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Full text of "Böhmen und seine Nachbarländer unter Georg von Podiebrad 1458-1461, und des Königs Bewerbung um ..."

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BÖHMEN 



SEINE NACHBARLÄNDER 

UNTER GEOEG VON PODIEBMD 
UÖ8-I461 

UND 

DES KÖNIGS BEWERBCNG UM DIE DEUTSCHE KRONE. 

Em BEITRAG 

ZUR GESCHICHTE DER VERSUCHE EINER BEICHSREFORM 

IM XV. JAHRHUNDERTE. 

ZUM THEILE NACH UXGEDKUCKTEN tJUELLEN 



DB. ADOLF BACHMANN, 




J. G. CALVE'sche K. KHOF-SBüND UNIV.-BUCHHANDLi'NU 
1878. 

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VORWORT. 



Begonnen wurde die vorliegende Arbeit zunächst nur 
in der Absicht, des Böhmenkönigs Georg voi Podiebrad Ver- 
suche, die römische Königskrone zu erlangen, zu schildern. 
Es galt diese Aufgabe mit möglichster Berücksichtigung und 
Verwertung einmal der allgemeinen Verhältnisse in Kirche 
und Reich, besonders aber in den österreichisch-ungarischen 
Ländern, dann des bis jetzt darüber vorhandenen Quellen- 
materials zu verfolgen und das Projekt auch in seinen Ein- 
zelnheiten klar zu stellen. Dass der vor Kurzem verstorbene, 
um die Bearbeitung dieser Epoche wie überhaupt der Geschichte 
Georgs von Podiebrad hochverdiente Landeshistoriograph von 
Böhmen Dr. Franz Palacky in seiner ausführlichen Geschichte 
Böhmens, IV. Band, 2, Abth., gerade diese Bestrebungen König 
Georgs mit minderer Sorgfalt verfolgt hat, dass er vielmehr 
diesen ihm anscheinend wenig sympathischen Stoff nur nebenher 
und wenn die Nothwendigkeit gebieterisch drängt, behandelt, 
ohne die letzte freilich für den König wenig ehrenvolle Phase 
dieser Versuche trotz seiner augenscheinlichen Kenntnis der 
bezüglichen Nachrichten auch nur überhaupt zu berücksichtigen, 
konnte die Arbeit nicht blos als keine überflüssige sondern 
auch als nothwendig erscheinen lassen. Ein Gleiches glaube 
ich von den drei Aufsätzen Saint-Rene Taillandier's in der 
„Revue des deux mondes" : „Le roi George de Podiebrad, Epi- 
sode de l'histoire de Boheme", tom. XL. p. 605—650 und 



IV 

p. 915—956; toai. XLI. p. 118—163, Paris 1862, dann dem 
Buche H. M. Riehter's: „Georg von Potüebrads Bestrebungen 
um Erlaugung der deutschen Kaiserkrone und seine Bezie- 
hungen zu den deutscheu Reichsfürsten", Wien und Leipzig 
1863, sagen zu dürfen. Ersterein darf man mit Recht völlige 
Abhängigkeit von der Palacky'schen Darstellung, beiden unge- 
nügende Beherrschung des t^ueUenmateriales und mangelhafte 
Durchführung der Frage, die besonders Richter zu zahlreichen 
Irrtbümern führt, 7.um Vorwurfe machen. Aus der Darstellung 
bei Max Jordan: „Das Königthura Georgs von Podiebrad," 
Leipzig 1861, ist wenig zu lernen. 

Dagegen hat Podiebrads Königsprojekt in treftlichen 
Monographien deutscher Gelehrter, bei Prof Karl Menzel in. 
seinem Buche: .Diether von Isenburg, Erzbischof von Mainz," 
Erlangen 1868; bei Prof. Georg Voigt im 3. Bande seines 
.Enea Silvio de' Piccolomini als Papst Pins IL" 3 Bände, 
Berlin 1856—1863; von Prof. August Kluckhohn in der Preis- 
schrift: „Ludwig der Reiche, Herzog von Bayern", Nördlingeo 
1865; bei Dr. Hermann Markgraf in mehreren Abhandlungen 
über die Zeit König Georg's, erwünschte Berücksichtigung 
und Aufhellung nicht blos in den wesentlichen Momenten 
allein erfahren. Aber der besondere Zweck der Arbeiten 
gestattete auch hier weder ein ausführliches Eingehen auf 
die Einzelnphasen der fest zwei Jahre andauernden böhmischen 
Aktion', noch die vor allem nöthige besondere Berück- 
sichtigung der böhmisch- österreichischen wie östen-eichisch- 
ungarischen Beziehungen und des Königs absonderliche Stellung 
der Curie gegenüber; doch gilt letzteres weniger von Georg 
Voigt's und H. Markgi-afs Arbeiten. Und so glaube ich auch 
da nicht den Vorwurf, Nutzloses unternommen zu haben, 
fürchten zu müssen. 

Beim Fortgange der Arbeit gewann ich nun gar bald 
|ie Ueberzeugung, dass das Veriangen römischer König zu 



werden, wenn auch zunächst noch tief verborgen in der Seele 
Podiebrads echlununerad, denn doch bereits im Sonimei' 1459 
mächtigen Einfluss auf des Königs EntSchliessungen gewinnt, 
dann aber, seitdem der König sich zu offener Bewerbung ent- 
schieden, geradezu zum Mittelpunkte der böbmischen Pohtik 
wird. Alle Vorkommnisse in Böhmen und im Reiche wirken 
darauf nuttelbar oder unmittelbar zurück, während anderseits 
die Entwicklung der inneren Verhältnisse Böhmens nie seine 
Stellung zu den Nachbarstaaten und zur Kirche im wesent- 
lichen Ton dort aus bestimmt wird. Dieser Umstand und dass 
mir eine ziemliche Menge bisher unbekannter und zum Theile 
wichtiger Archivalien zu Gebote stand, Hessen den Eutschluss 
reifen, an die Neubearbeitung der Geschichte Böhmens in den 
bezüglichen Jahren — 1458 — 1401 — überhaupt Hand anzu- 
legen, erst mit ihr und auf ihrer Grundlage die einzelnen 
Phasen des römischen Königsprojektes zu verfolgen. 

Die reichste Fundgrube neuer mehr weniger wichtigen 
Aktenstücke war für mich auch diesmal das Stadtarchiv von 
Eger, Neben der langen Reihe mächtiger Folianten, die uns 
die Korrespondenz der Stadt — glücklicher Weise in No. 1 
auch die der Jahre 1457 — 1468 — aufbewahren, findet sich 
da eine Fülle von Originalkon-espondenzen, die gerade auch 
für unsere Zeit Autschlüsse von hoher Wichtigkeit bieten. 
Dem Eifer und der Einsicht des Herrn Bürgenneisters Adolph 
Tachezy, dem sich der Verfasser für die freundschaftlichste 
Förderung seiner archivalischen Arbeiten hoch veri>flichtet 
fühlt, wird es hoffentlich in recht kurzer Zeit gelingen, auch 
den letzten Rest der noch ungeordneten Archivbestände ihrer 
eigentlichen Bestimmung zugängig zu machen. 

Weniger zahlreich aber dafür von durchwegs bedeutendem 
Werte sind die Briefe, Relationen und Instruktionen, die ich 
aus dem Grossherzogisch - sächsischen Gesamnitarchive von 
Weimar und dem Stadtarchive von Nürnberg nach durchwegs 



^ 



VI 

coUationirten Abschriften des hiesigen Böhmischen Landes- 
archives zu benutzen vermochte. Herrn Landesarchivar Prof. 
Dr. A. Gindely, der mir die Archivalien des Landesarchives 
bereitwilligst zur Verfügung stellte, sage ich dafür sowie für 
die sonstige Förderung meiner Bestrebungen meinen auf- 
richtigsten Dank. Kaum minderen Anspruch an denselben 
besitzt Herr Regierungsrath Prof. von Höfler, der mir seine 
Sammlung von Archivalien für die Zeit Georgs von Podiebrad 
in freundlichster Weise zu beliebiger Benützung überliess. 
Eine nicht geringe Anzahl von Briefen und Urkunden, freilich 
zumeist für Podiebrads spätere Regierungsjahre, bot das kön. 
preuss. Geh. Staatsarchiv, einzelne Stücke endlich Hessen sich 
aus den Archiven von München, Wien und des böhmischen 
Museums in Prag, den Universitätsbibliotheken . zu München 
und Prag, der Bibliothek des hochw. Metropolitancapitels in 
Prag beibringen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, Allen, 
die mich bei meinen Arbeiten gefördert haben, besonders aber 
den Herren Geh. Archivrath Dr. Hassel in Berlin, Bibliothekar 
Dr. Föhringer in München, Sectionsrath Paul Wocher in Wien, 
den freilich dieser Dank nicht mehr unter den Lebenden 
finden sollte, Domcapitular P. Anton Frind in Prag; meinen 
ergebensten Dank zu sagen. 

Mit der Veröffentlichung der gesammelten Archivalien soll 
nicht gesäumt werden. Für jetzt gaben ^ sie die Möglichkeit, 
die so sctwer vermissten genaueren Nachrichten über die Vor- 
gänge bei König Georgs Wahl wenigstens zum Theile beizu- 
bringen, das Dunkel, das auf den Beziehungen zwischen Böhmen 
und dem Reiche im Jahre 1458 lastet, durch einzelne Streif- 
lichter zu erhellen, Befürchtungen und Hoffnungen, wie die 
äusseren Massnahmen der Böhmen feindlichen sächsischen 
Herzoge und der mit ihnen verbündeten Fürstenhäuser ein- 
gehender zu zeichnen. Die dann gebrachte völlig neue An- 
'hme, dass Martin Mair bereits am Frühjahrtage 1459 zu 



VII 

Eger dem Könige den Plan seiner Erhebung auf den deutscheo 
Thron nahe gelegt, wird nicht als müssige Kombination er- 
scheinen, wenn man des Königs sonst unmögliches Verhalten 
dem Kaiser wie dem Herzoge Ludwig von Baiem gegenüber 
während des Sommers 1459, dann auf und unmittelbar nach 
ilem Egerer Herbsttage im Auge behält. Die Beziehungen 
König Georgs zu Ungarn wie zum päpstlichen Stuhle sind 
dann richtig gestellt, die inneren Verhältnisse in Oesterreich 
nen gezeichnet, genau ein erstes und ein zweites Anbringen des 
Königs an den Kaiser geschieden. An die mit Zuhilfenahme 
sämmtlicher vorhandenen Nachrichten unternommene Dar- 
stellung der zweiten Phase des böhmischen Planen, der Er- 
hebung mit Hilfe der Fürsten gegen den Willen des Kaisers, 
schliesst sich die Beleuchtung des Entwurfes, schliesslich mit 
Hilfe des Papstes zum Ziele zu gelangen. Er birgt in seinem 
Schosse zugleich die eodgiltige Entscheidung über die künftige 
Stellung des Königs zum römischen Stuhle überhaupt und 
damit die Keime der gewaltigen Stürme, die den Niedergang 
und das Ende des Königthums Georgs von Podiebrad um- 
brausen. 

Was die Darstellimg betrifft, so musste der Verfasser 
bei der eingangs geschehenen Zeichnung der Beziehungen 
Böhmens zu Kaiser und Reich 1458 nothwendig etwas mehr 
in die Breite gehen, da es galt aus einzelnen losen Zügen 
ein Bild der Gesammtverhältnisae zu schaffen. Ebensowenig 
besorgt er daraus einen Vorwurf, die Haltung Breslaus und 
der Schlesier nicht an einer Stelle übersichtlich erörtert zu 
haben. Es galt eben, den Eintluss hervorzuheben, den der 
momentane Stand der schtesischen Frage nothwendig auf 
die Politik des Königs und der sächsischen Herzöge zu ver- 
schiedenen Zeiten ausübte. 

Falls der Verfasser wirklich mit vorliegender Arbeit 
irgend ein Verdienst erworben haben sollte, so gebührt dies 



VIII 



vor allem einer hohen, k. k. Regierung, der ausserordentlichen 
Munifizenz, mit der sie den Verfasser durch Gewähi-ung wissen- 
schaftlicher Müsse und Bewilligung reicher materieller Unter- 
stützung in unverdientem Masse gefördert hat. Es sei ihm 
darum erlaubt an dieser Stelle seinem ehrfurchtsvollsten Danke 
Ausdruck zu geben. 

Prag, den 22. April 1877. 



Adolf Bachmann. 



INHALTSVEEZEICHNIS. 



I. CAPITEL. 

Böhmen und das deutsche JReich 1458, 

König Georgs Lage am Schlüsse des J. 1458 und Rückblick auf 
die Ereignisse in den Kronlanden — S. 2., Georgs Wahl — 3, Krönung — 4. 
Stellung zu den Reichsfürsten in Folge der Wahl — 5, zu den Habs- 
burgern — 9, zu Sachsen und seinen Freunden — 10. Friedliche Be- 
ziehungen zu Würzburg — 12, zum Reiche durch die Nürnberger — 13, 
die Egerer — 15, die Schlicke — 16, Markgraf Albrecht von Branden- 
burg — 17. Feindliche Bestrebungen Herzog Wilhelm's von Sachsen seit 
König Georgs Erhebung -- 20, gehemmt durch die Parteiung im Reiche 

— 21. Markgraf Albrecht — 22, das Nürnberger Landgericht — 24 
drohender Krieg im Reiche — 26, Vertrag der Parteien zu Nürnberg 

— 27, Gefahr eines gemeinsamen Krieges gegen Böhmen — 28, die Tage 
yon Heidelberg und Aschaffenburg — 29. 



II. CAPITEL. 

König Georg tritt in Einung mit den Fürstenhäusern des Reiches. 

Januar — Mai 1459. 

Die Brandenburger gegen den Ausgleich im Reiche — 31, Um- 
schwung ihrer Politik Böhmen gegenüber — 32, der Tag zu Bamberg 
— 33, Haltung der Lausitzer und ScWesier bis Febr. 1459 — 35. König 
Georgs friedliche Verrichtungen in Böhmen und Mähren — 38, Beziehungen 
zu Ungarn und Verhandlungen mit Kaiser Friedrich in Znaim — 41. Die 
Tage vonWunsiedel — 42, Cottbus — 44, Amberg — 44, Ingolstadt ~ 45, 



Eger (April — Mai 1459) — 66. Dort Verhandlungen mit Sachsen, 
Brandenbarg und dem Pfalzgrafen — 54, Friede und Einung mit Sachsen 

— 57, Einung mit Brandenburg — 58. König Georg und Martin Mair 

— 59, dessen Persönlichkeit und Vergangenheit — 61, Köm. Königs-Projekt 

— 64, Zurückweisunßf — 66. 



III. CAPITEL. 

Die Zeit der Vorbereitung. 

Mai — November 1459. 

Ergebnisse des Egerer Tages — 69, fernere Opposition der Schlesier 
und Lausitzer — 73. König Georg und die Curie — 76, Rabenstein bei 
Pius II. — 79, die Bresjauer ebendort — 81, des Papstes ferneres Ver- 
halten — 83, dessen Folgen für die schles. Verhältnisse — 86, der Wider- 
stand der Breslauer — 88. Aufstand und Wirren in Ungarn — 88, Kaiser 
Friedrich zum ungar. König gewählt — 90, sucht die Unterstützung des 
Papstes — 93, kommt trotz seines Waffenerfolges nicht vorwärts — • 96, 
bittet König Georg um Beistand — 98. Verhandlungen darüber — 103, 
Tag zu Brunn — 110. Dort Georgs Zusage dem Kaiser Ungarn einzu- 
bringen — - 107, Gegenversprechen des Kaisers — 108, Scheinvermittlung 
bez. Ungarns — 110. Georg neuerdings um die Befriedung Schlesiens 
bemüht — 112, die Breslauer — 115. Die Tage von Mergentheim — 116, 
Prag — 117, Nürnberg /und die blinden Sprüche — 123. Ludwig von 
Baiern mit König Georg versöhnt durch die Tage zu Taus — 127, u. Pilsen 
— 129, Stellung des Königs bei Beginn des Egerer Martinitages — 130. 



IV. CAPITEL. 

Versuch König Georgs römischer König zu werden im Einverständnisse 

mit Kaiser Friedrich, 

Nov. 1459 bis zu Georgs 1. Abweisung, März 1460. 

Der Martinitag zu Eger -— 139; seine Theilnehmer — 132, Martin 
Mair abermals bei König Georg — 134, beider Entwürfe — 136. König 
Georg und Markgr. Albrecht — 137, dieser und die landshut. Gesandten 

— 138. Pius IL sucht den Frieden im Reiche zu erhalten — 141, ver- 
mittelt den Frieden mit den Breslauem — 150. Martin Mair in Mailand 

— 157, seine Erfolge — 158. Die Lage der Dinge im Reiche in Folge 
des Mantuaner Congresses — 162, Martin Mairs bezügl. Rathschläge — 164. 
König Georgs erfolglose Vermittlung in der ungarischen Frage — 166. 



XI 



Versuch die Curie zum Einschreiten zu bewegen — 168. Ueble 
Verhältnisse in Oesterreich — 177, König Georg von den Ständen um 
Vermittlung giebeten — 177, verlangt vergebens vom Kaiser die Zustimmung 
zu seiner Erhebung — 178. 



Y. CAPITEL. 

König Georgs Bemühungen um die römische Königskrone bis zu seiner 

zweiten Abweisung durch den Kaiser. 

März — Oktober 1460. 

König Georg im Bunde mit den unzufriedenen Oesterreichern — 180, 
wird Vermittler — 181. Vergebl. Reichstag zu Nürnberg — 183, der 
Tag zu Worms '— 184, Beginn des Krieges im Reiche — 184. Die Curie 
und König Georg vergebens bemüht den Streit um Ungarn beizulegen 
— 187, üble Folgen für König Georg — 188. Georgs Vermittlung in 
Oesterreich — 194. Sein Verhalten zu den Kriegführenden im Reiche — 
197, Bund mit H. Ludwig von Landshut — 199, dessen Folgen — 201. 
Septemberreichstag zu Wien und Opposition gegen Papst und Kaiser — 203 ; 
des Königs zweite Bitte an den Kaiser — 205, neue Abweisung — 206. 



VI, CAPITEL. 

König Georgs Versuch römischer König zu werden mit Hilfe der 

deutschen Fürsten. 

Oktober 1460 bis Feber 1461. 

Kirchliche Opposition im Reiche seit 1457 — 209, Pius II. und der 
Mantuaner Congress — 210, Opposition Diether's von Isenburg — 211, 
H. Sigmunds von Tirol — 213 ; Lage der Dinge nach dem Wiener Reichs- 
tage — 215. König Georg's neue Entwürfe — 216, Aussichten — 217, 
Bund mit Herzog Ludwig von Baiern — 223, Absage und Verhandlungen 
mit Mathias von Ungarn — 227; des Königs Verhältnis zu Polen bis 
1460 — 230, üebereinkunft mit Kaiser Kasimir zu Beuthen — 232. M. 
Mair's Sendung in's Reich — 232, Bemühungen H. Ludwigs zu Nürnberg 

— 234; der Pfalzgraf sagt Georg seine Stimme zu — 235, Gegenver- 
^ sprechungen — 238; Diether von Mainz gewonnen — 239, des Königs 

Zusagen dafür — 243. Pius II. mahnt Georg ab — 245. Dieser sucht 
Markgraf Albrecht zu gewinnen — 248, erlangt zweideutige Zusagen 

— 250. Der Fürstentag zu Bamberg — 252, Verhandlungen in Prag — 253, 



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I. CAPIIEL. 



Böhmen nnd das deatacUe Reich um die Zeit des 

Regierungsantrittes König Georg's ron Podiebrad. Des 

Königs Terhäitniss zu Kaiser Friedrich and zn den 

Fürsten des Beiches im Jahre 1458. 

Als Georg von Podiebrad sein erstes Weihnachtsfest 
feierte in dem alten Königshofe der Herrscher Böhmens, in 
deren Reihe er am 3. Mär/ des Jahres 1458 getreten war, 
da beeasB er sicherlich Grund genug, mit tieferer Erregung 
als je in seinem Leben die Ereignisse des letzten Jahres an 
seinem Innern vorüberziehen zu lassen. Welche Fülle von 
Erlebnissen drängte sich für ihn in .die kiu'ze Spanne Zeit 
zusammen, welch' mächtige Wendung seines Geschicltes hatte 
sie ihm gebracht I Zwar die Thatsache, durch die allein Georg's 
Erbebung möglich geworden war, lag noch jenseits der Schwelle 
des Jahres 1458, — schon am 23. November 1457 war 
Ladislaw, der jugendliche König von Ungarn und Böhmen, 
gestorben, — auch nützte Georg noch die letzten Wochen des 
Jahres, um den Bemühungen der übrigen Bewerber entgegen- 
zutreten und seine eigene Wahl nach Möglichkeit vorzube- 
reiten; die entscheidenden Schritte nach beiden Seiten hin 
waren doch erst im neuen Jahre erfolgt und dann durch die 
Königswahl des 2. März geltrönt worden. Nicht ohne Zu- 
Medenheit mochte dann P.odiebrad überblicken , was weiter 
erfolgt war. Das Hauptland des Reiches, Böhmen, beugte sich 
ohne Widerstand vor dem neuen Könige, der bereits als 



Gubernator seine Herrachertächtigkeit erwiesen ; nicht niinder, 
freilich gegen annehmbare Bedingungen, der bei weitem grössere 
Theil Mährens. Wenn auch die übrigen widerstrebten nnd 
gleich den Schlesiem und Sechsstädtem von der Berrschaft 
des „Girsik" nichts wissen wollten, das Glück blieb dem Könige 
auch noch fernerhin treu. Die Kommunen Mährens mit einziger 
Ausnahme von Iglau unterwarfen sich, als der König Gewalt 
mehr androhte als wirklich anwendete, die LJga der Schlesier 
wurde in ihrem festen Bestände gelockert und bald durch 
die Huldigung einzelner die friedliche Ausgleichung mit allen 
angebahnt: schon zuvor hatte das Königthum Georg'g durch 
die feierliche Krönung und die kirchliche Weihe in der Weise 
der alten Könige Böhmens seine Vollendung geftinden. Daneben 
mussten aber dem Könige Erinnerungen kommen, die sehr 
dazu angetban waren, die Freude an dem Erlangten zu trüben. 
Es war ihm seine Erhebung keineswegs so völlig leicht ge- 
wesen. War auch seine Partei gross, dank seiner alten Partei- 
stellimg und der Kührigkeit seiner geistlichen und weltlichen 
Freunde, so waren auch die katholischen Stande anfänglich 
fest in ihrer Abneigung gegen ihn. Seiner Wahl zu wider- 
streben, hatte freilich keiner der katholischen Barone gewagt. 
Dazu war die Macht des Gubemators zu gross. Aber sie ver- 
langten, als ihnen die utraquistisch-podiebrart'sche Gegenpartei 
durch eine Deputation ihren Entschluss, nur einen Böhmen 
zum Könige zu erheben , kundgab und ihre Zustimmung 
begehrte, die Bewilligung einer Keihe von AiÜkeln, die uns 
im übrigen unbekannt sind, unter denen sich aber sicherlich 
die Forderung befand, es in Sachen des Glaubens beim alten 
Herkommen bleiben zu lassen. Es war umsonst, dass Zden^k 
Kostka von Postupitz, der treuergebene Freund des Guber- 
nators, der Bürgermeister von Prag und Bunan Tröka, welche 
den Verkehr zwischen beiden Parteien vermittelten, zu rascher 
Entscheidung drängten. Die katholischen Herren bestanden 
entschieden darauf^ ihren Entschluss bis auf Mittwoch den 
1. März verschieben zu dürfen. Diese Forderung wurde endlich 
auch zugestanden, aber mit dem Bemerken, „würden sie 
*>i« Mittwoch zu keinem Entschlüsse kommen, so wolle man 
ine sie zur Wahl schreiten und einen König aufstellen, es 



sei ihnen lieb oder leid.*') Sei es nun, ilass der Giibernator 
durch die Zusage, jene Artikel vor seiner Krönung zu bestä- 
tigen, den Widerstand der katholischen Barone überwand, sei 
ea, dass er sie erst nach der gegen ihre stillschweigende 
Neigung vollzogenen Wahl damit auf später vertröstete, für 
jetzt kam man darüber nicht überein und am 3. März wurde 
Georg, freilich unter den bekannten absonderlichen Umstanden, 
trotzdem König.') Aber es kam die Zeit der Königskrönung 
heran und damit für König Georg der Äugenblick, seine Zu- 
sage einzulösen. Im Hofe der Rosenberge traten die kathol. 
Barone neuerdings zur Berathung zusammen und wieder- 
holten von dort aus ihre Bitte an den König, die Artikel zu 
bestätigen.') Wie weit dies nun geschehen, darüber fehlt jede 
Nachricht: sicher ist aber, dass Georg die Forderung in Be- 
zug auf den Glauben zugestand mid die Barone mit den 



') Diese bisher unbekaQaten uad sieber interesaantec Details ent- 
nehme ich ungedrackten Correapondenzen des Egerer Stadtarchives, und 
zwar einem Schreibea des Kunz vod Beitenbach, HauptmaoDB van Kger, 
an den Egerer Stadtralh, de dato Prag, 28. Februar 1458, Original ; dann 
dem Briefe der Egerer KröDongsgeaandten Kaapar Juncker und Paul 
RudoBch an den Ratb von Eger, Prag. 2. Mai 1458, Original. 

*) Man vergleiche dazu, wie zn dem sonstigen Üeberblicke der 
Ereignisse des Jahres 145B meine Abhandlung-. „Ein Jahr bühniisclicr 
GeschicLte", herausg. im Archiv filr österr. Geschichte, LIV. Hd., 1. Flülfte, 
S. 37 ff. Deber die Wahl S. 53 ff. des Separatah drucke s. Uelier die 
Haltung des Eünigs den katlioliscben Baronen gegenüber sagt Cochtaeus, 
ffistoriae Husitnnim libri XII, Moguntlae 1549, p. 426 : Promiserat Rex 
In ani electioue Baronibus partis Catholicae, se fidem Rom. ecclesiae 
lotls riribuE defeuBumci esse. Den Traktat gegen die Rechtmässigkeit 
der Wahl Küuig Geot^, von dem Cocblaeus p. 410 Andeutungen gilit, 
fand icli der Handschrift „der QeBchicblen der Stadt Breslau von Mag. 
Pet. Eschenloer- im Cod. 17. Fol. löl" der Breslauer könig!. und Uni- 
versititsbibliothek beigefügt. Er ist unmittelbar nach der Wahl vom 
S. März 1458 von einem Unbekannten (schwerlich Eschenloer) in deutscher 
Sprache geschrieben. 

') „Auch wist, das die lierren unser seilten auf gestern in des von 
Bosenbcrg Hof bei einander gewest sein und haben geschtcltt an unsem 
Herren Kunig umb die bcscbreibung der Artikl als ir wist, in die zu vol- 
dehen etc." K. Junckher und Paul Buduscb an den ßatU von Eger, 
2. Mai 1456. 



sonst gemachten ZugestSndiiisseD zufirieden wareo. Jenes lässt 
sich aus Georgs noch viel weiter gehenden Verschreibungen 
den Krönungsbischöfen gegenüber annehmen, auf beides darf 
man aus der willigen Theilnahnie der Barone an der Krönung 
des Königs, yde ihrer ferneren Dienstbereitschaft schliessen. 

Noch ungleich schwerer hatte sich der König zu den 
Forderungen verstanden, bei deren Erfüllung die Krönungs- 
bischöfe als Preis des Friedens mit der Kirche wie der Krönung 
selbst unerbittlich bebarrten : zu dem eigenen Uebertritte zum 
Katholizismus und dem feierlichen Versprechen, sein Volk 
gleichfalls zur Lehre Roms zurückfuhren zu wollen. ') Und 
der König hatte Recht, wenn er mit banger Sorge auf diese 
beiden Abmachungen hinblickte; aus ihnen erwuchs, da er 
sie schliesslich nicht zu erfüllen vermochte, das schwere Miss- 
geschick seines späteren Königthums, der Herrenbund und der 
Kampf mit der römischen Kirche. Vorerst aber festigte der 
König durch die Freundschaft der höhmischen Barone und im 
Frieden mit der Kirche seine Stellung im Innern wie nach 
Aussen, Fand sich doch das junge böhmische Königthum auch 
sonst in Verhältnissen, die den Beistand treuer Freunde und 
Bundesgenossen hochwillkommen, die Feindschaft mächtiger 
Gegner, besonders aber der Kirche als ausserordentlich ge- 
Shrlich erscheinen Hessen. 

Mit Ausn;thme des jugendlichen Ungarnkönigs, der aber 
selbst alle Hände voll zu thun hatte mit den Widersachern 
iu seinem eigenen Lande, waren ziemlich alle Fürsten, deren 
Gebiete an das böhmische Reich grenzten, mit ihren nahen 
und fernen Bundesgenossen dem neuen Böhmenkönig feindlich 
gesinnt. Da waren zunächst jene, die selbst auf den erledigten 
Thron gehoflft und darauf Ansprüche erhohen hatten : Herzog 
Wilhelm von Sachsen, hinter dem die Häuser Wettin, Hohen- 
zollem und Hessen standen, der Kaiser und die Fürsten des 



') „Ein Jahr böhmischer Geschichte." S. 89 ff, (dea SeparaUl- 
druckes, nuch dem ich nun stets zitiere). Im Oebrigen bemerke ich, dosa 
meine dort gebrachte Auaföhrnng, falb sie noch einen Zweifel aofkommeo 
liease, für mich nun nach weiteren arcbivaliBcLen Funden, die jene An- 
iraben bestftiieen. zor völliiren Gewisaheit geworden ist 



habsburgiachen Hauses Dberbaupt, König Kasimir von Polen, 
im fernen Westen König Karl von Frankreich. Kaum minder 
feiDdselige Gesinnungen gegen König Georg verriethen mit 
alleiniger Ausnahme des Bischofs von Würzburg die übrigen 
deutschen Kurfürsten und Fürsten, an ibrer Spitze der Erz- 
bischof von Mainz und Herzog Ludwig der Reiche auf Baiern- 
Landsbut. Aber den König verliess sein gutes Glück auch in 
diesem gefabrlichen Momente nicht, wo eine gewaltige Coalltion 
mächtiger Gegner in Verbindung mit dem Widerstände in 
Schlesien und der Lausitz wie der Iglauer Bürgerscbalt seiner 
jungen Königsherrlichkeit ein jähes Ende bereiten zu müssen 
schien. Dass es ihm aber möglich wurde, mit rascher Ent- 
schlossenheit in das Netz feindlicher Verbindungen , dessen 
Knoten sich bei der geringen Debereinstimmung der weiteren 
Interessen nur langsam schlangen, mit dem Schwerte zu fahren, 
dazu boten ihm die erwünschte Gelegenheit die Verhältnisse 
in Oesterreich. 

Nach langem schweren Zvriste war endlich zwischen den 
babsburgischeu Vettern in dem Vertrage vom 27. Juni eine 
Einigung erzielt und Niederösterreieh dem Kaiser, Ober- 
österreich seinem Bruder Albrecht zugesprochen worden. ') 
Am 28. Juni hatte die Bürgerschaft Wiens allen drei liabs- 
burgischen Fürsten gemeinsam gehuldigt, worauf der Kaiser 
am 29. von Wien nach seiner gewöhnlichen Residenz Wiener 
Neustadt zurück kehrte. Noch war die völlige Ausgleichung 
nicht erzielt; eben der Besitz der Stadt Wien bildete den 
letzten Punkt des Streites. Mit tiefem Groll im Herzen gegen 
seinen Bruder, der noch in den letzten Tagen das Thor bei 
der Burg mit Gewalt angebrochen und seine Söldner zu Ross 
und Fuss in die Stadt hineingeführt hatte, ja, wie es heis.st, 
den Kaiser noch zur Zahlung von 9000 Gulden vor dessen 
Abzüge nöthigte, war Kaiser Friedrich nach Wiener Neustadt 
gegangen. '') Zu dem wünschte Friedrich den alleinigen Besitz 



') Der Vertrag bei Cbmel, Materialien zur öaterreichiachen Ge- 
achichte, 2 Bde., Linz 1833, Wien 1838. H. S. 154 ff. 

■) Pakcky , Urkundliche Beiträge zur Geachichte Georgs von 
Podiebrad, Wien, 1860 (XX. Band der 2. Abtli, der Fontes remm Austria- 



der Stadt Wien. So erschiene es möglicli, dass er, um seinem 
Bruder Verlegenheiten zu bereiten, dein Böhmenkönige ge- 
schrieben haben soll, „sich des gefangenen Eizinger anzu- 
nehmen, wie auch er auf dessen Befreiung denken wolle." ' ) 
Die Nachricht ist schon deshalb wenig wahrscheinlich, weil 
sich damals für den König und den Kaiser formell ein diplo- 
matischer Verkehr noch gar nicht pflegen liess. Aber selbst 
zugegeben, es sei auf privatem Wege ein Schreiben obigen 
Inhaltes dem Könige zugekommen, so dachte der Kaiser doch 
sicherlich ticht daran, dass der Böhmenkönig sofort mit ge- 
wafl&ieter Hand in Oesterreich einfallen werde ; er hoffte wohl 
nur, dasa Podiebrad wegen Eizinger dem Erzherzoge schärfer 
zusetzen und dieser unter dem Gewichte der böhmischen 
Drohung sich auch in der Erbschaftsangelegenheit nachgiebiger 
erweisen werde. Aber König Georg war bereits zum Kriege 
mit Oesterreich entschlossen und hielt seine Heerhaufen an 
der österreichischen Grenze bereit, noch ehe des I^isers 
Schreiben eintraf Wenn der Kaiser sofort nach seiner An- 
kunft in Wiener Neustadt am 29. Juni an König Georg schrieb 
— früher konnte es auch nicht sein, da die Huldigung am 
28. Juni noch auf das Einverständniss der Fürsten hinweist, 
wie dies auch ausdrücklich bezeugt wird — ') so kam sein 
Brief nicht vor dem 1. Juli in die Hände des in Brunn wei- 



carum), Nro. 163, S. 156, Man vergleiche ferner daa „Copey-Bncli der 
Gemainen Stat Wieon-' 1454^1464, herauBgegeben ron Zeibig in den 
Fontes rerum Austriacarum VII. BanJ (Wien 1853), S. 160—161. 

') Jung ThosB an den Rath tod Eger am 9. Juli 1468, aua dem 
lloflagcr König Georgs in ÜlroQtz. Original im Egerer Stadtarchive. 
Man vergleiche dazu auBserdem; Urkandliche Beiträge Nro. 163. DarauB 
endlich erkennen wir die Quelle, aus der die in der Feme, aber auch am 
Hoflager des Königs verbreitete Nachricht eiitatammle, es habe der Kaiser 
den König zun ICriege gegen seinen Bruder aufgefordert. Dass dies, eelbst 
wenn ein Brief geBchriebeu wurde, nicht der Fall war, zeigen die obigen 
Ausführungen, vor allem das Schweigen Jobsts von Eiusiedel, des kön^l. 
Sekretära, in Beinern auaftlhrlichen Berichte. Er muaste besser ah jeder 
den Stand der Dinge kennen und konnte eine solche Rechtferiiguug des 
){iiegeB gegen die hababurgischen Lande nie yergesBon. 

') Do er nu (der Kaiaer) vou Wien komen ist, do hat sein 
ijHBerliche guaile unserm gnedigsten Herrn Kunig geschrieben, er solle 



— 7 - 

lenden Königs. Am 2. Juli ei^iengen des Königs Fehdebriefe 
an die Stadt Wien und die beiden Habsburger Albrecht und 
Siegmund, ') denen unmittelbar der Einfall böhmischer Heer- 
haufen auf dem Fusse folgt. Schon am 9. Juti schreibt Jungl 
Toss nach Eger, der Lichtensteiner und andere österreichische 
Herren seien des Königs Diener geworden, man habe des Ei- 
singers Schloss besetzt, und noch andere Städte imd Schlösser 
auf der Donau und sich mit denen von Wien geschlagen. 
Des Kaisers Brief konnte also, wenn er wirklich geschrieben 
wurde und das Ganze nicht eine absichtlich verbreitete Nach- 
richt war, den Krieg zu rechtfertigen, höchstens die letzten 
Bedenken des Königs gegen den bereits beschlossenen 
und vorbereiteten Krieg mit Albrecht und Sigmund be- 
seitigen und ihn zum sofortigen Losschlagen ermuntern; er 
kann aber niemals die Veranlassung des ganzen Krieges gewesen 
sein. Dann hätte der Kaiser doch wohl auch sicher- 
lich dafür'gesorgt, dass nicht sein Land, Nieder- 
österreich, der Kriegsschauplatz, und damit ver- 
heert würde, sondern das Albrecht zugewiesene 
Ober Ost erreich.*) 

Als die böhmischen Schaaren sich verwüstend über 
Niederösterreich ergossen, die alten Adelshäupter aus König 
Ladislaw's Zeit sich ihnen anschlössen, eine dauernde Be- 
setzung des Landes nordwärts der Donau von Böhmen zu 
furchten war, da kamen die habsburgischen Fürsten rasch 
zur Besinnung und Eintracht. Nachdem Erzherzog Älbrecht 
mit Hilfe der Wiener dem ersten Anprall der feindlichen 
Schaaren widerstanden und diese gegen die mährische Grenze 



' gedenck, das der Bytzinger ledig werde, desaelben 
r anch thun diea die betreffende Stelle des Briefe. 



gedeucken, wie ( 
gleichen wolle 

') Palacky, urkundliche Beiträge Nro. 164, 8. 156—7. 

*) Aus dieBem gerUchtweiseii Verkehre des Kaisers mit König 
Georg erklären sich wie erwähnt die in ihrer Allgemeinheit wie im Detail 
irrigen Angaben BlugoS's, Hiatar. Fol. üb. Xu. uol. %S6. und Johannes 
TOD Gnben (Scriptor. rer, Lueatic. 1, 60i, denen Palacky gefolgt ist. Man 
vergl. „Ein JttiiT böhmischer GeBchichte", S. IM ff., welche Abhaiidluug 
Boch dem Nachfolgenden weeentlich zu Grunde liegt 



zurückgedrängt hatte, eilte er nach Wiener Neustadt zu Beinern 
Bruder und nun kam es hier rasch zur Verständigung. Beide 
Habsburger waren von nun an gemeinsam thätig, die 
böhmische Invasion zu bekämpfen. Während der Erzherzog 
die Führung der vereinigten Streitkräfte übernahm, war 
der Kaiser geschäftig, eine grosse Coalition gegen den 
gefährlichen Gegner zu Stande zu bringen; von Oesterreich, 
von Sachsen, von Schlesien aus sollte zugleich der Krieg in 
die böhmischen Lande getragen und der neue König gede- 
müthigt werden.') Aber während noch der Kaiser unter- 
handelte, giiff der König mächtig zu. Mit weit überlegener 
Macht erschien er in der zweiten Hälfte des August selbst 
an den Grenzen Oesterreichs, schlug Albrechts Heerhaufen 
aus dem Felde, erreichte im raschen Siegesznge das Nord- 
ufer der Donau. Nach langem verderblichen Zögern des 
Kaisers, das allein in seiner Abneigung gegen jede Ver- 
handlung mit dem „Erwählten'' von Böhmen und die darin 
liegende und damit nothwendige wenigstens indirekte An- 
erkennung begründet sein konnte, kam es dann zwischen ihm 
und dem Könige am 35. September und den folgenden 
Tagen zu Unterhandlungen. Deren Abschluss am 3. Oktober 
1458 brachte dem Könige hochwichtigen Gewinn. Der Kaiser 
verspricht ,sich dem Könige gegenüber zu halten, wie es sich 
einem böhmischen Könige und obersten Kurfürsten des Reiches 
geziemt.*)" Es scheidet damit Oesterreich aus dem Kreise 
der Böhmen feindlichen deutschen Landschaften ; aus der 
Zahl der deutschen Fürsten, die sich anschicken, das neue 



') Urkundliche Beiträge Nro. 16ö, S. Iö9. Man vergleiche auch 
Note 3 auf S..I2Ö von „Eb Jjihr iiöhmi scher Geschichte." Neue interes- 
Bante Nachrichten über den Krieg in Oesterreich, betr. eine Einwirknag 
seitens des KOoigs tod Frankreich, von der im Volke die Rede gieng, 
brmgt J. Janaeen. Frankiurts Reichakorrespondenz, 2 Bde. Freiburg im 
Breisgau 1866—1872, 11, S. 139-140, in einem Schreiben dea kaiserlichen 
Münzmeisters Erwin von Stege an den Fruikforter Schöffen Jobann Hann, 
Wiener-NeuBtadt, 12. Ang. U5S. 

*) Joat von Einsiede) an Bürgermeister und Rath von Eger am 
6. Oktober 1458, Archiv für Oesterreich. Geschichte. Band XXXIX, 
Kro. 9. Die Vertragsurkimde bei Chmel, Materialien n. S. 161—162. 



— 9 — 

böhmische KÖnigthum zu bekämpfen, tritt jener mrück, der 
ihr Oberhaupt war, der Kaiser. 

Doch damit hatte sich das drohende Kriegsgewölke nur 
auf einer Seite nach kurzem Ausbruche verzogen ; um so fester 
schlössen sich eben in den Herbsttagen die deutschen Fürsten- 
häuser zur Bekämpfung des podiebradschen Königthums zu- 
sammen, das fremd und neu, ja in ausgesprochener Gegnerschaft 
gegen einzelne von ihnen in ihre Mitte getreten war. Dabei 
fehlte es auch im Sommer des Jahres 1458 nicht an Berührungs- 
punkten, ja selbst Beziehungen zwischen Böhmen und dem 
Reiche, so wenig diese auch bisher in irgend einer geschicht- 
lichen Darstellung gewürdigt worden sind. 

Sachsen freilich grollte ob der getäuschten Hoffnungen 
Herzog Wilhelms und war in Schlesien wie bei Kaiser und 
Papst mit gleich geringem Erfolge gegen Böhmen thätig. 
Zu Sachsen standen die hohenzoller'schen Markgrafen, theils 
aus alter Freundschaft zu dem wettin'schen Hause theils 
weil sie von dem neuen Böhmenkönige feindliche Schritte, 
gegen sich selbst, die Einlösung der unteren Lausitz, be- 
fürchteten. Nicht minder konnte Herzog Wilhelm der Unter- 
stützung des Hauses Hessen sicher sein, das ja eben erst 
1457 in enge Erbverbrüderung mit HohenzoUem und Wettin 
getreten war. Zu dieser feindlichen Gruppe deutscher Fürsten- 
häuser neigte auch Ludwig der Reiche, Herzog von Baiern, 
Landshut hin ; so wie er in seinen Plänen auf Donauwörth 
der Unterstützung Markgraf Älbrechts sich zu erfreuen hatte, 
so konnte man anderseits in der böhmischen Sache von ihm 
ein Zusammengehen mit dem verwandten sächsischen Hause 
erwarten. Die Fürsten weiter draussen im Reiche, deren 
Gebiete nicht böhmisches Grenzland berührten, verhielten sich 
Georg von Böhmen gegenüber zuwartend ; doch mag man auch 
bei den Meisten von ihnen eher Abneigung als Zuneigung 
voraussetzen; der Mainzer wenigstens machte von seinem 
Grolle gegen den Ketzer durchaus kein Hehl.') Aber gewisse 
Beziehungen zwischen dem Lande Böhmen und seinem bis- 



') Urkundliche Beiträge Nro. 161. S. 156. 



- 10 — 

herigen Gubernator, der freilich jetzt die K&nigskrone trag 
einerseits, den Reichsstädten und Reichsfiirsten anderseits 
waren selbst durch die Ereignisse des Frühjahres 1458 nicht 
gelöst worden. Einer der Fürsten hatte ihn sofort nach seiner 
Wahl geradezu anerkannt : Johann von Grumbach, Bischof 
von Würzburg. Seit Jahren war Bischof Johann in freundlichem 
Verkehr mit dem Gubernator Georg gewesen, wiederholt hatte 
er, da seine eigenen Lande und Vasallen an böhmische grenzteoi 
die Vermittlung bei streitigen Fällen übernommen,') seit lange 
danim auch Gelegenheit gehabt, die Lage der Dinge in höhmen 
und die grosse Macht des Gubernators kennen zu lernen. 
Auch zu Beginn des Jahres 1458 sehen wir neuerdings den 
Bischof in einer Fehde seiner ungeberdigen Vasallen Hans 
von Lichtenstein, Konrads von Bebenburg und anderer mit 
ihren böhmischen Grenznachbarn, deren sich der Gubernator 
energisch angenommen, die Vermittlung in die Hand nehmen.*) 
Noch ehe diese zum Ziele führte, erfolgte Georgs Erhebung 
zum Könige und der Bischof trug kein Bedenken, ihn auch 
sofort als solchen anzuerkennen. Schon auf dein Breslauer 
Tage, Mitte April 1458 konnte die böhmische Gesandtschaft 
triumphirend auf das Anerkennungsschreiben des Wurzburger 
Bischofes hinweisen.*) 

Es war begreiflich, dass diese Nachricht bei beiden sächa. 
Fürsten lebhafte Beunruhigung en'egte, um so mehr, als sich 
dann zugleich das Gerücht verbreitete, es sei in Eger bereits 
am hl. Georg's Tage, eben dem Tage jener Vermittlung, zu 
einer Verbindung des Bischofes mit König Georg gekommen,') 
ja dass auch die Käthe der Kurfürsten von Mainz, Trier und 



') So 1466 Kwiauhen Hans von Lichtenstein and den Egereni. H. 
a. dag Copialbnch der Stadt Eger v. 1456—1468; Copialbuch I Fol. 1. 
Egerer Stadtarcliiv. 

') Ebendort Fol. 34 a und b. 

'j Bericht der Eätbe Herzog WiUielm's von Sachsen an diesen. 
Bredttu am 19. April 1458. Bei Pala^ikj, Urkundliche Beiträge Nro. 1B4, 
S. 148. 

*) Zettel zu einem Schreiben Tom Vi. Mai 1458 des KorfOrGten 
Friedrich von Sachsen aji seinen Bruder Wilhelm. Origioal im Gross- 
beraogl. aäclis Gcsnramt4rchiTe zn Weimar. Beg, A. Fol 23». Nro. G*. 



Köln an jenem Tage zu Eger anwesend gewesen seien.') So 
viel nun war auch thatsächlich wahr: der Würzburger hatte 
zweimal an den Kurffeten von Mainz geschickt, um ihn zu 
einer Theilnahme an der Verbindung mit Böhmen einzuladen. 
Aber Erzbischof Dietrich hatte mit bösen Worten diese Auf- 
forderung zurückgewiesen ; ■) weder seine, noch weniger die 
Rätfae der Erzbischöfe von Köln und Trier, waren in Eger 
gewesen; ja es wurde dort nicht einmal zwischen Würzburg 
und Böhmen selbst ein völliger Ausgleich der ohschwebenden 
Fehde erzielt, wenn man auch sonst friedlich auseinander- 
ging. Der Ausgleich wurde auf einen späteren Tag gestellt;*) 
die Verbindung zwischen dem Böhmenkönige und Johann von 
Würtzburg kam ebenso erst um den April oder Mai des Jahres 
1459 zu Stande.*) Doch beweist die oben erwähnte diplo- 
matische Thätigkeit des Bischofs , die eine Verständigung 
zwischen Böhmen und den geistlichen Kurfürsten herbeizu- 
führen bestrebt ist, zur Genüge, wie eifrig Bischof Johann 
auch bereits im Jahre 1458 das Interesse König Georgs förderte 
und die weitere Berühi-ung zwischen Böhmen und dem Reiche 
vermittelte. Ein Aehnliches geschah offenbar zum Theile auch 
von Seite jener Grafen, Herren und Städte im Reiche, die bei 
der böhmischen Krone zu Lehen giengen oder gar in einem 
l/nterthänigkeitsverhältnisse zu ihr standen. Von der 
grossen Mehrheit derselben sind zwai' die diesbezüglichen 
Schritte nicht auf uns gekommen , sicher aber ist , dass 
Heinrich Reuss von Plauen sofort entschieden für Georg Parthei 
nahm und sich und seine Lande in Rüstung warf. ') Doch 
galten seine kriegerischen Massnahmen, die Versehung seiner 
Städte und Festungen mit Kriegsbedarf und stai'ken Besatzungen, 
offenbar eher der Abwehr eines feindlichen Angriflfes, den er 



'} ÄntwortBclireibeQ des Herzogs Wi Ihelm um 17. Mai 1458. Eliendort. 

■) Urkimdliclie Beiträge Nro. 161, S. 155. 

') Nach dem erwähnten Antwortschreiben Herzog Willielms. 

*) Copialbuch der Stadt Eger t. 1456-1468, Fol. Sit" 100» a.8.0. 
Egerer StadtarchiT. 

') Nach dera ohengenannten Briefe des KurfÜrBten Ton Sachsen 
und dem AatwortschreiljeD Herzog Wilhclm's. 



— 12 - 

TOD dem gegnerischen Sachsen befBrchten musste, als dem 
Gedanken eigener Ofifenaive. 

Aach Nttraberg war in stetem Verkehr mit Böhmen ge- 
blieben, so selir auch die Nachricht von der Erhebung des 
Gubemators hier wie anderswo aberrascht haben moch»«. Die 
Beziehungen zwischen Nürnberg und Böhmen waren mehriach. 
Die für die betriebsame Bürgerschaft unstreitig wichtigsten 
waren die ausgedehnten Handelsverbindungen mit böhmischen 
Kaufieuten, besonders in Prag ') und Pilsen. =) Unermüdlich 
bestrebt, die Strassen ihren Waarenzügen frei zu halten und 
neue Handeisprivilegien zu erlangen oder genöthigt, gegen 
Schädigung der Ihren und Verletzung der erworbenen Rechte 
Klage zu führen, standen die Nürnberger in sorgfallig ge- 
pflegten Beziehungen zu König Ladislaw, dem sie sich ander- 
seits durch Geldvorschüsse zu geschätzten Freunden zu machen 
wussten. *) Dazu darf nicht vergessen werden, dass eine An- 
zahl Nürnberger Bürger überdies böbmisches Lehengut in der 
Hand hatte. Es war unter solchen Umständen natürlich, dass 
die Nümbei^er auf die Vorgänge in Böhmen sorgsam achteten 
und durch eifrige Handelsagenten, vor allem aber auch 
ihre treuen Freunde, die Egerer, fleissig Erkundigungen ein- 
zogen.*) — Sie waren auch wirklich bis unmittelbar vor der 
Königswahl in Prag mit dem Gubernator in Verkehr gewesen.') 
Dann freilich hielt sich die sorgsame Bürgerschaft vorsichtig 
zurück, und zögerte Georg als König zn begrüssen; wusste 
man ja doch noch gar nicht, ob der neue König sieh auch be- 
haupten und wie überhaupt die Dinge in Böhmen sich machen 
würden. Doch sehen wir sie bereits Ende des Jahres 1459 

') Eine Anzahl die abigen Angaben bestätigender KorrespoDdenzea 
der Sudt sind in den Misaiv-Büclern XXIV, XXV, XXVI, XXVII, 
XXVIII und XXIX des NOraberger Stadtarcbivea entballen. 

=) MiSBiv-Bucb Nro. XXVÜI. 

•) Migai<-Buch Nro XXV, Fol. lÄS. Schreiben des Ratbes vom 
12. März 1455. 

*) Dafür mehrfache Belege in dem Copialbnch der Stadt Eger 
von 1456—1468, Mao vergleiche Miasivbuch XXIX Fol. 71, XXVH, 
Fol. 349. 

') MissiT-Buch XX VH. Fol. 242. Schreiben am 39. Januar 1458 
an „Herr Jorsicken von Chunstat, Gubernator etc." 



13 



entschlossen, für ihre Mitbürger die Lehen beim Könige nach- 
zusuchen. ') 

In noch ungleich innigeren Beziehungen zu Böhmen 
und besonderer Verhältnisse halber auch zu dem neuen Könige 
stand die Reichsstadt Eger, nun schon seit König Johann's 
Tagen in ununterbrochener politischer Vereinigung mit Böhmen. 

Egers staatsrechtliche Stellung als freie Reichsstadt, zu 
der sie allmälig emporgewachsen war, und als Pfandschaft 
der böhmischen Krone, für die in den ersten Jahren König 
Georgs und früher Mathias Schlick von Laäan , Graf zu Weiss- 
kjrcben das Amt des Burggrafen versah, war durchaus dazu 
angethan, zwischen Böhmen und dem Reiche zu vermitteln. 
Dazu kam, dass die geographische Lage der Stadt wie die 
Handelsbeziehungen der Burgerschaft sie ebenso sehr einer- 
seits mit Böhmen, wie mit dem Voigtlande und Franken, der 
Oberpfalz und Baiem anderseits in Verbindung brachten. Es 
war da für Eger bei seiner politischen Doppelstellung und dem 
Widerwillen der betiiebsamen Bürgerschaft gegen jede Fehde 
und sonstige StÖmng fiiedlichen Erwerbes, den sie mit den 
andern Reichsstädten theilte, sehr wichtig, dass Stadtrath und 
Bürgermeister für die Vorgänge in Nah und Fern die Augen 
offen hielten. Und in der That setzen uns nicht selten das 
geradezu staatsmänuische Talent, das hier wie anderswo zu 
Tage tritt, der weite politische Blick, die klugberechnende Um- 
sicht der Stadtväter in Verwunderung. Die Egerer sind es 
darum auch, die nach Nürnberg und Regensburg, an kleine 
und grosse Lehenträger ringsum regelmässig Nachrichten aus 
Böhmen mittheilen und deren Boten anderseits nach Elbogen 
und Prag fleissig unterwegs sind. — Und König Georg war 
ihnen wohl gewogen und hatte grosses Gewicht darauf ge- 
legt, dass die grosse deutsche Grenzstadt ihn bereitwillig als 
König anerkannte. Der Vermittler der besonderen Beziehungen 
der Bürgerschaft aber und des Königs war sein treuer Secre- 
tarius Jost,') von Einsiedel nach seiner Heimat genannt, nun 



') Misaiv-Buch XXVm, Fol. 137; Sohreibfln Tom 12. Dec. 4581. 
•) Man vergleiche über die Schickaale dieaea Mannes die Ein- 
leitimg, die Kürachner seiner Ausgabe der „Correspondeuz .Tuat'g yon 



seit des Königs Krönung Ritter von Tyfow, dei' seit Langem 
mit einer Anzahl der bedeutendsten Egerer Bürger durch ein 
sciiönes Freundschaftsband vereinigt war. 

König Georg hatte sofort nach seiner Wahl an die Egerer 
Bürgerschaft und den ganzen Kreis geschrieben und verlangt, 
dass man ihm Gehorsam thue und Alles leiste, was ihm als dem 
rechtmässigen Könige Böhmens zukomme. ') Auch Jost von Ein- 
siedel unterliess nicht, in gleichem Sinne auf die Egerer einzu- 
wirken, sie der besondere» Huld des Königs versichernd.*) Die 
Egerer aber enthielten sich vorerst der Antwort; sie entschul- 
digten sich später auf des Königs Mahnung damit, sie hätten im 
Sinne eine eigene Gesandtschaft an ihn zu schicken und damit nur 
zugewartet, weil sie erfahren, er sei von Prag abwesend.*) 
Sie unterliessen auch nicht ihm auf seinen Wunsch Nachrichten 
über die Vorgänge im deutschen Reiche, soweit sie dies konnten, 
zH geben und ihm dabei in ihrem Schreiben volle königliche 
Ehren zu erweisen. Dies geschah z. B. am 1. April 1458.*) 
Wenn wir nun aber bemerken, dass die Egerer am 22. April 
in einem Schreiben an den Stadtrath von Tirschau den König 
„ Herrn Girziken die zeit Gubemator " nennen, ') dann me 



Einsiedel mit der Stadt Eger", im XXXIX Bande des Archivs für österr, 
Geschichte vorausge schickt hat. Daaa Jost, der Sekretär König Georgs 
mit dem sächsiacben Ocschlechte derer von Eiasiedel nicht« zu thun hat, 
wie Max Jordan in seinem Buche „das Königthum Georgs tou Podiebrad,' 
Leipzig, 1861, a. a. 0. 216 glaubt, braucht nach Kürschner kaam be- 
merkt zn werden. Empfindlicheres Unrecht erleidet Jost »on Einsiedel 
in Georg Voigt's „Georg von Böhmen, der HuBitenkönig", Heinrich TOn 
Sybel'sche Zeitschrift. V. Band, 1861, S. 4i2, wo er mit Lenten wie Martitt 
Mair u. s. in eine Reihe gestellt wird, in die er durchaus nicht gehört. 
So bedenklich der Charakter Martin Mair's und der andern ist, so ehren- 
haft und gesinuungstOchtig erweist sich, wie schon KQrschners Aub- 
führuDgen ergeben, JoEt 

') Stadt Egerer Copialbuch t. 1456-H68, Fol. lab 43a. 

') JoBt TOB Einsiedei und a. Corr, mit der Stadt Eger, Nro. ß 
S. 19-20. Copialbuch v. 1456—68, Fol. Mb _ 

') Copial-Buch t. W56-1468, Fol. 43». 

*) Ebeodurt Fol. 39". 

=) Ebendort Fol. 41^, 



15 



ungern sie ea sehen, dass der König ihren ao seinem Hofe 
weilenden Hauptmann, Otto von Sparneck, geradezu nöthigt, 
an der Gesandtschaft nach Breslau theilzunehmen, 'j so wird 
offenbar , dass auch sie die Neugestaltung der Dinge in 
Böhmen mit Misstrauen ansahen und nur durch ihre be- 
sondere Lage gezwungen ihre zuwartende Stelhmg aufgaben. Es 
bedurfte denn auch im Herbste 1458 einer neuen Mahnung des 
Königs, ehe Stadt und Land ihm die Huldigung leisteten.*) 
Dafür waren sie um so eifriger bemüht, es mit ihren fürst- 
lichen Nachbarn, besonders dem rührigen Markgrafen Albrecht 
von Brandenburg nicht zu verderben. Ihm, dem sie früher sich 
zum Schutze anvertraut hatten, senden sie, als er mit Katha- 
rina von Sachsen zu Anspach sein Beilager halten soll, ihre 
unterthänigsten Glückwünsche und verehren ihm ein Fuder 
Meth.' ) 

So das Verhältniss König Georgs zu dem westlichen 
Ausselilaude seiner Krone. Und eine ähnliche Stellung wie 
die Egerer Stadtgemeinde nahm der Burggraf von Eger und 
Elbogen, Mathias Schlick Graf zu „Passum" und Weisskirchen, 
ein. Von Eger her, dessen Patriziergeschlechtern sie entstammten, 
von ihrem Vater, dem Kanzler Kaiser Friedrich III., Albrecht IL 
und Kaiser Sigmund's, hatten die Schlicke den weiteren Blick 
für die politischen Verhältnisse, die persönlichen Beziehungen 
zu den benachbarten Fmstenhöfen, besonders dem von Sachsen 
sich erhalten ; ') sie suchten sich diese, wenn auch durch ihr 
Amt und ihren Besitz enge an die böhmische Krone gebunden, 
auch in dieser schwierigen Zeit zu erhalten. In der That 
bleiben sie für lange Zeit die natürlichen Vermittler in den böh- 
misch-sächsischen Grenzländern, so weit diese den Saum des 



') Schreiben Otto's von Spameck an Bürgenneister und Rath von 
Eger. M&ra UG8. Original im Egerer Stadtarchire. 

*) Cöpialbuch V, 145G— 1468, Fol. ^7^ , Antwortschreiben der Egerer 
an den König de dato 11. November. 

") Ebendort Fol. 78''. 

*) Auf eine Verständigung zwiachen Schllclt und Herzog Wilhelm 
Tön Sachsen weist die Bemerkung der särhsiaclien Räthe in ihrem Be- 
richte über die Wahl Kömg Georgs hin. PalackJ, Urkundl. Beiträge 



16 — 



Erzgebirges berabren. So fehlte es, wenn auch, um in modemer 

Ausdrucksweise zu reden , die diplomatischen Beziehungen 
zwischen Böhmen und der bei weitem grössten Mehrheit der 
deutschen Fürsten abgebrochen waren, denn doch auch jetzt 
nicht an vielfacher Berührung. Dieser scheinen sogar noch 
mehrere gewesen zu sein, als wir bisher gesehen haben. 

Um den Gang der Dinge in Böhmen genau verfolgen zu 
können, begnügte sich Markgraf Albrecht nicht mit den Nach- 
richten, die ihm etwa aus Eger oderElbogen oder von ergebenen 
Kaufherren sonst aus Böhmen zukamen. Er hatte dort 
auch seine ständigen Agenten und Berichterstatter und schickte 
deren noch besondere bei wichtigen Anlässen. So liegt uns 
noch ein Bruchstück des Berichtes vor, den der markgräfliche 
Agent über König Georg's Krönung an seinen Herrn gelangen 
liess. ') Ja der allunisichtige HohenzoUer stand trotz aller 
Gegnerschaft gegen den „vffgeruckten" König in Verbindung 
mit angesehenen Personen des königlichen Hofes, und bereits 
wenigstens im Sommer 1458 in indirekten Verhandlungen mit , 
Podiebrad selbst. Freilich war es König Georg, der getrieben 
von dem Bedürfnisse mit seinen zahlreichen Gegnern in Be- 
ziehungen zu treten, durch eine dritte Person die ersten 
Schritte that. 

Er liess dem Markgrafen wissen, dass ihm die Lübecker 
im Namen der Hanseaten und einer Anzahl märkischer Städte 
ein Bündnis gegen ihn und die andern brandenburgischen 
Markgrafen angetragen hätten und mit reichen Geschenken 
sich um seine Gunst bewüi'ben. *) Er der König, habe den 
Gesandten gunstige Antwort gegeben und sie seien nun nach 



Nro, 137, S. 130. Deber die Schlicke vergl. man die Nachrichten Palacky's 
im Archiv teskf, Yl.. S, 549 ff. 

■) Urkundliche Beiträge, Nro. 156, S. 151, 

') Dieae interessanten Daten entnehme ich einem Schreiben des 
Marligrafen Alfirecht von Anspach an geinen Bruder Kurfürst Friedrich 
vom 9. April 1458, das ich im Beriiner Geh. Staatsarchive fand. Leider 
fehlt uns jede weitere Nachricht sowohl über diese Verliandlungeii, wie 
überbaopt über die Bezieiiungen Böhmens zu den Hanseatädtem und für 
die ersten Jahre auch zu Dänemark, das doch stete an i 



Hause zurückgekehrt, um in der Sache sich des Weiteren zu 
berathen. Und nun trat der König eben durch jene dritte 
Person mit besonderen Anträgen an den Markgrafen heran: 
Er wolle der Verbindung mit den hanseatischen Städten ent- 
sagen, falls die Markgrafen die Vermittlung zwischen Böhmen 
und dem Hause Sachsen nebst dessen Freunden übernehmen 
würden, ja er sei bereit mit ihnen dafür in eine engere Einung 
zu treten. Die Basis der Vermittlung sollte sein; Sachsen 
lässt vorerst seine Ansprüche an die Krone Böhmen ruhen, 
wahrscheinlich meinte da der König, so lange als er lebe ; im 
Uebrigen verzichten beide Länder, besonders aber Böhmen 
auf ihre weiteren Rechte auf nun in sächsischem Besitze befind- 
liche Lehenschaften. ') 

Markgraf Albrecht beeilte sich, die böhmischen Aner- 
bietungen seinem Bruder, dem Kurfürsten Friedrich mitzu- 
theilen. Ihm schienen dieselben nicht so ganz verwerflich. 
Er forderte auch seinen Bruder auf, sich weiter umzusehen 
und besonders zu erforschen , ob es mit der Verbindung 
zwischen Böhmen und den nordischen Städten seine Richtig- 
keit habe.*) — Weiter erfahren vrir nun über die Sache 
nichts; wir wissen darum auch nicht, ob die Brandenburger eine 
solche Vermittlung versuchten oder nicht; möglich sogar, dass 
der schlaue Böhmenkönig die Hohenzollern eben nur ein- 
schüchtern und zu einem Ausgleiche geneigt machen wollte. 
Sicher ist aber, dass Sachsen nach wie vor in seiner Gegner- 



in DeutscUaBd einen gewissen Antbeil nalim. Man vergl. u. Ä. die 
Anwesenheit Heinrich Kalleiaena, Erzliiaohof Ton Drontheim, ala König 
ChristianB Gesandter inEegenaburg 1451. G. Voigt, Enea Silvio d'Plccolo- 
minj, ni B. Berlin 1856—1863, m. S. 109— llü. Ferner den Brief Kaiser 
Friedrichs an den König vom 17. December 1460 bei E, Birk, Urkundea- 
Änazüge zur Geschichte Kaiser Friedrich des III. 1452—1467. Archiv für 
Knnde österreichischer GeschichtsqueJlen, XI. Bd. Wien 1853, S. 157—158. 

'} Markgraf Älbrecht schreibt an seinen Bmder: Vnd vm die an- 
sprach, so der jung Her von Sachsen zu der krön hat, die würde die 
Zeit ruen vnd wer pesaer denn die mit krieg zu erfordern. 

') Ebendort: Danirab dencht vns gut sein, das Ir erforschung in 
der saoh liett der pnotnüs halben der henyschen Stete, was wars oder 
gelogens dorinnen were. 



— 18 — 

Schaft zu Böhmen verharrte and sich zu gleicher Zeit am Hofe 
des Kaisers wie in den böhmischen Nebenlanden Mühe gab, 
gemeinsame und entschiedene Massregeln gegen den Böhmen- 
köoig durchzusetzen. Der Unterstützung des Papstes glaubte 
man ebenso sicher sein, als dies mit Kecht von den Häusern 
Hobenzollem und Hessen galt. Welches sind nun die Mass- 
regeln, welche die säch.sischen Bruder ergriffen, ihren mit so 
grossem Eifer aufgestellten und verfochtenen Ansprüchen an 
die Kronen des verstorbenen Ladislaw Folge zu geben? Wie 
kam es, dass die Herzoge von Sachsen trotz ihrer zahlreichen 
Bundesgenossen, trotz der schwierigen Stellung, in der sich 
der Gegner auch sonst befand, bei aller diplomatischen Be- 
mühung nicht zu einer wirklichen Action gegen denselben zu 
kommen vermochten? 

Papst Calixt III. war hochbetagt und schon deshalb fried- 
liebend. Er wollte von einem Einschreiten der Curie nichte 
wissen und mahnte den sächsischen Prätendenten im Hinweise 
auf die Türkengefahr entschieden von einem Kriege gegen 
Böhmen ab. '} Wir wissen, welche Hoffnungen König Georg 
imd im Bunde mit ihm Eokyzana*) am römischen Hofe zu 
erwecken gewusst ; seit nun erst die Krönung des Königs, 
sein wenn auch geheimer Uebertritt zur katholischen Kirche 
vollzogen, in dem Krönungseide der Curie weitere feste Zu- 
sagen gemacht waren, hatte Sachsen, freilich ohne vorerst in 
der Sache klar zu sehen in seinem Vorgehen gegen Böhmen 
von Rom vollends nichts mehr zu hoffen. In der That erlangte 
König Georg noch von Calixt III , kurz bevor diesen der Tod 
tra:^ die Anerkennung des römischen Stuhles.') 

Und der Kaiser? Von ihm konnte Herzog Wilhelm im 
vorhinein wenig oder nichts erwarten, ja er musste geradezu 
auf dessen Gegnerschaft gefasst sein, wenn es ihm wirklich 
im Ernste einfiel, auch auf Oesterreich Ansprüche zu er- 

') urkundliche Beiträge Kro. 167, S. 152. 

*) Nach Briefen BökyzanaB in einem Manuacript der Prager Ereoi- 
herrenbibliothelt; Copien davon befinden aich im Archive des böhm. MuHemna 
in Prag. Vei^l. übrigens Cap. Vll. 

') Man vi^l. „Ein Jabr böhmischer Geschichte", S. 108—9. 



heben, ') Eigentlich musste der Herzog ein Gleiches auch 
betreffs der böhmischen Krone besorgen, da Friedrich in seiner 
doppelten Eigenschaft als Haupt des deutschen Reiches, dessen 
Lehen Böhmen war, und dann als Vertreter des babsburgischen 
Hauses kraft der alten Verträge und der Verwandtschaft mit 
den letzten böhmischen Königen, auch selbst mit Ansprüchen 
hervorgetreten war. ') Und wenn der Herzog sah, dass der 
Eaiser für diese seine eigenen Forderungen nichts that, wie 
konnte er da etwas Wesentliches für sich hoffen? In der 
That bemühen sich die sächsischen Gesandten im Sommer 1458 
am Hofe zu Wiener-Neustadt vergebens. Und dann kommt 
die Zeit der böhmischen Invasion in Oesterreich , die Ver- 
heerung dieses Landes bis an die Donau. Jetzt freilich war 
der Kaiser einen Moment bereit, mit Sachsen und wer über- 
liaupt des Böhmenkönigs Feind war, gemeinsame Sache zu 
machen. Aber während man in Wiener-Neustadt berieth, wie 
Juan den „Ketzer von zwei Richtungen angreifen und ihm, wäh- 
rend er in OesteiTeich kriege, um so empfindlicher auf einer 
' indem Seite schaden könne", handelte Podiebrad mit Nachdruck 
und Erfolg. 

Es blieben somit für Herzog Wilhelm nur sein Bruder 
und seine Freunde unter den deutschen Fürsten übrig, dazu 
die Aussicht, es würden ihm die Schlesier und Sechsstädter 
mit der eigenen Anerkennung zugleich in der Gewinnung BÖh- 

und Mährens hilfreich zur Seite stehen. Aber auch hier 

man nicht weiter. 

So entschieden die Schlesier vom Anfange an gegen 
Podiebrad Stellung genommen hatten, so scheuten sie doch 

gewaltsame Lossagung und damit den Krieg mit dem 
itlande der Krone. Sie weigerten sich darum eben so 
beharrlich, Herzog Wilhelm, an dem sie sich nur für den Fall 
der Noth einen Rückhalt zu sichern gedachten anzuerkennen, 



') Daaa man solche in der That in völliger Verkennnng der Sach- 
lage erheben wollte, bezeugen Urkimdl. Beiträge Nro. 120, S. IIG, tind 
"Tro. 168, S. 152. 

■) „Ein Jahr behmlBcher GeBchichte' S. 36. Man vrgl. Aeneaa 
ByWns, Histor. Boh. cap. LXXn, 



als den utraquistischen König. Es entbehrte der Bund der 
Schlesier des sicheren Zieles und des frischen Vorangehens, 
was nothwendig das feste Band lockern musste. Ihr Schwanken 
verstimmte anderseits am Hofe zu Weimar und gab hinwiederum 
dem Böhmenlfönige Zeit, mit seinen Freunden mit Erfolg im 
Sinne einer friedlichen Verständigung za arbeiten. Dennoch 
hoffte Herxog Wilhelm noch immer auf ausgiebige Unter- 
stützung von Seite Schlesiens, wenn es nur erst einmal zur 
Austragung der Sache käme und die Haltung eines Theiles 
derselben, besonders der Breslauer liess diese Hoffnung als 
berechtigt erscheinen. 

Herzog Wilhelm's Hauptstütze war weiter sein Bruder, 
Kurfürst Friedrich, mit dem er nun nach langem Zwiste in 
innigem Einverständuisse lebte, dann diejenige Partei im Reiche, 
deren Mittelpunkt der rüstige Hohenzoller Älbrecht von Bran- 
denburg war. Aber die Kräfte dieser Fürstengruppe waren nichts 
weniger als frei verfügbar, sie waren gebunden durch die 
drohende Aufstellung einer zweiten Partei, die zu ihr gerade 
in den letzten Monaten in immer schärferen Gegensatz ge- 
treten war, der wittelsbachischen. Hier übten die politischea 
Verhältnisse im deutschen Reiche ihren indirecten mächtigen 
Einäuss aus auf die Geschicke des neuen böhmischen König- 
thums. 

So sehr die Herrschaft Georgs von Podiebrad im Volke 
wurzelte und als die siegreiche politische Errungenschaft der 
husitiscben Eeformbewegung in Böhmen betrachtet werden 
muss, der es ja nach seiner ganzen Genesis angehört, eben so 
sehr lag es anderseits doch erst an den eigenthümlichen Ver- 
hältnissen im deutschen Reiche, dass Podiebrad, wenn er erst 
wirklich König wurde , dann sein Königreich im Frieden 
festigen und zu raächtigem Einflüsse auch im Reiche empor- 
heben konnte. 

Um die Zeit der Thronbesteigung Georgs von Podiebrad 
krankte das heil, römische Reich nicht blos an seinen alten 
Uebeln und dem schwachen Regimente Kaiser Friedrich IV. ; 
es war noch tiefer geschädigt und nach Aussen hin zu förm- 
licher Ohnmacht verurtheilt durch die eine verderbliche Folge 
der Reichsreformbestrebungen, die in den letzten Jahren immer 



wieder hervorgetreten waren, durch die grosse Scheidung der 
Machthaber im Reiche in das Lager der Hohenzollem und 
Wittelsbacher. Die unmittelbare Ursache davon ist all- 
bekannt, 

Für den ausgiebigen Beistand, den Älbrecht von Branden- 
burg dem durch das Verlangen nach einseitiger Reichsreforra 
schwer bedrängten Kaiser geleistet, waren ihm zahlreiche und 
sehr dehnbare Privilegien , besonders für sein Nürnberger 
Landgericht verliehen worden. ') Darauf nun baute der rastlos 
strebende Hohenzoller die weitgehendsten Plane für die künftige 



Oft genug ist von diesem hervorragenden Fürsten, einer 
der bedeutendsten Erscheinungen aus der Mitte und zweiten 
Hälfte des XV. Jahrhunderts die Rede. Aus der nicht zu 
grossen Anzahl anderer Fürsten, die mit ihm zugleich jenen 
Tagen der Auflösung von längst Erstorbenem, des Ausstreuens 
neuer lebensvoller Keime angehören und im Ringen mit den 
Wirren im Reiche und ihrer Zeit überhaupt vergebens zur 
erstrebten Geltung zu gelangen suchen, ragt der unermüdliche 
Markgraf mächtig hervor. Es geht ein frischer kräftiger Zug 
durch die ganze Persfjnhchkeit und das "Wesen dieses Mannes. 
Ihm ist in gewandter Fuhrung des Schwertes, in klug be- 
rechnender Rede nicht leicht Einer gewachsen. Er ist 
jederzeit bereit, dem klar erkannten Ziele mit muthiger That 
entgegenzustreben ; sein narbenbedeckter Körper beweist, dass 
er die persönliche Gefahr mit dem letzten der Krieger zu 
theilen bereit ist. Ihn eotmuthigt keine Niederlage, kein ver- 
lorener Feldzug : er gedenkt mit neuen Verbündeten und frischen 
Kräften den Verlust wieder auszugleichen; kein vereitelter 
Plan bringt ihn aus der Fassung: er der listreiche pflegt selten 
seine Entwürfe auf eine Rechnung zu setzen; versagt dereine 
Weg zum Ziele, so betritt er unverdrossen den zweiten, ist der 



') Eine freilich noch immer nicht vollständige Äufeahlang der Pmi- 
legien bringt «on Haaselholdt - Stocldieim in Beinem Buche „Herzog 
Albrecbt IV. von Baiern nnd seine Zeit," Leipzig 1865, ürltunden und 
Beilagen 8. 71—73. Man vergl. Clmiel J,, Eegesten zur Geschichte Kaiser 
Friedrich ID., U., Nro. 3515, 3516, 3527 ft, a. 0. 



— 22 - 

grosse Vortheil verloren, er weiss wenigstens den kleineren 
sich zu sichern. ') So der Markgraf. 

Aber seinem Wollen entsprach nur in geringem Grade 
das Können. Nur einen wenig ausgedehnten Besitz hatte ihm, 
dem nachgeborenen Sohne, sein Vater Friedrich I. von Bran- 
denburg-HohenzoUem auf angestammter fränkischer Erde 
hinterlassen. Aber er war bei weitem der rührigste und unter- 
nehmendste unter den grösseren und kleineren Gewalthabern, 
die neben ihm im Frankenlande sassen, den Bischöfen von 
Wtirzburg und Bamberg, der grösseren Anzahl der übrigen 
reichsunmittelbaren Herren und Keichsstädte. Mit Gewalt 
freilich vorwärts zu kommen ging nicht an, der grosse Städte- 
krieg der Jahre 1448 und 1449 erwies ebenso die zähe Wider- 
standskraft der Communen, von denen auch nicht eine „vom 
Reiche abgedrungen" wurde, wie anderseits die zielbewusste und 
energische Thatkraft Markgraf Albrechts. Jetzt hatte er, auf 
dessen Rath die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen 
horchten, in den Zeiten schwerer Bedrängnis des Kaisers 
unvermerkt neue Bausteine zusammengetragen für das Bollwerk, 
das ihm mächtigen Einfluss weit über die deutschen Gaue 
sichern sollte, sein Nürnberger Landgericht. 

Längst haben eingehende Untersuchungen früherer For- 
scher den Ursprung und das Wesen des Nürnberger kaiser- 
lichen Landgerichts, so wie die hohen Entwürfe, welche die 
Nürnberger hohenzollerschen Burggrafen seit langem daran 
knüpften, klar gelegt. Es bleibt hier nur übrig, die gewonnenen 
Thatsachen anzuführen.*) 



*) Gelungene Schilderungen des M. bei G. Voigt, Enea Silvio de' 
Picolomini als Papst Pius II. Band III S. 213 ; bei A. Eluckhohn, Ludwig 
der Reiche, Herzog von Baiern, Nördlingen 1865, S. 57—58; K Menzel, 
DiethoT von Isenburg, Erlangen 1868, S. 7 ff. 

*) Uobcx das Nürnberger Landgericht vergl. man vor aUem die treff- 
liche Arbeit W. Vogels, Ludwig von Eyb. Au&eichnung über das kaiserliche 
Ijandgcricht des Burggrafthums Nürnberg; Abth. 1. Erlangen 1867. Femer 
Kluclchohn, Ludwig der Reiche, S. 58 ff., so wie die betreffenden Stellen 
in G. Voigt'« Enea Silvio, III. Bd., S. 214 f. ; bei Menzel, Diether von 
Isenburg S. 7, f.; J. G. Droysen im II. Bande, I. Abth. der Geschichte 
der preussischen Politik S. 189 ff. u. A. 



- 23 - 

Das Nürnberger Landgericht war ein Gaugericht, wie 
solche einstmals durch das ganze Beich hin bestanden, eines 
von den mehreren, das gleich den von Rothenburg und Würz- 
burg, von Hochstädt und Hirschberg, noch kaiserliches Land- 
gericht genannt wurde. Hier schien noch immer nach alter 
Weise der Graf an des Kaisers Stelle dem Gerichte vorzu- 
stehen, während in den grösseren fürstlichen Territorien 
längst fürstliche Beamte des Rechtes walteten. Nun ist klar, 
daas diese beiden Arten von Gerichten ihrem ganzen Wesen 
nach koordinirt waren. Ändei^seits erfreuten sich aber doch 
die sogenannten kaiserlichen Landgerichte in den Augen des 
Volkes eines höheren Ansehens, was nicht selten in den 
Appellationen aus den Gerichtssprengeln von Territorialgerichten 
an eines der kaiserlichen Landgerichte deutlichen Ausdruck 
fand. Ja so fest war diese Anschauung schon gewurzelt, 
dass die dagegen erlassenen Gebote der Tenitorialherren nicht 
immer die gewünschte Beachtung fanden. Hier nun setzte 
Markgraf Albrecht die Hebel an für die neue Machtvemiehrung 
seines Hauses. Er wollte sein kaiserliches Landgericht aus 
der Reihe der übrigen Landes- und Territorialgericbte empor 
zu einem Appellationshofe zweiter Instanz erheben, dessen 
Thätigkeit sich von mm an über die engen Grenzen des alten 
Gerichtssprengels hinaus unbeschränkt über die deutschen 
Lande erstrecken soDte. Das war es auch, weshalb der Mark- 
graf sich als besonderen Lohn für die dem Kaiser geleisteten 
wichtigen Dienste stets neue Privilegien für sein Landesgericht 
ausbat, deren Wortlaut immer mehr dem entsprach, was der 
Markgraf aus dem Gerichte machen wollte. In der Praxis 
■ hatte man schon viel früher, schon zu den Zeiten des Vaters 
des Markgrafen nicht selten über den Gericbtssprengel und 
die Befugnis des Landgerichtes hinausgegriffen. ') Als im 
J^e 1456, demselben, in welchem Markgraf Albrecht dem 
Kaiser neuerdings mit Rath und That gegen die Königspläne 
des Pfalzgrafen und des mit ihm verbundenen Dietrich von 
Mainz treu zur Seite stand, die kaiserliche Kanzlei offen aus- 
sprach, dass es dem Nürnberger Landgerichte zustehe, in 

■) KluckhohD, Ludwig der Reiche S. 63 a. a, 0. 



24 - 



Schwaben, Baiern, in Franken imd am Rhein zu richten, ') war 
der Markgraf eigentlich am Ziele; es galt eben nur noch die 
erlangten Privilegien allseitig zur Geltung zu bringen. Aber 
es organisirte sich auch bereits der Widerstand gegen das 
Beginnen des Markgrafen, Wie früher so hören wir seit 1455 
von erneuten Klagen der benachbarten Reichsstände über Üeber- 
griffe des Nürnberger Gerichtes, Keine sind gleich dringend, 
wie die des reichen Landshuter Herzogs, Ludwig von Baiern, 
eines Fürsten, der mit eifersüchtiger Sorgfalt die Wahrung seiner 
Rechte nnd seines Besitzes betiieb. 

Als der Kaiser nun, von früher her an den Markgrafen 
gebunden, nicht Gehör schenkte, so sann der jugendlich kräftige 
Herzog auf gewaltsame Abwehr der Unbill und sah sich nach 
Bundesgenossen um. Es gab deren willige und geeignete, 
allen voran des Hohenzollem alter Gegner, Pfalzgi'af Friedrich L 
der Siegreiche, des Landshuter Herzogs Vetter. Ihr Schutz- 
und Tratzbündnis im Februar 1458, als eben König Georg sich 
anschickte, sich die Krone seines Heimatlandes auf das Haupt 
zu setzen, bezeichnet die Entstehung der sogenannten Witteis- 
bachischen Partei, ") zu der mit Ausnahme Ludwig des Schwarzen 
von Pfalz - Veldenz die übrigen Witteisbacher , Erzherzog 
Albrecht von Oesterreich, dann die Bischöfe von Bamberg 
und Würzburg hinneigten. Sie vertrat territoriale und was 
den Pialzer anbetrifft, reichspolitische Interessen. Ihr standen 
mit Brandenburg zunächst Sachsen gegenüber; aus verschie- 
denen Ursachen ^ hatten sich noch Mainz, Baden, Würteniberg, 
dann aus Hass gegen den Pfalugrafen Ludwig von Veldenz 
zugesellt. Im Sommer 1458 begannen bei beiden Parteien 
kriegerische Vorbereitungen, auf Alles vorbereitet blickten die 
Gegner lauernd auf einander. War es da nun nicht völlig 
natürlich, dass die Hohenzollern, ohnehin durch die Ereignisse 
in Preussen zu gleicher Zeit in Anspruch genommen, vorerst 



') Man vergl. die PriTilegien 1. c. 

') C. J. Kremer, GeBchichte des KnrförBten Friedrich L YOn der 
PfaJz (2 Theile, Mannheim, 17661, Urkunden LV a, und h. 

') K. Menzel, Diether von Isenburg S. 9 ff ; man vergl. Lehmano, 
Geschichte des HerzogthumB Zweibrücken München 1.866, S. 131 ff. 



25 



jede Betheiligung an einem Kriege gegen den eben erwählten 
Eöhmenkönig ablehnten? dass Markgraf Albrecht mit Besorgnis 
die Kunde Ton der Gesandtschaft der Hansestädter und ihren 
Anerbietungen in Prag horte und sich mit dem Gedanken eines 
friedliehen Ausgleiches mit dem Bübmenkönige zu beschäftigen 
anfing? 

König Georg aber gewann so die ersten wichtigen Monate 
nach seiner Wahl für die Befestigung seines Königthuma in 
den Eronländem. Die sächsischen Herzoge dagegen sahen sich 
durch das Zaudern der Schlesier, die bedenkliche Partei- 
gruppirung im Reiche in ihrem Vorgehen gegen Böhmen ge- 
hemmt, Mit allen Sendungen nach Breslau, Coburg und Wiener 
Neustadt, trotz aller Berathungen mit den Landständen und 
den wiederholten Tagen, auf denen man mit Hessen uad Bran- 
denburg yerhandelte, kamen sie nicht vorwärts. ') Es kam die 
Krönung König Georgs heran und noch hatte sich kein Mann 
.zur Wahrung der Rechte Herzog Wilhelms in Bewegung gesetzt. 
Dagegen trafen gar bald kriegerische Zeitungen aus Böhmen 
ein und die Vorbereitungen^ die Heinrich Reuss zum Schutze 
.Plauens gab, steigerten noch die Besorgnis vor einem bewaffneten 
Angriffe von böhmischer Seite aus. ') Und was der Sommer 
des Jahres 1458 in Böhmen und in Deutschland brachte, war 
vorerst noch weniger geeignet, die Aussichten Herzog Wilhelms 
tröstlicher zu gestalten. 

Nach der bedeutenden Spannung, in der Ludwig der Reiche 
auf Landshut und der Pfalzgi'af den Fürsten der branden- 
burgischen Partei gegenüberstanden, schien der Rachezug der 
letzteren gegen die Raubfeste Widdern sofort den offenen Krieg 
zwischen beiden Parteien herbeiführen zu sollen, da der Pfalzgraf 
in dem Ängiiffe auf das zum Theile ihm gehörige Schloss zu- 
gleich einen versteckten Angriff auf seine eigenen Lande sah. ') 
Anderseits war es dem kampfesbereiten Markgrafen ebenso darum 



') GroaBherzogl. Bachs. GeBainratttrchiv zu Weimar, Heg. A,, Fol. 
83». Nro. 6 '. 

») Ebendort. 

») Ch. F. ton Stäblin, Wirtemhergische Geschichte {i Bde., Statt- 
BUt und TöbiDgen 18«— 1873), lU. S. 507. 



zu thuD, die raubluatigen Lehenträger des Schlosses zu strafen, 
wie den g,egea sie ergangenen Sprüchen seines Landgerichtes 
Folge zu geben. ') Schon erwartete man in Nah und Fem mit 
Bangen den Auabnich eines schweren Krieges,') als sich das 
Kriegsgewitter noch einmal mit unvermutheter SchneUigkeit 
verzog. Die Eroberung und Zerstörung des Schlosses Widdern 
erfolgte freilich am 29. Juni, da aber der Pfalzgraf erst zum 
Angriffe zu schwach war, und dann die Gegner sich rasch wieder 
zurückzogen, so kam ea zu keinem Zusammenstosse. In 
Folge dessen unterblieb denn auch zwischen Markgraf Albrecht 
und Ludwig von Baiern-Landshut die drohende Fehdean- 
kundigung. Noch mehr 1 Neue Pläne , neue politische 
Kombinationen treten in den Vordergi'und und die Hoff- 
nungen des sächsischen Hauses beginnen mächtig zu steigen, 
da in der nächsten Zeit die Bemühungen des Markgrafen, den. 
Herzog zu sich herüberzuziehen, von Erfolg gekrönt sind. 
Es seheint, dass Herzog Ludwig, um die getroffenen Rüstungen 
wenigstens nicht völlig tunsonst gethan zu haben, eich dabei 
wesentlich durch den Plan, alt« Anspräche seines Hauses auf 
die Stadt Donauwörth zur Geltung zu bringen, leiten Hess. 
Das war bedenklich, so lange ihm Markgraf Albrecht und 
seine Bundner als Gegner im Wege standen. Darum suchte 
der Herzog den Ausgleich mit Albrecht, auf den dieser mit 
Kucksicht auf die eigenen wie die Absichten seiner sächsischen 
Freunde seit langem hinarbeitete. Welcher Art die in Nürn- 
berg ") von den Vertretern beider Fürsten getroffene Verein- 
barung war, ist uns mit keinem Zeugnisse überhefert, Aber 
Thatsache ist, dass der Herzog des Markgrafen und seiner 



') Stadt Egarer Copialbuch Nro. 1, 7on 1456- 14S8 Fol. 64». Fol 
57»! Fol. 60». In dem hier gebrachten Berichte der Egerer an den KQnig 
geben sie die Zahl der Markgräflichen nnd Wirtemberger sehr Qbertrieben 
auf aeOOO Mann au. 

*) Kluckhohn, Ludwig der Reiche, S. 83 ff, ; man vergt. auch Stähliu 
1. c. In Böhmen war das Gerücht verbreitet, daas ea za einem Einfalle 
der verbündeten sächsisch -brandenburgischen Fürsten in den saozer 
Kreis kommen werde- Vergl. CopiaJhach I. Fol, 57 ein Schreiben der 
Egerer vom 9. Juli 1458, worin diese die Saazer zu beruhigen suchen. 

*) Kluckhohn, Herzog Ludwig S. 88—89. 



27 



rreimde Beistand gegen die Reichsstadt zugesagt erhielt, 
ebenso natürlich, dass die Gegenforderung des Markgrafen 
in erster Linie die Anerkennung seines Landgerichtes war. 
Da wir nun aber weder jetzt noch auch später, wo sich 
dazu die passende Gelegenheit wiederholt ergab, von einem 
derartigen Zugeständnisse Herzog Ludwigs hören, noch eine 
solche überhaupt nach seiner Stellung, die er jederzeit dieser 
Frage gegenüber einnahm, voraussetzen können, so kann die 
G^enleistung des Herzogs doch nur in der Zusage be- 
waffneter Hilfe gegen Böhmen bestanden haben. Und 
dies wird denn auch durch den gesammten Gang der nach- 
folgenden Ereignisse bestätigt. 

Zu gleicher Zeit liefen auch aus Oesterreich Nachrichten 
ein, welche den Muth der sächsischen Herzoge beleben und 
ihnen die endliche Erwerbung Böhmens als doch noch möglich 
hinstellen mussten. Gerüchte und Zeitungen meldeten den mehr- 
erwähnten Einbruch der Böhmen in Oesterreich, berichteten von 
den Vertheidigungsmassregeln, die der Kaiser und Erzherzog 
Albrecht gemeinsam vereinbarten, von der Neigung des Kaisers 
mit Sachsen, wie den übrigen Gegnern Podiebrada in eine feste 
Einung zu treten. Schnell genug waren sächsische Gesandte 
in Wiener-Neustadt zur Hand, um mit dem Kaiser das Bündnis 
zuberathen, das den Sturz des neuen Böhmenkönigs herbeiführen 
sollte. ') Und in der That war dieser Moment für König Georg 
ein wirklich gefährlicher. Wenn jetzt Oesterreich sich hielt, 
Ludwig von Baiem seiner Vertragspfticht, wie er entschlossen 
war, nachkam, man sich im Reiche zu einer entschiedenen 
Maasregel emporraffte, was des Markgrafen entschlossener Zug 
gegen Widdern völlig erwarten Hess, so konnte es geschehen, 
dass König Georg die Contingente der Schlesier, Sachsen, 
Brandenburger, Baiem und habsburgischen Lande gegen sieh 
im Felde sah, ohne dass der einzige Verbündete, König Matthias 
von Ungarn, weil selbst in argem Gedränge, im Stande war 



') Urkundliche Beiträße, Nro, 166, S. 158-169. Man vergl. „Ein 
Jahr bötnu. Gesch." S. 126, bes, den dort Note 2 und 3 zit. Sericht aua 
Prof. voll HüSers ürkiudsaimmlung für die Zeit Georgs von Podiebrad, 
Kön. Archiv zn Dresden, 10539, n, 55-63. 



ihm beizustehen. Die gewaltige Anstrengung, die eben jetzt 
König Georg machte, um den Krieg in Oesterreich bo schnell 
als möglich zu günstigem Ende zu führen, beweist, wie genau 
er seine augenblicklich gefährliche Lage erkannte. 

Mit der raschen Demütigung des Habsburger war zugleich 
auch ein Reichskrieg gegen Böhmen unmöglich geworden. 
Aber ein solcher war überhaupt nur mehr furchtbar, wenn sich 
hinter ihm das Interesse der Fürsten barg. Jetzt blieb fiir 
den König auch ohne die Gegnerschaft des Kaisers die Macht 
der gegen ihn verbündeten Fürstenhäuser noch immer ge- 
fährlich genug. In der That nahmen die Dinge im Herbste 
1458 nochmals eine wirklieh ernste Gestalt an. 

Nach langen Vorbereitungen und unterBtötzt von den 
Fürsten beider Parteien hatte sich Herzog Ludwig auf 
;°.da8 freie Donauwörth geworfen und die schnell entmutbigte 
BgBürgerschaft noch am Tage des Angriffes (19. Oktober^ zur 
Uebergabe vermocht. ') Markgraf Albrecht und die Seinen 
hatten damit den Vertrag von Nürnberg ihrerseits erfüllt. 
Nun war zu erwarten, dass die geeinte Macht der deutschen 
Fürstenhäuser sich gegen Böhmen kehre. War Ja doch bereits, 
als Ludwig den Zug gegen Donauwörth rüstete, durch die 
Lande die Nachricht geflogen, dass es dem neuen Böhmen- 
könige gelte.') Und in der That sehen wir, wie Herzog 
Ludwig, statt sein Heer zu entlassen, fortfiihrt, es stetig zu 
vermehren, wie die Freundschaft zwischen Herzog Ludwig und 
Markgraf Albrecht im Wachsen begriffen ist, ") Die Tage ihrer 
Jugend schienen für beide Fürsten wiedergekommen. Als 
Markgraf AJbrecht die Tochter des Herzogs Friedrich von 
Sachsen und Schwester der Gemahlin Herzog Ludwigs ■ in 



■) Klucfchohn, Herzog Ludwig S. 79 ff. 

^) Yergl. ebendort 8. 94—99 a. a. 0. 

°| In der von Kluckhohn offen gelassenen Frage, gegen wen die 
Rüstungen gerichtet waren, ninsa ich mich damit imbedingt für Böhmen 
CDtscheiiien. Darauf weiät vor allem der Namberger Tag bin, wfthrend 
ein Angriff gegen Augsburg doch nicht wahrscheinlich ist; dasa Augsburg 
Bieh Kur Abwehr rOatet, beweist nichts; dag tbaten wohl nach dem Er- 
eignisse von Donauwörth auch die anderen Reichsstädte. 



Anspach heimführte, da war der Herzog nicht blos unter 
den Hochzeitsgästen, sondern sass auch beim feierlichen 
Hochzeitsmahle auf dem Ehrenplatze. Herrliche Festtage voll 
Spiel und Kurzweil schlössen sich an die inarkgräfliche Hoch- 
zeitsfeier, Es war nicht blos die Einigung zwischen Markgraf 
Albrecht und Herzog Ludwig, wie es schien, eine vollständige, 
sondern sie sollte auch sonst eine allgemeine werden. In 
den ersten Tagen des neuen Jahres, so wurde hier zwischen 
beiden Parteien vereinbart, sollten die Fürsten aller Parteien 
in Bamberg zusammentreffen,, um sich dort völlig zu einen. 
Man sieht deutlich, der Markgraf wollte erst gegen Böhmen 
losschlagen, wenn seine eigenen Angelegenheiten im Reiche 
völlig geordnet waren. Auf beiden Seiten war man eifrig 
bemüht, in völliger gegenseitiger Uebereinstimmung den Frie- 
densbund mit den bisherigen Gegnern fest zu knüpfen. 
Während Herzog Ludwig zu Weihnachten nach Heidelberg nXibl 
ritt, um dort mit seinem pfalzgräflichen Vetter sich betreffs Mtbfvt 
des Bamberger Tages zu einigen, und von Pfalzgraf Friedrich''"„'^,^; 
gastlich bewirthet, heitere Tage auf dem pfalzgräflichen Schlosse '^'^ 
verlebte, ') fand sieh Markgraf Albrecht zu Aschaffenburg mit 
den Mitgliedern seines Bundes zu weiterer Berathung zu- 
sammen und Hess es sich Erzbischof Dietrich nicht minder 
angelegen sein, die Güte seiner Küche, das Feuer seiner 
Weine mit den zahlreichen Gästen zu erprohen.') So schien 
die Einung der deutschen Fürsten nicht fenie ; ihre Folge 
muBste vor allem eine sein: ein gemeinsamer Krieg gegen 
Böhmen. 



') Bpeier'ache Chronik bei Moae, Quellen Sammlung der Badischen 
Landesgeaohichte [i Bde., Karlsruhe 1848—67) Bd. 1, S, 423. 

*} Eluckbohn, Herzog Ludwig S. 95, ätählin, Wirtembergische 
Geacbichte lU. S. 515. 




Umscliwniig der Dinge in Doutscliland und neuer Streit 
zwischen Ludwig ron Baiern and AlTtrecIit ron Branden* 
bnrg. Die Ualtnng der Sclilesier und Sechsstädter. 
Wechsel der hohennol 1er' sehen nnd wettin'achen Politik. 
Die Gegenninssregeln der Witteisbacher. Die Tage ron 
Wnnsiedel, Amberg und Eger. Martin Mair and das 
KSnigsprojelit. 

Der Aschaffenburger Tag der brandenburgischen Partei- 
geoosaen brachte noch andere Dinge zum Vorschein als Lust- 
barkeiten und Festgelage. Die Verständigung der Fürsten 
über ihre Haltung auf dem bevorstehenden Bamberger Tage 
erfolgte wirklich, freilich aber in anderer Weiae, als man 
dies in Änspach mochte vorausgesehen haben. Wenn Mark- 
graf Albrecht nach Aschaffenburg gekommen war, um den 
völligen Ausgleich mit der Gegenpartei in Bamberg mit 
Freunden zu bereden und vorzubereiten, so fand er bei Mainz, 
Würteuiberg und Herzog Ludwig dem Schwarzen von Baiem- 
Veldenz taube Ohren, ') Sie alle wollten von einem Aus- 
gleiche mit dem Pfalzgrafen nichts wissen. Und die Beschlüsse, 
die da gefasst wurden, bezeugen, dass der Markgraf der 
Stimmung der üebrigen nachgab; es entsprach dies, wie es 
scheint, auch seiner eigenen Neigung, die er nur im Interesse 
der Sachsenberzoge verleugnet hatte. 

') Kluckholin 1. c. 



31 



Die in Äschaffenburg anwesenden Fürsten hatten eich 
bereits in einem am 20. Juni 1458 abgeschlossenen Vertrage 
l an einander angeschlossen. ') Schon damals lauteten die 
dem Hauptvertrage angehängten geheimen Beibriefe aus- 
drücklich dahin, dass Erzbischof Dietrich in seinen Händeln 
init dem Pfalzgrafen auf die Hilfe der übrigen anwesenden 
Fürsten rechnen dürfe, während der Erzbischof Hilfe auch 
gegen Herzog Ludwig leisten solle. Jetzt wurde der Pfalz- 
graf geradezu als der Feind aller Anwesenden erklärt, dessen 
bösen Absichten man mit aller Macht begegnen müsse.*) In 
60 eigenthümlich friedfertiger Stimmung kamen dann die 
Fürsten, nie yerabredet war, nach Bamberg zui- Frieden-- 
Stiftung zusammen I 

Konnte Markgraf Älbrecht von Brandenburg hoffen, dass 
Ludwig mit ihm und seiner Partei im Einverständ- 
nisse bleiben oder gar gegen Böhmen Kriegshilfe leisten 
werde, wenn die Fürsten sich weigerten den Pfalzgrafen in 
den Ausgleich hineinzuziehen oder auch nur die kriegerischen 
Pläne vorerst gegen ihn aufzugeben? Sowie die Fürsten seiner 
■Partei sich so eben recht enge an einander angeschlossen, so 
r ja sicherlich auch ein Gleiches zur selben Zeit im Schlosse 
i Heidelberg von Seite der Wittelsbaeher geschehen. Das 
lirachte aber eine Wandlung der Dinge nach einer anderen 
Seite hin. Markgraf Albrecht erkannte sofort, wie seine Stellung 
durch die Erneuerung des Bundes zu Aschaffenburg geworden 
urar: Nun musste man auf den Kampf gegen den Böhmen- 
fcönig verzichten, mussten die sächsischen Herzoge sich mit 
£öDig Georg im Frieden ausgleichen. Dafür konnte man viel- 
leicht, statt die eigene Macht gegen Böhmen zu kehren, wozu 
wohl der Markgraf bei den drängenden Fragen im Reiche 
überhaupt nie grosse Neigung gehabt hatte, diesen vielmehr 
als Bündner gegen die wittelsbachischen Gegner gebrauchen. 
Und sofort ging Albrecht auch an die Ausführung der neuen 
Entschlüsse. Wir wissen, wie er trotz der offiziellen Gegner- 
schaft zu dem Böhmenlcönige, doch mit diesem freilich durch 



') Stockheim, Urkunden und BeUage" S. 64, Stahlio, m. S. 511 ff. 
') Stahlin, Wirtemb, Geschichte, 111. S, 515. 



32 



dritte Personen in steten Beziehungen gewesen war. So konnte 
er dem Könige leicht seine Geneigtheit zu Unterhandlungen 
kundgeben. Mangeln uns auch darüber weitere sichere Nach- 
richten: wir werden mit Recht annehmen dürfen, dass der 
Markgraf, sowie er mit sich eins geworden war, also un- 
mittelbar nach dem Äschaffenburger Tage, die Verbindung mit 
Böhmen suchte. ') Dies zeigt auch der Bamberger Friedenstag, 

Unter den zahlreichen Fremden, die hier gelegentlich 
der Fürstenzusammenkunft weilten , befand sich auch ein 
böhmischer Edelmann, Hans von Steinbach bei Elbogen ge- 
sessen. Es ist schwer glaublich, dass Steinbach blos absichts- 
los nach Bamberg gekommen war; wahrscheinlich, dass er sich 
einfand, um im Auftrage seines Königs, der mit Eecht von 
der Zusammenkunft der Fürsten das Schlimmste besorgen 
konnte, den Verlauf der Berathungen zu beobachten. Mark- 
graf Albrecht wusste davon; er hatte vielleicht gar seine An- 
wesenheit mit veranlasst. Während die Fürsten beriethen, 
stand er mit Steinhach in heimlicher Verhandlung. Auch 
Herzog Wilhelm, den diese Besprechungen unmittelbar betrafen, 
wurde beigezogen. *) 

Die Witteisbacher handelten ungleich aufrichtiger, Ea 
waren nicht blos beide, der Pfalzgraf und Herzog Ludwig, 
anwesend, es waren auch beide thatsächlich entschlossen, an 
dem Kriege gegen Böhmen theilzunehmen, wenn vorerst die 
zwischen ihnen und den Fürsten der andern Seite obschwe- 
benden strittigen Punkte geordnet würden, ') Das war es 
eben, wovon diese nichts wissen wollten. Aber man musste 
sich wenigstens den Schein friedlicher Gesinnungen gehen, 
Markgraf Hans von Brandenburg übernahm formell das 
Teidingsamt und brachte wirklich eine vorläufige Einung zu 



') Den niiBicherea Angabeo bei Palack^, D^inj uärodn äeskSui) 
IV. %, 63, dann bei Menzel, Diether Ton Isenburg, S. U gegenüber hebt 
anch E. Markgraf in der Einleitung zur Ausgabe Mag. P. Eaclienlaer'B, 
Scriptor, rer. Silea. VU. S. S. hervor, daaa Markgr. Albrecht schon* »or 
dem Bamberger Tage zu einer Aenderung seiner böhmischen Politik ent- 
schlossen war. 

^) Vergl- Palacky, Urkoudl, Beitr- Nro. 178, S. 173. 

») K. Menzel, Diether von Isenburg S. 13—14. 



Stande. ') Um so ernstlicher aber unterhandelte der Mark- 
graf mit Hans Steinbacli über einen Tag, an dem er zwischen 
Sachsen und Böhmen zu vermitteln versprach. Aus den äusserst 
dürftigen Nachrichten, die wir über diese Vorgänge besitzen, 
lässt sich nur erkennen: Der Markgraf schlug und zwar bereits 
in vollem Einverständnisse mit Herzog Wilhelm von Sachsen 
dem Böhmenkönige einen friedlichen Tag in Wunsiedel, das 
von seinen Besitzungen „auf dem Gebirge" der böhmischen 
Grenze zunächst lag, vor; diesen Tag wussf« dann Hans Stein- 
l3ach, wiederholt hin und her eilend zwischen Prag und 
Äuspach, in der That zu Stande zu bringen. Am 17. Januar, 
dann wie später bestimmt wurde am 2, Februar sollte Markgraf 
Albrecht in Wunsiedel das Friedenswerk beginnen.*) 

Es scheint überraschend , dass nicht blos der Markgraf, 
der dazu seine schwerwiegenden Gründe hatte, sondern auch 
die sächsischen Herzoge sich so rasch zu dieser grossen Wen- 
dung der Dinge entschliessen konnten. Die weiteren Gründe 
dazu werden sich finden lassen ; sie liegen sicherlich zum Theile 
auch in der Haltung der Schlesier. — Die böhmischen Stände 
hatten aus dem Lager von Stockerau in Oesterreich am 
9. September 1458 ein neuerliches Schreiben an die Schlesier 
und Seehsstädter gerichtet, darin mit Ernst und offener Drohung 
zur Anerkennung des Königs mahnend. *) Es konnte nicht 
verfehlen, dass dieser Brief aus dem Jjager des siegreichen 
Königs mitten im Feindesland geschrieben mächtigen Eindruck 
machte. 

Durch des Königs Erfolge erschreckt baten die Lausitzer 
in ihrer Antwort auf das ständische Schreiben, es möchten 



') Pfalzgraf Friedrich sagt in Beinein Ausschreiben vom 13. März 
1460; . , . daraail' vnser oheiia marggraf Hans uwer bruder darzwischen 
ÜB ein tadingsman gangen und van ainem pnndten za dem andern geredet 
worden ist, wobey ieglicbs toils Eurnemen besteen, und daa wir nicht 
anderg wiasten dann daz soUichs dab; beleben und also beachioBsen aein 
Bolt etc. Bei Menzel, Diether vom J. S. 13—14. 

') Urkundliche Beiträge Nro. 178, S. 173. Die Angaben sind leider 
allzu fragmentarisch. 

*) Das Schreiben in den ürkimdlichen Beitragen Nro. 168, S 161; 
Gschenloer, Scriptorea rer. Sües. VIL S. 30. 



drei der unterzeichneten Herren nach Zittau kommen, um 
mit ihnen das Weitere zu vereinbaren. In der That über- 
nahmen Herr Johaun von Rosenberg mit Zden6k von Stern- 
berg und Johann von Kolditz nach der Rückkehr aus Oester- 
reich die Sendung.') Es kam nun zwar nicht sofort zur 
Huldigung; aber soviel war klar, nur mehr aus Gründen der 
Vorsicht hielten die Lausitzer mit Podiebrad's Anerkennung 
zurück; von einer Anerkennung oder gar Unterstützung der 
Rechte des sächsischen Herzoges wollten sie, aus alter Feind- 
schaft, wie der Breslauer Chronist sagt,') noch viel weniger 
wissen. Darum bewilligte ihnen denn auch der nachsichtige 
König, als ihre Boten mit den abgeordneten Herren nach 
Prag kamen, gerne weiteren Aufschub der Huldigung.') 

Äehnlich stand es mit der Haltung der Schlesier. „Der König 
möge sieh mit den Andern, so Ansprüche erheben, ausgleichen 
und die Anerkennung des heiligen Vaters einholen, dann wären 
auch sie bereit, seine gehorsamen Unterthanen zu werden."*) 
Von einer Verwerfung der Königswahl des 2. März, einer 
principiellen Opposition gegen die Person das Königs ist auch 
da keine Rede mehr. Nur die Breslauer mit dem Herzoge 
von Sagan blieben nach wie vor bei der Antwort, wie sie 
vordem die gesammte schlesische Liga ertheilt. Aber waren 
sie auch wirklich ohne weitere Besorgnisse über die Folgen 
dieses ihres Verhaltens? Sie weisen in ihrer Antwort an 
die böhmischen Stände mit versteckter Drohung auf Polen 
hin, zugleich eilen ihre Boten zu dem Kaiser und den öster- 
reichischen Herzogen wie zu Herzog Wilhelm, um deren Bei- 



') Jahrbücher des Zlttaaer Stadtschreibers Johann von Gaben, 
Scriptores rer. Lnsatiü. I, S. 80. Darnach ist die Meidung der StoH leto- 
pisovä in tom. III. der Scriptorea rerum Bobemicaruin S, 171, die auf 
eine gevraltsame Unterwerfung der Lausitz darch Zdenlco von Sternberg 
tiindeutet, richtig zn stellen (wrätil ae do öech a wogskem a s p&ny 
jbymi) oder doch wenigstens erst in die zweite H&lfte des Jahrea zu setzen 
und da auf die Görlitzer zu beziehen. 

*) Eachenloer in seiner Hietor. Wratislav. (Scriptar. Vn. S. 35) : Sem- 
per ille civitates dominia Misnensibas adrerae sunt. 

•) Palaclty, Urkundl. Beiträge Nro. 180, S. 175. 

*) Eschonloer, H. W. S. 31. 



stand anzurufen. Wieder wie zu Beginn des Jahres bringt 
[er in Breslau wohlbekannte Agent des Herzogs, Hans Brauu 
lessen willige Zusagen an die Bürgerschaft, aber so wenig 
rie früher erreichte er jetzt, dass die Breslauer mit einer 
entschiedenen That, wie etwa der offenen Anerkennung des 
Herzoge als ihres Erbherm vorangiengen. ') Erwog der Herzog 
die gesammte Haltung der Schlesier, die Ereignisse in Oester- 
reich und die dadurch bedingte Stellung der Habsburger, die 
geringe Neigung der Curie für ein feindliches Vorgehen gegen 
Böhmen, so bedurfte es wohl nicht allzu grosser üeberredunga- 
kunst von Seite Markgraf Albrechts, um Wilhelm, wenn auch 
noch nicht zum völligen Aufgeben seiner Hofümngeii, so doch 
dazu zu bewegen, dass er des Markgrafen Versuch, zwischen 
Sachsen und Böhmen eine friedliche Abkunft zu vermitteln, 
guthiess. Als dann durch ein neuerliches drohendes Schreiben 
der Böhmen zu rascher Entscheidimg bis zum 15. Dezember 
gedrängt, anderseits durch die nichtssagenden Antworten der 
österreichischen Herzoge, wie sie ja völlig ihrer Lage ent- 
Bprachen, in keiner Weise beruhigt, die Breslauer ihren ge- 
wandten Stadtschreiber Mag. Peter Eschenloer nach dem 
Frankenlande sandten, dieser die Fürsten nicht, wie er gehofift, 
in Anspach, sondern bereits in Bamberg versammelt fand,') da 
war, wie wir gesehen, die grosse Wendung der Dinge bereits 
beschlossen. Dass der Stadtschreiber ebenso wie die nachfol- 
gende Gesandtschaft der übrigen Schlesier auch jetzt nur von 
der Hilfeleistung des Herzogs, nichts von einer Anerkennung 
der Rechte derselben durch die Schlesier sprach, konnte dem 
Herzoge ein neuer Fingerzeig sein, wie wenig er von den 
Schlesien! ernstlich zu erwarten habe. Aber Klarheit wollte 
Wilhelm haben. Darum that er den Schlesiem seinen Willen 
dahin kund, dass er am 18. Feber 1459 mit ihnen allen ge- 
in Cottbus zu tagen Willens sei.') 



') Eschenloer, H. W. S. 32. 

") P. EBchenloer, S. 33—34 man vergl. Palack;^, ürkandl. Beiträge, 
Nrö. 170, S. 163 und Scnlfetus in. Toi. 86 der AnnaJee Gorlicenses liei 
ItBrlcgnf; Scriptores rernm Silee. IX. Breslau, 1673, S. 10—11. 

•) Eaolieobcr 9. sa. 

3* 



So neigten sich die Dinge in Deutschland ihrer für den 
Böhmenkunig so ausserordentlich günstigen Wendung im Früh- 
jahre 14ci9 zu, ohne dass der König unmittelbar in dieselben 
eingegriffen hätte. Er war jetzt nach der Rückkehr aus Oester- 
reich und nachdem auch der WafFenlärm um das trotzige 
Iglau verstummt war, in einer Reihe von Friedensgeschäften 
begriffen, die sofort nach seiner Erhebung zu besorgen, ihm 
der stürmische Gang der Ereignisse bis jetzt nicht vergönnt 
hatte. Es möge erlaubt sein darauf hier hinzuweisen, da damit 
vorerst eine wirkliche Lücke in der Darstellung des von König 
Georg Gethanen ausgefüllt wird, anderseits auch ein heller 
Lichtstrahl iallt in das für die ersten Regierungsjahre des 
Königs dunkle Verhältnis desselben zu dem böhmischen 
Herrenstande. 

Die Massregeln König Georgs galten eben ' so sehr der 
Vermehrung der königlichen Einkünfte und der Wieder- 
erwerbung des entfremdeten Krongutes wie dem inneren Frieden 
und materiellen Gedeihen der ihm untergebenen Lande, Erateres 
war schwer oder gar nicht möglich. Es ist in hohem Grade 
wahrscheinlich, dass der König den Herren betreffs des in 
welcher Weise immer erworbenen Kirchen- und Krongutes 
günstige Zusagen gemacht und i sich damit selbst die Hände 
gebunden hatte. So blieb nur das Mittel der Abgabenauflegnng. 
Es war altböhmische Sitte, dem neu erhobenen Herrscher 
eine allgemeine Landessteuer zu bewilligen. Dasselbe geschah 
auch jetzt auf den zu Prag und Olmütz in den ersten Wochen 
des neuen Jahres versammelten Landtagen.') „Um des ge- 
meinen Nutzen und Besten willen und wegen ziemlicher merk- 
licher Nothdurft" bewilligen die Stände*) dem Könige eine 
aussergewöhnlich hohe Steuer, die bei L^henzinsungen big zu 
dem halben Jahresertrage bemessen wurde. Sie solle ein jeder 



') Tleber den Landlag zu Prag die StaH letopisoT^ S. 173. 

*) Erhalten ist uns freilich nur der Maliriache LnndtagsbeachlasB 
in Codex Nro. 41 des Znaimer Stadtarchivea mitg, von Palack^ in den 
Urknadl. Beiträgen Nro. 175, S. 166 ff. Aber wir erfaliren, daas einmil 
gleichzeitig ein Landtag in Böhmen stattfand, waa freilich gewöhnlich om 
die!ie Zeit zu geschehen pflegte, dann dass es xich um dip auf Bewilligtnig 



37 



n, der Güter und Zinsungen besitzt auf dem Lande, er 
Bei nun geistlich oder weltlicli. Es scheint dem Könige, wie 
wir aus wenigen Nachricliten erkennen, durchaus nicht leicht 
geworden zu sein, die Herren und Ritter mit den Prälaten zu 
dieser hohen Beisteuer zu vermögen. Der Widerstand regte 
sich wie in Böhmen so auch in Mähren. Für ihre Willfährig- 
keit bei der Wahl Podiebrads, für ihre geleisteten Dienste in 
Mähren und Oesterreich hatten die Hen'en reichlichere Be* 
lobuung, vielleicht völlige Freiheit von Lasten erwartet und nun 
trat der König dafür mit einer so ernstlichen Steuerforderung 
an sie heran. Das Murren war allgemein. Als aber König Georg 
auf der Forderung bestand, so gaben sie nach, doch nicht ohne 
dem König zu bedeuten, dass sie sich dafür der Pflicht, mit 
ihm ins Feld zu ziehen, liir ledig erachteten.') Sie unter- 
en auch nicht ausdrücklich ihr Recht in dem Land- 
tagsakte zu betonen, „mit gutem Willen, aber nicht 
Ton rechten sei die Verwilligung geschehen." Es 
war das erstemal, dass Zwiespalt auf das bisher so gute Ver- 
liältnis zwischen König und Ständen ihren Schatten warf. 
Sicherlich war es nicht Geiz, der den sonst wirklich spai'- 
samen und in spätem Zeiten kargen König diesmal bewog, sein 
Verlangen auch durchzusetzen. König Georgs Kasse scheint 
wirklich sehr erschöpft gewesen zu sein. Die Wahl- und 
Kröoungsauslagen, die Züge nach Mähren, Oesterreich und 
Schlesien mussten zu einer Zeit, wo den Verhältnissen nach 
die Einkünfte nur sparsam flössen, seine Mittel aufeehren. 
Die dem Lande Oesterreich abgenöthigte Zahlung der Hölz- 
ler'achen Schuld, die noch dazu in schwarzer Münze aus Mangel 
einer andern geleistet worden war, konnte nur für den Augen- 
blick helfen. Der König brauchte auch , wie er annehmen 



einer angaergewöhnlichen Steuer auch in Böhmen handelte, die entschieden 
'Widerepruch fand. Dass daneben, wie sicher für Mahren, offenbar anc.h 
Böhmen eine Reihe von auf die materielle Wohlfahrt des Landes ge- 
richteten BeschlÜBBen gefasEt wurde, darf man doch mit Sicherheit annehmen . 
') Geruhet zu wissen, das der konig hat geaatzt ein vmgeldt in dem 
lande zu Behmen; so haben die herrn gesprochen, iss dass sie sullin ym 
gelt gebin, so wellen sy ym adir mit ym zu felde uichten zyhen etc, 
Urkundliche Beiträge Nro. 117, S. 172-3. 



- 38 — 

iiiusste, noch bedeutende Summen, ehe er mit den deutschen 
Fürsten sich auseinandergesetzt haben werde. So Hess ihm 
die harte Notiiwendigkeit keine andere Wahl, als auf seiner 
Forderung zu bestehen. Freilich half ihm auch die Steuer 
noch nicht aus der Verlegenheit, trotz aller Soi^alt und 
Strenge bei der Einhebung derselten. ') Wir werden sehen, 
wie der König bald wieder darauf bedacht sein niusste, durch 
Verträge und Borgen Geld zu bekommen. 

Neben der Berna, die Jedermann bei hoher Strafe und 
ohne Säumnise entrichten sollte, wurde noch zum Beschlüsse 
erhoben, dass alle Yerschreibungen auf die königliche resp. 
markgräfliche Kammer, so wie auf königliches Gut von dem 
Besitzer vor dazu hestimmten Gommissionen vorgezeigt und 
von diesen geprüft werden sollten. Wer das binnen bestimmter 
Frist nicht thue, gehe der Verschreibung verlustig. Soweit die 
Sorge des Königs für seinen Säckel und das Königsgut. Nicht 
minder wichtig sind die Beschlüsse zum Behufe einer Neuordnung 
der Rechtspflege, dann die öffentliche Sicherheit und das 
materielle Wohl der böhmischen Lande betreffend. Die Ge- 
richte wurden neu geordnet und bestellt, mit besonderer 
Berücksichtigung des Herrenstandes, was vielleicht als eine 
Gegenconcession des Königs für die Bewilligung der Borna 
angesehen werden darf. '') Die Strassen sollen offen und frei 
sein, keine neue Maut- oder sonstige Gebühr darf dem fah- 
renden Kaufmann abgefordert werden. Befestigungen und 
Burgen, die einst wegen Raubes ihrer Besitzer (sUnordent- 
lichkeit") gebrochen wurden, dürfen nicht wieder gebaut werden, 
die Grenzfehden sollen unterlassen, mitesige Söldnerhaufen 



') Man vet^l. den betreffendsD Absatz des erwähnten OlmOtzer 
LandtagsakteB. Aehnliches war einet anch Dach König Ladislaua Eröimiig 
beschlossen, doth nnr in Böhmen und zwar eben durch Podiebrad dupch- 
gefilhrt werden. Man vergl. Palacky'B D^iny näroda ieat^ho, IV. 3, att, 
()7. Von des Kflniga steter GeldTerlegonheit, die ihn immer wieder la 
Anleihen etc. nöthigt, zeugen: ürkundl. Beitr. Nro. 184, S. 181— 18B, 
Nro. 194, S. 190—191, Nro. 206, S. 197; Slockheim Beilagen, Nro. 24, 
S. 183— lft4; AroiÜT öesky VI. str. 503. 

') So Tiel wird man aus der etwas verworrenen Angabe der 8t^ 
letopiBOvä ad 1469 S. 172 annehmen dürfen, 



39 



aufgelöst oder aus dem Lande entfernt werden u. s, w. Die 
Beschlusafassung und die Durclifilhrung einer solchen Reihe 
wichtiger Knanz- uud Verwaltungsmassregeln war für den 
König wichtig genug, mitten im Winter des Jahres 1459 die 
Eeise nach Mähren nicht zu scheuen. Allerdings gab es dafür 
auch -wichtige politische GrUnde ; sie liegen vor allem noch 
in den augenblicklichen Verhältnissen in Ungarn. 

König Georgs Zug galt aber nicht etwa der Erlangung der 
ungarischen Krone. Trotz der bedeutsamen ÄehnÜchkeit in der 
Entwicklung der staatsrechtlichen Verhältnisse in Ungarn und 
Böhmen seit dem Tode des letzten Luxemburgers, trotz der 
äusseren Analogie in dem Emporkommen Georgs von Böhmen 
und des Corvinen Mathias, mhte das Königthum beider doch 
auf wesentlich yerschiedener Grundlage. Mit und in . der 
Wahl König Georgs, des Hauptes der utraquistischen Partei, 
gelangt die gi'osse kirchlich-nationale Bewegung, die seit dem 
Beginne des Jahrhimderts und länger das böhmische Volk 
erfasst hatte, nun endlich auch in dessen äusserer politischer 
Organisation zum Ausdrucke. Der Husitismus, der zur Zeit 
der begeisterten Hingabe des Volkes an die neue Lehre sich 
nicht staatlich zu tonstituiren vermocht, gelangt nun endlieh 
im Königthum Georgs von Podiebrad zum Siege ; Utraquismus 
und Wahlfreiheit bilden die Grundlage für den neuen Thron. 
Letzteres galt nun zwar auch bei König Mathias von Ungarn; 
die religiösen Verhältnisse lagen aber hier völlig anders. 
Mathias war ebenso der treu ergebene Sohn der Kirche, 
wie dies vor ihm Kaiser Sigmund oder die Habsburger ge- 
wesen. Sowie er sich der steten Unterstützung der Curie zu 
erfreuen hat, so erkennt diese wiederum in dem guten Schwerte 
des thatkräftigen Magyarenkönigs den festen Schirm gegen 
das Drängender Osmanen, aber auch gegen die andern Feinde 
des heiligen Stuhles. So kam es, dass in der Folgezeit gerade 
der üngarnbönig zum gefähi-lichsten Gegner Podiebrads wird, 
seitdem dieser den gewaltigen Kampf für den Glauben seines 
Volkes vom Neuen aufgenommen. Aber dies geschah zu einer 
Zeit, wo König Georg längst durch seine egoistische und zwei- 
deutige Politik die Liebe und das Vertrauen des Ungamkönigs 
verioren und die Familienbande zwischen beiden zerrissen waren. 



40 



Jetzt , Winter 1458 — 9 , war aber das alte Einvei- 
standnis zwischen den beiden Fürsten noch vorhanden ; es 
gehört Alles, was fiir diese Zeit von einer beabsichtigten Er- 
hebung Georgs oder eines seiner Söhne erzählt wird, in eine 
spätere Zeit. ') Nur eine Trübung des bis nun so freundschaft- 
lichen Verhältnisses zwischen den beiden Königen, die aber 
erst allmählig während des Jahres 1459 hervortritt, ist nicht 
zu verkennen und auch die Ursache davon verbirgt sich nicht. 

Der junge Ungarnkönig hatte durch seine selbständige 
Handlungsweise nicht blos neuerdings die Gegnerschaft zahl- 
reicher mächtiger Barone erregt, sondern auch die Feind- 
schaft seines eigenen Oheims Michael Szilagyi sich zugezogen. 
Aber auf die Nachricht von dem am 26. Juni 1458 zu Siraon- 
tomya abgeschlossenen Schutzbündnisses '') jener war Mathias 
entschlossen dazwischen gefahren, hatte seinen Oheim gefangen 
gesetzt und den Verschworenen ihre Aerater genommen. Das 
trieb sie zu noch weiteren Schritten gegen den König und 
zu noch engerer Verbindung mit Kaiser Friedrich, dem sie 
bald ganz offen die ungarische Krone anboten. Der Kaiser 
rausste wol erkennen, dass seine eigene Macht zur Gewinnung 
des imgarischen Reiches nicht ausreiche; darum suchte er 
wie bei dem Papste, so auch beim Böhmenkönige Kath und 
Hilfe. König Georg kam denn auch nach Mähren, um den 
Stand der Dinge in der Nähe zu besehen, es kommt auch 
zu geheimen Unterhandlungen mit dem Kaiser offenbar in der 
ungarischen Sache zu Znaim ; ■*) eine Einigung wurde für 



') Diese Frage habe ich ausführlich erörtert und mit Zurückweiaung 
der AuBicht Palacky's und der vod ihm lorgebrachten GrOnde klar zd 
Btelleu gesucht in der nZeil8i;hrift für die Öaterrcicliiachen GymnaGien' 
Jahrg. 1877, Heft 5. 

-) Bei Telcki, Hmijadiak liora Magyarorszägon (XU, Bde, Fest 
1852 ff.) X., pag. 593. 

') Ueber die VerhaadJungen Pelina, Mara MoraricuB, Pragae 1677, 
pag, 700, Ehen aus der Nachricht, dass sie geheim gebalten wurden, 
erkenut man den ohen dargestellten Zuaammeobaiig and wird klar, dass 
sie nicht etwa der Beilegung der Grenzfehden allein galten. Den über die 
Befriedung der Grenz diBtrikte zwischen Böhmen und Oestetreich am 
Ü'f, April U59 geschlossenen Vertrag bringt Birk in den , Urkunden -Ans- 



— 41 - 

den Äugenblick nicht erzielt. Ueber Hradisch, Brunn und 
Glatz kehrte der König nach Prag zurück, während die Dinge 
in Ungarn ihren Lauf giengen und am 17. Februar 1459 die 
Wahl des Kaisers ziun Könige von Ungarn erfolgte. Die Auf- 
merksamkeit des Böhmenkönigs war seitdem getheüt zwischen 
dem ungarischen Osten und den weiteren Verlauf der einge- 
leiteten Verhandlungen mit deni deutschen Fürsten im Westen, 
Zu Wunsiedel, hart an der westlichen Grenze Böhmens 
trafen, wie man in Bamberg verabredet hatte, die böhmischen 
und sächsischen Räthe mit dem Teidingsmanii, dem Mark- 
grafen Älbrecht in den ersten Febertagen zusammen. Die 
Mühe des Vermittlers war sicherlich nicht gering. Es galt 
schroffe Gegensätze auszugleichen, schwer zu vereinigende 
Forderungen von hier und dort in Einklang zu bringen. 
Noch immer war Wilhelm von Sachsen nur mit halbem 
Herzen bei der Friedensvermittlung mit Böhmen ; so wie 
er in jenen Tagen eine Gesandtschaft an König Karl von 
Frankreich abordnete, seine Rechte auf die böhmische Krone 
zu vertreten , ') so waren auch die in Wunsiedel verhan- 
delnden Räthe des Herzogs beauftragt , sofort an den kaiser- 
lichen Hof zur Betreibung der Hilfeleistung des Kaisers in 
der böhmischen Sache weiter zu gehen , ') falls man sich in 
Wunsiedel nicht einige. Noch blickten beide Theile mit Mis- 
trauen auf einander und selbst der Markgraf, so enistlich er 
Kch um eine Uehereinkunft bemühte, mochte sie noch nicht 
für politisch unumgänglich nothwendig anerkennen, da es auf 
dem bereits anberaumten Ingolstädter Tage noch immer zu 
einem Ausgleich mit Ludwig von Landshut kommen konnte. ^) 



xOgen zur GeBchichte Kaiser Friedrich des III. in den Jahren 1453-1467-^, 
Archiv fOr Kuude ÖBterreicliiacher GeBcUchtaquellen, Bd. XI. Wien 1853 
S. ISO— 152. 

') S. P. von Ludewig, Reliquiae rnftiiuBtriptorum etc. ineditorum, 
(12 tom. Frankof. et Ups, 1730—31), tom. IX, pag, 707 sq, 

') Die Nachrichten ober den Tag nach Palackj, Urkundliche Bei- 
trSgo, Nro. 178, S. 173—4. 



Aber formell nothwendig und nützlich erwies eich der 
Tag denijoch. Waren auch, da es vorerst galt die Forderungen 
des Andern kennen zu lernen, die beiden Gesandtschaften ohne 
ausreichende Vollmacht, und ein Abachluss darum unmöglich, 
so fand der HohenzoUer doch sattsam Gelegenheit mit dem 
Haupte der böhmischen Botschaft, Zbyn^k Zajic von Hasen- 
burg die Streitpunkte mündlich zu erörtern. Aus diesen 
Besprechungen erwuchs gar bald die Erkenntnis, dass ein 
billiger Ausgleich möglieh sei. Der Markgraf schloss nun 
mit Hasenburg wenigstens müadlich die Hauptpunkte ab 
und beide vereinbarten sofort einen neuen Tag zu Eger, auf 
dem König Georg und der Markgraf persönlich anwesend sein 
und das ganze Friedensgeschäft zu Ende geehrt werden sollte. 
Den Zeitpunkt des Tages setzte man noch nicht fest; doch 
sollte die Einladung dazu wenigstens 4 Wochen firiiher erfolgen. 
Es geschah weiter offenbar unter dem Einflüsse vieliacher 
erfolgloser Berathungen in Wunsiedel, dass man sich gelobte, 
nicht alle die vielfachen alten und neuen Streitsachen zwischen 
Böhmen und Sachsen, sondern vorerst nur die Hauptfragen 
zur Entscheidung zu bringen.') 

Die Wunsiedler Abmachungen erfreuten sich des Beifalls 
des Böhmenkönigs wie der sächsischen Herzoge ; schon in der 
ersten Hälfte des April sehen wir den Egerer Tag zur That- 
sache werden. Aber in die wenigen Wochen bis dorthin 
drängten sich Vorgänge zusammen, die die allgemeine Lage 
noch mehr zu Gunsten König Georgs umgestalteten und das 
Gelingen des Egerer Tages im vorhinein sicherten. 

Vorerst blieben die Bemühungen der sächsischen Ge- 
sandten, bei Kaiser Friedrich in Wiener-Neustadt wie beim 
Erzherzog Albrecht Unterstützung gegen König Georg zu er- 
langen, natürlich ohne Erfolg. Der Kaiser trug sich mit an- 
dern Plänen, bei denen er des Eöhmenkönigs sich zu bedienen 
gedachte; der Erzherzog lehnte es geradezu ab, in dieser 
Sache auch nur einen Rath zu ertbeilen. ') Zu gleicher Zeit 



') Urtnndlicbe Beiträge Hro. 178, S. 174. 
') Bbendort, S. 173. 



konnte sich Herzog Wilhelm persönlich überzeugen, wie viel 
er von den Schlesiem zu erwarten habe. 

Geti'eu seinem dem Stadtschreiber Eschenloer und der 
Gesandtschaft der Liga gegebenen Worte hatte der Herzog am 
20. Januar die Breslauer '), dann am 27. den gesammten 
scblesischen Bund auf den 18. Februar nach Cottbus einge- 
laden und sein persönliches Erscheinen dabei zugesagt ') In 
der That fanden sich mit Ausnahme der Schweidnitzer die 
Mitglieder der Liga mit dem Herzoge am bestimmten Tage". F^hr, 
zusanmien; auch eine Gesandtschaft der Sechsstädter war an- couhS, 
wesend. Wilhelm verlangte unumwundene, entschiedene Antwort 
nnd Parteinahme: Wollten sie ihn einfach als König aner- 
kennen, so sei er bereit, mit allen seinen Freunden ihnen 
Schutz und Beistand zu leisten. Als jene dagegen erklärten, 
über ihre frühere Antwort auf des Herzogs Bewerbung nicht 
len zu können,*) da war sein Entschluss auch bereits 
<on dieser Stunde an galt ihm ein weiteres Zusammen- 
gehen mit den Schlesiem als unnütz und verderblich. *) Wenn 
Herzog Wilhelm trotzdem einen neuerlichen Convent an St. 
Walburgitag zu Cottbus zu -beschicken verhiess, so wahrte er 
eben die Form und verhütete, dass der Bruch allzu frühe offen- 
kundig wurde. 

Aber man ahnte ein Aehnliches doch bei den Schlesiem 
und Herzog Johann von Sagan, König Georgs erbittertster 
Gegner, bat besorgt Kurfürst Friedrich um Aufschluss.') Der 

'} Scriptores rerum SileBiacariim IX. S. II, 

=) Nach H, Markgrafa Note zu S. 11, Bd. IX., der Scriptor. rer. 
Süesiacanim. 

'1 Petr. Eschenloer in Scriptor. rer. Sü. Vl[., pag, 36: Voluit 
Wilhelmaa simpliciter agsiuni debere et postea auxiüara et favorem cuin 
omnibns amicis praebere. Siesitae Be extra primam reBpODsionem noD 
fre poBse deducunt; petant, ut saper impetitioue et jure suo WUhelmuE 
velit aEBistere ipsia. 

') In dem Entschuldignugabriefe an seine EÄthe und Amtleute vom 
18, Mai 1459 sagt der Herzog; Wir haben auch an unBern heim nnd 
franden in rate nicht mageo finden auf Bolcbia weitlofftiga uns mit unaern 
Iftnnden nnd lewten in vorterblich wagniaae zu geben. Scriptor, rer. 
Silesiac. YIH, S. 44. 

^) P. Eschenloer, Hist, Wralial. 1. c. 



freilich stellte — noch wusste man ja nicht, wie der Egerer 
Tag enden würde - in seinem Schreiben vom 6. April jede Ver- 
ständigung mit dem „üffgeruckten" in Ahrede. ') 

Es war den wittelsbachischen Fürsten gleichfalls nicht 
verborgen geblieben, dass der rührige Markgraf Albrecht sich 
in Wunsiedel bemüht, einen Ausgleich zwischen Böhmen und 
Sachsen zu Stande zu bringen. Das Bedürfnis, dieser Even- 
tualität gegenüber ihre Entschlüsse zu fassen, führte sie bereits 
wenige Tage nach Schluss der Wunsiedler Berathungen in 
Esslingen zusammen. '■') Schon waren die Processe des ßeiches 
gegen Herzog Ludwig wegen des Ueberfalls von Donauwörth 
eingeleitet; andererseits stand der neuerliche Bruch mit der 
brandenburgischen Gegenpartei in ziemlich sicherer Aussicht ■ 
es galt darum zu verhüten, dass auch der mächtige ßöhmen- 
könig sich in die Reihe der Gegner stelle. Was nun weiter 
in Esslingen, was in den nachfolgenden längeren Besprechungen 
in Regensburg*) im Einzelnen beschlossen wurde, was für 
Schritte dann die Witteisbacher thaten, um auch ihrerseits 
mit König Georg in Beziehung zu treten, ist unbekannt. Aber 
wir erfahren ganz zufällig, dass in Amberg in der Ober- 
pfalz pfalzgräfliche und böhmische Käthe unterhandelten und 
eins wurden;') in Folge dessen erscheint Pfahfgraf Friedrich 
als des Königs Gast in der Grenzstadt Eger. 



') Scriptor. rer. SUeaiac. VIU., S. 15-16. Dr. H. Markgraf wird 
mir vielleicLt beigtimmeii, wenn ich dea dort enrähot«!! Zittauer Tag aul' 
die Verhau dlimgen der LausiUer mit dou 3 böhmisuhen Baronen beziehe. 
Vergl. Scriptor. rer. Luaatic. I. pag. 80. 

') Dahin ist nach Ä. Klackhohn'a Ejcura V. zu Lndwig d. R., 8. 
366 — 7, die Hachricht Möllera im Reichstags ■Theatnim unter Friedrich V. 
I. pag. 6SI) zu modifizieren. Zu den dort gebrachten antreffenden 
Gründen möchte ich nur noch hiczufUgen, dass Markgraf Albrecht in 
einem Briefe vom 3. Dez. 1458 (bei von Stockheim, BeUagen 8. 59-60) 
auadrilcklich sagt, es habe der Kaiser den Herzog sofort „tod ambts 
wegen isar Verantwortung gezogen". 

"j JÜuckhohn, Herzog Ludwig der Eeiilie S. 99. 

*) Diese bisher überaehene Nachricht, die gleichwohl ein wichtiges 
Glied in der Kette der damaligen diplomatischen Massnahmen bildet, finde 
ich in dem Berichte der bairiscben Eäthe i\:\ ihren Herzog lom Egerer 
Tage tiei Stockheim, BeUagen IXa, S. 75. „Item zum ersten auf " 



Und bald genug hatten die Witteisbacher Gelegenheit zu 
erkennen, wie wohl sie gethan, wenn sie an der Friedensliebe 
des Markgi^afen zweifelten. Älbrecht ritt zwar der Bam- 
berger Abredung getreu zu Anfang März nach Ingolstadt zu"**; 
Herzog Ludwig und trat dort mit den bairisehen Räthen in ^° 
Unterhandlungen, aber des Gelingens des Egerer Tages sicher 
gab er nicht das mindeste von den Ansprüchen bezüglich des 
Landgerichtes nach. Nicht einmal an dem Wenigen, womit 
er in Bamberg dem Herzoge entgegengekommen, hielt er fest, 
und ebenso lehnte er es ab, bei Mainz fiir einen gütlichen 
Vergleich mit dem Pfalzgrafen Schritte zu thun, So schieden 
beide Theile im vollen Bewusstsein ihrer Gegnerschaft, und 
der endliche Beschluss, es solle Bischof Johann von Eichstädt 
und der Deutschmeister imi die Uebernahme jener Vermittlung 
ersucht werden, konnte den Bruch nicht verdecken, ') Hätte 
freilich Markgraf Älbrecht gewusst, dass auch dem Pfalzgrafen 
der Weg zu dem neuen Bohmenkönige bereits offen stand 
oder sich doch demnächst öfinete, er hätte mit weniger 
Entschiedenheit den Ausgleich zurückgewiesen. Um so un- 
angenehmer kam ihm dann des Pfalzgi-afen Eitt zum Könige 
nach Eger. Hierhin wendeten sich nun die Blicke von Nah 
und Fem, als mit der zweiten Aprilwoche die Eröffnung des 
Tages heranrückte. 

Der Egerer Tag bezeichnet einen Wendepunkt wie in 
den Geschicken König Georgs, so auch fiir die Stetluag und^ 
Bedeutung seines Königthums; er ist aber zugleich der be- '^ 
deutungsvolle Moment in der Geschichte überhaupt, an dem 
zum erstenmale ein Staatswesen sich die allgemeine Aner- 
kennung erringt, das im Gegensatze zu der alten Kirche und 
der alten Legitimität denn doch den Kampf um religiöse Frei- 



ftbachiede Beiner königlichen gnaden Rilte von Im am nächsten zu amberg 
getan demselben fomemen weiter nachzuuolgen. 

') Der Äbechied des Tagea vom 10. März 1459 inhaltlich bei von 
Stockheim, Urkunden und Beilagen S. 66. Der Wortlaut zeigt ebenso die 
Entachlossenbeit Markgraf Albrechts in nichts nachzugeben, wie das Ver- 
langen Herzog Ludwigs zu einer Einigung zu gelangeQ. DarauB könnte 
man folgern, dass der Amberger Tag wohl erst nach dem 10. März statt- 
geftinden habe. 



« 



heit und das Recht politischer Selbstbestimmung als die Basis 
seines Bestandes erkennen lässt. Freilich war dies eben nur 
die Basis, fortgebaut wurde dann auch hier auf anderer 
Grundlage, aber eben dadurch der Bau selbst gefährdet 
und vernichtet. Wie sehr hat sich doch König Georg be- 
müht, Alles in der Weise seiner Vorfahren zu thun, die be- 
sondere Genesis seines Königthums so viel als möglich allent- 
halben vergessen zu lassen ! Nun sorgte der König dafür, sich 
bei der Begegnung mit den deutschen Fürsten mit dem Ge- 
pränge zu umgeben, den er des Böhmenkönigs für würdig er- 
achtete. In langem glänzenden Zuge ritt er am 7. April in 
die Thore der alten Reichsstadt ein. ') Et geleiteten ihn sein 
Sohn, der jugendlich rasche Viktorin, die ersten Würdenträger 



') Die Egerer VertiaBBurkimdeii sind xum grüaseren oder geringeren 
Theile, aber nirgenda vollatändjg gedruckt bei Eretuer, Geschichte Friedrich 
des Siegreichen von der Pfalz, Bei]. LIV. und LVIII, ; LOnig, Cod. German 
diplom. L p. 1478; Dumont, Corps diplomatique tom, 3, Amsterdam et La 
Haye 1726, p. 262 aq. ; Riedel, Codex dipim. Brand. B., Band V.,pag.47— 60^ 
Sommersberg, scriptor. rer. Siles. I. pag, 1028; Müller, Reichstagetheotnim 
und Fried. V., I, p. 537 ff. Nachrichten über den Tag finden sich bei von 
Stockheim, Beil. IX.» f, S, 74-78; bei Palacky, Urkundliche Beitrage 
Nro. 182 nnd 184, S. 177-180 und 181—183; io den Scriptores rer. Sil. 
VII.. S. 43-45 (Esohenloer, Histor. Wratisl.) und Vin., S. 15. Notiaen 
von geringerem Belang und Umfang in den Start letopiaove. str. 172—73, 
den Scriptor. rer. Lusat. I. pag, 80—81 (.Toh. von Guben Jahrbücher der 
Stadt Zittau), bei Rajnaldus, Annal. eccles. ad. ann. 1459, Nr. 18 a. a. 0. 
Von ungedrnckten Materiale vermag ich die Terzichtsleiatungs-Urknnde 
Herzog Wilhelm'a und seiner Gemahlin (GroBsh. b. Gea. Archiv in Weimar, 
Reg, Ä., FoL 6)> Nro. 5, 25) und einzelne inhaltlich veniger wichtige 
Stücke auB dem Egerer- (Copialb. I. Fol. 93) und Namberger Archive 
(MiBsiv-Buch XXVin., Fol. 203) hinzuzufttgen. Zudem sind die hei Stock- 
heim gebrachten Nachrichten in der Darstellung noch nicht verwerthet. 
Auffallend bleibt, daaa weder die Augsburger Chronik dea Burkhard Zink 
noch auch die Nürnberger Jahrbücher dea XV. Jahrhunderts, beide in der 
treffl. Sammlung der Chroniken der deutschen btädte vom 14. bis ins 
16. Jahrhundert, berauagegeben durch die hist. Commiss. der Münchner 
königl. Akad. der Wiss. unter Leitung Prof. K. HegeVs des Egerer Tages 
erwähnen und auch Müller (Reicht. Th. 1. c.) ihn nur mit den Worten 
des höbm. ChroniBten Dnbravius xa erzählen weiaa. Von neueren Histo- 
rikern hat den Tag am ausführlichsten behandelt Dr. Fr. Palacky in den 
D^jiny niroda 6oBk. IV., 2. str. 76—84. ohne freilich die hei Stockheim 



— 47 — 

des Reicbfls, die Blüthe des böboüscheD luid mährischen Adels ; 
mit Freuden und durch des Königs Besuch hochgeehrt empfieng 
ihn die Bürgerschaft, die früher und später mit unwandelbarer 
Treue an ihm hieug. Schon am nächsten Tage traf auch der 
Markgraf eio mit des Tages würdigem Gefolge umgeben, am 
zweitfolgenden Pfalzgraf Friedrich, den die vornehmsten Edlen 
der pfalzischen Länder und seine geschicktesten Räthe be- 
gleiteten. Mit Turnieren und festlichem Empfange ehrte der 
EÖnig die Fürsten, mit reichlicher Bewirtung und Festlich- 
keiten verschiedener Art die Bürgerschaft den König und seine 
Des Königs treuer Geheimschi'eiber Jost von Ein- 
siedel, der in den Ostertagen (25. u. 26. März) in Eger ge- 
wesen, den Auftrag seines Herrn mit Besuch und Festfeier 
bei lieben Freunden verbindend, hatte dafür gesorgt, dass 
geräumige Herbergen bereit standen und der Rath es an 
leise und Trank nicht fehlen liess. ') 

Nichtsdestoweniger schritten die Fürsten doch alsbald 
üach ihrer Ankunft zur Aufnahme der diplomatischen Ver- 
handlungen. Für König Georg und die Böhmen standen die 
Dinge ausserordentlich günstig. Die Ueberzeugung, dass sein 
'Beitritt für das Uebergewicht dieser oder jener Partei im 
ileich entscheidend sei, bewirkte, dass beide sich auf das 
iemstlichste um seine Freundschaft bemühten; statt durch 
iOpfer die Anerkennung seines neuen König- und Kurfürsten- 
erlangen, trat er sofort in eine derartig gebietende 
Stellung im Reiche ein, dass sie auch nicht einmal eine Dis- 
cuasion über Anerkennung oder Nichtanerkennung zuliess. und 
Ine klug weiss der König den günstigen Augenblick zu nützen, 
grachickt weiss er aus der Lage der beiden Parteien 

tedmckten sehr ^richtigen Nachricbten und die mir Torliegenden unge- 
tmckten Materialien zu kennen. 

') Schreiben der Egerer an die Nünibeiger vom 26. März 1459 im 
.ügerer Stadtarchiv Copialb, I. Fol. 93hi darnach war die Anltonft des 
Kfinigs orBprÜngUcb aot' den 10. April in Aassicht genommen. Am selben 
Vage bestellen sie bei Hans Markhauaer 3 Fuder Wein. Ebeodort. Im 
Stadtarchive beündet sieb ausserdem ein VerzeichnisB der Ausgaben der 
BOrgerschaft während des Tages, damnter ein Geschenk von 100 Schock 
r Groschen an den König. 



augenblicklieb Vortheil zu ziehen und dafür zu sorgen, dass 
auch in Hinkunft der Schwerpunkt der deutschen Parteiungen 
in Böhmen liege! Der Pfalzgraf sieht sich vom Könige durch 
die Rücksicht auf seine Gegner und den Herzog Ludwig, der 
Markgraf durch die Anwesenheit und augenfällige Bevorzugui^ 
des siegreichen Pfalzgrafen zur Nachgiebigkeit gedrängt. 

Markgraf AJbrecht war, wie die bairischen Räthe er- 
zählen, geradezu erschrocken, als er die Nachiicht erhielt, 
dass auch der Pfälzer mit zahlreichem Gefolge gen Egei' 
heranziehe. ') Dass zugleich auch Räthe Herzog Ludwigs 
mit anlangten und König Geoi^ dem rheinischen Kurfürsten 
einen glänzenden Emiifang bereitete, vermehrte noch seine Un- 
ruhe. Argwöhnisch und unwillig wandten sich danmi die frän- 
kischen Herren Hans von Lichtenstein und der von Aufsess 
aus des Markgrafen Gefolge an die Baiern: „Der Tag sei ge- 
setzt zwischen Böhmen und Brandenburg und Markgraf Älbrecht 
da, um zwischen König Georg und den sächsischen Herzogen 
zu vermittebi ; gewiss seien sie, die bairischen Räthe und der 
Pfalzgraf, nur gekommen, um das Friedenswerk zu stören; 
aus den gesteigerten Forderungen der Böhmen lasse sich dies 
deutlich genug erkennen." ') Und nun liessen nicht blos diese 
Herren den Wunsch durchscheinen, es möchte zu einer Ver- 
ständigung des Markgrafen mit Herzog Ludwig kommen, der 
Markgraf selbst dachte unter dem ersten niederdrückenden 
Eindrucke dessen, was er da geschehen sab, wie es seheint, 
an nichts Geringeres, als sich mit dem Pfalzgrafen zu ver- 
gleichen, und suchte lun eine geheime Unterredung mit 
diesem an. •) Doch ist er davon wieder, wohl nicht ohne Ein- 
flnssnahme König Georgs, abgekommen. Auch sind es eben 
nur die bairischen Räthe, die in der ersten Freude solches 
ihrem Herzoge melden. 



') von Stocfcheim, 1. c. 8. 76, 

*) von Stöckheim, 1. c. 

') Eheodort: Darnach sagten wir aolciiB vnaerm gnädigen h 
den) pfalczgraueo der gab tbh zuerkennen es warn austräg vnd der in 
graf wollt auch gerne iogeheim bej Im sein waa er aber mit Im ri 
wollt, west sein gnsd nit. 



An den Unterhaodluugen, die Dienstag den 10. April mit 
leiden anwesenden deHtschen Fürsten, natürlich getrennt, nuf- 

Eenommen wurden, lietheiligte sich in erster Reihe König 
reorg persönlich; da er des Deutscheu nicht mächtig war, 
iingirto Jost von Einsiede! als Dolmetscher. Die Verhand- 
igen mit dem Markgrafen führte nach der ersten feierlichen 
Eröffiiung derselben in Anwesenheit beider Fürsten, zum Theile 
! Deputation böhmischer Herren. ') Daneben fiel dem ge- 
Jirandten Geheimschreiber noch die besondere Aufgabe zu, 
persönliche Aufträge des Königs an den Markgrafen direet zu 
^itesorgen und so die Richtigstellung der gegenseitigen For- 
derungen und den raschen Fortgang des Friedensgeschäftes 
wesentlich zu fördern. Wirklich fand er sich bereits Montag den 
9. April in tiefer Nacht bei dem Markgrafen ein, und es war 
das Ergebnis dieser ersten eingehenden Unterredung, dass man 
tteschloss, den Vergleich sofort 7um Abschlüsse zu bringen 
und nicht etwa noch die Vermittlung des Kaisers und der Kur- 
fürsten anzurufen, dann dass Markgraf Albrecht die Ueber- 
.Zeugung gewann, es sei nicht blos die Verziehtleistung Herzog 
'Wilhelm's auf seine Ansprüche an das Ladislaw'sche Erbe 
eine Sache der Nothwendigkeit gewordeu, sondern dass der- 
selben auch noch weitere, wenn auch nicht allzu grosse Opfer 
gebracht werden müssten. ") Natürlich war der Markgraf 
entschlossen zu retten, was zu retten war, und bot er seine 
ganze bedeutende Gewandtheit auf, um seinen sächsischen 
Tettem wenigstens in Bezug auf die von Böhmen verlangten 
Schlösser und Lehenschaften und die übrigen streitigen Punkte 
iin&glicbst grosse Vortheile zu sichern. 

Lagen so die Schwierigkeiten bei dem sächsisch-böh- 
imischen Ausgleiche in der Sache selbst, so fand sich anderseits 
auch bei den Verhandlungen des Königs mit dem Pfalzgrafen 
unerwartete Verzögerung, als der letztere die Aufnahme Herzog 
Ludwigs von Landshut in die Einung verlangte. 

Herzog Ludwig hatte ebensowenig als Markgraf Albrecht 
vorausgesehen, wie sich die Dinge in Eger gestalten würden. 

') Urktmdliche Beiträge S. 177, vod Stockheim, S. 75—76, 
') Urkniidliche Beiträge I. c. 

GHoh. Owrg's »ou Podiebfad. j 




- 52 — 

handlungen kam man Sonntag den 15. April zum Abschlüsse. ') 
Der Pfaizgraf verbindet sich mit dem Könige zu ewiger Freund- 
schaft, jedoch unbeschadet der engen Bundesgenossenschaft, 
die ihn seit langem mit Herzog Ludwig vereinige. Er wird es 
sich vielmehr angelegen sein lassen, auf einem demnächst in 
Prag abzuhaltenden Tage den Frieden zwischen Böhmen und 
Baiem-Landshut zu vermitteln. Daflir blieb dem Könige weiter 
durch den blos negativen Znsatz, es solle das Bündnis mit 
dem Pfalzgrafen durch keine weitere Einung, in die einer der 
beiden Füi'Sten treten würde, geschädigt werden können, 
immer noch die Möglichkeit, nun zu dem Bunde mit dem 
Pfälzer auch den Ausgleich mit dessen Gegnern, den sächsischen 
und brandenburgischen Fürsten hinzuzufügen.*) 

Es waren inzwischen auch mit dem Markgiafen Alhrecht 
die Verhandlungen so weit vorgeschritten, dass die Einigung 
gesichert war und man jeden Augenblick zum Abschlüsse 
schreiten konnte. Trotzdem der Markgraf seine nunmehrige 
üeherzeugung, die er bereits nach der ersten Unterredung 
mit Jost von Einsiedel den Käthen Herzog Wilhelms kund- 
gegeben, oflfen hatte hervortreten lassen, dass man jetzt 
eine andere Grundlage der Uebereinkunft , als bisher fest- 
gehalten worden war , suchen müsse ,*) so kam es doch 
alsbald bei der feierlichen Ansprache und Begr üssung am Nach- 
mittage des 10. April — gleich nach dem Empfange des 
Pfalzgrafen — zu wenn auch nicht erregten so doch ent- 
schiedenen Auseinandersstzungen. 

In der förmlichen Eröffnungsrede legte der kluge Markgraf 
nur mehr in so weit Gewicht auf die Erbrechte Herzog Wilhelms, 
als nothwendig war, den König zu möglichst weit gehenden 
Concessionen in den andern Punkten zu stimmen. In deren 
Behandlung bewies nun der Brandenburger seine ganze diplo- 
matische Meisterschaft. Die zahlreichen Städte und Schlösser, 
die man böhmischerseits von den sächsischen Herzogen rekla- 



') Nach Ton Slockheim Text S. 51 wurde die Einigung bereit* a. 
13. Aprü erzielt. 

*) Kremer, 1, c. 

'} Urkufldliche Beiträge Nro, 192, S. 177. 



mirte, wusste er auf durchaus gerechte ßesitztitel zurückzu- 
füfaren. Sie seien durch Kauf oder Pfandschaft, als böhmische 
Lehen oder Ersatz für geleistete Kriegsdienste, oder endlich 
im ehrlichen Kriege von den Herzogen erworben worden.') 
Dahei vergass der Markgraf nicht, seine Stellung als unpar- 
teischer Mittelsmann zu kennzeichnen, liess aber doch durch- 
leuchten, dass der König zu der Aufgebiing der Erbanspvuclie 
nicht allzu empfindliche Abtretungen verlangen dürfe.') Gerade 
■diese wurden denn auch der Angelpunkt der Verhandlungen, 
vor dem die kleineren Streitfragen, wie die Ansprüche der 
Herren von Plauen und des von Donin an Sachsen, die Forde - 
nmgen der böhmischen Söldner '> wie die Händel der flüchtigen 
Vitzthume zurücktraten, 

König Georg erörterte in seiner Gegenrede zunächst ein- 
gehend die Erbansprüche Wilhelms von Sachsen, die er als 
durchaus unbegründet darlegte. Selbst wenn man in Böhmen 
das Erbrecht gelten lasse, erbe der Herzog nicht. Die letzten 
Könige seien Habsburger gewesen, deren Töchter niemals 
erbten, so lange männliche Glieder des Hauses vorbanden 
Wären.') Das wären aber der Kaiser, sein Bruder Albreeht 
and Herzog Sigmund von Oesterreich-Tiiol. Aber auch die 
Babsbui'ger seien nicht zur Nachfolge in Böhmen berechtigt, 
denn Böhmen sei ein Wahlreich und schon die Könige Sigmund, 
Albrecht und Ladislaus seien Wahlkönige gewesen. Darum 
sei aber auch er rechtmässiger König von Böhmen. Und nun 
konnte der König seine Empfindlichkeit darüber, wie die 
Bächsischen Herzoge bisher über ihn gesprochen und geschrieben, 
nicht verbergen; selbst dem Markgrafen hielt er vor, dass er 
bisher es vermieden, ihn förmlich König zu nennen, üeber- 



') ElMndorL 

") Ebendort. 

') ZaUrciche Stücke über diese Angelegenheiten finden sieb im 
GroBBherE, aächaischen GeaanmitarchiTe zu Weimar und im Stadt Egerer 
Arcbive. 

*) Diese Interpretation des Erblblgegesetzes für Böhmen von Seiten 
des Königs Georg ist um so interessanter, als sie im wesentliobea mit 
der im folgenden Jobrhiinderte anf Sitten der bübmischen Stände von 
Kaiser Ferdinand I. gegebenen Qberetnatimiui. 



- 54 - 

gehend auf die weiteren Streitpunkte verlangte der Künig 
nicht blos die Abtretung von Briix, Osseg, Risenburg und aller 
Schlösser von Eger bis zum Elbedurchbruche diesseits des 
Kammes des Erzgebirges, sondern eine weitere sehr stattliche 
Reihe von Sfüdten und Schlössern in Meiasen, im Voigtlande 
bis Uef nach Thüringen hinein. Auch die übrigen Ansprüche 
an Sachsen brachte König Georg, natürlich alles durch Ver- 
mittlung Jost's von Einsiedel, zur Geltung.') 

Das Erscheinen des vom Könige auf den Abend mit seinen 
Eäthen bestellten Pfalzgrafeii unterbrach die erste Ausein- 
andersetzung. Seine Worte, die er im Nebengemache ab- 
sichtlich laut äusserte, „er sei gekommen mit Georg, den er 
als Böhmens echten König anerkenne, in Einung zu treten"), 
so wie die ziemlich kühle Haltung der höhmischen Herren, 
die nachträglich des Königs Forderungen schriftlich über- 
brachten, vermehrten noch das Unbehagen des Markgrafen.*) 

Aber entmuthigt war er nur einen Augenblick.*) Seine 
bedeutende Persönlichkeit verfehlte des Eindruckes auf den 
König nicht; sein Scharfsinn fand bald die Wege nicht blos 
die eigenen Verhandlungen vorwärts zu bringen, sondern wie 
gezeigt wurde, auch des Königs Haltung gegen den Pfaht- 
grafen zu beeinflussen. 

Der Pfalzgi'af hat wohl bald nach dem 15. April, an dem 
er mit dem Könige abgeschlossen, seine Heimreise angetreten. 
Schon waren auch die Verhandlungen mit dem Markgrafen, 
da weder der König die Verbindung mit zwei mächtigen 
Fürstenhäusern des Reiches durch starres Festhalten an seinen 
Forderungen vereitelt sehen wollte, noch der Markgraf die 
Nothwendigkeit verkannte, dass einige Opfer gebracht werden 
müssten, so weit gediehen, dass ihr Gelingen zweifellos schien. 
Nun fanden sich auch, erst Herzog Wilhelm, dann sein Bruder 
Friedrich, der Kurfürst endlich die brandenburgischen Mark- 
grafen nach einander in f^er ein und kam es bis zum 25. Apr. zur 



') UrkundlicLe Beiträge, 1. t 
*) Ebeadort. 
') TOD Stockbeira 1. c. 
*) cf. die obige Darlegung. 



Einigung über eine ganze Menge von Fragen, dnrcti welche 
Bie Stellung des Königs im Reiche mit einem Schlage völlig 
jnmgewandelt erscheint. Und doch hatte man wieder die 
Privatangelegenheiten von denen der Krone und der Fürsten 
getrennt, und für die Ordnung jener einen späteren Zeitpunkt 
iin Aussicht genommen. 

Am 35. April war Markgraf Albrecht, der seine Rolle 
als Teidingsmann festhielt , so sehr er thatsächlich seihst 
fartei war, in der Lage, die Sprüche in den einzelnen Fragen 
verkünden. Da verzichtet zunächst Herzog Wilhelm 
von Sachsen in seinem und seiner Gemahlin Namen auf die 
Krone zu Böhmen, auf Schlesien und die Markgrafschaft 
Mähren und was sonst zu der Krone gehört für sich und seine 
Erben zu Gunsten König Georgs und seiner Erben und Nach- 
kommen, Königen von Böhmen, tritt ihm alle seine Gerechtig- 
keit ab und vtrsi)richt, dass weder er selbst noch seine Erben 
und Nachkommen und iu Zukunft ii'gend welche Forderung 
oder Ansprüche wieder erheben werden.') Es mussten ausser- 
dem, wie der Markgraf weiter auf Grund der Vereinbarungen 
Terkündete, zur Beendigung der alten Streitigkeiten zwischen 
Sachsen und der Krone Böhmen an Böhmen unmittelbar ab- 
getreten werden : Stadt und Schloss von Brüx, die Riesenburg 
(Osseg) und Dux sammt Zugehör. Von all den zahlreichen 
Lehenscbaften, die einstmals zu Böhmen gehört haben und 
nun in sächsischen Händen sich befinden, treten in ihr altes 
Lehenverhältniss zur Krone, so weit sie jenseits des Kammes 
ä Erzgebirges, jenseits „des Waldes" gelegen sind, nur die 
flerren von Plauen, Reuss von Plauen, von Gera und von Schön- 
irarg, dann die Grafen von Schwarzbnrg mit einer Anzahl von 
Städten und Schlössern. Den gesammten übrigen sehr be- 
deutenden böhmischen Besitz ') erhält der junge Herzog Albrecht 
iron Sachsen, König Georgs künftiger Schwiegersohn, als 



') Die Copie im Grossherzogl. sächB. GeBammtarchive in Weimar, 
ig. A., Toi. 6*1 Nro. 5, 2B; davon spricht König Georg in seinem Briefe 
m 9. Mai, Orkundl. Beiträge, 184, S. ISÜ. 

■) Er findet Bich ansfüliTlich angefahrt bei Palacky, Däjin; öesk. 
naroda IV, 2, str. 80-81. 



Gesammtlehen der Kroue Böhmen und nach ihm immer der- 
jenige von seinen Nacbkommen, den der Kurfürst, das Haupt 
der Familie dazu bestimmen wird. Mit der Belehnung erlangt 
er Bugleich stets das Recht, die einzelnen Schlösser und Städte 
als Afterlehen weiter zu vergeben. 

Damit erschien der Friede hergestellt und weiteren 
Abmachungen der Weg geebnet. In der That treten am selben 
Tage sämmtlicbc Herzöge von Sachsen mit König Georg und 
der Krone Böhmen in eine feste Einung zu wechselseitigem 
Schutz und gemeinsamer Abwehr gegen Jedermann. So wie . 
die Herzöge insgesammt auf alle Lande der böhmischen Krone, 
dann deren Lehnschaften, mögen sie nun in Franken, Baiern 
oder anders wo in den deutschen Landen gelegen sein, aus- 
drücklich verzichten, so entsagt auch König Georg seinerseits 
jeder weiteren Forderung auf eines der Länder und Güter 
des sächsischen Hauses und gelobt vielmehr die Herzoge in 
deren Besitz zu schirmen. 

Die völlige Einung beider Häuser besiegelt, wie Mark- 
graf Albrecht gleich zu Beginn seines Schiedsspruches 
verkündigte, die Wechselheirath der herzoglichen und könig- 
lichen Kinder. Zdena von Böhmen wird mit Herzog Albrecht, 
Kurfürst Fiiedrichs jüngerem Sohne, Katharina, die Tochter 
Herzog Wilhelm's mit König Georg's jüngstem Sohne Hynek 
verlobt. Zu Martini soll, so wurde alsbald festgestellt, in 
Eger die Vermählung der jungen Paare stattfinden; da wollten 
dann die Fürsten selbst zum prächtigen Hochzeitsfeste sich 
persönlich einfinden. So gross die Freude des Königs war 
über die glänzenden Aussichten seines Hauses, — dies geht aus 
seinem Schreiben vom 'X Mai auf dem Rückwege nach Prag 
an Johann von Rosenberg unverkennbar hervor — ,') so ver- 
gass er doch keineswegs, sich einmal über die Mitgift von 
■20.000 11., die Herzog Wilhelm seiner Tochter geben wollte, 
eine sichere Zusage geben zu lassen, wie er versprechen Uess, 
dasa seiner Tochter Zdena (Sidonie) die bedungenen 4O00 fl- 
jährlicb von Kurfürst Fiiedrich auf sächsische Städte und 
Schlösser würden angewiesen werden. 



') Urkundliche Beiträge Nro. 184, S. 



57 



Nicht minder wusste der König zu ordnen, dass die 
Herzoge ihm Stadt und Schloss Pirna um 20.000 fl. abkauften 
lind sie dann jener erblichen Lehenmasse einverleiben liessen.'; 
Damit füllte er seine wie es scheint bereits wieder bedenklich 
leere Kasse, und war er anderseits doch im Stande, die that- 
sächliche Verminderung des Kronbesitzes mit der gewahrten, 
freilich so gut wie bedeutungslosen Lehenhoheit zu decken.*) 

Doch auch das war noch nicht Alles, Auch das Ver- 
hältnis der sächsischen Herzoge zu den Schlesien! und den 
Lausitzem kam zur Sprache, König Georg verlangte mm nicht 
blos, dass Herzog Wilhelm jede weitere Verbindung mit seinen 
widersässigen ünterlhanen aufgebe, er stellte noch die weitere 
Forderung, dass der Herzog, wie sein Bnider der Kurfürst 
und die Krandenburgischen Fürsten, ihn, den König, geradezu 
"bei seinen Bemühungen die friedliehe Anerkennung zu erlangen 
mit ihrem Einflüsse unterstützen sollten. Ja er liess sogar 
■nicht undeutlich merken, dass er im Falle eines Kampfes auch 
.hier auf ihre Bundeshilfe rechne,') 

Auch darin zeigte man sich willfährig. Nur das Eine 
bedang sich Herzog Wilhelm ausdrücklich aus, dass die Fürsten. 
die Städte und die Landschaft Schlesiens wegen „ihres Willens 
und der Zuneigung," die sie ihm erwiesen, nicht gestraft, sondern 
felis sie nun sich zur Annahme König Georgs verstünden, bei 
„ihren Ehren, Würden und altem Herkommen" erhalten werden 
sollten,*) 

Der Einung mit dem sächsischen Hause schloss sich am 
«dben 25. April die Ausfertigung der Bundesbriefe mit den 



') Die Stadt Pirna war mit SchloBS und Gebiet yon König Wenzel 11 
1298 VOD dem Bidchofe uud dem Gapite) von Meiasen erlcauft tvordeni 
welchen Verkauf König Albrecht I. am 22. November 1298 bestätigte, 
Vrgl. Ludewig, Religutae tom. XI. p. 336. 

^) D. B. 1, c. Dasa der König noch am Schlüsse des Briefes auf den 
Verkanf zurückkommt und lieriorhebt, ditss die Lehenhobcit gewahrt sei, 
Keigt, dass er sich über den Handel doch einige Bedenken machte, 

") Urkundliche Beitrage Nro. 184, 8, 183. Der Köoig sagt: Wenn 
8y (die Schlesier etc.) das nicht teten, das sy uns denn noch lawte der 
TeipintlüBB helfen vnd rathen mästen etc., 

') Urkundliche Beiträge Nro. 186, S. 184. 



braadenburgischen Brüdern, Johann, Friedrich dem Kurfürsten. 
Albrecht und dena jüngeren JViedrich an. Darin gelobten sieb 
die Fürsten in den gewöhnlichen Redeformen Freundschaft 
und Beistand, wenn einer von ihnen widerrechtlich angegriffen 
wüitie und stellten fest, etwaige weiter sich ergebende Streit- 
falle auf gütlichem Wege statt durch das Schwert entscheiden 
zu wollen. Letzteres hatten ebenso auch die buhmisch- 
säebsischen Einungsurkunden festgesetzt. So gestaltete sich 
die Zusammenkunft von Eger in ihrem weiteren Verlaufe zu 
einem wahren Friedensfeste nnd in glänzenden Gelagen und 
Turnieren feierten die versammelten Fürsten die gelungene 
Einung bis in die Tage des Mai hinein.') Noch UDgleich be- 
deutsamer wurde der Tag durch die lange Reihe wichtiger 
Folgen, die er zum Theile sofort zeitigte. Da zu gleicher 
Zeit durch die Vermittlung des mit dem Könige eng ver- 
bundenen Bischofs Johann von Würzburg auch Kurfürst Dietrich 
von Mainz mit König Georg sich zu einen verlangte, weshalb 
noch von Eger aus eine böhmische Gesandtschaft sich zu beiden 
Kirchenfiirsten verfügte, und da auch Erzbischof Johann von 
Trier sich geneigt zeigte, ein Aehnliches zu tbun, so durfte 
der König mit stolzer Freude zu Recht sich rühmen, dass nun 
mit Ausnahme des von Köln alle Kurfürsten des Reiches mit 
ihm verbunden seien. ") 

Noch mehr! Wenn König Georg die Erfolge des Egerer 
Tages überblickte, die glänzende Zukunft, die sich seinem 
Hause daraus eröffnete, die freundschaftliche, ja zuvorkommende 
Haltung, mit der Deutschlands Fürsten beiden Parteien und 
den ältesten Geschlechtem angehörig, sich ihm in Eger ge- 
nähert hatten, es war kein Wunder, dass der mächtige Ehr- 
geiz des strebenden Mannes ibm bald jenen Plan im anderen 
Lichte erscheinen liess. den ihm während seines Weilens in 
Eger Dr. Martin Mair, der kluge Ratb des Pfalzgrafen, vor- 
gelegt und den sein ruhig nüchterner Sinn vorerst als gefähr- 



ten, I 
sich ' 



') Eactenloer, Scriptores rer. Silesiac. VII. S- 41: In Egra opidojid 
actum esse, ubi principes Germaniae plaies Georgium Bobemie regeln 
gabtasse et multos leticie dies mutuo cODSDmpsiäse ( - . • audio). 

") ürtondUche Beiträge Nro. 184, S. 182—3. 



lieh und uuauslübrbar zmückgeffieaen : seine Erhebung 
zum römischen Könige. 

Dass Martin Mair bereits jetzt und nicht, wie bisher all- 
gemein angenommen wurde, am Martinitage des Jahres 1459 
zu Eger vor den König trat und ihn für sein Project zu ge- 
winnen hoffte, wird sich mit vielen Gründen beweisen lassen. 
■ Vorerst nur einige Worte über den Mann selbst und die Sache, 
die er vertrat. 

Seit die au verschiedenen Orten Deutschlands empor- 
blühenden Universitäten bedeutenden Talenten aller Stände 
ungleich leichter, als je zuvor, Gelegenheit boten, mit den 
Graden der Hochschule und tieferer Bildung zugleich auch 
über die engen Schranken, die ihnen Geburt und Vermögen 
geboten, hinauszustreben, war eine Wandlung wie in den andern 
Sphären von Staat und Gesellschaft so auch in der Besorgung 
' der diplomatischen Geschäfte eingetreten. Je vielfacher die 
politischen und gesellschaftlichen Beziehungen, je wiirer und 
verwickelter die Kechtszusfün.'.e, je zahlreicher und mannig- 
faltiger die Berührungspunkte mit Nah und Fern wurden : desto 
iJnehr ward es nöthig, dass Fürsten und Freistaaten, vrie dies 
idoch die Reichsstädte thatsächlich waren, Männer für ihre 
■Dienste gewannen, die mit juristischen Kenntnisseu und all- 
'.aeitiger Geschäftsgewandtheit zugleich politischen Sinn und 
'Verständnis, mit der Kunde diplomatischer Correspondenz zu- 
gleich die Gewandtheit und Klarfieit der Rede verbanden. Die 
Stellung dieser Männer war nicht selten eine sehr wichtige 
und cinflussreiche ; wussten sie dieselbe zu gebrauchen und 
verstanden sie es, daraus auf ihre Herren auch persönlich ein- 
zuwirken, so leitete ihr Wille nicht selten die Geschicke des 
gesammten Territoriums oder Gemeinwesens. Freilich barg 
ein solches Amt auch vielerlei Verlockung zu Habsucht und 
Selbstüberhebung und wenige nur wussten ihr zu widerstehen. 
Bietet Gregor Heimburg, der felsenfeste Charakter, der wackere 
-unermüdliche Streiter für Recht und Freiheit, ein leuchtendes 
Muster des Gegentheils, so liess sich ebenso sicher von den 
meisten mit Recht das Wort des Cardinais Johannes Carvajal 
gebrauchen: „Sie gehörten zu den Leuten, die der Erde und 
den Bäumen schaden." 



— 60 - 

Einer der bedeutendsten dieser politischen Köpfe aus der 
Mitte und zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts ist nun der 
Heidelberger Dr. Martin Mair. ') Wo Mair sich in der Jugend 
aufgehalten, an welcher Hochschule er den Doctorgrad er- 
worben, ist unbekannt. Seit 3, Februar 1449 aber erscheint 
er unter den Diplomaten, die Nürnberg für seine politischen 
Geschäfte besoldete. Hier mag er nun wohl auch seine staals- 
männische Laufbahn begonnen haben. ") Und keine Stadt war 
in jenen Tagen geeigneter für die Ausbildung staatsmännischer 
Talente als eben Nürnberg. Wohl geordnet und verwaltet im 
Innern ihres Gemeinwesens, so dass man sie mit Recht als 
die Musterreichsstadt bezeichnete, bewohnt von einer Bürger- 
schaft, deren Verbindungen von den Handelsplätzen der Nieder- 
lande bis nach Italien und Ungarn reichten, geleitet endlich 
von einem Rathe, der mit sicherem Blick die Wandlung der 
politischen Verhältnisse des Vaterlandes überschaute und für 
die Wahrung der Interessen der Bürgerschaft weise Fürsorge 
trug, war Nürnberg ebenso der Ausgangspunkt einer umfassen- 
den politischen Thätigkeit seiner leitenden Rathsherren, wie 
sie, die reiche, freie, wohlhabende und mächtige Stadt einen 
wichtigen Factor für alle politischen Unternehmungen und Er- 
eignisse in Nah und Fem abgeben musste. Und nun kam 
noch hinzu, dass eben damals Männer von erprobter Tüchtig- 
keit und hoher staatsmännischer Begabung der stolzen Reichs- 
stadt dienten, so der genannte Gregor Heimburg selbst, der 
riarrer zu St. Kilian Heinrich Leubing und andere, *) War 
es da ein Wunder, wenn M. Mair, von Natur mit scharfem 
Verstände, einer unerschöpflichen Erfindungsgabe von Mitteln 
und Wegen, Listen und Spitzfindigkeiten ausgestattet, mit 
schönen Kenntnissen in Folge eigener Bemühung geschmückt, 
nicht minder bald durch besondere Geschäftskenntnis und 



') Die uachfolgeudtin Datea gräBstentheils nach Stockheim, Bei- 
lagen Nro. LVb S. 317. 

-) Die Chroniken der ileutscheu ätüdtü vom 14. bis in'B 16. Jahr- 
hundert, heransgegeben von Hegel, Hümberg, Bd. II. S. 380. 

') Man Tergl. vor allem die Nümbergtr MisEiv-Böcber für jene 
Jalire, so Missiv-Buch XXIV, Fol. 183, XXV- Fol. 12 o. a. V. 



Gewandtheit sich hervorthat? Gar bald ward sein Name unter 
den geachtetaten in den Reichsstädten wie an den Fürsten- 
höfen genannt. So wie er sich in Nürnberg selbst des vollsten 
Vertrauens erfreute ') und die wichtigsten Geschäfte leitete, 
80 erbaten nicht selten fremde Fiii-sten nach der Weise jener 
Zeit seine Dienste von der Stadt, 'j So fand er Gelegenheit, 
auch anderswo Verhältnisse und Menschen kennen zu lernen 
und seine Kenntnis von dem allgemeinen Zustande der Dinge 
im Beiche und in der Kirche zu erweitern. Da wurde denn 
für ihn selbst wie für uns hier sein Aufenthalt am Hofe Kaiser 
Friedrich HI. vor allem wichtig um die Zeit, als nach mehr- 
jähriger Stille die Stimmen im Reiche, welche eine Reform 
des ganzen grossen Staatswesens verlangten, freilich theil- 
weise aus egoistischen Gründen neuerdings laut wurden. ') 

Kurfürst Jacob von Trier hatte dem Kaiser Anfang 1453 
die erste Nachricht von jener freilich von ihm selbst ausgehen- 
den Bewegung im Reiche gebracht und seine guten Dienste 
anbieten lassen. An ihn wird nun Martin Mair vom Kaiser 
zu weiteren Verhandlungen entsendet, da auch die Tiirkennoth 
ein Benehmen mit den Fürsten des Reiches nothwendig macht. 
Während Mairs Aufenthalte in Trier oder doch unmittel- 
bar darauf auf dem Regensburger Tage tritt dann jenes Project 
zum erstenmale hervor, das wahrscheinlich aus Mair's erfin- 
derischem Kopfe geboren, ihn nun Jahre lang mit seinem 
Sinnen und Trachten gefangen hält; der Plan einer römischen 
Königswah). Würde nicht aus allem und jedem, was Mair 
unternahm, der Eigennutz herausschauen, würden wir überhaupt 
Mair's Charakter nicht mit so schwarzen Flecken behaftet 
linden, als dies thatsächlich der Fall ist : seine Bemühungen, 
durch die Aufstellung eines römischen Königs neben oder gegen 



') von Stocklieim I, c, 

') Man vergl. NQmberger MisBiv-Brtcher, ao a. a, 0. XXV. Fol, 
34, wo za gleicher Zeit Herzog Wilhelm von Sachsen und König Ladislaw 
ton ÜDgam lun Üeberiassung des Gregor Ileimburg bitten. Der „Liceu- 
ciat," von dem hier auBserdem die Rede ist, ist offenbar Martin Mair. 

1 MiaBiv-Buch XXTV. Fol. 11. Man vergleiche auaaerdem G. Voigt 
Enea Silvio de' Piccolomini 11. Bd, S. 104, 



Kaiser Friedrich das Reich 7,u bessern, und die ungemeine 
Zähigkeit, mit der er an diesem seinem Lieblingagedanken 

festhielt, hätten ihm wohl den Ruhm eines deutschen Patrioten, 
der ihm hie und da unverdient zugesprochen vmrde, auch für 
die Zukunft gewahrt. ') 

In der That war die Lage des Reiches eine solche, daas 
sie jeden Freund des Vaterlandes mit Schmerz erfüllen musste. 
Verfassung und Recht des alten Reiches deutscher Nation 
waren längst verfallen oder mit der Wandlung der Zeiten den 
bestehenden Verhältnissen entfremdet. Keine mächtige Hand 
hatte nach neuen zeitgemässen Principien eine neue Ordnung 
gebracht; in wilder Freiheit wucherte das der festen staat- 
lichen Oberhoheit des Königs längst entwachsene individuelle 
Leben, wie es die zahlreichen Territorialherrschaften und 
städtischen Gemeinwesen aufwiesen ; es führte zu tausendfachen 
Fehden mit den hemmenden und beengenden Nachbarn, zu 
imsäglicher Zerrissenheit und Parteiung des Ganzen. Mit der 
Uneinigkeit im Innern sanken Macht und Ansehen des- Reiches 
auch nach Aussen. Wie sollte des Kaisers Stimme an fremden 
Höfen Gewicht und Geltung haben, wenn seine Worte im 
Reiche selbst missachtet waren? So schlimm aber, wie unter 
dem langsamen, unthätigen Friedrich von Oesterreich waren 
die Zeiten doch nie gewesen. 

Mit Recht richteten sich darum auch die Klagen und 
Beschwerden über die Uebelstände des Reiches gegen den 
Kaiser und ebenso naturgemäss war der Gedanke, es werde 
nicht besser werden, so lange er das Scepter in Händen trage, 
eine durchgreifende Reform des Reiches sich nur durch- 
führen lassen, wenn man mit der Besserung des obersten Regi- 
mentes im Reiche beginne, der Erhebung eines neuen römi- 
schen Königs. 

Der Herzog von Burgund, dessen Macht und Reich- 
tbum die Augen der Fürsten Westdeutschlands und Martin Mairs 
auf sich lenkten, wird zunächst als der Candidat für den 



') Man ?ergl. Voigt, Enea Sihio 11. S. 332 ff. D^egen Tersucbt 
Palacky vergeblich Mair als echten Patrioten und als frei i 

Schuld darauBtellen, Dfjioy nftroiia <=csltfho lY str. IfiÖ a, a. ( 



deutschen Thron gelangt. Er zeigte wohl Lust und noch lange 
wusste Mair, der 1454 oder 1455 in die Dienate des Erz- 
bischofs Dietrich von Mainz getreten war, ') sein Interesse an 
der Sache und vielleicht seine Hoffnungen rege zu erhatten.') 
Thatsächlich kam es nicht einmal auch nur zur diplomatischen 
Vorbereitung einer Erhebung des Herzogs. Die Königswahl 
schien vielmehr nur gelingen zu können, wenn der Kaiser 
3t seine Einwilligung dazu gebe. Wer durfte aber wohl 
nach Mair's Ansicht sicherer darauf hoffen, als Herzog 
A-lbrecht von Oesterreich, des Kaisers eigener Bruder? 

Der Erzherzog besass wirklich Ehi^eiz und Leichtsinn 
genug, den Plan des Doctors nicht von der Hand zu weisen. 
In der That gewinnt seine Werbung Ernst und Bedeutung. 
Aber ein lebhaftes Interesse für die Wahl Albrechts besitzt 
^ausser ihm selbst und Mair offenbar keiner der Kurfürsten. 
Die Abneigung des Kaisers, an den sich bereits einzelne der 
Beichsfüi'sten, freilich nicht aus Loyalität, sondern aus klug be- 
lecbnetem Interesse angeschlossen, ja sein entschiedener Wider- 
stand gegen die ganze Sache, Hessen Erzherzog Albrechts 
Hoffnungen während des Wiener-Neustadter Tages 1455 rasch 
in Sand zerrinnen. 

Nichts desto weniger sah sich Martin Mair nach einem 
neuen Candidaten für die römische Königski'one um. Mit dem 
Jahre 1456 begann der Sturm der Opposition im Reiche vom 
Neuen, diesmal gegen Kaiser und Papst zu gleicher Zeit und 
mit gleicher Heftigkeit Der Erzbischof von Mainz, eben jener 
Dietrich, dessen Kanzler Martin Mair geworden, dann der 
eiegreiche Pfalzgraf standen an der Spitze der Bewegimg. Auf 
Diözesansynoden und in Ausschreiben wurde gegen den Papst, 
auf Fürstenversammlungen und Kurtagen zu Frankfurt und 
'Nürnberg gegen den Kaiser geeifert. Wieder trat als Ziel 
der Bewegung die Erhebung nundes Pfalzgrafen zum 
römischen Könige hervor. 

Doch auch dieser Versuch misslang. 



') von SWckheim 1, c S. 319. 

•) KlHckholm, Ludwig von Baiern 7. Excurs, S. 370. 



- 64 - 

Schon war die Bildung einer grosaen kaiserlichen Partei, 
die zwei, dann drei der Kurfürsten zu Mitgliedern zählte, eine 
Thatsache. Sie vereitelte nicht blos die stolzen Hoffiiungen des 
Pfalzgrafen, sondern vereint mit der kaiserlichen und päpst- 
lichen GewaJt jeden Erfolg der Opposition gegen den Kaiser 
überhaupt. Die Niederlage vor Rom folgte nach ; nicht lange 
und Kurfürst Dietrich unterhandelt zu Rom — und der Cardinal 
Piccolomini vertritt dabei die Curie ') — um den Preis, um 
den er sich seine Opposition abkaufen lassen will. 

Damit löst Mainz den Bund mit dem Pfälzer. Mit dem 
Aufgeben des grossen gemeinsamen Zweckes, lebt alter terri- 
torialer Zwist wieder auf und tritt durch Albrechts von Bran- 
denburg Einflüsterungen genährt die alte Feindschaft des Erz- 
bischofs gegen den Kuifürsten wieder hervor. *) Martin Mair 
aber, bei seinem Herrn der Untreue verdächtigt und mit 
i^chwerer Ungnade beladen, muss aus den Diensten Dietrichs 
scheiden. ^) Die Gunst des Pfalzgrafen, die er durch das 
Königsproject erworben, sichert ihm in Heidelberg eine freund- 
liche Aufiiahme. Es war um die Zeit, als in Böhmen Georg 
von Podiebrad den Thron der Luxemburger und Pfemysliden 
bestieg, nachdem er durch langjähriges verdienstliches und 
kraftvolles Walten seinem Heimatlande den Frieden zurück- 
gegeben, in Nah und Fem bereits die Aufmerksamkeit auf 
seine bedeutende Persönlichkeit gelenkt hatte. 



') Mau vergl. dazu die vor trefflichen Ausfalirui^eü G. Voigts in 
seiner äfter genannten Monographie, Enea Silvio etc. Bd. II. S- 331 ff. 
SD wie meine Abhandlung: Die ersten Versuche zu einer römischen 
Könipwahl unter Kaiser Friedrich HI., Forschungen anr dentachen Ge- 
schichte, 1877. 8. B77— 330, nach deren Resultaten nberhaupt die obige 
Darstellimg gegeben ist. 

") K. Menzel, Diether von Isenburg, S. 12. 

') ErlbachBuher Inquisitionsact im Münchner Geh. Reicbsarchive, 
Man vergleiche ausserdem die freilich leidensebaftlichcn Worte Herzog 
Wolfgangs von Baiem gegen Mair in einem Anklagebriefe an den Kaiser 
iKluckhohn, Ekcuts 7, S. 370): „Und da der Herre von Meincze Doctor 
Merteins i'alsch acgetrew fumemen vermerkt, damit er seinen sjgen 
herren wolt verrathen und verfurt haheu, da mrisst der pueb Doctor 
Merteiu amb sein untrew und verräterei ron seinem Dienste fliehen und 



— Ü5 -- 

Auch Dr. Mair kannte den König seit langem. Er haUe^^, 
ihn auf dem Wiener-Neustädter Tage gesehen ') und aus 
Eeinem Munde die Versprechungen der Böhmen für den heiligen 
Krieg mit angehört, *) Nun begegneten sich beide Männer 
zum zweitenmale in Eger, und die Persönlichkeit des Königs, 
die Macht, die er eutfaltete, die gebietende Stellung, die er 
bereits jetzt den zwieträcbtigen deutschen Fürsten gegenüber 
einnahm, sagten Mair, dass er nun endlich den rechten Mann 
2U1' Äusfiihi'ung seines Planes gefunden. 

So trat er vor den König und lud ihn zur Bewerbung 
i die Krone des deutschen Reiches ein, *) 

König Georg wird hoch aufgehorcht haben, wie ihm da 

') Urkimdliclie Beiträge Nro. Uli, S. 215. 
*) Palacky, Dfijiny t'eskeho näroda IV. 1. atr. 332. 
■) Die Angabe, dasB Dr. M, Mair hereits auf dem ersten Egerer 
i'sge des Jahres 14&9 dem Bühmenküoige seinen Plan vorgelegt, findet 
li &eilicb nirgends auadrücklicb. Aber die Aeusserungen des Herzogs 
TTol^ang lassen ersehen, das? sich Martin Mair zweimal an den König 
ireadete und erst das zweitemal dessen ZusümmuDg fand. „Damach 
lat er fOr sich seltis auf gewobnhait seiner yutrewe deca Jürsicken dazemal 
1 SebaJm zu versten geben, wie er wol erlanngen möcbte, das 
1 Künig von ettlichen kürfDratea ettjicbe kDr zw dem Eömiscbea reiche 
jugewendt nürdden, und da der künig soliclis veraebtel, als ain sache 
*Ton kain nuc«e, sunder grosser uuwille daraus ealsten möchte, da gab 
?m Jorsicken dazemal künig wider zn 
ersten, das solicb sache etc Man wird die Abweieimg Uair's, wie 
e hier auBgosprochen ist, dano die Billigung ja die sofortige Inangriff- 
ahme des Planes nicht auf den Egerer Tag im Herbste 1459 zusammen- 
ringen können. Es widerspricht durchaus der Vorsicht und Klugheit, 
, dem ganzen Wesen König Georgs, einen Vorschlag von so ausaer- 
rdentlicher Bedeutung, einen Vorschlag, den er noch dazu erst als ge- 
Uirlich abgelehnt, dann noch m denselben Tagen zu Eger, wo ihn doch 
neb die Hochzeitsfestlichkeiten, seme Pflichten als Wirt und König gar 
ir in Anspmch nehmen musäten, gutzuheissen, den Doctor sofort nacii 
liland mit genauen Instruktionen zn entsenden und ihm weitere auf 
enaae Erwägung des Planes hinzielende Aufträge zu ertheilen, endlich 
elbst alsbald mit dem Markgrafen Albrecht über die Sache zu verbandeln, 
'ollends nothwendig wird die Annahme einer ersten Unterredung M. 
lairB mit Eonig Georg schon auf dem Egerer Apriltage U5d, wenn man 
ie Politik des Königs wahrend des Sommers 1459 eingehender verfolgt. 
icbon lauge vor dem Hochzeitsfeatc zu Martini 1459, zu allermeist aber 
elegentUch der UnterLandtungen und der späteren Zusammenkunft König 

ocg'i con Fodiebirui. f, 



— 66 - 

Martin Mair seinen Plan entwickelte, auf die Mittel und Wege 
hinzeigte, die zu dessen Äiisfilhiung sich boten, auf die Fülle 
von Ehren bei Fürsten und Städten, auf die reichen FJnkünfte 
hinwies, die sich von Christen und Juden bei strenger Hand- 
habung des öffentlichen Rechtes allein ans den Strafgeldern 
gewinnen liessen. Auch des Königs Ehrgeiz mag sich n:\achtig 
geregt haben; ihm, der so Vieles und Grosses durch eigene 
Energie und Thatkraft erreicht, konnte es ja auch gelingen, 
noch höher emporzusteigen. Aber er bedachte seine noch 
immer nicht völlig gesicherte Stellung, den Eindruck, den eia 
solches Streben in den eigenen Landen, den Unwillen, den es 
am kaiserlichen und wohl auch am päpstlichen Hofe machen 
raiisste. Verstand nnd Klugheit behielten die Oberhand über 
die Stimme des Ehrgeizes ; .als eine Sache, davon kein Nutzen, 
sondern allein grosser Unwille entstehen möchte", lehnte Podie- 
brad das Project seiner Erhebung ab. Doch cntliess der 
König den Doctor offenbar nicht ungütig und waren dessen 
Worte nicht umsonst gesprochen. Sie hatten vielmehr im 
Herzen des Königs tiefe Wurzeln geschlagen. Es bedurfte nur 
einer weiteren Wandlung der politischen Verhältnisse zu 
Gunsten des Königs, imd wir sehen alsbald die böhmische 
Politik von dem Gedanken der Erwerbung der deutschen Krone 
nicht blos beeinflusst, sondem thatsächlich geleitet. 

Georgs mit Kaiser Frieilricli in Brunn ist das Bcnebmcn des crsteren von 
der Ali, dasa es nur in dem Gedanken an seine Erhebung zum dentachea 
Könige seine Erklärung finden kann. Fohlte sich daher schon Georg 
Voigt gedrängt, die Abmachungen der Pilsner Zusammenkunft mit den 
wittelbachiGchen Famen zum Tbeile auf Rechnung des Königspro- 
jektes zu setzen (Georg von Böhmen der Husitenkönig, Sybel'sche 
Zeitschrift V. S. 455), also eine diesbezügliche iJnlerreduog Martin Mairs 
vor dem 3 Egerer Tage 1459 anzunehmen, so weisen Jene Yom Mai- 
Augnst geflihrten Unterhandlungen mit dem Kaiser noch ungleich 
sicherer auf die erste FarstenTersammlung za Eger. Es wird sich 
hinlängliche Gelegenheit bieten, darauf eurückzukommen. Auch Johann 
von Ljaura scheint übrigens von Mair's Schritte, der nicht ohne Ein- 
druck auf den König geblieben, gewusst za babeo: .,Zum dritten 
wUoscht er Im zu seiner k. i?irdigkait stetem feticem bqc- 
cesBum," sagen die hairischen ßäthe über Lj'suraa Begrüssnngsrede, 
dyee wortt als maister hans lisiira uns darnach iageheiin 
darnach zu erkennen gab sein vast mit zeitigem Rate for- 
gennrnmen worden." v. Stockheim Beilagen S. 75, 



m. CAPITEL. 



Die Zeit der Torbereitnng;. 

Ergebnisse des Egerer Tages. König Oeorg nnd die 
Opposition der lausitzer imd Schlesier. Bolimen und 
Papst Fina II. Aufstand nnd Wirren iu Ungarn, die 
Walil Kaiser Priedriclis znm imgariselien Köuige. Konig 
Georg nnd der Kaiser. Der Tag zn Brunn Anfang 
Angnst 1459. Die Parteinngen im ReictLO nnd tieorg's 
on Böhmen Terliältnis zn denselben. Des Königs 
Uebereiuknnft mit Ludwig Ton Baiern auf den Tagen 
Ton Taue nnd Pilsen. Lage der Dinge heim Beginne 
des zweiten Egerer Tages. 

Die Eiöungen und Verträge des Egerer Tages bezeichnen 
■den Beginn einer freilich nur sehr kurzen Periode ') entsehie- 
'denen Üebergewichtes der böhmischen Macht nicht blos in 
Deutschland, sondern in gesammt Mitteleuropa. Mit solchem 
Geschicke wusste die Politik König Georgs auf ihrer Grund- 
lage weiter zu bauen, dass er in der That für eine Spanne 
Zeit eine schiedsrichterliche Stellung über den beiden grossen 
Parteien im Reiche gewann. 

Die Kunde von den überraschenden Vereinbarungen und 
Vorgängen zu Eger flog rasch durch die Lande ; die Fürsten. 



') Palacky bezeichnet (Dejinj teak^ho näroda IV. 1. str, 50) die 

Jahre 1459 — 64 als die Zeit dea böhmischen üebergewichtea im Reiche; 

die folgenden AuBfUhruDgeB werden zeigen, dasa diea thatsächiicli nur 
bis 1461 dauerle. 



die Reichsstädte tbeilten einauder die kaum glaubliche Nach- 
richt mit, ') wie Sachsen, Brandenburg, der Pfalzgraf mit dem 
„vffgeruckten" Könige, dessen Rechtgläubigkeit niemand kannte, 
sich geemt, der Böhmenkönig mit dem vollen Prunke seiner 
überlegenen Macht in Eger aufgetreten sei. Nun freilich war 
für alle jene, die draussen im Reiche zur ICrone Böhmen zu 
Lehen giengen, die Zeit des Schwankens, des vorsichtigen Zu- 
wartens vorüber; es beeilte sich ein Jeder, den neuen Ver- 
hältnissen Rechnung zu tragen. Herzog Albrecht von Sachsen 
hatte bereits in Eger die Belehnung empfangen, Dem Bei- 
spiele des Herzogs folgten in der nächsten Zeit unter uns 
unbekannten Verhältnissen die Grafen von Schwarzburg, Barby, 
Wertheim und Würtemberg und alle die Inhaber der zahl- 
reichen böhmischen Lehengüter noch aus den Tagen Kaiser 
Karl IV. her, die in Franken, Thüringen, Meissen und im 
Voigtlande zerstreut lagen, *> Die ersten waren, wie es scheint, 
die wenigen Bürger von Nürnberg, die von dem vorsichtigen 
Rathe gemahnt sieh bereits im Mai nach Prag verfügten, um 
die Erneuerung ihrer Leben zu erhalten. ') 

Aber thatsächlich erfreut über den Verlauf und die Früchte 
des Tages von Eger scheint denn doch selbst in Böhmen allein 
der König gewesen zu sein. Wir kennen die weitgehenden 
Hoffnungen, die das böhmische Volk an die Erhebung des 
ersten Mannes aus seiner Mitte, eben König Georgs knüpfte, 
die frohen Erwartungen, die zumal bei dessen Krönung im 
Jubel der Erstfreude laut wurden. ') Noch war im Volke die 
Zeit nicht vergessen, in der Böhmens Grenzen sich jenseits 
des Grenzwaldes weit in die Nachbarlande hinein erstrockt 



') Nürnberger Stadlarchiv, MisaivBach XXVIII, Fol. 203. 

•) Drkimdl. Beiträge Nro. 326, S, 346. 

') Diese Nachricht bei JohaitDes von Guben in den Scriptor. rer. 
Lasat. I. Sl. Andere Angaben iu den Misaiv-Bucliern des NUrDberBer 
Archiyes. Wenn Palacky von der HuldiguQg „der Nürnberger" spricbt, 
so ist dies in so fern irrig, als nicht die Stadt, soodero blos einige BUiger 
bübmisches Lehngut inne hatten ; man vrgl. Missiv-Bnch XXVin., Fol. 
137 a. a. 0, 

*) Ürltundliche Beiträge Nro. 156, S. 151—152. Man vergl,: „Rio 
.lahr böhmischer Gescliiehte," S, 106. 



atten, ein Theil der Oberpfalz, das Voigtland und Meissen, 
Sie weiten brandenburgisehen Marken Zugehör der Krone ge- 
wesen waren. Die Wiedereinbringung aller dieser Gebiete, 
die volle Geltendmachung der alten Uebermacht des waffen- 
Btarken Böbmens erwartete das Volk von Podiebrad. Dass 
■ der König jetzt klug den Verhältnissen Rechnung trug und 
statt seine Kraft im zweifelhaften Eroberungskriege au&n- 
brauchen, im Frieden erwarb, was sieh noch retten liess, vei- 
mochte der Haufe nicht einzusehen. ') Gerechter war der 
Unwille darüber, dass der König dabei doch allzu sehr sein 
persönliches Interesse in den Vordergrund gestellt, dagegen 
alle Privatinteressen Anderer bei Seite geschoben hatte. Blieb 
dodi auch der Schönberg, das Streitobject zwischen Eger und 
Heinrich von Plauen, schliesslich bei dem letzteren, da der 
König es hinausschob, einen dem klaren Rechte der Bürger- 
-ecfaaft entsprechenden Ausspruch zu thun. *) 

Aber auch in Thüringen und Sachsen murrte man gegen 
den Frieden mit dem verhassten Grenznachbar um den Preis 
4er mit so grossen Opfern behaupteten Burgen und Städte. 
untreue gegen die Schlesier, noch mehr aber der enge Bund 

nit dem ketzerischen Könige wurden den Herzogen zu schwerem 

forwurf gemacht. ') So laut und allgemein war der Unwille, 
s Herzog Wilhelm sich bewogen fand, in einem eigenen Aus- 
schreiben an die Amtsieute und Käthe von Weissenfeis und 
Freiberg und offenbar auch der übrigen Orte die Noth- 
wendigkeit und Erspriesslichkeit des mit Böhmen abge- 
«chlossenen Friedens darzuthun und somit seine Handlungs- 
weise vor seinen eigenen Unterthanen zu rechtfertigen. ') 



') treibet die sonst Georg so wohlgcBinnten StaH letopisove ssgen 

i: Taki. kräl GiH po t^cb STjdh dceräch mälo vzav, &le mnoHo 

' pHBluäejlcfch k korant äeski, kter^ä jest slayne pamfti dsar 

:1 k t£to i^eske korunf botovyiDi aumami skupovat a jine fimenoval, 

■h mnoästTg kräl GiH po sv^ dceri Misscnskämu je vr&til. 

*) Darflher vielfache Materialien im Egerer Stadtarchive, aus denen 

E unbedingte Zugehörigkeit ScliönbergB zum Egerlaode Uervorgeht, 
'1 Eschenloer, Histor. Wrat. Script«r. VII. S, ^2. 
*| DaB Schreiben des Herzogs vom 16. Mai in Escbenloera Bist. 

rat. Scriptores rer. Silee. VH., S. 43 ff : ,Ap nn", sagt der Henog, „von 



— 7fi - 

Am härtesten wurde es wohl dem Herzoge, seinen in der 
Sache der Schlesier dem Könige gegenüber übernommenen 
Vei-pflichtungen nachzukommen. Gerade tlahin wandte König 
Georg jetzt nach seiner Rückkehr von Eger seine Auf- 
merksamkeit. 

Schon während seines Glatzer Aufenthaltes in den letzten 

"■ Tagen des Februar ') hatte der König seine Anerkennung 
Beitens der Schlesier aufs eifrigste betriebeu. Für ihn sprach 
nicht blos Herzog BoUto von Oppeln, der auch hernach als 
der erste der schlesischen Fürsten dem Könige den Lehenseid 
leistete; auch der grössere Theil des Clerus, der nach König 
Georgs bisherigem Verhalten und seinen Zusagen Rom gegen- 
über von dem Könige für seine Sache mehr hoffte als fürchtete, 
neigte bereits entschieden zu Böhmen hin. -) Doch gewann 
die Friedenspartei vorerst nur in Schweidnit;; und Jauer die 
Oberhand. Anderswo waren die Gemüther noch getheilt; in 
Liegnitz kam es darüber zwischen den früher verjagten nun 
zurückkehrenden böhmischen Parteigängern und der Mehrzahl 
der andersgesinnten Bürgerschaft zu erbitterten Kämpfen, die 
die Hilfesendung von 50 Reisigen aus Breslau zur Folge 
hatten,') Breslau allein blieb fest in seiner Abneigung gegen 
den König. 

( Nachdem Herzog Bolko am 2. März persönlich in der 

Stadt gewesen, ohne durch sein eindringliches Zureden die^ 
Bürgerschaft umstimmen zu können, gab sich der König Mühe, 
einen allgemeinen Convent der Schlesier nach Freihurg zu- 
sammenzubringen. Aber die Breslauer lehnten ab trotz aller 
Versprechungen, die man ihnen machte; anderseits vermochte 
aber auch die Tagsatzung der Liga am 12. März, wo bereits 
die Schweidnitzer unvertreten waren, zu keinem Entschlüsse 

' zu kommen. Da zögerte denn endlich auch der König nicht 



sulolier richtuiig buj euc!] ans uiiyeliuipt' ichtis geredet werc adir wurde, 
so wellet 11(188611, was urBach uns ersuclit und dorczu brocht hat eh;. 

') Eachenleer, Histor. Wral, H. 35. 

') Involvit tunü murmiir vulgi coatra. clerum et capitulum, qui con 
lieorgio dam tractnri fecerunt Eschenioer, I. c. 

'; Eeclienloer. l, i;. 



länger von seiner Uecbtgläutigkeit Gebrauch zu niachen; am 
13. März tibersandte er an die Breslauer und andere schlesiscbe 
Städte die päpstliche Bulle, mit der ihn Pius II. zum Concile 
nach Mantua geladen ; sie trug wie anderen christlichen Fürsten 
BDÜher die Aufschrift: „Unserm geliebteeten Sohne Georg, 
König von Böhmen". ') 

So mächtig nun auch der Eindruck war, den die in dem 
päpstlichen Briefe bereits offen ausgesprochene Anerkennung 
des Königs in Breslau und in Gesammtschlesien hervorbrachte, 
so war es dem Könige doch nicht gegönnet, die Wirkungen 
seines Schiittes abzuwarten. Die Nachricht, dass es in Prag 
zn heftigen Weiterungen gekommen sei, weil die Führer der 
beiden Religionsparteien, Rokycana und der von Pius II. neuer- 
dings zum Administrator des Prager Erzbisthums in dessen altem 
umfange ernannte Dr. Wenzel von Krumau gleich entschieden 
auf ihren Prärogativen bestanden, bewog den König zur 
schleunigen Rückkehr nach Prag. *) Es galt ja für ihn, um 
jeden Preis religiösen Zwist zu verhindern. In einem solchen 
hätte er selbst Stellung nehmen müssen, damit wäre aber sofort 
offenbar geworden, welche unvereinbare Verpflichtungen ihn seit 
feiner Krönung an Rom, anderseits von Jugend auf an sein Volk 
^knüpften. Klugheit und Neigung hiessen damals den König, 
sich mehr auf die Seite Rokycanis zu stellen; aber eben 
dadurch wurden auch alsbald die Besorgnisse der gegnerischen 



') Eachenloer, S, 35. lieber rlie Wirkiiug sagt Escbeoloer : Ex cujas 
tenore hen totam vicit Sleaiotu plus abtiauit copiis quam ai bella geasisscl 
longiBsima, Die BuJle Tom 13, Okiober (über das Datum vergl. H. Mark- 
graf: Ueber das VerbältniH des KönigB Georg zu Pius U. 1158—1463, 
S. lOJ bei Sommersberg, Script, rer. Siles. I. S. 1025; bei Coclilaeus 
HiBt HuHBit. IIb. Xll. p. 416—117. Man siehe docIl Voigt, Eiiea Silvin 
JII. 8. 433. 

■) Th. Pelina z Cecliorod, I'huaphoruB Bepticomia IPragae 1673) 
lag.MS; maa vergl. auch Baynaldus, Äanales ecdesiasl, ad aun. 1159, und 
'p, Eschenloer , Qeacbichten der Stadt Breslau (G. Kuoisch , Breslau, 
■1827-28, 3 Bde.) I. S. 75; auch den Brief der Breslauer an den Papat 
Itom 21, MäTK 1459 (Polit. Correapondenz der Stadt Brealan 115i— 14f.3 
[(■gegeben von Dr Hermann Markgraf in den Seriptor. rer. Sileaiac. 
■M. Vll!., Breslau 1873, 8. 13-15). Weiteres über dieae Vorgänge im 
VU. Capitel. 



72 



Partei rege, und ZdenSk von Sternberg fand es für nötliig, 
den König ausdrücklich an seine den katliolischen Baronen 
gemachten Zusicherungen zu erinnern. ') Offenbar wusste Georg 
den Sternberg vollständig zu beruhigen ; wir finden ihn an 
des Königs Seite gleich darauf auf dem Tage zu Eger. Die 
scblesische Sache kam aber nach des Königs Entfernung wieder 
ziemlich ins Stocken und auch die Lausitzer beeilten sich 
nicht, die Huldigung zur versprochenen Frist zu leisten. 

Ihre einzige Ausrede war gewesen, dass sie den König 
zur bestimmten Frist nicht in Prag anwesend gefunden. Darauf 
' hin nun sandten am 16. März die böhmischen Herren ein 
Schreiben an die Stände der Oberlausitz, in welchem sie ihnen 
ihre sträfliche Handlungsweise unumwunden vorhielten. Der 
König sei zwar um die bestimmte TVist (Mittfasten) nicht in 
Prag gewesen : aber er hätte sich doch ttnden lassen, wie ihn 
auch andere gefunden hätten. Nichts desto weniger hätte der 
König doch auf ihre, der Herren, Bitte die ['>ist verlängert 
und bestimme nun, dass sie zum künftigen St. Georgstage 
sich in Prag zur Huldigung einzufinden hatten. *) 

Aber der St. Georgstag kam heran und gieng vorüber 
und kein Lausitner stellte sich ein, dem Könige schuldigen 
Gehorsam zu geloben. Freilich weilte der König wiederum 
fem von Prag auf der Egerer IHirstenzusammenkuuft. Wenn 
er ihnen dann in ruhiger Würdigung der bisherigen Ver- 
hältnisse noch einer weitere Frist von 3 Wochen bis zum 
Jahrestag seiner Krönung durch Herrn Johann von Rosenbei^ 
zusagen Hess, *J so liessen jetzt seine Worte erkennen, dass 
mit dem Umschwung seiner Lage auch seine Langmuth völüg 



') CochUeoB, Hiator. Huasitar. üb. Xn. psg. 416, Rucb bei Dubn- 
riaa, Histor. fiohem, pag, 284. Die gleicliaeitigen erwäbnen mchls 
Qenanerea; Bitherltch sind die Worte König Georgs an Sturnberg bei 
Gochlaeiis 1. c. wilUcürlicIi l<onjbinirt. In der Thatsacbe selbEt, die an- 
sieb festateht, liegt ein neuer Hinweis für die toq dem Könige mit den 
Baronen vor seiner ErOnimg getrofTenen Vereiobarangen, 

^ Urltiuidliche Beiträge Nro. 180, S. 175. Schreiben der böhnüacheii 
Stände aus Glatz vom 16 Man. 

') Johann von Guben in den Scriptor. rer, Lusat. I. (jag. 81. Dia 
liezUglichen Angaben de? wml wenig sorgfältigen Sturltsrhreibers stiramen 



73 



auf die Neige zu gehen drohte. ') Da war es dann die Haltung 
des römiacben Stuhles, die in mächtiger Ruckwirkung auf die 
I^ausitzer und den grössten Theil der Schleaier sie bewog, 
zur rechten Zeit die Gnade des Königs zu suchen. Und auch 
dies war eine Folge des Egerer Tages. 

Schon lange Zeit vor seiner Erhebung war Georg von 
I'odiehrad mit Aeneas SyUius, dann auch mit Papst Calixtus III, 
in Beziehungeu getreten, 'j Die Kurie hoffte nach dem Rathe 
des gewandten Piccolomini durch Georg, das mächtige Partei- 
haupt der Utraquisten, als auf dem einzig noch mögliehen 
Wege die Böhmen zur völligen Einheit mit der römischen 
Kirche zurückzufühien. ') Der Gubernator seinerseits war 
viel zu klug, als dass er nicht durch scheinbare Willfährigkeit 
sich die Geneigtheit des römischen Stuhles und den Frieden 
mit der katholischen Partei im Lande gesichert hätte. 

Anders aber hatte sich Podiebrads Lage Rom gegenüber 
gestaltet, als König Ladislaw gestorben war, er selbst den 
festen Entschluss gefasst hatte, nach der Krone seines Heimat- 
landes zu greifen. Nun gewann die Freundschaft mit Rom 
ein ganz anderes, ungleich höheres Interesse für ihn. Sie 



dieuDBl völlig mit deu in Ann Urkundl. Beitr. Nro. 160 gebracbten Nacli- 
Tichten Oberein. 

') lu Beinern Brief an fioaenberg vom 'J. Mai, geg. zu Saaz auf der 
KSckkehr ans Eger, sagt Künig Georg: Also gib das zu wisseo an dy 
tiete, d; vna dann getrewe seyn cnd Bicb wiasen danoch zu ricliten etc. 
Doch 30 wollen wir vnaer potacliati'l kßrtzlichen donjden haben, vnd den 
Sachen <Iy wir gegen den vagehoraariten fargenommen haben, mit gottes 
hälfe, ab sy nicht sich yn demut vad gehorsam gebin wollen etc. nffhalden 
wellen loBzen etc. Urkundl. Beitr. Nro. 184. S. 183. Es ergibt sich dar- 
aus, daas der König bereits ernste Maasregetn anbefohlen hatte, die er 
mm nach dem Egerer Tage in Ho&ung auf friedliche Uebereinkunft Tor- 



") Ueber das VerhaltniB Königs Georgs zur Kirche 1458—1462 
handelt mit der ihm eigenen Gründlichkeit Dr. Hermann Markgraf im 
JtibreHberichtc des kOn. Criedricha - Gymnaaium'a, Breslau 1867 und G. 
Voigt in seiner m ehrerwähnten Monographie, Enea Siltto etc. Hl., S 422 ff. 
Um »ergl. ferner Palatky, D^iny (eakeho näroda IV. 2. atr. 70 if. und 
meine Abhandlung: „Ein Jahr Mbmischer Geschichte," S.,107 a. a. 0. 
Weiteres gibt unten Cap. VII. 

*) Voifft, in. S. 424. 



- 74 — 

verhinderte, daas die Kirche nicht von vornherein Stellung 
nahm gegen sein neues Königthum, und dessen Beseitigung 
mit aller Macht anstrebte. Zudem musste der Verkehr und 
die Freundschaft des neuen Königs mit dem Haupte der 
Christenheit uaturgemäss jeden Zweifel an seine Rechtgläubig- 
keit zurückdrängen und die Anerkennung seitens der eigenen 
liatholischen Unterthanen wie der christlichen Nachbarfdrsten 
iiuf das wesentliche befördern. ') Darin erkennen wir die 
Beweggründe; wenn wir nun gerade in der entscheidenden 
Pei-iode 1457 — 58 den König und mit ihm offenbar auf seinen 
Wunsch die böhmischen Barone, ja Rokycana selbst *) eifrig 
bemüht finden , nicht blos die Hoffnungen des römischen 
Stuhles auf völlige bedingungslose Zurückführuug der Böhmen 
in den Schooss der Kirche neuerdings auf das lebhafteste zu 
eiTegen, sondern die Vereinigung selbst fiir die nächste Zeit 
in Aussicht zu stellen, ") Aber die Kurie gab wenig auf blosse 
schöne Worte. 

Unmittelbar vor der Krönung des neuen Königs kam 
es zwischen ihm und der Kirche zu positiven Abmachungen 
und damit seinerseits zu schweren Verpflichtungen : Er selbst 
leistete die Abjuratio haeresis fiir seine Person, dann versprach 
er in dem geheimen Krönungseide auch sein Volk zum Katho- 
licismus zuruckzuiühren, endlieh gewährleistete er den katho- 
lischen Baronen die völlige Freiheit der Religionsübung, wie 
sie bisher gewesen. Aber ausdrücklich hatte König Georg 
verlangt, dass man in Rom zuwarte, bis er fest und sicher 
auf dem Throne sitze. *) 



') Ebendort, S. 429. 

') Die Beweise für den firiefvecliael Rokycaua's mit den Papste, 
den bereita Talacky hanote und Voigt (III. S. 427, Note 2) anzweifelt, 
finden Eich in einem Manuskripte der Bibllotbek des Kreazherrenardens 
in Prag, das die Kopien dreier Briefe in böhmisclier Uehersetzung ent- 
hält, und ebenso ein lat. Schreiben Rokjcanss an Calixt 111. selbst. Mao 
vergl. unten Cap, VII. 

") Man Tergl. fOr den Verkehr Georgs mit Roiu: Urkundl. Beitrftge 
Nro. 101, 105, 106, 147, 151. 

•) „Ein Jahr bühraiacher GeacLiclite" S. 88 ff. 



Es ist dringende Nothwendigkeit, des Königs Lage und 
Persönlichkeit rahig und vorurtheilsfrei anzusehen. So wenig 
der Unbefangene in Podiebrad den Vertreter des kirch- 
lichen Reformgedanliens zu erkennen vermag oder auch nur 
den strenggläubigen Utraquisten, der er nach seinem eigenen 
Geständnisse nicht gewesen ist, ') eben so wenig begründet 
ist es, den König für den stets und überall sehlauen Politiker 
zu halten, der ohne Hintergedanken nichts vollbringen kann. 
Man wird erkennen, dass bis nun von einer Täuschung Rom's 
durch den König nicht die Rede sein kann. Oder warum 
sollte er, den in erster Reihe seine politischen Ziele und nicht 
religiöse Meinungen leiteten, nicht wirklich zum alten Glauben 
haben zurückkehren wollen ? Warum sollte er, dem so vieles 
gelungen war, nicht wirklich gehofft haben, im Besitze der 
■königlichen Gewalt nach und nach in jene Bahnen hineinzu- 
lenken, die Rom gefällig waren?') 

Die wichtige Folge der Prager Krönung in gut katholischer 
Weise und der Abmachungen mit den Krönungsbischöfen war 
die förmliche Anerkennung des Königs durch Calixt III. Die 
Erzählung, dass der greise Papst den gethanen Schritt alsbald 
iereat habe, ist wahrscheinlich eine spätere Erfindung.*) Tinig 
Joch sein ungleich bedeutenderer und klügerer Nachfolger, 
ä IL, eben jener Aeneas Sylvius, volles Vertrauen zu dem 
Worte König Georgs. Auch als er in der böhmischen Sache 
sich hei den Cardinälen Rathes erhotte, handelte es sich für ihn 
ibloß darum, die so schwere Verantwortung in so wichtigen Dingen 



') Ebendort, b. 93 ff. 

') Vei^l. die Ereignisse in Prag und Böhmen im Jalire 1461 uacli 
flem Egerer Tage in der späteren Daretellung. 

^) Die Erz&blnng ündet sich in Jacob! Piucotomini Cardinalis 
{"apiGDBis Commentar. pag. 430—431. Darnach soll der Minorit Gabriel 
»on Verona, der aoehen aus Böhmen gekommen war, dem greiaen Papste 
'ie üeherzengiiug beigebrauht haben, dass er von König Georg getäuscht 
rorden aei. Abgesehen von der nicht ailzu grossen Verläsaiichlteit des 
Paria trägt die Erafihlang den Stempel der Dnwairheit an 
fler Stim. Oder wurde die neneriiche üeberzeugung Calist'a nicht autli 
Pias n. bekannt geworden sein? Wie hätte doch dieser dem Könige so 
lange glauben können ? 



nicht auf sich allein zu nehmen. ') Als aber Pius II. die Füraten 
der Christenheit zu dem allgemeinen Türkeucongress zu Mantua 
einlud, ertheilte er in der an König Georg gerichteten Bulle vom 
13. Oktober Hö8 demselben alle seiner Würde entsprechenden 
Uezeichnungen und Titel. Dass er die Bulle nicht direkt an den 
König, sondern sie dem Kaiser zusandte, *) ist kein Gegenbeweis. 
Der Papst wollte wie wo möglich in allen Dingen, so besonders 
Böhmen gegenüber im vollen Einverständnisse mit Kaiser 
Friedrich vorgehen. Die Zusendung der Bulle galt der Absicht, 
das weitere Verhalten des heiligen Stuhles gewissermassen 
der Einflussname des Kaisers anhetm zu geben, ihn so zugleich 
auch für die schliesslich doch möglichen Misserfolge der päpst- 
lichen Politik Böhmen gegenüber mit verantwortlich zu machen. 
Man sieht, die Knrie Vergasa der Vorsicht auch dort nicht, 
wo sie, wie des Papstes sonstiges Benehmen bewies, gerne 
vertraute. Kaiser Friedrich, der ja selbst bereits in seiner 
Eigenschaft als Haupt des deutschen Reiches dem Stande der 
Thatsachen dem Könige gegenüber Rechnung getragen, über- 
mittelte die Bulle unverweilt an den König. "} — Das war der 
päpstliche Brief, den der Hauptmann von Glatz, Hans WÖlfel 
von Warnsdorf, dem Breslauer Raihe vom Könige überbrachte, 
der für die Haltung der Schlesier von so grosser Bedeutung 
geworden ist. *) 

In Folge der Thronbesteigung Pius II. trat für König 
Georg wie für die übrigen christlichen Fürsten des Abend- 
landes die Nothwendigkeit ein, dem neuen Oberhirten die 
Obedienz zu leisten. Natürlich leistete sie der König nicht 
für sein gesammtes Reich ; dafi'ir hatte man ihm eben Frist 
gegeben. Aber er leistete sie doch seinem Uebertritte zum 
Katholicismus entsprechend für seine Person. Dem böhmischen 



') Pii II. Font. M&i. ConiineDt. rcr. memorab, a, J. Uobetiao 
i'omp. (Francof. 16141 pag. 84. 

=t Voigt, Bnea Silvio m. S. 43a. 

■) Pii II. Comment 1. c, 

•) Eschenloer, Bist. Wrat., Scriptor. VIL., S. 39. GeBchichten der 



Stadt Breslau I. S. ~1 tf. 



- 77 — 

Volke machte man glauben, dass die Botschaft an den Papst 
gienge, um die Bestätigung der Kompaktaten zu erwirken. ') 

Mit grosser Klugheit und Sachkenntnis gieng der König 
bei der Wahl des Hauptes dieser wichtigen Mission voran. 
Er stellte an die Spitze derselben des Papstes alten Freund 
und Liebling Johann von Rabenstein, Propst vom Wysehrad, 
den Bruder des dem Papste gleichfalls innigbefreundeten 
Kanzlers Prokop. Der neue böhmische Prokurator in Rom, der 
Palnaatiner Fantinus de Valle sollte ihn unterstützen; sonst 
war ihm nur ein geringes Gefolge von 10 Reisigen beigegeben.*) 
Offenbar wollte der König dem Papste genügen, ohne zu viel 
Aufsehen zu erregen. Noch bevor Plus H. die beschwerliche 
'Eeise zum Mantuaner Congresse augetreten, gelangten Raben- 
Btein und seine Begleiter nach Rom. In des Papstes Gefolge 
zog er dann nach dem Norden. Ende Februar finden wir 
ihn mit Pius II. in Siena. Mit Freuden hatte Plus seinen 
jüngeren Freund empfangen ; gnädig hörte er auch auf dessen 



') 80 Bind wohl die Angaben des brandeübQrgiachen Agenten vom 9. 
(nicht 17., wie Voigt Ul. S. 430 angibt] Mai, Ürkundl. Beitr. Nro. 156 
■8. 151 und des Cardinals Carv^al vom !). Aug. 1458, öcriptor. rer. Sil. 
Tm, S. 7—8 zu erklären. Darnach ist aber, was Voigt, Enea Silvio III. 
i, 430—431 von der Absendung von Bolen an den Papst erzählt, um die 
Bestätigung der Kompaktaten xu erlangen, und von einer Abweisung der- 
:ielben, entschieden irrig. Der brandenburgiscbe Agent sagt wohl {9. Mai)i 
OeoTg habe zwei hingeschickt; wie konnte da aber Carviyal am 9, Aug., 
tchreiben, dass der Eonig Gesandte schicken werde? Und auch 
Carvqal bespricht blos die Möglichkeit, dass unter den Aufträgen der 
kommenden Gesandtschaft aach der eine sich auf die Kompaktaten 

ehen werde. Der brandenburgische Agent ist da, wie in den andern 
Punkten, Ober die er Meldung thut, schlecht berichtet, was sich daraus 
Dklärt, dass ja sein Auftraggeber K. Georgs Feind ist und seine politische 
Anigabe in Prag im Geheimen gelöst werden niuss. Nach der Lage der 

•. konnte Podiebrad weder die Bestätigung der Kompaktaten ver- 
langen, noch hat dies auch die einzig sicher nachweisbare wirkliche 
Oeaandtachaß unter Job. vonBabenBtein's Führung getban. Boten giengeo 
«ur Zeit der Krönunji Georgs nach Bom (Kschenloer, Geschichten der 
fitadt Breslau, I. S. 180 uod Doboer U. Monun. bist BoL II., p, 416), 
vm dem Papste von den getroffenen Teretnbarungeu Mittbellung zu machen. 
') Voigt, Enea Silvio III. S, 440 gegen Palacky, Dejiny Ceskeho 
lii^da IV. 2. Str. Tl. Dass Fantinus einer der zwei Boten war, die nach 
GeorgB Krönung nach Rom j-iengen, ist mir mit Voigt völlig glaublich. 



Bitte, für den König, seine Gemahlin und sein gesammtes 
Haus die Obedieiiz leisten zu dürfen wie sie andere katholische 
Fürsten leisteten. Auch als Rabenstein bat, es möge ihm mit 
Rücksicht auf die Stellung des Königs zur utraquistiaehen 
Partei in der Heimat gestattet sein, dies geheim zu thun, 
war der Papst willig. So leistete denn Rabensteiu die Obedienz in 
heimlicher Zusammenkunft vor dem Papste und den anwesenden 
Gliedern des Cavdinal-Collegiums. ') Aber des Papstes Erwar- 
tungen, die er auf Geoi^ gesetzt, seine Liebe zu dem böhmischen 
Gesandten benahmen ihm nichts von seiner gewöhnlicheu Klug- 
heit. Des Königs Eifer im Streben nach der Gunst des 
römischen Stuhles erkennend suchte er durch berechnete 
Zurückhaltung diesen rasch zu weiteren entgegenkommenden 
Schritten zu vermögen, Zeichnete er den Propst vom WySe- 
hrad persönlich aus, so behandelte er ihn doch Öffentlich als 
eine Privatperson, hatte König Georg im Geheimen den Papst 
seiner Ei^ebenheit versichert, so erklärte Pius, er könne ihn 
deswegen auch nicht ausdilicküch als König anerkennen. Erst 
wenn die Zeit gekommen, in der im Namen des gesammten 
Reiches die Obedienz geleistet werden könne, dürfe der 
Böhmenkönig der mächtigsten Förderung des römischen Stuhles 
versichert sein. ') 

Und diese Antwort entsprach auch völlig der Stellung, 
in der sich König Georg und der römische Stuhl zu einander 
befanden, sie entspricht aber auch vollkommen dem ferneren 
Verhalten derselben. ") Es kann dafür, dass bis nun in des 



') Fii II. FoDt. Max. Comment. üb. II, 1. c. Die Eidesformel bringt 
Dr. Hermann Markgraf in der Polit, Correapondenz von Breslau, Script 
rer. SileBiac. VIII,, S, 12—1.5. Daraus ergibt sieb auch, dasa die ge- 
heime Obedienz! eistang nicht blos in Gegenwart des Papstes, sondern ancli 
der anweaendeD Cardioäle stattfand. „Acta sant hec coram sanctissimo 
domino nostro et coUegio sacro cardinaiitim." Die Formel wurde bereits 
in Rom vereinbart (actum Roniae), die Obedienz selbst aber erst in 
Siena geleistet, 

') Man vergl. die ßullen an J. ron Habensteio und seinen Brudei 
Prokop Tom 15. April 1459 Lei Rvnaldus, Annal. eccles. ad. 1459, Nro, 
19 und 20. 

') Wenn Dr. H, Markgraf in der erwähnten eingehenden Abliandliing 
S, 13 sagt, Georg habe ein zweideutiges Spiel getrieben, indem er 



— 79 — 

spstes Seele kein Mistrauen gegen den König Raum ge- 
■onnen hatte, als weiterer Beweis gelten, dass Pius neuerdings 
1 20. Feber an Georg, den „dnrchlencbtigen König von 
ibmen, seinen geliebten Sobn" ein Schreiben eriiess, worin 
den König nocbmals dringend zum Besuche des Man- 
aaner Concil's aufforderte. ') Wenn dazu Johann von Raben- 
tein dem Papste vorstellte , wie der König sich vorerst 
wischen zwei Parteien befände, welch schweren Gefahren 
■ sein neues Königthum aussetzen wurde, falls er sich schon 
etzt offen für die Rückkehr zur alten Kirche erklären 
rürde, so wird das der in den böhmischen Verhältnissen 
! irgend Jemand unterrichtete Piccolomini wohl geglaubt 
l sich zufiieden gegeben haben. -) 

Anders wurde die Sache, als wenige Wochen nach der {^p;;; 
ißhmischen Gesandtschaft am 1. April 14ö9 Dr. Peter Warten- b™uu^ 
KTg und Mathias Unruh als Gesandte des schlesiscben 



leae heimliche Versprechen in Rom bestimmte Aussichten ku erwecken 
ichte," SD möchte ich nicht bcistinunen. Känig Geoi^ schickte die Ge- 
indtachaft in Coaaequeaz der Abmachungen bei seiner Krßnnng zur 

Ibedieneleistung. Es war dies fiir ihn eine Obliegenheit, die er, gleich 
ie der EaJBer, Eonig Mathias van Ungarn, die Könige Heinrich von 

lastilien und Älfons ton Portagal, die Herzöge Albrecht tob Oesterreicb 
id Philipp von Bnrgnnd n. s. w. zu gleicher Zeit thaten, nach der 
lironbesteigung des Papstes zu erfüllen hatte. Auch heimliche Ver- 
äBBungeu konnte der König nach all dem, was er bereits früher gethan 
id versprochen hatte, nicht weiter machen. Wenn die Curie sich weiter- 
n bewogen fand, den Vermittler zwischen dem Könige und den Schlesiern 
i machen, so that sie dies zunächst mit Bücksicht auf das grosee Zie\, 
a ihrer Politik verscliwebte, den Krenzzug gegen die Türken. Pius 11. 

^sste sehr wohl, dass an dessen Zustandekommen nicht zu denken sei, 
lange heimischer Zwist die cliristllchen Völker entzweie. Dieser Einsicht 

tot allem entsprang in jenen Tagen, die allseitige paeificatoriache Thätig- 

keit der Curie wie in Italien, in Üngani, ira Reiche, so auch in Böhmen 

Dod Schlesien. 

') Bei Kuprinai II. a. pag. 239 und Th. PeSina, Mars Moravieiig 

Üb. VI pag. 705. Ein ähnliches Mahnschreiben an Kurfttrat Friedr. von 

Sachsen m Orig. im GroBsherzogl. a&cha. Geaammtarchive zu Weimar. 
*J Diese Nachricht in Pü Comm. I. c. ist zutreffend und stimmt 

rtllig mit den Worten CarTtaal'a vom 31. Dez. 1467; Palacky, Drknndl. 

~ " Nro. 345, S. 377, 



Bundes ') gleichiallB in Siena eintrafen und durch ihre münd- 
lichen Berichte wie in einem ausflihrlichen Schreiben der 
Brealauer an den Papst ■) diesem die religiösen Verhältnisse 
in Böhmen und die letzten Vorgänge in Prag eingehend von 
ihrem Standpunkte au8 darstellten. Da freilich schreckte Pius II. 
empor. 

Rokycana und seine Priester waren König Georgs alte 
Freunde und Parteigenossen; sie hatten wie stets so auch 
bei des Königs Erhebung getreulich mitgeholfen ; dann den 
neuen König mit Freuden und den Segnungen ihrer Kirche 
begrüsst. ") War es da ein Wunder, dass sie jetzt, nachdem 
ein Mann ihrer Partei die Krone trug, die Zeit für gekommen 
wähnten, wo der Kelch neuerdings Triumph feierte und allein 
im Lande gelten konnte? Duldsamkeit hat sich nie unter 
Hokycana's Tugenden gefunden; er übte sie sicherlich am 
wenigsten in den ersten Zeiten des neuen KÖnigthums und 
des damit auf neue Verdienste gestützten Einflusses. ') Ander- 
seits dachte aber die katholische Partei aa nichts weniger als 
Nachgiebigkeit auf religiösem Gebiete. Ihre Führer wuesten 
sich geschützt durch die Zusagen des Königs so wohl an sie 
selbst, wie an die Krönungsbischöfe. Zbynök von Hasenburg 
war bei der geheimen Eidesleistung mit Prokop von Raben- 
stein anwesend gewesen ; der Administrator des Erzbisthums 
und Domdechant Wenzel von Kriunau hatte dann in Rom 
Gelegenheit gehabt sich noch genauer zu informieren. ') So 

') Das Beglaubigungsschreiben vom Tage zu Lüben, 30. J&n. 1459, 
Suriptor. rer. Sileaiac. VIII. S. 12.' 

'1 acriptores rerura Silesiac. VIH. S. IG -20; aus EachenloMB 
Hialor. WraÜaUw. Fol. 71— 73 a. 

') Man »ergl. meine Abhandlung „Ein Jahr böhm. Geschieht«,'' 
S. 61 ff. 

*) Man rergl. G. Voigt, „Georg von Böhmen, der Huaitenkönig," 
S. 436. Femer G. Voigt, Enea Silvio Itl. 8. 425. Palacky hat diese Be- 
wegungen in Böhmen völlig ignorirt, dafür aber Rokycana an anderer 
Stelle gerade das Gegentheil, religiöse Toleranz, nachgerClhmt. 

'} Wenzel von Krumau acheint schon fi-iiher Administrator des 
Prager Domkapitels gewesen zu sein. Man yergl. Enea Silvio'a Briefe an 
ihn und das Domkapitel vom 37. Jul. and 10. Oktob. 1453. G. Voigt, 
Arcliiv für Oesterr. Geschichte, Bd. XVI. S. 403, 406. Enea SÜvio, IH. 
S, 438, Anm. 1. 



- 81 - 

Btiessen die Parteien auf einander und kam es zu immer 
neuen äi^erlichen Streitigkeiten und schliesslich zu offenen 
Tumulten in Prag. Die Breslauer Boten waren, wenn auch 
noch nicht von letzteren, so doch von all dem früher Gesche- 
t^enen wohl unterrichtet und malten nun die religiösen Zustände 
in Böhmen vor dem Papste schwarz in schwarz. Für kurze 
Zeit gerieth dadurch das Vertrauen des Papstes auf Podiebrad 
irirklich ins Schwanken. Doil standen des Königs Zusagen 
nnd Eide und winkte die völlige Rückführung der abseits 
iBtehenden Böhmen, die sein Pontifikat mit Ruhm bedecken 
musste, hier traten dem römischen Stuhle von jeher treu er- 
:geben€ Männer ein für die Wahrung ihrer politischen Flechte 
wie der Freiheit ihres Glaubens, und mächtige Fürsten bildeten 
dabei ihren Rückhalt. Wohl bekannt mit den Künsten der 
Diplomatie und den Mitteln, zu gleicher Zeit zweien zu dienen 
und sich keinem zu verjiflichten, an sich kein Muster von 
Charakterfestigkeit, trieb nun Pius n. in der nächsten Zeit 
«n unentschiedenes doppeltes Spiel. 

Lange hielt ermit der Antwort an die Breslauer Gesandten 
.eurück, unschlüssig, welche Stellung er in dem Streite nehmen 
sollte. Inzwischen kam ein neues flehendes Schreiben der 
Eüi^erschaft an, mit neuen Klagen gegen den König und 
Kokycana, mit denselben dringenden Bitten an den römischen 
■Stuhl. Da ertheilte denn endlich am 14. April Pius den har- 
renden Breslauer Boten anscbeinend günstige Antwort. Er lobte 
in seinem Breve die Ausdauer und Standhaftigkeit der Breslauer 
in der Vertheidigung ihres Glaubens und verhiess ihnen dafür 
reichen Segen des Himmels. ') Aber die mündliche Antwort, die er 
den Gesandten ertheilte, klang völlig anders und zeigte des 
Papstes wahre Gesinnung, der er also im Herzen treu blieb: 
„Er hoffe, dass König Georg seine der Kirche gemachten 
eidlichen Zusagen erfüllen werde; darum möchten ihn die 
Brealauer nur als ihren rechten König anerkennen." ') Aber 

■) Bei Eschenloer, HiBtor. Wrat. Script. VII., S. 4Z, Auch deutsch 
in dea „Geschichtea der Stadt Breslaa", S. 79. 

') Palacky, ürkimdliclie Beiträge N. 181, S. 176. Berichte Peter 
'Wartemberg's an den Eath von Breslau und die Liga Tum 11. und 19. April. 
'Saclienloer, Geschichten der Stadt Breslau 8. T9. 



freilich, auch diese entschiedene Kundgebung verwischte der 
Papst durch weitere der Sache der Breslauer günstige Aeusse- 
rungen : Er wolle auf dem CoriKresse von Mantua den Streit 
vornehmen und endgiltig entscheiden, den Erwählten von Böhmen 
aber durch die katholischen Barone ermahnen lassen, nichts 
Feindseliges gegen die Breslauer bis dahin zu beginnen. ') 
Triumphirend konnte Peter Wartemberg noch hinzufügen, er 
habe mit eigenen Augen gesehen, wie der Papst im Geleitsbrief 
der böhmischen Gesandten „Oratores regni Bohemiae" statt 
„regis Bohemiae" geschrieben; auch sei es nach des Papstes 
Worten fast nur zufällig geschehen, dass man Georg in den 
früheren Briefen bereits König genannt habe. *j Die eigentliche 
Gesinnung des Papstes ist wohl darnach imzweifelhaft auch 
in dieser Zeit: Er vertraute dem Könige, und dieser und sein 
Procurator Fantinus de Valle unterliessen nichts, dieses Ver- 
trauen zu bestärken. Aber Vorsicht und die üumöglichkeit, 
die Verständigung mit Böhmen allseits offenkundig zu machen, 
auch sie vor den streng katholischen Bürgern sonst zu recht- 
fertigen, verleiteten ihn zu jenen Aeusserungen und Handlungen, 
welche die Breslauer zu ihrem Gunsten deuten konnten. — Und 
in der That glaubte die Bürgerschaft aus dem Berichte der Ge- 
sandten, was mit ihren Wünschen zusammentraf; die Folge 
war schweres Kriegsungemach, das schon in den nächsten 
Monaten Breslau heimsuchte. 

Eine Handhabe zu neuer ernstlicher Mahnung an den 
König, die Aufforderung zu erhöhter Vorsicht gewann Pius IL 
aus den Kundgebungen der Breslauer Gesandten auch gegen 
Böhmen: Wenn auch Fantinus, der, so wie er auf Georgs Ver- 
sprechungen ohne Arg und Zweifel baute, zu dem Papste in 
Worten voll Lobes und Zuversicht von dem Könige sprach, ") 

') Das Schreiben des Papstes an die Barone bei Eschenloer, Hist 
WraL S. 41 ; bei Lünig, Cod. diplom. Germ, tom, I., pag. 1483 mit nn- 
riclitigem Datum und Text. 

») Urkundliche BeilräKe N. 181, S. 176. 

') Tarnen nihil defuit, quin omnium vestrae majestBitis laudabiUnm 
gestoram et summus pontilex et reTerendissimi domini cardinales Beorsani 
certiores efticerentur, Fantins Brief TOm 30. April 1459, Urk. Beitr, Nro. 183, 
S. 180-181. 



am 30. April von Florenz aus demselben melden konnte, 
dass der Papst oftmals vor den Cardinälen und andern hohen 
Prälaten des Königs Geist und Hen'schertüchtigkeit erhebe, 
lass ferner die Antwortschreiben, die er den Schlesischen 
Gesandten mitgegeben, entweder dem Könige unbedingt günstig 
wären oder allein aus Schonung vom Papste etwas unbestimmter 
erthellt worden seien, '} so ward Georg in dem Schreiben des 
Papstes an die Barone, doch nicht direkt König genannt und 
die Aufforderung vom Könige die Herstellung des kirchlichen 
Ausgleiches und den Frieden mit Allen, die sich aus religiösen 
gründen ihm widersetzen würden, zu l)ewabren, war eine 
Khr entschiedene. *) 

Da bot endlich der Egerer Tag mit seinen reichen Er- 
gebnissen auch dem Papste die Möglichkeit eine entschiedene 
fbiltnng anzunehmen. Jetzt, da die mächtigsten deutschen 
Fürstenhäuser sich mit dorn Könige verbunden und befreundet 
latten, die Sache der Schlesier jedes weiteren Rückhaltes 
ntbehorte, Uess auch Pins n. jede weitere Vorsicht fallen. 
Jnverhohlen trat er mit der Anerkennung des Böhmenkönigs 
B neuen Schreiben hervor. Die Sache des gi'ossen Türken- 
uges im Äuge, der nur gelingen konnte, wenn die Streitig- 
^iten in den christlichen Landen erstickt wurden und die 
tosten einmüthig mithalfen, war er von nun an bereit, deni 
Könige zur Unterwerfung der noch Widerspänatigen sogai' 
leelbst behilflich zu sein. Er that dies ebenso, wie in andern 
diriBtUchen Landen päpstliche Legaten der Friedenstiftung 
sich bemühten. 

Da brach denn endlich die Liga zusammen; nicht aber 
(ter Widerstand der Breslauer. 

Schon der Tag von Liegnitz am 29. März brachte die 
bffene Spaltung der Bündner zum Vorschein. Es fehlten ilcm 
Uachtboten derer von Schweidnitz und Jauer. Aber am ^ 



') Ebendort S. 180. 

') Eiliortanles et requirentca, ut pro vealra in deum pietate, pro 
levolione et reverentia etc. velitis dictom Georgium requirere, ut circa 
■, quae unioncm fidei catholic&e ete. concernimt, qnietus et pacificas 



- 84 — 

nächsten Tage Hessen sie durch die Boten mittheüen, sie 
hätten sicli in Jauer berathen und einstimmig beschlossen, 
Georg als König anzuerkennen, falls der heil. Vater ihm 
königliche Ehren erweise. Es war vergebens, dass die Liga, 
um den Verband mit Jenen zu erhalten, den ähnliehen Besehluss 
üasste, den König gleichfalle annehmen zu wollen, wenn der 
Papst und das Cardinalcollegium seine Wahl für recht und 
giltig und ihn für tauglich die Krone zu tragen erachten 
würden. Die Schweidnitzer waren bereits auf dem vollen Wege 
zur Verständigung mit Böhmen. Nun wurden auch Andere 
schwankend. Als auf einer Fürstenversammlung zu Grossglogau 
't4™' ^™ ^^- '^P"^ **'^ Böhmen freundliche Stimmung gleichfalls 
oiogBu. 2iim Durchbruche gekommen war, da war die Partei der Ver- 
söhnlichen bereits so stark angewachsen, dass sie auf der am 
tb^™*^ 21. April zu Lühen gehaltenen allgemeinen Versammlung die 
LUban. Mehrheit der Stimmen zählte. Doch kam es zu keinem ent- 
scheidenden Beschlüsse und so ward es möglich, dass sich 
ju fclSttM?^™ 1. Mai zu Kottbus noch immer die grössere Zahl der 
Bundesglieder zum Tagen zusammenfand. Aber ein Erfolg 
ergab sich nicht, ,Ich meine, der Walpurgistag zu Kottbus 
hat diesem Bunde ein Ende gemacht", sagt der Breslauer 
Chronist. Und er hat völlig Kecht. ') 

Die Schlesier harrten der Gesandten Herzog Wilhelms 
von Sachsen, deren Ankunft auf dem früheren Kottbuser Tage 
zugesagt worden war. ') Statt ihrer aber kamen Boten mit 
der Bitte des Herzogs noch zwei oder drei Tage sich in Kottbus 
verhalten zu wollen, da seine und Albrechts von Brandenburg 
Räthe nicht früher auf dem Tage erscheinen könnten. Die 
Verhandlungen mit König Georg in Eger hatten diese Ver- 
zögerung verschuldet. ') Mochten die Schlesier schon von 



*) Zu allen diesea Angaben rergl. man EHchealoer, Historia Wnt 
Scriptor. Vn., S, 39 ff. 

") Herzog Wilhelm aolbat sagt in dem oben erwähnten Auaschrdbeii 
Tom 16. Mai: „Wir itaben unsere Rathe gefertigt . . ,ken Cottbus, der 
uff Band Walpurgen nehst»organgen mit den SJesiern dobin berampt was'.. 

') Die Nacbrichten über den KottbuserTag bringt EBcbonloer im TmI, 
S. 41 und in dem vorerwälinlen Schreiben. Dann beaitzen wir darüber eine 



vornherein davon nichts Gutes ahnen, so erfuhren sie nun 
aus dem Munde der beiden Botschafter nlsbald von der 
Versöhnung der Fürsten in Eger, von dem völligen Ausgleich 
.zwischen Böhmen und Sachsen. Die Erbitterung der Ver- 

■ Sammlung gegen Herzog Wilhelm war gross; das sahen sofort 
.Alle wchl ein, dass weitere Hoffnungen auf Unterstützung von 

Seite Sachsens nun eitel seien. Ohne der Bitte des Herzogs 
zu achten, ritten sie zürnend weg; die von Eger nach dem 
Norden eilenden sächsischen und marltgräflichen Käthe fanden 
Kottbus bereits verlassen. ') 

Die Parteiberathungen im Reiche draussen, die sich un- 
mittelbar an den Egerer Tag anschlössen, hatten Herzog Wil- 
helm in den ersten Wochen des Mai femgehalten von seiner 
lEesidenz zu Weimar und zugleich von weiterer Einäussnahme 

■ auf die Haltung der Schlesier, ') Aber schon am Tage seiner iß. i 
■Ankunft (16. Mai) ordnete "Wilhelm eine Gesandtschaft an diese 

ab, um sie von der durch die Abmachungen des Egerer Tages 
geschaffenen Sachlage zu unterrichten. ■'; Der allgemeine Un- 
wille, der sich in Sachsen, wie erwähnt, kund gab, die Eück- 
!«icht auf die dem Könige gemachten Zusagen, wohl auch das 
Sedürfois sein Benehmen zu rechtfertigen und sich ehrenvoll 
'TOn dem bisherigen Zusammengehen mit der Liga zurückzu- 
ixiehen, waren des Herzogs Beweggründe. *) Es war der getreue 
■Hans Braun, dem Wilhelm das unangenehme Geschäft über- 
trug, vor den Breslauern die Haltung der Herzoge zu ent- 



D Ganzen übereinatiiDmende Quclie in dem Schreiben Herzog Wilhelm'a 
D König Georg y. 15. Mai bei Palacky, Urkundl. Beitr. N. 185, S. 183—184, 
') Mit den beiden erwähnten Schreiben Herzog Wilhelm's erscheint 
4ie Meldung Eschenloers Hiet. WraL p. dl im Widerapruche, da er dort 
Ion „duo conBiiles" spricht, die den Schlesiem die Ergebnisse des Egerer 
■B mitgetheilt hätten, während Herzog 'Wilhelm ausdrQcklich eagt, 
■Üne Bäthe seien zu spät gekummen. Die Vereinigung beider Angnben 
it oben in der Dnrstellaug angedculet, demnach ilaa „oonsuics" einfach 
Ir „nuntii" zu nehmen. 

') Schreiben des Herzogs an König Georg vom 16. Mai. Man verg). 
jDuckholm, Herzog Ludwig der Beiche, S. 100, und die weiter unten 
JUgende Darstelliing. 

*) Schreiben des Herzogs an seine Amtsleute t, 16. Mai, 
•) Man vergl. Eschenloer, Hist. Wrat. S. 4ä. 



schuldigen. '} Da mit alletniger Ausnahme dieser Stadt, wo die 
Menge vor den Hetzereien fanatischer Prediger und den lärmen- 
den Schmähungen trunkener Volksredner nicht zn ruhiger 
Üeberlegung kommen Isonnte und sich in wüthenden Ketzer- 
und Bohmenhass hineinraisonirt hatte, allen Schlesiern die ab- 
wehrende Haltung des Papstes klar geworden war und nun 
auch noch die sächsische Absage dazu kam, so machten alle 
Besonnenen jetzt ihren Frieden mit dem Könige. Genie kam 
dieser entgegen. In königlicher Huld war er bereit zu ver- 
zeihen und zu vergessen. Eine einzige unter den obwaltenden 
Umständen freilich harte Bedingung mussten sich die schlesischen 
Herzoge wie zuvor die Sachsen und Brandenburger gefallen 
lassen; Der König verlangte Beihilfe gegen Alle, die noch 
weiter im Widerstaude verharren würden. ') 

Nur sehr ungern entschloss sich König Georg zum Kampfe, 
Aber das starke Verlangen, den leidigen Streit um die Aner- 
kennung in den eigenen Landen endlich .beendet zu sehen, 
bewog ihn endlich doch dazu; freilich wurde Gewalt noch inuner 
mehr angedroht als geübt. Zunächst sagten die schlesischen 
Fürsten der Bürgerschaft und ihren einzig noch verbliebenen 
Bündnem, denen von Namslau und dem Herzoge Johannes von 
Sagan das freie Geleite auf, anderseits machte der Hauptmann 
von Glatz mit seinen Eriegshaufen drohende Bewegungen. 
Endlich begann Herzog Bolko von Teschen offen die Feindselig- 
keiten, indem er des Königs Aufträge zum Ueberfalle Breslauer' 
Kaulinannsgutes bei Ilainau benützte. ') Und nun kamen trotz 
neuer Schreiben der Breslauer an den Papst mit beweglichen 
Schilderungen ihrer Lage, die neuen Briefe desselben an sie 
selbst ') und au den König, den ihnen durch die Schweidnitzer 
zuzumitteln Georg schleunigst Sorge trug. ') Es war das 

') Das Beglaubigungsschreiben des Herzogs angeführt in der Politia^ 
Corrcsp. »on Breslau, S. 24. 

^ Eachenloer, Flistor. Wrat. 8. i2. Darnach auch die DacMolgende 
Erzählung, 



*) Das Bre^e des Papstes an die Breslauer bei Escbenloer, Bisl 
Wrat. S. 42 ; Palacky verweist darauf in den Urk. Beitr. N. 198, S. 1 
') Eschenloer, H. W. S. 43. 



- 87 - 

ADtwortschreiben Pius II. auf des Königs Bericht über die Er- 
folge des Egerer Tages ') ; er offenbarte sein freundschaftliches 
Verhfiltnis .zu dem Böbmenkönige imverhüllt. 

Der Papst mahnte den König, „seinen geliebtesten Sohn", 
neuerdings zum Besuche des Mantuaner Gonventes. Mit Freuden 
habe er vernorainen, dass der König sich mit seinen Nachbar- 
filrsten versöhnt und geeint; jetjst, da sie zu Hause und mit 
den Nachbarn des Friedens genössen, könnten sie sich mit 
ihrer ganzen Macht gegen die Feinde des christlichen Glaubens, 
die grausamen Türken wenden. Darum möge der König in 
Mantua nicht fehlen oder doch wenigstens seine Käthe mit aus- 
reichenden Vollmachten schicken. Er werde sie gütig und mit 
allen geziemenden Ehren empfangen. Wichtiger war, was der 
Brief ober die Schlesier enthielt. „Was der König von Wider- 
sachern in Schlesien schreibe," erklärte der Papst, „gereiche ihm 
zu hoher Betrübnis. Er könne aber versichern, dass sie nicht 
' nur ohne seinen Auftrag, sondern auch gegen sein Wissen han- 
delten." *) Doch bei den Breslauem verfiengen weder diese An- 
deutungen uoch in dem an sie gerichteten Schreiben des 
Papstes Mahnungen zum Frieden und seine Forderung, die 
Streitsache vor seinen Eichterstuhl zu bringen. Die Warnungen 
Und Eathschläge Sachsens verachtete man, den Papst aber 
suchte die Bürgerschaft durch neue Schreiben und indem sie 
den Priester Nicolaus Hermanni, einen besonnenen und ver- 
schwiegenen Mann nach Italien abordnete, zu überzeugen, dass 
■die Sache Breslaues gerecht sei, er selbst aber auf dem Punkte 
:atehe, von dem Böhmenkönige getäuscht zu werden. — Ja die 
Breslauer giengen, erbittert über den allgemeinen Abfall rings 
lunher, der auf dem letzten Tage der Liga am 20. Mai unver- 
.^ennbar hervortrat, noch den letzten Schritt weiter und be- 
-BchloBsen neuerdings feieriich, den Ketzer nimmer zu ihremKönige 
aufeunehmen, selbst wenn Papst und Kaiser sie dies heissen 
"worden. Schon hatten die besonnenen Bürger mit dem Stadt- 



') Das Schreiben des Königs ist verloren; s£in Inhalt ist jedoeli 
IS der Actwortbulle äes Papstes ersichtlich. 

=) Das Breve an den König bei Eschenloer, Bist. Wrat, S. 47 und 
deutscher üebersetzung in den , Geschichten der Stadt Breslau" S. 89, 



rathe die Zügel der Hegierung fast völlig verloren. Alle Ver- 
suche, die erregte Menge zur Vemmift und Nachgiebigkeit zu 
bringen, scheiterten an ihrer Harthörigkeit. Es sah sich ein 
Jeder schon mit Mistrauen und Unwillen beobachtet, der auch 
nur von Ausgleich und Versöhnung zu reden wagte. ') 

Ändere Sorgen traten an König Georg heran und zwangen 
ihn, so sehr ihm die Befriedung Schlesiens auch am Herzen 
lag, zu diplomatischer Thätigkeit auf einem andern Schauplatze. 
Es war der ungarische Thronstreit, in den sich der Böhmen- 
könig seit Mai 1459 immer mehr hineingezogen sah. 
i>,i, um. Auf dem Szegediner Tage am 5. Januar 1459 war die neue 
ä'i'^s''^ii.Wehrordnung Ungarns von dem Könige mit den Standen be- 
rathen und beschlossen, waren auch mit König Stephan von 
Bosnien für einen grossen gemeinsamen Türkenzug Verein- 
barungen getroffen worden, der Ausgleich mit Oesterreich und 
dem Kaiser aber war gescheitert. =) Ob da jene Recht haben, 
die behaupten, es habe der Reichstag der allzu schweren Be- 
dingungen wegen den Vertrag mit dem Kaiser zurückgewiesen, ^ 
oder ob man sieb zu dem ßlauben hinneigen mag, dass der 
Habsbm^er unter den geänderten Verhältnissen die Vollziehung 
des Abkommens vom 2. September 1458 scheute:*) sicher ist, 
dass jetzt für den Kaiser der Besitz der Krone hinsichtlich 
seiner Aussichten auf den Thron von hohem Werthe war. In 
eben jenen Januartagen, die König Mathias im Süden des 
Reiches weilend der Sorge fürdessen Sicherheit widmete, vollzog 
sich die Organisirung der Gegenpartei, die bereits alle feind- 
liehen Elemente des Reiches uraschloss. Da waren der ehe- 
malige Palatin Ladislaus von Gara und der alte Unruhestifter 
Nicolaus Ujlaki, bis zu seiner Entsetzung durch den König erst 
Wojwode von Siebeubürgen, dann Ban von Kroatien und Slavonien, 

') Die obige DarfitfUung uach Esclienloei', Ilistor. Wratisl. S. tö. 

^} Der Abschied des Tages bei KftpriDiti, Hnngaria diplomaück, 
2 Th. Wien 1751, XI. p. 228 fl'. 

*) So Kaprinai, H. diplom. IL epitome auai 1458, itag. 31. aber 
obue aasreicbendea Beleg. Nach ihm St. Katono, Hislar. crit. regum Hon- 
gariae stirpia mixUe, tom. XIV. (Colotitte 179B), p. 190. 

*] So Bonfiaius, rerum HoDgaricanun decades IT cum 
P030nii 1744 ff dec. III. pag. 379. 



— Ro- 
ller Preis seiner ersten Aussöhnung mit König Mathias, tlann *»'" 
Ladislaiis und Nicolaus von Kanyscha, Johann von Zech und 
Paul von Älsolendwa, die mächtigen Grafen Johannes, Sigmund, 
Ladislaus und Georg von St. Georgen und Pösing, die edlen 
Oesterreicher Dlrich von Grafenegg und Andreas Baumlrireher, 
der wackere Feldhauptmann Johannes Witowec, an Kriegruhm 
beinalie Giskra vergleichbar und gleich jenem mährischer Erde 
entstammend, zahlreiche andere Edle mit minder glänzenden 
Namen. Stark durch ihre Einheit wandten sie sich nun — 
Anfang 1459 — mit dem offenen Erbieten an den Kaiser, ihn 
zum Könige von Ungarn zu wählen. ') Wohlgefällig hörte der 
Habsburger auf diese lockenden Stimmen. Es schien jetzt die 
Möglichkeit gekommen, wenigstens die eine der Königskronen, 
die dem Hause nach dem Tode des jugendlichen Ladislav ab- 
handen gekommen waren, zurückzugewinnen. Reichte auch 
Friedrichs und der Verschworenen Macht nicht hin, das un- 
garische Reich zu erobern, der Kaiser gedachte mit Hilfe des 
Papstes, der ihm seit Jahren so tief verpflichtet, unter dem 
Beistande des Böhraenkönigs, dessen Waffenmaeht er noch 
unlängst selbst erfahren hatte, den Hunyadi zu verdrängen. 
Darum sagte er zu und wandte er sieh an diese beiden Macht- 
haber mit der Bitte um Beistand. ') 

Die Kunde von den Umtrieben der verbündeten Barone 
risB König Mathias aus seiner iriedlichen Beschäftigung im 
Süden Ungarns und trieb ihn zu energischer Thätigkeit. Von 
Szegedin, wo wir ihn noch am 19. Januar urkundend finden, 
nach dem Norden eilend befahl er seinen Getreuen, sich zu 
Anfang Februar bei ihm in Ofen einzufinden,') Der junge König 
wollte sehen, wie weit Untreue und Abfall bereits um sich ge- 
griffen, er wollte sieh aber auch mit jenen, die sich treu um 
ihn scharen würden, zum nachdrücklichsten Widerstände jedem 
Gegner gegenüber vereinigen. 

') Deber deren (rubere Beziehungen zuKaiserFriednchvgl. manobeo 
Csp.n. die Namen derTheilnehmer nach der Güasinger Plrbebungaurkunde. 

'] Der Zeitpunkt lässt sicli nach den Zuaimer TerbandluageD mit 
KSnig Georg und nocJi siclierär naub den ersten an den Papat gelaogtcD 
Nachrichten — Ende Januar — bestimmen. Vergl. Pii n. Commentar. p. 41. 

') Teleki, nunyad. Eor. X, p. 608, 015. 



Der Ofner Reichstag bewies dem Könige, dass er bereits 
festen Fuss im Ungarlande gefasst habe. Mit den Kirchenfiirsten 
Ungarns, der treue Jobannes Vitez, dann der Erzbischof von 
Gran voran, fanden sich die alten Freunde des bunjadischen 
Hauses unter den Baronen, der niedereÄdet, die Gresandtschaften 
der Städte ein. Als der König in bewegten Worten aber ent- 
schlossen zu der Versammlung sprach und schliesslich die un- 
mittelbare Frage stellte, ob sie ihn auch heute noch zum 
Könige haben wollte, da bejahten sie in stürmischer Begeisterung. 
Kein Widerspruch wurde laut, als der König allen einzeln die 
Erneuerung des Treueides abverlangte, nachdem er selbst die 
Privilegien des Landes und die Erhaltung der alten Freiheit 
desselben beschworen hatte. ') Auf dem Tage von Ofen gewann 
Mathias Hunyadi die feste Grundlage seines Königthums, die 
ihn allen Stürmen trotzen liess. 

Auf die Beschlüsse des Königs und seiner Getreuen zu 

^"'Ofen antworteten die Misvergnügten drei Tage daraui, am 

'^7;^17. Februar 1459, mit der offenen Wahl Kaiser Friedrichs.*) 

'■ Wir wissen, dass König Georg sich wenig geneigt erwies, 

auf des Kaisers Wünsche einzugehen und sich seines bisher 

einzigen treuen Bundesgenossen unter den Nachbarfursten zu 

berauben. Kaum bessere Aufnahme fanden die kaiserlichen 

Werbungen bei Papst Pins II. 

Noch vor seiner Abreise von Rom hatte der Papst den 
rechtskundigen Römer Baptista Brendus in Begleitung eines 
seiner deutschen Kurialen, des Mathäus Fugel, an den Kaiser 
geschickt, um diesen nochmals dringend zum persönlichen Be- 
suche des Mantuaner Congresses aufzufordern. Schon in Spoleto 
traf Pius 11. auf seine rückkehrenden Boten. Sie brachten min 
zwar von dem in Graz weilenden Kaiser nicht die Zusage seines 
Erscheinens in Mantua, wohl aber ein eigenhändiges Schreiben, 
worin dessen Aussichten auf den ungarischen Thron dargel^ 



') Kaprinai, 11. p. 3*5 sq. Katona, XIV. p. 192 sq. 

■] Die Erbebangsurkimde bei Kaprioü, II. p. Zii) t!., nach ihm bei 
Katona XIV. p. 196 sq. Das Original mit (1i.n noch daraohangendeii 
Siegeln im k. k. Geh. HatisarchiTe in Wien. 



waren und der Papst um seine Unterstützung darin angegangen 
wurde. ') 

Das war Pius II. höchst unangenehm. Wohl mochte er 
eingedenk vergangener Zeit und der vielen Wohlthaten, die 
er von dem Kaiser erhalten, diesen nicht durch eine direkt 
ablehnende Antwort kränken. „Wenn die, so Seine Majestät 
wählten, die volle Treue verdienten und die Macht besässen, 
zugleich mit der Wahl auch das Königfhum selbst dem Kaiser 
zu verschaffen, so wldeiTathe er nicht zu nehmen, was angeboten 
werde", hiess es in der päpstlichen Antwort; „im Falle daraus 
ein Krieg entstehen könnte, rathe er ab ; durchsaus aber müsse 
sich der Kaiser hüten etwas zu thun, was dem Türkenkriege 
hinderlich sein könnte." ^) Konnte aber Ungarn je ohne Krieg 
erworben werden, war nicht ein Thronstreit das ärgste Hemmnis 
jeder eifolgreichen Vertbeidigung des Landes gegen die Un- 
gläubigen? Und die besondere Auszeichnung, der sich die zur 
Obedienzleistung nach Italien gekommene Gesandtschaft des 
Ungamkönigs in Siena zu erfreuen hatte, bewies deutlich die 
wahre Gesinnung des Papstes. Des Kaisers heller Verdruss 
wurde dadurch erregt. Pius II. feierte aber in seiner Antworts- 
rede an die ungarischen Gesandten in glänzender Rede die 
Thaten des Johannes Hunyadi, des grossen Türkensiegers, und 
pries nicht minder die Tüchtigkeit seines Sohnes Mathias. 
Seit siebenzig Jahren sei Ungarn das Bollwerk der Christenheit 
gegen die Türken ; um ihm Hilfe zu bringen, ziehe ja eben er 
(der Papst) selbst nach Mantua. ') Zugleich bewies sich 
Pius H. entschlossen , mit den Waffen der Kirche gegen alle 
Widersacher des Königs im eigenen Lande vorzugehen. ') 



') Pii II. Commeolarii p. il-iit. 
«) Ebendort. 

') Die Antwortrede des Papstes in Pii IL orntiones ed. Mansi 
tom. n. p. 213. Zur Darstellnag vergl. man vor allem G. Voigt, Esea 

surio nr. s. 38 f. 

*) Das Bre?e bei Kaprinai, IL pag. 854—255. Dario ermalmt der 
PapBt am %i. Feber den Legaten Carvt^al mit Kirclienetrafen gegen jeden 
Rnhestörer, welches Standen er immer sei, einziiBdireilea, Verg. Theiner, 



Auf die Nachriebt von dieser Ansprache des Papstes, 
die ja die Anerliennung des Hunyadi als selbstverständlich 
voraussetzte, zögerte die kaiserliclie Obedienz-Gesandtschaft 
von Florenz nach Siena weiter zu ziehen. Ihre Häupter 
waren Andreas FreiheiT von Weissbriach und Burchard von 
Weissbriach, Propst von Salzburg; Jobann Hinderbach und 
Härtung von Cappel, Männer aus des Kaiserg Kanzlei, waren 
ihnen beigegeben. ') Als die Gesandten dann doch nach Siena 
t;ekoninieo waren, theilte sich ihre Thätigkeit in eine öffent- 
liche, die feierliche Ansprache des Johannes Hinderbach und 
die Obedienzleistung im Namen des Kaisers im Dome zu Siena 
umfassend, und eine private. Deren Zweck war einmal, die 
Zugeständnisse, die der Kaiser einst vor Abscbluss des Wiener 
Concordates 1448 erlangt, von Pius H. bestätigen zulassen,') 
dann dringend des Papstes Unteretützung in der ungarischen 
Sache zu erhalten. 

Schon kam der nichts weniger als charakterfeste Papst 
auch da ins Schwanken. Die Sache des Türkenzuges verlangte 
von ihm, daes er den Kaiser von seiner störenden Bewerbung 
abhalte. Anderseits fiel es ihm doch schwer, seinem Gönner 
mit offener Weigerung entgegen zu sein. So sah sich Pius IL 
in denselben Tagen zu verderblicher Zweideutigkeit in seiner 
Haltung gegen den Kaiser und König Mathias gedrängt, als 
or unentschlossen darüber sich berieth, ob er dem Böhmen- 
könige Glauben schenken oder zu Gunsten der Schlesier ein- 
greifen solle. Auch die weitere Handlungsweise des Papstes 
ist da wie dort die gleiche. Wie er im Herzen für die Sache 
des Königs Mathias ist, die auch Cardinal Cai'vajal ganz ent- 
schieden fördert, so vertraut er den Worten König Georgs; so 
wie er die Breslauer Gesandten nicht ungetröstet ziehen lässt 



Monuinenta histor. Hungariam sac. illaBtrautia, (Rom, Paris unJ Wien 1859 
u. 1860), tora. II. N. 488, pag. 318. Die Nachricht Katona's (XIV. SM], 
i]asB sich König Mathias an den Fa]jst gleichfalls um Hilfe gewendet, ist 
völlig gl an blich. 

') Gohelinus, l'ii II. comment. IL S. 17, 

=) Chmel, Regesten H. N. 3703, 3704, S. 37. G. Voigt, Ebu 
SÜTio m. 8, 39, 



- 93 — 

80 weiss er auch eine Form, die nicht verletzen kann, für seine 
Antwort an den Kaiser zu finden. ') 

Während nun aber der Papst überlegte, nahmen die 
Dinge in Ungarn ihren raschen Fortgang. Der Kaiser hatte 
bereits die ungai'ische Krone angenommen ; seit dem 4. März 
schrieb er sich König. Ein neues dringendes Schreiben, das 
Papst Pius am 2. April au Friedrich richtete, in dem er ihm 
die Bedeutung des Königreichs für den Schutz der europäischen 
Christenheit vorstellte und ihn verantwortlich machte für alle 
die unheilvollen Folgen, die ein weiteres ümsichgi'eifen des 
von ihm genährten Aufetandes haben könne, änderte an dem 
Stande der Dinge nichts mehr, ^) 

Schon standen sich die Gegner im offenen Felde gegeu- 
iiber. Der erste Zusammenstoss entschied sich zu Gunsten der 
kaiserlichen Partei; am 7. April erlitt das ungestüm vor- 
dringende ungarische Heer, das im Namen des Königs Simon 
Nagy führte, bei Körmend eine schwere Niederlage. ') 

Dieser erste Kampf hatte aber bei weitem nicht die 
Folgen, die man erwarten durfte. Den König Mathias und 
seine Partei weckte das Misgeschick zu höchster Energie. 
Durch eigene Schreiben an die Städte sucht Mathias den üblen 
Eindruck der Niederlage zu verwischen, *) mit höchster An- 
spannung aller Kräfte neue Truppen ins Feld zu führen, durch 
lockende Anerbietungen einzelne der so wankelmüthigen Barone 
aus der Reihe seiner Gegner zu sich herüberzuziehen. 

Dagegen sehen wir den Kaiser und seine Partei nach 



') Ein Beweis für das Sdiwanken des Papstes sind die Breven vom 
13. April, in dem er sich bei dem Kaiser entsduildigt, und vom 14. April, 
worin Cttrvtijal beauftragt wird, die kircliliclten Censuren nicht auch etwa 
g^en den Kaiser in Anwendung zu bringeu. Theiner, 11. N. 498 a. 499, 
S. 325. Kaprinai, H. p. 290-292, 293-294. 

') Bei Kaprinai, II. S. 288 ; Tlieiaer, U. No. 49Ö, S. 334. 

') AQBfOlirliühe Nachrichten bringt darüber Katona, Tom. XIV,, 
der freilich zumeist Bonfinius dec. lU. p. 544 und Dlugoä, Histor. Polon. 
Uh. Xm. ool. 224 ausschreibt. Deren Angaben über die ScUaebt selbst 
öod jedoch sicherlich ebenso wenig getreu, als die Erzählung des nach 
der Schlacht Oesciiehenen. 

*)■ Katona, XIV. I. c. 



dem Siege in völliger Unthätigkeit und bemühen uns vergeblich 
die unmittelbare Urdache davon aufzufinden. Die allgemein 
verbreitete Erzählung, es hätten die Sieger, um das Blut 
ihrer Landsleute zu schonen, die Verfolgung des geschlagenen 
königlichen Heeres gehemmt und dieses so ohne zu schwere 
Verluste entkommen lassen, gebt wohl sicherlich viel mehr 
auf Rechnung patriotischer ['hantasie als historischer Treue. ') 
Eher möglich ist, dass die Sieger die Betite theilen wollten, die 
sie noch nicht besassen und der Kaiser sich, wie erzählt wird, 
dabei nach seiner Art zu karg benahm. -) Doch liefert die 
Belohnung der Herren von St, Georgen durch ihi'e Erhebung 
in den Grafenstand auch da theilweiso den Gegenbeweis, *) 
Da Sigmund von St. Georgen und PÖsing noch am 3. Juli im 
Interesse des Kaisers thätig erscheint, ') so können die übrigens 
durch ein völlig vereinzeltes Dokument v. 1. Oktober 14ö!) 
verbürgten Mishelligkeiten zwischen Kaiser Friedrich einerseits, 
seinem Bruder Erzherzog Albrecht und dessen Bündnem 
— worunter auch Johannes von PÖsing — anderseits nicht 
in die Frühjahi'smonate gesetzt werden. ') Es bleibt als weiterer 
GrundnochdieUubeständigkeitundWankelmuth der ungarischen 
Barone übrig, die bald, da der Krieg sich durchaus nicht so 
rasch und leicht beenden liess, sich lässig zeigten oder geradezu 
ihren Frieden mit dem Könige machten. Und in der That 
ist es dem Könige gelungen eine Anzahl der Parteigänger 
des Gegners auf seine Seite zu ziehen. ') 



') Diese Nachricht ßonfiu'a dec, HI. pag. 544 ist in die anderen 
DarBtellimgeo der Schlacht übergegangen. 

1 Card. Papiens. CommeBt, p. 328. 

') Am 19. Jimi wird die Erbebimg vollzogen; die Urkunde bei 
Kaprinai, II. pag. 335 sq. Katona, XTV. pag. 234 sq. 

') Urkund], Beitr. N. 167, S. 185. 

') ßirk, Urkunden- Auszüge, Footes rer. Anstriac. XI. S, 153 — 15t. 
Der Kaiser apricht ausdrücklich von einem Kriege, der zwischen ihm ond 
seinem Bruder, üb dessen Helfer gerade Johann Ton PBsing und Heinrich 
Lichtenstein, Ulrich von Grafeneck, BertLold Ellerbnch, Andreas Baom- 
kircher n. A. eracheinen, stattgehabt habe. 

') Nachweisen laaat sich dieses oiir von der Familie Gara und deren 
Anhang, die der König nach den Tode des Familien hauptes nnd ehemaligen 



— 95 — 

Die Milde, die Mathias der Wittwe und dem hinter- 
lassenen Kinderpaare seines in jenen Tagen verstorbenen 
Hauptgegners Ladislaus von Gara erwies, gewann ihm manche 
Herzen. Auch wirkliche Eeue über das Geschehene, die blutige 
Zerreissung des Vaterlandes in zwei Heerlager mag manchen 
der Gegner zum Könige zurückgeführt haben. So besserte sich 
dessen Lage von Tag zu Tag. 

Bedeutungsvoller als all dies war die Haltung des apo- 
stolischen Legaten in Ungarn, des welterfahrenen, in seiner 
TJeberzeugung nie wankenden Cardinal von St. Angelo Johann 
Carvajal. Fest und treu trotz der Mahnungen des Papstes, 
sich über den Parteien zu halten, ') stand er zu dem jungen 
Könige ; mit ihm forderten mit alleiniger Ausnahme des Bischofs 
Mathäus von Siebenbürgen alle Kirchenfürsten Ungarns die 



f alatiü's am 19. April zu Gnaden aufnimmt, (verrf. Teleki, Plunyad. Kor. 
X. pag. 616 sq.), dann von Ladislaus und Nicolaus von Kanjscha. Er 
liatte im Zorne über des Künigs eigenmäcbtiges Verfahren am Set. Än- 
dreafltage 1459 TemescliTiu- verlaseen und sich den Aufstandigen acge- 
schlössen, obwohl er vordem stets treu zu den HuDfadiB gestanden. Nun suchte 
und erlangte er am 31. April die Versöhnung mit dem Kduige. Vergl. 
Kaprinai, II. pag. 291. Was dagegen von den Grafen von Set. Georgen und 
Ujlaki erzählt wird, ist entathieden unrichtig. Für erstere beweist ihre 
Erhebung, dass sie tren zum Kaiser standen; man vergl. auch Urkund-. 
liehe Beiträge N. 187, S. 184; erst im Jahre 1462 konnte der nach Ungarn 
gesandte Erzbischof von Kreta Hieronymus Landus frohlockend melden, 
daaa ihm die Auagleicbuug des Künigs mit den Grafen von St. Georgen 
gehmgen aei. Man s. Teleki, Hun. K. X, pag. 621—625 ; Katona, XXV. 
pag. &15 aq. Auch die Aussöhnung mit Ujlaki erfolgt nachweislich erst 
im Mai 1461 wohl im Zusammenhange mit der Erneuerung des Bundes 
awiachen Mathias und Georg von Podiebrad. Am 18. Mai 1161 erscheint 
er eum ersteumale wieder an der Seite des Königs auf einer Urkunde. 
8. Teleki, Hun. K. XI. S. 10 sq. Damit erscheint auch die Angabe 
PalackJ's, IV. 2. St. 69 unrichtig. Dass endlich der Bund der Barone 
Oberhaupt fortbestand, ergibt sich aus einem Briefe Papst Tius*!!. an 
Carv^al v. 1, Januar 1460, Theiner U. N. 528, pag. 548—549. 

'J Bezeichnend fQr die ängstliche Sorge des Papstes, dem Kaiser 
noch weitere Ursache zur Klage zu geben, sind die Worte in seinem 
Briefe an Carvajal vom 2. Juni 1459: „Danda tibi et nohis est opers, ne 
in facto dicto ullo videamur affectu, oon ratione in hanc magis, quam illam 
partem esse inclinati. 



— 96 - 

Sache des Hunyadi. ') Was half es da dem Kaiser, wenn der 
besorgte Papst sicli schliesslich doch mehr und mehr für seine 
Ansprüche auf Ungarn zu bemühen schien- Des Papstes Ziel 
blieb doch nur unverrückt, den Krieg zwischen den beiden 
Gegnern zu vermeiden und so seinen Plan, den grossen ge- 
meinsamen Türkenkrieg möglich zu machen. Wie konnte aber 
der Kaiser ohne weitem Krieg in den Besitz Ungarns kommen, 
wenn er jetzt nach seinem Siege nicht vorwärts kam? Aber 
die Unmöglichkeit, den Kampf für den Augenblick mit Nachdruck 
fortzusetzen, Hessen den Kaiser die vermittelnde Thätigkeit 
des Legaten nicht zurückweisen. Im Auftrage des Papstes 
begab sich Cardinal Carvajal persönlich nach Wiener Neustadt, 
um einen Waifeustillstand wenigstens füi- den Sommer 1459 
zu Stande zu bringen, 'j Er vermochte in der That bereits um 
die Mitte des Monats Mai ') den Papst mit der Nachricht zu 
erfreuen, dass seine Bemühungen von Erfolg gewesen, und 
zugleich die Abschrift des Waffenstillstandsvertrages nach 
Italien zu übersenden. Den Streit zwischen dem Kaiser und 
König Mathias um die ungarische Krone zu Ende zu bringen, 
brachte dann aber Carvajal niemand Anderen in Vorschlag, 
als König Georg von Böhmen. *) 

Auch von anderer Seite blickte man neuerdings auf den 
König. Es vereinigte jetzt ein günstiges Geschick die Fäden 
der Politik im Osten des Reiches und in Ungarn eben so in 
Georgs von Podiebrad Hand, wie er bereits seit dem Tage 
von Eger in dem Streite der Parteien im Süden und der Mitte 
Deutschlands eine entscheidende Stellung einnahm. 



') Man vergl. den Brief über die Wahl Kaiser Friedrichs. 

*) Brief des Papstes nn Cardinali Carvajal tom U. April 1459. 

') Der Brief des Cardinala an Piua H. ist nicht vorhanden. Da 
aber der Papst in aeinem Antwortscb reihen vom 2. Joni (Theiner, n. 
Nro. 502, S. 327 und Kaprinai Q. 24, pag. 308—9) darauf aurückkommt, 
Bo lässt sich der Inhalt wie die Zeit der Ahsendung erkennea. 

') In aeinem Briefe an CarTigal voiti 11. Juni sagt Pins II. ^n 
facto Bohemoram gratissimum nobis erit, nt ai diligentiiis tacias, quid 
facturum te scribis, et ad cetera benefacta tna hoc quoqae opiia j "" 
"" — inai, n. pag. 317-320; Theiner, II. Nro. 503, pag. 339. 



- 97 - 

Des Königs vorerstige Weigerung im Januar, io einen 
Bund gegen den König von Ungarn einzutreten, inusste natürlich 
auf den Kaiser verstimmend wirken. Dazu kam, dass die 
Irenzfehden zwischen den mährischen und österreichischen 
ieiren fortdauerten, freilich ohne dass die beiden Herrscher 
larauf unmittelbar Einfluas genommeD hätten, So war es kein 
jVunder, dass, als man endlich am 20. April in Znaim den 

Weden für Mähren, Böhmen und Oesterreich auf ein Jahr 
imeuerte , die beiderseitigen Abgeordneten keineswegs be- 
londers freundlich auf einander blickten und ihr verhaltener 
jroll aus ihren Reden deutlich hervorschaute. ') Aber die 
Erkenntnis, dass er von dem Papste keine ausgiebige Hülfe 

i erwarten habe, die Zähigkeit, mit der seine österreichischen 
Jnterthanen sich jeder I^eistung widersetzten oder doch an 
lerselben mäkelten, *) bestimmten den Kaiser, zum zweiten- 
nale an den König heranzutreten. Es geschah dies bereits 

1 den ersten Tagen des Mai, während Cardinal Carvajal, der 
iber von solchem Verkehre keine Ahnung hatte, beim Kaiser 
n Wiener Neustadt weilte. ') 

„Er ersuche den König, so lautete das Anbringen Kaiser 
Priedrichs, sich zu ihm persönlich nach Laa oder Eggenburg 

i verfügen, um dort über die ungarischen Angelegenheiten 

I beraten. Der Kaiser werde ihn mit den eines böhmischen 
Königs vrärdigen Ehren empfangen." Der Kaiser that auch als- 
«Id den Zweck der Zusammenkunft und seine weiteren Wünsche 
[und: Der König solle mit seiner ganzen Macht für des Kaisers 
Erhebung auf den ungarischen Thron eintreten. Dass Mathias 
I Gemal seiner Tochter bestimmt sei, möge Georg nicht 

mdern: der Kaiser werde die Prinzessin selbst höher und 



') EroBt Birk, Urkunden Auszöge zur GescMchte Kaiser Friedrich 
des III, in den Jahren 1*52—1467 im Ärchire für Kunde österr. Geachichta- 
InelleD XI. BacJ, S. IM- 153. 

•) Man vergl, die Haltung der Wiener nach dem Copeyhuch der 
lainen Stat Wienn in Fontes rerum Anatriac. Bd. Vn., 8. 172 ff. 
•) Zu Garv^als Aufenthalte in Wiener-Neustadt siehe man die 
iefe Pins Tl. an den Cardinal vom U. April und 11. Juni U59 
a. 0. 



— 98 -- 

würdiger vermählen und ausstatten." So weit reicht die uns 
vorliegende Naehricht. ') 

Zum zweitenmale trat der Versucher an König Georg 
heran. Warum wies er ihn nicht ein zweitesmal zurück? 
Bedurfte der König so sehr der Freundschaft des Kaisers 
nach seiner nunmehiigen Stellung zu den Füi-stenhäusem des 
Reiches, dass er so rasch seinen ältesten Bundesgenossen und 
zugleich künftigen Schwiegersohn der neuen Verbindung opferte ? 
Und wenn er nun mit dem Kaiser gegen den Ungamkönig 
zu Felde zog, wie entsprach dies des Papstes Wünschen den 
Frieden zwischen den christlichen Fürsten und den gemeinsamen 
Krieg gegen die Türken belangend? Und dennoch zeigte 
sich der König willig. Die Erklärung für seine Politik liegt 
in dem, was unser obige Bericht nicht sagt, was der Schreiber 
desselben, Herr Johann von Rosenberg wol auch nicht wusste, 
den Gegenversprechungen des Kaisers, Sie sind sicherlich 
unbestimmt gewesen. Aber in König Georgs Seele ward der 
Plan Martin Mair's lebendig: Jetzt war die Gelegenheit ge- 
kommen, sich den Kaiser tief zu verpflichten, jetzt wol fand 
sich, da auch seine anderen Verhältnisse sich so günstig 
gewendet, die Gelegenheit mit des Kaisers Gunst und Willen, 
den hohen Preis, die römische Königskrone, zu erlangen. Es 
wurde die untreue an Mathias von Ungarn der erste schiefe 
Schritt auf der bisher so glänzenden Bahn Georgs von Podiebrod 
während seines Königthums. 

Die günstige Gelegenheit für beide Herrscher, in weitere 
Verbandlungen mit einander zu treten, ohne dass der kluge 
Carvajal daraus Verdacht schöpfe, ergab sich ganz leicht. *) 



') Diese wichtige Nftcbricht eotliält ein Brief Jobann's von BoBeD' 
berg an aeinen Bruder, den Biscliof JoBt tod Breslau de dato Id^ Mai 
1469. Daa bÖhniiBc^e Original fand Dr. Palacky im Wittinganer Ardiire; 
ein BrucbBtück des Schreibeos theilt er mit in den D^jin^ aar. Ceskäio 
IV. 2. Str. 85. 

'^ Wag Palacky, Dfjiny ^cslielio uäroda IV. 2. atr. 87 Ton eioani 
Aufenthalte Carvajal'a um diese Zeit in Böhmen sagt, ist entschieden 
nichtig. Die einzige Stelle, diePalackj mit Recht anführt, wird nnbrauchhai, 
wenn man siatt: Ad litteras tu as, quae coliia ei Bohemia etc. mifliati, 



Noch aus der Zeit der Grenzfehde her befand sich Apel Vitz- 
Ümm, der einst aus seiner sächsischen Heimat mit seinen 
^Brüdern vor dem Zorne der Herzoge hatte entweichen müssen, 
in der Gefangenschaft des Österreichischen Herrn Georg von 
^k&rtsau. König Georg hatte die Vitzthum in seinen Schutz 
genommen und noch zuletzt auf dem Egerer Tage deren An- 
sprüche an Sachsen zur Sprache gebracht. Was Wunder also, 
wenn er sich wie einst Ulrich Eizinger's so nun auch des 
Tizthum aonahm und durch eine Gesandtschaft dessen Aus- 
lösimg unter des Kaisers Vennittlung anstrebte. Und auch 
der Kaiser wusste den Schein recht wohl zu wahren. In seinem 
■Befehle vom 18. Mai an Heinrich Streun, Hauptmann zu Waid- 
hofen an der Thaya und an Albrecht Neidegker von Meyres, 
sich nach Zlebiugs zu verffigen und von dort die „senndpoten 
'des Jörgen der sich nennet kiinig zu Beheim" an den kaiser- 
lichen Hof zu geleiten, ') deutet durchaus nichts auf intimere 
'Beziehungen zu dem Könige. Auffällig freilich konnte es auch 
Unbefangenen sein , dass König Georg die ersten Männer 
■seines Reiches, den Oberstburggrafen von Prag, Zdenök von 
■Stemberg, Herrn Zajic von Hasenburg, Herrn Wilhelm von 
iBisenburg und Ilabi, den Kanzler Prokop von Ilabenstein mit 
^entsprechendem Gefolge abgeordnet hatte, Apel Vit^hum frei 
?u bringen. Wir haben weder über die Verhandlungen den 
iGefangenen betreffend noch die geheimen Berathuugen über 
die ungarische Angelegenheit weitere ausführliche Nach- 
richten. Aber der Erfolg zeigt, dass man nach beiden Seiten 
vorwärts kam. Schon am 3. Juni erklärt Georg von Eckartsau 
iSen Frieden mit Böhmen, den Vitzthum, den Eizingem und 
seinen andern Widersachern nach des Kaisers Vermittlung 
ftoaehmen und den Gefangenen fieilassen zu wollen. Bis zum 
Bt Michaelstage soll Vitzthum sich mit Eckartsau völlig aus- 
g^leichen, oder den 3. Sonntag darauf neuerdings zu dessen 



wie PaJacky irrig las, das richtige „ex Vienna" seUt. Dies gibt auch 
Kaprinai, n. pag. 335 und Theiaer, H. Nro. 504, pag. 339. 

') Chmel, Regesten zur Geschichte Friedrich ni. II, Bd., Nro. 3705, 



- 100 - 

Händen in Haft erscheinen.') Ungleich bedeutsamer erscheint 
die Zusage, die Kaiser Friedrich gelegentlich der Verhandlungen 
übre Ungarn doch wohl aufVerlangen derböhmischen 
Bäthe machte: „Wenn der König ihm in seinen Sachen und 
Nothdürften beistandig sein und ihm den Rucken halten wolle, 
insbesondere in Ungarn, so werde er davon Ehre und Nutzen 
haben und verpflichte sich der Kaiser mit seinem Worte, alle' 
seine Sachen im Reiche, in Ungarn und iu seine 
übrigen Landen mit de sKönigsRathe zu handeln."*) 
— Das war imgefähr, worauf der König hinaus wollte und diesem 
Entgegenkommen des Kaisers gegenüber ist er nun voll Eifer 
und Bereitwilligkeit. Eigenhändig schreibt er am 15. Juni 
an den Kaiser an dessen Ve.rsprecben anknüpfend: „Da 
ersehen, dass Seine Majestät auf uns hofft und vertraut, so 
vertrauen wir Sr. Majestät auch, und haben uns verwilligt und 
willigen ein, und versprechen mit unserem königlichen Worte, 
Sr. Majestät getreu und mit allem Fleisse beizustehen und in 
ihren Sachen zu handeln und zu wirken, sei es im Reiche, 
sei es anderswo, als seien es unsere eigenen; insbesondere 
aber wollen wir Sr. Majestät behilflich sein und verhandeln 
im Königreiche Ungarn, dass Sr. Majestät darin zur Krönung 
und zur Herrschaft gelange, ob nun durch friedlichen Vertrag, 
ob durch Gewalt, und wollen Sr. Majestät weder darin noch 
sonst in andern Dingen verfassen, sondern treu und ohne alle 
Gefährde zu ihr halten. Zeugnis dafür dieser unser Brief von 
unserer eigenen Hand geschrieben und mit unserer Petschaft 
versiegelt." ') 

Inzwischen hatte sich Cardinal Carvajal vergebens be- 
müht, die Ansetzung eines Tages, an dem zwischen Kön%l 
und dem Kaiser verhandelt werden sollte , zu er-- 



'} Job. Chniel, Materialien zur öeterre ichischen Geschieht«, 2 Bie. 
Wien 1838, II. Bd., S. 173; man vergl. Regesten, II. Kro. 3708, S. 371, 

-) Nach des Königs ÄntwortBch reiben vom 15. Juni. 

■) Dag Schreiben König Georgs in böhmischer Sprache, wie alles 
von des Königs eigener Hand, nach dem im Wiener k. k. Oeheinea 
Hauaarchive befindlichen Originale nicht ohne Feiiler bei Chmol, Mate- 
rialien, 11, S. 175. 



- 101 — 

reichen. ') Ef erhielt darum, was völlig seiner eigenen Neigung 
entsprach, von dem bekümmerten Papste den Befehl, nach 
Ungarn zurückzukehren.*) Pius II. selbst blieb nichts übrig, 
als Mathias von Ungarn in einem leeren Schreiben zu trösten. 
Dann sah aber der Legat in letzter Stunde seinen Wunsch 
doch noch erfüllt: Es wurde eine Zusammenkunft öster- 
reichischer und ungarischer Räthe festgestellt ; böhmische 
Gesandte sollten bei den Verhandlungen zugegen sein und 
vermitteln.') 

Woher diese plötzliche Friedfertigkeit des Kaisers kam, 
ist leicht einzusehen. Der Böhmenkönig selbst wünschte ja 
vorerst die Vermittlung zu übernehmen, um wo möghch 
auf friedlichem Wege sein Versprechen zu erfüllen. Vor 
allem aber fand sich so Gelegenheit, weiter zu verhandeln, 
ohne den Argwohn Carvajals oder des Papstes zu erregen. 
Der Tag wurde, wie es scheint, auf den 14. Juli angesetzt. 
Die Verschreibung des Kaisers, von diesem Tage datirt, lag 
auch wirklich schon bereit. Aber sei es, dass ihr Wortlaut 
den König nicht befriedigte — es fand sich darin nichts be- 
sonderes vom Reiche gesagt, sondern der Kaiser gelobt blos 
iei seinem kaiserlichen Worte, seine Sachen, es sei im Reiche, 
Bu Ungarn oder in seinen andern Landen nach des Königs 
'Rath zu halten, so dass ihm für den geleisteten Beistand Ehre 
»und Nutzen zu Theil werde') — , sei es, dass die Sache zu 
wichtig erschien, um allein durch Gesandtschaften abgethan 
zu werden : die Fürsten beschlossen den Tag zu verlegen und 
■persönlich in Brunn zusammenzutreffen. Da der König bereits 
seit Anfang Juli in Brunn weilte, so war eine Verständigung 



') Ei^bt sich auB des Pap§tes bereits geoaDotem Briefe an den 
Cardinal toh Set. Angele vom 11. Jam 1459. 
') Ebendort. 

■) Brief des Papstes an Carvajal vom 30. Juli 1459, hei Kapriaai, 
lg. 339—340. Tbeiner II. Nro. 506, pa«. 380. 
*) Bei Chmel, Materialien n. S. 176—177; Eegeaten, n. S. 373. 
die für den Tag vorbereiteten Briefe dann, ala der Tag nicht statt- 
6nd, aucb nicht gegeben wurden, ist se!bslverB(Sndlich. 



^ 



- loa - 

mit dem Kaiser leicbt.') Meldete auch Carvajal nacli Mantua, 
es sei der Tag in der ungarischen Angelegenheit „bis zur An^ 
Ininft einiger" verschoben worden,') offiziell trat der König 
erst jetzt als Vermittler in der ungarischen Sache auf. 

per Cardinalj der dem Konig seit langem vertraute, und 
erst selbst auf ihn hingewiesen, schöpfte auch jetzt keinen Ver- 
dacht. Aber in Pius E. erregte die Nachricht von den engen Be- 
ziehungen zwischen dem Kaiser und König Georg doch einige 
Sorge. Wie der Papst davon Kenntnis erhalten, ist unbekannt. 
Die Mittheilung war wohl ziemUch ungenau. Aber er befahl 
dem Bischöfe von Lucca doch, mit Aufträgen an den König 
und Kaiser und einem Beglaubiguugsbriefe für den Tag ver- 
sehen, in höchster Eile nach dem Norden aufzubrechen, und 
trug dann dem Cardinallegaten auf,^) der Zusammenkunft seine 
Sorgfalt angedeihen zu lassen.*) Doch war neben dem Bischof 
von Lucca nur der päpstliche Notarius Stephan de Nardinis 
filr den Tag selbst') eigentlich beglaubigt. 

Mit grosser Klugheit wussten der Kaiser und König Georg 
auch weiter ihre eigentlichen Absichten vor dem Legaten und 
den päpstlichen Gesandten, wie vor König Mathias zu ver- 
bergen. Da der oben erwähnte Juiitag erst im letzten Augen- 
blicke abgesagt wurde, so waren die Gesandten des Ungarn- 
königs Johannes Vitöz, der gelehrte Bischof von Grosswardein, 
und der Edle Oswald von Rozgoni bereits am kaiserlichen 



') Der Geleit'sbrief dea EQnigB für Kaiser Friedrich (Chmel, Mat. U. 
S. 177) ist datirt Bruune die decima octava, Jiilü 1439. Diidarch 
dass F, Kurz in seiner Gesch. Friedrich 17. I., S. 233. Anm. statt 
18. Juli 1459 schrieb: 16. Juli 1458, liess sich Chmel zu dem kaum be- 
greiflichen Irrthum Terieiten, auch einen Geleitsbrief des Käniga för des 
Kaiser toni 18. Juli U58 in seine Regestea, n. Nro. 3615, 8. 360 aufisii- 
nehcacn. Jene Nummer ist dttrum za tilgen, 

') Siehe oben Brief Pius II. an Carvujal Tom 30. Juli 1459, 

") Diese Nachricht des Cardin. Pap. Gomment. pag. 431 ist jedes- 
falls richtig bis auf den Inhalt der Auftrüge, die Pius II. an den Eüser 
för den König mitgegeben haben soll. Vergl. Voigt, Euea Silvio III. 
S. 444, Anm. 4. 

■*) firief des Papstes an Carviyal vom 30. Juli. , 

'; Ebendort, 



— lOS — 

Hofe eingetroffen. Von hier begaben sie sich, die Frist be- 
nutzend, zum BÖbmenkönige nach Brunn, der ja seine Ver- 
mittlung in ihrer Angelegenheit angeboten hatte und bewogen 
nun auch ihren König, sich diese gefallen zu lassen. In der 
That beglaubigt König Mathias die beiden Genannten auch 
für den Brünner Tag am 29. Juli ; noch vertraut auch er 
König Georg. Er nennt ihn seinen „theuersten Vater" und 
empfielt ihm dringend seine und seines Königreiches Ehre 
und Wohlfahrt.') 

Und doch war es ein unehrliches Spiel, das sich da 
König Georg mit dem Ungamkönige, seinem alten Verbündeten, 
erlaubte. '■') 

Am 27. Juli zog Kaiser Friedrich mit glänzendem Ge- 
folge von Wien gegen Mähren. *) Dass er so that, war Allen 
unbegreiflich. Seit langen Jahren war der Kaiser nicht ins 
Reich gezogen. Nach Mantua zu gehen hatte er abgelehnt, 
so viel auch Papst Pius bat und zürnte. Trotz aller Bitten 
und Drohungen kam er nicht weiter als von Graz nach 
Wiener-Neustadt und Wien, von Wien nach Graz. Und nun. 



') Die Vollumcht an den Gesandten in einem Briefe dee KOnig 
Muthias an König Georg, ürkiindl. Beitr. Nro. 191, B. 189. Der Eänig 
ngti RogamuB ergo S. V. diligenter, qualenus placeat eidem in tracta- 
btniB hiyascemodi mediare, eisdcm operam dare, et ea facere, quae nostro 
honori et statui ac comodo regni nostri condncere videbuntur eidem. 

*) Wenn Palackj, D6jinj Ceakeho näroda IV. 2. atr. 89 »on den 
ungarischen Gesaniilcn sagt; I pobjväe oni na dvore kriiloTö aä do 
12 srpna, neb siiad i d^le, mDhü pozorotati vsecko, co tarn mezi dsarein 
t. krilem. se dälo, (d. i. sie hätten wahrend ihres Terneilens bis zum 
12. Augnst am Hofe des Künigs alles, was da vorgieng, mitanaehen 
könoeo), so kann er dies unmSglicb selbst geglaubt haben. Die Ungarn 
sollten Ton den Verträgen iwigchen dem Kaiser und , dem Könige, in 
denen letzterer verbeisst, ohne Rücksicht auf Matthias dem Kaiser Ungarn 
durch Vertrag oder Gewalt zu yerschaffen, gewusat haben? Und sie wflren 
trotKdem in Brunn wartend geblieben und hätten dann Podiebrads nichts- 
sagenden Schiedsspnicb nicht blos dankend in Empfang genommen, sondern 
auch durch ihren König beatäligea lassen, wie Matthias wirklich gethan ? Die 
Brünner Verträge tragen alle Zeichen geheimer Verträge an sich und 
die Ungarn waren die letzten, welche ihren Ichalt erfahren durften. 

') Ez, Kurz, Oesierreieh unter Friedrich IV. l. 8. Wi. 



- 104 - 

so murrten die Oesterreicher, statt die Rechte seines Hauses 
auf die böhmischen Lande geltend zu "machen, oder doch 
Mähren einzubringen, das einst Herzog Albrecht mit gutem 
österreichischen Gelde von seinem Schwiegervater Kaiser 
Sigmund erkauft, zog er dem Böbmenkönige nach in sein 
Land, ihm die Lehen zu bringen I 'I So fiel es selbst den 
Zeitgenossen auf, dass es sich um mehr handeln müsse, als 
eine Vermittlung König Georgs zwischen dem Kaiser und 
Mathias von Ungarn. 

Den Kaiser zu ehren hatte König Geor^ die Blüthe des 
böhmischen und mährischen Adels um sich in Brunn versammelt. 
Als Friedrich III. sich am 30. Juli den Thoren der mährischen 
Hauptstadt näheite, der König ihn mit festlichem Pompe in 
die Stadt einholte, da sah man die glänzenden Häupter der 
altböhmischen Adelsgeschlechter, die Rosenberge und Hasen- 
burg, die Stemberg, Michelsperg, Risenberg, Schwamberg, 
Waldstein, Kolowrat und Wartenberg u. s. w. in seinem Gefolge 
anwesend. Gleich feierlich und ehrfurchtsvoll begrüsste die 
deutsche Bürgerschaft Brunns das Haupt des heiligen römischen 
Reiches; wetteifernd bot sie mit König Georg alles auf, durch 
Ritterspiele und sonstige Festlichkeiten aller Art dem hohen 
Gaste die Tage des Weilens in ihren Mauern zu verschönen. ■) 

Schon am Tage nach des Kaisers Ankunft erfolgte auf 
dem Marktplatze zu Brunn unter grossem Gepränge die feierliche 
Belehnung des Königs mit Böhmen und allen seinen Neben- 
landen. Ebenso bestätigte der Kaiser alle Rechte und Privi- 
legien, die das Königreich vom Reiche besass. Noch am selben 
Tage gab Georg den Prägern von dem wichtigen Ereignisse 
Nachricht in einem Schreiben, das den freudigen Stolz des 
Belehnten Aber die ihm gewordenen hohen Ehren deutlich 



') Der Unwille TbomaB Ebendorffer's läsat sich auch ans dem knrzea 
Berichte über den BrQimer Tag in seinem Berichte Ober den Zng bei 
Pez IL col. 895, dentlich erkennen. Man vergleiche die Angaben bei 
F. Kaiz, Gesch. Oesterreichs imter Friedrich IV. I. S. 234 — S35 nach 
der Historia renim AoBtria«. pag. 40 bei A. Rauch, Rer. Aunt. Script 3 Vol- 
') So Thom. PeSina im Mars Moravicoa pag. 7ül. 



- lOö — 

erkennen lässt. ') Und auch er sehwur dem Kaiser den feierlichen 
Eid treuer Ergebenheit und gelobte bei ihm auszuharren mit 
Bath und That, wie es sich für den ersten Kurfürsten des 
Reiches gezieme. ') Dazu versprach der König in so bündiger 
Weise den Schutz der Kirche in seinen Landen und die 
Unterdrückung alles Sektenwesens, dass er dadurch bei den 
eifersüchtig wachsamen Utraquisten nothwendig neue Besorg- 
nißse hervorrief. ') 

Es folgte aus der Lage der Dinge, dass nun der König 
den Streit um Ungarn vornahm, um dann nach Anhörung der 
Parteien seinen Spruch zu fällen. Davon, sowie von der An- 
theilnahme der päpstlichen Gesandten hat sich uns keine Kunde 
erhalten. Viel hesser unterrichtet sind wir über die geheimen 
Verhandlungen zwischen dem Kaiser und dem Könige, Ungaiii 
betrefiend, die ja auch den eigentlichen Zweck der Zusammen- 
kunft bildeten. Da man schon vordem in der Hauptsache 
so gut wie einig war, so kam man rasch vorwärts. Schon 
Sin 2. August wurde der Bundesbrief unterzeichnet *), in dem : 



*) Palackj, D^ioj närodu ceskeho IV. 2. atr. 90. Die BelehnuugB- 
DTknnde findet aich im Maouacriptc XIX der Bibliotbek des Prager Dom- 
capitels unter Fol 190^- 

*) Den Eid, deotscli und offenbar imToUstÄtidig fand ich im Cod. 
Mob. 16225, Fol. 7 unter der Aufschrift: „Das Jurameutam des ketzeras 
Joraicken zu pehaio, So er kayaer fiidrichen als er za pninn zu konig 
gekrönt gesworen halt, stet hernach geschriben. Sonst findet sich noch 
bei M. Jordan, Das Königthum Georgs von Podiebrad, Leipzig 1861, Bei- 
lage Nro. I. J. S. 390 ein Hinweis darauf, femer io der Bede des Biachola 
ron Torcelli »or den böhmischen Geaandten io Wiener Neusladt, ürkundl. 
Beitrage, Nro. 315, S. 335—328. 

') Max Jordan, Das Königthum Georg's Ton Podiebrad I. c. Der 
BiBcbof Ton Torcelli sagt: Nam cum in dieta Brunenai policitus fueriti 
se velle aperire mentem et intentionem suam imperiali majestati et me- 
^iante illa facere erga saactiaBimum dominum noatrnm, quae agenda erant 
ttc.^Tldetnr, quodrpromisao noa aalisfaciat. 

') Die Urkunde bei F. Knrz.'.OeaterreicIi unter Friedrich IV. Beil. 
Hro. aO, S. 288 ff. Sonst aoch bei üoldaat, De regoo Bobem. append, 
pag. 167, so wie bei Lcuig VI., pag, 67; Cbmel, Regesten, II. Nro. 3730 
S. 373. Der Pasaua „geheune Verschwörungen and Vereine" darf mit 
grosser Wahrgcheinltchkeit auf die bereits damals herrschende Unzu- 
friedenheit in Oesterreich bezogen werden. 



- 106 - 

sich die Fürsten zunächst allgemein zu wechselBeitigem Bei- 
stande, nicht blos gegen äussere Feinde, sondern auch gegen 
geheime Verschwörungen und Vereine in ihren eigenen Ländern 
verpflichteten, Ausgenommen wurde nur der Papst imd die 
katholische Kirche. Nun trat man in die speziellen Unter- 
handlungen belveffs Ungarns ein. König Georg solle, so wurde 

'■ beschlossen, zuerst den Versuch machen, durch friedliche 
Unterhandlung den Kaiser in den thatsächlichen Besitz des 
Königreiches zu setzen ; dies lohnt ihm Friedrich IH mit 
8000 Dukaten. Falls aber, wie vorauszusehen war, Mathias 
Hunyadi nur der Gewalt der Waffen weichen würde, so solle 
der König mit seiner ganzen Macht fiir den Kaiser eintreten, 
der ihn hinwiederum mit 31.000 Dukaten entschädigt. ') 
Möglich nun, dass die gleichzeitigen Ausgleichsverhand- 
lungen dem Könige die Ueberzeugung brachten , dass auf 
friedlichem Wege nichts zu erzielen sei. Wir finden ihn bereits 
am nächsten Tage seine Forderungen wesentlich steigern. 

1. Bei den Abmachungen über den gemeinsamen Angriff 

auf Ungarn verspricht König Georg am 5. August zu Jacob! 
des kommenden Jahres in eigener Person bei Pressburg im 
Felde zu erscheinen; er ist jedoch zur Waffeuhilfe verpflichtet, 
falls vor dieser Zeit der Krieg zwischen dem Kaiser und König 
Mathias wieder ausbrechen würde. ') Dafür erhält Georg von 
dem Kaiser, der gleichfalls seine gesammte Truppenmacht 
gegen Pressburg führt, die Hälfte aller Einkünfte des König- 
reiches in drei nach einander folgenden .Jahren. ') 

Ja der Kaiser geht noch weiter und verspri('ht nach 
Ablauf der drei Jahre dem Könige die Einkünfte von dem 
ungarischen Salzgeiälle auf Lebenszeit zu überlassen, oder 



'l Die beiden VerschreibnageQ blos im St. Wenzel aarchive ia Prag. 
Man verßl. Urkundliche Beiträge Nro. 193, S. 190. 

') Teleki, Hnnyad. Kor. X. Nro. 307, pag. 627—628. Chmel, Ke- 
geat«n n. Nro. 3^92, pag. 373; statt des dort tr der unriehtigeQ lolialta* 
angaLe gebracliten „Bressian" g^ibt das Original im k. k. Geheim. BauB- 
archive in Wien wie natürlich „Pressburg". 

■) Teleki, Hnnyad. K. X. Nro. 308, pag. ü.;'J— 630. Chmet, Begei 
Kto. 3733, 8. 373. 




— 107 — 

daiür 60000 Dukateu jährlich zu zahlen. Die Verschreibuiig 
soll nach des Kaisers Krönung zum Könige von Ungarn er- 
neuert werden, widrigenfalls die 60000 Dukaten auf den Erblan- 
den selbst haften sollten. ') In zwei Briefen vom 6. August fasst 
endlich König Georg nochmals die gegenseitigen Zusagen 
zusammen und verpflichtet sich die nun erhaltenen Urkunden 
nach der seinerzeitigen Erneuerung des kaiserlichen Briefes 
auf jährlich 60000 Dukaten zurückzustellen. ") 

Wägt man die beiderseitigen VerpÜichtuugen bis nun ab, 
so erhellt sofort, dass die des Königs ungleich bedeutsamer 
waren. Er verheisst einen voraussichtlich schweren Krieg 
auf sich zu nehmen; er will seinen bisherigen Freund den 
Ungarkönig als seinen bittersten Feind bekämpfen und aus 
seinem Lande jagen; er scheut selbst den Groll der in ihren 
Ereuzzugsplänen gestörte Kurie nicht: für das Alles lohnt ihm 
der Kaiser mit einer beträchtlichen Summe Geldes. Das würde 
wenig mit König Georgs sonst so hochgepriesener politischer 
Klugheit stimmen. Das Räthsel löst sich aber, wenn wir — 
freilich erst später und beiläufig, denn die Sache ist ja in 
tiefem Geheim geplant worden — von einer Verschreihung 
des Kaisers hören, worin er sich verpflichtet, das Reich und 
seine Lande nach des Königs Rathe zu regieren und sogar 
seinen Hof, d. i. wohl sein Hofgericht und die Kanzlei 
für das Reich im Einverständnisse mit dem Könige zu besetzen. ') 
Hier enthüllt sich denn auch das geheime Motiv, das den 



') Toleki X. Nro. 309, S. 630-Ö31. Chmel, Reg. II. Nro. 3734, 
S. 373. Die ÄDgabe Palackj'g, Dejiuy niroda CeskfiLo lY. 2. str. 91, dass 
der Kaiser dem Könige nach 3 Jahren eine einmalige Abrertiguag 
TDD 60,000 Dukaten geben woIIr, ist imrlcbtig. Die Urkunde, die ich im 
Orig. im Geh, Hauaarchive in Wien eingesehen, sagt ausdrücklich, dass 
der König „ierlich" imd „sein Lebteg" diese Summe erhalten aoHe. 

') Die beiden Briefe bei Kurz I. Beilage XSl und XXXU, S, 200 
bis 292, Aueb bei Chmel, Regesteo 1, c. 

") In der „Unterriohtnng des Handeis an den Papst" bei v, Stock- 
heim, Urkunden und Beilagen, S. 301 ff,, woraus auch Hro. 339 auf 
S. SM der „tJrkuDdlichen Beiträge," Man vergl. ferner des Königs Äeuase- 
raag zu dem Markgrafen Ton Brandenburg bei Eüfier, Kaiaerlichee 
Buch des Markgrafen Albracht Achilles, Bayreuth 1850, S, SC. 



König allein bei seinen so ausserordentlichen Zusagen leiten 
könnte: Sieh den Kaiser so tief als möglich zu 
verpflichten, einen weiter gehenden selbst die 
kaiserlichen liechte bereits berührenden Einfluss 
zu erlangen, der natnrgemäss schlies such nach 
Aussen hin Ausdruck faud in seiner Erhebung 
zum römischeit Könige. 

So wie dei] Kaiser, gegen den sich in letzter Zeit noch 
das Kriegsglück gewendet hatte und der nach dem Verluste 
von Eisenstadt bereits einen Einfall ungarischer Schaaren in 
Niederösterreich besorgte, ') sich lediglich von dem Gedanken 
erfüllt zeigt trotzdem Ungarn zu gewinnen, und darum ausser- 
ordentliches bewilligt, so muss man aus dem vagen Wortlaute 
des kaiserlichen Briefes nothwendig auf jenes sichere hohe 
hohe Ziel des Königs zurückschliessen. Verlangen und Bedürfnis 
liessen Podiebrad, der stets auch das unmittelbar greifbare 
liebte, darum auch jene Verschreibungen auf ungarisches 
Gold nicht verschmähen. 

Es ist kein stichhältiger Grund zur Annahme vorhanden, 
dass der König etwa seine Zusagen an den Kaiser nicht 
ehrlich meinte. Gerade, dass er so hohe Forderungen stellte, 
und sich den Lohn so fest und sicher ausbedang, beweist, 
dass er auch daran dachte das Versprochene zu erfüllen. Ein 
Anderes freilich ward es, als der König die Einsicht gewonnen, 
dass jener Zweck, den er bei dem ganzen Handel angestrebt 
hatte, die Zustimmung des Kaisers zu seiner Wahl zum rö- 
mischen Könige sich so nicht erreichen lasse. Die lockende 
Fülle Schemnitzer Dukaten reizt ihn dann durchaus nicht 
zum Kriege ; seine ganze Hilfeleistung besteht in lässiger un- 
fruchtbarer Vermittlung; auch sie gibt er endlich unlustig auf. *) 



') Man siehe dazu von Stockheini, Beilagen Ni'o. XVIII. 8. 116, 
wie den Brief des Kaisers an König Georg Tom 30. Jnli 1459, Urkimdl, 
Beiträge, Nro. 189, S. 187, 188. 

') Ich bin darin entschieden anderer WeinuDg als Paiajilfy, der 
(Dgjin? naroda Ceslieho IV. 2. Str. QZ) meint, der König habe seine 
Forderungen deswegen ao sehr erhöht, weil er die sclilßpfrigen Wege 
erkannt, auf die er gerathen sei, und ßun bestrebt war, sich den Ver- 



Des Königs vermittelnde Thätigkeit in der ungarischen 
Angelegenheit dauerte noch an, als Kaiser Friedrich Brunn 
bereits verlassen hatte, Erst am 12. August verkündete Georg i-, 
den ungarischen Geaandten und den in Briinn zurückgebliebenen 
Räthen des Kaisera Georg Kaiaacher und Ulrich von Grafenegg 
seinen ersten natürlich so viel wie nichts sagenden Spruch. 
Der König erklärt, dass er die Vermittlung zwischen dem 
Kaiser, dem „ernannten Könige von Ungarn" und Mathias, 
ebenso „ernanntem Könige von Ungarn" übernommen, um die 
Schrecken des Krieges dem Lande zu ersparen und einen 
billigen Ausgleich herbeizuführen. Darum lege er beiden 
Parteien zunächst einen Waffenstillstand bis zum 24, Juni 1460 
auf und verlange, dass sich Bevollmächtigte beider Fürsten 
zum 20. Januar 1460 in Olniütz einstellen sollten, da er dort 
neuerdings seines Vermittleramtes zu walten gedenke. Bis 
zum 14. September sollten beide Parteien schriftlich zu diesem 
Spruche ihre Zustimmung zu erkennen geben; bis dorthin 
dürfe der Friede nicht gebrochen werde; alle Gefangenen 
sollten frei sein. ') Der Zusammenhang zwischen dem Wortlaute 
des Schiedsspruches und den geheimen Abmachungen mit dem 
Kaiser ist klar; auf den 24. Juni lautete auch die eventuelle 



tündlickkeitcn wieder eu entziehen, die er Gingegaa^eo. Herr Palacky 
thot da, indem er die spätere Nicbterfüllang des Vertrages seitens des 
Eenigs zu erldären bestrebt ist, iiiclits anderes, als dasa er den Känig 
beacbnldigt, auf dem Tage zu Brilon nicht blos mit den lugarischea und 
plpetlichen Geaandlen, sondern auch mit dem Kaiser ein falsches Spiel 
getrieben zu haben. Der Sprung ia den f orderungen des KOuigs Tom 
4. aof den 5, Augijst ist durchaus kein Gegeobeweis. Er erklärt sich, 
wie bereits im Texte angedeutet wurde, hiutaaglich aus des Königs Er- 
kenntnis, dass friedliche Vermittlung nicht zum Ziele führen werde, — 
und die konnte sich König Georg im Verliehre mit den tmgariscben Ge- 
BSadten noch am i. Angust verschaffen. Anderseits beweist eben die 
hohe Forderung, dass der König sich wirklich ernstlich mit dem GedanlcGii 
einer gewaltsamen Erwerbung Ungarns beschäftigte und deshalb auf ent- 
sprecbende Entschädigung bedacht war. 

') Das Original im k. k. Geh. Hausarchive in Wien; gedruckt ist 
die Urkunde hei Kaprinai II. paf. -541. Lichnowsky, Regestea von E. 
Birk, Nro. 350, S. 296; Chmel, Reg. H. Nro. 3737, S. 373. Man vergl. 
noch Peschina, Mara Moraiieus pag. 703. 



— HO — 

Verpflichtung dea Königs zur Waffenhilfe ; jener war offenbar von 
beiden Fürsten noch vor des Kaisei's Abreise vereinbart worden. 
Noch kam es, es scheint in den letzten Tagen, die König 
Georg in Brunn zubrachte, zu Beredungen zwischen ihm und 
den päpstlichen Gesandten. Für Carvajal selbst freilieh kam 
die Aufforderung des Papstes, dem Tage seine Sorgfalt zuzu- 
wenden, zu spät, ') Dafür fanden sich noch zuletzt der Kardinal- 
Erzbischof Dionysius von Gran und Erzbischof Stephan von 
Kalocsa in Brunn ein, wir wissen nicht, ob von dem Legaten 
oder dem Könige beordnet, ') Der Bischof von Lncca hielt es 
da an der Zeit, den König an die Erfüllung seiner Krönungs- 
versprechungen zu mahnen; ringsum sei er mit den Fürsten 
befriedet, sein Königsthmn ruhe auf sicherer Grundlage, Doch 
der König, sei es getragen von dem eben errungenen diplo- 
matischen Erfolge, sei es unwillig über das Drängen der Kurie, 
gab nur frostige Antwort. Wenn aber Kardinal Piccolomini. 
erzählt, der König habe geäussert: „Mit den Türken stände 
er im Frieden, warum sollte er sie daher bekämpfen? Die 
ßöekßihrung der utrat^uistischen Böhmen zum alten Kultus 
der Kirche sei noch unthunüch," ") so ist dies jedesfalls un- 
richtig. Eine so unbesonnene Rede, die schweren ünmuth 
in Rom wecken musste, bei König Georg anzunehmen, fällt 
unmöglich. Hat er nicht jederzeit seinen Eifer für den Glauben 
zu kämpfen besonders hervorgehoben? 

Das waren die Ereignisse des Brunner Tages. Bereite 

"gam 23. August finden wir König Georg in Glatz. Sein Sehieda- 

'." Spruch in der ungarischen Streitsache wurde noch im August von 

König Mathias bestätigt, *) ein sicherer Beweis, dass dieser 

jetzt noch von den geheimen Abmachungen ^egen ihn keine 

') Brief PiiiB H. an im Cardinal vom 30, Juni 1459, hei Theiner, 
H. Nro. 506, pag. 330; bei Kaprinal H., pag. 338-340. 

') Ihre Anwesenheit iat bloB durcli die Urkunde vom 13. August 
bezeugt, an die sie beide ihr Siegel hängten. 

') Cardinaiia Papiens. eomment. lib. VI, pag, 431 — 132. 

'I Kauzlei des Königs Oeorg von Böhmen, inhaltl. herauag. von 
Dr. H, Marlfgraf im «Neuen Lauiitzischea Magazia," 47. Bd. 2. H(^< 
1870, S. 231, 



- 111 - 

Ahnong hatte. Die Zustimmung des Kaisers war nicht erst 
nothwendig ; es liegt uns eine solche auch thatsächlich nicht vor. 
Dem Könige nach Schlesien voran gieng ein Brief Kaiser 
Friedrichs an die Brealauer und ihre Genossen, sie mit ernsten 
Worten zum Gehorsam gegen den König ermahnend. Auch 
das3 er nach Brunn gehe, dem Könige die Belehnung zu er- 
theilen, hatte der Kaiser schon vordem der widerspänstigen 
Bürgerschaft mitgetheilt. ') Beides machte nur geringen Ein- 
druck. Anderseits drängte es den König, den Streit mit den 
schlesischen Widersachern beendet zu sehen, und dies um so 
mehr, als die Bürgerschaft sich entschlossen zeigte, selbst 
polnische Hilfe gegen die böhmischen Ketzer anzurufen und 
thatsiichlich eine Gesandtschaft an König Kasimir abgefertigt 
hatte. •) Diese richtete fi-eilich so gut wie nichts aus, und die 
Lage der Breslauer wurde vor den Massregeln König Georgs 
schlimmer von Tag zu Tag. Die Fürsten, auf die sie sich 
bisher gestützt, die von Sachsen und Brandenburg, selbst 
Kwser und Papst mahnten zum Frieden, die eigenen Bündner 
kehrten sich mit Absage und Fehdebriefen gegen sie; des 
Königs Hauptmann, Hans von Wamsdorf, führte einen scho- 
nungslosen Krieg gegen die Geistlichkeit und Alle, die noch 
dem Könige widerstrebten. ') Dazu kamen noch die wirren, 
fast anarchischen Zustände in der Stadt selbst. Im Rathe 
zwM- hatte sich noch in etwas Besonnenheit und Mässigung 
erhalten und war wenigstens noch nicht jener blinde Hass 
zur Herrschaft gelangt, der jede Verständigung von vornherein 
zurückweist, die grosse Menge aber, von eifernden Priestern 
in der Kirche, von fanatischen Volksrednem aus den untersten 
Schichten in Schänken und an öffentlichen Orten zu stets 



■> P. Efl<;heQloer, ilistor. Wratial. S. 51. ürkimdliclie Beiträge 
Nro. 188. S. 187. 

•) Esclienloer. 1. c. S.M. Zu des Köuigs weiterem Aufeathalte in 
Schleaien Tergl. man nocli die „Annalea (ilogovienses" in den Scriptor, 
rer. SileBiac. X. Bd. in trefflicher Aoaftabe »on H, Markgraf, Breslau, 
1877 S. 54. Der hier für K. Georg gebrauchte Käme Snopke, Snopek 
andet sich nur noch bei Dlugoä, Iliator. Pol. Hb. XIII. p. 2jJ3. 

") Ehondori, S, 49 fi'. Man verg!. ürkundl, ßeitr. Nro. 168, S. 18«. 



neuem Böhmenhasse entflammt, wollte nicht blos selbst von 
einer Versöhnung nichts wissen, sondern fieng auch bereits 
an in Jedem wie erwähnt einen Parteigänger des „Giraik" und 
Verräther an der heiligen Sache des Glaubens zu wittern, 
der auch nur von einem friedlichen Ausgleiche zu reden begann. 

Der hartnäckige und erfolgreiche Widerstand, den der 
Husitenkönig gerade in Breslau fand, ist gewiss bemerkens- 
wert. Er war dies auch schon bei den Zeitgenossen und 
gedieh der Bürgerschaft vorerst zu so hohem Ruhme, dass 
der Stadtschreiber P, Eschenloer sich gedrängt fühlte, die 
herrlichen Thaten, die Breslau aus Liebe zum rechten Glauben 
gegen die Feinde der römischen lürche vollbracht, in seiner 
„Historia Wratislawiensis" der Nachwelt zu berichten. ') Wir 
sind dem biederen Manne für das, was er in ungefälligen aber 
einfach wahren Zügen daiüber niedergeschrieben, zu hohem 
Danke verpflichtet. Möglich aber war diese Haltung der Stadt 
nur nach dem, was die vergangenen Jahrzehnte über die 
Bürgerschaft gebracht hatten: nach den schweren Drangsalen 
und schmerzlichen Verlusten der Husitenkämpfe. Seit jenen 
Tagen war ein ingrimmiger Hass gegen die böhmischen 
Ketzer und die Utraquisten in der grossen Mehrheit der 
Bürger lebendig geblieben ; '') er war auf Podiebrad schon 
vordem übertragen worden, seitdem dieser an der Spitze der 
utraquistisch nationalen Partei stand. Und gerade diesen 
Mann, der ein Ketzer, nach ihrer Ansicht auf unrechtmässige 
Weise und mit Verletzung ihrer Rechte und ihrer Eitelkeit 
König geworden war, sollten sie als ihren Herrn annehmen. 
Nie und nimmer ! Hass imd Abneigung waren der tief liegende 
Grund, der Glaube mehr der Vorwand der Widersetzlichkeit, 

War es da ein Wunder, dass zwei der gemässigteren 
Glieder des Käthes, nachdem diesem die Zügel des Stadtte^- 



') Man siehe die eigeneo Wort« Eecbenloer'a zu B^ginii seiner 
Hiator. Wratial. Scriptorea remm SileBJacanim VII. S. 2. 

") Vei^l. H. Markgraf' s auaföbrüche Einleitung zu seiner Ausgabe der 
HiBtor. Wrat. S. Vlir, und Eachenloers eigene Worte in den „Geauhichten 
der Stadt Brealau," 1. S- 130, 

'J HiBtor. Wrat. 8. 52. Äucli sonst bildet Eschenloer oatarlich fttr 
die obige Daralelliing die HaaptqueUe 



mentes so gut wie entfallen waren, das Weite suchten, dass 
ier Rath selbst, weil er für die Wünsche der Eiferer viel zu 
bedächtig vorangieng, in einer tuinultuosen Versammlung am 
;S4 August sich schnöder unverdienter Beschimpfung schutzlos 
igegeben sah. ^Niemals erlebte und sah ich," schreibt 
Eachenloer, doch sicherlich kein Freund des Königs und der 
Utraquisten, „dass ein hocbansehnlicher Rath von dem gemeinen 
Volke so ganz ohne Scheu und Ehrerbietung gescholten wurde; 
der eine sprach iibel, andere noch übler, die übrigen das 
möglichst Schlechte." Natürlich wurden gegen die beiden 
Hüchtlinge die bärtesten Beschlüsse gefasst; dem Rathe aber 
blieb nichts übrig als sich eben nur mit der Bürgerschaft wie- 
derum in dem Schwüre zu vereinigen : Georg ewig nicht und 
Äut keine Weise als König anzunehmen. Sie seihst aber wollten 
einträchtig zusammenstehen und was dem Einen Uebles wider- 
feihre, das solle als Verletzung Aller betrachtet werden. Aber 
Sie äussere Lage der Stadt wurde dadurch nicht besser. 

König Georg sah sich in Glatz von den Herzogen Schlesiens 
limdrängt, die zum Theile noch in den letzten Auguattageu 
feierlich und in aller Form huldigten. Sie alle sandten ihre »i 
Absagebriefe gegen Breslau. Ära 31. August geleiteten diesü 
Schweidnitzer den König mit festlichem Pompe und kirchlichen 
l^zessionen in ihre Stadt, worauf am nächsten Tage sie und 
die von Jauer samrat den zugehörigen Landschaften huldigten. 
'Den Breslauem dagegen wurde am selben Tage ein Schreiben 
des Kurfiiraten Friedrich von Brandenburg, worin er dringend 
xur Aussöhnung mit dem Könige mahnte; er wäre sonst ver- 
pflichtet, den König zu unterstützen. Es fruchtete Alles nichts. 
Dagegen that König Georg selbst einen letzten Schritt zur 
Ausgleichung, ehe er entschiedenere Gewalt anwandte. Begleitet 
Ton Dr. Kaspar Weigel, dem Hauptmanne Johannes Schoft und 
Kahlreichen Schlesiem, darunter auch die Käthe der Herzoge 
Heinrich von Glogau und Boiek von Oppeln -— erschien Konrad 
der Schwarze von Oels in des Königs Auftrage am 7. September 
'in Breslau, Es waren bewegliche, ernste Worte, die da der 
Herzog an die rasch versammelte Bürgerschaft richtete : ,Von 
alleii Fürsten, Landständen und Städten dieses unseres Vater- 
^des", sprach er, „sind wir zu euch, Bürger von Breslau, 

A. Bsehmanni Öwch. Georg'« von Padishrad. g 



geschickt worden ; sie wollen euch, als ihre theuerstenLaniisleute, 
mit denen sie in allem und jedem in innigster Wechselbeziehung 
stehen, ermahneu und aufmerksam machen, dass selbst der 
heilige Vater Georg als König empfiehlt, ehrt und liebt; auch 
der römische Kaiser, der Fürst der Fürsten hat es nicht für 
unwürdig erachtet, in das eigene Land Georg's zu kommen 
und ihm die Regalien zu verleihen; es ist niemala erhört 
worden noch geschehen, dass ein König von Böhmen von den 
grössten Fürsten, den beiden Häuptern der Welt, derart geehrt 
und ausgezeichnet wurde, sie stellen ihn dadurch als einen 
tauglichen und christlichen König hin etc." Sie sollten darum 
Georg als König anerkennen. Herzog Konrad hatte gut reden. 
Die Bürgerschaft antwortete kühl, „man wolle des Gehörte 
mit den Verbündeten zu Eathe ziehen und dann den Bescheid 
kundgeben." So kehrte die Gesandtschaft unverrichteter Sache 
nach Schweidnitz zurück und schon am nächsten Tage begann 
der Kampf gegen die Breslauer und ihre wenigen Freunde 
vom Neuen. 

Anders gestalteten sich die Dinge in der_ Oberlausitz. 
Hier erzielte des Köni^ versöhnliche zuwartende Politik 
einen vollständigen Erfolg. Mit alleiniger Ausnahme der Gör- 
litzer huldigte die gesaminte Lausitz am 21. September in 
Jauer; auch jene folgten bald nach, als sie sich isolirt and 
von ernsten Massregeln des Königs bedroht sahen. ') Und 
der -König sorgte dafür, dass Keiner das Gethane bereue. 
Willig bestätigte er den Bürgerschaften ihre Freiheiten und 
Privilegien , weitere Vorrechte , die im Verein mit dem 
allgemeinen Friedensstande ihren Handel und Wohlstand neu 
emporblühen Hessen, wurden ihnen gewährt. Indem König 
Georg nebenbei auch die geistlichen Stiftungen reich be- 
dachte, bewies er neuerdings sein Geschick, sich a.ts über 
der religiösen Parteiung stehend darzustellen und dabei doch 



') Johann ?oa Guben, Jahrbücher von Zittan, 
siehe auch Th. Köhler, „GeBchichte der überlausite" i 
nNeueu Lausibser Magazins." S. 137. 



das Vertrauen auch seiner katholischen ünterthaneu zu ge- 
winnen. ') 

Gegen die Breslauer fruchtete aber selbst Waffen- 
gewalt nichts. 

War König Georg auch im Stande, vom Herzog Heinrich 
Ton Glogau in Jauer die Huldigung zu erlangen, endlich selbst 
Tun dem ihm seit früher feindlichen Liegnitz, die Breslauer, 
zuletzt nur noch von Namslau unteretützt, verweigerten die 
Unterwerfung nach wie vor. Der König sah sich daher nach 
einem stärlieren Mittel um, als die Waffen in seiner Hand 
waren : das war der päpstliche Beistand. Bis der ihm in entspre- 
chender Weise werden konnte, wandte er sich der Pflege 
anderer Geschäfte zu : den Verhältnissen im deutschen Reiche. 

König Georgs überlegene Politik hatte so geschickt zu 
%er dessen gunstige Stellung zu benutzen gewusst, dass ihm 
Beibat aus dem Tage alle möglichen Vortheile erwuchsen. 
Dagegen blieben die Hoffnungen wie Befürchtungen der beiden 
Fürstenparteien im Reiche unerfüllt; ja es hebt deren Gegner- 
schaft, durch die Rücksicht auf den Böhmenkönig wenig zu- 
raekgedrängt, alsbald vom Neuen an. 

Noch dauerten die Festhchkeiten in Eger an, als Mark- 
graf Albvecht nach dem Westen eilte, um in Mergentheira 
i mit seinen Bündnem zu tagen und die Münchner Herzöge " 
Johann und Sigmund, die Pfalzgraf Friedrich vergebens mit 

»Herzog Ludwig auszusöhnen versucht hatte, in seinen Bund 
aufzunehmen. -) Nur ein geringes Bruchstück der Mergen- 
theimer Verschreibungen mit den zwei Witteisbachern liegt uns 
■vor; aber die feste Einung des Äschaffenburger Tages ei'scheint 
Äuch hier zu Grunde gelegt. ') Es war dem Markgrafen ge- 
langen, die Spaltung im wittelsbachischen Hause noch zu 
mehren. Schon vordem waren auch die übrigen Bündner 
eingetroffen ; auch Herzog Wilhelm von Sachsen kam aus Eger 



'I Yergl. Tli. Neumano, GeBcliichte der geistlichen Administratlöi 
dea Bisthmns Meiasen in der Oberlausitz im 36. Bande des „Neuen L 
BJteer Magazins," S. 348—349. Ferner: StaH letopiBovfi Btr. 171. 

"l von SwckheiiD. Text S. 42 

"I von Sfocbheim, Drkiinden und Beilageu S. G4. 



— 116 - 

nach. ') Es wurde beschlossen, sich neuerdings am 3. Juni 
zu Schorndorf zu berathen, ') dann am ß, Juli Herzog Ludwig 
und dem P£a!zgiafen abzusagen, am 11. Juli im Felde zu sein ; 
ausserdem aolle, was doch wichtiger war, der Ueberfatl von 
Donauwörth, bei dem man noch seinerzeit selbst mitgeholfen, 
als Störung des Landfriedens bezeichnet und damit der Reichs- 
krieg gegen Herzog Ludwig veranlasst werden. ^ 

In Nürnberg ei-stattete in denselben Tagen (Anfang Mai) 
der Pfalzgraf vor dem Herzoge Ludwig von Baiem und dem 
Landgrafen Ludwig von Hessen Bericht über seine Zusanunen- 
kunft mit dem Könige. Berathungen darüber, was nun zu 
geschehen hätte, schlössen sich offenbar an, aber ea fehlt uns 
über die Nürnberger Zusammenkunft jede weitere Kunde. ') 
Aber erweislich giengen sie auf gesteigerte Rüstungen aus, 
so wie denn Herzog Ludwig nicht blos aus den eigenen Landen 
sein Heer vermehrte, sondern nach und nach gegen 5000 
böhmische Söldner gegen reichen Lohn in seinen Dienst zu 
nehmen verstand.') 

Nicht umsonst hatte Markgraf Albrecht der Egerer 
Verzagtheit ganz uneingedenk sich zu Mergentheim so kampfes- 
lustig gezeigt, Es war ihm schliesslich doch noch ge- 
^im" Ituigen, den Böhmenkönig mehr auf seine Seite zu ziehen. 
Als daher am 2ö. Mai eine in Prag erscheinende Landshuter 

') Von seinem Weilen in Mergenlheim und anderswo spricht er 
selbst in seinem Briefe an König Georg vom 16. Mai, Urkund]. Beiträge 
Nro. 185, S, 184; auch in seinem Ausschreiben an die Ambüeute, Eachen- 
loei, mstor. Wrat. S. 45. 

') Vüllig unrichtig hat Stockheim, Beilagen S. 04—65 die in 
Mergeatheim für den Schorndorfer Tag aufgestelltec Berathungsp unkte 
als ^Abschied rvm Tage zu Schorndorf gedruckt. 

') von Stockheim, Text 1. c. Quelle ist Stockheim , Urkunden, 
S. lai-iaa; das hier gebrachte Bruchstück ist ein weiterer Theil des 
Abschiedes des Tages von Mergentheim, was Stockheim freilich nicht 
erkannt hat. Es steht darum auch an ganz angehärigem Orte. 

*] Von diesem bisher unbekannten Tage sprechen die Nürnberger 
in einem Schreiben vom 7, Mai an die Frankfurter. An diesem Tage 
weilte Herzog Ludwig noch in der Stadt, Nornberger Stadtarchiv, Missiv- 
Buch XXVUI, Fol. 203. 

') Man vergl. Urkimdl. Beiträge Nro. 196, S. 184— 18S; Kluckhohn, 
Herzog Ludwig, S. 136. 



Gesandtschaft unter Vermittlung des Pfalzgrafen den König 
mit Herzog Ludwig zu versöhnen suchte, da seheiterte an den 
hohen Forderungen des Ersteren jeder gutliche Vertrag. ') 
Noch wankte der Herzog nicht. Der Sühnversuch zu Eichstädt 
am 15 Juni, den Kurfürst Friedrich von Sachsen auf päpstliche ^ 
Anregung und der junge Herzog JohaunvonMünchen anstell ten,»j 
missrieth nicht minder an der Siegeszuversicht des Mark- 
grafeu als an der Festigkeit Herzog Ludwigs. Als nun aber 
Kaiser Friedrich in der That, die Besetzung Donauwörths für 
einen Reichsfriedensbruch erklärend, gegen den Herzog den 
Reichskrieg erklärte und den Markgrafen Albrecht und Herzog 
Wilhelm von Sachsen zu Feldhauptleufen des Reichsheeres 
ernannte, ^) als der Böhmenkönig nach altem Landrechte die 
in Baiem dienenden Söldner zurückberief *} und dunkle Ge- 
rüchte von der Ansammlung böhmischer Heerhaufen an der 
Grenze sich verbreiteten, die Weiden angreifen und die streitigen 
Festen mit Gewalt nehmen wollten, ') da war des Herzogs 
stolzer Trotz gebrochen. Das Vertrauen auf seine Sache, das 
er noch in seinem Vertheidigungsschreiben vom 28. Juni an ^ 
den Kaiser zeigt, war eitler Schein. Schon vordem hatte er 
ebenso wie der Pfalzgraf den Mahnungen des Legaten Stephan 
de Nardinis, Bischofes von Speier und Heinrichs von Senfft- 
leben, die Pius II. abgesandt hatte den Frieden im Reiche 
zu wahren und die streitenden Parteien zu versöhnen, •) nach- 



') Palacky, D^iny nirodu Ceskeho IV. 3. atr. 85 nach einem Iwie 
Etets böhmiach geschriebenen) Origio albriefe des Eöuigs aa Herrn Johaon 
»on Kosenberg im Wittinganer Ärcbive. 

') Klutkhohn, Herzog Ludwig der Reiche S, 105. Ueber die Bc- 
mOhungen des Papstes vergl. unten. 

") Ebendort. 

*) Palacky, Dfijiny näroda ieskelio IV. 2. Btr. 100. 

') von Stockheim, BeUagen, 8. 116; vergl. Kluckhohn, S. 125. 

') Comment, Pii U. Pont. üb. HI. S. 63. Von des Papstes eifrigen 
Bestrebimgen in jenen Tagen, den Frieden im Reiehe zu erhalten, zeugt 
auch eeiu Breve vom 25. Juli 1459 an den Kurfttrslen Friedrieh von 
Sachsen. Original im Groasherzogl. sächs, GcsammtarcbiTe zu Weimar 
Eeg. A., Fol. 15 a. Das päpstliche Breve für die Legaten bringt Kremer, 
Urkunden LX, pag. 179. 



118 



gegeben und in die Abhaltung eines Friedenstages zu Nürnberg 
mit Brandenburg, Mainz, Veldenz und Wirtemberg zu Beginn 
^- Juli gewilligt. Ja der Herzog Hess sich durch Zureden der 
B- Gesandten AJbrecht's und Sigismund's von Oesterreich, so wie 
der Bischöfe von Eichstädt und Augsburg bestimmen, in eben 
der bestimmten Frist gleichfalls persönlich nach Nürnberg 
zu reiten, wo er am fi. Juli eintraf. ') Hier fand Ludwig bereits 
den Markgrafen Albrecht mit seinem Bruder Johann von Bran- 
denburg anwesend, dazu die Herzöge Sigmund von Tirol und 
Johann von Baiern-München, den Bischof Johann von Eichstädt 
und die päpstlichen Botschafter. Auch Bäthe des Mainzer 
Kapitels, das dem Pfalzgrafen nicht minder grollte, als der am 
6. Mai in Aschaffenburg verstorbene Erzbischof Dietrich, Ge- 
sandte von Wirtemberg und Veldenz, endlich des Pfalzgrafen 
stellten sich ein. Der Letztere hatte selbst zum Tage kommen 
wollen. Da, schon auf dem Ritte gegen Nürnbei^ begriffen, 
erhielt er von Markgraf Albrecht die Nachricht, der Tag sei 
verschoben. Er selbst kehrte jetzt um, sandte aber doch seine 
Eäthe nach Nürnberg. Dass der Markgraf dem Pfalzgrafen 
falsche Botschaft geschickt, ist offenbar; seine nachmalige 
Behauptung, er selbst habe an die Vereitlung des Tages ge- 
glaubt und sei nur nach Nürnberg gekommen, um sich mit 
den Reichstädten ins Einvernehmen zu setzen, ist nur leere 
Ausflucht, ") Aber auch das Benehmen des Pfalzgrafen ißt 
unklar, ja widerspruchsvoll. Trotzdem der Tag „wendig" ge- 
worden ist, schickt er seine Räthe nach Nürnberg und 
zwar nicht etwa einfache Boten, um zu sehen, wie die Dinge 
eigentlich ständen, sondern die beste Gesandtschaft, die er 
zu schicken vermag: den Bischof von Worms, den Grafen Hess 
von Leiningen mit seinem Kanzler und erlesenem Gefolge. 
Wenn er dann in seinem Ausschreiben vom 15. November 1459 
sagt, ') er habe seine Räthe blos gesandt, um bei den anlan- 



') IQuckhohn, Ludwig der Reithe S. 105. 

') J. J. Mililer, Rekhstagstheatrnm unter Friedrich V. von l 
I. S. m ff. n. Bd., 8. 761 ff. 

') Das AusBchreiben des Pfalzgrafen bei von Stockheim, 
Nro. 13. S. 99 ff. 



- 119 - 

genden FiirsteE und Fürstengesandten sein ÄusbleibeD zu 
entBchuIdigen, so reicht dieser Gruod lange nicht aus. War 
der Tag ihm abgesagt, worden, so war er es ja auch, so musste 
er annehmen, den andern Theiluehmem. Wie konnte er sie 
in Nürnberg vermutheu, wozu brauchte er sich zu ent- 
schuldigen? Doch sucht man für diese Haltung Kurfürst 
Friedrichs vergebens nach einer greifbaren Veranlassung. Anders 
bei Markgraf Albrecht. Seit es ihm gelungen war, in dem 
Böhmenkönig wenigstens eine Art von Rückhalt zu gewinnen und 
durch den Mergeutheimer Vertrag deu Zwiespalt im Witteis- 
bachischen Hause dauernd zu machen, war seine Politik 
kühner als zuvor geworden. Er durfte jetzt bei der wachsenden 
Bedrängnis Herzog Ludwigs hoffen, selbst diesen noch von 
dem Pfalzgrafen abzuziehen. Freilich musste da, wenn die 
diplomatische Üebervortheilung des Herzogs gelingen sollte, 
der Pfalzgraf ferne gehalten werden. Mit ausserordentlicher 
Klugheit brachte der Markgraf seine eigenen Pläne mit dem 
allgemeinen Friedensverlangen in Einklang. Es war für Albrecht 
von gi'osser Bedeutung, dass auch Erzherzog Älbrecht, trotzdem 
er sich erst vor Kurzem fest mit Herzog Ludwig verbunden 
hatte, ') sich unlustig zu Kriege erwies und zum Ausgleiche 
drängte, ') dann dass Ludwig's eigene Räthe bereits durch 
uns unbekannte Mittel dahin gebracht waren, ihrem Herrn 
zur Lösung des alten Bundes mit dem Pfälzer zu rathen. ^) 
Jetzt in Nürnberg galt es zunächst, durch bereitwilliges 
Entgegenkommen, ja Nachgiebigkeit des Misstrauen des Her- 
zogs zu beseitigen und ihn zu Gegenkonzessionen zu verpflichten. 
In der That macht Albrecht in dem Vertragsbriefe über das 
Nömberger Landgericht, den sein Bruder Johann mit Herzog 
Ludwigs Räthen zu Stande bringt, Zusagen, die den Herzog völlig 



■) Caimel, Materialien, II. S. 171. 

«) KlnckhDhn, S. 107; von Stocklieim, Text S. 70. 

■) Eine Aeuaaerung M. Albreclit's, die Gesinnungen der Rütlie Herzog 
Lodviga schon im Juni 1459 kennzeichnend liegt tma vor: „der Pfalzgraf 
möge sieb nur auf seinen Vetter Herzog Ladnig verlasa en, er verde schon 
Behen, wenn es zur Wehr und Ilflfe käme, waa daraaa würde, denn des 
HerBOg'a Räthe lassen ihn darin nichts thun." von Stockheim, Text S. il. 



^ 120 — 

befriedigen können: „Wenn Uuterthauen des einen der beiden 
Fürsten gegen ünterthaoen des andern zu klagen haben, so 
soll der Kläger dem Beklagten nachfahren in dessen Land, 
um hier Recht zu nehmen, wie recht ist." ') Dabei übersah 
der Herzog völlig, dass das Nürnberger Landgericht in dem 
Vertrage nicht ausdrücklich genannt war. Es wahrte sich so 
der listige Brandenburger ein Hinterpförtchen, durch das 
er sich in der Folge den Verbindlichkeiten des Vertrages zu 
entziehen wusste, -) Jetzt aber wurde die erzielte Ueberein- 
stimmuDg durch eine feste Einung der Fürsten des raarkgräf- 
lichen Hauses mit Herzog Ludwig und seinem Sohne Georg 
besiegelt. *) Damit war der innige Anschluss des Hauses 
Landshut an die Hohenzollem vollzogen und der Markgraf 
versprach gerne, Sorge zu tragen, dasa der Böhmenkönig 
seinem neuen Freunde keine weiteren Verlegenheiten bereite.'*) 
Soweit konnte Herzog Ludwig mit den Erfolgen des Tages 
zufrieden sein. 

Minder günstig waren schon die Sprüche, in denen seine 
Händel mit Ivaiser und Reich ihre Ordnung fanden. „Herzog 
Ludwig soll," so lautet der Inhalt des Spruches, „die Stadt 
Donauwörth binnen 8 Tagen dem Bischöfe Johann von Eich- 
stadt zu getreuen Händen überantworten und dieser sie bis 
Michaelis behalten. Vierzehn Tage vor dem Termine treten 
dann die Schiedsrichter neuerdings in Nürnberg zusammen 
und fällen nach sorgföltiger Untersuchung der Beschwerden 
des Kaisers und der Forderungen des Herzogs den Spruch. ') 
Ihnen soll der Herzog auch die Dinkelsbuhler Briefe über- 



') Neuburgdr Copiatbuch XH., Fol, 327, 351. 

*) Der Markgraf erklärte später, er habe das Nürnberger Land- 
gericht gar nicht gemeint unii könne es aQch nicht gemeint babeo, da es 
ein kaiserliches Gericht sei, dessen Gerechtsame zu vergeben er nicht 
die Macht habe. 

') Müller, Reichstagstheatrom L S. 623 ; Diimuut, lll. part, I., p. 856. 

*) Man vergl. den Brief des Herzogs Ludwig an M, Albrecht Tom 
ai. Joli 1459, Urkundl. Beitr. Nro. 190, S. 188. von Stockbeim, Beilagan 
XV. S. 107. 

*) Die Richtnngsbriefe tob Nürnberg bei von Stockbeim, Beilagen 
XU c, a— m, S. 83 ff., wegen Donauwörth und Dinkelsbühl S. 84—85 



— 121 — 

geben." ') Auch dieser Spruch macht dem diplomatischen 
Talente des Markgrafen alle Ehre. Es war so ziemlich noth- 
wendig, die Stadt Donauwörth nicht in den Händen des Herzogs 
i lassen, und ebenso die Dinkelsbühler Streitsache gegen ihn 
i entscheiden. Da es aber galt, den Herzog bei gutem 
Willen und Vertrauen zu erhalten, so wurde die Entscheidung 
in jenen Fragen verschoben. Dabei untertiess man nicht Herzog 
'Ludwig bei einer Nebenbesprechung zu versichern, dass die 
!rheidingsleute mehr auf ein gütliches Uebereinkommen als 
Selbst das Recht sehen und keinen Spruch thun würden, der 
,ihm an Ehre und Gut schaden könne. Es war besonders der 
päpstliche Legat, der erfüllt von Eifer, das Friedenswerk ge- 
Sngea zu sehen, den Herzog hoffen Hess, es werde über 
päpstliche Verwendung auch der Kaiser nicht blos das Ge- 
:Bchehene vergessen, sondern Baiern-Landshut auch im Besitze 
Ton Donauwörth erhalten bleiben. *) 

War man mit dem Herzoge einmal soweit gekommen, 
BO galt es nun, ihn noch einen letzten entscheidenden Schritt 
thun zu lassen: in seine Theilnahme an den dem Pfalzgrafen 
durchaus ungünstigen Sprüchen, die man in Nürnberg fassen 
wollte, zu willigen. Und auch dies gelingt. Markgraf Albrecht 
latte im Einverständnisse mit dem päpstlichen Legaten alle 



>) Die Dinkelsbühler hatten im Jahre 1457 zwei Diebe anf dem 6e- 
DieU Herzog Ludniga ergreifen unil hängen lasaeu, Diese Yerletziing 
IT landeBherrlicheD Rechte Dahm L. so abel, dHss er nie zwang, ihm auf 
10 Jahre hin jälirlieh 100 fl. Ne^jabrgeld zu verschreiben und überdies 
i »ersprechen , während dieser Zeit niuht gegen ihn sein za wollen, 
Oefele, Mon. boica, L pag. 260. 

=) Der Herzog sagt in einem offenbar an den Pfalzgrafen gerichteten 
äEntschnl dignngB gehreiben : Item dann als in dem Teydingsbrief yon 
Werde vnd DfagklfipGchl wegen ansganngen viider audorm geschriben 
Blei, das die Teydingslewt gütlich oder rechtlich darumb sprechen sollen 
*lid wellen etc. Also ist ms lantter zugesagt, sein auch des yertröstet 
Worden durch die vnnderteydinger das sj allaio gntlichen vnd nicht 
Kchlüdien auch nit sprechen wellen das vnna an ynnaern cm noch gut 
lehaden suUe etc. von Stockheim, Beilagen Nro, XV. S, 106. Dass der 
iser in der That geneigt war, Ludwig doch zu dem gewünschten Be- 
ize gelangen zu lassen, zeigt von Stockheim, Beilage XI. S. öl, «on den 
D des Legaten gibt ebeodort Beil. XII c, S. 85—86 Zeugnis. 



treiben. Herzog Ludwig, entschlossen an den Abmachungen 
von Nürnberg festj^uhalten, hoffte duich die Brandenburger den 
Ausgleich mit Böhmen zu erlangen. 

Wiederiim wurde die Rücksicht auf Böhmen für die 
Entwichelung der deutschen Angelegenheiten bedeutsam. 

Trotz der neuerlichen Bitte Herzog Ludwigs vom 21, Juli 
zögerte Markgraf Albrecht an eine ernstliche Vermittlung 
zwischen König Georg und Baiem-Landshut zu gehen. Er 
suchte sie vielmehr bis zum Egerer Martinitage 1459 hinaus- 
zuschieben. Seine Absicht war offenbar, sich dieses mächtigen 
Mittels auf Herzog Ludwig zu wirken nicht früher zu begeben, 
als bis er den Erfolg der Nürnberger Sprüche gesehen habe. ') 
Aber der allzuschlaue Markgraf sollte sich zum zweitenmale 
enttäuscht sehen. Auch der Pfalzgraf stand in steter Verbin- 
dung mit dem Bühmenkönige. Nach den vergeblichen Mai- 
imterhandlungen hatte er den Ritter Heinrieh von Egiofistein, 
seinen Vizedom zu Amberg und den Hans Krenntzer neuer- 
dings nach Böhmen gesandt, um einen Stillstand zwischen 
Böhmen und Landshut bis Martini zu erlangen oder doch 
wenigstens zu erreichen, dass der König Ludwigs Gegnern 
keine Hilfe leiste. ') Diese Beziehungen setzte der Pfelzgraf 
auch fort, nachdem er sich mit seinem Vetter überworfen 
hatte: gerade auf seine Vermittlung hin wird zwischen dem 
böhmischen Unterhändler Johann Calta von Steinberg und 
den bairischen Käthen der Tag von Taus für den 18. September 
angesetzt *) Hier also war es, wo sich die Witteisbacher 
landen ; die Verkündigung der Nürnberger Spruche am 14, Sep- 
tember beseitigte dann rasch jede weitere Uneinigkeit, 

Als Bischof Johann von Eichstädt trotz der Abwesenheit 
des Erzherzogs Albrecht und der Abmahnungen der bairischen 
Eäthe, ohne die Streitfragen weiter zu prüfen, die Sprüche 
verkündigte und am 15. September den Bevollmächtigten des 



') Man s. Tnn Stockheim, Beflagen XV. S, 107. 

'") Ueber die Sendiuig Egloffstein's bringt vod Stocfchüim, Beili^ 
XVIlIa und b, S, 112 bis dahin imbckaiinte wichtige Mitiheilungen. 

°) Man vergleiche die Tauser VertragsbeBtimmuiigen bei Palacky, 
Urkundl. Beilräge Nro, 194, S. 190—191, 



I neuen Erzbischofes von Mainz Diether von Isenburg, Ludwigs 

' von Veldenn und des Grafen Ulrich von Wirtemberg einhändigte, 

I da erkannten nun auch die bairischen Räthe, dass ihr HeiT 

I hintergangen worden sei. Sie entschuldigten daher sein Vor- 

1 gehen eindringlich bei den Gesandten des KurMrsten Friedrichs 

und suchten mit diesen vom Neuen eine völlige Verständigung. ') 

I Der Herzog aber übersandte zu seiner Rechtfertigung die in 

[■ den Nebenverhandlungen getroffenen Bestimmungen an den 

[- Ffalzgrafen, aus denen dieser ebenso die Aufrichtigkeit seines 

I Vetters, wie die Hinterlist und Eigenmächtigkeit des Mark- 

I grafen zu erkennen vermochte. ') Damit war die Einigkeit 

[ der Wittelshachischen Fürsten wieder hergestellt. An Papst 

F imd Kaiser ergieng nun die Appellation des plalzischen Kurfürsten 

m die ihm willkürlich aufgedrungenen Sprüche. Beide 

Fürsten aber wandten sich mit gleichem Eifer der Herstellung 

freundlicher Beziehung zwischen Herzog Ludwig und Böhmen 

zu ') und des Königs wohlerwogenes Entgegenkommen Hess 

sie trotz der Gegenbemühungen des Markgrafen Albrecht 

dieses Ziel rasch erreichen. 

Bis hierher steht König Georg von Böhmen, weil so 
vielfach von andern Angelegenheiten in Anspruch genommen, 
den deutschen Verhältnissen in mehr passiver Haltung gegen- 
über; der Markgraf hatte sie für seine Zwecke auszunützen 
gewusst. Die feste Einung mit Wittelsbach-Landshut bezeichnet 



>( Menzel, Diether von Isenbiu^, S. 38—39, Anm. 24. 

'J In dem Bmcbstücke des Entachnldigungsschreibena (Stockheim, 
I Beilagen XT. S. 106—107), das Menzel trotz seiner sonstigen Sorgfalt 
T fiberBehen zu haben scheint, so wie in den Beziehungen zu Bühraen zeigen 
I sich die von Menzel, D. v. la. S. 37—38 vcrraissten Wege, auf denen sich 
B die beiden Wittelsbacher wieder fanden. 

") So heiflst es vom nachfolgenden Pilsner Tage Ton den böhmischen 
IQ : , . . Sie haben . . . darauf dem Pfalltzgrafen dankt seines ge- 
B'treaen vleis den er Im anfank zu Eger getan biet, dardurch nn die Sachen 
aem loblichen weaen md staunde komen war, des 3y Hoch erfreit 
I w&m worden, von Stockheim, Beilagen, S. 123. Die brandenburgische 
I Vermittlung ist natürlich um so weniger erwähnt, als der Küoig dem 
I Herzoge von dem eigenthQmlichen Nebenanbieten des Markgrafen Mit- 
I theflnng gemacht hatte. 



— 126 - 

nun den üebergang zu einer positiven Politik in Deutschland, 
aus der als Grundgedanke bald das Streben des Königs nach 
Erlangung der römischen Königskrone hervortritt. 
<"^- Bei den zu bestimmter Frist eintretenden Tauser Unter- 
" handlungen führten die Sache König Georgs der gewandte 
Johann Calta von Steinberg auf Rabensteiii, Bernhard Vitzthum, 
gleich seinen Brüdern seit Jahren unter Podiebrad's Schutze 
lebend, und Racek von Janovic, dessen Sitz, das benachbarte 
Eisenberg, ihn wohl für diese Verrichtung dem Könige empfahl. 
Für Herzog Ludwig waren mit dem Kanzler Christoph Domer 
die Räthe Georg Klosner zu Hirschhorn, der jüngere Hans 
von Degenberg auf Alten-Nussberg und Sebastian Pflug von 
Schwarzenburg erschienen. Ihre Vereinbarungen tragen den 
Charakter eines vorerstigen Präliminarabschlussea, 'den eine 
sofort in Aussicht genommene Zusammenkunft der Fürsten 
selbst in Pilsen in einen definitiven umwandeln sollte. Der 
Set. Gallitag war der vereinbarte Termin. Betreffs der beider- 
seitigen Forderungen wurde festgestellt: Der König erhebt 
auf die fraglichen Städte und Schlösser, der Herzog auf die 
100,000 Gulden, die Böhmen seit langem an Baieru schuldet, 
bei Lebzeiten keinen Anspruch, doch bleiben den Erben die 
bezüglichen Ansprüche vorbehalten ; der Herzog leiht dem 
Könige 30.000 rheinische Goldgulden, die auf die fraglichen 
Lehenschaften, nämlich auf Parkstein, Weiden, Hersbruck, 
rioss, Lauff, Vohendräs, Hohenstein und Neidstein und deren 
Zugehör verschrieben werden. Die betreffenden Briefe, deren 
Wortlaut sofort gleichfaUs festgestellt wurde, sollen in Pilsen 
übergeben und nicht blos von dem Könige und Herzoge, 
sondern auch von den anwesenden Käthen und Edlen durch 
ihre Unterschrift und ihr Insiegel beglaubigt werden. ') 

Beide Fürsten billigten die getroffenen Vereinbarungen 
und schickten sich zum Besuche des anberaumten Pilsner 
Tages; ja auch der Ffalzgraf scheute schliesslich, wiewohl wir 



') Die Nacbrichten und Urkunden des Tauaer Tageaj bringt toM- 
ständig von Stockheim, Beilage Nro. XIX., S H7-119. Im Auszöge 
nacli derselben Quelle (Neub. Copialb. XXX Fol. 41) finden aie sich in 
den ürkundl. Beiträgen Nro. 194, Ö. 190-191. 



von seiner Absicht weder in Taus noch in dem Geleitsbriefe 
dea Königs für Herzog Ludwig, gegeb. am 39. September 
in Bolhenhain in Schlesien, ') etwas erfahren, den weiten 
Bitt von seinem Heidelberger Schlosse nach Böhmen nicht. 
Die Freundschaft des mächtigen Königs galt ihm zu hoch, 
seitdem durch die „blinden" Sprüche von Nürnberg der Kampf 
mit seinen Gegneni nur eine Frage der Zeit geworden war. 

So füllten sich denn, als der Tag der Zusammenkunft'^ 
herankam, die Strassen und Herbergen des einst in lebhafter ] 
Handelsthätigkeit mit den Städten des Reiches, besonders aber 
mit Nürnberg verbimdenen Neu-PUsen ") mit einheimischen 
und fremden Gästen. König Georg erschien zuerst ; ihn 
umgaben mit Johann, dem Haupte des mächtigen Eosenbergi- 
Bchen Hauses und Zdenko von Sternberg, Oherstburggraf von 
Böhmen, die edelsten Männer Böhmens und seine ergebensten 
Bäthe. Dann erschienen vom Könige festlich eingeholt die 
bairischen Fürsten, begleitet von nicht minder reichem und 
erlesenem Gefolge. So sah man um den Pfalzgraf den erfahrenen 
Bischof von Worms, den getreuen Grafen Hess von Leiningen, 
Philipp aus dem Hause der Schenke von Erbach, dazu neben 
andern Räthen auch den ims wohlbekannten Heidelberger 
Martin Mair. ') Im Gefolge des reichen Herzogs von Landshnt 
waren die mächtigen Grafen Wolfgang zu Schaumburg und 
Ludwig von Oettingen, dann die Herren Konrad von Haideck 
und Nicklas von Abensperg, der Marschall Ulrich von der 
Laber, endlich jene Räthe, die in Taus verhandelt hatten, 
neben anderen eingetroffen. 

Am 16. Oktober erschienen die böhmischen Barone von 
Rosenberg, Stemberg, Hasenburg, Schwamherg u. a. mit dem 
Kanzler Prokop von Rabenatein als Sprecher in der Herberge 
les Pfalzgrafen und Herzog Ludwigs, „zum Watzla in einem 



Nenburger Copialbueli XXX., FoL 43b; nach demEelben als 
ra den Tanaer Qoellen bei von Stockheim, S. 119. 
*) Mau siebe darüber mehrfache Nachrichten in den MlsaifbUchem 
deB Nürnberger Stadtarchive 3. 

') Man aiehe Palacky, Urkundl. Beiträge Nro. 300, S. 193—194. 
Mair ist nicht ausdrUcldich erwühnt. 



— 128 — 

Eckhaus am Markt gelegen", um im Namen des Königs die 
Verhandlungen zu führen. Der Pfalzgraf yerniittelte. Nach 
den Tauser Verabredungen, an denen fest halten zu wollen 
man beiderseits versicherte, konnten sich eigentlich keine 
Schwierigkeiten ergeben. Sie fanden sich aber doch, als die 
böhmischen Herren über die Vorbedingungen hinaus giengen 
und verlangten, es solle die Schuld von lOO.OCX) Gulden für 
immer abgethan sein. „Sie stellten," so erklärte der Kanzler, 
„diese Begehrung und Bitte ohne Auftrag ihres Herrn und 
einzig darum, dass auch zu; künftigen Zeiten zvrischen der 
würdigen Krone von Böhmen und dem Haus von Baiern aller 
gute Wille und Freundschaft zu sehen sei." Dazu schüttelte 
nun schon der Pfalzgraf den Kopf; er brachte aber doch die 
Sache an Herzog Ludwig, Als aber dieser zwar höflich, doch 
entschieden jedes weitere Zugeständnis ablehnte, Hess man 
von böhmischer Seite die Sache fallen und blieb es in allen 
Punkten bei dem in Taus Vereinbarten. Den Ausgleich be- 
siegelte ein enges Bündnis zwischen dem König und Herzog 
Ludwig, ') Dem Pfalzgrafen ertbeilte der König auch die 
Anerkennung seiner An'ogation, der eigenmächtigen Annahme 
des Kurfürstenthums für seinen minderjährigen Netfen, und 
versprach zugleich, sofort als Kurfürst seine Zustimmung zu 
geben, falls der Kaiser ein Gleiches thun würde. ') 

Nun gab es aber noch eine Reihe weiterer, Böhmen 
und Baiem gleich innig berührender Fragen zu beiderseitiger 
Zufiriedenheit zu lösen. Da mussten die Zölle für das Kauf- 
mannsgut geregelt , sichere Vorschriften über das Geleite 
de^elben gegeben, Vorsorge gegen die stets wiederkehrenden 
Grenzfehden getroffen werden. Aber keine Frage beschäftigte 
die aus 8 böhmischen und 8 bairisch-plalzischen Käthen be- 
stehende Commission in gleich fruchtloser Weise, wie die 



') Die Urkunden dea Pilsner Tages bringt mit sonstigen Nach- 
richten von Stockheim, Beilagen, XX— XXIV. S. 133—134; bei PalacfcJ 
auflzngaweise in den Urkundl. Beiträgen Nro. 198— aOO, S, 192—191. 

') Kremer, Urkunden znr Geschichte Friedrich's L von der Ptok, 
Hro, LXU S. 132-183. 



— 129 — 

Schaffung einer neuen guten Münze. ') Der Gehalt der Münze, 

im Mittelalter so vielfach abhängig von der Willkür der Fürsten 
nnd davon, ob diese habsüchtig und ihre Taschen gefüllt 
waren oder nicht, war kaum jeniuls schlechter gewesen, als 
.nun seit einer Keihe von Jahren. In Böhmen, wo der König, 
nachdem ihm die hölzlersche Schuld von 16000 Gulden in 
schwarzer österreichischer Münze ausgezahlt worden war, ') 
deren Annahme befohlen hatte, kam mit ihr Theuerung und Noth 
und schwere Unzufiiedenheit in die Bevölkerung, empfindliclie 
Ebbe in des Königs Kassen. ') In ähnlicher Weise litten 
Baiern, Salzburg und die beiden Oesterreieh. Da nun zeigte 
,«cli der König entschlossen einzugreifen im Interesse seines 
and der Nachbarlande, wie zur Förderung seiner Pläne. 

Der König wäre im Stande gewesen, die üble Lage 
Herzog Ludwigs nnd seine weit überlegene Waffenmacht *) 
dabin auszunützen, den Herzog zu weitgehenden Zugeständ- 
nissen zu nöthigen. Von reichswegen und dem gesammten 
Brandenburgischen Bunde bedroht wäre der Herzog einem 
önergischen böhmischen Äugriffe gegenüber in die grösste 
■Bedrängnis gerathen. Und schon bot ja Albrecht von Branden- 
burg freiwillig seine bewaffnete Hilfe gegen Baiem an. '') 
Aber des Königs Rechnung geht anders. Wie frülier mit dem 

') von Stockheim, BeU. XX a, S. 125-136 hriogt offenbar die böhm, 
Vorschlage. 

') Man Tergl. darüber meine Abiiandlung: „Ein Jalir bühmiacher 
GescMdite", S. £2, 135, 

■) StaH lelopisoTe, S, 173. 

*) An der Ansicht Palackj's, dass die Waffenmacht BäbmenH in 
jener Zeit der aller Nachbari äader überlegen war, muas ich gegen Voigt, 
Georg von Böhnien der HusitenkOnig, von Sybel'sche Zeitschritt 1861, 
S. 448 festhalten. In dem kurzen Feldzuge gegen Oesterreieh, Sommer 
1458, vermochte König üeorg ohne zu grosse Anstrengung gegen 30.000 
H&nn in's Feld zu führen (Joliat von Einsiedela Brief an die Egerer 
vom 6. Oktob. 1458, in der KürBchner'schen Ausgabe der Correspoudeuz 
IX. 8. 25], eine Macht, die kaum einer der deutschen Fürsten allein zu 
stellen Termochte. Die spätere Kriegszeit, auf die Voigt hinweiat, bietet 
keinen Beleg; da konnte des Königs Macht nicht zu gross seia, da ja 
nicht Mos die Nebcnlande sondern selbst zahlreiche ])öhmiache Barone 
g^en ihn in Waäen standen. 

') Urfcnndl. Beiträge, Nro. 201, S. 194— 195. 



— 130 — 

sächsischen und brandenburgisclien Hause, sa will er sich nun 
auch mit Landshut-Baiern nach dem Vorgänge der Einung 
mit dem Pfalzgrafen enge verbinden und damit auch die zweite 
grosse Fürstengruppe im H eiche sich zu Freunden machen, 
Damm gewährt er dem Herzoge Ludwig Friede und Einung 
gegen geringen Vorthoil und verpflichtet er sich den Pfalz- 
grafen noch inniger durch die Anerkennung seiner Ärrogation. 
Territoriale Rücksichten geboten weder die Nachgiebigkeit 
Herzog Ludwig noeh dies Entgegenkommen dem Pfalzgrafen 
gegenüber. Wenn man dagegen beachtet, wie der König 
sorgsam das alte Verhältnis zu Brandenbung zu wahren sucht, 
dorn Markgrafen Albrecht von den Verhandlungen mit Baiern 
Nachricht gibt, ihm versichert, daas dadurch die Beziehungen 
zu seinen! Hause und Sachsen durchaus nicht beeinflusat 
würden, wenn er seinen angelegentlichen Wunsch wiederholt, 
den Markgrafen auf dem Egerer Hochzeitsfeste zu sehen, ')" so 
erkennt man deutlich sein Streben, mit der Freundschaft 
und dem Vertrauen beider Parteien eine Stellung über 
denselben zu gewinnen. Jetzt in Pilsen that der KünJg 
noch den zweiten weiteren Schritt, indem er von dem Pfalz- 
grafen und Herzog Ludwig die Zusage erlangte, ihre 
Räthe nach Eger einer allgemeinen Münzreform 
wegen abzusenden. Dem Kaiser habe er bereits geschrieben, 
gleichfalls seine Botschaft zu schicken, und er wolle ihn neuer- 
dings ersuchen, sie ja mit den nöthigen Vollmachten auszu- 
rüsten. -} Damit lenkte der König wenigstens in einem Punkte 
ein in die Bahn der Reichsreformbewegung, die ihm Gelegenheit 
bieten konnte, sich wirkliches hohes Verdienst zu erwerben, 
zunächst in dieser Beziehung seine Fürsorge für das Reich 
zu zeigen und sich an die Spitze der Reichsfüi-sten und 
Reichsstädte zu stellen. Dass dies alles auch wirklich in Podie- 
brads Absichten lag, bestätigt der neue Egerer Tag. 



IV. CAPITEL. 



Versuch König Georg's römischer Köni^ zu 
werden im Einrerständuisse mit K. Friedrich. 

Das Hochzeitsfest zu Eger und Xarttn lUair zum zweitea- 
male ror dem Könige. Der Congress zu Hantna und 
die Friedensltestrebungen der Curie. Des Papstes Ter- 
mittlang zwisclien Böliineii und Breslau. Martin Mair 
in Hailand. Die Wirreu in Oesterreich. Die erfolg- 
lose Vermittlung des Königs iu der ungarischen Streit- 
sache, seinoEinmiscIiuug in die Österreichischen Händel, 
um den Kaiser zu drängen, zur römischen Königswahl 
seine Znstimmung zu gehen. Des Königs erste Ab- 
weisung. 

Schon lange, ehe der festgesetzte Tag erschien, hatten 
fder König und die Bürgergcbaft Egers Sorge getragen, die 
Eochzeitsfeier zu einem vergnüghchen und glänzenden Feste 
gestalten. Seit dem 24. Oktober weilte Hans Steinbach, 
[damals des Königs Kämmerer, in Eger, um selbst die Zu- 
lüstnngen zu leiten. Da wurden die Herbergen vertheilt und 
r Tornierplatz ausgewählt und hergerichtet, für Speise und 
Wein reichlich Sorge getragen, das Speer- und RoBsmass den 
fremden Füi-stenhöfen milgetheilt. Die alte, etwas finstere 
Stadt schmückte sich nach Möglichkeit zum Empfange der so 
zahlreichen Gäste. ') 



') Belege dafür bietet das Copialbuch I. des Egerer StadtarcLivB 
r. Fol. 118 ab, dem die obigeo gcuaucrcn Angaben entnomiucn sind; 



132 



Den König und die Köoigin Johanna, eine kluge ehr- 
geizige Frau, die natürlich an dem Ehrentage ihrer Kinder 
nicht fehlen wollte, geleitete ein stattliches Gefolge von Edlen 
und reichgeschmückten Frauen; mit 3000 Rossen hielt der 
königliche Wirt seinen Einzug in die deutsche Grenzstadt 
Dann erschienen nach einander die Forsten des sächsischen 
und brandenburgischen Hauses, die Herzöge Wilhelm und 
Albrecht, die Markgi'afen Friedrich und Albrecht persönlich. 
Mit ihnen kam der Erabiscbof von Magdeburg nach Eger, ein 
alter Freund und Förderer der brandenhurgischen Politik, der 
erst in Breslau für Herzog Wilhelm von Sachsen gesprochen 
hatte und nun am Friedensfeste zu Eger die kaum zehnjährige 
Zdßna von Böhmen dem Herzoge Albrecht antraute. Zahlreiche 
Grafen und Herren aus der nähereu und ferneren Nachbarschaft 
fanden sich gleichfalls ein. Auch die Witteisbacher fehlten 
nicht. Persönlich war zwar nur Herzog Otto von Neumarkt 
erschienen, aber der Pfalzgraf wie Herzog Ludwig waren durch 
Gesandtschaften vertreten, freilich weniger um das Fest durch 
ihre Gegenwart zu verschönen oder gar den sächsischen und 
brandenbur^schen Fürsten zu Ehren, als politischer Geschäfte 
wegen. Diese nahmen denn auch in hervorragendem Grade 
den König und die Anwesenden in Anspruch. 

Bald oder unmittelbar nach dem Schlüsse des Nürnberger 
Friedenstages zu Anfang Juli hatte sich der Markgraf mit 
^.seinen Eündnem in Ulm versammelt, um nun, nachdem die 
Trennung der Witteisbacher gelungen war, den nur aufge- 
schobenen Angriflskrieg gegen den Pfalzgrafen neuerdings fest 
zu beschliessen. Da hatte man es für gut erachtet auch die 
Verhängung kirchlicher Processe gegen den ungehorsamen 
Pfelzgrafen durch den Papst zu betreiben, sich durch Mailand 
und Eurgund, deren Herzoge der Kaiser durch Belehnung zu 
gewinnen habe, zu stärken , dem Pfalzgrafen auch in dem 
Könige von Frankreich einen Feind zu erwecken. Den Kaiser 
selbst will man bewegen zu Felde zu ziehen und seinen Eifer 



dOBB die BOrgerBchaCt trotzdem nicht immer im Stande war, den An- 
spracben der Gäste zn genügen, zeigt das EDtBchiOdigungsachreiben der 
Egerer auf eine Besehwerde Kiirfnrst Friedrido von Sachsen, Fol, 119. 



133 



durch die Gefahr eines gegnerischen Angriffes erhöhen; die 
Haoptmannschaft im Kriege soll auch auf Eberhard von 'Wirteni- 

berg und Markgraf Friedrich von Brandenburg ausgedehnt, 
die päpstliche und kaiserliche Botschaft als Partei für die 
ErfQllung der Nürnberger Sprüche bei deren Verkündigung 
mit auftreten. ') Vou all dem war nun freilich, wie wir ge- 
sehen, wenig geschehen, der Pfalzgraf hatte sich nicht gefügt, 
Herzog Ludwig sich wieder mit ihm gefunden, der Markgraf 
dann aber auch die Uebergriffe seines Landgerichtes gegen 
Landshuter Unterthauen fortdauern lassen und sich dem 
Böhmenkönige zur Waffenhilfe gegen Ludwig erboten. So traf 
man sich in Eger bereits wieder in feindseliger Gesinnung 
und der König wusste diese Wendung für seine Pläne wohl 
in Rechnung zu ziehen. Bei allem Gepränge der Hochzeitsfeier, 
neben glänzenden Turnieren und Festlichkeiten fand König 
Georg Gelegenheit, mit Mair die Durchführung seiner Erhebung 
auf den römischen Königsthron zu berathen. Was der König 
einst ungläubig von dem Doctor hingenommen, dass grosse 
Ehre und hohe ßeichthümer, letztere schon allein aus den 
Bussgeldern sich im Reiche gewinnen lassen würden, dass der 
Kaiser, durch andere Sorgen in Anspruch genommen, des 
Beiches wenig achte und wohl seine Einwilligung geben werde, 
das hörte er nun mit fester Zuversicht. ^) Er hatte jene selbst 
mi letzten Sommer vorbereitet, ja meinte sie freilich in etwas 
unbestimmte Ausdrücke gefasst bereits in der Tasche zu tragen. 
Nun galt es unmittelbar Mittel und Wege zu finden. 



') Die Nachrichten über diesen bisher unbekannten Tag, der für 
iflin tieferes Eindringen in die Pläne der brandenburgi sehen Partei und 
das Verständnis ihrea nachmaligen Vorgehens nicht unwichtig ist, bringt 
TOn Stockheim Beilagen SKb S. 131—123, freiüch ohne zu wiaaen, was 
damit anzufangen und in ganz unrichtigem Zusammenhange. Es ist ein 
firnchstQck des Abschieds des Tages ohne Datum; doch lässt sich letzteres 
bmihemd beBtimmen. 

•) Da gab Doctor Mertein dem Jorsilten dazemal Itunig wider zu 
TGTsten, das solich sache cwr k. m. kain irmng brecht, nachdem ewr. k. 
m. dem reiche nit gewandt were und Rieh vmh das reiche nichta annerae 
etc. Brief Herzog Wolfgangs tou Baiem an den Kaiser bei Kluckhohn, 
S, 369-373. 



— 134 — 

So wenig ein höheres edleres Zeit, etwa die Besserung 
des Reiches nach Innen und Aussen, wahrhaft patriotisches 
Gefühl für dessen traurigen Verfall dem Könige und seinem 
Berather vorschwebten, sondern lediglich die Hoffnung auf 
Ehre und reichen Gewinn, so wenig dachten beide an ideale 
Mittel für die Erreichung ihres Zweckes. Nicht durch die 
Ordnung von Recht und Gericht, die Beschützung des Friedens, 
Herstellung der Münze, Belebung des patriotischen Gefühles, 
Reinigung uad Beti'eiung der deutschen Kirche sollen die 
Fürsten gewonnen, die Herzen zur Opferwilligkeit fortgerissen 
werden: die da in der königlichen Herberge zu Eger berathend 
zusammen sitzen, kümmern sich vor allem um die Frage, woher 
die Summen zu nehmen seien, um die Geneigtheit fürstlicher 
und sonst massgebender Persönlichkeiten zu erkaufen. Des 
Königs bezügliche Frage brachte den an Entwürfen so fi'ucht- 
baren Martin Mair durchaus in keine Verlegenheit. Doch war 
es wohl der König selbst, der auf eine anscheinend reiche 
Geldquelle hindeutete. 

Im Jahre 1447 war das Haus Johann Galeazzo Vis- 
conti's, der einst von Wenzel von Böhmen die Herzogswürde 
Mailands erhalten hatte, ausgestorben. Dajuit war das Herzog- 
thum als erledigtes Lehen eigentlich dem Reiche heim- 
gcfallen. Kaiser Friedrich griff nun hier zwar so wenig 
durch, als anderswo, verweigerte aber dann nach seiner 
Art, als nach langen Wirren der Condottiere Franz Sforza 
den herzoglichen Stuhl von Mailand bestiegen hatte, dem 
Usurpator mit zäher Hartnäckigkeit die ßelehnung vom Reiche. 
Es war bekannt, dass Sforza sich wiederholt an den Kaiser 
gewendet hatte, dass selbst der Cardinal Bessarion einstmals 
als Legat des apostolischen Stuhles für ihn Schritte gethan,') 
und der Herzog dann ebenso vergeblich die Verwendung 
Erzherzog Albrechts, des Bruders des Kaisers angerufen hatte. ■) 
Nicht minder wusste man, dass die Abgesandten Sforza's dem 
Kaiser eine grosse Summe Geldes angeboten hatten, dass der 



') Man vergl. Theiner, Mon. Mator. Hiing. II., Nro, 541. 
') Mair's ScLreibea an den König Ton Nürnberg aus. ür knniB 
Beiträge Nro. 211, S. 20G. 



Kaiser aber selbBt dieser für ihn gewiss sehr schweren Ver- 
suchung widerstanden hatte,.') Friedrich III. bewies eben in 
diesem Falle völlig seine Eigenart : so wenig er für die Würde 
und Rechte des Kaiserthums tbätig einzugreifen pflegte, so 
setzte er jeder Verletzung derselben zähen und oft unüber- 
windlichen Widerstand entgegen. ') Gelang es doch Friedrich 
dem Siegreichen von der Pfalz niemals, die Zustimmung zu 
seiner Arrogation zu erlangen! Als der Böbmeubönig in so 
besonderer Weise den Thron seines Heimatlandes bestiegen 
hatte, da lenkten die AehnUchkeit der beiderseitigen Lage, 
vor allem aber das hohe Ansehen, dessen sich König G,eorg 
seit dem ersten Egerer Tage 1459 erfreute, die Aufmerksam- 
keit des Mailänder Herzogs auf diesen ; Sforza hatte sich auch 
bereits im Juli 1459 an Podiebrad gewendet und um seine 
Vermittlung gebeten. '} 

Der König antwortete zunächst, da ihn die Brünner Ver- 
handlungen in Anspruch nahmen, durch den Bischof Protbasiua 
von Olmütz ') und erklärte dann neuerdings am 6. September 
von Schweidnitz aus, wie es scheint auf ein neues Schreiben 
Sforza's, dass er bereit sei, die Investitur auf das ausgiebigste 



') Schon früher als Biscbof ron Siena 145* hatte sich Pias II. für 
die Investitur Franz Sforza's bemUbt ; neoe Motire enlBprangen jetzt aus 
der TOD ihm beobachteten italienischen Politik; man siehe dazu den 
Brief des Papstes an den Kaiser bei Theiner U. Nro. SOS, pag. SSO; 
Kaprinai H. S. 337—333; ferner G. Voigt, Enea Silvio III. S. 6S. 

') Die Angabe des herzoglichen Unterhändlers, dass -der Kaiser 
6Ü0O0 DokateD erlangt, man ihm aber habe nur 45000 geben wollen 
(Drlnindl. Beitr, S. 211|, trägt den Stempel der Unwahrheit an sich. Jetzt 
bot man König Georg 6ÜtXN» Dukaten) war die InveHtitur um diesen Preis 
zu haben, warum erkaufte man sie nicht unmittelbar vom Kaiser? Und 
wenn Martin Mair hoifen darf, bis lOOOOO Dukaten herausBcUagen zn 
kennen, so muss doch noch etwas anderes, als die Habsucht dos Kaisersi 
BindemiB der Investitur gewesen seia 

*) Ergibt sich aus Martin Mair's eigenen Worten gelegentlich der 
Unterhandlungen mit dem Herzoge; ea supradicta oania, atque eciam Üla 
Bingnlaris eihibitio, quam pridem litteris vestriB de mense Jnlii ad snam 
serenitatem datis fecistis, candem suam aerenitatem etc, movebant. Ürkundl. 



') Urkundl. Beitr. Nro. 207, S. Iü9, Brief Galeaazo Sforza's 
ältesten Sohnes des Herzogs Franz, an König Georg. 



des 



zu betreiben. So waren die Bande zwischen Böhmen und 
Mailand bereits geknüpft; man brauchte blos Begonnenes 
weiter zu führen. 

Der König und Martin Mair kamen in Eger zu Nach- 
folgendem uberein: Mair begibt sich unverzüglich selbst nach 
Mailand, um dem Herzoge die Erlangung der Investitur durch 
die Beihilfe des Königs in sichere Aussicht zu stellen ; er 
trachtet dafür eine möglichst hohe Summe Geldes zu erlangen. 

Ob der König und Mair sich schmeichelten, der Herzog 
werde auf die gute Aussicht hin sofort mit dem Gelde heraus- 
rücken oder ob sie blos den Fall in Betracht zogen, dass 
Sforza ihnen für die zu erlangende ßelehnung wenigstens eine 
bestimmte hohe Summe vertragsmässig zusichere, lässt sich 
nicht entscheiden. Sicher ist, dass beide hier in Eger die 
Schwierigkeiten der Sache weit unterschätzten ; Mair fand in 
Mailand Verhältnisse vor, die er nicht erwartet hatte. 

Jetzt Hess der König noch in Eger für Mair drei Be- 
glaubigungsschreiben, zwei für den Herzog, das dritte flir die 
Herzogin Bianca Maria ausfertigen, dazu gab er ihm noch 
sonst Aufträge und Vollmachten, die auf den Abschluss eines 
festen Bündnisses zwischen beiden Fürsten und selbst eine 
Verschwägerung der beiden Häuser hinzielten. *J — Während 
die Thätigkeit Martin Mairs, der noch überdies vom Könige 
den bezeichnenden Auftrag übernommen hatte, ein Verzeichnis 
der im Reiche einzufahrenden Abgaben anzufertigen, ") erst 
nnch Scbluss des Egerer Tages beginnen sollte, trat der König 
sofort für seine Erhebung handelnd auf, indem er sich dem 
Markgrafen Albrecht von Brandenburg mittheilte. 

Des Königs Vorgehen ist begreiüich. War der Markgraf 
auch kein Kurfürst, noch auch nur wegen der Grosse seines 

*) Zeigt des Herzoge Brief an Käaig Oeorg Tom 19. Januar 1460 
ürkuniil. Beitr. Nro. 309, S, 199—200. 

') Mair's Bericht an den König, S. 201, Veatra regalis celaitQdo 
dederat mihi pridem in Egra tres credentialea litteraB etc. cum nonnnllia 
commisaiooibuB et mandatis, toedu3 inter tob ntrinque percntiendum etc. 

") Ceterum yeBtra m^eBtas pridem in Egra mandavit mihi, nt 
registram institaendorum reddituam in imperio volüs conficerem; qnod 
libens faciam. Ist hier natürlich nur ein erneutes Versprechen Moir^ 
Ebendort S. 21S. 



— 137 — 

BesitzeB einer der miichtigsten Fürsten des Reiches, so ragte 
er doch hei'vor einmal durch seine unermüdliche Thatkraft. 
und den kühnen Flug seines überlegenen Geistes, dann seine 
ganze bedeutende Persönlichkeit, Er galt mit Recht als Führer 
und Haupt der einen grossen Partei im .Reiche, der neben 
andern Fürsten auch die Kurfürsten von Sachsen und Branden- 
burg angehörten. 

Mit welchem Gesichte Markgraf Albrecht die Mittheilung 
dba Königs und seine Bitte um Förderung der Sache aufnahm, 
• ob sie ihm neu war oder eine Vermuthung bestätigte, 
-wissen wir nicht. Aber das wissen wir, was der kluge Hohen-' 
zoller rasch gefasst dem Könige antwortete: „Er könne ja," 
wich er aus, „bei dem Plane zunächst gar nicht in Be- 
tracht kommen, da er kein Kui"fQrst sei, und an seinem 
Willen nichts liege." Der König wurde dringender, ja ver- 
traute zuletzt dem Markgrafen, er habe in der That Hoff- 
nung, dass auch der Kaiser in die Sache willigen und Jhn 
zum Reiche werde kommen lassen". Nun gab der Mark- 
graf seine Weigerung auf, da sie unnöthig geworden war: 
„Wenn uns Euer Gnaden," versicherte er, „von unserm Herrn 
dem Kaiser einen Zettel brächte, einen Finger lang, darin uns 
seine Gnaden befehle, in der Sache, es sei nun bei den Kur- 
fürsten oder anderswo zu arbeiten, dann wollen wir dem ge- 
treulich und fleissig nachkommen, wie wir denn Euer Gnaden 
gerne zu Diensten erbietig sind." ') 

Der König konnte die Antwort des Markgrafen unmöglich 
miasverstehen ; er konnte es sich jetzt auch nicht versagen, 
an Albrecht eine kleine Rache zu nehmen, so entschieden 
auch Martin Mair dagegen sprach. So erfolgte zu Eger am 
16. November vor dem Könige und zahlreichen Fürsten, Herren 
und Rittern, die mit jenem eben das Mahl eingenommen, jeije 
bekannte Scene zwischen dem Markgrafen und den Gesandten 
Herzog Ludwigs. Den Streitfall erörternd beschuldigten Letztere 
den Markgrafen ganz ofl'en des Bruches der Nürnberger Verträge 
und treuloser Hinterlist, da er dem Herzoge seine Vermittlung 

*) CooBtaDtiu Häfler, Kaiserliches Buch des Markgrafen Albrecht 
AcbUleE, S. 86, 



in dem Handel mit dem Böhmenkönige zugesagt und 
den König zum Kriege gegen Herzog Ludwig ermuntert habe. 
Älbrecht antwortete darauf in langer, klug berechneter Rede, 
in der er sich bemühte, seine Handlungsweise zu recht- 
fertigen, die aber doch den völligen Bruch zwischen ihm und 
Herzog Ludwig offen hervortreten liess. ') Nun wurde die 
Sache selbst dem Könige ungeheuerlich und er machte dem 
Streite, um nicht die „Unfreundschaft" zu mehren, ein fast 
gewaltsames Ende. Ob der König dadurch, dass er die Zwie- 
tracht zwischen den Parteien steigerte, nur seinem Unwillen 
' gegen Markgraf AJbrecht oder zugleich der Absicht ge- 
horchte, die Parteien im Reiche noch ärger auf einander zu 
hetzen und dann um so leichter Schiedsrichter zu sein, ist 
schwer zu sagen. -) Jedesfalls stimmte dieses Verfahren schlecht 
zu der Rolle eines Schirmers und Erhalters des Friedens, die 
Mair dem Könige zugedacht. 

Der Ablehnung des Markgrafen entsprach des Streben 
des Königs sich mit allen Fürsten des wittelsbachischen Hauses 
um so inniger zu einen. So kam es noch in Eger am 20. No- 
vember zu einer Einigung König Georgs mit dem Herzoge 
Albrecht von Baiern-München und seinen Söhnen Johann und 
Sigmund. ') Der König hatte, wie es scheint, bereits vor 
diesem Tage Eger verlassen, da er den Vertrag am 19. Dezember 
von Prag aus ergänzt. ') Ebenso folgte nun unter dem ver- 
mittelnden Einfluss Herzog Ludwigs und der Witteisbacher 

') Darüber am auafübrlicbsten KluckJiohii, Herzog Lndwig der 
lleiche, S. 129 ff. 

-) Nur wenn mau die Egerer Scene mit der Verhandlung des EönigB 
Glief seine Erhebang Eum römischen Könige, die er mit dem M. Albrecbt 
gepflogen, in Zusammenliang bringt, irird der ganze peinliche Vorfall in 
etwas erklärlicher; die ErkenntniB, dass er von dem Markgrafen oichtB 
zn boSen habe, lieasen Georg die weiteren RäcIcBicbten bei tjeite setzen; 
trotzdem war es unklug, die Abneigung des Markgrafen ztk TergrQsBem. 

") Bei von Stockheim. BeUagen, Nro. XXV.. S. 135—136. 

') Ebendort, S. 137. Zu den sonst bekannten Machrichten ftber den 
Martmitag zu Eger finde ich noch einen Brief des Egerer StadtratheB an 
die von Regensbnrg mit Nachrichten aber den Tag. Der König hatte 
demnach sicher bereits am 2Z. November Eger rertasBen. Egerer Stadt- 
archiv, Copialbueh I., Fol. IIÖ-IRO. 



überhaupt, eine Anniiherung zwischen Konig tieorg und Erz- 
heizof? Albrecht, den er noch eben im vergangenen Jahre in 
schwerer Fehde bekämpft hatte. König Geoi^ selbst hatte 
den Herzog Lndwig um seine Fürsprache ersucht. ') Die Vor- 
berathungen fanden bereits zu Anfang Dezember in Linz statt 
und führten zum erwünschten Ziele; ') die getroffenen Ver- 
abredungen wurden dann durch den definitiven Vortrag vom 
28. Dezember d. J. bestätigt und enthielten abgesehen von 
der friedlichen Ordnung der grenznach barliehen Beziehun- 
gen die Bestimmung, dass die getroffene Einung bei jedem 
weiteren Bündnisse eines der Fürsten gelten sollte. ') Mehr 
als die Freundschaft mächtiger Fürsten zu erwerben, konnte 
der König vorerst nicht thun; beachtenswert ist, dass er 
hei'eits in dem Beibriefe zu dem Vertrage mit den Müncheaer 
Herzögen auch mit Diether von Isenburg, dem Mainzer Erz- 
bischofe, verbündet erscheint. Im Uebrigen galt es, den Erfolg 
der Sendung Martin Mairs nach Mailand abzuwarten, ') so- 
dann zu sehen, zu welchem Ende die hochgesteigerte Feind- 
schaft der deutschen Fürsten führen würde. 

Während Pius II, die Abgeordneten der Fürsten und 
Freistaaten Europas in Mantua um sich zu sammeln bemüht 
war, sie mit begeisterten Reden zum gemeinsamen Kriege 
gegen die grimnügen Feinde des Glaubens, die Osmanen zu 
entflammen, während päpstliche Friedensgesandtschaften Europa 
durchzogen, die Völker zur Beendigung des häuslichen und 
nachbarlichen Zwistes zu mahnen, loderte in Deutschland be- 
reits die Flamme des inneren Krieges empor. An Kaiser imd 



') von Stockheim, Text S. 7J. 

*) DumoDt, Codex diplom. III. P, 1, pag, 357; Lünig, Coil. Germ. 
dipi I. 1466. 

') Der Vertrag bei Karz, Oeatfirreich unter Friedrich IV,, 11. 
S. 211 ff; bei Dumont, Cod. diplom. DI. P. I. pag. 257. Man rergl. 
Chmel, Regesten U. Hro. 3773, S. 376. 

') Martin Mair war im Laufe des Sommers oder Herbstes in die 
Dienste Herzog Ludwigs getreten (von Stocltheira, Beilagen, Nro. LVa, 
S. 325, wo auch Mair'a KeTarsbrief beigebracbt ist), seit dem Pilsner 
oder Egerer Tage auch in die Dieaste König Georgs. 



— 14() - 

Papst richtete der Pfalzgraf, an Pius n. noch Herzog Ludwig 

besonders schwere Klagen über die Untreue, die Markgraf 
Älbrecht an ihnen geübt. ') Am 15. November liess dann 
Pfalzgraf Friedrich ein allgemeines Ausschreiben ergehen, in 
dem er sein Verbalten rechtfertigte, dagegen schwere Anklagen 
und Beschuldigungen auf das Haupt des Brandenburger's 
häufte. =j Ein gleiches that am 21, Dezember auch Herzog 
Ludwig. *) 

Unwillen und Schmerz erfüllten den heil. Vater, als er 
die Hoffnung auf Erhaltung des l^Yiedens so gut wie vernichtet, 
io dem Schuldigen den von ihm hochgehaltenen Hohenzoller 
erkannte. Schon am 10. Oktober forderte er den Markgrafen 
in einem Briefe indirekt auf, seine Handlungsweise zu ver- 
antworten ; *) es war eine Folge der Thätigkeit bairischer 
Käthe in Mantua, die dem Papste selbst von dem verräther- 
ischen Anerbieten des Markgrafen an den Böhmenkönig Kenntnis 
gaben, wenn der Papst am 26. Oktober an den Markgrafen 
die zweite direkte Aufforderung den Frieden zu halten 
ergehen liess. ') Aber auch dieser und seine Freunde blieben 
nicht müssig. Nachdem Markgraf Albrecht nach Schluss des 
Egerer Hochzeitstestes eine neuerliche Versammlung der Fürsten 
seiner Partei betrieben hatte, die denn auch im Dezember 
in Mergentheim zu Stande kam, ') eilte er selbst über die 
Alpen nach Italien, um i>ersönlich vor dem Papste die Ge- 
rechtigkeit seiner Sache zu erweisen und sich dessen Unter- 



■) K]nclthohn, Herzog Ludwig S. 132 a. a. 0. Die Klagen dea 
P£alzgrftfen ütierbrachte Graf Eberhard von Eberstein; man siehe Pü ü. 
Commentar. S. 63. 

*) Das Auaachreiben bei Menzel Regesten R. 324-327; Stockheini, 
BeUagen, Nro. im., S. 89-105, Des Pfalzgrafen Schreiben an die 
Speierer iiringt Müller, Heichatagatheatrmn I. 8. 626-629. 

*) Kluckhohn, H. Ludwig S. 138. 

*) Müller, Beichstagstlieatnim L S. 6Z9-630 bringt ein Brachatück 
dieses Sehreibena. Vergl. Eaynaldus ad an. 1459, Nro. 57. 

') Klnckhohn, S. 137. 

') Darüber so wie über die Feinde Schriften der verBammelten Pftrstea 
berichtet K, Memel, Dietber t. henbarg, S, 57; siehe Stalin, 
Gescb. m. S. 519, Änm. 5. 



Stützung bei seinen weiteren Schritten zu sichern. Schon 
schickte sich Ludwig von Veldenz an, die Fehde gegen den 
Pfalzgrafen mit der Verwüstung pfälzischen Gehietes zu be- 
gmnen. ') Trotzdem dachte wie der Kaiser so auch der Papst 
in seinem Streben in allen christlichen Iianden die Eintracht 
herzustellen immer noch an eine friedliche Auslegung des 
Streites. 

Keine der Friedensgesandtschaften Pius IL aber bean- 
sprucht von uns ein gleiches Interesse, als die des Erzbischofes 
Hieronymus Landus von Kreta, geachickt, die Breslauer zum 
Frieden mit dem Böhmenkönige zu bewegen. 

Es hatte König Georg, eben so wenig wie die andern 
Fürsten des Reiches willens sich persönlich nach Mantua zu 
begeben, sich der gleichen Ausrede bedient, wie Kaiser Frie- 
drich, der Herzog von Burgund und andere : dass der Unfriede 
im eigenen Laude seine Entfernung nicht angezeigt erscheinen 
lasse. Das deutete auf die Breslauer; auch hielt der König 
mit der Klage nicht zurück, dass der Papst seinen rebel- 
lischen Unferthanen Schutz und Rückhalt gewähre. Ander- 
seits aber waren die stets erneuteu Hilferufe und Bitten der 
Breslauer, sie nicht allein zu lassen bei der Vertheidigung 
des Glaubens und dem Könige nicht zu trauen, so dringend, 
dass sich der Papst lange nicht entschliessen konnte nun hier 
in Böhmen ebenso vermittelnd einzuschreiten als anderswo. ') 
So erhielt der seit Monaten in Italien weilende Bischof Jobst 
von Breslau, als er in der zweiten Hälfte August sich zur,. 
Heimreise anschickte, jenes vom 14. August datirte Schreiben ^^ 
vom Papste mitgegeben, in weichem dieser die Breslauer offen 
aufforderte, den König anzuerkennen und sich in Hinkunft 
nicht blos aller Schmähungen gegen jhn zu enthalten, sondern 
ihm zu geben, was ihm als ihrem Herrn gebühre. Es ist in 
dem Breve auf die Verwendung des Markgi'afen Albrecht von 



') Stockheim, Text S, 84. Doch bringt Stockhein keine Quelle bei, 

*) Die Schreiben der Brealauer an den Papel, das Cardinal collegium 

ihre Vertreter bei der Curie bringt Hermana Markgraf in der „Polit. 

Korrespondenz der Stadt Breslau ;" Scriptor. rer. Silesiac. VUI., S. 25—33. 






- 142 - 

Brandenburg hingewiesen. ') Trotzdem war Pius II, noch immer 
unschlüssig. In eben jenen Tagen schrieb der Papst dem 
Könige persönlich, „er könne die Breslauer nicht zum Gehorsam 
ermahnen, denn dies zu thun, sei Sache des Kaisers und nicht 
des geistlichen Hauptes der Christenheit," ') Zugleich erhielt 
Bischof Jobst den Auftrag, vorerst mit dem päpstlichen Schreiben 
zurückzuhalten und auf andere Weise den Ausgleich zu suchen. 
Daraus erklärt sich des Bischofs Zuwarten bis in die eisten 
Oktobertage. 

Inzwischen dauerte die Fehde gegen die Stadt Durch 
Plündenmgszüge, durch Brand und Verwüstung all des, was 
vor den Mauern lag, erlitt die Bürgerschaft schweren Schaden ; 
aber ihr Muth blieb ungebrochen; am 1. Oktober gelang es 
ihr, einen feindlichen Angriff mit glücklichem Erfolge zurück- 
zuweisen. *) 

Der offene Krieg, in dem die Bürgerschaft, isolirt and 
wenig vorbereitet, nothwendig schliesslich unterliegen musste, 
bewog endlich Pius II. zu entschiedenem Vorgehen. Nach den 
" mittleren Septembertagen *) ernannte er den Venetianer Hie- 
ronymus Landus Erzbischof von Kreta und den gelehrten 
Franciseus von Toledo zu Legaten des apostolischen Stuhles 
mit dem Auftrage, zwischen dem Böhmenkönige und den 
Breslauem zu vermitteln. Dass nicht die Hoffnung, den 
Böhmenkönig persönlich zur Reise nach Mantua zu bewegen, 
den Papst leitete, ergibt sich daraus, dass er, was sonst über- 
flüssig gewesen wäre, Franciseus von Toledo noch den Auftrag 
gab, sich mit dem Könige besonders über den Türkenkrieg 
zu berathen. 



') Das Schreiben vom. U. Aug. in der „Polit Sorresp." ScripKtr. 
rer. Silea. YIH-, S. 33; das dem Bischof mitgegebene Breve bringt Escheit- 
loer Hiator. Wrat. pag. 59. 

') Das Brece an Georg Üe dato 19. Äug. 1459 bei Eschenloer, 
Histor, Wrat, pag, 60. 

') Darüber EBchenloer, Histor, Wrat. pog. 55 sq. 

') Die Mandate der päpstlichen Gesandten vom 20. Sept. 1^: 
man siehe Theioer Vetera Moaumenta Foloniae, U tom. Romae 1S60 — fil, 
ri. Kro. 1G6, S. 121; Rajnaldua ad anii. 1459, Nro. 23; Eschenloer, O«- 
schichten I. S. 164; Hiafor.Wrat. pag, Pl-92 es orig. 



Schon am 29. September wusste man in Breslau von der 
Reise der Legaten und Capitel und Bürgerschaft säumten 
nicht, ihre Sache jenen noch auf dem Wege zu empfehlen. ') 
Nun stellte sich am 3. Oktober auch Bischof Jobst vor der ^■ 
Bürgerschaft von Breslau eiu, den Ausgleich mit dem Könige 
zu betreiben. Aber sein Bemühen war eitel. Aus den Worten 
des päpstlichen Schreibens folgerten die Breslauer eben nur 
dass der Papst über den König übel berichtet und ganz irrigei' 
Ansiebt sei. Ob Jobst nun auch das Schreiben des Papstes 
an den König vom lii. August in einer Copie vorwies, 
er machte die Sache nur schlimmer. Sofort wies man auf 
die Stelle hin, in der der Papst die Vermittlung von sich 
ablehnte; mit noch ärgerem Mistrauen belastet, unter Schimpf 
und Hohn mnsste der Bischof abziehen. Nicht besseren Er- 
folg hatte wenige Tage darauf ein letj;ter Vermittlungsversuch, 
den die Herzoge von Oels unternahmen. ') 

Es mnsste der husitischen Bevölkerung der böhmischen 
Hauptstadt seltsam dünken, dass Gesandte des apostolischen 
Stuhles nun meder wie in alten Tagen in ihre Mauern ein- 
zogen, noch mehr aber, als sie sah, mit welch ausgesuchten 
Ehren sie der König feierte. Er hatte Grund genug dazu. 
Eben jetzt gab ihm ja die Kurie den höchsten Beweis ihres 
Vertrauens ; die päpstlichen Boten kamen, um in seinem 
Interesse einen schweren und unleidlichen Streit zu Ende zu 
bringen. Am 19, Oktober, also unmittelbar nach des Königs'*' 
Rückkehr von dem Tage zu Pilsen, ja vielleicht in dessen nJ 
Begleitung waren die Legaten nach Prag gekommen. ') Am 
nächsten Tage sprach der Erzbischof von Kreta in feierlicher 



1 der „Polit. Korreapondenz Brealau'a" Script. 
Zwischen den Herzögen von 



*) Dfts Schreiben i 
\ nr. Süesiac. VIII., S. 35, 

*) KBctenloei", Histor. Wratisl. 1. ' 
I Oela iiad Breslau kam ea wenigatenB bpreiiB am äö. Oktober, also ziemlich 
I lange vor dem Eiotreffcu der Legaten zu eiuem WaU'enatiU stände bis 
i^heil. 3 Könige Tag i6 Jan.) 1460. Pol. Koireap. S. 35-36. 

') Da, der König nocii am 17. October in Pilsen mit den wittela- 
bscMBclieD Fürsten tagt, masa seine Beiae nach Prag auf den 18—19 d. 
fallen; am 20. fand bereits der feierliclie Empfang der beiden 
Nontien statl. 



- 144 - 

Audienz vor dem Könige und seinen Edleu über die Veran- 
lassung und den Zweck seiner Sendung. Sofort zur Sache 
sich wendend beglückwünscht der Legat den König, Zeitgenosse 
eines obersten Vorstehers der Kirche zu sein, der wie Papst 
Pius II. sich durch unglaublichen Eifer für Christi Namen und 
die heilige Sache des Glaubens auszeichne. Er erhebt nun 
den Papst mit den höchsten Lobsprüchen, preist sein Streben 
die christlichen Völker zu gemeinsamer Abwehr gegen die 
Türken zu vereinigen, die hohen persönlichen Opfer, die der 
heilige Vater bereits dafür gebracht habe. Aber auch der 
König sei schuldig, sich mit ganzem Herzen und voUer Macht 
an dem Schutze des christlichen Namens zu betheiligen. Ihn 
nöthige die Sorge für Gottes Ehre und den Schutz des chriät- 
lichen Namens, ihn sporne das Verlangen sich für die erhaltenen 
göttlichen Wohltbaten dankbar zu erweisen, ihn zwinge die 
di'ingende Nothwendigkeit Hilfe zu leisten, es fordere ihn 
Ehre und Ruhm seines Namens und Hauses dazu auf. — Und 
nun wendet sich der Erzbischof dem zweiten Zwecke seiner 
Sendung zu. Erfüllt von Schmerz, dass die christlichen Völker 
statt die Waffen gegen die Türken zu kehren, sich gegenseitig 
zerfleischten, dass der Zwiespalt zwischen dem Könige und 
den Ereslauern von Tag zu Tag wachse, habe sie der heil. 
Vater gesandt, um Frieden zu stiften. Der Papst wisse, wie 
schwer es sei in häuslichem Kriege zu liegen und zugleich 
draussen im Felde zu kämpfen, darum wünsche er des Reiches 
Frieden und Eintracht. Der König möge sich dem nicht ent- 
gegenstellen. Ein wenn auch unbesonnener, so doch nicht . 
böser Eifer habe die Bürgerschaft gegen ihn aufgeregt; die; 
Bürgerschaft sei zahlreich, die Stadt reich und mächtig, dagegen' 
des Königs HeiTscbalt jung imd noch nicht auf starker Grund- 
lage: besser sei es zu verzeihen, als durch Anwendung von 
Gewalt Gefahr über seine Herrschaft, Verderben über die Stadt 
heraufzubeschwören. ') — Die Willigkeit der Legaten, mit der 



■) Die Rede des Erzbischofs von Kreta findet eich im Ood. G*XX.,| 
Fol. 472 an. der Prager Metropol itanbibliothek, sie war auch Falac^ifl 
wie Anm. 85 in den D^iny oärodu teaköiio IV. 2 str. 103 ausweist,] 



sie sich dem Friedenswerke weiter unterzogen, der Eifer, mit 
dem sie in Breslau wie später in Rom für die Sache des 
Königs sprachen, lässt erkennen, dasa Georg mit Versprechungen 
ifüA Zusagen nicht sparsam war. ') Nun zogen jene von einem 
Ehrengeleite des Königs geführt nach Schlesien weiter, ') der 
lÖDJg aber eilte gegen Eger, wo wir ihn bereits gefunden haben. 
Die apostolischen Nuntien wurden in Breslau von 
Eieistlichkeit, Eath und Bürgerschaft mit der höchsten Aus- 
Eeichoung empfangen. *) Mit ihnen kam mit besonderen Voll- 
biacbten vom Konige versehen Matthäus von Wschechowitz 
^ytesovec) mit geziemender Gefolgschaft, ein dem Könige treu 
^gebener, verschwiegener Mann. ') Auch Eonrad der Schwarze 
stellte sich ein bei der Friedenastiftung mitzuhelfen. °) Das 
'^eng aber nun keineswegs so leicht. Es ist auch begreiflich, 
'dass die Breslauer Bürgerschaft sich nicht so einfach jenem 
US Henn unterwerfen wollte, mit dem sie nun seit Wochen 
im Kampfe gelegen war und von dessen Getreuen sie em- 
pfindlichen Schaden erlitten hatte. Es musste da ein Uebergang 
yon dem Zustande erbitterter Feindschaft zu dem Verhältnisse 
tertrauuugsvoller Unterthanentreue gefunden werden und that- 

Ichlich waren die Bemühungen der Legaten erst dann von 

rfolg, als man jenen Mittelweg gefunden. 



') Nachrichten Ton dem Aufenthalte der Legaten ia Prag bieten 
sh bei Pftlacky, ürkuadl. Beitr. Nro. 202, S. 195-196; Jacob. Piccolom. 
rdin. Papiens. Commeot. lib. VI. pag. 433; Eachenloer, Geschichten 
r Stadt Breslau S. 118; Dlugoas pag. 256; Cochlaeue lib. XII. Ihr 
ifenlboll stellt, sich (gegen Cochlaeua und die Stari letopieovä, str. 174) 
f den 19. Octob. bis 4. Noveinber (am 5. bitten sie von Nimburg aus 
t &eiea Geleile für ihre Begleiter. Eachenloer, Hiator. Wrat. pag. 64, 
im. S.), um 11. waren sie in Breelan (Eschenloer and Urkundliche Bei- 
i). Da sie nach der Prager Rede des Legaten sicherlich noch bei der 
Eröffimng des Mantuaner Congreaaes |2C. 8ept.) zugegen waren, so beträgt 
di« Reisedauer vun Maotna nach Prag ca. 3 Wochen. 
') Urkundliche Beiträge 1. c. 
*) Eschenloer, Hiator. Wrat. S. 6^-65, 

•) Eschenloer, Hiator. Wrat. 8. 64 und Ürkundl. Beitr. Kro. 202 
195—196. 



Hatte der Erzbischof von Kreta schon bei seinem Ein- 
züge in die Stadt mit Staunen auf die Zahl und Waffenrüstung 
der Bürger hingeblickt, so erfuhr er sofort, dass auch ein 
trotziges Kraftbewusstsein in den erbitterten Männern lebe, 
auf die selbst die eleganteste Friedensrede keinen Eindruck 
machte. Die Rede des Legaten an den Breslauer Bath und 
'''■die Gemeine vom 13. November, eine schöne Probe oratorischer 
Gewandtheit iu jenen Tagen, stellte auf langem Umwege mit 
Rücksicht auf die ungünstige Lage der Stadt, die gebietende 
Stellung des Königs und die von den Türken drohende Gefahr den 
Frieden als nothwendig und wünschenswerth dar. Um Frieden zu 
stiften, sagt der Erzbischof, seien er und seine Begleiter ge- 
kommen, es sei nun Sache der Breslauer, als ti'eugehorBame 
Söhne der Kirche sich dem Wunsche des Papstes zu fügen. 
Eine so offene Parteinahme der Legaten für den ver- 
hassten Böhmen überraschte Alle; der Eindruck war ein 
durchaus ungunstiger. Schnell wurden schlimme Reden auch 
über die Legaten in der Menge laut. Umsonst strebten der 
Rath selbst mit Geistlichen in langen Berathungen zu einem 
Beschlüsse über die den Legaten zu ertheilende Antwort zu 
gelangen. Diese hatten inzwischen, das Volk nicht noch mehr 
zu reizen, für die Einstellung der Feindseligkeiten gesorgt 
und mit der Geistlichkeit und hervorragenden Bürgern sich in 
engere Verhandlungen eingelassen , die aber zu keinem 
Ergebnisse führten. Nur die ünkenntniss der Verhältnisse 
konnte die Nuntien verleiten, sofort die Huldigung für den 
König zu verlangen. Wie weit es noch bis dahin, konnte 
die Antwort der Breelauer am 1. December lehren. Sie 
danken dem Papste und danken den Legaten für ihre Fürsorge ; 
den König könnten sie aber nicht als ihren Hen-n aufnehmen. 
Er sei ein Ketzer und mit üebergehung der vorhandenen 
rechtmässigen Thronerben widerrechtlich zum Throne gelangt. 
Mit der Ketzerei aber, die der gegenwärtige König trotz seiner 
Versprechungen nicht ausrotten, sondern stärken werde, wollten 
sie so wenig zu thun haben, wie einst ihre Väter. Sie könnten 
darum den König erst aufnehmen, wenn er offen seine Unter- 
werfung unter die Kirche bewiesen habe; bis dahin, so bäten 
sie inständig, möge sie der Papst gegen Podiebrad schützen. 



- 147 - 

Nim hatten zwar die Legaten in ihrer Antwortrede gegen 
jeden der vorgebrachten Artikel einen Einwurf; sie suchten 
von König Georg den Makel der Ketzerei zu nehmen und 
wiesen nach, dass man im Falle der Noth sogar einem Ketzer 
gehorsamen dürfe, so wie es auch nur atif dem Wege der 
Sanftmuth uud in langer Zeit möglich sein könne, der vielen 
Ketzer in Böhmen Herr zu werden: ihre Worte mehrten nur 
den Unmuth der Menge, die nach fünftägigen fruchtlosen Be- 
rathungen endlich sich einredete, man dürfe den Legaten keinen 
Glauben schenken; nicht im Namen des Papstes, sondern vom 
Gelde des Königs bewogen hätten sie der Bürgerschaft solchen 
ßath ertheilt. Es half nichts, dass der einsichtsvollere Theil 
der Bürgerschaft, mit vieler Vorsicht freilich, darauf hinwies, 
es gehe denn doch nicht an, die Gesandten des apostolischen 
Stahles zu verdächtigen, man dürfe sie nicht unverrichteter 
Sache ziehen lassen, sonst würde auch der Papst sich dem 
Könige zu Hilfe und Beistand verbinden und der Äugen- 
blick des Verderbens für die Stadt wäre gekommen. Die 
Legaten gössen dann, indem sie zur Unzeit eiue strenge 
Miene hervorkehrten und drohten, die Stadt bei längerer Hart- 
nackigkeit der Bürger mit dem Banne zu belegen und diese 
als Rebellen gegen den Papst, den König und die Krone 
Böhmen hinzustellen, erst recht Oel ins Feuer. Zwar schüch- 
terten sie den Rath zum Theile ein; der aber verlor eben 
deshalb dem aufs äusserste erbitterten grossen Haufen gegen- 
über die Zügel des Regimentes ftir die nächsten Tage völlig. 
Li den Zechen lärmten und tobten die Bürger um die Wette 
gegen den König, die Legaten, ja gegen den Papst selbst. 
Hielten die Prediger auch öffentlich ein vrenig zurück, im 
Geheimen stimmteu sie jenen völlig bei. Bei solchen Um- 
ständen, wo es jeden Augenblick zu offenem Tumulte kommen 
konnte, der selbst für das Leben der Legaten nicht ohne Ge- 
fahr war, weigerte sich der Sfadtschreiber P. Eschenloer eine 
neue Rede der Legaten an das Volk zu verdolmetschen, in 
der diese gegen alleinige Sicherstellung der freien Glaubens- 
ausübung, von Leben und Eigenthum die bedingungslose Hul- 
digung verlangten. Er eilte vielmehr — es war der Tag 
Maria Empfängnis — mit dem Hauptmann Anton Homing, 




148 



dem er allein von dem Inlialte der Rede Kenntnis gegeben, 
zu den päpstlichen Nuntien und öffnete ihnen nun über die 
Lage der Dinge rückhaltslos die Augen. Sie müssten entweder, 
so sprachen beide Männer voll Sorge zu den bestürzten 
Legaten, andere Bedingungen stellen, oder falls sie dies nicht 
könnten, schleunigst mit den Ihren die Stadt verlassen; es 
sei sonst das Schlimmste zu befürchten. Alsbald schrieb Fran- 
ciscus von Toledo auf einen Zettel, die Legaten würden für 
den Aufschub der fluldigung bis Jahresfi'ist mit allen Mitteln 
eintreten. Damit wussten nun Eschenloer und der beim Volke 
hoehangesehene Ilorning den drohenden Haufen za beschwich- 
tigen, so dass nun auch die Legaten vor der nach dem Kath- 
hause beschiedenen Menge sich mit Worten des Friedens 
hören lassen durften. Noch das verlangten die Breslauer, dass 
man ihnen nicht eine einjährige, sondern eine dreijährige 
Frist zur Huldigung gönne. Als die Legaten auch dagegen 
keine weiteren Schwierigkeiten erhoben, war endlich der Weg 
der Verständigung gefunden. 

Die einzelnen Punkte des Friedensvertrages waren rasch 
abgefasst : mit ihnen begaben sich die Legaten begleitet 
von drei Breslauer Bürgern, dem Käthe, der Kaufmannschaft 
und der Gemeinde angehörig, und dem eifrigen Stadt- 
scbreiber Eschenloer persönlich nach Prag, die Zustimmung 
König Georgs zu erlangen. Die Mittheilungen der Legaten 
waren ohne Zweifel derart, dass der König keine besonderen 
Schwierigkeiten erhob; nur dass auch Herzog Balthasar von 
Sagan in den Frieden eingeschlossen sein sollte, wollte er 
lange nicht zugeben, Endlich kam man auch darüber hinweg: 
Georg gestand die Artikel zu, und hocherfreut darüber wie 
über des Königs Huld und Leutseligkeit meldeten die Ge- 
sandten bereits am 23. December diese Freudenbotschaft in 
die Heimat, ') wo sie von der plötzlich umgestimmten Bürger- 
schaft mit Jubel begriisst wurde. So hatte man doch nicht 
umsonst geduldet und gestritten; während alle andern sich 



') Nach einer Nachrichl des Breslaner Stadt -Arch. Roppan 26 ti 
mit|;etlieilt in den Scriptores rerum Süesiac. VIL S, 89. Anm. 1 
Hermann Markgraf. 



- 149 — 

kleinmülhig vor dem Erfolge beugten, war die Bürgerschaft 
Allein mit schweren Opfern eingestanden für ihr Recht und 
ihren Glauben ! Aus dem zum Theile berechtigten Hochge- 
flihle, das die Herzen der Breslauer nun erfüllte, hat wie 
erwähnt Meister Escheoloer selbst zu historischer Arbeit Lust 
und Kraft geschöpft. 

Nur Franz von Toledo kehrte mit den Breslauer Boten 
selbst zuiück. Die Bürgerschaft rüstete nun eine zweite an- 
sehnlichere Gesandtschaft. Je vier Mitglieder des Bathes und 
der Gemeinde, denen wieder Eschenloer beigegeben war, zogen 
mit dem Archidiakon von Astigia im Geleite von 60 Reitern 
tind mit reichen Geschenken versehen zum Könige. Auch die 
Domherren Dr. Petrua Wartemberg und der Kanzler Andreas 
"Wayner als Vertreter des Domkapitels imd ebenso Abgeordnete 
Von Namslau werden als bei dem Versöhnungsakte in Prag 
;egenwärtig genannt. Dagegen verschmähte es Herzog Bal- 
thasar von Sagan, den Frieden mit dem Künigc durch die 
Vermittlung der Breslauer Bürgerschaft zu erlangen; er blieb 
deshalb, gewiss zur sichtlichen Genugthuung des gegen ihn 
tind seinen Bruder besonders erbitterten Königs, von dem 
lYiedensvertrage ausgeschlossen. 

In glänzender Versammlung von dem Könige, der sich 
gegen jeden huldreich und gnädig erwies, empfangen, leisteten, 
nun die Breslauer Boten demuthige Abbitte und erlangten 
dafür die Zusicherung völligen Vcrzeihens und Vergessens. 
er König hatte für jeden ein freundliches Wort, eine beson- 
dere Frage und wusste klug der Eitelkeit und dem Stolze ^^ 
deB Einzelnen zu schmeicheln. Mit dem 13. Januar war das 
Triedensgeschäft beendet, von dem Könige und der Bevölkerung ^ 
der böhmischen Hauptstadt kaum minder freudig begrUsst als 
von den Bürgern Breslaus, die nun von den päpstlichen Legaten 
begleitet frohen Muthes in ihre Vaterstadt zurückkehrten. ') 



*) Die Daratcllnng oach den so reichbaltigeii Angabeo I>. Eachen- 
Iowa in seiner Hist. Wrat., Scriptor. rer. Sileaiac. VH., 8. 63—98, wo 
aich auch in sorgfältiger zum Tbeile nacti dem Originale geschehener 
AuBgabe H. Markgrafs die Frieden sreden der Legaten and die Antwort 
der Breslauer, dann die zum rriedensvertrage vom \3. Januar gehörigen 



maä 



Hier hielt die freudige Bewegung noch länger nach und auch 
den Legaten wurde der Dank für ihre eifrigen Bemühungen. 
Man beschenkte sie und hielt sie in hohen Ehren und gönnte 
ihnen gern in den Streitigkeiten zwischen Rath, Gemeinde 
und Klerus das entscheidende Wort. Auch dem Papste dankte 
die Bürgerschaft für seine väterliche Vermittlung in einem 
Schreiben, dessen Ueberbringer die am 10. Februar nach 
Polen abgehenden Legaten sein sollten. ') In der That war 
Pius n., als die Legaten sich in wochenlangen yergeblichen 
Friedensversuchen, von denen er natürlich genaue Kunde 
hatte, abmühten^ in Sorge gerathen und hatte daher am 
'"' 10. Januar selbst die Grundlagen eines Vertrages zwischen 
den Breslauem und dem Könige an die Nuntien überschickt, 
der die Breslauer gegen Sicherstellung ihrer vollen Glaubens- 
freiheit und der Privilegien ihrer Stadt dem Könige unter- 
werfen sollte. *) Um so mehr gab sieh nun der Pqpst zufrie- 
den, als er aus dem Berichte der Legaten vom 15. Januar 
erkannte, dass jene mehr erzielt hätten, als er selbst gefordert 
hatte. Hatten die Breslauer versprochen, als Glieder des 
böhmischen Reiches von nun an an den Landtagen theilzu- 
nehmen, überhaupt in allem dem Könige getreu und gehorsam 
zu sein, so war doch ihre endliche Huldigung an die eine 
wichtige Bedingung geknüpft, dass Georg ein „wahrer und 
unbezweifelter Katholik, ein christlicher König von Böhmen" 



Stücke finden. Die „Geschichten iler Stadt BreBlau" (S. 118—167) wurden 
ala ungleich später verfasst mir in zweiter Reihe herangezogen. Die 
FriedenBurkunden Tom 18, Januar finden sich auch bei Cachlaeas Hiator. 
Hnasit. lib, XII. pag. 4S3— 425, in deutschem Auszüge auch bei Z. Theo- 
bald, HusBitenkrieg, III. Theil, S. 60 63; Tollatäudig bei Theiner, Monum. 
Polen, tom. n, pag. 133 ff., eingeBchloasen in den Berirht der Legaten 
Tom 15. Januar, also offenbar nach der von jenen, an den Papst geschickten 
Ahachrift. Palacky bringt iDSjiny i-eskiho närodn IV. 3. str. 104— lOT) 
den Gang der Friedensverhandlungen nur übersichtlich, dagegen einen 
Theil der Friedensrede vom 13, November mit ihrer oratoriBuh über- 
triebenen und absichtlichen Hervorhebung der Macht König Georgs wQrtlich. 

') Das Dankschreiben de dato 6. Februar UGO bei Theiner, L c. 
pag. 128, vro aich auch noch ein ähnliches an den Eünig vom IT, Jan. findet. 

*) Die päpsüichen Breven vom 10. Januar 1460 an die Legaten 
und die Brealauer gerichtet bringt Raynaldug ad an. 1459 Nro. 74 u. 76, 



151 



sei. Und dazu versicherte König Georg, dass ihm die RUck- 
fuhiiing Böhmens zur völligen Union mit der alten Kirche und 
der Türkenkrieg gleich sehr am Herzen lägen. In beiden Be- 
ziehungen schien sich ein lang gehegter glühender Wunsch 
des Papstes zu verwirklichen. Nüchterner freilich sah der 
ernste weitschauende Carvajal auf das rührige Treiben des 
neuen Böhmenkönigs. Und auch er durfte mit den Fruchten 
seiner römischen Politik bis jetzt zufrieden sein. Die Kurie 
hatte die Festigung, seines Thrones nicht gestört, den Ausgleich 
mit den deutschen Fürsten beifällig angesehen, nun ihm 
von schwerem Kriege mit den eigenen Unterthanen zur un- 
bedingten Anerkennung in allen seinen Landen verholfen. Die 
Freundschaft mit Rom verbürgte dem Könige aber auch die 
Erhaltung des religiösen Friedens in seinen Landen; nur 
wenn dieser bestehen blieb, Hessen sich die weitausgreifenden 
Pläne verfolgen, die damals die Seele des Königs bewegten, 

liohe Ziel erreichen, das rastlos dem Ehrgeizigen vor- 
schwebte. 

Und in eben jenen Februartagen, an denen die Legaten 
erfbigesfreudig die Mauern von Breslau verliessen, erhielt 
König Georg die eingehenden Berichte selbes Rathes Martin 
Uair über den Erfolg seiner Mailänder Gesandtschaft. 

Da wir Dr. Martin Mair noch am 21. December 1459 in 
I.andshut bei Herzog Ludwig finden, der an eben jenem Tage 
den Doctor bleibend gegen den hohen Gehalt von jährlich 
400 Goldgulden und andere wichtige Zugeständnisse in seine 
Dienste nimmt, wogegen Mair und seine Hausfrau Katharina 
versprechen, von nun an in Landsbut ihren ständigen Wohn- 
sitz zu nehmen, '} so wird er wohl die Weihnachtsfeiertage 
1459 noch bei Frau Katharina gefeiert haben. Aber mit Be- 
ginn des neuen Jahres, also mitten im Winter, zog der Doctor 
seine Strasse nach Mailand. TrotJ! des Ungemaches, das der 
Gebirgsttbergang und ein harter Winter ') dem eifrigen Bot- 
achafter auferlegten, war er doch schon vor Mitte Januar am 



') Stockheim, Beilagen S. 325-328. 

') Tob der Härte des Winters berichtet 'l'h. ELendorier v 



— 152 - 

Ziele seiner Reise. ') Auf Gnind der ihm vom Könige (jwt$ 
mitgegebenen Generalbeglaubigiing erlangte Mair alsbald auch 
"■eine öffentliche Audienz bei dem Herzoge, die Gelegenheit bot, 
j°in sorgfältig gehaltener und mit oratorischer Kunst vorge- 
brachter Ansprache zunächst nach der Weise der Zeit des 
Herzogs Tugenden in überschwenglichem Masse zu preisen, 
dann aber auch Kiinig Georgs Vorzüge in das rechte Liebt 
zu gtellen. Das Band zwischen beiden Fürsten, so führte der 
Redner aus, sei ein natürliches und inniges; darum wünsche 
der König auch dem Herzoge das möglichst Beste und yor 
allem, dass er im Besitze seiner Herrschaft verbleibe. Habe 
der Herzog in dieser Beziehung irgend einen Wunsch am 
Herzen, so möge er sich dem Könige als seinem vertrauten 
und getreuen Freunde mittheilen, der König habe Mittel und 
Wege, ihm zu dessen Erfüllung zu verhelfen, und er, Martin 
Mair, sei in der Lage, dem Herzoge darüber in Gegenwart 
vertrauter Räthe weitere Aufklärungen zu geben. Darauf nun 
antwortete Franz Sforza durch den Mund des Ritters Thomas 
von Arretin in für den Böhmenkönig gleich schmeichelhaften 
Worten; er sprach seinen Dank dafür aus, dass ein so mäch- 
tiger Fürst ihm zu Dienste sein wolle; er erklärte, dass et 
die Vermittlung des Königs annehme und bestimmte Ort und 
Zeit für die weiteren geheimen Verhandlungen. 

Als ein in derlei Geschäften wohl erfahrener Mann und 
wohl wissend, wie viel von der Neigung und Meinung der 
Räthe des Herzogs abhänge, unterliess nun Mair nicht, sich 
am Hofe alsbald Freunde zu erwerben. War schon der Ein- 
druck der öffentlichen Rede kein ungünstiger, so schmeichelte 
er weiter Galeazzo Maria, dem Sohne des Herzogs, und wusste 
ebenso dessen vertrauten Rath Dr. Ghirardus de Collis völlig 
von sich einzunehmen. Beide richteten besondere Schreiben 
mit Ergebenheitsbezeugungen an König Georg; letzterer singt 
zudem Martin Mair's Lob mit vollen Backen. *) 

') Da Geleazzo Maria Sforza bereila am 17: Januar, wo die feierlidie 
Andienz bereits vorüber war, an König Georg schreibt, darf man Mi^'b 
Aokanft wohl einige Tage froher aoaetzen. 

«) Die beiden Schreiben in den Urkondl, Beitr. Nro. 308 und 309, 
S. 198—199. Tod Mair schreibt Ghirardas: „Fuit . , . ad ducem mmm 



- 153 - 

An den geheimen Berathimgen, fiii' die sich Mair dem 
Herzoge durch die Spezialvollmacht des Königs als dessen 
vertrauter Rathgebcr dokumentirte, nahmen nui' drei der 
iicrzoglichen Räthe Theil, die schon genannten Arrelin und 
ile Collis lind des Herzogs Kanzler Cichi. Hier nun setzte 
der Unterhändler die Art und Weise aiiseinander, in der König 
Georg dem Herzoge zur ersehnten Investitur mit dem Herzog- 
Üiiime verhelfen werde ; dabei kam man nothwendig auf des Königs 
beabsichtigte Erhebung zum römischen Könige zu sprechen, 
die Mail' in doppelter Hinsicht für seine Zwecke zu verwerthen 
trachtete. 

Äfit geheimnisvoller Wichtigkeit deutete Mair zuerst an, 
es wurden an des Böhmenkönigs Hofe Dinge berathen und 
vorbereitet, welche die persönliche Stellung des Mailänder 
Herzogs und das Schicksal seiner HeiTschaft nahe berührten, 
die sogai-, besorgte der Redner, nicht so ganz ohne Gefahr 
wären, wenn nicht der Herzog, selbst erprobt in Kampf und 
Gefahren, als mächtigen Freund den Böhmenkönig zur Seite 
hätte. — und nun führte Mair des weitern aus: Es fanden 
zwar eben zu Mantua auf des Papstes Andringen Berathungen 
statt, wie man die gesammte Christenheit zum Kampfe gegen 
Ao Türken aufbringen könne ; aber die Kurfürsten des Reiches 
Und die andern geistlichen und weltlichen Fürsten, zum Theile 
lurch die Bande der Schwägerschaft, zum Theile durch freund- 
iche Einung oder böhmischen Lehenbesit?. mit dem Könige 
'erbunden, wären entschlossen, so lange nicht ihre Waffen in 
[je Fremde zu tragen, als zu Hause Unfriede und Verwirrung 
lerrschten. Nun schildert Martin Mair des Reiches Noth in 
ieo grellsten Farben. — Darum sei auch das Vorgehen der 
Fürsten ebenso patriotisch als gerechtfertigt und nothwendig. 
>er Mann aber, auf den die Fürsten ihre Hoffnungen setzten, 
xd den ganz Deutachland erwartungsvoll bliclie, sei König 



misBua d, Martinas Mair, qui adeo omate, adeo eleganter causam 
iaimae m^estatia peroravit, ut auditores o 
ituporem adduüerit ita, at si antea illustrissimus princeps i 

mfyeatftli illiqae obaeqni srnnme affectaverat, nunc eidera 
itgeetati reslrae ditissiinns (sie) et devotissimuB exiatat, prout seriosiuB 
X eodem domtDO Martino intelliget veatr« Si 




- 154 - 

Georg von Böhmen, 4es Reiches erster Kurfürst. Seine Macht 
sei eben so gross als seine Klugheit; beides bäten ihn die 
Fürsten in dieser schweren Zeit zur Neugestaltung, Neuord- 
nung und Erweiterung des Reiches zu verwenden. Der 
König solle sich erheben und jedes Mittel ergreifen, wodurch 
Friede und Gerechtigkeit wiederhergestellt und das alte 
Reich erneut, wodurch aber auch die dem Reiche ent- 
fremdeten Landschaften und Besitzungen, darunter vor allem 
das Herzogthum Mailand wiedereingebracbt würden; sie 
wollten dabei dem Könige in jeder Weise und mit ihrer ganzen 
Macht behilflich sein. So biete sich dem Könige die Gelegen- 
heit, sein Ansehen und seine Würde zu höchst zu erheben 
und den seltenen Ruhm eines Vertheidigers und Vergrösserers 
des heil, römischen Reiches zu erwerben. Dennoch sei er aber 
noch schwankend und unentschlossen, und besonders sei er 
es in dem, was den Herzog von Mailand betreffe; er lasse 
vielmehr iiiemit als wahrer Freund dem Herzoge mittheilen, 
was sich vorbereite, damit dieser bei Zeiten seine Massregeln 
treffen könne. Alle Versuche des Herzogs, die Investitur zu 
erlangen, seien bisher gescheitert ; nun erbiete sich der König 
durch ihn, Martin Mair, die Sache in die Hand zu nehmen 
und hoffe sie leicht zu einem guten Ende zu führen ; im ganzen 
Reiche gäbe es, so schliesst der Redner, keinen Fürsten, der 
80 viel in dieser Sache fördern, aber auch so mächtig im Wege 
sein könne, als Seine königliche Majestät. 

Schlau genug hatte sich der feine Unterhändler seine 
Sache zurechtgelegt; er schmeichelte offen und wusste versteckt 
zu drohen, er suchte Besorgnisse zu erregen und nährte frohe 
Hoffnungen ; die Wahrheit aber kam übel dabei weg, Uebrigens 
irrte er sehr, wenn er meinte, die Italiener würden ihm ohne 
weiteres ins Garn gehen ; die wussten mehr und vieles besser, 
als er vermeinte, sie sprachen höflich, aber handelten vor- 
sichtig. Das konnte Martin Mair sofort aus der Antwort des 
Herzogs ersehen, der es sich nicht versagte, den Gross- 
sprechereien des böhmischen Gesandten nebenbei einen kleinen 
Dämpfer aufzusetzen. „Zwar hätten auch andere Fürsten 
des heil, römischen Reiches ihm in fraglicher Sache Hilfe und 
Beistand angeboten, doch nehme er eben die Vermittlung 



und guten Dienste des Böbmenkönigs mit gröaster Freude an 
■«nd bitte ihn, den Gesandten des Königs, ihm Mittel und 
"Wege in klare und besondere Punkte gefasst anzugeben, um 
-sie mit seinen Käthen in Betracht ziehen zu können," — 

Welches die Fürsten des Reiches waren, auf die sich Franz 
Sforza's Worte bezogen, ist unschwer zu erratben. Den Herzog 
Ton Mailand zu gewinnen, hatte die nach Markgraf Albrechts 
weit aussehender Politik vorgehende brandenburgische Partei 
zu einer ihrer Aufgaben gemacht; es liegt die Annahme sehr 
nahe, dass Markgi-af Albreeht, der zwei Wochen vor Martin 
Mair über den Schnee der Alpen nach Italien hinabgestiegen 
dem Mantuaner Congresse beizuwohuen, in Mailand 
persönlich mit dem Herzoge die Sache verhandelt hatte. 

Martin Mair kam nun dem Wunsche des Herzogs nach 
und legte den schriftlichen Entwurf eines Bündnisses zwischen 
Böhmen und Mailand sowie die Art und Weise dar, in der 
Sforza mit des Königs Hilfe die Investitur erlangen sollte, 
Offenbar entledigte er sich dieser Aufgabe mit gutem Geschicke ; 
'die Mailänder giengen nicht blos auf des Doctors Vorschläge 
weiter ein, sie legten unter der Hand diesem auch nahe, dass 
sich der Herzog noch über weitere Punkte, wie eine Wechsel- 
heirat der beiderseitigen Kinder, die Vermittlung eines Bünd- 
nisses mit dem zuletzt sich behauptenden üngarkönige durch 
Honig Georg, endlich die Erlangung des Keichsvikariates in 
einigen Theilen Italiens, mit dem Könige zu verständigen 
wünsche; nur möge Mair, so verlangten sie in ihrer vor- 
sichtigen Weise, seinerseits darauf bezügliche Vorschläge an 
äea Herzog bringen, also auch da den ersten Schritt thnn. 

Mair kam in Verlegenheit; es mangelte ihm für die 
leiden letzteren Verhandhmgspunkte jede besondere Voll- 
macht. Doch des Verlangens voll, seine eigentliche Aufgabe 
durchzufahren, ') willigte er vorsichtig in das an ihn gestellte 

*) Mair entBchuldigt seine Eigeumäclitigkcit dem Könige gegenfiber 
den Wotten: Et haec omnia in hnne finem dumtaxat fecl, ut si vestra 
etc, praeficeretuT, qaod per aupradicta capitula pecuniam et ulilitatem a 
4Dce reportnre et acquirere posaetia. El ad enper habumlantem tautelam 
taipradicta cnpitula non ad concladendum cimi duce, sed ad refereadm 
reg. excellentiae appunctuaTi etc. 



- 156 - 

Begehren. Er nahm die Wechselheirat der böhmischen und 
mailänder I'ürstenkinder, wie die Zusage der böhmischen Ver- 
mittlung zum Zwecke eines Bündnisses zwischen Mailand und 
Ungarn in seine Vorsehläge auf; nicht minder Hess er den 
Herzog des Königs Bereitwilligkeit, ihm das Reichsvikariat in 
Theilen Italiens zu überlassen, hoffen ; doch wolle er über diese 
Punkte nicht abschliessen, sondern vorerst an seinen Herrn den 
König des Herzogs Gesinnungen mittheilen. 

Während man nun über die Antwort herieth, die man 
dem böhmischen Gesandten geben wollte, fand Martin Mair 
Gelegenheit, sich auch bei der Herzogin Bianca Maria als der 
Träger wichtiger politischer Geschäfte und der vertraute Be- 
vollmächtigte des mächtigen Böhmenkönigs einzuführen. Wieder 
hält er eine Ansprache voll Demuth und Lobeserhebungen an 
die Fürstin, antwortet diese mit dem Preise des Königs. 
Selbst über die Investifurfrage Hess sich die Herzogin obenhin 
von Martin Mair belehren, ihr reges Interesse an der ganzen 
Sache zu bethätigen. Eine Bedeutung hatte der Empfang 
nicht weiter. 

Nun brachten auch die Mailänder Rätbe ihre Gegener- 
bietungen. Die Form zu wahren stellten sie einen Freundschafts- 
brief voran, in dem sich König und Herzog in phrasenreichen 
Betheuemngen beständiger Freundschaft ergehen und die 
wechselseitige Versicherung geben, ihren Feinden keinen Bei- 
stand zu leisten. Der zweite Punkt betraf die Hauptsache, 
die Summe Geldes, die der Herzog an den König für seine 
Dienste zu entrichten habe; denn, dass es sich vor allem 
darum handle, hatten die herzoglichen Räthe aus Mair's ge- 
legentlichem Hinweise auf Auslagen und Kosten, die dem 
Rönige aus seiner Vermittlung erwachsen wurden, längst er- 
sehen. Der Herzog bot 50,000 Dukaten für den Fall, als er" 
weiterer Zahlung an den Kaiser, die Kurfürsten und die kaiser- 
liche Kanzlei überhoben bliebe , steigerte aber dann aus eigenem 
Aniriebe die Summe bis auf 60,000 Dukaten. 

Was den Vorschlag einer Heirat zwischen den Kindern 
des Königs und des Herzogs betrifft, so setzte der Hei'zog 
auseinander, dass zwar keine seiner Töchter, wohl aber seine 
\ier jungem Söhne unvermählt seien. Da sich Mair darflber 



; über die beiden weiteren Punkte blos die Meinung des 
Herzogs zur Berichterstattung' erbeten hatte, so erklärte der 
Herzog nun seine Bereitwilligkeit, darüber weiter zu verhan- 
ieln und versprach einen besonderen Gesandten nach Prag zu 
ichicken, sobald des Königs RUckäusserung eingetroffen wäre, 
Inch Mair wurde aufgefordert, selbst noch sich weiter zu 
laseeiTL Er that es vor allem in dem Sinne, dass die ver- 
iprochene Summe von 60,000 Dukaten durchaus nicht geniige, 
Ten König für seine Auslagen und Mühe zu entschädigen. In 
ter That gelang es ihm zu erreichen, dass der Herzog zu 
Äner weiteren Erhöhung der Summe um 10,000 Dukaten sich 
lerbeiliess. Mehr zu erzielen, fiel schlechterdings unmöglich. 
Hoch die eine Frage richtete der Unterhändler an den Herzog: 
}b er bereit sei, die gleiche oder eine andere Summe auch 
Äann zu zahlen, wenn ein anderer Fürst, mit des Kaisers Zu- 
itimmung zur Herrschaft im Reiche gelangt, ihm die Investitur 
atheile. Als Frann Sforza darauf geantwortet, dass er sie 
ehr gerne auch dem Böhmenköuige zahlen werde, falls er 
ifimischer König würde, war Mairs Aufgabe in Mailand zu 
Voll lebhaften Eifers, dem Könige persönlichen Be- 
icht über den Erfolg zu erstatten und weiterhin Mittel und 
Wege zu berathen, wie er zum Königthume im Reiche kommen 
inne, eilte der Doctor nach dem Norden. Er kam nur bis 
Süniberg. Eine schwere Krankheit, die es ihm unmöglicli 
pachte, auch nur einen schriftlichen Berieht an den König 
elangen zu lassen, fesselte den rastlosen Mann bis tief in den 
'ebruar hinein an's Krankenlager, Aber kaum genesen und 
fleh ausser Stande, die Beschwerden einer Reise auf sich zu 
ehmen, Meng er wieder seinem Lieblingaplaue nach. Seine 
tathsclüäge, die er damals dem Könige mitunterbreitete, waren 
s auch thatsäcblich, die zunächst das weitere Vorgehen des 
löuiga bestimmten. ') 

Ob König Georg wie auch Mair selbst mit dem Erfolge 

: italienischen Reise zufrieden gewesen seien, ist schwer zu 
ejahen. Der König brauchte notbwendig Geld ; bei dem Stande 



') Die Mailänder Unterhandlungen sind dargestellt nach Mair's taxs- 
rlichem Berichte an den Künig, Urknnd!. Beitr. Nro. 211, S, 201-816! 



— 158 - 

der königlichen Einkünfte hielt es sehr schwer auszukommen I 
und war ein ausserordentlicher Zuflusa höchst willkommen; 
er hat in eben jenen Tagen vom Neuen bei Herzog Ludwig 
auf Pfand borgen müssen. ') Mair brachte von den schlauen | 
Italienern nur wenn auch schönklingende, so doch vorerst 
inhaltlose Versprechungen. Damit konnte man wnhl für später- 
hin diplomatischen Gebrauch machen, für den Äugenblick aber 
keine Zahlung leisten. Doch man musste sich bescheiden, 
und 80 erwog denn König Georg ruhig, was Martin Mair weiter i 
anrieth. Des Doktors Rathschläge beruhten aber vor allem ] 
auf den durch den Congress von Mantua geschaftenen Ver- 



Trotz des Eifers und der persönlichen Opfer, die Pius It 
für seinen Lieblingsentwurf brachte, trotz aller bittenden und 
mahnenden Breven an rlie katholischen Fürsten und Freistaaten 
war der Congress nach langem Zuwarten erst am 26. Sept. 
" mit einer feierlichen Rede des Papstes und dem einstimmigen 
L^Beschlusse, einen grossen Kriegszug gegen die Türken zu 
unternehmen, eröffnet worden.") Damit stand man nun aber 
erst am Anfange der Schwierigkeiten. Zwar mehrte sich die 
anfänglich geringe Anzahl der Congressmitglieder nach und 
nach bis zu ziemlicher Vollzähligkeit, aber bei der Berathung, 
wie der einhellig gefasste Türkenzug ins Werk zu setzen sei, 
erlebte der heilige Vater ungleich mehr Verdruss als Freude. 
Nicht überall hatten die apostolischen Legationen die ihnen 
übertragenen Friedensmissionen auch glücklich zu lösen ver- 
mocht. Zwischen England und Frankreich dauerte der DOn 

') Urkimdl. Bcitr. Nro. 206, S. 197. 

') Zum Mantuaner Coogresse Biebe man vor allem Fü II. CommeDtBr. 
lib, HL pag. 60—93, ferner Müller, BeicIiBtagBtheatrum unter Friedr. V., 
I. S. GBO— 7i8; Senckenberg, Selecta juris et hiatoriarmn tom. IV. 
pag. 326—334; König von KönigHthaJ, NachleBe in den Reicliageaclüchteii, 
I. und IL Sammlung, S. 119 S. Einen bisher unbekannten Bericht voa 
dem Congresae an Markgraf Albrecht hat dem Verfasser gütigst Herr 
Prof. Dr. Ritt, von Höfler mitgetheüf. Eingehend bebandelt hat den 
Tag Tor allem G. Voigt, Enea Silvio in. S. 45—110, zum Tlicile darnach 
in knapper aber trefflicher Daratellung aucb Karl Menzel, Biether Tun 
Isenburg, S. 41—53 u. Ä. 



bereits mehr denn hundertjährige Kampf ohne Unterbrechung 
fort und der schwere Druck, den sein unglücklicher Verlauf auf 
England legte, Hess nur geringe Beisteuer an Gut und Blut von dem 
Inselreiche hoffen. Aber auch die Franzosen sprachen sich 
entschieden gegen die Besteuerung ihres Klerus aus. In Deutsch- 
land drohten aus den Nürnberger Friedensverhandlungen, die 
in Mantua BO frohe Hoffnungen erweckt hatten, nun gerade- 
zu der Reichskrieg gegen Ludwig von Landshut und eine 
gewaltige Fehde von den Rheingauen bis zum Fichtelgebirge 
zwischen den brandenburgischen und bairischen Bnndnern zu 
entbrennen; geschah dies, so war jegliche Theilnahme des 
Reiches an dem Glaubenskriege so gut wie unmöglich ; alle 
Nachgiebigkeit der Kurie in dem Streite des Herzogs Sigmund 
von Tirol mit Nikolaus von Cues,') wie bei der Bestätigung 
Diethers von Isenburg, des Mainzer Elekten, konnte dann die 
Sache nicht bessern. Endlich zeigten sich auch die Spanier 
lässig und jeder bedeutenderen Leistung abgeneigt. Da wandte 
sich Pius II, zunächst an die Italiener ; den Zehnten der Ein- 
künfte der Geistlichkeit, den Zwanzigsten vom Gute der Juden, 
den Dreissigsten von der Jahreseinnahme eines jeden Laien 
liess der heil. Vater durch seine Nuntien verlangen. Aber 
mit wie viel Fürsten und Freistaaten, an wie viel Orten musste 
da erst verhandelt und gefeilscht werden! Dann reichten die 
so erlangten Mittel auch nicht von ferne hin. Darum richteten 
sich die Blicke Pius II. doch wieder vor allem nach Deutsch- 
land. So wie des Papstes Verlangen wuchs, gerade von hier 
ausgiebige Unterstützung zu erlangen, mussten sich auch seine 
Bemühungen den Frieden im Reiche zu erhalten steigern. 
E3 gelang seinen Legaten auch die zwischen den Österreich. 
Herzögen und den Schweizern schwebenden Zwistigkeiten zu 
Konstanz zu Ende zu bringen.') Den Tiroler Herzog Sigmund 
aber mit dem Cusaner auszusöhnen, gelang selbst Pius II, 



') Vergl. Birk, Regcateu zu Lichoowaky'a VII. Bde. der Geschichte 
des Hausefl Habsburg, Nro. 296, S, 3Ü0. Vollständig findet sich das Breve 
bei Chmel, Materialien 11. S. 187. 

') Pü li. Commentarii IIb. HI., pag. 62; die IFebereinkunft bei 
Chrael. Materialien U., &. 173-174. 



~ 160 — 

persönlichen Bemühungen nicht, obwohl beide sich auf seiueu 
Ruf in Mantua eingestellt hatten.') Es war Gregor Heimburg, 
eigeutlich als Erzherzog Albrechts Ratb in Mantua anwesend, 
der die Sache des Tiroler Herzogs mit zäher Ausdauer und 
unerschütterlichem Muthe vertrat.*) Noch geringeren Erfolg 
brachte des Papstes Vermittlung zwischen Brandenburg und 
"Wittelsbach. Während Markgraf Älbrecht ernstlich zum Frieden 
gemahnt wurde, mühte sich im Auftrage des Papstes der 
Propst Bernhard Krainburg, den Pfalzgrafen zum Abschlüsse 
wenigstens eines Waffenstillstandes auf 2—3 Jahre zu ver- 
mögen,') Es war vergeblich; nur der mit Strenge einti'etende 
Winter hielt die Parteien von einer sofortigen Erhebung der 
Waffen zurück. Dann kam zwar Markgraf Albrecht von Branden- 
burg persönlich nach Mantua, von dem hocherfreuten Papste 
mit grossen Auszeichnungen begrüsst und gefeiert, aber sein 
Koramen galt eben wieder nur persönlichen und Parteizweeken 
und nicht der Sache des Kreuzzuges. Schien Pius vordem 
für die Witteisbacher eintreten zu wollen, so hielt er nun die 
Sache der Brandenburger für die gerechte, erregte aber eben 
dadurch den ünmiith der landshuter und pfalzgräflichen Rathe. 
Auch die Versöhnlichkeit, die die Kurie eben auf Markgral 
Albrechts Verwendung gegen den Mainzer Erzbischof bewies, 
hielt nicht nach; zugleich schuf des Papstes rücksichtsloser 
„-Versuch, durch die Bulle Exsecrabilis jede Opposition wie gegen 
den Kreuzzug so gegen den römischen Stuhl überhaupt un- 
möglich zu machen,') dem Widerstände des Erzbischofes 
eine neue gerechte Grundlage. Und zu all dem kam nun des 
Kaisers Streben nach der ungarischen Krone. Mit demselben 
Könige, dem nun das Reich, dessen Haupt Friedrich war, zu 



') Ebeodort pag. 91. 

°) Man Tergl. Marq. Freheri Rerum gennanicanim Scriptor, varii, 
ArgeDtor. 1717, tom. II pag. 183 ff.; von neueren Bearbeitungen bes. 
Albert Jäger, der Streit des CardiaaJB Nicolaus von Cusa mit dem Herzoge 
Sigmund von Oesteireicli, % Bde. Innsbruck 1861. 

°] Kremer, Gesell, des Kurfürsten Friedrich I. Ton der Pfalz, Ur- 
kunden Nro. LXI., S. 180—182; mau vergl. Maller, ReichsCagstheatrom 



1.1 



') Pii U. commeatar. lib. III. pag. 91 £f. 



- 161 - 

Hülfe kommen sollte, war er noch vor wenig Monaten in 
schwerem Kampfegelegen; ja dieser konnte jedefl Augenblick 
TOm Neuen ausbrechen, da der Kaiser entschlossen war, den 
Hunyadi vom Throne zu stossen. Wenn da die Fürsten und 
Fürstenräthe ihrer Besorgnis Ausdruck gaben, dass die für den 
Kriegszug gegen die Osmanen bewilligten Truppen uud ge- 
sammelten Gelder zum Kampfe gegen den Ungamkcinig ver- 
wendet werden möchten und uni dieses Reich an das Haus 
Oesterreich zu bringen, so fehlte ihren Worten wenigstens nicht 
der äussere Scheiu der Berechtigung. Es hatte sich Kaiser 
■Friedrich durch seine Gesandten dazu erboten, in die Wieder- 
auftiahme der Beschlüsse des Frankfurter Reichstages 1454 
Und die Aufstellung eines Heeres von 30.000 Mann Fuss- 
ganger und lO.lKX) Reitern zu willigen, und zugleich zu ge- 
,statten, dass die Kosten für die Erhaltung dieses Heeres auf- 
zubringen der Zehnte von den Einkünften der Geistlichkeit 
des Reiches erhoben und durch die Legaten des Papstes ein 
Ablass gepredigt werden sollte; jene Bischöfe und Prälaten 
aber sollten des Zehnten enthoben sein, die persönlich mit 
ins Feld zögen oder nach des Kaisers Anschlage Soldaten zum 
Beere gestellt hätten.') 

Aber die deutscheu Fürsten und Gesandtschaften, die 
trotz aller Zwietracht unter einander doth in der Abne^ng 
gegen jegliche Steuer und Leistung wunderbar einig waren') 
and dabei in Gregor Heimburg einen beredten Fürsprecher 
bnden, gleichfalls zu faktischen Zugeständnissen zu bringen, 
gelang Pins II. nicht trotz aller Bemühungen, Zwar soweit 
gab man dem Drängen des Papstes nach, dass am 19. Dez. 



') Sentkenlierg 1. o. pag, 327; Sic tauieD episcopi et alii praelati 
latiouiB Genuanice, qui ad expedidoDem hi^uamodi iverunt atit inxta 
laam perimperatoiom sibiimpoBttam vel imponendam miserunt, abonerc 
bt^nBmodi decime esiinaDtur. 

■) Die schOB ton Menzel (D. t. I. S. 15, Änm. 10) als sehr dunkel 
lieseicluiete Angabe Burlt. Zinl's (Chroniken V. S, 226 ff.) über eine 
fOrsteDTersanimluDg am Rhein zum Zwecke eines gemeinEanien Tor- 
isehens in Mantna ersclieint nach den obwaltenden Verhältnissen un- 
möglich ncd war wohl nur eine ParteiTereammlung mit anderem Zwecke. 



145'.' von den anwesenden Fürsten und Ratben der Frank- 
furter Beschluss feierlicli enieuert wurde. Aber anderseits 
luusste Pius II. nothgedrungen einwilligen, dass die Art und 
Weise der Aufbringung und Erhaltung des Reichsheeres, die 
Borge für die Erhaltung des Friedens im Innern u. s, w. 
erst auf einem Ueichstage in Nürnberg zui- Berathung komme. 
Sei das Reich beruhigt, so müsse man einen zweiten Reichs- 
tag am kaiserlichen Hofe abhalten, mn den Kaiser mit dem 
Uiigamkönige auszusöhnen: erst dann könne das Heer.in's 
Feld rücken. Um so herrischer griff der Papst ein in die 
Befugnisse des Kaisers: er setzte die Termine für die beiden 
Tage (2. imd 28. März), er lud in erster Reihe die Stände 
zu deren Besuche, sein Legat, der Kardinal Besserion, bei 
aller hnmanistischen Gelehrsamkeit „ein mürrischer, unge- 
duldiger und dünkelhafter Grieche," sollte statt der kaiser- 
lichen Conimissarien den Vorsitz führen. ') Das war der Nürn- 
berger Reichstag, auf dessen Benützung Dr. Martin Mair den 
Böhmenkönig zur Förderung seiner Pläne vor allem hinwies. 
Am 8chlusee seines Gesandtschaftsberichtes ermahnte 
nämlich Martin Mair den König zunächst nochmals dringend, 
sich mit der Mailänder Sache zu beeilen; schon hätten auch 
andere Fürsten, selbst der Papst ihre Verwendung bei dem 
Kaiser angeboten. Geld aber sei die schwere Menge zn ver- 
dienen; er glaube, daes der Herzog selbst bis zu 100.000 
Dukaten zahlen werde, um das Ziel seiner Wünsche zu 
eireichen. Nun wisse er, Martin Mair, zwar Mittel imd Wege 
die Investitur zu erreichen, auch wenn der König nicht sofort 
die Herrschaft im Reiche erlangen sollte und er wie der Kaiser 
könnten dabei viel Geld verdienen, am besten bleibe es aber 
doch, wenn sich der König selbst sobald als möglich die Ober- 
leitung und überwiegendes Ansehen in Deutschland verschaffe 
(administrationem et majoritatem in imperio), und dies in der 
Weise, wie ihm Martin Mair bereits in Eger auseinandergesetzt 
habe. Der unmittelbar bevorstehende Reichstag zu Nürnberg 
biete aber dazu die günstigste Gelegenheit. Und nun bezeichnet 

', Voigt, Eaea Silvio IIL S. 219. 



I -der Doktor dem Könige die in Xüraberg anzustrebenden poli- 
I tisdien Ziele. 

Zuvückgeliend auf das einstmals in Frankfurt Vereinbarte 
[ werde der Nürnberger Reichstag sich beschäftigen: 1. Mit der 
äegung eines Zehnten auf die Geistlichkeit, eines Dreissigsten 
I auf die Laien im Umfange des ganzen Reiches. 

Da nun diese Reichssteuer auch in den böhmischen Landen 
I erhoben werden würde, so sei es vor allem Sache des Köni^ 
I dort die Erhebung in die eigene Hand zu nehmen und sich 
1 einen Theil des Geldes sichern zu lassen, wie dies ja auch 
I Anderwärts im Reiche der Fall sein werde. Mair's Sorge werde 
' CS sein, in Gemeinschaft mit den andern böhmischen Gesandten 
I bei dem Cardinallegaten und den kaiserlichen Bevollmächtigten 
I in Nürnberg die nöthige Zustimmung zu erwirken. 

2. Müsse die Nürnberger Reichsversaramlung die Wah] 
I eines obersten Feldbauptmannes gegen die Türken vornehmen. 
I Mair räth nun dem Könige sieh wählen zu lassen, da sich 

leicht grosser Vortheil daraus ergeben könne und verspricht 
! -alles so einzurichten, dass die erstrebte Wahl auch that- 
sächlich erfolge; wolle aber der König nicht selbst oberster 
Hauptmann werden, so werde er wenigstens die Wahl auf 
«inen Fürsten hinleiten, der dem Könige genehm sei und 
ihn bei seinem Höherstreben mit allen Freunden unter- 
stützen werde. ') 

3. Habe sich der kommende Reichstag mit der Her- 
stellung des Friedens im Reiche und der Einsetzung eines 
Fürsten zu beschäftigen, den als Hüter von Recht und Ord- 
nung der Kaiser mit voller Gewalt ausstatten werde. Der 
König müsse sich nun vor allem Mühe geben, dieses Ehren- 
amt zu erlangen. Damit werde ihm von selbst die oberste 
Leitung und Verwaltung des Reiches und er faktisch dessen 
Behen'scber. Er, Mair, werde nicht blos versteckt und vom 
weiten darauf hinarbeiten, er hoffe sogar das zu erzielen, dass 
sich die Fürsten selbst bittend an den König wendeten. Da 



') , . . qui Tobia gratua et acceptus fiierit, qaique in aobscripto 
«Qiitiüo nna com principibus et aliis aibi adhaerentibuB partem Tcatnun 
toostiterit. UrkimiU. Beitr. 1. c. 



- 164 - 

sei es wohl am besten, durch eine glänzende Rede die Ver- 
sammlung auf den Wunsch des Königs vorzubereiten und die 
allgemeine Aufmerksamkeit auf diesen zu lenken; in der 
Rede müsse dem Könige als christlichem Herrscher und Kur- 
fürsten des Reiches besonderer Eifer in der Vertheidigung 
des Glaubens nachgerühmt werden, nicht minder aber sein 
fester Wille, Friede und Ordntmg im Reiche zu schaffen und 
dafür zu sorgen, dass diese Neuordnung auch Bestand und 
Dauer habe. Mair erbietet sieb, diese Rede zu übernehmen, 
ersucht aber den König, ihn zu diesem Zwecke bei dem 
Cardinallegaten und der übrigen Versaramlun},^ als böhmischen 
Gesandten zu beglaubigen. Dann sei es aber, falls es dem 
Könige um die Kosten zu thun sei, nicht nöthig eine glänzende 
Gesandtschaft abzuordnen; ein böhmischer Baron, etwa der 
in Reichsgeschäften wohl bewanderte Heinrich Reuss von Gera, 
genüge; doch möge der König seinen Geheimschreiber Jobst 
von Einsiedel schicken. So weit der Doktor.') 

Am 18, Januar 1460, wenige Tage nachdem die Breslauer 
sich unterworfen , hatte König Georg mit seiner Gemahlin 
Jobanna Prag verlassen, um sich zu dem nahe bevorstehenden 
Tage zwischen Ungarn und Oeaterreich nach Olmütz zu be- 
igeben.') Am 27. Januar finden wir hier bereits auch die 
\ kaiserlichen Gesandten bei dem zwei Tage früher eingetroffenen 
Könige, Dagegen sahen sich Bischof Albrecht von Veszprim 
und Herr Johann von Rosgon, die von König Mathias für den 
Tag bevollmächtigt worden waren, durch die Unsicherheit der 
Strassen in Folge von Grenzfehden zwischen mährischen und 
ungarischen Herren zu unfreiwilliger Zögerung in Treutscbia 
bis in den Februar hinein zurückgehalten.^ Erst als der 
König den mährischen Herren strenge die Niederlegung der 



') Bie RathBchläge finden sich im Aiihange zu dem Geaandtscbafts- 
berichte M. Mair's, Urkundl. Beitr. 1. c. 

^ Zacbarias Theobalds IIuBsitenlcrieg , Breslau 1750, 8. Theil, 
S. 65 a. a. 0. 

■) PeÜDB, Mars Moravicus pag. 709—710; das hier aufgenommene 
Schreiben der Gesandten an den König mit der Bitte um sicheres Geleite 
auch hei Palacky, ürkundj. Beitr. Nro. 310, S. 200-201. 




— 165 - 

Waffen geboten und den ungarischen Gesandten seinen Mai-schall 
Bofita von Martinic mit einer Reiterachaar zu sicherem Ge- 
leite entgegengesaudt, kamen jene nach Olmiitz. ') 

Nach den Brünner Abmachungen zwischen dem Könige 
und dem Kaiser konnten die Verhandlungen nur leeres Gaukel- 
spiel sein, eine Fortsetzung jener doppelzüngigen Politik, die 
Georg mit seinen heimlichen Zusagen an den Kaiser begonnen 
hatte ; es ist darum auch nicht besonders Schade, dass über 
die beinahe achttägigen Verhandlungen keine weiteren Nach- 
richten auf uns gekommen sind. Doch war König Georg auch 
jetzt noch nicht willens, sein Mittleramt mit ehrlicher Partei- 
nahme gegen den Ungamkönig zu vertauschen ; es wurde, als 
man sich unverrichteter Sache trennte, wenigstens die Fort- 
setzung der Besprechungen für den 1, Mai 1460 in Prag in 
Aussicht genommen, ■■') Ob der König davon bessern Erfolg er- 
wartete, müssei^ wir bezweifeln ; aber er gewann durch den 
Aufschub dennoch die Frist, die er so nothwendig brauchte. 
Entschied sich die ungarische Fi-age schon jetzt, so kam der 
König, falls er seine Zusagen nicht erfüllte, in Gegnerschaft 
zu Kaiser Friedrich und die Hoffnung, dessen Zustimmung zu 
seiner Erhebung auf den römischen Königsthron zu erlangen, 
war eitel, oder er musste an der Seite des Kaisers zur ge- 
waltsamen Verdrängung des Mathias Hunyadi vom ungarischen 
Throne schreiten. Wie vertinig sich dies aber mit den Absichten 
imd Wünschen der Curie, mit dem Amte eines obersten Feld- 
Lauptmannes gegen die Türken oder eines Schirmers des 
Friedens im Reiche, welche doch der König zu erlangen hoffte? 
Aus dieser üblen Lage zu kommen gab es für König Georg 
nur zwei Wege: der eine war, den Kaiser gegen leidliche 
Bedingungen zum Aufgeben seiner Ansprüche zu bewegen und 
zur Verzichtleistung auf die ihm vom Könige gemachten Zu- 
sagen: dazu war für den Kaiser aber durchaus kein weiterer 
Gnmd vorhanden. Der andere hiess die Entscheidung hinaus- 
zuschieben. Letzteren Weg hatte der König wohl nicht ganz 



') Peäina, pag, 710. Hier sowie pag. 711—713 finden sich die 
eiuzigeii wenig verlaaslicheD Nachrichten aber den Olmützer Tag. 
*) Ebendort. 



ohne Sorge betreten. Da er nur zu gut wtisste, dass seine 
Vermittlung künftighin ebensowenig Erfolg haben werde, 
als gegenwärtig, so sann er nach einem neuen Mittel den 
Verwicklungen, die ihm der ungarische Handel zu schaffen 
drohte, zu entgehen ; auch jetzt blieben seine hülfesuchenden 
Blicke an Rom haften. 

Die üble Lage, in die Pins ü. gleich zu Beginn des- 
Jahres 1459 durch des Kaisers Bewerbung um die ungarische 
Krone gekommen war, und damit die schwankende, zwei- 
deutige Haltung der Curie dem Könige Mathias wie Kaiser 
Friedrich gegenüber, hatte sich im Laufe des Jahres, auch 
während des Congresses zu Mantua, nicht geändert. Während 
Pius n. für die Rettung Ungarns thätlg war, der Kardinal 
Carvajal aber dem jungen König in jeder Weise gegen inner* 
und äussere Feinde beistand, ') wagte es der Papst doch nicht, 
den Wünschen des Kaisers in Bezug auf Ungara mit Ent- 
schiedenheit zu begegnen. Schärfer als gewöhnlich tritt uns 
hier die ünzuverlässigkeit Enea Silvio's entgegen. Während 
er fortfährt, Mathias als König Yon üngara zu ehren,*) ist er 
es, der den abwesenden Kaiser gegen die schweren aber ge- 
rechten Anklagen der ungarischen Botschaft in der Sitzung 
des Congresses in Schutz nimmt;') Pius 11. gestattet, dass König 
Mathias nur als Graf von Bistritz in dem Schlussprotokolle 
des Mantuaner Congresses bezeichnet wird ; ') er thut, als der 
Kaiser, über Carvajals Verhalten erbittert, dessen Äbbemfung 
aus Ungarn verlangt, um sich personlich zu rechtfertigen, in 
einem Briefe an den Kaiser über Carvajal Aeusseningen, die 
der hochverdiente Kirchenfürst, der nun bereits seit Jahren 
in seiner ungarischen Mission mit grösstem Erfolge thätig war, 
von dem Haupte der Kirche nimmer verdiente.') So hatte 



') Man vergl. Müller, ReichBtagstheatram I. S. 73a. 

-) Man siehe die Schreiben des Papstes an den König Tora 1. Joni, 
6. Juli U59, 18. Januar, 20. Feber 1460 bei Kaprinai, Himg. diplom. IT. 
pag. 304-305, 333—334,305-386, 395—396; hei Theiner d. 1. 

=1 Comment, Pii II. lib. III. pag, 83. 

*) Maller, Eeichstagstheatrnin 1. S. 734. 

') Bei Voigt, Enea Silvio n. S. 666; das Schreiben ist TOni 6. Febr. 
1460 „mann propria et raplim." Ebendort Änm. 1. 



Kus II. auch abgesehen von der Sache iler Christenheit noch 
seine schwerwiegenden persönlichen (^Iriinde für den brennenden 
Wunsch, den Streit zwischen dem Kaiser und Mathias Corvinua 
beigelegt zu seilen. Und deui BÖhmenkünige war dies alles 
wohlbekannt; waren ja doch jetzt die Legaten Hieronymus 
von Kreta und Franz von Toledo offenbar über plötzlichen 
Auftrag des Papstes noch in letzter Stunde nach Olraütz ge- 
kommen, lun an der Ausgleichung der Parteien mitzuarbeiten, ') 
Da war des Königs Plan gefasst: In eingehender Weise sprach 
er, dem Papste von dem Olmützer Tage Bericht erstattend, 
Ton seinen ernstlichen Bemühungen den I''riedeu herzustellen. 
Alle Bitten und veniünftigen Zureden seien vergebens gewesen; 
da aber die Erhaltung des Friedens, die Herstellung der Ein- 
tracht zwischen zwei so mächtigen Fürsten dringend nijthig 
sollte die grosse Sache der Christenheit nicht darunter 
Bchweren Schaden eileiden so solle der Papst aus kirchlicher 
Machtvollkommenheit einen Waffenstillstand auf möglichst 
lange Zeit hinaus gebieten') — So klug weiss König Georg 
tlie eigenen Wunsche untei der Maske der Besorgnis für das 
allgemeine Wohl zu verdecken und noch zugleich den Bei- 
fflB des römischen Stuhles zu suchen. Und wirklich war des 
Königs Bemühung nicht ohne Erfolg. So weit freilich ging 
Pius U. nicht, dass er den Frieden einfach, wie es König 
Georg wünschte, gebot; aber er drängte wenigstens Kaiser 
Friedrich mit neuen Mahnungen, mit König Mathias einen Waffen- 
stillstand von zwei Jahren einzugehen.''') Weiter gieng der 



') Zu diesem bisher unbekannteu Aufenthalte der Legaten iu OlmUtz 
Vergt. man Scriptor. rer. Sileaiac. Vm. Nro. 36 A uad B, pag, 38-40 
i Sttil letopisove S. 171. Das Datum der von ihnen au die Breslauer 
«08 Olmfltz gesr.bri ebenen Briefe zeigt, das3 sie sich hier bis in die 
E Hälfte Jea Februar befanden. 
'} Des Königs Bericht, der wohl durch die Legaten nach Rom 
', hat 3ich nicht erhalten, wobl aber ersehen wir dessen Inhalt aus 
Sem AntworlBchreiben Pius II. vom 28. März 1460, Kaprinai IL, pag. 405—6 ; 
Palacky, Urkundl. Beitr. Nro. 213, S. 217-218. 

') Der Brief des Pa.pstea vom 36. April 1460 bei Kaprinai, II., pag. 
'•, bei Theiner, IL Nro. 537, S. 356, bei Hwlalh, Gesohichle der Magj-aren 
1. nr. Anhang pag. 110. 



— I6S 

Erfolg dieses neuen Zuges böhmischei' i'olitik nicht, Kaiser 
Friedrich lehnte ab; der König niusste darum sehen, wie ei' 
seibat die übemouiiiienen Verpflichtungen mit seinem sonstigen 
Streben in Einklang bringe. 

König Georg, der nach Prag zui'ückeilte, uro persönlich 
den stets am Samstage nach dem Sonntage Quadragesiini 
stattfindenden Sitzungen des böhmischen Landesgerichtes, 
dessen Entscheidungen freilich eigentlich in seiner lland lagen^ 
beizuwohnen, trafen in Chrudim am 16. Feher Abgesandte 
einer Anzahl oherosterreichischer , besonders aber nieder- 
österreichischer Landstände, die es sich zur Aufgabe gesetzt 
hatten, vom Kaiser die Abhülfe einer Beihe von dringenden 
Uebelständen im Lande durchzusetzen. Sie kamen mit schweren 
Klagen gegen den Kaiser und verriethen nicht undeutlich die 
Absicht, durch offene Erhebung die Gewährung ihrer For- 
derungen zu erzwingen. Der König leimte es jedoch ab, sich 
weiter mit ihnen einzulassen.') 

Nach Prag zurückgekehrt fand aber Georg Martin Mairs 
Gesandtschaftshericht und die neuerliche dringende Aufforderung 
seine Erhebung auf den römischen Königsthron unverweilt in 
die Hand zu nehmen. Als nun jetzt in Nürnberg die ersehnte 
Gelegenheit zu handeln nicht kam, dagegen die österreichischen 
Stände, nachdem sie sich am 5. März zu Guntersdorf mit den 
ihrigen berathen,-") wiederkehrten mit der erneuerten Bitte an 
den, König, sie in seinen mächtigen Schirm zu nennen und 
ihre Anliegen bei dem Kaiser zu unterstützen, da wandte 
sich des Königs Sinn.") Was ihm Martin Mairglauh- 



') St^ letopiaove str, 175. Potom kdyi jest jel krAl z Olotnouce 
zaae do Prahy, ostatai tjdea masopualiil pHjel do Cbrudimö. A tu jsou 
k nömu prijeli pini BakouStt ialnjice ua cfsare Fridricha jiro faleänou 
miiid a cbüce s iilm välku zaBti. Ale kr&l jim k tomu nesTolil. 

*) Das Ausschreiben der in Guntersdorf Tersammeltea LaodslAnde 
hei Chmel, Materialien 11. S. 193-197; man vergl. Zeibig, Copey-Bucli J 
der gemainen Btat Wienn (Fontes rer. Aust. 3. Abth. 7. Bd.) S. 19 

') N'iir in der oben gegebeoen Weise lassen sich die Nachrichten I 
derStari lelopiaoeö and in Chmel's Materialien 11. S. 201 yereintgeD.f 
Letztere nötliigen überdies die Siones&odening des Königs auf die Zeil| 
bald nach dem Gontersdorfer Tag zu setzen; d^s aie in Prag, nicht e 
in Chradini bereits, erfolgte, zeigt das CopeyBuch S. 209. 



würdig gemacht hatte, dass der Kaiser durch die 
EegierungBgeschäfte und die Sorge um die öater- 
reiehischeo Herzogttümer fast erdrückt, sich 
gegen die Bestellung eines römischen Königs nicht 
Bonderlicb sträuben, ja diese vielleicht als eine 
Erleichterung der allzu schweren Last, die seine 
Bchultern drückte, nicht ungern sehen werde, 
iste nun Gri)robt werden. Jetzt oder nie war die 
günstige Gelegenheit gekommen, vom Kaiser die Zustimmung 
Sur römischen Königswabl zu erlangen ; selbst wenn des Kaisers 
iJebcrzeugung dagegen sprach, bot sich jetzt in den inneren «■ 
Wirren in den kaiserlichen Erblauden die willkommene Hand- 
labe, auf Friedrich IH. auch noch einen willkürlichen Dmck 
tuszuüben und ihn zu Zugeständnissen um so geneigter zu 
ilachen. 

Bo versprach deun König Georg jetzt den östeiTeichischen 
Ständen seine Vermittlung bei dem Kaiser und nahm sie 
mter seinen Schutz; mit doppelter Aufmerksamkeit war er 
uon nun an der Entwicklung der Dinge in Ocsterreich zuge- 
wendet. 

Es war wirkliche schwere Noth, welche die mächtigsten 
.andstände des Herzogtbums unter derEnns zu entschiedenem, 
reilich eigenmächtigem Vorgehen gegen den eigenen Landes- 
lerrn bewogen hatte. Zu den "Wehen der böhmischen Invasion 
1458 und den sich anschliessenden Grenzfehden , zu der 
Kriegesrüstung gegen Mathias von Ungarn mit dem unver- 
neidlichen Söldnerunwesen, das sie im Gefolge hatte, zu 
Iweijährigem Miswachs, der die Weinenite, des Landes erste 
Erwerbsquelle , fast völlig vernichtet hatte , war nun ein 
veiteres üebel gekommen, das, wenn auch im Kleinen seit 
anger Zeit vorhanden und an dem Wohlstande des Landes 
lehrend, sich doch eben jetzt in seiner ganzen Grösse fühlbar 
nachte: die völlige Zerrüttung des Müuzwesens. 

Es war freilich weder OesteiTeich das einzige Land, das 
n damaliger Zeit unter der Verschlechterung seiner Münze 
!U leiden hatte, noch viel weniger Kaiser Friedrich der erste, der 
durch Schlecbterprägung der Pfennige und Halblinge seine 



170 - 



- taiidesherrlicheii Taschen zu füllen versuchte. ') Es liegt uns 
^ schon vom 3. Mai 1458 ein Erlass Kaiser Friedrichs an seinen 
Landschreiber in Steiermark, Ulrich Eynpacher. vor, in dem 
der Kaiser mittheilt, dnsa die Münze des Ernbischofes von 
.Satzburg, dem er auch in den ungarischen Landen das 
Münzrecht verliehen hatte, in den kaiserh'chen Landen nicht 
verboten sei ; wohl aber habe er ohnlängst iiach Set. Georgen- 
tag für SteieiTuark, Kärnthen und Krain verboten, die neue 
oberiändisch-bairiache Münze anzunehmen. *) Auch noch andere 
Nachrichten weisen auf Baiern-München hin, das mit der 
Miinzverschlechterung vorangieng, worauf zunächst des Kaisers 
stets geldbedrirftiger Bruder, Erzherzog Albrecht in Ober- 
iisteneich nachfolgte. ') Dagegen haben wir keinen Grund an 
der Wahrhaftigkeit des Kaisers zu zweifeln, wenn er 1459 
den Ständen zu seiner Entschuldigung versichert, er habe erst 
schlechte Münze zu schlagen angetangen, als man ihm seinp 
gute in's Ausland führte und er sich ausser Stande gesehen, 
das Eindringen der fremden Münze geringeren Gehaltes zu 
verhindern. Aber selbst diese geringere Münze, die jetzt der 
Kaiser schlagen liess, war noch besser, als die vorhandene 
fremde. 

Noch am 18. Mär^ 1459 erliess der Kaiser ein Patent, 
' dem zu Folge Jeder, der fremde Münze besitze, diese bis zum 
"nächsten Set. Georgentage „ausgeben und anwenden" solle; 
wer es nicht thue, dem werde man bis zum Set. Urbanstage 
für drei fremde Pfennige zwei kaiserliche geben, später aber 
fiir je zwei nur einen. ') Aber weder durch diese Massregel 
noch dadurch, dass der Kaiser wirklich bessere landesherrliche 

*) Schon König Ladialaw hatte sich Renöthigt geaehen, mit wieder- 
holten ErläBseo gegen die Münzverschlechtcrimg einztiachreiten. Ein Golcher 
erflosB für OeBterretcU am 11. April 1456, F. Kurz, Oeslerreich unt^r 
Friedrich IV., Beilagen, S. 230-231 ; far Böhmen foigte am 19. Juli 1457 
ein ähnliches Hünzpatent. Cop. im Archive dea bähm. MnseiiDis zu Frag. 

'l Chmel, Regesten Nro. 3594, S. 359. Die Bewilligung an den 
Erzbischof ebendort Nro. 3594, S. 358. 

') Das „Copeybuch der g. St. Wienn" nennt ausdröcklicli die oben 
gegebene Reihenfolge, wogegen die beilünfige Aneaage Ebendorfcrs, daas 
der Kaiser Torangegangen, nicht ins Gewicht falten kann. Vcrgl. un 

') Chmel, Regesten Nro. 3632, S. 369. 



171 — 

Münze schlagen liess, war das Unheil zu beschwören ; es 
nutzte auch nichts, dass man im Herbste 1458 die böhmische 
jentschiidigung von 16000 H,, die König Georg unter 
dem Namen der Hölzler'schen Schuld vom Kaiser und dem 
Lande Oesterreich gefordert hatte, in schlechtem (ielde 
bezahlte. Davon kam es zwar , dass der Böhmenkönig in 
übelberechneter Bemühung, die empfangene Münze zu ver- 
werthen, die früher erlassenen Verbote gegen das leichte 
Geld, „die Schinderlinge, " aufhob, und diesen damit auch nach 
Böhmen bin Thür und Thor Öffnete zum ungeheuren Sehaden 
für das Land,') Oesterreich wurde dadurch mit Nichten frei. 
Ja die schlechte Münze mehrte sich noch fort und fort, und 
ihr Gehalt wurde je länger desto geringer. Die Schuld daran 
trug nun freilich der Kaiser. 

So lange die Hausgenossen, d. i. die unter einem herzog- 
lichen Münzmeister stehende Bürgerzunft , als Nachfolger 
der im Jahre 1208 in Wien angesiedelten Flaudrer allein 
das Münzrecht ausgeübt hatten, liess sich Güte und Zahl der 
J'fennige noch wohl Übei'sehen. Die Hausgenossen aliein kauften 
Has Rohmateriale und besoi^ten die Ausprägung der Münze, 
fiir deren Gehalt sie gut standen. Das wurde nun unter Kaiser 
Priedrieh anders. Zum Lohne für geleistete hohe Dienste, 
ftucb an einfache Private, die etwa dem Kaiser mit einem 
grösseren Darlehen ausgeholfen, wurde nicht selten das Münz- 
[%cfat verliehen oder verpachtet. Wir wissen ein solches für 
lie in Rede stehende Zeit von dem Grazer Bürger Balthasar 
Eckenberger, der das Münzrecht in weitgehendem Masse aus- 
ibte,') vor allem aber von den Bundesgenossen des Kaisers 
m Kriege gegen Mathias von Ungarn, Andreas Baumkircher, 
len Grafen von St. Georgen, Ullrich von Graffenegg, Berthold 
SUerbach, die der Kaiser durch das Recht Geld zu prägen 
die geleisteten Dienste freilich auf Kosten des Landes 
belohnte.*) Was half es da, wenn der Kaiser etwa dem 

') StaH letopi3ov6 Btr. 173 a. a. 0. 

*) Chmel, Regesten Nro, 3677, S. 361. 

•) Ebendort Nro, 3744; S. 344. Aehnliche Bewilligungen erlangeu 
Spftter Andreas Weispriacher (Reg. Nro. 3647) uod Johann Witowec 
pteg. Nro. 3B07). 



- 172 - 

Eckenbei'ger, iadeiii er ihm bewilligt zu der schwarzen Münze 
auch für einige Zeit Kreuzer zu schlagen, vorschreibt, „die 
Münzen mit Silber und anderer Nothdurft zu verlegen und zu 
versorgen und iu aller Ordnung zu haltec, wie solches bisher 
zu Graz gebalten und gebandelt worden sei-: jene andem 
werden es vor allem gewesen sein, die, um sich bezahlt zu 
machen, das Land mit schlechten Pfennigen überschwemmten 
und der Kaiser selbst that redlich dasselbe, wenn er seine 
Söldner mit einer Münze schlechtesten Gehaltes bezahlen lieas. ') 
Und hatte der Kaiset auch nicht das Unheil veranlasst,') 
so bewies er doch fernerhin lange nicht die nöthige Sorgfeit 
es zu bekämpfen. Man klagte über den Mangel ao kleinster 
Scheidemünze, ganzen und halben Pfennigen, so dass man, 
was ihres Werthes sei, nun mit dem Kreuzer zahlen müsse ; 
über die Verdrängung der alten Silberwährung und des 



') Thomas Eliendorfer hei Pez II. col. 899. 

') Gegen PalackJ'a AusfQhmngeii hat G. Voigt mit üarecht (von 
Sybel'Bühe Zeitschrift V. Bd. S. 450 — 451) die Schuld der MünzTerwimmg 
TOrnehmlich auf den Kaiser geschohcD; den Gegenbeweis glaube ich oben 
zum Theile erbracht zu haben in den Verordnungen des Kaisers gegen 
die MQTizrerschlecliterung. Die von Voigt Termissten Angaben finden sich 
abgesehen Ton der Andeutung des Copeybuches in „Anonymi chrouicon 
Aualriacum" bei Senckenberg, tom. V. cap. XXVIU., S. 93. In den SummM' 
des Neun und ftmfizigsten Jars haben herizog Ludwig tou Bayern, vnd 
ander herrn Fürsten und Stett, der von Hallss, der von Salzburg, der 
von FaGsaw, und ander berrn umb das lanndt Oesterreich geseesen, ge- 
Gchlagen ai:i gor geringe MUnz, der Tiell in das lanndt Oesterreich ge- 
foeret, darumb des laundts guette Münz und ander khlainodt Ton goll 
und Silber auffgekaußt und aus dem lanndt gefiieret wardt. Nun hett 
der khaiser etliche Cammerer mit Namen Hannss Eorbacher, Hanoas 
Spaurer und den tou Morsperg, die wurden durch ettlicb burger von 
Wienn, die ain Tersteben guader Münz betten underricht, wie die Torigen 
forsten und herrn ain grossen gewinn an der vorgenannten geringen Münz 
Metten, wie es auch umb dieselb geringe Münz, die guett Münz in dem 
lanndt aiifllihaiifft, aus dem Innndl gefuert, widerum ingesetzt und solich 
gering Münz darans gemacht wirdt, dass sein khaiserlich gnaden Landen 
und Leutten zue schaden kham, solches sie sein gnadt wol anbringen, 
und daran weisen mochten, dass er auch dessgleichs ain neue Münz in 
dem khorn als die andern Fürsten und herrn sehluegen, in dem lanndt 
zue Oesterreich auch schlagen Hess, vnd den gewinn dauou neuib etc. 



— 173 — 

alten Pfundes durch die Zahlung mit Gold, was wiederum den 

Gulden steigen mache u. s. w. ') Mit bezeichnender Aehnlichkeit 
treten uns die Verhältnisse in Böhmen und Oesterreich ent- 
gegen. Während die Preise um das Fünf- und Zehnfache 
steigen und der Besitz der Landbevölkerung seinen Werth 
verliert, verlangen Herren und Ritter,*) dass man ihnen nur 
in altem guten Gelde die Abgaben erlege; während Theuerung 
und Notb in erschrecklicher Weise um sich griffen, so dass 
die Leute in der Verzweiflung sich seihst das Leben nahmen 
oder Hungers starben, die heiligsten Familienhande gelöst 
wurden, fröbnte der Adel dem Wohlleben und ungezügelter 
Verschwendung.^* Seitdem die Herren ihr Haar kräuseln und 
sich in Frauengewänder hüllen, hört ihre Verwendbarkeit im 
Kriege nach und nach auf; die ^Verschleuderung ihrer Ein- 
künfte nöthigt sie aber dennoch auf ausserordentliche Ein- 
künfte zu sinnen und macht sie politischen Neuerungen hold. 
Der grosse Unwille, der die Masse der Bevölkerung in 
Böhmen wie in Oesterreich erfüllte, erregte vorerst nur König 
Georg zu entschiedenem Eingreifen. Sobald sich auf dem 
Egerer Tage die Unmöglichkeit ergeben hatte, gemeinsam 
mit den Nachbarftirsten dem Unwesen zu steuern, verldindete 
der König, unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Prag am 
1, Dezember ein Patent, in welchem er bei Todesstrafe die 
Einführung fiemder und die Ausführung böhmischer Münze 
untersagte und weitere Massregeln in Aussicht stellte. In der 
That handelte der Weihnachts-Quatember Landtag vornehmlich 
von der Ordnung des Münz wesens ; die getroffenen Bestimmungen 
wurden am 2. Januar dem Lande raitgetheilt Nun schlug der 
König selbst eine neue Münze mit dem böhmischen Löwen 



') Copeybuch S. 184 — 187. „Von esannder phenbert wegeo, den man 
einen Tailnkuulf setzen solt auf die Münsz, darüber dem Kaiser antwurt 
getan hat' 

-) Star! letopiaove atr. 175; Ä pak kdyi priälo S. GiH, nechtöli 
päm a panoäi jinych pen^z v iiroce bräti, nez atare groSe. 

"( Man vergl. die Darstellung des Wiener Professor's Thomas 
Ebendorfer von Haselbach bei Pez. II. 1. c. a. a, 0, 



— 174 — 

und sorgte dafür, dass durch Austausch in allen grösseren 
Städten die fremde Münze nach und nach verschwinde.*) 

Und doch war der Schade, den das Königreich erlitt, 
immer noch unermesslich gross. „Wäre das halbe Böhmerland 
ausgebrannt worden, es wäre nicht so schwer geschädigt worden, 
wie durch diese schwarze Münze, haben weise Leute gespro- 
chen", berichtet voll patriotischen Schmerzes der Chronist. ') 
Und auch gegen den König wurden bittere Reden laut: 
So schön hat unser König für uns gesorgt, dass er uns um 
unsere Habe gebracht hat; nun haben wir der Bärenbatzen 
die Fülle, nur dass wir uns dafür nichts für unsere Nothdurft 
kaufen können.^) 

In Oesterreich that Kaiser Friedrich nicht blos nichts 
Entscheidendes gegen die Münzkalamität ; sein Regiment erwies 
sich in jenen. Tagen nicht einmal kraftvoll genug, um den 
Uebermuth ritterlicher Raubgesellen in Schranken zu halten: 
so gesellten sich zu den sonstigen Uebeln noch die schweren 
Wehen eines inneren Krieges. 

Gamaret Fronauer hatte nach seinem Bruder Gerhard, 
dem Kaiser Friedrich das feste Schloss Ort zu getreuen Händen 
übergeben hatte, sich als seines Bruders Erbe und Nachfolger 
in den Besitz des Schlosses gesetzt und weigerte nun die 
Herausgabe, da es jenem verkauft worden sei. Ein solches 
war auch thatsächlich einst gesagt worden, aber nur, damit 
das landesherrliche Schloss nicht an König Ladislaus heraus- 



^) Das Patent im Archiv öesky IV. str. 434; man vergl. Missiv- 
Buch XXIX., Fol. 95 des Nürnberger Stadtarchives, dann die weiteren 
Ausführungen bei Palacky, Döjiny öesk. när. IV. 2. 122 ff. 

") Starl letopisov6 str. 173: Stala se jest §koda velikä, nfhii ne- 
nabytä ; tak ie lid6 moudrl pravili, by polovice öeske zemä bylo vypdleno, 
nestalaby se tak velikä äkoda, jako od täch penäz öernych. Man vergl. 
noch PeSina, Mars Moravicus S. 716 und die Ausführungen Z. Theo- 
bald's, Hussittenkrieg, HI. Theil, S. 65 ff. 

^) Ebendort S. 175. Naturgemäss musste König Georg auch dem 
Adel die Annahme der Zahlung in schlechter Münze gebieten, was er 
sicherlich ungern that; so werfen auch in dieser Beziehung die späteren 
Weiterungen zwischen König und Herrenbund ihren Schatten in diese 
frühe Zeit. 



gegeben werden müsse, vielmehr unter dem Scheine privateu 
'£igentbums dem Kaiser verbleibe. Als nun Fronatier sich 
weigerte, das Gericht des Kaisers anzuerkennen, weil es nicht 
nach Laut der Landesgesetze mit Beisitzern aus dem Herren- 
QDd Ritterstande unter dem Vorsitze eines Laudmarschalls 
besetzt sei, gebrauchte der Kaiser Gewalt, rief einen Theil 

r Brüden'otten herbei, die seit dem Ausbmche des Krieges 
mit Mathias von Ungarn in seinem Dienste standen und liess 
Ort einschliessen. In der That fiel die Feste, aber eben dies 
brachte Fronauer zur Verzweiflung. Naehdem er sich die 
Birche zu Scbweinbart zu einem Kastell umgeschaften, führte 
er von dort aus einen schonungslosen Krieg gegen die weitere 
Dnd engere Nachbarschaft; die kaiserlichen Söldner, statt dem 
Bäuber das Handwerk zu legen, thaten es ihm wo möglich 
noch zuvor in der Bedrückung der Landbevijlkerung. ') Aehnlich 

i Fronauer hauste Ladwenko von Roänau im Marchfelde. -) 
Da man zudem noch über den Mangel an Sicherheit 
^er Wege und Strassen im Lande, den Wucher der Juden, 
die unrechtmässige Verleihung von Lehenschaften wie über 
Bedrückungen der kaiserlichen Kanzlei zu klagen hatte, so 
es kein Wunder, dass endlich die Unzufriedenheit und 
die Gährung unter den Landständen offen an den Kaiser 
Iieran trat. Bereits im Spätsommer 1459 nach der Rückkehr 
des Kaisers von der Brünner Zusammenkunft hatten sich die 
aiederösterreichischen Herren verständigt und dann an den 
Kaiser die Bitte gerichtet, der Landschaft Erleicbtemng des 
bereits unerti'äglichen Joches zuschaffen. *) Der Kaiser ertheüte 
Bicht sofort gütigen Bescheid. „Er müsse sich erst mit seinen 
Käthen, die eben abwesend wären, berathen ; bis Martini werde 
er Antwort geben." Sie fiel kurz dahin aus: Da König Ladi- 
«laus viele Schulden hinterlassen und er selbst, der Kaiser, 



*) Thomas Ebcndorfer hei Pez, Script, rer. Auat. II. col. 899 ff. 

°) Gegen ihn ruft noch am 4. Mai 1459 der Kaiser die Bürger von 
Krema und Stein ins Feld; Chme!, Regeeten Nro. 3709, S, 371. 

*) Ebendorfer col. 898: Praecipue barones, militea et militares sub 
Änaao personaliter fenientes instabant, hoc jugum finolis perditionts totius 
patriae tollere etc. 



- 176 — 

eine grosse Summe Geldes ausgelegt habe, das Land von den 
Böhmen zu befreien, die er erst habe borgen müssen, so könne 
er auf die Abschaffung der neuen Zölle etc. nicht eingehen; 
wisse man aber einen andern Weg die Schulden zu tilgen, 
so sei er gerne bereit diesen zu betreten und ihren Wünschen 
zu entsprechen. *j 

Damit Hessen sich aber die unzufriedenen Stände keines- 
wegs abfertigen. Noch im November 1459 berieten sie zu 
Stockerau über die Antwort des Kaisers und fassten den 
Beschluss, die gesammte Landschaft, auch die Bürger- 
schaften Wiens und der anderen Städte zu einem grossen 
Tage nach Gelerstorf auf den 6. Januar 1460 zusammen- 
zurufen. *) Es half nichts, dass der Kaiser den Tag unter- 
sagte und durch eine Münzverordnung vom 28. Dezember 
wenigstens Abhülfe der dringendsten Beschwerde zu schaffen 
bemüht war. ^) Trotzdem fanden sich die Unzufriedenen 
wenn auch erst Ende Januar in Gelerstorf ein und ihr Be- 
ginnen gewann an Gefahr für den Kaiser nicht blos durch, 
die festere Parteiorganisation, indem sie sich die Barone 
Ulrich Eyzinger, Heinrich von Lichtenstein, Georg von Pötten— 
dorf und den Ritter Nikolaus Druchsäss *) zu Hauptleuten, 
setzten, sondern durch den Beschluss, ihre in feste Artikel 
gebrachten Wünsche und Beschwerden den Herzögen Albrecht 
und Sigmund von Oesterreich vorzulegen und sich deren, so 
wie vor allem des Böhmenkönigs Unterstützung zu sichern. *) 



*) Ebendort: . . . quodque sibi super bis fieret per alias vias satis- 
•f actio, et ipse praemissa et alia gravamina sublevaret. 

^) Die Nachrichten zu und über den Stockerauer Tag (16. Nov. 
bis 5 Dez.) bei Chmel, Materialien II. S. 184—185; Zeibig, Copey-Buch 
1. c. S. 177-182, 183. 

^) Bei Hergott, Monumenta domus Austr. 4 T. Viennae, Frib. St 
Blas. 1750—72, I. 2. pag. 262. Chmel Reg. Nro. 3776, S. 376. 

*) ;,Herr Niklas der druchsäss zu Staatz" nennt ihn eine Urkunde 
vom 2. April 1456, Archiv für Kunde österr. Gesch. I. 5. Heft, S. 31. 

*) üeber den Tag von Geiersdorf berichtet Chmel, Materialien tt 
S. 193 flP.; Zeibig, Copey-Buch S. 192. Dass der Böhmenkönig in steter 
Verbindung mit dem Hause der Eyzinger geblieben war, zeigt Chmel's 
Regestensammlung zur Geschichte derselben im Archiv für Kunde österr. 



- 177 - 

Es bedarf kaum des beiläufigen Zeugnisses des Chronisten, 
dass Ulrich Eizinger es war, der die Augen der ()(*stor- 
reicher auf , den mächtigen Böhmenkönig, seinen alten Freund, 
hinlenkte. 

König Georg lehnte, wie wir gesehen, anfänglich ab, so 
wie sich auch eine Verbindung mit den östcrreichisclu^n Hör- 
igen nicht zu ergeben vermochte. Sicherlich hielten Krz- 
herzog Albrecht diesmal weder brüderliche laebe ab noch dio 
Rücksicht auf das Interesse des Hauses, sich mit den IJnün*- 
thanen seines Bruders zu verbinden. Aber dieselben Klagen 
konnten ja, besonders was den Münzunfng anbetraf, auch gej^en 
an selbst erhoben werden; ^) zudem wurde ein Zu.saininen- 
gehen des Erzherzoges mit den Unzufriedenen um ho un- 
möglicher, je mehr Ulrich Eizinger, sein alter Feind, an dio 
Spitze derselben trat. 

Dafiir trat jetzt der Böhmenkönij< auf rlie ernrjuerto HiiU*. 
^^r Stände mit einemmale mit seiner Vennitthjnj( ein; wir 
^ssen unter welchen Verhältnissen, wir erfahren es auch /u 
^©Ichem Zwecke. Nur ausserordentlich spärlich sind die Nach- 
dachten über diese Verhandlungen des Köniuß mit dem Kainer 
^^f uns gekommen; unmittelbar darüber berichU;t Niemand, 
^ nur sehr wenige Eingeweihte davon Sicheren erfahren 
*^t>en; man sieht sich genöthigt aus mehr äuHHerlicben 
^^sichem Angaben auf die verborgenen Vorgänge zurück zu 
^l^liesseiL — Auf die erneuerte liitte der o'-ilerreichiv:hen 
^^nde *) giengen der Oberstburggraf von I'ra;^ Zden^:k von 
^temberg, Herr Wilhelm von lUbie und Icinenbur;^. der KanzI'T 



Ottch. L 5, Heft, S. 33. Hiftr ^/^/^ti;rt d-ir KObiif arti IL .Mai lif/f ä^i 
^Tzmgem alle ilmen einit von d^i K^»ti\u*cu AAhrt-Ar.t '-.ul UiAhl^nx t^jt- 
lieheDen FKiLeiw3bn^fe. 



— 178 — 

Prokop von Rabenstein in besonderem Auftrage Mitte März nach 
Oesten-eich. Schon dass König Georg seine ^änzendste Ge- 
sandtschaft, die ersten Männer seines Reiches abordnete, 
beweist, dass es sich ihr nicht blos darum handelte, in den Ver- 
driesslichkeiten des Kaisers mit einem Theile seiner eigenen 
Landschaft die Vermittlung des Königs anzubieten. Sie 
brachte, wovon Ebendorfer freilich nichts 'erifiihr, die Bitte 
des Königs, der Kaiser möge zu der Erhebung 
Georgs auf den römischen Königsthron seine Zu- 
stimmunggeben. Kaiser Friedrich war offenbar entschlossen, 
dies nie zuzugeben; aber seine Lage war zu bedenklich, um 
sich in dem Böhmenkönige einen neuen Gegner zu wecken; 
er gab darum eine unentschiedene ausweichende Antwort. *) 
Aber die böhmische Botschaft war auch für diesen Fall 
mit Instruktionen versehen: gab der Kaiser nicht willig seine 
Zustimmung, so war der König entscljlossen den Zwist des 
Kaisers mit seinen Unterthanen derart zu nützen und des 
Kaisers Verlegenheiten in dem Grade zu mehren, dass er 
nothgedrungen zuletzt des Königs Forderung gutheisse. Das 
ist der Grundgedanke der böhmischen Vermittlung in dem 
Streite zwischen dem Kaiser und seinen Ständen. 



et Procopius de Rabenstain cancellarius et alter dictus de Corvo, ad 
imperatorem destinatis, tandem obtinuit etc. 

^) Auf diesen ersten Versuch bezieht sich nothwendig die Nach- 
richt in Pii comment. üb. V. pag. 125: . . . et jam (Georgias) hoc ipsum 
cum Federico ipse tentaverat, quamvis heque consensum neque 
dissensum obtinuerat. Auch von dem 2. Versuche und damit auch 
der völligen Abweisung hatte Fius IL durch den Kaiser selbst Nachricht, 
wie sein Mahnschreiben an den König vom 28. November 1460 beweist. 



V. CAPITEL. 



£Önig Oeorg's Bemühungen um die römische 

Cönigskrone bis za seiner zweiten Abweisung 

durch den Kaiser. 

Sie Terstiindiguug des Böiimenköuigs mit den öster- 
reichischen Unzufriedenen. Die Reichstage von Nürn- 
berg and Worms und der Ausbrach des Krieges in 
Deutschland. Der Tag za Prag and des Königs Stellaug 
zur Carle im Sommer und Herbst 1460. Die Verhand- 
lungen zwischen dem Kaiser und den österreichischen 
Ständen in Wien unter böhmischer Yermittlnng. Der 
deutsche Krieg und die Richtung ron Roth. Der Sep- 
temberreichstag zu Wien und König Oeorgs zweites 
.,Aubringen'^ an den Kaiser. 

Die böhmischen Boten eröffneten nach ihrer Abweisung dem 
Kaiser; Die österreichischen Stande hätten sicli an den König, 
ihren Herrn, gewendet, daran zu sein, dass der Kaiser ihren ge- 
rechten Wünschen entgegenkomme und sie bei ihren alten Rechten 
und Gewohnheiten erhalte ; nun seien die Eizinger des Königs 
Diener, er könne sie nicht ohne Beistand lassen. Der Kaiser 
antwortete ebenso deutlich : Es scheine ihm durchaus nicht 
geziemend, über ünterthanen einer benachbarten Landschaft 
ein Schutzrecht zu fuhren; er hoffe nicht, dass der König 



- 180 - 

etwa den Widerspänstigen gegen sein Regiment Beistand 
leisten werde. ') 

Die unzufriedenen Stände, die am 5. März in ziemlicher 
Anzahl in Guntramsdorf getagt und sich von dort um Unter- 
stützung ihrer Beschwerden nicht blos an die Bürger von Wien 
und die Prälaten, Grafen, Herren, Ritter und Dienstmannea 
von Oberösterreich, sondern auch an die Bischöfe und Land- 
stände von Freising und Passau gewendet hatten, *) waren eben 
seit dem 23. März zu einem neuen Tage in Wuldersdorf ver- 
sammelt, als die böhmische Botschaft, von dem Kaiser ohne 
weiteren Bescheid entlassen, in ihrer Mitte erschien. Sie kam 
von der geschehenen Fürsprache ihres Königs bei dem Kaiser 
Nachricht zu geben, offenbar auch die Verbindung mit den 
Unzufriedenen fester zu knüpfen; in der That ist seitdem das 
völlige Einverständnis nicht zu verkennen. ^) 

Es war kein glückliches Mittel, das da König Georg 
zur Erreichung seiner Absicht gewählt hatte ; gerade in dem, 
was seine äussere Würde betraf, war Niemand feinfühliger 
als der Kaiser ; eine Verbindung mit den eigenen ünterthanen 
gegen ihn, den Landesherm, ihm völlig unerträglich. Es kostete 
darum schon viele Mühe und wiederholte Gesandtschaften, 
ehe der Kaiser überhaupt die Vermittlung des Böhmenkönigs 
zuliess. Dies geschah erst Mitte Mai. Wenn aber der Chronist 



^) So allein gibt die konfuse Erzählung Ebendorfers col 899 einen 
Sinn: Qua durante, missi a Bohemorum rege Georgio vocato de 
Sternberg etc. proposuerunt sui domini nuntium in effectu, quod horta- 
bantur imperatorem, quatenus iustis votis compatriotarum condescenderet, 
in antiquis quoque privilegiis et consuetudinibus conservaret, et si id 
sibi minime conveniens iudicaret, quod sibi contra patriam sibi vicinam 
posset ferro patrocinia, neque ejusdem volle administrare contra ipsum 
opitulamina, concludentes, quod illos Eyczinger, qui sui servitores existant^ 
non posset requisitus relinquere ; sicque sine ulteriore responso ad propria 
sunt reversi. 

'^) Nachrichten vom Tage zu Guntramsdorf bei Ghmel, Materialien 
n. S. 194. Vergl. Zeibig, S. 195. 

^) Nachrichten vom Tage zu Wuldersdorf bringen Chmel, Materialien 
n. S. 197—202; Regesten Nro. 3798 und 3799, S. 379; Zeibig, Copey-Buch 
S. 195—197; der Tag dauerte vom 23.-28. März. 



hinzufügt, dass Georg zugleich die Gewalt bekam, die Forde- 
ingen an den Kaiser zugleich auch abzugrenzen, ') so ist dies 
iurchaus irrig. Thatsachlicli gieng die Tbätigkeit der böhmischen 
Jesandtschaft über eine formelle Vermittlung nicht hinaus und 
lelbst wo man einen Streitpunkt wirklich ihrem Spruche 
mterwarf, geschah dies nicht ohne vorherige Einigimg zwischen 
iem Kaiser und den Ständen. ',i 

Als mit dem 2. März der durch die „Provisio nationis 
Dfermaniae" vom 19. Dezember 1459 festgestellte, von Papst 
ind Kaiser ausdrücklich angekündigte ') Reichstag zu Nüniberg 
äTöffiiet werden sollte, hatten bereits die Dmge in Deutschland 
nne Gestalt gewonnen, die dem zu rechter Zeit über die Alpen 
[ekommenen Cardinallegaten Bessarion wenig erfolgreiche Be- 
nühungen in Aussicht stellte. Die böse Saat der Nürnberger 
äprüche reifte blutiger Ernte entgegen; die Parteien waren 
Sntschlossen , den lange hinausgeschobenen Streit mit den 
iffen in der Hand auszufechten, häufige Ausschreiben der 
i'Üraten, deren jeder die Schuld auf den Gegner zu schieben 
Erachtete und sich damit an die Landstände der Gegenpartei 
»endete, vermehrten noch die gegenseitige Erbitterung. *) 



') Ebendorfer col 902: . . . qui (rex Bohemiae) obtiuuit, ut aibi 

dem io aaprascriptis articuUs concederetur plenaiie deßniendi et 
oucordandi facultas. 

'J Ebendorfer seibat bringt col. 915—916 einen bezeiolmenden Aus- 
prach der böbmischeii Stände , den sie freiliclL tliaten, um die uoaa- 
enehme GenieiDBchB.i'i mit Fronauer ablehnen zu könneu: i^ui (uuntü) se 
uUa judicandi potestate, sed iulerloquendi et concoi'diindi facultate 
nffiiltos prote statt snDt. 

') Den von Yoigt III. 21S gebrachten Beispielen einer Eioladung 
nch des Kaisers foge icli die des Bübmenliönigs, Urkuadl. Seitr. Kro. 213, 
216—217 bei. Auch sagt der Kaiser ausdrßcklich : „Cujus praetextu 
M pro biuitsmodi dietae continuatione et obserrontia venerabiles ^c 
InstreB nostros et sacri Bomani imperii electores et alios principe» 
«terosque fidelea dilectos per caesarea nostra scripta in dient et locum 
raetactOB vocandos duximus etc. 

*) Man vergl. des Ftalzgrafen Änssciireiben bei Mone, Speierache 

Sirotuk S. 431—435, den Brief Bischof Jobannea von Eichstadt an die 

tadrischen Btilade bei Stockheim, Seili^en S. 1U9--110, yof allem Mark- 

[raf Albrechts Schreiben an Kaiser Friedrich, Stockheim, Beilagen 

120—121. Auch gnedigster herr schick ich ewem gnaden all e schritt 



So kam es, dass schon der Besuch des Tages mehr als 
spärüch war. Neben den Cominissarien des Kaisers, dem 
Kardinal Peter von Augsburg, dem Markgrafen von Baden und 
dem Bischöfe von Speier, ') waren persönlich nur die beiden i 
brandenburgischen Brüder, die Markgrafen Friedrich und Al- 
brecht, und der Bischof von Bamberg erschienen; dazu die 
Räthe Herzog Ludwigs von Baiem und Gesandte von einigen 
Kurfürsten und Reichsstädten; auch von diesen waren die 
wenigsten mit den nöthigen Vollmachten für das, was beratben 
werden sollte, versehen. ') So viele hatten sich „auf den Rut 
seiner Heiligkeit und der glorreichen kaiserlichen Majestät" 
in Nürnberg eingestellt. ') Zwar waren beide Parteien auf 
dem Reichstage vertreten; aber eben deswegen gehörte der 
Tag nicht so sehr den Berathungen über den Türkenkrieg als 
vielmehr trotz aller Bitten und Ermahnungen des Legaten 
dem Hader der Parteien. *) Umsonst bemühten sich Bessarion, 
dem dazu von Pius 11. umfassende Vollmacht erlheilt worden 
wai', ^) und die kaiserlichen Bevollmächtigten ') zwischen den 

wie herzog Ludwig meta freunden vdi! mir auch mein rittem Tnd knechcea 
geachrieben haben vnd wir im wider unlworten werden etc. 

■j Chronik des BarkardZink 1, c. S. 242; Mone, Speiersche Chronik 
S. 439. Vergl. auch Voigt, Enea Silvio tCI. S. 230—221. 

-) Cardinal Bessarion an König Georg tod BühmeD am 1. Joni 
1400 in den Urkuadl. Beilr. Nro. 323, S. 328—330. 

^ Ebendort: Ex omnibas, qui per aanctitatem Bnam et gloriosia- 
simom caesureani mtgeatatem vocati fuerant, per ae quidem nuili, per suos 
vero oratores quam psuciaeimi comparuere. 

*) Pius U. sagt dies selbst in wenigen bezeichnenden Worten in 
seinem Ausschreiben an die FUrsten Tom 9. Juli 1460 bei Rayaaldus ad 
ann. 1460 n. 85: Tenit ad dietam Norimbergensem legatus noster, parvi 
paucique illuc convenemut, inter quoa parum est exauditns. Das Schreiben 
an Bischof Johann Ton Verden bei Eiedel, Cod. diplom. Brandenb. II. 
Hauptth. 5. Bd. S. 51-52. 

') In seinem Breve an Bessorion TOm 15. Januar 1460, bei Baynaldu» 
ad ann. 1460 Fro. 18, sagt der Papst : ... et omnia alia totiua rei 
pnblicae christianae salutem, defensionem, protectionem, pacem et quietem 
<:oncenientia negotia tractandi, peragendi, ad dictam nationem Gennaniae 
et omoes et eingnlas provincias etc. plenam etc. tacultatem damus. 

*) Auch als die Fehde schon enthraoat war, drängte der Kaiser 
noch zum Ausgleiche; man vergl. Kluckhohn, Herzog Ludwig S. IST, 
Anm. 2 und S. 143, Anm. 3. 



Gegnern zu vennitteln. Beide wünschten den Krieg. Herzog Lud- 
wigs Heer war zahlreich und mehrte sich noch durch reichlichen 
Zuzug böhmischer Söldner, ') so wie denn der Herzog überhaupt 
ganz im Gegensatze zu der jüngsten Vergangenheit in dem 
Böhmenkönige eine Stütze sah. Aber auch Markgraf Albrech t 
war guten Mnthes. Schon am 5. Februar meldet er dem 
Kaiser, dass er sich der Feinde wohl zu erwehren hoffe ') ; 
er wusste sich durch zahlreiche und mächtige Bundesgenossen 
nnteretützt, Papst und Kaiser auf seiner Seite. Zudem kreuzte 
man bereits am Rheine die Klingen. Am 4. Februar hatte 
mit dem Grafen von Leiuingen Ludwig der Schwarze TonVel- 
denz seinem Vetter in Heidelberg den Fehdebrief gesandt 
und war sofort feindlich losgebrochen. *) Schon kämpfte man auch 
in Wirtemberg, dessen Graf Ulrich eben erst am 26. Februar 
dem Pfalzgrafen abgesagt hatte. ") 

Da war denn die Vermittlung eine schwierige Arbeit 
und es wai' nur der Energie und dem aufrichtigen Willen des 
Legaten zuzuschreiben, dass man sich nach langem Zank und 
heftigen Vorwürfen ') endlich am 11. März in dem Abschiede 
des Reichstages dahin einigte, es solle Sonntags den 23. März 
zu Worms eine neue Versammlung gehalten werden, bei der 
<Ue Fürsten beider Parteien sich einfinden und der Cardinal- 
legat oder dessen Anwalt und die Gesandten des Kaisers 
die schwebenden Fragen entscheiden sollten. Der für den 
30. März anberaumte Reichstag am Hofe des Kaisers wurde 
auf den 11. Mai verschoben. ") 



') Ueber dea Herzogs Rüstucgen vergl. man KluckLohn , Herzog 
Ludwig S. 13B ff, 

") Da3 Schreiben bei Stockheim, BeilageD XtXa, S. 1^1. 

') K. Menzel, Diether von laenburg S. 58. 

*) Stählin, WirterabergiBche GeacLicLte IH. S. 520. Das Datum 
herichtigt bereita Menzel, Dieth. v. Isenb. S. 58, Anm. 13. 

>) Moni', Speieraobe Cbronik S. 439. 

■) Raynaldus ad ann. 1160 Nro. 20: Cum autem Norimbergae nil 
lieci videi'etnr etc., tranaferre conventuB Wormatiam legatoB conatituit, ne 
quidquaiB intentatum relinqueret, quod ad aedandaa Utes pertineret. Der 
Abschied des Tages Ton Nörnberg mit dem Ilinweiae auf die Wiederauf- 



— 184 — 

Es ist klar, dass sich unter solchen Verhältnissen für 
den Böhmenkönig auf dem Nürnberger Tage für seinen Plan 
nichts thun liess ; es geschieht auch nirgends der böhmischen 
Gesandten oder auch nur des Doktor Mair Erwähnung, ja wir 
erfahren gar nicht, ob der König überhaupt nur Jemand in 
Nürnberg beglaubigte. 

Der Nürnberger Reichstag that der Fehde am Rheine 
keinen Eintrag. Wie viel man sich von der kommenden Wormser 
Zusanamenkunft versprach, zeigt am besten, dass Diether von 
Isenburg, der Mainzer Erzbischof, obwohl er den Domherrn 
Vollbrecht von Ders zu seiner Vertretung nach Worms sandte, 
drei Tage vor Eröffnung der Tagsatzung mit dem gesammten 
Capitel . dem Pfalzgrafen absagte, ^) und während die Wormser 
Vermittlungsversuche stattfanden, die anderen Fürsten beider 
Parteien mit ihren Fehdebriefen nachfolgten. '^) 

In der That blieben alle Bemühungen des Cardinallegaten 
vergeblich ; seine Mahnungen zum Frieden im Namen des 
heiligen Stuhles, die Botschaft Carvajals aus Ungarn über 
einen neuen verheerenden Einfäll der Türken verhallten un- 
gehört in dem ringsum sich erhebenden Kriegsgetümmel. *) 
Tief gebeugt und völlig entmuthigt gab Bessarion dem Papste 
Nachricht von dem Scheitern seiner Entwürfe und wandte sich 
zur Rückkehr nach Nürnberg. Hinter sich liess er den Krieg, 
in dessen Strudel nun die beiderseitigen Bündner von den 
Rheinlanden bis weit nach Franken hinauf hineingezogen wurden. 

Schob auch Pius II. einen Theil der Schuld auf die Un- 
fähigkeit seines Legaten, ^) so wusste er anderseits doch aus 
persönlicher Erfahrung, wie schwer etwas auf deutschen Reichs- 



nahme der Verhandlungen in Worms bei Stockheim, Beilagen S. 137 bis 
438; sonst siehe man zu dem Tage Voigt, Enea Silyio III. S. 221 — 222. 

^) Janssen, Frankfurts Reichskorrespondenz II. S. 144. 

-) Menzel, Diether von Isenburg S. 58—59. 

^) Raynaldus ad an. 1460; Nro. 21 über die Botschaft Carvajals; 
man vergl. noch Th. Pelina, Mars Moravicus pag. 712. Nachrichten über 
den Wormser Tag bei Raynaldus 1. c. nach den Worten des Lobredners 
Bessarions Baptista Piatina und bei Janssen 11. S. 144. 

*) Brief Pius II. an Carvajal vom 25. April 1460, worin der Papst 
den Legaten geradezu einen kranken, für solche Arbeiten völlig unfähigen 



185 



lagen vorwärts zu bringen sei. '} Nun, da sich aus dem deutschen 
Iteiche keine Hülfe für die Ungarn erwarten üess, war des 
Papstes brennendste Sorge darauf hingewendet, dass wenigstens 
die eigenen Kräfte Ungarns dem jungen Könige zur Verthei- 
digung verfügbar blieben. Deshalb nun, bereits nach dem 
Scheitern des Nürnberger Tages, am 28. März die drin- 
gende Bitte an den Böhmenkönig, im Wege friedlicher Ver- 
einbarung den Kaiser von feindlichen Angriffen gegen die 
Ungarn zurückzuhalten. '') Auch der Cardinallegat fand, als 
er am äO. April in Nürnberg eintraf, ein Breve des Papstes 
vor, das neben Worten des Trostes und der Ermunterung den 
gemessenen Auftrag enthielt, mit allem Fleisse die Friedens- 
bemühungen König Georgs auch seinerseits zu unterstützen. ') 
Ja damit nicht zufrieden und im gorechten Mistrauen gegen 
«iie Fähigkeiten Eessarions befahl der Papst, dass auch der 
gewandte Begleiter des Erzhischofs von Kreta, Dr. Franz von 
Toledp sich an den kaiserlichen Hof verfuge, um zugleich im 
Sinne des Papstes auf Friedrich III. einzuwirken. *) So schienen 
nochmals die laden der Politik in den östlichen Ländern in 
XÖDJg Georgs Hände gelegt; während er mit scharfem Auge 
dem Gange der Dinge in Deutschland folgte, und davon ge- 
schickt Nutzen zu ziehen wusste, versammelte er zum 1. Mai 
kaiserliche und ungarische Rjithe um sich in Prag, um ihren 
Streitfall zu friedlicher Entscheidung zu bringen. 



Minn neunt. Bei Theiner, Mon, Hiiag. 11. Nro. 536, Mailath lU. S. 419, 
doch fehlt die betreffende Stelle l>ei Kaprinai U, pag. 419-431. 

') Breve Plus II. an Bessarian vom 15. Mai 1460 bei RaynalduH 
ad an- U60 Nro. 79-80: Nos qui in Germania versati diutius sumüs, 
oan dubitamus bis te diSicultatibus premi, quas uobis cotumemoras. 
■ »I ürkundl. Beitr. Nro. 218, S. 217—218 a. a. 0. 

') ürkundl. Beitr. Nro. 216, S. 221. Die XX. praescutis meusis, 
cum reTtrsua luissera ex dieta Wormaciensi Norimbcrgam, acccpi litteras 
UDctissimi doraiui nostri cum interclusa copia litterarum majestatis 
TGEtrae ete. 

*) Der Erzbiaehof von Kreta aa^t in einem Schreiben vom 29. Apr. 
1*60 an die Breslauer, Scriptor. rer. Silesinc. VIH., S. 43. Dominus 
Francäacus voluit hoc onus sumere et omnia expedivit me eciam soUici- 
t&nle, ut ex litteris suis evidebitis. la Viennam pro certo negotio domini 
nostri profleisciiur et in die vobi? scribet et ballam secura habet. 



Die Verhandlungen scheiterten wiederum, noch ehe Car- 
dinal Carvajal von Wien aus, wohin er sich zunächst, des 
Kaisers Meinung zu erforschen, begeben hatte, Gelegenheit 
und Zeit fand, sich persönlich nach J'rag zu begeben, oder sich 
doch wenigstens durch Bevollmächtigte an den Verhandlungen 
zu betbeiligen. ') Natürlich, da der Kaiser König Georgs 
Verschreibungen, ihm auf jeden Fall zur Krone Ungarns zu 
verhelfen, in der Hand hatte, bei König Mathiaa auf eine 
Verzichtleistung nicht zu denken war, so war eigentlich jede 
Vermittlung eitel. Wir wissen darum auch gar nicht, wie 
weit die Forderungen der kaiserlichen Gesandten, die uns ein 
Chronist überliefert, auch nur ernst geraeint waren. Eine 
Entschädigungssumme von 100.000 Dukaten für erlittene Ver- 
luste oder aufgewandte Kosten, die Nachfolge in Ungarn nach 
Mathias und dessen legitimen Erben, sowie schon jetzt den 
Titel eines Königs von Ungain. die Abtretung der Städte 
Oedenburg, Eisenburg, Günz, Rechnitz sowie einer Anzahl 
Ton Festen sollen die kaiserlichen Gesandten sowie bereits 
einst in Ohnütz so nun in Prag von den Ungarn verlangt 
haben. ') 

Aber die Abgeordneten des Königs Mathias, der Bischof 
Elias von Neutra und Matthäus Libak von Radowesitz ant- 
worteten statt aller Zugeständnisse mit bittem Klagen gegen 
den Kaiser und dessen Parteigänger wegen Störung der 
Waffenruhe und üben-eichten im Auftrag des Palatins Or- 
szag em Schreiben, in dem die von dem Kaiser und seinen 
Anhängern allein während des Waffenstillstandes in Ungarn 
angerichteten Schäden auf mehr denn 100.000 Dukaten geschätzt 
wurden. *) 

Und nun reiften aus der ungarischen Frage rasch für 
König Georg böse Früchte. Wir wissen nicht, vrie weit König 
Mathias von dem Spiele, das sich Podiebrad mit ihm erlaubt, 
Nachricht erhielt. Aber seit den Maiverhandlungen in Pr^ 



') ürkuniU. Beitr, Nro. 216, S. 221-222. 

•| Peeina, Mara Moravicus S. 711. 

') Mannscr. des Prager Domkapitels 6. XIX., 



IH7 



B ist die Stellung Ungarns zu Böhmen eitie geradezu feindliche; 

" Mathias hat die alte Verbindung mit der böhmischen Küniga- 
faniilie gelöst, seine unbedingte Ergebenheit, das fast kindiiclie 
Vertrauen zu König Georg, das er die beiden vorhergehenden 
Jahre bewiesen, 'i ist verschwunden, um nie wieder zurück 
zu kehren. Anderseits unterstützt der Böhmenkönig offen den 
alten Söldnerfiihrer Gisln'a, des Corvinen gefahrlichsten Wider- 
sacher. *) — Aber auch des Königs bisheriges gutes und 
besonders in der letzten Zeit wirklich freundschaftliches Ver- 

I hältnis zu der Curie erleidet eine wesentliche Trübung. Dass 

gerade der ernste besonnene Carvajal, apostoliöcher Legat in 
Ungarn, der bisher unbedingt auf des Königs Hechtgläubigkeit 
lind Zusagen gebaut hatte, nun sein Mistrauen gegen den 
König kundgab, zeigt die Quelle. Der Cardinal richtete aber 
an den König die emste Mahnung, das grosse Werk der 
Reunion der Böhmen mit der Kirche jetzt in die Hand zu 
nehmen und tfaeilte zugleich dem Papste seine Bedenken mit. ') 
Noch zweifelte Pius nicht an des Königs Aufrichtigkeit. „Nach 

, seinen eigenen Versicherungen und den Aussagen der Legaten," 
so beruhigte der Papst den Cardinal, „sei der König nicht 
weit vom eigentlichen Dogma entfernt; er werde wohl seine 
Versprechungen gewissenhaft erfüllen." ') Auch fühlte König 
Georg wirklich das Bedürfnis etwas zu thun und gestattete 
deshalb, dass dem neuen Orden der Capistraner Mönche das 
vei'lassene Stift zu St, Ambros auf der Neustadt Prags ein- 
geräumt wurde, ') während zugleich die Legaten, die den 
Breslauer Ausgleich vermittelt hatten, durch des Königs kluge 



'] Man vergl. Über die Lösung des FreandschaftäverhältnisBes die 
Worte der nachfolgenden AuasölinungBurkiinde vom 35. Nov. 14fiO, über 
MaÜiiaa persönliclie Stellung zu König Georg Urkandl. Beiträge Nro, 144, 
S. 138— 139, Nro. 150, S. 143, Nr.i. 191, S. 189, 

*) Urkiindl. Beitr. Nro 228, S. 233. 

»I G. Voigt, Enea Silrio lU. S. 453. 

') Brief deg Papstes ?om 13. März I4ö0 bei Kaprinai, II. pag. 399, 
Mailath III, Anh. pag. 96 RaynalduB ad ano. 1460, Nro. 9i. 

') Piibitachka, Chronologische Geschiebte Böhmens, Prag 1770 ff. . 
IX, S. 75. 



- 188 — 

Ehrenbezeugungen gewonnen, laut seinen Ruhm verkündigten. *) 
Aber die Breslauer ruhten nicht, jeden Schritt des Königs 
mit Mistrauen zu überwachen und im Rom zur Vorsicht zu 
mahnen; Klagen des Kaisers über des K-önigs Einmischung 
in seinen Streit mit den österreichischen Landständen kamen 
offenbar dazu: so ergriffen Zweifel und Unmuth gegen den 
König neuerdings des Papstes Umgebung und sogar seine be- 
geisterten Lobredner, *) endlich auch Pius IL selbst. Im Spät- 
sommer 1460 erschien des Königs Prokurator am päpstlichen 
Hofe, Fantinus de Valle, persönlich in Böhmen. Welcher Art 
hier seine Verrichtungen waren, ist unbekannt, da uns nirgends 
seine Instruktionen berichtet werden. Dass er aber eine sehr 
ernste Mahnung des Papstes an den König brachte, die so 
lange hinausgeschobene Obedienz für das ganze Königreich 
endlich zu leisten, ersehen wir aus einem demüthigen Schreiben 
Georgs vom 12. September 1460, worin er den Papst bittet, 
seinen Unwillen gegen ihn aufzugeben und von seiner Ergeben- 
heit wie Bereitwilligkeit, alles Versprochene zu erfüllen, über- 
zeugt zu sein. ^) Wirklich kündigt der König am 1. Novem- 
ber 1460 dem Papste an, dass er den Bischof Protas von 
Olmütz, den Kanzler Prokop von Rabenstein mit andern Ge- 
treuen und Räthen demnächst an den apostolischen Stuhl 
abordnen werde. ^) 

So tiiibte sich für König Georg bereits auch der bisher 
so heitere römische Himmel. So bedeutsam aber die An- 
zeichen für den König sein mussten, sie hatten ihn nicht 
zurückgehalten, auch weiterhin den Streit Kaiser Friedrichs 
mit seinen Landständen für sein hohes Ziel zu benützen. 



^) Schreiben des Domherrn Franz von Toledo an König Georg vom 
16. April 1460; Manuscr. des Prager Domkapitels G. XIX., Fol. 160. 

**) Man vergl. das Schreiben des Erzbischofs von Kreta an einige 
Bürger von Breslau vom 22. Juli 1460, Scriptores rer. Silesiacarum Vin., 
S. 45—46. 

®) Das sehr interessante Schreiben des Königs in den Scriptores 
rerum Silesiac. VIII. S. 47. Wie durchaus unzureichend die Zeichnung 
des Verhältnisses König Georgs zu Rom für 1460 bei Palacky ist, ergibt 
sich aus obiger Darstellung. 

*) Scriptores rerum Silesiacarum VIIL, S. 49. 



In die endlich angenommene Vermittlung eintretend hatte 
Podiebrad nach neuen Verhandlungen mit Abgeonlneten des 
österreichischen Herren- und Kitterstandes in Prag dem Kaiser 
angezeigt, dass er auf den Samstag nach dem Feste Johannes 
des Täufers (24. Juni) seine Räthe nach Wien abordnen wolle, 
dort „die obgemeldeten Gebrechen und Unwillen nach Verhörung 
der einzelnen Punkte seiner Durchleuchtigkeit zu Gefallen 
gütlichen zu vertragen." ') ' 

Es war dieselbe Zeit, für die König Georg sich verpflichtet 
hatte, mit seiner ganzen Macht bei Pressburg im Felde zu 
sein, dem Kaiser das Königreich Ungarn einzubringen I 

In Wien erschienen für den König von Bühmen Bischof 
Protas von Olmiitz, Benesch von Cernahora, Heinrich von 
Kolowrat und der Kanzler Prokop von Rabenstein. ') Nach 
ihnen stellten sich unter dem vom Könige verlangten, vom 
Kaiser bewilligten sicheren Geleite ') ein die drei Brüder 
Ulrich, Stephan und Oswald von Eizinger, der von Eckartsau, 
Veit und Albrecbt von Ebersdorff, die Pottendorfe Heinrich 
und sein Sohn. Georg u. a., zusammen 20 Abgeordnete. 
Aber zahlreiche Freunde und Gesinnungsgenossen hatten sich 
vor den Thoren Wiens gelagert, die, ohne unmittelbar an den 
Verhandlungen Theil zu nehmen, doch deren Vorlauf mit 
lebhaftem Interesse verfolgten und insgemein von ihren in der 
Stadt weitenden Wortführeru zu Rathe gezogen wurden, *) 

Die Gesamratzahl der Uebrigen aber, zu deneu auch ein 
Theil der vor Wien Versammelten hinzutrat, ') tagten in eben 
jener ersten Juliwoche zu Gelerstorf. Hier kam es am 4. Juli 
zur Unterzeichnung eines Bundesbriefes, dem der Böhmen- 
könig offenbar sehr nahe stand und der in mehrfacher Hin- 



1 Kaiser Friedrich vom 30. Mai 1460 hei 



') Brief des Koni 
Zeibig, Copey-Buch I. c. S. 209—210. 

*] Ebendorfer von Haselbach bei Pez U. col. 903. 

") Der Geleitsbrief bei Climel, Materialien, 11. Uli; Regesteo 
Hro. 3814, S. 381. 

*) Ebendorfer cöl. 903—904: . . . quibus occurrere cnpientes com- 
nuini eoniin, qui ante bnstitaa Scherbenko campum lenuere, concilio, 
quornm plures retro ahiernnt. 

'] Ebendorfer col. 904. Auch sonst ist Ebendorfer die Hauptquelle 
für die Darateüung der nachfolgenden Verhaüdlungen. 



sieht liühcs Interesse bietet. Eingtings zählen die Stande all 
das Verderbnis und die Gebrechen auf, womit „Arm und Reich 
im Land Oesterreich beschwert" werde. Umsonst hätten sie 
sich an den Kaiser gewendet, umsonst gebeten, ea möchte die 
Entscheidung der Streitfragen dem nieder- oder oberöster- 
reichischen Herrenadel, den Herzogen Albrecht oder Sigmund, 
dem Böhmenlcönige übertragen werden, Darum hätten „sie 
die Sache gebracht an den durchlauchtigsten Fürsten und 
Herrn Georg, Köm'g von Böhmen etc., nicht das mindeste 
Glied, sondern als an den obersten Kurfürsten des heiligen 
Reichs", nachdem sie .vernommen, daas der König sein Land 
Böhmen und seine andern Lande gerne im Frieden bei ihren 
Rechten und Gnaden halte, und dass auch König Ladi- 
slaw zu Prag einst in seinen letzten Stunden dem 
Könige befohlen und ihn gebeten habe, dass er 
sich seine Land und Ijeute befohlen lassen sein 
solle und besonders das Land Oesterreich, dass es 
bei Frieden und Wohlfahrt bleibe. Sie hätten sich demnach 
dem Könige erboten und erbieten sich jetzt, dass er ftti- sie 
ganze Gewalt habe, alle die oben geschriebenen Beschwerde- 
punkte vorzunehmen und zu verhören und jeden Punkt 
besonders zu Recht zu entscheiden. Wollte aber der Kaiser 
nicht darauf eingehen und sich als einen ungnädigen Herren 
erweisen, so miissten sie dafür sorgen, wie sie sich solcher 
Vergewaltigung und Verderbnis durch den Kaiser und all die, 
welche ihm dazu rathen und helfen, erwehren könnten." ') 
So rücksichtslos nahm der König das Recht der Einmischung 
in Oesterreich in Anspruch, so weit, bis zur Androhung 
einer bewaffneten Erhebung, liess er die Stände gegen den 
Kaiser vorangehen ! Dadurch sollte seine Vermittlung Gewicht 
bekommen, der Kaiser gedrängt werden, des Königs Wunsche 
in Bezug auf das Reich zu erfüllen, 



'I Die Verschreib uag der üaterreichi seilen Lauilücbäft gegen König 
Georg von Böhmea bei Chmel, Materialien II, S. 211—214; vergl. 
Nro. 3816, S. 381. Die österr. Stände Btlieinen demnach auch 
TerBchreibuug des Kaisera, das Reich und seioe Lande mit des Königs 
Rathe zu regieren, gewitast zv. haben. 



191 



In Wien hatteo inzwischen Ulrich Eizinger und seine 
rreunde nacb beweglicher Schilderung der Noth des Landes 
ihre Bitten und Beschwerden den kaiserlichen Käthen über- 
geben. „Sie müssten dai'an verzweifeln, ihre Besitzungen zu 
erhalten oder auch nur ihre Diener zu entlohnen, wenn 
seine kaiserliche Majestät nicht Abhülfe verschaffe." 

Nachdem der Kaiser sich mit seinen Räthen, darunter 
unserm Gewährsmann Ebendorfer berathen hatte, überbrachten 
Ulrich niederer »nd eben Ebendorfer den Ständen seinen Be- 
scheid auf die einzelnen Ai'tikel. Er zeigt, dass die Beschwerden 
in der That zum guten Theile berechtigt waren, dass aber 
an manchem Uebelstande die Mitschuld der Barone nicht 
ausgeschlossen war und bei manchem derselben die patriotischen 
Klagen nicht so sehr der üblen Lage des Landes entsprangen 
als dem Streben, aus der Bewegung gegen den Kaiser per- 
Bönlich Nutzen zu ziehen. So gab der Kaiser die Klage über 
nicht entsprechende Besetzung seines obersten Laodesgerichtes 
einfach zurück. Gerade die Herren selbst hätten sich der 
Theilnahme an dem Gerichte entzogen und so dessen Thätig- 
keit verhindert. Da sei er endlich mit der Ernennung des 
Heim von Kuem'ing zum Seneschall vorangegangen, dem er 
zugleich die Salzkammer vertraut habe ; aber selbst dann hätten 
sich die Barone auch durch wiederholte Aufforderungen Kuen- 
rings nicht dahin bringen lassen, ihm im Gerichte beizusitzen. ') 
Nun kam das Münzwesen zur Sprache. Der Kaiser leugnete 
nicht schlechte Münze geschlagen zu haben, aber er entschul- 
digte sich. Sein gutes Geld sei ausser Landes geführt worden, 
dafür habe man die Herzogthümer mit schlechter Münze über- 
schwemmt. Um nicht allzu viel Schaden, besonders bei der 
Entlohnung der Söldner zu erleiden, habe er sich gleichfalls 
mit Pfennigen geringeren Gehaltes behelfen müssen. 

Mit Entschiedenheit wies der Kaiser den Vorwurf der 
Sorglosigkeit gegenüber der im Lande herrschenden Unsicher- 
heit zurück. Er habe die Raubnester zerstört und sechzehn 



') Ebendorfer: . . . dominos sere (Chuenriag) ad aasidendum eiden 
uBi^iie SDis petitioDibus obtiaere nequivit. 



- 192 - 

Hauptleute zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung gesetzt. 
Ebenso werde er auch in Zukunft über den Frieden wachen. 
Und nun gab die kaiserliche Antwort neben bittem Klagen 
über das Treiben Gamaret Fronauer's den Herren zu verstehen, 
dass jener niemals hätte wagen können, was er gethan, wenn 
er nicht im Lande vielfach auf Beifall gerechnet und diesen 
auch gefunden hätte. ') 

Der Klage über die Begünstigung der Juden gegenüber 
begnügte sich Kaiser Friedrich mit der Erklärung, dass er 
jenen blos die Kechte einräume, die ihnen als des Kaisers 
Knechten seit langem zugewilligt wären ; er halte es für seine 
Pflicht, sie bei ihren wohlerworbenen Gepflogenheiten zu lassen. 
Ebenso wurde die Beschwerde über Unregelmässigkeiten bei 
der Lehensertheilung für unbegründet erklärt, jedoch ver- 
sprochen, dass Niemand in Hinkunft sich von Seite der kaiser- 
lichen Kanzlei Belästigungen ausgesetzt sehen werde. Und 
nun sprach sich der Kaiser mit ungewöhnlicher Schärfe und 
Entschiedenheit über die Rechte und Privilegien des Erzherzog- 
thums Oesterreichs einerseits,, die Stellung des österreichischen 
Landesherm anderseits aus. Er sei entschlossen, wie er dies 
auch bereits der Stadt Wien durch Verleihung einer goldenen 
Bulle erwiesen habe, so auch Allen und Jedem im Lande ihre 
Gerechtsame zu bestätigen, sie zu vermehren, nicht aber zu 
vermindern. 

Unverhohlen brach der Groll über die böhmische Ein- 
mischung hervor. „Es sei gegen hergebrachten Brauch und 
die alten Freiheiten Oesterreichs," dessen innere Angelegen- 
heiten vor das Forum auswärtiger Fürsten zu bringen. Wenn 
sie der Meinung wären, und behaupteten, es habe der Böhmen- 
könig auf Grund der goldenen Bulle Karl IV. und als der 
erste und vorzüglichste unter den Kurfürsten das Recht, derlei 
innere Mishelligkeiten in einem andern Reichslande „zu erheben, 
zu entscheiden und abzustellen", so wären sie darin durchaus 
übel berathen. Keinem auswärtigen Fürsten stehe es zu, sich 



^) . . . quae (Fronauer), nisi incolarum sufiragia habuisset, efficere 
nequivisset. 



äiDzumengen, wenn der Kaiser als Herzog von Oesterreich mit 
seinen Vasallen Streit habe," ') 

War auch diese Aeussening des Kaisers formell an die 
anzufriedenen Barone und Landstände gerichtet, thatsächlich 
lag darin doch eine derbe Abweisung der böhmischen Ver- 
mittlUDgsverauche, die den Gesandten König Georgs nicbt 
verborgen bleiben konnte. Trotzdem hanlen sie, offenbar 
durch strikte Weisungen des Königs gebunden, aus und unter- 
zogen sich der undankbaren Mühe, in den einzelnen Streit- 
punkten eine üebereinstimmung zwischen den Forderungen 
der Stände und den Erbietungen des Kaisers zu finden. Ihre 
Angabe war völlig gescheitert, wenn sie in der Absicht 
:omnien waren von der üblen Lage des Kaisers Nutzen zu 
ziehen und dieseu zu für den König wichtigen Zugeständnissen 
Zü vermögen. Konnte der Kaiser schon vordem bei sich im 
;n sein, dass der König den betreffs der ungarischen 
Krone gemachten Vcrschreibungen nicht nachgehen werde, 
fio war er jetzt nach den Vorgängen in Oesterreich dem Könige 
Georg vollständig entfremdet. Und nun blieb auch die^mehr- 
Wöchentliche vermittelnde Thätigkeit der Böhmen völlig frucht- 
los. *) Kaiser Friedlich gebrauchte das Mittel, die Unzufriedeneu 
einzeln durch Verleihungen und Begünstigungen zu gewinnen 
ind von dem Bunde abziiziehen. Mit den Eizingern und dem 
ron Ebersstorff, Niklas Drucksäss, einem der Hauptfiihrer der 
Bewegung, Sigmund Fresendorfer und dem von Seifenegg 
nirde unterhandelt, mit mehreren ein Ausgleich erzielt *) 
&adurch und indem der Kaiser eine neue bessere Münze 
ichlagen liess, wobei er das ausdrückliche und feierliche Ver- 
irechen abgab, dieselbe niemals zu mindern, *) wurde die 



') Ebendorfer col, 904; .. . sinpilae in mo{lum querolae, praecipue 
■Regem Bohemiae de- quo allegabunt, quoi! safl'iiltug aorea buUa, ut 
sraecipuuB electorum et primua taleg siibortas ilifficultatcs decidendi, 
criminsodi et sopiendi facultas i^nppi^teret. 

^) Mbb vergl, über die weiteren Verhandlungen Zeibig, Copey- 
Bach 1. c. S. 313—315. 

") Ebendorfer, col. 919. 

') Das Dekret vom 3. August HGO bei Cbmel, Regesten Nro. 3821. 



— l'J4 — 

drohende Macht des Ständebundes gemindert und zugleich 
die Gefahr eines allgemeinen Aufstandes im Lande beseitigt, — 
Auch Fronauer sah die Zahl seiner Freunde rasch dahin- 
schwinden. Sein Ersuchen an die böhmischen Gesandten, es 
möchte der König, den er offen als seinen Herrn bezeichnete, 
sieh seiner Sache annehmen, wui'de abgewiesen, nicht ohne ein 
neues übles Licht auf den König zu werfen. ') Als Fronauer 
mit seinen Genossen den offenen Kampf wieder begann, erüess 
der Kaiser ein allgemeines Aufgebot gegen ihn, ihm die ge- 
nommenen Plätze Triebensee und Geleradorf wieder zu entreissen 
und setzte gegen ihn Sigmund von Pnchheira zum Hauptmann, 
der dem Aufstande Schranken setzte, ^j Auch mit dem mächtigen 
Hause der Stahremberge wurde der endliche Ausgleich ge- 
funden. ■) Die böhmischen Boten waren aber bereits längst 
wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. 

Inzwischen tobte im Reiche draussen der Krieg. Ent- 
ziehen sich auch seine Einzelnheiten unserer Darstellung, so 
muss doch auf die Hauptniomente und jene Begebenheiten, 
die für die Beziehimgen Böhmens zu den deutschen Fürsten 
in Betracht kommen, hingewiesen werden.'') Der Kampf hatte 



') Et dum plures, qui sibi astore videbantur, pedetentim evanuissent, 
ipae — Fronauer — tandem abiit, petens negotium suum per r^em 
fiohemiae discuti Bnuni dominum etc. Ebcndorfer col. 015. 

») Climel, RegcBten Nro. 3824, S. 382. Materialien II. S. 226—22? 
bringeo weitere Kaclirichten über den Krieg. 

'] Chmel, Materialien II, 8. 224—226; S 239-233. 

*j Saa urltundliche Materiale fQr die DarBtellnng des Krieges ist 
wMt verstreut. Sehr viel bietet Slockbeim, Beilagen XL— SLIV,, S, 183 
bis 268 Bowobi für den Verfanf der Kämpfe wie die nachfolgenden Friedens- 
verhandlungen ; ferner Mone, QuellenBamiuIung, I. S. 440 fl'.; Sencken- 
berg, Selecta juris et historiarum tom. III. pag, 303 — 514. Eikhart Artet, 
Chronik von Weissenhurg, Quellen und Erörterungen zur bayrischen und 
deutschen Geschichte, München 1856-64, 9 Bd., n, S. 173—18]. G, Ch, 
JoauDJs Remm Moguntiacarum vol. I. tom. H., Francof. 1792 ff. Tai. I. 
774 ff,, Nro. 19—28, Bisher unbekannte Nachrichten zu dem Kriege 
bietet das Copialbnch L Fol, 131-132 a. a, 0, des Egerer StadtarcblTGS, 
sowie Missiv-Bucb XXIX., Fol 147 a. a. 0. des Stadtarchives von NOni- 
berg. Sehr wichtige Angaben bringen endlich ein Brftf eines unbekannten 
(wahrscheinlich des Mathias Schlick von Elbogen) an den Egerer Stadi- 



Ifi5 



Ikaum auf zwei getrennten SchauplätzeE am Rheine und in 
1 Mittelfranken begonnen, so trat auch schon das Uebergewicbt 
[■der Wittelsbacher hervor. 

Hinter seinem Fehdebriefe her, den er am ö. April dem 
t'BiBchofe Johann von Eichstädt, dem Verkiindiger der Nüm- 
Btiei^er Sprüche gesandt, brach Herzog Ludwig in das bisehöfliche 
l'Gebiet ein, di'ang rasch bis vor Eichstädt und zwang die 
erschrockene Bürgerschaft zur Üebergabe. Mit einem schweren 
Vertrage, der fast seine fürstliche Selbständigkeit vernichtete, 
musste Bischof Johann den Frieden erkaufen: „Zu der ewigen 
Freundschaft mit Baieni, die jetj;t der Bischof schwört, soll 
sich jeder. Bischof und ChorheiT, der in Eichstädt iriinftigbin 
die Wahl erlangt, bekennen ; weder Kaiser noch Papst noch ein 
ökumenisches Concil sollen Gewalt haben, von der eingegan- 
genen Verpflichtung zu dispensieren." ') Des Markgrafen freilich 
schwache Hilfe hatte den Mann nicht zu schützen vermocht, 
der ihm im Jahre zuvor zu sehr nach dem Willen gewesen 
war. ") Durch den ersten Erfolg ermuthigt ruckten nun die 
bairischen Schaaren in die markgräflichen Lande selbst vor. 
Auch hier wussten sie sich auszubreiten; ringsum fielen Städte 
und Schlösser in Herzog Ludwigs Gewalt, das Land litt 
furchtbar unter der zügellosen Hen-schaft der bairischen Sol- 
Jaten und Söldner. Während Markgraf Albrecht erkennen 
naaste, dass seine Bundesgenossen säumig waren oder am 
Blheine durch den gleichfalls siegreichen Pfalzgrafen beschäftigt 



D. Mai 1460 und eia diesem beigelegter Zettel. Originale im 
r Stadtarchive. Ebendort finden sich endlich ein Brief dea Egerer 
»dtrathes an Heinrich von Plauen vom 39. Mai (Copialb. I.) und König 
an Herzog Friedrich von Sachsen vom 20. Mai lOrig.) beide mit 
[e bei dem Znzuge zu Markgraf Albrecht das Egerland zu ver- 
I. Mehr weniger ausfdhrüch und treffend dargestellt ist die Fehde 
i Kluckhohn, Herzog Ludivig S. 140 ff. Häusser, Geschichte der rhei- 
1 PfaJz 2 Bd., Heidelberg 1843, I. S. 354 ff. Stfihlln, Wirtemb 
GBoh. HI. S. B20 ff. Menzel, Dieüier t. Isenburg 8. 59 ff., Voigt, Enea 
" 1 m. S. 223 ff. ¥. Sfocfcheini, Test S. 34 ff. o, a. 0. 

'} Stockheim, Beilagen Nro. SXVI. S. 139—141. Nro. XXVII- 
L 143-149. 

') A. Kluckhohn, S. 141. 



- 196 — 

wurden, war das Heer des Gegners durch frischen Zuzug 
schweizerischer und böhmischer Haufen im Wachsen begriffen . 
Als nun die Bischöfe von Bamberg und Würzburg schwierig 
wurden, um endlich ganz zu den Witteisbachern abzufallen, 
als der Kaiser und die andern Bündner den Feldzug verloren 
gaben und zum Frieden mahnten, da entschloss sich endlich 
auch Markgraf Albrecht schweren Herzens sich „vertragen" 
zu lassen. Herzog Wilhelm von Sachsen übernahm im Lager 
vor dem Städtchen Roth, an der Rezat 3 Meilen südlich von 
Nürnberg gelegen, die Vermittlung. 

Es war hohe Zeit; schon stand der Markgraf in Gefahr,, 
einen neuen mächtigen Gegner gegen sich im Felde erscheinen 
zu sehen, den Böhmenkönig, 

Nahm König Georg beim Ausbruche des deutschen Krieges 
auch nicht unmittelbar Partei, so stand er doch mit seinen 
Sympathien ungleich mehr auf bairischer Seite. Schon nach den 
Tagen von Taus und Pilsen war von einer Ehe der böhmischen 
Königstochter Ludmila mit einem Fürsten des bairischen Hauses 
die Rede gewesen. Um die Jahreswende finden wir denn 
wirklich Johann Calta von Steinberg bemüht, den Ehevertrag 
mit Georg, dem Sohne Herzog Ludwigs von Landshut, zu Stande 
zu bringen und Martin Mair erbietet sich nach seiner Rück- 
kehr aus Italien dem Könige bei der Heiratsangelegenheit 
mitzuhelfen, „da er das volle Vertrauen der bairischen Fürsten 
geniesse.** ') Dass man sich nicht wirklich bereits am 23. März 
zu Prag, wie verabredet worden war, einigte, erklärt der 
plötzliche Ausbruch des Krieges. ^) Nun hätten die Neutralität 
des Königs und seine Einungen mit beiden streitenden Fürsten- 
parteien verlangt, dass der König den Seinen die Theilname 



^) Urkundl. Beitr. Nro. 211, S. 216 . . . adhibetur enim mihi plena 
fides a dictis principibus, propter quam ampliorem facultatem habebo rem 
istam conducendi. Worte M. Mairs an den König. 

^) Rursum tractatus iste, qui nomine majestatis vestrae per dominum 
Zeltha de Rabenstein (Steinberg auf Rabenstein) cumdomino duce Lodvica 
Bavariae in facto sponsaliorum filiarum vestraram et filii comitis Palatini 
et filii dicti ducis Lodvici habitus est, occasione cigus dieta dominica 
Laetare (23. Mart.) in Praga erit observanda, satis constat. etc. Urkundl. 
Beitr. 1. c. 




Warn Kampfe untersage. Trotzdem kämpften starke böhmische 
f.fiaufen, ebenso sehr durch ihre Zügellosigkeit wie durch ihre 
' Kriegstüchtigkeit farchtbar, mit offenljarem Wissen des Königs 
im bairischen Heere. ') Ja auf einer andern Seite schuf der 
König den Hohenzoüern weitere Verlegenheiten, in dem er 
in dem Streite des Oberstburggrafen Zdenök von Sternberg 
mit dem Kurfürsten Friedrich H. um das böhmische Kronlehen 
Cottbus sich auf die Seite des Erstereu stellte und beide 
Parteien auf den 18, Mai 1460 vor seinen Eichterstuhl nach 
I^-ag beschied. Der Kurfürst merkte bald, dass die Entscheidung 
ungünstig für ihn ausfallen dürfte und gedachte mm die Sache 
vor das kaiserliche Hofgericht zu bringen. Als Antwort kündigte 
ihm König Georg an, dass er demnächst die Vogtei der Lau- 
sitz seibat wieder einlösen werde. ") Es stand damit ein Krieg 
in den Marken in nicht ferner Aussicht. 

Als die Spanuung der Gemüther nach den ersten Erfolgen 
der bairischen Waffen gewichen war und der Krieg vor Roth 
zu stehen kam, da wurden auch die zeitweise ausgesetzten 
Verhandlungen wieder aufgenommen. Mit Johann Calta brachten 
Heinrich Äbtsperger, Dompropst zu Regensburg, Georg Klosner 
zu Hirschhorn, Wilhelm Frauenberger, dann Parzival Aich- 
perger, der Doetor Friedrich Mauerkireher und der Kanzler 
Christof Dorner die Heiratsverwilligung Herzog Ludwigs in 
den ersten Maitagen nach Prag. ') Am 8. Mai wurde hier der 
Ehekontrakt zwischen Herzog Georg und Ludmila von Böhmen 
unterzeichnet; doch sollte die wirkliche Antrauung der Prin- 
zessin erst in 8 Jahren erfolgen. '') Ungleich wichtiger ist 
aber das Schutz- und Ti-utzbündnis, das an demselben Tage 
zwischen Böhmen und Baiern zu Stande kam. ') Der Vertrag 
, bfölänimte zunächst gegenseitige Waifenhilfe im Falle eines 



22L Vcrg!. KInckhohn S. 139. 
Gundliag, Leiien und Thaten Frictlrich des Andern etc. 



') Crkundl. Beitr. Nro. 218, 

ä) J. P. 
I 8. 504 ff. 

I Baaa der Herzog nicht selbst nach Prag kam, zeigt achon Eliick- 
\ imim, B. 116. 

') Stockheiin, Beilagen Kro. XXXtV. S. 167—171. 
*j Slockheim 1. c. Nro. XXXV. S. 171—176, 



VJ^ 



feindlichen Angriffes, Wie ernstlich dieser Fall ins Auge geüasst 
war, beweist, dass zugleich Bestimmungen über die Art und das 
Ausmass der Kriegshilfe, ja auch über Theilung der im Kampfe 
erworbenen Städte und Burgen beigegeben waren. Weitere- 
Zusätze entsprachen ebenso der gegenwärtigen Li^e Herzog 
Ludwigs, wie den Wünschen imd Plänen König Georgs, Da 
nahm der König zwar wie alle andern Fürsten, mit denen er 
in Einung stand, die Brandenburger aus, aber allen ausge- 
nommenen Fürsten gegenüber wurde bestimmt: Jeder der 
beiden vertragschliessenden Fürsten ist mächtig des andern 
auf dessen Begehren zu redlichem Rechten, dafür aber ver- 
pflichtet, falls die Gegenpartei den Schiedsspruch nicht an- 
nehmen will, auch ihr gegeuuber den Bestimmungen des 
Vertrages nachzukommen und ihr binnen 4 Wochen abzusagen. 
Das hiess für den gegenwärtigen Fall so viel als: König 
Georg wird entweder in dem Streite Herzog Lud- 
wigs mit Markgraf Albrecht der Schiedsrichter, 
oder des Markgrafen Feind. 

Zu Eingang des Vertrages dagegen heisst es: „Es soUea 
und wollen wir genannte beide Herren wie auch unsere Erben 
einander mit ganzen, wahren, steten und echten Treuen unter- 
stützen und fordern in Sonderheit zur Handhabung unseres 
KÖnigi-eichs und Fürstenthums etc. Wenn aber Jemand unser 
einen oder mehrere über redliche Rechtgebote, zu denen einer 
oder mehrere sich erboten haben oder erbieten, wie dies 
seiner Würde und seinem Stande zu bieten wohl zustünde, 
nicht dabei belassen würde, sondern in der Herrschaft, den Frei- 
heiten, Gerechtigkeiten, dem alten Herkommen und den guten 
Gewohnheiten des genannten Königreichs und Fürstenthums 
hrgend welche Verletzung, einen Abbruch, eine Einziehung und 
Kränkung thun wollte, in welcher Weise und Art dies immer 
geschehen möge, so wollen wir darin wieder männig- 
lich, Niemanden aasgenoiumea nach allem unseren 
Vermögen mit Hilf und Beistand treulich bei ein- 
ander stehen und bleiben." Hiemit schuf sich der König 
die Gmndlage für eine weiter gehende Vereinigung, die gerade, 
weil auch der Kaiser nicht ausgenommen war, als gegen diesen 
in Aussicht genommen betrachtet werden kann. 



— l'JO — 

Offenbar hatte der König seine Königspläne bereits auch 
dem Herzoge Ludwig, wie schon in Egeu dem Markgrafen 
Albrecht mitgetheilt und bessere Erhörnng gefunden. Auch 
Gregor Heimburg scheint davon gewusst zu haben. Er forderte 
in jenen Tagen der tiefen Demüthigung Markgraf Albrechts 
die Nürnberger auf, die üble Lage ihres alten Feindes zur 
Befreiung ihrer Bürger und Hintersassen von des Markgrafen 
Landgericht und Erreichung ihrer sonstigen Forderungen zu 
benutzen. „Der mensch setzt euch nymmerraer ah, es sey 
gein keiser oder kung von Beheim" schreibt Heimbui^ und 
bittet den Brief nicht zu zeigen. ') In der That nimmt sich 
mit dem Pfalzgrafen Herzog Ludwig der Nürnberger an und ver- 
mittelt auch in ihrer aus uns nnbekannter Ursache entstandenen 
Irrung mit dem Könige von Böhmen, ") während eine böhmische 
Botschaft aus den Herren Heinrich von Platz, Heinrich vonMichels- 
Ijerg, Johann von Hasenburg und dem Wyäehrader Dompropste 
Johann von Rabenstein bestehend sofort nach Abschluss der 
Prager Verträge nach Frauken eilte, dem Herzoge Ludwig 
dort zu willen zu sein. Ihr Erscheinen mag des Markgrafen 
&itscliluss, sich „richten" zu lassen, beschleunigt haben. 

Der Fürst, der dem neuen böhmisch-bairischen Bunde 
zunächst angehörte, war Erzherzog Älbrecht von Oesterreieh. 
Er wurde denn auch nicht gleich den andern Fürsten, die den 
kriegführenden Parteien angehörton, bedingter Weise, sondern 
in einem eigenen Beibriefe bedingungslos ausgenommen, ""j 

Am Hofe des Kaisers in Wien harrte gequält von körper- 
lichen Leiden und unmuthig über den üblen Fortgang seiner 
Sendung Cardinal Bessarion, bis das ICriegsgetümmel im Reiche 
Bich verzogen haben würde. Der auf den 11, Mai am Hofe 
des Kaisers anberaumte Reichstag war natürlich erfolglos ge- 



') Gregor Heiraburgs Brief vom 1. Juli 1460 bei Stocklieim, Beilagen 
Nro. XXXm. 9. 166. 

°) MiBaiv-Buch XXK, Fol. 147 des Nürnberger 8tadtarclii?ea. 

*) Die Äbscndang dieser Botschaft bezeugt eia Brief des Copialb. 
I..F0I, 133 des Egerer Stadtarcbivcs, den der Stadtratli Eger'a am 33. Mai 
1460 an die bereits rQckkehrenden bühmisclieD Herren richtet, 

*) Der Brief bei Stockhcim, Beilagen Nro. XSXVI, S. 177. 




— 2(X> — 

blieben. Zwar hatte sich eine kleine Anzahl von Botschaften 
eingestellt und der Tag wurde formell eröffnet. ') Da aber 
gerade jene Fürsten, auf die es zunächst ankam, nicht vertreten 
waren, so blieb schliesslich nichts anderes übrig, als die 
Sitzungen aufzuheben. ') Erst in der zweiten Jahreshälfte, 
am 1. September sollte der Tag seine Fortsetzung erhalten. 
Aber gerade der Böhmenkönig hatte sich durch seine „treffliche" 
Botschaft vertreten lassen,^) deren Führer der Vertraute Georgs, 
Zdenök von Sternberg, gewesen sein mag.*) Am 25. Mai, — 
noch hatte die vermittelnde Thätigkeit des Königs in Oesterreich 
nicht begonnen, — sprach der Kaiser dafür Georg seinen 
besondern Dank aus. 

Die Einung mit Baiern trug für den Böhmenkönig rasch 
ihre Früchte. Es handelte sich bei den Rother Friedensver- 
handlungen für Markgraf Albrecht um nichts anderes, als um 
Aufgebung der Ansprüche seines Nürnberger Landgerichtes, 
und damit all der schönen Hoffnungen, die er darauf für die 
Macht seines Hauses im Herzen Deutschlands gebaut hatte. 
Erst nach langen Unterhandlungen, als sich keinerlei Aussicht 
für den Markgrafen ergab, aus seiner Lage heraus zu kommen, 
gab er nach. Doch vermochte er es nicht zu ertragen, selbst beim 
Abschlüsse eines Vertrages zu sein, der seine Niederlage be- 
siegelte und ihn so tief demüthigte. Am 23. Juni zog er 
„traurig und schamroth** aus dem Lager, am 24. und 25. ' 
fertigten Herzog Wilhelm von Sachsen in dös Markgrafen 
Namen und Herzog Ludwig vor Roth die Hauptverträge und 



^) Brief Bessarions an König Georg vom 1. Juni 1460, Urkundl. 
ßeitr. Nro. 223, S. 228 — 230: Convenimus cum caesarea majestate et 
paucis bis qul aderant saepenumero et de necessitate rerum, de quibus 
agi debebat, locuti sumus. 

^) Brief des Kaisers an König Georg vom 25. Mai 1460, Urkundl. 
Beitr. Nro. 222, S. 227. 

^) Ebendort: . . . quamvis Caritas vestra per solemnes ejus ora- 
tores comparuit sufficienter etc. 

*) Falls man aus der Abwesenheit Sternbergs um die in Betracht 
kommende Zeit von Pra-g, wie diese der Mangel seiner Unterschrift auf 
den Urkunden vom 8. Mai ergibt, darauf schliessen darf. Doch weilte 
damals Sternberg möglicherweise in der Lausitz. 



legaben sich dann gemeinsam nach Nürnberg, das Friedens- 
geachäft zu Ende zu bringen. In klarer bündiger Zusage, die 
m widerrufen weder Papst noch Kaiser das Recht haben 
sollten, verzichtete Albrecht für immer darauf, bairische Unter- 
"lanen vor sein Landgericht berufen zu lassen. Die Nürnberger 
Verträge des vergangenen Jahres wurden vernichtet,' nicht 
"nder im Interesse des Pfalzgrafen die Ungültigkeit der 
iblinden" Sprüche feierlich verkündet. 

Aber der siegende bairiscbe Herzog hatte weiter verlangt, 
die von ihm mit gewaiFneter Hand genommenen Städte 
und Burgen iu sein Eigenthum übergehen sollten, dass ihm 
der Markgraf Entschädigung für die aufgewendeten Ki'iegs- 
:osten gewähre, dass dieser endlich die in den Schmähbriefen 
gegen ihn gebrauchten ehrenrührigen Ausdrücke widerrufe. 
Markgraf hatte all dieses entschieden verweigert. Schliess- 
ich einigte man sich, wir wissen nicht, ob auf Begehren des 
löhmenkönigs in Gemässheit des Vertrages vom 8. Mai oder 
Suf einfachen Wunsch Herzog Ludwigs — dahin, die Entschei- 
dung in den genannten streitigen Punkten dem Könige von 
Böhmen zu übertragen. 

Dies bedeutete für Podicbrad einen ausserordentlichen 
Gewinn: Als Schiedsrichter gewann er eine eiuflussreiche 
Stellung über den Parteien auf deren Gefahr und Kosten. 
War der König auch bereits mehr weniger gebunden, seinen 
Spruch im Sinne Baienis zu thun, so mussten doch beide 
Gegner, vor ailem die Brandenburger, seine Freundschaft suchen , 
eine günstige Entscheidung zu erlangen, und gewann der 
König ein hochwillkommenes Mittel mehr, sie zu gi'össerer 
Sereitwiligkeit, auf seine Erbebung zum römischen Könige 
einzugehen, zu vermögen. Es war dies um so wichtiger, als 
jetzt der nachfolgende Septemberreicbstag zu Wien, um für 
zu arbeiten, auch nicht eine der Möglichkeiten und Ge- 
legenheiten bot, die einst Martin Mair vorausgesetzt hatte. 
Für den 1. September war die Eröffnung des Reichs- 
tages in Aussicht genommen worden. Doch fand sich bis 
.d^n keine einzige der Fürstengesandtschaften ein ; erst"' 
Ära 17. September konnten die Sitzungen eröffnet werden. * 
Bir Verlauf war ein nach allen Seiten unerwarteter. Cardinal 



— 202 



Bessarion glaubte, um lauge Erörterungen und weitere 'Aus- 
flüchte und Verzögerung unmöglich zu machen, am besten zu 
thun, wenn er, statt über die Kriegsrüstungen mit den Reichs- 
ständen zu berathen, einfach das für den Krieg nothwendige 
anbefehle. Er hatte zu diesem Ende eine päpstliche Bulle zur Hand, 
die ihn mit weiteren ausgedehnten Vollmachten zugleich er- 
mächtigte, einen Zehnten bei dem gesammten Klerus des 
Reiches zu erheben, einen Kreuzzug gegen die Ungläubigen 
in Deutschland zu predigen und dafüi- einen obersten Feld- 
hauptmann zu ernennen, endlich mit der ExcommunicatJou 
und anderen kirchlichen Strafen gegen alle vorzugehen, die ihre 
Stimme gegen die Verfiigungen der päpstlichen Bulle erheben 
würden. Aber die Änmassung des Legaten bewirkte das 
gerade Gegentheil. 

Die deutschen Gesandten, Heinrich Leubing im Namen 
Diethers von Isenburg, des Mainzer Erbischofes voran, wahrten 
entschieden ihr Recht über einen Kriegszug gegen die Un- 
gläubigen, über die Auflegung einer Kiiegssteuev in alter 
Weise zu berathen und zu beschliessen. Nur dem Kaiser und 
den Kurfürsten stände es nach der goldenen Bulle zu, auf 
einem Reichstage derlei wichtige Geschäfte vorzulegen, nicht 
aber dem Papste auf dem Wege eines Befehles. Es müsse 
demnach ein neuer Reichstag gehalten werden. Umsonst 
waren aller Eifer, alle Bemühungen Bessarions, der es sich 
nicht verdriessen Hess, auf einzelne Reichstagsboten in seiner 
Wohnung wie auf die Gesammtheit in den öffentlichen Sitzen 
einzuwirken und Begeisterung und Opferwilligkeit für die 
heilige Sache des Glaubens zu erwecken. Er sah sich je länger, 
je ferner von seinem Ziele. Das Drängen des Legaten auf 
Auflegung eines Zehnten erwiederteu sie mit dem Hinweise 
auf die gedrückte Lage der deutschen Kirche, die schwere 
Beeinträchtigung ihrer Rechte und Freiheiten, denen sie von 
Seite Roms ausgesetzt sei. Als der Kaiser die Geneigtheit 
verrieth, auf die Forderungen des Papstes einzugehen, in die 
Verkündigimg des Kreuzzuges und die Erhebung einer allge- 
meinen Steuer zu willigen, da richtete sich der Sturm des 
Unmuthes auch gegen ihn : erst müsse der Frieden im Reiche 
hergestellt, müsse dieses im Innern wohlbestellt seigj 



203 



man an so weitsehende auswärtige Unternehmungen denken 
könne. Dieser zähe Widerstand erregte endlich das heisse 
Blut des Legaten. »Nicht die Sorge für den deutschen Klems 
und das Reich, sondern sündhafte Gleichgültigkeit und bös- 
willige Selbsucht seien es, die die deutschen Fürsten von der 
Bewilligung des Gewünschten abhielten." Als die Gesandten 
Gleiches mit Gleicheil vergeltend nun gleichfalls in Schmäbimgea 
sieh ergiengen und die Curie geradezu des Eigennutzes be- 
schuldigten, brach Bessarion die Verhandlungen ab und verliess 
Eornig Wien. ') 

Der Tag war zu Ende und König Georg, dessen Boten 
natürlich nicht gefehlt hatten, war weder zum Feldhauptmanne 
gegen die Türken noch zum Schirmer des Friedens im Reiche 
ernannt worden. Trotzdem blieben die Wiener Berathungen 
nicht ohne die wichtigsten Folgen für die Beschlüsse des 
Königs. Ans der oppositionellen Bewegung, die sich gegen 
den Papst und Kaiser kundgegeben, in seiner engen Verbin- 
dung, in der er sich bereits mit Ludwig von Baiei-n und 
Albrecht von Oesterreich, mit den andern mächtigsten Fürsten 
des Reiches, ja selbst der Nachbarstaaten befand, erkannte 
■er die Möglichkeit sein Ziel, deutscher König zu werden, doch 
noch zu erreichen, auch ohne den Kaiser. Doch wollte 
er dies nicht, ohne zuvor vom Kaiser einen letzten entschie- 
denen Bescheid erlangt zu haben. 

Jene unzufriedenen österreichischen Herren, die der Kaiser 
doch nicht hatte mit sich aussöhnen können, hatten schliesslich 
■fie Fordenmg gestellt, dass ein neuer Tag zur Erzielung des 
.Ausgleichs zu Michaeli gehalten werden sollte, da sie sich 
Iresonders über die neuen Zölle erst mit ihren Freunden be- 
rathen mUssten. Da Kaiser Friedrich sich aber nichts vorschrei- 
ten lassen wollte und ablehnte, war der Abbrach der Verhand- 



') Nachrieliten über den Reicligtag bringen Senckettberg, Seiecta 
jnr. et hiator. IV. pag. 33i-3G4, dann 366-368; König von Königathal, 
jS. 126—168; dann die Sitzungaberielite der liais. Akademie der Wissen- 
schaften za Wien, Bd. V. S. 655 ff. ; endlich Mantiacripte der Wiener 
Höfbibliöthefc. Von dem Tage handeln am besten O. Voigt, Enea Silvio 
3n. 224-330, K. Menzel, Diether von laenburg. S. 68-74. 



— 204 - 

lungen erfolgt. Neuerdings begab sich da im Laufe des Monats 
September Ulrich Eizinger hilfesuchend zu König Georg nach 
Prag. Dies wurde für letzteren die Gelegenheit, eine neue 
Gesandtschaft vorgeblich im Interesse der Stände, thatsächlich 
für den bewussten eigenen Zweck an den Kaiser abzuordnen. 

Die Gesandten entschuldigten zunächst den König, dass 
er sich der österreichischen „Landleute" angenommen. Er habe 
sich dazu berechtigt gehalten auf Grund der goldenen Bulle 
und weil einst König Ladislav die Landschaften seinem be- 
sonderen Schutze empfohlen habe. Der Kaiser möge den 
Ständen die nöthigen Zugeständnisse machen; der König habe 
die Stände nur in seinen Schirm genommen, um schlimmeres 
zu verhüten und sie dann friedlich dem Kaiser wieder zuzu- 
führen. In der Weise ungefähr suchte der König den Kaiser 
wegen seiner unbefugten Einmischung zu besänftigen. Auch 
sein Verhalten in der ungarischen Frage suchte er zu recht- 
fertigen. Der König hatte, so führten die Gesandten weiter 
aus, bereits beschlossen einen Kriegszug nach Ungarn gegen 
König Mathias zu thun, dem Giskra zu helfen ; *) nun habe aber 
Mathias den König durch einen Gesandten ersucht, die Sache 
lieber zu Olraütz auf einem gütlichen Tage austragen zu 
wollen. Der König habe eingewilligt am 6. Dezember zu Olmütz 
mit den ungarischen Käthen zusammenzutreflfen und darum 
unterbleibe auch der Kriegszug. Da auch die österreichischen 
Stände in Olmütz vertreten sein werden, so ersucht der König 
den Kaiser, gleichfalls eine Gesandtschaft mit ganzer Gewalt 
nach Olmütz zu entsenden, damit dort die endliche Ausgleichung 
seines Streites mit der Landschaft erzielt werde. ^) An diese 
Entschuldigungen und öffentlichen Verhandlungspunkte schloss 



^) Ebendorfer 1. c. col. 919 -920. 

2) Der zweite Punkt hat nur dann an dieser SteUe einen Sinn, 
wenn unter dem Zuge des Königs nach Ungarn die dem Kaiser durch 
den Brünner Vertrag zugesicherte Waffenhülfe verstanden wird. Der 
König spricht von Giskra, dessen er sich damals thatsächlich annahm, da 
ja seine Gesandten von den Brünner geheimen Verträgen nichts wussten 
und wissen sollten. 

^) Die Punkte bei Zeibig, Copey-Buch 1. c. S. 221, Ebendorfer 
col. 919. 



sich (laiiii, wir wissen nicht ob oder unter welchen Versprechungen 
im Namen des Königs dessen erneuerte Bitte, der Kaiser 
möchte zu seiner Wahl zum römischen Könige seine Zustim- 
mung geben, ') 

Kaiser Friedrich war aber durch die vorgebrachten Ent- 
schuldigungen des Königs noch lange nicht versöhnt. Sein 
Antwort auf die im Vertrauen gestellte Bitte lautete nun 
entschieden verneinend. Auf die offen vorgebrachten Wünsche 
und Anträge des Königs antwortete er, nachdem er mit vieler 
Förmlichkeit das Gutachten der Universität eingeholt hatte, *) 
in einer Weise, die an Schärte und Gereiztheit die im Sommer 
über die böhmische Vermittlung abgegebenen Erklärungen 
noch übertraf, trotzdem die Magister der Hochschule in ihrer 
Antwort wohlbedachter Mässigung sich beflissen hatten. ^Er sei 
entschlossen sich gegen seine Unterthanen zu benehmen, wie 
es die alten Freiheiten und Gerechtigkeiten, das löbliche 
Herkommen im Lande Oestcrreich. bestimme, so wie er erwarte, 
dass sie sich als getreue Unterthanen und gehorsame Land- 



') DasB liiese Frage flberhanpt und jetat gestellt wiirde, dafür gibt 
BB freilich keine direkte NachricLt. Erateres und somit ein aweiraaliges 
Anbringen an den Kaiser darf man annehmen, da der KQnii; um Martini 
selbst von einer Abweisung des Kaisera spricht (Kaiserliches Buch, 
S. 87), 'nährend wir sonst nur Ton einer unentschiedenen, ausweichcadeo 
Antwort desselben hören. Dazu stimmen aach die äusseren Umstände: 
der KOnig hatte durchaus kein Interesse sich iu die üsterreichi scheu 
Händel zu mengeu, wenn man die Künigsfrage wegUast. (Man vergl, 
auch C. Menzel, Diether von Isenburg S. 79,' Anm. 9.) Nicht minder 
weisen die sonstigen Verhältnisse , die vorangehenden Entschul dl gungeu 
nnd Erbietungea, für die wir eocst jeiles Grundes enthehren würden, ja 
aelbat die Zusanunensetznng der böhmischen Gesandtschaft mit Wahr- 
scheinliclikeit darauf hin, dass das zweite Anbriugen jetzt geschah. IHe 
Oesandtschaft gieng nach Wien erst nach den noch ai besprechenden 
Oktober- Verträgen König Georgs mit Ludwig von Baiern; wir müssen 
demnach annehmen, dass der König im comhineia nicht viel mehr vom 
Kaiser hoffte, aber doch Gewissheit haben wollte. 

*) Das Gutachten der Universität findet sich hei Chrael, Materialien 
iL B. B57— 258 freilich an unrichtiger Stelle, wie schon Palacky erkannt 
bat. Auch die nachfolgende Summer S, 258— 269 gehört weder auf diesen 
Platz noch in das Jahr 1461, sondern nothwendig zu 1458. Freilich ist 
öfter statt „königliche" „kaiserliche" Gnade zu lesen. 



- 206 - 

stände verhalten; er sei darum im guten Vertrauen, dass 
sich der König von Böhmen der österreichischen Landsassen 
entledigen und sie ihm anheimgeben werde; sollte er ihnen 
ja etwas schulden, so wolle er sich darin nach dem Rathe 
seiner Landstände und Räthe halten, wie er auch früher sich 
mehrmals dazu erboten habe. Falls dann der König, nachdem 
er dies gethan, noch wünsche, dass Jemand zu ihm geschickt 
werde, so sei er, der Kaiser, dazu Willens, aber er hoflfe auch, 
der König werde sich halten, wie es seine Pflicht gegen des 
Kaisers Majestät bestimme. ') Das war das Ende der böhmischen 
Vermittlung in Oesterreich, aber zugleich der Wendepunkt 
in der Politik des Böhmenkönigs, die nun für eine geraume 
Zeit in dem Kaiser geradezu feindliche Bahnen einlenkte. 
Dessen Streit mit seinen Ständen dauerte fort, auch nachdem 
Ulrich Eizinger im Dezember 1460 gestorben war; auch auf 
einem neuen Tage, den der Kaiser auf St. Andreasfest nach 
Tuln auf den Rath der Magister an der Hochschule berufen 
hatte, mühte man sich vergebens, einen Ausgleich zu finden. *) 



^) „Antwort des Kaisers* bei Zeibig, Copey-Buch S. 222; man 
vergl. Ebendorfer col. 920. 

2) Die Angaben Ebendorfers col. 922 sind nicht völlig genau. 
Ebendorfer sagt, die Magister hätten dem Kaiser gerathen, den vom 
Böhmenkönige gesetzten Tag nicht vorübergehen zu lassen; aus dem 
Gutachten der Universität ergibt sich, dass dieselbe zwar die Be- 
schickung des Olmützer Tages widerrieth, aber den Kaiser bat, selbst 
baldigst einen Landtag zur Verhandlung mit den unzufriedenen Ständen 
noch vor dem 6. Dezember auszuschreiben. So kam es zum Tulner 
Tage. Nachrichten darüber gibt Ebendorfer col. 922—923. 



VI. CAPITEL. 



König Georg's Versuch römischer König zu 
werden mit Hilfe der deutschen Fürsten. 

Sie kirchllciie Op|iositioii im Belebe seit 1457, die 
kircliliclie und aiitilcaiserliclie Opposition seit dem 
Beichstage zu Wien. König Georg's Verständigung 
mit Herzog Ludwig von Bayern zum Zwecke seiner 
Eonigfiwahl. Bölimen und die Xacliiiarreiche Ungarn 
und Polen. Konig Georg nud die Holienzoilern. Martin 
Hair's Werbung bei den Horfürsten, der Ftirstentag 
zu £ger. September 1460 — Feber 1461. 

Eine mäclitige Wandlung der Verhältnisse in mehrfacher 
Binsicht zeichnet den Sommer 1460 aus, eine Wandlung, die 
Euni Theile unerwartet plötzlich geschaffen wird durch die 
eisernen Wftrfel der Entscheidung, die auf dem Schlachtfelde 
feilen, zum Theile aber auch blos jetzt, nachdem sie sich im 
Keime seit langem vorbereitet hat, in der Wechselbeziehung 
mit jenen kriegerischen Vorfällen stärker hervortritt. Die 
Gegnerschaft zwischen Witteisbach und Hohenzolleni, die all- 
mähüg die Fürstenhäuser des Reiches io zwei grosse Lager 
gesimlten und selbst Papst und Kaiser der Parteinarae nahe 
gebracht, hatte wenigstens vorerst ihre Entscheidung gefunden: 
die hairische Partei hatte moralisch und materiell an Ansehen 
gewonnen, die Brandenburger und ihre Freunde, die jener so 



— 208 - 

lange Zeit die Wage gehalten, traten momentan besiegt und 
schwer gedemüthigt in den Hintergrund. Nun machte sich 
aber, kaum dass die Parteifehden einen Augenblick schwiegen, 
sofort das Gefühl für das allgemeine, das Reichsinteresse 
geltend, wie dies nun seit fast einem Jahrzehnte immer wieder 
der Fall war: die üble Lage der deutschen Kirche, die noch 
schlimmeren inneren Zustände des Reiches führten zu heftiger 
Forderung von Reformen in Kirche und Staat, zu oppo- 
sitionellen Bewegungen gegen Kaiser und Papst. Wieder 
waren es aber persönliche Bedrängnis und persönliches Streben, 
welche einzelne Fürsten an die Spitze der Reformrufer 
stellten, jene den Erzbischof von Mainz, dieses den Pfalz- 
grafen, auch in gewisser Hinsicht den König von Böhmen. 
So ernstlich war der Ansturm gegen die beiden obersten 
Häupter der. Christenheit gemeint, dass darin selbst solche 
einträchtig zusammenstanden, die sich so eben noch in blutiger 
Fehde bekämpft hatten. Freilich trug die Hauptschuld daran 
wieder die Curie. 

Schritt für Schritt hatte sich der durch den erfolglosen 
Kampf gegen die böhmischen Ketzer wie durch die beiden 
gi*ossen Concilien und die daraus sich ergebende gefährliche 
Spaltung in seiner Machtstellung tief erschütterte römische 
Pontifikat seit den Tagen des unbeugsamen Eugen IV. wieder 
zu sammeln und neu zu ki'äftigen gesucht. Nach Eugen IV. 
hatte Nikolaus V. mit Eifer und Umsicht an dem gleichen 
Werke fortgebaut; auch der greise Calixt III. hatte an dem 
von jenen bezeichneten Bahnen festgehalten, so wenig seine 
schwache Hand und geringere Einsicht sich fähig erwies, mit 
gleicher Energie die hierarchische Reorganisation der gesammten 
Kirche durchzuführen. Ihm war 1458 Pius 11. gefolgt, kein 
grosser Charakter,, aber gelehrt, scharfsinnig, weltgewandt, 
seit Jahren mit offenen und versteckten diplomatischen Winkel- 
zügen und Kämpfen vertraut, und ja darin gross geworden. 

Neben dem Glaubenskriege gegen den Halbmond sah 
jetzt Enea Silvio die Aufgabe seines Lebens darin, in der 
Wiederaufnahme des Strebens seiner Vorgänger auf dem heil. 
Stuhle den Ausbau der monarchischen Gewalt des Papstthums 
zu vollenden und dieses gegen künftige Gefahren sicher zu 



stellen. Beide Aufgaben erfasste der kluge Piccolomini zu 
gleicher Zeit, beide Ziele suchte er im Gefühle seiner schwin- 
denden Kraft und dem Greisenalter nahe, mit einem Sprunge 
zu erreichen : Die Mantuaner Dekrete, durch die K a i s e r Fried- 
rich zum obersten Feldhauptmann gegen die Türken ernannt 
wui-de, die den Italienern schwere Leistungen an Gut und Blut 
auferlegten, Bessarion zu gleichem Vorgehen gegen die Deutschen 
auf den vom Papste in erster Reihe berufenen Reichsver- 
sammlungen ermächtigten, sie galten darum stets auch der 
Darstellung und Geltendmachung päpstlicher Macht und päpst- 
licher Befugnis. Die Bulle „Execrabiliä" vom 18. Januar 1460, 
die im schärfsten Gegensatze zu den Dekreten von Konstanz 
und Basel bei Strafe des Kirchenbannes alle Berufungen von 
dem Spruche des Papstes an ein künftiges Konzil feierlich 
untersagte, bezeichnet den Schlussstein dieser Bestrebungen. 
Dia Grenze war damit bezeichnet; gelang es sie zu behaupten, 
idie Völker zur thatsächlichen Anerkennung der päpstlichea 
Ansprüche Ku verniögen, so war der römische Stuhl gegen 
jegliche Gefahr gesichert und der Bischof von Rom neuerdings 
.das unantastbare Haupt und der oberste Schiedsrichter in der 
christlichen Welt, 

Aber die unmuthige Stimmung gegen Rom war wie 
'anderswo so im deutschen Reiche seit 1457 nicht erstorben, 
■nur zurückgetreten. Nun — 1460 — brach sie vom Neuen 
hervor. Zwar, hätte der römische Stuhl seine Behauptungen 

theoretisch hingestellt und der Welt verkündigt, er würde 
schwerlich einen allgemeinen und intensiven Widerstand ge- 
^nden haben. Dass aber daraus für die einzelnen Völker 
zugleich schwere materielle Verpflichtungen erwuchsen, dass 
die UebergrifFe der Curie die empfindliche Schädigung des 
Interesses Einzelner zur Folge hatten, führte mit dem Streben, 
die Leistung und den eigenen Nachtheil abzuwehren, zugleich 
zu energischen Angriffen gegen die Machtbefugnisse der Curie 
überhaupt. Es waren vor allem ein geistlicher und ein welt- 
licher Fürst, die durch die Forderungen des päpstlichen Stuhles 
zu entschiedener Gegenwehr gedrängt wurden: der mehrfach 
genannte Diether von Isenburg-Büdingen, Erzbischof von Mainz, 
imd Herzog Sigmund von Habsburg-Tirol. 

JL BaehnianB: Geücli. Oegrg'a toq Podisbrnd. ;4 



— 210 — 

Bereits unmittelbar nach der im Juni 1459 erfolgten 
Wahl Erzbischof Dietrichs hatte der Papst dessen Gegnerschaft 
wachgerufen, indem er mit der Verleihung des Palliums 
zögerte und seine besonderen Bedingungen an die Bestätigung 
des Gewählten knüpfte. ') Nun war zwar nach langen Ver- 
handlungen und nachdem auch Markgraf Albrecht von Branden- 
burg während seines Aufenthaltes in Mantua sich verwendet 
hatte, endlich das Pallium nach Mainz übersandt worden, 
aber die Gebühren, welche die Curie forderte, waren so hoch, 
dass der Erzbischof, trotzdem bereits die Wechsler am päpst- 
lichen Hofe füi* ihn die Zahlung geleistet hatten, billig 
Bedenken trug, dieselbe auch wirklich zu decken. Seine Er- 
klärung, dass er die Annaten blos nach der bei seinen 
Vorgängern auf dem Kurstuhle gebräuchlichen Taxe zahlen 
wolle, fasste man aber in dem hochmonarchisch gesinnten 
Rom als Mangel an Unterwürfigkeit und Ausfluss verderblicher 
Widerstandsgelüste auf. Der ärgerliche Handel gedieh so weit, 
dass, als der Erzbischof nicht zahlte und die Wechsler gericht- 
liche Klage erhoben, über ihn doch jedesfalls mit Vorwissen 
des Papstes, obwohl Pius IL dies später in Abrede stellte, 
die kleine Excommunication ausgesprochen wurde. Doch hielt 
diese Kurfürst Diether nicht ab, in der beginnenden grossen 
Fehde energisch Partei zu nehmen, ja selbst die auch für ihn 
und seine verbündeten Nachbarn unter den Fürsten des west- 
lichen Deutschlands in dem Lager vor Roth vereinbarte Richtung 
mit dem feindlichen Pfalzgrafen abzuweisen. *) Aber die Lage 
der Dinge änderte sich rasch. Am 4. Juli 1460 wurde der 
Erzbischof mit seinen Bündnern von dem Pfalzgrafen bei 
Pfeddersheim angegriffen und völlig geschlagen. Wir wissen 
nun nicht, ob die Niederlage und deren nächste Folgen 
an sich Diether zur Aufgebung des anfänglich gefassten 
Entschlusses, den Kampf mit erneuerter Kraft fortzuführen, 
bei ruhigerer Erwägung bestinamten, oder ob er dies mit 



^) Dazu und zur nachfolgenden Darstellung siehe man E. Menzels 
treffliche Abhandlung „Diether von Isenburg" in den entsprechenden Ab- 
schnitten. 

*j von Stockheim, Beilagen Nro. XLIIp, S. 232 ff. 



- 211 — 

tiicksicht auf die iii Rom sich aiiftbüi-menden Gewitterwolken 
Sicher aber ist, dass letztere Rücksicht später bei den 
Friedensverhandlungen und in dem Friedensvertrage zwischen 
[ainz und Pfalz vom 18. Juli 1460 vorwalt«t, da die Bestimmung 
ufgenomnien erscheint, dass beide Kurfürsten am 15. August 
euerdings in der Nähe von Worms zusammenkommen sollten, 
m mit einander in einen dauernden Freundschaftsbund zu 
reten. Es geschah dies offenbar auf Wunsch und im Interesse 
es Erzbischofea, Er wusste, dass er es mit einem mächtigen, 
smachsichtigen Gregner zu thun haben werde; aber er war 
nch entschlossen, die eigene Sache an die der Freiheit der 
Datschen Kirche überhaupt zu knüpfen und alle oppositions- 
Stigen Elemente gegen die Curie um sich zu versammeln. 
. die plötzliche Wandlung seiner Gesinnung wie seiner 
'olitik, der enge Änschluss an den siegreichen Pfalzgrafen, 
er bereits in den Jahren 14ö6 und 1457 in erster Reihe gegen 
)m gestanden war. 

Bereitete sich hier die Opposition gegen die päpstlichen 
srfügungen erst vor, so war es in Tirol in dem vorgedachten 
Streite des Erzbischofs Nikolaus von Cues mit Herzog Sigmund 
iber die Grenzen der landeshen-lichen und bischöflichen Ge- 
lt bereits weder zn offenem Kampfe gekommen, als Pius II. 
die erneuerte Klage des Cuesaners nun energisch eingreifen 
L müssen glaubte und am 8. August 1460 den Herzog mit 
sm Banne der Kirche, das Land mit dem Interdikte belegte, 
ibrend der Erzbischof von Salzburg für Cusa die Verwaltung 
!S Erzbisthums Brisen führen sollte. ') Es offenbarte sich 
nch hier, dass der Herzog in seiner Opposition nicht allein 
Seiner Appellation gegen das harte Verfahren des 
traten nicht blos alle seine fürstlichen Freunde, 
sondern bezeichnend genug die Erzbischöfe von Mainz, Köln 



') Bei RaynaJduB. Annal. ecdesiast. ad 1160 Nro. 33—37 zum TheUe; 
esaer bei Ooldastns, Moaarcliia Romaui imperii 3. P. Hiuino?. et Francof. 
"11—14, n. pag. 1583. Die weitere Darstellung nach Jäger, Der Streit 
EardinalB Nikolaus von Caaa mit dem Herzoge Sigmund von 
[Oeaterreicli als Grafen von Tirol, und Georg Voigt, Enea Bilrio HI 
1. 303-421. 

14* 



— 212 — 

und Trier und König Karl von Frankreich bei. Zugleich nahm 
eben durch diese Appellation, die der Feder des unerschrockenen 
Gregor Heimburg entstammte, der Kampf eine für das Papst- 
thum gefährliche Wendung, indem diese geeignet war, Abneigung 
und Unwillen gegen die Kirche in weitere Kreise, selbst die 
unteren Scbicliten der Bevölkerung zu tragen. ') So kühn und 
unerschrocken hatte man noch Niemanden in eigener Sache' 
gegen den heiligen Stuhl sprechen hören, so unbarmherzig 
hatte noch kein Einzelner dessen Verfahren angegriffen, ge- 
geisselt, biosgestellt. Die Appellation fand sich eines Tages 
an den Kirchenthüren von Florenz und Siena angeheftet; sie 
fand rasch die weiteste Verbreitung. Ihr Eindnick auf die 
grosse Menge war um so bedeutsamer, als weder Herzog, 
Sigmund noch Gregor Heimburg der Bannatrahlen der Kirche' 
weiter achteten und diese thatsäcblich völlig wirkungslos 
blieben. Kein Wunder, wenn selbst Geistliche und Männer voa' 
entschieden kirchlicher Gesinnung wie der biedere Chronist 
\md Wiener Professor Thomas Ebendorfer an der unantastbarea 
Auktoritüt und der Gerechtigkeitsliebe des Papstes zu zweifela 
begannen. *) — 

Erwägt man dazu, dass Pius H. in die dynastischen 
Kämpfe im Süden Italien wie in langwierige Händel mit Sig- 
mund Malatesta verwickelt war, ') dass er zugleich durch seine 
Angriffe auf die Freiheit der gallicanischen Kirche und die 
pragmatische Sanction des Jahres 1438 so wie durch dia 
Parteinahme gegen die Anjous in Weitemngen mit dem fran- 
zösischen Könige und der Pariser Universität sich befand, *) 
so wird man in der That diese Periode des Papates Enea. 
Silvios als eine stürm- und kampferfüllte bezeichnen dürfen. 

Schon am 4. August, also noch vor dem anberaumten 
Tage, fanden sich Kurfürst Diether von Mainz und der Pfalz- 



') üeber die einzeluen Streitschriften vergl. man Voigt, EdM 
Silvio in. S. 375 ff. Die Appellation a. a. 0. bei Freher, Germ, remia J 
icriplor. II. pag. 120 ff. Qoldastus, Monarcliia II. pag. 1587. 

*) Ebendorfer bei Pez, U. col. 923— 92G, 

1 Pii II. coramentar. r. i. Rftynaldua ad aan. 1460 Nro. 7li. 

') Voigt, Enea Silvio Ol. S. 130 ff. 



— 213 — 

graf zu Hemsbach an der Bergstrasse zusammen und trafen 
leicht den Weg zur Einung. ') Von nun an blieben die beiden 
bisherigen Gegner treue Bundesgenossen auf lange Zeit hinaus, 
sie bildeten gegen die Uebergriffe des römischen Stuhles in 
Deutschland den Kern der Opposition, die durch den unver- 
"weüten Beitritt von Köln und Trier, wie schon die Friedens- 
verhandlungen in Worms und die Theilnahme an der Appellation 
des tiroler Herzogs erwiesen, über nicht weniger als vier 
Kurstimmen verfügte. 

In welcher Weise sie auf dem Eciclistage zu Wien ihren 
-ersten Erfolg errang und alle Bemühungen des heftigen Bessarion 
scheitern machte, haben wir bereits gesehen. Nur der Hinweis 
auf die Verbältnisse in Biihinen, dessen sich die Fürsten- 
gesandtschaften in Wien neben andern Gründen zur Abweisung 
der kirchlichen Forderungen bedienten, ist noch bedeutungsvoll. 
,Eönig Ladislaw von Böhmen habe freilich einst", sagen die 
Gesandten, „aus diesem Königreiche mächtige Waffenhilfe 
■»ersprochen ; nun sei aber der König todt und Jedermann wisse, 
welch' gewaltige Veränderung seitdem in Böhmen vorgegangen 
sei. Dort sei jetzt Georg von Podiebrad König, fui- den die 
einst auf den Regensburger und Frankfurter Reichstagen ge- 
machten Versprechungen nicht bindend seien. Böhmens Macht 
sei aber gross und der König, seine Barone und Reisigen im 
Kriege gleich geübt und erfahren ; sie könnten da die wichtig- 
sten Dienste leisten etc. Es sei darum unumgänglich noth- 
"ffendig, dass der Böhmenkönig zu diesen Berathungen beige- 
Kogen werde, damit seine Macht und sein Rath der gemeinsamen 
Sache nicht fehle."') Diesem glänzenden, freihch zielbewussten 



'J Der Vertrag hei Kremor, Urkunden Nro. 73, S. 215 ff. 

'). Sendcenherg I. c. pag. 342—343: Et idem Ees Bohemiae neque 
dictis deliberationibus el conaaltatiooibns dictanim dietarnn» interfait, nee 
presentem aliqiiem habciit, neqiie hodie intelligitur, qiiod in fais sanctis- 
atmis rebus Bua ex parte üeri debeat. Ein Seweie, dass die bühmische 
Gesas dlGvhaft ohne weitere Yoümaubtcn nnd offenbar nur desbalb an- 
wesend war, um den Gang der Beratliungen xa beobachten. Die Gesandten. 
Bagen weiter: Ec bis H. P. T. etc. intelligere racio potest, qnod ex qno 
dicti Regig Bobetniae ansilia conailia potentia et praesidia ad cUristianis- 
Bimiim exercitum ducendum neeessaria existimantnr, quod ipse digne et 



— 214 — 

Hinweise auf die Bedeutung des Böhmenkönigs stand dann? 
auf eben demselben Wiener Tage die beginnende Opposition 
gegen den Kaiser, der in enger Verbindung mit der Kirche 
erschien, gegenüber. 

Schon die alte Art und Weise der deutschen Fürsten, 
Leistungen zu auswärtigen Unternehmungen mit dem Hinweise 
auf die üble Lage derselben im Innern abzulehnen, führte 
nothwendig zu Betrachtungen über das Regiment Kaiser Fried- 
richs, zu Klagen gegen denselben, zur Forderung einer Reform. 
„Es sei bekannt," brachten die Gesandten in Wien bereits in 
der ersten Entgegung auf die Forderungen des Legaten vor, 
„wie übel die Dinge in Deutschland stünden, dass zahlreiche 
Spaltungen und Fehden ausgebrochen, und damit weithin Ver- 
wüstung und unendliches Leid über das Reich gekommen seien. 
Der Bestand des Gesammtstaates sei dadurch förmlich in Frage 
gestellt. Wäre seine kaiserliche Majestät zu rechter Zeit mit 
den Kurfürsten eingeschritten, niemals hätten solche Uebel 
zum Ausbruch kommen können. Jedoch wären ihre Herren 
der Hoffnung, dass, wenn nur der Kaiser jetzt persönlich im 
Reiche erscheinen wolle, mit seiner Hilfe und seinem Rathe 
die Parteiungen verschwinden und sich die üebelstände be- 
seitigen Hessen, die dem deutschen Volke und Reiche zur 
Schande gereichten. Es sei durch löblichen Brauch und alte 
Gewohnheit gesetzt und geheiligt, dass die Kaiser und römischen 
Könige mit den Kurfürsten als den ersten und unmittel- 
baren Gliedern des Reiches sich über dessen Nothdurft be- 
riethen. Ein Gleiches möge nun jetzt, wo es sich um so 
wichtige Angelegenheiten handle, beobachtet werden." 

Natürlich liess Kaiser Friedrich in seiner Weise diese 
Mahnung völlig unbeachtet. Die Folge war, dass die Oppo- 
sition gegen den römischen Stuhl, die sich nach dem Wiener 
Reichstage fest zusammen schloss, sich nun auch mit Ent- 
schiedenheit gegen ihn wandte. Schon der nächste Fürsten- 



congrue ad has res consultandas et auxiliandas videlicet ut hujusmodl 
christianus exercitus promoveatur , inuitari debeat et vocari; facilius 
enim ea, quae consultata faerint, executioni in opere demandentur. 
^) Senckenberg, 1. c. S. 342—343. 



tag, der im November 1460 zu Nürnberg abgehalten wurde, 
kehrte seine Spitze nicht minder gegen den Kaiser wie gegen 
den Papst. Und auch sonst wurde Friedrich HI. Lage eben 
jetzt bedenklich. Der Streit mit seinen östen'eichischen Laud- 
ständen wollte nicht aufhören, mit Ungarns Könige befand er 
sich in unlösbarem Gegensatze, im Keiche war die Partei, 
die sich die kaiserliche nannte, auf allen Punkten in offener 
Fehde unterlegen. Und eben jetzt erwog deren Führer, der 
Markgraf Albrecht von Brandenburg, oh es nicht besser sei, 
Met Überhaupt von dem Kaiser abzuwenden und dem Bei- 
spiele des Mainzer Kurfürsten nachzufolgen. ') Er wtr miß- 
gestimmt, dass ihm der Kaiser so geringfügigen Beistand ge- 
leistet hatte, dass er jetzt, statt ihm über die Folgen seiner 
Niederlage wegzuhelfen, *) sich vielmehr um die Gewogenheit 
des PfaJzgrafen kümmerte.*) Diess misslang, der Markgraf aber, 
ohnehin durch die Rother Richtung in wichtigen Interessen 
an den Spruch des Böbmenkönigs gewiesen, verharrte in klug 
zuwartender Stellung. 

Unter solchen Umständen entschloss man sieb im Präger 
Königshofe, dass der König nun unbekümmert um den Kaiser 
die Werbung um tiie deutsche Krone fortsetze. Eiue uni- 
fössende diplomatische Aktion knüpfte sich an dieses neuer- 
liche Eingehen K5nig Georgs auf die Rathschläge Martin 
Mair's; sie schien einen glücklichen Erfolg verbürgen ku 
müssen. Mit den Fürsten des Reiches galt es in Eintracht 
und gutem Verständnisse zu sein : Beides war bereits mit 
den Wittelsbachem wie mit Albrecht von Oesterreich der 
Fall; die Brandenburger, ohnehin gegenwärtig in übler Lage, 
durfte man durch geschickte Benatzung des Kother Schieds- 
spruches, des Lausitzer Streites, hohe Zusagen zu gewinnen 
hoffen. Die Kurfürsten mussten ihre Zustimmung geben: die 

') Man s. Menzel, Diether von Isenbitrg S. 84—85. 

') Man Tergl. des Markgrafen Werbung an den Kaiser nm dio 
Zeit des Wiener Reichstages September U60 bei StocklieiiD, Beilagen 
Nro. XUI, S. 232 ff. 

°) Die Ernennung lies Pfalzgrafen znm ReichBliauptmann gegen den 
Abt ?on Zwiefalten vom 30. Sept. HGO (bei Kremer, Urk. Nro. 17) gibt 
dafür Zeugnis. Vergl. RaynalduB ad ano. HGO 1. c. 



— 216 — 

Mehrheit war bereits durch ihre Opposition dem Kaiser ent- 
fremdet. Der Curie schienen ebenso durch die Gegnerschaft 
der Fürsten die Hände gebunden , man musste sie jedoch 
schonen, dass sie nicht im eigenen Lande Verlegenheiten 
bereite und auf alten Forderungen plötzlich bestände. Mit 
Polen, mit Mathias von Ungarn wollte man einen Bund ein- 
gehen; Letzteren und Erzherzog Albrecht konnte man gegen 
den Kaiser in die Waffen bringen, wenn er ja entschiedene 
Schritte zu Wahrung seiner Rechte versuchen würde. — Ob 
der König und sein Berather sich nicht dennoch einer Täu- 
schung hingaben? Ob der nun eingeschlagene Weg auch 
wirklich zum Ziele führen konnte? Man hat gemeint, ein 
Gelingen des Planes wäre möglich gewesen, wenn sich der 
König entschlossen und rückhaltlos auf die Reformpartei 
stützte.^) Dem lässt sich schwer zustimmen. Förderte der 
König nach Kräften die Opposition, natürlich nicht blos die 
weltliche sondern auch die geistliche infolge deren innerer 
Verbindung und nach dem Interesse der Kurfürsten, so ent- 
brannte mit den päpstlichen Censuren sofort der Glaubens- 
krieg in Böhmen und Schlesien, der thatsächlich des Königs 
letzte Jahre erfüllte. Und bot denn die Opposition wirklich 
diesen starken Rückhalt, rang sie nicht vergebens darnach, 
sich sichere gemeinsame Ziele zu schaffen, sich unter eine 
einheitliche Führung zu stellen? Daran hätte der Hinzu- 
tritt des Böhmenkönigs nichts geändert. Zeit und Verhältnisse 
in der Mitte und zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts waren 
nicht geschaffen zu mächtigem Umsturz, für weitreichende 
grossartige staatliche Wandlungen. Gegen jeden grösseren 
Anlauf stellte sich rasch auch die energische Gegenbestrebung: 
die Ergebnisse waren insgemein geringfügig. Dies lag an 



^) So K. Menzel in seinem oft erwähnten Buche Diether von Isen- 
burg S. 83. Sonst hat Menzel wohl das Beste geschrieben, was über das 
böhmische Königsprojekt vorhanden ist. Freilich weiss auch er die Phasen 
des Königsprojektes nicht genau zu scheiden; unrichtig ist S. 83, dass 
den König zunächst die Rücksicht auf den Kaiser abhielt sich auf die 
Reformpartei zu stützen. Zur Zeit, als der König um die Zustimmung 
des Kaisers warb, war die Reformpartei als solche noch nicht vor- 
handen. 



dem Zusammenbruche der alten Verhältnisse, deren Auflösungs- 
iess noch keinen Neubau gestattete, der Erschöpfung des 
«Iten Idrchlichen und staMlichen Lehens, die zu beseitigen 
noch keine neue Idee da war. In vielfacher Hinsicht ist 
Friedrich III. der Typus seiner Zeit. Und abgesehen davon, 
dass wir neben Ehi'geiz und Eigennutz keine höhere Idee, 
keinen staatsmännischen Grundsatz bei dem Bewerber um die 
deutsche Krone als Grund seines Strebens zu entdecken ver- 
mögen, hätte er den Kurfürsten erst das Reich zweimal ver- 
«chieibeu mögen, ehe er es einmal bekam. Das Königtbum 
Podiebrads, an sich in der Weise unmöglich, blieb ein Un- 
ding, auch wenn es zur Thatsache wurde. Für jetzt aber 
konnte der K.Önig kluger Weise keinen andern Weg gehen^ 
als den er thatsächlich einschlug, da ihn überall sein eigen- 
thümliches Verhältnis zu Rom band und hemmte : wenn trotz 
aller Energie und umfassenden Sorgfalt in der Benützung der 
«bwaltenden Verhältnisse der Versuch dennoch misslang, so 
lag dies an seiner inneren Unmöglichkeit. 

Sonntags den 21. September 1460 war Herzog Ludwig« 
TOn Baiem mit glänzendem Gefolge von mehr als 500 Pferden » 
3>ei König Georg io Prag eingetroffen,') sei es mit ihm sich 
f den Schiedssi)ruch in den vor Roth uneiledigt gebliebenen 
Fragen zu benehmen, möglich auch von dem Könige besonders 
.geladen. In des Herzogs Gefolge befand sich auch Herzog Johann 
Ton München ; wenigstens hatte er für sich Herberge bestellen 
lassen. Nicht minder erfahren wir, dass in eben jenen Tagen 
■die Grossen Böhmens zu einem ausserordentlichen Landtage 
iusaramenberufen wurden.*) Hier gelang es nun König Georg 
|ien Baiernherzog vollständig für seinen Plan zu gewinnen. 
Als das Ergebnis 14tägiger Unterhandlungen erscheint eine 
'JKeibe von Verträgen vom 8. Oktober, in denen sich der Herzog 
Ton Georg für den Fall seiner Wahl zum römischen Könige, 



■) Urkundl. Beitr. Nro. 23S, S. 231-832. 

'} Nach einem Sclireilien des Bächsischen Agenten ITans Monlmupt 
irom 12. Septemb. 1460 an Herzog Wiliielu im Grossh. Eächs. Gesammt- 
WCblve zu Weimar Ri;g. A., Fol, 9, Nro. 20, 



— 218 — 

die er aus allen Kräften zu unterstützen verspricht, eine 
Reihe wichtiger Zugeständnisse sichert.') 

„Weil das Reich schwer darniederliege und Mord und 
Brand und UebergriflFe aller Art sich täglich mehrten, der Kaiser 
aber, dem es zukomme Abhülfe zu schaffen, seine Pflicht nicht 
erfülle, so haben sich, heisst es im Hauptvertrage, der König 
und der Herzog gegenseitig verpflichtet und verschrieben, bei 
den Erzbischöfen von Mainz und Köln wie bei dem Pfalzgrafen 
bei Rhein und den andern Kurfürsten und Fürsten, allen 
möglichen Fleiss anzuwenden, dass Georg von Podiebrad zum 
römischen Könige erhoben werde, wie immer dies am 
füglichsten geschehen möge." Darin vor allem, wie in 
allen andern Dingen wollen beide Fürsten unzertrennlich 
zusammenstehen, ebenso alle Folgen gemeinsam ertragen: ob 



*) Diese Verträge, gedruckt bei Stockheim, Beilagen XLViJJ, S. 255 
bis 272, bei Höfler, Kaiserliches Buch S. 65—78 (vergl. auch Palacky, 
Urkundliche Beiträge Nro. 226—227, S. 232-233) bilden einen Theü der 
sogenannten Erlbachischen Inquisitionsakten, die sich im Münchener königl. 
geh. Staatsarchive finden und überhaupt die wesentliche QueUe unserer 
Kenntnis von den römischen Königsplänen Georgs von Böhmen bilden. 
Weshalb diese Sammlung von Urkunden und Dokumenten den obigen 
Namen erhalten, ist bekannt. Vergl. Palacky, Dßjiny öesköho närodu IV. 
2. Str. 141—142. Aber eben Palacky ist es, der Zweifel an der durch- 
gängigen Echtheit und Treue der Erlbachschen Sammlung erhoben hat und 
meinte, es stehe wenigstens so viel fest, dass man den Kaiser keines- 
wegs auch des Titels berauben wollte, während die Erlbachschen Ab- 
schriften das Gegentheil versichern. Einen weiteren Beweis für seine 
Zweifel hat Palacky freilich nicht beigebracht. Nach Untersuchung nicht 
blos der Münchener Abschrift der Urkunden selbst, sondern auch der 
weiteren auf den Prozess Heinrich Erlbachs bezüglichen Materialien, 
darunter auch eines Bruchstückes des Verhörspro tokoUes und der Urtheils- 
urkunde mit seiner eingehenden Motivirung muss ich PaJacky's zweifelnde 
Frage zurückweisen. Es ist niemals im Laufe des Prozesses gegen Heinr. 
Erlbach auch nur von fernher der Vorwurf erhoben worden, dass er etwa 
in böswilliger Absicht die Urkunden gefälscht oder verstümmelt 
oder interpolirt habe. In der Klage, welche des Herzogs Anwälte 
Stefan Plank, Pfleger zu Osterhofen, dann Jakob Hardeg und Georg 
Parger, „Mautner allda," gegen Erlbach in Regensburg erhoben, heisst 
es blos, es habe H. Erlbach, obwohl in Herzog Ludwigs Eid und Pflicht, 
allen Fleiss angewendet, „einen verslagen hanndel an solh ennde, da er 



- 219 - 

man sie nun mit geistlichen oder weltlichen Geboten und 
Prozessen angienge oder bedrohte, ob man den König oder 
den Herzog deswegen in seinem Lande mit HeereBmacht über- 
ziehen würde, sie wollen zu wechselseitigem Beistande mit 
ganzer Macht bei'eit sein gegen Jedermann, Niemand 
ausgenommen. Sowie zwischen den Füraten in dieser 
Sache das vollste Vertrauen bestehen soll, so versprechen sie 
auch darauf bezügliche geheime Nachrichten nur jenen ihrer 
Käthe mitzutheilen, die in dieser Sache thätig sind und be- 
sonderes Stillschweigen gelobt haben. Damit aber Herzog 
Ludwig „in den Sachen desto williger" sei, geloht ihm König 
Georg für deu Fall ^eiuer Erhebung Xachfolgeudes zu erfüllen : 



seinen gnaden, sein aelbs fürstlicli leib, lebeo, ere, würde vnd gut ange- 
troffen, Hctiriftlir.il en vbergeantwnrt hat, d«rauBB dann Torderbung der lannde 
Tnd lewt, auch dartzu grosses plntuergieBsen, wo das nit Torkomoieu war 
worden, entsprungen mochten sein. Vnd dem ynd allen seinen yotatten 
nach etc. verlangen sie, dass Erlhach gerichtet werde ,nach des Redits 
Itechten, wie Recht ist." (E. Inq. A. Hro. 27.) Als solche andere -Un- 
thaten" werden interessant genug, heimliche Berichte an den Böhmenkftnig 
angefahrt zur Zeit, als über Bannuog und Kreuzzng berathen wurde, 
weiters Bestechungsversuche bei Beisitzern des kaiserl. Eauimergerichtes 
{J, A. Nro. 28 nnd 29), Noch beachlenswerther ist Erlbachs Anasage, 
es habe ihn Martin Mair aufeefordert, nachdem der erste Anschlag König 
Georgs miaslungen, nun seinerseits den König zur nochmaligen Bewerbung 
um die römische Köoigskrone aufzufordern, wozu er |Mair) Erlbach viel 
gute Anweisung geben wolle." (Fol. 41), Dazu kouimt, dasa Erlbach, 
indem er versichert, es hätten auch andere von der Schrift gewusat — 
auf dem Tage zu Eger ( — offenbar 1161) aei sie einem aus dem Bnaen 
gefallen, dann gefunden nnd König Georg übergeben worden, in der höchsten 
Nolh seine Angaben aufrecht erhalt. „Was ich gesagt habe vom Her- 
kommen des Libells und damit gehaudelt ist, das sag ich auf meine arme 
Seele nnd darauf will ich sterben." Endlich wird im Criheile und dessen 
Motivirung durchaus nicht etwa gesagt, dass Erlbach seinem Herrn 
ch falsche oder gefälschte Angaben die Treue gebrachen. 
Die Echtheit der Urkunden erscheint vielmehr ganz offen zagegeben und 
Erlbach nur der Form nach atraftalUg. „Oliwol vuaer goaediger Herr der 
Sache nach seiner Gnaden Eren, Notturft ganz gründlich vnd notturftig 
ZD verantworten weiss, auch mit vnserm herm Kaiser um alle Irrung vnd 
Zwietracht davon aufgenomeu vereinigt vnd gerächt worden ist, so iiat 
doch dem Erlbach nicht geijürt, dass er sich unterstehe, den Herrn 
Herzog Ludwig so zu schmähen vnd um sein Leib, Leben vnd Fürsten- 



— 220 — 

1. Der König wird alle dem Fürstenthum Baiern irgend 
einmal von dem römischen Stuhle und den Concilien, den 
römischen Kaisern und Königen oder von den päpstlichen 
Legaten ertheilten Concessionen, Confirmationen, Pronuncia- 
tionen, Indulten, Privilegien und Herkommen vollinhaltlich 
bestätigen und in deren Erhaltung dem Hause Baiern seinen 
besonderen Schutz angedeihen lassen. 

2. Der König ernennt, sobald er die römische Königs - 
kröne erlangt hat, für seine Lebzeiten, „er sei nun König 
oder Kaiser", den Herzog Ludwig, seinen lieben Schwager, zum 
unabsetzbare^ obersten Hofmeister und Rath des Reiches. 
Der Herzog ist verhalten, mit einem Gefolge von 200 Pferden 
am Hofe des Königs seines Amtes zu pflegen und sitzt mit 
fünf seiner Räthe, die auch der König in Eid und Pflicht 
genommen, im Königsrathe, alles auf seine Kosten. Dafür 
bezieht er, so lange König Georg lebt, einen Jahrgehalt von 
8000 ungarischen Dukaten, je 4000 zu halber Jahresfrist, die 
der König im Reiche sicherzustellen und nöthigenfalls aus 
seiner eigenen Kammer anzuweisen verspricht. Ja der Herzog 
darf, wenn der König in der Zahlung sich säumig erweist, 



thum, das doch ein Lehen vom Reiche ist, zu hringen.** (Fol. 52). Ei:st 
9 Wochen nach Ueberreichung des Libells habe er dem Herzoge den 
Dienst gekündigt, sich also eines offenen Treubruches schuldig gemacht. 
— Auch Palacky's weitere Behauptung, es sei „wenigstens sichergestellt, 
dass man keineswegs beabsichtigte den Kaiser auch des Titels -zu be- 
rauben", muss ich in ihrer Allgemeinheit zurückweisen. Dies galt nur für 
die erste Phase der böhmischen Versuche, durchaus nicht von der zweiten 
und dritten. Wenn die Erlbach'schen Urkunden von „Herrn Friedrichen 
Herzogen zw Österreich" reden, „der sich nennt Romischer 
keyser, die weyl er in RegirUng des hl. R. Reichs g-ewesen 
ist," oder von dem was der König kraft kaiserlicher Macht thun 
wolle, so ist diese Sprache deutlich genug. Schon 1456—1457, als sich 
der Pfalzgraf um die deutsche Krone bewarb, erklärten die verbündeten 
Fürsten ihre Absicht, dem neuen Könige auch die kaiserlichen Rechte 
tibertragen zu wollen, wenn sich die Erhebung gegen des Kaisers Willen 
vollziehen müsste. Dass ein Gleiches auch in der Absicht des ehr- 
geizigen Böhmenkönigs lag, falls er dem Kaiser zum Trotze nach so 
vielen Bemühungen zum Ziele käme, müssten wir annehmen, auch wenn 
es nicht ausdrücklich berichtet wflrde. 



sich in jeder Weise an den Einkünften desselben ans rtem 
Beiche schadlos halten, ohne eine Verletzung der königlichen 
Hajeatät und des Reiches. 

3. Der Herzog ist nicht verpflichtet, dieses sein Reichs- 
amt persönlich zu versehen; es kann dies auch durch einen 
würdigen Mann im Königreiche Böhmen geschehen; aber der 
Jahressold und die Art der Zahiung bleibt davon unberührt. Der 

4. Punkt betrifft den Streit Herzog Ludwigs mit Kaiser 
Friedrich in Eeichssachen. Kraft seiner Machtvollkommenheit 
als künftiger römischer König verspricht Georg; Wenn der 
Herzog oder die Seinen sieb jemals gegen „Herrn Fried- 
lichen, Herzogen von Oesterreich etc., der sich 
nennt römischer Kaiser, dieweil er in der Regie- 
rung des Rei ches gewesen ist," oder gegen das römische 
Reich vergangen hat, es sei nun durch sein Vorgehen gegen 
die Juden zur Zeit, als er die Regierung seines Fürstenthiims 
eben angetreten hatte, oder in seinem Verfahren gegen die 
Städte Schwäbisch -WÖrth und Dinkelsbühel oder das Stift zu 
Eichstädt, weswegen denn der genannte Herr Friedrich als 
römischer Kaiser, dieweil er in der Regieiamg des Reiches 
gewesen ist, gegen den Herzog eingeschritten und vorgegangen 
sei von reichswegen: so soll des Herzogs Verhalten in allen 
diesen Sachen ihm und den Seinen und all seinen Helfern 
verziehen und vergessen sein. Niemand dürfe deswegen weiter 
an den Herzog Ansprüche machen; kraft römisch kaiser- 
licher Macht befielt vielmehr der König mit diesem 
Briefe „emst und festiglich," den Herzog unangefochten zu 
lassen in seinem Gute, Land und Leuten und Schutzbefohlenen 
bei des Königs und des Reichs Hulden und schwerer Pöü von 
2000 Mark Silbers. Es soll Herzog Ludwig die Stadt Donau- 
wörth als Pfand des Reiches, wofür ihm 40000 Dukaten ver- 
schrieben werden, zu völlig freiem Gebrauche, Nutz und Gefallen 
inne haben bis zur Auslösung der Pfandschaft. Darüber empfängt 
der Herzog von Georg noch einen besonderen Brief, 

Aber auch seines Vetters, des Pfalzgrafen gedenkt Ludwig 
und lässt 

5. den Böhmenkönig in einer weiteren Verschreibung 
sagen: _Da wir auch sonst ein Königreich und Lande haben. 



deren wir pflegen und wo wir darum zu Zeiten verweilen 
müssen, so sollen, damit in den deutscheu Landen keine 
königliche Pflicht versäumt werde, der Pfalzgi'af Friedricli und 
Herzog Ludwig des römischeu Eeiches Statthalter und Anwälte 
sein, HO oft der König in Schlesien oder Mähren, in Oesten'eich, 
Ungarn, Preussen oder den wälschen Landen weilen wüi^dev 
dies gilt für das ganze Reich, das Land ausgenommen, wo 
eben der König selbst sich befindet. Sie sollen dabei in allen 
Handlungen und Sachen des lleiches ganze und volle Gewalt 
haben wie der König selbst, nur nicht in dem, was der Mit- 
füi'sten Leib und Ehre betrifft, in Lehenssachen und den Gülden 
und Renten des Reiches; dieser Dinge düi'ften sie sich blos 
annehmen auf des Königs ausdrücklichen Befehl und in seiner 
besonderen Vollmacht, 

Nimmt man noch dazu, dass König Georg sich 
6. noch dahin verschreibt, dass Herzog Ludwig auf alle 
heimgefallenen Reichslehen, die der König nicht sich selbst 
und dem Reiche vorbehalten mag, den ersten Anspruch haben 
soll, so wird man zugestehen müssen, dass Ludwig seine 
Beihülfe eben nicht zu wohlfeil vergab, der König aber, be- 
gierig sein Ziel zu erreichen, nicht müde ward zu verschreiben. 
Doch zeigen die Verträge deutlich, dass die grössere Einsicht 
auf Seite des Böhmenkönigs war. Unmittelbaren Gewinn hatte 
Herzog Ludwig doch nur in den 8000 Dukaten .Tahrsold. und 
der Aufhebung aller Prozesse des Reiches und dem Pfand- 
briefe auf Donauwörth. Das Statthalteramt fiel weg, wenn 
der König im Reiche und in Böhmen blieb, was doch für ge- 
wöhnlich der Fall war und in seinem Belieben lag, auf die 
erledigten Lehenschaften hatte sich der König das erste An- 
recht gewahrt, um es sicher gründlich zu gebrauchen, das 
Hofmeisteramt verlor sofort seine Bedeutung, wenn, worauf ja 
sofort hingewiesen war, ein Stellvertreter eintrat, der dem 
Herzoge die Mühe, dem Könige aber den lästigen Mitregenten 
ersparte. Wusste der Herzog freilich die Verachreibungen 
rücksichtslos auszunützen, so konnten sie dem Könige immer 
noch sehr unangenehm und zur Quelle böser Zerwürfiiisse werden. 
In einem weiteren Vertrage, der gleichfalls das Datum 
. Oktober 1460 trägt, erneuern zugleich die Fürsten die 



223 



1 Oktober 1459 und im Mai 1460 abgeschlossene Eimingen 
in allen Punkten und Artikeln, wie die darin von Wort zu 
fort geschrieben stehen" doch mit Aenderung zweier Bestim- 
lungen über „die Hilfe und Macht" und dass dfr 
aiser ausgenommen sein aolle. An Stelle jener 
rsteren gilt die neue Vereinbarung des unbedingten 
echselseitigen Beistandes mit ganzer Macht, die 
nch bei allen mit ii-geadwem geschlossenen künftigen Ver- 
a beider Fürsten Geltung behalten und voranstehen sollen ; 
er Kaiser ist hinfort nicht ausgenommen. ') 

Endlich wurde noch vereinbart, dass der König die dem 
[erzöge zugestandenen Briete diesem erst übergeben solle, wenn 
er Beitritt des Pfalzgi'afen zum Königsprojekte gesichert sei. 
Der Baiernherzog muss mit der Art seines Empfanges 
nd seiner Bewü-tung in Prag vollauf zufrieden gewesen sein, 
er König es verstanden haben, ihn unbedingt au seine Sache 
In. Es war darum der Herzog dem Könige in seinen 
ieatrebungen Ungarn gegenüber gerne zu Gefallen. Beide 
rsten schlössen gegen Mathias von Ungarn, ,der den edlen 
lerm Giskra, des Königs Getreuen mit Macht und Heeres- 
raft fiberzogen und beschädigt und ihm auch etliche Schlösser 
ibgenommen habe, ohne sich um des Königs Abmahnung zu 
Kümmern," eine Einung zu bewaffnetem Einschreiten.') In 
'■»der That sagte Georg dem Ungarnkönige ab ; ') am 14. Okt. 
' IMgten Herzog Ludwigs bedeutendste Yasallen Georg Graf 
. Ortenburg, Ludwig Graf zu Oettingen, Johann Graf zu 
Montfort und die Herren Johann von der Leiter zu Bern, 
Vinzenz und Konrad von Haydek;'} endlich am 16. Oktober 
"lerzog Ludwig selbst,*) 

') Stockbeiiu, Beilagen Nro. XLV., S. 349-251; Palacky, Urkundl. 
litrfige Nro, BZ6, S. 232. 

•) Die EiaaDR gleichfalls vom 8. Okt. bei Stocklieim, Nro. XLVI. 
253—353; Urkundl. Beitr. Nro. 228, S. 233. 

») TOtt StockheiBi, Urknndeß XLVn. S. 25t, Absagebrief Herzog 
■ndnigs in dem dieser sagt: Dorumb dann öerselb vnnser lieber herr 
id sweber der konig zne Beheim ewr veinde worden ist. Georgs Brief 
it sich nicht, erbalteo, 

•j Urkundl. Beitr. Nro. 226, S, 233. 

') Stockheim 1. c. ütkundl. Beiträge Nro. 229. S. 233-231. 



Aber trotzdem war es mit dem Kriege gegen Ungarn 
nicht so ernst gemeint. Die Absicht König Georgs gieng un- 
streitig nicht so sehr dabin, Giskra und den Seinen Hülfe zu 
bringen, als den grollenden Unganikönig durch seine Drohungen 
gefQgig zu machen. Oder sollte man wirklich annehmen dürfen, 
dass der König an einen Krieg mit Ungarn in dem Augen- 
blicke dachte, wo er nach der deutschen Krone griff, dort, 
wie man hervorhob, Frieden uod Ordnung herzustellen? dass 
er d e n König angreifen werde, ilen der Papst als den natürlichen 
Vorkämpfer der Christenheit eben jetzt entschieden unterstützte, 
dessen übler Lage und Bedrängnis wegen eben die Reform- 
bewegung im Reiche in Fluss gekommen war ? Der König 
hatte den Krieg mit Ungarn gemieden selbst gegen des Kaisers 
eifrigsten Wunsch und trotz seiner bündigsten Verschi'eibung: 
nun sollte er auf einmal ihn des Giskra wegen aufnehmen, 
nachdem er bisher inihig zugesehen, wie Giskra wiederholt 
nach Polen entweichen musste, und Mathias die Macht der 
böhmischen Söldner in Nordungarn brach I Trotz der Absage 
vernehmen wir auch gar nichts von kriegerischen Vorberei- 
tungen in Mähren, Böhmen oder gar in Baiem, wohl aber 
lässt sich nicht vei'kennen, wie rasch und gern der König 
auf die angebotenen Unterhandlungen mit dem Ungamkönige 
eingeht und seinen gewandtesten Diplomaten Zdenek Kostka 
von Postupitz nach Ungarn entsendet, der, wenn er sich auch 
anfangs um die Sache Giskras und der Brüderrotten kümmerte, 
doch als Ziel seiner Sendung die Einung zwischen den beiden 
Königen vor Augen hat, und jene ruhig ihrem Schicksale 
überlässt, sobald seine Absiebt erreicht ist. ') Doch kehren 
wir zur Erzählung zurück. Die Kriegserklärung an Ungarn 



') Dasa Herzog Ludwig sich mit dem Könige sofort aucli einigt, 
wie man etwaige Gefangene oder gewonnene Städte und Bürger zu theilen 
habe, darf nicit auffallen. Es entsprach dies der Gepflogenheit jener 
Zeit beim Ahscblnasc von KriegsbOndnissen nnd geschah so, wohl auf 
den Wunsch Herzog Ludwiga, auch diesmal. Man vergl. die Inatrnktionen 
H. Lndwig för seine Gesandten zum 1. Egerer Tage 14Ö&. Weun weiter 
Herzog Ludwig sagt: ■ . . vnd ao wir also beide mit beirn Mathiaa iW 
vehde vnd veindtsthaft kommen, so sol etc.j während er nur einige Tage 



22f) 



rasch die gehofl'te Wirkung. Nocli Ende Oktober oder 
1 zu Anfang November erschien ein ungarischer ünter- 
^ndler — Petenneister nennen ihn die Quellen — beim 
feöhmenkünige und bat für seinen Herrn um einen gütlichen 
. ') Der König willigte ein und nahm für die Ausgleichs- 
rerhaudlungen einen Tag zu Olmütz für den 6. Dezember 
. Aassicht, ordnete aber unverweilt den genannten Zdenfk 
JEostka nach Ungarn ab. Der Kriegszug gegen Ungarn hörte 
Sofort auf auch nur Gegenstand weiterer Rede zu sein. 

Kostka fand Giakra und die Seinen in schwerer Be- 
liängnis. Die bedeutendsten Führer der Bruder waren gefallen, 
ire Städte und Burgen genommen. *) Saroä und Reichenau, 
! Giakra's HaupUeute Johann Talafous von Ostrowa und 
klathias von KnöiSitz vertheidigten, ') wurden gleichfalls be- 
teits von ungarischen Heerhaufen unter Sebastian von Roz- 
umachlossen gehalten ; *) König Mathias selbst weilte in 
rKaschau, den kriegerischen Vorgängen nahe zu sein. Hier 
I traf ihn Kostka und es gelang ihm bald, den König zu ver- 
mögen aufs neue in freundschaftliche Beziehungen zu dem 
Böhmenkönige zu treten. Am 25. November gab Mathias 
eine diesbezügliche Erklärung. Sie enthält nichts von der 
Wärme und persönlichen Ergebenheit, die einstmals Mathias 
gegen König Georg erfüllt hatten ; der König weist ausdrücklich 
darauf hin, dass man den Straschnitzer Verträgen nicht nach- 
gekommen sei ') und bringt sein Verlangen, mit König Georg 
in das alte Verhältnis und in eine feste Einung zu treten gegen 



daranf dem Könige absagt, bo ergibt sich, dass er an den Krieg selbst 
nicht glaubte und woH erwartete, dass der ÜDgarnkönig diesen durch 
Unterhandlungen vermeiden werde. 

') Die Nachricht bei Zeibig, Copey-Bach S. 231 und Thom. Ebea- 
dorfer bei Pez, n., col. 919-D20. 

') Vgl. Pelina, M. Mor. pag. T12-713; StaH letop, atr. 176 a, a. 0, 
") Kaprinai, D. pag. 437-438. 

*) Bbeudört pag. 454 ~455, Ueber die Vennittlung, an der sich 

ich Kasimir von Polen betlieiligt.e, vergl. den nachfolgendeu Brief des 

s Matliias vom 25. Novemb. zu Kaschau und DlugoS, col. üGl, Hier 

1 geschieht ausdrücklieb Giskra's Erwilhnung. 

') Et — Michael Ziilaghij — et dominus Johannes episcopuB ecclC' 

1 Waradiensis — et alii praelati et barones ntriusqne regoi, qui ad 

Ai BBolim»"»! GeBoh, Georg'a von FoiUi-biuJ. 




I hoc I 



ihre inneren und äusseren Feinde, ziemlich frostig vor ; aber 
er gieng doch Tölllg auf des Königs Wünsche ein sowohl in 
Bezug auf die Vermählung mit der Prinzessin Katharina, wie 
in den andern Punkten. Ueber die Art und Weise der nöthigea 
Vereinbarungen verfügte Mathias in der genannten Erklärung 
natürlich im Einverständnisse mit Zd. Kostka Nachfolgendes ; 
Zum nächsten Set. Thomastage (21. Dezember) soll König_ 
Georg in Olmütz, er selbst in Trentschin sich einfinden; von 
diesen beiden Städten aus treten die Könige durch Deputationen 
ungarischer und böhmischer Barone in Verhandlung. — Eine 
persönliche Zusammenkunft mit König Georg lehnte der Ungarn- 
köuig noch ab. — Die Barone berathen : 1. An welchem Tage 
die böhmische Prinzessin nach Ungarn gefilhrt und in die 
Hände des Königs Mathias übergeben, wie ihr als der künftigen, 
Königin von Ungarn mit geziemenden Ehren begegnet, wann_ 
sie dem Könige angetraut werden solle. Sie bestimmen 2. die' 
Einkünfte, welche die Prinzessin vor und nach ihrer Vermälüiin& 
nach der Weise der früheren Königinnen von Ungarn genieaseu' 
solle, und aus Mitgift und Widerlage deu Betrag, der ihr 
zuzufallen habe, wenn König Mathias vor der Vermählung 
stirbt, oder sie als Wittwe hinterlässt. Weiter äussert der 
Ungamkönig den Wunsch, dass, weil die Barone beider Reiche, 
und darunter von ungarischer Seite wenn irgend möglich sein 
Oheim Michael Szilagyi und Johann Vit^z, Bischof von Gross- 
wardein, bei den Abmachungen thätig sein sollen, sie auch 
zu untersuchen und freundschaftlich gut zu machen hätten, 
ob und was gegen die einstmals zu Straschnitz geschlossenen 
Verträge gehandelt worden sei und ob erselbstoderder 
Böhmeukönig daran die Schuld trüge. Denn er 
begehre nicht blos, dass die oben beschriebenen Artikel von 
beiden Seiten genau beobachtet und ihnen nachgegangen 
werde, sondern dass von nun an er und König Geor^ sich 
mit Rath und That gegen alle künftigen und gegenwärtigen 
Feinde ihres Königthuras und ihfer Reiche unterstützen und 

elecli ernnt, videre et amicabiliter rectiflcare debeant, hoc et id, quoJ factum , 1 
est contra Ulam diGpositiouem, i^uac alias facta est in Straznica ioter m 
et dictum dominum Georgium regem Bohemiae, ntruni Sit contrftveouun I 
a nobia vel ah ipeo domim) Oeorgio rege Bohemiae. 



227 



;harren ^^H 



in wahrer Freundschaft unil Eiaiguug mit eioander ausharren 
mögen; er seinerseits sei dazu bereit. ') 

Nur nebenher wurde dann auch in des Königs Kampfe 
mit Giskra und den böhmischen Söldnern ein Waffenstillstand 
vereinbart, der aber eigentlich nur dem festen Wywar in der 
Saroscber Grafschaft gelegen zu Gute kam, da die bereits 
belagerten Plätze Reichenau und Sarosch dem böhmischen 
Unterhändler Zdenäk Kostka und dem ungarischen Barone 
Ladislaw von Palocz zu getreuen Händen bis zur definitiven 
Einigung übergeben wurden, Auch diese sollte auf dem Olmütz- 
Trentachiner Tage erfolgen; bis dahin dauerte auch der 
Waffenstillstand. "J 

Wie bei Ungarn so standen auch der Einung mit Polen 
gewisse Schwierigkeiten im Wege, ohne freilich auch hier 
die Absichten des Königs zu vereiteln. Auch der Polenkönig 
hatte nach dem Tode des Königs Ladislaus Ansprüche an die 
Lande seines Schwagers erhoben und glaubte sich in der That 
wenn nicht in beiden, so doch in einem der Königreiche 
Ungarn und Böhmen zur Nachfolge berechtigt^ ') so wenig er 
sonst für dieselben that. Der Krieg mit dem deutschen Orden, 
die grosse Jugend seiner Söhne hielten angeblich König 
Kasimii' zurück. Darum vernahm man die Wahl Georgs von 
Podiebrad in Polen aber mit nicht grösserer Freude als in 
Weimar am Hofe Herzog Wilhelm'a von Sachsen. Ohne die 
Feinde des neuen Königs offen zu unterstützen, blieb Polen 
in zuwartender, aber mehr gegnerischer Stellung; nur mit 
Mütie gelang es den wiederholten Gesandtschaften König 
Georgs schliesslich durch die Vermittlung des Herzogs Pfemysl 
von Teschen den König zur Beschickung eines Tages zu 
Beuthen zu Neujahr 1460 zu bewegen. Eine böhmische Ge- "Ä* 
Saudtschaft, Albrecht Kostka von Postupitz an der Spitze, die s^oithe». 



') Der Vertrag rcsp. Mathias Erklämng ungenau und unvolletilndig 
bei Kaprinaj, 11., pag. 453 — 454 und Peäina, Mars Moravicus 718—719, 
beBser bei Palacky, Urkundl, Beitr, Nro. 230, S. 334—236. 

*) Kaprinai, ü. pag. 454-455. Man vergl. auch Dlagoä, Histor. 
Pol. Xin. c. 261. 

, •) Dliigo^, c. 221-222 a. a. 0, 



sich noch im Spätherbste 14Ö8 in Polen eingefunden hatte, 
am dem Könige ein Bündnis mit Podiebrad gegen die Zu- 
sicherung der Nachfolge in Böhmen und bewaffneten Beistandes 
im preussischen Ordenslande anzubieten, war von Kasimir mit 
derber Entschiedenheit abgewiesen worden. ') Aber auch 
die Berathungen in Bcuthen, zu denen von böhmischer Seite 
der genannte Herzog von Tescben, dann die Barone ZdeuSk 
von Sternberg und König Georgs Oheim Johann ZajimaC von 
Kunstadt erschienen waren, während den König Kasimir der 
Palatin von Kaiisch, Stanislaus von Ostrorog, der Unterkäm- 
merer und Hauptmann von Krakau Nikolaus von Witowice mit 
dem Domhemi Johannes Dlugo§ von Krakau, unserem Gewährs- 
mann, vertraten, scheiterten, weil die Polen wieder auf das 
Erbrecht ihrer Königin zurückkameu. Sie lehnten ebenso 
eine Zusammenkunft der beiden Könige ab, weil die Ver- 
hältnisse noch nicht reif dafür wären, wie den AbschlusB eines 
Friedensvertrages durch den Hinweis auf die den Polen durch 
schlesische Fürsten zugefügten Beschädigungen. Doch wurde 
schliesslich vereinbart, dass am kommenden 24. Juni in dem- 
selben Beuthen neuerdings polnische und böhmische Käthe 
zusammentreten und über die Bedingungen eines Bündnisse», 
wie die persönliche Zusammenkunft der beiden Könige Verein- 
barungen treffen sollten. ') Doch kam es auch dazu nicht. 
Häufige Feuersbrünste, die Städte, Dörfer und Marktflecken 
besonders im östlichen Böhmen heimsuchten, setzten im Früh- 
jahre und Sommer des Jahres 1460 die Bevölkerung in 
Schrecken. *) Ob es nun Zufall war, dass gerade damals 
mehrfache Brandschäden zusammentrafen, oder ob man jene 
alte Nachricht glauben mag, es habe das hungernde Volk selbst 
aus Verzweiflung und Rache gegen diejenigen, weiche ihm für 
die im Umlaufe befindliche schlechte Münze kein Korn geben 



') Ebendort c. 333. 

'') lieber den Tag berichtet Dlagöi, c. 353—354. 

■) Daaa die zo 1459 gebrachte Nftchricht der Stafi letopigovS atr. 172 
zu 1460 gehört, berichtigt bereits Palacky; doch bleibt immerhin möglich, 
dasa die Brandschäden auch in das vorhergehende Jahr hinüberreichen 
und der Chronist, was er öfter thnt, das Zusammengehörige, wenn auch 
später GeBcbehene, hier zuBanimcufaaet. 



iWolltcn, manch Haus angezimdet, ') die erregte Phantasie des 
I Volkes fieng gar bald an, einen inneren Zusammenhang der 
UnglÜckslalle «nä von den Landesfeinden bestellte Brandstifter 
ZH wittern und die Ausländer, Deutsche *) und Polen zu 
beschuldigen. Man erzählte sich, daas König Eaaimir und seine 
Gemahlin Elisabeth dazu eigene Leute nach Böhmen entsendet 
hätten. Die Beschuldigungen wurden endlich so laut und 
dringend, dass selbst König Georg sich bewogen fühlte, ein- 
zugreifen. Er befahl, die Niederlassung von Polen in den 
Städten nicht weiter zu dulden und verbannte alle, die 
sich an seinem Hofe aufhielten. Ebenso wurden an vielen 
Orten die Polen, die da als Handwerker lebten oder in irgend 
einem Dienstverhältnisse sich befanden, ausgetrieben. ') König 
Kasimir fühlte sich in seiner Ehre als König des Polenreiches 
wie persönlich durch Georgs vorschnelles Eingreifen höchlich 
beleidigt. Obwohl ihm seine Edlen riethen, eine so unwürdige 
Beleidigung gänzlich zu missachten, sandte er doch, um sich 
in den Augen des böhmischen Volkes zu rechtfertigen, die 
Herren Jakob Dabienski und Albert Gorski nach Böhmen, 
I um über das Geschehene Beschwerde zu führen. „Der Polen- 
I bönig," so erklärten die Abgesandten vor dem Könige und 
I den Baroneu in Prag, „habe Schwerter und sonstiges Kriegs- 
Kgeräthe genug, um vor aller Welt seine Feinde zu strafen 
^Knd bedürfe dazu keiner Hinterlist und Heimlichkeit. Wage 
Hjemand etwas anderes zu behaupten, so seien sie bereit dies 
' im offenen Zweikampfe zu ei-weisen."*} König Georg, der die 
Polen anfangs ziemlich kühl empfangen, wusste dann durch 
aufmerksame Bewirtung und versöhnliche Rede die Erregten 



') Z. Theobaldua, HuBSitenkrieg 3. TheU, S. 69. 

*| Diese n^ek entnammene Bemerkung bringt Theobald 1. c. nnd 
aennt den Bokyzana, der den Verdackt auf die Deutacheu gelenkt habe. 
So unverläBalich Hajek ist, so gross war Eokyzanas DeotBchenhaaB, auch 
nOrde R. EinäuSEnabme die Uebereiltheit König Georgs eher begreifen 
liseen, 

'; Man müBSte diese Nackriclit der StaH letopisovä als imglaublicb 
Terwerfen, wenn sie nickt durck die Maaaregeln des PoIenkOnigs beaUtigt 
irtirde. 

') Dlngoä, col. 25B. 



230 



zu beschwichtigen. „Er habe", sagte er, „die Gerüchte als 
ersonnen und lügenhaft, nicht geglaubt, sie vielmehr als das 
Werk gehässiger Menschan stets zurückgewiesen." Da auch 
die böhmischen Barone vielfach dasselbe versicherten und 
der König zugleich die Nichtbeschickung des auf Johanni 
f24. Juni) festgesetzten Tages zu entschuldigen wusste, so 
gaben sich schliesslich die Polen zufrieden. Von dem klugen 
Podiebrad durch Geschenke geehrt zogen sie in ihre Heimat 
zurück, nachdem sie noch in dessen Wunsch, es möchten zu 
Martini des Jahres (11. November) die unterbrochenen Ver- 
handlungen zu Beuthen fortgesetzt werden, gewilligt 

Aus welchem Grunde nicht an dem festgesetzten Tage^ 

sondern erst am 24. November die Gesandtschaften zusammea-^ 

tL NDvfmb tr***!!, ist unbekannt. Sie waren last noch zahlreicher und 

t"^b gläiizender als zuvor. Die böhmische fiihrte wieder der Oberst- 

BemiiBii. turggraf von Prag, Zdenök von Sternberg ; ihm waren der dem 

Könige in treuer Anhänglichkeit ergebene Wilhelm der jüngere. 

von Risenberg und Raby und Johann Jiöinsky von Cimburg, 

natürlich mit entsprechendem Gefolge, beigegeben. König. 

Kasimir hatte so ziemlich dieselben Gesandten wie zu Anfang; 

des Jahres, darunter wieder den Geschichtsschreiber Johann' 

Dlugoä, und noch weitere polnische Edle ausserdem, nach 

Beuthen abgeordnet. Nach sechstügigen Berathungen einigte 

mau sich zu folgendem Vertrage : 

1. Die beiden Könige treten zu einander in ein engea 
Freundschaftsverhältnis; sie geloben daher nicht blos sieh 
jeder Schädigung ihrer Reiche und Interessen zu enthalten 
und ein Gleiches auch von Seite ihrer Unterthanen zu veran- 
lassen, sondern einander gegen Jedermann, geistlich oder weltlich, 
den Papst allein ausgenommen, mit Rath und That beizustehen. 

3. Alle zwischen beiden Reichen vorfallenden Streitsachen 
werden friedlich ausgeglichen. Schädigt einer der Unterthanen 
das Nachbarreich, so wird er von seinem eigenen Könige zur 
Verantwortung gezogen und zu Schadenersatz verhalten. Hat 
ein Böhme gegen einen Polen eine Klagsache, so soll er vor 
dem zuständigen polnischen Richter Gerechtigkeit suchen und 
finden und umgekehrt. 



- 231 — 

3. In beiden Reichen wird verkündet, dass die Strassen 
frei und sicher seien. Jeder darf sie ungehindert ziehen, 
wenn er die rechtmässigen Zölle und sonstigen Giebigkeiten 
entrichtet; ebenso soll in Böhmen und in Polen mit gleicher 
Soi^alt darauf gesehen werden, dass schlechte oder falsche 
Münze weder geschlagen noch eingeführt werde. 

4. Die beiden Könige sollen nu Neujahr 146J oder doch 
längstens bis zum 1, Mai 1462 persönlich zu Gross-Glogau 
in Schlesien zusammentreffen und die getroffenen Verein- 
barungen bestätigen, auch wohl sich über jene Punkte, über 
welche, wie über die Mitgift der Königin Elisabeth noch keine 
Verständigung erzielt werden konnte, in eigener Person einigen. 
Da möge dann der Böhmenkönig seine Ansprüche, die er auf 
etliche Städte und Festen in Polen zu haben behaupte, vor- 
bringen und die Anrechte des Polenkönigs an dieselben kennen 
lernen; ebenso sollen dann die alten Verachreibungen und 
Verträge zwischen den Königen und den Reichen Böhmen und 
Polen, doch ohne Rücksicht auf Masowieu erneuert werden. ') — 

Die Einigung mit den Königen von Polen und von Ungarn 
stärkte natürlich gar sehr die Machtstellung des CühmenkönigH, 
Dessen enger Bund mit Mathias Hunyadi drückte auch sofort 
auf das zwischenliegende Oesterreich, so wie sich die Kunde 
von dem Geschehenen verbreitete. Die Bürgerschaft Wiens 
gerieth darob in grosse Besorgnis, Sie hatte in den letzten 
Jahren, während die inneren Unruhen und feindliche Invasion 
von Aussen in Verbindung mit der Münzkalamität den Verkehr 
lähmten, grosse Ausgaben gehabt und fühlte sich nun ausser 
Stande, sich durch kriegerische Vorbereitung gegen feindlichen 
Angriff sicher zu stellen. Darum wandte sich der Rath an 
den Kaiser um Hilfe, „da die Stadt zur Nothdurft nicht zu- 
gerichtet" uud „hier ein Volk sei, das nicht Mangels zu pflegen 
verstehe." -) 



't Der Vertragäbrief vullatändig in den „Urkniiill. Bcitr. Nro, 'i'ii, 
S. 236; im AuBzage aach bei DlugoA I. c. 

■) Zeibig, Copej-ßucb S. iiS-ZH. Allcrgencdignter Kniier, vm 
gelangt auch tU an, wie der kunig voa ßohaim, aucli der Mathloxcb vud 
ander im willen kabeo, alu ht-rczug actun, vad wJBieu doch nictit un 



- 232 



Auch Martin Mair, den König Georg unmittelbar nach 
seinen Vereinbarungen mit Ludwig von Baiern in's Reich 
gesandt hatte, für seine Wahl bei den Kurfürsten von Mainz, 
Köln, Trier und der Pfalz die Werbung zu thun, lächelte der 
«■ owoberiErfoIg. In seiner Vollmacht für Mair vom 16. Oetober sagt 
j^oi^a^^ König Georg: „Wenn wir in unserem königlichen Sinne uns 
M»i'- zu Herzen nehmen die grossen üebelthaten, die durch Mord, 
Brand, Plünderung und in anderer Weise im Reiche geschehen 
sind und noch heute geschehen, wie der Friede gebrochen, 
Gericht und Recht versagt, die Strassen unsicher sind etc., 
so sind mr mit Recht innig bewegt, mitsanipt unsem andern 
Mitkurfürsten emsigen Fleisa anzuwenden, dass die genannten 
und etwaige künftige üebel beseitigt werden," Damit dies 
„löblich, fruchtbarlich und mit Gottes Hülfe" geschehe, habe 
der König dem Doktor Martin Mair ganze und volle Gewalt 
gegeben, mit den Fürsten die nöthigen Verhandlungen zu 
pflegen, Zusagen und Verschreibungen zu empfangen und zu 
geben, an des Königs Stelle in Eid und Pflicht zu nehmen 
und zu treten. ') — Noch mit einem weiteren Vollmachtsbriefe 
hatte sich der kluge Unterhändler ausstatten lassen. Er wusate 
zu gut aus eigener Erfahrung, wie viel oft an dem Wohlwollen 
und guten Willen der fürstlichen Räthe gelegen sei. Nun 
ertheilte ihm König Georg „ganze volle Gewalt und Macht, 
je zwei von den Räthen der genannten Kurfürsten mit einem 
Jahresaolde von 2tX) fl. rheinisch in des Königs Dienst aufzu- 
nehmen." ') 

Mair fand die Verhältnisse im Reiche durchaus günstig. 
Kaiser Friedrich hatte, wie in den vergangenen Jahren, die 
Mahnungen der Fürsten auf dem Wiener Reichstage ruhig 
über sich ergehen lassen. Ihnen Folge zu geben fiel ihm gar 
nicht ein. Er kam weder, ins Reich, noch vertrat er gemeinsam 
mit den Fürsten die Freiheiten des Reiches und der deutschen 



weihe ende etc, e ölten nb er solh gewaltig herczug her auf ms gerateit,,so 
mochten wir etc. Die Nachricht, dasa die Eevülkerung Wiens an Mangel 
nicht gewohnt üei, ist jedenfalls interesaaut. 

') Der Brief hei Stockheim, Urkunden Nro. L., S. 272-373. 

*) Bei Stocüeim, Beilagen Kro. L2., S, 373, 



- 2;J3 — 

Kircliß gegen die Uebergriffe des Papstes und seines Legaten, 
[ffl Gegentheile: hatte er bereits in Wien den Legaten in 
Bönen Forderungen unterstützt, so berieth er jetzt mit der 
Inrie gemeinsam über die Mittel, den drohenden Sturm der 
fürstlichen Opposition zu bändigen. Vom Neuen wurde offenbar, 
ras seit den Tagen Eugen IV. seinen mächtigen Einfiuss aus- 
ibte auf die innere Entwicklung des staatliehen und kirchlichen 
jebens des deutschen Volkes: der Bund zwischen Papstthmn 
md Kaiserthum gegen jene Fiirstenmacht, die einst durch 
beider Feindschaft emporgewachsen war. Freilich traf darum 
' in Kaiser noch heftigere Anfechtung, aber aus besonderen 
EJründen. Dies bewies bereits der Tag, den die Fürsten 
ir wittelsbachischen Partei, wenige Wochen nach Scbluss des 
teichstages von Wien , zu Nürnberg abhielten. Mit ihm 
jieng die geeinigte Opposition entschieden zum Angriffe über, 
sprachen sich die Fürsten der Form nach freilich auch gegen 
das Vorgehen Bessarions in Wien und gegen die Curie aus, 
dem Inhalte nach aber noch schärfer und entschiedener gegen 
den Kaiser. ') 

Schon früher war von den Kurfürsten, die auch schon 
iTOrdem am Königsstuhl zu Rhense, wohl nur zum Theile 
freilich, sich berathen hatten, beschlossen worden am 13. De- 
Sember neuerdings zu Bamberg zusammen zu kommen. ') Als 
lun jetzt die in Nürnberg anwesenden Fürsten, der Pfalzgraf 
Jnd Herzog Ludwig von Baiern, dann die Bischöfe von Bam- 
»erg und Würzburg in ängstlicher Besorgnis, irgend einer 
[«auheit in den Sachen des heiligen Krieges gegen die Un- 
[läubigen beinzichtigt zu werden, sich feierlich gegeneinander 
pflichteten, die Rüstungen zum Kampfe mit ernstlichem 
$7iUen zu fördern, wobei sich der Pfalzgraf des wohl bereits 
ibgereisten Diether von Mainz, des Landgrafen Ludwig von 
iessen und Eberharts von Wirtemberg mächtigte, während 
[erzog Ludwig den König von Böhmen, den Erzbischof Sigmund 
ron Salzbiu^, den Erzherzog Albrecht von OesteiTeich und 
le Herzoge Wilhelm von Sachsen und Johann und Sigmund 

') Stockheim, Tost, S. 123. 

*) Dies ergibt sicli aas der Tertragaaikoode des F^gr&fen etc, 
im II. November in Nürnberg. 



ages ■ 




^P ''''*' ,. ,«.de ose. 

aB«eswä; «'S , j^^tM »=" ?„me tei *'=' " (ilirten ä«» 



die Rückreise nach dein Rheine unterbrach, zu einer Ueber- 
einkuiift, Sie lautete günstig für den Böhmenkönig; aber auf 
seinen eigeneu Vortheil hatte der siegreiche Friedrich in Würz- 
burg ebensowenig vergessen, wie Herzog Ludwig in Prag. 

Im 1. Artikel verspricht der Pfalzgi'af, dem Könige 
Georg seine Stimme zu geben, falls es dazu komme, „das 
römische Reich mit einem Könige zu versehen." Er wolle 
auch mit emsigem Fleisse bei den andern Kurfürsten und 
Fürsten dafür arbeiten, dass Georg, „sobald das sein mag", 
zum römischen Könige erhoben werde. Doch werde er diesem 
seinen Brief darüber erst ausstellen und übergeben lassen, 
sobald dies auch die Kurfttraten von Sachsen und Brandenburg 
thuD werden, 

3. Der Pfelzgraf wird in der ganzen Angelegenheit fest 
mit dem Könige zusammenstehen. Wenn nach dessen Wahl 
im Reiche, ob sie nun einstimmig oder mit Stimmenmehrheit 
vor sich geht, sich Jemand ihm widersetzen und ihm die 
Anerkennung verweigere sollte, so werde der Pfalzgi-af dem 
EBnige gegen Jedermann, wer und welches Standes er 
wäre, Hülfe und Beistand leisten, als wenn es ihn selbst 
beträfe. Würde man gegen sie etwa geistliche und weltliche 
Prozesse anstrengen, so wollten sie dagegen appelliren und 
darin einander adhäriren; bedränge man sie durch bewaff- 
neten Angriff, so wollten sie auch zur Abwehr mit ganzer 
Macht zusammenstehen. — Natürlich hat in der Wahlange- 
legenheit das vollste Vertrauen zwischen beiden Fürsten zu 
herrschen ; namentlich soll jeder, was ihm etwa hinderliches 
oder bedrohliches kund wird, dem andern zur Warnvmg und 
Damachachtung zu wissen thun. — So weit giengen die Ver- 
sprechungen des Kurfürsten, scharf und rückhaltlos, so lange 
es sich um Kaiser und Papst und den von ihnen zu be- 
sorgenden Widerstand handelte, für die faktische Erhebung 
des Böhmenkönigs aber vorsichtig die Beistimmung der beiden 
weltlichen Mitkurfürsten zur Bedingung setzend. Dafür gestand 
Martin Mair im Namen König Georgs zu; 

1. Der König wird, sobald er die deutsche Ki-one erlangt 
hat, den I'falzgi-afen als Kurfürsten des Reiches aufnehmen 
und seine Arrogation in bester Form bestätigen; er und alle 



bauen, «f j^„ lum »»""pMigra! «« ' .„..mMniS- 



Erträgnisse vom. PtheinzoUe bei Set. Goar zu, um den die 

Summe von 8000 fl. überschritten wird — offenbar gedachte 
sich der Kurfürst seineu JahrgehaR auf diese Stelle verschreiben 
zu lassen und auf diese Weise den ganzen wichtigen Zoll in 
seine Hand zu bringen. — Bei allen Pfandschaften, die im 
deiche etwa zur Verleihung kommen, erlangt der Pfalzgraf 
das Vorrecht, jedoch hinter dem Könige. Es wird ihm von 
Georg das alte Anrecht der Pfalzgrafen auf die Grafschaft 
Lutzelstein gewahrt, der Gerichtszwang in seinem Kurfiirsten- 
thum nach den Bestimmungen der goldenen Bulle erneuert. 
Dagegen wird die Ladung pfalzgräfiicher ünterthanen vor aus- 
wärtige Gerichte untersagt. Der König soll keinen Hofrichter 
aufnehmen, es sei denn mit des Pfalzgrafen und Herzog 
Ludwigs Wissen und Willen ; überhaupt soll Kurfürst Friedrich 
zu allen Berathuugen der Kurfürsten berufen werden, ohne 
jedoch die Pflicht zu haben, sich auch daran zu betheiligen. 
Schliesslich bestimmt der Vertragsentwurf, dass der König 
dem Pfalzgrafen wo möglich nach Nürnberg, Bamberg oder 
Amberg einen Tag und zwar noch vor Ostern 1461 setze und 
den Termin 3 Wochen zuvor kundgebe. Da sollen denn die 
beiderseitigen Verschreibimgen vou den Käthen ausgewechselt 
werden, bis dorthin möge der König auch die Meinung der 
Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg erforschen, damit 
ach der Pfalzgi-af darnach zu richten wisse. ') 

Wie ernst es dem Plalzer Kui-fürsten mit dem Verlangen 
einer Reichsreform gewesen, das zeigt der vorliegende Vertrag 
sonnenklar: er gedachte ihrer auch nicht mit einem Worte, 
während kaum ein Weg siah persönliche Vortheile zu sichern, 
unbenutzt geblieben ist. Vor den nimmersatten Forderungen 
des Pfalzgrafen wäre wohl jeder erschreckt zurückgewichen, 
nur nicht Martin Mair. Seit Jahren hatte er das Königs- 
projekt gehegt und gepflegt und es in immer neuen Versuchen 
zu verwirklichen gestrebt, zu innig hieng sein Sinnen und 
Trachten damit zusammen, zu sicher glaubte er den günstigen 
Moment zur Ausführung gekommen, als dass ihn jetzt die ersten 

, 274^-279, bei Höfler, Kaiser]. 



- 242 - 

Mainz und Böhmen abgeschlossenen Vertrage vor allem ins 
Gewicht. Einmal die Forderung Dietbers, es möge der Ki'mig 
sich offen und rückhaltlos zur römischen Lehve und dem alten 
Ritus bekennen, dann die Bedingung der Mitwirkung Branden- 
burgs und Sachsens bei der vorzunehmenden Königswahl. ') 
Jenes darf bei dem Mainzer Kurfürsten, obwohl er eben jetzt 
sich zu entschiedener Opposition gegen die Curie anschickte, 
nicht Wunder nehmen. Diether gehörte nicht zu jenen, die im 
Zurückgehen auf die evangelische Lehre zu erbittertem ÄngrifTe 
gegen den Dogmenbau der Kirche gelangt waren; ihm galt 
Lehre und Dogma für unantastbar, nui- die Verfassung der 
Kirche einer Neuordnung und Besserung, vor allem der Reini- 
gung von zahlreichen Missbräuchen bedürftig. Aber eben um 
seiner Opposition diesen Charakter zu wahren, schien es drin- 
gend nothwendig, sich auch der Bundesgenossenachaft ihres 
Glaubens wegen Verdächtiger zu enthalten und darum auch 
sich der Rechtgläubigkeit des als Utraquisten bekannten Böhmen- 
königs zu versichern. ^) Für den Böhmenkönig aber war diese 
Bedingung zwar nicht unannehmbar, — sie harmonirte ja mit 
seinem Krönungseide, — so doch unausführbar ; das haben die 
Eireignisse in Böhmen im Frühjahre 1461 sattsam bewiesen. 
Ein Gleiches gilt, wie sich zeigte, von dem Verlangen, das3 
der König sich auch der Stimmen von Sachsen und Branden- 
burg für seine Wahl versichern müsse. 

Wie in Heidelberg, so nahm Martin Mair auch in Mainz 
zwei kurfürstliche Räthe, von deren Fürworte er sich beson- 
deren Erfolg versprach, in König Georgs Dienst; den Dom- 
scholaster Volbrecht von Ders, einen beredten Manu, der in 
der That viel im Kapitel und bei dem Erzbischofe galt, und 
den gewandten Diplomaten Dr. Heinrich Leubing, der einst 
in Wien und Breslau gegen seinen nunmehrigen Herrn thätjg 
gewesen. Beide erhielten 200 fl. Jahressold verschrieben, 
überdies Ders die Zusage seiner Ernennung zum Königarichter ■ 
mit weiteren 200 fl. Jahresbeetallung, wenn das Reichsparlament ' 



') Die Urkunden, eio Haupt- und ein Beibrief, letzterer mft den 
speziellen Wanachen dea Erzbisohofea bei Stocltheim, Beilagen L B und 6; 
S. 280—285 lind 285—286, bei Höfler, Kais. Buch S. 59—64 und 64-66. 

'O Mao Torgl. Menzel, Diether von Isenburg S. 89 f. a. Ä. 



mit dem Sitze in Mainz zu Stande gekommen sein werde, 
and dass der König seine Brüder in den FreiherrenBfand des 
Reiches erheben werde. li. Leubing scheint weitere Forderungen 
nicht gemacht zu haben. ') 

So viel verlautet von Martin Maira Thätigkeit für die 
Erhebung des Böhmenkönigs im Keiche. Bis daher schien 
auch der ganze Plan, freilich mit den angedeuteten inneren 
und eben nur verborgenen L'ebein behaftet, vorwärts zu 
schreiten. Der König, der mit Polen durch neue Bande 
der Freundschaft, mit Ungarn und dessen Könige Mathias durch 
gemeinsame Interessen und die Verlobung seiner Tochter 
verknüpft war, hatte es vermocht, in Zeiten schwerer Be- 
drängnis für Kaisertbum und Papstthura, erst die Fürsten der 
vfittelßbachiscben Partei für seine Erhebung zu gewinnen 
lind dann, sowie er durch diese Einuug und seine eigene be- 
deutende Macht ohnehin als der mächtigste Fürst des Reiches 
dastand, auch bereits die Stimmen zweier angesehener Kur- 
lürsten für die Königawahl selbst in Aussicht. 

Weitere Erfolge sollten aber die Bemühungen König 
Eeorgs nicht krönen ; schon erhoben sich auch die Gegner zur 
febwehr, so wenig auch noch Papst und Kaiser von der Tragweite 
ter gegen sie geplanten Massregeln der Fürsten unterrichtet 
König Geoi^s Streben gieng dahin, zur Zeit seines 
Korgehens gegen den Kaiser an der Spitze der staatlichen 
^Position den Frieden mit der Curie möglichst zu wahren, 

I deren Freundschaft zu erhalten. Darum denn noch ain 
November 1460 jenes Schreiben an Pius IL, welches die 

mrdnung einer glänzenden Gesandtschaft znto Zwecke ud- 

Kdtngter Obedienzleistung im Namen des ganzen Königreiches 

1 damit die Durchführung der von Pius n. lange sehnlichst 

warteten Union Böhmens mit der römischen Kirche in nächste 
tussicbt steDte. Schon am 2. Februar 1461 sollte sie in Itom 
jkiweBend sein, nachdem der König in seinem Briefe vom 

!. September 1460 blos von ihrer baldigen Sendung gesprochen 
Jatte. Aber ziemlich gleichzeitig mit dem Briefe des Königs 



') Die Veraprechongen na die kurfÜrMitthcn UaÜie «ind i 
eauinteQ Beibriefe zum Schliigac aufgenommcD. 



erhielt der Papst auch ein Schreiben des Kaisei-a, in welchem 
dieser über des Königs Einmischung in die inneren Angelegen- 
_heiten seiner Lande bittere Klage führte und nicht unterliess, 
auf dessen ruhelosen Ehrgeiz warnend hinzuweisen. So brachte 
das Antwortschreiben Pius II. an den König vom 37, November 
anstatt Ausdrücke des Dankes und der Freude über die be- 
vorstehende Wiedervereinigung der Böhmen mit der Kirche 
eine ernste Mahnung. „Wir haben erfahren, dass Deine Majestät 
einige aus Oesterreich und Mähren, die sich dem Kaiser 
feindlich zeigen, in Schutz genommen hat. Wohin dies ziele, 
ist uns nicht völlig klar, das aber sehen wir, dass es der 
kaiserlichen Majestät zu nicht geringem Abbiiiche gereichen, 
dagegen die Hartnäckigkeit der Anfstündigen nur verstärken 
müsse, wenn sie in Dir einen Vertheidiger ihrer Neuenings- 
gehlste erkennen. Wir ermahnen daher Deine Majestät, den 
gefassten Entschluss reiflicher zu überlegen und zu erwägen, j 
ob es in Deinem Interesse liege, den Kaiser zu erzürnen. 
Vielmehr ist unser Rath, Du seiest mit dem Umfange 
Deines Königreiches zufrieden und begehrst nicht 
mehr, als Dir von Gott gegeben ist. Das aber magst 
Du wissen : der römische Stuhl wird nicht dulden, dass dem' 
Kaiser, der sich um die Kirche so viele Verdienste erworben 
hat, ein Unrecht geschehe." ') 

Es wusste der Papst, obwohl er vennied es offen aus- 
zusprechen, jedesfalls sehr gut, um was es sich handelte. *) 
Dies zeigt auch ein gleichzeitiges Schreiben Pius 11. an Prokop 
von Rabenstein, seinen alten Freund und des Königs Kanzler. 
„Der König möge mit seinem Reiche zufrieden sein und nicht 
auf unrechtem Wege fremdes Gut begehren. Er solle vielmehr 
die Gunst der Kirche suchen und sorgen, dass da sein Name» 



') Das Schreifaea bei Rajnaldas, Ann. eccles. aJ an. 1460, Nro. ffiJ, 
S, 61—63. 

*) Der Brief des Papstes ist zugkich ein Beleg ittr das oben Ober ~ 
die letzte Anfrage des Königs an den Kaiser nehrachte. Sie hfttte offen- 
bar dem Kfuser den Anlass gegeben, sicli klagend an Pius ü. xa wenden, 
wozu die Zeit völlig stimmt; ebenso spiegeln die Worte des Papstea den 
abweislichen Bescheid des Kaisers völlig wieder. 



245 



einen guten Klang habe; das sei die Grundlage seiner Macht, 
darauf allein könne er Höheres erreichen und sich Kuhm er- 
werben." ') Der König niusste sich sagen, dass die Cuiie 
. nur eben den Angriff der Gegner erwartete, um sofort 
energischer Abwehr zu schreiten; ängstlicher noch als 
nivor war er seitdem bemüht, die guten Beziehungen mit 
Lom zu erhalten, ja es dauerte nicht lange, und er baute 
' gerade auf die Worte Pius II. in dem an Rabenstein gerichteten 
Briefe Entwürfe, die niemals zur That werden konnten. 

Der König hatte bereits Gelegenheit gehabt zu erfahren, 
dass seine Erhebung auch noch anderweitig auf Hindemisse 
stossen würde. Wer da etwa meinte, es werde sich die Opposition 
der deutschen Kurfürsten und Fürsten, die in Wien bei der 
Abwehr päpstlicher Ueb ergriffe in solcher Einmuthigkeit zu- 
sammengestanden waren, auch zu weiterem Vorgehen gegen 
den Papst oder Kaiser verwenden lassen, der irrte sich. Es 
wiederholte sich 1460—1461 der Gang der Dinge, wie er 
ach 1456—1457 abgespielt.') Die in der Verweigerung von 
Leistungen einigen Fürsten spalteten sich in zwei Parteien, 
ie es galt offensiv voranzugehen ; noch ist ja die Zeit nicht 
flir grosse Neubildungea im kirchlichen und staatlichen 
Äben, dafür spielen eigennützige Hintergedanken und gegen- 
teilige Eifersucht neben patriotischen Anläufen eine um so 
I Rolle, So kommt es, dass sowie eine Partei Miene 
jtaacht die Opposition gegen den Kaiser zur Erhebung eines 
mischen Königs zu eigenem Nutzen und Vortheile zu ge- 
en oder in gleicher Absicht die Forderungen der deutschen 
1 in Rom durchzusetzen, eine andere Gruppe von Fürsten 
Jegengewichte wird, das im Verein mit den bedrohten 
[Sehten, Kaiser und Papst , jene Versuche vereitelt. In letztere 
tolle traten jetzt die unter der Führung des Markgrafen 
Ubrecbt von Brandenburg vereinigten Fürstenhäuser. 



') Bei RaynalduB, Anna), eccl. ad an. 1460, Nro. 83, S. 63 findet 
nch ein Bniuhstück dieses Schreibens. 

") Man veryl. damit meine Abiiandlung „Ueber die craten Versuelie 
r römiaclien KönigswaJil unter Friedrich Hl." in den „Foi-achungen 
r deutacheu Goachichte " Jahrg. 1877, Heft 2, S. 376—430. 



- 346 - 

König Georg kannte den Einfluss des klugen, energischen 
Markgrafen zu gut, als daas er sich nicht neuerdings hätte 
Mühe geben sollen, zunächst ihn für seine Erhebung zu 
stimmen. Die Brandenburger in diesem Momente, wie es 
bestimmt war, zur Herausgebe der Niederlausitz an Böhmen 
2U zwingen, gieng nicht au, darum offenbar theilte am 
22. September der König dem Kurfürsten Friedrich mit, dasa 
er „Sachen wegen, an denen ihm besonders gelegen" verhindert 
werde, die Ablösung jetzt zu Michaelis 1460 am festgestellten 
Termine zu vollziehen und dasa er ihm den Ablösungstag 
noch werde wissen lassen. ') Dann bot sich günstige Gelegen- 
heit, mit dem Markgrafen persönlich die Sache zu verhandeln. 
„ Da nämlich König Georg im August den Fürsten angekündigt 
|;gf hatte, dass er die in der ßother Richtung auf ihn gestellten 
;''" Streitpunkte auf einem Tage zu Martini (11, Nov.) in Pri^ 
entscheiden werde, ') so erschien zu dieser Zeit Markgraf 
Albrecht beim Könige, um, wie in allen wichtigen Fragen, 
seine Sache persönlich zu führen. 

Die hier gepflogenen Verhandlungen sind uns nur aus' 
des Markgrafen eigener Erzählung bekannt; da sie sich aber 
in einem Briefe an den König selbst, den zweiten Theilnehraer 
an den Besprechungen, findet, so wird sie wohl im wesentlichen 
der Wahrheit entsprechen müssen. ') 

Der König theilte dem Markgrafen zunächst mit, dasa 
der Kaiser in seine Erhebung nicht gewilligt habe, zugleich 
aber audi seinen Entschluss, doch das Projekt zu verwirklichen. 
Er bat nun Albrecht, ihm zu rathen, welche Schritte weitef' 
zu unternehmen wären. Dieser, durch die Mittheilung wohl 
kaum mehr überrascht, aber aufmerksam geworden, wich zu- 
nächst aus, wie einst in Eger, „er sei kein Kurfürt, hommsi 
also dabei nicht unmittelbar in Betracht." Dann aber vom 
Könige um seine persönliche Meinung befragt, gab er 



') ürkoiidl. Beitr. Nrn, 324, S. 230—231. 

') ürkundl. Beitr. Nro. 232, S, 339; Brief des Markgrafen an die; 
Herzoge von Sacliaen vom 30, August 1460 mit der Bitte, ihre Rftthe 
Äilerlieiligen in CulmljacL zn halten. 

») Hötler, Kaiaerlidies B.icli S. 85—91, 



— 247 — 

unverhohlen kund: „Da er dem Kaiser als Fürst des Reiches 
mit Eiden und Gelübden verpflichtet sei und bis jetzt seine 
Lehen nicht aufgesagt habe, so könne er in dieser Sache nicht 
rathen, falls sie gegen des Kaisers VVillon ihren Fortgang 
haben solle ; doch käme es ja auf ihn gar nicht weiter an. 
Der König möge aber bedenken, dass sich im Reiche zwei 
Parteien befänden, die sich wohl schwerlich zu gleichem 
Streben vereinigen liessen ; es sei vielmehr zu besorgen, dass, 
sobald die eine Partei für die Erhebung des Königs eintrete, 
die andere dies getreulich verhindern würde." Nun ruckte 
Podiebrad weiter heraus: er sei bereits mit Herzog Ludwig 
von Landshut verbunden und hoffe auch, es werde dessen 
Bemühungen gelingen, auch die Kurfürsten von Mainz und der 
Pfalz willig zu machen. Er richte daher an den Markgrafen 
als den Führer der Gegenpartei das Ersuchen, ihm wenigstens 
in seinem Vorhaben nicht hinderlich zu sein und sich vorerst 
zu verhalten, als ob ihm von dem ganzen Plane nichts bekannt 
wäre. Das sagte der Markgraf zu, ao gerne er es später auch 
geleugnet hatte. ') 

Damit gab sich der König vorerst zufrieden. Im 
weiteren Verlaufe der Besprechungen mit dem Markgrafen 
üi seiner Angelegenheit mit Ludwig von Baiem kam man 
aber nochmals auf die römische Königswahl zurück. Es 
geschah dies offenbar, nachdem sich die Fürsten einander 
mehr genähert hatten, wohl auch bereits die Verlobung des 
Königssohnea Heinrich mit der Tochter des Markgrafen, Ursula, 
in Aussicht genommen war. Wenigstens erwies sich Albrecht 
nun noch zugänglicher. Er seihst erzählt, der König habe 
ihn gebeten, ihm die Lage der Dinge im Iteiche auseinander- 
■zusetzen, welchem Ersuchen er gerne willfahrt habe. ') Der 
König habe gefragt., „ob es denn unumgänglich nothwendig 

') „DftB haben wir gethon" hatte der M. «rsprünglich in der In- 
stmktiun für acine Gesandten, die diese Sache vonmbriDgen halten, ge- 
Bcbriebon, strich eti daan aber als bedenklich wieder ans. HöSer, Esjs. 
Buch, 8. 87. 

') nDer Konig . . . begertc aa vae, euch des Reichs lauff ?m er- 
kennen eq geben; sotü wir der wosteo Tnd die zejt snfielen, waren wir 
ewT gnadeu etc. willig 7.u entdecken. 



wäre, dass die Kurfürsten und Fürsten erst dem Kaiser ihre 
Pflicht und Lehen aufsagteo." Er habe dies bejaht. Tbatsächlich 
kam es zu einer gi'llndlichen Erörterung der Königsfrage, die 
zu gewissen Verpflichtungen des Markgrafen gediehen, so un- 
umwunden er seiner nachherigen Versicherung gemäss auch 
gesprochen haben mag. „Euer Majestät Vorhaben", waren 
Älbrechts Worte, ^ist gross und bedeutungsvoll; man darf 
nicht vergessen, dass, falls es nicht gelingt, Euch selbst daraus 
Schimpf und Schande, allen denen im Reiche aber, die dabei 
mitgeholfen haben, grosses Unheil erwachsen könne. Es ist 
darum nothwendig, die Mittel und Wege des Gelingens sorg- 
föltig au erwägen, vor allem aber die Stimmung der Kurfürsten 
von Mainz, Sachsen, Brandenburg und des Pfalzgrafen zu er- 
forschen, damit man wisse, woran man sei, und nicht Ver- 
gebliches wage. Sind die Kurfürsten uneins, so kann die 
Wahl keinen Fortgang haben." — Und nun verhehlte der 
Markgraf auch seine weiteren Bedenken nicht. „Sachsen und 
Trier seien mit dem Kaiser verwandt und würden wohl schwerlich 
zu dessen Entthronung ihi'e Zustimmung geben ; und doch sei 
auch ihre Beihilfe nothwendig." 

Der liath des Markgrafen gieng schliesslich dahin, der 
König solle ihm, Albrecht, und Herzog Ludwig einen neuen 
Tag setzen, ihre Streitsache zu entscheiden. Zu diesem Tage 
solle der König alle seine Freunde einladen und mitbringen, 
der Markgraf werde dasselbe thun; ebenso möge der König 
selbst bis dahin Alles thun, was seine Erhebung fördern 
könne und auch der Markgraf weide es an nichts fehlen 
lassen. Diese Erklärung befriedigte König Georg in so hohem 
Grage, dass nun wirklich aiu 35. November vor dem Abscheiden 
Alhrechts von Prag die Verlobung der beiderseitigen Kinder 
vollzogen wurde. ') 

Und wirklich, wenn der Markgraf seine Zusage erfüllte 
und mit aufrichtigem Herzen des Königs Sache förderte, so 
konnte sich dieser der eitlen Hoffnung hingeben, nicht blos 
der brandenhurgißche Kurfürst, sondeni auch Friedrich vwi 



') Ueber die Vertrags orkun de 70m 26. November 1 
PalackJ, D6jicj ieskeiio näroda IV. 2. 149. 



Sachsen werde seiner Erhebung zustiininen. An beider Hofe 
war, wie König Georg wohl wusste, die Stimme des klugen 
Älbrecht massgebend. 

Der Letztere hat später mit Entschiedenheit die von 
böhmischer Seite gegen ihn erhobene Beschuldigung zurück- 
gewiesen , dass er sich in Prag als der beiden Kurfürsten 
mächtig erklärt und deren Stimmen dem Könige zuzuwenden 
Tersprochen habe, ohne hernach sein Wort einzulösen. Es war 
dies eine der spitzfindigen Ausreden Albrechts, die sich an 
den Wortlaut anklammerten. Der Sache nach war die Be- 
hauptung der böhmischen Räthe auf dem Nürnberger Tage 
ganz wohl begründet, so gerne wir dem Markgrafen glauben, 
daSB er die verheissene Einflusanahme auf die beiden Kurfih'sten 
nicht mit den Worten zum Ausdnicke gebracht, die man ihm 
nachher in den Mund legte. ') 

Die Prager Verhandlungen zeigen, dass der Hohenzoller 
eine völlig klare Einsicht in die Lage der Dinge besass; sie 
ticfaien ihm, obwohl sich die Abneigung gegen die böhmische 
Bewerbung in seinem Innern gewiss noch ebenso entschieden 
geltend machte wie vordem, zu bedenklich, um offen Partei 
zu bekennen. So Hess er den König hoffen, ohne sich wenig- 
stens formell fest zu binden. Der König aber, den in den 
ersten Dezembertagen die Nachricht von den Bündnissen mit 
Polen und Ungarn, der Uebereinkunft mit dem Pfalzgrafen, 
etwas später auch mit Mainz in frohe Zuversicht ver- 
setzen konnte, schritt muthig voran: am 11. Dezember berief 
er nach des Markgrafen Rathschlage die Fürsten des Reiches 
zu einem grossen Tage nach Eger, nicht blos, wie es in den 
VHfBchiedenen Einladungsschreiben hiess, seine lieben Schwäger 



') Und bleyb am letzten ewer gaadea auff der meynung, ewer guad 
würde tag setzeD zwifdieo herzog Ludwig vnd vnnser, do wurden wir 
sufF bede aejlCD Tonser frund tretTcnulicfa Unbietcn und bringen, dese- 
gleicben «olt ewer gnaden auch than. Wolle pwer guad in der zeyt den 
BacbeD nachgedenken, was darinnen furzunemen were »nd "begerte an uns 
dessgleichen aui;1i zu thun; so sagt U, Älbrecht bei Eöäer, S. 87 d 



1 



Das) 



;inge 



'illigt, 



r Zusj 



oth- 



wendig ergibt, übergeht der Markgraf und wendet sich sofort g 
die obengenannte bölmuBcbe Behauptung. 



- 250 — 

Albrecht von Brandenburg und Ludwig von Baiern Mediich 
auszugleichen, sondern auch um als der oberste Kurfürst des 
Reiches mit seinen Mitkurfürsten uud sonstigen fürstlichen 
Freunden zu berathen, wie man die Schäden und Gehrechen 
in der Christenheit und im heiligen römischen Reiche hiutan- 
halten könne. Zu Mariae Lichtmesse 14GI sollte die Fürsten- 
versammlung zusammentreten.') 

Des Königs Zuversicht schien auch sonst vollkommen 
gerechtfertigt; die Opposition im Reiche, von dem entschlossenen 
Erzbischofe Diether von Mainz geführt, schritt nicht minder 
muthig als Podiebrad auf ihrem Wege voran: es versammelten 
sich in eben jenen Tagen ihre bedeutendsten Mitglieder in 
Bamberg, wie dies bereits Anfang November, vielleicht noch 
bei der Auflösung des fruchtlosen Wiener Reichstages in Aus- 
"''■sicht genommen worden war. ^) Erschien die Bewegung gegen 
Kaiser und Papst bisher noch im Wachsen, so erreichte sie 
nun hier in Bamberg ihren Höhepunkt. Mit unerhörter Schärfe 
sprachen Fürsten und Fürstengesandte gegen die beiden Häupter 
der Christenheit, am heftigten natürlich Diether von Isenburg, 
den persönlich erlittene Unbill um so bitterer stimmen musste. 
Offenbar auf seine Veranlassung wurde den Anwesenden eine 
Schrift vorgelegt, in welcher sie gegen die Forderung eines 
Zehnten protestirten und gemeinsam jede Folge dieses ihres 
Vorgehens zu tragen erklärten, auch im vorhinein gegen jede 
geistliche Zensur appellirten. ») 



*) Ein Bmclistack des Schreibens an H. Wilhelm von Sacbsen in 
den Urkundl. Beitr. Nro, 233, S. £36. Mim siebe Müller, Reicbst^s- 
Iheatmro IT. S. 3. 

^) Schon in der Urkunde Tom 11, November 1460 aprechen die 
Fürsten in Nürnberg ma dem Bamberger Tage als von einer featateh enden 

') Die einschlägigen Stellen Ober den Bamberger Fürstentag fahrt 
bereits Menzel auf in seinem „Diether von Isenburg," S. 95. Ea sind 
dies zu den beilän^en Nachrichten in C. Höfler'g „Kaiserlichem Buche' 
S. 81 und dem erwähnten Nürnberger Vertragsbriefe vom 11. Novemb. 
dann 1460 besonders die Nachrichten in der „Unterrichtung des Handels 
an den Papaf bei Slockheim, Urkunden und Beilagen LV., S. 301— 306, 
dann ein Aktenstück des Dresdener Staats- Archiv es, das Menzel in seiner 
Darstellung lerwerthet. In ihm findet sich auch die Angabe, daas man 




251 



tJnd doch entsprach der Ausgang des Tages dem allem 
%auä nicht Es war die Opposition soweit gediehen, dass 
sie sich nothwendig ein bestimmtes Ziel setzen musste: Da 
wurde die Spaltung offenbar. Nur ein geringer Theil der Ver- 
sammlung, Mainz und Pfalz vor allem, wollten vorangehen, 
ohne weiter auf Papst und Kaiser Rücksicht zu nehmen; doch 
lag auch Erzbischof Diether naturgemäss viel mehr an der 
Durchsetzung seiner kirchlichen Forderungen. Im Gegensatze 
dazu strebten aber der Bohmenkönig und die Fürsten der 
Nürnberger Einung vor allem die Reichsreform und die Lösung 
der römischen Königsfrage an, wobei König Geoi^ mit Rück- 
acht auf die Lage der Dinge in Böhmen und vielleicht in Folge 
besonderer Pläne, die den erfindungsreichen König bereits 
jetzt beschäftigten, den römischen Stuhl ängstlich zu schonen 
beflissen war. Sachsen und Brandenbui^ endlich standen 
auf dem alteu Boden der Opposition ; sie machten gleich den 
übrigen eine drohende Miene, sowie man von kaiserlicher oder 
kirchlicher Seite mit der Forderung irgend welcher Leistung 
an sie herantrat; aber zu einem ernstlichen Angriffe gegen 
Kaiser und Papst mochten sie um so weniger die Hand bieten, 
als dies eine Förderung ihrer Gegner im Reiche bedeutet 
haben würde. So kam es, dass die sächsischen und branden- 
burgischen Räthe sich offen weigerten, den Abschied des Tages 
mit zu unterzeichnen, ') dass aber auch Böhmen und der ganz 
von Böhmen geleitete Herzog Ludwig von Landshut Ausflüchte 
suchten und sich schliesslich wenigstens von dem Beitritte 
zur Appellation zurückhielten. '■') Nicht weil die zahlreichen 
Besucher des Tages sich noch nicht klar waren über ihre Ziele 
und Absichten, blieb die Fürstenversammlung in Bamberg 
fruchtlos,') sondern, gerade dass sie bestimmte Pläne 



in Bamberg eine AppeUation verfaast habe, wovon die übrigen Nach- 
ricbten nicbts Ausilrlickliclics sagen. Ausserdem kann ich nocli auf einen 
Brief Kaiser Friedriclis an den Papst i 
Hieb bei E. fiirk, Urkunden Auaeüge zu 
K. öatr. G. XL S. 158—160 findet. 

■) Höfler, Kais, Bucb S. 81. 

«) Stockheim 1, c. S. 305-307. 

") So Menzel, Diether von iBenbiirg R. %. 



verfolgten, deren Unveieinbark eit die weitere Entwicklung 
der Ereignisse nothwendig zum Vorschein brachte. 

Eine Fortsetzung ilea Tages, um die allgemeine An- 
nahme und Durchführung der in Aussicht genommenen Be- 
schlüsse zu erzielen, wurde zwar angenommen, aber Zeit und 
Ort blieben noch iinbenannt; es fühlten die rheinischen Kur- 
fürsten das Bedürfnis sich zuvor über die Politik des Böhmeu- 
königs, dessen Haltung nothweudig ihre Verwunderung erregte, 
genauer zu unterrichten. 

Man traf in der Königsburg zu Prag eben die Vor- 
bereitungen für den Zug des Königs nach UlmÜtz zu den mit 
Mathias von Ungarn festgestellten Eheberedungen, als uuver- 
muthet die Gesandten Erzbischof Diethers und des Pfalzgrafen 
in Prag eintrafen. Auch Herzog Ludwig von Landshut mit 
den Itäthen der Kirchenfttrsten von Salzburg und Bamberg 
soll zwei Tage darauf sich eingefunden haben. Ueber den 
Hei^ang der Verhandlungen in Prag fehlt uns jede Nachricht. 
„Was jene neuen Gäste in Prag gethan und welches die Ur- 
sache ihrer Ankunft gewesen, das vermochte damals Niemand 
zu erfahren," sagt der Chronist, „so heimlich vollbrachten sie 
ihre Geschäfte; erst nach ihrem Abgange, — auf der Ver- 
sammlung zu Eger — kam ans Licht, was vordem im Ver- 
borgenen in Prag eifrig vorberathen worden war." ') 

Dass in Bamberg bereits die Uneinigkeit unter den Mit- 
gliedern der Opposition so offen hervortrat, dass sie vor allem 
unter der Leitung des Mainzer Erzbischofes sich mehr gegen 
den Papst als gegen den Kaiser richtete, musste für den 
Böhmenkönig eine sehr unangenehme Wahrnehmung sein,') 
Nicht minder bedenklich war das Miastranen seiner Bündner, 
das die Abordnung der Gesandtschaften nach Prag veranlasst 
hatte und durch den verweigerten Beitritt zur Appellation 
völlig gerechtfertigt war. Um so eifriger wird sich König 
Georg bemüht haben, sich neuerdings in möglichste Üeber* 



') Peäiua, Mars Moraricus S. 719. 

') Ich befinde micli da nenerdings im Widerspräche ku Menzel, 
Dieth. von laenbg. S. 96, der die Nftchrichten vom Bamberger Tage in 
Prag eine günstigo Änfnalinie finden Msst. Bei der oben goBohilderten 



- 353 — 

einsLimtuüDg mit den rheinischen Kurfürsten zu setzen. Er 
erzielte auch wirklich soviel, dass sie noch auf dem Egerer 
Tage sich zur Einhaltung der abgeschlossenen Verträge willig 
zeigten und darüber weiter verhandelt werden konnte. Auch 
über die auf das Reich bezüglichen Fragen, über die man sich 
in Eger berieth und die des Königs Erhebung einleiten sollten, 
mag man sich jetzt in Prag geeinigt haben. Dagegen bleibt 
der König nach wie vor darauf angewiesen, die Zustimmung 
des brandenburgischen Kurfürsten einzuholen ; auch erscheint 
der Eifer der beiden Knrfiirsten durch die offenbare Wahr- 
nehmung, dass es sich dem Könige zunächst nur um Be- 
friedigung seines Ehrgeizes, nicht um das Reich, noch weniger 
um die Befreiung der deutschen Kirclie handle, gewichen. 
Wir sehen sie in Eger dem Drängen des Königs gegenüber 
in zuwartender Stellung, dann aber rasch und leicht in Nürn- 
berg den ganzen böhmischen Plan aufgeben, so wie die Ab- 
neigung der brandenburgisch-sächsischen Fürstengruppe zweifel- 
los geworden ist. 

War es hier der König selbst, der durch seine zwei- 
deutige Haltung in der kirchbchen Frage seine Sache auf das 
empfindlichste schädigte, so bemühte sich zur selben Zeit 
Martin Mair draussen im Reiche nicht minder vergebens, auch 
Trier und Köln zu einer Zusage, dem Böhmenkönigc bei 
einer etwaigen römischen Königs wahl förderlich sein zu wollen, 
zu bewegen. Wissen wir auch nur, dass Mair zu solchen 
Verhandlungen bevollmächtigt worden war '), wir werden an- 
nehmen dürfen, dass sein Eifer für die ganze Sache, seine 
ersten Erfolge ihn auch in Cöln und Trier sein Glück versuchen 
liessen. Den Ausgang lehrt der Erfolg. 

Schon erregten die zahlreichen Furstenversamnilungen, 
die hastig hin und her eilenden Filrstengesandtschaften, die 
Heimlichkeit ihrer Berathungen die Aufmerksamkeit des Volkes. 




Lage der Dinge, ilia einem Politiker wie König Georg nicht unklar sein 
kooute, ist dies wohl unmöglich, 

') Man siehe Stockheim, Beüagen Nro. L 1, S. 272—273 ; dass mmi 
auch mit Cöln nnterbandeln wollte, zeigt ebendort die Notiz zur Voll- 
macht Maira for die Trier'schen Eäthe. 



— SM — 

Dunkle Gerüchte von grossen Ereignisse», die sich angeblich 
vorbereiteten, durcheilten das Reich ; man sprach auch von dem, 
was wirklich im Zuge war: der Erhebung eines römischen Königs. 
Nur dachte man nicht an den fernen Böhmenkönig, dessen 
Rechtgläubigkeit die Menge noch wesentlich in Zweifel zog. 
Die Volksstimme wies vielmehr wie vordem 1451"» auf den 
siegreichen Pfalzgrafen hin, der jet^t in Nürnberg das Konigthuiu 
verlangt haben sollte, „wolle man es ihm nicht gönnen, so 
werde man dem Reiche einen König setzen, den man sich 
gefallen lassen müsse, es sei jedermann lieb oder leid," 
Markgraf Albrecht fand sich bewogen, König Georg von diesen 
Gerüchten Mittheilung zu machen, um diesen so von seiner 
Dienstwilligkeit zu überzeugen. Vielleicht wollte er auch des 

- Königs Argwohn gegen den Pfalzgrafen rege machen. ') 

Durch daa Eintreffen der deutschen Gesandtschaften, das 
man nicht vor den 20. Dezember setzen darf, -) war es König 
Georg unmöglich geworden, rechtzeitig in Olmütz zu er- 
scheinen ; ^) er hatte natürlich dem Ungarnkönige von der 
eingetreteneu Verhinderung Kunde gethan und um Ent- 
schuldigung gebeten. Jetzt , tags nach dem Abzüge der 

' deutschen Gäste, am 30. Dezember beeilte sich der Konig 
nach Mähren zu gelangen. Aber ein heftiger Schneesturm, 



') Palacky, UrJiundl. Beitr. Nru. 233, S, aa8-23<J. 

') Da der Bambergyr CoöTent erst am 13. Dezember begauu und 
sicher mehrere Tage dauerte, die Boten aber von dort bia Prag niiudcatCBB 
3—4 Tage brauchten; die Zeit war so kurz, dass der König kaum noch 
durch Eilboten Mathias vod Ungarn verständigen konnte (per cderos 
curaores signiöcari fecit). 

^) Den Angaben PeSina'a in seinem Mars Moravicua pag, 719, der 
allein von den DezemberberathoDgeii in Prag nach einer leider verlorenen _ 
UaadecbrÜl berichtet, steht die Bestätigung des Yertrages mit Polen de 
dato 24. Dezember 1460 zu Olmfitz gegenüber {Dogiel, Cod. diplom. L 
pag. 13), was Palacky veranlasst, die Erzählung Peäinas als irrige Combi- 
nation zu bezeichnen. Bei der Genauigkeit und Bestimmtheit der An- 
gaben, die Pelina gerade an dieser Stelle zeigt, der Unmöglichkeit die 
Berathungen mit den deutschen Gesandten sonst unterzubringen, mnsB 
man doch auf jene Kachrichten mehr Gewicht legen und wohl einen 
Irrthum der königlichen Kanzlei in der Ortshezeichnung oder im Datum 
der betreffenden Urkunde annehmen. 



die Wege verlegte , zwang schou in ■ Chrudim wider 
Willen zu mehrtägigem Verweilen. Ei-st am 5. Januar des 
neuen Jahres finden wir den König in Olniütz, wohin er über 
Leitoniischl, Trübau und Littau auf gerader Strasse gezogen 
war. Hier erwartete ilin bereits eine ungarische Gesandt- 
Bchaft, bestehend aus dem Grosswardeiner Bischöfe Johannes 
Vitöz, und den Herren Johann von Ilozgon und Franz Czäky, 
Grafen von Bibor, Auch Käthe des Kaisere hatten sich trot^ 
der derben Abweisung, die König Georg erst unlängst in Wien 
empfangen hatte, eingefunden, Es war der Tag zu Tulln, wo 
am St. Andreasfeste die vier Stände des Herzogsthmnes zu- 
sammengetreten waren, eben wieder erfolglos geblieben. Der 
Krieg gegen die Unzufriedenen und vor allem Fronauer hatte 
wohl znr Verheerung des Landes '^ und empfindlicher Schädigung 
der treu gebliebenen Unterthanen des Kaisers geführt, nicht 
aber znr Bewältigung der Gegner. So fand sich der Kaiser 
bewogen, trotz des gespannten Verhältnisses zu König Georg 
doch den Bischof Leonhard von Gurk und seinen Rath Johannes 
Rorbacher mit zwei andern Itäthen nach Olmütz abzuordnen, 
wo auch JiEtglieder der österreichischen Landschaft, Fronauer 
selbst darunter, nicht fehlten. *) 

lYotzdem die Verhandlungen mit den Ungarn sofort auf- 
genommen wurden und bei der beiderseitigen Bereitwilligkeit 
deren rasches Gelingen zu erwarten stand, so verhinderte 
doch eine schwere Krankheit, in die Mathias Corvinus bald 
nach seiner Ankunft in Trentschin verfiel, nicht blos den baldigen 
Absehluss der Verhandlungen, sondern auch die Zusammenkunft 
der beiden Könige, Erst als König Georg, da die Zeit, den 
Kgerer Fürstentag zu besuchen, heranruckte, bereits Olmütz 
verlassen und nach Prag zurückgeeilt war, erfolgte am 25. Januar 
zu Trentschin die Bestätigung des Ehevertrages durch Mathias 
von Ungarn, worauf am nächsten Tage der Kardinal Dionysius 



'I Die Verluste des Landes lassen sich nach dem Schaden er- 
messen, deu allein Rüdiger voa Slahremberg er]ltl«n; inao siehe Chmel, 
Materialien H., 8. 2^—221. 

■) Pelina, Mars Moraricus psg. 720; mau vergl. Th. Ebcndorfer 
bei Fez IL col. 922 sq. 



- 256 - 



27«„drt die Vcrlobimg. al« er.: l^-i : 

*S^ VormÄhl«"« statt : oie -rinrjfe Koe3£ 

. ^fc^rtu W'ntriUe nach Us^m «üe SiÄd 



-j ^"er anderen BischöfeL uid d^r Pälaiin Michael 

11* «f^^** g jii ,„it 13 HofbeaniTei md Mä^aT-en in be- 

irrs* '^jjgft.p ihiv ZiistimmuLi' zu tT>eLi;eD raben. 

jjhihW*" y^,-!,.,!^ iHJsfjJumte. da.=s die bi'hiLiische Prinzessin 

Ulli nach 'IYcnt8chin sebrsch: mid in die ffinde ihres 

!*■ f ^ iiboi>?«*lM*" werdeii soIl:e. liiiLen vierzehn Tagen 

W*'5^fiJi>l <W<* Verlobung, al^er ers: ii^di rwei Jahren die 

idn erhält sofort 

rill"»"-- — -"- — - .-— dte Altofen und 

■j^ ' ^jinii die Insel Czepel und die Kumanendistrikte 

^ lli»m ZiiK^hör zugewiesen. Selbstrerständlich gieneen 

'"'' fwm iVi^*«'""^^" ^^"^^ '^^ künftige Haltung l»eider Könige 

*" ^^ KniH«r und in den Sachen des Pteiches her: in E^er 

f![j^wf*^'' konnte König Georg Tersichem. dass der Ungam- 

■, h^^it- «^i durch einen Angriff auf den Kaiser die be- 

V^IjI^i) Aenderung in der Führung der Reichsregieiung 

^, „i^M^Htützen.-; 

\\\\\ Honstige vermittelnde und schiedsrichterliche Thatip- 
.^ joH Böhroenkönigs in Olmütz war ebenso erfolglos, als 
.Mfi< KOi"^s Interesse dabei gering war. Sein Anerbieten, den 
>5^^\il urn die ungarische Krone wo möglichst jetzt weiter in 
\vy|1iiindlung zu ziehen, lehnten die ungarischen Gesandten 
^ nicht dazu bevollmächtigt ab.'i 

iJer Vei^uch. einen Ausgleich zwischen Kaiser Friedrich 
miil den österreichischen Landständen herbeizufuhren, hatte 
Miicb der Stellung von König und Kaiser zu einander kaum 
Miuhr formelle Bedeutung und wäre misslungen. auch wenn 
iliff König wirklich von der Noth und dem Verderben, dem 
Oefcterreich durch die innere Zwietracht verfallen sei. so be- 
weglich gesprochen und so eindringlich zur Rückkehr zur 
^gebührenden Unterthanenpflicht gemahnt hätte, wie es ihm 
der Chronist nachrühmt.^) Die Sache Giskras aber, für die 



= 1 TelekL Ilunvadiak kora XI. Nro. dOS und 309. S. 4—7: bei 
pf.^''•- Ma« Mor. pag. 910—920. 

- Stockheim., die Unterrichtimg des Handels an den FapEt L c. 

jfcina, M. M. paff. 720. 
e^ina, Mars Mor. 1 c. 



ier König noch kürzlich so grose Sorgfalt gezeigt, kam ent- 
ireder gar nicht zur Sprache oder führte zu einem ungünstigen 
Spruche Georgs Wie einst von Polen, so nun auch von 
Böhmen im Stiche gelassen, musste sich der alte Söhlnerhaupt- 

laDQ nun um einen andern RQckhalt gegen seinen gefährlichen 
B^ner umsehen. 

Aber der Ausgleich mit Ungarn war gelungen; was des 
tfönigs selbstsüchtige Politik bereits verdorben hatte, war bis 
auf die persönliche Neigung beider Uerrscber für einander 
nochmals gutgemacht; Ungarn bot dem Streben des Böhmen- 
könjgs einen festen Ilückhalt. 

Es war dies aber auch dessen letzter Erfolg: schon 
saDimeln sich die offenen und heimlichen Gegner zum Widerstände. 
Er gab sich in Einzelnmomenten kund, so lange die Ziele des 
Königs und seiner Freimde noch unklar waren; erwächst und 
wird allgemeiner, je entschiedener der König vorangeht und 
alle jene zur Parteinahme zwingt, die sich in ihren Interessen 

gedroht glauben. 

Den anfänglichen Plan, die Gegner zu theilen und sich 
I dem ritterlichen, siegreichen Pfalzgrafen einen Freund zu 
gewinnen, hatte der Kaiser aufgegeben. Das Schwanken der 

Parteistellung, die momentane Unklarheit der Verhältnisse, die 
■sich nach dem Friihjabrfeldzuge 1460 geltend gemacht hatte, der 
selbst Markgi'af Albrecht für einen Augenblick sich nicht zu 
'entziehen vermochte, lässt des Kaisers Voi^ehen erklärlich 
finden. Eitel war es von vornherein. Während Friedrich III, 
äch noch immer bemühte die Gunst des Pfalzgrafeu zu er- 
langen, in dem er ihm die Führung der Kurwnrde auf Lehenszeit 
bewilligte, ') auch den Kurfürsten von Sachsen angieng dazu 
■seinen Willebrief zu geben,') hatte Friedrich I. bereits mit 
König Georg jenen Vertrag geschlossen, der zur Absetzung 

(es Kaisers führen konnte. Um so inniger schloss sich der 



') Die Urkande bei Kremer, Urk, Nro. XVI; man verg]. Birk, 
Kegeaten zu Lichnowaky, Geschichte des Httnaes nababarg VII. Band, 
Uro, 451, S. 31G. 

^) Bei Kreiaer, Urk. Sro. XVII; Birb I. c. Nro. 463, S. 31T; Brief 
des Kaisers vom 6. Dezember 1460. 



von Gran mit vier andere 
Ürszag von Guth mit 1: 
sonderen Briefen ihre Zv 

Der Vertrag best? 
zum 1. Mai nach Tren' 
Bräutigams übcrgebei' 
darauf findet die Ve- 
wirkliche Vermählun 
mit ihrem Eintritl 
Diakowar, dann d 
mit allem Zugeh 
daneben Beredui 
gegen den KÜP 
und spiifer kop ' 

könig bereit • n; 

absichtigte A 
zu unterstüt 



■freundete Sachsen und 



Kaiser an Kurfßrst 

■i w^rlchem er diesen 

u Tage von Eger und 

II entschlossen seien, 

-.»e beschlossen werde; 

I I ürsten des Reiches, die 

ri.-i'inftgen. ') Auch Markgraf 

tfUtm Bündnem bereits längst 

iiii 1460 hatte er. mit Ludwig 

■Li Wirtemberg neuerdings gegen 

Ludwig eine Einung geschlossen, ') 

iiiber mit einer ausführlichen Dar- 

iissc, s^uer Lage und Wünsche an den 

Itiiiser konnte erkennen, dass der Mark- 

r die Gelegenheit erwarteten, sich den 

Die Br Thtiing zu entziehen, dass sie im eigenen 

keit des T ii sein würden, jedes Vorgehen gegen ^e 

des KÖnii iteien Verbündete zu unterstützen. That- 

Streit ut ^af Älbreeht nicht blos den Kaiser von dem 

Verhan' itys unterrichtet und ihn zu entschiedener Gegen- 

iils nif .lilitert, *) sondern er war auch selbst unablässig 

<jü seiner Niederlage zu erholen und zu neuem 

und lArken. Sogar solchen Fürsten suchte er sich zu 

nacl mit ihren Interessen in dem Lager der Gegner 

me' I4S Bündnis, das er am 28. Dezember 14ö0 mit 

dt igniund von Tirol auf ö Jahre abschloss, liefert 

' I besten Beweis. ') Nicht minder endlich schmiedete 

ü eifrig die Waffen, mit denen sie den Angriffen des 

-len Erzbischofes von Mainz begegnen wollte, 

Georg hatte zugleich mit der Ankündigung des 
Egerer Bürgerschaft den Wunsch kund gegeben, 

', ReiuhstagstbeatruiD IX. 4. 
Ü Stockheim, Beilagen Nro. XLlIl., S. 215—240. 
[ort Nro. XI,n., S. 392-244. 
', Eaiserlichea Buch S. 82. 
*t Birk, Regefitcu zu LichDowsbj-, VU. Band, Nro. 463, S. 317. 




25i) 



e zaUreiche Gäste Herberge und ausreichend Lebens- 
^rgt würden. Gerne bereit dem Wunsche des 
— schon am 19. Dezember gieng deshalb 
Rreiben an ihn ab ') — gerieth der Rath bei 
Ingen zum Empfange der Gäste doch bald in 
Für sich und 300 Pferde hatte der Kurfürst 
■deiiburg, ^) für ein Gefolge von 3000 Berittenen, das 
J und zwölf Fürsten nach Eger kommen werde, Herzog 
rvon Baiern Unterkunft verlangt. ^) Daneben musste 
König und das reiche Gefolge seiner Edlen und 
wie zahlreiche Fürsten- und Städtegesandtschaften 
Kd sonstige Gäste Herberge besorgt werden. Man hatte 
oraprünglich daran gedacht, den Zwinger auszuräumen und 
.au Stellungen herzurichten, wie auch der König selbst gemeint 
jiatte. *) Da sich derselbe aber als mit allerlei Zeug und 
Geräthe gefüllt erwies, so suchte man so gut es gieng in der 
Stadt und den Vorstädten für 4 — 5000 Pferde Unterkunft zu 
ichaffen. Dass dabei trotz der redlichen Bemühungen des 
tatbes und des königlichen üntermarschalls mancher vornehme 
Serr recht übel versorgt war und die Dienerschaft und mindere 
Gäste vollends in der Stadt keinen Raum fanden, wird uns 
röllig glaubwürdig berichtet. ^) 

Schon die Weise, in der König Georg in Eger einritt, 
Srerrieth den hohen Zweck des Fürstentages ; mit Bischof Jost 
fon Breslau, dem alten Hanse der Rosenberge entstammend, 
umgaben ihn die vornehmsten Edlen Böhmens und der Neben- 



') Der Brief im Cüpialbucb I. Fol. lii) des Egerer Stadtarchives. 

3}aBa den Egerem der Tag sofort angekündigt wurde, zeigt ein Srief Josta 

Einsiedel an den Stadtrath vom 14. Dez., wo der Tag bereits ala 

bekannt vorausgeaetzt winL Earscbner Corresp. Jobats voa Einsiedet mit 

Btadt Eger S. 27-28. 

*i Original im Egerer Stadtarchive. 

*) Zeigt ein Schreiben der Egerer vom 9. Januar 1461 an Jobat 
1VO Einaiedel, bei Kürschner S. 39. 

*| Kürschner, Corrcapondenz S. 28—30, 

'l Diea sagt auadrücklich Ebendorfer bei Pez II, coL 926; man 
, damit die Erzählung Eacheuloers in den „Geschichten der Stadt 
Brealau' I, S, 173-174. 

17* 



lande; ein auserlesenes zahlreiches Gefolge trug die Macht 
des böhmischen Reiches zur Schau. Nur einen Tag hatte 
sich Georg nach der Rückkehr aus Mähren Rast gegönnt, uro 
noch rechtzeitig zum Empfange seiner fürstlichen Gäste in 
Eger einzutreffen. ') Da erschienen persönlich drei Baiem- 
herzöge, Ludmg von Landshut, Hans von München und Otto 
vonNeumarkt.dieGebriider Kurfürst Friedrich und Markgraf Al- 
brecht von Brandenburg, Erzherzog Älbrecht von Oesterreich, die 
Herzöge Wilhelm, Ernst und Albrecht von Sachsen, die BisdiÖfe 
Johann von Würzburg und Georg von Bamberg, von Freisingeu 
und Lebus, Landgraf Ludwig von Hessen und ein Markgraf 
von Baden, neben Philipp von Katzenelleubogen und Wilhelm 
von Hennebei^ noch mehrere andere Vertreter gräflicher 
Geschlechter. Durch ihre Räthe und Botschaften waren die 
drei geistliehen Kurfürsten und der Pfalzgraf, die Bischöfe von 
Eichstädt und Konstanz, der Cardinalbischof von Augsburg, 
der Erzbischof von Salzburg und Graf Eberhard von Wirtem- 
berg, endlich der Set. Georgen-Ritterhund und die namhaftesten 
Reichsstädte wie Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Worms, 
Strassburg, Speier, Reutlingen, Ulm vertreten. Selbst der 
Herzog von Burgund hatte einen Gesandten geschickt, offenbar 
um die Vorgänge des Tages zu beobachten. *) 

Von den beiden .Berathungsgegenständen des Fürstentages, 
der bajriscb-brandenburgischen Streitsache und der BescUuss- 
fassung über Massregeln, „damit das Verderben und Blutver- 
giessen, das sich im heil, römischen Reiche finde der gesammten 
Christenheit zum Schaden, nicht weiter einreisse, sondern- 

') PeSina, Mars Moray. pag, 731. 

-j Das VerzeichniB bringt nach den StaH letopisoTc S. 176 erat 
Häjek von LiboCan und unvollständig Theobald ILL, 69-70. PeSina gibt 
die Anwesenden nach einem Schreiben Gregor Heimburga &o Johaon 
Calta (Mara Morav. pa^. 721—722) gleichfalls anvollständig, ein gleiche» 
gilt von der Aufzählung Müllera im R eiche tagslheatnim II. 5, Eschenlöws 
u. A. Nachrichten über den Tag bringen Malier Reichatagatheatnun IL 
S. 4—14, Hafler, KaiserlicheB Buch In der „Heymhch Werbung an den kajser 
durch herrn Wentzlaw gescheen" 8. 80—85 und ölt „Werbung an den 
konig vonBeheym" S. 85-91; PeSinal. c. pag. 721— 722, Eschealoer L C 
:NotixeD über den Tag bringen ferner Rajnoldua Ätmal. ecc. ad an. 1461,' 
Ebendorfer 1. c. 



ibnehme", und um allgemeiu Frieden und Einigkeit herzustellen, 
ig dem Böhmenkönige natüriich zunächst der letzte am 
lerzen. Hier sollte sich der Weg zu seiner Erhebung finden 



Was Martin Mair einst auf dem Reichstage zu Nürnberg 
I thun empfohlen hatte, kam jetzt in Eger zur Ausfuhrung ; 
jer Doktor selbst wird in diesem so wichtigen Momente die 
jmgestrengteste Thätigkeit entfaltet haben. In offener Ver- 
iammlung berieth man über die Erhebung eines Zehnten vom 
aenis, des Dreissigsten von den Einkünften der Laien. Wir 
Krissen, dass König Georg dabei einen Theil der gesammelten 
Gelder nach Mair's Rathe zu erlangen hoffte. Dann sprach 
1 von der Bestellung eines obersten Feldhauptmannes, der 
ait der ganzen Macht des Reiches den Kampf gegen die 
ungläubigen beginnen solle ; endlich verhandelte man darüber, 
i im Reiche alle Kriege und Sti-eitsachen beigelegt werden 
wllten, dann aber einer der mächtigeren Fürsten zum Schirmer 
md Erhalter des Friedens erkoren werde. 

Die Bewilligung des Zehnten und Dreissigsten fand 
fViderspnich ; es war die alte Abneigung gegen jede unmittel- 
iare Leistung, die sich da geltend machte, sie suchte die 
iten Mittel der Verweigerung hervor, Klagen und Beschul- 
Ugungen gegen Kaiser und Papst; „Hauptsache sei ihnen Geld 
lusammenzuraffen, wozu es verwendet werden würde, wisse 
liemand." Dafür gieng es bei der Verhandlung über die 
^berste Feldhauptmannschaft dem Könige nach Wunsch. Die 
p:o3se Zahl der Anwesenden wies auf den König hin ; er sei 
ror andern durch kriegerische Tüchtigkeit ausgezeichnet, seine 
Jebung in den Waffen, wie seine Begabung als Feldhen- seien 
{leich gross; ebenso gewichtig sein Ansehen bei allen. Nun 

ä zwar nicht in der Absicht des Königs, als Heei^führer 
[egen die Türken zu glänzen ; er lehnte also ab, entschuldigte 
ich mit der Sorge um seine eigenen Landschaften. Aber seine 
'ersönlichkeit war damit in den Mittelpunkt der Berathungen 
;gestellt und aller Augen auf ihn hingewendet ; er fand zugleich 
Gelegenheit, seinen Eifer für die christliche Sache ins beste 
Licht zu stellen und für die Zukunft seine Hülfe mit ganzer 
dacht zu verheissen. Und nun schien auch des Königs wahres 



— 262 — 

VerlaDgen in Erfollung zu gehen. Als man von den Mass- 
regeln zur Befriedung des Reiches sprach und die Frage stellte, 
in wessen Hände diese schwere Aufgabe gelegt werden solle, 
wer in Zukunft den Frieden zu beschirmen habe, da erhoben 
mit den heimlichen Freunden des Königs auch die meisten 
der übrigen Fürsten, die von Hessen, Baden, Salzburg und 
Bamberg, und die bedeutendsten Städtegesandtschaften ihre 
Stimme für den König. .„Keiner der Fürsten des Reiches 
komme ihm an Ansehen gleich und sei wie er mächtig genug, 
den beigestellten Frieden zu erhalten: er allein besitze dazu 
ein kriegsgeübtes Heer und ausreichende StGtteL seine Klug- 
heit und sein hoher Sinn seien bekannt nicht minder der 
Ruhm seiner Thaten.*' Da hielt auch König Georg nicht langer 
zurück. Er erklärte sich bereit das angebotene Amt zu über- 
nehmen, wenn man es zugleich mit der höchsten 
Gewalt im Reiche.mit der Würde eines römischen 
Königs verbinde. Das entscheidende Wort war gesprochen. 

Und wirklich fand der König auch hierin noch den 
Beifall der Mehrheit der Versammlung. ,Der Kaiser*, hiess 
es. .vermC^ ohnehin seinen Pflichten nicht zu genügen; er 
sei in heimatliche Händel verwickelt und kaum im Stande, 
darin seine Rechte zu wahren.* Aber es wurde auch Wider- 
spruch laut und der Kurfürst von Brandenbuig und einige 
wenige mit ihm waren es, die ihn eriioben. ,Es sei kein 
Gmnd vorbanden der Kaiserlichen Majestät so weit zu nahe 
zu Treten, das^ man Frieiirioh HL als zur Herrschaft untauglich 
erkläre und ihm einen Genossen in der Reichsregiening oder 
car einen Vormund zur Seite setze/- • Auch könne man nicht 
so obr.e weiteres ru einer Königswahl schreiten: nicht Eger 
sei der Ort da.*::, sondern Frsnknin am Main, auch müssten 
sich .;:e Kurfürsten ers: :u Xiirr/r-rri: darüber berathen.* Das 
Wir ^V:r.:err^:s: rlr die iröbliche Hofhungssaat des Königs; 
vcr Arr E:r.svT:aohe des .angesehenen Frmndenburgischen Kur- 
rit'S'rr. ::v,,i i^r F^^irsTrr. seiner PAnei ;'«ste sich die Berathung 






auf, ohne dass wir von einem Beschlüsse vernehmen, Um bo 
mehr erkannte König Georg, dass er statt seinem Unmuthe 
gegen die HohenzoIIem freien Lauf lassen zu dlirfen, viel- 
mehr nothwendig deren Geneigtheit und Zustimmung zu seiner 
Erhebung sich versichern müsse. Ohnehin wiesen ihn die 
Bedingungen, die Mainz und Pfalz gestellt hatten, dazu an. 

Der König trug selbst in geheimer Unterredung dem 
Kurfürsten seine Bitte vor. Er zeigte ihm, wie weit die Sache 
bereits gediehen sei, wie viel ihm gerade an seiner Stimme 
liege. Gebe Friedrich sein Wort zur Königswahl, so seien 
Pfalz und Mainz sicher, diese und die böhmische Stimme 
dazu wären für die Erhebung bereits ausreichend. Sei 
dann die Wahl mit Stimmenmehrheit vollzogen, so getraue 
sich der König gar wohl mit Hülfe seiner Freunde und mit 
Waffengewalt jeden Widerstand zu brechen und den Kaiser 
zur Einwilligung zu zwingen. Herzog Ludwig, der Bischof 
von Würzburg, des Kaiser's Bruder Erzherzog Albrecht seien 
bereit auf Friedrich IIL zu ziehen; anderseits werde ihn 
König Mathias von Ungarn der ungarischen Krone wegen 
bedrängen. 

Georg versprach nun dem Kurfürsten, ihm jedes beliebige 
Amt im Reiche übertragen zu wollen, stellte im Streite Markgraf 
Albrechts mit den Bischöfen von Bamberg und Würzburg und 
Herzog Ludwig von Baiern eine durchwegs günstige Ent- 
scheidung in Aussicht, ja er soll sich sogar zu Abtretungen 
böhmischen Gebietes in den Lausitzen geneigt gezeigt haben. ') 
Des Königs Worte waren so kühn, sein Ersuchen so dringend, 
dass der Brandenburger nicht wagte, seine Abneigung gegen 
die Erhebung des gefährlichen Mitkurfürsten sofort kund zu 
geben; es drängte ihn sich mit seinem gleichfalls anwesenden 
Bruder besonders zu berathen, mit diesem eine Ausflucht zu 
ersinnen. So bat er den König, sich die Sache wegen ihrer 
grossen "Wichtigkeit die Nacht über überlegen zu dürfen. 

Die Brandenburger kamen überein, dem Begehren des 
Königs nicht zu willfahren; nur galt es so viel als möglich 

') So Gundling, Leben und Tiiaten Friedrieb des Andern S. 512, 
aber ohne Angabe ilec Ijnelle. 



— 2)j-i — 

lien offenen Bruch init dem Könige aus mehrfachen Griindeu 
zu vermeiden. 

Andern Tags war Markgraf Albrecht nicht dabei, als die 
Fürsten die Verhandlungen fortsetzten und der König um 
endlichen Bescheid ersuchte. Sein Entschluas war im günstigen 
Falle, da in Eger einmal die Wahl nicht geschehen konnte, 
sofort mit dem Kurfürsten nach Nürnberg reiten, dort mit 
Pfalz und Mainz die Sache endgiltig berathen und sofort zur 
AusfühiTing bringen.') Nochinals wandte Georg alle Mittel 
an, um die Stimmen des Kurlüi-sten zu erlangen. Die Ver- 
heissungen waren für die Maricgrafen, die jederzeit so ent- 
schieden das Verlangen trugen, „sich weiten zu lassen," sicher- 
lich gross, aber noch grösser die Konsequenz in ihren politischen 
Ueberzeugungen. frchon war das Mittel gefunden, dem Drängen 
des Königs auszuweichen und dabei doch den Anschein, ihn 
fördern zu wollen, zu wahren. 

Friedrich von Brandenburg berief sich auf die Kurfüi'sten- 
einung des Jahres 1446, die ihm verbiete, in Reichsangelegen- 
heiten einseitig Schritte zu thun. Als der König meinte, daas 
ja auch Mainz und Pfalz solches gethan und ihm ihre Stimme 
versprochen hätten, erwiederte der Kurfürst, jene seinen nich t 
in der Einung, darum auch durch sie nicht in ihren Ent- 
schlüssen gebunden. Hie ständen auch nicht wie er dem 
Kaiser iu Eid und Pflicht gegenüber, da sie die Regalien noch 
nicht empfangen hiitten. Er erkenne, meinte Friedrich, keinen 
andern Ausweg in der Sache, als dass Mainz und Pfalz zu- 
nächst in die Einung aufgenommen würden. Würde dann 
Kurfürst Diether an geeignetem Orte einen Tag abhalten, um 
in der Sache des Königs zu verhandeln , so wolle auch er 
gerne dabei sein und sich nach der Einung halten, überhaupt 



') Hefler, Eaia. B. S. 89. Ewer gnad hat rnnaern bruder besacDt 
md etc. gesagt, wie ewer gnad Meintz vod Pfaltz habe, euch zu einem 
römischen konig zn weleu vnd zu machen, so ferne Ir In auch habt (sie) 
vnd in gebeten seinen willen dartzu zu geben, zu furdem vnd zu helffen, 
das das ejnen furganck gewynne, vnd mit ewer gnaden gea Nurenberg 
zu reytea, das mit einander zu besliesaen ™d zu yeraohreiben der Sachen 
halber bej einander zu bleyben. 



em Könige Alles tbuo, was sieb mit Ehre und Gewissen 

L Einklang Ijringen lasse. 

Der König durcb die ausweichende Antwort nicht ab- 
geschreckt und wohl erkennend, dass eigentlich Markgi'af 
älbrecht aus seinem Uruder rede, Hess nun diesen zu sich 
bescbeiden. Er wird ihn au die Beredungeu in Prag gemahnt 
haben, an sein Versprechen, ihn fördern zu wollen; der Mark- 
graf sagt in seinem Berichte ft'eilich nichts davon. Schliesslich 

le^ebrte König Georg, dass der Kurfürst, wenn es schon nöthig 
, erst Mainz und Pfalz in die Einung aufzunehmen, dies 
letzt iu Nürnberg veranlassen möge; Friedrich aber solle 
letzt wenigstens für sich in Eger eine bindende 
Zusage machen und dann mit dem Könige nach Nüruberg 
reiten, die Sache zu Ende zu bringen. — Der Markgiaf gieng 
Ton seinem Bruder die Autwort zu holen. 

Der König tiess also die Brandenburger nicht so leichten 
Kaufes davon; mit Beseitigung ihrer Ausflüchte zwang er sie 
offen ihre persönliche Neigung kund zu thun. 

Und in der That, so eifrig die Brüder sich mit ihren 
ßätheu, dem vielgewandten Dr. Peter Knorre, Heinrich Leubing 
dem Bisehofe von Lebus, beriethen, sie fanden keinen Aus- 
weg weiter. Markgraf Albrecht, der stets schlagfertige und 
redegewandte hatte dem König zu antworten. Er komme 
nicht im eigenen Namen, spiach er, ihm sei es recht, ob der 
König auf rechtmässigem Wege Kaiser oder Papst werde, jetzt 
bitte er gnädig anzusehen, „dass er der Bote seines Bruders 
■Bei und nicht mehr antworten könne als ihm befohlen." Er 
:erklärte nun die Bereitwilligkeit Friedrichs mit dem Könige 
nach Nüi-nherg zu reiten und zu sorgen, dass die Kurfürsten 
■von Mainz und der Pfalz in die Einuug aufgenommen würden. 
Weiter nichts. Jede Verpflichtung zu Gunsten des 
^Königs war somit abgelehnt.') 

Das wäre klar gewesen auch fflr einen weniger scharf- 
Bichtigen Mann als der Böhmenkönig war. Er verstand denn 



•) Höfler, Kais. Buch. S. 90. Die Unlerliand langen mit den Branden- 
Imrgern aind bei Palacky durchaus ungenügend dargestellt, trolziiem ihm 
die AuEfUhrungcD des Kaiserlichen Buches wohlbekannt waren. 



— 26C — 

auch die Ablehnung sofort, vermochte auch seines Uö- 
muthes nicht Herr zu werden. „Er wundere sich nur," sprach 
er bitter, „wie es mit einemmale dem Kurfürsten so schwer 
werde, sich zur Wahl eines römischen Königs zu verschreiben^ 
nachdem er dies doch dem Erzherzoge Albrecht von Oester- 
reich gegenüber gethan, ja auch mit andern verhandelt habe. " 

Freilich blieb der Markgraf die Antwort nicht schuldig. 
„Air seines Bruders Lebtage sei es nicht vorgekommen, dass 
man gegen Wissen und Willen des Kaisers und römischen 
Königs einen andern römischen König wählen wollte; bei 
Erzherzog Albrecht und den Andern habe es sich darum 
gehandelt, sie mit der Zustimmung des Kaisers zu erheben und 
man habe den Vorsatz aufgegeben, sobald diese nicht erfolgte. *) 

König Georg bezwang sich und bat nur noch, Kurfürst 
Friedrich möchte des andern Morgens persönlich zu ihm 
kommen. 

Den Plan selbst nach Nürnberg zu ziehen, gab er auf, 
die Hoffnung auf dem eingeschlagenen Wege zum Ziele zu 
kommen, erschien nun fast eitel. Aber er wollte denn doch 
sehen, wie sich weiter die Brandenburger in der Sache 
benehmen würden, ob sich nicht durch energische Parteinahme 
der Kurfürsten von Mainz und der Pfalz die Sache zum Guten 
wenden, vielleicht auch der brandenburger Kurfürst umstimmen 
liesse. Schon waren auch in Eger Verhandlungen gepflogen 
worden, die zeigten, dass der König den ernstlichen Willen 
hege, die von Mainz geforderte Bedingung, Rückführung 
Böhmens zum altkatholischen Glauben und Kultus, zu erfüllen. 
Der Bischof Jobst von Rosenberg, der gelehrte, strenggläubige 
Kirchenfürst von Breslau, das spätere Haupt des katholischen 
Herrenbundes, fungirte als des Königs Vertrauensmann bei 
diesen Unterhandlungen. In der That gab der König darüber 
bündige Versprechungen. '*) Ja um des guten Willens des 



^) Die Antwort stimmt wenigstens auf den Fall des Erzherzogs 
Albrecht. 

2) Nach Nachrichten Häjek's von Liboöan und Dubravius in der 
Histor. Boh. Thom. Pe§ina, Mars Morav. S. 722 und Theobald, III. S. 70 



— 267 — 

Mainzer Erzbischofes, dem vor allen der Handel mit dem 
Papste am Herzen lag, mag der König sich auch gegen die 
Curie freimüthiger als bisher geäussert haben. Die Worte 
freilich, die ihm ein feindlicher Berichterstatter in den Mund 
legt, hat er sicherlich nicht gesprochen; ') wie sehr er im 
Herzen anderes sann, bewies die nächste Zukunft. 

Dass der Ausgleich zwischen Ludwig von Baiern und 
Älbrecht von Brandenburg jetzt unter der Vermittlung des 
Böhmenkönigs nicht zu Stande kommen konnte, ist klar. Wie 
mochte Albrecht seine Sache vertrauungsvoll einem Manne 
anheimgeben, der ihm noch eben unter Umständen die zur 
Streitsache keine Beziehung hatten, die völlig günstige Ent- 
scheidung in Aussicht gestellt, jetzt aber, das wusste er, ihm 
vom tiefsten Herzen grollte ? Wie konnte König Georg Willens 
sein, einen Streitfall zu schlichten, dessen er sich eben jetzt 
zur Verfolgung seiner politischen Pläne bedienen wollte ? Darum 
erklärte denn der Markgraf, während Herzog Ludwig ruhig 
seine Sache auf den König stellte, „dass der König nach dem, 
was im Reiche Brauch und Herkommen sei, nicht einen Schieds- 
spruch zu thun, sondern einen güthchen Vergleich, der beiden 
Theilen genehm sei, herbeizuflihren habe. Herzog Ludwig 
stellte zudem wohl nicht ohne böhmische Eintiüstei-ung so 
hohe und demüthigeude Bedingungen, dass der Markgraf un- 
möglich einwilligen konnte. Der König aber fand, in dem er 
die- verschiedene Auflassung der schiedsrichterlichen Befugnisse 



sagen freilieb, daea der König Dur die Äuarottung der in Bübmen vor- 
handenen Sekten, nidit aber der Couiniunio Bub utraque zugesafät babe. 
Letzterer aber widerspHcbt sich selbst, indem er S. T3 erzüblt, dass natb 
dea Königs Rüukkebr nach Prag die kathol. Herren die Aufhebung der 
Communio sub utraque, wie es der König in Eger zugesagt, ver- 
langt hätten. Dasä dieses auch wirklich der Fall war, bezeugt dea Königs 
nachlierige Haltung in Prag, dann die Person des VennittlerB, des 
BreslAuer Bischofes; es entsprach auch allein der von Dietber von Isen- 
burg gestellten Bedingung. 

') Auf die ünzuverläasigkeit des Berichtes Eitzings an den Papst 
bei M. Jordan, das Känigthum Q. ton Podiebrad, Beilagen S. 389—395 
hat bereits Menzel, Dietber von Isenburg S. 99, Anm. 43 hingewiesen; 
man wird ihm nar die Thataache entnehmen dOrfen. 



— 268 — 

seitens der beiden Parteien betonte, das Mittel, den Tag bis 
zu Georgi 1461 zu verschieben, bis wohin er sich von dem 
im Reiche üblichen Brauch genau unterrichten wolle.*) 

König Georg hatte den brandenburgischen Kurfürsten 
nur noch gebeten, dass einige seiner Käthe, die er mit ent- 
sprechenden Instruktionen versehen, im brandenburgischen 
Gefolge nach Nürnberg reiten dürften. Nach dessen bereit- 
williger Zusage trennten sich die Fürsten; der Egerer Tag 
war beendet.*) 



') Müller, Reichstagstheatrum II., S. 4—6; der Georgitag sollte in 
Prag stattfinden. 

2) Höfler, Kais. Buch S. 90. 




SSnig Georgs Plan rSmischer König zd werden 
mit Beihilfe des Papstes. 

Der Fftrstentag zu Nürnlierg nud der Bescheid der 
Enrfürsteu an die böhmischeii Gesandten. IteligiÖse 
TerhäUnisse tn Böiimen im FrSbjahre lifil. Des Königs 
Werbung au den Papst. Utraiiuisnins und Katholicis- 
mns. Anfgebnng des Planes. Folgen seines Msslingens. 
Ueberblick. 

Der BöhraeokÖmg und Kurfürst Diether von Mainz müssen 
als die Häupter der grossen Reformbewegung betrachtet 
werden, die in den Jahren 14(30 und 1461 sich so ungestüm 
gegen die höchste geistliche und weltliche Macht kehrte; der 
eiae ist Vertreter der Reform auf staatlichem, der andere 
auf kirchlichem Gebiete, beide sind von persönlichen Gründen 
geleitet, haben persönliche Rücksichten zu pflegen; ja ein 
Eingehen auf die letzten Ziele des Erzbischofes erscheint dem 
Könige geradezu gefährlich und verderblich für sich selbst. 
Darum konnte zwischen den beiden oppositionellen Fraktionen 
auf die Dauer keine Einheit bestehen. In Bamberg kam die 
Spaltung zu Tage. Seitdem bemühten sich beide Fürsten, 
jeder auf gesondertem Wege und nur nebenher gestützt auf 
die allgemeine Bewegung ihre Zwecke zu erreichen: der 
König auf dem Fürstentage in Eger römischer König zu 
werden; seine Absicht war unerreicht geblieben; der Erz- 



biscbof jetzt auf der Versammlung von Kuifürsten und Fürsten 
zu Nürnberg zu einträchtigem, mächtigem Angriffe gegen die 
Curie anzueifern ; seine Erfolge haben wir darzustellen. Schein- 
bar freilich schlössen sich die Beuiubungen der beiden Kur- 
fürsten innig zusammen. Auch der ErzbiscLof benannte, als 
er die Kui-fürsten und Fürsten des Reiches für den 16. Februar 
nach Nürnberg zusammenberief mit dem Ersuchen in eigener 
Person zu ei-scheineii, als den Zweck des Tages ^daselbst 
von des christlichen Zuges wegen gegen die ungläuhigen 
Türken und auch von der Versehnng des heiligen Reiches 
nach Nothdurft endlich zu handeln," ') 

Auch äusserlich trafen die Fürsteiiberathungen zusammen, 
r<ber^uärm^^g tagte noch in Eger, als am 17. Febniar bereits der 
wuJS^g. Mainzer Erzbischof mit einem Gefolge von 390 Reitern') von 
seinem Bruder Ludwig, Graf von Isenburg, > den Grafen von 
Gleichen und Wertheim und andern Edlen umgeben, in die 
alte Reichsstadt einritt. ') Die füllte sich nun rasch mit fürst- 
lichen Gästen und reisigem Gefolge. Am 19. Februar erschien 
der Pfalzgi'af, von 300 Reisigen geleitet, am 20. der Bischof 
von Würzburg mit 200, der Herzog Ludwig von Landshut mit 
300 Berittenen, in seinem Gefolge der Bischof von Breslau, 
offenbar die Schritte der böhmischen Gesandten in Nürnberg 
zu unterstützen. Schon am 21. Februar langten auch die 
brandenburgischen Markgrafen Kurfürst Friedrich und Mark- 
graf Albrecht, zu denen 2 Tage darauf Markgraf Johann kam, 
an; mit ihnen kamen auch die Käthe König Georgs von 
Böhmen, an ihrer Spitze Zbyn6k Hase von Hasenburg, als 
ihr Berather und Vermittler Jost von Einsiedel, des Königs 
Kanzler. Martin Mair, der gleichfalls für den König an den 
Berathungen Antheil nahm, kam zugleich mit Herzog Ludwig 
und dem Breslauer Bischöfe. Ausserdem fehlten nicht die 



*) Aus der UnterriulituDg des Uamlels an den Papst bei Stockheün, 
Beilagen Nro. LV. S. 301. 

') Janssen, Frankfnrts Reich akorrespondeni II, S. 148—149. Brief 
H. Katzemanna an die Frankfurter voui 26. Februar 1461. 

') Menzel, Diether von laenburg S. 104; man vergl, von demaelbeB 
KuriHrst Friedrich von der Pfalz, MQncli, Diss, 5. 68, 



Räthe aller nicht persönlich anwesenden Kurfürsten, des von 
Trier und Köln ; auch Bamberg , Konstanz und 
, der Landgraf Ludwig von Hessen waren ver- 
treten, endlich stellte sich noch eine Botschaft dea Ungarn- 
königs Mathias ein, für die Sache ihres Königs und Landes, 
ja vielleicht auch im Interesse des Böhmenkönigs thätig zu 
sein. ') Am 23. Februar, bis wohin sich die Fürsten mit Ritter- 
spielen Kurzweil verschafften, begannen die Berathungen, deren 
Verlaufe selbst die Fürsten mit Spannung entgegensahen. ') 
Im Volke aber hatte das unmittelbar nach einander folgende 
Tagen so zahlreicher, glänzender Versammlungen von Fürsten 
und Fürstenboten neues mächtiges Aufsehen ei-regt und die 
Erwartung auf das höchste gesteigert. „Allgemein geht das 
GeiTicht bei Jedermann, dass die Fürsten einen König machen 
wollen und einen gemeiuen Frieden. Die Verrauthung geht 
auf Herzog Ludwig oder meinen Herrn, den Pfalzgrafen. Gott 
füge alle Dinge zum Besten", schreibt Heinrich Katzemann 
■von Nürnberg an den Frankfurter Stadtrath.'j Es ist bezeich- 
nend genug für die Volksstimmung im Reiche, dass trotz des 
Egerer Tages, der Macht und des äusseren Gepränges, das 
König Georg in Eger zur Schau trug, der Gedanke seiner 
Erhebung in der grossen Menge nicht Boden gewinnen konnte. 
Nur die Verhandlungen über die römische Königswahl 
haben für uns auf dem Nürnberger Tage unmittelbares Interesse. 
Leider ist es auch da mit den Nachrichten sehr übel bestellt; 
was wir- erfahren, ist lückenhaft oder hinterher in gewisser 
Absicht geschrieben. *) Doch bleibt der Gang der Verhand- 



'j Nach dem oben erwähnten Briefe Heinrich Katzemanns 1. c. 
Die ZuaaaimeiiBetzim^ der böhmischen Gesfindtschaft ergibt aicb aua den 
ÄuafOhruDgeQ äea Kaiser). Buches S. 88 und 91. 

') Menzel, Diether von laenbarg S, 104, 

'j Heinrich Eatzemann 1. c. 

*) Man vergl. die oben gernftchten Itemerkuogen über die Egerer 
Verhandlungen, die uns gleichfalls erst ans des Markgrafen Berichte 
bekannt sind. Das dort Gesagte gilt im wesentlichen auch von den Nürn- 
berger Verhandlungen. Das» mit der Darstellung M. Älhrechta im Kaiserl. 
Buche S. 93 und 90—91 die Angaben bei Müller, Reichstags Iheatrom II. 
S. 5—7, 13—14 nach dem bei Menzel, Diether von laenburg, S. 110, 



lungen im Allgemeinen nicht zu sehr verworren ; im Einzelnen 
ist mit der Nothwendigkeit zu kombinieren die Mögflichkeit 
zu irren nicht fem. 

So unverholen die Brandenburger schliesslich iu Eger 
ihre Abneigung gegen das Königsprojekt zu erkennen graben 
hatten — und dass dies auch König Georg erkannte, zeigen 
seine bitteren Worte in Eger und die Aufgebung des Entsdilusses, 
selbst nach Nürnberg zu reiten' — , die Instruktionen der 
böhmischen Gesandten giengen trotzdem dahin, den Kurförsten 
von Mainz und der Pfalz gegenüber die Zustimmung Markgraf 
Friedrichs als zweifeUos dai*zustellen und nun im Vereine mit 
dem Bischöfe von Breslau, der die Erfüllung aller von Diether 
von Mainz in religiöser Beziehung gestellten Bedingungen von 
Seite des Königs versichert haben wird, die Kurfürsten zu 
ersuchen, auch ihrerseits mit der Erfüllung der in Bezug auf 
des Königs Wahl gemachten Zusagen voranzugehen. *) Der 
König konnte sich dabei formell auf des Markgrafen freilich 
unbestimmte Versprechungen in Prag stützen. Im Uebrigen 
versah sich die böhmische Gesandtschaft von Markgraf Albrecht 
offenbar nichts weniger als einer Förderung ihrer Sache; 
gerade sie war es, die Albrechts Entfernung verlangte, als ihn 
Kurfürst Friedrich als seinen BaÜi zu den Besprechungen der 
Kurfürsten beiziehen wollte. ^) 

Wir können nun nicht quellenmässig feststellen, wie weit 
die anwesenden Kurfürsten vor den entscheidenden Verhand- 
lungen in der böhmischen Sache sidi verstandigten. 
Aber wir vernehmen doch, dass sie sich zunächst überhaupt 



Note 46 genaimten nnd dort wie sonst Terwertheten Aktoistacke des k^ 
s&chs. Stattsarcbives betitelt; r^i^del of dem tage zu Egra etc.** im 
wesentliclieD übereinstiinmeii, beweist nicht so Tiel, weil beide aas der- 
selben QneUe stumnen; doch hatte Markgraf in jenem fiOr den enge be- 
freundeten Knrfarsten von Sachsen bestimmten Aktenstücke keinen Grand, 
die Wahrheit zu Terberpen. 

*) Ktis. Buch S. 8S, Trtwten wir, ewer Gnide (der Ednig) sagt 
bt von uns (Maigr. Albrecht \ ir hett in (den Gesandten) auch mit 
CD, das von uns zu sagen. 

*) Kais, Buch S. 90, 



— 373 — 

eifrig beriethen, ') wir sehen Mainz und Pfalz dann bei der 
iÖnnlichen Anhörung der böhmischen Gesandten bereits völlig 
von dem GedankeE einer Wahl König Georgs abgekommen, 
wir erkennen, dass den Brandenburgern jetzt, nachdem sie 
bereits selbst abgelehnt hatten, Alles daran gelegen sein 
mu8ste, die Wahl des Böhmenkönigs überhaupt nicht nur nicht 
EU Stande kommen zu lassen, sondern sich auch gegen Georgs 
Zorn sicherzustellen. Daraus ist der Schluss berechtigt, dass 
die Markgrafen mit theüweiser Preisgebung ihrer bisher fest- 
gehaltenen Politik, aber von der Noth der momentanen Lage 
eine Annäherung an die rheinischen Kurfiiraten 
suchten und zwar sofort nach ihrer Ankunft in Nürnberg. 
Und der Erfolg zeigt, dass es so war. Hatten sie noch zu 
Bamberg mit Sachsen vereint sich geweigert, der Appel- 
lation gegen die Curie zu adhärieren, so stimmten jetzt in 
Nürnberg nicht blos Kurfürst Friedrich, sondern auch seine 
Brüder, die Markgi'afen Albrecht und Johann, der ungleich 
entschiedeneren Appellation „In causa annate" Erzbischof 
Diethers bei; galt bisher Markgraf Albrecht als des Kaisers 
festester Freund, der noch im vergangenen Sommer das Panier 
les Reiches gegen dessen Feinde mit den Waffen vertheidigt, 
BO trugen jetzt ' die Brandenburger kein Bedenken, mit den 
fibrigen Fürsten vereint die Nothwendigkeit einer Reform des 
Kelches mit Entschiedenheit zu betonen und sich den darauf 
lezUglichen Schritten gegen den Kaiser anzuschliessen. Während 
jetzt aber alle Kurfürsten gemeinsam die kirchliche und staat- 
liche Reform betreiben wollen, die Hohenzollem sich neue 
Freunde und einen neuen Rückhalt verschaffen, wird das 
böhmische Projekt von allen gleichzeitig fallen gelassen. Das 
der Compromiss, der aus den Nürnberger Abmachungen un- 
zweifelhaft hervorleuchtet,*) 



') Kaia. Buch S. 90: Also sind wir mit vniisenn brnder gen Nunn- 
beig geiyten, du haben im anfang die korfurstea allwegen aJlein mit ein- 
ander gerett etc. 

') Daas er Bchon vor der definitiven Antwort an die Böbmea zu 
Stande kam, bezeugt die Haltimg der beiden rheinischen Kurfürsten dabei 
K. Menzels eingebende Darstellung dieser Wandlung der brandenburgischen 
Politik (Dieth. v. Isenb. S. 110 ff,) 1^ auf den Einfluss der b " 

. Bacbnunn: GpB<:ti. Georg'i ?on FodlEbrad. ^ 18 



~ 274 - 

Die böhmische Gesandtschaft hatte, während die Fürsten 
sich beriethen und zu einheitlichem Vorgehen kamen, Zeit 
gehabt, nach Möglichkeit im Interesse König Georgs zu arbeiten. 
Aber nie alle Versuche eben nur zu der Erkenntnis führten, 
dass ohne die Zustimmung des brandenburgischen KurfOrsten 
sich nichts erreichen lasse, so scheiterten anderseits die Be- 
mühungen des Herrn von Hasenburg, jene in wiederholten 
Besprechungen mit dem Markgrafen Friedrich und seinem 
Bruder Albrecbt zu erreichen, ') an deren Festigkeit. Darum 
grüfen denn die Böhmen, als es endlich zu gemeinsamer Be- 
rathung über die Erhebung ihres Königs kam, auch zu dem 
letzten Mittel. Martin Mair, der das Wort führte, wird dar- 
gelegt haben, was zu Gunsten seines Königs sprach. Dann 
wandte er sich an Pfalz und Mainz, zeigte, wie der König 
die mit ihnen geschlossenen Verträge zu erfüllen willens sei, 
wie vor allem auch Brandenburg und Sachsen ihn zu fördern 
versprochen hätten, ^) bat, nun ihrerseits mit der Erhebung 
des Königs voranzugehen. Es war natürlich, dass der Pfalz- 
graf und Erzbischof Dietrich von Mainz erstaunt authorchten, 
als man ihnen auf einmal von einer Einwilligung der beiden 



Bewerbung zu wenig Gewicbt. Nicht trotz ihrer entachiedeneu Abneigang 
gegen die Wahl des Böhmen (8. 110) achlosaen sich die Markgrafen den 
Ansichten der reformireundliclien FLlreCen an, Eondern eben gerade des- 
wegen und weil sie Bchlimmc Folgen besorgten. Uan rergl. nur den' 
Bericht an den Earfürsten von Sachsen (Maller, Reiclistagstlieatrum S. 7), 
in dem M. Albrecht die Nothwendigkeit einträchtigen Handelns driDgend 
betont, „dann der Eünig von Böheim meint Römischer konig 
zu sein, es sei den Tentschen lieb oder leid," des Markgrafen 
Bemüheo, Kaiser und Faiist zu energischem Einschreiten zu beivegen 
(Heymlich werbung an den kayaer durch herm Wentzlaw gescheen anno 
LXI bei Höfler Kaia. Buch S. 80—85), sein Streben, sich bei KBntg 
Georg zu entschuldigen und ihn vom äussersten abzuhalten (Werbung an 
den konig von Beheyra bei Höfl. Kaia. Buch 8. 85—91). Die Wandlw^ 
der Brandenburger war eben nur eine momentane, um nicht überhaupt 
refoiTufeindlich zu erscheinen und ca mit allen im Reiche zu. verderben. 
dies beweist obige „Werbung an den Kaiser etc." unumstösalich. 

') Kais. Buch S. 90—91. 

') Kaiaerl. Buch S. 88. Mtürs Worte gibt der Markgraf niobc 
wieder, sondern nur die Art seiner Rechtfertigung. 



ioifOrsten zur Wahl des Böhmeakönigs sprach, dass sie sich 
■iöchlichst übeiTascht, ja, wie uns unser Gewährsmann be- 
richtet, geradezu mit Vorwürfen an den anwesenden Kurfürsten 
von Brandenburg wandten, 'J ihm das Widerspruchsvolle seines 
Beneiimens zu erklären. Der Kurfürst hatte sie zur Abweisung 
der böhmischen Werbung vermocht und nun sollte er sich 
selbst für dieselbe verschrieben haben ! Aber Markgraf Friedrich 
konnte mit Eecht fiü' sich, wie für deu Kurfürsten von Sachsen 
jede yerpflichtung gegen Böhmen entschieden in Abrede 
stellen. Die böhmischen Gesandten sahen sich nun genöthigt, 
sich weiter zu erklären: „Der Kurfürst selbst zwar habe sich 
ihrem Könige nicht verschrieben, wohl aber habe sein Bruder, 
Markgraf Albrecht, in Prag dem Könige die Zusage gemacht, 
Sachsen und Brandenburg würden seiner Wahl zum römischen 
Könige beistimmen, da er ihrer mächtig sei." 

Alsbald wurde ein Bote gesandt, Markgraf Albrecht 
herbeizurufen. In Gegenwart der Kurfürsten von Mainz und 
der Pfalz, der Rätbe von Sachsen und Trier, auch der böh- 
mischen Gesandtschaft verlangte Kurfürst Friedrich , dass 
Albrecht sich der Behauptung der Böhmen gegenüber ver- 
antworte. Der Markgraf, der Rede Meister, wusste sich gut 
aus der Klemme zu helfen; An all' dem, sagte er, sei kein 
wahres Wort. Wie könnte er sich fiir der Kurfürsten mächtig 
au^ben, da er dies doch thatsächlich nicht sei? Er werde 
dem Könige doch keine Unwahi'heit gesagt haben! Aber der 
König hätte weder von ihm verlangt, dass er sich für die 

itimme von Sachsen und Brandenburg verpöichten solle, noch 

abe er eine solche Verpflichtung auch wirklich übernommen. 

>er beste Beweis dafür sei, dass er nie ein Wort mit den 

LurfOrsten darüber gesprochen habe. -) 



') Kais. Bach S. 86 zeigt aber, dass M. Albrecht nicht blos aein 

"erhalten in Prag zu Martini 1460, sonderu auch auf den beiden Egerer 

'agen November 1459 und Febr. 1461 zum Vorwurfe gemacht wurde. 

') Die Dargtellang »ollstäudig nach dem Kais. Buche S. 88. Von 

Beiaer Vertlieidiguug sagt Älhrecht in dem Berichte an den säcbs. Kur- 

ftlrsten, MflUer, E.-T.-Th. II- S. 7, er habe sich in Gegenwart der Kur- 

füTGten, der knrforaü. und höh». Bäthe „mascuie verantwortet" und das 

Actum negieret." 



- 276 - 

Martin Mair wandte ein: Sie, die böbmischen Gesandten, 
seien bei den Besprechungen nicht zugegen gewesen, 6ie 
wüssten nur, was ihnen der König gesagt und was er ihnen 

denigemäss vorzunehmen befohlen hätte. Der Markgraf ver- 
drehe die Worte und lege sich aufs Leugnen. Er zweifele 
nicht, wäre der König nur selbst anwesend, Älbrecht würde 
dies wohl lassen. „Und wären wir auf dem Marktplatze zu Prag," 
antwortete Älbrecht, „und drohte man uns darum den Kopf 
abzuschlagen, wir könnten doch nimmer bekennen, was wir 
nicht gethan haben und wes ihr uns vor den Kurfürsten hier 
beschuldiget." Er glaube auch gar nicht, fuhr er ruhiger 
fort, dass der König dies von ihm sage und ihnen solche Auf- 
träge gegeben hätte; er hätte solches nie um den König ver- 
dient. Wäre er aber der Kurfürsten wirklich derart mächtig, 
dass sie den, den er wolle, zum römischen Könige machen 
müssten, nun so würde er doch wohl am liebsten sich selbst 
erheben lassen, — Man schied von einander, ohne eine Ent- 
scheidimg in der Sache getroffen zu haben. Der Markgraf 
erschien völlig gerechtfertigt; seine Verantwortung hatte selbst 
auf die böhmischen Räthe Eindruck gemacht. Deswegen und 
um es vor der Entscheidung der Sache mit dem einflussreichen 
Manne nicht völlig zu verderben, suchte ihn Hen.' Hase von 
Hasenburg in seiner Herberge auf. „Es sei ihm leid," sprach 
er zu Albrocht, „dass im Kurfürstenrathe solche Worte gegen 
ihn gefallen seien ; auch sei dies ja nicht so arg gemeint, sie 
hätten eben im Verlaufe der Verhandlungen mit den Kur- 
füi'sten, um die Sache ihres Herren zu wahren, sich auf die 
Versprechungen des Markgrafen berufen."') Diesem brauchte 
im Bewusstsein seiner Schuld des Verzeihen nicht zu schwer 
2u fallen. „Nothwendig sei ein solches Fürbringen in Gegen- 
wart der Kurfürsten freilich nicht gewesen," meinte er, und 
versprach die Sache zu vergessen. 

Und wie Albrecht so mied auch Km'fürst Friedrich aoi;g- 
flltig Alles, was den Böhmen Grund zu weiterer Beschwerde 
geben, oder etwa seine innere Abneigung verrathen konnte. 



') Hafler, Kais. Buch S. t 



277 



lag bei dem Stande der Dinge für die Erhebung 
!^g Georgs nichts mehr daran, ob Mainz und Pfalz in der 
Kurfursteneinung waren oder nicht. Als aber die Einigung der 
Füreten in den Sachen des Reiches und der Kirche neue Fort- 
schritte gemacht, die Brandenburger auch eine zweite Appel- 
lation des Mainzer Erzbischofes gegen die eigenmächtige 
Erhebung des Zehnten, Zwanzigsten und Dreissigsten im Reiche 
seitens des römischen Stuhles und zugleich eine „Einung" 
unterzeichnet hatten, deren Zweck war, die i'ürsten des Reiches 
zu gemeinsamem Vorgehen gegen die Curie zu verpBichten, ') 
erfolgte am 6, März die Aufnahme der beiden rheinischen 
Kurfürsten durch Markgraf Friedrich in den Kurverein,') wie 
dies König Georg in Eger gewünscht hatte. Dann ver- 
hielt man auch den böhmischen Gesandten nicht länger den 
■endlichen Bescheid in ihrer Sache: „Nach eiumüthigem 
Beschlüsse könnten sie dem Könige in puncto der Römischen 
Königskrone in nichts willigen," eröffneten die Kurfürsten, 
„wo sie ihm aber sonst zu dienen vermöchten, das thäten sie 
gerne. Doch sei dies nur ihr, der drei anwesenden Kurfürsten, 
Bescheid. Sie bäten darum den König entweder persönlich 
oder durch seine trefflichen Räthe auf den von ihnen auf den 
Sonntag Trinitatis festgesetzten Tag zu Frankfurt zu erscheinen, 
dort werde ihm in Uebereinstimmung auch mit den übrigen 
Kurfürsten wegen der Römischen Krone eine einmüthige 
„Resolution" gegeben wei-den."') Damit war die Aufgabe der 
böhmischen Gesandtschaft in Nürnberg beendet; sie erkannten 
wohl, von welcher Seite die Hoffnungen ihres Königs ver- 
eitelt worden seien und machten ihrer Erbitterung unverhohlen 



*) Die Appellation bei Seuckenberg, Sei. jor. et hiat. IV. S, 368 
bia 380. Eine zweite gleichzeitige Abscbrift findet sich nach Menzel, 
DieÜier Yon Isenburg S. 116, Anm. 27 iik Cod. lat. 215 fol. iälä i. der 
MDnchener Staatsbibliothek. Eine „copiu der eynung der forsten" fand 
Menzel im kön. sächs. Hauptstaataarcbive zn Dresden im Lib. Union 
Cop. Nro. 1316, fol. 334a— 336a. Vergl. Dieth. ron laenbm^ S. U6. 
Asm. 28. 

') Die Urkunden bei Müller, Keichstagatheatrum U. S. 10—12, auch 
bei Kreiuer, Urkunden Nro. LXXV. 

>) Müller, n. S. 7. 



Lul't. ') Auch aus der Ausgleichung vou Brandenburg mit 
Herzog Ludwig wurde nuu in Nürnberg nichts. Als dieser, 
ohnehin mit des Königs Stimmung vertraut, die Erbitterung 
der Böhmen gegen die Markgrafen bemerkte und den kommenden 
schweren Krieg in Aussicht sah, „zog er die Forderungen so 
hoch an," dass dein Markgrafen keine Möglichkeit blieb sie 
anzunehmen.*) In Herzog Ludwigs Geleite, nicht dem der 
Brandenburger, obwohl sich diese noch besonders dazu er- 
boten hatten, traten der Bischof vou Breslau und Herr Hase 
von Hasenburg mit den Ihren den Rückweg nach Böhmen an.') 
Der Tag von Nürnberg aber, auf dem die Reformbewegung 
nach Beseitigung der böhmischen Bewerbung, die ihr ohnehin 
mehr als Hemmnis denn zur Förderung gedient hatte, nun 
ihren Höhepunkt eiTeicht hatte, von dem Kurfürst Diether 
von Mainz mit der stolzen Hoffnung schied, nun an der Spitze 
eines starken Bundes einiger Kui-fürsten und Fürsten, alle 
Forderungen der deutschen Kirche an den Papst durchsetzen, 
die Neuordnung und Besserung des lieiches mit erfolgreichem 
Nachdrucke von dem saumseligen Kaiser verlangen zu können, 
fand keine den weitgehenden Entwürfen des Erzbischofes ent- 
sprechende Folge. Wohl aber barg er in seinem Schosse' 
den Keim neuer blutiger Fehden, die bald zwischen Baieni' 
Landshut und Markgraf Albrecht, zwischen Böhmen und dem 
Kurfürsten Friedrich von Brandenburg entbrennen sollten. 

So gering die Hoffnungen waren, die der noch in Eger 
weilende König auf die Nürnberger Verhandlungen setzte, das 



') „Solcher antwort waren die Behemen nit zufrieden ini trieben 
donucb wanderliche wort und aonderlichen draw wort etc." in dem 
Handel uf dem tage zu Egra" bei K. Menzel, Biether von Isenburg 
S. 121, Asm. 39, Es ist mir vüllig nnbegreiSicli, wenn Palacky, der nicht 
bIo9 die Ausfolinuigen des Kaiserl. Baches keont, sondern auch voa der 
^Unterrichtiing des Handels an den Papst" mehr weiss, als er sich den 
Anschein gibt, sagt (D^, Ceak. n&r. IV. 2. str. 158), daas in Nürnberg 
von des Königs Wahl zum rGmischen Könige gar nicht ge- 
handelt worden zu sein scheint. Aach was Palack; sonst tob 
dem Tage sagt, ist vielfach nach K. Menzel zu corrigieren. 

') Müller, ReicbBtagstheairum II. S. 13, 
.') Höfler, Kaiserliches Buch S. 91. 



Verlangen, auf seinem Haupte die Krone des deutschen Reiches 
dem böhmischen Königsdiadem hinzuzufügen, war heftiger als 
je. Vom Stachel des Ehrgeizes getrieben und nach seiner 
heftigen Natur im ungestümen Zorne aufbrausend gedachte 
Podiebrad zuerst wie einst in den Tagen seiner Jugend die 
Entscheidung auf die Schäi-fe des Schwertes zu stellen und 
im Verein mit Mathias von Ungarn, Erzherzog Albrecht, 
Ludwig von Landshut an der Spitze der böhmischen Heeres- 
macht den schwachen Friedrich von Oesterreich zu zwingen, 
ihm die Krone des deutschen Reiches zu lassen. Dieser 
Stimmung des Königs entsprang die Erneuerung der Freund- 
schaftsverträge mit den herzoglichen Brüdern Johann und 
Sigmund von München , Herzog Albrecht IV. Söhnen , vor 
allem aber die neuerliche Freundschaft und der enge Waffen- 
bund, die nach dem Wegreiten der brandenburgischen Fürsten 
noch in Eger am 18. und 20. Februar zmsehen König Georg 
und Erzherzog Albrecht geschlossen wurden. König Georg 
verpflichtet sich ausdrücklich, dem Erzherzoge mit seiner 
ganzen Macht zum Besitze des Landes OesteiTeich unter der 
Enns zu verhelfen, „doch also, dass seine Liebe (Erzherz, 
Albrecht) mit seiner Macht und auch mit Hilfe und Beistand 
anderer Fürsten und Herren, die er zu diesen Sachen erlangen 
und ziehen vermag, auch also thun." Der Erzherzog, so wird 
in einem besonderen Briefe bestimmt, erhält das Recht, auch 
den Herzog Sigmund von Tirol bis Ostern 1461 in das Bündnis 
mit dem Könige aufzunehmen, worüber dann besondere Ur- 
kunden gegeben werden sollen,') 

Aber bald gewann bei König Georg wiederum nüchterne 
Erwägung die Oberhand und nun gestalteten sich in seinem 
Innern Erwägungen in greifbare Form und reiften Gedanken 
zu festen Entwürfen, die er wohl längst in den Tiefen seiner 



') Die Urkuflden vom 18. und 20. Februar vollständig bei F, Kurzr 
OeBterreich unter Friedrich dem Vierten, II. BeiJagen Nro. XX17— XXVI, 
8. 215—220. Man »ergl. noch Palacky, Urkundl. Beitr. Nro. ZSi u. 336, 
S. 239, 340. Birk, Eegesten zu Liohnowsky VH. Nro. 476 bis 478, 
8. CCCXVm-CCCSIS; Chmel, Begesten H. Sia. 3853, 3Bfi4, 3856, 



Seele verborgen gehegt und genährt hatte. Sie bringen den 
Entschluss, auf einem letzten Wege die Erhebung auf den 
römischen Königsthron zu versuchen: mit Hilfe des 
Papstes. 

Unglaublich, ja unmöglich muss dieser Entwurf des Königs 
allen jenen erscheinen, die freilich mehr den Gebilden ihrer 
Phantasie oder dem Zuge ihres Herzens, als den Ergebnissen 
strenger Foruchung folgend in König Georg den strenggläu- 
higen HusJten verehren, ihn als den Helden und Vorkämpfer 
der kirchlich reformatorischen Ideen seiner Zeit, als den rühe- 
losen Verfechter der Gewissensfi'eiheit feiern möchten, deren 
Märtyrer er dann geworden. ') Das Alles war König Georg 
im unparteiischen Lichte unserer Nachrichten betrachtet nicht, 
so viele treffliche Eigenschaften ihn sonst zieren, so sehr er 
zu den bedeutendsten Erscheinungen des mittleren XV. Jahr- 
hunderts zu zählen ist. ') Mit des Königs religiöser üeber- 
zeugung war es keineswegs weit her; sie trat stets und iiberall 
unbedingt zurück vor den Anforderungen seiner Politik und 
seiner persönlichen Pläne ; dass er sich zu den Ideen geistiger 
Freiheit auch in religiösen Dingen, die in jenen Jahrzehnten 
mächtig emporkeimten und im folgenden Jahrhundert den 
gewaltigen Umsturz der alten Kirche herbeiführten, zu echter 
Toleranz und Humanität emporscbwungen , dafür fehlt uns 
jeder Beleg, Wohl aber vrissen wir, dass der König, die 
Krönung zu erlangen, den Uebertritt zum Katholizismus nicht 
scheute, dass er die Rückführung auch seines Volkes zum 
Glauben und Ritus der alten Kirche versprach, dass er nun 
1461 seit Jahren als der getreue Sohn des apostolischen 
Stuhles galt und gelten wollte, dessen Beistandes er sich 
unbedenklich bedient hatte, um die widerspänstigen Bree- 
lauer zur Anerkennung seines Königthums zu vermögen. Und 
es fehlt uns jeder Beweis, dass der König es etwa mit der 



') Palacky, Droysen, Jordaa a. A. t. 1. 

^} Den Nachweis dafür habe ich ausführlich beigebracht in dem 
.labreeprogramiae des k. k. deutschen Staatsrealgymnasiums sa Prag f<ß 
1874—5, ao wie in meiner Abhaudliiog „Ein Jahr bahm, Gesch." S. 89 ff. 



Kirche nicht ehiiich meinte ; ihm dem schlauea Kechenmeister 
hätte schon die Klugheit veiboteu, sich der Kirche gegenüber, 
deren imerbittlichen Zorn er kannte, in ein Gewebe von Trug 
und Täuschung zu verwickeln. Es erscheint daher in dieser 
Hinsicht des Königs Vereuch, nun mit päpstlicher Hilfe 
das schönste, höchste Zeil zu erreichen, das sein Sehnen 
erföllte, die deutsche Kaiserkrone, wenigstens nicht wunderbar. 
Aber andere schwere Vorwürfe sind gegen König Georg dieses 
seines Schrittes wegen erhoben worden oder noch au 
tlieaer Stelle auszusprechen, die leider nui' zu sehi- be- 
gründet sind. 

Dasa der König erbittert über die Abweisung, die er 
sich in Nürnberg geholt, nun mit einem Male in dem gi'ossen 
Beformstreite im Reiche die Farbe wechselt, und nachdem er 
bisher neben Erzbischof Diether von Mainz und dem Pfalz - 
grafen sich als eines der Häupter der Opposition benommen 
und mit ihnen sich berathen, nun mit einemmale geradezu 
dem Papste seine guten Dienste gegen die Opposition und 
seine bisherigen fürstlichen Freunde anbietet, kann man noch 
hinnehmen. Es beweist dies aber, dass dem Könige an der 
Reform und Besserung des Reiches, an der Er- 
ringung der ersehnte nFr ei heilen für die deutsche 
Kirche nichts gelegen war, wohl aber alles an dem 
Gelingen seiner persönlichen Entwürfe. Es war eine Art von 
ütilitätspolitik, wie sie auch sonst in jener egoistischen und 
kleinlichen Zeit sich nicht selten findet. Aber wie konnte 
König Georg es in Einklang bringen mit seinen Pflichten gegen 
das Reich, dessen Kurfürst er war, der "Wahrung der Selb- 
ständigkeit der deutschen Krone, der heiligen Rechte des 
gesammten deutschen Volkes, wenn er den Papst geradezu 
aufforderte, das Recht der Besetzung des Thrones, „der Be- 
stellung des Reiches mit einem römischen Könige" an sich 
zu nehmen, wozu er sich erbietet und mit aller Macht zu 
helfen verspricht? 

Uie „UnteiTicbtung des Handels an den Papst" ist ein 
blosser Entwurf und wohl niemals in die Hände Pius U. gelangt ; 
aber das Ganze entspricht dem Wunsche und den Intentionen 
des Königs, der Wille ihm nachzugehen war vorhanden und 



— 282 - 

schon dies genügt, eineu hässlichen Flecken auf das Andenken 
König Georgs zu werfen. ') 

ünerlässliche Bedingung, die Annahme des Entwurfes 
von Seite des Papstes zu erreichen, war die Anbahnung der 
kirchlichen Union Böhmens mit der allgemeinen Kii-che. Auch 
sonst ja drängte man bereits den König dazu; die kurze 
„Spanne Zeit" ipaullulum), die einst Podiebrad Frist verlangt 
hatte, war längst vorüber, schon neigte sich das 3. Jahr des- 
KÖnigthmneä Georgs seinem Ende zu. Immer dringender waren 
die Mahnungen Boms geworden, eben jetzt erwartete man 
dort eine solenne Botschaft des Königs, die deu lang ersehnten 
Ausgleich von Böhmen mit dem heil. Stithle bringeu sollte. 
Waren die Verhältnisse in Böhmen wirklich dazu reif? 

Uebersieht man Verlauf und Ausgang der grossen kirch- 
lichen Reformbewegung, die zu Beginn des XV. Jahrhunderts,. 
ausgebend vom den Höreälen der Universität und den Hallen 
der Prager Kirchen nach und nach den grössten Theil des 
böhmischen Volkes erfasste, die von ihm mit Feuereifer ergrifiEen 
und mit Strömen Blutes vertheidigt wurde, es macht sich eine 
eigenthümliche Analogie in kirchlicher und staatlicher Beziehung 
geltend. Zwar beweisen die hohen freiheitlichen Ideen, die 
der ganzen Bewegung zu Grunde lagen, ihre steigende Gewalt. 
Das Albigenserthum war mit Feuer und Schwert ausgerottet 
worden, einzelne unerschrockene Männer hatten den Zorn der 
Kirche gefühlt, Wikleff war gezwungen worden von seinem 
Lehrstuhle auf der Hochschule herabzusteigen ; jetzt aber 
hatten die husitischen Haufen die Kriegsheere der gesammten 
christlichen Nachbarvölker niedergeworfen. Trotzdem aber kam 
es zu Neuschöpfungen in Kirche und Staat erat im folgenden 
Jahrhunderte durch die gleichfalls siegreiche deutsche Bewegung. 
vermochte der Husitismus sich auf der eigenen Basis weder 



*| Die Zasagen etwa Küaig Radolph L an Papat Greorg X, 
ÄlbrecLt I. an Booifaz VIII können nicht als Entachuldigung K Georgs 
gelten. Ihnen Gtehen die energischen Beschlüsse des Kurta^es von Rfaenge 
gegenüber. Noch weniger gilt dies nach der Entwicldnng des TerhältniweB 
von Kirche nnd Staat in der 1. Hälfte des XV. Jahrhundena von den 

Indoiaaen, die Karl IV. dem Papste Claaena VI. machte. 



283 



staatlich noch auch kirchlich zu konslitmreD. Nachl6jährigeiii 
Kampfe kommt die Bewegung in politischer Hinsicht zurück, 
von wo sie ausgegangen; der Luxenburger Sigmund wii'd, 
wenn auch als „erwälter", Erbköuig aufgenommen. Wären 
Kaiser Sigmund Sehe und Enkel gefolgt und ihm und Albrecht 
oder Ladislav von Oesterreich Zeit zur Festigung ihrer Herr- 
schaft, zur Stärkung der Legitimität und Erbinonarchie ge- 
hliehen, die Bewegung wäre in politischer Beziehung spurlos 
vorübergegangen. Nur der rasche dreimalige Wechsel des 
Herrschers und der zweifache des Herrscherhauses machte es 
möglich, dass der energische, um das Reich hochverdiente Po- 
diebrad gestutzt auf die kirchliche Bewegung und die dadurch 
geschaffenen Parteiverbältnisse mit Erfolg nach der Krone 
gi-eifen konnte. 

Äehnlich steht es mit den Ergebnissen der religiösen 
Bewegung. Wohl waren ihr die Compactaten geworden, die 
später den hierarchischen Bestrebungen seit Eugen IV. so 
sehr zuwider geworden sind. Aber besagten denn die Compac- 
taten, in denen der Nachsatz stets wieder aufhob, was im 
Vordersatze zugestanden war, einen wirtlichen Fortschritt? 
Und wie stand es mit der Durchführung jener Anschauung, 
dass die Compactaten blos der Ausgangspunkt seien, von dem 
man weiter reformieren müsse, wie stand es mit der inneren 
Entwicklung des böhmisch-utraiiuistischen Kirchenwesens nach 
der Zeit des Basler Friedens überhaupt? Hier waren nicht 
der greise Sigismuud, der im schönsten Mannesalter hin- 
welkende Albrecht H., das Kind Ladislaw die Gegner, sondern 
die ewige Curie, die, seitdem sie siegreich ihre Basler Wieder- 
Bacher niedergeworfen, nun rastlos an der völligen Wiederver- 
söhnuug arbeitete.') Für sie war die gesonderte Stellung der 



') Man vergleiche die Disputation Enea Silvios als Gesandten 
Kaiser Friedrich III. mit den Böhmen zu Tabor, AaguBt 1451, (Aeneaa 
SylTias HjBtor. FriedericHn. pag. 181); die Ernennung desselben Piccolo- 
mini zum Nuntius für Bühmen, Mähren und Schlesien wie die Nachbar- 
länder der Diüzesen Agiei und Salzburg am 13, April 1452, {Raynaldna 
Annal. eccies. ad an. 1453, Nro, 6) ; die Bemühungen der Carainäle Cusa 
and Carv^al, des Mönches Kapistran, Nicolaus V., der auch die Ver- 
initlhiDg von Baiem und Brandenburg anruft, 1452, (Voigt, Enea Silvio 



Böhmen unbegreifliche Hartnäckigkeit, die scliädlicli uod 
gefährlich war, jede Fortbildung der Reformanfäuge musste 
sie zu dem heftigsten Kampfe gegen dieselben aufrufen, den 
sie nun mit verstärkter Wucht zu führen vermochte. Dem 
Husitismus blieb nur die Wahl zwischen Union mit der 
Kirche unter Preisgebung jeder Reform, oder deren Fortent- 
wicklung und neuem schweren Kampfe mit dem römischen 
Stuhle. 

Das griff an sein innerstes Leben. Besass er wirklich 
den inneren Gehalt, um diesen Kampf siegreich au&elimen 
zu können, besass er die erleuchteten Männer, die der Be- 
wegung Mass und Richtung wiesen? Wohl waren einst hohe 
Ideen vorhanden gewesen; sie hatten die Massen des Volkes 
wahrhaft begeistert. Aber in jahrelangem Kampfget-öse und 
Kriegeszügen und Siegerübermuth waren sie verloren gegangen 
und was noch geblieben, war in einseitigen Sektenbildungen 
verkümmert. 

Und welches waren denn, abgesehen von den Compactaten 
und dem Laienkelche, den freilich die Masse des Volkes als 
ohne Weiteres gewähi'leistet wähnte, die Verschiedenheiten, 
welche die kirchliche Entwicklung des Utraquismus bis zu 
den Tagen König Georgs zu Tage gefördert? Man höre am 
liebsten ihre Gegner, die ihnen gewiss nichts an ihrem Sünden- 
register erliesseu. Da haben die Breslauer, so lange sie noch 
nicht mit dem Könige ausgeglichen waren und später nach 
Begimi des Streites vielerlei Vorwurfe gegen die Lehren 
Rokyzana's und seiner Priester erhoben. ') Thomas Eben- 
dorfer, Pi'ofessor der Theologie an der Wiener Universität, 
will den Böhmen wenigstens 78 Ketzereien nachweisen, worunter 



S. 164—165); die weiteren Bestrebungen Enea Silvios für die Reunion 
1455, (Voigt, n. S. 1G5-171). 

') Man vergl. die Briefe der Breslauer Eimüctiat vom 23. Juli und 
9. August 1459 an Papst Pius, vom 9. Aug. au das CordiiialaDotl^mii 
in der nPolitiscben Coirespoodeuz Breslaus," Scriptor. rer. Silesiac. VIII. 
S, 25—32. Eschenloer, Gesciiichten der Stadt Breslau I S. 169. Höfler. 
Gesehichtschreiber der husit Bewegung in. Theil in den Fontes rer. 
Äustriac. 1. Abth. Vli Bd. Wien 1866. Einleitung. 



285 



lilich nur 3 Irrtfaümer von Bedeutung.') Man warf ihnen 
for, dass sie das Altarsaa-araent auch Eindera und Geistes- 
banken reichten, das Fegefeuer, den Äblass, die Nützlichkeit 
der Gebete für Todte läugneten, die Verehrung von Heiligen- 
bildern, sowie die Segnung von Kleidern, Gelassen, Lichtern 
verwarfen, Lieder in der Volkssprache beim Gottesdienste zu 
Hingen pflegten u. s. w. Aber wo war die leitende Hand, 
reiche die ganze Bewegung zur Einheit im freiheitlich refor- 
latorischen Sinne zusammenfasste, die fundamentalen Dogmen 
i ihrer scharfen Ausbildung brachte, das ganze durch eine 
kirchliche Verfassung sicherte?') Sieht man von den Sekten, 
vor allem der Brüdergemeinde ab, so war es schliesslich doch 
nur der Kelch, der als einzige Differenz im Bewusstsein des 
Volkes lebte und bestehen blieb, eine Formel ohne Inhalt und 
flhne jede Bedeutung, wenn man der Bestimmung der Korapak- 
taten getreulich nachkam. Nicht eigene Lebenskraft, sondern 
bittere Nothwendigkeit war es, die den Utraquismus nöthigte, 
sich in einer Art kirchlich zu konstituii-en mit Rokyzana als 
Haupt. Und war denn Rokyzana, den wir nahe an 47 Jahre 
an der Spitze der utraquistischen Bestrebungen finden, der 
Uann, um der Bewegung die verlorene Lebenskraft und Frische 
wieder zu geben, unerschrocken den Kampf mit der Curie 
ao^uaebmen, dessen innere freiheitliche Oi^anisation durch- 
zuführen? Wo sind bei ihm die schöpferischen Ideen, wo die 
grossen zündenden Gedanken, die, wie einst aus dem Munde 
Johannes Hus nun aus seinen Worten die Menge begeistern, 
n? Rokyzana' s hervon-agende Bedeutung liegt in 
seiner Stellung als der ausdauernde unermüdliche Vertheidiger 
und Wächter des Utraquismus; die Union mit der alten Kirche 
Boll an die Compactaten geknüpft, der Utraquismus erhalten 
bleiben ; aber er vermag ihm selbst kein frisches Leben einzu- 
fiauchen. Sein Streben geht dahin, denAbfall vom Kelche 
ra verhüten, dann seit sein Parteigenosse, König Georg, die 



') Thom. Ebendorfer bei Pez, Script. II. col. 84fi. 

') Man vergl. dazu wie zum folgenden die trefflichen Ausführungen 
bei Voigt, »Georg von Böhmen der Hussileukönig," »ou Sybel'Bche Ztsclir. 
V. Bd. S. 432 ff. 



Krone Böhmens trägt, den Zutritt zum Utraquismus 
zu erzwingen, nicht aber dahin, seine Kirche zum Horte frei- 
heitlichen Denkens zu machen. So rausste die gewaltige 
Bewegung verknöchern; der Husitismus wurde, was er schon 
zu deu Zeiten König Georgs wai-, eine „eingestorbene Refor- 
mation", die böhmische Kirche „eine Mischung von Diktatur 
und Atiarcihie". 

Wie gedachte sich nun der König bei der Durchführung 
seines Entschlusses mit diesem Manne zu stellen ''^ Und hatten 
die kirchlichen Verhältnisse in Böhmen in den letzten Jahren 
wirklich jene Richtung genommen, welche das Gelingen des 
TJnionsversuches hoffen liess? Hier gilt es genauer zu unter- 
scheiden. 

Als am 23. November 1457 der jugendliche König Ladislaus 
gestorben war, die Frage um die Nachfolge auf den erledigten 
Thron alle Gemüther beschäftigte, da hatte der Prediger 
am Teiu seine mächtige Stimme auch darüber vernehmen 
lassen. Indem er die Leidenschaften der erregbaren Menge 
entzündete, den religiösen Fanatismus, wie den alten National- 
hasa gegen die Deutschen erregte, wurden er und seine Priester 
mächtige Förderer der Wahl Podiebrads. „Die Hen'schaft der 
Deutschen ist eine Schmach für das Land, finde sich keiner 
unter den Böhmen, der dem wahren Glauben anhängend der 
Krone würdig erscheine, so sei es besser, wie einst die Juden 
gethan, sich mit einem Richter zu begnügen." So und ähnlich 
sprachen die utraquistischen Prediger und rasch gieng der 
Ruf durch das Volk : „Kein Deutscher oder Anderer, sondern 
Herr Georg oder sonst einer der böhmischen Herren müsse 
König werden." ') 

ftann galt ea der Abneigung der Curie gegen die 
Erhebung des Hauptes der Utraquisten zu begegnen, bei dem 
greisen Calixtus HL, in dem CoUegium der Cardinäle die 
Hoffnung zu erregen, daas, was Cardinal Piccolomini stets auch 



') Man vergl. Palacky, Orkundl. Beitr. Nro. 131 und 187, S. ISfi 
und 129—132. Aeneaa Sjlvius, Hiator. Boh. cap. LXXU; femer ratigiv 
Abhandl,: „Ein Jahr MhmiBcber Geschichte," S. 48 und 61— ( 



gemeint hatte, — die Rückführung der utraqtiistischen Böhmeu 
zur alten Kirche durch den Bund mit deren Häuptern zu 
erreichen sei und dies um so leichter, wenn sich Podiebrad 
im Besitz der Königsherrschaft befinde. Auch da gieng 
Eokyzana mit dem Gubemator Hand in Hand. Georg liess 
damals durch den Prämonstratenser Lukas Hladek, der seit 
Jahren Böhmen am römischen Hofe vertrat, den innigen Wunsch 
der Böhmen nach Vereinigung mit dem römischen Stuhle zu 
erkennen geben; ') Rokyzana fügte seinerseits in mehreren 
Schreiben die Veraicherung seiner völligen Ergebenheit gegen 
Calixt ID. hiezu, ') was unter den gegebenen Umständen gleich- 
falls als Erklärung seiner Zustimmung zur Union angesehen 
wurde und darum das Vertrauen auf die Verheissungen des 
Gubemators wesentlich steigern musste. Ja Rokyzana blieh 
anch noch später in derselben Rolle. Als die Freundschaft 
zwischen König Georg und dem apostolischen Stuhle soweit 
;ediehen war, dass die päpstlichen Nuntien auszogen, um die 
Jreslauer durch das Gebot des Papstes und eventuell die 
itrafinittel der Kirche zum Gehorsame gegen den König zu 



') Der Auftrag an L. Hladek ist nicht mehr torhanden, ergibt sich 
Iber ans dem Antwortsclireiben des Papstes vom 23. Febr. 1458; Urkundl. 
Beitr, Nro. 134, S. 127-128. 

") Mir liegen vor 1 Brief Rukjoanas an Calixt III. vom 22. Nov. 
im (Man. der Prager Kreuzberrenbibliotliek SXII, A. 1. Fol. 207-208), 
Q B Briefe Rokyzanaa an Coamaa, deo Beichtvater des Papstes imd 
imoaeniej des hl. Stuhles (zpovödlnlku nqvyäälho biskupa a komorj' 
^oätolskä datarovi), die auf ebenso viele Scbreibeu des Papstes nud 
leines BeicbtTaters an Bokyzatia schliessen lassen (die Schreiben an 
3 ebendort als prima, seeundo, tertia littera Coamae vom 13. Dez. 
[457, 30. Mai und 10. Juni 1458 in demselben Manuscripte XXII., A. 1- 
^^ 67), Fol. 311a, 2I5ab, 2l6b. In aUen Briefen versieben 

Bokjzana seine Ergebenheit gegen den heil. Stuhl, die ihn erfülle vo& 
' Kindheit auf; er bittet den Schmähnogen nnd Yerläamdungen seiner zahl- 
reichen Gegner nicht zu glauben, er sei bereit zu (bun, wie der hl. Vater 
linem Briefe geschrieben habe, wenn die Zeit günstig und behilftich 
ind der Gang der Ereignisse keine Verhindertmg bringt (by tas pil- 
liodny a b pomocem byla rozUCnost v6d pi-ekMky neuCinila (1. Brief an 
Oosmas). Den lateinischen Originaltext, auf den auch noch die Ueber- 
BBbrift hinweist, vermochte ich nirgends aufzufinden; Abschriften des 
böhmischen finden sich im Archive des hdhm. Museums. Dass Calixt III. 



Knimau zu erheben, scheitern. Bisher Administrator „aucto- 
ritate venerabilis capitnli constituti" ftir die katholischen 
Böhmen, wird nun Wenzel von Kmmau Administrator für das 
gesammte Erzbisthiim, auch die Utraquisten miteingeschlossen. 
Daiiim denn auch Rokyzana's gewaltiger Groll bei Wenzels 
Köckkebr von Korn. ') 

Während Georg beiden religiösen Parteien den Frieden 
gebot und bemüht war die Angehörigen beider durch Ver- 
wendung in Landes- und seinen persönlichen Diensten, durch 
Zuwendung des gleichen Vertrauens zufrieden zu stellen, 
wmde des Haders zwischen Rokyzana und den katholischen 
Priestern in Prag kein Ende. Mail darf nicht verhehlen, dass 
Rokyzana der angreifende Theil war. Damals wurden von 
ihm in den utraquistischen Gebieten mehrere Decrete ver- 
öffentlicht, welche den Anhängern der römischen Kirche als 
offenbare Verletzung der fi'eien Glauhensübung, wie sie ihnen 
der König gewährleistet hatte, und als Bruch der Compactaten 
erscheinen mussten. Es sollte Niemand Erbschaften antreten 
und rechtmässig Eigenthum erwerben können. Niemand auf 
kirchliche Trauung und Bestattung in geweihter Erde An- 
spruch haben, Niemand in Piag das Bürgerrecht erlangen 
oder in die Zünfte aufgenommen werden oder auch nur- Hand- 
werkerarbeiten verrichten dürfen, der sich nicht durch einen 
Schwur verpflichte, bei dem Gebrauche des Kelches leben 
und sterben zu wollen, -) Rokyzana gegenüber, dessen Macht 
feststand in der husitischen Bürgerschaft Prags, in der Masse 
der utraquistischen Bevölkerung des ganzen Landes, war der 



') Erst durch diese Aendening in der Stellung der Ädministratoreu 
wird Rökyzana'a Haltung völlig klar. Man vergl. übrigens Peäina, Phosph, 
Septic. p. 141 — 143. Diese Aenderung iu der Stellung des AdminiBtraiors 
ist TOD Seiten Roma ein Scliritt aof dem Wege der Union, Man wollte 
den UtraguiBmus iiacli des Eünigs Ter3pre<:Im!igen forinlich nicht länger 
offiziell gelten lassen. 

*) Der Statute erwähnen die Breslauer in den oben erwähnteu Briefen 
an den Papst und die Cardinäle, Scriptor. rer. Silesiac. VHI. 5. 25 ff., 
ebenso Eschenloer in den „Geachicht^a d. St. B." I. S. 169. HinweisuDgea 
finden aicli auch iu Palack)', Urkuudl. Beit. F. 315 und 383. 
und 442—444. 



— 291 — 

König machtlos. Er inusste zugeben, dass jene Statute unter 
königlicher Äuetorität verkündet wurden. Aber wie sehr der 
eifernde Priester dem politischen Könige im Wege war, lässt 
sich erwägen. Und das wurde später nicht etwa besser. 

Je muthiger die Katholiken das Haupt erhoben, je 
mehr die doppelte Stellung des Königs hervortrat, von Seite 
der römischen Curie sich Schritte kund gahen, die die All- 
gewalt des Teinpriesters bedrohten, desto mistrauischer und 
eifersüchtiger wurde der entschlossene Mann. Dann brach 
sein Dnmuth in lauten Klagen los über die Bedrängung der 
Anhänger des Kelches, der in Gefahr sei ; wiederholt, zu 
Beginn 1459, als Pins II. den Prager Domdechanten Wenzel 
von Krumau, nicht blos, wie erwähnt, zum Administrator des 
Prager Erzbisthums, zum Kapellan des apostolischen Stuhles 
und Auditor des päpstlichen Palastes ernannte, sondern dieser 
Ton Kom auch mit der Hoffnung, Erz bischof zu werden, 
zurückkehrte ',i — dann im August desselben Jahres nach des 
Königs Tagen mit Kaiser Eriodrich zu Brunn, wo Georg den 
Schutz der Kirche und die Ausrottung der Ketzer gelobt 
hatte, — eiTegte Rokyzana die Massen gegen diesen und 
zwang ihn zu erneuerten Erklärungen zu Gunsten der Utra- 
quisten. Sie wurden die Ursache, dass nun anderseits wieder 
das Mistrauen der katholischen Barone offen hervortrat. -) 

So konnte das Verhältnis beider Männer weder ein per- 
sönlich vertrautes noch auch überhaupt sonderlich freundliches 
sein. Zeigte sieb Georg als Gubemator schon 1455 bereit, 
Kokyzana fallen zu lassen, so dürfen wir annehmen, dass 
er auch jetzt — 1461 — unbedenklich ein Gleiches zu 
thun entschlossen war. Selbst später, als er bereits wieder 
entschieden Stellung genommen hatte gegen Rom auf Seite 



') DiepapBtl.BulIebeiPeäina,PIiosph.Septic.p.a-iii, besser im Arciiiv 
des Prager Metrop. Dom -Kapitela. Sonat vergl. man Cochlaeus, HJstor. 
Hnas. üb. XII. p. 415—416; Dubraviua, Histor. Boh. p. 284. Diesen Be- 
richtea gegenüber s. man Zach. Theobaldus, Huasitenkrieg III. S. 48- 4!) 
als Darstellung dieaer Begebenlieiten aus dem gegnerischen Lager, 

') Man vergl. die oben erwähnten Briefe der Breslauer au den 
Papst a. a. 0. 

19* 



— 292 — 

seines utraquistischen Volkes, als Rokyzana seine machtigste^ 
Stütze war, ertrug er nur mitUnmuth dessen lästige Anctorität. 

Aber die Sehnsucht, sich mit der Krone des römisch-, 
deutschen Reiches geschmückt zu sehen, musste imwider- 
stehlicher und mächtiger geworden sein, als alle Vemunft- 
gi'ünde, wenn es der König unternahm, dem mächtigen un- 
beugsamen Husitenführer zum Trotz nun das Bündnis mit 
Rom im Aussicht zu nehmen, dessen Preis nur die Union 
sein konnte. Und wirklich geht er an das gefährliche Werk. 

Unmittelbar nach Georgs Rückkehr vom Egerer Tage 
begannen seinet kirchlichen Massregeln. Als dann —- um den 
10. März — die Gesandtschaft vom Nürnberger Tage die ab- 
schlägige Antwort brachte, die ihm nicht unerwartet kommen 
konnte, so sehr sie auch angethan war, seinen zornigen Trotz 
zu steigern, da gab er einem seiner Vertrauten den Auftrag, 
die Grundzüge eines Vertrages mit dem römischen Stuhle^ 
auszuarbeiten, der die Grundlage seiner Erhebung zum rö- 
mischen Könige werden könnte. 

Diesem merkwürdigen Schriftstücke, das von der Flucht 
der Ereignisse überrascht kaumje an seinen Adressaten gelangte, 
müssen wir nun einige Aufmerksamkeit zuwenden, sei es 
auch nur um die bezüglichen Intentionen König Georgs näher 
kennen zu lernen. 

Die Wünsche des Königs sollen durch eine besondere 
Gesandtschaft an den Papst gebracht werden. Deren Aufgabe 
wird zunächst sein, den König zu entschuldigen, dass er 
seine Gesandten nicht zur versprochenen Frist nach Rom 
abgeordnet habe. Der König habe dies schon von Olmütz 
aus thun wollen, da sei aber die Einladung des Mainzer Erz- 
bischofes zum Nürnberger Kurfürstentage, dort von dem Türken- 
zugo zu handeln, dazwischen gekommen und der König habe 
HftUia Itäthe verhalten bis zum Schluss dieses Tages, sie, falls 



') Hierlier gehört die oft erwähnte, von Eschenloer in der ffistor. 
Wfttt. bftrlchtete Erzählung von der derben Abweisung, die der über einen 
VintioL Priester klagende Rokyzana sich von dem Könige holte : „Du 

lUt Irninor, dass dir alle gehorchen, du selbst magst unter keinent 

fcbfl/ Vurgl. Pii n Comment. p. 241. 



in Nämberg etwas ober den Zug beschlosseu würde, mit um 
so mniassenileren Instmctionen versehen zu können. — Ist 
so der Papst versöhnt, dann mag man ihm von den beson- 
■deren Anliegen des Königs eine Andeutung macheu, ihn aber erst 
Tersprechen lassen, davon niemand etwas niitzutheilen. 

Nicht etwa des Königs persönliche "Wünsche, sondern 
lediglich das Wohl der Kirche und der gesammteu Christen- 
heit, das Interesse des römischen Stuhles werden nun betont ; 
Pioa n. selbst soll dem Könige entgegenkonunen. Was lag 
nun aber dem Papste mehr aro Herzen, als der Krieg gegen 
die Ungläubigen y Die Gesandten soUea darum ausführen: Seit 
der Einnahme Konstanfinopels hätten sich erst König Ladislav 
tmd Johannes üunyadi, dann dessen Sohn Mathias unablässig 
.Mühe gegeben, Hilfe von Kaiser und Bfiicb gegen die Ueber- 
macht der Türken zu erlangen. Sie sei immer und immer 
wieder zugesagt, nie aber geleistet worden, weil der Kaiser 
4as Reich selbst nicht zum Frieden gebracht, dessen es so 
sehr bedürfe. Ja noch mehr, der Kaiser trete gegen die 
Ungarn selbst feindlich auf und hindere die Vertheidigung 
ihrer Grenzen; er halte die Krone Ungarns zurück, er be- 
haupte viele Grenzschlösser des Landes. Die Folge wäre, dass 
■die Türken übermächtig seien. Tausende von Christen Leben 
und Freiheit verloren haben, der ungarische König auf dem 
Punkte stehe, mit dem Sultan einen friedlichen Ausgleich 
zum unermesslichen Schaden der Christenheit abzuschliessen. 
Da hätten denn die Gesandten des Ungarnkonigs, nachdem 
-sie auch jetzt wieder vergebens in Nürnberg Hilfe gesucht, 
dort und bei ihrer Rückkehr über Prag des Böhnienkönigs 
Käthe und diesen selbst dringend gebeten, als christlicher 
König und oberster Kurfürst des Reiches sich ihres Landes 
anzunehmen. Gross sei seine Macht, sein Name geachtet 
und gefürchtet im ganzen Reiche. Sein Reich gi'en/e an die 
ungarischen Lande und sei für den heiligen Krieg am besten 
gelegen, die Könige von Ungarn und Polen, Erzherzog Albrecht 
von OesteiTeich und Herzog Ludwig von IJaiern, ein Theil der 
Kurfürsten und Fürsten des Reiches seien mit ihm in Einung 
«der mit ihm verwandt und verechwägert, sie alle wUrden 
sich zu ihm halten und ihm lieber als jedem andern zufallen. 



Der König, von jeher bereit einz\itieten für den Schutz 
der Christenheit gegen die Ungläubigen habe den Ungarn ver- 
sprochen, „was er vermöge und thun könne, iim fortan im 
Reiche Frieden und Einigkeit herzustellen und dass der christ- 
liche Zug vollbracht werde, dazu fühle er sich als christlicher 
König und oberster Kurfürst verpflichtet und er erbiete sich 
darin weder seine Person noch seine Macht zu sparen." Es 
habe darum der heilige Vater die Wahl, entweder Ungarn 
hilflos zu lassen und dann ruhig zuzusehen, wie es sich an 
die Türken anschliesse und damit deren Macht zu furchtbar 
bedrohlicher Höhe auch dem Reiche gegenüber gesteigert 
werde, oder Jemanden zu bestimmen und mit voller Macht 
und Gewalt auszustatten, damit er im Reiche Ordnung her- 
stelle und den Hilfszug gegen die Türken zu tmternehmen 
vermöge. Einen fremden Fürsten, etwa den König von Frank- 
reich, dürfe aber der Papst nicht mit diesem Amte betrauen. 
Der würde im Reiche keinen Gehorsam finden und somit 
würde der Sache mehr geschadet als genützt werden; wolle 
der heilige Vater es aber dem Böhmenkönige übertragen, so 
werde er Gott zu Lobe und dem heil. Christenglauben zur 
Rettung seinem Rufe willig Folge leisten. 

Sollte der Papst noch Bedenken tragen, so haben die 
Gesandten ihm weiter nahe zu legen : 

Zu Bamberg und eben erst zu Nürnberg hätten Kur- 
fürsten und Fürsten einen Tag gehalten und eine Appellation 
gegen die Auflegung des Zehnten, Zwanzigsten und Dreissigaten 
beschlossen. Nun sei aber einmal das Geld für den Zug gegen 
die Türken unumgänglich nothwendig, anderseits könne der 
Papst nicht dulden, dass sein eigenes feierliches Verbot 
jeder Appellation gegen die Bullen des apostolischen Stuhles 
misacbtet werde. Mit geistlichen Prozessen und Bannstrahlen 
werde er gegen die Widerspänstigen nichts ausrichten ; die 
Kurfürsten seien Willens bis zur Zusammenrufung eines Concils 
gegen den Papst an die Äbschliessung einer deutschen prag- 
matischen Sanction zu gehen und dabei der entschiedenen 
Unterstützung der Könige von Frankreich und Sizilien sicher; 
schon sei Gregor Heimburg vom Nürnberger Tage weg nach 
Frankreich geeilt. Auf den Kaiser könne sich der Papst nicht 



stützen ; er sei seiner Schwäche wegen im Reiche misachtet 
und ohnmächtig. Er dürfe auch nicht hoffen, den einen oder 
den andeiTi der Kurfürsten auf seine Seite zu ziehen; die 
sechs Kurfürsten hätten sich verpflichtet nichts ohne einander 
zu thun. So bleibe nichts übrig, als das Reich mit einem 
,R*gierer" zu versehen, die „Obergewalt" in die Hand eines 
mächtigen Fürsten zu legen, der gefiirchtet sei und durch- 
zusetzen vermöge, was er wolle ; dazu eigne sich wiederum 
niemand besser als der Böhmenkönig. 

Wohl geize der König nicht nach dieser Würde; er 
habe selbst ein mächtiges Königreich und „viele merkliche 
Fürstenthümer und Lande", die alle willig seinem Scepter 
gehorchen. Er habe darum nicht Noth, „sich in Mühe, Unruhe 
und Arbeit zu geben". Aber eben weil seine Macht so gross 
und bedeutend sei, dass er mit Gotteshilfe auch allein das 
Reich bestellen und die Ungläubigen besiegen könne, so fühle 
er sich in seinem Gewissen verpflichtet, es auch zu thun, und 
scheue den Zorn Gottes, der da spreche: Wer nicht mit mir 
ist, der ist wider mich. Das Glück sei ihm bisher unwandelbar 
treu geblieben, er hoffe, dass er auch seine weitere Aufgaben 
glücklich vollbringen werde. — Mit wichtigen Verheissunge n 
sollen die Gesandten das Erbieten des Königs untei'Stützen. 

So wie dieser trotz der Bitten des Mainzer Erzbischofes 
und anderer sich bisher geweigert der Appellation beizutreten, 
und auch Herzog Ludwig von Baiern und etliche andere 
Fürsten bewogen habe ein Gleiches zu thun, so werde der 
König als mächtiger Bundesgenosse des Papstes Mittel und 
Wege finden, wodurch der Frankfurter Tag hinausgeschoben 
und inzwischen alle Umtriebe mit einem künftigen Concil oder 
einer Sanctio pragmatica vereitelt werden wüi'den. Dagegen 
wird der König, im Falle der Papst in sein Begehren willigt, 
dafür sorgen, dass der Zehnte, Zwanzigste und Dreissigste 
iÖr den Türkenzug entrichtet werde und er und der heil. 
Vater könnten davon „merklichen" Nutzen ziehen- Der König 
soll davon für den Türkenkrieg, wozu grosse Mittel noth- 
wendig, alles Geld erhalten, das in den Reichsstädten, von 
den Klöstern und Stiften und von den Juden eingeht, sowie 
Alles aus seinen eigenen Landen. Ueber die Theilung des 



— 296 — 

Uebrigen wird man sich einigen und der König gerne einen 
Vergleich annehmen ähnlich jenem, den der Kaiser mit dem 
Papste geschlossen hat. 

Sofort nach Abschluss des Vergleiches nimmt der König 
selbst mit den Königen von Ungarn und Polen und vielen 
Fürsten des Reiches das Kreuz. 

So wie Georg sich erbietet, in dem Streite des Car- 
dinais Cusa mit dem Herzoge Sigmund von Tirol selbst und 
durch den ihm engverbundenen Erzherzog Albrecht die Ver- 
mittlung zu übernehmen, so ist er auch in den Sachen des 
böhmischen Kirchenstreites bereit, durchaus den Wünschen 
des Papstes zu entsprechen. 

Um des Papstes Verlangen den König an sich zu ketten 
noch mächtiger zu erregen, sollen da die Gesandten ver- 
sichern: Der König werde zustimmen, wenn der 
Papst einen Erzbischof zu Prag einsetzt oder 
einen würdigen Geistlichen mit der Gewalt des 
Erzbischofes betraue, bis ein solcher rechtmässig 
bestellt ist. Schicke dann Pius IL einen geeig- 
neten Legaten nach Böhmen, so werden der König 
und der Verweser des Erzbisthums mit ihm Mittel 
und Wege finden, die Einheit des Glaubens im 
Lande ohne Blutvergiessen herzustellen. Ebenso 
wenig wird der König Bedenken tragen, im Namen des ge- 
sammten Königreiches, wie seine Vorfahren gethan 
haben, feierlich und öffentlich dem römischen 
Stuhle Obedienz und Gehorsam zu leisten. 

So hofft man Pius IL zu bestimmen, auf des Königs 
Vorschläge einzugehen. Das „Verständnis** zwischen beiden 
soll aber kein halbes sein ; mit einem Schritte will der König 
am Ziele stehen. Deshalb sind die Gesandten beauftragt 
nicht einzuwilligen, falls der Papst etwa den König blos 
zum Gubernator oder Coadjutor oder Vicarius oder Präsidenten 
des Reiches bestellen wollte ; auch die Ernennung zum obersten 
Hauptmann gegen die Türken, zum Konservator oder Hand- 
haber des Friedens sollten sie sich nicht genügen lassen. 
Dagegen sollten sie den Titel eines „ Regierers " des 
hes weder annehmen noch zurückweisen und im Falle der 



■Papst den König zum römischen Könige ernennen würde 
neben dem Kaiser, so sollten sie damit zoftieden sein, sich 
aber genau versichern, wann, wie und auf wie lange Zeit die 
Ernennung geschehen werde und verlangen, dass der Papst 
dies alles in sicheren Urkunden feststelle, dann einen Legaten 
nach Böhmen mit ganzer Vollmacht sende, um Alles endgiltig 
zu ordnen. Am besten sei es aber, der Papst bestelle den 
König zum Haupte des Reiches ohne Riicksicht auf den Kaiser, 
■er spreche die Fürsten und Unterthanen von Treue und Pflicht 
gegen den Kaiser in einer oifenen Bulle ledig und verpflichte 
sie bei hohen Pönen, „fortan von des Reichs wegen dem König ge- 
horsam und gewärtig zu sein und ihm Pflicht und Huldigung 
zu thun," Dem Könige aber soll der Papst in einer besonderen 
Bulle „ganze und volle Gewalt und Macht geben, nach aller 
Notbdurft und in bester Form das heil, römische Reich zu 
regieren als wie ein römischer Kaiser, der durch 
-i\e Kurfürsten einhellig zum römischen Könige 
■erwählt und vom Papste die Kaiserkrönung 
empfangen hat." 

Eine Verhinderung des Vertrages und nachtheilige Folgen 
seines Vorgehens brauche der Papst weder von dem Kaiser 
noch von den kaiserlich gesinnten Fürsten im Reiche, den 
Brandenbiu'gern zu fürchteu. Würde sich der Kaiser wider- 
setzen, so tritt der König mit dem Könige von Ungarn und 
Erzherzog Albrecht in eine bewaffnete Verständigung ; sie 
zwingen den Kaiser nöthigenfatls mit Gewalt in die üeber- 
tragung des Reiches zu willigen. Kurfürst Friedrich von 
Brandenburg könne dem Kaiser keine Unterstützung leisten 
Noch liege er im Streit mit den Herren Fon Sternberg wegen 
einiger Lehen in der Niederlausitz, die jenen der König über- 
tragen; leicht sei es diesem, den König von Polen, seinen 
Sohn Viktorin und andere schlesische Fürsten dem Sternberg 
zu Hilfe gegen den Kurfürsten in die Waffen zu rufen 
und so diesen vollauf in den eigenen Angelegenheiten zu 
beschäftigen. ') 

') Ueber des Kurfarateu Streit mit dem Herzoge Heiurich ran 
Preistadt vergl. man Riedd, Codex diplom. Brandeob. Abth. Itl. Bd. I. 
Kro. 310 ff, 



Noch weniger sei Markgraf Albrecht zu furchten. Der 
König selbst werde ihm trotz der Einung, in die sie vorlängat 
getreten, wegen der Untreue, die er an ihm geübt, absage» 
und alle Kurfürsten und Fürsten des Reiches bei Verlust 
ihrer Lehen gegen den Markgrafen aufbieten. Damit aber noch 
nicht genug ; seien ja dessen Streithändel mit Herzog Ludwig 
von Baiern, mit den Bischöfen von Bamberg und Würzburg nicht 
geschlichtet, daher diese Fürsten leicht gegen Albrecht in 's 
Feld zu bringen, „So würde dieser gedrungen, alles das zu 
Ihun, was dem König von des Reiches wegen gefällig ist." 

Der König verspricht nichts zu unterlassen, was die 
Hoheit des Papstes und des römischen Stuhles fördern kann 
und diesen bei seinen Ehren, Würden und GerechtigkeiteD 
mit aller Macht zu schützen. 

Schliesslich ist in der „Unterrichtung" noch der Fall in 
Aussicht genommen, dass der Papst trotz alledem in des 
Königs Erhebung nicht einwillige. Da sind natürlich die Folgen 
des königlichen Zonies in drastischer Weise dargestellt. Die 
Gesandten sollen drohen, dass dann der König m die kurfürst- 
liche Einung treten, „der genannten Appellation adhäriren unti 
daran arbeiten werde, dass Concil und pragmatische Sanction 
Fortgang gewännen. Schon dadurch würde der Papst und der 
römische Stuhl an seinem Ansehen, würden er und die Car- 
flinäle und der ganze päpstliche Hof in ihren Nutzniessungen 
derart geschädigt werden, wie nie zuvor." Aber nicht genug 
damit wird der König in Eintracht mit den deutschen Fürsten 
auch die Könige von Franki-eich und Sizilien und den Herzog 
von Burgund zum Anschlüsse an seine Sache bringen, sowie 
er auch der Könige von Ungarn und Polen mächtig ist, und 
so dem Stuhle zu Rom unüberwindlichen Abfall bereiten. 
Dann kommt das Reich niemals zu Frieden und Eintracht, der 
Zug gegen die Ungläubigen unterbleibt und das Königreich 
Ungarn geht für den Christenglauben rettungslos verloren ; 
. ebenso wird die Union der Böhmen vereitelt, unerniesslichea 
Unheil in der ganzen Welt entstehen," 

So weit die „Unterrichtung". Nicht immer bleibt ihr 
Verfasser bei der vollen Wahrheit in den Thatsachen, manches 
hat er für seinen Zweck in willkürlichen Zusammenhang ge- 



bracht. Dagegen kiiun das Aosiniien an die Curie, den Konig 
kraft eigener Machtvollkommenheit zu ernennen, viel weniger 
„seltsam erscheinen," ') weil man sie noch so eben auf die 
eigene Ohnmacht aufmerksam gemacht hatte, als, wie oben 
dargethan, mit Rücksicht auf das giltige Reichsrecht und des 
Königs kurfürstliche Stellung verwerflich. Der König wollte 
von Rom ja blos die Auctorität und den Titel, die Macht, 
diesem Folge zu geben, glaubte er selbst oder doch im Verein 
mit seinen Bündnem zu besitzen. 

Man erkennt leicht, dass da in der „Unterrichtung" nicht 
der Entwurf eines mit der Curie abzuschliessenden Vertrages 
vorliegt, sondern das Memorandum eines königlichen Rathes, 
als den man mit Wahrscheinlichkeit Martin Mair zu bezeichnen 
pflegt.*) Die genaue Kenntnis der besonderen Verhältnisse 
Böhmens vor allem hinsichtlich der vom Könige beabsichtigten 
kirchlichen Zugeständnisse, die tiefe Einsicht in die Gänge 
der damaligen Politik des Königs, der ebenso wie Markgi-af 
Albrecht der erste und eigentlich einzige Staatsmann seines 
Reiches war, lassen erkennen, dass die „Unterrichtung" auf 
Wunsch und unter dem uuBiittelbaren persönlichen Einflüsse 
des Königs verfasst wurde. Die Verträge mit der Curie sollten 
erst darnach entworfen werden. Dass solche sich nicht vor- 
finden, ja wohl niemals gefertigt wurden, zeigt, wie die ganze 
Sache nicht über die ersten Stadien hinaus gedieh,') 

So wie man in den Nachbarländern Böhmens, besonders 
aber in Sachsen die Verbindung mit dem „ketzerischen" 



') So Voigt, Enca Silvio UT. S. 251. 

-) Dem widerapricht aber eine .^gabe H. Erlbaohs in seineni Ter- 
höre in Eegenaburg. Daroach wäre König Georg mit Mair's Benelunen 
iD Nürnberg nicht znfrieden gewesen und nur er — Erlbacb, — der 
eben in Prag anwesend gewesen, habe den König abgehalten, sich des- 
wegen bei Herzog Lndwig zn hescbweren. Erlb. Inq. Akten. 

") Die „mehrfach ^titirte'' Unterrichtnng des handeis der bey vnsenn 
heiligen vatter dem babst yon ynaera genedigiatenn herrn deas königs zu 
Beheim wegen iat furzanemen" bei Stoekbeim, Beilagen 1. c. So wenig 
dieselbe praktischen Wert erlangte, so muss sie docb, wie ihre Detail- 
bestimnmngen beweisen, als der Ausdmck der küniglichen Gesinnung 
bezeichnet werden. 



BöhmenkÖnige mit Murren hingenommeu hatte, so konnte 
bei dem Kerne der streng utraquistischen böhmischen Be- 
völkening König Georgs so freundlicher Verkehr mit den 
katholischen Füi'stenhäusem des Reiches, seine wiederholten 
Botschaften nach Rom nur Mistrauen erregen. Dies steigerte 
sich zu staunender Entrüstung, als im October 1459, was seit 
langen Jahren nicht da gewesen , päpstliche Nuntien in 
Prag einzogen und vom Könige mit Auszeichnung emp&ngen 
und während ihres Verweilens hochgeehrt, dann weiter giengen, 
ilun „die Breslauer einzubringen." Wir haben gesehen, wie 
Rokj'zana, seitdem ihm nicht weiter sein Ehrgeiz Mässigung 
gebot, und ihm aus der beabsichtigten Erhebung Wenzels von 
Knunaii zum Erzbiachofe von Prag neuerdings die Erkenntnis 
gekommen war, dass ilim diese Würde niemals von Rom aus 
zu Theil werden würde, nun fest und treu aiif seinem alten 
Posten stand als der Wächter und Rufer des Kelches, wie er 
mit dem scharfen Auge der Eifersucht und des Mistrauens 
jede Bewegung des Königs überwachte. Aber noch blieb ihm 
der eigentliche Endzweck verborgen, als der König jetzt 
(Eeber und März 1461) nach des Rückkehr vom Egerer Tage 
jene Reihe Irirchlicher Massregeln traf, die unleugbar der 
Curie seinen festen Vorsatz, die Union durchzuführen, darthun 
sollten und als die einleitenden Schritte zu dieser angeseheQ 
werden müssen. Der streng katholische Bischof von Breslau, 
der noch eben im Namen des Königs für diesen in Eger ge- 
worben, und die Rückkehr der Böhmen zur alten lürche zu- 
gesagt, erscheint da und nach seiner Rückkehr von Nürnberg 
als der vertraute Rathgeber des Königs, als der Ausgangs- 
punkt der königlichen Massnahmen; wie eifi'ig sich zugleich die 
katholischen Barone der Verfolgung der kleineren Sekten 
in Böhmen annahmen, bezeugen die Quellen ausdrücklich; 
auch sie wussten, was der ganze Versuch zu bedeuten hat 
Endlich sind ja die Ziele des Königs in der „Unterrichtung" an 
den Papst klar genug gekennzeichnet. 

Noch gab man aber Rokyzana keinen wesentlichen An- 
lass zur Klage oder zum Widerstände, wenn man zunädist 
mit den Ketzermandaten nur gegen die kleineren Sekten im 
Laude, die Reste der einst von Georg so schwer heimgesuchten 



— 301 — 

Taboriten, die wohl noch spärlicheren Adamiten, die im Ent- 
stehen begi'iffenen „Brüder", auch wohl Boleslavienser und 
Pickharden genannt, vorzugehen schien. Auch er mochte die 
Sekten nicht leiden und so schwieg er vorerst. Wo gab es 
da aber bei den eigenthümlichen Verhältnissen der ütraquisten 
einen Anfang und ein Ende der Veifolgung? Stand denn auch 
nur einer der ütraquisten lediglich auf dem Boden der so 
inhaltlosen Corapactaten? Und in der Tbat sehen wir, wie 
die Gerichte ohne Wahl gegen jeden einzuschreiten beginnen, 
der, mag er nun irgend einer Sekte angehören oder nicht, 
eines Irrthume schuldig oder verdächtig erscheint, ') 

Die eigentliche Verfolgung begann erst, nachdem die 
königlichen Gesandten mit der kurfürstlichen Abweisung vom 
Nürnberger Reichstage zurückgekehrt waren ; der Zusammen- 
hang beider Thatsachen lässt sich nicht verkennen. Ihre 
ersten Opfer waren am 15. März mehrere Studenten, weil sie 
Angeblich religiöse Anschauungen in Wort und Sclu'ift ver- 
breitet, welche zum Aergernis geworden wären und die Recht- 
glfinbigkeit des böhmischen Volkes in Frage stellen könnten. 
Schon fahndete man auch bei den verdächtigen Professoren 
und Magistern nach verbotenen Traktaten und taboritischen 
Schriften. Wirklich wurden solche bei Magister Nikolaus von 
Hofepnik und dem Baccalar Johann Morawek aufgefunden 
legt diese beiden Männer aber selbst in 



') Bie wichtigBlen Qneilen für die Geschichte der Religionaver- 
folgosg im März und April 1461 bringt bereits Palockj bei in D^. n&r. 
Öeak. IT. 3, st. 165—106. Es sind dies zunächst die SUtata nniTeraitatia 
Pragensis in ilea Moomnentis histor. uuivers. Fragen. III. Fragae 184S 
p. 56-57, dann die Stwi letopiaOTÖ st. 176. Von femerstehenden verg. 
nebenher Hi^ek v. LiboCan, Chrunic. Boli. in unn, 1161, Pelina, Mars 
MoraT. p, 722, Phosphor, septic. p. 216, Z. Theobuldus, Huasiteakrieg III. 

5. 73 ff., Paulus Stranatf, De Hepuhlica Bohem., Amatelaedami 1713 cap, 

6, p. 280—381. CocltlaeuB, Hiator. Hnsit. Üb. XII, p. 435-426 kennt nur 
die Folgen, das neue EinTeratändnia Georgs mit Rokyzana, ohne von dem 
Znsammenhange des Ganzen eine Ahnung zu haben. Von neueren Dar- 
atellungen sind Falack^, 1. c. st. 164—166, Gindely, Böhmen und Mähren 

Zeitalter der Reformation, Abth. I., GeBchichte der Böhmiachen Brttder, 
Band, G. Voigt, Enea Silvio Dl. S. 455 zu nennen. 



— 302 — 

Haft gebracht. ') Die gefangen gesetzten Studenten erklärten sich 
nach raebrwöchentlicher Kerkerhaft bereit, ihre Rechtgläubig- 
keit nach einer bestimmten Formel öffentlich zum Äusdmcke 
zu bringen und erlangten dann unter den geänderten Verhält- 
nissen leicht wieder die Aufnahme in die Universität. Morawek 
in der Einsamkeit des Kerkers erst von schwerer Krankheit, 
dann vom Wahnsinne befallen erhielt durch die Fürsprache 
hoher Gönner die Freiheit und fand endlich Zuflucht in einem 
Kloster. Hofepnik wurde schliesslich aus dem Verbände der 
Universität imd des Collegiatcapitels bei allen Heiligen aus- 
geschlossen und aus der Stadt gewiesen. 

Es ist begreitlich, dass schon durch diese Vorgänge an 
der Universität sich eine mächtige Aufregung der nun seit 
Jahren ziemlich ausschliesslich utraquistischen Bevölkerung 
bemächtigte. Sagte man auch dem Könige nach, dass er die 
Utraquisten schützen und die Compactaten erhalten wolle, 
das Statut, auf das er sich iu seinem Ketzermandate berief, 
war kein anderes als jenes Kaiser Karl IV., worin natürlich 
nur von echten Katholiken und Irrgläubigen die 
Rede war. Die Aufregung wuchs und wurde allgemein im 
ganzen Lande, als allenthalben auch dort die Anhänger der 
verschiedenen Sekten eingezogen wurden, um sie mit zum 
Theile grausamen Mitteln zur Abschwörung zu bewegen. 

Noch war man zu unklar über die eigentlichen Ab- 
sichten des Königs, war dessen Regiment zu kraftvoll, als 
dass sich an der ünivereität, in Prag oder den Städten des 
Landes ein Widerstand hätte hervorwagen dürfen.*) Das 
mehrte die Kühnheit der katholischen Heii'en in der Umgebung 
des Königs und des Breslauer Bischofs, der es endlich wagte 
offen das Ziel der ganzen Bewegung zu zeigen. Am Gran- 



') Maa vergl. die gen. Statata I, c ; geuanat werden 3 StodeOteDi 
Augustin von Chrudim, Peter von Ledef und Georg von Suschitz, „oapti 
et detensi ex mitndato regiae mt^jeatatis," 

-) Darauf weist eiu Passus in den cit. Sututis; Id facto Uuien 
isto Rector UniversitaÜB raultum laborftrll cum magistrls, ut emendarent 
in facie Univer sitatis ; suae regiae msjeetati primiun videbatur; Terum 
per lioc Heutor üniversitatis digne est extusundus etc. 



donnerstage, den 3. April 1461, predigte dor beredte und 
gelehrte Prälat auf dem Prager Schlosse. Da war es, wo er 
geradezu den Kelch verwarf und die Nützlichkeit des Empfanges 
'der Eucharistie unter einer Gestalt nachwies. Klug genu^; 
hatte sich der König nach Kuttenberg begehen, um den kühnen 
Schritt der Katholischen wenigstens nicht unter seinen Augen 
geschehen zu lassen. 

Die Wirkung war eine ungeheure. Je schwerer Zweifel 
und dumpfe Besorgnis bisher auf Volk und Priester der 
ütraquisten gelastet und sie zur Zui'ückhaltung vermocht 
hatten, desto mächtiger brach nun die Erbitterung hervor. 
•Seitdem Rokyzana voll Zorn und stürmischen Eifers die Be- 
völkerung der Hauptstadt zur Vertheidigimg des Kelches 
auflief, den König offen des Einverständnisses mit den Katho- 
liken, der Untreue an seinem Volke beschuldigend, widerhallte 
das ganze Land von leidenschaftlichen Predigten für die Frei- 
heit des utraquistischen Glaubens, von schlimmen Reden gegen 
den König, der aus der Mitte der Ütraquisten hervorgegangen 
und dui'ch sie gross geworden nun zur Unterdi-ückung der- 
selben ihren alten Gegnern die Hand reiche. Es wankten die 
Stützen des Podiebrad'schen Königthums, seitdem Rokyzana 
an ihnen rüttelte. Vor dem Zorne der Bürgerschaft Prags 
hatte Bischof Jost aus dem Prager Schlosse entweichen 
müssen ; er brachte dem Könige nach Kuttenberg die Nach- 
richt, dass sein Versuch mislungen sei.') 

Und nicht blos die Illusionen über eine mögUche Rückkehr 
der Böhmen zur Kirche, denen sich der König Jahre lang hin- 
gegeben hatte, waren zerstört, mit ihnen die stolze Zuversicht, 
seinen Thron so fest gründen zu können, dass er der Unter- 
stützung seines utraquistischen Volkes nicht weiter bedürfe. 
Jetzt stürzten auch die kühnen Pläne, die er auf 
die innige Verbindung mit Rom gebaut, die 
Hoffnung auf all das Glück und den Glanz, den 



') Buxi letopisove str. 176. Tehoz löta u velifcy ftvrtek biakup 
TraUalavsky na hradä ProiBkäm k&zal proti brvi hozL Proto£ b.vla re- 
lik& boui'e v mestä rraiakem proti tomti tlustemu biGkupu, A kräl toho 
iaau byl u Hory; a tehdy biskup pr^el ku kräli. 



— 304 - . 

ihm die Kaiserkrone und das deutsche Königthum 
bringen sollten, jählings zusammen. Dagegen erhoben 
sich bei der Unmöglichkeit, jetzt die der Kirche gemachten 
Verheissungen erfüllen zu können, die dräuenden Gestalten 
furchtbarer Kämpfe und gewaltigen Elendes, die der uner- 
bittliche Zorn der Curie über den König und Böhmen brachte, 
weil er sie getäuscht hatte in verderblicher Selbsttäuschung 
befangen. Hier stehen wir vor dem entscheidenden 
Wendepunkte in der Regierung wie auch im Leben 
König Georgs. Bis hierher ist sein Gestirn im Aufsteigen 
begriflfen. Sind auch die Knoten schon vielfach geschlungen, 
ein wunderbares Glück, die ausserordentliche Klugheit des 
Königs weiss bis jetzt jede drohende Verwicklung zu bannen. 
Nun ist der Höhepunkt überschritten, kurze Zeit noch hält 
er sich im Zenithe der Macht und des Ansehens, hie und da 
flackert das Gestirn noch in altem. Glänze auf, um dann in 
traurigen inneren und äusseren Wirren einen unerwarteten 
Ausgang zu finden. 

König Georg war die Bedeutung des AugenbMckes völlig 
klar. So ungestüm vordem sein Ehrgeiz gewesen war, nun 
wusste er sich rasch zu bescheiden. Ihm galt es jetzt, sein 
eigenes Königthum zu retten. Dazu reichten etwaige Ver- 
sicherungen und Verheissungen an Rokyzana durchaus nicht 
aus; die Aufregung im Lande war so gross geworden, dass 
der König nur durch eine öflfentliche und feierliche Erklärung 
zu Gunsten der Compactaten und des Utraquismus die drohende 
Stimmung gegen ihn zu besänftigen, das alte Vertrauen des 
Volkes wieder anzubahnen vermochte. So sehen wir denn 
zu ausserordentlicher Zeit, Mitte Mai 1461, einen Landtag in 
Prag versammelt, auf dem der König wirklich den utraquistischen 
Ständen die Erhaltung aller ihrer Rechte und Freiheiten, vor 
allem aber den Schutz des Kelches und der Compactaten feierlich 
wiederholt und durch einen Revers zusichert.*) 

Das Projekt römischer König zu werden gab der König 
völlig auf; Martin Mair schied aus seinem Rathe; wenn er 



^) Originaldes Reverses vom 15. Mai im Set. Wenzelsarchive in Prag. 



— 3(lö — 

auch noch die nächsten Jahre die baierische Politik in dein 
Bübmenkönig günstigen Bahnen leitete, 80 sehen wir ihn später 
doch in den Reihen von Georgs Gegnern. Die verheissene 
Gesandtschaft gieng zwar endlich nach Rom, aber nicht, um 
die ersehnte Union zu bringen, sondern mit der Bestätigung 
der Compactaten die feierliche Sanction der besonderen 
böhmischen Kirche zu verlangen. Sie gab das Signal zum 
Beginne des Kampfes. 

Und auch für das deutsche Reich blieb die Vereitlung 
des böhmischen Königsprojektes nicht ohue wichtige Folgen. 
Was aber waren sie im Vergleiche ndt dem Unheil, das aus 
ihm für den Böhmenkönig selbst und sein Volk erwuchs ? 

Die Einigung der Witteisbacher und Brandenburger gegen 
Kaiser und Papst war nur eine momentane und vorüber- 
gehende gewesen ; bald hielten sie sich wieder in alter Gegner- 
schaft die Wagschale und erleichterten so den beiden be- 
drohten Häuptern der Christenheit die vereinten Bestrebungen 
jede geiahrliche Neuerung hintanzuhalten, die kühnen Wort- 
führer aber im Streite gegen die Curie für ihren kecken Trotz 
EU züchtigen. Es erfolgt auch nicht, was Markgraf Älbrecht 
so sehr fürchtet, wogegen er frühzeitig auf allen Seiten Schutz 
und Hilfe sucht: ein mächtiger Rachezug des Böhmenkönigs 
mit der ganzen überlegenen Macht seiner Lande gegen die 
brandenburgischen Brüder , da ja doch sie eigentlich das 
Hemmnis seiner Erhebung gewesen. Wohl unterstützt der 
König Herzog Ludwig von Landshut in dem erneuerten Kriege 
mit Markgraf Albrecht mit einem Hilfsheere, ') wohl kommt 
es auch in den Lansitzen zur Fehde zwischen den Stern- 
bergen und Kurfürst Friedrich, der König selbst sagt endlich 
beiden Markgrafen ah : der Kiieg wird weder mit besonderem 
Nachdrucke geführt noch leitet er zu irgend einem wesentlichen 
Resultate. Zeigten schon die Tage von Nürnberg and Mainz 
1461, wie sehr das Ansehen der böhmischen Politik durch 



') Ziemlich zahlreiches bia jetzt nubekanntes Materiale tHr diese 
Kämpfe des Jahres 14G1 in Frankeu wie in den Marken und ia Baieni 
fand ich in dem Archive Ton Eger, dem Geh. Staatsarchive zu Berlin 
und dem k. k. Geh, Hansarchive zu Wien. 

A. Baohmann: Geaoh. Geprg's tdd Podlobrad. gfi 



- 306 - 

des Königs eigene Schuld im Reiche erschüttert war, so erblich 
nun jetzt auch der Glanz der böhmischen Waffen. Es ist un- 
verkennbar: die böhmische Politik hat flir lange Zeit ihre 
zielbewusste Klarheit, der König selbst die frische Thatkraft 
eingebüsst ; es lastet auf beiden das Bleigewicht des Bruches mit 
Rom, der unvenneidlich näher kommt, den nur äusserüche 
potitiscfae Vorgänge vorerst verzögern. Dadurch sieht Geoi^ 
sich genöthigt von direkter Feindschaft gegen den Kaiser ab- 
zustehen ; ja' wir finden den König, um beim ausbrechenden 
religiösen Kampfe nicht auch Friedrich DI. zum Gegner zu 
haben, bald offen bemüht, den Kaiser zu verpflichten und 
durch ihn auch die Rache des enge verbundenen Papstes 
hinauszuschieben. 

Ich bin zu Ende. Drei Jahre aus Böhmens reichbewegter 
Geschichte, hervorragend bedeutungsvoll durch die Fülle des 
Geschehenen und dessen weitreichende Folgen, die glänzendsten 
in dem Königsthum Georgs von Podiebrad, sind an uns vor- 
übergezogen. Wann stand je einmal wieder die Macht Böhmens 
so hoch in der Meinung der europäischen Völker, als in den 
ersten Jahren König Georgs? Wann war es wieder wie da 
der Mittelpunkt der verschliuigeoen Gänge der Politik, die 
König Georg so fest in der Hand hielt, so meisterhaft nach 
seinen Plänen zu leiten versuchte? Freilich absonderliches 
Glück hatte da erst des Königs überlegene Klugheit und her- 
vorragende Thatkraft unterstützt; dann fehlte dem Ganzen das 
Gelingen. Noch steht der König 1458, auch nachdem der 
Waifengang mit Oeaterreich glücklich beendet, die Ansprüche 
des habsburgischen Hauses zur Ruhe gebracht waren, einem 
mächtigen Bunde feindlicher Füi-sten des Reiches gegenüber. 
als der Streit ob des Nürnberger Landgerichtes mit über- 
raschender Heftigkeit ausbricht, die Fürstenhäuser in zwei 
feindliche Lager stellt, diese beide gleichzeitig dazu bringt, 
die Gunst des neuen mächtigen Nachbars zu suchen. In 
Ämberg wissen sich die Witteisbacher, im Wimsiedel die 
Hohenzollern mit Böhmen vorläufig zu verständigen ; der erste 
grosse Euerer Tag bringt dann Versöhnung und Einung mit 
Sachsen und Brandenburg, Einung mit der Pfalz; er bahnt 
die Verständigung den übrigen bedeutenden I-'üi-sfen des 



Reiches aii, wirkt nacb Rom me auf die Schlesiei" ein zu 
Guusten des Königs, Schon tritt auch der Versucher zum 
ersten Male an den König heran: Martin Mair zeigt den 
lockenden Preis der deutschen Krone. Er wird abgewiesen, 
noch behält nüchterne Ueberlegung bei dem Könige die Ober- 
band. So wie sich aber Alles zu des Königs Gunsten wendet, 
eowie des Kaisers Verhältnis zu Ungarn die Möglichkeit bietet, 
diesen auf das Höchste zu verpflichten, neue Bewerbungen 
der Witteisbacher, von denen Herzog Ludwig durch des Königs 
Gegnerschaft in schwere Bedrängnis gerathen, weitgehende 
Zusagen erwarten lassen, werden M. Mairs Worte wieder in 
des Königs Gedächtnis lebendig. Was einst eitles Wollen 
schien, erscheint jeizt als berechtigtes Hoherstreben, bei den 
glänzenden Hochzeitsfestlichkeiten, die Sachsen und Böhnieu 
durch feste Familiehbande auf dem zweiten Egerer Tage 145!l, 
verknüpfen, kommt der Entschiusa zur Reife, Es folgt des 
Königs persönliche Bewerbung bei Albrecht von Brandenburg, 
der klug auszuweichen versteht, Martin Mairs Sendimg nach 
Italien zu f'rancesco Sforza, die materiellen Mittel für die 
Darchfiihnmg des KÖnigsplanes in Mailand zu gewinnen. 
Daneben sind des Königs Bestrebungen unablässig darauf 
hingewendet mit den Lausitzem und übrigen Schlesien! auch 
die stolze Breslauer Bürgerschaft zur Huldigung zu ver- 
mögen. Um die Jahreswende 1459 — 60 sieht er sich auch 
damit am Ziele: die Curie und Papst Plus H. von dem leb- 
haften Verlangen erfüllt, durch die Befiiedung der christlichen 
Lande den grossen gemeinsamen Glaubenskrieg gegen die 
Türken möglich zu machen, haben dabei dem Könige den 
grössten Dienst geleistet ; mit Aufgebung jeglichen Miss- 
trauens nehmen sie die Versöhnung zwischen König Georg 
und den Breslauem in die Hand und bringen sie zu glücklichem 
Ende. Doch das Königsprojekt schreitet mit Nichten vor- 
wärts. Martin Mair erlangt von den ihm an Klugheit eben- 
bürtigen Italienern schöne Worte, glänzende Versprechungen, 
aber kein Geld; seine und des Königs Hotflinngen, auf den 
Reichstagen von Nürnberg und am kaiserlichen Hofe ihrem 
Ziele näher zu kommen, scheitern wie die Tage von Nürnberg 
und Worms selbst an der Zwietracht der Fürsten, die sich im 



— 308 — 

Frühjahre 1460 in einem schweren Kriegsgewitter entlädt. 
Dagegen bietet des Kaisers üble Lage in* den eigenen Landen 
dem Böhmenkönige die erwünschte Gelegenheit, Friedrich in. 
selbst um die Zustimmung zu seiner Wahl zum deutschen 
Könige zu bitten, dann durch Unterstützung der unzufriedenen 
Oesterreicher und Mehrung der inneren Schwierigkeiten dazu 
zu drängen. Doch der Kaiser bleibt fest in seiner Abneigung 
gegen jede Wahl eines römischen Königs; damit ist der 
Versuch einer Erhebung des Königs neben Friedrich IH. 
misslungen. 

Nichts weniger als entmuthigt durch den ersten Miss- 
erfolg beschliesst Podiebrad, mm gegen den Willen des Kaisers 
trotzdem seine Wahl zum deutschen Könige durchzusetzen. 
Die Wogen der Opposition auf kirchlichem und staatlichem 
Gebiete, gegen Papst und Kaiser sollen ihn fördern und den 
Boden vorbereiten für ein gewaltsames Vorgehen bei der 
Neubestellung des Reiches. Durch enge Einung mit den 
Königen von Ungarn und Polen, die ihm zu gebietender Macht- 
stellung verhelfen, durch geheime Verständigung mit den 
Fürsten und Kurfürsten des Reiches, die er durch glänzende 
Verheissungen an sich kettet oder zu ketten sucht, gedenkt 
der König zu erreichen, dass die Sorge für das Reich ihm 
übertragen werde und dieses Amt seinen äusseren Ausdruck 
finde in seiner Wahl zum deutschen Könige. Doch auch da 
finden sich Schwierigkeiten. Wohl wird Ludwig von Landshut 
völlig gewonnen und werben er und Johann von Würzburg 
eifrig für den König ; auch die Stimmen von Mainz und Pfalz 
weiss Martin Mair nicht ohne weitreichende ja bedenkliche 
Zusagen und auch da nur bedingungsweise zu erlangen : an dem 
Widerstände der Fürsten des Brandenburgischen Hauses, die 
für das Reich und ihr Haus aus der Wahl des Böhmenkönigs 
kein Heil zu erblicken vermögen, scheitert schliesslich trotz- 
dem der mit so grosser Umsicht und Zähigkeit betriebene 
Plan und dies um so eher, als der König durch seine Haltung 
in den kirchlichen Fragen bereits auch schwere Bedenken bei 
den rheinischen Kurfürsten hervorgerufen. Die Fürstentage 
von Eger und Nürnberg im Feber und März 1461 machen 
dies dem König unverkennbar klar. 



Da erlasat Schmerz und Zorn des Könijjs Seele. Soll 
die Mühe der letzten Jahre, sollen alle die Verträge und 
Einungen, die Zugeständnisse und 0(ifer, die er für sein hohes 
Ziel gebracht, vergebens sein? 

Aus tiefem Verfalle hat sich die Curie wieder zu unge- 
ahnter Höhe erhoben ; seit dem Congresse zu Manlua scheint sie 
BO fest gewurzelt in dem Glauben der Völker, wie je zuvor; 
entschiedener und unmittelbarer, als selbst der Kaiser, greift 
der heil, Vater ein in die Verhältnisse des deutschen Reiches, 
Da entschliesst sich der König zu einem letzten Versuche : 
der Machtspruch des römischen Papstes soll die deutsche 
Krone auf sein Haupt setzen. Doch den König binden alte 
Zusagen an Rom: vor seiner Krönung hat er geschworen, daas 
der Preis seiner Anerkennung, des Friedens mit der Kirche, 
die Rückfiihrung der utraquistischen Böhmen zum alten Ritus 
und Kultus sein aolle. Nie wird die Curie zu ao schwerem 
Unternehmen die Hand reichen, so lange die früheren Ver- 
sprechungen unerfüllt geblieben. So beginnt der König, die 
Unterstützung Roms zu gewinnen, damit, die Union ins Werk 
zu setzen. Rasch findet er sich am inhaltschweren 
Wendepunkte nicht blos seiner stolzen Pläne auf 
die deutsche Krone sondern seiner Regierung 
überhaupt. 

Vor dem ungestümen und allgemeinen Widerstände des 
utraquistischeu Volkes muss Podiebrad jeden Gedanken an 
den kirchlichen Ausgleich schwinden lassen. Damit fällt das 
Königsprojekt alsbald zu Boden und verschwindet spurlos, an 
den König aber drängt sich die Sorge künftiger Kämpfe, die 
der unausbleibliche Bruch mit dem römischen Stuhle bringen 
muss. In ihr, die mit schwerem Drucke langebin auf Georg 
und seinen politischen Massnahmen lastet, nehmen die stolzen 
Königspläne ein unerft-euliches Ende, 



DRUCKFEHLER UND BERICHTIGUNGEN. 



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Seite 15, Zeile 19 von oben lies „Passaun^ für „Passum^. 

Seite 22, Zeile 13 von oben lies 1U9 und 1450 für 1448 und 1449, 

Seite 25, Zeile 20 von oben lies traf für gab, 

Seite 25, Anm. 3, a. a. 0. lies „Stalin'' für „Stählin**, 

Seite 46, Anm. 1, Zeile 3 von oben lies Lünig, Codex German, für Lünig, 

Codex German 
Seite 46, Anm. 1, Zeile 7 von oben lies unt Friedr. V. für wnc? Friedr. V, 
Seite 68, Zeile 26 von oben lies Festfreude für Erstfreude, 
Seite 72, Zeile 19 von oben lies hätten fijr hatten. 
Seite 116, Zeile 4 von oben lies noch für doch. 
Seite 134, Zeile 1 von oben lies Ziel fflr Zeit. 
Seite 186, Zeile 2 von oben lies Bessarion für Carvajal, 
Seite 190, Zeile 1 von oben lies Stände für Stande, 
Seite 267, Zeile 24 von oben lies indem für in dem, 
Seite 275, Zeile 4 von oben lies ihnen für ihm, 
Seite 298, Zeile 6 von oben lies damit noch nicht genug seien ja etc. 

für damit noch nicht genug; seien ja etc. 



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