria  Magdalena  260  292 

Martin  260  292  297  396  399 

Matthäus  139 

Mauritius  260  264  884  f. 

—  zu  Pferde  383 
Michael  289 

Moses  27  43  45  110  121  123  127  132150154 

373 
Nestor  273 


Geschichtliches,  geographisches  und  kimststatistisches  Begister 


Ö39 


Paulus  27  37  60  123  139  262  295  2971  364 

Petrus  20  27  34  37  43  110  123  295  297  f. 

Propheten  295  326  ff. 

Beinhold  350 

Salomo  262  326  if. 

Sebastian  264 

Servatius  332 

Simson  262  277  405  467  f.  470 

Sixtus  96  262  264  266  268  298 

Stepbanus  28  84  52f.  91  f.  96  139f.  159  260 

262  ff.  266  268  274  278  290  292  295  f.  298 

332  349  f.  384  450  507 
Zedekia  262 

2.  Scenen 

a.  alttestamentliche 

Arche  Noah  260 

Auszag  der  Juden  262 

Baum  der  Erkenntnis  292 

Daniel  in  der  Lowengrube  262 

Ebeme  Schlange  59 

Goldenes  Knlb  260 

Gottes  Bund  mit  Koah  262 

Joseph  und  seine  Brüder  262 

Lots  Weib  262 

Mannalese  260 

Moses  am  Ber^e  Horeb  260 

,,      am  feuriffen  Busch  262 
Noflh  nach  der  Sintflut  262 
Opfer  Isaaks  59  262  289  405 
I*barao6  Tod  262 
{Samuel  und  Dayid  260 
Sauls  Tod  262 
Schöpfung  405 
Sintflut  262 
Sündenfall  43  405 

ß.  neutestamentliche 

Anbetung  des  Kindes  140  294  387 

Anbetung  der  Könige  45  60  140  260  264  275 
292  297  331  ff.  414 

Arme  Lazarus  127 

Ausgiessung  des  heiligen  Geistes  96  260 

Barmherzige  Samariter  95 

Beschneidung  ^  1 40 

Flucht  nach  Ägypten  262  333 

Geburt  Jesu  60  260  262  264  297 

Hochzeit  von  Kana  260 

12jahriger  Jesus  im  Tempel  260  262 

JesuB  wird  getauft  43  59  262 

von  Magdalena  gesalbt  296 
mit  der  Samariterin  133 
,,      als  Leidensmann  23  88  292 

Johannesleeende  260  f. 

Jünger  in  Em  maus  131 

Kluge  und  törichte  Jungfrauen  262 

Kreuzigung  17  20  22  f.  25  27  29  33  38  f.  45 
49  52f.  59f.  77  82  91  f.  94f.  110  112  121 
124  127  ff.  138  140  143  147  f.  158  260 
262  ff.  267  272  ff.  280  282  ff.  291  f.  294  f.  297  f. 
350  f.  374  f.  408  ff.  415  426  441  504 

Marienleben  260  262  ff.  284  288  290  f.  295  405 

Marter  der  Zehntausend  155 

Passionsdarstellungen  (vom  Abendmahl  bis 
zur  Auferstehung,  Kreuzigung  siehe  oben) 
17  43  59f.  91  f.  95 ff.  127  140  260  262  264 


285  291  295  f.  298  803  373  884  386  405  408 

434  441  508 
Schweisstuch  der  heiligen  Veronica  295  f. 
Uneläubiger  Thomas  277  292  297 
Verkündigung  (siehe  Marienleben) 

bei  den  Hirten  873 
Wahl  des  Mattiiias  260 
Die  Weisen  bei  Herodes  260 
Weltgericht  405 
Weltuntergang  405 

b.  Weltliches  und  Verschiedenes 

Allegorien  260 

Antike  Dichter  und  Philosophen  275  289 

„       Götter  507 
Belagerung  einer  Stadt  499 
Gaukler  263  466 
Geistliche  (unbestimmbar)  340  f. 
Halberstadt  458 
Hilariusmänner  453 
Jagd  17 

Die  4  Jahreszeiten  69  154 
Kaiser,  römische  106  457 
Kampfscene  286 
Kardinaltugenden  88  59  414 
Kirche  und  Synagoge  262  291  326  ff. 
König,  thronend  94  98  467 
Luther  150 
Melanchthon  298 
Die  Paradiesesflüsse  98  405 
Pflanzen  504  ff. 
Priesterweihe  260 
Beliquienübertraeung  260 
Boland,  siehe  Halberstadt  (Ortschaftsverzeichn.) 
Spes  260 
Ströbeck  142 
Tiere  45  66  104  107  137  264  275  278  282  284 

288  290  300  334  344  383  504 ff 
Todessymbole  34  277  304  374 
Volksfiguren  27  103  107  144  466  470  480 

Kfinstler  und  Handwerker 

a)  Allgemeines 

FeiuBchmiede  187 
Gerber  187  218  220 
Glaser  187 

Grobschmiede  187  219 
Handschuhmacher  187 
Hutmacher  186 
Kürschner  186  223 
Schneider  186  416  458 
Schuhmacher  186  217  f. 
Weber  186  215 

b)  N  a  m  e  n   (19.  Jahrhundert  ausgeschlossen) 

Appe,  Michael  (Glockengiesser  aus  Wolfen- 
büttel, 17..Iahh.)  33 

Becker,  Claus  (Glockengiesser,  1520)  118 
„       Hinric  (Glockengiesser,  16.  (?)  Jahrb.) 
113  340 

Blume,  Johannes  (Glockengiesser,  15.  Jahrh.) 
267  ff.  899 

Borstelmann,    Heinrich    (Glockengiesser   aus 
Magdeburg,  17.  Jahrh.)  20  49  128 

Bottschild,  Samuel  (Maler,  18.  Jahrh.)  296 


540 


Geschichtliches,  geographisches  und  kunststatistisches  Register 


Bjlaert,  J.  van  (Maler,  17.  Jahrh.)  79 

Dipp,  Zachaiias  (Baumeister,  17.  Jahrh.)  47 

Dunsing,  Christoph  (Baumeister,  18.  Jahrh.) 
64  72 
„         Heinrich   (Baumeister,    17.  Jahrh.) 
63f.  71  82  122 

Dürer,  Aibrecht  299 

£rdmaru8  (^Glookengiesser  1339)  ,90 

Brtle,  Bastian  (Bilonauer  zu  Magdeburg,  16. 
bis  17.  Jahrh.)  303 

Faber,  Nicolaus  (Orgelbauer,  14.  Jahrh.)  277 

Felbinger,   Johann  Wilhelm   (Glockengieeser 
aus  Halberstadt,  18.  Jahrh.)  45 

Froböee  (Schnitzer  aus  Hombarg,  18.  Jahrh.) 
45  59 

Gterardus  (Glockengieeser  aus  Osterwieck  [?J)  1 59 

Gettwerth,  Johann  Georg  (Glockengiesser  aus 
Halberstadt,  Ende  18.  Jahrh.)  124 

Herbst,  H.  und  Sohn  (Orgelbauer  in  Magde- 
burg, 18.  Jahrh.)  278 

Johannes,  Magister  (Glockengiesser  in  Halber- 
stadt (?),  14.  Jahrh.)  383 

Kämpen,  Heinrich  von  (Glockengiesser,  16. 
Jahrh.5  268  399 

Kasten,  G.  (C.)  N.  (Glockengiesser  aus  Halber- 
stadt, 18.  Jahrh.)  27  59 

Kipmann,  Matthias  (Giesser  zu  Halberstadt, 
17.  Jahrh.)  315 

Elleng,  Gregor  (Orgelbauer,  15.  Jahrh.)  277 

Knoblauch,  Christian  Heinrich  (Glockengiesser 
aus  Halberstadt,  18.  Jahrh.)  19  28  43  110  182 

Koster,  Hermann  (Glockenfliesser,  15.  Jahrh.)  25 

Guntzius,  Christoph  (Orgelbauer  aus  Wernige- 
rode 1708)  17  367 

Lindemeyer,  Daniel  (Maler,  17.  Jahrh.)  60 

„  Wulf  Ernst  (Maler,  17.  Jahrh.)  60 

Meier,  Heiso  (Glockengiesser  aus  Wolfenbüttei, 


spater  in  Braunschweig,  17.  Jahrii.)  19  22 

37  39  111  121  123  158 
Meier,  Heiso  (Glockengiesser  in  Wolfenbüttel, 

1777)  124 
Meisner,  Hans  (Giesser  aus  Braunschweig  1567) 

93  276  302 
Meyer,  Christian  Ludwig  (Glockengiesser  aus 

Braunschweig,  18.  Jahrh.)  22  27   111   126 

128  147 
Molyn,  Charles  (Maler,  18.  Jahrh.)  79 
Baphon,  Johannes  (Malerin  Eimbeck,  16.  Jahrh.) 

298 
Schmidt,  Heinrich  (Maler  in  Leipzig,  1501 — 41) 
Schongauer, Martin  (Malerin  Counar,  15.  Jahrh.) 

511 
Schrader,  Tobias  (Baumeister,  1742)  64  78 
Sieden  topf,  Hans  (Baumeister,  Ende  17.  Jahrh.) 
64  73 
„        Henni  (Baumeister,  17.  JahilL)  64  72 
Spatz,  Christoph  (Glockengiesser  ans  üidbcx- 

stadt,  18.  Jahrh.)  83 
Stegler,  Hans  (Tischler,  1575)  92 
Straube,  Christoph  (Baumeister,  17.  Jahrii.)  18 
Ulrich,  M.  (Uhrmacher,  17.  Jahrh.)  299 
Vischer,  Peter  (Bildgiesser  in  Nürnberg,  16. 

Jahrh.)  302 
Wentzel,  Jakob  (Glockengiesser  aus  Mairdeburt:, 

n.Jatrh.)  150  -«      -ß. 

Werner,  Michael  (Böttcher  aus  Landau,  16. 

Jahrh.)  504 
Wilcke,  Hans  Heinrich  (Kunsttischler,  1744) 

144 
Wilhelm,  Meister  (Maler  in  Köln,  14.  Jahrh.)  297 
Wilken,  Hans  (Bildgiesser  zu  Braunschweig, 

16.  Jahrh.)  303 
Wolgast,  Georg  (Bildgiesser  zu  Halle,  16.— 17. 

J^rh.)  303 


A.  A.  B.  346 

A.D.  131 

A.G.B.  83 

C.E.  113 

CM.  127 

C.P.M.  884 

CT.  143 

D.T.  (1722)  124 

E.B.W.  (Bildhauer)  H5f. 

E.F.  (1696)  158 

E.G.  (1697)  50 

F.  J.  M.  276  384 

G.  G.  (BUdhauer)  264 
H.B.  59 

H.  C  R.  L.  29 


c)  Meisterzeichen 

(wo  nicht  ftndsn  bemerkt  yon  OoMichni  Jeden) 


H.S.  (1698)  49 

J.  A.  H.  82 

J.  C  J.  94 

J.  G.  M.  26 

J.K.B.  (1718)  19 

J.  K.  B.  77  384 

J.  V.  D.  124  148 

K.  131 

K.  B.  (1718)  112 

L.  J.  C.  R.  V.  L.  (1726)  406 

L.J.S.  122 

L.  S.  51  77  155 

M.  C  21 

M.G.  (1697)  129 

M.G.  (1698)  49 


M.G.  (1712)  110 

MG.  29  133  158  374 

P.R.  (BUdhauer)  148 

S.E.  127 

S.K.  94 

S.  W.  23 

T.  A.  H.  26 

T.H.H.  53 

T.T.  (170..)  23  158 

T.T.  (171..)  276 

T.T.  (1711)  33  77  110  150 

T.T.  346 

W.  B.  38 

Z.U.Z.  181 


d)  Steinmetzzeichen 
Halberstadt.  Dom  245 ff.  (frOhgotische  245 f.) 
250  252  255  f.  259  803  (Bastian  Ertle) 
Katharinenkirche  425 
Petershof  446 
Rathaus  452  454 
Homburff  58 

Osterwieck  (Stephanikirche)  90 
Veitheim  147 


e)  Marken 
Giesserzeichen 

275  (romanisch) 
302  (Hans  Meisner) 

340  (Heinrich  Becker 

341  (15.  Jahrh.) 

Bildhauerzeichen 
408  Anonym,  16.  Jahrh.) 


Übersicht  des  Registers 


A.  Gesehiehtlkshes 

Adlige  Familien  518 

Bischöfe  517 

Dom  probate  u.  DomdechaDten 

517 
Familiennamen ,     bürgerliche 

und  bauerliche  519 
Handschriften  und  Bücher  520 
Hansa  519 
Innungen  519 
Juden  519 
Kostüme  520 
-Kulturgeschichtliches  519 
Personen,  andere  519 
Privatsammlungen  520 
Reformation ,  Einführung  der 

519 
Schulen  520 
Siegel  519 
Templerorden  519 
Verfassungsgeschichtlicbes  519 
Vorgeschichtliches  519 
Wappen  519 
Weihbischöfe  517 
Weinbau  520 

B.  Geographisches 

Archidiaconate  521 

Ber^e  520 

Genchts-  und  Dingstätten  525 

Oewässer  520 

Halberstadt  522 

Meiereien  525 

Mühlen  525 

Ortschaften  521 

C.  Knngtstatlstlsehes 

Altare  530 
Badstuben  527 
Beschauorte  534 


Bildnisse  538 
Brunnen  527 
Deckenmalereien  537 
Elfenbeinarbeiten  537 
Qegenstände     der    bildlichen 
Darstellung:  538 f. 

a)  Aus  Bibel  und  Legende 

b)  Weltliches     und     Ver- 
schiedenes 

Geräte,  Heilige  533 

a)  Kelche  533 

b)  Patenen  533 

c)  Kannen  533 

d)  Oblatenschachteln  534 

e)  Taafschüssehi  534 

f )  Verschiedenes  534 
Gestühle  und  Emporen  531 
Glasmalereien  537 
Glocken:  534 

sl)  zu  Qrunde gegangene  534 
m  noch  vorhandene  534 
Glockeninschriften  536 
Glockennamen  536 
Grabplatten  und  Erinnerungs- 

tafehi  532 
Hausmarken  527 
Holzdecken  530 
Hospitäler  528 

Inschriften  an  Grebäuden  527 
Kanzeln  531 
Kirchen  und  Kapellen:  528 

a)  zu  6ru nde  gegangene  528 

b)  noch  vorhandene  528 
Kircbendecken  530 
Kirchturmformen  529 
Klappaltäre  531 

Klausen  528 
Klöster  528 
Kreuzffänge  530 
Kruzinxe  531 


Künstler  u.  Handwerker:  539 f. 

a)  Aligemeines 

b)  Namen 

c)  Monogramme 

d)  Stein  metzzeichen 

e)  Marken 
Leuchter:  537 

a)  Kronleuchter  537 

b)  Kerzenständer  527 
Orgeln  531 
Patronatsheilige  527 
Portale,  wichtige  529, 
Rathäuser  526 
Sakramentsgehäuse  530 
Schmiede-  u.  Schlosserarbeiten 

537  . 
Schränke  und  Truhen  537 
Skulpturen:  533 

a)  Holz  5  53 

b)  Stein  533 
StadtbefestigUDgen  526 
Steine,  merkwürdige  527 
Stuckdecken  530 
Tafelmalereien  538 
Taufengel  532 
Taufsteine  532 
Türme:  526 

a)  zu  Grunde  gegangene  526 

b)  noch  vorhandene  526 
Verschanzungen,  alte  u.  dergl. 

526 
Wandmalereien  537 
Webereien  und  Stickereien  527 
Wohnhäuser:  526 

a)  Dorfhäuser  526 

b)  Stadthäuser  526 
a)  Steinerne  526 

ß)  Fachwerkbauten  526 
Allgemeines  526 
Nach  den  Perioden  526 


Halle  a.  S.,  Druck  von  Otto  Hendel. 


Halle  a.  S.,  Druck  von  Otto  Hendel. 


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