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THEOLOGICAL EDUCATION
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BIBLISCHE ZEITSCHRIFT.
ERSTER JAHRGANG.
BIBLISCHE ZEITSCHRIFT
IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER
„BIBLISCHEN STUDIEN“
HERAUSGEGEBEN VON
Ds JOH. GÖTTSBERGER uno De J0S. SICKENBERGER
PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN.
ERSTER JAHRGANG.
FREIBURG IM BREISGAU.
HERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG.
1903.
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO.
N; Js Pe en 2
Alle Rechte vorbehalten.
Inhalt des ersten Jahrgangs.
Seite
Zur Einführung. Von Antonius v. Henle, Bischof von Passau . . 1
Die Grundsätze, Richtungen und Probleme der Exegese im 19. Jahr-
hundert. Von Prof. Dr. Paul Schanz in Tübingen . . . . . 6
Die Aufgaben der kExegese u der Von Prof.
Dr. Nikel in Breslau. . . . a ee ee 8 S
Salomons Tempelweihe. Von Fr. v. Hummelauer S. J.. . ....43
Ekklesiastes und Ekklesiastikus.. Von Prof. Dr. Norbert Peters in
Paderbom 4... 2:5 2 wi nel een 40129
Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. Von Prof.
Dr. Johannes Belser in Tübingen . . . 2. 2 2 2.2.2. 55 160
Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. Von Prof. Dr. Val. Weber in Würzburg 64
Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. Von Prof.
Dr. M. Faulbaber in Strafsburg . . -. . 2 2.2... .151 246 351
Textkritische Bemerkungen zum Apokalypsekommentar des Apringius.
Von Prof. Dr. Carl Weyman in München . . . ..2...195
Über griechische Evangelienkommentare. Von Prof. Dr. Joseph
Sickenberger in München . . . 2 2. 2 2 22222. ...182
Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 1. Die ursprüngliche Ge-
stalt der Erzäblung. Von Dr. Otto Happel in Kitzingen . . . 225
Über Nehemias und Esdras. 1. Nehemias; die Zeit seines Auftretens
und seiner Person. Von Dr. Paul Riefsler in Blaubeuren. . . 232
Miszelle zu Ekkle 3, 5. Von Prof. Dr. Norbert Peters in Paderborn 245
Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung bis zur Ab-
fassung des Galaterbriefes ah n. en Von Rektor a. D.
Joseph Aberle in Breslau. . . nn. 26 372
Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. Von Prof.
Dr. Aug. Bludau in Münster i. W. . 2. 2 2 2 20202.0..280 378
VI Inhalt des ersten Jahrgangs.
Pasekstudien. Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philologie.
1. Prinzipielles. Von Prof. Dr. Hubert Grimme in Freiburg i. Schw.
Ararat und Urartu. Von Dr. Joh. Döller in Wien
Besprechungen:
Belser, Einleitung in das Neue Testament (J. Sickenberger)
Zapletal, Der Schöpfungsbericht der Genesis (Happel) .
Peters, Der jüngst wiederaufgefundene hebräische Text des
Buches Eeclesiasticus (Schlögl) . . . : 2: 2 2 2 2 2 2.
Knabenbauer, Commentarius in Ecclesiasticum (Schlögl)
Karo-Lietzmann, Catenarum graecarum catalogus (Diekamp)
Lagrange, Le Livre des Juges (Holzhey) ä
Hummelauer, Commentarius in Librum Josue (Holzhey) .
Bibliographische Notizen.
A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift . 82
B. Das Alte Testament . . 2 2 2 2 m 2 2 2020... 88
C. Das Neue Testament . . . . 2 22200202 22.198
Mitteilungen und Nachrichten . . . . 2. 2.2.2... 111 224 335
Verzeichnis der Autoren, deren Werke in den Bibliographischen
Notizen angezeigt wurden .
337
349
79
194
197
197
303
303
408
305
310
410
437
439
Abkürzungen
A. der biblischen Bücher.
AT = Altes Testament;
atl = alttostamentlich.
Gn Ruth Jdt Weish (Sap) Dn Nah
Ex Sm Est Sir (Eceli) Os Hab
Lv Kg (Rp) Jb Is Joel Soph
Nm Chr Ps Jr Am Agg
Dt Esr Spr (Prv) Kigl (Thr) Abd Zach
Jos Neh Prd (Eccle) Bar Jon Mal
Richt (Tde) Tob Hl (Ct) Ez Mich Makk (Mach)
NT = Neues Testament; ntl — neutestamentlich.
Mt Apg (Act) Eph Tim Jak (Iac)
Mk (Mc) Röm (Rom) Phil Tit Petr
Lk (Le) Kor (Cor) Kol (Col) Phm Jo (lo)
Jo (lo) Gal Thess Hebr Jud (lud)
Offb (Apc) — Ev Evv — Evangelium, Evangelien,
B. der Zeitschriften etc.
AmJsemL — The American Journal of Semitic | REj — Revue des Etudes juives,
Languages and Literatures.
AmJTk = The American Journal ofTheology.
Bs = Bibliotheca sacra.
BSt = Biblische Studien.
BStdt — The Bible Student,
B# — The Biblical World.
B2Z = Byzantinische Zeitschrift.
Erp = The Expositor,
ErpT := The Expository Times,
69A = Göttingische gelehrte Anzeigen.
Jas = Journal asiatique,
JqR = Jewish quarterly Review.
JthSt == The Journal of theological Studies.
Kath = Katholik.
MCWJ == Monatschrift für Geschichte und
Wissenschaft des Judentums.
NkZ = Neue kirchliche Zeitschrift.
Oehr = Oriens christianus.
OrLz = Orientalistische Literaturzeitung.
PEF == Palestine Exploration Fund.
PrM — Protestantische Monatshefte,
PrthR -= The Princeton theological Review.
PSbA — Proceedings of the Society of Bibli-
cal Archeology.
Rb -: Revue biblique.
Verlagsort: B. -- Berlin. Ld. — London. Lp.
Rsem — Revue semitique,
RThPh -= La Revue de Theologie et de Phi-
losophie.
StKr = Theologische Studien und Kritiken.
Str =- Studi religiosi.
TALbl — Theologisches Literaturblatt.
TALzt — Theologische Literaturzeitung.
TARR — Theologische Revue,
TOS = Theologische Quartalschrift,
TU = Texte und Untersuchungen.
VB - Vierteljahrsschrift für Bibelkunde.
ZA = Zeitschrift für Assyriologie.
ZatW = Zeitschrift für alttestamentliche
Wissenschaft,
ZdmG — Deitschrift der deutschen morgen-
ländischen Gesellschaft.
ZdPV — Zeitschrift des deutschen Palästina-
Vereins.
ZhB — Zeitschrift für hebräischo Biblio-
graphie.
ZkTh = Zeitschrift für katholische Theologie.
ZntW — Zeitschrift für neutestamentliche
Wissenschaft,
ZTARK— Zeitschrift für Theologie und Kirche.
ZwTh —= Zeitschrift für wissenschaftliche
Theologie.
— Leipzig. N. Y. = New York. P. = Paris,
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LE VERLAGSHANDLUNG.
1903.
” STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO.
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Inhalt des ersten Heftes.
Seite
Zur Einführung. Von Antonius v. Henle, Bischof von Passau 1
Die Grundsätze, Richtungen nnd Probleme der Exegese im 19. Jahr-
hundert. Von Prof. Paul Schanz in Tübingen . . .. 6
Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. T. Von Prof.
Dr. Nikel in Breslau . onen 82
Salomons Tempelweihe. Von Fr. vv. HummelauerS.J. . ...43
Ekklesiastes und Ekklesiastikus. I. Von Prof. Dr. Norbert Peters
ın Paderborn a, ee A
Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. I. Von Prof.
Johannes Belser in Tübingen . . nn nd
Erklärung von 2 Kor 10, I- 6. Von Prof. Valentin Weber in
Würzburg 00.000 64
Besprechungen . 2.071)
Bibliographische Notizen (Allgemeines. Literatur zum AT) . . 8
Mitteilungen und Nachrichten . . . 2. 2020202020. 111
Jährlich erscheinen 4 Hefte im Umfange von je etwa 6 Bogen gr 8°
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.—
Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak-
tion (Prof. Dr. Joh. Göttsberger, Freising [Bayern], Domberg 958, für
Altes Testament; Prof. Dr. Jos. Sieckenberger, München, Sternstr. 15,
für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren Verfasser und
Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher Anzeige und
möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten Erschei-
nungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen.
Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem
Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 J. Auf-
träge an die HHerdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br
Zur Einführung.
ie verehrliche Redaktion der „Biblischen Zeitschrift“ hat
mich dringend gebeten, ihr erstmaliges Erscheinen mit
einigen Worten „zur Einführung“ zu begleiten. Ich war ob
dieser Bitte etwas verlegen; denn mehr als zehn Jahre sind
dahingegangen, seitdem ich meine letzte exegetische Abhand-
lung geschrieben habe. Wie vieles ist auf dem Gebiete der
Exegese inzwischen geschehen! Mufs ich nicht fürchten, mit
meinen bescheidenen Worten etwas zu spät zu kommen? Doch
die Wahrheit kommt niemals zu spät, und das Bekenntnis
dieser Wahrheit mag allen denen willkommen sein, die mit
mir einig sind, dals zum Bibelstudium auch etwas charis-
matische Begabung gehört. Ich sage es offen heraus, und das
ist mein Bekenntnis: das Bibelstudium verlangt den engsten
Anschluls an die Kirche. Darum ist das schöne Wort in der
„Ankündigung* der Zeitschrift, dals sie „sich voll und ganz
auf den Standpunkt der katholischen Kirche stellen wolle,
welche in den biblischen, in ihrem Kanon aufgezählten Schriften
Gottes Wort an die Menschheit erblicke“, das Programm der
katholischen Exegese immer gewesen. Wer die göttliche
Inspiration der heiligen Schriften festhält und an eine Kirche
glaubt, welche „die Säule und Grundfeste der Wahrheit ist“
(1 Tim 3, 15), der kann sich nicht selbst zum einzig kompe-
tenten Interpreten der Schrift machen. Hier gilt vielmehr
das Wort des Apostels: „Was Gottes ist, weils niemand aufser
der Geist Gottes“ (1 Kor 2,11). Er allein, der Geist Gottes,
ist der unfehlbare Interpret seiner eigenen Worte, und da
dieser Geist in der Kirche sich offenbart und durch die Kirche
in unser Bewulstsein tritt, so versteht es sich von selbst, dals
Biblische Zeitschrift. I. 1. 1
2 Zur Einführung.
keine Auslegung der Schrift im Gegensatze zur kirchlichen
Anschauung versucht und vertreten werden darf.
Sage ich damit, dafs die Exegese rein traditionell sein
soll? Nein; bei aller Pietät gegen die Tradition darf doch
das fortschreitende Verhältnis in der Schrifterklärung nicht
übersehen werden. Andernfalls könnte ja von einer wissen-
schaftlichen Exegese keine Rede sein.
Aber anderseits ist es auch nicht Aufgabe des Exegeten,
neue Wahrheiten zu entdecken, sondern die alten Wahrheiten
in immer helleres Licht zu bringen, das Dunkle zu klären, dem
Unbestimmten eine bestimmte Form und Beziehung zu geben.
Vinzenz von Lerin drückt das treffend so aus: Esto spiritualis
tabernaculi Beseleel (Ex 31, 2), pretiosas divini dogmatis
gemmas exsculpe, fideliter coapta, adorna sapienter, adice
splendorem, gratiam, venustatem. Intellegetur, te exponente,
illustrius, quod ante obscurius credebatur. Per te posteritas
intellectum gratuletur, quod ante vetustas non intellectum
venerabatur. Eadem tamen, quae didicisti, doce, ut cum dicas
nove, non dicas noval.
Auch ist in der Schrift manches blofs angedeutet, ist dort
nur im Ansatze vorhanden, was, wie Eusebius? sagt, im Be-
wulstsein der Kirche, oder wie Irenäus3 sıch ausdrückt, im
Herzen der Kirche von Anfang an ruhte. Hier ist es die
verdienstvolle Aufgabe des Exegeten, das Schriftgemälse der
Kirchenlehre nachzuweisen.
Endlich vergesse man nicht, dals nicht die Schrift das
Ganze ist, sondern die apostolisch überlieferte Kirchenlehre.
Sie ist unmittelbar aus dem Munde des Herrn hervorgegangen,
folglich älter als die Schrift; sie lebt als unmittelbares 'Gottes-
wort in der Kirche fort, geschützt und gehütet von jenem
Geiste, der bei ihr verbleibt bis ans Ende der Zeiten. Dieser
Geist ist es, welcher die Kirche alles lehrt und sie an alles
ı Vincentius Lerinens, Commonitor. ed. Klöpfel, Viennae 1809,
c. 27, p. 199.
2 H. E. 5, 27.
3 Adv. haer. 3, 3.
Zur Einführung. 3
erinnert, was Christus gesagt hat, während die Schrift von
sich bekennt, dals sie nur einen kleinen Teil von dem ent-
halte, was hätte geschrieben werden können (Jo 21, 25).
Mithin kann die Auslegung der Schrift zunächst nur der
Kirche, da das Ganze in seinen Teilen reflektiert, zukommen.
Macht sie von diesem ihrem Vorrechte in autoritativer
Weise Gebrauch, so weils jeder katholische Exeget, dals da-
mit der Sinn einer Stelle für immer entschieden ist. Aber
ein solches autoritatives Urteil liegt nur über die wenigsten
Stellen vor, es bleibt somit der Exegese noch ein weites Feld
freier wissenschaftlicher Forschung. Und an diese darf und
soll der Exeget mit seinem ganzen wissenschaftlichen Apparate
herantreten. Dieser Apparat hat in der neuesten Zeit eine
wesentliche Bereicherung erfahren. Es genügt nicht, blols
den Wortsinn und Gedankeninhalt eines Textes zu erläutern,
vielmehr muls der Exeget diesem Inhalte auch geschichtlich,
psychologisch und theologisch bis auf den Grund nachgehen.
Die heutige Exegese verlangt von ihren Vertretern die Akribie
eines Philologen, die besonnene Gewissenhaftigkeit eines Histo-
rikers und die spekulative Kraft eines Dogmatikers. Nur in
der Vereinigung dieser aulserordentlichen Gaben besteht die
wissenschaftliche Exegese, und in ihrem engsten Anschlusse
an die sententia communis der Väter und an das, was man
das sentire cum ecclesia nennt, letzteres aber ohne engherzigen
Anflug, die katholische Exegese. Damit ist zugleich ange-
deutet, dafs die katholische Exegese diesen Namen vollauf
verdient, auch wenn sie sich nicht unbedingt unter die
Autorität der Väter stellt. Diese bedingungslose Autorität
weisen die Väter selbst ab. Man vergleiche nur die Schrift
des h. Augustinus gegen den Manichäer Faustusi, wo er
so genau den Unterschied hervorhebt zwischen dem, was
in seinen eigenen Schriften den Anspruch auf volle Zustimmung
erhebt und was er dem freien Urteil der Leser anheimgibt,
eine Konzession, die dann auch der hl. Thomas in seiner
i August., Contra Faustum Manich. 11, 5 (ed. Parisiis 1683 VIII 22).
1*
4 Zur Einführung.
Summa unter ausdrücklicher Berufung auf den hl. Augustinus
verwertet. 1
Es wäre auch eine vollständige Verkennung der Stellung
und Bedeutung der heiligen Väter in der theologischen Wissen-
schaft, würde man alle mit dem gleichen wissenschaftlichen
Ansehen bekleiden oder auch allen ihren Aufserungen gleiches
Gewicht beilegen. Sie waren Kinder ihrer Zeit, wie wir es
sind, und teilten sich in deren Vorzüge und Schwächen. Sie
litten an dem Mangel wissenschaftlicher Hilfsmittel und hatten
an ihrer natürlichen Begabung ebenso unverrückbare Grenzen,
wie wir sie haben. Unter hervorragenden Talenten begegnen
uns eine Reihe von Mittelmälsigkeiten, welche auch durch
den heiligsten Wandel oder durch das verehrungswürdigste
Alter nicht aufgewogen werden. Kurz, wenn man von der
Autorität der Väter spricht, so ist sie jedenfalls nur in dem
Sinne zu nehmen, wie sie vom Konzil von Trient in dem
Dekrete De sacris et canonicis Scripturis und vom Vaticanum
(sess. 3, cap. 2 de Revelat.) verstanden wird.
So möge denn die neue, vielversprechende Zeitschrift alles
in sich vereinigen, was Wissenschaft und Kirche von ihr ver-
langen! Die hervorragenden Kräfte, welche ihr ihre Mit-
arbeiterschaft zugesagt haben, berechtigen uns zu den schönsten
Hoffnungen, die gewils nicht getäuscht werden, wenn nur
einigermalsen den besten Absichten auch der Erfolg ent-
spricht. Ist es heute noch notwendig, die Wichtigkeit des
Bibelstudiums besonders zu betonen? Vor dreilsig Jahren hat
Professor Schegg wehmutsvoll der Zeit gedacht, wo unsere
grolsen Exegeten noch die Schulen beherrschten; heute be-
schleichen uns frohere Gefühle Es ist nicht zu leugnen, dafs
auf dem Gebiete der biblischen Exegese eine rührigere Zeit
angebrochen ist und dals die Pflege dieses ersten und wichtig-
sten Zweiges der theologischen Wissenschaft in tüchtigen und
bewährten Händen ruht. Was noch zu wünschen wäre, ist,
dals auch das theologisch gebildete Publikum diesem Zweige
ı P. 1l,qa1a8
Zur Einführung. 5
dasselbe Interesse und dieselbe Aufmerksamkeit entgegen-
brächte, die es auf andere, vielleicht minder wichtige Dinge
verwendet. Der Heilige Vater Papst Leo XIII. bezeichnet in
seinem berühmten Rundschreiben „Providentissimus Deus“ vom
18. November 1893 die Heilige Schrift als „Seele der gesamten
Theologie“, und es ist sein „angelegentlichster Wunsch“, dafs
„besonders jene, welche die göttliche Gnade zum geistlichen
Stande berufen hat, von Tag zu Tag grölseren Eifer und
Fleifs auf deren Lesung, Betrachtung und Erklärung ver-
wenden“.
Diese kompetenteste kirchliche Stimme deckt sich mit
dem Wunsche aller, denen nicht blofs am Aufschwunge der
biblischen Studien gelegen ist, sondern die ihr religiöses Be-
dürfnis selbst am liebsten und intensivsten in der Beschäftigung
mit der Heiligen Schrift, diesem Zentralfeuer unserer heiligen
Religion, befriedigen.
T Antonius, Bischof von Passau.
Die Grundsätze, Richtungen und Probleme der
Exegese im 19. Jahrhundert.
Von Prof. Paul Schhanz in Tübingen.
D* Lob des 19. Jahrhunderts ist um die Jahrhundert-
wende in allen Tonarten gesungen worden. Eine Ver-
gleichung des Kulturzustandes im Jahre 1900 mit dem des
Jahres 1800 läflst in der Tat einen gewaltigen Unterschied
und einen ungeahnten Fortschritt erkennen. Kunst und Wissen-
schaft, Technik und Verkehr, Handel und Volkswirtschaft sind
zu hoher Blüte entwickelt worden. Doch ist es nicht leicht,
den charakteristischen Grundzug der ganzen Entwicklung
kurz anzugeben. Die Urteile lauten sehr verschieden, wenn
man die äulsere oder innere Kultur, die geistigen, religiösen
und ethischen Fragen oder die rein empirischen und materiellen
Bestrebungen, die philosophischen oder historischen und natur-
wissenschaftlichen Forschungen und Leistungen in den Vorder-
grund stellt. Man hat das 19. Jahrhundert das philosophische,
historische, naturwissenschaftliche, materialistische, aber auch
das religiöse Jahrhundert genannt. Es fehlt jedoch nicht an
Stimmen, welche als Hauptmerkmal desselben die Säkularisation
der Wissenschaft bezeichnen und es geradezu als antichrist-
liches, ja als atheistisches Jahrhundert brandmarken.
Die Theologie und besonders die Exegese blieb von diesen
Einflüssen nicht unberührt. Dieselben zeigen sich sowohl in
den Grundsätzen und Richtungen, von welchen die Exegese
sich leiten liels, als in der Methode und in der Behandlung
der einzelnen Probleme, welche in Angriff genommen wurden.
Wie weit nach beiden Seiten ein Fortschritt anzuerkennen sei,
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 7
wird je nach dem konfessionellen, theologischen und wissen-
schaftlichen Standpunkt verschieden beantwortet werden. So
allgemein zugegeben wird, dafs die Hilfsmittel für die Exegese
sehr bedeutend vermehrt und vervollkommnet, der wissen-
schaftliche Charakter strenger gewahrt und die Methode ge-
nauer ausgebildet und besser gehandhabt wurden, so vielfach
wird bedauert, dals die Exegese mehr und mehr ihres theo-
logischen Charakters entkleidet, von der Dogmatik losgelöst
und von den Grundsätzen der weltlichen Wissenschaften ab-
hängig gemacht worden sei.
I.
Die Exegese ist keine voraussetzungslose Wissenschaft.
Sie setzt die heiligen Schriften voraus, welche in der Kirche
ein normatives Ansehen haben, sie fordert einen christlichen
Geist und ein frommes Gemüt vom Exegeten, damit er die
Worte und Gedanken des zum Gläubigen redenden göttlichen
Geistes verstehen könne, und sie ist bedingt durch die Zu-
gehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft, zur Kirche, in
welcher derselbe Geist von Anfang an wirkte und noch wirkt,
Auch die protestantische Exegese sucht den Zusammenhang
mit der Kirche zu wahren, den bleibenden Ideen vor der Ge-
schichte, der Dogmatik vor der Theologie den Vorzug zu geben.
Gibt die Exegese diese Voraussetzung auf, so tauscht sie nur
eine andere, weniger verlälsliche dafür ein. Sie wird abhängig
von dem jeweiligen Stand der Wissenschaft, von der Meinung
des Tages und von der herrschenden Weltanschauung, wie
nacheinander der Rationalismus, der Historizismus, die Reli-
gionsgeschichte und Religionsphilosophie und der Evolutionis-
mus gezeigt haben. An Stelle der kirchlichen tritt die
unkirchliche Auslegung, die Offenbarung wird durch die Ver-
nunft verdrängt und die Religion ihrer belebenden und be-
seligenden Kraft beraubt. Diese Grundsätze sind zu einem
guten Teil im 19. Jahrhundert in der protestantischen Exegese
zur Geltung gekommen und haben auch auf die katholische
Eixegese eingewirkt. Zwar gibt es für diese bei der Frage
8 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
nach dem Verhältnis der Schriftauslegung zur Dogmatik keine
Scheidung der theologischen Richtungen wie in der evan-
gelischen Theologie, weil sie prinzipiell in der kirchlichen
Autorität und Tradition wurzelt, aber das Mafs der Berück-
sichtigung der modernen Wissenschaften ist doch ziemlich
verschieden. Wenn früher im Interesse des Traditionsprinzips
das exklusive Schriftprinzip bekämpft werden mulfste, so ist
es heutzutage vielmehr notwendig, die Angriffe auf die Schrift
historisch und naturwissenschaftlich zu verteidigen, indem
entweder die unrichtigen Voraussetzungen derselben nach-
gewiesen oder die traditionelle Erklärung nach den Verhält-
nissen der Entstehungszeit und nach der Gewohnheit der
heiligen Schriftsteller näher bestimmt wird.
Diese prinzipielle Aufgabe der Exegese ist durch den
Fortschritt der Wissenschaft im 19. Jahrhundert in vielen
Punkten erleichtert, in andern aber dadurch erschwert worden,
dals die wissenschaftliche Methode genauer und strenger ge-
worden ist. Der Deismus, Voltairianismus und die Aufklärung
hatten es wohl bewirkt, dals am Ende des 18. Jahrhunderts
der Glaube an die Offenbarung und Inspiration in weiten
Kreisen geschwunden war. Der gewöhnliche Rationalismus
konnte nichts Übernatürliches gelten lassen. Wunder und
Weissagungen wurden durch die Akkommodation hinweginter-
pretiert oder in trivialer Weise natürlich erklärt. Allein die
Übertreibung der Verstandesabstraktion, die Vergewaltigung
der Geschichte und die oberflächliche Behandlung der heiligen
Schriften muisten mit der Zeit die besseren Geister abstolsen
und die religiösen Gemüter verletzen. Ernster gestaltete sich
der Kampf im 19. Jahrhundert, als sich eine tiefere Kenntnis
der Geschichte und eine allseitigere Erforschung der Natur
Bahn brach.
Zur Überwindung des gemeinen Rationalismus haben
Geschichte und Philosophie wesentlich beigetragen. Mit
Herder, Kant und den Begründern der kritischen Geschichts-
betrachtung (Niebuhr) einerseits und mit dem Fortschritt
der philologischen Quellenkritik (Wolf) anderseits wurde die
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d., Exegese i. 19. Jahrh. 9
geschichtliche Auffassung und Methode in die Exegese des
Alten und Neuen Testaments eingeführt. Die von R. Simon
angebahnte historisch-kritische, grammatisch-historische Be-
handlung kam mehr und mehr zur Geltung, so dafs am Ende
des Jahrhunderts selbst ein katholischer Exeget (Margival)
eine begeisterte Studie für den Begründer der modernen Kritik
veröffentlichte. Zwar sei sein Einfluls auf die spätere Exegese
ein isolierter, kein direkter, und sei die deutsch-rationalistische
Exegese (Liessing, Strauls, Renan) nicht von ihm beeinflulst,
denn sie sei metaphysisch, dagegen sei dies bei Astruc, Ernesti
und der gegenwärtigen historischen Kritik desto mehr der Fall.
Drei Punkte seien zu beachten: 1. die Heilige Schrift ist nach
Art der orientalischen kompilatorischen Schriftstellerei zu be-
urteilen; 2. die Exegese ist eine selbständige, nicht eine dog-
matische, theologische, theoretische, 3. eine historisch-kritische
Disziplin, kann aber doch den katholischen Charakter wahren.
Indem mit der modernen Kritik die sogenannte höhere
Kritik verbunden wurde, war das Ziel auf Herstellung einer
geschichtlichen Erkenntnis der atl Religion und des Urchristen-
tums gerichtet. Anfangs wirkte namentlich die Hegelsche
Religionsphilosophie mit, welche die geschichtliche Entwick-
lung mit der logischen identifizierte und alle Religionen,
auch die israelitische und christliche nicht ausgenommen,
als Entwicklungsstadien des absoluten Gedankens auffalste.
Dieser philosophische Intellektualismus hat die Auflösung der
Geschichte und die Beseitigung des Offenbarungscharakters
der Heiligen Schrift mächtig gefördert (Vatke, Kuenen, Baur),
wenn auch die christliche Religion als das höchste Stadium
der Entwicklung der absoluten religiösen Idee betrachtet wurde.
Der Hauptvertreter der Mythenhypothese, D. Strauls, hat
gerade die Verflüchtigung des Erzählungsstoffes als Fortschritt
über den Rationalismus hinaus bezeichnet, Br. Bauer hat
die absichtliche Dichtung und Fälschung zum Erklärungs-
prinzip erhoben, und die Tübinger Tendenzkritik hat nach
Hegelschen Ideen die Geschichte des Urchristentums kon-
struiert und die Schriften des NT als Parteischriften im
10 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
Kampf des jüdischen und paulinischen Christentums bis zur
Entstehung der katholischen Kirche zu bestimmen gesucht.
Im weiteren Verlauf wurden nicht nur die Patriarchen, Moses
und andere Träger der Offenbarung in mythische Nebel ein-
gehüllt, sondern selbst Christus als blofses Ideal der Mensch-
heit dargestellt.
Das fortschreitende Studium der alten semitischen und
indo-europäischen Religionen, besonders die Forschungen
auf dem Gebiete der assyrischen, chaldäischen, ägyptischen,
persischen, chinesischen Sprachen und Religionen haben nicht
nur das philologische Verständnis der heiligen Schriften mächtig
gefördert, sondern auch zur besseren Kenntnis der heiligen
Geschichte, welche mit der Geschichte der grolsen alten Welt-
reiche so eng verbunden ist, vieles beigetragen. Nicht weniger
wurde die Zeitgeschichte Christi zum Gegenstand eifriger
Nachforschungen gemacht. Indem einerseits die jüdische Ge-
schichte und die spätjüdische Literatur, welche noch in die
Zeit des Christentums hereinragt, genauer untersucht, ander-
seits die religiösen, philosophischen, sittlichen und sozialen
Zustände des römisch-griechischen Weltreichs sorgfältiger dar-
gestellt wurden, wurden die Faktoren besser bekannt, welche
menschlicherseits mitzuwirken hatten, damit das übernatürliche
Prinzip des Christentums als ein neuer Sauerteig alle Ver-
hältnisse durchdringe. Trotz aller Förderung haben aber auch
diese Errungenschaften dazu beitragen müssen, den übernatür-
lichen Charakter der heiligen Schriften zu bestreiten. Die
Religionsgeschichte legte es nahe, die heiligen Bücher der
Juden auf gleiche Stufe mit den kanonischen Schriften heid-
nischer Religionen zu stellen und die Mytlenbildung an den
Anfang derselben zu setzen, wie dies neuestens wieder in
„Babel und Bibel“ (Delitzsch) gegenüber von „Bibel und
Babel“ (König) zum Ausdruck gekommen ist.
In der Geschichte des Urchristentums machten sich
ähnliche Bestrebungen geltend. Man wollte zwischen der
Religion Jesu und der Religion des Paulus unterscheiden,
jene als eine Vervollkommnung der israelitischen Religion er-
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 11
klären, wobei man das messianische Selbstbewulstsein Jesu
zum Mittelpunkt machte, diese als theologische Spekulation
auf Grund rabbinischer Gelehrsamkeit und profaner Einflüsse
bestimmen und zum Ausgangspunkt der unter der Einwirkung
der griechisch-römischen Wissenschaft sich entwickelnden
Dogmenbildung machen. Bei einzelnen Schriften des NT
(Apk, Jak) wie bei einzelnen Teilen (Eschatologie) will man
unmittelbare jüdische Quellen annehmen, bei andern (Kind-
heitsgeschichte, Auferstehungsgeschichte) gar zu den Legenden
und Lehren des Buddhismus zurückgreifen. Es ist begreiflich,
dafs dadurch die „Zuversicht zu der Einheitlichkeit der ntl,
geschweige der biblischen Anschauung gründlich erschüttert
ist und mit der Bestreitung der selbständigen Neuheit für viele
auch ihr Offenbarungswert dahinfällt“.
Endlich kommt noch ein weiterer Umstand hinzu, der
eigentlich früher als die genannten Bestrebungen sich be-
merklich machte, aber erst im 19. Jahrhundert durch die
grolsen Fortschritte der Naturwissenschaften einen mals-
gebenden Einfluls gewann. Die Astronomie hatte den ersten
grolsen Konflikt mit der biblischen Weltanschauung hervor-
gerufen. Derselbe endigte vorläufig damit, dals die traditionelle
Erklärung der Stellen über das Weltsystem aufrecht erhalten
und das neue Weltsystem verurteilt wurde. Da unterdessen
die astronomischen Beweise für letzteres sich häuften, ver-
schwanden die betreffenden Schriften im 19. Jahrhundert vom
Index und wurde die Erklärung der heiligen Schriften nach
der neuen Weltanschauung freigegeben. Die neuen Disziplinen
der Geologie und Paläontologie, der Geographie und Anthro-
pologie, der Spektralanalyse und Himmelsphotographie haben
unerwartete Aufschlüsse über den Bau des gewaltigen Uni-
versums und über die Geschichte des Himmels und der Erde
und ihrer Bewohner gegeben, wodurch die Erzählungen der
Heiligen Schrift über das Sechstagewerk, die Sintflut, die Ab-
stammung der Völker, das Alter des Menschengeschlechts in
ein neues Licht gestellt und die ganze Anschauung über das
Universum verändert wurden. Die Entwicklung blieb nicht
12 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
mehr beim Menschengeschlecht stehen, sondern dehnte sich
unter Kantschen und Darwinschen Prinzipien auf das ganze
Weltall, auf die gesamte Flora und Fauna aus, so dals nur
noch die Entwicklung, das Werden, die Energie zu gelten
scheinen.
Die Exegese hat sich anfangs ablehnend gegen diese
Folgerungen verhalten, aber doch Schritt für Schritt mehr
Entgegenkommen gezeigt. Die protestantische Exegese ging
hierin in viel schnellerem Tempo als die katholische, indem
sie den religiösen Inhalt, der subjektiv bestimmt wird, vom
historischen und naturwissenschaftlichen strenger unterscheidet
und nur für jenen die Inspiration und Irrtumslosigkeit auf-
recht erhält. Ja selbst dies wird von zahlreichen protestan-
tischen Exegeten nicht mehr festgehalten, die Inspiration wird
überhaupt ignoriert oder geleugnet und die äulsere Offenbarung
aufgegeben. Die wissenschaftliche Arbeit der evangelischen
deutschen Theologie, welcher die englische und amerikanische
bald nachfolgte, konzentrierte sich darauf, das geschichtliche
Verständnis der israelitischen Religion und des Urchristentums
zu gewinnen und die Exegese zu einer historischen Disziplin
zu machen. Diese Auffassung, welche in den biblischen
Schriften nur Quellen für die Erforschung der Vergangenheit
sieht, führt unaufhaltsam zur Auflösung der selbständigen
Disziplin der biblischen Theologie und zur Einreihung der
heiligen Schriften in die allgemeine Literaturgeschichte, wie
es für das NT auch bereits vorgeschlagen wurde (Ritschl,
Krüger).
Die katholische Exegese hat stets die übernatürliche
Offenbarung und die Inspiration der Heiligen Schrift festgehalten,
aber nie der extremen Verbalinspiration gehuldigt (Dausch).
Deshalb konnte sie auch im 19. Jahrhundert leichter ohne
Preisgabe ihres Standpunktes die modernen Errungenschaften
für die Methode und die sachliche Erklärung verwenden.
Immerhin waren die Grenzen nicht so leicht zu bestimmen,
weshalb schon im Anfang des Jahrhunderts Schriften von
Jahn und Arigler und später solche von Lenormant und andern,
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i.19. Jahrh. 13
welche der Mythologie oder der Entwicklungsgeschichte zu
grolise Zugeständnisse machten, kirchlich zensuriert wurden.
Sind damit die Ausschreitungen abgewiesen, so bleibt doch
der berechtigte Einfluls der Geschichte und Naturwissenschaft
auf die Exegese bestehen. Es sind nur mehr wenige Exegeten,
welche die alte traditionelle Methode durchaus festhalten wollen
und keine höheren Autoritäten als Thomas und C. a Lapide
kennen. Die meisten anerkennen zwar durchaus die Bedeutung
der dogmatischen Methode für das wahre Verständnis der
Heiligen Schrift und wollen die Exegese nicht in der Geschichte,
Polemik und Kontroverse aufgehen lassen, aber sie können
sich doch nicht der Notwendigkeit einer ausgiebigen Rücksicht
auf die heutige Wissenschaft verschliefsen. Die einfache Ab-
lehnung hat zu keinem Ziele geführt, die Harmonisierungs- und
Konkordanzversuche haben auf die Dauer auch nicht befriedigt.
Daher blieb nur übrig, nach einem schon von Hieronymus
betonten Grundsatz die heiligen Schriften aus der Zeit ihrer
Entstehung und den Anschauungen ihrer Verfasser zu erklären.
Dadurch wird man nicht gezwungen, die moderne Wissenschaft
in die heiligen Schriften hineinzutragen, und kann doch diese
neben der Inspiration gelten lassen. Dafs sich bei der Aus-
führung dieser Grundsätze viele Schwierigkeiten einstellen,
erklärt sich aus den Gegensätzen, welche am Grenzgebiet von
Natur und Offenbarung am schärfsten hervortreten, und aus
der Tatsache, dafs die Offenbarung, obwohl sie nur religiöse
Zwecke verfolgt, doch die natürlichen Wahrheiten berücksich-
tigen mufste, und dals die übernatürlichen Wahrheiten in die
Formen des menschlichen Denkens und Sprechens eingekleidet
wurden. Da die Synode von Trient die Sachen des Glaubens
und der Sitten ausdrücklich und wiederholt unterscheidet, so
lag es unter solchen Umständen besonders nahe, die Inspiration
auf diese zu beschränken (Newman) oder wenigstens Grade
derselben zu unterscheiden. Dies wurde namentlich in England
und Frankreich in immer weiterem Umfang versucht und gab
deshalb Veranlassung für das kirchliche Lehramt, sich über
die katholischen Grundsätze der Exegese auszusprechen.
14 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d, Exegese i. 19. Jahrh.
Das Vaticanum hat die Beschlüsse des Tridentinums
über Schrift und Tradition wiederholt. Aufserdem wehrt es
aber einige falsche Auffassungen derselben ab, so die Ansicht,
als ob ein Buch durch nachträgliche Approbation der Kirche
für kanonisch erklärt werden oder als ob die Irrtumslosigkeit
allein ohne positiven göttlichen Einfluls für ein hinreichendes
Merkmal der Kanonizität gelten könrte. Ebenso wiederholte
das Vaticanum das Dekret über die Erklärung der Heiligen
Schrift, um den nicht blofs disziplinären, sondern dogmatischen
Charakter desselben hervorzuheben, und fügt die übrigens
schon im tridentinischen Glaubensbekenntnis gegebene positive
Vorschrift hinzu, dafs der kirchliche Sinn für den wahren
anzunehmen und festzuhalten sei. Die Verbindung dieser Be-
stimmung mit der einmütigen Übereinstimmung der Väter
verursachte grolse Schwierigkeiten, und der Redner erklärte
selbst, dafs die Glaubensdeputation nur mangels eines besseren
Rates die vorgeschlagene und angenommene Form gewählt habe.
Ohne auf die Frage einzugehen, ob das Vaticanum durch
genauere Feststellung der kirchlichen Normen und des obersten
Lehramtes die Freiheit der theologischen Wissenschaft ein-
engen oder fördern wollte, können wir die Tatsache konstatieren,
dals die Exegese, besonders in Frankreich, sich bald in freieren
Bahnen bewegte. Viele glaubten, dals in der möglichst aus-
giebigen Verwendung der Errungenschaften und Hypothesen
der modernen Wissenschaften das beste Mittel zur Über-
windung des Unglaubens bestehe (Motais, Msgr d’Hulst, Loisy).
Eine Folge davon war die Enzyklika „Providentissimus“ vom
18. November 1893 über das Studium der Heiligen Schrift. In
dieser wird das exegetische Studium angelegentlich empfohlen
und die Grundsätze gegenüber den neuen Bestrebungen fest-
gestellt. Die veränderte Lage im 19. Jahrhundert kommt
darin scharf zum Ausdruck. Früher hatte man zu kämpfen
gegen solche, welche die göttlichen Überlieferungen und das
Lehramt der Kirche verwarfen, um in der Heiligen Schrift die
einzige Quelle der Offenbarung und den höclısten Richter des
Glaubens festzustellen; heute aber geht der Kampf gegen die
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19.Jahrh. 15
Rationalisten, die Söhne und Erben der andern, die, gleich-
falls auf ihr eigenes Urteil gestützt, diese Reste des christ-
lichen Glaubens gänzlich von sich geworfen haben. Sie leugnen
die Offenbarung und die Inspiration der Heiligen Schrift und
wollen sie nur als Erzeugnisse des Menschengeistes und als Er-
dichtungen gelten lassen. Diese Ansichten seien weit ver-
breitet, nicht nur unter den Theologen und Gelehrten, sondern
auch unter dem Volke.
Während man in Sachen des Glaubens und der Sitten
den Vätern, die hierin einstimmig seien, folgen müsse, dürfe
man in andern Dingen von ihnen abweichen, doch sei nach
dem Rate des hl. Augustinus am Wortsinne festzuhalten, wenn
nicht die Vernunft es verbiete oder die Notwendigkeit ihn
preiszugeben zwinge. Diese Regel sei um so mehr zu befolgen,
als bei der gegenwärtigen Neuerungssucht und Freiheit der
Meinungen die Gefahr des Irrtums nahe liege. Dabei soll
man die Geschichte der Exegese wohl berücksichtigen, denn
es sei ungeziemend, dals man mit Verkennung und Milsachtung
der vortrefflichen und zahlreichen Werke, welche unsere Exe-
geten hinterlassen haben, die Bücher der Andersgläubigen
bevorzuge und bei ihnen mit augenscheinlicher Gefahr für die
gesunde Lehre und nicht selten zur Schädigung des Glaubens
die Erklärung der Stellen suche, auf welche die Katholiken
schon längst ihren Scharfsinn und ihre Bemühungen mit dem
besten Erfolg verwendet haben.
Dies schlielst nicht aus, dals der Exeget in der Abwehr
der feindlichen Angriffe sich der Mittel der Gegner bediene.
Er soll angetan sein mit der Waffenrüstung Gottes, aber er
soll auch mit den neuen Waffen und Kampfesarten der Feinde
vertraut sein. Solche Mittel zur Verteidigung sind: 1. das
Studium der orientalischen Sprachen und der sogenannten
Kritik. Die Lehrer der Heiligen Schrift müssen die Sprachen
verstehen, in welchen die heiligen Bücher geschrieben sind,
besonders die semitischen. Es sei aber verkehrt, dafs man
unter dem Ehrennamen „höhere Kritik“ ein künstliches Ver-
fahren eingeführt habe, nach welchem das Urteil über den
16 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
Ursprung, die Unverfälschtheit und das Ansehen eines Buches
aus blos inneren Gründen, wie man sagt, geschöpft werden
soll. Vielmehr müssen in diesen historischen Fragen vor allem
die Zeugnisse der Geschichte gelten; sonst werde der Sub-
jektivismus den Ausschlag geben, wie es die Mannigfaltigkeit
der Meinungen und die Verschiedenheit der Auffassungen
bereits zeigen. Weil ferner die meisten von den Jıehrsätzen
der Philosophie und des Rationalismus angesteckt sind, so
werden sie sich nicht scheuen, aus den heiligen Büchern die
Weissagungen und Wunder und alles Übernatürliche zu be-
seitigen.
Das zweite Mittel ist das Studium der physikalischen
Wissenschaften, denn diese Leute durchspähen unter Mils-
brauch ihrer Kenntnisse in der physikalischen Wissenschaft
die heiligen Bücher nach allen Richtungen, um den Verfassern
Unwissenheit in solchen Dingen vorzuwerfen und die Schriften
selbst zu tadeln. Da diese Verdächtigungen sinnenfällige
Dinge betreffen, so werden sie desto gefährlicher, wenn sie
zur Kenntnis des Volkes und besonders der studierenden
Jugend gelangen. Es ist ja allzu bekannt, dafs die Natur-
wissenschaften die Grundlehren der gesunden Philosophie aus-
rotten und die Sitten verderben, falls sie auf verkehrte Art
in die zarten Gemüter eingesenkt werden. Dagegen besteht
kein Widerspruch zwischen Theologen und Naturforschern,
wenn nur beide sich auf ihr Grenzgebiet beschränken. Der
Geist Gottes wollte über die Dinge, welche nicht zum Heil
nützen, keine Offenbarung geben, die Schriftsteller bedienten
sich der Volkssprache und die Väter huldigten den Anschau-
ungen ihrer Zeit. Die Resultate der Naturforschung sind nicht
immer sicher. Diese Prinzipien können nach Belieben auf
verwandte Wissenszweige, besonders auf die Geschichte an-
gewendet werden. Denn es ist beklagenswert, dals viele eifrige
Altertumsforscher darauf ausgehen, einen Makel des Irrtums
in den heiligen Büchern zu entdecken und dadurch deren An-
sehen in jeder Richtung zu schwächen und zu erschüttern.
Zwar können die Kopisten manchen Verstols begangen haben
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese ii. 19. Jahrh. 17
und kann der echte Sinn zweifelhaft bleiben, aber das eine
ist zu erweisen, das andere nach den guten Regeln der Exegese
zu lösen.
In keinem Falle geht es an, die Inspiration nur auf einige
Teile der Heiligen Schrift zu beschränken oder zuzugeben, dals
der Verfasser selbst geirrt habe. Man darf auch nicht die
Inspiration auf die Gegenstände des Glaubens und der Sitten
beschränken, indem man glaubt, es sei nicht so sehr zu er-
forschen, was Gott gesagt habe, als vielmehr zu erwägen, warum
er es gesagt habe. Denn die Bücher allesamt und vollständig
mit allen ihren Teilen sind unter Eingebung des Heiligen
Geistes verfalst. - Jeder Irrtum ist damit ausgeschlossen.
Laien, welche in diesen Wissenschaften hervorragen, sind
für die Verteidigung sehr willkommen. „Es ist nichts mehr
im stande, dem Volk Hochachtung vor der Wahrheit einzu-
fiöfsen, als wenn sich mit aller Offenheit Männer zu ihr be-
kennen, die sich in einem berühmten F'ache glänzend hervortun.“
Auch dem Gegner wird dadurch Anerkennung und Hochachtung
abgenötigt. Diese Gelehrten haben sich aber an die dar-
gelegten Grundsätze zu halten und sich bei einem Widerspruch
nicht zu sträuben, die Untersuchung von vorne anzufangen; denn
wie viele Exegesen in diesen Dingen später verbessert worden
sind, so sind auch viele Einwendungen gegen die Heilige
Schrift als nichtig nachgewiesen und fallen gelassen worden.
Die Absicht der Enzyklika war zweifellos, die Exegese
an die katholischen Grundsätze zu erinnern, und sie ist auch
einzelnen (Loisy) fühlbar geworden. Aber anderseits hat
Leo XII. doch die Fortschritte und Vorteile anerkannt,
welche die wissenschaftliche Exegese aus den reichen Hilfs-
mitteln und Leistungen der modernen Wissenschaft gewonnen
hat. Indem man nun alte und neue Geschichtsauffassung und
Naturbetrachtung genauer unterschied, populäre und technische
Sprache und Darstellung besser verglich, kam man zu der
Überzeugung, dals das Altertum weit entfernt war von der
Kritik der heutigen Wissenschaft in der Beurteilung und Be-
nutzung der Quellen und in der Rücksicht auf u:
Biblische Zeitschrift. L 1.
18 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
und Zeitverhältnisse und Genauigkeit des Details. Die populäre
Sprache liebt es im Morgenlande, figürliche Redeweisen aller
Art, Metaphern, Hyperbeln, rhetorische Amplifikationen, poe-
tische Einkleidungen, Allegorien, Parabeln anzuwenden. Wer
diese Regeln nicht beachtet, kommt leicht zu der Meinung,
dafs Irrtümer vorliegen, aber es sind seine Irrtümer, nicht die
des Schriftstellers. Es hat also wohl seine Berechtigung, wenn
Hogan (1898) und sein Übersetzer Boudinhon (1901) sagen, durch
die Enzyklika seien vielmehr die katholischen Exegeten zum
Fortschreiten in der eingeschlagenen Bahn ermutigt worden.
Doch wollen wir auf die Kontroversen hierüber (Schöpfer,
Kaulen, Nisius, Egger, Höpfi, Broglie, Lagrange, Loisy, Holzhey
u. a.) nicht näher eingehen.
Dals sich diese Erscheinungen vorwiegend in Amerika und
Frankreich zeigten, beweisen die Enzykliken vom 22. Januar 1899
gegen den Amerikanismus und vom 8. September 1899 an den
französischen Episkopat und Klerus. In der letzteren, fran-
zösisch geschriebenen werden die Professoren der Exegese
aufgefordert, ihre Zuhörer besonders zu warnen vor jenen
beunruhigenden Bestrebungen, die sich in der Auslegung der
Bibel einzuschleichen drohen und, wenn sie die Herrschaft
bekämen, deren Inspiration und übernatürlichen Charakter
zunichte machen würden. Unter dem täuschenden Vorwande,
den Gegnern des geoffenbarten Wortes den Gebrauch von
Argumenten gegen die Echtheit und Wahrhaftigkeit der heiligen
Bücher (Pentateuch?) zu entreilsen, die unwiderstehlich scheinen,
haben es katholische Schriftsteller für ein geschicktes Ver-
fahren gehalten, diese Argumente sich zu nutze zu machen.
Kraft dieser seltsamen und gefährlichen Taktik haben sie mit
eigenen Händen daran gearbeitet, Breschen in die Mauern
der Stadt, die zu verteidigen ihre Aufgabe sei, zu legen.
Nicht undeutlich wird auf den protestantischen Einfluls von
jenseits des Rheins hingewiesen (vgl. Fontaine, Les infiltrations
protestantes et le clerge francais, 1901).
Endlich seien noch zwei Kundgebungen katholischer
Kirchenfürsten über die Grundsätze, welche die moderne
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 19
Exegese leiten sollen, erwähnt. Die eine stammt von Kardinal
Gonzalez, Erzbischof von Toledo, und ist aus dessen Schrift
über Bibel und Wissenschaft auch in die Einleitung der Revue
biblique (1892) übergegangen; die andere kommt von Mignot,
Erzbischof von Albi!. Dieser hat in der Vorrede zu der genannten
Übersetzung von Hogans Schrift eine begeisterte Lobrede auf
die neue Exegese geschrieben und in einer Eröffnungsrede
der katholischen Universität Toulouse am 13. November 1901
die allgemeinen Grundsätze dargelegt und dafür selbst in
Deutschland ein Echo gefunden (Eucken). Er hat auch in
Rom Interesse dafür zu erwecken gesucht. Dafs man sich
der Bedeutung der Sache bewulst ist, zeigt weniger die Kon-
gregationsentscheidung über das Comma lohanneum, als die
neueste Nachricht, dals eine eigene Bibelkommission eingesetzt
worden sei. Als Mitglieder derselben werden genannt: Kardinal
Parocchi, Vizekanzler der heiligen römischen Kirche, Präsident;
die Kardinäle Segna und Vives, Assessoren; P. David Fleming,
Generalvikar des Ordens der minderen Brüder, Sekretär und
Konsultor. Weitere Konsultoren sind: Hoonacker, Professor
an der Universität Löwen; Grannan, Professor an der Uni-
versität Washington; Fracassini, Professor am erzbischöflichen
Seminar zu Perugia; Jorio, Professor am erzbischöflichen
Seminar zu Valencia; P. Esser O. Pr., Sekretär der Kongre-
gation des Index; Vigouroux, Professor am Institut catlıolique
ı Die mir nicht zugängliche Schrift: Houtin, La Question biblique
chez les Catholiques de France au XIXe siecle, Paris 1902, findet erst im
Auftreten Renans einen Sporn zu exegetischer Arbeit. Es gebe jetzt
drei biblische Schulen, eine ultratraditionelle, konservative und fort-
schrittliche. Die Hauptfragen seien: Wesen und Ausdehnung der In-
spiration, mosaische Authentizität des Pentateuch, geschichtlicher Wert
der ersten Kapitel der Genesis, manchmal auch Wesen und geschicht-
liche Bedeutung der messianischen Weissagungen. Der Verfasser selbst
neigt zur fortschrittlichen Richtung, meint aber, dieselbe sei jetzt in
der Apologetik zum Stillschweigen gebracht und nur dem unterrichteten
Teil des Klerus bekannt. Der Pfarrklerus lebe in Ruhe mit dem, was
das Lehrbuch von Vigouroux biete. Doch hofft er mit dem Erzbischof
von Albi von der Zukunft für die biblische Kritik (L’Univ. cath.
15 Juin 1902, 312).
2r
20 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
zu Paris; P. v. Hummelauer aus der Gesellschaft Jesu, Holland;
P. Gismondi S. J., Professor an der gregorianischen Universität
in Rom; P. Ambr. Amellı O.S. B., Prior von Monte Cassino;
Abb6 Clarte, Weltpriester der Erzdiözese Westminster, und
Abb& Pohl, Weltpriester der Diözese Roermonde in Holland.
U.
Es kann nicht unsere Aufgabe sein, die einzelnen Leistungen
und Probleme ausführlich zu besprechen oder eine Übersicht
über die zahlreiche Literatur zu geben. Vielmehr müssen
wir uns begnügen, auf die wichtigsten Gegenstände hinzu-
weisen. Wir wollen kurz die Sorge um einen sichern Text
und um philologische Hilfsmittel, die Hexateuchkritik, die
johanneische und synoptische Frage und die Kritik der pau-
linischen Briefe besprechen. Dabei wird von selbst ersichtlich,
wie sich die moderne Methode und Anordnung von der alten
unterscheidet.
Cornely bemerkt in seiner Einleitung (I 726): „Es kann
nicht geleugnet werden, dafs die Protestanten durch ihre
philologischen und historischen Studien im letzten Jahrhundert
die katholischen Exegeten übertroffen haben; es gibt keine
dem Studium der heiligen Bücher dienstbare Sprache, welche
sie nicht mit höchster Sorgfalt ausgebildet hätten, keinen ge-
schichtlichen Gegenstand, den sie nicht mit gröfstem Fleifs
und Scharfsinn untersucht hätten. Zu unserer Schande müssen
wir bekennen, dals, wenn wir heute unsern heiligen Büchern
ein genaueres Studium widmen wollen, wir der philologischen
und historischen Werke der Protestanten nicht entbehren
können.“ „Auch in der Kritik des heiligen Textes sind wir,
allein abgesehen von unserer Vulgata, fast ganz von ihren
Arbeiten abhängig.“ Dals dies früher anders war, ist bekannt.
Dafs die protestantischen exegetischen Werke aller Schat-
tierungen, vom Rationalismus bis zur Orthodoxie, soweit nicht
die reine Philologie und Geschichte in Betracht kommen, gern
gegen das katholische Dogma und die katholischen Einrichtungen
polemisieren, vergilst Cornely nicht beizufügen, um vor zu ver-
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i.19. Jahrh. 21
trauensseliger Benutzung zu warnen; aber trotzdem bleibt be-
stehen, dafs der katholische Exeget vielfach auf die protestan-
tischen Werke angewiesen ist. Zweifellos haben diese Exegeten
das Schriftstudium ungemein gefördert. Sie haben sich um
die kritischen, philologischen, historischen Forschungen verdient
gemacht, haben allgemein anerkannte kritische Textausgaben
veranstaltet, Grammatiken und Lexika verfalst und in biblischen
Enzyklopädien das Wichtigste aus der Exegese zusammen-
gefalst. Selbst der Rationalismus hat dadurch zur Förderung
der Exegese und zur Verteidigung der heiligen Bücher bei-
getragen. Denn indem er alle äulseren Zeugnisse sorgfältig
sammelte und prüfte, alle Sprachen und Religionen beizog, die
inneren Gründe mit peinlicher Genauigkeit untersuchte, die
verschiedenen Lesarten zusammenstellte, alle Bedeutungen der
Ausdrücke und alle Konstruktionen einer strengen Prüfung
unterzog, Stil und Gedanken, offene und versteckte, sorgfältig
abwog, hat er eine neue Methode der Schriftauslegung ge-
schaffen, „durch welche wir alle neuen Hilfsmittel, die von den
Rationalisten zusammengesucht worden sind, benutzen, indem
wir die Disposition und den Zusammenhang der ganzen Bücher
fleifsig beobachten, ihre geschichtlichen Beziehungen genauer
erwägen und Zweck und Absicht der heiligen Schriftsteller
tiefer erforschen, um den überlieferten Sinn der Schriften ein-
_ dringlicher zu erkennen, präziser zu bestimmen und zu ent-
wickeln und kräftiger zu verteidigen“ (I 732).
Hinsichtlich des AT gilt es, zuerst den reinen masso-
retischen Text herzustellen, sodann seine Quellen und den
vielfach abweichenden Text der LXX festzustellen und zu
beurteilen. Über die Massora ist vor allem die Schrift von
Frensdorff (1876) zu erwähnen. Neue kritische Ausgaben
wurden von Baer und Ginsburg (1894) veranstaltet, Separat-
ausgaben von Baer und Delitzsch. An der Kritik des Textes
beteiligten sich Wellhausen, Bäthgen, Cornill, Driver, Kloster-
mann, Haupt, Scholz, Bickell, Peters, Loisy, Bludau, Holzhey.
Von Ausgaben der LXX, welche mit Ausnahme der
Moskauer (1821) und Oxforder (1859) den Vaticanus, nicht
22 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
den Alexandrinus, zu Grunde legten, sind neben denen von
van Efs (1824, 1855), A. Mai (1857) und Looch (1866, 1836) be-
sonders die Ausgaben von Tischendorf (1856, 1860, 1869) zu
erwähnen, die nach Tischendorfs Tod (1874), Delitzsch (1875)
und Nestle (1880) neu edierten. Eine Ausgabe von Swete
wurde 1887/94, zum zweitenmal 1895/96 aufgelegt. Über
die Arbeiten Lagardes, die zahlreiche Literatur und die
übrigen Bibelübersetzungen gibt Nestle reichlichen Aufschlufs
in der 3. Auflage der Realenzyklopädie Band III (1897). Fak-
similierte Ausgaben des Codex Alexandrinus (Baber 1812/28),
des Sinaiticus (Tischendorf 1862) und des Vaticanus (Ver-
cellone und Oossa 1868/81) haben die Textkritik wesentlich
erleichtert.
Zu der lateinischen Übersetzung des Hieronymus und
ihren Vorgängerinnen hat das 19. Jahrhundert zahlreiche
Forschungen zu Tage gefördert, an denen auch viele Katho-
liken (Vercellone, Kaulen, Martin) Anteil nahmen, einen
kritischen Text des AT aber hat es nicht zu stande ge-
bracht. Die Hauptausgabe wurde von Heyse und Tischen-
dorf besorgt (1873). Dagegen ist für das NT eine kri-
tische Ausgabe von Wordsworth und White (1889 ff) be-
reits weit vorangeschritten. Katholischerseits wurde eine
Gesamtausgabe der Klementinischen Vulgata von van Eis,
Kistemaker, Galura, Loch, Allioli, Vercellone (1861), von den
Benediktinern in Tournai (1885) und von Fillion (1887) ver-
anstaltet. Das Vaticanum hat das Dekret des Tridentinums
über den Gebrauch der Vulgata nicht wiederholt. Dagegen
erwartet Leo XIII. in der Enzyklika „Providentissimus“, dals
der Exeget, im Anschlufs an das Verfahren der Alten, als
malsgebenden Text die Vulgataübersetzung zu Grunde legen
werde, welche das Tridentinum vorgeschrieben habe. Doch sei
auch auf die übrigen Übersetzungen, besonders auf die Stamm-
handschriften Rücksicht zu nehmen. An Stellen, wo in der
Vulgata ein zweideutiger und minder genauer Ausdruck steht,
werde nach dem Rat des Augustinus die „Einsichtnahme einer
früheren Sprache“ förderlich sein. In Deutschland ist es
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 23
namentlich bei der Exegese des NT im 19. Jahrhundert fast
allgemein üblich geworden, den Urtext zu Grunde zu legen;
auch wenn im AT von der Vulgata ausgegangen wird, wie im
neuesten Kommentar der Jesuiten und Professor Schäfers,
wird der Urtext genau berücksichtigt oder, wie bei Hoberg,
neben dem Vulgatatext abgedruckt.
Die Arbeiten für die Herstellung eines kritischen Textes
des NT waren im 19. Jahrhundert sehr zahlreich und von
grolsem Erfolg gekrönt. Im Anfang herrschte die Aus-
gabe Griesbachs (1796, 1806) vor, sie wurde durch die nach
philologisch-kritischen Grundsätzen hergestellte Ausgabe Lach-
manns (Stereotypausgabe 1831, griechisch-lateinische Aus-
gabe 1842/50) grölstenteils verdrängt. Eine besonders frucht-
bare Tätigkeit entfaltete aber Tischendorf, der Entdecker
des wichtigen Codex Sınaiticus. 1841 erschien seine erste
Ausgabe des griechischen NT, 1849 die zweite, 1859 die
editio VII critica maior, 1864/72 die editio VIII critica maior.
Da Tischendorf durch den Tod (1874) verhindert wurde, den
dritten, die Prolegomena enthaltenden Band zu veröffentlichen,
so übernahm Gregory die Aufgabe und löste sie in muster-
gültiger Weise (1884, 1890, 1894). In England sind zwei be-
deutende Textausgaben erschienen, von Tregelles (1857/72)
mit Prolegomenen von Hort und Steane (1879) und von West-
cott und Hort (1881). 1895 erschien eine grölsere Ausgabe
des Textes, 1896 wurde der zweite Band mit der Einleitung
und den Belegen neu herausgegeben. Sie beruht wie die Aus-
gaben von Tischendorf und Tregelles auf Lachmannschen
Grundsätzen, zeichnet sich aber besonders durch umfassende
Verwertung der Geschichte des Textes aus. Indes fehlt es
auch dieser Ausgabe nicht an Gegnern. Seit 1898 gibt Nestle
im Auftrag der Württembergischen Bibelgesellschaft das
griechische NT heraus; 1904 will auch die englische Bibel-
gesellschaft den textus receptus ausgeben. Zu den zahlreichen
englischen Forschungen vgl. Gebhardt, Realenzykl. IL3 767.
Von katholischer Seite ist hier wenig zu erwähnen. Es
sei nur an die Ausgaben von van Eis, Gratz, Jaumann,
24 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
Reithmayr, Loch, Vercellone erinnere Am meisten be-
teiligte sich Hug an den Untersuchungen über den Text des
NT. Sein Schüler Scholz veranstaltete nach längerer Vor-
bereitung eine Textausgabe mit umfänglichen Prolegomenen
(1830/36), allein dieselbe litt an grolser Ungenauigkeit und
Unzuverlässigkeit des kritischen Apparats. Die neueren Aus-
gaben von Brandscheid (1893, 2. Aufl. 1901) und Hetzenauer
(1896) sind für Schulzwecke bestimmt.
In Betreff der sprachlichen Hilfsmittel, der Gram-
matiken und Lexika, verweise ich auf das Verzeichnis in der
Enzyklopädie von Kihn (1892). Es genügt hier, an Gesenius,
Fürst, Strack, Nestle, Kautzsch zu erinnern. Letzterer hat
in Verbindung mit vielen andern Exegeten eine deutsche
Übersetzung des AT herausgegeben. Für das NT sind
die Grammatiken von Winer, Buttmann und Blals, die
Wörterbücher von Grimm und Cremer zu nennen, welche in
ihren neuesten Auflagen sorgfältig weitergeführt und ergänzt
wurden. Das Cremersche Biblisch-theologische Wörterbuch
erschien 1902 in 9. Auflage. Dazu kommen das Bibellexikon
von Schenkel und das Handwörterbuch von Riehm und ein
englisches Dietionary von Hastings, Selbie, Davidson, Driver,
welches jetzt in 4 Bdn abgeschlossen vorliegt. In Frank-
reich erscheint seit 1895 ein Dictionnaire biblique von Vigou-
roux; ein lateinisches Bibellexikon zum Cursus s. Scripturae
von Cornely-Knabenbauer ist angekündigt. Für die Archäo-
logie seien Ackermann, Scholz, Allioli, Haneberg, Schegg-
Wirthmüller, Fillion, Vigouroux genannt.
Die Einleitungen und Kommentare können hier nicht
aufgezählt werden. Protestantischerseits sind sie Legion (vgl.
Strack und Zahn über den Kanon des AT und NT in der Real-
enzyklopädie IX3 741 ff). Handkommentare haben Nowack und .
Marti herausgegeben. Katholischerseits sei an die Einleitungen
in das AT von Jahn, Herbst-Welte, Haneberg, Reusch, Kaulen,
Schenz, Cornely, Schöpfer erinnert. Am meisten wurde von den
Katholiken der Pentateuch vernachlässigt, der, abgesehen von
der Genesis (Tappehorn, Hoberg), erst von Hummelauer in
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 25
dem genannten Cursus vollständig kommentiert wurde. Für
die andern Bücher sind aulser den Mitarbeitern desselben
Reincke, Scholz, Reusch, Schäfer, Gutberlet, Rohling, Langen,
Zschokke, Schegg, Schneedorfer, Schönfelder, Lingg, Vetter,
Peters, Lamy, Weils, Hoonacker, de Moor, Bludau, Nikes,
Faulhaber, Engelkemper, Happel, Euringer, Herkenne, Dorn-
stetter u. a. zu nennen.
Wichtiger ist es, auf die Hauptprobleme hinzuweisen. Die
Protestanten unterscheiden in der Geschichte der atl Disziplin
des 19. Jahrhunderts vier Richtungen oder Strömungen: den
Rationalismus (Eichhorn), die grammatisch-historische oder
historisch-kritische Methode (Gesenius, Ewald), die orthodoxe
Reaktion (Hengstenberg, Delitzsch) und die kritische Reaktion
(Vatke, Reuls, Graf, Wellhausen). Im Mittelpunkt steht hier
zweifelsohne die Hexateuchkritik, welche ihren grundstürzen-
den Einfluls auf die ganze Kritik des AT, vor allem der histo-
rischen, aber auch der prophetischen Bücher (Duhm) aus-
dehnt. Sodann erhebt sich die Frage nach der Echtheit des
zweiten Teiles des Isaias, Daniels, ja der meisten Propheten,
da die Tendenz stark auf die Annahme nachexilischer Über-
arbeitung hinarbeitet; dazu kommen Job und der Psalter und
die Bücher Esther, Tobias, Judith.
Die Hexateuchkritik wurde von Reufs (1833) und Vatke
(1835) angebahnt, erhielt von einem Schüler des Reuls, Graf
(1866), ihren Namen und wurde von Wellhausen, man kann
fast sagen, zum Gemeingut der protestantischen atl Exegese
gemacht. Danach ist der Hexateuch das Werk einer spätern,
im Jahre 444 vollendeten Redaktion verschiedener Quellen,
von denen die vielfach modifizierten Elohist und Jahwist in
das 9. bis 8. Jahrhundert, das Deuteronomium in das Jahr
622, der Priestercodex in die nachexilische Zeit fällt. Gibt
es auch noch ziemlich viele Kritiker, neuestens selbst Bau-
dissin (Einleitung 1901), welche den Priestercodex vor das
Exil und vor Josias setzen, so dringt doch die entgegen-
gesetzte Ansicht immer mehr durch. Die literarhistorische
Kritik sucht die Quellen nach dem Sprachcharakter, den Ge-
26 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
wohnheiten der Schriftsteller, den Dubletten u. a. zu scheiden,
die geschichtlich-religiöse Untersuchung die Entstehung und
Entwicklung der israelitischen Religion wissenschaftlich zu be-
stimmen. Eine notwendige Folge war eine gänzlich veränderte
Auffassung des Ganges der israelitischen Religionsgeschichte
und eine scharfe Kritik an den übrigen Büchern des AT.
Diese Religion hat sich aus dem semitischen Polytheismus
oder dem Götterglauben (Stade) heraus entwickelt; von Moses,
wenn dessen geschichtliche Existenz nicht geradezu geleugnet
wird, ist nur ein äulserlicher Monotheismus eingeführt, der
erst von den Propheten ethisch vertieft wurde.
Die gläubige Exegese hat sich entschieden gegen diese
radikale Kritik ausgesprochen, doch hat selbst Delitzsch in
seiner letzten Zeit die Quellentheorie angenommen. Der be-
deutendste Gegner ist Hommel, der selbst vorher ein An-
hänger derselben war. Die katholische Exegese verhielt sich
lange durchaus ablehnend (vgl. Kaulen, Hoberg u. a.), hat
aber in letzter Zeit, besonders in Frankreich und England,
bedeutende Zugeständnisse gemacht (Hügel, Lagrange, Loisy,
Vetter, Höpfl u. a.), zum Teil die literarkritischen Resultate
aufgenommen. Am deutlichsten zeigt sich der Wechsel bei
den Verfassern des Cursus Scripturae sacrae. Während Cornely
eine ausführliche Widerlegung der Hypothese gibt, bekannte
sich Hummelauer, der in seinem Kommentar zur Genesis unter
Verweisung auf Cornely die alte geschichtliche Auffassung
der rein kritischen der Modernen weit vorzielit, aber aller-
dings verschiedene „Schichten“ der Überlieferung annimmt,
auf dem Kongresse zu München zu der inneren Kritik und
zu einer späteren Abfassung des Deuteronomiums. Bezeichnend
ist, dals er Dt 12, 1—26, 15 als späteren Einschub Samuels
(vgl. Kommentar 1901) betrachtet, während Wellhausen hierin
den ältesten Teil des Buches erkennen will. Vetter stimmt
im wesentlichen Hummelauer bei. Indes auch andere Redner zu
München haben ein freundlicheres Verhältnis zu der kritischen
Schule befürwortet. Zwei Hauptschwierigkeiten werden da-
durch beseitigt, dals man annimmt, die spätere Redaktion des
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 27
Hexateuch und die Revision der übrigen Schriften sei gleich-
falls durch wenn auch unbekannte inspirierte Männer (Pro-
pheten) vollzogen worden, ja die Thora sei als lebendiges
Buch in den Händen der Propheten fortwährend erweitert,
vermehrt, verändert worden (Hummelauer, Deut. 79 84 ff 103),
und die Berufungen des Herrn und der Apostel auf Moses
und die Propheten beziehen sich nicht auf die direkte Ab-
fassung und die literarische Entstehung, sondern auf die in-
spirierte Heilige Schrift nach der allgemeinen Auffassung.
Sicher ist, dals es diese Kritik des AT nie über Hypo-
thesen hinausbringt und dafs sie immer mehr ins Kraut
geschossen ist; aber bestreiten lälst sich nicht, dafs sie bei
einzelnen Büchern, wie beim Koheleth, Tobias, Judith, Esther,
eine Berechtigung hat und auch bei andern Büchern zu
besserem Verständnis der sachlichen und stilistischen Schwierig-
keiten beigetragen hat. Es ist daher auch eine Aufgabe der
katholischen Exegese, die wirklichen Ergebnisse zu berück-
sichtigen und sich an der kritischen Arbeit zu beteiligen!.
In der Exegese des NT spielt die synoptische
Frage bis heute eine Hauptrolle. Da die gewöhnlichen
Erklärungen der Entstehung der synoptischen Evangelien aus
der Predigt oder Katechese der Apostel oder aus der Be-
nutzung der früheren durch die späteren Evangelisten in
der Reihenfolge des Kanons oder Matthäus, Lukas, Markus
(Griesbach) der literarischen Verwandtschaft und Verschieden-
heit nicht hinlänglich gerecht zu werden schienen, so nahm
man zu einem (aramäischen) Urevangelium (Eichhorn) oder zu
einem mündlichen Urevangelium (Gieseler) seine Zuflucht oder
kombinierte beide (Schleiermacher). Besonderes Glück hatte
Schleiermachers Entdeckung (1832), dafs unter den Logien
des Matthäus, über welche Papias berichtet, nicht das ur-
sprüngliche hebräische Matthäusevangelium, sondern eine Reden-
sammlung zu verstehen sei. Indem noch gegen Schleiermacher
das Markusevangelium als das erste Evangelium betrachtet
ı Vgl Mignot, Rev. bibl. 1901, 469s8s.; Höpfl,. Die höhere Bibel-
kritik, 1902.
28 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jabrh.
(Weisse, Wilke, Bauer) und ein kleinerer oder grölserer Ür-
markus angenommen wurde, welcher wie die Logien verschieden
bestimmt und mit diesen dem Matthäus- und Lukasevangelium
zu Grunde gelegt wurde, entstand eine Zweiquellentheorie,
welche in zwei Richtungen sich an die Namen von Holtzmann
und B. Weils anschlielst.
Zugleich wurde aber mit dieser literarkritischen Frage
die historische verknüpft, welche durch Baur mittels der
Tendenzkritik beantwortet wurde. Zwar huldigte er formell
der Griesbachschen Theorie über das Markusevangelium, aber
der Grund war ein durchaus verschiedener. Das Markus-
evangelium erscheint als eine farblose Ausgleichung zwischen
dem petrinischen judenchristlichen Matthäusevangelium und dem
paulinisch-heidenchristlichen Lukasevangelium, denen übrigens
Urmatthäus und Urlukas vorausgegangen sind. Denn ab-
gesehen von den vier grolsen Paulinen und der Apokalypse
ist keine Schrift des NT echt und die Evangelien reichen
tief ins zweite Jahrhundert herab. Der Gnostizismus hat
bereits einen merklichen Einflufs auf die Briefe (Pastoral-
briefe u. a.) und auf das (alexandrinische) Johannesevangelium
ausgeübt. Wohl wurden diese Positionen bereits von einem
Schüler Baurs, Ritschl, 1857 widerlegt und neuestens von
Harnack als Widerspruch zu der beglaubigten Überlieferung
des Altertums nachgewiesen, aber die Grundsätze wirken doch
bis heute fort, insofern die Evangelien in ihrer jetzigen Form
nicht für authentisch gelten, sondern auf einen verwickelten
literarischen und geschichtlichen Prozels zurückgeführt werden,
durch welchen sowohl die Erklärung (vgl. die Gleichnisreden
Jülichers) als die Beurteilung des Urchristentums beeinflufst
wird. Für die Kritik der Lukasschriften hat übrigens Blafs
neue Wege eingeschlagen, für die Zuverlässigkeit der aposto-
lischen Geschichte Ramsay dankenswerte Beiträge geliefert.
In der Kritik der Briefe sind einige noch über Baur hinaus-
gegangen, die meisten sind positiver; aber verhältnismälsig
wenige konservative Exegeten können sich zur Anerkennung
sämtlicher Briefe verstehen.
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 29
Das Johannesevangelium wurde von Bretschneider
1820 für unecht erklärt und diese Hypothese von Baur zum
Angelpunkt seiner Tendenzkritik gemacht. Es waren weniger
historische und geographische Bedenken wegen des Tages des
letzten Abendmahles und der Kreuzigung u. a. als der ganze
theologische und christologische Charakter, welcher von der
hegelianischen Kritik, neuestens wieder von Kreyenbühl (1900)
für den Gnostizismus und gegen die Echtheit ins Feld geführt
wurden. Wohl wurde von den konservativen Exegeten in Er-
langen (Hofmann, Zahn), Greifswald (Cremer, Zöckler), Leipzig
(Luthardt) die Echtheit des „geistigen“ Evangeliums verteidigt,
aber die gesamte Kritik ist dagegen gerichtet (Reufs, Weiz-
säcker, Grill). Die neuen Funde von apokryphen Petrusschriften
haben wieder Veranlassung zu Untersuchungen über die Be-
deutung der kanonischen Evangelien gegeben, aber auch das
hohe Alter der vier Evangelien bestätigt.
Die Literatur ist unübersehbar. Wir erwähnen nur die
Gresamtkommentare von Meyer 1832ff, neuestens in 8. bis
9. Auflage von B. Weils u. a., von Strack-Zöckler 1887 ff
(AT und NT) und von Holtzmann-Soden 1892 ff. Die neuesten
Einleitungen verfalsten B. Weils, Beyschlag, Holtzmann,
Jülicher, Zahn. Die biblische Theologie des AT wurde von
Diestel, Öhler, Schultz, Kayser, Dillmann u.a, die des NT
von Weils, Beyschlag, Holtzmann u. a. bearbeitet. Als Ertrag
der ntl Arbeit wird die fortschreitende Ausgleichung der —
vermeintlichen oder wirklichen Anforderungen des Glaubens
und der — vermeintlichen oder wirklichen Resultate der
historischen Kritik bezeichnet.
Die katholische Exegese des NT hat im 19. Jahrhundert
ungleich grölsere Fortschritte erzielt als die Exegese des AT.
Sie hat sich die Errungenschaften der modernen Philologie und
Altertumswissenschaft zu nutze gemacht und durch Berücksichti-
gung der Gesamtkomposition wie durch Genauigkeit im Detail
eine bessere Einsicht in den Inhalt und Geist des ntl Schrift-
tums vermittelt. Dies gilt besonders von Deutschland. In
Frankreich hat die Kompilation vorgeherrscht, nur die all-
30 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh.
gemeinen Fragen wurden gründlicher behandelt (Vigouroux).
Ihr Verhalten gegenüber den oben besprochenen Problemen
mulste freilich mehr ein abwehrendes, apologetisches sein, aber
doch hat sie die berechtigten Momente auch anerkannt. Davon
kann eine Einsicht in die Einleitungen von Hug, Feilmoser,
Reithmayr, Maier, Haneberg, Langen, Dankö, Zschokke,
Aberle, Kaulen, Cornely, Trenkle, Schäfer, Belser überzeugen.
Die Einleitung von Hug (4. Aufl. 1847) hat gegen die Ur-
evangeliumshypothese in mustergültiger Weise die Benutzungs-
hypothese verteidigt und mit Ausnahme von Haneberg und
Cornely allgemeine Nachahmung gefunden. Die Markushypo-
these erhielt ebensowenig Zustimmung als die Griesbachsche
Hypothese (Schwarz), doch wurde die relative Originalität des
Markusevangeliums vielfach anerkannt und sein Verhältnis zu
Matthäus im Gegensatz zur Augustinischen Hypothese gänz-
licher Abhängigkeit vom Matthäusevangelium dadurch erklärt,
dals man dem griechischen Übersetzer des hebräischen Matthäus-
evangeliums das Markusevangelium zur Vorlage gab. Von den
Kommentaren zu den Evangelien sind die einen (Schanz, Pölz]l;
vgl. Patrizzi, Fillion) für die Benutzungshypothese, die andern
(Schegg, Knabenbauer) für die Traditionshypothese, Ähnliche
Differenzen zeigen sich in der Beurteilung des vierten Evan-
geliums, obwohl dessen Bekanntschaft mit den synoptischen
Evangelien allgemein angenommen wird. Während früher der
Todestag Jesu vorwiegend nach Johannes bestimmt wurde,
werden jetzt wieder die Synoptiker bevorzugt und eine Aus-
gleichung der von der Kritik zu einem Widerspruch gesteigerten
Differenz versucht. Zur Apostelgeschichte siehe Felten, Belser,
zur Apokalypse Tiefenthal. Das Leben Jesu ist dargestellt
worden von Sepp, Schegg, Grimm, Le Camus-Keppler, Didon-
Schneider. Über allgemeine Fragen vgl. die Akten zum Kon-
greis in München,
Unter den Briefen haben begreiflicherweise die dog-
matisch wichtigsten Briefe des hl. Paulus, der Römerbrief
(Reithnayr, Maier, Beelen, Agus, Schulte, Schäfer), die
Korintherbriefe (Maier, Seidenpfennig, Rohr), der Galaterbrief
Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 31
(Windischmann, Mefsmer, Reithmayr, Weber), in Kommen-
taren und besonderen Abhandlungen die meiste Berücksich-
tigung gefunden; zu den andern vgl. Henle, Mack, Hundhausen,
Schegg, Müller, Zill, Schäfer u. a. in der Bibliotheca Theo-
logiae et Philosophiae catholicae 1870—1897 von H. Korff,
München 1897, bei Kihn und in den neuesten Einleitungen.
In Lexis, Die deutschen Universitäten, für die Universitäts-
ausstellung in Chicago 1893, ist die katholische Exegese von
Hoberg und Felten dargestellt. Im „Theologischen Jahres-
bericht“ ist die Literatur seit 1881 alljährlich besprochen.
Ein Handbuch zum ganzen NT hat nach dem Vorbilde von
De Wette und Meyer Bisping verfalst (1858ff, 2. Aufl. 1865ff),
einen Cursus Scripturae s. Cornely und Knabenbauer 1885 ff.
Wohl sind der katholischen Exegese immer engere Grenzen
als der evangelischen gezogen, aber sie bleibt dadurch auch
vor den Versuchungen willkürlicher Kritik und phantastischer
Hypothesen, deren das 19. Jahrhundert zahlreiche aufzuweisen
hat, bewahrt und leistet dem Verständnis der Offenbarungs-
lehre und der christlichen Wahrheit schätzenswerte Dienste.
Je mehr sie es versteht, die Gesetze und Methoden der wahren
Wissenschaft mit den Forderungen des Offenbarungsglaubens
in Übereinstimmung zu bringen, desto grölser wird auch der
Gewinn für Theologie und Kirche sein. Bei aller Anerkennung
der älteren theologischen Kommentare werden dann auch die
neueren, für die Geschichte des Urchristentums wichtigen
Kommentare mehr Berücksichtigung finden. An jungen rührigen
Kräften fehlt es gegenwärtig nicht. Die Biblischen Studien
‘von Bardenhewer 1896 ff und die Revue biblique von Lagrange
haben den Beweis dafür erbracht.
A u
Die Aufgaben der Exegese gegenüber der
Assyriologie.
Von Prof. Dr. Nikel in Breslau.
1.
ls gegen Ende des 18. Jahrhunderts der Rationalismus die
Glaubwürdigkeit der biblischen Geschichtsbücher in Zweifel
zog, fügte es die Vorsehung, dafs fast zu gleicher Zeit der
Geschichtsforschung neue Quellen erschlossen wurden, welche
auch für die Erklärung der Bibel wertvolles Material lieferten.
Zuerst waren es die zwar schon lange bekannten, aber noch
nicht entzifferten hieroglyphischen Inschriften, welche nach der
Auffindung der Tafel von Rosette endlich der gelehrten For-
schung verständlich wurden. Bald darauf lieferte die geniale
Leistung Grotefends den Schlüssel zu den in Keilschrift ge-
schriebenen Urkunden Vorderasiens.
Nachdem die ersten Entzifferungen der keilinschriftlichen
Urkunden Resultate zu Tage gefördert hatten, welche einzelne
Angaben der alttestamentlichen Bücher bestätigten, wurde die
Assyriologie von der bibelgläubigen Exegese als Helferin enthu-
siastisch begrülst. Man vergals fast, dals die Assyriologie eine
durchaus selbständige Wissenschaft ist, welche die ihr durch
die Prinzipien der Philologie und der historischen Kritik vor-
gezeichneten Wege wandeln muls; man gewöhnte sich vielmehr
in exegetischen Kreisen daran, die Keilschriftforschung als
Helferin und Dienerin der Exegese anzusehen.
Das ist nun allmählich anders geworden. Der leicht be-
greifliche Optimismus, den die ungemein raschen Fortschritte
der Assyriologie bei vielen ihrer Vertreter hervorriefen, und das
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 33
grolse Vertrauen, welches der jungen Wissenschaft entgegen-
gebracht wurde, verleitete manche Forscher zu schweren Fehlern.
Ich will hier nicht davon reden, dals man allzu rasch unsichere
Lesungen als sichere hinstellte, lückenhaft erhaltene Tafeln auf
Grund apriorischer Kombinationen falsch ergänzte und beim
Übersetzen der Texte manchmal zuviel wagte; derartige Fehler
sind unvermeidlich, und ohne hypothetische Annahmen kann
keine Wissenschaft auskommen, welche mit einem solchen Ma-
terial arbeitet wie die Assyriologie. Als ein schwerer Fehler,
der weniger verzeihlich ist, muls es aber bezeichnet werden,
dals man oft aus den Angaben der Keilschrifttexte allzu weit-
gehende Schlüsse zog und den Wert der assyrisch-babylonischen
Urkunden allzusehr überschätzte. Die souveräne Verachtung,
mit welcher manche Assyriologen auf gewisse klassische Schrift-
steller, z. B. Herodot, herabschauten, übertrug man allmählich
auch auf die atl Schriften und gab, wenn sich zwischen der
Bibel und den keilschriftlichen Angaben eine Differenz her-
ausstellte, den letzteren ohne weiteres den Vorzug.
Neuerdings ist man noch weiter gegangen. Man hat, nach-
dem sich zwischen den Urgeschichten der Genesis und gewissen
babylonischen Mythen überraschende Parallelen herausgestellt
haben, einfach den babylonischen Mythos als Quelle und Aus-
gangspunkt der biblischen Urgeschichten angesehen. Delitzsch
hat in seiner Schrift „Babel und Bibel“ (S.29) den von Kittel!
mit Recht als „mindestens milsverständlich* bezeichneten Satz
ausgesprochen, dals „eine ganze Reihe biblischer Erzählungen
jetzt auf einmal in reinerer und ursprünglicherer Form aus
der Nacht der babylonischen Schatzhügel ans Licht trete“.
Doch nicht genug damit. Hugo Winckler meint2, dals,
wenn die Weltanschauung der Völker, welche überhaupt an-
gefangen hätten, sich Rechenschaft über ihr und ihrer Um-
gebung Dasein zu geben, von der babylonischen berührt worden
ı Allgemeine evangelisch-lutherische Kirchenzeitung 1902 Nr. 17.
2 Himmels- und Weltenbild der Babylonier als Grundlage der Welt-
anschauung und Mythologie aller Völker. Der alte Orient, 3. Jahrgang,
Heft 22, S. 9.
Biblische Zeitschrift. I 1. 3
34 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
sei, wir schliefslich dazu kommen mülsten, überhaupt nur zwei
Weltanschauungen zu unterscheiden, welche die Menschheit in
ihrer geschichtlichen Entwicklung kenne: die altbabylonische,
welche durch die Vermittlung der Hebräer ın unser christ-
liches, religiöses Denken übergegangen sei, und die empirisch-
naturwissenschaftliche, welche erst ın der Entwicklung be-
griffen sei und mit der alten noch auf manchen Gebieten des
modernen Gesellschaftslebens im Kampfe liege. Ahnlich sagt
Delitzsch !, dals „unserem religiösen Denken durch das Medium
der Bibel noch manches Babylonische anhafte“, welches aus-
geschieden werden müsse. Dazu rechnet der Verfasser von
„Babel und Bibel“ zunächst die Vorstellungen über die Welt-
schöpfung, den Sündenfall der ersten Menschen, über die Sint-
flut und das Leben nach dem Tode, sowie den Glauben an gute
und böse Geister (Engel und Teufel); auch der Monotheismus
sei bis zu einem gewissen Grade in Babylon ausgebildet ge-
wesen, wie auch der Name und die Verehrung Jahwes baby-
lonisch sei; endlich seien das Sabbatgesetz und gewisse Bestand-
teile des israelitischen Kultgesetzes babylonischen Ursprungs.
Es war zu erwarten, dals die weitgehenden, mit grolser
Zuversicht ausgesprochenen Behauptungen des um die lingui-
stische Seite der Assyriologie hochverdienten Gelehrten nicht
unwidersprochen bleiben würden. Tatsächlich sind Delitzsch’
Aufstellungen, soweit sie die Abhängigkeit atl Religionsideen
von babylonischen Vorstellungen betreffen, bisher von allen
Kritikern, die sich zu dieser Sache geäufsert haben, abgelehnt
worden ?; selbst der Assyriologe Jensen hat sich in vielen
Punkten abweichend geäulsert3.
1 Babel und Bibel 44.
2 R. Kittel, Der Monotheismus in „Babel und Bibel“, Allgem.
evangel.-lutherische Kirchenzeitung 1902 Nr. 17. Ed. König, Bibel und
Babel, Berlin 1902. J. Barth, Babel und israelitisches Religionswesen,
Berlin 1902. S. Ottli, Der Kampf um Bibel und Babel, Leipzig 1902.
W.Knieschke, Bibel und Babel, El und Bel, Berlin 1902. L. A. Rosen-
thal, Babel und Bibel oder Babel gegen Bibel, Berlin 1902. Kaulen,
Babel und Bibel, im Litterarischen Handweiser, 40. Jahrg. (1902) Nr. 14
und 15. Budde, Die Ausgrabungen und das Alte Testament, Gielsen 1903.
3 Die christliche Welt, 16. Jahrg. (1902) Nr. 21.
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 35
Was Delitzsch an assyriologischem Material beibrachte,
war den meisten Exegeten längst bekannt. Auch dafs er ge-
wisse Erzählungen aus den ersten Kapiteln der Genesis auf
babylonische Mythen zurückführte, war nicht neu. Nur die
weitgehenden religionsgeschichtlichen Folgerungen, welche er
aus dem bisher bekannten Material zog, das Geschick, mit
welchem er die für seine Theorien günstigen Momente in
raffinierte Beleuchtung zu stellen wulste, und die besondern
äufseren Umstände, welche dem später in Druck gegebenen
Vortrage beim grolsen Publikum besondere Bedeutung ver-
liehen, bewirkten es, dafs der Inhalt des Vortrages mit nervöser
Hast in der Tagespresse verarbeitet und in gewissen Kreisen
mit grofsem Wohlbehagen ausgebeutet wurde.
Die Verwirrung, welche durch diese Art der Populari-
sierung assyriologischen Materials angerichtet wurde, muls als
höchst bedauerlich bezeichnet werden. Es genügt nun aber
nicht, dem Bedauern oder gar der Entrüstung mit allgemeinen
Redewendungen Ausdruck zu geben; damit würde man den
Anschein erwecken, als wisse man nichts Rechtes dawider zu
sagen. Es genügt auch nicht, auf die an sich ja richtige Tat-
sache hinzuweisen, dals, wenn Israels religiöser Glaube nichts
als eine Weiterentwicklung babylonischer Ideen sein sollte,
es unerklärlich bleibt, warum dann nicht die Babylonier und
andere unter ihrem Kultureinflusse lebende Völker sich auf
religiösem Gebiete zu derselben Höhe emporgeschwungen haben
wie das Volk Israel. Solche apriorische Erwägungen genügen
nicht mehr in einer Zeit, in welcher man auch auf religions-
geschichtlichem Gebiete mit evolutionistischen Theorien operiert
und jedwede Kulturerscheinung auf die Lage und Beschaffen-
heit des Liandes, auf Volksindividualität und Instinkt, auf die
Macht genialer Persönlichkeiten, auf politische Ereignisse, auf
soziale Verhältnisse und andere natürliche Momente zurück-
zuführen weils. Es erwächst vielmehr allen Mitarbeitern auf
exegetischem (Gebiete die Pflicht, die Hypothesen, welche sich
an das assyriologische Material anknüpfen, auf ihre wissen-
schaftliche Berechtigung zu prüfen. Ist der Satz vom Offen-
3%
36 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
barungscharakter der atl Religion richtig, dann wird er, da
er geschichtlich kontrollierbare Tatsachen in sich schlielst,
sich auch mit Hilfe der in Betracht kommenden eigenen
Methode beweisen oder mindestens verteidigen lassen.
In den folgenden Zeilen möchte ich einige programmatische
Bemerkungen über die dringendsten Aufgaben der Exegese
gegenüber der Assyriologie darbieten und dabei folgende zwei
Fragen behandeln:
1. Welches Vertrauen dürfen wir den Veröffentlichungen
der assyrischen Texte, d.i. der Wiedergabe der Originaltexte,
der Transkription in unser modernes Schriftsystem und den
Übersetzungen der Texte entgegenbringen?
2. Welche neuen Probleme hat die Assyriologie für die
Exegese geschaffen? Welche Hilfsmittel sind zur Lösung der-
selben vorhanden, und welche Methode ist dabei anzuwenden?
1. Wenn die Frage aufgeworfen wird, welches Vertrauen
den Resultaten der Assyriologie entgegengebracht werden
dürfe, so möchte ich zunächst vor einer Inkonsequenz warnen,
deren einzelne Exegeten in apologetischem Eifer sich schuldig
machen und welche eine Ungerechtigkeit in sich schlielst.
Man kann nämlich beobachten, dafs gewisse Forscher, sobald
ein assyriologischer Fund irgend eine Angabe der Bibel be-
stätigt, dieses assyriologische Material ohne weitere Kritik
freudig annehmen, dals sie aber, falls irgend ein Resultat der
Assyriologie zu den biblischen Berichten nicht recht palst, in
allgemeinen Redewendungen über die Unsicherheit der assyrio-
logischen Daten, über die Schwierigkeit der Entzifferung,
die Kühnheit und Willkür der Keilschriftforscher sich ergehen.
Nicht weil die Transkription des Textes wegen des mangelhaft
erhaltenen urkundlichen Materials unsicher ist, nicht weil die
Übersetzung wegen der Unklarheit des assyrischen Ausdrucks,
wegen der Lückenhaftigkeit unserer Kenntnis des assyrisch-
babylonischen Sprachschatzes zweifelhaft ist, sondern lediglich
deswegen, weil das Resultat unbequem ist, ist man gegen das
betreffende assyriologische Material milstrauisch. Dieses Ver-
fahren ist ungerecht und unwissenschaftlich.
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 37
Gewils ist auf assyrischem Gebiete vieles unsicher; aber
assyriologische Resultate dürfen nur dann abgelehnt werden,
wenn a) die betreffende Inschrift oder Tontafel schlecht
erhalten ist und der genauen Wiedergabe der Keilschrift-
zeichen sich Schwierigkeiten entgegenstellen; b) wenn die
Wiedergabe der Keilschriftzeichen wegen der guten Ver-
fassung des urkundlichen Materials zwar einwandfrei, die
Lesung der betreffenden Zeichen aber aus gewissen Gründen
unsicher ist; c) wenn die Übersetzung deswegen zweifelhaft
ist, weil wir einige Ausdrücke nicht verstehen.
Wir wollen diese drei Momente genauer ausführen.
a) Wenn eine in Keilschrift geschriebene Urkunde gefunden
wird, so werden zunächst die Schriftzeichen nach einem unter
den Assyriologen vereinbarten System auf Papier übertragen.
Je nach dem verwendeten Material sind die Originalurkunden
besser oder schlechter erhalten.‘ Wer z. B. im Berliner Museum
die verschiedenen assyrischen Monumente vergleicht, wird den
grolsen Unterschied in der Lesbarkeit der Zeichen bald wahr-
nehmen. Es gehört meist eine sehr gründliche Kenntnis des
Assyrischen und eine gewisse Übung dazu, um die in kleine Ton-
tafeln eingedrückten Zeichenkorrektwiederzugeben. Manche ein-
gegrabenen Linien sind mit Staub ausgefüllt, und die Täfelchen
müssen erst mit feinen Bürstchen gereinigt werden. Trotz
alledem wird der Wiedergabe der assyrischen Inschriften Ver-
trauen zu schenken sein, da die Arbeit des einen Forschers
in den meisten Fällen durch andere Forscher kontrolliert und
korrigiert wird. Wo die Wiedergabe der Originalzeichen un-
sicher ist, wird dies von den Herausgebern kenntlich gemacht.
Wer trotzdem in einem einzelnen Falle der Reproduktion
nicht traut, dem bleibt nichts übrig, als sich selbst in das
betreffende Museum zu begeben und die Originalurkunde zu
vergleichen. Gewisse wichtige Texte sind wiederholt aufs
peinlichste immer von neuem nachgeprüft worden.
b) Die Lesung der Zeichen, d. h. die Wiedergabe des
Lautwertes der Zeichen durch unser modernes alphabetisches
System, ist eine neue Quelle von Unsicherheiten und Irrtümern,
38 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
da jedes einzelne Zeichen verschiedene Formen und auch ver-
schiedene Bedeutungen haben kann. Die Form der Zeichen
hat sich im Laufe der Jahrhunderte geändert; man unter-
scheidet altbabylonische, assyrische und neubabylonische
Zeichen; aber auch innerhalb dieser drei Systeme kommen
für einzelne Zeichen mehrfache Formen vor. Die babylonisch-
assyrische Schrift war ferner ursprünglich ideographisch ; allmäh-
lich wurden phonetische Zeichen geschaffen ; die ideographischen
Zeichen blieben aber im Gebrauch, und der Unvollkommenheit
ideographischer Schreibweise suchte man durch Determinative
und phonetische Komplemente abzuhelfen. So kommt es vor,
dafs ein und dasselbe Zeichen entweder ein Ideogramm oder
ein phonetisches Zeichen oder ein phonetisches Komplement
oder ein Determinativ sein kann. Die Schwierigkeit der Lesung
wird dadurch erhöht, dafs sowohl einzelne Ideogramme als
auch eine Anzahl phonetischer Zeichen mehrere Werte haben
können. Die Lesung muls sich in solchen Fällen aus dem
Zusammenhange ergeben. Meistens wird sie durch den Zu-
sammenhang zweifellos, manchmal bleibt sie unsicher. Ge-
wissenhafte Assyriologen machen stets die Unsicherheit der
Lesung durch ein beigefügtes Fragezeichen kenntlich. Wer
der bisher üblichen Lesung nicht vertraut, dem steht es frei,
eine neue, bessere anzugeben. Solange er dieses nicht ver-
mag, solange er wenigstens nicht im stande ist, die Unrichtig-
keit oder Unsicherheit der üblichen Lesung nachzuweisen, wird
er die letztere beibehalten müssen. Die Assyriologie macht
übrigens rasche Fortschritte, und wichtigere Inschriften werden
immer aufs neue untersucht, wofern die Lesung bisher nicht
ganz sicher war. \Wer daher assyrische Texte in der Trans-
skription gebraucht, wird sich in einzelnen Fällen nach der
neuesten Edition umsehen müssen.
c) Von der Lesung des Textes hängt die Übersetzung
ab; letztere übt natürlich auch wieder umgekehrt auf die
erstere einen Einfluls aus. Der Sprachschatz des Assyrisch-
Babylonischen wird, da durch Editionen von neuaufgefundenen
Texten immer neues Material dargeboten wird, von Tag zu
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.. 39
Tag genauer durchforscht. Es gibt aber, wie die assyrischen
Lexika beweisen, noch eine grolse Anzahl von Wörtern, deren
Sinn ganz unbekannt oder wenigstens mehr erraten als sicher
festgestellt ist. Jeder gewissenhafte Übersetzer eines Textes
gibt aber stets an, wo die Wiedergabe des Sinnes zweifelhaft
bleibt. Freilich sind die Assyriologen in der Übersetzung
mancher Texte nicht einig. Der Verfasser dieser Zeilen hat
es als Schüler von Friedrich Delitzsch wiederholt erlebt, dafs
die von namhaften Assyriologen dargebotene Übersetzung
einer Stelle als falsch bezeichnet und durch eine andere er-
setzt wurde.
Wer nun einer von Assyriologen festgestellten Übersetzung
milstraut, dem steht es frei, unter Benutzung der vorhandenen
Hilfsmittel eine neue vorzuschlagen und zu begründen. Es
ist natürlich in diesem Falle notwendig, dals man gründliche
assyriologische Kenntnisse besitzt. Und es kann dem Exegeten,
welcher sich mit historischen Texten des AT dauernd be-
schäftigt, die Erlernung des Assyrischen nicht dringend
genug empfohlen werden. Es sei aber hier bemerkt, dals die
Erlernung des Assyrischen und der Keilschrift ohne die An-
leitung eines zuverlässigen Lehrers kaum möglich ist. Selbst
die 4. Ausgabe von Delitzsch’ „Assyr. Lesestücken“ (Leipzig,
Hinrichs) macht einen Lehrer nicht entbehrlich.
2. Die Probleme. Dals die Fortschritte der Assyriologie
dem Exegeten täglich neue Probleme darbieten, wird derjenige
sofort erkennen, der die neueste, dritte Bearbeitung von
Schraders Werk „Die Keilinschriften und das Alte Testament“
mit der im Jahre 1883 erschienenen zweiten Auflage ver-
gleicht. Der Unterschied liegt nicht blofs in der Anlage des
Werkes; auch die Probleme sind zum Teil andere; viele neue
sind hinzugekommen. Ich unterscheide, soweit die Exegese in
Betracht kommt, folgende Punkte:
a) die Urgeschichten der Genesis;
b) die Patriarchengeschichte;
c) der Auszug Israels aus Ägypten und die Einwanderung
in Kanaan unter Josue;
40 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
d) die politische Geschichte Israels in der Königszeit
sowie die daran sich knüpfenden chronologischen Fragen;
e) das babylonische Exil und die Wiederherstellung Israels
im ersten Jahrhundert nach dem Exil;
f) die religiösen Ideen im Volke Israel, insbesondere der
Ursprung des Monotheismus und des Jahwekultus;
g) der Ursprung der israelitischen Kultgesetze.
a) Die ersten elf Kapitel der Genesis enthalten die so-
genannten Urgeschichten. Über den Zusammenhang der
letzteren mit den Mythen und Sagen anderer Völker sind ver-
schiedene Theorien aufgestellt worden. Die einen meinten, die
Bibel sei die Quelle, aus welcher die heidnischen Mythen ge-
flossen seien. Nach der Meinung anderer sollen sowohl die
Urgeschichten der Genesis als auch die entsprechenden Mythen
der alten Völker auf einer gemeinsamen Uroffenbarung be-
ruhen, welche sich nur im Volke Israel vermöge göttlichen
Einflusses ungetrübt erhalten habe. Eine dritte Gruppe von
Forschern ist der Ansicht, dafs alle Ursagen, sowohl die
biblischen als auch die der heidnischen Völker, selbständig
und unabhängig voneinander entstanden sind; ihre Überein-
stimmung soll auf der gemeinsamen psychologischen Begabung
des Menschengeschlechts und auf der Einheitlichkeit der be-
obachteten Naturerscheinungen, ihre Verschiedenheit auf den
Unterschieden in den Anlagen der Völker, im Klima der ein-
zelnen Länder sowie in sonstigen Lebensbedingungen der Be-
wohner beruhen. Die vierte Theorie endlich ist jene, nach
welcher die biblischen Erzählungen aus dem Mpythenschatze
jener Völker herrühren, mit denen Israel in Berührung kam.
Diese letztere, die sogenannte Entlehnungstheorie, hat ver-
schiedene Wandlungen durchgemacht. Zuerst dachte man an
Ägypten als Heimat der biblischen Urgeschichten, dann an
die arischen Völker Zentralasiens. In neuester Zeit sind die
Babylonier an die Reihe gekommen. Aus Babylonien soll der
wesentliche Inhalt von Gn 1—11 entweder in abrahamischer
Zeit oder in der Amarna-Periode oder in der mittleren und
späteren Königszeit oder während und nach der Zeit des Exils
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 41
nach Palästina eingewandert sein. Es ist hier die Aufgabe
der Exegese, nicht blofs die alte Theorie, nach welcher der
ganze alte Sagenstoff über die Urzeit, auch der heidnische,
aus der Uroffenbarung stammt, zu wiederholen und mit den
alten apriorischen Gründen zu stützen; vielmehr hat man den
Assyriologen, welche die Entlehnungstheorie in ihrer neuesten
Fassung vortragen, Schritt für Schritt zu folgen und ihre Be-
weise zu würdigen.
a) Wer den hier als bekannt vorausgesetzten Marduk-
Tiämat-Mythus mit Gn 1 vergleicht, wird erstaunt darüber
sein, dals man die biblische Kosmogonie als die abgeblafste
Form der babylonischen ansieht. Gunkel, welcher diese An-
sicht besonders eingehend verteidigt hat'!, gesteht selbst zu,
dafs „die Verschiedenheit der babylonischen Schöpfungs-
geschichte und der von Gn 1 kaum gröfser gedacht werden
könnte“. Dennoch behauptet er2, dafs die biblische Kosmo-
gonie auf der babylonischen beruhe. Der Beweisgang ist
folgender: In Gn 1 sind Momente vorhanden, die als Spuren
einer alten mythologischen, polytheistischen Vorlage zu betrachten
sind3; diese Vorlage, auf welche die Mythologien mehrerer
Völker einen Einflufs ausgeübt haben, ist ursprünglich in
Babylonien entstanden, da nur dort der Winterregen und zahl-
lose Überschwemmungen ein „Chaos“ verursachen; nun ist es
erwiesen, dals der Marduk-Tiämat-Mythos im Volke Israel
bekannt war*; er wurde sogar von den biblischen Schrift-
stellern in poetischer Redeweise verwendet, wobei aber Jahwe
die Stelle Marduks vertrat; auch dem Verfasser von Gn 1
ı Vgl. Gunkel, Schöpfung und Chaos in Urzeit und Endzeit,
Göttingen 1895, und seinen Genesiskommentar, Göttingen 1901.
2 Schöpfung und Chaos 118.
3 Diese Momente sind in Schöpfung und Chaos 7 ff, 119 und im
Genesiskommentar 109 angegeben.
ı Dafs die von Gunkel (Schöpfung und Chaos 29—110) zitierten
Stellen des AT, wo von einem Kampfe Jahwes mit dem Drachen die
Rede ist, Anspielungen auf den Tiämat-Mythos seien, hat der Assyriologe
Jensen neuerdings in der Rezension von Delitzsch’ „Babel und Bibel“
(Christliche Welt 1902, 489) lebhaft bestritten, da Tiämat im Mythos nicht
als Drache, sondern als Weib auftrete.
42 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
‚schwebte der Marduk-Tiämat-Mythos vor; denn in beiden Kos-
mogonien entsteht die Welt durch die Zerteilung des Urmeeres
(afrın = Tiämat) in zwei Teile, das obere und untere Wasser.
Es ist nun Aufgabe der Exegese, zunächst zu untersuchen,
ob in Gn 1 wirklich Spuren einer ursprünglichen mytho-
logischen Vorlage vorhanden sind. Ferner kommt es darauf
an, festzustellen, welches die Grundbedeutung von tehöm ist,
ob es ursprünglich das „Urmeer“ bezeichnet, oder ob es zuerst
Eigenname für das mythische Ungeheuer des Marduk-Mythos
war. Die Scheidung der Gewässer in obere und untere lälst
sich ganz gut als eine populäre Redeweise erklären, als An-
lehnung an die kosmologischen Vorstellungen der vorderasia-
tischen Welt, die zweifellos von der babylonischen Kultur
stark beeinflulst war. Der Marduk-Mythos braucht dabei dem
Verfasser von Gn 1 nicht vorgeschwebt zu haben.
Aber selbst wenn es sich nachweisen lielse, dafs der
Autor des biblischen Schöpfungsberichtes die babylonische
Kosmogonie von seinem Standpunkte aus bearbeitet habe, so
bleibt noch immer die Frage zu beantworten: Wie gelangte
dieser Autor zu seinem so hohen Gottesbegriff, zu seiner so
erhabenen Auffassung des Verhältnisses der Welt zur Gottheit?
Nur der Einflufs der Prophetie erklärt uns die Ideen, die
in Gn 1 enthalten sind. Wer aber so erhabene Gedanken
zum Ausdruck bringen konnte, der hatte es nicht notwendig
und war auch gewils nicht geneigt, bei der Beantwortung
der Frage nach der Entstehung der Welt zum babylonischen
Mythos zu greifen und neuen Wein in alte Schläuche zu gielsen.
Aus seinem von Gott direkt oder indirekt erleuchteten Geiste
heraus, nicht in Anlehnung, sondern in bewufstem
Gegensatze zu den auch in Palästina existierenden mytho-
logischen Neben- und Unterströmungen hat der biblische
Schriftsteller seine Kosmogonie geschaffen. Deshalb hat er
vielleicht in einigen Ausdrücken auf die mythologischen Vor-
stellungen eines Teiles seiner Zeitgenossen angespielt, wie es
ja auch einzelne Propheten getan haben. (Sehlufs folgt.)
Salomons Tempelweihe.
Von Fr. v. Hummelauer S,. J.
alomon hat den Tempel vollendet. Bei der feierlichen
Tempelweihe bricht die Wolke, das Symbol der Gegenwart
Jahwes, aus dem Allerheiligsten hervor, füllt das Heilige und den
inneren Vorhof, verdrängt aus letzterem die Priester und ent-
zündet schliefslich mit zuckendem Strahl die Opfer. Beim ersten
Erscheinen der Wolke spricht nun Salomon einige Worte, deren
jetzige Textgestalt ernste Bedenken weckt. Sie lauten 1Kg8, 12f:
ons jnaws po 75 bat ma wma 2 ben awb "Ok mm nahe NDR tk
„Damals sprach Salomon: Es sprach Jahwe, er wolle im Dunkel
wohnen. Gebaut hab’ ich ein Wohnhaus dir, eine Stätte zur Wohnung dir
immerdar.“ Sieht man ab von der Punktation der Mass., so kann man eben-
sowohl übersetzen: „Es sprach Jahwe zu dem, der da wohnt in Finsternis.“
Den gleichen Text bietet 2 Chr 6, 1f; nur steht für
‚a3 das glattere %N) und vor {138 die Kopula. Auch LXX
setzen zu 2 Chr 6, 1f, mit unwesentlichen Abweichungen, den
gleichen Text voraus, bieten dagegen 1 Kg 8, freilich an ver-
kehrter Stelle, nach V. 53, einen durchaus verschiedenen Text:
töte EAdAnge Zalwulv Unep TOD olkouv Ws (zu verbessern Öv) ouv-
er&lee ToD olxodoufjoa abtöv- "HArov Eyviupıcev Ev obpavw. Küpıog eine
Tob xartorkeiv Ev Yvöpw: olkoböungov olKöv nou, olKov eünpenf, gaurW TOD
xatoıxeiv Emi xaıvömmtos. Oüx idbod aüm yYeypanrar Ev Bıßliw rAg Wöng;
Einige Mängel dieser Übersetzung hat bereits J. Well-
hausen nachgewiesen: Die Komposition des Hexateuchs,
2. Druck, Berlin 1889, 270. &yvwpıoev, Ya korrumpiert
aus YDM. eönpenfi entspricht dem hebräischen 921. &mi xaı-
vörntog DWWY ist falsche Schreibung für Diay. Tig Wödfg,
wi korrumpiert aus WW. So ergibt sich der Sinn:
44 v. Hummelauer, Salomons Tempelweihe.
„Damals sprach Salomon [hinsichtlich des Hauses, das er fertig ge-
baut hatte]: Die Sonne hat er am Himmel aufgestellt. Jahwe sprach zu
wohnen in Finsternis. Baue mein Haus, ein Wohnhaus dir, zur Wohnung
immerdar. [Steht nicht also geschrieben im Buch des Rechten?]“
Da sind vor allem zu beachten die beiden Zusätze zu
Salomons oder Jahwes Worten, die wir mit [] bezeichnet haben.
Der erste („hinsichtlich des Hauses“ usw.) bezeichnet den
Gegenstand von Salomons Ausspruch. Zu einer Zeit, wo
der Sinn des Ausspruches bereits verdunkelt war, mag der
Zusatz von einem frommen Leser oder Erklärer beigeschrieben
worden sein, um den Sinn der dunklen Worte zu fixieren.
Der zweite, ungleich wichtigere Zusatz, dessen Echtheit anzu-
zweifeln kein Grund vorliegt, bezeichnet die Quelle des Aus-
spruches. Derselbe, jedenfalls in seiner jetzigen Form, ist kein
organisches Glied der Erzählung des Königsbuches, sondern
in dieselbe eingetragen aus dem Buche des Rechten, also
aus derselben Quelle, der Jos 10, 12f und 2 Sm 1 entstammen.
Da beide Zusätze die Erklärung des Ausspruches 1 Kg
8, 12f nicht beeinflussen, so bleiben sie im Folgenden un-
berücksichtigt. Zunächst stellen wir einander gegenüber den-
jenigen hebräischen Text, der dem massorethischen zu Grunde
liegt, und denjenigen, welchen die LXX. übersetzten.
Hebraeus Massor. Hebraeus LXX,
moay NDR IK DYDWa |Y9rı WDR mobw NDN IR
na na ma Damp swb Nor mm ma mas Spa 1205 SDR mir
prohıy nawb paD 7b dar Biosw (nawb 75 bat
Ob 132 und das Suffix nach n2V5 zum ursprünglichen
Bestand des Textes gehören, mag füglich unerörtert bleiben.
Eines tritt uns sofort aus Hebr. LXX klar entgegen: V.12f
haben wir nicht blols einen, sondern zwei Aussprüche, ein Wort
Salomons und eine Antwort Jahwes. Es war in der Tat am
Platze, dafs bei solchem Anlals Jahwe das letzte Wort behielt.
Ehe wir in Ermittlung des Textes weitergehen, vergegen-
wärtigen wir uns die Situation. Ganz Israel, mit Salomon
vor dem Tempelgebäude versammelt, sieht sich plötzlich einer
Erscheinung Jahwes gegenüber, der Wolke. Hier heilst
es schweigen oder Passendes in kürzester Form sprechen.
N
v. Hummelauer, Salomons Tempelweihe. 45
In solcher Situation hat Salomon jedenfalls nicht dasjenige
gesagt, was ihn Hebraeus LXX. sagen lälst; er hat nicht die
elementare astronomische Wahrheit ausgesprochen:
„Die liebe Sonn’ am Himmel steht.“
Er hat auch nicht mit Hebraeus Massor. gesagt: „Jahwe hat
beschlossen (?), im Dunkel zu wohnen, ich aber habe ihm ein
Haus gebaut.“ An wen sind diese Worte gerichtet? an das
Volk? Dann mufste wohl Salomon, während er sie sprach, der
Wolke den Rücken kehren. Welches „Dunkel“ meint er? das
Dunkel des Allerheiligsten? Auch scheint es weniger am
Platz, dals Salomon sich selbst so sehr in den Vordergrund
rückt, sei es mit dem absoluten Infinitiv #132, sei es mit dem
Pronomen “81. Der Ausspruch, wie er bei Hebr. Massor. und
Hebr. LXX vorliegt, palst nicht in den Zusammenhang.
Was mu/[ste Salomon sagen, wenn er bei solchem Anlals
überhaupt etwas sagen wollte?
Zwischen David und Salomon einerseits und
zwischen Jahwe anderseits bestand ein gegenseitiger
Vertrag: jene hatten sich verpflichtet, Jahwe ein Haus zu
bauen; Jahwe hinwieder hatte sich verpflichtet, David ein Haus
zu bauen, d.i. seine Dynastie bleibend zu begründen. Das
Haus Davids war seiner Verpflichtung voll und ganz nach-
gekommen: der Tempel stand da in seiner ganzen Pracht, und
Jahwes Erscheinen in der Wolke bekundete die rückhaltlose
Gutheilsung und Akzeptation der Vertragsleistung.
Nun beachte man, dafs Salomon ein König war, dem die
Zukunft seiner Dynastie am Herzen lag; dals er ein weiser
König war, der darauf sehen mulste, dafs seiner Leistung
eine Gegenleistung entsprach; dals er ein weiser König
der Hebräer war, deren Art es niemals gewesen ist, auf
Gegenleistungen zu verzichten.
Das einzige, was Salomon in der gegebenen Situation sagen
konnte und, wenn er überhaupt etwas sagen wollte, auch
sagen mulste, war dieses: er mulste gläubig ehrfurchtsvoll,
aber zugleich mit prägnanter Bestimmtheit die Gegen-
46 v. Hummelauer, Salomons Tempelweihe.
leistung in Erinnerung bringen, er mulste sagen: Baue
mein Haus, 'N‘2 2, genau die Worte, welche die LXX in
der zweiten Texthälfte haben. Der Text lautete ursprünglich:
„Damals sprach Salomon: Baue mein Haus auf.“
Die Worte „Die Sonne hat er am Himmel aufgestellt“
gehören sicherlich nicht zum Ausspruch Salomons; wir ziehen
sie zur Antwort Jahwes.
Der Text 5ery3 pwb pmw> ar wow gibt keinen Sinn.
Aber die Umstellung blofls zweier Buchstaben, pr nw
statt 377 WoW, ergibt folgenden, durchaus passenden Sinn:
„Jahwe sprach: Bestimmt hat es der, welcher im Himmel wohnt,
dem, der in der Finsternis wohnt: Fürwahr, ich baue ein Wohnhaus dir,
(eine Stätte) zur Wohnung dir immerdar.“
Ohne Kopula, wie ein Blitzstrahl aus der Wolke, folgen
auf Salomons Ausspruch die Worte: „Jahwe sprach.“ Herrlich
ist der Gegensatz zwischen Gott, der im Himmel, im Lichte
wohnt, und dem weisesten der Menschen, der, mit Gott ver-
glichen, eben nur ein Finsterling ist. Kurz und kräftig
wird die früher gegebene Verheilsung bestätigt: Haus um
Haus, das ist der Vertrag. Weil aber Salomon Jahwe ein
Haus gebaut hat, in dem Jahwe wohnt, so wird auch die
Dynastie, in welcher Salomon fortlebt, bezeichnet als ein Haus,
in dem Salomon wohnt. In seiner Nachkommenschaft lebt,
wohnt und regiert Salomon immerdar.
Unsere Erklärung nimmt an dem Texte keine Streichung
vor. Sie behält sowohl das n’2 n132 2 des hebräischen als
das N 32 des griechischen Textes bei, rückt es an Stelle
des Dipwa ar WW und ändert in letzterem die Stellung von
blos zwei Buchstaben. Damit bringt sie einen klaren, bün-
digen Sinn in einen bisher unaufgeklärten Text und bietet
ein Wort und Gegenwort, das keineswegs im Widerspruch
steht mit dem wenigen, das wir von der Art des „Buches des
Rechten“ wissen, sicherlich nicht mit Jos 10, 12f.
Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
Von Professor Dr. Norbert Peters in Paderborn.
I:
D: das Buch Ekklesiastes sich mit Ekklesiastikus nicht
selten recht enge berührt, ist längst aufgefallen. Wright!
(41ff), Schechter (bei Schechter-Taylor 13 ff; vgl. 35), Nöldeke
(Zeitschr. f. atl. Wiss. 1900, 90ff), Ryssel (322) und Knaben-
bauer (Stimmen a. M.-Laach LXII [1902] 537) halten Ekkli
für abhängig von Ekkle. Für Siegfried (23) ist es wenigstens
nicht „ausgeschlossen, dals der Kern des Buches (sc. Ekkle)
bereits dem Jesus Sirach (nach 170) vorgelegen habe“. Da-
gegen sind J. Halevy (77ff) und E. König (58) der Meinung,
dafs umgekehrt Ekkli den Verfasser des Ekkle beeinflulst
habe. Eine gründliche Untersuchung des Problems fehlt noch.
Bei meinen Studien über Ekkli habe ich die Sache in den
ı Mit dem einfachen Namen des Verfassers werden in dieser Unter-
suchung folgende Werke zitiert: F. Delitzsch, Hoheslied und Koheleth,
Leipzig 1875; S. Euringer, Der Masorahtext des Koheleth, Leipzig 1890;
J. Halevy, Etude sur la partie du texte hebreu de l’Ecclösiastique re-
cemment d£ecouvert, Paris 1897; J. Knabenbauer, Commentarius in
Ecclesiasticum, Parisiis 1902; E. König, Die Originalität des neulich ent-
deckten hebräischen Sirachtextes, Freiburg i. B. 1899; I. Levi, L’Ecele-
siastique I, Paris 1898, II, 1901; N. Peters, Der jüngst wiederauf-
gefundene hebräische Text des Buches Ecclesiasticus, Freiburg i. B. 1902;
V. Ryssel, Die Sprüche Jesus’ des Sohnes Sirachs, in E. Kautzsch, Die
Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments I 230—475,
Tübingen 1900; S.Schechter and C. Taylor, The wisdom of Ben Sira,
Cambridge 1899; A. v. Scholz, Kommentar über den Prediger, Leipzig
1%1; C.Siegfried, Prediger und Hoheslied, Göttingen 1898; G. Wilde-
boer, Der Prediger, in K. Nowack, Kurzer Handkommentar zum Alten
Testament XV1I 109-168, Freiburg i. B. 1898.
48 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
letzten Jahren im Auge behalten und mich von der Richtig-
keit des Minoritätsvotums überzeugt.
Um die Sache nicht zu verwirren, werde ich, alle andern
Momente beiseite lassend, die Frage vom ausschlielslichen
Standpunkte der Untersuchung der Parallelen der zwei Bücher
behandeln, ohne mich durch irgend eine andere Rücksicht
beeinflussen zu lassen, um so zunächst einen festen Punkt zu
gewinnen, welcher der Stütze problematischer Hypothesen
nicht bedarf. Bezüglich des Textes des Ekkli sei bemerkt,
dafs ich von der durch kritische Sichtung von mir gewonnenen
Textgestalt ausgehe. Ich verweise auf meine oben 47, A.1
angeführte Schrift, deren textkritische Bemerkungen zu den
einzelnen Stellen ich hier natürlich nicht noch einmal aus-
schreiben werde!. Für Ekkle gehe ich bei den einzelnen
Stellen auf Textkritisches nur dann ein, wenn es für die vor-
liegende literarkritische Frage von Bedeutung ist, während
ich sonst den massorethischen Text zu Grunde lege.
I. Eine ganze Reihe in der exegetischen Lite-
ratur genannter Parallelen sind für die Entscheidung
unserer Frage gänzlich wertlos, weil entweder die
Beziehungen zwischen den beiden Stellen überhaupt
fraglich sind, indem nur ein ganz allgemeiner, ohne
Abhängigkeitsverhältnis begreiflicher Parallelismus
vorliegt?, oder weil die Übereinstimmung erst eine
Folge von Textkorruption ist, oder weil sie auf
beiderseitiger Abhängigkeit von einem dritten
Buche ruht.
Ekkle 1,3—Ekkli 40,1. Die Berührung ist nur eine
ganz allgemeine im Gedanken. Vgl auch Gn 3,19.
ı Wie dort, zitiere ich auch hier die Verse des Ekkli nach Swetes
Septuagintaausgabe, die Kapitel aber nach der richtigen Reihenfolge des
hebräischen Textes (= Lat. Syr. Ar.), nicht nach Gr. Siehe Peters 109.
2 Ganz sicher geht in dieser Beziehung die Mehrzahl der biblischen
Literarkritiker in die Irre, indem sie in jedem leisen Anklange und
jedem flüchtigen Schatten einer Ähnlichkeit sofort literarische Ein-
flüsse wittert, vorschnelle Folgerungen zieht und mit den so gewonnenen
„Resultaten“ weiter operiert.
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 49
Ekkle 1,7—Ekkli 40,11. Die Auffassung der Vulg. in
Ekkle 1, 7 (ad locum, unde exeunt flumina, revertuntur, ut iterum
fluant) ıst durch den Parallelismus mit V. 4 und 5 sowie durch
3,20 gefordert und deshalb, da der Wortlaut sie zulälst, mit
Scholz zu wählen trotz Siegfried und Wildeboer. nor darf
übrigens in unserer poetischen Darstellung nicht geprelst
werden (gegen Scholz). Es erklärt sich m. E. der ganze Text
ausreichend durch die atmosphärische Rückkehr des Wassers
der Bäche zum Ausgangsorte. DW ist entweder, was ja zu-
lässig ist, im Sinne von 18% zu fassen, oder es ist direkt 10%
zu lesen. DW des M. T. würde sich vor Di nach alter ortho-
graphischer Lizenz erklären. Vgl Peters 53* A. 1 und $ 15
der Beiträge zu Samuel, Freiburg 1899. Gr. des Ekkli (kai drd
bddtwv eic Bukaccav Avarduıreı) setzt, da Hb. (D1ND I DiNDD)
durch St. I geschützt ist, die offenbar fehlerhafte Lesart D'Ww»
Do SS voraus; vgl. ‘ und \ in der althebräischen Schrift
und s. Peters 52*. Vielleicht spielen aber auch naturphilo-
sophische Anschauungen in Gr. hinein. Hb. zeigt jetzt übrigens,
dais Lat. (et omnes aquae in mare revertentur) keineswegs den
ursprünglichen Text des Gr. bietet, vielmehr nichts ist als
eine milsglückte Erklärung, die allerdings wahrscheinlich auf
Ekkle 1,7 ruht.
Im übrigen ist St. Il des Ekkli (ni 5x non Ww)) durch
den Gegensatz zu St. I (28° yıar Is ya 55 [vgl. 41, 10]) ver-
anlalst. Dieser aber ruht auf Gn 3, 19. Dafs Ekkli auf
Ekkle 1,7 zurückgehe, ist deshalb recht unwahrscheinlich. Das
umgekehrte Verhältnis bliebe allerdings möglich.
Ekkle 1, 18—Ekkli 33 (36), 11. Gr. wird freilich
man 3% voraussetzen. Da Syr. aber lol, adsanu> bietet, ist
die Übereinstimmung in dieser Phrase, die übrigens in Ekkle
vom Menschen, in Ekkli von Gott gebraucht ist, noch recht
fraglich.
Ekkle 1, 18—Ekkli 21,12. Im Hb. ist leider Kap. 21
nicht erhalten. Im Syr. fehlt Vers 12. Schon Bretschneider
(bei Fritzsche) vermutete, dafs der Vers unecht sei und in
19,22 ff wurzele. Jedenfalls ist er zweifelhaft und darf schon
Biblische Zeitschrift. IL 1. 4
50 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
deshalb für unsere Frage nicht herangezogen werden, abgesehen
davon, dals die rein inhaltliche Berührung des Ekkli in
St. II mit Ekkle zur Statuierung eines Abhängigkeitsverbält-
nisses nicht genügt und aulserdem die durch den Parallelismus
empfohlene Lesart nadiav für Gr. neben mıxplav (s. Brian
Walton) überliefert ist.
Ekkle 2, 3—Ekkli 37,25. Der gemeinsame Ausdruck
(vgl. Ekkle 5,17) und Gedanke ist so trivial, dals eine lite-
rarische Abhängigkeit sehr unwahrscheinlich ist.
Ekkle 2, 3—Ekkli 3, 25. Lediglich Zusammentreffen des
Hb. des Ekkli mit Ekkle in einer Phrase und einem Worte!
Gr. hat — und sein Text ist als ursprünglich anzusehen;
s. Peters 7 — gelesen Dr3 3m main amm. Von irgend
welchem Abhängigkeitsverhältnis kann also gar nicht die
Rede sein.
Ekkle 2, 19—Ekkli47,23f. Wenn Ekkle 2,19 wirklich
auf Roboam deutet, was nicht sicher ist (s. A. Scholz z. St.),
so liegt 1 Rg 12 jedenfalls als seine Quelle näher als Ekkli.
Ekkle 3, 1—Ekkli 4,20. Für Ekkli ist allerdings die
Konjektur Schechters (EN NY) sehr bestechend und jedenfalls
mehr einleuchtend als jdtn Ryssels. 187 des Hb., wie Is 63, 15
im Sinne von innere Erregung gefalst, erklärt die Stelle aber
ausreichend ohne Konjektur. Das Wort ist jedoch offenbar
erläuternde Glosse, die ebenso wie ‘32 den Stichos überlastet.
Beide Worte fehlen in Gr. wie Syr. Vgl. auch Ekklı 20,7
(ny New). Damit fällt aber der behauptete Parallelismus mit
Ekkle 3,1 völlig weg, der übrigens, auch wenn er vorhanden
wäre, für unsere Frage wertlos sein würde, da es sich in
NY Or resp. PN MY jedenfalls um eine allgemeine Redensart
handelt. Vgl. etwa unser Zeit und Stunde.
Ekkle 3, 7—Ekkli 20, 5-7. Ekkli ist freilich eine
weitere Ausführung der landläufigen Wahrheit, dals es zu-
weilen gut sei zu schweigen, zuweilen zu reden, einer Wahr-
heit, die allerdings auch der kurze Spruch des Ekkle enthält.
Aber nicht nur in diesen drei Versen des Ekkli, sondern in
dem ganzen Abschnitt 20,1—31 wird dieser Gedanke behandelt.
u fi den: He uiid a —
eier ur. urn m Eh ae En
—- gie — pe Tr
- tn GE. [7
nr
“a mai age
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 51
Dals dieses Thema aber Ekkle entnommen sei, ist ebensowenig
zu erweisen, als dals Ekkle seinen Satz aus jener langen Aus-
führung des Ekkli abstrahiert habe. Solche Wahrheiten sind
doch so trivial, dals sie auch im zweiten vorchristlichen Jahr-
hundert schon in allen Schulen doziert wurden. Die Berührung
ım Wortlaut ist aber so geringfügig, dals für unsere Frage
gar nichts damit zu machen ist.
Ekkle 3, 7—Ekkli 32 (35), 4. Die beiderseits ausgespro-
chenen Wahrheiten sind wiederum so allgemeiner Natur, und
die Berührung im Wortlaut ist so geringfügig, dals der Ge-
danke an ein Abhängigkeitsverhältnis sehr ferne liegt.
Ekkle 3, 11—Ekkli 14,16. Es handelt sich in Ekkli (99)
may DW BD NWYb MBNY 37) um einen Zusatz aus Syr. (> Gr.).
Derselbe hat, wie schon Edersheim erkannte, apologetische
Tendenz. Im übrigen ist zudem das Zusammentreffen in zwei
Worten ein rein zufälliges, da der Gedanke ein ganz ver-
schiedener ist.
Ekkle 3, 12—Ekklı 14,11. Es ist an sich höchstens
(218 9y ist = Gutes tun; nicht wie 287 = sich gütlich
tun; s. Scholz z. St.) eine Ähnlichkeit im Gedanken, kein
Abhängigkeitsverhältnis der zwei Stellen erweisbar. Vgl. übri-
gens die Ausführung zu Ekkle 5, 9—6, 12 im Verhältnis zu
Ekklı 30, 14—31 (34), 11 im II. Teile dieser Abhandlung.
Ekkle 3, 15—Ekkli 5, 3. Die Beziehung des Ekkle mit
AT MR WPD DYrDam auf Hb. des Ekkli mit DIET wpan ı\ 2
kann hier allerdings kaum zufällig sein (Nöldeke, Ztschr. f. atl. W.
1900, 93), ist aber erst im Laufe der Textgeschichte des Ekkli
hineingekommen, da Gr. statt DET WPD vielmehr mit ExdıkWv
exdıcnoeı (vgl. 39, 30; 46, 2) DP2* DIP) voraussetzt. Im übrigen
stützt Hb. aber offenbar als alter Zeuge für die Auffassung
der Ekklesiastesstelle — vgl. auch Syr. — die von A. Scholz
vertretene Erklärung des Gr. (kai 6 deög Znrnoeı TOV diweö-
nevov) in Ekkle 3, 15, wie sie auch von ’A.2. Syr. und Targ.
geboten wird. So gibt St. III deutlich die Parallele zu
V.141V, wie St. I—II zu V. 14I—IlIl. Die übrigens schon in
der Vulg. (et deus instaurat quod abiit) enthaltene, heute ge-
4"
52 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
wöhnliche Erklärung, Gott suche das Vergangene wieder auf,
um es abermals in die Erscheinung treten zu lassen, scheidet
völlig aus, abgesehen davon, dafs sie mit einer ganz un-
erwiesenen Bedeutung von AT operiert. „Das frappante Zu-
sammentreffen dieser Anschauung mit dem stoischen Bilde des
Rades für die konsequente Wiederkehr aller Erscheinungen“
(Siegfried) ist in den Text hineininterpretiert. Zu Wp2D sei
noch auf Hb. in Ekkli 30,20 verwiesen (TB WPAD N; 173 Syr.B.).
Ekkle 3, 20--Ekklı 16, 20; 40, 11; 41, 10. Der Text des
Gr. in Ekkli 16, 20 ist mindestens zweifelhaft, da Syr. — Hb.
ist nicht erhalten — wasyss % «a, nase hat. Schon des-
halb scheidet unsere Parallele aus. Was aber das Verhältnis
zu Ekkli 40,11 und 41,10 angeht, so ist der Gedanke der
Rückkehr des Leibes zur Erde an sich so naheliegend und
selbstverständlich, dals er ein Abhängigkeitsverhältnis zu be-
gründen kaum geeignet ist. Eventuell würde sich auch die
Verwendung und Formulierung desselben in Ekkle wie Ekkli
durch Gn 3, 19 und Jb 34, 15 erklären lassen.
Ekkle 4, 3—Ekkli 40, 18—26. Druwo Am des Ekkle wie
DW) des Ekkli sind doch so allgemeine Wendungen, dals
der Gedanke einer Reminiszenz aus Ekkli bei Ekkle (Halevy
II 78) ganz zurückzuweisen ist, mag derselbe auch durch die
zehnmalige Wiederholung des BY) im Ekkli nahe liegen.
Ekkle 4, 8b—Ekkli 14,15. Ekkliı motiviert den Rat, das
Glück des Tages zu genielsen (14, 14), mit dem Hinweis darauf,
dafs der Mensch doch alles seinen Erben hinterlasse, während
der in Ekkle Redende argumentiert: Ich habe keine Erben
(4, 8a), wozu also arbeiten und sparen? An sich können die
zwei Stellen unabhängig von einander entstanden sein, zumal
sie sich in der Form des Ausdrucks in keinem Worte berühren.
Ekkle 5, 8-Ekkli 7,15. Die einfache Erwähnung des
Ackerbaues als eines Gutes in Ekkle und die Mahnung, sich
des Ackerbaues als einer Einrichtung Gottes nicht zu schämen,
in Ekkli reicht zur Annahme einer Abhängigkeit nicht aus.
Ekkle 5,11—Ekkli 40,18. Die Parallele wurzelt lediglich
ın der tendenziösen Auffassung des Gr. (Zwr} auTäpKoUg EpyATou
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 53
YAuxavdnoeroı), die allerdings unter dem Einflusse von Ekkle 5,11
stehen mag. Lies aber mit B. \p'ne® “Bw " Yrı und vgl. Peters
z.St. Von ıpınp! an ap DW (’homme content et le travailleur
ont une vie douce) Hal&vys (1897, 77) kann keine Rede sein, noch
weniger von einer Bekämpfung des in Ekkli sich anschlielsen-
den Stichos (TSIR K218 DT3YD1) durch Ekkle 5,11b (NY) yayım
nerb 15 mo 19318). Denn der Schatz des Ekkli ist kein Geld,
sondern die Weisheit, wie 40, 19 (mbar uS218) beweist.
Ekkle 7,8—Ekkli 5,11. Die Berührung im Sinne des
Spruches und in der einen Wendung MN 7821 lälst es an sich
zweifelhaft, ob eine Abhängigkeit besteht. Dazu kommt, dals
nach Gr. 2. und Vulg. in Ekkle die maskuline (nicht neutrische)
Auffassung von MI m238 m N intendiert ist.
Ekkle 7, 13—Ekkli 18, 6; 42, 21. Es ist verfehlt, den in
beiden Büchern ausgedrückten Gedanken, dals sich Gottes
Werke nicht verbessern lassen, zum Erweise einer literarischen
Abhängigkeit zu verwenden, zumal formelle Berührungen
nicht vorliegen.
Ekkle 7, 14—Ekklı 14, 14. Der Gedanke ist so all-
gemein und der Anklang im Wortlaut so geringfügig, dafs
die Abhängigkeit der zwei Stellen fraglich bleibt. Wer anders
urteilt, wird doch die Frage offen lassen müssen, ob Ekkle das
Distichon des Ekkli (may I ms npona1 | oY name yaon IN)
frei zu einem Stichos (A182 mr ab HN) verkürzt oder ob
Ekkli jenen einen Stichos zu einem Distichon ausgebaut habe.
Ekkle 7, 29—Ekkli 27,5. Es ist eine so lose Beziehung,
dafs man die Stellen kaum als Parallelen betrachten kann.
Ekkle 8, 4—Ekkli 36,10 (8[1] Schechter). Die Parallele
wurzelt nur in Hb. (mwyn np 5 "os! ‘od 2) und Syr. des
Ekkli. Es ist aber mit Gr. YMMA3 AS YNBDN zu lesen. Siehe
Peters z. St. Aulserdem könnten eventuell beide Stellen auf
Jb 9, 12 (nwyn mm vos NDR) ’d) zurückgehen. Für das Ver-
hältnis des Ekkle und Ekkli ist die Parallele deshalb wertlos.
Ekkle 10,17—Ekkli 31 (34), 25. Die Erwähnung zechen-
der Fürsten in Ekkle und die Warnung vor dem Zechen in
Ekkli begründet kein Abhängigkeitsverhältnis.
54 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
Ekkle 12,12 III—Ekkli 13, 26 Il. Es liegt eine blolse
Parallele in einem allgemeinen Gedanken vor. Ob die beiden
Stellen abhängig von einander sind, und auf welcher Seite die
Abhängigkeit liegt, bleibt gleich zweifelhaft. Dies Resultat
würde sich allerdings ändern, wenn in Ekkli 13, 23 Gr. mit
eüpegis napaßoAwy ursprünglich wäre (s. aber Peters), da dieses
dann die weitere Parallele zu Ekkle (Yp Ys a7 DBD NY)
bringen würde. Dann würde auf eine erweiternde Erklärung
des Ekkli durch Ekkle geschlossen werden können, und unsere
Parallele würde das von mir unabhängig hiervon gewonnene
Resultat der Benutzung des Ekkli durch Ekkle stützen.
U. In ein paar Stellen ist es zwar immerhin in
etwa wahrscheinlich, da/s die eine auf der andern
ruht. Es bleibt aber, wenn man die Stellen nur an
sich betrachtet, zweifelhaft, welche Stelle als pri-
mär anzusprechen ist.
Ekkle 2, 22f—Ekkli 40, 1—7. Der Gedankengang ist
derselbe: Der Mensch hat sein ganzes Leben lang Mühsal und
Schmerz und selbst nachts auf seinem Lager keine Ruhe.
Das wird kaum noch Zufall sein können. Ob aber Ekkli
weitere Ausführung des Ekkle oder Ekkle kürzende, gedächtnis-
mälsige Umarbeitung des Ekkli ist, bleibt zunächst zweifelhaft.
Ekkle 8, 11—13— Ekklı 5, 4-7. Die beiden Stellen
stimmen, allerdings ohne formellen Gleichklang, in dem ganzen
Gedankengange überein, dals die Menschen viel sündigen, weil
Gott nicht gleich straft, dafs aber Gottes Strafe nicht ausbleibt.
Abhängigkeitsverhältnis ist wahrscheinlich. Wo es aber liegt,
lälst sich auf Grund der Vergleichung der Stellen nicht sagen.
Ekkle 10, 10—15—Ekklı 21, 25—28. Auch hier hat es
immerhin einige Wahrscheinlichkeit, dals die zwei Stellen über
die Reden des Weisen und des Toren nicht unabhängig von
einander sind. Wo aber die primäre Ausführung steckt, dafür
bietet auch hier die ‚Betrachtung der Stellen an sich keinen
Anhalt, Vgl. übrigens zu Ekkli 21,26 auch Ekkle 10, 2.
(Schlufs folgt.)
Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit
Jesu.
Von Professor Johannes Belser in Tübingen.
ie den Einreden gegen die Echtheit des vierten Evan-
geliums figuriert auch jene, welche von der Differenz der An-
gaben des Johannes über die Dauer des öffentlichen Wirkens Jesu
im Vergleich mit der synoptischen Darstellung hergenommen
ist. Insgemein steht diese Einrede neben der andern, es
herrsche ein unausgleichbarer Widerspruch zwischen dem
vierten Evangelium und den Synoptikern in der Bestimmung
des Todestages Jesu. Nachdem in letzterer Frage jetzt volle
Sicherheit erreicht, d. h. auf Grund der übereinstimmenden
Angaben der Synoptiker und des Johannes der 14. Nisan als
Tag des Abendmahls und Freitag der 15. Nisan als Todestag
Jesu zur Evidenz erwiesen ist, müfste man es als einen Ge-
winn erster Grölse erachten, wenn gegenüber den Behaup-
tungen der Kritik bezüglich einer Disharmonie der Evangelien
in der Frage nach der Dauer des Wirkens Jesu eine Über-
einstimmung aufgezeigt werden könnte. Nun hat van Bebber
in seinem Buche „Zur Chronologie des Lebens Jesu* (Münster
1898) die These von einer blofs einjährigen Wirksamkeit Jesu
aufgestellt und begründet. Die Theorie ist nicht völlig neu,
da sie schon in den drei letzten Jahrhunderten wiederholt
aufgetaucht ist; aber van Bebber hat dieselbe in neuer,
origineller Weise begründet. Zunächst fand der verdiente
Gelehrte mehr Widerspruch als Zustimmung. Als Gegner
traten auf Knabenbauer in den Laacher Stimmen (LV
[1898] 433ff), sodann Erasmus Nagl (Katholik 1900, II 200f
56 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
318ff 417ff und 481ff), und ich selbst habe unter voller An-
erkennung der ausgezeichneten Selbständigkeit und scharf-
sinnigen Beweisführung das Ergebnis der van Bebberschen
Abhandlung nicht als beifallswürdig bezeichnet (Tüb. Theol.
Quartalschr. 1899, 126—130), indes mich bald hernach seinem
Standpunkt bis zu einem gewissen Grade genähert, indem
ich die Annahme einer mehr denn zweijährigen Wirksamkeit
Jesu als unmöglich und unvereinbar mit den evangelischen
Berichten darzulegen mich bemühte (ebd. 1900, 23—42).
Wenn ich hier die Frage nach der Dauer des öffentlichen
Lehramtes Jesu nochmals aufwerfe und behandle, so möchte
ich die Exegeten zu einer allseitigen Prüfung und offenen
Aussprache veranlassen; wir haben ja jetzt ein neues Organ,
das unsern speziellen Zwecken dient; ich zweifle nicht daran,
dals durch die Arbeit vieler das Problem einer glücklichen
Lösung entgegengeführt wird.
Nagl ist in seinen Ausführungen zu dem Ergebnis ge-
kommen, dafs bei der Lösung der Frage nur die Evangelien
als Quelle benutzt werden dürfen (a. a. O. 483). Gibt es in
dieser Beziehung keine Tradition? Gewils; die Väter und
Schriftsteller der drei bis vier ersten christlichen Jahrhunderte
vertreten mit Vorliebe und mit einer gewissen Einmütigkeit
die Ansicht von der blofs einjährigen Wirksamkeit Jesu; so
Klemens von Alexandrien, Origenes (wenn auch mit einigem
Schwanken), Ephräm von Edessa, Augustin, Hilarıus von Poitiers,
Tertullian, Julius Africanus, Hippolyt, Oyrill von Alexandrien,
sonach Vertreter der Kirchen des Morgen- und Abendlandes.
Wer die Zeugnisse im einzelnen prüfen will, nehme Einsicht
von der gründlichen Arbeit Nagls, welcher in diesem Punkte
zu demselben Resultat gekommen ist, wie van Bebber, nur
dals er in Abweichung von letzterem diesen Zeugnissen kein
Gewicht beilegt. Nach zuverlässiger Tradition, sagt der Ge-
lehrte, ging die Annahme eines Lehrjahres von Häretikern
aus, den Valentinianern, Basilidianern und den gnostischen
Alogern; diese aber sind nicht durch die Erforschung der
Schrift und Tradition, sondern durch das beliebte historische
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 57
Hilfsmittel philosophischer Voraussetzung zu ihrer Ansicht
gekommen, wenn sie gleich bei der Verbreitung derselben
teilweise die Schrift (Is 61,2= Lk 4,19) für sich in An-
spruch nahmen; Klemens von Alexandrien, der erste christ-
liche Vertreter der Anschauung, liels sich durch die Häretiker
(Valentinianer) beeinflussen, und von Alexandrien aus machte
die Theorie die Runde durch die ganze Welt. Diese Erklärung
von Nagl kann ich nicht billigen, und ich glaube, dafs sie
auch den Beifall anderer nicht finden wird. Es heilst doch
wohl diesen Vätern und Schriftstellern der Kirche unrecht
tun, wenn man ihnen zutraut, dals sie sozusagen blindlings
den Spuren der häretischen Gnostiker folgten und ohne jede
eigene Prüfung der Schrift deren Ansicht von dem einen
Lehrjahr Jesu verbreiteten? Sollte etwa Irenäus der erste
gewesen sein, welcher auf die Erforschung der Evangelien
drang behufs Lösung der Frage nach der Dauer der Wirk-
samkeit Jesu (Adv. haer. 2, 22, 3)? Es heilst, um von anderem
zu schweigen, dem Örigenes, dem Typus und Ideal eines ge-
sunden Kritikers, Kritiklosigkeit in der höchsten Potenz zu-
schreiben, wenn man seine Aussprüche über das eine Lehrjahr
Jesu lediglich aus dem Anschluls an seinen Lehrer Klemens
bezw. an die Valentinianer erklärt. Wenn er zuerst ganz be-
stimmt dem Herrn nur ein Lehrjahr beilegt (De princ. 4, 5),
in seinen späteren Lebensjahren aber eher der Ansicht von
zwei und mehr Lehrjahren zuneigt, so beweist ja gerade dieses
Verhalten eine gewisse Selbständigkeit. Cyrill von Alexan-
drien gibt sein Urteil über das eine Lehrjahr unter Be-
rücksichtigung der Stellen Jo 6, 1 und 4 ab (Comm. in
Is 32, 10)1: dies anni, quo facta est a Christo praedicatio.
Tertullian sodann, welcher gleichfalls nur ein Lehrjahr Jesu
annimmt (Adv. Marc. 4,19) und den Tod Jesu selber in das
15. Jahr des Tiberius verlegt (Adv. Iud. 8), indes mit dem
Ansatze Marcions — Jesu Taufe im 15., sein Tod im 16. Jahr
des Tiberius — einverstanden ist, hat gewils nicht aus irgend
ı Vgl.hierüber van Bebber, Zur Chronologie 156 u. Nagl a. a. 0.184.
58 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
einer Vorliebe für diesen Häretiker solche Meinung vertreten,
sondern aus sachlichen Gründen und sicher nach sorgfältigster
Prüfung der heiligen Evangelien. Sowohl Tertullian wie die
andern hier in Betracht kommenden Väter haben bei ihren
bezüglichen Rechnungen und Angaben besonders Lk 3, 1 zum
Ausgangspunkt genommen, und daran taten sie gut. Man
wird freilich sofort sagen: Wenn diese Väter hierbei Lk 3,1
berücksichtigten, warum denn nicht auch Jo 6, 4? Darauf
wird es, wie wir später zeigen werden, nur eine richtige Ant-
wort geben: Weil sie dort das heute im Text stehende ro
macyxa nicht vorgefunden haben. Hier möge vorab nur soviel
festgestellt sein: über die Zeugnisse der Väter und Kirchen-
schriftsteller der ersten christlichen Jahrhunderte betrefis der
einjährigen Wirksamkeit Jesu kann man nicht einfach zur
Tagesordnung übergehen, als wären sie alle aus derselben
(unlautern, häretischen) Quelle und demselben Ort (Alexan-
drien) ausgegangen. Diese Zeugnisse entbehren zwar zum
Teil der vollen Bestimmtheit (Origenes) und Konsequenz; im
ganzen aber repräsentieren sie eine achtungswürdige Tradition
und dürfen zum allermindesten für die These von der ein-
jährigen Wirksamkeit Jesu als ein wichtiges Präjudiz bezeichnet
werden. Die Angaben der Schrift bleiben für die Entscheidung
der Frage die malsgebende Quelle.
Man sagt nun: Die Schrift bezeugt eine mehrjährige Lehr-
tätigkeit Jesu; es genügt zur Widerlegung der Hypothese
von einem Lehrjahre allein schon die Stelle Lk 6,1; danach
hielt sich der Heiland einmal während der Österzeit mit seinen
Jüngern in Galiläa auf; dieses Passah kommt zu dem Jo 2,13 ff
genannten Osterfest, welches Jesus in Jerusalem beging, hinzu;
aulserdem folgte unter allen Umständen noch ein Passah, das
Leidenspassah — ergo causa dicta est. Ich selbst habe mit
Zahn Lk 6, 1 als ein der genannten Hypothese entgegen-
stehendes Hindernis bezeichnet (vgl. Quartalschrift 1899, 130),
und Nagl benutzt das odaßßarov deurepönpwrov gleichfalls bei
seiner Bekämpfung Bebbers (a. a. O. 492). Über die Be-
deutung dieser Ausdrucksweise habe ich mich in der Quartal-
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 59
schrift 1896, 548f ausgesprochen: danach mülsten wir dar-
unter den Sabbat der Osterwoche verstehen. Anders falst
Zahn dieses Wort; nach ihm wäre damit gemeint der zweite
Sabbat, vom ersten Sabbat des jüdischen Kirchenjahres an
gerechnet, welcher immer auf einen der Tage vom 8. bis
14. Nisan, sonach ganz unmittelbar vor das Passah gefallen
sei (Einl. II 441).. Eine wesentliche Differenz ergibt diese ab-
weichende Auflassung des schwierigen Ausdrucks für die Frage
nach der Dauer des Öffentlichen Wirkens Jesu nicht; beide
Auffassungen führen mit Notwendigkeit bei der Interpretation
von Lk 6, 1 zu der Anschauung, dafs der Heiland einmal die
achttägige Osterzeit mit seinen Jüngern in Galiläa zugebracht
habe, fern dem Heiligtum, wo allein das Osterlamm gegessen
werden konnte (Dt 16, 5-6). Da nach dem Auftauchen
der Hypothese von dem einen Lehrjahr Jesu dem eigentüm-
lichen Ausdruck oaßßarov deutepönpwrov erhöhte Bedeutung
zukam, wandte ich mich an den Gelehrten Strack in Berlin
mit der Bitte um ein Urteil bezw. eine Entscheidung über
meine und Zahns Erklärung. Strack tritt weder meiner Aus-
legung bei noch der Zahns, versteht vielmehr unter o4ßBartov
devtepörtpwrov den ersten Sabbat im zweiten Jahr eines Sabbat-
zyklus, welcher Sabbat wegen der in einem solchen Jahr er-
hobenen Steuer (vgl. Jos. A. 14, 10, 5—6) eine ausgezeichnete
Bedeutung hatte. Nach einer probablen Annahme endigte im
Herbst 781, ım 15. Jahr des Kaisers Tiberius, eine Sabbat-
periode; sonach begann am 1. Tisri 782 das zweite Jahr der
neuen Sabbatperiode. Wenn diese Erklärung von Strack An-
spruch auf Richtigkeit machen kann, so führt die Angabe
Lk 6,1 nicht auf die Österzeit, sondern auf den Herbst.
Inzwischen bin ich zu der Überzeugung gekommen, dals
.deUTEPÖNTPWTovV ein späteres Einschiebsel ist, welches nur zu
lange den Scharfsinn der Exegeten herausgefordert hat. Oder
ist es nicht von vornherein in hohem Grade befremdlich, dafs
deurtepönpwrov, angeblich ein terminus technicus der jüdischen
Kultsprache, uns weder im AT (LXX) noch bei den jüdischen
Schriftstellern Josephus und Philo noch in den jüdischen
60 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
Apokryphen noch im Talmud begegnet? Auch Chwolson, auf
welchen ich mich früher berief, ein geborener Jude, ein aus-
gezeichneter Kenner des Talmud, weils nirgends eine Spur
von dem deurepönpwrov in der jüdischen Literatur zu ent-
decken. Dieser Umstand erweckt an sich schon Verdacht
gegen das deutepönpwrov; indes haben wir auch äufsere An-
haltspunkte: es fehlt der Ausdruck in vielen Handschriften,
besonders in 8BL, in der Itala und andern Versionen; West-
cott-Hort hat denselben gestrichen, ebenso Nestle in seiner
neuen Ausgabe (vgl. Meyer-Weils zur Stelle Lk 6, 1, S. 366f.
und Winer-Schmiedel, Grammat. des ntl Sprachidioms $19, 8,
S. 169). Nun sind freilich manche geneigt, gegen die Tilgung
zu protestieren unter Hinweisung auf die Eigentümlichkeit des
Ausdrucks: man könne wohl die Auslassung des ungewöhn-
lichen, schwer verständlichen Wortes erklären, nicht die spätere
Einschiebung. Diesem Einwande ist nicht ohne weiteres aller
Wert abzusprechen, aber er verliert das Gewicht, wenn die
Entlehnung und Einfügung des Wortes in ungesuchter Weise
aufgezeigt werden kann. Dies trifit m. E. zu. Lk 6,1 hängt
zusammen mit 6,6; auch dort weisen die Handschriften ein
gewisses Schwanken auf. Die gewöhnliche Lesart lautet:
erevero de Kai Ev Erepw oaßßarw; allein das xai fehlt wieder
ın NBL; vielleicht kam indes auch das allgemein bezeugte
ev Erepw oaßßarw erst in den Text hinein. Nach Mt 12,9
und noch mehr nach Mk 3, 1 scheint nämlich die Heilung
der verdorrten Hand an demselben Sabbat vorgefallen zu
sein wie das Ährenpflücken der Jünger; am Vormittag war
der Herr mit seinen Jüngern in der Synagoge gewesen; die
Juden blieben an den Sabbaten bis 12 Uhr mittags nüchtern
(Jos. vit. 54); daher der Hunger der Jünger und das Ähren-
pflücken derselben. Am Nachmittag ging Jesus mit seinen
Jüngern wieder (malıv Mk 3, 1) in die Synagoge und ver-
weilte dort bis zum Abend nach der Sitte der Juden (Philo
ed. Mang. II 630; Jos. C. Api. 1,33). Ein Abschreiber des
Lukas hielt nun dies nicht für wahrscheinlich und glaubte,
das Gehen in die Synagoge müsse „an einem andern Sabbat*
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 61
geschehen sein; er schrieb an den Rand zu 6, 6: (kai) &v Erepw
caßßarw, welches dann später interpoliert wurde. Angesichts
der guten handschriftlichen Bezeugung des &v Er£pw gaßßatw
mag indes die Möglichkeit, dafs es ursprünglich ist, zugegeben
werden; dann hätten wir darin geradezu eine Korrektur oder
Ergänzung des Matthäus und Markus durch Lukas zu er-
kennen. Im Blick auf das entweder ursprüngliche oder
jedenfalls bald eingefügte &v Er£pw oaßßäarw 6, 6 schrieb einer
6,1 ein npwrw an den Rand und ein späterer setzte über
letzteres mit Rücksicht auf 4, 31, wo gleichfalls ein Sabbat
genannt ist, ein deur&pw; ein dritter endlich besorgte die Inter-
polation, indem er aus npWwrw und deurfpw das Monstrum
devtepöttpwrov schuf. So oder ähnlich verhält es sich mit der
Entstehung des Wortes; man vgl. noch die Lesart des Cod. D
zu Lk 6, 6: xai eioeAdövrog autoü nakıv eis TV Ouvaywynv.
Für die Frage nach der Dauer der öffentlichen Wirksamkeit
Jesu genügt die Erkenntnis, dafs devreponputw Lk 6,1 eine
spätere Interpolation ist; das Wort hat fernerhin aus der
Diskussion völlig auszuscheiden.
Einen wichtigen Punkt habe ich indes noch gar nicht
genannt. An dem Ährenpflücken der Jünger nahmen einige
aus der Zahl der Pharisäer Anstofs und brachten ihre Be-
denken zum Ausdruck (Lk 6,2). Ob diese Pharisäer in Jerusalem
ihr Domizil hatten und nur damals in Galiläa sich aufhielten,
wie ich für sehr wahrscheinlich halte, oder ob Galiläa ihre
Heimat war, macht keinen Unterschied; jedenfalls hätten
dieselben sich nicht in Galiläa aufgehalten, wenn es zur Zeit
des Vorfalls Ostern gewesen wäre, vielmehr hätten sie ihren
Weg nach Jerusalem genommen, um dort das Passah zu
essen, wie das Gesetz es vorschrieb (Dt 16, 5—6).
Und Jesus selbst! Wer wagt es, sich im Ernst mit der
Vorstellung zu befreunden, dals Jesus während einer Öster-
oktav in Galiläa sich aufgehalten hat, fern vom Mittelpunkt
der jüdischen Theokratie, fern vom Hause seines Vaters
(Lk 2,49; Jo 2,16)? Es schrieb ja doch das Gesetz nicht
etwa blols das Essen des Passah im Heiligtum vor, sondern
62 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
den Besuch des Tempels an Ostern, wie überhaupt an
den drei Hauptfesten, wenigstens für alle Männer (Ex
23, 17; Dt 16, 16). Man hat zwar schon gemeint, es sei
zweifelhaft, ob dieses Gesetz in der nachexilischen Zeit noch
Geltung hatte, und hat zur Begründung dieses Zweifels auf
die Frage der Osterpilger Jo 11, 56 hingewiesen (vgl. Nagl
a. a. O. 494). Allein man erinnere sich an das, was Josephus
über den Besuch Jerusalems an den jüdischen Festen, be-
sonders am Passah, über die gesetzlichen Opfer, die Zahl der
Teilnehmer berichtet, speziell an die Stelle Jüd. Kr. 6, 9, 3,
um sich zu überzeugen, dafs jene Vorschriften des Gesetzes
Mosis zur Zeit Jesu in voller Kraft waren und mehr als je
Beachtung und Erfüllung fanden; man erinnere sich daran,
dals der Herr selbst am Jakobsbrunnen die Gesetzmälsigkeit des
jüdischen Kultes in Jerusalem und der vom Gesetz (Dt 16, 16f)
angeordneten Opfer anerkannt und nur für eine allerdings nahe
Zukunft die Abschaffung der Opfer und Ersetzung derselben
durch eine Oucia nveunarıxn in Aussicht gestellt hat (Jo
4, 22—24). Wenn die Eltern Jesu Jahr für Jahr zur Feier des
Osterfestes nach Jerusalem reisten und er selbst im 12. Lebens-
jahre mitging (Lk 2, 41—42), sollte er da nach dem Beginn
seiner öffentlichen Tätigkeit das bezügliche Gesetz aulfser
acht gelassen haben? Es ist diese Annahme eine Unmög-
lichkeit. Der Herr hat die atl Kultusordnung nicht nur
anerkannt, sondern auch erfüllt, wie er denn durch die Be-
schneidung in die Reihe der gesetzeseifrigen Israeliten getreten
war (Gal 4, 4; 5, 3); er hat auch das Zeremonialgesetz erfüllt,
den Sabbat gehalten, freilich nicht im Sinne und Geist der
rabbinischen Gesetzesinterpreten und der Pharisäer, sondern
nach der Intention des göttlichen Gesetzgebers (vgl. Mt
5,17; Jo 9,16). Bald nach dem Empfang der Taufe ging
Jesus nach Jerusalem hinauf zum ÖOsterfeste (Jo 2, 13f);
dort erwarteten ihn in der Folgezeit selbst seine Widersacher
(Jo 7,11), und wenn in der dem Leidenspassah unmittelbar
vorhergehenden Zeit manche Österpilger in Jerusalem die
Ansicht aussprachen, Jesus werde am Ende nicht auf das Fest
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 63
kommen, so macht uns Johannes ausdrücklich mit dem Grunde
dieser Ansicht bezw. der Befürchtung bekannt: der Grund
lag in den auf Ergreifung und Tötung Jesu abzielenden Plänen
und Mafsregeln der Hierarchen (Jo 11, 56); aber gerade
daraus erhellt, dafs an sich damals die allgemeine Meinung
der Juden dahin ging: Jesus versäumt, soviel auf ihn ankommt,
keines der Hauptfeste.e Denkwürdig ist auch die Erörterung
zwischen dem Herrn und seinen Brüdern beim Herannahen
des Laubhüttenfestes (Jo 7,2fi. Der Gedanke der Brüder
Jesu ist: Es bietet sich jetzt eine günstige Gelegenheit,
die abgefallenen Jünger aus Judäa (Jo 6, 66) wieder zu ge-
winnen; es bricht ja alles auf nach Jerusalem zur Feier der
Laubhütten; dort kannst du dir durch Manifestation deiner
Messianität allgemeine Anerkennung verschaffen. Die Ver-
wandten Jesu erwarteten, wie aus ihrer ganzen Redeweise
hervorgeht, bestimmt, dafs Jesus hinaufgehen werde zu dem
Feste, und er ging auch hinauf, nur nicht wie sie es wünschten
(Jo 7,8—-9). Ohnehin macht ja die ganze Berichterstattung
des vierten Evangelisten den Eindruck, dafs er fast nur
die Festbesuche Jesu in Jerusalem beschreiben will; wenn
der Herr Jerusalem sogar am Tempelweihfeste besuchte (Jo
10, 22), so muls man doch wohl definitiv den Gedanken ab-
weisen, als hätte der Herr einen pflichtmäfsigen Besuch Jeru-
salems je einmal unterlassen; eine solche Unterlassung würde
von den Hierarchen zur Anklage gegen Jesus schon während
seiner Öffentlichen Lehrtätigkeit und besonders in dem Pro-
zels benutzt worden sein, wovon wir in den heiligen Evangelien
nichts lesen. Vorläufiges Resultat: Lk 6,1 kann nicht als
Instanz gegen die Richtigkeit der Hypothese von der einjährigen
Wirksamkeit Jesu benutzt werden. (Schlufs folgt.)
Erklärung von 2 Kor 10, 1—6.
Von Prof. Valentin Weber in Würzburg.
ur Aufhellung der Dunkelheiten des zweiten Korinther-
briefes gewinnen wir vielleicht erwünschtes Licht, wenn
wir einige Ausdrücke aus den Einleitungsversen der scharfen
Polemik Kap. 10ff genauer, als gewöhnlich geschieht, ins
Auge fassen.
Der Apostel beginnt diesen Abschnitt also:
10,1: Avtög de EyWi TIaülog Trapakakü buäs dia Tg
npautntog xai &meikiag TOÜ XpıOToü, Ösg KATA TTPÖOWTIOV EV
taneıvög Ev Duiv, anwv de BappiWw eig Unäc.
Paulus setzt mit auTög de &yw (Ich aber für meine Person)
ein, um die folgende nach Inhalt und Form in hohem Grade
persönlich gehaltene Aussprache im vorhinein als solche zu
kennzeichnen und von dem, was er Kap. 1—9 zugleich im
Namen des Timotheus (1, 1) geschrieben hat, scharf zu scheiden.
Diese wohlbefriedigende Fassung der Eingangsworte palst
auch vortrefflich zu der aus andern Gründen festzuhaltenden
Einheitlichkeit des Briefes, während andere Deutungen, z. B.:
„Eben ich... der ich (angeblich) ...* (Chrys.) oder: „Persönlich,
wenn ich wie bisher (6, 11—9, 15) noch absehe von den gegen
mich agitierenden Gegnern“ (vgl. B. Weils), sowohl an sich
als wegen des Anschlusses nicht befriedigen. Die Beifügung
des Namens TTaüAog war notwendig, um von den beiden in
der Zuschrift (1, 1) genannten Briefabsendern den einen aus-
zuschalten und den verbleibenden kenntlich zu machen, hat
also nicht das Gewicht wie Gal 5, 2 und an ähnlichen Stellen;
immerhin mochte der Name Paulus den Lesern auch sofort
Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—$. 65
zum Bewulstsein bringen, dafs es ihr vielgenannter, jetzt von
den fremden Lehrern vielgeschmähter Apostel ist, der nun-
mehr in eigener Sache das Wort ergreift. Das Zeitwort rapa-
xaaw steht ohne sachliches Objekt, ist aber nicht, wie meist
geschieht, aus V.2 zu ergänzen (siehe unten zu V. 2), sondern
entweder aus dem folgenden dıa tÄg rrp. in Gedanken zu ver-
vollständigen (s..u.) im Sinne von 12, 19 oder besser wie
Röm 12,8 absolut zu nehmen; in letzterem Falle steht das
Wort gleichsam in technischem Sinne = „eine Sittenermahnung
geben“ oder noch allgemeiner = „bezüglich des richtigen prak-
tischen Verhaltens ermahnen“ und V.1a ist die Überschrift
zu 10, 1—13, 10. Wohl hat Paulus schon 6, 11ff gemeinsam
mit Timotheus eine herzinnige sittliche Ermahnung an die
Korinther gerichtet. Aber es ist ihm ein dringendes Bedürfnis,
dem Gebaren der ihm feindlichen Agitatoren gegenüber für
seine Person eine praktische Mahnung zu geben. Die Selbst-
verteidigung und Polemik 10, 1—12, 19 ist nach der Absicht
des Paulus Mittel zum Zweck der Mahnung und Erbauung
seiner geliebten Korinther (12, 19ff). Jedenfalls darf man
den Abschnitt 10, 1—13, 10 nicht überschreiben: „Bekämpfung
der judaisierenden Pseudoapostel“ (Cornely) oder: „Wider die
judaistischen Eindringlinge und Verleumder“ (Schnedermann),
da hierbei 12, 19—13, 10 nicht zur Geltung kommt; eher: „Er-
regte Selbstverteidigung und Ankündigung strenger Bestrafung
der Unbulsfertigen* (Schmiedel), nur fehlt hier das einigende
Band, das die beiden Glieder verbindet, und das Ziel, das
Paulus laut 12, 19 anstrebt, kommt nicht zum Ausdruck; sagen
wir also mit Paulus selbst: „Persönlich gehaltene Ermahnung
des Paulus an die korinthische Gemeinde bezüglich des rich-
tigen praktischen Verhaltens.“ Darüber sollte nämlich kein
Streit sein, wen Paulus mit üudg anredet. Gewils nicht die
judaisierenden Lehrer, die er vielmehr hier (V. 2) wie im
ganzen Briefe von der Gemeinde scharf unterscheidet, indem
er von ihnen immer in der dritten Person spricht. Aber auch
nicht ein Teil der Gemeinde — eine angeblich von den zu-
gewanderten Agitatoren irregeleitete Minorität — ist angeredet,
Biblische Zeitschrift. I. 1. 5
66 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6.
sondern wie im ganzen Schreiben die gesamte Gemeinde; das
erhellt zweifellos aus 10, 13—13, 10. Das dıa nis rrp. soll nach
B. Weils andeuten, „dafs Paulus sich durch die Sanftmut und
Lindigkeit Christi bei seinem Ermahnen leiten lälst, so dafs
er sie allein als Mittel braucht, um eine Wirkung desselben
zu erzielen.“ Aber a) Paulus schlägt sowohl im Brief sofort
einen nichts weniger als sanften und linden Ton an als auch
kündigt er für seine persönliche Anwesenheit ein entschieden
strenges Verfahren an; b) an allen ähnlichen Stellen gebraucht
Paulus das di& nicht zur ‚Bezeichnung dessen, von dem er
sich bei seinem Ermalınen leiten läfst, so dals er das Ge-
nannte nachahmend als Mittel brauchte, sondern zur Bezeich-
nung des Motivs, von dem die Ermahnten sich sollen leiten
lassen; did = „unter Hinweis (Berufung) auf“, vgl. 1 Kor 1, 10;
Röm 12, 1 und 15, 30; 2 Thess 3, 12. Die gewöhnliche Er-
klärung findet in dem Hinweis auf die Eigenschaften Christi
den Gedanken ausgesprochen, dals Paulus berufen ist, als
Diener Christi nach dessen Vorbild zu verfahren, und die
Korintber ihm dies nicht unmöglich machen sollen, indenı sie
ihn zu strengem Einschreiten nötigen (Bisping, Maier, Cornely,
Heinrici, Schnedermann, Schmiedel u. a... Aber einmal liegt
dieser Gedanke dem Text fern und ist aus V. 2 eingetragen;
sodann bezeichnet Paulus mit dı& an den genannten Stellen
immer ein Motiv, das der Ermahnte beherzigen und selber
unmittelbar durch Nachahmung oder sonstwie auf das
eigene Verhalten anwenden soll, wie auch Schmiedel zugibt:
„Richtschnur müfste die Sanftmut Christi nun eigentlich
für die Angeredeten werden“; endlich steht der üblichen
Erklärung als Hauptbedenken die Erwägung entgegen, dals
Christi Sanftmut und Milde nicht einfach sein (amtliches)
Verhalten im Mahnen, Zurechtweisen und Vorgehen gegen
Sünder kennzeichnet, also auch nicht in dieser Hinsicht dem
Apostel Vorbild und Richtschnur sein kann und soll. Man
denke nur an die strengen Strafworte und das von heiligem
Unmut getragene, sehr entschiedene Auftreten Christi gegen
die Tempelschänder, gegen die Pharisäer, auch gegen Petrus
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Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 67
(Mt 16, 23) u.s.f.” Es wäre auch seltsam, dals Paulus die
Korinther erst bitten sollte, sie möchten ihm nicht unmöglich
machen, das Beispiel Christi zum Vorbild zu nehmen! Paulus,
„der Nachahmer Christi“ (1 Kor 11, 1), braucht nicht die
Hilfe der Korinther, um in jedem Fall dem göttlichen Meister
zu folgen! Gegen Zurechtzuweisende und Sünder war Jesus
liebreich und mitleidsvoll, um sie zu gewinnen, und zu diesem
Zwecke nach Umständen auch sanftmütig und mild, aber
unter allen Umständen sanftmütig und gelassen (nicht auf
dem strengen Recht bestehend) war er in seinem Verhalten
gegen persönliche Belästiger. Vgl. auch Gal 6, 1 und
1 Kor 4,21. Wir dürfen als gesichert annehmen, dafs auch
Paulus in ähnlichem Sinne auf das Vorbild Christi hinweist,
wobei er selbstverständlich an den irdischen Wandel des Herrn
denkt, weshalb der Streit (bei Schmiedel, Heinrici u. a.), ob
ausschlie[slich an den historischen Christus (so mit Recht
Klöpper) oder an den erhöhten zu denken sei, sehr überflüssig
ist. Dürften wir nun did hier im Sinne von „mittels“, „indem
ich als Mittel gebrauche“ nehmen (vgl. oben B. Weils), so
wäre der Gedanke: „Ich finde es eigentlich unter meiner
Würde, gegen die gehässigen Angriffe der Pseudoapostel mich
zu verteidigen und meine apostolische Würde und Tätigkeit
mit deren Anmalsung und Treiben zu vergleichen, doch will
ich es tun — zu eurer Erbauung (12, 19) — mit der Sanftmut
und Gelassenheit Christi, als der, der da angeblich in seinen
Briefen so anmalsend ist.“ Das wäre ein vornehmer Aus-
druck des hohen apostolischen Selbstbewulstseins des Apostels.
Ähnlich fast Zahn (Einl. 12 241) die Worte auf: „Er hat
noch eine sein persönliches Verhältnis zur Gemeinde betreffende
Bitte auf dem Herzen, welche er gerade darum als eine in
christlicher Sanftmut und Milde auszusprechende bezeichnet,
weil er mit dem Zorn zu kämpfen hat, der ihn ergreift, wenn
er an die ... Leute denkt, welche... das Verhältnis zwischen
der Gemeinde und ihrem Stifter getrübt haben und noch
immer trüben.“ Allein für diesen Sinn wäre wohl die Wen-
dung &v nveunarı rpaür. zu erwarten, vgl. Gal 6,1; 1 Kor 4, 21.
5*
68 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6.
Bleiben wir also dabei, dafs did, wie sonst, auch hier den
Angeredeten ein Motiv zur Beherzigung vorhält, dann ergibt
sich der Sinn: „indem ich euch auf die Sanftmut und Ge-
lassenheit des Christus hinweise, auf dafs ihr dieses Vorbild
des Herrn beherziget und zur Richtschnur nehmet a) unter-
einander (vgl. 12, 20), b) insbesondere mir gegenüber durch
gelassenes Anhören meiner folgenden Zusprache, der ich ja
angeblich in meinen Briefen mir zuviel herausnehme euch
gegenüber.“ Ist 12, 20 mitgedacht, dann steht napaxaaWw nicht
absolut, sondern findet im Gedanken von bıd seine Ergänzung.
Doch ist dies zweifelhaft; der Relativsatz legt nahe, dafs
Paulus mit seiner Wendung und mit ironischer Anspielung
auf eine üble Nachrede der Gegner gleich im Eingang um
die Geduld und Nachsicht der Leser bitten will, wie er auch
im Verlauf dieser „Mahnung“ wiederholt um Entschuldigung
bittet (11,1.16. 20; 12,1.11.19). Paulus will sagen: „Haben
meine Gegner euch vorgeredet, meine Briefe seien verletzend
und grolssprecherisch, so bitte ich euch diesmal von vorn-
herein, mich gelassen anzuhören, da ich leider genötigt bin,
eine noch kühnere Sprache zu reden.* Schmiedels Einwendung,
Paulus verlange von den Korinthern nicht Sanftmut, sondern
Gehorsam (V. 6), beruht auf irriger Auffassung des V. 6.
Das ös... ist erläuternd und begründend für das unmittelbar
Vorausgehende, gibt den Anlals des Hinweises auf Christi
Vorbild an. In welchem Sinn und von welcher Seite der im
Relativsatz angedeutete Vorwurf erhoben wurde, wird aus
V.10 klar: „Die Briefe, sagen sie, sind wohl hart und streng;
wenn er aber leibhaftig da ist, ist er schwach und seine Rede
will nichts heifsen.“ Die judaisierenden Pseudoapostel stellten
also den Paulus als einen Maulhelden hin, der von der Ferne,
ın seinen Briefen, wichtig tue, prahle und drohe, anwesend
aber aus persönlicher Feigheit und Unfähigkeit nichts aus-
richte, da er mit ängstlicher Schüchternheit auftrete und mit
charakterloser Kriecherei den Menschen zu gefallen suche
u.5.f. Auch aus diesem Grunde kann Paulus in V. 1 nicht
auf die Milde Christi als Richtschuur für sein Verfahren
Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 69
hingewiesen haben; das wäre ja das Eingeständnis an die
Gegner, dafs ihm in der Tat jedes strenge Auftreten recht
zuwider ist. Die Agitatoren scheuten sich allem Anscheine
nach nicht, das Aufkommen und Fortbestehen der sittlichen
Mifsstände in der korinthischen Gemeinde dem angeblich
feigen Verhalten des Paulus zur Last zu legen und ihm so
die Befähigung zum Apostelamte abzusprechen. Ihr Zweck
war, seine Autorität in der Gemeinde zu untergraben; darum
suchten sie überdies den scharfen Ton seiner Briefe — unseres
1 Kor und des vorausgegangenen (1 Kor 5, 9) — als schwer
verletzend und beleidigend hinzustellen. Die Art, wie Paulus
den Vorwurf persönlicher Feigheit und amtlicher Unfähigkeit
V. 11 zurückweist, setzt unbedingt voraus, dals er seit seinem
ersten (uns verloren gegangenen) strengen Mahnschreiben nach
Korinth (1 Kor 5,9) nicht mehr in der Gemeinde an-
wesend war. Wäre Paulus, wie manche Ausleger phanta-
sieren, in der Zwischenzeit in Korinth gewesen und nach einem
kläglichen Milserfolg wie ein Flüchtling wieder abgezogen,
um nun aus der Ferne Drohbriefe zu schreiben, so beginge
Paulus die lächerlichste Prahlhanserei, wenn er V. 11 schreibt:
„Wer so spricht, mag nur in Rechnung nehmen, dals gerade
so, wie wir uns aus der Ferne durch Briefe mit dem Wort
geben, wir uns auch, wenn wir da sind, mit der Tat er-
weisen werden.“ So konnte Paulus nur schreiben, wenn er
bisher seit seinen Drohbriefen keine Gelegenheit hatte, seinen
Mut und seine Entschiedenheit durch die Tat in Korinth zu
zeigen. Anderseits scheint uns der im Vorwurf enthaltene
Gegensatz zwischen Briefen — Mehrzahl! — und persönlicher
Anwesenheit die Annahme eines zweiten Besuches des Paulus
in Korinth sehr nahe zu legen; dieser Besuch, der durch
andere Stellen, wie 2, 1; 12, 14; 13, 2, notwendig gefordert
scheint, ist demnach vor den ersten Mahnbrief (1 Kor 5, 9)
zu setzen. In V. 1 gibt Paulus der gegnerischen Nachrede
eine solche Fassung, dals er das Wort akzeptieren kann.
Aug’ in Aug’ war er bisher unter den Korinthern „demütig“,
d.h. bescheiden und anspruchslos, auch etwas furchtsam und
70 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6.
zaghaft, wie er wenigstens für sein erstes Auftreten selbst
bezeugt (1 Kor 2, 3), in den Briefen war er zu seinem Leid-
wesen genötigt, kühn und zuversichtlich zu reden; die Gegner
freilich verstanden jenes Demütigsein als Feigheit und Menschen-
gefälligkeit, diese zuversichtliche Kühnheit als hochfahrende,
verletzende Dreistigkeit, Prahlerei und Anmalsung. Paulus
aber gibt das eine wie das andere im guten Sinne zu. Das
könnte er nicht ohne jeden Vorbehalt, wenn er zwischen den
Briefen einmal persönlich nach Korinth gekommen und ein
Widerspruch zwischen seinem schriftlichen und mündlichen
Verfahren zu Tage getreten wäre. So aber braucht er dem
angeblichen Gegensatze nur den Bittwunsch beizufügen, bei
seiner bevorstehenden Anwesenheit gegen seine geliebten
Korinther nicht kühn, d.h. streng, auftreten zu müssen:
10, 2: deonan dE TO un napwv Bappnicaı TA menodncea N
Aoyilouaı ToAuncoaı Eri TIvag TOoUG AoYıLouevoug NUäg WG KATü
VAPKUA TTEPITATOUVTAG.
deoum nimmt nicht das tapaxalw V. 1 wieder auf, so
dals vuWv zu ergänzen wäre; vielmehr ist der Gegenstand der
Bitte erst durch den Schlulssatz von V. 1 hervorgerufen
(B. Weils). Ob die Bitte an die Leser oder an Gott gerichtet
ist, läfst sich nicht entscheiden; nach B. Weils geht deonaı
ohne Bezeichnung dessen, von dem man etwas erbittet, natur-
gemäls auf Gott, wie 1 Thess 3, 10; Röm 1, 10; was Heinrici
einwendet — was sich anschlielse, klinge besonders wegen fj
AoyiZouaı... nicht wie Gebetsinhalt —, beruht auf falschem
Verständnisse des V. 2. Der Gedanke bleibt übrigens der
nämliche: Es ist der herzliche Bittwunsch des Paulus, nicht
anwesend gegen seine Korinther mit der apostolischen Zu-
versicht kühn auftreten zu müssen, mit welcher er (jetzt ab-
wesend im Briefe gegen sie auftritt und) anwesend gegen seine
verleumderischen Widersacher aufzutreten gedenkt. Es ist
nämlich sehr wichtig, zu beachten, dals nach dapprioa V. 2
aus V. 1 in Gedanken zu wiederliolen ist: eig ündc. (Eben
darum empfiehlt es sich mehr, auch das deouaı an die An-
geredeten, nicht bewulst an Gott, gerichtet sein zu lassen.)
Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—8. 71
Paulus hält im V. 2 ein strenges Einschreiten gegen die an-
geredeten Korinther und ein entschiedenes Vorgehen gegen
die „gewissen Leute“ auseinander; das erstere wünscht er, wo
möglich, zu vermeiden, und er fleht darum die Korinther
(bezw. Gott) inständig an, sie möchten bis zu seiner dem-
nächstigen Ankunft jeden Anlals zu rügendem und strafendem
Einschreiten des Apostels gegen die Gemeinde im grolsen
und ganzen (wegen allzugrolser, darum sträflicher Konnivenz
gegen die paulusfeindlichen Agitatoren, vgl. 10, 7ff):und gegen
einzelne Gemeindeglieder (wegen sittlicher Mängel, vgl. 12, 20 ff)
wegräumen. Dagegen stellt Paulus ein entschiedenes Vorgehen
gegen seine Verleumder, die judaisierenden Lehrer, fest und
bestimmt in Aussicht. Der Sinn von V. 2 ist also nicht, wie
die meisten Ausleger anzunehmen scheinen, der, die Korinther
sollten dafür sorgen, dals dem Apostel bei seiner Anwesenheit
jedes strenge Auftreten erspart bleibe; vgl. B. Weils: „Es
kann das nur geschehen, wenn die Gemeinde selbst die Agi-
tatoren ausstölst, so dals Paulus nicht genötigt ist, bei seinem
Kommen gegen sie und ihren Anhang mit aller Strenge auf-
zutreten.“ So leicht nahm der Apostel die Sache nicht, und
eine derartige Vergewaltigung gegnerischer Meinungen war
ganz und gar nicht nach seinem Geschmack! Vielmehr stellt
er sofort (V. 3—6) das Programm seines Vorgehens gegen
die Pseudoapostel auf. Er ist sich bewulst, dals er mit diesen
judaisierenden Lehrern einen Geisteskampf über das Wesen
des Christentums in Korinth werde persönlich ausfechten
müssen. Um was er die Korinther bittet, ist, dals sie nicht
auch ihrerseits ihm Anlals zu strenger Rüge und Strafe geben.
Sie wollen zwar insgesamt ihrem Apostel ergeben bleiben
(vgl. 2 Kor 7, 11), aber sie erschweren iım den Kampf gegen
die judaisierenden Agitatoren, die einen, weil sie sich von
diesen Eindringlingen zu viel imponieren und gegeneinander
verhetzen lassen (vgl. 10, 7—12, 19), andere, weil sie durch sitt-
liche Schwächen manchen Behauptungen der Hetzapostel einen
Schein von Berechtigung geben (vgl. 12, 19 ff).
Dals er den Entscheidungskampf, den er persönlich in
72 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6.
Korinth gegen die falschen Apostel zu führen gedenkt, sieg-
reich bestehen wird, dafs er mit Gottes Hilfe über alle
Geistesgegner Herr werden wird, dessen ist der Apostel voll
Zuversicht gewils.. Er zweifelt nicht, dafs er durch persön-
liche Auseinandersetzungen mit den Gegnern deren falsche
und irreführende Anschauungen über grundsätzliche Fragen
der christlichen Heilsverkündigung erfolgreich und über-
zeugungsmächtig widerlegen wird, so dafs schliefsliich nur
strafwürdige Böswilligkeit sich der göttlichen Wahrheit, die
er lehrt, verschlielsen könne. Voll apostolischen Selbstgefühls
schildert er unter dem Bilde einer Kriegsführung und Festungs-
belagerung, mit welchen Waffen und mit welchen Erfolgen er
den Kampf für die ihm anvertraute Wahrheit der göttlichen
Offenbarung kämpfen wird (V. 3—6).
10,3: Denn im Fleische wandelnd ziehen wir nicht
dem Fleische gemäls zu Felde, d.h.: Ja, wir wandeln
wohl im Fleische, wir haben einen Leib aus Fleisch und sind
somit Anwandlungen der Schwachheit, Schüchternheit, Furcht
u. s. f. ausgesetzt, aber das hat auf unser amtliches Auftreten
keinen Einflufs: wo wir Kriegsdienste tun, d. i. im Dienste
Gottes gegen die Feinde der Wahrheit kämpfen, da lassen
wir uns nicht durch natürlich-menschliche Stimmungen und
Beweggründe, wie Menschenfurcht, Menschengefälligkeit u. dgl,
leiten. Wie könnte Paulus mit solcher Bestimmtheit die V. 2
behauptete Zuversichtlichkeit durch die ganz allgemein ge-
haltene Zurückweisung des Vorwurfs (V. 2) erläutern und
(V. 3—6) begründen, wenn er bei einem vermeintlichen
Zwischenbesuche durch Energielosigkeit eine Niederlage er-
litten hätte? Schmiedel meint (S. 271 u. 68): „Paulus spricht
auf Grund der Gewilsheit, dals eine Wiederholung jenes Falles
ausgeschlossen sei.“ „Bei seinem unerschütterlichen Bewulst-
sein von seiner apostolischen Ausrüstung konnte ihm eine
Niederlage nur als etwas ganz Vorübergehendes erscheinen,
zumal wenn seine Energielosigkeit etwa mit durch Krankheit
verursacht war.“ Nein; durch die siegesgewisse Sprache
V. 3—6 u. V.11 würde Paulus, wenn es „einfache Tatsache“
Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 13
war, dafs eine Niederlage vorausging, seinen Gegnern in
bester Form den Beweis liefern, dals er wirklich in seinen
Briefen ein Maulheld, Renommist und Prahlhans sei, bei per-
sönlicher Anwesenheit aber nichts leiste. Schon die Wen-
dung „gegen Gewisse, die von uns denken (d. i. mein bis-
heriges Ausbleiben so beurteilen), als ob wir nach dem Fleische
wandelten“ (V. 2), sagt uns, dals nicht die Tatsache eines
erfolglosen Besuches vorlag, sondern aus dem Aufschub des
Besuches und dem Abändern des Reiseplanes jenes ungünstige
Urteil abgeleitet wurde.
10, 4 Denn die Waffen unseres Feldzugs sind
nicht fleischlich (und deshalb schwächlich), sondern (geistig
und deshalb) machtvoll für Gott (Deo soli gloria! Paulus
weils sich nur als armseliges Werkzeug des mächtigen Gottes)
zum Zerstören von Bollwerken,
10,5: indem wir Vernunftkünste (Trugschlüsse) zer-
stören und jeden Hochbau (wie Wälle, Mauern, Türme,
d. h. die hocbmütigen Eigengedanken von Menschen), der
sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes (die wir ver-
künden), und indem wir gefangen führen jeden Ge-
danken hinein in den Gehorsam gegen Christus
10,6: und in Bereitschaft stehen, jeden Ungehor-
sam zu strafen, wann euer Gehorsam (der zwar schon
vorhanden, aber noch unvollkommen ist) völliggeworden ist.
Nur V. 6 braucht nähere Besprechung. Es fragt sich:
Was für einen Ungehorsam meint Paulus? was für einen
Gehorsam? Was für Leute hat er dort und hier im Sinn?
Wann ist der Gehorsam völlig?
Schmiedel meint, der „Ungehorsam* könnte zwar wegen
des Gegensatzes in V. 6b auf die Judaisten gehen, doch seien
die 12, 20—13, 2 erwähnten Sünder mindestens eingeschlossen.
Richtig ist, dafs Paulus in Korinth sowohl gegen judaisierende
Einflüsse als auch gegen heidnisches Wesen zu kämpfen hatte.
Dals er aber V. 6a beide Arten des Ungehorsams und beide
Personenklassen, Zugewanderte und Gemeindeglieder, zusammen-
gefafst habe, scheint zwar durch die Betonung „jeden Unge-
74 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—8.
horsam“ nahegelegt, allein der Anschlufs an V. 5b, der Gegen-
satz V. 6b, der Optimismus des Paulus bezüglich seiner
Korinther (vgl. 13, 7ff) und der Zusammenhang empfiehlt
mehr die Annahme, dafs Paulus ausschlielslich oder doch
hauptsächlich an jeden theoretischen Ungehorsam, sc. gegen
seine Lehre, denkt. Schon V. 4 und 5 hat Paulus, obschon
die Schilderung seiner apostolischen Kriegsführung allgemein
gehalten ist, speziell die judaisierenden Lehrer im Sinne ge-
habt, die „gewissen Leute“ (V. 2), insofern diese die christ-
liche Heilslehre mit mancherlei verkehrten und schiefen
Sondermeinungen zu vermengen suchten. Um Theoretisches,
nicht um Praktisches, d. ı. um die Glaubenslehre, nicht um
das Glaubensleben, um das christliche Denken, nicht um
den christlichen Wandel handelt es sich V. 4 und 5, also
auch im abschliefsenden V. 6a. Durch unmittelbare Offen-
barung von der absoluten Wahrheit der christlichen Heilslehre
überführt und von deren Einklang mit der atl Gottesoffen-
barung tiefinnerst und aufs klarste überzeugt, hat Paulus
das volle Vertrauen, dals er jeden Menschen, der guten
Willens ist, für diese von Gott stammende Wahrheit des
Christentums gewinnen und die vermeintlichen Gegengründe
wider seine Auffassung der christlichen Lehre siegreich wider-
legen könne. So ist ihm auch nicht bange, sobald er nach
Korinth komme, die irrigen Auffassungen der judaisierenden
Lehrer als unhaltbar und mit der christlichen Wahrheit
unvereinbar nachzuweisen (V. 5a). Die Folge wird dann sein,
dals die überwundenen Gegner entweder der besseren Über-
zeugung folgen (5b) oder hartnäckig widersprechen und sich
nicht fügen; in diesem Falle wird der Apostel den „Ungehor-
sam“ strafen, z. B. durch öffentliche Blolsstellung, durch
ausdrückliche Verurteilung der irrigen Lehren, durch Aus-
schlufs der Ungehorsamen von der Lehrtätigkeit, nötigenfalls
durch förmliche Ausstolsung aus der Gemeinde und Übergabe
an den Satan.
Somit ist V. 6a (wenigstens in erster Linie) der Unge-
horsam gegen Christus durch Unglauben oder, was für Paulus
Weber, Erklärung von 3 Kor 10,1—6. 75
das nämliche ist, die bewulste Ablehnung und Anfeindung der
paulinischen Verkündigung von Christus gemeint, wie auch
Röm 10, 16 (vgl. 11, 20. 30) der Unglaube gegen das Evan-
gelium Ungehorsam heifst; und zwar denkt Paulus an Un-
gehorsam seitens der judaisierenden Lehrer (und etwaiger
starrer Anhänger derselben), falls sie nach seinen persönlichen
Auseinandersetzungen mit ihnen im Widerspruche verharren
werden.
V.6b gibt Paulus in auffallend gegensätzlicher Wendung
der Erwartung Ausdruck, dafs der Korinther Gehorsam
vollständig werden wird, und bezeichnet diesen zu erhoffenden
Umschwung in der Gemeinde als wünschenswerte und natur-
gemälse, jedoch nicht als unbedingt notwendige Voraussetzung
seines strafenden Vorgehens gegen den Ungehorsam; er schreibt:
ötav (nicht etwa &av) nAnpwon buwv N) ünaxon. Natürlich will
Paulus nicht sagen: „Zuerst mülst ihr gehorsam werden und
zwar vollzählig: Der von den Agitatoren irregeführte Teil von
euch muls sich von jenen trennen und zum Gehorsam zurück-
kehren. Erst wenn ich euch alle auf meiner Seite habe, dann
werde ich gegen die Agitatoren vorgehen und sie ausweisen.
Dann wird sich ganz zeigen, wie es mir ihnen gegenüber nicht
an Mut fehlt.“ Vgl. B. Weils, Schmiedel, Heinrici, der das
„eine weisliche Handhabung des divide et impera!“ nennt.
Das hielse wahrlich nicht Mut zeigen, sondern das Gegenteil!
Paulus würde eben das, was man ihm vorwarf und was er
hier widerlegen will, in hohem Grade bekunden: Feigheit und
Maulheldentum! Vielmehr ist vor allem sehr zu beachten:
Paulus stellt V. 6b der Gesamtgemeinde von Korinth das
Zeugnis aus, dals sie den Gehorsam (sc. gegen Christus durch
gläubige Annahme und Festhaltung der christlichen Heils-
botschaft) besitzt und betätigt und dafs dieser Glaubens-
gehorsam nur den wünschenswerten Grad von Vollkommenheit
vermissen lälst. Dieses Zeugnis, auf das Chrysostomus z. St.
hinweist, wurde von vielen neueren Auslegern zu wenig ge-
würdigt. Angesichts dieser Aussage des Paulus kann davon
keine Rede sein, dafs die Korinther zum judaistischen Evan-
76 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6.
gelium abgefallen waren und für das paulinische Evangelium
erst wiedergewonnen werden mulsten; vgl. z. B. Schmiedel
271 und 76f, wo es gar heifst: „laut ötav ist der Gehorsam
der Gemeinde noch gar nicht vorhanden“ und „ein Zustand
heller Auflehnung der Korinther gegen Paulus spiegelt sich
10, 1-13, 10“. Ärger kann man die Worte des Apostels
kaum mifsverstehken! Auch nicht von einer judaistischen
Minorität (Klöpper) kann die Rede sein. Von den Ange-
redeten überhaupt, also von der ganzen Gemeinde, erkennt
Paulus an, dafs sie im Gehorsam stehen. Das schliefst nicht
aus, dals nicht nur eine Minderheit, sondern die Mehrzahl
der korinthischen Christen durch die zugewanderten, sprach-
gewandten Lehrer beeinflulst waren, ohne dessen bewulst zu
sein und ohne bisher einen tieferen Lehrgegensatz zwischen
Paulus und den neuen Lehrern zu ahnen, ferner ohne bis jetzt
dem Paulus innerlich entfremdet zu sein; sie mochten das
Wirken dieser Lehrer, die wohl vorzugsweise als Moral-
prediger und Eiferer für äufsere Sittlichkeit auftraten, als
erwünschte, treffliche Ergänzung der Tätigkeit des Paulus an-
sehen. So erklärt sich auch, dafs diese Paulusgegner, ohne
auf Widerspruch zu stolsen, es wagen konnten, den Begründer
der Gemeinde zu verkleinern und milsgünstig zu beurteilen.
Wie weit es den Agitatoren gelungen war, einzelne Gemeinde-
glieder direkt gegen Paulus und seine Lehrverkündigung ein-
zunehmen, mag dahingestellt bleiben. Solche Ausnahmen
werden von Paulus absichtlich nicht in Rechnung gebracht.
Was er wünscht und anstrebt, ist, dafs der Glaubensgehorsam
seiner Korinther vollständig werde, — nicht extensiv oder
numerisch, sondern intensiv und zwar in erster Linie theore-
tisch, indem sie durch ihn mündlich aufgeklärt werden über
das Falsche, Irrige, Irreführende, Schiefe der judaisierenden
Lehre seiner Gegner und daraufhin bewufst und explicite das
paulinische Evangelium hochhalten, in zweiter Linie auch
praktisch, indem sie nach dem Glauben auch leben und so
den Vorwurf der Gegner, dals die paulinische Lehrweise die
Moral vernachlässige, durch die Tat widerlegen. Beides, die
Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—8. 77
theoretische und praktische Steigerung und Reife des christ-
lichen Glaubensgehorsams der Korinther, ist für Paulus die
gewünschte und erhoffte Voraussetzung für ein streng strafendes
Vorgehen wider die Gegner. Vermutlich waren gerade unter
den Sündern 13, 19ff solche, die den Paulus am meisten im
Munde führten, statt ıhm durch musterhaften Wandel nach
seinem herrlichen. Vorbilde Ehre zu machen.
Somit ist 10, 1—6 im engen Anschluls an 1—9 das
Proömium zu der direkten Polemik (wider die judaisierenden
Lehrer), die Paulus schon 2—9 vorbereitet hat, jetzt 10, 7 bis
12, 18 eröffnet und in Korinth zum Ende und Siege führen
will. Im Brief trifft er gleichsam nur die Vorbereitung zu
dem laut 10, 2-6 mündlich auszufechtenden Entscheidungs-
kampf mit den Gegnern. Das briefliche Geplänkel ist das
persönliche Vorspiel zu dem sachlichen Streite, der mündlich
ausgetragen werden soll. Auf die Erörterung der Lehr-
differenzen lälst er sich nämlich im Briefe nicht näher ein;
was er diesbezüglich schriftlich sagen kann und will, hat er
schon 2—7 eingestreut. Aber die persönliche Seite des
Kampfes stellt er 10—13 in helle Beleuchtung, um den
Korinthern begreiflich zu machen, dals sie viel zu arglos und
nachsichtig die Agitatoren gewähren lassen. So schliefst sich
die Aufforderung 10, 7 sehr gut an. Dals er sich auf eine
direkte Bekämpfung und Widerlegung der gegnerischen Unter-
scheidungslehren brieflich nicht einlälst, nötigt zum Schlusse,
dafs die Sache nicht so einfach lag, wie neuere Ausleger sich
vorstellen. Hätten die paulusfeindlichen Lehrer in Korinth
die gleiche Lehrrichtung wie die galatischen Irrlehrer ver-
treten und von diesen nur dadurch sich unterschieden, dals
sie mit den letzten Forderungen des „judaistischen“ Evan-
geliums — Beschneidung und Gesetzesbeobachtung — vor-
läufig noch zurückhielten, dann hätte Paulus nicht versäumt,
den Gegnern zuvorzukommen, und hätte ähnliche Gedanken-
reihen wie im Galaterbrief auch den Korinthern, einer Ver-
führung vorbeugend, dargeboten. Dals er in keiner Weise
vor Annahme der Beschneidung und des mosaischen Gesetzes
78 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6.
warnt, erklärt sich nur so, dals die Paulusgegner in Korinth
nicht nur stillschweigend, sondern ausdrücklich und grund-
sätzlich die genannten „judaistischen“ Forderungen aufgegeben
hatten. Die Sache stand also so: Die Gegner stellten sich
auf den Boden des Konventbeschlusses von Jerusalem (Apg 15);
sie erkannten die Freiheit der Heidenchristen vom jüdischen
Zeremonialgesetz als unantastbar an (vgl., wie Paulus ebendies
in dem von Korinth aus geschriebenen Römerbrief 3, 29f
einfach voraussetzt!); dafür suchten sie den Geist des phari-
säischen Judentums in das Christentum einzuschmuggeln; wie
und mit welcher Begründung, darüber wollte sich Paulus an
Ort und Stelle erst näher informieren, das mulste zum Teil
erst aus der Diskussion mit den Gegnern sich herausstellen.
Ein Spiegelbild der Geisteskämpfe, die Paulus sodann in
Korinth mündlich durchgefochten hat, liegt im Römerbrief vor.
Ergebnisse: Die Einheitlichkeit des zweiten Korinther-
briefes ist gesichert, ein Zwischenbesuch des Paulus in Korinth
zwischen 1 Kor und 2 Kor ist unannehmbar, der Judaismus
ın Korinth ist von wesentlich anderer Art als der in Galatien;
der Galaterbrief geht auch aus diesem Grunde mehr als zwei
Jahre, wie gewöhnlich angenommen wird, den Korintherbriefen
voraus, d. h. ist vor dem ephesinischen und auch vor dem
korinthischen Aufenthalte des Paulus geschrieben.
Besprechungen.
Belser, Dr. Joh., o. Prof. d. Theol. a. d. Univ. zu Tübingen, Ein-
leitung in das Neue Testament. 8% (VIII u. 852) Freiburg i. Br. 1%,
Herder. M 12.—
Obwohl vor dem 1. Jan. 1902, dem Ausgangsdatum der literarischen
Besprechungen dieser Zeitschrift, erschienen, sei das Buch doch noch in
Rücksicht auf seine grolse Bedeutung zur Anzeige gebracht.
Die letzte grölsere Einleitung ins NT hat der bekannte protestan-
tische Theologe Theodor Zahn in eınem zweibändigen Werke (1. Aufl. 1897,
2. 1899) herausgegeben. So zahlreich nun auch die Berührungspunkte
zwischen dem katholischen Bibelforscher und einem positiv gläubigen
protestantischen Exegeten sind, so war trotzdem das Bedürfnis nach einem
ähnlich wie das Zahnsche bearbeiteten katholischen Einleitungswerke
vorhanden. Belser hat uns diesen „katholischen Zahn“ vorgelegt. Selbst-
verständlich basiert aber sein Werk auf eigensten, gründlichen Forschun-
gen, und es wäre eine grols- Reihe von Resultaten anzuführen, in welchen
die beiden Einleitungen differieren.
Von den bisherigen katholischen Einleitungswerken unterscheidet sich
B.s Weık durch ein gewisses „Etwas“, das der Verf. zwar in seiner Vor-
rede erwähnt, aber dessen Definierung er absichtlich nicht an dieser Stelle
geben wıll. Er meint zweifellos die weniger traditionelle Behandlung
des Stoffes. Im Verlaufe der Untersuchungen führt er wiederholt Klage
iz. B. S. 76), dals „man gar zu gern an dem Hergebrachten und Alten
bänet und sich aus dem gewohnten Geleise nicht hinausdrängen lassen
will“. Kein Einsichtiger wird dem Verf. das Einschlagen neuer Wege
zum Vorwurf machen können.
Entsprechend seiner Methode ist denn auch B. zu einer grolsen Anzahl
neuer Resultate gekommen. Er erreicht sie auf Grund eingehendster
Durchtorschung des gesamten Materiales, wobei er keiner Schwierigkeit
aus dem Wege geht. Insbesondere sind es die jedem einzelnen Abschnitte
am Schlusse desselben beigefügten Anmerkungen (eine für den Leser
allerdings höchst unbequeme Anordnung), welche die wertvollsten und
interessantesten Detailuntersuchungen enthalten.
Einige Hauptresultate seien angeführt und zwar hauptsächlich chrono-
logische Fixierungen, da nach B.s eigenen Worten „die ganze Auffassung
einer ntl Schrift geradezu in der Ansicht über die Zeit ihrer Entstehung
kulminiert“ (Tbeol. Qu.-Schr. LXXX [1898] 633).
Matthäus schrieb sein Evaugelium schon ı. J. 41 oder 42 und zwar
hebräisch, nicht aramäisch. Auch Markus hat sein Evangelium schon
ım J. 44 verfalst. jedoch wurde es erst i. J. 63 oder 64 mit Hınzufügung
des von ihm selbst stammenden Schlusses publiziert. Das Evangelium
des Lukas wird in die Jahre 61—62 verlegt, die Apg hat im Sommer #3
ihren Abschlufs gefunden. Mk benutzte den hebr. Mt als Quelle, der
Übersetzer des Mt ins Griechische benutzte aber auch Mk. Lk ist vom
hebr. Mt und Mk abhängige, hatte aber auch den griechischen Mt vor
sich. Das Johannesevangelium ist kurz vor Ende des ersten Jahrh. ent-
80 Besprechungen.
standen. Das letzte Kapitel stellt einen auf den Apostel selbst zurück-
ehenden Nachtrag dar; auch die Perikope von der Eihebrecherin ist echt.
Des Datum d. J. 95 für die Apk ist „gesichert“. Die Briefe Pauli be-
handelt B. in der Art, dals er sie immer an die betreffenden Abschnitte
über die Chronologie des Lebens Pauli, zu welchen sie gehören, an-
schlielst. Der erste Brief ist der an die Galater (= Südgalatien), welcher
„mit aller Sicherheit“ ins J. 49 zu datieren ist. Es folgen 1 Kor: Früh-
jahr 56; 2 Kor: Frühj. 57 — eine Zwischenreise Pauli vor ihm hat nicht
stattgefunden; Röm, dessen Schlulskapitel zugehörig sind: Febr. 58;
Phm, Kol, Eph Sy ’Epeosw ist unecht) — alle drei aus dem Jahre 62;
Phil: Frühjahr 63; Hebr: 63, hat den Apollos zum Verfasser; 1 Tim: 65
in Mazedonien; Tit: „etwa Winter 65%“; 2 Tim: Spätsommer 66. Jak
stammt „etwa aus d. J. 49“, Jud aus d. J. 65, geht also dem 2 Petr voran,
der auf S. 684 in das Ende 66, auf S. 703 in die erste Hälfte 67 (der-
artige kleinere Widersprüche finden sich noch öfter) verlegt wird. 1 Petr
wurde 63 oder 64 zu Rom geschrieben.
Eine sehr dankenswerte Zusammenstellung über die Geschichte des ntl
Kanons wird im 2. Teile geboten. Danach „liegen die wirksamen An-
fänge der Kanonbildung schon im apost. Zeitalter“. Den Abschluls führten
die grolsen Kirchenschriftsteller des 4. und beginnenden 5. Jahrh. und
Kan. 59 von Laodicea herbei. Als Anhang zu diesem 2. Teile gibt B. einen
Überblick über die ntl Apokryphen. —
Es sei mir nun gestattet, einige kritische Bemerkungen dieser In-
haltsübersicht anzufügen, die aber den gro’sen Wert des Ganzen in
keiner Weise beeinträchtigen können.
In erster Linie hege ich grofse Bedenken gegen die bestimmte, sichere
Form, in welcher B. die Mehrzahl seiner Resultate ausspricht. Ich darf
auf diesen Punkt um so mehr Gewicht legen, als B. dies Verfahren ex
professo einschlägt. In einer Kritik der ntl Einleitung von Trenkle
(Theol. Qu.-Schr. LXXX [1898] 633) hatte B. die gegenteilige Methode dieses
Autors mit den Worten getadelt: „Die Ansicht war stets bei mir leben-
dig, dals ein Exeget von Fach in der ntl Einleitung dem Leser und
Hörer eine feste Anschauung vortragen muls, nicht einfach die ver-
schiedenen Ansichten nebeneinander stellen darf, ohne eine Entscheidung
zu geben.“ Eine feste Entscheidung ist freilich die Pflicht eines Autors.
Aber mufs denn eine solche immer in dem Satze: „So und so ist es“
bestehen? Ist die Entscheidung weniger fest, wenn die Wahrscheinlich-
keit oder die Möglichkeit einer Sache behauptet wird oder gar ein ein-
faches „Non liquet“ sich ergibt? „Est ars quaedam nesciendi“ lautete der
Grundsatz, mit dem man auf dem Gebiete der hebräischen Lexikographie
mit Erfolg gearbeitet hat; er gilt infolge der Spärlichkeit der erhaltenen
Nachrichten ganz gewils in grolsem Umfange auch von den Tatsachen
der ntl Einleitung. Ein Autor, welcher sein Arbeitsfeld so gründlich be-
herrscht wie B., ist geradezu verpflichtet, seinem Leser und Zuhörer
auch den Grad der Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit mitzuteilen, der
in der einzelnen Frage überhaupt erreichbar ist. Die hebräische, nicht
aramäische Abfassung des Mt-Evangeliums, die frühe Datierung des Mk,
insbesondere die etwas an moderne bibliographische Verhältnisse an-
klingende Publizierung dieses Evangeliums nach ca. 2 Dezennien, weiterhin
die sehr in Zickzacklinien sich bewegende Lösung des synoptischen Pro-
blems, wobei der mündlichen Überlieferung doch zu wenig Spielraum gelassen
wird, u. s. f. — das alles sind Gebiete, wo die von »,. beigebrachten
Gründe höchstens zur Annahme einer grölseren oder geringeren Wahr-
scheinlichkeit berechtigt hätten. Vor allem wären in der Vertretung der
Bla!sschen Hypothese von der doppelten auf Lukas selbst zurückgehen-
den Textgestalt der Apg solche Reserven am Platze gewesen. Wenn die
Varianten des ß-Textes eine so „hohe Bedeutung“ für das Verständnis
besitzen, dann verfuhr doch Lukas wie ein sehr ungeschickter Schrift-
Besprechungen. 81
steller, da er sein eigenes Werk so verdunkelt hat. Auch ist es m. E.
ein methodisch sehr gewagtes Verfahren, was nicht stimmt, wie die Ein-
fügung der goldenen Regel in das Aposteldekret, auf Kosten des Cod.
D zu schreiben, was aber der Hypothese günstig erscheint, für die Ur-
sprünglichkeit des ß-Textes zu reklamieren. Übrigens sind es noch viele
andere Stellen, wo mir der sekundäre Charakter des ß-Textes dann
zweifellos ist, wenn die alte Regel von der Beibehaltung der lectio diffi-
cilior und die Beantwortung der Frage, welche Lesart aus der andern
entstanden sein könne und darum die spätere sei, noch sichere Schlüsse
zulälst. Ich rechne dazu z. B. sämtliche Varianten des 1. Kap. (insbe-
sondere auch 1,4 u. 1,23). Eine Lösung der schwierigen Frage mülste
wohl auch auf die Abweichungen des Cod. D in andern ntl Schriften
noch mehr eingehen.
Bezüglich der Verwertung alter Traditionen hat sich die Kritik vor
allem mit der Frage zu beschäftigen: Inwiefern beruhen die Angaben
der alten Kirchenschriftsteller über die ntl Bücher nicht auf einfachen
Kombinationen? Ist der Bestimmtheit ihrer Aussagen immer volles Ver-
trauen zu schenken? Die Tradition über Entstehung und Verhältnis der
Evangelien etc. hatte ja für die ersten christlichen Zeiten einen nur
untergeordneten Wert und hat sich demnach nur in sehr spärlichen An-
deutungen fortgepflanzt. Erst als man begann, eine theologische Wissen-
schaft zu begründen, wandte man auch diesen Einleitungsfragen volles
Interesse zu und suchte in Ermanglung zuverlässiger Nachricht vielfach
rein subjektiv zu kombinieren. B. ist in der Lage, eine grolse Anzahl
von solchen Beispielen (z. B. S. 77 bezügl. des Irenäus) anzuführen. Viel-
leicht aber hätte ihn das auf dem betretenen Wege noch weiter führen
und im grolsen und ganzen noch etwas skeptischer machen dürfen.
Über die Sprache des NT hätte ich gerne noch nähere Aufschlüsse
ee zumal wir ja eine Einleitung eines „philologisch gebildeten
xegeten“ vor uns haben. Besonders wäre bezüglich der jetzt üblichen
Einschränkung der _Hebraismen eine spezielle Erörterung willkommen
gewesen. Auch die Übersetzungen kommen etwas kurz weg (S. 22).
Als stärkeren Druckfehler notiere ich die zweimalige Anführung
unseres verehrten Mitarbeiters Carl Weyman als Wegmann (auch im Index,
wo aber die Seitenzahl 847 falsch sein muls).. Auch der Name des Refe-
renten — gemeint ist aber ein anderer Träger des gleichen Namens —
kommt auf S. 599, wie der Index angibt, nicht vor.
München. J. Sickenberger.
Bibliographische Notizen.
(Aus dem laufenden Jahre 1902, soweit nicht anderes vermerkt ist.)
Um nicht den Umfang des Heftes, der ohnehin aufserordentlicherweise um einen
Bogen erhöht ist, zu überlasten, mufste der Bericht über das ganze Jahr auf den Raum
zussmmengedrängt werden, der vom 3. Heft, ab für den halbjährigen Bericht in Aussicht
genommen ist. Sehr gedrängte Fassung und UÜbergehung von manchem minder Wichtigen
mufste es ermöglichen.
Abkürzungen: AmJsemL = The American Journal of Semitic Languages and Lite-
zatures. AmJTh = The American Journa! of Theology. Bs — Bibliotheca sacra. Erp—=
The Expositor. ExpT = The Expository Times. Jas — Journal asiatique. JgR = Jewish
quarterly Review. ‚JthSt = The Journal of theological Studies. KAath — Katholik.
MW. —= Monstschrift f. Geschichte u. Wissenschaft des Judentums. NkZ = Neue
kirchliche Zeitschrift. OrLz = Orientalistische Literaturzeitung. PEF = Palestine Ex-
ploration Fund. PShA = Proceedings of the Society of Biblical Archeology. R" = Revue
biblique. REj — Bevue des Etudes juives. Rsem — Revue semitique StÄr = Theo-
logische Studien und Kritiken. TALhl — Theologisches Literaturblatt. TQS = Tübinger
theologische Quartalschrift ZA = Zeitschrift für Assyriologie. ZatW — Zeitschrift für
alttestamentliche Wissenschaft. Zim@ — Zeitschrift der deutschen morgenländischen
Gesellschaft. ZAPV = Zeitschrift des deutschen Palästina-Vereins. ZhuB — Zeitschrift
für hebräische Bibliographie. ZkTh = Zeitschrift für katholische Theologie. ZntW =
Biblische Zeitschrift. I. 1. 6
82 Bibliographische Notizen.
Zeitschrift für neutestamentliche Wissenschaft. ZTAK = Zeitschrift für Theologie und
Kirche ZwTh = Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie. — Verlagsort: B. = Berlin.
Ld. = London. Lp. = Leipzig. N. Y. = New York. P. = Paris.
A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift.
a) Bibliographie. Enzyklopädien. Inspiration. Hermeneutik.
Bibelkritik. Bibelstudium. Geschichte der Exegese.
Krüger, 6&., u. Köhler, W., Theologischer Jahresbericht. XXI. Bd. 1901
(B., Schwetschke). 2. Abt. Das Alte Testament von B. Baentsch (80%. 158.
M 6.50). 8. Abt. Das Neue Testament von A. Meyer u. R. Knopf (8°.
III u. 106. M 4.40).
Muss-Arnolt, W., Theological and Semitic Literature for the Year 1901
(8°. 112. Chicago, Univ. Press.): ©. Exegetical Theology p. 31—54.
Vigouroux, F., Dictionnaire de la Bible. Fasc. 20 u. 21: Italiennes
(Versionse) de la Bible — Joppe (4°. col. 1025—1632. P., Letouzey).
Morel, E., et Chastand, &., Concordance des Saintes Ecritures. Ed. nouv.
(8°. Lausanne, Bridel. Fr 6.—).
Cheyne, T.K., Black, 3. S., Encyclopaedia Biblica. III. L—P (1298 col.
Ld., Black. 208).
Barnes, C. R., The People's Bible Encyclopaedia. 400 Engravings etc.
(8°. II u. 238. Ld., Kelly. 78 6d).
Zöllig, A., Die Inspirationslehre des Origenes. Ein Beitrag zur Dogmen-
eschichte. Stralsburger Theol. Studien V 1 (8%. X u. 130. Freiburg i. Br.,
Herder M 2.70): Systematische Verarbeitung der in den Werken zer-
streuten Gedanken. Für Geschichte des Inspirationsbegriffes, Geschichte
der Exegerse, Geschichte des Kanons und der Hermeneutik von Wert.
Pesch, Chr., S. J., Theologische Zeitfragen. 3. Folge: Zur neuesten Ge-
schichte der katholischen Inspirationslehre (8°. 123. Freiburg i. Br., Herder.
M 1.60): Bis 1890 zurückgreifend. Geschichtliche und kritische Streif-
lichter auf die französische „Ecole large“ und ihre Anschauungen und auf die
Bedeutung der Enzyklika „Providentissimus Deus“. Am wichtigsten ist der
6. Abschnitt: „Inspiration, Kritik und Exegese“, der gegen Lagrange und
Prat die Grenzlinien zieht, innerhalb welcher nach Ansicht des Verf. von
sachlichen Unrichtigkeiten in der Bibel die Rede sein dürfe. Ein rheto-
rischer, poetischer, metaphorischer und allegorischer Ausdruck der Wahr-
heit, eine relative Wahrheit in naturwissenschaftlichen Dingen sei zuzu-
lassen, in geschichtlichen Dingen abzulehnen. Abschn. 7-10 dogmatisch.
Pesch, Chr., Die Inspiration der Hl. Schrift nach der Lehre der heutigen
Protestanten. IIl. (ZkT'h XXVI 81—106): Seit 1890 ım Ausland.
Holzhey, C., Schöpfung, Bibel und Inspiration (8°. VIII u. 75. Stuttgart,
Roth. M 1.—). 1. Teil: Entstehung der Welt nach der Wissenschaft, d.i.
nach der Kant-Laplaceschen Hypothese und dem Plutonismus. Darwinis-
mus wissenschaftlich bedenklich. Der Mensch reicht bis 6000 v. Chr. zurück.
Hilprechts Ansätze für Babylonien mit 6000 v. Chr. seien zutrefiend.
2. Teil: Das biblische Hexaemeron unterscheidet sich von der profan-
wissenschaftlichen Schöpfungsgeschichte. Richtiger Ausgleich: Monotheis-
mus, Sabbatsheiligung mit den Folgesätzen ist Tendenz der biblischen
geoffenbarten Erzählung; das übrige, ist blofs Material, Einkleidung, her-
genommen aus der herrschenden Uberlieferung, die wieder durch ihre
Naturauffassung und einzelne Züge auf Babylonien und die babylonische
Schöpfungslegende hinweise. Die Rechtfertigung dieser Auffassung vor
dem Inspirationsdogma bringt der 3. Teil mit seiner fundamentalen Be-
handlung dieses Begriffes (S. 43—75). Ursachen der Unvollkommenheiten
des uns vermittelten Wortes Gottes. So viele sind nachweisbar, dals eine
andere Bestimmung des Inspirationsbegrifies versucht werden muls. Die
Heilige Schrift als Ganzes, jedes Buch seinem Gesamtcharakter nach ist
inspiriert und hat soweit als irrtumslos zu gelten. Was aulserhalb dieses
Gesamtcharakters von Buch und Schrift liegt, braucht nicht durch die In-
Bibliographische Notizen. 83
spiration des zeitlich Bedingten, Unvollkommenen, ja Irrtümlichen der
menschlichen Vermittlung entkleidet zu werden. Beschränkung der In-
spiration auf res fidei et morum, Irrtumsmöglichkeit in den res obiter
dıctae als solchen schlielst der Verf. aus (gegen die „ecole large“). Dals
die Tendenz der Enzyklika „Providentissimus Deus“ und die herrschende
dogmatische Doktrin sich nicht mit ihm in gleicher Linie bewegen, ver-
hehlt sich der Verf. nicht. Jedoch nach dem gegenwärtigen Stande der
ositiven Entscheidungen ist die Ansicht sicher diskutabel. Die Schwierig-
kören der Exegese würden dadurch eine Lösung in cumulo erfahren.
Granelli, E.. De inspiratione Verbali Sacrae Scripturae. Brevis dispu-
tatio (Div. Thom. XXIII 211—223 321—340 433—445): Zu unterscheiden
von der inspiratio verborum; er trennt sich nur in der begrifflichen Dar-
leegung von den durch ihn bekämpften Vertretern der durchgängigen
Realinspiration. Er geht aus von dem Satz: Deus conscripsit oder in-
spirando conscripsit; eine viel zu weit gehende Voraussetzung.
Granelli, E., De effectibus inspirationis (Div. Thom. XXIII 6, 572—588).
Mechineau, L., L’autorite divine des Livres Saints. Methodes de demon-
strations (Etudes XCI 53—69 206—220): Die historische Methode ist zu-
lässig. Die einfachste und sicherste ist die autoritative, sich stützend auf
die Autorität der unfehlbaren Kirche, die sich historisch erweisen lälst.
Turinaz, Mor, Les perils de la foi et de la discipline dans l’Eglise de
France a Theure presente (16%. 102. P., Roger. F'r 1.50): Wendet sich
u. a. gegen die Anhänger der neueren Kritik unter dem Klerus.
Höhne, E., Zur Inspirationsfrage (Beweis d. Glaub. 3. F., V. Bd, 10. H.).
M’intosh, H., Is Christ infallible and the Bible true? 3. Ausgabe (8°.
XXVIII u. 680. N. Y., Scribner’s Sons. $3.—): Verteidigt die göttliche
Autorität der Bibel. (Bs LIX Nr 234, S. 394.)
es F., Die Bibel Gottes Wort (8°. 236. Stuttgart 1903, Steinkopf.
3.—).
De Laurence, L.W., The Bible defended (12°. 132. Chicago, Drake. $1.—).
Smith, J., The Integrity of Scripture. Plain Reasons for Rejecting the
Critical Hypothesis (8%. 292. Ld., Hodder. 38 6d).
Saccherl, J., Hodierna critica et hermeneutica sacra. Quaestiones selectae.
Ed. 2. emend. et aucta (8%. 149. Placentiae, Typis „Divus 'IThomas“.
L 2—): Zuerst im „Divus Thomas“ erschienene Dissertation. Prinzipien
der Enzyklika „Providentissimus Deus“; auf Grund derselben eine Über-
sicht über die hauptsächlichsten Lösungen der Genesisprobleme (Schöpfung,
Mensch, Sintflut, Sprachverwirrung, Chronologie) mit malsvoller Kritik.
R-ichhaltig ist die Zusammenstellung von Erklärungen zur Genesis.
Szekely, St., Hermeneutica biblica generalis secundum principia catho-
lica (8°. 1V u. 446. Freiburg i. Br., Herder. M 5.—): Gründliche, manchmal
etwas umständliche Verarbeitung aller hier in Frage kommenden Punkte,
eine Enzyklopädie der exegetischen Wissenschaft. Die reichen Literatur-
an n führen besonders in frühere Zeit zurück. Einiges aus neuester
Zeit fehlt. Eine Geschichte der Exegese bildet den Schlufs.
Peters, N., Die Paradiesesflüsse (Gen 2, 10—14) und ein oft vergessener
kermeneutischer Grundsatz (Beil. z. Germania 1902 Nr 1): Man muls die
populäre Anschauung der alten Zeit, nicht die modern wissenschaftliche
zu Grunde legen.
Schweiker, J., Das G@leichnis in den Büchern des AT. Fine literar-
ästhetische Studie (8%. 47. München 1903, Schuh. M —.60): Einfache Zu-
sammenstellung ohne systematische Durcharbeitung.
Wünsche, A., Poetische Parallelen aus der klassischen Literatur zur Bibel
(Stud. z. vergleich. Lit.-Gesch. Il. Bd, 4. H.).
Vigowroux, F., Les Livres Saints et la critique rationaliste. Histoire
et Refutation des objections des incredules etc. Avec illustrations etc.
Seconde Partie: Refutation des objections. öe ©d., revue et augmentee.
Vol. I—-III (120. 570, 676, 629. P., Roger. & Fr 4.—): Die neuere Lite-
6*
84 Bibliographische Notizen.
ratur ist in mäfsigem Umfange beigezogen. Das bbändige Werk (Ire Partie
1901) liegt nunmehr in 5. Auflage vollständig vor. Ergänzt die Einleitung.
Margoliouth, D. $., Lines of Defence of Biblical Revelation. 24 ed. (8°.
XII u. 318. N. Y., Gorbam. $1.50): Verteidigt die Zuverlässigkeit der
Tradition über die biblischen Bücher (vgl. Bs LIX Nr 235, 584—587).
Balfour, F. H., Biblical Criticisms (The Saturday Rev. 1902, 7. June).
Koch, G., Bibelkritik. En Redegorelse for kristne Laegfolk (8°. 50.
Kobenhavn, Bethesdas Bogh. 65 öre).
M’Ewan, J., The Bible and the Critics. A Reply to „Modern Criticism® etc.
by Prof. George Smith, Glasgow (8°. 154. Ld. Hunter. 18).
Anderson, R., Bible and Modern Criticism. Preface by H.C. G. Moule
(8°. 294. Ld., Hodder. 78 6d).
Prat, F., Tradizione e progresso, nell’ esegesi. La Bibbia e le scienze.
(Civ. Catt. XVIIL Nr 7 u. 8). — Etudes XCIII 5. Nov. 1902, 289312.
Collani, A., Pour l’avancement des ötudes bibliques. A propos d’un ar-
ticle du „Mattino“ de Naples (Rivista Cristiana, Febbr. 1902).
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siecle. 2° Ed. rev. et augm. (8°. IV u. 378. P., Picard. Fr 4.—).
Durand, A., L’tat present des etudes bibliques en France. II (Fitudes
XC 3, 330—358).
Reville, A., La critique biblique et son introduction dans le clerge catho-
lique francais au X1X° siecle (Rev. de l’hist. des religions XLVI 1, 81—87).
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Rev. 1902, April, 497—507).
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Suggestions for Scripture Study (80. 366. Ld., Marlborough. 38 6d).
Thomas, W.H. Gr., Methodsof Bible Study(VITIu.119. Ld., Marshall. 18 6d).
Hoffmann, J., Die Heilige Schrift ein Volks- und Schulbuch in der
Vergangenheit. Soll sie dieses auch in Gegenwart und Zukunft sein?
(8°. X1 u. 147. Kempten, Kösel. M 2.40): Eine eingehende Zusammen-
stellung der Zeugnisse, welche Bedeutung der Hl. Schrift in der patristi-
schen und mittelalterlichen Zeit, vor und nach der Reformation beige-
messen wurde im Unterricht der Jugend, im Volksgebrauche und an den
höheren Schulen zu wissenschaftlicher Bearbeitung.
on Religionsunterricht und Bibelwissenschaft (Zeitschr. f. ev. Rel.-U.
.4).
Hardt, W., Bibelkritik und Religionsunterricht. Pädag. Abh. N. F. VII 6
(Bielefeld, Helmich).
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testamentlichen Geschichtsunterricht (16%. 5l. Lp., Haessel. M —.60):
Vom Standpunkte des radikalsten Kritizismus und in unwürdigem Tone
protestiert der Verf. gegen die Verwertung des AT in der Erziehung.
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Kähler, M., Geschichte der Bibel in ihrer Wirkung auf die Kirche. Ein
Vorschlag (4". 34. Lp.. Deichert).
Stave, E., Der Einflufs der Bibelkritik auf das christliche Glaubens-
leben. Gemeinverständl. Vortr. 30 (Tübingen, Mohr).
Fillion, L.-Cl., Ikome et la Bible (Rev. de l’Instit. cath. de Paris VII,
55 —76): Zählt auf, was die kath. Kirche für die Hl. Schrift getan hat.
Bacher, W., Eine angebliche Lücke im hebräischen Wissen des Hierony-
mus (ZatW XXIII 114—116): Grützmacher hat in seiner Hieronymus-
biographie die Stelle ep. 36, 13 milsverstanden.
Rahmer, Die hebräischen Traditionen in den Werken des Hieronymus,
kritisch beleuchtet. Die Commentarii zu den 12 kleinen Proph. 1. Hälfte,
2 Hefte (8". 174. B., Poppelauer. M 5.—).
Morin, G.., Quatorze nouveaux discours inedits du saint Jeröme sur les
psaumes (Rev. bened. X1X 2, 113—144): Die Mss; Echtheit erwiesen.
Sauer, J., Symbolik des Kirchengebäudes und seiner Ausstattung in der
Bibliographische Notizen. 85
Auffassung des Mittelalters. Mit Berücksichtigung von Honorius Augusto-
dunensis, Sicardus und Durandus. Mit 14 Abbildungen im Text (gr. 80.
XXIV u. 410. Freiburg i. Br., Herder. M 6.50): Vielfach sind es biblische
Gedanken, die in den Symbolen des Gotteshauses — allerdings in allego-
rischem Sinne modifiziert durch den Einfluls der Liturgie und des Kirchen-
jahres — zum Ausdruck kommen. Ein eigener Abschnitt: Die Hl. Schrift
und die Symbolik (S. 50—61), gibt hierfür die allgemeinen Gesichts-
punkte an. J.S.
Wachstein, B., Der hermeneutische Syllogismus in der talmudischen Lite-
ratur (MGWJ XLVI 53—62): Die ebenso betitelte Schrift von A. Schwarz
(1901) wird kritisiert.
Eppenstein, S., Verbesserungen und Ergänzungen zu Joseph Kimch?is
Mischle- Kommentar (ZhB VI 24—28, Schluls): Die inkorrekte Ausgabe
von Baer (Breslau 1868, nach Oxf. Ms) verbessert nach dem Münchener Ms.
Eppenstein, Studien über Dunasch’s Kritik gegen Saadja (MGWJ XLVI
62—83): D.s Buch (10. Jahrh.) wird als echt erwiesen. Er hatte eine
von der unsrigen verschiedene Rezension von S.s Werken vor sich.
Porges, Zur Frage der Echtheit von Dunasch's Kritik gegen Saadja
(MGWJ XLVI 141—153): Hält Eppenstein gegenüber die Unechtheit fest.
Diettrich, &., Isö'dädh’s Stellung in der Auslegungsgeschichte des AT
an seinen Commentaren zu Hosea, Joel, Jona, Sacharja 9—14 und einigen
angehängten Psalmen veranschaulicht. Beihefte z. ZatW VI (8%. LXV
u. 163. Giefsen, Ricker. M 7.50): Die Geschichte der syrischen Exegese
ist ergebnisreich nach mancher Richtung hin, aber noch wenig gepflegt.
Ein glücklicher Griff ist D.s Werk. I.s des Nestorianers Einfluls auf Bar-
hebräus (wohl etwas überschätzt) und Dionysius bar Salıbhi wird verfolgt.
Die Varianten des „Griechen“ führt D. zurück auf einen Syro-Lucianus,
neben d. Syroh. existierend, viell. von Mär’Abhä. Ein solcher Schluls scheint
verfrüht im Hinblick auf die weitgehende Übereinstimmung mit Syroh.
Saul, 0. Pr., Das Bibelstudium im Predigerorden (Kath 3. F. XXVII
Okt. 289—312; Nov. 424—447).
Ubald, Travauz des Capucins de Paris sur PEcriture Sainte. L'Aca-
demie Clömentine (Et. francisc. Nov. 1902, 449471).
Nestle, E., Si Lyra non Iyrasset (ThLbl XXIII Nr 31): Vorlutherische
Form und Übertragung auf Lutbers Verhältnis zu Lyra.
b) Text und Uneree IE Theologie. Geographie.
Archäologie.
Cereseto, &. &., Istituzioni bibliche, Testi e versioni (Genua).
Vigouroux, F., La Sainte Bible pol, glotte etc. Ancien Testament. III:
Les Paralipomenes; Esdras, N&hömie, lobie, Judith, Esther, Job (8°. VIII
u. 838 a 2 col. avec grav. P., Roger).
Gibson, M., Four Hemarkable Sinai Manuscripts op XIII 509-511):
Nr 514 Evangeliumpalimpsest nach Pes., 6. Jahrh.; Nr 5 u. 15 die sog. Antı-
legomena; Hs mit 1 Mach 3, 4&3— 3 Mach 5, 21. — Vgl. ebd. XIII 563.
Littmann, E., Aus den abessynischen Klöstern in Jerusalem (ZA XVI
1, 102—124; 2/4, 363— 388): Katalog derselben, darunter Bibelhss A u. NT
mit Apokr. und Kommentare.
Heider, A., Die äthiopische Bibelübersetzung. Dissert. Halle (8°. 34):
Ihre Herkunft, Art, Geschichte usw. Mit Textproben usw. — Erscheint
vollständig in Lp., Ed. Pfeiffer.
Berger, $S., Les prefaces jointes aux livres de la Bible dans les mss de
la Vulgate. Mömoire posthume (40. 82. P., Klinksieck): Unter 324
Nummern eine Übersicht über die Vorreden, welche B. in etwa 1200 Hss
fand; wichtiges Mittel zu ihrer Klassifizierung (vgl. ThLbl 1902 Nr 38).
Mercati, 6., Antiche reliquie liturgiche Ambrosiane e Romane con un
excursus sui frammenti dogmatici ariani del Mai (Roma, Tipogr. Vat.
—=Studi e Testi VII): Die Stücke 11 und 19 der von A. Mai 1828 edierten
86 Bibliographische Notizen.
Fragmente arianischer dogmatischer Abhandlungen bestehen aus (von den
Arianern gebrauchten) lateinischen Bibeltexten. Diese erfahren hier einen
diplomatisch genauen Neudruck S. 61—67. Den Text von Dt in Fragm. 19
hält M. für nahe verwandt mit dem Lyoner Heptateuch. G.P.
Hoare, H. W., The Evolution of the English Bible. Being an Historical
Sketch of the successive Versions from 1882—1885. 24 ed. (8°. 368. Ld.,
Murray. 78 6d).,
Carr, J., Uber das Verhältnis der Wichfitischen und der Purveyschen
Bibelübersetzung zur Vulgata und zu einander. Dissert. (108 S. I)
Carieton, 3. &., The part of Rheims in the making of the English Bible
80. VII u. 259. Oxford, Clarendon Press. 98 6d): Stellt fest den Einfluis
er Übersetzung, die zu Rheims 1582 veröffentlicht wurde, auf die
„Authorized Version“ (vgl. ExpT XIV 84),
Whitney, H. M., The latest Translation of the Bible (Bs LIX Nr, 234,
217—237; Nr 235, 451-475; Nr 236, 663—681): Handelt von der Über-
setzung von 1885 und 1901.
The Revised Bible— American and English (Crit. Rev. of theol. and philos.
Lit. 1902, May).
Xanthopulos, T. Traductions de "Ecriture Sainte en neogrec avant le
XIXe siecle (Echos d’Orient 1902, Sept., 321—832).
Lewis Agnes Smith, Studia Sinaitica No 11: Apocrypha Syriaca. The
Protevangelium Jacobi and Transitus Mariae. With Texts from the Sep-
tuagint, the Corän, the Peshitta etc. Ed. and Transl. With an Appendix
of Palest. Syr. Texts from the Taylor-Schechter-Coll. (4%. Cambridge,
Univ. Press).
Fry, H. W., Gottes Plan in der Bibel. Aus d. Engl. übers. von G. Späth
(16°. 123. Dessau, Haarth. M 1.60): In populärer Weise elle
Holtzmann, O., Religionsgeschichtliche Vorträge (8°. 177. Gieisen, Ricker.
M 3.—; geb. M 4.—). Davon fallen für die Hl. Schrift ab: 1. Israel
und die Propheten (S. 1—29): zeitgeschichtliche Bedingtheit, Grundgedan-
ken der Propheten und Entfaltung der Prophetie. — 2. Das jüdische
Gesetz (S. 30—58): literarische Entstehung des Gesetzbuches (entsprechend
der modernen Pentateuchkritik) und Aufzeigung der verschiedenen Zeiten
angehörigen Gesetzesbestimmungen. — 3. Das Jahrhundert Jesu Christi
SG 59—87): populäre Darlegung der Zustände als Vorbedingung einer
eltreligion. — 4. Jesus Christus (S. 88—117): seine Persönlichkeit nach
den Evangelien.
Schmid, Fr., Die Zauberei und die Bibel (ZkTh XXVI 107—180): Nach
der Bibel hat es tatsächlich Zaubereien im strengen Wortsinne gegeben.
Böklen, E., Die Verwandtschaft der jüdisch-christlichen mit der Parsi-
schen Eschatologie (8%. 150. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht.
M 4.—): Sorgfältige Zusammenstellung der Parallelen zwischen dem
Parsismus und dem jüdisch-christlichen Ideenkreise. Häufig wird dabei
naturgemäls auf das A u. NT mit den Apokryphen zurückgegangen;
die Hauptmasse der Vergleichspunkte im Talmud, Gnostizismus, Islam.
Der Verf. läist die Frage der Abhängigkeit offen.
Schmid, Fr., Der Unsterblichkeits- und Auferstehungsglaube in der Bibel
(8°. V u. 362. Brixen, Katlı.-pol. Prelsver. 3.60; zeb. M 4.60).
Charles, R. H., The Messiah of Old Testament Prophecy and Apocalyp-
tic and the Christ of the NT (Exp 1902 April 241—259).
Joseph, M., Zur Sittenlehre des Judentunis (8°. 56. B., Poppelauer. M —.80).
Keppler, P. W. v., Wanderfahrten und Wallfahrten im Orient. 4. Aufl.
Mit 145 Abbildungen und 3 Karten (gr. 8%. VIll u. 538. Freiburg i. Br.,
Herder. M 8.—).
Brightwen, Mrs., Sidelights on the Bible. Scripture and Eastern Life
Ill. from my Coll. of Oriental Curios. (8%. 160. Ld., Relig. Tract. Soc. 28).
Eusebius, tepi Tüv TomıxWv Övouarwv Ev Tf) Beia Ypapfi. Herausgeg.
von E. Klostermann (Lp., Hinrichs).
Bibliographische Notizen. 87
Grisar, H., Zur Palästinareise des sog. Antoninus Martyr um 580 (ZkTh
AX VI 760—770): Antoninus Martyr blofs Schutzheiliger der Reisegesell-
schaft. Daher zu betiteln: Anonymi Placentini itinerarium.
Garofalo, F. P., Contribuito alla Geografia dell’ Egitto Romano (Rec. de
Trav. & la Phil. etc. XXIV 1/2, 1—11): Uber das Itınerarium Antonini.
Chavanon, J., Relation de Terre Sainte ne nt Graffin Afagart,
publiee avec une Introduction et des notes (8°, VII u. 245. P., Le-
coffre. Fr 5.—): Reisebericht über den Besuch des Hl. Landes und des
Sinai aus Cod 5642 der Nat.-Bibl. in P.
Golubovich, H., Ichnographiae Locorum et Monumentorum veterum
Terrae sanctae, accurate delineatae et descriptae a P. E. Horn (1725 —44).
E cod. vat. lat. 9233 excerpsit, adnot. et ed. cum 75 fig. et app. hist. ex
eodem codice H. G. (4. LX u. 304. Romae, typ. sall.).
Marta, J., Temoignages des auteurs arabes sur les Liewr- Saints. 1. Ab-
schnitt: Auszug aus dem „Buch des Beweises“ (Al-Machriq V Nr 11).
Hilderscheid, H., Die Niederschlagsverhältnisse Palästinas in alter u. neuer
Zeit (ZdaPV XXV 1/2): 2. Teil: Die Niederschlagsverhältnisse Palästinas auf
Grund der Angaben der Bibel und der Mischna (S. 82—97). 3. Teil: Die
Bewirtschaftung hat den Rückgang Palästinas verschuldet (S. 97—105).
Grammatica, L., Le vie Romane della Palestina (Stud. relig. II 2, 136—158).
Wimmer, J., Palästinas Boden mit seiner Pflanzen- und Tierwelt vom
Beginn der biblischen Zeiten bis zur Gegenwart. Historisch-geographische
Skizzen (8%. 128. Köln, Bachem. Ver.-Schr. d. Görres-Ges. 1%2. II):
Faist alles gut und mit Benutzung der neuesten wie dauernd wertvollen
älteren Literatur zusammen.
Loreta, 6., La zoologia nella Bibbia secondo la Volgata (8°. 580. Torino,
L 4.50).
Wehring, Die geographische Verbreitung der Säugetiere in Palästina und
Syrien (Globus I [1902] 310).
Parodi, D., La nautica nei Libri Santı (8°. 22. Genova, Fassicomo).
Bennett, W. H.. Wages in Ancient Israel (ExpT XIII 381f): Verhält-
nisse der Lohnarbeiter im A u. NT.
c) Auslegung.
Matheson, G., Representative Men of the Bible (8%. 378. Ld., Hodder. 6s).
Banks, A., The great Saints of the Bible (8°. 351. Ld., Kelly. $1.50).
The great Sinners of the Bible (8°. 330. Ebd. 58).
Groff, W., Eitudes sur certains rapports entre l’Egypte et la Bible (Rec.
de Travaux relat. & la Phil. et & l’Arch. Egypt. et Assyr. XXIV 3/4,
121—134): 1. Die Tochter des Pharao Ramses 1I. Bent-Anta—=rna 1 Chr
4,18. 2. Die Stelle über Israel in Merenptas Stele ist später nachge-
tragen, fällt daher nicht in dessen 5. Jahr. 3. Act 17,23: Zeus = dem
ägyptischen Amen = der Geheimnisvolle, Unbekannte.
Minocchi, S., La questione del divorzio nella Bibbia (Stud.relig. II2,97—114).
Grotemeyer, H., Studien zu den Visionen der gottiseligen Augustiner-
nonne Anna Katharina Emmerich. 2. Heft (8°. 64. Münster, Aschendorff.
M 1.—):. I. Gedeons Sieg über Madian nebst zwei Exkursen (Über
Galaad, Uber Bethbara); fr. Kapharnaum ‚und seine Umgebung, 1. Teil:
Geographisches und Topographisches. 1III. Uber den Krieg des arabischen
Fürsten Aretas gegen Herodes Antipas im Todesjahre des Erlösers,
Krieger, H., Das Leiden des Gerechten im Buche Hiob und im Lichte
des NT. Progr. (8°. 24. Wehlau).
Vogt, K. F., Der Kampf um Jerusalem. Eine deutliche Erklärung des
Propheten Daniel und der Offenbarung Johannes’. 2 Te. (8°. 248, 340. Frank-
furt a. M., Schergens. M 6.—).
88 Bibliographische Notizen.
B. Das Alte Testament.
a) Bibliographie. Kanon. Geschichte der Exegese.
Hebräische Sprache: Grammatik und Lexikographie.
Scherman, L., Orientalische Bibliographie XV. Bd (für 1901), (B.,
Reuther): Die biblischen Artikel sind unter die betrefienden Sprach- u.
Sachgruppen eingereiht. V 4: „AT. Judentum“.
Wlideboer, 6., De Kirkvader Origenes en de Kanon des Ouden Verbonds.
Versl. en Mededeel. der K. Ak. van Wetenschappen. Aftdeel. Letterkunde,
Deel 5, 134—163. ,
Wildeboer, G., Formation du canon de l’Ancien Testament. Etude histo-
rico-critique. Quatri&me et dernier article (Rev. de Theol. et Philos. XXX V
1, 67—104): Schlufs der 1901 veröflentlichten 3 Artikel: Der Propheten-
kanon wurde abgeschlossen 200—165 durch die Gesetzeslehrer in Jerusalem
zugleich mit Überarbeitung verbunden. Die Hagiographen erscheinen
erst sicher in der Mischna (200 n. Chr.) als abgeschlossener Teil des Kanons.
Riedel, W., Alttest. Unters. I. (8°. 103. Lp., Deichert) S. 90—103: Namen
u. Einteilung des atl Kanons: Ursprünglich Gesetz u. frühere Propheten
vereint. Ordnung der späteren Propheten, insbes. des Zwölfpropheten-
buches. Ursprüngliche Teilung der früheren Propheten (1 Sam 1—30.
1 Sam 31—1 Reg 2, 11. 1 Reg 2, 11—2 Reg 1,18 u. Rest). Einteilung
des Pentateuchs. Ordnung u. Nam (von Num 11 abgeleitet) der Ketubim.
Ziegler, J., Die Königsgleichnisse des Midrasch beleuchtet durch die römische
Kaiserzeit (gr. 8°. XX XII, 456 u. CXCI1I. Breslau, Schles. Buchdr. M 10.—)
Midrasch Hag-Gadol. Forming a Collection of Ancient Rabbinic Ho-
milies to the Pentateuch. Edited for the first time from various Yemen
MSS. and provided with Notes and Preiace by S. Schechter: Genesis
(4°. 468. Cambridge, Univ. Press. 308).
Kan MORD won: Midrasch Bereschit Ralba mit Quellennachweis und
Kommentar m" rrıx, nach Handschriften ediert von J. Theodor. 1. Lfg.
(8°. 16 S. u. 1 Bl. Prospekt. B.).
Machir ben Abba Marl, “en >» “ann wipb‘: Sammlung midraschischer
Auslegungen der Sprüche Salomos. Zum ersten Male nach einer Hand-
schrift herausgeg. u. mit Anmerkungen u. Quellennachweisen versehen
von L. Grünhut (8°. 20 S. u. 104 Bl. Frankfurt a. M., Kauffmann. M4.—):
Von c. 18 bis Schluls reichend. Einleitung. Nachweis der aufgenommenen
Stücke. Was Machiri als xe'r:n anführe, entstamme dem verlorenen 1xmebn.
Auch einige Stücke des verlorenen Midrasch zu Dt sind enthalten. Eine
Ausgabe der "mox '=7 "pre kündigt Gr. an (vgl. Hebr. Bibl. VI 4, 102f).
Diettrich, G., Die Massora der östlichen und westlichen Syrer in ihren
Angaben zum Buche Ruth nach fünf Handschriften (ZatW XXIl 193— 201):
Ein Beispiel der Textbehandlung bei den Syrern; Ergebnisse für Gram-
matik, Lexikographie, Textkritik, Geschichte der Auslegung.
Hoberg, &., Die Fortschritte der biblischen Wissenschaften in sprach-
licher und geschichtlicher Hinsicht. Rede, gehalten bei Übernahme des Pro-
rektorates. 2. Ausgabe. (Lex.-8°. VI u. 30. Freiburg i. Br., Herder. M 1.—):
In allgemeinen Zügen handelt er von der Kenntnis der bibl. Sprachen in
den verschiedenen Zeiten, von der Pflege der Kritik, den geschichtlichen
Daten der speziellen ‚Einleitung, dem Fortschritt in der Erkenntnis der
Geschichte Israels, Agyptens und Assyriens. Das 19. Jahrh. hat den
grölsten Fortschritt aufzuweisen.
Zapletal, V., Grammatica Linguae Hebraicae cum exercitiis et glossario
studiis academicis accommodata (8°. VIII u. 138. Paderborn, F. Schöningh.
M 2.80): Das Bedürfnis nach einer lateinisch geschriebenen Grammatik
hat den Verf. veranlalst, dieses Buch als Leitfaden für seine sprachlich
gemischten Hörer herauszugeben. Die Überlieferung in der technischen
Darstellung des Gegenstandes ist eine feste, variiert nur im Mehr oder
Weniger u. in untergeordneten Punkten. Die zitierten Einzelerscheinungen
Bibliographische Notizen. 89
sind zahlreich und hinreichend, die Syntax verhältnismälsig ausführlich;
die Übungsbeispiele weisen auch poetische Stücke auf.
Gesenius, W., Hebräische Grammatik, völlig umgearbeitet von E.
Kautzsch. 27., vielf. verb. u. verm. Aufl. (8°. X1I u. 591. Lp.).
Margolis, M. L, Notes on Semitic Grammar. III: An abnormal Hebrew
Form (AmJsemL XIX 1,45—48): Am 9,1 veyyar.
Halery, J., Pa‘el viell. aus qababala-gqabalbala (Jas ser. IX, t. XIV 136f).
Praetorius, F., Über den sog. Inf. absol. des Hebr. (ZdämG LVI 546—550).
König, E.., Zur Syntax der Zahlwörter im Alten Testament (AmJsemL
XVlll 3, 129— 148): Nachtrag zu seiner Syntax $& 3121.
Offord, J., Semitic Analogies for Old Testament Names (PSbA XXIV
6, 2421): Eigennamen: Zakarja, Hoshea, Zikri, Zebadja.
Minocchi, S., Origini e vita slorica della lingua ebraica (Stud, relig.
Il 3, 189—221).
Jacob, B., Das hebräische age im Christlich- Palästinischen (ZatW
XX11 8&3—113): Hebräische Wörter in lebendigem Gebrauche erhalten,
Vokalisation wertvoll für mass. Punktation. Wiıchtig für hebr. Lex.
Barth, J., Wurzeluntersuchungen zum hebräischen u. aramäischen Lexikon
(8°. 1V u.61. Lp., Hinrichs. M4.—). Vgl.Gött. gel. Anz. Sept. 1902, 6656—675.
Wilson, R. D., Lost Meanings of Hebrew Roots (Presb. and Ref. Rev. 1902,
April, 277— 292).
Sanda, A., Bemerkungen zum hebräischen Wörterbuch (ZkTh XXVI
205— 208): Zu Ez 28. 5.12 cp (st. org); Jb 8, 5 +menn st. mbaan; 793;
Is 23,13; r;= (sum. Lehnwort); ern (=assyr. tachsie); m» Gn 26, 26;
r==3 Gn 49, 10 (viell. assyr. silu od. selu).
Bewer, J. A., Critical Notes: New Lezical and Critical Suggestions
(AmJsemL XVIlIl 120—122): wa:, y:p 1 Rg 11,25; Is 7,6. v:p if 29, 21.
=== (st. a3) Soph 3,3; Hab 1,8. x“w Ps 35, 17. mm'» Jb 36, 22; Gn 12,6.
Chojes. H, P., Notes de Lexicographie Hebraique (REjXLIV Nr 88,223—229):
"sem, b353, 17, "om, meon, Ton, Dos, Be Sr, Pen, pro, 779, Tan, 11%9D,
ups, mg, ver.
Herz, N., Doubtful Hebrew Words (ExpT XI11 190): "zus, 75, ogz, "eo, riro.
Riedel, W., Alttest. Unters. I: Die hebräischen Wörter' für Purpur
(S. 37—41): ryen und ex „Purpur“ und „Indischrot“.
Bacher, W., x dans le sens d’„obscurite“ (REj XLIV Nr 88, 286 f}:
Bei altjüdischen Erklärern so gefalst, aber abzulehnen.
Hommel, Fr., The true Meaning of Arpakshad (ExpT XIII 285): Das
Element arpu kommt im Babylonischen (= Grenze, Nachbarschaft) vor.
Riedel, W., Alttest. Unters. I. Anhang: "w-ex S. 15 f.
Friedländer, I., Das hebräische -z0 in einer verkannten Bedeutung (JqR
XV Nr 57, 102f): Jb 19, 23 und Is 30, 8 = Erz, Bronze; vgl. assyr. siparru.
Selbie, J. A., Über 1 Sm 1,3 no» en = jährlich (ExpT xi 206).
Stade, B., Ein phönicisches Aequivalent von n:cn nz? (ZatW XXII
325—327): In einer phön. Inschrift 3er = d deutepeuwv.
Chajes, H. P., "33 (OrLz V 352): ein verloren gegangenes sem. Verbum,
Houtsma, M. Th., nern — com! — enS (ZatW XXII 229-231).
Yahuda, A. S., Üler aux =s9 und n;"*2 im AT (ZA XVI 2,4, 240— 272):
Stammesgenosse — Samilienlos, Fremdling — Stammesmitplied.
Wildeboer, G., Die älteste Bedeutung des St. px (ZatW XXLI 167— 169).
b) Text und Übersetzungen.
Kittel, R., Über die Notwendigkeit und Möglichkeit einer neuen Ausgabe
der hebräischen Bibel. Studien und Eıwägungen (8°. 86. Lp., Deichert.
M 2.—): Möglich für einen einheitlichen Text aus dem 4. Jahrh. v. Chr.
in der Richtung der massorethischen Rezension des Konsonantentextes und
auf Grund der getreu überlieferten massorethischen Vokalisation.
Hirschfeld, H., Descriplive Catalogue of Hebrew Mess of the Monte-
90 Bibliographische Notizen.
fiore Library (JaR XIV Nr 53 In, 159—196; Nr 54, 379—412): Unter
I: Bible, Targum, Midrash, Bible Commentaries.
Cook, St. A, A Pre-massoretic Hebrew Papyrus (PSbA XXIV 7,8, 272):
Festgestellt in einem von Nash vorgelegten Ms; Dekalog und Dt 6, 4.5.
Rosenwasser, E., Berichtigungen zu Mandelkerns gro/ser Konkordanz
(ZauW XXII 320).
Hyvernat, H., Petite introduction a l’etude de la Massore (Rb XI 4,551—563).
Kahle, P., Der masoretische Text des Alten Testaments nach der Über-
lieferung der babylonischen Juden (8°. 108. Lp., Hinrichs. M 3.50).
Praetorius, Fr., Die Übernahme der früh-mittelgriechischen Neumen
durch die Juden. Ein Nachwort zu meiner Schrift über die Herkunft
der hebräischen Accente (8%. 22. B., Reuther. M 1.50): Gegen C. R.
Gregory, Theol. Lit.-Z. 1901 Nr 22 hält Verf. seine These aufrecht.
Krauss, S., Der Obelos im masoretischen Texte (ZatW XXII 57—64):
= umgekehrtes Nun Nm 10,35—386.
Perles, F., Zur Geschichte der Abbreviaturen im Hebräischen (Arch. f.
Stenogr. L1V 41—48): Vermehrt u. berichtigt die Resultate seiner Schrift:
„Analekten zur Textkritik des AT“ (1895).
Schulthess, Fr., Miscellen zum Biblisch- Aramäischen (ZatW XXII 162):
Zu Esr 5, 16; 7, 20. Dn 2, 32. 43; 4, 8. 17.
Kahle, P. Fragmente des samaritanischen Pentateuchtargums (ZA XVI
1, 79-101): Kündigt eine Arbeit über die arabische Pentat.-Ubers. der
Samaritaner an. Geschichte der Mss; Inhalt und Varianten.
Marx, A., Nachtrag zu der Zusammenstellung der Citate aus Targun
Jeruschalmi bei Ginsburger, Fragmententargum S.91—122 (ZhB Vl 55—58).
Ginsburger, M., Die Citate aus Targum Jeruschalmi (ZuB VI 4, 122):
Nachträge zu dem von ihm herausgegebenen Fragmententargum.
Wolfsohn, L., Das Targum zum Propheten Jeremias in Jemenischer
Überlieferung. Dissert. Halle (8". 34).
„Nestle, E., Das eherne Maultier des Manasse (ZatW XX1I 309—312):
Über Targum zu 2 Chr 33, 11.
Jastrow, M., Dictionary of the Targumim, the Talmud Bablı and Ye-
rushalmi and the Midrashic Literature. P. 8—14 (N. Y., Putnam).
Oesterley, W. O0. E., Studies in the Greek and Latin Versions of the
Book of Amos (Cambridge, Univ. Press 483).
Swete, H. B., Introduction to O. T.in Greek. 21 ed. (8°. Ld., Clay. 78 6d).
Taylor, C., A new Septuagint Fragment (JthSt IV Nr 13,130): Auf hebr.-
griech. Palimpsest der Taylor-Schechter Coll. entdeckt; Ps 143, 1—144, 6.
Violet, Br., Ein zweisprachiges Psalmfragment aus Damaskus. Berich-
tigter Sonderabzug aus OrLz 1Wl. Mit einer Abb. des Fragm. (4. 52 Sp.B.).
Swete, B., The Old Testament in Greek according to the Septuagint.
I. Gen.—1V Kıngs. 3th ed. (8°. 854. Cambridge, Univ. Press. 78 6d).
Brooke, A. E., McLean, N., The Forthcoming Cambridge Septuagint
(JthSt III Nr 12, 601—621): In Bälde soll der Druck der grolsen Aus-
gabe beginnen. Anlage; Gn 48, 1—9. Idc 5, 23—6, 24 zur Probe.
Abrahams, J., Recent Criticism of the Letter of Aristeas (JqR XIV
Nr 54, 321—342): Kritik der Arbeiten von Wendland und Thackeray.
Johnston, J. B., The Date of the Septuagint (ExpT XIII 382f): Will
genauer das 3. Jahrh. noch als Abfassungszeit wahrscheinlich machen.
Lindl, E., Die Oktateuchcatene des Prokop von Gaza und die Septua-
gintaforschung (8%. VIII u. 161. München, Franz. M 6.80): Der 1. Teil
erörtert die Identität der Oktateuchkatene mit Prokops Eklogen. Eine
verschiedenartige Ausbeute bietet Prokop für die LXX. Im 2. Haupt-
teil behandelt L. dessen griechischen Bibeltext, wobei ein bedeutsamer
Teil der LXX-Probleme berührt wird und eine reiche Literatur darüber
zur Verwendung gelangt. Wertvoll ist die vollständige Zusammenstellung
des Materials aus Prokop. Der Bibeltext des Prokop in den beiden Hss
m und r ist nicht lukianisch oder hesychianisch, also hexaplarisch.
Bibliographische Notizen. 91
m "Münchener Hs) enthält tetraplarischen Text, der sich als Verarbeitung
der hexaplarischen Materialien durch Origenes unterscheidet vom reinen
nexaplarischen Text; letzteren findet der Verf. in der Hs r (Baseler Hs).
Der Verf. glaubt 3 vororigenistische LXX-Rezensionen nachweisen zu
können; r ist näherhin zu bestimmen als palästinisch-origenistische Rezen-
sion. Für so wichtige und weittragende Thesen scheint doch eine breitere
Basis der Untersuchung notwendig.
Jahn, 6., Beiträge zur Beurteilung der LXX. Eine Würdigung Well-
hausen’'scher Textkritik (80%. 52. Leiden, Brill).
Nestle, E., Zu Philo somniis II, 44 (Philologus 61 [N. F. 15] 311f):
LXAX Lv 5, 4 ist die richtige Lesart „N Av öudon“ (nicht „N üvonos N“),
und an der bezeichneten Stelle des Philo (vol. ILI, p. 289, 16 ed. Wend-
land ed. min.), wo dieser Vers zitiert wird, ist herzustellen „yuxn <f> Av
öuöon“. Vgl. auch J. Zycha, S. Aureli Augustini quaest. in heptat.
Wien 18%, p. VIIII. ©. W.
Halövy, J., La transcription du tölragramme dans les versions grecques
iJas ser. IX, t. X1X 1, 134ff): Die 2. Kolumne der Hexapla habe Öri-
genes schon vorgefunden.
Burkitt, F.C., The so-called Quinta of 4 Kings (PSbA XXIV 6, 216—219):
Besteht vermutlich nur aus von ÖOrigenes zurückgewiesenen Varianten
der LX\X.
Roupp, N., Die älteste äthiopische Handschrift der vier Bücher der Könige
(ZA XVI 2/4, 296 — 343): Ms Cod. Vatic. Nr L. V 16 enthält die versio
antiqua des Dillmann; LXX liegt in der Rez. des Vat. zu Grunde.
Brooke, A. E., The Bohairic Version of the Pentateuch (JthSt III 10,
258—278): Behandelt Mss und Druckausgaben.
Gregory, C. R., Die isch a Hexapla am Anfange des neunten Jahr-
hunderts (ThLbl XXI Nr 31): Notizen zu Or.chr. 1138-152 299—313
(Briefe vom Patriarchen Timotheus 1. en! Syrohexapla be-
treffend. — E. Nestle ebd. Nr. 33 Korrekturen und Nachträge.
Vigouroux, F., Une ancienne traduction de la Bible: Le Codex... Lugdu-
nensis (Rev.d. quest. hist. Annee XXX VI, Lfg. 141,2, 583-594): Über die
Ausgabe desselben (Lyon 1900, Rey). Die Herkunft aus Afrika bestreitet V.
Mercati, G., Franımenti Urbinatı d’ un’ antica versione latina del libro II
de’ Maccabei editi ed iülustrati (Rb XI 184—211): Eine bisher unbekannte
lateinische Übersetzung zu 2 Mach 4, 39—5, 14 (mit Ausnahme von 4, 45)
und ‚101, 2—11, 1 aus dem Cod. Urbin. lat. 474 saec. IX,X f. 153 u. 154.
Die Übersetzung ist verwandt mit dem in der Schrift De divinis scripturis
gebrauchten Texte. Aus dieser ediert M. 1 Mach 2, 49-64 und 2 a
1, 9—29. )
Nestle, E., Animaequitardare (Archiv f. lat. Lexikogr. XII 331f):
Macht auf das in Rönschs Itala und Vulgata und im Thesaurus linguae
Latinae fehlende Verbum „animaequitardare“ = yuaxpo®uneiv (Kiccli 29,
8 [11] im pseudo-augustinischen Liber de divinis scripturis p. 407, 7. ed.
Weihrich) aufmerksam. C.W.
Westie, E., Kapporeth = oraculum (ZatW XXII 313f): Bei Hier. viel-
leicht Wiedergabe eines spätjüdischen Ausdrucks.
Schmied!, Randbemerkungen zu Saadias Pentateuchübersetzung (MGWJ
XLVI 48-88): Vgl. ebd. XLV 124fi. Saadja hält gegen Onkelos am
einfachen Schriftsinn fest.
Lehmann, S., Saadia Al-Fajjumi's arabische Psalmenübersetzung und
Commentar (Psalm 21—41). Nach einer Münchener und einer Berliner
Hs herausgeg., übers. und mit Anmeıkungen versehen (8°. 71 u. XXIX.
B., Poppelauer. M 2.80).
Cook, A. St., An Arabic Version of the Prologue to Ecclesiasticus (PSbA
XXIV 4/5, 173—184): Aus Mss herausgegeben.
Brückner, A., Über die polnischen Psalmenübersetzungen bis zur Mitte
des 16. Jahrh. (Anz. d. Ak. d. W. in Krakau; hist.-philos. Kl. 1902 Nr 4,
92 Bibliographische Notizen.
69—61): Zu den 2 bisher bekannten Texten weist der Verf. einen 3,
nach im Krakauer Druck von 1532.
c) Allgemeine Literar- und Textkritik. Religion. Theologie.
Höpfl, H., O. S. B., Die höhere Bibelkritik. Studie über die moderne
rationalistische Behandlung der Hl. Schrift (8°. 110. Paderborn, F.Schöningh.
M 2.80): 1. Die Kritik und ihre gemeinsam anerkannten Resultate werden
kurz skizziert und exemplifiziert. Eine genetische und systematische Dar-
legung der kritischen pothesen lag nicht in der Absicht des kurzen
Ahriscen. Das 2. Kapitel sucht das Berechtigte an kritischen Anschau-
ungen zu scheiden vom Willkürlichen. 3. „Unser Standpunkt“ hebt nur
den propädeutischen Wert des AT für das NT hervor.
Scerbo, F., 1} Vecchio Testamento e la critica odierna (8°. IV u. 115.
Florenz, Ariani. L 2—).
Cheyne, T.K., A Turning-Point in O. T. Study (Nineteenth Century Jan.
1902 Nr 299, 60—70): Der literarische Kritizısmus muls sich ergänzen
durch den archäologiechen und historischen. Winckler stimmt er zu.
König, E., Neueste Prinzipien der alttestamentlichen Kritik geprüft (8°.
80. B., Runge): Billigt die textkritischen Prinzipien der grammatischen
Richtigkeit, literargeschichtlichen Altertümlichkeit, geistesgeschichtlichen
Priorität und des Schwierigkeitsgrades. Das stilistische Prinzip beschuldigt
er der Willkür. Rhythmus und Strophik sind unsichere Normen der Kritik.
Der generalisierenden und schematisierenden Methode, der Symbolisierung
der Zahlen (12 Stämme insbes.), der poetisierenden und mythologisierenden
Methode stellt er eine bestimmte Abweisung gegenüber.
König, E., Zum Sprachbeweis der alttestamentlichen Kritik (StKr 1%2,
644—651): Einige Ergänzungen zur Geschichte des Sprachbeweises. Mit
Recht werde derselbe als Direktive der Kritik angewendet.
König, E., Die moderne Poetisierung des AT (Bew. d. Glaub. 3. F. V 10).
Dewart, E. H., The higher Criticism and Messianice Prophecy (Bs LIX
805—324): Prophetie im eigentlichen Sinne ist anzuerkennen.
Der historisch-kritische Standpunkt bei der Behandlung der biblischen Ge-
schichte des Alten Testaments (Allg. ev.-luth. Kztg 1902 Nr 34 u.35): Kritik
ist mit pädagogischer Vorsicht zu verwenden.
Gall v., Der alttestamentliche Religionsunterricht auf den höheren Schulen
ZThbK XII 2, 95—124): Die moderne kritisch-historische Geschichts-
etrachtung kann verwertet werden, ohne Seelen zu gefährden.
Weikert, Th., O. S. B.. Ein Gang durch die Bibliothek der neueren Lite-
ratur für atl Textkritik (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.-O. XX11187—98 460—473).
Condamin,A., Interpolations ou transpositions accidentelles?(Rb X1379—398):
Statt durch Annahme von Interpolationen ist der Text durch Umstellungen
zu heilen. Demzufolge ordnet er: Mich 4,7; 2, 13.14. Os 2, 15. 8. 9. 16
—2, 25. 1—3. Is 9,16; 5, 24.25; 9,17. Is 19, 17. 22. 21.18 ff. C. erklärt
die Textverwirrung wie Zenner durch Versetzung der Blätter.
Stade, B., Emendationen (ZatW XXII 328): Zu Gn 1, 15. 1 Sm 2, 13. 20.
Is 1, 8; 44, 14; 59, 11. Jr 1,4. Zch 7,2. Ps 69, 28.
Mayer, L., Notes exegetiques (REj XLIV Nr 87, 122—124): Zu Gn 41, 16.
Ex 14,20 u. Ps 139, 11. Ex 39, 40 u. Nm 3, 26.
Halevy, J., Passages difficiles dans la Bible (Rsem X 368— 378): Ez 27,23.
Is 9,17. Ps 74,14. ls 26.4. Ex 15.2. Jb 34, 35—87. Nm 24, 19.
Zimmern, H., u. Winckier, H., Die Keilinschriften und das Alte Testament
von E. Schrader. 3. Aufl.. mit Ausdehnung auf die Apokryphen, Pseud-
epigraphen und das Neue Testament (B., Reuther. Komplett M 21.—):
Bis jetzt erschienen I. Hälfte: Geschichte u. Geographie von H. Winckler
(VIu. 342 S.), II. Hälfte, 1.Lieferung: Religion u. Sprache von H. Zimmern
(S. 8346—582). Zu bedauern ist, dals für die Neubearbeitung ein so
impulsiver Forscher gewählt worden ist wie Winckler; dadurch ist das
Buch ein Niederschlag seiner früheren Forschungen geworden, nicht ein
Bibliographische Notizen. 93
objektiverÜberblick über die bezeichneten Gebiete. Die Anlage des 2. Teils
ist besser. Sachliche Würdigung später.
Winckler, H., Kritische Schriften. Sonderabzüge aus der Orientalistischen
Literaturzeitung 1898—1901 (126. B., Peiser. M 2.50): Referate.
Mäller, 3. H., Religionsgeschichtliche Bilder. I. Fetischismus und Seelen-
verehrung bei Naturvölkern und Chinesen (8%. 31. Bremen, J. H. Müller.
M —.40): Populäre Darstellung; findet auch Überreste des Fetischismus
und Seelenkultes in Israel.
Barton, 6. A., A Sketch of Semitic Origins, social and religious (8°.
Ld., Macmillan. 128 6d). 3. Kap.: Urs Eaue der semitischen Religion: eine
Göttermutter Astarte, polyandrisch. er u. 6. Kap.: Auch Jahwe, der Gott
Israels, sei eine Umbildung derselben (vgl. AmJsemL XIX 1, 5558).
Lagrange, M. J., Etudes sur les Religions semitigues : Les Morts (Rb XI
212—239): Forts. der früheren Aufsätze (Rb X). Der sog. Ahnenkultus bei
den Semiten wird negiert. Separatausgabe der Artikel unter dem Titel
Les Religions semitiques angekündigt bei V. Lecoffre, P.
Curtiss, S. I., Discoveries of a Vicarious Element in Primitive Semitic
Sacrifice (Exp VI 128—134): Grundlage des altsemitischen Opferbegriffes
ist nicht das ÖOpfermahl, sondern die stellvertretende Blutvergielsung.
Curtiss, S. I. The Semitic Sacrifice FA Reconciliation (Exp VL Nr 36,
454—462): Das jetzt noch gebräuchliche Opfer bei Versöhnung von Feinden
entbält stellvertretende Blutvergielsung.
Curtiss, S./., Primitive Semitic Religion To-day: Record of Researches,
Discoveries, and Studies in Syria, Palestine and the Sinaitic Peninsula
(8°. 288. Ld., Hodder. 68): Übersetzung ins Deutsche angekündigt: Ursemi-
tische Religion im Volksleben des heutigen Orients (Lp., Hinrichs. ca. M8.—).
Curtiss, S. I., The Pet Relation of Man to God among the modern
Semites (AmJTh VI2 Apr. 1902): Die heutigen Semiten betrachten manch-
mal Gott und Geister als Vater; auch die atl Schriftsteller denken sich zum
Teil die heidnischen Götter so.
Osgood, H., Resurrection 30004000 B.C. and the Old Testament (Bs
LIX Nr 235, 409—433): Die Texte der Pyramiden 1500 Jahre vor Moses,
das Totenbuch zur Zeit des Moses bestätigen hierin das AT.
Jastrow, M., Die Religion Babyloniens und Assyriens. Deutsche Über-
setzung. 1.u.2. Lfg. (Gielsen, Reken a M 1.50): Die einzige ausführliche
neuere Gesamtdarstellung. Die Übersetzung ist vollständiger als die eng-
lische Ausgabe, weil der Verfasser darin auch die neuen Funde und Unter-
suchungen der Assyriologen berücksichtigt. 2.
Boissıer, A., Materiaux pour l’etude de la religion Assyro-Babylonienne
(PSbA XXIV 6, 220-233).
Torge, P., Aschera und Astarte. Ein Beitrag zur semitischen Religions-
geschichte (8°. 58. Lp., Hinrichs. M 2.—): Es gab eine altsemitische
Göttin Aschera (S. 57). Der Name wurde übertragen auf das Symbol, den
Pfabl. Derselbe wird aber auch in Israel wieder für eine Göttin ge-
braucht, nämlich die Astarte, welche die deuteronomistische Reformpartei
durch diese Benennung (Name des Pfahlsymbols) erniedrigen wollte.
Ward, W. H., The Asherah (AmJsemL XIX 1, 33—44): Säulen mit ver-
schiedenen Emblemen = Zeichen der einzelnen Gottheiten. nicht Symbol
der Astarte oder der vorausgesetzten Göttin Asera.
Boehmer, Das AT und die au/serbiblischen Religionen (Ev. Kztg 1902 Nr 36,
843 —848): Gegen „Giesebrecht, Die atl Schätzung des Gottesnamens“ u. 8. w.
Robertson, J., The early Religion of Israel, as set forth by Biblical Writers
and modern Critical Historians (12°. N. Y., Whittaker. $1.60).
Fuiliquet, 6., Les experiences religieuses d’Isra&l (8°. 254. P., Fischbacher.
Fr 3.—): Populär auf kritischer Grundlage (vgl. ThLz XX VII 23, 609 fi).
Cook, St. A., Israel and Totemism (JqR XIV Nr 55, 413—448): Kritik
über Zapletals davon handelndes Werk, im ganzen abweisend; gesteht
94 Bibliographische Notizen.
aber zu, dals die schwachen Punkte der totemistischen Theorie richtig
hervorgehoben sind. Die Frage hält er noch nicht für spruchreif.
Levy, L. &., Du totemisme chez les Hebreux (REj XLV Nr 89, 13—26):
Lehnt alle Beweise hierfür als unzureichend ab.
Stade, B., Ein Land, wo Milch und Honig fliefst (ZatW XXIl 321—324):
Nach H. Usener, Rhein. Mus. LVII 177—192, mythologischer Herkunft.
Kautzsch, E., Die bleibende Bedeutung des Alten Testaments: Samml. ge-
meinverst. Vortr. u. Schr. Nr 25. (8%. 38. Tübingen, Mohr): Liegt nicht
in der Inspiration, nicht in der unvollkommenen religiösen Erkenntnis,
sondern in der gesamten Weltanschauung (Gottesbegriff, die Prophetie).
Duff, A., The Theology and Ethics of the Hebrews. Semitic Series (8°.
332. Ld., Nimmo): Populär; eliminiert fast jedes historische Element aus
dem Pentateuch (vgl. Bs LIX Nr 235, 591).
Oesterley, W. 0. E., The Development of Monotheism in Israel (Ex
VI 93-105): Aufser Evolution ım israelitischen Monotheismus auc
aulserordentliche Fortschritte. So vom Gottesbegriff des Elias (National-
ott, ethisch als Eigenschaft) zu dem des Amos auf Grund geschichtlicher
Eatzicklung und göttlicher Erleuchtung.
Endemann, Der Engel des Herrn (Ev. Kztg 1%2 Nr 89, 913—922):
Der Maleach Jahwe ein Beweis für den Trinitätsglauben im AT.
Legeay, P., L’Ange et les Theophanies dans l’Eeriture Sainte d’apres la
doctrine des Peres (Rev. Thom. X Nr 2 4).
Meitzer, H., Die messianischen Weissagungen (Prot. Mon.-Hefte VI 1,
15—33): Keine geradlinige Entwicklung zu immer grölserer Klarheit. Es
fehlen Weissagungen über Einzelheiten.
Grützmacher,R., Die Davidsohnschaft des Messiasim AT und in der jüdischen
Literatur (Ev. Kztg 1902 Nr 22, 512—516): Zusammenordnung der Stellen.
Köberle, Gottesgeist und Menschengeist im AT (NkZ X111 321—347 403—
427): Das Wort tür „Geist“ nach Sprachgebrauch u. Bedeutung gewürdigt.
olck, W., Heidentum und Missionsgedanke im AT (Allg. ev.-luth. Kztg
1902 Nr 88): Der Missionsgedanke liegt in der Geschichte Israels. Jonas.
Boehmer, J., Der alttestamentliche Unterbau des Reiches Gottes (8°.
V u. 236. Lp., Hinrichs. M 4.50): Die Baoılaıa Tou Beov des NT setzt den
atl Begriff des Gottesreiches voraus. Den gemein-semitischen Namen 7%
verlor Jahwe durch Einführung des Königtums, gewann ihn aber wieder
in der Königszeit, zum Teil mit Nachwirkung der Vorstellungen von der
>»-Gottheit. Bei den Propheten: Jahwe ist König in allgemein-semitischem
Sinne = strafend, zerstörend. Letzte Stufe der Entwicklung: Jahwe König
und Vermittler des Heiles (= NT), wenn auch mit Trübungen des Be-
griffes (z. B. Daniel. Die Tendenz, zu systematisieren und zu konstruieren,
ist zu tadeln. Die Abhandlungen über die '»-Gottheit sind ansprechend.
Koch, P., Der Ritualmord eine Forderung des AT. Eine religions-
geschichtliche Studie (8%. 39. B., Selbstver. M —.50): Abstruse anti-
semitische Streitschrift.
Büchler, A., a Bericht über die Opfer der Juden (ZatW XXII
202—228): Ist als Bericht über ein bestimmtes Sübnopfer eines palästinen-
sischen heidnischen Volkes zu betrachten.
Stärk, W., er oc: u. nr» ve: (StKr LXXVI. I [1903] 1,156): Ein An-
satz zum Dualismus im AT.
Smith, Ch. E., Witchcraft and the O. T. (Bs LIX 26—35): Die Bibel
selbst glaubt nicht an die Zauberkraft von Personen.
van Loon, J., Eschatologieen van den Hasmoneentijd volgens het bock
Henoch (Theologisch Tijdschrift XXXVL 5).
Wünsche, A., Die Poesie des Todes im at! Schrifttum (Deutsch-ev. Bl.
XXVIl 235—263): Erst seit dem 2. vorchristl. Jahrh. Unsterblichkeits- und
Auferstehungsglaube.
Aubert, L., La vie apres la mort chez les Israelites (Rev. de Theol. et
Philos. XXX V 2,140—178): Die Totengebräuche in Israel fufsten auf einer
Bibliographische Notizen. 95
viel besseren Vorstellung als der Mosaismus. Erst als die Ausschliefslich-
keit des Jahwekultes gesichert war, liels der Mosaismus eine vollkommenere
Vorstellung vom Leben nach dem Tode sich ausgestalten.
Beer, 6., Der biblische Hades. Aus den „Theologischen Abhandlungen“.
Festgabe z. 17. Mai 1902 für H. J. Holtzmann (8%. 1—29. Tübingen, Mohr.
M 1.—): 1. Der Scheolglaube und Jahwismus gehen sich ursprünglich
nichts an. 2. Der Scheolglaube ist ein Rest chthonischen Kultes (Jahwe
ursprünglich selbst Erdgott). 3. Der Jahwismus hat den Scheolglauben
beseitigt; insofern nämlich für die Frommen die Auferstehung postuliert
wurde. Die Beweisführung leidet an Willkür.
Castelli, D., @li antecedenti della Cabbala nella Bibbia e nella letteratura
talmudica, in Actes du XIle Congrös internat. des Orientalistes, Rome 1899.
1II 1, 57—109 (Florenz, Soc. typ. Flor.).
d) Geschichte. Geographie. Archäologie.
Urquhart, J., Die neueren Entdeckungen und die Bibel. Übers. von
E. Spliedt (Stuttgart, Kielmann). 1. Bd: Von der Schöpfung bis zu Abra-
ham (3. Aufl. 1903. XVI u. 333) II. Bd: Von Abraham bis zum Aus-
zug aus Agypten (1902. XII u. 331). III. Bd: Vom Auszug aus Apypten
bis zur Philisterzeit (2. Aufl. 1903. XII u. 351 mit Karte. ProBd M4.—;
geb. M 5.—): Steht auf dem Standpunkte durchgängiger Sachinspiration
u. stellt erschöpfend die Ergebnisse zusammen, welche die biblischen Nach-
richten stützen. Abbildungen illustrieren den Text. Die wohlabgewogene
Reserve wissenschaftlicher Genauigkeit wird man nicht in allweg finden.
Urquhart, J., The New Biblical Guide. VI (8°.X V1u.432 Ld.,Patridge.7s€d).
Budde, K., Das Alte Testament und die Ausgrabungen. Vorträge der
theol. Konf. zu Gielsen. 18. Folge (8. 39. Gielsen 1903, Ricker. M — .80):
Nimmt Stellung zu Delitzsch, Babel und Bibel: Vieles sei bekannt (Jahwe
hält B. für babylonisch), vieles unklar und unrichtig. Scharf lehnt er
Winckler, Keilinschriften und das AT, ab ; schrankenloser Panbabylonismus,
willkürliche Mythologisierung. — Übers. AmJTh VI 4, 685— 708.
Ragosina, S. A., Alteste Geschichte des Orients. Geschichte von Chaldäa
ron den ältesten Zeiten bis zur Erhebung der Assyrer. (ln russischer Spr.
8°. 438 S., 113 Abb., 2 Karten. Petersburg.)
Sanda, A., Die Aramäer. Der alte Orient 1V 3(80, 32. Lp., Hinrichs. M —.60).
nn L, Die Hettiter. Der alte Orient IV 1 (32. Lp., Hinrichs.
—..60).
Macridy-Bey, Le temple d’Echmoun ü Sidon, fouilles ex&cutces par le
Musee imperial ottoman (Rb XI 4, 489-515).
Lagrange, M. J., Note sur les inscriptions trourees par Macridy- Bey &
Bostan-ech- Cheikh (Rb X1 4, 515— 526): Zwei Weihe-Inschriften von König
Bodastarte, Enkel des Königs Esmunazar. Die Dynastie wird wohl vor
Alexander unterzubringen sein.
Sayce, A. H., A new Inseription from Sidon (ExpT XIV 3, 123f).
Berger, Ph., Memoire sur les inscriptions de fondation du temple d’ Esmoun
a Sidon. Extr. des Mem. de l’Ac. d. inscr. XXXVII (40. 26. P.).
Lagrange, M. J., La controverse mineo-sabeo-biblique (Rb XI 256—272):
Homme], Winckler u. a. glaubten Misraim, Asur, Eber-ha-nahar nach
Arabien verlegen zu können. Minäer und Sabäer hält 1. für teilweise
gleichzeitig. Sonst stellt er sich auf seiten Königs (Fünf neue arabische
Landschaftsnamen im AT, 1901,2 erschienen), der die Namen in der tradi-
tionellen Bedeutung festhält. Auch die Lokalisierung des Paradieses in
Arabien durch Hommel lehnt er ab.
Sayce, A. H., The Jonians in the Tel El-Amarna Tablets (PSbA XX1V
1, 10—13): Ji-i-ma-a-na = lonier sei festzuhalten.
Graetz, H., Geschichte der ‚Juden von den ältesten Zeiten bis auf die
Gegenwart. II 1: Vom Tod des Königs Salomo (um 977 v. Chr.) bis zum
Tode des Judas Makkabi (160). 2. Aufl. von M. Braun (8°. X1Iu. 467. M 9.25).
96 Bibliographische Notizen.
Couard, L., Die Vorgeschichte Israels und die neuere wissenschaftliche
Forschung (Bew. d. Glaub. 1902, 5, 157—177; 6, 215 —226).
Ermoni, V., Les origines d’Israäl et la critique (Ann. de Phil. chret.
1902, Mai, 199 —212\.
Montet, E., Des premitres origines du peuple d’Israäl. Actes du XII*
ae internat. des Oriental. Kome 1899. IIL 1, 129—134 (Fiorenz, Soc.
typ. Flor.).
Jansen, P., Das Gilgami3- Epos in der israelitischen Legende. Eine vor-
läufige Mitteilung (ZA XVI 24, 406—412 413): AT und die Geschichte
Jesu, auch die griechischen Legenden gehören diesem Kreise an.
Gray, 0.Bu:h., The Lists of the Twelve Tribes (Exp 1992, March, 223 —240)
Bei 20 Aufzählungen 18 versch. Anordnungen.
Marquart, J., The Genealogy of Benjamin (JqR XIV Nr 54, 343—351):
Behandelt kritisch Nm 26, 38-40; Gn 46, 21; insbes. 1 Chr 8, 1—40.
Smend, R., Beiträge zur Geschichte und Topographie des Ostjordanlandes
(ZatW XX1II 129—158): 1. Rechtfertigt die Nennung des Ammoniterkönigs
ın Idce 11,12—28. 2. Der Jabbok = W. ez-zerkä. 3. Gilead, Stammes-
name. 4. Ramath-Gilead und Mispe-Gilead wahrscheinlich identisch.
Nestle, E., 11 nach Joseph. c. Ap. 1, 69 im AT nicht die Hellenen (ZatW
XXII 179.
Nagel, 6., Der Zug des Sanherib gegen Jerusalem. Nach den Quellen
dargestellt (8°. VIIL u. 124. Lp., Hinrichs. M 2.50). -
Lehmann, C. F., Menander und Josephus über Salmanassar IV. 1. (Beitr.
z. alten Gesch. II 1, 125—140): Ant. 9, 14, 2 ist richtig; die Richtigkeit
der atl Angaben verspricht er später zu erweisen.
Güdemann, M., Das Judentum in seinen Grundzügen und nach seinen ge-
schichtlichen Grundlagen (8%. IV u. 105. Wien, Löwit., Kr 3.50).
Adier, E. M., Une nouvelle Chronique Samaritaine (REj XLLV Nr 88,
188—222; XLV Nr 89, 70-98): Text und Übersetzung von Seligsohn.
Sanda, A., Zur ältesten Geographie Palästinas und Syriens (ZkTh XXV1l
407 —411): Rtnu in Nahr el-litäni erhalten. Platteninschrift von Nimrüd
III 86 ist Zamurra (st. Amurai) zu lesen, kaum — "os Gn 10, 18. Kya-
mon Jdt 7,3 ==el Jamön.
Marmier, 6., Contrihutions & la Geographie de la Palestine et des pays
voisins (suite) (REj XLLV Nr 87, 2944): Aus den Tell-el-Amarna-Briefen.
Höischer, &., Palästina in der persischen und hellenistischen Zeit. Eine
historisch-geographische Untersuchung. Dissert. (8°. VIIl u. 99. B.).
Sayce, A. H., Recent Bihlical Archeology (ExpT XIII 178—180 Forts.):
Über die Stadt Henoch, Elisa Gn 10, 2—4, Tarsıs, Javan, (omer, Askenaz.
Sanda, A., Aphek (Unters. z. K. d. a. Or.: Mitt. d. vorderas. Ges. VII
2, 51—60): Drei A. zu unterscheiden.
Sanda, A., Die Lage von Hannaton und Me Merom (Unters. z. K.d. a.
Or.: Mitt. d. vorderas. Ges. VII 2. 39-50): H. Jos 19, 14 = Gefät; Me
Merom nicht Hule-See, sondern Marum der Keilinschriften und Marama
äg. Dokumente.
Sanda, A., Ja’kobel (Unters. z. K. d. a. Or.: Mitt. d. vorderas. Ges.
VII 2, 74—77): Im Ostjordanlande gelegen.
Sayce, A. H., The Land of Sepharad (ExpT XIII 308f): In Kleinasien
zu suchen. Abd 20 Verwechslung von es mit eo.
Clermont-Ganneau, The Site of Mepha‘ath (PEF XXXIV 3, 260f):
Identisch mit dem von Dr. Musıl im Ostjordanlande gefundenen Nef‘a.
k Macalister, R. A., The History anl Site of Gezer (PEF XXXIV 3,
227 —232): Stellt zusammen, was darüber bis jetzt feststeht.
Macalister, A. St., First Quarterly Rrport of the Excavation of Gezer
(PEF XXXIV4, 317—364): Vorsemitische, frühsemitische und zwei spät-
semitische Eroberuneen will er entdeckt haben.
Scheil, P., Une saison de fouilles & Sippar. Memoires publies par les
Bibliographische Notizen. 97
membres de I’Inst. frang. d’Arch. or. du Caire I 1 (40%. 141. Le Caire):
Eıne Parallele zu Dn 12,3. Sippar wohl nicht = biblisches Sepharvaim.
Cooke, 6.A., hah and Qir-heres in the Moabite Stone (ExpT XIII 186).
Peters, C., Im Goldland des Altertums. Forschungen zwischen Zam-
besi u. Sabi (8°. XVI u. 408. München, Lehmann. Geb. M 16.—): 7. Kapitel
210275): Südafrika das Ziel der Ophirfahrten. Allein Afrika und zwar
Südafrıka zwischen Zambesi und Sabi entspricht den Anforderungen;
insbes. alter Goldminenbetrieb.
Hall, R. N., Neal, W. G., The ancient Ruins of Rhodesia (Ld.): Dort das
Öphirgold zu finden (vgl. ZkTh XXVI 619).
Masterman, E. W. 6, The Rivers of Damascus (ExpT XIII 215 —220;
477 Korrekturen): Barada und Awaj= Amana und Pharphar 2 Rg 5, 12.
Riedel, W., Alttest. Unters. 1 74-89: Der Sabbat datiert vom Sinai,
nicht aus Babel oder Kanaan.
Schärf, Th., Das gottesdienstliche Jahr bei den Juden. Aus „Nathanael“.
Schriften des Instit. Judaic. Nr 30 (8. 142. Lp., Hinrichs. M 2.—).
Kohn, S., Die Geschichte der Beschneidung bei den Juden von den ältesten
Zeiten bis auf die Gegenwart = VIl u.23. Krakau. M 4.—; hebräisch).
Wilcken, U., Die ägyptischen Beschneidungsurkunden (Arch. f. Pap.-Forsch.
I14-13): Text von P. Straisb. 60 verbessert und die anderen Dokumente.
Gunkel, H., Über die Beschneidung im AT (ebd. IL 13—21): Alle Ägypter,
nicht blofs die Priesterkaste, waren beschnitten (Jos5, 9. Jr 9, 25. Ez 32, 19 ff).
UÜb die B. von Agypten entlehnt, nicht zu entscheiden.
Wendland, P., Die hellenistischen Zeugnisse über die ägyptische Be-
(ebd. 11 22-31): Sie sprechen gegen Beschränkung der B.
Kutna, 5. N., Studien über die Beschneidung IV (MGWJ XLVI193—206):
Bedeutung der B. und Entstehungsgrund.
Riedel, W., Alttest. Unters. 1 52—73: Die drei grofsen jüdischen Feste:
Jr 7,21—24 und AmÖ5, 25 beweisen nichts für die spätere Entstehung der
Kultgesetze. Pascha, Pfingsten, Laubhüttenfest sind nicht kanaanitisch,
sind von Anfang an zentral und genau geregelt.
Thomson, J. E. H., The Samaritan Passover (PEF XXXIV 1, 82—92):
Beschreiot ein Pascha bei den Sam. Gn 49, 10 fassen sie iv als Stadt.
Steinschneider,M., Purim und Parodie (MGWJ XLVI 176—186 275—280):
Will dıe an dieses Fest sich anknüpfende Literatur behandeln.
Reichel, Zur Lade Jahve’s. Theol. Arb. a.d. Rhein. wiss. Prediger-Ver.
N. F. 5, 28-32 (Tübingen, Mohr): Sie sei ein alter, leerer Grötterthron.
Bludau, Der Verbleib der Geräthe des Tempels zu Jerusalem (Kath. 3. F.
XXVI 109-119): Stellt alle Nachrichten zusammen über das Geschick
der von Titus geraubten Geräte.
Triebe, F., Lex dei sive collatio legum mosaicarum et romanarum. Ca-
pita selecta I. Dissert. (39 S. Breslau).
Rieber, Die Blutrache und das lus talionis im mosaischen Gesetze (Kath.
3. F. XXV1I 312-332): Blutrache ist die erste Erscheinung der Talio.
Zunächst in dieser Form wurde die Talio ins Gesetz aufgenommen, dann
erst auf geringere Vergehen ausgedehnt.
Kirsch, Der Erstgeborne nach mosaisch-talmudischem Recht. 1. TI
(Frankf. a. M., Kauffmann. M 2.—).
Schmidt, E., Solomon’s Temple in the Light of other Oriental Temples
(8%. 65 u. 4. Chicago, Univ. Pr. $1.—).
Joseph, D., Stiftshütte, Tempel- und Synagogenbauten. Sonderabdruck aus
„Ost und West“ (4v. 39. B., Calvary. M 2.50): 1. Zusammenstellung dessen,
was von der Stiftshütte und den verschiedenen Tempeln archäologisch und
künstlerisch interessieren kann; 2. Berühmte Synagogen. Reich illustriert.
Hora, E., Die hebräische Bauweise im AT, eine biblisch-archäologische
Studie (Gymn.-Progr. Karlsbad. 31 S.): Die ältesten Spuren von Bauten in
Israel (Brunnen, Altäre, Gräber); Einfluls Agyptens und Kanaans auf die
Bauweise der Hebräer.
Biblische Zeitschrift. I. 1. 7
98 Bibliographische Notizen.
Prestel, J., Die Baugeschichte des jüdischen Heiligtums und der Tempel
Salomons. Zur Kunstgeschichte des Auslandes VIII. (8%. VIII u. 56
mit 7 Tafeln. Stralsburg, Heitz. M 4.50).
Müller, M., Nochmals Hirsch und Reh in den semitischen Sprachen (OrLz
V 10, 394—396): aijal in erster Linie Reh.
Conder, C. R., Hebrew Weights and Measures (PEF XXXIV 2, 176—195):
Bestimmung derselben auf Grund tatsächlicher Überreste.
Blau, L., Studien zum althebräischen Buchwesen und zur biblischen
Literaturgeschichte (8%. IV u. 203. Budapest).
Jastrow, M. J., Baring of the Arm and Shoulder as a Sign of Mourning
(ZatW XXII 117—120): Zu ZatW XXI 81—9.
Walter, F., Die Geschichte der Juden in wirtschaftlicher Beziehung. In:
Ruhland, System d. pol. Ökonomie 1 209—248 (B. 1903, Iisleib).
e) Auslegung. Literatur zu denieinzelnen Teilenund Büchern
des AT.
a) Allgemeines; Pentateuch- und Hexateuchkritik. Auslegung
des Pentateuchs.
Schöpfer, Ä., Geschichte des Alten Testaments mit besonderer Rücksicht
auf das Verhältnis von Bibel und Wissenschaft. 3., verm. u. verb. Auflage
80, XII u. 596. Brixen, Kath.-pol. Preisverein. M 7.—): Von der 2. Hälfte
es Buches an ist Prof. N. Schlögl Ö. Cist. der Neubearbeiter desselben
geworden. Die Verbesserungen beziehen sich auf Inhalt und Methode.
Ein Nachtrag zu $ 44 gibt einen Abrils über die hebräische Poesie. —
Die französische Übersetzung in 3. Auflage: Pelt, J. B., L’Histoire de
l’Ancien Testament d’apres le manuel allemand de Schöpfer. 2 vols (120.
P., Lecoffre. Fr 6.—): Ergänzt die französ. Lit., „die in Deutschland in
bemerkenswerter Weise unbekannt ist“ (vgl. Bull. de Litt. eccl. 1902, 1, 33).
Barton, &. A., The Roots 3 Christian Teaching as found in the Old
Testament (12%. XII u. 271. Philadelphia, Winston Co. $1.25): 56 kurze
populäre Auslegungen von Ereignissen im AT (Bs LIX Nr 235, 590).
Meyer, F. B., Sacharja der Prophet der Hoffnung. Autoris. Übers. von
G. Holtey-Weber (8%. 168. Hagen i. W., Rippel. M 1.50; geb. M 2.50):
Knüpft an die einzelnen Kapitel moralisierende Erwägungen, die auf popu-
lärer Auslegung fulsen. — Ahnlich wohl die englischen Werke über
Abraham, Moses, Josue, Samuel, David, Jeremiah (Ld., Morgan. 8 23 6d).
Whitham, A. R., Handbook to the History of the Hebrew Monarchy to
the Accession of Solomo (8%, 802. Ld., Rivingtons).
Harper, W., Constructive Studies in the Priestiy Element in the Old
Testament (8°. 162. Chicago, Univ. Pr. bs).
Harnack, A., Der Brief des Ptolemäus an die Flora. Eine religiöse
Kritik am Pentateuch im 2. Jahrh. Aus: Sitzungsber. d. preuls, Ak. d.
W. 1902 Nr XXV (80, 39. B., Reimer. M 2.—.).
X., La veracitä storica dell’ Esateuco (Stud. relig. II 4, 281—332).
Matthes, J. C., Hexateuchkritik (Th. Tijds. 1902, 1, 45—64).
Lofthouse, W. F., The Hexateuch and the Gospels: A Parallel (ExpT
XIII 565—567).
Holborn, A., The Pentateuch in the Light of To-day. Being a Simple
Introduction to the Pentateuch on the Lines of the Higher Criticism
(8°. 124. Edinburgh, Clark. 28).
Nestle, E.,. 2 Rg 22 auf Dt bezogen durch Hieronymus, Procopius von
Gaza, Chrysostomus (ZatW XX11 170f 312.
Klostermann, Beiträge zur Entstehungsgeschichte des Pentateuchs (NkZ
1902 Nr 1, S. 8-53; 5, 378— 401; 6, 428447; 9, 677— 720).
Saccheri, J., De auctoritate historica Pentateuchi (Div. Thom. XXIII
5—26 113—134): Hält sich an die traditionelle Anschauung.
M’Garvey, J. W., The Authorship of the Book of Deuteronony with its
Bearings on the Higher Criticism of the Pentateuch (8". XXIII u. 304.
Bibliographische Notizen. 99
Cincinnati, Standard Pub. Co. $2.—): Entscheidet sich für die Autor-
schaft des Moses.
Anne F., Babel und Bibel. Ein Vortrag (52, illustr. Lp., Hinrichs.
M 2.—.). Das 16. Tausend ist ausgegeben worden. Die Kühnbeit und Sicher-
heit d. Aufstellungen forderte den Widerspruch aus Fachkreisen in Schriften,
Aufsätzen und Rezensionen heraus. — Ins Englische übersetzt v.T.J. McCor-
mack (8°. Il u.66, ill. Chicago, Open Court Pub. Co. 50 cts). — Schriften
über „Babel und Bibel“: Babel - Hypothesen (Deutsche Israel. Ztg XIX
Nr 27 31, vgl. 8 10 13): Hält strikte an der Abhängigkeit Babels von
der Bibel auch für das 3. Jahrtausend fest! — Baentsch, Babel und Bibel
(Prot. Monatsh. VI 8,287—297)= Bae. (Sigel, gebrauchtim folgenden Referat).
— Barth, J., Babel und israelitisches Religionswesen. Vortrag. (8°. 36. B.,
Meyer und Müller. Er —.80). — Bonnes, F., Bibel contra Babel und Bibel (8°. 68.
Celle, ben M —.10). — Cornill, C. H., Referat in Deutsche Lit.-Ztg
1402 Nr 27. — E. B., Welches Licht werfen die Ausgrabungen in Babylon
auf die Bibel? (Reform. Kztg 1902 Nr 2 — Engelkemper, rw. Babel und
Bibel (Germania 1%2 Nr 31 32). — Gall, A. v., Die atl Wissenschaft und
die keilinschriftliche Forschung (Arch. f. Religionsw. V 4, 289—339).
Grützmacher, R., Leitmotive für die religionsgeschichtliche Forschung (Ev. ztg
LXXVI Nr 18, 409f): Beide, Babel und Bibel, können auf eine gemeinsame
Quelle zurückgehen. — Halevy, J., Referat (Rsem X 186—187)—= Ha. — Hertz-
berg, v., Babel und Bibel (Ev. Kztg LXX VI Nr 29, 673f): protestiert gegen
den Vortrag von Oettli (vgl. ne — Hommel, F., Die altorientalischen
Denkmäler und das Alte Testament. Eine Erwiderung auf Prof. Fr. Delitzschs
„Babel und Bibel“ (8%. 38. B., Deutsche Orient-Mission. M 1.—)=Ho. —
Jensen, P., Babel und Bibel (Christl. Welt 1902 Nr 21, 487—494)—= Jen. —
leremlas, A., Im Kampfe um Babel und Bibel (38. Lp. ‚ Hinrichs. M —.50).—
Kaulen, F., Referat (Lit. Handweiser 1901,2 r 766,7, 457—468). —
Keil, P., Babel und Bibel ne bonus XV 1/2, 57—73). — Kittel, R., Jahve
in „Babel und Bibel“ (IhLbl XXIII 193—196). Noch einmal Jahve in
„Babel und Bibel“ (ebd. 209-211) Den Monotheismus in „Babel und Bibel“
(Allg. ev.-luth. Kztg 1902 Nr 17) = — Kittel, R., Die babylonischen
ATI und die biblische‘ ar (89. 36. Lp., Deichert.
M —.80). — Knieschke, W., Bibel I Babel, El und Bel. Eine Replik auf
Friedr. Delitzschs Babel und Bibel (80, 64. B., Ak. Buchh. 7M 1.—) =
Kn. — Köberle, J., Religionsgeschichtliche Bedenken zu „Babel und Bibel“
(Allg. ev.-luth. Kztg 1902 Nr 27, Sp. 626—633) = Köb. — König, E., Bibel
und Bo Eine kulturgeschichtliche Skizze. 6. Aufl. (80. 51. B,, Warneck,
M — = Kön. — Küchler, F., Bibel und Babel. Literatur (Christl.
Welt x I I Nr 40 u. 44): Referat. — Lempfuhl, H., Die assyrischen Keil-
inschriften und ihre Bedeutung für uns „Protestantenbl 1902 Nr 24,
185—188): Referat ohne Kritik. — Oettll, Der Kampf um und
Babel (8°. 32. Se Deichert. M — .80) = 0% _ Rosenthal, L. Babel
und Bibel oder egen Bibel? Ein Wort zur Klärung Non 31.
B., Isr. Wochenschr. Er —.40): Die Bibel erleide keine Einbulse; auf
sachliche Punkte geht er nicht ein. — Ders., Zurück zur Bibel (80. 50.
B., Poppelauer. M —.60). — Sartorius, Babel und Bibel (Ev. Kztge LXXVI
Nr 20, 457—460)\. — Selbst, Zur Literatur über „Babel und Bibel“ (Kath
LXXXII 455—460). — Volck, Eduard König über „Babel und Bibel“ ie
ev.-luth. Kztg 1%2 Nr 36): Verteidigt K. gegen Winckler, Nor
deutsch. Allg. Ztg Nr 180. — Wolff, Babel und Bibel (Ev. Kztg LXXVI
Nr 28, 667—662; Nr 32, 752f). — Dals das Material schon bekannt
sei, neu nur die "Sicherheit der hypothetischen Aufstellungen, ist eine
fast allgemeine a der Erwiderungen. Im einzelnen meist ab-
lehnende Stellung ie Sicherheit der Entzifferung babylonischer Texte
(dagegen Kaulen) mag man dahingestellt sein lassen; sie mülste in spe-
ziellen Fällen angezweifelt werden. Für die Segensworte Nm 6, 24ff
(D.S. 24) genügt die allgemeine Bilderrede, ohne auf Babel zu rekurrieren
7*
100 Bibliographische Notizen.
35f. Ha. Jen, Aus Chaldäa stammt der Sabbat, gesteht Ho.
18f D. (29) zu; ablehnend Kn. 31, Cornill, Ha., Jen., bes. eingehend
Barth, Oe. 29. Bae. erkennt die Sintflut als babylonisches Eigentum
wıe D. (29) an, ebenso Oe.; Barth 34 hält sie für gemeinsamer Quelle
entstammend; abgelehnt bei Kn. 23ff. Für die biblische Schöpfungsge-
schichte nimmt Ho. 19 ff eine chaldäische Vorlage an, der auch die be-
bylonische entstammen mag. Auch Bae. stimmt hier D. zu. Die Gegen-
instanzen würdigt am besten Kön. 30. In Tiamat negiert Jen. die von
D. so sehr urgierte Gestalt eines Drachen. Is 51, 9 handelt vom Durch-
zug durch das Rote Meer (Kön. 26. Kn. 15. Barth 28). Gegen die Ab-
leitung des Dekaloges aus Babel (35) siehe Kn. 32, Cornill, Jen. Der
Begriff! der Sünde (37) findet sich nicht in biblischem Sinne in Babel
(Ve. 26f. Köb.). Die vielbestrittene Deutung des bekannten Siegelcylin-
ders auf den Sündenfall (37) erkennen nur Ho. u. Bae. an. Die Cherubim
(41) hängen mit Babel nicht zusammen (Kn. 21. Kön. Jen, „Eli“ =
„Ziel“ erkennt nur Ho. 12 an. Monotheismus in Babel durch D.s Gründe
nicht erwiesen. Die Lesung „Jahwe“ auf babyl. Täfelchen wird von
Jen. als richtig, von Kön. als möglich anerkannt. Bae. gesteht wenig-
sten eine Beziehung zwischen dem zu lesenden Jahu und Jahwe zu; sonst
bekämpft man scharf diese Lesung und Deutung als unrichtig, ja unmög-
lich (Cornill, Ho., Barth, Ha.). Ob die Israelıten Kanaanäer sind, vgl.
Kön. 161, Jen., Bae. Ho. erneuert auch hier seinen energischen Protest
gegen die Pentateuchkritik. Allerdings will Ho. den strengen Inspira-
tionsbegriff beseitigt wissen, und seine astralmythischen Darlegungen über
die 10 Urväter werden Widerspruch finden. Vielfach setzt er an Stelle
von Babel Chaldäa oder Arabien. — In einer Zuschrift an die Verlags-
handlung hält D. seine Behauptungen aufrecht (vgl. ThLz 1902 Nr 16, 404).
Deiches, $S.,] Aus Briefen des Herım S. Deiches an C. Bezold (ZA
XVI1 24, 4031): Gegen „Jahwe“ im Babylonischen; liest Ja-pi (re*?).
Bezold, C., Assyriologische Randbemerkungen (ZA XVI 2/4, 415ff):
Ebenfalls gegen dıe Lesung „Jalıwe“ (Ja-a-bı).
Zöckler, Die biblische Urgeschichte und ihre babylonischen Parallelen
(Bew. d. Glaub. 192, 1U7—111): Keferat über die Kritik Hommels gegeu
Zimmern in ThLbl 1901 Nr 47.
Stuoken, E., lätar's Höllenfahrt und die Genesis (Mitt. d. vorderas. Ges.
Vi 4 121-158): Die elt „Motive“ der Istarlegende findet er zum
Teil bei Hagar, Moses, Lot, Jakob, Rebekka, unterstützt von einer über-
wuchernden Phantasie und den nötigen Teext- u. Sachveränderungen an der
Bibel. — Grün die Farbe des Mondes (ebd. 159—165): Beziehungen zwi-
schen Benjamin und Mond. — Ruben im Jakobssegen (ebd. 166—189): Auch
Ruben Gn 49, 3—4 (vel. ZA Vll 161fl) ist auf den Tierkreis zu beziehen.
Sanda, A., Zur biblischen Urgeschichte (ZkTh XXV1 194—196): Leitet
„bypotbetisch“ die Namen Adam, Eva, Abel, Seth als volksetymologische
Umbpildungen aus dem Sumerischen ab.
Grass-Klanin, L. v., Naturgeschichte des menschlichen Verkehrslebens (8°.
Vl1ll u. 240. B. Parey. M 6.—): Die Weiltwirtschaftslehre ist eigent-
lich schon fertig gegeben in Gn 1—9. Eine Blütenlese daraus von V.
Zapletal OÖ. Pr. in Monatschrift für christl. Sozialreform, Oktober 1902.
Radau, H., The Creation-Story of Genesis Il. A Sumerian Theogony
and Cosmogony (gr. 8°. VL u. 70. Chicago, Open Court Publ. Comp.).
Zapletal, V., Ö Pr., Der Schöpfungsbericht der Genesis (1, 1—2, 3).
Mit Berücksichtigung der neuesten Entdeckungen und Forschungen er-
klärt (8°. IV u. 104. Freiburg i. Schw., Univ.-Buchh. M 3.—): Das
Schema der Schöpfungswerke baut er auf der „productio regionum et exer-
eituum“ (x=5) auf. Rez. folgt.
Kaulen, Fr., Der biblische Schöpfungsbericht (Gen 1, 1—2, 3) erklärt (8°.
IV u. 94. Freiburg i. Br., Herder. M 1.—): Als Grundlage für Vorlesungen
bestimmt, hält sich diese Erklärung in prägnanter Kürze an den hl. Text.
Bibliographische Notizen. 101
Der Text in seinem genauen Wortlaut ist Leitnorm für das Verständnis.
Eine scharfe Opposition tritt hervor gegen Versuche, den biblischen Be-
richt als populäre oder ursprünglich mythologische Schilderung zu fassen.
Volck, Inhalt und Bedeutung des biblischen Schöpfungsberichtes (Allg. ev.-
luth. Kztg 1902 Nr 10,11, 218— 222 242—246): Selbständigkeit und erhabene
Einfachheit zu rühmen.
Siade, &6., Water, Dust and Heat, or Comments on the First of Ge-
nesis (80%. Ld., Parsmore. 18).
Maspero, G., Sur la Toute-puissance de la Parole (Rec. de Trav. relat. & la
Phil. et a l’Arch. egypt. et assyr. XXIV 3,4, 168—175): In einer äg. Inschrift
findet er ausgesprochen, dals die Schöpfung durch das Wort geschehen sei.
Riedel, W., Alttest. Untere. I 42—47: Die Gottebenbildlichkeit des
Menschen: Imago und similitudo ist von den griech. Kirchenvätern auf
nd Fi n 26 ff an wer BT. ae nn
errier, 08E scienti uw second chapitre de enese et questi
afferentes a la Or£eation 180, Vi u. 212. P., Vic et Amat. Fr 2.50).
Hymmen, E., Das Paradies der Bibel, der arischen Völker und Götter
Urheimat, ultıma Thule, sowie das varianische Schlachtfeld mit Hilfe
niederrheinisch-bergischer Mythenforschung aufgefunden in den Rhbein-
landen. 2. Aufl. (8°. VIII u. 107. Lp., Fock. M 2.—).
Wright, 6. Fr., Geological Confirmations of the Noachian Deluge (Bs LIX
Nr 234, S. 282293; Nr235, 537—556 ; Nr 236, 195— 716): Die Veränderungen
in der Landerhebung in geschichtlicher Zeit sind ein Beweis. Die Eis-
periode reicht hin zur Erklärung der Bibelerzählung.
Adams, 6. A., Where was the Flood? (Bs LIX Nr 235, 579-583): Be-
schränktheit der Flut.
Sanda, A., Ararat (Unters. z. K.d.a. Or.: Mitt. d. vorderas. Ges. VII 2,
14—38): Gn 8, 4 nicht Urartu (assyr.), sondern Gebirge A-ra-ar-di (Kardu).
Dornstetter, P., Abraham. Studien über die Anfänge des hebräischen
Volkes. Bibl. Studien VII 1—3(80. X11 u.280. Freiburg i. Br., Herder. M 6.—):
In weitestem Sinne zieht D. die geschichtlichen u. literarischen Probleme,
die die Abrahamserzählungen der Bibel bieten, in die gegen die Kritik
gerichtete Erörterung. Das Interesse wird bis zur letzten Seite rege er-
alten, und D. weils mit umfassender Literaturverwertung zu imponieren.
Dais bei der Fülle der besprochenen Punkte die Lösung oft eine mehr
tbetisch behauptende als kritisch untersuchende werden mulste, ist klar.
Auch sonst mag von mancher Seite eine zu rasche Zustimmung gegen-
über die Tradition unterstützenden Hypothesen darin gefunden werden.
Schultze, H., Mu/s Abraham als eine geschichtliche Person angesehen
werden? (Ev. Kztg LXXVI Nr 5,6, 98104 128—136): Schon auf Grund
des A u. NT allein zu bejahen.
Ossterley, W. 0.E., The Sacrifice of Isaac (PSbA XXIV 6, 253—260): Die
Erzählung will Israel von der Rückkehr zum ehedem dort gebräuchlichen
Menschenopfer abhalten.
Driver, S. R., Jacob’s Route from Haran to Shechem (ExpT XIIL 457
bis 460): Der Weg wird bestimmt hauptsächlich auf Grund der Möglichkeit
des Zuges für Jakob und seine Herden.
Moor, F. de, La benediction prophetigue de Jacob (8°. 125. Bruxelles, Soc.
belge de libr. Fr 2.—).
Strachan, J., Hebrew Ideals from the Story of the Patriarchs \8V. 204.
Edinburgh, Blackwood): Exhortatorisch.
Blake, B., Joseph and Moses, the Founders of Israel (8°. 290. Ld., Clark. 4).
Stewart, H. F., The Book of Exodus. With Introduction, Notes and a
Map. Books of the Bible (12». 162. Ld., Rivingtons. 18 6d\.
Wright, 6. Fr., The Years of Plenty and the Years T Famine in Eyypt
(Bs LIX 169—174): Verursacht durch Öffnung oder Schlielsung zentral-
afrikanischer Seen.
Paton, W. R., „Put off thy Shoes from off thy Feet“ (Classical Review
102 Bibliographische Notizen.
for July, nach ExpT XIV 1): Die Schuhe waren aus Tierfellen und, weil
von etwas Totem stammend, unrein.
Lotz, W., Der Bund vom Sinai (NkZ XIII 181—204; vgl. XII [1901]
561 —580 631 —655 859—875): Hältan der Geschichtlichkeit des Sinaibundes
fest. Die Bundesiade ist Aufbewahrungsort für die zwei steinernen Tafeln.
Riedel, W., Alttest. Unters. 1 48-51: Der Kultusort nach dem Bundes-
buche: Ex 20, 24—26 setzt nicht nach der „Tendenzkritik“ eine Vielheit
von Kultstätten voraus, sondern a Als Opferstätte ein Altar, dagegen
die Schlachtung ist „im ganzen Gebiete“ gestattet.
Kautzsch, R., Der Ursprung der zehn Gebote (Protestantenbl. 1902, 7,
49—51; 8, 60-61): Der Dekslor Ex 20 u. Dt 5 entstammt dem 7. Jahrh.,
der kultusfeindlichen Prophetenzeit, Ex 34 der älteren kultusliebenden
Phase der Religion.
Riedel, Exodus 24,12 (StKr LXX VII. I[1903] 1, 161—163): ra. ist kor-
rumpiert aus Yrrem1; 1barıı ist ergänzt.
(Winckler, H.) Menschenschrift und Gottesschrift (OrLz V 120): Die Men-
schenschrift Is 8, 1 = gewöhnliche Buchstabenschrift (Altor. Forsch. III
164 ff) im Gegensatz zu Keilschrift —= Gottesschrift. ie Gesetzestafeln
Ex 32, 16 also in Keilschrift geschrieben gedacht.
Sinker, E., „The Carcases of Your Idols“ (ExpT XIII 383f): Zu Lv 26, 30.
Vincent, H., La grappe d’Echkol (Rb XI 4, 600f): Das bekannte Relief
zu Nm 13, 23.
Vollert, W., Bileams Weissagung vom Stern aus Israel (Zeitschr. f. ev.
Rel.-U. 1902, April, 227—232). |
Macray, W. D., A supposed Reading of Deut. XX XII, 39 (JthSt LIINr11,
451): Die Lesart: „ego occidar ... ego percutiar“ soll bezeugt sein.
ß) Die geschichtlichen Bücher.
Müller, W. M., Ein paläst. Stadtname in ältester Überlief. (OrLz V 4,
160): In Amarna 252 und Karnakliste Nr 58 = o"sru Jos 19, 22 (st. uırrz®).
Müller, M., Ein Name der Palästinaliste von Karnak (OrLz V 4, 136—138):
Ha-a-y = „or Jos 19, 29.
Lagrange, M.-J., Introduction au Livre des Juges (Rb X15—30): Text-
kritik, Literarkritik. Spuren von verschiedenen Quellen, E und J, finden
sich, nicht identisch mit den Pentateuchquellen. Letzte Redaktion viel-
leicht zur Zeit des Esra. Uber Chronologie.
Seyring, F., Die alt-israelitische Religion in den „Heldengeschichten“ des
Richterbuches. Wissensch. Beil. z. Ber. der Realschule in Eilbeck 1901,2
(8. 45. Hamburg, Herold): Folgt der Wellhausenschen evolutionistischen
Auffassung von der Religion Israels im ganzen und einzelnen.
Rothstein, J.W., Zur Kritik des Deboraliedes und die urspr. rhythmische
Form dess. (4dmG LVI 175—208 437—485): Drei Hebungen im Halbvers
und zweizeilige Strophen sind sicher. Sucht den Urtext zu bestimmen,
zunächst Idc 5, 19—25.
Renzer, J.S., Die Hauptpersonen des Richterbuches in Talmud u. Midrasch.
l. Simson (8%. 44. B., Calvary. M 1.50): Stellt die Aulserungen der
Hagada über S. der zeitl. Aufeinanderfolge nach übersetzt zusammen.
Smend, R., Über Idc 16, 13.14; 18,31 (ndrbz st. m>woa zu lesen) (ZatW
XXII 159-161).
Black Armstrong, Ruth: a Hebrew Idyl (Exp 1902, May, 360—366).
Douglas, &. C. M., Samuel and his Age (8°. 800. Ld.).
Nowack, W., Die Bücher Samuelis übersetzt und erklärt. Handkomm.
z. AT 14 (8%. XXIV u. 262. Göttingen, Vandenhoeck. M 5.80).
Budde, K., Die Bücher Samuels erklärt. Kurzer Hand-Commentar zum
AT, Abt. VIII (8%. Tübingen, Mohr. M 7.—).
Marshall, F., The First Book of Samuel (8°. 238. Ld., Gill. 18 6d).
Jastrow, M., The Name of Samuel and the Stem Sha’al. Actes du XIIe
Congres internat. des Oriental. Rome 1899 Ill 1,127f (Florenz, Soc. typ. Flor.).
Bibliographische Notizen. 103
Krezmär, A., Chronologische DIN SngEn ür die Zeit von der dritten
Union beider Anypten bis zur Eroberung durch die Perser (von Ahmessu 1.
dis Psamtek Ill.) und über die chronologische Ordnung der Könige von
Israel und Juda. Sitzungsber. der königl. böhm. Ges. d. W. 1401 (8°. 31.
Prag): Erstes Regierungsjahr des Salomon 962/1. Teilung des Reiches 932.
Boehmer, J., Gottes Gedanken in Israels Königtum. Beiträge z. Förd.
christl. Theol. Vl 3 (79. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.60): Das König-
tum von „Gottes Gnaden“ ist in Gottes Absicht gelegen.
Witt, 3., Saul und David. Eine Erklärung der Bücher Samuelis (8°,
359. Kiel, China-Mission. M 2.40; eleg. geb. M 3.40): Erbaulich.
H J., David and Jonathan (8°. 224. Ld., Rel. Tract. Soc. 28).
Ingraham, J. H., The Throne of David nom the Consecration the
Shepherd of Bethlehem to the Rebellion of Prince Absalom (12. Vu
394. N. Y., Bart Co. $1.—).
Bennett, W. H., Note onthe LXX of 1 Sam 2,65 (ExpT XIII 234): Erı st. ön.
Bennett, W.H., The Coffer (Argaz). Note on the Text of 1 Samuel 6,8
(ExpT XII 234): =x änderte man in raw.
Bonkamp, B. H., Die Eroberung von Samaria und das vierzehnte Jahr des
Ezechias (TQS LXXXIV 161—168): Achaz regierte gegen 2 Rg 18, 1ff
nach 16, 1 bis zum 13. J. des Ezechias. E. besteigt also den Thron um 10 J.
später, und sein 14. J. ist 704,3, also nahe bei 701. Ins 6. Jahr vor dem
Regierungsantritt des Ezechias ist also die Eroberung Samarias zu datieren
statt nach demselben.
Präsek, J. V., Sennacherib's Second Expedition to the West and the Siege of
Jerusalem (ExpT X 11 225— 229 405 —408; X111326—328): Winckler folgend,
bezieht der Verf. 2 Rg 19, 10-37 auf einen nur in der Bibel bezeugten
zweiten westlichen Feldzug Sennacheribs (691 —686).
Peiser, F.E., Ist Kenntnis assyrischer Sprache im vorexilischen Jerusalem
vorauszusetzen? (OrLz V 41—44): 2 Rg 18,17 ff sei späteres Machwerk.
In späterer Zeit mulste aus dem zu erwartenden nor ein nn“x werden.
Hartmann, M., Noch einmal zu 2 Kge 18, 17 ff (OrLz V 117—119): Auch
er hält no" als anachronistisch für n"ıox stehend.
Halevy, J., L’Authenticite du röcit II Rois X VIII, 17—36 (Rsem X 179
bis 185): Gegen OrLz V 41—44 hält er nw"x für richtig. Vers 32 sucht
er textkritisch zu sichern.
Guidi, I., Analecta exegetica (Rb XI 398): 2 Rg 19, 35 mit Herod. 2, 141
so zu vereinbaren, dais die nach H. auftretenden Ratten die Pest im Heere
des Sennacherib 701 bewirkten.
Müller, P. A., S. J., Bibel und Gnomonik (Nat. u. Off. XLVIII 257—273
340-855 406—419): Wendet sich gegen C. Flammarions Erklärung des
Wunders an der Sonnenuhr 2 Rg 20, veröffentl. in L’Astronomie 1885,
521 ff, Isaias habe sich eines Kunstgriffes bedient.
Halevy, J., ‘Affän, Khillit et Millit (Jas ser. IX t. XIX 356 ff): In
der bereits ZdmG 1901 523ff mit 2 Rg 22 identifizierten Erzählung
aus „Tausend und eine Nacht“ vergleicht H. „Us mit ed 2 Rg 22, 10.
Kittel, R., Chronik übersetzt und erklärt. Handkomm. z. ATI 6, 1 (8°.
XVI u. 180. Mit 1 Tab. Göttingen, Vandenhoeck. M 4.—).
Rothstein, 3. W., Die Genealogie des Königs Jojachin und seiner Nach-
kommen (1 Chr 3, 17—24) in geschichtlicher Beleuchtung. Eine kritische
Studie zur jüdischen Geschichte und Literatur. Nebst einem Anhange:
Ein übersehenes Zeugnis für die messianische Auffassung des „Knechtes
Jahwes“ (8%. 162. B., Reuther. M 5.—): Die Söhne Jojachins sind nicht
alle nach der Befreiung aus der Gefangenschaft (61) geboren; die Namens-
deutungen setzen eine andere Lage des Königs voraus. "sx:o ist "3209
zu lesen und babylonischer Name für me. Serubbabel ist nach 1 Chr
3, 19 Pedajas (nicht Sealtiels) Sohn. — Uber Anhang s. unten S. 108.
Holzhey, C., Die Bücher Esra und Nehenia. Untersuchung ihres litera-
rischen und geschichtlichen Charakters. Studien zur alttestamentlichen Ein-
104 Bibliographische Notizen.
leitung und Geschichte. 2. H. (8°. 68. München, Lentner. M 1.80):
H. setzt seine in einem 1. Hefte (Das Buch der Könige [Reg Ill. IV.].
Untersuchung seiner Bestandteile und seines literarischen und geschicht-
lichen Charakters. 68. M 1.60) begonnenen Studien fort. Er gibt eine
klare Übersicht über die verwickelten Probleme der Bücher Esdras und
Nehemias, macht auch bemerkenswerte Vorschläge zur Lösung derselben.
Doch wird er schwerlich mit allem Anklang finden. Näheres wird ein
Aufsatz in den folgenden Heften dieser Zeitschrift bringen. P. Rielsler.
Jampel, S., Die Wiederherstellung Israels unter den Achämeniden (MGWJ
XLVI 97-118 206—229): Kritik der bisherigen Anschauungen über Ent-
stehung von Esr und Neh mit neuem Versuch der Quellenscheidung.
Bertholet, A., Die Bücher Esra und Nehemia. Kurzer Handkommentar
zum Alten Testament hrsg. von D. Karl Marti, Lfg 17 (8°. XX u.
112. "Tübingen, Mohr. M 2.50; für Abn. des ganzen Werkes M 2.—):
Dieser Komm. bildet zu dem 1901 erschienenen Komm. Siegfrieds (Hand-
komm. z. Alten Test. hrsg. von Nowack) eine willkommene Ergänzung. Be-
sonders dankenswert ist die Geschichte der an den Büchern Esdras u. Neh.
eübten Kritik, sowie die unter Verwertung von Ergebnissen der babylon.
Expedition Hilprechts gefertigte Liste der Eigennamen. Näheres in einem
folgenden Aufsatze. P. Rielsler.
Gelbbaus, S., Nehemias und seine social-politischen zunnn Zur Ge-
schichte und Literatur des zweiten jüdischen Staatswesens. (8°. 51. Wien,
Löwit);: Das Schriftchen enthält neben anfechtbaren Behauptungen,
z. B. Beziehung der Ps 112, 127, 139 und 140 auf Neh., manche anregen-
den Gedanken. Interessant ist der Nachweis von Nehemias’ königlicher
Abstammung. Der Verf. führt auch verschiedene Talmudstellen an, die
geeignet sind, einige dunkle Partien in den Büchern Esr und Neh auf-
zuhellen. ; P. Rieisler.
Howorth, H. H., The Hezapla and Tetrapla of Origen and the Light, they
throw on the Books of Esdras A and B (PSbA XXI1V 4,5, 147—172).
Girdlestone, B., Notes on the comparative Value of the two Recensions of
Ezra (PSbA XX1V 1, 14—16). — Reply by H. H. Howorth (ebd. 16—20).
Levi, Isradl, La langue originale du Livre de Tobit (REj XLIV Nr 88,
288—291): Die Übers. stammt aus dem Hebräischen. "ax im Gr. zu mx
verlesen.
Oppert, J., Sogdianus, König der Perser (ZA XVI1, 1—14): S.8. Die
zwei Hauptpersonen des Buches Esther haben altpersische Namen.
Fuchs, $. Ester 9, 23. 27. »sp (OrLz V 897f) = assyr. kabälu.
Hochfeld, Die Entstehung des Hanukkafestes (ZaaW XXII 264—284):
1 Mach 4, 36—59 ist richtig gegen 2 Mach 10, 1—8; 1,9.18. 2 Mach
pharisäische Tendenzschrift.
yY) Die poetischen Bücher und Lehrschriften.
Kautzsch, E., Die Poesie und die poetischen Bücher des AT. Sechs Vor-
träge (8V. VIL u. 109. Tübingen, Mohr. M 2.—; geb. M 3.—): Für weitere
Kreise berechnet, enthält die Schrift erschöpfend alles Wissenswerte über
den Gegenstand. Einem Strophenbau steht der Verf. skeptisch gegenüber.
Vom Rhythmus erkennt er den sog. Klageliedvers an. Es gibt opfer-
feindliche Psalmen. Zur Erklärung des Hohenliedes dient die Wasf-
Hypothese. Job einheitlich.
Schlögl, P. M., Die heilige Poesie der Hebräer, III (Die Kultur III
489—501): Ausgewählte Stücke in rhythmischer Übertragung.
Delitzsch, F., Das Buch Hiob neu übersetzt und kurz erklärt. Mit
sprachlichem Kommentar (80%. 179. Lp., Hinrichs. M 6.—): Die Bestand-
teile werden nach den bekannten kritischen Anschauungen unterschieden.
Die Übersetzung enthält eine sehr grolse Anzahl neuer Auffassungen;
grolses Gewicht legt er auf die sprachliche Seite, das Assyrische wird
hervorragend herbeigezogen. Wichtig auch für die Sprachwissenschaft.
Bibliographische Notizen. 105
König, E., Das Problem der Hiobdichtung (Zeitschr. f. ev. Rel.-U. XIV).
Möller, E., Der echte Hiob (8%. 40. Hannover, Rehtmeyer. M 1.50):
Kap. 3—31 hauptsächlich; Job ist nicht mehr und nicht weniger als Atheist,
oder wenigstens hält er Gott für absolut ungerecht.
Lewis, The Story of Job. A Glimpse into the Mystery of Suffering
(8°. 230. Ld., Marshal. 28 6d).
Spoer, H. H., Emendations ın the Text of the Book of Job (AmJsemL
XIX 1, 52f): 8,8.9. 14, 13,28; 14, 1.10. 22; 19, 20.29; 21, 16. 17.
Clermont-Ganneau, M. J., Dannaba and Job's Country (PEF 1902,
10—15): In LXX zu Jb 42,18 wird Job zum Nachfolger des Balaq in
Dinhaba gemacht. Nach Dannaba im Hauran hat dann die arabische
Legende Jobs Heimat verlegt.
Hontheim, J., S. J., Bemerkungen zu Job 27; 28; 40, 2—14 u. 42, 2—6
ZkTh XXVI 598-604 385—893 197—204): Textkritik, Übersetzung,
edankengang, strophische Gliederung.
Lietzmann, H., Der Psalmencommentar Theodors von Mopsuestia (Sitz.-
Ber. der k. preuls. Ak. d. W. zu B. 1902. XVI XVIl XVIII): Cod.
Coisl. 12 fol. 10 beginnt eine von Photius verfalste Katene. Fol. 82v von
Ps 32 ab bildet Theodorus von M. den Grundstock der Katene.
Kirkpatrik, A. F., The Psalms: The Cambridge Bible for Schools and
Colleges (Cambridge, Univ. Pr.).
King,E.6., The Psalms in Three Collections LI (Cambridge, Deighton Bell).
Boulleret, H., Les psaumes selon la Vulgate; leur veritable sens lıtteral
(8%. VI u. 459. P., Roger & Chernoviz)
Grundi, P. B., Das Buch der Psalmen. Für das deutsche Volk be-
arbeitet und mit kurzen Erklärungen versehen. 2. Ausg. (16°. IV u. 210.
Augsburg, Huttler. Geb. M —.60). NT 1900 erschienen. 2 Bde (M 2.50).
Kaufmann, M., Psalms of the East and West (Exp 1902, June 446—458; July
a Vergleich des Psalters mit dem modernen Buch „Psalms of the
est“.
Grimme, H., Psalmenprobleme. Untersuchungen über Metrik, Strophik
und Paseq des Psalmenbuches. Collectanea Friburgensia. N. F. III (gr. 8°.
V1Il u. 204. Freib. i. d. Schw., Univ. - Buchh. M 7.20): Die Uhnter-
suchungen an dem für Metrik besonders geeigneten Psalmenbuche be-
rühren eine Reihe der wichtigsten Probleme. Seine metrischen Ansich-
ten im „Abrifs der hebräischen Metrik“ 1896 berichtigt G. Der Schwer-
unkt liegt in der Anwendung seiner Metrik zu Emendationen, oder
sser um Fehler zu entdecken; verbessern mu/s meist Konjektur, seltener
ein Zurückgreifen auf LXX, insbes. auch Peschittho usw. Manche
lückliche Konjektur. Bestimmung des Versmalses für die einzelnen
Palmen (manche Anderung der früheren Anschauungen). Metrischer
Wechsel lälst einheitlich erscheinende Teile scheiden, metrisch gleiche
Zusätze lassen Psalmensammlungen finden und sogar zeitlich fixieren.
Paseg-Legarmeh ist ein Variantenhinweis für geringere Versstörungen.
Engert, Th., Der betende Gerechte der Psalmen. Historisch-kritische
Untersuchung als Beitrag zu einer Einleitung ın den Psalter. Gekr.
Preisschr. (8°. IV u. 134. Würzb., Göbel. M 2.—): Es ist die Gemeinde,
die in den Psalmen betet, gerecht genannt, weil bundestreu. Dies das
Resultat der eingehenden Untersuchung über das aktuelle und interessante
Thema. Die einheitliche Deutung mülste erst die Probe der vollständigen
Durchführung bestehen. Bedenken hege ich gegen die vorausgesetzte
allegorische Terminologie. Die Frage nach späterer Umänderung in kol-
lektivistischem Sinne ist nach E. jetzt nicht mehr zu lösen.
Mäcklenburg, Über die Auffassung des Reiches Gottes resp. über den
Begriff des göttlichen Königtums in den Psalmen (StKr 1902, 525—555):
1. Psalmen mit dem Königtum Jahwes ohne menschliches Medium.
2. Psalmen mit einem Davididen als Vermittler des Königtums Jahwes.
Matthes, J. C., Die Psalmen und der Tempeldienst (ZatW XX1I 65—82):
106 Bibliographische Notizen.
Der Psalter ist Tempelliederbuch (gegen Duhm, Pss XX1V), enthält wohl
meist kollektiv gedachte Lieder.
Kaminka, A., Altarmenische Psalmenüberschriften (ZatW X XII 121—1328):
Anschliefsend an ZatW XV1 260 ff.
Weir, D. D., Notes on the Text of the Psalms (Exp 1902, 156—160 236— 240).
Zenner, J. K., S. J., Psalmenstudien. 1. Ps 8 (ZkTh XXVI 70-80):
Korrekturen zu XXIII 371 ff; Vers3 ist von Mt 21,16 abweichend zu erklären.
Nestle, E., Psalm 18,2 (ZatW XXII 314 f): St. arm zu lesen "ou".
Chajes, H. P., Ps. X XIX, 9 (OrLz V 209): St. mm ist mb —= „Gemsen“
zu lesen. nor == „hervorstolsen“.
Hirsch. E. &., Note on Psalms 34 and 25 (AmJsemL XVIII Nr 3,
167—173): Durch Umstellungen beseitigt er die Unordnung in den alpha-
betischen Psalmen.
Nestle, E., Ps 42,3 (ZatW XXII 306-809): Ein Zeugnis für mn (st.
OR).
Martin, W. W., A Psalmist’s Epithalamion (AmJsemL XIX 1, 49—51):
Ordnung der Lieder in Ps 45 mit kritischen Noten.
Guidi, J., Anal. exeg. (Rb XI 399): Ps 45, 2.
Deimel, A., S. J., 94, 8-11 (ZkTh XXVI Be
Halevy, J., Un passage de la Vuigate (Jas ser. IX, t. XIX 140—144): Zu
Ps 110, 3; das Fehlen von buy 7b ın V. wird erklärt.
a C., Inthe Palace of Wisdom: some modern Applications of the
Book of Proverbs (8°. 156. Ld., Sketfington. 23 6d).
Berry, 6. R., Some Textual Notes on Proverbs (AmJsemL XIX 1, 53f):
6, 26%; 18, 23%; 19, 27; 30, 31.
Scholz, A. v., Beilage zum Commentar über den Prediger (4 S.): Replik
auf die Kritik in der Theol. Rundschau IV (1902) 3261.
Kneller, C. A., S. J., Zum „schwitzenden Almosen“ (ZkTh XXVI 7791):
Gibt zu Funks Parallelstellen in der neuesten Ausg. der Apostellehre noch
mittelalterliche Anführungen. Hugo a St Caro stellt es zu Eccli 12, 1.
Hippolyts Kommentar zum Hohenlied. Auf Grund von N. Marrs Aus-
gabe des grusinischen Textes herausgeg. vonG. N. Bonwetsch (Lp.,Hinrichs).
Schlögl, N., ©. Cist., Canticum canticorum. Libri Veteris Testamenti
ope artis criticae et metricae quantum fieri potuit in formam originalem
redacti (gr. 8°. XVIII u. 8. Wien, Mayer. M 1.80): Leitet eine nach
den angegebenen Grundsätzen bearbeitete Ausgabe des hebräischen AT
ein. Die „Notae criticae“ fulsen meist auf den Anforderungen der Metrik.
Die Fufsnoten deuten die dramatische Anlage an.
Cornu, J., Das Hohelied in castillanischer Sprache des XIII. Jahrh.
nach der Hs des Escorial I. I. 6. (Aus: Festschrift f. W. Förster. 8°. 8.
Halle, Niemeyer. M —.50): Text mit den Varianten.
Harper, A., The Song of Songs: Cambridge Bible (120. LI u. %.
Cambridge, Univ. Pr.): Hält das Lied für eine Allegorie (ExpT XIII 554).
Haupt, P., The Book of Canticles (AmJsemL X VIIl1,1—32; 4, 193 - 245):
Einzelne Lieder (12). Versfolge will er mit Hilfe der Metrik herstellen.
Feldmann, Fr., Textkritische Materialien zum Buch der Weisheit ge-
sammelt aus der sahidischen, syrohexaplarischen und armenischen Über-
setzung (8°. V111 u. 84. Freiburg i. Br., Herder. M 1.20): Nach einer kurzen
Zusammenfassung der textkritischen Materialien folgt eine statistische Be-
handlung der Varianten obiger drei Übersetzungen, ohne dals sich sichere
Schlüsse ziehen lassen. Als 2. TI folgt eine Variantensammlung zum
ganzen Buch, die zugleich eine wohlabgewogene Textbehandlung bietet.
Peters, N., Die seitherigen Ausgaben der Bruchstücke des hebräischen
Eecclesiasticus (Theol. Rev. 1902 Nr 7).
Peters, N., Der jüngst wiederaufgefundene hebräische Text des Buches
Ecclesiasticus untersucht, herausregeben, übersetzt u. mit kritischen Noten
versehen (8%. XVI92u.448. Freiburg i. Br., Herder. M 10.—). Bespr. folgt.
Knabenbauer, J., S. J., Commentarius in Ecclesiasticum cum appendice:
Bibliographische Notizen. 107
Textus „Lcclesiastici“ Hebraeus descriptus secundum fragmenta nuper
reperta cum notis et versione litterali latina. Cursus $. Script. Pars II.
6. (8%. LXXXIII u. 476. P., Lethielleux). Besprechung folgt.
Ryssel, V., Die neuen hebräischen Fr te des Buches Jesus Sirach
und ihre Herkunft (StKr 1902 205—261 347—420).
Knabenbauer, J., S. J., Einiges über die neuentdeckten Stücke des Buches
Sirach (Stimmen a. M.-Laach LXIIl 526-539).
„u, S., Some Notes on Ben-Sira (ExpT XIV 47f): Zu Sir
4, 21; 48, :
Levi, Israßl, s citations de l’Ecclesiastique (REj XLIV Nr 88,
291—294): Im Testament Ephräms Sir 13, 14 xe’y 557 nach anderer Re-
zension. Targ. seni zu Esth Sir 50, 6.7 nachgeahmt. Tobias hat seine
Stellen dem hebräischen Original entlehnt.
Margoliouth, D. S., Three Notes on Ecclesiasticus (ExpT XXIII 331f):
14, 12 abhängig vom Talmud, 41, 14 auf Grund griechischer Vorlage ge-
bildet. M. hält noch die Nicht-Originalität des Textes fest.
Rosenthal, L. A., Zerstreute Bemerkungen zum hebräischen Sirach (MGOWJ
XLVI 49-52): Zu 49, 7.10; 44, 10 inhaltlicher Art.
Kautzsch, E., Die Apokryphen des Alten Testaments. Ausg. F der Text-
bibel des A u. NT (8%. 212. Tübingen, Mohr. M 2.—; geb. M 2.80): Zu
den Ausgaben der Textbibel A—E (Kombinationen von A u. NT zu-
sammen oder gesondert, mit oder ohne Apokryphen des AT) hat der
Verleger noch die Apokryphen gesondert zugänglich gemacht.
d) Die Propheten.
Procksch, O., Geschichtsbetrachtung und geschichtliche Überlieferung
bei den vorexilischen Propheten (8%. 176. Lp., Hinrichs. M 5.50): Den
Erörterungen, die sich selbstverständlich viel in Systematisierung und Kon-
struktion bewegen, laufen zahlreiche literarkritische Noten zur Seite.
Ein interessantes Kapitel behandelt in erschöpfender Weise der 2. Teil:
die Form der bei obigen Propheten sich findenden Überlieferungen wird
Zug um Zug mit den Erzählungen der historischen Bücher zusammen-
gestellt. Die Untersuchung gestaltet sich zu einer Nachprüfung der Penta-
teuchkritik, die im allgemeinen bestätigt gefunden wird.
Nowaok, W., Die Zukunftshoffnungen Israels in der assyrischen Zeit.
Aus den „Iheol. Abh.“ Festgabe zum 17. Mai 1902 für H. J. Holtzmann
(S.31—59. Tübingen, Mohr): Mittelpunkt der prophetischen Weissagungen
dieser Zeit ist das Gericht des Herrn; die Pukanftserwartungen haben
nur nebensächliche Bedeutung.
Les Esperances messianiques d’Israel, Esaie et les prophetes de son
öpoque (120. P., Fischbacher. Fr 3.—).
Duhm, B., Das Buch Jesaia übersetzt und erklärt. 2., verb. Aufl. Nowacks
Handkommentar zum AT. III1 (8°. XXI u. 446. Göttingen, Vandenhoeck.
M 8-—): Trotz seines Kritizismus nimmt er in Einzelheiten oft mit
Sarkasmus gegen die Malslosigkeiten anderer Kritiker Stellung, und darf
auch in diesem Sinne eine Förderung der Exegese des lsaias im Buche
gefunden werden.
Ley, J., Metrische Analyse zu Jesaia K. 1. (ZatW XXII 229—238): Is 1
ist ohne EBinschübe.
Bullock, M.A., Jehova’s Protest against the Altar Service (Bs LIX Nr 235,
529—5836): Is 1, 11—15; Jr 6, 20; 7, 21—23 protestieren gegen den Altar-
dienst als förmlichen, nicht mehr lebendigen.
an. E., Über Ergänzungen im Jesaiabuche (Zeitschr. f. ev. Rel.-U. 1902,
— 102).
Bırch, W. F., Sennacherib’s Catastrophe at Nob (Is 10, 28-32) (PEF 1%2,
April, 197 f}: Der Ort des Unglücks in der Nähe von Jerusalem. Der
Grund der Katastrophe ein schreckliches Gewitter.
König, E., Sebna und Eljakim (NkZ XIII 621—631): Zu Is 22, 15—25.
108 Bibliographische Notizen.
Liebmann, E., Der Text zu Jesaia 24—27 (ZatW XXII 1—56 285304
ohne Schlufls): Eingehende textkritische Behandlung.
Boehmer, Zu Jes 24—27 (ZawıW XXII 8332—334): Soll nach Inhalt, Stil
und Rhythmus sich als zweiteilig erweisen.
Zillessen, A., Bemerkungen zur alexandrinischen Übersetzung des Jaajs
(c. 40—60) (ZatW XX11 238—263): Die Varianten in LXX sind meist Zu-
sätze und Umgestaltungen auf Grund von Parallelstellen (gegen die Metriker).
Nikel, J., Die neuere Litteratur über Jes 40—66, insbes. über die Weis-
sagungen vom Gottesknechte (Theol. Rev. 1902 Nr 3. 4). Von 1892 ab.
Giesebrecht, Fr, Der Knecht Jahves des Deuterojesata (8°. 208.
Königsberg, Thomas. M 5.60): Stellungnahme zur neuesten Literatur
hierüber, meist polemisch. G.s Lösung: Der Knecht Jahwes ist das
ganze Volk Israel mit seiner Weltmission gegenüber dem Heidentum
50, 10. 11 werden als Glossen betrachtet; 53, 1—7 ist den Heiden in den
und zu legen). Hauptgründe sind ihm einmal der Zusammenhang und
dann die Identität des Knechtes Jahwes mit dem Israel des Deuterojesaia.
Die Ebed-Jahwe-Stücke sind in den Gesamttext hineingedacht, nicht etwa
zufällig oder nachträglich hineingekommen.
Moffat, R. M., The Servant of the Lord (ExpT XIII 7-10 67—69
174—178): Erbauliche Erörterung.
Volck, Jes 52, 13$—K. 53 (ThLbl XXIII 1—2 17-19 25—30): Teils
individuell, teils kollektiv. 52, 13ff individuell, erfüllt in Christus.
Rothstein, J. W., Ein übersehenes Zeugnis für die messianische Auf-
Jassung des „Knechtes Jahwes“. Eine Skizze. Anhang zu: Die Genealogie
des Königs Jojachin usw. (vgl. ob. S. 103). S.121—162: Das Buch Isaias
zeigt die beherrschende Tendenz, auf den Ebed Jahwe als messianischen
König aus Davids Geschlecht hinzuweisen.
Derenbourg, H., Un dieu nabateen ivre sans avoir bu de vin (REj XLIV
an : segunhı mit Is 51, 21 f die palmyranische Inschritt Journ. as.
Bacher, W., Isaie LIV, 7 (REj XLIV Nr 88, 283—285): gep rana st. yana
ist zu lesen.
Erbt, W., Jeremia und seine Zeit (8%. VIII u. 300. Göttingen, Vanden-
hoeck. M 8.—).
Bewer, A., Hıstorical Criticism of Jer 1,4—19 (AmJTh VI 3, 510-518).
Hackspill,L., La vocation de Jeremie (Bull. de Litt. eccl. 1902, 7,8, 201—209):
Echtheit von 1, 4—10 wird gegen Duhm aufrecht erhalten.
Grützmacher, Die prophetische Anschauung vom Opfer nach Amos 5, 25/ff
und Jer 7,22 (Ev. Kztg 1902, 1, 13—17): Nicht kultusfeindlich erklärt.
König, E., On the Meaning and Scope 7 Jeremiah VII, 22. 23 (Exp VI
135—154 208—218 366—377): Er behandelt ausführlichst den relativen
und absoluten Gebrauch der Verneinung. Die Grundgesetzgebung enthielt
keine der ganzen Gemeinde promulgierte Bestimmung über das Opfer.
Royer, J., Ein verlornes Lied des Propheten Jeremias (Pastor bonus
XIV 405—412): Lam 3 Klagelied auf Josias 2 Chr 35, 24f.
Hoberg, G., Die älteste lateinische Übersetzung des Buches Baruch. Zum
ersten Male hrsg. 2. Ausg.(Lex.-8. V111u.92. Freiburg i.Br., Herder. M3.—).
Norbeck, O., Den messianska BER hos Hesekiel (Upsala).
Müller, P., Emendationen zu Hesekiel (StKr 1902, 118—128): Ez 7, 10 f.;
13b; 12, 10b; 16, 15b, 16b; 19, 5.11; 20, 9.14; 21, 15. 18. 20; 28, 42°. 43;
34, 12; 47, 10°.
Mn H. P., Ezech. XXX,5 (OrLz V 119f): rmarn ms "a = „Misch-
völker“.
Riefsier, P., Das Buch Daniel erklärt. Kurzgef. wissensch. Comm. zum
AT 111 3,2 (8°. XVIl u. 133. Wien, Mayer. M. 3.—).
Anderson, R., Daniel in the Critics Den. A Reply to Prof. Driver
of Oxford and the Dean of Canterbury (X1V u. 186. La. Nisbet).
Turmel,J., Etude sur le Livre de Daniel (Ann. de phil. chret.LXXI1l5—37).
Bibliographische Notizen. 109
Hommel, Fr., Die Abfassung des Buches Daniel und der Wahnsinn Na-
bonids (ThLbl XXIII 145-150): Nabonid ist zu setzen st. Nebukadnezar
in Dn 2—5 (aulser 5, 2). In seinen Annalen eine zu verheimlichende
Krankheit angedeutet. Ebenso Megasthenes bei Abydenus. Das Buch
ist entstanden zwischen Cyrus und Esra. Die sog. griechischen Lehnwörter
sind keine solchen (Etymologie aanes oft künstlich); der Sprach-
charakter ostaramäisch mit palästinischer Punktation.
Buhl, Fr., Zu dem Artikel von Professor Hommel (ThLbl XXIII 204 f}:
Den späten Ursprung Daniels hält er aufrecht. — In der Erwiderung be-
steht Hr. auf der Namensänderung in Dn 2—5.
Horner, J., Daniel, Darius the Median, Cyrus the Great. A Chrono-
logico-Hıistorical Study u 142. N. Y., Eaton).
Hoonacker, A. var, Four Empires of the Book of Daniel (ExpT
XIll 420—423): Das 2. u. 3. Reich können nicht das medische u. persische
sein, weil letztere im Buche Daniel als eines gelten.
Halevy, J., La Folie de Nabuchodonosor (Rsem X 281—286): Entstanden
durch naive kEtymologisierung des Namens: 123 = Egare, errant usw.
Völter, D., Der Menschensohn in Dn 7, 13 (ZutW IIL 173f): Nicht
messianisch, sondern ein himmlischer Repräsentant des Volkes der Heiligen;
vielleicht, persischer Herkuntt.
König, E., The „ Weeks“ of Daniel (ExpT XIII 468—470): Nicht 6teilige,
sondern 7teilige Woche,
Farrar, F. W., The Minor Prophets (Exp 1902, Febr. 82—92; April
. 271—286): Einfache Zusammenfassung der Einleitungsfragen.
Halevy, J., Recherches bibliques: Le Livre d’Osee (Rsem X 1—12 97—138
193—212 289—304): Kurze Inhaltsangaben, Übersetzung und Kommentar.
Berührungen zwischen Os und Pent. zeugen gegen die Kritik.
Boehmer, Die Grundgedanken der Predigt Hosea’s (ZwTh XLV 1-24):
Der Prophet verurteilt blols das gegenwärtige Königtum, nicht das
Königtum überhaupt.
e Gardner, W. R. W., Notes on certain Passages in Hosea (AmJsemL XVIII
r 3, 177—183).
Riedel, W., Alttest. Unters. I.: Die Ehe des Propheten Hosea S. 1—15:
Os 1—3 ist auf Götzendienst zu deuten, n-bar ra ıst die, welche Kuchen
den Götzen darbringt.
Riedel, W., Alttest. Unters. I.: Der König Jareb S. 17f.: = ar 2'n zu
lesen = Sarru rabü = Grolskönig (Os 5, 13; 10, 6).
Halevy, J., Un passage du Testament de Saint Ephrem (Jas ser. IX, t.XIX
144146): Das Zitat Os 10,11 eine Kombination von Os 10,11 u. Zach 7,11b,
Riedel, Joel 1, 17 (StKr 1903, 1, 167—170).
Riedel, W., Alttest. Unters. I.: Bemerkungen zum Buche Amos S. 19—36:
Das Buch als solches ist nicht von Amos. Bemerkungen zu einzelnen Stellen.
Day, E., and Chapin, W. H., Is the Book of Amos post-exilic? (AmJsemL
XVIII Nr 2, 66—93): Das ganze Buch ist dem Amos nur unterschoben.
Braithwaite, E. E., Is the Book of Amos post-exilic? (Bs LIX. 366 - 374):
Ablehnung *des vorausgehenden Artikels.
Braithwaite, E. E., Why did Amos predict the Captivity (Bs LIX 192—197):
Der Prophet konnte die Gelangenschait erschlieisen einzig und allein daraus,
dafs Israel vom Vertrauen auf äulserliche religiöse Übungen nur durch
Losreilsung davon, d.h. durch die Getangenschaft geheilt werden konnte.
Boehmer, Die Eigenart der prophetischen Heilspredigt des Amos (StKr
LXX VI. I [1903] 1, 55—47): Jahwe ist ihm Richter und Lenker der Heiden,
Vernichter und Wiederhersteller Israels.
Was verstehen wir unter "2-3 n:5: in Am 1, 6. 9? (OrLz V 397) = Exilierte
Salamier.
Biblische Miscellen (ÖrLz V 396 f): Am 4,13; 5, 8; 9,6 geben eine pro-
phetische Rede, die Amos gehalten haben kann (gegen die Kritiker).
110 Bibliographische Notizen.
Riedel, Amos 7,14 (StKr LXXVI. I [1903] 1, 163—165): Amos wer
„früher“ kein Prophet.
Stärk, W., Zu Am 9, 2 (StKr LXXV1. I [1903] 1, 157—160): Setzt voraus,
dafs Jahwe nur in Sion und sonst nirgends wohnte.
Welch, A. C., Micah 5, 1-3 (ExpT xl 234— 236).
Happel, O., Das Buch des Propheten Nahum (8°. u. 106. Würzburg,
Göbel. M3—): Aus der Einleitung ist besonders bedeutsam die Entstehung
des Buches. Entstehungszeit: nachexilisch und zwar Zeit der Seleuziden-
kämpfe, aus inneren Gründen gefordert; die entgegenstehenden, bisher
allein gewürdigten tatsächlichen Angaben würden in das 7. Jh. führen,
sind aber teils textkritisch zu beseitigen (3, 8. 18), teils als symbolisch zu
bezeichnen. Der 2. Teil enthält einen erschöpfenden Kommentar.
Wildeboer, G., Nahum 3,7 (ZatW XXII 318): nsm:n abzuleiten von
or; —= Leichenmahl veranstalten.
Riedel, Nah 3, 15 (StKr 1903, 1, 166 f)}: Textkorrektur.
Kelly, Fr. T., The Strophic Structure of Habakkuk (AmJsemL XVIII
Nr 2, 94—119).
Stevenson, W. B., The Interpretation of Habakkuk Chapters I. and II.
(Exp 1902, May, 388—400).
Wılliam, T., The Prophecies of Zechariah (I—VIII) (ExpT XIII
549—554): Populäre Skizzierung des Inhaltes.
Hoonacker, A. van, Les chapitres IX— XIV du Livre de Zacharie (Rb XI
161—183 847-378): Inhaltlicher und textkrit. Kommentar. Besonders be-
müht H. sich um die richtige Ordnung (10, 32b + 11 + 13, 7—9). Be-
ziehung zu Jr. Übersetzung. Die 2 Teile gehören wahrsch. einem nach-
exilischen Schriftsteller an. Die Verschiedenartigkeit der beiden Teile be-
ruht zum Teil auf einer literarischen Fiktion.
Nestle, E., Mal. 3,16. 17 (ZatW XXII 305 f}: Möchte “oo “sur in 'o “raV,
prb in 0x5 korrigieren.
e) Die Apokryphen.
Charies, R. H., The Book of Jubilees; or the Little Genesis. Trans-
lated from the Editor’s Ethiopic Text and edit. with Introductions, Notes
and Indices (8%. 368. Ld., Black. 158).
Liechtenhan, R., Die pseudepigraphische Litteratur der Gnostiker (ZntW
Ill 222 ff}: Würdigt den gnostischen Charakter atl Apokryphen: Ascensio
Isaiae c. 6 -11 gnostisch. .
Flemming, 3., Das Buch Henoch. Athiopischer Text mit Einleitun
und Commentar (X VI u. 172. Lp., Hinrichs: Texte u. Unters. z. Gesch.
altchr. Lit. N. F. VII 1): S. XILI—XV Berichtigungen z. deutschen Über-
setzung (101).
Förster, M., Das lateinisch-altenglische Fragment der Apokryphe von
Jamnes und Mambres (Arch. f. d. St. d. neuer. Spr. CVIII [1902] 15—28):
Das von R. James für das bezeichnete Apokryphon (JthSt 1901 II
672—577) gehaltene Textstück wird hier kritisch genau wiedergegeben.
Krauss, S., Die Königin von Saba in den byzant. Chroniken (Byz. Zeitschr.
XI 120—131).
Perles, F., Zur Erklärung der Psalmen Salomos (OrLz V 269—282
335—342 365—372). Sonderabdruck. 8". 56. B., Peiser. M 1.—
Moffatt, J., The Righteousness of the Scribes and Pharisees (ExpT XIII
201—206): Salomonische Psalmen 3. 6. 5. 10 in englischer Übersetzung.
Jacoby, A., Studien zur koptischen Litteratur IV: Zur Eliasapokalypse
(Rec. de Trav. relat. & la Phil. et & l’Arch. egypt. et assyr. XXIV 3,4, 196 f).
Krauss, $., Der römisch-persische Krieg in der jüdischen Elia- Apocalypse
(JqR XIV Nr 54, 359—872): Datiert und bestimmt denselben. Abtassungs-
zeit ca. 250 n. Chr.
Krarup, 0. C., Studier over LXX’s akanoniske Psalme (Theologisk. Tids-
skrift III. Bd, ö. H.).
Mitteilungen und Nachrichten. 111
Morin, 6., O. S. B., Pour l’authenticite du traite sur la Vision d’Isaie,
recemment publi& sous le nom de S. Jeröme (Rev. d’hist. eccl. III 390— 36):
Gegen die Bezweiflung durch Mercati, Kb X 385—39.
Schiefer, F. W., Sünde und Schuld in der Apokalypse des Baruch (Zw'Th
XLV 327—339),
Marc, P., Die Achikar-Sage. Ein Versuch zur Gruppierung der Quellen
(Stud. z. vergl. Lit.-Gesch. Tr 4, 3983—411).
Mercier, Ch., La piete juive aux temps apostoliques: Le IVe Esdra (La
liberte chret. V, Juin).
Margoliouth, S., Some Notes on Ben-Sira 1 (ExpT XIV 47): Das Alpha-
bet des Ben-Sira wahrscheinlich 1025 entstanden.
Freising, Dezember 1902. J. Göttsberger.
Mitteilungen und Nachrichten.
Über die „Commissio pontificia de re biblioca‘“. Von wohlunterrich-
teter Seite wird uns geschrieben: Das einzige wichtigere Aktenstück war
bisher immer der Artikel des Londoner Tablet vom 11. Jan. 1902
(übersetzt in der Augsburger Postzeitung Beil. 44 vom 31. Aug. 1902),
mit einem kurzen Vor- und Nachwort wiedergegeben in der Revue du
clerg& frangais vom 15. Juni (vorher im Univers vom 4, Juni). Das Vor-
wort weist auf die Zuverlässigkeit des Tablet-Artikels hin. Das Nach-
wort lautet: „Auf Grund spezieller und durchaus zuverlässiger Informa-
tion können wir mitteilen, dafs die Kommission bereits seit längerer Zeit
ernst an der Arbeit ist; das Geheimnis bleibt gewahrt, aber die Arbeit
schreitet stetig voran.“ Die Kommission besteht aus fünf Kardinälen und
zwölf Konsultoren; letztere sind trotz Bemühungen von aulsen her bisher
nicht vermehrt worden. Den Gegenstand der Verhandlungen ver-
rät der Name selbst. Der Ausdruck „la question biblique“ hat für Leser
nichtdeutscher Zunge eine ganz prägnante Bedeutung: er bezeichnet die
biblische Einleitung im weitesten Sinn, die allgemeine wie die besondere,
Kanonizität, Inspiration usw. Namentlich in Frankreich sind diese
Fragen während des letzten halben Jahrhunderts mit Eifer und mitunter
mit Bitterkeit diskutiert worden. Aufgabe der Kommission ist, auf der
Grundlage der Enzyklika „Providentissimus Deus“ weiter zu bauen und
das Material zu sichten, auf Grund dessen ebensowohl einem allzu radi-
kalen exegetischen Liberalismus als einem starren Konservativismus ent-
aeeene een und der katholischen Exegese die Richtung gewiesen wer-
en kann zu noch fruchtbarerer Wirksamkeit als bisher. — Das aposto-
lische Schreiben vom 80. Oktober 1902 ist das erste offizielle Dokument
in Sachen der Bibelkommission (vgl. Osserv. Rom. vom 4. Nov. 1902).
Der Heilige Vater gibt darin bekannt, dals er als ein „novum quoddam
auctoritatis Nostrae subsidium“, zur Förderung seiner in der Enzyklika
„Providentissimus Deus“ ausgesprochenen Absicht, diese Kommission ein-
setze. In ihren Beratungen, durch ihre seien es periodische seien es ge-
legentliche Publikationen, durch Beantwortung von Anfragen und über-
haupt auf jegliche Weise soll dieselbe, in stetem Einvernehmen mit dem
Heiligen Vater selbst, ihrer Aufgabe obliegen. Die Mitglieder sollen sich
mit allen einschlägigen wissenschaftlichen Resultaten vertraut machen, für
die Autorität der Heiligen Schrift und des kirchlichen Lehramtes ein-
treten. Der Satz: „Artis criticae disciplinam, quippe percipiendae penitus
hagiographorum sententiae perutilem, Nobis vehementer probantibus,
nostri excolant“, enthält eine unumwundene Empfehlung kritischer Studien,
an welche selbstverständlich die Warnung sich anschlielst, dals man hierin
Andersgläubigen nicht blind folgen solle. — Namen von Mitgliedern ent-
112 Mitteilungen und Nachrichten.
hält das Breve keine. Anderweitig ist bekannt, dals der Heilige Vater
den Jrei früher ernannten Kardinälen Parocchi, Segna und Vives y Tuto
die Kardinäle Rampolla und Satolli beigesellt hat.
Biblische Fragen auf dem Internationalen Orientalistenkongrefs In
Hamburg (ö6.—10. Sept. 1902): Ryssel über die neuentdeckten Sirach-
fragmente u Randvarianten von Cod. B stammen aus Cod. C, sind nicht
alternative Wiedergaben aus einer persischen Übersetzung des griechischen
Textes; so Margoliouth). Lidzbarski über familiäre Kosenamen im
Semitischen (Abisai soll Diminutivum von Absalom sein. Budde über
einige Verse des Jeremias. Curtiss: Überreste alter Opferaltäre be-
stätigen die althebräischen Zeremonien. Guidi über die Aussprache des
„Sere“. E. Nestle bringt die Evangelistensymbole mit einem vier-
köpfigen Baal in Verbindung. Zur neuen Cambridger LXX-Ausgabe
regt er an, dals eine Kommission des Kongresses die Herausgeber mit
den Wünschen deutscher Gelehrten bekannt machen solle. Merx: Ein-
fluls des AT auf die Entwicklung und Ausgestaltung der Universal-
geschichte (Begriff der Einheit des Menschengeschlechts; die Geschlechts-
register und die Chronologie; nur bis zur Sintflut eine Ahnlichkeit mit
babylonischen Stoffen; aber der Stoff ist nichts, die Idee ist alles. Gins-
burg über das Pasek in der hebräischen Bibel (bei der Diskussion wurde
behauptet: als grammatisches Zeichen gebraucht oder Zeichen des Schrei-
berse, dafs zwei zu eng geschriebene Worte zu trennen seien; so Gaster).
Lidzbarski bestreitet Hommels Hypothese, dals die vorphönizischen
Buchstaben teilweise nach Himmelskörpern und nach Teilen des mensch-
lichen Körpers genannt seien. Hommel fand auf einem assyrischen
Täfelchen den Namen Ammi-Abbi „meine Mutter ist mein Vater“, ältere
Form für Moab (vgl. Deutsche Litteraturzeitung 1902, Nr 39, Sp. 2462
und ExpT XIV 93-9). Bezold zur assyrisch-babylonischen Trans-
skription des hebräischen Gottesnamens: das Vorkommen Jahwes auf
Inschriften der Hammurabi-Dynastie noch keineswegs gesichert. Halövy:
Jahvi-ilu = es existiert Gott. Haupt: Tarsis— Bergbau, Aufbereitung;
Tarsissteine sind Zinnoberkrystalle aus den Quecksilbergruben von Al-
maden. Das Hohelied ist eine in Damaskus nach Beginn der Seleuziden-
zeit zusammengestellte Sammlung hebräischer Liebeslieder, durchweg aufser
2, 8—14 Strophen von 2 Doppelzeilen; Ahnlichkeit mit Theokrits 10. Idylle.
Der Vortrag Haupts: Viele spätere Zusätze im AT sind erläuternde
Zitate, z. B. bietet Is 40, 31° ein anderes Bild als im Vorausgehenden.
Kotelmann über den Farbensiun der alten Hebräer (auch „blau“
kannten sie), Gaster über den ersten Druck des hebräischen Penta-
teuchs in Hamburg 1663. Klein: Bemerkungen zum Buche Daniel.
Budde über die Aufschrift des Buches Jeremia. Mittwoch: „Essäer“
vermutlich von chaschä = schweigen. Sellin: Mitteilungen über den
Erfolg seiner Ausgrabungen in Ta‘anak (Jos 12, 21); 38 Burgen, alt-
kanaanäisch, salomonisch und jünger, wurden entdeckt (vgl. Allg. ev.-luth.
Kztg 1902 Nr 39, 919 ff).
Preisaufgaben. — Aus der Lackenbacherischen Stiftung ist
eine Prämie von 800 Kr für die beste Lösung der Preisfrage: „Res geo-
graphicae et ethnographicae librorum III et IV Regum illustrentur ex
monumentis historicis* von dem Dekanat der theolog. Fakultät in Wien
zu vergeben (ZkTh XX VI 224). — The Committee of Manchester Col-
lege (Oxford) offer a Prise of £100 for the best Elementary Treatise on
„A Critical Exposition of Theories of Metre in the OT.“ For full parti-
culars and conditions apply to the Secretaries of the College, 38 Barton
Arcade, Manchester (ZatW XXII, 2. H.).
Druck von W. Drugulin in Leipzig.
Anzeigen.
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im
Breisgau erscheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
BIBLISCHE STUDIEN,
UNTER MITWIRKUNG VON
Pror. Dr. W. FELL ı Münster 1. W., Pror. De. J. FELTEN m Bonn,
Pror. Dr. G. HOBERG ın FrEeisurg 1. B., Pror. Dr. N. PETERS ın PADERBORN,
Pror. Dr. A. SCHAFER ıx BRESLAU, Pror. Dr. P. VETTER ın TüsınaEN
HERAUSGEGEBEN VON
Pror. Dr. ©. BARDENHEWER ın München.
ie am 18. November 1893 ausgegebene Enzyklika Leos XII. Proriden-
tissimus Deus hat auch in den kirchlichen Kreisen Deutschlands freu-
digen, ja begeisterten Widerhall geweckt. Der oberste Lehrer und Leiter
der Kirche will das Studiunn des Buches der Bücher einem neuen Auf-
schwunge entgegenführen. Er schildert in warmen Worten die Bedeutung
und die Fruchtbarkeit dieses Studiums, zeichnet die Balınen vor, in welchen
dasselbe sich bewegen und entfalten soll, und richtet einen ernsten Malın-
ruf an die katholische Gelehrtenwelt, mit erneutem Eifer und in möglichst
reicher Schar auf den Kampfplatz zu treten, um die Angriffe des modernen
Unglaubens auf die Heilige Schrift zurückzuweisen.
Die früheren Kundgebungen Leos XIII. zu Gunsten des Studiums der
christlichen Philosophie und des Studiums der Kirchengeschichte haben, wie
der Heilige Vater selbst mit Genugtuung hervorhebt, vielerorts empfäng-
lichen Boden gefunden und auch schon erfreuliche Früchte gezeitigt. Von
dem Verlangen beseelt, dafs die Enzyklika über das Studium der Heiligen
Schrift nicht minder reich an Wirkung und Erfolg sein möge, haben
die oben bezeichneten Vertreter der Bibelwissenschaft sich zusammen-
geschlossen, um ein neues Organ für wissenschaftliches Bibelstudium ins
Leben zu rufen. Dasselbe nennt sich „Biblische Studien“, stellt sich ganz
und voll auf den Boden der von dem höchsten Hüter des Glaubensgutes
verfochtenen Lehren und Grundsätze und will mitwirken zur Hebung und
Förderung des Studiums der Heiligen Schrift im katholischen Deutschland.
Es ist ein sehr weites Feld, welches die „Biblischen Studien“ in Be-
arbeitung nehmen wollen. Nicht blofs die eigentliche Exegese, sondern
auch die biblischen Einleitungswissenschaften, die biblische Philologie,
Hermeneutik und Kritik, die biblische Geschichte, Archäologie und Geo-
graphie sowie die Geschichte dieser Disziplinen wollen sie in ihren Bereich
ziehen. Ebensoweit reicht aber auch der Kreis, an welchen die Heraus-
geber sich mit der Bitte um tätige Mitarbeiterschaft wenden. Die „Bibli-
schen Studien“ wollen nicht blofs Beiträge aus der Feder der oben Be-
zeichneten und fachgenössischer Gelehrten bringen, sondern insbesondere
auch jüngeren Kräften die so oft vermifste Gelegenheit zur Veröffentlichung
wissenschaftlicher Arbeiten bieten.
Die „Studien“ erscheinen in der Form von Heften (gr. 8°), welche m
»wangloser Folge ausgegeben werden und im Durchschnitt etwa sechs Bogen
umfassen sollen. In der Regel wird jedes Heft eine in sich abgeschlossene
Studie enthalten. Je 4—6 Hefte werden einen Band bilden. Jedes Heft und
jeder Band sind einzeln käuflich.
(Die Titel der bis jetzt erschienenen Hefte siehe umstehend.)
Biblische Zeitschrift. T. 1.
Von den „Biblischen Studien“ (gr. 8°) liegen bereits vor und sind
durch alle Buchhandlungen: zu beziehen:
I. Band. (5 Hefte) (XLIV u. 606 S.) M. 10.60.
1. Heft: Der Name Maris. Geschichte der Deutung desselben. Von Dr. O0. RBarden-
hewer. (X u. 160 8.) M. 2.0.
2. Heft: Das Alter des Menschengeschlechts nach der Heiligen Schrift, der Profan-
geschichte und der Vorgeschichte. Von Dr. F. Schanz. (XU u. 100 8.) MM. 1.60.
3. Heft: Die Selbstvertheidigung des heiligen Paulus im Galaterbriefe (1, 11 bis 2, 21).
Von Prof. Dr. J. Belser. (VIII u. 150 8.) M. 3.
4. u. 5. Heft: Die prophetische Inspiration. Biblisch-patristische Studie von Dr. F'
Leitner. (XIV u. 196 8.) 4. 3.50.
Il. Band. (4 Hefte) (XXXVI u. 464 S.) M. 10.
1. Heft: St. Paulus und St. Jacobus über die Rechtfertigung. Von Dr. theol. B. Bart-
mann. (X u. 164 8.) M. 3.20.
2. u. 3, Heft: Die Alexandrinische Uebersetzung des Buches Daniel und ihr Ver-
hältniss zum Massorethischen Text. Von Dr. Aug. Bludau. (XIlu. 2188.) M. 1.50.
4. Heft: Die Metrik des Buches Joh. Von Prof. Dr. F. Vetter. (X u.828.) M. 2.30.
Ill. Band. (4 Hefte) (XLII u. 476 S.) M. 12.50.
1. Heft: Die Lage des Berges Sion. Von Prof. Dr. X. Rückert. Mit einem Plan.
(VIII u. 194 8.) M. 2.80,
2. Heft: Nochmals der biblische Schöpfungsbericht. Von Fr. vo. Hummelauer 8. J.
(X u. 132 8.) M. 2.80.
3. Heft: Die sahidisch-koptische Uebersetzung des Buches Ecclesiastieus auf ihren
wahren Werth für die Textkritik untersucht von Dr. N. Fetere. (XII u. 70 8.)
M. 2.30.
4. Heft: Der Prophet Amos nach dem Grundtexte erklärt von Dr. K. Hartung. (VII
u. 170 S.) M. 4.60.
IV. Band. (4 Hefte) (XXXVII u. 522 S.) M. 12.
1. Heft: Die Adventsperikopen exegetisch-homiletisch erklärt von Dr. Paul Wilhelm
von Keppler, Bischof von Rottenburg. Zweite, unveränderte Auflage. (VI u. 144 S.)
M. 2.40.
2. u. 3. Heft: Die Propheteu-Catenen nach römischen Handschriften. Von Dr. M.
Faulhaber. (XVI u. 220 8) M. 6.
4, Heft: Paulus und die (Gemeinde von Korinth auf Grund der beiden Korinther-
briefe. Von Dr. I. Rohr. (XVI u. 158 8.) M. 3.60.
V. Band. (5 Hefte) (XLVI u. 580 8.) Af. 13.80.
1. Heft: Streifzüge durch die biblische Flora. Von L. Fonck. (XIV u. 1688.) M.4.
2. u. 3. Heft: Die Wiederherstellung des jüdischen Gemeinwesens nach dem bahy-
lonischen Exil. Von Dr. Johann Nikel. (XVI u. 228 S.) M. 5.40.
4. u. 5. Heft: Barhebräus und seine Scholien zur Heiligen Schrift. Von Dr. Johann
Göttsberger. (XV u. 184 S.) M. 4.40.
VI. Band. (5 Hefte) (XXVIII u. 540 S.) M. 12.
1.u. 2. Heft: Vom Münchener Gelehrten-Kongresse. Biblische Vorträge heraus-
gegeben von Prof. Dr. O0. Bardenhewer. (VIII u. 200 8.) M 4.50.
3. u. 4. Heft: Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische Geltung. Von
Dr. theol. Caspar Julius. (XII u. 184 S.) M. 4.
5. Heft: Die Eschatologie des Buches Job. Unter Berücksichtigung der vorexilischen
Prophetie. Von Dr. Jakob Royer. (VII u. 156 S.) M. 3.50.
VII. Band. (5 Hefte) (XXVIII u. 570 S) M. 12.20.
1. bis 3. Heft: Abraham. Studien über die Anfänge des hebräischen Volkes von
Dr. Paul Dornstetter. (XII u. 280 S.) M. 6.
4. Heft: Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypothesen der Bibelkritik
verteidigt von Dr. Matthias Kohlhofer. (VII u. 144 8) M.3.
5. Heft: Die beiden ersten Erasmns-Ausgaben des Neuen Testaments und ihre (iegner.
Von Prof. Dr. Aug. Bludau. (VIII u. 146 S.) M. 3.20.
J. Ricker'sche Verlagsbuchhandlung (Alfred Töpelmann), Giessen.
Zeitschrift
für die alttestamentliche Wissenschaft
herausgegeben von
D. Bernhard Stade
Geh. Kirchenrat und Professor der Theologie zu Giessen.
Preis des Jahrgangs von 2 Heften, je 12-—13 Bogen stark, 10 Mark.
Bisher sind 22 Jahrgänge (1881—1902) erschienen, die in ge-
schlossener Reihe noch sämtlich geliefert werden können.
Der Einzelbezug früherer Jahrgänge hängt vom Vorrat ab.
Seit 1836 werden ın zwangloser Zahl und Reihenfolge „Beihefte*
ausgegeben, von denen bis heute sechs vorliegen, während das
siebente unter der Presse ist. Ein Verzeichnis derselben steht. auf
Wunsch zu Diensten.
Zeitschrift
für die neutestamentliche Wissenschaft
und die Kunde des Urchristentums
herausgegeben von
Dr. Erwin Preuschen
Darınstadt.
Preis des Jahrgangs von 4 Heften (insgesamt 24—25 Bogen) 10 Mark.
Bis heute liegen 3 Jahrgänge abgeschlossen vor.
Bisherige Mitarbeiter: Achelis, B. W. Bacon,
Bousset, Clemen, Gonybeare, Corssen, Deiss-
mann, Albrecht Dieterich, E. v. Dobschütz,
Franko, Furrer, Harnack, H. J. Holtzmanın,
Jannaris, Knopf, H. A. Köstlin, Mommsen,
Nestle, Schürer, Usener, Völter, Weinel, Wend-
land, Wernle, v. Wilamowitz-Mocllendorff,
Wrede und andere.
Soeben erschienen:
Bousset, Dr. W., Prof. a. d. Univ. Göttingen, Die Religion des Juden-
tums im neutestamentlichen Zeitalter. gr. 8°. (Xilu. 5128.) M. 10;
solid geb. MM. 11.50.
Schrader, Eb., Die Keilinschriften und das Alte Testament.
Dritte Auflage. Mit Ausdehnung auf die Apokryphen, Pseud-
epigraphen und das NT. neu bearbeitet von Dr. H,. Zimmern, ord. Prof.
an der Univ. Leipzig, und Dr. H. Winckler, Privatdozent an der Univ. Berlin.
l. Teil: Geschichte und Geographie von AH, Winokler. II. Teil:
Religion und Sprache. 1. Lieferung von H. Zimmern. gr. 8°.
(XII u. 582 8.) (2. [Schluls-] Lieferung erscheint in Kürze.) Mit
1 Karte. Komplett M. 21; geb. M. 23.
Rothstein, Dr. W., Prof.a.d. Univ. ıtate, Die Genealogie des Königs
Jojachin und seiner Nachkommenschaft in Chron. III, 17—24. Eine
kritische Studie zur jüdischen Geschichte und Litteratur. gr. 8°.
(VIII u. 162 S.) M. >. R
Praetorius, Dr. F., Prof. a. a. Univ. Halle, Die Übernalme der früh-
mittelgriechischen Neumen durch die Juden. Ein Nachwort zu meiner
Schrift über die Herkunft der hebräischen Accente. gr. 8°. (22 5.) M.1.50.
Erman, Dr. Ad., Prof. a. d. Univ. Berlin, Agyptische Grammatik mit
Schrifttafel, Litteratur. Lesestücken u. Wörterverzeichnis. Zweite, gänz-
lich umgearbeitete Auflage. gr. 8°. (XVIu. 256 8.) M. 16; geb. M. 16.80.
Ahlwardt, W., Geb. Reg.-Rat u. Prof. a. d. Univ. Greifswald, Sammlungen
alter arabischer Dichter. I. Band: Elacma’ijjät nebst einigen Sprach-
qagiden. gr. 8%. (XAVIIL, 89 u 1108.) M. 12.
Pöhlmann, Dr. H., Rudolf Euckens Theologie mit ihren
philosophischen Grundlagen. gr. 8°. (VI u. 93 8.) MM. 1.50.
Kabitz, Dr. W., Studien zur Entwicklungsgeschichte der
Fichteschen Wissenschaftslehre aus der Kantischen Philosophie. Mit bis-
herungedruckten Stücken aus Fichtes Nachlass. gr.8°. (IV u. 1328.) M.4.50.
Medicus, Dr. Fritz, Privatdozent a. d. Univ. Halle, Kants Philosophie
der Geschichte. gr. 8°. (IV u. 828.) M. 2.40.
Vorländer, Dr. Karl, Die neukantische Bewegung im Sozialis-
mus. gr. 8°. (lIu. 62S.) M. 1.50.
Ganzmann, 0., tauptiehrer, Lehrbuch der französ. Sprache auf
Grundlage der Handlung. I. Stufe: Für Knaben- und Mädchenschulen.
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Anfang Januar 1902 begann bei uns zu erscheinen:
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unter Mitwirkung vieler anderer Gelehrten herausgegeben
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Die Theol. Revue bringt über die neue wissenschaftlich-theologische Lite-
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Münster (Westf... Aschendorfische Buchhandlung.
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tropiegeseize liegenden Schöpferbeweis. Von Dr. phil. nat. R. Schweitzer. Geh. M.1.20.
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moderne Astronomie. Ein Versuch über die Bewohnbarkeit der Himmelskörper, nach
dem neuesten Standpunkte der Wissenschaften. Von Dr. Josef Pohle, o. ö. Prof. an
der Universität zu Breslau. Dritte, wiederum verbesserte Auflage. gr. 8°. (500 S.)
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A f b Ein Wort zur Abwehr und Verständigung von Dr. Joseph Mans-
ulganen. bach, Professor der Moral und Apologetik an der Universität
Münster. Zweite, vermehrte Auflage. Geh. M. 2.50; geb. M. 3.20.
Der Anteil der Katholiken am akademischen Lehr-
amte in Preussen. euer oo Erofeuor der Chemie an der Universität
. Königsberg. Geh. M. 2.50.
Der deutsche Protestantisnus Hi ir hen idten
Zeugnissen dargestellt von Dr. theol. et philos. Phil. Huppert. Dritte, vermehrte
Auflage. Geh. M. 2; geb. M. 2.80.
Sämtliche hier angekündigten Werke sind durch jede Buchhandlung
zu beziehen,
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In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau
erscheinen und sind durch alle Buchhandlungen und Postanstalten zu
beziehen:
Stimmen aus Maria-Laach. «atnotische Blätter.
_ _ _ Alle fünf Wochen er-
scheint ein Heft (8%). Fünf Hefte bilden einen Band,
zehn Hefte einen Jahrgang. Der Preis beträgt für den
Band (5 Hefte) M. 5.40, für den Jahrgang (10 Hefte) M. 10.80.
—- Einbanddecken in Leinwand mit Goldtitel pro Band M. 1.
Diese seit langen bewährte katholische Revue ist bestimmt, dem ge-
bildeten Christen für die wichtizeren Probleme und Erscheinungen auf allen Gebieten
des Lebens und Wissens zum Fingerzeig zu dienen.
Sie wird herausgegeben von Mitgliedern der deutschen Ordensprovinz der
Gesellschaft Jesu. Die einzelnen Wissenszweige werden durch anerkannte Männer
von Fach vertreten.
Literarische Rundschau für das kathotischeDeutsch-
land. Herausgegeben von
Dr. &. Hoberg, Professor an der Universität Freiburg i. Br. —
Monatlich eine Nummer, zwei Quartbogen stark. — Preis des Jahr-
gangs M. 9.
Die „Literarische Rundschau“ bezweckt, einen möglichst vollständigen Über-
blick über die bedeutendsten literarischen Erscheinungen der tiegenwart zu geben;
für die Würdienngz derselben ist die katholische Weltauffassunz mafsgebend.
Dementsprechend kommt zunächst die katholische Literatur zur Geltung, dann aber
auch die akatholische zu irenisehen oder polemischen Zwecken.
Sämtliche Artikel und Mitteilungen werden von Fachmännern verfasst. aus-
schlicfslich zum Zwecke der Veröffentlichung in der „Literarischeu Rundschau®,
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Ferner erscheint ın unserem Kommissionsverlag und ist nur durch
den Buchhandel zu beziehen:
Römische Quartalschri für christliche Alterthums-
U U u u kunde und für Kirchen-
geschichte. Unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben
von Dr. Anton de Waal, für Archäologie, und Dr. Stephan
Ehses, für Kirchengeschichte. Lex.-8°.
Jährlich 4 Hefte, jedes ca. 125 Seiten stark, mit Textbildern und aparten
Bildern, letztere meist in Heliotypie. Preis pro Jahrgang M. 16. Die früheren Jahr-
zänge können, soweit der Vorrat reicht, zu demselben Preis nachbezogen werden;
Jahrgang I—Ill jedoch nur ınehr zu dem erhöhten Preise von a M. 20.
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und Ehe. gr. 8°. (362 S.) M.5.
Bisher erschienen: Bd. I—-IX. M. 96.75. Genaue Verzeichnisse gratis.
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In unserem Verlage ist erschienen:
Schöpfung, Bibel und Inspiration
Dr. Carl Holzhey, Professor der Theologie.
Preis brosch. M. 1; mit Frankozusendung M. 1.10.
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgan
sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Bardenhewer, Dr. Otto, Geschichte der alt-
kirchlichen Litteratur. gr. &.
Erster Band: Vom Ausgange des apostolischen Zeitalters Ins
zum Ende des zweiten Jahrhunderts. (XIl u. 592 S) M. 10;
geb. in Halbsaffiıan M. 12.40.
Das mit diesem Bande eingeleitete Werk soll eine weitere Ausführung und Be-
gründung dessen bringen, was die 1894 und wiederum 1901 ausgegebene „Patrologie“ des
Verfassers in knappem Umriß bot. Es ist auf sechs Bände berechnet, deren zweiter
1993 erscheinen wird. Die zwei ersten Bände sollen die Literatur der drei ersten
christlichen Jahrhunderte, die zwei weiteren die Blütezeit der patristischen Literatur
(etwa 325—451), die zwei letzten die Tage des Rückganges und Verfalles behandeln.
— P atrologie. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs
von Freiburg. Zweite, großenteils neu bearbeitete Auf-
lage. gr. 8. (X u. 604 S.) M.8; geb. in Halbsaffıan M. 10.
(Bildet einen Bestandteil unserer „Theologischen Bibliothek“.)
Hoberg, Dr. Gottfried, Die Genesis nach den
Literalsinn erklärt. gr. 8. (Lu. 416 S.) M. 9; geb.
in Halbfranz M. 11.
— Die Psalmen der Vulgata übersetzt und nach dem
Literalsion erklärt. gr. 8°. (XXXII u. 390 S.) M. 8.
— Die Fortschritte der biblischen Wissen-
schaften in sprachlicher und geschichtlicher Hinsicht.
Rede, gehalten bei der öffentlichen Feier der Übernahme des Pro-
rektorats in der Aula der Universität Freiburg i. Br. am 7. Mai 1902.
Zweite, vermehrte Ausgabe. Lex.-8°. (VIu. 308.) M.1.
— Die älteste lateinische Übersetzung des
Buches Baruch. zum ersten Male herausgegeben. Zweite
Ausgabe. Lex.-8°. (VIII u. 92 S.) M.3.
Peters, Dr. theol. Norbert, Der jüngst wieder-
aufgefundene hebräische Text des Buches
Ecelesiasticus untersucht, herausgegeben, übersetzt und
mit kritischen Noten versehen. gr. 8°. (XVI u. 4488. u. 92 S.
Prolegomena.) M. 10.
@BEDEBENEDGDEDEDanan aan an dan aan an ab ED an En En En ED ED ED an ED ER ER ER ER ER ER ER EDER EUER EUER EDER U EHER ER Un GRAD ARE En ER ED ED ED EER ARE ERBE,
ı Verlag von Ferdinand Schöningh, Paderborn.
ı Höpfl, P. Hildeb., O.S.B., Die höhere Bibelkritik. Studie
über die moderne rationalistische Behandlung der hl. Schrift. Mit
kirchlicher Druckerlaubnis. gr. 8°. (114 S.) M. 2.80. .
Die Arbeit verfolgt den Zweck, einen kurzen, aber doch umfassenden Über-
blick über den gegenwärtigen Stand der sogenannten höheren Bibelkritik zu bieten.
Zapletal, Fr. Vinc., O. Praed., Prof., &rammatica linguae
hebraicae cum exereitiis et glossario. Studiis academicis accommo-
data. gr. 8°. (146 S.) M. 2.80.
Die Entstehung dieses Buches ist dem Umstande zuzuschreiben, dafs die be-
stehenden Lehrbücher der hebr. Sprache zum Teil den: Fortschritte, den die hebräische
Sprachwissenschaft in unseren Zeiten erfahren hat, nicht mehr genügen.
SGSEZABHATSRRTRERBELETRSAUBABZERFIRTEETSLSTAAHIZTEERSATUSTETEBTBERTEBE
SBEEuzuyrzgygıgerrzgzeiugzggguareuzgan
Ganans soomnmnanonnst zsorsennem
Abkürzungen,
welche ın der „Biblischen Zeitschrift“ zur Anwendung kommen:
AT — Altes Testament ; at! — alttestamentlich.
Gn
Ex
Lv
Nm
Dt
Jos
Richt (Ide)
Ruth
Sm
Kg (Ra)
Chr
Esr
Neh
Tob
Jdt
Est
Jb
Ps
Spr (Prv)
Prd (Eccle)
Hl (Ct)
Weish (Sap)
Sir (Ecch)
Is
Jr
Klgl (Thr)
Bar
Ez
Dn
Os
Joel
Am
Abd
Jon
Mich
Nah
Hab
Soph
Agg
Zach
Mal
Makk (Mach)
NT — Nenes Testament; ntl -— neutestamentlich.
Mt
Mk (Mc)
Lk (Le)
Jo (Io)
Apg (Act)
Röm (Rom)
Kor (Cor)
Gal
Eph
Phil
Kol (Col)
Thess
Tım
Tit
Phm
Hebr
Jak (lac)
Petr
Jo (lo)
Jud (lud)
Offb (Ape)
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau
erscheinen und sind durch alle Bnelihandlungen zu beziehen:
i Strafsburger Theologische Studien.
Herausgegeben von.
Prof. Dr. A. Ehrhard, Freiburg i. Br., und Prof. Dr. E. Müller, Strafsburg.
Die „Studien® erscheinen in zwangloscn Heften (gr 8°) von eirca 5 bis 8 Bogen,
deren jedes ein Ganzes für sich bildet und einzeln känflieh ist. Aufßserlich werden in der
Rexel je + bis 5 Hefte zu einen Bande vereinigt.
Bereits liegen vor:
I. Band. (5 Hefte.) (LXII u. 582) M8.—
1. u. 2. Heft: Natar und Wunder. Ihr Gegensatz und ihre Harmonie. Ein apologe-
tischer Versuch von Dr. E. Müller. (XX u. 206) M 2.80 :
3. Heft: Der Angustiner Bartholomäus Arnoldi von Usinzen, Luthers Lehrer und
Gegner. Ein Lebensbild von N. Paulus. (XVI u. 136) 4 1,80
4. u. 5. Heft: Die altehristliche Literatur und Ihre Erforsehnng selt ISRO. Allgemeine
Ubersicht und erster Literaturbericht (1830—18S5N. Von Dr. 4. Ehrhard. (XX
u. 240) 273.40
IT. Band. (4 Hefte.) (LII u. 484) aM 8.40 oo.
1. Heft: Die Strassburger Diöcesansynoden. Von Dr. M. Sdrulek. (XU u. 168)
M 2.60
2. Heft: Die Strassburger Reformatoren und die Gewissensfreiheit. Von N. Paulus
(XII u. 106) M€ 1.80
3. Heft: Die moderne Moral und ihre Grundprineipien kritisch beleuchtet von
Dr. €. Didio. X u. 104) M2—
4, Heft: Die Wunder Jesu in ihrem innern Zusammenhange betrachtet vonDr. F.Chable,
(XII u. 106) 72.
IT. Band. (5 Hefte) (XL u. 668) M 12,
1. Heft: Kaspar Schatzreyer, ein Vorkämpfer der katholischen Kircho gegen Luther
in Süddeutschland. Von Dr. A. Paulus. (X u. 152) M 2.80
2. u. 3. left: Der Prolog des heiligen Johannes. Eine Apvlogie in Antithesen. Von
Dr. K. Weiss. (XI u. 208) 4 3.80
4. u. 5. Heft: Die Kucharistielehre des heiligen Johannes Chrysostomus, des Doctor
Eucharistiae. Von Dr. theol. A. Nuegle. (XIV u. 308) M 5.49
IV. Band. (5 Hefte.) (LII u. 585) .M 12.20
l. Heft: Frobenins Forster, Fürstabt von St. Emmeram in Regeusburg. Ein Beitrag
zur Litteratur- und Ordensgeschichte des 18. Jahrhunderts von Dr. J. A. Endıes,
(X n. 114) M 2.40
. Heft: Geilers von Kaysersberg „Ars moriendi" aus dem Jahre 1497 nebst einen
Beichtgedicht von Hans Foltz von Nürnberg, herausgegeben und erörtert von
Dr. Alerander Hoch. {XIV u. 112) M 240
3. Heft: Die Anfänge der Irregularitäten bis zum ersten allgemeinen Konzil von
Nicäa. Eine kirehenrechtliche Untersuchung von Dr. Cumill Kichert. (X u. 116)
a 2.40
4. u. 5. Heft: Die Gottheit des Heiligen Geistes nach den griechischen Vätern des
vierten Jahrhunderts. Eine dogmengeschichtliche Studie von Theulor Schermann.
Gekrönte Preisschrift. (XVII u. 246) M 5.--
to
V. Band. 1. Heft: Die Inspiratienslehre des Origenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschiclıte
von Dr, theol. Avgust Zöllig. (X u. 130) MM 2.70
2. Heft: bie Beweise für die Unsterblichkeit der Seele aus allgemeinen psycholo-
gischen Tatsachen ncu geprüft von Dr. FAilipp Kneib. (VI u. 106) MM 240
Il. Supplementband: Die altchristliche Litteratur und ihre Erforschung von 1884—1900.
l. Abteilung: Die rornieänische Litteratur, Von Dr. A. Ehrhard. (XI u. 644)
MH 15. --
2 JUN 1008
LISCHE ZEITSCHRIFT
28
en " IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER
„1 u” N
- BIBLISCHEN STUDIEN“
| HERAUSGEGEBEN VON
GÖTTSBERGER uno Dr J08. SICKENBERGER
nee. K6L. LYZEUM A. 0, PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT
MÜNCHEN.
ERSTER JAHRGANG.
ZWEITES HEFT.
| 3 FREIBURG IM BREISGAU.
BERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG,
1903.
IGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO,
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Inhalt des zweiten Heftes.
Seite
Die Aufgaben der Exegese gegenüber der use I
Von Prof. Dr Joh. Nikel iin Breslau. . A . 113
Ekklesiastes und Ekklesiastikus. II (Schlufs). Von Prof. Dr Nor-
bert Peters in Paderborn a de ee ee a ee ran 12
Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. I. Von
Prof. Dr M. Faulhaber in Würzburg. . . . 20.0... bl
Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. II De
Von Prof. Dr Johannes Belser in Tübingen . . 160
Textkritische Bemerkungen zum Apokalypsekommentar des Aprin-
gius. Von Prof. Dr Carl Weyman in München . . . 195
Über griechische Evangelienkommentare. Von Prof. Dr Joseph
Sickenberger in München . . . 2 020200020...182
Besprechungen. . nen nn. 194
Bibliographische Notizen (Literatur zum NT). . . ......19
Mitteilangen und Nachrichten . . . 2 2 nn. 224
Jährlich erscheinen 4 Hefte iin Umfange von je etwa 6 Bogen gr 8°.
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.—
Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak-
tion (Prof. Dr Joh. Güttsberger, Freising [Bayern], Domberg 958, für
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München,
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen.
Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem
Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf-
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br.
Die Aufgaben der Exegese gegenüber der
Assyriologie.
Von Prof. Dr. Joh. Nikel in Breslau.
II (Schlufs).
B) Auch die Paradieseserzählung ist von der neueren
Entlehnungstheorie nicht verschont geblieben, obschon sich
ein zusammenhängender, dem biblischen Bericht ähnlicher
Mythus in Babylonien bisher nicht gefunden hat. ‘Der bekannte
Siegelzylinder, welcher früher zu apologetischen Zwecken viel
herangezogen wurde, muls jetzt der modernen Entlehnungs-
theorie zur Stütze dienen. Der Widerspruch gegen die Auf-
fassung, dals dieser Zylinder die biblische Erzählung vom
Sündenfall darstelle, ist in letzter Zeit immer allgemeiner
geworden 1. Neuerdings hat man aber noch andere Beziehungen
zwischen der biblischen Paradieseserzählung und gewissen
babylonischen Sagenstoffen gefunden; es seien erwähnt: der
Adapa-Mythus?, die auf der „Insel der Seligen“ wachsende
„Lebenspflanze* 3, die Ausdrücke „Lebensbrot“ und „Lebens-
wasser“*, die den Namen kirubi tragenden geflügelten Stiere
ı Gegen diese Auffassung haben sich unter andern ausgesprochen:
Oppert, Mönant, Hal&vy, Schrader, C. P. Tiele, Jensen, Dillmann, Budde,
Ed. König, Holzinger.
?2 Dieser Mythus erzählt, wie Adapa, der Sohn des Gottes Ea, sich
die Unsterblichkeit verscherzte, indem er die im Himmel ihm dargebotene
Lebensspeise und den Lebenstrank zurückwies, weil er dieselben für
Todesspeise und Todestrank hielt.
3 Vgl. das Gilgameä-Epos, Tafel XI, 2.295 ff. Schrader, Keil-
inschr. Bibl. VI 251f.
* In dem obenerwähnten Adapa-Mythus.
Biblische Zeitschrift. I. 2. 8
114 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
und Löwen der assyrischen Paläste!, der heilige Baum von
Eridu?, die babylonische Vorstellung vom Aufenthaltsorte der
Seligen an „der Mündung der Ströme“ 3, der Name arüıru (die
verfluchte?) als Bezeichnung für die Erde, die Ausdrücke
Karduniasch und Tintira für Babylonien®, die Schlange als
gottwidrige Macht®, endlich die Beziehung der vier Para-
diesesflüsse zu gewissen Strömen oder Kanälen Südbabyloniens
oder Südarabiens oder zur „Milchstrafse mit ihren vier Armen“ ”,
Man wird hier erstens festzustellen haben, ob sich wirklich aus
gewissen in verschiedenen babylonischen Mythen sich findenden
Anklängen an die biblische Paradieseserzählung durch Kom-
bination eine dem biblischen Berichte in allen wesentlichen
Zügen ähnliche babylonische Paradiesessage konstruieren läflst,
Man wird aber auch weiter unter Vergleichung anderer alten
Sagen (z. B. vom goldenen Zeitalter) zu untersuchen haben,
ob ein Urtypus der Paradieseserzählung als Ausgangspunkt
aller vorhandenen Sagen anzunehmen ist, und in welcher Be-
ziehung der biblische Bericht zu diesem vorausgesetzten Ur-
typus steht.
y) Ein überaus schwieriges Problem bietet das fünfte
Kapitel der Genesis, welches von den vorsintflutlichen
Patriarchen handelt. Zwischen den zehn babylonischen Ur-
königen des Berosus und den zehn Urvätern der Genesis be-
steht zweifellos ein Zusammenhang; es hat sich herausgestellt,
dafs einige hebräische Eigennamen genaue Übersetzungen der
entsprechenden babylonischen sind. Der hebräische Name
ı Vgl. Lenormant, Les origines de l’histoire I[2 118 ff; Delitzsch,
Paradies 153 f.
2 Vgl. Schrader, Die Keilinschr. u. d. AT3 359 und 597.
3 Vgl. Jensen, Kosmologie 507; Hommel, Insel der Seligen 28;
Haupt, Wo lag das Paradies? in „Über Land und Meer“ 1894/56, Nr 15, 8b.
ı Vgl. Hommel, Die altorientalischen Denkmäler u. d. AT 23.
5 Delitzsch, Paradies 66.
6 Schrader, Keilinschr. u. d. AT3 529.
7 Delitzsch, Paradies 78, 195 u. 329; Poertner, Das biblische
Paradies 29; Glaser, Geschichte und Geographie Arabiens II, Berlin 1890;
Hommel, Aufsätze und Abhandlungen 326—340; Gunkel, Genesis 33;
Zimmern, Biblische und babylonische Urgeschichte 22.
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 115
Enosch bedeutet „Mensch“ wie das babylonische Wort amelu,
welches dem Namen Amelon bei Berosus zu Grunde liegt.
Der Name des vierten Urvaters lautet Kenan, was „Schmied“
bedeutet; Ammenon, der Name des vierten Urkönigs bei
Berosus, ist wahrscheinlich = babylonischem ummanu, „Werk-
meister“. Was das spätere Judentum von Henoch fabelte,
erzählten auch die Babylonier von dem entsprechenden d. i
siebenten Könige Enmeduranki (Evedoranchos bei Berosus) 1.
Es wird nun zu untersuchen sein, ob hier auf einer Seite die
Priorität vorhanden ist, oder ob beide Listen auf eine gemein-
same Urquelle zurückgehen, mit andern Worten, ob eine
literarische Abhängigkeit oder nur ein sachlicher Zu-
sammenhang zwischen den Angaben der Bibel und des Berosus
besteht.
dö) Dals der biblische Flutbericht eine babylonische
Parallele von auffallender Ähnlichkeit hat, ist längst bekannt.
Der babylonische Flutbericht enthält aber trotzdem so viele
Abweichungen, dafs eine literarische Abhängigkeit der bib-
lischen Erzählung von der babylonischen ausgeschlossen ist.
Der sachliche Zusammenhang wird von den Assyriologen
meist so aufgefalst, dafs den Ausgangspunkt der Flutsage eine
der vielen Überflutungen Südbabyloniens gebildet habe; die
Tradition über dieses Ereignis sei frühzeitig nach Palästina
eingewandert. Demgegenüber wird die Exegese die aulser-
babylonischen und aulserkanaanäischen Flutsagen heranzuziehen
haben, um zu beweisen, dals die biblische Flut nicht blols eine
der regelmäfsigen Überschwemmungen in Südbabylonien ge-
wesen sein kann.
e) Die Erzählung vom Turmbau wird von der Bibel selbst
nach Babylonien verlegt. Von der Assyriologie wäre hier
manche Aufklärung zu hoffen. Vorläufig wissen wir nur soviel,
dafs zu einigen babylonischen Tempeln, z. B. zum Marduk-
tempel in Babylon (@sagila) und zum Nebotempel in Borsippa
(ezida), riesige Stufentürme gehörten. Die Stelle, wo der
ı Vgl. Schrader, Keilinschriften u. d. AT3 533.
8*r
116 XNikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
erstere dieser beiden Tempel gestanden hat, ist durch die
Ausgrabungen der deutschen Orientgesellschaft endlich fest-
gestellt worden. Ob die biblische Erzählung vom Turmbau
mit der Erbauung des Marduktempels oder, wie man früher
annahm, mit der des Nebotempels (birs Nimrud) oder irgend
eines andern riesigen Turmes in Beziehung zu bringen ist,
wird sich wohl nicht entscheiden lassen !.
zZ) Einzelne Angaben der Völkertafel (Gn 10) haben
durch die Assyriologie eine überraschende Bestätigung er-
fahren. Über den Zusammenhang der Person Nimruds mit
dem Helden des Gilgamesch-Epos ist viel geschrieben worden;
die reiche Literatur hat neuerdings eine Vermehrung erfahren
durch das an kühnen Kombinationen reiche Buch von Dieck-
mann: „Das Gilgamis-Epos in seiner Bedeutung für Bibel
und Babel“ (Leipzig 1902). Der Verfasser identifiziert unter
anderem den Eabani des Gilgamesch-Epos mit Nimrud, Gilga-
mesch mit Hammurabi (S. 75). Manches in der Völkertafel
ist trotz des täglich wachsenden inschriftlichen Materials noch
dunkel geblieben; vor allem ist es auffallend, dafs Kenaan
Gn 10 ein Sohn Chams genannt wird. Vielleicht bringt die
Erforschung der hettitischen Inschriften noch überraschende
Aufschlüsse über die Urbevölkerung Kanaans.
b) Die Patriarchengeschichte erscheint infolge der
Erforschung der altbabylonischen Urkunden aus dem Ende
des dritten und dem Anfange des zweiten vorchristlichen Jahr-
tausends in ganz neuem Lichte. Die keilschriftlichen Denk-
mäler jener Periode gewähren uns einigen Einblick in die poli-
tischen Verhältnisse Vorderasiens zu jener Zeit. Neuerdings
sind auch die „Briefe und Inschriften“ Hammurabis, des Zeit-
genossen Abrahams, in einer guten Ausgabe weiteren Forscher-
kreisen zugänglich gemacht worden. Freilich sind viele Daten,
die sich aus den altbabylonischen Urkunden ergeben, noch
zusammenhangslos und harren der Ergänzung und Verbindung.
Aber soviel ist schon jetzt sicher: die Ansicht, dafs Abraham
ı Vgl. Schrader, Keilinschriften u. d. AT3 396.
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 117
eine Astralgottheit der Kanaaniter gewesen, dann von den
eingewanderten Hebräern zum Stammesheros umgebildet worden
sei, wird nicht mehr so gläubig aufgenommen werden wie früher.
Dals überhaupt die ersten einigermalsen sicheren Nachrichten
über die Geschichte Israels erst aus der Richter- und ersten
Köönigszeit stammen, wird man kaum mehr mit derselben Zu-
versicht behaupten können wie bisher, zumal sogar aus der
Zeit Hammurabis (um 2250) ein umfangreicher Gesetzcodex
auf uns gekommen ist. Kittel! hat mit Recht darauf: hin-
gewiesen, dals, wie man sich nach den Ausgrabungen in Troja
und Kreta daran gewöhnt hat, in den ältesten griechischen
Sagen nicht mehr blofs Produkte dichterischer Phantasie zu
sehen, so auch nunmehr die altorientalischen Inschriften die
eingewurzelte Meinung zerstören dürften, nach welcher Abraham,
Jakob und Joseph ungeschichtliche heroes eponymi, wahrschein-
lich zunächst Götter gewesen seien. Wir sind heute in der Lage,
wenigstens die Namen Abram und Jakob als uralte Personen-
namen nachzuweisen. Das von Hugo Winckler und Stucken
aufgestellte mythologische Schema, nach welchem die meisten
Personen der israelitischen Geschichte bis in die Zeit Salomos
als Astralgottheiten aufgefalst sein sollen 2, ist neuerdings von
Budde3 einer eingehenden und zwar vernichtenden Kritik
unterzogen worden. Vielleicht ist dies ein gutes Vorzeichen
für eine bald zu erwartende Wandlung auf diesem Gebiete
und für eine Rückkehr zu gesunden Prinzipien.
Ein wichtiges Problem der Patriarchengeschichte, zu dessen
Lösung die Assyriologie viel beitragen kann, ist die Frage
nach der Urheimat jenes Stammes, zu welchem Abraham
gehörte. Die Bibel macht Abraham zum Aramäer und stellt
ı Die babylonischen Ausgrabungen und die biblische Urgeschichte,
Leipzig 1903, 7f 17 ff.
2 Winckler hält bei einigen Personen der älteren Geschichte Israels
am geschichtlichen Kerne fest; er meint aber, jede Handlung der be-
treffenden Personen werde von der Überlieferung so gedeutet und
gedreht, dafs eine Beziehung auf die ihnen entsprechende Gottheit heraus-
komme.
3 Das AT und die Ausgrabungen 13 ff.
118 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
seine Nachkommen in Gegensatz zu den Kanaanitern. Einige
Assyriologen (auch Delitzsch) reden aber von alten kanaanä-
ischen Stämmen, die sich um 2500 v. Chr. in Babylonien
selshaft gemacht haben und aus denen nach Jahrhunderten
die zwölf Stämme Israels hervorgegangen sein sollen. Hommel
hat, wie bekannt, aus südarabischen Personennamen den Beweis
zu erbringen versucht, dals diejenigen Kreise, denen Abraham
entstammte, einst aus Südarabien nach Babylonien ein-
gewandert seien und aus ihrer Heimat eine im Vergleich zum
babylonischen Göttersystem reinere Religion nach Babylonien
gebracht hätten \.
Ein zweites Problem ist die Frage, ob durch die Identi-
fizierung der Königsnamen in Gn 14 sich ein strenger Beweis
für die Geschichtlichkeit der Person Abrahams erbringen lälst.
Die Studie Dornstetters über Abraham, so verdienstlich und
gehaltvoll sie auch ist, kann doch nur als eine Vorarbeit zu
einer mehr synthetischen Darstellung der Patriarchengeschichte
bezeichnet werden. Die religionsgeschichtlichen Probleme,
welche sich an die Berichte der Genesis über die Patriarchen
knüpfen, sollen noch unten erwähnt werden.
c) Für die Lösung der chronologischen und sonstigen
geschichtlichen Probleme, welche sich an den Auszug Israels
aus Ägypten und die Einwanderung des Volkes in
Kanaan unter Josue knüpfen, sind die Amarna-Tafeln von
besonderer Wichtigkeit. Dieselben enthalten eine Anzahl von
Briefen, welche während der Regierungszeit der ägyptischen
Könige Amenophis III. und IV. von palästinensischen Vasallen
an ihren ägyptischen Oberherrn gerichtet waren. Wir erlangen
aus diesen Briefen einen interessanten Aufschluls über die
politischen Verhältnisse in Palästina am Ende der achtzehnten
ägyptischen Dynastie. Eine besondere Bedeutung für die Exe-
gese erhalten diese Urkunden deswegen, weil in denselben auch
von Stämmen die Rede ist, welche in Palästina eindringen, und
gegen welche sich einige palästinensische Fürsten wehren müssen.
1 Altisraelitische Überlieferung 117.
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 119
Es handelt sich hierbei um die Streitfrage, ob unter den
Stämmen, welche „Habiri“ genannt werden, die Hebräer zu
verstehen sind, und in welchen Beziehungen eine Bevölkerungs-
gruppe, deren Name mit den Ideogrammen SA. GAS ge-
schrieben ist, zu den Habiri bezw. zu den Hebräern steht.
Den Versuchen, die Amarna-Tafeln zur Diskreditierung der
biblischen Angaben über die Entstehung des Volkes Israel
auszubeuten, wird die Exegese entschieden entgegenzutreten
haben. Es genügt vorläufig, wenigstens zu zeigen, dals die
Glaubwürdigkeit der Nachrichten über die zwölf Stämme
Israels und ihre gemeinsame (Genealogie noch nicht durch
zwingende Gegengründe erschüttert ist!
d) Reiches assyriologisches Material steht der Exegese
bei der Erklärung der Königsbücher zur Verfügung. Die
betreffenden Urkunden sind im allgemeinen ganz gut erhalten
und in einem leicht lesbaren Schriftsystem geschrieben. Einer
endgültigen Lösung harren noch immer die Fragen der
Chronologie. Die Frage nach der Identität von Phul und
Tiglatpilesar wird wohl in bejahendem Sinne beantwortet
werden müssen, wenigstens nach dem augenblicklich vorliegen-
den Material; die Exegese hat hier noch ein schwieriges
Problem zu lösen. Zu den Abschnitten der Königsbücher,
welche von dem letzten Ringen des Südreiches mit der baby-
lonıschen Macht handeln, haben sich leider noch keine keil-
schriftlichen Parallelen gefunden; die Urkunden aus der Zeit
Nabopolassars und Nebukadnezars II. beziehen sich fast aus-
ı Dafs Hugo Winckler (Geschichte Israels in Einzeldarstellungen
II, Leipzig 1900, und Schrader, Keilinschriften u. d. AT3 I) auch die
Hauptgestalten des Richterbuches und der Samuelisbücher' in sein mytho-
logisches Schema zwängt, ist schon erwähnt worden. Saul ist ihm der
Mond, Jonathan die Sonne, David die eine, Salomo die andere Hälfte
der Jahresnatur. Die Personen selbst sind auch für Winckler ge-
schichtliche; nur die an diese Personen sich knüpfenden Ereignisse sind
vom mythologischen Schema beeinflufst, und Winckler hält es für die
Aufgabe des Historikers, den geschichtlichen Kern von der mythologi-
schen Einkleidung zu befreien. Wir halten es demgegenüber für die
Aufgabe der Exegeten, die Undurchführbarkeit und die logischen a
dieses Systems nachzuweisen.
120 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
schlielslich auf Bauten. Die Zahl der Deportationen ins Exil
sowie der Deportierten bleibt somit trotz der betreffenden
biblischen Angaben noch immer ein strittiger Punkt.
e) Für die Zeit des Exils und die ersten Jahrzehnte
nach dem Exil hat die Assyriologie in neuester Zeit wert-
volles Material geliefert. Wir sind nunmehr aus babylonischen
Urkunden über den Fall Babylons, über die Lage der von
den Exulanten bewohnten Orte und über die Politik des Cyrus
in religiösen Fragen unterrichtet. Sogar der Esr 5, 3 erwähnte
Satrap Thattenai hat sich in neubabylonischen Urkunden
wiedergefunden. Eine nicht völlig gehobene Schwierigkeit
bietet aber immer noch die Angabe Dn 6, 1, gemäls welcher
nach dem Sturze Belsazars „Darius der Meder“ im Alter von
62 Jahren das babylonische Reich erhielt.
Neue Probleme, welche sich an die nachexilischen Bücher
Esther, Tobias und Judith knüpfen, hat die Assyriologie da-
durch geschaffen, dafs die Göttin Ischtar als Prototyp der
Esther, Judith und auch des Weibes des Tobias hingestellt
wird. Die Gleichung Judith-Esther-Ischtar ist zuerst von
Jensen aufgestellt worden !. Älteren Datums ist die Ansicht,
nach welcher die Grundlage für das Purimfest im babylo-
nischen Kult zu suchen ist,
Es möge hier noch nachträglich auf die eigentümlichen
Thesen, die Jensen in den letzten Heften der „Zeitschrift für
Assyriologie“ 3 aufgestellt hat, hingewiesen werden. Jensen
findet Parallelen zum Gilgamesch-Epos, die nach seiner An-
sicht auf Nachbildungen beruhen müssen, in der Geschichte
Israels von Abraham+ bis Christus. Die zwanzigste These
sagt nicht weniger, als dals die Geschichte Jesu „die im wesent-
t Schrader, Keilinschriften u. d. AT3 439.
2 Schrader a. a. O. 519.
3 Das Gilgamis-Epos in der israelitischen Legende. Eine vorläufige
Mitteilung. Ztschr. f. Assyriologie XVI (1902) 2/4, 406—412.
4 Christliche Welt X'VI (1902) Nr 21; hier behauptet Jensen, die
Tradition in Gn 12, nach welcher Abraham aus Ur in Chaldäa nach Palästina
eingewandert sei, berule auf dem Gilgamesch-Mythus,.
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 121
lichen vollständige Geschichte eines israelitischen Gilga-
mesch“ sei.
Von den Namen in den „Jesus-Legenden“ sind nach
Jensen einer Herkunft aus dem Mythus verdächtig: Jesus,
Joseph (Jesu Nährvater), Maria (die Mutter Jesu), Elisabeth,
Lazarus, Maria (des letzteren Schwester), Saulus und Judas
(der Name des Verräters). Man wird es nach solchen Vor-
gängen für wahrscheinlich halten müssen, dafs nach wenigen
Jahrhunderten der Zug Napoleons nach Ägypten und Palästina
mit der Gilgamesch-Sage, der Ballonaufstieg Andr&es mit der
Ikarussage, der Burenkrieg mit der Laokoonsage in Ver-
bindung gebracht werden wird.
f) Wir kommen nun zu den religionsgeschichtlichen
Problemen, welche durch die Assyriologie eine Förderung
erfahren. Zunächst dürfte die Erforschung der altbabyloni-
schen Urkunden der Hypothese, nach welcher Israel wie die
Semiten überhaupt in einer von der mosaischen nicht allzuweit
entfernten Epoche dem Fetischismus, Totemismus oder Ani-
mismus gehuldigt haben sollen, ein Ende bereiten. Aus den
Urkunden der Zeit zwischen 2500—2000 v. Chr. ergibt sich,
dafs die Bewohner der Euphrat- und Tigrisländer in jener
Epoche auf einer Stufe der religiösen Entwicklung sich be-
fanden, welche als eine Vorstufe des Monotheismus bezeichnet
werden kann. Manche Assyriologen sind aber nun in das
entgegengesetzte Extrem gefallen. Hommel hat um der Tat-
sache willen, dals in südarabischen Eigennamen statt eines
1 Im besondern werden als mythisch verdächtigt: die Mitteilung von
der Elisabeth Empfängnis an Maria und Marias Reise zu jener, die Be-
drohung des Lebens Jesu, die Flucht nach Agypten, die Rückkehr nach
Herodes’ Tode, Jesus in der Wüste und seine Bestätigung, die An-
werbung der Jünger, das Weinwunder, die Bergpredigt (aber nicht ihr
Inhalt), die Aussendung von zwölf Aposteln das samaritanische Weib,
die Veranlassung zur Enthauptung des ‚Johannes, Jesu Flucht in die
Wüste, der Meeressturm mit nachfolgender glücklicher Landung, das
kanaanäische Weib, eine wunderbare Volksspeisung, Jesu Verklärung,
Jesu letzte Reise nach Jerusalem, die Auferweckung des Lazarus, Jesu
Auferstehung zur Osterzeit am Sonntag, die Himmelfahrt.
122 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
besondern Götternamens häufig blofs ilu (= Gott) auftrete ®,
behauptet, dafs bei den südostarabischen oder sabäischen
Stämmen, welche nach Babylonien ausgewandert seien, und aus
deren Mitte Hammurabi und auch Abraham hervorgegangen
sei, eine weit reinere Religion geherrscht habe als die der
Babylonier, eine Religion, die im wesentlichen eine mono-
theistische gewesen sei? Delitzsch, der die Dynastie Ham-
murabis nicht als eine südostarabische, sondern als eine kana-
anäische ansieht, sagt ebenfalls, dals „bei den kanaanäischen
Stämmen, welche sich um 2500 v. Chr. in Babylonien selshaft
gemacht hätten“, der Monotheismus, ja sogar der Jahwekultus
geherrscht habe; diese Religion der in Babylonien zugewan-
derten Kanaanäer sei dort rasch in dem seit Jahrhunderten
daselbst eingebürgerten Polytheismus untergegangen®,
Obgleich nun die Anschauung, dals der Monotheismus
schon vor der Zeit Abrahams existiert hat, durchaus nicht
unbiblisch ist, so sagt doch die bekannte Stelle Jos 24, 2, dafs
Abraham aus einer dem Polytheismus huldigenden Familie
hervorgegangen sei, oder wenigstens, dafs Abrahams Vater
fremden Göttern gedient habe. Es ist also anzunehmen, dals
der ursprüngliche Monotheismus der Urahnen Abrahams unter
dem Einflusse der babylonischen Umgebung verdunkelt worden
ist. Die Gottestat an Abraham hatte jedenfalls den Zweck,
ihn aus der polytheistischen Umgebung, mit welcher er durch
die Bande der Stammesgemeinschaft oder Verwandtschaft ver-
bunden war, zu entfernen. Die Darstellung Hommels läfst sich
immerhin mit den biblischen Angaben ganz gut vereinigen.
Was bemängelt werden muls, ist nur die durchaus unzureichende
Beweisführung, mittelst deren Delitzsch den Monotheismus und
ı Z. B. „Gott hat gegeben“, „Gott mit mir“, „Mit meines Gottes
Hilfe wandle ich“, „Mein Gott vermehre“, „Gott ist mein Herr“ usw.
2 Altisraelitische Überlieferung 117.
3 Babel und Bibel 46 47.
ı Jos 24,2.3: „Eure Väter wohnten jenseits des Stromes, nämlich
Tharah, der Vater Abrahams und Nahors, und sie dienten andern Göttern,
und ich nahm euern Vater Abraham von jenseits des Stromes und führte
ihn nach Kanaan.“
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 123
den Jahwekultus als altes Erbgut eines Teiles der altbaby-
lonischen Bevölkerung beweisen will. Delitzsch sagt etwa:
der Name ilu (Gott) hängt mit der Präposition el („zu“) zu-
sammen und bedeutet „Ziel“; das Ziel des menschlichen
Herzens „kann naturgemäls nur eines sein“; darum waren die
Stämme, welche den Begriff „Gott“ durch ilu ausdrückten,
Monotheisten 1. -
Es war zu erwarten, dafs die Kritik sich mit dieser Art
Beweisführung befassen werde. Man hat zunächst allgemein
bestritten, dafs ilu mit der Präposition el eine gemeinsame
Wurzel habe, und dals es „Ziel“ bedeute?. Aber wenn ilu
auch „Ziel“ bedeutete, so folgt daraus doch noch lange nicht
der Monotheismus derjenigen, welche dieses Wort in dem ge-
nannten Sinne gebrauchen. Denn der menschlichen Ziele kann
es verschiedene geben, und wenn es auch nur eines gäbe, so
kann dieses eine Ziel in verschiedener Weise vorgestellt werden.
Tatsächlich sehen wir ja übrigens, dals die Völker, welche
den Gottesnamen ilu gebrauchen, Polytheisten sind. Auch
gerade bei den Stammesgenossen Hammurabis ist der Poly-
theismus nachgewiesen®,. Ist dies aber der Fall, dann folgt
daraus, dals in jenen obengenannten Eigennamen das Wort
ilu nicht notwendig als Bezeichnung des „einzigen Gottes“ auf-
zufassen ist; vielmehr bedeutet ilu dort blofs „Gottheit“ im
allgemeinen. Derjenige, welcher sagt: die Gottheit ist mit mir,
will nur in diesem Augenblicke keine bestimmte Gottheit
nennen. Das ist noch kein Monotheismus; wohl ist es aber
eine Vorstufe des Monotheismus oder die Spur eines früher
vorhandenen, aber später verdunkelten Monotheismus.
Wegen dieses letzteren Umstandes aber ist es eine wichtige
Aufgabe der Exegese, das religiöse Niveau der semitischen
Völker in vormosaischer Zeit genauer festzustellen; es dürfte
sich noch manches bisher unbenützte Material als Beweis gegen
ı Babel und Bibel 46,
2 Vgl. besonders Jensens Kritik des Delitzsch’schen Buches (Christl.
Welt 1902, Nr 21). E
38. Hommel, Altisraelitische Überlieferung 80.
124 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
die evolutionistischen Theorien in der Religionsgeschichte ver-
werten lassen.
Was die Geschichte des Jahwe-Namens anlangt, so
scheint es doch nicht festzustehen, dals Eigennamen, welche
mit diesem Namen zusammengesetzt sind, aus der Zeit Abra-
hams oder auch aus vorabrahamischer Zeit vorhanden sind.
Bisher sind von vier Seiten Einwendungen gegen die Lesung
der von Delitzsch (Babel und Bibel 47) reproduzierten beiden
Zeichengruppen, welche Ja-ah-ve-ılu und Ja-hu-um-ilu be-
deuten sollen, erhoben worden. Ed. König will statt Ja-
ah-ve-ilu (Jahve ist Gott) lesen: Ja-a’-mi-ilu = Jahmi-ilu (es
beschütze Gott) ı. Barth? schlägt statt Ja-ah-ve-ilu die Lesung
Ja-ah-ve-ilu (Gott gibt Leben, impf. hiph. von Mn = N) vor.
Zwei weitere Einsprüche gegen die Delitzsch’sche Lesung der
Zeichengruppen bezw. die Übersetzung der betreffenden Silben-
‚gruppen finden sich im 2.—4. Hefte des XVI. Jahrganges der
Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete; dieselben
rühren von geschulten Assyriologen (Daiches und Bezold) her.
Die Frage ferner, ob I (mit Endung — Iau) ein uralter semi-
tischer Gottesname sei, wird noch gründlicher zu untersuchen
sein; hierbei werden Namen wie I-zebel, I-kabod (1 Sm 4, 21),
I-thamar (Ex 6, 23), I-‘ezer (Nm 26, 30) und Ischai in Be-
tracht gezogen werden müssen, ebenso wie die Gleichung i = ilu
auf Grund des Syllabars S® I 13—163.
Mit der Assyriologie in Zusammenhang steht auch die reli-
gionsgeschichtliche Frage, inwieweit der babylonische Sonnen-
und Mondkultus in Palästina einen Einfluls ausgeübt hat, ins-
besondere, ob aus dem Kultus des Mondgottes (Sin)? und des
ı Vgl. König, Bibel und Babel 38 ff. Dem Verfasser ist übrigens
in diesem Punkte ein Irrtum unterlaufen, worauf er auch schon auf-
merksam gemacht worden ist.
3 Babel und israelitisches Religionswesen 19.
3 Vgl. Delitzsch, Paradies 163 und die Abhandlung von Friedrich
Philippi: „Ist mim akkadisch-sumerischen Ursprungs?“ Zeitschrift für
Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft 1883, 175—1%. _
4 Man vermutet z. B., dals der Sinai seinen Namen vom Mondgotte
Sin erhalten habe (Schrader, Keilinschr. u. d. AT> 365),
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 125
Sonnengottes (Marduk) Züge auf Jahwe übergegangen sind.
Man denkt hierbei z B. an Marduk den Götterkönig, den
Bekämpfer der gottwidrigen Macht; Züge aus den Marduk-
mythen sollen sich auch im Bilde des Erzengels Michael finden.
Vor allem aber soll das Messiasbild der Israeliten ganz und
gar von den babylonischen Marduksagen beeinflufst sein !.
Dals die atl Vorstellungen vom Scheolund von den Engeln
in den religiösen Ideen der Babylonier ihre Parallelen haben,
ist richtig. Daraus folgt natürlich noch lange nicht, dafs die-
selben auf babylonischen Ursprung zurückgehen. Das behauptet
aber Delitzsch (8. 41), ohne es zu beweisen. Auch bezüglich der
bösen Geister oder Dämonen behauptet Delitzsch, dafs dieselben
„der Nacht der babylonischen Hügel entstiegen seien“2, Es
wird hierbei übersehen, dals Engel und Teufel im AT eine ganz
andere Rolle spielen, vor allem in einem ganz andern Ver-
hältnisse zur Gottheit stehen als bei den Babyloniern und
Persern.
g) Auch im israelitischen Ritualgesetz und in ge-
wissen Sitten und Gebräuchen der Israeliten hat man Spuren
babylonischen Einflusses entdecken wollen. Da die Bibel selbst
die Heimat Abrahams nach Babylonien versetzt, so wäre es
wunderbar, wenn nicht babylonische Elemente sich im israe-
litischen Geistesleben vorfinden sollten; wir können dabei von
den fortdauernden Beziehungen zwischen Palästina und den
ı Zimmern (Keilinschr. u. d. AT 378) meint, folgende Momente
im messianischen Bilde seien auf die Mardukmythen zurückzuführen:
1. der Christus als vorweltliches, himmlisches, göttliches Wesen; 2. die
wunderbare Geburt desselben; 3. der Christus als Welterlöser; 4. die
Erscheinung Christi in der „Fülle der Zeit“; 5. der Christus als der von
seinem Vater in die Welt gesandte; 6. das Leiden des Christus; 7. sein
Tod; 8. seine Höllenfahrt; 9. seine Auferstehung; 10. seine Himmelfahrt;
ll. seine Erhöhung; 12. das Kommen des Christus vom Himmel; 13. das
Endgericht des Christus; 14. die Hochzeit des Christus.
2 Früher hatte man die Vorstellung vom Satan ausschliefslich auf
persischen Einfluls zurückgeführt. Zimmern glaubt, dafs wahrscheinlich
die Vorstellung von dem Satan als Widersacher, als Ankläger der Menschen
bei Gott auf babylonischen Ursprung zurückgehe (Keilinschr. u. d. AT?
463). Diese Wandlung in den Anschauungen wird auch auf gewisse
literarbistorische Probleme zurückwirken.
126 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
Euphrat- und Tigrisländern absehen. Es mag hier verwiesen
werden auf Zimmerns „Beiträge zur Kenntnis der babylo-
nischen Religion“ (Leipzig 1896), ferner auf die Abhandlung
Paul Haupts im Journal of biblical Literature (1900), welche
den Titel führt: „Babylonian Elements in the Levitic Ritual“.
Der Verfasser behauptet hier, der hexateuchische Priester-
codex scheine von babylonischen Einrichtungen beeinflulst zu
sein; man könne die babylonischen Vorbilder nicht blols bei
gewissen Riten, sondern sogar in gewissen technischen Aus-
drücken des levitischen Zeremonials entdecken (S. 56). Nach
dieser Richtung hin ist das israelitische Kultgesetz, wie es
scheint, noch nicht genügend erforscht.
Von besonderer Bedeutung ist die Frage nach dem Ur-
sprung des Sabbats. Delitzsch sagt hierüber, es sei kein
Zweifel darüber möglich, dals wir „die in der Sabbat- bezw.
Sonntagsruhe beschlossene Segensfülle im letzten Grunde jenem
alten Kulturvolke am Euphrat und Tigris verdanken“. Gegen
eine solche Auffassung hat schon der Assyriologe Jensen, noch
bevor Delitzsch’ Vortrag im Drucke erschien, Protest erhoben.
Er sagt, nachdem er den grundsätzlichen Unterschied zwischen
der biblischen Sabbatordnung und gewissen damit in Ver-
bindung gebrachten Gebräuchen der Babylonier erörtert hat,
dals uns nichts bindere, „die jüdische Woche für eine alt-
jüdische Einrichtung zu halten“2.
Es möge genügen, Delitzsch gegenüber auf folgende Mo-
mente hinzuweisen:
a) es gab allerdings bei den Babyloniern einen schapattu
oder schabattu genannten Tag; dieser war „der Besänftigung
des Herzens der Götter“, nicht „der Ruhe des Herzens“ im
allgemeinen gewidmet; eine Nachricht darüber, wie oft im
Jahre ein solcher Tag gefeiert worden sei, ist aber bisher in
assyrischen Texten nicht gefunden worden;
ı Babel und Bibel 29.
2 „Die siebentägige Woche in Babylon und Ninive“. Zeitschrift für
deutsche Wortforschung I 160.
Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 127
ß) am 7., 14., 19., 21. und 28. eines jeden Monats1 sollte
nach einer babylonischen Vorschrift der König vor Marduk
und Venus (Zarpanit) eine Gabe darbringen; der 7., 14., 21.
und 28. Tag werden als Unglückstage bezeichnet, an welchen
der Hirt der Menschen, d. h. der König, kein im Feuer ge-
bratenes Fleisch essen, das Gewand seines Leibes nicht wechseln,
helles Gewand nicht anlegen, keine Libation darbringen, keinen
Wagen besteigen, königlich nicht reden, der Arzt einem Kranken
die Hand nicht auflegen soll usw.; der 19. Tag wird geradezu
als Tag des Zornes bezeichnet.
Mit Recht bemerkt hierzu Cornill in seiner Rezension
von Delitzsch’ „Babel und Bibel“: „Diese an das Kalender-
datum gebundenen dies atri der Babylonier sollen der biblische
Sabbat sein? Nun und nimmer! Der Sabbat als Tag des
Herrn, die Anschauung, dals wir in jeder Woche einen Tag,
alle Mühen und Sorgen des Erdenlebens hinter uns lassend,
ganz nur Gott leben und uns der Gemeinschaft mit ihm er-
freuen sollen, eignet ausschlielslich der Bibel; und die hierin
beschlossene Segensfülle verdankt die Welt nicht Babel, son-
dern der Bibel allein.“ 3
Noch bedenklicher ist es, wenn Delitzsch darauf hinweist,
dals das fünfte, sechste und siebente Gebot des Dekaloges in
genau der nämlichen Zusammenstellung sich bei den Baby-
loniern vorfinden. Delitzsch übersieht hier, dafs es doch so
nahe liegt, die natürlichen Güter, welche wir geschützt wissen
wollen, in der im Dekalog gegebenen Reihenfolge aufzuzählen:
Leben, Familie, Hab und Gut. Man erinnere sich übrigens
daran, dals man früher versucht hat, den Dekalog aus einem
ägyptischen Vorbilde herzuleiten, weil derselbe auch im ägyp-
tischen Totenbuche seine Parallele hat.
Es wird Aufgabe der Exegese sein, dasjenige aus dem
1 Es ist also nicht der jedesmalige siebente Tag, wie er in regel-
mälsiger Aufeinanderfolge das Jahr hindurch ohne Rücksicht auf das
Monatsdatum wiederkehrt.
2 Näheres hierüber s. bei Barth, Babel und israelitisches Religions-
wesen 6—13.
3 Deutsche Literaturzeitung 1902, Nr 27.
128 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.
at! Sitten- und Ritualgesetz, was auf der menschlichen Natur und
den allgemein menschlichen Verhältnissen beruht, herauszu-
heben und jeden Versuch, dieses Material zu Gunsten einer
einseitigen Entlehnungshypothese zu verwerten, abzuweisen.
Bei andern augenscheinlichen Parallelen wird man nicht
allzu ängstlich sein dürfen. Wenn sich auch nachweisen lielse,
dals manche atl Bestimmungen auf allgemein semitischer Sitte
older Auffassung beruhen, so ist doch der Wert, den diese
Bestimmungen für das Volk Israel hatten, noch nicht in Frage
gestellt; und so bleibt noch immer Raum für die Auffassung,
dafs die Providenz natürliche Dinge übernatürlichen Zwecken
dienstbar gemacht habe, eine Auffassung, welche bekanntlich
schon im christlichen Altertum vertreten war.
Niemals wird es gelingen, dem unbefangen Urteilenden
glaubhaft zu machen, dafs die einzigartige Stellung, welche
Israel auf religiösem Gebiete unter den Völkern des Altertums
einnimmt, auf natürlich wirkenden Ursachen, auf „Babel“ be-
ruhe. Das Selbstzeugnis Israels über seine gnadenvolle Führung
von den Zeiten der Erzväter her wird immerdar seine Geltung
behalten.
Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
Von Prof. Dr. Norbert Peters in Paderborn.
IL (Schluß).
III. Bei einer andern Kategorie von Parallelen
bleibt die Abhängigkeitsfrage allerdings an sich noch
zweifelhaft. Ist dieselbe aber vorhanden, so ist Ekkli
wenigstens mit Wahrscheinlichkeit als primär anzu-
setzen.
Ekkle 1, 3—Ekkli 40, 1. Nur der Gedanke, dafs der
Mensch viel Mühsal auf Erden hat, ist den zwei Stellen gemein-
sam. Wenn eine Abhängigkeit vorliegt, so spielt Ekkle kurz
auf die lange Ausführung über diese Mühsal in Ekkli 40, 1ff
an. Dals aber in der Tat Ekkle die Stelle des Ekkli im
Kopfe hatte, scheint mir daraus hervorzugehen, dafs er im
Weiteren ausführt, allezeit bleibe dies so, während es nach
Ekkli bei allen Menschen allezeit so ist.
Ekkle 1, 4—Ekkli 14, 18. St. III—IV des Ekkli sind
durch Gr., Syr. und Rd. bezeugt. Über die Ursache des Aus-
falles in 4A! siehe Peters 83. Das schöne, echt poetische
Bild des Ekkli — vgl. Hom. Il. 6, 144 sowie Is 34, 4 und
Apc 6, 13 — spricht für ihn. Auch lieflse sich die Zusammen-
ziehung der Langzeile in Ekkli zu einer Halbzeile in Ekkle
besser verstehen als das Umgekehrte. Deshalb könnte nur
an ein Abhängigkeitsverhältnis des Ekkle von Ekkli gedacht
werden. Bei der Allgemeinheit des Gedankens und der nur
geringen Kongruenz des Wortlautes ist es aber ebensogut
ı Mit A BC D bezeichne ich die vier hebräischen Hss des Ekkli
(Peters 8*—21*) im Gegensatze zu AB C D der Septuaginta.
Biblische Zeitschrift. I. 2. 9
130 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
möglich, dals die beiden Stellen überhaupt unabhängig von-
einander sind.
Ekkle 4,13—16—Ekkli 12, 5—6. 12—13. In Ekkli wird
der Gedanke ausgedrückt, dals es vorkommt, dafs ein armer
Mann zu Ansehen und Ehre, ja zur Königswürde (2133 my)
gelangt. Die Idee findet sich schon in 1 Sm 2, 6—8 deut-
lich genug, auch die Erhöhung zu fürstlicher Stellung ein-
geschlossen (D12'1 by awınD). Es ist deshalb schon von diesem
Standpunkte aus nicht notwendig, eine Abhängigkeit zwischen
Ekkle und Ekkli für die beiden Stellen anzunehmen, zumal
der Wortlaut keine nennenswerte Übereinstimmung bietet.
Wenn aber ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, so kann
dieses schon aus literarkritischen Gründen nur auf seiten des
Verfassers des Ekkle gesucht werden. Denn während der
Gedanke in Ekkli, ganz allgemein gehalten, der konkreten Züge
entbehrt, weist die lebendige Detailschilderung in Ekkle deut-
lich genug auf ein Ereignis hin, das der Verfasser selbst mit-
erlebt haben muls, so dals Ekkle 4, 13—16 dann als die Durch-
führung jenes allgemeinen Satzes des Ekkli an diesem Faktum
aufzufassen wäre.
Dals die Verse aber auf Alexander Balas von Syrien 1
(150—145 v. Chr.) und seinen Vorgänger Demetrius I. Soter
(162—150) gehen, ist m. E., wenn man einmal mit der Ab-
fassung des Predigers durch Salomon gebrochen hat, nicht zu
bezweifeln. Abgesehen von dem einen Punkte, dals „er aus
dem Gefängnisse hervorging, um König zu werden“2, ist die
ganze Darstellung des Ekkle Zug für Zug in der Geschichte
—
1 Auf Alexander Jannäus, auf den Leimdörfer (bei E. König) und
E. König (Einl. 433) die Verse beziehen, palst im Grunde nur der Zug der
Erhebung aus dem Gefängnisse,
2 Dieser Punkt ist mir aber textkritisch immerhin zweifelhaft. Man
erklärt ja nbwion nY2 allgemein nach Gr. im Sinne von nWıoRz n\3. Sollte
oo N‘) zu lesen sein? Dann würde eine direkte Hindeutung vorliegen
auf den Beschluls des Königs Attalus II. von Pergamum (sowie Ptolemäus VI.
von Agypten und Ariarathes V. von Kappadozien?), Alexander Balas als
Thronprätendenten aufzustellen. Ich kann allerdings den Plural amp
durch keine andere Stelle belegen.
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 131
des Alexander Balas zu belegen. Er war in seines Vorgängers
Reiche geboren (1N>9B3 — in Smyrna geboren nach Diodor
bei Müller, Fragm. Hist. Graec. II praef. p.xus, n. 14 [nach
Schürer]), war noch jung (79° — neipakiokog Diodor), war arm
(N — tignotus et incertae originis homo Epitom. Liv. 1, 52
[bei Wetzer und Welte], sortis extremae iuvenis Justin 35, 1
[bei Schürer]), als er zur Herrschaft kam. Auch Ban konnte
ihn Ekkle wie an sich, wenn man die Jahre seines Kampfes
um die Herrschaft ins Auge fafst — später ist er allerdings
erschlafit, so dafs da das Urteil Schürers I3 231f über ihn
zutreffend war —, so besonders von seinem jüdischen Stand-
punkte aus nennen, seine Weisheit aus seinem günstigen Ver-
halten den Juden gegenüber (1 Mach 10, 20ff, 62ff. S. Schürer
Is 228 232) beurteillend wie umgekehrt die Torheit (503)
des damals immerhin schon bejahrten (}Pt) Demetrius, die aber
auch aus dessen allgemeinem Verhalten ausreichend sich
begreifen lälst. Wulste er diplomatisch doch gegenüber der
Koalition der Könige von Ägypten, Pergamum und Kappadozien
zu Gunsten des Alexander Balas sich nicht zu retten (yT x)
my vb). Auch hatte er sich allgemein verhafst gemacht,
sogar bei den Soldaten, so dafs die Besatzung von Ptolemais
diese Stadt übergab, weil sie „Mifsfallen hatte an des Königs
Demetrius Stolz und Übermut“ (Flav. Jos. Ant. 13, 2, 1).
Weitere Momente hierzu ergibt die Lektüre von Flav. Jos.
Ant. 13, 10 und 13, 1. Alles im Oriente schlols sich dem
Kronprätendenten an, auch Rom wurde gewonnen (92 NX MS“
yon Tb op wow nmn Diöbmon Dunn 3, 15 — totius ferme
orientis virıbus subcinctus [Justin 35, 1 bei Schürer]), das
Volk Syriens trat auf seine Seite (mw 555 nyrı 925 yp yR
Dr3B5 1). Später wendete sich aber das Blatt. Alles fiel
von ihm ab, sogar sein Schwiegervater Ptolemäus VI. Philo-
metor liefs ihn im Stich (12 ınuw »5 DynNm), und er endete
auf der Flucht in Arabien elend durch Meuchelmord (mM DI °3
mm ppm San). Auf diese zweite Hälfte seiner Regierung, als
Alexander Balas, von seinen Erfolgen berauscht, sich der
Ausschweifung in die Arme geworfen hatte und das Reich
9%
132 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
verkommen liels (Justin 35, 2 [bei Schürer]), deutet Ekkle
10, 16—19.
Ekkle 5, 6—Ekkli 34 (31), 1—2.5.7. Es kann sich sehr
wohl um eine nur zufällige Berührung in einem Worte
(mabn — &vünvio) und einer Idee (Dam minor — moikoüg
ErtAavnoev Ta Evüunvio) handeln. Eventuell würde m. E. anzu-
nehmen sein, dals die Phrase des Ekkle auf der ganzen Aus-
führung von Ekkli 34 (31), 1—8 ruhe.
Ekkle 7, 20—22—Ekkli 19, 16. Ekkli hat den Gedanken,
dafs niemand ohne Übereilungssünden mit der Zunge ist, Ekkle,
dafs niemand ohne Tatsünden (V. 20) und ohne die spezielle
Zungensünde der Beschimpfung des Nächsten sei (V. 21—22).
Wenn Abhängigkeit vorliegt, ist Ekkli offenbar als ursprüng-
lich anzusehen, da Ekkle sich als Erweiterung verrät.
Ekkle 7, 26—Ekklı 26, 23. Ekkli 26, 18—27 fehlt zwar
in BA al. ist aber durch Syr. Ar. 248 Cpl. Clem. Alex.
als ursprünglich bezeugt, wie auch Übersetzungsfehler (siehe
Ryssel, besonders zu V. 27) schon eine hebräische Vorlage
garantieren. Das Distichon ist in der gewöhnlichen Text-
gestalt des Gr. gestrichen, weil man an den starken Farben
der Darstellung Anstofs nahm.
Ekkli 26,23 (Fuvn doeßNg Avöuw uepig dodNGETaL, eudEßNS
de didoraı TW @Yoßounevw TV xKüpıov) berührt sich so eng
mit Ekkle 7,26 (BEd 20 seco ON ME MED SD MR NND
in 5 som mob pbor nivsonn), dafs eine Abhängigkeit
jedenfalls wahrscheinlich ist, obgleich der Gedanke an ein beiden
zu Grunde liegendes Sprichwort über das gute und schlechte
Weib sich immerhin nahelegen mag. In Ekkli steht der Satz
aber in der langen Abhandlung über die guten und bösen
Weiber (25, 13—26, 27), während er in Ekkle in der kurzen
Ausführung über das Weib — wahrscheinlich ist das Weib des
Verfassers dieser Partie, wenigstens hauptsächlich, gemeint —
als Haupthindernis zur Erlangung der Weisheit (7, 26—29)
sich findet. Aufserdem erscheint der Gedanke des Ekkli in
Ekkle stark einseitig fortgebildet. Ich halte es deshalb für
wahrscheinlich, dals Ekkle auf Ekkli anspielt.
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 133
Ekkle 8, 1—Ekkli 13, 25. Zunächst entscheidet Ekkli
die Auffassung der Ekkle-Stelle 838° \ıB 39) TUD NN DIN HOan.
Es ist 83%‘ nicht passivisch zu fassen (MT. Gr. Syr. Targ.
It. Cp. Sh.), wie es gewöhnlich geschieht, sondern aktivisch
als Pi. von NW, 3X = ni (Vulg. Hier. in comm.). Dann
ergibt sich ein guter, ungezwungener Sinn. Zu der Phrase
DUB NY vgl. aulser Dn 3,19 aber auch Ekkli 12,18 (838%
BD) und 25, 17 (a9 mp vopn), während 37, 17 des Gr.
(ixvog AAdorwoewg Kapdiqa) jedoch nur ein Schreibfehler in der
Vorlage des Gr. stand (mern st. mann), sowie Jdt 10,7
(HAAoıwuevov TO npöcwnov aüurns). Aus der Phrase TUD Kar
ist also gar nichts zu schlielsen. Im übrigen ist aber der
Zusammenklang mit Ekkli 13, 25 285 DK 11D Naeh wu 25
y"> DNI doch ein so enger, dals derselbe sich jedenfalls am
einfachsten durch ein Abhängigkeitsverhältnis erklärt. Ist dieses
aber gegeben, so legt sich m. E. die Auffassung des Ekkle
als eine Erklärung der Sentenz des Ekkli nahe.
Ekkle 9,14—17—Ekklı 10, 23; 13, 22 III-IV. 23 II—IV;
26, 28 IV. Ist ein Abhängigkeitsverhältnis vorhanden, so liegt
die Annahme am nächsten, dals der Gedanke des Ekkli, dafs
der weise Arme nicht verachtet werden darf (10, 23), dals es
betrübend ist, wenn einsichtsvolle Männer geringschätzig be-
handelt werden (26, 28 IV), und dafs auf den weisen Armen
nicht gehört wird (13, 22f), in Ekkle 9, 14—16! seine breite
Ausführung finde unter Erzählung eines Beispiels.
Ekkle 10, 19—Ekkli 31 (34), 27ff. An sich bleibt es
recht fraglich, ob die eine Stelle durch die andere beeinflufst
wird. Ist dieses aber der Fall, so dürfte in DYn np" "1 des
Ekkle eine Anspielung auf Ekkli 31 (34), 27 mit fn Dvn w>
wurd und 31 (34), 28 mit Pr one Dvn 7 in der langen Aus-
führung über den Wein gegeben sein.
Ekkle 10, 11—Ekkli 1. Beide Stellen scheinen mir auf
! Wright vergleicht S. 45 auch Ekkle 9,15 und Ekkli 11,5. Diese
Parallele scheidet aber gänzlich aus. Denn in Ekkli ist da vorausgesetzt,
dals der Arme zur Herrschaft gelangt, was für Ekkle durch 9, 15 III
direkt ausgeschlossen wird.
134 Peters, Ekklesisstes und Ekklesiastikus.
eine sprichwörtliche Verwendung des von der Schlange
gebissenen Beschwörers zurückzugehen. Ist aber eine von der
andern abhängig, so dürfte Ekkle (wr5 x52 wrun w DR
nwbr Syab um 81) als eine erbreiternde Ausführung von
Ekkli 12, 13 I (ps Jain in? ww) anzusprechen sein.
Ekkle 11, 9—12, 7—Ekkli 14, 11ff. In beiden Stellen ist
der Grundgedankengang: Genielse das Leben, bevor der Tod
kommt und dir die Möglichkeit der Freude nimmt. Da aulser-
dem formelle Anklänge sich finden (725 2wıı — na Ekkle
11, 9; 9 sw — 2 Ekkli 14, 11; am) awir Ekkli 14, 13;
ar’ Ekkle 12, 1; Ekkli 14, 12), ist Abhängigkeit der zwei
Stellen recht wahrscheinlich. Für Ekkli als Grundstelle
sprechen aber verschiedene Momente. Der ganz allgemein
gehaltene Gedanke des Ekkli erscheint in Ekkle speziell auf
die Jugend angewendet. Durch den sich alsdann nahelegenden
Gegensatz erscheint auch die breite allegorische Darstellung
des Greisenalters als der schon den Genuls im Diesseits nicht
mehr gestattenden Zeit (12, 2—6) motiviert. Um naheliegenden
Mifsverständnissen vorzubeugen, ist insbesondere in Ekkle 11, 9
und 12, 1 der Gedanke an das Gericht (vgl. 3, 17; 12, 14)
hinzugefügt, um die Verantwortlichkeit auch für den Genuls
des Lebens zu betonen. Ihre Bestätigung findet diese Auf-
fassung unserer Stellen durch Ekkle 12, 7 in ihrem Verhältnis
zu Ekkli 40, 11. Siehe unten S. 135f.
Ekkle 12, 12—Ekkli 3, 21—24. Ekkli warnt vor dem
Grübeln über Dinge, die für das praktische religiüse Leben
ohne Bedeutung sind, Ekkli vor Büchern dieser Art. Wenn
Abhängigkeit vorhanden ist, liegt dieselbe bei Ekkle, der dann
jene Idee des Ekkli auf die seit dem zweiten vorchristlichen
Jahrhundert immer mehr anschwellende apokryphe Literatur
angewendet hätte.
IV. Bei einer letzten Klasse von Parallelen endlich
ist es sicher, dals Abhängigkeit vorliegt, und bei
einigen wenigstens sehr wahrscheinlich, bei andern
sicher, dals Ekkle durch Ekklı beeinflufst ist,
Ekkle 3, 11 ınya nor moyp San 8.
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 135
Ekkli 39, 16—171I:
tpppr ınya mars 55 byain DI3 mm wyD
san ınya dan md ya m no) PR
Ekkli 39, 31 (23 B) 23 9wb Jan
Ekkli 39, 33—34 por ınya ps 595 Dam ba mim wyn
mas inya Dar 2 mo ya NORd PR
Ekkli 39, 17—34 preist der Sirazide die Schönheit und Zweck-
mäflsigkeit der Werke Gottes. Am Anfange (39, 16—171I)
und Ende (39, 33—34) steht das Thema des ganzen Hymnus,
das auch im Texte des Liedes (39, 21) kurz noch einmal
wiederholt ist. Dagegen deutet Ekkle in seiner Ausführung
über den Zweck der Dinge (3, 10ff) die Idee, dafs alles als
zur rechten Zeit zweckentsprechend erschaffen sei, nur mit
einem kurzen Satze an. Dieser aber — ein Stichos — er-
weist sich formell schon als abhängig von jenen zwei Distichen
des Ekkli, ist offenbar nach jenen Stellen aus dem Gedächtnis
konzipiert. 5371 und ıny3 steht hier wie dort; 7%% entspricht
wyDd (vgl. auch 8123 39, 21 [Gr. Syr.]); DS ist durch das
synonyme 1D' ersetzt (vgl. auch 723 39,21 [B]). M. E. würde
diese Beziehung von Ekkle 3, 11 zu dem Hymnus des Ekkli
auf die Werke Gottes schon allein genügen, seine Abhängig-
keit von diesem zu erweisen. Ein Gegensatz des Ekkle zu
Ekkli, wie ihn Hal&vy (1897, S. 79) aus unsern Parallelen
konstruiert, ist aber nicht vorhanden. Ekkle lälst nur jenen
in der Ausführung des Ekkli die ganze Darstellung beherrschen-
den Gedanken in seinen auf den Genuls und die Gottesfurcht
als praktische Folgerungen aus der Unbegreiflichkeit der Dinge
hinzielenden Versen (3, 10—15) in den Hintergrund treten.
Ekkle 3, 21 nbyos as nayn Das mann yn ww
syand meob NT ng manan mm
Ekkle 12 7: |
mn) OR Din DR SW nm imma» yarıı by SByr 28
Ekkli 40, 11 Do bs onpo wwrı Ser yan db pad 53
Zunächst erscheint Ekkle 12, 7 sofort deutlich als er-
weiternde Erklärung von Ekklı 40, 11.
Dadurch wird aber auch das Verhältnis der so viel be-
136 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
sprochenen Stelle Ekkle 3, 21 (s. jetzt besonders Condamin
in der R. B. 1899, 493ff und 1900, 369ff) zu derselben Stelle
des Ekkli zu Gunsten der Priorität des Ekkli entschieden.
Für die Vokalisation von by) und AM entscheiden Gr. Syr.
Targ. Vulg. Sh. Cp. und der Zusammenhang. MT. verschleiert
die Schwierigkeit tendenziös durch seine Auffassung von 1 als
Artikel. Die zweite Hälfte von V. 21 erklärt sich m. E. aus-
reichend als Vergleich ohne 3. Scholz schliefst sich Hiero-
nymus (»peccator, qui iumentum vocatur) auch hier an. Der im
wesentlichen schon durch Hieronymus (Migne, Patr. lat. XXIII
1041) vertretenen Erklärung des Ekkle in dem Sinne, dafs ge-
sagt werde, dals das Sterbliche im Menschen zur Erde zurück-
kehre, das Unsterbliche zu Gott, so dals also der Prediger
nicht an der Unsterblichkeit der Seele, sondern an dem Schick-
sale nach dem Tode zweifelt, bietet jetzt abgesehen von Ekkle
12, 7 unsere Stelle des Ekkli eine starke Stütze mit der
zweifellos ausgesprochenen Anschauung der Rückkehr der Seele
zu Gott. Vgl. auch Sap 3, 1—4 mit ihrem Friedensschicksal der
Seelen der Guten im Jenseits. In diesen Vorstellungen des Ekkli,
Ekkle und der Sap haben wir deutlich den Übergang von der
ausschlielslichen Herrschaft der alten düstern Scheolvorstellung
zu der aus dem NT bekannten Lehre vom Scholse Abrahams vor
uns, die wiederum in der Idee einer gewissen Verschiedenheit
des Jenseitsschicksals bei Ez 32, 23 bereits ihre Wurzel hat.
Die Höllen- und die Fegefeuervorstellung sind in Israel erst all-
mählich aus der Scheolvorstellung differenziert, und der Himmel
als Stätte der Beseligung der Menschen hat erst im Reiche
Christi, wie in der Tat so in der Lehre, Raum gefunden.
Ekkle 5, 1—2:
Dion 5 127 N13170 rer IR a Ta by Jan IR
spwyD TAT Ym pay yarı Dy rnn Diawa Dim ‘>
| soma7 ana Do Ip) Uy ana Dir na >
Ekkli 7,14 mbona a7 ern Sn) Dim nıya non DR
Der kurze Satz m5pna 27 ern Is des Ekkli ist in Ekkle
5, 1—2 weiter ausgeführt und in V. 3—6 noch speziell das
voreilige Gelübde behandelte Der Gedanke des Ekkli ist
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 137
ja nicht gerade singulär — vgl. z. B. auch Mt 6, 7 — und
sicher in der religiösen Unterweisung älter als seine Aus-
prägung in Ekkle oder Ekkli, so dafs es immerhin an sich
am wahrscheinlichsten wäre, dals die zwei Stellen unabhängig
voneinander wären. Ist aber eine Abhängigkeit vorhanden,
so kann diese nur auf der Seite des Ekkle gesucht werden.
Und da, wie wir sehen werden, Ekkle 5, 3—5 nach Ekkli
18, 22—24 zweifellos konzipiert ist, wird man auch in Ekkle
5,1ff auf Ekkli 7,14 als Grundstelle schlielsen dürfen.
Ekkle 5, 3—5:
swbwb Rn IR DVDS) 13 IN WI 3
DD In WR NN DyD92 yon TR ‘2
oben no Ind In Sb WS 218 4
wa ns nord TBns ıan DR 5
INWI \3 “short 25 NONNba
ITT moyo na Sam pop Dybam map mob
Ekkli 18, 22—24:
22 Mn Eunodiodng TOD Amodoüvaı EUXNIV Eukalpwg,
kai un Heivns Ewg Bavatrou dıkamwdnvar'
23 TIpiv ebZacdaı EToiuadov TNV EUXNV Oov,
kai un Yivov dig dvOpwrog TrEIPALWV TOV KÜpIOV.
24 Mvnodntı Ouuoü Ev Nuepaıs TEeAeurtis
Kai Kampov Ekdindewg Ev ATOOTPOPF TTPOOWTOL.
Im Hb. ist die Stelle des Ekkli nicht erhalten. Tnv euxnv
oou (V. 23; vulgo oeautöv; über das Eindringen dieser Lesart
s. Ryssel z. St.) 8° Syr. (yi,s 44) Midr. Tanchuma now 8 8
(72 pn, bei Cowley-Neubauer xxın). Auf das Verhältnis
des Syr. zum Gr. in unserer Stelle einzugehen, liegt zu fern.
Diese zwei Stellen können nicht unabhängig voneinander
entstanden sein, da sie in derselben, durch Zufall unmöglich
erklärbaren Gedankenreihe verlaufen: 1. Erfülle das Gelübde
zur rechten Zeit 5, 3f—18, 22; 2. hüte dich vor voreiligen
Gelübden 5, 5 I—18, 23 I; 3. diese bringen in Sünde 5, 5 II bis
18, 2311; 4. sie fordern auch Gottes Zorn heraus 5, 5V bis
18, 241; 5. sie bringen Gottes Strafe 5, 5 VI—18, 24 Il.
Ebenso klar ist es aber auch, dafs in Ekkle eine erläuternde,
138 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
erbreiternde Verwendung des Ekkli hervortritt. Man stelle
nur je die Ideen der beiden Stellen nach der eben gegebenen
Darlegung derselben nebeneinander. Ich verweise besonders
auf die breite Ausführung von 18, 22 in 5, 3—4 mit dem Zeit-
satze in V. 3I, dem Begründungssatze in V. 3 III und der
Hinzufügung der Folgerung in V. 4, die verallgemeinernde
Erklärung von 18, 231I in 5, 5II und die Hinzufügung der
Hinweisung auf die leichtfertige Irritierung der Gelübde in
5,5 III—IV. Dieser Befund entscheidet auch das Verhältnis
von Ekkle 5, 1—2 zu Ekkli 7,14 (s. 0.) zu Gunsten des letzteren.
Auf der andern Seite lehren die beiden Stellen wegen
der Diskrepanz des Wortlautes deutlich, dafs der Verfasser
des Predigers den Siraziden nicht etwa ausgeschrieben hat,
sondern seine Ideen und Gedankengänge, wieersieim Gedächt-
nisse hatte, auf sein Buch hat Einfluls gewinnen lassen.
Ekkle 5, 9—6, 12— Ekkli 30, 14—31 (34), 11. Die beiden
Abschnitte haben zweifellos literarische Beziehungen zueinander.
Das lehrt die folgende Liste in ihrer Gesamtheit mit Sicher-
heit, mag man auch über Einzelheiten streiten können:
Ekkle 5,9 ab» yawı x) AD> an
Ekkli 31 (34), 5 npar 85 yıarn am
Ekkle 5, 10 23%
Ekkli 31 (34), 6 99 — m
Ekkle 5, 10.18; 6,3 naw
Ekkli 30, 16. 18 ma
Ekkle 5, 10 my nın\ DR 9 — W311 (vgl. 4, 8)
Ekkli 30, 20 rasnE\ nn 193
Ekkle 5, 11 T1ayıı nıw npino
Ekkli 30, 25 (13b) Dwyun nrın am 35 mw
Ekkle 5, 11 pw) 1) no man Twypb yarım
Ekkli 31 (34), 1 1813 YBN YNIST ... 18Y pw
Ekkle 5,13 si wyr1 Ta8)
Ekkli 31 (34), 6 DaB 5y pam
Ekkle 5, 14 Yny2 8° n5 (vgl. 9, 9)
„ 515 mb buy
„ 5,17 >nyw ıboy 522 (vgl. 6, 7)
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 139
Ekkli 31 (34), 3 pn yapb vwy boy
Ekkle 5, 16 A3p1 ‘mi man 892 ... vor 53
Ekkli 30, 21 nsya Swan Im yes mb ınn IR
„ 30, 23 nespa nbyn ya TBB pram nEsp
„30, 24 manı Yptn ny no
Ekkle 5, 17 nam mann minwbı band mp
„ 5,18 ıboya nawbı ıpon na mw
„ 519 yn won8
5,19 (vgl. 9, 7) 125 nnowa
Ekkli 30, 22£ vor Tas DIR I WR rn Di 225 now
125 DD) WE) nD
Ekkle 6,2 p. t. (der kranke Reiche)
Ekkli-30, 14 was ya Twyı \osy2 m PDD In
„ 30,17 wa axa28 Day nm D'yn Dvrb mins S1D
Ekkle 6,2 non Janb pinban Selber 51
Ekkli 30, 19 pm 51 Yo98T 89 WIR
„30,20 MINNDI IR) 1Y2
Ekkle 6, 2 53» we» on (vgl. 4, 8 WEI NN "ondN)
Ekkli 31 (34), 4 ına non)
Ekkle 6,5 mb mo anna yo ad\ (vgl. 5, 11 Jr) 15 nn 123m)
Ekkli 30, 17 oDIy nn
Ekkle 6,9 #33 rd DWy aD ab
Ekkli 30, 20 Isno1 8% 13193
Auch zu andern Stellen des Ekkli enthält Ekkle 5, 9—6,12
verhältnismälsig viele Parallelen, besonders zu Ekkli 14, 3—19.
Die hauptsächlichsten sind folgende:
Ekkle 5, 17 ıpon sin 9 ......n218 minnby minwaı S1aRb 110°
„ 5,18 pin ns new
„6,2 mam "ws 5D
Ekkli 14,14 ayn Is ms nponm Dynamo yınm IN
(vgl. 7,15 npbora pbyu; 15,9 Yo porn mmo aD 9;
38, 1 58 porn ms DI; 40,1 58 pon Sm pDy).
Ekkle 6,1 DIRT 5y Kin a 2... my w
Ekkli 11, 19 DS) I 00... Wien DIR np
N
ı Sm Gr. Vgl. 6,2 und $ 15 meiner Beiträge zu Samuel, Freiburg 1899.
140 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
Ekkli 40,1 pıs 3 5y 723 Ay)
Ekkle 6, 2 pindan neben 851 mm un 535 19835 "Dr 18)
mbar! MD) WIR 3 DD a8)
Ekkli 14,4 1 yayanı ınam2 “n8D PP! WEAD Yard
(vgl. 14,14 [s. o.] und 14, 15)
Ekkle 6,4 np we en 75 Jona sa banı m
Ekkli 41, 10£ nn DR \nnn man > 38 NER DR NDRD 53
m» 5 on DW IN na DIN bar
Ekkle 6,5 nm yr 51 (Subjekt ist der Reiche, nicht die
Fehlgeburt von V.3; s. u.)
Ekkli 11,19 pn mm m YT SD see. N SNNSD "OR
Ekkle 6,9 nn mya San m DM |
Ekkli34 (31),2°Qg dpaogöuevog oxıdg kai dIluKWwV Ävenov.
Ekkle 6, 101 DIS NIT WR YyID) 10% NP2 ID ME ID
Ekkli 14, 17 ya ya pop pm mb aa warn 53
Ekkle 6, 12 van vr re pas) TO
Ekkli 14,12 9 7 ab bmw pin.
Dals aber Ekkle von Ekkli hier abhängig ist, beweist
eine Reihe von Günden?. Gleich Ekkle 5, 9 (yawı 85 no> ar
dan m oa mean 85 pona a8 Di AD2) erweist sich als eine
weitere Ausführung von Ekkli 30, 5I (mp2 »5 yıarn am). Die
stilistisch unschöne Wiederholung von A718 erklärt sich so sofort.
Ekkle 5, 17—19 führen Ekklı 30,22—23 weiter aus. Ebenso
beurteile ich Ekkle 6, 2 in seinem Verhältnis zu Ekkli 30, 14.
Beachte besonders die Hinzufügung des abstrakten Urteils
über den Wert des Reichtums in Ekkle 6,2 (y1 ‘om Jan m)
statt der konkreten Darstellung in zwei anschaulichen Bei-
spielen in Ekkli 30, 18—20.
ü ı In der Erklärung dieses Verses hat de Jong (bei Wildeboer) m. E.
das Richtige getroffen mit der Annahme einer etymologisierenden An-
spielung auf Gn 2, 7 (meısi jo ...O78). Derartiges Etymologisieren war
in den Rabbinenschulen des zweiten Jahrh. v. Chr. beliebt. S. Peters 85*,
2 Wenn Scholz mit seiner Auffassung des Buches Ekkle recht hätte,
was ın. E. nicht der Fall ist (siehe meine Besprechung in der Th. Rev. 1902,
5—12), so würde schon der Umstand die Abhängigkeitsfrage entscheiden,
dals es nur verständlich sein würde, wenn die eigentlich gemeinten Aus-
führungen des Ekkli im Buche Ekkle allegorisch angewendet wären, wo-
gegen das umgekehrte Verhältnis kaum denkbar wäre.
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 141
Ekkle 5, 13a (99 jay2 a1 \WyT a0) geht auf eine schiefe
Auffassung von Ekkli 31 (34), 6 (dy Prasım am San 71 013%
DD [Deutung von }Y13877 vom Verlust des Reichtums statt
vom ethischen Untergange; vgl. V.5]) zurück.
Ekkle 5, 17 (1pan sin 3; vgl. V. 18) wird mit Ekkli 14, 14
(vgl. 7,15; 15,9; 38,1; 40, 1) begründend operiert nach Art eines
anerkannten Zitates. Dasselbe gilt von Ekkle 9, 9 und dem
Verhältnisse dieser Stelle zu den genannten Stellen des Ekkli.
Weiterhin wird Ekkle 6, 4 erst durch die Berücksichtigung
der Grundstelle Ekkli 41, 10 verständlich. Gewöhnlich bezieht
man Ekkle 6, 4 auf die V. 3 erwähnte Fehlgeburt. Diese ist
aber nur vergleichsweise genannt. Das Subjekt von V. 4 ist
dasselbe wie in V. 2—3 und V. 5-6, der Reiche nämlich.
Dies verlangt auch der parallele Satz 5, 15 (7 > saw nny 53,
‚sc. der Reiche), vor allen Dingen aber der enge Anschlufs in
Ekkle 6, 4 (di ww wray 7» way 2 Sana ») an Ekkli
41,10 (in ds no aan }> 2° NEN IR "DND 52), wozu Ekkli
40, 11 (pro 58 Dpiinn win) Ar par O8 YanDb 55) zu ver-
gleichen ist. Diese Parallelen lehren deutlich, dafs Ekkle 6,4—5
auf das dunkle Jenseitsschicksal des Reichen zu beziehen ist,
Die beiden Verse gehen auf die Scheol und ihr für den Reichen,
der als Sünder gedacht ist, trauriges Schicksal in derselben.
mo mb in V.5 fasse ich mit Scholz als landläufige Redensart
(vgl. M3 Gn 38, 11; 1 Sm 21, 10 u. ö, Md Gn 16,18 u. ö,,
mey m» Nm 22, 24), beziehe aber 5 auf das Jenseits, md auf
das Diesseits, wodurch auch }d eine befriedigende Erklärung
findet. Dals aber Ekkle die Idee eines verschieden gearteten
Schicksals im Jenseits vertritt, beweist 12, 7 mit seinem Satze
von der Rückkehr der Seele zu Gott, ein Satz, den Ekklı 40, 11
in derselben Form ausspricht. Vgl. oben zu Ekkle 3, 21.
Endlich sind die Ausführungen des Ekkle in 5, 9—6, 12
reine Erweiterungen der in Ekkli 30, 14— 31 (34), 11 ent-
haltenen Ausführungen über den Reichtum und den Genus.
Bezüglich des Reichtums hat nämlich Ekkli die einfache Ideen-
reihe: Der Reichtum an sich ohne Gesundheit ist wertlos
(30, 14—20), er bringt Sorge (30, 21—31 [34], 2), er führt ın
142 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus,
Sünde (31 [34], 3—11); Ekkle dagegen: Der Reichtum bringt
keine Befriedigung (5, 9), andere haben mehr Genufs davon
als der Besitzer (5, 10), er bringt Sorge und Kummer (5, 11 bis
12. 16), da er leicht verloren gehen kann (5, 13), sicher im Tode
dahin ist (5, 14—15); ohne Gesundheit ist er ganz wertlos
(6, 1—3), und im Jenseits winkt dem Reichen auch ein trübes
Schicksal (6, 4—5; s. 0.). Dafls er aber in Sünde führt, ist
offenbar die Voraussetzung des zuletzt genannten Gedankens.
Bezüglich der Behandlung des Genusses verweise ich auf
die Ekkli gegenüber breit ausmalende Darstellung in Ekkle
5,17 ff (vgl. auch 3, 12; 8,15; 9, 7—10; 11, 9—10). Besondere
Beweiskraft lege ich aber dem Umstande bei, dals Ekkli ein-
fach die Erlaubtheit des Genusses als selbstverständlich dar-
stellt, während Ekkle diese besonders zu betonen mehrfach
für notwendig hält. Siehe 5, 17 (porn si 3; vgl. Ekkli 14, 14);
5,18 (x DWIÖs no nt; vgl. 3,12); 6,9 (Pa DWY man am
wB3). Ich erinnere auch an 11,10 (war mon 53 by 9 yn
ppwp> DYTDRT), insofern hier deutlich eine Einschränkung des
erlaubten Genusses vorausgesetzt ist!.
Ekkle 7, 12 mann nyı ans apan 53a mean 933 “>
möoya rn
Ekkli 14, 27 79 mma3I9 39N8 (sc. moanm) mo33 moin
Zum Texte des Ekkle s. Euringer z. St., zu Ekkli vgl. 40, 27
(anen ma3 53 byy).
Ekkli 14, 27 zeigt deutlich, dafs (93)2 in Ekkle 7, 12 nicht
3 essentiae sein kann, wie Knobel, Hitzig, Wildeboer
König (III $ 3388) u. a. meinten. Ich erkläre in Ekkle
7, 12 mean 533 als Subjekt, 2037 533 als Prädikat des Satzes,
so dafs sich der Sinn ergibt: Im Schatten, d. i. im Schutze
ı Von dieser Klarstellung leicht milsverständlicher Wendungen des
Ekkli in Ekkle bis zu einem wirklichen Gegensatze und einer tatsächlichen
Bekämpfung der Anschauungen des Ekkli durch Ekkle, wie sie Halevy
(1897, 77ff) zu beweisen versucht, ist aber noch ein weiter Schritt,
Ich halte den auf dem Verhältnis von Ekkle 5, 11 zu Ekkli 40, 18, von
Ekkle 3, 11—14 zu Ekkli 39, 16. 35 und von Ekkle 3, 18-21 zu
Ekkli 40, 11 aufgebauten Beweis für völlig verfehlt, weil von falschen
Lesungen und schiefen Auffassungen abhängig.
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 143
(40, 27) der Weisheit zu sein, ist so gut, wie im Schatten des
Reichtums zu sein; die Weisheit hat aber vor dem Reichtum
noch ein Wichtiges voraus. Die Wendung mann 533 ist in
Ekkle durch nichts motiviert, erklärt sich aber sofort, wenn
es eine Anspielung auf Ekkli ist. Dort ist nämlich die Phrase
533 (sc. mann) enthalten in dem in 14, 26—27 im Rahmen
des grolsen Lobpreises der Weisheit (14, 20—15, 10) durch-
geführten Bilde der Weisheit als eines Schutz und Schatten
spendenden Baumes (vgl. Pıv 3,18 xYı own 99 und Is 4, 6
435), das sich an das vorhergehende Bild vom Hause der
Weisheit (14, 22—25) ungezwungen anschlielst.
Auch der Gedanke in Ekkle, dafs Weisheit, d. i. Gottes-
furcht, so gut resp. besser als Geld sei, wurzelt m. E. in
Ekkli. Vgl. 40,25 (ads nam Diywoı 5a Top mom am).
Ekkle 7, 16 nmwn mp5 Ann oannn Im na pre vn IN
Ekkli 7,5 yaann I bo me mm ne) pmmsn 58
Der Parallelismus der zwei Stellen springt in die Augen
(prs an 58 — pmesn 58, narınn In — ann O8). Ekkle er-
weist sich aber durch die Hinzufügung der Strafandrohung
(onwn mb) und den Fortschritt des Gedankens (halte dich
nicht selbst für gerecht: Ekkli; sei nicht zu gerecht und zu
weise: Ekkle) als sekundär. Mit der Darlegung, dafs Ekkle
7,15—18 als Protest gegen die scheinheilige Frömmelei und
den selbstgerechten Pharisäismus im Interesse einer gesunden
Religiosität zu fassen ist, hat Wildeboer m. E. den Nagel auf
den Kopf getroffen.
Auch unsere Parallele zeigt wieder, dafs Ekkle den Ekkli
gedächtnismälsig verwendet und seine Gedanken verarbeitet.
Ekkle 8, 12 ambnı mm) SB mm OR MR yIm DI ©
:BID INT WIN
Ekkli 1, 13 T& goßounevw TOvV Küpıov ed Eotar Em
&oydtwv, kai Ev Hucpg TEeXeuris aUTOU EeupNIE xXAapıv.
In Ekkli findet sich die Stelle in dem einleitenden Ab-
schnitt über die Weisheit = Gottesfurcht (1,1—20). Dagegen
macht die Einführung des Gedankens in Ekkle durchaus den
Eindruck der Hindeutung auf ein Zitat. Dies wird dadurch
144 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
unterstützt, dals Y3B98 INY' "WIN augenscheinlich erbreiternder
Zusatz ist, wie a ya) mm 8x5 a1 in Ekkle 8,13. Auch
weist TN8D in V. 12 und DD! TAR' 85 in V. 13 des Ekkle
deutlich auf xoi dwoeı...... nakponu£peucnv in Ekkli 1, 12 zurück.
Ekkle 9, 10 my mm2 nwyb IT 8SDn "OR 52,
sro Tor ns WR SNWS meam nym palm moyD JS >
Ekkli 14,16 191 wp25 Siswa ys > IB) nBi np\ N
In beiden Stellen wird der Gedanke, die Zeit zu genielsen, weil
der Hades bevorsteht, verwendet (vgl. auch Ekkli 14, 11—12).
Dabei ist die formelle Berührung so eng — ein Imperativ in
der ersten Hälfte, NxW3 PX 3 in der zweiten (vgl. auch Ekkli
14, 12) —, dals die Erklärung dieser zwei Momente durch Zu-
fall nicht ausreicht. Ekkle ist aber m. E. schon an sich als
weitere Ausführung des Ekkli anzusprechen. Dazu kommt
ferner, dals auch sonst in Ekkle 9, 5—10 Ekkli 14, 11—19 deut-
lich nachklingt. Denn 9, 5—6 wird der in Ekkli 14, 16 II
nur angedeutete Zustand des Hades breit ausgemalt, während
9, 7—10 (Essen, Trinken, Kleider, Öl, Frauenliebe) den Ge-
danken von Ekkli 14, 11 (dan Tr sn | P sen 5 w' oX 9)
behaglich schildert. Ebenso halte ich Dy1y5 ny Drb PR po in
9, 6 sowie Dr Tpon Kin ‘> in 9, 9 (vgl. 5, 17.18) für Hinweise
auf Ekkli 14, 14 II (Mayr Is ms npbnan). Sollte gar in 9,7
(TeyD NN DWÖR 713% 133 9) eine direkte Berufung auf Ekkli
(9, 11ff) als religiöse Autorität gegeben sein? Endlich klingt
Ekkli 14,19 (ns wor vr byor | 12pT 21p1 voyn 5>) in Ekkle
9, 10 wieder (NNWI . +... 9yD PN 2), ist aber breit ausgeführt.
Ekkle 10, 8£ 339° DWas yoD 9 ..... DD 12 yon nen 8
vr... DI
Ekkli 27, 25 °O BaAAwv Aidov eis Uwog Erti kepaaniv auToÜ
Badder...... 26 O öpuoowv BöApov Eis AUTOV EUTEDEITUL.....
Ekkle 10, 8I und Ekkliı 27, 26 I stimmen wörtlich überein.
Beide, Stellen könnten an sich aber auf Prv 26, 27 ruhen.
Vgl. auch Ps 7,16. Es können jedoch auch, und das ist mir am
wahrscheinlichsten, alle diese Stellen ein landläufiges Sprichwort
voraussetzen. Da indessen unmittelbar daneben die Parallele
Ekkle10,9I und Ekkli 27,261 steht, ist doch ein Abhängigkeits-
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 145
verhältnis der zwei Stellen überhaupt sicher. Ekkle setzt aber
die ganze Stelle des Ekkli, welche den Satz durchführt, dafs
sich selber schadet, wer andere schädigen will, als bekannt
voraus und zitiert zwei Stichen derselben, den einen wörtlich,
den andern frei. Erst durch diese Beziehung finden die zwei
Verse 8—9 des Ekkle ihre rechte Beleuchtung und Erklärung.
Sie wollen sagen: Lals dich bei einem Mächtigen (V. 4) gegen
andere nicht in Intriguen ein, weil du dadurch nur dir selbst
Schaden zufügst (V. 8—9), wende vielmehr die Mittel der
Weisheit an, um leicht — wie beim Gebrauche einer scharfen
Axt, wie ein Schlangenbeschwörer durch seine Beschwörung —
zum Ziel zu gelangen (V. 10—11).
Ekkle 12, 13 8% Dymo ns yawı Jar 137 A0
sous 93 m Qov ynsD NN
Ekkli 43, 27 Jan aın 7 ypm non Rd Ra NY
Dals Ekkle 12,131 und Ekkli 43, 27 II (vgl. Th. Tyler in
der J. ©. R. XII 562) nicht unabhängig voneinander sein
können, springt in die Augen. Schechter (26, A. 2) meint,
dals diese Stelle des Ekkli zweifellos aus Ekkle stamme,
„where it is only at the end of the book that the "37 AD
can give a real sense*. Allein dieser Grund ist ganz wertlos,
da @7T 28 resp. das synonyme "37 YP des Ekkli am Ende
des Hymnus auf Gottes Herrlichkeit in der Schöpfung (Ekkli
42, 15—43, 33) als das Resultat dieser Erörterung zusammen-
fassend ebensogut palst wie im Epilog des Ekklesiastes.
Dafs umgekehrt Ekklı die Grundstelle für Ekkle ist, halte
ich wenigstens für sehr wahrscheinlich. In Ekkli kann aber
von Pantheismus keine Rede sein. Der Sinn der Stelle ist:
„Omnium rerum perfectiones ipse (sc. Deus) in se habet, omnia
ei tribuenda et quod sunt et quod perdurant, ad eum omnia
referri debent, ipse omnium est principium* (Knabenbauer
426). Dieser Satz gilt in Ekkli von der gesamten Schöpfung,
in Ekkle wird er angewandt auf das ethische Leben!. Das
an sich etwas änigmatisch klingende 937 817 wird für das
ı Vgl. übrigens 1 Kor 15, 28 iva ij 6 eds ta navra ev mäcıv. Über
die Zitation von Ekkli 42,25—43,1 s. O. L.-Z. 111209—211 (Max Müller).
Biblische Zeitschrift. I. 2. 10
146 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
ethische Gebiet breit erklärt. Überhaupt halte ich den
Epilog des Ekkle für konzipiert unter dem Einflusse der Schluls-
strophe (43, 27—33) jenes Hymnus des Ekkli. V. 27I findet in
Ekkle 12, 1—12 seine Ausführung und spezielle Anwendung.
Zu V.321 vgl. auch Ekkle 12, 12 I und zu V. 33 Ekkle 12,14.
M. E. weist insbesondere im letzteren Falle mwyn 53 ns “>
DYıon (Ekkle 12, 14a) deutlich auf mm may Sa ns in Ekkli
43, 33 I zurück, während y\oıı a8 On Dby3 53 5y npwna N'S'
(Ekkle 12, 14b) Ekkli 43, 33 II nach einer speziellen Seite hin
deuten will.
Im Lichte dieser Auffassung des Epilogs des Ekkle er-
scheint denn auch sein seither noch nicht befriedigend erklärtes
yows bar als Zitat aus Ekkli 42, 23 und ist hiernach zu deuten.
Dort ist der Sinn: Alles gehorcht (vgl. Peters z. St.) in der
äulseren Natur, hier: Alles gehorcht auf ethischem Gebiete,
wo der oberste Grundsatz heilst: Fürchte Gott und halte seine
Gebote. Ich übersetze demnach Ekkle 12,13, auch für den
Schlufs eine neue Übersetzung vorschlagend:
„Der Rede Schluls, dem alles gehorcht, ist: Fürchte Gott
und halte seine Gebote, denn das ist das Ganze für den
Menschen.“
Das Resultat der Untersuchung ist:
1. Die bei dem geringen Umfange des Buches Ekkle ver-
hältnismälsig sehr grofse Zahl von Parallelen macht die lite-
rarische Abhängigkeit des einen Buches vom andern sicher.
Die Verfasser der beiden Bücher sind freilich beide aus der
Schriftgelehrtenschule hervorgegangen, so dafs vielleicht manche
einzelne Berührungen auf den Einflufs derselben zurückgeführt
werden könnten. Aber die Gesamtheit der vorgeführten Paral-
lelen läfst sich nur durch literarische Abhängigkeit erklären.
2. Für die Abhängigkeit des Ekkle sprechen deshalb schon
in etwa die unter Nr III besprochenen Parallelen. Die Ent-
scheidung aber im Sinne dieser These bringen die unter Nr IV
behandelten Stellen.
3. Es bestätigt sich darum auch für die Parallelen unter
Nr II die Vermutung, dafs Ekkle auf Ekkli ruht, und auch bei
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus, 147
den Parallelen unter Nr I ist wenigstens teilweise eine Berück-
sichtigung des Ekkli durch Ekkle immerhin wahrscheinlich.
4. Man ist also berechtigt, für die Interpretation des
Ekkle von der Tatsache seiner Abhängigkeit von Ekkli aureh
gängigen Gebrauch zu machen,
5. Dagegen darf Ekkli für die Textkritik des Ekkle ım
allgemeinen nicht herangezogen werden. Denn der Prediger
hat den Siraziden nicht etwa ausgeschrieben, sondern ihn
nur gedächtnismälsig auf die eigene Schrift Einfluls gewinnen
lassen. Siehe oben unter NrIV zu Ekkle 5, 3—5 und 7,161.
Zum Schlusse noch ein paar Worte über den Sprach-
charakter der beiden Bücher, insofern er für unser Problem
in Frage kommt, und über gewisse zeitgeschichtliche An-
spielungen des Buches Ekkle.
Noch im Jahre 1896 konnte in der Einleitung in die
Literatur des AT von Driver-Rothstein die Meinung aus-
gesprochen werden: „Die Sprüche Jesus’, des Sohnes Sirachs...
scheinen ... eine etwas weitere Stufe der Entwicklung des Neu-
hebräischen darzubieten als Koheleth“ (512, A. 1). Dieses nur
auf die in der rabbinischen Literatur erhaltenen Zitate sich
stützende Urteil ist durch die hebräischen Originalhandschriften
des Ekkli als ganz verfehlt erwiesen. Die Zitate sind sprachlich
modernisiert. S. König 54f und 67ff und Pete'rs 27*.
Dagegen beweist jetzt eine Anzahl von singulären Worten
lexikographisch, dals Ekkle und Ekkli im ganzen einer Sprach-
periode? angehören. Ich nenne
1 Auch wenn die heute vielfach verbreitete Meinung im Recht ist,
dafs viele Hände an dem Buche Ekkle tätig waren (siehe besonders Scholz
und Siegfried), bleiben meine Resultate im wesentlichen unerschüttert für
das ganze Buch, gelten nicht etwa nur für einige späteren Partien, sondern
schon für die „Grundschrift“. Rechnet doch Siegfried z. B. wenigstens
5, 9—10. 12—26; 6, 1—7; 7,16 zur ersten Grundschrift (Q!) und Scholz
wenigstens öd, 9—16 zur ersten „Grundlage“ des Buches.
2 Das die beiden Bücher in dieselbe Periode fallen, deutet auch
noch die Nachricht des hl. Hieronymus an, dafs er Ekkli in hebräischer
Sprache mit Ekkle und Ct vereinigt vorgefunden habe (Praef. in libros
Salomonis [Loch, Biblia Sacra I, Ratisbonae 1849, p. xxxv)).
10*
148 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
P3, nur Ekkli13,7; 32 (35), 2 Rd; Ekkle 8,10 und Est 4,16,
yy, nur Ekkli 31 (34), 13; 48.12 und Ekkle 12, 3.
ylaydı, nur Ekkli 9,15; 42,3; Ekkle 7, 25 und 9, 10,
jayr, nur Ekkli 6, 22(1) (= 27,5); Ekkle 7,25 und 2 Chr
26, 15.
y2 = sich abmühend, nur Ekkli 11,11; Ekkle 1, 8.
>, nur Ekkli 30,12; Ekkle 5, 14; 9,12; 10,3 und 12, 7.
>, nur Ekkli 13,4; Ekkle 10,10; 11,6 und Est 8,5
(vgl. 73 Ekkle 2, 21; 4,4; 5, 10).
jp2D8, nur Ekkli 4, 3; 30,13; Ekkle 4,13; 9,15 und 9, 16.
vyp, nur Ekkli 3, 18; 32, 8; 41,19 Rd. und Ekkle 12, 3.
T13D = Netz, nur Ekkli 9, 3; Ekkle 7, 26 und Jb 19, 6.
31 = sich führen, nur Ekkli 3,26; 38, 27 und Ekkle 2, 3.
mb»D, nur Ekkli 11, 16 (Mb3% wie Ekkle 1, 17); Ekkle
2, 3.12.13; 7,25; 10,1. 13.
Dsyy = Welt, nur Ekkli 3, 18; 16, 7 und Ekkle 3, 11 («.
Scholz).
day — mühevolle Arbeit, nur Ekkli 31 (34), 3; Ekkle 1,3;
2,10.19 u. ö.
WB, nur Ekkli 38, 14 und Ekkle 8, 1 (WB).
DANd, nur Ekkli 5, 11; 8, 9, Ekkle 8, 11 und Est 1, 20.
pe, nur Ekkli 4,7; Ekkle 8,4 und 8, 8.
pn, nur Ekkli 47,9 (vgl. 42, 21 Gr.); Ekkle 1,15; 7,13
und 12, 9.
So verliert jetzt eine Reihe von Wörtern des Ekkle ihren
singulären Charakter. Es bleiben jedoch immer noch eine Menge
übrig. Vgl. die Liste bei Delitzsch 197—206?2. In Ekkli
sind es aber verhältnismälsig — unter Berücksichtigung des
fünffachen Umfanges des Buches Ekkli und seines viel um-
fassenderen Ideenkreises — viel weniger. Man vergleiche den
hebräischen Index bei Peters 435fl. Dieses Moment wird
aber aufgehoben durch die Gewohnheit des Ekkli, sich nach
ı Jr 49,36 '2 obıy, 'p obıy,. Das 'p wird m. E. durch den Zusammen-
hang gefordert.
2 Zum Teil kommt aber die Ursprünglichkeit der Lesart in Frage.
Siehe A. Klostermann, Der Pentateuch, Leipzig 1893, 13.
nn
Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 149
Möglichkeit an die Bibel anzulehnen (Ryssel 288, Peters
siıf. Diese Tendenz erklärt m. E. auch Dinge wie das
verhältnismälsig seltene Vorkommen von ‘Y in Ekkli (3, 22;
'25, 8; 30,12; 31 [34], 15. 16.27; in 14,16. 18; 16, 3.15; 30, 11[1];
31 [34], 10a; 37, 3 der Überlieferung des Hb. ist -% nicht ur-
sprünglich) gegenüber seinem überwiegenden Gebrauch in Ekkle
(ungefähr 50mal, WR viel seltener), sowie den nicht seltenen Ge-
brauch des Imperfektum mit } consecutivum in Ekkli (Cowley-
Neubauer xım A.1; König 56f) gegenüber dessen beinahe
völligem Verschwinden in Ekkle (vgl. Scholz xv), ohne dafs
man gezwungen ist, eine ältere Sprachstufe für die Zeit des
Ekkli als des Ekkle anzunehmen. Ich verzichte deshalb völlig
auf die Betonung des Sprachlichen für den Nachweis der Ab-
hängigkeit des Ekkle von Ekkli.
Anders steht es dagegen mit verschiedenen zeitgeschicht-
lichen Andeutungen des Buches Ekkle, insofern dieselben auf
eine späte Entstehung desselben schlieisen lassen. Dahin ge-
hört die deutliche Voraussetzung essenischer Sitten in 9, 2b
(Nichtschwören, Nichtopfern; vgl. E. Schürer, Gesch. d. jüd.
Volkes II3 567-568) sowie des völlig entwickelten Phari-
säismus mit seinem Zaun ums Gesetz in 7, 15—18. Mit
der Auffassung dieser Verse nämlich als einer Polemik gegen
die überspannte Frömmelei mancher Zeitgenossen des Verfassers
hat Wildeboer m. E. das Rätsel dieser Stelle ein für allemal
gelöst. Solche „Mückenausseiher und Kamelverschlucker*“ hat
es zwar allezeit gegeben und wird es allezeit geben. Da
wir aber wissen, dals die Partei dieser Leute in ihrer ganzen
Schroffheit unter den Juden seit der zweiten Hälfte des zweiten
vorchristlichen Jahrhunderts nachweisbar ist (Schürer 11?
404 fi), so darf ohne zwingenden Grund diese Polemik gegen
dieselben nicht früher angesetzt werden. Dieselbe anti-
pharisäische Polemik wird aber auch zur Erklärung der so
häufigen Betonung des Genusses in Ekkle herangezogen werden
ı Nach Scholz 81 würde essich in den drei Fällen, in denen es vor-
kommt, um Bestandteile von Glossen handeln.
150 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus.
dürfen, da wir wissen, dafs die Pharisäer in ihrem aszetischen
Rigorismus „auf den Lebensgenuls verzichteten und sich in
nichts der Bequemlichkeit hingaben“ (Flav. Jos., Antiqu.
18,1.3). Es sei auch verwiesen auf Ekkle 12, 12 mit seiner
Polemik gegen die seit dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert
immer mehr anschwellende apokryphe Literatur. Für die Ur-
sprünglichkeit des Epilogs des Ekkle wolle man die kurze,
aber inhaltreiche Ausführung Wildeboer's (165f) nicht über-
sehen. Endlich sei erinnert an die oben unter Nr III zu 4, 16ff
gegebenen Ausführungen, wonach Ekkle nicht vor 145 v. Chr.
geschrieben sein kann. Es würde deshalb der Tod des Alexander
Balas (145 v. Chr.) als terminus a quo für die Abfassung des
Ekkle anzusetzen sein. Als terminus ad quem aber ist zu-
nächst gesichert die Abfassung des Buches der Weisheit, d.i. die
erste Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrhunderts (C. Sieg-
fried, Philo von Alexandria, Jena 1875, 22—24 und Die
Weisheit Salomons inE.Kautzschs Apokryphen, Tübingen 1900,
479). Denn Sap ist nach Ekkle verfalst (E. König, Einl. 435;
Condamin R.B. 1900, 366f). Sehr wahrscheinlich darf man
aber noch weiter zurückgehen. Denn die altgriechische Über-
setzung des Ekkle existierte wahrscheinlich 130 v. Chr. schon
(Euringer 7—8). Wir würden demnach mit grolser
Wahrscheinlichkeit Ekkle der Zeit zwischen 145 und 130
zuzuweisen haben. Sicher aber ist Ekkle nach Ekklı (um
190—180 v. Chr.!) anzusetzen, weil er diesen benutzt.
ı Der von H. Lesetre (Ecclesiastique, Paris 1896, 9 f) und Halövy
(638) wieder unternommene Versuch, Ekkli ins 3. Jahrhundert vor Christus
zu verlegen, ist milsglückt. Siehe Ryssel 235ff und Knabenbauer
2f. Letzterer hat die durch A. Deifsmann (Bibelstudien, Marburg 1898,
255—257) beigebrachten ägyptischen Belege aus dem dritten und zweiten
Jahrhundert v. Chr. nicht berücksichtigt. Dieselben entscheiden aber
die Auffassung von Eni in Ev yap rw dyddw kal Tpiakootbı Era Em ToO
EbepyeErou Baaılews mapayevnbeis eis Alyumrtov als pleonastisch, und erst
damit ist die übliche Datierung des Ekkli völlig gesichert.
Die Katenenhandschriften der spanischen
Bibliotheken.
Von Prof. Dr. M. Faulhaber in Würzburg.
J;
as Bedürfnis einer systematischen Untersuchung der
D griechischen Kettenkommentare wird immer lebhafter
empfunden. Die Editionen in dieser Literaturgattung bilden,
soweit, solche überhaupt vorhanden sind, regelmälsig keine
genügend feste Grundlage der Untersuchung. Die Forschung
muls also auf die Handschriften zurückgehen. Das hand-
schriftliche Material aber ist so weit zerstreut und türmt sich
so berghoch in den Bibliotheken, dafs es nach dem Prinzip
Divide et impera nur durch Arbeitsteilung bewältigt werden
kann. Es müssen nicht blofs die Kettenkommentare zum
AT und zum NT, selbst zu den einzelnen Büchern gesondert
untersucht werden, es können auch nach dem lokalen Ein-
teilungsprinzip die Katenencodices der einzelnen Länder und
sogar, wenigstens soweit es sich um grölsere Handschriften-
bestände handelt, der einzelnen Bibliotheken monographisch
behandelt werden.
Die Katenenhss jenseits der Pyrenäen sind noch niemals
Gegenstand einer näheren Untersuchung gewesen. Die Biblio-
thekskataloge gehen meistens mit einem nichtssagenden „Katene
zum Buche Job“ über diese unbequeme und doch so wichtige
Literaturgattung hinweg. Millers Katalog über den grie-
chischen Fond der Escorialbibliothek hat verschiedene Katenen
überhaupt nicht erwähnt. Für den Katenenkatalog von Karo-
Lietzmann wurden laut Vorbericht! die spanischen Hss nicht
ı Nachrichten der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen.
Geschäftliche Mitteilungen, 1900, Heft 1, S. 20.
152 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
eigens eingesehen. Es dürfte also keine unnütze Arbeit ge-
wesen sein, als ich auf einer längeren Studienreise, die mir
durch die Munifizenz der Görres-Gesellschaft möglich wurde,
neben andern Arbeiten die Katenenhss Spaniens systematisch
registrierte.
Spanien besitzt nach meiner Zählung 39 Katenenhss
mit 53 Katenen und 28 verschiedenen Katenentypen.
Lokal verteilen sich diese 39 Codices auf die Escorialbibliothek
(16), auf die National- (11) und Palast- (7) Bibliothek in Madrid,
auf die Universitätsbibliothek in Salamanca (3), auf die Ka-
thedralbibliothek in Toledo (1) und auf die Pilarbibliothek in
Zaragoza (1). Zeitlich verteilen sie sich auf das 10.—17. Jahr-
hundert. Der Senior der 39 ist saec. 10. Sechs weitere
Pergamentcodices sind saec. 11 und 12, die grolse Masse
(27) ist saec. 16. Zwölf smd von den Schreibern selbst
datiert. Ebenso grofls ist der qualitative Unterschied: die
einen erweisen sich als wertvolle Zeugen ihres Typus, sogar
als Fundgruben für neue Patristica, andere können künftig
ganz aulser Betracht bleiben. Im folgenden sollen nun die
39 Spanier einzeln beschrieben, nach Typen ausgeschieden,
in ihren verwandtschaftlichen Beziehungen auch zu aulser-
spanischen Hss und in ihrem literarhistorischen Wert unter-
sucht werden !.
I. Genesis- und Exoduskatenen.
Zum ganzen Oktateuch besitzt Spanien keinen einzigen
handschriftlichen Kettenkommentar; nur zu den beiden ersten
Büchern bezw. zur Genesis allein finden sich an 4 Orten,
in Salamanca, Madrid, El Escorial und Toledo, 5 Katenen-
codices mit 3 verschiedenen Typen.
1. Salmaticensis Universitatis cod. 1. 1. 5, eine
Papierhandschrift des 16. Jahrh. in Folio (34,4 x 23) mit
ı Für mehrfach zitierte Werke verwende ich folgende Kürzungen:
Karo-Lietzmann = Catenarum graecarum catalogus von G. Karo und
J. Lietzmann. 1. Teil (II. und III. noch nicht erschienen). — Migne =
Migne, Patrol. ser. graeca. — CL = Catena Lipsiensis. — Hohel. Cat. =
Faulhaber, Hohelied-, Proverbien- und Prediger-Catenen, Wien 1%2.
a ee
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 153
256 Blättern. Die Folia sind nicht paginiert, nur die Qua-
ternionen sind auf ihrer ersten und letzten Seite numeriert.
Auf einem Vorsatzblatte: Procopio christiani sophista (sic!).
Der Codex enthält die kürzere Katene, die sog. Epitome
Prokops von Gaza zu Gn f. 1—161 und zu Ex f. 162 bis
256. F. 1 die Überschrift: "Apxn obv deu Tg eis Tv Tevecıv
ruv ExrkoyWv Emtoufis TIpokoriou xpıonavod Go@pLcToÜ. Incipit:
"Hön tv xai tmpörtepov.... ed. Migne 87!, 21. Desinit: ypapi
wvworv (+ Doxologie). TeXog tfig Fev&oewg, dazu eine fehler-
reiche Unterschrift. f. 162: Eis mv "EEodov. Inc. Tois xar-
exonevoig uno ToÜ.... ed. Migne 871, 512. Des. xata TÖ Yerpan-
nevov. TeAog is ’EEödou. Die mehrfachen Wort- und Satz-
lücken deuten auf eine teilweise unleserliche Vorlage, z.B. f. 8
vevonevnv vonowyev [Lücke] Heoö roivuv vonteov...; f. 115V
öv dedwröta [], f. 116 inc. Tüg Nuepas Kai...
Was Migne 871, 21—690 als prokopianische Genesis- und
Exodusepitome edierte, ist aus A. Mai, Classicorum auctorum
tom. VI 1—347 und aus der Catena Lipsiensis, von Gn 18, 2 ab
sogar ausschliefslich aus CL abgedruckt, geht also indirekt
auf Vat. 1441, Ottob. 141 und Monac. 358 zurück; die Edition
Mais hat nämlich, wie ich in meinen Hohel. Cat. 25 Anm.
nachgewiesen, 3 römische Schwesterhss (Vat. 1441 saec. 16 [!],
Ottob. 141 saec. 17 [!] und einen gleichalterigen, später auf dem
Transport mit dem Schiffe untergegangenen Codex der Bibliothek
Albanı) zur Grundlage und reicht wie diese nur bis Gn 18, 2;
der heutige Monac. 358 saec. 11 aber war von Nicephorus für
die Ausgabe der grolsen Oktateuchkatene zur Identifizierung
anonymer Kettenzitate und zur Ergänzung des prokopianischen
Materials herangezogen worden!. Die meisten Hss, welche
die Genesisepitome des Sophisten von Gaza enthalten, haben
ı Jene Scholien, die in den Quellenhss der Ausgabe anonym waren
und von Nicephorus als Prokops Eigentum identifiziert wurden, sind in
der CL mit einem Asteriscus versehen. Zwei Sternchen bedeuten, dafs
die betreffenden Procopiana in den Quellenhss gänzlich fehlten und aus
Monac. 358 ergänzt wurden. Mit den eckigen Klammern soll das um-
grenzt werden, was andere Hss den Katenencodices gegenuber in sonst
gleichen Scholien plus hatten.
154 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
den gleichen fragmentarischen Schlufs bei Kap. 18, 2 wie die
3 Römer: nach P. Wendland (Neuentdeckte Fragmente Philos
3l1f) auch die 2 Wiener, theol. 47 und 68, und der Berliner
Philipp. 1426, alle drei Kinder des 16. Jahrhunderts. Unsere
Salamancahs gehört, wenn sie auch nicht so vollständig und
nicht so alt ist, zu dem ältesten und besten Überlieferungs-
zeugen, zu dem Monac. 358, und wird für eine Neuausgabe
der Genesis- und Exodusepitome trotz ihrer Jugend immerhin
zu beachten sein.
2. Matritensis nationalis 4673, mit der früheren
Signatur O. 10, eine Papierhs des 16. Jahrh. mit 542 (soviel
beschrieben) Blättern (35,1x< 24,1; Schriftraum nur 21,8x< 12,7),
enthält in der Form der Breitkatenen einen Kettenkommen-
tar zur Genesis f. 1—261" und zum Johannesevangelium
f. 262—542r. Bibeltext, Autorennamen und Initia sind rubri-
ziert. Die Scholien sind nur im Anfang mit Zahlenbuch-
staben numeriert. Die Hs beginnt ohne Überschrift und
Einleitung lückenhaft mit Gn 1,1 ’Ev dpxn &noin... (sic), in
der Kettenexegese mit Ovdtv OTeppöv eixov... [Lücke] Ev rn
’Apaßig [] de th vov... naıdög poonyöpeucev. Gegen Ende
verjüngt sich die Genesiskette, während die biblischen Rubra
häufiger werden. Das letzte Scholion f. 260: KupiAkou- TIpo-
teroxe PaxnX... E&mi uadnreiav, dann f. 260—261” lauter Bibel-
text, des. &v Alyintw = Gn 50, 26.
Die Genesiskatene dieses Madriders gehört zu jenem
Kettentypus, der von Karo-Lietzmann 5—7 als Typus U
aufgezählt wird und eine reiche literarische Ausbeute
an neuen Väterexegesen zum ersten Buche der Bibel ver-
spricht!. Als Ganzes wurde diese Rezension niemals ediert;
nur soweit ihr Material sich mit Scholien des Typus III deckt,
ist es in der CL mitediert. Eine Namenliste der (34) Scho-
liıasten habe ich in meinen Hohel. Cat. 69f Anm. samt
ihrer Scholienzahl zusammengestellt. Es sind fast lauter sehr
—— —- —
ı Für solche, die den Wert des Waldes nur nach seinem Holzertrag
beurteilen, werde ich die aus den Katenen zu erhoffende Beute später
einmal in einer eigenen Tabelle zusammenstellen.
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 155
alte und zum Teil wenig bekannte Hagiographen. Der Kron-
zeuge für eine neue bezw. für die erstmalige Ausgabe ist
nach Karo-Lietzmann 7 der Moskauer 385 saec. 10. Zwei
weitere Zeugen liegen in Rom, Barber. VI. 8 und (der frag-
mentarische) Vat. Reginae 7, beide saec. 16. Als vierter reiht
sich jetzt unser (von Karo-Lietzmann nicht registrierter)
Madrider 4673 an, der nach meinen Stichproben ein nächster
Verwandter des Barber. VI. 8 ist. Ein direktes Abhängig-
keitsverhältnis kann zwar nicht zwischen beiden bestehen, weil
jeder dem andern gegenüber einige Male plus und melius
hat; dagegen scheinen beide aus der gleichen Vorlage zu
stammen.
Die drei folgenden Codices überliefern ein grölseres oder
kleineres Stück der Nicephoruskatene, gehören also zu
jenem Typus, der einen weitverzweigten handschriftlichen
Apparat in den europäischen Bibliotheken hat.
3. Escorialensis 2.1.6, früher mit der Signatur III. A. 6.
I.l. 10 und L H. 17, laut Unterschrift aus dem J. 1586, mit
420 Blättern (34,9 x 24,9), ist inhaltlich eine Genesiskette
(f.1—237) und eine Exoduskette (f. 237"—417”), formell eine
fleilsig und schön geschriebene Rahmenkatene in wechselnder
Form; der Bibeltext ist nämlich bald von 3, bald von 2, bald
nur von 1 Seite mit Kettenscholien umrahmt. Titelangaben,
Lemmata, Zahlenbuchstaben und Anfänge sind rot, nur die
Initiallettern der Namen sind schwarz. Auf dem ersten Vor-
blatt: ’EEnynoig dIapöpwv eis nv rralaıdv Ypaprıiv. Auf dem
zweiten: ’Apıoteou rnpös Pıkoxparmnv Teepi TWV EKBdounkovra
epunveurWv. ’EEnynors dIapöpwv Ayliwv Trattpwv, Oeodwprjtou,
Bacıkeiou, Xpucoctönou, Zeßnpıavoü, "‘Akariou, Atodwpou Koi
Erepwv eis tv Feveoıv xai eis nv "EEodov. Aristei (sic) ad
Philocratum de 70 interpretibus. Expositio diversorum in
Genesim et in Exodum cum picturis. Dann folgen f.1 zwei
Abhandlungen, die auch in Pal. 203, Vat. 746 (von späterer
Hand), Vat. 747, Vat. 383, Vat. 1668, Angel. 114 u. a. der
Oktateuchkatene voranstehen, in der CL dagegen fehlen,
nämlich: ’Apıoteag ®iloxparteı‘ "AgıoAöyov dinynoewg ... des.
156 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
f. 17° xaAkıotov Enadkov, und: Oeodwpnrog “Ynariw‘° Kai
aAkoı uev... Heonvevotou ypapfis ed. Migne 80, 75 sq. Die
eigentliche Katene inc. f. 18: T&veois. Oceodwpntou* Ti drnote
un ».. Merpeiv eiwde ... Eprnuw ouv£ypapev. Des. in der
‚Erklärung f. 234" fragmentarisch mitten in dem Scholion
Arodwpov‘ Tıves eis Tlaüdov zu 49, 27 mit moAAwv &dvWwv d1ö
ön'. Die folgenden 4 Seiten sind unbeschrieben; f. 237 der
Schlufs des Genesistextes von Erexdnoav Eni unpWwv bis &v
Alyintw, d.i. von 50, 23°—26, ohne Erklärung. Aufserdem hat
Escorial. £. L 6 noch 2 grolse Lücken f. 31"—33 und f. 93’—96r.
F. 31" endet mitten auf der Seite mit rjuepWwv Apıduöv aus
einem Theodoretzitat Ti &orı zu 1, 14 und beginnt nach 3 leeren
‘Seiten f. 33 mit mupäg fAAato aus einem Scholion des gleichen
Autors Ara ri zu 1, 24; in der Vorlage fehlten also 13 Scholien,
vgl. Pal. 203 f. 34 Zeile 18 v. u. bis 36” Zeile 16 v. u. oder
Vat. 383 f. 32-35, Vat. 747 f. 16’—17, Vat. 1657 £. 1-3,
Barber. IV. 56 f. 10-12 u.a. Die dritte Lücke entstand im
Escorial. &. I. 6 durch Ausfall des gesamten Kettenmaterials
zwischen tW dE Tpıoxmdexratw (des. f. 93”) und Edwke ToLg
&x8poüg (inc. f. 96”), d.i. von Gn 14, 4—20. Die Exodus-
kette beginnt anonym "Or to npWTovV ... Td npöcTayna und
TTiaiveı (Paiveı ed. CL I 952) uev Yüp... Kata TO Yerpauuevov,
also genau wie meine Römer Vat. 746, 747, 748, 2131, Barber.
IV. 56. Dann f. 417° die Unterschrift: TeXog rs ’EEödon.
Xeıpi NikoAdou Touvppiavoü xai Bacıkıkoü dvrırpapews. Erei TOÜ
kupiouv apııs. Die letzten Blätter sind leer.
Die Mutterhs dieses Escorial. &. I. 6 mufs sich aus den
angegebenen Lücken bestimmen lassen. Sicher gehört er in
die Familie b?, zu Vat. 746, 747, 383; vgl. den Stammbaum
Karo-Lietzmann 11. Die Titelnote des Spaniers „cum pic-
turis* kann sich, da er selber nicht illustriert ist, doch nur
auf seine Vorlage beziehen, würde also für Vat. 746 und 747
bezw. für deren gemeinsame Vorlage zutreffen. Mit Vat. 383
hat unser Spanier einige auffallende spezifische Lesarten und
die umfängliche Begrenzung auf Gn und Ex gemeinsam, kann
aber dessen Kopie nicht sein, weil Vat. 383 einmal plus (f. 32
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 157
bis 35) und einmal minus (f. 319) hat. Dagegen läfst sich be-
weisen, dals Escorial. £. I. 6 in gerader Linie von Vat.
746 saec. 12-13 abstammt: Im Vat. 746 ist zwischen f. 24
und 25 ein Blatt verloren gegangen; damit entstand auf das
Wort genau die Lücke, die für Escorial. £. I. 6 f. 31"—33
angegeben wurde. In beiden Codices hat das Theodoret-
scholion "Donep ei rısg zu 1,26 das fragmentarische Explicit
züv verovötwv: Vat. f. 287 coll. Escor. f. 36-37”. Der Römer
hat das f. 73" zu 18,20 stehende Gennadiuszitat Taum fs
auf f. 78” zu 19, 33 wörtlich wiederholt, ebenso f. 81" das ano-
nyme Kara dvaywynv in dem Toüto ouykpır&ov; die gleichen
fehlerhaften Dupla im Spanier f. 108” coll. 114” und 119” sq.
Escorial. X. IL. 6 stammt also geradlinig vom Vat. 746 her, aber
nicht unmittelbar als dessen Tochterhandschrift!;
denn die beiden andern Lücken des Escorialcodex, jene f. 93”
bis 96” und f. 234’—236” finden sich nicht im Vat. 746. Wenn
die Vermutung von P. Wendland (Aristeae epistula p. x),
unser Spanier sei eine Abschrift aus Paris. 130, richtig ist,
so wäre dieser Pariser ebenfalls als direkter Nachkömmling
des Vat. 746 und als Zwischenglied zwischen diesem und dem
Escorial. £. IL. 6 erwiesen. In jedem Falle wird unser Es-
corialensis fernerhin für die Forschung entbehrlich.
4. Escorialensis 2. II. 17 (früher III. ©. 3 und III. E. 4),
am 16. August 1572 von Andreas Darmarius von Epidauris
zu Ende geschrieben, enthält auf 412 Blättern (28,2 x19,5) eine
Genesiskatene und zwar den von Nicephorus edierten Typus
in der dezimierten Scholienzahl. 20 Zeilen. Grofse Ränder.
Breitkatene. Überschrift, Initien, Namen rot, ebenso das keiuevov
und £punveia, das regelmälsig Bibeltext und Exegese begleitet.
Die Namen innerhalb der Zeile. Am Rande einige Korrek-
ı Vat. 746 ist im Anfang verstümmelt; f. 1—13 ist von späterer
Hand ergänzt; das ist der Schrift nach schon vor 1586 geschehen. Im
Vat. 746 ist ferner das Blatt 74 falsch eingeheftet (statt zwischen f. 68 und
69); im Escorial. ist hier (f. 98—100) alles am rechten Orte; die Buchbinder-
sünde kann aber auch nach 1586 erst begangen worden sein. Daraus
würde also die mittelbare Herkunft des Escorial. vom Vat. 746 sich
nicht beweisen lassen.
158 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
turen. Überschrift und Anfang: Tob oopwrarou MapkeAkivou
uno diapopwv EEnnynois. Teveoic. kelnevov’ 1, 1. &punvela. Oeo-
dwpitou' Merpeiv eiwdev!... Eprnuw guverpapev = Pal. 203
f, 23, ed. CL I 1. Die letzten 4 Scholien f. 412": 1. "InmoAv-
ou‘ Ankoütaı Auiv... xeinevov &diwkev — Vat. 747 f. 71, ed.
CL 1543. 2. ‘O Züpog to &dera = f. 71, ed. I 542. 3. Oi
uev Alyunmior... tpakovra = f. 71”, ed. I 547. 4. Tönog &oti
tepav ... TÖnog Kküurkou — f. 71°, ed. I 548. Dann die Unter-
schriften: T&Xog tig Tev&oews. “Yno ’Avdpeou Aapuapiov TOU
"Embdaupiou vioü Fewpylou oüv Bew eiAnpe Tepua Ev TW Era
apoß auyovotw ıd.
Die Varianten des Escorial. £. IL. 17 im Vergleich mit
den Eingangsproben bei Karo-Lietzmann 9 sind: Nr 6 und 7
fehlen; in 10 fehlt die Frage ti dnnnote... dönmoupylas. Nach
meinen Stichproben zu Gn 1,17—19?2 ist der Escorialensis
unter allen mir bekannten Codices am nächsten mit dem
Brit. Burn. 34 saec. 15 verwandt, zu dem er im Verhält-
nis einer Schwester-, vielleicht sogar einer Tochterhs steht.
Dals Burn. 34 hinwiederum sehr intime Beziehungen zur Familie
ı Das gleiche eigentümliche Incipit in dem römischen Vallic. C. 4
saec. 13 f. 2.
2 Dieses Komma würde sich als Stichprobe der Genesisketten am
meisten empfehlen, weil an diesen 33 Nummern die Hss sich rasch nach
Familien gruppieren und namentlich die Deszendenten des Vat. 746 und
die Quellenhs der Nicephorusausgabe sich rasch zu erkennen geben wür-
den. Von den 2 Quellencodices des Nicephorus, die noch nicht identifi-
ziert und wahrscheinlich in Konstantinopel zu suchen sind, begann der
eine, saec. 12, erst mit Lv und endete mit Ruth; der andere, die Haupt-
quelle der Edition, eine Dodekateuchkatene saec. 11 in Rahmenform,
hatte hier in dem Scholion Nr 3 Eüoeßiou (in Pal. 203 f.35 u.a. + Em-
oxönou Eueong) Znreitai eine Lücke, an der sie sehr leicht wiederzuerkennen
wäre, nämlich CL I 35 2.10f v. oben: ...unde elodvonnyöra obk Av
€yivero... Nicephorus vermutet richtig, es müsse etwas feblen. Nach
Vat. 747 £. 17 Z. 23 u.24 v. oben fehlt das hier Eingeklammerte: ... uf
de el; buoluas Apındueva: Evıa dE did mAeciövwv TÜV ErWv parvöueva* el
de Exıveito 6 obpavöc, Axlvnra Tadra Exwv xal Ev &aurü me]nnyöra. oUK
&v Eyivero... Wie vielfach die Nicephorusausgabe, die im übrigen eine
der besten und genauesten Kateneneditionen ist, auch sonst noch aus den
Hss verbessert werden kann, wird in meinen Hohel. Cat. 28f Anm.
angedeutet,
u - -elee: Dias En en un.
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 159
der Pariser 128, 130 und 132 hat (Karo-Lietzmann 14), be-
stätigt sich auch an meinen Proben.
Der Titel des Escorial. £. IL 17 bezeichnet genau wie
eine portugiesische Hs! einen gewissen Marcellinus als
Autor der Genesiskatene. Das handschriftliche Zeugnis hat
zwar, weil beide Stimmen erst im 16. Jahrh. laut werden, ein
sehr leichtes Gewicht. Immerhin wird die Einzeluntersuchung
der Oktateuchkette erklären müssen, ob Marcellinus für den
Nicephorustypus der Genesis- bezw. Pentateuchkatenen als
Autor in Betracht kommen kann. Gegen Lindl habe ich in
der Literarischen Rundschau 1903 Nr 4 behauptet, die Nice-
phorusrezension sei nicht mit den Eclogae des Kettenfabri-
kanten von Gaza identisch, sondern von einem nachprokopia-
nischen Epigonen aus Prokops Eclogae und Epitome zusammen-
gestellt; es bliebe nun zu untersuchen, ob nicht Marcellinus
dieser Epigone wäre. (Fortsetzung folgt.)
ı Die einzige Katenenhs, welche Portugal besitzt, nämlich cod. 540
saec. 16 im Archivo da Torre di Tombo in Lissabon, enthält nach Graux-
Martin (Notices sommaires des mss. grecs d’Espagne et de Portugal,
Paris 1892) die Genesiskette des Escor. £. II. 17 mit der gleichen, auf
Marcellinus lautenden Überschrift (nur &nö statt ümö), mit dem gleichen
Anfang und Ende, und im Anschlufs daran ähnliche Kommentare zu den
übrigen Büchern des Pentateuch, ohne dals hier der Name Marcellinus
ausdrücklich wiederholt ist. Diese beiden Codices der iberischen Halb-
insel scheinen also nicht blols lokal, sondern auch genetisch einander
nahe zu stehen.
Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit
Jesu.
Von Prof, Dr. Johannes Belser in Tübingen.
IT. (Schluß.)
Johannes allein, höre ich sagen, genügt zum Erweis der Un-
haltbarkeit jener Hypothese, und zwar schon die Kap. 2—4.
Hier wird die Reise Jesu nach Jerusalem zum Österfeste 782
erzählt, eine Wirksamkeit Jesu in der Landschaft Judäa und
zwar bis in den Dezember dieses Jahres, ferner die Reise von
Judäa über Samarien nach Galiläa, wo dann der Herr die
von den Synoptikern berichtete Wirksamkeit (Mt 4, 12ff und
Parallel.) entfaltete; sonach beginne diese frühestens Ende
Dezember oder im Januar 783 und so sei das Passah 783
als Leidenspassah von vornherein ausgeschlossen. Ausgangs-
punkt und Hauptgrundlage der Beweisführung ist Jo 4, 35.
Der Heiland sprach zu seinen Jüngern am Jakobsbrunnen:
„Saget ihr nicht, dals es noch vier Monate sind, und dann kommt
die Ernte?“ Man wollte diese Worte schon als Sprichwort
fassen in dem Sinne: Von der Aussaat bis zur Ernte vergeht
ein Zeitraum von vier Monaten. Aus verschiedenen Gründen
hat man indes ziemlich allgemein diese Interpretation auf-
gegeben und die andere vorgezogen, wonach der Herr den
Jüngern sagen will: bei der jetzigen Jahreszeit und beim
gegenwärtigen Stand der Saatfelder müsset ihr selbst be-
stätigen, dafs es noch vier Monate dauert, bis die Zeit der
Ernte kommt. Nun fand die Aussaat in Palästina im No-
vember und die Ernte im April statt; danach scheint sich
die unabänderliche Schlulsfolgerung zu ergeben, dafs das Er-
eignis am Jakobsbrunnen im Dezeniber 782 stattgefunden hat,
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 161
‘Man glaubte geradezu, in dieser Stelle Jo 4,35 einen un-
verrückbaren chronologischen Markstein erblicken zu dürfen,
an welchem man sich bezüglich der ersten Zeit der öffent-
lichen Wirksamkeit orientieren könne: es würde da zwischen
dem öffentlichen Auftreten Jesu in Jerusalem am Osterfest
782 (Jo 2,13ff) und dem Anfang des galiläischen Wirkens
ein Zeitraum von etwa neun Monaten liegen. Da der Heiland
nach den Andeutungen des Johannes (2, 23ff) von Jerusalem
gleich nach dem Österfeste, ja vielleicht noch innerhalb der
Festoktav wieder abging, so mülste er den ganzen langen
Zeitraum von neun Monaten mit Predigt der Bulse und
Spendung der Taufe neben dem Vorläufer in der Landschaft
Judäa zugebracht haben. Gegen diese Auffassung des johan-
neischen Berichtes machen sich nun aber bei einläfslicher
Prüfung doch ganz gewaltige Bedenken geltend.
1. Zuerst muls man fragen: Hat der Heiland in diesem
ersten Jahr seines Wirkens nur das Passah, nicht auch das
Pfingstfest und die Laubhütten in Jerusalem gefeiert? Es
würde sich diese Vorstellung wirklich ergeben: er zieht nach
dem Passah von Jerusalem ab und wirkt in der Landschaft
Judäa ununterbrochen bis Dezember; dann geht er über
Samarien nach Galiläa. Nach unserer früheren Ausführung
.(8. 63) erscheint die Unterlassung eines Besuches an den beiden
Festen Pfingsten und Laubhütten 782 als undenkbar. Oder hat
vielleicht Johannes diese Festbesuche nicht berichtet, ebenso-
wenig als die Synoptiker? Aber das ist ausgeschlossen durch
den Charakter seines Ev (Beschreibung gerade der Festbesuche).
2. Der Bericht des Johannes über die Reise Jesu durch
Samarien (4, 5ff) ist der bezeichneten Auffassung durchaus
ungünstig. Eine unbefangene Auslegung dieses Abschnittes
führt zu dem Ergebnis, dafs der Evangelist erzählt: Jesus
kam ungefähr abends 6 Uhr, der regelmälsigen Zeit des
Wasserholens (Gn 24, 11), am Jakobsbrunnen ermüdet und
dürstend an, hatte die Unterredung mit dem Weibe und
nachher mit den Jüngern und den Sychariten. Die ange-
'deuteten Züge der Erzählung schlielsen den Gedanken an
Biblische Zeitschrift. I. 2. 11
162 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
den Dezember als Zeit der Durchreise aus und weisen auf
das Frühjahr oder den Sommer hin (vgl. Einleitung 352).
3. Der genannten Auffassung tritt als sehr starkes Hinder-
nis in den Weg Jo 4,45: als der Herr von Judäa durch
Samarien nach Galiläa zurückgekehrt war, um hier seine
Wirksamkeit zu beginnen, nahmen ihn die Galiläer mit Freuden
auf, weil sie die Wunder geschaut hatten, welche er am Oster-
fest zu Jerusalem gewirkt. Danach war der Eindruck der
jerusalemitischen Wunderwirksamkeit bei den Galiläern noch
ein ganz frischer. Dies weist wieder bestimmt auf den Mai
782 als Zeit der Ankunft ın Galiläa hin, nicht auf den
Dezember (Einleitung 355f).
4. Damit hängt ein weiterer, bisher völlig unbeachteter
Punkt zusammen. Der Heiland war im Monat März 782 von
Kana nach Verrichtung des Weinwunders an den See hinab-
gestiegen und hielt sich zu Kapharnaum „nicht viele Tage
auf“, um dann sofort zum Osterfest nach Jerusalem aufzu-
brechen. Was für einen Zweck hatte doch diese Reise nach
Kapharnaum? Eine Lehr- und Wunderwirksamkeit wollte
der Heiland damals dort nicht entfalten; es gibt nur eine
zutreffende Antwort auf die gestellte Frage: der Herr wollte
damals in Kapharnaum Quartier bestellen, um nach der Rück-
kehr aus Judäa seine Tätigkeit in Galiläa zu beginnen.
Nun sagt sich aber doch jedermann: eine solche Vorbereitung
wäre damals, ganz kurz vor dem Osterfeste 782, nicht erfolgt,
wenn der Heiland sich mit dem Gedanken getragen hätte, in
Samaria und Judäa volle neun Monate zuzubringen; dagegen
erklärt sich das Verfahren Jesu vortrefflich, wenn er im Sinne
hatte, nach ungefähr 4-5 Wochen aus Judäa nach Galiläa
zurückzukehren und dann in Kapharnaum zu wirken.
5. Wenn man sich Klarheit darüber zu verschaffen sucht,
welcher Art die Tätigkeit Jesu in der Landschaft Judäa während
der angenommenen neun Monate, April bis Dezember, gewesen
sei, so gibt uns Jo 3, 22 u. 4, 1—2 Aufschluls: er taufte
oder liefs durch seine Jünger taufen. War dies etwa eine
der johanneischen Bufstaufe ähnliche Taufe behufs Vorbereitung
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 163
zum Eintritt ins messianische Reich? Unmöglich. Denn nach
den Berichten der Synoptiker liefsen sich die Bewohner von
Judäa in grolsen Massen von Johannes taufen (Mt 3, 5;
Mk 1,5; Lk 3, 7), so dafs zur Spendung der Bufstaufe in
dieser Landschaft nicht mehr die Zeit von neun Monaten
notwendig war. Bei der durch den vierten Evangelisten be-
richteten Taufe Jesu in Judäa handelte es sich um die Spen-
dung der messianischen Taufe behufs Aufnahme in die Jünger-
schaft Jesu. Die Angabe des Johannes (4, 1) lälst keineswegs
auf eine grolse Menge der durch Jesus bezw. durch seine Jünger
Getauften schlielsen; der Evangelist will die aus Jerusalem
anwesenden Späher einer groben Übertreibung und die Phari-
säer leichtgläubiger Voreingenommenheit zeihen; auch zogen
diese Spione allem nach nicht die ganze Menge der von
Johannes Getauften in Vergleich, sondern nur diejenigen,
welche aus Anlals ihrer Anwesenheit zu den beiden Täufern,
und zwar zu Johannes in geringerer Zahl, hinzuströmten.
6. Jo 4, 1 enthält noch ein weiteres Beweismoment.
Nach der dortigen Angabe veranlafste den Herrn die Kennt-
nis seiner Erfolge seitens der Pharisäer in Jerusalem zum
Wegzug aus Judäa. Die katholischen Exegeten sind unter
sich einig, dals dieses vom vierten Evangelisten genannte
Motiv wohl vereinbar sei mit dem Mt 4,12 (vgl. Mk 1,14)
angeführten (Kunde von der Einkerkerung des Täufers); der
nähere Anlals des Weggangs Jesu aus Judäa war sicher die
Erbitterung der Pharisäer; die Kunde von der Gefangennahme
des Täufers war insofern von Einfluls, als die feindliche
Stimmung der Pharisäer durch das Vorgehen des Herodes
Antipas gegen den Täufer für eine weitere Wirksamkeit Jesu
in Judäa bedrohlicher erscheinen mufste. Da der Herr sofort
bei seinem Erscheinen am ÖOsterfeste durch sein Auftreten
nicht blols die volle Aufmerksamkeit, sondern auch tödlichen
Hals „der Judäer“ erregt hatte (davon später), so muls man
annehmen, dafs sie gleich auf die erste Kunde von seiner
Wirksamkeit in der Landschaft Judäa ihm Späher nachsandten
und durch diese Kunde erhielten. Es ist geradezu unmöglich
11”
164 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
zu glauben, dafs diese Kunde erst im Anfang des Dezember
den Feinden Jesu in Jerusalem zukam; es geschah sicher
einige Wochen nach dem Abzug Jesu aus Jerusalem, sehr
wahrscheinlich schon 14 Tage später. Was aber die Er-
greifung des Täufers betrifft, so kann diese wieder nicht im
Dezember erfolgt sein, vielmehr wird man mit bestem Grunde
die erste Hälfte des Mai als Zeitpunkt dieses Ereignisses an-
sehen, und damit sind wir zu einem weiteren Punkt gekommen.
7. Eine parallele Tätigkeit des Täufers in der Zeit vom
April bis Dezember ist aus verschiedenen Gründen als aus-
geschlossen zu betrachten. Johannes tritt öffentlich auf im
15. Jahr der Regierung des Tiberius (Lk 3,1), d. h. wenn
wir den Worten des dritten Evangelisten den natürlichen
Sinn beilegen und alle Künstelei bei Auslegung seiner Angabe
unterlassen, im Jahr 781. Wenn man bisher bei der Inter-
pretation der chronologischen Notiz des Lukas als terminus
a quo der Zählung nicht den Anfang der Alleinherrschaft des
Tiberius, sondern den Anfang seiner Mitregentschaft ange-
sehen, so ist ja doch tatsächlich über solchen Ausweg nie-
mand erbaut. Das 15. Jahr der Regierung des Kaisers ist
die Zeit vom 19. August 781 bis zum 18. August 782. Im
Jahr 781, etwa im Monat Oktober, machte Gott den Beruf
des Johannes vor Israel offenbar (vgl. Lk 1,80). Auf den
Herbst nämlich als Zeit des Auftretens von Johannes lassen
die Angaben der Evangelisten über die Taufe und Versuchung
Jesu und seine weitere Tätigkeit bis zum Osterfeste (Jo
1, 19—2, 13) schliefsen. Wer mag sich nun mit der Vor-
stellung vertraut machen, dafs von da an das Schicksal des
Täufers etwa ein Biennium bis zum Abschlufs gebraucht habe?
Predigt und Tauftätigkeit vom Oktober 781 bis zum Dezember
782, dann Einkerkerung und etwa im Sommer oder Herbst
783 Enthauptung? Der Verlauf mufs nach den Andeutungen
und Aussagen der Evangelisten ein viel rascherer gewesen
sein; das können wir so gut als förmlich beweisen. Nachdem
Jesus im Februar 782 von Johannes im Jordan getauft worden
war und dann nach der Versuchung an den Jordan zum
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 165
Täufer zurückkehrte, proklamierte ihn dieser vor der Ge-
sandtschaft des Synedriums als Messias, welcher das Messias-
reich damit eröffnen werde, dafs er die an ihn Glaubenden
mit dem vom Himmel kommenden Heiligen Geiste taufen werde
(die Gesandtschaft war auch am folgenden Tage noch bei
der zweiten Aussprache des Täufers anwesend, Jo 1, 19—34).
Dieser Verkündigung des Täufers vollkommen entsprechend
erscheint der Heiland an Ostern 782 in der jüdischen Haupt-
stadt, wirkt Wunder und fordert sofort öffentlich zum Empfang
seiner messianischen Taufe auf (dies ergibt sich mit Not-
wendigkeit aus Jo 3, 1ff); der Erfolg war in Jerusalem ein ge-
ringer (Jo 2, 23ff), weil die Judäer wegen der Tempelreinigung
gleich ihre Feindschaft gegen Jesus bekundeten; infolge des
von ihnen ausgeübten Terrorismus lielsen sich selbst empfäng-
liche Seelen wie Nikodemus vom Empfang der Taufe abhalten.
Gröfser war „die Ernte“ in der Landschaft Judäa in der Zeit
unmittelbar nach dem Besuch in Jerusalem, und der Täufer, der
damals noch nicht in Gefangenschaft war (Jo 3, 24), erkannte
aus der Spendung der messianischen Taufe durch Jesus, dals
das messianische Reich eröffnet, die Tage der Brautwerbung
vorüber und für ihn die Zeit „des Abnehmens“ gekommen
war (3, 26—30). Man bilde sich doch nicht ein, dals die
Kunde von der Tauftätigkeit Jesu zu Johannes erst nach
vielen Monaten gekommen sei; das geschah doch zum aller-
mindesten nach 2—3 Wochen. Kaum hatte er die Botschaft
vernommen, da wurde er ergriffen und in die Feste Machärus
abgeführt (Jos. A. 18, 5, 2). Diesen Verlauf deutet der vierte
Evangelist selbst durch die bekannte Notiz 3, 24 an, indem
er sagen will: da Jesus in der Landschaft Judäa zu taufen
begann, war Johannes noch frei, aber bald ward der Freiheit
ein Ende bereitet durch das brutale Vorgehen des Herodes
Antipas. Nachdem er einige Zeit zu Machärus im Gefängnis
zugebracht, fiel sein Haupt, wahrscheinlich im September 782,
zu einer Zeit, wo Jesus in Galiläa wirkte (Mt 14, 2ff).
8. Verträgt sich unsere „Chronologie“ mit der uns nament-
lich aus Josephus bekannten Geschichte des Tetrarchen Antı-
166 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
pas? Vollständig; ja gerade aus letzterer erwächst eine neue
Stütze für unsere Anschauung. Die von Josephus berichtete
Romreise des Fürsten fällt ohne Zweifel in den Sommer 781
(Jos. A.18, 3, 1ff, 18, 5,1; vgl. Philo leg. ad Cai. 838 u. Lk
23,12); sie erfolgte wegen der Aufhängung der Schilde durch
Pilatus im Palaste des Herodes zu Jerusalem; im Herbst
desselben Jahres, unmittelbar nach der Rückkehr aus Rom,
fand die Heirat mit Herodias statt. Die verbrecherische Ver-
bindung tadelte hierauf der Täufer mit Freimut, und dies gab
Anla/s zu seiner Ergreifung. Es legt sich doch die Ver-
mutung von selber nahe, dals Johannes seinen Tadel zu einer
Zeit aussprach, wo die Verbindung noch neu war und überall
Anstofs und Ärgernis erregte. Dies war im Frühjahr 782
der Fall. Wie demnach das Jo 4,1 angedeutete Vorgehen
der Pharisäer in Jerusalem in dem Frühjahr 782 einzig be-
greiflich erscheint, so die Zurechtweisung des Herodes Antipas
(Lk 3, 19) durch Johannes in der gleichen Zeit.
Es möge das Ergebnis unserer Untersuchung kurz zu-
sammengefalst werden. Die bisherige Erklärung und Auf-
fassung der ersten vier Kapitel des Johannes betrefis der
chronologischen Verhältnisse ist unrichtig, und die Inter-
pretation von 4, 35 erweist sich aus den oben angeführten
Gründen als unhaltbar; 4, 35 darf als Instanz gegen die
These von einer blo[s einjährigen Wirksamkeit Jesu nicht
länger geltend gemacht werden. Ich brauche mich hier nicht
einmal abzumühen mit der positiven Erklärung der Worte
Jesu über die viermonatliche Frist bis zur Ernte; es genügt,
in aller Form dargetan zu haben, dafs die gewöhnliche Aus-
legung, der Heiland weise auf die im April stattfindende Ernte
hin und diese Hinweisung sei ein Anzeichen, dafs das Er-
eignis am Jakobsbrunnen im Dezember vorgefallen, unrichtig
ist. Ich halte für wahrscheinlich, dafs der Heiland Sommer-
saaten im Auge hatte, die im Spätsommer (Einde August) zur
Ernte kamen. Wenn van Bebber die Sache mit einem 781/2
einfallenden Jubeljahr in Verbindung gebracht hat (Zur Chronol.
169f), so will ich darauf kein zu grolses Gewicht legen,
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 167
sondern nur für solche, welche eine Ernte im August oder
September in Palästina als ausgeschlossen betrachten, die Be-
merkung anbringen, dafs dort nicht selten auch in den Früh-
lingsmonaten reichlich Regen fällt und Sommersaaten wohl
gedeihen; ich habe dies im Jahre 1893 selbst erfahren.
Es möge jetzt der Gang der heiligen Geschichte kurz
dargelegt werden. Nach dem vom Vater bestimmten Plane
sollte die Eröffnung der messianischen Tätigkeit Jesu unter
Zeichen und Wundern in der Metropole des Judentums am
Österfeste 782 stattfinden. Auf die Bitte der Mutter Jesu
wirkte zwar Jesus, freilich nur im engsten Kreise, zu Kana in
Galiläa schon einige Wochen vor dem Österfest das erste
Wunder durch Verwandlung des Wassers in Wein; im übrigen
kam jener Plan zur Verwirklichung, indem der Heiland von Kana
über Kapharnaum nach Jerusalem reiste und dort am Öster-
feste öffentlich auftrat; hernach entfaltete Jesus ungefähr drei
Wochen lang (in der zweiten Hälfte des April und in der ersten
des Mai) eine Tätigkeit in der Landschaft Judäa, zog dann
sofort durch Samarien nach Galiläa und begann dort Mitte
Mai 782 seine Wirksamkeit. Er machte, getreu seinem durch
die frühere Reise dahin bekundeten Plane (Jo 2, 12), Kaphar-
naum zum Mittelpunkte seiner Lehr- und Wunderwirksamkeit,
gleichsam zu seiner zweiten Heimat. Zuerst erfolgten Teufel-
austreibungen, die Heilung der Schwiegermutter des Petrus,
Heilungen von Kranken und Besessenen am Abend des
Sabbats (Lk 4, 31ff). Mit Heilungen Besessener lälst Markus
den Herrn seine Wunderwirksamkeit beginnen und zwar nach
der Einkerkerung des Täufers (1, 14fi), ebenso Matthäus
(8, 14ff), nur dals letzterer nach einer summarischen Be-
merkung über die gesamte Lehr- und Wunderwirksamkeit
(4, 23—25) die Bergpredigt (Kap. 5—7) und zwei Jdaran sich
anschlieisende Wunder, Heilung eines Aussätzigen und des
Knechtes des Hauptmanns bei bezw. in Kapharnaum, voran-
schickt (8, 1—13). Johannes nun hat die Lücke ausfüllen
wollen, welche die Synoptiker zwischen der Versuchung Jesu
und seiner Niederlassung in Kaplıarnaum gelassen hatten.
168 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirkramkeit Jesu.
Hierbei hat er zunächst nicht den Lukas, sondern den Matthäus
und Markus im Auge, wie die Notiz Jo 3, 24 deutlich zeigt.
Den Lesern der beiden ersten Evangelien gibt der vierte
Evangelist zu verstehen, die Kapharnaumwunder, welche sie
bei beiden Evangelisten fänden, seien nicht die ersten Wunder
Jesu in Galiläa gewesen, vielmehr habe er zu Kana in Galiläa
den Anfang damit gemacht, sei dann zum Österfeste nach
Jerusalem geeilt, habe auch dort Wunder getan, dann einige
Zeit in Judäa neben Johannes getauft, darauf über Samarien
den Weg nach Galiläa gemacht und in Kana wiederum ein
Wunder getan (4, 41—54). Hier bricht der Evangelist ab,
offenbar hält er die Lücke für ausgefüllt; es fehlt eigentlich
nur noch, dafs er hinzufügte: hierauf kam Jesus nach Kaphar-
naum und verrichtete dort die Wunder, von welchen Matthäus
und Markus berichten. Es dürfte der Herr von Kana aus
der Heimat Nazareth einen kurzen Besuch gemacht haben,
um Abschied zu nehmen, ehe er nach Kapharnaum hinabstieg
(Mt 4,13); es war dies aber nicht der von Lukas 4, 16—30
geschilderte Besuch in Nazareth, welcher nicht am Beginn
der galiläischen Wirksamkeit erfolgte, sondern ziemlich später.
Lukas macht mit der Einfügung dieser Perikope an der be-
zeichneten Stelle eine Ausnahme von seinem sonstigen chrono-
logischen Verfahren; der von ihm beschriebene Besuch ist
identisch mit dem Mt 13, 54ff;, Mk 6, 1ff berichteten; er
fiel im Sommer 782 vor, nachdem der Herr vorher schon
ziemlich lange zu Kapharnaum gewirkt hatte. Die Bewohner
von Nazareth verlangten ja, dafs er nicht blofs vorübergehend
in ihrer Stadt Wunder tue, sondern als guter Patriot sich
überhaupt in seiner Vaterstadt niederlasse und diese durch
seine Wundertätigkeit zu Ruhm und Ansehen erhebe, nicht
aber die halbheidnische Handels- oder Garnisonsstadt Kaphar-
naum, wie sie dies schon lange zu ihrem grolsen Ärger hätten
mitansehen müssen (Lk 4, 23). In Anbetracht der Stimmung
und Lage in Nazareth konnte der Herr daselbst nur wenige
Wunder tun. Diese wenigen ‘werden geschehen sein, als er
von der Anhöhe, auf welcher die Stadt erbaut war, durch
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 169
diese zurück die Schritte wieder nach dem See lenkte, indem
er ohne Zweifel einzelne am Wege stehende oder liegende
Kranke heilte (vgl. van Bebber, Katholik 1899, I 221).
Als der Heiland etwa drei Wochen im Mai 782 in
Kapharnaum gewirkt hatte, brach er auf zum Pfingstfeste
nach Jerusalem. Unter der von Johannes (5, 1) genannten
&opm verstanden schon die Väter mit gutem Grunde das
Pfingstfest. Es seien nur erwähnt die beiden Alexandriner
Origenes und Cyrill. Ersterer bemerkt in seinem Kommentar
zu Jo 4, 35, die Ernte müsse von einer geistigen Ernte ge-
deutet werden, da der Herr den bezüglichen Ausspruch nicht
ım Winter, sondern mitten in der Erntezeit nach dem vorher
genannten Österfeste getan habe. Man braucht die alle-
gorische Deutung nicht anzunehmen, aber dem feinen Takt
des Origenes wird man Anerkennung zollen, da er die chrono-
logischen Angaben des Johannes vollständig richtig gewertet
und unter &oprn (5, 1) das Pfingstfest verstanden hat, genau
wie Cyrill, welcher in seinem Kommentar zu 5,1 bemerkt, die
hier gemeinte &oprr müsse ein Pfingstfest sein, da Pfingsten das
dem Passah 2, 23 nachfolgende jüdische Fest sei. Hätte man
mehr auf die gesunde Erklärung dieser alten Schrifterklärer ge-
achtet, man wäre vor schweren Irrtümern bewahrt geblieben.
Merkwürdig! Auch Nagl kommt in seinen gegen Bebber ge-
richteten Ausführungen nicht darüber weg, dals unter &oprn
Jo 5,1 Pfingsten gemeint sei (a. a. O. 494), aber freilich
Pfingsten im zweiten Wirkungsjahr Jesu! Wir würden es für
einen grolsen Fortschritt erachten, wenn wenigstens bis hierher
uns alle katholischen Exegeten folgen würden: Jo 2, 13ff ist
das Passahfest im ersten Jahr der öffentlichen Tätigkeit Jesu
(782), Jo 5, 1 das Pfingstfest desselben Jahres gemeint. Wie
Lk 6,1 kein Hindernis bildet für die Hypothese von einem
Lehrjahr Jesu, so dann noch viel weniger Jo Kap. 2—5, welche
vielmehr positiv bezeugen, dals er vom Osterfest weg schon nach
einigen Wochen in Galiläa eintraf und dort wirkte bis zur
zweiten Reise nach Jerusalem zum Pfingstfeste (782).
Vom Pfingstfeste kehrte der Heiland wieder nach Galiläa
170 Belser, Zur Mypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
zurück und entfaltete hier und in Peräa eine intensive Tätig-
keit bis zum Laubhüttenfeste, also über vier Monate, wenn
anders Jo 6,4 nicht, wie man auf Grund des vorliegenden
Textes glaubt, ein Osterfest, sondern wie Origenes und andere
Väter glaubten, das 7,2 ausdrücklich genannte Laubhüttenfest
gemeint ist (nach der ursprünglichen Lesart: Av de &yyüc hi &oprn
twv ’lovdaiwv). Aber freilich das ist nun die grolse Frage,
ob wir ein Recht haben, Jo 6,4 tö maoxa zu streichen. Die
Handschriften enthalten es und zwar ausnahmslos; darum liegt
die Sache wesentlich anders als Lk 6,1, wo uns das Hand-
schriftenmaterial selbst den Weg zeigt zur rechten Beurteilung
des vielfach überlieferten devreponpwrw. Der Schrifttext er-
scheint demnach als die Klippe, an welcher die Hypothese
von dem einen Lehrjahr Jesu zum Scheitern gebracht wird.
Aber einiges darf doch wohl hier ausgesprochen werden. Es
wurde oben angedeutet, dals einzelne Väter bei der Ver-
tretung der Anschauung bezüglich der einjährigen Wirksam-
keit Jesu von der Lesart fiv d& &Eyyös N) &opri, twv "loudaiwv
(ohne TO näcxa) ausgegangen sein müssen. Es sei genannt
Irenäus. Van Bebber hat denselben für sich in Anspruch
genommen (Zur Chronologie 154fJ. Nagl will in seiner Be-
kämpfung Bebbers dies nicht recht gelten lassen (a. a. O.
424 u. 484). Man sollte aber doch meinen, dals über den
Standpunkt des Irenäus in dieser Sache kein Zweifel besteht.
Er bekämpft die Ansicht der Valentinianer von einer blols
einjährigen Wirksamkeit Jesu (Adv. haer. 2, 22, 3), geht mit
ihnen das Johannesevangelium durch und findet in demselben
drei Passah. Gewils, aber wie? Nach ihm berichtet das
Evangelium: Von Kana ging der Herr das erstemal nach
Jerusalem und brachte viele zum Glauben (= Jo 2,13 u. 23);
durch Samarien nach Galiläa zurückgekehrt heilt er (in Kana)
den Sohn des Hauptmanns, dann geht er zum zweitenmal
hinauf zum Osterfest und heilt den Gichtbrüchigen, d.h. Ire-
näus findet Jo 5, 1 ein Osterfest; ob &oprn Toü maoxa wirklich
in seiner Handschrift stand oder ob er nur &oprrn, twv ’lovdaiwv
las und als Osterfest auslegte, ist nicht mehr auszumachen;
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 171
jedenfalls fand er trotz eifriger Nachforschung in seiner Bibel-
handschrift 6, 4 kein Osterfest. Weiter brauchen wir die
Sache nicht zu verfolgen. Hier hört jede Diskussion auf. Bei
dem Zwecke, den er bei seiner Prüfung verfolgte, ist das
Resultat derselben um so bemerkenswerter. Es soll nicht
weiter auf den Zusammenhang des Irenäus mit Kleinasien
und mit dem Evangelisten Johannes hingewiesen werden. Das
ro nacoya ist mir im Hinblick auf Irenäus allein sehr ver-
dächtig; auf die Stellung der übrigen Väter, namentlich des
Origenes, des Cyrill von Alexandrien, Apollinaris von Laodicea
und Hieronymus, will ich nicht eingehen, um nicht schon Er-
wiesenes zu wiederholen, sondern auf van Bebber (Chronol.
155ff) und Nagl (a. a. O.) mich beziehen. Auch als sprach-
widrig bezeichne ich die Lesart Joh. 6, 4: TO naoya h &opri)
tüv ’louvdaiwv. Es ist in der Tat diese Ausdrucksweise weder
johanneisch noch überhaupt griechisch; man erwartet entweder
To naoya (TWv ’lovdaiwv) oder h TWVv AZöuwv &oprn. Ich
nahm mir die Mühe, die sämtlichen Stellen bei Josephus zu
prüfen, wo vom jüdischen Osterfest die Rede ist (Jos. Jüd. Kr.
2, 1,3; 2,12,1; 5,14,3; 5, 3,1; 6,5,3; 6,9, 3 etc.); auch
nicht einmal bedient sich der jüdische Geschichtschreiber
der bei Jo 6, 4 vorkommenden sprachlichen Form. Wenn
man aber auf Jo 2, 23 hinzuweisen versucht wird: &v tb
raoxa &v ri) &oprä, so liegt da durchaus keine Parallele vor zu
6, 4, vielmehr ist Ev A &oprii Apposition zu &v TW naoya und
enthält zu letzterem eine nähere Bestimmung, und zwar wird
man nicht übersetzen dürfen: „an dem Passah, welches ein
Fest ist“, sondern mit van Bebber (Chronol. 25): „an dem
(achttägigen) Passah und zwar an dem Hauptfesttage“, einmal
weil der Evangelist kurz zuvor (2, 13) das Osterfest schon
genannt hat (TO naoyxa Tüv ’lovdaiwv), sodann weil er an der
Stelle 13, 1 mit N &opr} toü raoxa ganz entschieden den
Hauptfesttag von Ostern, den 15. Nisan, einführt.
Es möge mir gestattet sein, hier in Kürze einen andern
Gesichtspunkt den Fachkollegen behufs weiterer Erörterung
unserer Frage vorzulegen. Am anschaulichsten hat der vierte
172 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
Evangelist das Verwerfungsschicksal erklärt, welches dem Hei-
land durch „die Judäer“ zuteil geworden ist. Dals nun die
Entwicklung des Dramas bis zur Katastrophe in einem Zeit-
raum von 3—4 Jahren sich vollzogen, ist durch die Darstellung
des Johannes jedenfalls ausgeschlossen; aber es will
scheinen, dafs diese Darstellung überhaupt nicht mehr als ein
Jahr zuläfst. Man beachte zunächst den Beginn der Ab-
neigung und tiefen Milsstimmung der Judäer am Tage des
ersten Auftretens Jesu in Jerusalem (Jo 2,18ff); der Leser
bekommt aus der Schilderung des Evangelisten (vgl. auch
3, 12) sofort den Eindruck, dals die ruhige, aber entschiedene
Sprache des Herrn und das energische Vorgehen in den
Herzen der jüdischen Oberen einen gewaltigen Sturm entfacht
und geradezu damals schon den ganzen Hals derselben gegen
seine Person erregt hat. Der Evangelist deutet durch seine
Notiz 4,1 an, dals die Voreingenommenheit und Leidenschaft
der jüdischen Kreise in Jerusalem schon zu einem tatsäch-
lichen Eingreifen gegen Jesus geführt hätte, wenn Jesus nicht
rechtzeitig aus Judäa weggezogen wäre. Eine Zunahme und
ganz erhebliche Steigerung erfuhr der Unmut und Groll der
Judäer aus Anlafs des Besuches Jesu am Pfingstfeste bei der
Heilung des Gichtbrüchigen (5, 16ff. Der Hafs der Judäer
ist als tödlicher gekennzeichnet, ja es ist angedeutet, dals er
dies eigentlich von Anfang an, d. h. vom ersten Osterfeste an,
war, weil der Heiland am Sabbate Wunderheilungen vornahm
bezw. schon am Osterfeste vorgenommen hatte (2, 23 u. 5, 16).
Auch nach dem Abzug Jesu lälst der Hals die Judäer nicht
zur Ruhe kommen: sie schicken Spione nach Galiläa aus, und
diese treten in Kapharnaum dem Herrn ob seiner Rede über
das Brot des Lebens in leidenschaftlicher Einsprache entgegen
(6, 25ff). In den Tagen der Laubhütten enthüllt der Heiland
die Mordgedanken der Judäer in Jerusalem vor allem Volke,
und da diese ihre bis dahin geheim gehaltenen Pläne ent-
deckt sehen, bringen sie ihren Verdruls durch Erheben
von Steinen zum Ausdruck (7, 11; 8, 59); am Tempelweihfest
wiederholen sie den am Laubhüttenfeste gemachten Ver-
Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 173
such, Jesum zu ergreifen (10, 39). Zur vollen Entladung kam
der innere Ingrimm gegen Jesus infolge der Auferweckung
des Lazarus, und jetzt erfolgte in aller Form der Todes-
beschlufs (11, 45—57). Die also von dem vierten Evangelisten
mit Meisterschaft gezeichnete Entwicklung läfst zwischen der
Kap. 5 beschriebenen Stufe und jener in Kap. 7 keinen Zeit-
raum von mehr: als einem Jahr vermuten; alles wird vollkommen
klar, wenn man die Abfolge bei Johannes festhält, wie sie ge-
geben ist bei Nichtberücksichtigung des 6 näoyxa 6, 4.
Aber es soll ja unmöglich sein, den gewaltigen, von den
Synoptikern überlieferten Stoff in dem Rahmen eines Jahres
unterzubringen; schon eine oberflächliche Prüfung des gewal-
tigen Materials führe mit Notwendigkeit zu der Annahme einer
drei- oder vierjährigen Wirksamkeit. Eine Einrede dieser
‘Art ist nahezu ungereimt. Man versuche einmal im Ernst
eine Gliederung des überlieferten Stoffes, indem man dabei
das Lukasevangelium zum Führer nimmt. Mit 9, 50 ist der
Bericht über die Lehr- und Wunderwirksamkeit in gewissem
Sinne abgeschlossen; was von 9, 51—19, 11 folgt, bezieht sich
hauptsächlich auf Erlebnisse und Vorgänge aus den letzten
Monaten des Wirkens Jesu (vgl. 13, 32). Kap. 1 und 2 mit
dem Bericht über die Jugendgeschichte fallen ganz aulser
Betracht; ebenso 3, 1—4, 13 mit dem Berichte über das Auf-
treten des Täufers, über die Taufe Jesu, das Geschlechts-
register und die Versuchung Jesu; all dies geht dem öffent-
lichen Auftreten Jesu am Österfeste 782 voraus; sonach
bleiben nur 4, 14—9, 50; hier liegen Referate vor über Jesu
Wirken nach der Rückkehr aus Judäa nach Galiläa. Wer
will sich einreden, dafs es sich um den Bericht über eine
dreijährige Tätigkeit handelt und nicht vielmehr um ein ein-
Jähriges, über mehrere Perioden (Ostern bis Pfingsten, Pfingsten
bis Laubhütten-, Laubhütten- bis Tempelweihfest und Tempel-
weihfest bis Osterfest) sich erstreckendes Wirken? Was
Matthäus betrifft, so bleiben gleichfalls die vier ersten Kapitel
aufser Betracht, Kap. 5—8 (v. 13) enthalten ein Referat über
die Bergpredigt und zwei daran unmittelbar sich anschliefsende
174 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu.
Wunder; die 8,14 bis Kap. 16 erzählten Vorgänge sind aus der
ersten und zweiten Periode des galiläischen Wirkens; die von
16, 13 an berichteten Ereignisse gehören der letzten Periode,
der Zeit nach dem Laubhütten- bezw. zwischen dem Tempel-
weihfest und dem Passah an. Die Perikope Mt 17, 22—27
sei noch zu besonderer Prüfung empfohlen. Das dort berichtete
hochbedeutsame Ereignis fiel im Monat Februar, mehrere
Wochen vor dem Leidenspassah, vor. Denn in diesem Monat
(Adar) mulste die Bezahlung der Tempelsteuer geschehen
(vgl. Jos. A. 18, 9,1; Jüd. Kr. 7, 6, 6; Traktat Sheqgalim in
der Mischna). Nun haben ja freilich einzelne Exegeten aus
der Antwort Petri an die Sammler (17, 25) geschlossen, dafs
Jesus schon früher, etwa ein- oder zweimal, während seiner
öffentlichen Wirksamkeit die Tempelsteuer bezahlt habe; allein
diese Schlufsfolgerung ist verfehlt. Petrus sagte die Entrich-
tung der Steuer durch Jesus lediglich darum zu, weil er wulste,
dafs der Herr als dem Gesetze untertan „alle Gerechtigkeit
erfülle“. Aus der Rede Jesu an Petrus aber geht deutlich
hervor, dals die Sache zum erstenmal seit dem Auftreten Jesu
vorkam. Der Herr sagt dem Petrus: Wie kommst du dazu,
die an dich gestellte Frage ohne weiteres mit Ja zu beant-
worten? Du solltest doch erkennen, dals deine Antwort
nicht im Einklang steht mit deinem Zeugnisse, wonach ich
der Sohn Gottes bin, des Herrn des Tempels.
Fassen wir das Resultat der Untersuchung zusammen.
Jo 6, 4 ist das einzige Hindernis der Theorie von dem ein-
jährigen Wirken Jesu. Allein TO ndaoxa ist in hohem Grade
als nicht ursprünglich verdächtig; denn die hervorragenden
Väter und Gelehrten der alten Kirche haben TO naoxa in den
ihnen vorliegenden Evangelienhandschriften nicht gelesen; es
paflst nicht in den Zusammenhang (vgl. Quartalschrift 1902,
185f), es zerstört den ganzen Plan des Johannesevangeliums,.
Ist dasselbe als unecht beseitigt, dann bezeugt Johannes nur
ein einziges Lehrjahr Jesu, Ostern 782 bis Ostern 783, womit
die Synoptiker vollkommen übereinstimmen.
Textkritische Bemerkungen zum Apokalypse-
kommentar des Apringius.
Von Prof. Dr. Carl Weyman in München.
pringius, Bischof von Pace (Beja) in Portugal, wird von
Isidor von Senilla De vir. ill. 30 (G. v. Dzialowski,
Isidor und Ildefons als Literarhistoriker, Münster 1898, 53)
als „disertus lingua et scientia eruditus“ gerühmt, und die von
ihm verfalste Erklärung der Apokalypse zeichnet sich nach
dem nämlichen Gewährsmann „subtili sensu atque illustri ser-
mone“ aus. Die Berechtigung dieser schmeichelhaften Urteile,
von denen das zweite noch durch eine von Isidor auch in
der Notiz über Petrus von Ilerda (13, Dzialowski 20) an-
gebrachte, sonst, wie es scheint, sehr seltene Alliteration
gewürzt ist (E. v. Wölfflin, Die allit. Verbindungen der
latein. Spr., in Sitzungsber. der bayer. Akad., philos.-philol.-
histor. Kl. 1881 II 82 verzeichnet nur Curtius 6, 6, 9 „unus
omnium sensus ac sermo erat“), war bis vor kurzem nicht
diskutierbar; denn der Kommentar des Apringius galt als
verloren. Da wurde im Jahre 1892 durch einen Hand-
schriftenkatalog die Existenz eines Kopenhagener Codex aus
dem 11. Jahrhundert signalisiert, von dem W. Bousset im
Jahre 1895 eine eingehende Beschreibung lieferte (Nachr. von
der kgl. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen, phil.-hist. Kl.
187 fi) und auf Grund dessen im Jahre 1900 der Benedik-
tiner Dom Marius Förotin als ersten Band von U. Cheva-
liers Biblioth&que patrologique edierte: „Apringius de Be6ja.
Son commentaire de l’Apocalypse. Ecrit sous Theudis, roi
des Wisigoths (531—548). Publie pour la premiere fois d’apr&s
le manuscrit unique de lYÜUniversit&t de Copenhague“ (8°.
176 Weyman, Textkritische Bemerkungen
XXIV u. 91. Paris, Picard). Diese Kopenhagener Handschrift
nun, über deren spanische, näherhin katalanische Provenienz
Ferotin xır ff handelt (vgl. auch xıx über die orthographischen
Eigentümlichkeiten und dazu S. Berger, Un ancien texte
latın des Actes des Apötres, Paris 1895, 19ff — Notices
et Extraits XXXV 1, 183ff), hat uns eine doppelte — Ent-
täuschung bereitet. Erstens enthält sie nicht den gesamten
Apokalypsekommentar des Apringius, sondern nur die Er-
klärung von Apc cap. 1 bis 5, 7 und von cap. 18, 6 bis Schlufs,
während das in der Mitte Fehlende aus dem Kommentar des
Viktorinus (in der Bearbeitung des Hieronymus) ergänzt ist.
Das Gleiche ist der Fall bei der jungen, von FErotin als ganz
wertlos beiseite geschobenen Handschrift Paris. 1299, über
deren Verhältnis zur Kopenhagener, aus der sie jedenfalls
nicht direkt abgeschrieben sein kann, noch nicht das letzte
Wort gesprochen worden ist (vgl. Ramsay in dem unten zu
zitierenden Aufsatze 432). Zweitens hat uns der Kopen-
hagener Codex die überraschende Erkenntnis gebracht, dafs
wir das vermeintlich Verlorene eigentlich schon längst besalsen.
Dals der im 8. Jahrhundert lebende Abt Beatus von Liebana
in Asturien für seine kompilatorische Erklärung der Apo-
kalypse (gedruckt in der Ausgabe von Florez, Madrid 1770)
auch den Kommentar des Apringius als Quelle benutzt hat,
wulsten wir durch seine eigene Mitteilung. Dals aber die
Benutzung so weit geht, dals nahezu der ganze Apringius, wie
er im Kopenhagener Codex sich wiedergefunden — allem
Anschein nach hatte bereits Beatus das uns fehlende Mittel-
stück nicht mehr vor sich —, der umfangreichen Kompilation
des spanischen Abtes einverleibt ist (das daselbst Fehlende
stelt Ramsay 433 n. 1 zusammen), das konnte natürlich
erst auf Grund des Havniensis konstatiert werden. Infolge
dieser Wahrnehmung hat Bousset von einem Abdruck der ihm
nach Göttingen gesandten Handschrift abgesehen und sich auf
eine Kollationierung ihres Textes mit dem des Beatus be-
schränkt, und auch FErotin hat, wie er am Schlusse seiner
Vorrede bemerkt, zuerst gezaudert, „a publier un &crit, dont
zum Apokalypsekommentar des Apringius. 177
l’ensemble, materiellement du moins, n’etait pas inedit“. Glück-
licherweise hat er seine Bedenken alsbald der richtigen Er-
wägung weichen lassen, dals der sozusagen in der Diaspora
des Beatuskommentars lebende Apringius doch eine zu wenig
falsbare Gröfse wäre, und die Reste seiner Auslegung, wie sie
uns die direkte Überlieferung darbietet, den Forschern zu-
gänglich gemacht. Für den Nachruhm des Apringius dürfte
es allerdings förderlicher gewesen sein, wenn er diese Auf-
erstehung nicht gefeiert hätte. Wie es mit dem „subtilis
sensus“ bestellt ist, darüber haben sich die Theologen zu äufsern
(Bousset, Theolog. Literaturztg, 1901, 480 bezeichnet den
Kommentar als „an sich vollkommen wertlos und ohne Be-
deutung‘); den „illustris sermo“ kann man nur, wenn man
„ilustris“ als Gegensatz von „obscurus“ falst und nicht alle
Inkorrektheiten der Handschrift dem Autor aufbürdet, bis zu
einem gewissen Grade gelten lassen.
Wenn ich im folgenden einige textkritische Bemerkungen
blos an die Ausgabe Ferotins, d. h. den Text der Kopen-
hagener Handschrift, anknüpfe, so bin ich mir wohl bewulst,
dals man den methodologischen Vorwurf gegen mich erheben
kann, ich hätte die indirekte Überlieferung, in unserem Falle
die Kompilation des Beatus, nicht systematisch berücksichtigt.
Wäre der Text des Beatus selbst bereits gesichert, dann würde
er allerdings „une autorit€ importante — la plus importante
peut-&tre & consulter — pour le texte de cet ancien exögete“
(Ramsay 433), d. h. des Apringius, repräsentieren; so aber
besitzen wir zur Zeit nur den Druck von Florez, über den
Ramsay 444 folgendermalsen urteilt: „L’edition — de Florez
n’est pas seulement d’un acces difficile et pour ainsi dire im-
praticable; elle est encore remplie de fautes et propre ä fausser
le travail delicat d’une critique scientifique“ und auch dieser
ist mir zur Zeit hier nicht zugänglich. Wie es scheint, dürfen
wir von Ramsay selbst, der in der Revue des Bibliotheques
XII (1902) 74 ff und in der Revue d’histoire et de litterature
religieuses VII (1902) 419 ff zwei gediegene Aufsätze über
die (sehr zahlreichen) Handschriften und über die Quellen
Biblische Zeitschrift. I. 2. 12
178 Weyman, Textkritische Bemerkungen
bzw. Bestandteile des Beatuskommentars veröffentlicht hat,
eine neue Ausgabe dieses wichtigen Sammelwerkes erwarten.
Aber ihre Fertigstellung wird unter allen Umständen noch
eine Reihe von Jahren beanspruchen, und wollte ich ihr Er-
scheinen abwarten, so würden meine bescheidenen Zeilen den
Zweck verfehlen, um dessentwillen sie in erster Linie geschrieben
wurden, den Zweck nämlich, die Leser dieser neuen biblischen
Zeitschrift möglichst bald auf die lateinischen Apokalypse-
erklärungen hinzuweisen, als auf einen Literaturkomplex, der
vielfach noch ebensosehr der „Aufklärung“ bedarf als das ehr-
würdige Buch, das ihn hervorgerufen. Man wird es also ent-
schuldigen, wenn ich Beatus nur da erwähne, wo seine Ab-
weichung entweder von Förotin vermerkt wird oder sich aus
der (ohne den Druck von Florez nur in sehr beschränktem
Malse verwertbaren) Kollation von Bousset herausfischen läfst.
Zu cap. 1,4 p.2 „et quid sibi Asianus populus esse videtur
et solus suscipere revelationem apostolicam mereatur?“ Für
das zweite „et“ ist natürlich „ut“ zu setzen. — Zu cap. 1,4 p. 4
„quae (d. h. venerandi Spiritus sancta proprietas) laudem potius
ineffabilem continet non naturae, naturae signat speciem“.
Durch Versetzung der Interpunktion hinter „continet“ und ein-
malige Streichung von „naturae“ ist der Satz in Ordnung ge-
bracht. — Zu cap. 1,7 p. 5 „praedicta morte ipsius, effectam
mortis purgationem eius („p. eiusque peccatorum resurrectionem“
Beatus) atque omnium per eum venturam reparationem, reddit
ad gloriam, et laudem exhibita Patri Deo omnipotenti, secundum
eius (d. h. Christi) demonstrat adventum“ (nämlich der Apo-
kalyptiker). Das kann kein Mensch verstehen und konstruieren,
und auch die Anmerkung des Herausgebers, die an den ziemlich
häufigen Gebrauch des Accusativus absolutus an Stelle des
Ablativus absolutus bei Apringius erinnert, hilft nicht weiter.
Wenn man erwägt, wie häufig in den Handschriften die Accu-
satıv- und Ablativformen konfundiert werden, so wird man zu
folgender Herstellung gelangen: „praedicta morte ipsius effecta[m]
mortis purgatione[m eius] atque omnium per eum ventura[m]
reparatione[m], reddita[d] glorialm] et laude[m] exhibita
.
u
zum Apokalypsekommentar des Apringius. 179
Patri“ usw. Das törichte „ad“ war eine Konsequenz der
unrichtigen Abtrennung des „a“ von „reddit“; das Eindringen
von „eius“ vermag ich allerdings nicht in so befriedigender
Weise zu erklären. — Zu cap. 1,8 p. 5 „sic foveat ipse
Spiritus sanctus“: Doch wohl „faveat“. — Ebenda 5f „Quid
sit autem quod elementa haec et alphabeto („i. e. A et w“
Beatus nach Bousset 192, der aber mit Unrecht diese Worte
als bei Apringius fehlend bezeichnet) veritas ipsa commemorat,
prudenter debemus advertere“. Das sinnlose „alphabeto“ ist
offenbar in „alpha et 0“ zu bessern. Dann fährt Apringius
fort: „nam figura ipsa elementi tam in graecis litteris quam in
latinis tribus deducitur virgulis pari aequalitate porrectis“.
Der Kommentator wird es dem Leser schwerlich vorenthalten
haben, von welchem Buchstaben er spricht, aber „a“ konnte
hinter „ipsa“ leicht ausfallen (Beatus „litterae A“). Wenn es
dann weiter heilst: „Alfa autem tribus, atque in graeco, vir-
gulis subiacentibus ex parte subrectis scribitur; in latino autem
circuli rutunditate concluditur“, so ist es zunächst klar, dafs
an die Stelle des (bereits abgehandelten) alpha das „o“ zu treten
hat, und tatsächlich steht auch bei Beatus „w“. Für das störende
„atque“ bietet der nämliche Beatus „aequalibus“. Im übrigen
mögen die Paläographen die Stelle näher kommentieren. —
Zu cap. 1, 10 p. 7 bemerkt Apringius, anknüpfend an die
Worte „fui in spiritu dominica die“, nach der Überlieferung
folgendes: „stultum se esse in spiritu loquitur, id est in secretis
Dei elevatum“. Dals „stultum“ verkehrt ist, hat der Heraus-
geber selbstverständlich nicht verkannt, aber seine kurze
Weisung „leg. exaltatum“ nimmt auf die Schriftzüge der
Handschrift doch gar zu wenig Rücksicht. Mit Aufopferung
des s gewinnt man die allerdings nicht gerade klassische Form
„tultum“ (von „tollere“), über die z. B. die Mauriner zu Gregor.
mor. 3, 13, 22 (Migne LXXV 609 adn. e) handeln. S. auch
W. Heraeus, Archiv £. latein. Lexikogr. XIII (1902) 129. —
Zu cap. 1,10f p. 8 „quadam fragilitate depressa carnalitas
quasi postea Dei sermonibus admonetur“. Der Herausgeber
begnügt sich, nach „postea“ ein „sic“ einzuklammern, aber so-
12*
180 Weyman, Textkritische Bemerkungen
wohl die im vorhergehenden zitierte Prophetenstelle „audient
vocem (Vulg. „verbum“) post tergum monentis“ (Is 30, 21)
als Beatus, der „post tergum“ bietet, hätten ihm die Korrektur
„poste<rg>a“ an die Hand geben können. Über die Schreibung
8. z. B. OÖ. Ribbeck, Prolegg. crit. ad P. Verg. Mar. opp.,
Leipzig 1866, 442. — Ebenda p. 9: „Filadelfia, quod inter-
pretatur ‚salvans‘, herentem Domino post percepto sole
justitiae ... pro merito adherens ecclesia Domino inviolabili
se devotionis observatione custodit“. Wenn man die voraus-
gehenden Bemerkungen des Erklärers über Thyatira usw.
und die folgende über Laodicea vergleicht, so erwartet man
auch an unserer Stelle nach der Etymologie deren Begründung,
und es drängt sich die Vermutung auf, dafs in „herentem“ „hec
(d.h. „haec“) enim“ stecke (vgl. zu cap. 2,14 p.19 „qui [d. h.
Balaam] interpretatur ‚sine populo‘ vel ‚absque substantia‘.
Balaam enim typus est etc.“). Weitere Änderungen sind zum
mindesten nicht unbedingt nötig, doch würde der Satz durch
Beseitigung des einen „Domino“ entschieden gewinnen. — Zu
cap. 1,14 p. 11 „scriptum est enim ‚Deus noster ignis con-
sumens est‘ (Dt 4, 24) id est aliqui dum aliquando iudicans
et interiora perscrutans“. Was sich wohl Ferotin unter „aliqui
dum“ gedacht haben mag? „ad liquidum“ liegt eigentlich nahe
genug; vgl. über diesen Ausdruck M. Petschenig zu Cassian I
485°, Rufin. Euseb. hist. eccl. 2, 17, 2. Ähnlich Apringius
zu cap. 18, 6—8 p. 54 „ad purum“. — Zu cap. 1,15 p. 11 „sicut
auricalcum in fornace rutilans, nullis extrinsecus scatebris,
nullis rubiginibus occupatur“. Der Herausgeber merkt zu
„scatebris“ an: „Le sens demande ‚scabritiis‘ que porte la
copie de Paris“. Schwerlich! Vielmehr kommen sowohl die
mafsgebende handschriftliche Überlieferung als der Sinn voll-
ständig auf ihre Rechnung, wenn man „salebris“ schreibt.
— Zu cap. 2, 7 p. 17 „ubi (d. h. im Paradies) aures vitam
adspirant“. Doch wohl „aurae“? — Zu cap. 2, 10 p. 18
„sicut in primordiüs ecclesiae catholicae, post ipsius discessum
apostoli, cuius haec dicta sunt, paene adhuc superstite
(„supreste“ cod.) multae tribulationes sunt ecclesiae inro-
u .
zum Apokalypsekommentar des Apringius. 181
gatae etc.“ Die Worte „post ipsius discessum“ einerseits, „paene
adhuc superstite“ anderseits können sich m. E. nicht wohl
auf eine und die nämliche Persönlichkeit beziehen. Es dürfte
zu lesen sein: „post <xpi> ipsius (vgl. Archiv f. latein. Lexikogr. XI
[1900] 226, 22) discessum, apostolo ... superstite“. Oder
sollte — nach bekanntem Sprachgebrauche (vgl. z. B. Riese
zu Catull 1, 9) — „ipsius“ zur Bezeichnung des „Herrn“ genügen?
Vgl. zu cap. 3,4 p. 22. — Zu cap. 3,12 p. 23 „nomen Domini
semper novum, semper effectum est“, Die Überlieferung führt
nicht auf „regtum“, wie im Kommentar des Beatus steht,
sondern auf „refectum“ — Zu cap. 19, 11—13 p. 58 „fatetur
(Deus) incognitum omnibus eius nomen ipsi soli esse compu-
tum“. Vielmehr „compertum“. — Zum Schlusse möchte ich
noch auf den Kommentar zu cap. 3,4 p. 22 „nec deletur
nomen eius de libro vitae, sed confitebitur ipse eum coram
Patre suo qui in caelis est et coram angelis eius“
hinweisen, wo eine Kombination von Mt 10, 32 und Lk 12, 8
vorliegt, die einen weiteren Beleg für die von Harnack, Texte
und Untersuch. XIII 4 (1895) 24f besprochene „merkwürdige
Singularität des Bibeltextes“ bei Novatian und dem (nach
Harnack mit Novatian identischen) Verfasser von „De laude
martyrii“ liefert. Vgl. Histor.-polit. Blätter CXXIII (1899)
643 und Origen. Ermunt. zum Martyr. 35 (I 32f K.).
Über griechische Evangelienkommentare.
Von Prof. Dr. Joseph Sickenberger in München.
Ww* die älteste zusammengehörige Gruppe von Evan-
gelienkommentaren umfalst je einen zu Matthäus, Lukas
und Johannes. Der Mt- und Jo-Kommentar stellt der Haupt-
sache nach Exzerpte aus den Homilien des Chrysostomus
zu diesen beiden Apostelevangelien dar!. Der zum Bunde
gehörige Lk-Kommentar hingegen liegt in seiner Zusammen-
setzung nicht so klar vor Augen. Herm. Freiherr v. Soden
hat in dem jüngst erschienenen I. Bande seines Werkes „Die
Schriften des NT in ihrer ältesten erreichbaren Textgestalt
hergestellt auf Grund ihrer Textgeschichte*2 in anerkennens-
werter Weise auch die Hss, welche neben dem ntl Texte
Kommentare enthalten, besonders beigezogen und die Kom-
mentare selbst nach ihrer Zusammensetzung untersucht®.
Hierbei behandelt er auch die hier zu besprechende Kom-
mentargruppe — er nennt sie A* —, glaubt aber bezüglich
des Lk-Kommentares gegen meine früheren Untersuchungen !
Widerspruch erheben zu müssen.
Die Hss nennen diesen Kommentar eine Hermeneia des
Titus von Bostra und anderer Väter, was natürlich nicht die
Autorschaft des Titus besagen will — ich nannte ihn deshalb
Pseudotituskommentar —, sondern dals aus ihm und andern
ı Vgl. J. Sickenberger, Titus von Bostra. Studien zu dessen
Lukashomilien (Texte und Untersuchungen. N. F. VI 1), Leipzig 1%1,
25—29 und 40.
2 Berlin 1902.
3 S. 249—270 und 525—637,
ı“A.a. 0. 16—41l.
Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 183
Vätern der Kommentar exzerpiert sei. Was lag nun a priori
näher als die Vermutung, es handle sich um einen Kommentar,
der in ähnlich ausgiebiger Weise aus Titus von Bostra exzer-
piert worden ist wie die zugehörigen Mt- und Jo-Kommentare
aus Chrysostomus? Schon J. A. Cramer! hielt den Lk-Kom-
mentar für eine Epitome commentariü aus Titus von Bostra.
Diese nächstliegende Anschauung hat sich mir aber nicht
bestätigt. Ich konnte eine lange Reihe von Stellen notieren,
welche aus den Lk-Homilien des Oyrill von Alexandrien ent-
lehnt worden waren, und habe deshalb konstatiert, dals Cyrill
für den Lk-Kommentar ungefähr dasselbe war, was Chryso-
stomus für den Mt-Kommentar. Doch wurde beigefügt, dafs
Cyrill gleichwohl nicht „in der weitgehenden Ausschliefslichkeit“
benutzt wurde wie Chrysostomus zu Mt2. Auf der weiteren
Suche nach Quellen, wobei eine gröfsere Ausnutzung der noch
in Betracht kommenden Autoren, nämlich des Origenes, Atha-
nasius und Eusebius, nicht zu konstatieren war, ergab sich als
einzig noch mögliche Quelle für den nicht unbedeutenden Rest
Titus von Bostra. Gleichwohl stand für mich Cyrill von
Alexandrien immer noch an erster Stelle.
v. Soden? dreht nun das Verhältnis zu Gunsten der
früheren Ansicht wieder herum. Ihm liegt die Vermutung
am nächsten, dals das erste Stadium dieses Kommentares „ein
in die Gestalt einer Hermenie gebrachtes Exzerpt aus des
Titus Homilien über Lk war, das zweite eine Verkettung
dieser Hermenie mit einem analogen aus Cyrills Homilien zu
Lk, ein drittes eine Durchsetzung dieser aus Titus und Oyrill
geflochtenen Hermenie mit allerlei Väterscholien“. Meine
obige Behauptung, welche sich auf eine Quellenuntersuchung
des ganzen Kommentares gründete, nennt v. Soden „einen
viel zu raschen Schlufs* aus der Liste von Cyrillscholien, die
„auf Grund von Angelo Mais ziemlich kritiklos angefertigter
Sammlung“ nachgewiesen wurden. Als Beweis wird beispiels-
ı Catenae in evv. 8. Lucae et s. Ioannis, Oxon. 1841, p. nr.
2 Titus von Bostra 84.
3 A.a. 0. 581.
184 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare.
weise hervorgehoben, dals die von Cramer edierte Lk-Katene,
welche auf dem hier zu besprechenden Kommentar als Fundus
aufgebaut ist, dessen Text also auch bietet, von p. 1—35, 26
(Lk 1, 1-4, 14) nur 5 kurze Oyrillscholien ! enthält. Nahezu
4/s des Stoffes bleiben dann noch übrig, für die nach der
Quelle zu suchen ist. Wenn nur ein Teil dieser Scholien
als von Titus von Bostra herrührend nachgewiesen werden
kann — es kann dies nur für p. 7, 1-4; 12, 22—27;
14, 34—15, 4; 18, 35—19, 2; 19, 4—5; 19, 9—11; 22, 15—23;
22, 29—23, 2; 28, 23—24; 35, 1—3, also an zehn Stellen dar-
getan werden? —, so ist dies nach v. Soden „kein Grund zu
der negativen Folgerung, dals die anderen ihm nicht gehören“.
Diese Folgerung lag mir natürlich ebenso fern wie die gegen-
teilige, dals die andern Titus gehören. Darüber lälst sich
einfach nichts Bestimmtes sagen. Übersehen wurde aber von
v. Soden, dafs die Cyrillhomilien zum Anfang des Lk-Ev noch
viel fragmentarischer überliefert sind als zu späteren Teilen.
Z. B. bringt das erste uns erhaltene Cyrillscholion eine Er-
klärung zu Lk 1, 2, das zweite schon eine zu Lk 1, 32 unter
Überspringung von 30 Versen. Auch die syrisch überlieferten
Cyrillfragmente weisen für den Anfang des Evangeliums eine
Lücke auf, so dafs sie hier nicht beigezogen werden können.
Es liefse sich also mit demselben Rechte die mir vorgehaltene
Deduktion umkehren und sagen: Wenn nur 5 Cyrillscholien
in dem als Probe gewählten Abschnitte nachgewiesen werden
können, „so ist kein Grund zu der negativen Folgerung, dals
die andern ihm nicht gehören“. Was v. Soden dem Titus
von Bostra zuschreiben will, könnte ebensogut dem Cyrill
von Alexandrien gehören. Denn inhaltliche Erwägungen,
welche wohl in vielen Fällen eine Scheidung des Alexandriners
vom Antiochener möglich machen würden, blieben auch bei
v. Soden aulser acht. Dieser Weg der probeweisen Kontrolle,
Te 7
ı Das letzte reicht nur bis 30, 2, nicht 32, 2, wie es infolge eines
Druckfehlers bei v. Soden heilst.
2 In den folgenden 20 Kapiteln lassen sich trotz der weit grölseren
Anzahl der uns noch erhaltenen Titusfragmente nur mehr 13 nachweisen.
Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 185
noch dazu an einem Stücke, das sich infolge der lückenhaften
Überlieferung der Quellen besonders schlecht eignet, wird
darum nie zu einem soliden Resultate führen!. Hätte v. Soden
z. B. den Schluls des Kommentares gewählt, so hätte er ge-
funden, dafs von p. 170, 34 an fast alles aus Oyrill stammt,
und wäre wohl zu einem entgegengesetzten Resultat gelangt.
Um daher ein sicheres Ergebnis zu erreichen, bleibt nur
der Weg der gesamten Quellenbetrachtung übrig. Hierbei
möge wieder die von Cramer edierte Lk-Katene zu Grunde
gelegt sein, obwohl der von v. Soden nicht gekannte oder
wenigstens nicht zitierte alte Druck des Kommentares von
Fronto Ducaeus 8. J.? weit besser wäre. Indes ermöglicht
die handlichere Cramersche Katene durch Zeilenangaben ge-
nauere Zitate Auf Grund ihres Textes ergab sich mir nun
folgende Berechnung.
Die Cramersche Katene umfalst 168 Seiten. Rechnen
wir auf jede Seite 33 Zeilen — die Titel sind ja abzuziehen —,
so ergibt sich eine Gesamtsumme von 5544 Zeilen. Hiervon
bildet nun die kleinere Hälfte, nämlich 2666 Zeilen, den Text
unseres Lk-Kommentares; die grölsere Hälfte umfafst die
in diesen Fundus eingeschobenen Katenenscholien. Von diesen
2666 Zeilen lassen sich nun durch Vergleich mit den Oyrill-
fragmenten Angelo Mais 1132 Zeilen als aus diesem Alexan-
driner entlehnt nachweisen; das sind ungefähr 42%. Für
Titus von Bostra hingegen ergibt sich eine weit geringere Ver-
hältniszah. Von den 2666 Zeilen des Lk-Kommentares sind
nur 184 Zeilen als Eigentum des Bostreners zu erweisen, also
nicht ganz 70/0. Der von Cramer p. 416—430 publizierte
Anhang enthält die Varianten, welche der in die Cramersche
Lk-Katene eingearbeitete Text unseres Lk-Kommentares gegen-
über den Hss aufweist, welche ihn in purem Zustand ohne
ı Ein Abschnitt, dem die ersten beiden Kapitel des Lk-Ev ange-
hören, eignet sich überhaupt nie zur Probe, da zu diesen Kapiteln die
Festhomilien ausgiebig beigezogen werden konnten. Die normale Zu-
sammensetzung eines Kommentars erleidet hier immer grolse Ausnahmen.
2 Bibl. vet. patr. t. II graeco-latinus, Par. 1624, 762—836; vgl. Magna
bibl. patr. XIII, Par. 1684, 762—836,
186 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare.
Einfügung von Katenenscholien enthalten. Hierbei sind einige
Mehrungen des Kommentartextes (zusammen etwa 150 Zeilen)
zu konstatieren, welche das obige Verhältnis aber in keiner
Weise verändern können\.
Somit stehen nachweisbar 42°/, Cyrillbenutzung 7),
Titusbenutzung gegenüber. Nun sind beide Homilienwerke nur
fragmentarisch überliefert. Von den Lücken in den Maischen
Cyrillfragmenten am Anfang ist oben schon die Rede gewesen.
Auch später noch, z. B. zwischen Lk 9,22 und 10, 21, finden sich
grölsere Lücken? Der von v. Soden vorgebrachte Hinweis auf
die Kritiklosigkeit der Maischen Sammlung ist allerdings nicht
unberechtigt und wird von einem Forscher, der sich, wie ich,
so viel mit Maischen Ausgaben herumgeschlagen hat, am
allerwenigsten bestritten. Im vorliegenden Falle ist dieser
Hinweis aber deshalb nicht stichhaltig, weil Mai das allerdings
nicht verdiente Glück hatte, die zuverlässige Niketaskatene in
ihrer besten Hs (Vat. 1611) benutzen zu können. Auch kommen
die nicht allzuvielen Cyrillfragmente, welche aus andern Werken
dieses Autors herrühren und deshalb fälschlich von Mai seiner
Sammlung der Lk-Homilienfragmente eingefügt wurden, als
Quellen des hier zu untersuchenden Lk-Kommentares darum
nicht in Betracht, weil diese Partien nicht benutzt wurden. Der
angegebene Oyrillprozentsatz läfst sich also von keinem Gesichts-
punkte aus verringern; im Gegenteil, er ist infolge der fragmen-
tarıschen Überlieferung der Cyrillhomilien sicher nicht unerheb-
lich zu erhöhen. Die Behauptung, dafs mindestens die Hälfte
des Lk-Kommentares aus Cyrill von Alexandrien entlehnt wurde,
kann nach dem Gesagten nicht blofs Anspruch auf hypothetische
Geltung, sondern auf sichere Beweisbarkeit machen.
Umgekehrt hat v. Soden das Bestreben, das Titusgut im
Lk-Kommentare bedeutend zu erhöhen. Zweifellos ist er bis
zu einem gewissen Grade mit diesem Versuche im Recht. Er
mag eine Verdopplung oder Verdreifachung vorschlagen. Sie
1 Aus Titus von Bostra stammen 11 Zeilen.
2 Vgl. J.Sickenberger, Die Lukaskatene des Niketas (Texte und
Untersuchungen. N. F. VII 4), Leipzig 1902, 39 und 9%.
Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 187
kann ihm in Rücksicht auf die noch viel spärlichere Über-
lieferung der Titushomilien konzediert werden. Eine unüber-
schreitbare Grenze aber bleibt ihm durch die Tatsache ge-
steckt, dafs von den zweifellos echten und auch als solche
allgemein anerkannten ca. 175 Titusfragmenten nur an 23 Stellen
eine Benutzung im Lk-Kommentare zu konstatieren war. Das
kann nicht Zufall sein. Wäre Titus in der von v. Soden an-
genommenen systematischen Weise benutzt worden, so mülsten
sich viel mehr Berührungspunkte nachweisen lassen. Dieses
Argument wiegt um so schwerer, als wir tatsächlich noch
einen Lk-Kommentar besitzen — er wird dem Petrus von
Laodicea zugeschrieben —, in dem die von v. Soden hier
vermutete weitgehende Titusbenutzung stattfindet. Für diesen
Kommentar lassen sich *s der uns erhaltenen Titusfragmente
als Quelle nachweisen‘.
Schon das Angegebene wird genügen, um v. Sodens An-
schauung, es habe zuerst eine Titushermenie existiert, in welche
dann in einem zweiten Stadium Cyrillexzerpte eingeflochten
wurden, als völlig unhaltbar darzutun. Eine solche Hermenie
mülste sich doch in ziemlich gleichmälsiger Weise über das
ganze Evangelium hin erstrecken. Nun aber finden sich wieder-
holt längere Partien des Kommentares, bei welchen eine
Titusbenutzung deshalb ausgeschlossen ist, weil sie ganz oder
fast ganz aus Oyrill entnommen sind; z. B. bei Cramer p. 36—39,
80—82, 110—116, 121—124, 127—133, 136—142, 171— 174.
Es handelt sich hierbei nicht etwa um absichtliche Lücken,
welche gemacht wurden, weil der betreffende Ev-Text schon
im zugehörigen Mt-Kommentar erklärt worden war?, sondern
auch um nur bei Lk stehende Stücke. Es mülste also
die unserem Kommentare vorangegangene Titushermenie eine
äulserst sprunghafte gewesen sein, ein Verfahren, das alle
Wahrscheinlichkeit gegen sich hat.
ı Siehe Titus von Bostra 129.
?2 Durch die Notiz npoeypapn eis röv äyıov Mardaiov wurden tat-
sächlich solche Lücken unseres Kommentares motiviert; vgl. Titus von
Bostra 24 f.
188 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare.
Nein, der vorliegende Lk-Kommentar hat im wesentlichen
sicher in der gleichen Gestalt, wie wir ihn heute noch vor
uns haben, ungefähr im 6. Jahrhundert! das Licht der Welt
erblickt, und sein unbekannter Verfasser hatte das Bestreben,
wie er zu Mt und Jo hauptsächlich Chrysostomus exzerpiert
hatte, so zu Lk die grolsen Kommentatoren dieses Evangeliums
zu benutzen. Hier boten sich ihm gleich zwei Homileten dar:
Cyrill von Alexandrien und Titus von Bostra. Beide arbeitete
er zusammen, doch so, dafs der Löwenanteil dem Cyrill zufiel.
Die Hälfte mulste diesem auf dem Wege sichern Beweisver-
fahrens schon zugeschrieben werden. Ihm /; zuzueignen, wird
eine kaum übertriebene Hypothese sein. Die übrigen ?/s werden
an Titus von Bostra und die übrigen Väter (Athanasius, Basi-
lius, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa, Johannes Chryso-
stomus, Isidor von Pelusium und Pseudodionysius) so zu
verteilen sein, dals auf Titus selbst wohl ?/, trifft. Eine vor
diesem Lk-Kommentare liegende Urform ist somit völlig un-
nachweisbar, und die von v. Soden ausgesprochene Hoffnung
(S. 582), durch eine systematische Konfrontierung des Cod.
ms. 30 fol. saec. X der Münchener Universitätsbibliothek
— v. Soden bezeichnet ihn als A® — „jener aus Titus’ Homilien
geschöpften Hermenie, die die Grundlage für die ganze Ent-
wicklung der Kommentarisierung des Lk im Mittelalter bildet,
noch wesentlich näher zu kommen“, jagt einem Phantome
nach? Ich besitze tatsächlich eime Kollation des ganzen
ı Vgl. Titus von Bostra 39 f.
2 Noch mehr gilt das von der weiteren Erwartung: „Vielleicht ist
wenigstens der Ev-Text in A3 noch annähernd der von Titus seinen
Homilien zu Grunde gelegte.“ Dieser Text ist aber selbstverständlich
nicht aus diesen Kommentarhss, sondern aus den Katenentiragmenten zu
gewinnen. Über seine Verschiedenheit von &B hätte v. Soden schon
das Wenige, was ich Titus von Bostra 117 f notieren konnte (vgl. im
Index s. v. Schrifttext des Titus), aufklären können. — Den in diesem
Punkte allerdings etwas schulmeisterlich vorgetragenen Erörterungen
Lietzmanns (Gött. gel. Anz. 1902 Nr 10, 756 f) entnehme ich dank-
barst den wertvollen Nachweis, dals Titus ähnlich zitiert wie Chrysostomus,
wir also „im Tituskommentar einen neuen Zeugen für die antiochenische
Textgestalt haben“. Über die freie Art aber, wie Chrysostomus seinen
“as.
.—
Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 189
Lk-Kommentares dieser Hs mit dem Cramerschen Katenen-
texte, welche den Zweck verfolgte, die Bestandteile dieses
Kommentares mit Sicherheit aus der Katene herauszuschälen
und den vielfach sehr schlechten Text Uramers zu verbessern.
Das Ergebnis war, dafs der Text des Monacensis vom Uramer-
schen genau in derselben Weise abweicht, wie der bei Cramer
(p. 415—430) stehende Anhang durch Vergleich mit zwei
andern Hss dieses Kommentartypus, nämlich Bodl. Misc. 182
saec. XI und Bodl. Laud. 33 saec. XI, angibt. Der Monacensis
stellt, soweit die in ihm enthaltenen Kommentare in Betracht
kommen, nichts anderes dar als eine alte und gute Hs der-
selben, aber kaum wesentlich besser als z. B. der ähnlich aus-
gestattete Laur. VI 5 saec. XI, den v. Soden gar nicht er-
wähnt, obwohl er den Evv-Text enthält!.
Der Codex der Münchener Universitätsbibliothek erfreut
sich aber in v. Sodens Untersuchungen auch bezüglich des
zugehörigen Jo-Kommentares, den wir oben seinem Wesen
nach als Exzerpte aus Chrysostomus kennen gelernt haben,
einer besondern Beurteilung. S. 5702 wird von einer „leisen
Überarbeitung“ der Urform, nämlich der Chrysostomushermenie,
gesprochen. Da sich meine früheren Untersuchungen der Hs
hauptsächlich auf den Lk-Kommentar erstreckten, wäre es
denkbar gewesen, dals ich von einer besondern Form des
Jo-Kommentares infolge zu geringer Stichproben nichts be-
merkt hätte Um sicher zu gehen, kollationierte ich deshalb
den Jo-Kommentar noch an andern Stellen, z. B. Cramer
p. 386, 18—396, 7, konnte aber auch nur konstatieren, was mir
von vornherein wahrscheinlich war, dafs die Hs auch hier
genau in derselben Weise abweicht, wie Cramer es im Anhange
(p. 432—450) angibt. Der Jo-Kommentar ist gleichfalls nicht
in anderer Form geboten als in den übrigen zahlreichen Hss.
Text behandelt, vgl. die neuesten Nachweise Boussets gegen Blass in
Theol. Litztg XX VIII (1903) 138—140 und 161—163.
ı Siehe Karo und Lietzmann, Catenarum graecarum catalogus
(Nachr. der K. Ges. der Wiss. zu Göttingen. Philol.-hist. Klasse, 1902,
Heft 1, 3, 5) 571. 2 Vgl. auch 579.
190 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare.
Bezüglich des zugehörigen Mt-Kommentares lälst v. Soden
S. 565 infolge mangelnder Notizen es unentschieden, ob er
unserer Kommentargruppe angehört oder die ÜUramersche
Mt-Katene repräsentiert. Natürlich ist das erstere der Fall.
Er enthält den oben als Chrysostomusexzerpte bezeichneten
Kommentar — nach Cramer von p. 50, 22 bis 230, 11, selbst-
verständlich mit den Zusätzen des Anhangs.
Der Grund, warum v. Soden dem Codex der Münchener
Universitätsbibliothek eine besondere Stellung einräumen will,
liegt wohl im besondern Werte seines Evv-Textes, der zu Lk
und Jo mit den Bibelcodd &B (bei v. Soden d1 82) verwandt
ist. Das beweise, dafs die Vorlage der Münchener Hs älter
sei als die der übrigen Hss des gleichen Kommentartypus.
Nun aber kann ebensogut der Schreiber des Monacensis
bzw. der seiner Vorlage seinen Evv-Text anderswoher ge-
nommen haben als seine Kommentare. Ja, wenn die Kommen-
tare in seiner Vorlage für sich allein überliefert wurden — bei
diesem Typus kam das häufig vor —, so war der Schreiber
sogar genötigt, sich den Text aus einer andern Vorlage zu
verschaffen. Wie dem aber auch sein mag, die Annahme, dals
der Lk- und Jo-Kommentar im Codex der Münchener Uni-
versitätsbibliothek einen andern Typus, sei es die Urform oder
auch eine frühere Abwandlung derselben, darstellen, ist voll-
ständig unhaltbar. —
Über den Mk-Kommentar 1, der handschriftlich öfters mit
dieser Gruppe zusammen überliefert wird, halte ich Angaben
für verfrüht, solange nicht die Untersuchungen des Engländers
J. Arendzon darüber publiziert sind. Leider lassen dieselben
— sie lagen schon im Jahre 1899 der Münchener theologischen
Fakultät als Inauguraldissertation vor — etwas lange auf sich
warten. Nur so viel ist mir sehr wahrscheinlich, dafs die
eben besprochene Kommentargruppe ursprünglich einen Mk-
Kommentar noch gar nicht enthielt. Sonst wäre es schwer
erklärlich, dafs alte und gute Hss wie der Monacensis nur den
Mk-Text bieten, während andere Kommentar und Text aus-
1 Vgl. Titus von Bostra 128 f.
Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 191
lassen. Dals für den Mk-Kommentar in den Hss häufig ein
Verfasser, nämlich Viktor von Antiochien, genannt ist, beweist
gleichfalls die Sonderstellung dieses Kommentares, der wohl
sicher einen andern Verfasser hat als die besprochenen zu
Mt, Lk und Jo. —
Die meisten, und zwar auch alte und gute Hss dieser
Kommentargruppe enthält wohl die Pariser Nationalbibliothek.
Über dieselben seien auf Grund eigener Einsichtnahme im
August 1901 noch einige Notizen zur Ergänzung meiner früheren
Untersuchungen! angefügt, um so mehr, als v. Soden wegen der
ihm gesteckten Grenzen nicht alle Hss nennen konnte? und das
Omontsche Inventarium einige Ungenauigkeiten und Unrichtig-
keiten hierüber enthält. Zu Mk und Lk gebe ich die hand-
schriftlichen Titel an, wenn sie Verfassernamen nennen, weil
sie hier von einiger Bedeutung sind. Kleinere Varianten, wie
Bixtopog statt Biktwpog, sind stillschweigend korrigiert.
Die Pariser Hss sind sonach folgende:
1. Par. 186 saec. XII (Omont saec. XI, v. Soden A!)
enthält in Form von Randscholien des Evv-Textes f.9 die
Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 94 &pyunveia eig TO xara Mäapkov
&yıov evayyelıov TOO &v Ayloıg KupiäXou ’AkeEavdpewg?, f. 149
Epunveia eis TO ara Aoukädv Ayıov eVayyelıov Atö Pwviis TOÜ
ev Ayioıg Tirou Emioxönou BöcTpwv Kai Er£pwv Aylwv TTATEPWV.
Omont gibt diesen Kommentar fälschlich als Jo-Kommentar an.
2. Par. 188 saec. XI (v. Soden A'?®) enthält gleichfalls
als Randscholien f. 1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 87
epunveia eis TO Kara Mäpkov Ayıov evayyelıov TOD Ev Ayloıg
KupilAou ’Akekavdpewgt, f. 142 Epunveia eig TO Kara Aoukäv
ı Titus von Bostra 17—22.
2 Karo und Lietzmanns neuer Katenenkatalog (s. o. S. 189 A.1)
570 f nennt aus dieser Gruppe nur den Codex der Münchener Universitäts-
bibliothek und Laur. VI saec XII (ich notierte mir XI). Mit demselben
Rechte hätte er natürlich viele der übrigen Hss nennen können; denn
die Lemmata finden sich auch noch in zahlreichen andern.
3 Die Subskription dazu auf f. 147° lautet: ’EnAnpWwOn oüVv Bew N
&punveia Tod xatü Maüpxov Aylov edayyellov Atö Pwviis, Ev TIOIV EÜPOV
KupfiAXou "AAekavbpews, Ev AXkoıs dE Biktwpog TTPEOBUTEpoL.
4 Die Subskription f. 140° lautet wie in Par. 186; vgl. vorige Anmerkung.
192 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare.
Aayıov evarrelıov ano @wvfis TOD Ev ayloıs Tirov Emoxötou
Böotpwv xai Erfpwv rıvov rratepwv, f. 202 die Chrysostomus-
exzerpte zu Jo. Die Hs ist mit der vorgenannten sehr ver-
wandt, wahrscheinlich ihre Vorlage.
3. Par. 201 saec. XI enthält f.6 die Chrysostomusexzerpte
zu Mt, f£.116 diezu Jo, £.191 zu Lk: roüO &v Ayloıg Tirou Emokönou
Böotpwv (Hs BootpWv) xai dAAwv rıvwv &orıv Epunvela, f. 2307
Biktwpog npeoßur£pou ’Avrıioxeiag Epunveia eis TO xara Mäpkov
EUATTEAIOV.
4. Par. 231 saec. XII enthält nach Omont: anonymi
commentarius in Mt, Lc et Jo. Es sind f. 1° die Chrysostomus-
exzerpte zu Mt, f. 100 der Pseudotituskommentar zu Lk, f. 132’
die Chrysostomusexzerpte zu Jo. Am Schlusse ist die Hs
lückenhaft.
5. Par. 701 saec. X, eine schön und grols geschriebene
Hs, enthält f. 4 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 143 die zu
Jo, f. 241 den Pseudotituskommentar zu Lk, welcher in der
Erklärung zu Lk 23, 34 mit den Worten ouyxWpnoov autoig,
deixkvug>! abbricht. Auch zu Beginn fehlen zwei Blätter,
welche die xepdiaıa enthalten haben, und Quaternio y’ ist
nach f. 278 eingebunden.
6. Par. 702 saec. X enthält f. 1 die Chrysostomusexzerpte
zu Mt, £.126 die zu Jo, f. 208 ToO &v Ayloıs Tirov &moxönou
Böotpwv xai dAAwv TıvWv Epunveia eis TO Kara Aoukdv Ayıov
evayrelıov. f. 252—434 stehen: &k Tg xadökou Epunveiag
"Iwavvou TOO Xpucootönou Exkoyai Ev Zmıroun Exkeyeicaı apd
"lwavvov Aauaoknvoü.
7. Par. 703 saec. XII ist am Anfang von späterer Hand
ergänzt und enthält f. 1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt,
f. 1347 die zu Jo, f. 208° toü &v äyioıs narpög huWßv Tirou
emokönov Böotpwv xai Adllwv TIvav Aylwv Tatepwv Epunveia
eis TO xartü Aoukdv äyıov evarrekıov, f. 247 den Mk-Kommen-
tar des Viktor von Antiochien mit der Überschrift: ’Qpıy&vous
tpöAoYog eis Tv Epunveiav TOO Kara Mäpkov Ayliov eVayyekiov,
i Siehe Cramer 167, 31.
Bickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 193
f. 294 tpooimov ’Rpıyevous eis Epunveiav Toü xata Martdaiov
evayreliov. Der Prolog gehört den dem Petrus von Laodicea
zugeschriebenen Evv-Kommentaren an; mit den Worten:
eupnoeis Ta Aoına Ev TA Epunveia Toü Xpucoctöuou schlielst
dieses Proömium ab.
8. Par. 704 saec. X ist am Anfang lückenhaft und ent-
hält f.1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 57 die zu Jo,
f. 140 ToD Ev üyloıs Tirou &moxönouv Böctpwv (Hs BootpWv)
kai AAAwv TıvWwv Epunveia eis TO Kara Aoukdv euayyelıov. Mit
f. 185 beginnt ein anderer Bestandteil der Hs (Maximi capita
varia).
9. Par. 3090 gehört zu den Collectanea Bigotiana. F.21f
wird eine Hs notiert: Post commentarium s. Ioannis Chryso-
stomi in Matthaeum sequitur: Toü &v Ayloıs Tirou &moxönou
Böotpwv Epunveia eig TO Kata Aoukäv Helov evayyelıov, &v
Kai ToÜ &v dyioıs narpögs Iwavvou TOO Xpucootöuou. Es
folgt ein langes Incipit und Explicit dieses Pseudotituskom-
mentares, worauf noch folgende Subskription abgeschrieben
wird: &ypdpn Ta Bein Kai Zwotord Trpokeiueva evayyelıa Nroi
ai Trepi TOUTWV Kal eis auTd Epunveiar Heicı Iwiavvou TTauMdKapog
apxıepews Kwvotavrıvounöilews Kai Xpu0ocTöuou EE Eiuekelag
nev Fewpyiou TOoÜ HeopıkeOTdaTou ApxIep£wg Kai TTPWTETLOKÖTTOU
Eupitnov, dia xeıpög de Zıoıvviou TOU TaTeıVvoü TTPEOBUTEPOU Kai
DdEUTEPOVELOVTOG Kadokıkjg EkkAnolag unvi AnpıAkiw ıE IvdiKTıW-
vos a &rous Zuva. Es war also eine Hs des Jahres 943,
welche Bigot exzerpiert hatte. —
Diese zahlreichen Hss aus einer einzigen Bibliothek sind
ein Beweis für die Beliebtheit und grofse Verbreitung dieser
Gruppe von Evv-Kommentaren. Dafs dieselben in ihrer Zu-
sammensetzung von mir richtig erkannt worden waren, werden
obige Erörterungen zur Genüge dargetan haben, wie auch,
dals der Vorwurf eines „viel zu raschen Schlusses“ nicht
mich trifft.
Biblische Zeitschrift. I. 2. 13
192 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare.
äyıov evayrelıov Armdö QYwviis Toü &v Ayioıs Tirou Emoxötou
B6öotpwv Koi Erkpwv rıvov natepwv, f. 202 die Chrysostomus-
exzerpte zu Jo. Die Hs ist mit der vorgenannten sehr ver-
wandt, wahrscheinlich ihre Vorlage.
3. Par. 201 saec. XI enthält f. 6 die Chrysostomusexzerpte
zu Mt, f.116 diezuJo, £.191 zu Lk: roÖ &v äyloıg Tirov Emoxkörrou
Böotpwv (Hs BootpWv) Kai dAAwv rıvwv &orıv Epunveia, f. 2307
Birtwposg Trpeoßurtepou ’Avrıioxeiag Epunveia eis TO Kara Mäpkov
evaYYekıov.
4. Par. 231 saec. XII enthält nach Omont: anonymi
commentarius in Mt, Lc et Jo. Es sind f. 1? die Chrysostomus-
exzerpte zu Mt, f. 100 der Pseudotituskommentar zu Lk, f. 132”
die Chrysostomusexzerpte zu Jo. Am Schlusse ist die Hs
lückenhaft.
5. Par. 701 saec. X, eine schön und grols geschriebene
Hs, enthält f. 4 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 143 die zu
Jo, f. 241 den Pseudotituskommentar zu Lk, welcher in der
Erklärung zu Lk 23, 34 mit den Worten ouyxWpnoov qauToig,
dexkvoc>1 abbricht. Auch zu Beginn fehlen zwei Blätter,
welche die xepaima enthalten haben, und Quaternio y’ ist
nach f. 278 eingebunden.
6. Par. 702 saec. X enthält f. 1 die Chrysostomusexzerpte
zu Mt, f. 126 die zu Jo, f. 208 toü Ev üyloıs Tirov Emoxkörou
Böotpwv kai AAAwv TıvWv Epunveia eis TO Kata Aoukädv Ayıov
evayverıov. f. 252—434 stehen: &k Tfs xadöAou Epunveias
’Iwdvvov TOO Xpuoootönou ExAoyai Ev Emroun Exkeyeloar rrapd
'Ilwavvov Aapaoknvoü.
7. Par. 703 saec. XII ist am Anfang von späterer Hand
ergänzt und enthält f. 1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt,
f. 134” die zu Jo, f. 208” ToO &v Ayioıs natpög NuWv Tirou
emoxönou Böotpwv xai AAlwy TIvuv Aylwv TTaTEpwv Epunveia
eis TO xata Aoukdv Ayıov evayyelıov, f. 247 den Mk-Kommen-
tar des Viktor von Antiochien mit der Überschrift: ’Npıy&voug
TPOAOYOS Eis Tv Epunveiav TOO Kara Müpkov üylov ebayrekiov,
ı Siehe Cramer 167, 31.
Bickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 193
f. 294 rmpooiniov ’Rpıyevoug eis Epunvelav ToÜ xara Mardaiov
edayyekiov. Der Prolog gehört den dem Petrus von Laodicea
zugeschriebenen Evv-Kommentaren an; mit den Worten:
eüpngeis TA Aoına Ev TA Epunveia Toü Xpuooctönou schlielst
dieses Proömium ab.
8. Par. 704 saec. X ist am Anfang lückenhaft und ent-
hält f.1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 57 die zu Jo,
f. 140° Toü &v ayloıs Tirou &moxönou Böctpwv (Hs BootpWv)
kai dAAwv TIvwv Epunveia eis TO Kata Aoukdv evayyelıov. Mit
f. 185 beginnt ein anderer Bestandteil der Hs (Maximi capita
varia).
9. Par. 3090 gehört zu den Collectanea Bigotiana. F.21f
wird eine Hs notiert: Post commentarium s. Ioannis Chryso-
stomi in Matthaeum sequitur: to &v üyioıs Tirov Emokönou
Böotpwv Epunveia eis TO xara Aoukäv deiov evayyelıov, Ev
Kai TOO &v dAyioıs tatpög "lwavvouv Toü Xpuoootönou. Es
folgt ein langes Incipit und Explicit dieses Pseudotituskom-
mentares, worauf noch folgende Subskription abgeschrieben
wird: &ypapn Ta Bein Kai Zwotord Trpokeiueva evayyelıa Nroi
ai Trepi TOUTWV Kai eis autd Epunveiar Beiaı "lwävvou TTAUMAKAPOG
Apxıepewg Kwvotavrıvounöilewg Kai Xpucootöuou EZ Ermiueleiag
uev Tewpyiov TOoU HeopIÄEeTTATOU ApxXIEPEwg Kai TTPWTETTIOKÖTTOU
Eupinov, dıa xeıpög de Zıoıvviou TOU TaTeıVvoU TIPEOBUTEPOU Kai
dEUTEPOVELOVTOS Kadokıkjs EkkÄnolag unvi ’ArrpıAAiw ıE IVÖIKTIW-
vos a@ Erous Zuvo‘. Es war also eine Hs des Jahres 943,
welche Bigot exzerpiert hatte. —
Diese zahlreichen Hss aus einer einzigen Bibliothek sind
ein Beweis für die Beliebtheit und grolse Verbreitung dieser
Gruppe von Evv-Kommentaren. Dafs dieselben in ihrer Zu-
sammensetzung von mir richtig erkannt worden waren, werden
obige Erörterungen zur Genüge dargetan haben, wie auch,
dals der Vorwurf eines „viel zu raschen Schlusses* nicht
mich trifft.
Biblische Zeitschrift. I. 2. 13
Besprechungen.
Zapletal, Vino., O. Praed., Prof., Freiburg i. Schw., Der Schöpfungs-:
bericht der Genesis (1, 1—2, 3). Mit Berücksichtigung der neuesten Ent-
deckungen und Forschungen erklärt. 80 (IV u. 104) Freiburg (Schweiz)
1902, Universitätsbuchhandlung. M 3.—
Der Herr Verfasser spricht in dem Vorworte die Befürchtung aus,
den Rationalisten beigezählt zu werden, weil er in der Genesis „Quellen“
annimmt, und er bittet, dals man ihn nicht des „verblalsten oder ver-
besserten \Mythismus“ zeihe, weil er eine gewisse Abhängigkeit der Aus-
drucksweise in Gn 1 von dem babylonischen Schöpfungsberichte zugibt.
Diese Furcht dürfte unbegründet sein; ist ja in letzter Zeit die Hofinung
ausgespiochen worden, dals man „seine eigenen Anschauungen mit weniger
Angstlichkeit und Zurückhaltung aussprechen“ werde (Theol. Rev. Nr 16).
K.1(S. 1—5) beweist die Berechtigung, Gn 1,1-2,3 als ein ab-
gerundetes Ganzes zu betrachten. Die beiden Berichte 1,1—2,3 (P)
und 2,öff (‚J) sind „Blöcke, die nicht aus einem und demselben Felsen ge-
hauen worden sind“. Zwischen beiden besteht sowohl inhaltlich als
formell ein grolser Unterschied — 2, 4 ist weder Unterschrift zu K.1 noch
Überschrift zu K. 2, noch beides zugleich, sondern 2, 4a ist späterer Ein-
schub einer „mechanisch nachahmenden Hand“, wozu ein Leser 2,4b an
den Rand schrieb, um das Milsverständnis von Msn im Sinne einer
„Geburt“ der Weit durch Gott zu verhüten.
K. 2 (S. 6-35) erklärt Gn 1,1—2, 3 Wort für Wort. Der Plural
des Verbs in V.26 ist eine Fortsetzung der Yluralform elohim. und aus
letzterer Form kann nicht mehr hebr. Polytheismus geschlossen werden,
seitdem in den Tell-el-Amarna-Briefen so der ägyptische König genannt
wird. V. 26 ist als Reflexion Elohims zu betrachten.
K.3 (S. 36—52) bringt die Hauptsache aus den ägyptischen, phöni-
zischen und babylonischen Kosmogonien. }
K.4 (S. 53-66) enthält eine kurze und klare Übersicht und Wider-
legung der bisherigen Erklärungsversuche des Schöpfungsberichtes. Aus-
führlich wird die sog. Visionstheorie besprochen und bekämpft. Sie hat
keinen Anhalt im Texte und die Anspielungen auf die babylonische
Kosmogonie machen es unmöglich, Gn 1 als Vision Adams aufzufassen.
K. 5 (S. 67—76) bringt die Lösung des Verfassers. Mit der buch-
stäblichen Auffassung sind die Tage in Gn 1 als natürliche zu 24 Stun-
den zu nehmen; im Anschluls an die ideale Erklärung braucht man die
Reihenfolge der Schöpfungswerke nicht als ‘historisch zu betrachten.
Was der Verfasser von Gn]1 lehren will, ist: Gott hat alles allein, ohne
Demiurg, durch sein blolses Wort erschaffen. Ferner will er die
Heiligung des Sabbats einschärfen. Zu diesem Zwecke mulste er die
Ausdrücke seiner Zeit wählen, und er hat dabei „an zwei Reihen von
damals herrschenden Anschauungen angeknüpft: an die naturwissen-
schaftlichen und an die mythologischen“. An die ersteren mulste er an-
knüpfen, um verstanden zu werden, an die letzteren auch deshalb, um
ebendiese zu widerlegen. Die Reihenfolge der Schöpfungswerke brachte
Besprechungen. 195
er in einer bestimmten Ordnung vor, „in einem Schema, das von den
Lesern leicht erfalst wurde und ihnen einen Ersatz bot für die von allen
Seiten eindringenden Schemen der heidnischen Kosmogonien“ (S. 69.) —
Bei der Frage nach dem Einteilungsprinzip, das dem Schema der
Schöpfungswoche zu Grunde liegt, verwirft Z. die Einteilung in opus
distinctionis und opus ornatus und setzt dafür in ausführlicher Darlegung
das opus regionum und exercituum (D833 2,1). Zuerst wird die Schöpfung
der Regionen oder „Kampfplätze“ beschrieben: des Himmels, des Wassers
und der Luft, der Erde, darauf die Erschaffung der für diese Kampfplätze
bestimmten „Heere“: der Sterne, der Fische und Flugtiere, der Land-
tiere und des Menschen. So erklärt es sich, dals die Pflanzen vor der
Sonne erwähnt werden, denn sie gehören zur Ausrüstung der für den
Menschen als Kampfplatz bestimmten Erde. Ahnlich wird die Entstehung
der Fische und Flugtiere, ferner der Landtiere und Menschen auf einen
Tag verlegt wegen der Ähnlichkeit resp. Gleichheit der Kampfplätze.
Deshalb kann aus der angeblichen Überfüllung des dritten und sechsten
Tages nicht geschlossen werden, dals ursprünglich die Schöpfung auf
nchr als sechs Tage verteilt war. Dieses Schema ist nur dem biblischen
Berichte eigen und ein neuer Beweis, dals er keine blolse Entlehnung aus
dem babylonischen Mythus ist.
K. 6 (S. 77—104) behandelt die literarhistorische Seite von Gn1.
Der Inhalt von Gn 1, führt Z. aus, ist sehr alt und kann nicht von P
erfunden sein, denn in älteren Stücken des AT finden sich Anspielungen
und Varianten. Er verweist auf Ex 20, 11; Jr 4, 23; Is 4, 18; Ps
104,6; Am 4,13 u. a. Zu den Varianten rechnet er Ps 104, 5—9; Jb
38, 8-11; Jr 5, 22. — Gegenüber der Behauptung, dals der Bericht in
Gn 1 nicht der älteste sei, sondern dals in Israel früher eine viel poe-
tischere Rezension bekannt war, nach welcher der Schöpfung ein Kampf
Jahwes mit dem Drachen (Urmeer) vorausging, gibt Z. zu, dafs Ps 89, 10#f,
Jb 9, 13; 26, 12ff, Sir 43, 23 und Ps 74, 12 von einem solchen
Kampf die Rede ist. Es werde die schöpferische Kraft Gottes über das
Chaos als ein Kampf mit Tiamat ausgemalt. Das sei nur ein poetisches
Mittel, das aber vom babylonischen Schöpfungsbericht abhänge. Diese
babylonischen, Ideen seien in Israel in der Zeit der ersten Könige ein-
gedrungen. Über die Abfassungszeit von Gn 1 spricht sich der Verf.
nicht deutlich aus, sondern sagt nur, dals nichts zwinge, den Schöpfungs-
bericht „einer späten Zeit“ zuzuschreiben. Da er in Gn 1 eine ÄAn-
knüpfung und Widerlegung der in der ersten Königszeit eingedrungenen
Kosmogonien erblickt, so scheint er die Abfassung in die Zeit des prophe-
tischen Kampfes gegen die fremden Götter zu verlegen.
Dazu einige Bemerkungen! Dem Verf. stimme ich zu, wenn er
Gn 1—2, 3 und 2, 5ff als zwei inhaltlich unterschiedene Schöpfungs-
berichte auffalst, und wenn er in 2, 4 eine Glosse aus zweiter oder dritter
Hand sieht. Allein der Glossator hat die Bemerkung entweder als Unter-
schrift zum Vorausgehenden oder als Überschrift des zweiten Berichtes
gedacht. Ich nehme das erstere an, denn von der Schöpfung des Himmels
ist in 2,5ff nicht die Rede. Ganz unmöglich scheint mir die Gleichung:
Geschichte Himmels und der Erde = Geschichte von dem, was geschalhı,
nachdem Himmel und Erde geschaffen waren (Hoberg). Warum der
Ausdruck „das ist die Geschlechtsgeschichte, d. h. die Aufeinanderfolge“,
der sonst Überschrift ist, nicht auch Unterschrift sein könne, ist unver-
ständlich. Gesetzt den Fall, der Glossator habe durch diese Worte zwei
Berichte voneinander trennen wollen, so mulste er sie naturgemäls an
den Schluls des ersten Berichtes setzen, besonders wenn dieser ein
späterer Einschub ist. Diesen Fall nehme ich an. In 1,2 ist „Erde“
eine Schwierigkeit; denn die Erde entsteht erst am dritten Tage. Z. er-
klärt Erde = Chaos, was mir durch V. 9. 10 ausgeschlossen scheint. Sehr
gut stände der Satz, wenn sich ihm 2,5 anschlösse: die Erde war ohne
13*
196 Besprechungen.
jede Vegetation. Mir will dünken, dals der ursprüngliche Schöpfungs-
ericht, in welchem am Anfange die trockene Erde steht und die Reihen-
folge Adam, Bäume, Tiere, Eva eingehalten ist, mit den Worten 1,2:
die Erde war wüst und leer — begann, worauf 2,5ff folgten. Später
fühlte man das Bedürfnis einer eigentlichen Kosmogonie, die mit: Finster-
nis lag über dem Urmeer 1,2 — eingeleitet wurde. Der oder die Re-
daktoren fügten die anfänglich selbständigen Berichte ineinander. 1,2
ist also zu verstehen: die Erde war wüst und leer, denn noch lag sie
unter dem Chaos begraben. 1,1 ist Einleitung zum ersten Berichte: im
Anfang, da Gott....; 2, 4a ist Schlulsklammer zur Kosmogonie, und 2, 4b
ist Einleitung zum zweiten Bericht, entsprechend 1,1. Die auffällig
starke Betonung, dals Gott alles geschaffen, erklärt sich wohl aus heid-
nischen Gegensätzen. — Sehr treffend ist die ablehnende Kritik der Visions-
theorie. In der Tat, wenn man einmal davon absieht, dals der Schöpfung
wegen ihrer Beziehung zur Woche irgendwie eine reale Siebenzahl zu
Grunde liegen müsse, so ist nicht einzusehen, warum man zu einer Vision
seine Zuflucht nehmen will, statt die Einkleidung einschlielslich der
Siebenzahl dem inspirierten Verfasser zuzuschreiben. — Nicht über-
zeugend erscheint mir die Darlegung hinsichtlich des angenommenen
Schemas, der Unterscheidung in opus regionum et exercituum. Dals die
Erschaffung der Fische und Flugtiere auf einen Tag angesetzt ist, weil
ihre Kampfplätze ähnliche Abgründe seien, der eine nach unten, der
andere nach oben, ist wohl eine zu gekünstelte Annahme. Überdies
sprechen schwerwiegende Gründe dafür, dals die jetzire Verteilung des
Schöpfungswerkes nicht ursprünglich ist, sondern eine Zusammenziehung
stattgefunden hat, damit die Sechszahl der Schöpfungstage nicht über-
schritten werde. — Was das Verhältnis zu den fremden Kosmogonien
angeht, so halte ich es mit 2. für sicher, dals der Verf. von Gn 1 ab-
sichtlich an jene angeknüpft hat. Dals demselben dabei apologetische
und polemische Absichten vorschwebten, ist natürlich. Die in dieser
Absicht hervorgehobenen Momente könnten für die Bestimmung der Ab-
fassungszeit von Bedeutung sein. In dieser Hinsicht ist nun zu kon-
statieren, dals sich in Gn 1 keine gegen den Polytheismus gerichtete
Spitze erkennen lälst, dafs vielmehr der Monotheismus als unbestritten
und vorausgesetzt erscheint!. Daraus dürfte zu schlielsen sein, dafs zur
Zeit der Abfassung der Polytheismus keine Gefahr bildete. Ebendafür
scheint die Schilderung der Gestirne zu sprechen. Ich finde nämlich
nicht, wie Holzhey a.a.O. 40. dals diese in der biblischen Erzählung eine
sehr nebensächliche Rolle spielen, oder dals sie als nüchterne Mechanismen
geschildert werden. Der dreimalige Ausdruck „dals sie herrschen“ er-
mangelt nicht einer gewissen Feierlichkeit. Nach Wellhausen klinst
darin ein letzter Rest mythologischer Anschauungen an. Sicherlich wäre
er vermieden worden, wenn die Gefahr des Götzendienstes bestanden hätte.
Wenn man ferner bedenkt, worauf ebenfalls Holzhey hinweist, dais
in Gn 1 gerade auf die Ruhe des Sabbats das Hauptgewicht gelegt
wird und dals diese Forderung erst durch das Wirken des Esdras und
Nehemias zur praktischen Geltung kam; dals ferner die überaus starke
Betonung, dals alles Geschaffene gut ist, auf dualistische Lehren hinweist,
so wird es doch vielleicht notwendig sein, bei der Frage nach der Ent-
stehungszeit von Gn 1 an eine spätere Periode zu denken. Dabei ist
nicht ausgeschlossen, dals der Inhalt, ja spezifische Ausdrücke viel älter
sind; denn die Auseinandersetzung mit den heidnischen Kosmogonien hat
naturgemäls schon viel früher begonnen. —
er Herr Verfasser hat sich durch sein klar geschriebenes Buch
den Dank aller Bibelfreunde verdient. Möge er uns bald mit ähnlichen,
i Vgl. Holzhey, Schöpfung, Bibel und Inspiration, 1902, 35.
Besprechungen. 197
von demselben Geiste unbeirrter Forscherehrlichkeit getragenen Arbeiten
über die Paradieses- und Sintfluterzählung erfreuen.
Kitzingen. Otto Happel.
1. Peters, Norbert, Dr. theol., Prof. d. Theol. an der b. philos.-theol.
Fakultät zu Paderborn, Der jüngst wiederaufgefundene hebräische Text
des Buches Ecclesiasticus untersucht, herausgeg., übersetzt und mit krit.
Noten versehen. gr. 80 ar 92* u.448) Freib. i. Br. 1902, Herder. M 10.—
2. Knabenbauer, Jos., S. J., Commentarius in Ecclesiasticum cum ap-
pendice: Textus „Ecclesiastici“ Hebraeus descriptus secundum fragmenta
nuper reperta cum notis et versione litterali Latina (Cursus Scripturae S.
in V.T. II 6). gr. 8° (LXXXIII u. 476) Paris 1902, Lethielleux. M 13.—
1. Das erstere Buch ist eine textkritische Vorarbeit des Verfassers zum
Kommentar des Ekklesiastikus, den derselbe im Auftrag der österr. Leo-
Gesellschaft erscheinen lassen wird, und will betrachtet sein als „Versuch
einer kritischen Textesausgabe“ der bisher gefundenen hebräischen Frag-
mente des Buches Ekklesiastikus. Einem ausführlichen Falerabarrzeieh-
nisse (und Inhaltsverzeichnisse) lälst der Verf. die Prolegomena folgen
(S. 1*—92*), welche sehr wertvolle Abhandlungen über biblische Text-
kritik enthalten; denn was der Verf. bezüglich des Ekklesiastikus sagt
gilt mutatis mutandis auch von den übrigen heiligen Büchern des AT,
nur dals diese nicht so lange den Textverderbnissen ausgesetzt waren.
Im 1. Kapitel bespricht P. den hebräischen Text (S. 3*--35*),
und zwar berichtet er zuerst „die Wiederauffindung des hebr. Textes“
(8 1), beschreibt dann genau die verschiedenen hebräischen Handschriften
(8 2), untersucht das Verhältnis der letzteren zueinander ($ 3), berührt
auch kurz die hebräischen und aramäischen Zitate aus Ekkli ($ 4) und
gibt endlich sein Urteil über den Wert des hebräischen Textes (8 5),
dessen Originalität er, trotz der mannigfachen, teils zufälligen, teils auch
absichtlichen Anderungen, mit Recht für gesichert hält. Im 2. Kapitel
behandelt der Verfasser die griechische Übersetzung (8. 35*—58*),
indem er ihre Überlieferung und ihren textkritischen Wert untersucht
($ 6 u. 7). Das Resultat seiner Untersuchung ist: „Gr. ist allerdings ein
wertvoller Zeuge für den Urtext. Bevor man aber eine Variante auf
Grund des Gr. annimmt, muls die Art und Weise seiner Übersetzung
nach allen Seiten hin wohl erwogen werden, ebenso allerdings auch die
verschiedenen Eigentümlichkeiten des in T. erhaltenen hebräischen Textes.“
Ahnlich untersucht er im 3. Kapitel die Überlieferung und den text-
kritischen Wert der syrischen Version ($ 8 u. 9, S. 59*—72*), wobei
er zu dem Resultate gelangt, „dals Syr. als textkritischer Zeuge nicht
ohne weiteres, sondern nur in stetem Hinblick wie auf die Möglichkeit
einer Deteriorierung seines Textes, so vorzüglich auf die Art der Über-
setzung herangezogen werden kann. Trotzdem aber bleibt bestehen, dals
er neben T. (gefundener hebr. Text) und Gr. von grolser Bedeutung ist
und an zahlreichen Stellen allein das Richtige erhalten hat“.
Im 4. Kapitel bespricht der Verf. „die Textkritik“, und zwar zuerst
„im allgemeinen“ (& 10, S. 73*—80*), dann mit „Berücksichtigung des
Sprachcharakters und des Stiles“ ($ 11, S. 81*—86*) sowie „der poetischen
Form“ (8 12, S. 86*—92*), wobei er allgemein gültige Regeln aufstellt.
Den Grundsatz des Verf., die Metrik ganz unberücksichtigt zu lassen,
kann Ref. nicht gutheilsen, obwohl der Verf. gewils logischer handelt
als jene, welche die Hebungen zählen, ohne ein Metrum zu haben. Dals
aber das hebr. Metrum nicht mehr auffindbar sein sollte, ist kaum anzu-
nehmen; und wenn Grimmes und Sievers’ Systeme auch nur Hypothesen
sind, so muls man doch untersuchen, ob nicht die eine derselben alle
Wahrscheinlichkeit für sich hat und welche richtiger ist (vgl. die Rezen-
sion über Sievers’ metrische Studien im Litterar. Gentralblatt 1902, Nr l).
198 Bibliographische Notizen.
Wenn nun Grimme sein System vervollkommnet, so ist dies keine Instanz
gegen dessen Richtigkeit in den wesentlichen Punkten.
Den Hauptteil des Buches bilden die „Kritischen Noten und Unter-
suchungen“ zu den bisher gefundenen Fragmenten des hebr. Sirachtextes
(S. 1—317). Diesen lälst der Verfasser den verbesserten hebr. Text
samt deutscher Übersetzung (am Fulse) folgen, ist sich aber dabei „sehr
wohl der Schwierigkeit der kritischen Bearbeitung eines poetischen Textes
ohne festes Formalprinzip bewulst“. Und in der Tat meint Ref. in
seinem Ekklesiastikus mehrere Verse, z.B. im alphabetischen Gedichte
(51, 13—20) die mit 7, \, t, n beginnenden, mit Hilfe der Metrik richtiger
hergestellt zu haben, während der Verf. gerade in diesem Gedichte den
griechischen Text zu sehr dem hebräischen vorzuziehen scheint. Wenn
der Verf. aber das in letzterem zwischen 5l, 12 und 13 eingeschobene
Gedicht nicht für echt hält, so dürfte er wohl recht haben. Den Schluls
des Buches, für dessen wissenschaftlichen Wert schon der Name des
Verf. bürgt, bilden wertvolle Register. Die Ausstattung ist tadellos,
Druckfehler unbedeutend.
2. Ist Peters’ Buch nur textkritische Bearbeitung des gefundenen hebr.
Textes, so ist Knabenbaucers Werk eine Erklärung des ganzen Ekklesiasti-
kus in lateinischer Sprache. Kn. schickt seinem Kommentar den gefundenen
hebr. Text samt gegenüberstehender lateinischer Übersetzung voraus, aber
ohne dessen Lücken auszufüllen und die Fehler zu verbessern. Nur
wenige textkritische Bemerkungen gibt er (am Fulse) dazu (S. ı-ıxxzun).
In den Prolegomena (S. 1—40) handelt der Verf. ganz kurz vom Autor
und Übersetzer und von der Beschaffenheit des Buches, bespricht dann
in ähnlicher Weise wie Pcters den wiederaufgefundenen hebräischen
Text, ebenso die griechische, syrische und lateinische Version, sowie auch
die andern Hilfsmittel zur Eruierung des vom Autor intendierten Sinnes,
wobei er die einschlägige Literatur zitiert. S. 41—473 erklärt er das
ganze Buch samt Prolog des Übersetzers, indem er den einzelnen Ab-
schnitten des Textes, dessen lateinische und griechische Version er neben-
einander stellt, seinen Kommentar folgen lälst. In diesem war es ihm
hauptsächlich darum zu tun, „die dunkeln Stellen zu erläutern und den
Zusammenhang und Fortschritt der Gedanken zu zeigen“. Häufig zitiert
er dabei die syrische Übersetzung und bemerkt stets die Abweichungen
des gefundenen Urtextes, ohne sich aber in textkritische Erörterungen
einzulassen. Der Stil ist klar, die Ausstattung ist dieselbe wie in den
früher erschienenen Bänden des Cursus Scripturae Sacrae, denen sich
auch dieser Band würdig anreiht.
Heiligenkreuz bei Wien. Prof. Dr. P. Nivard Schlögl.
Bibliographische Notizen
(über das Jahr 1902; diese Jahreszahl ist als selbstverständlich weggelassen.
Vgl. im übrigen die Vorbemerkung S. dl).
Abkürzungen. Aufser den 8. 8if angegebenen kommen in Verwendung: BSt=
Biblische Studien. BzZ = Byzuntinische Zeitschrift. GgA = Göttingische gelehrte An-
zeigen. Ochr = Oriens christianus. PrM = Protestantische Monatsliefte. KThPfh = La
Revue de Th&ologie et de Philosophie. Str =- Studi religiosi. TALzt — Theologische
Literaturzeitung. TAR = Theologische Revue. T7T'U = Texte und Untersuchungen.
C. Das Neue Testament.
a) Ausgaben. Hss. Textkritik. Sprachliches. Über-
setzungen.
Weiss, B., Das Neue Testament. Handausgabe. I. Bd: Die vier Evan-
gelien (X u. 604). 11. Bd: Die paulinischen Briefe und der Hebräerbrief
(2. Aufl., 694). 11I. Bd: Apostelgeschichte, katholische Briefe, Apokalypse
Bibliographische Notizen. 199
(2., neubearb. Aufl. VI u. 534). (8°. Lp., Hinrichs. M 24.—): Der bekannte
Berliner Theologe vereinigt die schon früher bearbeiteten Texte zu einer
dreibändigen, schön gedruckten und gut ausgestatteten Handausgabe. Er
fügt auf den Einzeltiteln die Worte bei: „im berichtigten Text mit kurzer
Erläuterung zum Handgebrauch bei der Schriftlektüre.“ Berichtigungen
erreichte er durch aufmerksame Beobachtung der Fehlerquellen unserer
Hss. Soweit Ref. den Text kontrolliert hat, scheint er ihm durchaus ver-
lässig und auf Grund sorgfältiger Erwägung aufgebaut zu sein. Die kurz
und prägnant gehaltenen Erläuterungen stehen unter dem Texte. Am
Anfange eines jeden Bandes befindet sich eine Einleitung zu den folgenden
Büchern. Danach gab es vor 150 noch kein Tetraevangelium. Unser
1. Evangelium ist eine Bearbeitung der griechischen Mt-Schrift mit Hilfe
des 2. Ev bald nach 70; Mk beruht auf Mitteilungen des Petrus und
stammt aus dem Ende der 60er Jahre; Lk benutzt den Ur-Mt, Mk und
eine palästinensische Quelle, nicht aber Mt zwischen 70 u. 80. Das Jo-Ev
stammt vom Apostel. Röm 16, 1-20 ist ein gesondertes Emptehlungs-
schreiben an die Epheser für die Briefüberbringerin Phöbe. Hebr ist
nach Form und Inhalt unecht. Die Apg des Lukas benutzte in ihrem
1. Drittel für uns freilich nicht mehr deutlich herauszulösende Quellen.
Auch die Apk stammt vom Apostel Jo, wird aber schon ins Jahr 70
datiert; jüdische Apokalypsen sind nicht als Quellen nachweisbar. — Es
ist also im allgemeinen ein konservativer Standpunkt, der sich sowohl in
diesen Einleitungen wie auch in den Erläuterungen ausspricht.
Blafs, F., Evangelium sec. Johannem cum variae lectionis delectu (8°.
LXIV u. 111. Lp., Teubner. M 5.60): Blals’ Ausgaben (voraus ging Apg,
Lk, Mt) bieten den Theologen immer Überraschungen. Übersetzungen,
araphrasierende Väterstellen und ähnliches sind dem Herausgeber Grund-
age genug, um oft einen ganz neuen Text zu konstruieren. So wird
hier z. B. statt texva Beo0 yeveadaı 1, 12 geschrieben: rexv. 8. xAndnivaı,
weil Tert., der aber wahrscheinlich von 1 Jo 3, 1 beeinflulst ist, vocen-
tur schreibt. Der folgende Vers wird auf den Logos bezogen, oi aus-
gelassen und der Sg. eyevvndn geschrieben, wofür sich doch nur eine sehr
schwache Bezeugung aus dem 2. Jahrh. beibringen lälst. Die Stellung des
Subjektes Adyos erst im 2. Teile des Satzes wird so fast unmöglich. V.15
stammt nach B..von späterer Hand. In V.18 macht den Herausgebern
die Wahl zwischen (6) novoyevng vlög od. (6) uov. Beög Schwierigkeit; B.
schreibt einfach uovoyevns. Und solche Radikalkuren finden sich noch
sehr oft, z.B. Jo 2,4 ti &uoi % ooı, ylvar etc. Sehr dankenswert sind hin-
gegen die zahlreichen eingestreuten sprachlichen Beobachtungen. Vgl.
Bousset, ThLtz XX VIII 161--165.
Schmiedel, P. W., Nestle's griechisches NT u. die letzten Tage des textus
receptus (PrM VI 227—241): Im Hinblick auf die Tatsache, dafs ab 1904,
dem 100jährigen Jubiläum des Bestehens der britischen Bibelgesellschaft,
dieselbe das NT nicht mehr nach dem textus receptus herausgeben,
sondern Nestles Text adoptieren wird, den seit 1898 schon die württem-
bergische Bibelgesellschaft akzeptiert hat, bringt S. eine grolse Reihe von
sehr beachtenswerten Desiderien für die bevorstehende Neuausgabe vor.
Röhm, Novum Testamentum graece et latine (Th.-pr. Mon.-Schr. XII
268—270): Vergleicht bezügl. Mt 8, 1—10 die Ausgabe von Brandscheid
mit denen von Lachmann, Tischendorf (ed. VIIT), Westcott-Hort, Gebhardt,
Nestle und dem textus receptus und rät „strebsamen Theologen“, sowohl
die Ausgabe von Nestle als die von Brandscheid sich anzuschaffen.
Gregory, C. R., Textkritik des Neuen Testamentes. Il. Bd: Die Über-
setzungen, die Schriftsteller, Geschichte der Kritik (8%. X u. 479-993.
Lp., Hinrichs. M 12.—): Was nun nach Erscheinen des II. Bds insgesamt
vorliegt, stellt im wesentlichen eine zweite, um den Abschnitt über die Ge-
schichte derKritik vermehrte Auflage der 1894 von Gregory herausgegebenen
Prolegomena zu Tischendorfs editio VIII critica major (gezählt als Bd IIl
200 Bibliographische Notizen.
derselben) dar. Der strengere Maflsstab, den man mit Recht an zweite
Auflagen legt — auch wenn es sich um noch so dankenswerte Sammel-
werke handelt —, bringt es mit sich, dals man nicht mit ungeteilter Be-
friedigung über das Werk urteilen kann (vgl. Bousset, ThLtz XXVIII
134—137). Zweifellos hat der Verf. sein Wissensgebiet seit dem Erscheinen
der Prolegomena nicht mehr mit der genügenden Aufmerksamkeit ver-
folgt. Wir Katholiken erfahren überhaupt schon eine untergeordnete Be-
rücksichtigung; schlielsen wir uns ja nach des Verf. Urteil (S. 990) „den
unkritischen Schriftstellern unter den Protestanten an“. Eines der ärgsten
Beispiele von Ignorierung katholischer Werke befindet sich übrigens schon
im I. Bd 8.47f. Man mag über die Blalssche Hypothese bezüglich der
Varianten des Cod. D und seiner Trabanten denken, wie man will, der be-
deutendste Vertreter derselben nach dem Urheber ist zweifellos Joh. Belser,
der i. J. 1897 eine eigene 169 S. starke Schrift: Beiträge zur Erklärung
der Apg auf Grund der Lesarten des Cod. D, herausgab. A. a. 0. führt
Gregory eine Unzahl von Literatur, z. T. nur Rezensionen über die Blafssche
Hypothese, an; Belser fehlt: Catholica sunt, ergo non leguntur!
Soden, H. Fr. v., Die Schriften des NT in ihrer ältesten erreichbaren
Textgestalt hergestellt auf Grund ihrer Textgeschichte. BdI (gr. 8°. XVI
u. 704. B., Duncker. Subskriptionspreis des ganzen Werkes M 50.—): Ein
zweilellos epochemachendes Werk, das unser jetziges textkritisches Ver-
fahren aut eine neue, weit vollständigere und darum solidere Basis stellen
wird. Die Liste der 2328 Hss ist nach einem neuen System der Bezeich-
nung angelegt, das den Vorteil bietet, dals auch Umtang und Alter der
Hs zum Ausdruck kommt. Weiterhin werden die in den Hess vielfach
vorkommenden Beigaben zum Text (Proömien usw.) ediert und über Text-
einteilungen gehandelt. An dem Beispiele der Perikope über die norxakig
wird eine Gruppierung der Hoss festgestellt. Eine Geschichte der ntl
Kommentare und Katenen, soweit sie handschriftlich mit dem Texte ver-
bunden überliefert werden, beschlielst den I. Band. Meinen Widerspruch
gegen einzelne Aufstellungen dieses Abschnittes habe ich z. T. schon
oben (S. 182—193) begründet, z. T. werde ich es an anderer Stelle tun.
Lake, K., Cod. 1 of the Gospels and its allies (8%. LXXVI u. 201. Cam-
bridge, Univ.-Press. 78 6d): Ein wertvoller Beitrag zur Erforschung der
ntl Minuskelhss! Der Verf. untersucht die Codd. Ev. 1 (Basel), 118 (Ox-
ford), 131 (Rom) u. 209 (Venedig) auf ihre Verwandtschaft, rekonstruiert
den Archetypus und ediert die 4 Evv nach diesem Texte.
Lake, K., The Text of the Gospels in Alexandria (AmJTh VI 79—89):
Der älteste Text, der des Klemens v. Alex., hat „westliche Bestandteile“,
aber nicht die der altlateinischen und altsyrischen Übersetzung. Das
2. Stadium ist die „neutrale“ Rezension (xB, Organen) wenn auch Spuren
des früheren geblieben sind. Der eigentlich alexandrinische Text (Cyrill
v. Alex.) kommt neben andern an dem Beispiel von Mk 9,43 zu Ver-
gleichung mit dem alten.
Gifford, S. K., Pauli epistolas qua forma legerit Johannes Chrysostomus
(Dissertationes philologicae Halenses XVI Pars 1. 8% 88. Halle, Nie-
meyer. M 2.40).
Lake, K., Texts from Mount Athos (Studia Bibl. et Eccl. V 2. 91—185):
Macht Mitteilungen über die Codd. Y, 172, 1071, einige Kapitel der Acta
Pilati und ein Fragment der Acta Thomae.
Burkitt, F. C., The Date of Codex Bezae (JthSt III 501-513): Die gleich-
zeitigen lateinischen Korrekturen, welche auf einen Bischof als Schreiber
schlielsen lassen, der noch einige Notizen anbringt, bevor er das As der .
Benutzung übergibt, verlangen eine Datierung ins 5. Jahrh.
Preuschen, E., Die neue Pariser Evangelienhandschrift (Zut\W III 253—
2561: Par. suppl. gr. 1286 saec. VI, publiziert von H. Omont, P. 1900
(enthält nur Mt-Fragmente), hat lediglich wegen seiner Miniaturen Wert.
Ihr Text ist mit dem Rossanensis und Petropolitanus sehr verwandt.
Bibliographische Notizen. 201
Delisle, L., Les &vangiles de l’abbaye de Prüm (Journ. d. Savants 1902,
461—476): Beschreibt eine von Kaiser Lothar i. J. 852 der Abtei Prüm
geschenkte lat. Evv-Hs, ehemals zur Bibliothek des Jos. v. Görres gehörig.
Blals, F., Grammatik des nt! Griechisch. 2., verb. und verm. Aufl. (8°.
XII u. 348. Gött., Vandenhoeck & Ruprecht. M 6.—): Die Anerkennung,
welche dem Verf. auf dem Gebiete der ntl Textkritik vielfach versagt
werden muls, gebührt ihm vollständig auf dem Gebiete der rein sprach-
lichen Beurteilung des NT. Seine Grammatik stellt ein äulserst brauch-
bares Hilfsmittel der Exegese dar. Die 2. Aufl. hat zahlreiche Ver-
besserungen und Erweiterungen erfahren. An kleineren Unrichtigkeiten,
die mir bei probeweiser Kontrolle aufgefallen sind, notiere ich solche aus
Apg 1—4: &\awwvog 1, 12 würde ich nicht in &AcaıWv zu „korrigieren“ ($. 88)
wagen, da alle Hss dagegen sind. le Bezeugung ». z. B. in der Vita
Petri et Pancratii ed. Usener: ZntW III 357.) Ebenso halte ich ’loudalav
2,9 nicht für korrupt (S. 155); der Artikel kann doch aus dem unmittelbar
vorausgehenden triv Meoonotauiav ergänzt werden. Ev rw 3,26 ist nicht
— dadurch dals (S. 242), sondern = indem dals (vgl. 4, 30. Die Gleichung
YAwooaıg Aakelv — Erepaıs yAWoocaıg Aakelv unterliegt auch grolsen Be-
denken. Der Index ist nicht fehlerfrei.
Cremer, H., Biblisch-theologisches Wörterbuch der ntl Gräcität. 9., verm.
und verb. Auflage (8%. XX u. 1120. Gotha. Perthes. M 24.—): Schon die
grolse Anzahl der Auflagen beweist die Brauchbarkeit des Buches. Es
bietet nicht blols lexikographische Zusammenstellungen, sondern auch
genaue Erörterungen der einzelnen Begriffe, wobei die LXX, die atl
Apokryphen, Philo, Josephus u. a. zum Vergleiche beigezogen werden.
Bezüglich der Papyri und Inschriften, welche nach Deilsmanns genialen
Forschungen die Schranken zwischen ntl und profaner Gräzität völlig
aufzuheben scheinen, ist der Verf. noch skeptisch. Er hält an dem Ünter-
chied beider Sprachformen als einem literargeschichtlichen fest und ver-
tritt, wenn auch modifiziert, Schleiermachers Anschauung von der „sprach-
bildenden Kraft des Christentums“.
Thumb, A., Die sprachgeschichtliche Stellung des Biblischen Griechisch
(Theol. Rundsch. V 85—99): Dieser bei der 46. Versammlung deutscher
Philologen und Schulmänner gehaltene Vortrag stellt die Sprache des NT
als „die zum ersten Male in die Literatur erhobene Volkssprache des
Hellenismus dar“ und verwahrt sich gegen die Annahme einer grolsen
Ausdehnung von Hebraismen.
Allen, W. C., The Aramiaic Element in St. Mark (ExpT X1II 328—330):
Behandelt Semitismen, d. h. Mischungen aus Hebraismen und Aramaismen,
und eigentliche Aramaismen getrennt. Der Verf. ist ein Anhänger der
modernen Nlk-Hypotlese.
Scomp, H. A., The Case absolute in the NT II (Bs LIX 325—340): Eine
Zusammenstellung und Besprechung der Genetivi absoluti in den ntl
Schriften von Nik bis 2 Petr.
Blals, F., Die rhytimische Komposition des Hebräerbriefes (StKr LAXV
420—461): Der prosaische Rhythmus des Hebräerbriefes besteht in der
rhythmischen (= Folge von Längen und Kürzen) Angleichung der Aus-
gänge von Sätzen und Satzgliedern aneinander, daneben auch in der
rhythmischen Angleichung der Anfänge, besonders an den jeweilig an-
stolsenden Schluls. Hiate werden dabei zugelassen. Zum Beweise wird
an den Probestellen die Abteilunz des Textes nach Stichen (= Sinnzeilen;
so 7,18—8,5; 9, 1—7; 11, 1—6; 12, 18—29) zu Grunde gelegt. Eine Gegen-
probe wird bezüglich des klassisch geschriebenen Lukasprologes gemacht.
Merx, A., Die vier kanonischen Evangelien nach ihrem ältesten bekannten
Text. Übersetzung und Erläuterung der syrischen im Sinaikloster ge-
fundenen Palimpsesths. 2. TI, 1. Hälfte: Das Evangelium Mt nach der
syrischen im Sinaikloster getundenen Palimpsesths erläutert (8%. XXIII
u. 438. B., Reimer. M 12.—): M. nimmt seine Anschauung über Ent-
202 Bibliographische Notizen.
stehung der Evv S.vuf vorweg. Ziel seiner Arbeit ist, dem ältesten Texte
nachzuforschen. Er findet ihn im Sinaisyrer, der mit der altlat. Über-
setzung den ext des 2. Jahrh. feststellen lälst. Dieser Text liegt vor
der Bildung der griechischen Textfamilien. Pesittho bietet den Text über-
arbeitet nach dem damaligen griechischen Text. Der Curetonsyrer steht
bei Seite, der Zeit nach zwischen beiden. Das Diatessaron ist nicht ein-
gehender berücksichtigt. Eine ausführliche Textbehandlung zu Mt soll diese
Annahmen rechtfertigen. Ein II. Bd soll die drei übrigen Evv kürzer
behandeln. G.
Bonus, A., „Our Lord“ in the Lewis Palimpsest (ExpT XIII 236—238). —
Vgl. dazu noch: Harris, J. R. (ExpT XIII 283f); Bonus, A. (ExpT XIII
334f); Harris, J. R. (ExpT XIII 382): Es handelt sich um die Erklärung
der auffälligen Erscheinung, dafs Mt 8, 3—11, 7 und Jo 1, 36—6, 5 obige
Bezeichnung fast ausschlielslich gebraucht wird, statt „Jesus“. G.
Burkitt, F. C., Note on the Evangeliarium Hierosolymitanum Vaticanum
and the Origin of the Palestinian Syriac Literature (Actes du X Ile Congres
internat. des Orient. III 1, 119—126): Die Unterschrift des vatikanischen
Lektionars nennt als Entstehungsort Antiochien im Distrikt von Dqüs
(„yPoJ\).d.i. der Teil von Antiochien, der im Gegensatze zum mohammeda-
nischen Teil unter einem griechischen „Dux“ stand (nicht Be — Jeru-
salem). Entstehungszeit: nicht vor Justinian. G.
Kmosko, M., Analecta Syriaca e codicibus Musei Britannici excerpta
(Ochr 11 33—57): Nach Klarlegung der Frage, ob die syrischen Väter
Tatians Diatessaron zitiert haben, untersucht K. den noch unedierten
Traktat Demonstratio probans Mariam Dei genitricem esse (Cod. Add.
17195 f. 65v—67r) nach den evangelischen Zitaten und glaubt als Re-
sultat zu finden eine Abhängigkeit von Tatian in einer späteren Redaktion,
aber früher als der arabische Text von Ciasca. Der Text des Stückes mit
lateinischer Übersetzung wird abgedruckt. G.
Gwilliam, G. H., The Age of the Bodleian Syriac Codex Dawkins 3 (JthSt
Ill 452f): Evv-Hs, nach P. Smith, Catal. „saeculi noni, valde vetustus‘;
gehört dem 6. Jahrh. an. G.
Gilmore, J. E., Manuscript Portions of three Coptic Lectionaries (PSbA
XXIV 186—191): Bohairisch; vom 16. Jahrh. mit Lesungen aus NT, die
genau verzeichnet werden. G.
Jacoby, A., Zum Strafsburger Evangelienfragment (Sphinx VI 132—142):
Nachträge u. Korrekturen zu IV 180#f. Das kopt. apokryphe Ev scheint
ihm das Original zu sein für das Fragment Mus. Borgiano Nr CXIll (bei
Zoega), veröflentl. von Guidi, Rendic. dei Lincei 1887 II 381 ff. G.
Wölfflin, Ed., Göttweiger Italafragmente (Arch. f. lat. Lexikogr. und Gr.
X11 130—132): Mitteilungen über 2 der Benediktinerabtei Göttweig in
Niederösterreich gehörende Pergamentblätter mit Unzialschrift des 7.Jahrh.,
enthaltend Stücke einer lateinischen Übersetzung des Röm und Gal. Die
Übersetzung dürfte aus einem an einzelnen Stellen nach der Vulgata ab-
korrigierten Italacodex geflossen sein und lehrt in lexikalischer Hinsicht,
dals „die Schriftsprache gegen die mit con zusammengesetzten Verba etwas
zurückhaltend war, wie wir umgekehrt wissen, dals die Volkssprache einen
Überschuls besals“, ’. W.
Vigouroux, F., Une ancienne traduction latine de la Bible: Le Codex
Lugdunensis (Rev. des quest. hist. 1902. 583—595).
Berger, $., Les prö/aces jointes aux livreg de la Bible dans les mss de
la Vulgate. Memoire posthume (Extrait des Memoires presentes par
divers savants A l’Academie des inscriptions et belles-lettres. Ire serie,
t. XI, IIe partie. 40. 78. P., Klincksieck. Fr 3.20).
5 Bonaccorsi, 6., La Vulgata al Concilio di Trento (fine) (Scuola catt. IV
00-224).
II santo Vangelo di N. S. Gesü Cristo e gli Atti degli Apostoli (16°.
XVI u. 504. Koma, Societä di 8. Girolamo. L —.20; geb. —.40): Um
Bibliographische Notizen. 203
diesen äulserst billigen Preis eine treffliche Übersetzung der 5 historischen
Bücher des NT von Prof. Gius. Clementi und ein kurzer Kommentar in
Anmerkungen von P. G. Genocchi. Praktische Indices und synoptische
Zusammenstellungen schlielsen das Werkchen.
Bahlmann, A., O. S. Fr, O Santo Evangelho de Jesus Christo segundo
S. Marcus, traducido em portuguez segundo a Vulgata latina com anno-
tacoes extrahidas dos S. S. Padres e de 'Theologos eminentes antigos e
modernos (Bahia, Säo Francesco): Soll als kathol. Übersetzung der metho-
distischen entgegengestellt werden.
b) Ntl Theologie und Zeitgeschichte. Urchristentum.,
Archäologie. Geographie.
Hackspill, L., Etude sur le milieu religieux et intellectuel contemporain
du NT (Rb XI 58—73): Fortsetzung früherer Erörterungen. $ 3. La
parole (de Dieu): Der Memrabegrifti der Targumim ist ein Mittelding
zwischen göttlicher Eigenschaft und Hypostase, hauptsächlich abhängig
von der atl Weisheitslehre, aber auch beeinflulst von der alexandrinischen
Logoslehre. & 4. Le Saint-Esprit. Der Name Heiliger Geist kommt erst in
der nachatl Literatur auf, bedeutet aber auch keine eigentliche Person.
Hackspill, L., L’angelologie juive a l’Epoque n£otestamentaire. 1]. L’angelo-
logie au sens 6&troit du mot (Rb x 527—550): Bezeichnung, Natur,
Unterschiede, Zahl, Namen, Erscheinungsform aba zu deuten),
Ort, Aufgaben (Schutzengel) der eigentlichen (guten) Engel mit den Be-
legen aus der Literatur. G.
Stapfer, E. Les origines de l’Essenisme (RThPh XXXV 385—398):
Schürer leitet (in wenig tiefgehender Erörterung) den E. von der pytha-
ee Friedländer von der hellenistisch-jüdischen Philosophie ab.
es letzteren Gründe sind nicht entscheidend; also ist nicht erwiesen,
dals Lucius’ Ableitung vom Pharisäismus unmöglich sei. ;
Moulton, J. H., „It is his angel“ (JthSt III 514—527): Behandlung der
Bedeutung des Wortes Engel in der Bibel und religionsvergleichende
Studie darüber.
Alexander, W. M., Demoniac Possession in NT: its Relations Historical,
Medical and Theological (8%. 304. L., Clark. 5s).
Clair, G. St., Tartaros not Hades (Exp VI 70—72\: „Hades ist die
Unterwelt, aber Tartarus ist der untere Himmel.“
Sanday, W., Miracles and the Supernatural Character of the Gospels
(ExpT XIV 62—66): Macht die Verschiedenheit des Zeitgeistes zur Veit
Christi vom modernen für die Beurteilung der ntl Wunder geltend.
Haupt, E., Der religiöse Wert des Parusiegedankens im apost. Zeitalter
Deutsch-ev. Blätter XX VII 760—779): Betont die Realität des Kommens
hristi nach Jo und Apk, die nur aus einem Punkte eine Linie mache.
Dieses Kommen, von uns nur im Spiegelbilde geschaut, tritt bald ein
und verläuft in einer Entwicklung.
Weizsäcker, C., Das apostolische Zeitalter der christl. Kirche. 3. Aufl.
(8°. VIII u. 700. Tüb., Mohr. M 16.—.
Heinrici, C. F. &., Das Urchristentum (8%. VIII u. 143. Gött., Vanden-
hoeck. M 2.40): Das Buch bietet deshalb besonderes Interesse, weil darin
ein gemälsigter moderner Kritiker seine Anschauungen über Jesu Lebens-
werk niederlegt. Von Harnacks „Wesen des Christentums“ scheidet sich
der Verf. prinzipiell, ohne es aber direkt auszusprechen. Der katholische
Exeget wird freilich oft genug die Empfindung baben, dals der Verf.
auf halbem Wege stehen blieb. An Stelle der wahren Gottheit Christi
tritt die „Gottesgewilsheit* und ein grolsartig ausgebildetes „Beruts-
bewulstsein“. In rein historischen Fragen, namentlich in der Darstellung
von Entwicklungen. orientiert das populär geschriebene Buch vorzüglich.
Bradshaw, J. W., The Gospel of J. Chr. in the First Century (Bs LIX
744—763): Behandelt 1. The Constituent Elements of the Gospel, 2. Its
204 Bibliographische Notizen.
Essential Truths, 3. The Motives to which the Apostles appealed, 4. The
Secret of the Gospels Rapid Spread.
Dobschütz, E. v., Die urchristl. Gemeinden. Sittengeschichtl. Bilder (8°.
XIV u. 300. Lp., Hinrichs. M 6.—): Eine im protestantischen Geiste
geschriebene Sittengeschichte des Christentums vom Jahre 30—130. Doch
ıst der Standpunkt nicht aufdringlich und kommt auch, da nicht die
Lehrentwicklung, sondern das praktische Leben geschildert wird, weniger
zur Geltung. Das Buch enthält eine grolse Anzahl feiner Beobachtungen.
Auch die Methode, welche der lokalen Entwicklung und führenden Per-
sönlichkeiten, wie auch Einfiüssen der Gnosis durchaus Rechnung trägt,
verdient vollste Anerkennung. Leider sieht aber der Verf. in Gemälsheit
seiner Voraussetzungen viel zu viel Entwicklung. Wenn man nur einmal
den Grundsatz aufgeben wollte, fast jede zum ersten Male erwähnte Tat-
sache als eine neue Einführung zu betrachten! Welch grolse Weiter-
entwicklung liest nach dieser Methode der Verf. aus 1 Ulem heraus! Dafs
auch er die katholische theologische Literatur, z. B. J. Rohr, Paulus und
die Gemeinde von Korinth, Freib. 1899, so gründlich ignoriert, war von
ihm nicht von vornherein zu erwarten.
Capesius, 3., u. Schullerus, A., Jerusalem und Korinth. Zwei Vorträge
über das apost. Zeitalter (8°. IlI u. 66. Hermannstadt, Krafft. M —.50):
Der erste Vortrag (von ©.) behandelt die christl. Urgemeinde in Jerusalem.
Das Pfingstwunder wird hauptsächlich auf seelische Erregung zurück-
geführt. Das religiöse Erlebnis ist der treibende Faktor. Die Brot-
brechung bedeutet jegliche Speise, die man eben genols. Das Lebensbild
Jesu ist in den „Herrenworten‘‘ bereits verändert wiedergegeben. —
Der zweite Vortrag (von Sch.) führt den Titel: „Ein Abend im Hause
des Titius ‚Justus in Korinth“, und lälst hier in phantasievoller, fast dra-
matischer Darstellung die Ereignisse sich abspielen (Parteistreit, charis-
matische Begabung, Speiseverbot, Inzestfall usw.), welche die Voraus-
setzung für den zum Schlusse zur Verlesung gelangenden 1 Kor bilden.
Ein letzter Abschnitt schildert „die Entwicklung zur kath. Kirche hin“.
Beide Vorträge sind sonach Popularisierungen der modernen Kritik.
Andersen, A., Das Abendmahl in den zwei ersten Jahrhunderten n. Chr.
(ZntW I1I 115-141 206—221): In 1 Kor 11, 24 bedeutet oWua soviel
wie exkAnoia; aina ist der kurze Ausdruck für n xaıvnı dıadnkn Ev TW
euw ainuarı; ähnlich 10, 16. To Utep vuWwv ist unecht. Toürto toieite ist
Betehl Pauli = Üpfert das Brot im genannten Sinne, d.h. esset es. Nach
diesem paulinischen Berichte sind die synoptischen interpoliert(!. Auch
die eucharistischen Gebete der Didache sind nicht auf den Genuls des
Leibes Christi zu deuten. Zu des Ignatius Zeit feiert der Bischof in den
Agapen die Realität der Menschwerdung Christi, Justinus vollzieht die
Parallele mit dem Paschalamm.
Horst, F. J. A., und Murray, J. 0. F., Eüyapıoria — evyagıoreiv (IthSt III
393—598): Wertvolle Zusammenstellung der hauptsächlich der altchristl.
Literatur angehörigen Stellen, an denen das Wort vorkommt.
Bruckner, A., Die Irrlehren im NT (Sammlung gemeinverständl. Vor-
träge und Schriften aus dem Gebiete der Theologie u. Religionsgeschichte
26). (80%. 40. Tübingen, Mohr. M —.75): Gibt einen Überblick über 1. die
judaistische Bewegung (2 Kor, Gal), wobei die von Kol (Eph) bekämpften
Anschauungen eine Abart bilden, und ihren Gegensatz, den sittlich un-
gebundenen „Ultrapaulinismus“ (Apk 2, 3), 2. die falschen Parusieerwar-
tungen der Thessalonicher (1 u. 2 Thess) und die damit zusammenhängende
Vorstufe der Gnosis (Pastoralbriefe) und den Libertinismus (Jud, 2 Petr),
3. den Doketismus (1 Jo). — Die an zweiter Stelle versuchte Zusammen-
fassung unter dem Begriffe der Gegnerschaft gegen die Parusie scheint
mir am wenigsten glücklich zu sein.
Harnack, A., Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den
ersten drei Jahrh. (8%. XII u. 561. Lp., Hinrichs. M 9—): Das neue
m — m
re
Bibliographische Notizen. 205
Werk des gelehrten Berliner Kirchenhistorikers sei auch hier notiert,
weil ja die Wurzeln und Anfänge der Missionierung der apostolischen
Zeit angehören. Speziell sei hingewiesen auf das 4. Kap. der Einleitung:
Jesus Christus und die Weltmission nach den Evv (Jesus hat den Befehl
dazu nicht erteilt; wohl aber hat sein Geist die Jünger dazu geführt),
und auf das 5. Kap.: Der Ubergang von der Juden- zur Heidenmission
(„Paulus ist nicht der erste Heidenmissionar gewesen“). H.s geistvolle
und ins Grolse gehende Auffassungsweise offenbart sich auch in diesem
Buche, zugleich aber wieder seine Art, aus feinen Detailbeobachtungen, die
fast immer ein Körnchen von Wahrheit enthalten, allgemeine program-
matische Grundsätze zu konstruieren, nach denen sich dann die Entwick-
lung vollzogen haben muis. In dieser Hinsicht werden ihm viele in der
„Stärke und Vielheit der Nachempfindung“ nicht folgen können.
Zscharnack, L., Der Dienst der Frau in den ersten Jahrh. der christl.
Kirche (8%. 192. Gött., Vandenhoeck. M 4.80): Behandelt auch vielfach
ntl Zeugnisse, z. B. das der Pastoralbriefe über die Witwen, weiterhin
die Diakonissen usw.
Vincent, F. H., La deuxieme enceinte de Jerusalem (Rb XI 31—57):
Der Verf. gibt auf Grund eingehender Untersuchungen erhaltener Reste
mit Zuhilfenahme von Plänen eine Schilderung des Verlaufes der zweiten
Mauer und handelt hauptsächlich über das Tor Gennath und das hl. Grab.
Barnabe, d’Alsace, OÖ. F. M., Le pretoire de Pilate et la forteresse
Antonia, av. 82 illustr. (8°. XXIII u. 251. P., Picard. Fr 4.—): Das Prä-
torium liegt in der Burg Antonia. B. ist ein eifriger, aber wohl viel zu
weitgehender Verfechter der Traditionen. Heiligtümern, wie der Kirche
der hl. Veronika usf., werden grolse Bedeutung zugeschrieben. Vorge-
nannte Aufstellungen Vincents werden 61 fl scharf bekämpft.
Wilson, C. W., Golgotha and the Holy Sepulchre (PEF XXXIV 6677
142—155 282—297 376—384): Leitet den Namen Schädelstätte von dem
legendarischen Begrabensein Adams ab, gibt eine sehr klare Übersicht über
die Topographie Jerusalems z.Z. Christi und über seine folgenden Schicksale.
Hill, G., The Site of Golgotha and the Holy Sepulchre (PEFAÄXXIV 93):
Ist gegen die Annahme, dals die Grabkirche den richtigen Piatz bezeichne.
Büchler, A., Das Synedrium in Jerusalem und das grofse Beth-din in der
Quaderkammer des jerusalemischen Tempels (8°. VIl u.252. Wien, Hölder.
M 5.—): Das grolse Betlı-din, das sich in der Quaderkammer des Bene
versammelte, ist nach B. nicht identisch mit dem Synedrium. i
Krauls, S., Zur Topographie von Cäsarea (JqR X1V 745—751): Zu
JyR XIII 684. Die Thosephtha-Stelle (Oholoth XVIII 13), topographische
Angaben über Cäsarea, wırd emendiert und erklärt. G.
Feis, L. de, Le monete del,prezzo di Giuda. Ricerche di numismatica
biblica (Str II 412—430 506—521): Berichtet über die unechten Judas-
münzen, welche da und dort gezeigt werden, hält die 30 Silberlinge für
römische Denare und bespricht noch weitere im A und NT erwähnte
Münzen: Schekel, Drachme, Mine, Stater u. a.
c) Kanon des NT. Geschichte der nt] Exegese.
Mommsen, Th., Papianisches (ZnutW III 156—159): Tritt für die Athetese
von oi To xupiou naßnrat in dem bekannten Zeugnis über den Presbyter
Johannes (Eus. h. e. 3, 39) ein.
Harnack, A., Pseudopapianisches (ZntW III 159—166): Gegen Zahn wird
behauptet, dals Eus. h. e. 2, 15 ım letzten Teile (handelt von Mk u.
1 Petr) seine eigene Ansicht und nicht die des Papias wiedergebe. Dals
aber das Mk-Ev in Rom entstauden, wo Nk E der xoAoßoddKtuAog
(= der Stummelfingerige) bekannt blieb, ist kaum zu bezweifeln.
Corssen, P., Zu Eus. h.e. III39 und II 15 (ZntW 111 242—246): Hält
Mommsens Athetese für unrichtig und bringtan Harnacks Erörterungen über
Pseudopapias eine kleine Korrektur (uvnuovebeıv abhängig von pagıv) an.
206 Bibliographische Notizen.
Gregg, J. A. F., The Commentary of Origen upon the Epistle to the
Ephesians (JthSt ILI 233—244 348—420 554-576): Edition der Origenes-
fragınente einer im Coisl. gr. 204 saec. XI vorliegenden und von J. A.
Cramer schon 1844 herausgegebenen Katene zum Eph mit Verweisungen
auf den von Origenes abhängigen Kommentar des Hieronymus.
Morin, G., Autour des „Tractatus Origenis“ (Rev. Böned. XIX 225—245):
Retraktiert z. T. seine diesbezüglichen Aufstellungen (Gregor von Elvira
sei der Autor u.a.), negiert aber entschieden die Autorschaft Novatians.
Conybeare, F. C., Ein Zeugnis Ephräms über das Fehlen von c.1 und 2
im Texte des Lucas (ZutW III 192—197): Ephräms Kommentar zum
Diatessaron enthält nach der armenischen Übersetzung eigentümliche
Notizen über die Entstehung der Evangelien, unter andern die, dals Lk
mit der Taufe des Johannes beginne (der Text ist aber dann sehr un-
sicher) und dals Johannes sein Evangelium zu Antiochien verfalst habe.
Lietzmann, H., Besprechung von .J. Sickenberger, Titus von Bostra
(TUNF V11; Lp. 1901) (GgA CLXIV 753— 758): Nachweis, dals der Bibel-
text des Titus mit dem des Chrysostomus grolse Ahnlichkeit hat.
S. Ambrosii Opera. Pars IV. Ezxpositio evangelü sec. Lucan. Rec.
C. Schenkl. Opus auctoris morte interruptum absolvit H. Schenkl (Corp.
script. eccl. lat. XXXII pars 1V). (8°. XL u. 5%. Wien u. Prag, Tempsky.
M 18.40): Eine die Mauriner-Ausgabe weit übertrefiende Edition. Vgl.
A. Jülicher in 'ThLtz XX VIII 102—104.
Souter, A., The genuine Prologue to Ambrosiaster on 2 Üorinthians
(JthSt IV 89—92): Edition und Erklärung.
Souter, A., An Interpolation in „Ambrosiaster“ (ExpT X111 380 f): Eine
solche von seiten der Alauriuer Herausgeber wird in der Erklärung zu
1 Kor 6, 18 vermutet.
Haidacher, S., Chrysostomusfragmente zu den kath. Briefen (ZkTh XXVI
190—194): Fast alle Chrysostomusscholien zu den kath. Briefen, die Migne,
P. gr. LXIV 1039—1062 aus Cramers Katenenausgabe (V111 Oxf. 1844) ab-
gedruckt. finden sich in andern bekannten Schriften des Kirchenlehrers vor.
Baumstark, A., Die Evangelienexeyese der syrischen Monophysiten (OÖ
chr II 151—169): Mit dem 6. Jahrb. setzt die syrisch-monophysitische
Exegese ein, Ihre freiere Entfaltung in der Verwertung der früheren
griechischen und syrischen Arbeiten wird an der Evangelienexegese und
zwar eingehender an dem Mt-Kommentar des Georgius von Be‘eltan und dem
Vierevangelienkommentar des Dionysius bar Salıbi gezeigt (Forts.). G.
Sickenberger, J., Die Lukaskatene des Niketas von Herakleia untersucht
(TUNFVIL4 80% V1Ilu.118 Lp. Hinr. M.4.—): Nik. war nicht Bischof
von Serrä, sondern wahrscheinlich der Neffe des Bischofs dieser Stadt. Hss,
Ausgaben und Quellen seiner Lukaskatene werden eingehend besprochen.
Haidacher, $., Neun Ethika des Evangelienkommentars von Theodor
Meliteniotes und deren Quellen (BzZ XI 370—387): Weist hauptsächlich
Chrysostomus als Quelle für die den exegetischen Kompilatiouen dieses
Byzantiners (14. Jahrh.) angehängten moralischen Erörterungen (NOıka) nach.
Bludau, A., Die beiden ersten Erasmus- Ausgaben des NT und ihre
Gegner (BSt VII 5., 8°. VII u. 145. Freib. i. B.. Herder. M 3.20): Ein
sehr interessanter Überblick über die textkritischen Arbeiten und Ver-
dienste dieses gefeierten Humanisten bis 1522, insbesondere auch über
die Anfeindungen, welche die Ausgaben, die lateinische Übersetzung und
die reformatorisch angehauchten Annotationen erfahren haben. Die rabies
theologorum der damaligen Zeit tritt in diesen Streitigkeiten deutlich zu
Tage; aber trotz grolser Fehler des Erasmus wird doch die Sympathie des
Lesers mehr auf seiner Seite stehen. j
Bludau, A., Der Beginn der Controverse über die Achtheit des Comma
Johanneum (1. Joh. 5. 7. 8) im 16. Jahrh. (Kath. 3. F. XXVII 25—5l
151—175): Die Complutenser Polygzlotte (1520) hatte es aus der Vulg. auf-
genommen. Erasmus hingegen hatte es in seinen beiden ersten Ausgaben
Bibliographische Notizen. 207
(1516 und 1519) ausgelassen und mulste deswegen zahlreiche Angriffe er-
tabren. Schlieislich nahm er es unter Berufung auf einen Cod. Britannicus
(zweifellos der Montfortianus s. Dublinensis des Trinity College in Dublin
—= für Act. u. Cath. Cod. 34) auf, wurde dabei aber wahrscheinlich das
Opfer einer Mystifikation.
Nestle, E., Zur Geschichte von 1 Jo 5, 7 in der deutschen Bibel (PrM
VI 401—407): Weist nach, dals in der Heidelberger Lutherbibel vom
J. 1568 die lateinische Verszählung zum ersten Male eingeführt und deshalb
neben 1 Jo d, 7 ein leerer Raum gelassen wurde, da Luther das Comma
nicht für echt gehalten. Calvinistische Zutaten zur Lutherbibel vom
J. 1588 führten zu einem wenig erbaulichen Streite.
Nestle, E., „Wahrzeichen“ in Luthers Bibel (StKr LXXV 504fl: Zu
Apk 7,2 und zu Jos 2, 12 hat Luther das Wort „Wahrzeichen“ erhalten.
Jülscher, A., Heinrich Holtzmanns Bedeutung für die nt! Wissenschaft
(PrM VI 165—172): Feiert anulälslich des 70. Geburtstages des Strals-
burger prot. Theologen (17. Mai 1902) denselben hauptsächlich als „den
ersten unter den lebenden ntl Kritikern“.
d} Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern.
a) Allgemeines.
Bacon, B. W., The Priesthood without Pedigree (ExpT XIII 345—348):
Behandelt Ps 8 und 110 in ntl Schriften.
Nestle, E., Little Contributions to the Greek Testament (ExpT XIV
34-36): Zu Jo 14. 9; Mt %0, 15; Mk 9, 38; 16, 20; Lk 7, 12; Jo 9, 10;
1 Kor 7, 29; Mt 26, 41; Eph 1, 19; Jo 18, 16.
ß) Leben Jesu und Evangelien.
Weiss, B., Das Leben Jesu. 2 Bde. 4. umgearb. Aufl. (8%. VIII u. 541,
VI u. 600. Stuttg., Cotta. M 18.—).
Rose, V., O.Pr., Etudes sur les Evangiles. Le Tetramorphe. — La conception
surnaturelle. — Le Royaume de Dieu. — Le pere celeste — Le fils de
l’homme. — Le tils de Dieu. — La redemption. — Le tombeau trouve
vide (8%. IV, XIV u. 336. P., Welter. Fr 3.80): Der gelehrte Dominikaner
verteidigt in den genannten, z. T. schon früher in der Revue biblique
erschienenen Einzeluntersuchungen den bibelgläubigen Standpunkt gegen
die Einwürfe der modern protestantischen Evangelienkritik. Originalität,
Scharfsinn und genaue Kenntnis der einschlägigen Literatur zeichnen die
Abhandlungen ebenso aus wie Feinheit und Eleganz der Sprache. Zu
Anfang widerlegt er die Aufstellungen Harnacks, der die 4 Evv nicht
wesentlich höher einschätzt als einige apokryphe Evv. Den Höhepunkt
bilden vielleicht des Verf. Erörterungen über den Begriff „Gottessohn“,
Hier lehnt er es entschieden ab, in den Zeugnissen des Engels bei der
Verkündigung, des himmlischen Vaters bei der Taufe und Verklärung,
des Petrus zu Cäsarea Philippi, sogar in dem Selbstzeugnis vor dem
Hohenpriester mehr ausgesprochen zu sehen als die Messianität, welche
schon das AT mit dem Ausdrucke „Sohn Gottes“ bezeichnet hat. Diese
allerdings weitgehenden Aufstellungen haben zu Milsverständnissen ge-
führt und dem Verf. den Vorwurf von „infiltrations protestantes“ ein-
getragen. Mit Entschiedenheit wehrt er sich dageren und folgert den
Begriff der Gottessohnschaft in ihrem vollen metaphysischen Sinne aus
andern synoptischen Stellen, z. B. Mk 12, 1—12, Mt 11,27 u.a. Johannes
und Paulus kann er nicht verwerten, da er die Kritiker mit ihren eigenen
Waffen schlagen möchte. Zweifellos ist iım das in hervorragendem
Maise gelungen. Vgl. H. Coppieters, Rev. d’hist. eccl. IV 56—60.
Loisy, D’Evangile et !’Eglise (16°. XXXIV u. 235. P., Picard. Fr 3.50):
Beschäftigt sich mit Harnacks „Wesen des Christentums“, geht aber selbst
viel zu weit in apokalyptisch-eschatologischer Vertlüchtigung der Lehre Jesu
208 Bibliographische Notizen.
(z. B. des Messiasbegriffes), weshalb das Buch auch kirchlicher Zensurierung
anheimfiel. Vgl. die entschiedene Zurückweisung durch P. Batiffol
(Bull. de litt. eccl. 1903, 3—15), weiterhin durch L. de Grandmaison
(Etudes XCIV 145—174) und J. Brucker (ebd. 495—511).
Halevy, J., Notes evangeliques: I. L’expression „Fils de 1’Homme“.
II. Ditferent traitement des pharisiens et des sadduceens. — Un prophete
sadduceen. Ill. Les genealogies de Jesus. IV. Le concile de Jerusalem
et sa decision. V. La parabole du festin de noces. VI. Conception et
naissance de Jesus selon les synoptiques (Rsem X 134—158 213—240
305—330): Sind Erörterungen in modern kritischer Weise, aber von
jüdischem Standpunkte aus. Die Entstehung der Evv verlegt der Ver.
nach 70; semitische Vorlagen werden wiederholt konstatiert, z.B.: Lk gibt
in der Geburtsgeschichte zwar keine von Mt verschiedene Tradition wieder,
arbeitet aber in alexandrinischem Geiste nach einem aramäischen Muster.
Schmiedel, O., Die Hauptprobleme der Leben Jesu- Forschung (8°. 72.
Tüb., Mohr): Der Verf. schreibt in erster Linie für lernende "Theologen
und Laien, verteidigt die Existenz Jesu und die Echtheit der paulinischen
Hauptbriefe und schlielst sich der „Zweiquellentheorie“ an. Buddhistische
Einflüsse seien bei Lk und Jo möglich, bei den Apokryphen sicher.
Schmidt, K., Gehört Jesus in das Evangelium, wie er selbst eg nach den
Synoptikern verkündigt hat? (NkZ XlIlI 893—922): Bejaht gegenüber
Harnacks „Wesen des Christentums“ die Frage, da Jesu Lehre wesentlich
von seiner Aufiassung über seine eigene Person abhing.
Oehninger, F., Das Leben Jesu (8%. XVI u. 477. Konst., Hirsch. M 5.—):
Populäre Darstellung auf orthodox-protestantischem Standpunkte, mit
zahlreichen schönen lllustrationen (Landschaftsaufnahmen, Reproduktionen
älterer und neuerer Kunstwerke usw.) versehen.
Otto, R., Leben und Wirken Jesu nach historisch-kritischer Auffassung.
Vorträge (8". 76. Gött., Vandenhoeck. M 1.35): Schlielst sich im wesent-
lichen an die Haruack-Holtzmannsche Auffassungsweise der Synopsis und
des Jo-Ev an und versucht so durch historisch-kritische Sichtung das
Lebensbild ‚Jesu des rein übernatürlichen Charakters zu entkleiden.
Furrer, K., Vorträge über das Leben Jesu Christi (8%. VIII u. 264.
Zürich, Müller): In populärer Form wird „die heutige Durchschnitts-
anschauung innerhalb der kritischen Richtung der Forschung“ (vgl. H.
Holtzmann in ThLzt XX VII 165) wiedergegeben.
Pearson, C. W., The Carpenter Prophet. A Life of Jesus Christ and a
Discussion of His Ideals (8v. IX u. 288. Chicago, Stone. $ 1.50): Beruht auf
der Thesis: Alles Übernatürliche, das Jesus zugeschrieben wird, ist unwahr.
Zimmer, O., Der Sozialist von Nazareth. Eine Lebensgeschichte Jesu
nach der neuesten Forschung, verbunden mit einer Kritik des Strauls-
schen Standpunktes u. der diesbezügl. sozialistischen Parteischriften (8°.
40. B., Selbstverl. d. Verf. M —.50): Steht auf sozialistischem Stand-
punkt und erklärt im Gegensatz zu Strauls das Leben Jesu durch alle-
gorische Verflüchtirungen.
Manser, F., I. Was wollte Christus? II. Wer war Christus? III. Die
Auferstehung Christi Sr 20. B., Bruer & Co. M —.50): Loslösung von
jeglichem übernatürlich positiven Glauben und Vorschlag eines neuen
allgemein christlichen Glaubensbekenntnisses.
Garvıe, A. E., Studies in the „Inner Life“ of Jesus (Exp V u. VI): 1. In-
troductory (V 34—42) zu einer Artikelserie, worin als Standpunkt die
Anerkennung der Gottheit Christi genommen wird. 2. The Virgin-Birth
(126—135), 3. The Growth in Wisdom and Grace (2650—270), 4. The Voca-
tion Accepted (366—376), 5. The Temptation (435—445), 6. The Early
Self-Disclosure De 37—46), 7. The Surrender of Home (106—116), 8. The
Judgment of religious Rulers and Teachers (196—208), 9. The Scope of
tlıe Ministry (296—308).
Stalker, J., Die Christologie Jesu oder Was sagt Jesus Christus über
Bibliographische Notizen. 209
sich selbst? Nach den Synoptikern dargestellt. Autorisierte Übersetzung.
(8°. VIII u. 157. Dessau, A. Haarth): Der Verfasser, von dessen zahl-
reichen Werken schon zwei („Das Leben Jesu Chirsti“ u. „Imago Christi;
Jesus Christus unser Vorbild“) ins Deutsche übertragen wurden, sucht in
dem gegenwärtig lebhaft geführten Kampfe um Christi Lehre und Selbst-
bewulstsein den übernatürlichen Charakter der Bezeichnungen Menschen-
sohn, Gottessohn, Messias, Erlöser und Richter zu verteidiren und ihnen
im wesentlichen den Inhalt zu lassen, den auch die katholische Theologie
— die aber vollständig ingnoriert wird — in denselben erblickt. Christi
Worte haben für St. freilich nicht dogmatische Geltung.
Holtzmann, O., Das Messiasbewu/stsein Jesu und seine neueste Be-
streitung. Vortrag (8. 26. Gielsen, Ricker. M —.50): Gegen W. Wrede
(Das Messiasgeheimnis in den Evangelien, Göttingen 1901) wird fest-
gehalten, dals Christus den Anspruch, der Messias zu sein, erhoben hat.
Bousset, Das Messiasgeheimnis in den Evangelien (Th. Rundsch. V
307—316 und 347— 362): Eine kritische Auseinandersetzung mit dem den
gleichen Titel tragenden Buche von W. Wrede, besonders mit dessen
Auffassung von Mk 9,9 und des Markusevangeliums überhaupt. Dals
Jesus „am Ende seines Lebens mit dem Anspruche, der Messias zu sein,
otten hervorgetreten ist“, hält B. für sicher.
Staerk, W., Jesu Stellung zum jüdischen Messiasbegriff (PrM VI297—309):
Vertritt im Anschluls vor allem an Wrede die Ansicht, dals Jesus nie
Messias hat sein wollen.
Milligan, G., The Messianic consciousness of Jesus (Exp V 72—80
148—156): Behandelt 1. den Begriff .„Menschensohn‘', der sowohl die
Messianität wie die Menschlhieit Christi ausdrückt, 2. den Begritf „Gottes-
sohn“. der die Grundlage für das Messiasbewulstsein bildet.
Fiebig, P., Der „Menschensohn“ als (cheimname (PrM VI 431—437):
Verteidigt gegen Wrede und Staerk, dals Jesus der Messias, „der Mensch
aus Dn 7, 13“ hat sein wollen.
Grützmacher, R., Das Volk und der Davidssohn in den Evangelien (Ev.
Kzt. LXXVI 632-635): Christus hätte sich nicht diese Bezeichnung
geben lassen dürfen, wenn er es nicht gewesen wäre.
Bousset, W., Das Reich Gottes in der Predigt Jesu (Tn. Rundsch. V
397 —407 437—449): Im Anschluls an J. Weils, Die Predirt Jesu vom
Reich Gottes? (1900), wird der durchaus eschatologische Charakter dieser
rein religiösen Prediet Jesu verteidict.
Margreth, J., IJas Gebetsleben Jesu Christi, des Sohnes Gottes (8°. Xl u.
321. Münster, Aschendorft. M 6.—): Das vorwiegend dogmatisch gehaltene
Buch bietet auch dem Exegeten Interesse, indem alle (26) Gebete Jesu,
insbesondere das Hohepriesterliche Gebet erklärt werden. M. will aber durch
seine Erörterungen auch praktischen Zwecken dienen. Als Beispiele
kleiner Meinungsverschiedenheiten notiere ich zu 8.8, dafs die Berufung
des Petrus Apg 1,20 auf das „verödete Gehöfte* Ps 68,26 wohl eher
eine Akkommodation genannt werden muls, und zu S. 208, dals in Jo 1,9
wohl die Vulgataübersetzung venientem in hunce mundum auch von den
katholischen Exegeten allmählich aufzureben wäre.
Legge, J., Christ’s Treatment of Indiynation. A Study in Christian
Ethics (ExpT XIII 266— 268): Erörtert Mt 21, 15; 20, 24; 26, 8; Lk 13, 14;
Mk 10,14 u. 2 Kor 7,11.
Rösgen, Der Erfolg des prophet. Wirkens Jesu Christi I-IV (Allg. ev.-
luth. Kzt. 74—79 98—102 126—132 146 u. 147): Gegenüber der An-
schauung, welche den Erfolg Christi einziz und allein auf seine Aufer-
stehung basieren will, bringt R.auch sein Leben und seine Worte als von
Erfolg begleitet zur Geltung.
Füllkrug, 6&.. Jesus und die Pharisäer. Ein Beitr. zur geschichtl. Auf-
fassung des Lebens Jesu (8%. Vl u. 9. Lp., Dieterich. M 1.80): In edel
populärer Form wird die pharisäische Partei in ihren Bestrebungen ge-
Biblische Zeitschrift. I. 2. 14
210 Bibliographische Notizen.
schildert und weiterhin das Verhältnis Jesu zu ihr dargetan. Zu Anfang
hat Jesus die Pharisäer gesucht und wurde von ihnen gesucht. Die Ver-
schiedenheit der religiösen Auffassungen mulste aber zu Kontlikten,
zum Kampfe und schlielslich zur „Katastrophe“ führen.
Smith, D., Our Lord's Use of common Proverbs (Exp VI 441-454): Be-
spricht Jo 4, 35; 4. 44 und Parall., die Sprichwörter der Bergpredigt,
Mt 8. 22; Mk 10, 25 und Parall., und gedenkt zum Schlusse des helie-
nistischen Einflusses auf das Judentum.
Soltau, W., Die Geburtsgeschichte Jesu Christi (8%. 43. Lp., Dieterich.
M —.i5): Lobpreisungen und Apotheosen des Augustus waren der An-
lais, den Lobgesang der Engel und die übernatürliche Geburt ‚Jesu zu
erdichten, und den Zur des Partherkönigs Tiridates zu Neros Zeit cab
das Motiv für die Anbetung der Magier. Vgl. die entschiedene Ab-
lehnung dieser als „sicher“ und „zweifellos“ ausregebenen Konstruktionen,
welche „die Wissenschaft selbst diskreditiereu“ können, von P. Lob-
stein in ThLzt XXVIl 521—523.
<Preuschen, E.,> Jesu Geburt in einer Höhle (ZutW III 359): Erst in
späterer Zeit habe man aus der Höhle ein Haus gemacht.
Hoben, T. A., The Virgin- Birth (AmJ'Th VI 473—506): Tut die Unab-
hängigkeit der Berichte bei Lk und Mt vom Protev. Jacobi dar und be-
spricht die vornizänischen Väter einzeln bezüglich ihrer Anschauungen
darüber, ebenso einige Apokryphen.
Boscawen, S. C., Does the Papyrus of Kha-m-uas in the British Museum
contain Early Christian Records? (ExpT AJl1 525—528): Findet Parallelen
zur Geburts- und Jugendgeschichte des Herrn darin, welche Volkser-
zählungen entstammen. G.
Dieterich, A., Die Weisen aus dem Morgenlande (ZntW III 1—14): Die
Magier sind als Mithrasdiener gedacht. Durch Einfügung des mytho-
logisch überbaupt viel verwendeten Sternmotives, unter Beeinflussung
durch Is 60, 6 und endlich im Hinblick auf einen tatsächlich i. J. 66
stattgehabten Zur orientalischer Königssöhne an den Hof Neros ist dieses
Dokument der Begegnung des Mithrasdienstes und des Christentums ent-
standen. Strauls’ mythologische Auffassung lebt somit wieder neu auf.
Gasartelli, L.C., The Magi: a footnote to Mt 2,1 (Dublin Rev. COXXXI
362—379): Hält die Magier für orientalische J’riester, Vertreter Parthiens
bei der Geburt des Erlösers.
Hilgenfeld, A., Die Versuchung Jesu (ZwTh XLV 289—302): Gegen W.
Soltau und H. Holtzmann behauptet H. die zeitlich viel später zu
datierende Auffassung der Versuchungsgeschichte bei \lk, da dessen
kurzer Bericht darüber (Mk 1,12.13) schon der Erklärung der Ver-
suchungen aus der jüdischen Messiasidee vollständig fern stehe.
Halevy, J., La tentation de Jesus (Rstm X 13—60): Sieht in einem
jüdischen Apokryphon, einem Martyrium Isaiae, die Quelle.
Hilgenfeld, A., Die Verwerfung Jesu in Nazareth nach den kanon. Evv
und nach Marcion (Zwi'h XLV 127—144): Behauptet die Priorität des
Mt-Berichtes (13, 54—58) vor dem des Mk (6. 1-6). Der Lk- Bericht
(4, 16—30) stand bei Marcion nicht, wird auch nicht durch Tert. adv.
Marc. als dort vorhanden gefordert. H. vermutet, dals er von dem von
ihm postulierten „zweiten Pauliner“ herstammt.
Justus Vitalis, Die Bergpredigt. Übersichtl. Vergleichung mit ver-
wandten Stellen der übrigen Evangelien u. Kritik derselhen vom modernen
Standpunkt (Flugschr. d. neuen Frankf. Verlags VIII) (8°. 69. Frankf.
a. M. M 1.50): Durchaus rationalistisch.
Fonck, L., S.J., Zur neuesten Parabelauslegung (ZkTh XX VI] 280—298):
Gegenüber A. Jülicher (Die Gleichnisreden Jesu. 2 Teile. 1899) wird be-
tont, dals dieser sich über die christliche Vergangenheit hinwegsetze, die
Autorität der Evangelisten nicht anerkenne, und dals Jesus durch J.s
Auffassungen zum irrtumsfähigen Menschen herabgewürdigt werde.
: Bibliographische Notizen. 211
Fonck, L, S. J., Senfkörnlein, Tollkorn und höhere Parabelkritik (ZkTh
XXVI 13—32): Gegen Jülicher, B. Weils u. a, wird nachgewiesen: Das
Senfkörnlein ist der Senfstaude, nicht einem Senfbaume entsprungen.
Auf diese passen alle Momente der Parabel, wie auch das Gleichnis vom
Unkraut (Lolch) und dem Weizen vollkommen dem botanischen Sachver-
halt und der Gepflogenheit der Landleute in Palästina entspricht.
Fonck, L., S. J., Die Parabeln des Herrn im Ev exegetisch und prak-
tisch erläutert (8°. XX u. 808. Innsbr., Rauch. M 5.30): Die Einleitung
verteidigt u. a. als besondern Zweck .der Parabeln die Verhüllung der
Wahrheit vor den Ungläubigen. Die Erklärung der einzelnen Parabeln
bietet zunächst nach Literaturangabe den Text mit kritischem Apparat,
in welchen auch die neueren Ausgaben von Hetzenauer, Brandscheid,
Nestle und Blals Aufnahme fanden; auf eine Übersetzung des Textes
foleen Angaben über die näheren Umstände, unter denen die Parabelrede
gesprochen wurde, dann eine Erklärung dessen, was sie buchstäblich be-
sagt, weiterhin die Auslegung ihrer Bedeutung. Die noch beigefügten
Abschnitte über Anwendungen und Schlulsfolgerungen enthalten Winke
für Predigt und Meditation. Genaue Kenntnis von Land und Leuten in
Palästina kommt dem Verfasser neben gründlichen orientalistischen Sprach-
kenntnissen sehr zu statten. Die manchmal sehr auf den Ton der Ironie
gestimmte Polemik gegen Jülicher durchzieht das ganze Werk. Eine
etwas rasche Arbeitsweise offenbart sich mehr in Kleinirkeiten. Die
älteste und der von F. vertretenen Deutung durchaus entsprechende Er-
klärung der Parabel vom verlorenen Sohn stammt von Titus von Bostra.
F. läist sie unerwähnt, wie auch die Homilie des Pseudochrysostomus
eis töv Acwrov (Migne, P. gr. LIX 627—636). Dafür zitiert er S. 612 zum
reichen Prasser eine Stelle aus einem „dem Titus von Bostra zugeschriebenen“
Kommentare, welche ich aber (Titus v. Bostra 33) als von Cyrill v. Ale-
xandrien (s. Migne LXXII 825 D—828 A) herrührend nachgewiesen habe.
Die Unrichtigkeit der Bezeichnung Antoninus Placentinus (S. 357) hat in-
zwischen Grisar (ZkKTh XXVI 760 ff) dargetan.
Bruston, C.. La fin du monde d’apres Jesus- Christ (Rev. chret. XV
84—885): Will beweisen, dals Christi Worte vom Ende der Welt auf den
Untergang der antiken Welt zu beziehen sind.
Crane, A. M., The Üleansing of the Temple (Bs LIX 36—57): Sucht
durch Aufgabe des Literalsinns den synoptischen und johanneischen Be-
richt zu barmonisieren.
Linder, G., Die Speisungen der Tausende in den vier Evangelien (Schweiz.
th. Z. XIX 89—93): Die sechs Speisungsberichte sind symbolisch zu ver-
stehen und bringen durch ihre Verschiedenheit (5000 u. 4000 Gesättigte etc.)
das Heiden- und Judenchristentum zum Ausdruck.
Lindenmann, R., Die Erweckung der Tochter des Jairus und die Heilung
des blutjlüssigen Weibes, aufgefalst als symbolische Erzählungen (\Ik 5,
21-43) (Schweiz. th. Z. XIX 1—9): Die Berichte bedeuten die Wieder-
belebung der Synagoge und das Aufhören des Blutflielsens auf Sion (!)
durch Sistierung der Opfer.
Bacon, B. W., The Transfiguration Story: A Study of the Problem of the
Sources of our Synoptic Gospels (Am.ITh VI 236—265): Sucht Parallelen
zwischen der Verklärung und dem Bekenntnis Petri zu Cäsarea einer-
seits und der Erscheinung zu Joppe und Petri Verhalten in der Heiden-
christenfrage anderseits. Lk 24,34 u. 1 Kor 15,5 seien wohl der Anlals
gewesen, dafs die apokalyptischen Visionen in die Evangelien eingefügt
wurden, wo ihnen dann noch eschatologische Züge beigemischt wurden.
Mead, C. M., Intuitional Criticism (AmJTh VI 507—510): Nimmt gegen
den vorgenannten Artikel Stellung.
Bacon, B. W., Elias and the Men of Violance (Exp VI 31—36): Erklärt
Mt 11, 12—15 = Lk 16, 16 im Zusammenhang mit damals geltenden
eschatologischen Ideen.
14*
212 Bibliographische Notizen.
Preuschen, E., Die Salbung Jesu in Bethanien (ZntW III 252): Folgert
aus der Cena des Trimalchio, dals die Salbung der Gäste mit der Narde
ein Bestandteil der römischen Trauerfeierlichkeit war; vgl. Mk 14, 3ff.
Werner, H., Christi Leidensgeschichte, das Meisterwerk der göttl. Vorsehung
(Handreich. zur Vertief. christl. Erk. 7. Hit. 8°. 106. Gütersloh, Bertelsmann.
M 1.40): Populäre Geltendmachung der providentiellen Züge in Bezug
auf Zeit, Ort, Personen, Verlauf und Wirkung der Leidensgeschichte.
Mackie, G. M., Ihe Jewish Passover in the Christian Church (ExpT
X1Ill 391-397): Mitteilungen über Zeit, Ritus usf. der Paschafeier; Ver-
gleich mit dem, Abendmalıl Christi.
Chauvin, C., Etude critique sur la derniere cene et sur la communion de
Judas (Science cath. XV1 318—332).
Cremer, H., Gethsemane. Ein Beitrag zum Verständnis der Gesch.
Jesu und unserer Erlösung‘ (8%. 104. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.20):
Nicht Todesturcht, sondern die Grölse der eben sich vollendenden Sünde
der Menschheit, die ihren Heiland mordet, schreckt Jesus in Gethsemane,
und der Gedanke, dals der Vater selbst ihn also leiden liels, entringt
ihm den Ausruf der (rottverlassenheit am Kreuze.
Kreyenbühl, J., Der Ort der Verurteilung Jesw (ZntW III 15—22):
Jesus wurde von Pilatus im Palaste des Herodes verhört und verurteilt.
Bulbeck, W. A., Date of the Crucifirion. Founded on Kalendar of
Ancient Egyptians (8". L.. Art & Book Co. 6d).
Denney, J., Death of Christ; its Place and Interpretation in the NT
(8°. 354. L., Hodder. 6s).
Nestle, E., Der ungenähte Rock Jesu und der bunte Rock Josefs (ZutW
IIl 169): Parallele zwischen beiden, wie zwischen den Schächern und den
beiden Mitgefangenen ‚Josephs.
Nestle, E., Die Sonnenfinsternis bei Jesu Tod (ZntW IIl 246f): Die
Erzühlung ist aus Am 8, 9 herauswewachsen.,
Brucker, J., Le Saint-Suaire et l’exögese (Etudes XC 458—464): Vertritt
die Anschauung, dals auch der Bericht ‚Jo 19, 40 nicht gegen die Echt-
heit der Turiner Reliquie verwendet werden könne, Mk 16,1 die Tat-
sache einer späteren Einbalsamierung sogar fordere.
Chevalier, U., Le Saint-Suaire de Turin et le NT (Rb XI 564-571):
Gegen Vienons versrebliche Versuche. die Echtheit der Reliquie Jdarzutun.
Burkhardt, G., Die Auferstehung des Herrn und seine Erscheinungen.
2. wohlf. [Titel-] Ausg. (8%. IV u. 288. Götting., Vandenhoeck. M 1.80):
Der Verf. erhebt nicht den Auspruch, ein wissenschaftl. Buch vorzulegen.
Es handelt sich um phantasievolle Paraphrasen und Ausschmückungen der
ntl Berichte über die Begebnisse von der Auferstehung bis zur Himmel-
fahrt, nachdem einleitend die Glaubwürdiekeit der Berichte und der
Charakter der Erscheinungen Jesu auf positiv gläubigem Standpunkte
dargetan wurden. Der Homiletik und Meditation wird das Buch haupt-
sächlich Anregung bieten.
Meyer, F. B., John, the Baptist (8°. 192. L., Morgan. 2s 6d\.
France, A., Le procurateur de Judee (avec grav. 160. &1. P., Wittmann).
Büttner, M., Judas Ischarioth. Ein psycholor. Problem. Vortrag (8°.
35. Minden, Köhler. M —.50): Nicht ein Scheinverrat, um ‚Jesus zum
Handeln zu bringen (Hase-Klopstock), sondern die seit dem Bekenntnis
zu Cäsarea Philippi offenkundige und von des Judas und des übrigen
Volkes Anschauungen zu sehr differierende Messiasidee ‚Jesu hat den
Mann aus Karioth zum Verräter gemacht. Der alte Geiz wacht wieder
auf, Enttäuschung und Groll tun das Ihre.
Bolliger, A., Markus der Bearbeiter des Matthäus- Evangeliums. Altes
und Neues zur synopt. Frage. Progr. zur Rektoratsrede der Univ. Basel
(40. 100. Basel, C. Beck. M 2.50): „Weiles ein Gesetz der bösen Geister
ıst, dals sie auf dem nämlichen Wege, auf dem sie hereingeschlüpft, auch
wieder hinaus müssen“, wird zunächst die modern kritische Auffassung
Bibliographische Notizen. 213
des Papiasfragmentes über Mk und Mt widerlegt; Aöyıa xupıakd — Herrn-
geschichte des Mt, nicht Spruchsammlung. Nur treibt der Verf. den
Teufel durch Beelzebub aus, indem er an die Stelle der que lenhypothese
die Annahme eines vorkanonischen Mt, in dem z. B. 1, 18—25(!) nicht
stand, als Quelle für Mk setzt.
Kirchbach, W., Was lehrte Jesus?! Zwei Ur-Evangelien. 2.. stark verm.
u. verb. Aufl. (8°. XVl u. 343. B, Dümmler. M 6.—): Der Verf. ist
Nichttheologe und will als Dichter die formalen Gesichtspunkte in Be-
handlung eines Urmatthäus und Urjohannes besonders geltend machen.
Eine hymnische Parömiendichtung wird konstatiert. Für diese ästhe-
tische Betrachtungsweise der Evv kann das Buch vielleicht einigen Nutzen
stiften. Sonst aber ist es von durchaus rationalistischer Tendenz: Menschen-
sohn = Greist der Menschheit usf.
Küppers, W., Neue Untersuchungen über den Quellenwert der vier Evan-
gelien. (8°. V u. 123. Gr.-Lichterfelde-B.,, Runge. M 2.50): Dreht die
chronologische Reihenfolge der Evangelien herum: bald nach 44 Jo,
53—57 Lk, der die Lücken von Jo, wo fast nur Festbesuche geschildert
sind. ergänzt, um 60 der chronologisch geordnete Mt, der z. B. in 3.1
auf Lk 3.1 hinweist und nicht zuerst aramäisch geschrieben war, bald
nach 64 Mk, der Lk und Mt vor sich hatte. Das letztere Resultat wäre
die einzige diskutierbare Hypothese.
Hawkins, J. C., The Disuse of the Marcan Source in St. Luke IX.
ö1— XVIII 14. Ber XIV 18-23 w—-93 137—140): Um für diese
Partie des Lk die Unabhängigkeit von Mk darzutun, werden die 35 Verse,
welche mit Mk in Parallele steien (Dubletten, kürzere Aussprüche und
Lk 10, 25—28; 11,15. 17—23; 13, 18f), als niclıt dagegenstehend erwiesen.
Jannaris, A. N., Does äunv mean „Very“? (kxpT XIII 563—565):
Die Verdopplung bei Jo beruht auf einer Interpolation; das einfache
aurv bei den Synoptikern steht für n unv oder ei unv.
Lewis, W., New Garments and Old Patches (ExpT XIII 522): Der
Vergleich fordert überhaupt ein „neues Gewand“.
Nestle, E., Mt 27, 51 und Parallelen (ZntW III 167f): Aus “rr—=
superliminare sei n3*g = velum entstanden, wie auch aus Protev. Jac. 54. 3
(parvwuara) hervorgehe.
Zahn, Th., Kleinere Beiträge zur evangelischen Geschichte. 1. Der zer-
rissene Tempelvorhang (NkZ XIII 729-756): Unterscheidet a) die Tradition
der Synoptiker, welche den äulseren Vorhang des 'Tempelhauses meinen,
b) die nazaräische des Hebräerevangeliums, welche vom Zusammenbruch
der Oberschwelle (superliminare) spricht, c) die jüdische (Talmud, .Josephus,
Eusebius), welche eine rätselhafte Offinung der Tempelpforten um das
Jahr 30 kennt. Nestles obige Erklärung der Abhängirkeit der ersten
von der zweiten durch Milsverständnisse hebräischer Worte wird abre-
lehnt. — 2. Das Land der Gadarener. Gerasener oder Gergesener (ebd.
X111 923—945): Nimmt für Mt 8, 28 die Lesart Tadapnvwv, für Mk 5.1
u. Lk 8. 26. 37 Tepyeonvwv als die richtige. Es ist an Gadaritis zu denken;
die Lage von Gergesa ist auf einer Bergeshöhe in mälsiger Entfernung
vom See zu suchen.
Nestle, E., „Ihe Widow’s Mites“ (ExpT XIII 562): Bevorzugt den
Plural und vergleicht die syrischen Lesarten.
Nestle, E., „Between the Temple and the Altar" (ExpT XIII 562): Be-
ziehungz zu 2 Chr 24, 20f.
Nestle, E., Die unverfülschte köstliche Narde (Znt\W 111169 —17]): Referat
über einen Aufsatz von S. A. Naber in der holländischen philologischen
Ztschr. Mnemosyne 1902, 1—15. worin der Ausdruck vapdos mıoriKN
Mk 14.3 u. Jo 12,3 näher erklärt ist. Die Konjektur oneıorın statt
morıxr, (lat. pistica statt spicata) akzeptiert Nestle nicht.
Fonck, L., S.J., Voraussetzungslose Wissenschaft (ZkIh XX VI 186—189):
Behandelt die einander widersprechenden Anschauungen neuerer pro-
214 Bibliographische Notizen.
testantischen Kritiker über das Alter des Mt-Ev, welche alle von der
Leugnung des UÜbernatürlichen ausgehen.
Schmiedel, P. W., Jungfraugeburt und Taufbefehl nach neuesten Text-
Junden (PrM VI 85—95): Zusammenstellung aller Varianten von Mt 1. 16.
wobei nur ihr Entstehungsverhältnis zum Teil umzukehren wäre. Besonders
wird hingewiesen auf einen griechischen Dialog zwischen einem Christen
und einem Juden, ediert von Conybeare (Anecd. Oxon. class. ser. VIII
1898), wo zwei lwesarten zusammengearbeitet sind. Conybeares Ansicht
von einem späteren Eindringen der trinitarischen 'laufformel in Mt 28. 19
wird als sehr beachtenswert empfohlen.
Manchot, K., Jesus und das geschriebene Gesetz. Eine Untersuchung
über Mt 5. 17—20 (PrM VI 211—227): Mt 5,17 ist nicht ursprünglich
und 5. 18ff gehört nach 7. 12.
Wiesen, Zu Maith 5, 17—20 (ZntW I1I 336—352): Erklärt diese Verse
der Bergpredigt nach ihrer antipharisäischen Tendenz.
Sanda, A., Raka (Zkl'h XXVI 402): ‘Paxd soll von der unbelegbaren
Form szr°—=Fetzen. Lappen kommen und den Sinn fornicator haben.
Nestle, E., Matt. VI.3 (Exp A111 525): Die linke Hand kommt in der
Didaskalie als Ausdruck für die Heiden vor. Der Teufel heilst gleich-
falls im Syrischen der Linke,
Nestle, E., The Arrangement of the Lord’s Prayer (ExpT XIII 431):
Kommt aufältere Beobachtungen über Abteilungen des Vaterunsers zurück.
Holzhey, K., Petra ecclesiae et portae inferi. Eine exegetische Studie
zu Matth. 16, 18 (Th.-pr. Mon.-Schr. XlI 311—3161: Weist durch zahlreiche
Parallelen nach, dals die Hadespforten zur Zeit Christi als unbezwinglich
galten und dais dem oÖ Karıoybougıv = non praevalebunt der Sinn: nicht
mächtiger sein, zukommt.
Beibitz, J. H., The End of the Age. Some Critical Notes on St. Matthew
chap. XXIV (ExpT Alll 443—450): Will durch Untersuchung dieses
Kapitels in das synoptische Problem Licht bringen. Mündliche UÜber-
lieferungen (Triple Tradition) gehen in ein griechisches Dokument des
J. 66 über. Mt schreibt zwischen 66 u. 70; Lk nach 70.
Swete, H. B., St. Matthew XXVIII 16—20 (Exp VI 241-259: Er-
klärung der betr. Verse auf Grund der Mk-Hypothcese.
Rauch, Ch., Bemerkungen zum Markustexte (ZntW IIT 300-314):
1. Mk 1, 40-45 weist spätere Zusätze auf, 2. Mk 6, 29—31? wird durch
den syr. Text klarer, 3. Mk 14, 12—17 ist späterer Einschub, um aus
dem Abschiedsmahl in Bethanien das Paschamalhıl zu machen.
Nestle, E., Mark IV 12 (Expl' X111 524): Der Lesart xai dpeon abroig
liest eine Verwechslung von se) und mes zu Grunde; Targum und
Peschittho stimmen mit Mk überein.
Kasteren, J. P. van, S. J., L’epilogue canonique du second evangile (Mr.
16, 9-20) (Rb X1 240-255): Gegen Zahn wird mit Belser die Autlien-
tizität des Markusschlusses verteidigt.
Clemen, C., Besprechung von B. Weiss, Die Frangelien des Mk und Lk°
(Gött. 1901) (ThLzt AXV1I 297—300:: Ref. beweist die Abhängigkeit des
Lk von Mt, lälst auf Grund von Lk 1. 31, das echt ist, auch die Tradition
als Quelle gelten, nimmt das Magnificat für Maria in Anspruch, glaubt
aber an einen Irrtum des Lk bezüglich des Census des Wuirinius.
Sense, P. C., Critical and Historical Enquiry into Origin of Third
Gospel (8°. L., Williams & N. 75 bad\.
Plummer, A., Recent Theories respecting the Third Gospel (Crit. Rev. 1902
483-501).
Bartlet, J. W.. The twofold Use of „Jerusalem“ in the Lucan Writings
(ExpT X111 1571): Erklärt den Wechsel zwischen der hebräischen (63ınal)
und der griechischen ı27mal) Form psychologisch.
Köstlin, H. A, Das Magnifikat Luk. 1.46—55 Lobgesang der Maria oder
der Elisabeth? (ZutW 111 142—145): Im Abendland gehört das Magniticat
Bibliographische Notizen. 215
der Vesper an und gilt als Gebet Mariens, im Morgenland der Matutin
und ist an Maria gerichtet.
Spitta, F., Das Magnijicat, ein Psalm der Maria und nicht der Elisabeth
(Theol. Abhandlungen f. H. J. Holtzmann. Tüb., Mohr. 61—94. M 1.—).
Lepin, M., Le Magnificat doit-ıl Etre attribw a Marie ou @ Elisabeth?
(Univ. Cath. 1902, 213—242): Weist es Maria zu.
Wood, J. F., Tas dovins in the Magnificat, Lk 1, 48 (Journ. of Bibl.
Lit. XXI 48—50).
Hilgenfeld, A., bringt (ZwTh XLV 448) zu Lk 11, 41 ein Kolon nach
evövra in Vorschlag.
Cameron, E., Christ versus Caste: Reflections on Discourse of the Five
Parables (Luke XV and XVJ). Chapter on Churches and Classes (8°, 222.
Ld.. Stockwell. 2s Hd).
Hilgenfeld, A., Das Gleichnis von dem verlorenen Sohne Lk 15, 11—32
(Zwi'h XLV 449464: Vertritt gegen Jülicher und Wendt die Deutung
der beiden Söhne als Juden und Heiden.
Cölle, R,, Zur Exegese und zur homilet. Verwendung des Gleichnisses
vom reichen Mann und armen Lazarus: Lk16,19 —31(Stkr LXX V 652 —6065):
Im excgetischen Teile Untersuchung des Grundgedankens: Warnung vor
der Sünde des Reichen, der über dem Genusse alles Höhere vergals.
Capron, F. H., „Son“ in the Parable of the Rich Man and Lazarus
(ExpT XIII 523): Texvov (Lk 16, 25) ist physisch zu fassen. Die Be-
deutungslosigkeit physischer Abstammung von Abraham kommt in der
Parabel zur Darstellung.
Nestle, E., Zu Lukas 22, 20 (ZnutW III 252): Parallele dieser Stelle
mit der bei Griechen und Römern geläufiren Spende und Ex 24, 1—8.
Holtzmann, O., Zu Lukas 22, 20 ‚ZntW III 353): Drei Fragen an E. Nestle.
Souter, A., „Emmaus“ mistaken for a Person (ExpT XIII 429f): Drei
lateinische Texteszeuren lesen Ik 24, 13: cleofas et ammaus.
Nestle, E. (Exp A111 476: erklärt die Entstehung dieser Lesart durch
die ß-Variante övöuarı statt N Övoua.
Bonus, A., Emmaus mistaken for a Person (ExpT XIII 561): Bringt
weitere Beispiele dieses Milsverständnisses.
Schlatter, A., Die Sprache und Heimat des vierten Evangelisten (Beiträge
zur Fürderung christl. Theol. VI 4): Vergleicht Jo und 1Jo mit Mechiltha
(Komment. zu Ex) und Sifre (zu Nm u. Dt) und weist aus dem sprach-
lichen Gemeingut den palästinensischen Ursprung des 4. Ev nach.
Holtzmann, H., Besprechung von J. Kreyenbühl, Das Ev der Wahrheit,
B. 1500 (ThLzt XXV1I 6—11): Teilweise ironische Ablehnung der 'I'hese
Kr.s. das 4. Ev sei ein gnostisches Apokryphon des Menander von An-
tiochien. Ebenso negativ verhält sich P.Corssen (GgA CLX1V 583—594.
Oberhey, Ch., Der Gottesbrunnen der Menschheit. Zur Einführung in
das Johannesevangelium (8°. X u. 126. Braunschw., Meyer. M 1.80): Popu-
läre Darstellung der Aussagen des 4. Ev über Jesus unter den 3 Bildern
des Gottesbrunnens, des Herrlichkeitsbrunnens und des Lebensbrunnens
der Menschheit.
Weiss, B., Das Johannes- Evangelium. 9., neu bearb. Aufl. (Krit.-exeget.
Komm. über das NT. 11. Alıt. 8%. 1V u.543. Gött., Vandenhocck. M8.—).
Godet, F., Commentaire sur Pevangile de S. Jean. 4e ed. t. I: Introd.
hist. et erit. (8%. XII u. 346. Neuchatel, Attinger. Fr 5.—): Ein opus
posthumum, auf bibelgläubigem Standpunkt. Eine deutsche Bearbeitung
erschien: Hannover u. B., Carl Meyer. M 4.—
Schat Petersen, L. W., Johannes’ Evangelium (8°. LXX u. 698. Kopen-
bagen. Hagerup. Kr 11.—): Ein Kommentar auf positivem Standpunkt.
Für unecht gelten dem Verf. nur 5. 4; 7. 53—8, 11 und Kap. 21.
Grill, J., Untersuchungen über die Entstehung des vierten Evangeliums.
Erster Teil (8%. XII u. 408. Tüb., Mohr. M 8.—): Das ganze Evangelium
ist von der Logosidee des Prologes beherrscht. Die Wurzeln derselben
216 Bibliographische Notizen.
sind bei Philo. Antignostische Tendenzen waren der Grund. warum die
Sophialehre des AT nicht akzeptiert wurde. Ebenso werden die Begriffe
Leben. Licht. Herrlichkeit und vor allem die Inkarnation näher erörtert.
Vgl. das Referat von H. Holtzmann Thlzt XXV1ll 371—374.
eville, J., Le Quatricme Evangile. Son origine et sa valeur historique
(8%. VIII u. 356. P., Leroux. Fr 7.50).
Pfeifer, H., Zur Behandlung des Ev nach Jo. 1. Tl: Umschau und
Aufgabe. 2. Tl: Zur Behandlung ausgewählter Abschnitte (8%. 172. Lp.,
Hahn. M 2.—).
Holtzmann, H., Unordnungen und Umordnungen im vierten Evangelium
(ZntW 111 50—60,: Bespricht teils zustimmend, teils ablehnend die dies-
bezürlichen Versuche. Den neueren Vorschlägen zur Reduzierung der
arcı Paschafeste „könnte vielleicht noch eine Zukunft beschieden sein“.
Belser, J., Der Ausdruck oi ’Iovdaioı im Johannesevangelium (TQS
LXAXXI1V 168—222): Erklärung aller den Ausdruck enthaltenden Stellen
in seiner dreifachen Bedeutung 1. = Juden als Nation, 2. = Judier,
3. = Hierarchen von Jerusalem. Ein Jneinandergreifen der einzelnen
Abschnitte wird dabei konstatiert, wodurch sich für die Echtheit des Ev
ein weiteres Zeugnis ergibt.
Goguel, M., La notion Johannique de l’esprit et ses antecedents historiques
(Lex.-8%. VIl u. 171. P., Fischbacher).
Furrer, K., Das Geographische im Evangelium nach Johannes (ZutW
III 257— 265): Erklärung aller geographischen Angaben „vom Stand-
punkte der Paliistinakunde aus“.
Bartlet, V., Two Notes on the Fourth Gospel (ExpT XIV 118—121]):
Erörterungen zu 2. 13—25 und 4. 43—45.
Meyer, K., Der Prolog des Johannesevangeliums. Nach den Evaneelien
erklärt (8%. Ill u. 101. Lp.. Deichert. M 1.40): Eine sehr gute Mono-
graphie. die insbesondere die Beziehungen zwischen Evanrelium und
Prolog scharf aufdeckt. Von Karl Weils’ Versuch. den Prolog voll-
ständig auf den AöYosg Acapkos zu beziehen (1899), wie von den Uber-
treibungen Baldenspergers. der ihn gegen die Johannisjünger geschrieben
sein lälst. unterscheidet sich M.s Arbeit sehr vorteilhaft. Das nv—e&pxöuevov
V. 9 dürfte wohl noch schärfer pointiert und die Deutung des Täufer-
zeugmisses V.15 und 30 kaum richtig sein. Van Hoonackers Aufsatz in
der Rev. d’hist. ecel. 11 (1901) 1—14 ist nicht benutzt.
Jannaris, A. N., The Locus classicus for the Incarnation overlooked (ExpT
X111 477—480): Im Jo-Prologe bedeutet Aöyog: „the cosmogonic oracle
which God uttered in creating the world“. ’Eyevero üvßpwrnog 1.6 wird
zum Vorausgehenden gezogen und besagt die Menschwerdung. — Vgl. die
Bemerkungen von D. Mac Donald ExpT XIV 48.
Fairbairn, A.M.. The Governing Idea of the Fourth Gospel (Jo 1.18; 14. 8—9)
(Exp VI 161-176): Parallele zwischen dem letzten Verse «des Prologes und
den ähnliche Gedanken ausdrückenden Worten der Abschiedsreden.
Nestle, E., Nathanael under the Fig Tree (ExpT AIll 432): Berichtet im
Zusammenhang mit Jo 1.50 über die syrische Legende, dals Nathanael
als Kind unter einem Feigenbaum vor den betlilehemitischen Kinder-
mördern versteckt worden war.
Heigl, G. M. J., O.S. B., Worte Jesu an Maria zu Kana: Quid mihi et
tibi est, mulier? (Joann. LI. 4) (Zwei Separatabdrücke aus: Stud. u. Mitt.
a. d. Bened.- u. d. Cisterc.-Orden. 8°. 20 u. 14. Brünn, Selbstverl. 1901
u. 1902}: Beide Ablıandlungen dienen dem Nachweise, Jo 2,4a heilse:
Was haben wir, ich und du, Frau? Damit ist aber der Schwerpunkt der
Stelle, welcher doch auf xai oot lieet, vollig verkannt.
Gibson, M. D., Walker, A. H. und Algen, A. S., „Born of Water and Spirit“
(Exp X111 429): Drei kurze Beiträge zur Erklärung von Jo3.5.
Bebber. van, Der Teich Bethesda und die Gottheit Jesu (TQS LXAXXIV
1— 173 498-573): In eingehendster Exegese wird die Bethesdabegebenheit
Bibliographische Notizen. 217
als ein Wunder des Vaters zur Bezeugung seines Sohnes dargetan. 1Jo
5. 6 spiele auf dieses Wasserzeugnis an. Jo 1,51 und 3.8 empfangen durch
die schärfere Betonung des Bethesdawunders, insbes. seiner typischen Be-
deutung für die christl. Taufe, neues Licht. Das private Wunder zu
Kana sei vor der Zeit und ausnahmsweise gewirkt worden.
Brose, E., Der Teich Bethesda (StKr LAXV 133—140): Die rapayr) des
Teiches sei durch das in Ausgüssen aus dem Tempel hinabflieisende Opfer-
blut veranlalst. Ez 47.1— 12 als mögliche Quelle des Volksglaubens anzuselıen.
Nestle, E., Bethesda (ZutW III 171f): Vertritt für Jo5,2 die Lesart
eni tn mpoßarıkn KoAuußnöpa und steht der Ableitung xzor m = Haus
der Barmherzigkeit sympathischer gegenüber, als der von Brose: m“
"Tüs = locus effusionis. — Ähnlich spricht sich N. aus ExpT XIIll 332f.
rose, E., Noch einmal der Teich Bethesda. KoAuußndpa od. KoAvußriöpa
(V. 2) (StKr LXAXV1 153—156): Hält gegen Nestle an ersterer Lesart fest.
Taylor, C., The Pericope of the Adulteress (JthSt IV 129—130): Aulser
Ap. Constt. und Didask. kennt auch Past. Herm. die Perikope.
Blals, F., Üler Ev. Joh. 19.35 (StKr LXXV 128—133): Obwohl Ände-
rungen an dem Verse nicht anzubringen sind, ist er doch textkritisch
unsicher und darf nicht zu Beweismitteln gegen die Autorschaft des
Apostels Johannes verwandt werden.
y) Leben der Apostel. Apostelgeschichte. Apostelbriefe,
Apokalypse.
Stokoe, T.H., Life and Letters of St. Paul (8°. 310. L.. Frowde. 3s 6dı.
Hoennicke, G., Die Chronologie des Lebens des Apostels Pawlus (NkZ
XIIl 569—620; dann auch separat 8%. V u. 71. 1,p. 1903, Deichert. A71.50;:
Festus ist ı. J. 59. vielleicht auch erst 60 oder 61 nach Judüa gekommen.
Der erste Aufenthalt Pauli zu Korinth fällt zwischen Ende 52 und Alitte 54.
“H Tadarıcrı xWpa bezeichnet Galatien im ethnographischen, nicht politi-
schen Sinn. Auf der Reise nach Ephesus habe es Paulus besucht. Nach
des Claudius Tod fa!ste er wahrscheinlich den Entschlufs, nach Rom zu
gelien. Der Apostelkonvent fällt zwischen 50 und 52, die Bekehrung
Paulı zwischen 33 und 35. Jesus, der 3 Jahre öjfentlich tätig war. starb
32 oder 33. Der Vorzug dieser gründlichen Untersuchung besteht in
scharfer Scheidung zwischen sichern und problematischen Ergebnissen.
Der Separatabdruck bringt noch weiter erklärende Anmerkungen.
Ramsay, St. Paul (Exp V181—92): Essay über sein Leben: .He is the
most human of all the Apostles.‘ Berührt wird auch die sich gegenseitig
destruierende neuere Kritik der Pastoralbriefe.
Rose, V., O.Pr., Etudes sur la Theologie de St. Paul (Rb XI 321-346):
]. Comment il a connu .Jesus-Christ. Im Unterschied von den übrigen
Aposteln, welche Zeugen des Lebens Jesu waren, betont Paulus, der
gleichfalls als Apostel auftritt. mehr das Evangelium der Auferstehung.
Feine, P., Jesus Christus und Paulus (8%. VIII u. 311. Lp.. Hinrichs.
M 6.—): Paulus. der das Lebensbild Jesu vollkommen in sich aufgenommen
und alle Forderungen nach demselben orientiert, lehrt in allem Wesent-
lichen wie sein Meister. als dessen Apostel er auftritt. Mit groisem Nach-
drucke wird vor allem an der Ursprünglichkeit der Sühnopfertheorie und
im Zusammenhang damit der Abendmahlslehre als eines realen (senusses
des Leibes und Blutes Jesu festgehalten. In der Rechtfertigungs- und
Pneumalehre sieht F. Differenzen zwischen Jesus und Paulus. Doch hängen
sie mehr damit zusammen. dals Paulus bereits als Theoloce verfährt und
trotz des durchaus antijüdischen Inhaltes in jüdischer Form denkt. Ob-
wohl der protestantische Standpunkt des Verf. deutlich genug hervortritt
und er auch der negativen Kritik durch eine gewisse — durchaus nicht
völlige — Preisgabe der johanneischen Theologie seinen Tribut zollt, wird
auch der kath. Theologe sehr viel aus diesem äulserst gründlichen und
empfehlenswerten Buche lernen.
218 Bibliographische Notizen.
Weils, J., Die christl. Freiheit nach der Verkündigung des Ap. Paulus.
(80. 39. Gött., Vandenhoeck. M1.—): Vergleicht Pauli Lehre darüber mit
dem Stoizismus und behauptet zwar eine Entlehnung aus dem letzteren.
aber auch eine weitgehende Fortbildung. Der Vortrag zeichnet sich
durch tiefe Erfassung der Probleme aus.
Walker, D., The South-Galatian Theory (ExpT XIII 511-514): Aus-
einandersetzung mit Prof. Findlay. einem Gegner der Theorie. Apg 16, 6
ist kwAudevres kausal aufzufassen.
Jehova-Jesus-Messiah (Bs LIX 267 —281): Paulus hatte Jesus als Messias
und inkarnierten Jehovah anerkannt. Die Tatsächlichkeit und Berechtigung
dieser Gleichung wird erwiesen.
Clemen, C., Die Auffassung des AT bei Paulus (StKr LXXV 173—187):
Paulus erklärte das AT teils historisch oder eschatologisch-christlich. teils
nomistisch und huldigte damit den exegetischen Grundsätzen seiner Zeit.
die im einzelnen für uns keine Geltung mehr haben.
Friedländer, M., The „Pauline“ Emancipation from the Law a Product
of the Pre-Christian Jewish Diaspora (J4qR XIV 265—301): Auseinander-
setzung mit Schürer. „New Testament criticism will then no longer speak
of a Jewish Christianity and a .Gentile Christianity founded by Paul.
but rather of a conservative Jewish Christianity and a radical Jewish
Christianity.“
Bauer, W., Miündige und Unmüntlige bei dem Apostel Paulus (Diss.
Marb. 80. 44).
Böhme, K., Das Paulinische Gebet (PrM VI 426—431): Sieht in ihm
auch Schattenseiten: geringe Innerlichkeit; Objekt seien nicht die Heils-
güter; jüdisch-äulserliche Auffassung der Gebetserhörung.
Bindemann, G., Das Gebet um tügliche Vergebung der Sünden in der
Heilsverkündigung Jesu und in den Briefen des Apostels Paulus (Beiträge
zur Fürd. christl. Theol. VI 1. 1—105): Trotz der engen Bezichungen des
Vaterunsers zu den Erwartungen vom messianischen Reiche hat auch die
5. Bitte ihre Bedeutung. solange die Parusie noch nicht da ist. Ein
Widerspruch mit den Anschauungen Pauli existiert so wenig, dals an-
genommen werden darf, der Apostel habe bei seinen Missionspredigten
das \aterunser in hohem Grade verwertet.
Lombard, E., La collecte en faveur des chritiens de Jerusalem (RThPh
AXXV 113-139 262—281): Verfolet gründlich diese praktische, chari-
tative Scite der apostolischen Tätigkeit Pauli in Anknüpfung an Gral 2. 10
und durch eingehende Besprechung von 2 Kor 8 u. 9; nımmt dabei eine
Zwischenreise an.
Kneller, C., S. J.. S. Petrus, Bischof von Rom (ZkTh XXVI 33—69
225—246): Gegen J. B. Lirrhtfoot wird auf Grund kirchengeschichtlicher
Zeugnisse nicht blols Petri Aufenthalt in Rom. welchen dieser zugibt. sondern
auch seine Bischofswürde in dieser Stadt erwiesen und L.s Einwände (z. B.
dals dann auch Paulus Bischof von Rom gewesen sein müsse) entkräftet.
Harnack, A., Miscelle zum Aufenthalt des Petrus in Rom (ihLzt XXVII
604): Macht darauf aufmerksam. da!s Porphvrius nach Makarius Magrnes
(Apokrit. 3,22) von einer Kreuzigung Petri erzählt. „nachdem er die Schäf-
chen nicht einmal wenige Monate geweidet hatte“. Das kann nur auf
den römischen Aufenthalt sich beziehen.
Hückelheim, J. F., Die Apostelgeschichte. Ubers. u. erkl. f. d. Unterricht
an den höheren Lehranstalten, sowie zur Selbstbelehrung. Mit 1 Karte
8%. V u. 165. Paderb., Schönineh. M 1.60): Ein sehr zweckentsprechendes
üchlein. dem ich nur noch die Beigabe des griechischen Textes wünschen
würde. Beispiele kleinerer Unrichtigkeiten aus den 2 ersten Kapiteln sind:
Die Übersetzung von 1,18 „erhenkte er sich“ entspricht dem Urtext
nicht. 1, 5 kommt das tautog und 1. 24 das Eva nicht zur Geltung; 2.5
hıelse es statt „Es hielten sich auf“, das auch auf Festpilger passen kann,
besser: „Es waren ansässig“. In 1, 14 ist von den Vettern Jesu, nicht
Bibliographische Notizen. 219
„überhaupt von Gläubigen“ die Rede. Die Einleitung der Apg schliefst
nicht erst mit V. 11. Dals Judas „mit dem Verräterlohn sich eın irdisches
Gut zu kaufen gedachte“ (S. 98), ist im Texte nicht enthalten. Zu 2, 9
wäre vor allem die Erwähnung von Judäa zu begründen gewesen.
Schlatter, A., Erläuterungen zum NT. 8. Die Apg. (8%. 384. Calw u.
Stuttg., Vereinsbuchh. M 2.25).
The Great Text Commentary. The Great Texts of the Acts of the
Apostles (ExpT XIII 254-256 3031 355—357 424—426 460—462 492 —494.
XIV 16-18 121—123): Erklärungs- und Erbauungsmaterial zu Apg 1, 8f;
2, 1—4. 42; 3, 19-21; 4. 11f; 5, 2; 6, 15.
Chase, F. H., The Credibility of the book of The Acts of the Apostles:
Hulsean Lectures for 1900—1%W1 (8%. XV u. 314. L., Macmillan. 6s): Ver-
teidigt vom anglikanischen Standpunkt aus die „wesentlich treue‘ Wieder-
gabe der Ereignisse und Reden durch Lk. Gleichwohl glaubt er Vor-
gänge, die als übernatürlich geschildert sind, noch natürlich erklären zu
können, z. B. das Pfingstwunder. Vgl. das ablehnende Referat von
H. Holtzmann in ThLzt XXV1I 684 —6886.
Weber, V., Die Glaubwürdigkeit der Apg und ihr Kritiker Th. Monımsen
(Kath 3. F. XXV 1—11): Der Einwand M.s gegen die Apg, dals Paulus
nicht in Jerusalem als Christenverfolger aufretreten sein könne, wird durch
die Deutung Gal 1, 22 auf die syrisch-cilicische Wirksamkeit widerlegt. Die
Ortsangaben in Gal 1,21 und 11,25 sind nicht gleich. Auch haben M.s
Beanstandungen der Geilselung Pauli und seiner Berufung nach Rom keine
Gültigkeit. W.s neue Aufstellungen über den Gal kommen auch hier zur
Verwertung.
Nestle, E., Zu Acta 1, 12 (ZntW III 247f}: Josephus. Bell. Jud. 5, 2,3
gibt nicht die Entfernung des Olberges, sondern die des römischen Lagers
auf 6 Stadien an. und zu Antt. 20, 8, 6 gibt es eine auch sonst vor-
kommende Variante, die 7 (nicht 5) Stadien nennt. — Ähnlich ExpT Il] 563.
Smith, D., The Marvels of the Day of Pentecost (ExpT XIll 363 —366):
Rationalistische Erklärung des Pfingstwunders.
Dobschütz, E. v., Zu der Völkerliste Act 2, 9-11 (ZwTh XLV 407—410):
Gestützt auf talmudische Parallelen, welche gleichfalls die Juden (Hebräer)
zwischen andern Völkerschaften aufführen, hält der Verf. die Lesart
"lovdailav für richtie.
Harris, J. R., The History of a Conjectural Emendation (Exp VI 378—390):
Verfolet die von Blals vorgeschlagene Anderung von Aıßeprivwv in Aı-
Buorıvwv bis ins 16. Jahrh. zurück und teilt noch weitere Einzelheiten
zur Geschichte der Konjekturalkritik mit.
Mair, J., Neues zur Apg 10, 1 und 27,1 (Th.-pr. Mon.-Schr. XII 528—530):
Identifiziert auf Grund der Forschungen Eug. Bormanns die an den
beiden Stellen genannten Kohorten (Ek As omeipnc TfG Kalounevng ’ITa-
Aıkfis und oneipng Zeßaotnc) mit der II Italica c<ivrium> R<omanorum>
und der ala Aurusta, welche in Inschriften sich finden.
Nestle, E., The Aprons and Handkerchiefs of St. Paul (ExpT XIII 282):
Versteht unter den owukivdra Apg 19. 12 Unterkleider Pauli.
Harris, J. R., A curious Bezan reading vindicaled (Exp V 189—195):
Identitiziert den nach Jos. Flav. (Antt. 20, 72) bei Felix wirkenden Zauberer
Atomus mit dem nach Apg 13.8 dem Paulus entzegenwirkenden eyprischen
Zauberer, den der gewöhnl. Text ’EAünas, der ß-Text aber ‘Erowäg nennt.
Die Bevorzugung dieses Textes aber kann 11. nicht anerkennen als „a
case of sound editoral judgment‘*.
Burkitt, F. C., The Interpretation of „Bar-Jesus“ (JthSt IV 127—129):
Act 13, 6—8 ist statt Elymas vorauszusetzen 6 Aotlnös (zu Eromog in
einigen Hss geworden); dieses ist wohl abzuleiten von x5°oS 2, wozu der
Name Barjesu volksetymologisch umgebildet wurde. I.
Spence, R. M., Asıowdainwv (Expl' XIll 523): Das Wort kommt auch
in gutem Sinne vor.
220 Bibliographische Notizen.
Brun, A., Le temoignage de Suetone et lerecit du livre des Actes (28, 1T—28)
(Rev. de Th. et d. Quest. rel. 1902. 264—27]).
Bludau, A., Besprechung von F. Spitta. Zur Gesch. und Lit. des Ur-
christent. III 1: m über den Brief des Paulus an die kömer (Gött.
1901) (ThR 1 449— 454): Die Annahme Spittas von zwei Briefen, die zu
einem zusammenrearbeitet worden seien. und der von Paulus benutzten
älteren fertigen Schrift, die sich an Judenchristen richtete und die er
selbst zur Zeit des Apostelkonzils angefertigt hatte, wird mit guten
Gründen abgelehnt. Die Berücksichtirung der Judenchristen erkläre sich
auch so, insbesondere infolge der Gemischtheit der christlichen Gemeinde zu
Rom. — Auch Car] GClemen (ThLtz XXV1I1 229—233) und W. Bahnsen
(PrM VI 331—33%5) erheben Bedenken.
Witt, J., Der Rümerbrief. Erklärt (8°. III u. 292. Kiel. China-Mission.
M 2.—): Eine populäre, erbaulichen Zwecken dienende Erklärung auf
orthodox-protestantischem Standpunkte. Für Popularisierung der so
wichtiren Gedanken des Röm leistet die schon früher in einzelnen Artikeln
iin der Zeitschrift Er kommt 189899) erschienene Arbeit guten Dienst.
Lichtenstein, A., Das Verhältnis der Sittlichkeit zu der Rechtfertigung
auf Glauben hin nach dem Römerbriefe (Ev. K.-Ztg. LXAXVI 747—752
1771—779): Erörtert die dıxawouvn Ex miorewg des Röm und bringt mit
ihr die protestantische Rechtfertirgungslehre in Einklang.
Harnack, A., Zu Röm 1,7 (Znut\W III 83 —86): Statt ev “‘Pwun dyarnntoig
habe Origenes nur gelesen: ev ayann; dies sei auch die ursprüngliche
Lesart wewesen.
Garvie, A. E., Romans V14 (ExpT 350): Erklärt das To Barrtioua der
Stelle als die Taufe der Christen. nieht Christi.
Engel, M. R., Der Kampf um Röm 7. Fine hist.-exer. Studie (80. 52.
Gotha. Verlagsbur. M 1.—): Sucht die Richtirkeit der Auslegune von
Röm 7, 14tf vom „Wiedergebornen“ zu erweisen; vel. ThLtz XAXV111 39.
Hoennicke, G., Paulus und sein Verhältnis zur Gemeinde von Korinth
(Deutsch-ev. Blätt. X\XVIL 667—678;: Lehnt die „Zwischenreise* Pauli
ab und entnimmt dem 2 Kor. der „in einer wechselvollen Stimmung“
geschrieben wurde. eine Schilderung des energischen Verhaltens Pauli
gerrenüber den judaistischen und antinomistischen Strömungen in Korinth.
Achelis, H., Virgines subintroductae. Ein Beitrag zu 1Kor7 (8. VIII
u. 75. M 2.50): J. Rohr hatte in seiner Schrift: Paulus und die Ge-
meinde von Korinth (BSt IV 4. 67) zu 1 Kor 7, 36—38 bemerkt: „Voraus-
vesetzt ist dem ganzen l’assus ein Institut. das dem Syneisaktentum
nahe verwandt ist.“ Ohne dieses Buch näher zu kennen — es ist ihm
„uicht erreichbar“(!) —. kommt A. gleichfalls zu dem Resultate, dals
Paulus das Verhältnis eines Patrones zu seiner ouvaoaxın im Auge hat.
Im Falle grolser Gefahr der Inkontinenz dürfe er diese trotz ihres Ge-
lobnisses der Jungfräulichkeit verheiraten. Die neue Deutung ist auch
A. nicht zweifellos. Vor allem wäre die Richtirkeit der Lesart yaueirw
V. 36 sehr zu bezweifeln. Der von A. angenommene Subjektswechsel
anapraveı auf mapßevog bezogen) ist fast unerträglich. Auch der Beweis,
dals es sich um ein Gelöbnis der Jungfräulichkeit handelt. dessen Lösung
Paulus zulälst. ist nicht erbracht. Was A. sonst noch an kirchenge-
schichtlichen Zeugnissen für das Syneisaktentum und dessen Beurteilung
beibrinet, ist schr lehrreich. insbesondere die allerdings problematische
Parallele mit den Tiherapeutriden. Das reiche Material. das hier mit
feinem Takt behandelt ist. beweist aber, dals das Syneisaktentum des
idealen Zuges als „eine geistire Ehe“ durchaus nicht entbelhırte.
Kern, R., Die Auffassung des h. Abendmahles bei Paulus nach 1 Kor
10, 14. f. u. 11, 23[f (StKr LAXV 555—596): Obwohl der Verf. in der
realen Auffassung des Abendmahles weiter geht als die neuere protestan-
tische Theologie, ist ihm dasselbe doch nur eine unter den Gestalten
symbolisierte und mystische Mitteilung des vergeistigten Christusleibes.
Bibliographische Notizen. 221
Chauvin-Plet!, Ein Blatt paulinischer Theologie (Von der allremeinen
Auferstehung nach 1 Kor 15) (Kath. 3.F. XXV1 400-429): Syllogistische
Gliederung des Gedankengranges,.
Nestle, £&,1 Kor XV122\ExpT XIV 1%): Macht auf das Wortspiel auf-
merksam, das in der syrischen Form des V. mit em“ „lieben“ und o»r „Bann-
Huch“ vorliegt. Ebenso Röm 13.8 27 „schuldig sein“ und „lieben“, G.
Haufsleiter, Die Stelle 2 Kor 5, 21 in den Predigten Novatians (Nk
XIll 270-275): In der 19. Predirt Novatians (der Verf. schlielst sich
dem von C. Weyman zuerst behaupteten novatianischen Ursprung der
von Batiffol 1900 entdeckten und herausrerebenen „Tractatus Origenis“
vollständig an) wird 2 Kor 5. 21 in einer Form zitiert, welche auch der
arianische Bischof Maximinus i. J. 428 in einem Streite mit Augustinus
gebraucht hatte. nämlich cum (Christus) peccator non esset, pro nobis
peccatum fecit. H. vermutet. dals dies schon auf eine alte Variante im
griech. Texte: d un Wv duaprwäög statt TOv un Yvöovra duapriav beruhe.
Döller, J.. Der „stimulus carnis“ beim Ap. Paulus (Zk'Ih XAXVI 208—
211): Ramsay hatte denselben als Fieberantülle erklärt. Die ältere Väter-
exegese hielt ihn für äulsere Hindernisse (Satan etc... Erst seit dem
6. Jahrh. taucht die allein richtire Erklärung als Begierlichkeit auf.
Steffens, A., Der „stimulus carnis“ des hl. Ap. Paulus (ZkTh XXVI
6064): Im Gegensatz zu vorrenannter Deutung wird ein körperlicher
Schmerz angenommen,
Kennedy, H. A. A., „WWeakness and Power“ 2 Kor 13, 3.4 (ExpT XIII
344Yfi: Exexese der Stelle.
Schulz, O., Ti owWw 6 vouog; Verhältnis von Gesetz, Sünde und Evan-
gelium nach Gal 3 (Stkr LXXV 1-56): Auf Grund eingehender Exerrese
von Gal 3. 15-25 kommt der Verf. zu dem Resultate, dals nach Pauli
Lehre das Gesetz zur Erkenntnis der Sünde gegeben war. damit die
Menschen um so freudirer die befreiende Kraft des Ev beerülsen.
Whitaker, &6. H., St. Paul the Apostle. Epistle to the Ephesians ez-
plained (8%. 184. Ld.. Metliuen. 18 6d).
Ladeuze, P., Les destinataires de l’epitre aux Ephesiens (Rb XI 573—580):
Stellt die Hypothese auf. dals der Eph an die am Flusse Iris gelerenen
Gemeinden Nordkleinasiens gerichtet sei. Epl 1. 1] vermutet er statt
tols oVcıv Kal moTois Ev XpiotWw als ursprüngliche Lesart Toig oUdıv
kart "Ipıv Toig Ev Xpiotü.
Albani, J., Die Metaphern des Epheserbriefes (/wTh XIV 420 —440):
Die metaphorischen Ausdrücke des Epheserbriefes. wie sie Licht und
Finsternis. der Leib, Haus und Haushalt, das Rechtsleben. ferner ver-
schiedene andere Gebiete darbieten. werden in dankenswerter Weise und
übersichtlicher Form zusammengestellt und erörtert. Der Verf. erblickt
ın diesen Metaphern ein Mittel, „Paulus zu popularisieren“.
Askwith, E. H., Introduction to the Thessalonian Epistles (8°. 156. Ld.,
Macmillan. 4s): Vertritt die Echtheit und sieht in den eschatologischen
Vorstellungen auch ein politisches Moment.
Weiss, B., Die Briefe Pauli an Tim. u. Tit. 7.. verb. Aufl. (Krit.-exeg.
Komm. über das NT. XI. Abt. 80, 379. Gött.. Vandenhoeck. M 5.80).
Klöpper, A., Zur Christologie der Pastoralbriefe (1 Tim 3. 16) (Zwi'h XLV
339-361): Das allgemein bekannte und rerlaubte, aber nicht etwa von
Paulus aus einer andern Bekenntnisformel herüberrenommene uuoTNpLIovV
ns eboeßelag id. i. das Geheimnis der die Frömmigkeit Besitzenden im
Gerensatz zu den Glaubenslosen) lautet: Derjenize, welcher (ö5) im Fleische
erschienen ist (antidoketisch), ist im Geiste gerechtfertirt worden — was
vom Auferstandenen zu verstehen sei —, hat sich den Engeln zu deren
Freude gezeigt, wurde unter allen Völkern verkündet und fand Glauben
(Spitze gegen Mysterienkult) und ist derjenige, welcher definitiv in die
Herrlichkeitssphären aufsenommen worden war.
Haupt, E., Die Gefangenschaftsbriefe. 8. bezw. 7. Aufl. (Krit.-exeg. Komm.
222 Bibliographische Notizen.
über das NT. VIII. u. IX. Abt. 8°. VI u. 198. 247 u. 180. Gött., Vanden-
hoeck. M. 9.—).
Huyghe, C., Commentarius in epistolam ad Hebraeos (8%. V11I u. 283.
Gent, Huyshauwer & Scheerder. M 3.50.
Bartlet, Y., Barnabas and his genuine Epistle (Exp V 409-427, VI
28—30): Kommt durch eine Untersuchung: „Barn. the Hellenist Apostle“
und durch Prüfung der Tradition zum Resultat, dals Barn. der Verf. des
Hebr sei. der aus den Jahren 61—62 stammt.
Hoennicke, G., Die sittlichen Anschauungen des Hebrüerbriefes, vor allem
im Verhältnis zu den religiösen Voraussetzungen des Verfassers (ZwTh
XLV 24-40): Der Verf. will gegenüber Harnacks neuen Vermutungen,
dals Prisca die Verfasserin des Hebr sei. die Voraussetzung nicht zu-
geben, dals der Hebr in den paulinischen Kreis der ntl Schriften ge-
höre, und führt zum Beweise die ethischen Anschauungen des Hebr über
Glaube. Lebensgerechtigkeit, Kraft und Motiv des sittlichen Handelns an.
Die alte Hypothese, wonach der Hebr aus „der Missionskirche des
Barnabas“ hervorgegangen sei, hält der Verf. für wahrscheinlicher.
Shepardson, D., Studies in the Epistle of the Hebrews (12». 499. N.Y.,
Revell. $1.50).
Eagar, A. R., The Hellenic Element in the Epistle to the Hebrews (Hermat.
XXVII 263-287).
Thien, F., S. J.. Analyse de l’epitre aux Hebreux (Fb XI 74-86): Eine
Disposition und Inhaltsangabe des Hehr.
Bacon, B. W., Heb 1, 10—12 and the Septuagint Rendering of Ps 102. 23
(Znt\W 111 280—285): Sieht in der Übersetzung des 2 (Ps 102, 24) durch
arterpidn den Grund für die messianische Beziehung des Zitates im Hebr.
Kögel, J., Die Gedankcneinheit des ersten Briefes Petri. Ein Beitr. z.
ntl 'I'heol. (Beitr. z. Förd. christl. Theol. VI Hft 5,6. 8". 198): Untersucht
eingchend die dormatischen und moralischen Ausführungen des 1 Petr und
findet eine logische Gliederung des Ganzen heraus. Die im letzten Ab-
schnitt gezogenen Folgerungen über Verfasser. Adressat und Abtassungs-
zeit. die den positiven Anschauungen entsprechen, gibt er als Probabilia.
Harris, J. R., On a recent Emendation in the Text of St. Peter (Exp V
317—320): Besprieht die Konjektur zu 1 Petr 3, 19, wo Ev W kai aus ’Evwx
entstanden sein soll.
Ciemen, C., The first Epistle of St. Peter and the Book of Enoch (Exp
V1 316-320): Auseinandersetzung mit Prof. Rendel Harrıs über 1 Petr
1. 12 (Hen 1.2) und 1 Petr 3. 19.
Farmer, G., Did our Lord or Enoch, „Preach to the spirits in prison“ ?
(Exp VI 377f): Die Konjektur ’Evix statt ev db 1 Petr 3.19 war schon
1. J. 1763 durch Bowyer’s Conjectures of the NT bekannt.
Falconer, F. A., Is second Peter a genuine Epistle to the Churches of
Samaria? (Exp V 459—472 V147—56 117—127 218—227): Glaubt durch
Bejahung dieser Hypothese manche Schwierirkeiten beseitigen zu können,
untersucht die Verwandtschaft des Briefes mit atl u. ntl Schritten, Henoch
und besonders mit 1 Petr. lehnt die Datierung ins 2. Jahrh. ab und gibt
die Gründe für seine relativ schwache äulsere Bezeugung an.
Wohlenberg, (rlossen zum ersten Johannesbrief IIl u. IV (NkZ XIII
632—645 233—240): 1Jo 3.20 bezeichnet nicht die UÜberfülle der Gnade,
die das menschliche skrupulöse Herz beruhirt (Luther), sondern betont
die grölsere Erkenntnis Gottes. welche das Urteil unseres Herzens über-
ragt. V.19 liest der Verfasser: &unpoodev auToD TrElOOMEv TAG Kapdlac
nuWv, 6 rı edv Katayıyvuocn NUWV N) Kapdia= wir werden vor Gott unsere
Herzen zur Überzeugung davon bringen. wovon unser Herz uns Schuld
ibt. Die Worte 1Jo 5.18: 56 yevvndeig Ex ToO Beou Tnpel aurtöv sind auf
den einzigartig von Gott Geborenen. auf Jesus Christus zu beziehen, welcher
jeden von Gott geborenen (:hristen bewahrt.
Gibbıns, H. J., The second Epistle of St. John (Exp VI 228—236): „In2 Jo
Bibliographische Notizen. 223
wie in 1 Petr ist die prophetische Figur einer Frau, welche eine Gemeinde
repräsentiert, herübergenommen worden für eine christliche Kirche.“
ohlhofer, M., Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypyo-
thesen verteidigt (BSt VII 4. 8°. VIII u. 143. Freib., Herder. M3.—):
Greift sehr wirkungsvoll in eine von der modernen Kritik viel verhandelte
Streitfrage vom kathol. Standpunkt aus ein und widerlegt eingehend alle
einzelnen gegen die Einheit gerichteten Hypothesen der Kritiker. Der
positive Teil der Aufgabe ist bei dieser hauptsächlich defensiven Arbeit zu
kurz gekommen. Die erfreulichen Ansätze dazu (S. 103ff: einheitl. Dis-
position, und 133ff: Sprachliches) müssen ausgebaut werden.
Corssen, P., Noch einmal die Zahl des Tieres in der Apk (ZntW III
238—242): Das Prinzip der lsopsephie sei hierbei angewendet. Ein Tier
hat den Namen X. welcher nach dem Zahlenwert der Buchstaben die
Summe 666 gibt; 666 lälst sich aber auch aus dem Namen eines Menschen
herausrechnen; das bedeute Apk 13. 18.
d) Ntl Apokryphen.
Lichtenhahn, R., Die pseudoepigraphe Literatur der Gnostiker (ZntW III
222—237 286—299): Gibt einen Überblick über die angebl. Offenbarungen
vorchristlicher Autoritäten, Christi selbst und der Apostel.
Zahn, Th., Retractationes 4 (NkZ XILI 19—22)1: „Das Protevangelium
in seiner noch um 400 vorhandenen ursprünglichen Gestalt hat nicht die
davidische, sondern die levitische Herkunft der Maria bezeugt.“
Nestle, E., Ein syrisches Bruchstück aus dem Protevangelium Jacobi
(ZntW Ill 86 f): Die Berliner Hs 203 (Sachau 27) f. 59. 60 bietet zwei
Fragmente des genannten Apokryphon, von Sachau vollständig ab-
gedruckt. N. macht textkritische Vergleiche mit der griech. Vorlage. G.
Stocks, Zum Petrusevangelium I ıNkZ XIII 276—314): Das Petrus-
evanzelium setzt die vier kanonischen Evangelien voraus, malt aber die
Berichte schon nach der Art der Midraschim aus, wobei es aus der
jüdischen Literatur neue Vorstellungen übernommen hat.
Usener, H., Eine Spur des Petrusevangeliums (ZntW 1II 353—358): Sie
ist enthalten in einer romanartigen Erzählung von Petrus und Pankratius
im Vindob. hist. gr. 3. Die betr. Stelle und das nur aus den kauonischen
Evv geschöpfte Lebensbild Jesu werden ediert.
Dobschütz, E. v., Der Prozefs Jesu nach den Acta Pilati (ZntW III
89-114): Für den als ursprünglich geltenden 1. Teil der Acta waren die
Formen des römischen Strafprozesses im 4. Jahrh. n. Chr. vorbildlich.
Doch finden sich Ungenauigkeiten.
Mommsen, Th., Die Pilatus-Acten (ZntW III 198—205): Weist gegen-
über der vorgen. Abhandlung nach, dals keineswegs das Akkusations-
verfahren des römischen Strafprozesses für den Verf. der Akten, die wohl
vor Eusebius abgetalst wurden, maisgebend war.
Abbott, G. F., The keport and Death of Pilate (JthSt IV 83-86):
Edition dieses Apokryphons aus einer späten Hs.
Baumstark, A., Die Petrus- und Paulusacten in der literar. Überlieferung
der syrischen Kirche (8°. 80. Lp., Harrassowitz. M 4): Durchtorscht An-
„aben von Uhronisten, Apostelverzeichnisse usf., übersetzt griech. Stücke,
auf syrischem Boden entstandene „contaminierte syrische Texte“ und die
jungen Karshunitexte. Nur die als gnostisch geltenden Akten haben die
Entwicklung beeintlulst. Vgl.v. Dobschütz in ThLtz XXV1I 274— 2376.
Peeters, P., Notes sur la legende des apötres s. Pierre et s. Paul dans la
litt. syrienne (Anal. Boll. XXI 121—140): Auseinandersetzuug mit dem
vorgen. Aufsatze Baumstarks.
Jacoby, A., Ein Fragment der Petrus- Paulusakten (Rec. de Trav. relat.
a la phil. et l’arch. eg. et assyr. XAXI1V 42—44): Koptisch, aus Strals-
burger Papyrus; stimmt nicht genau zum griech.-lat. Text. G.
Dobschütz, E. v., Joseph von Arimatkia (Z. f. Kirchengesch. XXIII
224 Mitteilungen und Nachrichten.
1—17): Behandelt die Legenden über ihn, besonders ein kürzlich von
Harnack ins Deutsche übertragenes georgisches Apokryphon, an welchem
das Zusammenwachsen zweier Lesenden konstatiert wird.
Franko, J., Beiträge aus dem Kirchenslavischen zu den Apokryphen des
NT (ZntW III 146—155 315—335): Ediert in deutscher Übersetzung ein
in kirchenslavischer Sprache enthaltenes Fragment aus dem verlorenen
Teile der Pseudoklementinen, ebenso ein längeres Fragment, das wohl
Züge der alten ınostischen tepiodor TTerpov wiedergibt.
München, Februar 1903. J. Sickenberger.
Mitteilungen und Nachrichten.
Über die „Commissio pontificia de re biblica“. Von den oben S. 112
genannten Kardinalsmitgliedern ist Kardinal Parocchi am 17. Jan. 1903
gestorben. Zu Mitrliedern und Konsultoren der Kommission wurden
folgende 40 Gelehrte ernanut: Amelli O.S. B. (Monte Cassino), Balestri,
Bardenhewer (München), Cereseto (Genua), Ceriani (Mailand),
Chauvin. Clarke (London), Cornely S. J., Düsterwald (Köln),
Esser O. Pr. (Rom), Fillion (Paris), Fleming O.F.M. (Rom). Fourad
(Rouen‘, Fracassini(Perugia), Gismondi 8. J. (Rom). Gonfalonieri
(Florenz), Grannam (Washington), Gutberlet (Fulda). Hoberg (Freiburg
ı.B.). van Hoonaker(Löwen) Hummelaucr S..J. (Valkenberg), Jorsio
(Valencia), Laxrange OÖ. Pr. (Jerusalem), Lamy (Löwen), Lerendre
(Angers), Lepidi OÖ. Pr. (Rom), Lesetre (Paris), Mangenot (Nancy),
Mercati (Rom), Poels, Prat S.J., A. Schäfer (Breslau), B. Schäfer
(Wien), Scheil O. Pr.. Talamo (Rom), Vetter (Tübingen), Virouroux
(Paris), Weickert O. S. B. (Rom), H. Weils (Braunsberg). — Als
Sekretäre fungieren P. Dav. Fleming, Vie. Gen. OÖ. F. M., und F. GC.
Vieouroux, Prof. am Institut catholique zu Paris.
Preisfrage. Aus der Lackenbacherschen Stiftung ist durch das Dekanat
der theol. Fakultät in Wien cine Prämie von 800 K für die beste Lösung
der Preisfrage zu vergeben: Epistolarum ad Ephesios et Colossenses doctrina
de persona Salvatoris et ‚de eius opere salvifico systematice proponatur,
Biblische Vorträge. Uber Tharschisch, Ophir und Indien sprach Prof.
G. Oppert in der Dezembersitzung 1902 der Ges. f. Anthropologie.
Ethnologie und Urgeschichte zu Berlin. Er hielt einen mittlern Stand-
punkt fest. Die dreijährigen Ophirfahrten (1 Rg 10, 22; 2 Chr 9, 21)
gingen nach Indien; andere mögen naclı Ostafrika gerichtet gewesen sein.
Man kann auch Sephara an der arabischen Küste, als Stapelplatz für die
Goldlieferungen anderer Länder, mit Ophir in Verbindung bringen. Das
Fehlen genauerer Angaben in der Bibel erklärt sich aus geschäftlicher
Vorsicht. Tharschisch ist Tartessar in Spanien (Deutsche Ltztg 1903. 4,
232f). — Am 12. Januar 1903 hielt Prof. Delitzsch einen zweiten Vortrag
über Babel und Bibel. — Im Januar sprach auch Prof. Hilprecht in
Berlin, Leipzig und München über den B£l-Tempel zu Nippur.
Personalien. K. Siegfried, o. Prof. der atl Theologie an der Uni-
versität Jena, ist am 9. Jan. 1903 gestorben. — Zum a. o. Prof. f. atl
Exegese an der kath. theol. Fakultät der Univ. Bonn wurde F. Feld-
mann ernannt. — An der neuregründeten kathol.-theol. Fakultät der
Univ. Stralsburg erhielt den Lehrstuhl für NT Prof. A. Schäfer (Breslau).
den für A’T Privatdozent M. Faulhaber (Würzburg). — Die a. o. Pro-
fessoren für NT P. Dausch am Lxz. i. Passau und Fr. X. Kiefl am
Lyz. i. Dillinsen vertauschten ihre Stellen. — Mit der Stellvertretung
G. Dalmans, des nunmehrigen Leiters des deutschen Instituts zur Er-
forschung der Altertümer des Il. Landes in Jerusalem. in seinen Funktionen
als Vorstand des Institutum Judaicum in Leipzig zur Vorbildung für
Judenmissionäre wurde Lic. theol. P. Fiebix betraut.
Druck von W. Drugulin in Leipzig.
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau
sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: |
Belser, Dr Johannes, Einleitung in das Neue Testament.
gr. 8° (VllI u. 852) M 12.—; geb. in Halbfranz M 14.60
— Beiträge zur Erklärung der Apostelgeschichte auf Grund
der Lesarten des Codex D und seiner Genossen geliefert. Mit Appro-
bation des hochw. Kapitelsvikariats Freiburg. gr. 8° (VIII u. 170)
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Feldmann, Dr Franz, Textkritische Materialien zum Bach
der Weisheit gesammelt aus der sahidischen, syrohexaplarischen und
armenischen Übersetzung. gr. 8° (VIII u. 84) M 1.20
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primum in lucem edita, prolegomenis, commentario critico, indice
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bis 2, 3) erklärt. 8° (IVu.94) M1.—
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ments. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg.
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Erster Teil. (VI u. 188) M 2.20
Zweiter Teil. (VI u. 264) M 3.20
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der Theologie. gr. 8°
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des Alten und des Neuen Testaments. Mit Approbation des hochw.
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Zwei weitere Bändchen (Biblische Archäologie und Iermeneutik)
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Isaias. Mit Approbation des huchw. Capitels-Vicariats Freiburg.
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Szekely, Dr Stephanus, Hermeneutica biblica zeneralis
secundum principia catholica.. Cum approbatione Rev. Ordinariatus
Strigoniensis. gr. 8° (IV u. 446) M 5.—; geb. in Halbfranz A 6.80
Zenner, J. K., S. J., Die Chorgesänge im Buche der Psalmen.
Ihre Existenz und ihre Form nachgewiesen. In zwei
Tbeilen. Mit Approbation des hochw. Kapitelsvicariats Freiburg. 4°
(XIV u. 164) M 10.—
I. Theil: Prolegomena, Vebersetzungen und Erläuterungen. Mit
einem Titelbilde: Die Sängerriegen des ersten 'Tempels nach Kosmas
Indicopleustes. (Cod. Vat. Graee. 699.) (VIIl u. 92)
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Dausch, Dr P., Die Schriftinspiration. Eine biblisch-ge-
schichtliche Studie. Gekrönte Preisschrift. Mit Approbation des
hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (VII u. 242) M 3.50
— Der neutestamentliche Schrifteanon und Clemens von
Alexandrien. Ein Beitrag zur Geschichte des neutestamentlichen
Canons. Habilitationsschrift Mit Approbation des hochw. Herrn
Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (Vlil u. 58) M1.—
Hummelauer, Fr. von, S. J., Das vormosaische Priesterthnm
in Israel. Vergleichende Studie zu Exodus und 1 Chron. 2—8. Mit
Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. gr. 8°
(VIII u. 106) M 83.—
Langer, J., Das Buch der Psalmen in neuer und treuer
Uebersetzung nach der Vulgata, mit fortwährender Berücksichtigung
des Urtextes. [Mit gegenüberstehendem lateinischem Text.) Dritte
Auflage. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von
Freiburg. gr. 8° (VIII u. 522) M 5.—; geb. in Halbfranz M 7.—
— Das Buch Job in neuer und treuer Uebersetzung nach der
Vulgata, mit fortwährender Berücksichtigung des Urtextes. Dritte
Auflage. — Das Hohelied nach seiner mystischen Erklärung. (Eine
Paraphrase) Zweite Auflage. Mit Approbation des hochw.
Herrn Erzbischofs von Freiburg und des hochw. Herrn Bischofs von
I,uxemburg. Beide Werke in einem Band. gr. 8° (XX u. 220 und
X u. 86) M 3.—; geb. in Halbfranuz M 480
Schanz, Dr Paul, Commentar über das Evangelium des
hl. Matthäus. Mit Approbation des hochw. Capitels-Vicariats Freiburg.
gr. 8° (VII u 562) M 7.—
— (Commentar über das Evangelium des hl. Mareus. Mit
Approbation des hochw. Capitels-Vicariats Freiburg. gr. 8° (Xli u. 436)
M
— Commentar über das Evangelium des hl. Lucas. gr. 80
(X u. 574) M 7.60
— (Commentar über das Evangelium des hl. Johannes. gr. 8°
(VI u. 600) M 8.-- .
Trenkle, Dr Franz Sales, Einleitung in das Nene Testament.
Mit Approbation des hochw. Kapitelsvikariats Freiburg. gr. 8°
(XII u. 488) M 5.60; geb. in Halbfranz M 7.20
— Der Brief des heiligen Jacobus erklärt. Mit Approbation
des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (VIIIu.414) M6.—
Weiss, Dr Hugo, Moses und sein Volk. Eine historisch-
exegetische Studie. Mit oberhirtlicher Approbation. gr. 8° (IV u. 162)
M 2.40
-— Die Bergpredigt Christi in ihrem organischen Zusammen-
hange erklärt. Mit Approbation des hochw. Herrn Bischofs von
Ermland. gr. 8° (VIII u 112) M 1.80
— Judas Makkabaeus. Ein Lebensbild aus den letzten grossen
Tagen des israelitischen Volkes. Mit Approbation des hochw. Herrn
Bischofs von Ermland. gr. 8° (VIll u 122) M2.—
HERAUSGEGEBEN VON
BERGER un» Dr J0S. SICKENBERGER
IR AM Kal, IMERUM A. 0. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT
FREISING, j MÜNCHEN.
ERSTER JAHRGANG.
DRITTES HEFT.
|
FREIBURG IM BREISGAU. |
RDERSCHE VERLAGSHANDLUNG. |
1903.
IRLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO. |
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Inhalt des dritten Heftes.
Der Turmban zu Babel = 11, 1—9). Von Dr Otto Happel
in Kitzingen . . ee ee a 228
Über Nehemias und Esdras. Von Dr Paul Rie/sleriin Blaubeuren 232
Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. II. Von Prof.
Dr M. Faulhaber in Würzburg . 2202002 00...246
Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung bis zur Ab-
fassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). I. Von Rektor a.D.
Joseph Aberle in Breslau . nn nn 26
Das Comma loanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. Von Prof.
Dr Aug. Bludau in Münster i. W. . . 2202 002.00...280
Besprechungen. . men ee 8083
Bibliographische Notizen (Allgemeines. Literatur zum AT) . . 305
Mitteilungen und Nachrichten . . un nee. 338
Jährlich erscheinen 4 Hefte im Umfange von je etwa 6 Bogen gr 8°.
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.—
Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak-
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, Freising [Bayern], Domberg 958, für
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Siekenberger, München,
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen.
Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem
Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf-
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br.
Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
Von Dr. Otto Happel in Kitzingen.
1. Die ursprüngliche Gestalt der Erzählung.
achdem man bisher an der Einheitlichkeit von Gn 11,1—9
N nicht gerüttelt hatte, nimmt Gunkel! auch hier Quellen-
verarbeitung an, d. h. zwei vollständige, parallele Berichte, eine
ältere Turm- (T) und eine jüngere Stadtrezension (St), die der
Redaktor geschickt ineinander geschoben habe. Zugleich
unternimmt es G., die ursprünglichen Berichte aus dem jetzigen
Texte zu rekonstruieren. — Auf diese Art der Textentstehung
von Gn 11, 1—9 deuten nach G. folgende Momente:
1. Der doppelte Zweck des Baues V.4: a) er soll den
Erbauern einen Namen oder Ruhm verschaffen, b) er soll ihre
Zerstreuung über die Erde verhüten. — Allein das sind keines-
wegs verschiedene, miteinander unvereinbare Motive. Das
stolze Bauwerk soll das Selbstbewulstsein und das Gefühl der
Zusammengehörigkeit heben und so die Trennung verhindern.
Grofse nationale Unternehmungen sind ein fester Kitt der
Einheit. |
2. Die beiden Angaben V.38: a) dals Gott die Men-
schen zerstreut, und b) dals sie aufhören, die eine Stadt zu
bauen, bilden nach G. keinen guten Zusammenhang; letzteres
sei selbstverständlich. — Allein wird nicht häufig die Folge
ausdrücklich betont?
3. Die Angabe über das Material V.3 scheine eine
doppelte zu sein. — Allein 3b ist eine spätere Glosse, welche
I Genesis, übersetzt und erklärt, 1901 (Handkomm. z. AT, herausgeg.
von Nowack I).
Biblische Zeitschrift. I. 3, 15
226 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
die Rede 3a unterbricht, weshalb 4a das „da sprachen sie“
aus 34 wiederholt werden muls. Diese auffallenden doppelten
Einführungsworte werden merkwürdigerweise von G. nicht be-
anstandet.
4. Das doppelte Herabsteigen Gottes V.5 und 7. Die
Annahme eines mehrmaligen Hin- und Herfahrens Gottes
zwischen Himmel und Erde wird von G. mit Recht verworfen.
Denn das mülste erstens im Text angedeutet sein, und zweitens
wäre die Vorstellung, dafs Gott nach geschehener Orientierung
ın den Himmel zurückkehre, um über die weiteren Schritte
sich zu beraten, sicherlich Gottes unwürdig. Diese Schwierig-
keit bleibt also bestehen, und es ist m. E. anzuerkennen, dafs
das doppelte Herabsteigen nicht ursprünglich sein kann, dem-
gemäls der Text 11,1—9 keine ursprüngliche Einheit darstellt.
Schon Augustin (De civ. Dei 16,5) empfand das doppelte Herab-
steigen als eine Schwierigkeit und falste V. 7 als „recapitulatio“
von V.5 auf. Nach ihm ist der Sinn: Gott steigt herab (V. 5)
und spricht dabei: Siehe, sie sind ein Volk... (V.6), deshalb
lasset uns herabsteigen...(V. 7). Diese Auffassung ist deshalb
unmöglich, weil V.6 nach dem Zusammenhange nur auf Erden
gesprochen sein kann, und weil für das Herabsteigen V. 5 und
V.7 ein verschiedenes Motiv angegeben ıst. Gegen die Ein-
heitlichkeit spricht ferner, dafs bald von „Turm und Stadt“, bald
von „Stadt“ allein die Rede ist. Auffallend ist es weiterhin,
dals V. 9, wie es nach Glossen öfter geschieht, zum Schlusse
von V. 8a zurückkehrt. Auch V.1 steht völlig isoliert wie eine
nachträglich an die Spitze gestellte Vorbemerkung.
G. also erklärt diese Eigentümlichkeiten aus der Zu-
sammenarbeitung zweier Quellen. Bei der Ausscheidung des
Textes für jede derselben geht er von der Etymologie Babel
von balal „verwirren“ aus und weist der Stadtrezension alles
zu, was damit zusammenhängt, also besonders 1 6a 7 8b 9.
Weil er aber zwei vollständige, parallele Berichte annimmt,
deren jeder für sich einmal allein stand, so mulser .B. V. 2,
nachdem V.1 zur Stadtrezension gehört, der andern zusprechen,
obwohl hier kein äufserliches Zeichen der Zugehörigkeit zu
Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1-9). 227
einer der beiden Rezensionen gefunden werden kann. Das-
selbe ist zu sagen über die Zuweisung von 4ba („wir wollen
uns einen Namen machen“) zu St und von 4bß zu T. In
dieser Weise rechnet G. zu T: 2 4a (ohne „Stadt“) bß 3b
(hierher zu versetzen) 5 6b („das haben sie nun angefangen...“)
8a (nach diesem Vers ist ein zu 9a paralleler Satz ausgefallen:
deshalb nennt man den Turm „Zerstreuung“) 9b. — Alles
andere gehört zu St: 1 3a 4a (ohne „Turm“) ba 6a 7 8b 9a.
Gegen diese Zerreilsung des Textes ist aulser dem oben
Gesagten vor allem zu bemerken, dafs sie vielfach durch nichts
anderes als durch die vorausgesetzte Existenz eines Doppel-
berichtes zu begründen ist. Im einzelnen ist einzuwenden:
1. Der Turm schützt nicht an sich vor der Zerstreuung, sondern
nur insofern, als durch ihn der Ruhm (Name) der Menschen
. erhöht wird; also gehören die von G. auseinandergerissenen
Sätze Aba und ß zusammen. — 2. V. 6b (T) erwartet man den
Grund, warum nun den Menschen nicht mehr gewehrt werden
kann. Der diesen Grund enthaltende Satz 6a darf deshalb
nicht mit G. der andern Rezension zugewiesen werden. — 3. V.8b
(„sie mulsten vom Bau der Stadt abstehen“) scheint sich auf
6b gegensätzlich zu beziehen; beide Sätze werden demnach zu
derselben Erzählung gehören. — 4. Wenn Doppelberichte vor-
lägen, so müflste wohl analog 8b die Einstellung des Turm-
baues erzählt sein. — 5. G. selber gesteht, dafs blols seiner
Theorie wegen die irrtümliche Versetzung von 3b von seiner
ursprünglichen Stelle hinter 4b hinweg angenommen werden
muls, sowie der Verlust eines 9a parallelen Satzes. — Dazu
kommt, was G. nicht bemerkt hat, 6. der sehr wichtige Um-
stand, dafs nach G. das Wort „Stadt* V.5 ganz unerklärlich
ist, denn 5 gehört ja zu T.
Die Annahme eines Doppelberichtes kann demnach m. E.
die Eigentümlichkeiten von Gn 11, 1—9 nicht erklären. Die
Möglichkeit von Doppelberichten kann nicht bestritten werden;
aber mufs denn hier ein solcher unbedingt vorliegen? Oder
läfst sich nicht vielleicht die Textgestalt von Gn 11, 1—9 auf
andere Weise besser und natürlicher erklären?
15*
228 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
1. Das einfachste wäre es, anzunelımen, es habe zwei Re-
zensionen gegeben, die aber nicht vollständige Parallelberichte
waren, sondern sich einzig dadurch unterschieden, dals die
eine überall „Turm“ sagte, wo die andere „Stadt“ aufwies.
Diese Annahme scheitert daran, dals V. 8b und 9 blofs von
„Stadt“ die Rede ist.
2. Man könnte nun schlielsen, dafs die Turmerzählung die
ursprüngliche sei, und dafs alles, was mit „Stadt“ und mit
Babel und der Sprachverwirrung zusammenhängt, spätere
Erklärung darstelle: demgemäls wäre auch das zweite Herab-
steigen Gottes V. 7 dieser erklärenden Rezension zuzuweisen.
Dem steht entgegen, dafs „Stadt“ auch in Verbindung mit
dem ersten Herabsteigen V.5 genannt wird.
3. Alle Schwierigkeiten verschwinden, wenn angenommen
wird, dafs zunächst, wie unter 1. angedeutet, zwei bis auf
die Wörter „Turm“ resp. „Stadt“ identische Urerzählungen
existierten, die aus 2 3a 4 (ohne „sie sprachen“) 5 6 8a
bestanden. Darauf, dals die Erzählung anfänglich mit 8a
endigte, weist der Umstand hin, dafs der jetzige Schlufs zu
8a zurückkehrt. Diese Urerzählung ist durch Kürze und
straffen Gang überaus wirkungsvoll: Die Menschen sind zum
Bewufstsein der Einheit gekommen und dadurch übermütig
geworden. Sie planen zum Zeichen und zur Erhaltung der
Einheit einen stolzen Bau. Gott sieht ihr Beginnen und besinnt
sich nicht lange; er weils, wie er dem Übermute Einhalt ge-
bietet, er lacht ihrer und zerstreut die auf die in der Einheit
liegende Macht pochenden Menschen über die Erde. So er-
geht es denen, die gegen den Herrn zusammenstehen: sie
werden wie Spreu zerstieben. So sollen wir zwischen den
Zeilen lesen. — Diese Erzählung erfuhr in der Stadtrezension
dadurch eine Erweiterung, dals die „Stadt“ mit Babel gleich-
gesetzt und dies von balal „vermengen“, „verwirren“ abgeleitet
wurde. Diese Etymologie war schon durch 6a nahe gelegt.
Ich halte nämlich (gegen G.) dafür, dafs in 6a schon ur-
sprünglich „eine Sprache“ neben „ein Volk“ stand, und dals
gerade dadurch die einleitende Bemerkung V. 1 veranlafst
Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9),. 229
wurde: „und es bildete! sich auf der ganzen Erde dieselbe
Sprache mit denselben Worten.“ Diese erweiterte Rezension
sieht eben das Gericht in der Verwirrung, darum hebt sie
die vorausgehende Einheit hervor. Freilich stünde V.1 besser
nach V.2; in diesem Falle würde V. 3 angeben, welches der
Inhalt des gemeinsamen Sprechens war. Vielleicht ist V.1 in
dem Exemplar des Redaktors, das im Texte die Urerzählung
und am Rande die Erweiterung enthielt, versehentlich an eine
unrichtige Stelle geraten. — Dem erklärenden Charakter dieser
Rezension entspricht der Zusatz 8b. — Theologischer Reflexion
ist V. 7 entsprungen. Der Verfasser fand es wohl mit Gottes
Würde nicht recht vereinbar, dals er herabsteigen müsse, um
eine Sache zu erkennen, während das Ausziehen Gottes zum
Gerichte ein der Bibel geläufiger Ausdruck ist und deshalb
nicht anstölsig schien. V. 5 mulste und konnte in der Er-
weiterung wegfallen. Der Redaktor aber behielt gewissenhaft
jedes Wort sowohl der Urerzählungen als der Erweiterung bei.
Er legte sich wohl die Sache so zurecht, dafs er in dem ersten
Herabsteigen das göttliche Wissen, in dem zweiten das ent-
sprechende Handeln ausgedrückt fand. In diesem Sinne wider-
spricht ein mehrmaliges Herabsteigen nicht; freilich der naiven
Urerzählung lag diese Reflexion ferne. — In V.9, der die Etymo-
logie enthält, schliefst der Erklärer nach einem am Ende von
Glossen nicht seltenen Gebrauche schön und kräftig mit den
Schlulsworten der Urerzählung.
Demnach besteht Gn 11, 1—9 nicht aus zwei vollständigen,
ineinander geschobenen Parallelberichten, sondern aus einer
Urerzählung (T und St) und aus einer Erweiterung, die V. 1
7 8b 9 zufügte und V. 5 wegliels oder vielmehr in 7 anders
falste.e Beide Rezensionen waren wohl nebeneinander in Ge-
brauch, und die jetzige Gestalt von Gn 11,1—9 erklärt sich
ı Über diese von der herkömmlichen abweichende Übersetzung siehe
den zweiten Artikel. Einstweilen sei auf das Waw consec. verwiesen und
bemerkt, dafs nach dem Buch der Jubiläen 3, 28 auch die Tiere vor dem
Sündenfall eine Lippe und eine Sprache hatten, worunter im Gegen-
satz zu ihrer späteren Zerstreuung ihre frühere Einheit verstanden wird.
230 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
am besten durch die Annahme, die Endredaktion habe die
beiden Rezensionen einem Exemplare entnommen, in welchem
neben der Urerzählung die Erweiterung am Rande einge-
tragen war.
Die Annahme derartiger Erweiterungen, Anwendungen,
Erklärungen heiliger Stücke durch die Lehrer des Volkes
scheint mir sehr natürlich. Solche Bearbeitungen heiliger
Texte durch berufene, prophetische Organe müssen sogar
angenommen werden im Hinblick auf die jetzige Textgestalt
mancher heiligen Bücher, besonders auch mancher ursprüng-
lich alphabetisch geordneten Psalmen und sonstiger Schriftteile,
z. B. Nah 1!. Das Urteil über den göttlichen Charakter solcher
Bearbeitungen stand derselben Autorität zu, welche über die
Aufnahme heiliger Schriften überhaupt entschied.
Es ist mir sogar mindestens sehr wahrscheinlich, dals
sich die Existenz einer zweiten, erklärenden Erweiterung der
Gn 11, 1—9 zu Grunde liegenden Urerzälhlung nachweisen lälst,
und zwar beruht diese auf einer andern Etymologie von Babel.
Die interessante Beweisstelle, die m. W, unter diesem Gesichts-
punkte noch nicht gewürdigt wurde, ist Sap 10, 5: aütn (die
Weisheit) xai &v önovoiga ovnpiag EOvWv GUYxudevrwv eÜpe
tov dikarov (Abraham) kai Erripnoev autöv dneurtov Bew. Hier
kann oüyxuoıg unmöglich Zusammenschüttung = Verwirrung
bedeuten, sondern nur Vereinigung, Zusammenrottung in ge-
meinsamer Bosheit (vgl. Kaulen, Einleit. 335). Da aber LXX
oüyxvoıs Gn 11,7.9 für 992 resp. 922 setzen und Sap 10,5
die Beziehung auf den Turmbau unverkennbar ist, so muls
dieser Stelle eine Variante zu Gn 11,9 zu Grunde liegen, die
lautete: deshalb heilst man den Ort Babel, denn dort rotteten
sich die Völker (gegen Gott) zusammen, und von dort hat sie
Gott zerstreut. Die Bedeutung: sich mischen mit andern,
sich zugesellen, vereinigen hat balal (Hitpo.) auch Os 7,8.
Auch in den andern semitischen Sprachen hat das Wort die
ı Darüber vgl. meinen Aufsatz in Bibl. Studien VI 1,2 (1901), 25— 38
und meine Erklärung zu Nahum, Würzb. 1902, 39—49.
Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 231
Bedeutung: mischen, zusammengielsen; s. die Wörterb. — Man
wird gestehen müssen, dals die Sap 10, 5 erhaltene Variante
Gn 11, 9 stilistisch übertrifft wegen der wirksamen Gregen-
überstellung von: sich zusammenrotten — zerstreut werden.
Ich halte erstere Variante für die ältere, einmal aus dem eben
genannten Grunde und zweitens, weil sie sonst keine Erweite-
rung der Urerzählung bedingt, also V. 1 und 7 noch nicht
umfalst.
Auch nach Flav. Josephus (Antigq. 1, 4) beschreibt Gn 11
die gottfeindliche Zusammenrottung der Menschen, die Gottes
ausdrücklichem Befehle, sich zu trennen, trotzen und in ihrer
Einheit Schutz gegen Gott suchen. Die Etymologie balal
= sich zusammentun klingt nach in der bei den Vätern, z.B.
Hesvchius Hieros. zu Is 13,1 u. ö. vorkommenden Gleichung:
. Babylon=f tüv eidwAwv oüuyxuong,derZusammenflufs, Einigungs-
punkt der Götzen.
Sogar eine zweite Variante zu Gn 11,9 könnte Ps 2, 5
vorliegen: Sie rotten sich zusammen (LXX) gegen den Herrn,
er aber lacht ihrer und schreckt sie. 5r12 könnte gleichfalls
auf Babel anspielen wollen.
Über Nehemias und Esdras.
Von Dr. Paul Riefsler in Blaubeuren.
ie Zuverlässigkeit von Esr 5, 1—6, 15 und die der Esdras-
und Nehemiasmemoiren, ebenso wie die der Prophetien von
Aggäus und Zacharias, wird hier als anerkannt vorausgesetzt.
Nicht so die der Zusätze des Chronisten (Esr 1; 3, 1-4, 6. 24;
6, 16—22). Diese werden von vielen als unzuverlässig erklärt
und zwar aus dem Grunde, weil sich zwischen ihnen und den
andern bekannten Quellen Widersprüche nachweisen lassen.
Ob es sich aber dabei um wirkliche oder nur scheinbare Wider-
sprüche handelt, scheint nicht immer in Betracht gezogen worden
zu sein. Und doch ist die Beantwortung dieser Frage un-
erläfslich, denn „ehe wir uns zur Konstatierung von einander
ausschlielsenden Widersprüchen“ und damit zur Konstatierung
der Unzuverlässigkeit der einen oder der andern Quelle „ent-
schlielsen, müssen wir sorgfältig geprüft haben, ob nicht etwa
nur scheinbare Widersprüche vorliegen“ (Bernheim, Lehrb.
d. histor. Methode, 1889, 376). Daher muls dieser Frage im
Folgenden besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die
Zuverlässigkeit von 3 Esr mag bestritten werden; doch wird
man einzelnen seiner Angaben geschichtlichen Wert nicht
absprechen können. Jedenfalls muls der Kern des ganzen
Abschnittes, die Tatsache der Rückkehr der Exulanten, als
geschichtlich angesehen werden. 3 Esr hat auch noch die
ursprüngliche Textfolge der Memoiren des Esdras bewahrt:
3 Esr 8, 1—9, 36 = Esr 7, 1—10, 44. 3 Esr 9, 37—55 = Neh 7,
72—8, 12; aulserdem dürfen wir als sicher voraussetzen, dafs
ursprünglich auch 8, 13—18; 9, 1—10,40 des jetzigen Nehemias-
buches sich daran angeschlossen hat. An 3 Esr lehnt sich
Rie(sler, Über Nehemias und Esdras. 233
Fl. Josephus in den „Altertümern“ 11, 1ff enge an, mit Aus-
nahme von zwei Stücken unbekannten Ursprungs, einem Brief
des Kyros (11,1,3) und einer Klage Zorobabels am persischen
Hofe (11,4, 9). Die Zuverlässigkeit des Josephus ist im Hin-
blick auf eine Anzahl chronologischer Unwahrscheinlichkeiten
und Widersprüche in der Darstellung der nachexilischen Ge-
schichte nicht besonders hoch zu werten.
1. Nehemias; die Zeit seines Auftretens und seine
Person.
Um die Zeit, in der Nelıemias aufgetreten ist, näher be-
stimmen zu können, müssen wir auf die Zeit der Eroberung
Babels durch Kyros und auf den Erlafs, den derselbe zu Gunsten
der Exulanten gegeben hat, zurückgreifen. Als gesichertes
Datum der Eroberung Babels wird hier der 16. Tisri =
10. Okt. 539 v. Chr. und als das des Einzuges des Kyros der
3. Marhe$wan = 27. Okt. 539 (s. Ed. Meyer in ZatW 1898, 339)
angenommen. Ebenso wird als sicher vorausgesetzt, dals bald
darauf Kambyses zum König von Babel ernannt wurde. In
die Zeit nach Babels Eroberung fällt nun auch die Herausgabe
jenes Erlasses zu Gunsten der Exulanten. Dieser Erlals ist
mehrfach bezeugt (Esr 1,1ff; 5,13ff; 6, 3ff). Derselbe ent-
hielt nach dem Zeugnis der Quellen 1. den Befehl zur Wieder-
herstellung des Tempels (Esr 6,3; 5,13; 1,2; 4,3); 2. die
Anweisung zur Übernahme der Baukosten auf die kgl. Kasse
(Esr 6, 4); 3. verschiedene Anordnungen über die Grölse des
Tempels und die Art der Bauausführung (6, 3. 4); 4. den
Befehl zur Rückgabe der heiligen Geräte (6,5; 5,14; 1, 7)
und zur Auslieferung derselben an den von Kyros eingesetzten
Statthalter Sesbassar, der in Esr 1,8 „Fürst über Juda“ ge-
nannt wird. Aufserdem weils Esr 3,7 noch von einer Er-
laubnis zur Beschaffung von Libanonzedern. Man hält zwar
diese Stelle vielfach für eine Kopie von 1 Rg 5, 21ff, alleın
jene Erlaubnis ist an sich nicht unwahrscheinlich. Es lag doch
recht nahe, bei den Wiederherstellungsarbeiten das gleiche
Material, wie beim alten Tempelbau, zu verwenden. Wenn
234 Riefsler, Über Nehemias und Esdras.
diese Erlaubnis in Esr 6, 3ff nicht erwähnt wird, so erklärt sich
dies daraus, dals eben an dieser Stelle das Edikt des Kyros nur
in den Hauptpunkten im Auszug überliefert ist. Das gleiche
gilt von der nur in Esr 1, 1—4 überlieferten Erlaubnis zur
Rückkehr. Diese Erlaubnis ıst in Esr 6, 3ff zwar nicht auf-
geführt, aber offenbar vorausgesetzt. Ebenso verhält es sich
mit der nur in Esr 1,4 erwähnten Bestimmung, dals die Exu-
lanten von den zurückbleibenden, offenbar heidnischen Nach-
barn mit Beiträgen zu unterstützen seien. Auch diese Be-
stimmung ist an sich nicht unwahrscheinlich. Jene Beiträge
sollten vermutlich eine Art Entschädigung für die von den
Exulanten zurückgelassenen Besitztümer bilden. Wenn aber
nach 3 Esr 6,17 die heiligen Geräte „dem Zorobabel und
Sassabasar“ übergeben wurden, so ist diese Notiz ohne Ge-
wicht, weil sich 3 Esr 6, 17 mit 2, 11 widerspricht. Der Name
Zorobabel ist allem nach eine Glosse, die aus der gleichen
historischen Anschauung hervorging wie der Brief des Kyros
an Sisinnes bei Josephus 11, 1, 3, dem zufolge die heiligen Ge-
räte „dem jüdischen Fürsten Zorobabel“ übergeben worden sind.
Inwieweit diese Anschauung berechtigt war, wird sich später
zeigen. Bis jetzt aber kann soviel konstatiert werden, dals
zwischen den verschiedenen Berichten über den Erlals zu
Gunsten der Exulanten in Esr kein wirklicher Widerspruch
vorliegt.
Ein Erlafs zu Gunsten heimkehrender Exulanten wird
auch in 3 Esr 4, 43—5, 6 aufgeführt. Dafs es sich hierbei um
den gleichen Erlals wie in Esr 1; 5; 6 handelt, ergibt sich aus
folgenden Momenten: Nach 3 Esr hatte Kyros vor Babels Er-
oberung das Gelöbnis einer Herausgabe der heiligen Geräte und
einer Wiederherstellung des Tempels abgelegt (4, 44), zögerte
aber nach der Eroberung Babels immer noch mit der Er-
füllung seines Versprechens (4, 57). Ebenso hatte der König
Dareios „bei Empfangnahme seiner Königswürde“ das Grelübde,
Jerusalem wieder aufzubauen (4, 43), die heiligen Geräte, deren
Rückgabe schon Kyros versprochen, aber noch nicht verwirk-
licht hatte, nunmehr herauszugeben (4, 44) und den Tempel
Rieisler, Über Nehemias und Esdras. 235
wiederherstellen zu lassen (4, 45), gemacht. Aber auch er
hatte bis dahin dieses Versprechen noch immer nicht eingelöst
(4, 46). Erst auf die Bitte seines „Leibwächters“ gestattete
er die Rückkehr der Exulanten (4, 47) und ordnete die Aus-
führung seines Gelübdes an (4, 47—57). Daraus geht deutlich
hervor, dafs der Verfasser von 3 Esr 4,43ff mit „Dareios“
Kambyses gemeint hat. Allem nach war Kambyses den biblı-
schen Schriftstellern unter einem andern Namen, vermutlich
seinem Thronnamen, bekannt (über Thronnamen in den baby-
lonischen offiziellen Quellen s. PraSek, Medien und das Haus
des Kyaxares, 1890, 57). Dieser zweite Name wurde im AT in
verschiedenen Formen überliefert: Artah$aäta, AhasweroS (aus
Artah. verderbt) und Darjawes; bei Ktesias liegt er in Artaios
vor (vgl. Marquart, Philol. Suppl. VI 654)ı. Der Erlals in
3 Esr stimmt auch in Einzelheiten mit dem von Esr 1; 3; 4—6
überein: die Rückgabe der heiligen Geräte, der Befehl einer
Wiederherstellung des Tempels, die Übernahme der Baukosten
auf die kgl. Kasse und die Erlaubnis zur Beschaffung von
Libanonzedern finden sich auch in 3 Esr (4, 57. 63. 51. 48)
wieder. Daneben hat 3 Esr aber auch einige besondere An-
gaben: Der König gestattet nicht blols die Wiederherstellung
des Tempels, sondern auch den Wiederaufbau der Stadt (4, 43.
47.48.53). Er weist die Satrapen durch Schreiben an, dem
Bittsteller und seinen Begleitern möglichst willfährig zu sein
(4, 47). Er verleiht den Exulanten die persönliche Freiheit
(4, 53) und Steuerfreiheit für das künftige Besitztum (4, 50).
Er ordnet die Herausgabe der von den Idumäern okkupierten
jüdischen Ortschaften an (4, 50). Er befiehlt die tägliche
Darbringung von Brandopfern (4, 52) und schreibt genau den
Kultkostenaufwand vor (4,54). Endlich trifft er für die Leviten
ı Von hier aus fällt auch ein Licht auf den vielgedeuteten Bartakos,
dessen Tochter von Dareios = Kambyses zum Nebenweib genommen wurde
(3 Esr 4.29); derselbe ist niemand anders als Belsarusur = Baltasar (Bartasar
im Cod. Alex.), der Sohn und Mitregent Nabunids. Dals seine Tochter
in den Harem seines Nachfolgers aufgenommen wurde, ist an sich recht
wahrscheinlich.
236 Riefsler, Über Nehemias und Esdras.
und die Bewachungsmannschaft der Stadt besondere Anord-
nungen (4, 55. 56). Diesen Angaben kann die innere Wahr-
scheinlichkeit nicht abgesprochen werden. Denn wenn der
König den Exulanten die Rückkehr gestattete, dann ist es an
sich wahrscheinlich, dafs er auch Anordnungen zur Regelung
der Eigentumsverhältnisse in der Heimat getroffen hat, und
wenn er sich sogar mit Einzelheiten über Ausführung des
Tempelbaues befalste, dann ist es nicht auffallend, dals er
auch hinsichtlich des Kultus seine Anweisungen gegeben hat.
Das Schweigen von Esr 1; 5; 6 erklärt sich daraus, dals der
Erlafs an diesen Stellen nur im Auszug vorliegt. Wenn aber
der Befehl zur Wiederherstellung des Tempels in 3 Esr dem
Dareios = Kambyses, in Esr dagegen dem Kyros zugeschrieben
wird, so enthält dies keinen Widerspruch bei dem Verhältnis,
in dem Kambyses, „der König von Babel*, zu seinem Vater
Kyros, „dem König der Länder“, gestanden hat. Somit kann
3 Esr in dieser Partie (4, 43—5,6) nicht ohne weiteres beiseite
gesetzt werden. Noch erübrigt die Beantwortung der Frage, ob
unmittelbar auf diesen Erlals hin die Exulanten in ihre Heimat
zurückgekehrt seien. Dieselbe ist zu bejahen; denn die Rich-
tigkeit der Nachricht, dals unter Kyros Scharen jüdischer
Exulanten zurückgekehrt seien, kann nicht bezweifelt werden
(s. darüber Nikel, Die Wiederherstellung des jüd. Gemein-
wesens, 1900, 67 ft).
Wir gehen zu den Memoiren des Nehemias über.
Gleich die ersten Verse des Nehemiasbuches bestätigen die
Ansicht, dafs der Verfasser desselben keine Rückkehr der
Exulanten in der Zeit vor der ersten Ankunft des Nehemias
in Jerusalem gekannt habe. Der Ausdruck NRW Wis morgen
87778 Neh 1,2 kann nämlich nur bedeuten „die Entronnenen,
diejenigen, die von der Gefangenschaft zurückgeblieben sind“,
womit die im Land zurückgebliebenen Juden gemeint sind,
die ehedem der babylonischen Gefangenschaft entgangen waren.
Unrichtig ist die andere Deutung: „diejenigen, die das Exil
glücklich überstanden haben und daraus entlassen worden
sind“; denn ‘58 hat an allen andern Stellen des AT die
Rie(sler, Über Nehemias und Esdras. 237
Bedeutung „die Entkommenen, die Versprengten, die Flücht-
linge, diejenigen, die vor einer drohenden Gefahr bewahrt
geblieben sind“. Ganz der gleiche Ausdruck wie in Nehl, 2
liest in 2 Chr 30, 6 vor und zwar mit der ausgesprochenen Be-
deutung „die Entronnenen, die vor der assyrischen Gefangen-
schaft bewahrt geblieben sind“. Daher ist es sehr wahrschein-
lich, dafs w’9p auch bei Esr und Neh die Bedeutung „die
Entkommenen“, „die Bewahrtgebliebenen“ besitzt. Für Esr 9,
8.13 palst diese Bedeutung denn auch ganz gut (Esr 9, 15
lälst sich weder pro noch contra verwerten, weil man dieser
Stelle keinen rechten Sinn abgewinnen kann, ohne dals man
in den Text etwas hineinträgt, was ursprünglich nicht darin
steht, z. B. „nur“ bei Kautzsch-Ryssel oder „gnädig“ bei
Siegfried). Deshalb mufls auch für Neh 1,2 jene Bedeutung
‚in Anspruch genommen werden. Hieraus aber folgt, dafs der
Verfasser von Neh 1,2 vor der ersten Ankunft des Nehemias
keine Rückkehr von Exulanten gekannt hat. Dementsprechend
ist auch in dem Bericht über die Teilnehmer am Mauerbau
des Nehemias (1, 1—7, 5) nicht ein einziges Mal von schon
länger zurückgekehrten Exulanten die Rede. Ebensowenig
kann das Gebet des Nelhemias auf irgend eine Weise un-
gezwungen erklärt werden, falls die Exulanten, und wenn auch
nur teilweise, damals schon lange zurückgekelrt waren (Kosters).
Wie hätte doch Nehemias den Herrn an die Verheilsung, die
Zerstreuten zu sammeln, erinnern und ihn um baldige Erfül-
lung derselben bitten können, wenn schon damals die Exulanten
in ihrer alten Heimat sich befunden hätten? Der Wortlaut
dieses Gebetes (1, 5—11) schliefst jede Rückkehr von Exulanten
vor der ersten Ankunft des Nehemias aus.
So spät, wie gewöhnlich angenommen wird, kann aber die
erste Ankunft des Nehemias auch nicht erfolgt sein. Gegen
eine solch späte Datierung sprechen die Ausdrücke muB
(Neh 1,2) und D'SW37 (1,3). Wäre nämlich die erste An-
kunft des Nehemias erst ca. 70—80 Jahre nach 538 v. Chr.
erfolgt, dann hätte zu dieser Zeit weder von der Gola noch
von den der Gefangenschaft entgangenen Juden irgend jemand
238 Riefsler, Über Nehemias und Esdras.
gelebt, und der Autor hätte deshalb schreiben müssen %3
mod und DRYWIT 92 „die Nachkommenschaft jener Ver-
schontgebliebenen“. Da er aber dies nicht tut, will er uns in
eine Zeit führen, wo wenigstens noch ein Teil jener Verschont-
gebliebenen am Leben gewesen ist. Der äulfserste Termin
hierfür ist die Zeit um das Ende des Exils. Da nun die
erste Rückkehr von Exulanten ins Jahr 538 fällt, kann auch
Nehemias nicht später als 538 zurückgekehrt sein. Gegen
dieses Datum spricht nicht der Umstand, dafs Nehemias bei
seiner ersten Ankunft schon eine Gemeinde mit Hohenpriester
und Vorstehern in Jerusalem angetroffen hat; denn auch
während des Exils hatte ein Tempelkultus, wenn auch in be-
schränkten Grenzen, stattgefunden (s. Jr 41,5). Allem nach
hatte sich die Zerstörung des Tempels durch Feuer auf die
Holzbestandteile beschränkt, während die Grund- und Um-
fassungsmauern so ziemlich unversehrt geblieben waren, so
dafs es den Zurückgebliebenen nicht allzuschwer gefallen sein
wird, die Tempelruinen wenigstens insoweit wieder in stand
zu setzen, dals man daselbst Opfer darbringen und Feste be-
gehen konnte. Auch dürfte die Zahl der Zurückgebliebenen
durch Zuzug versprengter Flüchtlinge allmählich gewachsen
sein. Ist Nehemias tatsächlich im Jahr 538 zurückgekehrt,
dann löst sich auch die von Sellin erhobene Frage, wie das
in Neh 1,4 erzählte lange Weinen und Klagen des Nehemias
sich psychologisch erklären lasse, da doch der Zustand Jeru-
salems seit 586 immer der gleiche gewesen sei. Nehemias
hatte, wie alle seine Volksgenossen, auf Babels Sturz alle
Hoffnung gesetzt; nun war aber seit Babels Fall mehr als
ein Jahr verflossen, und noch immer mulste das Volk ım Exil
weilen. Dafs dadurch eine solche Stimmung, wie sie in jenem
Gebet zu Tage tritt, entstehen konnte, ist selbstverständlich.
Das aber tatsächlich eine Verzögerung der Rückkehr ein-
getreten ist, lehrt schon der Umstand, dafs der Erlals des
Kyros (Esr 6, 3ff) nicht von Babel, sondern von Egbatana aus
gegeben worden ist, also erst nachdem sich Kyros wieder in
die andere Residenzstadt begeben hatte (Ed. Meyer). Und
Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 239
nach 3 Esr 4, 43ff mulste der Bittsteller den König an die
von ihm und Kyros gemachten, aber immer noch nicht er-
füllten Gelübde erinnern.
Wie verhält sich nun das gefundene Resultat: Heimkehr
des Nehemias im Jahre 538, zu den uns bereits bekannten
Quellenzeugnissen? — Wir beginnen mit 3 Esr. Zwischen
diesem und dem 'Nehemiasbuch zeigt sich eine auffallende
inhaltliche Übereinstimmung. Der „Jüngling* bittet den König
um Urlaub zum Zweck der Wiederherstellung der heiligen
Stadt (3 Esr 4, 46), ebenso Nehemias (2,5). Der „Jüngling“
erhält vom König Briefe an die Beamten mit dem Befehle,
jenem und seinen Begleitern möglichst willfährig zu sein (4, 47);
ebenso empfängt Nehemias vom König Briefe an die Statt-
halter von ‘Abar nahrä mit ähnlicher Weisung (2,7). Der
„Jüngling“ erhält Schreiben an die Beamten auf dem Libanon
mit der Weisung, ihm zum Aufbau der heiligen Stadt Libanon-
zedern zu liefern (4, 48); ebenso empfängt Nehemias ein Schreiben
an den Aufseher des kgl. Forstes mit der gleichen Weisung,
ihm zum Aufbau der Stadtmauer und der Tempelburgtore
Bauholz zu liefern (2,8). Der „Jüngling“ erhält vom König
tausend Reiter als Begleitmannschaft auf die Reise (5, 2);
ebenso erhält Nehemias vom König „Heeresoberste und Reiter“
zur Reisebegleitung (2, 9). Der „Jüngling“ empfängt auch
eine kgl. Verordnung über den täglichen Unterhalt der Leviten
(4, 55); ebenso wird in den Memoiren des Nehemias eine kgl.
Verordnung über den täglichen Unterhalt der Leviten an-
geführt (11, 23). Neben dem „Jüngling“ werden seine Brüder
erwähnt (4,61); ebenso besitzt Nehemias Brüder (1, 2; 4,17;
5,10.14). Und wenn Nehemias das Amt des kgl. Mund-
schenken bekleidet (1, 11), so entspricht diesem in 3 Esr die
Stellung des „Jünglings“ als kgl. Leibwächters (3, 4; 4, 58);
denn das Amt des Mundschenken war eben den Leibwächtern
anvertraut. Zudem bedeutet das hebräische Wort Y3, worauf
das griechische veaviokog („Jüngling“) in 3 Esr zurückgeht,
nicht blofs „Jüngling“, sondern auch „Diener, Beamter“,
in welch letzterem Sinne es in 3 Esr zu nehmen sein dürfte.
240 Rieisler, Über Nehemias und Esdras.
Der „Jüngling“ gedachte sodann in seiner Rede des Sitzens
der Apame zur Seite des Königs (4, 29); merkwürdigerweise
erwähnt auch Nehemias das Sitzen der Königin neben dem
König (2,6). Bei beiden aber wird dieses Weib nicht als
eigentliche Königin, sondern nur als Nebenfrau bezeichnet
(3 Esr 4, 29 u. Neh 2, 6). — Diese auffallende Übereinstimmung
macht es wahrscheinlich, dafs der Verfasser von 3 Esr 3, 1—5, 6
mit seinem „Jüngling“ die Person des Nehemias im Auge ge-
habt hat. Sie wirft ein günstiges Licht auf den geschicht-
lichen Wert der in 3 Esr enthaltenen Einzelangaben; denn auch
die Angaben nicht unbedingt gut bewerteter Quellen erhalten
durch Übereinstimmung Sicherheit, falls die Quellen voneinander
unabhängig sind (s. Bernheim, Lehrb. d. hist. Meth. 377), und
ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen 3 Esr und Neh läfst sich
nicht nachweisen.
Wir wenden uns dem Zeugnis von Esr 1; 5; 6 zu. Diesem
zufolge war Sesbassar, der Führer der ersten Gola (Esr
1, 11), vorher zum kgl. Statthalter ernannt worden (5, 14);
dasselbe war aber auch bei Nehemias der Fall (5,14). Se8-
bassar hatte vom König den Auftrag zur Wiederherstellung
des Tempels erhalten (5, 14), ebenso auch Nehemias (2, 8;
3 Esr 4, 45. 51. 53). SeXbassar war ein Judäischer Fürst (1,8);
dasselbe war auch Nehemias, der aus der kgl. Familie Davids
stammte (s. @elbhaus, Nehem. u.s. sozialp. Bestreb., 1902,15 ff).
Da es nun unwahrscheinlich ist, dals es damals zu gleicher
Zeit zwei Statthalter nebeneinander gegeben habe, ist man
gezwungen, bevor man unverträglichen Widerspruch annimmt,
diese verschiedenen Zeugnisse durch Identifizierung der beiden
Männer zu kombinieren (s. Bernheim, Lehrb.372). Die Identität
wird auch durch 3 Esr 5, 5. 6 und 1 Chr 3, 18 nahe gelegt. In
3 Esr 5,5 tritt ein Joakim aus dem Hause Davids neben Jesus,
Josedeks Sohn und hohenpriesterlichem Anführer der ersten Gola
(Aggl,1 u.a; Esr2,2u.a.), auf. Diesem Joakim werden in
3 Esr 5, 6 „weise, im Nisan des 2. Jahres des Dareios an diesen
gerichtete Worte“ beigelegt. Diese „weisen Worte“ erinnern
an die Worte, die der „Jüngling“ in 3 Esr 4, 13ff 43 vermöge
Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 241
der ihm verliehenen „Weisheit“ (3 Esr 4, 60) an den König
Dareios richtete und durch die er die Erlaubnis zur Rückkehr
auswirkte.e Aber auch Nehemias hat an den König Worte
gerichtet, durch die er die Erlaubnis zur Heimkehr erlangte,
und zwar im gleichen Monat Nisan, wie Joakim (Neh 2,1).
Sollte diese Übereinstimmung nur auf Zufall und nicht viel-
mehr auf der Identität der betr. Personen beruhen? Nach
3 Esr 5, 6 fiel jenes Vorkommnis in das 2. Jahr des Dareios
und nach Neh 2,1 in das 20. Jahr des ArtahSaSta, Königs von
Babel (13, 6). Der Dareios in 3 Esr ist Kambyses. Auch
der ArtahsaSta bei Neh mufs Kambyses sein; denn die Benennung
„König von Babel“ ist seit Xerxes, der Babel zerstörte, ganz aus-
geschlossen. Auf Dareios I. passen aber die andern Angaben
nicht; daher bleibt nur Kambyses übrig. Was das Datum
„20. und 32. Jahr des ArtahSasta“ (Neh 2,1 u. 13, 6) betrifft,
so ist nicht ausgeschlossen, dals die Zahlzeichen für 20 und 32
(3 und 39) aus denen für 2 und 12 (2 und 3°) verderbt worden
sind (oder aber: es hat der Verfasser der Nehemiasmemoiren
für Kambyses eine Art Mitregentschaft nach Analogie der
des Belsarusur angenommen und dementsprechend die Jahre
des Kambyses vom 1. Regierungsjahr 558 ab gerechnet). Zu
Gunsten der behaupteten Identität von Nehemias und Joakim
spricht auch 1 Chr 3, 17.18: „die Söhne Jojahins ... waren
sein Sohn Sealti’el (und die Söhne Sealti’els) Malkiram, Pedaja,
Sen’assar Jekamja.“ Sen’assar ist mit Se$bassar und dieser
mit Nehemias eins. Da nun Nehemias in 3 Esr 5,5 als
Joakim erscheint, legt sich die Vermutung nahe, dafs dieser
Joakim mit Jekamja, der in 1 Chr 3, 18 unmittelbar hinter
Sen’assar steht, und dieser wiederum mit Nehemias identisch
sei. Somit hätte Nehemias neben seinem jüdischen Namen
Nehemja, in anderer Form Jekamja, auch einen babylonischen,
wie Daniel, getragen: Sesbassar, d.i. Sama$-abu-usur, „Sama$
schütze den Vater“ (s. Holzhey, Die Bücher Ezra u. Nehı.,
1902, 11; Sen’assar kann wegen des $ nicht = Sinusur sein;
vgl. Sanballat = Sin-uballit; es ist aus Samaf$-abu-usur ver-
stümmelt).
Biblische Zeitschrift. IL 3. 16
242 Riefsler, Über Nehemias und Esdras.
Vergleichen wir endlich noch das Zeugnis von Esr 2;3;4.
Wie Nehemias vom König die Lieferung von Zedern zuge-
sichert erhält (Neh 2,8), so kann sich auch Zorobabel auf die
gleiche kgl. Zusicherung berufen (Esr 3, 7). Wie bei der Gola
unter Nehemias’ = Joakims Leitung die „Familienhäupter“ be-
sonders hervorgehoben werden (3 Esr 5, 1), so werden auch
bei Zorobabels Rückkehr solche besonders erwähnt (Esr 2, 68;
3,12; 4,2). Wie bei der Gola des Nehemias = Joakim „Musi-
kanten“ mitgezogen sind (3 Esr 5, 2), so sind bei der Gola
Zorobabels „Sänger und Sängerinnen“ mitgereist (Esr 2, 65).
Wie neben Nehemias seine Brüder besonders genannt sind
(Neh 5, 10.15; 3 Esr 4, 61), so werden auch Zorobabels Brüder
hervorgehoben (Esr 3, 2.8). Wie Nehemias einen Bruder
namens Hanani besals (Neh 1, 2), so hatte auch Zorobabel
einen Bruder des gleichen Namens, Hananja (1 Chr 3,19; der
unmittelbar vorausgehende Versteil DaWn aa ist, wie
der Sing. ]2 lehrt, eine Art Parenthese oder Glosse zu dem
ersten "\t des Verses 19). Wie endlich die Initiative zu den
Arbeiten am Tempel von Seibassar = Nehemias ausging (Esr
5, 16), so wird auch dem Zorobabel eine solche zuerkannt
(Esr 3,8). — Auch hier ist die Übereinstimmung so grols,
dals zuerst die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer
Identität von Zorobabel und Nehemias in Betracht gezogen
werden muls, bevor die Unverträglichkeit der Quellenzeugnisse
behauptet wird. Zu Gunsten der Identität spricht auch 2 Makk
1,18—36. Nach 2 Makk bzw. seiner Vorlage erfolgte die
Rückkehr des Nehemias unmittelbar nach Schlufs des Exils.
Dies geht aufs deutlichste aus dem 1, 27. 29 überlieferten
Gebet des Nehemias hervor; ebenso aus 1,20, wonach die
Enkel von Augenzeugen der Eroberung Jerusalems dem Ne-
hemias Dienste leisteten. Auch wird die erstmalige Dar-
bringung von Opfern ausdrücklich dem Nehemias zuerkannt
(2 Makk 1,18), während dieselbe in Esr 3, 3 dem Zorobabel
zugeschrieben ist. Interessant ist, dals auch der Talmud die
Identität von Nehemias und Zorobabel ausspricht: „Zerub-
babel ... das ist Nehemja, Sohn des Hakalja“ (Sanhedrin 38
Rie/sler, Über Nehemias und Esdras. 243
bei Gelbhaus, Nehem.etc.17) und: „Im 36. Jahr der Herrschaft
der Meder kam Nehemja und baute Jerusalems Mauern und
stellte den Tempel her, und Zerubbabel kehrte nach Babel zurück
und starb dort“ (Seder ‘olam zuta, ed. Löw bei Gelbhaus 46;
hierzu eine Variante in ThLbl 1901, 33). Auch in der Glosse
Sabanassaros Zorobabel in 3 Esr 6, 17, ebenso in 4,13 und
vielleicht auch in Esr 2,2, wo Nehemja unmittelbar hinter
Zerubbabel Jesua steht, kommt diese Anschauung von der
Identität beider Männer zum Ausdruck (in 3 Esr 5, 5 lies
1. 6 xai Z.). Josephus setzt in dem Brief des Kyros an
Sisinnes Zorobabel geradezu an die Stelle von Sassabasar
= Nehemias. Neh 12, 47 scheint allerdings gegen die Identi-
tät zu sprechen; allein das Fehlen des Versteiles „und zur
Zeit des Nehemias* in LXX (Cod. Frider.- Aug.) spricht
dafür, dafs dieser Versteil eine Glosse ist. Wenn aber in
Sir 49, 14.15 Zorobabel von Nehemias unterschieden wird, so
ist zu beachten, dafs der Verfasser, nach dem Zeugnis seines
Enkels im Prolog, seine Kenntnisse aus den heiligen Büchern
geschöpft hat. Diese aber legen durch die verschiedene Be-
nennung der einen Persönlichkeit jene Auffassung nahe!, Wenn
es endlich als unwahrscheinlich bezeichnet wurde, dals Ne-
hemias zwei babylonische Namen, Sama$-abu-usur und Zeru-
Babili, getragen habe, so wurde dabei die Möglichkeit über-
sehen, dafs Zeru-Babili ein blofser Beiname des ın Babel
geborenen Nehemias und zwar gerade mit Bezugnahme auf
seine Geburt in der Fremde gewesen sein konnte. Auf diese
Weise kann man auch am besten die sonst seltsame Neben-
einanderstellung von Nehemias und Zorobabel in der zitierten
Talmudstelle erklären.
Endlich sind noch die genealogischen Angaben in Esr, Neh
und Chr in Betracht zu ziehen. Nach dem Zeugnis von Neh
t Nikel (Die Wiederh. 107) meint, wenn Sesb. noch gelebt hätte
würde man in Esr 5, 14 16 mit andern Worten auf ihn hingewiesen haben
Er übersieht, dafs jene Worte einem Brief entnommen sind. Wie sie in
Wirklichkeit genau gelautet haben, wissen wir nicht.
16°
244 Rie/sler, Über Nehemias und Esdras.
3,1;13,4.28 lebte zur Zeit der ersten Ankunft des Nehemias
der Hohepriester Elja$ib, Sohn des Jojakim (Neh 12,10). Dieser
letztere hätte demnach während des Exils amtiert. Dies wird
durch eine Notiz in Bar (1, 7) ausdrücklich bestätigt. Jojakim
selber war der Sohn Jeäu’as (Neh 12, 10.26), und Jesu’as Vater
war jener Hohepriester Josadak, der sich vor Nebukadnezar
flüchtete (Neh 12, 26; 1 Chr 5, 41; über die weitere Abstammung
s. 1 Chr 5, 39.40 und Bar 1,7). Somit wird auch hier das bis-
herige Ergebnis bestätigt. Was aber die Zeitgenossen des Ne-
hemias betrifft, so lebten damals nach der Aussage der Quellen
der Hohepriester EljaSib, sein Vater Jojakim (Neh 12, 26) und
Jojakims Vater Jesua (Esr 2, 2; 3, 2.5), ferner die Söhne
Eljasibs Jojada (Neh 13, 28; 12,10), Jaddu‘a und Johanan
(Esr 10, 6. Neh 12, 11. 22. 23) oder in anderer Form Jonathan
(Neh 12, 11). Dieser letztere ist mit dem 2 Makk 1, 23 ge-
nannten Zeitgenossen des Nehemias, dem Priester Jonathan,
identisch (ein Vergleich der genealog. Angaben mit Neh 12,22
lehrt, dafs Neh 12, 10. 11 zu lesen ist: „Eljasib erzeugte Jojada
und Jolıanan und Jaddua“). Endlich lebten zu Nehemias’
Zeit Söhne des Jojada (Neh 13, 28). Josephus versetzt aller-
dings in seinen „Altertümern“ (11, 7, 2) einen Sohn des Jojada
in die Zeit von Dareios III. (336—330); aber angesichts der
sonstigen chronologischen Unwahrscheinlichkeiten in der Dar-
stellung der nachexilischen Geschichte bei Josephus hat man
nicht nötig, die Angaben des Neliemiasbuches nach denen des
Josephus zu korrigieren. Was endlich die Abstammung des
Nehemias anlangt, so dürfte Hakalja (Neh1,1; 10,2) mit LXX
als Helkajja, „der Arme Gottes“, zu lesen und auf Jojahin,
den Ahnherrn des Nehemias (vgl. Ps 113, 7), zu beziehen sein.
— {on mn
ı Der Darcios „der Perser“ in Neh 12, 22 ist Dareios I.; nicht zu
verwechseln mit Dareios „dem König von Persien“ in Esr 4, 4. 24; 6, 1ö
—= Kambyses. Dareios I. wurde wahrscheinlich „der Perser“ genannt
aus einem gewissen Gegensatz zu Dareios-Kambyses „dem Meder“.
Die aus der Zeit des Kambyses stammende minäische Inschrift Halevy
535 gebraucht ebenfalls den Medernamen für die Perser; s. Ed.Meyer,
Gesch. d. Altert. III, 1901,28.
Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 245
Nehemias’ Vater war nach 1 Chr 3,19 Pedaja, Sealti’el sein
Grolsvateri.
Am Schlusse unserer Untersuchung können wir konstatieren:
Nach den uns bekannten Quellenzeugnissen ist es wahrschein-
lich, dafs Nehemias im Jahre 538 v. Chr. an der Spitze der
ersten Exulanten aus Babel nach Jerusalem zurückgekehrt ist.
ı Da Zorobabel beständig als Nachkomme des Sealti'el bezeichnet
wird. sind wohl in 1 Chr 3, 18 die beiden Namen Sen’assar Jekamja nicht
ursprünglich und zwar Glosse zu Zorobabel in 3, 19. Vor oder nach
Malkiram in 3,17 sind wahrscheinlich die Worte „und die Söhne Sealti'els“
ausgefallen.
Miszelle zu Ekkle 3,5.
Die Verse 3, 2—8 des Ekkle zeichnen sich durch ihren
völlig gleichmälsigen Bau aus. Deshalb ist es in unserem
Verse mit dem Texte
DYAN DD np DUaR Towı) NY
pann pr» np piand ny
sofort ersichtlich, dals in St. III ein Wort ausgefallen ist.
Auf die Ergänzung des richtigen Wortes führt uns aber
Prv 5, 20 mit
ma) pr pannı ma 2 men mm
Setzen wir nun PN resp. Pf nach gewöhnlicher Orthographie
ein, so ist der Vers völlig in Ordnung. Aufserdem ergibt
sich so ein Reim mit P2n8 in St. IV. Der Ausfall des Wortes
würde sich so schon dadurch erklären lassen, dals pn nach
pıarnd übersehen wurde. Wahrscheinlicher ist es mir aber,
dals man den Ausdruck pn pian als obszön empfand und
infolge falscher Prüderie pn wegliels. Da Gr. schon das Wort
nicht mehr hat, wird dieses sehr früh geschehen sein.
Paderborn. Norbert Peters.
Die Katenenhandschriften der spanischen
Bibliotheken.
Von Prof. Dr. M. Faulhaber in Würzburg.
II (Fortsetzung).
5. Toletanus cathedr. 9. 20, eine 177 Blätter (30,6 x 20,3)
starke Papierhs des 16. Jahrhunderts mit buntestem Inhalt,
über den ein kurzes griechisches Inhaltsverzeichnis von erster
Hand auf 2 Vorsatzblättern und ein langes lateinisches von
späterer Hand auf 17 Vorblättern Aufschluls gibt. Für uns
kommen nur ff. 1—26° ın Betracht, die ein wertloses Bruch-
stück der Nicephoruskatene, nämlich zuGn 1,1-3, 15,
enthalten. Überschrift: ’Einynois ek dlapöpwv Aylwv Kal
dıdacokaAwv eis nv EZanuepov. Inc. ım Texte 1,1, in den
Glossen: Oeodwpnrtou‘ Ti dntorte un potetaxe... = Pal. 203
f. 23 u. a. ed. CL I 1. Des. mut. mit dem Scholion: eig TO
auto aAlwc' ’Ernei wg @ikog... 6 TTöAeuog = Vat. 746 (I) f. 42”,
747 f. 24°, 1657 f. 17 u. a, ed. CL I 93, darauf Text 3, 15,
des. ro0 ontpuatog auräg. Die Schrift ist klein und flüchtig.
Die Initia des Bibeltextes und der Exegesen sind rubriziert.
Das Ende der einzelnen Scholien ist durch ein rotes Blatt-
ornament angezeigt. Die Namen stehen, nur in den Endungen
gekürzt, am Rande. Von den mir bekannten Nicephorus-
zeugen steht Tolet. 9.20 dem Pal. 203 saec. 11 relativ
am nächsten. Seine fragmentarische Genesiskette enthält
nichts, was nicht bereits in der CL ediert wäre. Die Katenen-
forschung kann also das Kettenstück des Toletaners ruhig
zum alten Eisen werfen. Die künftigen Editoren mögen sich
freuen, dafs in der Kathedralbibliothek von Toledo mit ihren
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 247
vielen Eisengittern und ihrer kurzen Arbeitszeit keine Kollation
vorzunehmen sein wird.
Il. Königsbücherkatenen.
Der Kettenkommentar zu den vier Königsbüchern, der in
den zwei genetisch voneinander abhängigen Escorialcodices vor-
liegt, ist mit dem von Karo-Lietzmann 17—20 katalogisierten
Kettentypus identisch und mit dem von Nicephorus in der
CLU 277—960 edierten Typus verwandt. In dem Plus der
beiden Spanier im Vergleich mit CL sind manche kostbare
Inedita enthalten.
1. Escorialensis 2. Il. 19, nach seinen alten Signaturen
V.0.10; IV.E.7; II.A.10, saec. 13—14. Bombycin. 356 Blätter
(29,2xX 20,1). Inhalt im einzelnen: f. 1—2 Prologe; f. 2—62'
Katene zu 1Rg, f. 62’—106 zu 2Rg, f. 106-154 zu 3Rg,
f. 154’—201 zu 4Rg; f. 201—203 xepdkara zu 1 Chr (xep. ry'),
2 Chr (ns), Tob (ka’), Jdt (Ad); f. 203—205 Einleitungen und
Stichenzählung zu Chr, Esr, Est, Tob, Jdt (dieser Name un-
leserlich); f. 205—209 Prologe von Theodoret, ed. Migne 80,
801—818; f. 209—356* der biblische Text zu den genannten
und den Makkabäerbüchern. Überschrift einer späteren Hand
auf dem Vorsatzblatt: ’Einynoıs dIapöpwv eis TNV TpWTNV Kai
dEUTEPAV Kai Tpimmv xai Teraprnv TWv Bacıkeıwv xai eig TO
TPWTovV xai deutepov TWVv Tlapakeaımouevwv’ Ta de Emikorma di
&otıv "Eodpa, "EoOnp, Twßit, ’loudid Kai TO TTPWTOV Kal dEUTEPOV
twv Maxkaßaiwv 2 Eoti Kelnevov dveu Einynioewg" BıßAlov EAkeırtec.
i Dem Herrn Bibliothekar der Kathedrale, Don Gregorio de Vera,
bin ich sehr dankbar, dafs er mir wenigstens 20 Minuten den Zutritt zu
dem Bücherkerker gewährte und mich, obwohl das Kopieren (auch von
längst Ediertem) strenge verboten ist, einige Stichproben aufnehmen liels.
Ich wäre dem Herrn Kanonikus noch dankbarer, wenn seine Cigarette
und damit seine Lust, in der Bibliothek zu bleiben, etwas langsamer ab-
gebrannt wäre. Zur Ehre Spaniens sei aber hierzu bemerkt, wie uner-
reicht gefällig, auch in der Zumessung der Arbeitszeit, die Bibliothekare
in andern Bücherbeständen, z. B. in der Madrider Palastbibliothek, und
namentlich die Augustinerpatres im Escorial sind.
2 Statt Maxkaßaiwv ursprünglich TTapaleırnouevwv, das aber durch
Unterstreichen getilgt ist.
248 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
Dieser Titel wird lateinisch wiederholt. Den Schreiber nennt
eine Notiz f. 1: Esta copiado de mano de Nicolas de la Torre,
scriptor de esta Real libreria (sic), Die Hs ist in einem
äulserst defekten Zustande: Anfang verstümmelt; von dem
ersten Prolog f. 1, seinem Desinit xai tig mölewg raong nach
—= Nr 2 Karo-Lietzmann 19, sind nur Silben und wenige Worte
lesbar. Zwischen f. 1 und 2 fehlt ein Blatt, was der Paginator
gar nicht bemerkte. Eine barbarische Buchbinderschere hat
ımit den oberen Rändern ganze Textzeilen weggeschnitten. An
den Innenseiten der Folia ist vieles wegen allzustrafien Ein-
bindens nicht mehr zu entzifiern. An vielen Stellen ist die
Hs zerrissen, an vielen überklebt. Aufserdem hat Escor. £.
II. 19 bei dem Brande im Jahre 1671 durch Feuer gelitten;
von f. 106 ab sind die oberen Aulsenecken, gegen Ende immer
tiefer, ausgebrannt, so dals von mehr als der Hälfte der Blätter
der 7. Teil fehlt. Man sieht auch noch die Stiche der Gabel,
mit welcher der Codex aus dem Feuer herausgeholt wurde.
Des. mut. ypuowuarwv Ndn troA\wv (2 Makk 4, 39). Wenn die
Stichproben von Karo-Lietzmann 18 aus Paris. Coisl. 8 sind,
so wäre aus der gemeinsamen Lakune in Nr 1 die Stamm-
verwandtschaft unseres Spaniers mit dem Pariser dargetan.
Die Übersicht über das Kettenmaterial ist sehr erschwert: es
fehlen alle Rubriken, der Bibeltext ist durch eine kaum merk-
lich grölsere Schrift hervorgehoben, auch durch die Zalılen-
lettern wird der Anfang der Scholien nicht genügend markiert,
die Autorennamen sind kaum sichtbar innerhalb der Zeile ver-
steckt; soweit sie am Rande stehen, sind sie teilweise mit weg-
geschnitten. — Zum Glück besitzt die gleiche Bibliothek eine Ab-
schrift des Escor. £. II. 19 aus seinen besseren Tagen in dem
2. Escorialensis Y. I. 8, früher VLß.1 und VILE.T,
noch früher IV. ©. 9 und I. H. 15, saec. 16. Paginiert sind
582 Blätter (33,9 x 23). Auf einem Vorblatt die auf das
Wort gleiche griechische und lateinisch wiederholte Überschrift
wie im Escor. 2. IL. 19 und zwar von der gleichen Hand ge-
schrieben; ebenso am Rande die Note, zu Paral. sei es keine
IXatene, sondern nur Text mit einigen Protheorien. f. 1:
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 249
’EEnynois dtapöpwv eis TNV rakaıdv Ypapniv ak&palog (in schwarz
dazu geschrieben xai areAeotros). Inc. ’Ovönara Bacıkwv...
Des. mut. nön nmoAAwv. Inhalt: f£ 1—3 Einleitungen zu den
Königsbüchern im allgemeinen; f. 4’—354' Katenen zu den
einzelnen Büchern, nämlich f. 4’—103 zu 1Rg, f. 103"—181
zu 2 Rg, f. 181"—269 zu 3 Rg, f. 269"—354 zu 4Rg; f. 355—372
Kapitel- und Stichenzählung und andere Introductoria, alles
genau, wie es zu Escor. 2. II. 19 angegeben wurde, darauf
f. 372—582” der Schrifttext zu den dort genannten Büchern.
Formell ist Cod. Y. L. 8 eine Breitkatene. Titel und Initia
sind purpurrot; auch die Namen sind bis auf die Anfangslettern
rubriziert. Die Scholien werden vielfach mit Buchstaben am
Rande numeriert; ebenso wird der heilige Text durch Mar-
ginalstriche für das Auge des Lesers ausgezeichnet. Alles
das macht die Hs sehr übersichtlich und die Orientierung
viel leichter als im Cod. £. IL 19.
Escorial. Y. L 8 ist eine Kopie des sub 1 ge-
nannten Escorial. £. II. 19 vor dem Brande 1671. Be-
weis: In dem Codex des Y-Schrankes sind wiederholt grölsere
oder kleinere Schriftflächen, auch ganze Seiten, unbeschrieben
gelassen; diese Lücken finden sich genau an den Stellen, an
welchen der Codex des 2-Schrankes unleserlich oder ver-
stümmelt ist. Von dem ersten Prolog in 2. II. 19 waren und
sind nur wenige Buchstaben und Wörter zu entziffern, so dals
der Schreiber des Y. I. 8 diesen Prolog ganz überschlug und
gleich mit dem zweiten Prolog ’Ovöuatra Bacı\&wv begann;
was er in diesem nicht lesen konnte, deutete er f.1 durch die
Lücken an; f. 2—3’ liels er gleich 3 Seiten leer, weil in seiner
Vorlage zwischen f. 1 und 2 ein Blatt fehlte. Natürlich hat
die Kopie auch auf das Wort genau den gleichen fragmen-
tarischen Schluls bei 2 Makk 4, 39 xpuvowuarwv ndn TToAAwv.
Die Abschrift ist so sklavisch treu, dafs alles, was ım £. IL. 19
am Rande steht, auch im Y. I. 8 an den Rand geschrieben ist,
ob es sıch nun um kurze Notizen und Textvarianten, oder ob
es sich wie f. 98" sqq und f. 203 um eine längere Scholienreihe
handelt. £. II. 19 war schon damals strichweise defekt, doch
250 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
war die Verwüstung noch nicht so weit wie heutzutage fort-
geschritten. Was später, im Jahre 1671, der Brand an der
Hs & zerstörte, was noch später die grausame Schere von
ihren Rändern wegschnitt, ist in der Abschrift Y alles erhalten
und gerettet worden. Wir stehen also vor dem merkwürdigen
Falle, dafs die Tochterhs mehr Wert hat als die
Mutterhs, und dals für die Neuausgaben ein Codex
des 16. Jahrh. vor einem Zeugen des 13. Jahrh. zu
vernehmen ist. Y. I. 8 empfiehlt sich schon durch seine
übersichtliche Schreibweise und durch die sklavische Treue,
womit er seine Vorlage wiedergibt!.
Die folgenden Stichproben zu der Königsbücherkatene?
sind deshalb nach beiden Hss zusammengestellt.
Prologe: 1... (unleserlich) .. des. Aaoü xai tig rrölewg
naong (nach 2%),
2 ’Ovöuara Bacıkewv TOD louda (nach Y)... "louda
kai lopanı-
3 Xpn xada xai Ev Toig ... Nueis ÖnoAoyoüuev‘.
1 Rg Eig nv npwrnv twv Baoıkeıwv.
Anfg 1 Teooapes utv igtopiaı ... BiBAov Guverpäyavto.
2 ’Enewdn TS Belag xapırog .. . TTapadeıpdevra dıdd-
oxoucav. CL II 277sq.
! Nachträglich sehe ich aus Karo-Lietzmann 19, dafs schon Erich
Klostermann (Origenes’ Werke III p. xıvı) den Codex Y. 1.8 als
eine Abschrift aus Z£. II. 19 erklärte, dafs ich also eine Eule nach Athen
getragen habe.
2 Ich beschränke mich hier auf je zwei Anfangs- und Endproben;
weitere Nummern stelle ich privatbrieflich gerne zu Diensten.
3 Das Incipit dieses Prologs wäre nach Venet. 16 saec. 14 (Karo-
Lietzmann 19) TTepi rwv övouarwv. Nach diesem Venezianer wurde die
Königsbücherkatene (wahrscheinlich auch unseres Escor. £. II. 19) von
den xepdAara, also genau wie die Prophetenkatenen, eröffnet.
4 Dieser Prolog findet sich, am’ Schlusse verlängert, auch vor der
Jeremiaskette des Johannes Drungarius, mit einigen Varianten auch vor
dessen Is-, Ez- und Dn-Katene (abgedruckt in meinen „Propheten-Cate-
nen‘ 192ff), auch vor einer Mt- und Jo-Katene (vgl. ebd. 197fl),. Die
innere Anlage der Königsbücherkatene, namentlich die Art der Quellen-
angabe (nicht blols bei Severus von Antiochien), erinnerte mich überhaupt
vielfach an die Prophetenkatenen.
‚Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 251
Ende 1 Ae Zeunpov En. "Avt. &K TS TTpög ToUs Emokömoug
Eopraorıfis EmotoAnig‘ Acikvuaiıv ÖTI TUTIOS ...
tupavvidog EZeiAeto.
2 Ag’ Kai Bapüverai pnoi... TeTounevou BeAouc.
2Rg Baoıkeıwv deuräpa (sic Y).
Anfg 1 Ocodwpov.! Ti &orı xAndwv; Köouos Eoti... Bpa-
xıapıov auto xerinkev. CL 495.
2 Tives Emueupovran Tov Aavid . .. Havatov TOU ZaouvA.
Ib. 496.
Ende 1 Taurnv oüv dpa tiv... Kata tags Ypapdc. CL 64dsg.
2 'Ev ru 'EkomiW... Önolwg Beodwpntw.
3Rg Baoıeıwv Tpirn.
Anfg 1 a’ Oeodwpnrtou‘ Tıves broAaußavougıv ... Avontws
ÄYav ... EBeßaiwoe Aöyous. CL 651.
2 To0 auroü‘ Töv yrWwv Tiva kalel... Kai geldi. CL 653.
Ende 1 Z’ Tivog oVv Everev &pwrndeig... tw ainarı. CL 805 809.
2 Ardvuov' Ei tig rpös pnTöv... pnoıv 6 Aauvid.
ARg Bacıkeıwv Teräprn.
Anfg 1 Oeodwpnhtou‘ TIwsg vonteov TO... NVEoxovro Apxeoduı.
CL 811g.
2 Tod ovroü- “Onoiov &orı TO... Oikog Tv Wpa...
Övoudlougıv oi toAkol. CL 813.
Ende 1 xa’ Koi &XoAnoe Qnoıv... auroü Toü Bacık&wc.
2 Beodwpou' "Ns dE Kateotn.... Kaprrodcdaı Triv Yv.
TeXog TÄg Teraprns Twv BaoıkeıWwv.
Auch die nachstehende Namenliste der Katenen-
scholiasten ist auf Grund der beiden Hss aufgestellt, da
ı So löst Y. I. 8 bier und an andern Stellen das Sigel ©: oder
Ocodw des Z. II. 19 auf; die katechetische Form des Scholions und die
Parallelzitate würden aber eher für eine Auflösung in Oeodwprjtou sprechen.
Nähere Untersuchung ist um so notwendiger, als dieses Lemma den
Löwenanteil an der Kette hat. Sie hätte zu beachten, dafs in 4 Rg in
beiden Codices zur Unterscheidung von den zweifelhaften ©e’'-Scholien
andere Zitate ausdrücklich mit OcodWpov “Hpaxrkeiag lemmatisiert sind.
In andern Katenen herrscht die gleiche Verwirrung in Bezug auf die
lautverwandten Namen Theodor und Theodoret; Diodor ist mehr vor
Verwechslung geschützt, weil der erste Buchstabe immer im Sigel aus-
gedrückt wird.
252 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
die Lemmata des 2. II. 19 vielfach ausgebrannt oder wegge-
schnitten oder kaum sichtbar in den Zeilen versteckt sind. Es
werden zitiert!: Alexander von Nicäa (1), äAXog oder ä\\wsg,
Apollinarius (1), Athanasius (123), Basilius, Cyrill von
Alexandrien, Didymus, Diodor (1 2), Ephräm (4), Euagrius
der Mönch (1), Eusebius von Cäsarea, Eusebius von
Emesa (1 3 4), Gregor der Theologe (1 2), Gregor von
Nyssa (2), Johannes Chrysostomus, Josephus Hebräus (4),
Irenäus „Apostelschüler“ (1 4), Isidor von Pelusium (4),
Örigenes, Polychronius (1 3), Severianus (2), Severus von
Antiochien, Theodoret oder (vgl. ob. Anm.) Theodor,
Theodor von Heraklea (4), Theophilus von Alexandrien (1 2 4),
Victor von Antiochien (2 4).
III. Jobkatenen.
Zum Buche Job existieren zahlreiche Katenenhss, nament-
lich in englischen und italienischen Bibliotheken. Einige
Seitenläufer und eigenartige Zweigredaktionen abgerechnet,
scheiden sie sich im Grunde in zwei (genetisch wieder verwandte)
Typen. Ich taufe den Typus A als italienische Gruppe,
weil seine acht ältesten Vertreter Italiener sind, und Typus B
als englische Gruppe, weil die Ausgabe dieses Typus von
Junius auf Oxforder Codices zurückgeht. Innerhalb der Typen
zeigen die einzelnen Vertreter, namentlich in den Eingangs-
scholien, so viele Varianten, dals sich auch dieses Labyrinth nur
mit einer Jobsgeduld entwirren lälst. Spanien beherbergt nur
zwei Jobkatenen, in Salamanca einen Vertreter der italienischen
und in der Madrider Nationalbibliothek einen Vertreter der
englischen Gruppe.
1. Salmanticensis Universitatis cod. 1. 2. 1, eine
Papierhs saec. 16 in Folio (30,1 > 21,2), ehemals zur Jesuiten-
1 Die beigefügten arabischen Ziffern wollen Aufschlufs geben, zu
welchen von den 4 Königsbüchern die einzelnen Scholiasten innerhalb
der Katene zitiert werden. Gesperrt sind die Namen jener Autoren, die
in den Ketten zu allen 4 Büchern erscheinen, also den Grundstock des
Kommentars bilden. Karo-Lietzmann 18 haben in ihrer Liste aulser
diesen Namen noch Epiphanius, Hesychius, Hippolyt und Olympiodor.
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 253
bibliothek gehörig. Auf einem Vorblatt die Notiz: Catena
Graecorum patrum. De la libreria del Colegio real de la
Compaäüia de Jesus de Salamanca. Auf der Kehrseite eines
zweiten Vorblattes eine Namenliste zu der Jobkatene, die
den ganzen Inhalt des Codex bildet. Der Form nach Breit-
katene. Die Initia rot. Die Autorennamen innerhalb der
Zeile. Der Bibeltext ist durch Randstriche ausgezeichnet; die
Glossen werden von Zahlenbuchstaben am Rande begleitet.
Die Seiten sind nicht numeriert, auch die Blätterlagen nicht.
Titel von erster Hand und Incipit: ’Iwß. &inynoıs dtapöpwv.
xep. a. Text 1,1. &punveia. OAuumodwpou dıaxövov. "H xwpa N
Avocitig xwpa .... Des. mit dem lückenhaften Olympiodor-
scholion Koi ei uev (sic) [Lücke] om örı... rov [] Ev tw...
oötog de ng Awu. Es fehlen also die Prologe des Paris. 151
(Lietzmann, Catenen 66f), Vat. 749, Marcian. 21, ebenso die
zwei letzten Scholien und die Unterschriften der andern
A-Codices.
Die Jobkatene der Salamancahs reiht sich der italie-
nischen Gruppe von Jobkatenen an; an einigen auffallenden
Varianten, namentlich in meinen Proben zu Kap. 18, bekennt
sie sogar ihre engste Zugehörigkeit zur Familie des
Seniors dieser Gruppe, zu Vat. 749 saec. 9, ohne dals
ich aber eine direkte Abstammung von diesem Römer behaupten
will. Die A-Katene hat wenigstens 9 handschriftliche Ver-
! Charakteristisch für Salm. 1. 2. 1 ist aufser seinem Desinit das
Fehlen von Nr 9—15 und 17—18 von den Eingangsscholien und das falsche
Lemma ’AroX. vor dem Polychroniusscholion Kai ualıora zu Kap. 18 Nr 9.
Letztere Eigentümlichkeit zeigt übrigens neuerdings, welches Unheil das
nachträgliche Rubrizieren der Anfangsbuchstaben in der Überlieferung
anrichtete. ÖA’ war vielfach Sigel für Olympiodor, oA’ für Polychronius,
ärtoA' für Apollinarius. Zunächst wurde nur A’, oX’, ttoA’ geschrieben,
später wurden die Rubra ö zu X’, az zu oX’, & zu noX’ hinzugefügt. Der
Rubrikator konnte nun leicht das nr vor oA’ oder das & vor to’ vergessen,
so dals der nächste Abschreiber das stehengebliebene oA’ als Olympiodor
(statt Polychronius) und das moA’ als Polychronius (statt Apollinarius)
milsdeutete. Umgekehrt konnten die Sigel für Olympiodor und Poly-
chronius mit einem ı bzw. einem & zuviel versehen und dann fälschlich
in Polychronius (statt in Olympiodor) und in Apollinarius (statt in Poly-
254 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
treter aus dem 10. und 11. Jahrh., also eine Grundlage, so fest
wie man sie für die Untersuchung nur wünschen kann. Salm.1.2.1
ist einer der jüngsten und wertlosesten Zeugen und kann
künftighin ganz aulser Betracht bleiben.
Aulser Polychronius von Apamea, Olympiodor Diakon,
Didymus und Chrysostomus, welche vier den Fundus der Kette
bilden, werden in der Jobkatene A (des Vallic. ©. 41 saec. 10)
folgende Autoren zitiert: Apollinarius (22mal), Basilius (3),
Clemens (1), Oyrill von Alex. (2), Dionysius „Areopagita* (4),
Euagrius (25), Eusebius von Cäs. und Gregor von Nyssa (je 1),
Gregor der Theologe (3), Julian (65), Methodius von Sidon! (18),
Örigenes (114), Severus von Antiochien (23), Theodor von
Mops. (1), Theophilus von Alex. (2).
2. Matritensis nationalis 4716 (früher O. 38), eine
Papierhs, saec. 13—14 mit 223 paginierten Blättern (34,1 x
23,6), enthält nichts als eine Jobkatene f. 2—223, und zwar
den von Junius edierten Typus B in Form einer Breit-
katene mit schöner Schrift und vielen Rubriken. Die Namen
in Abbreviaturen rot am Rande. f. 1" von späterer Hand ein
Verzeichnis der zitierten Scholiasten. f. 2: Twv Kata kepakaıov
einynoewv eis TOvV dikarov IuB Arno @Ywvis "OAunmodWpou
dıakövou Kal Erepwv. °H ümödecıs OAuumodwpou‘ TIoAAd Toig
raAmorepoıg Edofe rrepi tüg [Lücke von einer halben Seite] oi
UEV.... ÖreparroAoyouuevot [] tmpöo ... (fortwährend Lücken)...
Bıßkliwv N ouyypapr. f. 2”. 3’ leer. f. 4 weitere Prologe (die
gleichen wie in Laud. 86), wovon der erste: TToAuxpoviou Trpö-
Aoyos eis tov lwß* "H Ev Taig Belag... Ypapfi Trapadedwke.
Das erste Scholion f. 6: 'OAuvumodwpou' °H Aucitig xWwpa NV...
uexpı vüv Öpwuevwv; das letzte Scholion f. 223: Xpuoootönou*
"EKa0Tog Toivuv TWV ... oUTWg Artelevoöneda (Doxologie). Jede
auf den Katenenautor bezügliche Angabe fehlt.
chronius) aufgelöst werden. Daher die häufige Verwechslung dieser drei
Namen; weitere Belege in meinen Hohel. Cat. 136.
ı So lautet das Lemma vor dem ersten Methodiuszitat; vgl. hierzu
Bardenhewer, Patrologie!170f. Ein Beispiel, auf wie viele noch offene
Fragen der Patrologie die Katenen Antwort geben können.
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 255
Die Vorlage und etwaige Deszendenten des Madriders
werden sich aus den angegebenen Lücken rasch erkennen
lassen. Matrit. 4716 ist eine ziemlich wertvolle B-Hs, weil
er nicht so viele Anonyma hat, wie etwa Barocc. 176, und
vielleicht zur Kontrolle der Namen in der Juniusausgabe ver-
wendet werden kann. In den Stammbaum der englischen Hss.
fügt sich der Spanier also ein:
Barocc. 201 s. 12- 13
Matrit. 4716
Barocc. 195 s. 15
Barocc. 178 Laud. 86 Baroce. 176
8. 16 ®. 16 8. 16
In Worten: Laud. 86 und Barocc. 176! gehen wegen der
gleichen Lücken in Jb 2, 5—7 auf die gleiche unbekannte
Vorlage und im zweiten Grade auf die Mutterhs des Madriders
4716 zurück. (Fortsetzung folgt.)
ı Eine Zwillingshs zu Barocc. 176 ist der Turiner C. III.1; er ent-
stand aus der gleichen Mutterhs in dem gleichen Jahre 1562.
Chronologie des Apostels Paulus
von seiner Bekehrung bis zur Abfassung des
Galaterbriefes (37—57 n. Chr.).
Von Rektor a. D. Joseph Aberle in Breslau.
I.
er Verfasser des Artikels im 5. Hefte der „Schweizer
Rundschau“ 1901—1902 über „Wandlungen und Wande-
rungen Pauli bis zum Apostelkonzil“ t hat zu dem Zwecke, die
biblischen Quellen hiervon, Galaterbrief und Apostelgeschichte,
zu kombinieren und dadurch Professor Webers Hypothese
von der Abfassung des Galaterbriefes vor dem Apostelkonzile
zu unterstützen, seinen Ausführungen eine Chronologie des
Weltapostels zu Grunde gelegt, die mit den historischen
Merkmalen der beiden genannten biblischen und der ein-
schlägigen profanen Geschichtsquellen schwerlich in Überein-
stimmung zu bringen ist.
Er unterscheidet in dem Lebensgange des Apostels von
dessen Bekehrung bis zum Apostelkonzile drei Entwicklungs-
stufen, deren jede mit einer Hauptepoche beginne. Diese
Epochen sind:
1. Saulus’ wunderbare Bekehrung vor Damaskus, 2. seine
göttliche Berufung im Tempel zuJerusalemzur Heidenmission,
und 3. die beim feierlichen Gottesdienste in Antiochien vom
Heiligen Geiste befohlene und durch die Handauflegung der
Propheten und Lehrer vollzogene Weihe des Saulus und Bar-
nabas zum Apostelamte.
ı Joh. Mader in Schweizer Rundschau 1. Jahrg., 5. Heft, Stans
1900— 1901, 301— 323. j
Aberle, Chronologie des Apostels Paulus etc. 257
Mit letzterem Ereignisse bringt er in unmittelbaren Zu-
sammenhang jenen von Paulus im Galaterbriefe 2, 1—10
angeführten Vorgang, der gelegentlich der von der Apostel-
geschichte berichteten sog. Kollektenreise vor den Säulen-
aposteln in Jerusalem stattgefunden habe, und demzufolge
noch in demselben Jahre die Weihe in Antiochien erteilt
worden sei.
Als Zeit für diese Reise bezeichnet er eines der nächsten
zwei Jahre nach dem Tode des Königs Herodes Agrippa L,
der nach dem Zeugnisse des Josephus i. J. 44 n. Chr. starb'.
Als äufsersten Termin der Reise hält er das Jahr 46
n. Chr. fest, und da nach den Worten des Apostels Gal 2, 1
bis zu dem Zeitmomente, wo er wieder nach Jerusalem mit
Barnabas hinaufging, 14 Jahre verflossen waren, so sei Pauli
Bekehrung ins Jahr 32 n. Chr. anzusetzen.
Dieses Ergebnis würde aber nur dann unanfechtbar sein,
wenn als zweifellos festgestellt wäre, dals
I. die Flucht des Apostels Paulus aus Damaskus vor dem
Statthalter des Königs Aretas von Arabien, welche drei
Jahre nach der Bekehrung erfolgte, wirklich im Jahre
35 n. Chr. stattgefunden hätte,
IL. die sog. Kollektenreise wirklich im Jahre 46 n. Chr.
unternommen wurde, und
III. jener Vorgang vor den Säulenaposteln in Jerusalem,
worüber Paulus Gal 2, 1—10 ausführlich berichtet,
sich wirklich bei Gelegenheit der sog. Kollekten-
reise im Jahre 46 n. Chr. ereignet hätte.
Gegen diese drei Behauptungen müssen sich aber die
berechtigtsten Zweifel erheben, welche im Nachstehenden ihre
Begründung erhalten sollen.
I. Die Flucht des Apostels Paulus aus Damaskus
vor dem Statthalter des Königs Aretas von Arabien
ı Über das Todesjahr König Her. Agr. I. vgl. Jos., Antiq. 19, 8, 2:
tpltov de Eros aut Bacıkevovri tig ÖAng ’loudaiag menAnpwro. Die
Königsherrschaft über Judäa erhielt Her. Agr. I. i. J. 41; das 3. Jahr
derselben endete also i. J. 44 n. Chr.
Biblische Zeitschrift. L 3. 17
258 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
kann sich nicht vor dem Jahre 37 n. Chr. ereignet
haben.
Wie im Vorhergehenden berichtet wurde, hätte die Be-
kehrung des Weltapostels im Jahre 32 n. Chr. stattgefunden.
Demnach mülste drei Jahre später, im Jahre 35, wo der
Apostel, wie er Gal 1, 17—18 schreibt, nach seiner Rückkehr
aus Arabien wieder in Damaskus weilte und dann nach Jeru-
salem hinaufging, um den Petrus kennen zu lernen, sich jenes
für unsern Zweck wichtige Ereignis zugetragen haben, welches
Paulus 2 Kor 11, 32 u. 33 und die Apostelgeschichte 9, 25
erwähnt, nämlich seine Flucht aus Damaskus vor dem Statt-
halter des Königs Aretas. Damaskus hätte also i. J. 35 n. Chr.
unter der Herrschaft dieses Araberkönigs gestanden.
Die hierüber vorhandenen Quellen legen jedoch für dieses
Jahresdatum der arabischen Herrschaft über Damaskus kein
günstiges Zeugnis ab, weisen uns eher auf ein späteres Jahr
herab, etwa auf eines der Jahre 37—40 n. Chr., wo Damaskus
erst in den Besitz des Königs Aretas gelangt sein konnte.
In diese Zeit führen uns bei unserer Untersuchung zunächst
die stummen Quellen.
Unter den vorhandenen arabischen Münzen befinden sich
meist solche des Königs Aretas, welcher als der Vierte dieses
Namens durch die neuesten Untersuchungen nachgewiesen ist.
Auf diesen Münzen erscheint aulser dem Bilde und dem
Namen dieses Königs meist auch der charakteristische Titel
desselben 1%Y DAN (Rachem-ammeh = der sein Volk liebt), den
sich der König in der unverkennbaren Absicht zur Bekundung
seines Rassengeistes beigelegt hat. Aretas herrschte nach
einer Inschrift von el-Hegr (Medain Salih) 48 Jahre über das
mächtige, den Süden und Osten Palästinas begrenzende Reich
der Nabatäer!; er begann seine Regierung im Jahre 9, wahr-
scheinlich aber erst 8 v. Chr. Geburt?, und sein 48. Regierungs-
ı Euting, Nabatäische Inschriften aus Arabien, Berlin 1885,
Nr 16 u. 17.
2 Im ‚Jahre 9 v. Chr. wurde Herodes I. von Sylläus, dem Statthalter
des Königs Obodas II. von Arabien, bei Augustus verklagt, weil er gegen
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 259
jahr fiel somit in das Jahr 40 n. Chr. In seinen letzten
Regierungsjahren hat auch Damaskus unter seiner Botmäfsig-
keit gestanden. Bis zum Jahre 34 war Damaskus eine römische
Stadt; denn die damaszenischen Kaisermünzen gehen bis 34
und kommen erst unter Nero im Jahre 63 wieder zum Vor-
schein!. Dafs nun bei ihrem Verschwinden im Jahre 34
Damaskus sogleich unter arabische Herrschaft gekommen sein
sollte, ist bei der Bedeutung des Titels auf den genannten
Münzen des Aretas schwer denkbar. Welchen unerträglichen
Druck auf das Nationalgefühl seiner neuen Untertanen, der
Damaszener, hätte nicht der Araberkönig ausgeübt, wenn er
nach der Besitznahme ihrer Stadt unter so absichtlicher Her-
vorkehrung seines Patriotismus für sein Stammland solche
Münzen weiter schlagen liels! Mehr noch war es als eine
illoyale Kundgebung gegen den Oberherrn, den Kaiser Tiberius,
aufzufassen, wenn der Araberkönig als Inhaber eines römischen
Lehens noch fortfuhr, auf seinen Münzen sich als solchen zu
bezeichnen, der sein Volk — die Nabatäer — liebt, wie denn
auch v. Gutschmid in diesem Titel einen versteckten Protest
gegen andere, einem römischen Vasallen eher geziemende Be-
zeichnungen, wie ®iAopwuanog oder @PiAökamcap, richtig er-
kannt hat2.
Dem Kaiser Tiberius, der sich vor seinem Regierungs-
antritte wiederholt und lange im Orient aufgehalten hatte und
noch im Jahre 17 n. Chr., als er schon Kaiser war, den König
Archelaus aus beleidigtem Ehrgeiz des Thrones von Kappa-
Obodas einen Krieg unternommen hatte. Da Sylläus darauf den Obodas
umbrachte, und Aretas IV. den Thron seines Landes bestieg, so hätte
Herodes I. als der Verklagte diese Vorgänge als Gründe zur Gegenklage
benutzen können; er hat dies nicht getan, wohl weil er von den Wirren
in der eigenen Familie im Jahre 8 v. Chr. zu sehr in Anspruch genommen
wurde. Somit fiel die Tat des Sylläus und die Thronbesteigung des
Aretas IV. ins Jahr 8 v. Chr. (Jos., Antiq. 16, 9—10.)
ı Mionnet, Description de miädailles antiques V 286. — De
Saulcy, Numismatique de la Terre Sainte, Paris 1874, 36. — Euting
a. a. O. 84ff. — Schürer, Geschichte des jüdischen Volkes I 736—739.
2 Gutschmid bei Euting a.a. 0. 85.
17°
260 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
dozien beraubte!, konnte wohl die wenig römerfreundliche Ge-
sinnung des Aretas nicht verborgen geblieben sein; denn in
mehr als einem Falle hatte dieser den Zorn des Kaisers
herausgefordert. Eigenmächtig hatte er im Jahre 8 v. Chr.
sich in den Besitz des Thrones von Arabien gesetzt, ohne die
Erlaubnis des Kaisers Augustus hierzu vorher zu erbitten 2;
eigenmächtig war er im Jahre 36 n. Chr., obschon selbst nur
Vasall, gegen einen andern kaiserlichen Vasallen, den Vier-
fürsten Herodes Antipas, seinen Schwiegersohn, zu Felde ge-
zogen. Einem solchen Tributfürsten, der seinen nationalen
Ehrgeiz so offen zur Schau trug, wird der mit aller Welt
zerfallene, in seinen letzten Regierungsjahren äufserst mils-
trauisch gewordene Einsiedler auf Capri ein so blühendes,
dicht bevölkertes, bis an die Grenzen Sidons reichendes Herr-
schaftsgebiet, wie es Damaskus damals war, bei seinen Leb-
zeiten nicht anvertraut haben.
Auch im Monat März des Jahres 37 n. Chr. hat Damas-
kus dem Könige Aretas noch nicht gehört. Hätte es ihm
gehört, dann hätte die Strafexpedition, welche Vitellius, der
Statthalter von Syrien, damals von Antiochien aus nach Petra
gegen Aretas wegen dessen eigenmächtigen Vorgehens gegen
den Tetrarchen Herodes Antipas der Meeresküste entlang
führte3, schon von Sidon aus den ersten Angriff auf Damaskus
als ein feindliches Gebiet richten müssen, anstatt den langen
Marsch bis Ptolemais ununterbrochen fortzusetzen; denn die
Gebiete von Sidon und Damaskus grenzten damals bei Sidon
aneinander, und diese Grenze konnte nur wenige Meilen von
der Meeresküste entfernt gewesen sein.
Wenn hiernach von 34 n. Chr. bis zum Tode des Tiberius
Damaskus weder unter römischer noch unter arabischer Herr-
i Klebs, Prosographia imperii Romani saec. I. IL. III. Pars I 127.
2 Jos., Antiq. 16, 10, 9.
3 Über den Kriegszug des Vitellius gegen Aretas vgl. Jos. Antig.
18, 5, 1 u. 3.
ı Vgl. Schenkel, Bibellex. IV, Leipzig 1872, 563, wo die Breite
Phöniziens auf !,, bis 2 oder 3 geogr. Meilen angegeben wird.
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 261
schaft stand, so scheint die Vermutung sich zu bestätigen,
dafs es während dieser Zeit von eigenen Obrigkeiten regiert
worden ist. Damit wird es auch erklärlich, warum Damaskus
zur Zeit des Tiberius, wie Josephus berichtet!, Grenzstreitig-
keiten mit den benachbarten Sidoniern führen konnte. Führte
es dieselben in eigenem Namen, so erfreute sich Damaskus
damals, wie schon einmal im Jahre 70 v. Chr., des Vorrechtes
einer Selbstregierung? und hat den arabischen Statthalter
des Königs Aretas erst nach dem Tode des Kaisers Tiberius
in einem der Jahre 37—40 erhalten. Erst in dieser Zeit
also kann jener im zweiten Korintherbriefe und in der Apostel-
geschichte berührte Fall eingetreten sein?®, wonach auf An-
stiften der Juden zu Damaskus der Apostel Paulus genötigt war,
vor dem Statthalter des Königs Aretas von dort zu fliehen.
Nach dem Galaterbriefe 1, 17 war der Apostel Paulus
zweimal in Damaskus; in der Zwischenzeit von drei Jahren
befand er sich in Arabien. Diesen letzteren Aufenthalt er-
wähnt die Apostelgeschichte gar nicht, sondern lälst in Kürze
die Berichte über die Ereignisse von der Bekehrung an bis
zur Flucht vor dem Statthalter unmittelbar aufeinanderfolgen,
so dals es den Anschein hat, als bringe sie dieses letztere
Ereignis mit der ersten Anwesenheit des Apostels zu Damas-
kus in Zusammenhang. In der Tat hat diese dem Lukas
eigentümliche Berichterstattungsart Wendt? veranlalst, die
Flucht des Apostels bereits in die Zeit seiner ersten An-
wesenheit in Damaskus zu setzen. Dahei aber wäre es un-
ı Über den Grenzstreit vgl. Jos., Antiq. 18. Da Flaccus, der Vor-
gänger des Vitellius, in diesen Streit eingriff, so entstand derselbe im
Jahre 34 oder 35, bis zu welchem Jahre Flaccus Statthalter von Syrien war.
2 Über autonome Stadtmünzen von Damaskus im Jahre 70.69 v. Chr.
siehe Mionnet, Suppl. VIIL 193; De Saulcy a. 8.0. 31 Nr 9; Pauly,
Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft, herausgeg. von
Wissowa VIII, Stuttgart 1901, 2045.
32 Kor. 11, 32 und 33, wo der Statthalter dem Apostel Nach-
stellungen bereitet; Apg 9, 25, wo dies die Juden in Damaskus tun,
was beides zu gleicher Zeit geschehen konnte,
ı Siehe Meyer, Handb. über die Apg, 5. Aufl, neu bearb. von
Wendt, Göttingen 1880, 224.
262 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
erklärlich, wie er drei Jahre später an denselben Ort wieder
zurückkehren konnte, wo ihm ein noch schlimmeres Geschick
von seiten derselben Widersacher bevorstand'!. Übereinstim-
mend mit den Angaben des Galaterbriefes meldet die Apostel-
geschichte, dals Paulus unmittelbar nach seiner Flucht aus
Damaskus nach Jerusalem hinaufging. Bis zu dieser ersten
Reise des Apostels nach Jerusalem waren die drei Jahre nach
seiner Bekehrung verflossen. WarumabergeradedreiJahre?
Es war dieses jene Periode des Friedens, dessen die Kirche
in ganz Palästina sich zu erfreuen hatte (Apg 9, 31—11, 18).
Diese plötzliche Umänderung der Zeitverhältnisse hing ohne
Zweifel zusammen mit dem Regierungswechsel auf dem Cäsaren-
throne in Rom.
Tiberius starb am 16. März 37; ihm folgte Caligula, der
bitterste Feind der Juden. Dieses Volk, das bisher rücksichts-
los gegen seine christlich gewordenen Stammesgenossen in
Jerusalem und in ganz Palästina vorging, sah sich jetzt selbst
ı Diesen Gegengrund lälst Wendt nicht gelten, da er ja überhaupt
Apg 9, 19—25 nur auf die erste Anwesenheit des Paulus in Damaskus
bezieht. Dennoch ist dieser Gegengrund der wahrscheinlichste. Lukas
unterscheidet 9, 19—25 zwei verschiedene, ungleichlange Zeitabschnitte:
einen, der nur einige Tage dauert, und einen zweiten, der viele Tage
umfalst. Ebenso ist die Charakteristik beider Zeitabschnitte verschieden.
In den wenigen Tagen nach seiner Bekchrung verkehrt Paulus friedlich
in Damaskus mit den Christen; in dem längeren Zeitraume vieler
Tage treten die Juden ihm feindlich entgegen und deuten in den Worten,
die sie in ihrem Entsetzen über seine Umwandlung untereinander sprechen,
9, 21, durch den Gebrauch der Zeitformen &AnAußeı und Aydyn auf einen
früheren, längst vergangenen Zeitpunkt hin, wo er hierher (nach Damas-
kus) gekommen war, damit er (im Auftrage der Hohenpriester) die
Gläubigen gebunden nach Jerusalem führen sollte. Dement-
sprechend übersetzt auch Weizsäcker (Das Neue Testament, Freiburg
1. B.) diese Stelle: „Der hierher gekommen war, um sie gebunden zu den
Hohenpriestern zu führen.“ Der arabische Aufenthalt des Paulus war
für Lukas kein Gegenstand zur Berichterstattung. Paulus gibt ja selbst
den Grund seines Wegzuges von Damaskus nicht ausdrücklich an; nicht
Not hatte ihn von dort getrieben, sondern der innere Drang, der von Gott
kam (Gal 1,16—17). Hiervon war er der einzige Zeuge, ebenso davom,
warum er sich gerade nach Arabien zurückzog. Lukas wulste hierüber
nichts Sicheres, konnte darum auch nichts berichten; deshalb schweigt er
gänzlich über den Aufenthalt des Paulus in Arabien.
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 263
angefeindet und verfolgt von dem Herrscher des Reiches; es
war in die Notwendigkeit versetzt, seine heiligsten Angelegen-
heiten gegen die Launen des neuen Kaisers zu schützen.
Diese bedrängnisvolle Lage verschaffte aber auch der
Kirche jene Ruhepause, in welcher Petrus die Gemeinden
ungehindert besuchte, und Paulus auf göttliche Eingebung in
Arabien weilte.
Seinen Bericht über die Ereignisse in dieser Friedenszeit
beginnt der Verfasser der Apostelgeschichte gerade da, woer kurz
vorher die Sendung des Paulus nach Tarsus erwähnt hat (Apg
9,30), so dals man bei flüchtiger Lesung denken könnte, es sei
die Zeit jenes Friedens, wo Petrus seine Visitationsreisen in
Judäa unternahm, dieselbe gewesen, die Paulus im Galater-
briefe als die Zeit seines syrisch-cilicischen Aufenthaltes be-
zeichnet (Gal 1, 21). Doch letztere Zeit kann man mit
jener Friedenszeit nicht zusammenstellen, wenn man nach den
Berichten des Lukas das Schicksal der Gemeinde von Jeru-
salem vor der Bekehrung des Paulus mit ihrem Zustande
gleich nach dieser Bekehrung vergleicht. Dort waren seit
der Steinigung des Stephanus nur die Apostel allein in Jeru-
salem, da die Gläubigen sich in die Landschaften von Judäa
und Samaria zerstreut hatten; auch dann waren die Apostel
noch allein in Jerusalem, als sie die Kunde von der Bekehrung
der Einwohner in Samaria erhielten und den Petrus und Johannes
dorthin schickten, und auch Paulus deutet diese alleinige
Anwesenheit der Apostel in Jerusalem im Galater-
briefe 1,17 an. Nicht lange nach seiner Bekehrung aber, und
zwar während seines Aufenthaltes in Arabien, müssen
die Gläubigen allmählich wieder nach Jerusalem zurückgekehrt
sein; denn als er nach seinem zweiten Aufenthalte in Damas-
kus wieder nach Jerusalem hinaufkam, um den Petrus kennen
zu lernen?, waren die Apostel nicht mehr allein in der heiligen
ı Vgl. Bisping, Erkl. der Apg, Münster 1871, 172.
2 Das Verbum iorwpeiv, das im NT nur an dieser einen Stelle vor-
kommt, bedeutet „erforschen, erkunden, nachfragen, durch
Forschen etwas kennen lernen“ (Passow s. v. lorwp£w). Da der
264 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
Stadt, sondern Barnabas und die Jünger und die Brüder
waren auch daselbst! (Apg 9, 26. 27.30). Dieselbe Gemeinde,
die ehedem wegen der ausgebrochenen Verfolgung die Stadt
verlassen hatte, scheint also, nachdem Saulus, ihr Verfolger,
weggegangen war (Apg 8,1), nach Jerusalem zurückgekehrt und
sich aufs neue um die Apostel gesammelt zu haben. An diesen
Zeitpunkt knüpft Lukas seinen Bericht über die Visitations-
reisen des Petrus während des Friedens der Kirche an, in dem
er durch oüv? den Wendepunkt anzeigt, der die Friedensära
für die Gemeinden in Judäa, Samaria und Galiläa einleitete.
Als den Wendepunkt zu dieser Friedensära kann aber Lukas
die Ankunft des Paulus in Jerusalem (Apg 9, 26) unmöglich im
Sinne gehabt haben. War Saulus der Friedensstörer bis zu
seiner Bekehrung, so war er es doch nicht mehr seit seiner
Bekehrung, was Lukas ja selbst Apg 9, 19 ausdrücklich bezeust.
Wulste man inJerusalem diedreiJahre hindurch nichts von dieser
Bekehrung, so hatte das die Rückkehr der geflohenen Christen
nach der heiligen Stadt durchaus nicht gehindert; ihre Furcht
vor dem Verfolger erwachte erst wieder, als er wiederkam;
vorher hatten siesichruhig gefühlt. Das war die Friedens-
periode. die wir als Wirkung des feindlichen Auftretens des
neuen Kaisers gegen die Juden bezeichneten. Der Kaiser
Caligula regierte 3 Jahre 10 Monate3 8 Tage und starb am
Apostel den Petrus dem Namen nach bereits kannte, so wird er ihn auch
persönlich gekannt haben. Die Bedeutung von TTerpov iorwpnoaı wäre
somit nach obigen Bedeutungen auszulegen. Eine Evangelienschrift gab
es damals also noch nicht.
ı Die Apostel aulser Jakobus d. J. befanden sich unten in Judäa
— xara trv ’louvdalav —, als Petrus den Kornelius in die Kirche aufnahm
(Apg 11, 1). Als Petrus gleich darauf nach Jerusalem kam, stritten mit
ihm nur die aus der Beschneidung, da die andern Apostel im Lande
Judäa sich niedergelassen hatten; darum konnte Paulus, als er kurz nach-
her von Damaskus nach Jerusalem kam, nur den Petrus und Jakobus
d. J. dort treffen.
2 Mit oöv knüpft Lukas auch an andern Stellen an frühere Be-
richte gern an, nachdem er inzwischen anderes erzählt hat, so zwischen
Apg 8, 1.4 u. 11, 19.
3 Diese letzten 10 Monate von Caligulas Regierung waren jedoch
nicht geeignet, der Kirche jenen Gottesfrieden und jenen Zuwachs an
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 265
24. Januar 411. In die Zeit seiner Regierung fiel der drei-
jährige Aufenthalt des Paulus in Arabien, vorher dessen Be-
neuen Mitgliedern zu vermitteln, wie Lukas Apg 9, 81 ihn charakterisiert
(vgl. Bisping a. a. O. 172). Denn gerade damals gestaltete sich die
Lage der Juden in ganz Palästina am schlimmsten. Petronius, der Legat
von Syrien, stand in Ptolemais mit zwei Legionen in Bereitschaft, um mit
Anbruch des Frühlings 40 gegen Jerusalem vorzurücken und die Bild-
säule des Kaisers zur Anbetung im Tempel gewaltsam aufzustellen. Der
Widerstand der gesamten Landesbevölkerung gegen diese empörende
Profanierung des Heiligtums drohte in einen hartnäckigen Krieg auszu-
brechen (vgl. Jos., Antiq. 18, 8, 2), in welchen auch die christlichen Ge-
meinden leicht verwickelt werden konnten, da auch ihnen der Tempel
als Kultstätte heilig war. Dank dem Gerechtigkeitssinne des Legaten,
dals es zu diesem Kriege nicht kam! Nach langen Unterhandlungen mit
den Juden und ihren vornehmsten Repräsentanten erklärte sich nämlich
im Spätherbste 40 Petronius bereit, an den Kaiser um Zurücknahme des
gotteslästerlichen Befehles zu schreiben. Noch ehe Caligulas Antwort
eintraf, kam 27 Tage vor derselben, etwa am 25. März 41, die Nachricht
von dem inzwischen zu Rom erfolgten Tode des Kaisers zur Kenntnis
des Petronius, der sich nun nicht mehr verpflichtet hielt, dem kaiserlichen
Befehle weiter Folge zu leisten. Damit endete die Schreckenszeit für die
Juden, in welcher diese allerdings nicht daran denken konnten, ihre
christlichen ‚Brüder zu bedrücken und zu verfolgen; aber diese kriege-
rische Zeit gestaltete gewifs auch nicht das Aufkommen eines wirklichen
Kirchenfriedens.
Auch die Ansicht vieler Ausleger, z.B. die von Aberle, Einleit. in
d. NT, herausgeg. von Schanz, Freiburg i. B. 1877, 156 f, dals in der
Zwischenzeit von Einstellung des Kriegszuges bis zum Eintreffen der
Todesnachricht über den Kaiser, d.h. von Mitte Nov. 40 bis 25. März 41,
dieser Kirchenfriede herrschte, kann nicht richtig sein. In dieser Zeit
erst hätte Petrus den Kornelius in die Kirche aufgenommen. Damit
aber wäre er nicht der Erste gewesen, der Heiden aufnahm
(vgl. Apg 15, 7); denn schon längst zuvor hatten Cyprier und Cyrenäer in
Antiochien Heiden das Evangelium gepredigt. Diese Tätigkeit muls,
damit alles in Apg 11, 22-25 Erzählte in den nötigen Zeiträumen auf-
einander folgen konnte, wenigstens zwei Monate vor Ankunft des Agabus
aus Jerusalem und des Saulus aus 'Tarsus in der neuen Heidenchristen-
gemeinde zu Antiochien begonnen haben. Agabus’ Weissagung fiel, nach
dem bestätigenden xat in Apg 12, 28 zu schlielsen (vgl. Wendt bei
Meyer .a.a. 0. 256), noch in die Zeit des Caligula, Januar 41. Wenn
demnach weder die Wirren vom Frühling 40 bis Spätherbst 40, noch
die Zwischenzeit vom Spätherbst 40 bis zum 25. März 41 dem Ge-
deihen jenes allgemeinen Kirchenfriedens, der Apg 9, 31 erwähnt wird,
günstig war, so fiel derselbe in die ersten drei Jahre von Caligulas Re-
gierung, zwischen 16. März 37 und Frühling 40 n. Chr.
ı Suetonius, Gajus 59.
266 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
kehrung, nachher seine erste Reise nach Jerusalem zu Petrus.
Die Friedenszeit der Kirche, über die Lukas berichtet, fällt
ebenfalls in die Regierungszeit des Caligula. Demnach er-
folgte die Bekehrung des Apostels Paulus im Jahre
37 und seine Ankunft in Jerusalem bei Petrus im
Jahre 40 n. Chr.!
IL. Die sog. Kollektenreise des Saulus und Barna-
bas ist nicht i. J. 46 n. Chr. unternommen worden.
Der Verfasser des bereits genannten Artikels der „Schweizer
Rundschau“ behauptet, dafs Paulus von Cäsarea aus, wohin ihn
nach seinem Besuche bei Petrus die Brüder aus Jerusalem
geführt hatten, die Reise allein und ununterbrochen „zu Schiffe“
bis Tarsus fortgesetzt habe. Später wurde er von hier durch
Barnabas, der inzwischen die neu entstandene Heidenchristen-
gemeinde in Antiochien in den kirchlichen Gesamtorganismus
eingegliedert hatte?, als Gehilfe zu diesem Werke in diese
—— = E44 [n
ı Hätte die Flucht des Apostels vor dem Statthalter schon i. J. 37
stattgefunden, so wäre das Jahr 34 der früheste Termin der Bekehrung
Pauli (Hönnicke, Neue kirchl. Zeitschrift XIII 8, 610). Von dieser
Zeit ab aber stand Pilatus mit dem Synedrium zu Jerusalem auf
zu gespanntem Fulse, als dals Exzesse, wie die Apg 9, 1—2; 22, 4-5;
26, 10—11; 1 Kor 15, 9 genannten, ungestraft hätten vorkommen dürfen.
Erst als Vitellius, der Legat von Syrien, bei seiner ersten Anwesenheit
in Jerusalem i. J. 36 den Juden sich günstig zeigte, seinem Freunde
Marcellus die Prokuratur interimistisch übertrug, und Pilatus im
Januar 37 nach Rom abgereist war, atmeten die Juden frei auf,
gaben ihrem Hasse gegen die Christen Ausdruck, und Saulus konnte
nun als Verfolger der Gemeinden in Judäa ungehindert auf-
treten (Gal 1, 23).
2 Bisping, Erkl. der Apg 198. Nach. Wendt wurde Barnabas
deshalb nach Antiochien gesendet, um die neu entstandene Genossenschaft
vorerst auf ihre Gültigkeit als christliche Gemeinde zu prüfen, ehe ihre
Sanktion von Jerusalem aus erfolgen konnte. Das Ergebnis dieser Prüfung
war günstig, so dals später an der Spitze dieser Gemeinde Propheten
und Lehrer standen, ähnlich wie in ‚Jerusalem Apostel und Älteste die
obersten Kirchenämter innehatten. Mit Recht darf man weiter folgern,
dals in den von Paulus bekehrten Gemeinden bis zur Zeit seiner Ge-
fangennahme i. J. 58 an Stelle der Propheten und Lehrer Bischöfe und
Älteste bzw. Diakone eingesetzt wurden. So konstituiert begegnen uns
die heidenchristlichen Gemeinden in der Doctrina apostolorum, deren
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37”—57 n. Chr.). 267
Stadt abgeholt. Nachdem beide dort ein Jahr gemeinsam
gearbeitet hatten, reisten sie im Auftrage der antiocheni-
schen Christengemeinde nach Jerusalem, um die Liebesgabe,
die diese Gemeinde wegen der durch Agabus vorhergesagten
Hungersnot für die arme Mutterkirche gesammelt hatte, den
Ältesten daselbst zu überreichen.
Diese sog. Kollektenreise setzt der Verfasser gemäls
seiner Annahme, dals Paulus i. J. 32 bekehrt worden und nach
der Angabe des Galaterbriefes 14 Jahre später wieder nach
Jerusalem mit Barnabas hinaufgegangen sei (Gal 2, 1), in das
Jahr 46. Demnach hätte Paulus, der i. J. 35 seine syrisch-
cilicische Missionstätigkeit begonnen hätte, im Gebiete dieser
beiden Provinzen sich 11 Jahre lang aufgehalten. Um
diesenunglaublich langen Aufenthalt des PaulusinSyrien
und Cilicien passend einzuordnen, sucht er die Möglichkeit
desselben in der Weise zu erklären, dals er den Paulus die
ersten sechs Jahre in Tarsus zubringen lälst, von wo ihn
Barnabas nach Antiochien holt, wohin diesen die Apostel
i. J. 41 geschickt hatten. Wenigstens ist dieses Datum als
dasjenige festzuhalten, wo Paulus durch Barnabas aus Tarsus
nach Antiochien geholt wird. Denn der Verfasser selbst setzt
die Apostelverfolgung seitens des Herodes Agrippa I. in das
Jahr 42, und in diesem Jahre endete auch das von der Apostel-
geschichte verbürgte eine Jahr der gemeinschaftlichen
Missionstätigkeit des Barnabas und Saulus in An-
tiochien. Von nun ab hätte Saulus erst seine Missionsarbeit
in den Landschaften Syriens und Ciliciens begonnen. Da
nun Paulus doch seinen Hauptzweck, den er bei der Kollekten-
reise verfolgte, sein Evangelium der Gemeinde und den Apo-
steln in Jerusalem darzulegen, auch wirklich hat erreichen
wollen, so mülste ihm auch bekannt gewesen sein, dals be-
sonders Petrus damals in Jerusalem anwesend gewesen sei.
Petrus, den der König Herodes Agrippa I. nach Ostern 42
Entstehung Funk (Doctrina X1I apostolorum. Proleg. 33. Tübing. 1887)
mit Recht um 80 n. Chr. ansetzt.
268 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
hatte töten wollen, war nicht blols aus Jerusalem, sondern
bis über die Grenzen des Königreiches an einen andern Ort
gegangen!, wo er vor den weiteren Verfolgungen des Feindes
sicher sein konnte. Als Agrippa im Jahre 44 gestorben und
eine neue Regierung eingesetzt war, welche dem Verfolgungs-
eifer der jüdischen Obrigkeit ein Ziel setzte, konnte auch
Petrus von da ab allerdings wieder in die heilige Stadt zurück-
gekehrt sein. Der Verfasser vermutet nach Weber, dais es
i. J. 45/46 geschehen sei, folgerichtig aber muls er nur das
Jahr 46 als solches gelten lassen.
Man sieht, mit welchen Schwierigkeiten der Verfasser zu
kämpfen hat, um die in den beiden biblischen Quellen be-
richteten Begebenheiten in die passenden Zeitpunkte unter-
zubringen. Vor allem muls es höchst befremden, den Paulus,
den die Geschichte als den feuereifrigen Apostel rühmt,
sechs Jahre hindurch untätig in Tarsus verharren zu
lassen. Nach des Verfassers Ansicht hat Paulus in dieser langen
Zeit nicht gepredigt, da er den Ruf zur Predigt vor den Heiden
erst durch Barnabas, der von Antiochien hergekommen war, er-
halten hätte. Ferner kann das Jahr 46 nicht die Zeit sein,
wo die „falschen Brüder“ ihren Streit mit Barnabas und Saulus
anfingen, was doch der ursprüngliche Grund zu jener Reise
war. Denn dieser Streit entspann sich am Ende desjenigen
Jahres, wo jene beiden Männer gemeinsam in Antiochien
1 Eis &tepov tönov(Aypg 12.17), nämlich an einen andern, an Bedeutung
und Grölse ebensolchen Ort, wie es Jerusalem war. Die drittgrölste Stadt
des Reiches war damals Antiochien; dorthin kann Petrus aber nicht ge-
gangen sein; denn unter den Ersten der dortigen Gemeinde wird er Apg
13, 1 nicht genannt. War Antiochien nicht der Zufluchtsort des Petrus,
so war es auch nicht Alexandrien; denn von dort kam 12 Jahre später
Apollos nach Ephesus, der überhaupt vom Christentume nur wenig wulste,
Berücksichtigt man, mit welchem Nachdruck Paulus, der jahrelang in den
‚Jerusalem an Bedeutung und Grölse nachstehenden Hauptstädten Korinth
und Ephesus gepredigt hatte, i. J. 58 in seiner Rede vor Festus und
Agrıppa (Apg 26, 26) auf die hervorragende Rangstellung Jerusalems
unter den damaligen Grolsstädten hinweist, so liegt es wohl sehr nahe,
welchen Ort Lukas unter dem Erepog Tötnog, wohin Petrus ging, im Sinne
hatte. Das verfallene Babylon kann damit erst recht nicht gemeint sein,
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 269
wirkten, wo ihnen die „falschen Brüder“ auch schon immer auf-
gelauert haben mulsten und die groise Heidenchristengemeinde
durchaus unter das Joch des mosaischen Gesetzes hätten
zwingen wollen.
Solches hätten sie nur in der Zeit von 41-42 treiben
können, wo Paulus mit Barnabas ununterbrochen das ganze
volle Jahr in Antiochien zusammen arbeitete. Denn des Barna-
bas Missionstätigkeit war nur auf Antiochien beschränkt; von
einer anderwärtigen Wirksamkeit desselben in Syrien berichtet
die Apostelgeschichte nichts.
Demgegenüber ergibt sich unsere Chronologie des Apostels
Paulus für die Zeit vom Jahre 40 n. Chr. ab aus folgender Be-
trachtung:
Den Anfang seiner Mission unter den Heiden machte
Paulus in Syrien. Er schreibt den Galatern, dals er nach
seinem 1l5tägigen Besuche bei Petrus in Jerusalem in die
Landstriche von Syrien und Cilicien gekommen sei; nach
Antiochien war er damals noch nicht gelangt, da er erst später
von Barnabas dorthin geholt wurde.
Dafls er in jenen Gegenden aber überhaupt gepredigt
habe, sagt er gar nicht, sondern wir erfahren erst aus den von
ihm angeführten Worten der Gemeinden in Judäa, dals der ehe-
malige Verfolger jetzt den Glauben verkündige, den er vorher
angefochten hatte. Diese Nachricht hätten sie erst wieder
durch Hörensagen vernommen. Es müssen also diejenigen,
die ihnen solche Freudenbotschaft sandten, solche gewesen
sein, die den Paulus persönlich kannten und um sein ehe-
maliges feindliches Auftreten gegen den Glauben wulsten, also
unmittelbare Zeugen seiner jetzigen Predigt vor den Heiden.
Wessen Zeugnis nun konnte ihnen aber glaubwürdiger sein
als das des Barnabas oder auch der Cyprier und Üyrenäer,
ihrer Mitbrüder aus Judäa, die sich um die Sache des Glaubens
bereits vor der Ankunft des Paulus in Antiochien verdient
gemacht hatten und ihn jetzt dort als Prediger auftreten sahen!
Diese und Barnabas also können nur die Gewährsmänner
gewesen sein, die den Gemeinden Judäas für die wirkliche
270 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
Bekehrung und den Missionseifer ihres ehemaligen Verfolgers
derartig bürgten, dals sie Gott dafür (beständig) priesen, was
sie bei ihren gottesdienstlichen Zusammenkünften wohl getan
haben mögen!. Was Paulus von den Gemeinden Judäas schreibt,
ist also das Einzige, das er aus der Zeit seines syrisch-cili-
cischen Aufenthaltes erwähnt; des ruhm- und erfolgreichen
Jahres in Antiochien gedenkt er gar nicht, und dennoch hat
er zu der dortigen Gemeinde in engster Beziehung gestanden,
wie sich weiterhin aus Gal 2, 11ff ergibt.
Wenn wir hier von Paulus auch nur soviel erfahren, dals
es damals, als Petrus nach Antiochien kam, Heidenchristen
in dieser Stadt gab, aber nicht von ihm zugleich erfahren,
dals er sie bekehrt habe, so berichtet uns doch Lukas in seiner
Apostelgeschichte dies um so ausführlicher.
Jene Nachricht, welche die Gemeinden in Judäa durch
Hörensagen erfuhren, dals Paulus, ihr ehemaliger Verfolger,
nunmehr den Glauben verkündige, stammte also, wie wir
sehen, aus Antiochien, und zwar gelangte sie zu ihnen
in dem Jahre, wo Barnabas und Paulus die grolse
Heidenchristengemeinde in der Hauptstadt Syriens
gründeten.
Die Zeitlage dieses Jahres lälst sich an den Ereignissen,
die Lukas zu diesem Zeitabschnitte anführt, mit Sicherheit
erkennen. Kurz vor oder kurz nach der Ankunft des Paulus
in Antiochien kamen Propheten aus Jerusalem auch dorthin;
Agabus, einer von ihnen, weissagte eine dem ganzen Erdkreis
bevorstehende Hungersnot?, wozu Lukas nachdrücklich bemerkt,
ı ’EdöEaZov Gal 1,24. Der Gebrauch des Imperf. bedeutet hier, wie
Apg 11,18, dals das do£aZeıv nicht einmal nur, sondern oft, etwa täglich
oder sonntäglich beim Gottesdienste als besondere Andachtsübung ab-
gehalten wurde. Paulus, der während seines lötägigen Aufenthaltes bei
Petrus bei diesen Lobpreisungen der Jerusalemer Gemeinde wegen der Be-
kehrung der Heiden zugegen war, wulste aus Erfahrung, wie die Ge-
meinden in Judäa jetzt seine Predigten aufgenommen hatten, und wählte
hier Gal 1, 24 die dem wirklichen Tatbestande entsprechende Zeitform von
doEdLeiv.
2 Dals Agabus tatsächlich eine allgemeine Hungersnot, nicht etwa
nur eine judäische, prophezeit haben muls, wie manche annehmen, ist
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.) 27]
dafs sie wirklich unter dem Kaiser Claudius eingetreten sei.
Der Kaiser Claudius bestieg den Cäsarenstuhl am Tage nach
der Ermordung seines Vorgängers Caligula, den 25. Januar 41.
Noch ehe die Hungersnot ihren Einzug in irgend einem Teile
des Reiches hielt, müssen die Worte des Agabus in Antiochien
gesprochen worden sein, da sie als eine Vorhersagung bezeichnet
werden. Die Katastrophe. brach nicht gleichzeitig über alle
Länder herein, sondern verheerte in den beiden ersten Re-
gierungsjahren des Claudius Rom und Italien, i. J. 44 Syrien
und Palästina, 49 Griechenland und 51 wiederum Romi.
Dals Agabus nur die Hungersnot im Sinne gehabt habe, die
seine nächste Heimat Palästina und Syrien heimsuchen würde,
ist nicht anzunehmen. Denn er weissagt eine Hungersnot, die
auf dem ganzen Erdkreise und zwar infolge von Mifsernten
auftreten werde, und Lukas bestätigt durch jenen Zusatz die
allgemeine Ausbreitung des Elendes gemäls der Vorhersage
des Agabus.
Da das Übel schon 41, im ersten Jahre des Claudius (in
Rom und in Italien) auftrat, so war es kurz zuvor von dem
Propheten in Antiochien geweissagt worden. Der Spruch er-
ging also noch im Januar d. J. 41 n. Chr. Um diese Zeit
kam also Paulus nach Antiochien?. Möglich aber ist es auch,
dals Agabus erst weissagte, als Paulus in Antiochien zu lehren
anfıng (Apg 11, 26 u. 27); immerhin traf beides in dem einen
festzuhalten, da er sonst für die judäische Hungersnot das Jahr des
Eintretens sicherlich angegeben hätte.
ı Bisping a.a. 0. 201.
2 Aberle (Einleitung in das Neue Testament, herausgegeb. v. Schanz,
Freiburg i.B. 1877,160) veranschlagt die Dauer des Aufenthaltes des Saulus
in Tarsus auf etwa drei Monate. Rechnet man aber auf die Reisezeit bis
Tarsus und von Tarsus bis Antiochien drei Monate, so hat Saulus sich etwa
acht Monate i. J. 40 in Tarsus aufgehalten. Diese Zeit genügte für den
hochbegabten, damals etwa 2ljährigen Saulus, sich in der betriebsamen und
hochkultivierten Hauptstadt Ciliciens jene Fertigkeiten und Kenntnisse
anzueignen, die er auf seinen nachherigen Missionsreisen in den Griechen-
städten nötig hatte. Das Zelttuchmacherhandwerk hat er jedenfalls hier
in dieser Zeit erlernt, ebenso fand er hier Gelegenheit, sich im Gebrauch
der griechischen Sprache zu vervollkommnen.
272 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
Jahre zusammen, das Barnabas und Paulus in Antiochien
gemeinsam zubrachten.
Die Ereignisse, die in diesem einen Jahre aufeinander-
folgten, sind überaus lehrreich.
Paulus und Barnabas beginnen ihre Lehrtätigkeit; in-
zwischen stellt sich die Gelegenheit ein, den ausgestreuten
Samen des göttlichen Wortes in den Gemütern fruchtbar zu
machen; die Frucht gelangt in schönster Weise zur Reife, denn
die Gläubigen rechtfertigen ihren Christennamen durch
ihre Liebesspenden. Solche müssen in christlichem Geiste ge-
übt werden, und dazu gehört auch, dafs man damit nicht lange
zögere. Dafs die Kollekte wirklich rasch zu stande kam und
deren Ergebnis auch sogleich abgesendet wurde, bezeugt Lukas,
indem er alle diese Ereignisse zusammen in dieses eine Jahr
versetzt!.
Das Ende dieses Jahres bringt er mit einem geschicht-
lichen Ereignisse zusammen mittels des Ausdruckes: Kart’ Exei-
vov Töv kaıpov (Apg 12,1). Der Ausdruck xaıpög bedeutet „ein
gewisses Mals“, also auch ein Zeitmals. Der Berichterstatter,
der dieses Wort hier gebraucht, hat offenbar einen bestimniten
Zeitabschnitt im Sinne, innerhalb dessen sich das von ihm
Erzählte ereignete. Als Epoche dieses Zeitabschnittes lälst
sich dasin Gall,21 und Apg 9, 26—30 Berichtete erkennen. Sie
ist die Abreise des Paulus nach seinem l5tägigen
Aufenthalte bei Petrus in Jerusalem. Wie wir zeigten,
erfolgte diese i. J. 40; von diesem Jahre an beginnt der Zeit-
abschnitt, in dessen Verlauf das soeben berührte geschichtliche
Ereignis eintrat, die von dem Judenkönige Herodes Agrippa I.
in Jerusalem an Ostern veranstaltete Apostelverfolgung. Dieser
König erhielt die Herrschaft über das seinem Grolsvater Hero-
ı Die Hungersnot trat in Jerusalem erst später ein, keinesfalls aber
nach d.J.45. Denn Gotarzes, der Partherkönig, starb 45 (Klebsa.a.O.
Ill 385). Sein Vorgänger Vardanes reizte den Izates, König von Adiabene,
beständig zum Kriege gegen die Römer; statt ihm Folge zu leisten,
schickte Izates seine Mutter Helena nach Jerusalem. Bei ihrer Ankunft
wütete derllunger schon lange daselbst (J os., Antiq. 20, 2,5 u.3,4). Helena
aber kann frühestens 44 oder spätestens 45 in Jerusalem angekommen sein.
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 273
desl.einst gehörige Reich sogleich bei der Thronbesteigung seines
Jugendgenossen, des Kaisers Claudius, im Januar 41n. Chr. Den
Juden, seinen nunmehrigen Untertanen, war er wegen seines
abenteuerlichen Vorlebens! nichts weniger als genehm; er sah
sich in die Notwendigkeit versetzt, sich unter ihnen erst Popu-
larität zu erringen. Wie er dies betrieb, gibt Schürer aus-
führlich nach des Josephus Berichten an.
Zu welcher Zeit Agrippa nach Jerusalem kam, lälst sich
nicht feststellen; lange wird er jedoch die Reise von Rom nach
Jerusalem aus dem eben genannten Grunde nicht aufgeschoben
haben?; am Laubhüttenfeste 41 ist er sicher dort. Für unsere
Untersuchung kommt nun dasjenige Jahr in Betracht, in welchem
er an Ostern den Apostel Jakobus d. Ä. töten und den Petrus
gefangen setzen liefs. Dies kann nur das Jahr 42 gewesen
sein; denn 41 war er um Ostern gewils noch nicht in Jeru-
salem, und 43 und 44, in welch letzterem Jahre er starb,
begann die Gunst, die er bei den Juden sich künstlich zu ver-
schaffen gesucht hatte, gewaltig zu schwinden®; selbst den
Römern war er milsliebig geworden. Hiernach war es das
Jahr 42, in welchem er um Ostern mit blutiger Verfolgung
gegen die Apostel vorging. In diesem Jahre ging auch der
Zeitabschnitt zu Ende, wo Barnabas und Paulus in Antiochien
mit der Überbringung der Kollekte betraut wurden. Diese
muls also damals abgeschlossen gewesen sein. Es wäre deshalb
höchst befremdlich und völlig zwecklos, wenn man die Über-
reichung noch auf Jahre hinausgeschoben hätte, wo die Hungers-
not schon längst aufgehört hatte Demnach erfolgte die
ı Über König Herodes AgrippaslI. Vorleben vgl. Schürera.a.0.550ff.
2 Die erste Nachricht vom Tode Caligulas kam nach Syrien und
Palästina am 25. März 41 an Petronius. Ostern 41 traf den 4. April.
In diesen 11 Tagen kann König Herodes Agrippa I. die von Josephus
und Lukas berichteten Versuche, populär zu werden, nicht angestellt
haben. Seine Ankunft in Jerusalem erfolgte also sicher erst im Sommer
d. J. 41 n. Chr.
3 Von einer Trauer über den Tod des Herodes Agrippa I. unter
den Juden Palästinas berichtet Josephus nichts. Wie sehr aber beklagten
die Juden Roms den Tod Cäsars! (Suetonius, Caes. 84).
Biblische Zeitschrift. I. 3. 18
274 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
Übergabe der Unterstützung für die von Hungersnot
bedrohten Mitchristen Judäas im Jahre 42 n.Chr. Ob
die Überbringer, Barnabas und Paulus, schon in demselben
Jahre wieder von Jerusalem zurückgereist seien, wie Aberlei
wahrscheinlich gemacht hat, oder erst nach dem jammervollen
Ende des Judenkönigs zurückkehren konnten, lälst sich nicht be-
stimmt ermitteln. Da sie bei ihrer Rückkehr nach Antiochien
den Markus mitnahmen, welcher nach Hieronymus mit Petrus
aus Jerusalem geflohen und nach Rom gegangen war, so ist es
möglich, dafs Markus, nachdem er den Tod des Agrippa er-
fahren hatte, in demselben Jahre 44 wieder nach Jerusalem
gereist war und von den beiden Almosenüberbringern nach
Antiochien mitgenommen werden konnte. Denn Lukas sagt
ausdrücklich, dals sie von Jerusalem erst wieder zurückgekehrt
seien, nachdem die Ausspendung vollzogen worden sei.
Da nicht blofs die Christen der heiligen Stadt, sondern
ganz Judäas damit zu bedenken waren, so konnte immerhin
sich die Rückkehr des Barnabas und Paulus mit Markus bis
zum Jahre 44 hingezogen haben. Die sog. Kollektenreise
wurde also i. J. 42 n. Chr. unternommen.
II. Der Bund der Gemeinschaft zwischen den
Aposteln der Heiden und der Juden wurde auf dem
Apostelkonzil zu Jerusalem 1.J.5l n.Chr. geschlossen.
In den beiden vorangehenden Abschnitten sind m. E. ge-
nügende Beweisgründe dafür vorgeführt worden, dals die bisher
am meisten vertretenen Ansichten über die Zeit der Bekehrung
des Weltapostels und seiner 1. und 2. Reise nach Jerusalem
noch immer die grölsere Wahrscheinlichkeit besitzen. Wurde
nun, wie im IL. Abschnitt dargetan worden ist, die 2. Reise,
auf welcher die von den antiochenischen Christen gesammelte
Liebesspende in Jerusalem überreicht werden sollte, i. J. 42
unternommen, so kann dies nicht jene Reise gewesen sein,
welche Paulus im Galaterbriefe 2, 1 erwähnt, denn diese er-
folgte 14 Jahre nach seiner Bekehrung. Die Bekehrung würde
ı A.a0. 161.
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37”—57 n. Chr.). 275
hiernach bis ins Jahr 28 hinaufgerückt werden, in eine Zeit,
aus welcher wir über das öffentliche Auftreten des Paulus
überhaupt noch keine Nachricht erwarten können.
Somit kann die von Paulus Gal 2, 1 genannte Reise nur
seine 3. Reise sein, die er gemeinschaftlich mit Barnabas zum
Apostelkonzil in Jerusalem unternommen hatte.
Da wir im I. Abschnitt das Jahr 37 als Zeit von Pauli
Bekehrung gefunden haben, so fiel die 3. Reise ins Jahr Bl
n. Chr. Damals erst wurde auf dem Apostelkonzile jene
für diegesamte Heidenchristenheit aller Zeiten hoch-
wichtige Angelegenheit zwischen Paulus und Barna-
bas einerseits und den Säulenaposteln anderseits
verhandelt, welche den Stoff zu den Versen 1—10 im
2. Kapitel des Galaterbriefes bildet.
Damit hat unsere Untersuchung ihren Höhepunkt erreicht,
wo es sich entscheiden soll, ob die Verhandlungen auf dem
Apostelkonzile, worüber Lukas in der Apostelgeschichte 15,
1—29 berichtet, zu derselben Zeit stattfanden wie jene, welche
Paulus im Galaterbriefe 2, 1—10 seinen Lesern mitteilt.
Diese Gleichzeitigkeit hat in neuerer Zeit Prof. Dr. Valen-
tin Weber in Würzburg in einem grölseren und zwei kleine-
ren Werken! entschieden in Frage gestellt, indem er in
seiner Hypothese von der frühen Abfassung des Galaterbriefes
nachzuweisen sucht, dafs der von Paulus überlieferte sog.
Apostelvertrag auf der 2. Reise in Jerusalem geschlossen
worden und wesentlich zu unterscheiden sei von dem Berichte, den
Lukas über das Apostelkonzil i. J. 51 erstattet; dort sei Paulus
von den Judenaposteln als der berufene Heidenapostel aner-
kannt worden, hier hingegen erst sei die Gleichberechtigung der
Heidenchristen mit den Judenchristen ausgesprochen worden.
IndemWeberdiese Unterschiede festhält, glaubt er, dieWider-
sprüche, die nach Baurs Tendenzkritik zwischen der Apostel-
ı 1. Die Abfassung des Galaterbriefes vor dem Apostelkonzil, Ravens-
burg 1900. 2. Die Adressaten des Galaterbriefes, Ravensburg 1900.
3. Der hl. Paulus vom Apostelübereinkommen bis zum Apostelkonzil,
Freiburg i. B. 1901.
18*
276 Aberle, Chronologie des Apostels „Paulus von seiner Bekehrung
geschichte und dem Galaterbriefe bestehen sollen, am besten
lösen zu können, kommt dabei aber auch zu der Schluls-
folgerung, dafs der Galaterbrief vor dem Apostelkonzil ent-
stand und an diejenigen Gemeinden, die Paulus auf seiner
ersten Missionsreise gegründet hatte, d.h, an die Christen in
Südgalatien adressiert sei.
So scharfsinnig die Hypothese auch entwickelt wird und
so gut ihr Zweck auch ist, so können wir ihr dennoch nicht bei-
pflichten, da sie mit unserer Chronologie des Weltapostels in
Widerspruch tritt.
Vor allem darf man doch nicht übersehen, dals Paulus
an der Galaterstelle 2,1 von einer Reise schreibt, die er nicht
blofs wiederholt nach Jerusalem unternommen hatte, sondern
“ dieselbe auch wiederholt mit Barnabas unternahm.
Denn in dem Satze närıv Aveßnv eig “lepooöAuua era
Bopvaßa bezeichnet das Wort nakıv die Wiederholung nicht
nur der Tätigkeit, sondern auch die Wiederholung der bei-
gefügten beiden Umstände.
Der Apostel ist also damals bereits das zweitemal mit
Barnabas nach Jerusalem hinaufgereist; diese Reise war
seine (eigene) 3. Reise und zwar zum Konzil, während die vor-
hergehende Reise seine 2. Reise zur Überreichung der Kollekte
war. Dals er diese in seinem Briefe völlig unerwähnt lälst,
braucht uns nicht zu befremden; denn er berührt so manches
andere auch nicht, das Lukas aus dieser Zeit uns erst mit-
teilt, z. B. gedenkt er seiner erfolgreichen Tätigkeit in An-
tiochien mit keinem Wörtchen.
War demnach die Gal 2,1 genannte Reise die 3. Reise
des Paulus nach Jerusalem, so geschah alles, was er zu dieser
Reise erwähnt (auch jener sog. Sondervertrag mit den Säulen-
aposteln), offenbar erst bei Gelegenheit des Konzils auf der
3. Reise i. J. 51 n. Chr. |
Da es also damals, wie wir eben gesehen haben, bereits
das zweitemal war, dals Paulus und Barnabas gemeinschaft-
lich nach Jerusalem reisten, so erklärt sich auch die ver-
änderte Stellung, in welche jetzt nach der Darstellung in
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 277
Gal 2,1 der Apostel zu diesem getreten ist. Während Lukas
bis zu dem Augenblicke der Weihe in Antiochien den Bar-
nabas dem Paulus stets voranstellt, alsdann dem Paulus ebenso
beständig den Vorrang gibt, ist im @Galaterbriefe Paulus
stets der Erstgenannte und hat auf der Reise die Führer-
schaft übernommen. Er ist es, von dem der Reiseplan aus-
geht, damit er sein Evangelium in Jerusalem darlege; ihm
allein wird die Offenbarung, der zufolge er dahin reist, zu teil;
den Titus erwählt er, dals er beide begleite und in Jerusalem
Zeuge sei, wie die Heidenmission bisher ausgeübt wurde. Dem
Paulus reichen die Säulenapostel zuerst die Hand zur Be-
siegelung des Gemeinschaftsbundes. Er versichert den Ga-
latern, dafs er seit diesem feierlichen Akte stets beflissen
war, die gestellte Bedingung zu erfüllen. Alles dieses sind
Zeichen einer längst erfolgten Veränderung in der Stellung
des Paulus gegenüber der des Barnabas.. War vor dem
sog. Apostelvertrage die Situation dieser Art, so war die
Gal 2,1 erwähnte Reise nicht die sog. Kollektenreise, nach
deren Beendigung jene Veränderung erst eintrat und zwar
infolge der Weihe zum Apostolate, sondern es war des Paulus
3. Reise, die er in Begleitung des Barnabas zum Apostel-
konzile in Jerusalem i. J. 5l n. Chr. unternahm. Dafür
spricht auch seine Erwähnung des Titus.
An dem Ausdruck ’EAAnv üv = soviel als: „von dem ihr
ja wisset, dals er doch ein Grieche war“ erkennt man, dals
Titus den Galatern persönlich bekannt sein mulste und dafs
ı Das bier Erwähnte berichtet Paulus Gal 2, 1—10, und Weber setzt
es in die Zeit der Kollektenreise und vor die Weihe in Antiochien. Kurz
nachher traten Paulus und Barnabas ihre Missionsreise über Seleucia,
Cypern nach den in der Apg genannten kleinasiatischen Landschatten an.
Ihren Versprechungen bei den in Jerusalem eingegangenen Bedingungen
gemäls hätten beide in den neugegründeten Gemeinden Liebesspenden
sammeln und sie bei der Rückkehr in Jerusalem abgeben müssen. Sie
reisen aber nicht dahin, sondern direkt nach Antiochien zurück. Diese
Schwierigkeit sucht Belser dadurch zu beseitigen, dals er die bereits ge-
spendete Kollekte als Erfüllung jenes in Jerusalem gegebenen Versprechens
bezeichnet. Die Kollekte aber stand mit jenem Vertrage gar nicht in
Zusammenhang, da sie aus anderem Beweggrunde gesammelt wurde.
278 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
sie wulsten, dals er von Geburt Heide war. Er mufs dem-
nach des Paulus Begleiter auf einer seiner Missionsreisen
gewesen sein; auf der 1. Missionsreise durch „Südgalatien“
war er es sicher nicht. War er aber auf der 2. oder
3. Missionsreise des Apostels erst in dessen Umgebung, so
ist, was hier im voraus bemerkt werden muls, der Galater-
brief lange nach dem Apostelkonzile geschrieben worden.
Titus aber konnte dann auf der Kollektenreise nicht schon
mit zugegen gewesen sein; denn er war es nicht auf der
1. Missionsreise, war den Galatern persönlich noch fremd,
und sie konnten ihn als einen ehemaligen Heiden noch nicht
persönlich gekannt haben, als Paulus ihnen die vorhin an-
geführten Worte ”EAAnv üv schrieb!.
Als Zweck der Reise, die Paulus 14 Jahre nach seiner
Bekehrung nach Jerusalem unternimmt, gibt er an, er wollte
ı Über Titus, den die Apostelgeschichte nirgends nennt, erhalten
wir einige spärliche Nachrichten aus Briefen des Paulus. Hiernach liefse
sich über den Lebensgang des Titus etwa folgendes angeben: Titus, ein
Heide von Geburt, geboren etwa 36 n. Chr., wurde von Paulus i. J. 51
nach Jerusalem zum Apostelkonzil mitgenommen. Damals noch zu jung,
konnte er seinen geistlichen Vater, den Paulus, erst auf dessen 3. Missions-
reise begleiten, war mit ihm in Galatien, wo ihn die christl. Gemeinden
persönlich kennen lernten, und kam i. J. 54 mit Paulus nach Ephesus.
Von hier schickte ihn der Apostel nach Korinth mit der Weisung, mit
ihm in Troas wieder zusammenzutreffen, was aber erst in Mazedonien
geschah, von wo ihn Paulus abermals als Überbringer des 2. Korinther-
briefes an die dortige Gemeinde sandte i. J. 57 n. Chr. — 21 Jahre alt.
Bei der darauffolgenden Ankunft des Apostels in Korinth scheint Titus
nicht mehr dort zu sein. Erst der 2. Timotheusbrief gibt uns Zeit und
Ort seines späteren Aufenthaltes an. Hiernach war Titus in den letzten
Lebenstagen des glorreichen Apostels bei diesem in Rom, von wo er nach
Dalmatien ging. Bezüglich der Abfassung des Titusbriefes ist die Zeit-
bestimmung nur dann schwierig, wenn man eine zweite Gefangenschaft
des Apostels nicht annimmt. Hält man an dem traditionellen Datum des
Martyriums Pauli i. J. 67 n. Chr. fest, so ist der Titusbrief in der Zeit
von der Befreiung des Apostels aus seiner ersten Gefangenschaft (63)
bis zum ‚Jahre 67 geschrieben worden, wofür die meiste Wahrscheinlich-
keit spricht.
2 Offenbar zählt der Apostel die 14 Jahre von seiner Bekehrung an.
Die Ereignisse von Gal 1,15 bis 2, 1 gruppiert er durch Zmeıta in drei
Abschnitte. Zwischen dem 2. und 3. £&meıra aber ist der Zeitpunkt
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 279
der Gemeinde und den Aposteln daselbst das Evangelium, das
er unter den Heiden predige, darlegen; als Veranlassung dazu
aber bezeichnet er eine Offenbarung, die ihm zu teil geworden
sei; die Ursache aber war nach dem Berichte des Lukas ein
Streit, den pharisäisch gesinnte Ankömmlinge aus Judäa in
Antiochien über die Notwendigkeit der Beschneidung mit
Paulus und Barnabas angefangen hatten. Da es hier zu einer
Einigung nicht kam, wurden Paulus und Barnabas nach Jeru-
salem zu den Aposteln und Ältesten abgeordnet.
Bee mn me (Fortsetzung folgt.)
erkennbar, bis wohin sein persönliches Unbekanntsein bei den Ge-
meinden Judäas dauert (Gal 1, 22), und von wo ab er ihnen durch Pre-
digen persönlich bekannt wird (Apg 12, 24 u. 26, 20. Auf diesen
Zeitpunkt weist das 3. &reıra zurück, nicht auf den unmittelbar nach
dem 2. £neıra berichteten Beginn des syrisch-cilicischen Aufenthaltes (von
40—42 n. Chr.). Schliefst Paulus diese zwei Jahre in die Gal 2, 1 ge-
nannten 14 Jahre ein, dann ebenso die Zeit vor und nach dem 1.Ereırra,
Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7)
im 16. Jahrhundert.
Von Prof. Dr. Aug. Bludau in Münster i. W.
I. Die Ausgaben des griechischen Textes.
Der erste Druck des griechischen Neuen Testamentes er-
schien 1516 in Basel bei Joh. Froben und ward besorgt von
dem berühmten Humanisten Desiderius Erasmus. In der
ersten wie in der zweiten Ausgabe vom Jahre 1519 war im
griechischen wie lateinischen Text die Stelle 1 Jo 5,7 fort-
gelassen, weil der Herausgeber sie in den griechischen Hand-
schriften nicht vorgefunden hatte. Wäre die Ausgabe etwa
im Orient erschienen, wo das Comma loanneum unbekannt
war, so hätte niemand darauf geachtet; aber sie erschien in
der bewegten Zeit des Humanismus, unter dem Pontifikate
Leos X., im Okzident, wo man gewohnt war, V.7 in lateinischen
Texten zu lesen. Man mulste also bald auf die Lücke auf-
merksam werden. Sowohl der Engländer Eduard Lee als der
Spanier Jakob Lopez Stunica erhoben in ilıren Streitschriften
aus den Jahren 1520 und 1519! Einspruch gegen die Fort-
lassung des Verses. Erasmus hatte auf die Vorhaltungen Lees
geantwortet, er wolle die Stelle in seinen Text aufnehmen,
wenn sie in irgend einer griechischen Hs ihm nachgewiesen
werden würde. Während er seine Verteidigungsschrift gegen
Stunica ausarbeitete, erhielt er im Jahre 1520 oder 1521 die
Nachricht, dals in England ein solches griechisches Manu-
skript (Cod. Britannicus s. Monfortianus) existiere. Er hielt
ı S. Bludau im Katholik 1902, II 36 ff.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 281
sein Wort, das er seinem englischen Gegner gegeben hatte,
und nahm den Vers in der dritten Ausgabe vom Jahre 1522
in den Text auf. In demselben Jahre erschien die Complu-
tensische Polyglotte!: sie enthielt den Vers abweichend von
dem Cod. Britannicus. Erasmus modifizierte in der vierten
und fünften Ausgabe seines griechischen Textes aus den Jahren
1527 und 1535 die Textform des Verses „dans le goüt du
temps .de retoucher arbitrairement les textes“2 Folgende
Übersicht mag die Veränderungen veranschaulichen:
Cod. Brit. Er. ed. 3 Compl. ed. 1514 Er. ed. 4 Er. ed. 5
(Ap. 34) (1522) (1622) (1527) (1536)
(V.T) on tpeıg
EITIV OL HApPTU-
pouVTes Ev TW
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; (9) er TNV Map- | naptupıav | |
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i
Die beiden Textesgestaltungen, die der Complutenser Aus-
gabe und die der Erasmischen, und zwar die letztere noch
mehr als die erstere, wurden lange Zeit hindurch mit geringen
Anderungen wiederholt. Die Gelehrten jener Zeit, welche an
dem griechischen Text des NT arbeiteten, stützten sich auf
die Gelehrsamkeit des Erasmus, die ihnen vollauf genügte.
Aus der grolsen Reihe der Wiederholungen, welche die
Complutenser und viel mehr noch die Erasmischen Ausgaben
! Bludau a.a. O. 27f.
2 J. P.P. Martin, Introduction & la critique textuelle du Nouv.
Test. V, Paris 1886, 5.
282 Bludau, Das Comma loanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
fanden, sind nur diejenigen für uns von einiger Bedeutung,
welche den Text nach neu benutzten Quellen fortbilden.
Durch eine gewisse Selbständigkeit ragt schon die Pariser
Ausgabe des Simon de Colines (Colinaeus), des Stiefvaters
des Robert Estienne, hervor, welche 1534 in 8° erschien.
In ihr fehlte das Comma IJoanneum. Der Herausgeber bot
einen aus dem (dritten) Erasmischen und Complutensischen
gemischten Text und hatte an etwa 150 Stellen auch neue
Lesarten nach Hss aufgenommen !.
In alle andern griechischen Ausgaben des 16. Jahr-
hunderts ist die Stelle aufgenommen, sei es auf die Autorität
der Complutensis hin, oder im Vertrauen auf die Güte des
späteren Erasmustextes, oder aus Liebe zum Frieden, der schon
Erasmus nachgegeben, oder aus wirklicher Überzeugung von
der Echtheit der Stelle. Nur selten wurde in den Ausgaben
durch kritische Zeichen ein leiser Verdacht der Unechtheit
ausgedrückt oder durch eine Bemerkung an die Zweifel, die
Erasmus gehegt hatte, erinnert. So treffen wir das Comma
Ioanneum an in den Ausgaben des älteren Robert Estienne
(Stephanus) aus den Jahren 1546—1551 und in der des jüngeren
Robert Estienne v. J. 1569 wie in den Editionen von Theodore
de Beze 1565—1598. Die dritte Ausgabe des Robert Estienne,
die in Paris 1550 erschien und die „regia“ genannt wird, die
erste Ausgabe des griechischen NT mit kritischem Apparat,
hat gerade in dieser Einrichtung noch mehr als der Complu-
tensische Druck überaus viele Gelehrte seit dem 16. Jahr-
hundert verleitet, sich für überzeugt zu halten, diese Stelle
von den himmlischen Zeugen habe sich in allen oder in vielen
griechischen Hss des Herausgebers wirklich gefunden, da
er keine Meldung davon macht, dals sie in einer seiner Hss
ı S. über die Ausgabe Gregory, Textkritik des NT II, Leipzig
1902, 932. Ed. Reuls (Bibliotheca Novi Test. Graeci, Brunsvigae
1872, 46) bemerkt: „versus 1.Joh V,7 omissio venit, qui in hac Colinaei
editione ultima vice deest, per integra duo saecula deinceps ab omnibus
inserendus“; vgl. das Faksimile 11I 2 bei Schaff, Companion to the
Greek 'lext and the English Version, 4th ed., New York 1892, App. II.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 283
fehle. Diese dritte Ausgabe war der fünften des Erasmus (1535)
angepalst und mit Varianten aus 15 Hss und dem Compluten-
sischen Text ausgestattet. Bei unserer Stelle, die insofern von
dem Erasmischen Text abweicht, als in V. 7 To ayıov rrveuna
und in V. 8 To nveuna xaı To uvdwp xaı To aıma nach der ed-
Compl. gesetzt ist!, steht in V.7 vor ev tw oupavw ein Obelisk (—-)
und nach oupavw ein Halbkreis (c), um anzuzeigen: die Worte
fehlen in den griechischen Manuskripten. Der Schlufs, den
man hieraus zog, ergab sich von selbst: die Manuskripte des
Stephanus für den ersten Johannesbrief — 7 an Zahl —
enthielten alle V. 7, und nur die Worte ev TWw oupavw
fehlten in ihnen?; andere meinten sogar, alle 15 Hss, die
Estienne für diese Ausgabe benutzte, hätten V. 7 enthalten
und in den 8 übrigen Hss fehlten nicht einmal die notierten
Worte3. Es schien demnach, dafs V. 7 durch die griechi-
schen Hss mehr gestützt war, als man bis dahin geglaubt
hatte. Der Ruf des gelehrten Buchdruckers und die Sorgfalt,
die er, wie er behauptete+‘, auf die Vergleichung der Hss
verwendet hatte, gaben dem Vers in der folgenden Zeit eine
hohe Autorität. Die Editoren, welche den Stephanischen Aus-
——
ı Porson, Letters to Mr. Archdeacon Travis in answer to his Defense
of the three heavenly Witnesses 1 John V, 7 (Lond. 1790) 60: „Stephens
differs from Erasmus in adding the article thrice, and in transposing the
word äyıov; and in these four differences he followed the Complutensian
edition, and the genius of language.“
2 So z. B. Mill, Nov. Test. graece, Oxon. 1707, ed. Kuester 1746,
8 1157; P. Sabatier, Bibl. sacr. lat. vers. antiq. III, Remis 1743, 977;
Blanchinus, Evang. quadruplex lat. vers. antiq. I, Romae 1799, 73.
3 So z.B. Joh. Gerhard, Commentatio, qua dietum Johanneum de
tribus testibus in coelo...1 Ep. V,7 fuse enarratur atque explicatur (1619,
ed. 5. Jenae 1721) 24; Martin, La verite du texte 1.Jean 5, 7 demontree
par des preuves, qui sont au-dessus de toute exception, Utrecht 1720,
171; Goldhagen, Introductio in S. Script. Vet. ac Nov. Test. III, Mo-
guntiae 1765, 480. Gegen Travis s. Porson a.a. O. 64f. Über Calvin,
bBeza s. weiter unten.
* Vgl. die Vorrede zur Ausgabe von 1546: „Siquidem codices nacti
aliquot ipsa vetustatis specie pene adorandos, quorum (octo) copiam nobis
Bibliotheca Regia facile suppeditavit, ex iis ita bunc nostrum recensuimus,
ut nullam omnino litteram secus esse pateremur, quam plures iique meliores
libri tamquam testes comprobarent.“
284 Bludau, Das Comma Ioanneum (11o 5,7) im 16. Jahrhundert.
gaben folgten, prüften entweder gar nicht oder nur sehr wenig
die Hss.. Aus der vierten Ausgabe Estiennes vom Jahre
1551 flossen mit geringen Veränderungen die zahlreichen
grölseren und kleineren Ausgaben Theodore Bezes von 1565
an, und dem Texte dieser folgten die Ausgaben der Leidener
Buchhändler namens Elzevir, deren beide ersten in den
Jahren 1624 und 1633 erschienen. Obwohl der Apparat
Bezes mit Hss bereichert war, hatte er sich ebensowenig um
die wahre Beschaffenheit und den wirklichen Wert derselben,
die in der Variantensammlung des Henri Estienne benutzt
sind, bekümmert, als er um die Würdigung der Stephanischen
Ausgabe, die er zu Grunde legt, besorgt gewesen war. Er
hätte sich leicht über die Lesarten in 1 Jo 5, 7 der Stephani-
schen Ausgabe vergewissern können; er tat es nicht, und seine
Behauptungen haben nicht wenig dazu beigetragen, einen Buch-
druckerfehler zu einer kritischen Tatsache erster Ordnung zu
machen. Schon Lukas von Brügge (T 1619) sprach die Ver-
mutung aus, dafs der Halbzirkel im Text des Stephanus falsch
gesetzt sei. In seinen gelehrten Annotationes, die er 1579 mit
einer Widmung an den Kardinal Sirlet herausgab, trug er
Sorge, die Korrektur anzuführen: „Inter omnes Parisiensium
Graecos codices ne unus est, qui dissideat, nisi quod septem
dumtaxat To in coelo confodiant, sı tamen semicirculus lectionis
designans terminum suo loco sit collocatus.*“ Um den typo-
graphischen Irrtum zu korrigieren, welchen die Editionen Bezes
und die der Elzevire verbreitet haben, bedurfte es einer langen
Arbeit Erst als von Le Long, Marsh! die von Stephanus
ı Le Long im Journ. des Savants Juin 1720. Herbert Marsh,
Letters to Mr. Archdeacon Travis (Lpz. Lond. 1795), App. 157—240. Vgl.
Martin, Introd. 12fn.1. Semler (Histor. u. krit. Sammlungen über
die sog. Beweisstellen in der Dogmatik. Erstes Stück: über 1Joh 5,7,
Halle u. Helmstädt 1764, 87 Anın.) will aus der Vorrede zur Ausgabe 1550:
„ils praefixis ne quid desideres, insertisve aut in calce positis quae
usquam in scriptis aut excusis leguntur codicibus“ einen Hinweis auf
1Jo 5, 7 sehen, da ja die Stelle in älteren gedruckten Ausgaben stehe.
Jedoch meint Stephanus mit „insertis* Stücke, die nicht zum Texte ge-
hören, ähnlich den Praefationes, wie Vita Matthaei aus Sophronius, Chrys.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 285
angeführten Hss alle verifiziert waren und sich in keiner der-
selben die berühmte Stelle fand, wufste man bestimmt, dals
das Auslassungszeichen am unrechten Orte stehe!. Stephanus
hat also entweder ein Versehen in der Vergleichung der Hss
begangen, oder geglaubt, es verstünde sich von selbst, dafs
nicht blofs die Worte „im Himmel“, sondern auch die übrigen
fehlen, wie er sie in lateinischen Ausgaben mit einem Obelus
gekennzeichnet hatte, oder er hat nicht den Mut besessen, das
für richtig Erkannte gegen das Herkommen geltend zu machen?.
Jedoch wenn wir beachten, dafs nicht Robert selbst, sondern
sein 18jähriger Sohn Henri sich dem mühevollen und schon
ein geübtes Auge erfordernden Geschäft der Hss-Vergleichung
unterzog, werden wir uns nicht darüber wundern, dals die
kritischen Angaben nicht immer mit grolser Peinlichkeit ge-
macht sind; jener Zeit mangelte noch der nötige Takt in den
kleinlichen Dingen der Kritik.
Auch in den griechischen Texten der „Plantinischen
Familie“, in welcher zum Complutensischen Grunde eine ver-
hältnismäfsig geringe Anzahl Erasmo-Stephanischer Lesarten
kommt, treffen wir 1 Jo 5, 7 an, so in der Antwerpener
Polyglotte Bd V vom Jahre 1571 und Bd VII mit dem Datum
1572 u.a. m.
prol. in omnes epistolas Pauli, die einzelnen üroßeoeız, wie ja auch mit
„praefixis“ ähnliche vorgesetzte Stücke, z. B. die Canones Eusebii, ge-
meint sind.
ı Andere zahlreiche Ungenauigkeiten und Milsverständnisse führt
Porson a.a. O. 87ff an.
2 Merkwürdig bleibt, dals einzelne „Kritiker“ in zu grolsem Interesse
für das Diktum lieber glaubten, die Codices des Stephanus seien alle ver-
loren gegangen, als der Versicherung beipflichteten, jene Hss seien
aufgefunden, enthielten aber die Stelle nicht. S. Michaelis, Einleitung
in die göttlichen Schriften des Neuen Bundes3, Göttingen 1777, I 659,
II 1537; Griesbach, Novum Testam. graece I, Halae Sax. 1796, xxx.
Noch Perrone S.J. (Praelectiones dogmaticae 1I, Lovan. 1838, 314 n. 1)
nennt die oben vorgetragene Ansicht über den semicirculus in den Aus-
gaben des Stephanus eine audacia und inventio.
3 Ed. Reuls, Geschichte der heiligen Schriften Neuen Testaments $,
Braunschweig 1887, 454.
286 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
Mit Bezug auf diese griechischen Texte fällte bekanntlich
der englische Historiker Edward Gibbon (F 1794) in seiner
History of the Decline and Fall of the Roman Empire ı das
Urteil, welches P. Martin als „assez juste, quoique tres singulier
dans la forme“? bezeichnet: die Stelle von den drei himmlischen
Zeugen sei durch die Klugheit des Erasmus, durch den Aber-
glauben (the honest bigotry) der Complutensischen Herausgeber,
durch Estiennes typographische Untreue oder Versehen und
durch B£zes überlegten Betrug und Nachlässigkeit (deliberate
falsehood or strange misapprehension) in die Ausgaben des
NT hineingekommen.
Il. Die Ausgaben des lateinischen und syrischen
Textes.
In den zahlreichen lateinischen Bibeln, die zwischen der
Erfindung der Buchdruckerkunst und dem Trienter Konzil
erschienen sind, deren Text meistens aus der nächsten besten
Hs oder aus einem früheren Druck genommen ist, lesen wir
überall die Stelle; nur in der lateinischen Übersetzung, welche
Erasmus dem griechischen Text seiner ersten und zweiten Aus-
gabe beigegeben hat, und in den Nachdrucken derselben #, wie
z. B. Basıl. 1520, 1521, Lovanii 1519, Moguntiae 1521, ist sie
übergangen. Die Stelle fehlt auch in der sog. „Witten-
berger lateinischen Bibel“ vom Jahre 15295, einer nach den
Grundtexten und mit Benutzung der deutschen Übersetzung
Luthers verbesserten Vulgata, ebenso in der „Versio Latina
ı ed. Lipsiae 1829, VI 246 £.
? Introd. 15.
3 Kettner (Historia dicti Johannei de sanctissima Trinitate 1 Joh
V,7, Fref. Lps. 1713, 208) nennt zwei latein. Bibeldrucke, in denen das
Comma fehlt: 1521 (Okt.) 8° mit Vorrede von Goebel, und 1524(Okt.) 160.
Aus Le Long-Masch, Bibl. sacra II, Halae 1783, lassen sie sich nicht
nachweisen, ebensowenig wie die lat. Bibel Aug. Vindel. 4), 1518, von
welcher Kettner a. a. O. 213 bemerkt, dals in ihr V. 7 und 8 umgestellt sind.
ı Dals die Stelle schon in eine latein. Ausgabe des Erasmischen Testa-
mentes Basil 1521 aufgenommen sei, wie Le Long (Bibl. sacra, Par. 1709)
glaubte, ist unrichtig; s. Le Long-Masch, Bibl. sacra I 289, II 592.
5 S, über diese: Urtext und Übersetzungen der Bibel, Leipz. 1897, 104.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 287
Tigurina“ vom Jahre 1543 (gr. Fol.) und 1544 (kl. Fol.), welche
im NT im ganzen des Erasmus Übersetzung beibehielt!. Sie
bietet folgende Randnote: „Magna hic est codicum varietas.
Cyrillus legit: Quoniam etc. Quam lectionem iisdem fere verbis
in vetustissimo Tigurinae bibliothecae codice invenimus. Hispana
editio sic legit: orı etc. Nos Cyrilli et aliorum veterum lectionem
tum probatissimorum Graecorum codicum fidem sequi maluimus.“
Die neuen Übersetzungen und vermeintlichen Verbesserungen
der Vulgata nach den Grundtexten, welche von Katlıoliken
und Protestanten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
versucht wurden, enthalten sämtlich unsere Stelle, so die des
Andreas Osiander (Nürnberg 1522), des Petrejus (Nürnberg
1527), des Sante Pagnino (Lyon 1527), des Thomas de Vio
(Cajetanus; Venedig 1530); des Konrad Pellicanus (Zürich
1532—1539), des Isıdor Clarius (Venedig 1542)2. Pellicanus hat
in seinem der Ausgabe beigefügten Kommentar auch unsere
Stelle ausgelegt, aber bemerkt: „de vario textu apud Graecos
et Latinos, veteres et recentiores, satis admonuit diligentissimus
Erasmus, quae videas in suis Annotationibus“ (S. 780. Der
Benediktiner Isidor Clarıus (Thaddäus Cucchi) hat in seiner
Ausgabe bei unserer Stelle kritische Zeichen gesetzt: *in caelo...
in terra. In den Scholia zu Kap. 5 macht er folgende Be-
merkung: „Scio multos et Graecos et Latinos diversio modo
hunc locum esse interpretatos, quos ego quidem revereor, neque
propterea eorum cuiusquam sententiae derogo, sed longum
fuisset nimis, hic eorum sententias ponere.* Allerdings bezieht
sich die Note nur auf die verschiedene Auslegung der Stelle.
Die lateinischen Ausgaben von Robertus Stephanus Paris 1528
1532 1534ff enthalten ebenfalls alle unsern Text, wie er in
den lateinischen Bibeln jener Zeit stand, doch bezeichnet
Stephanus in den späteren Ausgaben 1540 (39, 38) 1543 1545...
die Worte „in coelo... qui testimonium dant in terra“ mit
ı Vgl. Urt. u. Übers. 112. Das NT hat Rudolf Gualterus nach der
Erasmischen Übersetzung bearbeitet.
2 S. über diese Kaulen, Geschichte der Vulgata, Mainz 1868, 323 ff.
288 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
einem Obeliskus (*....’) zum Zeichen dafür, dals sie in Hss
fehlen, und setzt an den Rand die Abkürzungen für seinen
textkritischen Apparat: *Vet. Di. o. L Ge.l. Da.ı Die Aus-
gabe des Stephanus vom Jahre 1545 (8°) ist unter dem Namen
„Biblia Vatabli* bekannt und enthält aulser der Vulgata und
der Züricher lateinischen Übersetzung auch Bemerkungen zum
Verständnis des Textes, welche aus den Vorlesungen des Pariser
Professors Fr. Vatablus herrühren sollen, von diesem aber
desavouiert wurden. In der Züricher Übersetzung fehlt der
Vers, und die Randnote verteidigt die Auslassung; in der Vetus
Vulgata sind ihm die diakritischen Zeichen vorgesetzt. Die
Stephanische Ausgabe Genf 1557 (Nov. Test. ed. 1556), die
achte und letzte seiner lateinischen Bibel, hat neben
der Vulgata die neue lateinische Übersetzung des Beza mit
den Noten desselben. Die Anmerkung zu V. 7 lautet: „Hic
versiculus omnino mihi retinendus videtur. Explicat enim
manifesto, quid de sex testibus dixerat, tres seorsim coelo, tres
terrae tribuens. Non legit tamen vetus interpres, nec Oyr. nec
Aug. nec Beda; sed legit Hier. ... Erasmus in Britannico
codice et in Compl. editione. Legimus et nos in nonnullis
Roberti nostri veteribus libris. Non convenit tamen in omnibus
inter istos codices. Nam Brit. legit sine articulis rat. Aoy.,
in nostris vero legebantur articuli et praeterea etiam additum
erat Sancti epitheton Spiritu. — ev tw oupavw: Hoc deerat
in septem vetustis codicibus, sed tamen omnino videtur re-
tinendum.“
In der lateinischen Übersetzung des mit Calvin befreun-
deten Sebastian Chateillon (+ 1563), oder wie er sich selbst
nannte, Castellio, welche 1551 (Fol.) zu Basel erschien, steht
der Vers ebenfalls; in späteren Ausgaben (1554 1556...) ist er
in Klammern eingeschlossen. Es findet sich noch die Be-
merkung: „Haec [] in quibusdam exemplaribus non exstant“;
in der Ausgabe 1573 (Basel) stelien nur die Worte „in coelo“
ıS. über die Hss: Wordsworth, Old-Lat. Bibl. Texts I, Oxford
1883, 4Tf.
Bludau, Das Comma Ioanneum (11Io 5,7) im 16. Jahrhundert, 289
und „in terra® in Klammern. — Auch in der lateinischen
Bibel ex officina Nicol. Wolrabii, Leipzig 1544, welche im
NT dem Texte des Stephanus von 1540 folgt, treffen wir die
Stelle an. Neben Robert Estienne liels der Pariser Jean
Benoist (Joannes Benedictus) einen berichtigten Text erscheinen
(Par. ex officina Sim. Colinaei 1541, Fol.), in dem die Ab-
weichungen von dem Grundtexte ebenfalls notiert waren; unsere
Stelle ist vorhanden. In der Biblia Latina a Paulo Ebero
correcta seu interpolata, Witteb. 1564, für welche Georg Major
das NT besorgte, fehlt die Stelle, da in ihr die Vulgata nach
der mit abgedruckten deutschen Übersetzung Luthers geändert
ist; ebenso fehlt 1 Jo 5, 7 in der editio studio Pauli Crellii,
Witteb. 15741.
Erheblicher als alle diese Bemühungen um den lateinischen
Text waren die Arbeiten der Löwener Theologen. Das Dekret
des Konzils von Trient vom 8. April 1546, das „die alte latei-
nische Vulgata“ als den authentischen Bibeltext bezeichnete
und zugleich die grölste Genauigkeit (quam emendatissime)
für die künftigen Bibelausgaben, besonders für die Drucke der
Vulgata einschärfte?, spornte die katholischen Gelehrten an,
genaue Ausgaben des lateinischen Textes zu veranstalten.
Schon 1547 veröffentlichte Johannes Henten unter Beihilfe der
Löwener Theologen und unter der Ägide Kaiser Karls V. den
lateinischen Text: Biblia ad vetustissima exemplaria recens casti-
gata, Lovanii 1547, Fol. Er hatte die Ausgabe des Robertus
Stephanus vom ‘Jahre 1540 seiner Arbeit zu Grunde gelegt
und verbesserte sie, obschon nicht sehr bedeutend, nach Hss,
die meist aus belgischen Klöstern und Bibliotheken stammten.
Der kritische Apparat ist in Randlesarten, aber ohne genauere
Angabe der Herkunft der Varianten gegeben. 1 Jo 5, 7 schliefst
er von „in coelo“ bis „interra“ in kritische Zeichen ein (= ...”) und
setzt am Rande die Note: » 5., d.h. 5 Manuskripte enthalten den
ı Über die Verbesserung der Vulgata, die Lukas Osiander (Tub.
1573—1586) lieferte, s. weiter unten.
2 Sess. 4. Decr. de editione et usu sacror. libr.
Biblische Zeitschrift, L 3. 19
290 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
Vers nicht!. In den folgenden Dezennien erschien nun eine Reihe
von Ausgaben in Lyon, Venedig und namentlich in Antwerpen,
die alle den Text der Ausgabe von 1547 teilweise mit einigen
Änderungen und vermehrtem kritischen Apparat geben?. Nach
Hentens Tode (F 1566) beschlofs die Löwener Fakultät), unter
gemeinsamer Beratung und Verantwortlichkeit eine Ausgabe der
Vulgata zu veranstalten, welche den Intentionen des Trienter
Konzils entspräche. Sie erschien 1574 (al. 1573) bei Christoph
Plantin in Antwerpen. Sie war ein Abdruck der Hentenschen
Ausgabe von 1547, nur die Randlesarten waren vermehrt.
Plantin versichert in der Vorrede, er habe für seine neue
Ausgabe 60 Hss vergleichen lassen und mit Unterstützung von
30 gelehrten Theologen drei Jahre lang an der Herstellung des
Textes und der beigefügten Varietas lectionum gearbeitet; er
hoffe, dals seine Ausgabe auch von den römischen Korrektoren
benutzt werden könne Die eigentliche Arbeit hat wohl
Franziskus Lukas Brugensis getan, dem der Jesuit und belgi-
sche Vizeprovinzial Joh. Wilh. Harlem sowie die Professoren
Joh. Molanus, Aug. Hunnäus und Cornelius Reineri Gudanus
zur Seite standen. — Die Stelle lautet wie bei Henten, aber
sie ist gekennzeichnet mit *... dant’ in terra. Am Rande steht:
5 MS. B.
-78Q.N.
Quaere notationes“, um anzuzeigen, dals dieser ganze Satz in
5 Hss, bei Beda und in der syrischen Übersetzung fehle und
dals man die Anmerkungen nachlesen solle. Der versprochene
kritische Kommentar, von Lukas Brugensis verfalst, erschien
erst mit der 2. Auflage der nämlichen Ausgabe3: Notationes
d. h. „desunt in 5 manuscriptis, Beda, Syro interprete;
ı Richard Simon (Histoire critique des versions du Nouv. Test.,
Rotterdam 1690, 137) behauptet fälschlich, und Martin (Verite 170)
stimmt ihm bei, dals nur die Worte „in coelo“ als solche gekennzeichnet
seien, die in 5 Manuskripten fehlen; s. dagegen schon Porson a. a. O. 97.
2 Vgl. Vercellone, Variae lectiones Vulgatae Latinae Bibliorum
editionis I, Romae 1860, xcıx.
3 Lagarde (Die vier Evangelien arabisch, Leipzig 1864, xı) urteilt:
„Die allein brauchbare Originalausgabe von 1580 ist eins der seltensten
und nützlichsten Bücher, die ich kenne, für die Kritik der lateinischen
Bibelübersetzungen geradezu unentbehrlich.“
Bludau, Das Comma Ioanneum (11Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 291
in Sacra Biblia quibus variantia discrepantibus exemplaribus
loca summo studio discutiuntur, Antverpiae 1580, 4°. In
diesem Marginalapparat gibt Lukas auch (S. 462) Rechenschaft
über unsere Stelle. Die Note besagt: In 5 Hss stehen nur
die Worte: „quoniam tres sunt, qui testimonium dant in terra,
Spiritus“ etc.; die syrischen Hss und nicht wenige griechische
stimmen hiermit überein. Ein Korrektorium (Epanorthotes)!
sage ausdrücklich, die Stelle finde sich nicht in den griechi-
schen und lateinischen Exemplaren. Mehrere Väter bestätigen
dies, unter den lateinischen Augustinus, Leo, Beda, unter den
griechischen Cyrill und Ökumenius. Auch der Zusatz „in terra“
finde sich nicht bei den meisten dieser Autoren und in den
Hss. Das Manuskript von St. Andreas? stelle die Verse um:
„id quod adiectionis indicium est“. Aber Hieronymus beklage
sich in der Vorrede zu den katholischen Briefen3 über die
Untreue der lateinischen Übersetzer, welche dies Zeugnis aus-
gelassen haben. Hierdurch werde die Stelle bestätigt, wie auch
durch eine grolse Anzahl lateinischer Bibeln und die Graeca
editio Complutensis®. In allen Hss des Stephanus lese man die
Stelle, nur sieben von ihnen haben nicht die Worte „in coelo*,
es mülste denn sein, dals der halbe Zirkel, der anzeigen
soll, was hier in den Hss fehle, unrichtig gesetzt sei. Endlich
bestätige auch der Papst Hyginus®, der neunte Nachfolger
1 Hunnäus hatte nach S. 22 dies alte Korrektorium geliehen und es
neben 20 Hss der latein. Bibel dem Kollegium 8. J. in Löwen vermacht.
2 Das Manuskript gehörte der Abtei St. Andreas bei Brügge.
3 Gemeint ist der unechte Prolog zu den kath. Briefen, der sich
zuerst in dem zwischen 540 und 546 geschriebenen Cod. Fuld. findet.
4 Bei Rich. Simon (a.a. O. 139 Note) lautet die Stelle (nach ed. Lov.
1574?): „quibus consentientes duos Graecos codices, unum Britannicum,
alterum Hispanicum, Erasmus profert. Hispanico ut ubique et hic con-
formis est Regius“, d. h. mit der Complutensischen Bibel stimmt die
Antwerpener Polyglotte Bd V (1571) überein. Vgl. Porson a.a.0O.101f
gegen Travis, der die ganze Stelle milsverstanden hat.
5 Der erdichtete Brief des Papstes Hyginus, auf den die Verteidiger
der Echtheit des Comma loanneum sich öfters beriefen, steht in der
Pseudo-Isidor. Sammlung päpstlicher Dekretalen bei Hinschius, Decre-
tales Ps.-Isidorianae et capitula Angilramni, Lipsiae 1863, 114.
19*
292 Biudau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert.
Nachdem die verbesserte Vulgata zu Rom erschienen war,
veröffentlichte Lukas: Romane Correctionis in Latinis Bibluis
editionis vulgatae iussu Sixti V P. M. recognitis loca insigniora,
Antwerp. (1601) 1603 u. ö. S. 361 bemerkt er zu 1Jo 5,7,
dafs es Bücher gebe, welche den Vers auslassen, aber der
Prolog des Hieronymus zeuge für ihn.
Nicht mit Stillschweigen dürfen wir übergehen unter den
Männern, welche in jener Zeit sich um die Ermittelung und
Erforschung von Hss bemüht haben, den gelehrten Minoriten
Tacitus Nikolaus Zegers, Lektor der Heiligen Schrift in Löwen
(F 1559). Von ihm kommt in Betracht: Epanorthotes. Casti-
gationes in Nov. Test., in quibus depravata restituuntur, adiecta
resecantur et sublata adiiciuntur, Colon. 1555. In der für den
Verfasser in hohem Grade charakteristischen Vorrede bemerkt
er, dals Erasmus auch 1 Jo 5, 7 in der lateinischen Über-
setzung ausgelassen habe; er habe sich vornehmlich Mühe ge-
geben, „vulgati interpretis versionem pristinae fidei atque in-
tegritati restituere“. Was unsere Stelle betrifft, so gesteht er,
dals durch nichts weiter bewiesen werden könne als durch
den Prolog des Hieronymus und durch den langen Gebrauch
der Kirche, dafs die Worte wirklich vom Apostel herrühren.
„Hunc locum hactenus apud nullum reperi veterum per omnia
consentientem cum lectione nostra, ut ex sola Hier. in hasce
epistolas praefatione probari possit (interpretis excepta auctori-
tate et longo Ecclesiae Romanae usu) hanc vulgatam lectionem
esse Apostoli germanam“. Er führt es als etwas Besonderes an,
dafs Hieronymus angemerkt habe, die Worte hätten zu seiner
Zeit in den lateinischen Hss nicht gestanden, wohl aber in den
griechischen, da sie jetzt gerade im Lateinischen, nicht aber im
Griechischen sich finden, aufser etwa in ganz neuen Exemplaren.
Hyginus ep. I kenne die Worte; nicht bekannt seien sie dem
Augustinus, Didymus, Clemens Alexandrinus, Eusebius (Papa)?,
ı S. über ihn Paquot, L’Histoire litteraire des Pays-Bas, Louvain
1765, 1ff und Wetzer und Weltes Kirchenlexikon XII? 1884f.
2 S. den unechten Brief des Papstes Eusebius bei Hinschiusa.a.O.
233; nur in einzelnen Hss des Briefes findet sich überdies 1Jo 5, 7.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 293
Cyrill, Leo L, Beda. Des weiteren spricht er davon, ob in
V. 8 zu lesen sei: „et hi tres unum sunt“, oder „et hi
tres in unum sunt“, oder mit Hyginus: „tres in nobis sunt“.
Zegers übt eine gesunde Kritik an unserer Stelle, in jener
Zeit eine gar seltene Erscheinung. In seiner Schrift: In locos
difficiliores Evangelii Scholion, Colon. 1553, behandelt er „In
Epist. Io 1°, ex cap.. V“ nur 1 Jo 5,8. Sein 1559 veröffent-
lichtes, äulserst selten gewordenes Hauptwerk: Novum Testa-
mentum iuxta veterem Ecclesiae editionem, ex probatissimis
eisdemque vetustissimis tum scriptoribus tum exemplaribus
priscae suae fidei atque integritati restitutum brevibusque
illustratum adnotatiunculis, Lovan., das er dem Papste Paul IV.
gewidmet hat, habe ich leider nirgends einsehen können.
In den Beratungen, welche auf dem Konzil zu Trient der
sess. 4 vorhergingen, wurden wohl von den Vätern des Konzils
Erörterungen über Mk 16, 9—20; Lk 22, 43. 44; Jo 7, 53
bis 8, 13 angestellt, nicht aber solche über 1 Jo 5, 7, welche
Stelle ja in der sog. Biblia ordinaria vorhanden war. Noch
im Jahre 1546 wurden in Rom die Vorbereitungen zur Her-
stellung einer korrekten Ausgabe begonnen und mit wenigen
Unterbrechungen von den verschiedenen für die Bibelrevision
eingesetzten Kommissionen bis 1592 fortgesetzt. Die im
Jahre 1590 vollendete Ausgabe des Papstes Sixtus V., ebenso
die neuen Ausgaben des Clemens VIII. aus den Jahren 1592
1593 1598 enthalten alle das Comma Ioanneum. Der Clemen-
tinische Text war von nun an der offizielle kirchliche Text der
Vulgata, und jede Änderung desselben ward untersagt.
Die Aufmerksamkeit der verschiedenen Kommissionen,
welchen die Aufgabe gestellt war, einen kritisch guten Vulgata-
text herzustellen, ist sicherlich auch auf 1 Jo 5, 7 gelenkt
worden. Schon die Verschiedenheit, die hinsichtlich dieser
Stelle in den lateinischen ihnen zur Verfügung gestellten Hss
bestand, mulste {ihnen auffallen. Vercellone ! hat die meisten
ı A.a.O.ıxxxlllund Analecta iur. pontific. Livr. 28, 1015; vgl. Reusch
im Katholik 1860, II 17.
294 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
der von den Revisoren benutzten Hss nachgewiesen und grölsten-
teils wieder verglichen. In mehreren derselben, wie im Cod.
Amiatinus aus dem 8. Jahrh., dem Cod. S. Pauli (extra muros)
aus dem 9. Jahrh., fehlt die Stelle überhaupt; in andern, wie
dem Cod. Vallicellanus aus dem 9. Jahrh., dem Cod. Gothicus
Legionensis (g?) aus dem 10. Jahrh., war sie von anderer Hand
beigeschrieben. Von allen Ausgaben wurden von den Revisoren
namentlich die des Rob. Stephanus von 1540, die Löwener von
1574 und die Lyoner mit den Glossen und der Postille des
Lyranus (Biblia ordinaria) von 1545 benutzt; alle drei waren
nach Hss gedruckt und mit variae lectiones versehen. Daneben
wurden auch die Zitate bei den lateinischen Vätern berück-
sichtigt, ferner der griechische Grundtext. Wir haben aber
noch einen andern Beweis dafür, dals die vorberatenden
Kommissionen sich mit unserer Stelle beschäftigt haben. In
einer Bibel, die eine von den Kongregationen benutzte und
die sich jetzt in der Bibliotliek der Barnabitenväter in Rom
befindet, lesen wir auf dem Rande folgende von dem Sekretär
gemachte Bemerkung!:
„in grae. cod. vati. et
al. grae. codd. necnon et
in aliquibus latinis non habentur
verba virgula signata.“
Einer der gelehrten Korrektoren, Angelo Rocca, den Sixtus V.
zum Präfekten bei den Arbeiten zur Herausgabe der Bibel
ernannt hatte, hat ebenfalls in sein jetzt in der Biblioteca
Angelica zu Rom aufbewahrtes Bibelexemplar, dessen er sich
zur Revision bediente, zur Stelle eine interessante Marginal-
note beigeschrieben?. Sie lautet: „Haec verba sunt certissime
de textu et alliguntur contra haereticos ab Athanasio, Gregorio
Nazianzeno, Cyrillo et Cypriano; et Hieronymus in prologo
dieit ab infidelibus scriptoribus fuisse praetermissa. In Graeco
etiam quodam antiquissimo exemplari, quod habetur Venetiis,
ı S. Wiseman, Abhandlungen über verschiedene Gegenstände ],
Mainz 1854, 59.
2? Wiseman a.a.0. 58.
Bludau, Das Comma Joanneum (11Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 295
leguntur; unde colligitur Graeca, quae passim feruntur, in hac
parte esse mendosa, et omnia Latina manuscripta, in quibus
non habentur illa verba signata.“ Das sind recht merkwürdige
Beweise für die Echtheit der Stelle! Es genüge bezüglich
dieser Gründe, die Bemerkung von William Wright! in der
Appendix zu seiner Übersetzung von G. F. Seilers Biblischer
Hermeneutik zu zitieren: „But we know, that it was not quoted
by Athan., nor by Greg. Naz., nor by Cyrill, and that Jerome
did not write the Prologue which was forged three or four
hundred years after that father was dead. The Greek copy
at Venice? has also long since shrunk from inspection.“ Die
Revisoren glaubten jedoch in manchen Punkten auch dem Be-
stehenden Rechnung tragen zu müssen, d.h. Lesarten, welche
allgemein rezipiert waren, auch gegen die Autorität der kriti-
schen Zeugen unverändert lassen zu dürfen. Das ist freilich
auf dem Standpunkte der Kritik nicht zu rechtfertigen, war
aber aus naheliegenden Gründen dennoch weise gehandelt und
insofern auch unbedenklich, als es sich um Stellen handelt,
welche für den theologisch wichtigen Inhalt und Sinn der
Heiligen Schrift nicht für sich allein entscheidend, öfters ganz
irrelevant sind.
In der ersten Ausgabe des syrischen NT, die der kaiser-
liche Kanzler Joh. Albrecht Widmanstadt nach zwei Hss,
welche der syrischeJakobit Moses von Marden aus Mesopotamien
nach Europa gebracht hatte, in Wien 1555 veranstaltete, ist
die Stelle übergangen, da sie den Hss der Peschita fremd ist’.
In der Ausgabe des Immanuel Tremellius, Genf 1569 (Fol.),
mit hebräischen Lettern und beigefügtem griechischen und
ı Biblical Hermeneutics, London 1835, 635.
2 Das Manuskript aus Venedig ist die griech.-lat..arab. Hs aus dem
13. oder 14. Jahrh. (Apg. 96); der Text 1 Jo 5,7 findet sich Bi nur in
dem lateinischen Vulgatext; vgl. Rinck, Lucubratio critica in acta apost.,
epist. catholicas et paulinas, Basil. 1830, 30 41 109.
3 Andreas Müller (Dissertationes duae: de \Mose Mardeno una, de
Syriacis librorum sacrorum versionibus deque Viennensi Antiocheni textus
Novi Test. editione altera, Coloniae Brandenburg. 1673, 31 32) urteilt falsch
über die ausgelassenen Verse.
296 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
Bezas lateinischem Text gedruckt, ist bei 1 Jo 5, 7 ein leerer
Raum gelassen. Jedoch hat Tremellius nach eigener Über-
setzung die Stelle an den Rand gesetzt: J'nDT RX NMnonT
SDR Tr NM RBTD RIM NNDD KON KDD Er gesteht selbst
in der Randnotiz, dafs er in einer Heidelberger syrischen Hs
die Stelle nicht gelesen habe: „Quia non modo in impresso
(Widm.) sed etiam in manuscripto codice Heidelbergensi
omittebatur, nec in omnibus vetustis codicibus Graecis legebatur,
textui inserere non sum ausus“1. Auch die Antwerpener Poly-
glotte 1571, für welche Guido Fevre de la Boderie den syri-
schen Text besorgte?, hat die fraglichen Worte fortgelassen.
Wie die Unterschrift hinter dem ersten Johannesbrief bezeugt,
billigten die katholischen Zensoren Aug. Hunnäus, Cornelius
Reineri Gudanus, Bened. Arias Montanus die Version, in der
1Jo 5,7 fehlte. Hingegen steht die Stelle in Elias Hutters
Ausgabe des NT in 12 Sprachen (Nürnberg 1599, Fol.); der
syrische Text ist der Ausgabe des Tremellius entnommen’.
III. Die deutschen, französischen, englischen etc.
Übersetzungen.
Die deutschen vor Luther gedruckten Bibeln enthalten
alle den Vers* mit einer einzigen Ausnahme: in der Memminger
Bibel vom Jahre 1481 (!) soll die Stelle ausgelassen sein. Öfters
ist in den deutschen vorlutherischen Bibeln V. 8 vor V. 7
ı Bebb (in Stud. biblica et ecclesiastica II, Oxford 1890,91, 196 Note)
führt folgenden Grund für das Verfahren des Tremellius an: „It is only
fair, to add that this was done from a belief, that the MS. sent from East
and used by Widmanstadt was defective.“
2 Nachdrucke 1573 1575 1584 1586.
38. Le Long-Masch a.a. O.I 85(P. II, Vol. I, Sect. IV,$ XXV).
4ıS. Joh. Fr. Mayer, Hist. versionis germ. Bibliorum M. Lutheri,
Hamb. 1701, 52b.
5 Kettner, Historia 220. Palm, De codicibus Vet. et Nov. Test.,
quibus B. Lutherus in conficienda interpretatione germanica usus est liber
historicus, in quo Historia quoque dicti Johannei I. Ep. 5, 7 a Luthero
omissi illustratur, Hamburgi 1735, 132. Bengel, Apparatus criticus ed.
Burk, Tubing. 1763, 465. Die Existenz dieser Ausgabe lälst sich nicht
nachweisen.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert, 297
gesetzt, z. B. in der Nürnberger von 1483, in einer Augsburger
von 15181,
Die erste Ausgabe des NT Luthers erschien ohne Angabe
des Druckers (Melchior Lotther) und der Jahrzahl wie auch
ohne Luthers Namen im September 1522 unter dem Titel: „Das
Newe Testament. Deutzsch. Vuittemberg“; im Dezember des-
selben Jahres erschien bereits die zweite Ausgabe. Wenngleich
der Übersetzer die lateinische Vulgata nicht aulser acht ge-
lassen hat, wie sich aus einer Anzahl Stellen seiner Arbeit
nachweisen lälst?, so hat er sich doch durchgehends, wie nicht
bezweifelt werden kann, an den griechischen Text nach der
2. Ausgabe des Erasmus vom Jahre 1519 gehalten3. Da Eras-
mus in den beiden ersten Ausgaben seines NT im griechischen
wie lateinischen Text die Stelle von den drei himmlischen
Zeugen absichtlich fortgelassen hatte#, ist sie auch von Luther
in seiner deutschen Übertragung nicht wiedergegeben worden.
Wir lesen nur: „Denn drey sind, die da zeugen | der geyst
vnd das wasser | vü das blut | vnd die drey sind eynis.“ Darin
blieb Luther dem Erasmischen Text der 2. Auflage auch in
der Folge treu, selbst als Erasmus seine freiere Meinung über
1Jo 5, 7 vor der Öffentlichkeit zurückgenommen hatte, dals er
die Zeugenstelle in seine Übersetzung nie aufnahm, so oft er
auch diese von 1522 bis zu seinem Todesjahr 1546 herausgab
und wieder durchsah; weder in den Originalausgaben noch in
den Nachdrucken findet sich die Stelle.
In der 4., gründlichst revidierten Ausgabe vom Jahre 1541
jedoch, und zwar in der zweiten grofsen Revision (noch
ı Kettner, Historia 220. vgl. Joh. Melchior Goeze, Verzeichnis
seiner Samlung seltener und merkwürdiger Bibeln in verschiedenen
Sprachen mit kritischen und literarischen Anmerkungen, Halle 1777, 316.
28. Hopf, Würdigung der Luther. Bibelverdeutschung, Nürnberg
1847, 214; W. L. Krafft, Die deutsche Bibel vor Luther, sein Verhältnis
zu derselben und seine Verdienste um die Bibelübersetzung (Univ.-Progr.
Bonn 1883) 9; Riehm in Theol. Stud. u. Krit. 1884, 299.
3 Es hat früher Streit darüber geherrscht, welche griech. Ausgabe
des NT Luther gebraucht hat; s. darüber Palm, De codicibus 61 ff und
die daselbst angeführte Literatur.
4S. Bludau im Katholik 1902, II 36 ff.
298 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
nicht in der Ausgabe, die 1540 und 1541 ans Licht kam), hat
er zuerst in 1 Jo 5, 8 die Worte „auf Erden“ eingerückt. In
der 5., der letzten der unter Luthers Augen gedruckten Aus-
gaben, vom Jahre 1545 sind diese Worte unverändert stehen
geblieben. In einer andern Ausgabe vom Jahre 1545 mit
gefälschtem Titel fehlen sie. Es ist falsch, wenn der Witten-
berger Theologe Paul Crell in seinem „Bericht von D. Lutheri
Teutschen Bibel- Correctur, und unterschiednem Druck der-
selben“, der im Jahre 1577 geschrieben und später in die
Consilia Theologica Vitebergensia (Francf. ad Moen. 1664)
I 8ff eingerückt worden ist, S. 28 bemerkt, dals jene Worte
von Luther selbst und andern Gelehrten in der echten Aus-
gabe von 1545 weggetan worden. Sie sind zuerst wieder in den
Lufftschen Ausgaben von 1549, 1550 und 1551 ausgelassen, aber
nicht etwa nach Luthers letzter Verfügung und Anordnung,
sondern eigenmächtig von andern, wahrscheinlich von Bugen-
hagen. In andern Ausgaben des Lutherschen NT aus jener Zeit
fehlen bald jene Worte „auf Erden“, bald sind sie zu finden 2.
Daraus, dafs Luther in 1 Jo 5,8 die Worte „auf Erden“
einrückte, ist nicht etwa zu folgern, dafs er die Stelle von den
drei Zeugen „im Himmel“ ın 1 Jo 5,7 anerkannt habe, sondern
mit jenen Worten will er nur darauf hinweisen: „JIohannem
de testibus in terra tantum loqui, adeoque testimonium coeleste
hic locum non invenire“ 3,
Die Abweichung der Übersetzung Luthers an dieser Stelle
von den allgemein verbreiteten Bibeltexten mulste recht bald
seinen Gegnern auffallen. Hieronymus Emser liefs 1523 in
ı Vgl. den diplomatisch genauen Abdruck derselben in: Dr. Martin
Luthers Bibelübersetzung nach der letzten Originalausgabe, kritisch be-
arbeitet von H. E. Bindseil (und Herm. Agath. Niemeyer), Halle
1845 bis 1853, vu.
28. Goezes Verzeichnis seiner Samlung 319; ders, Neue für
die Kritik und Historie der Bibel- Übersetzung Lutheri wichtige Ent-
deckungen, Hamburg-Leipzig 1777, 24 35f; ders., Historie der niedersächs,
Bibeln, Halle 1775, 266 319 323f; G. W,. Panzer, Entwurf einer voll-
ständigen Geschichte der deutschen Bibel-Übersetzung D. Martin Luthers
vom Jalıre 1517 an bis 15812, Nürnberg 1741, 507 509 510.
3 Palm a. a. O. 10.
Bludau, Das Comma Ioanneum (11Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 299
Leipzig bei Wolfgang Stöckel eine scharfe Kritik über Luthers
Übersetzung des NT erscheinen: „Auß was grund vnnd vrsach
Luthers dolmatschung, vber das nawe testament, dem gemein®
man billich vorbotten worden sey“; die Schrift erhielt in der
2. Auflage, Dresden 1524, den Titel: „Annotationes Hieronymi
Emser vber Luthers naw Test. gebeßsert vnd emendirt“ (8°).
Emser hielt sich in seiner Kritik streng an den Text der
Vulgata, „unseren alten bewährten Text“, und fand in Luthers
NT über 1400 ketzerische Irrtümer oder Fälschungen. Er
hält Luther auch die Auslassung unserer Stelle vor: „zum andern
bricht er jm (d. i. dem latein. Text) ab, uü last auß die nach-
volgende Wort, namlich, dan drey sind die do gezeugniss geben
im hymel, der vatter das wort und der heylige geyst. un die
drey sind ein ding, wolches wie der heylig Hieronymus sagt
von den kirchen (die nichtzit von der dreifeltigkeyt halten)
aul3 dem text gestolen worden ist. Zum dritten. do Luther
dolmatschet. dan drey sind die do zewgen. Läfst er aber aussen
ın terra, das ist auff der erden“ (Ausg. 1523 Bl. cxxxvmf).
Er bemerkt dann noch, er wisse wohl, dafs Luther in diesem
allem dem Erasmus gefolgt sei, dieser habe aber in der
„zweiten“ (soll heilsen „dritten“) Ausgabe die Worte wieder-
hergestellt. Seine erste Ausgabe habe er auch nicht in der Ab-
sicht publiziert, dais sie sofort unter das Volk gebracht, sondern
damit sie zunächst von gelehrten Männern geprüft werden
sollte (Bl. cxxıx).
Vielleicht war diese Kritik Emsers Veranlassung, dafs die
Stelle in eine durch Melchior Ramminger zu Augsburg 1526
in 160 gedruckte Ausgabe von Luthers NT eingeschoben wurde.
Der Wortlaut ist hier: „denn drey seynd die zeugknuß gebend
im Himmel: der Vater, das Wort und der heylig Geist, und
die drey dienend in ains“2. Jedoch befindet sich das Comma
ı Mit den letzten Worten weist er auf den Prolog des Ps.-Hieronymus
zu den katholischen Briefen hin.
2 S. Verzeichnis der Braunschweigischen Bibelsammlung, Braun-
schweig 1752, 94 n. 50; Panzer, Ausführl. Beschreibung der ältesten
Augspurgischen Ausgaben der Bibel, Nürnberg 1780, 101.
300 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
JIoanneum nach Goeze! schon in der plattdeutschen Ausgabe
von Luthers NT, die in Hamburg 1523 erschienen ist.
Luther selbst hat sich in seinen Schriften zu wiederholten
Malen über die Interpolation der Worte von den himmlischen
Zeugen ausgesprochen. In der Auslegung des ersten Johannes-
briefes aus dem Jahre 1527, welche in lateinischem Original
nach einem von Jakob Propst nachgeschriebenen Kollegien-
heft zuerst Joh. Georg Neumann (Wittenberg 1708) heraus-
gab und die nach einer Übertragung von J. J. Greif auch
Walch in seine Ausgabe der Werke Luthers aufgenommen
hat?, heilst es: „In den Griechischen Bibeln findet man diese
Worte nicht; sondern es scheinet, als ob dieser Vers von den
Rechtgläubigen wegen der Arianer eingerücket worden; welches
doch nieht eben füglich geschehen ist, weil er nicht von den
Zeugen im Himmel, sondern von den Zeugen auf Erden, hie
und dar redet“ (Walch IX 1059).
Wir sehen, dafs Luther seine Verwerfung der Stelle nicht
blois auf den Mangel der äulseren Bezeugung stützt, sondern
auch die Unangemessenheit der Stelle im Zusammenhang
hervorhebt.
Auch sonst hat Luther die Stelle ignoriert. Seine Aus-
legung der Epistel 1 Jo 5, 4—10 am Sonntag nach Ostern
preist diese Schriftlektion hoch und nennt sie ausdrücklich
„des Heiligen Geistes Sprache“ (Walch XII 702); V. 7 aber
bleibt unausgelegt. Ebenso erwähnt Luther V.7 nicht in der
Predigt bei der „Kindtaufe des jungen Herrlein zu Anhalt
ı Historie der niedersächs. Bibeln 156.
2 S. Walch IX, Vorrede 18; Neumann a. a.0.169. In der Weimarer
Ausgabe (1898) XX 780 lautet der lateinische Text nach Rörers Nach-
schrift: „Istum locum graeci non habent codices, videtur studio theo-
logorum antiquorum adversus Arianos inepte insertus, si Analogia fidei
respicitur. Ubi videtur deus non opus testimonio, hic vero opus habemus,
hic tantum in verbo nec volumus aliter habere, quando non est testimonium
in coelo nec fides, quae sunt huius vitae, Relinquimus igitur hoc testi-
monium. Et sequens textus eludit hunc locum, Et cavillari possum facile
quod non ineptior locus pro Trinitate“ Vgl. E. Müller, Luthers Er-
klärung der Heiligen Schrift, Gütersloh 1898, 1152.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 301
1541“, in der die Behandlung des Verses nahe lag; s. Alten-
burger Ausgabe VII 441 u. 442, Auch hat Luther die Stelle
nie zur Begründung der Lehre von der Trinität gebraucht,
obwohl er diese öfters vorträgt, z. B. nicht in seiner „Aus-
legung der letzten Worte Davids“ (1543) 2 Sam 23, 1— 7 8 65—96
(Walch III 2835—59), wo er als Bibelstellen zitiert: Ps 23, 6;
Mt 28, 19; Lk 3, 22; Jo 5, 17; 10, 30. 33 ... vgl. andere
Erörterungen über die Trinität bei Walch X 1215—1230, XI
1548—1555, XII 852—869, XIII 1508—1529 2624—26391.
Irgend eine „direkte Beziehung auf die Dreizeugenstelle aus
Luthers eigenen Worten lasse sich nirgends nachweisen“, be-
merkt resigniert W. Kölling?, und er gesteht, er wäre bei
seiner „seelischen Gebundenheit“ an Luther über die Malsen
glücklich, wenn er ein anderes Resultat konstatieren könnte.
Es ist auffallend, dals Kölling eine in die Ausgabe der
Werke Luthers von Walch (IX 1080—1251) aufgenommene
Auslegung des ersten Johannesbriefes vollständig übersehen
hat, die von Rambach aus Luthers eigenhändigem Manuskript (!)
übersetzt sein soll, obwohl doch gerade viele, z. B. Fr. Anton
Knittel, Joh. Dav. Michaelis, G. W. Meyer und noch neuer-
dings Abbot?, sich dahin aussprachen, dafs Luther in den
letzten Jahren seines Lebens günstiger über den Vers ge-
urteilt habe. In dieser Auslegung nämlich wird die Drei-
zeugenstelle als echter Textbestandteil behandelt und erklärt®.
Der Herausgeber Walch beschwichtigte etwaige Bedenken mit
der Anmerkung (S. 1227), der Reformator müsse bei dieser
ı S. Ezra Abbot, I John V, 7 and Luther’s German Bible, in The
Authorship of the fourth Gospel and other Critical Essays, Boston
1888, 460.
2 Die Echtheit von 1 Joh 5,7 Vortr., Breslau 1893, 85. — Die Rand-
zitate: „l Joh 5, 7“ in der Altenburger Ausgabe von Luthers Werken
III 166° 167° (de servo arbitrio) beziehen sich gar nicht einmal deutlich
auf Anklänge in Luthers Worten; IV 689' ist „l Joh 5, 8“ zu setzen.
3 Knittel, NeueKritiken über den berühmten Spruch: Drey sind ...,
Braunschweig 1785, 133ff. Michaelis, Einleit.* 1557. Meyer, Gesch, der
Schrifterklärung seit derWiederherstellung der Wissenschaften II, Göttingen
1803, 370 Anm. 22. Abbot a.a. 0. 459.
ıS. Müller a.a. O. 1152.
302 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
Auslegung ein solches Exemplar des griechischen Testamentes
in der Hand gehabt haben, in dem dieser Spruch vorhanden
war, ebenso Knittel a. a. O. 137. Nach Ezra Abbot (a. a. O. 459)
erklärt sich die Textauslegung daraus, dafs Luther in den
letzten Jahren die in Basel 1540 von Thomas Platter edierte
Ausgabe benutzte, welche den Text der 3. Ausgabe des Eras-
mus bietet. Auch Köstlin ! behilft sich mit der Annahme,
dafs die Nachschrift aus einer andern Vorlesung stamme. Aber
Rörers Daten zeigen das Ende der Vorlesung im November
1527 an?. Da hat G. Koffmane 3 im Jahre 1897 mit durchaus
einleuchtenden Argumenten nachgewiesen, dals diese zweite
Auslegung des ersten Johannesbriefes bei Walch gar nicht
von Luther herrührt, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach
von Johannes Agricola stammt, der auch sonst Predigten
Luthers sicher redigiert hat*. (Fortsetzung folgt.)
—
ı Luther, sein Leben und seine Schriften II‘, Elberfeld 1889, 648,
Anm. zu 157, 2.
2 Weim. Ausg. XX (1898) 595.
3 In „Theol. Studien, Prof. D. Bernh. Weils zu seinem 70. Geburts-
tage dargebracht“, Göttingen 1897, 30ff; ders. Weim. Ausg. XX 594 ff;
vgl. Theol. Litbl. 1897, 618, Theol. Litztg 1898, 239.
4ıS. die „Einundzwanzig Predigten und Sermone“ in der Erlanger
Ausgabe XIX 2.
Besprechungen.
Karo, Georgius, Dr. phil., et Lietzmann, Johannes, Lic. theol.. Ca-
tenarum graecarum catalogus. S.-A. aus den Nachrichten der K. Gesellschaft
der Wissenschaften zu Göttingen, Philol.-histor. Klasse, 1902, Heft 1, 3, ö.
gr. 8°. S. 1-66 299—350 559—621. Göttingen, L. Horstmann,
Schneller, als man erwarten konnte, hat Lietzmann unter der tat-
kräftigen Hilfe des Mitherausgebers Karo sein im Jahre 1897 gegebenes
Versprechen eines Katenenkatalogs eingelöst. Und nicht blols Jdie Be-
stände der italienischen, französischen, deutschen und englischen Biblio-
theken, wie damals in Aussicht gestellt wurde, registriert der jetzt vor-
lierende Katalog, sondern sämtliche griechischen Katenen zu den heiligen
Schriften, soweit sie bekannt geworden sind, finden wir in diesem Werke
aufgeführt, beschrieben und klassifiziert. Welch eine gewaltire Arbeits-
leistung dies voraussetzt, geht daraus hervor, dals mehr als 420 Hss aus
45 Bibliotheken herangezogen und zum weitaus grölsten Teile von den
beiden Herausgebern persönlich untersucht worden sind. Nur zu den
Propheten- und zu den Lukaskatenen standen die wertvollen Vorarbeiten
von M. Faulhaber und Jos. Sickenberger zu Gebote.
Der Katalog ist als ein Hilfsmittel gedacht nicht nur für alle die-
jenigen, die einer Gruppe dieser Kettenkommentare eine besondere Unter-
suchung widmen wollen, sondern auch für jene, die bei der Herausgabe
eines Kirchenschriftstellers an dieser Art der indirekten Überlieferung
des Textes nicht vorübergehen dürfen. Dem ersteren Zwecke dient die
Beschreibung aller Katenenhss in der Reihenfolge der biblischen Bücher
und die gleichmälsig durchgeführte genauere Untersuchung je eines oder
zweier Abschnitte, gewöhnlich des Anlare. und eines späteren Kapitels,
aus denen die Lemmata nebst den Anfangs- und Schlulsworten der Zitate
mitgeteilt werden, so dals die sichere Unterscheidung etwaiger Typen
oder Gruppen ermöglicht ist. Den Herausgebern der Väterwerke aber
wird aufserdem die Mühe des Suchens dadurch ganz aulserordentlich er-
leichtert, dals bei jedem Katenentypus ein Verzeichnis sämtlicher in ihm
exzerpierten Autoren mit manchen speziellen Angaben über den Fundort,
sowie eine Nachweisung über die bereits aus der Katene abgedruckten
Exzerpte beigefügt wird. Ein Index auctorum und ein Index codicum
schlie[sen den vortrefflichen Katalog, durch dessen Veröffentlichung Lietz-
mann, sein Mitarbeiter und seine Förderer sich den herzlichen Dank aller
Exegeten und Patrologen verdient haben, selbst wenn die in der Vorrede
ausgesprochene Befürchtung, die fortschreitende Forschung möchte Lücken
und Fehler in dem Werke konstatieren, sich bestätigen sollte.
Münster i. W. Fr. Diekamp.
Lagrange, P. M.-J., Le Livre des Juges. Etudes bibliques. gr. 8".
(XLVIII u. 338) Paris 1903, Lecofire. Fr 7.50.
Diese Erklärung des Richterbuches von dem bekannten atl Exegeten
ist eine ausgezeichnete Arbeit. Der Verf. hat das schwierige Gebiet im
304 Besprechungen.
Detail fördernd und in den prinzipiellen Fragen mit einer — im Hinblick
auf neuere Leistungen gesagt — in Deutschland fast noch unbekannten
Klarheit und Freiheit der Auffassung behandelt Ohne der wahren Würde
der Heiligen Schrift zu ae ihren historischen Grundcharakter jederzeit
festhaltend, ihn sogar z. B. gegen die allzu schematische Zweigeschichten-
theorie Buddes mit Erfolg verteidigend, weigert er sich doch entschieden,
seinen exegetischen Scharfsinn zur Rettung rabbinistischer Effektstücke
und ‚ähnlicher hoffnungsloser Dinge zu milsbrauchen. Zur Treue gegen
die Überlieferung und Behulsamnkait bei Anderungen des Wortlautes tritt
bei ihm Energie und klares, oft scharfes Urteil; den Mangel an sattsam
bekannten verdeckenden Vermittlungsversuchen rechnen wir zu den ersten
Vorzügen dieses wirklich einmal modernen Kommentars.
L. stellt sich seinem Text gegenüber auf einen Standpunkt, von wo
aus der Einblick in die ihn konstituierenden Faktoren möglich ist, und
verschafft sich damit den grolsen Vorteil systematischer Übersichtlichkeit.
Zwar muls er als Führer am Anfang Vertrauen fordern, aber es fällt ihm
nicht schwer, dasselbe im Lauf der Darstellung mehr und mehr zu recht-
fertigen und jeden an cnen Vorbehalt in Zustimmung zu verwandeln.
Nach L. sind einzelne Teile des Richterbuches hauptsächlich aus
J und E, andere wieder aus E und P (= code sacerdotale) zusammen-
gestellt, das Ganze deuteronomisch oder auch sonstwie mit Glossen, Zu-
sätzen und Auslassungen durchsetzt. Indem die Eigenschaften, Ziele und
Wirkungen dieser Elemente herausgestellt und Hand in Hand mit sorg-
fältigster Detailforschung je nach ihrem historischen oder mehr didek-
tischen Gehalt geprüft werden, erschlielst sich dem Leser ein voller Ein-
blick in die literargeschichtliche Natur des ganzen Buches, ohne dafs die
jeweils mögliche historische und religiöse Brossse vernachlässigt würde.
eilich ist, wie es eben nicht anders sein kann, auch bei L. der Löwen-
anteil der „Exegese“ Textherstellung, die aber mit ebensoviel Scharfsinn
und Umsicht als Erfolg betrieben wird. Er scheint aber auch bereits
auf einen kritisch geschulten Leserkreis rechnen zu dürfen; denn ein Satz
wie: „Elohim se prösente trois fois, le morceau est donc de E“ stünde
z. B. bei uns einstweilen noch ziemlich in der Luft.
Von den vielen neuen und gut begründeten Einzelheiten erwähnen
wir als besonders ansprechend die Chronologie der Richterzeit, die als
schriftstellerisches Schema von 12 Generationen zu je 40 Jahren erklärt
wird (8. 43), während in Wirklichkeit nur etwa 200 Jahre zur Verfügung
stehen. Zur „Eroberung“ von Gaza, Askalon, Akkaron (S. 381) könnte
doch der Fall in Betracht kommen, dals die Hebräer, im freien Felde
überlegen, die Ländereien okkupierten, während sie die Festungen selbst
nicht bezwingen konnten, ähnlich wie in Jerusalem. Den Versteil „auch
die Himmel bebten“ darf man blofs deswegen, weil er auch Ps 68, 9 vor-
kommt, kaum streichen; denn solche Ausdrucksweisen sind nicht singulär.
Zu 5,31 ist die Gewohnheit euphemistischer Schlufsformeln nach voran-
ehenden Verwünschungen zu berücksichtigen; vgl. K. J. Grimm,
uphemistic Liturgical Appendixes in the OT (1901); hierzu P. Volz,
Theol. Lit.-Ztg 1902, 226 und G. Beer, Deutsche Lit.-Ztg 1903, 200. —
S. 272,15 u. lies: ‘5; S. 282,11: ospırs; S. 800, 11: var; S. 298 Org.
Der Auffassung, welche L. hinsichtlich der Art der Darstellung über-
haupt vertritt, ist durchaus beizustimmen; auch das Richterbuch ist
schlielslich „au caractere de son r&cit“ zu verstehen (S. xxxıx) oder, wie
mit einer ähnlichen Wendung gesagt wird, „dans la totalite de son genre
litteraire“. Nur darin möchte dem Verf. nicht zu folgen sein, wenn er
den biblischen Autoren, obwohl nur inklusive, eine formelle Reflexion
über ihre Methode zuschreibt: ohne Zweifel haben sie vielmehr in durch-
aus naiv-autoritativer Weise mit ihrer Art historischer Didaktik gearbeitet,
selbst aber keinen andern Standpunkt eingenommen als den, der ihrer
Darstellung unmittelbar zu entnehmen ist. Wenn aber L. von einem
Bibliographische Notizen. 305
Schriftsteller dieser Art sagt: „ne se trompant pas lui-m&me il ne trompait
non plus personne“, so finde ich darin nicht blols eine allzu unbillige
Abschätzung der Exegeten älterer Ordnung, sondern auch etwas wie
Auftauchen der v. Hummelauerschen „apparentia“, einer Erscheinung, die
kaum viel Gutes stiften wird.
Unter den katholischen Autoren, mit welchen sich L. auseinander-
setzt, ist selbstverständlich v. Hummelauer der meistbeteiligte, oft als
Heifer, oft auch als Gegner, letzteres meist wegen seiner Neigung zum
Festhalten am Bisherigen; in Bezugnahme hierauf redet L. (S.231) geradezu
einmal von „conservatisme compromettant“. Was würde da der temperament-
volle Autor erst konstatieren, wenn er sich etwa z.B. mit den in Deutsch-
land als modern kursierenden Genesiserklärungen abzufinden hätte! —
Wir beglückwünschen die französische Wissenschaft zu dieser vorzüglichen
Leistung ihres berühmten Bibelforschers von ganzem Herzen.
Passau. Carl Holzhey.
Bibliographische Notizen
(aus dem laufenden Jahre 1908, wenn nichts anderes bemerkt ist).
Abkürzungen. Vgl. oben 8. 81f 198. Dazu noch: BStdt = The Bible Student. PrihR
= The Princeton theological Review.
A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift.
a) Enzyklopädien. Inspiration. Hermeneutik. Bibelkritik.
Guthe, H., Kurzes Bibelwörterbuch. Mit 4 Beigaben, 2 Karten und
215 Abb. (8%. XXVIII u. 768. "Tübingen, Mohr. M 10.50): Die Kürze.
wird erreicht durch ein System von Abkürzungen, konzise Fassung der
Artikel, Weglassung der Stichworte, über welche nichts zu sagen war.
Gegenüber Rıehm steht es aulserdem auf fortgeschrittenerem kritischen
Standpunkt. Mitarbeiter: Beer, Holtzmann, Kautzsch, Siegfried, Socin,
Wiedemann, Zimmern.
James, M. R., Inventiones Nominum (JthSt IV Nr 14, 218—244): Das in
Miscellanea Cassinese (1897) veröffentlichte Werk der Bibliothek von
St Gallen (Ms Nr 133 und Nr 913), bestimmt, die gleichnamigen Personen
der heiligen Schriften auseinander zu halten, fand J. in der Stadtbibliothek
von Albı e 29). Abdruck der Texte unter Beiziehung anderer Zeugen.
Höhne, E., Zur Inspirationsfrage Il u. III (vgl. oben S. 83. Bew. d.
Gl. 3. F. V 12, VL2).
Hetzenauer, M., O. C.. Epitome exegeticae biblicae catholicae in usum
scholarum (8%. X u. 175. Innsbr., Wagener. M 3.—): Ist im wesent-
lichen eine kath. Hermeneutik und beruht auf sehr ausgedehnten Kennt-
nissen. Die Lehre über den Schriftsinn, wobei auch der sensus con-
sequens (Folgerungen aus dem Schrifttexte) als eigentlicher Schriftsinn
ilt, wird unter dem Titel Exegetica biblica vorausgeschickt. Die
ermeneutik wird dann geteilt in Heuristica seu modus inveniendi und
Prophoristica seu modus proferendi. Ein Überblick über die Leistungen
der kath. und prot. Exegese schlielst das Buch. Im einzelnen kommt in
demselben sehr viel der Dogmatiker zu Wort. Der Aszet fügt (S. 91ff)
die zunächst in ein anderes Gebiet gehörigen Mahnungen zur Demut,
Gebetsübung und Selbstheiligung bei Pflege der Exegese ein. Auch
eine Auseinandersetzung mit ephemeren Programmatikern (Wahrmund u.a.)
ist überflüssig. Am meisten wird aber die extrem scholastische Form des
Buches den Genuls an demselben trüben. S.
Streatfeild, 6. $S., A Parish Clergyman’s Thoughts about the Higher
Criticism (Exp VI Nr 36, 401—424): Soweit der Glaube an Christus ge-
Biblische Zeitschrift. I. 3. 20
306 Bibliographische Notizen.
fährdet wird, abzulehnen. Sonst hat er manches gefördert; weniger
strenger Inspirationsbegriff; Gn 1—11 Legenden, nicht Geschichte; Un-
vollkommenheit des AT gegenüber dem NT‘; poetischer Charakter mancher
Schriiten (z. B. Jonas); Zulässigkeit von Widersprüchen trotz Inspiration.
Kirkpatrick, A. F., Modern Criticism and its Influence on Theoloyy (ExpT
XIV 4, 172—175): Bedeutsam als Bekenntnis eines gemälsigten englischen
Kritikers. Die sicheren Resultate der Kritik führen zu einer melır na-
türlichen Erklärung der göttlichen Offenbarung; die Prophetie war zeitlich
bedingt und wirkte mehr mit moralischer Macht als durch eigentliche
Weissagungen, jedoch sind die Propheten göttlicher Sendung; die In-
spiration bringt nicht Irrtumslosigkeit mit sich. Und doch findet K., dals
dadurch die Theolome befreit, vertieft und gestärkt wird.
Mit dem „Biblischen Kritizismus die katholische Exegese“, d.h. Dogma
und exegetische Tradition auszugleichen, ist auf prinzipiellem Gebiete die
vornehmste Aufgabe, deren Richtung und Fortschritt eine Reihevon Schriften
kennzeichnet: Houtin, A., La question biblique chez les catholiques de France au
XIXe siccle. 2e ed., revue et augmentce (8. IV u. 378. P. 190%, Picard.
Fr 4.—): Die exegetischen Prinzipieniragen werden durch die geschicht-
liche Entwicklung einer Lösung im Sinne der fortgeschrittensten exe-
etischen Richtung zugeführt; dies will H. klarlegen an Gn 1, Chronologie,
Sintflut, 1Jo 5,7, der mosaischen Abfassung des Pentateuchs, den Gebieten
der Konflikte zwischen Exegese und kirchlicher Autorität. Der Apoloret
des energischen Fortschrittes der katholischen Exegese führt die Feder.
Interessant geschrieben, orientiert das Buch trotz seiner Ironisierung der
Apologeten und seiner Vorliebe für deren Gegner gut über die herhei-
gezogenen Puukte; ein Anhang von Rezensionen der 1. Aufl. unterrichtet
sogar noch über die gegenwärtige Stellung weiter Kreise zur angeregten
Frage. Möge die mehr negative Tendenz dem darin liegenden Antrieb
zu gemälsigt fortschrittlicher, aufbauender Entwicklung nicht hinderlich
werden. — Eine scharfe Ablehnung erführt das Werk im Bulletin de litt.
eccl. 1903, 1, 21. Auch Loisy (Rev. d’hist. et litt. rel. VIII 2, 191—196)
tadelt die Ironie; nicht zu übersehen sind die Korrekturen und Er-
gänzungen, die L. dort seine Person betreffend zum Buche gibt. —
Gazagnol, &., Die neue Beweyung des Hatholizismus in Frankreich
(8°. XIV u. 450. München, Schuh): 8. 99—105: Biblische Frage (über
die Bibelkommission. S. 105—203: & I. Geschichtliche Übersicht der
biblischen Frage in Frankreich. 8. 204—243: & ll. Aktuelle Lage der
biblischen Wissenschaft. — Überwierende Rolle des Abbe Loisy, —
Hozakowski, Rzymska komisya biblijna (8%. 76. Posen): Gibt eine Zu-
sammenfassung der Richtungen und der Literatur der Exegese, um die
Bedeutung der Bibelkommission zu präzisieren. — Lagrange, M.-J., La
methode historique. surtout.a propos de "AT (12%. VIII u. 220. P., Lecoflre.
Fr 2.50): Als Teil der „Etudes bibliques“ erschienen, die nunmehr an
die Seite der Rb (seit 1892) treten, in umgekehrter Zeitfolge zegenüber
den beiden deutschen Organen (Bibl. Stud. seit 1895). Will lelıren, die
Bibel mit den Augen der Zeit betrachten, in der sie entstanden ist,
und behandelt in etwas breitem Vortrage: Evolution des Dogmas, In-
spiration, das Gesetz Moscs’ (Hammurabi), die Urgeschichte. S. 83f
stimmt er Turmel (vgl. oben S. 108) im allgemeinen zu, der, um seine
Ansicht gelegentlich nachzutragen, Dn als Pseudepigraph der makka-
bäischen Zeit zuweist und das Buch auch auf diese Zeit abzielen lälst (die
‘0 Jahrwochen von 606 zu zählen; Dn 9, 26 bezieht sich auf 1 Makk
1, 44); nur gehöre nicht alles in diese Zeit. — X., Di uno studio del
P. C. Pesch sull’ ispirazione delle Sante Sceritture (Civ. Catt. ser. XVIII 9
17. Jan. 1903) 217—221): Jedes literarische Genus der einzeluen Schriften
esitzt je eine eigenartige „Wahrheit“. Bei den Hebräern verdient be-
sonders der Midras eine grölsere Berücksichtigung. — Durand, A., S. J.,
L’authorite de la Bible en matiere d’histoire (Rev. du clerge franc., 1. Dez.
SZ
Bibliographische Notizen. 307
1%2): Der Hauptzweck der Bibel ist religiöse Belehrung; darin ist sie
deshalb irrtumstrei. Im übrigen berichten die Hagiographen oft Mei-
nungen, relative Wahrheiten, kursierende Überlieferungen, obne ihre
Richtigkeit zu garantieren (vgl. Str IIl 1. 99—103; die Relativität wird
hier auch für den religiösen Gehalt der Bibel in Anspruch genommen). —
Brucker, J., L’inspiration et Tinfaillibilite de la Bible en matiere historique
(Etudes XCIV [20. Jan. 1903] 222—233): Sie gilt nur für die authen-
tischen, originalen Texte und die Aufstellungen des inspirierten Schrift-
stellers selbst. Eine Herübernahme aus den Quellen ohne eigene
Verantwortlichkeit des Schriftstellers lälst sich im allgemeinen unmöglich
aufrecht erhalten. Aber es kann der heilige Schriftsteller selbst eigene
Verantwortlichkeit implicite ablehnen; so z. B. bei den (Grenealogien. Zu
weit gehen ihm Lenormant und Loisy; Lagrange berücksichtigt den na-
türlichen Sinn zu wenig. — X., La veracitäa storica dell’ Esateuco (vgl.
oben S. 98): Der Erzähler der Urgeschichten wollte nur die Legenden
aufschreiben, der Schreiber der übrigen Geschichten nur die Über-
lieferungen fixieren, ohne selbst die Richtickeit derselben garantieren zu
wollen (reservatio implicita, enthalten in der Art der früheren Schritt-
stellerei). — Der Aufsatz erregte in Italien einiges Aufsehen (vgl. Str III
1, 1Vöf). Venard ın Rev. du clerge france. 1903, 15. Apr., 521f macht
nur den Vorbehalt, dals die kirchliche Tradıtion und allentallsige positive
Entscheidungen zu berücksichtigen sind, was X. nicht in Rechnung ziehe.
— Prat, F., Progres et Tradition en Exegese (Ktudes ACIlI 289—312; 610—
633): Die Heilige Schrift will nicht Wissenschaft lehren; sie gebraucht die
Mythologie wie andere Schriftsteller; Irrtümer der populären Anschauung
sind zulässig. Die Methode der biblischen Geschichtschreibung hält eine
Mittellinie zwischen reiner Kompilierung und Verarbeitung des Materials.
Die heiligen Schriftsteller lassen oft ausdrücklich (= reservatio explicita)
erkennen, dals sie für die geschichtliche Zuverlässigkeit nicht einstehen.
Ob Jdt geschichtlich oder ungeschichtlich ist, daran liegt nicht viel. —
Der Referent in Str IIL 1. 104! möchte dazu noch die reservatio implicita
anerkannt wissen. — F. Girerd in Ann. de Phil. chret. LAXIII (März
1903) 686—689 ist ebenfalls gegen Prat mit X. für reservatio implicita,
ebenso aber auch mit Venard für Kompetenz der kirchlichen Lehrautorität
in historisch-kritischen Fragen und für Bedeutung des unanimis consensus
patrum, der aber hier keineswegs gegeben sei. — ÄX., Bilbia ed „alta
eritica“ (Civ. Catt. XVIIL 9, 397—413): Weist Fehlen des consensus pa-
trum für Fragen nach Verfasser und Komposition der Bücher oft mit
überraschenden Resultaten in eingehender Darlegung nach und schafft
hierin freie Bahn für die bisher zu traditionelle kath. Forschung. —
Un professeur de grand seminaire, Une nourvelle phase de la controverse
sur l’authenticite mosaique du Pentateuque (Ann. de phil. chret. LXXIII
Nov. 1902 [111° ser. 1j 188—199): Begrülst die Wendung, die durch
Hummelauer und (in den Etudes) durch Durand in der Frage eingeleitet
worden ist. Die Enzyklika „Providentissimus Deus“ ist zu Gunsten der
Freiheit zu interpretieren. — Holzhey, K., Die „authentischen Stellen“ der
hl. Schrift (Theol.-pr. Mon.-S. XIII 5, 269-275): Sucht für diese Freiheit
eine Gasse zu gewinnen durch Erklärung des „loci authentici* der Bulle
„Providentissimus Deus“. Allerdings scheint nur der erste der vier von
H. autgestellten Begritie von „Authentizität“ (im Verhältnis zur ursprüng-
lichen Textgestalt) von der Bulle gemeint zu sein. Diese mit H. für die
res fidei et morum gereben zu halten, ist keineswegs notwendig und ge-
sichert. — ***, Les catholiques et les etudes bibliques au X Xe siccle (Bull. de
litt. ecel. 1903.3.65— 76): Zustimmendes Referat über die der Kritik günstigen
Artikel (Civ. Catt. 1902, 19. Juli, 16. Aug. ; 1903, 17. Jan., 21. Febr., 7. März),
dann über die Etudes bibliques (Juges, Religions sem.) von P. Lagrange.
Deren gemälsigten Kritizismus (der radikale sei mit Recht und zum Heile
der kath. Exegese abgewiesen worden) findet er in erfreulichem Gegensatz
20*
308 Bibliographische Notizen.
zu den „exegütes stationnaires de la nuance des catholiques allemands qui
n’admettent pas qu’il y ait une question biblique“. — Zweifellos ist nun-
mehr die prinzipielle Frage hinreichend erörtert und geklärt, ohne Weiteres
erreichen zu können, als dafs die für die Exegese wünschenswerte Frei-
heit auch möglich ist, ein Resultat, das aber eine einzige positive Ent-
scheidung der Kirche wieder illusorisch machen kann. Komposition der
Schriften, Arbeitsweise der heiligen Schriftsteller im einzelnen auf Grund
der zu revidierenden kritischen Prinzipien scheint die nächste Aufgabe
der kath. Exegese zu sein. Und wenn hierin, wie wir hotlen dürfen, die
deutschen Exegeten ihrer Aufgabe gerecht werden, so wird das die beste
Abwehr obigen Vorwurfes sein.
b) Sprache Text und Übersetzungen. Archäologie.
Geographie.
Jannaris, A.N., The true Meaning of the xown (Class. Rev. XVII 2,
93—96): = das nicht dialektische, sondern das den Dialekten gemeinsame
literarische (bes. von den Rednern gebrauchte) Griechisch, was durch
Zitate belegt wird. — Ebenso beanstandet J. in der Rez. zu Thumb, Die
griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus (1901), den Gebrauch des
Wortes xoıvn für die Umgangssprache.
Moulton, J. H., Notes from the Papyri II (Exp VII Nr 38, 104—121):
Forts. zu Exp VI 271fi. Lexikographische Notizen zur biblischen Grä-
zität, meist aus den „Tebtunis Papyri“ (Grenfell-Hunt-Smyly) in alpha-
betischer Ordnung angeführt, als Ergänzung zur bisherigen Literatur.
Mozley, F. W., Notes on the Biblical Use of the Present and Aorist Im-
perative (JthSt IV Nr 14, 279—282): Durch Beispiele aus A und NT zeigt
er den Unterschied. Aor. für Befehle als bestimmt beabsichtigt.
Schulthess, F., Christlich-palästinische Fragmente (ZdämG LVI er
Im Privatbesitz. Enthalten auch Schrifttexte: Ex 15, 1—5. Ps 142, 8—132;
12, 4.5; 118, 12. Lk 2, 14. Ps 50, 17; 3, 2—6. Jb 16, 9—19.
Heider, A., Die äthiopische Bibelübersetzung. Ihre Herkunft, Art, Ge-
schichte und ihr Wert für die alt- und ntl Wissenschaft, Mit Jr 1—13
als Textprobe, dem äth. Pseudepigraph: Die Prophetie des Jeremia an
Pashur und einem General-Katalog der abessinischen Hss. (Als Prolegomena
zu einer kritischen Ausgabe der äth. Bibel.) 1. Heft: Bibelkritische, Ab-
handlung. — Die Prophetie des Jeremia an Pashur. Mit deutscher Über-
setzung (8%. VI u. 48. Lp. 1902, Pfeiffer. M 4.—): Vgl. oben S. 85.
Nicht die hesychianische, wie man bisher glaubte, sondern die lucianische
Rezension der LXX, wie schon Prätorius vermutete, liegt der alt-
äthiopischen Bibel (330 entstanden) zu Grunde. Dies die Hauptthese der
Schrift und auch sicheres Ergebnis der Kollation von Jr 1—-3, soweit die
gewöhnlich als lucianisch bezeichneten Hss als solche gelten dürfen. Die
„vulgäre“ Rezension (16. Jahrh.) soll nach der Syrohexapla, die „aka-
demische“ (17. Jahrh.) nach hebräischen Hss verbessert sein. Methodisch
ist die fleilsige Arbeit nicht gut angelegt: Wiederholungen, die doppelte
Kollation. Ob der weitausschauende Plan einer kritischen Ausgabe ver-
wirklicht wird? Daran mülsten sich obige Aufstellungen erproben.
Crum, W. E., Coptic Ostraka, ‚from the Collections of the Egypt Ex-
wo: Fund, the Cairo Museum and others. The Texts edited with
nslations and Commentaries, with a Contribution by F. E. Brightman
40. XXII, 99 u.125 mit 2 Taf. Ld. 1902, Egypt Expl. Fund): Darunter
efinden sich auch acht z. T. noch unbekannte Fragmente der sahidischen
Bibelübersetzung (vgl. ThLz 1903, 6, 175). Das Werk ist grundlegend
für die Verwertung dieser Art von Literatur (OrLz VI 2, 59ff\.
Hoberg, &., Die älteste lateinische Übersetzung. des Buches Baruch (vgl.
oben S. 108). Von den beiden gedruckten lat. Übers. ist die bei Sabatier
eine überarbeitete Vetus latina gegenüber der in die Vulg. aufgenommenen.
Eine 3. lat. Übersetzung im Codex Legionensis zu Leon in Spanien, ab-
Bibliographische Notizen. 309
schriftlich im Cod. Vat, lat. 4859, ist älter als der Text in der Vulgata
und mit letzterer im Text des Sabatier benutzt. LXX und die drei lat.
Texte werden abgedruckt. Zum Schluis fügt er noch bei den apokryphen
1. Brief Baruchs in der syrischen Übersetzung nach der Bibelausgabe von
Mosul. — Die wirklich älteste Übers. will gefunden haben Amelli, A. M.,
De Libri Baruch vetustissima latina versione usque adhuc inedita in cele-
berrimo codice Cavensi. Epistola A. M. Amelli ad A.M. Ceriani (Fol. 16.
Monte Casino 1902): Bar 3, 24—37 nach den verschiedenen Texten mit
kritischer Untersuchung. Hoberg will Lit. Rundsch. 1903, 2,47 daran
noch zweifeln und verspricht eine Vergleichung von Cod. Legionensis
mit Cavensis
Nestle, E., Andron (Arch. f. lat. Lex. u. Gramm. XIII 128): Bringt hier-
für einen neuen, im Thesaurus linguae latinae fehlenden Beleg aus dem
Lyoner Oktateuch Richt 3, 23 bei. Dem griechischen e£fAdev 'Awd iv
tpootada entspricht daselbst „exiit Aod in androna“. C.W.
Harnack, A., Der ER ehe Traktat de singularitate clericorum
ein Werk des donatistischen Bischofs Macrobius in Rom (TU. NF. IX 3,
1—72): Schlielst sich der Hypothese J. Morins an, wonach die in Hartels
Cyprian III 173ff abgedruckte Schrift den von Gennadius De vir. ill. 5
besprochenen „\Macrobius presbyter... Donatianorum postea in urbe Roma
occultus episcopus‘“ vn 863 bis gegen 375) zum Verfasser hat, und handelt
in einer „Beilage“ 8. 58—72 über die Bibel des Macrobius. Er glaubt
konstatieren zu können, „dals von allen verglichenen Texten der des Lu-
cifer dem unserer Schrift am nächsten steht‘. C.W.
Bonaccorsi, &., La Volgata al concilio di Trento. Estratto dalla Scuola
Cattolica (80. 49. Mailand): S. oben S. 202. Das tridentinische Dekret
ist disziplinär, nicht dogmatisch zu verstehen (verl. Str III 1, 209f).
Whitney, H. M., The latest Translation of the Bible. IV. Supplementary
Bs LX Nr 237, 109—120): Vgl. oben S. 86. Register der behandelten
ibelstellen. — V. The Question of Modernness, in the Light of two
recent Examples (ebd. 238, 342—357): Prüft The Twentieth Century NT
und The American Bible (by F. S. Ballentine 1902).
Bliss, F. J., and Macalister, A. St., Excavations in Palestine during the
Years 1898—1902. With a Chapter by Prof. D. Wunsch, and numerous
Illustr. from Photographs and from Drawings made on the Spot, by
R. A. St. Macalister (4%. 202. PEF. 50 s).
ae L., Le vie romane della Palestina (Str II 6, 522—541): Vgl.
oben 8. 87.
Gatt, G., Zur Topographie Jerusalems (ZdPV XXV 3/4, 178—194): Zu
Josephus, Bell. jud. ö, 4. 1 über die Hügel der Stadt. G. hält gegen
Rieis, Schick, Weikert, Kohout fest an seiner früheren Auslegung.
Mommert, C., Aenon und Bethania, die Taufstätten des Tüufers nebst
einer Abh. über Salem, die Königsstadt des Melchisedek (8°. VIIL u. 97.
Lp., Haberland.. M 2.—): Das heutige Ain Dschirm, 12km südlich von
Skythopolis, ist die berühmte Taufstätte. Vgl. unten S. 319.
c) Auslegung.
Groff, W., Etwles sur certains rapports entre l’Egypte et la Bible (8°.
14. avec fig. P., Bouillon): Sep.-Abz.; vgl. oben S. 87.
Rohling, A., Die ewige Alleinherrschaft des Glaubens auf Erden. Eine
Inschrift aus Damaskus, erklärt und erläutert (80. 88. München, Schuh,
M 1.20).
Schmid, Fr., Der Unsterblichkeits- und Auferstehungsglaube in der Bibel
(vgl. oben S. 86): Behandelt alle Bibelstellen, die den Gegenstand betreften,
mit der umsichtigen Abwägung, die man von dem Verf. gewohnt ist.
Das Ergebnis bedeutet eine Revision der gewöhnlichen dogmatischen An-
schauung über die Schriftlehre. Der Unsterblichkeitsglaube kommt in
der Regel im Verein mit dem Auferstehungsglauben zum Ausdruck, wes-
310 Bibliographische Notizen.
halb über die Zeit vom Tode des Einzelnen bis zum Endeericht keine
Klarheit, selbst nicht im NT zu finden ist. Anderseits will er dem Ge-
danken nicht zu sehr Nachdruck geben, dals das AT hauptsächlich zeit-
liche Vergeltung in Aussicht stelle; finde sich doch schon die Auferstehung
verheilsen im Protevangelium. Hier und sonst ab und zu macht sich
eine gewisse Kunst der Auslegung geltend, die möglichst viel in der
Heiligen Schrift tindet, so sehr der Verf. dem Schrifttext im allgemeinen
gerecht zu werden sucht. Auch mülste dem Urtext mehr Berücksichtigun
zu teil werden, wenn die genuine Lehre des AT angestrebt werden will.
Bietet viel Material zur Auslerungsgeschichte der Stellen.
Taylor, C., Note on Hosea VI. 2 (ExpT XIV 5, 213): Kann im NT
1 Kor 15.4 Lk 24,44 Jo 2.20f nur zu Grunde gelegt sein nach dem
Grundsatze der jüdischen Exegese: “rn 5x, d. h. mit Text- und Sinn-
änderung.
B. Das Alte Testament.
a) Kanon. Geschichte der Exegese. Hebräische Grammatik
und Lexikographie.
Kasteren,J.P. var, S..]., Het Oude Test.van Oriyenes (Studien, XXXV. Jaarg.,
Deel LX 61-81): Gegen Wildeboer (vgl. oben 8.88) weist K. nach, dals
OÖ. zwar manchmal ausdrücklich vom Jüdischen Kanon redet, dals er aber
davon prinzipiell als auf kirchlicher Überlieferung beruhend und praktisch
durch Gebrauch der Deuterocanonica den christlichen Kanon unter-
scheidet.
Kasteren, J. P. van, S.J., De Canon des Ouden Verbonds in de eerste eeuwen
der Kerk (Studien, AXXV. Jaarg.. Deel LA 209-252): Erweitert obiges
Streittiema. Die Kirchenväter der ersten drei Jahrh. zeugen für einen
Kanon mit den deuterokanonischen Büchern. Wildehoers Unterscheidung
einer kirchlichen Tradition, beruhend auf der Theorie von der Ver-
bindlichkeit des jüdischen Kanons, und einer consuetudo ecclesiae, die
weiter ging, lehnt K. mit Recht ab. Auch in der Vielgestaltigkeit der
Kanonanschauungen in der ersten Zeit scheint er mir recht zu haben.
Dais Hieronymus zuerst die Theorie vom jüdischen Kanon aufgestellt hat,
ist doch nicht so sicher.
. Steinschneider, M., Supplement aux catalogques et nıss hebreux et samari-
tains de la bibliotheyme imperiale. Aus Zul (4%. 8. Frankf. a.M.. Kauff-
mann. M3.—).
Wiinkoop, J. D., The Neo-hebraic Language and its Literature (JqR XV
Nr 57, 2355).
Grünhut, L., Sefer Ha-likkutim. Sammlung älterer Midraschim und
wissenschaftliche Abhandlım (in hebr.Spr.). 6. Tl. (8. 84 u.14. Frankf.a.M.,
Kauffmann. M 1.60): Enthält: a) Fragmente des Jalkut ha-Machiri zu
Mischle; b) Kollektaneen aus dem alten Midrasch Jelamdenu zu Gn nebst
Anmerkungen zu Sefer Ha-Likkutim IV u. V von S. Buber.
Faulhaber, M., Hohelied-. Proverbien- und Prediger-Catenen untersucht.
Tbeol. Stud. d. Leo-Ges. 4 (8%. XV u. 176. Wien. Mayer. M 5.40): 90 hand-
schriftl. Salomonskatenen aus versch. Bibliotheken in Deutschland. Eng-
land, Italien, Spanien, Frankreich sind untersucht und nach 12 bzw.
17 Typen ausgeschieden.
Montzka, H., Die Quellen zu den assyrisch-babylonischen Nachrichten in
Eusebios’ Chronik (Beitr. z. a. Gesch. 11 3, 351—405): E. benutzte zu den
besten griechischen Quellen auch noch die Bibel. „nicht ohne dais er sich
auch geren diese einen leisen Zweifel erlaubt hätte“. Sein Verhältnis zur
biblischen Chronologie wird eingehend behandelt.
Blachere, F., Commentaire de S. Augustin sur un verset du Livre de la
Sagesse (IV, 11) (Rev. August., aoüt-sept. 1902, 409—421).
Bibliographische Notizen. all
Bacher, W., Die Echtheit der Dünasch zugeschriebenen Kritik gegen Saadja
(MGWJ XLVI 9/10, 478—480): Stimmt Eppenstein gegen Porges zu; vgl.
oben S. 85. — Auch Eppenstein hält seine Darlegungen aufrecht (ebd.
11/12, 533—536\.
ibrähim Ibn Jaküb, Aischpatim. Ein samaritanisch-arab. Commentar zu
Ex 21—22, 15. Nach einer Berliner Hs hrsg. und mit einer Einleitung und
Anmerkungen verselien von Dr. M. Klumel (8%. 13 u. XXXIV. B. 1902,
Poppelauer. M 18).
oznanskl, S., Conmentaire sur le Livre d’Osee par Eliözer de Beaugency
[hebr.] (Berdyczew 1902, Scheftel).
Steinschneider, M., Die arabische Literatur der Juden (8°. LIV, 348 u.
32. Frankf. a. M. 1902, Kauffmann. M 16.—): Erstreckt sich auch auf hebr.
Sprachwissenschaft, Bibelübersetzung und -auslegung. Im Anhang die
arabische Literatur der Samaritaner (Köln. Volkszte 1903, Lit. Beil. Nr 5).
Hirschfeld, H., Descriptive Catalogue of Hebrew Mess. of the Montefiore
Library VIII (JqR XV Nr 56, 787—791; 59, 551—558): Grammar and
Ua): Index; vgl. oben S. 89f.
Nolan, E., and Hirsch, S. A., The Greek Grammar of Roger Bacon
and a Fragment of his Hebrew Grammar. Ed. trom the Mss with In-
trod. and Notes n LXXV u. 212. Cambridee 1%2, Univ. Press. Für
letzteres (S. 197 ff) glauben die Herausgeber die Herkunft von Bacon er-
weisen zu können.
Margolis, M. L., The twenty-seventh Edition of Gesenius’s Hebrew
Grammar (AmJsemL XIV 3, 159—170): Eine Fülle kritischer Bemer-
kungen sachlichen wie methodischen Belanges.
Praetorius, F., Uber einige Pluralformen des Semitischen (AdmG LVI 4,
685—696): Die auch im Bibl.-Aram. vorkommende Plur.-Endung & ist ur-
semitisch. nicht aus ajja kontrahiert; letztere sekundär.
Kelso, J. A., Is the Divine Name in Hebrew ever equivalent to the
Superlative? (AmJsemL XIX 3, 152—158): Der Gottesname wird oft
beigesetzt, um den Superlativ auszudrücken (so gegen Prat, Rb X 497 ff);
aber viele Stellen, welche die Grammatiker gewöhnlich als Beweise hierfür
anführen, sind nicht beweisend.
Nathan, N. M., Fine Bemerkung zu ina pani [34] (OrLz VI 4, 184):
= „5 Gn 13,9; 24,51.
Butler, C.E., OT Word Studies. An Attempt to make clear the exact
Meaning of 165 Hebrew Words, arranged in Groups of Synonyms (120, 266.
N.Y., Abbey Press. Fr 5.10).
Kautzsch, E., Die Aramaismen im AT, untersucht. I. Lexikalischer Teil.
Halleisches Osterprogr. für 1901 u. 1902 (80. V u. 111. Halle, Niemeyer).
Offord, J., and Pilcher, E. J., Some Punic Analogues (PSbA XXIV 78,
283f): Aus punischen Inschriften ist zu belegen: o5x = Elim (pl. maj.)
als Apposition zu Nomina im Singular; res = rr"s Ruth 1, 4. 14; ome=2[>]
2Sm 6; lChr 13 usw.
Ranke, H., Die Personennamen in den Urkunden der Hammmurabidynastie.
Ein Beitrag zur Kenntnis der semitischen Namenbildung (8°. 52. München
1902, Lukaschik. M 2.80): Die für diese Periode neuerdings zugänglich
gewordenen Quellen erklären die Beschränkung auf die Periode des Zeit-
genossen Abrahams. Grammatisch, lexikographisch, religionsgeschichtlich
werden die Namen ausgebeutet. Der Wert für die Bibel beruht auf den
babylonischen Beziehungen. Der Verf. verweist öfter auf den Unterschied
zwischen semitischer und indogermanischer Namenbildung.
Pilcher, E.J., Ana-pani-lli illustrated from the Hebrew (PSbA XXIV
4/5, 105): Hebräische Aquivalente und Bedeutung dieses Namens, der
auch ebd. 93ff erörtert wird.
Levy, J. H., The Tetra(?)grammaton (JqaR XV Nr 57, 97—99): Genesis des
Namens: => + Nominativ-Endung u: =>; + paragog. mn: mim Die Vokale
sind nicht Entlehnung von »;"x. Das i scheint nicht hinreichend motiviert.
312 Bibliographische Notizen.
Guidi, J., Une terre coulant du lait avec du mel (Rb XII 2, 241—244):
wan as Milch, mit Honig versülst, wie arabische Parallelen dartun; gegen
Stade-Usener; vgl. oben S. 94.
Haupt, P., The Hebrew Term shälish. In: Beitr. z. Assyr. u. sem. Sprachw.
IV 4 (1902): Ein original-hebräischer Terminus; = der dritte Kämpfer
auf dem Streitwagen; so schon Siegfried-Stade.
Daiches, $S., Lexikalisches (ZA XVII 1, 92f): uno Gn 40,11 = nach
assyr. „auspressen, ausdrücken“. r5» viell., assyr. entsprechend, =
„Schmutz“.
Nau, F., „Behemoth“ ou „la sauterelle“ dans la tradition syriaque (Rsem
XI 1, 72—75): Nicht „Flulspferd“ nach Bochart; die einheimischen Schrift-
steller vergleichen es nie damit. Die Wiedergabe der Syrer ist be-
achtenswert.
Rielsier, Zu der Bedeutung von rer in Jes. 21,5 und 2 Reg. 1, 21 (TQS
LXXXV 1,154): Assyr. masa'u=KAR und KAR= ikimu „wegreilsen“,
2Rg (= 2Sm) 1,21: Saul der Gesalbte.
Nestle, E., Tortoise in the Bible (ExpT XIV 4, 189): t; bedeutet nach
LXX (Os 12, 12) und Theod. (Ekkle 12, 8) sowie nach dem Aram. und
Neuhebr. die „Landschildkröte“. Dals es solche wirklich gab in Palästina,
bestätigt ihm J. D. Crace (ebd. 6, 286), — Vgl. auch ZatW XXIII 1,1331.
b) Text und Übersetzungen.
Conder, C. R., The First Bible (8. 252. Ld., Blackwood. 5): Das war
eine Bibel in Keilschritt auf Tätelchen (Gn viell. 70 solcher Täfelchen).
Später wurde sie in alphabetische Schrift übertragen und zwar von ver-
schiedenen Schreibern in verschiedener Weise.
Cook, St. A., A Pre-Massoretic Biblical Papyrus (PSbA XXV 1, 34—56
mit Tafeln; vgl. oben S. 90): Nähere Beschreibung mit Faksimile, Um-
schreibung und Übersetzung. An Zahl und Eigenart der Varianten mit
keinem Ms zu vergleichen. Keine Rückübersetzung aus dem Griechischen.
Die Varianten weisen darum in eine Zeit zurück, wo der Text noch
nicht fixiert war; das Ms selbst mag in das 2. christliche Jahrh. ge-
hören. Literarkritisch steht diese Form des Dekaloges zwischen Ex und
Dt, eher eine einfachere Gestalt von Dt. Vielleicht zugehörig zu einem
Lektionar oder einer Sammlung von Thorastellen oder ein liturgisches
Fragment; möglich wäre auch, dals das Dt-Exemplar eine vom MT ab-
weichende (ägyptische?) Form hatte. — Vgl. Derselbe. A Unique Biblical
Papyrus (ExpT XIV 5, 200-203). — Burkitt, F. C., The Hebrew Papyrus
of the ten Commandments (JyR XV Nr 59, 392—408): Abb., Geschichte,
mschrift und Übersetzung. Wegen Ahnlichkeit mit einer nabatäischen
Inschrift um 55 n. Chr. zu datieren. Der MT gilt B. als älter und besser.
— Offord, J., The newly discovered Pre-massoretic Hebrew Papyrus (Am.
Antiq. and Or. Journ., Jan.-Febr. 1903).
Crum, W. E., The Decalogue and Deuteronomy in Coptic (PSbA XXV
2, 99—101): Die bemerkenswerte Zusammenstellung von Dt 6.4 mit dem
Dekalog in Cooks Papyrus findet Cr. auch im Ms Or. 5638.1 und 5641
des Br. Mus. R
Kahle, P., Der masoretische Text des AT nach der Überlieferung der
babylonischen Juden (vgl. oben S. 90): Die jemenischen Hss sind nicht
echt orientalisch. Das Berliner Ms. or. qu. 680 betrachtet der Verf. als
unbeeinflulst von der tiberiensischen Schule. Daher bestimmt er nach ihm
Terminologie, Lesarten, Punktation, Formenlehre der orientalischen Über-
lieferung. Als Beilagen giht er die Massora magna zu den Proverbien,
den Abdruck von Ps 90—103, Ct, Thr 1 nach diesem Ms. Für Text-
geschichte, insbes. die Massora (viele Korrekturen zu Ginsburg und a
ebenso für die Grammatik ist die Arbeit von Bedeutung. Wenn die Auf-
stellungen der Schritt über den sicher orientalischen Charakter der Hs
sich bewähren, so ist damit ein ganz wertvolles Ergebnis gewonnen.
Bibliographische Notizen. 313
Ginsburg, C.D., The Text of the Hebrew Bible in Abbreviations (Journ.
of Philol. XXVIII Nr 56, 254-270): Vortrag, gehalten auf dem Orien-
talistenkongrels zu Rom 1899. Fast vollständig in Abkürzungen ge-
schrieben sind 2 Blätter aus der Geniza von Kairo ım Brit. Mus. in London,
enthaltend Lv 20, 14°—21, 20°. Nm 1, 36—2, 16. Zweck: Hilfe zum Aus-
wendiglernen der Heiligen Schrift. Der Konsonant mit dem Akzent gilt
rerelmälsig als Abkürzungszeichen. Abb., Umschrift und Auflösung.
Granberry, J. C., Jehovah (BStdt VII 2, 107”—110): Dieser Name später
aus religiöser Scheu geändert (ohne neue Gesichtspunkte).
Redpath, H. A., The present Position of the Study of the Septuagint
(AmJTh VII 1, 1-19): Rückblick auf die Arbeiten des letzten Jahrh,,
die Papyrus- und andere Hss-Funde der letzten Zeit. Zur gegenwärtigen
Aufgabe gehört die Herausgabe der LXX, deren I. Bd wohl noch einige
Jahre brauchen wird; Gruppierung der Hss, Vergleichung derselben ist
eine sehr dankbare Aufgabe, insbes. für jüngere Forscher. Die gegen-
wärtige Genpp/eruDE der Hss ist keineswegs definitiv. Ein Cambridger
Forscher ist daran, die Resultate aus Deilsmanns Bibelstudien zusammen-
zustellen. Beachtung verdient, was er D.s weitgehender Ablehnung von
Hebraismen gegenüber einwendet. Den MT stellt er hoch gegenüber der
verbesserungsbedürftigen LXX. Manche Mifsverständnisse führt er darauf
zurück, dals drei zusammen arbeiteten bei der Übersetzung: einer las den
hebräischen Text, ein zweiter zweisprachiger diktierte das griechische
Wort, ein dritter schrieb dasselbe. So konnte Verhörung des hebräischen
und griechischen Textes eintreten (?). Die Mahnung, eifriger sich dem
LXX-Studium zuzuwenden, welche den interessanten, sachkundigen Ar-
tikel schlielst, verdient willige Befolgung.
Hart, J. A. H., The new Septuagint Fragment (JthSt IV Nr 14, 215 bis
a: Vgl. oben S.%. Genauer Abdruck. Nichts fordert einen Ursprung
nach dem 6. Jahrh.
Serruys, D., Anastasiana (Mel. d’arch. et d’hist. XXII [1902] 2,3): Von
der durch Mai und Loofs bekannten „Antiquorum patrum doctrina de
Verbi incarnatione“ hat S. eine 4. Hs (Cod. 507 s. XII vom Athos) ge-
funden, die in Kap. 32 zwei unbekannte Stücke bietet: a) Eine Erklärung
der kritischen Zeichen der Hexapla (S. 189—193), wonach der Lemniskus
eine Übereinstimmung zweier Übersetzer im Gedanken, der Hypolemniskus
eine solche in der Form anzeigt; die unklaren Deutungen des Epiphanius
und Isidor sollen auf dieser Quelle beruhen. b) Eine Stichometrie des A
und NT (S. 194—207) mit eigener Ordnung der Bücher und selbständiger
Stichenzählung. S. schreibt das ganze Werk dem Anastasios Sinaites zu,
Redpath, H. A., The Geography of the Septuagint (AmJTh VII 2,
289-307): Die einzelnen Übersetzer besalsen eine wenig ausgebreitete
geographische Kenntnis, was an der Wiedergabe der Namen gezeigt wird.
Deilsmann, A., Die Hellenisierung des semitischen Monotheismus (Neue
Jahrb. f. d. klass. Altert. X1/XII 3, 161—177; Sep. ersch. Lp., Teubner):
In der Wiedergabe von mM durch xküpıiog in der LXX zeigt sich der Ein-
fluls der hellenistischen Weltreligion. Auch für die übrigen Gottesnamen
und für andere Begriffe, z. B. nı2 — diadnkn, sucht D. (allerdings noch
künstlicher und mülısamer) die Erweiterung der Vorstellungswelt in der
LXX zu erweisen.
Howorth, H. H., Some unconventional Views on the Text of the Bible. IV:
The Septuagint Text of the Book of Nehemiah (PSbA XXIV 9, 332—340;
XXV 1,15—22; 2, 50—98): Esdras Graecus ist es; in der griechischen
Bibel haben wir für Chr, Esr, Neh den Theodotiontext. So bereits in
einem früheren Aufsatz (vgl. oben S. 104), hier Nachträge und nähere
Begründung, zugleich über Zeit der Wirksamkeit des Nehemias, Wert des
Josephus, Komposition von Esr-Neh mit einer Fülle von Einzelheiten.
— Den H. Zustimmenden (ebd. 9, 332f) reiht sich Torrey, C. C., The
Greek Versions of Chronicles, Ezra and Nehemiah (ebd. 3, 139 f) an.
314 Bibliographische Notizen.
Nicht erst Whiston 1722 (so Howorth), sondern bereits Grotius 1644 hatte
diese Ansicht.
Scheftelowitz, J., Zur Kritik des griechischen und massoretischen Buches
Esther (MGWJ XLV1I 12, 24--37): Prüft noch eiumal (gegen Jahn;
vgl. oben 8. 91) die Stellen, die für die Priorität der LXX gegen MT
zu sprechen scheinen.
Thackeray, H. St. J., The Greek Translations of Jeremiah (JthSt IV
Nr 14, 245—266): Verschiedene Übersetzerhünde sind bisher schon ange-
nommen worden. Th. weist 1—28 und 29—51 (52 Anhang) zwei ver-
schiedenen Übersetzern zu, was nicht auf eine beabsichtigte Teilung für
die Übersetzung, sondern auf zwei Sammlungen der Prophetien zurück-
zuführen ist. Entwirft versuchsweise eine Geschichte des Jr-Textes und
kritisiert die früheren Ansichten. Die Übersetzung des 1. Teiles von
Baruch ist derselben Hand zuzuweisen wie der 2. Teil des Jr. Forts. £.
Plasberg, O., Stra/sburger Anekdota. V. Aus dem AT (Arch. f. Papyrusf.
II 2,3, 224—228): Pap. gr. 748 Stücke aus Gin 25, 19—22; 26, 3—4, ın das
5. Jahrh. zu setzen. von der LXX abweichend, näher dem MT. Pap. gr. 911
2 Sm 15, 36—16, 1; 16. 3f, ca. 4. Jahrlı.
Jastrow, M., A Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and
Yerushalmi and the Midrashic, Literature. P. XV [ap — ken WW] (40.
1413—1556. Ld. 1902, Luzae).
Ginsburger, M., Pseudo- Jonathan (Thargum Jonathan ben Usiel zum
Pentateuch). Nach der laond. Hs (Brit. Mus. add. 27031) herausgeg. (8%,
XXI u. 366. B., Calvary. M 8—): Die Hs unterscheidet sich von den
Ausgaben. In der Einl. u. a. Verhältnis zu den andern Targumen er-
örtert. Hiergegen vgl. A. Marx, OrLz VI 3, 123—129. _
Bacher, W., Le taureau de Phalaris dans lAgada (RE) XLV Nr 90.
291—295): Beliandelt die Legende, die sich an 2Chr 23, 11 anschlielst.
Die Erklärung des Aruch = „Maultier“ hat viel für sich gegenüber „Erz-
kessel“. Nestles Korrektur xr5r= = „Sternbild“ (vgl. oben S. 90) lehnt B.
ab. Von einem ehernen Stier redet Midras hagadol.
Kahle, P., Fragmente des samaritanischen Pentateuchtargums, heraus-
gegeben und erläutert (ZA XVI1L 1, 1—22; vgl. oben 8. 90): Abdruck von
Dt 32, 1—29 (nach Ms Or. 5036 des Brit. Mus. mit Variantenapparat und
textkritischen Anmerkungen), des Petersburger Fragmentes Nr 184 Gn 22,
23—24, 58; die Varianten von Ms Or. 1441 des Brit. Mus. zu Petermanns
Text Gn 32, 17—35, 11; 36. 28—38, 21.
Schmiedl, A., Randbemerkungen zu Saadja’s Pentateuchübersetzung (MGWJ
XLVI 7,8, 358—363): Vgl. oben 8.91. I1I. Parallelen zwischen Onkelos
und Saadja. Ausgewählte Beispiele, den dominierenden Einfluls des On-
kelos auf S. zu erweisen.
Poznahski, S., Miscellen über Saadja (MGWJ XLVI 7,8, 364-372):
IV. Saadjas Übersetzung zum Buche Esther. S. bat wohl alle Bücher
übersetzt. Est will P. finden in dem Wien 1896 veröffentlichten jeme-
nischen Gebetbuche S. 403—423, vielleicht auch unter den in letzter Zeit
nach Europa gelangten jemenischen Hss.
Heisz, A., Eine anonyme arabische Übersetzung und Erklärung der Pro-
pheten Zephanja, Haygai und Zecharja, hrsg. u. m. krit. Anmerkungen
versehen (8°. 48. B. 1902, Poppelauer. M 1.50).
Matthias, A., Untersuchungen über die deutsche Übersetzung des AT in
der Münchener Hs Cg 341 aus dem 14. Jahrh., besonders über Prolog,
Genesis und Exodus. Dissert. (133 S. Greifswald).
Bernfeld, S., Die heilige Schrift, nach dem masoretischen Text neu
übersetzt und erklärt, nebst einer Einleitung (8%. 886. B.. Calvary).
Gerloff, W., Über die Veränderungen im Wortgebrauch in den engl.
Bibelübersetzungen der Hexapla 13868—1611. Dissert. (8%. 54. B., Mayer.
M 1.50).
Bibliographische Notizen. 315
Rosenau, W., Hebraisms in the authorized Version of the Bible (129. 283.
Baltimore, Friedenwald. Fr 10.—).
Smith, H. G., „Adam“ in the Revised Version (AmJTh V1 4, 758— 761):
Prüft, ob richtig als Eigenname und Appellativnomen übersetzt.
Fenton, F., TheBible in modern English. Vol. ILI. Containing the Books
of the Prophets (8°. IX u. 245. Ld., Patridge. 2s td).
Driver, S. R., Specimen of a new Translation of the Prophets (Exp VI
Nr 35, 321—334; 87, 87-48; 38, 147—160; 39, 229235; 40, 316-320;
41, 353—369): Vermilst in den beiden englischen Übersetzungen (the Au-
thorized Version und the Revised Version) Genauigkeit und Klarheit und
gibt zur Probe eine Übersetzung von Jr 2, 1—16, 9.
c) Allg. Text- und Literarkritik. Religion. Theologie.
Winckler, H., Altor. Forsch. 3. Reihe II1 (18 der ganzen Folge. 80,
Lp. 1%2, Pfeiffer), 212-244: Zum AT: Die zahlreichen Bemerkungen
meist textkritischer Art, bald mehr, bald weniger überzeugend, beschäf-
tigen sich mit: Marduk, Jos 10, 41; 12,16; 2 Sm 5, 23-25; Is 5, 18; 13, 8;
19, 18; 21,11f; Jb 30, 24; Is 27,1; 34,11; 7193 = assyr. nadıı, nnd, n9a, Is
46, 1.2; Jr 4,17, nenn, Os 11,4; Soph 2,5; Prv9; Jb5,5; 38,10; Ct 3,9f,;
8, 9; 6,4, nbo.
Cheyne, T.K., Critica biblica; or Notes on the Text of the OT Writings.
: n and Jeremiah. 2. Ezekiel and Minor Prophets (8%. Ld., Black.
s6d u. 35). ,
Lambert, M., Notes exegetiques (RE) XLV Nr 90, 289—291): Zu Is 49, 6;
EN 23,4; 27,25; Nm 11, 33 (vertikale Dittographie); 1 Sm 2,23; Prv 13,4;
os 3, 14.
Perrochet, A., La critique de VAT ü la fin du XIXe siecle (RThPh
XXXVI1,5—33): Schildert für im praktischen Leben stehende Theologen
die Kritik seit den letzten 30 Jahren. Gegen Hyperkritik, insbesondere
gegen pseudepigraphischen Charakter aller Propheten.
Scerbo, F., I! VT e la critica odierna sel: ob. S. 92): Es wird dem
Verf. nicht schwer, in den angeführten Einzelheiten aus Gn und Pro-
pheten die Kritiker (Gunkel, Duhm, Regenbogenbibel u.a.) der Ober-
tlächlichkeit, Willkür, Malslosigkeit zu überführen. Die metrischen Systeme
zur Textkritik zu verwenden, wird man mit S. für verfrüht halten dürfen.
Zu weit gebt er aber, wenn er die ernsten Bemühungen um die Fest-
stellung metrischer Formen als „Epidemie“. als „Modesache“ bezeichnen
will. Seine allgemeinen Gründe gegen jegliche Metrik sind nicht über-
zeugend. Die Verwertung des Assyrischen soll nicht blols eine Zusammen-
stellung ähnlich klingender Worte sein. Der gewils zu vermeidenden
Überschätzung der LAX stellt er eine zu hohe Wertung des MT gegen-
über. Sein Alarmruf geren die Kritik richtet sich insbes. gegen die
kritischen Ansätze der kath. Exegese; sofern er die gemälsigte Kritik be-
kämpft, jedenfalls zu weitgehend, wie mit Recht eine eingehende, sach-
gemälse Rezension des Buches: X., I VT e la critica odierna (iv. Uatt.
VIll 9 [1903] 578—585) betont. Dort wird darauf hingewiesen, was die
neuere Zeit an neuen Mitteln für die Forschung zu Tage gefördert. Das
gewährt auch Aussicht auf neue Resultate in den Bahnen einer gemälsig-
ten Literar- und Textkritik.
Pope, H., Undesigned Coincidences in the OT. The Veracity of the OT
Narrative (Dublin Kev., Okt. 1902, 314—332). Eine Auswahl solcher
Stellen zeigt, dals die Berichterstatter Zeitrenossen der Ereignisse waren
oder von Zeitgenossen ihre Berichte überkamen.
Vetter, P., Die litterarkritische Bedeutung der atl Gottesnamen (TQS
LXXXV 1,12—-47; 2, 202—235): Der Gebrauch verschiedener Gottes-
namen ist ohne Prüfung der Ursprünglichkeit derselben im MT zur Quellen-
scheidung verwendet worden. Eine erschöpfende Statistik ermöglicht
Prüfung. Für Ps und historische Bücher lälst sich bewulste Anderung
316 Bibliographische Notizen.
nachweisen, nicht aber in Gn (gegen Hummelauer, Hoberg); Samar. und
Pesittho bestätigen die Erhaltung der ursprünglichen Gottesnamen im MT;
LXX weniger zuverlässig.
Jäger, Die wissenschaftliche Kritik am AT in der Schule (Zeitschr. f.
ev. Rel.-U. X1V 2).
König, X., De la sincerite dans l’enseignement de l’histoire sainte de
P’AT aux enfants (8°. 68. P., Fischbacher).
Richert, H., Zw den Bedenken gegen die Lektüre atl Geschichten in den
unteren Klassen (Monatschr. f. höh. Schul. I 12, 673—679): Wendet sich
gegen R. Haasen, „Einige Bedenken gegen die Lektüre atl Geschichten
in den unteren Klassen“ in der Oktober-Nr der Zeitschr. Es soll ein
reliriöses Verständnis des AT angebalhınt werden, das Anstölsige für die
moderne Bildung müsse beseitigt, das Wertvolle der traditionellen An-
schauungen aber geschützt werden. Einem Beitrag zur Frage von katho-
lischer Seite wird entregengesehen.
Lagrange, M.-J., Etudes bibliques: Etudes sur les religions semitiques
(80. XII u. 430. P., Lecoffre. Fr 8.—): Vgl. oben S. 93. Bespr. folgt.
Sayoe, A. H., T’he Religions of Ancient Egypt and Babylonia. Being
the Gifford Lectures on the Ancient Egyptian and Babylonian Conception
of the Divine (8%. 518. Edinburgh 1902, Clark. 8s).
Boissier, A., Matöriaux pour l’etude de la religion assyro-babylonienne
(PSbA XXV 1, 23—29; 2, 75—81; vgl. oben S. 93).
Marti, K., Geschichte der israelitischen Religion. 4., verb. Aufl. von Aug.
Kayser’s Theologie des AT (8%. XII u. 330. Stralsb,, Bull. M4—).
olck, W., Die at! Heilsgeschichte übersichtlich dargestellt. Handreich.
zur Vertief. christl. Erk. 88”. VIu.125. Gütersloli, Bertelsmann. M 1.80).
Hunnius, C., Natur und Charakter Jahve's nach den vordeuteronomischen
en der Bücher Genesis — Könige. Dissert. (8%. 63. Straisb. 1902,
eitz. M 2.—).
Aeberhard, A., Gottes Umgebung nach den vorexilischen Schriften (Schweiz.
theol. Zeitschr. XIX 4, 193—215): Is 6, 1—11. IRg 22, der Elohist mit
seinen älteren Quellen, die jahwistischen Schichten, Jde 5 erweisen die
Ausbildung der Engellehre vor der Möglichkeit persischen Einflusses.
Die Lokalnumina der Kanaaniter sollen nach Ae. zu Boten Jahwes ge-
worden sein.
Kerswill, W. D., Salvation by Grace in the OT (BStdt VII 2, 101—107):
Die Erlösung des AT schlois nicht vollständige Befreiung von Sünden in
sich und lag in Gottes freiem Gnadenwillen.
Giamporcari, R., L’immortalita dell’ anima nel’ AT II (Riv. Crist. V
1, 20—24): Findet die Unsterblichkeit der Seele ausgesprochen.
Muzat, N. L., Des propheties scripturaires eschatologigques dans leurs
rapports avec la science (8%. 30. Nimes 1902, Gervais-Bedot).
Charles, R. H., I'he Rise and Development in Israel of the Belief in a
Future Life (Exp VII Nr 37, 49—64): In Parallele zur Entwicklung vom
nationalen Henotheismus zum universalen Monotheismus gestaltete sich
auch die Eschatologie aus von der farblosen Auffassung des Scheol zur
jenseitigen Vergeltungslehre, individuellen Unsterblichkeit, Auferstehungs-
lehre,
Jeiski, Das Wesen des Judenthums (8°. 43. B. 1902, Poppelauer. M —.50\.
Geiger, A, Was hat Mohammed aus dem Judentum aufgenommen?
2., revid. Aufl. (80. VIII u. 213. Lp. 1902, Kaufmann. M 4.—): An der
vor 70 Jahren erschienenen 1. Auflage ist nichts geändert, darum unge-
nügend (ZhB VII 1,10).
Matthes, J. C., Der Sühnegedanke bei den Sündopfern (ZatW XXIII
1, 97—119): Die Handauflegung bedeutete nicht blols Mitteilung von etwas
an andere, so mit Recht gegen Volz; auch die Gründe Volz’ dafür, dals
die Schuld durch Handauflegung auf das Tier abgeladen sei, weist er mit
Geschick zurück; zu weit geht er aber, wenn er jede Satisfaktionstheorie,
Bibliographische Notizen. 317
auch eine weniger mechanistisch gefalste, hierdurch für ausgeschlossen
hält. Die Theorie, die Sühnopfer eine blolse Gabe an Gott, das Blut
Nahrung der Gottheit, erfalst das Problem zu wenig tief.
Wiedemann, A., Beschneidung im alten Ägypten (Orbz V13, 97—99): Der
Befund der Mumien, insbes. der Könige (als Priester) ergibt, dals weder
beim Volke noch bei der Priesterschaft die B. allgemein war, sondern
dais sie in verschiedenen Zeiten verschieden, oft nur gelegentlich in Ge-
brauch war (vgl. oben S. 97).
Samter, E., Die Bedeutung des Beschneidungsritus und Verwandtes (Philol.
LXII 1, 91—94): Ist ein Sühneritus, um die Götter bei Aufnahme eines
neuen Mitgliedes in den Stamm zu versöhnen. Daher wirkt die Be-
schneidung auch noch günstig in der Unterwelt (Ez 22).
Kyle, M. G., The Religion of Israel in its Relation to the Religions of
contiguous Peoples. II. Circumeision (BStdt VII 1, 17-23): Die Be-
schneidung, bei andern Völkern eine ärztliche Maisnahme, wurde für
a von Gott zur religiösen Zeremonie und zum Bundeszeichen ge-
eben.
Stafford, R. G., The Samaritan Passover (PEF XXXV 1, 90-92): Be-
schreibung durch einen Augenzeugen.
d) Geschichte. Geographie. Archäologie.
„Hilaire, P., La chronologie bibligue et les dernieres decouvertes modernes
(Et. francisc. 1902, VIII 46).
Matthes, J. C., Het Matriarchaat inzonderheid bij Israel (Teyler Theo].
Tijds. 1 1, 1—23): Spuren bei verschiedenen Völkern erkennt M. an,
bes. bei den alten Arabern (gegen Zapletal, an dessen Schrift M. durch-
ängig anknüpft). Offen gesteht M. die Schwäche mancher bisherigen
eweisgründe zu. Nennung durch die Mutter, Heirat mit der Halb-
schwester (vom gleichen Vater), Rolle der leiblichen Brüder bei Verlobung
gelten ihm als wahrscheinliche Spuren eines Matriarchats, was ihm wohl
zugestanden werden kann, wenn anderswoher der Matriarchat als familiäre
Entwicklungsstufe erwiesen wird.
Patton, W. M., Ancient Egypt and Syria (Bs LX Nr 237, 92—108): Die
engen Beziehungen der Hebräer zu Agypten nach der Bibel finden ihre
Bestätigung.
Krözmär, A., Über die Bestimmung des Umfangs und der Detaile der
babylon. und assyr. Geschichte. Aus: Sitzungsber. der böhm. Ges. d. Wiss.
(8°. 5l. Prag, Rivnäc. M —.80).
Goodspeed, 6. S., A History of the Babylonians and Assyrians. Hi-
storical Ser, for Bible Students. Vol. VI (12v. XILIu. 422, Maps, Plans.
N.Y. 1902, Scribner. $ 1.25).
Bezold, C., Ninive und Babylon. Mit 102 Abb. Monogr. z. Weltge-
schichte X VIII (8°. 143. Lp., Velhagen. M 4.—): Für weitere Kreise.
Überblick über die Ausgrabungen nicht durchsichtig; Plan fehlt, ebenso
eine Karte Mesopotamiens. Lebendig und ausführlich ist die inhaltliche
Beschreibung der Literatur, Bezolds eigenstes Gebiet. „Ein Tag am Hofe
Sardanapals“ schlielst die schön ausgestattete Schrift, die trotz der Über-
ehung der biblischen Angaben für das Verständnis der Bibel von grolsem
erte ist.
Winckier, H., Die babylonische Kultur in ihren Beziehungen zur unsrigen.
Ein Vortrag. Mit 8 Abb. (8%. 54. Lp. 1902, Hinrich. M —.80): Im
Sexagesimalsystem verschiedener Form u. in der Astronomie ist die Haupt-
berührung zu finden. Was der Verfasser sonst noch an einzelnen Über-
resten in den verschiedenen peripherischen Kulturerscheinungen, auch in
der Bibel, vorbringt, ist oft sehr weit hergeholt.
König, E., Babyloniens Kultur und die Weltgeschichte. Ein Briefwechsel
(8%. 42. B., Runge. M —.70): Eine Ablelınung des Panbabylonismus,
wie ihn der „Babyloniker“ Winckler im obengenannten Buche vertreten
318 Bibliographische Notizen.
hat. Insbesondere wird bestritten die Verdoppelung der geschichtlichen
Zeit, die höhere Auffassunx der Gestirnrelision bei den „Wissenden“,
der durchgehende Eintluls Babels auf die Entwicklung der Menschheit,
ja auch auf die Semiten.
Knudtzon, 3. A., Die zwei Arzawa-Briefe die ältesten Urkunden in indo-
germanischer Sprache. Mit Bemerkungen von S. Burze und A. Torp (8°.
140. Lp. 1902, Hinrichs. M 5.—): Berührt das biblische (rebiet insofern,
als Arzawa mit 537 zusammengestellt wurde; K. hält die Möglichkeit noch
fest. Indirekt kommt die Schrift der Exegese zu gute, da sie zwei Doku-
mente aus dem wichtigen Tell-el-Amarna-Funde behandelt, und daK. Zu-
sammenhang mit den Hati nach Stamm und Sprache für gegeben häit.
Der indogermanische Charakter dieser bisher nicht erklärten Briefe be-
ruht in erster Linie auf Verwandtschaft der Formelemente. K. und seine
beiden Mitarbeiter bieten alles Material, um die wichtige Entdeckung der
Prüfung zu unterstellen. — L. Messerschmidt lehnt in OrLz VI 2, 80ff
zwar die Hauptthese „Indogermanische Sprache“ ab, erkennt aber die
Förderung der Deutung der Briefe durch K. an. — Sayce in ExpT XIV
7, 328f ist ebentalls gegen die Hauptthese und bietet Korrekturen zur
Transkription.
Landau, W.v., Die Phönizier. 2.. durchges. Aufl. (8°. 32. Lp., Hinrichs.
M —.80). 2
Niebuhr, C., Die Amarna-Zeit. Asypten und Vorderasien um 1400 v. Chr.
nach dem Tontafelfunde von El-Amarna. 2., durchges. Aufl. Der a. Ur.
I 2 (8%. 32. Lp. Hinrichs. M —.60).
Rieber, J., Die El-Amarna-Tafeln und ihre geschichtliche Bedeutung
(Kultur IV 3, 161—177): Die Habiri bestimmt —= Hebräer; das Datum
des Auszugs ist demgemäls anzusetzen.
Bevan, E.R., The House of Seleucus. 2 Voll. With Plates and Maps
er E u. 330, VIIl u. 353. Ld. 1902, Arnold. 30 8). — Rez. ThLzt
908, 8. j
Reinach, Th., Sur la date de la colonie juive d’Alexandrie (REj XLV %,
161—164): Die Entstehung einer jüdischen Gemeinde in Agypten (nach
Josephus u. a. zur Zeit der mazedonischen Invasion) hatte H. Willrich
nicht über Ptolemäus VII. Physkon zurückdatiert. Jetzt ein Zeugnis
aus Schedia (20 km von Alexandrien entfernt): ünep Bacıkewg | TTroAeuaiou
xat | Baoıkioong | Bepevinng AddeA Pfls Kai yuvamkös Kai | TWv TExvwv | MV
Tpocevxrjv | oi 'lovdutor. Da der Ausdruck ddeApn xaı yuvn von Berenikell.,
der Gemahlin Ptolemäus’ Ill., öfter vorkommt, so ist diese, nicht die
Gemahlin Ptolemäus’ IL, darunter zu verstehen. Damit ist die Ansicht
Willrichs widerlegt. — Wilamowitz-Moellendorf, U. v., Alexandrinische In-
schriften (Sitzungsber. der k. pr. Akademie d. W. zu Berlin 1902 XLIX
1093 ff): Veröftentlicht die gleiche Inschrift aus Bulletin de la Societe
archcologique. — Vgl. auch Meyer, P. M., Neue Inschriften und Papyrus
zur Geschichte und Chronologie der Ptolemüer (Beitr. z. a. Gesch. 1I 3,
477—419). — ThlLzt 1903, 5, 156: Eine jüdisch-griechische Inschrift.
Adler, E,, und Seligsohn, M., Une nouvelle chronique samaritaine (suite
et fin) (Rfj} XLV Nr %, 223-254; XLVI 91, 123—146): Vgl. oben S. 96.
Rohling, A., Das Judentum nach neurabbinischer Darstellung der Hoch-
finanz Israels (8V. 120. München. Schuh): Gegen Güdemann; oben $. %.
Glaser, E., Zwei Publikationen über Ophir, besprochen (8°. 40. München
1902, Lukaschik. M 1.—).
Saul, J., Auf der Sinai-Halbinsel. Vom Dschebel Musa nach el-Akaba
(Deutsche Rundschau für Geogr. u. Stat. XXV 1.H.).
Jaussen, A., Voyage du Sinai (Rb XII 1, 100-114): Angabe der be-
rührten Orte und ihrer Entfernungen.
Kelman, J., and Fulleylove, J., The Holy Land (4%. XV u. 301. Ld.
1902, Black. 20 s): Letzterer fertigte die 92 farbigen Illustrationen (vgl.
ExpT XIV 4, 177f),
Bibliographische Notizen. 319
Marmier, G., Contributions a la geographie de la Palestine et des pays
voisins. 11I: La conquete de la region septentrionale de la Palestine par
Josue (REj XLV Nr %, 168—171; vgl. oben 8. 96;: Sucht die einzelnen
Punkte des Zuges Josues (Jos 11, 1—5) festzustellen.
Clermont-Ganneau, Recueil d’Archeologie Orientale. Vol.V, parts 12—17,
S 42: Where was the mouth of Jordan in the Time of Joshua? (nach PEF
XXXV Jan. 1903, 94f): Jos 18,19; 15,5; 15,2 setzen eine Bai oder
Lagune am Nord- und Südende des 'l'oten Meeres zur Zeit Josues voraus.
Die Höhe des Meeres muls 328 Fuls mehr betragen haben (gegen letztere
Behauptung verhält sich der Berichterstatter C. W. W. ablehnend).
Sayce, A. H., Recent and Oriental Archaeology (ExpT XIV 7, 328—330):
Zu Sisaks Liste der eroberten palästinischen Städte, insbes. „Paran“
(A-n-p-r-n).
Smith, 6. A., Studies in the History and Topography of Jerusalem (Exp
VII 37, 1—21; 38, 122—135; 39, 208—228; 40, 298—315; 41, 321—337):
1. A general View of the City. 2. The Name Jerusalem and other Names.
Gegen Haupt hält S. die babylonische Form Urusalim für Verderbnis eines
hebräischen oder kanaanäischen Namens. Deutung viell.: „Herd (x)
des Friedens“. Die verschiedenen Formen des Griechischen und Latei-
nıschen usw. werden erörtert. 3. The Waters. 4. The Prelude. Aus den
Briefen des Abd-Khiba a sucht er die Topographie zu
gewinnen. Der östliche Hügel (Ophel) war wahrscheinlich der Ort für
Burg nu Stadt des Abd-Khiba. 5. The Beginnings of the History. Davids
"ätigkeit.
Mommert, C., Salem, die Königsstadt des Melchisedek. Eine christl.-
archäol. Studie (8%. 37. Lp. 1902, Haberland. M —.75): Vgl. oben S. 309.
Nicht Salem bei Aenon noch im Osten des Toten Meeres, sondern Jeru-
salem nach Josephus, Ant. 1,10, 2.
Mommert, C., Topographie des alten Jerusalem. 1.Tl: Zion und Akra, die
Hügel der alten Stadt (8°. XI u. 393. Lp. 1902, Haberland. M 8.—).
Luncz, A. M., The Hebrew Name of the Tyropoeon Valley (PEF XXXIV
4, 416): = 755% 2 Sm 12, 31.
Peters, J. P., und Thiersch, H., The Necropolis of Mareshah. Preliminary
Notice (PEF XXXIV 4, 393—397): Für die Identifikation von Tell Sanda-
hannah mit dem Maresa des AT finden sie in einer entdeckten Inschrift
die monumentale Bestätigung.
Davenpor;, A., By the ranıparts of Jesreel (8°. 396. Ld., Longmans. 63).
Winckler, H., Altor. Forsch. 3. R. 1 2, 165—174: Der Gebrauch der
Keilschrift bei den Juden: Ursprünglich stand bei den Juden die Keil-
schrift ım öffentlichen religiösen und gelehrten Gebrauche Is 8:
„Menschenschrift* = Buchstabenschrift; vgl. oben S. 102. Jr 32: Das
Tonmaterial wurde für Vertragsurkunden gebraucht. Übergang zur Buch-
stabenschrift bei der Reform des Hiskia.
Kent, C. F., Messages of Israel’s Lawgivers: the Laws of the OT codified,
arranged in Order of Growth and freely rendercd into Paraphrase (8V.
XXXIV u. 386. N.Y. 1902, Scribner. $ 1.25).
Jacobs, J., Earliest Representation of Ark of the Law (JaR XIV Nr 56,
737—739): 2 Abbildungen aus Mus. Borg. in Rom und Mus. Cluny; es
sind Behälter für die Gesetzesrollen,
Shaw-Caidecott, W., The linear Measures of Babylonia about B. C. 2500.
With Appendix on the Biblical Cubit: A new Suggestion (8%. 45. Hert-
ford, Austin): Will nichts mehr und nichts weniger als die genaue Lesung
und Erklärung des viel diskutierten Täfelchens Brit. Mus. Nr 92698
Vorderseite) gefunden haben mit dem Ergebnis, dals drei verschiedene
len mit ihren Bruchteilen darauf festgestellt sind. Die verwischten
Zeichen werden ergänzt, Text und Übersetzung und Erläuterung geboten,
zugleich Zahlzeichen und Worte erklärt. Tatsächlich findet Sh. dann die
Verhältnisse genau in dem Mafsstab, der dem Grundplan eines Palastes
320 Bibliographische Notizen.
auf einer Gudia-Statue beigegeben ist. Sollte sich dieses interessante
Resultat, dessen Beurteilung den Assyriologen zusteht, bewähren, so ist
auch für die biblische Metrologie viel gewonnen. Hat doch der gleiche
Verf. bereits früher (PEF Jan. 1902, 79—82) die Malse des Bundeszeltes
durch drei verschiedene Ellen verständlich zu machen gesucht, seine Vor-
gänger hierin dahin ergänzend, dals er Grölse und Verwendung derselben
genauer bestimmte. Hier wieder abzedruckt. Die grolse Elle des Bundes-
zeltes stimmt überein mit der grolsen Elle des obigen Täfelchens, Verf.
kündigt ein weiteres umfassendes Werk an: Bible Archaeology: A Story
of Evolution in Architecture. Being the Material History of the Jewish
Tabernacle and Temples, c. B. C. 1460 to A.D. 70.
Conder, C. R., The Name of Jehovah on Seals (PEF XXXV 1, 96): Einige
von den 8 alten Siegeln aus Jerusalem, veröffentlicht durch Perrot (Hist.
de l’Art IV 439), haben aulser dem Namen noch eine bildliche Darstellung
gegen das Gesetz.
Fischer, A., Zur Siloahinschrift (ZdmG LVI 4, 800-809): mapı= ist Inf.
Niph. mit suff.: 3257. Die Inschrift ist wahrscheinlich durch den Stein-
metzen von unten begonnen und dann die obere Hälfte unvollendet ge-
lassen worden.
Clermont-Ganneau, Archaeological and epiyraphice Notes on FPalestine.
24. Mount Hermon and its (od in an inedited Greek Inscription (PEF
XXXV 2, 135—140): Will auf einer Steininschrift im Besitz der Samm-
lung des PEF den Baal Hermon (vgl. Jdc 3, 3. 1 Chr ö, 23) finden.
Macalister, A. St., Second quarterly Report on the Excavation 7 Gezer
(August l4th to November 1st 1902) (PEF XXXV 1, 7—50): Unter 7
Schichten soll die 5. von unten Israeliten und Kanaaniter als zusammen-
wohnend erweisen (Jos 16, 10); 4. u. 3. bereits vorisraelitisch. Ein be-
merkenswerter kanaanitischer Tempel mit einer Asera. Die sich ergebende
Chronologie stimmt im allgemeinen mit der biblischen überein (49). —
Third a) Report etc. (ebd. 2, 107—125).
Torrey, Ch. C., A Phoenician Royal Inscription (Journ. of the Am. Or.
Soc. XXIIl [1902] 156—173). — Clermont-Ganneau, Ch., Recueil d’Arch£eo-
logie orientale V Lig 14—17 [1902]: 8 41. Les insceriptions pheniciennes du
temple d’Echmoun a Sidon S. 217—267. Bespr. von G. Hoffmann in
Thlzt XXVIIL 3, 65f. — Pilcher, E. J., The Temple Inscription of Bod-
“Aötart, King of the Sidonians (PSbA XXV 3, 123—129. Mit Abb. —
Macridy, Th., Le temple d’ Echmoun a Sidon, fouilles erxecutees par le musee
imperial ottoman: Suite du rapport des fouilles (Rb XLI 1, 69-77, —
Halevy, J., Quelques amelioriations dans les inscriptions de Bodaßstoret
Eon XI 1, 48—57). — Grimme, H., Resafim (OrLz VI 2, 53—57): Zur
nschrift des Esmuntempels in Sidon. pr hat in vielen atl Stellen die
Bedeutung „glühen, strahlen“; ax% in Jb 38, 13—15 (st. o-sd= zu lesen)
= Sterne, Planetengottheiten (n-r =Sternbild des Ochsenschenkels, ägypt.).
Die Konstruktion in der Inschrift löst sich durch Annalıme eines Schwures.
— Vgl. oben S. 9%.
e) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern.
a) Allgemeines. Pentateuchkritik. Auslegung des
Pentateuchs.
Zimmern-Winckier, Die Keilinschriften und das AT. II 2 (Schlufs;
S. 583—680): Vgl. oben S. 92. Bespr. folgt.
Zschokke, H., Historia Sacra. antiqui testamenti. Ed. 5 (8%. X u. 459
mit 2 Karten. Wien, Braumüller. Geb. M 10.—): Unter Mitarbeit von
Prof. B. Schäfer und P. N. Schlögl zu stande gekommen.
Davidson, A. B., Biblical and Literary Essays. Edited by J. A. Patterson
(8°. 332. Ld. 1902, Hodder. 65): Inhalt: Biblical Theology — The Wisdom
of the Hebrews — Hosea — Amos— Psalms 11, LXXIl and CX. — The
English Bible and its Revision — Mohammed and Islam — Arabic Foctry
Bibliographische Notizen. 321
— Modern Religion and Old Testament Immortality — The Rationale of
a Preacher — The Uses of the Old Testament for Edification.
Ermoni, V., La Bible et l’egyptologie (12. 64. P. 1902, Bloud. Fr —.60).
Die „Babel-Bibel-Literatur‘‘ ist noch immer im Wachsen begriffen
(vgl. oben S.99f). Delitzsch’ 1. Vortrag hat es mit der 3. durchgesehenen
Auflage (8°. II u. 78) zum 50. Tausend gebracht. Die Durchsicht führte
zu einigen unscheinbaren, aber nicht unbedeutsamen Anderungen im
Texte (z.B. „in ursprünglicherer Form“ st. „in reinerer und urspr.“ S.29; den
logischen Salto, das Ziel könne nur eines sein, hat er korrigiert S. 46);
besonders zu beachten sind die beigegebenen, auch separat erschienenen
Anmerkungen, die sich mit der entstandenen Streitliteratur befassen,
Günstiges mit Befriedigung buchend, anderes ablehnend (z. B. König,
Cornill, Jensen). Eine kritische Gesamtbesprechung der Gegenäulserungen
will er bis zum Abschlufls der ganzen Frage (neben dem 2. Vortrag, vgl.
unten, kündigt er noch an „Babel und NT“) verschieben. Hauptpunkte:
Sabbat, Drachencharakter der Tiämat, „Kananäer“ (gegen Milsverständ-
nisse), Deutung von El hält er fest; besonders eingehend Jahwe: Lesung
steht ihm fest, Identität mit dem Gott der Juden ist ihm das Wahr-
scheinlichste; das Täfelchen, das den Alonotheismus trotz verschiedener
Götternamen bezeugt, veröffentlicht er und hält seine Deutung auch gegen
Jensen, P., Friedrich Delitzsch und der babylonische Monotheismus (Christl.
Welt XVII 1,13—15) fest. — Inzwischen ist auch erschienen: Delitzsch, F.,
Zweiter Vortrag über Babel und Bibel (8%. 48. Stuttg., Deutsche Verlags-
anstalt. M 2.—): Die Logik gebiete die Namenfolge „Babel und Bibel“.
Im Lichte der Geschichte jedenfalls; im Sinne der Wertschätzung (dieser
Gresichtspunkt ist bei D. gemeint) ist diese Namenfolre subjektiv, der gegen-
über mir „Bibel und Babel“ (so auch der Titel in einer der ersten An-
kündigungen von Delitzsch’ 1. Vortrag) wie vielen andern richtiger
scheint. Neues (om und Drache von Babel in Abb., Heilkraft des Spei-
chels, Rauch- und Feuersäule) und Altes (Dn 4 und die Verwünschung
des Nebukadnezar gegen seine Feinde, Jonas), manches dem veralteten
Vulgärrationalismus entnommen (Erweckung Scheintoter), tritt uns ent-
egen. Die Ausbeutung der biblischen Anthropomorphismen möchte man
ast sophistisch nennen; ebenso mutet einen an, was er vorbringt über
die niedrige Stellung der Frau in Israel, die Ausschlielslichkeit der Religion
(Dt 4,19 soll für die Heiden der Polytheismus positiv angeordnet sein)
u.a.; das wird um so bedauerlicher empfunden, als die Ableugnung jeg-
lichen ÖOffenbarungscharakters des AT mit grolser Schärfe hervortritt
(vel, das Vorwort des 20.—30. Tausends: „Zur Klärung“, das Is 63, 1—6
ür ein blutdürstiges Beduinenrachelied erklärt. — Dals neben dem
wissenschaftlichen vornehmlich ein kirchenpolitisches Interesse (Stellung
des Kaisers als Oberhaupt der evangelischen Kirche zu D.) die Heftigkeit
des Streites verschuldet, zeigt sich in allen Phasen desselben. Das Hand-
schreiben des Kaisers an Admiral Hollmann als Vorstandsmitglied der
Deutschen Orientgesellschaft (15. Februar 1903), so bestimmt als persön-
liches Glaubensbekenntnis, unklar aber seiner theologischen Formulierung
nach (die Literatur über dasselbe übergehen wir als dem exegetischen
Gebiet fernlierend), konnte den stimulus rixarum nicht beseitigen. —
Giesebrecht, Friede für Babel und Bibel (8°. 62. Sanbee Thomas.
M 1.—): Friede nur mit D. I, aber scharfe Polemik gegen D. 11. In der
hauptsächlichen Entwicklungszeit Israels ist ein babylonischer Einfluls
nicht denkbar. Am eingehendsten ist G. bei Behandlung der Gottesnamen
und beim Monotheismus; den Esoterismus der bab. Religion erkennt er
an. — Jeremlas, A., Im Kampfe um Babel und Bihel. Ein Wort zur Ver-
ständigung und Abwehr. 3. erw. Aufl. unter Berücksichtigung der neu
erschienenen Literatur (8°. 45. Lp., Hinrichs. M —.50): Sicherer Führer,
namentlich auch besonnenes theologisches Urteil. Kein Partikularismus in
der israelitischen Religion. Arabien und seinen Einfluls will er besser be-
Biblische Zeitschrift. I. 3. ya}
322 Bibliographische Notizen.
tont wissen. Nur ist mir sein verständnisvolles Eingehen auf das mytho-
logische Schema Wincklers mit dessen unfruchtbarer Spekulationssucht
unbegreiflich (vgl. dagegen bes.: Ein Sühneversuch zwischen Babel und Bibel
in Allg. ev.-luth. Kztg 1903, 6, 124—128). — J. bekämpft vor allem E. König,
dessen Schrift „Bibel und Babel“ (vgl. oben S. 99) mit der10. Aufl. unter den
Gegnern D.s den grölsten Erfolg aufzuweisen hat. — König, E., Baby-
lonisierungsversuche betr. der Patriarchen und Könige Israels. Sep.-Abadr.
aus Bew. d. Gl. [3. F. VI 2], vermehrt durch ein Wort der Abwehr
(80, 36. Gütersloh, Bertelsmann. M —.50): Voran geht eine Kritik gegen
Jeremias. Ihn und vor allem Winckler (Preufls. Jahrb. Mai 1901, 224 ff)
bekämpft K. in der Aufstellung und Durchführung des mythologischen
Schemas (von Jeremias bereits berücksichtigt in der obigen Schrift).
— König, E., War „Jahve“ eine „kananäische“ Gottheit? (NkZ XIII 11,
828—831): Die Hammurabi-Dynastie steht als kananäisch (nach D. 70 ein
Milsverständnis) nicht fest, ebensowenig die Lesung Jahve. — Kittel, R.,
Die babylonischen Ausgrabungen und die biblische Urgeschichte. 3. erw.
Aufl. (8%. 44. Lp., Deichert. u — 80): Berücksichtigt auch den 2. Vortrag
von D. und behandelt vor allem theologische Probleme (Uroffenbarung,
Geist der Bibel. Ist mehr für Entlehnung mit selbständiger Um-
arbeitung, herstammend von der babylonischen Heimat, als für gemein-
same Tradition (vgl. Allg. ev.-luth. Kztg 1903, 10, 218-221) — Kittel, R.,
Der Babel-Bibel-Streit und die Offenbarungsfrage. Ein Verzicht auf
Verständigung (8%. 25. Lp., Deichert. M —.50): Bebandelt hier einen
Streitpunkt gesondert. D.s Kampf gegen die Verbalinspiration (= durch-
gängige Realinspiration) ist anachronistischh — Klausner, M. A., Hie
Babel — Hie Bibel. Anmerkungen zu des Professors Delitzsch zweitem
Vortrag über Babel und Bibel. 3. Aufl. (8%. 40. B., Calvary. M —.50):
Lehnt die Aufstellungen von D. ab vom jüdisch-orthodoxen Standpunkt
aus, der bei der anerkennenswerten Mälsigung nur bei einzelnen Stellen
hervortritt. D.s Verbeugung vor Jesus in seinem Vorwort „Zur Klärung“
möchte er fast mit einem Judaskuls vergleichen: scharf, aber nicht so
unrichtig, wenn man die Folge seiner atl Auffassung für das NT be-
achtet. — Küchler, F., Die Bibel- und Babelliteratur. 3.—5. Stück (Christl.
Weit XVII Nr 10-12). — Oettli, S., Der Kampf um Bibel und Babel.
4. erw. Aufl., mit Berücksichtigung des 2. Vortr. von F. Delitzsch (8°.
41. Lp., Deichert. M —.80): Tadelt D.s anachronistische Fassung des
Offenbarungsbegriffes. — Piato, J., Reflexionen über Babel und Bibel, zu-
nn eine psychologische und historische Vertiefung des kaiserlichen
andschreibens. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Kultur und
Jüdischen Religion. 1.—4. offener Brief an H. Prof. Delitzsch in Berlin
8%. 39 u. 48 u. 4. Hamburg, Verlagsanstalt.e M —.40; —.60; —.15). —
osenthal, L., Babel und Bibel oder Babel gegen Bibel? Ein Wort zur
Klärung. 2. Aufl. Gelegentlich des diesjährigen Delitzch’'schen Vortrages
(80%. 44. B., Poppelauer. M —.60). — Schieler, Die Babel- und Bibelfrage
ın einem Vortrag beleuchtet (8°. 23. Danzig, John. M —30). — Sellın, E.,
Randglossen zu Babel und Bibel (Neue Fr. Presse 25. Jan. 1903). — Sommer, B.,
Biblische Geschichtslügen. Ein Beitrag zur Babel-Bibel-Frage und eine
volksverständliche Anleiting zur Bibel-Beurteilung (80%. 63. Bamberg,
Handelsdruckerei): Will den „guten Prof. D.“ auch noch über den Glauben
an das NT hinausführen. — Volok, W., Zum Kampf um Bibel und Babel.
Noch ein Wort zur Verständigung und Abwehr (8. 32. Rostock, Stiller.
M —.60). — Walter, C.L., Babel, Bibel und — Bebel. Ein religions- und
geschichtsphilosophischer Rückblick und Ausblick. 1.—4. Tausend (8°.
173. Weimar, Leutloff. M 1.80): Sucht die Streitfrage im Dienste seiner
Religionsauffassung (ästhetisch-ethische Weltkultur auf Grundlage des
germanischen Geistes) fruchtbar zu machen ohne sichere Detailkenntnisse.
— In Polemik verliert sich Wolff, Assyriologische „Wissenschaft“ (Ev. Kzt
LXXVI1 7, 151—153); Babel und Bibel (ebd. 9, 194—201); Wider Frie
Te
Bibliographische Notizen. 323
rich Delitzsch (ebd. 9, 193). — — Mit einzelnen Streitpunkten beschäf-
tigen sich: Bahr, H., Die babylonischen Bufspsalmen und das AT. Zum Streit
um Bibel und Babel (8°. 48. Lp., Deichert. M —.80): Wertvoll besonders
als Wiedergabe des Textes von 9 Bulspsalmen. Die Bibel ist ihm höch-
stens an der Peripherie von Babel beeinflulst. — Chamberlain, H. St.,
Dilettantismus, Rasse, Monotheismus, Rom. Vorw.z.4. Aufl. der Grund-
lagen des XIX. Jahrh. (80. 80. München, Bruckmann. M 1.—): S. 24—69.
Im Sinne der Ariomanıe gegen den Panbabylonismus. — D/avis], J. D.,
Professor Friedrich Delitzsch (BStdt VII 4, 188—193): „Here is grist for
the mill of orthodoxy“, nämlich: keine evolutionistische Auffassung der
Religion Israels; Ex 6,3 nicht im Sinne der kritischen Quellenscheidun
zu verwerten. — Gunkel, Babylonische und biblische Urgeschichte (Christl.
Welt XVII 6, 121—134): Die Ahnlichkeiten gehen auf gemeinsame münd-
liche Tradition zurück. — Kittel, Babylonische und biblische Urgeschichte
(ThLbl XXIV 10, 117—120): Erwiderung auf Gunkel. — Professor Oppert
über den Babel-Bibel-Streit (Allg. ev.-luth. Kztg 1903, 8, 182): Kehrt
sich in der Wiener „Zeit“ geren den Monotheismus der Babylonier.
„Yauva“ (?) viell. ein elamitischer Gott. Die biblische Chronologie ist
von Chaldäa, und die hat Delitzsch nicht berührt. — Wilson, R. D., Ba-
bylon and Israel: a Comparison of their leading Ideas based upon their
ocabularies (PrthR I 2, 239—255): Beschränkt sich auf einen einzelnen
Beweispunkt: was sagt die Philologie, Lexikographie über die ideellen
Beziehungen von Babel und Bibel? Dals Babylonisch dem Hebräischen
ferner steht als Aramüisch und Arabisch. Sabbat ist kein Ruhetag; von
den 2554 geprüften Kontrakttafeln fallen die meisten gerade auf ie 21.
(180) und 14.\88), die wenigsten (8) auf den 19. Monatstag. — — Wegen
des erwähnten kirchenpolitischen Hintergrundes mochten die Katho-
liken versucht sein, es für unnötig zu finden, unter ihrem Himmel
„den Schirm aufzuspannen, wenn es in Berlin regnete“ (Civ. Catt. XVIII
10, 155). Milsstimmend mulste es indessen wirken, dals man auch
in kath. Kreisen Mitglieder für die Deutsche Orientgesellschaft geworben
und gefunden hatte, und nun bot diese Gesellschaft durch den Mund
Delitzsch’ (der entrüstete Protest D.s, seine Vorträge und die Deutsche
Orientges. in irgend eine Verbindung zu bringen [vgl. Anmerk. zum
1. Vortr. 57; 2. Vortr. 41], kann doch zunächst nur formal-juristisch gelten;
vgl. auch die Adresse des kaiserlichen Handschreibens oben S. 321) einen
offenbarungsfeindlichen, theologisch seichten, von Kritikern verspätet und
anachronistisch gescholtenen, wenn auch geistreichen und wirkungsvollen
Essay als Vorläufer der auch in kath. Kreisen mit grolsem Interesse er-
warteten Quellenpublikationen. In den wenigen Schriften zur Streitfrage
jedoch beschränkte man sich darauf, den mitdem bibelgläubigen Protestantis-
mus ee Otfenbarungbegriff zuschützenünd sachlich Annehmbares
und Sicheres von Unannehmbaren: und Problematischem zu scheiden. Conda-
min, A., La Bible et l’Assyriologie. Apercu general sur leurs rapports au
point de vue critique et excgetique (Etudes 20. Nov., 20. Dez. 1902, 20. März
1903). — Döller, J., Bibel und Babel oder Babel und Bibel? (8%. 36. Pader-
born, F. Schöningh. M —.80): Gesteht wohl dem Babylonismus zu wenig
zu. Vgl. ThR Il Nr 2-4. — Ermoni, V., La Bible et l’assyriologie (12°.
64. P. 1902, Bloud. Fr —.60). — Hehn, J., Etwas über Babel und Bibel
(Köln. Volksz. 1903, Lit. Beil. Nr 8): Hilft Delitzsch sich seiner zall-
reichen Gegner erwehren, indem er die einen (König. Döller) als Nicht-
assyriologen ablehnt, bei den Assyriologen (Jensen, Hommel, Hilprecht,
Jeremias) auf ihre sonstige Gegmerschaft hinweist, die sie auf den
Plan gerufen habe. In den Hauptpunkten stimmt er D). zu. Übrigens
schlieist H. trotz des wohlwollenden Zuverstehensuchens für das Vorgehen
Delitzsch’ mit dem Verdikt: „D. wählte für seinen Vortrag zwar etwas
sehr Pikantes aus, das aber noch nicht allgemein anerkannt ist.* — Keil, P.,
Babel und Bibel (Pastor bonus XV 3, 105—123): Schluls (vgl. oben 8. 99).
21*
324 Bibliographische Notizen.
Orientiert vorzüglich über die Streitpunkte und das Beweismaterial und
elangt überall zu einer bestimmten scharfen Ablehnung der Delitzschschen
ypothesen. Von D. selbst wurde die rühmenswerte Sachkenntnis des
Verfassers anerkannt. Unter demTitel: Zur Babel- und Bibelfrage als erwei-
terter Neudruck erschienen (8°. 78. Trier, Paulinusdruckerei. M1.—). — —
Schriften, die zur Streitfrage in Beziehung stehen: Dieckmann, Chr.,
Das Gilgamis- Epos in seiner Bedeutung für Bibel und Babel (8». 198. Lp.
1902, Steffen. M 4.50): Sucht die babylonische Mytlıologie und die biblische
Erzählung in Kontakt zu bringen. Zu welchen Resultaten er kommt,
zeigt seine Gleichung S. 24: Jabani = Gudia = Kudur- Mabuk = Kedor-
laomer= Nimrod. Wenn übrigens seineKombinationsgabe etwas ordnungs-
gemälser fungieren würde, so wülste ich nicht, was neueste Mythologisten
vor dem Verf. voraus hätten. Die Bibel lälst er in verschiedenen Ur-
geschichten gegen Babel polemisieren. Die Etymologien sind halsbreche-
risch. — Jeremias, A., Hölle und Paradies bei den Babyloniern. 2., erw.u.
verb. Aufl. mit Abb. Unter Berücksichtigung der biblischen Parallelen.
Der a. Or. 13 (80°. 44. Lp., Hinrichs. M —.60\. — Pinches, Th. &., The
OT in the Light of the historical Records and Legends of Assyria and
Babylonia (8%. 256. Ld., SPCK. 73 6d): Behandelt die ganze Bibel von
der Schöpfung an und gibt die Dokumente in Übersetzung (vgl. ExpT
XIV 6, 275f). :
Lambert, M., Les dates et lesäges dans la Bible (REj XLV Nr 90, 285 — 288):
Anfang und Ende einer Periode von Jahren, Monaten und Tagen zählte
man als voll. Volle Jahre und Monate bezeichnete man durch den Zu-
satz on. DW 32 usw. will nur besagen, dals der Genannte am betreffenden
Tage, in der Woche. im Monate, im Jahre geboren sei.
Carpenter, 3. E., The Composition of the Hexateuch. An Introduction,
with select List of Words and Phrases; Appendix on Laws and Institutions
by G. Harford (8°. XVI u.538. Ld. 1902, Longmans. 18s): Nachträglich
erweitert erschienene Einführung in die Textausgabe: The Hexateuch
according to the Revised Version (1900).
Kiey, 3)., Die Pentateuchfrage. Ihre Geschichte und ihre Systeme.
Gekr. Preisschr. (8°. 240. Münster i. W. 1902, Alph.-Druckerei. M 4.50).
Green, W. H., Die Einheit der Genesis erwiesen. Aus dem Engl. von
O. Becher (8. XXXII u. 765. Gütersloh, Bertelsmann. M 10.—):
Hiermit wird ein 1895 erschienenes Werk eines amerikanischen konser-
vativen Bibelerklärers den deutschen Lesern leichter zugänglich gemacht.
Was sich zu Gunsten der These sagen lälst, ist erschöptend und aus-
führlich dargelegt, die Gründe der Kritiker, mit besonderer Betonung
der stilistischen, sind angeführt und eingehend widerlegt. Besondere Mühe
gibt sich der Verfasser, die behaupteten Inkongruenzen der Darstellung
als angemessen, ja beabsichtigt, von sorgfältiger Überlegung zeugend zu
erweisen. Polemik durchzieht das Buch vom Vorwort des Verf. und
Übersetzers bis zur Zusammenstellung des Schlulsergebnisses: absolute
Einheit der Gn. Der Übersetzer hat weniges in Anmerkungen bei-
getragen. Qui nimis probat, nihil probat. Ein Zuviel ist es z. B., jegliche
stilistische Verschiedenheit wegzudisputieren, bei dem wechselnden Ge-
brauch des Gottesnamens besondere Feinheiten des Schriftstellers anzu-
nehmen, kurz, auf dem geschichtlichen Gebiete mit den Kategorien des
absolut noch Möglichen zu operieren, während man hier mit Wahrschein-
lichkeit, moralischer Gewilsheit rechnen muls. Ich glaube nicht, dafs
G.s Methode berufen ist, der radikalen Kritik die Waffen gegen die
Offenbarung zu entwinden. Im übrigen ist das Werk als ausführlichste
Zusammenfassung der Instanzen für die These sicher sehr wertvoll; um
die gegnerischen Ansichten kennen zu lernen, ist es weniger geeignet,
auch zu alt, weil der Übersetzer es über 1895 hinauszuführen nicht be-
absichtigt hat.
Gunkel, H., Genesis übersetzt und erklärt. 2. Aufl. Handkomm. z. AT
Bibliographische Notizen. 325
von W.Nowack I 1 (8%. XCII u.440. Göttingen, Vandenhoeck, M 9.80):
Seit 1901 bei dem umfangreichen Werke die 2. A., ein Zeichen, dals die
Anschauungen des Verfassers Eigentum weiter Kreise werden wollen;
darum von Wert, auch wenn man prinzipielle Vorbehalte gegenüber der
Schriftbehandlung machen muls. Ist einmal der sagenhafte Charakter der
Genesiserzählungen vorausgesetzt, so ist Gunkels Behandlung die kon-
sequenteste. Sie muls aber auch als gemälsigte in vielen Punkten bezeich-
net werden, und darin bedeutet die 2. A. einen weiteren Schritt vorwärts.
In den Urvätern reine Stammespersonifikationen zu sehen, ist er weniger
eneigt; keine primitive Religion in Israel, kein Partikularismus der
ahwe-Religion. Abzulehnen ist eine Mythologisierung der Patriarchen-
erzählungen. Obwohl ihm die Genesis auf Sagen beruht, ist doch manches
von seinen Charakterisierungen von allgemeinem Werte. Die Anlage ist
so wie sonst beim Handkommentar: Übersetzung mit begleitendem
Kommentar, Quellenscheidung durch verschiedene Typen. Der Verf.
strebt mehr inhaltliche als literarkritische Behandlung an, was als Vor-
en zu werden verdient. — In einer eingehenden Bespr. hebt
L. Venard (Rev. du clerge fr. 1903, 15. Apr., 519 ff) hervor, dals eine Gunkel
ähnliche Auffassung der Urgeschichten als Legenden sich auf katholischem
Boden vernehmen lasse, nur mit prinzipieller Anerkennung von Inspiration
und Offenbarung (vgl. z. B. oben S. 307).
Oppert, J., Sechshundert drei und fünfzig. Eine babylonische magische
Quadrattafel (ZA XVII 1, 60— 74): Glaubt auf einem bei Scheil, Une
saison des fouilles a Sippara veröffentlichten Täfelchen (allerdings durch
Korrektur und Konjektur) die mystisch-kabbalistische Zahl 653 gefunden
zu haben, die sich auch in der Zeitrechnung der Gn wiederfinde (Sintflut
bis Abrahams Geburt 292, von da an bis zum Ende der Gn 361 = 653 J.).
— Vgl. dazu C. Bezold ebd. Y5f, der auf entsprechende geometrische
Figuren hinweist.
King, L.W., The seven Tablets of Creation or the Babylonian and Assyrian
Legends concerning the Creation of the World and of Mankind. 1. English
Translation, Transliteration, Glossary, Introduction etc. II. Supplementary
Texts. Luzac’s Sem. Text and Transl. Series XII. XIII (8. CXAXI1],
XIII u. 274 mit 84 autogr. S. Ld. 1902, Luzac. 33s): K. hat manche
Texte in ihrer Zugehörigkeit zum Schöpfungsepos neu erkannt. Die
7 Tafeln sollen den 7 Schöpfungstagen entsprechen, die 7. Tafel (Hymnen
der Götter auf Marduk) der Sabbathsruhe Gottes. Die Schaffung des
Lichtes hat mit dem Kampfe gegen das Chaos nichts zu tun. Der lebende
Mensch entsteht aus dem Blute des Bel-Marduk, nicht des Adapa (gegen
Hommel, ExpT XIV 3, 109, vgl. unten). Kosmologische Legenden scheinen
in dem babylonischen Epos zum Lob des Marduk verarbeitet worden zu
sein (vgl. ExpT XIV 5, 2201),
Gervis, &., La gloriosa rivelazione intorno alla Creazione del mondo, con
importanti dimostrazioni scientifiche poste a fronte delle Sacre Scritture
(Florenz 1902, Lib. Claudiana): G., Geologe, hält eine positive Konkordanz
des Schöpfungsberichtes mit der Wissenschaft fest. Den Evolutionismus,
auf den Menschen ausgedehnt, lehnt er ab (vgl. RIhPh XAXV 5,6, 547 ff).
Semeria, G., Storia di unconflitto tra la scienza ela fede. I. Cosmografia
popolare, scientifica e biblica (Str III 1, 41—62; 3, 2659—293): In ausführ-
Jichem, gemeinverständlichem Vortrage vertritt S. die populäre Auflassung
des Schöpfungsberichtes mit einzelnen historischen Rückblicken. S. schlieist
sich auch den Ausführungen Durands (Etudes, 5. Febr. 1902, 344 und Rev.
du clerg& fr., 1. Dez. 1902) an, dalis die Hagiographen in Geogonie und
Kosmogonie nicht besser unterrichtet waren als ihre Zeitgenossen. —
II. Galileo Galilei. I fattı.
Laska, W., Der biblische Schüpfungsbericht im Lichte der „Neustern“-
Hypothese (Kultur IV 3, 189—145): Das Aufleuchten „neuer“ Sterne ist
verursacht durch kosmische Wolken, welche die Himmelskörper bei ihrem
326 Bibliographische Notizen.
Durchgang zum Glühen bringen. Mit dieser Hypothese sucht L. hypo-
thetisch den biblischen Schöpfungsbericht in Einklan zu bringen.
Howland, S. W., The Story of Eve’s Creation (Bs LX Nr 237 [Jan. 1903)
121—128): Evolutionistisch (aber teleologisch) stammen die ersten Menschen
von Tieren ab als Zwillinge (Xiphopagus), die später getrennt wurden. So
habe sich in Adam die Vorstellung des Herganges wie Gn 2 bilden können.
Das nennt H. Bibel und Wissenschaft versöhnen.
Stade, B., Der Mythus vom Paradies Gn 2. 3 und die Zeit seiner Ein-
wanderung in Israel (ZatW XXIII 1, 172—179): Ursprüngliche Gestalt.
Mündlicher Überlieferung des Adapa- und Gilgamis-Mythus entnommen
und jahwistisch umgestaltet nach der Mitte des 8. Jahrh., der Zeit des
hierzu nötigen intensiven Verkehrs mit Babel, unmöglich schon 1400.
Martin, W. W., The Fall asa composite Narrative (Bs LX Nr 237, 84—9]):
Keine Widersprüche, wohl aber sind 2 parallele Erzählungen Gn 3 inein-
andergeschoben.
Kesteven, H., Who was Cain’s Wife? (Nineteenth Cent. 1903 Febr., 330
bis 336): Am 6. Tage wurden mit den Tieren die erdgebornen Menschen
(or »3 Gn 6, 2) erschaffen; Gn 2 Menschenschöpfung mit Eingiefsung
einer besonderen Lebenskraft (mx 2). Zu den ANlischehen beider
Menschenklassen (Gn 6, 2f) gehörte die Elıe Kains.
Hommel, F., The Logos in the Chaldaean Story of the Creation (ExpT
XIV 3,103—109): Die biblische Urväterreihe in Beziehung zur babylonischen
mit ihren astronomischen Aquivalenten. In Adapa findet er einen Gott-
menschen, das „Wort Gottes“, den Logos, ja schlielslich Christus, der sein
Blut vergossen hat, um die \Menschen zu retten. Durch Abraham stammen
diese Überlieferungen aus Chaldäa. Gn 6,3 "os = „in Saren“, eine die
Zeitangabe erklärende Glosse.
König, E., The latest mythological Theory of the Patriarchs (ExpT XIV
5, 217—219): Gegen Wincklers astralmythische Erklärung. Die einzelnen
Züge der Patriarchengeschichte lassen sich dabei nicht unterbringen.
Böklen, E., Die Sintflutsage. Versuch einer neuen Erklärung (Arch. f.
Rel.-W. VI 1, 1-61; 2, 97—150): Wincklers astralmythische Erklärungen
sind zu wenig begründet und nicht ernsthaft diskutierbar. B. hält die Sint-
flutgeschichte für einen Natur- resp. Mondmythus: Himmelsozean jenseits
des Himmelsgewölbes, der Mond ein goldener Kahn darin; der Mond
Quelle alles Gedeihens und Lebens. Die Überlieferung in kanonischer,
apokrypher und aulserbiblischer Literatur wird nunmehr daraufhin geprüft,
gepreist, gewendet und gedeutet, um obige Auffassung im Einzelnsten zu
erweisen.
Meissner, B., Ein altbabylonisches Fragment des Gilgamesepos (Mitt. d.
Vorderas. G. VII [1902] 1, 1—16): Beschreibung, Umschritt und Über-
setzung mit Abb.
Pinches, G., Gilgame3 and the Hero of the Flood (PSbA XXV 3,113—122;
4/5,195— 201): Das Gleiche wie Meissner mit Korrekturen und Ergänzungen.
Müller, W. M., Die Söhne Mizraims, Genesis 10, 13—14 (OrLz V 12,
471—475): Die bisherigen Erklärungen befriedigen nicht. Pathrusim ist
als Glosse auszuscheiden, weil die übrigen Namen nicht ägyptische Stämme,
sondern auswärtige Vasallen angeben wollen. Kasluhim, nach LXX »swos,
verderbt aus v*:n0ı = Nasamonen, Bewohner einer Oase. vn» zu korr.
in ea» = Oase Knmt. Naphtuhim, entstanden aus armine = Oase P-to-
n-(n?)-ehe „Kuhland“.
Anderson, Ch. E., Who was Melchizedek? — A suggested Emendation of
Gen. 14:18 (AmJsemL XIX 3, 176f): Glaubt mit Ersetzung des vv
durch Sodom den Zusammenhang gewonnen. In sich unwahrscheinlich,
ist auch die versuchte Begründung der späteren Anderung wenig überzeugend.
Bird, R., Joseph, the Dreamer (8%. 478. Ld. 1902, Nelson. 68).
Barnes, W. C., Potiphar's Wife (8%. 154. Ld. 1902, Brown. 28 6d).
Naville, E., The Egyptian Name of Joseph (PSbA XXV 8, 157—165):
Bibliographische Notizen. 327
Richtigzustellen in nser:ns = das Haupt der lepoypaunareis. ron =
Senit mit x prothet.; "“eruse = Phetep-ra. Die Zeit, in der diese Namen im
Agyptischen sich finden, sei nicht malsgebend für die Entstehungszeit der
Erzählung.
Lang, M., Moses. Ein Lebens- und Zeitbild (120. 74. Csacza, Selbst-
verl. Kr 1.20): Populäre, begeisterte Schilderung des Wirkens des Moses
mit einem Zug ins Demokratische.
Johns, C. H. W., The Name Moses (ExpT XIV 3, 141f): Adoptieren
„ina mesu“ in den Hammurabi-Gesetzen soll heilsen: einen aufserehelichen
Sohn adoptieren. Der Verfasser der Mosesgeschichte soll dann bei Entleh-
nung der Sargon-Erzählung es zu einem Eigennamen „Moses“ verlesen haben.
Müller, W. M., Der Bündnisvertrag Bamses’ Il. und des Chetiterkönigs,
im Orig.-Text neu hrsg. u. übers. Mit 16 Doppeltaf. Mitt. d. vorderas.
Ges. VII 5 (8%. 48. B. 1902, Peiser. M 6.—):..Ein Dokument, zur Er-
klärung der Wegrichtung beim Auszug aus day ten verwertet, hier
genau wiedergegeben und textkritisch eingehend behandelt.
Bender, A., Das Lied Exodus 15 (ZatW XXIII 1,1—48): Als Psalm,
wegen messianischer Gedanken (solche hört B. fast in jedem Wort, ja
Buchstaben mitklingen; in die Form der Geschichte gekleidete messia-
nische Hoffnungen), aus Gründen der Sprache nachexilisch (ca. 450).
Vielfach übertriebene und gekünstelte Deduktionen.
Zum „Gesetze des Hammurabi‘“, Dez. 1901 und Januar 1902 in Susa
durch den Führer der französischen Expedition für die Ausgrabungen,
J.de Morgan, und den Dominikaner V. Scheil auf einem Denkstein aus
Diorit (nunmehr im Louvre in Paris) gefunden, in 16 und 28 Kolumnen
1114 und 2540 Zeilen in Keilschrift aufweisend. Der Denkstein wurde
seinem ursprünglichen Standort, Sippar, von einem elamitischen Eroberer
nach Susa entführt. 700 Zeilen entfallen auf Einleitung und Schlufs, der
eigenen Verherrlichung des Gesetzgebers und dem Lobe des Gottes Samas
geweiht, vor dem stehend eine Ahbildung H. zeigt; das übrige bietet
282 Gesetzesbestimmungen (für einen wohl vom Eroberer weggemeilselten
Raum 35 gezählt) ohne systematische Anordnung, für Kultur- und Rechts-
eschichte und für die Bibel von einzigartigem Interesse, ein Fund, dessen
influls den Aufsehen erregenden von El-Amarna weit überragt, und der
nicht so bald von der Tagesordnung verschwinden wird. Die Ed. princ.
ist veranstaltet von: $Scheil, V., O. P, Textes Elamites-scmitiques, Ile ser.
in: Memoires de la Delegation en Perse, Tome IV (4%. 200. P. 1902,
Leroux): Phototypie, Umschrift, Übersetzung, freie wohlgelungene Wieder-
gabe des Inhalts. Fast der ganze Band ist dem Funde gewidmet (bespr.
von Winckler, OrLz VI1.24ff mit den schon bekannten Fragmenten und
Parallelen und reichen sachlichen Bemerkungen). — Darauf fulst die erste und
bis jetzt einzige deutsche Übersetzung: Winckler, H., Die Gesetze Hammu-
‚rabis, Königs von Babylon um 2250 v. Chr. Das älteste Gesetzbuch der
Welt übersetzt. Mit 1 Abb. des Steindenkmals. ‘Der a. Or. IV 4 (8%. 42.
Lp. 1902, Hinrichs. M —.60): Genaue Übersetzung (sie soll in manchen
Punkten die von Scheil übertreffen. Die Noten mit den atl Parallelen
sollen die maus für die Bibel angeben. Eine 3., erweiterte Aufl.
(mit alphabetischer Inhaltsübersicht) ist erschienen. „The Independent“
vom 25. Dez. 192, 8., 15. u. 22. Januar 1903 übertrug Wincklers Aus-
gabe ins Englische. — Englische Ausgabe: Johns, C. H. W., The oldest
Code Y Laws in the World. The Code of Laws promulgated by Hammu-
rabi, King of Babylon, B. C. 2285— 2242, translated (8%. Edinburgh, Clark.
1s 6d). — Schriften und Aufsätze: Schon Delitzsch konnte in seinem
2. Vortrag (vgl. oben S. 321) in Wort und Bild sich auf den Fund beziehen
(S. 24 ff), in offenbarungsfeindlichem Sinne ihn verwertend, allerdings mit
einer Waffe, die der Rüstkammer des sonst längst überwundenen Vulgär-
rationalismus entnommen ist: auch H. will die Gesetze seinem Gotte
verdanken; deshalb sei auch die göttliche Herkunft der Sinaigesetzgebung
328 Bibliographische Notizen.
ebensowenig festzuhalten. — Jeremias, J., Moses und Hammurabi (8°. 47.
Lp., Hinrichs. M —.70; kart. 1.10): „Wir müssen umlernen“, sagt J. in
Bezug auf die evolutionistische Geschichtsbetrachtung. Was sem Buch
auszeichnet, ist die kulturgeschichtliche Bebandlung des Materials, dabei
kurze, aber erschöpfende Gegenüberstellung der Gesetze von H. und
Moses (24 Bestimmungen), Die Wertung der Gesetze spricht durchweg
zu Gunsten, der Thora, die ihm (gegen Delitzsch) als göttliche Offenbarung
gilt. Die Ahnlichkeiten gehen ihm zurück auf die Berührung des Moses
mit Arabien (Ex 18). Das Gesetz ist nicht ohne Moses entstanden, das
sei auf Grund des Fundes geschichtliche Wahrscheinlichkeit geworden.
S. 7 Korrekturen zu Winckler. Vgl. noch Moses und Hammurabi (Allg.
ev.-luth. Kztg 1903, 9,200—202) und Der babylonische Moses (lllustr. Ztg
1903 Nr 3113, 311). — Oettli, S., Das Gesetz Hammurabis und die Thora
Israels (8%. 88. Lp., Deichert. M 1.60): Inhaltliche Erörterung mit sach-
lichen Erörterungen; auffällig findet Oe. die Zusammenordnung zu 5, 10,
insbes. 6 Gesetzen; mus-en-kak = Dienstadel.e. Monogamie, keine Spur
eines Matriarchates oder, des Ahnenkultes, verschiedene Kulturzustände
in Babel und Israel. Die Ahnlichkeiten gehen wohl zurück auf die Herkunft
Israels aus Mesopotamien (gegen die Arabienhypothese, weil dem baby-
lonischen Tiefland angepalst).. „Moses, der Gesetzgeber, ist keine legen-
darische Gestalt mehr“, dieses Bekenntnis wiegt schwer (Kreuzztg 1903,
Nr 11), nachdem Oe. selbst (Einl. in die Auslegung des Dt) früher die
mosaische Gesetzgebung für unmöglich erklärt hatte s l. Ev. Kztg 1903
Nr 9). — Lagrange, M. J., Le code de Hammourabi (Rb X11 1, 27—5l):
Resum@ des Inhaltes mit ausgiebiger Vergleichung der biblischen Be-
stimmungen. „Erscheinen vor Gott“ usw. = „Eid“, wie auch Ex 20.
Hier hochentwickelter zentralistischer Staat, bei Moses ein haibnomadisches
Gemeinwesen. — X., Il codice di Hammurabi. (Civ. Catt. XVIIl 10,143—155):
Trotz des verschiedenen Kulturzustandes Ahnlichkeiten mit Moses in Art
und Verhältnis der Strafen, Gerichtsapparat, Kasuistik, literarischer Form;
durch Zusammenwohnen der semitischen Stämme zu erklären. Übrigens
scheint X. das monotheistische Gesetz noch älter zu sein als der poly-
theistische H. — Dareste, R., Le Code Babylonien d’Hamniourabi (Journ.
d. Sav. 1902 Okt. 517—528; Nov. 586—599): Mit reichen, interessanten
Verweisen auf die Rechtsbücher der übrigen Völker. Sep.-Abz. (4°. 25.
P. 1902, Impr. nat... Vgl. Seances et Trav. de l’Ac. des Sc. mor. et pol.
März 1903. — Hehn, J., Das älteste Gesetzbuch der Welt (Köln. Volksz.
Lit. Beil. 1903 Nr 12). — Johns, C. H. W., The Code of Hammurabi (B. C.
2285—2242) (ExpT XIV 6, 257f). — Derselbe, The Code of Hammurabi,
fresh material for comparison with the Mosaic Code (JthSt 1903 Jan. 172 bis
183): Durch Abraham und das Exil sei die Beziehung hergestellt. — Derselbe,
Notes on the Codeof Hammurabi (AmJsemL X1X 2, 96— 107; 3, 171—174):
Erklärt einige Terminı (z. B. mus-en-kak = Untreier) und gibt von $ 41 eine
neue Übersetzung. — Nagl, E., Hammurabis Gesetze (Kath. 3. F. XXVII1,
31—43 151—167): Eine Verwandtschaft mit Moses wird negiert. —
W[arfield], B. B., Law four Thousand Years ago (BStdt VII 4, a
Eerdmans, B. D., Oorsprong en beteeknis van de „Tien woorden“ (Theol.
Tijdschr. 1903, 1. 19—35).
Moore, D., Did the Tabernacle described in Exodus ever really exist?
(BStdt VII 3, 171—177): Ja; in traditionellem Sinne gegen Kennedy in
Hasting’s Dictionary 1V 666.
Löhr, M., Das Lied des Moses (Deut. XN XII) nach Form und Inhalt
untersucht (PrM VII 1,1—31): Altester durch Kritik (bes. Ausscheidung
von Glossen) erreichbarer Text in Umschrift; Gliederung (nach Sievers);
Gedankengang; textkritischer und sachlicher Kommentar. Mittelpunkt
der Gedanken des Verf. sei die Katastrophe von 586; darauf weise auch
der politische Hintergrund und insbes. die Gottesanschauung (= Ez und
Deutero-Jes.) hin.
Bibliographische Notizen. 329
Bäck, L., md und ‘D (MGWJ XLVI 7,8, 299-301): Dt 33, 16 =;o ent-
standen aus “ro, wie r=y statt "72.
ß) Die geschichtlichen Bücher.
Urquhart, J., Die neueren Entdeckungen und die Bibel. IV. Bd: Von
der Philisterzeit bis zur babylonischen Gefangenschaft (8°. XII u. 333.
Stuttgart, Kielmann. M 4.—): Vgl. oben S. 9%.
Hummelauer, Fr. de, Commentarius in librum Josue. Cursus Scripturae s.
II. III 3 (80. VI u. 528. P., Lethielleux. Fr 10.—): Bespr. folgt.
Matthes, I. C., Israels nederzetting in Kanaän [naar aanleiding van Dr.
C. Steuernagel, Die Einwanderung der isr. Stämme in Kanaan] (Th. Tijdschr.
1902, 6, 517— 540).
Lagrange, M.-J., Etudes bibliques: Le Livre des Juges(8°. XLVIII u. 338,
P., Lecofire. Fr 7.50): Bespr. s. oben S. 303 ff.
Lotz, W., Der Bund vom Sinai. V, Die Einheit Israels in der Richter-
zeit (NkZ XIV 2, 128-153): Von Josue bis Samuel war Israel ohne ein-
heitliche Organisation, aber nicht obne Bewulstsein der Zusammengehörig-
keit, soferne sich Israel durch die Jahwereligion zusammengehalten fühlte,
wie Jdc zeigt. Das Festhalten an Jahwe aber setzt voraus einen Bund
mit Jahwe,
Rothstein, J. W., Zur Kritik des Deboraliedes und die ursprüngliche
rhythmische Form desselben (ZdmG LVI 4, 697—728; LVII 1, 81—106):
Fortsetzung V.26—- 30. Vgl. oben S. 102. — Dazu Korrekturen von £. Nestle
ebd. LVII 1, 197.
Bewer, J. A., Die Leviratsehe im Buche Ruth (StKr LXXVI. I 2, 328
bis 332): Eine Art Leviratsehe ist in Ruth gemeint, wenn auch abweichend
von Dt (gegen Driver). Ursprünglich kaufte Booz die Ruth mit dem Acker
als „Goel“. In 4, 10 und 4, 5 sind nun Ausdrücke eingesetzt worden,
welche die Leviratsehe einfügten, veranlalst durch die sonst nur bei der
Leviratsehe gebräuchliche Schuhausziehung. Daher auch die Widersprüche
mit Dt 25. — Zur Literarkritik des Buches Ruth (StKr LXXV1. II 3,
502—506): 4, 12 „und möre dein Haus sich mehr und mehr ausbreiten‘
(5). Der Einfüger der Leviratsglossen punktierte Y=£ (Eigenname, ein
Beispiel des Levirates). Die Genealogie 4, 18 ff ist hierdurch veranlalst.
4, 17 bildet den befriedigenden Schluls.
Bewer, J. A., The Ge’ullah in the Book of Ruth (AmJsemL XIX 3,
143—148): 4 Stadien in der Kombination von Ge’ulla und Levirat. In
Ruth der älteste Zustand: Verptlichtung des Godl (auch wenn nur ent-
fernterer Verwandter), die Witwe zu heiraten. Hier muls der Levir das
Erbe kaufen, d. h. auslösen nach Lv 25, 25, weil Noemi es eben in ihrer
Not verkaufen will (4, 3 ist ==» zu punktieren: N. ist „im Begriffe“, es
zu verkaufen, wegen 4.5). Kommt auch hier wieder zum Schluls, dals in
Ruth ursprünglich Levirat mit der Ge’ulla nicht verbunden war und
auch nicht zur Erzählung gehörte.
Nowack, W., Die Bücher Samuelis übersetzt und erklärt. Handkommentar
z.AT I4 (vgl.oben S. 102): Der Gesamtkommentar zum AT ist hiermit
bei dem vorletzten Buche angekommen (Nm sollte noch vor Ende 1902
ausgegeben werden). Die Einleitung enthält neben den andern zu eı-
wartenden Punkten eine eingehende Erörterung der Textkritik. Das Ver-
fahren der Regenbogenbibel findet mit Recht die Billigung des Verfassers
nicht. Bei Verwertung der LÄX bekämpft er scharf die Grundsätze
Löhrs. Auch der Quellenscheidung widmet er eine umfangreiche Erörterung.
Budde und Löhr stelit er hierin nalıe, folgt aber doch eigener Prüfung.
Die religionsgeschichtliche Bedeutung findet er darin, dals vorjahwistische
Zustände noch häufig hereinspielen. Der partikularistische Jahwismus
steht hier noch neben dem späteren strengen Universalismus. Wie sonst
in religionsgeschichtlichen Dingen bei der höheren Kritik, ist auch bei N.
der Mangel jeden Versuches, eine Harmonie zwischen den als wider-
330 Bibliographische Notizen.
sprechend aufgefafsten Stellen herbeizuführen, zu tadeln. Die Über-
setzung, welche in verschiedenen Schrifttypen die von N. angenommene
Quellenscheidung plastisch darstellt, ist genau und löst an sich schon manche
Schwierigkeit, so dals die trotzdem noch umfangreichen Anmerkungen
viele textkritische, literarische und sachliche Fragen behandeln können.
Stosch, &., At! Studien VI: Der geistliche Charakter Davids (8°. VII
u. 258. Gütersloh, Bertelsmann. M 3.—).
Preuschen, E.. Doeg als Incubant. Zur Erkl. von 1 Sam. 2], 8 (ZatW
XXIII 1, 141—146): 139) nach Lucianhss piyoniperog — „fiebernd“.
In seiner Krankheit suchte D. in der Nacht ein Traumorakel im Tempel
für seine Gesundung zu erhalten.
Dieckmann, Chr., Die erste Weissagung vom Davidssohn. Eine biblische
Studie zur Offenbarungsfrage. 1.—3. Taus. (8%. 130. Lp., Steffen. M 2.—):
Verfolgt die allmähliche Entfaltung dieser Weissagung in 2 Sm 7; 23,
Ps 110, 1 Chr 17 (Midrasch zu 2 Sm 7) u. a. St. mit dem Endziel, den
OÖffenbarungscharakter der Heiligen Schrift zu erweisen. Zugleich gibt er
für 2 Sm 7 eine eingehende, neue Quellenanalyse. Gut auslegen scheint
D. oft für viel hineinlegen zu nehmen. In der Etymologie gelten für
ihn keine Schranken und Gesetze.
Leben, H., Eine Vermutung zum „Schäfchen des armen Mannes“ (2 Sam
12, 1—4) (OrLz V1 4, 152-155): Palst nicht auf Davids Sünde gegen
Urias, sondern auf die Wegnahme Michals durch Abner für David
2 Sm 3, 12—16.
M'Fadyen, J. E., Did Elijah cut himself for the Dead? (ExpT XIV
3, 143f): 1Rg 17, 21 ist mit Klostermann in» „und er verstümmelte sich
selbst“ zu lesen, das später auf Grund von Dt 14,1 in an verändert
wurde. — Vgl. hierzu Nestle, E., The Reading L the Septuagint in 1 Kings
17.21 and 2 Kings 4.34 (ebd.4,185f): Die Parallelstelle 2 Rg 4, 34 ist
beizuziehen. Es ınuls eine Tätigkeit für Elias und Elisäus gemeint sein,
wie sie angewendet wurde in Erstickungsanfällen, um die Atmung wieder
zu beleben.
Nagel, G., Der Zug des Sanherib gegen Jerusalem. Nach den Quellen
dargestellt (wel. oben S. 96): Wunder und Weissagung sind nicht un-
möglich; daher ist der Hauptanstofs der kritischen Schule an der Richtig-
keit der biblischen Erzählung in Rg, Is und Chr unberechtigt. N. untersucht
eingehend die Quellen. Die Scheidung in äulsere und innere Glaubwürdig-
keit verursacht einige Wiederholung. Die Quellen gehen auf zeitgenössische
Berichte zurück. Der assyrische Bericht wird durch die in der Bibel er-
zälılte Katastrophe ergänzt. Die vielfache Willkür der Kritik macht es
N. möglich, die Kritiker selbst gegeneinander zeugen zu lassen. Besondere
Sorgfalt weist die Untersuchung über die Glaubwürdigkeit der biblischen
Berichte und die chronologische Fixierung auf. Von Einzelpunkten sei die
Ablehnung der Musri-Hypothese von Winckler hervorgehoben. Auf dem
aene solcher Einzeluntersuchungen wird das kritische Verständnis der
Hl. Schrift mehr gefördert als durch fein ausgedachte kritische Theorien.
Lehmann, C. F., Menander und Josephos über Salmanassar IV. II (Beitr.
z. a. Gesch. II 3, 466—472): Vgl. oben S. 96. Die neueste atl Kritik
suchte nach 2Rg 18 blols einen Zug S.s festzuhalten. Demgegenüber
stellt L. die Thesen auf: Zweimal zog S. gegen Tyrus (Menander und
Josephus) und zugleich den nach Agypten tendierenden Hosea von Israel
es 17; in 2Rg18 ist der 1. Zug als nicht interessierend übergangen).
osea wurde bereits am Anfang des 2. Feldzuges gefangen genommen.
Sewe’-Sib’e 2Rg 17 ist ein Unterkönig, ‚von Äthiopien, viell. Oheim des
abako. Misraim ist an diesen Stellen Agypten (nicht Musri in Arabien,
geren Winckler).
Nestle, E., The Septuagint Rendering of 2 Kings XIX, 26 (PSbAX XV
1,63): marnua für "277 ist nicht blols Vermutung oder Korruption, sondern
bedeutsam fürdie Etymologie des’v(viell.sadufoder Säkieh des Agyptischen?).
— mL U
Bibliographische Notizen. 331
Kittel, R., Die Bücher der Chronik übersetzt und erklärt. Handkomm.
z. AT von W. Nowack I 6.1 (vgl. oben S. SE Bietet Einleitung (insbes.
über die Quellen der Chr), Übersetzung und Unterscheidung der Quellen
und einen fortlaufenden Kommentar hierzu. Durch Rückverweisung auf die
Kommentare zu Sm u. Rg wurde Raum geschaffen für ziemlich eingehende
Erörterungen, die sich nicht in text- und literarkritischen Problemen er-
schöpfen, sondern vor allem das sachliche Moment hervorkehren. Manch-
mal finden sich sogar kleine Exkurse in den Fufsnoten untergebracht,
z.B. zu 1 Chr 2; 4, wo bereits König, Neueste Prinzipien (1902) zustimmend
verwertet wird; zu c. 25; 26. S. 26 findet sich auch schon Rothstein,
Genealogie Joachins (1902) zitiert in billigendem Sinne. — Nur mehr Nm
steht von dem grolsen Erklärungswerk des AT aus, von dem bereits
3 Teile in 2. Auflare erschienen sind.
Jampel, S., Die Wiederherstellung Israels unter den Achämeniden (MGWJ
XLVI 7/8, 8301—325; 9,10, 395 —407; 11/12, 491—513; XLVII 1/2, 1—823):
Vgl. oben S. 104.
Marc, P., Die Achikarsage. Ein Versuch zur Gruppierung der Quellen
(Stud. z. vergl. Litt.-Gesch. II 4, 393—411; vgl. oben S. 111): Das Motiv
vom undankbaren Adoptivsohn findet sich in seinen Rudimenten in Tob
1.21; 2,10; 11,17—18; 14, 10. 15). Die Sage, allen Lesern bekannt, scheint
em Verf. von Tob schriftlich vorgelegen zu haben, und zwar in einfacher
ursprüngl. Form gegenüber den vorderasiatischen Überlieferungen. Ob
babylonischen oder jüdischen Ursprungs, ist nicht festzustellen. — Biblio-
graphischer Nachtrag zur Achikarsage (ebd. III 1, 52f): Ohne Einfluls auf
seinen Standpunkt.
Watson, W.S., The Authenticity and Genuineness of the Book of Esther
(PrthR I 1, 682—74): Die Gerengründe werden beseitigt, die positiven
Gründe zeben Sicherheit in bejahendem Sinne.
Steinschneider, M., Purim und Parodie. Forts. (MGWJ XLVI 7,8, 372
bis 876; 910, 473-478; 11/12, 567—582; XLVII 1/2, 84-89): Vgl. oben
. 97.
Boehmer, Sarbeth Sabanaiel (StKr LXXVI. I 2, 332 —338): Nicht ur-
sprünglicher Titel von 1 Mach (geveen Kautzsch), sondern mehr Nebentitel
nach Origenes. ZaßavaıeX sei zu lesen: Sr "ı2y ma "o —= „das Haupt des
Heldengeschlechtes“. u
Winckler, H., Altor. Forsch. 3. Reihe I 2, 156—164: Philokles- Tabnit und
der erste syrische Krieg: Darauf beziehe sich 2 Mach 8, 20 (zu korrigieren),
nicht auf den Aufstand Molons.
Winckler, H., Altor. Forsch. 3. Reihe I 2 (17 der ganzen Reihe), 97—134:
Die beiden Briefe von 2 Mach werden textkritisch festgestellt. Der 2. ist
nach der Ara des Hohenpriesters Simon datiert (53 v. Chr.). Gegenstand
der Verhandlungen mit Rom war nicht amicitia, sondern die Auslieferung
von Flüchtlingen bei Ptolemäus zu erzwingen.
y) Die poetischen Bücher und Lehrschriften.
König, E., Poesie und Prosa in der althebräischen Literatur (Stud. z.
vergl. Literaturg. III 1,29-51): Nach seiner „Stilistik“ und nach seinem
„Neueste Prinzipien“ usw. Bei den Propheten ist das rhythmische Thema
von der rednerischen Variation zu trennen; in den erzühlenden Stücken
findet er (gegen Sievers) Metrik.
Hillesum, U. M. P., Chamisch Megilloth im targum ubiur bilschon hol-
landis. Hooglied, Ruth, Klaageliederen, Koheleth en Esther. Vertaald
en verklaard en van inleidingen voorzien (8°. 192. Amsterdam 1902,
Van Creveld. Fr 1.25).
Ley, J., Das Buch Hiob nach seinem Inhalt, seiner Kunstgestaltung und
religiösen Bedeutung. Für gebildete Leser dargestellt. Mit einem Vorwort
von E. Kautzsch (8%. V u. 153. Halle, Buchh. des Waisenh. M 2.—).
Wiernikowski, J., Das Buch Hiob nach der Auffassung der rabbinischen
332 Bibliographische Notizen.
Litteratur in den ersten fünf nachchristiichen Jahrhunderten. 1. Tl. (8°.
III u. 92. B. 1902, Poppelauer. M2.—).
Ecclesiastes; or the Preacher; and the Song of Solomon. Vale Press
Ser. (8°. N. Y., Lane. $8).
Haupt, P., Biblical Love-Ditties: A critical Interpretation and Trans-
en of tbe Song of Solomon (8%. 10. Chicago 1902, Op. Court Publ.
omp. 5cts).
Jacob, &., Das Hohelied, auf Grund arabischer und anderer Parallelen
von neuem untersucht (8°. 45. B. 1902, Mayer. M 1.60): Sieht im Hl
weltliche Liebes- en Ehe-) Poesie. Für die Literalerklärung des Textes
mag er manches Einzelne bieten (vgl. ThLzt 1903, 4, 97 ff).
Seiple, W. G., Theocritean Parallels to the Song of Songs (AmJsemL
XIX 2, 108—115): Ct möglicherweise später als Theo rit, aber keine Ab-
hängigkeit, weil die Parallelen (genau verzeichnet) sich erklären durch
den gleichen Gegenstand und Allgemeinheit der Sprache der Liebe.
Stuart, C. E., The Book of Praises; or the Psalms (8%. Ld., Marl-
borough. 38 6d).
Ecker, J., Porta Sion. Lexikon zum lateinischen Psalter (Psalterium
Gallicanum) unter genauer Vergleichung der Septuaginta und des hebrä-
ischen Textes mit einer Einleitung über die hebr.-griech.-latein. Psalmen
und dem Anhang: Der apokryphe Psalter Salomons (8°. VIII, 234* u. 1935.
Trier, Paulinusdruckerei. M 17.50; geb. M 20.50): Das dem kath. Klerus
Deutschlands gewidmete Werk will praktischen Zwecken dienen, bietet
aber den wissenschaftlichen Apparat in ausgedehntestem Malse. Das
Beweis- und Erklärungsmaterial wird fast durchgängig in vollständiger
Wiedergabe geboten, so dals das Werk eine umfangreiche Bibliothek der
Ps-Exegese ersetzen kann. Aus der Einleitung ist hervorzuheben die
umfangreiche Abhandlung über die Metrik. Ein alphabetisch angelegtes,
so ziemlich erschöpfendes Verzeichnis der Psalmenliteratur (die Jüdische
nicht blols hier erwähnt, sondern im ganzen Werke häufig beigezogen)
leitet über zum Hauptteil: Psalterlexikon, d. h.: unter den alphabetisch ge-
ordneten Worten, die in den Ps vorkommen, ist alles, was Text, Über-
setzungen (auch syr., arab., äth.) und Auslegung in alter und neuer Zeit
betrifft, meist in extenso zusammengetragen. Für ein tiefer gehendes
Psalmenstudium zu praktischem Zweck kann das Werk nur empfohlen
werden. Für ein wissenschaftliches Hilfsmittel wäre weniger, aber metho-
disch durchgearbeitet, mehr gewesen. Und sonderbarerweise gefiel es
dem Verfasser, die Ergebnisse lan«jähriger Psalmenerklärung in die spröde,
unpraktische Form eines Lexikons zu zwängen, den reichen Kommentar
zu einem trockenen wissenschaftlichen Hilfswerke zu zerreilsen. Der
Verf. dauert mich nicht, aber die Verwerter, die die lexikographische
Arbeit desselben wieder in einen den Psalmentext begleitenden Kommentar
umsetzen müssen.
Valeton jr., 3. J. P, De Psalmen. DI I: Ps 1-41(8%. IV u. 323.
Nijmegen 1902, H. ten Hoet. Fr 6.—.).
Minocchi, S., Storia dei Salmi (Str Il 385—411; III 2, 113—145): 1. La
Poesia religiosa Kan Ebrei anteriore ai Salmi. Übersetzung der haupt-
sächlichsten Gedichte vor den Psalmen. 1I. La Poesia dei Salmi An
all’ Esilio di Babilonia. M. hebt scharf hervor den Unterschied des Zeit-
alters Davids in Kultur und Religion und des Charakters Davids von
dem, was die Pss voraussetzen. Sie können nur nachexilisch (nach dem
5. Jahrh.) sein. Davidisch, aber nach dem Exil überarbeitet, ist Ps 18;
sonst nur vorexilische Frarmente.
Haupt, P., The poetic Form ‚of the First Psalm (AmJsemL XIX 3,
129—142): Wiederherstellung, Übersetzung mit texterklärenden Noten.
Nestle, E., Psalm LXVIII. 18 (19) in the Syriac Bible (ExpT XIV 3,
142f): Aoae ist die jakobitische, Aamse die nestorianische Lesart.
Eph 4, 8 folgt also nicht „der“ Pesittho.
Bibliographische Notizen. 333
Smith, D., The Songs of the Ascents VI (ExpT XIV 4, 163—166): Si-
tuation, Gedankengang und aszetische Anwendung zu Ps 126. Fortsetzung
zu den Studien in ExpT XII.
Osgood, H., Dashing the little Ones against the Rock (PrthR 11, 23—37):
Rechtfertigt den Fluchvers Ps 137, 9.
Verhoeff, J. &., Psalm 146 (8°. 135. Nijkerk 1902, Callenbach. Fl).
Boehmer, J., 1122 a Divine Name? A Note on Ps CXLIX. 5 (ExpT
XIV 7, 334—336): So in spätjüdischer, vorchristlicher Zeit. Vgl. auch
Ps 112, 9. — Taylor, C., u. König, E., Further Notes on Psalm CXLIX.5
(ebd. 8, 382—384): 133 = mim mus ist nach K. zu korrigieren,
Strack, H.L., Die Sprüche Jesus’, des Sohnes Sirachs. Der jüngst ge-
fundene hebräische Text mit Anmerkungen und Wörterbuch (8°. 80. Lp.,
Deichert. M 1.50): Praktisch angelegte, billige Textausgabe, besonders
für exegetische Ubungen geeignet.
X., Studii del Peters e del Knabenbauer sui frammenti Ebraici dell’
„Ecclesiastico“ (Civ. Catt. XVIIIL 9, 700-709): Anerkennende kritische
Referate über die beiden oben S. 106 genannten Werke. P. stimmt er
zu in der bestimmten Ablehnung der Netrik als Hilfsmittels der Text-
kritik. Die kritische Bearbeitung des Textes bei P. geht ihm zu weit.
51, 13ff hält er gegen P. für echt.
Mari, F., L’Originale ebraico dell’ Ecclesiastico recentemente scoperto (Str
III 1, 63-82; 2, 170—182): Zusammenfassender und orientierender Ar-
tikel über die Bedeutung des Fundes z. B. für die atl Kanongeschichte.
Das Schlufsgedicht hält er eher für unecht.
Rosenthal, A., Nochmals der hebräische Sirach (MGWJ XLV1 7/8, 325 bis
329): 1. Zu Sir 44,1; eine Korrektur zu ebd. 1/2, 52. — 2.3.4. Gegen
Margoliouth; vgl. oben S. 107.
Landau, J., Zu Ekkli 7,18 (OrLz VI 2, 89): br met = den helfenden
Freund, von "bn, xbn aram.
d) Die Propheten.
Jordan, W. G., Prophetic Ideas and Ideals: a Series of short Studies in
the Prophetic Literature of the Hebrew People (8%. 364. Ld. 1902,
Revell. 38 6d).
Obbink, H. Th., Denker of Profeet (Th. Studiön 1903, 1, 35—59).
Knieschke, Der Prophet Jesaias und die Keilinschriften (Ev. Kztg LXX VII
7,149—151; 8,178—181; 9, 206—209): Zeigt, wie „bei Is die Fäden assy-
risch-babyl. und israelitischer Geschichte eng ineinander gewoben sind“,
Ottley, R. R., On the LXX of Isaiah V 14, 17, 18 (JthSt IV Nr 14,
269f): V.14 las LXX "sy st. »65. V.17 leitete LXX orn ab von rm,
daber änndeiuuevwv (so zu lesen). V.18 nakpW aus naralw.
Barnes, W. E., A Study of the First Lesson for Christmas Day. Isaiah
IX 1—7 (JthSt 1902 Okt. 17—27): Textkritik. Die Stelle ist mit Grund
als isaianısch zu betrachten. Zunächst an Ezechias anknüpfend, geht
aber die Prophetie auf eine Person, auf welcher der Geist Gottes in bisher
unbekanntem Grade ruht.
Grimme, H., Ein übersehenes Orakel gegen Assur (Isaias 13) (TQS LXXXV
1, 1-11): V.19 23 u. o=io> zu streichen wegen des Metrums. Es war
ursprünglich gegen Assur gerichtet. Jr 50-51 hat zahlreiche Wendungen
daraus für das Orakel gegen Babel entnommen; so entstand die An-
schauung, Is 13 sei gegen Babel gerichtet.
Ley, J., Die metrische Beschaffenheit des zweiten Teils des Jesaja Kap. 40
bis 66 (StKr LXX VI. 12, 181—229): Nimmt dabei Stellung zu den haupt-
sächlichsten Arbeiten von Budde, Grimme, Duhm, um daran eine metrische
Analyse zu fügen.
Roth, O., Die neuesten Deutungen vom leidenden Gottesknecht (PrM VII
3, 95 —106; 4, 141—157): Die individuelle Deutung wird immer mehr auf-
334 Bibliographische Notizen.
enommen; R. hält die kollektive Fassung der Minorität für richtig, weil
die Majorität sich gegenseitig negiert.
Barnes, W. E., A misunderstood Passage (Isaiah XLI 5—7) (JthSt IV
Nr 14, 266—269): V.6 u. 7 beziehen sich auf eine Schmiede (nicht Götzen-
schmiede). p33 nicht „Lötung“, sondern „Rüstungsscharnier“. 41,1—7 geben
einen guten Zusammenhang. — Dagegen Driver, $. R., u. Kirkpatrick, A. F.,
ebd. 15, 434 f.
Schneedorfer, L. A, Das Buch Jeremias, des Propheten Klagelieder
und das Buch Baruch, erklärt. Kurzgef. wissensch. Komm. z. d. hl. Schr.
des AT III 2) (8°. XXIV u. 482. Wien, Mayer. M 10.—).
Duhm, B., Das Buch Jeremia. Die poetischen und proph. Bücher des
AT. Übers. in den Versmalsen der Urschrift III (8. XXXIV u. 153.
Tüb., Mohr. M 2.—): Kurze Einleitung; Quellen teilweise durch Typen
unterschieden.
Erbt, W., Jeremia und seine Zeit. Die Geschichte der letzten fünfzig
Jahre des vorexilischen Juda. Beigegeben ist der Untersuchung des
Jeremiabuches eine Übersetzung der ursprünglichen Stücke und die Um-
schrift der Prophetensprüche mit Bezeichnung des Rhythmus (vgl. oben
S. 108): Aus den Denkwürdigkeiten Baruchs und den Denkwürdigkeiten
Jeremias’ setzt sich das Buch zusammen. Die Rekonstruktion beider wird
versucht. Die textkritische Untersuchung stellt fest das Verhältnis von
LXX und MT. Literarkritische Betrachtungen kommen dazu, um die
ursprünglichen Bestandteile der beiden Grundschriften, herauszustellen.
Die Umschrift mit Rhythmusbezeichnung zeigt eine Übereinstimmung
mit den auf metrischer Grundlage gewonnenen Resultaten Sievers’, letztere
somit als richtig erweisend. Wohltuend berührt das malsvolle Urteil,
das zu einem förmlichen Protest gegen Duhms ausgedehnte Ausscheidung
von unechten Stellen wird. Erbts innere Gründe für Echtheit wiegen
nicht geringer als die Duhms. Übrigens sind Erbts Gründe, spätere Zu-
sätze anzunehmen, die ja durchaus nicht als unmöglich bezeichnet sein
sollen, manchmal ähnlich willkürlicher Natur. Eine umfangreiche Erörterung
über Inhalt der Prophetien und geschichtliche Situation bei denselben
schliefst sich jeweils an. Letztere ist gut, oft sehr gut gezeichnet. We-
niger glaubhaft scheint das vorausgesetzte Parteigetriebe in Jerusalem
gemacht zu sein. — Vel. Deutsche E 1903, 4 u. 7.
Winckler, H., Altor. Forsch. 3. R. I2,135—155. Die Zeit der Ezechiel-
prophetie: Der Verf. rechnet nach der Ära der Rückkehr 539. Die Ereig-
nisse unter Kyros und Kambyses werden künstlich in die Zeit Nebukad-
nezars zurückverlegt.
Luijk, P. van, De Visirenen van Ezechiel I en X (Studien XXXV. Jaarg.
Deel LIX 443-478): Erneuert die von Hebrans Rb III (1894) aufgestellte,
bisher ganz unbeachtet gebliebene Auffassung: Jahwe zeigt sich Ez
thronend über dem Tierkreis mit vier Tierkreisbildern nach der baby-
lonischen Vorstellung, um das dem Gestirndienst Babels zugeneigte Volk
dem Jahwe zu erhalten. Die sehr beachtenswerte Erklärung muls aller-
dings genaueres Detail als babylonisch manchmal postulieren.
Meissner, B., Assyriologische Studien. Mitt. d. Vorderas. Ges. VIII 3
(8°. 28): VII. Zu Sintflut 187—194 (S. 23f): Ez 14, 13—20 und andere
St. des AT sind zwar keine Zitate aus der assyrischen Literatur, hängen
aber damit zusammen. Infolgedessen im (ilgamis-Epos a. d. a, St. statt
des „wilden Hundes‘ „Schwert“ zu setzen.
Spoer, H.H., Emendations in the Text of Ezekiel (AmJsemL XIX 3,174
bis 176): burn 24, 21 von aram. dar = collegit; 36, 10-12; 37, 19; 37, 22.
McWilliam, T., Speakers for God. Being Plain Lectures on the Minor
Prophets (8%. XVI u. 356. Ld. 1902, Allenson. 53).
Halevy, J., Recherches bibliques: Le Livre d’Amos (Rsem XI 1, 1-31;
23, 97—121): Zu Am 1-6.
Bewer, J. A., Critical Notes on Amos2:7andS:4 (AmJsemL XIX 2,116f).
Mitteilungen und Nachrichten. 335
Ladame, F., Les chapitres IV et V du Livre de Michee (RThPh XXXV
5/6, 446—461): Literarkritische Untersuchung; 4, 1—83 und 5, 9—13 ältestes
Stück; zweimalige Einschübe. Is 2, 2—4 ist ursprünglicher als Mich 4, 1ff.
Peiser, F. E., Der Prophet Habakuk. Eine Untersuchung zur Kritik
des AT. Mitt. d. Vorderas. Ges. VIII 1 (80. 38. B., Peiser. M 0:
Verschiedene Anklänge an die assyrische Literatur. Der Verfasser weilt als
Geisel in Ninive, hat den ersten Ansturm der Chaldäer (625) erlebt und
schreibt 609. Den Urtext erreicht P. — und das scheint uns hier das
Wichtigste — durch ein textkritisches System, das, sonst für einzelne
Stellen verwertet, hier zur vollständigen Durchführung kommt. Aus den
angenommenen Glossen erschlielst er Kolumnen- und Zeilenzahl und
Zeilenlänge und Zahl der aufeinanderfolgenden Abschriften. So mufs es
ungefähr gegangen sein; das unterliegt keinem Zweifel. Ob genau so,
darüber sich zu äulsern fordert P. die Kritik auf. Auf den ersten Blick
möchte man zweifeln, ob sich eine so genaue Textgeschichte aus unserem
Texte herauslesen lälst. Für unmöglich kann man es nicht halten.
Holm, A., Det messianska hoppet hos Haggai och Sakarja (8°. 194.
Lund, Univs.-bokh. Kr 2.50).
Hoonacker, Les chapitres IX— XIV du Livre de Zacharie (vgl. oben
S. 110) ist nunmehr separat erschienen: P., Lecoffre.
e) Die Apokryphen.
Kohut, G. A., Abraham’s Lesson in Tolerance (JqR XV Nr 57, 104— 111):
Eine apokryphe Parabel: Geschichte, Text und Übersetzung.
Te’ezäza Sanbat (commandements du sabbat), accomp. de six autres Ecrits
DEINEN admis par les falachas ou Sue d’Abyssinie. Texte
ethiopien, publ. et trad. par J. Halevy (8°. XXV u. 247. P. 1902, Bouillon).
Büchler, A., Zpgayıs in Psalm Salomo’s, II, 6 (JqR XV Nr 57, 115 bis
120): Vorlage rn Haken, Nasenring.
Ayssel, V., Die Erzählung von Aphikia, dem Weibe Jesus Sirachs (StKr
LXXVI. 12, 229—247): Die apokryphe Erzählung, bei den orientalischen
Christen viel verbreitet, setzt sich aus 2 Teilen zusammen: aus der Er-
zählung von den verschiedenen Gerichten von gleichem Geschmacke und
aus der Erzählung von der Löwenspur. Die beiden arabischen Rezen-
sionen, aus Hss der Pariser Nationalbibliothek: Ms. Fonds Syriac 179 und
Ms., Fonds Arabe 50, in Studia Sinaitica Nr VIII 58-67 veröffent-
licht, gibt R. in deutscher Übersetzung.
Levi, J., Un indice sur la date et le lieu de la composition de la Meguillat
Antiochus (Rouleau d’Antiochus) (REj XLV Nr 90, 172—175): Aus der
Erwähnung von „Bagras“, „gegenüber von Antiochien“ ist Syrien als
Abfassungsort, aus der Ersetzung des ursprünglich geschriebenen p (Pagrai)
durch b die arabische Invasion (8.—9. Jahrh.) als Abfassungszeit zu er-
schliefsen (letzteres auch Dalman).
Mitteilungen und Nachrichten.
Über die „Commissio pontificia de re biblica“ können wir auf Grund
zuverlässiger Informationen unsere früheren Mitteilungen ergänzen. Eine
zu begründende Sammlung von Hss und Büchern in der Vatikanischen
Bibliothek wird den Mitgliedern zu Gebote stehen. Neben den je nach
Bedürfnis beabsichtigten Veröffentlichungen soll ein periodisches
Organ erscheinen, unter Aufsicht und Zensur der Kommission, die dort
auch ihre offiziellen Kundgebungen, sicher kenntlich gemacht, niederlegt.
Die Leitung der Verhandlungen liest in der Hand der Kardinals-
mitglieder (zur Zeit vier) der Kommission. Sie versammeln sich jeden
zweiten und vierten Sonntag des Monats; sie nehmen die Berichte der
336 Mitteilungen und Nachrichten.
Konsultoren und ihre Vota entgegen, um darüber zu entscheiden; sie
bestimmen in der Regel die Gegenstände der Erörterung. Die Kon-
sultoren in Rom (zur Zeit acht) halten ebenfalls zweimal monatlich
ihre Sitzungen, um teils uk Fragen in Angriff zu nehmen, teils
ihnen zugewiesene Aufgaben zu erledigen. Die Sekretäre der Kommission
haben den Versammlungen der Konsultoren zu präsidieren und den Ver-
kehr zwischen Papst und Kommission zu vermitteln. Mit Zustimmung
beider Sektionen der Kommission können in singulären Fällen hervor-
ragende katholische Gelehrte beigezogen werden. Sonst sind die aus-
wärtigen Konsultoren berufen, über vorgelegte Fragen sich zu äulsern
oder selbständig dienliche Mitteilungen an die Kommission gelangen
zu lassen. — Zu unserer früher angeführten Liste tragen wir ergänzend
und korrigierend (keine der umlaufenden Listen, nicht einmal die offizielle,
scheint fehlerlos zu sein) nach: Prälat F. Kaulen, Professor der atl
Exegese in Bonn, ist infolge eines bedauerlichen Versehens in unserer
mangelhaften Vorlage nicht nachgetragen worden. Im Mai wurde neu
ernannt Joh.Genocchi, Procurator generalis Missionariorum S. Cordis.
P. Dav. Fleming O.F.M. ist bei der letzten Wahl des Ordensgenerals
nicht mehr zum Vic. Gen. gewählt worden, weil er nach dem Willen des
Papstes im Vatikan residieren und sich ausschlielslich der Bibelkommission
widmen soll. Weiter sei nachgetragen: C.Chauvin, Kanonikus in Laval
(Frankreich), ehemals Professor der Exegese; C. Fouard (so!), Kanonikus
in Rouen, ehedem Professor der Exegese; C. P.Grannan (so!), Professor
der Exegese an der kath. Universität in Washington; Aem. R.Joriö(so!),
Professor am Seminar in Palencia (so!) in Spanien; A.Poels in Löwen;
V. Scheil O. P., Professor an der Ecole des hautes Etudes in Paris;
P. A Weikert (so!\, Professor der Exegese am Collegium Anselmianum
in Rom.
Biblische Vorträge: Am 17. April berichtete Prof. F. Delitzsch in
der Singakademie zu Berlin über seine babylonische Reise vom 18. März
bis 21. Sept. 1902. Erschienen: Im Lande des einstigen Paradieses (8°. 58.
Stuttg., Deutsche Verlagsanstalt. M 2.—). — Am 22. April hielt Prof.
Nikel (Bresiau) im Architektenhause zu Berlin auf Veranlassung des
Ausschusses zur Abhaltung wissenschaftlicher Vorträge einen Vortrag
über „Bibel und Babel“.
Palästinaforschungen. In der Jahresversammlung der Wiener Ak. d.
Wiss. berichtete Prof. Karabacek über die Ergebnisse der Reise des Prof.
Dr.A.Musil in Olmütz: Der Sinai sei im Gebiete von Hwetat el-Tihama
gelegen; die Beduinen hätten den ursprünglichen Monotheismus beibe-
halten, wüfsten nichts von Mohammed; eine neue Reise seit Juli 1902
dient der Erforschung des Nabatäerlandes, der Feststellung geographischer
Namen, der Untersuchung über das Vordringen der Babylonier und
Agypter. — Der deutsche Palästinaverein lälst mit Unterstützung der
Deutschen Orientgesellschaft an der Stelle des alten Megiddo in der
Ebene Jezreel Grabungen vornehmen. Technischer Leiter: Dr. Schuh-
macher in Haifa.— Dr. Thiersch vom archäologischen Institut in Athen
soll einen Ort in Palästina (der Name wird geheim gehalten) ausfindig
machen, auf dessen Aufdeckung die Deutsche Orientgesellschaft Wert legt.
Von einem Vorstandsmitglied derselben Gesellschaft stammen Anregung
und die Mittel hierzu (Deutsche Litztg 1903, 18, 1103).
Personalien. +24. Januar Dr. Eduard Böhl, Professor der atl Exegese
an der ev.-theol. Fakultät in Wien; 15. Mai Dr. theol. et phil. Hermann
Schultz, Professor der at! Exegese, systematischen Theologie und Homi-
letik in Göttingen. — Es habilitierten sich für atl Exegese an der kath.-
theol. Fakultät in Bonn Repetent Dr. H. Herkenne, an der theol.
Fakultät in Würzburg Dr. 0. h appel, Prediger in Kitzingen.
Druck von W. Drugulin in Leipzig.
J. Ricker’sche Verlagsbuchhandlung (Alfred Töpelmann), Giessen.
Soeben sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Baumann, Eb., Lic. theo., Der Aufbau der Amosreden.
(X u. 69) M 2.40
Bugge, Chr. A., Drtheot.in Kristiania, Die Haupt-Parabeln Jesu.
Mit einer Einleitung über die Methode der Parabel- Auslegung.
I. Hälfte. (VIII u. 240) M 5.40
Die II. Hälfte en gleichen Umfunge erscheint Herbst 1903.
Der Bezug der I. Hälfte verpflichtet zur Abnahme des ganzen Werkes.
Dibelius, O., Dr pn, Das Vaterunser. Umrisse zu einer Ge-
schichte des Gebets in der alten und mittleren Kirche. (XII u. 180)
M 4.80
Diettrich, G., Lie. theol., Dr phil, Die nestorianische Tauf-
- liturgie ins Deutsche übersetzt und unter Verwertung der neuesten
handschriftlichen Funde historisch-kritisch erforscht. (XXXI u. 103)
M4—
Das älteste Kindertaufritual der Christenheit.
Harnack, Ad., pror.o., Das Mönchtum, seine Ideale und seine
Geschichte. 6. Aufl. (64) M 1.20
Preuschen, Erw., Lic. theol., Dr phil, Mönchtum und Sarapis-
kult. Eine religionsgeschichtliche Abhandlung. 2. vielfach be-
richtigte Ausgabe. (IV u. 68) M 1.40
Die erste Ausgabe kam nicht in den Handel.
Herdersche Verlagshandlung zu Freiburg i. Br.
Soeben sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Belser, Dr Johannes, Die Geschichte des Leidens und
Sterbens, der Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn. Nach den
vier Evangelien ausgelegt. gr. 8 (VIII u. 524) M 8.—; geb. in
Halbfranz M 10.—
Inhalt: Erster Teil: Die Vorgeschichte des Leidens. — Zweiter Teil: Die
Leidensgeschichte im engeren Sinne. 1. Der Beschlufs des Synedriums gogen Jesus und
die Abendmahblsfeier. 2. Die Vorgänge am Ölberg. 3. Das Verfahren vor dem jüdischen
Synedrium. 4. Das Verfahren vor der römisch staatlichen Behörde. 5. Der Leidensweg;
Tod und Begräbnis Jesu. Dritter Teil: Auferstehung, Erscheinungen des Auferstandenen
und Himmelfahrt. 1. Die Auferstehung. 2. Die Himmelfahrt.
Rauschen, Dr Gerhard, 6rundrifs der Patrologie mit be-
sonderer Berücksichtigung der Dogmengeschichte. Mit Approbation
des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. 8° (XlIu. 232) M 2.20;
geb. in Leinwand M 2.70
Dieser Grundrifs soll an erster Stelle ein Lernbuch sein, d. h. als Vorlage für die
Hörer bei akademischen Vorlesungen, als Hilfsmittel zum Selbstunterricht und als Konmo-
nitorium für solche dienen, die früher gelernt haben; er kann aber auch jedem Gebildeten
Dienste leisten zur Orientierung auf den besonders in den letzten Jahrzehnten viel be-
bauten und immer höher geschätzten Gebieten der Patrologie und älteren Dogmengeschichte
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau
sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Brandscheid, Friedrich, Handbuch der Einleitung ins Neue
Testament. Prolegomena zum Griechisch-Lateinischen Neuen Testa-
ment. Für höhere Lehranstalten und zum Selbststudium herausgegeben.
Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. 4°
(VII u. 196) M 5.—
Felten, Dr Joseph, Die Apostelgeschichte übersetzt und er-
klärt. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg.
gr. 8° (Xll u. 486) M 8.—; geb. in Halbfranz M 9.80
Müller, Dr Karl Jos., Des Apostels Paulus Brief an die
Philipper. Uebersetzt und erklärt. Mit Approbation des hochw. Herrn
Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (VII u. 348) M 7.—; geb. in
Halbfranz M 8.60
Peters, Dr Norbert, Beiträge zur Text- und Literarkritik
sowie zur Erklärung der Bücher Samuel. Mit Approbation des hochw.
Herrn Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (Xll u. 236) M 5.—
— Der jüngst wiederanfgefundene hebräische Text des Buches
Ecclesiasticus untersucht, herausgegeben, übersetzt und mit kritischen
Noten versehen. gr. 8° (XVIu. 443 8. u. 928. Prolegomena.) M 10.—
Schlecht, Dr Joseph, Doetrina XII Apostolorum. Die Apostel-
lehre in der Litnrgie der katholischen Kirche. Mit 3 Tafeln in Licht-
druck. gr. 8 (XVIu. 144) M5.—
— A/JAXU TON AQAEKA AIIOZTOALN. Doctrina XII Aposto-
lorum. Una cum antiqua versione latina privris partis de duabus viis
primum edidit. gr. 8 (24) M1.—
Testament, Das Neue, unseres Herrn Jesus Christus. Nach
der Vulgata übersetzt und erklärt von Dr Benedikt Weinhart.
Zweite, verbesserte Auflage. Mit einem Stahlstich. Mit
Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. Lex.-8°
(XL u. 604) M 5.—; geb. in Halbfranz M 7.50 |
Testamentum, Novum, graece et latine. Textum graecum re-
censuit, latinum ex vulgata versione Clementina adiunxit, breves ca-
pitulorum inscriptiones et locos parallelos uberiores addidit Fridericus
Brandscheid. Editio critica altera, emendatior. Cum approbatione
Rtev. Archiep. Friburgensis. Zwei Teile. 12°
Pars P r an Evangelia. (XXIV u. 652) M 2.40; geb. in Leinw.
M 3.4
Pars altera: Apostolicam. (VI u. 804) M 2.60; geb. M 3.60
Vollständig in einem Bande. (XXXII u. 1456) M 5.—; in
Originaleinband: Halbfranz M 6.60
Separat-Ausgaben des griechischen und lateinischen Textes unter den Titeln:
H KAINH AIAQHAKH. Novum Testamentum graece. Textum recensuit,
breves capitulorum inscriptiones et locos parallelos uberiores addidit
Fridericus Brandscheid. Editio critica altera, emen-
. datior. Cum approbatione Rev. Archiep. Friburgensis. 12°
(XlI u. 780) M 3.50; geb. in Leinwand M 4.40
Norum Testamentum latine. Vulgatae versionis Clementinae textui
breves capitulorum inscriptiones et locos parallelos uberiores addidit
Fridericus Brandscheid. Editio altera. Cum approbatione
Rev. Archiep. Friburgensis. 12° (XXIV u. 700) M 3.20; geb. M 4.—
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BIB BLISCHE ZEITSCHRIFT
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‚JOH. . GÖTTSBERGER ox0. »Da. 309. SICKENBERGER
PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN.
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Be = ERSTER JAHRGANG.
"VIERTES HEFT.
NEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO.
7 FREIBURG IM BREISGAU. |
. HenDenschn VERLAGSHANDLUNG. |
1903. |
|
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Inhalt des vierten Heftes.
Seite
Pasekstudien. Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philo-
logie. 1. Prinzipielles. Von Prof. Dr Hubert Grimme in
Freiburg i. Schw. . 200 nee. 837
Ararat und Urartu. Von Dr Joh. Döller in Wien . . . ...349
Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. III ( nn
Von Prof. Dr M. Faulhaber in Strafsburg a 3sl
Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung bis zur Ab-
fassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). II vn) Von
Rektor a. D. Joseph Aberle in Breslau . . . 872
Das Comma Ioanneum (11o 5, 7) im 16. Jahrhundert. II a
Von Prof. Dr Aug. Bludau in Münster i. W. . .....87
Besprechungen. . . en none. 408
Bibliographische Notizen (Literatur zum NT). . . ..2...410
Mitteilungen und Nachrichten . . . 2. nn. 437
Verzeichnis der Autoren, deren Werke in den Bibliographischen
Notizen angezeigt wurden . nn nn. 0.4839
Jährlich erscheinen 4 Hefte iin Umfange von je etwa 6 Bogen gr 8°.
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.—
Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak-
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, München, Schraudolphstr. 36U, für
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München,
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen.
Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem
Malse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf-
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br.
Pasekstudien.
Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philologie.
Von Prof. Dr. Hubert Grimme in Freiburg i. Schw.
1. Prinzipielles.
wei Perioden sind innerhalb der Textentwicklung des AT
scharf voneinander zu scheiden: diejenige der redaktionellen
Umformung der Quellenschriften und die der zum Schutz des
synagogalen Textes vorgenommenen Mafsnahmen. Darüber,
was alles als redaktionelle Umformung anzusehen ist, lagert
vielfach ungewisses Dunkel, und die Ahnung hat hier weiteren
Spielraum als der Beweis. Die Redaktoren selbst sind hinter
ihr Werk vollständig zurückgetreten und haben es nicht für
nötig gehalten, durch irgendwelche Zeichen den Umfang und
die Art ihres Eingreifens kenntlich zu machen. Am ehesten
könnte man noch manche Spatien des massorethischen Textes,
die scheinbar zwecklos stehen, für redaktionelle Handzeichen
erklären. _
Nachdem die Redaktoren die Texte vielfach umgemodelt
hatten, wurde ihr Endergebnis im Laufe der Zeit doch wieder
als eine feste Einheit gefühlt, und das Bedürfnis nach einem
handlichen Texte liels im Scholse der Gemeinde ein Exemplar
entstehen, das für weite Kreise kanonische Geltung erlangte.
Diese Wertschätzung liels sodann die altjüdische Bibelphilo-
logie auf den Plan treten, die es sich zur Aufgabe maclıte,
den geltenden Wortlaut rein zu erhalten, lesbar zu machen
und vor Wandlungen zu sichern. Aus diesem Bestreben er-
wuchs eine Reihe von Mafsnahmen, von denen besonders klar
zu Tage liegen: die Ketib-Qerö, die Vokalisation, die Akzen-
tuation und der massorethische Notenapparat.
Biblische Zeitschrift. I. 4. 2.
338 Grimme, Pasekstudien.
Die Ketib-Qer& mögen ursprünglich nur Variae lectiones
zu Einzelworten des Konsonantentextes bedeutet haben, ferner
auch geringe Ansätze zur Erweiterung und Verkürzung des
synagogalen Textes. Auf uns machen diese Noten den Ein-
druck, als ob ihre Urheber sich mit einem Mindestmalse von
Anmerkungen begnügt hätten, und zwar solchen, zu denen
ihnen eigene Einfälle und gelegentliche Reminiszenzen den
Stoff lieferten. Wäre eine methodische Vergleichung der vor-
handenen Handschriften vorgenommen worden, so hätten wohl
mehr und wichtigere Ergebnisse herauskommen können, als
wir jetzt in den Ketib-@erö besitzen.
Diese Arbeit erreichte noch die Zeit, da die hebräischen
Vokalbuchstaben erfunden wurden, wodurch die Bibel zu einem
wirklich lesbaren Buche umgestaltet wurde Man muls an-
nehmen, dafs die Vokalisation den Niederschlag einer treuen
und umfassenden Überlieferung darstellt, besonders weil die
beiden wohl unabhängig voneinander entstandenen Vokalsysteme,
das tiberiensische und das babylonische, im Grunde stets auf
das Gleiche sowohl in der sprachlichen Gesamtauffassung wie
in der Wiedergabe der biblischen Einzelausdrücke heraus-
kommen, nicht minder auch weil die spätesten Ketib-&er&
nur noch vokalische Auffälligkeiten anmerken, aber nichts
korrigieren sollen.
Eine weitere Leistung der jüdischen Philologie, die für
uns zwar weniger wertvoll als die Vokalisation ist, im Grunde
aber dieser an Grolsartigkeit nichts nachgibt, ist die Akzen-
tuation der Bibel, d. h. die Beifügung von Zeichen, die den
Vortrag zu regeln bestimmt sind. Scheinbar befolgt sie ein
doppeltes Prinzip, nämlich das der Verdeutlichung des syn-
taktischen Wortgefüges, wodurch sie einer vervollkommneten
Interpunktion gleicht, und das der melismatischen Durch-
komponierung des Textes. Und doch liegt sicher nur das eine
Bestreben zu Grunde, alle Abstufungen des Satzakzentes'! durch
musikalische Phrasierung zu verstärken und zu verdeutlichen.
1 Ich nehme Satzakzent als Summe der Akzente eines ganzen Satzes,
also nicht als „Pausalakzent“.
Grimme, Pasekstudien. 339
Die bewunderungswürdige Art und Weise, wie sich dabei
Wortton und musikalische Phrase durchdringen und heben,
läfst die jüdische Bibelkantillation als ein aus langer Übung
gleichsam organisch erwachsenes Produkt erscheinen, das wir
zur Zeit eben nur aus sich selbst erklären, mit andern Vor-
tragsweisen aber höchstens vergleichen können. So wird der
Versuch von Fr. Prätorius!, die jüdische Kantillation als eine
Nachahmung des mittelbyzantinischen Bibelvortrags hinzu-
stellen, nur in der einen Beobachtung das Richtige getroffen
haben, dals beide eine gewisse Ähnlichkeit miteinander zeigen.
Da aber das Vollkommenere — worunter ich vor allem die
Durchkomponierung jedes Wortes rechne — auf seiten der
Juden ist, so wird für sie wohl auch die Priorität anzu-
nehmen sein.
Den Schlufsstein der philologischen Textarbeit der Juden
bildet die massorethische Notensetzung, die den Zweck verfolgt,
besondere Eigenheiten bezüglich Satz, Wort oder Begleit-
zeichen der Bibel anzumerken und wo möglich zahlenmälsig
festzulegen, um dadurch Mittel zu bekommen, den Text auf
seine Unversehrtheit hin jederzeit nachkontrollieren zu können.
Sehr bezeichnend für die Gesinnung, mit der die Urheber
der erwähnten Schutzmalsnahmen an den Bibeltext herantraten,
ist der Umstand, dafs sie sich tunlichst hüteten, ihre Zutaten
ın das Innere des Konsonantentextes einzuschalten, sie vielmehr
über und unter den Konsonanten oder am Rande anzubringen
trachteten. Von den wenigen Ausnahmen scheint die wich-
tigste die Setzung des Dagesch- und Mappikpunktes, deren
Ursprung aber dunkel ist; den Vokalisatoren sie zuzuschieben,
geht deshalb nicht ohne weiteres an, weil sie sich in beiden
bezüglich der Zeichen stark voneinander abweichenden Vokali-
sationen gleichmälsig vorfindet.
! Um die Stellung der byzantinischen Bibelsingweise zur semitischen
richtig abzuschätzen, müfste m. E. erst etwas von der jedenfalls einmal
vorhanden gewesenen syrischen Bibelkantillation bekannt sein. Ich ver-
mute, dafs von dieser mit der hebräischen wahrscheinlich ursprungs-
gleichen Singart Byzanz sich beeinflussen liels,
22*
340 Grimme, Pasekstudien.
Aus dem genannten Umstande schlielse ich, dals solche
Begleitzeichen des Bibeltextes, die ihren Platz regelmälsig in
der Konsonantenmitte selbst haben, an Alter die obigen Mals-
nahmen überragen. Sie lassen sich in zwei Klassen teilen, je
nachdem sie mit starkem oder feinem Duktus geschrieben sind,
d. h. sich entweder mehr der Schrift der Konsonanten oder
der der Vokale nähern. Zur ersteren wären zu rechnen: Söf
pasük, Makkef, Setiima-Petüha, Nün inversum, die Litterae
suspensae und maiusculae, die Puncta extraordinaria; zur an-
dern aber Piska be’emsa‘ pasüık, endlich Pasek-Legarmeh.
Der ersten Klasse scheint ein höheres Alter zuzukommen; im
übrigen können wir uns über Zeit und Veranlassung ihrer
Setzung fast nur in Vermutungen ergehen.
Von der Zeit an, da in der Gemeinde sich ein regel-
mälsiger und feierlicher Bibelvortrag einbürgerte, muls sich
auch das Bedürfnis nach einem grölseren Interpunktionszeichen
zu Ende jedes grölseren Satzganzen geltend gemacht haben.
Wenn somit die Erfindung von Söf pasüık vielleicht schon in die
vorchristliche Zeit zurückgeht, so scheint es doch, dals es lange
Zeit nur dem privaten Gebrauche gedient habe, da es vom
Gebrauche in den Thorarollen nachweislich noch in der spät-
talmudischen Periode ausgeschlossen war. Vielleicht ging der
Anwendung von Söf pasük das später noch damit verbundene
Aussparen kleiner Zwischenräume im Texte voraus, die um so
weiter genommen wurden, je stärkerer Sinnschluls markiert
werden sollte. Wie die Versabteilung, so mag auch die Einrich-
tung der Paraschen mit ihren durch Setüma (D) und Petüha
(2) näher gekennzeichneten Unterschichten hierauf zurückgelien.
Den Ursprung von Makkef suche ich nicht sowohl in der
Schule der Grammatiker als in der der Sänger. Wäre es
nämlich nur ein Zeichen der grammatischen (bzw. tonischen)
Unterordnung eines Einzelwortes oder einer Wortgruppe unter
ein folgendes Regens, so erwartete man, es in ungleich grölserer
Zahl angewendet zu finden, als jetzt der Fall ist. Ich schliefse
lieber aus der Erscheinung, dafs niemals ein mit Makkef dem
Folgenden angeschlossenes Wort einen eigenen Musikakzent
Grimme, Pasekstudien. 341
besitzt: es stelle einen schon vor der schriftlichen Fixierung
der Vortragsmelodie im Texte angebrachten Wink für die
Sänger dar, bei gewissen Worten ausnahmsweise nicht die
Melodie fortschreiten zu lassen.
Die Litterae suspensae möchte ich nach dem bezeich-
nenden Beispiele von Jb 38, 13f, wo DW „Böse“ statt D\EWN
„Planeten(gottheiten)“ steht!, auf das Bestreben zurückführen,
anstölsigen Worten harmlosere Form zu geben, worin man
eine Wirkung des Gebotes Ex 23, 13: „Und den Namen an-
derer Götter sollt ihr nicht erwähnen“ erblicken mag.
Wo Litterae maiusculae geschrieben sind, sollen sie wohl
fehlerhafte Schreibungen anmerken; klar ist dieses Bestreben
in Ps 80,16, wo 51 (mit Majuskel 3) samt vorhergehendem
nt nach Ausweis von Sinn und Metrum sicher verderbt ist.
- Die Nün inversa werden mit Recht als Klammern gedeutet,
durch welche einigemal ganze Verse als unpassend bezeichnet
werden sollten?”. Ein Zeitpunkt, vor welchem sie nicht ent-
standen sein können, ist mit einiger Sicherheit zu ermitteln.
Da nämlich der grölste Verskomplex, dem solche Klammern
beigefügt sind, Ps 107, 23—27, ersichtlich einen Passus von
Ekklesiastikus (43, 23f) paraphrasiert, so können sie hier nicht
vor dem Jahre 150 v. Chr., dem Zeitpunkte der Entstehung
des Ekklesiastikus, eingesetzt worden sein*.
Was diese Klammern für ganze Verse bedeuten, das be-
sagen für Einzelwörter die schon von Hieronymus gekannten
Puncta extraordinaria. Das lälst sich deutlich an 8515 von
Ps 27, 13 nachweisen; denn dieses dem Sinne nach entbehrliche
Wort wird durch die Metrik als überschüssig erwiesen, da
es einen Fünfheber zum Sechsheber verdirbt.
Von den Zeichen der zweiten Klasse hat Piska be’emsa’
1 Vgl. meinen Aufsatz „Rasafim“ OrLz 1903, 53 ff. Von meiner
Ansicht, als läge älteres D'sdN vor, die ich Theol. Quartalschr. 1898, 271
vortrug, bin ich abgekommen.
2 Vgl. meine „Psalmenprobleme“ 82,
3 Vgl. Bleek-Wellhausen, Einleitung in d. AT? 575.
* Das Nähere siehe in meinen „Psalmenproblemen“ 177f.
342 Grimme, Pasekstudien.
pasük, ein Spatium mit eingefügtem Circellus, nur eine geringe
Verbreitung; seine Bedeutung möchte ich vermutungsweise
dahin bestimmen, dals es auf gewisse von altersher ohne Söf
pasük oder Setüma-Petüha überlieferte Texteinschnitte auf-
merksam machen solle. Vielleicht lag im Fehlen eines dieser
‚älteren Interpunktionszeichen ausgedrückt, dafs kritisch ver-
dächtige Textstellen in unmittelbarer Nähe waren, wie denn
bei einer grölseren Zahl der ein Piska aufweisenden Verse
zwischen dem hebräischen Texte und den alten Versionen
nicht geringe Abweichungen bestehen !.
Dasjenige Zeichen, welches jetzt noch der Behandlung
übrig bleibt, der Vertikalstrich Pasek bzw. Legarmeh (1), scheint
mir vom textkritischen Standpunkte aus bedeutsamer als alle
genannten zu sein. Die jüdischen Philologen, welche seine
zweifache Benennung erfanden, nahmen es nicht als ein ein-
heitliches Zeichen; Pasek bedeutete ihnen etwas anderes als
Legarmeh. Daran hält man auch bis in die neueste Zeit zu-
meist fest und stützt sich dabei besonders auf die Erscheinung,
dals die in tiberiensisch vokalisierten Texten einheitlich auf-
tretende Form von Pasek-Legarmeh (1) in babylonisch punk-
tierten sich differenziert, indem für massorethisches Pasek ein
im Texte stehender Vertikalstrich gebraucht wird, für massore-
thisches Legarmeh aber meist das über dem Texte stehende
Zeichen * eintritt, d. i. der Akzent Munäh (, ), der häufigste
Begleiter auch von tiberiensischem Legarmeh, modifiziert durch
Verschmelzung mit dem über die Linie getretenen Vertikal-
striche. Das scheint nun anzudeuten, dals man die von früher
überlieferten Vertikalstriche nicht in gleicher Weise wertete.
Dazu stimmt die Notiz der Dikdük& hatte'amim, dals Pasek
und das wahrscheinlich unter dem Namen Taraf sich bergende
Legarmeh verschiedene „Musik“akzente seien, und die spätere
jüdische Tradition, wonach Pasek „trenne* bzw. „abschneide“,
Legarmeh aber nur ein Begleitelement verschiedener musika-
lischer Vortragszeichen ausmache. Der „Trenner* Pasek wird
ı Vgl. „Psalmenprobleme“ 171f.
Grimme, Pasekstudien. 343
gefunden in jenen Vertikalstrichen, die in unmittelbarer Nähe
des Namens Gottes oder seltener zwischen zwei gleichen Wör-
tern (wie DD" ı Dia, IND ı INIDW) sowie zwischen gleichen
Buchstaben (wie }D ı DYYAN) stehen. Dafs aufserordentlich viele
Stellen in der Bibel vorkommen, die den mit einem „Trenner“
bezeichneten Stellen gleichen, ohne aber doch mit jenem be-
zeichnet zu sein, wird dabei nicht als gewichtiger Beweis
gegen die ganze Theorie der „Trennung“ beachtet.
Allerdings haben sich von der Mitte des vergangenen
Jahrhunderts an vereinzelte Zweifel an der durchgehenden
Gültigkeit der überlieferten Erklärung des Pasek-Legarmeh
erhoben. Zuerst teilte J. Olshausen einigen wenigen Vertikal-
strichen, die von ihm gegen die Tradition als echte Pasek
genommen wurden, die Bestimmung zu, in den Text geratene
Randglossen kenntlich zu machen. J. Ley wollte dagegen
jegliches Pasek-Legarmeh als Trenner nehmen bzw. als
Zeichen für einen in einem Verse anzusetzenden Raumabstand,
ähnlich wie Sela einen solchen zwischen zwei Versen be-
zeichne. Mit Anlehnung an Olshausen verwarf E. v. Orten-
berg die ganze überlieferte Pasektheorie und setzte an ihre
Stelle die wichtige Hypothese, dals Pasek-Legarmeh nichts
anderes sei als ein textkritisches Zeichen zum Hinweis auf
Überschüssiges im Bibeltexte, und er liels diesen Über-
schuls bald aus Einzelworten, bald aus Versteilen oder Ganz-
versen bestehen. Im Verlaufe seiner Untersuchungen drängte
sich ihm jedoch die entmutigende Überzeugung auf, dafs man
zumeist nicht über die Stelle, auf die Pasek-Legarmeh hin-
weise, oder auch über den Umfang des Einschubs ins klare
kommen könne Noch sei erwähnt, dals Fr. Prätorius in
vielen der von der Überlieferung zu Pasek gestempelten
Vertikalstriche Zeichen alter abkürzenden Wortschreibung
sah, die unverstanden im Texte stehen geblieben seien, nach-
dem die Abbreviaturen selbst längst aufgelöst worden wären.
Meine eigene Ansicht über Pasek-Legarmeh hat eine
Wandlung durchgemacht, Ich zählte im „Abrifs der biblisch-
hebräischen Metrik“ Pasek-Legarmeh unter die traditionellen
344 Grimme, Pasekstudien.
versandeutenden Zeichen und sah mit Rücksicht auf sein un-
gemein häufiges Vorkommen hinter dem ersten oder zweiten
Worte von meist auffällig langen Versen des Psalters seinen
Zweck darin, auf die Abnormität letzterer aufmerksam zu machen.
Diese Lösung erwies sich mir später als zu eng, und ich habe
in den „Psalmenproblemen“ auseinandergesetzt, dafs die grölste
Wahrscheinlichkeit dafürspreche, Pasek-Legarmehinjedem Falle
als einen Hinweis auf eine früher einmal am Rande der
Verszeile beigeschriebene Variante zu deuten. Die
alte Zweiteilung von Pasek und Legarmeh führte ich darauf
zurück, dafs als Pasek (einschliefslich Salselet magnum, d. i.
Sal$elet mit nachfolgendem Vertikalstrich) derjenige Varianten-
strich angenommen wurde, dessen Stellung im Texte gut be-
zeugt war, als Legarmeh aber derjenige, über dessen Fixierung
die Tradition unsicher geworden war. So suchte ich denn dort,
wo „Pasek“ im Texte steht, das variierte Wort in seiner un-
mittelbaren Nähe, besonders unmittelbar vor ihm; wo aber
„Legarmeh“ überliefert ıst, nahm ich zumeist eine nachträg-
liche Verschiebung dieses Zeichens von seiner ursprünglichen
Stelle hin zum Anfange des Verses an und suchte das variierte
Wort teils in der ersten, teils in der zweiten Vershälfte, je
nachdem Legarmeh hinter dem ersten oder zweiten Vers-
worte steht.
An dieser Erklärung von Pasek-Legarmeh halte ich auch
für die vorliegende Studie fest; nur glaube ich inzwischen ge-
funden zu haben, dals zwischen den poetisch akzentuierten
‘Büchern (Psalmen, Proverbien, Job) und den prosaisch akzen-
tuierten ein kleiner Unterschied bezüglich der Stellung von
Pasek-Legarmeh bestehe, indem in letzteren eine nachträgliche
Verschiebung aller „Legarmeh“ nach dem Versanfange hin nicht
stattgefunden habe, die am Versanfange stehenden „Legarmeh“
aber noch etwas mehr aussagen, als die in den poetisch akzen-
tuierten Büchern an gleicher Stelle stehenden. Die ursprüng-
liche Setzung von Pasek-Legarmeh, die die prosaisch akzen-
tuierten Bücher am besten bewahren, dürfte aber folgende
Regeln beobachtet haben:
Grimme, Pasekstudien. 345
Um eine Variante zu einem einzelnen Worte anzumerken,
setzte man einen Vertikalstrich in die unmittelbare Nähe
des variierten Textwortes, und zwar unterschiedslos bald vor,
bald hinter dasselbe Es ist solches das gleiche Verfahren,
das noch die Massorethen bei der Setzung ihres die Beziehung
zwischen Textwort und Randbemerkung anmerkenden Circellus
anwandten. Vorgesetztes Pasek-Legarmeh nehme ich z.B. an
in 37 WSı8aı (1 Sm 2, 15), 99 ı NOR) (1 Sm 2,16), TI Y2
"yo (1 Sm 4,18), ob ı Toy (1 Sm 9, 24), mypımm mn
(1 Sm 19,9), nWowin YrnD ı ny3 (1 Sm 20, 12); nachgesetztes
Pasek-Legarmeh z. B. in 255 ı own moym (1 Sm 9, 24), 85
MR 13 MON (1 Sm 12, 21), nyadıomn (1 Sm 13, 8), ı jan
MD‘ (1 Sm 14,45), InamB ı DSaN“pon (1 Sm 17,40), 821 ı Unp
(1 Sm 20, 21) usw.
Um zwei aufeinanderfolgende Wörter als variiert zu be-
zeichnen bzw. auch zu abrogieren, setzte man ein einziges
Pasek-Legarmeh zwischen beide; als Beispiele seien ange-
führt: mw ı oo» (1 Sm 1, 3), Ininw ı bin (1 Sm 3, 10),
mny ı 78 (1 Sm 9,12), DNS ı DVI (1 Sm 18, 10), 85 ı NDR
(1 Sm 20, 1) usw.
Um eine Variante, die einen Einschub von meist ge-
ringer Länge darstellt, im Texte anzumerken, setzte man Pasek-
Legarmeh zwischen diejenigen Wörter, zwischen welche der
Einschub nach der Meinung des Emendators gehörte; vgl. die
Beispiele 2399 175 (1 Sm 3, 9), mBI ı nd (1 Sm 5, 4), nxD
oa) ı Inn (1 Sm 7,14), ob ı Diasbor (1 Sm 11,7).
Auch wo eine Satzvariante anzumerken war, behalf der
Emendator sich stets mit einem Hinweisstrich. Dieser wurde,
um die Aufmerksamkeit des Lesers sofort auf sich zu ziehen,
gleich zu Anfang des grölseren Satzganzen gesetzt, von welchem
der variierte Satz einen Teil ausmachte; und zwar erhielt er
zumeist seinen Platz hinter dem ersten Worte, selten hinter
dem zweiten, in welchem Falle die Variante stets in der
letzten Vershälfte zu suchen ist. Dieses Verfahren war offen-
bar die Vorstufe für das in den poetisch akzentuierten Büchern
geübte, nämlich auch auf die meisten Einzelwortvarianten
346 Grimme, Pasekstudien.
schon zu Anfang jedes Verses hinter dessen erstem oder
zweitem Worte durch Legarmeh aufmerksam zu machen.
So auffällig auf den ersten Blick die Notierung der Satz-
varıanten durch Pasek-Legarmeh, das am Anfange des Satz-
ganzen gesetzt wird, erscheinen mag, ebenso leicht wird man
sich von der Tatsächlichkeit dieses Verfahrens überzeugen
können, wenn man beachtet, dals, wo Pasek-Legarmeh in der
genannten Stellung vorkommt, fast nie die Möglichkeit ge-
geben ist, einen Textfehler in seiner unmittelbaren Nähe auf-
zufinden, während der weitere Satzverlauf deren gewöhnlich
mehrere hintereinander zeigt. Die zahlreichen, im Folgenden
näher zu besprechenden Beispiele von Pasek-Legarmeh, das
hinter verseinleitendem 88", 1, N9N, (NDS), NY3 steht,
blieben für uns ganz unerklärlich, wenn sie nicht auf Satz-
varianten im Sinne der von mir angegebenen Regel zu be-
ziehen wären.
Hierzu ist noch zu bemerken: Der Begriff „Anfang eines
Satzganzen“ deckt sich in den meisten Fällen mit „Vers-
anfang“; die selteneren Fälle, wo das „Satzganze* einen
kürzeren Abschnitt bedeutet als einen „Vers“, führen zur An-
nahme, dafs zur Zeit des Emendators die traditionelle Vers-
abteilung der Bibel erst im Werden war, was ja auch der
oben vorgetragenen Ansicht von der Entwicklung des Söf
pasük entsprechen und alte Überlieferungen über abweichende
Zählung der Pestikim ! bestätigen würde.
Hat man sich genaue Rechenschaft abgelegt, welches
Wort oder grölsere Satzstück Pasek-Legarmeh als variiert be-
zeichnet, so kann der Versuch gewagt werden, den Wortlaut
der Variante selbst annähernd zu bestimmen. Zu diesem Ende
stehen verschiedene, mehr oder minder ergiebige oder sichere
Mittel zu Gebote.
ı Vgl. R. Kittel, Über die Notwendigkeit und Möglichkeit einer
neuen Ausgabe der Hebr. Bibel 75, Anm. 143: „Der Psalter hat nach
Tract. Kiddüsim 30 5896, die Chronik 5880 solcher Cola (Pesükim), wäh-
rend die Zahl der massorethischen Pesükim sich nur auf 2527 und 1765
beläuft.“
Grimme, Pasekstudien. 347
Zunächst die Vergleichung der alten Versionen, zumal
der Septuaginta. Wo solche eine bedeutsame Abweichung
vom hebräischen Texte an einer mit Pasek-Legarmeh bezeich-
:neten Stelle zeigen, da darf man mit ziemlicher Gewilsheit
diese Abweichung und die Randbemerkung des Emendators
als wesensgleich ansetzen.
Bei poetischen, daher metrisch aufgebauten Texten wird auch
die Metrik zur Auffindung der Varianten gute Dienste leisten
können. Konstatiert sie einen Textschaden, d. h. besonders ein
Zuviel oder Zuwenig an Worten, und deutet der Wink des
Pasek-Legarmeh gerade auf diese Stelle, so hat man ein Recht,
die Anmerkung des Emendators auf diesen Schaden zu beziehen.
Wo von einem Texte mehrere Redaktionen oder Wieder-
holungen vorliegen, was z. B. bei grölseren Partien der Samuel-
bücher der Fall ist, da darf wohl unter Umständen die uns
besser scheinende Lesart als die vom Emendator angemerkte
Variante genommen werden. Hingegen sind die aus der Ver-
gleichung der uns überkommenen Bibelhandschriften gewonne-
nen Varianten (wie sie z. B. de Rossis Variae Lectiones ent-
halten) fast alle zu geringfügig, um als Varianten im Sinne
des alten Emendators angesehen zu werden.
Nun darf man seine Erwartung nicht so weit spannen,
als wären die genannten Mittel ausreichend, jeder ehemals
vom Emendator angemerkten Variante wieder auf die Spur zu
kommen. Was im Scholse der jüdischen Gemeinde vor Anerken-
nung der Suprematie des massorethischen Textes an andern
Texten vorhanden war, ist gewils nicht alles in andere Sprachen
übersetzt und dadurch uns erhalten worden. Immerhin können
wir uns auch dem so nicht erreichbaren Reste von Rand-
varianten bis auf einen gewissen Abstand nähern, der aller-
dings selten eine ganz deutliche Sicht gestattet. Alte Rand-
bemerkungen der Bibel werden nicht wie etwa der kritische
Apparat unserer lateinisch-griechischen Klassikerausgaben alles
enthalten haben, was anders lautete als der Text, sondern nur
das, was ihm gegenüber für besser angesehen wurde; solche
Varianten sind als gleichbedeutend mit Emendationen an-
348 Grimme, Pasekstudien.
zusehen. Im Hinblick darauf können wir es wagen, auch
manche Verbesserungsversuche, die sich aus grammatischen,
stilistischen oder historischen Erwägungen aufdrängen, als
Mittel zur Lösung der uns vom Emendator durch Paseksetzung
aufgegebenen Rätsel zu verwerten. Oder sollte es reiner Zu-
fall sein, dals gerade viele der Stellen, die mit Pasek-Legarmeh
angemerkt sind, schon längst aus inneren Gründen von neueren
Erklärern für verderbt gehalten werden, obwohl die moderne
Kritik noch fast keinen Begriff! von der kritischen Verwend-
barkeit des Pasek besitzt? Eine Durchsicht der Kommentare
z. B. zu den Samuelbüchern, wie sie Thenius, Wellhausen,
Driver, Klostermann, Nowack geliefert haben, gibt allein schon
einen Beweis dafür ab, dals mit Pasek versehene Stellen im
allgemeinen textlich schwache Partien bedeuten.
So werden wir den Gewinn von Pasek-Legarmeh weniger
in besonders vielen neuen Emendationen zur Bibel erblicken,
als vielmehr ın der Einsicht, wie weit die Textkritik sich auf
festem, schon von der altjüdischen Bibelphilologie abgegrenztem
Boden bewegt; und weiter empfängt das wichtige, aber noch
immer nicht ganz durchgedrungene Prinzip, dals der massore-
thische Bibeltext an vielen Stellen zu Emendationen zwinge,
von der Beachtung der Pasek-Legarmeh seine festeste Stütze.
Ein weites, bisher brach gelegenes Arbeitsfeld tut sich
hiermit vor den Bibelforschern auf: es gilt, das Erbe der alt-
jüdischen Bibelkritik, eine Summe von mehreren tausend
Varianten zu heben und der Bibelwissenschaft nutzbar zu
machen. Meine Aufgabe sei es zunächst, dem, was ich in den
„Psalmenproblemen“ über die Pasek-Legarmeh des Psalters in
grolser Kürze gesagt habe, eine weitläufigere Untersuchung
der in den Samuelbüchern überlieferten Pasek-Legarmeh
hinzuzufügen, eine Arbeit, die in Anbetracht der relativen Ur-
sprünglichkeit der Variantenzeichen dieser Bibelteile besonders
wertvolle Ergebnisse zu liefern verspricht.
! In Nowacks Samuelkommentar wird an einigen wenigen Stellen
(z. B. 1Sm 18, 10) auf Pasek als Anzeichen einer Textergänzung im Sinne
Ortenbergs aufmerksam gemacht.
Ararat und Urartu.
Von Dr. Joh. Döller in Wien.
r. Sanda will in „Untersuchungen zur Kunde des alten
Orients“ (Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft
1902 II 14ff) den Nachweis führen, dafs unter dem „hare
Ararat“* (Gn 8,4) wirklich ein Berg dieses Namens und zwar
im Kardugebirge zu verstehen sei. Demnach wäre jene Stelle
der Gn zu übersetzen: „auf den Ararat genannten Bergen“.
Sanda beruft sich bei dieser seiner Argumentation auf den
Umstand, dafs in den Keilinschriften, nämlich bei Assurnasirpal,
tatsächlich ein Berg A-ra-ar-di (dafür könnte man auch Ararti
schreiben) vorkommt, der zugleich mit dem Usu und Arua ein
„gewaltiger Berg“ genannt wird. Wegen der Allgemeinheit
der keilinschriftlichen Angaben könne die nähere Lage dieses
Berges Arardi nicht bestimmt werden. So viel stehe aber
fest, dals er zu dem Kardugebirge gehöre, wie denn auch die
Targumim, Peschitta, Ephräm, Epiphanius in Gn 8,4 direkt
„Kardugebirge“ lesen.
Doch da möchten wir fragen: Wie wäre nach dieser Auf-
fassung Sandas der Plural „hare Ararat“ zu erklären? Von
der Arche kann man sagen, dals sie auf einem Berge oder
aber auf einem Gebirge stehen geblieben sei. Auf letztere
Darstellung wiese der Plural „hare Ararat“ hin. Nun hiefse
aber das Gebirge nach Sanda Kardu, somit könnte „hare
Ararat“ nur von einem Berge des Gebirges Kardu verstanden
werden, wie denn auch Sanda zu übersetzen sich gezwungen
sieht: „auf den Ararat genannten Bergen“. Darum bleiben
wir lieber bei der herkömmlichen Übersetzung: auf den Bergen
Ararats, d. i. Armeniens.
350 Döller, Ararat und Urartu.
Sanda geht dann noch weiter und leugnet die bisher gang
und gäbe gewesene Gleichstellung: Ararat = Urartu in den
Keilinschriften. Vom Ararat-Arardı sei nämlich der Terminus
Urartu völlig verschieden; allerdings gehören sie beide (Ararat
und Urartu) demselben alarodischen Sprachstamme an, aber
„es wäre völlig willkürlich, sie einfach identifizieren zu wollen“
(S. 36). Die massorethische Punktation von BN in Is 37, 38,
Jr 51, 27, 2 Kg 19, 37 sei unrichtig und wäre etwa durch die
Aussprache Urarat zu ersetzen.
Doch die Gründe, die Dr. Sanda für seine Ansicht vor-
bringt, erscheinen uns nicht stichhaltig. Warum sollte man
die massorethische Punktation von EN in den drei oben ge-
nannten Stellen bezweifeln und dafür Urarat lesen? Wahr-
scheinlich nur deshalb, damit dieses von dem „hare Ararat“ in
Gn 8, 4 verschieden sei. Für die Gleichsetzung des biblischen
Ararat mit dem keilinschriftlichen Urartu spricht auch der
Umstand, dafs dasselbe Faktum, welches uns 2 Kg 19, 37 von
dem Lande Ararat erzählt wird, in den Keilschrifttexten von
dem Reiche Urartu gemeldet wird. Der assyrische König
Sennacherib wurde nämlich — wegen Begünstigung des jüngeren
Sohnes Asarhaddon — von seinen zwei Söhnen Adramelech
und Sarasar ermordet. Die Keilinschriften sowie auch Aby-
denus sprechen allerdings nur von einem Vatermörder. Diese
Differenz lälst sich aber damit erklären, dals der zweite Sohn
vielleicht nur moralisch bei diesem Verbrechen mitwirkte,
weshalb die Heilige Schrift denselben doch mit Recht auch
zum Vatermörder stempeln konnte.
Die Mörder flüchteten sich in das Land Ararat (Urartu).
Hier konnten sie um so mehr auf Sicherheit und Schutz vor
Asarhaddon rechnen, da Assyrien mit dem Reiche Urartu
durch lange Zeit in blutiger Fehde lebte, so dals letzterem
jede Schwächung des mächtigen Rivalen, wie es durch innere
Unruhen geschieht, nur höchst willkommen sein konnte.
Die Katenenhandschriften der spanischen
Bibliotheken.
Von Prof. Dr. M. Faulhaber in Stra[sburg.
III (Schluls).
IV. Psalmenkatenen.
u keinem biblischen Buche besitzen wir einen solchen
Reichtum an einfachen und kettenartigen Kommentaren
aus der Väterzeit wie zum Buche der Psalmen. Karo-Lietzmann
unterscheiden 27 Typen von Psalterkatenen. Die Unter-
suchungen werden hier nicht wenig durch die vielen Prologe
erschwert, bei deren Komposition sogar verschiedene Typen,
wie es scheint, durcheinander geworfen wurden. Von den vier
Kettenkommentaren, die Spanien in 6 Hss besitzt!, stellt jeder
ı Escorial. 2. IV. 6 (früher E. IV.9 und I. IV.17) aus dem J. 1570
mit 436 Blättern (20,5 ><14,7) ist hierbei nicht mitgezählt. Er enthält
zwar am Kopfe vier kettenartig verschlungene Prologe (1. Eus. Pamph.
Tas Bißfkov. 2. Akkaıs tWv pv’ w. 3. Al dböceıs. 4. Ath. Tläoca uev ı
Beic), als Corpus aber f. 11’—8316° einen anscheinend einfachen Ps-
Kommentar. Der Scholien aus anderer Quelle sind zu wenige, um von
einer eigentlichen Katene reden zu können: f. 178° ‘Erepa £punvela
tod KupilXlou ’AdeE. ‘O0 dE Züuunaxos... ob diacWle zu Ps 102, 16; Fpn-
yoplov Nöoons* Ebppaiveran fr} tapdevos ... WLvönacraı zu Ps 113,1 und
einige AAloc-Zitate. f. 15 springt die Erklärung von Ps 2 auf 49 über,
so dals 3—48 fehlen. Der Codex ist falsch gebunden: nach f. 189’ wären
ff. 414—429 einzulegen. Zu dem Scholion 'H roö navaylou zu Ps 103, 1
die Note von späterer Hand: „Et ista etiam differunt ab aliis codicibus
Athanasii“. Die Unterschrift f. 316%: “Yno ’Avdpeov Aapuapiou ToD ’Em-
daupiov elAnpe TEpna ı} napoüoa BißAog apo Peupovapiw x’ (Miller, Cata-
logue des Mss. grecs de l’Escurial 487f ganz ungenau). Der gleiche Miller
findet (p. 192) auch in Escorial. Y. II.1 saec. 14 f.169 ein „fragment
d’une chaine des Peres sur les psaumes“. Die Hs enthält allerdings
f. 269-298” einen fragmentarischen Ps-Kommentar (30, 1—34,13), An-
352 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
eine andere Rezension dar. Im Interesse gemeinsamer Arbeit
halte ich mich an die von Karo-Lietzmann gewählten Stich-
psalmen 22 und 115.
1. Matritensis nationalis 4582, früher O. 71 ge-
zeichnet, eine Pergamenths aus dem 11. Jahrh., die auf ihren
378 Blättern (25,2><16,9) eine Breitkatene zu Ps 114,1 bis
134, 21 in prächtiger Altminuskel enthält. Titel und Anfang
f. 1: Tö rteraprov Bıßliov TWV EpunveaWbv ToUÜ waltfipog, "AlAn-
Aovia. ’Ev ToUTw TOV Aayüva... Av mpoundeiav, dann Text
Ps 114,1; des. f. 378” mit einem Chrysostomuszitat zu 134, 21:
EüAoyounevos 6 Beög... TA Ev Toig obpavois; darunter von
späterer Hand, etwa saec. 15, eine verblalste und schwer
leserliche Unterschrift. Die Schriftzüge der ersten Hand sind
senkrecht, die Spiritus bereits rund, lota subscriptum fehlt.
Die Titel, Namen und Initia rot, die Namen in Sigeln am
Rande. Der Bibeltext ist durch rote Randstriche markiert.
Der Codex ist im allgemeinen in gutem Zustande, nur f. 285—287
mulste eine grölsere Lücke in der Exegese von Ps 123 von
einer späteren Hand, welche die frühere Minuskel gut imitierte,
ergänzt werden; f. 288 inc. man. prim. 6\edpiwv Kai TäG...
Matrit. 4582 überliefert das 4. Buch der dem Niketas von
Heraklea zugeschriebenen Ps-Katene, die wahrscheinlich
in 5 Bücher eingeteilt war und von Karo-Lietzmann 32—35
als Typus VIII behandelt wird. Unser Madrider ist die
älteste von allen bisher bekannten Hss dieses Typus.
Wenn Niketas wirklich der Verfasser dieser Kette ist, stellt
unser Codex die höchste Autorität dar, weil er bis in die
Tage des Autors hinaufreicht. Hoffentlich finden sich die er-
gänzenden Brudercodices mit den übrigen Psalterteilen. Nach
meinem Specimen steht der von Karo-Lietzmann registrierte
Codex vom Athoskloster meinem Madrider ziemlich nahe.
zeichen einer kettenmälsigen Erklärung sind aber nicht zu entdecken.
Vermutlich hat die unmittelbar vorausgehende Epistelkatene die Katalog-
notiz veranlalst.
ı Coll. Ps 115 hat Matrit. 4582 nur folgende Varianten: 3 des. d1o-
piouod Acywv. 4 und 5 Name<. 5 des. dvßpwrötnra, 9inc. "En Tieon.
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 353
2—4. Matritenses nationales 4702—4704 (olım
O0. 23—25), drei Codices aus dem Jahre 1556, die sich gegen-
seitig ergänzen und auch äulfserlich sich wie Brüder gleichen
(Format 35,2 24), enthalten eine grols angelegte Ps- und
Odenkatene und zwar die von Karo-Lietzmann 25—-28
als Katene III registrierte Psalterkettee Grolse Ränder;
Schriftraum nur 24,713. Rubriziert sind die Überschriften,
der heilige Text, die Anfänge, auch die Namen, die mit wenig
Abkürzung am Rande stehen. Die schwarz geschriebenen
Namen sind wohl nachgetragen; auch andere Randnoten von
späterer Hand. Die Kettenform ist die der Breitkatene. Im
einzelnen:
Cod. 4702, f. 1—440'r Kette um Ps 1-—-48, 7. Inc. mit
einer poetischen, elfzeiligen Einleitung Tö daüua xamvov Wde
twv Öpwuevwv, dann f. 17 Yaitnpıov tu Add. Ps 1,1%. Evoce-
Biov Karsapeias’ Maxapıörntog uev kata ... Zwischen f. 239
und 240 eine Lücke von 5 leeren Blättern: f. 239” des. tv
oikouuevnv (Ps 32, 8), f. 240 inc. Tö Toüg poßovue&vous... Der
Cod. schneidet mitten in dem Basiliuszitat TIpög dVo npocwra
ab mit Toig ev Yap dıakkreran ||
Cod. 4703, f. 1—430 Kette um Ps 48, 8—90, 2, beginnt
mit der Fortsetzung des in 4702 abgerissenen Satzes KadapwWv
rv emi duvduei... f. 275 zwischen Ps 71 und 72 Randglossen
in anderer Tinte. Des. mit dem Scholion ‘Opäs donv &xeı...
ö &AmiZwv Emi oe; darunter als Custos Eikötwg* 6 yäp.
Cod. 4704, f. 1-386 Kette um Ps 90, 3—150, 6, inc.
Eikxötws‘ 6 yap Kata... f. 112” (Ps 104) ist das Eusebiuszitat
Twv &mypapouevwv am Ende, nach böAou ydäp uoı um etwa
5 Zeilen verstümmelt. Des. mit dem langen dAXog pnoiv Ev...
13 Beodwprtou xai Xpuoootöuou. 16 des. dıa Toürd pnoıv. 20 Bao. xai
Eüc. 21 Xpvoootöuou. 24 Name <. 28 AtopWrtarosc] AttopWrtepog. 30 inc.
Töros de ruiv. Incipit ist nicht überall sicher zu bestimmen. Der bei
Karo-Lietzmann fehlende Brit. Harl. 5791 saec. 17, ein jüngerer Bruder-
codex des Harl. 5677 saec. 15, geht nur in Nr 9 mit unserem Madrider
gegen die Athoshs, aber mit dieser gegen den \Madrider in 3 4 5
16 20 21 24 28 30; in 1 2 9 11 13 22 25 26 hat Harl. 5791 von beiden
variierende Lesarten.
Biblische Zeitschrift. I. 4. 23
354 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
xapıri Te Kai oikrıpuoig (Doxologie). f. 387—437 Odenkatene.
f. 438 ist der poetische Prolog Tö 8aüna xaıvov wiederholt.
Unterschrift: ‘H BißAog aurn nererpdpn Um E&uoü Kopvnkiou ToÜ
Naunkitws TWv Moupuoup£wv vioü ’Avdpeou &v 'Erincı dıdyovrog
Ereı TW dmo Ts Qeoyoviag apvs' MouvixıWvog eikädı.
Hinter dem Pariser 139 saec. 10, aus welchem Karo-Lietz-
mann 25ff Stichproben geben, steht der Drilling der spanischen
Nationalbibliothek nicht blofs zeitlich, sondern auch qualitativ
weit zurück!,
5. Escorialensis Y. IL.14 (olim III. H. 14 und V. Z. 11),
ein Pergamentcodex aus dem 11. Jahrh. mit 272 Pergament-
und einigen Papierblättern (24”<<19,2), enthält in prächtiger
Minuskel f. 1—55’ eine kettenartige Sammlung von Prologen,
Inhaltsangaben und Kapitellisten zum Psalter, von Exegesen
zu den Ps-Überschriften, f. 56-253” eine Rahmenkatene
zum Psalter, £ 254—272” eine ÖOdenkatene in gleicher
Form, des. mut. in dem Canticum Benedictus zu Lk 1, 71 mit
navrag Tolg Exdpoüg AuWv. Die Schrift ist sorgfältig. lIota
wird adskribiert. Am Rande Notizen, manche retouchiert,
von späteren Händen. Zwischen f. 17 und 18 ist ein Blatt
nicht paginiert. Vor den Glossen werden die Stichworte des
Bibeltextes wiederholt. Die Verbindung zwischen Text und
Glossen wird durch Zahlenbuchstaben, vereinzelt auch durch
Phantasiehaken hergestellt. Rubriziert sind nur die Über-
schriften und die Anfangslettern des heiligen Textes; die Namen
stehen schwarz und ausgeschrieben innerhalb der Zeile, — bei
der Austeilung des Katenenmaterials an die einzelnen Exegeten
wird also diese Escorialhs, soweit sie ihre Quellen angibt, ein
autoritatives Wort mitzureden haben.
ı Varianten Ps 22 aus 4702 f. 179"—182”: 1 Name <. 4 Meya]
Meydia. 8 alonep] Wonep. 14 Pdßos sic. 16 ovußovAnv-+ alvırrönevoc.
18 einfaches Lemma Ardünov. 22 TO <. 26 Erei] Eni. 27 inc. ’Ev TW
&keı Tod 00. 30 Name <. Ps 115 aus 4704 f. 216—221’: Sämtliche
Namen fehlen; aufserdem 5 &auröv] abröv. 7 Eni tw] emi ro. 8 fehlt.
10 övelparı M eixövi. 11 des. dianopedveran. 15 Eenavro0] &aurod. 18 Metath.
ayWor Toic. 19 Yevalws sic. 23 nevn] pußuouevn. 28 mit 27 verb-
&avtoüc] &auroic. 81 xai+ Ev. 85 üniv]) Auiv.
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 355
Die Katene von Psalterprologen f. 1—55" ist am
Eingange verblalst, fleckig, strichweise unleserlich und lücken-
haft. Das Lesbare inc.
1. Evoeßiou‘ "Emonuaivera TövV Kaıpov sg... (am Rande
von späterer Hand ’Npıy’ und Beodwpou), des. f. 1v yerevnuevnv
neravorav. ke TI EnANOUVONDaVv. e
2. Eiceßiou‘ Eig TO TeXog Ev Uyvois... "Rotep ndong
texvns... didacko [Lücke] tv Wönv eipjodaı [] Ta waırrıpıa
nkelotw [] Öpyava... Er&poıs Wwopelluwv.
3. Ardunou‘ "Ertepog EiTEv AdEIV.... AdÖöYVTWV autW.
4. ’Aotepiou- "Hyouv Emyerparntaı . . . TEAog Ev Üuvoic.
Ende des Kettenprologs:
1. TTpöypaynna eis rov Aauid Töv rpopntnv' Meta Tov
Mwuo£a ... waluoüg pv”.
2. "Yrmödeoıg Eioeßiou eis nv BißAov TÜV waluuv' Ts
BiBAov TWV yalulv ... tapakekevcıg Duvou Kadokıkr).
In dieser Kette werden zitiert: Apollinarius, Asterius,
Athanasius, Basilius, Cyrill, Didymus, Eusebius von Cäsarea,
Hesychius presbyter, Origenes, Theodor von Antiochien, Theo-
doret. Hier ist manches verlorene Väterfragment wiederzufinden.
Die Hesychiana wenigstens sind fast alle noch unediert.
Die Ps-Katene f. 56—253”" inc. BißXog yaluwv. 1,1ff
Td (P) naxapıog Övona... Tobrwv ouvedpıa. Ps 150 des. f. 252’
mit Lesarten aus Akylas und Symmachus, dann f. 253 Ps 151
ohne Erklärung; darunter eine Note saec. 13—14, des. Ws
diotouov naxaıpav. Leider ist nur ein Fünftel der Scholien
bestimmt lemmatisiert. Ich las die Namen Athanasius, Diodor,
Hesychius, Johannes (Chrysostomus), Maximus und Theodoret.
Diese Kette ist mit ganz wenigen Ausnahmen ein Auszug aus
dem gro/[sen und, wie es scheint, viel exzerpierten Typus XV
(Karo-Lietzmann 45ffl). Die Scholien zu Ps 22 f. 82” inc.
Tıv aurmv &xeı sind = XV 4 (als zweites hat Y. II. 14 Tlavro-
darınv AmöAaucıv . . . xapiZeraı) 5 9 10 15 19 20 (des. hier
daßdos ou xai ra Eric) 21 22 26 27 (inc. hier Tparelav
mv) 36. Die Scholien zu Ps 115 f. 211" inc. "Ynödeong Toü
w“ °O &Eßpaiog sind = XV 1 8 9 (Lemma: Toüö äyiouv Bacı-
23*
356 Faulhaber, Die Katenenbandschriften der spanischen Bibliotheken.
Aefou) 13 16 (des. pnoiv.) 20 22 (P) 26 28+29 30 31 (Lemma:
eis 6 abrö Beodw. des. Toüro.) 38 39 43 44 (inc. Taüta) 52
55. Der Escorialensis Y. II. 14 wäre also bei jener Hss-Gruppe
einzureihen, die von Karo-Lietzmann 48ff als Typus XVII®
registriert wurde und in gleicher Weise aus der Katene XV
den dritten Teil der Scholien exzerpiert!. In vielen Glossen
deckt sich diese Rezension mit der Paraphrasis Patrum, die
Corderius bei jedem Ps der eigentlichen Katene vorausschickt.
6. Escorialensis Y. L 2 (olim IL. 1. 8 und V. I. 10)
saec. 12. Pergament. ff. 530 (35,2% 26,7). Auf die Geschichte
der Hs fällt einiges Licht aus der Notiz des Vorsatzblattes:
Di Mons. Angelo Vescovo di Genova. Inhalt: f. 1—13’ acht Pro-
loge zum Psalter, f. 13’— 490’ eine Ps-Katene, f. 491 —530Y
eine Odenkatene. Von den Prologen ist 12 3—= XVIH 26
27 28 (Karo-Lietzmann); 4 = XV 21; 5 = XIII4; 6 Atzas
tov pv’ y eine Art Lexikon, eine Übersetzung der alphabetisch
geordneten hebräischen Ausdrücke in den Ps; 7 ‘'Er£pa ünö-
Bears TOD yalT. diapöpwv‘ TTäca uev Ypapr)... ermitacıg, vgl.
vI1, VIL8, X 25; 8 Heodwpntou tpodewpia eig ToUg y' "Enoi
uev Yap nrpöo tWwv...Awöneda Die eigentliche Ps-Katene
inc. TTporpori, Beoceßeias Kai Anorponn Toü Evavriou. Walnög
tb Add npWrog. Maxapıömrog nev pücer... und ist in der
Anlage eine der einfachsten, also wohl eine der ältesten Ps-
Katenen, ein Seitenstück zu der nur aus Hesychius und
Theodoret gebildeten Kette zu den kleinen Propheten. Die
meisten Scholien sind zwar anonym, am Anfange und ver-
einzelt auch später werden aber am Rande „Hesychius
monachus“ (f. 67 mit vollerem Lemma ‘Houxiou novaxoü xai
npeoßurepou) und Theodoret genannt?. Die eigentümliche
Schreibform der Kette weist darauf hin, dals diese zwei
1 Aulser dem Spanier fehlt bei Karo-Lietzmann 49f auch der Eng-
länder Bodl. Misc. 2 (saec. 10) f. 9—359, der freilich alle Namen unter-
drückt und deshalb vielleicht absichtlich übergangen wurde, inhaltlich
aber zu Typus XV in einem ähnlichen Verhältnis steht wie Escor. Y.II. 14.
Typus XV und XVII® sind in auffallend vielen alten Hss vertreten.
2 Das Lemma üAXoc, das wiederholt erscheint, soll vielleicht auch
nur „den andern“ von den zweien bezeichnen,
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 357
Exegeten den Fundus der Originalkatene bildeten; die Form
ist nämlich:
An den Rändern sind noch andere Scholien, teils schwarz,
teils rot, manche von späterer Hand, angemerkt. Der Bibel-
text ist in Stichen geschrieben und durch Goldschrift ausge-
zeichnet; in Gold auch die Titel, die Anfänge und die Namen.
Es will nicht gelingen, diese Ps-Katene mit einem von Karo-
Lietzmanns 27 Typen ganz zu identifizieren; relativ steht sie
nach meinen Proben dem Bodl Canon. 62 am nächsten, der dort
unter XXII registriert ist; einige Zitate finden sich auch in
XV und XXV1i. Für die Lösung des Hesychiusrätsels dürfte,
nähere Untersuchung vorausgesetzt, unser Escorialcodex wert-
voll werden?. Des. zu Ps 150 äAXos‘ Oüxk ’lovdaioı ... HEYag
xAndnceraı (Doxologie).
V. Odenkatenen.
Das Buch der Cantica, das Stiefkind der mittelalterlichen
und modernen Exegese, setzt sich in der Kettenliteratur ge-
ı Im einzelnen ist von den 21 Zitaten zu Ps 22 f. 89"—92 (ohne alle
Varianten zu verzeichnen): 1= XÄXV2; 2 = XXV 3; 3 ü&AXos (am Rande
Beodwpitou): Evrabda Atodelkvum ... xapiZerarı; 4 == C(anon. 62) 1, mit
anderem Des. auch XXIIl;5=XYV6, XXII3; 6 ev th xapırı... Blao-
pnueltar; 7 walls TÖ... orıyun; 8 Oeod. xAöonv Eevraüda... Ermydyero;
9 inc. es = XXI 9; 10 = XXILll, XV 18; 11= XXL 13, XV 24;
12=C12; 13 & tig pbaodong... vaod; 14 Evreüdev trpög... ÜreoTNpL-
gag; 15—17 = XXII 15 17 19; 18 Zxeı rn uuornpiov... &vßpwrov; 19 20
= XX1l1 21 23; 21 ol rWv npolexdevrwv.... Kxataoxnvot (in.=XX\XV 19).
Ps 115 f. 426—427°: 1= XXIll; 234=(C134; 5 ti dbvanaı, des.
= (66; 6 dos Eenlotevoa, de.=C7; 7ine.=Ü8, des. xdpıros abtod;
89= CC 910; 10inc. = C 11, des. &auroüg exdıdövrwv; 11 = XXII11-+12,
C 12 +13; 121314 = XXII 141617, C 151617; 15 evWmov ndvrwv
zuv Aylwv; 16 = XXII18, C 18; 17 Eäv uev oüv... Teleurv.
2 Die Hea.-Ringe der Kette decken sich mit den von Migne 27, 649— 1344
pseudonym unter Athanasius edierten Glossen. In der Theologischen
Quartalschrift, Tübingen 1901, 2, 227—229 habe ich diese pseudo-athanse-
»ianischen Ps-Glossen auf Grund englischer Hss als Eigentum des Hesychius
erklärt. Escor. Y. I. 2 ist ein weiterer Zeuge für Hesychius.
358 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
wöhnlich aus 13 Liedern zusammen !: Ex 15, 1—19 (1. Moses-
lied), Dt 32, 1—43 (2. Moseslied), 1Sm 2, 1—10 (Gebet der
Anna), Hab 3, 1—19, Is 26, 9b—19, Jon 2, 3—10, Is 38, 9—20
(Gebet des Ezekias), Dn 3, 24—45 (npoceuyn der drei Knaben),
3, 52—57 (Wön ders.), 3, 58—88 (Uuvog ders.), Lk 1, 46—55
(Magnificat), 1, 68—79 (Benedictus), 2, 29—32 (Ode Simeons).
Die altchristliche Exegese hat diese Lieder nicht blols im
Zusammenhang mit den Büchern, deren Perikope sie sind,
sondern auch für sich als einheitliches Buch kommentiert.
In den Unzialen ART steht das Odenbuch hinter den Ps;
in der gleichen Reihenfolge widmen ihm alte Isagogiker, z. B-
Barber. IIL 36 saec. 12 f. 158’—160, wie jedem andern bib-
lischen Buche eigene Einleitungen. Von der ganzen Reihe
der Katenen, die uns das Altertum neben einfachen Kommen-
taren zu dem Odenbuche hinterliels, sind die meisten noch
unbeachtet im Staube der Bibliotheken begraben.
Aulser dem von Corderius III 853—962 im Anschluls an eine
Psalmenkatene edierten Typus sind Odenkatenen nur stückweise
und zufällig in den Ausgaben von Exodus-, Deuteronomium-,
Königsbücher-, Propheten- und Lukaskatenen mitediert. Ich
beabsichtige, die Odenkatenen an anderer Stelle monographisch
zu untersuchen, und begnüge mich deshalb hier mit einer
kurzen Aufzählung der acht BREI ENeL Kettencodices
zu 2. Oden.
1. Matritensis nationalis 4704 a. 1556, oben S. 353f
näher beschrieben. Seine Odenkette f. 387—437 ist mit einigem
Plus und einigen Varianten = Corderiusausgabe.
2. Escorialensis Y. IL 14 saec. 11. Näheres über ihn
S. 354. Seine Liederkatene f. 254—272” inc. ’Qıön &orıv da
ist im Grunde die gleiche Rezension, die fragmentarisch in
den beiden Engländern, Canon. 62 saec. 12 und Barocc. 216
ı Als 14., bzw. als Ersatz für das 7., kommt zuweilen das Gebet des
Königs Manasse, als 15. in einigen Hss das „Gloria in excelsis“ dazu.
Über die sonstige Zusammensetzung des Buches, besonders in den Codd.
Alexandrinus, Veronensis, Turicensis, s. Swete, An Introduction to the
OT in Greek 2531,
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 359
saec. 15, vorliegt, und steht in den ersten Stichproben, aber nur
hier, dem Corderiustypus sehr nahe. Zur gleichen Gruppe gehört
3. Matritensis Palatinus 15 a.1563. Während 2 wenig-
stens einige Namen hat, besteht die Kette dieser Palasths f. 375
bis 438” inc. Tedauuaroupynke Yüap aus lauter anonymen Ringen,
4. Escorialensis Y.I. 3 saec. 16, dessen dürres Ketten-
fragment f. 240—242 zur Exodusode und zu Dt 32, 1—3 sich
als Auszug aus der einfachen, alten und wertvollen Katene
des Turiner Cod. B. VII. 30 saec. 8—9 darstellt.
Die folgenden vier Hss überliefern einen Typus, der zur
Corderiuskatene ohne Zweifel intime, sogar genetische Be-
ziehungen, dabei aber so viel Eigenartiges hat, dafs er als
eigener Typus — als spanische Gruppe — behandelt werden
muls Hier wird sich eine reiche Fundgrube für neue
Patristica, besonders für Hesychiana, erschliefsen. Die vier
folgen sich nach Alter und Qualität also:
5. Escorialensis Y.I.2 saec. 12, oben S. 356f beschrieben.
Seine Odenkatene f. 491—530” hat ein starkes Plus gegen-
über der Corderiusedition.
6. Matritensis Palatinus 29 saec. 14 (nicht paginiert).
Seine Liederkette steht materiell der vorgenannten Escorialhs
sehr nahe, formell aber, namentlich in Bezug auf Lemmata
und Quellenangabe, weit hinter ihr zurück.
7. Escorialensis Y. IV. 19 saec. 16 enthält gleichfalls
die spanische Odenkatene f. 11—158. Sie gleicht der Kette
der eben genannten Palasths wie ein Ei dem andern.
8. Escorialensis 92. IV. 6 a. 1570, allgemein oben
S. 351 A. beschrieben. Seine Odenkette f. 317—433’ (exkl.
414—429) ist eine gedankenlose Abschrift aus dem sub 6
genannten Matrit. Pal. 29.
VI. Salomonicakatenen.
Von den acht Spaniern, die für die Katenenforschung
zu den „Salomonica“, d.i. zum Hl, zu den Prv und zum Prd in
Betracht kommen, liegen 3 in Madrid, 3 in El Escorial, 1 in.
Zaragoza und 1 in Salamanca. Leider geht keiner von ihnen
860 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
über das 16. Jahrhundert hinauf. Sie sind bereits in meine
monographische Untersuchung der Kettenexegese zu diesen
Büchern einbezogen. Es sei mir deshalb der Kürze wegen
gestattet, die Codices hier nur zu nennen und auf meine
„Hohelied-, Proverbien- und Prediger-Catenen* (Theologische
Studien I 4. Wien 1902) zu verweisen:
1. Matritensis nationalis 4749 a. 1556, ein nächster
Verwandter zu dem Münchener 131, also auch zu den Parisern
154 und 172, enthält f. 186—262 die Prokopkatene zum Hl
(vgl. S. 24), f. 262"—355 Prokops Epitome zu den Prv (S. 99f),
f. 355—372 die Polychroniuskatene zu Qoh (S. 153f 156).
2. Matritensis Palatinus 20 saec. 16 überliefert gleich
zwei Hl-Katenen: f. 1—48” den Typus E, d.i. die Pseudo-Eu-
sebius-Katene (vgl. S. 52 55), und f. 49—229 den Typus B2,
d. i. die überarbeitete „Drei-Väter“-Katene (S. 7f 10).
3. Matritensis Palatinus 26 saec. 16 enthält f. 259—361”
die Polychroniuskatene zu den Sprüchen (vgl. S. 114) und
reiht sich in dem Gruppenbilde der zahlreichen C-Hss bei der
II. Gruppe Abteilung c ein (S. 121). Ihm zur Seite
4. Escorialensis Y. IL 2 saec. 16, im ersten Grade
mit 3 verwandt. Der Polychronius- oder C-Typus zu den Prrv
£. 1—111r (vgl. S. 114f 121 128).
5. Escorialensis R. I. 3 saec. 17 enthält wie der Pariser
152 die „Drei-Väter“-Katene zum Prd £. 1—69r und f. 70—173
den analogen Typus zum Liede der Lieder (vgl. S. 16f 140).
6. Escorialensis Y. IL. 4 a. 1573, neben der Madrider
Palasths 20 ein neuer Vertreter der Hoheliedkette B? f. 232—370
(vgl. S. 8-11).
7. Caesareae Augustae Cod. Pilae 1230 a. 1586
mit der Prokopkatene zum Hl (nach Graux-Martin). Dieser
Codex der Pilarbibliothek in Zaragoza ist die einzige Katenenhs,
die ich nicht persönlich eingesehen habe (vgl. S. 24 Anm.).
8. Salamanticensis Univ. Cod. 1. 1. 19 saec. 16 ent-
hält f. 104—149r die Pseudo-Eusebius-Katene zum Hl und
gehört engstens, vielleicht sogar im 1. Grade, zur Hss-Familie
des Matrit. Pal. 20 (vgl. S. 52f).
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 361
VOL Prophetenkatenen.
Zu den kleinen Propheten habe ich in Spanien keinen
einzigen handschriftlichen Kettenkommentar gefunden. Die
vier grolsen Prophetenbücher werden als Ganzes auch nur in
zwei Codices der Nationalbibliothek kettenartig erklärt. Die
übrigen vier hierher gehörigen Katenenhss der Halbinsel, dar-
unter zwei alte, enthalten, teilweise freilich recht fragmen-
tarisch, nur Is-Katenen in zwei verschiedenen Typen, in dem
sog. Johannestypus und in der Prokoprezension.
1. Matritensis nationalis 4671 (frühere Signatur O.8),
eine Papierhs aus dem Jahre 1574 mit 749 Blättern (35,1x< 23,7;
Schriftraum nur 25x10,7), enthält in der Form der Breit-
kateneeine Kettenerklärung nicht blols zu Is, wie der Katalog
der Nationalbibliothek meint, sondern zu allen vier grolsen
Propheten: f. 3—399v zu Is, f. 401—573 zu Jr, f. 573’— 584’
zu Bar, f. 585—604 zu den Klgl, f. 604"—607 zur Jeremias-
epistel 1, f. 609—675” zu Ez, f, 676—749r zu Dn. F.1-—2 ein
Brief; f. 2’ leer; f. 3 inc. die eigentliche Katene lückenhaft:
Too ar. Baoıkeiou Err. Karc. eis Tov 'Hoalav ÜmÖBecıg Pavep“
xai autödev Aentn. "Eteidrn) Kata Xp6vVoug ...
Die vielen Lücken und das öfter notierte Aeineı weisen
auf eine defekte Vorlage. f. 535” 536 sind unbeschrieben (nur
die Note: Auteı pbAov Ev sic); f. 535 des. idoV apeını, f. 536”
inc. idod !yw Emorewouar (Jr 36, 32 LXX). Ebenso f. 568’
569’ unbeschrieben: Lücke von hXiou töAlewg Ev TA bis Ounidv
rn Baonioon (Jr 51, 25). f. 617” durchstrichen. f. 629—630”
wieder leer; f. 628” des. ur} ouumopeuönevon, das Gleiche als
Inc. von f. 631. Die Ezechielkette endet fragmentarisch mit
Niveun; xatactpaproeraı zu 38, 2. Eine weitere Lücke von
31/2 Zeilen f. 729” zwischen Ag Pavraoiag und Evraüda zu
Dn 7,4. Aus diesen Lücken werden sich rascher als aus Stich-
proben die Vorlage und die Deszendenten, auch die Seiten-
verwandten des Matrit. 4671 bestimmen lassen.
ı Ist eigentlich ein einfacher Kommentar, weil nur Olympiodor
zitiert wird.
362 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
Als Katenentypus ist Matrit. 4671 im Wesen, das wenige
Plus abgerechnet, ein Auszug aus der Johanneskatene
zu den grolsen Propheten. Von seinen Isaiasprologen ist
1 = Joh. 3 (vgl. meine „Propheten-Catenen“ 46f), 2 = Joh. 5,
3 = Joh. 1; 4 "Hooias viög .. . hutpas &keivng in Joh.-Hss, z.B.
Chis. R. VIII. 54, am Schlusse; 5 ‘H tüv npopntWv... wuxfis
Autpov dem Madr. eigentümlich. Die ersten Scholien der Isaias-
kette sind = Joh.1 2 3 7 8 (vgl. meine Proben a. a. 0. 203f).
Von den 17 Nummern der Joh.-Katene zu Is 26, 12—14 (S. 204f)
fehlen im Madr. 2—7, 10—12, 14—17. Die zwei Endzitate
der Isaiaskette sind beiderseits die gleichen. Der Auszugs-
charakter des Madrider Typus ist also aufser Zweifel; ob er
aber deshalb und namentlich, weil er f. 13” das dem Joh. fremde
Prokopzitat "Notep Ö TeXeiounevog ... ArtoAoüvraı aufweist, mit
dem Niketastypus des Laur. V. 9 saec. 11 (H. Lietzmann in
den Göttingischen gelehrten Anzeigen 1900 Nr 12, 924f) sich
identifiziert, kann ich heute noch nicht untersuchen, da mir
Vergleichsmaterial aus dem Florentiner fehlt. Von den Pro-
logen der Madrider Jeremiaskette ist 1 = Joh. 2 (S. 208),
2 = Joh. 4 (soweit = Laur. V. 9 Lietzmann 926), 3 "'Onws 6
TWV ... rap’ auroü, 4 in Joh.-Hss am Schlusse (Proph.-Cat.
102), 5 Opnvwv.... voog. Die Kette selbst beginnt mit lauter
Chrysostomea, das erste Tö uev Övona ... Errayoutvou, und
endet mit lauter Olympiodorzitaten, das letzte Toüro rpöTte-
pov ... bndpxwv. Die Ezechielkatene scheint sehr nach-
lässig und willkürlich kompiliert: die wie Prologe vorangestellten
12 Scholien f. 609—614 sind mit Ausnahme des letzten jam-
bisch trimetrischen Yuxris TO Aaurpöv aus den ersten 50 Joh.-
Zitaten ausgezogen; dann erst beginnt die eig. Ezechielkette
mit Joh. 1215. Die ersten Glossen der Danielkette sind:
1. AavınA Av = Unterschrift in der Joh.-Hs Chis. f. 493”.
2. InnoAurou er.‘ Pwunsg’ Oütros= Joh. 1. Das vorletzte Scholion
Kai Evraüda... nv Aavagracıv, das letzte s. oben.
2. Matritensis nationalis 4717 (früher O. 39) saec. 16,
ff. 550 (33,6 > 23,2), enthält den gleichen Kettenkommentar
zu den gro[sen Propheten wie Matrit. 4671, nämlich f. 1—293
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 363
zu Is (inc. mit dem Basiliusprolog ’Enedr Kara xpövoug),
f. 294—389r zu Jr, f. 389"—-395r zu Bar, f. 395’—407’ zu den
Klgl, f. 407"—409 (sic) zum Jeremiasbrief, f. 410-485’ zu Ez,
f. 486—550 zu Dn. Lauter Breitkatenen. Matrit. 4717
stammt aus der gleichen Vorlage wie Matrit. 4671,
weil er die gleichen oben angegebenen Lücken im Eingangs-
prolog (vgl. im 4717 f. 1), vor Jr 36, 32 (f. 368”—369”r), vor
Jr 51, 25 (f. 387"sq), zu Dn 7, 4 (f. 522”, hier mit dem
Des. tig YPavracias, Eneiön Yap fivika Ttaurng) und andere
gemeinsame Muttermale hat. Direkt kann keiner vom andern
herstammen, weil jeder dem andern gegenüber einiges Plus
hat. Matrit. 4717 ist die bessere und vollständigere
Abschrift, vollständiger namentlich deshalb, weil er die im
Matrit. 4671 bei 38, 2 abgerissene Ezechielkette bis zum Ende
weiterführt; f. 4487 Nıveun) kataotpaproetaı, AAAA HETAVONdavTag
€dEZato ... des. f. 485” mit dem langen Oüx Erreıdr) Erepov ... TÜV
ölwv aitoüvrag (Doxol.). Hier fehlen alle Namen.
3. Escorialensis Y. II. 12 (olim III. H. 14 und III. H. 9),
ein Pergamentcodex saec. 10 mit 326 Blättern (25,3 x 18,6),
enthält f. 1—324” die zwei ersten Bücher der Is-Katene
des Johannes Drungarius, d.i. zu Is 1—42,9. Die Schrift,
die schönste Altminuskel, ist senkrecht und hängt von den
(41) Zeilen herab. Die Wörter ohne Zwischenraum, vielfach
auch ohne Akzente. Die Spiritus haben die eckige Form.
Jota subscriptum fehlt. Formell eine Rahmenkatene ohne alle
Rubriken. Die Namen, meist ausgeschrieben, innerhalb der
Zeile. Am Rande nur die Zahlenbuchstaben. Der Bibeltext
in grölserer Schrift. Die Namenliste der zitierten Autoren
auf dem Vorsatzblatt und f. 1 (von späterer Hand) ist un-
vollständig. Das erste und die vier letzten Blätter sind fleckig
und etwas zerfressen, aber doch fast noch ganz leserlich. In
der Mitte ist der Codex gut erhalten, am Kopfe ist er
leider verstümmelt: Inc. Tfg nmpopnreiag Toü deoneciov ....
ta vonnara (vgl. meine Proph.-Cat. 46 192—196); dann ein
Basiliusprolog ’Ereidr, xat& xpövoug, bricht f. 17 mit ouykata-
menkeyuevwv ab, dann zwei leere Papierblätter, und f. 4 inc.
364 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
Baonkeiouv- x’ ’Anödeifiv Tg Toü Beoü. Von der Johannes-
kette sind also hier Prolog 1, 3 zum Teil, 4, 5 und die
ersten 35 Scholien verloren gegangen; vgl. Chis. R. VIII. 54
f. 88’—93, Ottob. 452 f. 62—64. Das letzte (Theodoret-)
Scholion unseres Escor. Kaıva Toig... einov buivi zu Is 42, 9
ist genau das Endzitat des 2. Buches der dreigeteilten Johannes-
kette2; vgl. Chis. £ 195, Ottob. f. 115 und Proph.-Cat. 47£.
Dieses Explicit ist also nicht auf Korruption in der Über-
lieferung zurückzuführen, sondern vom Schreiber beabsichtigt.
Durch den Escor. Y. II. 12 wird die Joh.-Katene zu Is um
einen kostbaren Zeugen reicher; in wenigstens sieben Hss des
10. und 11. Jahrhunderts vertreten, hat sie nunmehr eine ganz
vortreffliche handschriftliche Grundlage Am nächsten, näher
als den Römern Chis. R. VIII. 54 saec. 10, Ottob. 452 saec. 11,
Vat. 755 saec. 11, steht unser Spanier dem Pariser 155
saec. 103. Mit diesem bildet er den Römern gegenüber eine
engere Familie. Die beiden haben zwar den originalen Um-
fang der Joh.-Katene um einige Scholien gekürzt, müssen aber
doch für Neuausgaben zu Rate gezogen werden. Die wert-
vollsten Joh.-Zeugen sind und bleiben die römischen Hss.
4. Matritensis Palatinus 43 (olim VII H. 3), eben-
falls eine alte Pergamenths, saec. 11, früher Eigentum des
Bartholomäuskollegs in Salamanca (laut Aufschrift f. 1 und 12),
mit 406 Blättern (30,4><20,7). Inhalt: Die Is-Katene des
i Diese Escorialhs ist also die Mutter des Engländers Oxon. Collegii
novi 41 saec. 16, der auf das Wort genau das gleiche Incipit, die gleiche
Lücke zwischen ouykatanenkeyuevwv und 'Anödeıkıv, und das gleiche Desinit
einov Öuiv zu Is 42, 9 hat.
2 Die Einteilung der Joh.-Katene in 3 Bücher tritt in diesem Spanier
viel deutlicher hervor als in den römischen Vertretern. Vor dem 2. Buch
wird sogar f.167 Prolog 1 wiederholt: "Nonep rs BißAou ... TA vornarta, dann
die Überschrift: Tüv eis TÖV TpopNTnv “Hoaiay rapaypaponevwv BıßAlov ß’.
® Im Vergleich mit meinen Stichproben (Proph.-Cat. 204 ff) hat der
Escor. folgende bemerkenswerte Varianten: Is 26 f. 203—204”: 1 und 2
umgestellt. OeodwWpou ‘Hp.] Beodwprtou. 3-6 <. 8 uev (h<) mdvrwv.
9 Evo. Karo. Pnoı) pacı. diaoWoaodaı] dıacwoaı. 10 dei] dn. 14<. Is 30
f. 232— 234: 3 napedwoav] naped6uncav. 8 BaßuAwvious. 9 5 Beöc. 11 <.
17 drı re ndvm] örı navri. 22 Aatpeiaıs. Mehrfach also auffallende Com-
munia mit Paris. 155, von dem Lietzmann, Catenen 72f Proben gibt.
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 365
Johannes Drungarius in der längeren Rezension der römi-
schen Hss. Inc. KepdAaıa ‘Hoaiou, dann die fünf Prologe (Proph.-
Cat. 46 f), danach f. 11” einige fremdartige Einlagen von anderer
Hand. Die Kette des. npeoßeiag navrwv Tüv Aylwv°’ ’Aunv.
Darunter schwer leserliche Unterschriften. Breitkatene; die
Namen innerhalb der Zeilen. Matrit. Pal. 43 ist ein
Brudercodex zu den Römern Chis. R. VILI. 54, Ottob. 452,
Vat. 755, weil er, von Dittographien und andern gemeinsamen
Eigentümlichkeiten abgesehen, f. 253—262 ursprünglich die
gleichen Lakunen zu Is 34ff aufweist, die ich in meinen Proph.-
Cat. 4f 7 43 an den drei Römern als Erbstücke von einer
gemeinsamen Mutterhs erwähnte; später wurden in der Madrider
Palasths die Lakunen genau wie im Chis. mit anderer Tinte
aus einer andern Quelle ergänzt.
5. Matritensis Palatinus 17 (olim VILD.4) saec. 16.
Papier. fi. 439 (30,5 >x< 20,2). Zur Geschichte der Hs die Notiz
f.1: D. epi Civitatensis. f. 1—221 der einfache Isaiaskommentar
des hl. Basilius (ed. Migne 30, 117—668), der bekanntlich nur
bis Is 16, 14 reicht; als Fortsetzung dieser Isaiasexegese
f. 221"—391"r ein fragmentarisches Exzerpt aus der
Johanneskatene zu Is 17,1—45,161. Das erste Scholion:
Beodwpntou. "laws dv tig... Apxäs Anyonaır (vgl. Ottob. 452
f. 88”); das letzte: "Onwg de... naprüpıa napiornoı zu 45, 16.
Die Vorlage des Matrit. Pal. 17 enthielt die gekürzte (Pariser)
Redaktion der Johanneskatene, die hier noch mehr gekürzt
wird und überall die Spuren nachlässiger Komposition an sich
trägt. Solch wertlose Kettenstücke aus dem 16. Jahrhundert
kann die Katenenforschung ferner getrost unbeachtet lassen.
6. Escorialensis Y. III 14 (früher VI. A. 10? und
IV. A. 4) a. 1572 enthält auf 494 Blättern (20,7x14,7) den
katenenartigen Kommentar Prokops von Gaza zu Is
1—29,1. Überschrift von erster Hand £. 1: Zuvaßpoıcıs ATd
ı Varianten zu meinen Proben S. 204f zu Is 26: 1 und 2 umgestellt
und ohne Namen. 2 &ni Ms vis. 3—7 fehlen. 8 Lemma Oeodwpftov.
des. un &vasımowamn. 9 biacWwoaocdaı] diacwoaı. 10 und 11 fehlen.
12 Lemma Beodwpitou. Yap<. des. äuaprdvovrac. 13 Name <. des. iarpol.
366 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
dıapöpwv EEnynoewv TTpokoriou xpıorıavoü (sic). Eig TÖV TTPOp.
“Hooiav. Inc. TIpoofniov‘ TIpopiirns 6 npopäaokwv ... Des.
fragmentarisch f. 494 zu 29, 1: Tpopr) Toig &k rWv dVo Aawv.
Ed. Migne 872, 1817—2252C. Unterschrift ib. ’EAkınts nv 10
teAog Imo TAG Apxanöıntos. “Yno "Avdpeou Aapuapiou elÄnpe
Tepua obv Bew Tob ’Emidaupiou Ev TW Ereı apoß' louAA a’ &ve-
tiale. Vgl. meine Proph.-Cat. 78ff.
Mit Ausnahme der letztgenannten gehen also sämtliche
Katenen Spaniens zu Is bzw. zu den vier grolsen Propheten
auf den Typus des Johannes Drungarius zurück. Das nähere
Verhältnis der Spanier zur Originalkatene und zu den aulser-
spanischen Johanneszeugen läfst sich in folgendem Stemma
veranschaulichen:
Johanneskatene zu Is
I. Madrider Gruppe I. Pariser Gruppe IH. Römische Gruppe
ui V.9 Paris. Escor. Matrit. Chis. Ottob. Vat. Matrit.
155 T.IH.ı2 Pal.ı7 R.VIIIL64 402 755 Pal.43
Matrit. Matrit.
4671 4717
/\
Oxon.Coll.n. Paris. Vat.
41 159 1153
Vat.Pii1l8 Angel.117
In Worten: Das Hss-Material der Johanneskette lagert
sich in drei Überlieferungsschichten. Decrescendo, auszugsweise
ist sie in Gruppe I überkommen, die von den zwei Madridern
4671 saec. 16 und 4717 saec. 16, zwei Brudercodices, gebildet
wird und vielleicht mit der Niketaskatene des Laur. V. 9
saec. 11 (s. 0. S. 362) identisch ist. Etwas weniger gekürzt, aber
immer noch decrescendo ist die Johanneskatene in Gruppe II
enthalten, vertreten durch Paris. 155 saec. 10 (Lietzmann, Ca-
tenen 71ff), durch den gleichalterigen Escor. Y. IL. 12, dessen
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 367
direkter Nachkomme der Oxforder Coll. novi 41 saec. 16 ist, und
durch den Matrit. Pal. 17 saec. 16. Am vollständigsten und
getreuesten wird die Johanneskatene in III, in der römi-
schen Gruppe, überliefert. Die ältesten Vertreter dieser
Gruppe, die drei Römer Chis. R. VIII. 54 saec. 10, Ottob. 452
saec. 11, Vat. 755 saec. 11, und der Spanier Matrit. Pal. 43
saec. 11 gehen sämtlich. auf die gleiche Vorlage zurück (vgl.
meine Proph.-Cat. 7 42f). Von dem Chis. leiten Paris. 159 saec.
13—14 (S. 203f Anm.) und Vat. 1153 saec. 12—13 (S. 10—12)
und durch des letzteren Vermittlung auch Vat. Pii 18 saec. 16
und Angel. 117 saec. 16 (S. 20f 43f) ihre Abstammung her.
VIIL Katenen zu ntl Büchern.
Die spanischen Bücherbestände sind auffallend arm an
Evv-Katenen: zu Markus bieten sie gar keinen, zu den drei
andern nur einen einzigen Kettenkommentar. Auch an Epistel-
katenen finden sich nur zwei Mss. Im ganzen fand ich zu ntl
Büchern folgende Typen in folgenden spanischen Hss':
1. Die Mt-Katene des Niketas von Heraklea in
zwei sich ergänzenden Pergamentcodices des 12. Jahrhunderts,
Matrit. nat. 4739 (früher O. 62) mit 281 Blättern (30,2 21,2)
und Matrit. nat. 4740 (früher N. 140) mit 289 Blättern in
gleichem Format. Die Teilung geht mitten durch die Exegese
von 11, 25: 4739 expl. KupidXou ’AkeE. 'Evraüdıa TO... Exwv
ovowödWs; 4740 inc. Zopoüg Evraüdı ... evxapıcrei pncı Die
Kette beginnt: "Eder uev Nnäs... Xpıioroü Evdiarpiyaı und
endet 4740 f. 289": Toü Xpuoootöuou‘ Ob HET’ Ekeivwv HÖ-
vwv... drolauowuev Ev Xpiorw (Doxol.). Die Schrift ver-
rät Sorgfalt. f. 1, teilweise auch 1” und 2, sind retouchiert;
sonst sind die beiden sehr gut erhalten. Formell Breitkatenen.
Rubriziert nur die Namen und die Initia. Die Namen ohne
ı Escor. X. III.3 wird man kaum zu den Katenen rechnen können,
Er enthält f. 1—32Y (dieser Teil saec. 12) den Text der Apostelgeschichte
(des. mut. xwAücar dU sic = 10, 47), von einem anscheinend einfachen
Kommentar umrahmt. Nur einmal (f. 5) wird der Name Chrysostomus
und dreimal ein äAkog zitiert.
368 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
Abkürzungen teils am Rande, teils in der Zeile. Am Anfang
viele Anonyma. Späterhin werden zitiert: Athanasius, Basilius,
Clemens (4740 f. 47. 53), Cyrill Alex., Dorotheus, die drei Gregor
(Nyssenus, Theologus, Thaumaturgus), Johannes Chrysostomus
(mit dem Löwenanteil), Johannes Damascenus, Irenäus (z. B.
4740 f. 51"), lIsaias der Aszet, Isidor, Makarius, Markus der
Mönch, Maximus, Nilus, Titus von Bostra. In ihren Codd.
4739 und 4740 besitzt die Madrider Nationalbibliothek einen
der ältesten, vollständigsten und besten Zeugen der
Matthäuskette des Niketas. Jedenfalls wird man für künf-
tige Teilausgaben diese zwei, vielleicht sogar als Kronzeugen,
heranziehen müssen. Auch die Gesamtausgabe dieses Typus
durch Corderius wird nach ihnen, namentlich in den Lemmata,
zu verbessern sein!.
2. Die Lk-Katene des Makarius Chrysokephalus
in dem Matritensis Palatinus 27 (olım VIL B. 2) saec. 16
f. 1— 346”. Im ganzen ff. 394 (29,6 >< 20,2). Stammt aus der
bischöflichen Bibliothek von Segovia. Inc. ohne eigene Über-
schrift: Evayrelıkwv dıavorav Pnuatwv Xpucortpakog ... f. 27
Aöyog a’ Evayyelıov ... des. f. 346”: eupndeinuev rävtes Ev
avrw XpıorWw (Doxol.). Schriftform der Breitkatene. Rubra
nur am Anfang. Die Namen in Sigeln schwarz am Rande.
Zu dieser Makariuskatene vgl. J. Sickenberger, Titus von
Bostra 47—50.
3. Der Corderiustypus zum Johannesevangelium
in dem Matritensis nationalis 4673 saec. 16 f. 262— 542”.
Allgemein ist die Hs bereits oben S. 154 beschrieben. Über
Genesis und Autor der Kette fehlt jede Angabe. Als Über-
ıi Über die Mt-Katene des Niketas vgl. J. Sickenberger, Titus
von Bostra 51—54. Von Lietzmann (Catenen 82f) wird sie als Typus IV
registriert. Man kennt bisher als Seniores nur zwei Hss saec. 12: Marc.
1.61, der aber schon Mt 9, 8 abreifst, und Paris. 202. Im Vergleich mit
letzterem (Stichproben zu Mt 9, 32ff bei Lietzmann, Catenen 82f) hat
unser Spanier 4739 f. 239—241” nur folgende Varianten (in Nr 1—9):
8 Fpnyopiov BeoAöyov. 5 des. erayyeiXeodaır Bacıkeiav. 6 Bea (dE nor <) kai.
9 öpyavov] öpyava. Sehr ferne können sich also die zwei Niketaszeugen
der französischen und der spanischen Nationalbibliothek nicht stehen.
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 369
schrift nur: Edayyekıov xarda ’Iw’. Inc. ’luavvou Er. Kwvot. Toü
Xpvo. Evayyeklıa xadoüvt Av... napadeintar TO evaryyeAXö-
uevov. "Aliws* Aöyos AtayreAiwv . . . TO TTPOTdOKWueEevov 1.
Das letzte Scholion: 'Rpıy&vous‘ Ob yüp uövov ApıduW ...
evayrelıoroö 'Iwdvvou (Doxol.).. Corderius 474f. Im Wesen
ist die spanische Jo-Katene mit dem von Corderius edierten
Typus identisch, trotzdem sie einige Male Plus, andere Male
Minus hat?. Übrigens hat der Corderiustypus mit der Cramer-
schen Jo-Katene so viele Scholien in gleichem Umfang und
Wortlaut gemeinsam, dals zwischen diesen beiden sicher ein
genetisches Abhängigkeitsverhältnis besteht.
4. Von einer Katene zu den ntl Briefen liegt der
gleiche Typus zweimal vor:
a) im Escorialensis Y. Il. 1 (früher V. ©. 3, VIL.f.7
und II. ©. 2) saec. 14. Bombycin. ff. 298 (30,3 x 23,4). Die
Hs ist durch Feuchtigkeit beschädigt. Zu dem Kommentarstück
über die Ps s. o. S.351f Anm. Auf einem Vorblatt: ’Einynoig
dıapöpwv eis nacag TAg EmiotoAds. Auf einem andern Vor-
blatt von einer Hand saec. 16 eine Tliva£ der Hs; ebendort
eine ungenaue Namenliste der Scholiasten. Anfang ver-
stümmelt: Das lesbare Incipit von f. 1 autW kai rpoGeXeuoTt£ov;
erster Text f. 17 Röm 7, 22, dazu: "Eow dvApwrov TOV Voüv...
xao’ AuWbv emreixionacn (Inc. = Cramer IV 202). Die einzelnen
Epistelkatenen: Röm des. f. 40"; 1Kor f. 41-927; 2 Kor
92—1287; Gal 129—144’; Eph 144’—161’; Phil 1617—173v;
ı In der Ausgabe (Catena Patrum graecorum in S. Ioannem ... nunc
primum in lucem edita... a B. Corderio S. J., Antverpiae 1630) S.1. Hier
ein zweites aAAwc-Scholion. Von den Eingangsnummern des Corderius
fehlen in unserer Hs überdies 6—12 und 19. Corderius scheint auch bei
dieser Edition die Scholien seiner Quellenhs mehrfach umgestellt, anders ge-
teilt oder verbunden, bereichert, kurz mit grolserWillkür behandelt zu haben.
32 Numeriert man die 13 Scholien des Corderius S. 301—304 zu Io
12, 1—8, so wären sie, um ihre Ordnung und Gestalt im Matrit. 4673
f. 419Ysqq zu erhalten, also zu ordnen und zu ändern: 1 (inc. 'Iwdvvou‘
Kai us @ikoı de ai). 8. 5 (Aunwviou mpeoß, Ob gaveig ebdüs ...). 4. 2. 7.
6. + ’Auuwvlou- ’Ev Tdfeı Yap... tAnpoDv Töv xdouov. 8. Oeod. ‘Hp. 9 (6 <).
10 (dE <). + ’Anolıvaplou Töv oiktov TÜV... . Anootölwv EdriAwoav.
Cramer II 324. 11+12. 13 des. twv rrwyxWv.
Biblische Zeitschrift. I. 4. 24
370 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken.
Kol 173’—182; 1 Thess 182—191; 2 Thess 191—196; 1 Tım
196—208°; 2 Tım 208’— 216°; Tit 217—221; Phm 221’— 222°;
Hebr 222’—233° (des. TIpog ‘Eßpaious ... oOtixor wn’); Jak
233’—242 (inc. infra); 1Petr 242—250°; 2 Petr 250’—255;
1Jo 255-264; 2Jo 264”; 3 Jo 264’—265 (Bibeltext ohne
Erklärung); Jud 265 —268 (des. eiköva rrapd trv Beiav Beuevog).
Rubra fehlen. Der heilige Text durch <am Rande gezeichnet.
Die Namen in Sigeln am Rande.
b) im Escorialensis &. L 5 (früher IV. ©. 7, IH. 16,
III. A. 5 und I I. 13) saec. 16. 399 Blätter im Formate
34,6 x 23,7. Auf dem Vorblatt: &£nynois dlapöopwv eig Tracag
tags EmotoAag. BıßAlov EAkeıntes. Beginnt fragmentarisch
mit oüpavov Baka0cav° 6 Yüap oUpavöv Pncıv Ööpwv Ev8uundr-
oeraı zu Röm 1,20. Die Röm-Katene des. f. 63°; 1 Kor 64—122°;
2 Kor 122166; Gal 166—188; Eph 188— 211”; Phil 211— 229;
Kol 229—240°; 1 Thess 240’—253’; 2 Thess 253’—260°; 1 Tim
261—278‘; 2 Tim 278’—289°; Tit 239"—296; Phhm 296—297°;
Hebr 298—347 (des. TIpog ‘Eßpaious ... dia Tıuoßeou); Jak
347’—359; 1 Petr 359’— 372; 2 Petr 372 —378°; 1Jo 379— 391°;
2Jo 391’—392°; 3 Jo 392’—393; Jud 393’—397’ (des. wie a).
Die Liste der xepakaıa ist hier von der ünößencıg, die jeder
Kette voransteht, getrennt (anders in Y. IL. 1). Die Namen
rot am Rande. Escor. £. I. 5 zeigt viele Lakunen: Wort-
und Zeilenlücken f. 9 10 22 24 29 33 108’ u. a. Ganze
Seiten und Blätter sind unbeschrieben zwischen f. 7° (des.
dnoßWwv dfıov) und 9 (inc. dıa yap vönov), f. 19 (des. uäAAov
Nneis oi) und 22 (inc. doing‘ xadwg), f. 34” (des. TOÜ Jwriipog)
und 37 (inc. npoZevei oOtepavwv), f. 38” (des. Oapkög Aöyw)
und 40° (inc. tw yap BouvAnuanı), f. 176 (des. ToÜ rpayuaTtog)
und 177 (inc. npocet&#n). Auch f. 308—343° sind leer. Diese
Lücken bilden ebensoviele Merkmale zur Bestimmung der
nächsten Verwandten des Codex.
Ich gebe zu diesem Typus einige Stichproben, aus
denen sich zugleich intime Beziehungen zu den von Cramer
edierten Katenen, für die katholischen Briefe noch mehr wie
für die paulinischen, erkennen lassen:
Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 371
I. Anfang der Kette zu 2Cor:
1. Yrnödeong ... Taurnv Emotella And ... EmmAdctoig TTP0O-
tideodaı (= bmößecıg + kepäkaıa Cramer V 345—347),
2. Oeodwprtou. Ti dntote... Trpög dpernv (Cramer 346).
3. Ayloug autoüg ... TAG Tpooprioewg (Cramer 348),
4. EvAoynrös 6 Beög... Kai deonörng (aus Cramer 348f).
IL Anfang der Jakobuskette:
1. Tü xepdaima tig EmortoAfs. TTepi brrouovig... tepi dAndelag
(Cramer VIII 1—34 passim).
2. Toig And TWV dwdera ... ATOTTOAOG Ypapeı.
3. Aconös yap TIg &orıv... TEAeıov Ayeı (Cramer 4+5).
III Die 2Jo-Kette besteht aus nur zwei Ringen:
1.”H npög &xkAnoiav.... nveunarıkWg (Cramer VIII 146).
2. ’Eav tig Ayand ... releiwoeı ttapavounv (mit Plus Cramer
147).
In beiden Spaniern sind ganze Briefe, wie 1 Thess, Tit,
Phm, Hebr, 3Jo, Jud, ohne Namen. Der jüngere 2.15
ist im Lemmatisieren der Scholien etwas genauer. Zu den
Paulusbriefen bilden Johannes Chrys., Theodoret und Oku-
meniusi den Fundus der Kette. Es werden zitiert?: Athana-
sius (1Kor, 2Petr), Basilius (1 Tim, 1 Petr), Cyrill (p k),
Dionysius (1 Kor), Didymus (1 Petr), Eusebius (1 Kor, 1 Petr),
Gennadius (p), Gregor (1 Kor), Hesychius (Jak, 1 Petr), Ignatius
(1 Petr), Johannes Chrysostomus (p k), Isaias (Röm), Maximus
(1 Jo), Ökumenius (p), Origenes (Jak, 1 Petr), Severianus (p k),
Severus (p k), Theodor (1. 2Kor), Theodoret (p). Die Er-
forschung der Epistelkatenen steht noch ganz am Anfange;
sie schreien nach einem Spezialforscher.
! In der Philipperkette wird Theodoret und Ökumenius je einmal,
zu Eph nur Ökumenius genannt.
2 Ein beigefügtes p oder k will sagen, ob der Autor zu den pauli-
nischen oder zu den katholischen Briefen zitiert wird. Vermutlich müssen
nämlich die Katenen nach diesen beiden Kategorien getrennt unter-
sucht werden.
24*
Chronologie des Apostels Paulus
von seiner Bekehrung bis zur Abfassung des
Galaterbriefes (37—5”7 n. Chr.).
Von Rektor a. D. Joseph Aberle in Breslau.
IT (Schlußs).
ls den Ort, wo der Streit zwischen den pharisäisch gesinnten
Ankömmlingen aus Judäa und Paulus und Barnabas ent-
brannte und die letzteren beiden nach Jerusalem gesandt wurden,
bezeichnet Lukas ausdrücklich Antiochien; Paulus aber nennt
den Ort, von wo aus er 14 Jahre nach seiner Bekehrung nach
Jerusalem mit Barnabas hinaufging, nicht. Doch kann dieser
Ort kein anderer gewesen sein als Antiochien; denn nach der
Apostelgeschichte wirkte Barnabas gemeinschaftlich mit Paulus
immer nur in dieser Stadt. Ebenso wird die Vorgeschichte
des Streites wieder nur von Lukas (Apg 15, 1—4) ausführlich
erzählt; Paulus hingegen ignoriert sie gänzlich, nicht als hätten
diese Vorgänge sich kurz vor dem Gal 2,1 Erzählten nicht
ereignet, ihn bewog vielmehr ein anderer Grund, sie nicht
zu erwähnen: jene erregte Szene, die er und Barnabas mit
jenen Ankömmlingen in Antiochien zu bestehen hatten, mochte
wohl dem Historiker Lukas einen geeigneten Stoff zur Bericht-
erstattung abgeben, dem Apostel Paulus für den Zweck seines
Galaterbriefes aber unbrauchbar erscheinen. Hier bedurfte
er vielmehr scharfer Waffen, um die „falschen Brüder“, die
das Ansehen seines Evangeliums und seines Amtes in den
galatischen Gemeinden zu erschüttern suchten, energisch zu
entlarven. Durch Erwähnung jener Szene, bei der der Streit
zumal unentschieden blieb, hätte er dies nicht erreicht, wohl
Aberle, Chronologie des Apostels Paulus etc. 373
aber, wenn er den Galatern schreibt, wie er unter den Augen
der Apostel im Kampfe mit den „falschen Brüdern“ den
doppelten Siegespreis errang, nämlich 1. die bedingungslose
Anerkennung des Titus als vollberechtigtes Mitglied der Kirche
und 2. die Anerkennung der Wahrheit seines Evangeliums
seitens der Apostel in Jerusalem, der zufolge diese ihn mittels
Handschlages in den hehren Chorus Apostolorum aufnahmen.
Von diesem das Ansehen des Weltapostels unter den
galatischen Gemeinden stärkenden Akte erwähnt Lukas in
seinem Konzilsberichte zwar nichts; dennoch aber ist aus der
Situation, die der Galaterbrief zeigt, ersichtlich, dals er nur
auf dem Konzile stattgefunden haben kann.
Nach Lukas’ Berichte war der Streit, der in Antiochien
mit den pharisäisch gesinnten Ankömmlingen aus Jerusalem
ausgebrochen war, die Ursache, warum Paulus mit Barnabas
nach Jerusalem hinaufreiste; nach dem Galaterbriefe wurde
diese Reise veranlalst durch eine dem Paulus zu teil gewordene
Offenbarung. Doch läfst er den ursprünglichen Grund zu
dieser Reise durch den Gebrauch der Worte rois dokoücıvy,
Tolg dokoüvrag, womit er auf die damals in Jerusalem gerade
anwesenden Apostel hinweist, unzweideutig durchblicken. Solch
eine minderwertige Bezeichnung für seine hohen Amtsgenossen
kann Paulus, der gleich darauf die Auszeichnung, die ihm durch
die Offenbarung zu teil geworden sei, nennt, unmöglich selbst
erfunden haben. Solche Bezeichnungen müssen aus dem Munde
solcher Leute gekommen sein, die sich dem Paulus feindlich
gegenüberstellten, seiner Missionspraxis unter den Heiden die
Gültigkeit absprachen und sich auf die Judenapostel in Jeru-
salem als „die Geltenden“ beriefen, die immer nur das Evan-
gelium der Beschneidung predigten. Paulus, dem durch frühere
Offenbarungen und Visionen sein Beruf zum Verkündiger der
Wahrheit des Evangeliums, durch das die Heiden ohne Be-
schneidung und Gesetz des Heiles teilhaft werden sollten, zu-
gesichert war, konnte vor diesen Widersachern keinen Augen-
blick im Zweifel sein über den göttlichen Ursprung und die
Rechtmäfsigkeit seines Heidenapostolates; aber um dem Vor-
374 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
wurfe der Gegner, dals er ins Leere laufe, dals seine Predigt
ungültig sei, die Spitze abzubrechen, entschlielst er sich zur
Reise zu den Aposteln in Jerusalem. Dieser Reise zum Apostel-
konzile, der dritten des Paulus nach Jerusalem, mus also der
Streit mit den „falschen Brüdern“ vorangegangen sein, der
die Ursache war, warum er die Reise unternahm. Die Offen-
barung, der zufolge er sich dazu entschlofs, ist wohl nur aus
denselben Gründen ergangen, die er in seiner Rede Apg 22, 21
anführt. Er zögerte, den Streit, den er vor Gott entschieden
wulste, vor seinen Mitaposteln entscheiden zu lassen; hierzu
ermahnte ihn erst die Offenbarung.
Dafs jenes Separatübereinkommen zwischen Paulus und
Barnabas einerseits und den Säulenaposteln anderseits sich
in die Verhandlungen auf dem Apostelkonzile sehr wohl ein-
fügen lasse, ergibt sich aus einer Betrachtung über den Gang
der Begebenheiten, wie ihn uns die Berichte der beiden bib-
lischen Quellen vorführen.
Nach dem Wortlaute dieser beiden Quellen wurden beide
Abgeordnete der Antiochener in Jerusalem von der ganzen
Gemeinde, den Aposteln sowohl wie von den Ältesten und
übrigen Christen, empfangen. Die Verhandlungen, die auf einen
bestimmten Tag festgesetzt worden waren, gruppieren sich deut-
lich in drei verschiedene Teile und lassen sich erkennen als:
1. Die Vorträge. Paulus legt ihnen, d.h. der gesamten
Gemeinde, insbesondere aber den Aposteln, das Evangelium
vor, das er den Heiden verkündige. Es scheint dies den theo-
retischen Abschnitt der Vorlage zu bilden; denn nach Lukas’
Bericht (Apg 15, 4) verkünden Paulus und Barnabas, wie viel
Gott durch sie (unter den Heiden) getan hatte; sie berichten
hiernach über die Ausführung des an sie ergangenen Auftrages
ı Mit Recht falst Schäfer in seinem Kommentar zum Galaterbriefe
die Worte Gal 2,2 unmwg eig xevöv Tpexw f} Edpauov als Frage auf, die
der Apostel seinen Widersachern, den „falschen Brüdern“, entgegenhält,
da dieselben ihn bei den galatischen Christen zu verdächtigen suchten,
als predige er auf eigenen Kopf hin, als laufe er ins Leere, ohne jemals
auf Anerkennung seines Apostolates und seines Evangeliums seitens der
Urapostel rechnen zu können.
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37”—57 n. Chr.). 375
der Predigt unter den Heiden und über den grolsen Erfolg
derselben. Dieser Abschnitt behandelt die praktische Seite
unseres 1. Punktes.
2. Die Disputationen. Der Erfolg des ersten Teiles
war vor der Versammlung ein überaus grolser. Titus, den
Paulus mitgebracht hatte, um zu erproben, ob ihn, den un-
beschnittenen Heidenchristen, die judenchristliche Mutterkirche
als vollberechtigt anerkennen werde, wurde nicht gezwungen,
sich nachträglich beschneiden zu lassen. Das war ein harter
Schlag gegen die Widersacher des Paulus, die „falschen Brüder“,
die von Antiochien, wo sie seine Missionspraxis bisher aus-
gekundschaftet und die von ihm Bekehrten zur Beschneidung
hatten zwingen wollen, nach Jerusalem mit heraufgekommen
und in der Versammlung auch zugegen waren. Sie sind es, die
nun den Streit aufs neue beginnen. Beide Quellen, die des
Lukas wie die des Paulus, erwähnen ausdrücklich diesen
Streit. Sein Ergebnis ist
3. Die Konferenz zur Beschlulsfassung und das
Dekret. Diesen Abschnitt berichtet nur Lukas (Apg 15, 7—29)
ausführlich, wogegen Paulus uns (Gal 2, 9) den hochwichtigen
Akt in der Sonderverhandlung zwischen ihm und Barnabas
und den Säulenaposteln überliefert, worin diese, Jakobus,
Kephas und Johannes, nachdem sie in den Vorverhandlungen
gesehen, dals dem Paulus das Evangelium an die Heiden
anvertraut worden sei, und die Gnade erkannt hatten, die ıhm
hierzu von Gott gegeben war, den Paulus (und Barnabas)
mittels Handschlags als Heidenapostel anerkannten.
IV. Ort und Zeit der Abfassung des Galater-
briefes, Die Adressaten.
Unterliegt es nach unsern bisherigen Ausführungen keinem
Zweifel, dals die Berichte in Apg 15, 1—29 und Gal 2, 1—10
denselben Gegenstand behandeln, der zu gleicher Zeit, d. h.
i. J. 51 auf dem Apostelkonzile entschieden wurde, so kann
der Galaterbrief, dessen Verfasser sich auf den Akt der Auf-
nahme ins Apostelkollegium beruft, nur nach dem Jahre 51,
also nach dem Apostelkonzile geschrieben worden sein.
376 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung
Die Apostelgeschichte, welche jetzt die Hauptquelle für unsere
Bestimmung des Ortes und der Zeit für die Abfassung dieses
Briefes ist, berichtet aus der Zeit nach dem Konzile über die
weiteren zwei Missionsreisen, die der Heidenapostel in die
Landschaften Kleinasiens und in die Gebiete des europäischen
Orients unternimmt. Auf seiner 2. und 3. Missionsreise war
er in Galatien und gründete auf jener die Gemeinden, an die
er seinen Brief später richtete.
Erst nach seinem zweiten Aufenthalte in diesen Gemeinden,
also während seiner 3. Missionsreise, müssen die „falschen
Brüder“ ihr Zerstörungswerk, wodurch sie diese Gemeinden
von Paulus abtrünnig machen wollten, begonnen haben. Um
sie davor zu behüten, schrieb der seeleneifrige Apostel ihnen
seinen Galaterbrief, worin er seine Apostelwürde und die
Wahrheit seines Evangeliums ihnen durch unwiderlegbare Tat-
sachen vor die Seele führt. In der Zeit, als er das zweitemal
von ihnen abgereist war, befand er sich in Ephesus, wohin er
nach unserer Berechnung, die wir in einem späteren Artikel
bringen wollen, i. J. 54 n. Chr. kam. In dieser Hauptstadt der
Provinz Asien wirkte er nach Apg 20, 31 drei Jahre hindurch,
also bis z. J. 57 n. Chr.; im Verlauf der ersten zwei Jahre ent-
sandte er den Timotheus nach Korinth; bald darauf schrieb er
seinen 1. Korintherbrief. In diesem Briefe macht Paulus die
Korinther darauf aufmerksam, dals er während seiner (letzten)
Anwesenheit bei den Galatern dieselben angehalten habe, eine
Sammlung für die arme Muttergemeinde in Jerusalem unter sich
zu veranstalten (1 Kor 16, 1), und wir können daraus, dals er
von Störungen des Friedens und der Einigkeit daselbst nichts
erwähnt, schliefsen, dals in dem Zeitmomente, wo Paulus den
1. Korintherbrief schrieb, i. J. 56 oder 57, die „falschen Brüder“
unter den galatischen Christen noch nicht aufgetreten waren.
Der Brief an diese, wodurch den Zerstörungsversuchen
jener entgegengewirkt werden sollte, kann also frühestens erst
i. J. 57 n. Chr. geschrieben worden sein.
In welchem Teile Kleinasiens hatten aber diese Galater,
die Paulus ausdrücklich mit diesem Namen bezeichnet, ihre
bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 377
Wohnsitze? Prof. Weber sucht durch eine reiche Fülle scharf-
sinnig ausgewählter Beweisgründe klarzustellen, dals die Adressa-
ten des Galaterbriefes jene Gemeinden waren, die Paulus auf
seiner 1. Missionsreise vor dem Apostelkonzile gegründet hatte,
und die denjenigen Teil der damaligen römischen Provinz Ga-
latia bewohnten, den nicht die eigentlichen Galater bevölkerten,
sondern den die griechischen Lykaonier im südlichen Teile der
Provinz, die sog. Südgalatier innehatten. Gegen diese wegen
ihrer gründlichen Entwicklung gewils hochzuschätzende Hypo-
these erheben sich m. E. gewichtige Gründe, die sowohl die
Apostelgeschichte als auch der Brief angibt.
In der Apostelgeschichte werden 19, 1 diejenigen Gegen-
den, die Paulus auf seiner 3. Reise, ehe er nach Ephesus
sich wandte, T& avwrepıka uepn, d. h. die oberen, höher ge-
legenen Gebiete von Galatien, wo die eigentlichen keltischen
Galater wohnten, genannt.
Dafs diese Gegenden in der Tat über 100 m höher liegen
als der an das Taurusgebirge grenzende südliche Teil der
römischen Provinz Galatia, ist durch gelehrte Forscher hin-
reichend nachgewiesen worden. Ferner ruft Paulus seinen
Galatern jene Opferwilligkeit ins Gedächtnis zurück, die sie
ihm bei seiner ersten Anwesenheit bezeugsten. Solchen Helden-
mutes, den der Apostel Gal 4,15 an ihnen rühmt, sind nur
Menschen fähig, denen es von Natur und vermöge ihrer Er-
ziehung und Sitten gegeben ist, nicht fein erzogene Griechen,
sondern naturwüchsige Kelten. An solche ist der
Galaterbrief gerichtet.
ı Suetonius, Claudius 25, zeigt, wie sehr z. Z. des Galaterbriefes
noch der Hang zu grausamen Handlungen den Galliern innewohnte;
ebenso Caesar, De bello Gallico 6, 13—14. Dafs die kleinasiatischen Galater
ihren Stammesgenossen in Gallien in diesem Naturell nichts nachgaben,
ergibt sich aus der Rede des Königs Mithridates d. Gr. von Pontus bei
Justinus, Hist. 38,4. Galatische Typen aus der pergamenischen Zeit
veranschaulichen uns noch heute antike Bildwerke, so „Der sterbende
Galater“ im kapitolinischen Museum und „Der tote Galater‘“ im Museum
zu Venedig. Abbildungen davon bei Springer, Handbuch der Kunst-
gesch. I, Leipzig 1898, 209.
Das Comma Ioanneum (1 lo 5, 7)
im 16. Jahrhundert.
Von Prof. Dr. Aug. Bludau in Münster i. W.
(Schlufs.)
eumann! berichtet, dafs die Bibliothek zu Wittenberg noch
zu seiner Zeit das Handexemplar der Vulgata (ed. Froben,
“ Bas. 1509. Fol.) aufbewahre, in dem Luther 1Jo 5, 7 mit einem
Obelisk bezeichnet habe; nach Wetstein? steht das apophthegma
Lutheri in einer Vulgata, die in Leipzig aufbewahrt wird.
Joh. Gerhard erinnert in einem Brief vom 27. Mai 1630 an
Hoe? an ein Bibelexemplar Luthers auf der Jenenser Biblio-
thek, das von Luthers Hand zur Stelle die Bemerkung habe:
„In coelo non est testimonium sed clara visio“. Wie mir Herr
Dr. K. Müller, Direktor der Universitätsbibliothek zu Jena,
freundlichst mitteilte, befindet sich die Notiz auf dem inneren
schmalen Rande einer Wittenberger Ausgabe des NT Luthers
vom Jahre 1540.
Spätere haben gegenüber den Angriffen, die wegen Aus-
lassung der Stelle gegen Luther erhoben wurden, als habe er
„amore Wiclefi, incuria, ignorantia artis criticae, temeritate,
malitia, odio Trinitatis“+ die Stelle fortgelassen, diesen in
ı Praef. in Luth. com. in I Ep. Ioh.
2 Proleg. II 722.
3 Der Brief ist abgedruckt in Io. Gerhardi Vita, Lips. 1727, 541.
4 Palm, De cod. 137f; Buddeus, Isagoge historico-theologica, Lips.
1730, 1349; 8. z.B. Adam Tanner, Anatom. August. Contess. I, Ingolst.
1613, 2, 8 24; B. Keckermann, System. Theolog. 44 (abgedruckt in
Opp. Genev. 1614, II), der da meint: „Lutherum non posse nec deberi ex-
cusari.“
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 379
Schutz genommen, wenigstens ihn zu entschuldigen gesucht.
So antwortet Balthasar Raith! den Gegnern, Luther habe in
seinem NT den Text, insoweit er gesichert war, liefern wollen,
und er habe deshalb den Vers, der noch Zweifeln unterworfen
war, wohl fortlassen können, da er nicht in allen Ausgaben stand,
deren er sich bediente. Ähnlich Ägidius Hunnius, Christophor.
Pelargus, Joh. Gerhard, Nikolaus Hunnius, Kettner?. Es bleibt
auch Kölling? nur der Trost: „Lebte Luther jetzt, würde er
es erleben, wie der hohe Artikel der Thrinität von seiner
donnernden Höhe herabgestürzt ist, ... so würde er... 1 Joh
6, 7 aufs eingehendste untersucht, sich in seine Tiefen hinein-
gesenkt und die verlorene Perle aus der Tiefe gehoben und
die Dreizeugenstelle dem jetzigen Geschlecht als ein Stück
Felsengrund gezeigt haben.“
Die Ausgabe von 1545 sollte die Normalausgabe, gleich-
sam das letzte Vermächtnis Luthers sein, „mit welcher auch
alle teutsche Bibeln übereinstimmen müssen, wenn sie den
Namen echt lutherischer Bibeln verdienen wollen“#.
Aber schon 1546 erschien wieder eine Ausgabe mit Än-
derungen, die jedoch nicht von Luther selbst, sondern von dem
Korrektor Rörer herrühren dürften. Die Dreizeugenstelle findet
sich bereits in einem im Jahre 1549 zu Wittenberg gedruckten
deutschen Evangelien- und Epistelbuch und forderte den Protest
Bugenhagens heraus. Die Warnung und Beschwörung Luthers
und dieser Protest Bugenhagens bewirkten es, dafs die Stelle
ein Menschenalter hindurch der deutschen Übersetzung Luthers
ı Vindiciae Vers. germ. Lutheri, Tubing. 1676, 18.
2 Aeg. Hunnius, Antipareus I, Francof. ad Moen. 1598, 131f. Pe-
largus, Admonitio de Arianis recentibus eorumque blasphemis dogmatibus,
Lips. 1605, 30 fl. Gerhard, Dissert. theolog. ex dieto Apostolico 1 Ioh
6,7(ed.5), 13f. Nikol. Hunnius, Bedencken: Ob Lutherus ein Crimen
falsiı mit Auslassung 1 Joh V,7 in seiner Bibel-Version begangen habe?
Die Schrift steht bei Starck, Historia Eccles. Lubecens. V 950 ff; vgl.
Palm, De cod. 141; Kettner, Hist. 17ö£.
? Die Echtheit etc. 38.
4ı H. Schott, Gesch. der teutschen Bibelübersetzung D. Martin
Luthers, Leipzig 1835, 105. Bindseils Ausg. VIxv zzır.
5 S. darüber weiter unten.
380 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert.
fern blieb. Über die Zeit, wann sie zum erstenmal in die
Übersetzung Eingang fand, herrschen die verschiedenartigsten
Meinungen. Nach K. Braune, Abbot, Luthardt, B. Weils!
kennt die Lutherbibel unsere Stelle seit dem Jahre 1582;
nach Rickli, Düsterdieck, Ebrard, Gloag? hat sie erst 1593
ihren Weg in die lutherischen Bibeln gefunden; nach Ende-
mann3 ist das Einschiebsel in die deutschen Bibeln erst seit
1596 eingeschmuggelt worden. Nach den Angaben aber von
Palm, Krafft, Goeze, Panzer, Mönckeberg, Schott! u. a. findet
man die Stelle 1 Jo 5, 7 bereits in der Frankfurter Luther-
bibel vom Jahre 1574 „in Verlegung Joh. Feyerabends von
Paul Reffeler gedruckt“. Sie berufen sich dafür auf Kettner,
der zuerst den Frankfurter Druck von 1574 erwähnt; die Aus-
gabe selbst haben sie nicht eingesehen. Kettner jedoch ist in
seinen Angaben nicht immer zuverlässig. Ich habe diese Aus-
gabe nirgends auflinden können ®.
ı K. Braune, Die drei Briefe des Apost. Joh. in Langes Bibel-
werk. NTXV, 3. Aufl. besorgt von Arnold Braune, Bielef.-Leipzig 1886,
4. Aufl. 1890, 144. Abbot, The Authorship of the Fourth Gospel 461.
Luthardt, Die Briefe des Apost. Joh. in Strack-Zöcklers Kurzgef.
Komm. IV2, München 1895, 261. B.Weifs, Die Johannesbriefe®, Göttingen
1899, 143 Anm.
2 Rickli, Joh. erster Brief, Luzern 1828, 40. Düsterdieck, Die
drei joh. Briefe II, Göttingen 1852, 356. Ebrard, Die Briefe Joh., Königs-
berg 1859, 363. Gloag, Introduction to the Catholic Epistles, Edinburgh
1887, 305.
3 Neue kirchl. Zeitschr. X (1899) 581.
ı Palm a.a.0. 171. Krafft, Prodromus historiae vers. germ. Bib].,
Hamb. 1714, 87. Goeze, Verzeichnis seiner Samlung 191f. Panzer,
Entwurf einer vollständigen Gesch. der deutschen Bibelübersetzung D. M.
Luthers v. J. 1517—15872, Nürnberg 1791, 493. Mönckeberg, Beiträge
zur Herstellung des Textes der luth. Bibelübersetzung, Hamb. 1855, 152.
Schott a.a.O. 159. 5 Hist. 222.
° H. Pallmann (Sigmund Feyerabend, sein Leben und seine ge-
schäftlichen Verbindungen: Archiv für Frankfurts Gesch. u. Kunst. N. F.
Bd V1I, Frankt. 1881) erwähnt die Ausgabe nirgends. Joh. Adam Göz
(Geschichtl.-liter. Überblick über Luthers Vorschule, Meisterschaft und
vollendete Reife in der Dolmetschung d. heil. Schrift, Nürnberg u. Altdorf
1824), der für die Zeit von 1546 bis 1581 24 Frankfurter Nachdrucke der
vollständigen Bibel aufzählt (S. 215—221), beruft sich für die Ausgabe von
1574 (S. 220) ebenfalls auf Kettner.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 381
In der ersten Lutherbibel, in welcher die Verszählung
eingeführt wurde, in dem Heidelberger Druck vom Jahre 1568
in 40, steht wohl die Versziffer 7 am Rande, aber der Raum
für 11/2 Zeilen ist daneben frei gelassen!. Auch in einer Frank-
furter Ausgabe vom Jahre 1570 in 40 ist 1Jo 5, 7 wohl in
dem lateinischen Text nach der Vulgata vorhanden, aber in der
deutschen gegenüberstehenden Übersetzung fehlt die Stelle
gänzlich, obgleich andere Veränderungen, welche die lutherische
Übersetzung seit 1546 erfahren hat, Aufnahme gefunden
haben2. Ich habe den Vers zuerst gefunden in einer aus der
Bibelsammlung Lorcks stammenden Bibel3, welche 1576 zu
Frankfurt a. M. gedruckt ist (Fol.) bei Christian Egenolffs
Erben, „in Verlegung Doct: Adami Loniteri, Doct: Joannis
Cnipiy, vnd Pauli Stemmeyers“. Der Text lautet: „Denn drey
sind die zeugen im Himmel: der Vatter, das Wort, und der
heilige Geist, und die drey sind beysammen.“ Auch in den
Frankfurter Ausgaben* aus den Jahren 1577 in gr. 80 (durch
Peter Schmidt in Verl. Sigmund Feyerabends), 1578 in 89,
1593 in 40 findet sich 1Jo 5,7. Doch ward die Stelle längst
nicht in alle Bibelausgaben aufgenommen. So fehlt sie in
den bei Joh. Feyerabend gedruckten Bibeln aus den Jahren
1578 Fol, 1580 Fol., 1581 Fol., 1582 in 8°, 15835; sie fehlt auch
in der Ausgabe von 1594 und in der bei Joh. Sauer 1606 in
Fol. zu Frankfurt gedruckten Bibel®.
ı S. Panzer, Entwurf 500 557. — „Dafs Johann Sylvanus, der in
Heidelberg 1572 enthauptet wurde, und der bekannte Adam Neuser die
Aufsicht bey dem Drucke dieser Bibel gehabt und geflissentlich die Stelle
1Joh 5, 7 zum Behufe ihrer Irrlehre in einigen Exemplaren weggelassen
heben, ist ein blofses Vorgeben ohne Grund“ (Göz, Überblick 222; vgl.
Nestle in Prot. Monatsh. 1902, 401ff).
2 Rickli, Joh. erster Brief 40.
3 Auf der Königl. Landesbibliothek zu Stuttgart.
4ıS. Krafft, Prodr. 87; Schott, Bibelübersetzung Luthers 160.
Kettner (Hist. 222) nennt als Frankfurter Ausgaben, in denen die Stelle
steht: 1576 Fol., 1578, 1583 (Okt.) „tempore Hartmanni Beyeri Senioris“,
1581 Fol. bei Christ. Egenolff’s Erben (vgl. Unsch. Nachr., 1711, 159).
5 S, Goeze, Verz. 319; Göz a.a. 0. 221.
6 Panzer, Gesch. der Nürnberger Ausgaben der Bibel, Nürnberg
1778, 185.
382 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
Unter den in Wittenberg gedruckten Ausgaben ist wohl
die Quartausgabe des Zacharias Lehmann aus dem Jahre 1596
die erste unter den obersächsischen, welche die Worte auf-
genommen hat!; in der im Jahre 1594 bei Lehmann erschienenen
fehlt die Stelle noch. Auch die niedersächsische Quartausgabe,
bei Lorenz Seuberlich 1599 in Wittenberg herausgegeben,
kennt die Stelle, doch steht sie hier in Klammern und mit
lateinischen Kursivlettern gedruckt?. Die obersächsischen
Ausgaben von Lor. Seuberlich aus den Jahren 1604 Fol., 1605
in 40, 1606 Fol. enthalten ebenfalls den fraglichen Vers. Die
niedersächsische Ausgabe von Seuberlich 1607 Fol. hat ihn
wieder fortgelassen, wie er sich auch nicht findet in der
zu Wittenberg 1607 Fol. durch Wolfgang Meilsner gedruckten
in „Verlegung Zacharias Schürers und seiner Consorten®,
„Diese beiden sind auch unter den Wittenbergischen die letzten,
in welchen die Stelle fehlet.“3 Die bei Wolfgang Meilsner
in Wittenberg 1609/10 erschienene Ausgabe hat bereits wieder
die Stelle ohne alle Unterscheidungszeichen, ebenso eine neue
Auflage der genannten Schürerschen Bibel, die 1612 aus
derselben Druckerei hervorging*. Luthers Text blieben treu
mehrere Hamburger Ausgaben aus den Jahren 1596, 1619,
1620, wie auch die belgischen Übersetzungen, die zu Emden
durch Corn. van Cohorst 1611, zu Amsterdam 1624, Harlem
1624 erschienen5. Die Hamburger Biblia Wolderi 1596 ent-
hält die Stelle, aber sie ist mit kleineren Buchstaben gedruckt.
Der Vers steht auch in der deutschen Bibel Leipzig 1591 und
in der Lutherbibel Neustadt a. d. H. 15917, ebenso steht er
in der niedersächsischen Bibel „gedrucket tho Goßlar by Jo-
han Vogt, In verlegginge Hans Sterne, Boeckhendlers tho
Lüneborg“ 1614, aber er ist in kleineren Schwabacher Lettern
ı Palm, De cod. xxıv. Goeze, Verz. 196 267.
2 Goeze, Verz. 196 266. Lorck, Bibelgeschichte I, Kopenhagen
u. Leipzig 1783, 372.
3 Goeze, Verz. 196; vgl. 267. ı Goeze, Verz. 197.
58. Rickli a.a. O. 40. 6 Palm a.a. 0. 172.
? Palm a.a. 0. 173.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 383
gesetzt!. Mit denselben kleineren Lettern ist er gedruckt in der
niedersächsischen „Biblia. Dat ys de gantze hillige Schrifft, Sas-
sısch. gedr. tho Gosslar, In Vorlegginge Joh. Andr. Hinrick, Fra-
trum der Sternen, Boeckhendlern tho Luneborg“, 16212. Hingegen
im niedersächsischen „Nye Testament Jesu Christi. Gedrücket
tho Lübeck dorch Hans Witten“ (in 80%) vom Jahre 1615 und
im niedersächsischen „Nye Testament gedr. tho Hamborch dorch
Paul Langen 1619“ (in 8°) ist die Stelle wieder fortgelassen 3,
Von andern Bibeln, welche die Stelle enthalten, nenne
ich noch die des Elias Hutter, Nürnberg 1599, jene 1595 zu
Herborn erschienene, gegen welche „mit Calvinischem Gifft
beschmeiste Deutsche Bibel“ die Wittenberger Theologen eine
„Trewherzige, Nottwendige vnd ernste Warnung an alle evan-
gelischen Kirchen deutscher Nation“ (Wittenberg 1598) er-
lieisen, und die sog. Piscatorbibel, die zuerst in Herborn
1602—6 erschien. Panzer+ erwähnt noch aus diesem Zeit-
raum eine 1616 in Nürnberg (verlegt bei P. Kaufmann) und
eine daselbst 1628 bei Wolfgang Enders gedruckte Bibel,
welche die Stelle in Parenthese haben.
Seit dem Anfange des 17. Jahrhunderts ist die Inter-
polation in zahllosen Ausgaben der Lutherbibel zu finden und
zwar ohne jedes Zeichen eines Zweifelss. „Die Macht der
Tradition war lange Zeit so grols, dafs die wenigsten Geist-
ı Goeze, Verz. 268; ders., Historie der niedersächsischen Bibeln
von 1470—1621, Halle 1775, 388 f,
3 Goeze, Verz. 268; Historie 388 f.
3 Goeze, Verz. 267; Historie 399 400. Über die Stelle in den
holländischen Überselsungeh des lutherischen NT s. Goeze, Verz. 270
271 273. Goeze (Historie 166) erwähnt eine Hamburger Ausgabe von
Luthers Übersetzung aus dem J. 1523 (in 80), deren plattdeutscher Aus-
druck in manchen Stücken von dem Ausdruck der niedersächsischen
Wittenberger Ausgabe von 1523 abweicht und die berühmte Stelle 1 Jo
5,7 vollständig enthält; s. Meyer, Gesch. der Schrifterklärung Il 258 n. 56.
— Die Halberstädter in niedersächsischer Sprache 1523 gedruckte Bibel
ist nach der Vulg. gefertigt und enthält unsern Vers; s. Baumgarten,
Nachr. von einer Hallenser Biblioth. VII, St. 41 (1751), 388 f.
4 Gesch. der Nürnberger Ausg. 184f 187.
5 Vgl. etwa L. Mönckeberg, Tabellarische Übersicht der wichtig-
sten Varianten der bedeutendsten gangbaren Bibelausgaben, Halle 1865, 26.
384 Biludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
lichen eine Ahnung davon hatten, dafs die Stelle ursprünglich
nicht zur Lutherbibel gehörte“, und viele Universitätsprofessoren
„in gleicher Verdammnis“ waren!. — In der sog. Probebibel vom
Jahre 1883 (Halle) sind die bestrittenen klein gedruckten Worte
in eckige Parenthesen gesetzt, und unter dem Vers ist die
Bemerkung, welche schon im „revidierten Neuen Test.“ vom
Jahre 1870 (Halle) zu lesen stand, beigefügt, dals sie in Luthers
Übersetzung fehlen und ihr erst später zugesetzt seien? In
der „durchgesehenen“ Ausgabe, Halle 1892, sind die Worte
ganz aus dem Text herausgeworfen, und der untere Rand der
Seite enthält die kurze Anmerkung, dals die betrefienden
Worte sich weder in den älteren Handschriften des griechi-
schen Textes noch in Luthers eigener Übersetzung finden’.
Werfen wir noch einen Blick auf die deutschen Bibeln in
Schweizer Mundart. — In jener, die auf Betreiben des Freundes
und Studiengenossen Zwinglis, Leo Jud (gewöhnlich Judä), in
Anlehnung an Luthers Übersetzung zu Zürich bei Chrystoffel
Froschower 1530 (8% gedruckt wurde#, steht 1Jo 5,7 im
fortlaufenden Text, aber mit kleineren Lettern gesetzt; ebenso
in der Folio-Ausgabe von 15315. Der Text lautet: „Dann
drey seind die Zeugnuß geben im Himmel, der Vater das Wort,
vnd der hailig gayst, vnnd die drey dienen in ayns.“ In andern
Ausgaben, wie in denen aus den Jahren 1534, 1536, 1540, 1545,
1552, 1554..., ist der Vers in Klammern eingeschlossen, so auch
noch in der Ausgabe vom Jahre 1589 aus der Froschowerschen
Ofiizin, der ersten schweizerischen, in welcher die Versteilung
durchgeführt ist Aber schon die Froschowerschen Ausgaben
ı Nestle in Prot. Monatsh. 1902, 402.
28. W.Grimm, Kurzgef. Gesch. der luther. Bibelübersetzung, Jena
1884, 59; Lagarde in Gött. Gel. Anz. 1885, I 57 ff.
3 Kamphausen, Die berichtigte Lutherbibel, Berlin 1894, 28.
+8. über die Ausgabe Mezger, Geschichte der deutschen Bibel-
übersetzung in der schweizerisch-reformierten Kirche von der Reformation
bis zur Gegenwart, Basel 1876, 74 Anm. 1; Goeze, Verz. 229ff; Panzer,
Entwurf 260 ff.
5 Rickli, Joh. erster Brief 38.
6 Mezger a.a.0. 151.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 385
von 1557 und 1560, 1561 lassen die Klammern weg!. Auch
die Basler Ausgaben von Brilinger 1552, 1556 hatten den Vers
ohne Klammern2, die in der Bibel des Andreas Gessner des
Jüngeren vom Jahre 1554 (Zürich) noch zu finden sind? In
der Ausgabe Froschowers aus dem Jahre 1535, in der die
lateinische Übersetzung des Erasmus (ed. 5) neben der deut-
schen steht, ist unsere Stelle in Klammern eingeschlossen.
Die deutschen Übersetzungen der Bibel, die im 16. Jahr-
hundert auf katholischer Seite publiziert wurden, haben alle die
lateinische Vulgata zur Grundlage und enthalten demnach das
Comma lJoanneum. Hier. Emser wollte, wie der Titel seiner
Übersetzung anzeigt: „Naw Test. nach lawt der Christlichen
kirchen bewerten text corrigirt vnd widerumb zu recht gebracht
(Dresden 1527)“, keine selbständige Arbeit bieten!, sondern
nur eine Verbindung älterer und neuerer Übersetzungen in
kirchlich rechtgläubigem Sinn liefern, und benutzte auch die
„neue Dolmetschung“ Luthers. Den Text hatte er mit zahl-
reichen Randglossen versehen, die sich auf Auslegung und
Übersetzung beziehen und teilweise polemisch gehalten sind.
So lautet die Randbemerkung zu unserer Stelle: „Luther auff
guth Arianisch teutscht dies wie folget: Und d. geyst ists, der
da zeuget, das geyst warheyt ist. Darnach last er daz hym-
lisch getzeugnis Vater Son vü hyligen geyst gar ausen. Das
yrdische getzeugnis setzt er nympt yım aber den namen, das
es yrdisch sey.“ Auch in der Bibel des Dominikaners Joh.
Dietenberger (Köln 1534) und in der ganz verunglückten
ı Rickli, Joh. erster Brief 383. Ebrard, Die Briefe Joh. 363 Anm.
Nicht also erst 1597, in der Zeit, wo die Stelle als Beweisstelle in den
Züricher Katechismus aufgenommen worden sei, sind die Parenthesen
fortgefallen, wie Paulus (Die drey Lehrbriefe des Johannes, Heidelberg
1829, 242) und Mezger (Bibelübersetzung der schweiz.-ref. Kirche 132)
anzunehmen scheinen.
2 S. Abbot, The Authorship of the Fourth Gospel 462.
3 Goeze, Verz. 237: V. 7 nicht mehr „dienend in eyns“, sondern
„sind eins“, aber V. 8 noch „dienend in eins“. Mezger a.a.O. 146.
ıS. Janssen, Gesch. des deutschen Volkes seit dem Ausgang des
Mittelalters VII !-12, Freib. 1893, 561 ff; bes. Lindmeyr, Der Wortschatz
ıin Luthers, Emsers und Ecks Übersetzung des Neuen Test., Strafsburg 1899.
Biblische Zeitschrift. I. 4. 25
386 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert,
Bibel Ecks (Ingolstadt 1537) lesen wir die Stelle Der vor-
treffliche Kölner Pfarrer Kaspar Ulenberg (7 1617) hatte die
Dietenbergersche Übersetzung stark überarbeitet in gewissen-
haftem Anschluls an den von der Kirche gutgeheilsenen Text
der Ausgabe Sixtus’ V. Seine Arbeit erschien zu Köln 1630.
Von den Mainzer Theologen (Köln 1662) verbessert, erschien
diese Bibel gewöhnlich unter dem Titel „Catholische Bibel“
oder „Mainzer Bibel“, so dafs sie in dieser Gestalt als die
eigentliche deutsche Bibel der Katholiken betrachtet werden
kann. Schon 1526 hatte ein Speierer Kanonikus, Jakob
Beringer, es unternommen, Luthers Übersetzung des NT mit
wenigen, fast nur dialektischen Änderungen versehen in
katholische Kreise einzuführen? (Stralsburg 1526). Es finden
sich nur die Worte des V. 8: „Den drey seind die da zügen,
der geist, vü das wasser, vnd das blüt, vü die drey seind
eines.“
Für das niederdeutsche Sprachgebiet veröffentlichte der
Karmelit Nikolaus Blanckart 1547 zu Köln eine nach der
Vulgata korrigierte Verdeutschung der ganzen Heiligen Schritt,
in der unser Vers ebenfalls vorhanden ist.
Es sei gestattet, noch auf einige Übersetzungen der Bibel
in moderne Sprachen, welche im 16. Jahrh. gedruckt wurden,
die Aufmerksamkeit hinzulenken. Jene Übersetzungen in die
romanischen Sprachen, welche dem Vulgatatext folgen, z. B.
die französischen von Jacques Le Fevre von Etaples (Paris 1524
bei Simon de Colines), die Löwener (1550), die italienische
von Nicolö di Malherbi (Venedig 1471), oder die polnischen,
wie die Übersetzung Leopolitas (Krakau 1561) und die Wujeks
(Krakau 1593), kommen für unsere Untersuchung nicht weiter
in Betracht, sondern nur diejenigen, welche auch den Grundtext
berücksichtigen.
ıS. Wiedemann, Johann Eck, Regensburg 1865, 619. Die Eck-
sche Bibel 1537 ist nicht in Ingolstadt gedruckt, sondern der dortige
„Buchführer“ Jörg Krapff liels bei Alex. Weilsenhorn in Augsburg sie
herstellen ; s. E. Schröder in Gött. Gel. Anz. 1900, 276.
2 S. Panzer, Entwurf 331f. Serapeum XV (1854) 333 ff.
Bludau. Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 387
Ein Vetter Calvins, Pierre Robert, bekannter unter dem
Beinamen Olivetanus, hatte eine Bibelübersetzung ins Fran-
zösısche aus dem Grundtext unternommen, die 1535 von Pierre
de Wingle (Pirot Picard) in dem Dorfe Serrieres bei Neuchätel
in Fol. (4 vols.) gedruckt wurde!. Die Stelle 1Jo5, 7 ist
übersetzt wie in der franz. Antwerpenschen Bibel 1530, einer
Neuauflage jener 1523/4 bei Simon de Colines erschienenen.
Sie lautet: „Car il en ya trois qui donnent tesmoingnage au
ciel: le pere, la parolle et le sainct esprit et ces trois sont
ung.“ Am Rande jedoch hat Olivetan die Bemerkung gemacht:
„Diese Stelle fehlt in vielen alten griechischen und lateinischen
Exemplaren.“ — Auch die gründlich durchgearbeitete Revision,
welche 1588 die Genfer Geistlichkeit (la Venerable Compagnie)
erscheinen liefs, hat den Vers. Die Übersetzung des Rene
Benoist (Paris 1566) stimmt grölstenteils mit der Genfer Über-
setzung überein.
Der Florentiner Antonio Bruccioli behauptete, in seiner
italienischen Übersetzung des NT (Venedig 1530 u. ö.) auch
auf den Grundtext zurückgegangen zu sein, in der Tat folgt
er aber der Version des Pagnini. Er kennt die Stelle. In
dem Nuovo Commento ... tom. VII (Venedig 1544) macht
er die Bemerkung zur Stelle: „Non e assai esemplari greci:
appare essere aggiunto in margine, da qualche uno, il quale
non vidde, per la acqua significarsi la celeste dottrina, per
sangue la redemptione & per lo spirito la virtu & amministra-
tione divina.“ In den Ausgaben des NT von dem Dominikaner
Zaccaria 1542 und von Domenico Giglio 1551, welche beide zu
Venedig erschienen, lesen wir die Stelle, ebenso in der Über-
ı S, Rosenmüller, Handbuch für die Literatur der bibl. Kritik
und Exegese IV, Göttingen 1800, 406. Urt. u. Übers. 191f. In der
franz. Bibelübersetzung der Waldenser stand die Stelle in der Form:
„Trois choses sont qui donnent tesmoing au ciel, le pere le filz et le sainct
esperit, et ces trois sont une chose“; vgl. die Ausgabe Lyon 1521 (Fol.),
CLXIVb. Das Komma stand auch im Glaubensbekenntnis der Waldenser:
„Il yen a trois qui rendent t&moignare au ciel, le Pere, le Fils et le
S. Esprit, et ces trois sont un“; s.J. Leger, Histoire generale des eglises
evangeliques des valldes de Piemont ou Vaudoises, Leyde 1669, 50.
25*
388 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
setzung aus dem Griechischen des ehemaligen Benediktiners
Massimo Teofilo (Lyon 1551), die von Philipp Rustici (Genf
1560) revidiert und von Beza und Des Gallars (Genf 1562)
nochmals durchgesehen wurde, wie auch in der verbreitetsten
Übersetzung des Predigers und Professors zu Genf Giov. Diodati
(Genf 1607).
Die spanischen Übersetzungen !, wie die von Francisco de
Enzinas (Antwerpen 1543), von Juan Perez (Venedig — d.i.
Genf — 1556), die von Cassiodoro de Reina (Basel 1569),
gehen sämtlich auf den Grundtext ihrer Zeit zurück; sie ent-
halten die Stelle.
In der ersten gedruckten englischen Übersetzung des NT
von William Tindale vom Jahre 1526 ist der Vers mit anderer
Schrift gesetzt. Ich begnüge mich damit, über die weiteren
englischen Übersetzungen das Urteil Ormes2 anzuführen: „In
the greater number of the editions of the English translation
from Tindale to the Bislop’s Bible in 1568, the passage is
printed either in a different character from the text, or en-
closed in brackets, to intimate, that ıt was found in the Latin
Vulgate, but not in the Greek text.“ In der Liturgie jedoch
wurde die Stelle schon unter Heinrich VIII. und Eduard VI.
und nachher unter Elisabeth verlesen3. Sie steht im Prayer
Book (1549) in der Epistel zum Sonntag nach Ostern. Das
sog. „Rheims Testament“ oder „Douay Bible“ der Katholiken
vom Jahre 1582 ist nach der damals gebräuchlichen Vulgata
gefertigt und enthält die Stelle.
Die schwedische Gustav-Wasa-Bibel vom Jahre 1526 und
die 1541 vom Erzbischof Laurentius Petri (F 1577) mit Hilfe
der Brüder Olaus Petri und Laurentius Andreä ausgearbeitete
Übersetzung, welche im wesentlichen die Kirchenbibel Schwedens
ı Rosenmüller a.a. O. 284 ff.
2? Memoir of the Controversy respecting to the three heavenly
Witnesses 1 John V.7, Lond. 1830; 3th ed. with notes and an appendix
by Ezra Abbot, Boston 1875, 9.
3S.Joh.Selden, De Synedriis veterum Hebr., ed. ultim. Amstelod.
1679, 94.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 389
bis in die neuere Zeit geblieben ist, enthalten ebenfalls die
Dreizeugenstelle!.
In dem NT „aus der griechischen Sprache in die pol-
nische“ übersetzt, das der Prediger Joh. Sieklucki (Seclutianus)
in Königsberg 1551/2 herausgab, ist die Stelle vorhanden.
Auch die polnische Brester oder Radziwillsche Bibel (Brest-
Litewski 1563), die sich nach Angabe der Übersetzer nach
dem griechischen Grundtexte richtet, hat 1 Jo 5,7 zwar nicht
ausgelassen, sondern nur eig TO Ev eiorv übersetzt mit: „a (i
trzey na iedno Sie zgadZaig“ („und diese drei sind auf eins ein-
stimmig“, in unum consentiunt), aber der neue Bearbeiter der-
selben, der Socinianer Simon Budny (Druck 1572 in Nieswie2),
hat den Vers ganz weggelassen und bemerkt dazu in „Obrona“
zu seiner Verantwortung, dals die Stelle in Luthers lateinischen
und deutschen Übersetzungen vom Jahre 1526 (Fol.) und 1523 (8°)
auch nicht stehe2. Die Budny-Bibel wurde durch den Socinianer
Martin Czechowic verbessert (Rakow 1577); sie enthält eben-
falls unsere Stelle, am Rande aber findet sich die Notiz:
„w starych greckich ksiegach niemasz tego calego w. 7“ (d.h.
in alten griech. Büchern steht der ganze V. 7 nicht). In dem
Nowy Testament w Rakowie (drukowat Seb. Sternacki) 1606
4°, herausgegeben przez niektöre slugi slowa Bozego ... (Val.
Schmalz) steht die Stelle ohne einschränkende Bemerkung.
Wujek in seiner Ausgabe (ed. 1599, p. 1452) sucht in einer
Anmerkung die Echtheit zu verteidigen, wobei er sich beruft
auf die kirchliche Liturgie, Oyprian, Athanasius, Hyginus,
Hieronymus, Idacius (Eugenius); die Stelle sei besonders gegen
die Arianer und Samosatener gerichtet.
In den böhmischen nach der Vulgata gefertigten Über-
setzungen, welche im 16. Jahrhundert gedruckt wurden, steht
das Comma Ioanneum, auch in der in Prag 1549 im Verlag
ı Über die Quellen (Erasmus, griech.-lat.; Luther; Vulg.) s. E.Stave,
Om källorna till 1541 ärs öfversättning af Nya Testamentet, Upsala 1896
(Skrifter utgifna af Kongl. Humanistiska Vetenskaps-Samfundet IV 2).
2 Vgl. Sylvius Wilh. Ringeltaube, Gründliche Nachricht von
Polnischen Bibeln, Danzig 1744, 268,
390 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
von Melantrich, eines Schülers von Melanchthon, erschienenen
Bibel, die nach dem griechischen Text revidiert ist1. In dem
ersten Druck des slavischen NT Ostrog 1580 und in der
Prachtausgabe der ganzen Bibel ebd. 1581 fehlt das Comma.
IV. Die protestantischen und katholischen Theologen.
Wenn wir untersuchen wollen, welche Stellung zur Echt-
heit des Comma Ioanneum die katholischen und lutherischen
Theologen des 16. Jahrhunderts einnahmen, so beginnen wir
am besten mit den Anhängern Luthers, da diese in der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts ihrem Meister in der Bestreitung
der Echtheit unserer Stelle gewöhnlich Folge leisteten.
Philipp Melanchthon, der Begründer der lutherischen
Dogmatik, „der Humanist, welcher der evangelischen Kirche
ihre Theologie und ilır Bekenntnis geschaffen hat“2, hat in
den ersten Ausgaben seiner Loci communes aus den Jahren
1521 ff die spezifisch theologischen Lehrstücke von der Einheit
und Dreieinigkeit Gottes, der Gottheit des Sohnes und des
Heiligen Geistes übergangen. Später gaben ihm die anti-
trinitarischen Lehren einiger Täufer und namentlich die des
Servet Veranlassung, die betreffenden Punkte in die Bearbeitung
der Loci von 1535 mit aufzunehmen. Seit der Zeit hat er
auch 1 Jo 5, 7 zum Beweise für den Heiligen Geist verwandt,
wenn er sie auch den andern Beweisstellen in der vorsichtigen
Form anreiht: „quibus addam et illud 1 Iohan. 5: Tres sunt qui
testimonium perhibent in coelo - Pater Aoyog et Spiritus sanctus
et hi tres unum sunt.“
ı S. Baumgarten, Nachrichten von einer Hallenser Bibliothek I,
6. St., Halle 1748, 475ff; Kettner, Hist. 219,
2 Seeberg, Die Stellung Melanchthons in der Geschichte der Kirche
und der Wissenschaft?, Erlangen 1897, 20.
38. Joh. Haufsleiter, Melanchthons Loci praecipui und Thesen
über die Rechtfertigung, in: Abhandlungen, Alex. v. Öttingen zum
70. Geburtstag gewidmet, München 1898, 247; Th. Kolde, Die Loci
communes Philipp Melanchthons in ihrer Urgestalt nach G. L. Plitt>,
Leipzig 1900, 62 Anm. Über die Entwicklungsgeschichte des Werkes
s. Bindseil, C. Ref. XXI 66ff; die drei Hauptausgaben sind die von
1521, 1535 und 1543.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 391
Er scheint also die Stelle für echt angesehen zu haben,
zumal wenn eine Angabe Gottscheds auf Wahrheit beruht.
Thom. Carlyle nämlich erzählt in seiner „Geschichte Fried-
richs II. von Preufsen“ ! folgendes: Gottsched vermochte den
König über einen Punkt zufrieden zu stellen, dals nämlich die
berühmte Stelle aus dem Johannesevangelium (!): „drei sind,
die zeugen“ nicht in dem berühmten Manuskript der Wiener
Bibliothek anzutreffen sei, denn Gottsched selbst habe jenen
wichtigen Codex gesehen und in dem Text nichts von besagter
Stelle gefunden, sondern nur an den Rand geschrieben eine
leserliche Einschiebung derselben von Melanchthons Hand.
Zwingli, der sich der ersten Erasmischen Ausgabe des
NT bediente?, hat die Worte völlig ignoriert in seiner Expo-
sitio in 1 Ioh. per Megandrum ab ore eius excepta et edita?,
ebenso in einem Brief an Camander und Baling zu Chur, ge-
schrieben am 1. März 1527, in welchem er die ganze Stelle
(1Jo. 5, 4—8) paraphrastisch erklärt.
In der Confessio Helvetica (posterior) $ 3 wird unsere
Stelle nicht unter den Beweisstellen der Trinitätslehre auf-
geführt 5.
Auch Joh. Ökolampadius hat in seinen Predigten über den
ersten Johannesbrief6 unsere Stelle übergangen, und Heinrich
Bullinger, Zwinglis Nachfolger, hat in seinem 1529 zu Zürich
erschienenen Kommentar über unsern Brief? sich gegen die
Echtheit erklärt. Zunächst bemerkt er, dafs V. 8 nicht de
unitate trinitatis handle, denn jene Worte, welche in gewissen
Exemplaren stehen, seien vom Rande in den Text eingedrungen:
1 Deutsch Berlin 1869, V 161. Welches die Handschrift ist, vermag
ich nicht zu sagen.
2 S.Rickli, Joh. erster Brief 34; die Minuskel Paul. 56 der Züricher
Bibliothek ist eine von Zwingli im Jahre 1517 gefertigte Abschrift des
Erasmischen Druckes von 1516.
3 Opera Zwinglii ed. Schuler-Schulthess VI, Turici 1838, 338.
4 Opp. VIII 34.
5 Augusti, Corpus librorum symbol., Lipsiae 1846, 8.
6 In epist. Ioannis Apost. catholicam primam homiliae, Basil.
1524, 84a ff.
? In ep. Ioannis brevis et catholica expositio, Tiguri (1529) 1549, 103.
392 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
„Adnotavit id forsan sciolus aliquis... Fecit itaque ex aqua
patrem, ex sanguine filium, sed ex spiritu personam spiritus
sancti.“ Im übrigen verweist er dann auf die Annotationes
des Erasmus. — Bullinger übergeht die Stelle auch in seinem
Compendium religionis christianae !.
Calvin hat in seiner Institution Chrestienne 1.3, c.1, Il
die Stelle 1 Jo 5, 7. 8 zusammengefalst und ausgelegt: „Car
comme sainct Jean nous allegue trois tesmoins au ciel, le
Pere, la Parolle et l’Esprit: aussi il en produit trois en terre,
l’eau, le sang et l’Esprit.“?2 Er scheint also damals kein Be-
denken gegen die Echtheit gehegt zu haben. In seinem
Kommentar zum ersten Johannesbrief3lälst er es unentschieden,
ob die Stelle für echt anzusehen sei oder nicht, obgleich
ihm der Zusammenhang durch dieselbe nicht gestört scheint.
Hieronymus glaube zwar, dals eher aus Bosheit als aus
Irrtum die Stelle ausgelassen sei und zwar von den Lateinern,
aber da auch die griechischen Hss nicht übereinstimmen, wage
er nicht, etwas Sicheres darüber zu behaupten. „Quia tamen
optime fluit contextus, si hoc membrum addatur, et video in
optimis et probatissimis fidei codicibus haberi, ego quoque
libenter amplector.* Aber er ist doch im Zweifel und will die
Stelle nicht gegen Arianer und Photinianer als Beweis an-
führen: „quia non omnes forte lectionem hanc recipient, quae
sequuntur, perinde exponam ac si Apostolus hos solos in terra
nominasset testes.“ Was dann die Auslegung betrifft, so be-
zieht er die Worte „tres unum sunt“ nicht ad essentiam, sondern
ad consensum, „ac si diceret, patrem, et aeternum sermonem
eius, ac spiritum, symphonia quadam Christum pariter appro-
bare“. In der Bible Francaise de Calvin steht die Stelle.
ı Compendium relig. christ. a puro dei verbo depromptum, quo
omnia ad salutem necessaria breviter, perspicue et absque contentione
traduntur, Bas. 1556, Tiguri 1598, 21f; deutsch: Summa Christenlicher
Religion, Zürich 1558, 26.
2 Corp. Ref., Brunsv. 1887, XXXII. Opp. Calv. IV 3.
3 Corp. Ref., Brunsv. 1896, LXXXIII. Opp. Calv. LV 365.
ıS. Bible Francaise de Calvin par Edouard Reuss, II: Livres du
Nouv. Test., Brunswick 1897. Opp. Calv. LVII 616. Für die Mehrzahl
Bludau, Das Comma Joanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 393
Kölling! ist aber im Irrtum, wenn er glaubt, Calvin habe
nirgends ein Bedenken gegen die Echtheit der Dreizeugenstelle
geäulsert, sondern die Authentizität und Integrität als fest-
stehend betrachtet.
Ein entschiedener Gegner unserer Stelle war Joh. Bugen-
hagen. In seiner Auslegung des Propheten Jonas?, die er
erst nach Luthers Tode herausgab, bittet er im Vorwort alle
Drucker und gelehrten Männer, dals sie diese Stelle um der
Wahrheit und der Ehre Gottes willen auslassen sollen und so
dem griechischen Text seine ursprüngliche Reinheit und Unver-
sehrtheit zurückgeben, wie es schon die Achtung vor dem ver-
storbenen Erasmus erfordere. Der Vers sei nämlich „praeter
contextum et praeter sententiam et rem quam agit illic Ioannes“
hinzugefügt. Er soll, wie Hieronymus bemerke, gegen die
Arianer beweiskräftig sein, aber in Wirklichkeit bestätige er
nur die Blasphemie der Arianer: der Vers sei deshalb eher
von den Arianern ausgedacht und in den Text hineingebracht
worden. Denn wenn Vater, Logos und Heiliger Geist so eins
seien, wie Geist, Wasser und Blut eins seien, haben die Arianer
gesiegt. Die Stelle setze nur eine Einheit der Übereinstimmung,
nicht des Wesens fest. Wir mülsten Erasmus dankbar sein,
dals er in seinen Anmerkungen auf die Unechtheit der Stelle
hingewiesen habe. Nur in einer griechischen Hs stehe der
Vers, in vielen alten lateinischen fehle er. Hieronymus sei
wohl der Urheber dieser additio gewesen, wie sein Prolog zu
den katholischen Briefen lehre. Erasmus habe nicht recht
gehandelt, wenn er aus der einen griechischen Hs, die er für
verdächtig hielt, den Vers aufgenommen habe.
Es ist auffallend, dals Michael Servet, „der Märtyrer des
Antitrinitarismus“3, welcher den ersten systematischen und
der Bücher liegt der Text Olivetans, der 1546 bei Girard in Genf erschien,
dieser unter Calvins Beteiligung veranstalteten Ausgabe zu Grunde.
ı Die Echtheit etc. 39.
2 Jonas propheta expositus, Vuittembergae 1550, praef. p.d. 8.
3 Möller-Kawerau, Lehrbuch der Kirchengeschichte III2, Freib.
1899, 428.
394 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert.
allseitig durchgeführten Angriff auf die herrschenden trinita-
rischen und christologischen Vorstellungen unternahn, in seinen
Schriften die Stelle nirgends behandelt!. In der von ihm be-
sorgten und korrigierten lateinischen Bibel des Sante Pagnino
1542?, die er auch im NT mit einzelnen Randglossen versah,
steht die Stelle olıne jede Bemerkung.
Im Jahre 1528 liels der exzentrische französische Mönch
Lambert von Avignon (Serranus), der sog. Reformator Hessens,
in Marburg Libri VII Exegeseos in venerandam D. Iohannis
apocalypsım erscheinen, wo er im Prooem. fol. 2b auch auf
1 Jo 5, 7 zu sprechen kommt: „quem locum palam est quidem
non sic ad verbum esse in quibusdam exemplaribus (sc. Erasmi
al.), verum in graecis vetustissimis est et ego ipse in meo
vetustiori habeo“. Man könnte bei den letzten Worten an
eine griechische Hs denken, aber die Erklärung hierfür gibt
er selbst gegen Ende der Vorrede, wenn er sagt: „porro quoties
leges in hoc opere aliquid de vetustiori aut vetustioribus exem-
plaribus, de praescriptis (in acad. complut. cusis) intellige.“
Lambert zeigt also keine Bedenken gegen die Echtheit der
Stellee Anders der Schauspieldichter und Pfarrer Thomas
Naogeorgus (Kirchmair), welcher in seiner 1544 erschienenen
Erklärung des ersten Johannesbriefes3 die Echtheit unserer
Stelle leugnet. „Ego locum istum“, so lauten seine Worte
(S. 128b f), „propter alterius sententiae similitudinem ab aliquo
adiectum existimo, non a Ioanne scriptum.* Die Stelle sei doch
nicht von so grofser Bedeutung! Denn wenn sie echt wäre, würde
Johannes hier gar nicht handeln de personarun trinitate oder de
divinitatis unitate, Lehren, die anderswo mit genügender Klar-
heit vorgetragen werden, sondern nur zeigen, durch welche
ı S. H. Tollin, Das Lehrsystem Mich. Servets II, Gütersloh 1878,
146f. Servet hat „trinitarische Ansätze* in Mt 28, 19 und 1Jo 5, 7
gefunden. Düsterdieck (a. a. O. 356) irrt, wenn er sagt, Servet habe die
Unechtheit der Worte behauptet.
2 Bihlia sacra ex Santis Pagnini tralatione, Lugd. 1542; s. über die
Ausgabe Goeze, Fortsetzung des Verzeichnisses seiner Samlung 139 ff;
E. F. K. Rosenmüller, Handbuch IV 1731.
3 In primam D. Iohannis epist. annotationes, Francof. 1544, 128.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 395
Zeugnisse erwiesen und erklärt werde, dals Jesus sei der Sohn
Gottes. Auch könne er es nicht verstehen, für wen das Zeug-
nis im Himmel berechnet sei, da wir, wenn wir in den Himmel
kämen, keines Zeugnisses mehr bedürften, denn wir würden
dann schauen von Angesicht zu Angesicht; auf Erden hin-
gegen haben wir derlei Zeugnisse so sehr nötig, dafs ohne sie
unser Glaube nicht Bestand haben könne. „D. M. Lutherus,
sincerus sacrarum litterarum assertor, etiam illam particulam
in suo novo Test. omisit, intelligens nimirum esse adulterinam
et nihil facere ad hunc locum.“
Unter den lutherischen und reformierten Gelehrten jener
Zeit urteilt eine Reihe recht günstig über unsern Vers. So weils
Rudolf Gwalter (Walter), der dritte Antistes der Zürcherischen
Kirche (T 1586), in Ioh. ap. et evang. epist. canon. homiliae,
Tigur. 1562, S. 72 (hom. XXX]) sehr wohl, dals manche die
Stelle von den himmlischen Zeugen für unecht und zwar als
ehemalige Randglosse ansehen, weil gewisse Väter, vor allen
Cyrill, die Stelle auslassen; er wolle aber lieber dem Hiero-
uymus folgen, „quum saepe accidit, ut in Scripturis citandis
multa intermedia amittantur tum a priscis quam recentioribus
Scriptoribus“. Die Erwähnung der Trinität sei sehr passend.
„Sicut fides nostra in divinitatis mysterio tres personas agnoscit,
ita tres etiam habemus lIesu Christi testes..., qui oculis
nostris passim occurrunt, sive in coelum sive in terram respicias.“
Wie der Württemberger Theologe Jakob Beurlin (F 1561)
in Annotationes in Ioh. apost. et evang. epist. canon. Tubing.
1557, S. 133f die Stelle für echt erklärte, so hat auch der
Schüler Melanchthons, Nikolaus Hemming (7 1600), der „prae-
ceptor Daniae“, in seinem Kommentar zu den katholischen
Briefen 1571 die Stelle ausgelegt. S. 792 (ed. Francof. 1579) be-
merkt er: „Cur autem quidam expunxerint totam hanc sententiam
ex textu, praesertim cum optime quadret et inveniatur in pro-
batissimis exemplaribus graecis et latinis, non video.“ In der
i Die folgende Zusammenstellung macht keinen Anspruch auf Voll-
ständigkeit.
396 Bludau, Das Comma Joanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert.
Postilla, Lips. 1566, S. 447 führt er sie an. — Auch Joachim
Camerarius (F 1574) hält in seinem Kommentar (Notatio
figurarum orationis in Apostolicis scriptis II [1572] 188) die
Stelle für echt und erklärt sie.
Der märkische Theologe, der Superintendent in der Alt-
stadt Brandenburg, Christoph. Lybius, hat in seiner Auslegung
des Briefes: In canonicas epistolas D. Ioh. apost. simplex et
brevis explicatio, Witeberge 1562, ad h. l. zuerst das Urteil
des Erasmus angeführt und einige Zweifel geäulsert und re-
solviert sich dann: „Cum incertum sit, an scripta sint haec
verba a Ioanne et videantur aliunde interposita esse, et ego
illa omitto.“ Anders ist Nikolaus Selnecker (F 1592), einer
der bedeutendsten unter den lutherischen Theologen seiner Zeit,
gesonnen. In seinen Homiliae breves et utiles in epistolas
Ioannis, Lipsiae 1561, 99f hat er auch zitiert und kurz er-
klärt die Worte: „tres sunt qui testificantur in coelo* (hom. 2
in V. cap.), ebenso sie angeführt in Paedagogia christiana
1566, Ienae 1568, 60. In seiner Institutio religionis christianae,
Francof. 1573, 228 spricht er sich deutlich für ihre Echt-
heit aus, obwohl sie nicht in allen griechischen Exemplaren,
auch nicht in der syrischen Übersetzung ständen; von den
Arianern seien die Worte einst getilgt worden, wie Sokrates 1
sie ja der Fälschung anklage. — Auch in Explicat. Ioh. (1579)
126 hat er die Worte ausgelegt. Wiederholt hat unsere
Stelle Joh. Wigand (F 1587) zur Verteidigung des Mysteriums
der Trinität angeführt, so in Syntagma s. Corpus doctrinae
christianae ex Novo Test. tantum congestum, Basil. 1560,
494 502, so in den Schriften: De Deo contra Arianos novos
nuper in Polonia exortos (1566) 51 53 und De Servetianismo
seu de Antitrinitarüs, Regiomonti 1575, 22b. Auch der
Melanchthonianer Viktorin Strigel (F 1569), bekannt durch
seinen tätigen Anteil an den synergistischen Streitigkeiten
vorzüglich mit Flacius, hat in seinen Hypomnemata in omnes
Jibros Nov. Test., Lipsiae 1564, 544 auch die Johannesstelle
ı Hist. eccl. 7, 32,
Bludau, Das Comma Ioanneum (11o 5,7) im 16. Jahrhundert. 397
1,5, 7 erklärt. In seinen Loci theologici (ed. Pezel, Neapoli
Nemetum 1581) ist jedoch in den einschlägigen Kapiteln unsere
Stelle nicht genannt, so z. B. nicht in c. 8: Confirmatio de
Trinitate (fol. 58). Matthias Flacius (F 1575), einer der eif-
rigsten und gelehrtesten Verteidiger des reinen Luthertums,
hat sie in seiner Olavis Scripturae Sacrae, 1567, Hafniae 1645,
150 als Beweisstelle aufgeführt und in der Glossa compen-
diaria in Nov. Test. 1570 ad h.1l. (p. m. 1290 8 6) als echt in
den Text aufgenommen, ohne auch nur der kritischen Frage
zu gedenken, wie auch die Magdeburger Oenturien I], 1. 2, c. 41
die Stelle ohne Bedenken zitieren. Nach Kettner? hat Flacius
in P. III seiner Admonitio Germanice scripta vom Jahre 1552
(zu Magdeburg) dem Andreas Osiander die Stelle vorgehalten
und ihre Echtheit copiose verteidigt. Auch Lukas Osiander
(1604) hat die Stelle in seinem Bibelwerk Sacror. Libror. P.III,
Tubing. 1597, 808 beibehalten: „Haec verba non in omni-
bus Graecis codicibus leguntur: quia tamen non repugnant, sed
consentiunt nostrae sincerae religioni, non censui ea omittenda.“
In seiner Institutio christ. relig. emendatius quam antea excusa,
Tub. 1576 u. ö., hat er aber den Vers weder in der Lehre von
der Trinität noch in der vom Heiligen Geiste zitiert.
Der reformierte Prediger und Professor Benedikt Aretius
(+ 1574) hingegen spricht sich in seinem Commentar. in epp.
catholicas, Morgiis 1581, 109 energisch für die Echtheit
aus: „Hunc versum deleverunt ex Syriaco Testamento indubie
Arıani, qui hoc fulmine prosternuntur valide, ideo olim quoque
ın multis exemplaribus Graecis et Latinis defuit. Sed habent
haec verba hodie correcta exemplaria omnia et legit eadem
August. et Hier., ideo non moveat nos Syriacum exemplar.“
Auch in Examen theologicum, Lausannae 1578, 144 und in
SS. Theologiae Problemata, h. e. loci communes christianae
relig., Bernae 1567, 12 hat er die Stelle ebenso gebraucht,
wie der reformierte Theologe Wolfgang Muskulus (F 1563) in
ı ed. Basıl. 1559, 74 78.
3 Hist. 225.
398 Biludau, Das Comma Ioanneum (11Io 5, 7) im 16. Jahrhundert.
seinen Loci communes, Basil. 1560, 11 sie zitiert. Der refor-
mierte Heidelberger Theologe Hieronymus Zanchi (T 1590)
bietet in De tribus Elohim, acterno Patre, Filio et Spir. S.
uno eodemque Jehova, Francof. a. Moen. 1572, 1.1, c.1. 3,
p. 3 eine längere Auslegung zu 1 Jo 5, 7, und auch Joh. Pisca-
tor, Professor zu Herborn (T 1625), hat die Stelle in Analysis
logica septem epistolarum apostolicarum quae catholicae ap-
pellari solent, Sigenae Nassov. ed. 3. 1598, 285 erklärt. Joh.
Jakob Grynäus, Professor zu Basel und Heidelberg (F 1617),
hat in seinem Theolog. Promptuarıum S. 136 manche Bedenken
gegen die Echtheit vorgebracht. Hieronymus sage wohl im
Prolog zu den kath. Briefen, dals die Stelle im Griechischen
stehe, aber von lateinischen Abschreibern fortgelassen seı,
damit stimme jedoch nicht Cyrill, der sie nicht kenne; un-
bekannt sei sie auch Augustinus, Beda. Erasmus habe sie
aus einem Cod. Brit. aufgenommen, auch die Hispan. editio
habe sie. „Verum fac in Graecis codicibus huiusmodi verba
non haberi, nil propterea argumenti vis imminueretur, quia
quod contendimus, ex altera clausula convincitur, quae tam
apud Graecos quam apud Latinos extat“, — nämlich V.8. —
Franz Junius (T 1602) hinwiederum ist von der Echtheit des
Verses vollkommen überzeugt. Er zitiert die Worte nicht blols
in Defensio catholicae doctrinae de S. Trinitate (Opp. Gener.
1607, 105), sondern vertritt auch ihre Authentizität in seinen
Animadversiones in Bellarmini controvers. l. 1, «. 1. 16, n. 7
(Opp. Generv. 1607), p. 441: er beruft sich auf Athanasius! ın
Disput. contra Arium. Arius selbst habe ja, als Athanasius diese
Stelle zu Nicäa gegen ihn anführte, ihre Autorität nicht
zurückweisen können, sondern sich für besiegt erklärt. Gegen
Bellarmins Ansicht, dafs die griechischen Hss an dieser Stelle
verstümmelt seien, polemisiert auch der Calvinist Sibrandus
Lubbert (FT 1625) in De principiis christianorum dogmatum
ı In allen echten Schriften des Athanasius fehlt jegliche Bezugnahme
auf die Stelle. Die Disput. contra Arium ist, wie schon Bellarmin (De
script. Eccl. Opp. VII 51 ed. Colon. 1617) erkannte, unecht. Das Zitat
disp. 44 lautet: "Iwavvns püoker‘ Kai ol Tpeis To Ev eloıv (Migne 28, 500).
Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 399
libri septem, Franekerae 1591, 223f (l. 2, c. 10): das sei
falsch, „nostri enim librı id legunt“, ebenso lesen Athanasius,
Hieronymus, ed. Complutensis. Aber dennoch gesteht er: „non
dissimulandum est, huic loco olim fuisse contradictum“. Auch
der Wittenberger Theologe Paul Crell! bemerkt, dafs es offen-
kundig und am Tage sei, „dals viel andere treffliche und gute
Männer bey den Alten als Augustinus, Cyrill und Beda und
zu unserer Zeit Wolfius Cephaleus zu Stralsburg in seiner
Griechischen Bibel Anno 1542 (? = 1524) und fast alle
Lateinische Bibeln, in denen usitata und antiqua Versio be-
halten ist, diese Worte nicht haben gesetzt“. — Noch erwälne
ich Martin Chemnitz (7 1586). In seinen Loci theologici 1556
(ed. Polyc. Lyser 1594, ed. nov. Francof. 1599) I wird die
Stelle S. 90 235 zitiert und 8. 249 ihre Echtheit verteidigt.
Hieronymus sage in der Praef. zu den katholischen Briefen:
„in Graeco haec haberi, sed a Latinis interpretibus esse omissa.“
Augustinus, Beda, Cyrill aber zitieren den Vers nicht. Dennoch
kann sich Chemnitz den gewichtigen Bedenken gegen die Echt-
heit nicht verschlielsen. „Sive enim legatur hic locus, sive non
lezatur, manifeste tamen ex illo textu Spiritus sancti divinitas
probatur“; vgl. V. 6 und 92. — Auch Amandus Polanus von
Polansdorf, Doktor der Theologie zu Basel (T 1610), hat nicht
nur in seiner deutschen Übersetzung des NT, die sich möglichst
genau an die Ausdrücke des Grundtextes anschlielsen sollte (Basel
1603), die angefochtene Stelle von den drei himmlischen Zeugen
ohne Bedenken übersetzt, sondern auch in seinem Syntagma
theol.-christ., Bas. 1609, 219 sich derselben angenommen: die
Arianer hätten den Vers ohne Zweifel in den Zeiten des Kon-
stantius und des Valens getilgt und diese Fälschung auch
leicht „apud imperitum Ecclesiae et ignarium librariorum
vulgus“ erreicht, indem sie darauf hinwiesen, dals der Ge-
danke ja im nächsten V. 8 wiederholt werde. Auch in Par-
i Bericht von D. Lutheri Teutschen Bibel. Correctur... S.8ff; vgl.
Palm, De codic. 14lf; Semler, Beweisstellen ... 1. St. 250f Anm. 63.
2 S. Kettner, Hist. 201 ff.
400 Biludau, Das Comma Ioanneum (11o 5,7) im 16. Jahrhundert.
titiones theologicae, Bas. 1590, 1607, 2 hat Polanus die Stelle
verwendet.
In Lehrschriften und Erbauungsbüchern wie in Aus-
legungen der Sonntagsepisteln begegnen wir schon öfters
unserem Comma, nur selten ist es übergangen. So finden wir
es zitiert bei Erasmus Sarcerius (+ 1559) in Loci communes
theologici, Francof. 1539, Marp. 1541, 21f; in Nova Methodus,
Bas. 1555, 2; bei Joh. Spangenberg (fF 1550) ın Margarita
theologica, Francof. 1544, 78; bei Leonhard Culmann, seit
1549 Pastor an der Sebalduskirche in Nürnberg, in Nova
locorum communium congeries, Francof. 1561, 55; bei Simon
Pauli (rF 1591) in Methodus theologica, Magdeb. 1573, 38;
bei Heerbrand (f 1600) im Compend. theol., Tubing. 1578,
48 54; bei Andreas Hyperius (+ 1564) in Methodi theologiae,
sive praecipuorum christ. relig. locorum communium libri tres,
Bas. 1567, 102 114'; bei Zacharias Ursinus (+ 1583), dem
Mitverfasser des Heidelberger Katechismus (1562), im Enchiri-
dion catecheticum, Ambergae 1596, 36, in Doctrina christiana,
studio Day. Parei, Bremae 1623, 168 253, in Explicationes elenchit.
catecheticae, st. Dav. Parei, (1591) Neustadii 1603, 179; bei
Lambert Dannäus (T 1595) in In tres Div. Io. evang. et unicam
Iud. epist. brevis comment., Genev. 1585, 122f; bei dem Ungar
Isaak Feguernekinus (Fegyverneki) im Enchiridion locor.
theol. communium, rerum, exemplorum ex Aug. Marlorati
thesauro et Christ, Obenhenii promptuario collectum, 1586, ed. 3
Bas. 1589, 598 624; ebenso von Dudley Fenner (f 1587),
Sacra Theolog., ed. 2 1586, 3; von Joh. Leonysius, Ein kort
Wegewisen der ware Religion, Hamb. 1585, 10a; von Adam
Francisci, Margarita theologica, Witteberg. 1592, 11; von
William Perkins (T 1602), Armilla aurea sive Theologiae de-
scriptio, Bas. 1599, 12; von Ambrosius Reuden (T 1615), Catech.
Theologiae methodice conscripta et in iuventutis studiosae
gratiam edita, Hamb. 1596, 54; von Matthias Hafenreffer
ı In Hyperii Elementa christ. relig. 1563, neu herausgeg. von
W, Caspari, Erl.-Leipz. 1901, wird unsere Stelle nirgends erwähnt,
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 401
(F 1619), Loci theologici s. compendium theologiae planum
admodum, ed. 3. Tubing. 1603, 63.
Andere Theologen hinwieder haben die Stelle bei dem
Beweise für die Trinität übergangen!; so z. B. findet sie sich
nicht bei Joh. Brenz (+ 1570), Catech. pia et utili explicatione
illustr., Francof. 1551, 91 f; Urbanus Rhegius (f 1541), Catech.
minor 1540, Catechesis, Lips. 1545; bei Casp. Huberin (7 1553),
Catech., Nürnberg 1556; David Chytraeus (F 1600), Catechesis,
Wittebergae 1573, 9, obwohl dieser in Dispositiones Episto-
larum, Viteberg. (1563) 1566, 224f die Stelle in der Lektion
der Dom. I p. Pascha erklärt hat. In den Annotationes com-
pendiariae in Nov. Test. des Veit Dietrich, Francof. 1545, 247,
wird nur V. 8 erklärt. Der reformierte Theologe Petrus Martyr
Vermigli (T 1562) braucht die Stelle nicht in seinen Loci com-
munes, Tigur. 1580, ebensowenig Tilmann Heishusen (F 1588)
in seinem Examen Theolog. (1586), Helmst. 1597, 14ff.
Auch in den Epistelerklärungen wird unsere Stelle von
den einen ausgelegt, von den andern übergangen.
So hat Joh. Matthäus, ein Theologus in Wittenberg, in
seiner Epistelerklärung 1584 S. 193 die Stelle behandelt, ob-
wohl sie in der deutschen Übersetzung der Epistel ausgelassen
ist. Der Superintendent Johannes Avenarius (f 1590) bemerkt
in seinen Enarrationes in Epist. Dominicales e Germanica in
Latinam linguam translatae a Simone Donnero 1595, 745, dals
viele die Stelle als späteren Zusatz übergehen: „Cum vero
huic materiae accommodate congruat atque in Graeco textu
reperiatur, nos non reiiciamus.*? Ebenso hat Johannes Schröder
1 In den ältetesten Katechismen, wie dem von P. Schultz 1527, Brenz
1527,28, Althamer 1528 und dem kleinen Katechismus Luthers 1529, werden
keine Bibelstellen zitiert, in andern, wie dem von Chr. Hegendorf 1526,
Lachmann Graeter 1528, unsere Stelle nicht erwähnt. In den Katechismus
Luthers setzte sie Lyser 1600 ein. Sie steht auch nicht in Joh.
Baumgarten, Catechismus Magdeburgi 1559, Cyriak Spangenberg,
Catechismus, die fünff Hauptstück, Ursel 1580; van Balven, Catech.
ecclesiast. Lere unde Handelinge des hilligen Christ, Brunsw. 1550, wo
S. 44 1Jo 5,8 zitiert wird.
2S. Kettner, Hist. 203.
Biblische Zeitschrift. I. +. 26
402 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert,
in der Epistelerklärung des Hunnius, die er ins Lateinische
übersetzte (Wittenberg 1595), die Stelle aufgenommen und er-
klärt!. In der Analysis epistolarum et evangeliorum Domini-
calium per Frider. Beurhusium (Mühlhausen s. a.) wird in der
Epistel zur Dom. Quasimodogeniti von einem „testimonium sex
testium“ gesprochen. Simon Musäus ( 1582) in Postilla, das
ist Auslegung der Episteln und Evangelien, Frankf. a. M. 1590,
II 12 erklärt die Stelle.
Nicht angeführt wird das Comma in der Schriftlektion und
Erklärung bei Anton Corvinus (fr 1553) in seiner Auslegung
der Episteln (Wittenberg 1537), Postilla in epist. et evang,,
Argentor. 1540, in Expositio Decalogi, Symboli Apostolici,
Witenbergae 1550; auch nicht bei Joh. Spangenberg, Auslegung
der Episteln III, Magdeburg 1544, obwohl in den Epistolae per
totum annum, Francof. 1553, 114a die Stelle im lateinischen
Text steht; nicht bei Simon Pauli, Auslegung der Episteln,
Magdeb. 1576, 329ff. Der Wittenberger Schlofsprediger Georg
Major (f 1574) liest zwar in seinen Homiliae in epist. Do-
minicales, Vuittenb. 1563, P. III in explic. Epist. Dom. „Quasi-
modogeniti* 8. 112a die Worte im Text des Briefes, aber in
der Erklärung (S. 135f) übergeht er sie2.
Bei den Katholiken war der Eindruck, den Erasmus mit
seinem Zweifel gemacht hatte; gleich Null. Man war davon
überzeugt, dals die Stelle echt sei, und äulserte entweder
keinerlei Bedenken oder glaubte mit Leichtigkeit die Ein-
wände der Bestreiter der Echtheit abweisen zu können.
Lefevre d’Etaples (Faber Stapulensis, F 1536) hat in seinem
Comment. in Epistolas cathol. (Basil. 1527), obwohl er zur
Vulgata eine freiere Stellung einnahm, 1 Jo 5, 7 erklärt. Hin-
gegen hat der tonangebende Theologe des Vatikans, Thomas
de Vio ©. Pr., bekannter unter seinem Namen als Kardinal
Kajetan, Bischof von Gaeta (7 1534), in Epistolae Pauli et aliorum
apostolorum ad graec. veritatem castigatae (Venet. 1531) einen
ı Kettner a. a. 0. 204.
2 Über 1.Jo 5, 7 in den Schriften der Socinianer gedenke ich in einem
besondern Aufsatz zu handeln,
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 403
Zweifel an der Authentizität der Stelle ausgedrückt: „Si haec
verba sunt de textu, afferuntur ad manifestandum quod dictum
est, quod spiritus est veritas. Dixi autem, si sunt de textu:
quoniam non inveniuntur in omnibus codicibus graecis, sed in
aliquibus. Unde autem ista diversitas processerit nescimus“
(ed. Lugd. 1558, 452a). Den heftigsten Widerspruch fanden
Kajetans exegetische und auch einige theologische Meinungen
bei seinem ÖOrdensgenossen, dem Dominikaner Ambrosius
Catharinus (7 1553). In seinen Annotationes in Commentaria
Caietani denuo multo locupletiores et castigatiores redditae,
Lugd. 1542, lib. 1, p. 33 tadelt er seinen Gegner, dals er ge-
zweifelt habe: „an haec verba Trinitatis testimonium continentia
sint de contextu Epistolae Ioannis“. Dals diese Worte von
ungetreuen Übersetzern fortgelassen seien, bezeuge ja Hie-
ronymus, „quo minus dubitare debebat Oaietanus, si sibi con-
stans volebat esse, cum iam fecisset Hieronymum regulam
canonicorum librorum“,. In seinem Comm. in omnes D. Pauli
Ap. et alias septem canon. epist., Venet. 1551, hat Catharinus
keine weitere Bemerkung zu der als echt behandelten Stelle
gemacht. Auch in den Kommentaren von Franz Titelmans
OÖ. Min. (7 1537), In omnes epistolas apostolicas elucidatio,
Antuerp. 1529; Joh. Bapt. Folengo O. S. B. (7 1559), In
canon. Apost. epist. comment., Antuerp. 1547; Gerhard Lorich
(F c. 1550), Epitome h. e. compendium sive breviarıum textus
et glossematon V. et N. T. II, Colon. 1546, 223; Claude Guil-
liaud (f c. 1553), In canon. Apostolorum septem epist. collatio-
nes, Lugd. 1543; Joh. Ferus O. Min. (Wild, F 1554), In sacro-
sanct. evang. sec. Ioh. et epist. I com., Mogunt. 1550; Felician
Capito O. Serv. (F 1571), Explicatio in Acta Apost. et epist.
cath., Venet. 1561; Gregorius Primatitius O. Pr. (Primaticcı,
7 1578), In canonicas vel catholicas quas vocant epistolas
beatorum Apost. expositiones, Senis 1573; Emmanuel Sa S. J.
(r 1596), Notationes in totam Scripturam, Antuerp. 15981;
ı Zu V.8 bemerkt er: „Et hi tres unum sunt: haec non sunt Graec.
nec in Complut.“ (S. 451).
26*
404 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert.
Michael de Palacios (7 1593), Enarr. in loan. evang. et omnes
epist. canon, Salmanticae 1581; Bened. Arias Montanus
(+ 1598), Elucidationes in omnia sanctorum Apost. scripta,
Antuerp. 1588 — wird nicht der geringste Zweifel vorgetragen.
Der Pariser Theologe Io. Gagney (T 1549), Brevissima et
facillima in omnes divi Pauli epistolas scholia ... Itidem in
septem canonicas epistolas ..., Par. 1543, macht S. 191 die
Bemerkung: „Hanc particulam quidam graeci codices non
habent, Hier. tempore omnes habebant, unde vero simile est
ab Arianıs esse abrasam.“ Eingehender hat sich mit der
Stelle Joh. Hessels ( 1566) befalst in seinem Com. in 1 Petr,
1 Tim et 1 Io, Lovan. 1568. Fast alle Griechen lassen V. 7
aus, bemerkt er (ed. Duacı 1568, 107ff), ebenso auch Am-
brosius, Cyrill, Leo, Beda, Augustinus, „qui etsi codicem habuit
testimonio Trinitatis carentem, hoc tamen loco (V. 8) eius men-
tionem fieri existimavit“. Er erinnert dann an eine Notiz des
Sokrates, Hist. 7, 32: „hanc epistolam a quibusdam fuisse
depravatam, qui conarentur a Christo divinitatemm separare.“1
Er beruft sich ferner für die Echtheit auf den Prolog des
(Ps.-)Hieronymus, auf Hyginus, Idacius OClarus, Cyprian, Flu-
gentius, Athanasius, Vigilius, auf zwei griechische Codices,
„unus in Anglia et alter in Hispania“, auf das vierte Lateran-
konzil?, auf dem auch griechische Patriarchen zugegen waren.
Des weiteren beschäftigt er sich mit dem Schluls in V.8: „et
hi tres unum sunt“, der wohl fortzulassen sei. In einer der
Kirche St. Petri in Löwen zugehörenden lateinischen Hand-
schrift stehe V.8 vor V.7.
Der Dominikaner Sixtus von Siena (- 1569), der eigent-
liche Schöpfer der Einleitungswissenschaft, hat in seiner epoche-
machenden Bibliotheca sancta ex praecipuis catholicae Ecclesiae
auctoribus collecta, Venet. 1566, 1. 7, haer. 9, obi. 7 (S. 613)
i Sokrates beruft sich a.a. O. auf alte Ausleger, die davon sprechen,
dals einige den Brief gefälscht hätten, indem sie die geschichtliche Person
Jesu auflösten; die Bemerkung bezieht sich auf die Lesart: Abaı (Tv
’Inoovv) statt ur) öuoAoyei in 1Jo 4,3.
2 8. hierüber Martin, Intr. 44f.
Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 405
auch unserer Stelle gedacht: „verba illa apud Catholicos in-
dubitatae semper veritatis fuisse et in omnibus graecis
exemplaribus ab ipsis Apostolorum temporibus lecta, nec opus
esse quicquam de ipsorum perpetua integritate“. Er scheint
also anzunehmen, dals die Stelle in allen griechischen und
lateinischen Handschriften immer im Gebrauche der Kirche
gewesen sei. Sein gelehrter Ordensgenosse Melchior Cano
(+ 1560), einer der berühmtesten Theologen des 16. Jahr-
hunderts, weils wenigstens, dals die Dreizeugenstelle „ex grae-
corum mendis“ vor einigen Jahren in griechischen Bibeln
(von Erasmus) fortgelassen sei, aber die lateinischen Texte
verdienen den Vorzug. „Non ad hebraica et graeca exemplaria,
ut quae depravata sint, est recurrendun“, schreibt er in seinen
Loci theologici lib. 2, c. 13 (ed. Col. 1574, 60).
Der grolse Kontroversist, der Kardinal Robert Bellarmin
S. J. (7 1621), der selbst mit der Emendation der Vulgata
vom Papste betraut war, führt in seinen Disputat. de Controv.
I. De verbo Dei l. 1, c. 26 (ed. Ingolst. 1586, I 59) als
Gründe gegen Erasmus an: „in Ecclesia (d. h. der abend-
ländischen) publice leguntur hacc verba in Dominica in Albis:
Eundem locum agnoscit Cypr., Athan., Joh. II, Hier., Idac.,
Eug.*“ Er kommt wieder auf die Stelle zu sprechen in der
Abhandlung De Christo 1. 1, c. 6 (ed. Ingolst. 1586, I 306).
Blandrata, der den Hieronymus nenne „parum pudens“, sei
selbst nicht blols „multum impudens“, sondern auch „imperitus
et mendax“; denn aulser Hieronymus lesen so Hyginus, Cy-
prian, Idacius, Athanasius, Fulgentius, Eugenius. Er bespricht
dann des weiteren die Lesarten „hi tres unum sunt“ und „in
unum sunt“. Während er lib. 2 De verbo Dei c. 7 mit aller
Unbefangenheit sagt, dals in sehr vielen griechischen Hand-
schriften dies Zeugnis fehle, und daraus beweist, dals es nicht
gestattet sei: „latina ex graecis corrigere“, schreibt er l.1, De
Chr. c. 6, 2, dals die Worte in vielen lateinischen Hand-
schriften fehlen, in den griechischen aber vorhanden seien. —
Alfons Salmeron S. J. (r 1585) hat in seinen Disput. in
Epist. canon. et Apoc. (Opp. IV, Colon. Agr. 1604, 307 ff),
406 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert.
Disp. 30 genauer zugesehen: Erasmus, als er die Stelle
fortliels, sei den griechischen Codices gefolgt, „qui etiam inter
se variabant“, und habe die Autorität des Hieronymus (Prol.)
aulser acht gelassen. Wenn die Stelle absichtlich fortgelassen,
sei den Arianern, wenn sie zufällig fortgefallen, sei den Ab-
schreibern die Schuld beizumessen. Allerdings habe Cyrill
die Stelle nicht, aber doch Hieronymus, Augustinus und
„summi Pontifices et antiqui*, wie Hyginus, Johannes IL, Cy-
prian, beweisen aus dieser Stelle die „unitas essentiae divinae
in tribus personis indissolubilis*. Bekannt sei sie dem Hie-
ronymus, Victor Vit., Idacius, Bernardus, Concilium Later. IV.
Kajetan folge dem Erasmus, wenn er die Stelle bezweifle,
ebenso die „Arriani novi, Servetani dicti, Anabaptiz.“ Rob.
Stephanus führe 16 (griech.) Handschriften für sie an.
Das sind keine hervorragenden Leistungen der Kritik
jener Zeit! Von den Verteidigern wie von den Bestreitern
der Echtheit gilt der Spruch: „Eadem semper oberrare chorda
eandemque canere cantilenam didicerunt.“1 Dafs die Dog-
matiker jener Zeit die Stelle zu den dicta probantia rechneten,
ist selbstverständlich; die entgegenstehenden Instanzen werden
bei ihnen nicht einmal angedeutet”. Der Catechismus Ro-
manus 1566 zitiert an drei Stellen das Comma loanneum:
P. I, cap. 2, 810; cap. 9, $ 4; P. II, cap. 2, 8 7; als Be-
weis für die Trinität wird es ın zahlreichen Katechismen 3,
1 Georg. Bensonii Dissert. de loco 1lo V. com. VIL, quam latinam
edidit notasque adiecit A. G. M.(asch), Halis 1752, praef. vı.
28. z.B. Io. Viguerius (Viguier) O. Pr., Institutiones ad christ.
theol., Antuerp. 1572, 200; Gregor. de ValentiaS.J., Libri quinque de
Trinitate, Ingolst. 1586, 29; id., Comment. theolog. I, Ingolst. 1592, 589
592 707 746 862; 8. 657 wird_die Echtheit der Stelle kurz gegen Blandrata
verteidigt.
3 Es erscheint überflüssig, hierfür Beweise anzuführen. In manchen
Katechismen des 16. Jahrhunderts werden Schriftstellen überhaupt nicht
erwähnt, so z. B. bei G. Witzel 1542, Jo. Gropper 1547, Soto 1549; vgl.
Moufang, Katholische Katechismen des 16. Jahrhunderts, Mainz 1881,
107ff 242ff 316ff. In manchen katechetischen Lehrschriften wird aller-
dings 1 Jo 5, 7 als Beweisstelle nicht verwertet, so z. B. nicht bei
G. Witzel, Catech. eccles. Lere u. Handelinge des heil. Christenthumbs»
Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 407
Predigt-, Lehr- und Erbauungsbüchern des 16. Jahrhunderts
angeführt. —
Ich breche ab. Selbst das sorgfältigste Literaturver-
zeichnis, so verdienstlich und dankenswert es auch ist, ver-
mag nicht den Mangel einer gewissenhaften und gründlichen
Durchforschung der primären Quellen zu ersetzen. Die Wissen-
schaft, wenn sie irrte, berichtigte sich auch selbst; wenn ein
Gelehrter, eine Richtung oder Schule an Kritik es felılen liels,
vollzog die nachfolgende Generation ein um so schärferes
Gericht.
Cöln 1555, wo zum 8. Glaubensartikel 1 Jo 5,8 zitiert wird (Moufang 478),
bei Michael Helding, Christl. Lere zu gründlichem Unterricht, 1541
(Moufang 156), wo zur Lehre von der heiligen Dreifaltigkeit nur Mt 28,
Dt 6 angezogen ist.
Besprechungen.
Hummelauer, P.Fr.de, S.J., Commentarius in Librum Josue (Cursus
Scripturae Sacrae auctoribus Soc. Jesu presbyteris in VT partis II in
libros historicos III 3). gr. 80 (VI u. 528 mit Karte). Paris 1903, Lethiel-
leux. Fr 10.—
Wiederum ein wertvoller Baustein zu dem grofsen Bibelkommentar
der Jesuiten, von Franz v. Hummelauer geliefert. Gründliche Fr-
fassung der textlichen und geschichtlichen Probleme sowie äulserst sorg-
fältige Behandlung der geographischen, genealogischen und politischen
Finzelfragen treten in dem Buche zu Tage; dals die Tendenz im ganzen
mehr konservativ und die Auslegung trotz der vielen Schwierigkeiten so-
weit als angängig auch erbaulich gehalten ist, steht im Zusammenhang
mit dem Chiarakter des ganzen Cursus.
Sachlich ist die Erklärung in ihrem weitaus überwiegenden Teile
nichts anderes als Textherstellung, eine mühsame und uncrquicklichıe,
aber auch unumgängliche Detailarbeit. Schon aus andern Arbeiten ist
bekannt, dals der Verfasser auf Jdiesem Gebiet vor weittragenden Kon-
sequenzen nicht zurückscheut, wenn einmal ein Eingrift als notwendig be-
gründet ist, und dies findet sich hier aufs neue bewährt; nicht blols ein-
zelne Wörter, sondern ganze Verse müssen nach genauester Prüfun
gestrichen werden, weil sie eben von mehr oder minder befugter and
später eingefügt worden sind (adscribebantur aliquando sententiae in-
tegrae S. 11). Zu den rein inneren Kriterien kommt die Abwägung
der Übersetzungen, unter welchen Hummelauer besonders dem Graecus
receptus oft den Vorzug gibt. Das schlielsliche Ergebnis lälst sich etwa
in toleenden Hauptzügen darstellen.
Das Buch Josue hat in der Form, wie es jetzt gelesen wird, sicherlich
nicht Josue selbst verfalst (certe non concinnavit ipse Josue 8. 207);
die Hauptquellen des Buches sind „Annalen“ (S.57). Dazu kommen Doku-
mente, besonders statistischer Art {(Grenzen- und Städte- Verzeichnisse
S. 277), endlich, über das Ganze verstreut, Deuteronomismen. Das Buch
Josue ist auf den Pentateuch zugearbeitet, setzt ihn also voraus (S. 467);
es entstand zunächst ein Josue primigenius, aus diesem, durch mehrreli-
sıöse Tendenz verbessert, „unser“ Josue (8.79). Auch Dt 26. 16-27, 26
wird Josue zugeschrieben (S. 514). Wenn also auch das „Buch“ Josue
schon als vordavidisch zu gelten hat, so ist doch mit der Tatsache zu
rechnen, dals unser jetziger Text durch späteres Weenelımen und Zu-
a (abbreviando, amplificando) eine ganz bestimmte Färbung erhalten
hat (8. 82.
"Die Eroberung von Hai. Kalebs Sieg über die Ammoniter, Mikas
Götzendienst und die Befreiung des Judastammes durch Othoniel (Idc)
fallen noch in .Josues Lebzeiten (superstite Josue S. 19), Josue hat nicht
zwei, sondern nur eine einzige Bundeserneuerung gefeiert, weshalb die
Besprechungen. 409
Verse 8,30—35 zu Kap. 24 zu stellen sind, von dem sie zu Unrecht getrennt
wurden (delapsi sunt S. 215 fi).
Die in diesen Ansätzen zu Tage tretende Anschauung von der Natur
des Textes (non fixus sed fluxus 8.11) ist prinzipiell als durchaus richtig
anzuerkennen. Mit Recht sagt der Autor einmal, das Gegenteil, d. h.
eine wunderbare Integrität des Textes annehmen, hielse „der jüdischen
Kirche in diesem Punkte ein Charisma zuerkennen, das der Kirche Christi
versagt ist“ (S. 81). Besonders gelungen erscheint u. a. die Annahme
einer Zuteilung mancher Städte an je zwei Stämme, wodurch sich viele
Schwierigkeiten sehr einfach heben, sowie die malsvolle und besonnene
Erklärung des „Stillstandes“ von Sonne und Mond beim Scharmützel von
Beth Horon (10, 12).
Die Etymologie: Kanaan = „Niederung“ von s:s ist trotz der neu auf-
getauchten Kinahi als sicher anzunehmen (8. 22). In 22, 30 ist: eripuistis
wohl Anwendung einer nicht seltenen rhetorischen Figur für: non per-
didistis. S. VI lies Rudolfo, S. 22 Winckler und öfters: rhythmus und
eclipsis! Von Eigennamen abgeleitete Adjektiva: Kadesius, Siluntinus
u.a. klein zu schreiben ist ein Gallizismus. Im Hebräischen lies S. 60, 20:
re=p; 64, 13: a0X; 100, 2: srans; 127, 14 u. ox7; 147,18 u.n3; 160, 14 u.
mr; 233, 17 u. “255; 248, 6 u. >73? 311, 15 u. Pan Saz3; 335, 5: n>c9; 348, 8:
ra; 414,6: eo; 420, 17: som; 477,6 u. 22.
Zum Schlusse seien zwei Punkte von mehr grundsätzlicher Natur
hervorgehoben, in welchen dem Autor nur mit Einschränkung zu folgen
ist. Der erste betrifit die Kritik des Textes nach der negativen Seite.
Wenn Hummelauer von Anfang an versucht, dem Texte in der Hauptsache
statistisch beizukommen, so ist das gut und, wie das erzielte positive
Resultat zeigt, auch erfolgreich; aber es gibt hier noch ein Mehr. Was
nämlich, aus den verschiedensten Gründen, abgelehnt und eliminiert werden
muis, ist nicht etwa farb- und gehaltloses Füllsel, das man unbesehen
dem geduldigen Amanuensis wieder in die Tasche steckt, sondern vielfach
etwas in seiner Art Selbständiges, nicht eine Summe einzelner Zufülliekeiten,
sondern es sind geschichtlich falsbare Strömungen, die auf den [ext ein-
gewirkt haben; wenn z. B., wie konstatiert wird, Rahab und die Kund-
schafter in Deuteronomismen reden, dann wird mit blols statistischer
Behandlung die Bedeutung solcher Momente zu wenig erschöpft, — Dann
der Fall Galilei zu Jos 10,12. Hier wird in der Weise zu vermitteln
versucht, dals zwischen Tatbestand und Erzählung als Drittes der „An-
schein“ bei Wahrnehmung sinnlicher Dinge eingeschaltet wird, was man
damals übersehen habe. Dies ist aber nicht zutrefiend; denn dals die
Sonne dem Anschein nach auf- und untergeht, hatte Galilei kein Inter-
esse zu bestreiten, aber dals die Erde sich wirklich drehe, war für seine
Geener das Unglaubliche und Schriftwidrige. Warum bei dem klaren
Sachverhalt den neuen Geist apparentia beschwören. der weder in der
Bibel noch beim Gahleistreit noch bei den damaligen Kommentatoren
ein Heimatrecht hat? Wird nicht mit ihm der Bibel auch ein neues
Charisma. das der Kryptologie, zugemutet? Es bestünde oflenbar darin,
eine einfache Sache so auszudrücken, dals sie zunächst milsverstanden
werden muls und wird und erst mit Heranziehung bedeutender Fort-
schritte in ganz heterogenen Wissenschaften begriffen werden kann. Oder
haben etwa auch die früheren Exegeten nur secundum apparentiam er-
klärt und ihre bessere Erkenntnis verschämt verschwiegen?
Im übrigen freuen wir uns, das sorgfältig und wissenschaftlich ge-
arbeitete Buch dem angelegentlichen Studium empfehlen zu können.
Passau. Carl Holzhey.
410 Bibliographische Notizen.
Bibliographische Notizen.
(Die Jahreszahl 1903 ist als selbstverständlich weggelassen.)
Abkürzungen. Vgl. oben 8. 81f, 198 und 305. Dazu noch: BW = The Biblical World.
VB =Vierteljahrsschrift für Bibelkunde.
C. Das Neue Testament.
a) Einleitung. Ausgaben. Hss. Textkritik. Sprachliches.
Übersetzungen.
Jacquier, E., Histoire des livres du NT. I (12%. XlI u. 488. P., Lecoffre
Fr 3.50): Im wesentlichen eine Einleitung in das NT. Der vorliegende
Band behandelt nach allgemeinen chronologischen und sprachlichen Er-
örterungen die paulinischen Briefe.
Bible. New Testament. Criticism of the NT by various biblical scholars
(St. Margaret’s lectures. 1%2. 120. 7 u. 230. N.Y., Scribner. $ 1.80).
Schmidtke, A., Die Evv eines alten Unzialcodex (BN Text: nach einer
Abschrift des 13. Jahrh. herausgeg. (8°. XL u. 116. Lp., Hinrichs. M4.—):
Eine wertvolle textkritische Arbeit. Par. gr. 97 saec. X11I stellt bezüglich
des Mk-, Lk- und .JJo-Textes eine im Aultrage einer Abtissin Olympias
gefertigte Kopie einer sehr alten Majuskelhs (= Ol) dar. Diese ıst mit
der hesychianischen Rezension nahe verwandt; nur ist der ß-Text
von Einfluls, wie sich auch „der Verzweiflungskampf der dem Untergang
geweiliten alten Textformen“ bemerkbar macht. Durch genaueste Beobach-
tung der Zergliederung des Textkörpers kann der Verf. nicht nur die Ab-
teilungen des Ol, sondern auch die des Hesychius wieder konstruieren. ja
er findet sogar über die letzteren hinweg den Weg zur Texteinteilung des
Ammonius. Der vermutliche Text des Ol zu Mk, Lk und Jo wird dann
sehr sorgfältig ediert. Vgl. E. Nestle in ThLbl AXXIV 314f.
Bousset, Rezension von F. Bla/s, Evangelium sec. Matthaeum ed. (Lips.
191) und Tertkritische Bemerkungen zu Mt (Beitr. z. Förd. christl. Theol,
IV [19%] 4) (TuLzt XXVILL 137—142): Lehnt das textkritische Verfahren
Bl.’ durchaus ab und weist die Behandlung des Mt-Textes durch
Chrysostomus als ziemlich frei und willkürlich nach.
Hort, A. F., The Gospel according to St. Mark. Greek Text, ed. with
Introd. and Notes for the use of schools (8. XXXIV u. 202. Cambridge
1902. Univ. Press. 2s 6d).
Swete, H. B., The Gospel according to St. Mark. The Greek Text, with
Introd., Notes and Indices (8°. 554. Ld., Macmillan. 15s).
Jannsen, R., Das Jo- Ev nach der Paraphrase des Nonnus Panopolitanus
mit einem ausführl. krit. Apparat herausgeg. (TU, N. F. V11I 4 8%. IV
u. 80. Lp., Hinrichs... J., ein Schüler von Blals, will den Jo-Text,
welchen Nonnus bei Bearbeitung seiner Paraphrase vor sich hatte, re-
konstruieren und konstatiert dabei weitrehende Verwandtschaft mit dem
Texte des Chrysostomus. Aulserdem geht das von J. beirebrachte text-
kritische Material erheblich über Tischendorfs ed. VIII hinaus.
Westcott, B. F., Epistle to the Hebrews. Greek Text with Notes and
Essays. 34 ed. (8%. 590. Ld., Macmillan. 14 s).
Rhijn, C. H. van, Een keerpunt in de geschiedenis der tekstkritik (Th. Stu-
diön 1903, 66-80): Über Soden, Die Schriften des NT.
Ropes, J. H., An important New Testament Manuscript (BW I 140 —145):
Referat über die Forschungen von v. d. Goltz und Bousset.
Hjelt, A., Die altsyrische Erangelienübersetzung und Tatians Diatessaron,
bes. in ihrem gegenseitigen Verhältnis unters. (Forsch. z. Gesch. des ntl
Kanons und der altchristl. Lit. von Th. Zahn VII 1. 8% VIII u. 166.
Lp., Deichert. M6.—): Bereits seit Anfang 1901 gedruckt. Die Zeug-
nisse für das Vorhandensein des Diatessaron erweisen, dals es im späten
Bibliographische Notizen. | 41l
Mittelalter bei den Nestorianern noch in Gebrauch war (S. 49). Eingehend,
fast umständlich handelt H. von Ephräms Kommentar, ebenso von der
arabischen Übersetzung des D. Jesudads Zitate setzen voraus, dals das
D. seine Ursprünglichkeit eingebülst hat; das arabische D. zeigt eine
weitere Überarbeitung. Syrus-Sin. ist älter als Syrus-Cur., stammt in der
Reihenfolge Mt, Mk, Jo, Lk von verschiedenen Übersetzern (diesen ein-
zelnen Evangelien gegenüber habe Tatian seine harmonische Verarbeitung
verfalst S. 163f). Das D. ist jünger als Syrus-Sin. Die Gegengründe
Zahns werden eingehend gewürdigt; die selbständigen Lesarten von
Syrus-Sin. zeigen sich als älter und ursprünglicher. Die etwas breite
Anlage der Schrift dient für Geschichtliches und Bibliographisches der
Bequemlichkeit, da vieles aus entlegener Literatur stammt. G.
Vollers, K., und v. Dobschütz, E., Ein spanisch-arabisches Evangelien-
fragment (ZdmG@ LVI 633—648): Durch Fleischer in ZdmG VIII 586
zum erstenmal bekannt gemacht, bietet dieses Leipziger Fragment als
Beigabe zu einer Evangelienhs Kapiteltafeln zu Mt 21—28 und Argument
und Kapiteltafeln zu Mk 1—7. Text identisch mit dem Münchener Cod.
arab. 238. Im Östen gefunden, stammt die Hs aus Spanien. Text und
Übersetzung (aus dem Lateinischen herrührend). Gehört zu einer 946 ent-
standenen Evangelienübersetzung, eine spanische Vulgatahs des 9. Jahrh.
repräsentierend. — Notizen hierzu von S. Fraenkel ebd. LVII 1,201. G.
Gabrieli, G., Ancora nuove versioni arabe dei Vangeli (Bessarione ser. 11,
vol. IV, £. 71. 275f): P. Cheikho 8. J. hat im Hause des Tajjän ein
arabisches Ev-Ms vom J. 1227 gefunden, dieselbe Übers. wie das von
Märidin (Bess. 1902). aber älter. Ein neues jerusalemisches Ms vom
Jahre 1042 ist ebenfalls bereits signalisiert (Ma$rik 1. März 1908). G.
Novum Jesu Christi Testamentum. Yulgatae editionis juxta exemplar
Vaticanum (32°. 799. Tours, Mame et fils).
Nestle, E., Eine lateinische Evangelienhs des X. Jahrh. (ZntW IV 175 bis
179): Beschreibung eines im Handel befindlichen wertvollen Codex.
Nestle, E., The a in the Latin NT (ExpT XIV 479f): Macht
auf die Verschiedenheit der Verszählung bei Mt 24 aufmerksam. Die
Clementina (1592) hatte die Worte: „duo in lectu, unus assumetur et unus
relinquetur‘‘ ausgelassen und bekam dadurch nur 5l Verse im Kapitel.
The Prayer Book of Aedeluald the bishop, commonly called the Book of
Cerne, edited from the ms. in the University Library, Cambridge, with in-
troduction and notes by Dom A. B. Kuypers O.S.B. (4. XXX VI u. 286,
2 Tafeln. Cambridge 1902, University Press. 21 sh): Der nur milsbräuch-
lich als „the Book of Gerne‘ bezeichnete. im 9. Jahrhundert geschriebene
mittlere Teil des Codex Li. 1. 10 der Cambridger Universitätsbibliothek
enthält ein zur Privatandacht bestimmtes Gebetbuch, dessen erster Teil
durch die Passion nach den vier Evangelisten (8. 5—79) gebildet wird.
Kuypers hat mit Unterstützung von Burkitt die Art des Bibeltextes zu
bestimmen gesucht (S. 226—231) und erklärt ihn für einen hauptsächlich
mit der keltischen Gruppe verwandten „definitely vulgate text with few
marked peculiarities“. Einen ähnlichen Typus weist nach Burkitt der
Evangelientext des von K. im Anhang 199 #f al,gedruckten, inhaltlich dem
Cambridger Codex nahe stehenden Cod. 2. A. XX saec. VIII des Britischen
Museums auf. C.W.
Ruppaner, A., Das NT unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi. Mit
Erklärungen und Nutzanwendungen herausg. in Verb. mit mehreren evang.
Geistlichen. Mit Bildern und Karten. Kev. Luthertext (8. 1V u. 1069.
Frankf. a. M., Schergens. M 11.25).
Deooppet, A., Le NT avec notes explicatives, une preface ü chaque livre
et une introduction generale (8%. XIII u. 849. P., Fischbacher).
Gutjahr, F.S., Das hl. Ev nach Mt (Die 4 hl. Evv. Übers. u. erklärt.
80. 1V u. 80 mit 15 Taf. Graz, Styria. M 1.—).
Cook, A. $., Biblical Quotations in Old English Prose Writers. 2d Ser.
412 Bibliographische Notizen.
Edited, with the Latin Originals, with Indices (N. Y., Sceribner’s Sons;
Ld., Arnold). Vel. das Referat von J. H. Lupton in ExpT XIV 456.
Breen, A. E., Bible. New Testament. Greek and English. A harmo-
nized exposition of the four gospels. In 4 vols. Vol. I—-Ill (8%. Rochester,
New York. 12).
Weber, A., Evangelia quatuor, in unum reduxit (32%. 416. Braine-le-
Comte, Zech et fils).
Küppers, W., Die Berichte über das Leben Jesu, zu einer Harmonie ge-
ordnet (4%. XVI u. 199. Gr.-Lichterf., Runge. M 2.75): Eine Synopse
der vier Evv im Texte der revidierten Lutherbibel. Die oben S. 213 notierte
Hypothese von der Priorität des Jo-Ev ist dabei zu Grunde gelegt.
Brimm, D. J., Value of the Revised Version as an Aid to Bible- Study. —
Illustrated from Philippians (BStdt VII 41-50): Weist an Beispielen des
Phil nach, dals durch Beachtung der Punktation und Abschnitte des
Originaltextes, einer akuraten und den Zusammenhang dartuenden Über-
setzung und der Randnoten ein besseres Verständnis erzielt werden kann.
Comparative Translation: Colossians 4:5.6, James 1:17. A Study in
the Modernizing the English Bible (BW XXI 374f, XXI 52f): Ver-
leichung der englischen Übersetzungen bezw. Umschreibungen dieser
stellen und Vorschlag einer eigenen l’araphrase.
Ilaliy, A., H vea diadnxn xara To Barızaro yEpoYypago nerappaouevn.
neoog I. (89. 275. AıßeprouA 1902, The Liverpool Booksellers’ Co.): Eine
neugriechische Übersetzung unter Anschluls an die Vulrärsprache. Das
Erscheinen einiger Proben derselben in griechischen Zeitungen hatte zu
den Stralsenkrawallen im Herbst 1901 geführt. Vgl. E. Nestle in ThLbl
XXIV 313f.
b) Allgemeine ntl Theologie und Zeitgeschichte.
Urchristentum. Archäologie. Geographie.
Weifs, B., Lehrbuch der bibl. Theologie des NT. 7. verb. Aufl. (8% X u.
680. Stuttg.. Cotta. M 12.—).
Weils, B., Die Religion des NT (8%. XII u. 321. Stutte., Cotta M6.—):
Zieht hier gewissermalsen das Facit aus seiner vor mehr als 50 Jahren
begonnenen ‚ntl Forscherarbeit und gibt einen auch für weitere Kreise
berechneten Überblick über den Lehrertrag des NT‘. Im ganzen erscheint
das von Weils vorgetragene Lehrrebäude als ein Kompronils konservativer
und modern kritischer Anschauungen. Von der katholischen Auffassung
der Gottessohnschaft, der Auferstehung usw. ist er weit entfernt.
Heitmüller, W., „Im Namen Jesu“ Eine sprach- und religionsgesch.
Untersuchung zum NT, speziell zur altchristl. Taufe (Forschungen zur
Relirion und Literatur des A u. NTI2. 8%. X u. 347. Gött, Vanden-
hoeck. M 9.—): Weist in dem sprachlichen 1. Teile nach, dals die Formeln
ev (Eemi) rw Övouarı (meist ’Inoovo oder ähnl.) und eis To övona im NT —
erstere immer, letztere nur in Verbindung mit Barnrileıv — eine wirkliche
Nennung oder Anrufung des Namens besaren. Der religionsgeschicht-
liche 2. Teil gilt dann dem Nachweise, dals die sakramentalen Wirkungen,
welche schon das alte Christentum mit der gläubigen, ‚Aussprache des
Namens verbunden hat, speziell bei der Taufe, nur Aulserungen des
„Namenglaubens“ sind, für welche das gleichzeitige ‚Judentum und syn-
kretistische Heidentum sowohl wie die alten babylonischen, persischen,
ägyptischen usw. Relisionen zahlreiche Parallelen bieten. Meine prinzi-
piellen Bedenken und speziellen Widersprüche gegen vorliegende Arbeit
habe ich 'ThR II 326—331 eingehender begründet. Auf jeden Fall hat
dieselbe aber das neue Unternehmen der „Forschungen etc.“ trefflich in-
aururiert.
Wernie, P., Die Reichsgotteshoffnung in den ältesten christl. Dokumenten
und bei Jesus (8%. 11I u.58. Tüb., Mohr. M 1.20): Bei Paulus wie auch
Mt sei die Baoıkeia To Beo0 sowohl zukünftig wie gegenwärtig gedacht.
Bibliographische Notizen. 413
Lk, Mk und Logien haben zumeist das zukünftige Gottesreich im Auge.
Jesus hat die streng eschatologische Auffassung desselben nicht abgelehnt.
Vgl. C. Clemen in ThLtz XX VIII 298—300.
Bugge, Chr. A., Das Gesetz und Christus nach der Anschauung der ältesten
Christengemeinde (ZutW 1V 89—110): Was das Judentum vom Gesetze,
das als Hypostase (?) aufgefalst wurde, aussagte, haben die Messianisten
vom Messias und damit die Ühristen von Christus ausgesagt. Diese
Identifikation habe schon Jo in seinem Prologe und Kap 6 (?) vollzogen.
Sie bringe erst in die Lehre Pauli und seine Tätigkeit als Proselyten-
missionär das volle Verständnis.
Nash, H. S., The Idea of Logos in Relation of the Need of Law in
the Apostolic Age (Journ. of Bibl. Lit. XXI, 11 170—187).
Naumann, G., Die Wertschätzung des Wunders in NT. Bibl.-theol.
Untersuchung (8%. 85. Lp., Dürr. M 2.60): Unterschieden wird eine reine
Wunderauffassung, vertreten durch Jesus, Petrus, Paulus und Johannes,
und eine Degenerierung, welche schon die Synoptiker und andere ntl
Schriftsteller einleiten und welche zum Katholizismus führt. Die letztere
Phase charakterisiert sich durch Betonung der Wwundertat als solcher,
während bei Jesus und Paulus jedes Bestreben, das Wunder zu veräulser-
lichen und nicht im Zusammenhange mit den sittlichen Aufgaben des
Christentums zu betrachten, bekämpft wird. In Beurteilung späterer
Quellen macht sich eben der extrem spiritualistische Standpunkt des Verf.
geltend. Im einzelnen möchte ich die vom Verf. S. 22 in Abrede ge-
stellte Beziehung des „Zeichen des Jonas“ auf die Auferstehung Jesu
aufrecht halten. Auch ist Apg 4, 24ff sicher kein „schon liturgisch
formuliertes Gebet“ (8. 49).
Lambert, J. C., The Sacraments in the NT (Kerr Lectures for 1903. 8°,
XX u. 430. Edinb., Clark. 108 6d).
Stephenson, T., On the Use of I'gapn in NT (ExpT XIV 475—478): Ist
gebraucht von einer speziellen wie von der ganzen Schrift. Kommt auch
in Personifikation (= d eds) vor.
Herner, S., Die Anwendung des Wortes xüpios im NT (4°. 50. Lund,
Malmström).
Fairfield, E. B., The Judgment-Day— When is it? (Bs LX 379—383):
In Hebr 9, 27 ist ner& roüto = unmittelbar nach. Das Gericht erfolgt
gleich nach dem ode.
Hoffmann, F., Das messianische Gericht im NT. I. Progr. des Friedr.-
Kolleg. zu Königsberg (4”. 28. 1902).
Thomas, E. H.. The Iemnant of Israel, The Church and the Coming
of Christ (8°. 140. Ld.. Nisbet. 28).
Bousset, W., Die Religion des Judentums im ntl Zeitalter (8°. XIV u.
512. B.,, Reuther. M 10.—): Besprechung folgt.
Perles, F., Bousset's Religion des Judentums im ntl Zeitalter kritisch
untersucht (8%. VI u. 133. B., Peiser. M 2.50).
Baldensperger,W., Die messianisch-apokalyptischen Hoffnungen des Juden-
tums. 3. völlie umgearb. Aufl. (8% All u. 240. Stralsburg, Heitz.
M 4.—): Bildet die 1. Hälfte von: „Das Selbstbewulstsein Jesu im Lichte
der messianischen Hofinungen seiner Zeit.“ An die messianischen Hoff-
nungen der Propheten schlols sich die religiöse Stagnation der Schrift-
gelehrsamkeit, gegen welche die Gottes- und Messiasauffassung der apo-
kalyptischen Schriften von Daniel ab (makkabäische Zeit) eine heilsame
Reaktion herbeiführte, um eine Vorstufe des Evangeliums zu bilden.
Dieser geschlossene Gang der Untersuchung führt B. ungefähr durch
das ganze Gebiet religiöser Begriffe und Sätze, die den Gehalt der Reli-
gion des Judentums um die Zeit Christi ausmachen. Mit Bousset teilt
B. grölstenteils Material und Thema. lm Unterschied von ihm sucht er
aber überall die Entwicklung der Ideen sei es von innen heraus oder in-
folge äulserer Einwirkung klarzulegen. Mit einem kühnen Wurf sucht
414 Bibliographische Notizen.
B. das vorwegzunehmen, was wohl erst Endergebnis der Forschungen
auf diesem Gcbiete sein kann. Die interessanten und oft scharisinnigen
Spekulationen wird man gerne lesen; als eine Vorarbeit für weitere Er-
örterungen kann man sie in Einzelheiten ganz wohl schätzen. Das Ge-
samtresultat anzunehmen, hindert die Unsicherheit des (Juellenmaterials,
die Notwendigkeit. sich oft mit blolsen Möglichkeiten zu begnügen (für die
Entstehung des Schutzengelrlaubens werden uns 2. B. drei Möglichkeiten
zur Auswahl vorgelegt S. 64), und der vielfach hypothetische Charakter von
Teilresultaten. Neben der Selbständigkeit der Jüdischen Entwicklung er-
kennt B. auch das Neue der christlichen Zeit mit Recht an, so viele
Fiden auch die Offenbarung mit der natürlichen Welt und Geschichte
verbinden. Die tatsächliche Durchführung dessen wird uns nn
die zweite Hälfte nicht vermissen lassen.
W<arfield>, B. B., A Jewish Doctrine of Guardian Angels? (BStdt Yıl
1-9): Legen Bousset, llackspill (Rb XI), Weber hält er mit Recht die
hierfür angeführten Stellen Eh für stichhaltig; „Intercessory Angels“
seien erweislich, wiewohl auch diese Fassung nur auf Mt 18, 10, nicht
aber, wie erforderlich, zueleich auf Act 12, 15 passe.
Ackermann, A,., Judentum und Christentum (8°. 32 Lp., Kaufmann.
M —.50).
Kirkpatrick, A. F., Christianity and Judaism (Exp VII 241—258).
Wyfs, F., Essüertum, Urchristentum und der Abfall (8. 8. Bern,
Francke M —.20).
Klein, &., Schem ha-mephorasch (det förborgade Gudsnammet). Ett
bidrag till "künnedomen om esseism och ürkristendomen (8%. 60. Stock-
holm 1902. Nord. Bokh. Kr 1.25).
Fiebig. P., Talmud und Theologie. Ein Vortrag. Samml. gemeinverst.
Vortr. 86 (8%. IV u.30. Tübingen, Mohr. M —. 75): Betont die Bedeutung
der jüdischen Literatur für das NT und wünscht Verwertung derselben
dadurch, dals die jüdischen Gelehrten ihre hebräische Sprache aufgeben,
oder noch besser dadurch, dals Juden und Christen zusammenarbeiten. G.
Grill, J., Die persische Muysterienreligion im römischen Reich und das
Christentum. Samml. gemceinverst. Vortr. 34 (8%. ]V u. 60. Tübingen,
Mohr. M 1.20): Der griechische Mysterienkult mit Richtung auf das
Jenseits und das Seligkeitsinteresse des Einzelnen arbeitete dem Christen-
tum vor. Die Mithrasmysterien als Yrlösungsreligion in grolsem Stil
griffen rasch um sich und traten mit dem Christentum in regeren Wett-
kampf. Der endgültige und unausbleibliche Sieg des Christentums wird
geschildert. G.
Moy, L., Les Adorateurs du Soleil; Jufs et Chretiens. Etude philos.
Bu sur les origines du judaisme et du christianisme (8%. 143. P.,
ulsson).
Seeberg, A., Der Katechismus der Urchristenheit (8°. VI u. 281. Lp.,
Deichert): Ein solcher, aus Herrnworten gebildet, sei bald nach Christi
Tode entstanden. Röm 6, 17 (rümos Tfs didaxris) weise darauf hin, und
1 Kor 4, 17 enthalte den Namen, nämlich 6d0i. Diese alte Paradose habe
einen Laster- und Tugendkatalog enthalten. 1 Kor 15,3—5 sei das Referat
einer Glaubensformel, 1 Tim 3, 16 der Hymnus auf sie. Die paulinische
Formel sei auch in 1 Petr, den Pastoralbriefen, bei Lk und im Hebr
vorausgesetzt. Sie bildet die Grundlage für die Missionspredigt und das
christl. Bekenntnis und stützt sich selbst wieder auf Mt 26, 63. Noch
zahlreiche andere, besonders auch für den Exegeten interessante Resultate
sucht der Verf. in diesem Buche zu gewinnen (verl. das Stellenregister).
Thomas, J., The First Chr . Generation. Its Records and Tradition
Se "Ld,, Sonnenschein. 65): Keine neuen Resultate. Vgl. ExpT
X 423.
R<aich>, Über die Weltmission des Christentums (Kath LXXXIII,
I 24u—255): Wendet sich gegen Harnacks These (vgl. o. S. 2041), nach
Bibliographische Notizen. 415
den Evv habe Christus seinen Jüngern gar nicht den Auftrag gegeben,
die Welt zu missionieren.
Böckenhoff, K., Das apostolische Speisegesetz in den ersten fünf Jahrh.
Ein Beitrag zum Verständnis der quasi-levit. Satzungen in den älteren
kirchl. Rechtsquellen (8%. VlI u. 142. Paderb., Schönineh. M 4.—): Der
erste Abschnitt dieser kanonistischen Abhandlung behandelt die ntl Zeit
und will nachweisen, dals das apostolische Speisegesetz als „Partikular-
gesetz‘ nicht in allen heidenchristlichen Gemeinden „promulgiert“ worden
ist. S. 30ff wird die ß-Variante des Aposteldekretes besprochen.
Lagrange, M.-J., O. Pr., Besprechung von A. Loisy, !’Evanyile et U’ Eglise
(P. 1902) (Rb XII 292-313): Ablehnung des Buches unter eingehenderer
Diskussion über die Begritite Messias, Goltessoha u. a. im Glauben der
ersten Christen und den ntl Schriften. — Vgl. ferner Gayraud in Rev. du
Clerg& franc. XXXV 106f.
Janssens, L., L’Evangile et !’ Elise (Rev. Bened. XX 203—209): Scharfe
Ablehnung des so betitelten Buches Loisys.
Bouvier, P., L’exegese de M. Loisy (les doctrines; les proccdis) (8%. 48.
P., Retaux).
Hilaire, P., L’exögese biblique: Le livre de M. Loisy (l:tudes franciscaines
1903, 352—378).
Le Camus, E., Fraie et fausse eregese: lettre aux directeurs de mon semi-
a propos du livre de M. Loisy „L’Evangile et lEglise“ (8% 40. P.,
udın'.
Hoffmann, J., Das Abendmahl im Urchristentum. Eine exeg. und hist.-
krit. Untersuchung (8%. VILu. 267. B., Reimer. M4.—): Dasselbe ist nicht
von Christus gestiftet, sondern in der ersten christlichen Gemeinde zunächst
als Brudermahl olıne jede Beziehung zum Abendmanle Christi entstanden.
Später erinnerte man sich dabei des Abendmahles Jesu, das mit seinem
nahen Tode zusammenhing. In einem dritten Stadium, das dann zum
paulinischen führte, wurde der Vergleich von Brot und Wein mit dem
gebrochenen Leib und vergossenen Blut Christi vollzogen. Wie wenige
Jahre genügen doch der modernen Kritik, um innerhalb derselben die
grölste Entwicklung einzuspannen!
Funk, F. X., Loagape (Rev. d’hist. eccl. IV 5—23): Behauptet gegen
Batiffol die Existenz von Agapen in den ersten beiden Jahrh., insbesondere
auch, dals 1 Kor 10 die Institution als solche nicht für Milsbrauch erklärt.
Vgl. Batiffols Erwiderung, die sich hauptsächlich um Tert. Apol. 39 dreht:
Rb XI1 313—315.
Paterson, W., The Church of the NT. The Presbyterate. Defence of
Presbyterianism (8°. 256. Ld. 1902, Allenson. 3s €d).
Hoilmann, 6., Urchristentum in Korinth. Eine reliyions- und kultur-
geschichtl. Studie (8%. 32. Lp., Hinrichs. M —.50): Die durch 1 und
2 Kor bezeugten religiösen Zustände in Korinth lassen sich einerseits auf
den stark ausgeprägten Intellektualismus der ehemals hellenischen Ge-
meinde, anderseits auf zahlreiche residua heidnischer Sittlichkeit und
Religionsauffassung zurückführen.
Reed, R. C., The Church of Philippi (BStdt VII 84—93): Schilderung
der in der Apg erzählten Ereignisse und Charakterisierung des Phil-
und Polykarpbriefes.
Mittwoch, E., Die Etymologie des Nanıens „Essüäer“ (ZA XVII 75—82):
Vortr. geh. auf dem Orientalistenkongreis 1902 (vgl. oben 8.112. Die
bisherigen Erklärungen sind nicht zu halten. Mischna-Traktat Sekalim VI5
bietet o’xvir, was der griechischen Umschrift entspricht und auch der Be-
deutung nach („die Schweigenden“) palst. Möglich wäre auch die Er-
klärung der Mischna: „stille Wohltätickeit“, G.
Sanday, W., Sacred Sites of the Gospels with Illustrations, Maps and
Plans by W. S. with the Assistance of P. Waterhouse (8. XII u. 126.
Oxt., Clarendon Press): Gut orientierende Notizen und zahlreiche Abbil-
416 Bibliographische Notizen.
dungen zur Topographie des Heiligen Landes, welche der bekannte Exeget
auf einer kurzen Reise im vergangenen ‚Jahre gesammelt hatte. Dem
herodianischen Tempel wird besondere Aufmerksamkeit zugewendet.
Del Piano, F., Sulle orme del Redentore: memorie ed üUlustrazioni della
Terra Santa (16°. 313. Milano, Tip. della s. lega Eucaristica. L 2.50).
Wilson, €. W., Golyatha and the Holy Sepulchre (PEF XXXV 51 —65
1140—153 242—249): In Fortsetzung der S. 205 erwähnten Abhandlungen
wird auf die relativ geringe Aufmerksamkeit hingewiesen, welche die
ersten Christen den heiliren Stätten entgegenbrachten. Weiterhin kommt
zur Diskussion: The Identification of the Traditional Sites, with Golgatha
and the Tomb in the Reign of Constantine. Sichere Schlüsse lälst die
Tradition nicht zu. W. ist für die Identifikation von Golgatha und Aelıia
Capitolina. i
Victor-Bernardin, F., Le pretoire de Pilate et la forteresse Antonia (Etud.
francisc. 1903, 47—55).
Mommert, C., Änon und Bethania, die Taufstätten des Täufers. Nebst
einer Abhandlung über Salem, die Königstadt des Melchisedek (8%. V u. 97
mit 1 Abbillg u. 3 Karten. Lp., Haberland.. M 2.—): Setzt die Lage
beider Orte östlich des Jordans an, ist aber bezügrl. Anons wohl im Un-
recht. Vgl. E. Schürer in ThLtz XX VIII 296—298.
Stewart, R.L., I’he Roman Capital of Palestine (BStdt VII 277—285):
Archäologische Notizen über Cäüsarea.
c) Kanon des NT. Geschichte der ntl Exegese.
Batiffol, P., L’Eglise naissante. Le Canon du NT (Rb XII 10-36
226—233): Gibt einen sehr dankenswerten, klaren Überblick über die
Kanongeschichte, insbesondere über den Stand im 3. und 4. Jahrh.. und
am Ende des 2. Jahrlı., dem terminus ad quem einer Kanonbildung.
(iegen Harnack werden des Justin Aulserungen mit der Existenz eines
Kanons als durchaus verträglich nachgewiesen. Marcions Kanon setzt
einen orthodoxen geradezu voraus. Das kanonbildende Element sieht. B.
nicht wie protest. Kritiker in der Apostolizität oder Häufigkeit des Vor-
kommens, sondern in dem Umstande, dals die ntl Schriften das Ev Jesu
enthielten.
.. Bacon, B. W., The Canon of the NT (BW XXI 115—119): Allgemeiner
Überblick über die Kanongeschichte bis zum J. 200 unter stetem Hinweis
auf die einschlärire protestantische Literatur.
Harnack, A., Einige Bemerkungen zur Gesch. der Entstehung des NT.
Vortr. geh. im internat. hist. Konerels 6. Apr. 1903 zu Rom. Uon tra-
duzione italiana di S. Minocchi (Str III 227—240): 1. Die 4 Evv wurden
zusammengestellt, um sie in eines zu verarbeiten, was das Dazwischen-
treten des Grnostizismus verhinderte. 2. Die Gleichstellung der paulinischen
Briefe mit dem Ev wurde von den Gnostikern vollzogen. Die Kirche ist
dann unmerklich gefolgt. 3. Ein einheitliches NT, bestehend aus 20 oder
22 Schritten, ist zuerst in Rom entstanden. Diese drei Tliesen legt H. als
Probabilia der ntl Forschung vor. Die Widerlegung von 1 und 2 dürfte
nicht allzuschwer fallen.
Dibelius, O., Das Vaterunser. Umrisse zu einer Geschichte des Gebets
in der alten und millleren Kirche (8%. AlIl u. 180. Gielsen, Ricker.
M 4.80): Verfolet in einer 1. Untersuchung die christliche Spekulation
über das Gebet überhaupt, speziell bei Klemens von Alexandrien, Origenes
und Gregor von Nyssa, und konstatiert dabei zahlreiche Parallelen mit
der hellenischen Auffassung. wie ein Herabsinken von reineren Vor-
stellungen zu vulgären Anschauungen. In der sehr kurzen 2. Untersuchung
wird ein Extrakt aus den patristischen Vaterunsererklärungen vorgelegt.
Um so ausführlicher wird an 3. Stelle der Beweis geliefert, dals die Ahn-
lichkeit der Vaterunsererklärung Luthers im Kleinen Katechismus mit
den althochdeutschen Auslegungen des 9.—11. Jahrh. aus der beiden ge-
Bibliographische Notizen. 417
meinsamen Benutzung der patristischen Tradition zu erklären sei. Ein
Anhang von bisher ungedruckten alten deutschen Vaterunsererklärungen
beschlielst die namentlich im letzten Abschnitt wertvolle Arbeit.
Mayence, F., Note papyrologique (Rev. d’hist. ecel. III 231—24): Liste
der bibl. und altchristl. Papyri.
Scherer, W., Der „Weinstock Davids“ (Aypostellelire 9, 2 im Lichte der
Schrifterklärung betrachtet) (Kath 3. F. X\XVII, I 357— 365): Zieht atl
Parallelen, wie auch Jo 15, 1, zur Deutung auf die Eucharistie bei.
Lietzmann, H., Das Muratorische Fragment und die monarchianischen
Prologe zu den Evv (Kleine Texte für theol. Vorlesungen u. Übungen. 8°.
16. Bonn 1902, Marcus & Weber. M —.30): Eine sehr zweckdienliche
Textausgabe mit kritischem Apparat und erklärenden Anmerkungen.
Nestle, E., „Father, forgive tem“ (ExpT XIV 285f): Macht auf die
gleiche Stellung, welche dieses Wort Jesu sowohl im Diatessaron wie in
den Apost. Konstitutionen einnimmt, aufmerksam.
Schwartz, E., Zu Clemens’ Tig 6 owLouevog zlovosos (Hermes XXXVIII
75—100): Handelt über die Textübecrlieferung dieser Schrift, bes. auch
über die Textgestalt der Perikope. Der griechisch-syrische "Text ist
verdorben; die westlichen Texte und der Sinaiticus sind nicht ur-
sprünglich.
Preuschen, E., Bibelcitate bei Origenes (ZntW IV 67—74): Origenes hat
sieben Schreibern diktiert und denselben die Aufsuchung grülserer Zitate
überlassen. Im Jo-Kommentar sind zwei diesbezügliche Weisungen aus
Versehen stehen geblieben („Es ist ein Wort der Schrift zu suchen, das
uns diesen Gedanken an die Hand gibt.“ „Und aus den Evv sind die
Gleichnisse von Abendmahlzeiten zu sammeln“). Daher erklärt sich die
Verschiedenheit der Bibelzitate bei Origenes. Namentlich die umfang-
reichen können uns nur lehren, welche Textformen zur Zeit des Orig. im
Umlauf waren, nicht aber, welche Formen Orig. bevorzugte.
Batiffol, P., Les tractatus Origenis a propos d’un livre nouveau (Rb XII
81—93): Nicht Novatian selbst, wohl aber ein von ihm abhängiger No-
vatianer sei der Verf.
Eusebius’ Werke II. Bd: Die Kirchengeschichte bearb. von E. Schwartz;
Die lat. Übersetzung des Rufinus bearb. von Th. Mommsen. 1. Hälfte (Die
griech. christl. Schriftsteller der ersten drei Jahrh. 8%. IV u. 507. Lp.,
Hinrichs. M 16.—): Auch für den Exegeten, insbes. den ntl, ist Eus.'
Kirchengeschichte von der grölsten Bedeutung. Enthält sie doch zahl-
reiche wichtige Mitteilungen über Kanonbildung und ntl Zeitgeschichte.
Die neue Ausg. der Berliner Kirchenväterkommission, von zwei hervor-
ragenden Philologen hergestellt, beruht auf weit vollständigeren hand-
schriftl. Kollationen unter Beiziehung der neuerdings besonders durch
Nestle zugänglich gemachten syrischen Übersetzung. Rufins lat. Uber-
setzung ist dem griech. Texte gegenübergestellt. Ein besonderes Verdienst
von Schw. ist es, dals er die zahlreichen ati und ntl Bibelzitate mit der
Form verglichen hat, die sie in andern eusebianischen Werken haben.
Nur so ist es möglich, mit Bestimmtheit über den Bibeltext des Eus. zu
urteilen. Dals aber Schw. hierbei vor den Katenenfragmenten Halt ge-
macht hat, ist gerade jetzt, wo die Katenenforschung mächtig blüht, nicht
zu billigen. So wären über die Makariuskatene (S. 54) auch auf Grund
der neueren Forschungen nähere Mitteilungen möglich gewesen. Schw.
gibt den griech. Text so getreu wieder, dals er sicher Unrichtiges stehen
lälst, so ZepouiAliou 382, 11 oder das sinnlose nvevorg 382, 3.
Schwartz, E., Zu Euscbius’ Kirchengeschichte (ZntW 1V 48—66): 1. Das
Martyrium Jakobus’ des Gerechten: Der bei Eusebius überlieferte Bericht
weist Interpolationen, die eine Annäherung an den bericht des Josephus
bezweckten. auf. 2. Zur Abgarlegende. Auch sie ist bei Eus, erweitert,
Von ihm ist die „Lehre Addais“ abhängig.
Biblische Zeitschrift. I. 4. 21
418 Bibliographische Notizen.
Morin, G., Pages inedites d’Arnobe le Jeune. La fin des Erpositiunculae
sur l’evangile (Rev. Bened. XX 64-76): Teilt den Schluls der Lk-Scholien
des Arnobius (Migne, P.1. LIII 569—580) nach einer besseren und voll-
ständigen Hs von Gand mit.
Weyman, C., Rezension von Ambrosit opera p. IV: Epos. ev sec. Le
rec. C. Schenkl (Lp. 1932; s. 0.8. 206) (6gA CLAXV 442-457): Zahlreiche
Beiträge zu den (uellen und Vorbildern (Nachträge übersehener Bibel-
zitate) sowie zur Benutzung und Wertschätzung bei den Späteren.
Souter, A., A New View about „Ambrosiaster“ (Exp VII 442—455): Folgt
Morins Anregungen. Decimus Hilarianus Hilarius, an dessen Tochter
Furia Hieronymus schrieb, wird als Verf. vorgeschlagen. Denn die
Kommentare und (Juästionen lassen einen hochgestellten Laien aus Ober-
italien als Autor vermuten. Auch ein in einem Vindob. überliefertes
Fra@rment eines antiarianischen Traktates De Trinitate gehört ihm zu.
Schmitt, V., Die Verhei/sung der Eucharistie (Joh VI) bei den Antio-
chenern Cyrillus von Jerusalem und Johannes Chrysostomus (8%. VII u.
102. Würzb., Göbel & Scherer. M 2.40): In Fortsetzung früherer Studien,
welche das gleiche Thema durch die vornicänische und alexandrinische
Literatur hindurch verfolgten, exegesiert der Verf. die 4. mystagogische
Katechese des Cyrill von Jerusalem und die Homilien 45—47 des
Chrysostomus zum Jo-Ev. Cyrill erklärt nach ihm Jo 6,51”ff, wahr-
scheinlich aber auch schon die vorauszehenden Verse von der Eucharistie
im katholischen Sinne. Bei Chrys. steht die Beziehung der ganzen Rede
Jesu (Jo 6. 27—59) auf die Eucharistie fest. Im einzelnen finden sich zalıl-
reiche apologetische Auseinandersetzungen mit protestantischen Dogmen-
historikern. Doch erhebt sich der Verf. nicht genügend über das Niveau
einer Erstlingsarbeit. Dals seine Darlegungen über die Arkandisziplin,
welche bei Chrys. eine grolse Rolle spielen soll, „etwas weitläufig, aber
gründlich“ seien, wie er selbst (S. 5l) sagt, kann ich nicht finden.
Funk, Ein Fragment zu den Apost. Konstitutionen (TQS LXXXV
195—202): Behandelt ein in die A. K. eingesetztes Apokryphon, welches
die Apostel Zeit der Geburt, Taufe, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt
Jesu angeben lälst.
Schönbach, A. E., Über einige Evangelienkommentare des Mittelalters
(Aus: Sitzungsber. der k. Ak. d. W. 8%. 176. Wien, Gerold’s Sohn).
d) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und
Büchern.
a) Allgemeines.
Hilgenfeld, A.. Der mysteriöse Marcus und der reactionäre Jacobus (ZwTh
XLV1 1-39): Bekämpft neuerdings namentlich gegen Wrede die Mk-
ee und die von Dobschütz behauptete reaktionäre Stellung des
akobus.
Nestle, E., Little Contributions to the Greek Testament (ExpT XIV
190—192): Acts 2, 47; 3, 1. 1 Cor 16, 22. Matt 5, 37. John 8, 56. The
Altar of the Unknown God. The Names of Peter in the NT.
Moore, D., On alleged Errors and Contradictions in the Scriptures
(BStdı VII 94—101): Legt unter Hinweis auf profane Historiker und
auf ähnliche Fälle aus dem eigenen Leben dar, dals Widersprüche, wie
z. B. der in den Berichten der Synoptiker über das Wirken Jesu in
Jericho, nicht existieren.
Rottmanner, O., O. S. B., Predigten und Ansprachen II (8%. VIII u.
368. München 1902, Leutner. 37 4.50): Obwohl die Besprechung homi-
letischer Werke nicht zum Programme dieser Literaturnotizen gehört,
kann hier füglich eine Ausnahme gemacht werden, da R.s Predigten auch
dem Exegeten reichen Stoff bieten. Fast immer legt R. eine exakte Er-
klärung des Ev seinen Homilien zu Grunde. Er will nichts in die Hei-
lıge Schritt hineinlesen, sondern direkt aus der reinen Quelle schöpfen.
Bibliographische Notizen. 419
Besonders gelungen scheint mir die Erklärung der Versuchungsgeschichte
145 ff) zu sein. Zu Lk 2,52 bemerkt R.(95): „Man sollte erwarten, dals
ie hier so deutlich ausgesprochene Lehre von einem wirklichen, nicht
blols scheinbaren Wachstum der ganzen menschlichen Natur Christi sich
für jedermann von selbst verstehen müsse... die menschliche Voll-
kommenheit schlielst Wachsen und Fortschreiten in sich ein.“ Von der
dem Homileten zustehenden Freiheit, zu akkommodieren und zu symbo-
lisieren, macht R. wie sein grolses Vorbild Augustinus selbstverständlich
Gebrauch (vgl. die „drei Mails Mehl“ 132), doch immer in bescheidenen
und naheliegenden Grenzen.
Schiefer, F. W., Zwei Randbemerkungen zu ntl Stellen (ZwTh XLVI
316-318): Bringt zu Mt4,1—11 und 1Kor15, 28 Parallelen aus der
Baruchapk und 4 Esdr bei und folgert, dals allgemein jüdische Volks-
Be SanBen die Quelle waren, aus der die ntl Schriftsteller geschöpft
aben.
ß) Leben Jesu und Evangelien.
Schell, H., Christus. Das Ev und seine weltgeschichtl. Bedeutung (Welt-
geschichte in Karakterbildern. 8". 156. Mainz, Kirchheim. M 4.—):
Wird besprochen werden.
Grimm, J., Das Leben Jesu. Nach den vier Evv dargestellt. VI (Gesch.
des Leidens Jesu. 1. Bd. 2., mehrfach umgearb. Aufl., besorgt von J. Zahn.
80. XVI u. 616. Regensburg, Pustet. M 5.—): Grimms Exegese ist
ekannt. Sie berücksichtigt in weitgehendem Malse das erbauliche
Moment. Auf Stimmungen und andere psychologische Zusammenhänge
achtete G. besonders. Sein verdienter Fortsetzer und Herausgeber der
neuen Auflagen folgt dem Meister auf diesem Wege, ohne in allweg den
Resultaten desselben zuzustimmen. So wird z. B. bezüglich des Pascha-
tages die Translationsthese Grimms aufgegeben und der 14. Nisan als Tag
des Abendmahles verteidigt.
Sohumacher, Ph., und Schlecht, J., Das Leben Jesu ((Juer-Folio. 56 S. mit
52 Haupt- und 23 Nebenbildern. München, Allg. Verl.-Ges. Geb. M 20.—):
Der Hauptwert des Buches liegt in den Illustrationen Schumachers, die
in Zeichnung, Farbengebung und Gruppierung durchaus auf der Höhe
der Zeit stehen und modern-künstlerische Errungenschaften in feiner
Weise mit traditioneller Auffassung verknüpfen. Aus der Ornamentik
der Umrahmung spricht eine tiefe Symbolik. Der begleitende Text des
Freisinger Geschichtsprofessors Schlecht ist durchans zweckentsprechend.
Meist ist's die einfache Sprache der evangelischen Erzählung, welche
das betreffende Bild erläutert. Liturgische Texte und religiöse Lieder
sind gleichfalls noch beigezogen. Theologische Erörterungen finden sich
seltener. Ins Kapitel der mariologischen Übertreibungen gehört aber
der Satz S. 6: „Während ihr (Mariens) Auge voll inniger Mutterliebe
auf dem geliebten Kinde (dem Knaben in Nazareth) ruht, bringt sie es
dem Vater im Himmel dar für die Erlösung der schuldbeladenen Welt.“
Farrar, F. W., The Life of Christ. With a Memoir of the Author by
W. Lefroy. Biographical Edition. Part 1. To be completed in 16 Fort-
nightly Parts. Containing over 300 Illustr. (4%. XXII u. 48. Ld.,
Cassell. 6d).
Barth, F., Die Hauptprobleme des Lebens ‚Jesu. Eine geschichtl. Unteres.
2. umgearb. Aufl. (8°. XV u. 288. Gütersloh, Bertelsmann. M 4.—).
Garvie, A. E., Studies in the „Inner Life“ of Jesus. 10. The Function
of the Miracles. 11. The Companionship of the Twelve. (Exp VI 353 - 366,
VII 337—352): Fortsetzung der oben S. 208 bezeichneten Artikelserie.
Levrier, X., Cle chronologique et Dates exactes de la vie de Jesus (8°.
47. Poitiers, Bonamy).
Classen, W., Der geschichtl. Jesus von Nazareth (8°. 32. Heidelberg
1902, Ev. Verlag. M —.25).
27*
420 Bibliographische Notizen.
Couard, H., Das Leben Jesu nach seinem zeitl. Verlauf durch Ineinander-
ordnung der 4 Evv dargest. (Aus: C., Das NT. 3. Aufl. 8%. 16. Pots-
dam, Stein. M —.25).
Halevy, J., Notes Evangeliques: La visite des Mages et l’etablissement a
Nazareth. — Encore l’expression „Fils de !homme.“ — La derniere Episode
de la Passion (Rsem AI 32—47 122—141 210-231): S. o. S. 208. Lk
widerspricht nicht, sondern ergänzt Mt. — Polemik gegen Wellhausens
Auffassung des Menschensolines (= Mensch; von Jesus selbst nicht ge-
braucht) und Verteidigung der Bedeutung „Messie-Dieu“. — Auch in dem
Berichte über die Ereignisse auf Golgatha gibt Lk trotz zahlreicher
Modifikationen nur ein „Pendant“ der beiden andern Synoptiker, speziell
des Mt.
Shaw, Ch. G., Opus Christi (BW XXI 356—365): „Jesus made possible,
not a new view of life, but a new life itself.“
Steinmann, Th., Die geistige Offenbarung Gottes in der geschichtl. Person
Jesu (8. VIII u. 125. Gött., Vandenhoeck. M 3.60).
Fonck, L., S.J., Leben und Lehre Jesu in der neuesten Literatur (ZkTh
XX VII 293—322): Unter den kath. Autoren wird besonders C. Fouard
(La Vie de N.-S. Jesus-Christ, P. 1902) empfohlen, obwohl die seit 1880
erschienene Literatur unberücksichtigt blieb. Bezüglich der modern
protestantischen Werke (0. Holtzmann, B. Weils, Furrer, Wendt,
Hollmann, Wrede u.a.) wird über deren Stellung zum Wunderbegriff,
zum DBegriile Gottessohn, Messias usf. referiert. In einer gesonderten
Gruppe wird Schells „Christus“ besprochen, den aber F. nicht empfelilen
kann, weil er zu viele Zugeständnisse an die moderne Kritik und manches
dogmatisch Milsverständliche und Bedenkliche enthält. Über Loisy teilt
F. mit, dals dieser den Inhalt seines Buches L’Evangile et l’Eglise (s. o.
S. 207 f) nicht revoziert habe. Volle Zustimmung muls F. finden, wenn
er gegen den Milsbrauch des Namens des Abtes Haneberg Einspruch
erhebt, den Sepp als Mitverfasser seines Lebens Jesu nennt.
Lühr, K., Das Bild Jesu bei den Eschatologen (PrM VIl1 64—78): Bringt
som modern kritischen Standpunkte sehr beachtenswerte Bedenken gegen
die neuerdings protestantischerseits sehr vertretene völlig eschatologische
Auffassung der Lehre und des Lebens Jesu bei, wonach die Reichs-
ottesidee, der Messiasbegrift u. a. fast die Alleinherrschaft führen. Auch
ii jetzt so viel gebrauchte Schlagwort vom inneren „Erlebnis“ wird
S. 72) mit Recht kritisiert.
. Ritter, A., Christus der Erlöser (8%. VIII u. 304. Linz, Wien, Lp.,
Österr. Verl. M 7.50): WVertritt eine darwinistisch - pantheistische Auf-
fassung des Christentums.
Steck, R., Das Christusproblem (PrM VII 85—95): Behandelt die neuen
Forschungen Wredes und Kalthofts, Im Bilde Jesu sei „alles Einzelne
unsicher, das Ganze dennoch über jeden Zweifel erhaben“. Insbesondere
sei das Messiastum nicht aus der Geschichte Jesu auszumerzen.
Weinel, H., Jesus im 19. Jahrh. (8°. VIII u. 316. Tüb. u. Lp., Mohr.
M 3.—): Vorträge über das Leben Jesu und seine neuere Erforschung und
Auffassung vom Standpunkte der modern rationalistischen Theologie aus.
Die radikalen Anschauungen des Verf. haben protestantischerseits zahl-
reiche Angriffe erfahren und den „Fall Weinel“ geschaffen. Vgl. £. A<aupt>
in Deutsch-ev. Bl. XXVIlI 140—151 und W.s Antwort ebd. 216—220.
Peries, G., L’'humanite de Jesus-Christ (Rev. d. Sc. Eccles. 1902, 207—229
289 — 307).
en B., The Teaching of Christ (Exp VII 81—94 259—273 401—
416): Kurze Uharakterisierungen der Lehren Christi über das Reich Gottes,
seine eirene Person (auch nach Jo), des Erfolges seiner Lehre u.a.
Die Mk-Tradition weise Ordnung und System auf. Die Nlt-Tradition
(Logia) übertrefle dieselbe jedoch durch Reichhaltigkeit und weitere Ge-
sichtspunkte.
Bibliographische Notizen. 421
Hyde, W., Jesus’ Way; an Appreciation of the Teaching in the Synoptic
Gospels (8%. Ld., Longmans. 1 s6d). ? er
King, J.M., The Thheology of Christ’s Teaching. Introd. by J. Orr (8°.
508. Ld. 1902, Hodder & S.): Einordnung der Aussprüche ‚Jesu unter
die Kategorien: Gott, Wunder, Person Jesu, Sünde, Leben etc. Synop-
tiker und Jo sind nicht auseinander gehalten. Virl. ExpT XIV 231f.
Alexander, S. A., The Mind of Christ (8°. 182. L, Murray. 6 I
Self-Sacrifice in the Teaching of Jesus (BW XXI 323—326): The Hard
Sayings of Jesus. Jesus not an Ascetic. Sacrifice a Matter of Exchange.
Jesus as an Illustration. Selt-Sacrifice as a Test of Character. The
Message for the Hour. :
Grimm, E., Die Ethik Jesw (8%. V u. 293. Hamb.. Grefe & Tiedemann.
M 4.50): Populäre Vorträge, die aber die Göttlichkeit der Person Christi
aulser acht lassen.
Whyte, A., Bible Characters. Our Lord’s Character (8°. 311. Ld. 1902,
Oliphant, Anderson & Ferrier. 38 64).
McLanahan, S., The Kingdom of God. A Contribution toward a De-
finition;, Drawn from the Teachings of Jesus (BStdt VlI 152—158): Macht
acht Merkmale in dieser Definition geltend (u.a. „inaugurated during the
active ministry of Jesus“, „inner and spiritual“, „gradually developed“ etc.).
Ravi, S.V., La speranza d’Israele realizzata in Gesü di Nazaret. P.I
(8°. 40. Roma 1102, Tip. La Speranza).
Schürer, E., IJas messtanische Selbstbewufstsein Jesu Christi. Festrede
(8°. 24. Gött., Vandenhoeck. MM —.40).
Quenart, C., Le titre de Messie (Rev. Aurustinienne 1903, 281—292).
Rauch, C., Das Messiasgeheimnis der Dümonischen (PrM VII 31-36):
Wendet sich gegen Wrede, der insbesondere in den Berichten über Jesu
Verkehr mit den Dämonischen Ursprüngliches und Eingetragenes zu
wenig unterscheide.
Staerk, W., Bemerkungen zum Messianitätsproblem (PrM VII 157—159):
Macht Boussets Erörterungen über den „Menschensohn“ (der Ausdruck
sei nicht blols aus dem AT zu verstehen, für Jesus erst später in das
NT eingefügt) zu den seinigen. G.
Palmer, J., Cross- Bearing (ExpT X1V 288): Jesus hat diesen Ausdruck
ohne Anspielung anf seinen Kreuztod gebraucht.
Holtzmann, O., War Jesus Ekstatiker? Eine Untersuchung zum Leben
Jesw (8%. VIII u. 143. Tüb., Mohr. M 3.—): Auf Grund einer ratio-
nalistischen Auffassung der Persönlichkeit Christi, wobei aber die Glaub-
würdigkeit des Mk fast durchweg festgehalten wird, kommt H. zur
Bejahung der Frage. Die Taufvision. die Versuchungsgeschichte (ein
unmittelbares Spiegelbild des Übergangs der Ekstase zur ruhigen, gewissen-
haften Frömmigkeit), insbesondere die Erwartung der Parusie als un-
mittelbar bevorstehend, werden als Indizien solch ekstatischer Zustände
vorgeführt. Auch die Abschiedsreden tragen diesen Charakter. Mythische
Wundererklärungen werden abgelehnt, allerdings nur, um suggestive Hei-
lungen und ähnl. an ihre Stelle zu setzen.
Bugge, Chr. A., Die Haupt- Purabeln Jesu. Mit einer Einleitung über
Methode und Parabelausleeung. 1. Hälfte (8%. VIII u. 237. Gielsen,
Ricker. M 5.40): Wird nach Erscheinen der 2. Hälfte besprochen werden.
Ricketts, C., Z’he Parables from the (rospels (12°. 75. N.Y., Lane. $ 12.90).
Soltau, W., Hat Jesus Wunder gethan? Eine bihl. Widerlegung kirchl.
‚Aberglaubens (8%. VllL u. 104. Lp., Dieterich. M 1.60): Die Kranken-
heilungen lassen sich z. T. natürlich erklären. da hysterische Erscheinungen
zu Grunde liegen. Für die übrieen Wunder wird auf at! Analogien, Um-
bildung von Gleichnisreden, mytlıische Ausschmückungen rekurriert. Die
evangelischen Berichte verdienen also z. T. entweder keinen oder nur
halben Glauben. Die Petrusberichte des NMk-Ev sind allein glaubwürdig.
Wie ersichtlich, werden die modern kritischen Quellenscheidungen, z. ni
422 Bibliographische Notizen.
aber auch Soltausche „Lieblingsmeinungen und Einfälle“ (vgl. Bousset in
ThLzt XX V11I 167ff) zur Basis gemacht. Dals es aber vielfach gerade
die Qualität der in den Evv berichteten Wunder war, welche den Mals-
stab für die Quellenscheidung lieferte, sollte ein Mann, der so sehr wie
S. auf seine Forscherehrlichkeit pocht und bei Beurteilung gegnerischer
Ansicht so gern das Wort „Betrug“ oder ähnl. in den Mund nimmt, zu-
geben. Damit hätte er aber freilich auch die von ihm geübte krasse petitio
principii zugestanden. Die Liebenswürdigkeit seines Tones müge aus
Sätzen entnommen werden wie: „Keine Macht der Finsternis hat mehr
zur Verdummung und Vertierung der Menschheit beigetragen, als der
durch die Organe der katholischen Kirche geförderte Wunderaberglaube“
(S. 97). „Wenn sie den Wunderbegriff nicht aufgeben will oder nicht auf-
geben kann, dann ist alles Reden von einer katholischen Wissenschaft
ein Unsinn“ (ebd.).
Bornhäuser, K., Wollte Jesus die Heidenmission? Eine moderne theol.
a für die Missionsgemeinde beantw. (8°. 80. Gütersloh, Bertelsmann.
—.80).
Warneck, G., Jesus Christus und die Weltmission nach den Evangelien
(Allg. Miss.-Ztschr. XXX 57—67).
Usener, H., Geburt und Kindheit Christi (ZntW IV 1-21): Zeigt in
kurzer Zusammenfassung, wie die moderne ntl Bibelkritik mit den evan-
gelischen Berichten darüber sich abfindet.e. Mt und Lk widersprechen
einander. Jesus ist tatsächlich als der Sohn .Josephs und Marias in
Nazareth geboren worden. Für die spätere Eintragung übernatürlicher
Momente, vor allem der jungfräulichen Geburt, waren heidnisch-mytho-
lorische Vorstellungen von Einfluls.
Bonaccorsi, J., Noel. Notes d’exegese et d’histoire (8%. 176. P., Amat.
Fr 1.75): S. 1—30 exegesiert den Bericht über die Geburt Jesu, 31—38
weist als Geburtsjahr 748 oder 749 p. u. c. nach; vgl. F. Diekamp in
ThR II 141f.
Sanday, W., The Virgin-Birth (ExpT X1V 296—303): Die Geburts-
geschichte geht indirekt auf Maria zurück. Lk hat eine schriftliche
(Yuelle vor sich gehabt. vielleicht ein Dokument, das er am herodianischen
Hofe bekommen etc. Weiterhin wird die jungfräuliche Geburt spekulativ
begründet.
White, N. J. D., The Virgin-Birth (Exp VII 198-207): Stellungnalmme
zu neueren das Übernatürliche verflachenden Auffassungen englischer
Schriftsteller.
En: Geburtsgeschichte Christi in Lk Kap. 1u.2 (Bew. d. Gl. 3.F. VI.
ft 6.
Randolph, B. W., Virgin- Birth and Our Lord (8°. 72. Ld.. Longmans. 28).
Oefele, F.v., Zdie Anyaben der Berliner Planetentafel P 8279 verglichen
mit der Geburtsgeschichte Christi im Berichte des Matthäus (Mitt. d.
Vorderas. @. Vlil 2. 80%. 45. B., Peiser. AM 2.50): Der genannte de-
motische Papyrus gibt zuverlässige Auskunft über die Bewegung der
Planeten während des grölsten Teiles der Itegierungszeit des Augustus.
Mit Recht babe Kepler den Stern der Weisen für eine astrologische
Konstellation gehalten (ev th AvaroAfi Mt 2, 2. 9 und &om [resp. Eotden
2, 9] seien astrologische Termini). Die Coniunctio maxima ev th ävaroAf
vom 11. April 6 v. Chr. sei das Empfängnishoroskop, die Coniunctio
maxima vom 24. Dezember (Jupiter stationär im Widder, &om) das Ge-
burtshoroskop für Christus, das die Magier zur Krippe führte.
Förster, M., Nochmals Jesu Geburt in einer Höhle (ZntW IV 186f): Dafs
armenische Versionen zwischen „Höhle“ und „Haus“ wechseln, erklärt
sich aus den ethnographischen Verhältnissen daselbst.
Montgomery, W., Was Jesus born in a Cave? (ExpT XIV 384: Notiz
zur Mitteilung E. Preuschens (s. o. S. 210). Da Felsstallungen wenig be-
kannt waren, habe man diese Angabe später ausgelassen.
Bibliographische Notizen. 423
Swete, H. B., The two greatest Miracles of the Gospel History (ExpT
XIV 214—217): Verteidigung der Geburt und der Auferstehung Jesu als
Wunder.
Stewart, A.M., Temptation of Jesus: Study of our Lord’s Trial in the
Wilderness (8%. 242. Ld., Melrose. 68): Verfolgt auch erbauliche Zwecke.
Vgl. ExpT XIV 420f. Ebd. eine Notiz über E. L. Hicks, Addresses
on the Deinptatien,
Loisy, A., Le discours sur la montagne (Rev. d’hist. et de litt. rel. VIII
97—132 240—280): Für Mt war die Antithese gegen die Sinaigesetz-
gebung malsgebend.. Er hat manches ursprünglich in anderem Zu-
sammenhange Stehende hereingezogen. Die Einzelexegese betrifft folgende
Punkte: 1. Mise en scene du discours. 2. Les beatitudes. 3. Le sel. La
lumicre. 4. L’Evangile et la Loi. Verschiedenheiten in der Auffassung
der Evangelisten, Glossen. redaktionelle Zusätze, Beeinflussung durch die
Anschauung vom nahen Weltende etc. werden im einzelnen konstatiert.
Chambers, T.T., The Preacher of the Sermon on the Mount (BStdt VII
321—326): Betont den hoheitsvollen, autoritativen, sich unmittelbar auf
Gott berufenden Charakter des Bergpredigers.
Goumaz, L., Le sermon sur la montagne constitue-t-i tout Tevangile?
(RThPh XXXYVI 105—135): Bejalt die Frage. Das Wesen des Ev bzw.
des (C'hristentums sei nicht das Dogma, nicht das Wunder, nicht der Ritus,
sondern die innerliche Vereinigung des menschlichen Geistes mit Gott.
Christus selbst stellte diese Vereinigung dar und zwar in jedem seiner
Worte, also auch in der Bergpredigt, der ein gesetzgeberischer oder ge-
bietender Charakter fehle, die vielmehr die Person Jesu selbst predige.
Kennedy, H. A. A., The Purpose of the Transfiguration (‚JthSt IV 270— 273):
Erörtert die Bedeutung der Verklärung für die Jünger, insbesondere für
den Auferstehungsglauben.
Zur Salbung Jesu in Bethanien (ZntW IV 179-185): Vgl. oben S. 212.
Drei weitere Beiträge, 1. von D. G. Lindner: Hinweis auf den Gebrauclı
der Ankubor, 2. von 0. Holtzmann: Nachweis, dals auch nach jüdischer
Sitte die Toten gesalbt wurden, 3. von X. G. Goetz: Jesus habe auf ein
Totenopfer hingewiesen; ein solches sei auch von den Frauen am Öster-
morgen beabsichtigt gewesen.
Beiser, J., Die Geschichte des Leidens und Sterbens, der Auferstehung
und Himmelfahrt des Herrn. Nach den vier Evv ausgelegt (80%. V1I1 u. 524.
Freib. i. B., Herder. 31 8.—): Wird besprochen werden.
Ollivier, M. J., La Passion (essai historiqgue). Ed. compl. (8%. XXIV u.
519 avec grav. et 2 plans. P. 1902. Lethielleux.)
Schaefer, Das Herrenmahl nach Ursprung und Bedeutung (NkZ XIV
472—485): Die Abendmahlberichte differieren nicht sachlich, der Anschluls
an das Passahmalıl steht fest, das letztere allein ermöglicht ein geschicht-
liches Verständnis.
Lambert, J. C., The Passover and the Lord’s Supper (JthSt IV 184—193):
In der Nr vom April 1902 vertrat G. H. Box, '[he Jewish Antecedents
of the Eucharist. die These, das wöchentliche Kiddu$ der Juden, nicht
das Pascha sei Vorbild gewesen. Schon früher angedeutet, wenn auch
von B. zuerst ausführlicher dargelert. B. hatte die bisherigen Stützen
der traditionellen Anschauung für hinfällig erklürt; L. weist diese Stellung-
nalıme ab. Dals die synoptische Darstellung durch den Symbolismus ver-
hüllt sei und dals die zu Grunde liegende Darstellung die Kucharistie vor
dem Mahle voraussetze, ist nicht zu erweisen. Für die Lösung des Wider-
spruches zwischen Jo und den Synoptikern verweist er auf M. Power S.J,,
The Anglo-Jewish Calendar for every day in tlıe Gospels (1902), welcher
annimmt, nach der jüdischen Gepflorenheit (Badhu) durfte dag Pascha
nie auf einen Freitag fallen; das wäre im Todesjahre des Herrn ge-
schehen; darum verlegten die Juden das Pascha, während der Herr genau
nach dem alten Gesetze verfuhr. G.
424 Bibliographische Notizen.
Mackintosh, H. R., The objective Aspect of the Lord’s Supper (Exp VII
180—198): Erörterung über Abendmahlstheorien.
Soames, W. H. K., The Lord's Supper: What it is and what it is not
(8%. Ld., Stock. 13).
Memain, Th., La derniere Päque de Notre Seigneur Jesus- Christ (Mem.
della pontif. accad. dei nuovi Lincei XIX. 4". Roma 1902, Cuggiani'.
Mozley, F. W., The Meaning of roiro zosire (Exp VII 370—386): Be-
hauptet gegen Abbott: noreiv = =5r kann im Sinne von opfern aufgefalst
werden; das wird durch roüro gefordert. Justins Auffassung spricht
gleichfalls dafür.
Morin, E., Hoc est corpus meum. Expose et critique de Vinterpretation
donnee par le catholicisme des paroles de linstitution de la Sainte- Cene.
These theol. (80. 71. P. 1%02).
Carr, A., Hostile and alien Eridence for Christ at Passiontide (Exp
VII 417—425)j: Behandelt das Zeugnis 1. des Pilatus, 2. der jüdischen
Priester und des Volkes, 3. der römischen Soldaten.
Achelis, H., Ein Versuch, den Karfreitag zu datieren (Nachr. v. d. K.
Ges. d. Wiss. zu Gött. 1902, 707—717): Wird ausführlich besprochen
werden.
Sand, W., Ta Traie Mort de Jesus. Etude hist. et crit. sur le veritable
genre du mort de Jisus (18%. XXVILu. 187. P., Inst. de bibliogr. Fr 3.50),
Morgan, W., „The Death of Christ" (Expl \1V 166—172): Eingehendes
Referat über das oben S. 212 genannte Buch Denneys, welches die
zentrale Bedeutung des Todes Ühristi verteidigt.
Cullen, H., Christ’s View of His Death (BStdt VII 292—302): Der Tod
Christi hat in den ntl Berichten eine zentrale bedeutung. Christus selbst
falste sein Sterben als einen Opfertod auf. — Vgl. €. W. Hodge ebd. 358— 361.
Dobschütz, E. v., Ostern und Pfingsten (8°. 54. Lp., Hinrichs. M —.80':
Das leere Grab hat den Osterglauben nicht geschaffen, ist aber auf die
Entwicklung desselben von Einfluls gewesen. Die Erscheinungen des
Auferstandenen sind Erlebnisse. Der Wendepunkt der Himmelfahrts-
ceschichte ist zu eliminieren. Das Pfingstereienis ist auch nichts anderes
als eine Christophanie (= Erscheinung vor den 500) und erst vom Verf. .
der Apg als Geistesausgielsung aufgefalst worden. Den evangelischen
Berichten schenkt v. D. übrigens mehr Vertrauen als viele seiner pro-
testantischen Kollegen und klagt die „neueste, voraussetzungsvolle Kritik*®
der Gewaltstreiche an (8. 13). Hoffen wir, dals die Zeit nicht mehr ferne
ist. wo auch die Apg sich ein älınliches Vertrauen erwirbt.
Hartill, J., The Ascension of Our Lord Jesus Christ (8". 64. Ld. 1902,
Stockwell. 1).
Mullan, D., Nature of Pentecostal Baptism (8°. Ld., Jarrold. 2s 6d).
Payne, T., Pentecostal Baptism: is ıt Ikegeneration? Reply to G. C.
Morgan (8°. 156. Ld., Simpkin. 2si.
Griffinhoofe, C. G., The Unwritten Sayings of Christ. Words of Our
Lord not recorded in the Four Gospels, tiechwding those recently discovered.
With Notes (8%. AlI u. 128%. Cambridge, Hetter. 38).
Pick, B., Extra Canonical Life of Christ (8°. Ld., Funk &W. 5s).
Endemann, Maria von Bethanten, Maria Magdalena und die „Sünderin“
(Ev. K.-Ztg 1903. 531—536 557 565): Ist für die Identität.
Loisy, A., Eitudes evanyeliques (8%. X1V u. 335. P. 1902, Picard): Be-
handelt 1. die Parabelfrage, 2. den Jo-Prolog, 3. das Gespräch mit.
Nikodemus, 4. Jo 6, 5. Jo 13, 1—20 „Le grand exemple“. Vgl. das Referat
von M. F., Auorvi studi sui Vangeli dell’ Abate Loisy (Str 1Il 183—197),
welches die geistvolle Art von L.s Untersuchungen hervorhebt.
Fonck, L., S. .J., Evangelium, Evolution und Kirche. 1. Art. (ZkTh XXVII
491—508): Schildert aphoristisch die gegen das positive Christentum und
die Glaubwürdigkeit der ntl Schriften gerichtete Bewegung von Lessing
bis Harnack und wendet sich gegen Abb& Loisy, der in der Parabelfrage
Bibliographische Notizen. 425
Jülichers Evolutionstheorie (starke Überarbeitung und Weiterbildung der
Gleichnisreden Jesu) akzeptiert. Das 8.507! dem Referenten vorgeworfene
„Ubersehen“ in der Anzeige der Fonckschen Parabelerklärung (s. o. S. 211)
hat nie existiert. Der Zweck aller Parabeln, übernatürliche Wahrheiten
zu veranschaulichen, blieb nur deshall) in dem kurzen Referate unerwähnt,
weil er allgemein bekannt ist.
Robinson, J. A., The Study of the Gospels (16°. XII u. 161. Ld. 1902,
Longmans. 28 6d): Das 3. Ev und die Apg stammen von Lk (nach 70).
Das Mk-Ev wurde vor 70 verfalst; sein echter Schluls ist verloren gegangen.
Das Mt-Ev hat keine späteren Zutaten erfahren. R. akzeptiert die Zwei-
quellentheorie. Das Jo-Ev stammt vom Apostel. \gl. das Referat von
W. P. Armstrong in PrthR I 132—136. i
Poulin, L., et Loutil, E., Conferences de Saint-Roch. V.: les Evangiles
et les critiques; Authenticite,; Integrite; les Trois Synoptiques; le Quatricme
Evangüe; Veracite (8%. XLVII u. 279. P., Maison de la Bonne Presse).
Sense, P. C., Erangiles canoniques et apocryphes [r@sume d’apres le
manuscrit anglais de l’auteur par $. Reinach]. (Rev. de l’hist. d. rel. 1903,
312— 383).
Küppers, W., Im Kampf mit der theologischen Zunft. Ein Stück Leben
(8%. IV u. 47. Gr. Lichterf.-Berlin, Kommissionsverl. Runge. M —.50::
Wehrt sich gegen die Ablelınung seiner Lösung des Evv-Problemes (s. oben
S. 213) durch die theol. Kritik in einer Form, die Schürers Urteil, K.s
frühere Publikation habe „nur pathologisches Interesse“ (Thlzt XXVII
565), leider rechtfertigt. So erweist K. dem Oflenbarungsglauben, den er
verteidigen will, keinen Dienst.
Feret, P., Le probleme synoptico-johannique (Ann.d. Philos. Chret. 1903,
April, 24—42).
Thomsen, C., Die Stundenzählung der vier Evangelisten (Bew. des Glaub.
1903, April).
Bonaccorsi, G. B., I tre primi Vangeli e la critica letteraria ossia la
questione sinottica (La scuola cattol. 1903, 99— 122).
Herklotz, F., Zur Form des Liebesgebotes Mt 22,37 Mk 12. 30. 33 (Lk
10,27) (ZkKTh XXVII 574-579): Bespricht die drei- und viergliedrige
Form (kapdia, yuyr, toxüs [dUvauıs)) des Gebotes, namentlich die semitischen
Vorlagen und Parallelen.
Halevy, J., Deux passages de P’Erangile (Jas XX 351): Die beiden
Formeln: „Dieser ist mein geliebter Sohn usw.“ und „er wurde getragen
in den Schols Abrahams“ (Lk 16, 21) sind zusammengezogen aus dem
Buch der Jubiläen 22, 26. 28. Letzteres ist infolgedessen unzweifelhaft
vorchristlichen Ursprungs. T.
Conybeare, F. C., Three early doctrinal Modifications of the Text of
the Gospels (Hibb. ‚Journ. I 965—113): Mt 1, 16 habe gelautet: "lakup
Erevvnoev tOv 'lwonp, Töv Uvdpa Mapias, EE ng Eyevvnidn "Inooüs d Aeyoö-
Hevog Xpiortög* kai lworip Erevvnoev TÖv ’Inoobv TOV AeYöuevov XpLoTöv.
Ahnliche Untersuchungen zu Mt 28,19 u. 19,7 u. Parall. Vgl. die ab-
weichenden Untersuchungen von J. R. Wilkinson (ebd. 354 — 359
8,0 — 576).
Zahn, Th., Das Fr des MtiKommentar zum NT, herausgeg. von Th. Zahn.
I. 8°. VIll u. 714. Lp., Deichert. M 14.50): Wird besprochen werden.
Ritchie, A., Scriptural Studies in St. Matthew’s Gospel. 2 Vol. (12%.
349. 374. N.Y. 1902, Longmans, Green & Co. $3.—).
Kleber, P., Beiträge zur Erkl. des Ev Matthaei. Progr. d. Realsch. zu
Löwenberg (4°. 36. 1902).
Herklotz, F., Nochmals Raka (ZkTh XXVII 158—161): Spricht neben
x» für die Ableitung vom griech. paxog = Stück Zeug, Fetzen.
Herklotz, Zu Mt 5,22 (ZkTh XXVII 579f): Bespricht, die Wiedergabe
des raca durch das altdeutsche trutz, wie auch andere Übertragungen.
426 Bibliographische Notizen.
Lühr, K., Zur Auslegung von Mt 5, 22 (PrM VII 225—229): Der in-
zwischen verstorbene Vert. vermutet in dem uwpe& die Form „ins Part.
Poel von “x.
Sch., Zum Gebet des Herrn (Schw. th. Zeitschr. XX 123f): Vorschläge
zu einer von der Vulgata unabhängigen Übersetzung und Dispositions-
versuch.
Vives, card. Gius. Calasanzio, FErpositio in orationem dominicam jurta
traditionem patristicam et theologicam (8°. 841. Roma, Tip. Artigianelii
dı s. Gius.).
Füllertoi, W.J., Christ’s Foreview of this Age. An Exposition of Matthew
XIII (8°. 138. Ld., Stockwell. 1s dd).
Sulzbach, A., „Die Schlüssel des Himmelreichs* (ZutW 1V 1%0—192):
Verteidigt die Richtigkeit dieses Bildes gegen W. Kirchbach, der dafür
„die Riegel des Himmelreiches“ setzen wollte.
Riggenbach, E., Der trinitarische Taufbefehl Matth. 28, 19 nach seiner
ursprüngl. Textgestalt und seiner Authentie untersucht (Beitr. z. Förd.
christl. Th. Vll 1. 8° 103. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.80): Gründ-
liche Verteidigung seiner Authentizität gegen (onybeare u. a. Dals
Eusebius die trinitarische Formulierung oft auslieis, erklärt R. aus der
Arkandisziplin. Bei ÖOrigenes, Syrern, Agyptern und im Abendlande
sogar schon um 200 lälst sich dieselbe nachweisen. Tatian, Justin und
Theodotos nötigen, zeitlich noch weiter hinaufzurücken (Anf. des 2. Jahrh.).
R. glaubt, dals in der urchristl. Zeit eine grolse Freiheit im Gebrauche
einer Taufformel bestanden hat.
Weifs, J., Das älteste Evangelium. Ein Beitrag zum Verständnis des
Markusevangeliums und der ältesten evangelischen Überlieferung (8%. All
u. 414. Göttingen, Vandenhoeck): \Vertritt die Mk-Hypothese in der
Form, dals vom Evangelisten als Quellen benutzt worden seien: Petrus-
erzählungen, Schulgespräche. Worte oder Reden mit oder olıne geschicht-
lichen Rahmen, volkstümliche Überlieferungen unbestimmten, vielfach
sarenhaften Charakters, Die Identität des Fvangelisten und Petrus-
schülers mit Johannes Markus steht dem Verf. nicht fest. — \V'gl. dazu
E. Sulze, Ein neuer Beitrag zum Verständnis des Mk-Ev (PrM VII
219— 225).
Fiebig, P., Aus Lichtensteins hebr. Konmentar zum NT. Das Ev nach
Mk (Saat auf Hoffnung 1903, 119—154.
Girodon, Commentaire critique et moral sur "Evangile selon 8. Luc
(16°. XVl u. 589 P. Plon Fr 6.-—).
Hamer, C. J., Notes on St. Luke. With Questions set at the Oxford
and Cambridge Local Examinations (8°. 138. Ld.. Allman. 1s).
W<arfield>, B. B.. The Controversy over Luke (BStdt Vl1 1781): Referat
über A. Plummer, Recent Thheories of the Third Gospel is. 0.8. 214). Auf
die „Wir-Stücke* bei Ammianus Marcellinus wird besonders hingewiesen.
Gegen die Datierung des Ev in die Jahre 78—93 erhebt W. Einspruch
und datiert es vor 70.
Zimmermann, H,, Lk und die johanneische Tradition (StKr LXXVI, II
586--6051: Macht an 21 Stellen auf die Übereinstimmung des Lk mit Jo
aufmerksam und betrachtet dieselben als „zwei selbständige Zeugen für
das von ihnen Überlieferte“. Lk habe die Tradition, die später im Jo-
Ev fixiert wurde, zur Ergänzung der synoptischen Tradition benutzt.
Zimmermann, H., Ev des Lk Kap. 1 und 2. Ein Versuch der Vermitt-
lung zwischen Hilgenfeld und Harnack (StKr LXXV, I 247—29): Da
Ausdruck und Sprache in Lk 1 u. 2 ganz lukanisch seien (Harn.), Lk
aber doch nicht den Jnhalt dieser Kapitel komponiert haben könne
(Hilgenf.), sei eine judenchristliche aramäische Kindheitsgeschichte, welche
Ik frei übersetzt habe, als schriftliche Quelle anzunehmen. Auf Lk selbst
gingen dann die Stellen über die übernatürliche Geburt (1, 34f, auch 1. 27
u. 2, 5) zurück.
Bibliographische Notizen. 427
Soltau, W., Zum 1. Kap. des Ev des Lk (VB I 34—41): In eine abge-
schlossene Johanneslegende (1, 5—25. 57—80) sei nach ihrem Vorbild
1, 26—57 eingearbeitet worden, speziell sei das Zeugnis für die jung-
fräuliche Geburt 1, 35 „unter dem Banne heidnischer Vorstellungen“ eine
„grobsinnliche“ Umbildung von 1, 15.
Nilles, N., S. J., weist betreffs der Frage über die Sängerin des Magnificat
(ZkTh XXVII 375f) die oben S. 214f notierte Abhandlung Köstlins als
auf Unkenntnis des griechischen Ritus beruhend nach.
Lepin, M., L’origine du „Magnificat“. Ieponse aux nouvelles observations
de M. Loisy (Univ. cath. XLIll 290—296): Letzterer hatte in der Rev.
d’hist. et de litt. rel. VIII 288f seine Zuweisung des Magnificat an
Elisabeth aufrecht erhalten. Ihm gegenüber verteidigt Lepin neuerdings
(s. o. $S. 215) die Zuweisung an Maria.
Nestle, E., Zur Genealogie in Lk 3 (ZntW IV 1881): Macht auf das
Fehlen einiger Namen -sowohl in lateinischen Hss wie in lateinischen
genealogischen Werken aufmerksam und betont die Notwendigkeit einer
andern Klassifizierung unserer lat. Bibellıss. |
Herklotz, Zu Luc. 3, 27 (T[QS LXXXV 155): Für ‘Pnoa = sv“ „Fürst“
nn a spricht auch der Syr. xzp Syr.-Sin. nur Verlesung des
stranghelo-* in p. sc“ der Pes. nach dem griechischen Text geändert.
— ’lwavav Lk 3, 27 viell. = "=»;:7 1 Chr 3, 19. 5
Bonus, A., Widow or Gentile? (ExpT XIV 430): Lk 4,26 sei wohl zu
lesen: „zu einer syrischen Frau“. Eine Verwechslung von !äs;l =
Witwe und !A&ass;! = Heide liege zu Grunde.
Robertson, J. M., „Deuteroproton“ (ExpT XIV 474f): Macht auf eine
Stelle im Briefe des Hieronymus an Nepotian aufmerksam, wo Hier. er-
zählt, Gregor von Nazianz habe in einer Predigt lediglich durch rhetorische
Mittel eine Erklärung seinen Zuhörern plausibel gemacht.
Oesterley, W. 0., The Parable of the „Unjust“ Steward (Luc. XVI)
(exp V1l 273-283): Die Parabel palst nur auf jüdische Verhältnisse,
ie ist eine „lesson of consistency“, indem sie das konsequente Handeln
der Diener des Mammons schildert. — Vgl. auch die Notizen von M.D.
Gibson in ExpT XIV 334f.
Soltau, W., Der lukanische Auferstehungsbericht (VB 1 59—65): Scheidet
auch in Lk 24 einen synoptischen Bericht des Lk, den Emmausbericht
des Verf. der Apg, weiterhin Ergänzungen, Vergröberungen und Glossen
aus und kleidet seine Willkürlichkeiten in oft sehr apodiktische Form.
Haussleiter, J., Der Kampf um das Jo-Ev (ThLbl XXIV 1-6 17—21):
Der erste Bestreiter der Echtheit war Karl Gottlieb Bretschneider (1820).
Jülichers neueste Zuweisung (Einl. in das NT, 3. u. 4. Aufl., Tüb. u.
Lp. 1901) an einen Jünger des Apostels Johannes bedeutet nach H. soviel,
als diesem Jünger eine Lüge und eine Verständnislosigkeit gegenüber
dem von ihm selbst berichteten Bezeugtsein Christi durch den Vater
imputieren.
Haussleiter, J., Die Geschichtlichkeit des Jo-Ev. Ein Vortrag (Hefte
zum „Alten Glauben“. 8%. 20. Lp., Wallmann. M —.35).
Lock, W., A Partition Theory of St. John's Gospel (JthSt IV 194—205):
Schilderung der Wendtschen Theorie vom johanneischen Ursprung der
erzählten Reden und der späteren Abfassung der historischen Stücke.
Bedenken dagegen. — Vgl. weiterhin: Wauchope, St. G., Wendt on the Fourth
Gospel (Exp VII 65—80 135—146): Mehr ablelınende Untersuchung über
die Hypothese W.s, Jo habe eine schriftl. Quelle benutzt. Gleichfalls
bringt Bedenken vor J. A. Cross, The Argument of Wendt’s „Gospel ac-
cording to St. John“ (ExpT XIV 331—333).
Nuelsen, J. L., Die Bedeutung des Ev Johannes für die christl. Lehre
(Hefte für ev. Weltanschauung u. christl. Erkenntnis. 1I. Serie, Nr 5.
8. 24, Gr.-Lichterf., Runge. M —.50): Verteidigt Echtheit und Glaub-
würdigkeit des Jo-Ev. Es palst in die Zeitverhältnisse und zeigt, wie
428 Bibliographische Notizen.
Christus das sein konnte. als was ihn die Synoptiker schildern. Auch
heute noch ist es gegen den modernen Evolutionismus in der Theologie
von grölster Bedeutung.
Riggenbach, E., Was haben wir am 4. Evangelium? Vortrag (8%. 26,
Neukirchen, Erziehungsverein. M —.35).
Jannaris, A. N., Who wrote the Fourth Gospel? (ExpT XIV 459-463):
Verteidigung der Zuweisung an Jo. Die Beziehungen von Jo ]l, 14
zur Verklärungsgeschichte der Synoptiker seien so deutlich, dals einer
der drei Apostel, welche Augenzeugen waren, Verf. sein muls. dv Nydıra
sei vielleicht Übersetzung des Namens Johannes.
Bacon, B. W., Recent Aspects of the Johannine Problem. — I. The Ex-
ternal Hvidence (Hibb. Journ. I 510-531): Die äulsere Bezeugung des
Jo-Ev kann sowohl für wie gegen die juohanneische Autorschaft sprechen.
Rishell, C. W., Hints relative to the Date of the Fourth Gospel (Bs LX
244—260): Komnit durch eine Untersuchung der Christologie Justins im
a zur johanneischen zur Datierung in die letzten Jahre des
1. Jahrh.
Baljon, J. M. S., Commentaar op het Evangelie van Johannes (8%. 343.
Utrecht 1902, Van Boekhoven): Vol. die Rezension von G. D. Heuver
in BW XXI 4691.
Burkitt, F. C., The Syriac Interpretation of S. John I 3—4 (JthSt IV
436— 438): Die Punktation von Westcott und Hort obdE Ev. & Yerovev
wird unterstützt durch Pes. der grammatischen Form nach und durch ‚die
älteste handschriftl. Bezeugung vor dem 7. Jahırh.
Jannaris, A. N, The Locus classicus for the Incarnation overlooked
(Expl X1V 1880): Antwort auf Mac Donald; s. o. 8. 210.
Walker, W. L., The Cleansing of the Temple in John II 13—22 (ExpT
XIV 286f1: Glaubt durch die Hypothese einer Versetzung in einer der
Originalhss die beiden Berichte erklären zu können.
Bebber, van, Der Teich Bethesda und der Teich Siloe (TQS LXXXV
161—195 369— 417): Auf die oben 8. 216 genannte An Erörterung
des Bethesdawunders lälst v. B. eine sehr eingehende und gründliche topo-
graphische Untersuchung über die Lare von Beth. folgen. Er hält an
der Auffassunz von xoAuußridpa als Dativ fest, identifiziert wie schon
Irenäus den Beth. zubenannten Schafteich mit dem Siloeteiche. Es kann
aber nicht der von der Davidsmauer in einer Ausladung an der Südost-
ecke der oberen Stadt (= Sion) umschlossene und unter Hadrian zu einer
Kanal- und Badeanlage umgebaute obere Siloeteich sein, sondern nur der
den Schafen zur Tränke dienende, von einer Schafhürde (avAn TWV Tpoßatwv
Jo 10,1) umgebene und von dem Turme Siloam (dem salomonischen Millo-
turmei beherrschte äulsere Teich. Die Tradition, welche den oberen Teich
als den bezeichnet, in welchem sich der Blindreborene waschen sollte
(Jo 9, 7), ist unzuverlässig. Zu spitzfindig scheint es mir zu sein, wenn
v.B. aus Jo 9,4 eine „chronolorisch genau bestimmte“ Todesweissagung
des Herrn herauslesen will (8. 192 ff}.
Weils, B., Die Perikope von der Ehebrecherin (ZwTh XLVI 141—158):
Vergleicht die von ihm gegebene Textgestalt mit der von v. Soden
edierten und hält gegenüber dessen Verdikte seine civene textkritische
Methode (Suche naclı Fehlerquellen) aufrecht.
Behague, R., Une page litteraire des Erangiles (Rev. du Clerg& frang.
XNXV 39— 52): Weist die literarische Schönheit in den Evv nach, indem
er a Beispiel den dramatischen Charakter und Aufbau von Jo 9 ent-
wickelt.
Van Cleemput. C., La triple action du Paraclet contre le monde incredule
et impie, d’apres Jo. XT7Z 8—11 [fin] (Nouv. Rev. theol. 1902, 471—478).
White, J. D., The Johannine View of the Crucifixion (Exp VII 434—44]):
Jo ist es vor allem darum zu tun, die Seelengrölse des Herrn zu schildern.
Biblivgraphische Notizen. 429
y) Leben der Apostel. Apostelgeschichte Apostelbriefe.
Apokalypse.
Poiidori, E., Apostolato di S. Pietro in Roma (Civ. Catt. XVIII 8,
513—527 u. 9, 141—158).
Barnes, A. S., St. Peter in Rome and his Tomb in the Vatican Hill
(8%. Ld., Sonnenschein. 108 6 dı).
Terwelp, &., Die Reden und m der Apostel mit Einschlufs der Apk
in deutscher Nachbildung und Erläuterung (8. V u. 429. Bonn,
Hanstein. M 3.—, ge)». 3.60, auch in 3 Lieferungen a M 1.—): Der Verf.
bietet keine wörtliche Übersetzung, sondern eine Paraphrase der in der
Apg überlieferten Reden der Apostel Petrus (10), Jakobus (1) und
Paulus (10), weiterhin der ntl Briefe und der Apk. Er verspricht sich
von dieser Art von Übertragung, welche das fremde Werk „in ein rein
deutsch gedachtes umwandelt“, den Erfolg, dals „der Leser die Über-
zeugung gewinne, in ähnlicher Weise würden die Apostel selbst geredet
und geschrieben haben, wenn sie eben Deutsche gewesen wären“. Immer-
hin täte der Verf. gut, in einer Neuauflage durch irgend ein typographi-
sches Mittel (Kursivdruck oder Klammern) seine eigenen Zutaten und
Einfügungen von dem Schrifttexte zu unterscheiden. Es wäre z. B. des
Verf. Paraphrase von Apg 2, 15 etwa so wiederzugeben: Die hier (im
Saale Versammelten) sind nicht etwa, wie ihr denkt, betrunken; es ist ja
erst Ei Zeit des Morgenopfers,) die neunte 'Taresstunde (vor der kein
Israelit etwas zu genielsen pflegt). Bei des Verf. Methode hingegen
vermag der mit dem Texte nicht Vertraute nicht zu unterscheiden, was
Apostelwort und was Zutat des Herausgebers ist. Im übrigen sind die
auf kathol. Standpunkt stehenden Paraphrasen und Erläuterungen meist
wohl gelungen.
Fisher, A. C., A Short and Simple Life of St. Pau. With a Preface
by E. E. Dugmore (8°. 162. Ld., Mowbray. 1s6d)..
Sallmon, W. H., Studies in the Life of Paul for Bible Classes and
Private Use. Rev. ed. (16%. 6 u. 130. N.Y., Intern. Committee of Young
men’s christian association. 40 c).
Cherrier, Saint Paul. Miettes de doctrine et d’histoire (8°. 101. Aix
1%)2, Makaire).
Albrecht, L., Paulus, der Apostel Jesu Christi. Sein Wirken von der
ersten Missionsreise bis zur Gefangenscha ft in Cäsarea (45—54 n. Chr.)
Knie Kirche im apostol. und nachapostol. Zeitalter Il. Bd. 8%. X1 u. 4,
ünchen, Beck. M 4.50): Eine mehr populär-wissenschaftliche Darstellung
des Themas. Doch werden die neueren Forschungen wohl berücksichtigt.
Öfters folgt A. dem Cod.D. Auch huldigt er der südgalatischen Theorie.
Dais die gar nicht umfangreichen Anmerkungen dem Buche erst hinten
eingefügt sind, ist für den Leser sehr lästig.
Feine, P., Die Erneuerung des paulinischen Christentums durch Lather.
Dekanatsrede, gehalten am 31. Okt. 1902 in Wien (8%. 80. Lp., Hinrichs.
M —.50): „Die Linie Jesus— Paulus setzt Luther fort, und zwar ist er
der erste ın der christl. Kirche seit den Zeiten des NT, der die Kräfte
des Ev wieder rein und voll erfalst“ (8.7). Eine eingehende Erörterung
der Berührungspunkte zwischen Paulus und Luther, besonders 8. 16 in
der Lehre über den Glauben, soll diese protestantische These erhärten.
Lichtenstein, A., Paulus und Luther. Fine Parallele ihrer Zeiten und
Persönlichkeiten. Nebst einem Geleitwort von Holzhauer (8%. v4. Lp.,
Strübinge. M 1.50): „Zurück zu Luther, dem Paulus redivivus!“ Vgl.
ThLbl XX1IV 321—323. ’
Ullern, E., St. Paul, &vangfliste et pasteur des T'hessaloniciens (Etude.
8%. 72. Nimes, Impr. cooperative la Laborieuse).
Mecklin, J. M., Paul in Athens (BStdt VII 78—84: Schilderung haupt-
sächlich der lokalen Verhältnisse, die P. in Athen angetroflen haben muls,
430 Bibliographische Notizen.
S<mith>, $. M., gibt (BStdt VII 307—311) kleinere Notizen zum Leben
und zur Lehre Pauli: Intluence of the Apostle Paul; „The Great Apostle
to the Gentiles“; Paul and Barnabas; God Sovereign, Man Free; A Side
Lieht on Paul’s Character; „An so we came to Rome“; Inspiration.
Rose, V., Eitudes sur la thöologie de St. Paul (Rb XII 337—361) II. J&sus-
Christ, Seigneur et Fils de Dieu. In der Einsamkeit Arabiens hat Paulus
„die Schule der christlichen Theologie“ durchgemacht. Alle christo-
logischen Begriffe sind mehr vom erhöhten Christus aus gewonnen. Den
Begriff xupiog substituiert Paulus für den nur den Juden bedeutungsvollen
Messiasbegritf. Wie das atl küpıug-Jahwe, so besagt das nt] kupiog-Inooüc
die Göttlichkeit.e Den Begriff Gottessohn entnahm P. einerseits den
Propheten, anderseits der Tradition über Jesus. Das Bekenntnis Petri
zu Uäsarea besage nach Mt die Gottessohnschaft in unserem Sinne, nach
Mk und Lk die Messianität, welche aber nach deren Meinung die Gottes-
sohnschaft zur Voraussetzung hat. In eingehender Exegese von Röm
1, 1-4 und in Auseinandersetzung mit H. Holtzmann und Sanday wird
das nveüna dywouvng als die göttliche Natur in Christus erklärt.
Paterson, W. P., The Apostles’ Teaching. Part 1, The Pauline Theology
(Guild Text-Books. 16°. 141. Ld., Black. 6d).
Vos, 6., The Theology of Paul (BStdt VII 332—340): Will einerseits
gerenüber der Tübinger Überspannung des theologischen Momentes,
anderseits gegenüber der modernen Betonung des inneren Erfahrens den
Mittelweg wählen.
Leduc, H., Synthese de la doctrine de Saint Paul (Rev. du Clerge franc.
XXXV 135— 144): Kurze Darlegung der paulinischen Theologie in psycho-
logischer Anordnung, d.h. nach der Reihenfolge der inneren Erfahrungen
Pauli selbst (Gotteslehre, Christologie, Lelıre von der Kirche, Gnade, den
Sakramenten, theolog. Tugenden, von Gesetz, Sünde und Tod, Escha-
tologie).
Beattie, F. R., The Sources of Paul’s Theology (BStdt VII 286—292):
1. Das AT; 2. die zeitgenössische Philosophie wenigstens nach der
formellen Seite; 3. die Lelire Jesu; 4. Pauli eigene Erfahrung; 5. äufsere
Verhältnisse (Judaismus); 6. spezielle Oflenbarungen.
Marsh, W. H. H., Genesis of Paul’s Theology (bs LX 61—83): Dieselbe
ist zu suchen in dem Glauben an die Auferstehung und Verherrlichung
Christi, der dann die Anschauungen über das AT beeinflufst und modi-
fiziert hat.
Röhricht, A., Das menschliche Personenleben und der christliche Glaube
nach Paulus. Ein Beitr. zum Verständnis des Christentums als Religion
und Sittlichkeit (8%. VIII u. 155. Gütersloh 1902, Bertelsmann. M 2.40):
Nach Paulus ist „das eigentliche Wesen des Menschen in seiner Ver-
anlagung zu persönlichem Leben zu finden“. Die Taufe ist für dieses
Personenleben von grundlegender Bedeutung. Ihre Folge ist der Glaube.
Vgl. Wendt in ThLzt XX VIII 229£.
Sokolowski, E., Die Begriffe Geist und Leben bei Paulus in ihren Be-
ziehungen zu einander. Kine exegetisch-religionsgeschichtl. Untersuchung
(8°. XII u. 284. Gött., Vandenhoeck. M 7.—): Durch eingehende Exegese
aller in Betracht kommenden Stellen wird nachgewiesen: Der Begriff
Leben schliefst zukünftige wie gegenwärtige Elemente in sich und ist
durchaus einheitlich. Leben wird durch den Geist erzeugt und gewähr-
leistet. Dieser wirkt durch Wort und durch Taufe. Dais auch die letztere
als Mittel der Geisteswirkungen in Betracht kommen kann, ist in den
anthropologischen Voraussetzungen Pauli begründet. Die letzteren werden
durch Untersuchung der Begriffe &Ew üäv&pwrog (oapft, nicht völlig
gleich mit oWua) und Eow &vBpwrtog (voüg, Ovveidnais, Kapdia, TTVeDua —
das letztere hier als Bestandteil des Menschen) und der Einwirkung des
göttlichen Geistes auf dieselben erforscht. Endlich versucht S. festzu-
stellen, was an diesen Anschauungen dem Judentum, dem Hellenentum und
Bibliographische Notizen. 431
dem palästinensischen Christentum entlehnt ist und was Paulus seiner
eigensten subjektiven Erfahrung entnommen hat. Das Buch ist im Geiste
O. Ptleiderers, Gunkels, H. Holtzmanns und Harnacks geschrieben und
enthält häufige Polemik gegen B. Weils.
Menegoz, E., Die Rechtfertigungsiehre nach Paulus und nach Jakobus.
Vom Verf. durchgesehene Übersetzung (8%. 36. Gielsen, Ricker. M —.80):
Nimmt in der Kontroverse einen vermittelnden Standpunkt ein, falst aber
die paulinische dikaroouvn als iustitia imputata. gl. B. Bartmann
in ThR II 198£.
Drummond, J., On the Meaning of „Righteousness of God“ in the
Theology of St. Paul (Hibb. Journ. I 83—95 272—293): Aıkaroouvn HeoD
bedeutet „righteousness“, nicht „justification“. Auch Paulus trennt den
Begriff der dıkawouvn nicht von Gott. Der Mensch erhält dieselbe nicht
durch Gesetzeserfüllung, sondern durch den göttlichen Geist im Menschen.
Besonders werden erürtert 2 Kor 5,21 u. Röm 5, 12—21 (speziell 15—19),
teilweise unter Auseinandersetzung mit Pfleiderer und Holsten.
Dubois, P., Le röle de la loi mosaique dans l’enseignement de S. Paul
(8°. 101. Neuchätel 192, Delachaux. Fr 2.—).
Vos, 6., The alleged Legalism in Paul’s Doctrine of Justification (PrthR
I 161-179): Sieht in Pauli Rechtfertigungslehre „das Herz seines Ev“.
Judaistische Auffassungen derselben stehen dem Apostel fern.
MacComb, S., The Eschatology of Paul (BW 36—41): Behandelt Pauli
Anschauungen über Parusie, die Auferstehung, das letzte Gericht und
„the Resignation of the Kingdom into the Hands of the Father“.
Greene, W. B., St. Paul's View of his own Inspiration (BStdt VII
259—264): Paulus hat seine Lehre als Offenbarung Gottes ausgegeben und
Untehlbarkeit für sich und die Apostel hierin beansprucht.
McLanahan, S., The Emphasis in the reported Preaching of Paul (BStdt
Per Al Der auterstandene Heiland bildet das Hauptthema des
postels.
Albani, J. Die Parabel bei Paulus (ZwTh XLVI 161—171): Nachdem
der Verf.die Metaphern bei Paulus behandelt hat (s. o. S.221 und u. 435),
erörtert er die Parabeln vom xepaueus, Aypıekarog und xaAkıeAalog Yewpyös,
äpxıretwv, Züun, oTabıov, oWua u. a. Im ganzen haftet den Parabeln
Pauli ein gnomischer Charakter an.
Miller, A., Paul’s Praise of Love (BStdt VII 74-78): Exegesiert
1Kor 13, 1—8: The Necessity of the Way of Love, 4—7: The Cha-
racteristics of this Way, 8—13: The Permanence of this Way.
Kerr, J., The Companions of Paul on the second Missionary Journey
and their Movements (BStdt VII 23—27): Populäre Berichterstattung
über die Angaben der Apg etc.
Ballantyne, J., The Aposties of History and the Apostles of Legend
(BStdt VII 343-349): Kurze populäre Schilderung des Lebens der
zwölf Apostel nach dem N’T und der Legende.
Farel, P., Saint Jacques et Saint Paul (Rev. d. Th. et d. Quest. rel.
1903, 54—59).
Carpenter, W. B., The Wisdom of James the Just (12°. 19 u. 253. N.Y.,
Whittaker. $& 1.20).
Lewis, A. S., Who was Judas Thomas? (ExpT XIV 397-399): Die ge-
lehrte Dame will Thomas, den Apostel, mit Judas, dem Bruder des Herrn,
identifizieren.
Moorhead, W. 6., Outline Studies in Acts, Romans, I. and II. Corinthians,
Galatians, Ephesians (8%. 248. Ld. 1902, Oliphant. 38 6d): Will auch
der Predigt dienen. Vgl. BStdt VII 5l.
Weber, A., Les Actes des Apötres, completes et contin. jusqu'a la mort de
saint Jean (16°. 223. Verdun).
Bone, W. P., The Personal Traits of the Author of Acts (BStdt VII
144—152): Schildert Lk, den Verf. der Apg, 1. als Historiker (liebt Ge-
432 Bibliorraphische Notizen.
nauigkeit, Vollständigkeit, technische Ausdrücke etc.), 2. als Christen,
3. als Menschen (Anhänglichkeit an Paulus u. a.).
To conmend the Gospel of Christ (BW XNXIL 3—7): Falst des Lk Apg
als Apologie des Ev auf.
Beardslee, J. W., Alleged Inaccuracies in Acts (BStdt VII 226—234):
Widerlegt die modern kritischen Anschauungen, wonach nur die Wir-
Stücke aus alter Zeit sein und die ersten zwöll Kapitel einen andern Autor
haben sollen. Auch die Tübinger Anschauung von der Apg als einer
Kompromilsschrift wird zurückgewiesen. Der vielfach behauptete chrono-
lorische Irrtum des Lk bezüglich der Theudaserhebung lälst sich durch
Annahme zweier Theudasse oder eines Fehlers bei Josephus erklären.
Auch die erzählten Reden und die drei Berichte über Pauli Bekehrung
bilden keine Instanz gegen die Glaubwürdigkeit der Apg.
Smith, J. R., The Speaches of Paul in the Acts (BStdt VII 198-204):
Dieselben sind von Lk verlässig wiedergegeben. Die zwei Reden gegen
die Juden, die zwei gegen die Heiden, die Rede an die Presbyter von
Ephesus und die drei Apologien werden näher charakterisiert.
Soltau, W., Die Herkunft der Reden in der Apg (ZutW IV 128-154):
Finige Reden sind nach den Briefen Pauli gebildet. Die wichtigsten
Verteidigungsreden Pauli beruhen auf dem Berichte von seiner Be-
kehrung. Mehrere sind lediglich erweiternde Umschreibunren der im
Reisebericht und in den Wir-Stücken erzählten Begebenheiten. Der
Stephanusrede, dem vielleicht ältesten Zeugnisse für die Entwicklung
eines alexandrinischen Christentums, liegt älteres Quellenmaterial zu
Grunde, aus dem auch die Petrusreden (Kap. 2—4) und die Rede Pauli
zu Antiochien entnommen sind.
Greene, G. F., The Word Parresia in the Acts (BStdt VII 137—143):
Erklärt den Sinn der zwölf Stellen, an welchen rappnoia oder nappnoıdZo-
har vorkommt (— Freiheit oder Kühnheit), und macht Anwendung auf
die heutige Predigt.
Lee, A. H., Tongues, like as of Fire (ExpT XIV 188f): Stützt die Deu-
tung Chases (s. o. S. 219) auf die Strahlen der eben aufgehenden Sonne
durch einen ähnlichen Vorgang bei der Rütliverschwörung.
Bartlet, V., Note on Acts X1I 25 (JthSt IV 438—440): Erörtert drei Mög-
lichkeiten: 1. eig ‘lepovoaAru als Glosse zu betrachten, 2. es mit tAnpWoavTteg
nv dakoviav zu verbinden, 3. dato ‘lepovoaAnu zu lesen.
Baumgarten, M., Über das Zeugnis Pauli von seiner Gesetzestreue Apg 21,
20—26 (Saat auf Hofinung XL.
Richards, C. M., Acts X XVII: Its Relation to the Scheme of the Book
(BStdt VII 340—343): Lk gibt eine so detaillierte Schilderung deshalb,
weil es sich um eine Reise nach Rom und um die Missionierung in der
Hauptstadt der Welt gehandelt hat.
Shaw, R. D., The Pauline Epistles. Introductory and Expository Studies
(8. XI u. 508. Ld., Clark. 8s}j: Ein populäres Buch über die theo-
logischen Anschauungen und Briefe Pauli. Verl. ExpT XIV 312f.
Kerr, J. H., The Grouping and Sequence of the Pauline Epistles (BStdt
V11165—169): Die 1. Gruppe (2. Missionsreise 52 u. 53: 1 u.2 Thess) wird
durch das Vorherrschen eschatologischer Gedanken charakterisiert, die
2. (3. Missionsreise 57 u. 58: Gal, 1 u. 2Kor, Röm) durch die Soterio-
logie, die 3. (Gefangenschaftsbriefe 62 u. 63: Kol, Phm, Eph u. Phil) durch
die Christologie, die 4. (Pastoralbriefe 67: 1'Tim, Tit, 2 Tim) durch die
Ekklesiologie.
Feine, P., Der Römerbrief. Eine exeg. Studie (8%. IV u. 159. Gött.,
Vandenhoeck. M 5.—): In der römischen Christenremeinde gab es eine
Judenchristliche Minorität (= die Schwachen). Bei aller Bekämpfung
Judaistischer Tendenzen ist sich Paulus des tlieokratischen Vorzugs seines
Volkes bewulst geblieben; er selbst wird aber wegen seines Heidenevangeliums
von Juden und Judaisten in gleicher Weise gehalst. Juden und Juden-
Bibliographische Notizen. 433
christen sind nur durch ihre christologischen Anschauungen geschieden ge-
wesen — eine Differenz, welche durch die gemeinsamen eschatologischen
Erwartungen bedeutend abgeschwächt wird. Sonach ergibt sich für F. als
Lösung des Römerbriefproblemes folcendes: Der Brief ist „eine Dar-
stellung des heidenchristlicben und doch judenfreundlichen Ev des Paulus
für die das ungläubige Israel hochmütig beurteilenden heidenchristlichen
Römer“. Paulus weise also eine zu radikale heidenchristliche Gemeinde
in ibre Schranken. In Rom habe nach Apg 28 zwischen Juden und
Christen keinerlei Verbindung bestanden. Zum Schlusse der feinen
Untersuchung wird Spittas Zweibrief-Hypothese (s. o. S. 220) abgelehnt,
aber Röm 16, 1—20 für ein kleiner Epheserbrief angesehen.
Niglutsch, J., Brevis commentarius in S. Pauli Apostoli epistolam ad
Romanos (8%. VI u. 183. Trient, Seiser): Eine kurze, aber gehaltvolle
Erklärung unter Zugrundelegung des Vulgatatextes und Benutzung der
Hetzenauerschen Ausgabe des griech. Textes. Der Brief wird in die
Jahre 58 oder 59 verlegt; er sei an die grölstenteils heidenchristliche
römische Gemeinde gerichtet, veranlalst u. a. durch deren hohe, mit der
Gründung durch Petrus zusammenhängende Bedeutung. Der dogmatische
Teil behandelt das allgemeine Bedürinis nach Rechtfertigung (1, 18—3, 20),
die Art ihrer Erwerbung (3, 21—4, 25), ihre Wirkungen (5, 1—8, 39), den
allgemeinen Heilswillen (9, 1—11, 36). Kap. 9 beweise weder für eine
praedestinatio ante, noch für eine post praevisa merita etwas. Haeuser.
Sanday, W., Headlam, A. C., Critical and Exegetical Commentary on
Epistle to the Romans. 5!" ed. (8". 562. Ld.. Clark. 12 8).
Bean, M. F., Studies in Romans (8°. 72. Baptist Tract and Book Society).
Semeria, @., I! pensiero di S. Paolo nella leitera ai Romani (8°. XXIV
u. 220. Roma, Pustet).
Herbst, F., Geschenkweise gerecht! Betrachtungen über den Römerbrief
(8°. VIII u. 330, Eiberf., Ev. Gesellsch. M 2.70): Die wichtigeren Ab-
schnitte des Röm werden in Homilienform erklärt. In dem dikarouuevor
dwpedv (3, 24) sieht der Verf. den „eigentlichen Mittelpunkt des ganzen
Briefes“, ja „der Bibel überhaupt“. An den betr. Stellen wird mit groisem
Nachdruck die lutherische sola fides-Lehre „dem Papst zum Arger und
Trotz“ festgelialten. Vor der römischen Kirche „als einem ins Judentum
zurückgefallenen Christentum“ wird dringendst gewarnt.
Smith, W. B., Did Paul write Romans? (Hibb. Journ. I 309—334): Der
Röm ist kein Brief, nicht adressiert an die Römer und stammt nicht von
Paulus. Er ist nicht einheitlich, und bis ca. 150 wulste niemand von
ihm etwas.
Schmiedel, P. W., Did Paul write Romans? A Reply (ebd. 532—552):
Eingehende Widerlegung der vorgen. Bestreitung der Fechtheit des Röm.
Farel, P., Trois passages de l’epitre aux Romains (Rev. d. Th. et des
Quest. rel. 193, 233-244.
Schjött, P.O., Eine religionsphilosophische Stelle bei Paulus Röm 1, 18—20
(ZutW IV 75— 78): TO Yvwotov ToDb Beou — das, was an Gott erkennbar
ist; voouueva ist Gegensatz zu döparta; der Sinn: Die unsichtbaren Ge-
danken Gottes (= Xöyog Evdidderog), welche von der Schöpfung der Welt
seinen Werken hervortreten (= Aöyog TPo@opırds), liegen offen
zu Tage.
Zum Komp “ über Röm 7(Reich Christi VI 137—139): Zwei Notizen; die
erste von f. Hachtmann, der die Alternative: Entweder gilt Röm 7 vom
Wiedergeborenen oder vom Nichtwiedergeborenen, für unrichtig hält,
die zweite von M. Wilde, der auf Hachtmann antwortet.
Pope, H., A possible View of Rom. 10, 13 —21 (JthSt IV 273—279): Unter-
sucht die Gedankentolge und betrachtet insbesondere V.17 als „a con-
clusion, which is a concession“, aus V.16. der einen Einwand brachte.
Smith, W. B., Unto Romans XV and XVI (Journ. of Bibl. Lit. XX,
II 129—157; XXI, II 117—169).
Biblische Zeitschrift. I. 4. 28
434 Bibliographische Notizen.
Haupt, E., Einführung in das Verständnis der Briefe des Paulus an die
Korinther (Deutsch-ev. Bl. N. F. Ill 1—28 73—112 153—179): Ein-
ehende, gemeinverständliche Erörterung der Voraussetzungen und des
redankengangs von 1 und 2 Kor. Zwischen beide falle ein Aufenthalt
Pauli in Korinth und ein uns verloren gegangener Brief. Die „leiden-
schaftlich sensible“ Natur Pauli trete in 2 Kor besonders zu Tage.
Dürselen, P., „Die Taufe für die Toten“ 1 Kor 15,29 (StKr LXXVIL 1
291—308): Falst den Vers so auf: „Denn was für einen Sinn kann es
haben, wenn Menschen sich der Handlung der Taufe unterziehen? Ge-
schieht das dem Totenreich zuliebe (Önep tWv vexpüv)? Wenn doch
nun, nach der Gegner Behauptung, Tote schlechthin nicht auferstehen,
was lassen sie sich taufen? Für sie, den Toten zuliebe setze auch ich
persönlich mich nicht stündlich Gefahren aus. Vergelst nicht, dals täglich
der Tod mein Geselle ist... .*
Lowrie, S. T., An Ezxegesis of 2 Cor 5, 1-5 (PrthR I 51—61): Versteht
unter dem Zelte das AT.
Glubokovsklj, N., Das Ev der christl. Freiheit in dem Rundschreiben
des h. Ap. Paulus an die Galater. Gedrängte Übersicht des apost. Briefes
hinsichtl. seiner ursprüngl. Leser, der Bedingungen seiner Entstehung, des
Inhalts und der dogmatisch-historischen Bedeutung. |[Russisch.] (8%. 156.
Petersb. 1902): Nach dem ausführlichen Referate von F. Laun (ThR II
236—240) eine sehr gründliche Untersuchung der Galaterprobleme, wobei
die nordgalatische Theorie akzeptiert und der Brief Ende 57 oder An-
iang 58 angesetzt wird.
Schulze, H., Die Ursprünglichkeit des Galaterbriefes. Versuch einer Apo-
logie auf Kierarchist Wege (8°. VII u. 88. Lp., Wöpke): Weist die Un-
möglichkeit der Komposition des Briefes um 130 nach und glaubt weiter-
hin, dals der Verf. der Apg nach Exzerpten des Gal gearbeitet hat, wie die
Abschiedsrede des Paulus an die Presbyter von Ephesus aus 1 Thess
komponiert wurde, Die Apk polemisiere (} gegen Aussprüche des Gal,
wie der Korintherbriefe und des 1 Thess und Phil. Auch die Synoptiker,
vorab Mk, weisen Beziehungen zu diesen Briefen und dem Röm auf.
Ceulemans, F. C., Commentarius in epistolas S. Pauli ad Eph, ad Phil,
ad Col,1—2 ad Thess, 1-2 ad Tim, ad Tit, ad Phm, ad Hebr (8°. 339.
Malines, Dessain. F'r 3.25).
Hemphill, C. R., The Epistle to the Ephesians. — Some distinctive Features
(BStdt VII 264-270): Hebt die (sotteslehre des Eph, seine Lehre von der
Kirche (Einheit) und seine Anschauung über die Wirkungen des Todes
Christi (Vorläufer des Hebr) als charakteristische Grundgedanken hervor.
Baskerville, Ch., Side-lights on the Epistle to the Ephesians (8%. 118.
Ld., Nisbet. 18 6d).
Webb, R. A., The Doctrine of God in the Epistle to the Ephesians (BStdt
VII 133—137): Gott wird als Erlöser und Vater geschildert.
Dickey, S., Some Word-Studies in Ephesians (BStdt VII 35—41): Be-
spricht die Worte äyıog und Auwuos, otlAıs und pdurig, Xapıc, viodeola be-
züglich ihrer christlichen Bedeutung.
owrie, S. T., Paul’s Prayers for the Ephesians. Eph 1, 15—23; 3, 14—21
(BStdt VII 204-210 270—277): Exegese der beiden Gebete: 1. Prayer
tor Enlargement of Faith in the Lord Jesus, 2. Prayer for Love toward
all the Saints.
White, H. A., Paul’s Letter to the Philippians (BStdt VII 27—34): Ein-
leitungsfragen (Datierung ins Frühjahr 62) und Darlegung des Gedanken-
ganges.
Wrede, W., Die Echtheit des zweiten Thessalonicherbriefes untersucht
(TU N. F.IX 2. 8%. VIll u. 116. Lp., Hinrichs): Hält den Brief für eine
ne und glaubt trotz 2, 4 an eine Entstehung um die Wende des
1. Jahrh.
Brüning, W., Die Sprachform des 2 Thess. Diss. (8°. 31. Jena).
Bibliographische Notizen. 435
Albani, J., Die Bildersprache der Pastoralbriefe (AwTh XLVI 40—58):
Zusammenstellung unter den Gesichtspunkten 1. Kampf und Pilgerschaft.
2. Gefangenschaft und Verwandtes. Sonstige Rechtsverhältnisse. 3. Der
Körper. 4. Das Haus, die Ptlanze u. a. — Anklänge an Plutarch werden
dabei konstatiert.
Wolf, E. J., The Peculiarities of the Pastoral Epistles (BStdt VII 326—
332): Macht auf stilistische (äta& Aeyöueva) und Inhaltliche Eigentümlich-
keiten aufmerksam, verteidigt aber die Echtheit der Briefe.
Korte, H., Zweck des Briefes an die Hebräer (Past. bon. 1903, 214—219).
Lhoste, E., La morale chretienne dans l’epitre aux Hebreux. These
theol. (8%. 55. La Roche 192).
Giurney, T. A., The Motive and Date of the Epistle of St. James (ExpT
XIV 320—322): „Tlie Epistle is a Last Message, written probably on the
very eve of James’ martyrdom.“
Gibson, M. D., The Epistie of James (Expl' XIV 429): Der Jak ist
weniger sublim als 1 Petr.
Turmel, J., Etude historique sur la Descente du Christ aux enfers (Ann.
de ph. chröt. 3e ser. I 508—533): Erörtert diese Lehre in Zusammenhang
mit den Erklärungen, welche 1 Petr 3, 19 (bzw. 4,6) im Laufe der Zeiten,
namentlich bei den Vätern gefunden hat. Augustinus hatte die Stelle
fälschlich auf die Predigt des noch nicht fleischgewordenen Wortes an
die Zeitgenossen Noes gedeutet.
Wurm, A., Die Irrlehrer im 1 Jo (BSt VIII 1. 8%. XII u. 159. Freib. ı.B.,
Herder. M 3.50): Eine sehr interessante, von origineller Auffassung und
Darstellungsgabe zeugende Schrift! W. sucht gegen den Strom zu
schwimmen und die fast zur Alleinherrschaft gelangte Ansicht, dals Jo
in seinem Briefe Doketismus und Antinomismus bekämpfe, zu widerlegen.
Die judaistische Leugnung der Messianität, insbesondere aber das Pochen
der Judenchristen auf den Besitz des Gesetzes. wobei die Bruderliebe u. a.
sehr vernachlässigt wurde, haben nach W. dem Apostel die Feder in die
Hand gedrückt. Ist dem Verf. der Beweis gelungen? Ich here noch
grolse Zweifel. S. 57f macht W. sich die Widerlegung der antidoketischen
Auffassung von 4,26 etwas gar zu leicht. Auch die Art. wie die emdunia
ns oapxöc 2, 16 trotz des dabeistehenden Emd. rWv öpdaluWv spiritua-
listisch abgeschwächt wird, fällt mehr in das Gebiet der Dialektik als in das
der Exegese. Warum sind sodann die sieben Briefe an die kleinasiatischen
Gemeinden (Apk 2 u. 3) nicht mehr beisrezogen worden? Nach Apk 2. 4 steht
es z. B. fest, dals die alte Liebe in Ephesus nachgelassen hat, was W. S. 88
bestreitet. Und welch weitgehende Neuerungen endlich mülsten in Klein-
asien zwischen 1 Jo und den Ignatianen eingeführt worden sein!
Endemann, K., Die Offenbarung St. Johannis f. Theologen und gebildete
Nichttheologen ausgelegt (8°. III u. 271. B., Berl. Missionsges. Geb. M 2. —).
Schmiedel, P. W., Das Buch des NT mit den sieben Siegeln (PrM VII
45—63): Ein Vortrag, der hauptsächlich nachweisen will, das apoka-
Iyptische Tier sei Nero, der vielfach nicht als wirklich gestorben galt.
Auch die Zahl 666 (oder 616) bezeichne seinen Namen. Die Apk wird in
die letzte Zeit vor 70 datiert. Einzelne Flugblätter seien zusammen-
gestellt worden. Jüdische (Juellen seien wahrscheinlich, doch seien rein
Jüdische und judenchristliche Bestandteile schwer zu scheiden.
Goodspeed, E. J., T’he Book with seven Seals (Journ. of Bibl. Lit. XXTII
70— 74).
Palmer, F., Drama of the Apocalypse in Relation to the Literary and
Political Circumstances of its Time (8. Ld., Macmillan. 53).
Calmes, Th.. Les symboles de l’ Apocalypse (Rb XIl 52—68): Die Grund-
gedanken (Meerungeheuer etc.) sind auf kosmogonische Mythen der
Babylonier zurückzuführen, welche bei den Hebräern und infolgedessen
auch von Jo eschatologisch, d.h. zur Schilderung der Neuschöpfung der
Welt verwertet wurden.
28* .
436 Bibliographische Notizen.
Vischer, E., Die Zahl 666 Apc 13, 18 (ZnutW IV 167—174): Hält es für
falsch, anzunehmen, die Zahl sei durch Umwandlung eines Namens in
Ziffern entstanden; sie hat eine selbständige Bedeutung.
d) Ntl Apokryphen.
Apocrypha. I. Reste des Petrusev, der Petrusapk und des Kerygma Petri.
Hrsg. v. E. Klostermann (Kleine Texte f. theol. Vorlesungen u. Übungen.
Hrsg. v. H. Lietzmann. 8%. 16. Bonn, Marcus & Weber. M —.30): Prak-
tische Ausgabe.
Stocks, Zum Petrusevangelium II(NkZ XIV 515—542): Forts. der oben
S. 223 genannten Abhandlung. Das Petrusevangelium ist ein in Syrien
entstandenes gnostisches Produkt.
Conrady, L., Das Thomasevangelium. Ein wissenschaftl. Versuch (StKr
LXXVI, II a Dasselbe hat den gleichen Verf. wie das Protev.
Ein mythologischer Untergrund lasse sich in den einzelnen Erzählungen
nachweisen. Der doketische Verf. habe nicht an den antidoketischen Lk
angeknüptt. Ä
Covard, Altchristliche Sagen über das Leben der Apostel (NkZ XIV
69—80 154—164 324—327): Zusammenstellung und Sarierue ihres
Inhaltes nebst chronologischen Fixierungen u. a. auf Grund der For-
schungen von A, Lipsius.
Ficker, G., Die Petrusakten. Beitrag zu ihrem Verständnis (8°. III u.
104. Lp., J. A. Barth. M 3.—): Konstatiert Spuren von Platonismus
und setzt die Akten in Beziehung zu den allgemeinen religiösen Verhält-
nissen des 2. Jahrh. Die Heimat des Verf. sei nicht Rom, sondern
Bithynien. Weiterhin verfolgt F. die Spuren der Akten in der folgenden
Literatur und würdigt die Worte Simons historisch.
Schmidt, C., Die ulten Petrusakten im Zusammenhang der apokryphen
Apostellitteratur nebst einem neuentdeckten Fragment untersucht (TU. N.F.
1X 1. 80. Vllu.176. Lp., Hinrichs. M 6.—): Das neuentdeckte Fragment
aus einem koptischen Papyrus stellt eine Episode aus den TIpazeıg Tlerpov
dar. Für die letzteren sowie überhaupt für die Apostelakten, die vielfach
in manichäischen Sammlungen vereinigt wurden, werden dann zahlreiche
Testimonien beigebracht und Spezialuntersuchungen angestellt. Die Haupt-
thesis des Verf. geht darauf aus, den bisher behaupteten gnostischen
Charakter der Apostellegenden zu bestreiten und sie für populär-katholisch
zu erklären. Aber gerade hierin ist S., wie auch v. Dobschütz (ThLzt
XXVIlI 352—355) gezeigt hat, sicher im Unrecht. Gleichwohl haben wir
es mit höchst beachtenswerten und gründlichen Untersuchungen zu tun.
Hilgenfeld, A, Die alten Actus Petri (ZwIh XLVI 321—351): Be-
merkungen zur genannten Publikation C. Schmidts, hauptsächlich von
der Tübinger Auffassung des Paulinismus aus.
Corssen, P., Die Urgestalt der Paulusakten (ZutW IV 22-—-47): Eine
solche lasse sich aus lateinischen Fraxmenten der Queriniana in Brescia
rekonstruieren. Dieselben bieten die 'l'heklalegende u. a. mit der Variante,
Th. sei nicht verlobt, sondern verheiratet gewesen und habe ihren Gemahl
verlassen. Manche Aufstellungen C.s beruhen auf der wesentlich gleichen
Wertschätzung kanonischer wie apokrypher Berichte.
Bonnet, M., Acta Philippi et Acta Thomae. Acc. Acta Barnabae (Acta
Apostolorum apocrypha 11 2.8%. XLIl u. 395. Lp., Mendelssohn. M 15.—).
Littmann, E., Abyssinian Apocalypses (AmJsemL XIX 83—95): Zwei apo-
kalyptische Stücke, wohl von den übersendenden abessinischen Mönchen
in Jerusalem selbst verfalst, in Text und Übersetzung. G.
München, August 1903. J. Sickenberger.
Mitteilungen und Nachrichten. 437
Mitteilungen und Nachrichten.
Von einem aus dem 8. Jahrh. stammenden Pentateuchcodex
erfahren wir durch Al-Masrik VI 7, 334 (1. April 1903). Er wurde erst
entdeckt, trägt das Datum 116 der, Hepra Geh n. Chr.), befindet sich
gegenwärtig im Besitze eines Herrn Girgi Zaidän, von dem ihn die Biblio-
thek in Chicago erwerben will.
Orlentallsche Fakultät In Beirut. Seit dem vorigen Jahre besteht die
zeitgemäfse Einrichtung dieser orientalischen Fakultät an der St. Josephs-
Universität in Beirut, dazu bestimmt, angehende und nach weiterer
Ausbildung verlangende Orientalisten in das Studium der orientalischen
Sprachen einzuführen. Grundlage ist das Arabische; daran schliefsen
sich Syrisch, Hebräisch, Geschichte und Geographie, Archäologie des
ÖOrientes. Während des regelmälsig dreijährigen Kursus stehen noch zur
Wahl: arabische Dialekte, Koptisch, griechisch-römische Epigraphik.
Das Schuljahr dauert vom November bis Mai; Unterrichtssprache ist das
Französische. Weitere Angaben stehen zu Gebote in dem Prospekt, den
der Kanzler der neuen Fakultät, P. L. Cattin S. J. (Beirut, Syrien)
versendet.
Personalien. 24. Juli: Dr. theol. et phil. G. Ludw. H. Hahn,
o. Prof. für ntl Theol. an der ev.-theol. Fakultät in Breslau. — Geh. Rat
Dr. Ant. v. Scholz, o. Prof. der ati Exegese an der theol. Fakultät in
Würzburg, und Geistlicher Rat Dr. Jos. Schönfelder, o. Prof. der
atl Exegese an der theol. Fakultät in München, wurden von der Ver-
flichtung, Vorlesungen abzuhalten, entbunden. — Zum o. Prof. der atl
xegese an der theol. Fakultät in München wurde der a. o. Prof. Dr.
Joh. Göttsberger am Kgl. Lyzeum in Freising. zum a. o. Prof. der
atl Exegese an der theol. Fakultät in Würzburg Privatdozent Dr. theol.
et phil. Joh. Hehn daselbst, zum o. Prof. der ntl Exegese an der kath.-
theol. Fakultät in Breslau (als Nachfolger A. Schäfers) Dr. theol. et phil.
lgn. Rohr, Stadtpfarrer in Geislingen, berufen; zum a. o. Prof. der atl
Exegese und Pastoraltheologie an der altkath. theol. Fakultät in Bern
wurde Pfarrer Dr. Jak. Kunz, zum a. o. Prof. für atl Exegese in Lem-
berg Privatdozent Dr. Tit. Myszkowski daselbst berufen.
Verzeichnis der Autoren,
deren Werke in den Bibliographischen Notizen angezeigt wurden,
gefertigt von cand. theol. P. Fellerer.
* bedeutet öfteres Vorkommen auf der gleichen Seite. (!) bedeutet eine Korrektur im
Index gegenüber der Schreibweise in den Bibliographischen Notizen.
Abbott G. . 293 Beardslee .. - 483 Bouvier- . . 4165 Chavanon. . 87
Aeberhard . 316 Beattie - . . 430 Box :.. .. 423 Cherrier - » 4239
Abrahams . 90 Bebber . 216 428 Bradshaw - . 208 Chevalier - - 212
Achelis -. 220 424 Becher . . . 394 Braithwaite . 109* Cheyne 82 92 315
Ackermann - 414 Beer .... 9 Braun - .. 95 Clair : . +» « 903
Adams - . . 101 Behnygue - - 428 | Breen. . . 412 Classen - - - 419
Adler . 96 318 Beibitz + . 214 Brightwen . 86 Cleemput van 428
Albani 221 481 435 Belser 200 216 423 Brimm ... 412 Clemen - 214 218
Albrecht - : 439 Bender . . . 397 | Brooke - . 90 91 220 222 413
Alexander 8. 421 Benuett 87 109% | Brose - » . .217« Clermont-
Alexander W. 203 Berger Ph. . 9 . Brucker 208 212 Ganneau 96 106
Algen... . 216 Berger 8. 85 202 | 307 319 320
Allen. ... 20 Bernfeld . . 314 Bruckner . . 204 Collani - : « 84
Ambrosius 206 418 Berry ... 106 Brückner - » 91 Cölle - -:. . 215
Amelli .. . 309 Bertholet - . 104 | Brun » .. 220 Condamin 92 323
Andersen . » 204 Bettex -... 88 Brüning - » 43% Conder 98 312 320
Anderson Ch. 326 Bevan ... 318 Bruston- . - 211 Conrady - . 436
Anderson R.84 108 Bewer 89 108 329* Büchler .94 205 Conybeare 206 425
Armstrong » 425 334 335 Cook 90 91 93 312*
Askwith . . 221 Bezold 100 317 325 Budde . 95 102 411
Aubertt .. 9 Bindemann . 218 Bugge . 413 421 Cooke » -. . 97
Birch »- » . . 107 Buhl » . . . 109 Coppieters » 207
Bacher 84 89 108 Bird . - . . 326 Bulbeck .. 212 Corill » ». 99
sı1 314 Blachöre - . 810 Bullock.. - . 107 Comu : . . 106
Bäck ... 389 Black . ». . 82 102 Burkhardt 212 Corssen » 205 215
Bacon 207 311* 222 Blake. . 101 Burkitt 91 200 202 223 436
416 423 Blafs 199 201* 217 219 312 428 Couard H.420 436
Bahlmann . 203 410 Butler -.. 31 Couard L. - 96
Bahnsen . . 2% Blau . 2... 98 Büttner. . 212 Crace » : „ « 812
Bahr . ... 323 Bliss - . . 309 Crane .°. 21
Baldensperger 413 Bludau 97 206* 220 Calasanzio - 426 Cremer . 201 212
Balfour .. 84 Böckenhoff . 415 Calmes - . . 435 Cross .. : . 427
Baljon ... 48 Böhme - . .:218 Cameron - . 215 Orum - . 808 312
Ballantyne . 431 Boehmer 93 94 Campbell - » 84 Curtiss » - 93ee*
Banks .. 87 103 108 109 831 Capesius - 204
Baentach .82 99 333 Capron -» . » 315 Daiches 100(!) 312
Barnes A. . 429 Boissier .93 316 Carleton .. 86 Dareste . . 828
Barnes CC... 82 Böklen .86 326 Carpenter J. 324 Davenport . 319
Barnes W. 826 333 Bolliger . . 212 Carpenter W. 431 Davidson . » 320
334 Bonaccorsi . 202 CarrA : .. 424 Davis « « » » 323
Barth F. .. 49 309 422 425 Carr I. ©». 86 Day-- . 109
Barth J. .89 09 Bone . . .. 431 | Castelli. - - 95 Decoppet - . 411
Bartlet 214 216 222 Bonkamp - 103 Cereseto . » 85 Deimel . . 106
432 Bonnes - .. 9 | Ceulemans - 434 Deilsmann - 313
Bartmann - . 431 Bonnet . . 436 Chajes 89* 106 108 Delisle - « - 201
Barton . .98 98 Bonus 202 215 427 | Chanıberlain 323 Delitzsch . 99 104
Baskerrille . 434 Bonwetsch . 106 Chamberse - 423 321* 327
Batiffol 208416 417 Bornhäuser - 422 ! Chapin - » - 109 Denney : 212 424
auer . . . 218 Boscawen.. . 210 | Charles86 110 318 Derenbourg . 108
Baumgarten 432 Boulleret . - 105 Chase - . . » 219 Dewart . ». 92
Baumstark 206 223 Bousset 199 200 | Chastand » » 82 Dibelius .. 416
Bean. ... 433 209* 410 413 422 | Chauvin «+ - 212 Dickey . .. 434
440 Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren,
Dieckmann324 330
Diekamp » - 422
Dieterich - - 210
Diettrich - 85 88
Dobschütz 204 219
223* 411 424
Döller - 221 323
Dornstetter . 101
Douglas . - 102
Dreydorfi » . 84
Driver 101 315 334
Drummond . 431
Dubois . . . 431
Duff ..% 94
Dugmore . - 429
Duhm. . 107 334
Durand . 84 306
Dürselen - +» 434
E. B. .
Eugar » .o. oo
Ecker + « .». 832
Eerdmans:- -
Endemann 94 424
435
Engel: » -» »- 220
Engelkemper 99
Engert »- +» - 106
Eppenstein 85* 311
Erbt - -108 334
Ermoni96 321 323
Eusebius +86 417
Evers +» +. 84
Fairbairn » - 216
Fairfeld »- » 413
Falconer - » 222
Farel - - 431 433
Farmer - - - 222
Farrar - 109 419
Faulhbaber - 510
Feine 217 429 432
Feis . 00. 205
Feldmann - »- 106
Fenton »- » - 815
Feret » : » « 425
Ficker «+ » »- 436
Fiebig 209 414 426
Fillion » » + 8
Fischer » » - 320
Fisher -»- - »- 429
Flemming + 110
Fonck 210 211*
213 420 424
Förster - 110 422
France »- « - 212
Franko - . » 224
Friedländer J. 89
Friedländer M.218
Fry ereie 86
Fuchs +» + «- 104
Fullerton » »- 426
Fulleylove . 318
Fulliquet » « 93
Füllkrug »- + 209
Funk - » 416 418
Furrer + 208 216
Gabrieli- + - 411
Gall - « « 92 99
Gardner - - 109
Garofalo « » 87
Garvie 208 220 419
Gasartelli - - 210
Gatt - « . +. 309
Gayraud =» « 416
Gazagnol » +» 306
Geiger »- « « 816
Gelbhaus - . 104
Gerloff - - » 314
Gervis « +» » 326
Gesenius - » 89
Giamporcari 316
Gibbins » » - 222
Gibson 85 216 427
435
Giesebrecht - 108
321
Gifford - +» » 200
Gilmore - « - 202
Ginsburg - - 313
Ginsburger 90 314
Girdlestone - 104
Girodon - +» 426
Giurney » +» » 435
Glaser . - » 318
Glubokovsakij 434
Godet - » +» « 215
Goguel - - . 216
Golubovich - 87
Goodspeed E. 435
Goodspeed @. 317
Goetz - +» « + 423
Goumaz » +» »- 423
Grammatica87 309
Granberry + 313
de srandmai-
Bon + + « 208
Granelli - » 83%
Grass-Klanin 100
Graetz »- «+ 95
Gray » «:..%
Green - » » « 324
Greene G. +» 432
Greene W. - 431
Gregg : +» - + 206
Gregory «» 91 199
Grifäinhoofe »- 424
Grill - » 216 414
Grimm E. »- 421
Grimm J. + 419
Grimme 105 320
333
Grisar « « «+ 87
Groff « »- . 87 309
Grotemeyer - 87
Grundl »- » «+ 105
Grünhut 88 310
Grützmacher 94 99
108 209
Güdemann « 96
Guidi 103 106 312
Gunkel 97 323 324
Guthe- . « . 305
Gutjahr - » - 411
Gwilliam +» « 202
Haasen - - » 316
Hachtmann - 433
Hack - » - . 103
Hackspill 108 203*
Haidacher - 206*
Halevy 89 91 92
99 103* 106 109**
208 210 320 334
335 420 425
Hall . rt 8 97
Hamer - » » 426
Happel - - - 110
Hardt- . - -» 8
Harnack +08 204
205 218 220 369
416
Harper A. . 106
Harper W. - 98
Harris « 219 222
Hart - . » « 313
Hartill - - » 424
Hartmann + 103
Haupt E. 203 221
420 434
Haupt P. 106 312
832«
Haufsleiter - 221
427%
Hawkins - - 213
Headlam » - 433
Hebrans . 8334
Hehn . » 323 328
Hceider »- 85 308
Heigl - - » + 216
Heinrici . +» 203
Heisz : +» . „. 314
Heitmüller . 412
Hempbhill . 434
Herbs - +» - »- 433
Herklotz 425** 427
Herner - . . 413
Hertzberg - - 99
Herz .:..:.: 8
Hetzenauer »- 305
Heuver -: - . 428
Hicks - +» - 43
Hilaire - 317 415
Hilderscheid 87
Hilgenfeld210 215
418 436
Hill: - . » » 206
Hillesum . » 331
Hirsch E. . 106
Hirsch 8. - . 311
Hirschfeld 89 311
Hjelt ..». 410
Houre : » «86
Hoben . . » 20
Hoberg 88 108 308
309
Hochfeld - - 104
Hoffmann F. 413
Hoffmann J. 3
415
Höhne . -83 305
Holborn . «» 98
Hollmann . » 415
Holm - - . . 335
Hölscher - » 96
Holtzmann H. 215
216* 219
Holtzmann O. 86
209 215 421 423
Holzhauer - 429
Holzhey 83 103
214 307
Hommel 89 99 109
326
Hoennicke 217 220
222
Honutheim » - 106
Hoonacker 109 110
216 335
Höpfl . » :» 9
Hora - : «» 9
Horner : . . 109
Horst - . » » 204
Hort :. » « » 410
Houtin - . 84 306
Houtsma » +» 89
Howland . 326
Howorth 104 313
Hozakowski 306
Hückelheim 218
Hummelauer 329
Hunnius +» + 316
Huygbe = .
Hyde - - . -
Hymmen +» + 101
Hyvernat » -
Ingraham - »- 108
Jacob B. - « 8
Jacob G. - » 333
Jacobs - . « 819
Jacoby -110 202
223
Jacquier . - 410
Jäger : » + » 816
... 9
4.308
Jampel 104 331
Jannaris 213 216
308 428
Jannsen .. 410
Janssens »- . 415
Jastrow 90 93 98
102 314
Jaussen - » »- 318
Jelski . - . 316
Jensen 96 99 321
Jeremias 99 321
324 328**
Johns : 327 328° «
Johnston . » 90
Jordan » . » 358
JosephD.. . 97
Jorcph M. : 86
Jülicher 206 207
427
Justus . +» . 210
Kahle 90* 312 314
Kähler - . » 84
Kaminka »- - 106
Kasteren 214 310*
Kaufmann . 105
Kaulen » » 99 100
Kautzsch E. 89 94
104 107 811
Kautzsch R. 102
Kayser .. 316
Keil . » » 99 323
Kelly - -» -. . 110
Kelman . +» »- 318
Kelso .++ 311
Kennedy 221 423
Kent . .. 319
Kerr oe 5
Kerswill - - 316
Kesteven »- «- 326
King L.. » . 325
Kirchbach - 213
Kirkpatrick 105 (!)
306 354 414
Kirsch - - + 97
Kittel 89 99* 103
322* 323 331
Klausner . « 322
Kleber - « . 425
Klein » » +» «. 41%
Kley ..0% 0 324
Klöpper -» » 221
Klostermann 86 98
4536
Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren. 441
Klumel - .. 311
Kmosko . . 209
Knabenbauer 106
107
Kneller . 106 218
Knieschke 99 333
Knopf 82
Knudtzon.. . 318
Köberle . . 94 99
Koch @. .. 3%
Koch P .. 94
Kögel- .. . 223
Köhler - .. 8
Kohlhofer . 223
Kohn oo 97
Kohut . . . 335
König E. 89 92= 95
99 105 107% 108
109 317 322°* 326
331 333
König X. . » 316
Korte. ... 435
Köstlin . 214 497
Kranrıp . . 110
Kraufs 90 110* 205
Krezmär 103 317
Kreyenbühl - 212
215
Krieger - -. 8
Krüger » .. 8
Küchler .99 322
Küppers 213 412
425
Kutna oo 97
Kuypers - 411
Kyle - ... 377
Ladame. . . 835
Ladeuze +» . 221
Lagrange 98 96*
102 306 316 328
329 415
Lake . ® L} 2004*
Lambert J.413 423
Lambert M. . 9
(statt Mayer L.)
315 324
Landau J. . 333
Landau W. . 318
Lang - »- - . 397
LäAska -.. 39%
Laun - » . . 43
Laurence De 83
Leben . .. 330
Le Camus . 415
Leduc - .- . 430
Lee 0... 432
Lefroy - - - 419
Legeay «- +: . 94
Legge - +. . 20
Lehmann(C.96 330
LehmannS8.. 9
Lempfuhl - » 9
Lepin. - 215 427
Levi 104 107 335
Levrier - - -
Levy J. ee
Levy L -. 9
Lewis A. -86 431
Lewis W. 105 213
Ley - 107 331 333
Lhoste
Lichtenstein
429
Liebmann- . 108
Liechtenbhan(!) 110
223
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Lietzmann 105
417
Lindenmann
Linder
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Lindner - »-
Littmann - 85
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Lock »- » .»
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Loisy 207 806
423 424
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Loreta «- - «
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309 320
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431
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Macray - » »-
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Mair oe. 0.
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Margoliouth.
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Margolis 89
Margreth - -
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Marmier »- 96
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Meltzer . - -
Mcmain- » »-
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206
431
Mercati « « 85 91
Biblische Zeitschrift. I. 4.
Mereier «+ +» +» 111
Merx -» » - - 201
Messerschmidt 95
318
Meyer A.» » 82
Meyer F. .98 212
Meyer K. . » 216
Meyer P. »- » 318
Miller» - - » 431
Milligan - » 209
Minocchi87 89 332
416
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Motfat « « -. 108
Moffatt - » « 110
Mommert 809 319
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Moor =» « « - 101
Moore . 338 418
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Morel « »..«. 82
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Moulton 208 308
415
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422
Müller E.. -
Müller J. » +» 93
Müller M. 98 102*
326 327
Müller P. 103 108
Murray » » » 204
Muss-Arnolt 82
Muzat.- - »- »- 816
Nagel +. .96 330
Nagl « +» . . 328
Nash - © » . 413
Nathan » » »- 311
Nau =... 312
Naumann +» +» 413
Naville » »- - 326
Neal » +... 97
Nehring - « 87
Nestle 85 90 91**
96 98 106* 110
207° 212% 213+0*
214+* 215% 216
217 219= 2231 223
309 312 329 330%
332 410 411* 412
417 418 427
Niebuhr - .- 818
Niglutsch - - 433
Nikel »- - » « 108
Nilles- « «. - 427
Nolan .. 311
Norbeck - 108
Nowack 102 107
325 329
Nuelsen « » 427
Obbink ... 8333
Oberhey «» - 215
Oefele - . + 422
Offord 89 311 312
OÖchninger - 208
Ollivier- - 423
Oppert 104 323 325
Osgood » » 93 333
Oesterley 90 94
101 427
Ottley - . » 333
Oettli 99 322 328
Otto =»... 208
Palmer F.:- - 436
Palmer J.- »- 421
Parodi » »- » 87
Paterson 415 430
Paton «= « «+ 101
Patton + » » 317
Payne » - . 424
Pearson » »- + 208
Peeters » « « 223
Peiser + 108 335
Pelt ...0 0° 98
Pöries + « - 420
Perles 90 110 413
Perrochet - - 315
Pesch - » « » 82*
Peters C. » « 97
Peters J. +» »- 319
Peters N. 83 106*
Pfeifer 216
Piano Del. - 416
Pick 424
Pilcher - 811* 320
Pinches - 324 326
Plasberg - « 314
Plato .. 322
Pletl (Chauvin) 221
Plummer » -» 214
Polidori » » +» 429
Pope » » 315 433
Porges « «.« 85
Poulin =» » « 425
Power « » .» 423
Poznanski 311 314
Prä3ek 103
Prat - : » 84 307
Praetorius 89 90
311
Prestel » - - 98
Preuschen 200 210
212 330 417
Procksch » » 107
Quönart - « » 421
Radau » - « 100
Ragosina - »- 95
Rahmer + «- »- 84
Raich - « +» +» 414
Ramsay- + - 217
Randolph - » 422
Ranke - - » 311
Rauch « 214 421
Ravi - v.. 421
Redpath « .» 313%
Reed - « .. 415
Reichel « » « 97
Reinach + » 318
Renizer - «- » 1023
Reville A. » 8
Reville J. +» 216
Rhijn »- » « ». 49
Richards » « 432
Richert » « - 316
Ricketts - . 421
Rieber »- 97 318
Riedel 88 89* 97«
101 102° 109*+«*
111%
Biefsler -
29
108 312
442 Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren.
Riggenbach . 426
428
Rishell » » - 428
Ritchie +» « +» 425
Ritter : « « «. 420
Robertson 93 427
Robinson » » 425
Rohling - 309 318
Rölım » » »- « 199
Rolır » « « « 220
Rölrricht - » 430
Ropes - + +» 410
Rose 207 217 430
Rosenau .« 315
Rosenthal 99* 107
322 333
Rosenwasser 90
Rösgen »- : « 209
Rotlı » « : « 833
Rotlıstein 102 103
108 329
Rottimanner » 418
Roupp »«:«- 9
Royer- » » « 108
Ruppaner » »- 411
Ryssel +» 107 385
Saccheri » 83 98
Sallmon - 429
Samter »- « - 317
Sand » : . . 424
Sanda 59 95 I6**4*+
100 101 214
Sanday - 203 415
422 433
Sartorius +» . 99
Sauer: - „ . 84
Saul » « ».85 318
Bayce 95% Y5* 316
318 319
Scerbo » .92 315
Sch. ..0. 436
Schacfer »- „. 423
Schürf »- - - 97
Schat Peter-
sen «vo. 215
Schechter - 88
Scheftelowitz 314
Scheil «+ . 96 327
Schell - + + 419
Schenkl 206 418
Scherer: . «- 417
Scherman » . 88
Schiefer 111 419
Schieler . . 322
Schjött - - . 433
Schlatter 215 219
Schlecht - » 419
Schlögl « 104 106
Schmid » 86* 309
Schmidt E. .
Schmidt G. » 436
Schmidt K. .
8Schmidtke . 410
Schmiedel O. 208
Schmiedel P. 199
214 453 435
Schmiedl 91 314
Schmitt - +» - 4183
Schneedorfer 334
Scholz - . . 106
Schönbach .« 418
Schöpfer - » 98
Schullerus . 204
Schrader - » 9
Schulthess 90 308
Schultze - - 101
Schulz : « . 221
Schulze - » « 434
Schumacher 419
Schürer 416 421
Schwartz - 417*%
Schwarz « . 85
Schweiker + 83
Scomp +» « . 201
Sceberg » « » 414
Seiple .vr » 332
Selbie + «+: 8
Selbst. » « «99
Seligsohn - 96 318
Sellin» « -» +» 322
'Semeria . 325 433
Sense »- » 214 425
Serruys - + + 313
Seyring + « „ 102
Shaw Ch.. . 420
Shaw R. » . 432
Shaw-Calde-
cott - - » « 319
Shepardson : 222
Sickenberger 206
Sinker +» + «+ 102
Slade ..0.. 101
Smend +» +96 102
SmithCh - » 94
Smith D. 210 219
333
Smith G. «+ + 319
Smith H. - » 315
Smith J. +83 432
Smith S. » - 430
Smith W. . « 433
Bonmes - - + 424
Soden + 200 410
Sokolowski - 430
Soltau - 210 421
427* 432
Sommer - «- 322
Souter 206* 215 418
Späth» « .. 86
Spence « „. . 219
Bpitta» » . « 215
Spliedt »- « «+ 95
Spoer + 105 334
Stade 89 92 94
326
Stafford - « - 317
Stalker « « . 208
Stapfer -. « „ 203
Staerk 94 110 209
} L} 84
Steck » . « » 420
Steffens - +» + 221
Steinmann - 420
Steinschneideor 97
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Stephenson » 413
Stevenson . 110-
Stewart A. » 423
Stewart H. » 101
Stewart BR. » 416
Stockoe.. » . 217
Stocks « 223 436
Stosch . -. - 830
Strachan -»- . 101
Strack .ovrYr e 333
Streatfeilld - 305
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Stucken « . 100
Sulzbach + 426
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Swetc 90* 214 410
420 423
Szekely - . « 883
Taylor 90 217 310
333
Terwelp . 429
Thackeray - 314
Theodor «+ . 88
Thien . .. 222
Thiersch . 319
Thomas E. . 413
Thomas J. - 414
Thownas W.: 84
Thomsen - . 425
Thomson » » 97
Thumb . 201 308
Torge +. 9
Torrey . 813 820
Triebs « «+» 97
Turinaz - : «+ 83
Turmel 108 306 435
UÜbald ..uo.0o 85
Ullern +» + . 43%
Urquhart 95* 329
Usener 94 223 422
Valeton - » » 332
Venard - 307 325
Verhveff . » 833
Verrier . + . 101
Veiter . .» 315
Victor-Bernar-
din « » « . 416
Vigouroux 82 83
85 91 202
Vincent -» 102 205
Violet .e.. 90
Vischer.. » » 436
Vives. oe. . 426
Vost « « . «87
Volck 94 99 101
108 316 822
Vollers » » . 411
Vollert - « » 102
Voölter » « + 109
Vos - « . 430 431
Wachstein . 85
Walker A. - 216
Walker D. « 218
Walker W. « 423
Walter C. - 322
Walter F. » 98
Ward: »...9
Warfield 328 414
426
Wareck - » 422
Watson. - . 331
Webb . Ef BE 434
Weber A.412 431
Weber V.- » 219
Weikert »« » 92
Weinel » » - 420
Weir .0 oo ® 106
Weiss B 198 207
215 221 412* 428
Weiss J. 218 426
Weizsäcker «- 203
Welch - » . 110
Wendland « 97
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Werner - » »- 2312
Wernle » - + 412
Wert oo. 84
Westcott « « 410
Weyman +» « 418
Whitaker » +» 221
White J. 422 428
White H. . . 434
Whitham » - 98
Whitney +86 309
Whyte - +. 421
Wiedemann - 317
Wiernikowski 331
Wiesen » + + 214
Wijnkoop » » 310
Wilamowitz-
Moellendorf 318
Wilcken « »- 97
Wilde « . + 433
Wildeboer 88* 89
110
Wilkinson +» 4236
Wilson C. 205 416
Wilson R. 89 323
Wimmer »- - 87
Winckler 92 98 93
102 315 317 319
320 327 331* 334
Witherby - - 106
Witt + »- 103 220
Wohlenberg.. 222
Wolf » « . + 435
Wolff » -» .99 322
Wölfflin + » 202
Wolfsobhn » +» 9
Wood: » «+ 215
Wrede + 209 436
Wright »- » +» 101*
Wünsche . 83 96
Wurm «= «+ 435
Wyss « +. . 414
X. 93 306 807* 3283
333
Xanthopulos 86
Yahuda » +» « 89
Zahn J.: » + 419
Zahn Th. 213 425
Zapletal 88 100*
Zenner » « « 106
Ziegler » «. 88
Zillessen - » 108
Zimmer » * » 208
Zimmermann 42u*=
Zimmern .92 320
Zöckler » « « 100
Zöllig: «+» 82
Zscharnack :» 205
Zschokke » « 320
Zycha «+ 9
AnonymeAufsätze
84 36 92 99 107
109% 218 219 307%
318 831 412 421
432
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er-
scheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu bezichen:
Biblische Studien. ünter Mitwirkung von Prof. Dr W. Fell in
Münster i. W., Prof. Dr J. Felten in Bonn, Prof. Dr G. Hoberg in
Freiburg i. Br., Prof. Dr N. Peters in Paderborn, Prof. Dr A. Schäfer
in Breslau, Prof. Dr P. Vetter in Tübingen herausgegeben von Prof.
Dr O. Bardenhewer in München. gr. 8°
I. Band. (5 Hefte) (XLIV u. 0606) AT 10.60
1. Heft: Der Name Maria. Geschichte der Deutung desselben. Von Dr O. Barden-
hewer. (X u. 1680) A 2.50
2. Heft: Das Alter des Menschengeschlechts nach der Heiligen Schrift, der Profan-
geschichte und der Vorgeschichte. Von Dr P. Schunz. (Xll u. 1/0) M 1.60
8. Heft: Die TEIDSETEHIheIIRUNE 1 des 5 Paulus im Galaterbriefe (1, 11 bis 2, 21).
Von Prof. Dr J. Belser. (VIl
4. u. 5. Heft: Die prophetische asniralen. _ Biblisch- -patristische Studie von Dr
F. Leitner. (X1V u. 196) .u 3.50
Il. Band. (4 Hefte) (XXXVI u. 464) M 10.—
1. Heft: St Paulus und St su über die Rechtfertigung. Von Dr theo). B. Bart-
mann. (X u. 164) M 3.2
2. u. 3. Heft: Die iezandrialsche Uebersetzung des Buches Danlel und ihr Ver-
hältniss zum Massorethischen Text. Von Dr Aug. Bludau. (XlI u. 218) M 4.50
4, Heft: Die Metrik des Buches Job. Von Prof. Dr F. Vetter. (X u.82) M 2.30
Ill. Band. (4 Hefte.) (XLII u. 476) M 12.50
1. Heft: Die Lage des Berges Sion. Von Prof. Dr K. Rückert. Mit einem Plan.
(VIII u. 104) M 2.80
2. Heft: Nochmals der biblische Schöpfangsbericht. Von Fr. v. Humsnelauer 8. J.
(X u. 132) M 2.80
3. Heft: Die sahidisch-koptische Uebersetzung des Buches Ecclesiasticus auf ihren
wahren Werth für die Textkritik untersucht von Dr N. Feters. (XIl u. 70) M 2.30
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(VIII u. 170) M 4.60
IV. Band. (4 Hefte) (XXXVII u. 522) M 12,—
1. Heft: Die Adventsperikopen exegetisch-homiletisch erklärt von Dr Faul Wilhelm
von Keppler, Bischof von Rottenburg. Zweite, unveränderte Auflage. (VI u. 144)
2. u. 3. Heft: Die Propheten-Catenen nach römischen Handschriften. Von Dr
M. Faulhaber. (XVI u. 220) M 6—
4. Heft: Paulus und die Gemeinde von Korinth auf Grund der beiden Korinther-
briefe. Von Dr I. Rohr. (XVL u. 158) 7 3.60
V. Band. (5 Hefte.) (XLVI u. 580) Af 13.80
1. Heft: Streifzüge dnrch die biblische Flora. Von L. Fonck. (XIV u.168) M4.—
2. u. 3. Heft: Die Wiederherstellung des jüdischen Gemeinwesens nach dem baby-
lonischen Exil. Von Dr Johann XNikel. (XVL u. 228) M 5.40
4. u. 5. Heft: Barbebräus und seine Scholien zur Heiligen Schrift. Von Dr Johann
Göttsberger. (XVl u. 184) &M 4.40
VI. Band. (5 Hefte.) (XXVIII u. 540) M 12.—
1. u. 2. Heft: Vom Münchener Gelehrten-Kon a Biblische Vorträge heraus-
gegeben von Prof. Dr O. Bardenhewer. (VII 200) AM 4,50
3. u. 4. Heft: Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische Geltung. Von
Dr theol. Caspar Julius. (X u 14) M4—
5. Heft: Die kschatolorie des Buches Job. Unter Berücksichtigung der vorexi-
lischen Prophetie. Von Dr Jakob Koyer. (VII u. 156) 4 3.50
VII. Band. (5 Hefte.) (XXVIII u. 570) & 12.20
1. bis 3. Heft: Abraham. Studien über die Anfänge des hebräischen Volkes von
Dr Taul Dornstetter. (XIl u. 280) M 6.—
4. Heft: Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypothesen der Bibelkritik
verteidigt von Dr Mutthias Kohlhofer. (VII u 144) M3.—
5. Heft: Die beiden ersten Erasmus-Auszaben des Neuen Testaments und ihre
Gegner. Von Prof. Dr Aug. Bludau. (VIIL u. 146) M 3.20
Vilf. Band. 1. Heft: Die Irriehrer im ersten Johannesbrief. Von Dr Alois Wurm.
(XII u. 160) AM 3.50
2. Heft: Der Pharao des Auszugzes. Eine exegetische Studie zu Exodus 1—15.
Von Dr Karl Miketta. (VII u. 120) M 2.60
In der Herderschen Verlagshandlung zu Ereibere im Breisgau er-
scheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu bezi
Strafsburger Theologische Studien.
Mo. Herausgegeben vn
Dr Albert Ehrhard und Dr Eugen Müller,
Professoren an der Universität Strafsburg.
Dio „Studien®* erscheinen in zwanglosen Heften (gr 8°) von eirca 5 bis 8 Bogen,
deren jedes ein Ganzes für sich bildet und einzelu käuflich ist. Aufserlich werden in der
Regel je 4 bis 5 Hefte zu eiuen Bande vereinigt.
Bereits liegen vor:
I. Band. (5 Hefte) (LXIl u. 582) M 8.—
1. u. 2. Heft: Natur und Wunder. Ihr Gegensatz und ihre Harmonie. Ein apolo-
getischer Versuch von Dr E. Müller. (XX u. 206) A 2.80
3. Heft: Der Augustiner Bartholomäus Arnoldi von Tsingen, Luthers Lehrer und
Gegner. Ein Lebensbild von N. Paulus. (XVI u. 136) A 1.80
4. u. 5. Heft: Die altchristliehe Literatur und ihre EEIOnChunE seit 1880. Allgemeine
Übersicht und erster Literaturbericht (1880—1884). Von Dr A. Ehrhard. (XX u.
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Il. Band. (4 Hefte.) (LII u. 484) M 8.40
1. Heft: Die Strassburger Diöcesansynoden. Von Dr M. Sdralek. (XII u. 168) M 2.60
2. Heft: Die SIEAEALUTERE Reformatoren und die Gewissensfreiheit. Von N. Paulus.
(XII u. 106) #1
9. Heft: Die de Moral nnd ihre Grundprineipien kritisch beleuchtet von
Dr C. Didio. (Xu. 104) M2.—
4. Heft: Die Wunder Jesu in ihrem innern Zusammenhange betrachtet von Dr F. Chabls.
" ıXll u 106) M2—
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1. Hoft: Kaspar Schatzgeyer, ein Vorkämpfer der katholischen Kirche gegen Luther
in Süddeutschland. Von Dr N. Paulus. (X u. 152) M 2.80
2. u. 8. Heft: Der Prolog des heiligen Johannes. Eine Apologie in Antithesen, Von
Dr K. Weiss. (XIl u. 208) Af 3.80
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Eucharistiae. Von Dr theol. A. Nuegle. (XIV u. 3089) M5
IV. Band. (5 Hefte.) (LII u. 588) M 12.20
1. Heft: Frobenius Forster, Fürstabt von St Emmeram in Regensburg. Ein Beitrag
zur Litteratur- und Ordensgeschichte des 18. Jahrhunderts von Dr J. A. Endres.
(X a. 11) M€ 2.40
2. Heft: Geilers von Kaysersberg „Ars meriendi“ aus dem Jahre 1497 nebst einen
Beichtgedicht von Hans Foltz von Nürnberg, herausgegeben und erörtert von
Dr Alexander Hoch. (XIV u. 112) 4 2.40
3. Heft: Die Anfänge der Irregularitäten bis zum ersten allgemeinen Konzil von
Nicäa. Eine kirchonrechtliche Untersuchung von Dr Cumill Bichert. (X u.116) M 2.40
4. u. 5. Heft: Die Gettheit des Heiligen Geistes nach den griechischen Vätern des
vierten Jahrhunderts. Eine dogmengeschichtliche Studie von Theodor Schermann.
Gekrönte Preisschrift. (XVII u. 246) M 5.--
V. Band. (4 Hefte.) (XXXIV u. 478) M 9.90
1. Hoft: Die Inspirationslehre des Orirenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschichte
von Dr theol. Auyust Zöllig. (X u. 130) M 2.70
2. Heft: Die Beweise für die Unsterblichkeit der Seele ans allgemeinen psycho-
logischen Tatsachen neu geprüft von Dr Philipp Kneid. (VI u. 106) M2 2.40
3. u. 4. Heft: Die Erzielungslehre der drei kappadezier. Ein Beitrag zur Patri-
stischen Pädagogik von Dr Karl Weiss. (Xll u. 242) M 4.80
I. Supplementband: Die altchristliche Litteratur und ihre Erforschung von 1884—1900.
I. Abteilung: Die rornicänische Litteratur. Von Dr A. Ehrhard. (XlI u. 644) M 15.—
BIBLISCHE ZEITSCHRIFT.
ZWEITER JAHRGANG.
BIBLISCHE ZEITSCHRIFT
IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER
„BIBLISCHEN STUDIEN“
HERAUSGEGEBEN VON
Ds JOH. GÖTTSBERGER us» De J0S. SICKENBERGER
PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN.
ZWEITER JAHRGANG.
FREIBURG IM BREISGAU.
HERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG.
1904.
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO.
Alle Rechte vorbehalten.
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Inhalt des zweiten Jahrgangs.
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Canticum Mosis Dt 32, 1—43. Von Prof. Dr Nivard Schlögl in
Heiligenkreuz bei Wien . . . . ; ch
Miszelle zu Prv 1, 7 nach der LXX. Von J. ETSENR
Über Nehemias und Esdras. 2. Nehemias: seine Ankunft und seine
Wirksamkeit in Jerusalem. Von Dr Paul Riefsler in Blaubeuren
Pasekstudien. Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philo-
logie. 2. Überblick über die Pasek-Legarmeh in 1 Sm. Von
Prof. Dr Hubert Grimme in Freiburg i. Schw. .
Münchener Handschriftenfragmente. Bruchstück von Saadjas Pro-
verbienübersetzung. Von Prof. Dr Joh. Göttsberger in München
Neutestamentliche Prinzipienfragen. Von Prof. Dr Jos. Sickenberger
in München
Zur neuesten Datierung des Karfreitags. Von Pfarrer Johann van
Bebber in Rindern . u En Yan if An Lahr er. ee ei
Miszelle zu Mk 1, 1. Von Prof. Dr Fr. Herklotz in Leitmeritz .
Nochmals Ararat und Urartu. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz .
Zu Job 4, 16. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz
Die literarhistorische und religionsgeschichtliche Bedeutung der ägyp-
tischen Eigennamen der rn Von Prof. Dr Miketta
in Weidenau . : : ; ; ;
Die „Stadt* in Nm 24, 19 und Ps 72 a 16. Von Prof. Dr Nor-
bert Peters in Paderborn r j
Über Nehemias und Esdras. 3. Die Zeit des Esdras. 4. Die Rück-
kehr des Esdras und seine ne in Jerusalem. Von Dr Paul
Riefsler in Blaubeuren ä nr ; 5 u
Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend ia 14, 13— 21.
Mk 6, 30—44. Lk 9, 10—17. Jo 6, 1— Be Von Prof. Dr Jo-
hannes Belser in Tübingen . . . .
Miszelle zu Mt 19, 24 und Parall. Von Dr Fr. Herklotz in Leitmeritz
Seite
15
28
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56
67
77
113
121
122
141
145
154
176
vI Inhalt des zweiten Jahrgangs.
Wann und wie hat Paulus „Christum nach dem Fleische gekannt“
(2 Kor 5, 16)? Von Prof. Dr Valentin Weber in Würzburg
Miszelle zu 2 Petr 2, 15. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz
Codex Bassetti Tridentinus. Von Lektor P. Michael Hetzenauer O. a
in Innsbruck . ae ae ; ;
Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. pin. Von Prof.
Dr Karl Weyman in München
1 Chr 25: Ein Beitrag zum Gebrauch des Loses bei den Hebräern.
Von P. Fr. v. Hummelauer 8. J. in Valkenberg .
Berichtigungen zu Mandelkerns Kleiner Konkordanz. Von J. Göttsberger
Psalm 29 (28) — ein rn Von Prof. Dr M. Faulhaber
in Strafsburg Er ; ee
Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften der Antitrinitarier
und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. Von Prof. Dr Aug.
Bludau in Münster i. W. Bd
Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 2. Sinn der — Von
Prof. Dr Otto Happel in Passau . s
Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. Von Dr J erh Fischer
in München u! 5 ur
Zu Ps 133. Von Privatdozent Dr Alfons Schulz in Braunsberg
Zur Panammu-Inschrift Zeile 16. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz .
Thr 5. Von P. J. K. Zenner S. J. in Valkenberg
Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. Von P. Dr Erasmus
Nagl O. Cist. in Heiligenkreuz bei Wien.
Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). Von Friedr. Maier in Frei-
burg i. B.. ee en ie ee
Augustinus als Exeget. Von P. Odilo Rottmanner O. S. B. in München
Besprechungen:
Lagrange, I.a methode historique, surtout a propos de VAT
(Vetter) u
Loisy, Evangelium er Kirche (Sickenberger) .
Belser, Die Geschichte des Leidens und Sterbens, der Auf.
erstehung und Himmelfahrt des Herrn (Bardenhewer) .
Mommert, Topographie des alten Jerusalem (Rielsler) .
Nikel, Genesis und Keilschriftforschung (Hehn) i
Bousset, Die Religion des Judentums im nt] Zeitalter (Hack-
spill) Be ne ee ee ee
Seite
178
188
234
194
301
400
403
PUR. : 9 MEIESTHEENE
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Inhalt des zweiten Jahrgangs. vıI
Seite
Bousset, Volkfrömmigkeitund Schriftgelehrtentum (Hackspill) 405
Bousset, Die jüdische Apokalyptik, ihre religionsgeschicht-
liche Herkunft und ihre Bedeutung für das NT (Hackspill) . . 406
Zahn, Das Evangelium des Matthäus ausgelegt (Felten). . 406
Schäfer, Die Bücher des Neuen Testamentes erklärt (Weber) 408
Bibliographische Notizen.
A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift . 81 302
B. Das Alte Testament . . . 2 2 2 2.2.2.2 2.90 310
C. Das Neue Testament . . . 2 2 2.22.22 ..19 412
Mitteilungen und Nachrichten . . . . 2 2.2...... 112 222 336 442
Verzeichnis der Autoren, deren Werke in den Bibliographischen
Notizen angezeigt wurden . . . 2: 2 2 2 nen nn nn 444
Abkürzungen.
A. der biblischen Bücher.
AT = Altes Testament; atl = alttestamentlich.
Gn Ruth Jdt Weish (Sap) Ex Mich
Ex Sm Est Sir (Eceli) Dn Nah
Lv Kg (Rg) Job Is Os Hab
Nm Chr Ps Jer Joel Soph
Dt Esr Spr (Prv) Kigl (Lam, Am Agg
Jos Neh Prd (Eccle, Koh) Thr) Abd Zach
Richt (Idc) Tob HI (Ct) Bar Jon Mal
Makk (Mach)
NT — Neues Testament; ntl == neutestamentlich.
Mt Apg (Act) Eph Tim Jak (Iac)
Mk (Mc) Röm (Rom) Phil Tit Petr
Lk (Le) Kor (Cor) Kol (Col) Phm Jo (Io)
Jo (Io) Gal Thess Hebr Jud (Iud)
Offb (Apk, Apc) — Ev Evv = Evangelium, Evangelien.
B. der Zeitschriften etc.
AmJsemL — The American Journal of Semitie| PS®A = Proceedings of the Society of Bibli-
Languages and Literatures.
AmJTh — The American Journal ofTheology.
Bs .: Bibliotheca sacra.
BSt - Biblische Studien.
BStät = The Bible Student.
BW -- The Biblical World.
BZ = Biblische Zeitschrift.
BzZ — Byzantinische Zeitschrift.
Erp — The Expositor.
ErpT — The Expository Times.
Gg9A — Göttingische gelehrte Anzeigen.
HJ -- The Hibbert Journal.
Jas — Journal asiatique.
JqR — Jewish quarterly Review.
Jtn1St = The Journal of theological Studies,
Kath — Katholik.
Kz — Kirchenzeitung.
Lz — Literaturzeitung.
MGWJ -= Monatschrift für Geschichte und
Wissenschaft des Judentums,
N%*kZ — Neue kirchliche Zeitschrift.
Ochr = Oriens christianus.
OrLz :- Orientalistische Literaturzeitung.
PEF -—- Palestine Exploration Fund.
PrM -=- Protestantische Monatshefte,
PrthR - The Princeton theological Review.
Verlagsort: B. = Berlin. Ld. = London. Lp. = Leipzig. N. Y.= New York. P. — Paris.
cal Archaeology.
Rb — Revue biblique.
REj — Revue des Etudes juives,
Rem — Revue semitique.
RThPh = La Revue de Theologie et de Phi-
losopbie.
StKr = Theologische Studien und Kritiken.
Stb =: Die Studierstube.
Str == Studi religiosi.
ThLbl = Theologisches Literaturblatt.
ThLz — Theologische Literaturzeitung.
ThQ = Theologische Quartalschrift.
TAR = Theologische Revue,
TU = Texte und Untersuchungen.
VB = Vierteljahrsschrift für Bibelkunde,
ZA = Zeitschrift für Assyriologie.
ZatW — Zeitschrift für alttestamontliche
Wissenschaft.
Zdm@G — Zeitschrift der deutschen morgen-
ländischen Gesellschaft.
ZdPV = Zeitschrift des deutschen Palästina-
Vereins,
ZuB — Zeitschrift für hebräische Biblio-
graphie,
ZKkTh = Zeitschrift für katholische Theologie.
ZntW -- Zeitschrift für neutestamentliche
Wissenschaft.
ZThK -— Zeitschrift für Theologie und Kirche,
ZwTh —= Zeitschr. f. wissenschaftl. Theologie.
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BIBLISCHE ZEITSCHRIFT
IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER
„BIBLISCHEN STUDIEN“
HERAUSGEGEBEN VON
Dr JOH. GÖTTSBERGER vuso Dr J0S. SICKENBERGER
PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN,
ZWEITER JAHRGANG.
ERSTES HEFT.
FREIBURG IM BREISGAU.
HERDERSCHE VERLAGSHANDLEUNG.
1904.
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO.
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Inhalt des ersten Heftes.
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Canticum Mosis Dt 32, 1-43. Von Prof. Dr Nivard Schlögl
in Heiligenkreuz bei Wien . . } 2 1
Miszelle zu Prv 1, 7 nach der LXX. Von Prof. Dr Joh. Götts-
berger iin München ee ee ee ik
Über Nehemias und Esdras. 2. Nehemias: seine Ankunft und seine
Wirksamkeit in Jerusalem. Von Dr Paul Riefsler in
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Pasekstudien. Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philo-
logie. 2. Überblick über die Pasek-Legarmeh in 1 Sm. Von
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Besprechungen . . . Fe a ae a u >
Bibliographische Notizen ee Literatur zum AT) . . 8
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Jährlich erscheinen 4 Hefte iın Umfange von je 7 Bogen gr 8°.
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.—
Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak-
tion (Prof. Dr Joh Göttsberger, München, Schraudolphstr. 361, für
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München,
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen.
Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem
Maflse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf-
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br.
Canticum Mosis Dt 32, 1—43.
Von Prof. Dr Nivard Schlögl in Heiligenkreuz bei Wien.
D° Existenz eines hebräischen Metrums oder, richtiger
gesagt, Rhythmus wird immer mehr anerkannt. So
schreibt F. Feldmann (Bonn) bei Besprechung meiner beiden
Werke De re metrica veterum Hebraeorum und Ecclesiasticus
(39, 12—49, 16) in der ThR (1902 Nr 17, 522): „Und dann
ist die Existenz eines biblischen Metrums keine luftige Hypo-
these, sondern eine Wahrscheinlichkeit, für welche wichtige
Gründe sprechen. Die Anwendung desselben mag immerhin
der Gefahr einer späteren Korrektur aussetzen, aber metrische
Bearbeitungen des Textes sind unerlälslich, wenn das Problem
gelöst werden soll. Allerdings wäre es vielleicht geratener,
zunächst alle poetischen Bücher metrisch zu unter-
suchen, auf Grund der gewonnenen Resultate eine Lösung zu
versuchen und erst dann das sichergestellte Metrum in die
Mittel der Textkritik einzusetzen.“ Was mein Rezensent hier
rät, habe ich zum grölsten Teile schon getan und habe
mich auch in der Tat in einigen Punkten korrigiert, indem
ich 1. die Zennersche Chorliedstruktur (mit Wechselstrophe
zwischen den Strophenpaaren) beiseite lasse, da sie nicht sicher
erwiesen ist, und 2. innerhalb eines und desselben Liedes nur
ein Metrum (nicht Wechselmetra) als zulässig erachte. Ich
habe daher auch das Hohelied, das inzwischen im Buchhandel
erschienen ist, um die Gelehrten zur Beachtung des Metrums
anzuregen, noch einmal durchgearbeitet und gefunden, dafs bei
Annahme eines einheitlichen Metrums weniger Textkorrekturen
notwendig sind als bei Zulassung von gemischten Metren.
Die hieraus sich ergebenden Korrekturen werde ich im Pro-
Biblische Zeitschrift. II. 1. 1
2 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43.
gramme meiner textkritischen Ausgabe des AT bringen, das
erst erscheinen wird, wenn ich obigen Rat meines Rezensenten
ganz befolgt habe. Indessen mögen in dieser Zeitschrift die
Cantica Mosis, zunächst Dt 32, als Muster für biblische Text-
kritik folgen. Betrefis der hebr. Metrik verweise ich auf
Grimmes Psalmenprobleme 3ff, wo die Grundregeln derselben
kurz und bündig sich finden.
Über die Strophik des Liedes vgl. Klostermann, Der
Pentateuch 296 315 348f;5 Zenner, Die Chorgesänge etc. I
76ff; Perles, Zur althebr. Strophik, in Wiener Zeitschrift für
die Kunde des Morgenlandes 1896, 103ff.
Dals dieses Lied durchweg aus sechshebigen Distichen
besteht, erkennt man auch ohne Metrum, wie schon Origenes
und Eusebius erkannt haben. Dals aber nicht alle Verse
korrekt sein können, muls auch ein weniger geübtes Ohr wahr-
nehmen; denn einige sind zu kurz oder zu lang. Ich lasse nun
den hebräischen Text verbessert folgen, und zwar ohne Vokal-
zeichen, soweit diese im massorethischen Texte richtig sind; dann
die metrisch genaue Übersetzung und endlich die notwendigen
textkritischen und erläuternden Bemerkungen.
A. Hebräischer Text.
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B. Metrische Übersetzung.
1 Höret, o Himmel, ich rede;
2 Meine Lehre träüfle wie Regen,
Wie Regenschauer aufs Grüne,
3 Denn Jähwes Namen rühm!’ ich:
4 Des Felsen Natür ist vollkömmen,
Ein treüer Gött sonder Fehl,
5 Ihm brächen die Treü’ seine
Söhne,
6 Wie? Jähwen vergeltet ihr sö,
Ist er nicht dein Väter und Herr?
7 Denk an die Täge der Vörzeit,
Fräg deinen Väter um Aüskunft,
8 Als der Höchste die Völker ver-
teilte,
Bestimmte er Völkergebiete
9 Denn Jähwes Änteil ist Jäkob,
10 Er fänd es in wüstem Lände,
Er umkreist’ es und ächtete sein,
11 Wie der Ädler sein Nest aufstört
Seine Flügel ausbreitend sie
nimmt
So geleitet’ es Jähwe allein
13 Ins Gebirgsland führte er 6&s,
Und Hönig saugen aus Felsen
14° Sähne vom Rind und Schäfmilch
14° Und Traübenblut tränkst du
nach Eimern:
[So äls denn Jäkob sich sätt,]
11.
15° Er verstie[s den Gött, der
ihn schüf,
16 Sie lielsen ihn eifern mit Götzen,
17 Sie öpferten Geistern, die nicht
Gott,
Ganz neüen, die ben gekömmen,
vernimm, 0 Erde, mein Wört!
es rinne wie Taü meine Rede,
wie Regengüsse aufs Gräs.
Göbt unserm Gött seine Ehre!
denn äll sein Tün ist nur Richt.
gerecht und geräde ist Jähwe.
das Geschlecht, verkehrt und ver-
dreht.
du Völk, so töricht und ünweis?
Hat nicht @r dich gemächt und be-
festigt?
durchgeh die vergängnen Ge-
schlechter;
deine Alten, däfs sie dir’s sagen:
als Jahwe die Menschen zerstreüte,
dem Häüflein von Israels Sohnen.
Israel Lös seines Erbes.
auf Irrgängen hölt’ er es heim;
wie den Aügapfel hütet’ er &s.
und über den Jüngen schwebt,
und aüf seinen Schwingen sie trägt:
und kein fremder Gött neben ihm.
liefs es essen die Früchte des
Feldes
und Öl aus Kieselgestein.
14! älsest du samt bestem Weizen,
15° du wardst fett und dick und
feist.
15? Jeschurün wurde fett und schlug
aus. —
und verschmähte den Fels
seines Heils.
und durch Greuüel reizten sie ihn.
Götzen, die nie sie gekännt;
die nie ihre Väter verehrten. —
6 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—48.
18 DuvergälsestdenFöls,der
dich zeügte,
19 Und Jähwe säh’s und verwärf
20 Und spräch: Ich will mich ver-
bergen
Denn ein schlechtes Gelichter
sind sie,
21 Durch Ungötter reizten sie mich,
Durch ein Unyolk reize auch ich
sie,
22 Denn Feüer entbrennt mir im
Zörne
Verzöhrend Erd' und Gewächs
23 Unglück häüf’ ich auf sie,
24 Näg, Hunger, zehret, ihr Glüten,
Und ihr, Raübtiere, die ich ent-
sende,
25 Draüfsen vernichte das Schwert
Den Jüngling so güt wie die
Jüngfrau,
26 Dann spräch’ ich: Ich wöllt’ sie
vernichten,
27 Wär’ der Feinde Stölz nicht zu
fürchten,
Dafs sie sägten: Unsere Höch-
macht,
du verlielsest den Gött, der
dich schüf.
aus Gröll seine Söhne und Töchter
und sie lehren, wäs ihnen dröht.
Kinder, gänz ohne Treüe.
sie äÄrgerten mich durch Nichtse:
durch ein töricht Volk ärg’re ich sie,
und lödert bis tief in den Scheol,
und der Berge Gründe belöckend.
meine Pfeile verbraüch’ ich an ihnen.
du, bittere Seüche und Pöst,
samt den giftigen Schlängen!
und drinnen im Haüse der Schröcken
den Säügling zusämt dem Greise!
dafs nimmer man ihrer gedächte,
und däfs es verkönnten die Dränger,
nicht Jähwe, hat äll dies getän.
II.
28 Ja, ein Völk sind sie, bär alles
Rätes,
29 Wären weise sie, sähen sie’s ein
30 Wie ein einziger tausend verfölgt,
Ist’s nicht, weil ihr Fels sie
verkaüft,
31 Denn nicht ist wie ünser Fels
ihr Fels,
32 Ihre Re&b’ stammt von Södomas
Rebe
Ihre Beören sind giftige Beeren,
33 Ihr Wein ist Drächengeifer,
34 Ist’s nicht bei mir auıfbewährt,
3» Für den Tag der Räch’ und Ver-
geltung,
nicht findet sich Klügheit bei ihnen.
und bedächten, wasihnen bevörsteht:
und wie zwei zehntaüsend verjagen.
und weil Jähwe sie preisgeg&ben?
ihre Richter sind ünsere Feinde!
und aüs der Pflänzung Gomörrhas.
ihre Trauben voll Bitterkeit.
verd£erbliches Nätterngift.
versiegelt in meinen Schränken
für die Zeit, da wänket ihr Füls
Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 7
— Denn näh’ ist der Täg ihres
Ünbheils,
36 Dafls Röcht verschafft Jah seinem
Völke,
Wenn er sieht, dals kein Zelt-
pflock mehr ist
37 Dann spricht er: Wo sind ihre
Götter,
38 Die gegessen ihr Öpferfött
Wohlän, sie mögen euch hölfen
39 Seht jetzt, dafs ich es bin,
Ich spende Töd und Leben,
40 Denn zum Himmel erh&b’ ich die
Händ
41 Wenn geschärft ist mein blitzend
Schwert
Dann nehm’ ich Räche am Feinde
42 Dann tränk’ ich mit Blüt meine
Pfeile,
Vom Blüte Erschläg’ner, Ge-
fäng’ner,
[Jaüchzet mit ihm, ihr Himmel;
43 Jaüchzet mit ihm, ihr Völker,
Er nimmt Räche an seinen
Feinden
und schnöll kommt herän ihr Ge-
schick —:
und seiner Getreü’n sich erbärmet,
und kein Vieh mehr im Ställ und
im Freien?
ihr Fe&ls, auf den sie gebaüt,
und den Wein ihrer Spende ge-
trünken ?
und eüch zum Schütze gereichen!
und däls aulser mir kein Gött;
ich bin’s, der schlägt und auch heilt[].
und säg’: So wahr &wig ich lebe,
und die Händ zum Gerichte greift:
und zähl’ meinen Hässern es heim,
und Fleisch soll fressen mein
Schwert
vom Haüpte der Führer des Feindes!
ihr Engel, bötet ihn än!]
denn das Blüt der Getreüen rächt er,
und entsühnt das Länd seines Völks!
C. Bemerkungen.
Betreffs der Exegese verweise ich auf Hummelauer, Com-
mentarius in Deuteronomium (Paris 1901), wo betreffs der
äufseren Form die Zennersche Chorliedstruktur mit geringer
Abweichung adoptiert ist; ferner Klostermann a. a. O., wo
zuerst die Dekasticha, d. i. Strophen von je 5 Distichen, er-
kannt sind.
V.1-—3 (8 gepaarte Dreiheber) bilden die Einleitung zum
ganzen Gedichte. In 2°4 verlangt nicht blols das Metrum,
sondern auch die Analogie zu 2: "den Artikel im Ver-
gleichungsworte. Lies also D4'yWw3 und D'I13121. In 3% liest
man mit Samaritanus besser DY> statt Akkus. DY und in 3b,
8 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43.
wie das Metrum verlangt, 1973 „seine Ehre“, d. h. „die ihm
gebührende E.“, statt 7% allein (Grimme: 17).
V. 4-15:® bildet den 1. Teil des ganzen Gedichtes, be-
stehend aus 4 Strophen von je 10 gepaarten Dreihebern. Die
1. Strophe enthält das Thema: „Jahwe, der vollkommene
Fels Israels“ (4-6), welches in den 3 folgenden Strophen
ausgeführt wird an der Hand der Geschichte (7”—9; 10—12;
13—15:). 4° ist mit Kl. nur als Vergleich zu fassen, daher
ist 99B nicht aktiv („Jahwes Tun“), sondern passiv „des Felsens
Beschaffenheit, Wesen“. Zum Gottesnamen Sür „Fels“ vgl.
auch Hommel, Altisraelit. Überlieferung 319f. In 44 lies statt
NY „er“ mit LXX und Vet. Lat. mm „Jahwe“ = xüpıog.
Dafs 5* verderbt ist, erkennen alle Exegeten an. Kl. findet
in 133 „seine Söhne“ und D98 („ihren Eid“?) zwei Varianten
für 2398 „ihre Treue“, das der Kontext verlangt. Dies dürfte
aber nur von E93 gelten. Ich halte für die richtige Lesart:
Djinns v3 1b amd „es liefsen ihm gegenüber ersterben seine
Söhne ihre Treue“; vgl. Mal 2,8. Den Plural ınn® hat Sam.
x> „nicht“ ist also nur Variante zu 9 „ihm“ und DYD ent-
weder aus der richtigen Lesart verschrieben oder nach einer
verderbten Vorlage geraten. In 6 verlangen Metrum und
Grammatik den Artikel beim Vokativ; lies also: 5337 o%.
7b lies mit Vulg., Syr., Chald. dem Zusammenhang entsprechend
den Singular: ?}3 „erwäge“, in 74 79 wegen der Pausa, wie
7m. In 8b scheint ITB72 entstanden zu sein aus dem
Kompendium " TNB2 = nm TY72 „als Jahwe zerstreute“,
was dem Parallelismus besser entspricht und vom Metrum ge-
fordert wird. In 8° lies Imperf. 38° statt Juss. 33%. 8ed be-
deutet: „Er bestimmte die Grenzen von ganzen Völkern für die
paar Kinder Israels“ (Kl... Für 58%‘ 32 haben LXX «ayyeAwv
0coü, doch zeigt Cod. 106 (Holmes) von zweiter Hand darüber
geschrieben: viwv ’lopanı, ebenso hat es Cod. VIII am Rande.
Justinus Mart. las viwv ’lopanı, obwohl er wulste, dals die
LXX diese Lesart nicht haben, ebenso Origenes, zu welchem
Holmes bemerkt: „sed, quamquam hanc lectionem semel vocet
meliorem et affirmet eam in exemplaribus nonnullis
Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 9
obtinuisse — also hatten LXX. ursprünglich: viwv ’lopanX!
— habet saepe ’AyyeAwv O©eoü.“ In 9° lies mit Sam. und
LXX statt my „sein Volk“, das hier nur „Israels Volk“ be-
deuten kann (Kl].), während es sonst nur „Jahwes Volk“ be-
zeichnet: APY° DY „Jakobs Volk“, und ergänze dementsprechend
am Ende von 9b: SW", das bei distichischer Schreib-
weise (vgl. die Hs B der gefundenen Ekklesiastikusfrag-
mente!) unter dem gleichen Worte von 84 leicht ausfallen
konnte. Dals 10 verderbt sei, erkennen wieder die ver-
nünftigen Exegeten an. Die Korrektur ist aber nicht so
schwer, da Sam. die Lesart bietet: Y3BW mbbrna, was mit
Kl. zu lesen ist: ubthahlulöth jesimänhu „und auf Irrwege ver-
setzte er es“; nbbrın von 5m wie mypY von 2 (Kl). Doch
scheint dem Kontexte besser zu entsprechen: IN32%W* „holte er
es heim“, woraus die Lesart des Sam. verschrieben sein kann.
In 10° ist durch Haplographie die Kopula 1 ausgefallen, die
aber alle Versionen voraussetzen und das Metrum verlangt,
mag man 3121) lesen (Grimme) oder 13312. Sam. hat
dieses Y übrigens bewahrt. Ebenso scheint in 11® vor 5% das
} durch Haplographie ausgefallen zu sein, da es alle Versionen
und auch einige hebr. Hss aufweisen. In 13 lies mit Sam,,
LXX, Syr. dem Zusammenhang entsprechend {1938 „er speiste
es“ statt S9NN) „dals es als“, in 13: mp2 ohne 1, wie LXX
lasen und das Metrum verlangt. Sam. hat \np3", sei es, dals
das 2. ‘ Vokalbuchstabe ist, sei es, dals es mit J metathesiert
ist. In 134 ist statt 3 Yoond vielleicht besser zu lesen
YUıohn S13D, wie Dt 8, 15. In 14* lese ich mit Arab. 1
und 3 (Holmes-Parsons) nsom. 14be halte ich für unecht,
da An hier nur im eigentlichen Sinne gebraucht sein könnte,
der Genuls des Fettes aber nach Lv 3, 17 strengstens ver-
boten war. Metrisch wäre der Vers (der in Cod. 154 nach
Holmes fehlt) möglich: ohınpy Waap] Döpjm ori Sbroy
„samt dem Fette der Lämmer und Widder und der Rinder
(wörtlich „Söhne“) von Basan und Böcke“. Der Dichter will
nur sagen, dafs Israel vom Ertrag des Ackerbaues und der
Viehzucht lebte; dazu genügt 14° (Milch) und 14! (Getreide,
10 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43.
Brot) sowie 14® (Wein). Wer 14° für echt hält, muls 15=b
(nach LX X) als Einleitungsvers zum nächsten Abschnitt be-
trachten (Kl). In 144 ist n1'93 „Nieren“ verdächtig, ander-
seits fehlt das Verbum 538 „essen“; vgl. Ps 81, 17; 147, 14.
Is 7,15.22. Da sonst nur 297 bildlich vom Weizen gebraucht
wird, betrachte ich M'53 als Variante zu 53XA (analog zu
man im folgenden Stichos), das zu Sn verkürzt und durch
Metathesis in n93 verderbt, dann zu N'99 gemacht worden sein
mag. In 14° lies statt On („schäumenden Wein“?) 'wh
„eimerweis“. Zu 14° gehört als 2. Stichos 15®, wie aus der
2. Person der Verba zu ersehen ist. Dagegen ist vor 15:
nach Sam., LXX und Vet. Lat. zu ergänzen: ya ahyı Dann
„So als denn Jakob und wurde satt“. Dieses Distichon leitet
über zum
2. Teil (15:—27), welcher wie der 1. aus 4 Dekastichen
besteht. Die erste Strophe (15°—18; 5 Doppeldreier) schildert
Israels Vergehen, die 3 folgenden gleichgebauten Strophen
(19—21; 22—24; 25—27) die Strafen Jahwes. In 16: verlangt
das Metrum np"); das ) ging durch Haplographie im vor-
hergehenden N” verloren, ist aber in Sam. erhalten. Auch
Arab. setzt es voraus. Dasselbe gilt von 165, wo mit Sam.
und Compl. nSyina} zu lesen ist oder mit LXX Bhapıny (Ev
BdeAuyuacıv aurwv); da aber LXX das Pronomen häufig setzen,
wo esim Hebräischen nicht steht, und umgekehrt, so ist ersteres
hier vorzuziehen. 174 ist sicher verderbt, wie schon DIA
„eure Väter“ zeigt, wo LXX oi nartpes autwv haben. Das
Sufix 23” beruht wahrscheinlich auf Einwirkung des bei
distichischer Schreibweise darunterstehenden 75h (18). Lies
also DIMAN („ihre Väter“) oder {'na8. Da aber der Stichos
noch immer metrisch zu kurz ist, so muls wohl 8 vor 85
ausgefallen sein, zumal LXX und Lucianus hier oüg über-
setzen, während sie im vorhergehenden Stichos den Relativsatz
(mit ausgelassenem 98) nicht erkannt haben; vgl. 37. 38.
In 18° ist ‘WM nur verderbt aus mn, wie das Metrum erkennen
lälst. Das Dage$ forte coniunctivum fällt bei der Lesung
719" weg. Doch ist auch die massorethische Lesung möglich.
Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 11
In 195 kann wohl Dy3 als stat.: constr. aufgefalst und Dy3D
betont werden: „wegen des Grolls über seine Söhne und
Töchter“; allein notwendig ist es nicht. Man kann ganz gut
mit Palm 1333 193 „seine Söhne und seine Töchter“ als Objekt
zu YS3N) nehmen und DY3D „aus Groll“ adverbial fassen. 20.
ist vierhebig; Grimme streicht deswegen "ON"; ich ziehe vor,
DD als Glosse zu streichen, da es auch 31, 18 nicht steht.
Es scheint also aus 31, 17 ergänzt zu sein. In 206 lies statt
NSS „ich will sehen“ mit Sam. 18181, oder noch besser mit
LXX, Lucianus, Vet. Lat., Arab. das Hiphil, aber mit Suffix:
DRIN) (statt NY) „und ich will ihnen zeigen“. In 225 hat
Sam. min) (Hophal) statt mm (Qal). In 224 streiche am
Anfang ), das in Sam, LXX und Vet. Lat. fehlt und
sogar metrisch unmöglich ist. In 23° lies BoN (adhor-
tativus von ADN); vgl. Mich 4, 6. 24: ist wieder stark
verderbt, und hier hilft gerade das Metrum den Vers her-
stellen. “® ist Imper. (Kl.) = ıtp des Sam.; ferner ist mit
Sam. statt on „und die (von Fieberglut) Verzehrten“ zu
lesen: 1% „zehret“ und statt des Singulars 2% mit LXX
und Lucianus (öpvewv): D’BY „Fiebergluten“, das auch sonst
gewöhnlich im Plural vorkommt. 245 lautet in Sam.: Amp
DYYS; Aup ist aber nur Schreibfehler. Da ein Versfuls fehlt,
so ergänze Parallelstellen gemäfs (z.B. Ps 91, 6) am Ende
“3n. Der Ausfall des Schluls-D zu '%& und des folgenden
Wortes scheint auf eine verderbte Vorlage zurückzugehen. Die
beiden letzten Worte von 241 falst man am besten als Relativ-
satz. 25° ist nur zweihebig, der Vergleich mit Sam. (DY'Yıd))
und LXX und Luc. (kai Ex rwv rayıeiwv) läfst schlielsen, dafs
hier der Artikel stand: oıYıneı. 26° ist wieder nur zwei-
hebig, also verstümmelt; Syr. hat „et dixi“, lies also "AO. In
a” ist wahrscheinlich ein ‘3 verloren gegangen, und DA'NBN ist
verschrieben aus BSB8 (vgl. ‘ und 3 in Sam.!) = dlaotepW
„ich will hinwegblasen“; vgl. die Varianten bei Holmes. In
27% halte ich Dy3 für Korrektur nach 19b, welche notwendig
war, nachdem ?} mit D verwechselt worden war. Denn die Er-
klärung in 27°d setzt "9% „den Hochmut (der Feinde)“ als
12 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43.
ursprüngliche Lesart voraus. In 27° lies mit LXX und
Luc.: 19%3 WT „unsere hohe Hand“; ebenso las auch Hie-
ronymus,
Der 3. Teil (28—42) enthält die Reflexion des Dichters,
in welcher er Jahwes Verhalten gegen Israel rechtfertigt. Die
Einleitung bilden 3 Disticha (Doppeldreier, V. 283—30b), worin
der Dichter auf die Verblendung Israels hinweist, das nicht
versteht, warum ein feindlicher Heide tausend Israeliten in
die Flucht schlagen kann und zwei zehntausend. Dieses Rätsel
erklärt er in der 1. Strophe, welche wie die 3 folgenden aus
10 gepaarten dreihebigen Stichen besteht (30°—33). Der
Grund ist, dals Jahwe sie preisgegeben hat, also nicht mehr
ihr „Fels“ ist, weil sie nicht besser sind als Sodoma und Go-
morrha. Mit Recht betont KL, dafs %3 „Fels“ in 30° und
31® nicht im gleichen Sinne gebraucht ist. An ersterer Stelle
bedeutet es Jahwe als „den Fels“ kart’ &£oxnv, an letzterer ist
es generisch „der Halt“; vgl. 37%. „Unser Fels“ ist also der
Fels des Dichters (Moses) und der alten Israeliten, „ihr Fels“
der Fels der Nachkommen, an welche das Lied gerichtet ist,
um wider sie zu zeugen; „Fels“ bezeichnet somit Jahwes ver-
schiedenes Verhalten gegen das zu verschiedenen Zeiten
moralisch so verschiedene Israel. 31 bedeutet eine ent-
sprechende Änderung im Verhältnisse der Feinde zu Israel;
diese sind nämlich dem treulosen Israel gegenüber zugleich
Richter, also ist Israel ihrer Rache ausgeliefert. Lies Dim2'oD,
wie Sinn und Metrum verlangen. Das dvöntroı der LXX (Vet.
Lat.: insensati), welches die Lesung DS (Toren) voraussetzt,
zeigt, dals hier Textverderbnis vorlag. Die 2. Strophe (34—36)
besagt, dals Jahwe trotz der Gottlosigkeit der Masse des
Volkes seine Getreuen retten werde, wenn das Mafs des Un-
glücks voll sein wird. 35° ist nur zweihebig, also verstümmelt;
vielleicht ist ‘9 nur Kompendium ("®) für Df® „für den Tag“,
wie Sam. noch hat und auch LXX. noch lasen, aber aus Mils-
verständnis unrichtig mit &v fju&pa (am T.) übersetzten. Denn
Dvd gehört zu den vorausgehenden Partizipien; der Dichter
will sagen, dafs der Rettungsplan Jahwes ihm bekanntgegeben
Schlögl, Canticaum Mosis Dt 32, 1—43. 13
sei, obgleich das Volk ihn nicht erkennt. Statt D5% ist DI
zu lesen, wie Os 9, 7. Die Bilder von 36°4 sind aus dem
Nomadenleben genommen, lies daher mit Kl. N 8 und DES;
wenn der Nomade kein Zelt mehr aufschlagen kann und kein
Vieh mehr hat, weder eingesperrt noch im Freien, dann kann
er nicht mehr existieren. In der 3. Strophe (37—39) lälst der
Dichter Jahwe das Volk anreden. Wenn Israel vergeblich von
seinen falschen Göttern Hilfe verlange, so möge es ihn als den
absoluten Herrn und allein wahren Gott anerkennen. In 37°
lies besser mit Sam. N, sonst wäre der Vers nur zweihebig.
Ebenso ist 375 verstümmelt, wie das Metrum zeigt; der Zu-
sammenhang verlangt 12133 „ihr Fels“ entsprechend dem
parallelen wi7O® (vgl. 31°) und Yom‘ entsprechend den fol-
genden Imperfectis. Desgleichen entspricht 38° nur 10'903
dem Parallelismus (tö'n22). D3°D3 ist nur durch Metathesis
von ‘ und > entstanden, das ) ging im folgenden * verloren
oder wurde als überflüssig ausgelassen. Vor N‘ haben Sam.
und LXX ı gelesen. In 384 ist “1 verstümmelt aus Y7‘, wie
der Kontext zeigt und Sam. und LXX haben. In 39% ist ein
SS metrisch überschüssig, also zu streichen. LXX lasen es
nicht. In 39° verlangt das Metrum 28 statt 8. 39° ist
aus Is 43, 13 eingeschoben. In der 4. Strophe (40—42)
schwört Jahwe — als Kriegsheld gedacht —, an den Feinden
des Volkes blutige Rache zu nehmen. In 40° verlangt das
Metrum ‘8 (Cod. 185 Kennicott) statt ‘98. Am Schlusse
fordert der Dichter auf, mit dem siegreichen Helden Jahwe
mitzujubeln. LXX, Lucianus und Vet. Lat. haben hier vor
43*b einen Vers, worin die Himmel angesprochen werden (vgl.
Ps 29, 1), wie in V.1. Diese Apostrophe scheint ganz der
Einleitung zu entsprechen, daher halte ich den V. 43:5 der
LXX. für ursprünglich, zumal sich der Ausfall in den andern
Texten aus dem Homoioarkton erklärt; vgl. auch Cod. 190
(Holmes) der LXX. Ergänze also: Yınnyn | AR DndY nn
DYIRI2. In 438 lies wy „mit ihm“, LXX: nera [roü Aaol]
ayTo0; TOoÜ Aaoü ist unrichtige Variante, entsprechend dem 1E%
des massorethischen Textes. 43? der LXX ist Variante zu
14 Göttsberger, Za Prv 1,7 nach der LXX.
43b. In 434 ist mit LXX und Sam. zu lesen: 5% mus. Das
ganze Gedicht enthält also 70 Distichen, und diese Zahl dürfte
nicht zufällig sein.
Ich glaube bei Herstellung des obigen Textes keine ge-
waltsame Konjektur dem Metrum zuliebe verbrochen zu haben.
Wer aber könnte verlangen, dals alle korrumpierten Stellen,
die das Metrum als solche erkennen lälst, durch die Textes-
zeugen korrigierbar sein müssen!
Miszelle zu Prv 1,7 nach der LXX.
Unter oogia führt die Konkordanz von Hatch-Redpath
nur zweimal das hebräische Äquivalent ny3 an: Prv 1,7. 29.
Davon ist Prv 1,7 zu streichen. Die eigentliche Übersetzung
der hebräischen Vorlage findet sich in 7°d. Hier haben wir
die regelmälsig sich entsprechenden Ausdrücke: MM AIY —
evoeßera eis Heöv und NYT = alodnoıg, hier auch die gleiche
Stellung im Griechischen und Hebräischen. 725 aber sind
von Ps 111, 10 eingedrungen, wo 1877 = oopia und auch die
Stellung von Subjekt und Prädikat entspricht. A. J. Baum-
gartner (Etude critique sur l’&tat du texte du Livre des Pro-
verbes, 1890, 30) hielt 7* und 74 für ursprünglich, erkannte
7° als Glosse aus Ps 111, 10 und wulste mit 7°, der eigent-
lichen Übersetzung, nichts mehr anzufangen („d’une origine
inconnue*). J. Göttsberger.
Über Nehemias und Esdras'.
Von Dr Paul Rie/sler in Blaubeuren.
2. Nehemias: seine Ankunft und seine Wirksamkeit
in Jerusalem.
us der Vergleichung der Quellenzeugnisse hat sich uns die
Wahrscheinlichkeit ergeben, dals Nehemias, mit Zorobabel
und Seäbassar identisch, an der Spitze der ersten Gola im
Jahre 538 v. Chr. nach Jerusalem zurückgekehrt ist. Nunmehr
gilt es, von diesem Gesichtspunkt aus die Tätigkeit des Ne-
hemias darzustellen.
Am 3. Marheäwan (d.i. 27. Oktober) 539 war Kyros in
das eroberte Babel eingezogen. Im folgenden Monat Kislev
(d. ii. November-Dezember) 539 kam Hanani aus Jerusalem mit
traurigen Nachrichten über die in der Heimat herrschenden
Zustände zu seinem Bruder Nehemias nach Susa, wo sich
dieser gerade vorübergehend aufhielt? Da Nehemias in seiner
Würde als königlicher Mundschenk3 Zutritt zum Hofe des
ı Vgl. BZ I 232 ff.
2 Gelbhaus, Nehemias 1902, 17 18: „Der Ausdruck nv 9m Nehl,1
zeigt deutlich auf eine temporäre Anwesenheit hin. Für einen beständigen
Sitz ist die Redeweise im Hebräischen ungebräuchlich.“ — „Wenn Be-
richte über den Zustand der Juden in der alten Heimat an Nehemias
erstattet werden und er sich eingehend über die Verhältnisse in Judäa
erkundigt, dann scheint er in der Mitte seiner Stammesgenossen in Baby-
lonien eine führende Stellung innegehabt zu haben. Er scheint mit einem
Amte bekleidet gewesen zu sein, welches ihm eine Aufsicht über seine
Volksgenossen im Exil einräumte, wozu Rundreisen im Lande erforderlich
waren, wo seine Glaubensgenossen ihre Wohnsitze hatten. So ein Ort
war auch Susa.“
3 Gelbhaus a.a. O. 19: „Wie {iros dem Ausdruck maskah, d.i.
Getränk, gleichkommt, so dürfte das maskeh dem aramaisierten Terminus
tirsata, welcher Mundschenk bedeutet, entsprechen.“
16 Riefsler, Über Nehemias und Esdras.
Königs hatte, benutzte er eine sich ihm im Nisan (d. i. März-
April) 538 darbietende Gelegenheit, um den König um Er-
laubnis zur Heimkehr zu bitten. Gerne gewährte dieser dem
Nehemias und seinen Volksgenossen die erbetene Erlaubnis.
Bald darauf erfolgte die Abreise. An der Spitze des militärisch
begleiteten Zuges standen Nehemias und der Hohepriester Je$ua.
Nach einer Reise von ungefähr vier Monaten — so lange brauchte
auch Esdras’ Gola, die am 12. Nisan abreiste und, ebenso wie
Nehemias, am 1. Ab anlangte — traf Nehemias an der Spitze
der Exulantenschar am 1. Ab (d. ı. Mitte Juli) 538 in Jerusalem
ein. Nachdem mehrere der Familienhäupter ihre Gaben zum
Tempelbau überreicht hatten, zerstreuten sich alsbald die Zu-
rückgekehrten in ihre Städte und Dörfer. Die reichen Grund-
besitzer begaben sich auf ihre Landgüter, die Ärmeren in ihre
früheren Wohnsitze, die Priester und ein Teil der Leviten,
Sänger, Torhüter und Tempeldiener in ihre Städte (Esr 2, 70.
Neh 7, 73; 11, 20), ein anderer Teil der Leviten und Sänger
auf ihre Landgüter (Neh 13, 10) und wieder ein anderer Teil
der Sänger in ihre Dörfer (Neh 12, 29). Nur wenige der Exu-
lanten konnten sich in der Hauptstadt selbst niederlassen,
weil hier die früheren Wohnungen zum grölsten Teil noch in
Trümmern lagen (4 Rg 25,9). Nehemias’ erste Sorge ging
auf die Wiederherstellung der Stadtmauer als einer Grund-
bedingung der nationalen und religiösen Unabhängigkeit. Nach
dreitägiger Rast unternahm er einen nächtlichen Ritt zur Be-
sichtigung der Schäden an der Stadtmauer. Hierauf legte er
den Gemeindevorständen seinen Plan betreffis Wiederher-
stellung der Mauer vor. Derselbe. fand willige Aufnahme. Es
wurde sofort energisch ans Werk gegangen. Zur rascheren
Ausführung der Arbeit teilte Nehemias die ganze Mauerlinie
in 42 Lose und verteilte diese teils an Private, Einzelne oder
Geschlechter, teils an Gilden, teils an Ortsgenossenschaften
aus der nächsten Umgebung Jerusalems (Bertholet, Die
Bücher Esra u. Nehemia, in Martis Kurzem Handkomm. z. AT,
1902, 57). Die Arbeit selber wurde von den nichtexilierten
Juden ausgeführt; die soeben Heimgekehrten hatten ja
Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 17
genug mit der Instandsetzung ihrer eigenen Wohnungen zu
tun. Deshalb findet sich niemand von den mit Nehemias
Zurückgekehrten unter den beim Mauerbau Beteiligten auf-
geführt. Da die Wiederherstellungsarbeiten gut von statten
gingen, wurden die Feinde Judas beunruhigt und beschlossen,
die Weiterführung der Arbeiten mit Gewalt zu hindern. Ne-
hemias aber traf geeignete Vorkehrungen zur Abwehr; und so
konnte denn nach zweiundfünfzigtägiger Arbeit am 25. Elul
(d.i. in der 1. Hälfte des September) 538 der Mauerbau voll-
endet werden. In der Zwischenzeit aber hatte sich eine grofse
Gefahr für den Frieden und die Einigkeit des Volkes aus
dem Innern der Gemeinde selbst erhoben. Da die Exulanten
gerade einen Monat nach Beendigung der Ernte zurückgekehrt
waren, war den Ärmeren unter ihnen die Möglichkeit ge-
nommen, durch Ährenlesen sich über die grölste Not hinüber
zu helfen. Daher sahen sie sich gezwungen, zur Beschaffung
von Brotfrucht Anleihen aufzunehmen. Solche wurden ihnen
auch von den reichen Volksgenossen gewährt; aber sie mulsten
fürs erste ihren Gläubigern entweder ihren Grundbesitz oder
ihre Kinder als Faustpfand abtreten und fürs andere sich
vom Darlehen eine entsprechende Provision abziehen lassen
und überdies noch sich zur Zahlung von Zinsen verpflichten.
Zur Aufbringung der Zinsen sowie zur Heimzalılung des Ent-
lehnten stand aber den Schuldnern in ihrer Notlage kein
anderes Mittel zur Verfügung als der Verkauf der eigenen
Kinder. Auf seiten der Reichen handelte es sich bei der
ganzen Sache um Ausbeutung der Not des Nächsten zum
eigenen Gewinn, d. i. um regelrechten Wucher. Daher wandten
sich die Armen in dieser Not an Nehemias, aber nicht, wie
man meistens annimmt, mit Bitten um Schenkung der Dar-
lehen, sondern mit Klagen über ihre Bedrückung und Aus-
beutung durch die Reichen. Nehemias bezeichnete denn
auch das Gebaren jener Reichen als sündhaft (Neh 5, 6. 9)
und verlangte von ihnen die Herausgabe der Faustpfänder
und der Provisionen (Neh 5, 11). Die Reichen versprachen
es und gelobten überdies, auch auf die Zinsen verzichten zu
Biblische Zeitschrift. II. 1. 2
18 Rie/sler, Über Nehemias und Esdras,
wollen . So war es denn Nehemias gelungen, dem Volke nicht
blofs die Sicherheit nach aufsen, sondern auch die Ruhe und
den Frieden im Innern wiederzugeben. Die schnelle Regelung
dieser Angelegenheit zeugt von dem grolsen Einfluls, den
Nehemias bei seinen Volksgenossen besals. Ebenso die von ihm
angeordnete Ausschlielsung einiger Priesterfamilien, welche ihre
Stammdokumente nicht nachweisen konnten. Sie wurden vor-
läufig ihres Priestertums für verlustig erklärt und in ihrem Ein-
kommen beschränkt. Nehemias verbot ihnen nämlich, von „dem
Heiligen der Heiligtümer“ zu essen, bis wieder ein Priester
für Urim und Tummim, die im Exil verloren gegangen waren,
erstehen würde (Esr 2, 63. Neh 7, 65). Dals jene Priester
in dieser Verordnung kein Übelwollen von seiten des Ne-
hemias erblickten, wie Gelbhaus meint, zeigt sich daraus, dals
ein Glied aus einer der gemalsregelten Familien, Meremoth,
sich beim Mauerbau beteiligte (Neh 3, 4), und dafs derselbe
später eine Vertrauensstellung im Tempel innehatte (Esr 8, 33).
Nach der Fertigstellung der Stadtmauer traf Nehemias
geeignete Malsregeln zur Bewachung der Stadttore. Tags
über hatten die Torhüter (Sänger und Leviten) die Aufsicht
1 Die Notlage der Armen kann nicht bei einem Teil von ihnen durch
die Zahlung der Steuern, wie schon LXX irrtümlich meinte, veranlalst
worden sein. Denn hätten die Steuern die Notlage der einen verursacht,
dann würde die Not der andern schlielslich ebenfalls durch die Steuern
veranlalst worden sein. Der Schriftsteller hätte dann aber diesen Um-
stand nicht blofs bei den einen, sondern auch bei den andern anführen
müssen. Weil er dies nicht tut, so ist es schon an sich unwahr-
scheinlich, dals in Neh 5, 4 von Steuern die Rede sein soll. Zudem be-
richtet 8 Esr 4, 50, dafs den Heimkehrenden Steuerfreiheit bewilligt wurde.
Sodann heilst 77% nicht „Steuer“, sondern „Mafs“. zen nı2) AD» ist
„Geld nach königlichem Mals“, d. i. gemünztes Geld. Dafs es solches schon
vor Dareios I. gab, ist sicher. Die in Esr8,27 und 1Chr 29,7 aufgeführten
Münzen (D‘J5Y718) haben ebensowenig wie die in Esr 2, 69 und Neh 7,70—72
genannten (8“18317) mit Dareios I. etwas zu tun; denn in diesem Falle
mülste man nach Analogie von Yı)7 etwa DYI21X oder ähnliches erwarten.
Vielmehr legt der Vergleich von j>718 mit dapeıxdg den Gedanken nahe,
dals dapeıxög aus ursprünglichem bapxeıog unter dem Einflufs des Königs-
namens Dareios entstanden sei. Zu dem Namen der Münzen vgl. die
1. Hälfte von xyyyıs Dn 3, 2. 3 und xY8 Esr 7, 23.
Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 19
zu führen; für die Nacht mulste die übrige Einwohnerschaft
die Wachmannschaften stellen. Diese hatten während der
ganzen Nacht, ihren Wachhäusern gegenüber, auf ihren Posten
zu bleiben (Neh 7,3). Der beste Schutz für die Stadt wäre
freilich eine zahlreiche Bevölkerung gewesen; aber an dieser
fehlte es noch immer. Daher erwog Nehemias Malsregeln, um
die Bevölkerung der Hauptstadt zu vermehren. Zunächst
beschlols er, eine Volksversammlung einzuberufen, um durch
sie einen Überblick über den Bestand der Bevölkerung Judäas
zu gewinnen (Neh 7,5). Da die Angelegenheit als dringend
erschien, wurde die Versammlung in aller Eile anberaumt.
Sie fand noch in den letzten Tagen des Monats Elul (d. i. Mitte
September) statt (Esr 3, 1. Neh 7, 736), Auf derselben wurde
dem Nehemias ein fertiges, mit geschichtlichen Notizen ver-
sehenes Verzeichnis der Mitglieder seiner Gola überreicht.
Dasselbe wurde von ihm später in seine Memoiren (Neh 7,6—73)
aufgenommen. Zunächst aber veranlalste er die Obersten des
Volkes, ihren bleibenden Wohnsitz in Jerusalem zu nehmen
(Neh 11,1). Sodann bewog er das Volk zur Auslosung jedes
zehnten Mannes, der dann in die Hauptstadt zu ziehen hatte.
Das Ergebnis dieser Bevölkerungsverschiebung ist in der Liste
Neh 11, 3—24 niedergelegt. Sie enthält die Namen der in
Jerusalem wohnenden Judäer, Benjaminiten, Priester, Leviten
und Torhüter. Auf dieser Versammlung erhielt Nehemias auch
die gewünschte Gelegenheit zu einem Überblick über den Ge-
samtbestand der Bevölkerung. Da zeigte es sich, dals nicht-
exilierte Juden über das ganze Land hin, von Beerseba bis
Jerusalem, zerstreut wohnten. Von diesen ihm bis dahin un-
bekannt gebliebenen Siedelungen legte Nehemias sich gleich-
falls eine Liste an. Sie findet sich in Neh 11, 25—30. In
derselben sind die dem Nehemias schon von der Heimreise
oder vom Mauerbau her bekannten Ortsgenossenschaften nicht
aufgeführt. Daher fehlt eine Reihe von Städten, deren Nennung
man, früheren Angaben entsprechend, unbedingt zu erwarten
hätte (Bertholet, Die Bücher Esr. u. Neh. 83); so Thekoa
(Neh 3, 5), Bethhakkerem (3, 14), Bethsur (3,16), Kegila (3, 17f),
ok
20 Riefsler, Über Nehemias und Esdras,
Bethlehem und Netopha (7, 26), Kirjath Jearim (7, 29), Gibeon,
Mispa und Meronoth (3, 7), . Kaphira und Beeroth (7, 29),
Jericho (7,36), Gilgal (12,29) und Zanoah (3,13). Bei jener Ver-
sammlung wurde dem Nehemias noch ein anderes bekannt:
in ehemals zum Nordreich gehörenden Orten hatten sich
Benjaminiten, exilierte wie nichtexilierte, niedergelassen. Die
Namen dieser Orte wurden ebenfalls in einer Liste nieder-
gelegt (Neh 11, 31—35).
Dafs mit der Versammlung des ganzen Volkes eine ge-
meinsame religiöse Feier verbunden wurde, ist schon an sich
wahrscheinlich. Esr 3,4 berichtet denn auch, dals das Laub-
hüttenfest damals wieder gefeiert wurde. Ebenso fing man
vom ersten Tag des siebenten Monats an, wieder gesetzlich
korrekte Brandopfer darzubringen, nachdem Jesua und Nehe-
mias zuvor den Altar neu errichtet hatten. Der bisherige
Altar nämlich war nach ihrer Ansicht dadurch verunreinigt
worden, dals bis zu dieser Zeit auch die nichtjüdischen Nachbarn
auf ihm ihre Brandopfer dargebracht hatten!. Nach Schlufs des
Laubhüttenfestes kehrten die meisten Teilnehmer in ihre Ort-
schaften zurück. Die andern dagegen, die sich zur Übersiede-
lung nach Jerusalem entschlossen hatten, begaben sich nunmehr
zur Herstellung ihrer Wohnungen in die Hauptstadt. Über der
Sorge für das eigene Heim aber mufste das Interesse an der
Wiederherstellung des Tempels für den Anfang ein wenig in den
Hintergrund treten. Das Erkalten des Interesses schlug aber
nach Fertigstellung der Wohngebäude nicht in sein Gegenteil um,
sondern nahm, wie es dermenschlichen Natur eigen ist, immer
mehr zu. Die eingetretene Unlust wurde zudem durch eine Mifs-
ernte im darauffolgenden Sommer, April bis Juni 537, gesteigert.
Da trat der Prophet Aggäus auf und erklärte die Milsernte
für ein von Gott wegen der beim Tempelbau gezeigten Lässig-
keit verhängtes Strafgericht. Auf dies hin nahm das Volk die
Arbeit am Tempel in Angriff. Es geschah dies nach Agg 1,25
ı zo» in Esr 3, 3 ist Plusquamperf. — n131x7 'oyn omby now =
„Entsetzen oder Abscheu vor den Bewohnern des Landes hatte sie befallen“,
= TOR nn.
Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 21
am 24. Elul (d.i. Mitte August). Dieses Datum stimmt mit
dem in Esr 3,8 überlieferten, wonach die Wiederherstellungs-
arbeiten „im 2. Monat des 2. Jahres nach der Rückkehr“ (d. i.
eben im Elul) begannen. Wenn Aggäus hierbei „das 2. Jahr
des Dareios* als Jahr des Bauanfangs nennt, so sieht man
daraus, dals er, ebenso wie Zacharias, die Jahre des Dareios-
Kambyses, in Übereinstimmung mit der Nabonid-Kyros-Chronik
(KB III 2, 135 Z. 25), vom Nisan 538 an gerechnet hat.
Bei jenen Wiederherstellungsarbeiten handelte es sich nicht
um eine eigentliche Grundsteinlegung; denn der Tempel war
von den Chaldäern nicht von Grund aus zerstört, sondern nur
durch Feuer verheert worden. Fundamente niedergebrannter
Gebäude aber pflegt man nicht neu zu legen, denn sie leiden
durch das Feuer keinen Schaden. Man denke nur an die nieder-
gebrannten assyrischen Tempel und Paläste, deren Fundamente
heute noch intakt sind. Bei der Zerstörung des Tempels be-
schränkten sich die Chaldäer eben darauf, dem Tempelgebäude
seinen festungsartigen Charakter, den dasselbe mit andern Tem-
peln des Altertums gemein hatte (Billerbeck, Der Festungsbau
im alten Orient, 1900, 21), durch Vernichtung der Armierungs-
bauten zu nehmen. Demgemäls erstreckte sich auch die Wieder-
herstellung vornehmlich auf diese Teile !.
ı Dieser Ansicht steht das in Esr 3, 10.11. 12 gebrauchte D* nicht
entgegen. Dasselbe hat nicht blols die Bedeutung „fundamentieren“, sondern
auch die weitere „festigen, befestigen, verstärken“, wie das lat. fundare
„begründen, festmachen, befestigen“ und das assyr. Nomen ussu (s. KB
1112, 94 Col. II 1). Diese weitere Bedeutung palst auch gut für das viel-
gedeutete 170‘2 Esr 3, 12: sie hatten noch mit eigenen Augen den ersten
Tempel „in seiner Befestigung“, oder wie Agg 2,3 sagt, „in seiner Herr-
lichkeit“ gesehen. Auch das in Esr 4, 12; 5, 16; 6, 3 vorkommende Nomen
VUN hat, wie das assyrische ussu, die Bedeutung „Befestigung, Armierungs-
werke“. Daher ist die Übersetzung von Esr 6,3 aıoo my bei LXX oder
richtiger bei Theodotion: xai Ednxev Erapua „eine Aufmauerung, Erhöhung
anfertigen“ als gelungen zu bezeichnen. Auf Befestigungen des Tempels
deutet auch die Notiz in Esr 6, 3, wo die Höhe des Tempels auf 60 Ellen
= ca 30 m angegeben ist. Da eine Höhe von 60 Ellen Kirchturmshöhe
ist, kann von diesen 60 Ellen nur etwa die Hälfte, ca 30 Ellen, auf die
Höhe des Tempelgebäudes selbst entfallen. Tatsächlich war auch der
Salomonische Tempel nur 30 Ellen hoch (3 Rg 6,2). Demnach müssen
22 Riefsler, Über Nehemias und Esdras.
Auf die Kunde von der Aufnahme der Wiederherstellungs-
arbeiten versuchten „die Widersacher Judas und Benjamıns“
(Esr 4,1), d. h. die Angehörigen des aus Israeliten und ver-
schiedenen Volksstämmen des einstigen assyrischen Reiches
gebildeten Mischvolkes auf palästinischem Boden (Nikel, Die
Wiederherstellung 94), zu den Arbeiten am Tempel zugelassen
zu werden. Sie beriefen sich darauf, dafs auch sie schon seit
langer Zeit dem Herrn ihre Opfer in Jerusalem dargebracht
hätten (Esr 4,2. Jer 41,5). Ihr Gesuch wurde abgewiesen, weil
man mit ihnen während des Mauerbaues schlechte Erfahrungen
gemacht hatte (Neh 2, 19—20; 4, 1—17; 6, 1—14). Diese Er-
fahrungen lielsen billig an der Aufrichtigkeit jener Bitte zweifeln.
In Wirklichkeit beabsichtigten denn auch die Samaritaner, durch
die Anbahnung religiöser Gemeinschaft die Aufsaugung der
kleinen jüdischen Gemeinde vorzubereiten (Nikel 95). Mit jener
Abweisung war aber die Trennung zwischen Judäa und Samaria
endgültig besiegelt!. Es suchten nunmehr die Samaritaner durch
_.
die andern 30 Ellen auf die Befestigungswerke des Tempels kommen.
Die Befestigung der Tempel im Altertum bestand in der Hauptsache aus
zwei oder mehreren einander einschlieisenden Umwallungen oder Enceinten
(Billerbeck, Der Festungsbau 21). Eine derartige mehrfache Umwallung
ist in Esr6,4 gemeint. 7'337) bedeutet, mag man es vom assyrischen nadbaku
„Bergabhang, Wand“ oder aus dem Aramäischen = „Reihe“, hebr. “ıD,
ableiten, zweifellos die Mauerwälle.. Es durften demnach drei steinerne
Mauern oder drei mauerbekleidete Wälle (nom 553 jax”7 192713) mit je
einer darauf befindlichen hölzernen Brustwehr (nn yx”'7 7372) und einem
dahinter liegenden Wallgang hergestellt werden. Die bescheidenen Malse
— die Höhe der einzelnen Mauer betrug ca 10 Ellen, nämlich ca 7 Ellen
Stein und ca 8 Ellen Holz (s. Billerbeck a. a. O. 7: „So hoch, d.h.
3,5 bis 4m = 7—8 Ellen Höhe, mulste die Mauer ganz massiv und
aus widerstandsfähigstem Material erbaut sein“), und die Breite der
Mauer nebst Wallgang belief sich auf ca 20 Ellen; denn von den 60 Ellen
Breite (Esr 6, 3) entfielen 20 auf die Breite des Tempelgebäudes (3Rg 6, 2;
2 Chr 3, 3) — waren offenbar darauf berechnet, eine Befestigung des
Tempels nur soweit zuzulassen, dals dieselbe der Abwehr von Überfällen
räuberischer Nomaden genügte, aber anderseits den geschulten Truppen
des Grolskönigs im Falle einer Rebellion keinen ernstlichen Widerstand
zu bereiten vermochte.
t Damit ist zugleich die unterste Grenze für die Zeit der Herüber-
nahme des Pentateuchs durch die Samaritaner gegeben.
Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 23
Intriguen beim persischen Hofe ihre Absicht zu erreichen. Sie
dingten sich vor allem für ihre Anklagen Wortführer am Hofe
des Grofskönigs. Diese mulsten die Arbeiten am Tempel als
weit über das erlaubte Mafls hinausgehend und darum als
staatsgefährlich denunzieren. Auf diese Anklagen folgten, wie
heute noch im Orient, langwierige Untersuchungen und zeit-
weilige Einstellung der Bauarbeiten. Dann wurden Versuche
zur Weiterführung derselben unternommen. Diese riefen wieder
neue Anklagen, Untersuchungen und Einsprüche hervor. So
konnte denn bald von einer eigentlichen regelrechten Bautätigkeit
am Tempel keine Rede mehr sein (Esr 4, 5), wenn schon es
möglich war, dann und wann kleinere Wiederherstellungs-
arbeiten vorzunehmen und zu vollenden (Esr 5, 16). Jene In-
triguen dauerten fort bis zum Tode des Kyros im Jahre
530 v. Chr. „und bis zur Regierung des Darjawes, Königs von
Persien“ (Esr 4, 5), d. i. des Kambyses 1.
ı Daraus, dafs der Autor von Esr 4,5 zwischen Kyros und Darjawes
keinen andern Königsnamen mehr aufführt, geht deutlich hervor, dals er
in Darjawes den unmittelbaren Nachfolger des Kyros sah. Der Redaktor
aber, welcher aus zwei schon vorhandenen Schriften die Verse Esr 4, 6 und
4, 7—23 zwischen die beiden Verse 4,5 und 4, 24 eingefügt hat, scheint
gleichfalls der Ansicht gewesen zu sein, dals die in 4, 6 und in 4, 7—23 ge-
nannten Könige Ahasweros und Artahsasta nicht allein unter sich, sondern
auch mit dem in 4,5 und 4, 24 genannten Darjawes identisch seien; denn
sonst hätte er nicht die ursprünglich aufs engste miteinander verknüpften
Verse 4,5 und 4,24 durch seinen Einschub auseinanderreilsen können.
Wenn Howorth in den Proceedings of Society of Biblical Archaeology
XXIV (1902) 17 es für unwahrscheinlich erklärt, dals ein so grolser
Herrscher wie Kambyses, der in der ganzen alten Welt unter diesem
Namen bekannt gewesen sei, dazu noch den Namen Artaxerxes getragen
habe, so übersieht er die Möglichkeit einer Doppelbenennung. Eine solche
wird aber durch die Behistuninschrift I43 (Bezold, Die Achämeniden-
inschriften, 1882) ausdrücklich bezeugt. Ebenso trug Xerxes I. den Namen
Kyros, Dareios Il. Nothos hiels auch Ochos, Artaxerxes II. hiels früher
Arsakes, Ochos nannte sich Artaxerxes IlI., Arses nannte sich vorher
Arogos und Dareios III. früher Kodomannos. Auch von des Kyros Vater
Kambyses ist bei Nikolaos von Damask ein zweiter Name Atradatas über-
liefert. Dieser soll allerdings nach Bauers Vermutung (Marquart, Die
Assyriaka des Ktesias, in Philol. Suppl. VI 603 629) von Ktesias aus dem
Namen des Herodotischen Rinderhirten Mitradates umgestaltet worden
sein; allein Gründe lassen sich hierfür nicht anführen. Zudem ist eine
24 Rie/[sler, Über Nehemias und Esdras.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs die Juden den durch
den Tod des Kyros veranlalsten Regierungswechsel (Esr 4, 6-
„im Anfang seiner Regierung“, zum Ausbau der Stadt-
mauer benutzt haben, um so mehr, als sie sich dabei auf
das frühere Wohlwollen des Kambyses berufen konnten.
Allerdings waren die Stadtmauern schon im Jahre 538
restauriert worden (Neh 6, 1. 15; 7, 1); doch scheint sich
diese Wiederherstellung mehr auf den eigentlichen Mauerkern
bezogen zu haben (Esr 4, 12), während man die Wiederauf-
richtung der Armierungsbauten auf die Folgezeit verschob '.
Diese Armierungsbauten bestanden nach Billerbeck 9 u. 27
vornehmlich aus Zinnenbrustwehren mit Dächern oder aus
Schuppen mit Schielsscharten und aus Balkons von Zimmer-
werk mit daran gehängten Schildern? Zur endgültigen Fertig-
Umbildung des häufiger vorkommenden Namens Mitradates in den seltenen
Atradatas nicht sehr wahrscheinlich. Nehmen wir einmal probeweise an,
der Vater des Kyros, Kambyses, hätte noch einen zweiten, Atradatas oder
ähnlich lautenden Namen geführt, dann hätte nach der bekannten orien-
talischen Namensregel der Enkel denselben Namen erbalten. Beim ersten
Namen Kambyses trifft dies wirklich zu; dann sollte es auch beim zweiten
Namen der Fall sein. Tatsächlich weisen nun die hebräischen Quellen
mit den Namen Artah(sasta) und Darja(wes), ebenso Ktesias mit ’Aprai(os)
auf einen Atra(datas) oder ähnlich lautenden Namen hin. Dieser Name
hat in der Überlieferung unter dem Einflufs der Königsnamen Dareios
und Artaxerxes eine verschiedene Gestaltung erhalten. Ja selbst die Form
Artahsasta erlitt noch eine Abänderung in Ahasweros, wie ein Vergleich
der LXX (’Aprafep£nc) mit dem MT (Biniene) beim Estherbuche zeigt.
ı Daraus erklärt sich der von Bertholet unerträglich genannte
Tempuswechsel der beiden letzten Verba des Verses Esr 4, 12.
2 xx in Esr 4, 12 „die Armierungsbauten“ wie in Esr 5, 16; 6, 3;
naNW in Esr 5,3.9 = assyr. asurru „Wand“ bedeutet die „Bedeckung oder
Bedachung“ der Brustwehren, daher von LXX 3 Esr 6,4 richtig mit oteyn
„Dach“ übersetzt. — Esr 4,12: „sie bauen die Stadt auf und die Mauern“,
d. ı. den eigentlichen Mauerkern haben sie (schon) vollendet und die
Armierungsbauten wollen sie (jetzt) aufrichten (b'n — „aufrichten‘“ oder
besser „zusammenfügen“, im Arab. „nähen‘“); 13 „daher sei dem König
kund, dafs sie, wenn diese Stadt aufgebaut und ihre Mauern vollendet
sein werden...“ Hier bezieht sich die Vollendung der Mauern auf deren
vollständige Armierung; somit liegt kein Widerspruch zwischen den
Versen 12 und 13 vor. Wahrscheinlich 'hatte das Original an diesen
beiden Stellen verschiedene Verha; tatsächlich ist dies auch bei der echten
LXX der Fall: Oepanebeıv und ouvreieiv 3 Esr 2, 17. 18.
Rie/sler, Über Nehemias und Esdras. 25
stellung dieser Bauten schien damals der günstigste Augenblick
gekommen zu sein. Zudem hatten die fortwährenden Feindselig-
keiten der Samaritaner die Ausführung dringend wünschenswert
gemacht. Aber eben diese Feinde waren durchaus nicht ge-
willt, die Befestigung Jerusalems widerspruchslos geschehen
zu lassen. Sie hatten durch einige von ihnen, welche der
königlichen Verordnung gemäls (Esr 6, 9) nach Jerusalem für
den Tempeldienst Salz zu liefern hatten (xyn5p ar no
Esr 4, 14 = das Salz für den Tempel herstellen bzw. abliefern),
Kunde von dem Unternehmen der Juden erhalten. Auf dies
hin reichten sie sofort beim persischen Hofe eine Klagschrift
ein (4, 6); das gleiche geschah von seiten der Beamten Sa-
marias (4, 7), Darin klagten sie die Juden der unerlaubten
Vornahme von Befestigungsbauten unter Hinweis auf deren
Staatsgefährlichkeit an. Die Antwort des Grolskönigs lautete
jedoch merkwürdigerweise nicht strikte verbietend, sondern
verlangte nur die vorläufige Einstellung jener Bauten („bis
von mir Befehl erteilt werden wird“ Esr 4, 21). Die will-
kürliche Initiative der Juden mulste der König allerdings
rügen, und er tat dies durch den Befehl zur Einstellung der
Bauten; anderseits aber liels er doch durch jene Zeitbestimmung
(4, 21) die Geneigtheit durchblicken, zur gelegenen Zeit die
Erlaubnis zur Vollendung der Stadtmauer zu geben. Die
Empfänger der königlichen Botschaft aber beschränkten sich
nicht darauf, den Juden den Befehl des Königs bekannt zu
geben (4, 21), sondern eilten persönlich nach Jerusalem, wo
sie unter Anwendung von Gewalt die Juden zur Einstellung der
Arbeiten zwangen (4, 23), und zwar nicht blols der Arbeiten an
der Stadtmauer, sondern auch am Tempel. „Damals“, d. h.
am Anfang der Regierung (4, 6) des Kambyses im Jahre 530,
„wurde jegliche Arbeit am Tempel eingestellt und blieb ein-
gestellt bis zum zweiten Jahre der Regierung des Darjawes“
(4, 24), d.i. Kambyses, im Jahre 528. In diesem Jahre traten
die Propheten Aggäus und Zacharias zum zweitenmal auf
und ermunterten die Juden zur Wiederaufnahme der Arbeiten
am Tempel (Esr 5, 1.2), indem sie einen glücklichen Fortgang
26 Rie[sler, Über Nehemias und Esdras.
derselben verkündeten. Ein solcher trat auch in Bälde ein.
Es hatte nämlich auf die Anfrage des persischen Statthalters
Tattenai der König Kambyses, um den durch die verschie-
denen Anklagen verdunkelten Sachverhalt wieder aufzuhellen,
das Dekret des Kyros aufsuchen lassen. Dieses liefs er in
einem Auszug dem Statthalter zur Orientierung mitteilen.
Zugleich brachte er auch seinen eigenen früheren Erlafs, den
er im Anschluls an das Dekret des Kyros gegeben hatte,
wieder in Erinnerung (6, 8 Dye DW “SD Perf., nicht Präs., wie
denn schon die LXX richtig xoi e&yw ... errerafa übersetzt
hatte 3 Esr 6, 27; zum Inhalt des Erlasses s. 3 Esr 4, 52. 53).
Jetzt konnten die Juden ungestört an die Weiterführung der
Wiederherstellung des Tempels gehen „infolge der Erlasse
des Kyros und des Darjawes, d.i. des Artahsasta* (Esr 6, 14).
Ungefähr zwei Jahre später, „im 32. Jahr des Artahlasta®
(Neh 13, 6), d. i. im Jahre 527 v. Chr., reiste Nehemias an
den persischen Hof. Warum er dies getan hat, darüber gibt
er selber keinen Aufschlufls, vielleicht aber die Notiz bei
Josephus, Altertümer 11, 4, 9, nach welcher Zorobabel mit
vier andern Männern, darunter Mardochaios-Mordekai (Esr 2, 2.
Neh 7, 7) und Ananias = Nehemias’ Bruder Hanani, zum
Könige reisten, um die Samaritaner wegen Störung des
Tempelbaues und wegen Verweigerung der ihnen zum Besten
des jüdischen Tempelkultus auferlegten Beisteuer (Esr 6, 8.
3 Esr 6, 28) zu verklagen. Dies ist an sich nicht unwahr-
scheinlich. Die Samaritaner werden gegen Ende des Tempel-
baues jener Beisteuer sich entzogen haben mit dem Hinweis
darauf, dafs mit der Vollendung des Tempels, den sie, in ihrem
Interesse allerdings etwas verfrüht, für ausgebaut erklärten,
auch ihre Pflicht zu weiteren Beiträgen in Wegfall komme.
Die jüdische Abordnung empfing vom Grolskönig ein Schreiben
an die beiden in Samaria weilenden persischen Beamten
Tattenai und Setarbozenai (von Josephus in je zwei Personen
zerlegt: Taganas und Sambabes, Sadrakes und Buedon). In dem-
selben wurden die Beamten aufgefordert, für die regelmälsige
Ablieferung der Beiträge für den Tempeldienst Sorge zu tragen.
Rie[sler, Über Nehemias und Esdras. 27
Während der Abwesenheit des Nehemias hatten sich
verschiedene Mifsbräuche in die jüdische Gremeinde ein-
geschlichen. Als er nach ungefähr einem Jahre zurückkehrte,
mulste er vor allem an die Bekämpfung derselben denken.
Er ging denn auch energisch gegen sie vor (die einzelnen
Mifsbräuche s. bei Nikel, Die Wiederherstellung 219—221]).
Unterdessen waren die Arbeiten am Tempel ihrer Voll-
endung entgegengegangen. Am 3. Adar! (d. i. Februar-März)
des Jahres 524 v. Chr. war der Tempel vollständig wieder-
hergestellt. Nunmehr konnte an seine feierliche Einweihung
gedacht werden. Diese wurde wahrscheinlich in Verbindung
mit dem Passafeste in der Zeit um den 14. Nisan (d. i. Ende
März) 524 aufs feierlichste vorgenommen (Esr 6, 16—22).
In diese Zeit mag auch die Sammlung der heiligen
Schriften durch Nehemias fallen (die Notiz in 2 Makk 2, 13
anzuzweifeln, liegt kein Grund vor). Diese umfalsten Ta trepi
twv Bacık&wv; das sind wohl die historischen Bücher Josue,
Richter, Samuel und Könige; sodann T& Trepi TWV TTPOPNTWV,
die Prophetenschriften; ferner t& roü Aauvid, die Psalmen, und
endlich &moroXAäs Bacık&wv tepi avadendrwv — DOW “95m "BD.
Die letzteren Worte scheinen auf irrtümlicher Lesung eines
ursprünglichen 7b%Y u "Bo, womit die Proverbien und viel-
leicht auch das Hohelied gemeint waren, zu beruhen. Ist dies
richtig, dann hätte Nehemias den Grund zum atl Kanon
gelegt. Dies würde auch die seltsame Tatsache, dals die Sa-
maritaner bei ihrer Trennung von den Juden nur den Penta-
teuch mitgenommen haben, zur Genüge aufklären. (Forts. folgt.)
ı 3 Esr 7,5 und im Anschlufls daran Josephus, Altert. 11,4,7 „am
23. Adar“‘, von Bertholet bevorzugt, weil „hier eher eine Zwanzig aus-
gefallen als hinzugefügt ist“.
Pasekstudien.
Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philologie.
Von Prof. Dr Hubert Grimme in Freiburg i. Schw.
2. Überblick über die Pasek-Legarmeh in 1 Sm.
Vorbemerkung. Von alten Bibelübersetzungen sind be-
rücksichtigt: Septuaginta (= LXX, wo aber Cod. Vaticanus
oder Alexandrinus für sich zitiert sind, mit dem Zusatz V., bzw.
A.), Peschitta, Cod. Ambros., ed. Ceriani (= P), Targum des
Jonathan (= T), Vulgata (= V); Sigle „Pas. a“ deutet an,
dals die Variante des altjüdischen Emendators ein einzelnes
Textwort in unmittelbarer Nähe von Pasek-Legarmeh betrifft,
Sigle „Pas. b* aber, dafs eine Satzvariante zu suchen ist, die
sich je nach der Stellung des Pasek-Legarmeh hinter dem
ersten oder zweiten Worte eines Satzganzen (Pasük) auf dessen
erste oder zweite Hälfte bezieht. Ein vor „Pas. b“ stehendes
[:] soll andeuten, dals gegen die massorethische Überlieferung
der Anfang eines Satzganzen anzunehmen sei. — Für die
Überlieferung der Pasek-Legarmeh war die Ausgabe der
Samuelbücher von Baer-Delitzsch (= H) malsgebend.
1Sm 1,3 mow' ı oiw’o (Pas. a). Versionen wie H. Es
ist aber zu vermuten, dals die Phrase 18% DB hier wie
auch an verschiedenen andern Stellen der Bibel nachträglich
eingeschoben sei und zwischengesetztes Pasek-Legarmeh auf
eine solches konstatierende Randbemerkung geht. Erkennbar
ist der Einschub noch in dem unserer Stelle fast unmittelbar
vorhergehenden Passus Ide 21, 19: ı po» wa man mn
ONNY25 NB3D WR 190), wo BD ı BED gegen alle Gram-
matik den Relativsatz von seinem Regens trennt. Auch
Grimme, Pasekstudien. 29
3Chr 21,19 steht 8% ı oX%5' auf schwanken Fülsen; denn
wenn nach dem folgenden Satze die Krankheit des Jehoram
schon zu Ende des zweiten Jahres einen tödlichen Ausgang
nahm, so kann von ihr nicht auch ausgesagt werden, sie habe
Jahr für Jahr angedauert. Nach diesen Fällen offenkundigen
Einschubs nehme ich sowohl obiges 1B'9: ı BD wie auch die
gleiche Phrase jedesmal, wo sie mit Pasek-Legarmeh vor-
kommt (Idc 11,40. 1 Sm 2, 19), als unechten Textbestandteil.
Damit fällt das beliebteste Beispiel der Grammatiken, an dem
der Gebrauch des Pasek als „Trenner“ von zwei gleichen, auf-
einanderfolgenden Wörtern vorgeführt wird. — Der Abstrich
des '' ı 'd an unserer Stelle verwischt übrigens nicht den be-
zeichnenden Zug der Erzählung, dals Elkana alljährlich nach
Silo wallfahrtete; denn an den darauf weisenden Ausdrücken
in V. 7 und 21 ist nichts zu ändern.
1,11 3y2 ı man TRYOR [:] (Pas. b). Ich lasse Pasek-Le-
garmeh auf den späteren Satz TNDN"nX nadin"n9) Bezug nehmen,
dessen 'N’s5 dasselbe besagt wie vorhergehendes 3N"3t, während
no8 in dreifacher Wiederholung innerhalb eines einzigen
Vordersatzes kaum erträglich ist. Diesen Satz, den LXX gar .
nicht wiedergibt, mag der Emendator am Rande als ent-
behrlich bezeichnet haben.
2,15 a7 Wa ı 821 (Pas. a). Versionen wie H. Es sind
aber Anzeichen dafür vorhanden, dals 93 späterer Einschub
ist, indem nicht der Priesterdiener, sondern der Priester (Hofnı
wie auch Pinhas) selbst die Opferregel gestört haben wird.
So lasen LXX und P statt folgendem NP ein MPN (vgl. auch
V.16 ‘nnp»), und die Schuld der Söhne Elis wird nur dann
recht einleuchtend, wenn sie selbst, nicht aber ihre Diener die
Opfernden betrogen haben. Da sie nun V.17 DWy) „junge
Leute“ genannt sind, so lag eine Glosse 3 = } sehr nahe,
die in einem späteren Exemplare an obiger Stelle (und wohl
auch in V.13) in den Text eindrang, vom Emendator aber
zurückgewiesen sein mag.
2,16 9 ı wo (Pas. a). Nach Kere, LXX, T, V ist »5
die richtigere Schreibung; die Variante wird nichts anderes
30 Grimme, Pasekstudien.
besagt haben, zumal auch Job 5,4 89 (= 5) mit vorhergehendem
Pasek-Legarmeh angemerkt ist.
2,19 sww' ı Dw’o (Pas. a). Pasek-Legarmeh konstatiert
den Einschub dieser beiden Worte; die Begründung siehe
unter 1, 3.
3,9 2»Wı 75 (Pas. a). LXX (V.) avaotpepe, xadeude,
texvov. Danach könnte der Emendator ein “3 reklamiert
haben, das aber hinter 75 einzuschieben wäre.
3,10 In ı Inn (Pas. a). Beide Worte fehlen in LXX
(V.). Ihr Ursprung scheint mir mit der falschen Auffassung
von DYDA’DyB> zusammenzuhängen, als hielse es — wie auch
P will — „zweimal“, wobei die Erwähnung des Gerufenen
nicht gut zu entbehren wäre. Klostermann streicht die Phrase.
Der Emendator scheint ihren Unwert erkannt zu haben.
4, 181 9I8°N8 ı MORD m [1] (Pas. b). Pasek -Legarmelı
zielt wohl auf die Annullierung des Schluissatzes "NN BBW/ Km
me D'YanR O8", der die fortlaufende Erzählung V. 18ff aus-
einanderreilst. Die Variante der LXX „20 Jahre“ mag ein
Hinweis dafür sein, dals er ursprünglich eine schlecht ge-
schriebene Glosse darstellte. Auch Nowack wendet gegen die
Stelle ein, dals Elı sonst immer als Priester, nicht als Richter
bezeichnet werde.
4,18? \yen 191792 (Pas. a). LXX (exönevos tr trüäng)
und V (iuxta ostium) zeigen, dafs H zuviel bietet. Von den
verschiedenen Möglichkeiten einer Korrektur, die uns das Pasek
erklären kann, möchte ich zur Zeit die bevorzugen, ' zu
streichen, so dals zu übersetzen wäre: „er fiel vom Stuhle hinter-
rücks ın das (offene) Tor“; so vermutungsweise auch Driver.
Das T wäre dann Reminiszenz an das 7° bzw. T' von V.13.
5,4 mes ı ne (Pas. a). An der Stelle des Striches
hat LXX die Satzerweiterung ta Ixvn xeıpWwv (alia exempl.
TWv nodwyv) auUTOD Apnpnueva Emi Ta Eumpocdıa Auaped xal
aupöTtepoı, die man bisher gern als klassisches Beispiel der
Doppelübersetzung eines einzigen hebräischen Satzes anführt.
Doch kann ich eine solche hier nicht zugestehen. Nach dem
Winke von Pasek-Legarmeh ist an dieser Stelle der Text nicht
Grimme, Pasekstudien. 3l
in Ordnung; haben wir in LXX das bedeutsame Plus, so dürfen
wir es auch mit jenem Winke des Emendators in Verbindung
bringen und für den ganzen Passus der LXX. eine hebräische
Vorlage vermuten. Ich möchte die Lesart ixvn rwv nodWv
bevorzugen; da Dagon nicht sowohl „Fischgott* als vielmehr
Getreidegott bedeutet (vgl. Fr. Hrozny, Sumerisch-bab.
Mythen von dem Gotte Ninrag 104), so kann die Erwähnung der
Fülse seines Standbildes nicht auffallen. Das duaptd nehme
ich als späteren, falschen Einschub, der eigentlich neben
np68upov = }NBHn stehen sollte; was letzteres von den &u-
np6c#ıa unterscheidet, lälst sich bei unserer geringen Kenntnis
der altsemitischen Tempeleinrichtungen nicht ausmachen.
5, 91 1307 ı Ans Yvı [] (Pas.b). LXX gibt den Versschlufs
pboy or yınlan in bedeutend längerer Fassung: xai Ertütakev
autoug eis Tag Edpas' kai Erroingav ol Tedaioı &auroig Edpag;
V schiebt sogar noch zwischen diese beiden Sätze ein: „Inierunt-
que (Gethaei) consilium“; das spricht dafür, dafs auch der
Emendator den Satz um einiges länger gelesen habe. Ich ver-
misse vor NY" „und es brachen auf“ die Erwähnung, dals
den Leuten überhaupt Pestbeulen wuchsen, und halte, bes.
mit Rücksicht auf das D’By3 ,. 1 von V. 6, folgendes für die
ursprüngliche Fassung: DYsy3 MITyı jepp Tym WARTNK "MM
:D75 nm.
5, 92 na mein ya ı man rm (Pas. a). Versionen wie
H. Schon öfter hat man Anstols an der seltsamen Ausdrucks-
weise „die Hand Jahwes wurde zum Schrecken“ genommen,
so dafs Klostermann wie auch Nowack sich für Streichung
von Mn”T erklären. Aber sollte nicht in YY3 der Fehler
stecken, indem es eine verderbte Form von y’Yy darstellt,
etwa 'yD „erregend* oder Y'yı1 „er erregte“, scl. Mi‘ (ohne
7 sın)? Dann berührten sich auch nicht zwei Tyrr „Stadt“
so auffällig nahe Die Variante des Emendators könnte
einer dieser beiden Korrekturen entsprochen haben.
6,8 ws amm 99 ınKı (Pas. a). Die Versionen geben
den Text von H, aulser dafs LXX "Ws unübersetzt lälst. Aber
ich vermute, dals der Emendator an Antn ‘> M® Anstols
32 Grimme, Pasekstudien.
nahm. Denn 3 ist in jedem Falle ein Gefäls bzw.
bauchiger Gegenstand; selbst die T%"93 werden speziell
die mit Resonanzboden versehenen Instrumente sein, und der
a2 x) ist der Schildträger, nicht der Träger der Hieb-
oder Schulswaffen. In diesem Sinne können die goldenen
Mäuse der Philister nicht wohl 2% genannt worden sein.
6, 15 mens ı man pnbm [:]) (Pas. b). Gröfsere Satz-
abweichungen zur zweiten Hälfte dieses Verses sind in den
Versionen nicht überliefert. Aber während ihn Wellhausen
wegen der Erwähnung der Leviten für eingeschoben erklärt,
möchte ich aus einer andern Erwägung wenigstens seine zweite
Hälfte beanstanden. Es heilst hier von den Bewohnern Beth-
$emes, sie hätten „Brandopfer dargebracht und Schlachtopfer
an jenem ‘Tage zu Ehren Jahwes geschlachtet“. Nun hatten
sie aber nach V.14 schon das Ihrige getan, um die Lade zu
ehren: „Sie spalteten das Holz des Wagens und brachten die
Kühe Jahwe dar als ein Brandopfer“: der Zweck eines noch-
maligen Opfers läfst sich schwer erkennen. — Auch gegen
die Echtheit von N117 5112 ist einzuwenden, dafs es sogleich
in V. 16 wiederkehrt. Da ich bisher noch keine Beweis-
stelle dafür besitze, dals der Emendator jemals mit Pasek-
Legarmeh auf Abrogierung eines ganzen Verses gezielt habe,
so kann ich auch hier nur zugeben, dals er auf Unechtheit
eines Teiles von V. 15 habe aufmerksam machen wollen.
6,18 nayıan ax ı 91 (Pas. a). LXX. xai &wg Aidou ToÜ
neyakou; T .. N338 s.. Sicher berichtigte die Variante SAN
zu }2871. — Dals 31 falsch vokalisiert ist, liegt auf der Hand;
doch möchte ich elıer mit Driver "91 als mit Thenius 9
schreiben: denn ein Stein, der mit einem Vorgange nur in
zufälligem Zusammenhange steht, ist nicht den Zeugnissteinen,
wie sie z. B. Gn 31, 51, Jos 24, 27 erwähnt werden, gleichzu-
setzen. Dem Emendator, der nur einen konsonantisch ge-
schriebenen Text vor sich hatte, lag jedoch jede Absicht fern,
auch hierüber zu entscheiden.
7,1NnmPı WAR IN2N [:] (Pas. b). Die Versionen stimmen
zu H; da Pasek-Jıegarmeh auf den zweiten Versteil deutet, s0
Grimme, Pasekstudien. | 33
ist vielleicht am Schlulssatz „und sie weihten seinen Sohn
Eleazar zum Hüter der Lade Jahwes“ etwas beanstandet
worden. Galt das Bedenken vielleicht dem Namen Eleazar?
In der Erzählung von der Überführung der Lade nach Jeru-
salem (2Sm 6, 1ff) werden als Söhne Abinadabs “Uzza und
Achjö genannt. Wäre Eleazar der Priester der Lade gewesen,
so hätte auch er erwähnt werden müssen. Eine Möglichkeit,
diesen Widerstreit zu lösen, wäre die, in \n8 (2 Sm 6, 3)
nicht den Namen Achjö, sondern die Suffixform YnN „sein
Bruder“ zu sehen, und mit diesem Bruder 'Uzzas den Eleazar
zu identifizieren.
7,6 mm wp5 ı SD (Pas.a). LXX las hinter MM noch
MIN „zur Erde“; der Emendator könnte mit Pasek-Legarmeh
dieses Wort für die Stelle zwischen '%% und “65 reklamiert
"haben.
7,10 »ySıp2 ı vr oyan [;] (Pas.b). LXX (A.) läfst den
ganzen Versschluls Ix\%* WB) 1833 DEM unübersetzt. Das
scheint mir eine Textverbesserung zu bedeuten; denn man be-
greift wohl, wie ein plötzlicher Donner die auf Jahwes Hilfe
gespannten Israeliten zum Angriffe ermutigte, nicht aber, wie
er Verwirrung und Niederlage bei den heranrückenden Phi-
listern erregen konnte. Diese bessere Lesart wird wohl auch
in der Variante ihren Ausdruck gefunden haben.
7,14 51) ı bunte nn (Pas. a). LXX nap& tWwv ulüv
’lopanı xai amedwkav auräs tu ’lopanı. Das Plus, welches
LXX an der von Pasek-Legarmeh bezeichneten Stelle des H
gibt, könnte hebräisch etwa 72379 gelautet und vorhergehendes
22m hierneben die Stelle eines Hilfsverbs eingenommen
haben („sie hingen wieder an“). Für die Güte der Lesart
von LXX. spricht auch, dafs ohne sie der durch den Relatır-
satz unterbrochene Hauptsatz einen störenden, weil zu kurzen
Abschlufs zeigt. Ich glaube diese bessere Lesart auch in der
Variante vermuten zu dürfen.
9,9 ana 5893 ı onD5 : (Pas. b). Der Vers hat bereits
verschiedene Anfechtungen erfahren. Zunächst reklamiert man
ihn für den Schluls von V.11, dessen 181 er erklären solle.
Biblische Zeitschrift. II. 1. 3
34 Grimme, Pasekstudien.
Weiter nimmt man ihn auch an dieser Stelle als späteren
Zusatz. Auch Pasek-Legarmeh könnte auf eine ähnliche Er-
wägung hin gesetzt worden sein. Oder soll es auf die Ver-
besserung der verrenkten Konstruktion NNP' DVI 81235 ‘2 hin-
zielen, wofür LXX ungleich gewandter liest: örı Töv rpopnnv
eiakcı 6 Aadc?
9,10 991 393 ı 25 (Pas. a). Versionen wie H. Wäre es
nicht eine fast zu geringfügige Textveränderung, so möchte
ich als Variante ein 553 139 vermuten, was der Mehrheit
der Wandernden besser entspricht, auch an V. 9 sein Ana-
logon hat.
9,12 any ı and T3B5 ur (Pas. a). LXX idov kard rp60-
wrov üuWwv: vöv. Danach könnte die Randglosse zunächst
das schon von Wellhausen konjizierte D>P5 enthalten haben;
weiter aber wohl noch ein (8)\1, das in “(D) stecken wird.
Sinn: „Seht, da ist er gerade vor euch“.
9,16 mB ıny3 : (Pas.b). Nach LXX und T ist im vor-
letzten Sätzchen DY"NR \MN ‘3 zu lesen DJ YY°NN (wie Ex 3, 7).
Doch zweifle ich, ob die Variante, die, nach der Stellung von
Pasek-Legarmeh zu schlielsen, einen Satz betraf, nur dieses
eine Wort enthielt. Als stilistische Unebenheiten empfinde
ich ebensosehr das dreimal wiederholte wy wie die Auf-
einanderfolge der beiden kleinen mit ‘I eingeleiteten Schlufs-
sätzee, und fühle mich versucht, dem Emendator die
Anmerkung unterzuschieben, das der erstere von ihnen über-
flüssig sei.
9,241 Yin nDy ı pay moym (Pas. a). LXX. xai napeönkev
auınv Evwmov ZaouA. Daraus entnehme ich — statt mit Geiger
(Urschrift 380) an 91 „den Feettschwanz“ oder mit Kloster-
mann an 1'937 „die Niere“ zu denken —, dals DW Glosse zu
dem als mby" „er hob (aus der Schüssel) heraus“ zu rekon-
struierenden 1'5y71 sei, und lasse ebenso die Variante gelautet
haben.
9,242 np Dyrm "ond ı Tom (Pas. a). Die meisten
neueren Erklärer finden an den dem Pasek-Legarmeh vorher-
‚gehenden und nachfolgenden Worten etwas zu ändern (vgl.
Grimme, Pasekstudien. 35
z. B. die Satzauffassung von Nowack: DYR1pr1 Dy Sand 75 Yan).
Wer aber den Wink von Pasek-Legarmeh versteht, wird seine
Emendation auf das eine Wort "D85 beschränken. An seiner
Stelle bietet LXX apa, las also wohl \8Y oder “NND. Setzt
man dieses in H ein und tilgt noch das 7 vor DY in Anbe-
tracht des ’ hinter YIND, so ist damit wohl alles Notwendige
für unsere Stelle getan, die nun ausdrückt: „denn gerade für
diesen Zeitpunkt ist es dir aufbewahrt hinter den Leuten
her, die ich eingeladen hatte“, d. h. nachdem die Eingeladenen
schon ihre Portion bekommen haben. — Auffälligerweise gibt
P die Worte p 'n oxb gar nicht wieder; man könnte darauf
den Schluls bauen, dals sie ursprünglich nicht im Texte ge-
standen hätten. Aber unser Pasek unterstützt diese Hypothese
nicht; denn um drei Worte zu abrogieren, hätte der Emen-
dator es wohl zu Anfang des Satzganzen, also hinter "O8"
setzen müssen.
10, 3 omı mob) ı wa IX (Pas. a). Versionen wie H. Ich
beanstande bw; denn der Wallfahrer, der drei Böckchen
auf einmal trägt, scheint mir schon an und für sich, wie auch
im Vergleich mit seinen Reisegefährten, die nur drei Brot-
laibe und einen Weinschlauch mit sich führen, übermälsig be-
lastet zu sein. Es dürfte, besonders nach Pasek-Legarmeh
zu schliefsen, 95% nur ein späterer Ableger der vorher-
gehenden und nachfolgenden Dreizahl sein, weiter in DW
älteres 11% stecken.
10,18 I8%% SSd8 ı MONN : (Pas. b). Im Verlaufe des
Verses bietet LXX statt TO) psD TOD die Lesung: &x xeıpög
Gapaw Bacıkews Aiyuntou kai &x. Setzt man dessen Rück-
übersetzung in den hebr. Text ein, so rundet sich der von
Samuel vorgetragene Gottesspruch zu folgender gut metrischen
Form (von 5+5-+5 Hebungen) ab:
pyason DENK \NYdy DIN
erasb Ton myRB Tb DInK Jun)
: DanK Drand * mabonron
Nach dieser Richtung hin wird wohl auch der Vorschlag des
Emendators gehalten gewesen sein.
3*+
36 Grimme, Pasekstudien.
11,7 web ı panda T2 (Pas.a). LXX (A.) zeigt hinter
ayyreAwv noch ein aurwv, worin ich den Rest von älterem ne-
pidag abrwv „ihre Stücke* erblicke, ein Objekt, das man hier
nur ungern entbehrt: So mag auch Pasek der Hinzufügung
von Anm) gegolten haben.
12,2 orına ı yon min nnypı : (Pas.a). In P findet sich
kein dem >r1Nd entsprechender Ausdruck. Auf diese um 'nD
erleichterte Fassung des Satzes scheint auch die Paseksetzung
zu zielen.
12,3 nnp5 w ı mWns [:] (Pas. b). Dals das am Ende
der ersten Vershälfte stehende Textstück 13 ‘sy DSyN auf
2 99 D5y3 (vgl. LXX und den hebräischen Jesus Sirach 46, 19)
zurückgehe, wird jetzt allgemein angenommen; die Setzung von
Pasek spricht dafür, dals schon der Emendator die gleiche
Stelle korrigiert habe.
12, 21 ınnn uns ı a» mon 851 : (Pas. a). Da die Versionen
auf ‘3 keinen Bezug nehmen, so liegt der Verdacht einer Text-
entstellung in der Nähe dieses Wortes vor. Klostermann
schlielst von rnapaßjte der LXX auf älteres Y8yN, das
wiederum auf }7239N zurückginge. Diese Konjektur lälst sich
durch das ınbpn x51 des Targums stützen, ebenso die weitere
Vermutung Klostermanns, dals INT aus einstigem HAYıNT ent-
standen sei, durch 829 }U87 KMiye des Targums. Merkwürdig
bleibt nur, dals das Targum den Versanfang durch ein &91
nanbb AnaD peon, d. i. das schon in V. 20 gebrauchte "8
MIT MSD INMDN, erweitert; könnte man deshalb nicht an-
nehmen, dieser Satz sei in V. 20 unecht, in V. 21 aber an
seinem rechten Platze? Auf alle Fälle betraf die Variante
des Emendators etwas von diesen kritischen Erwägungen.
12, 24 MAMAS ISY I 78 : (Pas. b), Im weiteren Verlaufe
des Verses fügt P hinter 03229 noch ein: „und mit eurer
Secle* und ersetzt ‘3 durch 1; LXX aber bietet für 18” ein
idee. So lielse sich denken, dafs Pasek-Legarmeh auf die
Satzvariante DNINM D3WBI"532 (03235) hindeute.
13, 5 onbmb ı 1pons DinWbD1 : (Pas. b). Im Versschlusse
weichen H, LXX und P voneinander ab, vgl. H: 8 n3 np,
Grimme, Pasekstudien. 37
LXX: &£ &vavrias BudwpWv (= I N) xata vörou, P: „östlich
von Beth’el“. Die Wahl des Richtigen ist hier schwer, da alle
drei genannten Orte unweit von Mikmas liegen. Man könnte
dem Emendator endlich auch noch die Absicht zuschieben,
diese ganze Ortsbestimmung für Glosse zu erklären; denn wo
so viele unter sich abweichende Lesarten vorkommen, mag die
Urlesart eine schlecht geschriebene Glosse gewesen sein.
13, 8 pw nyaed ı Srm : (Pas. a). LXX xai dıelınev. „
was, wie Klostermann erkannt hat, auf Jr" „er war mülsig“
zurückgeht. Das Ker& Ir" scheint nur Notbehelf; die Variante
ist wohl ersterer Korrektur entsprechend anzusetzen.
14, 3 mm ı {2 ya OMB7]3 ı NOIR IN DIENN“3 AIR):
Die Versionen entsprechen H. Der ganze Satz von mriK®\ bis NDN
trägt den Charakter einer Glosse an sich. Er ist überflüssig,
da dort, wo Achija in Tätigkeit tritt (V. 18), noch einmal ge-
sagt wird, dals gerade er das Ephod trug; weiter unterbricht
er den Fluls der Erzählung, deren Held Jonathan ist, und zu-
dem hat die ganze Ahnenkette des Achija für die Zwecke des
Berichterstatters nicht die geringste Bedeutung. Könnte da das
doppelte Pasek-Legarmeh nicht den Zweck verfolgen, diesen
längeren Satz zu abrogieren? Zwar erwartet man Satzvarianten
durch Pasek-Legarmeh zu Beginn des Verses bezeichnet zu
sehen; aber alles, was wir bisher als Satzvariante glaubten
bezeichnen zu sollen, war ungleich kürzer als der obige Satz. So
darf man vielleicht schliefsen: Zur Bezeichnung von besonders
langen Satzvarianten kann Doppelpasek angewendet werden.
14, 6 93 NW ı YSTON. Ohne zu entscheiden, ob Pas. a
oder Pas. b vorliege, und an welche Variante gedacht werden
könne, will ich nur hervorheben, dafs der Anfang von Jonathans
Rede: „Komm, lals uns hinübergehen zu dem Posten jener
Unbeschnittenen“ recht überflüssig steht, nachdem V. 1 die-
selben Worte schon einmal gebracht hat. Es genügte voll-
kommen, dals Jonathan mit den Worten: „Vielleicht wird
Jahwe uns helfen usw.* seinen Knappen für ein bevorstehen-
des Wagnis ermutigte und erst, nachdem dieser sich dazu bereit
erklärt hat, in V. 8 den ganzen Plan entwickelte.
38 Grimme, Pasekstudien.
14, 12 8W3°NN1 ı JNINS. Versionen wie H. Welche Be-
wandtnis es an dieser Stelle mit Pasek-Legarmeh hat, kann
ich nicht entscheiden.
14, 36 Sy ı Da 1391 79%) ı oinw/bp WS. Versionen wie H.
Das doppelt gesetzte Pasek-Legarmeh könnte hier (wie 14, 3)
auf die Abrogierung eines über das Mals eines gewöhnlichen
Einschubes hinausgehenden Satzes gehen. Als solchen kann
man hier annehmen: par YN”y Dora 29 55, an dessen
23 schon Wellhausen, Klostermann, Budde u. a. Anstols ge-
nommen haben. Wenn zudem 15°5 echt wäre, so würde wohl
Sauls Frage an das Ephod (V. 37) den besonders wichtigen
Umstand eines Nachtangrifies hervorgehoben haben.
14, 45 mo‘ ı ja. Vermutlich Pas. a, das mit Bezug auf
eine auch von LXX vertretene Variante DYr1 (statt UT) ein-
gesetzt sein wird.
14, 47 Yoyaa31 ı 28103 Pa°532 ı 230 ondn [;). Das erste
Pasek-Legarmeh nehme ich als Hinweis auf eine Satzvariante
im letzten Versteile. Eine solche zeigen LXX und P, die
beide 533 unübersetzt lassen und statt 91 offenbar yYR in
ihrer Vorlage hatten (vgl. &owZero bzw. hewä zäk&-wä); auch
der Anfang von V. 48 5ın wyN wird am besten noch diesem
Prädikate angeschlossen. Das zweite Pasek-Legarmeh könnte auf
eine Wortvariante hindeuten. Zwar fehlt uns eine solche für
das vorhergehende und folgende Wort; aber vielleicht hat der
Emendator dem in LXX. erhaltenen Zusatze xai eis Baıdaınwup
(Luc. Baıbpowßı) seine Stelle zwischen Moab und Ammon zu-
gedacht. Dann könnte aber kaum auf AnYN3 als hebräische
Urform dieser Worte geschlossen werden, da dieses von den
genannten beiden Gebieten zu weit abliegt.
16, 5 nad mb ı non : (Pas. b). LXX. bietet für DNKZ
ma2 NN die ungleich passendere Wendung xai eüppavente
HET E&uoü ONnepov = DW 'NN DNTDW, was man wohl auch als
Wortlaut der Variante vorauszusetzen hat.
16, 7 ost sm WR 8b ı ‘> [:] (Pas. b). Dieser Anfang
gilt schon allgemein als verderbt und wird mit Hilfe des Text-
überschusses von LXX Ws EußAtweran dvöpwrrog ohne Zweifel
Grimme, Pasekstudien. 39
richtig zu DWÖNT IRV DIN SIRT WND 85 © ergänzt. Die
Bemerkung des Emendators wird kaum etwas anderes besagt
haben.
17, 13 wa ned ı oe [:] (Pas. b). Der Vers gehört zu
dem grolsen Textstücke, das LXX (V.) nicht kennt. Aber
es ist nicht daran zu denken, dals unser Pasek-Legarmeh irgend
etwas mit der Konstatierung der Unechtheit dieses Passus
oder auch nur der von V. 13 zu tun habe. Nach meiner für
Pas. b aufgestellten Regel kann auf obiges Pasek hin nur ein
kleinerer Satz im ersten Teile des mit DWi beginnenden Satz-
ganzen beanstandet werden. Dieser ist vermutlich der Passus
monboa br wein 33 muy, den auch P! nicht kennt.
17,23 a8 ı 8iM :: (Pas. b). Nicht auf Änderung des zwar
dunklen, aber durch V. 4 gestützten Ausdruckes DPYAT WR noch
des vom Kerö beanstandeten MNYDD wird Satzpasek hier ab-
zielen, sondern auf Entfernung von Mb DV wen nY93, einer
auffälligen und wegen des Zusammentreffens von MID mit NYDH
steif wirkenden Parenthese, die etwas schon in V.4 Gesagtes
wiederholt.
17, 251 Inner Wh ı NDR: (Pas. b). Im Verlaufe der ersten
Satzhälfte wirkt das doppelt gesetzte 19y(1) stilistisch unschön;
nun zeigt P, dals ihre Vorlage zwischen W'YnT und 17 nichts
las. Auf diese kürzere Fassung wird wohl der Emendator
aufmerksam gemacht haben.
17, 252 19y ı bon? (Pas. a?). Eine abweichende Lesart
oder eine Vermutung, die zugleich eine Textverbesserung be-
deutet, kann ich nicht beibringen.
17, 40 branio ı puanphrı Won (Pas. a). LXX (A.) gibt
die Stelle ‘385 durch Aidoug wieder, fand also in ihrer Vor-
lage nur eines der beiden Wörter vor. Da auch Is 57, 6 'phn
in der Bedeutung „glatte Steine“ vorkommt, möchte ich auf
önsro"pan als Urlesart schlielsen (zu der Stat. constr.-Form vor
präpositionaler Ergänzung vgl. Gesenius-Kautzsch, Gramm.
ı P liest statt no: Semaihön „ihre Namen (sind)“.
2 In Letteris’ Bibelausgabe steht ein weiteres Pasek vor pn.
40 Grinime, Pasekstudien.
8 130, 1) und demgemäls auch die Randvariante wieder-
herstellen.
18, 101 SWR ı 197 ı Dymo m (Pas. a). Versionen wie H.
Aber der Ausdruck 719% '8 m widerspricht der Grammatik;
um Attribut zum Stat. constr. MM zu sein, mülste 9 den
Artikel vor sich haben. So wird wohl 19% Zusatz aus der
Feder eines Schreibers sein, der Anstols daran nahm, dals die
schlimme Tat Sauls auf Inspiration seitens Gottes zurück-
geführt wurde Nowack, der schon 191 aus dem Urtexte ver-
weist, lälst beide Pasek-Legarmeh auf 9 Bezug haben.
Das widerspricht jedoch der üblichen Praxis, nach welcher
jede kleinere Variante nur mit einem einzigen Pasek an-
gemerkt wird. Man wird daher nur das zweite Pasek-
Legarmeh auf Abrogierung von 719 beziehen, das erste aber
. auf eine weitere Anmerkung, dals mM (vgl. 19, 9) statt DYTIR
zu lesen sei.
18, 102 0112 ı DVD (Pas. a). Versionen wie H. Da aber in
der Parallelstelle 19, 9 die Worte '2 ' ausgelassen sind, so
läfst sich mit Grund vermuten, der Emendator habe sie auch
hier entfernen wollen. Zu den drei in V. 10 mit Pasek-
Legarmeh angemerkten Textfehlern stelle ich noch einen
vierten, Y7'2, wofür die Vorlage von P richtiger Y13 „vor
ihm“ las.
18, 27 87 ı pn m7 op. Ich habe nach meinen Regeln
kein Recht, dieses Pasek-Legarmeh auf etwas anderes als eine
Variante zu den es umgebenden Wörtern zu beziehen; eine
solche ist aber nicht überliefert. Zu vermuten wäre allenfalls,
dals WIN) 01T vom Emendator als Zusatz bezeichnet worden
sei; wenn David einen Kriegszug macht, sind seine Genossen
auch ohne besondere Nennung miteingeschlossen,
18, 30 DANS 78 ı vn [:] (Pas. b).,. Da im Kriege nicht so
sehr die Klugheit wie der Erfolg den Ruhm schafft, so wird
hier wohl der Lesart m5s77 von T und P vor dem 53% von H
der Vorzug zu geben sein. Ich stelle dahin, ob diese Lesart
als Satzvariante im Sinne des Emendators gelten könne.
19,9 ya ı mm nm (Pas. a). Hierzu vgl. das zu 18, 10
Grimme, Pasekstudien. 41
Gesagte. Man beachte den formalen, nicht wesentlichen Unter-
schied, dals das auf 9% bezügliche Pasek-Legarmeh an jener
Stelle ihm nachfolgte, an dieser aber vorhergeht.
20, 1 Jam WE) ı NDNN 831 (Pas. a). LXX vertritt eine
bessere Wortverteilung, indem sie "DON" hinter 'm 'D5 setzt.
Die Stellung von Pasek-Legarmeh macht wahrscheinlich, dafs
der Emendator ebendasselbe für nötig hielt.
20, 9 YTros8 ı 9 [:] (Pas. b). Im Verlaufe des Satzes
weichen P und LXX in bemerkenswerter Weise von H ab:
erstere lälst nk 5 unübersetzt, letztere fügt hinter N8
(als AN8 „du“ genommen) noch TY2 ein, wenn anders nicht
Ty2 das NS ersetzt. Inhaltlich klar ist nur die Fassung von
P; ob sie aber die des Urtextes bzw. auch der späteren Rand-
verbesserung ist, will ich nicht entscheiden.
20, 12 nwWbwin no ı nya (Pas. a). Mit LXX wird wohl
auch der Emendator einem Texte den Vorzug gegeben haben,
der YiD verwarf.
20, 211 oo ı ps mr (Pas.a) LXX Wde N oxila and
coü; danach vermute ich in der Variante den Singular N.
20, 212 831 ı ap (Pas. a). Die Kongruenz mit ‘sn würde
die Form ınp fordern. Aber eher als diese kleine Emen-
dation möchte ich dem Emendator Streichung von WNp zu-
schieben. Jonathan gibt seinem Diener bezüglich des Pfeiles
in V. 21° den Auftrag: „Geh, suche den Pfeil“, und will dann
je nach Umständen hinzufügen: „Er liegt auf der Strecke
zwischen dir und mir“ oder „Er liegt jenseits von dir“. Eine
nochmalige Erwähnung „hole ihn“ fehlt bei der zweiten Even-
tualität; da liegt nahe, sie auch bei der ersten für überflüssig
und daher unecht zu nehmen, |
20, 41 IWYTNR WR ı pP [:] (Pas. b). Man pflegt in den
Schlufsworten 137 N7 9 eine Textverderbnis zu sehen, zumal
da LXX dafür die abweichende Phrase &wsg Guvrekeiag ye-
yaAns bietet. Aber Pasek hinter dem ersten Versworte kann
nicht hierauf bezogen werden, sondern stellt einen Textfehler
des vorhergehenden Satzteiles fest. Ich vermute ihn im zweiten
YIITNS WR: während es das erstemal sich als notwendiges
42 Grimme, Pasekstudien.
Objekt zu \p% gibt, verbindet es sich weiterhin nur gezwungen
mit dem keines Objekts bedürfenden 133”; auch wissen die
Versionen offenbar nicht recht mit dem zweiten "NN auszu-
kommen, da es LXX dativisch, T akkusativisch (m), P gar
durch die Präposition „über“ wiedergibt, keine aber das allen-
falls noch erträgliche „mit“ darin erblickt. Streicht man das
zweite \ MN WAN, so bedeutet mir der Rest des Satzes: „und
sie weinten, bis es den David übermannte ($1)“. In dieser
Richtung suche ich nun auch den Sinn der Variante.
20,42 wa ı mm mim Ob (Pas. a). Da sowohl LXX wie
T zwischen 11 und 92 das Wort „Zeuge“ = "Y einschieben,
so mag auch unser Pasek-Legarmeh auf diese Lesart deuten '.
21, 10 ms ppy2 ı man es. Nimmt man den Vertikal-
strich als Pas. a, was am nächsten liegt, so fehlt jeder Anhalt
für die Beschaffenheit der angemerkten Variante; dals T wo
für PpY einsetzt, erklärt sich wohl daraus, dafs man sich als
Schauplatz des Kampfes eine weite Talebene dachte. — Dürfte
man aber Pas. b hier annehmen, so wäre der Zweck der
Variante im Hinblick auf LXX vielleicht die Streichung von
TDNRT INN,
22,3 TOR ı MON [:] (Pas. b). Statt 88° las LXX m,
P sowie V 38%; DIM8 erscheint in LXX als 7N8. Die nach
Pasek-Legarmeh vorauszusetzende Satzvariante mag nach diesen
Lesarten etwa gelautet haben: INK ON) IN NIT.
22,17 mm wm ı \NDm 120. Es ist mir unklar, ob Pas. a
oder Pas. b vorliegt; die Versionen bieten keinen Anhalt für
eine Variante, die einem von beiden Fällen genügen könnte.
22,18 NY DVI ı NEN DW22 (Pas. a). LXX hat roüg
lepeisg To Kupiou = MM 132, was passenderweise auch als
Wortlaut der Randvariante vermutet werden kann.
24, 11 72 1 291 ı mm 730 [:] (Pas. b). Ich nehme an, dais
ı Einen weiteren Textfehler sehe ich in 2x5 und korrigiere daraus
"21, das sein Subjekt in folgendem mt, sein Objekt im vorhergehenden
Relativsatz hat: „Was wir beide im Namen Jahwes geschworen haben,
das lasse Jahwe in Erfüllung gehen; er sei Zeuge zwischen usw.“
Grimme, Pasekstudien. 43
3% ursprünglich ein neues Kolon eingeleitet habe und vor-
hergehendes "WR NS, das grammatisch bedenklich ist, aus
IN NN „mein Glück“ (vgl. Gn 30, 13) verschrieben sei. Die
für das so gebildete neue Kolon anzusetzende Satzvariante
wird wegen Doppelpasek von ziemlicher Länge gewesen sein
(vgl. das zu 14, 3 Gesagte). Mit Hilfe der Lesarten von LXX:
kai oUK EBovAnOnv drtokteival oe kai &peıodunv und P: wemar(u)
gabr& deamm(i) lemegteläch wehäseth lälst sich für sie un-
gefähr folgender Wortlaut bestimmen: Dy N DWINT ON)
DNK 17.
24,17 797 m529 ı WM : (Pas. b). Versionen wie H. Aber
es wäre seltsam, wenn die lange von David an Saul gerichtete
Ansprache diesen so wenig über die Person des Sprechers
aufgeklärt hätte, dals er erst nach der zweifelnden Frage:
„Ist das deine Stimme, mein Sohn David?“ das Bekenntnis
seiner Schuld begonnen hätte. Diese Frage palst wohl in die
Kap. 26 geschilderte Begegnung von David und Saul, wo Saul
(V. 17) den an Abner gerichteten Ruf Davids vernimmt,
daraufhin fragt, ob das Davids Stimme sei, und die Bestätigung
dafür von David selbst erhält. So wird einem nahe gelegt, in der
Randbemerkung die Abrogation von N7 33 m pr NY NDR"
zu vermuten,
25, 13: SNK AR UN [:) (Pas.b). In LXX (V.) fehlt der
folgende Satz: „Und jeder umgürtete sich mit seinem Schwerte,
David aber mit dem seinigen“, der an epischer Breite wohl
etwas zuviel leistet. Gegen ihn mag auch der Emendator
sich erklärt haben.
25, 132 97 ns ı 9yN (Pas. a). Hinter einem Satze „Die
Leute samt David rüsteten sich“ kann nicht "7 rRHbyn
folgen, da Yy1 ja das Subjekt David mit enthält. Nun
hat sich allerdings der Vordersatz schon als der Un-
echtheit verdächtig erwiesen; es ist aber immer noch die
Möglichkeit offen, dafs zu Y%y"% auch David Subjekt wäre.
Dann bliebe das Bedenken gegen NT 8 bestehen, und dieses
könnte in der Randbemerkung zum Ausdruck gekommen sein.
25, 14 2TBrn ı D!aNdD (wohl Pas. a). Versionen wie H.
44 Grimme, Pasekstudien.
Es fehlt mir der Anhalt zur Erschliefsung der Bemerkung
des Emendators!.
25,20 n231 ı 87 mm: (Pas. b). Der Emendator mag die
Schlufsbemerkung DAS WABMN „sie traf mit ihnen zusammen“
beanstandet haben; denn was David in V. 21f sagt, setzt
voraus, dals weder er die Abigajil, noch diese ihn vorher be-
merkt habe, und dementsprechend lälst der Erzähler erst mit
V. 23 die Abigajil auf David aufmerksam werden,
25,25 129nR ı SIR DW NITOR : Vielleicht Pas. b, mit
Bezug auf den ersten Verstelle. P bietet eine bedeutend
kürzere Fassung sowohl von V. 24 wie von V.25: sie enthält
nämlich gar kein Äquivalent für 125°nx 78 DW xD und
knüpft das folgende W's"Ss unmittelbar an TIR2 NDR KI12TN
(von V. 24) an. Da es sich hierbei nur um den Abstrich ziemlich
überflüssiger Worte handelt, der Gedankengang von Abigajils
Rede aber an Klarheit gewinnt, so kann man dem Emendator
vielleicht eine ähnliche Textbehandlung zuschreiben.
25, 29 DW 032 ı 98 (Pas. a). Versionen wieH. Ein
fester Anhaltspunkt zur Bestimmung der Variante besteht
nicht. Nur wird man sagen dürfen, dals die Vorstellung „Die
Seele meines Herrn sei eingebunden in das Bündel des Lebens“
uns seltsam genug anmutet, um vielleicht in einem seiner Aus-
drücke für verderbt gelten zu können. Wenn Smend (Lehrb.
der atl Religionsgeschichte 313, Anm. 2) sich „das Bündel
des Lebens“ als einen Beutel mit Steinen oder auch als ein
Bündel von Pfeilen denkt, das man schüttelt, so spricht da-
gegen, dals wir von keinem lospfeilschüttelnden Jahwe in Israel
wissen und auch keine Parallele zu Hubal, dem Götzen des
mekkanischen Heiligtumes, gezogen werden kann, da dieser die
Lospfeile frei in der Hand gehalten haben soll. Ich ziehe
vor, WS mit T als einen 33), d. i. nach Ez 27,24 (dw 3)
ein grölserer Ballen, zu deuten, in Dr aber nicht „das
ı Ich leite das Schlulsverbum &y"N von einer Wurzel be» ab, die
geinäls dem amhar. g’atata die Bedeutung „verhöhnen‘“ haben dürfte; zum
Lautübergange g! >» vgl. meine „Theorie der ursem. labialisierten Guttu-
rale‘ (ZdämG LV 481f).
Grimme, Pasekstudien. 45
Leben“, sondern „die Lebendigen bzw. zum ewigen Leben
Bestimmten“ zu sehen. Wie an der Ezechielstelle bunte
Tücher in Ballen verpackt sind, so mögen hier die zum Zu-
sammenleben mit Jahwe bestimmten Seelen als zu einem
grölseren Ballen vereinigt und in der himmlischen Schatz-
kammer aufbewahrt gedacht sein. Das Bild von Jahwes Schatz-
kammer ist ja alttestamentlich, vgl. Dt 28, 12; 32, 34. Jeden-
falls mülste uns die Auffindung einer Variante gerade zu dieser
Stelle sehr erwünscht sein.
25, 34 'nxam me 9b ı 9 [:] (Pas. b). Man kann Pasek-
Legarmeh auf die Verschreibung 'NK3M = 'N8 !K3M sich be-
ziehen lassen oder es mit einer Satzerweiterung hinter 'NXNp>,
zu der LXX das Material töte eina = 'NNDR 8 (vgl. Thenius)
liefert, zusammenbringen.
25, 36 92358 ı SWR NM : (Pas. b). Die zum letzten
Satzteile zu erwartende Variante wird die Abrogierung von
5172 mp enthalten haben, das in P unübersetzt bleibt.
26,6 PonsdR ı dan (Pas. a). Wahrscheinlich darf man
dem Emendator die Berichtigung von PorX zu TE2NX (vgl
LXX) zuschieben.
26, 7 DyrTos ı WAR MI S2N: (Pas. a). Versionen wie H.
Aber schon Klostermann erhebt Bedenken gegen die Echtheit
des Dyr1, das nur einen Teil des von David erstrebten Zieles
SNY + WIN + DYr1 darstellt; das in V. 6 erwähnte Mrd wäre
ein guter Ersatz für DYy und könnte vielleicht vom Emen-
dator als bessere Lesart angemerkt gewesen sein.
26, 16 ns ı np [:] (Pas. b). LXX verändert die Satz-
stellung des "X ff in folgender Weise: tTö döpu toü Bacıkewg
xai Ö6 @akös TOÜ Ldaros TOU Eotı TA TIPOG Kepalnig auroü‘,
könnte also gelesen haben: NYTI"NS und WR D>N (vgl. L. Reinke,
Beiträge zur Erklärung des AT VII 137). Aber dieser Zu-
ruf hat doch etwas Unwahrscheinliches; zunächst wird V. 11 der
Zusatz YNINND WN nur zu NW gemacht; weiter bietet David
in V. 22 nur den Speer zur Zurückgabe an: hätte er aber
vorher die Aufmerksamkeit von Abner und Saul auch auf den
an sich genommenen Becher gelenkt, so hätte er später diesen
46 Grimme, Pasekstudien.
kaum von der Zurückgabe ausschliefsen können. Ich möchte
daher empfehlen, den Text von H bis auf später eingeschobenes
DOT ANBSNN für richtig zu halten. Der Konstatierung dieses
Einschubs mag das Pasek-Legarmeh gelten.
26, 19 DMMK DIN 93 ı DO [:] (Pas. b). Ich beanstande
die Echtheit der Worte NBnDI1B DYWT: und zwar D\WT, weil P
es ausläfst, auch David jedenfalls nicht mit Recht behaupten
konnte, dals gerade jener Tag seine Vertreibung aus Israel
mit sich brächte; weiter NBndn, weil die Wurzel NBD sonst
nie mit 2 konstruiert wird. Sollte die Variante nicht auf eine
Lesart ABiND7T „auf der Schwelle schlafen“ (vgl. Ps 84, 11)
hingewiesen haben? Hierbei wäre 2 an seinem Platze.
26, 21 Wa ı aW/ ınnon (Pas. a?). Versionen wie H. Wenn
Saul in seiner Reue sich zur Aufforderung herablälst, David
möge wieder zu ihm kommen, so wäre zu erwarten, dals David
in seiner Antwort darauf Bezug nehme. Das geschieht aber
nicht. Aufserdem erweckt das Wort 2% die Idee, als stelle
David noch den am Hofe Sauls ein- und ausgehenden Privat-
mann und nicht den Chef eines nach Hunderten zählenden
Haufens landflüchtiger, aus ihren Stämmen ausgestolsener
Leute dar, für die unter geordneten Staatsverhältnissen der
Begriff „Heimkehr“ nicht existierte. Aus diesen Gründen kann
man an der Echtheit von 21 zweifeln und auch in unserem
Pasek-Legarmeh den Ausdruck des Zweifels seitens des Emen-
dators sehen.
26, 23 72 DT ı mm WM WN (Pas. a). Versionen wie H,
nur dals LXX so übersetzt, wie wenn '7'2 in ihrer Vorlage
gestanden hätte. Aber nicht 72 scheint mir einer Korrektur
zu bedürfen, sondern m‘ ist auszuschalten und dann zu über-
setzen: „Jahwe möge dem Manne (d. h. mir, David) seine Ge-
rechtigkeit und Treue vergelten, ihm, in dessen Hand er dich
heute gegeben hatte“; die Trennung des Relativsatzes von
seinem Regens durch Einschiebung von WWDN"NN INPTI"NN hat
nichts Abnormes, weil auch deren zwei Suffixe auf dieses
Regens zurückgreifen. Damit wäre wohl auch die Variante
des Emendators gefunden.
Grimme, Pasekstudien. 47
27,1 YasoR ı mbar mbar ‘> (Pas. a). Hinter ‘I lasen LXX
und P noch DN. Wohl mit Recht vermutet Wellhausen, dals
dieses im folgenden »5Dn untergegangen sei. Stände nun Pasek-
Legarmeh hinter v>nr, so würde ich als Urlesart bzw. als
spätere Randvariante 892 DN vermuten; aber nach der Stellung
von Pasek-Legarmeh zu schliefsen, muls auch in &IOX ein
Fehler vorliegen, so dals eine Textform anzusetzen wäre wie:
v2 wur DNS (As Syn) „für mich besteht das einzige Heil
darin, heimlich zu entkommen“.
28,12 od ı NWON men NDNMN (Pas. a). Versionen wie
H, nur dals P Wit unübersetzt läfst. Mit oder ohne MWN7T
hat die Stelle das Bedenkliche, dals sie nicht darüber aufklärt,
woran das Weib urplötzlich die Persönlichkeit Sauls erkennt.
Mit Nowack stimme ich aber F. Perles zu, wenn er vorher-
gehendes IXi0Y als Verschreibung aus 8% nimmt; im Hin-
blick auf das Pasek-Legarmeh möchte ich nun noch "IX statt
"NN lesen und überhaupt in unserem MRWON das ursprüng-
liche, durch Zufall in eine falsche Zeile geratene Adverbiale zu
MIST SM erblicken. Erst dadurch, dafs das Weib Saul scharf
ins Auge falst (O8 18%), wird es über ihn richtig orientiert.
Die Worte xioX"ns werden nachträglich zur Ausfüllung der
Sinnlücke zwischen IST und PyiN eingeschoben worden sein.
28, 15 ‘a pomrı53 ı oınvoD1. Versionen wieH. Die Beziehung
von Pasek-Legarmeh zum Texte bleibt mir unklar.
29, 3 Inter bo ı Sin? 72y (Pas. a). Versionen wie H.
Kann aber nach der Grammatik der folgende Relativsatz „der
bei mir war...“ wirklich auf David bezogen werden? Läge
nicht seine grammatische Beziehung zu Saul näher? Erscheint
dadurch schon der Zusatz I" 70 in bedenklichem Lichte,
so macht auch der Ausdruck MX 29 stutzig. Mit der Er-
innerung an das frühere Dienstverhältnis Davids zu Saul
mulste Achis bei den Philistern im Augenblicke des Auszuges
gegen Saul sicher den guten Eindruck seiner günstigen
Empfehlung Davids vernichten. So kann vielleicht Pasek-
Legarmeh auf die Ausscheidung der Worte „Diener Sauls,
des Königs von Israel“ deuten.
48 Grimme, Pasekstudien.
30,21 NT ns ı na9n ı BD WR (2 Pas. a). Der Sinn von
7135 soll sein: „zurückbleiben“ (LXX), „müde“ (Siegfried-Stade),
„feige sein“ (Klostermann). Ich ziehe vor, es mit P durch „Wache
halten bei“ zu übersetzen. Dann erweist sich das folgende
n>bp als unmöglich, und man wird, wiederum nach P, n»>p
als Verschreibung aus DY9377 (syr. mänd) „das Gepäck“ nehmen;
werden doch auch V. 24 die hier erwähnten Leute als Wr
pSST5y bezeichnet. Weiter ist dann auch 7 “8 nicht zu
halten, und man darf es streichen, da P es spurlos ausgelassen
hat. Wir haben also Grund, das zweimalige Pasek-Legarmeh
mit zwei zu P stimmenden Randglossen in Verbindung zu
bringen.
30,22 ya ı Whn-5a Yys: (Pas. b). Die zum letzten Versteil
zu suchende Variante wird enthalten haben, dals 96% wm
zu streichen sei. P läfst 5" unübersetzt; 97139, das schon
durch sein 3 postpositivum auffällig ist und inhaltlich wenig
zum Heimbringen von Weib und Kind palst, könnte seine
Entstehung einer Verkennung des Satzverhältnisses hinter
3 verdanken. Es scheint nämlich eine Mischung von zwei
bei 13 möglichen Konstruktionen vorzuliegen, indem das ent-
ferntere Objekt einmal in den Dativ (D75) und darauf in den
Akkusativ (BR) gesetzt ist. Indem man später in BAR nicht
mehr den Akkusativ erkannte, glaubte man ein weiteres Prä-
dikat notwendig zu haben und riet auf ausgefallenes 1m“.
Die Randvariante mag nun diese neue Lesart zurückgewiesen
haben.
30, 24 mm ı para m [:] (Pas. b). Der Emendator wird
kaum gleich dem Ker& die Kleinigkeit „Tr lies 111%
angemerkt, noch weniger aber das Vorhandensein eines Zu-
satzes vor 9, den LXX als örı oöx Arrov Aulv eicı liest,
konstatiert haben: denn die Stellung von Pasek-Legarmeh er-
laubt nicht das Raten auf Worte, die noch dem vorhergehen-
den Satze angehören. Mir scheint, als ob Pasek-Legarmeh
auf Streichung des letzten Satzstückes ıp5rm y1 gehe. Dieses
erlaubt nur die Übersetzung „zusammen sollen sie teilen“, ein
Grundsatz, den David den Seinigen nicht erst zu proklamieren
Grimme, Pasekstudien. 49
hat, da den Hütern des Gepäckes auf alle Fälle ihre Weiber
und Kinder aus der Beute wieder zugestellt werden sollten;
der Zusammenhang verlangt aber den Sinn: „zu gleichen
Teilen soll ihnen zugemessen werden“, was auch LXX. mit
Kata TO aUTO nepioüvran ausdrückt, ohne aber wohl einen an-
dern hebräischen Text als den unsrigen vor sich gehabt zu
haben.
31, 4 SAP) ı Tann ab. Für die Annahme von Pas. a fehlt
jeder Anhalt; unter der Bedingung, dafs der Satz AV ff bis
wbbyn einmal als selbständiges Kolon gemessen worden sei,
liefse der Strich sich als Pas. b deuten und auf Ausscheidung
des nach 1 Chr 10, 4 überschüssig stehenden, auch inhaltlich
bedenklichen (vgl. Wellhausen) ‘PT beziehen.
31,7 ya my2 ı wWN) (Pas. a). In P fehlen die beiden
Worte, zwischen welche Pasek-Legarmeh eingesetzt ist, und
pay) NaYaWdR bildet mit JM1 ein Genitivverhältnis. Mit
dieser Auffassung deckt sich ungefähr die Lesart von 1 Chr
10, 7, nach welcher nur die Leute flohen, welche p2y3, d. h.
im Jordantale, dem jetzigen Gör, wohnten. So darf man wohl
dem Emendator die Absicht beilegen, 292 WN\, vielleicht
auch noch 77177 als Glosse zu kennzeichnen und auszu-
scheiden.
Biblische Zeitschrift. II. 1. 4
Münchener Handschriftenfragmente. Bruchstück
von Saadjas Proverbienübersetzung.
Von Prof. Dr Joh. Göttsberger in München.
ie im folgenden kurz beschriebenen Pergamentblätter
wurden erworben gelegentlich des Ankaufes einer Samm-
lung von Papyrushss, die der vorsorgliche gegenwärtige Leiter
der kgl. b. Hof- und Staatsbibliothek, Geheimrat Dr G.
v. Laubmann, durch Vermittlung von H. Thiersch im Jahre
1900 den reichen Schätzen der Münchener Bibliothek zuführte
(vgl. Archiv £ Papvrusforschung I 468—501; II 124fJ. Vom
Verkäufer als Zugabe zu dem umfangreichen Erwerb von
Papyrushss gewährt, konnten sie keine grolsen Erwartungen
erwecken. Immerlin war es bei den damaligen Aufsehen er-
regenden Funden auf dem Gebiete der hebräischen Literatur
(Sirachtext) nicht ausgeschlossen, dals ein günstiger Zufall mit
den unscheinbaren hebräisch beschriebenen Blättern und
Fetzen dem ersten Bearbeiter irgend ein wertvolles Stück ın
die Hände spiele. Wenn nun auch das Finderglück dem
Schreiber dieser Zeilen, dem der entgegenkommende Leiter
der Staatsbibliothek die Fragmente zur Bestimmung und
Verwertung gütigst zur Verfügung stellte, nicht gewogen ge-
wesen ist, so mag es doch nicht zwecklos sein, das Ergebnis
der Prüfung nach dem Vorgange anderer Bibliotheksverwal-
tungen zu veröffentlichen. Vor allem ist es von Interesse, zu
wissen, was für Kaufsobjekte im Oriente umlaufen, und im
ganzen ist das hier Verzeichnete der Art nach nicht viel ver-
schieden von der Hauptmasse dessen, was insbesondere eng-
lische Bibliotheken erwarben. Sodann befindet sich darunter
doch ein verhältnismälsig bedeutsameres Stück, das einer
Göttsberger, Münchener Handschriftenfragmente. 51
näheren Untersuchung wert ist: das im Titel eigens bezeichnete
Bruchstück der Saadja-Übersetzung. Letzteres sowie der
Umstand, dafs ein Drittel der Fragmente der biblischen
Literatur angehört, rechtfertigt die Veröffentlichung in dieser
Zeitschrift. Der Fragmentenfaszikel trägt provisorisch die
Bibliothekssignatur: Cod. hebr. 419.
A. Biblische Fragmente (Cod. hebr. 419. I. 1-5):
1. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten zu je 3 Ko-
lumnen von 27 Zeilen (Höhe 27 cm, Breite 25 cm). Inhalt:
Nm 26, 44—28, 8; 31, 35—32, 39, Text vokalisiert, mit Massora
magna (1 Zeile am oberen, 2 Z. am unteren Rande) und parva.
2. Einfaches Blatt mit 2 beschriebenen Seiten zu je 3
Kolumnen von 20 Zeilen (32><32). Inhalt: 1 Sm 2, 15—3, 5;
Text vokalisiert, mit Mass. magna (3 Z. unten) und parva.
3. Bruchstück mit einzelnen Worten und Zeilenresten aus
Jer 8, 9—21. Text vokalisiert, Massora parva.
4. Stück von einem Doppelblatt mit noch erkennbaren
Resten von Ruth 1.
5. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten, 22—24 durch-
laufende Zeilen (20x21). Inhalt: Arabische Übersetzung von
Prv 10, 1—11,18; 18, 19—20, 16. Näheres am Schlulfs.
B. Talmudische Fragmente (Cod. hebr. 419. II. 1—5):
1. Halbes Blatt in breitem Format, Schrift grolsenteils zer-
stört. Inhalt: Aus (bab.) Jebamoth f. 74*.—75° mit Randnoten.
2. Kleines Blattfragment (Breite 16 cm). Inhalt: Aus
(bab.) Sanhedrin f. 59.
3. Einfaches Blatt (21><18). Inhalt: Pirk& Aböth IV 5
bis V 4.
4. Doppelblatt mit 3 beschriebenen Seiten (261/2 x 22).
Inhalt: Aus (bab.) Nidda f. 14.—15b; f. 646°-65*. Eine Seite
unbeschrieben, vielleicht für andere Verwendung abgeschabt.
5. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten (191/218).
Inhalt: Schluls und Beginn der Mischnatraktate Tebul jom
resp. Jadajim mit arab. Randnotizen in hebräischer Schrift.
C. Aus der späteren jüdischen Litteratur (Cod. hebr.
419. III): Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten (20x21,
4*
52 Göttsberger, Münchener Handschriftenfragmente.
Rand zerstört). Inhalt: Scheelthoth, d. i. Untersuchungen, die
sich gewöhnlich an die Sabbatslesungen anschlossen. Die hier
erhaltenen Reste handeln nach S. 2 und 3 von Ex 10,1 und
13,17 (nach B. Mayer, Das Judentum, 1843, 544, Paraschen
vom 27. Januar und 3. Februar). Identisch mit den Scheelthoth
des R. Achai (vgl. über ihn Zunz, Die gottesdienstlichen Vor-
träge bei den Juden, 1892, 66).
D. Liturgische Fragmente (Cod. hebr. 419. IV. 1-3):
1. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten (25% 21), Frag-
ment eines Machsor mit folgenden Stücken: a) Schlufs eines
Gedichtes, dessen 2. Vers jedesmal beginnt mit 'yawır 21
(auf den 7. Fasttag oder auf das Fasten des 7. Ti$ri, zwei
Tage vor dem Versöhnungsfeste); b) „Schubah des R. Elieser“,
ein religiöses Gedicht, dessen vierzeilige Strophe im 1. und
letzten Verse je mit 131% resp. MNBN beginnt; c) Stücke aus
der Thephilla für den Versöhnungstag; vgl. Sachs, Das Ge-
betbuch der Israeliten?!, 1893, 416ff oder den Prager Machsor,
Band für den Versöhnungstag (Ausgabe von 1846).
2. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten (21'1/2>x171}).
Inhalt: Poetisch-liturgische Stücke; z. B. S. 2 Anfang der
Haphtare Is 6, 1, wozu ein Piut gefügt wird mit den Aus
gängen der Versstücke von Is 6, 1 als Reim; die Stücke des
2. Blattes finden sich mit einigen Abweichungen im Mussaph-
Gebet des Versöhnungstages.
3. Eckstück eines Blattes. Auf der rechten Seite ein
religiöses Gedicht, durchgängig auf Y8 reimend; ein Gedicht
mit dem gleichen Reim, wenn auch nicht dem Inhalte nach
sich ganz deckend, findet sich im Prager Machsor für den
2. Tag des Neujahrsfestes (Ausgabe von 1846 S. 134ff). Auf
der 2. Seite Reste eines Gedichtes mit Strophenreim.
E. Einzelne Stücke (Cod. hebr. 419. V.1—2):
1. Halbes Blatt mit fehlendem Eck (Breite 16 cm), wohl
ein Midrasch zu Nm 25 (?).
2. Eck eines einseitig beschriebenen Blattes, arabisch
in hebräischer Schrift. Inhalt: Wohl ein Kaufvertrags-
fragment.
Bruchstück von Saadjas Proverbienübersetzung, 53
Eine besondere Erörterung verdient noch das Bruchstück
von Saadjas Proverbienübersetzung. Auffallen mufs so-
fort die Anlage: jedem Verse sind die hebräischen Anfangs-
worte vorausgeschickt, sei es dals demjenigen, für den sie
bestimmt war, der hebräische Text nur angedeutet zu werden
brauchte, oder dafs die Entstehungsweise und der Zweck
der Arbeit dies mit sich brachte. Die Varianten dieser
hebräischen Versstücke gegenüber dem MT sind, wie zu erwarten,
nicht bedeutend, meist nur Verschiedenheiten der Schreibung:
10, 4 ty wN; 10, 10 73 Yp; 10, 19 2193; 10, 26 D3W5; 11, 16
Sn MZN und zwar mit besonders grolser Schrift wie mabw wm
10, 1 als Überschrift (dem Schreiber schwebte offenbar 31, 10
vor Augen, wo die Lesart stimmt und auch die Fassung als
Überschrift am Platze ist); 19, 3 AoY; 19 13 am; 19, 21 129
nd wieder grols geschrieben; ebenso 20, 8 201 "bu.
Auch die Varianten zu sonst bekannten Zeugen der
Saadja-Übersetzung sind von keiner grofsen Bedeutung. Da
die Herausgabe des Textes durch J. Derenbourg (Oeuvres
completes de R. Saadja ben Josef al-Fayyoümi VI: Les Pro-
verbes 1894) für absehbare Zeit abgeschlossen ist, mag es am
Platze sein, die Lesarten hier zusammenzustellen.
Die Wiedergabe des arabischen Lautbestandes durch das
Hebräische ist nicht so genau wie bei Derenbourg. Es fehlen
7, 1 (bei stat. constr. gibt unsere Hs gern n), 5, N; dagegen
werden 3, &, 3 bezeichnet; Tesdid ist nicht gesetzt. Im übrigen
finden sich folgende Differenzen (voran setze ich die Lesart
der Ausgabe im Texte, nach ] die Lesart der Hs):
10,1 8050] yoıbo — 7 bar] 521 — 8 5ap1] DR (Sal) —
11 nonsoR] yrosson — 12 DIOR yDi] om yo) — 15 DANKAN]
DANMARK — 16 mn] arroR — 17 920] 91320? — Men) IM —
18 7 Ay] 7 (2) 1y833 (Schreibfehler?) — 19 mnaw] mnowb
— 22 292] n912 — man = Hs; Ms '3 und I von Der.: an
— Apwoor] mpppDR (sonst Äx&s) — 24 MDR] 199 (wohl Schreib-
1 Der Text Derenbourgs beruht auf der Oxforder Hs: Catal. Neu-
bauer Nr 119 (= 's); '3== Brit. Mus. Ms. Or. 2375; —=Kgl. Bibl. in Berlin
Ms. or. fol. Nr 1203.
54 Göttsberger, Münchener Handschriftenfragmente.
fehler) — 26 IKITR31] "Tot — m5DRN5] mIORY) — 27 Tr — Hs
(gegen TIN von '2 und 3) — 28 PTIRSIR 133) SIR 837 (viell.
beeinflulst von 285) — 29 PRPTINY] PRANBN) — 30 MORSON1]) om ı
(= MT) — pohehny) Yobseon) (Einfluls des Neuarabischen?)
— INTR 7320) 85] PIRdR 011 8b — 31 w3] oa.
11,2 ns] 8n8 — 3 am] 20) — 4 osıpaR] om In —
APTSIR] ARPTSIR = 'R — 5 npme] mpıp — 6 nxbs1] om 1
(= MT) — pbpy'] om — 7 xoaxd] JD3RdR (ebenso 19, 3. 11) —
panda] add Tan (se) — 9 prob] ProRSoR (vgl. zu 10,30)
— 10 Baba] 189398 — 337] 97 — 11719932] 79922 (stat. constr.)
— 14 In] Syn — yp1] ya?) — 15 wer] As — 05 = Hs (gegen
xD5 von 'N) — BYDBiR] M23IR — 16 INDOOR — Hs gegen \NP1
von 2 und ) — En] xen — 17 mSaNpR] DD — DNp] 'oRp
(3 u. '1: 'DRPIR).
18,19 1983 (Korrektur des Der.)] 383 = den 3 Mss —
id — Hs (gegen ‘DB von '2 und ) — 21 An] x — 22 }0 am
Versbeginn] praem | — '8 39 }D] om 19 — 23 '\N] praem I —
HorosR] NOwoRı — Miy2] myoR2 — 24 Did] DiRbO(?) — IS 1]
NORD.
19,4 A988) POMD (BPTSS: I u. 2) RONBN Ti IRDOR
MINTISK 79 nn TB3] DB TPEN (?) KPTSRÖR mN32 RT INDOR
INPWDY ITIR3 (sachlich identisch, formell aber vollständig von-
einander abweichend) — 5 ]8 883] om; = "3 u. I — 7875 12°
mendaR] "Dart 753 jn 872° (menooN) bieten auch '2 u. 9) —
rap 89] m pp ne 85 — 7 ni) Kan — JR AB] DD —
NVDR] SYDR — NND] mNRND — 8 10] 105 — 9 802] praem \
— 721] 813° (vgl. 19, 5) — 13 3833] 338 — 14 INPyoN] praem ı
— 16 P%a2] pre2 (vgl. 11,5) — 17 2898] ART — YaDobR 9%]
om y — MKDIR] MRIR) — 19 7799 °D NTIS 9 JD N355N IN RD]
a8 8 mn Ton yroı jo 1359 93 121 1y — 21 NANDDN] \KIDN
— 22 mOR] nb(P); om’au.% — TS mMpB] om 13 — 375] 258
— 23 pn] praem ! — hanprbı] Annopsmt (wohl Schreib-
fehler) — 2988] 98° (gegen '2 u. ‘1: DIN) — 24 I1RSıIN — Hs;
2 u: 80ND — 26 NaN] man.
ı Viell. auch 330° zu lesen.
Bruchstück von Saadjas Proverbienübersetzung. 55
20, 1 1875] mn755 — 5 DB 8%] '’D 17 (voraus geht .„,E) —
6 DRIbR] om — finsdR] om IR — 7 am] Kata — 9 mar N]
Yp SR — 10 IRniasoR) nRsdR) — Iınyo] DIR — 13 85%]
853 — 14 in] 8 N.
Wiewohl die Varianten meist nur verschiedene Schreib-
arten! (auch blolse Schreibfehler?), kleine formelle Difierenzen3
darstellen, so sind doch darunter auch einige bedeutendere
selbständige Lesarten, die das Fragment als einen Zeugen
den übrigen wenigen Textzeugen beiordnen. Die selbständigen
Lesarten sind bedeutender als diejenigen, die eine vor-
herrschende Hinneigung zu irgend einem der drei von Deren-
bourg zugänglich gemachten Texte bekunden. Doch ist an
der Mehrheit der Stellen, wo die Hss auseinandergehen, unser
Zeuge an der Seite des Textes der Ausgabe ('8) zu finden
(10, 22..27; 11, 4.15.17; 18,19; 19, 22. 23. 24); seltener geht
er mit ‘2 und ’) des Derenbourg (11, 15. 17; 19, 4. bis) gegen 'N.
Die Richtung der selbständigen Lesarten ist nicht bestimmt.
Wenn 10, 26 unsere Hs sich der LXX anschlielst, so steht sie
anderseits 19, 5 und 19, 17 dem MT näher als die sonst be-
kannte Lesart.e Die Variante 10, 29 könnte man unmittelbar
auf das Hebräische zurückführen, sofern unserer Hs besser
NrOD (st. And) entspräche. Von den bedeutenderen Lesarten
sind 19, 4 und 19, 19 selbständigen Ursprungs; erstere ent-
fernt sich mehr vom MT, 19, 19% ist in der Auffassung dem
Hebräischen näher gekommen; die Hinzufügung bei 19° 131 ny
scheint das Streben nach Klärung des Sinnes als Grund der
Änderung zu erweisen.
ı 2. B. plene geschriebenes a wird bald bezeichnet, bald nicht;
Unterschiede in der Transkription finden sich ab und zu; | und ,$ am
Wortende wechseln.
2 Nom. plur. }' statt 1 wird auch von J. Cohn (Das Buch Hiob übers,
und erkl. vom Gaon Saadia 7) in andern Hss bemerkt. Hier findet sich
auch im Sing. die gleiche Vertauschung: 19, 26; 20, 5.
3 Synonyme Worte wechseln ab; z. B. 10, 8.28; im formellen Ausdruck
finden sich bedeutungslose Varianten, z. B. 10, 19; 18, 22; 19, 7.8.
Neutestamentliche Prinzipienfragen.
Von Prof. Dr Jos. Sickenberger in München.
hronistenpflicht macht es dem Redakteur des ntl Teiles
dieser Zeitschrift zur Aufgabe, eingehender über eine neuer-
dings von protestantischen Theologen mehr und mehr ver-
tretene Auffassung des NT zu referieren, welche auf eine
fundamentale Reform im Verständnis der ntl Schriften und
damit der christlichen Religion selbst abzielt. Die Bewegung
ist an und für sich nicht neu. Im Prinzip liegt sie bereit eıin-
geschlossen im Mythizismus eines David Friedrich Strauls,
welcher es schon versucht hatte, „den Supranaturalismus in
Mythologie umzusetzen, dieser Mythologie aber einen tief
idealen philosophischen Sinn unterzulegen* i. Neuerdings wird
nun der Akzent weniger auf den idealen Inhalt der ntl „Mythen“
gelegt, als vielmehr auf ihren mythenhaften Charakter selbst,
wobei der religionsgeschichtliche Faktor, die Frage nach der
Herkunft dieser Mythen, im Vordergrunde steht.
Den Versuch, diesen Anschauungen ein programmatisches
Gepräge zu geben, hat nun D. Herm. Gunkel, ao. Professor
der atl Theologie zu Berlin, in einer Schrift mit dem Titel:
„Zum religionsgeschichtlichen Verständnis des Neuen
Testaments“ unternommen. Die Schrift bildet das erste Heft?
eines neuen periodischen Organs, der „Forschungen zur
Religion und Literatur des Alten und Neuen Testa-
ments“, welches der Verfasser gemeinsam mit Prof. Wilh.
Bousset in Göttingen herauszugeben begonnen hat. Der
ı Al.v. Schmid, Apologetik als spekulative Grundlegung der Theo-
logie, Freiburg i. Br. 1900, 83.
2 80, VII u. 96. Göttingen 1903, Vandenhoeck & Ruprecht.
Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 57
neuen Zeitschrift liegt eine besondere Idee zu Grunde. Sie
soll „ein Sammelpunkt zunächst für alle diejenigen Arbeiten
sein, die das gemeinsame Bestreben zeigen, die Geschichte der
Religion des Alten und Neuen Testaments im Zusammenhang
mit den verwandten, zeitlich und örtlich nahestehenden Re-
ligionen des Altertums zu erforschen und darzustellen“. Schon
die Namen der Herausgeber wie das Programm, mehr aber
noch der Inhalt des vor dem ersten Hefte erschienenen zweiten:
W. Heitmüller, „Im Namen Jesu“. Eine sprach- und
religionsgeschichtliche Untersuchung zum NT, spe-
ziell zur altchristlichen Taufe, lie[sen erkennen, in welchem
Geiste die zu erwartenden Studien dieses Organs geschrieben
sein werden. Referent hat in einer Rezension des Heitmüllerschen
Buches die Befürchtung ausgesprochen, „der religionsver-
gleichende Gesichtspunkt werde wohl von der Mehrzahl der
neuen Arbeiten derart in den Vordergrund gerückt werden,
dafs für eine göttliche Offenbarung im positiven Sinne des
Wortes kein Platz mehr bleibt“ !. Die neue Arbeit Gunkels,
welche ja noch in höherem Malse als Heitmüllers Unter-
suchungen als typisches Inaugurationsprogramm der neuen
Zeitschrift gelten darf, hat diese meine Befürchtung durchaus
bestätigt, indem sie den Faktor einer in der Heiligen Schrift
niedergelegten positiven göttlichen Offenbarung nicht nur etwa
methodisch für die wissenschaftliche Untersuchung beiseite
läfst, sondern ihn direkt ablehnt.
Ja G. macht neben anderem den Glauben an eine solche
sogar dafür verantwortlich, dals die ntl Forschung in seinem
Sinne so zurückgeblieben ist, dals sie in der Exegese des
Schrifttextes ihre Aufgabe für erledigt ansah. „Es ist
in erster Linie die wenn auch im Prinzip aufgegebene, so
doch tatsächlich noch immer fortwirkende Inspirationslehre
und der zwar erweichte, aber. das Denken der meisten Theo-
logen noch immer bestimmende Supernaturalismus, wonach
man behauptet, die Religion der Bibel sei spezifisch von
1 Theologische Revue II (1903) 330 £.
58 Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen.
allen anderen Religionen verschieden, und es könne also keine
Rede davon sein, dals man Beiträge zur Religion der Bibel
und nun gar des NT von den ‚heidnischen‘ Religionen her-
beibringen dürfe“ (8.5). Es liegt in dieser Formulierung G.s
zwar eine starke Übertreibung. Denn auch der offenbarungs-
gläubige Theologe wird nicht behaupten, dafs Gott stets in
völlig neuen Formen zur Menschheit gesprochen hat, so dals
auch nach der rein menschlichen Seite der Offenbarung eine
Religionsvergleichung von vornherein ausgeschlossen wäre.
Immerhin aber trennt die völlige Ablehnung des Offenbarungs-
faktors G.s Anschauung von der katholischen oder orthodox
protestantischen derart, dals ein gemeinsamer Boden zur Ver-
ständigung nicht zu erzielen ist. Wir könnten uns demnach
mit dieser Konstatierung begnügen, wenn es nicht auch ander-
seits unsere Pflicht wäre, die vom Gegner als einzige und wahre
Wissenschaft ausgegebenen Resultate nebst der Solidität ihrer
Beweisgründe kennen zu lernen.
G. ist zweifellos ein Achtung gebietender Gegner!. Mit
weit ausgebreiteten religionsgeschichtlichen Kenntnissen ver-
bindet er Gründlichkeit und Mafshaltung. Frivolität und Effekt-
hascherei sind ihm fremd. Dafs ihm „leichtherzige Neuerungs-
sucht“ ferne liegt, versichert er selbst in der Vorrede. Auch
muls G. zugestanden werden, dals, wer seine prinzipiellen An-
schauungen teilt, manchen seiner Resultate unbedingt zustimmen
mu[ls — ich sage: manchen; denn schon die Tatsache, dafs G.
auch den „gleichgestimmten Fachgenossen* eine neue Bot-
schaft zu künden hat, dals er die ntl Anschauungen eines
Heinrich Holtzmann, eines Harnack u. a. überbieten will,
dals er mit Wellhausen sich auseinandersetzen muls, beweist,
dals seine Wege nicht so selbstverständlich und a priori sicher
sind, wie er sie darstellte. G. will neben die im kritischen
Lager längst feststehende Beeinflussung des ntl Christen-
tums durch den Hellenismus auch die Beeinflussung durch
orientalische Mythen als zweiten, aulserordentlich wichtigen
ı Vgl. BZ I 324.
Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 59
Faktor setzen. Diese Beeinflussung soll sich via Judentum
vollzogen haben. Es ist klar, dafs in Konsequenz seiner
These G. zuerst mit der Anschauung, dals das Judentum eine
ziemlich selbständige, von fremden Einflüssen fast unberührte
Religion darstelle, gründlich aufräumen muls. Es werden des-
halb schon wichtige Bestandteile der vorexilischen Religion
als anderswoher stammend dargetan. Die Bilder der Eschato-
logen, welche von Weltkatastrophen, Weltbränden, Wasser-
fluten u. a. erzählen, seien nicht auf israelitischem Boden ent-
standen. „Die Idee von einem kommenden Weltreiche, das
über alle Nationen gebietet, und die damit zusammenhängende
von einer künftigen Weltreligion, der alle Völker anhangen,
eine Idee, die in der israelitischen Eschatologie so häufig auf-
tritt, kann sicherlich nur auf dem Boden eines grolsen welt-
herrschenden Volkes und nicht in einem Winkel der Erde
entstanden sein“ (8.24). „Der israelitischen Königshofinung
"ist eine fremde, mythische vorangegangen“ (8. 25). So ist nach
G. auch die Weisheitsliteratur fremden Ursprungs. Die Pro-
verbien stammen aus Ägypten. Mit der Beweiskraft der
Parallelen nimmt es G. allerdings nicht sehr genau Wenn
hier wie dort „Ermahnungen, den Frevler nicht zum Freunde
zu erwählen, dem Bettler zu geben, sich nicht zu setzen, während
ein Älterer steht, die Mutter zu ehren und ihrer vielen Mühsal
zu gedenken, vor dem Weine sich zu hüten, dem zornigen
Vorgesetzten nicht zu antworten“ u.a. sich finden, dann ist
nach G. die Entlehnung der einen Literatur von der andern
schon sicher. Als ob nicht auch unabhängig voneinander die
Bewohner verschiedener Himmelsstriche darauf hätten kommen
können, die allgemeinen Lebenserfahrungen, die wohl überall
dieselben sind, in Sprichwörtern niederzulegen.
Wenn schon das vorexilische Judentum nach G. soviel
des Fremden enthielt, so noch in weit höherem Malse das
nachexilischee Doch wählt sich hier G. weniger das offizielle
Judentum, das ja seine Religion rein zu erhalten bestrebt war,
als Objekt der Untersuchung aus, als vielmehr die tiefer liegen-
den Schichten, die Unterströmungen, wie sie hauptsächlich in
60 Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen.
der apokalyptischen Literatur sich ausprägten. Vor allem ist es
nach G. das Auferstehungsdogma, welches erst in dieser Zeit,
„als man an diesem Leben zu verzweifeln begann“ (S. 32), vom
Orient her einwanderte, nachdem es der lebensfrohen alt-
jüdischen Religion fremd geblieben war. Ich überlasse die
Nachprüfung dieser These selbstverständlich den „Alttesta-
mentlern“, kann aber mein Erstaunen über die Methode G.s
nicht unterdrücken, der es hier versteht, bestimmte An-
deutungen zu verwischen, während er bei andern Gelegen-
heiten aus den unsichersten Spuren grolse programmatische
Sätze herauszulesen im stande ist.
So gelangt denn G. zu dem Resultate, dals das Juden-
tum zur Zeit Christi eine synkretistische Religion gewesen sei.
Es ist nun nur mehr ein Schritt, wenn die gleiche Thesis auch
bezüglich des Christentums aufgestellt wird. G. wagt es denn
auch, diesen Schritt zu tun. Er stellt sich dabei auf die modern
kritischen Anschauungen bezüglich der einzelnen Schriften
des NT, wählt also damit schon eine Basis, von der er mit
einiger Unparteilichkeit sich selbst hätte sagen müssen, dafs
sie nicht absolut solid sei. Und ebenso hätte er die Über-
zeugung gewinnen können, dals er mit der modernen Trennung
von „Christentum, d.h. der Religion der ersten christlichen
Gemeinde“, und „Evangelium, d. h. der Verkündigung Jesu, wie
wir sie vorwiegend aus den Synoptikern erschlielsen“ (8.36), sich
auf einen Boden begibt, wo Subjektivität und Willkür Orgien
feiern können. Wo der Hinweis auf die Synoptiker nicht
einmal mehr gilt, da lälst sich freilich leicht von der einen
Tatsache behaupten, sie ist ursprünglich, von einer andern,
sie ist später eingetragen. Widerspruch und Widerlegung sind
hier von vornherein abgeschnitten. Indes sei es hier auch
zur Ehre G.s gesagt, dals er diese Scheidung von Synopse
und altchristlichem Glauben mehr theoretisch behauptet als
praktisch ausnützt. So wird z. B. der lukanische Bericht über
die Kindheitsgeschichte Jesu energisch geschützt gegen moderne
Interpolationstheorien. Wohl aber stellt G. an die Forscher,
welche seine Wege wandeln sollen, Anforderungen, die einer
Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 61
Präokkupierung mindestens sehr ähnlich sehen: „Wer solche
Untersuchungen machen will, der muls vor allem eine deutliche
Vorstellung von der Art des Mythischen haben; er muls seine
Anschauungskraft durch Betrachtung orientalischer mythischer
Formen erzogen haben... Man muls hier (bei Betrachtung des
NT) den Mut haben, sich dem Eindruck der Dinge selbst zu
überlassen, und versuchen, mit feinem Ohr ihre innerste Art ab-
zulauschen“ (S. 37). Gewils sind diese Sätze richtig. Es darf
aber nie vergessen werden, dals mutatis mutandis ganz die
gleichen Anforderungen für die Interpretation eines historischen
Textes Geltung haben, und dafs nie die Hingabe an den „Ein-
druck der Dinge“ ausarten darf in ein Suchen nach mythischem
Sinn, wo keiner da ist.
G. wollte durch Aufstellung dieser Forschergrundsätze
zweifellos für seine Sache etwas Stimmung machen, Er ver-
fährt überhaupt psychologisch und pädagogisch. Es mag das
damit zusammenhängen, dals seine Erörterungen auf früheren
Vorträgen beruhen. Das Verschlucken der bittern Pille soll
etwas erleichtert werden. So beginnt G. auch die Einzel-
argumentation mit der Apokalypse, weil er hier, wo der
Bilder- und Phantasiereichtum in unerschöpflicher Fülle vor
uns liegt, am ehesten Zustimmung hoffen darf. Hierbei akzep-
tiert er aus der modernen Kritik des NT den jüdischen Ur-
sprung der Apk, wenigstens was die Stofie anlangt. Es
gelingt ihm nun, zahlreiche Parallelen aus babylonischen,
ägyptischen, parsischen Mythen anzuführen, welche mit dem
in der Apk Erzählten grofse Ähnlichkeit haben. Die Sieben-
zahl, welche ja in der Apk eine bedeutende Rolle spielt, wird
zurückgeführt auf die sieben Planeten. Was die Apk über
Engelwesen berichtet, ist „herabgedrückter Polytheismus“
(8. 41). Der „himmlische Divan* der 24 Presbyter hat in
den 24 babylonischen Sterngöttern seine Parallele. Die vier
apokalyptischen Tiere gehen zurück auf die vier Quartal-Tier-
kreisbilder. Vor allem aber stehen bezüglich der Schilderung
der himmlischen Stadt die mythologischen Beziehungen fest.
Wer erkennt in der goldglänzenden Stralse nicht sofort
62 Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen.
die Milchstrafse? Die Götterstadt der Heiden ist in die ganze
Schilderung übernommen worden. G. sagt wörtlich: „Diese
himmlische Stadt ist, so glaubt dann auch das älteste Christen-
tum, die wahre Heimat der Frommen, wo sie einst Gottes
Herrlichkeit schauen“ (S. 51). Sollen die ersten Christen dann
etwa auch noch an die perlenbesetzten Tore geglaubt haben ?
Bezüglich des Buches mit den sieben Siegeln erklärt G.: „Hier
haben wir also ein Dokument dafür, dafs solche Zaubervor-
stellungen auch ins Judentum und Christentum übergeströmt
sind“ (S. 61). „Fremde Religionen sprachen von einem kommen-
den neuen Magiergott, der kraft seines Zaubers die Herrschaft
über die Welt gewinnt und das Ende der Welt herbeiführt.
Da erzählte man sich von einer solchen Szene der Inthroni-
sation, durch die der neue Gott unter den alten anerkannt
und zum Vezier des Höchsten ernannt wird. Das synkreti-
stische Judentum bezog diesen Glauben auf seinen ‚Christus‘,
das höchste himmlische Wesen nächst Gott. Die christliche
Gemeinde aber behauptet: Unser Herr Jesus, der Gekreuzigte,
das ist*der Christus trotz seines schimpflichen Todes! Er ist
zum Himmel emporgestiegen und hat, zur Rechten Gottes, die
höchste Macht über die Erde bekommen! Er wird die Siegel
des göttlichen Buches lösen und das Weltende herbeiführen!
So verherrlicht die christliche Gemeinde Jesus Christus als
den, der Macht hat über Himmel und Erde, indem sie auf
ihn die Formen anwendet, die weit untergeordnete Religionen
für ihren Gott geprägt haben“ (S. 63).
So Gunkel. Wenneresnur bei der „Anwendung der Form“
beliefse! Wenn er nur nicht mit der Form auch den Inhalt so
häufig entlehnt sein liefse! Was G. im besten Falle gelungen ist,
das ist der Nachweis, dafs der Apokalyptiker sich einer grölseren
Anzahl von Bildern und Symbolen bedient, die dem damaligen
Christen- und Judentum geläufig und in ihrer Existenz uralt
waren, da sie bereits von alten Mythen ausgeprägt worden
sind. Das wird auch der zugeben können, der in der Apoka-
lypse positive göttliche Offenbarung niedergelegt sieht. Denn
„dals die Bilder der ekstatischen Vision an den Anschauungs-
Bickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 63
kreis des Sehers sich anschlielsen, ist unleugbar“ '. In all
den Thesen, welche G. bezüglich der Anschauungen des Apo-
kalyptikers aufstellt, scheint mir nur immer das kleine, aber
absolut notwendige Wörtchen Wie nicht scharf genug betont
zu sein. Christus am Ende der Zeiten ist nicht der alte
Zauberer, sondern handelt wie ein gewaltiger Magier, der
die Siegel eines geheimnisvollen Buches löst. Der Kampf der
gottfeindlichen Welt gegen die Kirche Jesu vollzieht sich wie
der Kampf des Drachen gegen die Himmelsgöttin, von dem
alte Sagen erzählen. Den Engeln teilt der Apokalyptiker eine
ähnliche Rolle zu wie die Heiden manchen Göttern. Also
nicht Objekte, sondern Gleichnisse des christlichen Glaubens
und Hoffens stellen die Stoffe der Apk dar. Obwohl G. das
kaum bestreiten wird, geht doch immer sein Bestreben dahin,
den Glauben der ersten Christen selbst in die Genesis seiner
bildlichen Formen hereinzubeziehen. Aber er jagt damit einem
Phantom nach, und tatsächlich ist das, was er ın dieser Rıch-
tung hier vorbringt, kaum der Ansatz zu einem Beweise. Man
ist eben nach allen Regeln literarischer Kritik einem Buche
gegenüber, das wie die Apk fast ganz in Bildersprache redet,
zu einer reinlich geschiedenen Behandlung von Form und In-
halt nicht blofs berechtigt, sondern verpflichtet. Parallelen in
der Form beweisen nie und nimmer Abhängigkeit des Inhalts.
G. sagt bezüglich seiner Auffassung der Apk: „Wer an
diesem Punkte nicht überzeugt wird, für den ist alles Folgende
sicherlich nicht beweiskräftig* (S. 38). Wir können uns also
bezüglich der G.schen Kritik an den historischen Texten
des NT kurz fassen. Hier zeigt sich nämlich in voller Deut-
lichkeit, dafs esihm nicht nur um die Form der Erzählung —
dieselbe ist ja bei den schlichten evangelischen Berichten dem
Inhalt adäquat —, sondern um das Erzählte selbst zu tun ist.
Dieses soll nicht vom historischen Jesus hergenommen, sondern
unabhängig von ihm und vor ihm entstanden sein. Was die
Evangelien über die wunderbare Geburt Jesu aus der Jung-
frau erzählen, soll alten Götter- und Heroensagen abgelauscht
ı J. Belser‘, Einleitung in das NT, Freiburg i. Br. 1901, 417£.
64 Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen.
sein. Die Kindheitsgeschichte Jesu bei Mt ist nichts als eine
Repristination der uralten Erzählung vom „alten König, der
den neuen Herrscher, der nach dem Orakel geboren werden
soll, verfolgt“ (S. 69). So falst G. auch die Berichte über die
Himmelfahrt und Hadesfahrt Jesu als mythologische Ein-
tragungen und Ausschmückungen auf. Die Sonntagsfeier ist
gleichfalls nicht spezifisch christlich; sie sei schon in Juden-
kreisen üblich gewesen. Vor allem aber ist der Glaube an
die Auferstehung Jesu eine Entlehnung aus fremden Religionen.
In Ägypten insbesondere waren der Tod und die Auferstehung
von Göttern schon längst Gegenstand religiöser Verehrung. Auch
das Judentum scheint dieser Anschauung nicht sehr ferne zu
stehen; „in gewissen geheimen Kreisen und Winkeln“ muls der
Glaube an den auferstehenden Messias schon Fuls gefalst
haben. „Ist es nun Zufall“, so fragt G. weiter, „dals man
behauptet, gerade am Östersonntag frühmorgens bei Aufgang
der Sonne, an diesem besondern Kalendertage, an diesem
hochheiligen Sonntage, sei Jesus auferstanden? Soll man nicht
annehmen, dals die Idee vom Wiedererstehen des gestorbenen
Gottes längst an diesem Tage fixiert war?“ „Wenn aber“, so
schlielst G. weiter, „das Datum der Auferstehung übernommen
ist, dann doch auch gewils die Vorstellung von der Auferstehung
selber“ (S. 79).
Also nicht einfache Berichterstatter dessen, was sie ge-
hört und gesehen oder glaubwürdig erkundschaftet hatten,
sind nach G. die Evangelisten, sondern Sagendichter, die
alles Grofse und Wunderbare, was sie aus antiken Märchen
oder aus den Legenden des Volkes wulsten, auf ihren Jesus
übertragen haben. Und diese Macht der Mythen denkt sich
G. so grols, dals auch ein Geist wie Paulus derselben unter-
liegt. Seine Lehre von der Taufe, welche er in den symbo-
lischen Ausdrücken des Ertränktwerdens und Ersterbens mit
Jesus und dann der Wiederauferstehung mit ihm niedergelegt
hat, sei nichts anderes als ein christianisierter Osiriskultus.
Nach Anschauung der Ägypter konnte der, welcher sich mit
diesem Gotte mystisch vereinte und mit ihm starb, durch west-
Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 65
liche Gewässer mit ihm in die Gefilde der Ruhe eingehen.
Abgesehen davon, dals G. auch hier wieder verkennt, dals
seine mythische Parallele höchstens die symbolische Form der
paulinischen Lehre, nicht diese selbst trifft, vergilst er auch
die spekulative Kraft des Völkerapostels, der doch wahrlich
jener erbärmlich phantastischen Vorlage nicht bedurfte, um in
einem Bilde die reinigende und heiligende Kraft der Taufe
auszudrücken. Trotz gegenteiliger Versicherung (S. 12) lälst
G. die Massenströmungen die Individualität einzelner grolsen
Personen völlig überfluten. Die moderne Kritik, die Pauli
Christologie als vom Leben Jesu fast unabhängig darstellen
möchte, schlägt dieselbe dafür in mythologische Bande.
Was kann nun aber G. als Beweis für seine „Grund-
anschauung“ vom mythischen Charakter der ntl Schriften an-
führen? Nichts als Parallelen, die mit grolsem Scharfsinn und
Fleifs gesammelt — in dieser Schrift allerdings nur skizziert
sind. Weil eine antike Göttersage etwas Ähnliches erzählt
wie die Evangelien, darum müssen die letzteren nicht historische
Berichte, sondern sagenhafte, unwahre Ausschmückungen ent-
halten. Sehen wir davon ab, dals eine solche Schlulsfolgerung
dem ganzen Charakter der evangelischen Berichte widerspricht,
so ist dieselbe nur dann möglich, wenn eine unbewulste oder be-
wulste Nachahmung der antiken Sage festgestellt werden kann.
Diese historische Kontinuität hat nun nach G. das Judentum
durch seinen weitgehenden Synkretismus zu vermitteln. Zwar
widerspricht hier G. aller Tradition, daja das Judentum wie keine
zweite Religion gegen fremde Einflüsse exklusiv sich verhalten
hat. Auch will es oft schwer gelingen, den Durchgang durchs
Judentum zu finden. G. gesteht selbst einmal, dals von der
mythologischen Spur, die er suche, im Judentum „so gut wie
nichts bezeugt ist“ (S. 94). In solchen Füllen dringt aber G.s
Blick hinter die Kulissen. Er findet dann in den tieferen und
mehr verborgenen Schichten des Volksglaubens das, was er zu
finden wünscht. Leise Spuren und Andeutungen — mehr kann
man ja hier nicht verlangen — genügen da dem Forscher und
stellen ihn gegen die Möglichkeit eines Angriffes ziemlich sicher.
Biblische Zeitschrift. II. 1. h)
66 Siokenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen.
Auf solche Basis und Methodik stellt also der moderne
Mythizismus seine Anschauungen. Und diese möchte nun
G. zum Programm der künftigen ntl Forschung erheben, von
ihnen verspricht er sich ein besseres „Verständnis des NT“.
Für solche, die das Supranaturale an seinen Aufstellungen
vermissen, bringt G. Beruhigungsmittel in Empfehlung. „Die
Pietät“, sagt er, „die dieser frommen Legende (Kindheits-
geschichte Jesu) gebührt, wird für den historisch Gestimmten
durch die Aufzeigung dieser (mythischen) Analogien keineswegs
zerstört: die Welt tut sich uns auf, und wir sehen, wie sich
‚viele Generationen vor uns an dieser Erzählung erbaut haben.
Und wir freuen uns dessen, dals Jesus einen so gewaltigen
Eindruck auf seine Zeitgenossen gemacht hat, dals auch diese
uralte Geschichte auf ihn übertragen worden ist.“ Bildlich
gesprochen bedeutet das nichts anderes, als einem, dem das
Sonnenlicht entzogen worden ist, zumuten, dals er sich am
Mondlicht erfreue. Es ist nicht wahr, was G. S. 85 sagt:
„Man braucht wahrlich keine Sorge zu haben, dafs solche
religionsgeschichtliche Ableitung den Wert der ntl Religion
herunterziehen werde; sie wird ihn im Gegenteil gerade ins
hellste Licht stellen.“ Der offenbarungsgläubige Theologe
braucht sich durchaus nicht ängstlich den Ergebnissen der
Religionsvergleichung zu verschlielsen. Er wird nur finden, dals
Gott auch die Sprache der Menschen zu reden versteht. Aber
eine solche religionsgeschichtliche Ableitung, wie G. sie ver-
sucht, zerstört die Selbständigkeit und Glaubwürdigkeit des
NT und basiert alles auf viel zu weitgehenden Subjektivismus.
Der ntl Forscher mag aber hieraus wieder ersehen, wie
Altes und Neues Testament eine unzertrennbare Einheit bilden
und wie ein Angriff auf das eine auch immer einen solchen
auf das andere involviert. Der Babel-Bibel-Streit scheint an
einem Punkte einzusetzen, der weit vom NT entfernt liegt.
Wie er aber in seinen Konsequenzen das NT ebenso empfind-
lich trifft, das neuerdings klar gezeigt zu haben, bleibt ein
Verdienst des Religionshistorikers Gunkel.
Zur neuesten Datierung des Karfreitags.
Von Pfarrer Johann van Bebber in Rindern.
m die Österzeit des Jahres 1903 brachte eine grolse Zahl
deutscher Tagesblätter die Kunde, dem Königsberger
Universitätsprofessor H. Achelis sei es gelungen, den Todes-
tag Jesu zuverlässig zu datieren. Der Göttinger Gesellschaft
der Wissenschaften, so hiels es, habe er eine gelehrte chrono-
logische Abhandlung vorgelegt und darin mit Hilfe eigens
in Berlin für ihn angestellter astronomischer Mondphasen-
berechnungen den Nachweis geliefert, dafs
der 6. April des Jahres 30 n. Chr.
als der wahre Karfreitag zu betrachten sei. Manch einem, der
diese „sensationelle“ Nachricht las, wird es schwer gefallen
sein, den Kopf nicht zu schütteln. Am Schlusse seiner Abhand-
lung, die in den „Nachrichten“ der genannten Gesellschaft
(philol. hist.-Klasse 1902, 708—717) erschien, legt der Verfasser
selbst das etwas naive Bekenntnis ab: „Ich hatte dies alles
längst niedergeschrieben, als ich bemerkte, dafs ich eine ganze
Reihe älterer und neuerer Vorgänger habe, die unsere Frage
von dem gleichen Ausgangspunkte aus untersuchten und zum
Teil zu demselben Resultat gelangten. Der alte Bengel und
Karl Wieseler haben beide das obige Datum für den Kar-
freitag berechnet, nur dafs sie, in astronomischen Dingen nicht
so gut beraten wie ich, und über den jüdischen Kalender jener
.Zeit im Unklaren, den 7. April statt des 6. annahmen.* Hierzu
verweist Achelis in der Fulsnote auf H. Sevin, Chronologie
des Lebens Jesu 2 Tübingen 1874. Dals seit dem Er-
scheinen dieser Buchauflage noch manche andere Schrift-
5%
68 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags.
forscher sich eingehend mit der vorliegenden Frage beschäftigt
und mit Beihilfe von bewährten Astronomen deutscher, hollän-
discher, französischer und englischer Zunge zu dem gleichen
Resultat gekommen sind wie Bengel und Wieseler, scheint
dem Königsberger Gelehrten bislang unbekannt geblieben zu
sein. Die Differenz von einem Tage scheint nun zwar an
sich irrelevant; allein wenn Prof. Achelis recht hat, dann hat
die Glaubwürdigkeit der drei ersten Evangelisten und nicht
blofs dieser allein einen gewaltigen Stols erlitten. Das beweist
schon die hohe Befriedigung, womit die liberale bibelfeindliche
Tagespresse seine neue Entdeckung begrülste.
Wie beweist nun Achelis seine These? Der Wochentag
des Todes Jesu, sagt er ganz richtig, steht für den Historiker
unumstölslich fest; denn alle vier Evangelisten bezeichnen als
solchen den Freitag. Dagegen sollen sie nach exegetischen
Autoritäten wie Fr. Bleek, B. Weils und W. Beyschlag in der
Bestimmung des Monatsdatums auseinandergehen. Während
nämlich die drei Synoptiker den Herrn am 14. des jüdischen
Paschamonats Nisan das gesetzmälsige Pascha essen und am
folgenden hohen Paschafesttage (15. Nisan) sterben lassen,
stelle Johannes die Sache so dar, als habe der Herr bereits
am 14. Nisan den Kreuzestod erlitten. Wer von ihnen recht
habe, darüber werde das Jahr des Todes Jesu entscheiden
müssen. Als dieses Jahr ergebe sich das Jahr 30 n. Chr.
(783 d. St. Rom) teils aus den evangelischen Zeugnissen, teils
aus den astronomischen Berechnungen der Nisanvollmonde der
10 Pilatusjahre. Zu den evangelischen Zeugnissen rechnet Achelis
nach dem Vorgange E. Schürers und mit Berufung auf ihn
Lk 3, 1; 4, 19 und Jo 2, 20; aber ihre Behandlung ist sehr
eigentümlich; sie stellt uns vor die Wahl, ob wir Lukas oder
Johannes für einen falschen Berichterstatter halten wollen in
einer Sache, worin eine Täuschung auf seiten des einen wie
des andern kaum denkbar ist. Nach Lk 3, 1f trat der Täufer
und Vorläufer des Heilandes auf im 15. Regierungsjahre des
Kaisers Tiberius, während Pilatus Prokurator von Judäa,
Herodes Tetrarch von Galiläa, Philippus Tetrarch von Ituräa
van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 69
und Trachonitis, Lysanias Tetrarch von Abilene war, unter
den Hohenpriestern Annas und Kaiphas. Das 15. Tiberiusjahr
erklärt Achelis richtig: es war die Zeit zwischen dem 19. August
28 (781) und dem 18. August 29 (782). Auch darin müssen
wir ihm beistimmen, dals Lukas mit der grolsartigen fünffachen
Datierung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht blofls die Zeit
des ersten Auftretens des Täufers fixieren wollte, sondern auch
und wohl ganz besonders die Zeit der Taufe und des Anfanges
der öffentlichen Lehr- und Wunderwirksamkeit des (ungefähr
ein halbes Jahr jüngeren) Weltheilandes; desgleichen, dafs
„das angenehme Jahr des Herrn“, von dem der Herr Lk 4,19
redet, nach der Meinung des Lukas (wie nach der fast ein-
stimmigen Lehre der ältesten Väter) das einzige Lehrjahr Jesu
gewesen und im Jahre 30 (783) sein Ende gefunden habe.
Hiermit soll nun die johanneische Chronologie nicht überein-
stimmen, aber doch auch auf dasselbe Todesjahr 30 führen.
Johannes, heilst es, lasse den Herrn nicht ein, sondern zwei
(wenn nicht drei) Jahre (von Ostern zu Ostern) öffentlich lehren,
und zwar angefangen von Ostern des 14. (oder 13.) Regierungs-
jahres des Kaisers Tiberius. Dies beweise der Ausspruch der
Hierarchen Jo 2, 20: „46 Jahre ist an diesem Tempel gebaut
worden, und du willst ihn binnen drei Tagen aufrichten!“ Aber
wie liegt denn die Sache? Beachten wir zunächst, dafs die Hier-
archen die Zahl 46 betont voranstellen und zwar im blolsen
dat. temp., im Gegensatz zum folgenden &v c. dat. (binnen), so
folgt, dals sie volle 46 Jahre meinen, und da 46 nicht zu den
runden Zahlen gehört, so wird sie auch der Wirklichkeit
möglichst nahe kommen bis auf ein Bruchjahr, das noch hinzu-
gekommen sein kann, dann aber unerwähnt gelassen werden
mulste, wollten die Sprecher nicht pedantisch genau sein.
Wenn ferner Josephus (Ant. 15,11, 1) den Zeitpunkt, wo Herodes
mit dem Plan hervortrat, den Tempel neu auf- oder umzu-
bauen, mit den Worten angibt: Töte yoüv OKTWEKOALIdEKATOU TG
“Hp. Bacıkelag Yerovötog Eviauvtoü neTä TAG TTPoEIpPnuEVaS trpäfeıg
xTtA., so haben wir in dem yeyovörog nur eine gesuchte Ab-
wechslung zu erkennen für napeA86vrog, welches er gebraucht
70 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags.
hatte bei der letztvorhergehenden Zeitbestimmung (15, 10, 3):
„Als bereits sein 17. Regierungsjahr vorübergegangen war
(napeA06vrog), kam der Kaiser nach Syrien“, nach Dio Cass.
54, 8f Anfang Sommer 734, nachdem er im Frühjahr die
Provinzen Asia und Bithynien geordnet hatte. Daher ist mit
Patrizzi und Thom. Levin (Fasti sacri IX) die obige Stelle zu
übersetzen: „Tunc igitur decimo octavo regni Herodis anno
transacto.“! Mithin begann der Tempelbau nicht im 18,,
sondern im 19. Regierungsjahre des Herodes (1. Nisan 735 bis
dahin 736), und zwar, wie Josephus hinzufügt, „nach den vorher
berichteten Handlungen“: Bau eines Augustustempels nach der
Herbst 734 erfolgten Abreise des Kaisers Augustus, Steuer-
nachlafs zur Beschwichtigung der über jenen Tempelbau auf-
geregten Gemüter, Einrichtung eines ausgedehnten Spionier-
systems und Abnahme eines allgemeinen Huldigungseides.
Haben sich diese Handlungen aller Wahrscheinlichkeit nach
geraume Zeit über das Osterfest 735 hinaus erstreckt, dann
waren am ÖOsterfeste 782 nicht mehr als 46 ganze Baujahre
verflossen. Freilich ist der hier angenommene Anfangstermin
der Bauzeit vorerst, wie gesagt, nur wahrscheinlich; aber diese
Wahrscheinlichkeit erhebt Lk 3, 1 zur Gewilsheit. Umgekehrt
wird die Zugehörigkeit der (nach der tagebuchartigen Rela-
tion des Johannes — 1,19 bis 2,13 — in den Monat Februar
fallenden) Taufe Jesu sowie seines Anfangspaschas zu dem
15. Tiberiusjahr, die wir vorhin nach Lk 3, 1f nur als wahr-
scheinlich bezeichnen konnten, durch die 46 Jahre bei Johannes
zur Gewilsheit erhoben. So ergänzen sich beide Evangelisten.
und ihre vereinten Angaben lassen nicht den geringsten Zweifel
darüber, dals das Anfangspascha im Öffentlichen Leben des
Herrn (Jo 2,13) ins Jahr 782 oder 29 n. Chr. fiel. Dafs nun
auch Johannes nur ein Lehrjahr Jesu kennt und in seinem
Evangelium nachdrücklich vertritt, ist anderwärts bereits
ı Vgl. zu yYiyveodar = bıaylyveodaı Josepb. C. Apion. 1,15; 2,38;
Herod. 2, 2; Plat. Prot. 3202; Critias 1lla; Phaed. 108c; Xen. Hell.
2,4, 25. 88; Demosth. 19, 3; 20, 130; 38,6; Lys. 7, 9; Lykurg 8, 1;
Diod. 20, 109; Plut. Phoc. 36.
van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 71
dargetan worden ! und wird weiter unten seine Bestätigung
finden. Daher fällt auch nach Johannes das Leidenspascha
in das Jahr 30 (783), ein Resultat, das auch Prof. Achelis
anerkennt.
Fragen wir jetzt, wie sich die astronomische Wissen-
schaft zu diesem Jahr sowie zum Monatsdatum des Todes
Jesu stellt; denn hier hat die Astronomie ein entschei-
dendes Wort mitzusprechen. Wie nämlich Achelis richtig
ausführt, hatten die Juden ein gebundenes Mondjahr und
feierten ihr Pascha wenigstens zur Zeit Christi stets nach
dem Frühlingsäquinoktium, welches nach Philo (Quaest. in
Gen. II 6) auf den 27. Phamenoth = 23. März angesetzt wurde,
was Ideler als vollkommen richtig für die damalige Zeit be-
stätigt. Nach demselben Philo sowie nach Josephus und den
jüdischen Gewährsmännern des Anatolius wurde das Pascha-
lamm stets von den Juden geschlachtet und gegessen gegen
Abend des 14. Frühlingsmonats Nisan, wenn, wie Philo (II
169; vgl. Il 293 Mang. u. Quaest. in Gen. 191) sagt, der Mond
im Begriff war, voll zu werden (uEAAovrog Toü geAnviaKou
KkuükAou Yiveodaı Ancıpaoüg), worauf dann der Hauptfesttag
(15. Nisan) mit Sabbatcharakter und zahllosen Festdankopfern
folgte. Die Frage, ob die Juden bei der Bestimmung des
Vollmondes lediglich von dem Sichtbarwerden des Neulichtes
sich leiten liefsen oder auch astronomische Berechnungen zu
Hilfe nahmen, ist streitig. Die Talmudisten und die meisten
Neueren bejahten die Frage in letzterem Sinne, und es ist
höchst wahrscheinlich, dafs die Juden ebenso wie die nach
Mondjahren rechnenden Hellenen (vgl. Strabo 17, 29) sich
Rats erholten bei den babylonischen Astronomen, welche die
wahren Neu- und Vollmonde mit erstaunlicher Genauigkeit zu
berechnen verstanden, wie die Entzifferung babylonischer Mond-
ephemeriden durch Stralsmaier, Epping und Kugler beweist.
ı Vgl. meine Chronol. d. Lebens Jesu, 1898, 26 ff und Bibl. Zeitschrift
1903 Heft 1 u. 2; über die Einwendungen dagegen: Mainzer Katholik, März-
heft 1899; Tübinger Theol. Quartalschr. 1902 Heft 4, 518f, 1903 Heft 2,
192f; Belser, Geschichte des Leidens des Herrn, 1%3, 145 ff.
12 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags.
Auf eine desfallsige Anlehnung der Juden an die Babylonier
weist entschieden hin die Konformität des nachexilischen jüdı-
schen Kalenders mit dem babylonischen in der Benennung
und Einteilung der Monate und, wie es wenigstens scheint,
auch in der Schaltmethode, desgleichen der Gebrauch der
Seleucidenära in der Form der babylonischen Astronomen.
Wenn nun Prof. Achelis die wahren Vollmonde durch
das Berliner astronomische Recheninstitut für sämtliche zehn Pi-
latusjahre (26—36) hat berechnen lassen, so ist das offenbar des
Guten zu viel. Nach dem, was wir oben über das Anfangspascha
des Herrn im Jahre 29 (15. Tiberiusjahr) festgestellt haben,
bleiben die ersten vier Pilatusjahre (26—29) hier völlig aulser
Betracht. Sollen dann auch noch diejenigen Exegeten berück-
sichtigt werden, die mehr als zweı Paschafeste im öffentlichen
Leben Jesu annehmen zu müssen glauben, so kann es sich
doch nur um die Jahre 30, 31 und 32 handeln, nicht mehr
um das Jahr 33, da kein Exeget fünf Paschafeste zugeben wird.
Nach den von Achelis mitgeteilten Daten trat der Frühlings-
vollmond in den drei genannten Jahren ein, wie folgt:
Jahr 30 am 6. April 10—11 Uhr abends Jerus. Zeit
„sl „ 27. März 1-2 „ nachmitt. „ =
„ 32 „ 14. April 11-12 „ vormitt. er ”
Hiernach, so fährt Achelis fort, haben die Juden den
14. Nisan mit Schlachten und Essen des Paschalammes ge-
feiert im
Jahre 30 am 6. April, einem Freitag
„ 31 „ 27. März, einem Dienstag
„ 32 „ 14. April, einem Montag.
Da nun der Herr, so lautet der unausweichliche Schluls,
an einem Freitag gestorben ist, so kann es nur im Jahre 30
gewesen sein, und zwar am 14. Nisan, dem Vortage des hohen
Österfestes. Damit sei dann die Streitfrage über die syn-
optische oder johanneische Chronologie der Leidenszeit (s. S. 67 f)
entschieden und zwar zu Gunsten des Johannes. Dies Verhältnis
würde nach Achelis sich auch nicht ändern zu Gunsten der
Synoptiker, wenn man das Unwahrscheinliche annehmen wollte,
van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 73
dafs die Juden den Monat Nisan nach dem Erscheinen des
Neulichtes am Abendhimmel bestimmt hätten; denn nach den
Mitteilungen des Berliner astronom. Instituts würde bei dieser
Voraussetzung der 14. Nisan im Jahre 30 ebenfalls auf den
6. April, im Jahre 31 aber auf den 26. (möglicherweise auch
auf den 27.) März, im Jahre 32 auf den 13. April gefallen sein.
Das ist nun gewils ein. harter Schlag für die drei ersten
Evangelisten und für alle diejenigen, welche ihre so bestimmten
und klaren Angaben über den Tag der gemeinsamen Oster-
lammfeier zu Jerusalem (Donnerstag d. 14. Nisan) im Todes-
jahre Jesu für unantastbar glaubten halten zu müssen. Die
Sache wird um so beängstigender, wenn man beachtet, dafs
der Herr nach Mt 23, 38f am Dienstag Abend in der Kar-
woche (vgl. 26, 2) von den Hierarchen und allen ungläubigen
Bewohnern der Stadt Jerusalem sich verabschiedete mit der
prophetischen Versicherung, sie würden ihn von Stunde an nicht
mehr zu sehen bekommen, bis sie am bevorstehenden Pascha-
abende beim Essen des Paschalammes den Hallelpsalm 118
mit seinem messianischen Bewillkommnungsgruls: „Hosanna —
Gebenedeit, der da kommt im Namen des Herrn“ gesagt (ge-
sungen) haben würden. Ist damit nicht bestimmt erklärt, dafs
die allen Juden in Jerusalem gemeinsame Paschalammfeier des
14. Nisan am Donnerstag stattfinden werde? Aber auch
Johannes weils es nicht anders, als dals der Herr am Donners-
tag den 14. Nisan gemeinsam mit allen Juden das Pascha-
lammessen gefeiert und am folgenden 15. Nisan am Kreuze
gestorben ist. Hierfür liefert sein Evangelium eine ganze Reihe
von Belegen. Nach 12,1 reiste Jesus mit einer grolsen Fest-
karawane (vgl. Mk 10, 46) von Jericho gen Jerusalem npoö €
NnepWv ToD rraoxa, d. h. am 6. Tage vor der Paschaoktav
(ndoya), und zwar an einem Freitag, da man an einem
Sabbat keine Reisen machte. Folglich fiel auch nach Johannes
der erste Tag des Pascha- oder (wie die Synoptiker sich
ausdrücken, des) Azymafestes (14. Nisan) auf Donnerstag.
Bestätigt wird dies durch den Zweck, den er mit der chrono-
logischen Notiz verfolgt. Sie soll offenbar die in V.7 enthal-
74 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags.
tene Weissagung Jesu verständlich machen, dals er am (fol-
genden) Freitag um dieselbe Tageszeit (kurz vor Anbruch
des Sabbates) überaus kostbar einbalsamiert werde, jedoch
ohne Ölsalbung seitens der Frauen, was dann Johannes
später als erfüllt nachweist. Nach 13, 1f setzte der Herr
beim letzten Abendmahl das gröfste aller Liebesgeheimnisse,
die heilige Eucharistie, für alle die Seinen ın der Welt ein,
nicht npd Toü nacoyxa (was den Abend des 13. Nisan bei Johannes
bezeichnen würde), sondern npd tig &opräis Toü naoyxa, d.h.
am Vorabende des Hauptfesttages (15. Nisan) in der
Paschaoktav (vgl. 2, 23 u. 19, 14: Freitag in der Paschaoktav).
Wie 13, 29 erzählt wird, vermuteten einige Jünger bei den
Worten Jesu V. 27%, Judas solle noch schnell in der Nacht
Einkäufe machen oder den Armen Geld (für solche Einkäufe)
geben eig rrv £opriv, d. h. für Festopferspeisen, versteht
sich des 15., nicht des 14. Nisan. 11, 9f weissagt der Herr,
dals die Nacht seiner Gefangennehmung eine finstere sein
werde, was 18, 3f als erfüllt nachgewiesen wird. Die Pointe
der Weissagung lag ohne Zweifel darin, dals der Vollmond
damals bereits am Himmel stand, aber durch besondere
Fügung Gottes (Lk 22, 53) durch schwarze Wolken ver-
deckt war. Nach 19, 20 lasen viele von den Juden den
Kreuzestitel, „weil der Kreuzigungsplatz nahe bei der
Stadt lag“: eine Hindeutung darauf, dals es (Fest-)Sabbat
(15. Nisan) war, an dem es den Juden verboten war,
den Sabbatrayon zu überschreiten. Nach 19, 31 baten die
Hierarchen den Pilatus um das Krurifragium der drei Ge-
kreuzigten, damit, wenn sie wie wahrscheinlich am folgenden
Sabbat stürben, ihre Leichen nicht über Sonnenuntergang
hinaus am Kreuze hängen bleiben mülsten (gegen das Gebot
Dt 21, 22f), weil es damals Freitag, folglich der folgende
Sabbattag ein Wochensabbat oder grofser (peyaln) d.h.
strenger Ruhetag (schabbath schabbathon), wie alle Wochen-
sabbate, war und daher den Juden die Lieichenbestattung nicht
gestattete, im Gegensatz (so will Johannes andeuten) zu dem
laufenden Festsabbat (15. Nisan), der ein Ruhetag von min-
van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 75
derer Strenge war und verschiedenes erlaubte, wie z. B. Fest-
speisen kochen (Ex 12, 16), Leichen bestatten und die zu
den Festspeisen oder zur Leichenbestattung nötigen Dinge
einkaufen (Jo 13, 29. Mk 14, 46. Lk 23, 56). Was dann die
in der Chronologie der Leidensgeschichte so berühmt ge-
wordene Stelle 18, 28 betrifft, so enthält sie kein Argument
gegen, sondern ein dreifaches Argument für die Überein-
stimmung des Johannes mit den Synoptikern: das erste liegt
in npwi (4. Nachtwache, vgl. 20, 1), das zweite in iva ui) niav-
Oworv (Verunreinigung durch Aufenthalt in einem im Laufe
des 14. Nisan von Sauerteig nicht gereinigten Hause), das
dritte in pdywanv, wofür noınoworv oder Oucwaoıv zu erwarten
wäre, wenn TO tacyxa hier speziell das Osterlamm bedeuten
sollte (vgl. meine Chronologie des Lebens Jesu 41ff,. Wenn
endlich Johannes nach dem Zeugnisse der kleinasiatischen
Kirche am 14. Nisan Ostern (mit Eucharistie und einer das
Osterfasten beschliefsenden Agape) zu feiern pflegte, so tat er
das nicht zum Andenken daran, dals der Herr am 14. Nisan
gestorben war, sondern weil dieser am Abende des 14. Nisan,
im Anschlufs an das jüdische Pascha, die heilige Eucharistie ge-
feiert und darin, wie Johannes in seinem Evangelium weitläufig
nachweist, seinen Kreuzestod wie seine Auferstehung und
himmlische Verklärung antizipiert und diese unbegreif-
lich wunderbare Doppelfeier zu einer dauernden Stiftung in
seiner Kirche gemacht hatte.
Wenn es hiernach als feststehend zu betrachten ist, dals
sämtliche vier Evangelisten den Herrn am Freitag den
15. Nisan am Kreuze sterben lassen, dann scheinen wir
durch die jedenfalls sichern Ergebnisse der astronomischen
Wissenschaft in ein Dilemma geraten zu sein, wie es schwie-
riger kaum gedacht werden kann. Doch wir haben uns schon
allzulange in die Irre führen lassen, nicht von den Astronomen,
sondern von dem Chronologen Achelis. Ihm ist nämlich das
verhängnisvolle Milsgeschick begegnet, dals er den 6. April 30,
welcher, nach übereinstimmender Berechnung der Astronomen,
als 14. Nisan mit Schlachten und Essen des Osterlammes
176 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags.
gefeiert worden sein muls, auf einen Freitag verlegte, statt
auf einen Donnerstag, wie Bengel, K. Wieseler und alle
Verfechter des nämlichen Todesjahres Jesu. Bezüglich der
Wochentagsgleichung verweist Achelis auf die chronologischen
Handbücher, beispielsweise auf Fleischhauers Kalender-Kom-
pendium. Ganz recht. Bekannt ist Idelers Methode, den
Wochentag eines beliebigen Kalenderdatums mit Sicherheit zu
bestimmen. Lersch (Einleitung in die Chronol., 1889, 106 ff)
stellte verschiedene neue Methoden auf und bestimmte $S. 113
beispielsweise den 6. April 30 als Donnerstag. Am einfachsten
war die Wochentagsgleichung während der Herrschaft des
julianischen Kalenders. Schon die ältesten Väter wulsten den
sog. Sonnenzirkel zu handhaben, wonach ein julianisches
Monatsdatum jedesmal nach 4x7 = 28 Jahren auf denselben
Wochentag zurückkehrt. Man vergleiche die bekannte, 112
Jahre umfassende Östertafel Hippolyts, aufgestellt im Jahre
222. Nach ihr fiel der 13. April genannten Jahres auf Samstag,
im Jahre 254 auf Donnerstag, also auch 8x28 — 224
Jahre früher, d.h. im Jahre 30. Dasselbe gilt dann vom
6. April. Im Jahre 30 ereignete sich nach v. Oppolzer
(Kanon der Finsternisse 120 Nr 2958) eine Sonnenfinsternis
am 21. Mai, am 1732156. Tage der sog. julianischen Periode,
also, da die Tageszahl durch 7 dividiert den Rest 6 gibt, an
einem Sonntage!, woraus sich wiederum die Gleichung: 6. April
— Donnerstag, ergibt.
Nach dieser Richtigstellung kann von irgendwelcher Dis-
harmonie zwischen den Astronomen und den Evangelisten oder
einem Teile derselben keine Rede mehr sein. Dagegen liefert
ihr vereintes und vollkommen übereinstimmendes Zeugnis den
unanfechtbaren Beweis, dals das Datum des Kreuzestodes
Jesu Christi kein anderes war und sein konnte als der 15. Nisan:
Freitag d. 7. April 30 n. Chr.
Die endliche Feststellung dieses Datums, des wichtigsten
der ganzen Weltgeschichte, verdanken wir den Fortschritten
| _
ı Vgl. W. F. Wislicenus, Astronomische Chronologie, 1895, 48.
Herklotz, Zu Mk 1,1. 77
der astronomischen Wissenschaft in den letzten Jahrhunderten.
Zugleich bestätigt sie die Lehre der Evangelien und der fast
einstimmigen Tradition der Väter und christlichen Schrift-
steller, der orthodoxen wie der häretischen, des Morgen- und
Abendlandes in den drei bis vier ersten Jahrhunderten, dals
das öffentliche Lehramt des Herrn nur ein Jahr gedauert
hat: von Ostern 29 bis Ostern 30 n. Chr.!
t Über den Ursprung der mittelalterlichen Tradition, als sei der
Herr am Freitag d. 25. März des Konsulatsjahres der beiden Gemini 29
782) gestorben, s. meine Chronol. des Lebens Jesu 91 ff.
Miszelle zu Mk 1,1.
Zu den verschiedenen Auffassungen, welche dieser Vers
erfahren, darf vielleicht eine weitere hinzugefügt werden. Zu-
nächst steht dem dpyr ein aram. NW gegenüber, wie auch
Pe$. an vorliegender Stelle wirklich liest. Aufser der häufigen
Bedeutung „Haupt, Anfang“ kommt dem Worte eine weitere,
davon abgeleitete zu: „Hauptsache, das Wichtigste eines Dinges,
summa rei“. So gibt der Syrer Hebr 8,1 xepdAaıov durch
xy) wieder. Vgl. auch Brockelmann, Lexic. syr. s. v., wo
es, in diesem Sinne verstanden, freilich erst aus späterer Zeit
belegt erscheint. Doch hatte es, wie die Hebräerbriefstelle
zeigt, auch früher diese Bedeutung, konnte sie schon im 1. Jahr-
hundert, auch in Palästina haben. Der Evangelist wählte nun
zum Ausdrucke des Begriffes, den er mit NY" verband, das
griech. dpxr, was bei nicht vollkommen ausgebildeter Sprach-
kenntnis nicht überraschen dürfte. Als Aufschrift des Markus-
evangeliums ergäbe sich unter dieser Voraussetzung: Summa
evangelii J. Chr. Filii Dei; dpxyrn aber mülste als Aramais-
mus bezeichnet werden. Der Titel würde mit der bekannten
Charakteristik unseres Evangeliums, wie sie Papias bietet, nicht
im Widerspruch stehen, als abgeschlossener Satz aber eine
Verknüpfung mit dem folgenden Verse ablelnen.
Leitmeritz. Dr Fr. Herklotz.
Besprechungen.
Lagrange, M.-J., O. Pr., La methode historique, surtout ä& propos de
AT. 120 (VEIT u. 221) Paris 1903, V. Lecoffre. Fr 2.50 Bab
Diese Publikation umfalst sechs Konferenzvorträge, welche P. Lagrange
im November 1902 an der katholischen Universität zu Toulouse gehalten
hat. Der Autor bemerkt im Vorwort, dals die Veröffentlichung lediglich
zu dem Zwecke erfolgt sei, um Mifsverständnissen vorzubeugen, die sich
an das blofse Hören des gesprochenen Wortes hätten anschliefsen können:
„avec le texte imprim& chacun pourra juger par lui-möme“. Entsprechend
diesem Ursprung des Werkes als einer Sammlung von Konferenzreden
für eine nicht fachmännische Zuhörerschaft will auch der Autor dasselbe
beurteilt wissen als „causeries“, nicht als „traites‘.
Ich greife, indem ich dem Ansuchen der Redaktion folgend über
den Inhalt des Buches Bericht erstatte, nur die prinzipiellen Gesichts
pn heraus, und auch diese nur insofern, als sie die Methode der atl
xegese berühren.
Im dritten Vortrage erörtert L. „la notion de l’inspiration d’apr&s
les faits bibligues“. Als exegetische Tatsachen, an denen der Inspiratious-
begriff zu messen ist, werden der Reihe nach aufgeführt: erstens das Buch
der Weisheit ist pseudonym und gleichwohl kanonisch, also inspiriert.
Somit kann ein inspiriertes Buch pseudonym und um so viel mehr anonym
ans Licht getreten sein (S. 82 ff). „Ce genre ne repugne pas & l’inspiration,
temoin la Sagesse de Salomon. Il ne faudra donc pas rejeter les m&mes
arguments pour Daniel sous pretexte que la pseud£pigraphie et l’inspi-
ration sont incompatibles‘“ (S. 85). Wir möchten hierzu fragen, ob „pseudo-
nym“ oder „Fiktion“ wohl der bezeichnende Ausdruck ist für das ganze
Literaturgebiet, auf welches L. S.85 mit Recht verweist. Bücher wie die
Weisheit Salomos und der Prediger Salomos stellen eine literarische Form
dar, die dem Judentum der letzten vorchristlichen Jahrhunderte allem
nach sehr geläufig war — aber mit dem, was wir, wenigstens im modernen
Sinne, „pseudonym“ nennen, deckt sich diese Form doch wohl nicht.
Sodann was das Buch Daniel betrifft, so liegt die Sache hier anders als
bei Weisheit und Prediger. Wollte man das Buch Daniel in diese Kate-
gorie einbeziehen, so könnte es sich nur um die Gesichte des zweiten
Teiles handeln. Aber gerade für diese möchten wir einen echten danielischen
Grundstock behaupten.
Zweite Tatsache: Nach dem Zeugnisse des Spruchbuches hat eine
vom König Ezechias eingesetzte Kommission die Sprüche Salomos und
die von anonymen Weisen gesammelt. „Qui &tait inspir&? les sages ou le
compilateur? l’auteur primitif ou la commission? Il nous suffhit de savoir
que l’ouvrage tel que nous le lisons, est canonique et donc inspire“ 2 87)
Wir würden die Fragestellung vorziehen, welche P. v. Hummelauer
(u. a. Comment. in libr. losue, 1903, 80ff) diesem Problem gibt, und wo-
nach der kanonische Charakter eines heiligen Buches das schliefsliche
Ergebnis einer inneren Geschichte ist, die sich unter der geheimnisvollen
Leitung der göttlichen Vorsehung abgewickelt hat. Übrigens auch bei
Besprechungen. 79
dieser Fassung des Problems bleibt der Analogieschlufs berechtigt, den L.
aus der im Spruchbuche vorliegenden exegetischen Tatsache für die
Pentateuchfrage ableitet. Es ist ganz richtig: die Annahme, dafs der
Pentateuch durch einen Redaktor aus älteren Quellen zusammengestellt
worden sei, ist mit dem Glauben an die Inspiration unbedingt vereinbar.
Dritte Tatsache: Die Organe der Offenbarung schliefsen sich an an die
Ideen ihrer Zeit „sur les sciences et sur l’histoire, sans les rectifier“ (S. 103).
e ee Tatsache: „Les ecrivains sacr&s parlent selon les apparences“
(S. 109).
Der vierte Vortrag (S. 111—145) behandelt „la m&thode historique,
meme en matiere scientifique“. Der Redner bespricht die Deutungen der
biblischen Berichte über Kosmogonie, Sintflut, Entstehung der Einzel-
sprachen. Neue Gesichtspunkte enthält dieser Vortrag nicht, wohl aber
der nächstfolgende, höchst interessante Vortrag über „caractere historique
de la legislation civile des Hebreux“ (S.147—1821. Der göttliche Ursprung
des mosaischen Gesetzes, sagt der Redner, schlielst keineswegs ein, dals
dieses Gesetz für Israel etwas ganz Neues gewesen sein müsse. „Üar il
n’est jamais opportun pour une nation, de se jeter brusquement hors de
ses voies tradıtionnelles, et Dieu n’agit point avec cet emportement. ..
Dieu a donc pris les coutumes en l’Etat, il les a approuv&es“ (S. 154 155).
Den Nachweis, dafs durch das mosaische Gesetz in der Tat zum Teil
ältere semitische Einrichtungen anerkannt und kraft formeller göttlicher
Autorität legitimiert worden sind, führt L. durch Vergleichung der Tora
mit der neu entdeckten Gesetzessammlung des babylonischen Königs
Hammurabi. Die Geschichte der Hagar (Gn Kap. 16 u. 21) illustriert L.
in trefflicher und origineller Weise durch das Eherecht des Hammurabi-
Codex. Für die Altertümlichkeit des mosaischen Gesetzes bringt er
eine Reihe interessanter Belege bei: so weist er nach, dals in den Be-
stimmungen aus Anlals der Tötung eines Menschen durch einen bösartigen
Stier die Tora, verglichen mit den Gesetzen Hammurabis, zeigt „les cou-
tumes des Nomades, plus frustes et d’apparence plus anciennes, si la simpli-
cite et l’austerite des moeurs sont vraiment le cachet de l’antiquite“
(S.166)!. Unmittelbar überzeugend ist die Deutung, welche L. auf Grund
des Wortlautes bei Hammurabi den schwierigen ee Ex 21,6; 22,7.
8.10 gibt — das hier im Bundesbuche geforderte „Erscheinen vor Elohim“
ist nichts anderes als der Eid (S. 167). Und mit Recht macht L. auf das
Fehlen dieser Eidesforderung im Deuteronomium aufmerksam: „le code
de l’Alliance, si semblable sur ce point ä celui de Hammurabi, porte donc
specialement ici le cachet d’une haute antiquite“ (S. 168). Noch wichtiger
und tiefgreifender ist das Ergebnis, wenn das Gesetzbuch Hammurabis
nach seinem religiösen Charakter mit der Tora verglichen wird: „le droit
des Hebreux est incontestablement superieur au point de vue religieux;
et par lä, il contient un germe de perfection indefinie“ (S. 170). Denn es
ibt eine Entwicklung innerhalb des A. B. und innerhalb des mosaischen
esetzes. „Si la loi civile des Hebreux au temps de Moise n’est autre
chose qu’une approbation donnee aux coutumes du temps, parce que Dieu
ne veut rien troubler dans cet ordre de ce qui est normal, ne voyez-vous
pas aussitöt cette consequence necessaire, qu’il se contredirait donc lui-
meme, et dans les principes memes de sa Providence surnaturelle, s’il
figeait son peuple dans l’immobilite ?“ (S. 174, 175.) Tatsächlich lälst sich
die Entwicklung innerhalb der Gesetzgebung klar beobachten an dem Ver-
hältnis, das zwischen Bundesbuch und Deuteronomium obwaltet (S. 175 ff).
Das letztere, wenn auch nicht von Moses redigiert, kann gleichwohl mo-
saisch genannt werden „dans un sens large, mais reel“. Für das Bundes-
ı Übrigens fehlt bei diesem Beispiele die Zitation; ich trage sie hier-
mit nach: gemeint ist Ex 21, 28—32 und im babylonischen Gesetzbuch
Nr 250-252.
80 Besprechungen.
buch läfst sich der unmittelbar mosaische Ursprung mit vollem Rechte
festhalten.
Schliefslich fügt der gelehrte Autor noch zwei sehr beachtenswerte
Bemerkungen an. Da mosaische Recht, soweit es die Stellung der Frau
betrifft, „est le droit du desert“. Es sei daher ganz unmöglich, dafs diese
Gesetze etwa aus der späteren Königszeit stammen. Denn die emanzipierte
Stellung der Frau, welche Is 3, 18ff für das 8. Jahrh. erschliefsen läfst,
kann schlechterdings nicht das Milieu gewesen sein, aus dem das Frauen-
recht des mosaischen Gesetzes hervorging (S. 179 189). Im gleichen Sinne
beweisend ist die Anerkennung der Blutrache als einer rechtlichen In-
stitution im mosaischen Gesetze — „un point tr&s caracteristique des usages
nomades“. Der Hammurabi-Codex anerkennt die Blutrache nicht (S.180 ff).
Der sechste und letzte Vortrag über „l’histoire primitive“ erörtert
die Frage, ob die Berichte der Genesis über die Urzeit und die patriarcha-
lische Zeit als geschichtlich gelten dürfen: „L’histoire est soeur de l’&criture“
(S. 194). Wahre Geschichte könne es ohne geschriebene, unmittelbar oder
mittelbar auf Augenzeugenschaft ruhende Dokumente nicht geben. Nun
aber — „l’'humanite est tres ancienne, et le peuple hebreu est relativement
tres jeune (S. 194)... L’histoire officielle des Hebreux coincide tres bien
avec l’histoire officielle des Assyriens; les plus anciens souvenirs des
Hebreux sur le premier grand chef de leur race se soudent encore au
souvenir d’un grand monarque chalde&en; leur histoire primitive, qui aurait
pu emprunter tant de faits de l’histoire generale aux documents assyriens
et @gyptiens, ne se rattache que sur quelques points & la tradition baby-
lonienne: dans la tradition babylonienne ces points ont du moins les ap-
parences du mythe religieux“ (S. 200). Soll es also Mythen in der Bibel
geben? Das Wort „Mythus“ will L. vermieden wissen, weil es zweideutig
sei, indem der Sprachgebrauch mit ihm die Idee einer falschen Religion,
des Polytheismus, verbinde. Aber tatsächlich behauptet der Redner das
Vorhandensein von Mythen in den Berichten der Genesis. Als Beleg
nennt er die Erzählung über Lots Weib und ihren Tod: „l’auteur ne croyait
sans doute pas plus A la realite du fait, que lorsqu’il raconte l’origine
incestueuse de Moab et d’Ammon“ (S.207). Und vollends für jene Perioden.
die rückwärts von Abraham liegen, gebe es geschichtliche Erinnerungen
gar nicht. „Ilya lä une immense lacune (S. 209)... Un immense espace
nu s’etend de la cr&ation de l'homme au temps d’Abraham. Ce qui s’est
passe alors, nous ne le saurons probablement jamais“ (S. 216). Allerdings
ıst in den Berichten der Bibel über die Urzeit auch der über den Sünden-
fall enthalten. Dieser ist Tatsache, aber eine Tatsache, deren Wahrheit
für den Glauben durch die Autorität der Kirche bezeugt wird.
Den Ausführungen dieses letzten Vortrages müssen wir widersprechen.
Mythen anerkennen wir in den Erzählungen der Genesis auch dann nicht,
wenn gesagt wird, dals diese Mythen frei seien von aller polytheistischen
Färbung. Wir glauben, dals die erste Frage dahin gehen muls: Welcher
Art ist die Quelle, aus der die Berichte der Genesis geflossen sind? Und
darauf kann die Antwort gar nicht zweifelhaft sein: es ist die hebräische
Überlieferung gewesen. Diese Überlieferung wurde mündlich fortgepflanzt
noch über dıe mosaische Zeit hinaus. Ihre schriftliche Fixierung — in
den bekannten Pentateuchquellen — kann nicht erfolgt sein vor der Richter-
zeit, aber auch ihre Redaktion zum Ganzen des Pentateuch nicht nach
dem salomonischen Tempelbau. Zwischen dem Termin ihrer Nieder-
schreibung und zwischen den Perioden, über welche diese Traditionen
berichten, klafft nun freilich ein gewaltiger Zeitraum; liegt ja doch schon
die Zeit Abrahams um fast 1000 Jahre rückwärts. Aber dies gibt uns
noch kein Recht, sofort von aprioristischen Gesichtspunkten aus die Un-
geschichtlichkeit der hebräischen Überlieferungen zu behaupten. Zunächst
tritt hier formal und methodisch jener Grundsatz in sein Recht, welchen
L. im dritten Vortrage (S. 103) betont hat, dafs die biblischen Schrift-
Bibliographische Notizen. 8l
steller sich anschliefsen an die Ideen ihrer Zeit „sur les sciences et sur
l’histoire, sans les rectifier“. Nach diesem Grundsatz war es Aufgabe des
kanonischen Sammlers, die Überlieferungen seines Volkes getreu wieder-
zugeben. Ist dies der Fall, so ist sein Bericht formal irrtumslos. ‚Und
in zweiter Linie ist nun die Frage zu prüfen, ob der Inhalt jener Über-
lieferungen geschichtlich sei. Ein direkter Beweis hierfür läfst sich aller-
dings — das geben wir zu — nicht führen, wohl aber ein indirekter
Wahrscheinlichkeitsbeweis per analogiam: die Aufzeichnung der Genesis
liegt von Abrahams Zeit wohl um ein Jahrtausend ab, und doch ist die
Bildung der Eigennamen echt, d. h. die hebräischen Eigennamen der
patriarchalischen Zeit sind nach dem Muster der arabischen Eigennamen
aus der Hammurabi-Periode gebildet, nicht nach dem Schema der Eigen-
namen aus der salomonischen Zeit; ferner: die Rechtsverbältnisse, welche
die Genesis für Abrahams Zeit voraussetzt, sind anderwärts, was be-
wiesen zu haben eben eines der Verdienste von L. ist, als ursemitisch be-
zeugt; ja selbst eine der Persönlichkeiten, die in Abrahams Geschichte
hereinspielt, die des Amraphel, ist unbestritten historisch. Von diesen
Voraussetzungen aus machen wir den Wahrscheinlichkeitsschlufs, dafs
analogerweise auch diejenigen Partien, deren Geschichtlichkeit wir nicht
zu kontrollieren vermögen, die Vermutung der Geschichtlichkeit für sich
haben. Der angeblich mythische Charakter, den L. aus inneren Gründen
für einen Teil der Genesis annehmen will, ist von einem ganz andern
Gesichtspunkt aus zu prüfen. Die Frage ist vielmehr dahin zu stellen:
Hat etwa die hebräische Überlieferung geschichtliche Tatsachen der in-
dividuell-volkstümlichen Auffassung entsprechend weitergegeben? Dies
ist allerdings anzunehmen; es sei zum Beweise dessen einzig erinnert an
Noes Fluch, der Kanaan und nicht Cham trifft, oder an die zahlreichen
Namendeutungen in der Genesis. In den Erzählungen der Genesis ist
sonach zu scheiden zwischen dem geschichtlichen Gehalte und der volks-
tümlichen Form, in der er überliefert worden ist, nicht aber zwischen
Geschichte, und Mythen. Dafs mündliche, durch Jahrhunderte sich hin-
ziehende Überlieferung an sich nicht das geeignete Mittel zur unver-
fälschten Bewahrung geschichtlicher Tatsachen sein könne, bestreiten wir
entschieden.
Tübingen. P. Vetter.
Bibliographische Notizen.
(Das Erscheinungsjahr 1903 und Format 8° wird nicht eigens bezeichnet.)
Abkürzungen s. Umschlag 8. 3.
A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift.
a) Bibliographie. Enzyklopädien. Einleitung. Inspiration.
Hermeneutik. Geschichte der Exegese. Schriftstudium.
Krüger, &., und Köhler, W., Theologischer Jahresbericht XXII 1902
B. Schwetschke): 2. Abt.: Das AT, v. B. Baentsch (IV u. 174. M 7.—);
. Abt.: Das NT, v. R. Knopf, A. Meyer, J. Weils (87. M 3.60).
Cheyne, T. K., u. Black, J. S., Encyclopaedia Biblica. 1V: Q—Z (col.
3989 —5444): Vgl. BZ I 82.
Hastings, J., A Dictionary of the Bible, dealing with its Language, Lite-
rature and Contents including the Biblical Theology. IV: Pleroma-Zuzim
(4%. XI u. 994. Edinburgh 1902, Clark): Ein „Extra Volume“ ist angekündigt
für ferner liegende und zu umfangreiche Artikel.
Singer, J., and others, The Jewish Encyclopaedia. In 12 Bdn. Bd II—IV
(4%. XXII u. 685; XXII u. 684; XXIl u. 688. N.Y. 1902 u. 1903, Funk.
$7.—): Bis Dreyfus reichend.
Biblische Zeitschrift. II. 1. 6
82 Bibliographische Notizen.
Navo, 0. 3., Index Digest af the Holy Scripture (Ld., Clarendon Pr. 128).
Reference Passage to the Bible arranged in Topics in consecutive Order
with the Reference Passages given in full Text on the same Page, with
error Maps and Indices. 2 Bde (120 626 u. 795. Sunbury, Pa. Alpha
ubl. Co.).
Young, R., Analytic Concordance to the Bible on an entirely New Plan.
Containing about 311,000 References, subdivided under the Hebrew and
Greek Originals, with tbe Literal Meaning and Pronounciation of each,
also Index Lexicons to the O and NT. Being a Guide to Parallel Passages.
7th ed., rev. by W. B. Stevenson (40, Ld. 1902, Young. 218).
Breest, E., Handbuch zur Orientierung in der heiligen Schrift. Für die
eistl. Bedürfnisse des Bibellesers (275. B., Bibelges. M 3.—): Bibelkon-
ordanz mit systematischer Anordnung der unter einem Schlagwort
stehenden Stellen (Deutsche Lz 1903, 27, 1642f).
Einführung in die hl. Schrift. Ein Abrils der biblischen Geographie,
Archäologie, Einleitung in das A und NT samt Hermeneutik, 5. verb.
Aufl. (XII u. 538. Regensburg 1904, Manz. M 4.20).
Bergström, L., Var gamla Bibel. Historisk inledning till Gamla og
Nya Testament (192. Stockholm 1902, Ljus. Kr 2.—).
Loley, A., Etudes bibliques. 3° &d. rev. et augm. (340. P., Picard).
Rotherham, 3. B., Our Sacred Books; being Plain Chapters on the In-
spir., Transmission and Translat. of the Bible (64. Ld., Allenson. 18 6d).
Prat, F., Röcentes publications exögetiques en Allemagne (Etudes XCV
555—560): Gegen Pesch hält Pr. mit den Gegnern Franzelins fest, dals
das Wort „auctor“ in der Begriffsbestimmung der Inspiration nicht urgiert
werden dürfe. Der Terminus ging aus von dem 4. Konzil von Karthago,
wo man „unum auctorem“ für A und NT festsetzte gegenüber den Mani-
chäern. „Verbum Dei“ sei richtiger zum Ausgangspunkt zu nehmen.
Chavannes, H., L’etat actuel dans la Suisse romande du dogme de Fin-
spiration des Saintes Ecritures (RThPh XXXV1 34-68): Die Entwick-
lung hat einer freieren Auffassung der Inspiration, insbes. ohne Irrtums-
losigkeit, entgegengeführt.
Höhne, E., Zur Inspirationsfrage(Bew.d.G1. VI 101—116): Vgl. BZ I 83 305.
Mattiussi, G., Ispirazione dei sacri libri — per un opuscolo di L. Billot
(Boll. di Deput. di Stor. Patr. per l’Umbria 1903, 2, 50-62).
Zanecchla, P., Scriptor sacer sub divina inspiratione iuxta sententiam
cardinalis Franzelin. Responsio ad P. van Kasteren S. J. (112. Rom,
Pustet. L 1.50): Nachtrag zu seiner früheren Schrift: „Divina inspiratio
sacrarum Scripturarum ad mentem S. Thomae Aquinatis“ und gegen:
P. van Kasteren, Franzelin en Zanecchia — Twee verklaringen van de natuur
der schriftingeving (Studien. TI LVIII, 56—80). Inhalt: 1. de methodo
investigandi biblicam inspirationem divinam. 2. de natura eiusdem in-
spirationis. 3. de extensione inspirationis biblicae in autographa Scriptura.
— P. van Kasteren erwidert darauf in: Nogmaals Franzelin en Zanecchia
(Studien TI LXI 289—308): Es handelt sıch im Streite beider hier um
das rechte Verständnis von Franzelins Lehre; insbes. behauptet K., dafs
Franzelin mit seiner Erklärung der Inspiration auf Grund von „auctor“ das
Getorderte nur als ein Minimum bezeichne, dann dafs allein der Begriff
„auctor“ sein Ausgangspunkt sei (nicht conscriptor, wie Z. erklärt); es
handelt sich auch darum, ob Fr. eine promotio physica lehre.
Bettex, F., Die Bibel — Gottes Wort. 3. verm. Aufl. (318. Stuttgart,
Steinkopf. M 3.—).
Hunzinger, A. W., Die unvergängliche Bedeutung der Bibel (Allg. ev.-luth.
Kz 1903, Nr 39—43): Die Bibel enthält die Offenbarung und bewirkt
den Glauben.
Gietmann, G., Der mehrfache Sinn der hl. Schrift (ZkTh XXVII
381—390): Nicht durchgängig sei ein solcher möglich, wohl aber in man-
chen Worten (z. B. Himmel Gn 1,1) und Darstellungen (z. B. Hl) lasse die
Bibliographische Notizen. | 83
eg Allgemeinheit des Ausdruckes einen reichen Inhalt als vom
Heiligen Geiste intendiert erscheinen.
Bardenhewer, O., Geschichte der altkirchl. Literatur. II. Bd: Vom Ende
des zweiten Jahrhunderts bis zum Beginn des vierten Jahrhunderts (XVI
u. 665. Freib. i. Br., Herder. M 11.40): Die patristische Literatur ist auch
für die Exegeten von der grölsten Wichtigkeit. Bibelkommentare, Be-
arbeitungen des Schrifttextes, Mitteilungen über Kanonbildung u. a. sind
in reichlichem Malse in dieser Literatur zu finden. Deshalb begrüfst auch
die Bibelforschung das Enetige Voranschreiten des grofs angelegten B.schen
Werkes aufs dankbarste. Gerade der vorliegende Band, in welchem z.B.
einem ÖOrigenes allein 90 Seiten gewidmet sind, ist für den Exegeten be-
sonders wertvoll. Die Gründlichkeit und Zuverlässigkeit der Unter-
suchungen B.s ist derart bekannt, dals jedes anerkennende Wort darüber
überflüssig ist. Möge der in der Vorrede gegen G. Krüger unternommene
Nachweis, dafs Kirchlichkeit und Wissenschaftlichkeit sich nicht aus-
schliefsen, auch bei Fernerstehenden Anerkennung finden! B.s Unter-
nen in diesem Bande liefern doch einen neuen SEE
afür. ,
Rauschen, @., Grundri/s der Patrologie mit bes. Berücksichtigung der
Dogmengeschichte (XI u. 231. Freib. i. Br., Herder. M 2.20): Das eben
angezeigte Werk Bardenhewers bildet eine Erweiterung und genaue Aus-
führung der „Patrologie“ des gleichen Verfassers. R. verfährt umgekehrt
und verkleinert die „Patrologie* — natürlich unter Wahrung der selb-
ständigen Nachprüfung — zu einem „Grundrils“. Manchen möchte das
letztere Unternehmen als eine zu weit gehende Konzession an populäre
Schulbedürfnisse erscheinen, um so mehr, als die verkürzte 2. Auflage der
B.schen Patrologie nicht ein ueya BıßAlov, ueya xaxdv genannt werden kann.
Indes hat sich nun einmal, und zwar schon i. J. 1879, die Nachfrage nach
einer Patrologia minima erhoben, und der Benediktinerpater Bernh. Schmid
ist durch die fünf Auflagen, welche seine „Grundlinien der Patrologie“
erlebten, diesem Bedürfnisse entgegengekommen. Da aber dieses Werk-
chen wenig befriedigte, ist es sehr zu begrülsen, dafs R. es durch eine
exakte, gründliche Arbeit ersetzt hat. Der Exeget wird für die mit auf-
enommene Besprechung der atl Apokryphen besonders dankbar sein,
3 16 mufs es statt ävrıleyöueva: v6Bor heilsen. Bei Tatian wäre min-
destens Zahn (jetzt übrigens auch Puech) in den Literaturangaben zu
erwähnen gewesen; sonst ist die Inkongruenz mit den Literaturnotizen
bei Justin zu auffallend. S.
Sanders, L., Etudes sur St. Jeröme. Sa doctrine touchant: l’inspiration
des livres saints et leur veracite, l’autorit& des livres deutero-canoniques,
la distinction entre l’eEpiscopat et le presbyterat, l’Origenisme (400. P.,
Lecoffre. Fr 7.50): Glaubt die ganz moderne Fassung des Inspirations-
begriffes bei Hieronymus zu finden, d.h. die Annahme, dafs die hl. Schrift-
steller blois berichten, was die Zeit glaubte und überlieferte, ohne es zu
gewährleisten; aber mit Unrecht, wie ?. van Kasteren in Scripturistisch
Overzicht (Studien TI LXI 169--182), dem ich die Kenntnis des Inhalts
entnehme, durchführt. Die Deuterocanonica habe H. nur negativ nicht
anerkannt, ohne sie positiv zu bestreiten, was etwas befremdlich klingt.
S. handelt dann noch von dem Terminus „apokryph“ bei H., Hebräer-Ev,
Episkopat und Presbyterat, Streit mit Rufin wegen Origenes.
inter, F. A., Über den Wert der direkten und indirekten Überlieferung
von Origenes’ Büchern „contra Celsum“. 1 (69. Burghausen, Russy): Mün-
chener Diss. und Burghausener Gymnasialprogramm. Sucht speziell an den
Bibelzitaten nachzuweisen, dals der Herausgeber P. Koetschau die in-
direkte Überlieferung, d. h. die Philokalia, „mit unbegründeter Gering-
schätzung behandelt hat“ (S. 38—48). C.W.
Sycz, $S., Ursprung und Wiedergabe der biblischen Eigennamen im Koran
(64. Frankfurt a. M., Kauffmann. M 2.—): Zusammenstellung der Beleg-
6*
84 Bibliographische Notizen.
en hebräischer Ursprung, Wiedergabe und Deutung derselben im
oran.
Kropatschek, F., Das Schriftprinzip der lutherischen Kirche I: Die
Vorgeschichte; das Erbe des Mittelalters (462. Lp., Deichert. M 9.—):
1.Uber den praktischen Schriftgebrauch am Ende des Mittelalters, 2. über
das Schriftprinzip der Theologen. „Weder die Formel ‚Sola Scriptura‘ ist
eine Errungenschaft der Reformation noch die Betonung des Literalsinnes
noch die Inspirationstheorie noch sonst irgend etwas an der Forderung
einer reinen, schriftgemälsen Lehre“ (nach Köln. Volksz. 1903, Beil. Nr 44).
Calvin, J., Auslegung der Heiligen Schrift in deutscher Übersetzung. Hrsg.
von R. Müller Xll.Bd (X V u.664. Neukirchen, Buchh. des Evg. Ver. M 7.15).
Biedermann, O., Die Methode der Auslegung und Kritik der bibl.
Schriften in Spinozas theol.-polit. Traktat im Zusammenhang mit seiner
Ethik. Dissert. Erlangen (70 S.).
Ubald d’Alencon, Une page de Phistoire de Paris. Notice hist, et bibliogr.
sur les travaux d’Ecriture des Capucins (27. P., Oeuvre de St. Fr.-d’Assise;:
Vgl. BZ I 85.
Betz, L. P., Das Christentum (Bibel, Religion, Kirche, Legenden) in der
Literatur (Stud. z. vergl. Literaturgesch. Ill 304—313): Nachtrag zu seiner
„Litterature comparee‘ (1900).
Evans, W., The Book of Books; what it is; how to study it (120. 224.
Chicago, Bible Inst. Fr 5.20).
Sell, H. T., Bible Study by Books (Ld., Revell. 18 6d).
Cleemput, C. van, L’etude de la Bible (Nouv. Rev. Theol. 1903, 22—36).
Findlay, &. &., The Interpretation of Holy Scripture, ancient and mo-
dern (The London QAuarterly Review 1903, 17. Jan.)
Holtzmann, H., Das Urchristentum und der Reformkatholizismus (PrM
VII 165—196): Glaubt einen Zusammenhang zu finden zwischen Reform-
katholizismus und Bibelkommission. Letztere beurteilt er im ganzen ob-
jektiv; er gibt interessante Personalnotizen über die Mitglieder.
P., La Commissione di studi biblici e la stampa ortodossa (Bessarione.
März— Apr. 1903, 307—316): Die russische Orthodoxie verfolgt mit Inter-
esse die Tätigkeit der Bibelkommission, was aus dem Messagiero Eccle-
siastico des Protopopen Levitzky belegt wird, der allerdings kein bedeut-
sames Resultat davon erwartet.
Peithmann, E. C. H., Die metaphysische Bibel- Auslegung. Den Herren
Professoren der Theologie, den Geistlichen und gebildeten Laien zur ge-
fälligen Prüfung vorgelegt (16. Bitterfeld, Baumann. M —.35).
Hall, A. C., The Use of Holy Scripture in the public Worship of the
Church (216. Ld., Longmans. 48 6d).
Schinz, A., A propos du divorce entre la Bible et V’Eglise aux Etats-Unis
d’Amerique (RThPh XXX V 433—445): Eine Probe ergab auffallende Un-
kenntnis der Bibel bei den Universitätsstudierenden. Ursachen: Vorliebe
für moderne (evolutionistische) Wissenschaft, protestantischer Individua-
lismus ohne Autorität, demokratischer Geist, frühreifes, subjektives Rä-
sonnement, materieller Sinn.
Le Societa bibliche in Russia (Bessarione, Jan.—Febr. 193, 128—132):
Die englische, deutsche und russische Bibelgesellschaft suchen ihre Bibeln
zu verbreiten. Gibt Aufschlüsse über ihre Tätigkeit als Beitrag zur Ge-
schichte der religiösen Bewegung in Rulsland.
In what Particulars is the Bible more or less familiar than fifty Years
ago® A Symposium (BW XXI 260—273): Ehedem wulste man mehr aus
der Bibel, jetzt weils man mehr über die Bibel; das ist im allgemeinen
die Antwort der befragten Bibelkenner.
b) Sprache. Text und Übersetzungen. Bibelkritik.
Thumb, A., Die Forschungen über die hellenistische Sprache in den Jahren
1896—1901 (Arch. f. Papyrusf. II 396-427).
Bibliographische Notizen. 85
Vigouroux, F., La sainte Bible polyglotte, AT IV: Les Psaumes, les
een, l’Ecclesiaste, le Cantique des cantiques, la Sagesse (VIII u. 660.
P., Roger).
Nestle, E., Eine Gesamtbibel in den Originalsprachen (ThLz 1903, 124):
Die Ausgabe von Chr. B. Michaelis ist (vgl. ebd. 1899, 427) immer noch
die einzige; geplant war 1694 eine solche.
Grenfell, B. b., and Hunt, A. S., The Oxyrhynchus Papyri. Part III.
Ed. with Translat. and Notes (4%. XII u. 338. Ld., Egypt Expl. Fund.
258): Enthält wichtige Dokumente für das biblische Griechisch; Nr 401
aus Mt 1 u. 2; Nr 402 1 Jo 4, 11—17; Nr 403 griechischer Rest (12, 1—13, 2;
13, 11—14, 3) der sonst nur syrisch bekannten Baruch-Apokalypse. Der
IV. Bd soll u. a. ein neues Fragment von den Aussprüchen Jesu, das
grölste Papyrusfragment des NT (Hebr) und ein sehr altes LXX-Fragment
bringen (nach ThLz 1903 Nr 22).
Soden, H., Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen
Hss- Fragmente (Sitzungsber. der k. pr. Ak. d. Wiss. 1903, XXXI1X
825—830): Hebräisch (Pentat.), aramäisch (Ps, Mt), ägyptisch (ntl), syrisch
(Pes.), griechisch-arabisch (vgl. Violet BZ I 90), griechisch (LXX, ntl),
palästinisch-aramäisch (AT, Evv, Paulushriefe; letzteres Unika).
Grünert, M., Arabische Lesestücke, zunächst für Vorlesungszwecke zu-
sammengestellt. 1. Heft: „Aus der arabischen Bibelübersetzung.“ Text
und Glossar (40. III, 40 u. 50. Prag, Neugebauer. M 3.40): Gn 37; 39—50.
Job 1; 2. Mt 26—28.
Harnack, A., Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und
armenischen Literatur. Referat (Sitzungsber. der k. pr. Ak. d. Wiss. 1903,
XXXIX 831—840): Hss-Funde im Kloster auf dem Sinai und in Jerusalem
von altarmenischen und grusinischen Bibelübersetzungen.
Vooys, C. G.N. de, Jets over middeleeuwse Bijbelvertalingen (Theol. Tijdschr.
1903, 111—158).
John, H., The History of the English Bible (31. Ld., Stockwell. äd).
The English Bible, translated out of the original Tongues ey the Com-
mandment of Kiny James I., 1611. Bd II: Judges to Esther; Bd III: Job
to Song of Solomon. The Tudor Translations. Edit. by W. R. Henley (403
u. 289. Ld., Nutt. 908).
Rosenau, W., Hebraisms in the Authorized Version of the Bible (283.
Baltimore, Friedenwald Comp.): Auch ein Kapitel „Biblical Expressions
in English Literature“ (Bs LX Nr 239, 595).
Stokoe, T. H., The Edition of the Revised Version with Marginal Refe-
rences 1898 (Exp VIII 1—12): Bericht über Entstehung und Anlage durch
einen Mitarbeiter.
Moon, 6. W., The Bishop’s English: a Series of Criticism on Bishop
Thornton’s Laudation of the Revised Version of the Scriptures and also
on the English of the Revisers, showing that the Version put forth by
them contains Errors against Religion and Morals so unpardonable as
totally to unfit it for Circulation (16%. 184. Ld.. Sonnenschein. 38 6d).
The Holy Bible, the Revised Version and Revised Marginal References.
Printed for the Universities of Oxford and Cambridge (Oxford Press and
Cambridge Press. 68).
Fenton, F., The Holy Bible in modern English. Containing the com-
plete Sacred Scripture of the O and NT, translated into English from
the original Hebrew, Chaldee and Greek Languages. With Introd. and
Crit. (Ld., Patridge. 108).
Fenton, F., The Bible in modern English. IV: Containing the Psalms,
Solomon and Sacred Writers in the original Hebrew Order of the Books
(VIII u. 346. Ld., Patridge. 28 6d).
Bible. Douay ed. New large Type cl. ed., cont. the OÖ and NT. With
Annots., References, and an historic. and chronolog. Index (Baltimore
1902, Murphy. $&1.— bis 6.50).
86 Bibliographische Notizen.
Balientine, F.S., The American Bible: The Books of the Bible in Modern
English for American Readers. NT in 5 Bdn (Scranton, Pa. 1902. ä $ —.66).
Martini, A., La Bibbia, Vecchio e Nuovo Testamento secondo la Volgata
tradotts in lingua italiana e con annotazioni. 2 Bde (4°. 847, 1111. Mai-
land, Sonzogno. L 13.—).
Crampon, A., La Sainte Bible, trad. en francais sur les textes originaux
avec introd. et notes. Bd I—V (Rom, Desclee L %0.—).
La Sainte Bibie, AT, version de L. Legond; NT, version de H. Olira-
mare (1559. P., Soc. bibl. prot.).
Behaghel, O., Heliand und Genesis herausgeg. Altdeutsche Textbibl. 4
(16°. XXXIL u. 280. Halle, Niemeyer. M 3.—): Mit Einl., Verweisen
auf Tatian und Vulgata.
Die Bibel oder die ganze Hl. Schrift des A und NT, nach der deut-
schen Übersetzung D. Mart. Luthers. Nach den Beschlüssen der deut-
schen ev. Kirchenkonferenz berichtigter Text. Mit Bildern von J. Schnorr
v. Carolsfeld (4%. XVI, 612, 111, 11, 209, 12, IV. Lp., Deutsche Bibelges.
Geb. M 15.—).
Ecker, J., Katholische Hausbibel. Biblische Geschichte für das kath.
Volk. I(V It, 640 u.16. Trier, Paulinusdruckerei. M. 2.40; geb. 3.80):
Nach einem kurzen Abrils der biblischen Einleitung bietet der Verf. aus-
wahlsweise den Inhalt der Hl. Schrift (hier bis zum Tode Davids), der
Ordnung der Bibel folgend, mit kurzen sachdienlichen Notizen, die immer
dem praktischen Zwecke der Erbauung angepalst sind, zugleich aber lang-
jährige Beschäftigung und grolse Vertrautheit mit der Exegese bekunden.
Blau, L., Über den Einflu/s des althebräischen Buchwesens auf die Ori-
ginale und auf die ältesten Hss der Septuaginta, des NT und der Hexapla.
Aus: Festschr. z. 70. Geburtstag A. Berliners (9. Frankfurt a. M., Kauf-
mann. M —.80).
Nestle, E., Jesus Sirach Neffe oder Enkel des Amos Sirach (ZatW XXIII
128—130): Geht dem Ursprung dieser Angabe in Luthers Vorrede zu Sır
nach und kommt dabei auf Zusammengehörigkeit der altlateinischen Hss
abcd (nach Wordsworth-White), die sonst auseinandergerissen werden.
Wichtigkeit der Eigennamenüberlieferung.
a P., Letire sur la question biblique (Rev. d. Sciences eccl.
ug. 1903).
Iskraut, J. &., Die Kritik der Bibel. Vortrag (12°. 39. Friedberg,
Kohlschmidt. M .
McPheeters, W. M., The Question of the Authorship of the Books of
Scripture: A Criticism of current Views (PrthR 1 362—8383): Manche
halten die menschliche Autorschaft für belanglos; das bekämpft McPh.
weil die Inspiration auf der geschichtlichen Glaubwürdigkeit und letztere
auf dem Vertasser ruht.
Malcolm, A., Science and the Bible Reconciled; or Modern Criticism
Reviewed (308. Id. 1902, Allenson. 28 6d).
Terry, M. S., The Need of a new Apologetic. From the Point of View
of biblical Criticsm (BW XXI 129—138): Bejaht die Notwendigkeit auf
Grund dessen, dals die Kritiker in übergrofser Anzahl in den kritischen
Resultaten übereinstimmen, und bezeichnet die zu ändernden apologe-
tischen Thesen.
Urquhart, J., Reiners Gründe. Ein Gespräch über die „Irrtümer der
Bibel“. Deutsch von L. H. (46. Lp.. Költz. M —.20).
Bates, W. H., Alleged Discrepancies of the Bible (125. Boston, Watchword).
Moore, D., On alleged Errors and Contradictions in the Scripture
(BStdt VII 94—101): Solche gibt es nicht, wie die Kritik profaner Schriften
und die tägliche Erfahrung lehrt.
Gough, E., The Bible true from the Beginning. Designed as a Comment
on all those Portions of Scripture that are most questioned and assailed.
VIII (XX u. 634. Ld., Trübner. 16s).
Bibliographische Notizen. 87
Godbey, 3. E., Foundations of Faith, being a Consideration of the
Grounds of religious Belief and especially of the Evidences of divine Reve-
on 30) the Religion of the Bible (120. VIII u. 262. Nashville, Bigham.
r 5.20).
Limbach, S., Steine des Ansto/ses. Allerlei Anstölse und Widersprüche
er Schrift und ein Versuch ihrer Lösung (XI u. 238. Basel, Kober.
.60)
Gennrich, Das evangelische Schriftprinzip und die Religionsgeschichte
(Halte, was du hast XXVI 1). 4 Be
Dörr, Gefährdet die neuerdings grare religionsgeschichtliche Methode
die Bedeutung der heiligen Schrift für die evangelische Gemeinde? (PrM
V11 233f): Leitsätze zu Vorträgen auf der 39. Hauptversammlung des
Badischen Wissenschaftlichen Predigervereins 30. Juni u. 1.Juli in Karls-
ruhe. Die Stellung der Gemeinde zur Bibel wird eine freiere (Bibel-
autorität beschränkt auf das Religiöse), Geht die absolute Autorität des
inspirierten Bibelworts verloren, so bleibt die geschichtliche Autorität der
grofsen prophetischen Persönlichkeiten ihr erhalten. Die Aussprüche der
Propheten des AT erfahren durch die Geschichte eine Bestätigung.
Davis, T. K., The Interpretation of Scripture (Bs LX 334-341): Die
Bibel darf nach ihrem zeitlich bedingten Eiement nicht zur Norm ge-
macht werden.
King, H. M., Why we believe the Bible (231. N.Y., Am. Tract. Soc.
$1.—): The Light from the Monuments, the Voice of History, the Witness
of the Bible itself, the Proof from Miracles, the Testimony from Christian
Experience, the Evidence from the Triumphs of Christianity.
anewinkel, F., Ist die Bibel Gottes Wort? (16. Zwickau, ev.-luth.
Schriftenver. M — .20): Die Schriften des NT sind echt; durch ihre Ver-
fasser, die legitimierten Gottesboten, hat Gott geredet. Infolgedessen ist
die ganze Hl. Schrift Gottes Wort.
Arnold, M., Literature and Dogma: an Essay towards a better Appre-
ciation of the Bible (120. 372. N.Y., Burt. $ Kan:
Chambers, T. F., God’s Defence of his Word (BStdt VII 159-165):
Hofft auf sie für die Zukunft.
Carpenter, 3. E., Bible in 19th Century (XV u. 512. Ld., Longmans,.
108 6d): Acht Vorträge, gehalten 1900-1903, über den „Kampf tür die
Freiheit der Forschung“, „Bibel und Kirche“, Geschichte der Revised
Version, Anderung der Ansichten vom Gesetze und der Prophetie, über
den Kritizismus in den Evv.
Kähler, M., Notre combat en faveur de la Bible (RThPh XXXVI
142 —177 229-257): A. Porret bietet hier das 1895 (Lp., Deichert) er-
schienene deutsche Werkchen in französischer Übersetzung.
Wace, H., The Bible and modern Investigation (88. Ld., Soc. f. chr.
Knowl. 18 6d).
Kunstmann, J., Die Bibel ist die alleinige Quelle in Glaubenssachen (22.
Zwickau, ev.-luth. Schriftenver. M —.30)
c) Geograpbie. Archäologie. Religion.
Thomsen, P., Palästina nach dem Onomasticon des Eusebius (ZdPV
XXVI 97—141l 145—168 m. Karte): Literargeschichtliches. Abfassungs-
zeit wahrscheinlich vor 324 (gegen Schulten). Textkritische Hilfsmittel.
Die Karte von Madeba mufs ausscheiden, weil von Eusebius abhängig.
Zusammenstellung der wichtigsten Textemendationen. Quellen des
Werkes. Systematische Zusammenstellung der Angaben mit kritischen
Erörterungen. Den Wert des Werkes sucht T. nicht blofs in der text-
kritischen Bedeutung, sondern auch in den sachlichen Angaben. Eine
neue kritische Ausgabe ist notwendig.
Klostermann, E., Onomasticum Marchalianum (ZatW XXIII 135 —140):
Betont die Wichtigkeit der etymologischen Onomastica sacra und erörtert
88 Bibliographische Notizen.
die Art ihrer Bearbeitung. Aus dem Codex March. gibt er alphabetisch
die Randnoten mit den übersetzten Eigennamen.
Bechtel, E. A., Sanctae Silviae Peregrinatio. The Text and a Study of
the Latinity (160. Chicago 1902, The University of Chicago Press). Disser-
tation. Enthält S. 154—157 einen (ziemlich resultatlos verlaufenden) Ex-
kurs über die Bibelzitate. C.W.
Ferotin, M., Le veritable auteur de la „Peregrinatio Silviae“: La vierge
espagnole Etheria (Rev. des quest. hist. 1. Okt. 1903, 367—397).
Grisar, H., $. J., Nochmals das Palästina-Itinerar des Anonymus von
Piacenza (ZkTh XXV1I 776—780): Gegen P. Piacenza, Ephem. Lit. 1903,
338—348, der die Echtheit des „Steins von Kana“ und die Richtigkeit
der früher fälschlich darauf gefundenen Inschrift von „Antoninus“ ohne
Grund annahm; vgl. BZ I 87.
Hiiprecht, H. V., Explorations in Bible Lands during the 19th Century.
With the cooperation of Benzinger, Hommel, Jensen, Steindorff. 200 Ill.,
4 Maps (900. Ld., Clark. 128 6d)j: Hilprecht über Babylonien und Assyrien,
Benzinger über Palästina, Hommel über Arabien, Steindorff über Agypten,
Jensen über die Hittiter.
Macphie, J.P., The Homeland of the Bible (12°. 313. N.Y., Revell. $1.25).
Duckworth, C., The Holy Land (fol. Ld., Tuck. 38 6d). |
Frohnmeyer, 3., Biblische Geographie. 12. verb. u. verm. Aufl. Mit 92
a und 1 Karte des hl. Landes (VIII u. 336. Calw, Vereinsbuchh.
4.—).
Zanecchla, D., La Palestine d’aujourd'hui. Ses sanctuaires, ses localites
bibliques et historiques. Trad. de l'italien sur la 2" ed. par l’abbe H.
Derangeon. BdIu.1I (120. XVI 536 u. 773. P., Lethielleux).
Gray, A., A Pilgrimage to Bible Lands. Historical Notes and Reflections
on Scenes and Places visited. With photographic Illustr. (X u. 178. Ld.,
Skeffington. 38 dd).
Delepine, 6., G£ographie physique de la Palestine (ll. Arras, Sueur-
Charruey).
Germer-Durand, J., Topographie de Jerusalem I (Echos d’Or. 1903 Jan.,
1—16); II. Des Macchaltes ü Herode Agrippa I (ebd. Mai 1903, 161—174).
Cady, P., Exploration in the Dead Sea Region (BW XXI 327—346::
Bericht über eine Forschungsreise mit Beschreibung der moabitischen
Küste a,
Schuhmacher, G., Die äyyptische Hauptsira/se von der Ebene Saron bis
zur Ebene Jesreel (Mitt. u. Nachr. d. d. PV 1903, 4—10): Beschreibung nach
seinen Tagebuclhaufzeichnungen.
Deschamps, E., En Palestine: Dans les districts de Saida et de Jafla;
Huit jours a Jerusalem (18%. 300. P., Maisonneuve).
Bauer, L., Volksleben im Lande der Bibel (VIl u. 312 mit Abb. Lp.,
Wallmann. M 4.20).
Masterman, E. W. G., The Jews in modern Palestine (BW XXI 17—27):
Interessante Schilderung der jüdischen Typen nach Herkunft, Geschichte
und Kennzeichen.
Masterman, E. W. G., The religious Life of the orthodox Jews in Pa-
lestine (BW XXI 274—280): Gibt ein Bild, wie der gesetzestreue Jude
seine religiösen Pflichten auffalst und erfüllt.
Vigouroux, F., Les instruments de musique dans la Bible (con 19 incisioni)
(Bessarione, Nov.—Dez. 1W2, 257—280): Den Mangel von Angaben der
Bibel über ihre Gestalt ergänzen die archäologischen Funde Agyptens und
Vorderasiens. V. behandelt ins Einzelnste die Schlag-, Blas- und Saiten-
instrumente.
Streatfeild, G. S., T'he Fatherhood of God: a Study in Spiritual Evo-
lution (Exp VIII 24—40): Bei den alten Semiten physisch gefalst, zwischen
Gott und seinem Verehrer bestehend; in Israel anfangs zwischen Gott und
dem Volke in moralischem Sinne festgehalten, später bes. seit der Ge-
Bibliographische Notizen. 89
fangenschaft mehr individualisiert (d. i. zwischen Gott und dem Einzelnen
obwaltend). Durch Christus wurde die so vorbereitete individuelle Sohn-
schaft erst vollständig ans Licht gestellt.
Staerk, W., Namenaberglaube im A und NT (PrM VII 353—358): Zu-
stimmendes Referat über Giesebrecht, Die atl Schätzung des Gottes-
namens usw. (1901) und Heitmüller, Im Namen Jesu (1903).
Steinschneider, M., Die kanonischen Zahlen 70—73, ein Nachtrag zu
meinem Art. in d. ZdmG 1V (1850) 145ff (ZdmG LVI1I 474—507): Er-
änzt den bisher wenig beachteten Artikel. Biblische und apokryphe
Schriften finden auch hier Berücksichtigung.
Ravi, S. V., La speranza d’Israele realizzata in Gesü di Nazaret I (40.
Ronı 1902, tip. La Speranza).
Legeay, 6., Le Symbolisme dans l’Ecriture: Noms et figures de Notre-
Seigneur (XVI u. 263. P., Retaux).
Gold, W., Sacrificial Worship in Gn and Ex, in the Temple, in the NT
and the Christian Church (12%. XIV u. 112. N.Y., Longmans. Fr 5.20).
Piras, R., L’antropologia biblica o lezioni apologetiche sw l’ uomo recitate
nella metropolitana di Cagliari (349. Cagliari 1902, Valdes. L 3.—).
L. S., Religiöse Ethik des A und NT. Eine Gegenüberstellung (16. B.,
Concordia. M -— .50): Will zeigen durch einfache Zusammenstellung, dals
die Überlegenheit des NT über das AT nicht aufrecht zu erhalten sei.
Stevenson, W. B., The Bible Wisdom and the Jewish apocryphal Writings
(16%. LIV u. 103. Ld., Dent).
Guttmacher, A., Optimism and Pessimism in the O and NT (12. 255.
Baltimore, Friedenwald. $ 1.50).
Volck, W., Der moderne und der biblische Pessimismus. Vortrag (Allg. ev.-
luth. Kz 1903, Nr 36—38): Der Pessimismus eines Buddha, Schopenhauer,
Hartmann und Nietzsche werden kurz geschildert. Der at] „Pessimisten-
katechismus“ Koh ist nicht ganz ein solcher, weil das Gottvertrauen den
Pessimismus überwindet. Ebenso endet der ntl Pessimismus in Optimismus.
Merle-Blanquis, La vocation de la femme d’apres la Bible (160%. XII u.
382. P. 1902, Fischbacher).
Buckner, The Immortality of Animals and the Relation of Man as
Guardian, from a billical and rhilosophical Hypothesis (12v. 11I u. 291.
Philadelphia, Jacobs. Fr 6.0).
Whaling, T., The Biblical Doctrine of Poverty (BStdt VII 111—118):
Bedeutung der Armut im göttlichen Plane und in den gesellschaftlichen
Beziehungen (moralisierend).
Volz, P., Jüdische Eschatologie von Daniel bis Akıba (XVI u. 412.
Tübingen, Mohr. M7.—): 1. Übersicht über die eschatologische Literatur
dieser Zeit. 2. Die Entwicklung der eschatologischen Anschauung und
Stimmung des Judentums. 3. Eschatologische Akte und Zustände.
d) Auslegung.
Bond, H., The test Bible Commentaries (ExpT XIV 151 203—205): Fübıt
zu Jedem Buche der Hl. Schrift je einige wissenschaftliche und populäre
Kommentare an, die bei einer veranstalteten Abstimmung als die besten
erachtet wurden. — Hastings gibt (ebd. 270f 358f) einige Nachträge und
Korrekturen.
The Temple Bible, 1 and 2 Esdras, ed. by A. Duff; Tobit and the Baby-
lonian Apocryphal Writings, ed. by A. H. Sayce; 1 and 2 Malhk, ed. by
W. Fairweather; Ecclesiasticus, ed. by N. Schmidt; NT Apocryphal
Writings, ed. by I. Orr (160. Ld., Dent. & 4,
Schenck, F.S., The ten Commandments and the Lord’s Prayer: a socio-
logical Study (12%. II u. 245. N.Y. 1902, Funk. $1.—).
Peloubet, F. N. and M. A., Select Notes. Studies in the Book of the
Acts, Chapters 16—28; and Studies in the OT, from Samuel to Solomon
(Ld. 1902, S. S. U. 5).
90 Bibliographische Notizen.
B. Das Alte Testament.
a) Einleitung. Geschichte der Exegese. Hebräische Sprache.
Faerden, M.1., Det gamle Testament i Lyset af den nyere Bibelforskning
206. Kristiania, Cammermeyer. .—). .
Wildeboer, &., De Letterkunde des O. V. naar de tijdsorde van haar
ontstaan. Derde druk (XI u. 442. Groningen, Wolters).
Levy, S., Is there a Jewish Literature? (JqaR XV 683-603): Der sprach-
liche Gesichtspunkt ist logischer und wissenschaftlicher als der nationale;
daher „hebräische“ L.
Wünsche, A., Der Prophet Hosea in der agadischen Auslegung des Jalkut
Schimeoni (VB 1 66—127): Text und Übersetzung. — Der Prophet Jona
in der agadischen Deutung des Jalkut Schimeoni (ebd. I 235—255): Text
mit Übersetzung. Weiter: Eine andere Rezension des Midrasch Jona mit
wichtigen Ergänzungen.
Halevy, J., Lotape (Jas Ser. X, I 376): Bei Plinius als Magier zur Zeit
des Moses erwähnt, verderbt aus lo8op der LXX =Jethro.
Legeay, L’ange et les theophanies dans l’Ecriture Sainte, d’apres la
doctrine des Peres (Rev. Thom. 1903, 46—69 127—154).
Meyer, E., Zum babylonischen Schöpfungsbericht bei Eusebius (Beitr. z.
&. Gesch. III 169): Der Bericht Chron. 1 p. 18, 39 ff ist ein Auszug aus dem
Werke des Oannes (zu Montzka ebd. II 3858 und Keilinschr. u. AT3 488).
Cornu, J., Zum Heptateuchos Cypriani (Arch. £. lat. Lexikogr. XIII 192):
Bezweifelt die Beweiskraft der bisher für die gallische Provenienz des
metrischen lateinischen Heptateuchs (ed. R. Peiper im Wiener Corpus
Bd XXIII) beigebrachten Argumente und erhofit „gesichertere Ergeb-
nisse als die, welche der Wortschatz zu Tage gefördert“, von einer Unter-
suchung des Versbaues. C.W.
Stutzenberger, A., Der Heptateuch des gallischen Dichters Cyprianus
(47. Zweibrücken, Kranzbühler): Münchener Diss. und Zweibrückener
Gymn.-Progr. Verteidigt erfolgreich die Einheit des in der vorigen Notiz
erwähnten Bibelgedichtes gegenüber der Hypothese von H. Best, De
Cypriani quae feruntur metris in Heptateuchum (Marburg 1892), der auf
Grund metrischer, überlieferungsgeschichtlicher und sonstiger Indizien
das Werk auf zwei in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeiten
lebende Dichter verteilen wollte. C.W.
Halevy, J., Houd et Cho’aib (Jas Ser. X, I 376f): Propheten, im Koran
erwähnt, verderbt aus hebr. "ır und syr. aae, (aaa).
Seligsohn, M., Une critique de la Bible du temps de Gueonim (REF) XLVI
99—122): Übersetzung des JqR X1II 358-369 publizierten Fragmentes
aus der Geniza von Cairo. Der Verf. geht alle Schwierigkeiten der Bibel
durch (ungefähr 100 Punkte erhalten), um seinen Gegnern zu beweisen, dals
sie die Bibel nicht zu erklären verstünden.
Engelkemper, W., Die religionsphilosophische Lehre Saadja Gaons über
die hl. Schrift (Beitr. z. Gesch. der Phil. des Mittelalters IV 4. VIII u. 74.
Münster, Aschendorff. M 2.50): Literärgeschichtliche Behandlung des
anzen Werkes: „Buch vom Glauben und Wissen“, von dessen zehn Traktaten
er dritte: „Vom Gebot und Verbot“, hier in Übersetzung geboten wird.
Inhaltlich ist es eher eine Verteidigung der Offenbarung; weniges bezieht
sich auf die Hl. Schrift als solche, z. B. Schluls über die Glaubwürdigkeit
der Hl. Schrift. Aber dieses wenige ist wichtig und wertvoll für die Ge-
schichte der Exegese, für welche auch zu beachten ist, wie Saadja die
Hl. Schrift zu Beweisen gebraucht. Er unterscheidet sich darin nicht von
der traditionellen jüdischen Exergese. Die Übersetzung E.s ist sehr klar
und verständlich, obwohl sie anderseits auch sich bemüht, den arabischen
Wortlaut wiederzugeben. Die Noten lösen textliche und sachliche Schwierig-
keiten mit Geschick (S. 13! ist der schwierig erscheinende und gewunden
erklärte Satz zum „Einwand“ zu ziehen; dann braucht er keine Korrektur).
Bibliographische Notizen. 91
Aus seiner eingehenden Beschäftigung mit Saadja und seiner Kenntnis
der zeitgenössischen Literatur weils E. vieles zu erläutern, zu klären und
zu lösen, und er hat durch seine Schrift sowohl der Geschichte der arabisch-
jüdischen Philosophie und Theologie als auch dem neu erwachten Interesse
an dem Exegeten Saadja einen grolsen Dienst erwiesen.
Levy, L., Reconstruction des Commentars Ibn Esras zu den ersten Pro-
pheten. Diss. Heidelberg (XIX u. 44. B., Poppelauer. M 2.—).
Berliner, A., Beiträge zur Geschichte der Raschi- Commentare (III u. Bl.
B., Rosenstein. M 2.—).
Glück, R., Beiträge zur Geschichte der Bibelexegese. Die Scholien des
Gregorius Abulfarag Barhebräus zu Genes. 21—50, Exod. 14. 15, Leviticus-
Deuteron. und Josua auf jüdische Quellen untersucht. Übersetzt und mit
Anmerkungen versehen (75. Frankfurt a. M., Kauffmann. M 2.—).
Jephet ben ’Ali, des Karäers, Commentar zum Buche Ruth, zum ersten
Male nach 8 Mss. ediert, mit Einl. und Anmerk. versehen von Dr. Nahum
Schorstein (XVIII u. XXXIL B., Poppelauer. M 2.—).
Eppenstein, S., Der Commentar Joseph Karas zu Micha (Hebr.). Aus:
Festschr. z. 70. Geburtstag A. Berliners (9. Frankfurt a. M., Kaufimann.
M 1.20).
Abü Zakarja Jahjä (R. Jehüda) Ibn Bifäm, Arabischer Commentar zum
he Josua. Zum ersten Male herausgeg. von Dr. Sam. Poznanski (21.
Frankfurt a. M., Kauffmann. M 1.50).
Nestle, E., Luther über das Buch der Weisheit (ZatW XXIII 130-132):
Geht der Geschichte der Bemerkung Luthers, dafs Weish „stark judenzet“
(andere „jüdele“), nach.
Davies, T. W., Heinrich Ewald, Orientalist and Theologian 1803—1903.
A centenary Appreciation (X u. 146. Ld., Unwin. 38 6d).
Grimme, u. protestiert in einer Rez. (OrLz VI 117—121) von Barth,
Wurzeluntersuchungen (vgl. BZ I 89) dagegen, dals das Altarabische immer
als ursemitisch angesehen werde; man müsse die asiatischen wie afrika-
nischen Sprachen der Semiten in grölserer Ausdehnung einbeziehen und
a organische Lautwandlungen nicht blofs für sporadisch, sundern
ür gesetzmälsig halten.
.. Steuernagel, C., Hebräische Grammatik mit Paradigmen, Literatur,
Übungsstücken und Wörterverzeichnis. Porta lingu. or. I (XII u. 268.
B., Reuther. M 3.50).
Gonzalez, M., Gramüätica hebrea del discipulo, con un appendice de los
hebraismos sintäxios de la Vulgata y original griego del NT (VIII u. 128.
Barcelona, Tip. cat.).
Ember, A., Pronunciation of Hebrew among the Russian Jews (AmJsemL
XX 233f): Die Philologen halten sich gewöhnlich an die sog. sephardische
(spanische) Aussprache, welche älter ist als das sog. Askenazi bei Russen,
Polen und Deutschen. Letzteres hat Paenultima-Betonung, eigenartige
Aussprache von Konsonanten und Vokalen.
Kennedy, 3., The Note-Line in the Hebrew Scriptures, commonly called
Paseg or Pesiq (140. Edinburgh, Clark. 48 6.d).
Barth, J., Zur Abstrakt- Endung üt. Eine Entgegnung (ZA XVII
886—388): Gegen Brockelmann ebd. 257f. Die Herleitung von den
Worten aus "=b begründet nunmehr B. damit, dals die Substantiva von
„=> meist abstrakte Bedeutung hatten; deshalb als Abstrakt-Endung ge-
braucht.
Vollers, K., Semitische Miszellen (ZA XVII 305—332): 1. ıl-ılah. 2. Das
Qätil-Partiripium. 3. Die arabischen Bewunderungsformen.
Ungnad, A., Zur Erklärung der hebräischen nomina segolata (AA XVII
333—343): Aus katl, Pl. katlim; bei gewissen Kombinationen, schliefslich
bei jeder Doppelkonsonanz Hilfsvokal verwendet; also: kat*lım, katalım,
k'tälim. Stat. c. vom Grundstamm.
Praetorius, F., Uber einige weibliche Caritativnamen im Hebräischen
92 Bibliographische Notizen.
(ZdmG LVIIl 530-534): 53%, ®s"ax usw. sind gebildet mit dem diminuieren-
den Suffix äl (6), auXax mit ag oder ak.
Lambert, M., De l’emploi des ee ronominaux avec noun el sans noun
au futur et ü l’imperatif (RE) XL 7178-183 : Gegen Berliner, Bei-
träge z. hebr. Gr. 46 stellt L. fest, dafs im Indik. Impf. die energischen
Formen gebraucht werden im Unterschied von den Verben mit Waw consec.
Zusammenstellung aller sich findenden Formen.
Berry, 6. R., Waw consecutive with the Perfect in Hebrew (Journ. of
Bibl. Lit. XXII 60—69): Ist als blolses Waw cop. zu fassen.
Zillessen, A., Berichtigungen zu Mandelkerns kleiner Konkordanz (ZatW
XXIII 94f). — v. Gall, Nachtrag (ebd. Y5i 354). — Vgl. ebd. 352-354
(Lambert, M.; Nestle, E.).
Lidzbarski, M., Semitische Kosenamien (Eph. f. sem. Epigr. II 1—23): Vgl.
BZ 1112. Hier erweitert abgedruckt. Behandelt Grundsätzliches und Tat-
sächliches zum Thema mit häufiger Beziehung auf atl Namenformen. Nicht
blois als Rufnamen, sondern auch durch den umbildenden Eintluls der
Kindersprache sind gekürzte und veränderte Namenformen eingedrungen.
Nach Art des Auslautes und Art der Veränderung und Kürzung werden
die Belegstellen zusammengeordnet.
Yahuda, A.S., Hapax Legomena im AT (JqR XV 698— 714): Hap. Leg. im
weiteren Sinne. Y. will vorzüglich das Arabische in methodisch richtiger
Weise verwerten: v5 Ct 4,1; 6,5 = „üs „in der Morgendämmerung
herabkommen“, rınyı Job 6, 6—=pyJl==: weicher Käse, der eine geschmack-
lose Flüssigkeit (m) absondert. 2 Prv 29,21= (ze: entkräften.
Job 28, 18 = Zune: Armband. r'mey Job 12, 5 = Grobheit (r&y). nn 2 Sm
20, 3 vom geschlechtlichen Verkehre abgeschlossen (Jo). n32 O5 10,7=
CLa5 „zerbrechen“: eine in Schaum zertlielsende Meereswelle (vgl. ep
. e r.
Joel 1, 7 abgebrochenes Blatt). yrd “;2 Job 28, 8; 41, 26 — A „etwas,
was körperlich sichtbar ist“ (umfangreicher Körper); der Lautübergang
=,» ist auch sonst zu belegen, wenn auch nicht zu erklären (Beispiele).
and Job 33, 21— (a: sichtbar werden bzw. durchsehen lassen. vs Job
„- » Mon
34,9 his: fallen lassen, stürzen. bb-n Ps 137, 3—=,) „hinstrecken‘,
„niederwerfen“: gewalttätiger Bedrücker.
Joöon, P., S. J., Einige Bemerkungen zur hebräischen Lexikographie
(ZkTh XXVII 588—593): I. n&n in vielen, viell. allen Fällen = „Gitter“
(nicht „Netz“), d.i. ein Gitterwerk aus Baumzweigen, mit Erde bedeckt,
eine Fallgrube bergend. Prv 1,17: die Vögel haben von einem „Gitter“
dieser Art nichts zu fürchten, weil es nur den schweren Vierfülslern ge-
tährlich ist. II. orrne in keinem Falle = „Wolken“, sondern stets =
„Himmel“, nicht von grö I = „zerreiben“, sondern von pr Il= „hoch sein“.
Chajes, H. P., jıx (OrLz VI 305 f): Das im apokryphen Traktat Se-
mahoth II $ 4 vorkommende yrxa ist zusammenzustellen mit Dt 23, 14
ur >s, etwa „eisenbeschlagener Stock“, wohl zusammenhängend mit Verb.
„x Targum zu 1s33, 4.
Meılsner, B., n512 (ZA XVII 270f): Für „Harz“, von Balsamodendron usw.
herstammend, spricht die Aufzählung in Sm 796 Z. 10 neben Blumen und
Spezereien: bu-du-ul-hu.
Keane, A. H., Ea; Yahveh: Dyaus; Zavs; Jupiter (JqR XV 559—582):
ee N Leu, en men
Glaser hatte in „Jehowah-.Jovis und die drei Söhne Noahs“ (München 1%])
die fünf Namen in etymologische und geschichtliche Beziehung gesetzt.
K. leugnet die etymologische Verwandtschaft der beiden im Titel an-
gedeuteten Gruppen, auch jegliche geschichtliche oder geographische Be-
ziehung. K. korrigiert auch als Indogermanist die Aufstellungen Gl.
Bibliographische Notizen. | 93
bez. der 2. Gruppe. Jedoch erkennt er die Verwandtschaft von Ea und
Jahwe sowohl vom theogonischen als phonetischen und geographisch-
geschichtlichen Standpunkt an. Neues bringt er zur These nicht bei;
ebensowenig zum Schlufs: Evolutionismus der Bedeutung von Jahwe.
Büchler, A., Die Grundbedeutung des hebräischen und neuhebräischen
Stammes v5». Ein Beitrag zur Geschichte der Hochzeits- und Trauer-
gebräuche (Wiener Zeitschr. f. Kunde d. Morgen]. XVII 165—181): Zu-
nächst „stampfen“ mit den Fülsen als Aulserung des Hohnes, dann Tanz
beim Vortrag der Trauerklage und des Lobes der Braut.
Nestle, E., Sommerfäden auf Hebräisch (ZatW XXLIl 343f): Die Quinta
bestätigt, dals Hieronymus so mit Recht craa% (viell. oxaae*>?) übersetzt hat.
Perles, F., so» —= Haar (OrLz VI 425f): Nicht Job 38, 25, wie agadische
Erklärungen wollen, aber an andern Stellen der Midrasch-Literatur.
Behrens, E.. Zum assyrischen Lexikon. 1: Sasimu = hebr. v'cog (ZA
XVII 389).
b) Text und Übersetzungen.
Levi, J., Un papyrus biblique (RE) XLVI 212 —217): Vgl. BZ I 312.
Gegen Cook hält L. den Papyrus für liturgisch; die von der palästinischen
abweichende Form des Sema‘ ist äryptisch. Textkritisch wertlos, weil für
Privatgebrauch von einem halbgebildeten Schreiber hergestellt. Daher
Mischung von Lesarten des Dt mit dem Grundstock aus Ex. Nur paläo-
graphisch und geschichtlich von Interesse.
Margoliouth, G., An early Copy of the Samaritan-Hebrew Pentateuch
= qR XV 632—-639): Gibt eine Beschreibung der von einem samaritanischen
riester durch das British Museum erworbenen, im J. 1339—1340 ge-
schriebenen bedeutsamen Hs.
Thackeray, H. St. J., Translation of the Letter of Aristeas (JqR XV
337—391): Nicht vor der Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. verfafst. Folgt
Übers. mit Anmerkungen.
Thackeray, St. J., The Greek Translators of Ezekiel (JthSt IV 398—411):
Auch hier wie bei Jer (vgl. BZ I 314) zwei Übersetzer: a 1—27, ß 28—39,
y(=a) 40--48. Die Teilung scheint zum Zwecke der Übersetzung geschehen
zu sein (nach Epiphanius Doppelzellen für die LXX-Übersetzer). Zeigt
statistisch in einer Tabelle die Besonderheiten der Übersetzer. 36, 24—38
eigenartig, wohl aus einer andern Übersetzung hergenommen. — The
Greek Translators of the Prophetical Books (JthSt IV 578—585): Sind
die beiden Übersetzer der je zwei Teile von Jer (vgl. 1 314) und Ez gleich-
zeitig oder sukzessiv? Beides ist möglich. Auf Grund der Vergleichung
des Wortschatzes stellt Th. folgende Gruppierung auf: Is ist ein erster
Übersetzungsversuch; Jer a, Ez a u. y, die kleinen Proph. sind später
von einer Hand oder einer Gruppe von Übersetzern gefertigt. In ähn-
lichem Verhältnisse steht 1 Rg zu 234 Rg.
Zillessen, A., Die crux temporum in den griechischen Übersetzungen des
Jesaja (c. 40—66) und ihren Zeugen (ZatW XXIII . Statistik und
Gruppierung der Stellen, an denen eine verschiedenartige Wiedergabe der
hebräischen Tempora sich bei Ubersetzungen und Hss zeigt. Die ein-
leitend angeführten Ergebnisse sind wenige und zudem unsicher.
Böhmer, J., Ein Hauptstück der atl Religion auf dem Boden der LXX
(Studierstube I H. 8): Gegen Deilsmann, vgl. BZ I 313.
Nestle, E., Erratio (Arch. f. lat. Lexikogr. XIII 278): Im Lyoner Okta-
teuch ist Idc 20, 16 statt „sine ratione“ wohl nach dem Griechischen
od EEauaprdvovres (vÜX Auapr., ob diauapr.) „sine <er>ratione“ zu
schreiben. C.W.
Nestle, E., Actio (Arch. f. lat. Lexikographie XIII 436): Im Lyoner
Heptateuch Idc 18, 21 entspricht actio griechischem dmooxevrji im Sinne
von Trofs oder Train. Diese Bedeutung von „actio“ ist anderweitig noch
nicht nachgewiesen, C.W.
94 Bibliographische Notizen.
Nestle, E., Acia (Arch. f. lat. Lexikogr. XIII 278): Acia (Faden) findet
sich auch im Lyoner Oktateuch Idc 16, 12 „disruit ea (Simson die Stricke)
... sicut aciam“, wo die griechischen Hss, welche die dem Lugdunensis
zu Grunde liegende Rezension enthalten, bs (Woei) dduna (duo) bieten. C.W.
Ginsburger, M., Die Fragmente des Targum jeruschalmi zum Pentateuch
ZdmG LVII 67—80): Zusammenordnung der Stellen, wozu wir solche in
en bis jetzt bekannt gewordenen Hss besitzen. Etwas über das innere
Verhältnis der beiden sich zeigenden Rezensionen.
Siibermann, S., Das Targum zu Ezechiel. Nach einer südarabischen
Hs mit Einl. und Varianten vers. Diss. Stralsburg 1902 (40 S.).
Lauterbach, J. Z., Saadja Al- Fajjümi’s arabische Psalmenübersetzung
und Commentar (Psalm 107—124). Nach einer Münchener und einer
Berliner Hs hrsg., übersetzt und m. Anmerkungen versehen (67 u. XXV.
B., Poppelauer. M 2.50). f
Mittwoch, E., Aus einer arabischen Übersetzung und Erklärung der
Psalmen. Ein Geniza-Fragment (ZatW XXIII 87-93): Ps 119, 49-63.
96—104. Übersetzung von Saadja abhängig.
Seligsohn, M., The hebrew-persian Mss. of the British Museum (JaR XV
278—801): Or. 5446 vielleicht die älteste persische Übersetzung des Penta-
teuchs. Gn 24, 1—16 gibt er nach dieser und Tawusi und nach der von
Guidi festgestellten Hs. — Or. 4742: der historische und epische Teil des
Pent. in Versen (vom J. 1702; mit Proben).
Langner, E., Die gotischen Nehemiafragmente. at Sprottau 1903 Gl
Paul, F., Studien zur altsächsischen Genesis I. Dissert. Lp. (55 S.).
Dollmayr, V., Die Sprache der Wiener Genesis. Eine matische
en ve u. Forsch. zur Sprach- u. Culturgeschichte der germ.
Völker. 94. XIIl u. 109. Stralsb., Trübner. M er
Byland, H., Der Wortschatz des Züricher AT 16525—1581 verglichen mit
an ersehsn Luthers. Eine sprachl. Unters. (VI u.84. B., Schwetschke.
5.50). :
Hirsch, M., Die Klagelieder. Übersetzung nebst Anmerkungen (hebr.
und deutsch) (VI u. 22. Frankf. a. M., Kauffmann. Geb. M 1.20).
Die Psalmen. Sinngemä/se Übersetzung nach dem hebräischen Urtext
(255. München, Roth. M —.30).
Davies, T. W., Ysgrythyrau yr hen destament [Walis. Schriften des AT].
The thirtieth Series IV (120. VI u. 102. Wrexham, Hughes. 6d).
Driver, S. R., Translations from the Prophets. Jeremiah XXII, XXIII
(Exp VIII 12—23): Vgl. BZ I 316.
c) Text- und Literarkritik.
Cheyne, T. K., Pressing Needs of the OT Study (HJ 1 747—762): Man
muls zugestehen, dals Israel unter durchgreifendem Einflufs von Assyrien
und Agypten gestanden. Das anerkenne die deutsche Gelehrtenwelt nicht
hipreichend. Empfiehlt besonders die Betonung der Textkritik im Sinne
seiner Critica biblica (vgl. BZ 1315). Sie wird auch die sog. höhere Kritik
modifizieren. Bestimmte Typen der Korruption müssen gesucht werden.
Rost, P., Ein Schreibgebrauch bei den Sopherim und seine Bedeutung
für die atl Textkritik (OrLz VI 403—407): Mit Stichworten des Textes,
hinter welche oder vor welche eine Randnote eingetragen werden sollte,
wurden von den Sopherim oft Nachträge von Versehen, aber auch er-
klärende Randglossen eingeleitet: eine reiche Quelle von Textverderbnissen.
Hart, J. H. A., Primitive Exegesis as a Factor in the Corruption_ 0
Texts of Scripture, illustrated from the Versions of Ben Sira (JqR X
627—631): Sir 10. 8f; 13, 13; 16, 10 weisen Einwirkungen der altchrist-
lichen Schrifterklärung auf, wie auch textkritisch festzustellen ist.
Matthes, J. C., Miscellen (ZatW XXIII 120—127): Textkritisches zu
Nm 14, 19. Jos 10,13. 2 Sm 1,18; 1,27. 1 Reg 2,22. 2 Rg 5, 17. Agg
1, 9; 2, 15—19. Mal 1, 1. Prv 10, 9; 14, 35; 27, 24.
Bibliographische Notizen. 95
en nee: T. K., Critica biblica. 8. First and second Samuel (312. Ld.,
lack. 38).
Wünsche, A., Eine Umstellung von Versen in der Bibel (VB I 274):
1 Sm 2, 8®—11 ist zu vertauschen mit Ps 113, 8b.
Burney, C. F., Notes on the Hebrew Text of the Books of Kings. With
an Introd. and App. (XLVIII u. 384. Oxford, Clar. Pr. 145).
Whitelaw, T., OT Critics. An Inquiry into the Character, Effect and
Validity of their Teaching (386. Ld., Trübner. 78 6d).
Longsides, A., Higher Criticism as applied to Itself; or Prof. Davidson’s
Introduction to lsaiah under the ruthless Logic of his own Principle
(Ld., Authors’ and Booksellers’ Coop. Alliance. 18).
McFadyen, J. E., OT Criticism and the Christian Church (XI u. 375.
N.Y., Scribner. $ 1.50).
Girdiestone, R. B., Hebrew Criticism. Its Bearing on the Integrity of
Scripture. 20'R Century Papers (80. Ld., Shaw. 1s).
Kautzsch, E., Die bleibende Bedeutung des AT. 2. durch ein weiteres
Vorw. verm. Aufl. (VIII u. 34. Tübingen, Mohr. M —.65): Im weiteren
Vorwort findet er, dals das AT im Babel-Bibel-Streit an seiner Bedeutung
nichts verloren hat, und protestiert gegen das 17. Kap. von Häckels
Welträtsel. Vgl. BZ I 9.
Oettll, S., Der religiöse Wert des AT. Vortrag (19. Potsdam, Stiftungs-
verlag. M —.60).
Conder, C. R., Bible Accuracy as shown by Monuments (Ld., Shaw. 18).
Traub, Die neue Auffassung der israelitischen Religionsgeschichte und
der christliche Offenbarungsglaube. Progr. des ev.-theol. Sem. in Schön-
thal (4%. 31. Heilbronn 1%2): Christi Anschauung vom AT gilt uns nicht
als normativ. Eine sich nach der Ansicht der Wellhausenschen Schule
entwickelnde Religion kann eine Gottes nicht unwürdige Offenbarung
sein. Der ethische Charakter der Gottesidee vermittelt uns den tatsäch-
lichen Offenbarungscharakter derselben (nach ThLz 1903 Nr. 14)
König, E., De la tendance moderne & poetiser PAT (Rb XII 234- 241):
Übersetzt. Vgl. BZ 1 9.
König, Zur Gesundung der Bibelkritik 1—2 (Studierstube I H. 6, 7).
König, X., Histoire sainte d’apres les resultats acquis de la critique his-
torique (Ancien Testament) (12%. XI u. 189. P., Fischbacher): Will ein
Handbuch sein, um die kritischen Resultate für den religiösen Unterricht
verwertbar zu machen (vgl. Rev. d’hist. des rel. XLVIII 1, 110ff).
Emerson, Sarah A., The Study of early OT Traditions (BW XXI 2931 —
296): Gibt Anweisungen, wie die rein menschlich entstandenen Über-
lieferungen geschichtlich zu beurteilen sind.
Lepsius, J., ist entschiedener Gegner der kritischen Schule und bekämpft
sie in einer Reihe von Aufsätzen, die in der Erklärung und Kritik je
Texte manchmal gewaltsam verfahren: Die biblische Urgeschichte. Ver-
such einer Wiederherstellung des ursprünglichen Textes (Reich Christi
VI 32—48). — Das Salomonische Heiligtum und der Tempel des Ezechiel
(ebd. 235—249): Nach Josephus, Talmud, AT, insbes. Ezechiels Beschreibung
entworfen. — Der Salomonische und Ezechielische Tempel im Schatten der
Kritik nr 249—255): Der Tempel des Ezechiel deckt sich mit dem
nachexilischen Heiligtum; E.s Programm ist kein selbständiges Kultgesetz,
sondern ein Amendement zum bestehenden mosaischen Gesetz. — Das
Gesicht des Ezechiel von dem Tempel zw Jerusalem (ebd. 271—280): Text-
herstellung. — Der Salomonische Palast (ebd. 280—282): Textberstellung;
der Tempel des Ezechiel im Grundrils. — Die geschichtlichen Grundlagen
der christl. Weltanschauung (ebd. 340—374): Das Weltbild, die kosmische
Weltanschauung, findet L. im Wagen des Ez (1, 4—28) und Apk 4, 2—7.
Aus der kultischen Symbolik ergibt sich dieselbe ebenfalls. — Der Segen
Jakobs und der Tierkreis (ebd. 375—877): Text und Übersetzung. —
96 Bibliographische Notizen.
Gegen ihn: Meinhold, J., Dr. Johannes Lepsius und die kritische Behand-
lung des AT (Christl. Welt 1903, Nr 42f 46).
König, E., Im Kampf um das AT. 1. H.: Glaubwürdigkeitsspuren des
AT (54. B., Runge. M —.75): Die Textbeschaffenheit des AT weist
Merkmale auf, die eine Genauigkeit der Überlieferung und eine gewisse
Sorgfalt erweisen. Lepsius (vgl. oben) hat darum kein Recht, mit dem
Text so umzugehen, wie er es getan. Aber auch die Geschichtserzählung
in der ganzen Art und Weise, wie sie angelegt ist, schliefst eine Willkür
in der Gestaltung aus, die Wellhausen angenommen hat. Die bereits in
seiner Einleitung und seinen grammatischen Schriften niedergelegten
Beobachtungen werden hier in neuer Zusammenordnung und auch ver-
mehrt wiedergegeben.
Vetter, P., Die litterarkritische Bedeutung der atl Gottesnamen. Forts.
(ThQ LXXXV 520-547): Vgl.BZ I 315.
Van der Flier, A., Het gebruik van den Isra&lietischen Godsnaam (Theol.
Studien XXI 3).
d) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie.
Jastrow, M., Die Reliyion Babyloniens und Assyriens. 3. u. 4. Lief.
Bis S. 304. Vgl. BZ I 93.
Hehn, J., Hymnen und Gebete an Marduk, neben einer Einleitung über
die religionsgeschichtliche Bedeutung Marduks. Diss. Berlin. "
Houghton, L. S., The Cry of the Penitent (BW XXIl u Über-
setzung eines babylonischen Bulspsalms nach Weine, Christl. Welt.
Lidzbarski, M., Balsamem (Eph. f. sem. Epigr. II 122): Nimmt auf
Grund von Zimmern, Keilinschr. und AT? 357 seine Annabme zurück,
dals die semitische Bezeichnung „Herr des Himmels“ bei den Juden in
persischer Zeit entstanden sei, möchte sie aber doch als von aulsen ein-
gedrungen festhalten. Aus dem Vertrag zwischen Ramses II. und Che-
tasar gehe hervor, dals diese Bezeichnung bei den Chetitern sehr alt sei.
— Gegen L. auch Lagrange (Rb XII 330f).
ee S. I., Firstlings and other Sacrifices (Journ. of Bibl. Lit. XXIII
45 —49).
Curtiss, S. I., The Place of Sacrifice among the primitive Semites (BW
XXI 248—259): Die ursprünglichen Gewohnheiten der Semiten sind nach
C. noch in Syrien und Arabien vorhanden. Opfern bedeutete „schlachten“
ohne Beziehung auf einen Altar. Erst aus der Übung, an dem Eingang
zu einem Heiligengrab oder zu einer Wohnung zu schlachten, bildete sich
allmählich der Begriff „Opferaltar“. R
Savignac, M.-R., Le Haut-lieu de Petra (Rb XII 280-288): Über die
dortige Bama und einige andere Kultobjekte.
Hoskins, F. E., The second High Place at Petra (BW XXI 167—174):
Entdeckt März 1902. Beschreibung mit Illustrationen.
Kyle, M. G., The Religion of Israel in its Relation to the Religions of
contiguous Peoples. Ill. Sacrifices (BStdt VIII 36-40 85—92): Agypten
und Arabien können allein in Betracht kommen für die Zeit, ın der sich
Israels Religion entwickelte. Mit letzterem (Job sei Quelle hierfür?)
besitze der ÖOpferkult Israels Berührungen vermöge gemeinsemitischer
Herkunft.
Rothstein, Geschichte und Offenbarung mit Bezug auf Israels Religion.
Aus: Studierstube (23. Stuttgart, Greiner. M —.40): Nur die Offenbarung
erklärt die eigenartige Entwicklung der Religion in Israel.
Möller, W., Die Entwicklung der atl Gottesidee in vorexilischer Zeit.
Historisch-kritische Bedenken gegen moderne Auffassungen. Beitr. z.
Förd. christ}. Theol. VIl 3 (183. Gütersloh, Bertelsmann. M 2.80): Biblisch-
exegetische Gegenbeweise gegen den evolutionistischen Standpunkt der
Kritik, die primären Polydämonismus (hier bes. gegen Marti), Lokalisation
Bibliographische Notizen. 97
Jahwes am Sinai und im Heiligen Lande, Entwicklung des Henotheismus
zu Monotheismus, zu ethischem Monotheismus festhält. Historisch-kritisch
nennt er die etwas breit, aber überzeugend geltend gemachten Bedenken
im Unterschied von dogmatischer Beweisführung. Statt der Seitenblicke
auf katholische Gebräuche hätte man lieber einen Blick in katholische
Literatur (Zapletal, Lagrange) beobachtet, zumal sie ihn gelehrt hätte, dafs
eine Beiziehung der semitischen Religionen nicht schon unberechtigte
Nivellierung der religiösen Prärogative Israels bedeutet, sondern eine
mächtige Stütze konservativer Bibelforschung werden kann.
Westphal, A., Jehovah. Les etapes de la r&vclation dans l’'histoire du
peuple d’Israel. 3 fasc. (194. Montauban, l’auteur),
Matthieu, J., Jahwe und die Natur. Ein Beitrag zur israelitisch-jüdischen
Religionsgeschichte (Schweiz. theol. Z. XX 99—115 129—142): Zuerst ist
Jahwe bei den Bauern Palästinas ohne Beziehung zu den Naturerschei-
nungen, dann blofs Herr über die Natur in Palästina. Erst nach dem
Exil wird er durch babylonischen Einfluls Schöpfer, Leiter und Zerstörer
der ganzen Welt, bis Mittelwesen den direkten Einfiuls Jahwes zurück-
drängen.
Curtiss, S. I., The Transformation of the Local Divinities into Gods
u XXI 7—16): Die kritische These, dals Jahwe aus einem Lokal- und
ationalgott zum Weltgott geworden sei, will C. stützen durch Fälle, in
denen von ungebildeten Leuten in Syrien verehrten Ortsheiligen allmählich
göttliche Allgegenwart zugeschrieben wurde. ,
Dettli, Ist der Gott des AT unser Gott? Öffentlicher Vortrag (80. B.,
Stadtmission.e M —.20\.
Ramsay, F. P., The Kingdom of God in the OT (BStdt VIII 108—112):
Stellt kurz und präzis die einzelnen Momente zusammen, die der Begriff
des messianischen Königtums im Laufe der israelitischen Geschichte her-
vortreten liels. Eine geradlinige stetige Klärung und Entfaltung!
Lagrange, M.-J., L’ange de Jahve (Rb XII 212—225): Ist nur eine theo-
logische Glosse, weil man Jahwe nicht unmittelbar erscheinen lassen
wollte, nicht eine Manifestation Jahwes oder Jahwe selbst. — 8. B. Warfield,
Herausgeber der konservativen Zeitschrift The Bible Student, protestiert
gegen diesen Artikel (VIII 59f), weil er ebenso hypothetisch sei wie
Wincklers Theoreme.
Grimme, H., Ginnen im AT (OrLz VI 281—283): Lam 2, 6° 95 = „wie
ein Ginn“. 7» —= „(Ginnen-)Zauber treiben“ (ZdmG LV 459) hängt damit
zusammen; denn auch im Nordarabischen wechseln » und 3 beim gleichen
Stamme.
Berry, G. R., The ethical Teaching of the OT (BW XXI 108—114
197—205): Der Gehalt der atl Ethik kurz zusammengefalst. Sie ist weit
höher als die der andern Völker, steht aber der ntl Ethik nach wegen
des progressiven Charakters der göttlichen Offenbarung. Einzelne alte
beibehaltene Gebräuche widersprechen ihrem Offenbarungscharakter nicht.
Wente, H., Beiträge zur Darstellung der psychologischen Anschauungen
des AT. Diss. Rostock 1902 (29 S.).
Budde, C., Die Schätzung des Königtums im AT. Kaisersgeburtstags-
rede. Marburger ak. Reden Nr 8 (33. Marburg, Elwert. M —.60).
Taylor, R. B., Traces of Tree- Worship in the OT (ExpT XIV 407—415):
Beziehung zu Arabien lälst dies vermuten; Etymologie von Y>x usw.,
Orakelbäume, Gerichtsplätze, Aseren = konventioneller Ersatz der heiligen
Bäume erweisen es.
Lattes, D. A., und Jona, E., Valore del culto ebraico (16%. 69. Livorno.
L 1.50).
Mathleu, 6., La notion de sacrifice dans !AT et son Evolution. These
theol. (54 S. Toulouse 1902).
Müller, M., Die alten Ägypter als Krieger und Eroberer in Asien (Der
Biblische Zeitschrift. I. 1. 7
98 Bibliographische Notizen.
alte Or. V 1. 32. Lp., Hinrichs. M —.60): Sie waren im wesentlichen un-
kriegerisch gegen ihren sagenhaften Ruf bei Griechen und Römern.
Sayce, A. H., The Hyksos in Egypt (BW XXI 347-355): Auch die
Hyksoszeit beginnt sich aufzuhellen. Manethons Angaben finden sich
bestätigt. Nach S. waren die Hyksos Westsemiten, und zwar gehörten sie
den Namen nach — das ist eine neue These — in die Zeit Hammurabis.
Die Überflutung Babyloniens durch die Hammurabidynastie, Agyptens
durch die Hyksos mag der gleichen südarabischen Völkerwelle zuzu-
schreiben sein.
Messerschmidt, L., Die Hettiter. 2. Aufl. (Der alte Or. IV 1. 35. Lp.,
Hinrichs. M —.60). Auch ins Englische übersetzt (Ld., Nutt. 18 6d).
Daiches, S., Zur Habiri-Frage (ZA XVII 399f): Der im Talmud er-
wähnte Stamm x"ar könnte mit den H. identisch sein.
Winckler, H., Die politische Entwicklung Babyloniens und Assyriens.
2. verb. und verm. Aufl. (32. Lp., Hinrichs. M —.60).
Lehmann, C. F., Die Dynastien der babylonischen Königsliste und des
Berossos (Beitr. z. a. Gesch. III 135—163): Dynastie A, von der Meeres-
küste stammend, am ehesten als „westsemitisch“ statt „kananäisch“ oder
„nordsemitisch“ zu bezeichnen; auf den Babel-Bibel-Streit bezüglich.
Auch die weiteren chronologischen Feststellungen, Ausgleich der Berossos-
angaben mit den babylonischen Königslisten, sind für die Bibel von
höchstem Interesse. Jaü = Aos-Sarapis hat mit Jahwe nichts zu tun; in
den Eigennamen wahrscheinlich überhaupt nicht Gottesname.
Meyer, E., Das chronologische System des Berossos (Beitr. z. a. Gesch.
IIl 131—134): B. bietet von 2232 (mit der 2. Dynastie nach der Flut be-
ginnend) bis 331 v. Chr. geschichtliche Überlieferung, die er allerdings
durch den Ansatz der halbmythischen 1. Dynastie zur zyklischen Zahl
von 10 Saren ergänzt.
Halevy, J., Un Document judeo-aramöen d’Elephantine (Rsem XI 2350—
258): Zu PSbA Mai 1903, 202—208 (Cowley), Ein Beweis, dals sich im
äulsersten Süden von Ägypten eine Gruppe Juden im 3. Jahrh. v. Chr.
niedergelassen hatte (Jer 44, 1.15 redet nur von einem vorübergehenden
Aufenthalt von Flüchtlingen, und zwar in einer nördlichen Stadt). Gibt
Text, Erläuterung und Übersetzung des Papyrus.
Jackson, F. J., The Biblical History of the Hebrews (XXX u. 414.
Cambridge, Hefter. 6s): Für Gelehrte, aber auch für ein weiteres Publi-
kum berechnet.
Stitt, S. S., The OT History analysed. Based on OÖttley’s “History of
the Hebrews” (Cambridge, Hetter. 23).
König, E., Der Stamm Ruben, sein Verschwinden aus der Geschichte und
sein Auftauchen in der Geschichte (Zeitschr. f. ev. Rel.-U. 1903, 209— 218).
Oppert, G&., Tarschisch und Ophir. Sonderabdr. aus der Zeitschr. f.
Etbnol. 1903, 1—3 (87. B., Springer. M 2.—): Vgl. BZ I 224.
Hüsing, 6., Zur Ophir- Frage (OrLz VI 367—371): Möchte O. in Elam
suchen, dessen Könige u. a. den Titel katru hapirtik (= aiapırra —
pr = "riR) um 1200 v. Chr. führten. "ro (= 5%) soll elamitisch hilam
hijan sein; später wurde es zu Citlam, Cijan = yırz.
Nestle, E., Abiud (Expl' XIV 334): Gegen Dict. of the Bible 1I 140.
Präsek, J. V., Sanheribs Feldzüge gegen Juda I. Mitt. d. Vorderas.
Ges. VIII 4 (45. B., Peiser. M 1.50): Lösung wie in dem BZ I 103 ver-
zeichneten Artikel. Hier schickt er voraus die Geschichte der Exegese
dieser Stellen und gibt genauere, insbes. chronologische Details (Bonkamps
Versuch, vgl. BZ 1103, hat er nicht verwertet), überall sich als Wincklers
Gefolesmann bekennend. Seine Polemik gegen „prodigiöse* Fassung des
Unterganges der Assyrer ist entbehrlich. Sonst stützt auch P.s Theorie
die biblische Erzählung. Mit Nagel (vgl. BZ I 330) setzt er sich aus-
einander OrLz VI 167-170, indem er seine dogmatische Beiangenheit
tadelt und die behauptete Einheit des Berichtes ablehnt.
Bibliographische Notizen. 99
Barton, G. A., The Jerusalem of David and Solomon (BW XXII8 —21):
Ehedem hiels der östliche Hügel Sion, in der Amarna-Zeit befestigt
(niptur = „öfinen“, nicht „befreien“, Amarna-Brief Nr 185); vom 2. Jahrh.
v. Chr. bis zum 4. n. Chr. fand eine Namensübertragung statt. Auch der
Westhügel war schon zur Zeit Davids bebaut, wie aus verschiedenen An-
zeichen vermutet wird. In eine Auseinandersetzung mit der neuesten
Literatur über die erste Frage lälst sich B. nicht ein.
Banks, E. J., Cutha (BW XXII 61-64): Kurze Geschichte der 2 Rg
17,24—41 erwähnten Stadt mit den bisherigen Versuchen zur Ausgrabung.
Steward, L., The Land of Israel. 3’! ed. (382. Ld., Revell. 5s).
Marmier,,6G., Contributions a la geographie de la Palestine et des pays
voisins (REj XLVI 184-196): IV. Le territoire d’Issachar d’apres le
Livre de Josue. V. Les pays Aramiens de la rive gauche du Jourdain
au temps de David.
Manfredi, J., Callirhoe et Baarow dans la Mosaique geographique de
Madaba (Rb XII 266-271).
Rogers, R. W., Biblical Discoveries that have stirred the World (Sunday
School Times XLV 16).
Hilaire, La chronologie biblique et: les dernmieres decouvertes: hypotheses et
certitudes ar francisc. IX Nr 50,51 [Febr.—März 1903)).
Hilprecht, H. V., Die Ausgrabungen im Bel-Tempel zu Nippur. Ein
Vortrag. Mit 56 Abb. und 1 Karte (78. Lp., Hinrichs. M 2.—).
Naville, E., La stele de Pithom (2. f. äg. Spr.,u. Altertumsk. XXX 65—75
mit 3 Taf.): Neue kritische Behandlung und Übersetzung gelegentlich der
Herausgabe der 4. Aufl. seiner „The Store City of Pithom“.
Macalister, A. St., Fourth quarterly Report of the Excavation W Gezer
(1 March—15 May 1903) (PEF XXXV 195—231): Schildert in Wort und
Bild die neuen Fundgegenstände. Er erörtert die Frage, warum die Ein-
wohner von Gezer den einen Hügel verlassen. Ein Resum& über das
Ergebnis der Ausgrabungen des 1. Jahres.
Masterman, E. W. G., The Excavalion of Ancient Gezer (BW XXI 6,
407-425): Illustriert. Nach den BZ I 330 angeführten Berichten.
Sellin, Kurzer Bericht über die Ausgrabung von Ta‘annek IV (Mitt. u.
Nachr. d. deutschen Pal.-Ver. 1903, 1—4): Erzählung der Funde, ins-
besondere von zwei assyrischen Tontafeln. — Peiser, f.E., Zu den Ta‘annek-
Tafeln (OrLz VI 321—323): Gibt die Übersetzung von Hrozny im An-
zeiger der philos.-hist. Klasse der Wiener Akad. vom 17. Juni, wo Sellin
eine Abhandlung: „Tell Ta‘annek. Bericht über eine mit Unterstützung
der Kais. Akad. und des k. k. Minist. f. Kultus und Unterricht unter-
nommene österreichische Ausgrabung in Palästina. Nebst einem Anhange
von Dr. Friedrich Hrozny: Die Keilschrifttexte von Ta’annek“, veröffent-
lichte mit sachlichen Bemerkungen. Vermutet, dals Rahab der frühere Name
von Jericho sei, auf den die Geschichte der Buhlerin Rahab zurückgehen
könnte. — Zwei neue El-Amarna-Briefe (OrLz VI 379—381): Veröffent-
licht nach Bull. de l’Inst. Franc. d’Arch. or. II den Text mit Übersetzung.
Ya-bi-sSarru soll möglicherweise identisch sein mit (ilu) Ra-bi-mur aus
den früheren Briefen Wincklers Nr 119. Hier meint P. nun vermutungs-
weise das bei Delitzschs ldentifizierungen von Jahwe vermilste Gottheits-
determinativ zu finden.
Cooke, 6. A, A Text-Book of North-Semitic Inscriptions, Moabite,
Hebrew, Phoenician, Aramaic, Nabataean, Palmyrene, Jewish (XXIV u.
407 mit 14 Tafeln. Oxford, Ular. Pr.).
Lidzbarski, M., Phönizische Inschriften (Eph. f. sem. Epigr. II 49-55):
Behandelt die Geschichte des Fundes der BZ I 320 erwähnten Inschrift;
Faksimile-Abdruck, Kritik der bisherigen Deutungen.
Bruston, C., Les inscriptions pheniciennes de Sidon (Rev. de Th. et d.
Quest. rel. 193, 127—134).
Corpus inscriptionum Semiticarum ab Academia inseriptionum et litte-
7*r
100 Bibliographische Notizen.
rarum humaniorum conditum atque digestum. Pars II inscriptiones Ara-
nn as. T.1, £.3, Tab. X<LV—CVI (fol. 305—489. P. 1902, Typ.
reip. Fr 66.—).
rmoni, V., La Bible et l'orientalisme III: la Bible et Tarcheologie
syrienne (16°. 64. P., Bloud. Fr —.60): Vgl. BZ I 323.
Hunger, J., Die Becherwahrsagung bei den Babyloniern nach zwei Keil-
schrifttexten aus der Hammurabi-Zeit (Leipz. semit. Studien, herausgeg.
von A. Fischer und H. Zimmern. I 1. 80. Lp., Hinrichs. M 2.80): Ge-
schichtliche Nachrichten darüber und verschiedene Formen, u. a. auch
Gn 44. Dann kritische Behandlung, Deutung, Text und Übersetzung der
Tafeln Brit. Mus. 22446 und 22447; auch über „Personen, Material und
Handlung bei der Schalenwahrsagung“.
Jaussen, A., Coutumes arabes (Rb XII 244—266): Forts. von Rb X
592—608.
König, E., Polyandrie im „vorhistorischen“ Israel (NkZ XIV 635—648):
Die Stelle Strabo 16, 25 über Polyandrie in Südarabien erhält keine
Stütze durch Halevy Nr 504 (Winckler), noch durch die von E. Glaser
hierfür verwertete Inschrift (Beil. z. Allg. 2.1897 Nr 276). Gegen Ulmer,
Die semitischen Eigennamen im AT, hält K. fest, dafs auch die Namen
Achi-ummi-su, Achat-abi-sa, Amat-abi-ha keine Polyandrie für die Semiten,
der Matriarchat, die Leviratsehe, Geschwisterehe, „Achab“ keine solche
für das vorhistorische Israel erweisen.
Bissing, W. v., Eine angebliche Darstellung des Pferdes aus dem m. R.
ı f. äg. Spr. u. Altertumsk. XXX 97): Gegen Lefebure: Sphinx
97f;, die Darstellung ist milsdeutet.
Baynes, H., The oriental Conception of Law. Act. du XII® Congres
internat. des orient. Rome 1899. IlI 2 [1902], 103—113: Findet bei Semiten
und Ariern eine parallele Begriffsentwicklung.
Fink, E., Zur Geschichte der Zahl x (JqR XV —= 3,141,
nicht blols 3 (so Cantor). Das ergibt sich als möglich aus der Berechnung
des ehernen Meeres 1 Rg 7, 23, wenn man 3 in raxa = „innerhalb“ d.h.
„weniger als“ falst, was sich auch sonst erweisen lasse.
e) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern
des
a) Allgemeines. Pentateuchkritik. Auslegung des Penta-
teuchs.
Bruston, C., Quelques observations sur les sources historiques de VAT
(Rev. de Th£ol. et d. Quest. rel. 1903, 369-373).
Köhler, L., Atl Miscellen (Schweiz. theol. Zeitschr. XX 181—187): Gn 35, 10
ist die Erklärung des Namens (vgl. 32, 29) ausgelassen durch den Re-
daktor aus theologischen Rücksichten. Is 3, 7 ist nach Martis Kommentar
zu erklären, o7> Yx, das unverständlich ist, als Glosse zu streichen. Ruth
2,2 sollte eigentlich im Texte Ouyarep (st. Ouyarnp) stehen.
Terry, M.S., Moses and the Prophets (196. N.Y. 1902, Eaton. $1.—):
Moses und seine Beziehung zur Gesetzgebung; die Geschichte des Pro-
phetentums; die messianische Prophetie; Parabel und Apokalyptik im AT
(vel. BW XX1 311).
Völter, D., Ägypten und die Bibel. Die Urgeschichte Israels im Lichte
der ägyptischen Mythologie (IV u. 113. Leiden, Brill. M 2.50).
Winckler, H., Keilinschriftliches Textbuch zum AT. 2. erw. A. Hilfs-
bücher zur Kunde des Alten Orients. 1. Bd (IV u. 130. Lp., Hinrichs.
M 3.—; geb. M 3.50): Gibt in Übersetzung und Textumschrift die für
das AT bedeutsamen Texte und bietet somit für den, der die keilinschrift-
liche Bibliothek von Schrader nicht besitzt, ein höchst willkommenes
Hilfsmittel zum at! Studium. Die Texte sind in dieser 2. Aufl. zugleich auf
den neuesten Stand der Forschung gebracht. Für den Text der Schöpfungs-
Bibliographische Notizen. 101
berichte konnte W. bereits Kings Ausgabe (vgl. BZ I 325), verwerten.
Kurze Noten erleichtern das Verständnis.
Zur „Babei-Bibel-Literatur‘“. Delitzschs 1. Vortrag erschien in 4. Aufl.
(51.—55. Tausend). Beide Vorträge wurden ins Englische übertragen:
Delitzsch, F., Babel and Bible. 2 Lectures. Ed. with Introd. by C. H,
W.Johns (256. Ld., Williams. 53). In neuen Auflagen erschienen: Budde
(vgl. BZ I 95) in 2. Aufl, mit vielen Anmerkungen und einem Vorworte
statt des Nachwortes (bekennt sich zu einer in der Geschichte sich voll-
ziehenden Offenbarung, erklärt sich gegen die astralmythische Auffassung
Wincklers); Hommel (vgl. BZ I 99) als 2. mit einem Nachwort über den
Namen Jahwe und einem über die neuesten Darstellungen der baby-
lonisch-assyrischen Religion orientierenden Exkurs vermehrte Aufl. (62 8.
M 1.50); Jeremias (vgl. BZ I 99) als 4. abermals erw. Aufl. mit einem
Vorwort: Offenbarung im AT als Erwiderung auf Delitzschs Vorwort
„Zur Klärung“ in einer neuen Aufl. von Babel und Bibel II (52S. M —.60);
Knieschke (vgl. BZ I 99) in 2. verb. und erw. Aufl. (VIII u. 82. Lp.,
Stubig. M 1.—). — Die neu zu verzeichnende Literatur zur Frage möge
in al abetischer Ordnung folgen: Baentsch, B., Babel und Bibel. Delitzschs
2. Vortr. bespr. (PrM VII 197-207): Die literarkritische Arbeit am AT
sei abgeschlossen, die freigewordenen Theologen mögen sich dem Studium
des Orients, der Archäologie insbes. widmen. Tendenz und Übertreibung
kennzeichnen das Verfahren Delitzschs.. Dem Assyriologen D. sei man
vielfachen Dank schuldig; „den Theologen D. kann die Theologie nicht
ernst nehmen“. — Bezold, C., Die babylonisch-assyrischen Keilinschriften
und ihre Bedeutung für das AT. Ein assyriologischer Beitrag zur Babel-
Bibel-Frage (67. Tübingen 1904, Mohr. M 1.50): Auf eine geräuschvolle
Gastrolle im theologischen Wissensgebiet verzichtet B. in wohltuender
Zurückhaltung. Um so reichhaltiger ist seine Schrift in assyriologischer
Beziehung. Trotz ihrer Kürze darf sie als ein Handbuch für die Babel-
Bibelfrage gelten; vgl. bes. S.58ff die Literatur zu den einzelnen Punkten
in alphabetischer Folge. — Bezold, C., Assyriologische Randbemerkungen.
5. Noch einmal Jahve (ZA X VII 271—273): Verteidigung gegen Delitzsch,
Babel und Bibel, Anmerk. 8. 74: B. lälst die Lesung bi oder pi offen,
beanstandet die Vertauschung von ah und a’, hu und ü bei Delitzsch.
— Biledenkapp, 6., Babylonien und Indogermanien. Ein Geistesflug um
die Erde (V u. 165. B., Costenoble. M 2.—). — Boehmer, J., Babel- Bibel-
Katechismus in 500 Fragen und Antworten für Bibelfreunde (12°. VIII u.
176. Stuttgart, Greiner. M 2.—). — Caspari, W., Die Religion in den
assyrisch-babylonischen ae (Beitr. z. Förd. chr. Th. VII 4. 91.
Gütersloh, Bertelsmann. 1.80): Unter Stichworten stellt er die reli-
giösen Begriffe und Gedanken zusammen mit inhaltlichen und auch
textkritischen Anmerkungen. Mit Recht warnt er davor, zuviel in die
oft recht formelhaften Ausdrücke hineinzulegen (gegen Jastrow und
Zimmern). — Cheyne, T. K., Babylon and the Bible (HJ Il 65—82):
Sieht die Gefahr für das AT darin, dals es zu werden droht „a depen-
dency of Assyriology“. Sein Gewährsmann ist H. Winckler auch Jetzt
noch wie schon früher (vgl. BZ I 92); er tadelt aber das kosmologische
System, das W. überall zu Grunde lert, und seine Methodelosigkeit in der
Textkritik. — Chriestlieb, M., Wie können wir Ungelehrten ein selbständiges
Urteil über Babel und Bibel gewinnen? (Protestantenbl. 1903, Nr 18—20):
Die freiere theologische Richtung wird die Entlehnungsfrage offen lassen;
eine übernatürliche Inspiration muls nicht angenommen werden. —
Diettrich, 6., Die neuesten Angriffe auf die religiösen und sittlichen Vor-
stellungen des AT. Ein Vortr. aus dem Kampfe um Babel und Bibel
(24. Gielsen, Ricker. M —.50). — Falb, R., Babel, Bibel und Jao (48. B.,
Steinitz. M1.—): Jao ein Geheimgott der Mysterien, sich verschiedenfach
offenbarend; er bezeichnet die Sonnenstände, die sinkende Vokalreihe.
Phantastisch-kabbalistische Zahlenspielerei mit etymologischen Verknüp-
102 Bibliographische Notizen.
fungen, „von welchen sich die vergleichende Sprachwissenschaft bisher
noch nichts hat träumen lassen“. — Floeckner, K., Bibel und Babel. Pro-
gramm (58. Beuthen). — Gasser, J. C., Babel und Bibel (in gemeinfals-
licher Weise beleuchtet) (12°. 52, Schaffhausen, Meili. M —.60). — Geyser,
N., Der Kampf um das AT (39. Greifswald, Bamberg. M —.50). — 6old-
schmied, L., Der Kanıpf um Babel-Bibel im Lichte des Judentums (39.
Frankfurt a. M., Kauffmann. M 1.—). — Grimme, H., „Unbewiesenes“.
Bemerkungen eines Philologen zu F. Delitzsch’s Babel und Bibel I—II
(80. Münster, Schöningh. M 1.50): Der Philologe tritt hier dem Philologen
entgegen. G. bleibt nicht bei dem „Unbewiesen“ stehen, das er allen
beweislosen oder nur scheinbar bewiesenen Thesen D.s entgegensetzt.
Selbständige grammatische Untersuchungen (z. B. zu er Derksanz
der Bedeutungsentwicklung der Gottheitsbezeichnungen (z.B. Marduk =
„Gottheit“ in der berühmten Delitzschschen Tafel), lexikographische Be-
merkungen (Dt 4,19 lexikographisch erläutert) fesseln das Interesse
dauernd. G.s arabischen Kenntnissen und Mohammedstudien verdanken wir
manche anregende Notiz. — Gunkel, H., Israel und Babylonien. Der
Einflufs Babyloniens auf die israelitische Religion. 3. Taus. (48. Göttingen,
Vandenhoeck. M 1.20): Die atl Wissenschaft ist noch nicht gleichbedeutend
mit Assyriologie. Israel hat die babylonischen Materialien selbständig
umgeformt. — Hannus, C., Offenbarung und Wissenschaft. Ein Beitrag
zum Kampf um „Bibel und Babel“. 2. Taus. (44. Bremen, Schnauffer.
M 1.—). — Haupt, P., Bible and Babel (John Hopkins University Circu-
lars, Juni 1903). — Heyn, J., Zum Streit um Babel und Bibel. 2 Vor-
träge (5b. Greifswald, Bamberg. 31 1.—). — Hilgenberg, A., 10. Brief über
das Glaubensbekenntnis. Der assyr. Rummel (26. Cassel. Hühn. M —.50).
— Hornburg, J., Bibel und Babel. 2 Vortr. mit 1 Kartenskizze und
5 Bildern (54. Potsdam, Stiftungsverlag. M —.60). — Hübener, W., Das
zertrümmerte Babel, das unfehlbare Gotteswort und die ewige Gottesstadt.
Ein Vortrag (23. Zwickau, Schriftenverein. M —.30): Ihm ist König
zu wenig orthodox. Der Papst ist der „grolse Antichrist“. — Johns, C.
H. W., The Name Jehovah in the Abrahamie Age (Exp VIII 282—293):
Die Identifizierungen für Gn 14, insbes. Hammurabi —= Amraphel, sind
blols geistreiche Vermutungen. Für die erste babylonische Dynastie ist
ein Vorkommen des Namens ‚„Jahwe“ nicht erwiesen, weil von Jau-ilu
das erste Element kein Gottesnamen sein muls. — Kippenberger, 3.,
Babel- Bibel- Bebel. Vortrag, vom freien religiösen Standpunkt aus geh.
(16. Lp., Rühle. M —.20). — Kittel, Die Babel-Bibelfrage. Ein Beitr. z.
neuesten Kirchengeschichte (NkZ .X1V 458—471 554—585): Protestiert
energisch dagegen, dals man das Argernis des 2. Vortrages an höchster
Stelle nicht gehindert hat. Die Ausgabe desselben soll nicht den authen-
tischen Wortlaut bieten, sondern das Produkt kräftiger Zensur durch
mehrere hohe Stellen sein. Bespricht dann die Streitschriften. Die Inspi-
ration sei schon lange nicht mehr so streng aufrefalst worden, wie D. vor-
aussetze. — Ders., Fin Friedenswort für Babel und Bibel? (Ev.-luth.
Kz 1902 Nr 18): Abwehr gegen Giesebrecht (vgl. BZ I 321). — Gegen G.
und seinen Artikel „Zur Klarstellung“ (ebd. Nr 22) auch Jeremias, A.,
Im Kriege um Babel und Bibel (ebd. Nr 23). — Köberle, J., Babylonische
Kultur und biblische Religion. Ein erweiterter Vortrag. Mit bes. Berück-
sichtigung des 2. Vortr. v. Prof. F. Delitzsch über Babel und Bibel (54.
München, Beck. M 1.20): Trotz des göttlichen Wirkens ist die Unvoll-
'kommenheit auf den jeweiligen Stufen nicht zu verkennen. Keine Verbal-
inspiration! Die Eigentümlichkeit der Religion Israels offenbart sich in
der direkten Opposition gegen babylonische Einflüsse. — König, E., Die
Gottesfrage und der Ursprung des AT (67. Gr.-Lichtertelde-Berlin, Runge.
M —.80): Das AT ist ein Zeugnis für die Existenz Gottes, dessen Be-
ziehung zur atl Offenbarung auch trotz der letzten Angrifie unangetastet
bleibt. Das legt K. dar, indem er die Behauptungen D.s noch einmal in
Bibliographische Notizen. 103
ihrer Unhaltbarkeit aufzeigt. — Kramer, 6., Babei-Bibel. Volkstümliche
Darstellung mit Grundsätzen einer Einheitsreligion (7. Magdeburg, Selbst-
verlag. M —.10). — Kugler, F., S. J., Babylon und Christentum. 1. H.:
Delitzschs Angriffe auf das AT (1V u. 68. Freiburg i. Br., Herder.
M 1.—): In schöner populärer Darstellung gehalten; K. betont mehr die
kulturgeschichtliche Sehe der Frage und falst die prinzipiellen Kon-
sequenzen fest ins Auge. Den Unterschied zwischen Babel und Bibel
hat D. aus Tendenz verschwiegen. Auch Zimmern, Keilinschriften und
AT3 findet bereits eine Berücksichtigung. Ein Aufruf an die jungen
Theologen zum Studium der Assyriologie zeigt, wie sehr K. trotz seines
gegen D. ablehnenden Standpunktes die Bedeutung Babels für die Bibel
zu würdigen weils. Vgl. Stimmen aus Maria-Laach 1903, 4ff. — Lasson,
6., Offenbarung und Ausgrabungen (Kirchl. Wochenschr. 1903, 228-232
242 — 245 256—260): Der Hauptvorzug Israels, dals ihm „der Name Gottes
geoffenbart war“, wird ihm bleiben. — Sep.-Abz. (21 S.) ersch. — Leh-
mann, C. F., Babyloniens Kulturmission einst und jetzt. Ein Wort der
Ablenkung und Aufklärung zum Babel-Bibel-Streit (III u. 88 m. Abb.
Lp., Dieterich. M 1.20): Lenkt die Aufmerksamkeit ab auf die allgemeine
kulturelle Einwirkung, insbes. das Sexagesimalsystem, Längenmalse, die
er auf eine geheim gehaltene Pendelschwingungsdauer aufgebaut sein lälst.
Sein Eintreten zu Gunsten Herodots und der klassischen Geschicht-
schreibung wird ebensowenig ohne Eindruck bleiben gegenüber der Über-
schätzung von Babels Kulturmission wie seine Einsprache gegen die
mythologische Methode als epochemachend für die historische Forschung.
— Leimdörfer, D., Der Jhwh-Fund von Babel in der Bibel. 1.—3. Taus.
(32. Hamburg, Boysen. M 1.—). — Lods, A., Les decouvertes babyloniennes
et ’AT (35. Döle, Girardi., — Löhr, M., Babel und die biblische
Urgeschichte. Vortrag (28 mit 5 Abb. Breslau, Aderholz. M —.75):
In der doppelten Form (des Jahwisten und Elohisten) entstamme die
Flutsage einer doppelten babylonischen, im 8. und 6. Jahrh. nach
Palästina gekommenen Vorlage. — Kittel weist hiergegen NkZ 1903,
573 darauf hin, dals diese Stoffe schon den Kanaanäiern der Amarna-
zeit bekannt gewesen seien. — Luchini, L., Babilonia e la bibbia:
studi archeologici e critici di comparazione (16. Piacenza, Solari), —
Lukas, F., Der babylonische und der biblische Weltentstehunusbericht.
2. Aufl. (66. Lp.. Luckhardt. M 2.—). — Meyer, S., Contra Delitzsch!
Die Babel- Hypothesen widerlegt. 1. H. 2. Aufl. (60. Frankf. a.M., Kauff-
mann. M.1.—). 2.H. (48. M.1.—): Vgl. BZ I 99. — Münz, W., „Es
werde Licht!“ Eine Aufklärung über Bibel und Babel (52. Breslau,
Koebner. M—.60). — Nikel, Babel und Bibel (Volksautklärung Nr 63—64.
Warnsdorf. M —.16). — Oppert, J., Jahveh? (ZA XVII 291—304): Ham-
murabi ist lautlich ganz verschieden von dem biblischen Amraphel, und
Abraham lebte später. Die Namen mit Jahwe gehören dem Elamitischen
an. OÖ. übersetzt und erklärt die 3 Täfelchen mit Jauppi-el, Ja-pi-el,
Jauum-el, die wohl eine Verbalform, aber keinesfalls Jahwe enthalten.
Der Monotheismus bleibt ein Vorrecht Israels. — O. sprach sich auch in der
Sitzung vom 13. März 1903 der Societe asiatique (Jas Ser. X, t. I 381f)
gegen die Etymologie der nach Delitzsch „Jahwe“ enthaltenden Namen
aus. Japi ist 3. Person des elamitischen Verbs; Jauppi aor. des elamiti-
schen Verbs. — Paul, Daniels Weissagungen und ihre Erfüllung. Ein
Zeugnis aus Bahel für die Bibel(V u.79. Elmshorn, Bramstedt. M—.80).
— Porges, Bibelkunde und Babelfunde. Eine krit. Bespr. v. F. Delitzsch’s
Babel und Bibel (108. Lp., Kaufmann. M 1.20): Vortr., gehalten in der
Leipzig-Loge. Will nur populär sein und vertritt den Standpunkt des
Judentums. Abhängigkeit der Bibel auf religiösem Gebiet sei aus-
geschlossen, in profanen Dingen zuzugestehen. Auf das NT ist P. nicht
gut zu sprechen. Hie und da zeigt er sich einseitig in der Auslegung. —
Reimarus jun., Babel und Bibel. Resultate der neuesten Bibelforschung
104 Bibliographische Notizen.
als Widerlegung und Antwort auf den Brief des Kaisers Wilhelm II. an
Admiral v. Hollmann (24. Lp., Blumberg. M —.50). — Rosenthal, L. A.,
Bibel trotz Babel! Beleuchtung des 2. Delitzsch’schen Vortrages und seiner
neuesten ÄAulserung „Zur Klärung“ (VIlIlu.32. Lp., Kaufmann. M—.50):
Das Fragmentarische des biblischen Tatsachenmaterials bei Delitzsch weils
R. wohl zu erkennen. Ebenso können wir ihm nur zustimmen in dem
Wunsche, D. möge wieder mehr die spezielle Assyriologie zu seinem Be-
rufe machen und aus ihr Tatsachen bieten. Sonst wenig geklärte Gedanken,
weil der Verfasser einem altgläubigen und reformierten Judentum zu-
gleich gerecht werden möchte. — Schieler, Ein 2. Vortrag über die Babel-
und Bibelfrage (28. Danzig, John. M —.40). — Schmidt, 6., Babel und
Bibel. Eın apologetischer Vortrag (16. Königsberg, Gräfe. M —.50\. —
Schmidt, W., „Babel und Bibel“ und der „kirchliche Begriff der Offen-
barung“ (Bew. d. Gl. VI 5). Sep.-Abz. (45. Gütersloh, Bertelsmann.
M —.80). — Schwartzkopff, P., Die Weiterbildung der Religion: Eın
Kaiserwort. Ein Beitr. zur Verständigung über „Babel und Bıbel“ vom
religionsgeschichtlichen und religionsphilosophischen Standpunkte aus (1V
u. 82. Schkeuditz, Schäfer. M 1.—). — Thieme, K., Der Offenbarungs-
glaube im Streit über Babel und Bibel. Ein Wort zur Orientierung (67.
Lp., Dörffling. M. 1.20). — Veeck, O0., Babel und Bibel (Protestantenbl.
XVI 14, 111). — Wahl, T., Was lehrt uns der Babel- und Bibelstreit?
Ein Beitrag. Zeitfr. des christl. Volkslebens 212 (47. Stuttgart, Belser.
M —.80). — Weber, A., Welches sind die bisherigen Ergebnisse des Streites
über Babel und Bibel? Ein Vortrag. Abdr. a. d. ev.-luth. Sonntagsblatt
der Immanuelsynode (268. M —.10). — Welker, 6., Die Entstehung der
verschiedenen Religionen. Vortr. im Anschluls an die Babel-Bıbel-Frage
(19. Ludwigshafen, Lauterborn. M —.25). — Winkelmann, Die „Sintflut-
sage“ in ihrer „reinsten und ursprünglichsten Form“. Auch ein Beitrag
zur neuesten „wissenschaftlichen“ Forschung (Ev. Kz LXXVII 121—126).
— Zimmern, H., Keilinschriften und Bibel nach ihrem religionsgeschicht-
lichen Zusammenhang. Ein Leitfaden zur Orientierung im sog. Babel-
Bibel-Streit mit Einbeziehung auch der ntl Probleme (54 m. 9 Abb. B,
Reutber. M1.—): Populärer Auszug aus: Keilinschriften u. das AT3 II.
— Derselbe, Biblische und babylonische Urgeschichte. 3. mehrf. veränd.
Aufl. D. a. Or. II 3 (40. Lp., Hinrichs. M —.60). — Zorell, F., Zur
Frage a. „Babel und Bibel“ (Frankf. zeitgem. Brosch. XXII 11. 36 S.
Zum „Gesetze des Hammurabi“ (vgl. BZ 1327) notieren wir die 2. ver-
mehrte und verbesserte Auflage der schönen Schrift von Jeremlas, J. (vgl.
BZ I 328; 64 S. M1.—, kart. 1.50): Überall merkt man die bessernde Hand;
manchmal sind Abschnitte ganz umgearbeitet. Beschäftigt sich auch bes.
eingehend mit Grimmes Erklärung der Beziehung zur Thora. Ein eigenes
Kapitel eingefügt: Talmud und Cod. Hammurabi. — Letzteres hat J.
eigens behandelt in: Talmud und Codex Hammurabi (Allg. ev.-luth. Kz
1903 Nr 35): Weist hin darauf, dals die Verwandtschaft zwischen ver-
schiedenen Rechtssystemen auch aus der inneren Natur der Menschen sich
selbständig gestaltet haben kann. Zwischen Talmud und Hammurabi
bestehen indes Berührungen, die auf geschichtlichen Zusammenhängen
beruhen. Die Leitsätze der Misna-Ördnung Nezikim werden dem Hammu-
rabi-Codex gegenübergestellt. — Bonfante, P., Le Leggi di Hammurabi re
di Babilonia (a. 2285—2242 a. Ü.) con prefazione e note (VIII u. 47.
Mailand, Soc. editr. libr. L 1.50). — Grimme, H., Das Gesetz Hammurabis
und Moses (47. Köln, Bachem. M —.70): Behandelt die zu erwartenden
Einzelheiten. Die Ahnlichkeit beruht nach G. in der altsemitischen Ge-
meinsamkeit der Entwicklung, was besonders formelle Anklänge er-
weisen. Übrigens stehe Hammurabi der altsemitischen Ordnung ferner
als Moses, wie eine Reihe von Eigentümlichkeiten dartue. Die Vorliebe
des Arabisten für den arabistischen Standpunkt kommt auch hier zum
Bibliographische Notizen. | 105
Vorschein. Speziell möchten wir hervorheben die eingehende Behand-
lung, die G. der Entwicklung der Stände widmet. Hinzutreten beider vor
Gott, wahrscheinlich eine Art Gottesgericht. — Halövy, J., Le Code d’Ham-
mourabi et la Legislation hebraique (Rsem XI 142— 153 240—249 323— 325). —
Kent, Ch. F., The recently discovered Civil Code of Hammurabi (BW XXI
175—190): Legt den Inhalt dar und stellt ihn mit dem AT zusammen. —
König, E., Hammurabis Gesetzgebung und ihre religionsgeschichtliche Trag-
weite (Bew. d. Gl. VI 169—180). — Lippert, J., Hammurabi (Nation 1903,
26, 403—405; 27, 421—423). — Lotichius, P., Die Gesetzessammlung des
Königs Hammurabi von Babylon (Protestantenbl. 1903 Nr 29— 31): Schildert
den Geist der Gesetzgebung. Berührungen mit der Thora entfallen haupt-
sächlich auf Ex 20—23. Die Quellen derselben möchte er auf dem gemein-
semitischen Boden Arabiens finden. — Marl, F., IE Codice de Hammurabi
e la bibbia: introd., vers. ital., note (40%. 76. Rom, Desclöe). — Martin, F.,
Le Code d’Hammourabi. Un Code babylonien du XXIII® siecle avant
Jesus-Christ (La Quinzaine 1903, 1. Apr.): Von der Thora sagt M.: „celle-ci
est infiniment plus humaine, sans doute parce qu’elle est divine“ (Rev. d.
clerge fr. 1903, 1. Mai, 669). — Auch die Juristen berühren die biblische
Bedeutung des Fundes und geben Beiträge zum Verständnis desselben:
Cohn, 6., Die Gesetze Hammurabis. Rektoratsrede (44. Zürich, Fülsli.
M 1.50): Wir hören hier einen Juristen und Germanisten die rechts-
geschichtliche Seite des neuen Fundes erörtern. Ohne die übrigen Ge-
setze auszuschlielsen, beschäftigt C. sich vorzüglich mit dem Institut der
Ehe und Familie, das er mit den Rechtssätzen der ältesten germanischen
Epoche vergleicht. Die elementaren Gedanken, die Ideen aller Völker
seien der Grund der obwaltenden Ähnlichkeiten. Einem Babylonismus
sei nicht das Wort zu reden. Die sachlichen und kritischen Bemerkungen
beschäftigen sich unter Beiziehung reicher Literatur auch mit textlichen
und religionsvergleichenden Dingen. — Klofs, Die Gesetze Hammurabis
(Deutsche Juristenz. VIII 14): Vergleicht den $ 9 mit den Grundsätzen
des bürgerlichen Gesetzbuchs. — Stools, Das babylonische Strafrecht
Hammurabis (Schweiz. Zeitschr. f. Strafr. XVI 1 u. 2).
Patterson, A, The Pentateuch. Broader Bible Study (Philadelphia
1902, Jacobs).
Brucker, J., S. J., Bulletin d’Ecriture Sainte. I. Questions generale. —
Pentateuque (Etudes XCVI 680-693): Erkennt alle Prinzipien des Buches
von Lagrange, La methode historique etc. (vgl. BZ I 306) an und findet
die meisten Folgerungen daraus wenigstens haltbar. „Historische Me-
thode“ will er nicht mit Ausschluls der tlieologisch-dogmatischen Betrach-
tung verstehen. Die Ungeschichtlichkeit von Gn 1ff sei durchaus nicht
in entscheidender, über Lenormant hinausgehender Weise dargetan. Der
Unterschied zwischen der Patriarchenzeit und der „deuteronomistischen“
Periode ist nach B. übertrieben. Die nichtmosaische Herkunft des Penta-
teuchs ist nicht durch die Inspiration, aber durch die tatsächlichen Beweise
ausgeschlossen. Dals die hll. Schriftsteller per accommodationem erzählen
können, hält B. mit L. fest; letzterer dehne es aber auf die ganze Ge-
schichte Israels in viel zu weitgehender Weise aus, so dals die hll. Schrift-
steller eigentlich überall nur erzählt hätten, was damals im Volke umlief.
In der Annahme des L., dals der Pentateuch Materialien aus mosaischer
und vormosaischer Zeit enthalte, sieht B. einen Weg der Aussöhnung
zwischen Tradition und Kritik in gewissen Punkten. — Loisy hält in Les
Mythes babyloniens et les premiers chapitres de la Genese (1901) die bib-
lischen Urgeschichten für Mythen und populäre Überlieferungen; die
Erhabenheit der israelitischen Tradition steht nach B. dem entgegen. —
Hummelauers Pentateuchtheorie im Kommentar zu Dt findet B. weit
entfernt von den Konklusionen der kritischen Schule; den grölsten Teil
des Pentateuchs hat nach H. Moses verfalst. Im übrigen fürchtet B., dals
Hummelauers Lösung nur ein kleiner Bissen für den Minotauros der
106 Bibliographische Notizen.
.. sei; deshalb sei die Pentateuchfrage damit noch nicht zur Ruhe
gebracht.
Howlett, J. A., Father de Hummelauer and the Hexateuch (Dubl. Rev.
Juli 1903, 103—127): Howlett ist gegen die Beziehung von Dt 10, 13 auf
den Pentalog Hummelauers, von 1 Sm 10, 25 auf Dt 12—26. H.s Stand-
punkt bildet eine unhaltbare Mitte; Howlett ist für volle Kritik.
Y., II Deuteronomio ed il Libro dei Numeri. Commentarii del P. Fran-
cesco de Hummelauer (Civ. catt. XVIIl 448-454): Kurzes, im Grunde
zustimmendes Referat über die bekannten neuen Kommentare, bes. über
die pentateuchkritischen Anschauungen.
Fries, S. A., Die Gesetzesschrift des Königs Josia (78. Lp., Deichert.
M 1.80): = Ex 34. Nüheres später.
Erbt, W., Die Sicherstellung des Monotheismus durch die Gesetzgebung
im vorexilischen Juda. Beigegeben ist der Untersuchung Umschrift und
Übersetzung der metrisch abgefalsten Gesetze (VIl u. 120. Göttingen,
Vandenhoeck. M 3.60): Baut sich auf den Ergebnissen der Schrift über
„Jeremia und seine Zeit“ (vgl. BZ 1 334) auf. Eine hierarchische und
eine sozial-prophetische Partei treten uns in der Zeit des Jeremias ent-
gegen. Das Dt ist die Frucht eines Kompromisses beider Bestrebungen,
der sich in zwei Stadien verwirklichte: 625 Wiederherstellung des von
Ezechias erreichten und von Manasses wieder aufgehobenen Zustandes,
620 eine völlige Neuordnung des Staatswesens. Das Dt ist die Ver-
einigung der beiden Reformgesetze. Beide werden in Rekonstruktion am
Schluls in Umschrift und Übersetzung dargeboten und sachlich und
stilistisch erörtert. Übrigens erweitert sich die von E. zunächst beabsichtigte
Untersuchung des Dt zu einer Erforschung der jahwistischen und elo-
histischen Gesetzgebung und ihres Schicksals überhaupt. Und siehe, auch
hier der Antagonismus und abwechselnde Sieg der priesterlichen (jahwi-
stische Gesetzgebung unter .‚loas, Ezechias, Josias 625) und sozial-prophe-
tischen (elohistische Gesetzgebung, unter Ahas, Jehowist unter Manasses)
Partei! Auch diese Gesetze werden in Umschrift und Übersetzung ge-
geben. Den sozialen Zug des Elohisten zu erläutern und zu erhärten,
kommt E. gerade die Entdeckung des Hammurabi-Codex gelegen. So
interessant und scharlsinnig und auch möglich diese Konstruktionen sind,
um dauernde Ergebnisse zu sichern, mülsten sie mehr textlich fundiert
und weniger a priori deduziert sein.
a: ee Promulgation of Deuteronomy (Journ. of Bibl. Lit. XXI.
97 — i
Cameron, 6. G., The Laws peculiar to Deuteronomy (PrthR I 434—456):
Entspricht das Dt, oder spezieller, entsprechen die ihm eigentümlichen
Gesetze der geschichtlichen Lage in Jerusalem im letzten Viertel des
7. Jahrh., wie der Kritizismus beweislos voraussetzt? Nein; sie setzen die
mosaische Zeit voraus und waren nicht geeignet, eine Unterlage für die
Reform des Josias zu bilden. Das wird im einzelnen durchgeführt.
Nikel, J., Genesis und Keilschriftforschung. Ein Beitrag zum Ver-
ständnis der biblischen Ur- und Patriarchengeschichte (XII u. 261. Frei-
burg i. Br., Herder. M 5.—): Bespr. folgt.
Tiele, C. P., Die Kosmogonie des Avesta und Genesis 1 (Arch. f. Rel.-Wiss.
VI 244—246): Findet, dals die sechs Tage der Gn sekundär sind gegenüber
dem Avesta. Abdruck aus der deutschen Ausgabe seiner „Geschichte der
Religion im Altertum“.
Mc P<heeters>, W.M., Meaning of Bar@’ in Genesis 1 (BStdt VIII 10—16):
Die Bedeutung „ins Dasein rufen“ begründet er sprachlich und sachlic
Die Unterscheidung zwischen x"32 und "özy ist etwas gekünstelt geraten.
Zapletal, V., Das Ebenbild Gottes im Menschen (Gn 1, 26f) (Schweiz.
Kz 1303, 125f 136—138 143).
Schill, S., Genesis 2,3 (Zat\V XXIII 147f): Syntaktische Konstruktion.
Bibliographische Notizen. 107
Amandolini, A., O. S. B.., The Nomen Tetragrammaton in Genesis IV.1
(Dubl. Rev. Apr. 1903, 336—840): Eva glaubt den mm geboren zu haben.
Bonney, T. G., Science and the Flood (Exp VII 456-472): Bei Mensch
und Tier (paläolithisch) ist _eine Unterbrechung der Entwicklung nicht
mehr allgemein anerkannt. Schwierigkeiten gegen die Ausdehnung der
Flut; auch andere Funde, die gewöhnlich auf die Flut zurückgeführt
werden, lassen sich schwer von ihr ableiten (Knochenhöhlen). Zudem sind
einige Wesen, obwohl mit dem paläolithischen Menschen gleichzeitig, nicht
mit ihm untergegangen. Resultat: eine allgemeine Flut oder auch eng
verbundene lokale Uberflutungen werden durch Geologie nicht nahegelegt.
Winckler, H., Abraham als Babylonier, Joseph als Ägypter. Der Welt-
een Hintergrund der biblischen Vätergeschichten auf Grund
er Keilinschriften dargestellt (38. Lp., Hinrichs. M —.70): Etwas lang-
atmig wird die kulturelle Beziehung zu Babylon und Agypten behauptet.
Abraham zieht aus von Babel als Vertreter der reinen älteren Religion
gegenüber der neuen Lehre des Retters Marduk. Joseph = Janchuma
des Chuenaten = Amenophis IV. ist Vertreter des Monotheismus des
letzteren. Der Begriff eines Propheten wird erklärt. Alles mit phantasie-
voller Konstruktion.
Spiegelberg, W., 128 (OrLz VI 317—321): Wiederholt und stützt mit
einem neuen Belege seine in Notices et extraits des manuscrits de la Bibl.
Nat. XXXIV 2,261 gegebene Erklärung: 'b r-k = „pals auf“ (eig. „dein
Herz zu dir“; Ellipse).
Miketta, K., Der Pharao des Auszuges. Eine exegetische Studie zu
Exodus 1—15 (BSt VII1L2. VIII u. 120. Freiburg i. Br., Herder. M 2.60):
Näheres später.
Herklotz, Zu Exod 18, 26 (ZkTh XXVII 578f): »wseo* möchte H. erklären
als entstanden aus s:e3- (a wegen Ton der Endsilbe und Einwirkung von
z) mit Verkürzung des ; zu \.
Walker, D. A., Note on Ex. XX. 5b; Deut. V. 9 (Journ. of Bibl. Lit.
XXI. II 188-191).
Chauvin, V., Exode XX, 12 (Rev.d. Th. et d. Quest. rel. 1903, 114—119).
Wildeboer, G., De Dekaloog (I'heol. Studiön [Utrecht] XXI 109—118):
Hält den Dekalog für mosaisch.
Paton, L. B., T'he ten Words (BW XXII 22-35): Der Dekalog ist als
unabhängiges Stück in den Hexateuch gekommen. Das 2. Gebot bedeutet:
„Du sollst den Namen Gottes nicht laut anrufen, ohne Opfer zu bringen.“
Er hat in Form und Inhalt später eine Mehrung erfahren. Ex 34 bietet
keinen Dekalog. Die Autorschaft des Moses ist gut bezeugt. Übrigens
findet P. darin nur Monolatrie, nicht Monotheismus ausgesprochen. Nur
das Bilderverbot findet sich nicht in Einklang mit der mosaischen Zeit.
Baentsch, B., Numeri übersetzt und erklärt, und Einleitung zu Ex-Lv-
Nm. Handkommentar z. AT von W. Nowack (445—702, LXXX1I. Göt-
tingen, Vandenhoeck. M 5.80): Niüheres später.
Holzinger, H., Aumeri erklärt. Kurz. Hand-Komm. z. AT, hrsg. v. K.
Marti 19 (176. Tübingen, Mohr. M 8.75).
Gray, &. B., A critical and exegetical Commentary on Numbers, with
Map ot Palestine. 'I'he international critical Commentary (LXII u. 489.
Edinburgh, Clark. 128).
ß) Die geschichtlichen Bücher.
Meilsner, B., Zu Jos. 7, 21 (ZatW XXIII 151f): Gold in Zungenform
auch im Assyrischen belegt.
Calice, F. v., König Menephthes im Buche Josua? (OrLz VI 224): Jos
15, 9; 18, 15 mrmer» “sy —= Brunnen des Mineptah.
Gall, A. v., Eine Spur von Regenzauber (ZatW XXIII 149f): Fell und
Regen stehen in Beziehung; vgl. Ide 6, 36—40.
108 Bibliographische Notizen.
English, Th. R., Structure and Purpose of the Books of Samuel (BStdt
VIIL 98—102): Ohne neue Gesichtspunkte.
Boyd, J. 0., Samuel and the Law of Sacrifice (BStdt VIII 69—74): Das
Aulserordentliche der Person und der Zeitlage erkläre es, dafs Samuel
(und nicht die Priester) an beliebigen Orten opferte trotz der damals
schon bestehenden und verbindlichen Gesetze des Dt.
Boyd, J. 0., Samuel and the Rise of the prophetic Order (BStdt VIII
25—31): In Samuel ist das Prophetentum gemäls Dt 18, 15 ff zum ersten-
mal verwirklicht.
Berry, 6. R., The Ethics of the Books of Samuel (BStät VIII 41—46):
Stellt die einzelnen Momente zusammen.
Beardslee, J. W., The Spirit of God in the Books of Samuel (BStdt
VIII 31—36): ex ms und mm ’s werden nach inhaltlichen Momenten
(Beziehung zur Theokratie) gebraucht; Saul erhält durch ihn die Aus-
rüstung für seinen Beruf.
Hurlburt, J. L., From Saul to Solomon: a Series of Studies in OT
History (120. 64. N.Y., Eaton. 40c).
Neteler, B., Die Bücher Samuel der Vulgata und des hebräischen Textes
übersetzt und erklärt (VII u. 285. Münster, Theissing. M 5.40): Ein-
leitungsfragen kurz und thetisch. Die Nrn 7—9 behandeln kurz einige
kritische Punkte: Dasein des Pentateuchs in der Zeit der im Buche Sa-
muel berichteten Geschichte usw. in positiv-konservativem Sinn. Dann
folgen Übersetzung der Vulg. und des MT nebeneinander, eingeleitet und
geschlossen durch erklärende Noten.
Lambert, W. A., Alleged Discrepances in I. Samuel XVI and XVII
(BStdt VIII 47-50): Sucht durch Exegese 16, 18 mit 17, 33, 16, 21f mit
17, 5öff zu vereinbaren. Sehr gezwungen. Sollte ein solches Mals diffe-
rierender Darstellung wie hier auf positivem Standpunkt nicht zulässig sein?
Kerswill, W. D., Religious Ideas reflected in the Book of Samuel (BStdt
VIIl 51i—58): Zusammenstellung, mehr exhortatorisch.
Kelso, J. A., The religious Value of the Books of Samuel (BStdt VIII
74—18): Ohne Bedeutung.
Sarowy, W., Geschichte König Salomos (PrM VII 285—295): Schil-
derung auf Grund von 1 Rg 1—11 und einigen andern Quellen mit ein-
zelnen kritischen Seitenblicken.
Webster, S., Elijah the Man of Prayer (12°. 96. Ld., Morgan. 15)
Grünhut, Ein verkanntes Wort (ZhB VII 27f): Esr 4,12 wor = „Funda-
mente“ und auf den Tempel, nicht die Mauern, zu beziehen.
Chavannes, H., Le livre d’ Esther (Rev. d. Th. et d. Quest. rel. 1903,
177—192 193—215;).
Halevy, J., Vasti (Jas Ser. X, t. I 377f): Gegen Opperts Ableitung des
Namens von pers. vahista. Ein Verschwinden des h seı in den semitischen
Transkriptionen nicht zu konstatieren.
Torrey, Ch. C., Schweizer’s „Remains of a Hebrew Text of I. Macca-
bees“ (Journ. of Bibl. Lit. XXII 51—59).
Procksch, 0., Der Friede des Lysias vom Frühling 164 v. Chr. (ThLbl
XXIV 457—464 481—484): Die Niederlage des Lysias 1 Makk 4, 26—35
ist eine sekundäre Dublette gegenüber seinem Siege 6, 23-63. Die 4 Briefe
2 Makk 11 beziehen sich auf die darauf folgenden Friedensverhandlungen.
Der Zug des Lysias ist statt 150 der Seleuzidenära (1 Makk 6, 28ff) auf
148 (= 164 v. Chr.) anzusetzen. Die Züge der Makkabäer 1 Makk 5 fallen
nach diesem Frieden.
y) Die poetischen Bücher und Lehrschriften.
Wünsche, A., Der dem Mineralreiche entlehnte Bilderschmuck in den poe-
tischen Büchern des AT (VB I 14-31): Zusammenstellung und kurze
Sinnerläuterung. Auch die Propheten sind einbezogen.
Bibliographische Notizen. 109
on a of Job. Illust. by R. T. Roe. The Abbey Bible (4%. Ld.,
: 8).
Grimme, H., Gedanken über hebräische Metrik (VB I 1—14): Die masso-
rethische Punktation ist zuverlässig. Vokalquantitäten sind jedoch nicht
überliefert. S°wa viell. Flüstervokal von einer More und weniger. Gegen-
tonbezeichnung ist zu ergänzen. Jambus oder Trochäus (Bickell) und
Anapäst (Sievers) sind nicht die einzigen Rhythmen der hebr. Poesie. Nicht
Monopodie, sondern Di- und Tripodie. Gleichheit des Zeilenmalses ist
(gegen Sievers) anzunehmen. Zum Schluls der sich auf die früheren Ver-
öffentlichungen Grimmes stützenden Ausführungen warnt er vor Über-
treibung der Textkritik auf Grund der Metrik.
Hoonacker, A. v., Une question touchant la composition du livre de Job
b XII 161—189): Eine fast erschöpfende Literärgeschichte. Ursprüng-
ich: Prolog und die Reden Jobs und der Freunde; dann eine Form mit
den Elihureden, eine zweite mit dem Eingreifen Gottes (nicht einheitlich)
und Epilog; beide schliefslich zusammengefügt. 31, 34—37 genau erklärt.
Keicher, Th., Die Eschatologie des Buches Job (Kath 1902 Dez. 513 —538):
Eine fleifsige Arbeit des apologetisch-dogmatischen Seminars in Tübingen,
die alle eschatologischen Dermini und Stellen erörtert. 19, 25ff Zeugnis
für die Auferstehung.
Lambert, Mayer, Notes exögetiques (REj XLVI 147): Job 10, 7 som „je
serai secouru* st. yonx; 10, 16 xın st. mxım „tu t’elances“.
Rothstein, J.W., Rez. über Grimme, Psalmenprobleme (Deutsche Lz 1903
264—271): Glaubt, dals die poetische Aussprache des Textes mehr dem
verschleifenden Fluls der Volkssprache zu entnehmen sei, wofür der Ver-
gleich mit der Weise der Araber, Verse zu lesen, sehr lehrreich sei. Im
wesentlichen sei die hebräische Metrik der ursemitischen Metrik am
nächsten stehend und mit der assyrisch-babylonischen zu vergleichen. G.e
Morentheorie ist zu künstlich und mechanisch und überflüssig. Auf Grund
der Metrik Psalmensammlungen unterscheiden zu wollen, lehnt R. ab.
Der Weg G.s bei Erklärung des Pasek erscheint R. aussichtsvoll.
Grimme, H., Zur Verständigung on VI 177-179): Gegen Nestle
(OrLz VI 35) hälteer map Ps 22,12 als Imper. (so in: „Psalmenprobleme“)
rammatisch aufrecht, weist Unsicherheit der Vokale des Hebräischen als
sinwand gegen die Metrik zurück und begründet sein Schwanken be-
züglich des Ps 1.
Alcook, 6. A., Key to the Hebrew Psalter (Ld., Stock. 78 6d): Kon-
kordanz, Eigennamenverzeichnis, Vokabular.
Allison, W. T., The Poetry of the Psalms (BW XXII 42-48): Haupt-
bedeutung derselben liegt in der Wirkung auf das Herz.
Minocchi, S., Storia dei Salmi. IlI. Storia dei Salmi nell’ etü persiana
(Str III 241—268): Die davidischen Psalmen des 1. u. 2. Buches gehören
einer Zeit (von der Rückkehr aus dem Exil bis zur Reform des Esra)
und einem Verfasser an, während die Kritik sie verschiedenen Zeitaltern
zuweist. Die von diesen Pss vorausgesetzte Zeitlage soll dies begründen;
diese Pss werden sogar eine Quelle für die Geschichte dieser dunklen Zeit.
Minocchi, S., 1 Salmi messianici. Sagrio di una edizione critica del testo
ebraico (Rb XII 190—212): Ps 2; 45; 72 (direkt-messianisch); 110 (typisch)
kritisch behandelt mit Benützung von Metrik und Strophik, ohne freilich
einem bestimmten Systeme zuzuschwören. Alle Pss so zu bearbeiten,
hindern ihn praktische Schwierigkeiten in Italien; die kritischen Resultate
wird M. in einer italienischen Übersetzung vorlegen.
Gunkel, H., Psalm 1: An Interpretation (BW XXI 120—123): Einfache
Angabe des Gedankenganges. — Ebenso mit gleicher Überschrift über:
Ps 8 (ebd. 206—209): V. 6 rede von niederen Gottheiten gegenüber dem
höchsten Gott Jahwe. — Ps 19, 1—6 (281—283): V. 3ff soll die Idee des
Sphärengesanges der Sphärenharmonie entlehnt sein. — Ps 24 (366—370):
Aus den Stücken eines Wechselgesanges zusammengezogen. — Ps 42 «.
110 Bibliographische Notizen.
43 (433—439). — Ps 46 (28—31): Auf die endzeitliche Herrschaft Jahwes
zu beziehen. G. deutet aber die allgemeinen Bilder der Notlage auf spe-
zielle endzeitliche Dinge.
Wünsche, A., Zu Ps 2, 12 (VB I 278): Möchte korrigieren: ib nr.
Spoer, H. H., The Reconstruction of Psalm VIII (Journ. of Bibl. Lit.
XXII 75—84). 7
King, E.G., Psalm CX (JthSt IV 338—344): Übersetzung und Erklärung.
Inhaltlich und durch die traditionelle Auffassung als messianisch gewähr-
leistet; davidisch muls er nicht sein.
Nestle, E., Jaddua als Dichter des 119. Psalmıs (ZatW XXIII 133): Fragt
an, woher diese Vermutung Oetingers in seinen Evangelienpredigten.
Jäger, A., Das Hohelied Salomos. Eine biblische Weissagung auf das
moderne Babel (170. B., Walther. M 1.80).
Grimm, K. J., The Form nı“n Prv 1,20; 8,3 (Journ. of Bibl. Lit. XXI.
1I [1903] 192—196): Nach MT 3. pl. f. von 7%; der Verf. meinte jedoch
nn von nm (ThR 1903 246).
Taylor, C., The Wisdom of Ben Sira (JqR XV 440-474 604-697):
Textkritische und sachliche Bemerkungen zum hebräischen Texte mit
Beiziehung der erschienenen Literatur, c. 1—16 mit Nachträgen.
Joion, P. S. J., Eccli 44, 1-16. Der Prolog zum „Preis der Väter“
kTh XXVII 585—587): Die grolsen Männer V.3—-6 sind Juden; V.8
is 15 teilen diese in berühmte fromme Juden und in berühmte gottlose
Juden (gegen die gewöhnlichen Erklärungen).
Taylor, C., und Hart, J. H. A. Two Notes on Enoch in Sir. XLIV 16
(Jthst IV 589-591): ro= in '= rrx ist verlesen aus dem folg. V. r=>;
neravorag wiederholt und korrumpiert aus: [Ümoderr]ua Yeveaıs. — H. will
statt dessen das ry= n*x des Hebr. und ürödeıyua netavoiac erklären aus
Gn 5, 21—24 in der Auffassung der jüdischen Exegese. rsı mx ist eine
kurze Zusammenfassung dessen, was im Buch der Jubiläen IV 17 von
Henoch steht. Der griechische Übersetzer hängt ab von jJüdisch-alexan-
drinischer Exegese, welche die atl Charaktere als Vorbilder für die Men-
schen deutete und V. 22 als eine Hinweisung auf Bulse und Besserung
falste (so Philo, De Abrahamo II 4; Clem. Alex., Strom. II).
Joüon, P., S. J., Hat Ben Sira (Eccli 49, 9) Ezechiel als Verfasser des
Buches Job genannt? (ZkIh XXV 1 53. B88t. Nicht: „er gedachte auch
des Job“ nach d. Hebr. zu übersetzen, sondern: „er hat gefeiert“ = „er
hat besungen“.
Headlam, W., From the Wisdom of Solomon, XVIIl,5 (Class. Rev.
XVII 229—231): Gibt Übersetzung und Text; dem Pindar nahestehend.
d) Die Propheten.
Cornill, H., Der israelitische Prophetismus. In 5 Vortr. f. geb. Laien
veschildert. 4. verb. Aufl. (VII u. 184. Stralsb., Trübner. M 1.50): Auf
erlangen hat C. die Schriftzitate seinen Aufstellungen angefügt.
Stephany-Jürgensburg, M., Die Anfänge der israelitischen Prophetie (Mitt.
u. Nachr. f. d. ev. K. in Rulsl. LVIll [Okt.—Dez. 1902] 483—503).
Meignan, Card., L’AT dans ses rapports avec le Nouveau et la critique
moderne. V: Les Prophrtes d’ Israel, quatre siecles de lutte contre l'idolo-
latrie. 2° ed. (X1I u. 739. P., Lecoffire).
Laur, E., S. O. Cist., Die Prophetennamen des AT. Ein Beitrag zur
Theologie des AT. Dissert. (VI u. 165. Freiburg i. Schw., Univ.-Buchh.
M 4.—): Näheres später.
Lincke, K. F.A., Samaria und seine Propheten. Ein religionsgeschicht-
licher Versuch. Mit einer Textbeilage: Die Weisheitslehre des Phoky-
lides, griechisch und deutsch (VIll u. 179. Tübingen, Mohr. M 3.—):
Ephräm, Nordisrael, zur Zeit des Moses bereits sich von Juda scheidend,
ist (Quelle alles Guten im auserwählten Volke, insbes. des Prophetentums
in Oseas und Jeremias. Als Antagonismus zwischen Juden und Sama-
Bibliographische Notizen. 111
ritanern wird die ganze Geschichte erklärt. Durch den Essenismus ging
die samaritanische Richtung ins Christentum ein.
Wilson, A., The Prophets and Prophecy to the close of the 81h Century
b. C. With an Introduction by Allan Menzies (198. Ld., Blackwood),
Meinhold, 3., Studien zur israelitischen Religionsgeschichte. Bd I: Der
heilige Rest. T. I: Elias, Amos, Hosea, Jesaja (VIII u. 160. Bonn,
Marcus. M 3.20): Dieser Terminus -xo und sein Inhalt findet sich noch
nicht bei Elias, der noch kein Israel xata nvebua von einem Israel xard
odpxa unterscheidet, noch bei Amos. für den der Rest Juda ist, noch Oseas,
der das ganze Volk bekehrt aus der Verbannung zurückkehren läfst, sondern
erst bei Isaias, der eine kleine um ihn selbst gruppierte Gemeinde als
„heiligen Rest“ kennt (nach Deutsche Lz 1903, 39, 2354 ff).
Durand-Gasselin, Ch., La conversion chez les prophetes d’Israel. Ses
postulats. Sa nature. These theol. (104. Cahors 1902).
Stade, B., Streiflichter auf die Entstehung der jetzigen Gestalt der at!
Propheten (ZatW XXIII 153—171): Textgeschichtliches und Sachliches zu
Jer 1; 36.4; Os 3, 3; Mich 1,2—4; 7. 7—20 (ein Psalm wegen Verwandt-
schaft mit den Pss in Gedanken und Wort).
Haupt, P., Isaiah’s Parable of the Vineyard (AmJsemL XX 193— 202):
Is 5, 1—7 ist metrisch und weist, wenn befreit von den Zutaten der Ab-
schreiber, keinen Rhythmuswechsel auf. H. stellt einen entsprechend
emendierten Text her und begründet seine Emendationen in kritischen
Noten. Eine Übersetzung mit erklärenden Noten schlieist den Artikel.
Roy, H., Israel und die Welt in Jesaja 40-55. Ein Beitrag zur Ebed-
Jahwe-Frage. Beigabe z. Ber. des theol. Sem. der Brüdergemeine in
Gnadenfeld (VIlLu.69. Lp., Jansa. M2.—): 51, 1-8; 50, 4—9; 52,13—53,
12; 42, 1—7; 49, 1—13 = Grundschrift des exilischen Deut.-Is; das übrige
von einem Ergänzer. Israel in seiner Gesamtheit ist Gegenstand der
Prophetie.
Robson, 3., Jeremiah the Prophet. Bible Class Primers (24°. 115. Edin-
burgh, Clark. 6d).
Perles, F., Labartu im AT (OrLz VI 244): Thr 4, 10 mob m „sie
sind Dämoninnen (d. i. ass. labartu) geworden“.
Douglas, 6.C. M., Ezekiel’s Vision of the Temple (ExpT XIV 365—368
424—427): Vergleicht Ez 40—48 mit den Angaben des Hexateuchs; auf
letzterem beruhe die Vision des Ez.
Cobern, C.M., Ezekiel and Daniel. Commentary on the OT VIII (415.
N.Y., Eaton. $2.—).
Bevan, A. A. The King of Tyre in Ezekiel XX VIII (JthSt IV 500—505):
Warum ist der König von Tyrus einem Halbgott verglichen, der aus dem
Paradiese vertrieben wird? Die ältesten Heiligtümer der Semiten waren
natürliche Gärten. Die Tempel sollten infolgedessen die Idee solcher
Gärten künstlerisch darbieten (vgl. die Tempeldekorationen nach 1 Rg
6. 29. 32). Ein solcher Garten von „Eden“ war auch das Heiligtum in
Tyrus, und der König von Tyrus hatte dasselbe profaniert. Da der Tempel
von Tyrus Vorbild für den salomonischen Tempel war, galt auch die
Entweihung des ersteren für Ezechiel als Verbrechen, gegen das sich die
Klage des Propheten kehrt.
Preiswerk, H., Der Sprachwechsel im Buche Daniel. Dissert. Bern
(120 S. Buchdruckerei Berner Tageblatt).
Prince, J. D., Two Assyro- Babylonian Parallels to Dan V, 5/f (Journ.
of Bibl. Lit. XXII 1, 32—40).
Adams, J., The Minor Prophets. Bible Class Primers (111. N.Y. 1902,
Scribner. $ —.20).
W<arfield>, B. B., Hosea VI.7: Adam or Man? (BStdt VIII 1-10): Er-
örtert die Geschichte der Auslegung und hält gegenüber den Kritikern,
die eine so frühe Beziehung auf Gn 3 für unmöglich halten, mit guten
Gründen an der Deutung auf Adams erste Sünde fest.
J12 Mitteilungen und Nachrichten.
Baumann, E., Der Aufbau der Amosreden. Beiheft z. ZatW 7 (IX u.
69. Gielsen, Ricker. M 2.40): Näheres später.
Halevy, Recherches bibliques: Le Livre d’Amos (Rsem XI 193—209
289 —300): Schlufs. Vgl. BZ I 334.
Kraufs, S., Eine alte Erklärung zu Zacharia 12, 10 (VB 181—34): Bei
Juden und Christen christologisch erklärt. Dagegen erklärt sie Abraham
Farissol, Polemiker des 16. Jahrh. in Italien, zeitgeschichtlich auf Alexander
Jannäus, der viele Pharisäer kreuzigen lies. K. möchte diese modern
klingende Erklärung für richtig halten.
. €) Die Apokryphen.
Halevy, J., Glen (Jas Ser. X, t. 1378-880): Von den im Livre de
la Creation f. 76Y erwähnten vier Propheten hält H. ‘Alya, Masyäil und
“Ailoug für verderbt aus bxwn, mr und “rs; den in der Überschrift
genannten Namen identifiziert er mit jmobya (syr. 592 geändert in r—= m).
Andersson, E., Isaks Vermächtnis aus dem Koptischen übersetzt (Sphinx
vll 77—91 129—142): Nach I. Guidi, Jl Testamento di Isaaco (Kendi-
conti della R. Acc. dei Lincei S. V. T. IX [1900]) mit gramm. Noten.
Steuer, W., Die altfranzösische „Histoire de Joseph“. Kritischer Text
mit einer Untersuchung über Quellen, Metrum und Sprache des Gedichts
un Erlangen, Junge. M 4.80): Mit einer Einleitung: Die altfranzösischen
ibelübersetzungen.
a er M., Jamnes und Mambres (Arch. f. neuere Spr. CX 427): Zu
110.
München, November 1903. J. Göttsberger.
Mitteilungen und Nachrichten.
Das Deutsche evang. Institut für Aitertumsforschung des Hi. Landes
zu Jerusalem wurde laut Köln. Volksz. 1903 Nr 994 am 15. Nov. LJ.
durch eine öffentliche vom Direktor des Institutes, Dr G. Dalman, ge-
leitete Versammlung eröffnet. Das Personal besteht neben dem Direktor
aus einem Mitarbeiter, z.Z. Dr Max Löhr, Prof. an d. Univ. Breslau
eurlaubt hierzu bis Juni 1904), und sechs Stipendiaten. Forschungen
ım Hl. Lande, Studium der Bibel und der orientalischen Sprachen liegen
im Zwecke des Institutes. Löhr hielt in dieser Versammlung einen Vor- '
trag über „Babel und Bibel“ und nahm gegen Delitzsch Stellung. Der
Herbstkursus schliefst mit dem 15. Januar 1904 und enthält folgende
Vorlesungen: Dalman, Palästinisch-arabische Volkssitte mit biblischen
Parallelen; Neuarabische Lektüre nach Palästinischem Diwan von dem-
selben; Löhr, Geographie Palästinas. An ee werden in der
Regel kleine Ausflüge unternommen. — Die Klage des Berichterstatters
der Köln. Volksz., „dafs wir Katholiken, wie in so vielen Stücken, auch
bei dieser Gelegenheit im Hl. Lande hinter den Protestanten weit zurück-
stehen“, gilt nicht für die französischen Katholiken mit ihren hervor-
racenden Instituten in ‚Jerusalem und Beirut.
in neutestamentlich-kirchenhistorisches Seminar wird an der ev.-
theolog. Fakultät der Univ. Tübingen im W.-S. errichtet. Leiter: o. Prof.
der Kirchengeschichte K. Müller (Deutsche Lz 1903, 2242).
Personalien. + 24. Sept. Domkapitular und Regens Dr Joh. B. Hol:-
ammer, Prof. der atl Exegcse am Priesterseminar in Mainz. — Privset
dozent Dr OÖ. Happel in Würzburg wurde zum a.o. Prof. der atl Exegese
in Passau ernannt (Prof. Dr ©. Holzhey wurde von Passau nach en
versetzt). A.o. Prof. Dr E. Dominık wurde zum o. Prof. der n
Fxegese in Olmütz ernannt. — Es habilitierte sich in Marburg für atl
Wissenschaft Dr. Gustav Westphal.
Druck von W. Drugulin in Leipzig.
Abkürzungen.
A. der biblischen Bücher.
AT = Altes Testament; ati — alttestamentlich.
Gn Ruth Jat
Ex Sm Est
Lv Kg (Reg) Job
Nm Chr Ps
Dt Esr Spr (Prv)
Jos Neh
Richt (Ide) Tob Hl (Ct)
Prd (Eccle, Koh)
Weish (Sap) Ez Mich
Sir (Eccli) Dn Nah
Is Os Hab
Jer Joel Soph
Klgl (Lam, Am Agg
Thr) Abd Zach
Bar Jon Mal
Makk (Mach)
NT = Neues Testament; ntl = neutestamentlich.
Mt Apg (Act) Eph Tim Jak (lac)
Mk (Me) Röm (Rom) Phil Tit Petr
Lk (Le) Kor (Cor) Kol (Col) Phm Jo (lo)
Jo (lo) Gal Thess Hebr Jud (lud)
Offb (Apk, Apc) — Ev Evv
=- Evangelium, Evangelien.
B. der Zeitschriften etc.
AnJsemL — The American Journal of Semitic ' PSbA - Proccedings of the Soeiety of Bibli-
Languages and Literatures.
AmJTh =: The American Journal of Theology.
Bs -- Bibliotheca sacra.
BSt -- Biblische Studien.
BStät — The Biblo Student.
BW — The Bihlical World.
BZ = Biblische Zeitschrift.
BzZ =: Byzantinische Zeitschrift.
Erp = The Expositor.
ExpT -- The Fxpository Times.
G94 = Göttingische gelehrte Anzeigen.
HJ — The Hibbert Journal.
Jas — Journal asiatique,
JqR = Jewish quarterly Review.
JthSt = The Journal of theologieal Studies.
Kath :- Katholik.
Kz = Kirehenzeitung.
Lz = Literaturzeitung,.
MCWJ := Monatschrift für Geschichte und
Wissenschaft des Judentunss.
NkZ -: Neue kirchliche Zeitschrift.
Ochr = Oriens christianus.
OrLz :- Orientalistische Literaturzeitung.
PEF = Palestine Exploration Fund.
PrM = Protestantische Monatshefte.
PrtkhR = The Princeton theological Review.
cal Archeology.
Kb -- Revue biblique.
| REj -- Revue des Etudes juives,
| Rsem = Revue semitique,
RThPh — La Revue de Theologie et de Phi-
losopbie.
StKr = '[heologische Studien und Kritiken.
‚Str =- Studi religiosi.
ThLbl - Theologisches Literaturblatt,
ThLz = Theologische Literaturzeitung.
ThQ — Theologische Quartalschrift.
TAR = Theologische Revue,
TU = Texte und Untersuchungen.
‚VB =: Vierteljahrsschrift für Bibelkunde.
| Z4 = Zeitschrift für Assyriologie,
ZaW = Zeitschrift für alttestamentliche
Wissenschaft.
ZimG — Zeitschrift der deutschen morgen-
ländischen Gesellschaft.
ZalV — Zeitschrift des deutschen Palästina-
Vereins.
ZhB — Zeitschrift für hebräische Biblio-
graphie,
ZKTh = Zeitschrift für katholische Tlieologie.
ZntW — Zeitsehrift für neutestamentliche
Wissenschaft.
ZTRK = Zeitschrift für Theologie und Kirche,
ZwTh =. Zeitschr. f. wissenschaft. Theologie.
Verlagsort: B. = Berlin. Ld. = London. Lp. = Leipzig. N. Y. = New York. P. = Paris,
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er-
scheint und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
‚Gesehichte der
altkirchlichen Literatur.
E En Von
Otto Bardenhewer,
Doktor der Tbeologie und der Philosophie, Professor der Theologie
an der Universität München.
Sechs Bände. gr. 8°
Erster Band. Vom Ausgange des apostolischen Zeitalters bis zum
Ende des zweiten Jahrhunderts. (XI u. 592) M10.—; geb. in
Halbsaffian M 12.40
Zweiter Band. Vom Ende des zweiten Jahrhunderts bis zum Be-
ginn des vierten Jahrhunderts. (XVI u. 666) - M 11.40; geb. M 14.—
Die zwei weiteren Bände werden die Blütezeit der patristischen Literatur (etwa
325—451), die zwei letzten die Tage des Rückganges und Verfal'cs behandeln.
n. « - Diese Publikation gehört zu den bedeutendsten, die in letzter Zeit von katho-
lischer Seite ausgegangen sind. Sie wird auch überall mit Freuden begrüfst.... Das
Buch Bardenhewers verdient das vollste Vertrauen. Die Objektivität, die Ruhe, mit
welcher es geschrieben, die ernste Kritik, die Bescheidenheit des Verfassers, der katlo-
lische Geist, das alles macht uns das Werk so lieb; der Katholik findet sich hier auf
heimatlichem Boden. Die Methode ist sehr empfehlenswert... .*
(Jahrbuch für Philosophie und spekulativo Theologie, Paderborn 1902, Heft 2)
„Bardenhewers ‚Geschichte «er altkirchlichen Literatur’ gehört ohne Frage zu
den bedeutendsten Publikationen, die in den letzten Jahren von katholischer Seite aus-
gegangen sind. Auf patrologischem Gebiete ist nichts Ebenbürtires vorhanden. Die
Absicht des Verfassers war zunächst: ‚nicht neue Bahnen zu erschliefsen, sondern die
Ergebnisse der bisherigen Forschung zusammenzufassen‘. Diese Zusammenfassung aber
ist mit einer solchen Gründlichkeit und Sorgfalt vorgenommen worden, dafs kaum noch
hie und da ein kleiner Wunsch übrig bleibt. Allenthalben beruht sie auf eigener Nach-
prüfung und selbständiger, nicht selten auch von neuen Beobachtungen ausgehender Beur-
teilung, und die rübmlichst bekannte Ruhe und Objektivität Bardenhewers bewährt sich
auch hier in anerkennenswertester Weise. . . .“
(Literarischer Handweiser, Münster 1901/1902, Nr 764/765.)
„Die Lektüre dieses Buches ist ein wissenschaftlicher Genufs. Personen und Tat-
sachen treten lebendig heraus, Untersuchung und Charakteristik sind in richtigem Mafse
verbunden. Knapp und klar versteht der Verfasser zu orientieren; die Literatur ist
reichlich aufgeführt. Wenn das grofse Unternehmen sich auf der Höhe des ersten Bandes
hält, so wird es in seiner Eigenart eine Lücke in bervorragender Weise ausfüllen.*
(Theolog. Literaturbericht, Gütersloh 1903, Nr 1.)
r- » . Der Ton der Darstellung ist sehr ruhig, abwägend und gegen den Gegner nie
kränkend: die Sprache ist edel und einfach, selbst in der Behandlung schwieriger Pro-
bleme jedermann verständlich. Ja, der Verfasser ist offenbar besonders befähigt dazu,
geschichtliche Untersuchungen und ihre Ergebnisse auch für die Anfänger fafslich und
übersichtlich darzustellen, olıne dabei in Plattheit und Oberflächlichkeit zu verfallen... .“
(„Halte was du hast“ [Zeitschrift für Pastoraltheologie], Berlin 1903, Nr 9.)
Von demselben Verfasser sind im gleichen Verlage erschienen:
Patrologie. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg.
Zweite, grofsenteils neu bearbeitete Auflage. gr.8° (X u.604) MS.—;
geb. in Halbsaffian M 10.—
Des hl. Hippolytus von Rom Commentar zum Buche Daniel. Ein
literärgeschichtlicher Versuch. gr. 8 (IV u 108) M2.—
Polychronius, Bruder Theodors von Mopsuestia und Bischof von Apamea.
Ein Beitrag zur Geschichte der Exegese. gr. 8° (IV u. 100) M 1.50
BIBLISCHE ZEITSCHRIFT
IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER
'„BIBLISCHEN STUDIEN“
HERAUSGEGEBEN VON
Dr JOH. GÖTTSBERGER vuso Dr J08. SICKENBERGER
PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN.
ZWEITER JAHRGANG.
ZWEITES HEFT,
FREIBURG IM BREISGAU. 10: ET
HERDERSCHE VERLAGSHANDLUN de
1904. 2
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UNDST LG
Inhalt des zweiten Heftes.
Seite
Nochmals Ararat und Urartu. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz 113
Die literarhistorische und religionsgeschichtliche Bedeutang der
ägyptischen Eigennamen der en Von Prof.
Dr Miketta in Weidenau ni 122
Die „Stadt“ in Nm 24, 19 und Ps 72 IE 1%. Von Prof. Dr Nor-
bert Peters in Paderborn Ser 141
Über Nehemias und Esdras. 3. Die Zeit des Esdras. Von Dr Paul
Riefsler in Blaubeuren . . 145
Zu der Perikope von der Speisung der . Fünftansend RM 1, B3—2i.
Mk 6, 30—44. Lk 9, 10—17. Jo 6, 1-15). Von Prof. Dr Jo-
hannes Belser in Tübingen u ae ee ee er
Miszelle zu Mt 19, 24 und Parall. Von Dr Fr. Herklotz in
Leitmeritz . . 220. ee re
Wann und wie hat Paulus ‚„Christum Re dem Fleische gekannt“
(2 Kor 5, 16)? Von Prof. Dr Valentin Weber in Würzburg 178
Miszelle zu 2 Petr 2, 1. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz . . 188
Besprechungen. . . oe ... 19
Bibliographische Notizen Aiteenelies Literatur zum m 19%
Mitteilungen und Nachrichten . 2 nn nn 222
Jährlich erscheinen 4 Hefte iin Umfange von je 7 Bogen gr 8°.
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.—
Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak-
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, München, Schraudolphstr. 36U, für
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München,
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen.
Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem
Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf-
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br.
Nochmals Ararat und Urartu.
Von Dr A. Sanda in Leitmeritz.
ie wenig sachliche Kritik, welche Doktor Johannes Döller
D in Wien in dieser Zeitschrift I 349f an meinem Aufsatze
„Ararat“ (in „Untersuchungen zur Kunde des Alten Orients“
S. 14—38, Heft 2 der Mitteil. der Vorderasiat. Gesellschaft,
Berlin 1902) geübt hat, fordert zu einer Erwiderung heraus.
In Döllers eigenstem Interesse würde ich gern eine Replik
unterdrücken, wenn es nicht gälte, den Vorwurf abzuweisen,
als hätte ich an zitierter Stelle kritiklos nur willkürliche Be-
hauptungen aufgestellt. Gründe wollen durch Gegengründe
aufgewogen sein. Anstatt dessen begnügt sich Döller mit der
kurzen Bemerkung: „Doch die Gründe, die Dr S. für seine
Ansicht vorbringt, erscheinen uns nicht stichhaltig. Warum
sollte man die massorethische Punktation von BS in den
drei obengenannten Stellen bezweifeln und dafür Urarat lesen?
Wahrscheinlich nur deshalb, damit dieses von dem
‚hare Ararat: in Gn 8,4 verschieden seı.“ So lautet die
Widerlegung Doktor Johannes Döllers, der gleich im unmittel-
bar folgenden Satz zeigt, mit welcher Sachkenntnis er an die
Beurteilung ähnlicher Fragen geht: „Für die Gleichsetzung
des biblischen Ararat mit dem keilinschriftlichen Urartu spricht
auch der Umstand, dafs dasselbe Faktum, welches uns 2 Kg
19,37 von dem Lande Ararat erzählt wird, in den Keilschrift-
texten von dem Reiche Urartu gemeldet wird.“ Dieser Satz
ist doppelt unrichtig. Erstlich stammen aus der Abfassungs-
zeit der Königsbücher nur die Konsonanten von BMS, und
dennoch schlielst Döller aus der Lesart auf die Identität der
lediglich durch ihre Vokalisation unterschiedenen Namen
Biblische Zeitschrift, II. 2. 8
114 Sanda, Nochmals Ararat und Urartu.
Ararat und Urartu!! Er beruft sich nicht einmal auf die
Transkription der LXX (über diese siehe zum Schluls).
Zweitens würde Doktor Döller sich die ganze assyriologische
Wissenschaft zu grolsem Danke verpflichten, wenn er verriete,
wo in den Keilinschriften die Flucht der Mörder Sanheribs
nach Urartu gemeldet wird. Nein! Das zerbrochene Prisma
Asarhaddons sagt nur, dals der Assyrerkönig die Rebellen
in Hanigalbat ereilt und zur Unterwerfung gezwungen habe.
Hanigalbat aber ist die Gegend bei Malatia. Sargon hatte
712 durch Deportation des letzten Königs Tarhunazi dem
Lande die Selbständigkeit genommen und es zur assyrischen
Provinz gemacht. Nichts weist darauf hin, dals dieser Distrikt
zwischen 712 und 681 an Urartu verloren gegangen. Noch
Sanherib kämpfte in Hilakki und Tabal, den westlichen Nach-
barländern Hanigalbats, und wenn wir später Asarhaddon in
eben jener Gegend Krieg führen sehen, so heilst das nichts
anderes als: er wollte die schon damals gärenden Wogen
des von Nord gegen Süd sich wälzenden Nomadenstroms von
der Nordwestgrenze des Reiches fernhalten, besals also Hani-
galbat jedenfalls noch als Provinz, Die biblische Nachricht
von der Flucht der Mörder Sanheribs nach DM lälst sich mit
den keilinschriftlichen Angaben durch die Annahme vereinigen.
dals die Rebellen zuerst gegen Norden flohen, da aber von
Urartus Herrscher nicht viel zu erwarten war, in Mesopotamien
festen Fuls zu fassen versuchten und endlich an die Nordwest-
grenze des Reiches zurückwichen, um dort mit den heimischen
und zugewanderten Feinden Assyriens gemeinsame Sache zu
machen. Nachdem ich dieses zur ÜCharakterisierung der
Döllerschen Kritik vorausgeschickt, komme ich kurz auf den
Inhalt meiner Arbeit zurück.
Die erste These meines Artikels beschäftigt sich mit hare
Ararat in Gn 8,4. Bekanntlich verlegen die Targumim und
verschiedene syrische, griechische und armenische Quellen das
Apobaterion Noahs ins Kardugebirge. Bei Berossos und
Alexander Polyhistor findet sich dieselbe geographische Angabe,
und auch nach dem Koran läfst die Arche am Gebel Gudi
Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 115
sich nieder. Dieser Gegensatz zum Wortlaut der Bibel ist
um so merkwürdiger, als es sich um Schriftsteller handelt, die
die Autorität der Schrift hochschätzten und darum kaum alle
einseitig von Berossos abhängig sein können. Schon Nöldeke
und andere fahndeten umsonst nach Erklärungsversuchen. —
Nun konstatiere ich aus den Keilinschriften einen Berg (oder
Gebirge, assyr. Sadü heifst beides) Arardi. Der Name kann
unbedenklich auch Ararat lauten (vgl. Herodots „Axapödıor‘,
an dessen Identität mit Ararat niemand zweifelt). Als Lage
dieses Berges oder Höhenzugs weise ich des näheren die
(Gegend bei Sört (Saird) nach (vgl. Hyvernats Beschreibung
in „Du Caucase“, deutsch von Müller-Simonis in „Durch
Armenien, Kurdistan und Mesopotamien“, Mainz 1897, 240ff),
also die westlichen Ausläufer des Bohtan oder Gebel Gudi.
Eben diese Gegend gehörte nach den Angaben der Alten (siehe
meine Darlegung), besonders Eratosthenes’ und Strabos, zu den
weitgedehnten Fopdvaia öpn, deren semitische Bezeichnung YTNp
lautet (vgl. noch Forbiger, Handbuch der alten Geographie
Il, Hamburg 1877, 602 und Hartmann, Bolıtän 91).
Wir kennen also einen Berg (Gebirge) Ararat im Kardu-
gebirge, und ebendahin verlegen viele Quellen mit konstanter
Zähigkeit und gegen den Wortlaut der Bibel das Apobaterion
Noahs. Was liegt da näher als der Schlufs: In Gn 8, 4 ıst
wirklich dieser Berg oder Höhenzug gemeint, und Berossos
sowie die Späteren hatten noch die Nachricht, dals es im
Kardugebirge früher einen Ararat gegeben habe? Was hindert
uns an dieser Identifizierung des Gebirges Ararat in Gn 8, 4
mit dem Arardi? Etwa die Landläufigkeit einer entgegen-
gesetzten Ansicht? Aber die Landläufigkeit leistet noch keine
Gewähr für die Richtigkeit einer Meinung und kann nur zu
oft als Schild dienen, hinter dem sich in behaglicher Ruhe
Kritiklosigkeit und Gedankenarmut verbergen. — Nun aber
zu Döllers wichtigem Einwand: „Wie wäre nach dieser Auf-
fassung S.s der Plural ‚hare Ararat‘ zu erklären? Von der
Arche kann man sagen, dals sie auf einem Berge oder aber
auf einem Gebirge stehen geblieben sei. Auf letztere Dar-
gr
116 Sanda, Nochmals Ararat und Urartu.
stellung wiese der Plural ‚hare Ararat‘ hin. Nun hielse aber
das Gebirge nach S. Kardu, somit könnte ‚hare Ararat‘ nur
von einem Berge des Gebirges Kardu verstanden werden, wie
denn auch S. zu übersetzen sich gezwungen sieht: ‚auf den
Ararat genannten Bergen‘“ Ich gestehe, dafs ich die Wucht
dieses Arguments nicht fühle! Hätte Döller meinen Artikel
mit einiger Aufmerksamkeit gelesen, so hätte er schon auf
der ersten Seite der Arbeit (S. 14) die Übersetzung gefunden:
„auf dem Ararat genannten Gebirge“. Kardu ist ein weiter
geographischer Begriff. Gibt es nicht innerhalb des Alpen-
gebirges wieder kleinere Höhenzüge oder Gebirge, wie z. B.
den Wiener Wald? Den Arardi hat sich nur Döller als
spitzen Kegel gedacht. Ich stelle mir ihn als Höhenzug vor,
um das „hare“ zu rechtfertigen. Dafs der in meinem Auf-
satze öfter wiederkehrende Ausdruck „Berg“ Doktor Döller zu
einer solchen Objektion veranlassen würde, konnte ich nicht
ahnen. Man spricht bekanntlich auch vom Berge „Nisir“ (siehe
Delitzschs Paradies 105), der nach Assurnasirpal ein ganzes Ge-
birge war, auf dem sogar mehrere Festungen lagen. Der
jetzige (rebel Fukü‘a, ein nicht bedeutender Bergkamm, wird
2 Sm 1,6 yaban 7, hingegen in V. 21 ya532 7 genannt.
Vom grammatischen Standpunkt läflst sich „hare Ararat“ mit
„Gebirge von Urartu* (gen. subiectivus) oder mit „Ararat-
gebirge* (gen. explicativus) wiedergeben, wie denn letzteres
schon die LXX mit „ta öpn ta Apapat“ getan. Warum
ich der letzteren Übertragung den Vorzug gebe, habe ich dar-
gelegt. — Von dem damals verschollenen Reiche Urartu
wulsten die in Frage kommenden alten Erklärer der Genesis-
stelle gewils nichts mehr. Auch gehörte die Gegend von
Sört nur in der älteren Zeit zu Urartu (siehe meinen Artikel
S.28). Dem gegenüber mulste ihnen die Landschaft Ayrarat
wohl bekannt sein, und wenn sie trotzdem gegen Nikolaus
von Damaskus und Hieronymus das Apobaterion nicht nach
Ararat am Araxes, sondern ins Kardugebirge verlegen (nicht
etwa in andere Gebiete des alten Urartu!), so war für sie
nur der von uns angeführte Grund ausschlaggebend. — Man
Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 117
könnte zwar in Gn 8,4 die Lesung und den Sinn „Berge
Urartus“ festhalten und die Existenz eines Arardi im Kardu-
gebirge für einen interessanten Zufall erklären. Wer an einer
solchen Meinung Geschmack findet, dem soll sie unbenommen
sein, wie ich denn auch in demselben Sinne meinen Artikel
mit den Worten schlois (S. 38): „Auf jeden Fall aber, selbst
wenn man sich die Ortsbestimmung in Gn 8, 4 auf eine andere
Weisezurechtlegen wollte,mufs zugegeben werden, dals die Disso-
nanz zwischen der biblischen Angabe und den alten Erklärungen
derselben bei Zuhilfenahme des keilinschriftlich bezeugten
Berges Arardi eine plausible Erklärung zulälst.“
Der zweite Hauptpunkt meines Aufsatzes behandelt das
gegenseitige Verhältnis von Arardi, ’Alapödıoı, Ayrarat und
Urartu. Die ’AAapödıoı werden bei Herodot 3, 94 und 7,79
genannt und bildeten mit den Matienern und Saspeirern den
18. Abgabebezirk Darius’ I. Wie ich des näheren dargelegt
(S. 31—35), war ihr Wohnsitz in der Araxesebene, also eben-
dort, wo unter den Arsakiden (seit dem 2. Jahrhundert v. Chr.)
eine Landschaft Ayrarat erscheint. Gegen Ende der Arsa-
kidenherrschaft umfalste Ayrarat, wo die Residenz der arme-
nischen Könige lag, auch die angrenzenden Gebiete und galt
als eine der 15 Provinzen des Reiches. Offenbar war Ayrarat
nach dem Volke der Alarodier benannt. Beweis dafür
bilden neben der Identität der Namen und der geo-
graphischen Lage zahlreiche Analogien ineben jenen
Gegenden südöstlich vom Schwarzen Meere. Nach dem
Stamm der Taochen (Xenophon, Anabasis 4, 7) ist der Bezirk
Tekman benannt, der unter dem Namen Taikh in der sog.
(geographie Moses’ von Choren neben Ayrarat vorkommt. Von
den Phasianen (a. a. OÖ. 4,6) stammt der Landschaftsname
Pasin, von den Tarchen (a.a. ©. 4,6) Terdjan. Vgl. dazu:
Strecker-Kiepert, Beiträge zur geogr. Erklärung des Rück-
zugs der Zehntausend, Berlin 1870. Der Name der Saspeirer
(nach Steph. Byz. auch Sabeirer oder Saberer genannt) lebt in
Ispir fort. Das heutige Lazistüän an der Südostküste des
Schwarzen Meeres hiels früher Chaldia nach den Chaldern
118 Sanda, Nochmals Ararat und Urartu.
oder Chaldäern (Xenoph., Anab. 4, 3 und sonst; sie haben mit
den alten Bewohnern Urartus nichts gemein). — Die Heimat
der Alarodier und Ayrarat decken sich also reell und nomi-
nell. Beides kann man durch „Ararat“ wiedergeben, ebenso
wie Arardi. Man könnte nun die Frage aufwerfen, ob die
Gleichheit der Namen Alarodier und Arardi nicht daher
komme, dafs die Alarodier, ein sonst unbedeutender Stamm
der grolsen vorarmenischen, mit den Heta verwandten Völker-
gruppe, die man jetzt die „alarodische“ zu nennen pflegt (dank
der Verwechslung von Alarod und Urartu), ursprünglich im
Kardugebirge salsen und später in die Araxesebene zogen, um
an diese neue Heimat ihren Namen zu vererben. Ein Beispiel
solcher Art hätten wir an den Ituräern. Assurnasirpal er-
wähnt in seiner grolsen Inschrift 3, 80 die beiden Gebirge
Jaraku und Ja’turi (westlich vom Orontes zwischen Antiochia
und Ladikjje).. Dafs wirklich Sadü und nicht mätu (Land) zu
lesen ist, beweist die Parallele für Jaraku bei Tigl. Pil. ILI,
Ann. 123. Nach den dort ansässigen Ituräern benennt Assur-
nasırpal das Gebirge. Später wanderten sie aus, und anders-
wo hiels nach ihnen eine Landschaft Ituräa (Lk 3, 1). Wande-
rungen der Stämme kamen auch in Armenien vor. Die Chal-
däer (Chalder), welche Xenophon nach Überschreitung des
Kentrites antrifft, fanden in Lazistän ihre endgültige Heimat.
Soviel über Arardi, ’AXapödioı und Ayrarat (Ararat).
Wie stellt sich nun der Name Urartu dazu?
Zunächst treten im 9. Jahrhundert bei Assurnasirpal die
beiden Namen Urartu und Arardi auf (ersterer in der Stan-
dardinschrift, siehe den Text bei Abel-Winckler, Keil-
schrifttexte Zeile 9: ultu re$ enı »®ar Subnat adı "st Urartı
katsu ikSud: vom Quellanfang des Zibene Su bis Urartu).
Nur Arardı kann man mit Ararat wiedergeben, nicht aber
auch Urartu. Warum? Wenn ein und derselbe König ein
Arardi und ein Urartu (Urarti) nennt, so kommt es eben daher,
dafs die Assyrer zwei verschiedene Bezeichnungen hörten und
sie darum nach ihrem objektiven Lautwert in ihrer Transkrip-
tion verschieden ausdrückten. Was die Assyrer taten, das
Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 119
befolgten betrefis der Vokalisation des DNS gewils auch die
alten Hebräer wenigstens in der Zeit, da die Königsbücher
entstanden sind. Eine andere Aussprache als Urartu hat beim
Namen des betreffenden Reiches zur Zeit seines Bestandes nicht
existiert, sonst hätte sie bei dem häufigen Vorkommen dieser
Bezeichnung in den Keilinschriften irgendwo auftauchen müssen,
was nicht der Fall ist. Wie die LXX-Übersetzer und durch
sie die Massorethen und Punktatoren zu ihrem Ararat an den
drei in Frage kommenden Stellen gelangt sind, siehe weiter
unten.
Man könnte nun folgendes einwenden: Das Stammland
des Reiches Urartu ist die Niederung am Araxes, die Heimat
der Alarodier, die spätere Provinz Ayrarat. Von dort breitete
sich das Reich Urartu und damit der Name weiter naclı Süden
aus. Wir haben es also mit zwei verschiedenen Nuancierungen
eines und desselben Namens zu tun, die man beliebig ver-
wechseln kann, wie denn auch die moderne Terminologie gern
vom Reiche Ararat statt Urartu spricht. Es entstände höchstens
noch die Frage, welche der beiden Formen die ältere ist. —
Wenn die Prämissen richtig wären, so würde man sich gern
mit dieser Auffassung der beiden Namen zufrieden geben; aber
daraus würde noch lange nicht folgen, dals die Benennung
Reich Ararat statt Urartu vom historischen Standpunkt richtig,
und dals die Vokalisierung Ararat in der Bibel für die Zeit
der Abfassung der betreffenden Stellen (und darum handelt
es sich ja!) zulässig ist. In der älteren Zeit ist Urartu allein
nachweisbar, erst unter Darius I. trıtt der Name "AXapöbdıoı
auf und endlich ganz spät Ayrarat. — Indessen ist die Voraus-
setzung des ganzen Einwandes unrichtig. Das Stammland
Urartu lag, soweit geschichtlich nachweisbar, nicht in der
Araxesebene, sondern viel weiter südlich und hat infolgedessen
mit dem Sitz der Alarodier, dem Ayrarat der Arsakiden,
nichts zu tun. Beides gehört ebensowenig zusammen wie
etwa (man achte auf die Analogien!) Gebal-Byblos und
Gabala (jetzt Geble) weiter nördlich bei Ladikije, wie Musri
als Grenzland von Kue-Oilicien und Musri-Ägypten oder Musri
120 Sanda, Nochmals Ararat und Urartu.
in Nordarabien, wie Bit Adini am Euphrat und Bit Adini,
ein chaldäisches Fürstentum in Babylonien. Erstens lag
ArzaSku, die alte Hauptstadt von Urartu, in bedeutender Ent-
ternung südlich von der Araxesebene. Die nördlichste Lage,
welche die Nachricht Salmanassars II. (Monolith II 48ff, für
Arzasku zuläfst, ist etwa der Südabhang des Bingöl-Dagh
(Mitte zwischen Erzirum und dem Murad-Tschaj). Belck ver-
legt die Stadt neuestens an den Sipan-Dagh, unmittelbar
nördlich vom Wansee. Zweitens gehörte in der ältesten
Zeit die Araxesebene samt Umgebung überhaupt nicht zu
Urartu, sondern wurde erst durch Menua3 und Argistis L
erobert und Urartu einverleibt, sie kann also unmöglich Stamm-
land oder ältester Kernpunkt Urartus gewesen sein. Weber
hat in seinem Artikel Ararat (ThQ LXXXIII [1901] 364
unten) diese treffende Vermutung mit Recht ausgesprochen,
und der nunmelır konstatierte Unterschied der beiden Namen
bestätigt sie.
Der sachliche und phonetische Unterschied von Ararat
und Urartu tritt uns zur Zeit Darius’ I. deutlich entgegen.
Einerseits erscheinen bei Herodot (3, 94) die Alarodier,
also jene Völkerschaft, die zum späteren Ayrarat gehört, im
18. Abgabebezirk und getrennt von den Armeniern, die im
13. Steuerdistrikt genannt werden. Anderseits wird das Land
der Armenier (altpersisch Arm’ina) in der Behistuninschrift
im assyrischen Text durch Urastu wiedergegeben. Wie aus
Herodot und Xenophon hervorgeht (siehe auch Streck, ZA
1899, 120, und Weber, T'hQ 1901, 360), umfafste aber Armenien
damals nur das spätere Armenia minor und den äulsersten
Westen von Armenia maior und in keiner Weise auch die
‚Araxesebene, das spätere Ayrarat. Es steht somit der phone-
tische und geographische Unterschied von Ararat und Urartu
für die Perserzeit fest.
Bereits in der Behistuninschrift dürfte der Name Urastu
nur mehr künstliche Repristination sein. Das Reich Urartu
existierte schon lange nicht mehr, neue Völker waren in sein
Bereich eingedrungen. Je mehr die Keilinschriften in Assyrien
Sanda, Zu Job 4,10. 121
und Babylonien und die Denkmäler von Wan, in denen Urartus
Geschichte niedergelegt ist, in Vergessenheit gerieten, um so
mehr verscholl auch sein Name. Dagegen nahm im Norden
das Gebiet der Alarodier an Bedeutung zu, und der Name
Ayrarat hatte später denselben Klang im vorderasiatischen
Völkerverkehr wie früher Urartu; daher kam es, dafs die
sriechischen Übersetzer der Königsbücher DK mit ’Apapd®
vokalisierten. Danach wurde später die hebräische Punkta-
tion hergestell. \enn die Autoren der Targumim (und
mit ihnen andere Quellen) auch aufser Gn 8, 9 an den drei
in Betracht kommenden Bibelstellen YT1P schreiben, so waren
sie von der Vorstellung beherrscht, dals BO8 in der Bibel
überall dieselbe Bedeutung habe und immer auf das Kardu-
gebirge weise.
Zu Job 4, 10.
Aus der Zahl der „Aramaismen“ im AT ist auch yS in
Job 4, 10 zu streichen (gegen die landläufigen Lexika; 99
„die Zähne der jungen Löwen werden zerschmettert, ausge-
brochen“). Es ist dies ein gut hebräisches Verb, das dem
assyrischen 8,N3 entspricht. So ist nämlich die korrespon-
dierende assyrische Form anzusetzen (anders in Delitzschs
Handwörterbuch 487a). Die assyrische Bedeutung (,„zer-
schmettern“, oder wie Jensen, KBV 442 will, „spalten“) deckt
sich ungefähr mit der hebräischen. Das Verb kommt schon
im Weltschöpfungsepos vor, gehört also zum alten Wort-
bestand der hebräisch-assyrischen Sprachgruppe. Ein angeb-
licher Lautwandel von PM zu aram. 93 ist demnach abzulehnen.
Überhaupt dürfte ein aram. YM) in der Bedeutung „zer-
schmettern“ o.ä. kaum zu belegen sein.
Leitmeritz. | Dr A. Sanda.
Die literarhistorische und religionsgeschichtliche
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen
der Josephsgeschichte.
Von Prof. Dr Miketta in Weidenau.
ie ägyptischen Eigennamen in Gn 37—41 waren von jeher
Gegenstand besondern Interesses der Sprachforscher.
aber auch eine beständige crux interpretum. Mit grölster Auf-
merksamkeit wandte man sich daher der Untersuchung jener
Worte zu, als mit der fortschreitenden Entzifferung der ägyp-
tischen Inschriften die Möglichkeit geboten wurde, den Sinn
der Namen zu enträtseln und die einzelnen Bestandteile der-
selben näher festzustellen. Ein systematisches Studium der in
den ägyptischen Texten vorkommenden Namen führte indes
auch zur Feststellung der Tatsache, dals gewisse Eigennamen
bestimmten Zeiten eigentümlich waren. Mode, fremdländische
Einflüsse, politische Wandlungen oder Nachahmung der Ver-
gangenheit spiegeln sich wider in den Eigennamen bestimmter
Epochen. Daneben war es auch möglich, eine Anzahl von
Eigennamen bestimmten Gegenden zuzuweisen, je nachdem
landschaftliche oder soziale Verhältnisse in den Personennamen
der einzelnen Gaue ihren Ausdruck fanden. Mit grolser Vor-
liebe aber wählte man bei der Namenbildung die Namen ein-
zelner Gottheiten, welche in der betreffenden Zeit besonders
verehrt, oder deren Kult in dem Gau besonders gepflegt wurde,
dem der Träger des Namens angehörte. Dies ıst um so
wichtiger, als Geschlechts- und Stammesnamen ın Ägypten
erst in spätester Zeit sich nachweisen lassen.
Aus diesen Andeutungen geht hervor, dals unter bestimn-
ten später noch zu erörternden Voraussetzungen ägyptische
Miketta, Literarh. u. religionsg. Bed. d. ägypt.Eigenn. d.Josephsgesch. 123
Eigennamen, welche in biblischen Texten vorkommen, uns die
Mittel an die Hand geben können, zu untersuchen, aus welcher
Zeit der Text stammt oder, falls ältere Quellen modernisiert
wurden, in welcher Zeit der Text rezensiert wurde. Neben
dieser literarhistorischen Bedeutung der in Betracht kommen-
den Eigennamen ist indes auch der theophore Charakter der-
selben zu untersuchen. Welch hohe Bedeutung theophore
Eigennamen für die Religionsgeschichte haben, wurde im Bibel-
Babelstreite oft genug betont!. Bei der Josephsgeschichte ist
dieses letzte Argument um so höher anzuschlagen, als ja dem in
der israelitischen Heilsgeschichte eine so wichtigeRolle spielenden
Patriarchen ein ägyptischer Name beigelegt wird und Ägypter
selbst mit ihm in engste verwandtschaftliche Beziehungen treten.
Der folgende Aufsatz soll sich mit der Darlegung der
literarhistorischen und religionsgeschichtlichen Bedeutung der
ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte beschäftigen.
Da die Beantwortung dieser Fragen aber abhängt von der
jeweilig gegebenen Erklärung und Gleichsetzung der hebräischen
Namen mit ägyptischen Worten, so ist unserer Abhandlung
zum näheren Verständnis eine Übersicht über die wichtigsten
in der Gegenwart gegebenen Erklärungsversuche dieser Eigen-
namen voranzustellen.
Um Joseph auch äulserlich als Ägypter zu kennzeichnen,
legte ıhm zum Dank für die geleisteten Dienste der Pharao
den ägyptischen Namen MyYD MI53 bei und gab ihm MDR, die
Tochter des Priesters Y5w18, zur Frau? Wir haben also
hier die drei ägyptischen Personennamen MDS, YNBWIB und
myD M383. Aulserdem finden wir noch Gn 37, 36 und 39,1 den
Hofbeamten "8WD, dessen Sklave ‚Joseph war, und dessen
Frau den Joseph zu verführen suchte.
Für den Namen MD8 werden zwei Erklärungen gegeben.
Die erste3 identifiziert ihn mit dem ägyptischen ns-nt, „der
ı Friedrich Delitzsch, Babel und Bibel, 1902(8.— 10. Tausend), 46 ft.
2 Gn 41, &5. j
3 Georg Steindorff, Weiteres zu Genesis 41, 45, in Zeitschr. für
ägypt. Sprache und Altertumskunde 1892, dl.
124 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche
Göttin Neit gehörig“. Wie griechische Namen, z. B. Zßevönric.
zeigen, wäre das anlautende n abgefallen, und um die dem
semitischen Organe unbequeme Doppelkonsonanz zu vermeiden,
wäre in der hebräischen Umschreibung ein 8 im Anlaut ein-
gefügt worden. Wiewohl ich zugebe, dals eine derartige Um-
schreibung möglich wäre, ist dieselbe doch, wie ich glaube,
wenig wahrscheinlich. Die zur Begründung herangezogenen
griechischen Namen stammen aus sehr später Zeit und be-
weisen eben nur, wie in damaliger-Zeit ägyptische Namen in
das Griechische übertragen wurden. Dals man bei der se-
mitischen Transkription durch eine Aphäresis oder Assimi-
lation des n zunächst eine Doppelkonsonanz schuf und dieselbe
dann durch 8 auflöste, erscheint mir ein etwas umständliches
Verfahren zu sein.
Natürlicher und einfacher ist die Ableitung Liebleins!,
welcher den mit 8 prostheticum versehenen ägyptischen Frauen-
namen snt zu Grunde legt. Diese Ableitung hat den Vorzug,
dals der Name snt sich tatsächlich auf den Denkmälern findet
und nicht wie ns-nt nur nach Analogie ähnlicher Namen
konstruiert ist. Auch Naville? lehnt die Gleichsetzung Stein-
dorfis ab und entscheidet sich für snt. Für Nanwille ist haupt-
sächlich die Abstammung Asnaths aus einer heliopolitanischen
Oberpriesterfamilie3 mafsgebend. Es ist, so behauptet der
eben zitierte Ägyptolog, kaum anzunehmen, dafs Potiphar,
der Oberpriester von On, seiner Tochter den Namen „Sie ge-
hört der Göttin Neit“ gegeben hätte. Neit war die Göttin
von Sais, deren Kult vollständig verschieden war von dem der
in On-Heliopolis verehrten Gottheit %.
Der zweite ägyptische Personenname, der uns in der
Joseplisgeschichte entgegentritt, ist der Name des Oberpriesters
von On yn2wi2. MT hat das Wort geteilt: y) wid; indes
ı Mots @ryptiens de la Bible, in PSbLA 1898, 208.
2 The Egyptian Name of Joseph, in PSbA 1903, 160.
> MT hat 41, 45 nur: IK 172.
i Die Textänderung und Deutung, welche Marquart vorschlägt,
s. unten S. 1301.
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 125
zeigt LXX, dafs diese Trennung späterer Zeit angehört. Viel-
fach hält man nach dem Vorbilde von LXX! den Gn 37, 36
und 39, 1 vorkommenden Namen "B%15 mit dem Gn 41,45 und
46,20 genannten YNBWIB für identisch. Diese Ansicht ist mög-
lich, da ja auch LXX. beide für gleich hält; die weiter unten
gegebene Erklärung zeigt jedoch, dafs wir nicht unbedingt ge-
nötigt sind, die Gleichheit beider Worte anzunehmen.
Für den Namen Y\B%W15 werden gegenwärtig mehrere Er-
klärungen vorgebracht3. Ebers setzt ihn gleich peti-pa-ra,
„hingegeben dem Ra“. Steindorfftlegt zwar dieselben Wurzeln
zu Grunde, übersetzt aber: „der, den der Gott Re‘ gegeben
hat“. Diese Gleichsetzung findet indes nicht allgemein Zu-
stimmung. Vor allem ist in dieser Ableitung das 1 unberück-
sichtigt geblieben. Marquart5 lälst pö aus p3, d.i. pa’, noch
ohne die durch den Akzent bewirkte Vokalreduktion entstanden
sein und hält die hebräische Transkription für die neuägyp-
tische Aussprache, während die Umschreibung von LXX. be-
reits auf der Stufe des Koptischen steht. Diese Erklärung ıst
indes nicht annehmbar, da sie hinsichtlich der neuägyptischen
Aussprache von falschen Voraussetzungen ausgeht. Ferner
ist es auch ganz leicht möglich, dafs bei LXX, also in einer
Zeit, in welcher das Verständnis für Ägyptens Vorzeit ein
höchst mangelhaftes war, die ähnlich klingenden, mit p>-di
gebildeten Namen für die ungebräuchlichen, aber anders ge-
bildeten eingesetzt wurden. Soweit wir semitische Parallelen
ı LXX (ed. Swete) hat 37,36; 41,45 und 46,20 TTerpepn und Tlerpepfi
39, 1 hingegen TTereppnis. Codex Bodleianus hat immer TTereppn bzw.
Tlerepgpns. Die Form TTerpepnis ist wohl auf eine Verwechslung mit ähn-
lich klingenden griechischen Eigennamen zurückzuführen.
2 Ball, The Book of Genesis, Leipzig 1896, 95: „BI is probably
the same name as YXD'BıD.“ 2
3 Die älteren Ableitungen sind angeführt bei Ebers, Agypten und
die Bücher Mosis 29.
ıA.a.0. 5lf.
5 Chronologische Untersuchungen. Zuerst erschienen im 7. Supple-
mentbande des Philologus 637ff. Später auch als Sonderabdruck. Nach
letzterem zitieren wir die herangezogene Stelle S. 130ff.
6 Erman, Neuägyptische Grammatik 20.
126 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche
für die Umschreibung von Eigennamen nach Art der von
Steindorff vorgeschlagenen Ableitung haben, finden wir immer
nur die Transkription &B ohne Var.
Naville?2 beanstandet die Gleichsetzung von Potiphar
mit p3-di-ps3-rC wegen der zwei Artikel. Er schlägt deshalb
als ersten Bestandteil ps-htp vor. Aus dem Koptischen geht
hervor, dals htp in der ersten Silbe ein o habe, welches dem
hebräischen } entsprechen würde. Einen mit htp zusammen-
gesetzten Namen raC-hotep treffen wir auf der berühmten
Statue von Meidoom3. Es ist nach Naville nicht unmöglich,
dafs dieser Name hotep-rac gelesen wurde, obwohl der Name
des Gottes zuerst geschrieben ist. Ebenso können auch zwei
Formen des Namens nebeneinander existiert haben, gerade
wie wir htp-pth und pth-htp oder htp-hr und hr-htp finden.
Mit dem bestimmten Artikel, welcher sich bei rac-hotep5 auch
wirklich nachweisen lälst, würde also unser Name lauten ps»-
hotep-rac, d. i. photepra$, eine Gleichsetzung, die dem biblischen
yn2WwıB vollkommen entspricht‘.
Neben y’D'%15, dem Priester von On, finden wir das ähn-
lich klingende Wort NP’W1D, den Namen des Herrn Josephs.
Ich habe bereits oben hervorgehoben, dafs beide Namen für
gleich angesehen wurden. Die Vulgata hat für den ersten
Namen Putiphare, für den zweiten Putiphar. Lieblein$ macht
darauf aufmerksam, dals 1B%5 auch einem pt-bCr gleichgesetzt
werden könne. Diesen Namen trug in der Hyksoszeit ein
1 Lidzbarski, Handbuch der nordsemitischen Epigraphik 3501,
z. B. ‘'ON”BD, ‘'ONTIBD, “DYLD, 1D"EB.
2 The Egyptian Name of Joseph, in PSbA 1903, 160: „But it may be
said against it, that this name with two articles has a rather strange look.“
3 Der Name gehört dem alten Reiche an; vgl. Wiedemann, ÄgYP-
tische Geschichte I, Gotha 1884, 176.
4 Weitere Beispiele aus der 13. Dynastie s. Wiedemann a. a. O.
270 273.
5 Vgl. die Stele des Pa-rä-htp in Turin, s. Wiedemanna.a. 0. 321.
6 Naville a.a. O. 161: „We have ps-ra--htp, and I believe we might
equally well have ps-htp-ra, Photep-ra, and be analogous to shat of the
priest of the Old Empire.“
? Die Deutung Marquarts s. unten S. 130.
5 PSbA 1898, 208.
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 127
königlicher Oberbaumeister. Lautlich läfst sich gegen die
Identifizierung des zweiten Bestandteiles mit dem semitischen
693 nichts einwenden, da r und | im Äeyptischen zusammen-
fallen. Das im ägyptischen Worte enthaltene C würde nichts
bedeuten, da es sehr oft in der semitischen Transkription ver-
schwindet !. Mehr ins Gewicht fallen würde die oben ge-
äulserte Schwierigkeit bezüglich des Vav und die Trans-
skription von t' durch ® statt N, wie sie sich gewöhnlich in
semitischen Lehnwörtern findet? Man mülste dann annehmen,
dals hier eine Verwechslung der Schreibung zweier gleich-
klingenden Namen stattfand.
Noch grölsere Schwierigkeiten als bei den eben erklärten
Namen finden wir bei der Deutung des Namens, den der
Pharao nach Gn 4], 45 seinem Günstlinge Joseph beilegt:
mıyB MBS.. Die verschiedene Erklärung ist teils in Textkorrek-
turen begründet, welche in Gn 41, 45 von einigen Exegeten
vorgenommen werden, teils hängt sie von der verschiedenen
Auffassung der Ausleger ab, welche in diesem Worte entweder
einen Titel oder einen ägyptischen Eigennamen erkennen wollten.
Auch in letzterem Falle hängt die Auffassung davon ab, ob
der Name mit Bezugnahme auf die durch Josepli geschehene
Rettung Ägyptens gewählt ist, oder ob vollständig unab-
hängig ein in jener Zeit üblicher Name Joseph beigelegt wurde,
damit der junge Hebräer auch äulserlich als Ägypter charakte-
risiert werde. Ich übergehe die älteren Auffassungen, welche
obne Kenntnis der phonetischen Gesetze den Namen erklärten,
und berücksichtige nur die in neuester Zeit aufgestellten Deu-
tungen?®. Und zwar führe ich zuerst diejenigen Erklärungen
an, welche ohne Änderung des Bibeltextes geboten wurden,
und gebe an zweiter Stelle die mit gewissen textkritischen
Korrekturen verbundenen Auslegungen.
1 Beispiele s. bei Bondi, Dem hebräisch-phönizischen Sprachzweige
angehörige Lehnwörter in hieroglyphischen und hieratischen Texten 32.
2 Bondia.a.0. 13.
3 Die älteren Deutungen sind zusammengestellt bei Vigouroux,
La Bible et les döcouvertes modernes II + 136f.
128 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche
Einen von dem Pharao an Joseph verliehenen Ehrentitel
sieht Lieblein! in dem Worte n3yB M358. Er umschreibt
die einzelnen semitischen Laute in das Ägyptische und findet
die Wortreihe: df-nt(i) ps-Cnh. Den ersten Teil hält der
genannte Forscher für ein Adjektiv oder ein nomen agens,
welches er von dem Substantiv df3 ableitet und durch „celui
qui donne la nourriture“ übersetzt. In ps-Cnh erkennt er
das ägyptische Wort „Leben“ wieder. Der ganze Name be-
deutet nach Lieblein: „celui qui donne la nourriture de la
vie“. Die Gleichsetzung Liebleins ist sprachlich einwandfrei,
und die einzelnen Bestandteile derselben sind im Ägyptischen
auch wirklich nachweisbar. Sie geht indes von der Voraus-
setzung aus, dals der Pharao Joseph durch einen Titel ehren
wollte? Die Worte Gn 41, 45 m3yB M3B3 ADIDW myNB NP"
lassen indes diese Voraussetzung nicht als einzig möglich er-
scheinen. Es ist sogar im Gegenteil wenig wahrscheinlich, dafs der
König bereits vor der Errettung Ägyptens seinem Günstlinge
einen solchen Ehrentitel gegeben habe, man mülste gerade an-
nehmen, dafs zwischen der Traumdeutung und der Erhöhung
Josephs ein grölserer Zeitraum verflossen sei. Eine solche
Ehrung war erst angebracht, nachdem die folgenden Ereignisse
die Traumdeutung Josephs wirklich bestätigt hatten.
Einen andern Versuch, den Namen Josephs auf Grund
wirklich vorkommender ägyptischen Eigennamen zu er-
klären, machten Krall und Steindorff. Kırall3 fand ın
ägyptischen Texten den Namen dd-mnt-iwf-Cnh: „es sprach
der Gott Mnt und er lebt“. Die Gleichsetzung dieses Namens
mit dem Namen Josephs bot zwar grofse Schwierigkeiten und
wurde deshalb auch abgelehnt, führte indessen zur Feststellung
der Tatsache, dals es im Spätägyptischen eine grolse Gruppe
1 Mots &gyptiens de la Bible, in PSbA 1898, 204.
2 Ebd. 205: „ce qui (la personne qui donne la nourriture de la
vie) parfaitement donne le son... et le sens de n3yD n353 comme titre
honorifique attribu& & Joseph par Pharaon.“
3 Verhandlungen des VII. Orientalistenkongresses, ägypt.-afrik. Sek-
tion 110.
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 129
von Eigennamen gab, welche sich aus folgenden Bestandteilen
zusammensetzten!: 1. dd, „er spricht“; darauf folgt 2. der
Name eines Gottes, z. B. Mnt, Hnsw u. a., sowie 3. iwf-Cnh,
„er lebt“. Der dritte Bestandteil wurde dem Worte MIyD
gleichgesetzt, während 3 dem ägyptischen dd entsprechen sollte.
Das auslautende d von dd wäre nach Analogie des koptischen
xw abgeschliffen worden. Es handelte sich nun um Fest-
stellung des zweiten Bestandteiles. Steindorff erklärte M3B, an
dessen Stelle sonst immer ein Gottesname stand, als das ägyp-
tische ps-ntr, koptisch nnorrte: $norTt, „der Gott“. Das
ganze Wort entspricht also ägyptischem dd-ps-ntr-iwf-cnh
und hat die Bedeutung „es spricht der Gott: er lebe*. Stein-
dorffs Auffassung wurde von Brugsch und de Lagarde als
richtig anerkannt, fand aber auch entschiedenen Widerspruch.
Am heftigsten bekämpft Lieblein? diese Identifizierung. Er
tadelt an derselben, dals sie 1. im ganzen als Name sich über-
haupt nicht nachweisen lälst, und 2. dals die Gleichsetzung
der einzelnen Bestandteile nicht einwandfrei ist, „si l’on ne
veut pas nier toutes les rögles phondtiques et ouvrir la porte
a tous les phantasmes“. Schack-Schackenburg bringt gegen
Steindorffs Aufstellung vor allem religionsgeschichtliche Be-
denken vor, die wir indes später belıandeln werden. Wenn
Naville3 gegen Steindorff den Einwand macht, dafs ein solcher
Name nicht in geringster Beziehung zu dem stehe, was Joseph
getan hat, und nur aus diesem Grunde Steindorffs Erklärung
ablehnt, so verweisen wir auf die oben (8. 128) gegebene Aus-
legung von Gn 41, 45, welche diesen Einwand als nicht be-
rechtigt nachweist.
! Georg Steindorff, Der Name Josephs Saphenat-Pa“neach, in
Zeitschr. für ägypt. Spr. u. Altert. 1889, 41 ff. Paulde Lagarde, Der Titel
des Patriarchen Joseph, in GgA 1889, 319 ff. Brugsch, Die Ägyptologie
1891, 240. H. Schack-Schackenburg, Genesis 41, 45, in Zeitschr. für
äcypt. Spr. u. Altert. 1892,49. G. Steindorff, Weiteres zu Genesis 41, 45,
ebd. 50f. Levesque, Les mots @gyptiens dans l’histoire de ‚Joseph, in
Rb IX 412 ff.
2 PSbA 1898, 207.
3 PSbA 1903, 157.
Biblische Zeitschrift. II. 2. y
130 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche
Naville! versucht eine neue Erklärung. Er geht von
der Übersetzung Ermans? aus, der m3yD n3B$ für „die Mit-
glieder des Hierogrammatenkollegiums“ hält. Naville erkennt
indes nur den zweiten Teil der Gleichsetzung Ermans an.
Auch ihm erscheint es natürlich, dafs Joseph eine Stellung
im pr-Cnh, dem Gelehrtenkollegium, erhielt; doch sieht er in
der Ernennung zum Mitgliede dieser Körperschaft nicht eine
besondere Ehrung für Joseph, da die Hierogrammaten ein
zahlreiches Kollegium waren. Den ersten Teil des Namens
will Naville auf einer Inschrift Osorkons zu Bubastis gefunden
haben. Dort las er nämlich den Titel „thest nt pe ankh“ >.
Dieser Titel bedeutet: „Das Oberhaupt des pr-Cnh. Dieser
Titel würde aber einem hebräischen MyYBDrINS entsprechen.
Naville korrigiert deshalb die erste Silbe 83 in MS. Er ist
der Ansicht, dals im hebräischen Texte eine falsche Trans-
skription vorliege, die dadurch entstanden sei, dals im He-
bräischen zahlreiche Worte mit 53 anfangen und daher den
Hebräern viel geläufiger waren als das ungewohnte ägyptische
73. Diese Behauptung ist wohl mehr eine geistreiche Ver-
mutung als ein strenger Beweis. Gegen Navilles Korrektur
sprechen das wovdougpavnx von LXX und das Zapadgpavn)
des Symmachus.
Als letzte Deutung wollen wir hier noch Marquarts
Textkorrektur* anführen. Der genannte Gelehrte will in dem
ersten Teile des ägyptischen Namens Josephs eine merkwürdige
Ähnlichkeit mit dem Namen des Moses bei Chairemon, Tıoıd&v,
erkennen, der, wie Marquart nachgewiesen zu haben glaubt,
im zweiten Teile den Namen der Sonnenuscheibe itn enthält.
„Auch in M3YB M2B3 sowohl wie in MDR steckt ]N8 oder }N\ itn,
die Sonnenscheibe, d.h. es standen in der Erzählung ursprüng-
lich andere Namen, die aber später von einem Überarbeiter
in damals gebräuchliche geändert bzw. modernisiert wurden.
ı PSbA 1903, 158.
2 Zeitschr. für ägypt. Spr. u. Altert. 1883, 69.
3 Naville a.a. O. 159.
4 Chronologische Untersuchungen 41ff.
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 131
Den von Amenophis IV. zum Hauptgott erklärten Iten, der
alsbald nach dem Siege der Reaktion wieder entthront worden
war, kannte später kein Mensch mehr, und so lag eine An-
derung nahe.“! Auch TTereppfi hält Marquart als eine Ande-
rung für Meri-Rec, den Namen des Hohenpriesters des Königs
Amenophis IV. Ebenso schlägt er eine Korrektur für MDR
vor. „Eine Tochter des Ichu-n-iten führte den Namen CAnch-
nes-p-3-iten oder CAnclhınesiten, ‚sie lebt von der Sonne‘. Dies
wird auch der ursprüngliche Name der Frau Josephs sein,
also }NNDFMY, so dals für den ägyptischen Namen Josephs die
Konsonanten }N53 übrig bleiben, die sich mit Chairemons
Tıoıd&v fast völlig decken.“? Marquart ändert also den Text
von Gn 41, 45 folgendermalsen:
jD yvo na jnR DIN 8 15 Inn IND DV Dim myB np"
TOND IN
Die vielen Anderungen, welche Marquart in diesem Verse
vornimmt, machen diese Vorschläge von vornherein verdächtig.
Diese Korrekturen sind aber auch textkritisch nicht begründet
und daher durchaus willkürlich. Auch nimmt Margquart bei
der Gleichsetzung der ägyptischen Namen mit den hebräischen
nicht im geringsten Rücksicht auf die zwischen beiden Sprachen
bestehenden Lautgesetze. Noch seltsamer ist die Konjektur
Potiphar=Merry-R&c. Die Überlieferung, dafs Merry-Röc Ober-
priester des Königs Amenophis IV. war, genügte für Marquart,
um eine so verbürgte Lesart wie Potiphar aufzugeben. Und
doch ist Gn 41,45 von einem Oberpriester überhaupt nicht
die Rede, da es dort nur heıfst, dafs Asnatlı die Tochter des
Potiphar, eines Priesters aus On, war. Wenn also Marquarts
Vorschläge von vornherein abzulehnen sind, so habe ich es
doch für nötig gehalten, dieselben hier anzufülıren, da sowohl
ı Marquart, a. a.0. 42.
2 Ebd. 42 u. 43.
3 Ebd. 42: „Da Namen bekanntlich Modesache sind, so konnte
man aus Meri-R&‘ später leicht den damals geläufigen Namen TTereppn
machen.“ Auf die weiteren Kombinationen, die Marquart an die Namen
Josephs bei Chairemon und Manetho anknüpft, kann ich hier nicht
eingehen.
g9*
132 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche
Marquart als auch Winckler, der diese Vorschläge billigt,
diesen Namen eine besonders wichtige literarhistorische und
religionsgeschichtliche Bedeutung zumilst.
Erwähnen will ich noch, dafs Cheyne! in Gn 41, 43
einen weiteren ägyptischen Eigennamen finden will, indem er
der Ansicht ist, dals im zweiten Teile des zitierten Verses
ursprünglich }N83)>3, der Name des Königs Amenophis IV., ge
standen habe. Dafs diese Textkorrektur unbegründet ist, hat
W.M. Müller? überzeugend nachgewiesen.
Auf die literarhistorische Bedeutung dieser Eigen-
namen hat zuerst Steindorff? hingewiesen. Der genannte
Ägyptolog setzte, wie oben gezeigt, Asnath = ns-nt, Potiphar
—= p3-di-ps-rC und Zaphnathpaneah = dd-ps-ntr-iwf-Cnh.
Er fand zunächst, dals Personennamen, die mit ns gebildet
sind, im alten und mittleren Reiche sehr selten angetroffen
werden und erst seit der 21. Dynastie häufig sind, in welcher
mehrere Mitglieder des Königshauses solche Namen tragen.
Hierzu stimmte auch Steindorfis Erklärung von YABW1B, da
Steindorff das Vorkommen von derartig gebildeten Eigennamen,
z. B. p3-di-imn, p>-di-ist, erst in der 22. Dynastie nachzuweisen
vermochte. Da weiterhin Steindorff Eigennamen, die nach der
Formel dd—Gottesname—iwf-Cnh zusammengesetzt sind, erst
von der 20. Dynastie an traf, und da dieselben erst in saitischer
Zeit häufiger werden, so glaubte Steindorff den Beweis geliefert
zu haben, dals dieser Teil der Josephsgeschichte erst im
8. vorchristlichen Jahrliundert entstanden sei.
Weiterereligionsgeschichtliche Schlüsse zog aus dieser
Erklärung de Lagarde* Er wies nämlich hin auf ein Merk-
mal, durch welches Zaphnathpaneah sich angeblich auffallend
von den sonst bekannten ägyptischen Eigennamen dieser Art
unterscheidet. In dem Namen Josephs fehlt ein ägyptischer
Gottesname, an Stelle dessen das monotheistische p3-ntr, „der
i OrLz III 152.
2 OrLz III 325.
3 Zeitschr. für ägypt. Spr. u. Altert. 1889, 41 und 1892, 50.
ı GgA 1889, 3191.
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 133
Gott“, eingesetzt ist. Nach de Lagardes Ansicht konnte ein
ägyptischer Gottesname, z. B. Osiris, einem Israeliten im Titel
seines verehrten Joseph nicht passen. „Die Einsetzung nnorTe
ist also nur eine willkürliche; sie kann nur von jemand ge-
macht worden sein, der Äsyptisch verstand; dals dieser schon
theoretisch-monotheistisch empfand, ist für die Geschichte
des Israelitismus interessant.“! Das Vorkommen der Namen
der Göttin Neit und des Sonnengottes in den Namen der
Verwandten Josephs erklärt de Lagarde durch die Annahme,
dals diese beiden Gottheiten dem älteren Elohisten als die-
jenigen Gottheiten der Äsypter galten, deren Diener noch am
ehesten wert waren, mit Joseph in Verwandtschaft zu treten.
Gegen diese von Steindorff vorgeschlagene Verwendung
der Eigennamen erheben sich schwere Bedenken. Zunächst
ist die Gleichsetzung und Deutung der Namen, die für
Steindorffs Bestimmung des Alters der Quelle malsgebend
war, nicht sicher. Wir haben oben gezeigt, dafs Steindorfis
Gleichsetzung vielfach beanstandet wird. Dazu kommt noch,
dals, selbst wenn wir Steindorfis Erklärung akzeptieren, die
zeitlichen Ansätze der Namen, die der genannte Gelehrte zu
Grunde legt, nicht ganz zuverlässig sind. Denn wie Tomkins?
und Lieblein3 dargelegt haben, sind Eigennamen, die mit
pt oder ptn zusammengesetzt sind, bereits in der Hyksoszeit
und unter Dhutmes L nachweisbar.
Erheben sich also schon gegen Steindorfis Deutung und
literarhistorische Verwendung der Eigennamen berechtigte Be-
denken, so werden diese Schwierigkeiten noch erheblich ver-
mehrt, falls wir de Lagarde folgen und aus diesen Namen
religionsgeschichtliche Schlüsse ziehen. Der Ausdruck ps-ntr,
auf den de Lagarde so hohen Wert legt, zeigt nämlich, selbst
wenn wir die übrigen Voraussetzungen für richtig halten, nicht
notwendigerweise ein monotheistisches Empfinden des Elo-
histen. Denn wie Steindorff selbst zugibt, wäre es ganz gut
ı GgA 1889, 320.
2 Potiphar and similar names; vgl. The Akademy, Januarheft 1892,
3 PSbA 1898, 208.
134 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche
möglich, dafs ohne irgend eine Nebenabsicht der Name eines
bestimmten Gottes mit der allgemeineren Bezeichnung „Gott-
heit“ vertauscht wurde. Beispiele für diese Art der Namen-
bildung lassen sich sowohl aus dem alten Reiche, wie auch,
trotz Schack-Schackenburgs gegenteiliger Behauptung, aus
späterer Zeit nachweisen.
Eine ganz entgegengesetzte literarhistorische und religions-
geschichtliche BedeutunglegtSchack-Schackenburg, welcher
Steindorffs Gleichsetzung akzeptiert, diesen Eigennamen bei.
Die Tatsache, dafs die Namen Putiphar (p3-di-p3-rec) und
Asnath (ns-nt) auf den Denkmälern von Tanis, Bubastis und
Sais in grölserer Menge vorkommen, legt es nalıe, anzunehmen,
dals diese Namen besonders dem eigentlichen Delta angehören,
und dals Träger derselben mit den dort heimischen Köniss-
häusern in gröfserer Zahl diejenige Bedeutung erlangten, die
ihre Namen der Nachwelt zu erhalten geeignet war. Es spricht
also, wie Schack weiter behauptet, ein gewisser Grad von
Wahrscheinlichkeit dafür, dals, falls wir zahlreichere Denkmäler
vom Hofe der im östlichen Delta residierenden Hyksosdynastien
hätten, unter denen Joseph gelebt hat, dieselben uns ähnlich
gebildete Namen häufiger vorführen würden. „Jedenfalls sind
wir zur Annahme nicht berechtigt, dals diese Eigennamen dem
Hyksoshofe fremd waren.“ ?
Die Auffassung Schacks, dafs bestimmte Eigennamen lokal
begrenzt vorkommen, ist, wie wir in der Einleitung gezeigt
haben, zwar berechtigt; indes ist der Schlufs, die Namen seien
der Hyksoszeit zuzuweisen, unzulässig, da auch vor der Hyksos-
zeit im mittleren Reiche Dynastien ım Deltalande ihre
Wohnsitze hatten. Schacks Annahme, dafs Joseph unter den
Hyksos gelebt hat, ist nicht einwandfrei. Die Untersuchungen
W. M. Müllers?, der die Hyksoszeit auf etwa 100 Jahre redu-
ziert, und der zweite Papyrusfund von Kahun, welcher die
! Zeitschr. f. ägypt. Spr. u. Altert. 1892, 49.
2 Ebd. 50.
3 Studien zur vorderasiatischen Geschichte, in Mitteilungen der Vor-
derasiat. Gesellsch. 1898, 1ff.
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 135
zeitliche Festlegung des mittleren Reiches gestattet!, erheben
doch gegen diese Annahme verschiedene Schwierigkeiten.
Religionsgeschichtliche Bedeutung hat für Schack haupt-
sächlich der Name Zaplınathpaneah. Auch Schack falst p3-
ntr als monotheistisch auf. Dieses Wort konnte aber, wie
Schack annimmt, in ägyptischen Namen nur in der Hyksoszeit
vorkommen, d.h. in einer Epoche, in welcher dieser Ausdruck
dem Könige und seinem Hofe als eine Bezeichnung des Set,
der ausschlielslich verehrt wurde, gelten konnte. — Dieser Be-
hauptung ist jedoch entgegenzuhalten, dals die Hyksos nicht
ın dem Mafse Monotheisten waren, wie Schack annimmt?2. Viel
eher würde man dann, falls man Schacks Folgerungen weiter-
führt, berechtigt sein, einen solchen monotheistischen Namen
in die Zeit des Ketzerkönigs Chunaten (um 1400) zu versetzen.
Indes wäre auch diese Annahme nicht die einzig mögliche
lösung, da, wie oben gezeigt, p3-ntr nicht notwendigerweise
monotheistisch aufgefalst werden muls.
Marquart3 geht von der an sich richtigen Voraus-
setzung aus, dafs es undenkbar ist, dals die Angaben des sog.
Elohisten erst im achten oder gar siebten Jahrhundert auf
Grund eigener Erkenntnis des Landes nachträglich zurecht-
gemacht wären, da man in dieser Zeit in Ägypten selbst nur
sehr dürftige Kenntnisse von jenen längst vergangenen Zeiten
hatte. Der älteste Kern der Josephsgeschichte muls vielmehr auf
eine im wesentlichen gleichzeitige Überlieferung zurückgehen *.
i Ludwig Borchardt, Der zweite Papyrusfund von Kahun und
die zeitliche Festlegung des mittleren Reiches der ägyptischen Geschichte,
ın Zeitschr. f. ägypt. Spr. u. Altert. 1899, 89. E. Mahler, Das mittlere
Reich der ägyptischen Geschichte, ebd. 1902, 78.
2 Der Papyrus Sallier I, in welchem von einem Entscheidungskampfe
zwischen Set und den ägyptischen Göttern die Rede ist, kann zum Be-
weise des Monotheismus der Hyksos nicht herangezogen werden. Damit
sind auch alle Versuche, den angeblichen Monotheismus der Hyksos zu
erklären, überflüssig, z. B. die zwar erbauliche, aber unbegründete Er-
klärung bei Urquhart, Die neueren Entdeckungen und die Bibel (deut-
sche Übersetzung von E. Spliedt) II2 71.
3 Chronologische Untersuchungen 54.
« Ebd. 56.
136 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche
Marquart glaubt nun, dafs die Quelle, welche der Josephs-
geschichte zu Grunde liest, in der Amarnazeit entstanden
ist, und dafs der in den Amarnatafeln genannte General und
Provinzialbeamte Janhamu die Person sei, welche der Ge-
stalt des ägyptischen Veziers Joseph zu Grunde liege!. Die-
selbe Auffassung teilt auch Winckler?. Als Beweis für die
Datierung dienen für Marquart u. a. auch die Namen Zaph-
nathpaneah und Asnath, welche er, wie oben gezeigt, auf Namen
mit itn zurückführt. Für Marquart ergibt sich nun folgender
Schluls: „Durch jenen Namen (}n53) wird also Joseph als
Verehrer des Itn charakterisiert.“ Diese Ansicht ist indes
unhaltbar. Die Behauptung, dals die Josephsgeschichte mit
dem von Chunaten unternommenen Versuche einer monothei-
stischen Reform zusammenhängt, hat bereits Rieber abgelehnt °.
Die ägyptischen Eigennamen des überlieferten Textes in so
willkürlicher Weise zu ändern, wie Marquart es tut, verstölst gegen
alle Regeln der Kritik. Bezeichnend genug ist, dafs Marquart
zum Beweise seiner These fast jedes Wort des Verses Gn 41,45,
auf das es bei der Untersuchung ankommt, ändern muls.
Zur Begründung seiner mythologischen Auffassung
der Josephsgeschichte verwendet D. Völter* auch die ägyp-
tischen Eigennamen in Gn 4], 45. Bereits Winckler und
Stucken gingen von der Ansicht aus, dals die orientalische
Weltanschauung nicht blols mythische Gestalten durch die
Personifikation von Himmelskörpern und Naturerscheinungen
schaffe, sondern auclı die historischen Tatsachen stets in Form
des Mytlıus erzähle. Wenn aber die genannten Gelehrten
dem hebräischen Mythus ein der altbabylonischen Götterlehre
entnommenes Schema zu Grunde legen, will Völter mit Hilfe
der ägyptischen Mythologie Licht in das Dunkel der biblischen
Ur- und Patriarchengeschichte zu bringen versuchen. Während
! Marquart, Chronologische Untersuchungen 43.
2 Abraham als Babylonier, Joseph als Ägypter 30ff.
3 Die El-Amarnatafeln und ihre geschichtliche Bedeutung, in Kultur
1903, 171.
* Auypten und die Bibel. Die Urgeschichte Israels im Licht der
ägyptischen Mythologie, Amsterdam 1903, 49 ff.
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 137
Winckler Joseph als Tammuz erklärt, glaubt Völter zeigen
zu können, dals die ganze Josephsgeschichte im Grunde nichts
anderes ist als der Osirismythus in der Form einer israeli-
tischen Legende. Zu diesem Zwecke unterwirft er die Haupt-
züge der Josephsgeschichte und des genannten ägyptischen
Mythus einer vergleichenden Betrachtung. Hier interessiert
uns nur die Verwendung der ägyptischen Eigennamen. Letztere
sollen namentlich beweisen, dafs das Verhältnis Josephs zu
Pharao ganz dem Verhältnis entspricht, in welchem Osiris zu
Rac steht. „Nicht ohne Bedeutung“, so begründet Völter
diese Ansicht!, „ist denn auch, dals Joseph gerade in On,
d.h. Heliopolis, wo der berühmte Tempel des Sonnengottes
Ra sich befand, seinen Sitz hat. Osiris ist ja der Liebling
des Ra und der Fürst in Heliopolis. Josephs Frau heilst
Asnath, ägyptisch Ns-nt, d.h. der Göttin Neit gehörig oder
die Tochter der Neit. Nun ist Osiris eigentlich der Sohn
der Nut und seine Schwester und Gemahlin Isis die Tochter
der Nut. Aber er wird wohl auch als Sohn der Neit be-
zeichnet, und damit mag es zusammenhängen, dafs auch seine
Gemahlin als Tochter der Neit aufgefalst wurde.“
Mit geringerer Sicherheit verwendet Völter für seine Hypo-
these den Namen Zaphnathpaneah. Die Bunsen-Lepsiussche
Erklärung des Wortes als sustentator vitae würde zu Joseph-
Osiris zwar trefllich passen; indes ist Völter ehrlich genug, zu
gestehen, dals die zu weit gehenden Änderungen am hebräischen
Wortlaute, welche diese Deutung voraussetzt, dieselbe sehr be-
denklich machen.
Ohne dafs wir erst näher auf die weiteren Ungeheuerlich-
keiten der mythologischen Deutung eingehen ?, zeigt schon die
Verwendung der beiden Eigennamen die Unhaltbarkeit und
Willkürlichkeit des ganzen Systems Völters. Nirgends in der
-——- 0. [m
ı Ebd. 52.
2 Über die Ablehnung der Winckler-Stuckenschen Hypothese vgl.
Budde, Das AT und die Ausgrabungen 19; Kittel, Die babylonischen
Ausgrabungen und die biblische Urgeschichte 20ff; Nikel, Genesis und
Keilschriftforschung 217.
138 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche
ganzen israelitischen Geschichte finden wir Andeutungen, dals
der Osiriskult in Israel geübt wurde. Dies wäre aber Vor-
bedingung für die Konstruktion der Josephsgeschichte nach
Analogie des Osirismythus. Die herangezogenen Eigennamen
der Josephsgeschichte beweisen, selbst wenn wir Völters Deu-
tung gelten lassen, gerade das Gegenteil. Dafs Osiris einmal
auf einer Inschrift infolge Unkenntnis des Schreibers als Sohn
der Neit bezeichnet wird, gibt dem Namen Asnath noch lange
nicht die religionsgeschichtliche Bedeutung, die Völter aus
demselben herauslesen will. Die Tatsache endlich, dals bei
den beiden übrigen Namen die Anwendung der aufgestellten
Grundsätze ganz versagt, trägt wohl mit dazu bei, die Un-
haltbarkeit des ganzen Systems zu beweisen.
Liebleins Erklärung der Namen (Zaphnathpaneah = „ce
qui donne la nourriture de la vie“, Asnath = snt) schlieist eine
religionsgeschichtliche Deutung aus. Der genannte Forscher
beschäftigt sich aber desto eingehender mit der Verwertung
der Namen für die Bestimmung der Zeit der Abfassung und
der Redaktion der Quelle E. Lieblein ist der Ansicht, dals
Joseph zur Zeit der Hyksos in Ägypten gelebt hat und dals
auch die ägyptischen Eigennamen dieser Zeit entnommen sein
müssen. Er ist daher bemülıt, nachzuweisen, dals diese Namen
nicht einer späteren Zeit entstammen, sondern dals sie spätestens
in der Hyksoszeit entstanden sind. Aus der Orthographie und
aus der sprachlichen Umänderung der Worte in Verbindung
mit dem Ortsnamen Ramses (Gn 47, 11 und Ex 1,11) glaubt
er schliefsen zu dürfen, dals die Redaktion des Textes des
Elohisten in das zwölfte Jahrhundert fällt.
Wenngleich Lieblein mit vollem Rechte den Versuchen,
die ägyptischen Personennamen der Genesis in möglichst späte
Zeit herabzudrücken, entgegentritt und auch mit viel Geschick
und Gelehrsamkeit nachgewiesen hat, dals die in Frage kommen-
den Eigennamen in frühere Zeit versetzt werden können, so
geht er doch darin zu weit, dafs er die Eigennamen in die
Hyksoszeit zurückführen will. Mit viel grölserem Rechte kann
ich schlielsen, dals, da Namen, die nach Art der von Lieblein
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 139
zu Grunde gelegten Deutung gebildet sind, sich von der 11. bis
14. Dynastie und noch früher finden, auch die Entstehung des
Textes in diese Zeit fällt. Ferner geht Lieblein bei Bestim-
mung der Redaktion der Quelle E von Grundsätzen aus, die ich
nicht billigen kann. Ich habe an anderer Stelle! nachgewiesen,
dals der Name Ramses erst später in den Bibeltext hinein-
gekommen ist, und zwar nicht durch die Tätigkeit einesRedaktors,
sondern hervorgerufen durch die Bestrebungen, den Bibeltext
dem Volke ohne weitere Erklärungen verständlich zu machen.
Die orthographischen und sprachlichen Veränderungen?
können als sichere Beweise nicht herangezogen werden, da
bislang weder die kritische Beschaffenheit des Bibeltextes noch
der gegenwärtige Stand der grammatischen Kenntnisse der
ägyptischen Sprache so subtile Fixierungen gestatten, zumal
bei beiden Sprachen die ursprüngliche Vokalisation grölsten-
teils unbekannt ist. Die Gleichsetzung Potiphar-Petibaal kann
gleichfalls, insofern uns nicht andere semitisch-ägyptische
Parallelen zu Gebote stehen, nicht als Grundlage einer so
wichtigen Untersuchung gewählt werden. 2
Mit grölserer Entschiedenheit lehnt Naville3 eine reli-
gionsgeschichtliche Verwertung der Eigennamen ab. Ebenso
hält er die Schlüsse, welche aus diesen Namen für die Da-
tierung der Josephsgeschichte gezogen wurden, für übereilt.
Es genügt für ihn, festzustellen ®:
1. dais der Name Potiphar (= ps-hotep-rac) im alten
Reiche vorkommt;
2. dals Asnath (= snt) als Frauenname in der 11. und
12. Dynastie üblich war;
3. dals der Titel MYB m3n3 (= thst-nt-p-Cnh) als solcher
zwar erst aus dem 22. Jahre des Königs Osorkon IL, des vierten
Königs der 22. Dynastie, nachweisbar ist, dals er aber älter
sein muls, denn
ı Vgl. meine Studie: Der Pharao des Auszugs 39 ff.
2 Lieblein in PSbA 1898, 208.
3 PSbA 1903, 160.
ı Ebd. 161.
140 Miketta, Literarh.u. religionsg. Bed.d. ägypt. Eigenn. d. Josephsgesch.
a) der erste Teil thst findet sich bereits in der Wni-In-
schrift und
b) das Kollegium p-Cnh ist eine Einrichtung, deren Existenz
sich bis in das alte Reich zurückverfolgen lälst. Der genannte
Ägyptolog ist sich indessen des hypothetischen Charakters
seiner Deutungen bewulst und will daher hinsichtlich des
Alters der Quelle keinen Schluls ziehen !. Dals in der Tat
Navilles Deutung der Namen, besonders des Wortes Zaphnath-
paneah, nicht einwandfrei ist, haben wir bereits oben dargelegt.
Wir haben hiermit die wichtigsten neueren Deutungen
der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte besprochen.
Es erübrigt noch, zum Schlusse das Resultat unserer Unter-
suchung zusammenzustellen. Als Ergebnis können wir feststellen:
1. Eine zuverlässige und allgemein angenommene Iden-
tifizierung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte
ist bisher nicht gelungen. Die von den einzelnen Ägyptologen
vorgeschlagenen Gleichsetzungen sind nur Vermutungen und
können auf philologische Genauigkeit keinen Anspruch machen.
2. Daher ist es nicht gestattet, diese Namen zu verwerten,
um das Datum der Abfassung oder der Redaktion der Josephs-
geschichte festzustellen, zumal auch der den Gleichsetzungen
zu Grunde liegende Bibeltext in Bezug auf Vokal- und Kon-
sonantentext kritisch nicht zuverlässig ist. Zu demselben Er-
gebnisse gelangen wir auch, selbst wenn wir die Richtigkeit
der einzelnen Deutungen zugeben.
3. Noch weniger tragen diese Eigennamen zur Lösung
religionsgeschichtlicher Fragen bei. Es kann aus ihnen weder
auf die monotheistische Auffassung des Schriftstellers noch
auf den Kult der die Namen tragenden Personen geschlossen
werden, selbst nicht einmal bei Potiphar, da auch dieser Name
Doppeldeutungen zulälst.
ı PSbA 1903, 161: „I believe therefore that at present it is premature
to base on these names a theory concerning the date of the composition
of the history of Joseph.“
Die ‚Stadt‘ in Nm 24, 19 und Ps 72 (71), 16.
Von Prof. Dr Norbert Peters in Paderborn.
n seinen ZatW 1903, 120ff publizierten Miszellen bringt J. C.
Matthes zu Nm 24,19 auch die Konjektur Yyla T\. Dieselbe
ist allerdings nicht mehr neu, da J. A. Paterson sie in seinem
The Book of Numbers, Leipzig 1900, bereits in den Text auf-
genommen hat. Matthes’ Miszellen riefen mir aber einen kleinen
Beitrag zu unserer Stelle des Buches Nm und zu Ps 72, 16 ins
Gedächtnis zurück, den ich im Jahre 1899 niedergeschrieben
hatte, nachdem ich schon zweimal vorher die betreffenden
beiden Konjekturen in meinen Vorlesungen über messianische
Weissagungen vorgetragen hatte. Dieser Aufsatz gelangte
damals aus Gründen, die ich aus persönlicher Rücksichtnahme
in der Öffentlichkeit nicht erörtern will, nicht zum Druck.
Die Ausführungen zu Nm 24, 19 sind deshalb nunmehr aller-
dings in ihrem Resultate durch Paterson und Matthes vor-
weggenommen. Da dieselben aber mit der Behandlung von
Ps 72, 16 wesentlich zusammenhängen, lasse ich das Ganze
ohne gröfsere Änderung folgen, wobei ich nicht umhin kann,
meiner Freude darüber Ausdruck zu geben, dals wir endlich
in der Biblischen Zeitschrift ein unabhängiges fachwissen-
schaftliches Organ zur Verfügung haben.
Nm 24,19 läfst sich nach MT nur übersetzen:
Und herrschen wird er von Jakob aus
Und den Rest aus der Stadt zu Grunde richten.
TıY% muls allgemein (= WW und NRW sowie 19)
gefalst werden, da eine Einzelperson, auf die es gehen könnte,
sich im Kontexte nicht findet. Statt "N des MT verlangen
142 Peters, Die „Stadt“ in Nm 24, 19 und Ps 72 (71), 16.
aber Gr. (xoi &Zeyepdnceraı; frei!), Syr. (luwse) und Vulg. (et
erit; frei!) die Vokalisation T, die übrigens auch Abd 21
mit 3591 (s. meine Ausführungen z. St. in meiner Prophetie
Obadjahs, Paderborn 1892) nahelegt, wie diese Stelle die
Lesung 2P9 DTM (und Jakob wird über sie herrschen) von
Graetz (und Mattlıes) ausschlieflst. Höchst auffallend bleibt aber
die unvermittelte Einführung der „Stadt“ in Stichos Il. Man
erklärt Yy kollektiv von den Städten der Feinde oder von der
heiligen Stadt (= „von Jerusalem her“), liest gar direkt IVyo,
oder man deutet es von Rom, der Hauptstadt des Heidentuns.
Keine dieser Auffassungen beseitigt die Härte. Die Über-
setzungen haben die „Stadt“ alle schon. Hier tritt deshalb
die Konjektur in ihr Recht, und eine leichte Textesänderung
löst alle Schwierigkeiten.
Ich lese nämlich TyW% st. YY8. Konsequenz ist natürlich
die Vokalisation TW. Auf diese Konjektur führte mich die
Parallele Abd 18 (und kein Entronnener — TW — wird dem
Hause Esaus sein). So ergibt sich auch mit V.18 (NW) ein
guter Zusammenhang.
Hiernach wäre unser Vers dahin zu erklären, dals ganz
Edom (emblematische Bezeichnung der Feinde des messiani-
schen Reiches!) der Strafe durclı den Messias verfallen wird.
An Parallelstellen hierfür seien noch allegiert: Is 34, 15f;
63, l1ff; Jer 9, 24f; 25, 21; 27, 3; 49, 17ff; Ez 25, 12—14;
32,29; 35,15; 36, 5—7; Joel 4,19; Am 1, 11—12; Abd 14—15.
21; Mall,4; Soph 2, 9ff. Edom wird bei dieser allgemeinen
Heimsuchung aber nicht verschwinden, vielmehr in seinem Reste
im Gottesreiche aufgehen; das beweist allein schon Am 9, 12
(damit sie — sc. die Israeliten — in Besitz nehmen den Rest
von Edom — DIS NSW — und alle Nationen) und Abd 21
(Und hinau/ziehen werden Retter auf den Berg Sion, zu richten
len Berg Esaus, und sein wird Jahwes das Reich). Vgl. Is
11, 14; 14,2; auch 21, 11—12, sowie alle Stellen, in denen die
Universalität des messianischen Reiches verkündet wird, z. B.
Is 2, 2—4; 11, 14—16; 56,7; Jer 12, 16f; Mich 4, 2—5; Hab
2, 14; Zach 2, 10f; Ps 87, 4. Es werden also zwar keine
Peters, Die „Stadt“ in Nm 24,19 und Ps 72 (71), 16. 143
Edomiter entrinnen; sie werden aber nicht alle nieder-
semacht, sondern ein Teil wird, Israel sich anschlielsend,
Rettung finden (BITX AYSY Am 9, 12). Im übrigen sei für die
Idee der Einverleibung des Zestes von Edom in das messia-
nische Reich verwiesen auf Paul Dornstetters Schrift: Das
endzeitliche Gottesreich nach der Prophezie, Würzburg 1896, 38 ff.
Der so wiederhergestellte Text wäre zu übersetzen:
Und er wird herabsteigen von Jakob
Und den Überrest Seirs zu Grunde richten.
In ähnlicher Weise findet sich ganz unvermittelt die Stadt
Ps 72 (71), 16, von der Exegese gewöhnlich auf die heilige
Stadt gedeutet. Hier kommt aber zu den Schwierigkeiten
noch hinzu die auffällige Verbindung Yy9 3831 (und sie werden
hervorblühen aus der Stadt), wo aulserdem 13'3") ohne Subjekt ist.
Denn dafs de civitate einfach = qui sunt de civitate cives sei
(Hoberg), ist durch die Berufung auf Ps 68 (67), 27 und Ps
148, 1 nicht erwiesen. >8%W* ip» in der ersten Stelle ist
ın. E. Apposition zu YI8 (= den Herrn seit Israels Urzeit),
und in der zweiten Stelle steht Dawn p im Gegensatz zu
IST jD von V.7 und bezeichnet nicht Personen, sondern den
Ort, von dem aus der Lobpreis erschallen soll. Das Suflix
von TB geht auf "2 (Delitzsch), Was daran „Gezwungenes“
(Bäthgen) sein soll, entzieht sich meinem Verständnis. Die
Konjektur 8° (mögen sie fruchtbar sein) ist deshalb unnütz.
Dafs ın St. II der „nackte Unsinn überwiege“ (Duhm), ist noch
unverständlicher. Selbst auf den steinigen Bergeshöhen werden
die Getreidefelder im Winde rauschen wie die Zedernhaine
auf dem Libanon, -- das ist m. E. eine prächtige poetische
Ausmalung des selbst nach Duhm „‚leidlich korrekten“ St. 1.
Ich erkenne deshalb in St. II das Bedürfnis einer Korrektur
überhaupt nicht an. Dagegen schlage ich vor, für Tyan 133%
des MT in St. III zu lesen YyW y's. Die maskulinische
Konstruktion wird mit Rücksicht auf das vollständigere
yY der femininalen vorzuziehen sein. Zu P'S\ vgl. Is 27, 6
(as nor y'22) sowie Is 35, 1. Der Sinn ist dann, dafs selbst
das Bergland Seir, das Land der Edomiter, in den messianı-
144 Peters, Die „Stadt“ in Nm 24, 19 und Ps 72 (71), 16.
schen Segen einbezogen werden wird. Dafs es sich nur um
den Rest Edoms handelt, zeigen die obigen Ausführungen.
Der so gewonnene Gedanke palst vortreffllich in den Zu-
sammenhang und in den ganzen Psalm mit seiner Betonung
der Universalität der Theokratie der Zukunft.
Der ganze Vers hiefse demnach:
Überflu/s an Getreide wird im Lande sein,
Auf der Berge Gipfeln rauscht sein Segen wie der Libanon
Und Seir blüht wie die Kräuter des Feldes.
Es fragt sich schliefslich noch, wie die Lesart YyD an
den beiden Stellen in den Text gelangte. Die Ähnlichkeit
des 8 und X in der althebräischen Schrift würde zwar zur
Erklärung schon ausreichen. Man könnte aber auch an etwas
anderes denken. Die Juden pflegten nämlich, wenigstens von
der Zeit der Entstehung der Targumim an, in zeitgeschicht-
licher Anwendung endgeschichtlicher Vatizinien alles, was in
der Heiligen Schrift über die Bestrafung Edoms gesagt wird,
auf die Stadt Rom zu deuten. Vgl. meine Prophetie Obadjahs
130f. Sollte man in Nm 24, 19 „die Stadt“ in den Text ge-
bracht haben, um auf Rom hinzuweisen? Eine Schwierigkeit
für diese Erklärung des MT bietet allerdings LXX in ihrer
heutigen Textgestalt, in der sie mit &k nölewg "'YH voraussetzt.
Für Ps 72, 16 dürfte übrigens auch der altbezeugte Hals der
Juden gegen die Edomiter zur Erklärung des MT herangezogen
werden. Dieser konnte leicht dazu verführen, durch eine
geringe Textesumbiegung die Weissagung des schliefslichen
Heiles für Seir-Edom zu einer Heilsweissagung für die heilige
Stadt zu gestalten.
- _ u
Uber Nehemias und Esdras'.
Von Dr Paul Rielsler in Blaubeuren.
3. Die Zeit des Esdras.
Esdras traf erst nach Nehemias in Jerusalem ein. Daher
findet man keinen der Reisegefährten des Esdras unter den
beim Mauerbau des Nehemias Beteiligten aufgeführt. Man
wies allerdings auf Ha$abja, einen Leviten in der Gola des
Esdras (Esr 8, 19), hin, indem man ihn mit dem von Nehe-
mias in Jerusalem angetroffenen Hasabja, dem Obersten des
halben Bezirkes von Kegila (Neh 3, 17), identifizierte (Nikel,
Die Wiederherstellung 154ff). Allein in Neh 3, 17 steht keine
Silbe davon, dals der letztgenannte Ha$Sabja ein Levite ge-
wesen sei?. Auch ist es schwer glaublich, dals ein Levite,
dessen Stellung zu Nehemias’ Zeit keineswegs begehrenswert
war, die Eihrenstelle eines Bezirksobersten bekleidet habe (s.
Kosters bei Nikel). Man wollte ferner den Neh 3, 10 auf-
geführten HattuS, Sohn des Ha$abneja, mit dem Esr 8, 2 ge-
nannten Davididen Hattus identifizieren. Allein der letztere
wird in 1 Chr 3, 22 ein Sohn Sema‘jas und nicht, wie in Neh
3, 10, ein Sohn Hasabnejas genannt. Endlich sollte der Esr
8, 16 genannte Mesullam auch am Mauerbau des Nehemias
teilgenommen haben (Nikel 156); allein Mesullam ist ein so
1 Schluls der Studien; vgl. BZ I 232ff; II 15.
2 Das Suffix von oa'nx kann sich ebensogut auf Rehum und Hasabja
als auf die neben diesen genannten Leviten beziehen; s. Siegfried, Esra,
Nehemia und Esther. Handkomm. z. AT, 1901; daher ist auch der levi-
tische Charakter des Bawwai Neh 3, 18 sehr zweifelhaft. Dals er und
Rehum „Gruppenleiter“, wie Nikel meint, gewesen seien, ist durch
nichts begründet.
Biblische Zeitschrift. II. 2. 10
146 Riefsler, Über Nehemias und Esdras.
häufig vorkommender Name (in Bertholets Verzeichnis tragen
ihn 12 Personen), dals die Identität der beiden Männer zwar
behauptet, aber nicht bewiesen werden kann. Von keinem
Reisegefährten des Esdras steht es fest, dals er am Mauerbau
des Nehemias teilgenommen habe. Sicherlich aber hätte Ne-
hemias den einen oder den andern der Reisebegleiter des
Esdras erwähnt, wenn diese sich schon während seiner ersten
Statthalterschaft in Jerusalem befunden hätten. Ganz beson-
ders gilt dies von Esdras, über welchen Nehemias in den ersten
6 Kapiteln seiner Memoiren völlig schweigt. Dieses Schweigen
ist unvereinbar mit der Annahme, dals Esdras schon während
der ersten Statthalterschaft des Nehemias mit wichtigen
königlichen Vollmachten ausgerüstet und von einer grolsen
Karawane begleitet nach Jerusalem gekommen sei (Hoon-
acker bei Nikel 159 A.1). Auch die Erwägung der äulseren
Zustände, welche von Esdras bei seiner Ankunft in Jerusalem
vorgefunden wurden, führt zum gleichen Resultat. „Man lese
nur Esr 7,1ff! Nicht ein Wort von der traurigen Situation, in
der sich Jerusalem befand! Sowohl aus dem königlichen Edikt,
das die Stadt Jerusalem siebenmal erwähnt, als auch aus dem
Bericht des Esdras über seine Ankunft in Jerusalem (Esr
8. 32ff) gewinnt man den Eindruck, dafs daselbst alles gut
geordnet und geregelt war. Würde man aber sich das abso-
lute Schweigen des Königs betreffs der Situation in Jerusalem
erklären können, wenn damals die heilige Stadt ein Trümmer-
haufe gewesen wäre?“ (Hoonacker bei Nikel 1731) Auch
das Gebet des Esdras (9, 9) lehrt deutlich, dals die Juden
damals den Tempel schon „aufgerichtet und in Juda, näherhin
in Jerusalem sich einen wohlummauerten Wohnsitz geschaffen
ı Nikel sucht zwar dieses Argument zu entkräften durch den Hin-
weis darauf, dafs, falls die Schluisfolgerung Hoonackers berechtigt wäre,
wir dann das Auftreten des Aggäus in die Zeit nach Nehemias’ Mauerbau
versetzen mülsten; „denn dieser Prophet sagt nicht nur nichts von dem
traurigen Zustand der Stadt, sondern stellt sogar die belaglichen Woh-
nungen der Einwohner Jerusalcms in Gegensatz zu den Ruinen des Tem-
pels“. Nun haben wir aber gefunden, dals Nehemias zeitlich vor Aggäus
zu setzen ist; somit ist Hoonacker im Recht.
Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 147
haben“1. Demnach fand Esdras die Stadtmauer schon aus-
gebaut vor. Wenn sıe aber bei Nehemias’ Ankunft noch in
Trümmern lag (Neh 2, 11—17), dann ist dies blols ein Beweis
dafür, dafs Esr 9 hinter Neh 2 zu setzen ist (Bertholet 40).
Gegen diesen Schluls beruft sich Nikel 151 auf die Geschichts-
darstellung des Chronisten: Es sei zweifellos, dafs die Bücher
Esdras und Nehemias ursprünglich ein Buch gebildet hätten;
daraus aber gehe hervor, dafs die in Neh 1 erzählten Ereig-
nisse nach der Ansicht des Chronisten später als die in Esr
7—10 berichteten anzusetzen seien. Allein Nikel übersieht,
dals die Bücher Esdras und Nehemias nicht ein Werk aus
einem Guls, sondern aus verschiedenen Berichten und Ge-
schichtsdarstellungen zusammengesetzt sind. Es ist richtig,
dals der Chronist die verschiedenen Partien nach chrono-
logischen Gesichtspunkten geordnet hat, ebenso, dals er in der
Lage gewesen ist, die Reihenfolge der Tatsachen zu kennen
(Nikel 151). Wie aber, wenn ihm zwei Parallelberichte über
den gleichen Zeitabschnitt und die gleichen Ereignisse vor-
gelegen haben? In diesem Falle konnte er nur ein zweifaches
Verfahren einschlagen. Entweder konnte er beide Berichte
zu einem dritten verarbeiten; aber eine derartige selbständige
Verarbeitung lag nicht in der Art des Chronisten, wie es zur
Genüge der anerkannt kompilatorische Charakter der Bücher
Esdras und Nehemias lehrt. Oder aber er brachte einen
Bericht hinter dem andern. Dieser letztere Fall trifft bei jenen
beiden Büchern zu, insofern sıe, wie 1 und 2 Makk, Parallel-
berichte enthalten. Beide Bücher behandeln die Ereignisse
des gleichen Zeitabschnittes, aber jedes der beiden von einem
andern Gesichtspunkt aus. Im Esdrasbuch konzentriert sich
das Interesse ganz auf den Tempel, den Tempelkultus und das
religiöse, sittliche Verhalten des Volkes. Im Nehemiasbuch
dagegen treten die politischen Angelegenheiten so überwiegend
in den Vordergrund, dafs selbst Nehemias glaubte, sich gegen
den Vorwurf verwahren zu müssen, als habe er sich um die Pflege
1 Selbst wenn 2 nur „gesicherte Wohnstätte“, wie Nikel 175 meint,
bedeuten würde, wäre eine solche ohne Mauern undenkbar.
10*
148 Rie[sler, Über Nehemias und Esdras.
des religiösen, sittlichen Lebens in der Gemeinde gar nicht
gekümmert (Neh 13, 4—31). Der Abschnitt Neh 8—10 bil-
dete ursprünglich, wie noch aus 3 Esr zu sehen ist, die Fort-
setzung von Esr 10, 44. Später wurde er hinter Neh 7, 73
eingeschoben, um an dieser Stelle gleichsam als Illustrierung
zu der Notiz Neh 13,1: „Damals wurde dem Volke aus dem
Buche Moses vorgelesen. 3. Und als sie das Gesetz vernahmen,
sonderten sie von Israel alle Fremden ab“ zu dienen. Dals das
Stück gerade an Neh 7, 73 angeschlossen wurde, hatte wohl
darin seinen Grund, dafs sein Anfang: „als der 7. Monat heran-
kam, ... versammelte sich das ganze Volk wie ein Mann“
zufällig fast gleich lautete, wie der Schluls von Neh 7, 73
Esr 3, 1. Zu Gunsten der Priorität des Nehemias spricht
ferner die Stellung, die Nehemias gegenüber den Misch-
ehen einnahm. Nehemias redet nämlich von den Misch-
ehen in einem Tone, der es nicht gestattet, zu glauben, dafs
diese Elıen damals eine Gresetzesverletzung dargestellt hätten.
Auch war ein grolser Teil der vornehmen Juden mit den
Fremden verschwägert. Daraus folgt, dals Esdras’ Malsregeln
in Sachen der Mischehen (Esr 9—10) damals noch nicht
durchgeführt waren. Ebenso wird das Verhältnis der Juden
zu den Fremden in Neh 1—6 ganz anders geschildert als in
Esr 7—10. Nach dem Wortlaut von Neh 1—6 kann eine
Trennung zwischen Juden und Fremden während der Zeit
der ersten Statthalterschaft Nehemias’ noch nicht bestanden
haben. Daraus ergibt sich, dafs die ın Neh 1—6 berichteten
Ereignisse zeitlich den ın Esr 7—10 erwähnten voraus-
gegangen sind. Esdras’ Ankunft fiel aber nicht blofs später
als die erste Ankunft des Nehemias; sie fiel auch später als
dessen zweite Hierfür spricht die Stelle Neh 13, 25, worin
ı Die älteste Form des Buches Esdras umfalste 1; 4, 6—10, 44 und Neh
8—10. Später wurde hinter Esr 4, 24 das in 3 Esr 3, 1—5, 6 überlieferte
Stück und hinter dieses das Stück Esr 2, 1—4, 5 eingeschoben. Diese
Gestalt des Buches Esdras ist im 3. Esdrasbuch erhalten. Schlieislich
wurde das Stück 3 Esr 3, 1—5, 6 wieder ausgemerzt und an seine Stelle
das Stück Esr 2, 1—4, 5 gesetzt. In dieser Form ist uns das Buch Esdras
im MT überliefert.
— ee. _ G Ün „0 _
nn mn
Rie(sler, Über Nehemias und Esdras. 149
Nehemias die in Mischehen lebenden Juden tadelt und sie
warnend auf das Schicksal des durch heidnische Weiber ver-
führten Königs Salomo hinweist. Mit keiner Silbe aber weist
er sie hin auf die unter Esdras eingegangene Verpflichtung zur
Auflösung jener Mischehen, noch auf die von Esdras veran-
staltete Vertreibung der heidnischen Weiber (Esr 10, 17).
Vielmehr toleriert er die bestehenden Mischehen. Auch bei
andern Anlässen (Neh 13, 17) beruft sich Nehemias niemals
auf die am 24. Ti$ri stattgehabte feierliche Verpflichtung des
Volkes (Neh 9, 1ff). Daraus folgt, dals diese Verpflichtung
eben nach der zweiten Reise des Nehemias stattgefunden hat,
dals also die gemeinsame Tätigkeit von Esdras und Nehemias
(Neh 8—10) in die Zeit der zweiten Statthalterschaft des
letzteren zu setzen ist (Kosters bei Nikel 222)1. Wenn es
aber für auffällig oder gar für unerklärlich gilt, dals Esdras
in dem Berichte über die Vertreibung der heidnischen Weiber
mit keiner Silbe den Statthalter Nehemias erwähnt, und wenn
dann hieraus gefolgert wird, dafs die in Esr 7, 10 berichteten
Ereignisse weder in die Zeit der ersten noch der zweiten
Statthalterschaft des Nehemias fallen, so ist dabei die Mög-
lichkeit übersehen worden, dals mit „den Obersten“, welche
das Volk wegen der Mischehen bei Esdras verklagten, auch
Nehemias gemeint ist. Dafs Esdras ihn nicht mit Namen
ı Auch die in Neh 10, 38 enthaltene Vorschrift kann erst nach der
in Neh 13, 12 erwähnten gegeben worden sein. — Der Passus Neh 10,
38—40 soll nach Wellhausen und Bertholet einen Widerspruch in
sich selber enthalten. Allein dieser Widerspruch ist nur durch die un-
begründete Verbindung von 0'155 mit dem vorausgehenden "Ix"nY2 N12Wy"5x
entstanden. Die Verse 10, 38—40 lauten: „38. und das Beste ... wollen
wir den Priestern in die Zellen des Tempels unseres Gottes abliefern und
den Zehnten von unserem Ackerland den Leviten, und zwar sollen die
Leviten in allen unsern Ackerbaustädten den Zehnten (persönlich) ein-
sammeln, 39. wobei der aaronitische Priester die Leviten beim Ein-
sammeln des Zehnten beaufsichtigen soll, und die Leviten sollen den
Zehnten vom Zehnten zum Tempel unseres Gottes, in die Zellen des
Schatzhauses bringen. 40. In die Zellen also sollen die Isracliten“ (die
Abgaben für die Priester) „und die Leviten“ (ihre eigenen Abgaben)
„bringen...“ Mag auch 10, 40 von anderer Hand stammen, so kann
doch kein Widerspruch mit 10, 38 darin nachgewiesen werden.
150 Riefsler, Über Nehemias und Esdras.
nennt, mag sich aus dem Bestreben des Esdras erklären, den
Statthalter in jener unerquicklichen Angelegenheit so gut als
möglich vor dem Vorwurf der Denunziation zu schützen. An
andern Stellen, wo es sich um etwas Rühmliches handelt, wird
der Name des Statthalters Nehemias wieder besonders hervor-
gehoben (Neh 8, 9; 10, 2).
4. Die Rückkehr des Esdras und seine Tätigkeit in
Jerusalem.
Im 7. Jahre des ArtahSasta erhielt Esdras die Vollmacht
zur Heimreise und zur Einführung des „Gesetzes Gottes“ (Esr
8, 25). Unter Artahsasta ist, wie man aus dem zeitweiligen
Zusammenwirken von Nehemias und Esdras ersieht, der per-
sische König Kambyses zu verstehen. Es schliefsen sich so-
mit im Esdrasbuch die Begebenheiten aus seinem 7. Regierungs-
jahre unmittelbar an die seines 6. Jahres an. Die Veranlassung
zu der Reise des Esdras gab wohl die Kunde von der soeben
im Adar stattgefundenen Vollendung des Tempels; wenigstens
ordnete er, nur ein paar Wochen später, am 1. Nisan (d. ı.
Mitte März) 523, die Abreise von Babel an (Esr 7, 9. Am
Flufs von Ahawa kamen ungefähr 1500 Personen zusammen.
Unter dieser Menge befanden sich blols zwei Priesterfamilien
und gar keine Leviten. Es lag aber dem Esdras angesichts
der geringen Zahl von Leviten (74) in der Gola des Nehemias
sehr am Herzen, für den Dienst an dem nunmehr wiederher-
gestellten Tempel eine grölsere Anzahl von Leviten mitzu-
bringen. Daher ruhte er nicht, bis sich 38 Leviten und 220
Tempeldiener zur Reise nach Jerusalem entschlossen hatten.
Am 12. Nisan (d. i. Ende März) 523 brach Esdras auf und
langte nach 4'/2 Monaten am 1. Ab (d.i. Mitte Juli) glücklich
in Jerusalem an (Esr 7, 9). Am 5. Ab (vgl. Neh 2, 11) über-
reichte Esdras die mitgebrachten Gaben einer aus Priestern
i Der ägyptische Feldzug des Kambyses war damals schon zu Ende.
Angefangen wurde er im Jahre 527, nicht, wie vielfach angenommen wird,
erst im ‚Jahre 525. Es ergibt sich dies aus den Daten zweier Apisstelen;
s. Wiedemann, Geschichte Agyptens von Psammetich I. bis auf Alexander
d. Gr., 1880, 219—228. Die eine, aus der Regierungszeit des Dareios I,
stammende Stele berichtet von dem auf ihr erwähnten Apis, dals er am
— ii mr en
Rie/sler, Über Nehemias und Esdras. 151
und Leviten bestehenden Kommission (Esr 8, 33). Ebenso
liefg er ein feierliches Dankopfer darbringen (8, 35). Bald
darauf traten zu ihm „die Obersten“ (9, 1) und meldeten ihm,
dafs eine grolse Anzahl von Juden gesetzwidrige Ehen mit
Heiden geschlossen hätten. Zur Abstellung dieses Übelstandes
beschlols Esdras, eine Volksversammlung einzuberufen. Diese
kam am 20. Kislev (d. i. Anfang Dezember) 525 zu stande
(10, 9. Zur Ausführung des daselbst gefalsten Beschlusses
(10, 12) bildete Esdras aus den F'amilienhäuptern eine Art
28. Tybi des Jahres 5 des Kambyses geboren und am 3. Pachons des
Jahres 4 des Dareios gestorben sei. Die andere, aus der Regierungszeit
des Kambyses stammende Stele berichtet, dals ein Apis im Epiphi des
6. Regierungsjahres des Kambyses begraben worden sei. Demnach hätten
zur Zeit des Kambyses gleichzeitig zwei Apisstiere in Ägypten gelebt.
Dieses aber widerspricht allen Prinzipien der ägyptischen Religion, nach
denen der Apis eine Inkarnation eines Gottes war und eine solche natur-
gemäls je nur einmal auftreten konnte (S.228). Hieraus geht deutlich her-
vor, dals auf den beiden Apisstelen die Jahre des Kambyses verschieden
berechnet worden sind. In der letztgenannten Inschrift ist das 6. Jahr
des Kambyses das 6. seiner persischen Regierung — 524; die schlechte
Ausführung der Inschrift macht es wahrscheinlich, dals sie dem von
Kambyses getöteten und von den Priestern heimlich bestatteten Apis galt.
In der ersten Inschrift aber ist das 5. Jahr des Kambyses das 5. seiner
ägyptischen Herrschaft = 523. In diesem Jahre befand sich Kambyses
schon wieder in seiner Heimat (s. Esr 7, 1.28); daher blieb dieser zweite
Apis am Leben. Dafs die Eroberung Ägyptens im Jahre 527 stattgefunden
hat, wird auch durch Manetho bei Africanus (s. Müller, Fragmenta
Historicorum Graecorum 2, 595) bestätigt. Nach ilım herrschte Kambyses
über Ägypten 6 Jahre; dies führt wiederum auf das Jahr 527. Wenn
aber Manetho den Kambyses erst im 5. Jahre seiner persischen Regierung,
d. i. 525, König über Ägypten werden lälst, dann hat er mit ßaoteverv
die Zeremonie der Königsweihe oder ähnliches im Auge gehabt. Auch
nach Ktesias fand die Eroberung Ägyptens mindestens 5 Jahre vor dem
Tode des Kambyses statt. Diodor (1,68) dagegen verlegt sie in das 3. Jahr
der 63. Olympiade, d. i. 525; doch ist die Abänderung eines ursprüng-
tichen npwrw in Tpltw nicht ausgeschlossen (s. den umgekehrten Fall bei
LXX zu Dn 10,1). Herodot aber lälst Kambyses erst kurz vor seinem
Tode aus Ägypten zurückkehren. Diese Zusammendrängung der Ereig-
nisse erklärt sich aus Herodots dramatischer Darstellungsweise. „Herodot
ist für die Zeit des Amasis“ (und damit auch für die des Kambyses)
„keine zuverlässige historische Quelle“ (s. Wiedemann 100). Die einzige
zeitgenössische (Juelle, die Behistuninschrift, bietet für die Datierung des
ägyptischen Feldzuges keinen festen Anhaltspunkt,
152 Riefsler, Über Nehemias und Esdras.
Kommission (10, 16). Diese erledigte die Angelegenheit der
Mischehen in ungefähr drei Monaten (10, 17). Im nächsten
Jahre 524 wurde wieder eine Volksversammlung auf den Monat
Tisri (d. i. Mitte September) anberaumt (Neh 8, 1). Einige
Zeit, vielleicht nur einige Tage zuvor fand die Einweihung der
Stadtmauer statt (Neh 12, 27—43); denn da man zu dieser
Feier die Leviten erst aus ihren Wohnorten nach Jerusalem
holen mulste (Neh 12, 27), konnte die Versammlung, die ja
das ganze Volk nach der Hauptstadt brachte (Neh 8, 1),
noch nicht stattgefunden haben. Die Einweihung der Mauer
aber hatte sich bis dahin verzögert, weil durch die Intriguen
der Samaritaner und durch das Bauverbot des Königs die
Fertigstellung der Armierungsbauten und damit auch des oben
auf der Mauer sich hinzieliıenden Umganges öfters unterbrochen
worden war. Erst die vier letzten Jahre hatten mit der Voll-
endung des Tempels auch die der Stadtmauer gebracht. Zur
Einweihung derselben bestiegen zwei grolse „Dankchöre“ die
Stadtmauer (Neh 12, 31) in der Nähe des Tempels. Von hier
zogen sie getrennt in entgegengesetzter Richtung oben auf der
Stadtmauer hin!. Der erste Dankchor, an dessen Spitze sich
Esdras befand (Neh 12, 36), zog vom Tempel aus nach rechts,
in der Richtung auf das Misttor zu, das sich in der Nähe
des Ausflusses der alten Stadtkloake befunden haben muls
(ZdPV V [1882] Tafel VIII); hierauf passierte er das Quelltor
in der Nähe des Siloateiches.. Von da zog er in nördlicher
Richtung auf den „Stufen der Davidsstadt“ zum Wassertore und
von da auf den Tempelplatz. Der zweite Chor, bei welchem
Nehemias war, 208 vom Tempel zuerst gerade westlich über
den Ofenturm gegen das heutige Jafator hin; dann bewegte
er sich in nordöstlicher Richtung, am Ephraimstor, dem Tor
der Altstadt, dem Fischtor und den Türmen Hananel und Mea
vorüber, bis zum Schaftor hin (Neh 12, 39). Beide Chöre
ı Neh 12, 31 moin) 5yn „über der Mauer“ bezieht sich auf den über
der Mauer aufgebauten Wall- oder Mauerumgang, nicht, wie Siegfried
und Bertholet meinen, auf die hinter der Stadtmauer befindliche Höhe,
an deren Abhang die Züge entlang geschritten sein sollten.
Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 153
trafen sich wieder auf dem Tempelplatz, wo sie dann den feier-
lichen Opfern anwohnten (Neh 12, 43; über die topographi-
schen Einzelheiten Näheres später. Kurze Zeit nach der
Einweihung der Stadtmauer fand eine grolse Volksversammlung
am 1. Ti$ri (d.i. Mitte September) statt. Auf ihr erging an
Esdras von seiten der Anwesenden die Aufforderung, das
Gesetzbuch Mosis herbeizubringen (Neh 8, 1), Er las dem
Volk einzelne Abschnitte des Gesetzes vor. Am Tag darauf
wurde von den Familienhäuptern, den Priestern und den Le-
viten der Beschluls gefalst, das Laubhüttenfest dieses Mal
ganz genau nach der Gesetzesvorschrift abzuhalten. Die Feier
begann denn auch am 15. Ti$ri und währte bis zum 22. Tisri
(Lv 23, 36. Neh 8, 18). „Seit der Zeit Josues, des Sohnes
‘* Nuns“, war das Laubhüttenfest noch niemals unter solcher
Beteiligung des ganzen Volkes, wie es eigentliche Gesetzesvor-
schrift war (Neh 8, 17. Lv 23, 42), gefeiert worden, wie damals.
Auch nicht das erste Mal nach dem Exil (Esr 3, 4), weil da-
mals sich fast nur die Einwohner Jerusalems an der Feier
beteiligt hatten; die Verschmelzung von Exulanten und Zurück-
gebliebenen war eben nur langsam von statten gegangen und
erst durch Esdras’ Rückkehr vollendet worden (Esr 7, 25. 26;
10, 9). Eine zweite Volksversammlung fand am 24. Tisri statt
(Neh 9,1). Auf ihr verpflichtete sich das ganze Volk auf das
Gesetz Gottes in feierlichster Weise. Diese Verpflichtung
wurde in einer Urkunde niedergelegt und diese wieder von
Nehemias und den angesehensten Gemeindemitgliedern unter-
zeichnet. Aulser Nehemias unterschrieben 23 Priester, 17 Le-
viten und 44 Häupter des Volkes (Neh 10, 1—28). Esdras
selber findet sich nicht unter ihnen, weil er eben der Verfasser
der Urkunde ist. Eljasib aber und seine Familie fehlen, weil
er sich durch die Vertreibung seines Enkels, eines Schwieger-
sohnes Sanballats (Neh 13, 28), von seiten des Nehemias beleidigt
fühlte Mit der Verpflichtung des Volkes auf das Gesetz
schlielst der Bericht über die gemeinsame Tätigkeit des Nehe-
ımias und des Esdras ab (Neh 9 u. 10). Von da an schweigt
die atl Geschichtschreibung bis zu den Zeiten der Makkabäer.
Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend
(Mt 14, 13— 21. Mk 6, 30—44. Lk 9, 10 —17.
Jo 6, 1—15).
Von Prof. Dr Johannes Belser in Tübingen.
Wann ist dieses von allen vier Evangelisten berichtete Er-
eignis vorgefallen? Nach Markus (6, 30) und Lukas (9, 1—10)
ging die Rückkehr der Apostel von der vorläufigen Mission
in Palästina der Fahrt nach dem Ostufer des Sees und der
Speisung des Volkes voran. Wenn wir zumeist dem Lukas
als Führer folgen, dürfen wir mit ziemlich grofser Sicherheit
folgende tadıg bezüglich der Vorgänge in Galiläa fixieren:
die Berufung des Levi und das Abschiedsmalıl in seinem
Hause (Lk 5, 27ff. Mk 2, 13—17. Mt 9, 9—13); die Apostel-
wahl und Bergpredigt (Lk 6, 12f. Mk 3, 13f. Mt 5—7);
die Heilung des Aussätzigen (I,k 5, 12—16. Mk 1, 40—45.
Mt 8, 1—4); die Heilung des Knechtes des Hauptmanns von
Kapharnaum (Lk 7, 1—10. Mt 8, 5—13); die Auferweckung
der Tochter des Jairus (Lk 8, 40—56. Mk 5, 22—43. Mt
9, 18—26); die Aussendung der Zwölfe (Lk 9, 1ff. Mk 3, 14
und 6, 7ff. Mt 10,1ff); die Auferweckung des Jünglings zu
Naim (Lk 7,11—17). In der Aufzählung letzterer Grolstat
Jesu weicht nämlich Lukas von der historisch genauen
Zeitfolge ab, indem er dieses Ereignis vor der Erweckung der
Jairustochter bringt. Eine sorgfältige Prüfung von Lk 7, 17 im
Vergleich zu 8, 49 lälst erkennen, dafs letztere überhaupt die
erste Totenerweckung war; denn als Jesus dieselbe zu wirken
im Begriffe war, dachte noch niemand an die Möglichkeit
einer solchen Erweckung, wie die von-Lk 8,49 berichteten
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 155
Worte des Abgesandten aus dem Hause des Jairus beweisen.
Wäre damals das Wunder von Naim schon gewirkt gewesen,
so würde, da die Kunde davon in ganz Palästina sich ver-
breitete (Lk 7, 17), auch das Haus des Jairus davon Kennt-
nis besessen und somit Hoffnung auf eine ähnliche Wundertat
gefalst haben. An die Totenerweckung zu Naim schlofs sich
unmittelbar die Gesandtschaft des Täufers zu Jesus an (Lk
7,18—35. Mt 11, 2ff), und hernach trat die Enthauptung des
Johannes ein (Lk 9, 9. Mk 6, 14—29. Mt 14, 1—13); bald
nach dem Tode des Vorläufers erfolgte die Rückkehr der
Zwölfe von der Missionsreise, die Kenntnisnahme von dem
Wirken Jesu seitens des Herodes Antipas, die Abfahrt Jesu
und seiner Jünger nach dem östlichen Ufer des Sees und die
Speisung der Fünftausend. Da die Gefangennahme des Täufers
noch vor Pfingsten, in der ersten Hälfte des Mai 782 eintrat
(erhellt aus Jo 5, 35) und da die Einkerkerung längere Zeit
dauerte (vgl. Mk 6, 20), dürfte die Hinrichtung desselben Ende
August oder Anfang September 782 vorgefallen sein; danach
wird die Abfahrt nach dem Ostufer des Sees und die Volks-
speisung in der Wüste bei Bethsaida ganz am Ende des Sep-
tember 782 stattgefunden haben.
Doch mögen die Evangelisten darüber näher befragt
werden. Nach der Rückkehr der Jünger von der Missions-
reise brach der Heiland vom westlichen Ufer (Kapharnaum)
nach dem östlichen auf, damit jene dort in der Einsamkeit,
abseits von den drängenden Volksmassen, zunächst eine geistige
und körperliche Erholung fänden (Mk 6, 30 f. Doch wird
man darin nicht den Grund des Weggangs nach Peräa er-
blicken dürfen, vielmehr will der Heiland mit jenen Worten
an die Jünger nur sagen: durch den Weggang von Galiläa
nach Peräa schaffe ich euch die Möglichkeit zur notwendigen
Erfrischung und Erquickung. Ob uns vielleicht Mt 14,13
über das Motiv des Weggangs aufklärt? Die Auslegung der
dort vorliegenden Worte ist keine einheitliche, mdem man sich
über die Beziehung von dkoucag streitet. Nach dem Vorgang
des Ohrysostomus beziehen viele dkoucag auf 14,1—2: Als
156 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
Jesus von der auf ihn wach gewordenen Aufmerksamkeit des
Herodes Antipas Kunde erhielt, brach er, nachı der Rückkehr
seiner Jünger, vom Westufer auf. Es gibt dann, wie es
scheinen will, Matthäus als Motiv des Aufbruchs aus Galiläa
nach dem Ostufer des Sees das Bestreben an, sich dem rege
gewordenen Argwohn des Mörders seines Vorläufers zu ent-
ziehen; doch erweist sich diese Auffassung sofort als unmög-
lich, da der Herr, wie auch Matthäus weils und berichtet
(14, 22ff), sofort in der folgenden Nacht nach Galiläa zurück-
kehrte und dort zu wandeln und Wunder zu wirken fortfuhr
(Jo 7, 1). Matthäus wird wohl dieselbe Anschauung gehest
haben wie Lukas, dafs nämlich der Herr jenen Wollüstling
Herodes (Lk 3, 19) grundsätzlich ignorierte (Lk 13, 32; 23, 9).
Aber von solchen Erwägungen ganz abgesehen, wird eine ge-
naue sprachlich-grammatische Interpretation der Matthäus-
stelle (14, 13) eine Beziehung des dkoucag auf das unmittel-
bar vorhergehende annyyeılav V.12 mit Augustin und Hiero-
nymus anerkennen müssen (vgl. Meyer-Weils zu Mt S. 309):
Als Jesus die Botschaft der Johannesjünger über das Ende
des Vorläufers vernommen hatte, zog er zu Schiff von Kaphar-
naum nach Peräa weg. Wann erhielt aber Jesus diese Bot-
schaft? etwa gleich nach der Enthauptung des Täufers? Dies
ist sehr unwahrscheinlich. Die Johannesjünger zögerten ohne
Zweifel nach dem Tod und Begräbnis ihres Meisters noch
geraume Zeit, nach Galiläa zu reisen und sich Jesu anzu-
schlielsen; sıe werden ihre Trauer am Grabe des Märtyrers
statt 7 vielmehr 30 Tage fortgesetzt haben, wie es bei dem
Hinscheiden von Eltern, Lehrern und andern geliebten Per-
sonen üblich war (Dt 21,13. Jos., Jüd. Kr. 3, 9,5; 2, 1,2).
Dann trafen sie erst ungefähr vier Wochen nach dem Hingange
des Vorläufers bei Jesus ein; ihre Meldung über dieses Er-
eignis kann sonach recht wohl gleichzeitig gewesen sein mit dem,
was Matthäus 14, 1f über Herodes berichtet. Hierbei beachte
man aufmerksam noch einen wichtigen Punkt. Während die
Hinrichtung des Täufers in Machärus jenseits des Toten
Meeres vorfiel (Jos., Antt.18, 5, 2), erhielt der Tetrarch Herodes
PEPPER ET [7 —
GEEREFRFR
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 157
Antipas die Kunde von dem Wirken Jesu sicher nicht in
Machärus, sondern erst, nachdem er von dort, bald nach dem
Tod des Täufers, sein Hoflager nach seiner gewöhnlichen
Residenz Tiberias verlegt hatte; dort, in der dem Hauptschau-
platz der Tätigkeit Jesu nahe gelegenen Stadt, vernahm Hero-
des „alles, was geschah“ (Lk 9, 7). So kommen wir vorläufig
zu dem Ergebnis: der Heiland erhielt die Botschaft von dem
Tode des Vorläufers erst einige Zeit nach dem Ereignis, ganz
am Einde des Monats September 782, und auf diese Kunde
hin brach er mit seinen eben von der probeweisen Aussendung
zurückgekehrten Jüngern von Kapharnaum nach Peräa zur
Speisung auf. Nach der Auslegung der meisten Exegeten frei-
lich fielen diese Ereignisse erst im zweiten Jahr der öffentlichen
Wirksamkeit Jesu vor; dabei wenden die Gelehrten grolsen
Scharfsinn an, um sich und andern Rechenschaft zu geben,
warum Herodes Antipas erst so spät von der Wirksamkeit
Jesu Kunde erhalten habe, indem sie darlegen, der Tetrarch
sei vielfach von Galiläa abwesend, damals in einen Krieg mit
dem arabischen König Aretas verwickelt und als genulssüch-
tiger, sinnlicher Mensch ohne Interesse für religiöse Dinge
gewesen. Natürlich hält solche Behauptung auch nicht einen
Augenblick stand. Denn die Abwesenheit des Herodes von
Galiläa infolge der Romreise (Jos., Antt. 18, 5, 1) fällt in den
Sommer 781, der Krieg mit Aretas nicht in die Jahre
781—783 — 28—30, sondern ungefähr in die Zeit von 35—37
(Jos., Antt. 18, 5, 1ff), und einiges Interesse für Fragen der
Religion und Sittlichkeit sagt ihm Markus (6, 20) nach. Die
Dinge liegen ganz anders, wie ich kurz in der Leidensgeschichte
(8. 332f) ausgeführt habe: Die Heirat des Tetrarchen mit der
berüchtigten Herodias fand im Herbst 781 statt, ungefähr zu
gleicher Zeit mit dem Auftreten des Täufers; im Frühjahr
782 sprach letzterer offen seinen Tadel gegen die neue Ver-
bindung aus und wurde dann in der ersten Hälfte des
Monats Mai ergriffen und nach Machärus gebracht, kurz
nachdem der Heiland seine Tätigkeit in Jerusalem und Judäa
begonnen hatte. Auf die Kunde von der Gefangennehmung
158 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
des Johannes zog der Heiland von Judäa weg nach Galıläa
(Mt 4, 12) und wirkte daselbst vor und nach dem Pfingstfeste;
während dieser Zeit war die Aufmerksamkeit des Tetrarchen
in Machärus vielfach dem Täufer zugewandt (Mk 6, 20), und
als dann auf das Betreiben der Herodias hin das Haupt des-
selben gefallen war, ging Herodes von da weg nach Galiläa,
d. h. nach Tiberias, und vernahm dort Kunde von dem Wirken
Jesu; ungeführ gleichzeitig vernahm der Herr die Botschaft
von dem Ende des Täufers und fuhr dann mit den von der
Mission zurückgekelrten Aposteln über den See und speiste
dort die ihm nachgezogene Volksmenge.
Doch haben wir den Zusammenhang zwischen dkoucdas
und dvexwpnoev Mt 14,13 noch nicht hinlänglich beleuchtet.
Vom Gefängnis in Machärus aus hatte der Täufer einige Zeit
vor seinem Tode eine Gesandtschaft an den Herrn geschickt
(Mt 11,2ff und Lk 7,18ff) mit der Frage: „Bist du es, der
da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?“
Was mochte dem Täufer an Jesus ungeachtet der &pya Toü
Xpıotoü nicht gefallen? was ihm Bedenken einflölsen? Gewils
nicht die vergebliche Erwartung, dals Jesus seine messianische
Herrlichkeit entfalte in der Weise, wie er sie früher (Mt
3, 1012) geschildert hatte; wulste er ja sehr gut, dals der Messias
erst das isaianische Leidenslamm werden mulfste (Jo 1, 29 36).
Wahrscheinlich teilte der Täufer die allgemeine Erwartung der
Juden, der Messias werde sich nach Dt 18, 15 18 als zweiter
Moses erweisen vor allem durch ein grofsesMannawunder. Da nun
dieses nicht eintrat, wurden Johannes und seine Jünger bedenk-
lich. In seiner Antwort weist der Herr auf seine Werke hin: er
heile Kranke und mache Tote lebendig, das sei neben der Ver-
kündigung des Evangeliums sein eigentlicher messianischer
Beruf, dem er obliege, wie in der Vergangenheit, so in der
Gegenwart und Zukunft; ob er das erwartete Mannawunder
verrichten werde und wann und in welcher Weise, danach habe
Johannes nicht zu fragen. Die Lobrede, welche der Heiland
danach auf den Täufer hielt, spricht nicht gegen diese Auf-
fassung; denn jene galt nur seiner früheren Vergangenheit
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 159
und sollte die durch seine offizielle Anfrage beim Volke an-
geregten Zweifel an seinem prophetischen Berufe und weiter-
hin an dem messianischen Beruf Jesu niederschlagen. Durch
seine Antwort wollte der Herr dem Täufer Gelegenheit geben,
seinen Glauben zu üben und zu bewähren. Das grolse Speise-
wunder in der Wüste, welches das künftig zu gebende „wahre
Himmelsbrot“ vorbilden und unterpfändlich verbürgen sollte,
durfte der Täufer nach dem göttlichen Ratschluls nicht mehr
erleben, und es scheint nach Mt 14, 13ff, als habe der Herr
seinen Tod und die Benachrichtigung davon durch die
Johannesjünger abgewartet, um es dann sofort zu verrichten.
Die tief betrübten Jünger traten gewils in der Folge in die
Schar der (weiteren) Jünger Jesu ein; die Boten waren wohl
identisch mit den beiden, welche der Täufer einstmals vom
Gefängnis. aus an Jesus gesandt hatte (Lk 7, 19), identisch
vielleicht auch mit den Jo 21,2 genannten Jüngern.
Soviel über das von den Exegeten vernachlässigte dkoucag
dvexwpnge Mt 14, 13. Jetzt müssen wir auch den vierten Evan-
gelisten über den Zeitpunkt des hochbedeutsamen Vorgangs
befragen. Er stellt ja an den Eingang seines Berichtes eine
chronologische Angabe (6, 4): Es war aber nahe das Fest der
Juden. Über den Zweck dieser Angabe gerade an dieser
Stelle haben die Ausleger sich sattsam den Kopf zerbrochen,
ohne dafs es ihnen gelungen wäre, eine auch nur halbwegs
befriedigende Antwort zu geben. Einleuchtend erscheint für
einen Moment die Antwort Scheggs, der ja selbstverständ-
lich auch davon ausgeht, dals rö naoxa echt sei. So spricht
er sich denn (zu Jo I 331) also aus: Die Zeitangabe
„das Pascha war nahe“ machte Johannes, weil dieses Pascha
das einzige war, auf welches der Herr während seines öffent-
lichen Lehramtes nicht gekommen ist. Aber das rmpwWrov
weodog bei dieser Interpretation ist die Anschauung, Jesus
habe den Besuch eines Österfestes während seiner Wirksam-
keit unterlassen und habe die Tage des jüdischen Pascha
irgendwo in Galiläa zugebracht, eine Anschauung, deren Un-
richtigkeit nicht mehr weiter erwiesen zu werden braucht
160 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
(vgl. Bibl. Zeitschr. 1903, 61ff). Anders dachte Hengsten-
berg über den Zweck der Zeitangabe Jo 6, 4: Johannes
schalte dieselbe ein im Hinblick auf die nachherige Rede
Jesu vom Genuls seines Fleisches und Blutes (6, 27ff) als
des Antitypus des Paschalammes (Das Evangelium des
hl. Johannes I 342). Allein auch diese Erklärung erweist sich
nicht als probehaltig. Denn der Rede des Herrn über das
wahre Himmelsbrot liegt ganz und gar nicht das Paschalamm
als Typus zu Grunde, sondern, wie der Herr in unzweideutiger
Weise zum Ausdruck bringt, die Mannaspende in der Wüste.
Andere weisen, um den Sinn der Zeitangabe klar zu machen,
gleichfalls auf den innigen Zusammenhang hin, der zwischen
der grolsen Verheilsung (6, 27ff) und dem Pascha bestehe:
der Evangelist habe durch die Worte 6,4 seine Leser auf
die zeitliche Koinzidenz der Verheilsung der Eucharistie
und ihre Einsetzung um Ostern aufmerksam machen wollen
(vgl. Katholik 1900 II 491). Aber warum hat dann Johannes
der Bemerkung 6, 4 nicht eine andere Stelle angewiesen?
Der geeignete Platz wäre in diesem Fall am Anfang oder
noch besser am Schluls der Rede über das Lebensbrot
gewesen, etwa 6, 59, wo der Evangelist nach Anführung der
signifikanten, den Genuls seines Fleisches und Blutes betreffen-
den Ausdrücke den Ort namhaft macht, wo die ganze Rede
gehalten worden ist. Angesichts der jetzigen Stellung der
Notiz kann man nie und nimmer an eine derartige Tendenz
des Johannes bei Aufnahme jener Worte (6, 4) denken. Das
hat Keil erkannt; um aber doch die Erklärung im bezeich-
neten Sinne zu retten, zieht er Mt 14,13 bei, wonach Jesus
bei der Nachricht von der Tötung des Täufers an seinen
eigenen Tod am nächstfolgenden Pascha gemahnt worden sei
und beschlossen habe, der Menge eine Speisung zu bereiten,
um dann daran die Rede von der wahren Lebensspeise zu
knüpfen (Kommentar über das Evangelium des Johannes
244). Man mag den Scharfsinn des Gelehrten bewundern,
wird aber den ganzen Erklärungsversuch abweisen, weil er
eine Eintragung verschuldet und am Text des Johannes-
om un ei
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 161
evangeliums nicht den mindesten Halt hat. Da will die Aus-
legung noch besser gefallen, welche J. Grimm in seinem Leben
Jesu (II 4ll1ff) vorgetragen hat. Auch er anerkennt die
Wichtigkeit der Notiz Jo 6, 4 und findet darin angedeutet,
Jesus der Messias habe sein erstes und zweites Osterfest in
Jerusalem gefeiert (Jo 2, 13ff; 5, 1ff); da aber die Judäer
gleich beim ersten Pascha ihm unfreundlich begegneten und
beim zweiten bereits ihn zu töten suchten (Jo 5, 18), so wollte er
beim Herannahen des dritten Pascha Jerusalem nicht betreten,
vielmehr in Galiläa bleiben; da indes der Unglaube in Galiläa
dem Unglauben in Judäa, in Jerusalem, die Hand gereicht
hatte, so wollte er auch nicht in Galiläa die dritte OÖsterfeier
begehen, suchte vielmehr die Wüste jenseits des Sees auf, um
dort, fern vom Tempel, in seiner Weise Pascha zu feiern und
eine Art Paschamahl zu halten. Indes auch bei dieser Inter-
pretation gewahren wir wirkliche Irrtümer. Einmal ist es
unmöglich, den Ausdruck Jo 5,1 von einem zweiten Osterfest zu
verstehen, Johannes würde ja sicher T6 ndoxa twv ’loudalwv
geschrieben haben, wenn er das Osterfest meinte; darüber
dürfte man trotz aller Meinungsverschiedenheit heute ziemlich
einig sein. Sodann soll der Weggang Jesu von Galiläa nach
Peräa durch den Unglauben der Galiläer mitverschuldet ge-
wesen sein; aber wo reden doch die vier Evangelisten, da sie
den Aufbruch nach dem Ostufer erwähnen, von einem der-
artigen Motiv des Abzugs von Kapharnaum nach der Wüste
bei Bethsaida? Weiter soll der Heiland beabsichtigt haben,
in Peräa, fern von dem Mittelpunkt der Theokratie, das
jüdische Pascha zu halten und durch die wunderbare Speisung
des Volkes eine Art Paschamahl zu feiern! Aber gab es denn
überhaupt eine jüdische Paschafeier aulserhalb von Jerusalem
und fern von dem Tempel? In dieser Beziehung ist wenig-
stens der Jude Josephus, um von andern zu schweigen,
anderer Meinung (Jüd. Kr. 2, 12,136; 2, 14,3; 3, 8,3;
5, 3, 1; 6, 9, 3). Durfte der Heiland an Ostern nicht nur
selbst Jerusalem fern bleiben, sondern auch manche aus dem
Volk veranlassen, dem Gesetz und Herkommen zuwider den
Biblische Zeitschrift. II. 2. 11
162 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
Besuch von Stadt und Tempel zu unterlassen? Geben die
Evangelisten über eine derartige Absicht Jesu auch nur die
leiseste Andeutung? So hält auch die Erklärung Grimms
nicht stand, und es möge vorerst die eigentümliche Tatsache
konstatiert sein, dals die Exegeten ausnahmslos die hohe
Wichtigkeit der Worte Jo 6, 4 anerkennen, aber keiner in
der Aussprache über den Zweck der Aufnahme derselben
seitens des Evangelisten mit dem andern übereinstimmt, keiner
eine Auslegung gibt, die nicht bei genauer Prüfung Angriffs-
punkte darbietet und schliefslich als haltlos erkannt wird.
Sollte die Erscheinung nicht aus dem Umstande sich erklären,
dals die bisherige Interpretation von einer ganz unrichtigen
Voraussetzung ausgeht, von einer ganz falschen Grundlage aus
versucht worden ist? Indes mögen der Vollständigkeit halber
noch zwei letzte Interpretationen der Worte Jo 6,4 berührt
werden.
Etliche (Maier, Brückner, Ewald) behaupteten, die bezeich-
nete Angabe des vierten Evangelisten sei rein chronologisch
gemeint. Nun hat Johannes allerdings die Chronologie zum
Augenmerk gemacht; allein er gibt zeitliche Angaben ebenso
wie geographische niemals, um lediglich Zeit oder Ort zu be-
stimmen; vielmehr sind dieselben immer von ihm wohl be-
rechnet und für das Verständnis des betreffenden Abschnittes,
welchem sie einverleibt sind, förderlich oder geradezu unent-
behrlich; vgl. über die Zeitangabe 4, 6 Einl. 35l1f und über
die Ortsangabe 19, 20 Quartalschr. 1902, 172f. Es haben
darum einige Gelehrte, besonders B. Weils, gegen die rein
chronologische Bedeutung der Notiz Jo 6, 4 sich ausge-
sprochen und die sachliche Bedeutsamkeit dieser Angabe
nachdrücklichst betont; dieselbe habe eine Beziehung zu dem
unmittelbar Folgenden, sie wolle darüber Aufschluls geben,
weshalb eine so zahlreiche Volksmasse Jesu nachfolgte: es
war eben «die Nähe des Festes (Ostern), welche grölsere Volks-
massen in Bewegung gesetzt und daher ermöglicht hatte, dals
diesmal soviel mehr als sonst Jesu nachfolgten (Meyer-Weils,
3. Aufl, S. 259). Die Opposition gegen Ewald u. a. verdient
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 163
nun allerdings Beifall, nicht ebenso die positive Aufstellung
von Weils. Die grolse Volksmenge (Jo .6,5) wäre nach ihm
zusammengesetzt gewesen aus Festpilgern, welche auf der
Reise nach Jerusalem zur Feier des bevorstehenden Pascha be-
griffen waren. Allein dies ist unmöglich. Denn Festpilger
müssen wir uns durchgehends mit Mundvorrat, der wenigstens
auf 3—4 Tage reichte, ausgerüstet denken; bis zum heutigen
Tag gibt es im Orient und speziell ın Palästina keine andere
Art des Reisens, was den Kundigen nicht besonders bewiesen
werden darf. Ganz direkt aber widerspricht der gemeinten
Auffassung der Bericht der Synoptiker, von welchen Markus
uns am genauesten unterrichtet. Danach fiel die Ansamm-
lung der Volkshaufen an dem Ort, wo Jesus zuerst war, d.h.
in Kapharnaum, der Zeit nach mit der Rückkehr der Apostel
von der Missionsreise zusammen (Mk 6, 31—32) und war
augenscheinlich durch die vorhergehende Predigt derselben
veranlalst und herbeigeführt worden. Nach der Anweisung des
Herrn (Mt 10, 7) hatten die Apostel überall den Ruf erhoben:
„Das Reich der Himmel ist nahe gekommen.“ Das war niclıts
anderes gewesen als eine Einladung an die Angehörigen Israels,
sich um den grolsen Propheten, der aus Galiläa erstanden, zu
scharen und seine dem Moses ähnlichen Grolstaten zu schauen;
aus den Worten des Markus (6, 30): „Die Apostel sammelten
sich bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und
was sie gelehrt hatten“, geht hervor, dals Jesus für die Rück-
kehr der Apostel schon bei deren Auszug einen bestimmten
Tag festgesetzt hatte; die Leute folgten aus allen Gauen und
Städten den Aposteln unmittelbar nach und fanden sich in
Massen zu Kapharnaum ein; es herrschte allda ein gewaltiges
Gedränge, und die Spannung auf das, was kommen sollte, war
eine hochgradige: es waren der Kommenden und Gehenden
viele, und nicht einmal hatten sie (die Jünger) Zeit zum Essen
(Mk 6, 31). Da gab der Heiland das Zeichen zum Aufbruch
von Kapharnaum, um an dem einsamen Orte jenseits des
Sees, in der dortigen Wüste, dem Volke durch eine Manna-
spende sich als den „zweiten Moses“ zu erweisen. Dieses
11*
164 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
Motiv des Aufbruchs Jesu von Galiläa nach Peräa deutet
wenigstens Johannes: durch seine Berichterstattung bestimmt
genug an. Dafls aber die Erwartung der Volksmenge auf
eine Spende der Art gerichtet war, gibt der vierte Evangelist
durch seine Worte 6, 14 zu verstehen. Doch ehe wir diesen
Punkt weiter beleuchten, möge noch etwas anderes zur Sprache
kommen.
Wie verhält es sich mit dem Umzug der Volksmassen
nach dem jenseitigen Uter des Sees? Als Jesus das Schiff
bestiegen hatte und hinausfuhr, sahen und erkannten viele
seinen Wegzug in Begleitung der Jünger (Mk 6, 33). Auf
diese Wahrnehmung hin eilten die Volkshaufen von Kaphar-
naum auf dem Landwege um die Nordseite des Sees herum
auf die Ostseite desselben in die Nähe des am östlichen Ufer
des Jordan auf einem nördlichen Ausläufer des el-äret ge-
legenen Bethsaida (heute chirbet sweda: Zeitschr. des deut-
schen Palästina-Vereins IX 2, S. 120); aus der Richtung,
welche das Schiff Jesu genommen, hatte man diese Gegend
als das Ziel seiner Reise erkannt. Die Volksmassen waren
am Ostufer des Sees überhaupt angekommen, ehe der Heiland
mit seinen Jüngern landete (Mk 6, 33: nponjAdov qautoug);
diese Landung erfolgte aber dann nicht etwa angesichts der
Volksscharen, sondern an einem vom Standort derselben ab-
gelegenen Punkte des Seeufers. Von der Landungsstelle be-
gab sich der Heiland auf den von den Anwohnern schlecht-
weg genannten Berg (öpog xar &Zoyxnv) el-äret, nördlich vom
Wadi Semak, damit er von den durch die Katiha-Ebene heran-
ziehenden Volksmassen schon von weitem gesehen werden
könnte. Während des Herannahens der Scharen verzehrten
die Jünger die Brote, welche sie vor ihrer Abfahrt wegen
des Volksandrangs nicht hatten essen können (Mk 6, 31) und
darum in ihren zwölf Handkörben mitgenommen hatten (Jo
6, 13; vgl. Mk 8,13 14). Dies ist nicht etwa eine blolse Ver-
mutung, sondern wird durch Jo 6,5 nahegelegt, durch die
Worte Jesu an Philippus: „Woher sollen wir Brote kaufen
können, dals diese essen können?“ Indem der Herr das
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 165
spricht, weist er auf die herannahenden Volksmassen hin und
stellt dieselben in Gegensatz zu den Jüngern, welche eben
ihre mitgebrachten Brote verzehrten; beachte die Stellung von
oötoı am Ende. Diese Worte des Herrn sind bedeutsam und
für die Erfassung der Situation sehr wichtig. Er spricht da-
mit in aller Form aus, dafs die nahenden Tausende keine mit
Mundvorräten ausgerüsteten Festpilger waren, die von dem
Ort der Speisung nach Jerusalem zur Österfeier aufbrechen
wollten, sondern Angehörige Israels, hauptsächlich, wenn auch
nicht ausschliefslich, aus Galiläa, welche auf die Predigt der
Apostel hin in ganz bestimmter Hoffnung und Absicht zu-
sammengekommen waren, um Jesus, den grolsen Propheten,
zu sehen und durch seine Vermittlung Gnaden und Segen
zu erfahren, wie einst die Väter durch die Hand des Moses.
Aber damit ist die Bedeutsamkeit der bezeichneten Worte
Jo 6,5 noch nicht völlig herausgestellt. Sie zeigen die
Haltlosigkeit der Behauptung, der Bericht des Johannes
widerspreche den Angaben der Synoptiker; eine derartige
Behauptung hat unter anderem B. Weils aufgestellt. Er
führt aus: Nach der synoptischen Darstellung habe die über
dem Lehren und Heilen herangekommene späte Tagesstunde
(Mt 14,15) oder das lange Verweilen der Menge bei ihr das Be-
dürfnis (den Hunger) herbeigeführt, welches nach der Erzählung
der Synoptiker die Jünger bemerken, während nach Johannes
Jesus selbst zuerst darauf aufmerksam mache; als geschichtlich
zuverlässiger präsentiere sich in offenkundiger Weise der synop-
tische Bericht (Meyer-Weils zu Jo S. 261). So kann man nur
argumentieren, wenn man übersieht, dafs Jo 6, 5 gar nicht den-
selben Zeitmoment im Auge hat wie die Synoptiker. Der Herr
stellte seine Frage Jo 6,5 an Philippus, als er auf dem Berge war
und die Volksmenge in der Ferne herankam (deaoauevos Örtı
toAüg ÖxAog Epxeraı trpög autöv); die Frage war veranlalst durch
das Essen der Jünger. Die von den Synoptikern berichteten
Verhandlungen Jesu mit den Jüngern (Mt 14, 15ff. Mk 6, 35ff.
Lk 9, 12ff) fanden nach dem Lehren und Krankenheilen
statt, also einige Stunden später, gegen den Abend hin. Der
166 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
Heiland war wohl um die Mittagszeit (vgl. Mk 6, 31) von
Kapharnaum abgefahren und kurz nach 2 Uhr am jenseitigen
‘ Ufer angekommen; die Entfernung von Kapharnaum bis zum
Berge el-aret jenseits des Sees beträgt 8 Kilometer. Um
3 Uhr ungefähr kamen die Scharen am el-aret an, darauf
folgte das, was die Synoptiker berichten, Johannes dagegen
übergangen hat: der Herr heilte die Kranken und fing an
viel zu lehren (Mk 6, 34). Der Herr zog wohl absichtlich die
Zeit in die Länge, um die Rückkehr der Leute zu Fufs in
ihre Heimatsorte unmöglich zu machen — nach Cod. D zu
Jo 6, 59 fand der Vortrag Jo 6, 25ff in der Synagoge zu
Kapharnaum am Sabbat, sonach das Wüstenwunder an einem
Freitag statt. Der sog. erste Abend (3—6 Uhr abends)
war schon stark vorgeschritten (Mt 14, 15); daher traten die
Jünger zu Jesus und sagten: Wüste ist der Ort, und die Zeit
(= Tageszeit, wpa) ist schon vorüber (Mt 14,15 = Mk 6,35: hön
wpa toAAn, schon ist die Tageszeit weit vorgeschritten); ent-
lasse das Volk in die nächsten Dorfschaften und Gehöfte.
damit sie dort Nachtquartier und Proviant finden. An eine
Rückkehr nach der andern Seite des Sees war beim Mangel
der notwendigen Schiffe nicht zu denken. Der Herr erwiderte
den Zwölfen: „Gebet ihr ihnen zu essen.* Sie antworteten:
„Sollen wir hingehen und für 200 Denare (augenblicklicher Be-
stand der Kasse) Brot kaufen?“ Er sagte: „Wieviel Brote
habt ihr? Gehet und sehet nach“ (Mk 6, 37). Hier setzt nun
der vierte Evangelist wieder ein mit den Worten: „Es spricht zu
ihm einer von den Jüngern, Andreas, der Bruder des Simon
Petrus — somit derselbe, welcher nach 1, 42 spricht: Whır
haben den Messias gefunden —: Es ist ein Knabe hier“ usw.
Man sieht: es liegt bei Johannes auch in diesem Betreff eine
Ergänzung der Synoptiker vor, durch welche aber die Angabe
der letzteren über die Auseinandersetzung zwischen Jesus und
den Jüngern nicht umgestolsen wird. Zwischen den Synop-
tikern und Johannes besteht sonach vollkommene Har-
monie, keine Spur von einer Differenz, und die Bericht-
erstattung des Johannes verrät gerade durch die ergänzende
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 167
Mitteilung (6, 5) den augenzeugenschaftlichen Charakter, wie
nicht minder durch die Bemerkung 6, 15, durch welche uns
der Evangelist darüber aufklärt, dafs der Heiland nicht auf
dem Berge geblieben ist, sondern nach der Ankunft der
Volksmenge vom Berge in ein Tal herabstieg, wo die Speisung
stattfand, worauf er sich dann, damit sie ihn nicht fortreilsen
und zum Könige proklamieren könnten, wieder auf den Berg
zurückzog. |
Aus der bisherigen Darstellung wird man erkennen, dafs
für die Würdigung der vierfachen Berichterstattung alles auf
die derselben zugrunde liegende, von den Verfassern voraus-
gesetzte Situation ankommt, und darüber klärt uns der vierte
Evangelist entschieden am besten auf. Die Worte von Weils
können auf Richtigkeit keinen Anspruch machen: Es kommt
dem Johannes nicht auf eine möglichst korrekte Darstellung
des wirklichen Hergangs an, sondern auf eine Hervorhebung
seiner tieferen Bedeutung; er kann sich bereits dieses so be-
deutungsvolle und folgenschwere Wunder nur noch als von
Jesus prämeditiert denken; ihn interessieren nicht mehr die
Details, welche dasselbe veranlafsten, sondern er beginnt die
Erzählung mit dem Worte Jesu, das schon den Entschluls
der Speisung in sich trug, und falst dasselbe als eine Prüfungs-
frage an einen der Jünger (a.a. 0.261). Die Kenntnis des Her-
gangs setzt der vierte Evangelist allerdings bei seinen Lesern
voraus, da er ja für solche Christen schreibt, welche über
denselben wie über die andern Hauptereignisse aus dem
Leben Jesu bereits teils durch seine mündliche Predigt teils
aus der Lektüre der Synoptiker unterrichtet waren; aber
allein schon durch die seinem Berichte einverleibten Worte
Jesu an Philippus zeigt Johannes sein lebhaftestes Interesse
an dem erzählten Vorgang. Darin liegt nicht, wie Baur u.a.
meinten, eine tendenziöse Umbiegung der synoptischen Über-
lieferung, sondern ein augenfälliges Anzeichen der geschicht-
lichen Treue des johanneischen Berichtes. In dem denkwür-
digen Abschnitt 1, 35ff, in welchem der Autor durch male-
rische Anschaulichkeit der Erzählung und namentlich durch
168 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
die genauen Zeitangaben sich als Augenzeugen kenntlich macht
(Einl. 299), hat Johannes (1, 46) das Wort berichtet. mit
welchem einstmals Philippus die frohe Kunde über die Be-
kanntschaft mit Jesus dem Nathanael mitteilt: Denjenigen,
von welchem Moses im Gesetz und die Propheten geschrieben,
haben wir gefunden. Philippus dachte hierbei in erster Linie
an die Prophetie des Moses Dt 18,15 18. Wie dem Evan-
gelisten nun dieses Wort des Philippus zeitlebens im Gedächt-
nis haften geblieben, so auch das Wort Jesu an Philippus
vom grolsen Tage der wunderbaren Speisung: „Woher sollen
wir Brote kaufen, damit diese zu essen bekommen?“ Er
falste diese Frage Jesu an Philippus als eine Prüfungsfrage,
wodurch er demselben den Gedanken nahelegen wollte, dals
jetzt, wo eine zahlreiche Volksmenge sich zusammengefunden,
der Augenblick gekommen sei, wo er, Jesus, sich wirklich als
den mosesähnlichen messianischen Propheten bewähren werde,
wie es Philippus gleich beim ersten Zusammentreffen erwartet
habe. Johannes will andeuten, dals der Heiland dem Philippus
nicht zuviel zugemutet habe, wenn er eine derartige Gedanken-
operation von ihm erwartete, da ja die augenblickliche Situation
gleichsam von selbst dazu anregte: viel Volk, in der Wüste,
ohne Speisevorräte, was alles an das Volk Israel beim Durchzug
durch die Wüste erinnerte und an die Speisung mit Manna
unter Moses, zumal wenn das Laubhüttentest nahe bevor-
stand (vgl. van Bebber, Katholik 1899 I 209f). Soviel
vorerst über die Einrede, Johannes habe sich das Wunder
der Brotvermehrung nur noch als von Jesus prämeditiert
denken können.
Welche Aufmerksamkeit Johannes der Speisung in der
Wüste nahe bei Bethsaida zuwandte, erhellt übrigens am
besten daraus, dals dieses Ereignis nebst dem Wandeln auf
dem See das einzige Wunder ist, welches er seinem Evangelium
einverleibt hat, trotzdem er dasselbe wie jenes Seewandeln
schon bei den Synoptikern berichtet vorfand. Er fügte seiner
Evangelienschrift die Erzählung der beiden Ereignisse ein,
um so das Verständnis der nachfolgenden Synagogenrede Jesu
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 169
über das Lebensbrot anzubahnen, indem er den Lesern den
Gedanken suggerieren will: der, welcher nach dem Vorbilde
des Moses dem Volke in wunderbarer Weise Nahrung für den
Leib schafft, kann auch ein wahrhaft himmlisches Brot zur
Nahrung der Seele und zur Grundlegung des ewigen Lebens
reichen; er, welcher über die Wogen des Meeres wandelt,
kann seinen irdischen, aus Fleisch und Blut bestehenden Leib
in einen überirdischen, vergeistigten und verklärten Zustand
versetzen. Aber freilich, wer jene Rede über das Brot des
Lebens verstehen wollte, mufste Kenntnis von dem Motiv be-
sitzen, welches den Heiland bei der Verrichtung des Wunders
der Brotvermehrung und des Wandelns auf dem See beseelte:
er wollte sich dadurch vor den Jüngern und allem Volke als
den von Moses verheilsenen und dem Moses ähnlichen Propheten
erweisen, der, wie es einstmals Moses tat, dem Volke Manna
und Wasser spendet (Dt 18, 15 18). Es verrät einen tief
durchdachten Plan, wenn der vierte Evangelist den Heiland am
Schlufs seiner an Pfingsten zu Jerusalem gehaltenen Rede
eine bezügliche Andeutung geben läfst (5, 39ff). Dort führt
der Heiland nach Johannes gegenüber den Judäern in Jeru-
salem dem Sinn nach aus: Ihr durchforschet die Schriften des
Moses und der Propheten nach messianischen Zeugnissen, und
das ist an sich ganz lobenswert; und wenngleich ihr damit
einen schweren Fehler begeht, dals ihr die Schrift zur
alleinigen Norm und Schiedsrichterin wählet und das von mir
geltend gemachte Wunderzeugnis Gottes eures Vaters ver-
schmäht, so könnten euch doch eben jene Schriften zur Wahr-
heit führen. Denn eben sie sind es, welche von mir als Messıas
und Lebensspender zeugen; der Heiland versteht unter den
vpapai vor allem die Schriften des Moses und berücksichtigt
darin in erster Linie die Haupt- und Grundstelle Dt 18, 15 18:
„Einen Propheten werde ich ihnen erwecken aus der Mitte
deiner Brüder ähnlich dir, und ich werde meine Worte ın
seinen Mund legen, und er wird zu ihnen reden, was ich
ihm auftrage.“ Der Heiland nimmt sonach das Schriftzeug-
nis des Moses für sich in Anspruch und gibt den Juden am
170 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
Pfingstfeste zu verstehen: ich bin der von Moses geweissagte
Prophet und werde ähnlich wie Moses Mittler sein zwischen
Gott und dem Volke, ich werde ähnlich wie Moses Wunder
verrichten, wie er in wunderbarer Weise ein Manna und
Wasser spenden; ebendadurch werde ich mich als den moses-
ähnlichen messianischen Propheten bewähren. Indem nun der
vierte Evangelist seinen Bericht über Jesu Auftreten am Pfingst-
feste zu Jerusalem (782) mit dem Hinweis Jesu auf die ge-
nannte Prophetie des Moses abschlielst und sofort im weiteren
Abschnitt (Kap. 6) das Wunder der Brotvermehrung berichtet,
hat er letzteren Bericht auf die wirksamste Weise vorbereitet,
wie anderseits das Wunder der Brotvermehrung selbst wieder
nach vorwärts wirkt und das Verständnis der Rede über die
Eucharistie anbahnt. Diesen Abschnitt aber konnte der Evan-
gelist nicht passender einleiten als durch eine kurze Angabe
über die Nähe nicht des Oster-, sondern des Laubhütten-
festes: es war aber nahe das Fest der Juden xar &Zoynv =
das Hüttenfest, wo sonach schon der Gedanke an die Reise
nach Jerusalem auftauchte und der Grundgedanke der Laub-
hüttenfeier bereits alle beschäftigte, nämlich die Erinnerung
an jene Periode der israelitischen Geschichte, wo der Herr
das Volk in der Wüste in Hütten hatte wohnen lassen (Lv
23, 42f) und durch die Vermittlung des Moses dasselbe
wunderbar genährt und mit Trank gelabt hatte; wenn der
Heiland in solchem Zeitpunkt eine grolse hungernde Menge
in der Wüste speiste, so mulste wohl über Absicht und Ten-
denz bei den Augen- und Ohrenzeugen eine Ahnung aufsteigen,
dals er nämlich sich als den mosesähnlichen messianischen
Propheten erweisen wollte.
Hier wird man nun freilich im Tone des Einwurfs fragen:
Erkannte Philippus, erkannten die übrigen Apostel die Absicht
des Herrn? Erkannten sie die Bedeutung der wunderbaren
Speisung und deren Beziehung zu der bald folgenden Rede
über das Lebensbrot? Diese Fragen sind mit Entschiedenheit
zu verneinen angesichts der Berichterstattung des Markus,
welcher (6, 52) bezeugt, dals die Jünger „bei den Broten“,
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 171
d. h. bei der wunderbaren Speisung, nicht zur Einsicht ge-
kommen, da ihr Herz verhärtet gewesen sei; erst infolge des
Seewandelns erkannten sie, dafs Jesus der von Moses ver-
heilsene Messias sei (Mt 14, 33). Aber zu der Zeit, wo Petrus
zu Rom die Reden und Taten Jesu in Predigt und Katechese
verkündigte und Markus das von Petrus Vorgetragene den
Zuhörern verdolmetschte und dann auf Grund dieses Dienstes
in einer Evangelienschrift fixierte (42—44), konnte der Apostel-
fürst jenes einstige Nichtverstehen nur aus augenblicklicher
Verblendung erklären, indem er sagt: Wir waren förmlich mit
Blindheit geschlagen (Mk 6, 52). Warum urteilt er nachmals
so hart? Augenscheinlich darum, weil er sich vorhielt: der
Herr hat seinerseits alles getan, um uns die Bedeutung der
wunderbaren Brotvermehrung und deren Beziehung zu der
nachfolgenden Rede in Kapharnaum klar zu machen; er zeigte
ein aulserordentlich planvolles Verfahren. Denn er führte uns
von Kapharnaum weg über den See in die Wüste bei Beth-
saida und speiste dort eine zahlreiche nach Brot hungernde
Volksmenge; er tat dies angesichts des nahe bevorstehenden
Laubhüttenfestes; das hätte uns doch an die Weissagung
der Väter bzw. an die wunderbare Speisung derselben mit
Manna unter Moses erinnern und über die Absicht Jesu bei
Verrichtung des Wunders aufklären sollen, dafs er nämlich
sich als den mosesähnlichen Propheten und als Messias er-
weisen wollte, zumal da er uns über sein Motiv durch die
prüfende Frage an Philippus einen Wink gegeben und schon
früher (am Pfingstfeste) in aller Form (Jo 5, 39) angekündigt
hatte, dafs er ähnliche Taten verrichten werde wie Moses,
zumal da an die Brotvermehrung sich das Wandeln auf dem
See anschlols, welches uns an den Durchzug durch das Rote
Meer erinnerte, da der Herr durch das Wandeln nach dem
westlichen Ufer den Nachstellungen des Volkes, das ihn zum
König machen wollte, entging, wie Moses durch jenen Durch-
zug den Anschlägen der Ägypter. Trotz alledem blieb der
Sinn der Speisung uns verborgen, während selbst in dem
Volke eine Ahnung aufstieg, dafs Jesus durch diese Tat sich
172 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
als den wahren, von Moses geweissagten, dem Moses ähnlichen
Propheten bewährt habe (Jo 6,15). Aus solcher Gesinnung
und Erwägung heraus ist das sicher auf Petrus zurückgehende
Wort bei Markus (6, 52) über die Verblendung der Jünger
in der Stunde der Volksspeisung in der Wüste gesprochen.
Der vierte Evangelist aber hat uns erst das Verständnis des von
den Synoptikern berichteten Vorgangs und des Zusammen-
hangs desselben mit dem Vorhergehenden und Nachfolgenden
vermittelt; indes hängt in erster Linie alles von der richtigen
Auffassung der Angabe 6,4 ab; wenn diese sich auf das
Laubhüttenfest bezieht, breitet sie die Helle des Tageslichtes
über die ganze Perikope und was sich daran anschlielst, aus;
nicht so, falls sie auf das Osterfest ginge. Die wunderbare
Volksspeisung in der Wüste war eine Antizipation der Laub-
hüttenfeier, und die darauffolgende Rede über das Brot des
Lebens war eine antizipierte Laubhüttenpredigt, die den
Mannatypus zum Gegenstand hatte und ihr Pendant fand in
den auf die mosaische Wasserspende bezüglichen Worten Jesu
Jo 7, 38. Der lange, fruchtlose Streit der Exegeten über
Sinn, Bedeutung und Zweck der Angabe Jo 6, 4 würde er-
spart geblieben sein, wenn das anstölsige TO tdoxa vor
n &oprn als ein späteres Einschiebsel erkannt worden wäre.
Nach der Speisung nötigte der Herr die Jünger, sofort
in das Schiff zu steigen und ihm nach dem jenseitigen Ufer
voranzugehen; er selbst wolle vorerst das Volk entlassen (Mk
6,45). Das Ziel der Fahrt war sicher Kapharnaum (vgl. Jo
6,17). Da Jesus den Jüngern die Weisung gab, nach dem
westlichen Ufer des Sees überzusetzen, so sagte er ihnen da-
mit gewissermalsen voraus, was er zu tun vorlatte, dafs er
nämlich über die Wogen des Sees wandelnd sie einholen
werde. Man beachte nun aber bei Markus die Beifügung von
npög Bndcaidav zu eis To rrepav. Will damit das Reiseziel
der Jünger angegeben werden? Aber dann wäre eine Difie-
renz zwischen Markus und Johannes zu konstatieren, da
letzterer (6, 17) Kapharnaum! als Ziel angibt; an dieser An-
gabe hat man um so melır festzuhalten, weil, wie wiederholt
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 173
bemerkt, auch nur Kapharnaum als Ort der Abfahrt ans Ostufer
gedacht werden kann, so dafs es sich tatsächlich um die Rück-
kehr nach dem Ausgangspunkt der Fahrt handelt. Eine Diffe-
renz wollten freilich die Exegeten nicht zugeben bzw. dieselbe
durch allerlei Kunststücke beseitigen. Indes dürfte Markus
mit npög Bndoaidav gar nicht das Reiseziel namhaft machen,
vielmehr sagen wollen: Jesus gab seinen Jüngern die Weisung,
nicht via recta nach Kapharnaum überzusetzen, sondern vor-
läufig dem Ostufer entlang in der Richtung nach dem an der
Nordostspitze des Sees gelegenen Bethsaida zu fahren. Wenn
die Jünger infolge dieser Anweisung auf den Gedanken ver-
fielen, Jesus werde am Ende nach Entlassung des Volkes an
einem etwas nördlicher, Bethsaida zu gelegenen Punkte des
Seeufers in das Schiff einsteigen wollen, um mit ihnen Kaphar-
naum zu erreichen, so war dies eine Täuschung, aber eine un-
schädliche oder gar nützliche, da ihnen so der Plan Jesu, sie
durch Wandeln auf dem See einzuholen, vorerst noch ver-
borgen blieb. Wenn man die Markusstelle also erklärt, und
ich sehe nirgends ein Hindernis für diese Erklärung, so ge-
langt man erst zum vollen Verständnis von Jo 6, 17: „Und
eingestiegen in das Schiff, waren sie (die Jünger) auf der
Fahrt über den See nach Kapharnaum begriffen (Apxovro),
sc. indem sie dem Nordostufer entlang fuhren, und schon war
es dunkel geworden, und noch nicht war Jesus zu ihnen in
das Schiff gekommen.“ Allmählich befreundeten sich dann
wohl die Jünger mit dem Gedanken, der Herr werde auf dem
Landweg um den See herum Kapharnaum aufsuchen, was ihnen
im weiteren Verlauf um so wahrscheinlicher erscheinen mochte,
weil der Herr bei ihrem Aufbruch nicht ausdrücklich vom
Einsteigen bei ihnen gesprochen hatte. Nachdem sie dann aber
25—30 Stadien — der See war im ganzen 40 Stadien breit
(Jos., Jüd. Kr. 3, 10, 7) — gefahren waren, holte sie Jesus ein;
er war demnach, wie Johannes durch seine Angabe ausdrücken
will, eine ganz beträchtliche Strecke über den See gewandelt.
Wenn man die Markusstelle (6, 45), wie man kaum anders
kann, also auslegt, so fällt die Hauptstütze für die Hypothese
174 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
von einem doppelten Bethsaida am See Genesareth dahin.
Es mülste wirklich als sehr auffallend bezeichnet werden,
wenn in so unmittelbarer Nähe voneinander zwei Orte mit
gleichem Namen existiert haben sollten, einer nördlich von
Kapharnaum, ein zweiter in geringer Entfernung vom Nordost-
ende des Sees, jenseits des Jordans. Josephus kennt eine xwun
in Gaulanitis, unweit der Mündung des Jordan in den See,
welche von Herodes Philippus zur Stadt erhoben und nach
der Tochter des Augustus Julias genannt wurde (Antt. 18, 2,1.
Jüd. Kr. 2, 9,1; 3, 10,7). Damit stimmen die Angaben
der Evangelisten vollkommen überein; denn sie führen häufig
einen Ort am Ostufer des Sees an, welchen sie bald eine
Stadt (Jo 1,45. Lk 9, 10) bald einen Flecken nennen (Mk
8, 22 23; vgl. Mk 6, 32 45. Mt 11, 21. Lk 10,13. Jo 6, 1;
6, 16f 21). Die Stelle Jo 12, 21 spricht nicht gegen diese
Auffassung; das dort zu Bndcaida beigefügte tig Takıkaias
muls nicht vom Westjordanlande verstanden werden, da auch
Orte im Osten des Sees, z. B. das gleichfalls in Gaulanitis
gelegene Gamala, als galiläisch bezeichnet werden (Jos., Antt.
18,1, 1und 6; Jüd. Kr. 2, 20,4). Bethsaida war die Heimat
des Petrus, Andreas und Philippus (Jo 1, 45; 12, 21); wenn
diese Männer wie überhaupt die Apostel (von dem Verräter
Judas hat man dabei abzusehen) als Galiläer bezeichnet
werden (Mt 26, 43ff. Mk 14,70. Apg 1,11; 2,7), so ist das
ebensowenig befremdlich, als wenn Josephus den bekannten
Empörer Judas aus Gamala in Gaulanitis „den Gealiläer“
nennt. Demnach dürften Riels (im Bibel-Atlas 7) und Hug
(Einl. I 27) ın dieser Sache das Richtige getroffen haben,
wenn man gleich bei beiden eine Erklärung der Stellen
Mk 6,45 und Jo 6,17 vermilst; ihnen ist auch Guthe (im
Bibelwörterbuch) beizuzählen, da er gleichfalls die Hypotlıese
von zwei Orten mit Namen Bethsaida ablehnt, hingegen eig
to nepav an der Markusstelle von einer gegenüberliegenden
Seite einer Bucht am östlichen Ufer versteht, eine Aus-
legung, welche nach dem ganzen Zusammenhang unbedingt
unrichtig ist.
Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 175
Die Volksmenge kam erst andern Tags zu Schiff vom
östlichen Ufer des Sees an das westliche, nach Kapharnaum.
Am Tage der Speisung selbst harrte sie jenseits aus. Viel-
leicht hatten einzelne die Weisung des Herrn an die Jünger
(Mk 6, 45) vernommen, so dals sie dann die Wege nach Beth-
saida scharf bewachten. Jedenfalls war das Volk am andern
Morgen gewils, dals Jesus ebensowenig auf dem Landwege
als zu Schiff vom östlichen Ufer an das westliche gekommen
war. Eine Ahnung von dem wunderbaren Vorgang scheint in
ihm aufgestiegen zu sein, wenigstens lälst die Frage Jo 6, 25
dies vermuten: „Meister, wann (nicht wie) bist du hierher ge-
kommen?“ In diesem Betreff sind wir ausschlielslich auf
Johannes angewiesen; freilich liegt die Erklärung des kleinen
Abschnittes 6, 22—24 im argen. Die Lesart schwankt gleich
anfangs; doch haben sich die letzten Herausgeber (Nestle,
Brandscheid, Hetzenauer) wie auf Verabredung hin, ebenso
wie viele vor ihnen, für eidov (Brandscheid eidev) entschieden;
es läge dann eine Constructio ad sensum vor (6 ÖxAog eidov),
was ja gewils nicht ungewöhnlich wäre. Aber was wollen
dann diese Worte überhaupt: Am andern Tag sah das Volk,
dals, sc. tags zuvor, kein anderes Schiff da war und dals Jesus
nicht mit seinen Jüngern in das Schiff gestiegen war, sondern
seine Jünger allein (ohne Jesus) abgefahren waren? Das wäre
ja ein Unsinn! Weizsäcker hat das gefühlt und darum das
eidov eigentümlich wiedergegeben: es erwog die Menge; indes
hat er zu dieser Übersetzung kein Recht, da ideiv nicht er-
wägen bedeutet. Da hat einmal wieder der Philologe Blals
in seiner Ausgabe des Johannesevangeliums das Richtige ge-
troffen; ich muls zwar bestreiten, dafs er den Text an der
Stelle durchweg richtig hergestellt hat; aber zum Verdienst
gereicht es ihm, dals er eiöwg aufgenommen (cum scirent)
statt des sinnlosen eidov, so dafs Johannes berichtet: Tags
darauf bestieg die Volksmenge, welche jenseits am See stand,
da sie sicher wulste, dals aulser dem Schiffe Jesu kein anderes
dagewesen und dafs Jesus bei der Abfahrt der Jünger auf
demselben sich nicht befunden hatte, von Tiberias her-
1176 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend.
gekommene Schiffe und fuhr nach Kapharnaum. Gilatt ist frei-
lich die Konstruktion nicht: rn &rraupıov gehört nicht zu eidwsg,
sondern zu dem Hauptverbum, welches erst in V. 24 folgt:
eveßnoav kai HAdov; es liegt ein Anakoluth vor, veranlalst durch
den Zwischensatz: AaAX\a YA8ov rAorapıa; nach diesem fährt
der Evangelist in veränderter Konstruktion fort: Öte oUV eidev
6 dxAog, und bringt dann erst das Hauptverbum.
Ergebnis. Die Berichterstattung der vier Evangelisten
über das Speisungswunder in der Wüste von Bethsaida ist un-
angreifbar; irgend ein Widerspruch zwischen der Darstellung
der Synoptiker und jener des Johannes existiert nicht. Den
tiefsten Einblick in die Bedeutung der grofsen Wundertat
und deren Beziehung zu der nachfolgenden Rede Jesu zu
Kapharnaum gewährt Johannes, aber nur unter der Voraus-
setzung, dafs er 6,4 das Laubhüttenfest im Auge hat.
Miszelle zu Mt 19, 24 und Parall.
In einem kürzlich erschienenen Schriftchen erzählt Pfarrer
J. Kousal, dals er während seiner Palästinareise aus dem
Munde arabischer Matrosen die Bezeichnung kamilon für
Schiftstau hörte, was ihm sofort den bekannten Ausspruch
Christi ins Gedächtnis rief. Die Deutung xdaunAog = Schifls-,
Ankertau, überhaupt „starkes Seil* fand erwiesenermalsen
schon im Altertum Vertreter; ein angebliches ÖOrigenes-
Scholion erwähnt Schanz (Kommentar 416); ein anderes,
dem Photius zugeeignet, fast gleichen Wortlautes mit dem
vorigen, bringt Cramer (Cat. I 488). Bar Hebr. (Schol. in
evang. s. Mt) sagt, dals Oyrillus diese Erklärung vorgetragen,
und Moses bar Kepha eine ähnliche: „grofser (starker) Balken“.
Vgl. auch Theophyl. und Euthym. zur Stelle. Sophocles er-
wähnt in seinem Greek Lexicon auffallenderweise diese Be-
deutung des xaunAog mit keiner Silbe. Unbeachtet blieb auch
Herklotz, Miszelle zu Mt 19, 24 und Parall. 177
meines Wissens bis jetzt die armenische Übersetzung des
Verses; dieselbe liest malh, welches „Tau, Seil“ bedeutet,
verstand also xdunAog in diesem Sinne. Nimmt man die an-
geführte Beobachtung hinzu, wird man sich der Annahme nicht
völlig verschlielsen können, xaunkog habe wirklich diese Bedeu-
tung gehabt. Es braucht aber ebensowenig ein echt griechi-
scher Ausdruck zu sein, wie käunAog = Kamel, worauf bereits
Fraenkel (Die aram. Fremdwörter im Arab., Leiden 1886,
228f) hinwies, und zu aram. 85%), wovon die arabischen
Formen sowie das griechische Wort ihren Ursprung herleiten
werden, bietet jetzt Brockelmann (Lexic. syr.) Belege. Das
kamilon (man beachte die Endung) jener Araber — wenn es
wirklich solche waren — würde sich demnach als Rück-
entlehnung aus dem Griechischen darstellen. Ob der Matthäus-
übersetzer kdunAog bei vorauszusetzendem &5D) des Originales
in der einen oder andern Bedeutung nahm, wird sich kaum
entscheiden lassen.
Leitmeritz. Dr Fr. Herklotz.
Biblische Zeitschrift. II. 2. 12
Wann und wie hat Paulus ‚‚Christum nach dem
Fleische gekannt“ (2 Kor 5, 16)?
Von Prof. Dr Valentin Weber in Würzburg.
Der schwierige Vers 2 Kor 5, 16 ist noch nicht befrie-
digend erklärt. Meines Erachtens enthält er ein wichtiges
Selbstzeugnis des Völkerapostels über die Entwicklung seiner
christlichen Erkenntnis.
Gegenüber böswilligen Mifsdeutungen seines apostolischen
Eifers betont Paulus die Selbstlosigkeit seines Wirkens: er
suche nur Gottes Ehre und der Menschen Heil (5, 13); denn
die Opferliebe des Gekreuzigten sei ihm Beweggrund und Vor-
bild für das eigene Handeln, seitdem ihm die Erkenntnis auf-
gegangen, was des Messias Kreuzestod im göttlichen Heils-
plane bedeute und bezwecke (5, 14f). In Form einer Folgerung
fährt nun Paulus fort: „Daher kennen wir (Hueic) von jetzt
an niemand nach dem Fleische; wenn wir auch gekannt
haben nach dem Fleische Christum, so doch jetzt nicht mehr
kennen wir (ihn und die Menschen nach dem Fleische)“ (5, 16).
Der Bedingungssatz 16b hat in alter und neuer Zeit sehr
mannigfache Auslegung gefunden, doch können viele dieser
Deutungsversuche für abgetan gelten. Denn die neueren Er-
klärer halten mit guten Gründen und ziemlich einhellig ein
Dreifaches fest: a) Subjekt ist wie in 16a Paulus (und seines-
gleichen) im Gegensatz zu den judaisierenden Lehrern, also
nicht etwa andere im Unterschied von Paulus, sondern
gerade dieser selbst in erster Linie; er spricht nur, wie oft,
im Plural, indem er seinesgleichen einschliefst — vielleicht
mit ebenso kühnem Idealismus wie an manchen andern Stellen;
Weber, Wann u. wie hat Paulus „Christum nach dem Fleische gekannt“? 179
also: wir= ich, unsereins. b) „Nach dem Fleische kennen“
heifst nicht etwa „von Angesicht kennen“, als ob Paulus sagen
wolle, er habe Jesum in dessen irdischen Tagen gesehen und
persönlich gekannt, sondern geht auf ein fleischliches Beurteilen,
d.i. auf Christus bezogen, auf ein Beurteilen desselben nach
einem irgendwie jüdisch-pharisäischen Malsstabe. c) Xpıotöv
heilst nicht „einen Messias“, als ob Paulus nur von seiner vor-
christlichen, pharisäischen Messiasidee rede, sondern bezeichnet
wie vorher und nachher den geschichtlichen Christus. Es
steht also fest: Paulus spricht bedingungsweise davon, dals er
in früherer Zeit Christum den Herrn nach einem irgendwie
jüdisch-pharisäischen Malsstabe beurteilt habe. Festzustellen
bleibt, in welcher Lebensperiode des Paulus dies der Fall war
und in welchem näher zu bestimmenden Sinne.
I. Die erstere Frage wird in neuerer Zeit dreifach be-
antwortet:
a) vor der Bekehrung (Maier, Bisping, Reischl, Cornely
und überhaupt alle katholischen Erklärer; ferner Meyer,
Schmiedel, Weils);
b) nach der Bekehrung bis in die Zeit der Thessalonicher-
briefe (Klöpper; vgl. auch Schnedermann);
c) niemals, da 16b als nur möglicher oder als unwirk-
licher Fall aufzufassen sei (Heinrici).
Alle drei Antworten sind unhaltbar. Das ist bezüglich der
ersten von Klöpper und Heinrici, im Grunde auch von Schmiedel
überzeugend dargetan; die zweite widerstreitet zu offensichtlich
den Aussagen des Galaterbriefes, wonach Paulus sein Evan-
gelium vom Christus jederzeit ohne Änderung und Schwankung
verkündigt hat; die dritte wird von Heinrici in Vorschlag ge-
bracht, weil „alle Erklärungen, welche 16b als wirklich ein-
getretenen Fall annehmen, keine klare Vorstellung ergeben“,
aber diese Voraussetzung trifft nur bei den von Heinrici be-
sprochenen Erklärungen zu und die Annahme eines unwirk-
lichen Falles ist unzulässig (vgl. Schmiedel). Zu einer wirk-
lich befriedigenden und gesicherten Antwort führt folgende
Erwägung.
12*
180 Weber, Wann und wie hat Paulus
Lälst man den Worten des Textes ıhren natürlichen Sinn,
so macht Paulus 16b das Zugeständnis, dafs er in früherer Zeit
Christum nach fleischlichem (jüdischem) Malsstabe beurteilt
hat. Also bleibt die Alternative: Das geschah entweder vor
oder naclı seiner Bekehrung, genauer gesprochen, entweder vor
oder nach der Christuserscheinung auf dem Wege nach Damas-
kus, mit der die Bekehrung zum Glauben an den Christus
Jesus zeitlich zusammenfällt.e Vor der Christuserscheinung
hat nun Paulus allerdings Christum insofern nach jüdisch-
pharisäischem Malsstabe beurteilt, als er ihn für einen ge-
kreuzigten Missetäter und für einen Lügenmessias hielt. Allein
das konnte er 16b nicht sagen wollen. Nicht nur hätte er
statt „Christum“ richtiger Jesum schreiben sollen, sondern vor
allem würde der Nachsatz unerträglich matt und inhaltsleer.
Denn was soll der Gedanke: „Wenn ich auch in meiner phari-
säischen Periode Christum für einen Pseudomessias gehalten
und verfolgt habe, so tue ich das doch jetzt nicht mehr“?
Das ist zu selbstverständlich! Ginge der Vordersatz auf die
vorchristliche Zeit des Paulus, so wäre im Nachsatz ein anderer
Gedanke zu erwarten, etwa: „so habe ich doch damals auch
folgerichtig gehandelt und von einem solchen Messias, der zum
jüdischen Messiasideal so wenig pafste, nichts wissen wollen,
während meine Gegner zugleich an letzterem und an Jesus als
dem Messias festhalten wollen“. Darin sind doch alle Aus-
leger einig, dals Paulus im V. 16 von seiner Beurteilung Christi
im Gegensatz zur Auffassung der zu Korinth gegen ihn agi-
tierenden Lehrer spricht. Wenn er also dem Sinne nach
sagt: „Ich kenne Christum nicht mehr nach dem Fleische,
während meine Gegner eine solche Auffassung, die ich aller-
dings früher einmal geteilt habe, immer noch festhalten wollen“,
so kann er nicht seine ehemalige ungläubige Beurteilung
Christi mit der gläubigen seitens der Gegner auf gleiche Stufe
stellen wollen, sondern er spricht auch seinerseits von einem
gläubigen Kennen Christi, das „Anerkennung einschliefst“
(Schmiedel). Ein solches begann für Paulus mit dem Augen-
blick, da er durch die Christophanie vor Damaskus von der
„Christum nach dem Fleische gekannt“? 181
Messianität Jesu überführt war. Hiermit ist der Anfangspunkt
jener Zeitperiode, in welcher Paulus den Herrn nach dem
Fleische kannte, mit aller Genauigkeit und Sicherheit fest-
gestellt. Es gilt nur noch den Endpunkt zu fixieren, und
diesen gibt Paulus selbst mit aller wünschenswerten Bestimmt-
heit an. Der Ausdruck „von jetzt an“ 16a, der den terminus
a quo des „jetzt* 16c und somit den terminus ad quem des
vorausgegangenen Kennens Christi nach dem Fleische 16b
festsetzt, bezeichnet mit lebhafter Vergegenwärtigung den
Augenblick des xpivaı V. 15, da dem Paulus die Heilsbedeu-
tung des Kreuzestodes Christi klar geworden ist. Es ergibt
sich somit das überraschende Resultat, dafs Paulus
zwei Zeitmomente seines Lebens, die von den meisten
Auslegern in den vagen Zeitbegriff seiner „Bekeh-
rung“ zusammengeworfen werden, nämlich den Zeit-
punkt seiner Christusvision vor Damaskus und den
seines Verständnisses des messianischen Kreuzes-
todes, auf das schärfste dadurch zeitlich trennt, dafs
er zwischen beide die Periode seines Kennens Christi
nach dem Fleische einschiebt. Wie lange diese Periode
gedauert hat, erfahren wir aus dem Galaterbriefe 1, 15f: „Als
es aber dem, der mich vom Scholse meiner Mutter an aus-
gesondert und durch seine Gnade berufen hatte, gefiel, zu
offenbaren seinen Sohn in mir, damit ich ihn unter den Heiden
verkündige*. Hier unterscheidet Paulus a) seine Aussonderung
vom Mutterleibe an, d.h. die Kette von göttlichen Fügungen
und Führungen, durch welche er vom Lebensanfang an für
den späteren Beruf vorbereitet wurde, b) die Berufung durch
das Gnadenereignis der Christusvision, c) die darauf erst fol-
gende Offenbarung des Sohnes Gottes in seinem Innern, d.h.
die durch unmittelbare göttliche Erleuchtung bewirkte volle
Ausrüstung zum Heidenapostolat, mit andern Worten die Offen-
barung des spezifischen Inhaltes des paulinischen Evangeliums
(Gal 1,12). Diese Auffassung, die ich, ohne auf 2 Kor 5, 16 zu
achten, schon früher (Abfassung des Galaterbriefes vor dem
Apostelkonzil, 1900, 156ff) vorgetragen und eingehend be-
182 Weber, Wann und wie hat Paulus
gründet habe, die jedoch bis jetzt einer Würdigung nicht wert
befunden wurde, ist nunmehr durch unsere Stelle des zweiten
Korintherbriefs, falls obiges Resultat unanfechtbar bleibt, be-
stätigt und gesichert. Denn der spezifische Inhalt der pauli-
nischen Verkündigung Gal 1, 12 16 ist identisch mit dem
messianischen Kreuzestode nach paulinischem Verständnis (2 Kor
5, 14f): die Frohbotschaft für alle von der Erlösung in Christo
aus Gnade ohne die Werke des Gesetzes; und in beiden Briefen
unterscheidet Paulus mit gleicher Bestimmtheit den Empfang
dieses seines Evangeliums der Gnade für alle oder, was das-
selbe ist, den Empfang des Heidenapostolates von der früher
erfolgten Berufung zum Glauben an den Messias Jesus und
zum Apostolat überhaupt. Die Zwischenzeit, während welcher
er Christum nach dem Fleische kannte, dauerte mindestens
drei Tage (vgl. Apg 9, 9), wahrscheinlicher bis zu seinem Auf-
treten in den Synagogen von Damaskus (Apg 9, 19), wenn
nicht bis zum Weggang aus Damaskus nach Arabien. Gal
1,16f fährt nämlich Paulus fort: „Da sofort zog ich nicht
Fleisch und Blut zu Rate, auch ging ich nicht [als ich nach
einiger Zeit Damaskus verliels? oder: indem ich sofort Da-
maskus verliels?] weg nach Jerusalem zu den vor mir berufenen
Aposteln, sondern ging weg nach Arabien und kehrte wieder
zurück nach Damaskus.“ Es läfst sich nicht sicher ent-
scheiden, ob das „sofort“ nur zum ersten Satz gehört oder
auch zum zweiten. In letzterem Falle läge in dem Milserfolg
der Predigt an die Juden zu Damaskus (Apg 9,20ff) eine psycho-
logische Vermittlung, eine prädisponierende Ursache, für die
Offenbarung des Heidenapostolates.
II. Die andere Frage, in welchem Sinne Paulus in
jenen ersten Tagen oder Wochen nach dem wunderbaren Er-
eignis vor Damaskus den Herrn, den er geschaut hatte (1 Kor
9,1), „nach dem Fleische kannte“, lälst sich nunmehr leicht
beantworten. Er beurteilte ihn nach jüdischen Messias-
ideen, soweit er dies mit dem Glauben an die Messianität
Jesu vereinbar fand. Es war ein Glaube an Jesus als den
Christus trotz seines Kreuzestodes. Der gekreuzigte Messias
ns NE PEE EEE
„Christum nach dem Fleische gekannt‘? 183
war ihm damals nicht Kern und Stern der Heilsbotschaft,
sondern ähnlich wie andern Judenchristen ein Ärgernis, das
nur durch die Gewilsheit der Auferstehung des Gekreuzigten
überwunden war. Er betrachtete den Messias Jesus als den
Nationalmessias der Juden und die treue Beobachtung des
mosaischen Gesetzes nach wie vor als Bedingung der Teil-
nahme am messianischen Reiche. Es fehlten eben seiner da-
maligen christlichen Erkenntnis jene Stücke, die ihm erst durch
neue Offenbarung klar wurden: dafs Christus für alle ge-
storben und dafs den in Christo Erlösten ein neuer Lebens-
inhalt gegeben und ein neues Lebensziel gesteckt sei (2 Kor
56, 14f). Darum hielt er damals mit dem Glauben an den
Christus Jesus die Beibehaltung des pharisäischen Gesetzes-
eifers (natürlich eines geläuterten Eifers, wie er ihn Röm 10, 2
an den ungläubigen Volksgenossen rühmt, nicht eines schein-
heiligen Eifers, wie ihn Jesus mit Recht gerügt hatte), eben
darum auch ein Pochen auf reine Nationalität und tadel-
lose Gesetzesgerechtigkeit (vgl. 2 Kor 11, 22 und Phil 3, 5—7)
vereinbar. Seine christliche Erkenntnis war eine noch un-
vollkommene, unzulängliche, eine Art Vermittlungstheologie
(vgl. Estius, Klöpper, Schnedermann, die dieser Fassung, ab-
gesehen von der Frage der Zeitdauer, etwas nahe kamen).
Diese Auffassung, die sich aus der oben erschlossenen
Zeitdauer der fraglichen Übergangsperiode von selbst ergibt,
wird dadurch bestätigt, dafs sie allein a) dem Text und
b) dem Kontext gerecht wird.
a) Die älteren Ausleger lielsen die Frage offen, ob die
Worte xar& oapra mit dem Verbum oder mit dem Objekt
zu verbinden seien (vgl. Thomas von Aquin). Die neueren
Erklärer geben einmütig zu, dals nur die erstere Verbindung
statthaft sei, verlangen aber zumeist trotzdem eine Deutung
ım Sinne der zweiten Verbindung, als ob „Christus nach dem
Fleische“ ein Begriff wäre. Holsten (Zum Evangelium des
Paulus und des Petrus 430) behauptet geradezu: „Das Xpıotov
Yıyworeıv Kata oapka geht zurück auf einen Xpıiortög TO Katü
oapxka (Röm 9,5)“ Und Schmiedel meint: „Kata oapra
184 Weber, Wann und wie hat Paulus
geht nicht auf äulserliche Urteilsweise, sondern auf äulsere
Eigenschaften des zu Beurteilenden.“ Unsicher herumtastend
sagen nämlich die Ausleger (vgl. Maier, Bisping u. a.), xara
oapka bezeichne entweder die subjektive oder die objektive
Norm des Kennens, d.i. der Satz „ich beurteile irgend einen
nach dem Fleische“ könne bedeuten entweder: „ich beurteile
ihn nach meinem Fleisch (fleischlichen Standpunkt oder Mafs-
stab)“, oder aber: „ich beurteile ihn nach seinem Fleisch
(nach seinen fleischlichen Eigenschaften)“; nun passe im V.16
nur die objektive Norm, so dals Paulus sage, er habe „vor-
mals COhristus nur als Josephs Sohn, als blofsen Menschen“
(Maier), „als blofsen Menschen und mit Recht Verfolgten*
(Bisping), „als gekreuzigten Missetäter“ (Weils), „als Juden
und Sohn Davids“ (Holsten) gekannt und beurteilt. Aber diese
Deutung des xara odpxa auf die objektive Norm des Kennens
ist unhaltbar aus sachlichen und sprachlichen Gründen. Als
„blofsen Menschen“ und als „Missetäter“ kennen auch die
judaisierenden Lehrer Christum nicht mehr (wenn sie ihn je so
beurteilt haben sollten), während doch 16c implicite sagt, dals
ihr fragliches „kennen“ fortdauert, und „als Juden, Sohn Davids,
unter dem Gesetze Gestandenen“ kennt Paulus auch jetzt noch
Christum (Röm 9,5; 1,3. Gal 4, 4), während doch von einem
Kennen die Rede ist, das für ilın gänzlich aufgehört, nicht etwa
nur an christologischem Wert viel verloren hat. Sprachlich aber
erscheint die Fragestellung, ob die subjektive oder objektive Norm
gemeint sei, als unrichtig (vgl. schon Hofmann) und überhaupt
gegenstandslos. Gehört einmal xara odpka zum Verbum, so
bezeichnet es an sich einzig und allein die subjektive Norm:
YIVWOKW KATA GAPKa = YIVWOKW KATd TNV Eunv Odpka. So
in allen ähnlichen Fällen: 1,17; 10,2 3; 11,18 (gegen Maier);
Röın 8,4. 12.13; und an unserer Stelle um so mehr, weil 16b
parallel steht zu 16a, hier aber von einem Kennen die Rede
ist, nach welchem sich die sittliche Haltung richtet, was eine
subjektive Norm fordert. Freilich wer andere nach seinem
subjektiven Mafsstab schätzt, wird auf solche Eigenschaften
achten, die den Wünschen und Anschauungen des eigenen
„Christum nach dem Fleische gekannt“? 185
Herzens entsprechen, und insofern ist mit der subjektiven Norm
des Beurteilens zugleich die objektive gegeben, aber nur als
sekundäres Moment, als Folge. Der Sinn von Vers 16a ist
also: Seitdem uns klar geworden, dafs unsere oäp£ im Kreuzes-
tode Christi ertötet und wir in Christo Lebenden mit Verzicht
auf alle sarkischen Interessen für Christus leben sollen, haben
wir dieser göttlichen Heilsabsicht entsprochen. Wir kennen
niemand nach dieser gap£, nach welcher wir vordem bei uns
und andern auf fleischliche Vorzüge (der Abstammung und
der Selbstgerechtigkeit) grofsen Wert gelegt haben. Weil
nun für das ausgereifte christliche Bewulstsein des Paulus
„feischliches“ Urteilen und Verhalten identisch ist mit vor-
und aufserchristlichem, sieht er sich veranlalst, ein Zugeständ-
nis zu machen, das jedoch für die jetzige Lage der Dinge be-
deutungslos sei, dals er nämlich eine Zeitlang „fleischliche‘“
und christliche Anschauung für vereinbar hielt. Deswegen
fährt er 16bc fort: Wenn es auch eine Übergangszeit gab, in
der wir gekannt haben nach dem Fleische Christum [nach
jüdisch-pharisäischen Messiasbegriffen und infolgedessen auch
die Menschen nach jüdisch-pharisäischer Anschauung], so ge-
schieht das doch jetzt [seit jener besseren Erkenntnis] nicht
mehr. 16b enthält also weder eine Steigerung (gegen Hein-
rici, Klöpper, Beyschlag: „selbst mit Christus mache ich keine
Ausnahme“!) noch eine analoge Anwendung (Maier) noch eine
Illustration (Cornely, der 16a sehr gut erklärt) von 16a, sondern
ein Zugeständnis betreffs der christlichen Vergangenheit, das
durch 16c als für die Gegenwart belanglos bezeichnet wird,
wobei 16b statt des fleischlichen Kennens der Menschen mit
prägnanter Kürze gleich dessen Ursache, nämlich das fleisch-
liche Kennen Christi, genannt ist.
b) Die vorgetragene Auffassung wird, wie durch den un-
mittelbaren Zusammenhang, so auch durch den Grundgedanken
unserer Stelle auf Grund des Kontextes gefordert. Paulus
verwahrt sich gegen den Vorwurf, dals er sich selbst predige,
betont die Lauterkeit und Selbstlosigkeit seines Wirkens und
will den tiefsten Grund hierfür aufzeigen. Er hat es erkannt,
186 Weber, Wann und wie hat Paulus
was des wahren Christen Pflicht und Lebensideal ist, nämlich
das Mitsterben mit dem Herrn, das im Kreuzestod Christi
prinzipiell und objektiv für alle vollzogen, zur eigenen sittlichen
Tat zu machen, d. i. frei von allem fleischlich-selbstischen
Streben nur für Christus, in und mit ibm, zu leben, so dals
des Gekreuzigten Opferliebe zu Gunsten aller Menschen das
Vorbild für das Sinnen und Trachten des Christen ist. Und
— das liegt in dem worte 16 — diese Erkenntnis auch in die
Tat umzusetzen, war ihm heiligster Ernst: seitdem kennt er
niemand nach dem fleischlichen Malsstab persönlicher oder
nationaler Selbstsucht; wenn er auch eine Zeitlang als Christ
den mitgebrachten vorchristlichen Malsstab beizubehalten suchte,
bis ihm die Konsequenzen des Christusglaubens völlig klar ge-
worden sind, so war dies eine Übergangsperiode [und zeigt, dals
er den ähnlichen Standpunkt, den die judaisierenden Lehrer
jetzt noch einnehmen, aus eigener Erfahrung kennt, aber als
unhaltbar überwunden hat]; daher gilt seitdem für ihn wie für
alle Gläubigen: der wahre Christ ist ein neues Geschöpf; das
Alte (die fleischliche, jüdisch-pharisäische Anschauung vom
Messias und von der verschiedenen Wertschätzung der Juden
und Heiden usw.) ist vergangen, er ist neu geworden (vgl.
Phil 3, 7ff). Dem entspricht des Apostels Wirken und
Trachten (18 ff). Das zweite wote (17) folgert wohl nicht aus
16, sondern gleichfalls aus 14 f, jedoch nicht so, dafs der nega-
tiven Aussage 16 nur die positive desselben Gedankens bei-
gefügt wird, sondern so, dals 16 eine besondere Folgerung
(wie Paulus als Christ die Personen beurteilt), 17 eine ganz
allgemeine (wie jeder wahre Christ in seiner ganzen sittlich-
geistigen Verfassung umgewandelt und erneuert ist) ausgesagt
ist. Paulus hat lI4f auf Grund dessen, was er persönlich er-
lebt und erfahren, geschrieben; um aber jeden Schein von
Selbstruhm abzuwehren, spricht er 14—16 im Plural, seines-
gleichen einschlielsend, und deutet durch den allgemeinen Satz
17 an, er selbst tue nur, was seine Christenpflicht sei, die
(segner aber möchten sıch fragen, ob sie wirkliche Christen
sind.
„Christum nach dem Fleische gekannt‘? 187
Vermutlich wurde dem Paulus von den judaisierenden
Lehrern in Korinth vorgeworfen, er predige sich selbst, seine
Verkündigung sei verhüllt (4, 3) durch Eintragung subjekti-
vistischer Ideen, wodurch viele und gerade seine Volksgenossen
abgestolsen würden, dafür nehme er unterschiedslos die, welche
sich melden, auf und lege viel zu wenig Gewicht auf die sitt-
lichen Forderungen, die betrefis der Juden auch die gesetz-
lichen Vorschriften einschlössen. Deshalb verweist er auf das
tiefste Motiv seines Eifers und auf das Bewulstsein heiliger
Verpflichtung (13—20) und reiht sofort eine ernste Sitten-
mahnung an (5, 21; 6, 1ff). Freilich konnte nun 16 von den
Gegnern milsdeutet werden, als ob Paulus die nationalen Vor-
züge der Juden und die menschliche Erscheinung und Natur
Christi in Abrede stellen wolle Darüber kam es naturgemäfs
in der Folge zu persönlichen Auseinandersetzungen, und den
Ertrag der Streitreden, die der Apostel zu Korinth mit seinen
Gegnern geführt, hat er im Römerbrief niedergelegt. Daher
dürfen wir Röm 1—11 als den authentischen Kommentar
zu unserer Stelle ansehen, speziell Röm 1,16 (npwrov); 3,
2; 9, 1—5; 10, 1; 11, 13f als Replik gegen die Milsdeutung
von 16a, desgleichen Röm 1, 3 und 9,5 als Replik gegen die
Mifsdeutung von 16b.
Ist die vorgetragene Erklärung in der Hauptsache richtig,
so fällt erwünschtes Licht auf Stellen wie 2 Kor 4,6; Phil
3, 7; Gal 1,12 16, die auf dieselbe Vollerkenntnis der christ-
lichen Heilswahrheit gehen wie 2 Kor 5, 14f. Es ist der Be-
weis erbracht, dafs die messianischen Einsichten des Paulus
stufenweise gereift sind, und das Problem der psychologischen
Vermittlungen der Bekehrung desselben erfährt eine wesent-
liche Umgestaltung, da ein doppelter Umschwung im Geiste
des Paulus zu erklären ist, zuerst der vom Christenverfolger
zum Christusgläubigen, sodann der von der judaistischen Auf-
fassung des Messias Jesus zur geläuterten universalistischen
Messiasidee. Die bei den Kritikern beliebte Annahme, als
habe Paulus schon vor seiner Christophanie all die Kon-
sequenzen klar erkannt, die sich für den Fall der Messianität
188 Sanda, Miszelle zu 2 Petr 2, 15.
Jesu aus dessen Kreuzestod ergeben, erweist sich als auf irrigen
Voraussetzungen beruhend, und die Holstensche Visionstheorie
hat zugleich ihren berückenden Reiz verloren. Die „so an-
sprechende Vermutung, dals der Heidenapostolat gleichsam
eine erst nachgehends gereifte Frucht des Tages von Damas-
kus, dafs auch der Universalismus der Weltreligion eine erst
später gezeitigte Entwicklungsphase des paulinischen Denkens
und Wirkens darstellen solle“ (Holtzmann, Neutest. Theol. II
60), ist, freilich in anderem Sinne als bei „Straatmann, B.
Weifs, Klöpper, Clemen“, durch das „entscheidende Selbst-
zeugnis des Paulus selbst“ (Holtzmann a. a. O.) als Tatsache
sichergestellt, im Einklang mit Apg. 9 und 22, während Apg
26, 17f als summarische Zusammenfassung (vgl. Felten z. St.)
zu verstehen ist.
Miszelle zu 2 Petr 2,15.
Das BoAaau Toü Booöp bildet seit langem eine crux inter-
pretum. Balaams Vater hiels Yy2, was die LXX mit Bewp
oder Baıwp wiedergeben. Josephus und Philo nennen Balaams
Vater nicht. Zahn (Einleitung? II 110) hält Booöp für text-
kritisch sicher. Durch Hineinkorrigieren des Bewp ist ın
manchen Hss sogar Bewopoop entstanden (s. Tischendorfs
Apparat zur Stelle). Die Vulgata hat merkwürdigerweise „ex
Bosor“, falst also letzteres als Ortsnamen. Zahn (a. a. O.) ist
geneigt, in Bocop eine künstliche Rückhebraisierung der (mit
Recht) als aramäisch angenommenen Form Yy2 3 =)) zu
sehen. Dies hat bei einem Eigennamen jedenfalls sehr wenig
für sich und ist eine schon vor Zahn von manchen versuchte
Ausflucht. Noch mehr sträubt sich IND dagegen, als aramäische
Originalform für ein rückhebraisiert gedachtes Bosor zu dienen.
Ich glaube im folgenden den Schlüssel zur Lösung des Rätsels
mit Hilfe von keilinschriftlichen Angaben zu bieten.
Sanda, Miszelle zu 2 Petr 2, 15. 189
Die Stadt Pethor, aus der Balaam berufen wird, kommt
öfter in den Inschriften Salmanassars Il. (859—825 v. Chr.) vor.
Sie heilst dort Pitru und liegt am linken Ufer des Sadjür,
eines rechten Nebenflusses des Euphrat!. Dort in der Nähe
liegt ein Gebirge, das Tiglat Pileser I. (um 1100 v. Chr.) in
seiner grolsen Inschrift 5, 59 Bi-es-ri nennt, und an dessen
Fulse sechs Städte gelegen waren, welche er eroberte. Damit
ist wohl das Gebirge Bi-su-ru bei Assurnasirpal (884—860)
identisch. In derselben Gegend rechts vom Euphrat liegt eine
Stadt Til Baseri, die Salmanassar II. unter einer Gruppe von
sechs Festungen des Landes Bit Adini nennt. Das stimmt
sehr gut zu der Nachricht Tiglat Pilesers I. über die sechs
Städte am Fuls des Gebirges Bi-e$-ri. Til Ba$eri ist das
heutige Tell BaSer südöstlich von ‘Aintab am Oberlauf des
Sadjür.
Offenbar sind Be$ri, Bisuru und Ba$eri Varianten eines
und desselben Namens, der eine gebirgige Gegend am Sadjür
bezeichnet. Ebendort ist Pethor, die Heimat Balaams, zu
suchen. Was liegt näher, als in Booöp die Gräzisierung von
BaSer zu erblicken? Dann ist Bosor allerdings nicht eine
Umformung aus Be’or, dem Namen von Balaams Vater, sondern
die Bezeichnung einer Gegend. Das stimmt wieder mit der
Version der Vulgata „Balaam ex Bosor“. Das griechische ToÜ
Booöp mit „aus Bosor“ zu übertragen, geht nicht an. Es drängt
sich die Vermutung auf, dafs dem lateinischen Übersetzer eine
entsprechende uralte Lesart vorlag, die einzig als richtig an-
zunehmende, welche sonst verloren gegangen und nur durch
die Vulgata erhalten blieb — ein äufserst interessanter Fall
zur Geschichte des Textes. Man könnte zwar die Möglichkeit
erwägen, ob nicht eine volkstümliche Verwechslung der in etwa
ähnlich klingenden Namen Ba$er und Beor den heiligen Petrus
veranlalst habe, den in den Sagen der palästinensischen Juden
jetzt noch sehr populären Balaam (Sohn) toü Booöp zu nennen.
1 Auf Billerbecks Karte in Keilinschr. u. Altes Test.3 ıst Pitru un-
richtig eingetragen.
190 Sanda, Miszelle zu 2 Petr 2, 15.
Indessen ist diese Annahme einer volkstümlichen Verwechslung
von Land und Vater weniger wahrscheinlich, da sie in der Bibel
keine Stütze findet, zumal Bewp auf das genaueste überall
überliefert ist. Es dürfte darum der andere Erklärungsversuch
vorzuziehen sein; nur die Vulgata hat mit ihrem „ex Bosor*
die richtige Originallesart getroffen und erhalten, während alle
übrigen Texte einer falschen Variante folgten.
Beachtenswert ist, dals das samaritanische Targum an
beiden Stellen, wo Pethor genannt wird (Nm 22,5 und Dt 23,5),
WB schreibt (so die mir einzig zugängliche Ausgabe von
Brüll. Eine „Hebraisierung“ aus nd kann es nicht sein, da
der Samaritaner die Tendenz zeigt, hebräische Eigennamen
in ihrer dermaligen aramäischen Form anzuführen, also von
einer „Rückhebraisierung“* aramäischer Namen weit entfernt
ist. Vgl. die Wiedergabe von %2 durch yan2. Der Über-
setzer wulste von der Existenz eines Distriktes Baer in der
Heimat Balaams. Pethor war ihm wohl nicht mehr geläufig.
und er „korrigierte“ es unter dem Einfluls der Form Ba$er
(eventuell Bisur) zu WB. Die Verwechslung von 2 und DB
bildete wie sonst öfter keine unüberwindliche Instanz. Die
samaritanische Variante ist also eher eine Bekräftigung obiger
Ausführungen über Bosor.
Leitmeritz. Dr A. Sanda.
Besprechungen.
Loisy, Alfred, Evangelium und Kirche. Autorisierte Übersetzung
nach der zweiten, vermehrten, bisher unveröffentlichten Ausgabe des Ori-
ginals von Joh. Griere-Becker. 80 (IV u. 189) München 1904, Kirchheim.
M. 4.—; geb. M. 5.—
ber die Kontroversen anläfslich des Buches von Loisy: L’Evangile
et P’Eglise, ist in der BZ schon Bd. I, S. 207f und 415 berichtet worden
Das durch die Zensurierung von seiten mehrerer französischer Bischöfe
inhibierte Buch selbst blieb der Redaktion der BZ ebenso unzugänglich
wie das jüngst erschienene des gleichen Verfassers: Autour d’un petit livre,
worin derselbe sich mit seinen Kritikern auseinandersetzt. Erst die in
einem deutschen Verlage erschienene deutsche Übersetzung der zweiten
Auflage, welche in Frankreich infolge des kirchlichen Verbotes nicht
publiziert wurde [inzwischen ist dies doch geschehen], setzt den Referenten
in die Lage, die früheren, aus sekundären Quellen geschöpften Notizen
zu ergänzen. Ein Vergleich mit der ersten Auflage ist aus dem an-
egebenen Grunde auch nicht möglich. Doch finde ich einige von der
Kritik an der ersten Auflage beanstandete Stellen (z. B. über Inspiration)
in dieser Übersetzung nicht.
Der Zweck des Buches L.s ist eine Auseinandersetzung mit Harnacks
Wesen des Christentums. Hierbei möchte sich der französische Abbe auf
einen neutralen Standpunkt stellen. Als unbeteiligter Beobachter, ledig-
lich als Kritiker und Historiker will L. die Entwicklung des Christentums
betrachten und hierbei zeigen, wie eng und einseitig Harnack das Wesen
des Christentums als das Bewulstsein von Gottes Vatergüte bestimmt hat.
L. legt auf diese rein historische Beurteilungsweise grofsen Wert und bringt
sie in Gegensatz zur theologischen Auffassung, die auch den Wahrheits-
gehalt einer Idee prüft (vgl. S. 86). Er möchte also — wenn wir ihn recht
verstehen — dem Ühristentume gegenüber ähnlich verfahren wie etwa
ein Historiker, der sich das Leben und die Religion Mohammeds zum
Gegenstand erwählt hat. Methodisch betrachtet hat dieser Standpunkt
seine Berechtigung und einem Gegner wie Harnack gegenüber war er
auch der einzig wirkungsvolle. Aber durch historische Quellenanalyse
und Kritik mag der Mohammedanismus klar zu legen sein, die Bedeutung
des Christentums ist dadurch nicht zu erschöpfen. Man gelangt auf
diesem Wege wohl zur Schale, aber nicht zum Kern; man kann die Fun-
damente legen, das Gebäude selbst wird so nicht aufgebaut. Der Gegen-
satz zwischen historischer und theologischer Betrachtungsweise darf also
nicht als ein sich ausschlielsender betrachtet werden. Der wahre Theologe
wird auch historisch denken, und der Historiker, der nicht auf der Ober-
tläche bleiben will, muls auch theologische Gesichtepunkte beiziehen.
Doch folgen wir nun L. auf seinen rein historischen Pfaden! Seine
Untersuchungen gliedern sich in sechs Abschnitte: 1. Die evangelischen
Quellen. 2. Das Himmelreich. 3. Der Gottessohn. 4. Die Kirche. 5. Das
christliche Dogma. 6. Der katholische Kultus. Während Harnack in der
Entwicklung des Christentums eine Abirrung von seinem ursprünglichen
Wesen erblickt, kommt L. zu dem Resultate, „dals das Christentum in
192 Besprechungen.
der Kirche und durch sie gelebt hat und dals das Forschen nach einer
Quintessenz durchaus nicht nötig ist, um es zu retten“ (8. 189). Zweifel-
los finden sich unter L.s Ausführungen ganz hervorragende Partien —
ich deuke z. B. an seine Ausführungen über die Notwendigkeit der Sakra-
mentalität einer Religion (S. 177f) —, die drei Abschnitte indes, welche
besonders in das Programm der BZ fallen, sind auch vom rein historischen
Standpunkt aus betrachtet viellach zu beanstanden. Der mit der neueren
protestantischen Literatur vertraute Leser findet bei L. die dort vorge-
tragenen Lehren im wesentlichen wieder. Indes nicht daraus soll dem
Verfasser ein Vorwurf gemacht werden — wenn ditse Ideen wahr sind.
so ist es gleichgültig, woher sie stammen —, sondern daraus, dals er die-
selben so vertrauensselig und unbesehen übernommen hat. Sehen wir
hierbei ab von L.s Darstellung der Entstehungs- und Quellenverhältnisse
der Evangelien — hier sind mehr Einzelheiten diskutabel —, so eraibt
sich als erster Bedenken erregender Punkt der aus der modernen Kritik
übernommene Versuch, zwischen dem wahren Lebensbilde Jesu und der
in den Evangelien niedergelegten Schilderung eine mehr oder minder
grolse Difierenz einzutragen. L. spricht von einer allegoristischen Tendenz
der johanneischen Chronologie (S. 24) und opfert bei manchen synoptischen
Berichten den „Buchstaben der Geschichte“ (S. 256). Die Evangelisten
haben „eine gewisse Idealisierung und Systematisierung der Reden und
Tatsachen“ (S. 27) vollzogen, wobei „sich überall eine gewisse Übertreibung
der ursprünglichen Tatsachen zeigt“ (8. 30).
Nirgends wäre es nun mehr angebracht gewesen, den eingehendsten
und gewissenhaftesten Detailbeweis zu liefern, als gerade hier. Von dieser
Verpflichtung entbindet auch nicht der programmatische Charakter der
Schrift L.s. Die Sache ist zu wichtie. Denn was in Frage steht, ist
nichts Geringeres als die Glaubwürdigkeit der evangelischen Berichte.
Dals menschliche Berichte über historische Tatsachen — und solche
bleiben ja auch die Evangelien trotz ihres Offenbarungscharakters — relativ
sind, dals sie den Eindruck wiedergeben, welchen die Berichterstatter
selbst empfangen haben, dals sie systematisieren, ist a priori klar. Muls aber
damit ein Bericht unwahr werden? \Vas anderes heilst es aber, von Alle-
gorisierungen, Idealisierungen und Übertreibungen reden, als mildere Aus-
drücke für eine unwahre Berichterstattung wählen? Wenn Johannes oder
„der Verfasser des vierten Evangeliums“, wie L. sich gerne ausdrückt —
wohl um seine Bestreitung der Echtheit dieses Evangeliums anzudeuten —,
3!) Jahre, „die messianische Zahl“, als Dauer des ötlentlichen Amtes
Jesu angibt (S. 24), und es war nicht wirklich so, so hat er Unwahres er-
zählte. Und wenn „die davidischen Genealogien“ nicht „Bestand haben“,
sondern nur „bedeuten, dals Jesus der Christus ist“ (S. 25), so haben
Matthäus und Lukas sich einer Fälschung — mag sie noch so harmlos
dargestellt werden — schuldig gemacht. Widersprüche unter den Evan-
gelisten, insbesondere zwischen Johannes und den Synoptikern, sollen
nun diese unwalre Berichterstattung beweisen. L. weist natürlich nur
auf solche hin, ohne ihr tatsächliches Vorhandensein näherhin zu er-
örtern. Er ignoriert hier vornehm die grolse Anzahl alter und neuer
bedeutender und ehrenwerter Exegeten, welche diese Widersprüche nicht
anerkennen. Vermutlich trägt in den Augen L.s ihre Harmonistik von
vornherein das Stigma der Tendenz. Tendenzlos und darum akzeptier-
bar erscheinen ihm nur die Resultate der modernen kritischen Schule.
Es ist natürlich hier nicht der Platz, die von L. lediglich behaupteten
Widersprüche zu widerlegen. Andern Forschern waren diese „Inkon-
gruenzen“ zwischen den Evangelien immer der Beweis, dafs die Bericht-
erstatter aus dem Vollen schöpften und nicht ängstlich auf eine Harmonie
des Ausdrucks zu achten brauchten. Die Wahrheit bedarf solch äufserer
Stützen nicht. Auch scheint es mir viel melır nach dem Geist und
Empfinden der Evangelisten selbst, also rein historisch gesprochen zu
Besprechungen. 193
sein, wenn man, statt sie der Idealisierungen und Übertreibungen zu
zeihen, mit ihnen bedauert, dals der Raum von 16 bis 28 Kapiteln nach
heutiger Zählung nur ausreicht, um einen kleinen Teil der Erinnerungen
an den Meister niederzulegen, dafs also ihr Wort nicht im stande ist,
die ideale Fülle des Lebens und der Jsehre Jesu auszuschöpfen.
Den Zentralpunkt der Lehre Jesu sieht L. wie die moderne Kritik
seit Ritschl in der Idee vom Reiche Gottes, die aber nach ihm rein
eschatologisch aufzufassen ist. Das Reich Gottes ist noch nicht gekommen,
sondern steht in Bälde zu erwarten. Ahnlich dachte Jesus über seine
eigene Aufgabe. Er erkannte und offenbarte es auch gegen Schlufs seines
Lebens, dals er der Messias sei. Wie neuerdings auch andere katholische
Theologen (vgl. BZ 1207) erblickt L. in dem Ausdrucke „Gottessohn“
lediglich die Messianität Jesu ausgesprochen. Aber auch dieses Amt ist
nach L. ein rein zukünftiges, bei der Parusie sich vollziehendes.
Wer dieser Auffassung der Lehre Jesu gegenüber etwa die Lehre
Pauli, des ältesten christlichen Theologen, geltend machen und darauf hin-
weisen möchte, dals Paulus andern Wahrheiten, vor allem dem Erlösungs-
tode Jesu, eine zentrale Stellung in der christlichen Lehre verleiht, der
wird von L. belehrt, dals eben die Lehre Jesu bis zu Paulus schon eine
bedeutsame Entwicklung (Evolution) durchgemacht und dais Paulus in
seiner Spekulation und Systematik den Schwerpunkt der Lehre Jesu
bereits verlegt hat. Nur wird Harnack gegenüber festgehalten, dafs diese
Weiterbildung keine Verirrung, sondern ein konsequentes Anknüpfen an
die früheren Elemente, die notwendig dazu drängten, gewesen ist.
Zum Erweise dieser Evolution der Lehre Jesu durch Paulus ist es
natürlich nötig, klar herauszustellen, was Jesu Lehre war und was Paulus
dazugetan hat. Nun finden sich aber bei den Synoptikern da und dort
Bemerkungen, die mit der als spezifisch paulinisch ausgegebenen Lehre
identisch sind. Synoptische Berichte über die Einsetzungsworte des Abend-
mahls lauten ähnlich wie bei Paulus (1 Kor 11,24f). Ja der von der
modernen Kritik so bevorzugte Markus (10, 45) wagt es sogar, den Satz
Jesus in den Mund zu legen: Dieser sei gekommen, „sein Leben als Löse-
geld für viele hinzugeben“. Das natürlichste wäre nun, zu folgern, dals
also Pauli Abendmahls- und Erlösungslehre eben mit der Lehre Jesu
stimme. Die moderne Kritik und L, wählen aber einen andern Schlufs.
Die Evangelisten haben sich von Paulus beeinflussen lassen und waren
unhistorisch genug, eine Lehre Pauli als Lehre Jesu auszugeben. Man
bat so erreicht, was man beweisen wollte. Was dagegen sprach, wurde
einfach mundtot gemacht.
Es ist das aber ein Verfahren, das der Willkür und Subjektivität
einfach Tür und Tor öffnet. Tatsächlich bieten sich denn auch dem, der
die nicht beneidenswerte Aufgabe hat; die moderne neutestamentliche
Literatur zu verfolgen, Beispiele in Fülle dafür dar, wie das, was der eine
Kritiker für nicht authentisch und für eine Interpolation späterer Zeiten
erklärt, von einem andern verteidigt und anderes dafür fallen gelassen
wird. Es ist entsetzlich wenig, worüber man einig ist, meist nur das,
womit man Widersprüche unter den Evangelien und ähnliches beweisen
zu können glaubt.
Einer solchen Methodik schliefst sich denn L. bedingungslos an.
Die Stelle, welche entschieden ein Schongekommensein des Reiches Gottes
ausspricht (Lk 17, 20f), ist nach ihrer „Authentizität“ nicht „sehr ver-
lässig“ (S.49). Ein gewils nicht im Rufe kirchlicher Voreingenommenheit
stehender protestantischer Gelehrter, E. Schürer, äufsert sich neuerdings
bezüglich der gleichen Stelle gerade umgekehrt (vgl. ZThK XIII 454). Ein
anderes Wort Jesu „ist, ungeachtet seines Vorkommens in zwei Evangelien,
wenigstens in seiner jetzigen Form ein Produkt der christlichen Tradition
der ersten Zeiten“ (S. 65). Beliefse es L. bei der Form, so wäre ja wenig ein-
zuwenden; aber gerade das Bestreben, Inhalt und Form, Idee und Aus uck
Biblische Zeitschrift. II. 2. 13
194 Besprechungen.
durcheinanderzumengen, scheint allmählich unter den modernen Kritikern
Platz zu greifen (vgl. oben S. 62f) und ist auch von L. akzeptiert,
Die Beurteilung der letzten drei Abschnitte des Buches von L., die
ja fast durchweg über die neutestamentliche Periode hinausgreifen, sei den
irchen-, insbesondere den Dogmenhistorikern überlassen. Vom exege-
tischen, und zwar vom rein wissenschaftlichen Standpunkte aus ist zu be-
dauern, dafs sich L. so willenlos der Methode der modern protestantischen
Kritik überlassen hat. Er scheint von den Vorzügen derselben, ihren grols
angelegten, geistreichen, programmatischen Ideen, die schon auf viele
eindrucksvoll gewirkt haben, bestochen worden zu sein und hat dann die
tiefgehenden Fehler dieser Kritik, Vernachlässigung des einzelnen, Will-
kür und Subjektivität bei Beurteilung von Echtheitsfragen und ähnliches,
mit in den Kauf genommen. —
Diese Zeilen waren bereits geschrieben, als im Dezember 1903 die
Zensurierung dieses und einiger anderer Werke L.s durch die Congregatio
Indicis und s. Otficii bekannt wurde. Mögen dadurch die weiteren For-
schungen des zweifellos hochbegabten französıschen Exegeten in gemälsigte
Bahnen gelenkt werden, damit nicht die historisch-theologische Forschung
an sich durch solche Exzesse in manchen Kreisen in Milskredit komme!
München. Jos. Sickenberger.
Beiser, Dr. Joh., o. Prof. d. Theol. a. d. Univ. zu Tübingen, Die
Geschichte des Leidens und Sterbens, der Auferstehung und Himmelfahrt
des Herrn. Nach den vier Evangelien ausgelegt. gr. 8° (VIII u. 524)
Freiburg i. Br. 1903, Herder. M. 8.—
Schon wieder legt der unermüdlivhe Vertreter des NT zu Tübingen
eine grülsere Arbeit vor, ermutigt, wie er in der Vorrede sagt, durch die
freundliche Aufnahme seiner Neutestamentlichen Einleitung von seiten
der Fachgenossen (vgl. BZ I 79 ff) und die rasche Verbreitung derselben
in den weitesten Kreisen. Und was er bietet, ist abermals eine reife und
köstliche Frucht, eine umfassende Bearbeitung der Leidens- und der Ver-
klärungsgeschichte des Herrn. Die Masse des Stoffes hat er in drei Haupt-
teile gegliedert: „Die Vorgeschichte des Leidens von der Beschlufsfassung
des Synedriums betreffs der Tötung Jesu bis zum letzten Abendmahle*“
e 83—123), „Die eigentliche Leidensgeschichte vom Abendmahle bis zum
gräbnis“ (S. 124—453), „Die Geschichte von der Auferstehung bis zur
Himmelfahrt“ (S. 454516). Auf Beigabe einer deutschen Übersetzung der
Evangelientexte hat er im Interesse einer Beschränkung des Umtangs
verzichten zu sollen geglaubt. Dagegen ist er auch diesmal bestrebt ge-
wesen, „über keine Schwierigkeit mit Stillschweigen hinwegzugehen und
bei Entscheidung von Streitfragen stets eine bestimmte Antwort zu
geben“ (Vorrede). v
Es ist ein ebenso anziehendes wie dornenreiches Thema, welches B.
sich wählte. Das Schlulsdrama der evangelischen Geschichte oder
der Schlufsakt des evangelischen Dramas hat von jeher in einem Mafse
wie kein anderer Abschnitt des Lebens des Herrn die fromme Be-
trachtung sowohl wie die gelehrte Forschung gereizt und gefesselt.
Bei B. führt ausschlielslich die Forschung das Wort. Er wollte auf
Grund der skizzenhaften und nicht selten auch rätselhaften Quellen-
berichte ein möglichst genaues und vollständiges Bild des historischen
Hergangs zeichnen, und zu einer glücklichen Lösung dieser Aufgabe
war er in besonders hohem Grade qualifiziert. Die einzelnen Texte
mit ihren jedesmaligen Entstehungsverhältnissen und Zweckbeziehungen
sind ihm „heimatlich vertraut“. In jahrelanger Übung hat er gelernt,
sich mit liebender Hingabe in diese Urkunden zu versenken und dieselben
unmittelbar auf das eigene Innere wirken zu lassen. Sie sprechen für
ihn, auch wo sie schweigen. Stummen Winken, dunkeln Anklängen ent-
lockt er mit Takt und Verständnis bedeutungsvolle Aufschlüsse. Die
Besprechungen. 195
Wärme der persönlichen Teilnahme hebt und belebt seine ganze Dar-
stellung und gibt ihr eine Farbenfrische, welche auch das Interesse des
Lesers gefangen hält, gleichsam zum Ersatz dafür, dafs die Anziehungs-
kraft des Gegenstandes selbst nicht ganz, und voll zur Geltung kommt.
Das letztere, welches ich als einen Übelstand empfinde, ist dadurch
bedingt, dals dem Leser kein ausreichender Einblick in den Quellen-
befund eröffnet wird. Der Inhalt der evangelischen Berichterstattung
wird nämlich nur mit kurzen Strichen angedeutet oder auch ein-
fach als bekannt vorausgesetzt, und sofort beginnt die harmonistische
Ausgleichung und Vermittlung der verschiedenen Berichte, die histo-
risch-chronologische Eingliederung des Hauptmomentes der Erzählung,
die Klarstellung der zweifelhaften oder bestrittenen Nebenumstände.
Dieser Kommentar beherrscht das ganze Feld. Der Text selbst und seine
Eigenart tritt in den Hintergrund. Sehe ich recht, so würde es weit
zweckdienlicher gewesen sein, zunächst und vor allem die Evangelisten
zu Worte kommen zu lassen. Mochte immerhin an einzelnen Stellen,
wie bei den Kapiteln des Johannesevangeliums über die sog. Abschieds-
reden, ein Auszug oder ein Referat genügend erscheinen, im allgemeinen
würde es sich um so dringender empfohlen haben, die Aussagen der Ge-
währsmänner selbst unversehrt und unverkürzt wiederzugeben und nach
Möglichkeit zu einem abgerundeten Ganzen zusammenzufassen, zu einem
einheitlichen Texte zu verschmelzen. In dieses Mosaik hätte ein grolser,
vielleicht der grölste Teil des Kommentars, zu knappen Glossen verdichtet
und durch eigenen Satz kenntlich gemacht, eingeflochten werden können.
Der Kommentar ist gründlich, ja in gewissem Sinne erschöpfend,
insofern nämlich, als B. wirklich, der Ankündigung der Vorrede ent-
sprechend, keiner Schwierigkeit aus dem Wege geht und auf Streitfragen
stets eine bestimmte Antwort erteilt. Die Wirklichkeit spottet sogar
der Ankündigung. B. ist immer schnell entschlossen, voll Vertrauen zu
den Eingebungen des Augenblicks und geneigt, zu wagen, ohne viel
zu wägen. So oft er über Schwierigkeiten klagt, er weils jedesmal zum
Ziele zu kommen. Nur ganz ausnahmsweise sieht er sich auf eine blofse
Vermutung angewiesen. Nicht selten aber möchte man fast meinen, er
halte sich für verpflichtet, alles zu wissen, alle Zeichen zu deuten und
jeden Schleier zu lüften und die ungewissesten Daten bis auf Jahr und
ag und Stunde zu fixieren. Mir will diese Art und Weise nicht ge-
fallen. Der Unkundige muls irregeführt werden, und der Kundige kann
nur den Kopf schütteln. Denn eınen Widerspruch bis auf die Wurzeln
auszurotten, dazu gräbt B. nicht tief genug. Ich achte und schätze sein
Urteil. Bei einer ganzen Menge von Problemen aber, über welche die
Vorzeit gestritten hat und die Nachwelt streiten wird, würde ein ge-
schichtlicher Überblick über den Entwicklungsgang der Forschungsarbeit
noch schätzenswerter mewesen sein.
Der Geschichte der Exegese bringt B. überhaupt sehr wenig Inter-
esse entgesen. Die unablässigen polemischen Auseinandersetzungen sind
fast ausschlielslich an die Adresse einzelner Autoren der neuesten Zeit
gerichtet. Den Leistungen früherer Jahrhunderte wird nicht viel Be-
deutung beigemessen. Selbst Augustins Bücher De consensu evange-
hstarum, welche sich inhaltlich so nahe mit dem vorliegenden Buche
berühren und zugleich so mächtigen Einfluls auf die Harmonistik späterer
Generationen erlangt haben, werden nur einigemal angezogen. Ungestraft
indessen darf man auf keinem Gebiete die Alten beiseite schieben. An mehr
als einem Punkte hätten sie auch B. wertvolle Fingerzeige geben können.
Gewissermalsen als Illustration zu dem Gesagten mögen noch einige
Bemerkungen zu den Paragraphen über das letzte Abendmahl folgen.
Dafs B. nunmehr, nachdem er bis vor kurzem der sog. Antizipations-
hypothese das Wort geredet, das letzte Abendmahl auf den Abend des
14. Nisan ansetzt, begrülste ich mit besonderer Freude. Warum freilich
13*
196 Besprechungen.
jetzt erst „der Augenblick gekommen“ sein soll, „wo die lang und viel
erörterte Frage nach dem Tage des letzten Abendmabhles eine endgültige
glückliche Lösung finden kann“ (Vorrede), vermochte ich nicht recht ein-
zusehen, weil ich die jetzige Auffassung B.s schon seit zwanzig Jahren
vorgetragen habe. Ob der denkwürdige Tag gerade der 14. Nisan des
Jahres 783 der Stadt gewesen sei, erscheint mir auch sehr zweifelhaft,
kann aber hier dahingestellt bleiben (B. bekennt sich zu den chrono-
logischen Ergebnissen van Bebbers, auch zu der Hypothese von der ein-
jährigen Dauer der öffentlichen Wirksamkeit des Herrn; vgl. van Bebber
oben S. 67 ff). Ich möchte nur darauf hingewiesen haben, dals, trotz
des vollen Einverständnisses über den Tag, in der Erklärung jener Auise-
rungen des Johannesevangeliums, welche den Anstols zu der Antizipa-
tionshypothese gaben, unsere Wege leider noch weit, sehr weit aus-
einandergehen. Das mp6 de tfis &oprfisg To ndoxa Jo 13,1 soll nach B.
(S. 140 ff) soviel als am Vorabend des Hauptfesttags der Paschaoktarv, d. i.
am Vorabend des 15. Nisan, sein, und der Evangelist soll mit dieser Zeit-
angabe das Abendmahl, bei welchem der Herr seinen Jüngern durch die
Stiftung des eucharistischen Opfermahles einen ausgezeichneten Beweis
seiner Liebe gab, auf den Abend des 14. Nisan verlegen (ebenso van
Bebber oben S. 74). Ich meine, „vor dem Paschafeste“ könne nur soviel als
vor dem Abend des 14. Nisan sein, und dem Evangelisten schwebe hier
der Morgen des 14. Nisan vor Augen, die Stunde, zu welcher der Herr
seinen grölsten Liebesbeweis durch den Auftrag an die Jünger, die Vor-
kehrungen für die Feier des Paschamahles zu treffen, anbahnte und ein-
leitete. Ich trete also der Deutung bei, welche B. (S. 150) mit den Worten
abweist: „Das ist eine sophistische Interpretation.“ Noch tiefer, wo mög-
lich, sinken die Aussichten auf Verständigung gegenüber der Stelle
Jo 18,28. B. hat die Auslegung, welche mir die richtige zu sein scheint,
überhaupt nicht der Erwähnung wert gehalten, also wohl von vornherein
als ausgeschlossen betrachtet. Er erklärt (S. 141): „Die Hierarchen befürch-
teten, beim Eintreten in den Palast des Pilatus durch das daselbst vor-
handene gesäuerte Brot eine Verunreinigung zu kontrahieren und da-
durch an der Darbringung der am Osterfest üblichen Lob- und Dankopfer
und an dem Genuls der Festopfer gehindert zu werden“ (ebenso van
Bebber 8.75). Ich erkläre: die Sneaisen befürchteten, durch das Be-
treten des beidnischen Hauses sich zu verunreinigen — das gesäuerte
Brot bleibt aulser Betracht, weil die Synedristen auf keinen Fall ein-
getreten sein würden, um zu frühstücken — und dadurch an dem nach-
träglichen Genusse des Paschalammes verhindert zu werden. Denn
payeiv TO mdoxa heilst nicht „die Feier des Osterfestes begehen durch
Darbringung von Festopfern“ (S. 141), sondern: das Paschalamm essen.
Dies dürfte schon Roth (Die Zeit des letzten Abendmahles, Freiburg
ı. Br. 1874, 46 ff) gegen Langen siegreich nachgewiesen haben.
Am Morgen des 14. Nisan erteilte der Herr, wie schon bemerkt,
den Jüngern die Weisung, in einem Hause zu Jerusalem, welches genau
bestimmt wird, „das Paschamahl zu bereiten“. Wenn Matthäus (26, 18)
den Herrn sagen lälst: „Gehet in die Stadt zu dem und dem“, so will
er nicht die Worte des Herrn mitteilen, sondern den Hauptinhalt an-
deuten. Die Erklärung des npös Töv deiva bei B. (S. 144) läuft auf ‚das
Richtige hinaus, steht aber an Klarheit und Sicherheit hinter der Er-
klärung des „ad quemdam‘“ bei Augustin (De cons. evang. II, 80, 157)
nicht wenig zurück.. Die Frage, ob der Besitzer des Hauses früher
schon vom Herrn um Überlassung seines Saales ersucht worden sei, hat
B. nicht aufgeworfen. Mit vollster Entschiedenheit und wohl mit Recht
pflichtet er der Annahme bei, dieser Saal sei das sog. Cönaculum ge-
wesen, in welchem die Jünger am Pfingsttage vereammelt waren (S. 144)
Die Feier des Paschamahles begann „um 6 Uhr“ (S. 152). Der her-
kömmliche Ritus ward genau innegehalten. Die Darreichung des vierten
Besprechungen. 197
und letzten rituellen Bechers begleitete der Herr mit der Erklärung, er
werde von nun an nicht mehr trinken von der Frucht des Weinstocks,
bis das Reich Gottes gekommen sein werde (Lk 22, 17—18). „Auf das
Wort Jesu vom Kommen des Reiches Gottes erhob sich unter den Jüngern
der Rangstreit; an diesen schlols sich die Fulswaschung und die Ent-
fernung des Verräters an; hierauf erfolgte die Einsetzung der Eucharistie“
e 156). SoB. Dafs die Einsetzung der heiligen Eucharistie nach Abschlufs
er jüdischen, vorbildlichen Paschafeier erfolgte, steht unumstöfslich fest.
Ich stimme aber auch darin zu, dafs der Rangstreit der Jünger an das
Wort des Herrn vom Kommen des Reiches Gottes anknüpfte und sich
um die Frage drehte, wer in diesem Reiche die höhere Stellung ein-
nehmen werde. Endlich halte ich es auch zwar nicht für sicher, aber
doch für wahrscheinlich, dafs jenes Wort des Herrn bei Darreichung
des Bechers Lk 22, 17 gesprochen worden ist. Aber wie will B. beweisen,
dals dieser Becher der vierte rituelle Paschabecher gewesen sei? Dieser
Becher war vielmehr kein anderer als der Becher Lk 22, 20, und dieser
war kein anderer als der Becher Mt 26,27 und Mk 14,23. An allen
diesen Stellen handelt es sich nicht um einen der vier rituellen, sondern
um einen fünften, vom Ritus nicht vorgeschriebenen, aber zugelassenen
Becher, den eucharistischen Becher, den Becher, welchen der Herr zur
Konsekration des Weines benutzte. Hat demnach das Wort des Herrn sich
an die Darreichung des Bechers Lk 22, 17 angereiht, so ergibt sich, dafs
dasselbe der Einsetzung der heiligen Eucharistie nicht voraufging, sondern
nachfolgte, und wenn wirklich dieses Wort den Ausgangspunkt des Rang-
streites gebildet hat, so ergibt sich weiterhin, dals auch der Rangstreit
erst nach der Einsetzung der heiligen Eucharistie eine Stelle finden kann.
Damit ist die ganze Konstruktion B.s erschüttert, die Reihenfolge der
Ereignisse sozusagen völlig umgekehrt. Auffallen muls, dals B. nicht ein-
mal den Versuch macht, die These, dafs der Becher Lk 22, 17 der euchse-
ristische Becher sei, zu entkräften. Ist sie ja doch auch schon von
Augustin (a.a. O. III, 1, 2), von Maldonat (zu Mt 26, 27 und 29) und von
unzähligen andern vertreten worden. Mir scheint sie ganz gesichert zu
sein. Hat auch Judas die heilige Kommunion empfangen? B. antwortet:
Nein. Vor der Einsetzung der heiligen Eucharistie, „etwa 9 Uhr abends“
S. 162), habe Judas den Saal verlassen. Ich möchte die Frage bejahen.
m von andern Indizien, welche allerdings verschiedener Auffassung
unterliegen, zu schweigen, so dürfte das nArıv Lk 22, 21, ein Wörtchen,
welches B. gar keiner Notiznahme würdigt, die Anwesenheit des Verräters
bei Einsetzung der heiligen Eucharistie zur Voraussetzung haben. Auch
über die letzten Worte, welche Judas mit dem Herrn im Saale wechselte,
denke ich anders als Be Nach Matthäus (26, 25) hat Judas gefragt: „Doch
nicht etwa ich bin es, Meister?“ und der Herr geantwortet: „Du hast
es gesagt.“ Dazu B. (S. 162): „Der Heiland erteilte die Antwort durch
Überreichung des Abschiedsbissens, ... die Bejahung geschah mit keinem
Wort, sondern durch die Tat; materiell macht dies aber keinen Unter-
schied, und darum ist die Darstellung des Matthäus unangreifbar.‘ Diese
Annahme ist überflüssig. B. verwirrt den Tatbestand. Nicht vor, son-
dern erst nach Empfang des Bissens hat Judas, halb beschämt, halb
frech, seine Frage gestellt, und der Herr hat erwidert: „Du hast es gesagt.
Was du tun willst, tue bald“ (Mt 26, 25. Jo 13,27). Das Wort „Du hast
es gesagt‘ wurde leise, die folcenden Worte laut und allen verständlich
Epmocen: Aber weil sie das erste Wort nicht verstanden hatten, blieb
auch der Sinn der letzteren Worte den Jüngern unklar (Jo 13, 28 ff).
Mit gröfserer Befriedigung und fast uneeteilter Zustimmung habe
ich die Ausführungen über die Einsetzung der heiligen Eucharistie selbst
(S.182ff) gelesen. Eine Beleuchtung der angeblichen Parallelen, welche
Zwingli für die Verflüchtigung des &oriv zu einem „significat‘“ anrief,
wäre doch wohl am Platze gewesen. Auch hätte die Doppelgestalt des
198 Bibliographische Notizen.
Sakramentes oder die gesonderte Darstellung des Leibes und des Blutes
schärfer betont und einlälslicher dahin erläutert werden können, dafs die
eucharistische Feier in erster Linie Opfer und erst in zweiter Linie
Opfermahl ist. Insbesondere aber hätte nicht behauptet werden dürfen,
es sei unrichtig, die Partizipia dıdöuevov und Eexxuvvöuevov im Sinne des
Futurums zu nehmen, es gebe gar keine Beweisstellen dafür, dafs im NT
das Part. Präs. das Part. Fut. vertrete (S. 192). Sind denn nicht solche
Beweisstellen zu billigstem Preise in jeder Grammatik des neutestament-
lichen Griechisch zu haben? Oder ist & &pxöuevos Mt 11, 3 etwas anderes
als 5 neAAwv Zpxeodn Mt 11,14?
München. Bardenhewer.
Bibliographische Notizen.
(Das Erscheinungsjahr 1908 und Format 8° ist als selbstverständlich
weggelassen.)
Abkürzungen wie 8. 81. Aufserdem Stb = Die Studierstube.
C. Das Neue Testament.
a) Allgemeines. Einleitung. ‚Ausgaben. Hss. Textkritik.
Sprachliches. Übersetzungen.
Krüger, 6., und Köhler, W., Theologischer Jahresbericht XXII: 3. Abt.
Das Neue Testament, bearb. von R. Knopf, A. Meyer, J. Weifs (289-375.
B., Schwetschke. M 3.60): Die Berichterstattung strebt möglichste Voll-
ständigkeit an. VonK. sınd bearbeitet die Abschnitte: 2. Text und Kanon,
3. Hermeneutik, 7. Apg und apost. Zeitalter, 8. Paulinische Briefe; von M.:
1. Allgemeines, 4. Evv-Frage, 5. Einzelevv, 6. Leben Jesu; von W.: 9. Kath.
Briefe und Apk, 10. Biblisch-Theologisches. Der Geist, in welchem die
Referate gehalten sind, ist der modern kritische, wie er seinerzeit dem Theol.
Jahresbericht durch H. Holtzmann als otiyua eis del aufgeprägt wurde.
Dittmar, W., Vetus Testamentum in Novo. Die at! Parallelen des NT
im Wortlaute der Urtexte und der Septuaginta zusammengestellt(VILI u. 3%2.
Göttingen, Vandenhoeck. M 9.40): Ein sehr wertvolles Hilfsmittel für die
ntl Exegese, dessen 1899 erschienene erste Hälfte (S. 1—-169) schon freudigst
begrüfst wurde. Die zeitraubende Arbeit des Nachschlagens der at] Zitate
und Parallelen des NT sowohl in der hebräischen Bibel wie in den LAX
ist den Exegeten nun häufig gespart. Da auch die wichtigen Varianten
Berücksichtigung fanden, rd wohl in den Fällen, wo es nicht auf den
Zusammenhang des Originaltextes ankommt, das von D. mit grolsem
Fleilse und peinlicher Gründlichkeit zusammengetragene Material genügen,
zumal die Parallelen ziemlich ausführlich angeführt sind. S. 285—362
enthält ein Parallelenverzeichnis, nach den atl kanonischen wie apokryphen
Büchern geordnet. Das Buch wird sicher viel benutzt werden.
Bousset erklärt in einer Besprechung der neuesten textkritischen Arbeiten
über das NT (Th. Rundsch. VI 436 f) die Lesart & novoyevng Beöc Jo1l,18
und die Auslassung von Jo5,4 für tendenziöse Korrekturen der ägypt!-
schen, hesychianischen Hss-Gruppe. Ebd. 473ff wird Hjelts These (vgl.
BZ I 410f), dals der Syrus sinaiticus schon Tatian vorgelegen habe, ab-
gelehnt. Lippelts kühne Hypothesen bezüglich des Evv-Textes Justins
(Halle 1901) werden auf die Behauptung eingeschränkt (479), dafs eine
Übereinstimmung mit dem sog. abendländischen Text existiere.
Blafs, Fr., (Barnabas) Brief an die Hebräer. Text mit Angabe der
Rhythmen herausgeg. (54 Halle, Niemeyer. M 1.20): Ediert den Text nach
Sinnzeilen abgeteilt. Der Apparat gibt die Metren namentlich am Anfang
und Schlufs der Sinneszeilen an. In der Vorrede stellt B. das bedenkliche
Prinzip auf, dals zu Gunsten des Metrums der handschriftlich überlieferte
Text geändert werden könne. Als Verfasser des Briefes gilt für B. Barna-
Bibliographische Notizen. 199
bas, wobei er sich auch auf Novatian als Autor der „Tractatus Origenis“
beruft. In einem Anhang wird noch textkritisches Material beigebracht.
Wright, A., A Synopsis of the Gospel in Greek with various Readings
and critical Notes. 24 ed. revised and enlarged (4%. LXX u. 319. Ld,,
Macmillan. 108): Beruht auf Prinzipien der modernen Evv-Kritik. Der Stoff
ist nach fünf Abschnitten gegliedert: 1. Mk und Parall. 2. Mt-Logia. 3. Pauli-
nische Quelle. 4. Anonyme Fragmente. 5. Abschnitte, die Lk eigen sind
a u.a.) Da indes nur diese Dre ADgSpLıDanien, die ausführ-
iche Einleitung und manche der beigegebenen Erläuterungen von der
modernen Kritik betroffen werden, so werden auch Andersdenkende diese
aufserordentlich billige Konkordanz mit Vorteil benützen. Der Text ist
fast ganz nach Westcott und Hort wiedergegeben. Ebenso sind alle be-
deutungsvollen Varianten der Hss ®BCD notiert.
Azibert, J. P. A., Synopsis Evangeliorum historica, seu vitae Domini
nostri J. Chr. narratio. 2° ed. (LVi u. 559. Albi, Impr. des Apprentis-
Orphelins): Diese in vier Kolumnen angeordnete Konkordanz hält sich von
Künsteleien und Willkürlichkeiten nicht frei. Vgl. Venard, L., Rev. du
Clerge& franc. XXX VI 530-533.
Davis, E. D., Bible. New Testament. Gospels. The Davis parallel
Gospels: being the three synoptic gospels and some portions of John arranged
in parallel columns, with letters in the margins to aid the eye in finding
varallel passages,; with a short commentary aiming to show that the books
were not written, as they are, by men who had personal knowledge of Jesus ;
that they had a common origin in older works of various dates and
autorship; and that the accounts of the miracles, and the passages containing
mention of the disciples, are of later date than the most of the balance
of the books, and are of questionable authenticity (6 u.160. N.Y., Eckler. $ 1).
Smith, W.B., The Pauline Manuscripts Fand G. A text-critical study
AmJThı VII 452—485 662—688): Der Cod. Augiensis (= F) kopiert seine
orlage genau; dieselbe stellt aber nicht, wie vielfach angenommen wurde,
der Cod. Boernerianus (= G) dar.
Schultze, V., Codex Waldeccensis (Dw Paul), Unbekannte Fragmente
einer griech.-lat. Bibelhs (4°. 23 mit 8 Abbildungen. München 1904, Beck.
M 2.50): Ediert auf acht Tafeln in schönen Reproduktionen zwei als
Umschlag verwendete Pergamentblätter einer griech.-lat. Hs der pauli-
nischen Briefe aus dem Siadtarchive in Mengeringhausen in Waldeck.
Sie umfassen Eph 1, 5—13 (lat.); 1, 13—19 (griech.); 2, 3—11 (lat.); 2, 11—18
(griech.), stammen aus dem 11. Jahrh. wie der Petersburger Sangermanensis
(= EPaul) und sind vom Pariser Cod. Claromontanus (= DPaul) abhängig.
Der griech. Text, für welchen S. keine Transkription gibt, ist in schönen
Uncialen geschrieben, scheint aber eine ältere Unciale zu imitieren und
verrät einen lateinischen Schreiber.
Leipoldt, J., Bruchstücke von zwei griechisch-koptischen Hss des NT
(ZnutW 1V 350f): Bruchstück Lk 12, 4—12 griechisch und sahidisch, wobl
aus einer Perikopensammlung des 9. Jahrh. (Kgl. Mus. in Berlin P 8771);
Bruchstück Mt 13, 10f fajjümisch und Mt 13, 20f griechisch (P 9108),
woraus L. auf Gebrauch der koptischen und griechischen Sprache in den
fajiümisch-koptischen Gemeinden schlielst. .
Nestle, E., Neue Lesarten zu den Evv (ZntW IV 255-263): Teilt aus
dem von A. Schmidtke publizierten Pariser Evangeliencodex (vgl. BZ I
410) die bei Tischendorf nicht notierten Varianten mit.
Nestle, E., Vom Textus Receptus des Griechischen NT. Ein erweiterter
Vortrag (Salz und Licht Nr 8. 55. Barmen, Wuppertaler Trakt.-Ges.
M —.80): Gibt einen Überblick über die Geschichte der Komplutenser
Polyglotte, der Ausgaben des Erasmus, Stephanus, Elzevir und der britischen
Bibelgesellschaft. Neben zahlreichen Kleinigkeiten kommen einlälslicher zur
Sprache: die Doxologie am Vaterunser, der Mk-Schluls, Lk 2, 14 und der
Schlufs, sowie das Logion: „Wenn du weilst, was du tust, bist du selig“ etc.,
200 Bibliographische Notizen.
die Perikope von der Ebebrecherin, das Comma Iohanneum, die Über-
schrift des Hebr und die Unterschrift unter den paulinischen Briefen.
Lake, K., Dr. Wei/s’s Text of the Gospels. The a er of a textual
eritic on the text of an ezegete (AmJTh VII 249—258): Sieht in W.s
Verfahren zu viel Subjektivismus und bevorzugt das System, den Text
der einzelnen Länder (z.B. altlateinischer, syrischer, Klemens- u. xB-Text)
zu eruieren und nebeneinander zu stellen.
Ernst, W., Die Blass’sche Hypothese und die Textgeschichte (ZutW IV
310—320): Treitliche Bemerkungen gegen die von Bl. behauptete doppelte
Redaktion der Apg durch Lukas. Der ß-Text ist nicht von Lk, sondern
sekundär. Etwas zu weit scheint mir E. in der Bestreitung der Einheit-
lichkeit des ß-Textes zu gehen. Wenigstens steckt in den Varianten des
Cod. D mehr System, als E. zugibt.
Wünsche, A., Zur Muttersprache Jesu (VB 1279): Jo13, 33 £rı nıxpdv =
cz» up oder vn is}; 9,4 &wg fiuepa Eotiv = pi 'szn. Lk 5, 5 ’EmoTtdra,
dr? dAng VUKTög komdoavres — xo-b xls rau “an; vgl. Bab. mez. 83a. G.
Dickey, S., New Points of View for the Study of an old Problem: The
Greek of the NT (PrthR I 631—636): Das ntl Griechisch ist ein Mittelglied
zwischen Attisch und Neugriechisch mit Annäherung an das letztere.
Grimm, C. L. W., Lexicon graeco-latinum in libros Novi Testamenti
( Chr. G. Wilkü clavis Novi Testamenti philologica, usibus scholarum et
wuvenum theologiae studiosorum accommodata). Ed. 1V. recognita (All
u. 474. Lp., Zehl. M 12.—.).
Moulton, J. H., Notes from the Papyri III (Exp VIII 423-439): Er-
gänzung zu den BZ I 208 genannten lexikographischen Beiträgen. Ntl
Worte, die in den Papyri (der neue Band der Oxyrhynchus Papyri von
Greenfull und Hunt ist gleichfalls beigezogen) bezeugt sind, werden bezüg-
lich ibres Alters und Gebrauches in der xoıvr, untersucht.
Deilsmann, A., ‘IAaornpıog ilaorngıov. Eine lexikalische Studie (ZutW IV
193—212): Die Bedeutung ist entweder propitiatorisch oder expiatorisch,
entweder Versöhnungs- oder Sühnmittel.e. Auch mi», die Vorlage des
Maotnpıiov der LXX,, bedeutet nicht etwa Deckel, sondern, da “2 zu er-
gänzen ist, das verwischende, sühnende Geräte. Wahrscheinlich als sub-
stantiviertes Neutrum steht iAaotrypıov Röm 3, 25 und kann nur die all-
gemeine Bedeutung = etwas Versöhnendes oder Sühnendes haben. Letzteres
hält D. für wahrscheinlicher, wie auch die Beziehung auf den erhöhten
Christus. Vgl. 1Jo 2,2.
Kappöres (ZntW 1V 8341—344): 1. P. Fiebig bestreitet auf Grund von
Mitteilungen von 1.1. Kahan die von Deilsmann in vorgenanntem Aufsatz
versuchte Ableitung des jüdisch-deutschen Wortes kappöres von kapporeth ;
es ist Plural von kappor&. 2. @. Klein hält es für Plural von kappara.
Gwilllam, 6. H., Place of the Peshitto Version in the Apparatus Criticus
of the Greek NT (Studia Biblica et Ecclesiastica V 3, 189-237. 38 6d):
Behandelt Alter der Pes. und Wert derselben als Zeuge für den griechi-
schen Text, der in von den sonst bekannten Rezensionen verschiedener.
unabhängiger Form der Pes. vorgelegen habe. Gegen letztere These vgl.
Nestle ın Thlz 1903, 12. G.
Bludau, A., Das Comma Johanneum (1 Joh. 587), in den orientalischen Über-
setzungen u. Bibeldrucken (Ochr Ill 126—147): „Als Resultat ergibt sich die
allerdings bekannte 'l’atsache, dals die orientalischen Übersetzungen für einen
etwaigen Versuch, die Echtheit des Ü. J. zu erweisen, vollständig versagen.“
Burkitt, F. C., (In Codex Claromontanus (h) (JthSt IV 5871): Zu Mt 27
u. 28 wird die altlateinische Übersetzung des Codex mit der Ausgabe
Belsheins verglichen. Datierung in die 1. Hälfte des 6. Jahrh. Mk, Lk
und Jo sind im Vulgatatext von einer Hand des 6. Jahrh. beigefügt.
Turner, C. H., A Re-collation of Codex k of the Old Latin Gospels
(JthSt V 88—100): Zahlreiche Nachträge zur Ausgabe dieses Textes durch
Wordsworth-Sanday (Old Latin Biblical Texts, Oxford 1886).
Bibliographische Notizen. 201
Burkitt, F. C., Further Notes on Codex k (JthSt V 100-107): Hatte die
gleiche Arbeit gemacht, wie der vorgenannte Autor. Die Übereinstim-
mung der Resultate beider ist in jenem Aufsatz schon mit B bezeichnet.
Burkitt liefert noch weitere Beobachtungen über die Punktation, über Text
und Heimat des Schreibers (Afrika).
Wellsbrodt, 6., De codice latino Evangeliorum Erlangensi n. 625— 26
particula II. De pronominibus demonstrativis imprimis versionum lati-
en Evangeliorum II. Index lectionum. Braunsberger Dissert. 1902,03
(4°. 16.)
Nestle, E., Aratiuncula (Arch. f. lat. Lexikogr. XIII 200): Neuer Beleg
für dieses seltene Wort aus Pseudo-Mt evang. c. 26 (S. 93 ed.
Tischend.2). | C. W.
Fiebig, P., Aus Lichtensteins hebräischem Kommentar zum NT. Das Ev
nach Mk. Übers. (Saat auf Hoffnung 1903, 119—154).
Ethe, H., Catalogue of Persian Mss in the Library of the India Office I
4° XXIIl u. 1632. Oxford, Hart): Col. 1478-1474 Nr 2718 u. 2714:
ranslation of the Gospels. G.
Kauffmann, F., Beiträge zur Quellenkritik der en Bibelübersetzung.
6. Die Corintherbriefe (2. f. deutsche Philol. XXXV 433463).
Grundi, B., O.S. B., Das Neue Testament unseres Herrn Jesus Christus.
Nach der Vulgata übertragen, mit Einleitungen und kurzen Erläuterungen
versehen. 2 Teile. 2. Auti. (16%. VIII u. 840. Augsburg, Huttler. In
1 Bd geh. M —.9.)
Nestle, £., A little Mistake in the Revised Version Mark VI. 25 (ExpT
XV 95): Die Randnotiz „the Baptizer“ ist zu streichen.
b) Allgemeine ntl Theologie und Zeitgeschichte,
Urchristentum. Archäologie. Geographie.
Arnold, H., Der Inhalt des NT oder das Ev von unserer Erlösung und
Seligwerdung durch den Glauben an Jesum Christum mu/s wahr sein!
(84. Lp., Fiedler. M 1.50.)
Wiesinger, A., Sola fide, nunquam sola. Gal 5, 2—6 (NkZ XIV 378—39):
Auf die im Jenseits erfolgende Gerechtigkeit darf der Christ nur hoffen.
„sofern sein Glaube sich als wahrer Glaube, der durch die Liebe werktätig
ist, bewährt hat“.
Schwarz, Das religiöse Erkennen nach Paulus und Johannes (Reich
Christi 193, 61—76): Findet bei Paulus Spekulation, bei Jo Intuition,
bei beiden die volle Wahrlıeit.
Saohsse, E., Wesen und Wachstum des Glaubens an Jesus Christus (Salz
und Licht. Heft7. Barmen, E. Biermann. M —.30): Religion ist keine
Entwicklung des natürlichen Geistes, sondern nur Offenbarung, d. i. Er-
tahrung des Herzens. Die Jünger Jesu wurden stufenweise zum Glauben
geführt, indem sie nacheinander die göttliche Macht, Heiligkeit und Barm-
herziekeit Jesu erkannten und endlich seine Absicht, kein diesseitiges
Reich zu gründen. Haeuser.
Brandt, W., Kenvermogen, goddelijke geest en kennis in het Nieuwe Testa-
ment (Teyler’s Th. Tijdsch. 1903, 377—425).
Bensow, O., Die Lehre von der Kenose (VIII u. 820. Lp., Deichert.
M 6.—): Speziell der biblischen Theologie ist der zweite Abschnitt ge-
widmet. Das Selbstzeugnis Jesu nach den Synoptikern und Jo, das aposto-
lische Zeugnis und insbesondere der locus classicus der Kenose, Phil
2,5—11, werden untersucht. Ergebnis: „l. dafs wir eine kevwoig TOD Aöyuu,
eine Entäulserung des präexistenten Sohnes Gottes, welche sich in und
mit der Menschwerdung vollzieht, annelımen müssen, und 2. dals diese
xevwang auf die nopprj, die Existenzform oder Seinsweise des Logos, sich
bezieht“. In der systematischen Verarbeitung des Materials kommt die
Entwicklung Jesu, die Möglichkeit, versucht zu werden, u. a. zur Sprache.
Der Standpunkt des Verf. ist der orthodox protestantische.
202 Bibliographische Notizen.
Rademacher, A., Die übernatürliche Lebensordnung nach der paulinischen
und johanneischen Theologie. Eine dogmatisch-biblische Studie (Stralsb.
Th. St. VIlu.2. VIII u. 256. Freiburg i. Br., Herder.. M 5.—): Der
dogmatische Gesichtspunkt wiegt vor. Die einzelnen Aufserungen bei
J Share, und Paulus kommen mehr als Belegstellen für die vorangestellte
Thesis zur Verwertung. Doch willR.die „Gefahr subjektiver Hineintragung“
vermeiden. „Neu ist die nach metaphysischen Gesichtspunkten (Prinzip,
Substanz, Potenz, Akt, Ziel) gegebene Form des Begriffes der Gnadenord-
nung, sowie besonders die ausgiebigere Benutzung der Schriftlehre.“
Bugge, Chr. A., Das Gesetz und Christus im Evangelium. Zur Revision
der kirchlichen Lehre „de lege et evangelio‘‘ (Videnskabs-Selskabets Skrifter.
IL BHist.-Filos. Klasse 1903, Nr 3. 94. Christiania, J. Dybwad): Greift auf
die früher aufgestellte Gleichung Thora = Christus (vgl. BZ 1413) zurück
und sieht im Evangelium den „zusammenfassenden Gedanken von Gesetz
und Christus“. Vgl. F. Kattenbusch in ThLz XXIX 58f.
Vömel, R., Der Begriff der Gnade im NT (Beitr. z. Förd. christl. Theol.
VII 5, 501—547. M 1.40): „Paulus hat die Bedeutung der Gnade am
reichhaltigsten angewendet. Der Ebräerbrief fragt vornehmlich nach der
Voraussetzung der Gnade, dem Erlösungstode und Erhöhung Christi.
Petrus schaut vorwärts auf das Ziel, auf die noch zu erwartende Heils-
vollendung. Johannes blickt vielleicht am tiefsten in das Wesen der
Gnade, bezeugt, dafs die Gnade in der persönlichen Gemeinschaft mit Gott,
in der Teilnahme an der Einheit des Sohnes mit dem Vater bestehe,
Jakobus nennt als Bedingung der Gnade die Demut und Judas als aus-
schliefsendes Hindernis die Zuchtlosigkeit, die von einer göttlichen Ab-
hängigkeit nichts wissen will.“
Kinzler, A., Maranatha. Vom Warten auf das Kommen des Herrn in
alter und neuer Zeit. Bibl. und geschichtl. Skizzen (1V u. 260. Basel,
Reich. M 4.—): Kap. 1 behandelt die Parusie-Erwartungen der Apostel
und des Herrn, der wohl den „Weg zum Ziel“, aber nicht „die, Meilen-
zahl der Länge des Wegs“ gewulst habe. Kap. 2 bietet eine Übersicht
über Inhalt, Bilder und Zeichensprache der Apk. Die folgenden Kapitel
behandeln spätere Zeiten. Vgl. 6. Bossert ın ThLbl XXIV 378—380.
Primose, J. W., The Resurrection of the Unjust. With what body do they
come. — I. Cor. XV. 35 (BStdt VIII 288—295): Weist auf Dn 12,2 und
Jo 5, 28f hin. Die Auferstehung des Ungerechten „is the act of the
Judge“, sie ist wohl eine resurrection „0/ the dead“, aber nicht „from
the dead“. Sein Leib ist geistig hälslich.
Whittley, W. T., Church, Ministry, Sacraments in the NT (286. Ld.,
Kingsgate Press. 5 s).
Lambert, 3. C., The Sacraments in the NT (s. BZ 1 413): Vier Vor-
lesungen über die Taufe und fünf über das Abendmahl. Die ersteren
behandeln die Einsetzung durch Jesus, die Lehre der Apostel, speziell die
Pauli, die letzteren den historischen Vorgang des Abendmahls Jesu
(Antizipation, symbolische Erklärung der Einsetzungsworte), das Abend-
mahl in der ältesten Kirche (Korinth) und die johanneische Lehre.
Bernard, J. H., The Apostolic Benediction (Exp VILlI 372—380): Be-
handelt im Anschluls an 2 Kor 13, 14 ntl Segensformeln: „We cannot say
that the doctrine of the Trinity is formulated in the NT.“
Herner, S., Die Anwendung des Wortes sugı.os im NT a Universitets
Arsskriftt XXX V111, Afdeln I, Nr4. Vgl. BZ 1413): In der Apg scheine
die Entscheidung, ob Gott oder Christus gemeint sei, hie und da absicht-
lich in Schwebe gelassen. In Hebr, Jak, Apk bezieht sich der Ausdruck
am öftesten auf Gott. Bei den Synoptikern ist diese Beziehung fast ganz
Sondergut der Geburtsgeschichte. Vgl.H.Holtzmann in ThLz XXIX 72f.
Wells, J., The Two Paracletes and the Under-Paracletes. An exegetical
study (ExpT XIV 562-565): Mehr populäre Abhandlung über diese
Bezeichnung Christi, des Heiligen Geistes und der christlichen Lehrer.
Bibliographische Notizen. 203
Monnier, H., La notion de l’apostolat, des origines ü Irente (VI u. 391.
P., Leroux).
Bousset, W., Volksfrömmigkeit und Schriftgelehrtentum. Antwort auf
Herrn Perles’ Kritik meiner „Religion des Judentums im NT. Zeitalter“
(46. B., Reutber.. M —.80): P. habe die späteren Quellen, die uns über
die rabbinische Theologie unterrichten, herbeigezogen gegenüber den zeit-
enössischen Schriftstellern, die uns über die Volksfrömmigkeit aufklären.
etztere wollte B. darstellen. Dies der prinzipielle Unterschied, den P.
zurücktreten liels. G.
Güdemann, M., Das Judentum im ntl Zeitalter in christlicher Darstellung
GWJ XLVII 38-653 120—136 231—249): Findet das Judentum von
ousset (vgl. BZ I 413) zu schwarz und unrichtig geschildert. Das heutige
Judentum, mit dem der ntl Zeit identisch, hätte ihn das lehren können.
Die einzelnen Angaben der gleichzeitigen Literatur sind ohne Uhnter-
scheidung zusammengestellt, dem polemischen Charakter der Evv ist nicht
Rechnung getragen. Im übrigen sei das Streben B.s nach Objektivität
anzuerkennen. Viele Milsverständnisse verschulde seine Kenntnis des
Rabbinismus aus sekundären Quellen. Insbesondere behandelt G. die
Schätzung der Ehe in Judentum, den Ritualismus, das Joch des Gesetzes
(Thora eig. = Lehre, Kenntnis). Zu tadeln sei auch der subjektive religiöse
Gesichtspunkt, von dem aus die christlichen Schriftsteller das Judentum
beurteilen. Auch O. Holtzmann, Harnack werden in die Kritik herein-
gezogen. Bezüglich der Quellenbewertung bei B. hält G. fest, dafs der
Talmud vor die Misna zu setzen sei; die Diskussionen gingen den fest-
gestellten Sätzen der Misna voraus. Das Judentum dürfe nicht zu einer
blolsen Vorstufe des Ev herabgedrückt werden. Der hellenistische Ein-
fluls werde von B. überschätzt. G.
Friedländer, M., Geschichte der jüdischen Apologetik als Vorgeschichte
des Christentums (XV u. 499. Zürich, Schmidt. M 8.—): Meint Apologetik
im weitesten Sinne, sofern den Mosaismus und das Judentum begründende
(sedanken geboten werden, und bestrebt sich, zu zeigen, dals das Christen-
tum auch mit der hellenistisch-jüdischen Gedankenwelt in Zusammenhang
steht (gegen P. Wendland, Christentum und Hellenismus in ihren litera-
rischen Beziehungen). G.
Moffatt, J., Post- Erilic Judaism (Exp V111317—828): Rez. über Bousset,
Religion des Judentums usw. G.
Wünsche, A., Sadducäer und Pharisäer (VB 1 273): Beide gehen zurück
auf das erste Exil. Die in Palästina Zurückgebliebenen vertraten eine
eigenartige Richtung, genannt nach Ir Ha-sedek, die vom Exil Zu-
rückkehrenden galten als Vertreter der babylonisch-persischen
Richtung. T,
Chapuis, P., L’influence de l’ Essenisme sur les origines chrötiennes (RThPh
XXXVI 193—228): Schildert die essenische Separation in ihren pietisti-
schen Tendenzen. Während bei Johannes dem Täufer und Jesus wenige
Berührungspunkte sich finden, weise die Christuspartei in Korinth ganz
die spekulativen und mystischen Elemente des Essenismus auf. Auch in
Rom und Kleinasien seien Spuren. Die durch das Dogma der jungfräu-
lichen Geburt bekundete Geringschätzung der Ehe sei essenisch.
Robertson, J. M., Pagan Christs: Studies in comparative Hierology
(460. Ld., Watts. 88 6d): J,eugnet, dals Christus existiert hat. Das
Christentum ist mit Mithraskult und altamerikanischen Religionen ver-
glichen. Vgl. ExpT XV 8lf.
Jacoby, A., Altheidnisch- Ägyptisches im Christentum (Sphinx VII
107—117): I. Christus der Jüngling-Greis. So wird Christus bei, den
(rnostikern (Petrusakten) dargestellt: es ist nichts anderes als eine Über-
tragung des Sonnenmythus, der die Sonne vom Kindesalter zum Greisen-
alter gehen Jälst. Auch in den Evv (Mt 17, 1ff „leuchten“) bricht der
Sonnenmythus durch. G.
204 Bibliographische Notizen.
Moffatt, J., Zoroastrianism and primitive Christianity (HJ I 763—780;
II 347— 859): Sieht Berührungspunkte in dem Besuche der Magier, der
Versuchung Jesu, der Dornenkrönung, den drei Tagen nach dem Tode,
mehr noch in der Literatur (Sibyllinische Orakel u. a.).
Krüger, 6., Kritik und Überlieferung auf dem Gebiet der Erforschung
des Urchristentums. Akad. Festrede am 1. Juli 1903 (4°. 16. Gielsen‘.
Holtzmann, H., Das Urchristentum nach O. Pfleiderers gleichnamigem
Buche (Deutschland II 545-566): Skizzierung des Inhaltes.
Dobschütz, E. v., Probleme des Apostolischen Zeitalters. Fünf Vorträge,
in Hannover im Okt. 1903 gehalten (IV u. 138. Lp. 1904, Hinrichs. M2.70::
Als Probleme werden von D. empfunden und deshalb behandelt: 1. Die
Entstehung der Urgemeinde, 2. Judenchristentum und Judentum, 3. Heiden-
christentum und Heidentum, 4. Judenchristentum und Heidenchristentum,
5. Urchristentum und Katholizismus. Von grundlegender Bedeutung ist
natürlich die Stellungnahme zur Apg. D. hält sie als Ganzes nicht für
glaubwürdig; sie ist „eine Bildergalerie mit willkürlichen, oft schlecht
passenden Rahmen“ (S. 5). Apg 15 z. B. verdient kein Vertrauen; das
Aposteldekret gehört an eine ganz andere Stelle. Die Korneliusepisode
ehört zeitlich hinter den „Disput“ in Antiochien etc. Wer diesen subjektiven
Sisndrünkt, der gegenüber einer profanen Geschichtsquelle wohl energisch
von der Wissenschaft abgelehnt würde, nicht teilt, wird deshalb D.s Vorträge
nicht mit ungeteilter Befriedigung lesen. Doch wird er im einzelnen auf
treffliche Charakteristiken stolsen und auch wiederholt wahrnehmen, wie
faute de mieux der malträtierte Prügelknabe, die Apg, doch noch gut ge-
nug ist, um Zeugnis ablegen zu dürfen. Da auch nach D. vom historischen
(nicht dogmatischen oder praktischen) Gesichtspunkt aus die Scheidewand
zwischen kanonischer und nichtkanonischer Literatur zu fallen hat, be-
grülst er es sehr, „dafs die Kirchenhistoriker sich auch mit dem NT be-
schäftigen, die Exegeten Patristik treiben“ (S. 117).
Morgan, Ch. H., Taylor, Th. E., Sanon S. E., Studies in !he Apostolic
Church (226. N.Y., Eaton & Mains): Populäres Handbuch, hauptsächlich
Kann von Ramsay und Bertlet wiedergebend. Vgl. PrthR
a7Tf,
Stokoe, T. H., First Days and Early Letters of the Church (152. Ld.,
Frowde. 3s): Ist der Ill. Band seiner „Manuals of the NT“.
Barth, F., Neuentdeckte De ften zur Geschichte des Christentums
in den ersten drei Jahrh. 1 (Stb I 396—401 444—452 488— 493): Bespricht
Didache, Petr.-Ev, Petr.-Apk etc.
Sulze, E., Zum urchristl. Abendmahl (PrM VII 270-273): Im ganzen zu-
stimmendes Referat über J. Hoffmann, Das Abendmahl im Urchristen-
tum (vgl. BZ 1 415).
Pi V., L’Agape dans l’Eglise primitive (160. 64. P., Bloud & Cie.
r —.60).
Strack, M. L., Die Müllerinnung in Alexandrien (ZntW IV 213—234):
Macht auf eine Inschrift aus dem 3. Jahrh. v. Chr. aufmerksam, wo eine
Müllerinnung mit npeoßütepor und einem iepeug genannt ist. Daraus wie
aus andern Parallelen wird in Betreff des Urchristentums in Agypten der
Schluis gezogen, „dals seine Institution der Presbyter sich durchaus an
die im Lande gang und gäbe Sitte anschlols und dais es mit ihr ganz un-
auffällig sich in die Reihe der übrigen Vereine einreihte“.
Hauschildt, H., IIgeoßvregos in Ägypten im 1.— III. Jahrh. n. Chr. (ZutW
IV 235—242): Verfolgt au der Hand der von Ü. Wessely (Karanıs und
Soknopaiu Nesos. Studien zur Gesch. antiker Kultur- und Personen-
verhältnisse, 1902) publizierten Papyrustexte die Bedeutung des Titels
qtpeoßütepos, der schon damals nicht mehr als Altersbezeichnung ge-
braucht wurde.
Ebstein. W., Die Medizin im NT und im Talmud (338. Stuttgart,
Euke. M8.—).
Bibliographische Notizen. 205
Dressaire, L., Etudes Palestiniennes. La tradition et l’authenticite des
Lieux saints (Rev. August. II 416-431).
‚Leeper, J. L., Voices from underground Jerusalem (BW XXIII 167—179):
Übersicht über Ausgrabungen (Mauerverlauf, Sion, Teich Siloam etc.) mit
mehreren Abbildungen (Photographien des Verf.).
Kraufs, S., Les divisions administratives de la Palestine a l’Epoque romaine
(R£j XLVI 218—2386).
Robertson, H., The Question of Sychar (ExpT XIV 568): Sychar = el-
’Askar. Die Frau am Jakobsbrunnen war eine Schnitterin.
Sanday, W., The Site of Capernaum (JthSt V 42—-48): Gibt die Identi-
fikation mit Khän Minyeh auf, um Tell Hüm dafür zu akzeptieren
a Das von Josephus bezeugte Heptapegon ist ‘Ain et
abigha.
Arb-Aretas, J. [Pseudonym], Question de topographie palestinienne:
Tauthenticite du Pretoire et du Chemin de la Croix (Univ. cath. XLIV
52—74): Wendet sich gegen den Hyperkonservatismus von P. Barnabe
d’Alsace (vgl. BZ I 205) und sucht das Prätorium am Platze des Xystus,
wahrscheinlich im „Palais du Conseil“.
Guyo, L., Le Pretoire (Rev. August. II 501—513): Stimmt vorgenanntem
Autor in ‘der Ablehnung P. Barnabes zu, nimmt aber seinerseits den
Hasmonäerpalast am Xystus als Ort der Verurteilung Jesu an.
Mommert, C., Das Prätorium des Pilatus oder der Ort der Verurteilung
Jesu (VIII u. 184. Mit 6 Plänen. Lp., Haberland. M 4.50): Verwirtt
sowohl die Westhügeltheorie als eine erst 1145 auftauchende Annahme,
wie die neuerdings von dem Franziskaner P. Barnabe (vgl. BZ 1205) ver-
teidigte Osthügeltheorie, und sucht die Stelle des Prätoriums im Stadttale
el-Wad am Westfulse des Antoniaburgfelsens auf einem heute den kathol,
Armeniern gehörigen Grundstücke, dem sog. Sultansbade, wo die Basilika
der Heil. Weisheit zu suchen ist und Fulsspuren des Herrn (nicht Mariens)
Kezeigt werden. Der auch bei M. viel zitierte pseudonyme Antoninus
lacentinus sollte nun endlich aus der Literatur verschwinden, um so mehr,
als Grisar in der Lage war, seine diesbezüglichen Nachweise gegenüber
völlig grundlosen Einwendungen (s. oben S. 88) zu erhärten.
c) Kanon des NT. Geschichte der ntl Exegese.
Boehmer, 3., Nti Parallelen und Verwandte aus altchristl. Literatur.
Für Bibelfreunde (12%. 48. Stuttg., Greiner & Piteifier. M —.50): Aus
Väterschriften, ntl Apokryphen u. a. sind in deutscher Übersetzung Stellen
zusammengestellt, die zu den Berichten des NT, dem Ergebnisse „eines
Jahrhunderte währenden geschichtlichen Prozesses“, in Parallele stehen.
Manches wäre nach B. „würdig, mehr als würdig, im NT selber seinen
Platz zu haben“.
Origenes’ Werke. IV. Bd. Der Johanneskommentar, herausgeg. von
E. Preuschen (Die griech. christl. Schriftsteller der ersten drei Jahrh.,
herausgegeben von der Kirchenvätercommission der k. preuls. Ak. d. W.
X. Bd. CVIII u. 668. Lp., Hinrichs. M 24.50): Der umfangreichste der
bis jetzt erschienenen Bände der Berliner Sammlung. Die Einleitung
begründet die Wahl des Monac. 191 saec. XIII zur textkritischen Grund-
lage; der Venet. Marc. 43 anni 1374 stellt bereits eine kritische Bearbeitung
dar. Der Jo-Kommentar des Origenes selbst wurde 218 oder 219 begonnen
und nach der Abreise aus Alexandrien 232 vom 6. Buche an fortgesetzt;
vollendet war er wohl nie. Für die Preisgabe der geschichtlichen Auf-
fassung mancher Partien und die dem Philo abgelauschte allegorische
Verflüchtigung des Wortsinnes glaubt P. das Unvermögen, die evange-
lischen Berichte in Übereinstimmung zu bringen, verantwortlich machen
zu dürfen. Bezüglich des Bibeltextes (= Bx oder A) vgl. BZ 1417. Auch
über Herakleon, aus dessen Jo-Erklärungen Origenes 47 Fragmente zitiert,
gibt die Einleitung orientierenden Aufschlufs., Für die Katenenfragmente
2
206 Bibliographische Notizen.
hätte sich nach des Verf. eigenem Urteil noch mehr tun lassen. Seinem
„Typus der römischen Katenen“ liegt der dem Petrus von Laodicea zu-
geschriebene Kommentar zu Grunde. Derselbe müfste erst klar heraus-
geschält werden, sonst geraten lemmatisierte Katenenzusätze und anonymer
Kommentartext ineinander, wie mir dies z. B. bei Katenenfragment X
der Fall zu sein scheint. S. LXIX, 3 v. u. lies ‚uns und 2 v. u. 978.
Gründliche Register beschliefsen auch diesen Band.
The Anede Onaeava Biblica and the Gospels (Contemp. Rev. LXXXIII
837 —40): A. N. Jannaris wendet sich gegen E.A. Abbott und W.Schmiedel,
welche in Artikeln der Encycl. Bibl. aus Eusebius, H. e. 3, 3, 3 folgern
wollen, dals Papias Lk und Jo nicht gekannt habe. — E. A. Abbott (ebd.
249—254) verteidigt sich gegen den Vorwurf des Rationalismus (in der
Auffassung der Person Christi stimmt er mit Schmiedel nicht überein)
und hält seine Deutung der Eusebiusstelle aufrecht. — A. N. Jannarıs
(ebd. 532—539) repliziert scharf und verteidigt u. a. die Lesart nıvd statt
tiva. Das Milsverständnis des Eus. gehe auf Cassels zurück.
Cassels, W. R., The Purpose of Eusebius (HJ I 781—788): Repliziert auf
vorgenannten Vorwurf Jannaris’, der „original sinner“ zu sein.
Engelbrecht, A., Studien über den Lukaskommentar des Ambrosius. Mit
einem Anhang über eine bisher verschollene Hs des Philastrius (Sitzungsber.
der kais. Akad. der Wissensch. in Wien, philos.-hıst. Kl. CXLVI, Nr 8. 56.
Wien, Komm. bei Gerolds Sohn): Von diesen an dıe neue Ausgabe von
Schenkl (vgl. BZ 1 206 u. 418) anknüpfenden sprachlichen und text-
kritischen Bemerkungen kommen für die BZ in erster Linie die auf die
Bibelzitate (S. 21—35) und auf die mystische Evangelienauslegung des
Ambrosius (S. 35-40) entfallenden in Betracht. Es zeigt sich, „dals
der Wortlaut verschiedener Zitate in der Wiener Ausgabe nicht richtig
konstituiert wurde, dals Ambrosius bei freierer Zitierung mitunter schwer
verständlich ist oder sich Flüchtigkeiten und Milsverständnisse zu Schulden
kommen läfst“, und dals des öfteren die Dunkelheit der symbolischen
Deutungen, in denen sich Ambrosius ergeht, noch durch falsche Textes-
konstituierung oder Interpunktion verstärkt worden ist. C.W.
Haufsleiter, J., Drei Editiones principes des Apokalypse- Kommentars
des Primasius (ThLbl XXV 1—4): „Der (von H. in der Augsburger Stadt-
bibliothek aufgetriebene) Kölner Druck vom Jahre 1535 enorgr von
dem berühmten Kölner Buchdrucker Eucharius Cervicornus, zu deutsch
Hirtzhorn) erweist sich als Grundlage aller späteren Primasius-Drucke,
mit einziger Ausnahme der Baseler Ausgabe vom Jahre 1544. Die Pariser
Ausgabe des Jahres 1544 ist lediglich ein nicht fehlerfreier Abdruck des
Kölner Buches.“ Cervicornus hat für seine Ausgabe zwei „antiquissima
exemplaria“ benutzt, von denen das eine, dem er meistens Da zur Hss-
gruppe NG in Haulsleiters Ausgabe (Forsch. z. Gesch. d. ntl Kan. IV) ge-
hört, während das andere mit dem Archetypus der beiden andern Gruppen
verwandt ist. C. W.
Sickenberger, J., Über die dem Petrus von Laodicea zugeschriebenen
Evangelienkommentare (ThQ, LXXXV1 10—19): Betont ihren Charakter
als kompilierte Evv-Kommentare und macht über Pariser Hss derselben
Mitteilungen. In der Verfasserfrage brachte der Hinweis auf angebliche
„Petri Laodiceni orationes 3“ im Par. suppl. gr. 407 keine Lösung.
J., Ntl Elemente in der Traditionslitt. des Islam (Öchr II
0— $
d) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern.
a) Allgemeines,
Maurici, A., Gesü e s. Paolo (66. Palermo. Virzi. L 1.50\.
Dunin-Borkowski, St. v., S.J., Blicke in das Selbstzeugnis und die Theologie
Jesu Christi und des Völkerapostels (Kath 3. F. XX VII 289—305 395—413
481—506): Sehr beachtenswerte Auseinandersetzung mit der modernen
Bibliographische Notizen. 207
Kritik der Lehre Jesu und Pauli, wobei einige „Tatsachen des Selbst-
zeugnisses Jesu“ mehr als bisher beleuchtet werden. „Die grofse Mehr-
zahl der Aussprüche Jesu über Gott berechtigt nicht zur Annahme, Christus
habe unter Gott ein Wesen verstanden, welches ihm an Macht wesentlich
überlegen war. ... Die Ausnahmen sind nur scheinbar.“
Abbott, E.A., Contrast; or A Prophet and a Forger (XXXII u.41. Ld,,
Black): Der Verf. bezeichnet sein Buch als „the skeleton of a book“.
Unter dem Propheten versteht er den unbekannten Autor des Jo-Ev,
„that should lift his readers out of the critical atmosphere into the region
of adoring love“. Unter dem Fälscher versteht A. den Autor von 2 Petr.
Vgl. AmJTh VII 7751.
ß) Leben und Lehre Jesu. Evangelien.
Schmidt, P. W., Die Geschichte Jesu erläutert. Mit 3 Karten von
K. Furrer und einem medizinischen Gutachten zur römischen Kreuzigung
samt 2 Abbildungen im Text und 1 Tafel in Lichtdruck (XI u. 423.
Tüb. u. Lp. 1904, Mohr. M 7.—).
Pfleiderer, O., Das Christusbild des urchristl. Glaubens in religions-
geschichtl. Bedeutung. Vortrag (116. B., Reimer. M 1.60): Berührt sich
vielfach mit dem Buche Gunkels e. o. S. 56ff.
Farrar, F. W., Life of Christ (4%. 822. 300 Illus. Ld., Cassell. 108 6d).
Farrar, F. W., The Life of Lives: Further Studies in the Life of Christ.
Popular ed. (596. Ld., Cassell. 78 dd).
arth, F., Die Hauptprobleme des Lebens Jesu (vgl. BZ 1419): Ist nach
H. Holtzmann, ThLz XXIX 7Lf „typisch... für die Zwischen- und
Mittelstellung, welche ein respektabler Kreis heutiger Theologie .. . zu
der Leben-Jesu-Frage bzw. zur Evangelienkritik in freilich mannigfach
abgestufter Form einnimmt“.
ell, H. T., Bible Studies in the Life of Christ. Historical and Con-
structive (160. Ld., Revell. 18 6d).
Chapuis, P., Quelques problömes de la vie de Jesus @ propos de quelques
publications recentes (RIhPh XXX VI 408—449): Auf Grund der neueren
deutschen Literatur wird hauptsächlich das Wunderproblem und die Reich-
gottesidee im Sinne der modernen Kritik erörtert.
Grals, K., Über E.v. Schrenck: Jesus und seine Predigt (Mitt. u. Nachr.
f. d. ev. Kirche in Rulsl. 1903, 95—106).
Efreb-Kador, Christus. Seine Göttlichkeit und sein Wirken im Lichte
des Spiritualismus. Eine Parallele zwischen der hl. Schrift und den Lehren
der Spiritualisten (104 mit Bildnis. Lp., Fiedler. M 1.80): Hält Jesu
Taten für spiritistische Wirkungen.
Un docteur en Theologie, La science humaine de Jesus (Rev. du Ülerg6
frang. XXXV 338—365): Die Studie ist durch Loisys Aufstellungen an-
geregt. Sie erörtert die Anschauungen der Väter und Theologen. Ein
ichtwissen Jesu in Dingen, die nicht mit seiner Mission zusammen-
hängen, könne auch einen Irrtum zur Folge haben. Die Parusietexte
lehrten das unmittelbare Bevorstehen derselben. Wahrscheinlich liege
hier eine Eintragung der Anschauungen der Evangelisten in Jesu
Worte vor.
Schure, E., Jesus the last great Initiate. Nach ExpT XV 87 betrachtet
der Autor Jesus für einen Essener.
Peabody, F. G., The Characters of Jesus Christ (HJ 1 642—660): Findet
bei Jesus kraftvolles Einwirken aut den Willen. Fern von Sentimentalität,
läist Jesus Überlegung walten, um seine ethischen Ziele zu erreichen.
Kirchner, V., Die Sündlosigkeit Jesu und das NT („Mancherlei Gaben“ etc.
XLIII Nov. 1903).
Halevy, J., Nalwgaios (Rsem XI 232—239): Kommt von xx,, der aram.
Form von hebr. "23, und x'"z) war ein Ehrentitel, den dıe Jünger dem
erkannten Messias in Anlehnung an Is 11, 1; 60, 21; Jer 31,6 gaben. Der
Su ei te en — 0 HEEE . ME 3 Mie ME _ _ ui MEET Reife: mon Te EEE | In Zn E72
208 Bibliographische Notizen.
Aufenthalt in NaZaper ist erst Ergebnis der späteren Legendenbildung auf
Grund der milsverstandenen Bezeichnung. G.
Cigoi, A., Das Leben Jesu I: Wahrheit der Evv. Palästina, das Heimat-
land Jesu. Kindheitsgeschichte Jesu (4. V11I u. 216. Klagenfurt, St. Joset-
Verein. M 1.50).
Knowling, R. 3., Our Lord’s Virgin Birth and the Criticısm af To-
day (96. Ld., S. P.C. K. 1s 6d).
Soltau, Die Geburtsgeschichte Jesu Christi (Stb L 56-61): Resume über
seine an andern Orten auch vorgetragenen Quellenscheidungen und Über-
arbeitungen der evangelischen Berichte.
Noesgen, Zur Geburtsgeschichte Jesu Christi in Lukas Kap. 1 u. 2 (StbI
121—126 162—170): Der Mt- und Lk-Bericht sind unabhängig voneinander.
Lk gibt atl Gedanken in paulinischem Gewande. Sein Bericht ist einheit-
lich und weist keine späteren Überarbeitungen (namentlich Supranaturs-
lisierungen) auf.
Lienhard, Die Geburtsgeschichte Jesu Christi (Stb I 256-258): Macht
gegen Soltau darauf aufmerksam, wie wenig religionsgeschichtliche Par-
allelen beweisen.
Resch, A., Das Kindheitsevangelium (Stb I 442—444): Charakteristik des
von ihm als gemeinsame Quelle für Mt und Lk postulierten Kindheitsev.
Hoben, A., The Virgin Birth I (85. Chicago, Univ. of Chicago Press.
50c): Vgl. BZ I 210.
Beeby,C.E., Doctrinal Significance of a Miraculous Birth (HJ II 125— 140):
Rationalistische Auffassung der Geburt Jesu. Das katholische Dogma ist
nach B. valentinianische Häresie: „That is neither conception nor birth.“
Nestle, E., Zur Berechnung des Geburtstags Jesu bei Clemens Alexandrinus
ZntW IV 349): Mehrere kinzelheiten: so die, dals man von Geburt zu
aufe (12. Athyr = 8. Nov.) genau 30 Jahre rechnete.
Mead, &. R. S., Did Jesus live 100 B. C.? An enquiry into the Talmud
Jews Stories, the Toldoth Jeschu, and some curious statements of Epiphanius:
being a contribution to the study of christian origins (456. Ld., Theosoph.
Pub. Co. 93): Behandelt diese von jüdischer Seite aufgestellte und dann
auch in weiteren Kreisen akzeptierte These ernsthaft, kommt aber zu
keinem sichern Ergebnis. Uber die Existenz des Pilatus ist eben nicht
hinwegzukommen. Vgl. ExpT XV 81.
Trench, R.Ch., Die Versuchung Christi. Eine Studie über Matth.4,1—11.
Aus dem Englischen von M. Schuchard (63. Bremen, Traktathaus. M —.40).
Stewart, M. A., The Temptation of Jesus (230. N.Y., Revell. $1.50).
Willrich, H.. Zur Versuchung Jesu (ZntW 1V 349f): Sieht in Mt 4, 8f
die Variante eines älteren persischen Legendenmotivs.
Holmes, R., The Purpose of the Transfiguration (JthSt IV 543—547):
Ablehnung der Auffassung Kennedys (s. BZ I 423). Die Stellung der
Verklärungsgeschichte beweist, dals Jesus den Jüngern sein Verhältnis
zur Welt erklären wollte. Zugleich klärte er sie über sein Ende (£Eodos,
vgl. 2 Petr 1, 15ff) auf.
Schulz, A., Das Leiden und die Verherrlichung Christi nach Belser (Wiss.
Beil. der Germ. 193, 281f.). .
Panel, D., Preliminaires historigues de la Passion de Jesus (le complot;
la cene; Tagonie), etude ceritique. These (127. Lyon, Impr. Paquet).
Batiflol, P., L’eucharistie dans le NT d’apres des critiques recents (Rb
XII 497—528): Lehnt Spittas eschatologische und Weizsäckers und
‚Jülichers parabolische Auffassung der synoptischen Berichte ab. Auch
H. Holtzmanns Idee von der Bundesschlielsung, die durch das vergossene
Blut besiegelt wird, ist unzureichend, und Hoffmanns Anschauungen (vgl.
BZ 1 415) betrachtet B. als ein „curieux specimen du pur irrealisme, oü
se joue la virtuosite de certains thöologiens allemands“. In eingehender
Besprechung von Jo 6 setzt sich dann B. mit Loisys unhaltbarer Exegese
dieses Kapitels auseinander.
Bibliographische Notizen. 209
Lechler, P., Über die Bedeutung der Abendmahlsworte (ZwTh XLVI
481—486): Sie waren ursprünglich nur eine Andeutung der Vergänglich-
keit des Leibes Christi.
Planus, Pages d’Evangile T. III: De la dernire Cene ü l’ Ascension
(16%. XII u. 392. P., Poussielgue Fr 3.—).
Lochmann, W., Sakrament und Parabel. Altes und Neues zur schrift-
ale net Lösung des Abendmahlsproblems (IV u.128. Halle, Strien. M3.—):
erbindet die Reichsgottesidee mit der Eucharistie und sieht in letzterer
den parabolischen Ausdruck der ersteren. Im Genusse des Brotes ergreifen
wir Besitz von Jesu stellvertretender Passion; der dargereichte Kelch
bietet Teilnahme am Bundesgute, an der Sündenvergebung, die Jesu Blut
erwirkt hat. Paulus hat die Abendmahlsberichte des Mk und Mt nicht ver-
ändert; die Abendmahlsfeier hat er als Verkündigung des Todes Jesu ein-
geschärft. Jo 6 enthält Bilder der geistigen Tätigkeit des Menschensohnes.
Cheever, H. M., The legal Aspects of the Trial of Christ (Bs LX 495—509):
Christus wurde zweimal offiziell verhört, wobei das Verhör bei Kaiphas
keine blofse Präliminaruntersuchung war. Beide Male aber kamen Gesetzes-
verletzungen vor. Die Anklage vor Kaiphas lautete auf Gotteslästerung,
bei Pilatus auf Majestätsbeleidigung. Der letztere sprach Jesus zunächst
frei, verurteilte ihn aber dann gegen bessere Überzeugung zum Tode.
Dunlop, J., The Death of Christ (ExpT XIV 518-520): Dockiamunr zu
Denneys Buch. Vgl. BZ I 424.
Cullen, H., Apostolic View of the Death of Christ (BStdt VIII 227—236):
Es herrscht Übereinstimmung unter den Aposteln bezüglich der Auffassung
des Todes Jesu als Sühnetod.
Shaw, Ch. G., Current Interest in the Crucifixion (BW XXII 180—194):
a nsaue Betrachtungsweise mu/ls den Faktor der Versöhnung ein-
eziehen.
Kreyher, Der Todestag Christi (Ev. Kz. 1903, 889—894): Tritt gegen
H. Achelis für Freitag den 3. April d. J.33 ein. Es ist das johanneische
Datum, und die astronomische Berechnung der Mondfinsternis i. J. 33
stimmt dazu.
Fotheringham, J. K., The Date of the Crucifixion (Journ. of Philol.
XXIX 100—118).
Zahn, Th., Kleinere Beiträge zur evangelischen Geschichte. 3. Der auf-
erstandene Jesus in Galiläa (NkZ XIV 770—808): Vgl. BZ 1213. Wider-
legung der Annahme eines Galiläa in oder bei Jerusalem. Die hierfür
angerufenen Acta Pilati bieten ebensowenig eine Bestätigung wie Tertullian,
Juvencus, Laktanz und Chrysostomus. °H Takıkaia ist nicht falsche UÜber-
setzung von rbb; = tepixwpog (Lepsius). Die Weisung Christi, nach
Galiläa zu gehen, hatte die Sammlung der Gemeinde beabsichtigt.
Fonck, L., S. J., Die Wunder des Herrn im Evangelium exegetisch
und praktisch erläutert. I. Teil (VIl u. 454, Innsbruck, Rauch. M 3.60).
Wright, T. H., Finger of God: Studies and Suggestions in the Miracles
of Jesus (218. Ld., Melrose. 38 6d): Will Glauben und Wissenschaft bei
eurteilung der Wunder Jesu versöhnen. Vgl. ExpT XV 84f.
Selby, Th. @., and others, The Miracles of Jesus (429. Manchester,
J. Robinson. 68).
Allen, 6. W., Wonderful Words and Works. Sermons on the parables
and miracles of Jesus (XXI u. 229. Ld., Sheffington. Fr. 25.—).
Chamberlain, H. S., Worte Christi (Kleine Ausgabe) (16°. XI u. 816.
München, Bruckmann. M 2.—).
Verba Christi. The Sayings oz Jesus Christ (The Temple Classics)
(120. 292. Ld., Dent): Gibt die Worte Jesu griechisch und englisch nach
den Evv, mit lateinischen und englischen Vorbemerkungen. Der Verf.
ist Dean Stubbs. Vgl. ExpT XV 88. |
Swete, H. B., The Teaching of Christ (Exp VIII 116—130 267-282
440 —455): Fortsetzung der BZ 1420 genannten Aufsätze. Charakterisierung
Biblische Zeitschrift. II. 2. 14
210 Bibliographische Notizen.
der Lehre Jesu bei Lk („He reveals as the Physician, the Redeemer and
the supreme Master of mankind“) und Jo („the Gospel of the Teaching‘).
Eine zusammenfassende Übersicht hebt noch einige Punkte (Hl. Geist,
Kirche, Individualität Jesu u. a.) hervor.
Oldham, 3. H., Studies on the Teaching of Jesus, as recorded in the
Synoptic Gospels (205. Ld., Brit. Coll. Christian Union. 18).
Foster, Fr. H., The Teaching of Jesus concerning his own Mission 1%.
N.Y., Americ. Tract. Soc. 75 cts): Populär.
Bean, W. S., Teachings of the Lord Jesus (10%. Philadelphia, Presbyt.
Board. 75.cts): Populär.
Rambaud, J., Essai sur les donnees essentielles de la religion de Jess.
Thöese (192. Cahors, Impr. Coueslant).
Doree, N., Le christianisme de Jesus, par un juive (18°. IX u. 110. P.
Fischbacher).
Göttler, J., Zur Methode der Lehrvorträge unseres Herrn (Katech. Bl.
N. F. V 1-6): Macht beachtenswerte Bedenken gegen die Herauslesung
einer Methode aus der Bergpredigt als Ganzem geltend und weist seiner
seits auf die in den Parabeln niedergelegte Methodik hin.
Smith, &6., The Founder of Christendom (48. Ld., Green. is 6d):
Erörtert die Wirkungen der Worte Jesu auf Zeitgenossen und Nachwelt.
Als wahrer Mensch habe Christus auch die Beschränkungen und Unroll-
kommenheiten der Menschheit geteilt. Vgl. HJ II 207.
Legeay, &., Le Symbolisme dans l’Ecriture. Noms et figures de Notre-
Seigneur (18°. XVi u. 263. P., Retaux).
heraton, J. P., Our Lord’s Teaching concerning himself (PrtbR I
513—536): „‚Son of Man‘ expresses the earthly manitestation of tbe Word
which became flesh and tabernacled amongst us. ‚Son of God‘ expresses
and affırms His eternal and essential being.“
Schürer, E., Das messianische Selbstbewu/stsein Jesu Christi. Rede zur
akadem. Preisverteilung am 10. Juni 1%3 in Göttingen (ZThK Xlll
437—456): Die messianischen Hoffnungen und die strenge Gesetzlichkeit
bildeten die geistige Atmosphäre, in welche Jesus hineingestellt war.
Sein Sohnesverhältnis zu Gott ist kein metaphysisches, sondern ein
ethisches und bedingte den Messiasberuf in ihm. Seit der Taufe, einem
mythologisierten Vorgang des Innenlebens Jesu, kam ihm das zu Be
wulstsein. Jesus lehnt aber alle politischen Bestandteile des Messiss-
begriffes, auch die Abstammung von David, ab und bezeichnet sich als
den von Daniel verheilsenen Menschensohn. Die Zukunftsaussagen Jesu
sind später versinnlicht worden.
Chollet, J. A., La conscience psychologique du Christ (Rev. d. Sc. Eccles.
1903 aout et sept. 95—112 195— 218).
Mouren, 3., Le fils de P’homme. Etude historique et critique sur ce titre
de Jesus, d’apres les Evangiles synoptiques (76. Lycn, Paquet).
Gayraud, Le royaume des cieux llawer 20 nov. et 2 dec.): Nimmt
zwei Irappen an: 1. die Kirche, 2. das Jenseits, durch die Parusie ein-
geleitet. Vgl. Rev. du Clerge france. XXX VII 221.
Worcester, W. L., The Life of the Lord interpreted by the Sermon on
the Mount (New Church Rev. 1903 oct.).
Loisy, A., Le discours sur la montagne (Rev. d’hist. et de litt. rel. VII
836—370 441—471): Fortsetzung der BZ 1423 angezeigten Aufsätze. Als
weitere Punkte werden behandelt: 5. Les bonnes «uvres, 6. Le detache-
ment, 7. Lecons diverses. Conclusion.
Loisy, A., Le discours sur la montagne (164. P., Picard. Fr 3.—):
Separatausgabe obiger Aufsätze.
breenbough, 6., The Sermon on the Mount (VII u. 269. Manchester,
Wobinson. Fr 5.60).
Jones, E. 6., and others, The Sermon on the Mount (Including the
Beatitudes) (VII u. 375. Manchester, Robinson. 48 6d).
Bibliographische Notizen. 211
The Beatitudes of Jesus (BW XXII 83-87): Allgemeine Charakteri-
sierung derselben.
Grimmert, Die erste Seligpreisung (Stb I 433—437): Erbaulich.
Fulfilling the Law and the Prophets (BW XXIT 163—166): Jesu Stellung
zum (resetze.
Bugge, Chr. A., Die Hauptparabeln Jesu ausgelegt. Mit einer Ein-
leitung über die Methode der Parabel: Auslegung (XX u. 496. Gielsen,
Ricker. M 11.—): Ein tief durchdachtes Werk! Die Darstellung ist zwar
breit, doch klar. Es wird zunächst einleitungsweise gegen Jülichers
Methode der Parabelerklärung Stellung genommen. B. sieht in den
Jüdischen Meschalim den Ausgangspunkt für Beurteilung der Parabeln
Jesu. Auch B. verteidigt den Verhüllungszweck (vgl. BZ I 211). Ein
vierfaches Motiv habe Jesus geleitet: 1. Die Eigenart des Messias- und
Reichgottes-Ideals Jesu, 2. Rücksicht auf die verständnislose Masse des
Volkes, 3. Rücksicht auf die Jünger, 4. Rücksicht auf Jesu eigene Selbst-
entfaltung. Im einzelnen sind die Parabeln entweder argumentativ oder
illustrativ oder didaktisch (paradoxal). Die Auslegung hat von den bei
den Evangelisten sich findenden Leitmotiven auszugehen. Trotz vielfacher
„Komposition“ sind die evangelischen Berichte historisch getreu. Der
erste Teil behandelt die Geheimnisparabeln des Reiches Gottes. Diese Idee
birgt nach B. nicht blols eschatologische Vorstellungen in sich. Das Reich
Gottes ist innerlich und geistig, gegenwärtig wie zukünftig. Der zweite
Teil behandelt die Reichsparabeln bei Mt, der dritte die Individual-
parabeln bei Lk. Die Einzelexegese bringt eine deutsche Übersetzung
und die Erklärung des Wortsinnes, worauf die Deutung und Charakteri-
sierung nebst geschichtlichen Notizen folgt. Trotz mancher Uhnrichtig-
keiten in Detailnotizen muls B.s Buch als eine sehr gediegene Parabel-
erklärung bezeichnet werden.
Brun, J., Les ae de l’evangile. These (112. Lyon, Impr. Paquet).
Trench, R. Ch., Notes on the Parables of our Lord. New ed. (534.
Ld., Kegan Paul. 38 #d).
Stretton, H., Parables of our Lord (248. Ld., Relig. Tract. Soc. 38 64).
Tonetti, L., e Rossini, G., L’Erodianismo nelle parabole evangeliche (Misc.
d. Stor. Eccl. I 209-225).
Witzmann, 6., Zur Frage nach der unterrichtlichen Behandlung der Gleich-
nisse Jesu. Jenaer Diss. (66).
Mönegoz,E., A propos de l’eschatologie de Jesus; Bruston, C., Courte replique
ü la lettre precedente (Rev. d. Th. et d. Quest. rel. 1903, 344—368).
Shaw, Ch. G., Jesus Christ and eternal Life (BW XXII 436448): „Christ
is the author and finisher of our faith in eternal life; all this is due to
the fact that he is the religious character par excellence.“
Heuver, 6. D., The Teachings of Jesus concerning Wealth. With introd.
by H. Johnson (212. Ld., Revell. 358): Nur wer Christus in sich hat, kann
ihn völlig verstehen. Im übrigen mülsten auch alle Kleinigkeiten be-
achtet werden, z. B. dals der barmherzige Samariter das Geld zur Unter-
stützung des unter die Räuber Gefallenen nicht diesem, sondern dem
Wirt der Herberge einhändigte — wodurch Christus die indirekte Wohl-
tätigkeit der Welt empfohlen habe! Vgl. ExpT XV 886.
Zurheilen, O., Johannes der Täufer und sein Verhältnis zum Judentum.
Theol. Dissertation der Univ. Bonn. (71.)
Gillie, R. C., Kinsfolk and Friends of Jesus (402. Ld., Black. 68).
H<ilgenfeld> A., Der mondsüchtige Knabe (ZwTh XLVI 608): Macht auf
Gunkels Bemerkung aufmerksam, wonach das Fallen in Feuer und Wasser
(Mt 17, 15. Mk 9, 22) ein babylonischer Terminus für Fieberhitze und
Schüttelfrost sei.
Kappstein, Th., Maria von Magdala im NT (Deutschland II 611—618):
Anlälslich des Dramas von Paul Heyse wird u.a, die Unrichtigkeit der
Identifikation mit der Sünderin Lk 7 und Maria von Bethanien behauptet.
14*
212 Bibliographische Notizen.
Sanday, W., La critique actuelle et les &vangiles (Bull. de Litt. eccles.
1903, 233—241): Französische Übersetzung eiues Vortrags S.s auf dem
Church Congress in Bristol (15. Okt. 1903), in welchem gegen die rationa-
listische Evv-Kritik, wie sie auch in England, besonders ın der Encyclo-
paedia Biblica Vertreter findet, Stellung genommen wird. „‚Lire la Bible
comme n’importe quel autre livre‘, et supposer que nous n’y trouverons
que ce qui se trouve dans les autres livres, sont Jens choses differentes.“
Sense, P. C., Evangiles canoniques et apocryphes (Rev. de l'hist. des relig.
XX1V 372—383): Die kanonischen Evv sind ein Produkt des 2. Jahrh.,
efertigt zum Ausgleich der verschiedenen religiösen Anschauungen.
enäus ist der, Begründer des heutigen Christentums.
Halevy, )., Etudes &vangeliques.: Fasc. Ier (243. P., Leroux): Vermut-
lich Separatausgabe seiner Aufsätze in der Rsem. Vgl. BZ I 208 u. 420.
Stanton, V. H., The Gospels as historical Documents. Part I. The early
use of the gospels (XV u. 288. Cambridge, University Press. 78 6d): Be-
handelt 1. die nachapostolische Zeit, 2. die Zeit der Apologeten und des
Konfliktes mit dem Gnostizismus, 3. Justin, 4. die Zeit von Justin bis
Irenäus, 5. die asiatische Tradition bezüglich des Jo-Ev, 6. den Stand
am Ende des 2. Jahrh.
Flournoy’s, P.P., New Light on the NT, with an introduction by B. B.
Wartield (193. Philadelphia, Westminster Press. 75 cts): Berichtet über
neuere Entdeckungen, welche die Echtheit und Authentizität der Evv be-
kräftigen: Diatessaron, Lewis-Sinaiticus, Quadratus, Aristides, Petrus-
evangelium u, a., besonders auch über Bestätigungen geographischer, histo-
rischer und politischer Art.
Osborn, L. D., The Recovery and Restatement of the Gospel (12°. 26
u. 253. Chicago, Univ. of Chicago Press. $1.50): Erblickt im Berichte
nn nn die Autorität, zu der wir zurückkehren müssen. Vgl. ExpT
Lolsy, A., L’Evangile et ’Eiglise. 2« ed. (16°. XXXIV u. 281. Mäcon,
Protat): S. oben 189.
Loisy, A., Autour d’un petit livre. Defense de „PEvangile et U’ Eglise*
(120. XXXIV u. 290. P., Picard. Fr 3.—): In Form von sieben Briefen
z. T. an hohe geistliche Würdenträger verteidigt L. seine Aufstellungen.
Hilaire de Barenton, Erögese nouvelle. Les doctrines de M. Loisy (71. P.)
Bouvier, P., L’Exegese de M. Loisy. Les doctrines — Les proced&s
Fr P., Retaux): Reterat mit Aufzählung der hauptsächlichsten metho-
ischen Fehler.
Oger, 6., Evangile et Evolution. Simples remarques sur le livre de
M. Loisy „UEvangile et Pfiglise“ (180. XXII u. 47. P., Tequi).
Pöques, Th. M., Les explications de M.l’abbe Loisy (Rev. thom. nov.-dec.
1903): Analyse und Ablehnung des Bucbes „Autour d’un petit livre“. Vgl.
Rev. du Clerg& france. XXXVIl 105.
Fontaine, J., La methode historique et le christianisme naturaliste (Science
cath. Juin 1903): Erörtert Loisys Stellung zum Wunder und zum Über-
natürlichen. L.s neutrale Stellung zu den Evv ist ihm eine „laicisation“
derselben. — Le protestantisme liberal et le christianisme naturaliste (ebd.
Aout 1903): Loisys Naturalismus ist mit dem liberalen Protestantismus
verwandt. Vgl.,Rev. du Clerge france. XXXV 330 u. XXXVI 333.
Fontaine, J., Etudes critiques sur la methode et Texögese de M. Loisy
De Verite franc. 12 oct. 193): Wirft Loisy naturalistische Auffassung der
ogmenbildung etc. vor und hält seine Auffassung Abb& Bricout gegen-
über aufrecht. Vgl. diesen in Rev. du Clerge franc. XXXVI 555
und bö7f.
Gayraud, Le „Loisysmie“ (L’Univers 16 nov. 1903): Darstellung der Lehre
Loisys. Nach Rev. du Clerge france. XXX VII 107 ist diese Darstellung des
„Loisysmus“ falsch. Abbe Gayraud hält sie aber in der nächsten Nr der
Rev. du Clerge franc. (195 —198) aufrecht,
Bibliographische Notizen. 213
Gayraud, Histoire et th&ologie (L’Univers 24 oct. 1903): Auseinander-
setzung mit Loisys Buch „Autour d’un petit livre“. Vgl. Rev. du Clerg&
franc. XXX VI 555.
Maignen, Ch., bringt eine längere Artikelserie in der Verite franc. 12,
25, 28, 29, 30 oct. und 11 nov. 1903 gegen Loisy. Vgl. Rev. du Clergö
franc. XXX VI 556f u. 658.
Monchamp, 6., Les erreurs de M. a Loisy dans son livre „P Evangile
et l’Eglise“ (Nouv. Rev. thol. 1903, 341— 346 456—468).
Prat, F., Au fond d’un petit livre le manifeste de M. Loisy (Etudes XCVII
305—324): Loisy wolle Autonomie der Exegese, leugne die Übernatürlichkeit
der Offenbarung und behaupte Relativität und Perfektibilität der Dogmen.
Voces Catholicae, The Abbe Loisy and the catholic Reform Movement
(Contemp. Rev. LXXXIII 385—412): Loisy freundlich.
Les idees de M. Loisy (L’Ami du Clergö 26 nov. 1903): Vgl. Rev. du
Clerg& franc. XXX VII 2181. 5
Varietes critiques (Annal. des phil. chret. nov. 1903): Über Loisys Buch
„Autour d’un petit livre“: lt ome) laisse passer ou qu’elle condamne,
l’heure est e&galement grave.“ Vgl. Rev. du Clerg& franc. XXXVI 653f.
Palmieri, D.. S. J., Osservazioni sulla recente opera L’Evangile et P’Eglise
ar Alfred Loisy. Lettera ad Alfredo Bruno (94. Roma, Befani): Will
Bi vollständige Widerlegung geben, sondern feststellen, dals das Buch
Lehren enthält, welche ein Katholik nicht vertreten kann.
Schanz, v., Abbe Loisy (Lit. Beil. der Köln. Volkszeitung 1904 Nr 2, 9—11):
Referat über Loisys literarische Tätigkeit, besonders über „l’Evangile et
l’Eglise*“ und die dadurch hervorgerufene Bewegung. L.s extreme Hal-
tung wird abgelehnt, doch beigefügt: „Man wird gut tun, nicht von einem
Extrem in das andere zu fallen. .. Hätte man die Zeichen der Zeit
früher beachtet, so wären die Dinge vielleicht nicht so weit gekommen.
Eine Berechtigung ist weder der historischen Kritik noch der Dogmen-
geschichte abzusprechen. Wer nicht in beiden bewandert ist, kann heut-
zutage in Wort und Schrift keine dem Christentum förderliche Wirksam-
keit ausüben.“ — Den extremen Standpunkt eines französischen Kritikers
in der Verite francaise (21 janv. 1904) lehnt Sch. ebd. Nr4 8. 25f: Abbe
Loisy in französischer Beleuchtung, ab.
Fonck, L., S. J., Evangelium, Evolution und Kirche. 2. Art. (ZkTh
XXVII 684—701): Vgl. BZ I 424f. Referat über P. Bouviers Einwände
gegen Loisy. Notizen zur metaphysischen Auffassung des Begriffes Gottes-
sohn. Loisys Buch sei geeignet, den Nutzen und die Berechtigung einer
solchen historischen Methode in der Theologie in Frage zu stellen,
&, Evangelium und Kirche (Beil. zur Allg. Zeitung 1903 Nr 286, 513 —
515 und Nr 287, 522—525): Loisy zustimmendes Referat. — Der Fall Loisy
(ebd. 1904 Nr 37. 289— 292): Tendenziöse Darstellung der äulseren Vorgänge.
Osgood, H., The latest Results of the destructive Criticism (BStdt VIII
273—282): Sie bestehen in der abzulehnenden destruktiven Evv-Kritik.
Meyer, A., Das Johannesevangelium und die Synoptiker (Mitt. u. Nachr.
f. d. ev. Kirche in Rulsl. N. F. XXX VI 337—360).
Briggs, €. A., Problenis in the Gospels (ExpT X1V 538-541; XV 14-16
67—69): 1. When did Jesus begin His Ministry? Am ersten Osterfest,
bis wohin er „unter dem Schatten des Täufers“ stand. 2. The Twelve and
the Seventy. 3. Where was Jesus during the absence of the Twelve?
Durch Beantwortung der beiden letzten Fragen glaubt B. Ordnung und
Harmonie in die evangelischen Berichte zu bringen.
Bonaccorsi, G. B., I tre primi vangeli e la critica letteraria ossia la
questione sinottica (Scuola Catt. 1903, 161—171).
Sachsse, Der geschichtliche Wert der drei synoptischen Evv („Halte was
du hast“ 1903).
Palmierl, D., S.J., Se e come i Sinnotici ci danno Gesü Cristo per Dio.
Lettere ad Alfredo Bruno, premessa la lettera che ha dato a questa occa-
214 Bibliographische Notizen.
sione (Prato, Giachetti): Beweist gegen Loisy an einer gröfseren Anzahl
von Mt-Stellen, dals dieser Evangelist Jesus als Gott betrachtet habe.
Vgl. das Referat: I Sinnotici e la Divinita di Gesü Cristo (Civ. catt.
Ser. XVIII vol. XII, 718-724).
Pallls, A., A few Notes on the Gospels Bad to St. Mark and St.
Matthew based chiefiy on modern Greek (VI u. 47. Liverpool, Williams and
Norgate): Der Verf. der neuen vulgärgriechischen Übersetzung des NT (s.
BZ 1412) will aus dem neugriechischen Sprachgebrauch an vielen Stellen
ein besseres Verständnis des Evv-Textes gewinnen, doch fehlt es ihm an
exegetischer Vorschulung. Vgl. R. Knopf in Deutsche Lz XXIV 23241.
Steenkiste, I. A. van, Sanctum Iesu Christi evangelium sec. Mt, additis
ique locis parallelis aliorum evangelistarum et amplo commentario. 4. ed.
T. I—-IV (1860. Bruges, C. Beyaert. Fr 20.—).
Soltau, W., Protomatthäus oder Zur Entstehungsgeschichte des 1. Evan-
geliums (VB 1 161—171): Will der Annahme eines Urmatthäus (Zusammen-
arbeitung des Nik mit den Logia) und eines späteren Bearbeiters eine mehr
als hypothetische Geltung zuweisen.
„Be ye therefore perfect“ (BW XXIII 243—247): Vorschlag einer korrekten
Übersetzung von Mt 5. 48 und allgemeine Bemerkungen dazu.
Allen, W. C., Christ’s Teaching about Divorce (ExpT X V 45f): Mt 19, 3-9
ist abhängig von Nk 10, 2—12.
Deilsmann vermutet an Welt 1903 Nr 11) zu Mt 10, 10 und Parall.
qhpa = Bettelsack. — Zu Mt 10, 28 weist er (ebd. Nr 9) auf eine Inschrift
hin, die gleichfalls den geringen Verkaufswert der Sperlinge ausspricht.
Vgl. Stb I 427f.
Simpson, J., Matthew XX VII51—53 (ExpT XIV 527f}: Nimmt an dem
nerd Triv Eyepoıv abrod Anstand.
Nestle, E., Zu Mi 28, 18 (ZutW IV 346f): Macht auf die bei Tischen-
dorf gar nicht genannte Hinzufügung der Worte: „und wie mich mein
Vater gesandt hat, so sende ich euch“ in allen syrischen Hss aufmerksam.
Nestle, E., Marcus colobodactilus (ZutW IV 847): Diese Bezeichnung
des Mk (vgl. BZ I 205) stehe wahrscheinlich in Zusammenhang mit der
Legende von den Leviten, die in fremden Landen nicht des Herrn Lied
singen wollten und sich deshalb die Daumen verstümmelten.
ellhausen, J., Das Evangelium Marci, übersetzt und erklärt (146. B.,
Reimer. M 4.—). Die Erklärungen sind sehr kurz. Das Aramäische wird
besonders berücksichtigt. Auch die Varianten des Cod. D finden Beach-
tung. Im Abendmahl leugnet W. die symbolische Deutung auf Christus.
Das gemeinsame Essen ein und derselben Speise ist ein antikes Zeichen
der Vereinigung. „Der Wein ist ein besserer Kitt als das Brot.“ Mk 14,2
aber macht den Eindruck des höchsten Alters und der Autbentie. Christus
„gibt sich darin nicht als den zukünftigen Messias, und er denkt nicht
daran, dals er für seine Person die allgemeine Auferstehung und den Ein-
gang ins Reich Gottes vorwegnehmen werde“.
Wn, Rezension von Meils, J., Das älteste Evangelium (vgl. BZ I 426)
(ThLbl XXIV 579-584 595 — 599): Beachtenswerte Ablehnung der tendenz-
kritischen Resultate W”.
Poynder, A., Mark IV. 12 (ExpT XV 141f): Notiert Kommentatoren,
die Nestles Meinung (vgl. BZ I 214) auch schon vertreten haben.
Shann, G., St. Luke and Buddhism (Nineteenth Cent. 1903, 120—125).
Shilleto, W. F. R., St. Luke illustrated by Aeschylos (The Classic. Rev.
XV11 351): Vergleicht zu Lk 14,26 ei rıg .... ob u1ldel TOV TaTEpa etc.
Aesch. Choeph. 902 änavras Exdpoüs rWv BeWv nyoD mAeov („Brich alle
Bande, nur den Göttern bleibe treu“ nach der Übersetzung von U. v. Wi-
lamowitz-Möllendorff‘). C.W.
Spitta, Fr., Zur Diskussion über das en (Monatsschr. f. Gottes-
dienst und kirchl. Kunst V1I [1902] 357 f): Verteidigt sein Festhalten an
der traditionellen Auffassung gegenüber Köstlin. Vgl. BZ 1 214f.
Bibliographische Notizen. 215
Nestle, E., T'he Genealogy T Luke III. as Genealogy of Mary (ExpT
XIV 567): Macht auf zwei Vertreter dieser Auffassung in de er
Septuagintastudien aufmerksam.
ameron, E., Christ versus Caste. Being reflections on the discourse
of the five parables (Lk XV and XVI]I). With a chapter on the churches
and the classes (222. Iid., Stock well).
Rodenbusch, E., Die Komposition von Lucas 16 (ZutW IV 243—254):
Die Stelle Lk 16, 16—18, die in „spröder Isolierung“ steht, hatte diesen
Platz schon in der Spruchsammlung, wo sie auf die Gleichnisse vom
klugen und gerechten Haushalter folgte und den Anfang von Einzel-
sprüchen bildete, die bei Lk bis 17, 10 reichen.
Hawkins, J. C., St. Luke’s Passion- Narrative considered with Reference
to the Synoptic Problem (ExpT XV 122—126): Während H. in früheren
Aufsätzen (vgl. BZ I 213) für längere Partien des Lk-Ev die Unabhängig-
keit von Mk dargetan hat, wird an Lk 22, 14—24, 10 die grölsere Frei-
heit in der Benutzung der Mk-Quelle gezeigt einerseits durch Vergleich
mit Mt, anderseits durch Beachtung der Lk-Berichte selbst.
Blakiston, H. E. D., The Lukan Account of the Institution of the Lord's
Supper (JthSt IV 548—555): Nimmt zwei Urberichte an: L u.S. S wird
von Paulus verkürzt, von Mk, nachdem er von L beeinflulst worden war,
wiedergegeben. Mt berichtet nach Mk. Lk kannte alle Berichte und ver-
wandte sie in freier Weise. L hat gegenüber S die Priorität. Ein anti-
zipiertes Paschamahl sei berichtet.
Loisy, A., Le quatriöme Evangile (960. P., Picard. Fr 15.—): Betrachtet
es als ein nicht vom Zebedäiden Johannes herrührendes symbolisches, nicht
historisches Werk.
L’autore del quarto Evangelo rivendicato (Civ. catt. Ser. XVIII vol. XI
650—665; XII 172—187 412—429 51 659): Verteidigung der Echtheit
dieses Ev. Aulsere und innere Gegengründe werden widerlegt, insbesondere
auch in Rücksicht auf die neue Bestreitung durch Loisy.
P.-M. C<ompagnon>, Evangile de Saint Jean. Commentaires I: Vie
publique de Jesus (XL u. 691. Hongkong 1902, Impr. de la Soc. des
Missions Etrangeres): Der Verf., ein apostolischer Missionär, benutzt
zahlreiche Literatur, angefangen von Dionys dem Kartäuser und Maldonat
bis zu Fillion und Knabenbauer. Seine Exegese von Jo 1—12, die er in
vorliegendem Bande auf eine kurze Einleitung zum Jo-Ev folgen lälst,
ist zum grolsen Teil die Wiedergabe der Ansichten anderer. Dann und
wann weicht er aber auch von seinen auctores probati ab. So scheint ihm
die Erklärung Maldonats u. a. von Jo 2, 4 „un peu dure“. „Malgre les
graves autorites sous lesquelles ses sentiments s’abritent, ils laissent dans
l’esprit comme dans le coeur une certaine inquictude.“ C. will erklären:
„Qu’est-ce que cela pour vous et pour moi?“, und unter Akzeptierung
des Knabenbauerschen Fragezeichens (nach hora mea): „Mere, j'ai tout
prevu, soyez donc sans inquietude; laissez-moi faire.“
Haufsleiter, J., Zwei apostolische Zeugen für das Johannis- Evangelium.
Ein Beitrag zur Lösung der johanneischen Frage (V u. 58. München
1%4, Beck. M 1.20): In scharfsinniger Weise wird der Zeugnischarakter
des ‚Jo-Ev betont. Jo spricht im Namen aller Apostel, auf welche das
€edeaodueda 1, 14 sich beziehe. Wo Jo als Zeuge allein steht, vor allem
19, 35. sucht er die gegen Uerynth nötige Beglaubigung bei Gott (Exeivos =
Christus)selbst. Im Anhangskapitel legen die Verfasser desselben, nämlich die
beiden Apostel Andreas und Philippus, noch zu Lebzeiten des ‚Jo als Augen-
zeugen der erzählten Begebenheiten Zeugnis für Joab. Traditionsschwierig-
keiten bestehen gegen diese neue Hypothese (für H. ist sie mehr) nicht.
L’auteur du quatrieme Evangile (Annales de phil. chret. 38S. III oct.).
Wrede, W., Charakter und Tendenz des Johannesevangeliums (Samml.
gemeinverst. Vortr. u. Schrilten aus dem Geb. der Theol. u. Religions-
gesch. XXXVIl. IV u. 71. Tüb. Mohr. M 1.25).
216 Bibliographische Notizen.
Warschauer, J., Problem of the Fourth Gospel, a Plain Inquiry (114.
Ld., Green. 28).
Godet, F., Commentaire sur l’Evangile de Saint Jean. de ed. Expli-
cation des chapitres I—- VII (VI u. 531. Neuchatel, Attinger. M 7.60):
Vgl. BZ 1 216.
Godet, F., Kommentar zu dem Ev des Jo. 4., vom Kark durchgeseh.
Aufl. Bd IT: Die Exegese. Deutsch bearb. von E. Reineck u. C, Schmid
(VIII u. 652. Hannover, C. Meyer. M 12.—).
Wetzel, 6., Die geschichtl. Glaubenswürdigkeit der im Ev Johannis ent-
haltenen Reden Jesu (NkZ XIV 665—692 809-826 827—842): Die Merk-
male der synoptischen Reden Jesu finden sich auch in den Reden bei Jo;
ihre Verschiedenheiten lassen sich alle erklären. Umgekehrt darf die
Verwandtschaft der johanneischen Reden Jesu mit denen anderer Per-
sonen im gleichen Ev nicht übertrieben betont werden. Die johanneischen
‚Jesusreden sind nach Form, Inhalt und Gedankengang als die im wesent-
lichen treue Wiedergabe wirklich gehaltener Reden Jesu anzusehen. Als
Quellen der Lehre Jesu betrachtet, haben sie zum mindesten den gleichen
Wert wie die synoptischen Reden.
Beiser, J., Der Prolog des Johannesevangeliums (ThQ LXXXV 483-519):
Geht in der Aufweisung von Beziehungen des Prologs („Programm, in
welchem nacheinander Thesen aufgestellt sind“) zum Ev noch weiter als
K. Meyer (vgl. BZ I 216). K. Weils’ und Baldenspergers Versnch,
den Aöyog Acapxos als Thema zu betrachten, wird für V. 4—18 mit Be-
stimmtheit, für V. 1—3 mehr hypothetisch abgelehnt. Auch die Unrichtig-
keit der Vulgataübersetzung: „venieniem in hunc mundum“ wird dargelan
(vgl. ebd. 209). Xapıs V. 14 bedeute die durch die Einsetzung der
Eucharistie eröffnete Gnadenquelle, dAndeıa den versprochenen Hl. Geist.
Diese Erklärungen erscheinen mir doch zu speziell. Unrichtig ist, dafs
®BCL in V. 18 8 uovoyevns Beös lesen (507); der Artikel fehlt. Dieser
Lesart würde ich entschieden den Vorzug geben. V.15 betrachtet B. als
Zutat des Aristion.
Gwilliam, G. H., The Punctuation of St. John I 3,4 in the Peshitto (JthSt
IV 606f): Gesteht Burkitt (vgl. BZ I 428) zu, dals die vorgeschlagene
Punktation die sachgemälsere wäre, beruft sich aber für die im Tetra-
evangelium Syriacum beibehaltene Punktation auf die Majorität der Hss
deren Zeugnis er nunmehr ausführlich darlegt. 2
Somerville, J. E., The Invitation to the Thirsty (ExpT XV 77-79): Will
Jo 7, 37f lesen: &dv TI dIwä Epxeosdw Tpös He ai miverw 6 moTelWwv eic
eue. Kadws eines xtrA. Christus selbst ist die Quelle.
Carr, A., A Note on St. John VII, 52: A prophet or the prophet. (Exp
VIII 219—226): Bezieht npopritns trotz des Fehlens des Artikels auf
Christus, den Messias.
<Bühlmayer, K.,> Erklärung des hohenpriesterlichen Gebetes Jesu. Joh 17
(Beil. zum Amtsblatt f. d. Erzdiözese München u. Freising 1903, 9—40):
Gründliche Bearbeitung einer Konferenzthese vom Jahre 1898. 1. Teil:
Bitte um die eigene Verherrlichung. 2. Teil: Gebet für die bisherigen
Jünger. 3. Teil: Gebet für die zukünftigen Gläubigen.
Horn, K., Abfassungszeit, Geschichtlichkeit und Zweck von Ev Jo Kap. 21.
Ein Beitrag zur johanneischen Frrage (XII u. 199. Lp. 1904, Deichert.
M 4.—): 1. Teil: Kap. 21 ist noch zu Lebzeiten des Apostels Johannes ver-
falst. 2. Teil: Verteidigung der Geschichtlichkeit des Inhalts. 3. Teil:
Zweck des Kapitels ist, der übermälsigen Verehrung der Person des Johannes
entgegenzutreten.
y) Leben und Lehre der Apostel. Apostelgeschichte.
Apostelbriefe. Apokalypse.
Monod, M., Essai sur le developpement religieux des apötres pendant le
ministere terrestre de Jesus. Thcse (172. Cahors, Coueslant).
a ah
Bibliographische Notizen. 217
Merle d’Aubigne, C., La predication des premiers apötres de Jesus- Christ.
Etude de theol. bibl. (112. Alencon, V*® Guy & Co.).
Whyte, A., The Apostle Paul (232. Ld., Oliphant. 38 6d): Dient nach
ExpT XV 85 auch erbaulichen Zwecken.
Hoss, K., Zu den Reiseplänen des Apostels Paulus in Kor I und Il
ZntW 268—270): Die 1 Kor 16, 5—7 geplante Reise hat Paulus ausgeführt,
nur mit der Modifikation, dals er nicht über Mazedonien nach Korinth,
sondern umgekehrt über Korinth nach Mazedonien reiste. In Korinth
machte er trübe Erfahrungen, hielt sich darum nicht lange auf und kehrte
nicht mehr dahin zurück.
White, N. J. D., The Visits of St. Paul to Corinth (Hermathena XXVIII
79—84).
Mose; G., Der Todestag des Apostels Paulus (NkZ XIV 905—908):
Derselbe ist ungewils, sicher dagegen, „dals P. infolge eines Prozesses
verurteilt und eines Tages auf dem Wege nach Ostia hingerichtet wurde“,
Kamshoff, O., Charakteristik des hl. Paulus (Monatsbl. f. d. kath. Religions-
unterricht IV 1—8 43—49): Kurzgefalste populäre Schilderung seines
Lebenslaufes, insbesondere charakteristischer Aussagen.
Lombard, E., Les extases et les souffrances de l’apötre Paul. Essai
d’une interpretation de 2 Corinthiens XII, 1—10 (RThPh XXXVI
450—500): Auf eine Exegese dieser Partie folgt eine Untersuchung über
das körperliche und geistige Befinden Pauli: Er hatte ein Augenleiden
(Gal 4, 15 soll es beweisen) und war einmal von der Malaria ergriffen
worden (Gal 4,13), hingegen war er nicht im eigentlichen Sinne epileptisch.
Seine Visionen und Ekstasen sind hysterischer Natur. Auch das Ereignis
auf dem Wege nach Damaskus bildet keine Ausnahme. L. hält seine
pathologische Diagnose vereinbar mit dem grolsartigen religiösen Wirken
des Völkerapostels.
Trautzsch, F., Die mündl. Verkündigung des Apostels Paulus, dargest.
nach seinen Briefen. Progr. (4%. 26. Frankenberg, Rossberg. M —.75.)
Zenos, A. C., Formative Factors of Paul’s Theology (BStdt VIII 134—147):
1. Parentage and Heredity, 2. Early Training and Education, 3. Conversion,
4. Experience as a Missionary.
Caird, E., St. Paul and the Idea of Evolution (HJ II 1-19): Betont
den antithetischen Charakter der paulinischen Lehre (Gesetz und Gnade,
Sünde und Erlösung). Das Transzendentale, wie Auferstehung und Parusie,
sind Hauptfaktoren. Die Einzelerfahrungen Pauli, insbesondere bei seiner
Konversion, seien verallgemeinert. Sein Hauptverdienst sei die universale
Auffassung des Christentums.
Brückner, M., Die Entstehung der paulinischen Christologie (VII u. 237.
Stralsb., Heitz. M 5.—): Sie vollzog sich fast unabhängig von der geschicht-
lichen Persönlichkeit Jesu, dessen Erdenleben für Paulus bedeutungslos war.
Niebergall, F., Die paulinische Erlösungslehre im Konfirmandenunter-
richt. Theol. Habil.-Schr. (92. Tüb., Mohr.)
Heitmüller, W., Taufe und Abendmahl bei Paulus. Darstellung und
religionsgesch. Bedeutung (56. Göttingen, Vandenhoeck. M 1.20).
Bren, R., The Ethics of St. Paul (Intern. Journ. of Eth. 1903, 493—498).
Monod, L., L’instinct, la regle et l’inspiration dans la doctrine morale de
St Paul (Lib. Chret. 1903, 385 — 392).
Meyer, M., Der Apostel Paulus als armer Sünder. Ein Beitrag zur
paulinischen Hamartologie (58. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.—).
Wohlenberg, P., Paulus, das Ideal eines Missionars. Vortrag (22.
Breklum, Christl. Buchh. M —.20).
Bosworth, E. J., Paul’s Method of Evangelization (BW XXII 416—423):
Er suchte strategische Plätze auf, legte Wert auf Predigt und persönliche
Unterhandlung, hatte tüchtige Mitarbeiter und sorgte für Organisation
und ethische Schulung.
Means, S., Saint Paul and the Ante-Nicene Church. Unwritten chapter
218 Bibliographische Notizen.
of Church history (362. Ld., Black. 68): Konstatiert einen Unterschied
zwischen dem Christentum Pauli und dem der alten Väter. Paulus stecke
noch im Rabbinismus, die alten Väter seien Hellenisten.
Wernle, P., Was haben wir heute an Paulus? (48. Basel 1904, Helbing &
Lichtenhahn. M1.—).
Wiegand, A., Die Beschneidung des Timotheus (Saat auf Hoffn. 1903,
168—182).
Latrille, Die Beyriffe Licht, Wahrheit und Leben in den johanneischen
Schriften („Mancherlei Gaben und Ein Geist“ XLXII 657—659 721—123
185— 788).
Farbre! D. N., James’ Doctrine of the Law with reference to the Christian
Life (BStdt VIIL 346—351): Schildert die zwischen Antinomismus und
Legalismus in der Mitte liegende ethische Gesetzesauffassung des Jakobus.
oltau, W., Das Problem der Apg (PrM VII 265—269 296-304): Lk selbst
beabsichtigte in seinem beüutepos Aöyog einen Bericht über Pauli Missions-
reisen zu geben. Seinen nicht zur Vollendung gebrachten Plan griff der Verf.
der Apg auf und arbeitete eine andere Quellenschrift (TTpd£eıg TTerpov) hinein.
Ceulemans, F. C., Commentarius in Actus Apostolorum (320. Malines,
Dessain. Fr 3.20).
Hoffmann, H., Die Apı S. Lucä. Ntl Bibelst. Mit Vorw. v. M. Kähler.
Bd I (VI u. 820. Lp., Deichert. M 5.20): Erbaulich.
:Goodspeed, E. J., Did Alexandria influence the nautical Language of
St. Luke? A study of Acts XXVII [nicht XX VIII, wie im Titel steht]
12 in the light of Greek Papyri (Exp V11I 130—141): BA&rrovra xara Aißa
kai xara xWpov wahrscheinlich = „looking west and north-west‘“. Die halb
griechische, halb lateinische Sprache der zwischen Alexandrien und Rom
verkehrenden Seeleute habe Ausdrücke wie diesen und das Eüpaxllwv
(Eurus-Aquilo) von V. 14 geschaffen.
Johnson, Th. C., The religious Value of the Books of Acts (BStdt VIII
319-325): Will der Erbauung dienen.
Frey, J., Das Problem des Römerbriefs und seine Lösung (Mitt. f.d. ev.
K. in Rulsl. LIX 193—20b6).
Did Paul write Romans? (HJ I 795—799): 1. Eine Replik von
W. B. Smith auf Schmiedels Ablehuung seiner Bestreitung der Echtheit
(vgl. BZ 1 453). 2. Bemerkungen von A. F. R. Hoernle, die einige Punkte
ın Schmiedels Erörterung noch klarer machen wollen.
jJellinghaus, Th., Der Brief Pauli an die Römer (Auslegung des NT
für gläubige Bibelleser aus allen Ständen. In Verbindung mit einer An-
zahl jüngerer Theologen bearbeitet und herausgeg. TI Vl. X u.323, B.,
Thormann & Gretsch. M 3.60).
Durand, A., S. J., La divinite de Jesus-Christ dans 8. Paul, Rom. IX,5
(Rb X11 550—570): Falst diese Stelle im Hinblick auf die Erklärungen.
welche sie in den ersten vier Jahrhunderten. speziell zwischen 370 und 420
gefunden hat, als vollgültiges Zeugnis der Gottheit Christi auf.
Wood, W. Sp., A Possible View of Rom. X, 13—21 (JthSt IV 608—610):
piiua = 1. Ding -35 (V. 8), 2. Mund m2.(V. 17), 3. prnuara = Worte (V. 18).
V. 15 bezieht sich auf die Heiden, V. 16 auf Heiden und Juden. V.17
vertritt den Gedanken: Die Apostel müssen zur Predigt autorisiert sein.
„Ihe message of salvation has been disseminated universally. to Jew and
Gentile alike. Some have accepted it, some have rejected it. But Israel
as a body remains of it. because it refuses to listen.“
Ströter, E.F., Die Judenfrage und ihre göttl. Lösung nach Röm. Kap. XI
(III u. 227. Kassel. Rötteer. M 2.—).
Moore, D., The „Prophetic Scriptures“ spoken of in Romans XVI. 26
(BStdt VILI 160—165): Sieht in dem Ausdruck dıa YpapWv TPOPNTIKWYV
das nt! Prophetentum angedeutet.
Goudge, H.L., St. Paul. First Epistle to the Corinthians. Introd. and
otes (22). Ld.. Methuen. 68): Gehört zu den „\Vestminster Commen-
Bibliograpbische Notizen. 219
taries“, die W. Lock herausgibt. Ist nach ExpT XV 133 ein sehr originell
gehaltener Kommentar.
Weber, W., Die paulinische Vorschrift über die Kopfbedeckung der
Christen (ZwTh XLVI 487-499): Bespricht 1 Kor 11, 2—15 und führt
das dia tous AyyeAous (V. 10) auf Beeinflussung durch das Henochbuch
zurück, wonach Engel durch die Schönheit von Menschentöchtern ver-
führt wurden.
Krukenberg, E., Der Brief Pauli an die Epheser. Der griech. Text
übers. und erklärt zur Handreichung zunächst für Geistliche, Religionslehrer
und Studierende (I1I u. 117. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.80).
Robinson, 3. A., St. Paul’s Epistle to the Ephesians. A revised text
and translation with exposition and notes (IX u. 314. Ld., Macmillan & Co.):
Ist nach ExpT XV 127 von Abbott, Lightfoot und Hort abhängig.
Nestle, E., Zum Zitat in Eph 4, 8 (ZutW 1V 344f): Die syrischen
Texteszeugen schreiben teils „gegeben“ (vorwiegend jakobitisch), teils
PB nn (vorwiegend nestorianisch).
Rhijn, C. H. van, Euodia en Syntyche (Th. Studien IV 300-309).
Wohlenberg, 6., Der 1. u. 2. Thessalonicherbrief ausgelegt (Komm. zum
NT, herausgeg. von Th. Zahn. XIl. 214. Lp., Deichert. M 4.50): Die
kurze Einleitung skizziert die Situation, datiert beide Briefe mit grolser
Wahrscheinlichkeit ins Frühjahr 53. An ihrem paulinischen Ursprung
wird mit Verweisung auf Zahns Einleitung festgchälten. Das Literatur-
verzeichnis widmet fast zwei Seiten der protestantischen, vier Zeilen hin-
gegen der katholischen Literatur; Bisping, Gutjahr und viele andere sind
nicht genannt. Zahlreiche orthodox protestantische Autoren verstehen es,
durch solche und ähnliche Ungerechtigkeiten dem katholischen Forscher
die Freude an ihren sonst so begrülsenswerten Werken zu verderben.
Dem gründlichen Kommentar gibt W. einen Exkurs über die eschatologisch
bedeutungsvolle Stelle 2 Thess 2, 3—8 bei: „Der Gesamtauffassung der
Schrift A und NT entspricht nur eine solche Deutung, bei welcher er-
kannt wird, dals es sich bei der Prophetie um Rüstung der Gemeinde
für die Endzeit handelt, und dafs die Gemeinde schon in der Endzeit
lebt, dals aber die Endzeit sich in Abschnitte zerlegt und weiter zerlegen
wird, deren scharfe Abgrenzung menschlichem Auge im voraus nie mög-
lich ist.“ Der Anhang enthält den Wortlaut von Didache 16, Dn 8, 8—12
23—26; 9, 24—27; 11, 21—45, Stellen, welche für die Eschatologie von
2 Thess 2 von Bedeutung sind. Die Vergleichung apokrypher apokalyp-
tischer Schriften des Judentums lehnt W. ab. Das Buch hat kein Inhalts-
verzeichnis.
Moffatt, J., Ethnic Parallels to 1 Thess etc. (ExpT XIV 568: Haupt-
sächlich aus Plutarch.
Gibbins, H. J., 1 Thessalonians 1I. 6 (ExpT X1V 527): Will vor duvaduevor
einen Punkt setzen und das folgende dA\ü = öuwsg nehmen.
Damman, J., Phileınon. Volkstümlich ausgelegt (Il u. 288. Kassel, Röttger.
M 2.—).
a V., The Epistle to Hebrews as the work of Barnabas (Exp VIII
381—396): Führt seine früheren Untersuchungen (vgl. BZ I 222) weiter
und glaubt. Barn. habe den Hebr von einer italienischen Seestadt aus,
wo er mit Tl'imotheus beisammen war, i. J. 62 geschrieben, um in die mit
dem Tode des Jakobus Minor bei den judenchristlichen Gemeinden, vor
alleın in Cäsarea eingetretene Krisis einzugreifen.
Walker, D., The Destination of the Epistle to the Hebrews (ExpT XV
142—144): Hält Barnabas für den Verfasser und sucht die Adressaten in
dessen Heimat, auf Uypern.
Carpenter, W. B., The Wisdom of James the Just (vgl. BZ 1 431): Ein-
leitung zum Jak-Briefe und populärer Kommentar.
Cladder, H. J., S. J., Die Anlage des Jakobusbriefes (ZkTh XXVII
37-57): „Wie das Ganze, so sind auch alle Teile mit vollendeter Kunst
220 Bibliographische Notizen.
behandelt. Das ganze Schriftchen ist ein Lehrgedicht, nach Strophen,
Versen und Stichen gegliedert, ganz im Geiste der hebräischen Poesie.
Und noch mehr! Die Rhythmik, die F. Blafs am Hebr beobachtet hat,
ana: sich ebenso im Jak.“ Eine Tafel veranschaulicht das Gedanken-
schema,
Grafe, Die Stellung und Bedeutung des Jakobusbriefes in der Ent-
wicklung des Urchristentums (51. Tüb., Mohr. M 1.20).
Kirn, Ein Vorschlag zu Jacobus IV, 5 (StKr 1904, 127—133): Will statt
mpös P8Övov lesen trpög TOv Beöv.
Sampson, G., The Epistles of St. Peter. English text and paraphrase
of each verse in parallel columns, with short footnotes (12%. 94. Ld.,
Mowbray. 18).
Hoennicke, 6., Die christl. Hoffnung und der zweite Petrusbrief (Deutsch-
ev. Bl. XX VIII 686-695): Vergleicht die eschatologischen Erwartungen
von 2 Petr ae ist unecht — seine Lehre vom Weltbrand der persi-
schen Mythologie entlehnt) mit den apostolischen Schriften und betont den
besondern Wert, der der christl. Jenseitshoffnung in 2 Petr in t wird.
Farmer, J. H., An Analysis of the First Epistle of John ( Stat vImI
335—339): Thema: How the believer may know that he bas eternal life?
Antwort durch Schilderung dieses Lebens: 1. Its Characteristics (Righteous-
ness 1, 7—2, 17, Truth 2, 18—4. 6, Love 4, 7—21), 2. Its Channel 5, 1—12.
Findlay, G. G., Studies in the First Epistle of John. 1. The Advocate and
the Propitiation (Exp VIII 321—344), 2. The True Knowledge of God
(ebd. 455—467): Der erste Artikel bringt Erörterungen zu 1Jo2,1-2,
der zweite zu 2, 3-6. F. findet Antinomismus in 1 Jo bekämpft.
Doreau, P., L’Epopee divine et universelle, ou J&sus-Christ revel& par
St. Jean (l’apocalypse. Trad. et commentaire (XX u. 155. P., Perisse).
Palmer, Fr., The Drama of the Apocalypse (vgl. BZ I 435): Datiert
die Apk in die zweite Hälite d. J. 68, erklärt sie vielfach zeitgeschicht-
lich (Nero) und teilt sie in fünf Akte ein. Vgl. BW XXII 309f 316.
Goodspeed, E. J., The Book with Seven Seals (Journ. of bibl. Lit. XXII
70—74): Hält es nicht für ein Buch (Nestle), sondern für eine Rolle.
Corssen, P., Zur Verständigung über Apok 13, 18 (ZutW IV 264—267):
Hält gegenüber Vischer (s. BZ I 436) aufrecht, „dafs der Apokalyptiker
einen Namen sowohl für das Tier wie für den Menschen weils“. Vgl.BZ 1223.
d) Ntl Apokryphen.
Hennecke, E., At! Apokryphen, in Verbindung mit Fachgelehrten in
deutscher Übersetzung und mit Einleitungen herausgegeben (XII u. 558.
Tüb. 1904, Mohr. M 7.50): Das Buch ist als ntl Gegenstück der von E.
Kautzsch herausgegebenen „Apokryphen und Pseudepigraphen des AT“
gedacht. 16 protestantische Gelehrte haben sich in die Fertigung der Ein-
führungen und Übersetzungen geteilt. Der Begriff der ntl Apokryphen
wird sehr weit ausgedehnt. Alle vororigenistischen unter apostolischen
oder eng verwandten Titeln kursierenden Schriften, welche infolge ähn-
lichen Inhalts oder auch blofs durch ihr grolses Ansehen zum NT in Be-
ziehung standen, werden als Apokryphen aufgefalst. Man findet demgemäls
in diesen Übersetzungen neben dem Barnabasbrief und der Didache auch
die Ignatianen, die beiden Klemensbriefe, den Polykarpbrief und den Pastor
Hermae. Diese Erweiterung macht die Sammlung nur noch wertvoller.
In den Einleitungen kommt zwar die modern protestantische Richtung
da und dort zum Ausdruck. Doch liegt ja der Schwerpunkt des Unter-
nehmens in den Übersetzungen selbst, die mit Sachkunde und Gründlich-
keit bearbeitet sind.
Pick, B., Extra-Canonical Life of Christ (s. BZ I 424): Teil 1 und 2
enthält die apokryphen Nachrichten über das Leben Jesu, Teil 3 über
andere Personen, z. B. Pilatus, Abgar; Teil 4: 127 apokryphe Aussprüche
Jesu (vgl. AmJTh VII 772).
Bibliographische Notizen. 221
Catalogue general des Antiquitis Eigyptiennes du Muse du Caire. Vol. X,
Nos 10001—10869: Greek Papyri by B. P. Greenfel and A. S. Hunt
(fol. VIIl u. 116. Oxford, Univ. Press); Auch einige ntl Apokryphen
an en ee " G.
ulncy Donehoo, 3. de, Apocryp ospels. The apocryphal and le-
gendary life of christ: band! Des whole body of the apocryphal gospels
and other extra canonical literature which pretends to ch of the life and
words of Jesus Christ; with notes, scriptural references, prolegomeng and
indices (7 u. 531. N.Y., Macmillan. $2.50).
Revillout, E., Evangile des douze Apötres (Bessar. Ser. 2%, V 14—21
157—176: Einleitung und französische Übersetzung von Fragmenten.
Revillout, E., Lettre a M. le Redacteur du Jas sur de nouveaux Evangiles
apocryphes relatifs a la Vierge (Jas Ser. X, t. II 162-174): Koptische
Fragmente, die R. hier z. T. übersetzt und in ihrer Beziehung zu schon
bekannten Apokryphen kurz charakterisiert. Er wird sie mit einer
Herausgabe aller Eöptiächen Apokryphen des NT vereinigen. G.
Waitz, H., Eine Parallele zu den Seligpreisungen aus einem au/ser-
kanonischen Evangelium (ZutW IV 335—340): Die Knpbyuara TIerpov,
die nach W. um 135 entstanden sind und die eine Quelle für die Pseudo-
klementinen bilden, enthalten eine Textgestalt der Seligpreisungen, welche
charakteristische Eigentümlichkeiten mit Lk teilt und gegenüber Mt
primär ist.
Covard, L., Altchristliche Sagen über das Leben der Apostel (NkZ XIV
649—664 739—746 983—989): Fortsetzung der BZ I 436 genannten Ab-
handlungen: 4. Petrus und Paulus, 5. Andreas, 6. Philippus.
Vetter, P., Die armenischen apokryphen Apostelakten. H Die Akten der
Apostel Petrus und Paulus (Ochr III 16-55): Text mit gegenüber-
gestellter griechischer Übersetzung; textkritische Noten. G.
Box, G. H., St. Peter in the Jewish Liturgy (ExpT XV 93—95): Das
Jüdische Gebet m»&: oder "or ma zeigt akrostichisch den Verfasser ymo,
der nach einer Überlieferung xe”> 73 gewesen sein soll. Das Gebet ist
sehr alt. G.
Philipps, W. R., The Connection of St. Thomas the Apostle with India
(Ind. Antiqg. 1903, 1—15).
Hoffmann, G., Zwei Hymnen der Thomasakten (ZntW IV 273-809):
Syrischer Text (emendiert) und Übersetzung des „Liedes des Aposte
Judas Thomas im Lande der Inder“ mit sachlich erklärenden Randnoten.
Erklärung der Allegorie nach den gnostischen Zügen, die sich darin
finden. Weiteres zur allegorischen Geographie (insbes. „as; nicht
— Surippak). Vergleich des syrischen und griechischen Textes von der
„Hochzeit der Seele“. Letzterer ist mehr gnostisch als die syrische Vor-
en Gibt sachliche Ergänzungen zu den Erklärungen von Thilo am
ipsius. A
estle, E., Ein Andreasbrief im NT (ZntW IV 270): Die Doctrina
Addaei erwähnt einen solchen (2 Petr? Hebr?).
Nestle, E., Der süfse Geruch als Erweis des Geistes (ZntW IV 272):
Ein solcher (dour) rideia) wird von der Doctrina Addaı bezüglich des
Pfingstereignisses behauptet. Auch die „Biene“ des Salomo von Basra
c. 47 bietet eine Parallele.
Scohermann, Th., Eine Elfapostelmoral oder die H- Rezension der „beiden
Wege“, nach neuem handschriftl. Material hrsg. u. unters. (Veröff,. aus dem
kirch.-hist. Seminar München II. Reihe Nr 2. 8u.%. München, Lentner.
M 2.—): Der Redaktor von Didache (D) hat 6, 1—3 als Ubergang zum
Folgenden eingeschoben; der Lasterkatalog c. 5 stammt von Barnabas unter
Retouchierung nach Mt 19, 18 u. 15, 19; die Grundschrift ist also zu redu-
zieren auf c. 1—4, wofür auch zeugt die „H-Rezens.“ (Ottobon. gr. 408,
Paris. gr. 1555 A, Neap. II.C 34), bisher für eine kürzere Rezension der
Apost. Kirchenordnung (K) gehalten, aber schon durch das Verzeichnis
222 Mitteilungen und Nachrichten.
der elf Apostel als Vorlage für letztere erscheinend. H, wahrscheinlich
auf eine jüdische Hs zurückgehend, ist durch Barn. (B) überarbeitet zu
einer Gegenrezension (ß), einem Mittelgliede für D. Pastor Hermae hatte
auf D Eintiuls; Did. 1, 3—5, ursprüngliche Glosse einer Hs, kam durch den
Abschreiber in den Text D. K bestehtaus: H,DundB. Die Rez. in Didask.
gehört zu der von D. H hat wohl Ap. Konst. beeinflufst. Haeuser.
Schiefer, 3. W., Der Christus in der jüdischen Dichtung (NkZ XIV
843—884): Die jüdische Dichtung gilt ale Zeugnis der Volksmeinung
aus den Tagen Christi. Die messianische Erwartung erklärt die
Schwierigkeit des Wirkens Jesu. Nach den atl Pseudepigraphen be-
handelt S. nun die Namen, Aufenthalt, Präexistenz und Ewigkeit, Person
und Amt des Messias und bietet so eine wertvolle Zusammenstellung des
Materials. Auch in der Beurteilung desselben wird man S. zustimmen
müssen: Gegensatz zwischen der Volksgelehrtenmeinung vom Messias und
vom wirklichen Messias. G.
München, Januar 1904. 3. Siokenberger.
Mitteilungen und Nachrichten.
Zum Kardinalsmitglied der Bibeikommission wurde Kardinalstaats-
sekretär Merry del Val ernannt.
Bei den deutschen Ausgrabungen In Mesopotamien wurde eine Statue
von re II. mit zahlreichen Inschriften gefunden (vgl. Lit. Centralbl.
1904 Nr 4).
Von de 36zeillgen Bibel Gutenberge wurden von dem Einband
eines Werkes der k. b. Hof- und Staatsbibliothek in München 5 Blätter,
enthaltend Jer 32; 33; 36; 37, Teile von Jer 7—9; Teile von Hebr; 15 Zeilen
von Esr, abgelöst.
Die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums, be-
gründet im J. 1903, plant einen Grundrils der Wissenschaften des Juden-
tums, auf 36 Bände berechnet. Prof. L. Blau (Budapest) wird die biblische
Einleitung bearbeiten (vgl. Deutsche Lz 1904 Nr l).
Der 7. Internationale Kongrefs für allgemeine Rellgionsgesohichte, der
vom 80. August bis 2. September in Basel abgehalten wird, wird sich in
der 4. Sektion mit der Religion der Semiten, in der 8. Sektion mit
der christlichen Religion beschäftigen.
Biblische Preisfrage: Ein Preis von 800 Kr ist ausgesetzt aus der
Lackenbacherschen Stiftung (Wien) auf die Bearbeitung des Themas: Quae
est grammatica et lexicalis relatio Jeremiae prophetae ad Deuteronomium?
Quae non possunt probari per hanc relationem? Bewerber: römisch-kath.
Priester aus Österreich-Ungarn (vgl. Zk'Th 1904, 216).
In eigener Sache. Herr Professor P. L. Fonck S. J. hat ZkTh 1904,
213—215 eine Notiz über BZ I gebracht, die ich nicht als Belehrung zur
eventuellen Danachachtung stillschweigend buchen kann, die ich vielmehr
als sachlich nicht gerechtiertigten Angriff im Interesse derBZ, der Mit-
arbeiter und zur Beruhigung der Leser zurückweisen mufs. In der
Bemerkung der Bibliogr. Notizen BZ I 208 findet F. eine Annäherung an
eine Richtung, die das „Gängelband der Kirche“ und ihre Überwachung
der freieren Bibelforschung los sein will. Diese Tendenz hege ich, der
Verfasser der Notiz, weder persönlich, noch kommt sie in der Leitung
der BZ zum Ausdruck; auch hat F. sie zu Unrecht aus dem inkriminierten
Satz gefolgert. Ich rücke die Stelle in den Zusammenhang, in dem sie
steht, und paraphrasiere die (redanken der konzis gefalsten Sätze, Voraus
registrierte ich einen Tadel einer französischen Zeitschrift gegen die
deutschen Exegeten, die von der Existenz einer „biblischen Frage“ nichts
wissen wollen. Meiner Ansicht nach ist nun eine Behandlung der bibli-
Mitteilungen und Nachrichten. | 223
schen Prinzipienfragen („question biblique“), insbesondere der Inspiration der
Heiligen Schrift, nicht lohnend genug, um die deutschen Exegeten ob
ihrer Nichtbeteiligung zu tadeln. Was gesagt werden konnte, ist gesagt:
„Zweifellos ist nunmehr die prinzipielle Frage hinreichend erörtert und
geklärt.“ Was ist aber damit Grolses erreicht? Nichts weiter, als dals
„nach dem gegenwärtigen Bestand der positiven Entscheidungen (vgl.
BZ 183 oben) die für die Exegese wünschenswerte Freiheit auch möglich
ist“. Ist damit auch schon gewährleistet, dafs dieses Resultat, das auf dem
Bestand der gegenwärtig geltenden positiven Bestimmungen, insbesondere
über Inspiration, beruht, ein dauerndes ist? Nein! „Eine einzige positive
Entscheidung der Kirche kann es. wieder illusorisch machen.“ Ob ich
eine solche Entscheidung, welche diese als möglich dargetane Freiheit
wieder aufhebt, für möglich, wahrscheinlich oder nahe bevorstehend halte,
ist nicht gesagt. Ob ich sie gegebenen Falls als ein erlösendes Wort in
den Wandlungen und Schwankungen und der Unsicherheit der Gegenwart
begrülsen würde, oder ob ich unter dem Drucke so mancher Schwierig-
keiten vor allem der atl Exegese mehr die hierdurch geschaffene Schranke
en würde, wollte wiederum nicht zum Ausdruck gebracht werden.
P. F. hat zu Unrecht letztere Alternative aus meiner Bemerkung heraus-
gelesen, mit noch mehr Unrecht ein eventuelles unwirksames Milsbebagen
an einer möglichen Freiheitsbeschränkung gesteigert zu einem wirksamen
Sichloswinden vom „Gängelband der Kirche“. Er hat umsonst gefürchtet
für die kirchliche Tendenz der BZ. Ein Milsbehagen spricht sich aller-
dings aus in meiner Bemerkung; nur geht es nicht nach der von P. F.
angegebenen Richtung, sondern es kehrt sich dem ganzen Zusammenhange
nach (vgl. bes. den Schlufssatz) gegen das Ansinnen, die deutschen Exegeten
sollten auch eintreten in den wogenden Streit um die biblischen Prinzipien-
fragen. Ein auf allgemeinem Boden sich bewegendes Bemühen zu Gunsten
oder zu Ungunsten der freieren Inspirationslebre halte ich nicht für
Erfolg verheilsend. Weder wird P. F. mit seiner wachsamen, aber doch nur
in allgemeinen Sätzen sich haltenden Polemik die freiere Richtung tot-
schlagen, noch werden die vielfach ebenso allgemein formulierten gegen-
teiligen Aufstellungen die dogmatischen Bedenken anderer verstummen
lassen; die Einzeluntersuchung ist — meiner Anschauung nach, die ich
aber niemand, auch nicht den Mitarbeitern, sofern sie Artikel über derlei
Fragen der BZ zur Verfügung zu stellen die Güte haben, aufzudrängen
gesonnen bin — das Arbeitsfeld, auf dem diese Prinzipienfragen eine
J,ösung erfahren können, und von wo aus auch eine Einwirkung auf die
Überzeugung der malsgebenden Entscheidungsfaktoren ermöglicht ist.
P. F. bringt noch eine Reihe allgemeiner, nicht genauer belegter Be-
mängelungen. Dazu vorläufig nur folgendes: Es ist unrichtig, die
französische Exegetenschule zur Abschreckung mit dem einzigen Namen
Loisy zu charakterisieren; sie hat die radikalsten Forscher, Loisy und
auch A. Houtin, abgelehnt (vgl. BZ I 306) und wird nun froh sein, dafs
sie durch Verbot ihrer Schriften (23. Dez. 1903) bei loyalen Gegnern davor
geschützt ist, die Verantwortung für ihre nach Inhalt, Formulierung und
Ton oft bedenklichen Anschauungen tragen zu müssen. Wenn fran-
zösische Exegeten „zu weit gehende Zugeständnisse“ an die kri-
tische Schule zu machen scheinen, so sehe ich darin zunächst einen nur
in methodischem Interesse gewählten, nicht als endgültig aufgefalsten
Standpunkt, der die richtige Mitte statt durch vollständige Neubegründung
der kritischen Position lieber durch Revision der hyperkritischen Auf-
stellungen gewinnen will. Als nur vorläufige Zugeständnisse auf neutral
literargeschichtlichem Boden wollen sie jedenfalls auch verstanden werden.
Zugeständnisse von unkirchlicher Tendenz sind mir nicht be-
kannt. Wenn in den Besprechungen und Notizen ein „überschwengliches
Lob“ dieser französischen Exegeten, die zu weit gehen, gefunden wird,
so glauben wir — ich darf hier zugleich im Namen meines Herrn Kol-
224 Mitteilungen und Nachrichten,
legen in der Redaktion sprechen — eine allenfallsige Überschwenglich-
keit in den Besprechungen dem jeweiligen Temperamente des Rezen-
senten zu gute halten zu dürfen; in den Notizen sollte es mich wundern,
wenn uns eine solche Überschwenglichkeit bei stetem Kampf um Raum
und Zeile durchgeschlüpft wäre. Ein Lob, das Unrichtiges billigt,
fällt selbstverständlich unter die allgemein gültigen Normen und Formen
wissenschaftlicher Verantwortlichkeit, der sich zu entziehen weder Heraus-
ER noch Mitarbeiter gesonnen sind; nur muls der Vorwurf falsbar
etailliert werden. Ein Lob, das Unkirchliches billigt, hätten wir zurück-
weisen zu sollen geglaubt; es könnte also nur versehentlicherweise in die
BZ geraten sein. z
Im übrigen sei gerne zugestanden — und das „Bedauern“ des P. F.
scheint einen andern triftigen Grund nicht zu haben —, dafs es mir nicht
mehr gelingen will, gegenüber den Regungen der Kritik in katholischen
Exegetenkreisen mich in antikritischer Sicherheit zu wiegen und auf-
tauchende kritische Bedenken einfach durch Hinweis auf die zu befürch-
tende Gefährdung traditioneller Prinzipien zu beschwören. Dieses mein
Empfinden dürfte auch der herrschenden Meinung der deutschen Exe-
getenwelt besser entsprechen. Auch ist der Allgemeinheit mehr gedient,
wenn nicht durch eine exklusive Berichterstattung einer faktisch be-
stehenden und sich jedenfalls im Rechte glaubenden exegetischen Rich-
tung Luft und Licht auf kirchlichem Boden versagt wird.
Die Rez. des P. F. erweckt mit Unrecht den Eindruck, als ob die BZ
mit ihrer etwas weitherzigeren Durchführung ihres Programms einem
übereilten Fortschritt huldige. Vielmehr will es mich bedünken, als ob
die hochangesehene ZkTh seit dem Schöpfer-Kaulen-Streite ihre objektive
orientierende Stellung in den biblisch-exegetischen Fragen mehr einer
einseitigen Verfechtung exklusiver Richtung geopfert hätte, und als ob
sie wirklich stationär geblieben wäre gegenüber den duch sicher nicht
unkirchlichen, aber weit duldsameren, ja sogar zum Teil sehr fortschritt-
lichen Organen des Jesuitenordens in Frankreich und Italien, den Etudes
religieuses und der Civiltäa cattolica. Auch kann ich dem Herrn Rezen-
senten die Freude nicht lassen, den allverehrten Herausgeber der Biblischen
Studien für seinen „Rückschritt“ in Anspruch zu nelımen und gegen die
BZ als Kronzeugen aufzurufen. Unter der Agide der BSt konnte F. v.
Hummelauer S. J. zum ersten Male ein durchgebildetes Programm der
Pentateuchkritik der Öffentlichkeit vorlegen und eine kritische Position
einnehmen, die P.F. „fast zu kühn und erschreckend“. vorkommen wollte
(ZkTh 1903, 352ff). Die BZ wird auch die Fühlung mit den BSt deshalb
noch nicht verlieren, weil sie kirchlichen Sinn und wissenschaftliche mals-
volle Kritik in gleicher Weise zu wahren und zu fördern unternimmt. —
Zum Schlufs kann ich mein Bedauern nicht verhehlen, dals die auch
von P. F. vorausgesetzte und anerkannte kirchliche Loyalität der Redaktion
der BZ den Herrn Rezensenten nicht abhalten konute, in einer schroffen,
mindestens milsdeutbaren Form die ihm nicht zusagende Richtung mit
dem Vorwurf der Annäherung an unkirchliche Tendenzen zu kennzeich-
nen, und das in einem Zeitpunkte, wo die erst Boden fassende BZ Förde-
rung und Unterstützung erneut in weiteren Kreisen zu werben gedenken
konnte. J. Göttsberger.
Druck von W. Drugulin in Leipzig.
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er-
scheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Biblische Studien. Unter Mitwirkung von Prof. Dr W. Fell in
Münster i. W., Prof. Dr J. Felten in Bonn, Prof. Dr G. Hoberg in
Freiburg i. Br., Prof. Dr N. Peters in Paderborn, Prof. Dr A. Schäfer
in Stralsburg, Prof. Dr P. Vetter in Tübingen herausgegeben von Prof.
Dr O. Bardenhewer in München. gr. 8°
I. Band. (5 Hefte) (XLIV u. 606) M 10.60
1. Heft: Der Name Maria. Geschichte der Deutung desselben. Von Dr O0, Barden-
hewer. (X u. 160) AM 2.50
2. Heft: Das Alter des Menschengeschlechts nach der Heiligen Schrift, der Profan-
geschichte und der Vorgeschichte. , Von Dr P. Schanz. (XlI u. 100) M 1.60
8. Heft: Die Selbstvertheidigung des heiligen Paulus im Galaterbriefe (1. 11 bis 2, 21).
Von Dr J. Belser. (VIII u. 150) M 3.—
4. u. 5. Heft: Die prophetische Inspiration. Biblisch-patristische Studie von Dr
F. Leitner. (XIV u. 196) M 3.50
II. Band. (4 Hefte) (XXXVI u. 464) M 10.—
1. Heft: St Paulus und St Jacobus über die Rechtfertigung. Von Dr theol. B. Bart-
mann. (X u. 164) M 3.20
2. u. 3. Heft: Die Alexandrinische Vebersetzung des Buches Daniel und ihr Ver-
hältniss zum Massorethischen Text. Von Dr Aug. Bludau. (XII u. 218) M 4.50
4. Heft: Die Metrik des Buches Job. Von Dr P. Vetter. (X u. 82) M 2.30
III. Band. (4 Hefte.) (XLII u. 476) M 12.50
1. in Die Lage des Berges Sion. VonDr X. Rückert. Mit einem Plan. (VIII u. 104)
M 2.
2. Heft: Nochmals der biblische Schöpfungsbericht. Von Fr. v. Humsmelauer 8. J.
(X u. 132) M 2.80
8. Heft: Die sahidisch-koptische nern des Buches Ecclesiastieus auf ihren
wahren Werth für die Textkritik untersucht von Dr N. Peters. (XIlu.70) M 2.30
4. Heft: Der Prophet Amos nach dem Grundtexte erklärt von Dr K. Hartung.
(VIII u. 170) MM 4.60
IV. Band. (4 Hefte) (XXXVIU u. 522) M 12.—
1. Heft: Die Adventsperikopen exegetisch-homiletisch erklärt von Dr Paul Wilhelm
von Apple: Bischof von Rottenburg. Zweite, unveränderte Auflage. (VI u. 144)
M 24
2. u. 3. Heft: Die Propheten-Catenen nach römischen Handschriften. Von Dr
M. Faulhaber. (XVI u. 220) M 6.—
4. Heft: Paulus und die Gemeinde von Korintliı auf Grund der beiden Korinther--
briefe.. Von Dr I. Rohr. (XVI u. 158) M 3.60
V. Band. (5 Hefte) (XLVI u. 580) M 13.80
1. Heft: Streifzüge durch die biblische Flora. Von L. Fonck. (XIV u.168) M4—
2. u. 3, Heft: Die Wiederherstellung des jüdischen Gemeinwesens nach dem baby-
lonischen Exil. Von Dr Johann Nikel. (XVI u. 228) MM 5.40
4, u.5. Heft: Barhebräus und seine Scholion zur Heiligen Schrift. Von Dr Johann
Göttsberger. (XVI u. 184) M 4.40
VI. Band. (5 Hefte) (XXVIII u 540) M 12.—
1. u 2. Heft: Vom Münchener Gelehrten-Kongresse. Biblische Vorträge heraus-
gegeben von Dr O. Bardenhewer. (VllI u. 200) M 4.50
3. u. 4. Heft: Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische Geltung. Von
Dr theol. Caspar Julius. (XU u. 184) M 4&—
5. Heft: Die Eschatolorie des Buches Job. Unter Berücksichtigung der vorexi-
lischen Prophetie. Von Dr Jakob Royer. (VI u. 156) M 3.50
YII. Band. (5 Hefte) (XXVLI u. 570) M 12.20
1. bis 3. Heft: Abrallam. Studien über die Anfänge des hebräischen Volkes von
Dr Paul Dornstetter. (Xll u. 280) M 6.—
4. Heft: Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypothesen der Bibelkritik
verteidigt von Dr Mutthius Kohlhofer. (VlIl u. 14) M3.—
5. Heft: Die beiden ersten Erasmus-Ausgaben des Neuen Testaments und ihre
Gegner. Von Dr Aug. Bludau. (VIII u. 146) M 3.20
VIEH. Band. (4 Hefte) (XXXVII u. 482) M 10.90
1. Heft: Die Irrlehrer im ersten Johaunesbrief. VonDr Alois Wurm. (XII u. 160) M 3.50
2. Heft: Der Pharao des Auszuxes. Eine exegetische Studie zu Exodus 1—15.
Von Dr Karl Miketta. (VIII u. 120) 4 2.60
3. Heft: Die chronologischen Fragen in den Büchern Esra-Nebemia. Von Dr Joseph
Fischer. (X u. 98) M 2.40
4. Heft: Die Briefe zu Beginn des zweiten Makkabäerbuches (1, 1 bis 2, 18), Von
Dr Heinrich Herkenne. (VYllL u. 104) M 2.40
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er-
scheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Stralsburger Theologische Stadien.
Herausgegeben von
Dr Albert Ehrhard und Dr Eugen Müller,
Professoren an der Universität Stralsburg.
k
1
F)
Die „Studien* erscheinen in 'zwanglosen Heften (gr 8°) von eirca 5 bis 8 Bogen,
deren jedes ein Ganzes Tür sich bildet und einzeln käuflich ist. Äufserlich werden in der
Regel je 4 bis 5 Hefte zu einem Bande vereinigt.
Bereits liegen vor:
I. Band, (5 Hefte.) (LXI u. 582) M 8.—
1. u. 2. Heft: Natur und Wunder. Ihr Gegensatz und ihre Harmonie. Ein apolo-
Rn Versuch von Dr E. Müller. (XX u. 206) A 2,80
eft: Der Augustiner Bartholomäus Arnoldi von Usingen u Luthers Lehrer und
egner. Ein Lebensbild von N. Paules. (XVI u. 136) A 1.80
4. u. 5. Heft: Die altehristliche Literatur und ihre Erforschung seit 1880. Allgemein
Übersicht und erster Liloraturderiche (1880-1884). Von. r'A. Ehrhärd. (AX u
240) Ar 3.40
Il. Band. (4 Hofte.) (LII u, 484) M 8.40
1. Heft: Die Strassburger Diöcesansynoden. Von Dr. M. Sdralek. (XII u. 168) 31 2.60
2. Heft: Die Strassbanrger Reformatoren und die Gewissensfreiheit. Von X. Paulus.
(XII u. 106) M 1.80
3, Heft: Die moderne Moral und ihre Grundprincipien kritisch beleuchtet» von
Dr C. Didio. (X u. 14) 7 2.—
4. Heft: Die Wunder Jesu in ihrem innern Zusammenhange betrachtet von Dr F. Choble,
(XII u. 106) M72.—
Ill. Band. (5 Hefte) (XLII u. 666) AM 12.—
1. Heft: Kaspar Schatzgeyer, ein Vorkämpfer der katholischen Kirche gegen Lutlier
in Süddeutschland. Von Dr N. Paulus. (X u. 152) M 2.80
2. u. 8. Hoft: Der Prolog des heiligen Johannes. Eine Apologie in Antithesen. Von
Dr K. Weiss. (XIl u. 208) M 3.80
4. u. 5. Heft: Die kucharistielehre des heiligen Johaunes ERESEoStOmuB, des Doctor
Eucharistiae. Von Dr theol. A. Naegle. (XIV u. 308) MS
IV. Band. (5 Hefte) (LI u. 583) MM 12.20
1. Heft: Frobenius Forster, Fürstabt von St Emmeram in Regensburg. Ein Beitrag
zur Litteratur- und Ordensgeschichte des 18. Jahrhunderts von Dr J. A. Endres.
(X u. 114) M 2.40
2. Heft: Geilers von Kaysersberg ‚Ars moriendi“ aus dem Jalhıro 1497 nebst einem
Beichtgedicht von Hans Foltz von Nürnberg, herausgegeben und erörtert von
Dr Alexander Hoch. (XIV u. 112) M 2.40
3. Heft: Die Anfänge der Irregularitäten bis zum ersten allgemeinen Konzil von
.7 Nicäa.- Eine kirchenrechtliche Untersuchung von Dr Camill Richert, (X u.110) 42.40
4. u. 5. Heft: Die Gottheit des Heiligen Geistes nach den griechischen Vätern des
ni a ee Eine dogmengeschichtliche Studie von Theodor Schermann.
Gekrönte Preisschrift. (XVII u. 246) M 5.--
Y, Band. (4 Hefte) (XXXIV u. 478) M€ 9.90 '
‘*1: Heft: Die-Inspirationstehre des Orizenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschichte
von Dr theol, August Zöllig. (X u. 130) aM 2%
" © Heft: MoBeweise für die Unsterblichkeit der Seele aus AIESIEInEN. Beyche:
logischeu Tatsachen neu geprüft von Dr Philipp Kneib. (VIu 100) M2
8. u. 4.:Hefte: Per Erziehungslehre der drei Kappadozier. Ein Beitrag zur ib
stischen Pädagogik von Dr. Karl Weifs. (XI u. 242) M 4.80
vi. Band, 1. u Heft. 10h Hasen atürliche Lebensct 'duong nach der Paulinischen und
Tohanneischtier Kec bjb. Eine dogmatisch-biblische Studie von Dr theol. Arnold
Radenacheb. (VAL De M5.--
8. u. 4. Heft: Jakgh Kalde. Ein Peligiös-patridtischer Dichter aus dem Elsafs. Zu
“. seinem Greihüanderhänre A eburkemnblikhme, Von Dr Joseph Bach. (Alu. 160) M4.—
L, Supplomentbaud: Die altcehriytliche Litteratur und ihre Erforschung von 1884—1900.
I. Abteilung: Die vornicäntsche Litleratur. Von Dr A. Ehrhkard. (XI u. 644) M 15.—
BIBLISCHE ZEITSCHRIFT
IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER
‚BIBLISCHEN STUDIEN“
HERAUSGEGEBEN VON
Dr JOH. GÖTTSBERGER us» Dr J0S, SICKENBERGER
PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN.
ZWEITER JAHRGANG.
DRITTES HERT,
HERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG.
1904.
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO.
|
FREIBURG IM BREISGAU.
Digfized by AAO OR IC
«
Inhalt des dritten Heftes.
Seite
Codex Bassetti Tridentinus. Von Lektor P. Michael Hetzen-
auer OÖ. Cap. in Innsbruck . . 22 nn. 225
Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. seriptararum. Von
Prof. Dr Karl Weyman in München . . . 20 .20....234
1 Chr 25: Ein Beitrag zum Gebrauch des Loses bei den Hebräern.
Von P. Fr. v. HummelauerS. J. in Valkenberg . . . 254
Berichtigungen zu Mandelkerns Kleiner Konkordanz . . . ..%9
Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. Von Prof. Dr M. Faul-
haber in Strafsbug . . . . van ec 226
Das Comma Ioanneum (l Io 5, 7) in den Schriften der Antitrini-
tarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. Von Prof.
Dr Aug. Bludau in Münster i. W. 2.022020... 2975
Besprechungen. . nn. 80l
Bibliographische Notizen (Allgemeines. Literatur zur ganzen Hei-
ligen Schrift. Das AT) 2 nn nn. 0.802
Mitteilnngen und Nachrichten . . 2.2. 2m nn... 836
Jährlich erscheinen 4 Hefte im Umfange von je 7 Bogen gr. 3°.
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.—
Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak-
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, München, Arcisstr. 471, für Altes
Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München, Galeriestr. 22",
für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren Verfasser und
Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher Anzeige und mög-
lichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten Erscheinungen
an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen.
Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem
Mafse Aufnalıme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf-
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br.
Codex Bassetti Tridentinus.
Von Lektor P. Michael Hetzenauer O. Cap. in Innsbruck.
itter Dr Robert v. Bassetti, der letzte Sprölsling eines
R alten und reichen, angesehenen und verdienten Patrizier-
geschlechtes Trients!, hinterliefs bei seinem Tod (30. Oktober
1897) der Vaterstadt als Legat eine wertvolle, sehr interessante
Vulgatahandschrift, die in der städtischen Bibliothek (Biblioteca
Civica oder Comunale oder Municipale di Trento) unter der
Manuskriptnummer 2868 aufbewahrt wird und eine Cimelie
der 53000 Bände zählenden Bibliothek genannt werden muls.
Da der Codex in theologischen Kreisen noch unbekannt ist,
will ich ihn im Folgenden kurz beschreiben. Ich bin nur zu-
fällig zur Kenntnis desselben gelangt. Während meiner Vul-
gata-Studien drängte sich mir immer mehr die Überzeugung
auf, dals die vom Trienter Konzil benutzte Bibel irgendwo noch
vorhanden sein müsse. Meine Nachforschungen, bei denen mich
der Provikar der Trienter Diözese, Mgr Dr Jos. Hutter, unter-
stützte, liefsen mich endlich den Codex finden, den ich dann im
September 1903 für meine neue Vulgata-Ausgabe verglich.
Der Codex Bassetti besteht aus 601 Blättern feinen Per-
gaments von gewöhnlicher Farbe und hat mithin 1202 Seiten,
Die Blätter sind 247 mm hoch, 182 mm breit und mit Aus-
nahme von 5 Seiten am Anfange und 4 Seiten am Ende in
2 Spalten mit schwarzer Tinte beschrieben. Die einzelnen
Textspalten sind 157 mm hoch, 7—9 mm breit und enthalten
ı Vgl. u. a. Archivio Trentino 1898, 121 (eine von der Direktion
der Bibliothek und des Museums von Trient seit 1882 herausgegebene
Zeitschrift in italienischer Sprache),
2 Ich habe die Blätter zweimal gezählt und dürfte mich wohl kaum
geirrt haben. Andere zählten 1172 oder 1196 Seiten.
Biblische Zeitschrift, II. 3 15
226 Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus.
regelmälsig 43 Zeilen. Die prächtige (halbgotische) Schrift
ist sehr gut erhalten und daher trotz der zahlreichen Kür-
zungen leicht leserlich. Nur an vereinzelten Stellen hat die
Tinte das Pergament durchfressen, so dals etwa 6—8 Worte
der Handschrift mühsam entziffert werden müssen. Das letzte
Blatt der Apokalypse ist von anderer Hand und weniger
schön geschrieben. Den Codex schmücken 165 Miniaturen,
wovon 83 Ereignisse aus den betreffenden Büchern, 2 Tier-
gestalten und 80 verschiedene Ornamente zur Darstellung
bringen. Besonders reich wurden die Psalmen mit Miniaturen
bedacht. Ein streng kritisches Auge wird an diesen Bildern
allerdings manches auszustellen finden. Sie sind aber doch
so schön, dafs die Besucher des städtischen Museums, das
sich an den Lesesaal der Bibliothek! anschlielst, regelmälsig
an meinem Platze stehen blieben, um die schöne Schrift und
die herrlichen Miniaturen zu bewundern. Nur eine derselben
wurde verletzt: vom P des 2. Timotheusbriefes wurde die Schluis-
ornamentik herausgeschnitten, so jedoch, dals der Text nicht
beschädigt wurde. Der Herr Bibliothekar, Prof. Dr Lodovico
OÖberziner, glaubte?, dafs diese Miniaturen von irgend einem
Bologneser Künstler herrühren, machte mir aber am 2.November
1903 die Mitteilung, dals der angesehene Kritiker und Pro-
fessor der Künste an der römischen Universität Comm. Adolfo
Venturi, der einige Wochen nach mir die Handschrift unter-
suchte, noch weiter gehe und die Miniaturen dem berühmten
Oderisi d’Agobbio zuschreibe. Sollte sich diese Vermutung
bewahrheiten, so würde der Kunstwert des Codex noch mehr
steigen, da wir von jenem berühmten Miniaturmaler nur sehr
wenige Bilder besitzen; es würde zugleich auch das oben ab-
gegebene Urteil bestätigt, insofern Oderisi von seinem Schüler
Franco übertroffen wurde®.
ı Bibliothek und Museum befinden sich im 2. Stock des Municipio
(Magistratsgebäudes) in der Via larga.
? Archivio Trentino a.a. 0.
3 Oderisi von Gubbio, geb. 1240, gest. ca 1300, ein Zeitgenosse
Dantes (1265—1321), wurde von Bonifazius VIII. (1294—1303) veranla:st,
Bücher mit Miniaturen zu schmücken. Er lebte zu Bologna und war auf
Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 227
Die Handschrift stammt spätestens aus dem 14. Jahr-
hundert. Das beweist der Schriftcharakter und eine Bemer-
kung! auf der drittletzten Seite, die da lautet: „In nomine
Patris et Filii Domini nostri Iesu Christi et Spiritus Sancti,
et Virginis gloriosissimae, Mariae sanctissimae Matris Dei.
M.CCC.LXV. Nativitatis secundum .... Domini nostri lIesu
Christi mense Januarii die XIIII. in nocte ante diem per
quatuor horas tertia antequam festum Dei servi et Confessoris
Antoni de Vienna solemnis dies occurrat.“ Diese Bemerkung
dürfte wohl der Schreiber des letzten Blattes gemacht haben.
Sollten die Miniaturen wirklich von der Hand Oderisis stam-
men, so mülste die Handschrift mit Ausnahme des letzten
Blattes dem letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts zu-
geschrieben werden. Wer den Codex zuerst besals, ist un-
bestimmt. Auf der viertletzten Seite liest man zwar: „Ista
Biblia fuit quondam legum egregii doctoris de Morano domini
Bartholomaei (oder vielleicht Barnabei) et nunc Benedicti de
Morano“, allein niemand weils, wer diese zwei Besitzer waren,
wo und wann sie lebten. Ich wandte mich schriftlich und
mündlich an alle Persönlichkeiten, von denen man einen Auf-
schluls erwarten konnte, aber leider umsonst. Vielleicht ist
jener dominus Bartholomaeus der bekannte Bartolomeo da
Murano (7 1499), der mit seinem älteren Bruder Antonio
da Murano in Venedig und zwar auf der Insel Murano eine
Werkstatt und Schule für Maler gründete, eine neue Bahn
betrat und tatsächlich der Gesetzgeber der Muraneser Schule
wurde. Das kann der Sinn der Worte sein: „legum egregii
doctoris de Morano“. Dals der italienische Ausdruck „da
Murano“, womit sich die sogenannten Muranesen zeichneten,
sein Können so stolz, dafs er alle andern verachtete. Dante (Purgatorio
11,79f) nennt ihn „L’ onor d’ Agobbio, e I’ onor di quell’ arte“, lälst ihn
aber von seinem Schüler Franco Bolognese (+1313) bekennen: „L’ onor
& tutto or suo, e mio in parte.“ Vgl. Camerini, La Divina Commedia
di Dante Aligbieri con note tratte dai migliori commenti, Milano 1891,
206 f; Streckfuls-Pfleiderer, Dante Alighieris Göttliche Komödie.
Übersetzt und erläutert, Leipzig 1876, 259.
ı Sie ist etwas schwer leserlich; ich gebe sie nach einer Auflösung,
die ein dem Codex beigelegtes Quartblatt bietet. ,
15
228 Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus.
lateinisch mit „de Morano“ wiedergegeben erscheint, darf nicht
befremden, weil Murano und Morano sprachlich zusammen-
hängen. Bartolomeo da Murano dürfte den Bibelcodex wohl
durch den berühmten Gentile da Fabriano (7 ca 1451) er-
halten haben, der zur Gründung der Malerschule auf Murano
den Anstofs gegeben hatte. Im Herbste 1506 kam der Brixener
Kardinal-Fürstbischof Melchior v. Meckau als kaiserlicher
Gesandter mit grolsen Geldsummen nach Venedig, bei wel-
cher Gelegenheit er die Bibel vielleicht kaufte. Gewils ist.
dals die kostbare Handschrift im 16. Jahrhundert im Besitz
des gelehrten und eifrigen Brixener Fürstbischofs Melchior
v. Meckau war. Sowohl auf der dritten Seite am Anfange
als auch auf der letzten am Ende liest man oben: „Melchior
Eps Brixens.* Melchior v. Meckau, ein Meilsenischer Edel-
mann aus dem Bistum Naumburg, wurde 1482 Koadjutor.
1489 Fürstbischof von Brixen, 1503 Kardinal und starb auf
seiner Romreise 1509 zu Rom, wo er auch begraben wurde.
1489 hatte er bei Erhard Ratdold in Augsburg für seine
Diözese ein Brevier drucken lassen!; auch ein Obsequiale oder
Rituale liefs er bei demselben Buchdrucker erscheinen, das
sein Nachfolger Christoph Madruzz 1555 zu Dillingen bei
Meyer mit einigen Verbesserungen neu herausgab?. Der be-
rühmte Christoph Madruzz, schon seit 1539 Fürstbischof von
Trient, nahm am 15. April 1543 auch vom Fürstbistum Brixen
Besitz und wurde im gleichen Jahre mit dem Purpur ge-
schmückt, damit er beim bevorstehenden Konzil ein gröfseres
Ansehen hätte, wie Pallavicini V 1 vermutet? Anfang 1545
reiste er nach Rom, um sich mit Papst Paul IIL über das
zu eröfinende Konzil zu besprechen (Sinnacher VII 404), und
lies zur Eröffnung des Konzils Pontifikalkleider (Sinnacher
VII 409) und die Bibelhandschrift Melchiors von Brixen nach
ı Vgl. Sinnacher, Beyträge zur Geschichte der bischöflichen Kirche
Säben und Brixen in Tirol VII, Brixen 1830, 5—116.
2 Vgl. Wetzer und Weltes Kirchenlexikon VIII? 428.
3 Vgl. zum Folgenden Pallavicini, Historia Concilii Tridentini
lib. 5—8; Sinnacher a. a. O. 392—616; Kirchenlexikon VIII? 426;
Archivio Trentino 1145, II 129, 1113.
Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 229
Trient bringen. Welches Ansehen und welchen Einflufs der
für Wissenschaft und Kunst, für reinen Glauben und gute
Sitten begeisterte Mann während des Konzils (1545—1563)
hatte, ist allgemein bekannt (Sinnacher VII 412; Pallavicini
VI). Es kann uns daher nicht überraschen, wenn die Familien-
tradition des alten und angesehenen Päatriziergeschlechtes Bas-
setti bezeugt, dals der Bibelcodex Melchiors-Madruzz’ von
den Konzilsvätern benutzt wurde!. Darauf weist auch
die Bemerkung hin, die wir nach dem Text der Apokalypse
in der zweiten Spalte lesen. Herr Dr Öberziner, der mich
mit der grölsten Bereitwilligkeit und Freundlichkeit in allen
Stücken mündlich und schriftlich unterstützte, besorgte mir
eine genaue Abschrift davon, die ich hier mitteile: „Anno
Dni M.D.LXIII. die 4 Decemb.: hora intra 21 et 22 termi-
natum est concilium Tridentinum. Sub S.D.N. pio pp. eius
nominis IIIl. Moderantibus Imp. Romanorum Invictissimis
ac potentissimis Caesaribus Ferdinando et Maximiliano Felic.
Piis pacificis ecc defensoribus. Regnantibus Philippo Hispania-
rum rege potentissimo, ac Cath.° Carolo Galiae rege Christia-
nissimo. S... Portugaliae rege. Sigismundo Polonie rege (juorum
oratores interfuerunt Celebrationi dicti Concilii. Nec non
Emanuel Filiberto ducatum prebente Alobrogis... Venetorum
reip. Cosmo Medices Florentie. Adfuit Cath.” Helvetiorum
orator epus et dni Regni Hungarie Magistri militiae rodiorum.
Legati Car. Septem quorum duo diem obierunt ante Concilil
finem unus discessit. Cardinales duo. Patriarche tres. Archi-
episcopi Triginta tres. Episcopi COXXXIIL“ Der Schreiber
dieser Bemerkung scheint momentan den Namen des Königs
von Portugal (Sebastian) sowie des Gesandten von Venedig
ı Im Archivio Trentino 11I 57 liest man folgende Note zur Ge-
schichte des Konzils: „Il signor Roberto de Bassetti di Trento conserva
un raro codice della Bibia latina, che per tradizione di famiglia
dovea esser quella che serviva ne’ vari uffizi del Concilio. E
un cimelio scritto nel secolo Ä1V in carattere semigotico in pergamena
con legatura originale, in 8, di pag. 1172 con cinquanta miniature di
graziosissimo disegno.“ Die Zahlenangaben sind nicht genau, was sich
aus dem früber Gesagten ergibt.
u
230 Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus.
(Niccolö da Ponte) nicht präsent gehabt und später die Aus-
füllung des leeren Raumes vergessen zu haben. Die Frage.
ob der Codex Bassetti bei der Revision der Vulgata benutzt
wurde, dürfte bejaht werden können. Christoph Madruzz
wohnte nämlich seit 1567, wo er auf das Fürstbistum Trient
verzichtet hatte, als regierender Fürstbischof von Brixen und
zugleich als Kardinalbischof von Sabina, später von Präneste
und zuletzt von Porto bis zu seinem Tode (1578) regelmäfsig
in Rom; sein Neffe Ludwig Madruzz, von 1567 bis 1600 Kar-
dinal-Fürstbischof von Trient, war Mitglied der von Papst
Pius V. (1566—1572) eingesetzten Bibelkommission!: es ist
daher wohl sehr wahrscheinlich, dals der vom Konzil benutzte
Codex auch herangezogen wurde. Allerdings wird sein Ein-
fluls auf die Wahl der Lesearten nicht grols gewesen sein, da
er ja zu den jüngeren Handschriften gehört? — Später kam
der Codex in den Besitz der Trienter Familie Bassetti. Wann,
warum und von wem die Bassetti die Handschrift erhielten,
konnten wir bis jetzt noch nicht feststellen. Dieses hoch-
verdiente Patriziergeschlecht Trients stand mit mehreren Fürst-
bischöfen in engerer Verbindung und dürfte die Handschrift
wohl als Anerkennung besonderer Verdienste erhalten haben.
Bei den Bassetti verblieb sie bis zum Jahre 1897. Joh. Bapt.
Bassetti schenkte sie zwar 1827 dem Grafen Franz Revedin
von Venedig, als sich sein Sohn Titus Bassetti mit dessen
Tochter vermählte; allein nach dem Tode des Grafen Franz
Revedin (1836) kam sie testamentarisch wieder an Titus
Bassetti zurück, der sie seinem Sohne Dr Robert v. Bassetti
vermachte, durch dessen Grofsmut sie in die städtische Biblıo-
ı Vgl. Vercellone, Variae lectiones I, Romae 1860, p. XXL,
nota 1. Dieser Kardinal-Fürstbischof schenkte den Patres Kapuzinern
in Trient sein Exemplar der Biblia Sixtina von 1590, das sie in ihrer
18000 Bände zählenden Bibliothek sorgfältig aufbewahren. Keine andere
Bibliothek Tirols besitzt eine Sixtina; auch die Staatsbibliothek in Mün-
chen kann keine aufweisen; die Hofbibliothek in Wien hingegen besitzt
zwei Exemplare dieser auf 2000 Kronen geschätzten Bibel.
2 Die Sixtina bietet jedoch Lesearten, die wir nur im Codex Bassett!
tinden. Vgl. den Schluls dieses Artikels.
Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 231
thek gelangte und so allen zugänglich wurde. Das mit Ritter
Robert v. Bassetti ausgestorbene Patriziergeschlecht hat sich
durch die vorzügliche Erhaltung des interessanten und wert-
vollen Bibelcodex für alle Zeiten den Dank und die An-
erkennung aller Gelehrten gesichert. Sein Zustand lälst nichts
zu wünschen übrig. Er befindet sich im Originaleinband in
einer Lederschachtel, die die Aufschrift trägt:
CODEX BIBLICUS
CRITICORUM SENTENTIA
SAECULI XIV INEUNTIS
QUEM
A CONCILII TRIDENTINI PATRIBUS ADHIBITUM
FRANCISCO REVEDINO VENETO IOANNIS PETRI FILIO
IOANNES BAPTISTA BASSETTI TRIDENTINUS
OB INITAM AFFINITATEM AMICITIAMQUE
| LIBENS DONAVIT
PRID. CAL. FEBR. AN. MDCCCXXVII.
Herr Bibliothekar Dr Oberziner veröffentlichte im Archivio
Trentino (Jahrg. 1898, 121f) eine Beschreibung der Hand-
schrift, die jedoch den theologischen Kreisen Deutschlands und
Welschlands ganz unbekannt blieb, wie es scheint; genannte
Zeitschrift wird eben von den Bibelgelehrten nur ausnahms-
weise gelesen.
Der Codex Bassetti beginnt mit der Epistola S. Hieronymi
ad Paulinum und bietet dann den Text der einzelnen Bücher,
die in der gegenwärtig gebräuchlichen Ordnung aufeinander
folgen. Nur die Apostelgeschichte ist davon abweichend un-
mittelbar vor die Apokalypse gesetzt. Jedem Buche ist der
betreffende Prologus vorangestellt. — Merkwürdigerweise steht
zwischen dem 2. Buche Esdras und dem Buch Tobias das
3. Buch Esdras, und am Ende des Buches Ecclesiasticus ein
Gebet Salomons als 52. Kapitel. Der Text der einzelnen
Bücher ist in Kapitel zerlegt, deren Initialen zierlich in Rot
und Blau ausgeführt sind; sie stimmen im allgemeinen mit der
jetzigen Kapiteleinteilung überein, etwa 25 Fälle ausgenommen,
wovon einige erwähnt seien. Idc 13, 1 ist zum 12.; 4Rg 20, 21
zum 21.; Job 36, 32 33 zum 37.; Prv 14,34 35 zum 15.; Sap 6.1
232 Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus.
zum 5.; 1 Mach 10, 86—89 zum 11.; Mt 6, 1—4 zum 5.; 2 Cor
12,20 21 zum 13.; 1 Petr 2, 1—3 zum 1. Kapitel gezogen; die
Verse 11—25 des Judasbriefes bilden ein zweites Kapitel, 2 Thess
3, 13—18 ein viertes Kapitel. In 1 Esr fehlt die Bezeichnung
des 6., in Apc die Bezeichnung des 2. Kapitels. — Im Texte
selbst treten uns die gleichen Erscheinungen entgegen, die aus
andern Codices bereits bekannt sind. Wir finden da wieder:
Auslassungen (z. B. Joel 3, 20° 212; Mc 5, 126 13%; Io 17,
21» 222 fehlt), Doppelsetzungen und kleine Beigaben, Schreib-
fehler, Korrekturen im Texte und am Rande, Angabe anderer
Lesearten am Rande. Da ich den Codex zum Zweck der
Herausgabe meiner Editio Bibliae Sacrae Vulgatae verglich,
achtete ich besonders auf das Verhältnis der Handschrift zur
Sixtina und Clementina und konnte nur im Vorbeigehen den
übrigen Varianten einige Aufmerksamkeit schenken. Besonders
zahlreich finden sie sich in den Psalmen vor. Beim Anblick
derselben erinnert man sich unwillkürlich an die Worte des
grolsen Papstes Sixtus V. in seiner Oonstitutio vom 1. März
1589: „Haec autem Vulgata editio cum una esset, varılis
lectionibus in plures quodam modo distracta videbatur... Et,
quamvis in hac tanta lectionum varietate nihil hucusque reper-
tum sit, quod fidei, et morum causis tenebras offundere potuerit;
verendum tamen fuit, ne... piarum mentium implicatio multi-
plex evaderet.*“ Die Vergleichung dieses von den Konzils-
vätern benutzten Codex mit den offiziellen Ausgaben der Sixtina
und Clementina kann jedermann belchren, dals jene Grundsätze,
die mein Schriftchen „Wesen und Prinzipien der Bibelkritik
auf katholischer Grundlage“ im Anschluls an andere katholische
Gelehrte S. 82ff ausspricht, nicht zu lax und freisinnig,
sondern wohl begründet sind; dafs man in Sachen, die nicht
den (ilauben und die Sitten berühren, der Vulgata kein solches
Übergewicht beilegen darf, wie wir es in der Textausgabe
Brandscheids bemerken. — Sehr interessant ist das Verhältnis
des Codex Bassetti zu den übrigen Handschriften der latei-
nischen Übersetzung, den verschiedenen Ausgaben der Vulgata,
den andern Übersetzungen und griechischen Codices. Es
Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus, 233
können an dieser Stelle selbstverständlich nur einige Beispiele
herausgegriffen und kurz angeführt werden. Wordsworth-
White führen im Epilogus S. 721f eine lange Reihe von
Vulgata-Lesearten vor, die sie in ihren Handschriften nicht
fanden. Mehrere derselben finden wir in unserem Codex,
z. B. zu Mt 4, 16 ambulabat (statt sedebat); 25, 31 angeli
eius; Mc 1, 24 venisti ante tempus; 2, 12 abiit inde; 7, 23
coinguinant (statt communicant); Lc 2, 33 pater et mater
eius (statt pater eius et mater); 5, 22 cogitatis mala; 6, 29
maxillam unam; 10, 21 exultavit :n Spiritu sancto; 17, 20
veniet (statt des zweiten venit); 18, 9 parabolam istam dicens;
Io 6, 33 panis enim verus est (statt Dei est); 6, 35 am Rand
non sitiet in aeternum (statt umquam im Texte); 8, 9 audientes
autem haec; 17,12 ego custodivi u.m.a. In all diesen Fällen
stimmt der Codex mit der Sıxtina überein. — Nm 30, 11—13
enthält er mit der Clementina, während die Sixtina 11P 12 13
weglälst1; 1 Rg 24, 7 hat er hingegen den Zusatz der Sixtina,
ebenso Hab 1, 3; Lc 11, 2; Act 14, 6; 24, 18; 2 Io 12; mit
der Clementina lälst er den Zusatz Mt 7, 1 weg und hat Mt
27, 35 den erweiterten Text.
Das merkwürdige Verhältnis, in welchem der Codex zur
Sixtina und Clementina steht, sowie die Tatsache, dals er
Lesearten bietet, die wir in den übrigen bekannten
Handschriften vergeblich suchen, machen ihn auch
kritisch wertvoll und historisch wichtig. Da ich die Lesearten
des Codex Bassetti Tridentinus in meiner Zusammenstellung
aller Varianten der offiziellen Ausgaben (im Anhang zu meiner
Vulgata-Ausgabe) notieren ‚werde, mache ich nur noch die
Bemerkung, dafs er den Schlufs des Markusevangeliums, die
Perikope des Johannes über die Ehebrecherin und das Comma
Joanneum enthält, jedoch so, dafs die Verse 7 und 8 um-
gestellt sind, wie in einigen andern Handschriften.
! Wer sich mehr interessiert, möge mein Schriftchen „Bibelkritik‘
S. 148ff aufschlagen.
Zu den sog. Tractatus Origenis de libris
ss. sceripturarum.
Von Prof. Dr Karl Weyman in München.
‚Umfassender noch als durch diese vier Schriften (d. h.
Pseudo-Cyprian de spectaculis, de bono pudicitiae, de laude
martyrii, adversus Iudaeos, alle im III. Bande der Wiener
Cyprianausgabe!) wäre das Corpus Operum Novatianı zu be
reichern, wenn die 20 pseudo-origenistischen Traktate, die
Batiffol entdeckt (und Paris 1900 ediert) hat, ihm zuzuweisen
wären. Allein es fehlt viel zu einem ausreichenden Beweise
für die Hypothese, und schwere Bedenken stehen ihr gegenüber.
Dals novatianische Schriften in grolsem Umfange in den Trak-
taten ausgeschrieben sind, ist eine Tatsache?, aber auch Ori-
genes, Tertullian und andere sind ausgeschrieben, wenn auch
nicht so stark. Dals Novatian sich selbst und die andern ın
dieser Weise geplündert hat, ist an sich nicht wahrscheinlich
und nicht bewiesen. Der Stil des Verfassers der Traktate
zeist meines Erachtens nur dort sichere Verwandtschaft mit
Novatian, wo Novatian ausgeschrieben ist. Die Christologıie
ist weiter entwickelt als bei Novatian, man mulfs also zur An-
nahme von Interpolationen seine Zuflucht nehmen. Die Traktate
ı Neuerdings sucht F. v.Blacha (Kirchengeschichtl. Abhandl., harg.
von M. Sdralek II, Breslau 1904, 191 ff) auch die pseudo-cyprianische
Schrift ‚de singularitate clericorum‘ (Hartel III 173 ff) als ein Werk Nova-
tians zu erweisen. Ich werde mich an anderer Stelle über oder vielmehr
gegen diese Hypothese äulsern.
2 Ich lege auf diese Konstatierung Gewicht wegen der Bemerkung
A. Ehrhards, Die altchristl. Lit. I (1900) 331: ‚Weymans Beweise sind
ungenügend, weil rein sprachlicher Isatur‘ (von mir gesperrt).
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 235
sind meines Erachtens demnach nicht in das Corpus Operum
Novatiani einzustellen.‘ So Adolf Harnack im Artikel Nova-
tian bei Herzog-Hauck, Realencykl. XIV (1903) 227. Es freut
mich, dafs der grolse Berliner Gelehrte, der zuerst mit Batiffol
an Origenes als Verfasser der tractatus glaubte, sich inzwischen
davon überzeugt hat, dafs dieselben als ein original-lateinisches
Werk zu betrachten sind (vgl. A. Jülicher in Götting. gel.
Anz. 1900, 273; OÖ. Bardenhewer, Gesch. d. altkirchl. Lit.
II 570; M.Schanz, Gesch. d. röm. Lit. IV 1, München 1904, 280),
und aus dem Umstande, dafs die Berliner theologische Fakul-
tät neuerdings eine Preisaufgabe über die tractatus gestellt
hat, darf doch wohl geschlossen werden, dals nach Harnacks
Ansicht auch die Gegner der Novatianhypothese noch nicht
das letzte und entscheidende Wort über die interessante
Predigtsammlung gesprochen haben. Ich beabsichtige im fol-
genden nicht noch einmal eine Lanze für Novatian zu brechen
oder überhaupt auf die Verfasserfrage als solche einzugehen,
sondern habe mir ein sehr bescheidenes Ziel gesteckt. Ich
will erstens auf eine in den bisherigen Erörterungen über die
Abfassungszeit der tractatus meines Wissens nicht beachtete
Stelle des Lucifer aufmerksam machen, zweitens im Anschluls
an meine Ausführungen im Archiv f. lat. Lexikogr. XI (1900)
545 ff einige weitere Beiträge zur Texteskritik der tractatus
liefern, drittens den von Batiffol (vgl. H. Jordan, Die Theo-
logie der neuentdeckten Predigten Novatians, Leipzig 1902,
219 ff) etwas kärglich bemessenen Nachweis der Bibelzitate
und Bibelanklänge ergänzen. Zuvor aber seien mir einige
Bemerkungen zu der eben im Wortlaute mitgeteilten Äulse-
rung Harnacks gestattet. Dafs es ungeachtet der methodo-
logischen Zulässigkeit eine heikle Sache um die Annahme
von Interpolationen ist, besonders wenn diese Annahme einer
andern Hypothese dienstbar gemacht wird, das soll nicht
in Abrede gestellt werden, und ich habe mich auch nie der
1 Siche daregen Th. Zahn in Neue kirchl. Zeitschr. XI (1900) 360:
‚Zusammen mit den Büchern von der Trinität usw. werden (die neu-
gefundenen Predigten) einen stattlichen Band bilden‘ usw.
236 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.
Illusion hingegeben, dafs Jordans mit Geschick und Scharf-
sinn durchgeführter Versuch, die mit Novatians Autorschaft
schwer oder gar nicht vereinbaren Stellen christologischen
und trinitarischen Inhaltes als spätere Einschiebungen in
den Text der Traktate zu erweisen, nirgends auf Wider-
spruch stolsen werde! (vgl. BZ I 417 und zuletzt K. Bihl-
meyer, Theol. Quartalschr. LXXXVI [1904] 38 ff; G. Esser,
Theol. Revue 1904 Nr 5 Sp. 139ff). Vielleicht aber war ich
von einer richtigeren Empfindung geleitet, als ich Archiv
S. 55l Anm. von der Möglichkeit einer Retouchierung
‚der Traktate im Sinne der nicänischen bzw. nachnicänischen
Orthodoxie‘ sprach; wenigstens halte ich es für sehr wohl
denkbar, dafs sich im weiteren Verlaufe der Forschung die
Annahme einer Bearbeitung und Überarbeitung der Trak-
tate, durch welche der ursprüngliche Wortlaut da und dort
alteriert, das stilistische Kolorit aber und die zeitgeschicht-
liche Grundstimmung im wesentlichen konserviert wurden, mehr
Boden erobern werde als die Annahme einzelner Interpola-
tionen in unsern Handschriften, wenn diese auch tatsächlich
nicht interpolationsfrei zu sein scheinen (vgl. z. B. Batiffol zu
tract. V p. 48,7). Wie ein solcher orthodoxer Bearbeiter ge-
rade einer trinitarischen Stelle, die ihm von seinem Stand-
punkte und von seiner Zeit aus unvollkommen oder inkorrekt
erschien, aufzuhelfen wulste, das kann man aus der lateinischen
Übersetzung der Jeremiashomilien des Origenes durch den
hl. Hieronymus ersehen, in der der letztere gegenüber den
Worten des Originales hom. IX S. 64, 23 f (Klostermann) Nueis
dE Eva oldauev Beöv Kai TÖTE Kai vüv, Eva XpıOTov Kai TÖTE Kai
vöv das Plus aufweist ‚et unum Spiritum sanctum cum Patre
et Filio sempiternum‘ (Migne, S. Gr. XIII 350 A; E. Kloster-
mann in Texte und Untersuch. N.F. I 3 [1897] 27; G. Grütz-
macher, Hieronymus I 184f). Dals aber überhaupt und
irgendwie von einer späteren Hand in den Text der Trak-
1 Vgl. meine Anzeige in der Deutschen Litteraturzeitung 1903 Nr 15
Sp. 890 ff. Die sonstigen Besprechungen des Jordanschen Buches findet
man Byzant. Zeitschr. XII (1903) 669 und XIII (1904) 245 verzeichnet.
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 237
tate eingegriffen wurde, das sollte nach dem, was Jordan
über den Schlufls des 10. Traktates ausgeführt hat, eigentlich
nicht mehr bezweifelt werden. Was dann das Verhältnis der
Traktate zu den Schriften Novatians und andern Werken der
altkirchlichen Literatur (vgl. Jordan 197 ff) betrifft, so hat
Harnack selbst auf das Überwiegen des novatianischen Gutes
hingewiesen, so dafs Novatian, wenn wir ihn einen Augen-
blick für den Verfasser der Predigten halten, keineswegs
als ein ärgerer Plünderer fremden Eigentums erscheint als
in den sicher von ihm herrührenden Schriften (vgl. für de
spectaculis E. Wölfflin im Archiv VIII [1893] 4ff 15ff, für
de bono pudicitiae S. Matzinger, Des hl. Thascius Caec.
Cyprianus Tractat d. b. p., Nürnberg 1892, 31ff) und als zahl-
reiche andere Schriftsteller vor und nach ihm!. Das Selbst-
ausschreiben aber oder vielleicht richtiger das zweimalige Be-
nützen von Aufzeichnungen dürfte bei einem Novatian nicht
mehr auffallen als bei einem Eusebios, in dessen Arbeitsweise
wir kürzlich durch J. A. Heikel, Eusebius’ Werke I (1902)
xxvnmff einen lehrreichen Einblick erhalten haben. Dals end-
lich Harnack die stilistische Verwandtschaft zwischen den
Traktaten und den Schriften Novatians unterschätzt bzw. mit
Unrecht auf die Fälle beschränken will, in denen es sich um
direktes Ausschreiben Novatians handelt, das kann aulser
meinen Zusammenstellungen im Archiv 554 ff — bei deren Be-
urteilung, was ich im Hinblick auf die Ausführungen E.C. Butlers
in The Journal of Theol. Stud. II (1901) 255 ff bemerke, die ın
den Sitzungsberichten der bayr. Akad., phil.-hist. Kl. 1893 II
322 formulierte methodologische Erwägung nicht aulser acht
gelassen werden darf — der zweite Abschnitt meiner folgenden
Bemerkungen lehren, in dem ich für einen beträchtlichen Teil
ı Nur in der 17. Homilie (de resurrectione carnis) geht das Kompi-
lieren aus Tertullian und Minucius Felix etwas weit. Aber in dem Trak-
tate ‚quod idola dii non sint‘ haben wir dieselbe Erscheinung vor uns,
und doch werden wir ihn uns als ein echtes Produkt Cyprians gefallen
lassen müssen (anders soeben H. v. Soden, Die Cyprian. Briefsammlung,
Leipzig 1904, 205 f. Texte und Üntersuch. N.F. X 3).
238 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.-
der Verbesserungen, die ich daselbst an dem Batiffolschen
Texte der Traktate und zwar grolsenteils an Stellen, die nicht
in die von Harnack ausgehobene Kategorie gehören, vornehme,
gerade aus Novatian die nötigen oder doch erwünschten Paral-
lelen beizubringen vermag. Doch nun zu meiner eigentlichen
Aufgabe!
I.
Schon im Archiv 546 habe ich auf die rhetorisch wirkungs-
volle Stelle des XVIII. Traktates (de bono martyrii) p. 198
14f B hingewiesen: ‚novum etenim genus per Christum in-
ventum est: interire ne pereas, mori ut vivas. Mit diesen
Worten stimmt in auffälliger, das Walten eines Zufalles aus-
schliefsender Weise der folgende Satz aus Lucifers von Calaris
Schrift ‚moriendum esse pro Dei filio‘ cap. 4, p. 293, 25 f (Hartel)
überein: ‚siquidem novum salutis genus per Dei filium
fuerit tributum: interire ne peream‘ (Hartel denkt an ‚per-
eamus‘). Da keine Stelle eines älteren christlich-lateinischen
Schriftstellers bekannt zu sein scheint, an die sich sowohl der
Prediger als Lucifer angelehnt haben könnten, so darf und
muls die Prioritätsfrage gestellt werden. Da leuchtet nun sofort
die Unwahrscheinlichkeit ein, dafs der geschulte Rhetor und ge-
wandte Stilist, als der uns der Verfasser der Traktate allent-
halben entgegentritt, dem derben und fast durchweg einer
stark vulgären Schreibweise sich bedienenden Lucifer, der auch,
soweit meine Kenntnis reicht, keinen literarischen Einfluls auf
die Folgezeit ausgeübt hat, die schöne Antithese entlehnt
haben sollte. Dagegen sprechen für das umgekehrte Verhältnis
(um von andern Erwägungen abzusehen) sowohl die Zufügung
des erläuternden Genetivs ‚salutis‘ bei Lucifer, als der Um-
stand, dafs letzterer auch im unmittelbar Vorausgehenden sich
mit fremden Federn schmückt, indem er, wie schon Hartel
erkannt hat, Z. 24f mit den Worten ‚martyrii cogit dignitas,
ut vitam christiani morte condemnemus‘ auf eine Stelle der
pseudo-cyprianischen, von Harnack für Novatian in Anspruch
genommenen und durch ihr Thema sowohl als eine gemeinsame
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 239
Wendung gerade mit unserem XVIII. Traktate in näheren
Zusammenhang tretenden Predigt oder Prunkrede ‚de laude
martyrii‘ (7 p. 31, 9H.; vgl. Archiv 553 568; Bardenhewer,
Gesch. d. altkirchl. Lit. II 440f; H. v. Soden, Die Cypria-
nische Briefsamml. 214ff) Bezug nimmt!. Da Lucifers Schrift
‚frühestens 360, vielleicht erst 361: (Bardenhewer, Patrol.3642;
361 nach Hartel im Archiv III [1886] 3) verfalst worden ist,
so bildet die ausgehobene Stelle ein Hindernis für diejenigen
Forscher, welche die Entstehung der Traktate in das 5. oder
6. Jahrhundert hinabrücken wollen.
Bevor ich zum textkritischen Teile übergehe, möchte ich
noch auf einen zweiten Autor hinweisen, der möglicherweise
(ich sage nicht mehr) unsere Traktate gekannt hat. Ich meine
den Bischof Victricius von Rouen (gest. zwischen 406/7 und
409), der um 396 die Ankunft einer reichen Reliquiensendung
in seiner Bischofsstadt durch eine schwungvolle, aber etwas
schwülstige Festpredigt gefeiert hat, die uns in der — ver-
mutlich erweiterten — Gestalt, die ihr der Verfasser für die
nachmalige Veröffentlichung gegeben hat, erhalten geblieben
ist. Vgl. E. Vacandard, Saint Victrice, Ev&que de Rouen
(IVe—V® s.), 2. Aufl., Paris 1903, 67 81f 159. Gleich im
1. Kapitel des ‚de laude sanctorum‘ betitelten Werkchens
(Ausg. von Tougard, Paris 1895, 14 = Migne XX 444 A) lesen
wir die Worte: ‚hoc ego ... salutare praeceptum intra Britannias
exercui, si non ut debui, tamen ut potui‘, die, an sich be-
trachtet, gar nichts Bemerkenswertes zu enthalten scheinen,
aber verglichen mit zwei Stellen der Traktate — IV p. 40, 16 ff
‚sed quia tres causas circumceisionis esse proposui, unam in
figura, quam ut potui et puto ut debui caritati vestrae
disserui‘ und X p. 105, 6ff ‚scio quidem, dilectissimi fratres,
saepenumero de hoc Leviticorum libro me tractasse et arduas
paene et inextricabiles quaestiones ut potui et puto ut debui
caritati vestrae disseruisse — den Eindruck hervorrufen, als
ı Auf eine auffällige Berührung Lucifers mit Novatians Schrift ‚de
bono pudicitiae‘ ist in der Revue d’hist. et de litt. relig. III (1898) 564
hingewiesen worden.
240 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.
habe der fromme Bischof von Rouen die stolze Koordinierung
des Könnens und Sollens, wie sie ihm aus den beiden Stellen
des auch sonst des Selbstbewulstseins nicht ermangelnden Trak-
tators in der Erinnerung lag, durch die bescheidene Kontrastie-
rung der beiden Begriffe! ersetzt. Der Prediger seinerseits,
dessen Cicerokenntnis wir im 2. Abschnitte wiederholt zu be-
rühren Gelegenheit haben werden, mag sich an die durch
Cicero de orat. I 225 und Parad. 41 erhaltenen Worte des
L. Crassus ‚nolite sinere nos cuiquam servire, nisi vobis uni-
versis, quibus et possumus et debemus‘ (kürzer beim
Autor ad Her. IV 5) erinnert haben. Eine unzweifelhafte Nach-
ahmung der Stelle des Victricius hat kürzlich W. Levison
(Neues Archiv der Gesellsch. £. ält. deutsche Gesch. XXIX
[1903] 120 Anm. 1) in dem der erweiterten Vita des Germa-
nus von Auxerre (Bolland. Biblioth. hagiogr. lat. Nr 3454)
vorausgeschickten Briefe des Constantius an Censurius (Acta
SS. Juli VII 215f) nachgewiesen.
II.
Tract. I p. 5, 5f ‚quia nec locus est aliquis ubi Deus absit
nec locus Deo maior sit. Dafs für das zweite nec ‚ne‘ zu
schreiben ist, wurde bereits im Archiv 570 bemerkt. Vgl
noch Novat. de trin. 2 (Migne III 889 f) ‚maior est enim (Deus)
mente ipsa nec cogitari possit quantus sit ne... mente humana
minor sit. maior est quoque omni sermone nec edici possit
ne... humano sermone minor sit‘. — p. 11, 7f ‚cum oculi dı-
cuntur, quod omnia videat. cum nares, quod orationes... per-
cepturus sit indicatur‘. ‚indicatur‘ ist das Verbum, von dem
die beiden quod-Sätze abhängen, weshalb nach ‚videat‘ nur ein
Komma zu setzen ist. — p. 11,16f ‚cum manus nominantur,
quod omnia ipse sit operatus‘. Der quod-Satz kann zwar von
dem vorausgehenden ‚indicatur‘ (Z. 16) abhängig gemacht
werden, doch dürfte es sich im Hinblick auf des Predigers
Neigung, einen grolsen Reichtum von Synonymen zu entfalten
ı Vgl. Seneca, Epist. 21, 11: ‚parvo dimittitur (venter), si modo das
illi, quod debes, non quod potes‘.
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 241
und mit ihnen abzuwechseln, empfehlen, mit F2,d.h. dem zweiten
Korrektor des (von Batiffol unterschätzten) Codex von Orleans
s. X, hinter ‚operatus‘ ‚ostenditur‘ einzuschieben. Vgl. Novat.
de trin. 6 (Migne III 896 B) ‚cum digitus (describitur), signi-
ficatio quaedam voluntatis aperitur, et cum nares, precum
quasi odorum perceptio ostenditur‘ und Archiv 560 f.
Tract. Il p. 13, 11f ‚(Abraham) magnum divinae dispensa-
tionis sacramentum per imaginem protendebat‘. Dafs für das
letzte Wort mit cod. F ‚portendebat‘ zu schreiben ist, hat
Batiffol selbst nachträglich (vgl. p. 214) erkannt. Wenn es
noch einer Bestätigung bedarf, so liefert sie der Sprachgebrauch
des Verfassers. Vgl. tract. V p. 53, 4; 55,10; VI p. 58,2; VII
p. 80,14; XIp.124,18; XII p. 134, 7; 139,23; XIV p. 155, 23;
XV p. 163, 7. — p. 16, 11 ‚cum in monte transfiguratus esset‘
(Jesus). ‚transfiguratus esset‘ ist eine Konjektur Batiffols für
das überlieferte transfigurasset‘, das nicht zu ändern ist,
da ‚transfigurare‘ ebensogut reflexivisch gebraucht werden kann
wie ‚mutare‘ und ‚vertere‘. Vgl. die analoge Verwendung von
‚separare‘ und ‚iungere‘ bei Novat. de trin. 16 (915C), die Ter-
tullianbeispiele bei H.Hoppe, Syntax und Stil des Tert., Leipzig
1903, 63f; P. Geyer, Kritische und sprachliche Erläuterungen
zu Antonini Placentini Itinerarium, Augsb. 1892, 18 ff und (für
das Griechische) neuerdings L. Radermacher, Philol. LXIII
(1904) 3f. — p. 16, 24 ‚apud Deum perfecta sunt omnia quae
apud nos imperfecta putantur‘. Überliefert ist ‚facta sunt
omnia‘, was einen vollkommen richtigen Gegensatz zu ‚imper-
fecta‘ bildet, so dals Batiffols Änderung entbehrlich ist. Vgl.
Novat. de trin. 28 (941 A), wo ‚pro factis‘ und ‚pro perfectis‘
nebeneinander stehen, ohne dals ein Bedeutungsunterschied
konstatiert werden könnte, und tract. VI p. 66, 6f, wo ‚facere‘
und ‚consummare‘ verbunden werden, wie sonst ‚perficere‘ und
‚consummare‘“. Vgl. Cypr. de dom. or. 20 (I p. 282, 8f H.);
Novat. de trin. 29 (944 B); Hieron. tract. in ps. 83, de exodo
in vig. pasch. und in ps. 10 ed. G.Morin, Anecdot. Maredsol. III 2
(1897) p. 91, 24; 406, 5; IIT 3 (1903) p. 6,13 und den Zusatz
von cod.B, d.h. der Handschrift von St Omer s. XII, zu tract. V
Biblische Zeitschrift. II. 8. 16
242 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.
p. 48, 7 (unter dem Texte), wo statt ‚proficit et consummat‘
‚perficit e. c.‘ zu schreiben ist. — p. 17,23 ‚ut arena maris
proiecti conculcarentur in terram‘. Cod. F dürfte mit ‚terra‘
die richtigere Lesart bieten. Vgl. tract. III p. 32,2 ‚ut arena
deiecti conculcarentur in terra‘ (so Batiffol hier nach B;
‚terram‘ F); VI p.62, 21f ‚alios... sit deiecturus in terra‘; Ps
7,6 ‚conculcet in terra vitam meam‘“. — p. 19, 24 wird ‚et‘
vor ‚sicut‘ zu streichen sein, ebenso tract. VII p. 77,6 vor ‚ut‘.
Tract. III p. 24, 14 ‚consula ratione providit. Die not-
wendige Verbesserung ‚consulta‘ hat der Herausgeber nach-
träglich gefunden. Vgl. noch tract. XII p. 129, 6 ‚non fortuitu,
sed consulte (consulta?) prophetica ratione‘; Aug. Civ. Dei
XXI8 (II p. 532, 22 Hoffmann) ‚quis enim consulta ratione
non videat‘; X XII 4 p. 587, 29. — p. 28, 3 ‚quapropter intelle-
gere debet quis‘. Ich vermute ‚quivis‘ nach tract. IV p. 34, 10
‚quivis (‚quisvis‘ die Handschriften) potest intellegere‘. Vgl.
Cicero pro Rosc. Am. 132 ‚nonne quivis potestintellegere‘
mit der reichhaltigen Anmerkung G.Landgrafs 366 f und über
sonstige Spuren der Vertrautheit des Predigers mit Cicero
Archiv 548. Landgraf macht mich noch aufmerksam auf die
Berührung zwischen tract. XI p. 117, 6f ‚leges quae non Japi-
dibus inscriptae sed pectoribus infixae sunt etc.‘ mit Cic. pro
Mil. 10 ‚non scripta, sed nata lex‘, auf ‚saepenumero‘ im Ein-
gang von tract. X p. 105,6 (vgl. Landgraf zu Cic. pro Rose.
Am. 67 S.260f; W. Kalb, Roms Juristen. Nach ihrer Sprache
dargestellt, Leipzig 1890, 71 Anm. 2) und auf die Verbindung
‚minas terroresque‘ tract. XVIII p. 194, 5 (vgl. Landgraf
a. 2 OÖ. 195).
Tract. IV p. 34,5 ‚quia saepe vobis adversum Iudaeos
certamen est. Trotz Zahns Abmahnung (Neue kirchl. Zeit-
schr. XI [1900] 359 Anm. 2) glaube ich der Lesart von F
‚nobis‘ den Vorzug geben zu sollen, nicht weil zufällig No-
vatians Schriftstellerei sich zum grofsen Teile auf dem Ge-
biete der antijüdischen Polemik bewegt, sondern weil meines
Erachtens die Stelle gewinnt, wenn der Prediger sich selbst zu
seiner Gemeinde rechnet, die er ‚durch Behandlung dieser
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 243
Gegenstände (Sabbat, Beschneidung usw.) gegen jüdische An-
griffe auf christliche Sitte zu waffnen‘ (Zahn) sucht. — p. 35, 3 f
‚qui (Adam) ut imperfectus ... plasmatus est... aut certe etc.‘
Lies ‚aut‘ für ‚ut. — p. 36, 10 ist zwischen ‚sabbatum‘ und
‚evitatur‘ nichts ausgefallen, wohl aber ist meines Erachtens
p. 38, 17 nach ‚officit‘ eine Lücke zu statuieren. — p. 39, 15 f
‚ab ipsis conscientiae ... abditis (so Batiffol nach F?; vgl.
Harnack, Texte und Unt. XIII 1 [1895] 52f) atque penetra-
libus‘. Lies ‚aditis‘ (d.h. ‚adytis‘) mit BF. Vgl. Hieron. tract.
in Marc. 113—31 (Anecdota Maredsol. III2 p. 328,29) ‚evan-
gelica adyta‘. — p. 41, 20 ist ‚ut‘ zu streichen und Z. 22 nach
‚frequenter‘ stark zu interpungieren.
Tract. V p. 45, 13 wird zu lesen sein ‚nunc promissis <et>
muneribus, nunc minis et terroribus‘. Vgl. Novat. de bon. pud. 8
p. 19,16 H. ‚nunc promissis, nunc minis‘. — p. 45, 16f (vom
ägyptischen Joseph) ‚vestes quibus tenebatur fugiens dereliquit,
nudi corporis simplicitatem et testem innocentiam habiturus‘.
Novat. de bon. pud. 8 p. 19, 18f ‚corporis nudi sinceritatem
habiturus innocentiae testem‘ gibt die nötigen Verbesserungen,
d. h. die Tilgung von ‚et‘ und die Verwandlung von ‚inno-
centiam‘ in ‚innocentiae‘, an die Hand. — p. 51,12 ‚crimen
suum ei insonti nitebatur inurere‘. ‚inurere‘ ist eine unnötige
Konjektur des Herausgebers für das überlieferte ‚inhaerere‘.
‚nitebatur‘ heilst ‚sie suchte zu beweisen‘, wie an der von
Georges angeführten Stelle Ciceros Acad. II 68 ‚nitamur igi-
tur nihil posse percipi‘!.
Tract. VI p. 57, 4f ‚prout ratio permisit aut mediocritas
intellegentiae sinit, Schon die Konzinnität verlangt ‚sivit.
Anders tract. I p. 10, 1f ‚permittit — donavit.‘— p. 67, 14 ‚Sal-
vator noster qui...est...rex regum‘. So Batiffol. Die Stelle
dürfte, wie mir G. Landgraf mitteilt, nach tract. XIII p. 148,15
ı Mehrere Emendationen zum 5. Traktate hat mir Prof. A. Jülicher
(Marburg) in einem freundlichen Schreiben vom 1. Juni 1900 mitgeteilt:
p. 45, 8 ‚adulescens [et] Hebraeus‘ (vgl. de bon. pud. p. 19, 8); p. 47,12
und 16 aus F zu ergänzen; 48, 10 ‚fidem generis‘ mit der Überlieferung
und de bon. pud. p. 15, 12 und 23,4 (Batiffol ‚finem‘).
16*
244 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.
‚filius Dei, qui est rex regum et dominus dominorum‘ (vgl.
dazu unten im 3. Abschnitte) zu ergänzen sein.
Tract. VIII p. 89, 17f ‚aggerebat luctum eius (der Frau,
die den Elisäus beherbergt hatte) ereptus filius, quo illum
dederat inexspectata felicitas. Lies ‚aggerabat' und ‚quod:
(Batiffol p. 214 dachte an ‚quia‘). Zu ‚aggerare‘ vgl. Novat. de
cib. Iud. 1 (Archiv XI 226, 15) ‚vos illam (necessitatem) plus
exaggeratis‘ und R. Noväk, Curae Ammianeae, Prag 18%6,
74. — p. 90, 1ff ‚quam cum maritus... retinere gestaret‘.
Vielmehr ‚gestiret‘. ‚gestire‘ mit’dem Infinitiv bei Novat. de
trin. 15 (913C) und 29 (943 B). — p. 91,1ff ‚ut et homini ...
talia praecepta daret ut commoda valetudinis et necessarıa
humanae condicionis rursus lege prohiberet‘. Das zweite ‚ut‘
wird in ‚et‘, die beiden Genetive (‚valetudini‘ schon F'?) werden
in Dative zu verwandeln sein. — p. 93, 22 beruht das überlieferte
‚abstinendis‘ auf unrichtiger Assimilation an die vorausgehen-
den Gerundiva und ist in ‚abstinere‘ zu verbessern.
Tract. IX p. 97, 19f ‚eo quod humani generis corpora de
transgressione — veste immortalitatis indueret, agnus est
dictus. Ich glaube, dafs die von Batiffol richtig erkannte
Lücke durch ‚nuda‘ oder ‚nudata‘ auszufüllen ist. Vgl. zum
Grebrauche von ‚de‘ Novat. de trin. 3 (891 C) ‚ferinos nostros
animos et de agresti immanitate tumidos et abruptos‘. —
p. 101,18 ff ‚ut posset Aegypti vastator angelus assignatis agni
sanguine domibus prohiberi. Batiffol hat nachträglich das
richtige ‚a signatis‘ gefunden (p. 214), aber versäumt, auf die
Parallelstelle tract. XII p. 136, 14 ff ‚quo viso angelus vasta-
tionis... a signatis sanguine domibus arceretur‘ hinzuweisen.
Tract. X p. 105, 10ff ‚ut vix acies mentis in rerum secreta
dimergi queat et vix intueri et prospicere verborum altitudines
possit‘, Lies demergi‘ und ‚perspicere‘, letzteres mit F2. Vgl.
zu ‚demergi‘ tract. I p. 7, 24 (‚demersus‘ Batiffol nach F?;
‚dimersus‘ BF); A. Miodoüski zum Anonymus adı. aleat. 1,1
S.58 (Erl. 1889); zu ‚perspicere‘ Novat. de cib. Iud. 7 (Archiv XI
239, 6f) ‚quorum — ratione perspecta et consilio legis conside-
rato‘; Arnob. adv. nat. IV 11 p. 149,18 R. ‚videte, perspicıte‘.
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 245
Anders tract. VII p. 82, 6f ‚a longe — prospicit et observat‘.
— p. 106, 4f ‚quod in aditu secretiori videtur esse reconditum‘.
So Batiffol nach cod. B. Lies ‚adito‘ (‚adyto‘) mit F und vgl.
oben zu tract. IV p. 39, 15f. — p. 115, 15ff ‚sicut enim cauda
in proximo corpori est, ita et postremis temporibus gratia
fidei spiritalis est data‘. Schon das in F überlieferte ‚corpore‘
scheint darauf hinzudeuten, dafs in dem törichten ‚proximo‘ eine
(über ‚prostemo‘ entstandene?) Verschreibung aus ‚postremo‘
zu erkennen ist.
Tract.XIp.125,19f ‚solidissimum firmamentum (des Granat-
apfels) quod nec vento verberante deicitur nec ulla iniuria
verberatur. Die rasche Wiederholung von ‚verberare‘ darf
einem so gewandten Stilisten kaum zugetraut werden. Ent-
weder ‚penetratur‘, was die Bearbeitung dieses Traktates
durch Cäsarius von Arles bietet (Joh. Haufsleiter in Neue
kirchl. Zeitschr. XIII [1902] 134), oder terebratur‘ hat an die
Stelle von ‚verberatur‘ zu treten.
Tract. XII p. 130, 15ff ‚cum litui tuba ... sacerdotum
longe aere decurrens victoriosum carmen animaret‘. Lies
‚longo‘ mit F? und vgl. Ovid. met. I 98 ‚non tuba directi,
non aeris cornua flexi. — p. 130, 17 u. ö. hat Batiffol ohne
Grund den überlieferten Genetiv,Hierichontis‘ durch ‚Hiericho‘
ersetzt. Vgl. ‚Hiericuntem‘ und ‚Hiericunte‘ bei Plinius Nat.
hist. V 70 und XIII 44. — p. 132, 13 ff nach einem Zitate aus
Ct 1,1: ‚quod est osculum dominici oris ut sponsus Christus
sponsae suae ecclesiae ... sermonem divinae pacis velut oscu-
lum daret. quid autem vocis osculo verius? quod dixit: pacem
meam do vobis etc‘ Für ‚vocis osculo‘ ist jedenfalls ‚pacis
osculo‘ herzustellen. Vgl. Hieron. tract. in Ps. 84 ed. Morin,
Anecd. Maredsol. III 3 (1903) p. 45, 2ff ‚clamat (ecclesia) in
Canticis canticorum dicens „osculetur me osculo oris sui“. Hoc
est osculum, quod Paulus apostolus dicit „salutate invicem in
osculo pacis“. — p. 133, 2 ‚cui et anulum fidei quasi nuptiarum
spiritalium pronubum consignavit‘. ‚quasi‘ ist eine unnötige
Konjektur Batiffols für das überlieferte ‚qua‘, über dessen
Gebrauch bei Novatian Archiv XI 243 zu vergleichen ist.
246 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.
Tract. XIII p. 140, 3f ‚bellorum civilium et externorum
historias, dominica etiam instituta. Die im Archiv 574 mit-
geteilte Vermutung E. v. Wölfflins ‚domestica‘ (für ‚do-
minica‘) wird bestätigt durch Cicero Phil. II 69 ‚rebus
externis — institutis domesticis‘. Vgl. oben zu tract. Ill
p. 28,3. — p. 146, 4ff ‚populum qui... maiorum etiam in-
stituta praesentemque Christum discerperet‘. Das überlieferte
‚visum‘ führt nicht auf ‚Christum‘, sondern auf ‚lesum‘. —
p. 149,16 ‚seditiones et factiones promiscuit‘. Lies ‚permiscuit‘
Tract. XIV p. 153, 4f ‚sed quid nunc meriti istius ratio
significet, debemus ostendere‘. Nicht für ‚meriti‘ (Batiffol p. 214),
sondern für ‚nunc meriti‘ ist ‚numeri‘ einzusetzen.
Tract. XV p. 163, 4 ff ‚non aliunde poterat (Elisaeus) quam
de Christo ut baptismatis eius in sacramento remedium quae-
reret‘. Lies ‚et‘ und ‚quaerere‘. — p. 167, 4ff ‚ideo et omnes
servos, ut iam dixi, refert scriptura singulos denarios accepisse,
ut ostenderet etc.‘ Hier ist ‚scriptura‘ eine Konjektur Batiffols
für das überlieferte ‚mannam‘ (F) oder ‚manna‘ (B), ‚denarıos‘
ein Zusatz des nämlichen Forschers. Das ist doch eine zu
gewaltsame Behandlung des Textes! Meines Erachtens ist zu
schreiben ‚refert. mnam singulos accepisse‘, obwohl der Pre-
diger an der vorausgehenden Stelle, auf die er sich selbst
zurückbezieht, gesagt hat ‚mentior nisi probavero omnes ser-
vos in evangelio (Mt 20, 9ff) singulos denarlos accepisse
(p. 166, 20f). Vielleicht hat ihn, worauf mich Prof. Götts-
berger aufmerksam maclıt, eine momentane Erinnerung an die
Erzählung Lk 19, 13 ff beeinflulst, wo jeder Knecht eine Mine
erhält, während sie bei Mt 25, 15ff ‚secundum propriam vir-
tutem‘ mit einer grölseren oder geringeren Zahl von Talenten
bedacht werden. ‚refert‘ kann so gut wie ‚inquit‘ (vgl. z. B.
Historisches Jahrb. d. Görresgesellsch. XVI [1895] 98 f) ohne
ausdrücklich genanntes Subjekt stehen und steht so auch nach
der Überlieferung tatsächlich am Anfang dieses Traktates
p. 162, 5 ‚audistis lectionem ... qua refert beatissimum Eli-
saeum prophetam ... quo sacramento — aquas — produxerit‘, wo
allerdings die Versuchung, ‚quae‘ zu schreiben, sehr nahe liegt.
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 247
Tract. XVI p. 169, 14f ‚proinde fertur hac pollicitatione
cognitor de lectione facere sermonem‘. Ohne die Änderung
von ‚fertur‘ in ‚fretus‘ und von ‚cognitor‘ in ‚con(n)itor‘ ist
der Satz absolut unverständlich. ‚conitor‘ mit dem Infinitiv
ist im Archiv XI 239 aus Novatian belegt worden. — p. 175, 6f
‚quid ideo dicit, quod animalia muta et ratione carentia populo
illi praeponeret?‘ Der Zusammenhang lehrt, dals für ‚quid‘
aus F ‚quod‘ aufzunehmen und das Fragezeichen in einen
Punkt zu verwandeln ist. — p. 176, 17f ‚omnes ... gentes et
nationes sub protestatione alarım suarum redigens. Doch
wohl ‚sub protectione‘. Vgl. Ps 16,8 ‚sub umbra alarum
tuarum protege me‘; 35, 8 filii autem hominum in tegmine
alarım tuarum sperabunt‘. — p. 178,18 ist nach ‚latrones‘
stark zu interpungieren.
Tract. XVII p. 184, 6 ff ‚qui sub exemplo dominicae resur-
rectionis nostram quoque spem in resurrectionem dirigebat
(d.h. der hl. Paulus), non potuit rursus eandem spem resur-
rectionis telo alio abdicare‘. Für ‚telo‘ ist zuversichtlich ‚stilo‘
zu schreiben.
Tract. XVIII p. 193, 11f ist in dem Sätzchen ‚nihil ei (d.h.
fidei) impossibile esse depromit‘ zwischen den beiden letzten
Worten nichts zu ergänzen. Vgl. Novat. de trin. 13 (908 B)
‚quod si idem se apostolum constitutum esse depromit‘. —
p. 193, 13f ‚sic et manna illud vincentibus daturum se esse
promittit, sed aeternae vitae coronam capiti nectens imponit‘.
Für ‚sed‘ ist ‚sic et‘ oder nur ‚et‘ herzustellen. ‚sic et‘ in
der Anaphora bei Novat. de trin. 6 (896 A). — p. 193, 17 ff
‚modo supra thronum suum ut sedeant in curia honoris sui
potestatem concedit. Es ist im Anschlusse an die Überliefe-
rung zu lesen ‚vicaria (‚vicariam‘ F) honoris sui potestate‘.
— p. 194, 13 ff ‚angelus refuga, qui in Nabuchodonosor fuerat
ingressus, ut eum compelleret ... imaginem auream facere et
iustos homines incendio perderet‘. Das letzte Wort mit Batiffol
in ‚perdere‘ zu verwandeln, liegt durchaus kein Grund vor. —
p. 197, 15f ‚ne pro hac status antichristum cuius imago erat
adorare viderentur. Da F ‚hanc‘ und beide Handschriften
248 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.
‚statuam‘ bieten, so ergibt sich als ursprünglicher Text .per
hanc statuam‘. Die Häufigkeit der Vertauschung von .pro‘
und .per‘ ist bekannt. Vgl. Archiv 555 und 568 zu tract X
p- 105, 12 und tract. X VIII p. 191, 10 und oben zu tract. XIII
p. 149, 16.
IIIi,
Tract. Ip. 2, 11f und 13f werden nicht Act 7,50 und 49.
sondern Is 66, 2 und 1 zitiert (so der Rezensent von Batiflols
Ausgabe im Literar. Centralbl. 1900 Nr 49 Sp. 2059).
Tract. II p. 17,13 f ‚formosos pedes evangelizantium pacem‘.
Röm 10, 15. — p. 19, 3f ‚in spiritu et virtute Eliae“. Lk 1.17.
— p.19, 21f ‚ut vias Domini praepararent et semitas eius dıri-
gerent‘. Is 40,3. Jo 1,23. Vgl. tract. XIV p. 155, 4f. —
p. 20,18 ‚omnes tribus, linguae et nationes. Vgl. Dn 3.4
Apc 5, 9. — p. 21,3f ‚fermento malitiae. 1Kor 5,8. Vgl.
p. 22,8 und tract. IX p. 103, 11. — p. 22, 11f ‚Deo accepta-
biles‘. 1 Petr 2,5.
Tract. III p. 29, 4f ‚vomitus faceret quia nec frigida vide-
tur esse nec calıda. Apk 3, 16. — p. 29, 15ff ‚in deserto et
in invio et in sicco morari id est sine propheta, sine templo,
sine sacerdote, sine lege, sine sacrificio‘. Vgl. zu ‚in — sicco'
Ps 62, 3; Jer 50, 12; zu ‚sine — sacrificio‘ Os 3, 4; 2 Par 15. 3
(Jordan im Archiv XIII [1903] 284). — p. 29, 19 ‚Christum
qui est via, veritas et vita‘. Jo 14, 6. — p. 30, 25 ‚oculos cordis'.
Eph 1,18 — p. 31,1 ‚filium Dei qui dixit: Ego sum fons
aquuae vivae. Der das Zitat einführende Relativsatz zehört
zu ‚flium Dei‘ nicht blols zu ‚Dei‘. Es kann sich somit nicht,
wie Batifiol meint, um ein Zitat aus Jer 2, 13, sondern nur
um eine ungenaue, vielleicht durch Jo 14, 6 beeinflulste Wieder-
gabe von Jo 4,14 handeln. Vgl. unten zu tract. XV p. 165, 17£
— p. 33, 8ff ‚ideo angelum scriptura dixit, ut eum magni con-
ı Nicht berücksichtigt wurden bei der folgenden Zusammenstellung
diejenigen Stellen, welche sich in den wörtlich mit dem 29. Kapitel von
Novatians Schrift de Trinitate übereinstimmenden Teilen des 20. Trak-
tates finden und sich mit Hilfe des Migneschen Abdruckes von de Trin.
bestimmen lassen.
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 249
silii nuntium indicaret‘. Is 9, 6 LXX yeydAng BouAfis äyyekoc.
Vgl. H.B. Swete, An Introduction to the Old Testament in
Greek, Cambridge 1900, 469 472 (nach freundlicher Mitteilung
von Prof. Göttsberger) und Novat. de trin. 18 21 (920 A
9270) u.ö.
Tract. IV p. 37,2ff ‚ipse Abraham circumcisus Melchisedec
incircumciso decimas offert et summi Dei sacerdotem incircum-
cisum munerum oblatione prosequitur‘. Vgl. Hebr 7,4 ff (Zahn
in Neue kirchl. Zeitschr. XI 350 Anm. 3). — p. 42,17 ‚facturum
nova quae nunc oriuntur‘. Is 43, 19.
Tract. V p. 55, 11f ‚qui etiam iustitiae coronam in Christo
repositam habent. 2 Tim 4, 8. — p. 55f ‚timore ... et tre-
more‘. Vgl. Tob 13,6 u.ö. — p. 56, 12 ‚praeterita ergo figura
huius mundi. 1Kor 7,31. Vgl. tract. XVIII p. 196, 18.
Tract. VI p. 59f ‚ignitis iaculis diaboli. Eph 6, 16. —
p. 63, 6 ist statt auf Mk 12, 1ff auf Mt 21, 33 ff zu verweisen.
p. 71, 21 ‚reus quoque sanguinis Christi. 1 Kor 11, 27. —
p. 72, 12f ‚sub maledicto legis est constitutus. Gal 3, 10 13.
— p. 74, 5ff ‚spiritus etenim Dei omnia videt, omnia scrutatur,
etiam altitudines Dei. Unde et spiritalis homo omnia videt,
omnia scrutatur, omnium corda traducit, ipse a nemine diiudi-
catur‘. 1Kor 2,10 15 (Lit. Centralbl. a. a. O.). — p. 74, 19
‚veritatem et iustitiam‘. Vgl. Eccli 34, 22. —
Tract. VII p. 78, 3f ‚qui eum quasi virum fortem victum
ligaret et vasa eius diriperet. Mt 12, 29. — p. 78, 9 ‚captivam
ducens captivitatem‘. Eph 4,8. — p. 83, 8 ‚semetipsum exina-
nivit formam servi suscipiendo‘. Phil 2,7. — p. 83,9 ff ‚ut
granum sinapis ... maius omnibus efficitur. Mt 13, 31ff. —
p. 84, 10ff ‚cum et leprosum mundasset in sabbato „.. duos
pullos columbinos‘. Mt 8,4. Lv 14, 22. — p. 85, 21 ‚quia lex
spiritalis est. Röm 7,14. Vgl. tract. VIII p. 86,18 und die
Novatianstellen im Archiv XI 94.
Tract. VIII p. 92, 18f ‚iusto Abel... translato Enoc‘.
Mt 23, 35. Hebr 11, 5. — p. 94, 6 ‚spiritu et veritate‘. Jo 4,24.
— p. 95,5 ‚umbram futurorum‘. Kol 2,17. — p. 95,6 ‚cum
ıam finis legis Christus advenerit. Röm 10,4. Vgl. Novat. de
250 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.
cib. Iud. 5 (Archiv XI 235, 1). — p. 95, 8f ‚tunc enim omnia
in Imagine quasi per aenigmata gerebantur, nunc veritas in-
lustrata successit. Vgl. 1 Kor 13, 12.
Tract. IX p. 100, 16f ‚ut omnia... restaurarentur in Christo‘,
Eph 1,10. Vgl. tract. XX p. 209, 24f. — p. 101, 4 ‚quasi ad
latronem nocte venerunt‘. Mt 26, 55. — p. 101,14 f ‚odor Chniti
aliis odor vitae in vitam, aliıs odor mortis in mortem‘. 2 Kor
2,15£.— p. 102,9f ‚Dei enim sermo semper ignitus est‘. Prv 30,5.
— p. 102, 20f ‚ipse sermo divinus qui sinum patris enarrarit‘.
Jo 1,18. Vgl. Novat. de trin. 18 (922 B) 28 (941 A). — p. 104,2
‚sol iustitiae. Mal 4, 2.
Tract. X p. 107,1 ‚nisi hostia laudis Deo fuerit oblata‘.
Hebr 13, 15. — p. 108,14 ‚in odorem suavitatis. Vgl. Ex 29, 41
u. ö. — p. 109, 12f ‚caritas de corde puro et conscientia non
fietta. 1Tim 1,5. Vgl. Novat. de cib. Iud. 5 (Archiv XI
236, 2). — p. 110,13 ‚avaritiae quae radix est omnium malorum‘.
1 Tım 6, 10. Vgl. Novat. de cib. Iud. 6 (Archiv XI 237,19,
— p. 112, 20f ‚concubitum masculorum ac molles viros‘. 1 Kor
6, 10. — p. 113, 14f ‚semper discentes et numquam ad scien-
tiam veritatis pervenientes‘. 2 Tim 3, 7. — p. 114, 10f ‚ita et
hic quidem aures audiendi... habet. Mt 11,15. Lk 8,8. —
p. 116, 8f ‚reformatos in feminis (lies ‚feminas‘) viros damnat‘
Dt 22,5. Vgl. Novat. de cib. Iud. 3 (Archiv XI 233, 4). —
p. 116, 22 ‚quoniam vitia sunt in eis, non erunt accepta 4
vobis‘ (von Batiffol mit Unrecht als Glossem unter den Text
verwiesen). Lv 22, 25. Vgl. Jordan a.a. O. 1891.
Tract. XI p. 118, 3f ‚qui operatur omnia in omnibus‘.
1 Kor 12, 6. — p. 120, 11ff. Vgl. unten zu tract. XVIp. 177,4
— p. 120,17f ‚ut vos sublimi dextera et excelso bracchio
liberaret‘. Vgl. Ex 6,6; Ps 135,12; Act 13,17 und unten
zu tract. XVI p. 174, 18f. — 124,7 ‚fructum iustitiae“. Vgl.
Am 6,13 u. ö.; Novat. de trin. 16 (914 C); Ps.-Cypr. adı.
Iud. 4 p. 136, 16. — p. 127,4 ‚terram repromissionis fluenten
lac et mel. Kombination von Hebr 11, 9 mit Ex 3,8 uw ©.
Vgl. zu ‚t. r.‘ tract. XII p. 128, 7; XIII p. 141, 20; Novat. de
trin. 8 (899 A); zu ‚fe — mel‘ Ps.-Cypr. adv. Iud. 7 p. 141,7.
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 251
Die nämliche Kombination im Rituale von St Florian s. XII,
herausgeg. von A. Franz, Freib. i. B. 1904, 105, 4f ‚intro-
ducam vos in terram promissionis, in terram lacte et melle
fluentem‘; vgl. Dt 31, 20. — p. 127,15 ‚qui veri Israelitae a
Domino nuncupamur. Jo 1,47.
Tract. XII p. 132, 6 ‚abluit crimen‘. Vgl. Act 25,16. —
p. 133, 7ff ‚synagogam cui libellum repudii per eundem vatem
(Oseas) se dedisse testatur. nec illam iam uxorem esse nec
se esse virum illius profitetur. Os 2,2. Der Ausdruck ‚libel-
lum repudii dare‘ steht z. B. Jer 3, 8: ‚dedissem ei (d. h. Israel)
libellum repudii‘, wo auch Hieronymus tract. in ps. 108 (Anecd.
Maredsol. III 2 p. 190, 22 ff) in der Ehebrecherin die Synagoge
erblickt.
Tract. XIII p. 146, 11 ‚dignos fructus paenitentiae fecit‘.
Lk 3,8. — p. 148,15 ‚rex regum et dominus dominorum‘.
1 Tım 6,15. Apk 17,14. Vgl. tract. VI p. 67, 14 und dazu
oben die textkritische Bemerkung. — p. 150, 3f ‚inter pecca-
tores et iniustos aestimatus est‘. Is 53, 12. — p. 151, 16f ‚in quo
(regno caelesti) multas habitationes apud patrem suum esse
dicebat‘. Jo 14,2. Vgl. de laud. mart. 27 p. 48, 11f. — p. 156
‚quia legem dominus noster non venerat solvere, sed adımplere‘.
Mt 5, 17. — p. 160, 20ff ‚tunc lampades martyrii et rutilas
fidei faces apprehendimus ... aut sponso Domino venienti ob-
viam occurrimus, quo facilius in nuptiali thalamo secundum
evangelium intrare possimus‘. Mt 25, 1ff.
Tract. XV p. 163, 12f ‚unde et apostoli...sal terrae sunt
appellati. Mt 5, 13. — p. 164, 7f ‚cuius (Christi) caro peccatum
non fecerat nec dolus in ore eius inventus est‘. 1 Petr 2, 22.
— p. 164, 16 f ‚renatus ex aqua et superna virtute‘. Vgl. Jo 3,5.
Novat. de bon. pud. 2 p. 14, 16 H.: ‚renatos ex aqua et pudi-
eitia. Genauer tract. XVIII p. 198, 1f ‚ex aqua et Spiritu
Sancto renati sumus‘. — p. 165, 17f ‚qui (Dominus noster) est
fons aquae vivae saliens in vitae perpetuitatem‘. Jo 4, 14.
Tract. XVI p. 174, 18f ‚de terra Aegypti manu valida
et excelso bracchio liberavi. Bar 2,11. Ez 20, 34. Vgl.
Novat. de trin. 6 (895 C). — p. 174, 23f ‚pane angelorum in
252 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.
eremo satiavi‘. Ps 77,25. — p. 176, 17f. Vgl. oben die text-
kritische Bemerkung zu dieser Stelle. — p. 177,4 ‚ad iracun-
diam provocastis sanctum (so habe ich Archiv 575 für das
überlieferte ‚semen‘ hergestellt) Israel. Is 1,4 LXX. \gl.
Morin, Anecd. Maredsol. III 3 p. 115, 22 adnot. Für ‚provo-
castis‘ erhalten wir an dem Verfasser der Traktate einen neuen
Zeugen, der neben Tertullian, Hilarius und Hieronymus tritt.
Tract. XI p. 120, 11ff wird die Stelle in folgendem Wortlaut
zitiert: ‚o semen malignum et filii scelesti, qui dereliquistis Domi-
num et ad iracundiam concitastis sanctum Israel‘. — p. 178,
17 ff ‚sicut curatus est ille evangelicus vulneratus‘. Lk 10, 30 ff.
— p. 179,1 ‚stabulario id est angelo ecclesiae‘. Apk 2,1 u.ö.!
Tract. XVII p. 185f ‚imaginem caelestis portemus per
bonam conversationem quae est in fide, sanctitate et veritate
secundum Christum ambulantes‘. Vgl. Jak 3, 13; 1 Petr 3, 16;
Eph 4, 22 ff. — p. 186 f ‚iam enim in tertium caelum raptus...
homini loqui audierat. 2 Kor 12, 2ffl. — p. 187, 7f ‚hic se-
quester Dei et hominum mediator appellatus‘ (so Jordan 14'f
nach cod. F und Tert. de resurr. carn. 51). 1 Tim 2,5. Vgl.
Novat. de trin. 21 (928 B) 23 (932 B) 31 (952 B).
Tract. X VIII p. 192, 3 ‚melius est pulsare et quaerere.
Vgl. Mt 7,7 mit den Parallelen. — p. 193, 3ff ‚hymnos lingua
explicabant (die drei Jünglinge im Feuerofen) et quasi uno
ore Deum laudibus et carmine honorabant‘. Dn 3, 51 (nicht
im hebräisch-aramäischen Danielbuche). Die Stelle der Trak-
tate ist der Sammlung von C. Julius, Die griechischen Daniel-
zusätze und ihre kanonische Geltung, Freiburg i. B. 1901 (Bibl.
Stud. VI 3/4) beizufügen. — p. 193, 13 ff ‚sic et manna illud
vincentibus daturum se esse promittit, sic et (vgl. oben die
textkrit. Bemerkung) aeternae vitae coronam capiti nectens
imponit, modo calculum album accipienti dexterae porrigit,
modo stellam matutinam ardentem radiorum fulgoribus tradıt,
modo supra thronum suum ut sedeant vicaria honoris sul
i Der ‚stabularius‘ des Evangeliums wird auch sonst (vgl. Morin
8.2.0. p. 147, 19) auf den Bischof gedeutet, doch verdient die altertüm-
liche Bezeichnung des letzteren an der Stelle der tractatus Beachtung.
Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 253
potestate (vgl. oben die textkrit. Bem.) concedit, modo virgam
ferream accipere invictam (invictae?) potestatis facit, modo
laetitiae et voluptatis convivatorem se cum ipsis esse promittit‘.
Apk 2,17; 2,10; 2,17; 2,28; 3,21; 2,26f; 3,20. — p. 193 f
‚ea quae nec oculus vidit nec auris audivit nec in cor hominis
ascendit, praeparavit Deus his qui diligunt eum“. 1 Kor 2, 9
(Lit. Centralbl. a. a. O.). Vgl. Novat. de trin. 7 (897 C). —
p. 194, 13 ‚ille antiquus hostis. Eine nicht seltene Variation
des biblischen (Apk 12, 9) ‚serpens antiquus‘. Vgl. Miodonski
zum Anon. adv. aleat. 5,2 S. 78. — p. 195, 19 ‚mysterium in-
iquitatis. 2 Thess 2, 7. Vgl. tract. XVIII p. 197,13. —
p. 197,7 ‚mors secunda‘. Apk 2,11 u.ö. — p. 198,5ff ‚sti-
pendia salutis ... charismatum donativa‘. Vgl. Röm 6, 23;
Zahn a.a.O. 352; Archiv 562. — p. 198, 7f ‚clipeo fidei con-
tecti et lorica iustitiae animadvertimur esse vestiti‘. Eph 6, 14 16.
Vgl. Novat. epist. 30 (inter Cypr.), 6 p. 554, 20fH.
Tract. XIX p. 200f ‚sed nec hunc lesum filium ... Iesum
nostrum sacerdotem ostenderet‘. Vgl. Hebr 5,6; 6, 20; 7,11—24
(Zahn 350 Anm. 3). — p. 201,11ff ‚dum est oboediens in
omnibus, etiam usque ad mortem, mortem autem crucis‘. Phil 2,8.
— p. 202, 10 ‚stagnum ignis. Apk 20,9 u.ö. — p. 204,19
‚qui semetipsum pro nobis Deo hostiam obtulit. Hebr 9, 14.
Tract. XX_ p. 212, 8 ‚non personas accipit. Dt 10,17 u.ö.
Nachtrag. Ein erhöhtes Interesse haben die Traktate
soeben erhalten durch den von Bonwetsch, Texte und Unter-
such. N. F. XI 1°, 1904 (Einleitung) geführten Nachweis, dals
in tract. VI Hippolyts georgisch erhaltene Auslegung des
Segens Jakobs (Gn 49) stark benützt ist, und der Traktator
mit der (treuen) georgischen Übersetzung und Ambrosius (de
patriarchis) gegen die Katenenfragmente (Berliner Ausgabe
des Hipp. I 2, 55ff; vgl. Archiv XI 550 und Butler, Zeitschr.
f. d. neutest. Wissensch. IV [1903] 79ff) zusammengeht.
1 Chr 25: Ein Beitrag zum Gebrauch des Loses
bei den Hebräern.
Von P. Fr. v. Hummelauer S. J. in Valkenberg.
avid und die Obersten des Heeres betrauten die drei
Klassen der Söhne Asaphs, Jeduthuns und Hemans mit der
instrumentalen Begleitung der Kulthandlungen. V. 2—4 werden
namhaft gemacht 4 Söhne Asaphs (A), 6 Söhne Jeduthuns (J),
14 Söhne Hemans (H). Die einzelnen Namen sind die Namen
der Chorführer von ebensorielen Chören von je 12 Musikern:
daher V. 7 die Gesamtzahl der Musiker in den 24 Chören
12x24 = 288.
Ausdrücklich wird bemerkt, dafs die Gruppierung der
Chöre durch das Los bestimmt wurde, und das Resultat
dieser Auslosung wird V. 9—31 mitgeteilt. Die Namen dieses
zweiten Abschnittes sind genau dieselben wie diejenigen des
ersten Abschnittes; V. 3 muls Sim‘i (V. 17) mit dem Kerö
unbedingt nachgetragen werden, da dieser einzige Name unter
den 24 offenbar im ersten Abschnitt nicht fehlen darf. Die
Namen sind in beiden Abschnitten die gleichen, die Reihen-
folge ist eine verschiedene; mit der Neuordnung hatte das
Los etwas zu tun: wie viel, soll Gegenstand der nachfolgenden
Untersuchung sein.
Wir bieten zunächst eine Tabelle, welche die Folge der
Namen vor und nach der Auslosung wiedergibt; jene ist durch
arabische, diese durch römische, den einzelnen Namen
vorgesetzte Ziffern veranschaulicht. Jedem Namen ist ın
Klammer die Stelle beigemerkt, welche er im andern Ab-
schnitt einnimmt, den Namen des ersten Abschnittes ın
v. Hummelauer, 1 Chr 25: Ein Beitr. z. Gebr. d. Loses b. d. Hebr. 255
römischen, den Namen des zweiten Abschnittes in arabischen
Ziffern.
Abschnitt V. 2—4 Abschnitt V. 9—31
1 A Zakkur (III) I A Joseph (2)
2 A ‚Joseph (D) II J Gedaljahu (5)
3 A Nathanja (V) III A Zakkur (1)
4 A Asar'ela (VII) IV J Seri (6)
5 J Gedaljahu (II) V A Nathanja (8)
6 J Seri (IV) VI H Bukkijjahu (11)
7 J Jesajahu (vVOD | VII A Asar'ela (4)
8 J Hasabjahu XI) : VIII J Jesajahu (7)
9 J Matthithjahu (XIV) IX H Matthanjahu (12)
10 J Sim‘i (X) XJ Simi (10)
11 H Bukkijjahu (VI) XIH Uzziel (13)
12 H Matthanjahu (IX) XII J Hasabjahu (8)
13 H Uzzeel (XD) | XIII H Sebwel (14)
14 H Sebu’el (XII) , XIV J Matthithjahu (9)
15 H Jerimoth (XV) XV H Jerimoth (15)
16 H Hananja (xvp | XVIH Hananja (16)
17 H Hanani (XVIlI) | XVII H Josbekasa (21)
18 H Eli’atha (XX) | XVIII H Hanani (17)
19 H Giddalthi (XXII) XIX H Mallothi (22)
20 H Romamthi‘ezer (XXIV) XX H Eili’atha (18)
21 H Josbekasa (XVII) XXI H Hothir (23)
22 H Mallothi (XIX) | XXII H Giddalthi (19)
23 H Hothir (XXI) | XXIII H Mahazi’oth (24)
24 H Mahaz’oth (XXIII) |! XXIV H Romamthi‘ezer (20)
Auf den ersten Blick möchte man meinen, dafs hier das
Los ordentlich aufgeräumt hat; sind doch blols drei Namen
an ihrer Stelle verblieben: Simi 10 und X, Jerimoth 15
und XV, Hananja 16 und XVI. Sieht man indessen genauer
zu, so gewahrt man in dem Wechsel System.
Dals bei der grofsen Überzahl der H (14 unter 24) sich
am Ende der Liste, von XV bis XXIV, lauter H finden,
könnte man am Ende noch dem Zufall des Looses zu gute
schreiben. Aber was soll man zur Gruppierung der ersten
Hälfte der Liste, von I bis XIV, sagen?
AJ—-AJ—AH—-AJ—-HJ— HJ — HJ.
Der Grundsatz, dafs A den Vortritt hat vor J und J vor H,
kommt auch hier zum Ausdruck, wenn er auch nicht in ebenso
konsequenter Weise wie im ersten Abschnitt durchgeführt er-
256 v. Hummelauer, 1 Chr 25: Ein Beitrag zum Gebrauch
scheint. Er wird hier nämlich mit einem andern Grundsatz
kombiniert, demgemäls die Reihe I—XIV aus gemischten
Paaren bestehen soll: nirgends zwei A oder zwei J oder zwei
H nebeneinander, alles planmälsig durcheinander gewürfelt.
Zuerst die 4 A an der Spitze der 4 ersten Paare; die 6 J
jederzeit an zweiter Stelle, in allen 7 Paaren bis auf eines;
natürlich mulsten, um die 7 Paare voll zu machen, 4H in
die Reihe einbezogen werden.
Aber warum nicht die anscheinend noch regelmälsigere
Folge:
AJ—-AJ— AJ— AJ—- HJ — HJ— HH?
Antwort: weil HH kein gemischtes Paar wäre. Warum nicht:
AJ—-AJ—-AJ—- AH— HJ — HJ — HJ?
Antwort: weil auch hier zwei H sich berührt hätten: AH—H).
Die scheinbare Ausnahme selbst erscheint durch das System
bedingt.
Indessen ist es nicht leicht, die Grenze zwischen Zufall
und Absicht genau zu bestimmen; auch das Los liefert ab
und zu Resultate, denen man eine Absicht unterzulegen ver-
sucht wäre. Sehen wir zu, ob weitere Spuren der Absicht-
lichkeit zu Tage treten.
In die Reihe I-XIV rücken 4 H ein: das sind Bukki-
jahu, Matthanjahu, Uzzi’el, Sebu’el: 11,12,13,14, die 4 ersten
Nummern der Klasse H. Das Avancement ist perfekt.
Wenden wir uns der zweiten Reihe zu, wo, wie oben be-
merkt, Jerimoth und Hananja ihre frühere Stellung bewahren:
15,16= XV,XVL Die Reihe XVI—XXIV bietet folgen-
des Bild:
16, 21, 17, 22, 18, 23, 19, 24, 20,
d. h. die Reihe erscheint geteilt in 16—20 und 21—24, und
die beiden Teile erscheinen systematisch ineinander geschoben.
Sehen wir uns um, ob wir Spuren ähnlicher Planmälsig-
keit auch in der Reihe I—XV entdecken. Erinnern wir uns,
dals eine anscheinende Unregelmälsigkeit durch das Aufrücken
von 4 H in die oberen Klassen bedingt ist. Wir schneiden
die Reihe entzwei aus einem Grunde, über dessen Berech-
des Loses bei den Hebräern. 257
tigung der Leser sich nachher ein Urteil bilden mag. Wir
haben nun:
2, 5,1, 6, 3, (11), 4, 7, (12)
10, (13), 8, (14), 9, (15).
Spuren derselben Methode, welche die Bildung der Reihe
XVI-XXIV leitete, lassen sich auch hier unschwer erkennen.
Aber die Methode ist nicht konsequent durchgeführt: sie wäre
es, wenn Joseph, Zakkur und Simii die Plätze wechselten.
Dann hätten wir:
1, 5, 2, 6, 3, (11), 4, 7, (12),
die Reihe 1,2,3, 4, eingeschoben in die durch 2 H verstärkte
Reihe 5, 6, 7; und:
(13), 8, (14), 9, (15), 10,
die Reihe 8, 9, 10 eingeschoben in die Reihe (13), (14), (15).
Die Versetzung der Namen Joseph, Zakkur und Sim‘
setzen wir auf Rechnung des Loses.
Zuerst bestanden 3 homogene Klassen von Musikchören:
A, J, H, 4+6+14 Chöre, jede Klasse wahrscheinlich mit
eigenem Korpsgeist, eigenen Gepflogenheiten. David bildete
an deren Statt 3 Klassen von 9-+6+9 Chören; die erste
sollte einen A, die zweite einen J, die dritte einen H zum
Klassenführer haben. Aber er hob die Homogeneität der
Klassen auf. Am meisten Verlafs scheint er auf H gehabt
zu haben, nicht wohl einzig darum, weil diese Klasse die zahl-
reichste war. Die H-Chöre, wenn auch in geringerer Anzahl,
bildeten allein die dritte Klasse; aber sie erhielten nun auch
eine Vertretung in den oberen Klassen, in der zweiten die
Hälfte, in der ersten zwei Sıebtel. Zudem ward der Zu-
sammenhang von A und J dadurch gelockert, dafs nie 2 A
und nie 2 J nebeneinander zu stehen kamen.
Diese Gruppierung der Chöre und Verschmelzung der
Klassen vollzog sich nach einem wohlangelegten Plane, aber
die Klassenführer wurden durchs Los bestellt. Einer musi-
kalischen Reform stehen nicht selten diejenigen am meisten
im Wege, die im Dirigentenamte ergraut sind, Leute alten
Stiles, mit denen sich nicht reden lälst. Hier entschied das
Biblische Zeitschrift. IL. 3. 17
258 v. Hummelauer, 1Chr 25: Ein Beitr. z. Gebr. d. Loses b. d. Hebr.
Los, welches als Spruch Jahwes betrachtet wurde und keinen
Appell zulieis. Man warf das Los über die A der ersten
Klasse, und Zakkur und Joseph vertauschten die Plätze. Man
warf das Los über die J der zweiten Klasse, und Sim‘i rückte
von der vorletzten auf die erste Stelle. Das Los bestätigte
Hananja als Führer der dritten Klasse. Zakkur mulfste mit
dem dritten Platz vorlieb nehmen; Gedaljahu und Bukkijjahu
avancierten, mulsten aber den Dirigentenstab abgeben; Joseph,
Simi und Hananja werden sich die Lehre zu Herzen ge
nommen und treulich mit König David bzw. seinen drei
Chorregenten Asaph, Jeduthun und Heman zusammengewirkt
haben.
Eine solche Bewandtnis ungefähr mag es mit jener Neu-
ordnung der Musikchöre gehabt haben. Sie erfolgte nach
Plan und durchs Los. Der Plan liegt deutlich genug aus-
gesprochen in der Anlage der Namenliste V. 9—31; das Los
ist im Texte ausdrücklich erwähnt.
Wie bleibt es aber dabei noch wahr, das Los sei ge
worfen worden für die Grolsen wie für die Kleinen, für die
Kundigen wie für die minder Kundigen (V. 8)? Wäre es an
einem Gymnasium Sitte, zu Anfang des Schuljahres die Klassen
unter die Lehrer zu verlosen, so würde jedem Schüler sein
Lehrer durch das Los zugewiesen, und jedem Lehrer jeder
Schüler, die Grolsen wie die Kleinen, die Kundigen wie die
minder Kundigen; dabei blieben die Klassenbestände genau
dieselben, wie sie sich infolge der letzten Jahresprüfung ge
staltet hatten. Auf gleiche Weise erhielten auch Davids
Musiker alle ihre Klassenführer und diese ihre Musiker durchs
Los zugewiesen.
Sagen wir, es sei etwas durchs Los bestimmt worden, so
ist der nächstliegende Sinn des Ausdruckes der, die ganze
Sache sei durchs Los bereinigt worden: dem Hebräer besagt
der Ausdruck zunächst nur, das Los habe mit der Sache
auch etwas zu tun gehabt. Auch Josue verteilte das Land
durchs Los an die Stämme, und doch geschah bei jener Ver-
teilung vieles nicht durchs Los: die Überweisung Judäas an
Berichtigungen zu Mandelkeıns Kleiner Konkordanz. 259
Kaleb, die ungefähre Bestimmung von sieben Stammgebieten
(Jos 18) und manches andere. Mulste doch bei der Zumessung
der einzelnen Gebiete auf die Seelenzahl des Stammes Rück-
sicht genommen werden (Nm 33, 54). Namhafte Erklärer
sind der Ansicht, dafs dabei das Los nur bei strittigen Punkten
zur Anwendung kam.
Zudem redete Jahwe bei solch feierlichen Gelegenheiten
durch das Los, und indem er durch dasselbe den Schlufsakt
entschied, erteilte er all demjenigen, was vorher vereinbart
worden war, seine Sanktion — und zwar durch das Los. Das
heilst, hebräisch gedacht: die Sache ist durch das Los be-
stimmt worden.
Berichtigungen zu Mandelkerns
Kleiner Konkordanz.
Vgl. Zat\W 1898, 165f; 1899, 187f; 1903, 352. Zunächst
Berichtigungen zu den Berichtigungen:
Zu 1903, 352: S. 11 s. v. manN füge hinzu (Prov 8,17
[st. 8,1]) K.
Zu 1903, 354: S. 416 fehlt zu usw. zu streichen; die Stelle
steht S. 800, aber mit unrichtigem Zitat; zu lesen: '»n Jer
31,21 (st. 31,20).
Neu: S. 2642 38m 18 25, 31 (st. 2 8).
wir Dt 5,25 (st. 5,28).
S. 446° ıyan Jer 35,7 (st. Jes)!.
S. 582 S5onn imper. 18 12,19 (st. 1R).
! Auch in der grolsen Konkordanz unrichtig.
J. Göttsberger.
17*
Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm.
Von Prof. Dr M. Faulhaber in Stralsburg.
I. Thema. Ps 29 ist ideell wie formell eine Perle der
biblischen Poesie. Die Auffassung des atl Glossators, der Ps
habe die Schilderung eines starken Gewitters zum Thema, ıst
auch die Anschauung der christlichen Exegeten bis in die
neueste Zeit geblieben. Für einen biblischen Sänger konnte
es sich aber nicht lediglich um die poetische Darstellung einer
an sich noch so grolsartigen Naturerscheinung handeln. „Wenn
in Gewittern von den Bergesspitzen der Herr die Welt-
geschichte schreibt mit seinen Blitzen“ (Eichendorff), so ist
das für jedes religiös gestimmte Herz eine Offenbarung der
Macht und Majestät Gottes, eine Art natürlicher Theophanie.
Nach atl Anschauung im besondern gilt ein Gewitter als die
passendste Szenerie für eine Erscheinung Jahwes (Ex 19, 16.
Job 38, 1), namentlich für die Epiphanie zum Gerichte. Die
einzelnen Begleiterscheinungen des Gewitters — Blitze, Hagel,
Finsternis, Gewölk — sind als Kundgebung und Symbole des
göttlichen Richterzornes aus der heiligen Literatur sattsam be-
kannt (Ps 97, 2—4. Joel 2,10 und 3,15. Is 13, 10. Ez 32, 7;
38, 22. Mt 24, 27. 29). Wie sonst mit den einzelnen Gewitter-
erscheinungen, so wird in Ps 29 unter dem Bilde eines Gewitters
im ganzen die Tatsache, der plötzliche Hereinbruch, die Aus-
dehnung und der Schreckenscharakter des Gerichtes, also das
alte Thema der Propheten, geschildert. Ps 96, eine Nachdich-
tung des Ps 29, zitiert dessen Anfang fast wörtlich (V. 7—9)
und redet dann V. 9ff in nackten Worten vom Gerichte;
Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 261
damit erklärt er auch seine Vorlage als Gerichtspsalm. Das
Gewitter muls dem Dichter nur die Bilder leihen, das
eigentliche Thema aber und das literarische Ziel
des Ps 29 ist die Schilderung des Gerichtes über die
Heidenwelt. Die Exegese des Ps wird ergeben, dafs der
Dichter selber in der Gesamtkomposition und in Einzelheiten
die Grundidee des Liedes deutlich genug ausgesprochen hat.
Il. Anlage und Gliederung. Im Kern besteht Ps 29
aus drei Strophen (V. 3—9), die das Gericht Jahwes über die
Heiden auf einem dreifachen Schauplatze darstellen und von
einer Eingangs- und Schlulsstrophe schön umrahmt sind:
1. Strophe: 1°—2 Aufforderung zur Anbetung Jahwes.
2. Strophe: 3—4 die Stimme Jahwes über dem Meere.
3. Strophe: 5—7 die Stimme Jahwes über dem Libanon.
4. Strophe: 8—9 die Stimme Jahwes über der Wüste.
5. Strophe: 10—11 der Friedensgruls Jahwes an sein Yolk.
IIL Überschrift: Yor0 deutet die Bestimmung des Ps
zum gesanglichen Vortrag an. 75 kann aus inneren Gründen
nicht die davidische Herkunft des Liedes, wenigstens nicht in
der jetzigen Textgestalt, behaupten wollen; denn die Erwähnung
des Tempels in V. 9 (und V. 2) verbietet eine Datierung in
die tempellose Zeit Davids; vgl. unten S. 269. LXX, also auch
das nach ihnen revidierte Psalterium gallicanum der Vulg,.,
haben in der Überschrift plus: &£odiouv (einige Hss ££6dov)
oxnvig — eine Notiz, die noch zu Theodorets Zeiten in den
Hexapla fehlte und im Syrer am Rande stand, also sehr späten
Datums ist und lediglich die liturgische Bestimmung des Ps
für den Schluls des Laubhüttenfestes angibt. Der zweite Teil
der Überschrift ist ein neuer Beweistext für die schichtweise
Entstehung der Psalmenüberschriften und erschüttert zugleich
die Beweiskraft des ersten Teiles. Dafs die Überschrift nicht
zum originalen Texte des Ps 29 gehört, ergibt sich schon
daraus, dals sie, logisch und metrisch ein Fremdling, ganz und
gar aulserhalb des strenggeschlossenen Gedanken- und Strophen-
baues des Ps steht.
262 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm.
1. Strophe V. 1?—2.
Eine lebhafte, eindringliche Ps zur An-
betung Jahwes.
Dog 3 mmb 127 1 Weiht dem Herrn junge
Widder!
sy a3 mm an Weiht dem Herrn Preis
und Ehre!
ww m23 mmb mr 2 Weiht dem Herrn die Ehre
seines Namens!
ıwp Ana mmb nnnon Huldigt dem Herrn in
seinem heiligen Vorhof!
1 D'58 3 ist doppelsinnig: entweder „Söhne Gottes“ (Elim
die poetische Abkürzung für Elohim Dn 11, 36; nach Wellh.
phönizisch) oder „junge Widder“ (DYys); tatsächlich ist es in
LXX, also auch in Vulg. doppelt übersetzt: „Weiht dem Herrn,
ihr Söhne Gottes (a), weiht dem Herrn junge Widder!“ (b).
Ursprünglich stand nur eine Zeile; es fragt sich, ob a oder b?
Die „Söhne Gottes“ wären hier nicht die frommen Israeliten,
sondern die Engel (Targum), die gleichen „Söhne Gottes“, die
Job 38, 7 mit Jubel die neue Schöpfung begrüfsten; eine Auf-
forderung an sie, auch dem Richter zu huldigen, würde aller-
dings nicht befremden, da die Engel als Adjutanten Gottes in
der Weltregierung und im Gerichte gelten. Trotzdem halte
ich b für das Ursprüngliche. Zur Zeit des Eusebius, der be-
kanntlich in Cäsarea das Originalexemplar der Hexapla zur
Hand hatte, fehlte a im Hebr. und bei allen Griechen aulser
LXX (Migne XXIII 252). b stört den Parallelismus nicht;
junge, in der üppigsten Lebenskraft stehende Widder sind das
beste Material zu Brandopfern, also zu rein latreutischen
Opfern (Lv 1, 10); die Aufforderung, solche zu opfern, ist also
ganz parallel zu „Weiht dem Herrn Preis und Ehre“. Ps 96,
7—9 ist eine Nachdichtung, also zugleich eine Erläuterung
unserer V. 1?—2; dort aber werden Menschen (nicht Engel)
zum Opfern im Vorhofe des Herrn aufgerufen; auch das spricht
für b.
Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 263
2 nimmt bereits im allgemeinen auf das Thema des Ps
Bezug. In dem Donnerwort über die Heiden liegt eine Offen-
barung Gottes, also eine weitere Entfaltung und „Ehre seines
Namens“, in dem Friedensgruls über Israel (V. 11) eine weitere
Rechtfertigung des Namens Jahwe, d. i. des Gottes Israels.
LXX und Vulg. fassen övöparı (Dativ!) abroü als Apposition
zu xkupiw. — 2° „im heiligen Schmucke“ MT, „in seinem
heiligen Vorhofe* LXX, Vulg. Eine Verwechslung von Mn
und MY durch einen lapsus oculi ist doch nicht gut anzu-
nehmen. Die Variante MT ist durch die Übersetzung „ihr
Söhne Gottes“ in 1 verschuldet; seitdem man die 1. Strophe
an die Engel adressierte und den Himmel als Szene dachte,
wulste man mit dem „Vorhof“ nichts mehr anzufangen; denn
der Gottesdienst der Engel ist wie ihr Wesen rein geistig,
ohne ÖOpfermaterial und ohne Opferlokal. Die Lesung LXX
wird von unserer Übersetzung in 1 gefordert; denn der Vorhof
ist der Ort, wo die „jungen Widder“ geopfert werden.
2. Strophe V. 3—4.
Die Stimme Jahwes über dem Meere.
pan by mm Sp 3 Die Stimme des Herrn über
dem Meere!
[ey a3 O8] [Der Gott der Herrlichkeit hat
gedonnert.]
span oa Iy mm Der Herr über dem grofsen
Wasser!
ns» mm Sp 4 Die Stimme des Herrn mit
Macht!
ma mm Dip Die Stimme des Herrn mit
Hoheit!
Die kurzen, abgerissenen Sätze entsprechen dem lebhaften
Affekt des Dichters. Das „Gewitter“, von dem er Botschaft
bringen will, ist so rasch heraufgezogen, dafs er wie ein ab-
gehetzter Bote in lauter Anakoluthen spricht.
32: mm bp, das siebenmal wiederkehrende Stichwort
dieses Ps, bedeutet zunächst „Donner“. Job 37, 2—5 wird
264 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsaim.
der Donner direkt Gottes Stimme genannt. Jo 12, 29 hört das
Volk die Stimme Gottes und meint, es habe gedonnert; es
mus also doch jenes laute Zeugnis vom Himmel her ähnlich
wie ein Donnerschlag gelautet haben, weil das Volk es damit
verwechselte. Jo a. a. OÖ. hielt man die Stimme Gottes für
einen Donner; hier V. 3ff hält man den Donner für die Stimme
Gottes. Es ist eine allgemeine populär-kindliche Auffassung.
im Donner die Stimme der zürnenden, zankenden Gottheit zu
vernehmen. mm 51p ist aber nicht blofs „Donner, Donnerruf
Jahwes“ (Baethgen, Duhm), sondern das ganze Gewitter
mit allen seinen Begleiterscheinungen; denn V. 5 bricht Kol
auch Bäume, was der Blitz oder der Sturm tut, nicht de:
Donner, auch nicht nach antiker Anschauung. Grimme emp-
fiehlt die tonmalerische Übersetzung „horch“. — 3» ist eine
Glosse, ursprünglich wohl am Rande, die das Kol Jahwe er-
klären will: „Soll heifsen: der Gott der Herrlichkeit hat ge-
donnert.* Schon der Name 58, der nur hier vorkäme (zu I!
vgl. oben), mülste dem 18maligen mYT des Ps gegenüber be-
fremden. Zudem schiebt sich 3» als Fremdkörper zwischen
3° und 3° (vgl. unten zu 8) und palst auch in der Form nicht
zu den Anakoluthen dieser Strophe. — 3°: D'31 D\D soll „das
Meer“ in 3° näher bezeichnen und ist steigernd. „Das Wasser*
in 3% ist nicht jenes, das in den Wetterwolken oder oberhalb
derselben (Gn 1, 6f; 7, 11) aufgespeichert ist, sondern eines auf
Erden: es soll doch nicht das Woher, sondern das Wohin der
Donnerstimme angegeben werden. „Das grofse Wasser* ıst
nach Nm 34, 6f. Ez 26, 19 und nach Keilinschriften (Winckler,
Keilinschriftliches Textbuch? 40) das Mittelländische Meer.
Jedenfalls ist ein bestimmtes Meer gemeint; denn in 3* steht
der Artikel, und an den Parallelstellen 5? und 8 wird als
weiterer Schauplatz des „Gewitters“ ein bestimmtes Hoch-
gebirge und eine bestimmte Wüste genannt.
Das Meer ist nach Is 17, 12f. Ez 26, 3. Dn 3, 78 ein
Sinnbild der Völker. „Die Stimme des Herrn“ ist dann eine
Bezeichnung des Gerichtsaktes wie sonst „die Hand des Herrn“
(Ez 6, 14 u. a.) oder „der Tag des Herrn“ (Soph 1, 14).
Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 265
4 mit lapidarer Kürze: „Die Stimme des Herrn mit Macht!
Die Stimme des Herrn mit Hoheit!“ Wie das Gewitter einer-
seits als schreckendes Naturereignis „mit Gewalt“ niederdrückt,
anderseits als ein erhebendes Naturschauspiel mit Achtung
vor Gottes „Hoheit“ erfüllt, so hat auch das Gericht eine
Doppelwirkung: die Feinde der Offenbarung werden besiegt
(„mit Macht“), der Gott der Offenbarung wird verherrlicht
(„mit Hoheit“).
3. Strophe V. 5—7.
Die Stimme Jahwes über dem Libanon.
ps Na) mm Sp 5 Die Stimme des Herrn zer-
| bricht Zedern;
3297 IS DR Mm Mar Ja, es brach der Herr die
Zedern des Libanon.
1335 53» w> [EJTpm 6 Und er machte tanzen wie ein
Kalb den Libanon
DON 73 1903 198 Und den Hermon wie einen
jungen Büffel.
sun mand ash mm Sp 7 Die Stimme des Herrn macht
die Feuerflammen sprühen.
5 Die Zeder galt als Königin der Nadelhölzer, ihr Holz
als unverweslich; als Königin der Zedern aber galt die Libanon-
zeder. 5? verhält sich also zu 5? wie eine Steigerung und soll
5° individualisieren: „ja, es brach der Herr die Zedern des
Libanon“. Die Schluisfolgerung braucht der Dichter nicht
auszusprechen: Wenn der Sturm sogar der unverweslichen
Königin der Bäume die Krone wegreilst, wie wird er erst bei
den andern Bäumen hausen!
6 vervollständigt mit einem poetischen, kräftigen Zuge das
Bild von den verheerenden Wirkungen des Sturmes auf dem
Libanon. An DTPWW ist wohl das Suffix mit Bickell, Wellh.
u. a. zu streichen, und }329 ist als Objekt in die a-Zeile zu
beziehen, also: „Und er machte tanzen wie ein Kalb den
Libanon.“ Die Donnerschläge erschüttern den Libanon derart,
dals er zu tanzen scheint „wie ein Kalb“. Ein Kalb mit seinen
266 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm.
plumpen Sprüngen ist freilich kein eleganter Tänzer, aber
gerade deshalb das passendste Bild für einen tanzende
Berg. Ebenso plump ist der Kontertänzer: 6° „und den Sırjon
(liefs Jahwe tanzen) wie einen jungen Büffel“. Sirjon ist nach
Dt 3, 9 die phönizische Benennung für den Hermon und steht
synekdochisch für den ganzen Antilibanon, dessen Haupt-
gebirgsstock er ist. Libanon und Antilibanon stehen sich also
hier in poetischem Parallelismus gegenüber, wie sie auch ge-
graphisch einander parallel laufen. Ps 114, 4 6 hat mi
Bezug auf das Gewitter bei der Sinaigesetzgebung ähnliche
Bilder: „Die Berge tanzten wie Widder, die Hügel wie jung:
Lämmer.“ Die poetische Folgerung ist auch V. 6 zwischen
den Zeilen zu lesen: Wenn diese gewaltigen Gebirgsstöcke.
Libanon und Hermon, die höchsten Berge, die der Israelite
kennt, die er für unerschütterlich hält, so erschüttert werden.
welch leichtes Spiel wird der Sturm dann bei den andern
Bergen haben!
Der Libanon und seine Zedern sind Symbole der heid-
nischen Weltmacht: Ps 37, 35. Ez 31, 3—9; Hesychius Hiero:.
zu Is 37, 24: twv E&Ovwv 6 Aißavos aivıyua. Die Zedern
brechen, den Libanon erschüttern ist dann = die Heidenvwelt
richten.
Der alexandrinische Übersetzer, mehr noch Vulg., hat das
schöne Bild von V.6 in a verblalst, in b ganz und gar ver-
dorben — einer von jenen Fällen, für welche das (auch in der
Enzyklika „Providentissimus Deus“ approbierte) Augustinuswort
gilt, man müsse neben andern auch mit der Möglichkeit rech-
nen, „dafs der Übersetzer den Sinn der Worte nicht getroffen
habe“, 6° in LXX: xai Aentuvei aUTüG WG TÖV HÖOXOYV TÜV
Aißavov; in Vulg: „et comminuet eas tanquam vitulum Libani“.
Hier wäre die stolze Zeder in ihrem Falle mit dem zaghaften
Kalbe verglichen, das auf dem Libanon weidet. Für MP
in 6° lasen LXX, in der Geographie des fernen Syrien wenig
bewandert, das bekanntere IN xai ö iyarnuevog und danach
Vulg. „et dilectus“. 1%‘ ist Ehrenname für das Volk Israel
(Dt 32, 15); auch wenn es den Berg Sion bedeuten würde.
e
Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 267
was Ecker für „die vernünftigste Erklärung“ hält, wäre der
Berg Sion metonymisch = das um ihn wohnende Volk Israel.
6° könnte dann nur antithetisch sein: „doch der Berg Sion,
wie ein junger Büffel“ sc. hüpft er in jugendlichem Mute auf =
er steht ohne Wanken im Gewitter, während sogar der Libanon
wankt. Gegen diese Erklärung spricht: Das Gesetz des Paral-
lelismus verbietet, das Kalb in 6° als Bild der Verzagtheit,
dagegen in 6° den jungen Büffel als Bild des Kraftgefühls zu
nehmen. Ferner: In der 3. Strophe steht das Gewitter im
Norden von Palästina, nicht über dem südlichen Sion. End-
lich: Vom Volke Israel ist erst in der Schlufsstrophe die Rede,
und dort in dem Sinne, dafs das Gewitter über Israel und den
Sion gerade nicht wegziehe.
7 „Die Stimme des Herrn spaltet die Feuerflammen.“
Für das Auge des Volkes erscheint der Blitz wie ein flammen-
sprühendes, in einen Funkenzickzack gespaltenes Feuer. Auch
Virgil (Aen. 8, 429) spricht von Flammenradien des Blitzes.
V. 7 ıst, von der Glosse 3b abgesehen, der einzige Stichus,
der ausdrücklich von einem Gewitter redet. V.7 ist für einen
Stichus zu lang, für zwei zu kurz. Die Ergänzung von Wellh.,
Duhm zu zwei Zeilen ist kühn. Am Ende ist V. 7 nur eine
erklärende Note zu 5 und 6: „das alles geschieht durch den
Blitz“.
4. Strophe Y. 8—9.
Die Stimme Jahwes über der Wüste.
a5 Dim mm bp 8 Die Stimme des Herrn macht
die Wüste sich krümmen,
sup ao mm bins Der Herr macht die Wüste
von Kades sich krümmen.
nis Sam mm Dip 9 Die Stimme des Herrn macht
die Hirschkühe kreilsen
ınnyY am Und lichtet die Wälder.
[133 wo 93 Yayıaı] [Und in seinem Tempel spricht alles:
Wie herrlich!]
8 Syn hier nicht in seiner Grundbedeutung „kreilsen“
(A. Wöiveıv), sondern übertragen: „in Angst und Schrecken
268 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm.
sein, vor Schmerz sich krümmen“. Die Wüste, sonst so toten-
still und bewegungslos, krümmt sich unter den Donnerschläisen
wie ein Sklave unter den Peitschenhieben; ein Wirbelsturn
fegt durch sie hindurch, so dafs die ganze Wüste zu tanzer
scheint (7 Pol. Richt 21, 23), gerade wie der Libannı
8b individualisiertt durch Nennung einer bestimmten Wüst.
verhält sich also zu 8° genau wie 5P zu 5* oder wie 3° zu ?.
Als Beleg für die streng symmetrische Grundanlage des P:
stelle ich diese drei Paralleltexte zusammen:
3 Die Stimme des Herrn über dem Meere!
Der Herr über dem Mittelmeere!
5 Die Stimme des Herrn zerbricht Zedern;
Ja, es brach der Herr die Zedern des Libanon.
8 Die Stimme des Herrn macht die Wüste sich krümnaı.
Der Herr macht die Wüste von Kades sich krümmeı.
Man beachte: in a jedesmal „die Stimme des Herrn“, in b
„der Herr“; in a jedesmal das Generelle, in b das Speziell.
8 Sn, die gleiche Verbalform wie in &; LXX wechseln in
der Form: Ouooeiovrog — oucdeiceı, Vulg. auch noch
Verbum: concutientis — et (sic) commovebit. Kades oder
Kadesbarne, heute Ain Kadis, sechs Stunden südlich von Beer-
sabee, wird Jos 10, 41 als südöstliche Grenzstadt des Heiligen
Landes angegeben; es lag. hart auf der Grenze zwischa
Kanaan und Edom, in der Wüste Pharan (Nm 13, 27) oder
Sin (Nm 33, 36). Dals diese Wüste hier nach Kades benantt
wird, muls einen besondern Grund haben; s. unten.
9: illustriert mit einem ebenso kurzen als kräftigen Bilde
welchen Schrecken das Gewitter den Tieren der Wüste er
jagt: „Die Stimme des Herrn macht die Hirschkühe kreilsen‘
Die Hindin der Wüste wird von den Schlägen des Donner-
wetters so erschreckt, dafs sie vor der Zeit ihre Jungen wirft
Der Dichter darf eine Volksanschauung zu einem drastischen
Motiv verwenden, ohne die zoologische Richtigkeit erst langt
zu prüfen. LXX xaraprıZouevou &Adpoug, und danach Vulg
„praeparantis (praeparere facientis?) cervos“ (statt cerväs)
Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 269
Duhm, Cheyne u.a. wollen Ni%8 in Nf9‘S verbessern: „macht die
Eichen wirbeln“; die alten Übersetzungen sind aber bis auf Z
(mAnduvovrog rredia) einstimmig für die gebärenden Hirschkühe;
vgl. Job 39, 1. — 9 ist zu kurz: „und entblölst die Wälder“.
Das nahe Gebirge Edom war reich an Wild und Wald; von
Kades selbst wird (Sir 24, 18 Vulg.) die Palme gerühmt.
Nun aber fährt der Sturm mit solcher Gewalt durch die
Wälder, Aste und Bäume brechend, dafs die vorher dichten
und dunkeln Wälder gelichtet werden. Syr. „schüttelt die
Zweige und entwurzelt den Wald“. Die Palme von Kades
ereilt also das gleiche Los wie ihre königlichen Schwestern
auf dem Libanon.
Die Wüste ist ein sehr bezeichnendes Sinnbild der Heiden-
welt (Is 35, 1; 61, 4 Ps 65, 13), nicht minder die Tiere der
Wüste (Is 30, 6; 56, 9. Ez 34, 5); der Wüstensturm eine
Allegorie des Gerichtes über die Heidenwelt.e. Das Verbum
sn V.8 wird Ez 30, 16 auch vom Gerichte über Ägypten
gebraucht. Die Wüste Sin erhält den ungewöhnlichen Namen
„Wüste Kades“, weil Kades Gn 14, 7 veVo Yıy „Quelle des
Gerichtes“ heilst. In solchen Einzelheiten hat der Dichter
selber die eigentliche Grundidee seines Liedes angedeutet. Das
Meer und seine Wogen aufwühlen, den Libanon und seine
Zedern ins Wanken bringen, die Wüste und ihre Tiere er-
schrecken, sind lauter synonyme Bezeichnungen des gleichen
Gerichtsaktes.
9: schildert, wenn es original ist, den Eindruck des Ge-
witters auf die Menschen: „Und in seinem Tempel sagt alles:
Wie herrlich!“ Im Gewitter lernen die Menschen beten und
die Majestät des Gewittergottes preisen; ihre Ergriffenheit
ergielst sich in ein einziges Wort (2. näca fijors): Herrlichkeit!
Der Tempel ist nicht der Himmel (Cheyne), sondern der
Tempel Israels. Die Zeile ist etwas lang; 193 ist vielleicht
nur eine dittographische Wiederholung der zweiten Hälfte von
Paar. 9° ist ein matter, recht prosaischer Übergang zur
letzten Strophe, die doch für den Kenner der biblischen Poesie
logisch und psychologisch genug eingeleitet wäre.
270 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm.
5. Strophe V. 10—11.
Segen und Friede dem Volke Jahwes.
aUn Sao mm 10 Der Herr hat über der Fit
gethront,
sohıyb Po mm ayıı Und es thront der Herr als
König auf ewig.
im wy> ıy mm 11 Der Herr gibt seinem Volke
Kraft,
:Dawa Yay AR IN mim Der Herr segnet sein Volk
in Frieden.
Die letzte Strophe schlägt die höchsten Töne des Preis-
gesanges an. 10°: 9205 nach Is 3, 26 „auf der Flut“ oder
nach 1 Sm 4, 4 „oberhalb der Flut“. Das Gericht, das soeben
vor den Augen des Propheten wie ein Gewitter über die
Heiden sich entlud, erinnert ıhn unwillkürlich an ein anderes
Gottesgericht, in welchem ebenfalls elementare Gewalten mit-
wirkten, nämlich an die Sintflut (Targ). Man darf diese
Ideenassoziation bei ihm voraussetzen, ohne „sich die Autoren
des AT wie in der Kinderstube lebend“ zu denken (Duhm).
Bei der grofsen Noahflut und bei der vom Sänger beobachteten
Katastrophe hatte es den Anschein, als ob die wilden Elemente
über die Schöpfung Herr geworden wären; doch Jahwe hat
„über ihnen gethront“, d. h. seiner Herrschaft über sie sich
nicht begeben. Während die ganze Schöpfung in Unruhe ist,
während die Meereswogen rauschen und die Libanonzedern
krachen und die Wüste erbebt, sitzt der Herr der Schöpfung
rubig und majestätisch auf seinem Throne; dieser schöne
Gegensatz ist gewils auch beim musikalischen Vortrag des Ps
zum Ausdruck gekommen. LXX, Vulg. transitiv „macht dıe
Flut bewohnen“, d.h. er baut ein Haus und ein Asyl in der
Flut, wie bei der Sintflut dem Noah, so bei der heutigen Flut
seinem Volke. — 10® ist dann die logische Folge: „und &
thront der Herr als König auf ewig“. Zu dem Waw consec.
beim Imperfekt vgl. Ges.-K., 27. Aufl, 1ilr. 10° bezieht sich
auf die Vergangenheit, 10® ist das Facit für die Zukunft:
Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 271
Auch dann, wenn in künftigen Stürmen elementare Gewalten
das Regiment zu führen scheinen, wird Jahwe die Zügel der
Weltregierung nie aus der Hand geben. „Er bleibt König
auf ewig“, König der Welt (V. 10) und
11 König von Israel im besondern. „Jahwe gibt seinem
Volke Kraft“, so dals es vor keinem Sturme zu fürchten
braucht, während die Heidenvölker sich vor der Stimme Jahwes
kraftlos erwiesen haben. „Jahwe segnet sein Volk in Frieden.“
12° hat prägnanten Sinn: in Form des Segens war der Stamm-
vater des Volkes auserwählt und der Messias als Spröfsling
des Volkes verheilsen worden Gn 12, 3; jeder Segen Jahwes
über „sein Volk“ ist eine für die neue Generation erneute
Auserwählung und eine erneute Garantie des messianischen
Segens; die Imperfekta bezeichnen die Fortdauer der Hand-
lung. D5%2: über das Völkermeer und über den Völkerberg
und über die Völkerwüste erschallt die Stimme Jahwes wie
ein Donnerwetter, über sein Volk dagegen spricht er den
Segensgruls des Friedens. Zum Schlusse des Gewitterpsalmes
also ein Friedensgruls wie der Friedensbogen nach dem Ge-
witter. Die Stimmung der letzten Strophe war die Stimmung
des Dichters von Anfang an; darum gleich zum Eingang die
Aufforderung: Weiht Jahwe Preis und Ehre!
Mit den letzten zwei Strophen wird der letzte Zweifel an
der Grundidee des Ps gelöst. Man beachte doch, dafs „das
Gewitter“ vom Libanon, also von der Nordgrenze Kanaans,
direkt nach Kades, nach der Südgrenze zieht, dals es also
das Heilige Land vollständig überspringt, oder dals
es, wenn man in 8° die ostjordanische Wüste als Durchgangs-
punkt vom Libanon nach Kades vermuten wollte, an der
ganzen Peripherie des Heiligen Landes herumzieht,
an der Westgrenze über dem Mittelmeer, an der Nord-
grenze über dem Libanon, an der Ost- und Südgrenze
über der Wüste sich entladet, das Heilige Land selber
aber vollständig verschont. Das ist, wenn es sich um ein
Gewitter als reinen Naturvorgang handelt, nicht denkbar, aber
ebenso selbstverständlich, wenn Ps 29 ein Gerichtspsalm ist.
272 Faulhaber, Psalm 29 (23) — ein Gerichtspsalm.
Im Gerichte wird das Land des Jahwevolkes tatsächlich ver-
schont, während über die Völker rings an seinen Grenzen.
nach allen vier Weltgegenden hin, die Donner des Gerichtes
niedergehen. Die Schlufsstrophe mit dem Friedensgruls a
Israel ıst also mit den vorausgehenden Strophen engstens ver-
bunden; denn das Gericht über die Feinde Jahwes ist in seiner
Kehrseite Erlösung für das Volk Jahwes — eine hundertmäl
variierte Schlüsselidee der atl Literatur.
Literarisch ist Ps 29 am meisten von Ezechiel ab-
hängig. Strophe 2—4 ist ein Kompendium von Ez 25-32.
Strophe 5 ist das Thema von Ez 33—48. Die Analogie zu
Ezechiel und zu andern Gerichtspropheten (Is 13—23. Soph
2, 4—15) legt auch die Vermutung nahe, Ps 29 solle nicht
blofs generell den Heidenvölkern in allen Weltgegenden, son-
dern bestimmten, individuellen Völkern als Vertretern
der Gesamtheit das Gericht verkünden. Dann wäre
1. das Gericht über das Meer = Gericht über
Tyrus und die Phönizier nach Ez 26, bes. 16—18; 2'.
bes. 4. 9. 25. 27. 32—34. Ich adressiere die zweite Strophe
nicht an die Philister, weil diese nach Ez 25, 16 „am (festade
des Meeres“ wohnen, während Tyrus durch seine Lage und
seine Schiffe „im Herzen des Meeres“ (Ez 27, 4. 25. 32) wohnt.
und weil unser Ps auch sonst die Sprache Ezechiels spricht
Vielleicht ist auch der phönizische Name in 6b ein Fingerzeic.
dafs der Dichter an die Phönizier denkt.
2. das Gericht über den Libanon = Gericht über
Assur nach Ez 31, 3ff: „Assur glich einer Zeder auf dem
Libanon ... da fällten sie Fremde ... es trauerte über sie
der Libanon.“ Nach Theodor von Mopsuestia besingt der
ganze Ps 29 das Strafgericht über die Assyrer unter Ezechias.
Der biblische Bericht hierüber erwähnt in der Hohnrede
Sennacheribs ausdrücklich den Libanon und seine Zedern
(4 Kg 19, 23. Is 37, 24).
3. das Gericht über die Wüste — Gericht über
Edom nach Ez 35: sechsmal wird in diesem kleinen Kapitel
verkündet, dals Edom zur Wüste werde Ps 29 redet es
Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 273
proleptisch gleich als Wüste an, und zwar als „Wüste Kades“.
Dieser sonst ungewöhnliche Name ist hier absichtlich gewählt
und überaus bezeichnend: er charakterisiert nicht blols wegen
der Bedeutung des Namens Gn 14, 7 den ganzen Vorgang
als Gerichtsakt; als der Name eines Grenzortes zwischen Juda
und Edom bezeichnet -er zugleich die Richtung der göttlichen
Strafblitze, also die Adresse der vierten Strophe, und endlich
gibt er mit dem Schauplatz auch gleich die Ursache des
Gerichtes an. Der blolse Name Kades ist eine fortwährende
Erinnerung an die alte Feindschaft Edoms gegen das Volk
Jahwes (Nm 20, 14—22); Kades gehörte früher zu Juda (Jos
15, 23), wurde aber von den Chaldäern an Edom zum Lohne
für die Hilfeleistung bei der Eroberung Jerusalems (Ps 137, 7.
Ez 35, 5. Abd 11) zusammen mit andern Teilen des südlichen
Juda abgetreten. Kades ist also Edoms Verräterlohn, und
deshalb soll es auch der Schauplatz des Gerichtes über Edom
werden.
Damit haben wir auch die Prämissen zu einer annähern-
den Datierung des Ps 29. Nach der ganzen Idee und An-
lage des Ps mufs Kades aulserhalb Judas liegen; denn das
Gericht zieht rings um die Grenzen des Heiligen Landes, ohne
dieses selbst zu berühren; der Ps ist also nach der Zuteilung
von Kades an Edom, d. i. nach 586 entstanden. Die Ab-
hängigkeit von Ezechiel und der Ton der letzten Strophe,
der an Deuteroisaias erinnert, datieren in eine noch spätere,
in die nachexilische Zeit. Als terminus ad quem ist die
Makkabäerzeit anzunehmen; denn während in der dritten
Strophe die Katastrophe über Assyrien als ein Ereignis der
Vergangenheit hingestellt wird, bezeichnen die Imperfektformen
in V. 8 das Gericht über Edom, das durch die Makkabäer
erfolgte (1 Makk 5, 65), als ein noch nicht „perfekt“ gewordenes
Ereignis.
In seiner ursprünglichen Textgestalt war Ps 29 streng
symmetrisch aufgebaut: das Lied bestand aus fünf Strophen,
die Strophe aus vier Zeilen, die Zeile aus vier Hebungen.
Der Parallelismus ist auch im heutigen Texte fast ohne Aus-
Biblische Zeitschrift. II. 3. 18
274 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm.
nahme rein und kunstmälsig durchgeführt. Eine besondere
Form der poetischen Technik ist die Anadiplosis, die Wieder-
holung einzelner Stichwörter, meist zu Beginn der Zeile, eine
Art Wort-Alliteration: in der 1. Strophe „Weiht dem Herrn‘,
in Strophe 2—4 „Die Stimme des Herrn“ und „Der Herr“,
in der letzten Strophe in jeder Zeile „Der Herr“. Die An-
wendung der gleichen Kunstform spricht für die Einheit des
Ps; der Wechsel der Stichworte soll Strophe 1 und 5 von
Strophe 2—4 abheben. Strophe 1 und 5 wurden vermutlich
von einem Priesterchor vorgetragen, weil sie eine Aufforderung
zum Opfer bzw. eine Verheilsung des Segens enthalten.
Diese Strophen werden sich beim liturgischen Vortrag auch
durch friedlichere Melodien von den fortissimo und ton-
malerisch vorgetragenen Gewitterstrophen unterschieden haben;
der grofse Händel hat in seinem 1. und 10. Anthem das
Rauschen des Meeres, das Rollen des Donners auf de
Bergen und das Erdbeben in der Wüste in mächtigen Ton-
gemälden wiedergegeben. Basilius hat unsern Ps homiletisch
auf den Vorläufer gedeutet (Migne XXX 76ff): die Stimme
des Herrn = die Stimme des Rufenden in der Wüste; die
Stimme des Herrn über den Wassern = Johannes am Jordan;
die Zedern des Libanon = der Hochmut der Pharisäer — und
andere rein oratorische Deutungen. Das siebenmalige Kol
Jahwe hat überhaupt zu sehr bunten rhetorischen Auslegungen
Anlals gegeben. Nach Cheyne und Baethgen ist der Prolog
des Erzengels Michael in Goethes Faust dem Ps 29 nach-
gedichtet. Vermutlich ist auch die Arie Fernandos („Der kann
in Blitz und Donner lachen“) in Händels Oper Almira (3. Akt)
eine Nachdichtung.
Das Comma loanneum (1 Io 5, 7)
in den Schriften der Antitrinitarier und Socinianer
des 16. und 17. Jahrhunderts.
Von Prof. Dr Aug. Bludau in Münster i. W.
atten sich die doktrinellen Bemühungen der im 16. Jahr-
hundert aus der Kirche ausgeschiedenen Elemente vor-
zugsweise auf die unmittelbar praktischen Lehrstücke von der
Sünde, dem Glauben und den Werken, der Genugtuung und
Rechtfertigung, der Kirche und den Sakramenten gerichtet,
und waren die mehr spekulativen Lehren von Gottes Einheit
und Dreifaltigkeit, vom Verhältnis des Sohnes zum Vater, von
der Persönlichkeit des Heiligen Geistes nicht in Untersuchung
genommen, so drängte doch bald eine mit anabaptistischen Ele-
menten reichlich geschwängerte Richtung nicht blols auf eine
partielle Revision des kirchlichen Lehrgebäudes, sondern auf
fundamentale Neugestaltung desselben nach gänzlichem Um-
sturz. So suchten die Antitrinitarier die kirchliche Drei-
einigkeitslehre und die mit ihr zusammenhängenden Artikel als
schriftwidrig und unhaltbar aufzuweisen. Vor allem bemühten
sie sich, diejenigen Schriftstellen abzuschwächen und ihrer
Beweiskraft zu berauben, auf denen die Wahrheit der heiligen
Dreieinigkeit beruht. Unter den bekannten dicta probantia
figurierte auch die Dreizeugenstelle 1 Jo 5, 7, „die wie keine
andere Bibelstelle das Trinitätsdogma nach Inhalt und Um-
fang in vollendetster Fassung zum Ausdruck bringt“?. Da
ı Vgl. F. Trechsel, Die protest. Antitrinitarier vor Faustus Socin
I, Heidelberg 1839, 8; O. Fock, Der Socinianismus, Kiel 1847, 120fl.
2 Pohle in Wetzer und Weltes Kirchenlexikon XII? 46.
18*
276 Biludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) in den Schriften
war es den Gegnern recht erwünscht, auf die seit Erasmus
bekannt gewordenen kritischen Bedenken gegen die Authentie
der Stelle hinweisen zu können. Wenn wir die Literatur der
Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts
durchforschen, finden wir, dals dieser Textus dogmaticus in den
Streitigkeiten jener Zeit keine unwesentliche Rolle gespielt hat.
In den ersten Anfängen des Antitrinitarismus im Refor-
mationszeitalter wurde über die Stelle wohl noch nicht ver-
handelt, wenigstens ist nicht bekannt, ob Ludwig Hetzer
(7 1529) oder Joh. Denck (7 1528), Konradin Bassen (+ 1529)
u. a. m. die Stelle 1 Jo 5, 7 verwarfen. Manche von ihnen.
wie Joh. Denck und David Joris (7 1556), legten ja überhaupt
dem Worte (rottes in der Schrift nur einen geringen und
untergeordneten Wert bei und setzten das bindende Ansehen
der Heiligen Schrift tief herab 1. Von einigen Antitrinitariern
jedoch wissen wir, dafs sie die Echtheit der Stelle leugneten.
So hat Joh. Campanus (f 1574) in der Schrift, die 1532 durch
Nikolaus Franz v. Streitten herausgegeben wurde unter den
Titel: Göttlicher und Heiliger Schrifft, vor vilen Jaren ver-
dunckelt, und durch unheylsame Leer und Lerer (aus Gottes
Zulassung) verfinstert, Restitution und Besserung, — die Echtheit
von 1 Jo 5, 7 bezweifelt, sich stützend auf die Autorität des
Erasmus? Melchior Hofmann hinwieder hat in: Aus
legung der himmlischen Offenbarung Johannis des hevligen
Apostels und Evangelisten, Stralsburg 1530, S. B VI die
Stelle benutzt („und die drey dienen in eins“)3. Ebenso zieht
Michael Servet, der in der kirchlichen Trinitätslehre nur
ein Kunststück scholastischen Aberwitzes sah, in seinen
Schriften öfters die Stelle heran, so in De Trinitatis erroribus
libri septem (1531) Bl. 25a ff 64a und in Christianismi
restitutio (1553) 1791, S. 22 ff: die Stelle 1 Jo 5, 7 rede
1 Siehe Trechsel, Die protest. Antitrinitarier 20 43.
2 Siehe Schelhorn, Amoenitates litter. XI, Francofurti et Lipsise
1729, 82; Trechsel a. a. O. 33.
3 Siehe Bock, Historia Antitrinitariorum II, Regiomonti et Lipsiase
1774, 297.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 277
von dem Zeugnis des Vaters in der himmlischen Stimme bei
der Taufe, von dem Zeugnis Christi, dals er aus Gott sei, und
endlich von dem Zeugnis des Geistes durch die Predigt der
Jünger. Alle drei aber bezeugen das gleiche, und darum
heilse es: diese drei sind eins!. Hingegen kennt Bernardino
Ochino von Siena (f 1564) in den Dialogi XXX in duos
libros divisi, Basileae 15632, 81 f die kritischen Zweifel an
der Echtheit und deutet die Einheit von dem consensus volun-
tatis: „Die Einheit Christi mit Gott, von welcher die Stellen
1Jo 5,7, angenommen, dals sie echt sei, und Jo 10, 30
reden, muls nicht notwendig von der Einheit der Substanz,
sondern vielmehr von der Einheit der Macht des Willens...
verstanden werden.“ Valentino Gentile (f 1566) hat in
seiner Confessio ad ill. Dom. Simonem Wurstenbergerum Gaji
Praefectum dignissimum, die er an den Bernischen Landvogt
Sim. Wurstenberger zu Gex im Jahre 1561 richtete3, unsere
Stelle zitiert: Die Trinität sei ihm, so erklärt er, nichts als
ein abstrakter Begriff und Ausdruck, welcher die Einheit der
drei bezeichne, „iuxta illud: Tres sunt qui testimonium dant
in coelo.. .“
Auch sonst finden sich noch gelegentliche Bemerkungen
zu der Stelle in der Literatur. Ein holländischer Geschicht-
schreiber z. B. erzählt uns#, dafs in einer in den Niederlanden
in den Jahren etwa von 1569 bis 1573 stattgefundenen Unter-
redung zwischen dem Anabaptisten Hermann von Fleckwigk
und einem Franziskaner Cornelius Adriani sich ersterer für die
Fortlassung von 1 Jo 5, 7 als Beweisstelle auf die Anmerkungen
des Erasmus berufen habe: die Stelle finde sich nicht im grie-
chischen Text.
ı Trechsel.a.a. O. 73, Bibl. Zeitschr. I 393f.
2 Von ihm selbst italienisch verfalst, ins Lateinische übersetzt von
Sebastian Castellio.
3 Abgedruckt bei Trechsel II 471ff (Beilage XVI).
4 Siehe Histoire abregee de la Reformation des Pays-bas, traduite
en francais de Gerard Brandt I, La Haye 1726, 178ff; Semler,
Histor. u. krit. Sammlungen über die sog. Beweisstellen in der Dogmatik,
Erstes Stück, Halle u. Helmstädt 1764, 101.
278 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften
Eine Weiterentwicklung des Antitrinitarismus erfolgte auf
dem Boden Polens und Siebenbürgens, wo die Unitarier sich
eine selbständige Kirchenverfassung gaben, Synoden hielten
und eigene Schulen gründeten. Ob in dem Glaubensbekenntnis
der polnischen Unitarier vom Jahre 1574: Catechesis et con-
fessio fidei coetus per Poloniam congregati in nomine lesu
Christi Domini nostri crucifixi et resuscitati...., nach der all-
gemeinen Annahme von Georg Schomann verfalst!, die Stelle
1 Jo 5, 7 irgendwo erwähnt wird, habe ich bei der Seltenheit
des Buches nicht in Erfahrung bringen können. In der pol-
nischen Bekenntnisschrift Confessio. Wyznänie wiäry powszech-
ney kosziolow krzesciänskich Polskich (Krakau 1570) kommt
sie nicht vor, auch in den Synodalverhandlungen und Kollo-
quien, die Stanislaus Lubieniecki in seiner Historia reforma-
tionis Polonicae, Freistadii 1685, 111ff 119 ff 133 ff 180ff vor-
führt, wird sie nirgends erwähnt. Dafs man aber in jenen
Kreisen auf die Stelle längst aufmerksam geworden war, kann
nicht geleugnet werden. Auf der unter königlicher Autorität
abgehaltenen Synode zu Weilsenburg (Alba Julia) in Sieben-
bürgen im Jahre 1568, auf der sich die Reformierten von den
Unitariern lossagten?, hat Georg Blandrata, Superintendent
der reformierten Kirche in Klein-Polen, seit 1563 Leibarzt
des Fürsten Joh. Sigismund von Siebenbürgen, auf die Unecht-
heit dieser Beweisstelle für die Trinität hingewiesen?. „Nemo
est, qui non videat, locum hunc suspectissimum esse, cum &
plurimis doctoribus et interpretibus fere omnibus sit prae-
termissus.“ Er behauptet weiter: „verba illa a nullo auctore
legi unico Hieronymo excepto, quem parum prudentem fuisse.“
Die Stelle beziehe sich auf den „consensus voluntatis“, denn
Vater, Sohn und Geist seien ebensowenig als „unum numero
ı Bock, Hist. I 826 f; Fock, Socinian. 152.
2 Fock a. a. O. 157.
3 Die Akten der Synode von Weilsenburg sind von Franz Davidis
herausgegeben unter dem Titel: Brevis enarratio disputationis Albanae
de Deo trino et Christo duplici coram Serenissimo Principe et tota Ecclesia
decem diebus habitae a. D. 1568, Albae Juliae 1568.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 279
aut specie* benannt, wie V.8 Geist, Wasser und Blut (Disp.
Alb. act. diei 2. E. ]).
Auch Franz Davidis (FT 1579), Superintendent der
siebenbürgischen Unitarier und Führer der „Nichtanbeter“
(Non-adorantes), hat in seiner Schrift gegen Georg Major,
Refutatio scripti G. Majoris 1569, N. 2 die Echtheit abge-
lehnt: „esse commentum Hieronymi, aut ab Athanasio ad
oppugnandum Arium suppositum“ Vielleicht sei die Stelle
auf der alexandrinischen Synode 364 von Athanasius in den
Text eingesetzt. Georg Major hatte gerade diese Stelle 1 Jo
5, 7 den Antitrinitariern vorgehalten‘.
Auch der Unitarier Joh. Sommer, Rektor der Schule
in Klausenburg, hat in seiner Schrift gegen Petrus Carolius,
betitelt: Refutatio scripti, quod P. Car.... contra G. Blan-
dratae et Fr. Davidis errores a. 1571 edidit, die im Druck
erst 1582 erschien, 1. 2, c. 10 (8.155) die Echtheit geleugnet:
„quomodo irrepserint illa verba de tribus testibus viderit
Carolius, nobis nihil obsunt, etiamsi retineamus“. Ebenso hat
Georg Enjedin (geb. zu Enyed), der dritte Superintendent
der siebenbürgischen Unitarier (F 1597), in seinem Hauptwerk:
Explicationes locorum Vet. et Nov. Test., ex quibus Trinitatis
dogma stabiliri potest, gedruckt zuerst in Transylvanıa (4°),
dann von neuem in Holland (Groningae 1670), S. 425
sich gegen die Stelle erklärte „Merito hunc locum inter su-
spectos numerari, nemo nisi impudentissimus et indoctissimus
negaverit.e. Cum plurimi tam Graeci quam Latini codices et
tum Syriaca tum Germanica editio illum non habeant. Nihil
ergo momenti et roboris vel ad confirmandum vel ad con-
futandum habet.“ Aber auch wenn man zugeben wollte, die
Worte seien von Johannes geschrieben, so könnte aus ihnen
ı Major schrieb gegen Davidis und Blandrata: De uno Deo et tribus
personis, Witteberg. 1569. Davidis und Blandrata antworteten: Refutatio
scripti G. Majoris, 1569. Major schrieb wiederum: Commonefactio ad
eccl. cath. orthodox., Witteberg. 1569; s. Bock a. a. 0. 161 £.
2 Siehe den vollständigen Titel in Chr. Sand, Bibliotheca Antitrini-
tariorum, Freistadii (i. e. Amstelodami) 1684, 57 fe Bock a.a. 0. I 892.
280 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften
nicht „unius Dei triplex persona“ bewiesen werden, da, wie
schon Erasmus, Calvin, Beza, Hemming u. a. gestehen, es sich
hier nur handeln würde um die „unitas consensus“ und nicht
um die „unitas essentiae et naturae“. Die Auslegung Bellar-
mins: das himmlische Zeugnis beweise die Gottheit, das irdische
die Menschheit Christi, nennt er „vanum et commentitium“*. —
Aber 8. 119 bemerkt Enjedin anderseits, nachdem er be-
hauptet, drei Zeugen haben bestätigt, dals Jesus der wahre
Messias und Sohn Gottes sei, nämlich der Vater, Jesus selbst
und der Heilige Geist: „Atque hi sunt tres illi testes coelestes,
de quibus Joh. I Ep. 5 loquitur, quos in testificando Iesum esse
Christum unum esse affırmat.“ (Gegen Enjedins Werk schrieb
Ambros. de Peüalosa S. J. sein Opus egregium de Christi
et Spir. S. divinitate nec non de ss. Trinitatis mysterio: contra
Iudaeos, Photinum, Socinum, Enjedinum aliosque veteres et
novos Arıanos, Wien 1635, in 12 Büchern. In den 6 letzten
Büchern werden alle dem Verfasser dienlich erscheinenden
Schriftbeweise für die bestrittene Lehre vorgeführt und gegen
Enjedins Einwendungen gerechtfertigt; so auch 1 Jo 5, 7, um
daraus die Mehrheit der Personen in Gott zu beweisen!.
Auch die Unitarier in Polen kommen bisweilen auf unsere
Stelle zu sprechen, so z. B. Stanislaus Farnovius (F'arnesius)
in seiner Schrift: O znaimo$ci i wyznaniu Boga zawzdi ied-
nego... (De cognitione et confessione Dei omni tempore
unici), 1753 (s. 1.), 8. 172; er erklärt die Einheit als solche
des Zeugnisses?. Ebenso zeigt sich der Sekretär Sigismund
Augusts von Polen, Andreas Fricius (Modrzewski, Mode-
rovius), der skeptisch der Trinitätslehre gegenüberstand, als
Gegner unserer Stelle in seiner Hauptschrift: Sylvae quat-
tuor, 15903.
ı Vgl. K. Werner, Geschichte der apolog. u. polem. Literatur IV,
Schaffhausen 1865, 371. Andere Schriften gegen Enjedin nennt Bock,
Hist. I 330 £.
2 Bock a. a. O. I 336 f.
3 Siehe Abr. Calovius, Syst. locorum theol. e sacra potissimum
scriptura Ill, Wittebergae 1659, 126 ff.
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der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 281
Doch erst die Socinianer brauchen mit Geschick die
Waffe, die Erasmus ihnen zubereitet hatte, und bedienen sich
ihrer bei den „Verdrehungen“ und „Verfälschungen“ der
Heiligen Schrift!. Faustus Socinus (Fausto Sozzini, F 1604),
der eigentliche Begründer der grolsen Antitrinitariersekte, die
man als Socinianer oder ältere (polnische, siebenbürgische)
Unitarier bezeichnet, hat sich wiederholt gegen die Echtheit
des Comma loanneum ausgesprochen. In der Schrift gegen
den Angriff des Posener Jesuitenkollegs auf die neuen
Samosatener: Animadversiones in assertiones theologicas de
Trino et Uno Deo..., die zuerst 1583 erschien, spricht er
sich in folgender Weise aus?: „Verba ista de testimonio Patris,
Verbi et Spiritus Sancti non habentur in emendatioribus et
antiquioribus Graecis codicibus nec Syriaca editione nec etiam
in antiquissimis Latinis exemplaribus.“ — Die bedeutendste
Streitschrift des Faustus Socinus über die Dreieinigkeitslehre ist
jene, welche gegen den Jesuiten Jakob Wujek, den berühmtesten
Kanzelredner und Disputator jener Zeit, und zugleich gegen
Robert Bellarmin gerichtet ist: Refutatio libelli quem lac.
Wujek, Iesuita a. 1590 Polonice edidit: De divinitate Filii Dei
et Spiritus Sancti...3 Er ist der Meinung (Resp. ad c. 8, cl. 3,
arg. 11), die Zeugenstelle sei ein Zusatz, und deshalb könne
ıır ein Argument nicht entnommen werden; die „emendatiora
Graeca exemplaria et antiquiora Latina“ kennen sie nicht,
ebenso nicht die syrische Übersetzung.
In den Streitschriften, die gegen Socin erschienen‘, spielte,
ı J. Fr. Reimann, Catalog. Biblioth. theol. I, Hildesiae 1731, 498:
„Socinianis arma subministrat (Erasmus), quibus orthodoxos possint con-
fundere“ ; vgl. J. G. Walch, Einleitung in die vornehmsten Religions-
streitigkeiten aulser der lutherischen Kirche IV, Jena 1736, 44.
2 In der Bibliotheca fratrum Polonorum II, Irenopoli 1656, 442b.
3 Biblioth. II 587a. Die Schrift hat Socinus 1592 ausgearbeitet, sie er-
schien 1592,93 zuerst polnisch, übersetzt von Petrus Statorius jun. (Stoinski);
1595 erschien sie lateinisch; vgl. Bock a. a. O. II 8384; Sand, Bibl. 73,
4 Die Flut von Streitschriften, die zwischen den Socinianern und
ihren Gegnern gewechselt wurden, findet sich ziemlich vollständig an-
geführt bei Adam Jocher, Obraz bibliograficznego-historyczny literatury
ı nauk w Polsce II, Wilno 1842, 288 ff; s. auch Walch, Einleitung in die
282 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften
wie nicht anders zu erwarten, auch unsere Stelle eine Rolle.
So z.B. hat Martin Smiglecki 8. J. (T 1618) dem Comma
Ioanneum eine längere Besprechung gewidmet in seiner Schrift:
O Bostwie przedwiecznym Syna Bozego $wiadectwa Pisma
Swietego (Testimonia S. Scripturae de aeterna ante omne
tempus divinitate Christi Filii Dei), w Wilnie 1595, 503—508.
Er beruft sich zum Erweise der Echtheit der Stelle auf den
Prolog des Ps.-Hieronymus, auf Hyginus, Cyprian, Athanasius,
Fulgentius... Auch Erasmus, die Biblia regia, Rob. Stephanus,
Lindanus, Laurentius Valla hätten die Echtheit anerkanni; nur
sieben griechische Handschriften lassen 1 Jo 5,7 aus. Das
Fehlen in diesen sei auf den Einfluls, den die Arianer zu ihrer
Zeit hatten, zurückzuführen. Er polemisiert dann gegen die
Auslegung, welche die Socinianer von der Stelle in Verbindung
mit Vers 8 geben, und behandelt des weiteren noch das Fehlen
der Worte „et hi tres unum sunt“ in Vers 8 in einigen Hand-
schriften.
Auf die Schrift Socins gegen Wujek antwortete Joh.
Junius, „Ecclesiae Assendelphensis Minister“, in: Examen
Responsionis F. S. ad librum Iac. Wuieki: De Divin....
Amstelod. 1628, in welcher er sich auch gegen Socins Be-
hauptung, die Stelle sei zugesetzt, ausspricht (S. 299 f): sıe
werde ja gelesen „in exemplaribus Graecis, Rob. Stephani.
Compl.; Erasmus non dicit universaliter de omnibus“. Sie
werde auch verwendet gegen Arius auf der Synode zu Nicäa,
wie der Autor der Disput. contra Arium bemerke.
Am ausführlichsten erörtert Socin unsere Stelle in seinem
Kommentar zum ersten Johannesbrief!, den er in der letzten
Zeit seines Lebens, im Jahre 1603 (sub nomine Urbevetani)
verfalste und den Valentin Schmalz 1614 in Rakow heraus-
gab. Er stellt hier die Hypothese auf, dafs die Stelle durch
Religionsstreitigkeiten IV, 895f 595—644; K. Werner, Franz Suare: ].
Regensburg 1861, 59f. — Gewöhnlich setzen die Gegner die Echtheit der
Stelle voraus und argumentieren aus ihr, so z. B. Peter Skarga, Wtore
Zawstydzenie Aryanöw (Confusio secunda Arianorum), w Krakowie 1608,
5 6 68.
ı Biblioth. I 241.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 283
Hieronymus in den Text hineingekommen sei auf Grund einer
oder mehrerer Handschriften, in denen der Zusatz so ein-
gerückt war, dals man den Betrug eben nicht leicht habe
entdecken können; wenigstens habe Hieronymus die Stelle als
echt verteidigt. Selbst wenn die Worte echt wären, so sei in
Abrede zu stellen, dals aus ihnen die Dreiheit der Personen
in dem einen göttlichen Wesen gefolgert werden könne; denn
daraus, dals sie als Zeugen aufgeführt seien, könne man dies
nicht schlielsen, da gleich darauf doch Geist, Wasser und
Blut ebenso als Zeugen genannt werden und auch von diesen
gesagt sei, sie seien eins. Dieses Einssein könne sich nur auf
die zwischen Zeugen bestehende Übereinstimmung der Aus-
sage beziehen. Er beruft sich dann auf den Kontext selbst,
auf die Verschiedenheit in griechischen und lateinischen Hand-
schriften, auf die älteren Väter der griechischen und lateinischen
Kirche, welche, wenn sie auf die Stelle geführt werden, nie-
mals von diesem „triplex testimonium“ etwas vermelden. Des
weiteren stützt er seine Ansicht auf Erasmus und die Note
in der lateinischen Bibelausgabe der Löwener Theologen. Dals
weder Socin noch die andern „neuen Arianer‘ den Brief des
Johannes selbst wegen des gar zu deutlichen Zeugnisses von
der Dreieinigkeit verwarfen, wie Menochius und Cornelius a
Lapide behaupteten, hat schon Richard Simon! richtiggestellt.
Im Jahre 1605 erschien zu Rakow in polnischer Sprache
ein Katechismus?, den nach den Vorarbeiten anderer Valentin
Schmalz, unterstützt von Hieronymus Moskorzowski und Joh.
Völkel, herausgab, nebst einem polnischen und deutschen
Kinderkatechismus; eine deutsche Übersetzung des grölseren
erschien 1608, eine lateinische mıt manchen Zusätzen be-
reicherte 16093. In der Quaest. 88 (S. 416) werden die Worte
ı Histoire critique des principaux commentateurs du Nouv. Test.,
Rotterdam 1693, 664: „D’oü l’on peut juger, qu’il n’a pas lu ces Auteurs
en eux-memes.“
2 Katechizm w Rakowie 1605, 12°.
3 Die zweite Ausgabe des Katechismus, welche Verbesserungen und
Zusätze von Joh. Crell und Jonas Schlichting entbielt und wahrscheinlich
284 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften
1 Jo 5, 7 als Beweisstelle für die Trinität verworfen, weil sie
weder in älteren griechischen Exemplaren noch in der syrischen
und denälteren lateinischen Übersetzungen sich vorfinden. Selbst
wenn sie echt wären, so könnte ein Beweis für die Trinität
aus ihnen nicht entnommen werden.
Die theologische Fakultät zu Wittenberg, welcher der
deutsche grölsere Katechismus vom Jahre 1608 gewidmet war,
liefs elf Jahre später eine Entgegnung erscheinen, die von
Friedrich Balduin, seit 1607 Professor und Superintendent
in Wittenberg, verfalst war, unter dem Titel: Ausführliche
und Gründliche Widerlegung des Deutzschen Arianischen
Catechismi ...., Wittenberg 1619. Balduin liefs dann im nächsten
Jahre noch die Schrift erscheinen: Refutatio catechismi Ariani;
ex sola Scriptura, Witteb. 1620, worin er 8. 75 in folgender
Weise die Echtheit der Stelle verteidigt!. Der Inhalt des
Einwurfes sei allerdings wahr, weshalb auch Luther die Stelle
in der Übersetzung fortgelassen habe, da sein griechisches
Exemplar die Worte nicht enthielt. Die Stelle stehe aber in
einigen griechischen Handschriften und in den Editionen des
Stephanus, der Komplutenser u. a. m. Athanasius, Cyprian,
Hieronymus und noch vor diesen Hyginus hätten sie ange-
führt, und obgleich in einigen Abschriften auch in V. 7 eis
ev eicı gelesen werde, so wären doch allemal die Handschriften
für die richtigsten gelialten worden, in welchen &v eicı stehe.
von Andreas Wiszowaty und Joachim Stegmann jun. besorgt ist, erschien
„Irenopol. post a. D. 1659, ı. e. a. 1665 circiter“ in 8%; 8. Sand, Biblioth.
101. Der Titel lautet: Catechesis ecclesiarum Polonicarum unum Deum
Patrem illiusque Filium unigenitum una cum Spiritu S. ex S. Script.
confitentium a Jo. C'rellio et a Jona Schlichtingio a Bucoviec recogn.,
Irenop. 1659. Sect. 3, cap. 1 (S. 37) wird die Echtheit der Stelle be-
stritten: „ex iis nil certi eflici potest“. H. E. G. Paulus (Die drey
Lehrbriefe des Jobh., Heidelberg 1829, 250) und Düsterdieck (Die drei
johann. Briefe II, Göttingen 1854, 356) behaupten unrichtig, dafs dieser
Rakower Katechismus die Stelle aufgenommen habe.
! Unter dem Vorsitz Balduins hat auch Mich. Reichard in De
pluralitate personarum in una Deitatis essentia, Wittebergae 1618, xv das
Zeugnis angeführt und die Echtheit verteidigt. Die Disputatio ist die
dritte im „Colleg. SS. Trinitatis sub Frid. Balduin., Witteberg. 1619.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 285
Eine Widerlegung des Rakauer Katechismus erschien
auch von Nikolaus Arnold, Professor zu Franeker (+ 1680),
unter dem Titel: Religio Sociniana seu Catechesis Racoviana
maior publicis disputationibus refutata, Franekerae 1654. S.153 ff
behandelt er die Echtheit der Dreizeugenstelle. Rob. Stephanus
habe den Vers in neun griechischen Handschriften vorgefunden,
„Heginius s. Higinus Pater“, Cyprian, Athanasius, Sokrates,
Fulgentius, Bernardus kennen ihn. Der Vers sei erst von
den Arianern entfernt, denn sonst hätte ihn, wie Fr. Junius
richtig bemerke, Athanasius in der Disputation gegen Arius
auf der Synode zu Nicäa nicht angeführt. Später erst, unter
Konstantius und Valens, sei er in vielen Exemplaren getilgt
worden, wie ja deswegen Sokrates (Hist. 7, 32) die Arianer
anklage'!.
Der socinianische lateinische Katechismus vom Jahre 1609
wurde im Jahre 1739 (Frankfurt-Leipzig) neu herausgegeben
und mit einer fortlaufenden lutherisch-orthodoxen Widerlegung
ausgestattet von G. Lud. Öder, Prediger und Dekan zu
Feuchtwangen. In einer Note S. 102ff behandelt er auch das
Comma lJoanneum, hinweisend auf Schriften von Gerhard,
Kettner, Mill, welche die Behauptung des Katechismus schon
hinlänglich widerlegt hätten. Das Zeugnis Tertullians (Adv.
Prax. 25) für die Stelle sei wohl dunkel, um so klarer aber
das Cyprians (De unit. eccl. 6; Ep. ad Iubaian. 12), welches
von Fulgentius (Respons. ad obiect. Arian.) noch erläutert
werde. Auch in einem Vulgatadruck vom Jahre 1489 stehe
der Vers, nur seien die Worte ausgelassen: „et hi tres unum
sunt“; ebenso in einer alten Handschrift der deutschen Episteln
und Evangelien, die sich in seinem Besitz befinde. — Die
weitere Polemik bezieht sich auf die Auslegung der Stelle
und ist hauptsächlich gegen Benedikt Wiszowaty, der die
vierte Ausgabe des Katechismus vom Jahre 1684 mit An-
merkungen vermehrt hatte, gerichtet,
ı Andere Schriften gegen den Katechismus, von Wolfgang Crell,
Alsted, Alting, Maresius, Tarnovius, Gerhard, Mentzer, Cloppenburg, er-
wähnt Arnold in der praef. ad Lect.
2856 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften
Die ersten Herausgeber des Katechismus haben auch in
ihren polemischen Schriften sich häufig gegen die Echtheit
des Comma ausgesprochen. So führt Valentin Schmalz
aus Gotha, einer der eifrigsten Anhänger und Beförderer des
Unitarismus (f 1622)!, in seiner Schrift gegen Balduins Kol-
legen, Wolfgang Franz?: Refutatio Thesium D. Wolfg. Frantzii.
quas de praecipuis religionis Christianae capitibus a. 1609 et
a. 1611 disputandas proposuit, Racoviae 1614, 6, das Comma
wohl an, fügt aber hinzu: „si modo testimonium illud non est
corruptum“. In der Schrift gegen Albert Grawer, Prof. in
Jena (T 1617): Refutatio disputationis de Spiritu S., quae h.
a. in academia lIenensi... habita est, Racoviae 1613, macht
er S. 17 seinem Gegner es zum Vorwurf, dafs er trotz Luther
1 Jo 5, 7 als Beweisstelle angeführt habe: „sed quid non
iubet desperatio? Ancipitem captat gladium, qui mergit in
undis“. Selbst wenn der Vers als echt zugelassen würde, so
heifse es V. 8 vom Wasser, Blut und Geist ebenso: „tres
unum sunt, cum tamen ne unum istorum persona sit“. Schmalz
kommt wiederum auf unsere Stelle zu sprechen in der Streit-
schrift: Refutatio thesium de SS. unitate divinae essentiae,
et in eadem SS. personarum Trinitate, a Iac. Schoppero ...
Altorfii a. 1613 propositarum; cui addita est responsio ad ea,
quae Herm. Ravenspergerus ... praeter haec attulit in scripto,
cui titulum fecit: SS. mysterium unitatis essentiae divinae in
personarum Trinitate..., Racoviae 1614, 16. Dafs die Stelle
von den Arıanern einst ausgemerzt sei, „mera Coniectura est“,
vielmehr beweise der Kontext wie auch die Autorität der
meisten griechischen und lateinischen Exemplare und jene
„Lutheri et Tigurinorum“, dafs sie von einem „sciolus quidam“
hinzugefügt sei.
i Siehe über ihn Fock, Socinian. 188f; ein Verzeichnis seiner Schrif-
ten steht bei Sand, Biblioth. 99 ff; Bock, Hist. I 843 ff.
2 Wolfgang Franz (Vindiciae disputationum Theologicarum pro
Augustana Confessione habitarum, Witteberg. 1622) beruft sich zum Be-
weise für die Echtheit der Stelle (in sect. 4, qu. 2) auf Gretsers Ver-
teidigung Bellarmins; selbst Hunnius gestehe, dals Bellarmin richtig ge-
urteilt habe.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 287
Schärfer antwortet Schmalz in der Schrift gegen Ravens-
perger, Professor am Gymnasium in Steinfurt (f 1625 als Prof.
in Groningen), der auf die certitudo und expositio der Väter
hingewiesen hatte: es sei ein „mendacium impudentissimum“*,
anzunehmen, dg[s Arius die Stelle getilgt habe; den „adver-
sarııis malevolis“ pflege man alles zur Last zu legen. Er
wundert sich darüber, dals Ravensperger so dreist sich auf
die korrektesten Handschriften, in welchen der Vers zu finden
sei, und auf Hieronymus berufe, auch das Ansehen der syrischen
Version so schlechthin verwerfe. Für den Zusammenhang sei
weder auf kai in V. 8 noch auf „in terra® Gewicht zu legen.
Schmalz hat auch Annotationes in totum Nov. Test.
mit Ausnahme der Apokalypse im Jahre 1612 zu schreiben
begonnen; sie sind nicht gedruckt!.
Ein Parteigänger von Schmalz, der polnische Schlesier
Thomas Pisecius (Pisecki), hat wiederum 1 Jo 5, 7 als vom
Apostel herrührend betrachtet? in der Schrift: An doctrina
Trinitatis sit mysterium a saeculis absconditum (1605), 1654,
91. Für die Trinität sei aber die Stelle nicht beweisend, da
es sich bei ihr um die Einheit des Zeugnisses, nicht um die
der Personen handle; er verweist den Leser auf die Schrift
Socins gegen Wujek. Der Stand der kritischen Frage ist ihm
jedoch bekannt. Die Stelle stehe nicht bei dem syrischen,
auch nicht bei einem alten Übersetzer. Nazianzenus, Atha-
nasius, Didymus, Chrysostomus, Hilarius, Augustinus, Oyrill,
Beda kennen sie nicht, nur bei Hieronymus komme sie vor,
ebenso im Cod. Britannicus und in einigen alten Büchern.
Auch Joh. Völkel (F 1618) war bei der Abfassung des
Katechismus beteiligt gewesen?. Sein Hauptwerk, eine syste-
matische Darstellung des socinianischen Lehrbegriffes, welches
in seiner Partei ein fast symbolisches Ansehen erlangt hat,
wurde nach seinem Tode von Joh. Crell herausgegeben:
De Vera Religione libri quinque, Racoviae 1630. In lib. 5,
ı Sande. a. O. 102.
2 Bock a. a. 0. I 640.
3 Siehe über ihn Fock a. a. O. 183 189f.
288 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften
c. 9 de trinit. (S. 417) beruft er sich darauf, dals „doctissimo-
rum hominum non pauci, quantumvis in eodem trinitatis errore
versantes, locum illum Ioanni Apostolo affictum, uno ore con-
fitentur*. Die Stelle sei als Beweis abzulehnen. Nachdem
er im allgemeinen die Gründe dagegen angeführt hat, bemerkt
er, selbst wenn es Worte des Johannes wären, mülste „unum*“
oder „in unum“ nicht notwendig „unam eorum essentiam“ be-
deuten, sondern könnte ebensowohl „testium consensionem*®
anzeigen. — Das Werk ward widerlegt von dem reformierten
Theologen Samuel Maresius (Des Marets, T 1673) ın der
Hydra Socinianismi expugnata ..., Groningae 1651—1662.
S. 159 und 238 wird unsere Stelle ohne jegliche Bemerkung
zum Beweise zitiert!.
Der polnische Ritter Adam Goslaw von Bebeln, einer
der gelehrtesten Socinianer ( ca 1640)2, kommt auf unsere
Stelle zu sprechen in der Schrift gegen den bekannten refor-
mierten Theologen Bartholomäus Keckermann, die den Titel
führt: Refutatio eorum, quae Barth. Keckermannus in libro
primo Systematis sui Theologici disputat, adv. eos, qui solum
Patrem ... confitentur, Racov. 1607, 2* ed. 1613. „Locus
hic“, bemerkt er S. 52, „nullum habet robur ad dogmata fidei
probanda vel improbanda, idque propterea quod ipse locus
veniat in controversiam, nam cui dubium est, dubia dubiis
fidem facere non posse?“ Der hl. Hieronymus habe eine „opinio
praeiudicata“ gehabt, ihm „utpote capitalissimo hosti sententiae
de Deo nostrae“ sei kein Glaube beizumessen. Keckermann
wurde in Schutz genommen von dem Wittenberger Professor
Jak. Martini in De tribus Elohim: lib. secundus Photinianorum
novorum furoribus oppositus, in quo praeter alia disputatio
inter B. Keckermannum et Adamum Goslavium de SS. Trinitate
iı Auch sonst operiert Maresius mit 1 Jo 5, 7 als Beweisstelle.
z. B. in Systema theologicum, Groningae 1645, 5° ed. 1659, 25; La sainte
Bible, Amsterdam 1669, 182: nach dem Bericht des Hier. sei die Stelle
von den Arianern ausgemerzt.
2 Siehe über ihn Baumgarten, Nachrichten einer hallischen Biblio-
thek VI, Halle 1750, 321; Zeltner, Historia Cryptosocinismi Altorfinae
quondam academiae infesti arcana, Lips. 1729, 229—231; Fock, Socin. 193.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 289
agitata examinatur, Wittebergae 1615, c. 23. Er sucht die
Echtheit der Stelle S. 201ff gegen Enjedin und Goslaw mit
den üblichen Gründen zu verteidigen: durch den Betrug jener,
welche die Trinität leugneten, sei die Stelle in einigen Hand-
schriften getilgt worden.
Andreas Woidowski (Voidovius, F nach 1619) hat in
der Triadomachia die für den Beweis der Dreieinigkeit und
der Gottheit Christi herkömmlichen Schriftstellen einer Kritik
unterworfen und sicher hier auch über 1 Jo 5, 7 gehandelt.
Die Schrift ist schon früh verloren gegangen. Schon 1654
ward dem Martin Ruarus aufgegeben, sie wo möglich ausfindig
zu machen‘.
Christoph Ostorodt aus Goslar (f 1611) hat in seiner
Schrift: Unterricht von den vornemsten Hauptpuncten der
Christlichen Religion, Rakow 1612, Cap. IV: Ob in Gott mehr
Personen denn eine sind, die Frage aufgeworfen: „Wo liset
man in H. schrifft, das in einem Gott mehr personen sind,
von welchen eine jegliche der Einige warhafftige Gott selber
sey, und derselben drey, nemlich der Vater, der Sohn und
der Heilige Geist?“ und die Antwort gegeben: „Gewislich
nirgends“; weder unsere Stelle noch eine andere Beweisstelle
für die Lehre von der Trinität zitiert er (S. 28ff). Ebenso
lehnt er in seiner Schrift wider Georg Tradel: Von der Gott-
heit des Sohnes Gottes unsers Herrn Jesu Christi und des
Heiligen Geistes, Rakow 1625, 87, jede Beweisstelle für das
Trinitätsdogma ohne weiteres ab2.
Joh. Crell (T 1631), unbestritten der hervorragendste
unter den Socinianern seiner Zeit?, seit 1613 Professor und
seit 1621 Prediger in Rakow, lehnt in der Schrift: De uno
Deo Patre, Racoviae 1631, welche den schärfsten, umfassend-
sten und bedeutendsten Angriff auf die Dreieinigkeitslehre
ı Sand, Biblioth. 29; Bock, Hist. I 990 f; Fock, Socinian. 19.
?2 Luther hat wohl den Ausdruck „Dreifaltigkeit“ als ungeschickt
getadelt; aber jedes Abweichen von der Lehre des Athanasianum war ihm
Auflehnung der Vernunft gegen die Schrift.
3 Bock a.a.0. I 116 ff; Fock a.a. 0. 195 f.
Biblische Zeitschrift. II. 3. 19
290 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften
enthält, der vom Socinianismus ausgegangen ist, die Stelle ab
auf Grund der bekannten Einwürfe (lib. 1, sect. 3, c. 3); von
. Hieronymus wohl sei die Stelle hinzugefügt. Ihm antwortete
Joh. Heinr. Bisterfeld, Theolog zu Leiden, De uno Deo
Patre, Filio ac Spir. S. mysterium pietatis contra Ioh. Crellii,
Franci, de uno Deo patre libros duos breviter defensum, Lugd.
Batav. 1639. Sein Urteil über die Stelle (S. 394 fi) ist
recht unreif und unwissenschaftlich: Was die griechischen und
lateinischen Ausleger von der Stelle geurteilt haben, kümmere
uns wenig; hätte er die opera patrum in Händen, dann wollte
er die Einwürfe zurückweisen: „ut infirmas ipsorum coniecturas
refutaremus“. Es genüge, dals der Vers in cod. Britannicus,
in der ed. Complutens. und der Versicherung Bezas zufolge
in den Stephanischen Handschriften gelesen werde. „Caput
rei“ sei, dals der Vers „sine maxıma absurditate“ nicht fort-
gelassen werden könne, „nur schade, dafs alle alten Lehrer
diese absurditas nicht bemerkt haben“. Die Verschiedenheit
in den Lesarten mache die Stelle keineswegs verdächtig.
sondern decke nur den Betrug und das Sakrileg der Arianer
aufe Die Partikel kat und die Worte „in terra“ in V.8
würden keinen Sinn haben; schon Schmalz bemerkte dagegen,
dals die Worte in griechischen Handschriften gar nicht ständen.
Der Zusammenhang soll weiter für die Echtheit sprechen:
Johannes würde einen sehr unvollständigen, ja lächerlichen
Beweis geführt haben, wenn er V.7 nicht geschrieben hätte!.
Gegen Crell verteidigte auch Joh. Botsack, Pastor in
Danzig (+ 1674), die Stelle unter Berufung auf Gerhard in der
Schrift: Anti-Crellius, h. e. Ioh. Crellii, Franci, De uno Deo
Patre libr. duor. confutatio, Gedani 1642, 317. Gegen Botsack
schrieb Joachim Stegmann „Prob der einfältigen Warnung
Botsacci vor der New Photinianische oder Arianische Lehre“,
Rakow 1633, und zitierte hier S. 119f das Zeugnis 1 Jo 5, 7:
„Wir glauben auch, dafs die Drey eins seyn, nämlich im Zeug-
nüls, gleich wie der Geist, wasser und blut ein seyn.“
-_— =
! Vgl. die Kritik bei Semler, Beweisstellen I 154 ff.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 291
Ausdrücklich wider Crells Buch wollte der lutherische
Dogmatiker und Generalsuperintendent in Wittenberg, Abra-
ham Calovius (Kalau, + 1686), die Echtheit des angefeindeten
Verses retten in: Theologia naturalis et revelata sec. tenorem
augustanae confessionis quinque libris adserta: quorum V. exa-
men librorum Ioh. Crellii de uno Deo patre instituit adeoque
SS. Trinitatis mysterium a Socinianorum impugnatione adserit,
Lips. 1646, 1556. Er wiederholt nicht nur offenbar alle fehler-
haften Aussprüche Gerhards über die Handschriften des Valla,
Stephanus, der Komplutenser, desgleichen die Anführungen der
Stelle bei Athanasıus, sondern vermehrt sie auch mit neuen,
wie der Behauptung, dafs Epiphanius, Hilarius, Augustinus,
Beda, Cyrill sie anführen. Die syrische Übersetzung habe
kein so grolses Ansehen, als dafs sie „tot probatissimis et anti-
quissimis graecis codicibus“ zu präjudizieren vermöge. Das
meiste Gewicht legt er auf den Prolog des Ps.-Hieronymus.
Ebenso verfehlt ist es, wenn er aus der Verbindung und dem
Gegensatz die Authentie beweisen will, da es ausgemacht ist,
dals in den Handschriften, in denen V.7 fehlt, auch die An-
fangsworte V. 8: xai ... &v rA yi ausgelassen sind!.
Unter die socinianischen Schriften ist auch zu rechnen:
„Kurtzer Discurs von der zu Leypzig anno 1631 mense Martio
angestellten Religions-Vergleychung zwischen den Chursächsi-
schen und Churbrandenburgischen auch Fürstlich Helsischen
Theologen“, welche Schrift 1632 oder 1633 wahrscheinlich zu
Rakow gedruckt worden ist” Hier wird zunächst in $& 12
bemerkt, dals 1 Jo 5, 7 „von der einigkeit des zeugnisses* zu
verstehen sei, „wie dasselbe etliche Protestirende Theologen
selbst gelehret haben“. Dann heilst es: „Wiewohl es auch
sonsten ohne Traditiones schwer fallen wirdt, diesen spruch in
ı Noch in manchen andern Schriften hat Calovius über unsere
Stelle gehandelt, so in Criticus sacer vel commentarii apodictico-elen-
chitici super Augustanam confessionem ecclesiarum evangelic...., Lips.
1646, 479; Systema locorum theologic. III 126 ff; Biblia Nov. Test. illu-
strata, Francofurti 1676, II 1663 fl.
2 Bock, Hist. I 12.
19*
292 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) in den Schriften
der Bibel zu erhalten. Weil er weder in der alten Griechi-
schen, noch Syrischen, noch Arabischen, noch alten Lutheri
Teutschen exemplaren gelesen wirdt.*“ Verwiesen wird auf die
Annotationes des Erasmus und Bugenhagens Exposit. in Ion.
Der polnische Ritter Jonas Schlichting von Bukowiec
(Bauchwitz, T 1661) bestritt in seinem Kommentar zum ersten
Johannesbrief! aus Inhalt und Zusammenhang die Stelle, wie
dies sein Lehrer Joh. Crell getan hatte. Vers 7 sei einge-
schoben von einem, der die Trinität habe bekämpfen wollen,
„ut ostenderet tres istos non aliter unum esse, quam sicut
multi testes unum sunt“?. Auch in seiner Schrift gegen den
Professor der Theologie zu Wittenberg Balthasar Meisner:
De SS. Trinitate, de moralibus Nov. et Vet. Test. praeceptis:
itemque de sacris Eucharistiae et Baptismi ritibus disputatio,
1637, bemerkt er S. 195: „Ut omittam haec verba a multis
non legi trinitatis propugnatoribus, non ab ipso Luthero.
quae etiam ipse contextus vix recipit“; vgl. S. 203. Eigens über
1 Jo 5, 7 hat Schlichting auch gehandelt in: Wyklad Prawd-
ziwy na cztery mieysca Pisma Swietego o Bostwie Jezusa
Chrystusa (i. e. Vera explicatio quatuor locorum scripturae
sacrae de Deitate Iesu Christi), 1645 (s. 1.) 8.
Joh. Ludwig von Wolzogen, Freiherr von Neuhäusel
(T 1661), hat kurz zusammengezogen, was die älteren socinia-
nischen Schriftsteller hie und da vorbringen, in: Christliche
Unterweisung, wie diejenigen Örter H. Schrifft alten und neuen
Bundes, welche die heutige Christen insgemein zu Behaubtung
der drey Persöhnlichkeit des einigen und allein wahren Gottes
milsbrauchen, schrifftmälsig zu verstehen seyn, 1684. Das Buch
ist mehr eine deutsche Sammlung aus den vorigen lateinischen
Schriften als eine eigene Abhandlung. Im 1. Teil c. 14 kommt
er auf unsere Stelle zu reden. Die Worte seien von einem
ı Biblioth. fratr. Polon. IV 409,
2 Gegen die Einwände Schlichtings ist besonders gerichtet die Aus-
führung bei Dan. Whitby, Paraphrase and comment. on the New Test.,
gr ed., Lond. 1709, a. h. 1.
3 Bock, Hist. 1 805.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 293
Fälscher „zwischenhinein geflickt worden“, denn in den „ur-
alten“ griechischen wie auch in alten lateinischen Exemplaren
seien sie nicht zu finden, auch nicht in der syrischen noch
arabischen Übersetzung. Vor Hieronymus werde kaum einer
der alten Kirchenlehrer zu finden sein, der sie als glaubwürdig
angenommen oder angezogen hätte. Er verweist dann auf
Luther und Bugenhagen, bestreitet die Echtheit der Stelle
aus dem Zusammenhang; selbst wenn man sie stehen lielse,
könnte die Lehre von der Trinität nicht überzeugend daraus
erwiesen werden!.
Samuel Przypkowski von Przypkowice, ebenfalls ein
polnischer Ritter2, + 1670 als kurfürstlich brandenburgischer
Rat, erklärt in den Cogitationes sacrae ad initium evang.
Matthaei et omnes epistolas apostolicas, Eleutheropol. 1692,
360 den Vers für eingeschoben, wie die Übereinstimmung der
meisten Exemplare vor Hieronymus es zeige, so dafs dieser
selbst vermute: „eum ab Arianis expunctum fuisse“, wogegen
des Athanasius lebhafter und grofser Hals gegen die Arianer
spreche. Jedoch widerspreche der Sinn der Stelle nicht so
sehr der arıanischen Irrlehre, dals sie nicht von lichtscheuen
(tenebrioribus) Anhängern derselben in den Winkeln Spaniens
und Britanniens heimlich könnte untergeschoben sein. Sie
fehle jetzt in den syrischen, illyrischen und ruthenischen
alten Handschriften. „Unus fere ex antiquioribus Hieron. la-
boranti eius fidei vadem se praebet.“
Daniel Brenius (de Breen), zuerst Arminianer, dann
Anabaptist und Verteidiger Socins (+ 1664), gab heraus: Breves
in Vet. et Nov. Testam. Annotationes, Amstelodami 1664. Auch
er spricht sich S. 136 gegen die Stelle aus. Die Worte in
V. 7 werden nicht gelesen in den alten Handschriften der
Griechen, nicht in der syrischen, arabischen, äthiopischen Über-
setzung, nicht „apud vulgatum Latinum interpretem“; sie seien
nicht bekannt dem Ignatius, Justin, Irenäus, Tertullian, Ori-
genes ..., deshalb habe sie auch Luther ausgelassen.
ı Semler, Beweisst. I 150 ff. 2 Fock, Socinian. 204.
294 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften
Christoph Sand (} 1680), der arianisch und socinianisch
gesinnte Arminianer, hat wohl am vollständigsten unter den
Bestreitern unserer Stelle die Haupteinwürfe hervorgehoben
in der Appendix zu seiner Schrift: Interpretat. paradox. IV
Evangeliorum, Cosmopol. (i. e. Amstelod.) 1669, 375ff. Die
Stelle fehle in den griechischen Handschriften, den syrischen,
arabischen, äthiopischen, armenischen und vielen alten latei-
nischen, ebenso in einer Reihe von griechischen, syrischen,
lateinischen Textausgaben und in fast allen Ausgaben der
lutherischen deutschen Übersetzung des 16. Jahrhunderts. Sie
sei unbekannt den Vätern Ignatius, Justin, Athanasius, Irenäus,
Tertullian... Cyprian (De unit. eccl. 6) scheine den Text zu
zitieren, aber Possevin teile im Apparat. sacer ad scriptores
Vet. et Nov. Test. I (vgl. ed. Colon. 1608, 396 ff) mit, dafs
der Text des Traktats gar viele Änderungen und Interpola-
tionen erlitten habe. In den dem Athanasius fälschlich zu-
geschriebenen Werken (Dialog. ad Theophil. 1. 1 und Disput.
c. Arium 44) stehe er. Wenn die Worte fortgelassen werden.
„meliorem esse connexionem verborum. Indignum est summo
Deo esse testem, immo coram quo iudice testis foret? Nec
enim iudex et testis unus idemque simul et de eadem re esse
potest“ (S. 381). Ein Anonymus sage, es sei sehr wahrschein-
lich, dals die Stelle von einem Sabellianer eingeschaltet sei. Der
Vers spreche zu Gunsten der Arianer, wie Bugenhagen gezeigt
habe. Der Prolog des Hieronymus sei nicht echt (8. 383). Des
weiteren sucht er aus Schrift- und Väterstellen den Beweis zu
führen, dafs, selbst angenommen, der Vers sei echt, nach V. 8
nur von der „concordia testimoniorum“ die Rede sein könne
(S. 386 ff); vgl. die Auslegung von Jo 10, 30 S. 209 ft.
Christoph Sand hat auch unter dem Pseudonym „Herm.
Cingallus“ eine spöttische Satire auf die Verteidiger der Drei-
einigkeitslehre veröffentlicht!: Scriptura SS. Trinitatis Reve-
ı Siehe über den Verf. Sand, Biblioth. 170, wo auch gemeldet wird,
dafs nicht Gouda, sondern Amsterdam der wahre Druckort der Schrift
gewesen ist; über diese vgl. Bock, Hist. I 751f; Baumgarten, Nach-
richten von einer hall. Biblioth. V 5l4f.
.o-
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 295
latrix, Goudae 1678. Auch in dieser Schrift bekämpft er
(S. 105) die Echtheit des Comma Ioanneum. — Gegen Sand
verteidigte die Stelle unter andern auch Just. Christoph
Schomer, Prof. zu Rostock (F 1693), Assertio endoxa fidei
christianae de Spiritu Sancto, contra novam et antehac in-
auditam haeresin sub schemate problematis paradoxi nuper in
lucem protrusam, Francof.-Lips. 1679, 29f. In gewissen grie-
chischen Handschriften und orientalischen Übersetzungen sei
der Vers getilgt. Erst die Neueren haben die Kühnheit
besessen, ihn als „suppositius“ zu verwerfen. Mit Recht werde
den wenigen Handschriften die Treue vieler andern, ältesten
und besten (antiquissimorum et probatissimorum fides) vor-
gezogen, zumal die Zeugnisse der Väter für den Vers sprechen.
Auch der Cod. Alexandrinus (!) habe den Vers. Es kennen
ihn Cyprian, Ps.-Athanasius, Idacius.
Als Antwort auf die Angriffe Sands liefs Martin Silvester
Grabe in Königsberg fünf Universitätsprogramme 1675 —1677
erscheinen (De canonica auctoritate dicti 1 Jo 5, 7 tres ın coelo
testes repraesentantis), in denen er die kanonische Autorität
aus einer Anzahl supponierter griechischer Handschriften zu
verteidigen unternahm. Einen lehrreichen Auszug seiner Ab-
handlungen bietet P. Siegm. Pape, Kurzer und nöthiger Be-
richt von dem Unterscheid unserer Evangelischen wahren
und der so genannten Socinianer falschen Lehre, Berlin 1717,
br2fft.
In der Mark Brandenburg wirkte zu Königswalde Samuel
Crell (+ 1747), ein Enkel des Joh. Crell, der den socinianischen
Lehrbegriff in arminianischem Geiste umgestaltete, der letzte
bedeutende Repräsentant des Socinianismus?. Des Öfteren
kommt er auf die Dreizeugenstelle zu sprechen. In seiner
Schrift Ante-Nicenismus, Londini 1695, 48 bemerkt er: „Im-
possibile est, ut Patres Anteniceni, praesertim Tertullianus et
Irenaeus, qui citant Io 10, 30 et tot occasiones habuerunt,
non etiam citassent textum ıllum, sı fuisset in ıllorum testa-
ı Vgl. Semler, Beweisstellen 197 ff.
2 Fock, Socinian. 240 f.
296 Biludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) in den Schriften
mentis.“ In einem Brief an La Croze!, datiert aus Königs-
walde den 20. Nov. 1710 (!), hat er in den Streit, welcher da-
mals zwischen Thomas Emlyn und David Martin über die
Echtheit unserer Stelle heftig entbrannt war?, sich eingemischt
und gegen Martins Dissertation vom Jahre 1717 geantwortet.
Er greift besonders das Zeugnis an, das aus der Schriit
des Fulgentius contra Fabianum Arianum3 gewonnen wird.
Wenn damals Vers 7 vorhanden gewesen wäre, hätte Fabianus
keinen Beweis dafür verlangen können, dafs die Worte „et
tres unum sunt“ von Vater, Sohn und Geist gesagt seien, und
Fulgentius hätte keine weiteren Gründe hierfür, was mit aus-
drücklichen Worten in dieser Stelle (V. 7) stand, vorbringen
dürfen, um Fabian zurückzuweisen. Fulgentius habe ebenso
wie Cyprian, Augustinus, Facundus von drei himmlischen
Zeugen nur gesprochen „ex solo versu 8 mystica et allegorica
relatione“. Deshalb sei auch in der Schrift des Fulgentius
die Stelle interpoliert, wie auch in der Confessio Eugenii:
„Commode abesse possunt (verba) ipso contextu salvo.“ Eine
„Explicatio loci vexati 1 Io 5, 7“ von Samuel Crell steht auch
in der Bibliotheque angloise VII 1, S. 271. Die Abhandlungen
S. Crells wurden einer näheren Prüfung unterzogen von Oder
in einem Brief an Christian Bruckmann, Pastor in Nürnberg,
der den Agenda Morscovii beigegeben ist (S. 333 ff)‘, vor
allem von dem Dominikaner Bern. Maria de Rubeis, der
1755 in Venedig eine ausführliche Gegenschrift erscheinen
liefs unter dem Titel: De trıbus in coelo testibus Patre, Verbo
et Spiritu S,, qui tres unum sunt 1 Io 5, 7 adversus Crellium
aliosque 5.
1 Der Brief steht in Thesaurus epistolicus La Crozianus ex bibl.
Jordan. ed. I. L. Uhlius I, Lips. 1742, 89 f.
2 Siehe über diese Kontroverse Chr. Matth. Pfaff, Introd. in Histor.
theol. litterar. I, Tubing. 1720, 295; Walch, Einl. in die Religionsstreitig-
keiten aufser der luther. Kirche IV 303.
3 Migne, Patr. lat. LXV 777. ı Bock, Hist. I 1%.
5 Vermehrt Venedig 1762 in den Diss. variae eruditionis sub una
capitum serie collecta. Die Abhandlung steht auch in Zaccarias The-
saurus theolog. III (Tractatus de Deo), Venetiis 1762, 33—103.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 297
Auch der Geschichtschreiber der Reformation in Polen,
der Unitarier Stanislaus Lubieniecki (7 1685), weist ın
seiner Historia reformationis Polonicae, Freistadii 1685, 169
gegenüber Lismanini, dem der Satz „Tres testantes in coelo
unum sunt“ oder „unus sunt“ gleichwertig erschien, auf die
Unsicherheit der Stelle 1 Jo 5, 7 überhaupt hin und zeigt sich
mit dem textkritischen Apparat für die Stelle wohl vertraut.
Ebenso hat der Unitarier Daniel Szentivany, Rektor in
Klausenburg, in einer Disputatio de S. Trinitate (Manuskript)
th. 12 die Authentie des Comma loanneum bekämpft und
den Beweis für die Trinität, der sich auf der Stelle aufbaut,
zu vernichten gesucht. Der Vers finde sich nicht in den ältesten
griechischen und lateinischen Exemplaren, nicht bei den vor-
nicänischen Vätern; selbst Luther habe ihn weggelassen. Falle
er fort, so werde der Zusammenhang nicht im mindesten ge-
stört, denn V. 8 schlielse sich recht gut an V. 6 an. Wie
andere Socinianer deutet auch er V. 7 auf die unitas consensus.
— Die These wurde geprüft und widerlegt in der öffentlichen
Disputation sub praesid. Paul Hoffmanni, Rectoris Gymnasii
Thorun., von Stephan Humius: Vindiciae loci Apostolici,
qui habetur I. epist. Iohann. cap. V, v. 7 cum assertione
SS. Trinitatis Mysterii ex eodem contra gpAvapias Triadoma-
stigis Dan. Szentivanı, Thorunii 1685.
In dem Lehrbuch, das der Unitarier Georg Markos,
Professor in Klausenburg, verfalste: Summa universae theo-
logiae christianae secundum Unitarios, Claudiopoli 1737, wird
(P. I, c. 1) die Echtheit der Dreizeugenstelle vorausgesetzt,
wenigstens der kritischen Zweifel mit keiner Silbe gedacht.
Sie wird aber von einer unitas moralis erklärt: „unum sunt
tres testes coelestes, quemadmodum ibidem v. 8 terrestres
testimonio“!,
In der sehr rar gewordenen Sammlung socinianischer
Schriften, die in England nach und nach in fünf Quartbänden
herausgekommen und unter dem Titel „Unitarian Tracts“,
ı Siehe G. Rosenmüller im Archiv f. alte u. neue Kirchengesch,.,
hrsg. von Stäudlin u. Tzschirner I, Leipzig 1813, 96.
298 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften
London 1691, bekannt sind 1, kommen zuerst „12 Schriftbeweise
gegen den Lehrbegriff von der Dreieinigkeit* von Joh. Biddle
vor; die Vorrede ist unterzeichnet am 1. April 1647. In der
Schrift selbst wird S. 9 die strittige Stelle angeführt und da-
bei bemerkt: „es würde, wenn nicht die Menschen vorher von
Vorurteilen eingenommen gewesen wären, schwerlich, ja un-
möglich jemandem haben in den Sinn kommen können, dals
die Redeart: sie sind eins, so viel bedeute als: sie haben ein
Wesen, weil die Auslegung nicht nur dem allgemeinen Sinn
widerspricht, sondern auch andern Schriftstellen entgegen ist,
in welchen sie ohne Ausnahme von der Einheit des Beyfalles
und der Übereinstimmung gebraucht wird, aber nie von einer
wesentlichen Vereinigung“; vgl. Jo 17,11 21 2223; 1 Jo 5,8;
Mt 19,5 6. Die Existenz der Stelle 1 Jo 5, 7 sei aber ver-
dächtig, weil sie weder in den alten griechischen Handschriften.
noch in der syrischen Übersetzung, noch in ältesten Ausgaben
der lateinischen zu finden sei; auch sei sie von den berühn-
testen alten und neueren Auslegern verworfen worden.
In demselben Bande ist eine „Kurze Geschichte der Uni-
tarier in vier Briefen“ zu finden, in welchen der Verfasser (Thomas
Firmin) S. 43 bezüglich unserer Stelle bemerkt, sie sei in die Bibel
eingeschaltet, und die gewöhnlichen Gründe für seine Behaup-
tung anführt. Das letzte Stück in diesem Band enthält An-
merkungen eines Ungenannten über „vier Briefe des D. Wallis
über die Lehre von der Dreieinigkeit“. Auch hier wird S. 19f
auf die Unechtheit hingewiesen. Wallis mache wohl geltend,
es fehlen in vielen Abschriften ganze Briefe ... Allein der
strittige Text sei in keiner Kopie der Bibel vorhanden ge-
wesen, ehe Hieronymus ihn am Rande einiger Handschriften
fand. Die Randglosse wurde von Hieronymus in den Text
gezogen. Man finde ihn zwar jetzt bei Cyprian, aber das Buch,
wie wir es jetzt besitzen, verdiene wenig Kredit. —
ı Vgl. hierzu Allgem. Deutsche Bibliothek 1V, Berlin u. Stettin
1676, 130 f. — Alberti, Briefe betreffend den allerneuesten Zustand der
Religion und der Wissenschaften in Grofsbritannien III, Hannover 1733,
679—719.
der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 299
Ich breche ab. Es lälst sich nicht leugnen, dafs eine
statistische Aufzählung der einzelnen Äufserungen positiver wie
polemischer Art durch ständige breite Wiederholungen der-
selben Gedanken ermüdend wirkt, aber diese Aneinander-
reihung der Zeugnisse ist notwendig, wenn ein entsprechendes
Bild von der Entwicklung der Kontroverse über das Comma
Ioanneum gegeben werden soll. Im ganzen finden wir bezüg-
lich der Socinianer das Urteil Richard Simons! bestätigt:
„Ils se mettent peu en peine que ce verset soit de S. Jean ou
non, parce qu’ils sont persuadez qu’on n’en peut pas conclure
la distinction des personnes de la Trinite.“
Werfen wir noch einen Blick auf die socinianische Bibel-
übersetzung ?.
In der deutschen Übersetzung des Neuen Testamentes
von Joh. Crell und Joachim Stegmann dem älteren mit Zu-
ziehung anderer socinianischen Gelehrten, die 1630 in 80% zu
Rakow erschien, ist die Stelle zwar aufgenommen, aber
durch den Druck als eine eingeschaltete unterschieden und
vom übrigen Text abgesondert. In der Vorrede schon hatten
die Herausgeber darüber Auskunft gegeben, dafs sie mit dem
Vorhergehenden nicht zusammenhänge, in den ältesten Ab-
schriften sich nicht vorfinde, in die ältesten Übersetzungen
nicht aufgenommen worden sei, von vielen griechischen und
lateinischen Vätern übergangen werde, sogar von Luther,
Bugenhagen u. a. ausgelassen und als falsch und eingeschoben
verworfen worden sei*.
1 Critique de la Bibliotheque des auteurs ecclesiastiques et des Pro-
legomenes de la Bible publiez par M. Ellies du-Pin, par feu M. Rich.
Sımon II, Paris 1730, 434 f.
2 Überdie polnischen socinianischen Übersetzungen vgl. Bibl. Zeitschr. I
389; Stephan Zwolski, De Bibliis polonicis, quae usque ad initium
saec. XVII. in lucem edita sunt, Posnaniae 1904.
3 Heidegger, Corpus Theolog. christ., Tiguri 1700, 118 bemerkt:
„Non sine veritatis triumpho est, quod Racovienses Sociniani in versione
sua germanica a. 1630 excusa hunc versiculum omittere ausi non sunt.“
4ı Vgl. Palm, De codicibus Vet. et Nov. Test., quibus B. Lutherus
in conficienda interpretatione germanica usus est, Hamburgi 1735, 175;
Baumgarten, Nachrichten von einer hall. Bibliothek Il, Halle 1748, 199.
300 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7).
Im Jahre 1660 erschien in 8% zu Amsterdam eine neue
Übersetzung des Neuen Testamentes von dem mit den Arminia-
nern sympathisierenden Socinianer Jeremias Felbinger
(+ 1616) !, die ihr Muster, die Rakowsche Übersetzung, zu über-
bieten suchte und durch Buchstäblichkeit das Deutsche sehr
verunstaltet hatte2. Bei seiner Arbeit hat Felbinger, wie er
in der Vorrede sagt, die von Curcelläus 1658 zu Amsterdam
besorgte griechische Ausgabe zu Grunde gelegt. Wie Curcel-
läus hat auch Felbinger die Stelle in Klammern gesetzt:
„Denn drei sind di da zeugen [in dem Himmel, der Vater, di
Rede und der heilige Geist. und eben diselbigen drei sind
eins. Vnd drei sind di da zeugen auff der Erde] der Geist...“
Unten auf der Seite besagt eine Anmerkung, dals die ein-
geschlossenen Worte in vielen alten griechischen und latei-
nischen Büchern fehlen, „wie in der syrischen, arabischen und
Mohrischen Übersetzung“; auch werden sie von vielen Vätern
nicht anerkannt und fehlen in alten Drucken.
Felbinger hat auch in der Doctrina de Deo et Christo
et Spiritu Sancto ipsis Scripturae sacrae verbis 1657 in th. 3
als Beweis für die Gottheit des Heiligen Geistes 1 Jo 5, 6 7
zitiert.
ı Siehe über ihn Fock, Socinian. 248.
2 Vgl. G.H.Goeze, De vers. Nov. Test. Felbingeriana, Lubec. 1706;
Zeltner, Diss. de novis Bibl. germ. versionibus non temere vulgandis,
Altdorfii 1707, 16.
3 Palm, De cod. 176; Baumgarten, Nachrichten von einer ball.
Bibliothek II 203. |
Besprechungen.
Mommert, Carl, Dr theol., Ritter des heiligen Grabes, Pfarrer, Topo-
graphie des alten Jerusalem. I. Teil: Zion und Akra, die Hügel der Alt-
stadt. gr. 8° (X u. 393) Leipzig 1902, E. Haberland.. M. 8— II. Teil:
Das salomonische Tempel- und Palastquartier auf Moriah. Mit vier Fi-
guren im Text und fünf Tafeln. (VII u. 305) 1903. M. 7.—
Diese beiden, durch gründliche Behandlung und übersichtliche Dar-
legung des Stoffes sich auszeichnenden Bände bilden für das Studium
der Topographie Jerusalems ein willkommenes Hilfsmittel. In dem Streit
über die Lage der „Stadt Davids“ stellt sich M. auf die Seite derer, die
sie auf dem Südwesthügel suchen. Er verwirft mit Recht die Osthügel-
Theorie, weil der Osthügel für den Sitz eines ganzen Volkes zu klein ist.
Die „Stadt Davids“. konnte unmöglich auf der kleinen, nur 9 Morgen
grolsen Fläche des Ophel gestanden haben. Der Gipfel des Osthügels
aber wurde noch zur Zeit Davids als Dreschtenne benutzt. Die ganze
Östhügel-Theorie beruht übrigens, was M. nicht angeführt hat, auf der
unrichtigen Übersetzung von 372 "7, öpog Zubv = „Zion, der (Tempel)berg“,
anstatt „der (Tempel)berg von Zion“. Nur an einer der zahlreichen
Stellen ist „Tempelberg“ Apposition zu Zion: Ps 2,6. Dies ist aber ein
davidischer Psalm, und zu Davids Zeit war nicht der Moriah, sondern
der Zion Sitz des jüdischen Nationalheiligtums!. Die beiden Hügel, auf
denen nach Flavius Josephus die Altstadt lag, sind nach M. der heutige sog.
Oberzion und der sog. Unterzion. Er beruft sich hierfür auf Josephus,
Bell. lud. 5, 4,2, wonach die alte Zweihügelstadt im Norden von der sog.
„alten Mauer“ begrenzt gewesen sei, weshalb beide Hügel im Süden der-
selben zu suchen seien. Dies ist aber ein Milsverständnis. Der Aus-
druck „im Norden“ bezieht sich nicht auf die Stadt, sondern auf die
Turmseite, von der die alte Mauer ausging. Nur der eine Hügel, der
„die Davidsstadt“ trug, lag südlich von der „alten Mauer“. Der andere
befand sich in der Gegend des alten Serails. M. meint zwar, die Has-
monäer hätten die Höhe des Unterstadthügels nur so weit abgetragen,
dals dieser den Tempel nicht mehr überragte, und deshalb mülsten noch
Reste des ehemaligen Hügels in jener Gegend nachweisbar sein; dies sei
aber nicht der Fall, weshalb der Unterstadthügel sich irgendwo anders
befunden haben müsse. M. hat dabei übersehen, dals Josephus, Ant. 13, 6, 6
ausdrücklich sagt, das Volk habe unter Simon den Hügel „bis auf den
Grund und die glatte Ebene‘ abgetragen. Diesen zweiten Hügel sucht
M. in der Anhöhe des sog. Unterzion. Dem widerspricht die Notiz bei
Josephus a.a.O.: „Nach Abtragung der Burg und des Burgberges ragte der
Tempel über alles empor“, insofern heute noch der Unterzion höher als der
Moriah ist. Der Unterzion ragt über seine unmittelbare Umgebung an
der Nord-, Ost- und Südseite immer noch so merklich hervor, dafs er
mit einem Berg, den man eig &dapos xai nedivnv Acıörnra reduziert hat,
in keiner Weise identifiziert werden kann. — Der 2. Band gilt dem Berg
ı Joel 4, 17: „Gott, der ich in Zion wohne auf meinem heiligen
Berge“. Siehe Ps 48,2. Joel 3,516. Mich 3, 12.
302 Bibliographische Notizen.
Moriah. Den grolsen Brandopferaltar verlegt M. mit Recht auf den
Felsen Sachra; dagegen setzt er sich in Widerspruch mit ‚Josephus, Ant.
15, 11, 4, wenn er Salomon den Antoniaburgfelsen mit einem Sommer-
palaste überbauen lälst. Josephus sagt ausdrücklich, dafs erst die Hasmonaer
diesen Felsen überbaut haben. Der Sommerpalast Salomons befand sich
auf der Südseite der Haramarea, der Winterpalast aber am Fulse der
Südmauer. Auf den Tempelberg verlegt M. auch den vielgedeuteten salo-
monischen Millo, den er mit Recht von dem davidischen trennt. Jenen
identifiziert er mit dem ganzen salomonischen Tempel- und Palastquartier
auf Moriah, während er den Millo der Davidsstadt in dem sog. Davids-
turm wiederfindet. Beides ist durch den jüngst aus dem Assyrischen ge-
lieferten Nachweis, wonach x‘;n, wie assyr. tamlü, „Aufschüttung, auf-
geschüttete Terrasse, Damm“ bedeutet, hinfällig geworden. Der davidische
Millo ist wahrscheinlich in der „alten Mauer‘ der Teil, der die zwischen
Öber- und Unterzion befindliche Taleinsenkung verschlols, während der
salomonische die Schlucht des Wad bis an die Tempelmauer überbrückte.
Das „Haus“ oder „der Palast des Millo“ lag wahrscheinlich an der
Stelle des späteren Hasmonäerpalastes (x59 Il Kg 12, 20 = n;:» „der
Brückendamm“ im Marokkanerquartier. Noch ıst die von M. unter
Zugrundelegung des „Lineals des Gudea“ angesetzte Längenbestimmung
der alten jüdischen Elle = 39,9 cm zu erwähnen. Mit diesem neuen
Malse glaubt er das Heilirtum richtig rekonstruieren zu können. Allein
die mitgeteilten Malsangaben stimmen nicht mit den Verhältnissen der
angehängten Schickschen Karte; so soll z. B. der freie Raum auf der
Ostseite, zwischen der Ostmauer des Tempels und der östlichen Um-
fassungsmauer des ganzen Tempelquartieres, nur etwa 40 m betragen,
während er nach jener Karte ca 75 m milst. — Sind somit die Resultate
der Untersuchungen M.s nicht in allweg stichhaltig, so bieten sie doch
ungemein viel Anregung und Nutzen für das Studium der Örtlichkeiten
der heiligen Stadt.
Blaubeuren. P. Riefsler.
Bibliographische Notizen.
(Das Erscheinungsjahr 1904 und Format 8° wird nicht eigens bezeichnet.)
A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift.
Abkürzungen wie 8. 81 u. 198.
a) Bibliographie. Enzyklopädien. Einleitung. Inspiration.
Hermeneutik. Geschichte der Exegese. Schriftstudium.
Scherman, L., Orientalische Bibliographie XVI 208-243 (B. 1%3,
Reutber. M 10.—).
Vigouroux, F., Dictionnaire de la Bible. Fasc.23. Col.1—288: L—Lit.
(40. P., Letouzey).
Gray, J. C., and Adams, G. M., Biblical Encyclopedia, a Collection of
Notes explanatory, homiletic and illustrative etc. 5 Bde (4500. Cleve-
land, Barton. & 12.50).
Barnes, C.R., Barnes’s Bible Encyclopedia, biographical, geographical,
historical and doctrinal (N. Y., Eaton. $18.—).
Singer, J., The Jewish Encyclopedia V: Dreyfus-Brisac—Goat (XXI u.
686. 1903): Vgl. BZ II 81.
Dondero, A., Institutiones biblicae ad mentem Leonis XIII pont. max.
in encyclica Providentissimus Deus tironum usui accommodatae. Ed. 3.
(533. Genua, Arcivescoville.. L 5.50)
Scotti, &., Lezioni di Propedeutica biblica. Questioni dogmatiche e
critico-letterarie (274. Neapel, D’Auria. ZL 3.50).
Bibliographische Notizen. 303
McPheeters, W. M., The Question of Authorship: Practice versus Theory
(PrthR 1 579—596): ‚Die Praxis bei Profanliteratur, die Praxis der heiligen
Schriftsteller, der Überlieferung, ja der modernen Kritiker widerlegt die
Ansicht, die Frage nach dem Verfasser sei ohne Bedeutung, eine blols
literarische Frage. Vgl. BZ II 86.
Die Frage nach der Authentie der biblischen Bücher. Misc. (Bew. d.Gl.
3. F. VI, 10. H. [Okt. 1903|).
Gregory, D. S., Outline View of the Bible as God’s Revelation of Re-
demption (BStdt N.S. 145—55 108-117): Sucht für jedes Buch der Bibel
den Platz in der Offenbarungsgeschichte genau zu bestimmen.
Blondel, M., Histoire et Dogme — les lucunes philosophiques de l’exegese
moderne (La Quinzaine 16. Jan. 1904, 145—107).
Billot, L., De inspiratione sacrae Scripturae theologica disquisitio (146.
Rom 1903, Tip. de propag. fid.).
Schanz, <P. v.>, Die Inspiration der Heiligen Schrift (Köln. Volks-
zeitung 194, Lit. Beilage Nr 11): Für weitere Kreise handelt S. von der
Tatsache der Inspiration (für das NT historisch nachweisbar nur aus der Apo-
stolizität erschlossen und deshalb von S. auch mit derselben zusammen-
hängend getalst. Nach der Bulle Providentissimus Deus (durchgängige
Realinspiration, ausnahmslose Irrtumsfreiheit) bleibt offen die Beziehung
zwischen der Subjektivität der Verfasser und den Objekten der Dar-
stellung. Gott als „auctor“ ist durch den Inspirationsbegriff zu erklären,
nicht umgekehrt. Wie der Literarkritik (Verfasser, allmähliche Bildung,
seudepigrapbische Schriften), so steht auch der historischen Kritik in
BZ auf die benutzten Quellen der Weg frei, wiewohl nur unzweifelhafte
wissenschaftliche Resultate den Exegeten bestimmen sollen, von der all-
gemeinen Erklärung abzuweichen.
Dahle, L., Der Ursprung der Hl. Schrift (die Inspiration). Aus d. Nor-
weg. von H. Hansen (VII u. 160. Lp. 1903, Ungleich. M 1.20).
Sheraton, J. P., The Procefs of Inspiration (BStdt N. S. 1 18-20): Be-
dingt den göttlichen und menschlichen Charakter der Bibel. — The Pro-
duct of Inspiration — the inspired Scriptures (ebd. 84—%): Notwendig
für die Glaubwürdigkeit und Vollständigkeit der Offenbarung ist die Irr-
tumslosigkeit nicht, aber tatsächlich ist die Bibel ırrtumslos.
Merisi, A., Le fonti dei Libri Sacri e il dogma dell’ ispirazione (Scuola
Catt. Nov. 1903, 423 —438).
Portig, Hermann von Helmholtz und die Inspiration. Antworten auf
Zweifeltragen (Glauben u. Wissen I, 11. H.).
Burrell, D. J., „Is“ or „contains“? (BStdt N. S. I 22—24): Letzteres: die
Bibel „enthalte“ nur Gottes Wort, führt zu schlimmen Folgerungen.
Grannan, C.-P., Questions d’ecriture sainte. Trad. de l’anglais par l’abbe
L. Collin (18%. P. 1903, Lethielleux): Erschienen vor einigen Jahren
in Catholie University Bulletin und American Catholic Quarterly Review,
über Anwendung der Kritik auf die Bibel und über Inspiration. Ge-
mälsigt fortschrittlich (nach Rev. du clerge fr. 1. März 1904, 44 ff).
Curry, S. S., Vocal and literary Interpretation of the Bible. Introd.
by F. G. Peabody (12°. XX u. 354. N. Y. 1903, Macmillan. $1.50).
Fontaine, J., La methode historique et les &tudes scripturaires (Science
cath. Mai 1903, 473—486).
Girerd, F., L’autorite de la Bible (Annal. de phil. chret. Ser. 3, T. II,
399-414): Wiewohl die Unfehlbarkeit der Kirche sich wenig über den
Umfang der Offenbarungswahrheiten erstreckt, dieselbe, soweit sie in ihrer
allgemeinen Lehre und im consensus patrum zum Ausdruck kommt,
schwer feststellbar ist, darf man doch seit unvordenklicher Zeit vertretene
Lehren der Kirche und der Väter nicht einfach aufgeben. Durch Bei-
spiele der Exegese der Väter und unverdächtiger Exegeten zeigt er, dals
wohl die Freiheit der Bibel von Irrtum, nicht aber von Ungenauigkeiten
sicher gestellt sei. Anzunehmen, dals ein inspirierter Autor glaubt, die
304 Bibliographische Notizen.
historische Wahrheit zu sagen, und sich dabei täuscht, widerspricht nicht
der Tradition. Gott leistet nur Bürgschaft für den religiös-doktricakı
Teil der Heiligen Schrift, dals der religiöse Zweck, dem inspirierten Autr
bewulst oder “unbewulst, erreicht werde. Alle geschichtlichen Tatsa:«:
auch in den Evv, sind nur Material, das einer historischen Sicherung
und Richtigkeit nicht bedarf.
Rau, A., Bibel und Offenbarung (Delitzsch, Walter. M 1.—).
Waller, c. H., The Word of God and the Testimony of Jesus Chr
(Ld., Marshall).
„Köhler, M., Die Bibel, das Buch der Menschheit (74. Berneck, Warneck
— .50)
Schmid, B., O.S.B., Grundlinien der Patrologie. 6. Aufl. (XII u.%.
Freiburg, Herder. M 2. —): Trotz des Erscheinens von Rausch:
„Grundrifs der Patrologie“ wel ob. S. 83) sind die 1879 zum ersten Ma»
publizierten „Grundlinien“ em Konkurrenzunternehmen nicht gewick:r.
er Verf. hat inzwischen fleilsig an dem Werke gearbeitet und will au
in der sechsten Ausgabe namentlich durch eingehendere Charakterisierunz
der Kirchenschriftsteller mehr leisten. Da Bardenhewers u. a. patrı-
gische Publikationen zu (Gebote standen, konnten zahlreiche Feb:
früherer Auflagen korrigiert werden. Um so mehr fällt auf, dals Schms
Referate in manchen Echtheitsfragen (Barnabasbrief, Pseudojustina u.a
noch sehr reserviert klingen. Die Aufzählung der Werke mancher Schnit:-
steller will mir als zu schematisch und mechanisch erscheinen. S.
Guidi, J., Un fragment arabe d’onomastique biblique (Rb N. S. 175-8:
Ein Fragment mit Erklärung der Prophetennamen MsVat. ar. 171 f.®“.
durch das Syrische aus dem “Griechischen stammend.
Schanz, M., Geschichte der römischen Literutur bis zum Gesetzgebung
werk des Kaisers Justinian. IV 1: Die Litteratur des 4. Jahrh. ıXVIu
459. München, Beck. M 8.80): In $ 852--854 werden die Gedichte de %-
doma und de Jona, $ 855 das Evangelienbuch des Juvencus, $ 857 der
biblische Vergilcento der Proba. 3 873 das Dittochaeon des Prudenuas
& 530 die Gedichte des Paulinus von Nola über biblische Stofle, & 8%-
891 und 910—930 die exegetischen Schriften des Hilarius von Poitier
und Aınbrosius, $ 945 der sox. Ambrosiaster, & 952 Priscillians Kanone
zu den Paulusbriefen, 8 962f der Wallfahrtsbericht der sog. Silva
(Etheria) und andere Schriften über das hl. Land, $ 980—989 die Revisioı
und Übersetzung der Hl. Schrift durch Hieronymus und dessen exegetischt
Schriften ausführlich und sachkundig besprochen. cW.
Blacha, F. v., Der pseudo- cyprianische Traktat „De singularitate cler-
corum” ein Werk des Novatian (Kirchengeschichtl. Abhandl., herausg. v.
M. Sdralek 11 191—256): Untersucht S. 203—219 die Bibelzitate und ge-
langt ım Gegensatze zu Harnack (BZ I 309) zu dem Resultate, dals au:
ihnen auf einen Autor des 3. Jahrhunderts geschlossen werden müsse und
die nahe Verwandtschaft mit dem Texte Lucifers nicht zugegeben wer-
den könne. Cc.W.
Gaucher, Saint Jeröme et l’inspiration des livres deuterocanoniques (Scient:
cath. Febr. 1904).
Bellanger, L., Le Poeme d’Orientius. Edition critique avec un Fa-
Simile, «tude philologique et litteraire, traduction (XV u. 351. P. 1.
Fontemoing): Bespricht S. 268—275 das Verhältnis des Dichters zur
Bibel. Orientius wollte in seinem paränetischen Gedichte „faire servir is
forme poetique A mieux fixer dans les esprits les pr&ceptes et les enseigne
ments des textes sacres”. Commonit. 1, 33 ff eine eigenmächtige Modi-
fizierung der biblischen Erzählung vom Propheten Balaam. C.W.
Reinelt, P., Studien über die Briefe des hl. Paulinus von Nola (VII
u. 104. Bresl., Aderholz): Handelt 8. 84—91 über das Bibelstudium der
damaligen Zeit und seinen Reflex in den Briefen des P. und glaubt hır-
sichtlich der Textgestalt der zitierten Stellen folgendes feststellen zu
Bibliographische Notizen. 305
können: Nach 410 benutzteP. für NT und Ps mit geringen Abweichungen
die Vulgata. In den früheren Briefen stimmen seine Zitate aus NT mit
Augustinus, die aus Ps mit dem Psalt. Rom, überein. Für AT mit Aus-
nahme von Ps benutzte er eine an die LXX sich anschlielsende Über-
setzung. .« W.
Thimme, K., Luthers Stellung zur Heiligen Schrift (104. Gütersloh,
Bertelsmann. M 1.80).
Burgess, U., The Bible in Shakspeare: with numeral parallel Passages etc.
(Chicago 1903, Winona Publ. Co.).
Schultze, E., Die Bibel in der weiten Welt. Eine Denkschrift zum
100jährigen Jubiläum der britischen und ausländischen Bibelgesellschatt,
mit Berücksichtigung der schweizerischen und deutschen Verbände (VIII
u.133 mit Titelbild. Basel, Kober. M 1.—): Orientiert in klarer populärer
Weise kurz und bündig über das, was die festfeiernde Bibelgesellschaft
betrifft, getragen von edlem Vertrauen auf den Wert und die Gotteskraft
der Heiligen Schrift. Das protestantische Schriftprinzip ist ihm die richtige
Grundlage für das Verständnis eines solchen Unternehmens; der land-
läufigen Be- und Verurteilung der katholischen ablehnenden Haltung
stimmt er zu. Doch gelingt es ihm $. 107, die gegensätzliche Stellung
der katholischen Kirche aus den dem protestantischen Bibelsakramente
entgegengesetzten katholischen Schriftprinzip — allerdings in etwas über-
spannter Tragweite — abzuleiten und gerecht zu würdigen.
Canton, W., A History of the British and Foreign Bible Society. With
Portraits and Illustrations. 2 Bde (X1 u.512. XlI u. 496. Ld., Murray):
Zum 100jährigen Jubiläum 7. März 1804—1904, I. Bd bis 1817, II. Bd
1817—1854.
Darion, T. H., and Moule, H. F., Historical Catalogue of the printed
Editions of Holy Scripture in the Library of the British and Foreign
Bible Society. 2 Vols. Vol. I, English (XIII u.428. Ld., Bible House.
ls 6d).
Kautzsch, E., Bibelwissenschaft und Religionsunterricht. Sechs Thesen.
2., miteinem Votum über neueste Erscheinungen (Stosch, Urquhart, Lepsius
und der Babel-Bibel-Streit) verm. Aufl. (96. Halle 1903, Strien. M 1.50).
b) Sprache. Text und Übersetzungen. Bibelkritik.
Schulthess, F., Lexicon Syropalaestinum (X VI u. 226. B. 1903, Reimer.
M 10.—): Eine erschöpfende lexikalische Bearbeitung des syropalästinischen
Materials, das hauptsächlich aus Schrifttexten besteht.
Nestle, E., Sykophantia im bibl. Griechisch (ZnutW 1V 271 f): Zukopavreiv
= bedrücken, erpressen (ps). In der Übersetzung der Tebtunis Papyri
wird es mit „falsch anklagen“ wiedergegeben.
Facsimiles of ancient Manuscripts etc. Part. I. Herausgeg. von The
new palaeograplical Society (Ld. 1903): Enthält Proben aus dem
AT, LXX (10. Jahrh.), den griechischen Evv (1160), den lat. Evv (11. Jahrh.,
mit verziertem Titel und einer Textprobe), einen lat. Psalter (1322—1325,
mit reichem Schmuck).
Vacandard, E., Saint Victrice, Eveque de Rouen (IV°—V* s.). 2. edit. Les
Saints. (Il u. 187. P. 1903, Lecotire): Bespricht S. 33—35 den Bibeltext
der Schrift oder Predigt de laude Sanctorum (Migne XX). Er erscheint
ihm verwandt mit dem des Hilarıus von Poitiers, des Ruricius von Li-
moges und einer Cambridger Hs und geeignet, einen neuen Beweis zu
liefern „de l’existence d’une version gallicane distincte de l’Itala propre-
ment dite”. 6. W.
Elis, C., Über die Fremdworte und fremden Eigennamen in der gotischen
Bibelübersetzung in grammatischer und archäologischer Hinsicht. Diss.
Löttingen (76 S.).
Palmieri, A., Le versioni Georgiane della Bibbia (Bessarione s. II,
vol. V, 259—268 322— 328): Weist hin auf die Wichtigkeit der georgischen
Biblische Zeitschrift. U. 3. 0
306 Bibliographische Notizen.
Literatur, die zu sehr vernachlässigt werde, gibt reichlich Quellen für
die Geschichte des Volkes an. Fundorte in den verschiedenen Bibiictkeken
des Orients und des Abendlandes und beginnt mit einer Beschreibung
und Würdigung der Bibelhss.
Cheikho, L., S. J., Les Mss arabes de Ü Universite St Joseph (Al-Mairk
VII, Nr 1-3): Die Bibel-Mss AT und NT; Kommentare.
Demans, R., William Tinsdale, a Biography. Being a Contribution io
the early History of the English Bible. Pop. Ed., rev. by R. Lovett 52.
R. T.S. 38 6d\.
The Holy Bible containing the O and NTs, tr. out of the original Tongıes
and with tormer Translations diligently compared and revised etc. (4%. 1332.
ill. pl. maps. Philadelphia, Holman. $3.—).
The Century Bible. Introd., Rev. Vers. with Notes, giving Ana'vsis
showing from which of orig. Documents each Portion of the Text
taken (12°. Ld.. Jack): Genesis, ed. by W.H.Bennet. Judges and Ruth. ei.
by G. W. Thatches. a 28 dd.
The Holy Bible containing the O and NT, tr. out of original Tongu=.
Standard Ed. (285 u. 242. N. Y. 1903, Nelsor. ee
The English Bible. Vol. V: Apocrypha. The Tudor Translation (3.
Ld.. Nutt. 905).
Zwolski, S., De bibliis polonicis, quae usque ad inilium saeculi XV].
in lucem edita sunt. Diss. Münster (69 8.).
Xanthopoulos, Th., Les dernieres traductions de P’Ecriture Sainte en nic
grec (Echos d’Orient VI 230—240): In V 8321—332 (vel,, BZ 186
schäftigte sich X. mit den verschiedenen Versuchen der Übersetzung der
Hl. Schrift ins Neugriechische, die seit dem 18. Jahrh. gemacht wurier.
Hier erstreckt sich die Untersuchung auf die Unternehmungen m
19. Jahrh. bis herab zu der von Palle (BZ I 412), die Ursache der Re-
volution in Athen 1901 war (nach Bessarione s. 11, t. V, xxxıx\.
Brucker, J., Bulletin d’Ecriture Sainte (Etudes XCVIII 386-401: Vel.
BZ 11105. In Hummelauers Kommentar zu Jos findet B. die Formel
für die Veränderungen im heiligen Texte: „Textus habebant non fixos. sed
fluxos“, kühn, aber zulässig, wenn die Inspiration intakt bleibt. Auch
in Bezug auf Negierung einer Tradition über die Autoren der heiligen
Bücher ist B. mit H. nicht ganz einverstanden. — Die literarkritische
Textbehandlung in Larranges Juges findet B. subjektiv. L.s Erklärung
der Chronologie der Richterzeit ist nach B. auch von andern koner-
vativen Exegeten vertreten. — Loisys Verurteilung. Die historisch
Kritik ist in ihm nicht getroffen. wohl aber seine Methode. sie ar-
zuwenden. Er ignoriert vollständig alles Übernatürliche. — Schell:
Christus will nur eine Philosophie seiner Sittenlehre sein, ohne selb:
hier auf Vollständigkeit zu dringen. B. erkennt an, dalis er die Glaut-
würdigkeit der Evv festliält und ihren Lehrgehalt glücklich gegen neuere
Angriffe verteidigt. 8. bemühe sich aber auch, seine eigenen lieb
gewonnenen Ideen in die Evv hineinzutragen.
Bevan, G. M., The Bible and modern Criticism (ExpT XV 92f: Gibt
Nachricht über einen Ferienkurs zur Einführung der Bibelleser in die
Bibelkritik. :
Haas, A. W., Biblical Criticism (XXXI u. 233, Philadelphia 1®%.
Gen. Counc. Luth. Publ. House. $1.50).
Lambert, W. A., Is higher Criticism satisfactory as a Method of bitliei
Study? (bBStdt VIII 166—169): Nein, weil die religiöse Wertung der
Bibel vernachlässigt wird.
Hall, W. P., Some Results of destructive Criticism (BStdt N.S.I 20-2:
Diskreditierung der Bibel und Christi.
Beecher, W. J., The old Tradition and the new (BStät N. S. I 1-13:
Der jetzt vertretene Kritizismus ist in seiner gegenwärtigen Gestalt nicht
als dauernd zu betrachten.
Bibliographische Notizen. 307
Buttz, H. A., Conditions of authoritative biblical Criticism (BStdt N.S.
I 75—84): Abdruck aus Methodist Rev. März—April 1896.
Myth and Fiction as employed in the Bible. A Symposium (BW XXII
342—357): Aulserungen einer Reihe von Exegeten über Tatsächlichkeit
und Vereinbarkeit mit der Inspiration, meist beides bejahend.
Fontaine, J., La Bible: histoire ou lögende? Surtout A propos d’un
article des Studi religiosi (La Science cath. Nov. 1903, 1017—1041).
Fonsegrive, G., A propos d’eregese (La Quinzaine 16. Dez. 1903, 441—453).
Ermoni, V., La crise de l’exegese biblique. Reflexions judicieuses (La
Quinzaine 16. Febr. 1904, 481—499).
5 Era hy La Bible et l’histoire. Collection Science et Religion (120.
„ Bloud).
Doerr, F., Religionsgeschichtliche Methode und Bibelautorität (PrM VII
361—393): Sie hat bewirkt, dals die moderne "Theologie keinen Kanon
und keine auf Inspiration beruhende Autorität mehr kennt, im geraden
Gegensatz zur Schätzung der Bibel in der Gemeinde, die in das ge-
schichtliche Verständnis der Bibel eingeführt werden muls.
er E., Bibel und Naturwissenschaft (318. Stuttgart, Kielmann.
8.—).
Fontaine, Exegese catholico-protestante (Science cath. März 1904).
X., Leone XIIIela critica biblica (Rassegna Naz. 1. Nov. 1903, 28—45).
Vautier, E., De la question biblique chez les catholiques de France (Lib.
chret. VII [1904] 1).
Mignot, Critique et Tradition (Le Correspondant 10. Jan. 1904, 3—32).
— Eine Übersetzung davon: Gazagnol, G., Msgr. Mignots Äu/serungen
über „Kritik und Tradition“ (Zwanzigstes Jahrh. 1904, Nr 5, 6, 8, 10):
M. fürchtet von der neuen Bewegung auf biblischem Gebiete keine ernste
religiöse Krisis, sondern erhofft cine neue Orientierung. Loisy scheint
ihm mehr unrichtiges Verständnis gefunden zu haben, als dals man an
der groflsen Gelehrsamkeit und Aufrichtigkeit des Verfassers zweifeln
dürfte. Die Kirche besitzt eine von der Bibel unabhängig begründete
Autorität. Das lebendige Werk Christi bietet uns den unentbehrlichen
Schlüssel zum NT. Loisy hat in seinem Werke nur aus einigen Quellen,
den Synoptikern allein, geschöpft, ohne deshalb andere Quellen und sämt-
liche daraus hervorgehenden Wahrheiten leugnen zu wollen. — Mgr Mignot
au Vatican (L’Univers 23. Dec. 1903): Er fand sich in seinen biblischen
Auffassungen in vollständiger Übereinstimmung mit dem Papste —
Maignan, C., Critique et Tradition. Discussion de l’article de Mgr \Mignot
publie dans le Correspondant du 10 janvier (La Verite franc. 21., 22., 25.,
26. Jan. 1904, — Lott, A., Critique et Tradition (La Verite franc.
2, Febr. 1904).
A. P., L’ortodossia russa contro la pretesa critica scientifica dei Libri
santi (Bessarione s. II, t. V, 417f): Die russischen Exegeten zeigen eine
beachtenswerte Bekanntschaft mit der modernen Kritik, aber sie halten
mit Energie an der Göttlichkeit der heiligen Schriften fest.
c) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie.
Tlele, C. P., Grundzüge der Religionswissenschaft. Eine kurzgefalste
Einführung in das Studium der Religion und ihrer Geschichte. Autoris.
deutsche Bearb. von G. Gehrich (VII u. 70. Tübingen, Mohr. M 1.80).
Bousset, W., Das Wesen der Religion dargestellt an ihrer Geschichte
(IX u. 286. Halle 1903, Gebauer-Schwetschke. M 4.—): 4. Propheten
und prophetische Religionen (99—122). 5. Gesetzesreligionen: Judentum
usw. (123—157). 7. Das Wesen des Christentums (192—232). 8. Die
Zukunft des Christentums (233—270).
Hehn, J., Sünde und Erlösung nach biblischer und babylonischer An-
schauung (Vll u. 63. Lp., Hinrichs. M 1.60): Interessant als Versuch,
mit dem Standpunkt der katholischen Exegese Aufstellungen eines Gunkel,
20*
308 Bibliographische Notizen.
Winckler, Zimmern auszugleichen. Die Nebeneinanderstellung von Marduk
und Christus wird wohl eine noch eingehendere Darstellung erfahren in
der vollständigen Veröffentlichung der Dissert. Hehns (vgl. BZ I %ı in
Beitr. zur Assyr. und sem. Sprachwissenschaft V 3.
Tennant, F. R., The Sources of the Doctrines of the Fall and original
Sin (XIV u. 363. Cambridge 1903, Un. Press): Beschäftigt sich mi
der biblischen Erzählung, ihrer Erklärung und Literarkritik, Parallelen.
sychologischem Ursprung, Lehre des Sir, des Judaismus, der rabbinischen
Titerabar, der jüdischen Pseudepigraphen, des Paulus und der Kirche vor
Augustin.
Fulliquet, &., Le Miracle dans la Bible (470. P., Fischbacher. Fr 7.50.
Ziiier, F., Die biblischen Wunder in ihrer Beziehung zu den biblischen
Welt- und Gottesvorstellungen (Samml. gemeinverst. Vorträge 38. 3'.
Tübingen, Mohr. M —.80): Findet die Wunderauffassung jeweils den
Phasen der (rationalistisch gefalsten) Religion Israels entsprechend.
Ziese, J. H., Die Gesetz- und Ordnungsgemä/sheit der biblischen Wunder.
universalgeschichtlich begründet (1V u. 182. Schleswig 1903, Ibbeken.
M 2.—): Die biblischen Wunder sind nicht göttliche Willkürakte, sondern
dienen der Wiederherstellung der durch die Sünde gestörten Weltordnung
und reihen sich dem jeweiligen geschichtlichen Entwicklungsstande dieser
Wiederherstellung im Laufe der Weltgeschichte an (nach ThLbl XXV 5lf..
Montefiore, C. G., Rabbinic Conceptions of RBepentance (JqR XV
209—257): Beruhen im wesentlichen auf dem AT, da Hellenismus und
NT keinen eigenen Begriff haben. Die rabbinische Lehre über die Bul*
ist erst die volle und echte Entfaltung derselben, zugleich eine Harmo-
nisierung der priesterlichen und prophetischen Auffassung. Ein reiche
rabbinisches Material kommt in Verwendung.
Reinach, T., Histoire des Israelites depuis la ruine de leur independen
Fa Jusqw’a nos jours. 8° ed. (16%. XIX u. 416. P. 1903, Hachette.
r 4.—). :
Ninok, C., Auf biblischen Pfaden. Reisebilder aus Agypten, Palästins
Syrien, Kleinasien, Griechenland und der Türkei. 6., verm. u. verb. A
(4%. VIII u. 416 m. Abb., 2 Kart. u. 1 Panor. Lp. 1903, Deutscher Kinder-
freund. M 7.—).
Soden, H. v., Palästina und seine Geschichte. 6 volkstümliche Vor-
träge. 2. Aufl. Aus Natur und Geisteswelt 6. Bdchen (IV u. 112. Lp.
Teubner. M 1.25).
Grammatica, L., Testo Atlante di Geografia Sacra I: Geografia Biblire
(Bergamo, Istituto Ital. d’arti graf. L 4.80): Eine Rez. der Str Ill
549 —551 vermilst darin die historische Korrektheit in Bezug auf die Aus
scheidung der geographischen Angaben einzelner Perioden und tadelt den
Aufbau des Atlas auf der traditionellen statt einer wissenschaftlichen
Exegese.
Preuschen, E., Leitfaden der biblischen Geographie. Mit 6 Ortsansichten
(IV u. 174. Gielsen, Roth. M 1.—).
Müller, R., Eine schweizerische Jerusalemfahrt im Anfang des 16. Jahrh.
(Schweiz. theol. Zeitschr. 1903, 204—254).
Mühlau, F., Martinus Seusenius’ Reise in das heilige Land im Jahre 1602.
Kieler Univ.-Progr. 1902 (35 S.).
Sargenton-Galichon, A., Sinai, Ma'än, Petra. Sur les traces d'Isruäl
et chez les Nabateens. Avec une lettre-preface du M. de Vogüe (1%.
XV u. 305. P., Lecofire): Einer Sylvia von Aquitanien nacheifernd.
scheute die Schriftstellerin nicht Gefahren und Strapazen, um im Arn-
schluls an eine Karawane der Ecole biblique unter Führung von P. A. Jaussen
die weite Reise zu unternehmen. In diesem schön ausgestatteten. mit
Karten und Illustrationen geschmückten Werke bietet sie ein fortlaufen-
des Tagebuch (10. Febr. — 25. März 1902), mit Geist und Gemüt g«
schrieben, von feiner Naturbeobachtung und sorgfältigen vorbereitenden
Bibliographische Notizen. 309
Studien zeugend. Sie hat damit für Liebhaber solcher Reiseberichte
und solche, die jene Gegenden bereisen, eine angenehme Lektüre ge-
schaffen. f
Dressaire, L., Etudes palestiniennes. La tradition et Tauthenticite des
Lieux saints (Rev. Aug. 15. Mai 1903, 416—431).
Historische Stätten in Palästina. Nach eigenen Aufzeichnungen während
einer archäologischen Expedition im Sommer 1903 (Allg. ev.-luth. Kz 1904,
Nr 1-4): Jericho, die TTerebinthe Mamre, die galiläischen Synagogen,
Sichem und Umgebung.
Barnabe d’Alsace, Questions de topographie palestinienne: Le lieu de
la rencontre d’Abraham et de Melchisedech, avec une appendice sur le tom-
beau de S. Anne a Jerusalem (164. Jerusalem, impr. Francisc.).
Blake,W., Jerusalenı. Ed.by E.R.D. Maclaganand A.G.B. Russel.
(150. Ld. 1903. Bullen. 68).
Leeper, J. L., Voices from Underground Jerusalem (BW XXII 167—179):
Die Lage der einzelnen Stadtteile wird, soweit möglich, in Wort und
Bild geschildert. — Remains of the Temple at Jerusalem (ebd. 329— 341).
Gatt, G., Bemerkungen zu Dr. Alf. Schulz’s Aufsatz über die Sion-
Frage (ThQ LXXXVi 249-258): Gegen ThQ 1900, 356—389. Mit S.
nimmt G. an, dals die Bibel gewöhnlich von einem Berge Sion in über-
tragenem Sinne rede, behauptet jedoch gegen S., dals sie auch einen eigent-
lichen Berg Sion in topographischem Sinne kenne; die Tradition von
einem Berge Sion sei nicht entstanden wie etwa die über das Tal Josa-
phat. Die Lage der Davidsstadt nach S. bestreitet G.: die Akra der
Syrer sei nicht identisch mit der Davidsstadt 1 Makk. Mit Unrecht finde
S. bei Josephus ein Akra in doppeltem Sinne. — In ThR III 28 findet
G., dals auch Germer-Durand (vgl. BZ II 88) mit ‚Josephus, der Bibel
und der Bodenbeschaffenheit in Widerspruch gerate.
Masterman, E. W. G., Jewish Customs of Birth, Marriage and Death
(BW XXIII 248-257). — Occupations of the Jews in Palestine (BW XXII
88—97). — Feasts and Fasts of the Jews in modern Palestine (BW
XXIII 24-36 110-121).
Davies, T. W., Sacred Music among the ancient Hebrews and in the
Christian Church (Bapt. Mag. an. Lit. Rev. Sept.-Okt.-Nov. 1903).
Rattray, A., Divine Hygiene: Sanitary Science and Sanitarians of the
Sacred Scriptures and Mosaic Code. 2 Bde (672, 756. Ld.1903, Nisbet. 325).
d) Auslegung.
Carr, A., Horae Biblicae: Short Studies in O and NT (242. Ld.,
Hodder. 6s).
La salnte Bible arec commentaire d’apres Dom Calmet, les saints peres
et les eröyetes, anciens et modernes, par J. A. Petit. T. 15 (705. Arras,
Sueur-Charruey).
Urquhart, J., Die neueren Entdeckungen und die Bibel. V. Bd. Von
den Büchern Chronik bis zum Ev Johannis. Übers. von G. Spliedt
(XII u. 376. Stuttgart, Kielmann. M 4—). — Der 1. Bd in 4. Aufl.
(XVI u. 341). Vgl. BZ I 93 329,
Matheson, G., Representative Men of the Bible II: Ishmael to Daniel.
(864. Ld. 1903, Hodder).
Steinführer, W., Der Engel Gesetz. Ein theologisches Problem. I. Hin-
weisender Teil (XI u. 400. Lp. 1903, Richter. M 8.—): „Ein Stück Gnosis
in moderner Ausrüstung!“ Das Gesetz des AT ist nicht von Jalwe,
sondern von den Engelmächten (Elohim), ein Gegensatz, den dann der
aulserhalb desselben stehende Christus zu lösen hat. Sogar in apostolischer
Zeit, im Petrinismus und Paulinismus wırke dieser Gegensatz noch nach
(ThLbl XXIV 549-552).
Jacob, B., Im Nanien Gottes. Eine sprachliche und relieionsgeschicht-
liche Untersuchung zum A und NT (VII u. 176. B., Calvary. M 3.—).
310 Bibliographische Notizen.
B. Das Alte Testament.
a) Einleitung. Geschichte der Exegese. Biblisch-orientalische
Sprachen.
Beardslee, J., Outlines of an Introduction to the OT (12%. 215. \.Y.
Revell. $1.20).
Sampey, J.R., Syllabus for the OT Study (105. Louisville 1903, Dearinz.
Wünsche, A., Der Schüpfungsbericht (Gen.1) nach Auffassung des Midrasch
(VB 1 356— 398}: Gibt die Erklärungen aus Tanchuma, Jelamdenn.
Lekach tob in Übersetzung wieder.
Wertheimer, oo» vz5 "eo (15 S. u. 23 Bl. Jerusalem 1903): Von den
7 Nummern enthält: Nr 2: Midra® zum Buche Est (Bruchstück'; 3: Frer-
mente eines ="x on; 5: das Büchlein Zerubabel mit Fragmenten aus
Hss; 6: Rolle des Antiochus, aram. nebst arab. Übers. (schon längst edıert:;
7: den R. Akiba zugeschriebenen Midras über die *""r und über die groisen
und kleinen Buchstaben (neu ediert. Nach MGWJ XLVII 3711, wo
u. a. Nachträge zu Nr 2,
Perles, F., Proben aus dem Nachla/s von Joseph Perles (JqR XVI 31
—356): Mehrere Worte aus den Midrasen und Targumen werden erklirt
Witte, J., Der Kommentar des Apponius zum Hohenliede. Unters. über
die Zeit und den Ort seiner Abfassung, über die Persönlichkeit des Verf.
und über die Stellung des Kommentars in der Geschichte der Auslegung
des Hohenliedes. Diss. Erlangen (95 S.).
Bacher, W., Aus dem Wörterbuche Tanchum Jeruschalmi's. Nebst einen
Anhang über den sprachlichen Charakter des Maimünischen Mischne-
Tora. Progr. (146u.38. Stralsburg 1903, Trübner. M4.—): Das 1.Kap.
der Schrift von B. handelt über Tanchum J. (er war tatsächlich in Ps-
lästina zu Hause). Im 12. Kap. stellt B. die wenigen bibelexegetischeu
Bemerkungen aus dem Wörterbuch zusammen (nach OrLz VIl 13—1%.
Bacher, W., Zur neuesten arabischen Literatur der Juden. B. Bisl-
übersetzungen. Bibelexegese. Homiletisches (ZhB VII 148—150).
Vrede, W., Die beiden dem hl. I’homas von Aquin zugeschriebenen Kom:
mentare zum hohen Liede. Diss. Münster 193. (41. B.): Sie sind un-
echt. Höchstens ist der Kommentar „Sonet vox tua’” von Agidius Romanus
nach Vorlesungen des hl. Thomas geschrieben (nach Köln. Volksz. 1%3,
Beil. Nr 40).
Vernes, M., Ernest Renan ecrivain et V’histoire du peuple d’ Israel (Rev.
de Belg. 15. Febr. 1904, 119—138).
Trenel, LAT et la langue francaise du moyen-äge (VIIIL— X V: sieceı.
stude sur le role de l’clcment bıblique dans l’histoire de la langue, des
origines a la fin du XV" siecle (P., Cerf. Fr 10.—).
Theodor, J., Bereschit rabba mit kritischem Apparate und Kommentär.
Lief. 1. (B. 1903, Selbstverlag): Etwa auf 8 Lief. berechnet zu M3.—; vol.
MGW.J XLVIl 379 f.
Smith, J. M. P., Heinrich Ewald and the OT (BW XXIl 407—115.
Hirschfeld, H., The Arabic Portion of the Cairo Genizah at Cambridge IN:
Further Saadyäh Fraxments (JqR VL 290-299): Nr XII enthalt dın
Antang einer Abhandlung über Ex 12 von Saadja. Übersetzung und
Abdruck.
Sancti Hieronymi Presbyteri Tractatus sive Homiliae in Psalm«
quattuordecim. Detexit adiectisqgue commentariis criticis primus e&.
G. Morin. (Anecdota Maredsolanua III 3 Oxtord, Parker. std). _
Buber, $., rrox-3 non: Midraschische Auslegungen zum 1. Buche Moss.
Nach den ältesten Druckwerken, in Vergleichung mit einer Oxforder Hs
Cod. 2340 herausgeg. Mit Erklärungen und einer Einleitung versehen
(XLV11I u. 165. Krakau 1903. Fischer).
Brewer, H., S.J., Über den Heptateuchdichter Cyprian und die Cama
Cypriani (ZkTh XXV11l 92—115): Identifiziert den Dichter des Hepis-
Bibliographische Notizen. 3ll
teuch mit dem Presbyter Cyprian, an den Hieronymus um 418 epist. 140
(eine Erklärung von Ps 89) richtet, und hält es für sehr wahrscheinlich,
dals derselbe auch die Gedichte über Sodoma, Jonas und Ad Senatorem
sowie die seltsame Caena Cypriani, die nach seiner Ansicht um 380—400 in
Überitalien entstanden ist, verfalst habe. Wie die letztere als „geistliclıe
Tischwürze“ aufzufassen sei (vgl. Zeno von Verona, Tract. 11 38), so habe
Cyprian mit seinen Bibeldichtungen den Zweck verfolgt, „der Volks-
unterhaltung einen geistlichen Stoff in volkstümlicher Anpassung zu
bieten“. Die Ausführungen des Verf. sind nicht durchweg überzeugend
und enthalten im einzelnen Ungenauigkeiten (S. 109 A. 4 und S. 114 ist
Stutzenberger für Stuckenberger zu schreiben; vgl. BZ II%. Der S. 110
A. 1 zitierte Gelehrte heilst W., nicht H. Kroll und hat gegen das
afrikanische, nicht gegen das gallische Latein polemisiert). C.W.
Freimann, A., a Hildesheimer, M., o"ax r>*3, Festschrift z. 70. Ge-
burtstage A. Berliners, gewidmet von Freunden und Schülern. 2 Teile
(XXX], 376 u. 130. Fraukfurt a. M. 1903, Kauffmann. M 20.—): 44 Bei-
träge. Biblisch-exegetisch sind folgende: Barth (S. 33—40) weist midra-
sische Elemente in der muslimischen Tradition nach. Blau, Uber den
Einfluls des althebräischen Buchwesens auf die Originale und auf die
ältesten Hss der LXX, des NT und der Hexapla (41—49). S. Fränkel
(97—99) gibt Beiträge zum targumischen Wörterbuch. J. Friedländer,
Die Messiasidee im Islam (116—130): Der Schiitismus ist jüdischen Ur-
sprungs (so schon Wellhausen) und hängt mit der Messiasidee zusammen;
ebenso der Mahdi-Glaube. Grünhut\ 156—163), Bemerkungen zu Berliners
Raschi-Ausgabe: Raschis Tanchuma und der verloren gegangene Jelam-
denu sind ein und derselbe Midras mit verschiedenen Namen (gegen
Buber). M. Horowitz (180—189) sucht u.a. an drei Beispielen zu zeigen,
wie durch die Halacha schwierige Stellen der Thora erklärt werden
können. Landaxer (215—226) handelt über das Aleph als mater lectionis
im Jüdisch-Aramäischen. I. Löw (231—254) behandelt die Ptlanzennamen
bei Raschi. Preufs (296—298) handelt vom altfranzösischen v:>» 2 bei
Raschi. Eppenstein (II., hebr. Teil 15—26), vgl. BZ 1I 91. Hofmann
(55— 71) behandelt einen bereits veröffentlichten Midras über die dreizehn
Middot. S. Poznanski (91—107) veröffentlicht den arabischen Kommentar
von Jehuda ibn Bal’am zu Josua (nach ZhB VII 139 ff 165 fl).
Lindelöf, U., Studien zu altenglischen Psalterglossen (Bonner Beitr. z.
Anglistik 13. IV u. 123. Bonn, Hanstein. M 4—).
Brockelmann, C., Die Femininendung t im Semitischen. Abh., gelesen
in der Sitzung der orientalisch-sprachwissenschaftlichen Sektion der
Schlesischen Gesellschaft am 3. Febr. 1903 (24 S.): Es gibt nur eine ur-
semitische Femininendung at, die sich unter bestimmten Laut- und Silben-
verhältnissen zu t verkürzt. So im Anschluls an Philippi ZdämG XXXII
81. — Vgl. Rez. von J. Barth in ZdmG LVII 628-636, der Methode
und Resultat der Untersuchung beanstandet, in Einzelheiten aber zu-
stimmt. — Fortführung der Poleınik ZdmG LVL1I 795797 798—804.
Epı.enstein, $., Recherches sur les comparaisons de !’ Hebreu avec l’ Arabe
chez les Exegetes du Nord de la France (REj XLVII 47-56): Eine kurze
Geschichte der Bestrebungen, für die Bibelerklärung aus dem Arabischen
Nutzen zu ziehen.
Romanelli, S.A., a1». La Merope. Tragoedia illustr. po@tae Veronensis
Marchionis Francisci Scipionis Maffei, ex Italico sermone in linguam
sacram classicam convertit. Edid. P. Th. Weikert O.S.B. (XVI u. 205
mit Faksimile. Rom 1903, Pustet): Der klassische Sagenstoff ist dich-
terisch verarbeitet u. a. in anerkannt vorzüglicher Weise von dem italie-
nischen Dichter F. S. Maffei (1675—1755), Der Hebraist S. A. Romanelli
(1757—1814) hat die Tragödie ins Hebräische übertragen. Diesem Denk-
mal des hebräischen Sprachstudiums und der Gewandtheit in der heiligen
Sprache hat der Herausgeber, Professor der orientalischen Sprachen am
312 Bibliographische Notizen.
Collegium Anselmianum in Rom, ein dankenswertes Interesse entgegen-
gebracht. Im Besitze des Autographs des R,, hat er unter Beizichung
einer Budapester Hs durch diese sorgfältige (nur die Punktation hat er
dem MT angepalst) Ausgabe das Werk zugänglich gemacht. Die Ein-
leitung klärt uns auf über Leben und Schriften des Romanelli; eine voll-
ständige Bibliographie über die gedruckten und handschriftlichen Nach-
Jässe desselben ist für die Interessenten an der neuhebräischen Literatur
von besonderem Werte. W. hat in diesem schönen Werke einen Beitrag
zur Kenntnis des Romanelli, von dem er eine nähere Würdigung durch
L. Blau (Budapest) anzukündigen in der Lage ist, und der neuhebräischen
Übersetzungsliteratur gegeben und, wie der Herausgeber mit Recht hoffen
darf, eine angenehme Lektüre für die Sprachkundigen, ein anregendes
Übungsstück für die Sprachbeflissenen geschaffen.
Adler, N., Die Renaissance des althebräischen Leseunterrichts im Lichte
der modernen Methode. Eine didaktische Studie (31 mit 1 Taf. Fürth
1903, per: M —.%0\.
Holzhey, C., Herkunft und Bedeutung der Endvokale u, i, a beim assy-
sischen Nomen und Verbum (ZdmG LVIl 751—765): Entstanden aus den
ursprünglich voranstehenden gleichbedeutenden Deiktika hu, bi, hıa, zuerst
demonstrativ, dann als Artikel, später emphatisch, zuletzt ohne hervor-
hebende Bedeutung, wie im Assyr. Sucht nun durch interessante Deu-
tung semitischer Formen hu, hi und ha als vorgesetzt, als gleichbedeutend
ohne Geschlechtsunterschied (hi auch m.), ihre Enttonung und Nachsetzung
zu erweisen; dann über die sprachgeschichtliche Begründung der ver-
schiedenartigen Behandlung in den verschiedenen semitischen Dialekten.
Guerinot, A., De la valeur de l’expression onbx mı=" (Rev. de linguistique
et de philologie compar&e XXXV1 45-49): Nicht Appositionsverbindung,
weil ermbx unbestimmter als mım. Wenn = „der wahre Gott“, dann
em>x; der konjunktive Akzent deutet auf st. c. bin. Wie mın=s =
entstanden aus x "nbx mırm, so diese Formel aus pwbx "mbx mem — Jahwe,
Gott der Götter.
Wünsche, A., Der Komparativ im Hebräischen im Lichte der arabischen
Grammatik (VB 1 398—402): 7» des Komparativs bezeichnet den mate-
riellen oder ideellen Ausgangspunkt beim Abschätzen, was Gesenius-
Kautzsch und König in ihren Grammatiken nicht hinreichend hervor-
treten lassen.
Nestle, E., Zu den hebräischen Vervielfältigungszahlen (ZdmG LVII 750):
Zur Doppelsetzung bei Vervielfältigung verweist N. auf trigeminus, „drei-
doppelt“ (nicht sechsfach) u. a.
Ungnad, A., Über Analogiebildungen im hebräischen Verbum. Beiträge zur
a Grammatik der semitischen Sprachen. 1. Diss. "Berlin
(32 S.).
Pe J. D., Le bouc &miissaire chez les Babyloniens (Jas ser. X, t. LI,
133—156): Nach S. 147 findet sich Jer 4, 1 ein sehr interessanter Fall der
Intigierung des kopulativen 3: sn x» “ser —= du brauchst vor mir nicht
zu fliehen.
Cassel, D., Hebräisch-deutsches Wörterbuch, nebst kurzer hebräischer
Grammatik mit Paradigmen der Subst. und Verben. 7. Aufl. (1V, 360
u. 47. Breslau 1903, Handel. M 4—.).
Brown-Driver-Briggs, A Hebrew and English Lexicon of the OT, with
an Appendix containing the Biblical Aramaic. 11. Lief. (88. Oxford,
Clarendon Pr. 28 6d).
Kautzsch, E., Die Aramaismen im AT untersucht (vgl. BZ I 3ll.
M 3.20): Bietet zum erstenmal eine systematische und erschöpfende Be-
bandlung der Aramaismen, worunter K. Entlehnungen versteht, und zwar
solche, die nicht in alter Zeit, sondern erst in späterer Zeit eingedrungen
sind. K. ist sich stets bewulst, dals er sich in Bezug auf die Sicherheit
des Urteils Reserve auferlegen muls, da so manche Ursprungsmöglich-
Bibliographische Notizen. 313
keiten in Rechnung zu ziehen sind. Infolgedessen wird das Urteil anderer
in einzelnen Füllen diflerieren, wie z. B. E. Littmann in einer Rez.
(AmJsemL XX 244—246) die Schwierigkeit zu wenig gewürdigt findet,
dals auch spätere Abschreiber solche Aramaismen verschuldet oder ara-
mäische Schriftsteller die ihnen ungewohnte hebräische Schriftsprache ver-
unstaltet haben können. Die lexikographische Anlage macht das Werk zu
einem praktischen Hilfsmittel zur Ergänzung jedes hebräischen Lexikons.
Praetorius, F., Über einige Arten hebräischer Eigennamen (ZdmG LVII
773— 782): Aus dem Volinamen bxbb=- bildete sich der Kürzname >; mit
Ergänzung des Benannten als Subjekt. So von bxyng- der Name samü‘,
„der Erhörte“; eine Form faul, die dann verselbständlicht lautlichen Ab-
wandlungen zugänglich war: fa“ül, ons, faül ohne Änderung, fa‘ü mit
Abwerfung des letzten Konsonanten (sind u. =: nach faül + el, nicht
Kasusendung ü; Sue = 5x + born; dx + sap; Damen, Syanıs, oben mit
Gottesnamen salem.
Praetorius, F., yo:a} (ZmdG LVII 794 f}: mar + al (suff. zur Bildung
weiblicher und, wie hıer klar. auch männlicher Karitativnamen gebraucht).
Also Gn 30, 20% richtig erratene Etymologie.
<Halevy, J.,> Nabuchodonosor (Jas s. X, t. IJ, 524f}: usur wurde ersetzt
durch den hebr. Imper. “‘s:;; kudur assimilierte sicb dem folgenden:
Nabu-kodon-nosor, die Form der LXX; vgl. !p-nxn:.
Barth, J., Das aramäische eth der I. Pers. Sing. Perf. (ZdmG LVII
771): Das ith der supralinearen Punktation ist sekundär. Nicht Epen-
these (aus katalti), sondern Analogiebildung nach Verb. ult. j.
b) Text und Übersetzungen.
X., Un papyrus hebreu prö-massoretique (Rb N.S. I 242—250): Vgl.
BZ I 312; I 93. Abbildung, Transskription, Beschreibung. Der Dekalog
ist eine selbständige Ex-Rezension, welche beweist, dals die LXX in ihrer
Eigenart auf eine hebräische Vorlage zurückgeht.
all, A. v., Ein neuer hebräischer Text der Zehn Gebote und des Schma‘
(ZatW XXIIl 347—351): Textabdruck und textkritische Noten. Hält
auch gedächtnismälsige Aufzeichnung und Einmischung von Ex-Lesarten
für möglich.
Hirschfeld, H., Descriptive Catalogue of Hebrew Mss of Montefiore
Library (Ld., Macmillan. 5 s): Vgl. BZ I 89.
Brockelmann, C., Verzeichnis der arabischen, persischen, türkischen und
hebräischen Hss der Stadtbibliothek zu Breslau (1V u. 63. Breslau 1903,
Marcus): M. 1106. Pentateuch (Vers für Vers mit Targ. Onkelos wechselnd),
Haphtaren und Hagiographen (ebeufalls mit Targ.). M. 1107. Proph. und
Hag. mit Mass. M. 1109. Propheten und Hag. mit kleiner Mass.
Ginsburg, C.D., The Hamburg Stadtbibliothek Codex No. 1 (Journ. of Philol.
XXIX 126—138): Bei Kenicott Nr61l5. Genaue Beschreibung des paläogra-
phisch und textkritisch wichtigen Ms: Parascheneinteilung, Raphe und
Dagesch; eigenartige Setzung von — (m, neu, mi, mm. m, 3721), Bei-
spiele von Textvarianten und Randlesarten. Auch das Onkelostargum ent-
halt instruktive Randlesarten, die G. verzeichnet. R
Kayserling, M., Une ancienne Bible Hebraique (REj XLVII 131 ff):
Ein Bibel-Ms von der Universitätsbibliothek in Coimbra, vor 1418 ge-
schrieben, nach Mendos dosRemedios, Una biblia hebraica da Biblioteca
da Universidade de Coimbra (4v. 15. Coimbra, Impresa da Universidade),
einst im Besitze des R. J. Abravanel.
Ganzfried, S., -ec= resp. Die Vorschriften über das Schreiben von
Thorarollen, Tefilin, Mesusoth und der Esterrolle nebst erläuternden
Noten u. d.T. -zior ravS. 3. Aufl. (40. 4 u. 138 Bl. Bartield 1902, Verl.
v. Jos. Ganzfried in Eperjes [Ungarn]. Kr. 3.—): Für Thoraschreiber
bestimmt, aber auch von Wichtigkeit für diejenigen, die mit diesen Fragen
sich zu beschäftigen haben (vgl. ZuB VII 162).
314 Bibliographische Notizen.
Hyvernat, H., Petite introduction a l’etude de la Massore (Rb XII
529—549): Vgl. BZ 1 90. Sprache neuhebräisch und aramäisch ge-
mischt; letzteres scheint das Galiläische zu sein. Gibt für weniger Eıin-
geweihte eine grammatische Terminologie der Massora.
Blau, L., Neue masoretische Studien (JqR XVI 357-372): 1. Zur
Buchstabenzahl der Heiligen Schrift und ihrer einzelnen Bücher — be-
rechnet und nach massor. Hss verglichen (insbesondere Auseinandersetzung
mit Ginsburg). 2. Zur Wortzahl der Bibel. 3. Zur Verseinteilung. Die
Kritik, die B. hier an einzelnen untergeordneten Punkten der massor.
Überlieferung übt, muls bei Verwertung von Ginsburgs Einführungswerken
in den MT wohl beachtet werden.
En A., Einige Lesarten des sog. Targum Jonathan zu den Propheten
( 274f).
Weiss, M., Ein interessantes Targumfragment in der Geniza (Magyar-
Zsido Szemle 1903, Nr 4.
Holtzmann, J., Die Peschitta zum Buche der Weisheit (XII u. 152.
Freiburg, Herder. M 4.—): Ist eine erschöpfende Behandlung der Fragen.
die sich der Textkritiker angesichts der Pesittho des Buches stellt, und
bildet insofern eine Vorarbeit für die Beurteilung des gegenwärtigen Be-
standes und für Wiederherstellung des ursprünglichen Textes der Pes.
Auch die UÜbersetzungsart der P. vergilst H. nicht zu charakterisieren.
Als Grundlage diente der griechische Text, was gegen Margoliouth aus-
führlich dargetan wird. Grölseres Interesse erweckt die Textgeschichte,
insbesondere die Beziehung zur Syrohexapla, die ohne Einfluls gewesen
und zur Vet. Lat, die mit dem Syrer auf eine Vorlage zurückrehen
und von ihhm auch nachträrlich noch beeinflulst worden sein soll. Eine Nach-
lese an Korrekturen, Ergänzungen und neuen Auffassungen wird keine
allzu reichen Ergebnisse liefern, immerhin noch von Nutzen sein uud
manche berührte Frage beeinflussen. Die Andeutungen über Tendenz und
Zeit der Übersetzung zu Ende zu behandeln, dürfen wir von H. als Zugabe
und Fortsetzung seiner wertvollen Studien wohl noch gelegentlich erhoffen.
Ugolini, M., Il Ms. Vat. Sir. 5 e la recensione del VT di Giacomo
d’ Edessa (Ochr II 409—420): Beschreibung der Hs; sie enthält Ez mit
Ausnahme von 1, 1-15; 16, 48—17, 9; 19, 12—20, 12; 20, 40—47; 21,
24—29;, 27, 21—29; 29, 14—19; 35, 9—15; 36, 20-34; 37, 20—26; 39,
1—15; 46, 14—48, 35. Mischung der Lesarten aus Pes. und Syrohex.,
Ahnlıchkeit mit andern Fragmenten, Arbeitsweise, Beziehung zu
andern bekannten Werken stellen die Herkunft von Jakob von Edessa
sicher. Insbesondere bildet die Vat. Hs mit Brit. Mus. 60 und Paris.
Nat. Bibl. 27 ein Ganzes.
Schmiedl, A., Randbemerkungen zu Saadias Pentateuchübersetzung
(MGWJ XLVII 149—153): IV. Aphorismen. Vgl. BZ I 91 314.
Poznanski, S., notiert ZuB VII 185! zu den bisher bekannten Zitaten
aus Saadjas Komin. zu den 12 kleinen Propheten noch Joel l, 2. dasin einem
frarrmentarischen Kommentar zu Os und Joel (Ms Bodl. 26297) angeführt
wird. Aus Schechters Saadjana, Fragm. Nr XXXVII (ein Bibliothek-
verzeichnis), entnimmt er einen neuen Beweis für die Existenz eines Saad-
Janischen Komm. zu Est. Ms Bodl. 2655 enthält den Anfang einer
Übersetzung und eines Kommentars zu Est, die im Katalog (Suppl. col.
46) dem Saadja zuprewiesen werden.
Galliner, S., Saadia Al-fajjümis arabische Psalmenübersetzung und Con-
nıentar (Psalm 73—89). Nach einer Münchener, einer Berliner und einer
Oxforder Hs herausgegeben und mit Anmerkungen versehen. Diss.
Erlangen 1903 (81 S.).
Nestle, E., Die gro/se Cambridger Septuaginta. Sep.-Abdr. a. d. Verh.
d. 13. internat. Or.-Kongr. 1902. Sect. V (8. Leiden 1903, Brill): Be-
richtet über die darüber geführten Unterhandlungen und die Resolution,
welche die Wünsche der Interessenten den Herausgebern übermittelt.
Bibliographische Notizen. 315
Nestle, E., Septuagintastudien IV. Wissensch. Beil. z. Progr. des ev.-
theol. Sem. Maulbronn (4%. 24. Stuttgart 1903, Vereins-Buchdruckerei):
Allerlei interessante textkritische und sachliche Notizen, nach Art der
früheren Studien, zu Ps 16 (17), 19, zum Gebet Manasses’, Buch Tobias
(Sin ist ursprünglicher als die übrigen Texte; Zustimmungen zu dieser
These, Buch Baruch (Geschichte des gedruckten Textes, schlielst sich
Thackeray an, der Jer II und Bar von derselben Hand herrühren lälst),
Brief des Jeremia und einiges zum Text von 2 Makk.
Rahlfs, A., Septuaginta- Studien. 1. Heft: Studien zu den Königsbüchern
(88. Göttingen, Vandenhoeck. M 2.80): Bietet eine auf Durcharbeitung des
gesamten hsl Apparates beruhende Erörterung zur Textkritik der LXX.
Hs 82 hat einen aus Lucian und LXX. gemischten Text, im wesentlichen
verursacht durch Ersetzung einzelner Blätter und Doppelblätter aus einer
andern Hs. Diese Beobachtung führt zu Korrekturen an Lagardes Text.
In der LX\X -Hs der Baseler Universitätsbibliothek B. VI. 22 entdeckt
R. die Quaestiones in ll. Rg et Par von Theodoret und vermag auf Grund
dieser Hs die Differenzen zwischen Theodoret und Lucian bedeutend zu
reduzieren. Theodoret nähert sich mehr den Hss 82 93 (127) gegen 19
108. Ebenso ins einzelne gehend und von interessanten Ergebnissen ist
R.s Behandlung der Origeneszitate. Die Hexapla zu Rg stamme aus
235—240. Ubrigens hat Urigenes neben den Zeichen noch unbezeichnete
Korrekturen vorgenommen. R. macht den weitgehenden Schluls: alle
spezifisch hexaplarischen Lesarten seien solche Korrekturen von Origenes.
Die vorhexaplarische LXX, wie sie uns Origenes erkennen lälst, bildet
mit B und Aeth eine Textklasse. Diese Schrift gibt einen Begriff davon,
wie sehr noch die Vorfragen der LXX - Textkritik einer Lösung oder
methodischen Untersuchung ermangeln. Mögen bald weitere Beiträge
diesen Mangel in gleich gründlicher Weise beseitigen helfen! j
Cales, J., La Bible des Septante d’apres l’edition de Cambridge (Etudes
XCVIll 556-561): Referat über Swetes Ausgabe und „Introduction“.
Heinrlci, C. F. &., Die Leipziger Papyrusfragmente der Psalmen herause.
und unters. Nebst zwei Schrifttafeln (Beitr. z. Gesch. u. Erkl. des NT.
IV. 40, 32 u. 36. Lp., Dürr. M 3.—): Fast 24 Ps enthaltend: 30, 5—14°;
18—25; 31, 1; 32, 182?—33, 91; 33, 13—34, 2; 34, 92-17, 34, 24—35, 3;
35, 3—55, 14. Gehört ins 4. Jahrh.. kursiv. Bei Ps 40 ist kein neuer
Buchanfang. 400 Lesarten, deren Hälfte A eigentümlich ist. Freie Text-
behandlung zeigt sich. Stellt sämtliche Eigentümlichkeiten zusammen.
Bietet den von Origenes nicht rezensierten Text. Gibt auch noch Kunde
von einem 2. Ps-Fragment Nr 171 der Leipziger Papyrussammlung Ps
118, 27—451. Rückseite wohl 45?—63!, und druckt den Text ab.
Winstedt, E. 0., Sahidie Biblical Fragments in the Bodleian Library I
(PSbA XXV 317—325): Bieten wenig Neues. Gn 7, 13—20 (von den bis-
her bekannten 2 Texten abweichend); Paraphrase zu Ex 18 und 1 Sm
16, 14—16; Ps 31, 6—7. 10—13. 14—17. 19—23; 106, 5—10. 15—20.
Oesterley, H. M., The Old Latin Texts of the Minor Prophets (ThSt V
76—88 242—253): Bietet den Text von Os, Am, Mich nach Cod. Wein-
eine und Wirceburgensis und gibt die Varianten hierzu aus Üyprian,
yconius, Speculum, Lucifer usw., woraus er auch die Lücken der Codd.
ausfüllt.
Mühlau, J., Zur frage nach der gotischen psalmenübersetzung. Dissert.
(IV u. 58 Kiel, Müblau. M 1.—).
Miniaturbibel. Ausg. in Heften. Nr 8: Das Buch des Propheten
Jeremia (12%. 43. Bonn 1903, Schergens. M —.30).
Gallee, J. H., Zur althochdeutschen Interlinearversion der Cantica;
Suueiga (Beitr. z. Gesch. d. deutschen Spr. u. L. XXVI1IJ 265—270):
Zu ebd. XXVIL 504. Suueiga Hab 3, 17 kommt nicht blols im Süden
Deutschlands vor, sondern von der Nordsee bis zu den Alpen. Versucht
eine etymologische Erklärung.
316 Bibliographische Notizen.
Ebbinge Wubben, C. H., Over middelnederlandsche vertalingen van het
QOude Testament (VIII u. 250. ’s Gravenh. 1903, Nijhoff. F 2.0.
Driver, $. R., Translations from the Prophets: Jeremiah XV1. 10-\X
18; XXX—XXXI (Exp 1X 104—120 174—185),
c) Text und Literarkritik.
Weikert, T., O.S.B., Ein zweiter Gang durch die Bibliothek der neueren
Literatur für at! Textkritik (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.- u. Zisterz.-O. XXIV
116—124 379—390 683—687).
Scerbo, F., Nuoro saggio di critica Biblica (IV u. 34. Florenz 13,
Libr. an Sep.-Abdr. aus Giorn. d. Soc. As.-It. XVI, Fortsetzung zu
seiner BZ 315 notierten Studie. Behandelt Is 63, 9 nach der Regen-
bLogenbibel und weist ohne Schwierigkeit die Willkür der dort von Cheyne
vorgeschlagenen Emendation nach. Auch hier bekennt er sich als aus-
gesprochener Gegner der Metrik (S. 9, besonders eingehend über Ps 2.51
Die Bekämpfung der Bibelkritik, vor allem der metrischen Kritik macht
S. sich zur Aufgabe für Leben und Sterben. Unser früheres Urteil gilt
auch für diese Schrift: Der Kampf gegen die Willkür der Kritik ist be-
rechtigt, die Willkür ist auch ein ziemlich allgemein verbreitetes Ver-
fahren der Bibelkritiker; dals aber S. damit ein wichtiges bibelkritisches
Prinzip als unhaltbar dargetan, ist mit A. L. in der Rev. Critiyue.
dessen sich S. u. a. gegen Ende seiner Studie zu erwehren hat, wohl
nicht anzuerkennen. ‚
Levi, J., Un probleme de paleographie hebraique (RE)J XLVII 1-6:
Sonderbares rx an einzelnen Stellen erklärt sich vielfach als unrichtige
Auflösung eines n durch Kopisten: Sir 7,3 (st. ser); 19, 4 (st. um). 16 (m
Ez 18. 10-11 (mer; da sind auch sonst in den andern Worten derartige
Milsverständnisse); 21, 20 (m=r*r); 18, 18 (aus dem = von "bn); Prv 18.15
(=). Der Kopist nahm das gewöhnlichste Wort für das Abkürzunss»-".
Balmforth, R., Bible from the Standpoint of higher Criticism: OT 24
J.d., Sonnenschein. 38 dd).
Softley, E.. Theism under natural Law as related to OT Criticism
TR to the Theodicy of Lux Mundi (120. VII u. 370. N.Y., Wohittaker.
($1.50).
Möller, W., Are the Critics right? Historical and critical Considerations
arainst the Graf-Wellbausen Hypothesis. Transl. by ©. H. Irwin. With
Preface by Prof. von Orelli (Ld., Relig. Tract. Soc. 28 6d).
Lepsius, J., Die all Wissenschaft und die Ergebnisse ihrer Erforschung
(Reich Christi VI 20—32): Vgl. BZ 1I 95 i. Glaubt, dafs unbewuist
religionsphilosopliische Motive die scheinbar archäologisch und |iterar-
kritisch vorgehende Pentateuchkritik gezeitigt haben. Hält die kritischen
Anschauungen ihrem ganzen Umfange nach für unrichtig und persitliert
die angenommene Fälschung des Dt. — Das vorsalomonische Heiligtum
auf dem Nebi Samwil (ebd. 103—134): Behauptet die Existenz eines
Zentralheiligtums seit der Sinairesetzgebung in Silo (= Nebi Samwil, wo-
mit noch die neun andern Heiligtiimer identifiziert werden). — Der Text
der Schöpfungsgeschichte (Reich Christi VI 208—225): Die von der Kritik
angenommenen zwei Schöpfungsberichte beseitigt L. durch Anderung der
Textfolge. — Tertkritischer Kommentar zur Schöpfungsgeschichte iebd.
225—233). — Der sehr resoluten, aber der ruhigen Objektivität ermangelp-
den Opposition stimmen zu: Jaeger, L., Biblizisten und Bibelkritik.
Offener Brief an Herrn Dr Lepsius (ebd. 145—165). — Kähler, M., Zur
atl Krise in der Theologie (ebd. 165—168). — Lepsius, J., Verbalinspira-
tion und Tertkritik: Antwortschreiben un Professor D. Kähler (cbd.
168—180): Wahrt der Textkritik ihr Recht gegenüber ersterer. —
Lepsius, J., Ein menschlicher Tag (Reich Christi VII 1-38): Verteidigt
sich gegen die Vorwürfe, die wider sein Vorgehen gegen die Bibel ın
den „Reden und Ansprachen der 18. Allianzkonferenz zur Vertiefung
Bibliographische Notizen. 317
des Glaubenslebens‘‘ (24.—28. Aug. 1903) erhoben wurden. Mehr von per-
sönlichem Interesse. — Ebenso die weiteren Aufsätze: Rabbinische oder
evangelische Schriftanschauung? (ebd. 89—53).. — Die Probe auf das
Exempel (ebd. 53—60). — Eine Lobrede auf die Bibel (ebd. 60—64).
König, E., Im Kampf um das AT.2. H.: Atl Kritik und Offenbarungs-
glaube. Vorträge (55. B., Runge. M —.%).
Cheyne, T. K., Oritica biblica. 4. First and second Kings (312—398. Ld.,
Black. 35): Vgl. BZ 1 215, II 95. Nordarabien ist für C. der Ausgangs-
punkt zur Erklärung der israelitischen Geschichte, Jerahnieel das Losungs-
wort für seine Textkritik. Die israelitische Geschichte hat sich im Negeb
vollzogen, und dort muls jeder geographische Name, sei es als Doppelgänger
eines andern Namens oder durch textkritische Emendation, gefunden
werden. So ist der Euphrat als Grenze von Salomos Reich im Negeb
zu suchen. Jerahmeel ist durch die Abschreiber nur an vier Stellen be-
lassen worden, sonst an mehreren tausend Stellen verändert worden, so
dals ein ganz schiefes Bild von Geschichte und Geographie entsteht. So
hebt C. den Panbabylonismus durch eine exzessive Nordarabienhypothese,
Wincklers Musri-Hypothese überbietend, aus dem Sattel und persifliert
unbewulst die moderne textkritische Willkür durch seine Jerahmeel-Hypo-
these, der beste Weg, zur kritischen Nüchternheit zurückzuführen.
Knieschke, Wellhausen nach Schrift und Inschrift beurteilt (Ev. Kz
LXXVIII Nr 3—5): Bekämpft die Aufstellungen W.s über den Ort des
Gottesdienstes, die Opfer, die Feste, die Priester und Leviten, die Aus-
stattung des Klerus.
Cereseto, &. &., Tre classi di dottori. Questioni circa gli autori e la
data dei Salmi, dei Proverbi e dei Pentateuco (X VI u. 208. Monza 1903,
Artigianelli): Zuerst erschienen als eine Reihe von Artikeln in Scuola
cattolica 1902/3, sich anschliefsend an den bekannten Brief des Bischofs
Mignot von Albi über die biblische Kritik. C. tadelt zunächst die Be-
grifisbestimmung für Kritik: die Unterscheidung des Wahren, als wider-
spruchsvoll, beanstandet die nachexilische Ansetzung der Ps durch Mignot
auf Grund der Tradition, des Kanonabschlusses unter Esdras, der
LXX und der Unsicherheit der inneren Gründe, tritt für salomonische
Herkunft von Prv ein, findet die Annahme der Pentateuchkritik der
Inspiration widersprechend. Ü. bewegt sich also auf dem Boden der
streng traditionellen Exegese, während der Berichterstatter der Revista
delle Reviste (II 9-16) den fortschrittlichen Standpunkt des Mignot
u. 4. zum Seinigen macht.
Ermoni, V., La methode historique a propos de "AT (Ann. de phil.
chret. ser. 3, t. II [CXLVI] 425—429): Rez. über Lagranges so be-
titeltes Werk. Lobt es nach fortschrittlichem Inhalt und kirchlicher Ge-
sinnung. Nur scheint ihm in manchen Punkten nicht hinreichende Klar-
heit zu walten.
‚.Cheyne, T. K., An Appeal for Higher Exegesis (Exp IX 1-19):
Über Text- und Literarkritik hinaus muls man zu einer tieferen histori-
schen Einsicht in das AT gelangen. Man muls den politischen Charakter
der Propheten mehr hervorheben; man muls auf eine rein innere Ent-
wicklung der israelitischen Religion, insbesondere in der prophetischen Zeit,
verzichten. Aulsere Einflüsse Babels sind anzuerkennen und auf Grund
seiner kühnen Textkritik auch solche von Nordarabien aus (Musri, Asur
usw. in Nordarabien).
Burr, E. F., To Christian Laymen: concerning „the Higher Criticism“
(BStdt N.S.1140—151): Verurteilt denselben nach allen Richtungen und
mit allen Gründen,
Un professeur de Grand Seminaire, La bible, la science et Phistoire (Annales
de philos. chret. ser. IlL,t. 1II, 310—324): Unterscheidet zwischen der
von Gott gegebenen Bibel und den menschlichen Erklärern, zwischen
der Bibel als religiösem Unterrichtsbuch und der Bibel, aufgefalst als In-
318 Bibliographische Notizen.
begriff alles Wifsbaren. Die Chronologie muls gedehnt, die Geschichte
des Menschen weiter zurückdatiert werden; die Paläontologie streitet wider
die buchstäbliche Auffassung der Schöpfungsgeschichte. Die Quellen-
scheidung EJPD steht kritisch im allgemeinen fest trotz mancher Un-
sicherheit im einzelnen. Der Hexateuch ist das Werk der prophetischen
Periode, seine Zuweisung an Nloses eine literarische Fiktion, um Re
formen leichter Eingang zu verschaffen. Widersprüche der Bibel aufgeschicht-
lichem Gebiete berühren nicht die von den heiligen Schriftstellern inten-
dierte dogmatische und moralische Seite der Bibel.
Aubert, L, Que reste-tÜ de PAT (RThPh XXXVI 378—407): Die
Literarkritik heis dem AT seine bewunderungswerte Schönheit, die
historische Kritik hat seine interessante Geschichte nicht zerstört; auch
sein religiöser Wert bleibt bestehen.
$. L., De la sincerete dans l’enseignement de l’histoire sainte de FAT
(Ann. de phil. chret. CXLV1 207—213): Rez. über Königs so betiteltes
Werk (vgl. BZ1 316). Mit K. findet der Verf. die Aufrichtigkeit im atl
Unterricht gefordert. Diese bringt mit sich, in der Bibel Mythen,
Legenden anzuerkennen mit dogmatischem oder moralischem Zweck.
Die Bibel ist nicht vom Himmel gefallen. Er verlangt. dais auch die
Unterrichtsbibel apologetisch haltbar fundiert werde; er hofft, dafs die von
K. versprochene Biblische Geschichte (1. la periode purement legendaire
[Mythes et Tradition]; 2.l’&popee [Les Isra£lites en Egypte jusqu’a Samuel;
3.l’histoire [David & J.-Chr.]; bezüglich der Bezeichnung jes ersten Teiles
macht er Vorbehalt, weil nur der traditionelle Sinn dabei berücksichtig:
sei) die Beachtung der Katholiken finde.
Ayle, H. E., The OT in Teaching and Preaching, as affected by the
more assured Results of Research (ExpT XV 177—180): Der Prediger
epürt in seiner religiös-moralischen Wirkenssphäre die moderne Bibel-
wissenschaft auf dem Gebiete der atl Theologie, der atl Moral, die
historisch -evolutionistisch zu fassen sind, und in der messianischen
Prophetie, die als Detailweissagung unhaltbar ist. Der Lehrer wird
durch den modernen Kritizismus viel mehr beeinflufst in naturwissen-
schaftlichen, geschichtlichen, religionsvergleichenden, literarischen, kano-
nischen Fragen.
Curtis, E. L., The OTin religious Education (BW XXII 424—435).
d) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie.
Tiele’s Kompendium der Religionsgeschichte, übersetzt von F. W.T.
Weber. 3. deutsche Aufl., durchges. und umgearb. von N. Söderblom
(12%. XII u. 426. Breslau 1903, Biller. M 4.60): Reiche Literaturangaben
bei jedem Abschnitt, fortgeführt bis auf die neueste Zeit. Im Kapitel
über die Religion der Westsemiten (S. 116 ff) behandelt er auch die israe-
litische Religion nach den herkömmlichen kritischen Prinzipien.
Curtiss, $. J., Ursemitische Religion im Volksleben des heutigen Orients.
Mit Vorwort von W.W. Grafen Baudissin (XXX u. 378 mit Ill. u. Karten.
Lp. 1903, Hinrichs. M 9.—).
Curtis, W., To-day in Syria and Palestine (629. N. Y., Revell. Fr 11.—.
Curtiss, S. J., Some religious Usages of the Dhiäb and Ruala Arabs
and their OT Parallels (Exp 1X 275—285): Zur Bestätigung seiner be-
kannten Ansicht (BZ I 93) findet er Parallelen in der Monolatrie, Ab-
stammung von ihrer Nationalgottheit, kriegerischen Charakter ihrer Gott-
heit, Opfer, Orte zur Gottesverehrung, Begriff der Sünde als rituelles
Versehen. Blutvergielsung, Erstlingsopfer. Frühlingsopfer = Pascha.
Bezold, C., Babylonisch-Assyrische Religion (Arch. f. Religionswiss. VII
193— 211): Referat über die 1902 und 1903 erschienene, ganz oder teilweise
den Gesenstand behandelude Literatur.
Jastrow, M., Die Keligion Babyloniens und Assyriens. 5. Lief. (S.305—384):
Vgl. BZ Il 9.
Bibliographische Notizen. 319
Martin, F., Textes religieux assyriens et babyloniens. Transcription, tra-
duction et commentaire (XAXVIll u.336. P. 1903, Letouzey. Fr 12.—): Die
von J. Craig, Assyrian and Babylonian religious Texts etc. I (1895) in
Autographie dargebotenen Texte erhalten wir hier in Transkription und
Übersetzung. Zugleich ergab die nochmalige Durcharbeitung und Kon-
trolle eine Korrektur gar mancher Verselien Craigs. Die Publikation er-
möglicht die Verwertung dieser gut ausgewählten Texte für weitere Kreise
und erleichtert auch für Fachleute bedeutend das Studium der babylonisch-
assyrischen Religion aus den Quellen. Wie vielseitig die Ergebnisse hier-
für sind, zeigt der kurze Auszug, den M. in der Einleitung gibt: über
das Pantheon, die Kultpersonen, die Zeremonien u. a. erhalten wir Auf-
schluls, und M. versäumt es nicht, einzelnes noch eingehender zu be-
handein (barü, "rs, Opfermaterial. Das höchste Interesse beansprucht
die Beziehung zur Bibel, die M. kurz durch Anführung der Parallelstellen
beleuchtet. Den Text und die Transkription begleitet M. mit einem sach-
lichen und sprachlichen Kommentar. Nach beiden Richtungen hin kommt
M. auch der bequemeren Verwertbarkeit der Texte entgegen durch ein
eingehendes Lexikon, das eine Ergänzung der vorhandenen Lexika be-
deutet, und durch ein Namenregister. Der angesehene Lehrer am Institut
catholique in Paris hat durch dieses Werk sowohl der Assyriologie wie
der biblischen Exegese einen grofsen Dienst erwiesen.
Hrozny, F., Sumerisch-babylonische Mythen von dem Gotte Ninrag
Ninib) (Mitt. d. Vorderas. Ges. VIIl 5. 128 m. 13 autogr. Taf. B. 1903,
eiser. M 8.—): Enthält wichtiges Material für die babylonische Reli-
gionsgeschichte. In $ 4: „Oannes, Dagan und Dagon“ bebandelt H. das
schwierige Thema der Fischgötter im alten vorderasiatischen Orient.
Oannes der klassischen Überlieferung = Hanni im Babyl., Odakon = Udaki
ee U-ki-di-a). Der babylonische Dagan ist nicht = Odakon, hat auch
einen Fischcharakter. Das Wort ist entlehnt vom Dagon der Philister, der
infolgedessen auch kein Fischgott ist. +7 ist vielmehr Getreidegott.
Nestle, E., Baal teiramorphos. Sep.-Abdr. aus d. Verh. d. XIII. internat.
Or.-Kongresses zu Hamburg 1902. Sektion V (2 S.): Vgl. BZ I 112.
Hier genauer die interessanten Belege. Auch Nestle, Septuagintastudien IV
(ob. S. 315) 7f 23 berührt das Thema.
Todd, 3. C., Politics and Religion in ancient Israel. An Introd. to the
Study of the OT (352. Ld., Macmillan. 6s).
Giesebrecht, F., Die Grundzüge der israelitischen Religionsgeschichte
(Aus Natur und Geisteswelt 52. IV u. 132. Lp. 1903, Teubner. M 1.—).
Zöckler, Gegen den Evolutionismus auf dem Gebiete der Religionsge-
schichte, insbesondere den at! (Bew. d. Gl. XL 2).
Nielsen, D., Die altarabische Mondreligion und die mosaische Über-
lieferung (VI u. 223 mit 42 Abb. Stralsburg, Trübner. M 5.—): Der
Gottesbegriff ist verinnerlicht, kontemplativer bei den Steppenvölkern als
bei den ackerbauenden Babyloniern, die infolge ihrer Tätigkeit auf die
Astralrelirion hingewiesen wurden. Der Mond wurde, weil ein Handels-
volk bei Nacht meist reisen mulste, astrales Symbol des obersten Gottes.
Fremont, G., Les Principes. T. V: La Providence, !immortalite de läme,
la revelation, le monotheisme et le messianisme juwifs (P., Bloud. Fr 5.—).
Paton, L. B., The kKeligion of the post-exilice Prophets (BW XXII
258—267): Dt ist ein Kompromils zwischen der alten Religion und dem
Prophetismus. Letzterer verlor in der Folgezeit seinen ethischen Charakter
zu Gunsten einer ritualistischen Richtung.
Matthieu, J., Jahwe und die Natur. Ein Beitrag zur israelitisch-jüdischen
Religionsgeschichte (Schw. theol. Zeitschr. XX 193—203): Schluls. Vgl.
BZ 11 97. Weltuntergang und Neuschöpfung. Die religionsgeschichtliche
Bedeutung der jüdischen Naturanschauung. on
Westphal, A., Jehovah. Les &tapes de la revelation dans l’'histoire du
peuple d’Israäl. Fasc. 4 (195—258. Montauban): Vgl. oben BZ 1197.
320 Bibliographische Notizen.
Kerswill, W. D., OT Salvation—through Faith (BStdt VIII 147-153:
Vgl. BZ I 316.
R. P., Les Israälites eroyaient-Us & la vie future? (L’Ünivers isradlite
26. Febr. 1904): Anfangs hielt man daran fest; später gab man diesen
Glauben auf, um schlielslich wieder zu ihm zurückzukehren (nach Rev. du
clerge fr. 15. März 1904),
Bohn, F., Der Sabbat im AT und im altjüdischen religiösen Aberglauben
(VII u. 97. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.80): Die allgemeine Praxis der
natürlichen Religion, bestimmte Tage religiös auszuzeichnen, hat auch
Israel in seinem Sabbat als aszetischem Ruhetag befolgt. Durch die
Offenbarung wurde dieser Tag und seine Feier vom anhaftenden Aber-
glauben befreit und unter die Gesichtspunkte Jahwes und der Schöpfung
gestellt. Seit Esra wurde diese echte Sabbatsfeier durch heidnischen
Aberglauben infiziert, was sich besonders in den talmudischen Sabbats-
satzungen zeigt (nach ThLbl XXV 50 fi).
Matthes, J. C., Zoenoffers (Teylers Th. Tijdschr. 1904, 69—92).
Eerdmans, B. D., De groote verzoendag (Th. Tijdschr. Jan. 1904, 17—1.:
War das Neujahrsfest des vorexilischen Sonnenjahres. Nach dem Exil
hatte man ein Mondjahr (nach HJ II 638).
Boehmer, J., Die Mission und das AT (Stb II 4-29): So nahe das Volk
des AT der Heidenmission gekommen ist, zur Ausführung ist sie nicht
gekommen.
Sayce, A. H., The Hittites. Story of a forgotten Empire. ärd Ed. (17.
Ld. 1903, Rel. Tract. Soc. 28).
Mahler, E., zen zur Chronologie des Alten Reiches der ägyptischen
Geschichte (OrLz VII 3—8): Glaubte einen sichern Ausgangspunkt für
diese Periode zu finden in einem Texte der Grabkammer in der Pyramide
des Merenrae I., was Spiegelberg, W. (ebd. 45 f) negiert, da M. sich auf
die veraltete Übersetzung von Brugsch stütze.
Lindl, E., Cyrus. Entstehung und Blüte der altorientalischen Kultur-
welt. Mit 1 Karte und 98 Abb. [Weltgeschichte in Karakterbildern|
(gr. 8%. 121. München, Kirchheim. M4.—): Eine gedrängte synchronistische
Zusammenstellung aller Einzelkenntnisse der babylonisch -assyrischen
und ägyptischen Geschichte sowie der Geschichte der mit ihnen in Be
rührung kommenden Völker. Mit Sorgfalt und Sachkenntnis bucht L.
Grolses und Kleines, Bedeutendes, aber auch Minutiöses, was uns auf diesem
Kulturgebiet eutgegentritt. Besonders werden die Berührungspunkte mit
der Bibel hervorgehoben, um dem Tagesinteresse der Babel-Bibelfrage
zu dienen. Was ich für eine weitere Auflage anders wünschte, wäre
dies: statt des etwas mechanisch geratenen Nebeneinander eine organische.
ineinander verwebende Darstellung; dadurch hätte die Zusammenfügung
einer Unsumme von Einzelheiten an übersichtlicher Lesbarkeit gewonnen;
die Erwartungen, die der Untertitel erweckt, würden dann eher erfült
werden. Eine Annäherung an Bezolds Ninive und Babylon (2. Aufl.
149 S. mit 107 Abb.; vgl. BZ 1317), dem L.s Cyrus an Reichbaltigkeit des
Materials voransteht, an guter Auswahl der Illustrationen ungefähr gleich-
kommt, dürlte sich in diesem Punkt empfehlen. Der Haupttitel scheint
ein Kompromils disparater Dinge zu sein. Den Totengräber dieser Kultur-
welt der Darstellung des pulsierenden Lebens des alten Orients mit seinen
mannigfachen hervorragenden Vertretern als Signatur voranzustellen, finde
ich durch die wenigen Zeilen S. 4 und durch den Symbolismus S. %
nicht hinreichend gerechtfertigt. S. 12° 2.7 lies „Seleuzidenära“ (st. „Arsa-
cidenära‘“),
Guthe, H., Geschichte des Volkes Israel. Grundrils d. theol. Wiss. 14.
2. Autl. (AV u. 354 mit 2 Karten. Tübingen, Mohr. M 6.—): Einge-
schaltet ist $ 1b (nicht la, wie die Vorrede angibt): Die mythologische
Legende im AT (8. 7—13). Er wendet sich gegen das „astralmythische
Schema“, das Winckler der israelitischen (seschichte aufzwingt. Jensens
Bibliographische Notizen. 321
Verwertung des Gilgamis-Epos für die Erklärung der israelitischen Ge-
schichtsdarstellung unterstellt G. keiner Kritik.
Taaks, &., At! Chronologie (117. Ulzen, Selbstverl. M 4.0\.
Sillevis Smit, P. A. E., Uit de springader Israels. Dertien leerredenen
nn stammen lIsraäls (VIlI u. 283. Amsterdam 1903, Höveker.
KH).
et an König Salomon in der Tradition I. Diss. Stralsburg 1902
(I u.70 8.)
Adier, E. N., et Seligsohn, M., Une nouvelle chronique samaritaine.
Texte samaritaın, transcrit et edite pour la l?re fois avec une trad. franc.
(IX u. 116. P. 1903, Durlacher): Vgl. BZ 196.
Winckler, H., North Arabia and the Bible: A Defence (HJ II 571-590):
Gegen Cheyne (vgl. BZ II a Von den vier angenommenen Musri handelt
W. hier vom nordarabischen Musri, in Assyriologenkreisen nur von Jensen
bisher bestritten und neuestens auch von W. Budge, History of Egypt,
wogegen W. sich hier wendet. W. will seine Aufstellungen unterschieden
wissen von Hommels und Cheynes Ansichten. Über eine neue polemische
Beleuchtung der Frage kommt W. hier nicht hinaus. Die Lesung einer
Asarhaddon-Inschrift mit der Erwähnung von Musri und Misri kann er
gegen B. nur schwer verfechten,
Halevy, J., Musur, Musri et Meluhha (Rsem XI 301-322): Arabia
Petraea und ein Teil der arabischen Küste des Roten Meeres mag vom
souveränen Agypten den Namen Musur möglicherweise getragen haben;
es mag auch neben dem afrikanischen Meluhha ein arabisches gegeben
haben; H. leugnet aber ein mächtiges, von Minäern aus Jemen gegrün-
detes Reich Musur, das mit Juda in politischen Beziehungen gestanden.
Gegen Winckler, der einzelne Stellen mit -sn und %> auf Arabien be-
zieht; H. bestreitet auch die vorgekommene Verwechslung des arab. "s» mit
Agypten. Spottet über die beiden Schulen der höheren Kritik, die deutsche,
die Musri-Meluhha, und die englische, die das Volk Jerahmeel geschaffen.
Smith, R., Kinship and Marriage in early Arabia. 2nd Ed. by St. A.Cook
(Ld., Black. 10s 6d): Enthält Korrekturen des Autors und Noten von
J. Goldzieher, A. A. Bevan und dem Herausgeber. Nimmt viel Rücksicht
auf die Bibel; so werden aus der Gn über 20 Stellen beigezogen (nach
JthSt V 305 fi.
Boscawen, W. St. C., First of Empires: „Babylon of the Bible“ in
Light of latest Research (386. Ld. 1903, Harper. 1Us 6d).
Marmier, G., Contributions a la geographie de la Palestine et, des pays
voisins VI: Le peuple de Sirralai vaincu par Salmanasar (REj XLVII
23—31): Die Namen der Monolithinschrift des S. nebst parallelen Inschrif-
ten, die Palästina betreffen, werden erörtert. Sir'alai ist Israel auch vom
Standpunkte der Geographie aus; sein Wohnsitz in der Bekaa.
Wachter, Wo liegt das salomonische Goldland Ophir? Aus Zeitschr. f.
Naturw. (18. Stuttgart 1903, Schweizerhart. M —.40),
Musil, A., Moab. Vorbericht über eine ausführliche Karte und topo-
graphische Beschreibung des alten Moab. Sep.-Abdr. aus dem Anzeiger
er philos.-hist. Kl. der, k. Ak. d. W. in Wien. 2. Dez. 1903, Nr XXV
(7 S.): Begleitnotiz bei Übersendung der fertiggestellten Karte. Verbreitet
sich besonders über die Flulsgebiete und exemplifiziert seine Identi-
fikationen von überlieferten Namen mit den von ihm gefundenen Stätten.
Das vielversprechende Werk ist in Bälde zu erwarten. — Edom. Vor-
anzeige über eine ausführliche Karte und topographische Beschreibung
des alten Edom (ebd. 7. Januar 1904, Nr I): Auch Edom hat der kühne
Forscher durchsucht — die Gefahren und Opfer seiner Reisen schildert
M. kurz und eindrucksvoll —; Frucht davon ist die erste ausführliche
Karte von Edom. Hier gibt M. vorläufig kurze Angaben über das in
kurzem erscheinende, die Karte erläuternde Werk über seine Forschungs-
reisen in Edom.
Biblische Zeitschrift. IJ, 3. 2ı
322 Bibliographische Notizen.
Mommert, C., Topographie des alten Jerusalem Il: Das salomonische
Tempel- und Palastquartier auf Moriah (VIII u. 305 mit 5 Taf. Lp. 1%3,
Haberland. M 7.—): Bespr. oben S. 301.
Macalister, R. A. St., Dajün and Beth-Dagon and the Transference of
Biblical Place- Names (PEF XX\XV 356—358): Ein erhaltener biblıscher
Name kann aus verschiedenen Gründen übertragen worden sein und mufs
deshalb durch andere Beweise gesichert werden. So geschah eine Über-
tragung mit Beth-Dagon, Maresha, Ekron.
Germer-Durand, J., Bethsoura (Echos d’Orient VI 290—292): Hält gegen
Rb Juli 1903 seine frühere (vgl. BZ II 88) Identifizierung von B. der
Makkabäer mit dem gegenwärtigen Jerusalem aufrecht (nach Bessarione
8. II. t. V, xxx).
Duncan, 6. S., Archaeology and the OT (BW XX1I 116-128): Schildert
und exemplifiziert den mannigfachen Ertrag, den das AT der Archäologie
zu verdanken hat.
Weil, R., Inscriptions egyptiennes du Sinai (19. P. 1903, Leroux‘.
Cook, St. A., Notes on Semitic Inscriptions I (PSbA XXVI 32-35‘:
Leitet eine Serie von Untersuchungen ein mit Hervorhebung der Be-
deutung, die diese Materialien für Herkunft des Alphabetes, aramäische
Dialekte usw. besitzen.
Bruston, C., L’Inscription de Siloe et celle d’ Eshmoun-Azar (15. P.
Fischbacher).
Bruston, C., Etudes pheniciennes, suivies de U’Inseription de Siloe ı®.
P. 1903, Fischbacher).
Porter, H., Another Phoenician Inscription from the Temple of E!mun
at Sidon (PEF XXXV 333—335): Kürzer als die übrigen Inschriften
(7). die dort gefunden wurden, und weicht in einigen wichtigen Punkten ab.
Lagrange, M.-J., Nourelle note sur les inscriptions du temple d’ Echmoun
(Rb XI11 410-419): Beschäftigt sich mit der in diesem Betreff neu
erschienenen Literatur, ınit neuen Beobachtungen und Funden. Vgl. BZ1
320, wozu nachzutragen ist: Bruston, C., der sich in La vie nourelle
20. Dez. 1902 damit beschäftigt.
Lidzbarski, M., Südarabische Inschriften (Eph. f. sem. Epigr. 1I 62 ff:
Spricht sich u.a. gegen die Ansätze Webers (Mitt. d. Vorderas. Ges. VI
[1901] 1—60) für das Alter der minäischen Inschriften aus; man dürfe
nicht über das 8. Jahrh. v. Chr. zurückgehen.
Vincent, H., Notes d’epigraphie palestinienne (Rb XII 605): Gibt u. a.
Kunde von einer Gemme mit Trennung der Worte durch Quer
strich, Abbrechung eines Wortes über die Zeile, mit dem biblischen
Namen ;ez.
Musil, A., Sieben samaritanische Inschriften aus Damaskus (Sitzungsber.
d. k. Ak. d. W. in Wien, phil.-hist. Kl. CXLVII. 108. mit 7 Abb.:
Abbildung. Umschrift, Nachweis von sieben samaritanischen Inschriften.
die, zum Teil über das 11. Jahrh. zurückreichend, an den Wänden eines
Bethauses als Verse aus den Perikopen hergestellt sein mochten.
Todd, J. C., On the „aristocratic“ Character of the OT (Exp IX
129—132): In den alten Staaten zäblte nur die Aristokratie, nicht das
Volk. In Israel war es nicht anders: die Propheten rügen die Verbrechen
der Reichen, das Dt war ein Gesetzbuch für die Aristokraten, Exil und
Rückkehr betraf nur die Aristokraten.
Macalister, R. A. St., Fifth quarterly Report on the Excaration of Gezer
(16 May—15 August 1903) (PEF XXXV 299—-322\. — Sixth quarterly
Report on the Excavation of Gezer (PEF XXXV1 9—26): Fortsetzung
der Arbeit ohne besonders wichtigre Funde.
Wellhausen, J., Zwei Rechtsriten bei den Hebräern (Arch. f. Religions-
wiss. VIL 33—41): =ws heilst nicht eigentlich salben, sondern ursprüng-
lich mit der Hand streichen, ein Akt der Huldigung. zu ‚verstehen an
denjenigen Stellen, wo eine Mehrzahl den König „salbt“. Ol, verwendet
Bibliographische Notizen. 323
bei der Königssalbung, kann W. in seiner Symbolik noch nicht verstehen ;
vielleicht durch die Agyptologie zu lösen. — Ruth 3, 9. Ez 16, 8 beruhen
auf der auch sonst vorkommenden Sitte (Beispiele aus dem Arabischen
werden beigebracht), durch Bedeckung mit einem Kleide Eigentums- und
daraus resultierenden Schutzanspruch an Personen zu bekunden.
Oesterley, W. 0. E., A great Heap of Stones (ExpT XV 47f): Führt sechs
Erklärungsgründe an für die Sitte, Steine an einem Orte aufzuhäufen,
von denen nur der erste Grund: Ausdruck des Abscheues, einige Wahr-
scheinlichkeit aufweist.
Doutte, E., Les tas de pierres sacres et quelques autres pratiques connexes
dans le sud du Maroc (39. Alger 1903): Sep.-Abdr. aus dem im Drucke be-
findlichen Gesamtwerke: Voyages d’etudes au Maroc. Der Gebrauch,
Steinhaufen an Wegen und auf Bergspitzen zu errichten, gehe zurück
auf die Absicht, befürchtetes oder innewohnendes Übel zu übertragen;
so schon Tylor und Frazer (nach Arch. f. Religionswiss. VII 275).
Weyl, A., Die Bedeutung des Hauses im atl Erziehungsplan. Ein Bei-
trag zur Geschichte der Pädagogik. Schulprogr. der israel. Realschule
zu Frankfurt a. M. (27 S.).
Creighton, C., Indications of the Hachish Vice in the OT (Janus Mai—
Juni 1903): Auf eine Art Opiumgenuls führt C. Sauls Krankheit zurück.
Er verweist auch auf Ct5,1. 1 Sm 14 (Jonathans Genuls von Honig im
Walde) (nach ExpT XV 148 f). — Little, J. A. St., Was Saul a Hachish-
Eater (ExpT XV 239): Hält =» war für „Cannabis sativa“. Will auch
das Sprichwort: „Ist auch Saul unter den Propheten?“ hierher ziehen.
Gressmann, H., Musik und Musikinstrumente im AT (Religionsgesch.
Versuche und Vorarbeiten von A. Dieterich und R. Wünsche II, 1. 32.
Gielsen, Ricker.. M —.75): Mosaikartige Zusammenstellung mit Verweis
auf Griechenland.
Sohlaparelli, G., L’astronomia nell’ antico testamento (16°. III u. 196.
Mailand 1903, Hoepli. L 1.60).
e) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern
des AT.
a) Allgemeines. Pentateuchkritik. Auslegung des
Pentateuchs.
Peit, J.-B., Histoire de PAT. I. 4° ed. (12%. LVIII u. 357 mit 2 Karten.
P., Lecoffre. Fr 3.—): Beruft sich noch auf Schöpfers Geist und Ein-
fluls, unter dem die drei ersten Auflagen in die Welt gegangen. Das
Werk ist aber über das Schöpfersche Prototyp hinausgeschritten in An-
lage und Anschauungen. Darum ist der Name aus dem Titel mit Recht
verschwunden. Die neueste Literatur, namentlich die französische, findet
ausgiebige Verwendung. Loisy, Lagrange, Hummelauer werden zitiert,
aber dem konservativen Charakter eines Lehrbuches will P. deshalb
nichts vergeben. Vielleicht ist er doch auch für ein Lehrbuch etwas zu
vorsichtig gewesen, und P. zeigt Ansätze, die ihn ohne Schwierigkeit in
das Lager der katholischen Kritik hinüberführen können. Es ist zu
viel, der Kritik mathematische Beweise abzuverlangen, wo es sich um
geschichtliche Wahrheiten und literarische Beurteilung handelt. Reicher
Inhalt und gute Methode machen das Werk sehr empfehlenswert.
Smith, H. P., The OT History. The internat. theol. Library (XX.V u.
512. Edinburgh 1903, Clark. 12s): Zur Charakteristik des Standpunktes
sei angeführt: Ein israelitischer Stamm mag in Ägypten gewesen sein,
den ein religiöser Führer herausgeleitete. In Kadesch schlols er den
Bund mit dem Sinai-Gott. Ein aus Arabien nach Palästina ziehender
Stamm vereinigte sich mit ersterem (nach ExpT XV 1% fi).
Barnioott, 0. R., OT History. The Temple Series of Bible Handbooks
(18°. XII u. 138. Ld., Dent. 9d).
21°
324 Bibliographische Notizen.
Zapletal, V., O. P., Alttestamentliches (VIII u. 191. Freiburg i. Schw.
1903, Univ.-Buchh. M4.—): Kurz und bündig in Erklärung und Polemik
zeigt sich Z. in den hier auswahlsweise zusammengestellten Früchten
seiner exegetischen Studien. Wo ein sicheres Resultat nicht zu gewinnen
ist, begnügt er sich mit der wahrscheinlichsten Hypothese. Seine nüchterne
Auffassung bewahrt ihn ebenso davor, der Überlieferung folgend, zu viel
hinter dem Text zu suchen, als auch der Kritik sich unbesehen in die
Arme zu werfen. 1. Das Ebenbild Gottes im Menschen (Gn 1, 26): &
ist in der vernünftigen Natur des Menschen zu suchen. 2. Das Straf-
gericht nach dem Sündenfall (Gn 3, 14-19). 3. Der Segen Jakobs
(Gn 49, 2—27): "s="59; Textherstellung mit Hilfe der Metrik und
Übersetzung. 4. Das Ephod. 5. Das Gelübde Jephtas: er hat ein Menschen-
opfer gelobt und dargebracht, was einzig dem unmittelbaren Wortlaut
der Stelle entspricht. 6. Lobgesang der Anna (1 Sm 2, 1—10): die Her-
kunft des Liedes behandelt er etwas zurückhaltend. 7. Davids Klagelied
über Saul und Jonathan (2 Sm 1, 18-27), zu V. 21 vgl. auch ThQ 1“.
154f. 8. Der 2. Psalm: Das Anagramm *rb ist doch nicht so unbekannt
(S. 137), allerdings selten anerkannt. 9. Das Sela in den Psalmen: Musik-
einsatz, sekundär Zeichen zu liturgischer Prostration und als Strophen-
zeichen = assyr. sullu. 10. Die Parabel vom Weinberg (Is 5, 1—1:
vgl. auch Rb VIII 40ff. 11. Der Spruch über Moab (Is 15 u. 16:
zu S. 175 wäre auch noch zu nennen die BZI 97 s. nom. Cooke zitierte
Notiz. 12. Zur natürlichsten Erklärung des biblischen Schöpfungsberichtes:
Verteidigung seines Werkes hierüber (vgl. BZI 194 ff) besonders gegen
J. Mader, Schweizerische Rundschau III 171f.
Soldi-Colbert de Beaulleu, E., La Langue sacree. L’Arbre de la scien«.
Origine de l’ecriture et de l’alphabet. lettre S (XV u. 161 mit 1
Abb. P. 1903, Leroux. Fr 7.50).
Keep, M. J., OT Lessons (Id. 1903, Allenson. 3s 6d).
Wright, G. F., Dr. Drivers Rope of Sand vr N.S.1151—157): Be-
hauptet, dals alle Gründe für nachmosaische Herkunft der ältesten
Quelle des Pentateuchs auf zweifelhafter Erklärung beruhen.
Trabaud, H., Les origines de la loi mosaique (RThPh XXX VI 281- 97:
Schildert Entwicklung des Begriffes und Umfanges der Thora nach
kritischen Prinzipien. j
Murillo,L., Le Pentateuque et l Ecole n&o-critique: autres alterations dans le
„Liber bipartitus” (Razon y F& Jan. 1904).
Vetter, P., Die literarkritische Bedeutung der atl Gottesnamen. Forte.
(ThQ LXXXV 520—547): Vel. BZ 1315. An die Spitze dieses Artikels stellt
V. sein kritisches Bekenntnis: Aufzeichnungen des Moses über Wüstenzug
und Satzungen. In der Richterzeit entstanden zwei Fassungen der Ur-
geschichten, eine poetische und eine prosaisch-nüchterne. Die Satzungen
des Moses wurden fortgebildet, teils ın Spezialsammlungen gesondert, so
das Dt. Um die Zeit des Tempelbaues wurden die Quellenschriften zum
Pentateuch mosaikartig nach Art der hebräischen Historiographie zu-
sammengefügt, bis auch der Fluls des Textbestandes aufhörte durch
Esras Tätigkeit. Schriftstellerisches Gesetz war es, den Namen Jahwe
mit Heiden nicht in Verbindung zu bringen, in gewissen stehenden Ver-
bindungen blols einen bestimmten Gottesnamen zu gebrauchen, Elobim
als metaphysischen, Jahwe als historischen Gottesnamen zu betrachten.
im priesterlichen und prophetischen Stil Jahwe zu verwenden, in drei
aufeinander folgenden geschichtlichen Stadien Jahwe selten, vorberr-
schend und dann wieder weniger zu gebrauchen (Perioden werden
genauer geschildert. Zu diesen fünf literarischen Gesetzen kommen
zwei stilistisch-ästhetische Rücksichten im Gebrauch der Gottesnamen:
die beiden Namen im Parallelismus zu verwenden, durch den logischen
Aufbau und Zusammenhang einer ganzen Perikope den Wechsel be-
stimmt sein zu lassen.
Bibliographische Notizen. 325
Crawford, C. K., The Canon in the Time of Samuel. Was there one?
(BStdt VIII 339—345): Hält die mosaische Herkunft des Hexateuchs,
seine Bezeugung in Sm für mindestens ebensogut begründet wie das
Gegenteil; die mosaische Herkunft bestätigt auch die übrige Hl. Schrift.
Thomson, H. C., An Exercise in Style (BStdt VIII 351—354): In Gn
6—9 sowie 1—5 ist ein gleichmälsiger Wechsel im Gebrauch von „Erde“
und „Land“ zu beobachten, was aut Identität des Verfassers von solchem
Sprachgebrauch schlielsen lälst.
Dahse, J., Textkritischa Bedenken gegen den Ausgangspunkt der
heutigen Pentateuchkritik (Arch. f. Religionswiss.. VI 305—319): Be-
zweifelt die richtige Überlieferung der Gottesnamen im MT; LXX scheint
ihm den ursprünglichen Text zu bieten. Im MT ist eine Umwandlung
des Gottesnamens in „Jahwe“ vor allem nach Ex 6, 3 zu konstatieren.
Im MT ist in einzelnen Perikopen der Name Gottes vereinheitlicht
worden; die Perikopenteilung hat allerdings gewechselt, so dals der
Nachweis auf Grund des jetzigen Bestandes nicht mehr möglich ist.
Aut den Einfluls der Perikopenredaktion legt D. entscheidendes Gewicht;
er glaubt, dals eine andere Lösung des Pıoblems sich nahe legt als die
neuere Urkundenbypothese.
Fries, S. A, Die Gesetzesschrift des Königs Josia. Eine kritische
Untersuchung (78. Lp. 1903. Deichert. M 1.80): Die Stärke dieser Schrift
liegt in dem Nachweise, dals Dt der Reform des Josias nicht in allweg
entspricht. Die Zentralisierung sei weder im Dt noch bei Josias aus-
schlielslich zu suchen (Dt 12,15 etwas mühsam danach interpretiert); die be-
kämpften nına in der nachjosianischen Zeit seien götzendienerischen Kulten
geweiht gewesen. Ex 34 entspreche den Anforderungen von 4 Kg 22:
es sei blols ein Blatt (="re) gewesen, das durch Josias wieder aufge-
funden wurde. Dt sei entstanden aus den \loses in den Mund gelegten
Rechtsbelehrungen der Priester und Leviten, die, auf verschiedene Blätter
verzeichnet. in der Zeit des Königs Ezechias zusammengefügt wurden
zu einer bo. Letztere Aufstellung beruht hauptsächlich darauf, dals
Dt inhaltlich an alle Stämme sich richtet, und unter Ezechias sich das
Bestreben geltend zu machen scheint, die Überreste Israels wieder zu
gewinnen. F. betont selbst das Versuchartige, Hypothetische seines
Ansatzes.
Cullen, J., The Book of the Covenant in Moab. A critical Inquiry
into the original Form of Deuteronomy (X u. 244. Glasgow 1903, Macle-'
hose. ös). Nicht, wie meist angenommen, Dt 12—26, sondern die Um-
ralımung ist: das Ur-Dt=Buch vom NMoabbunde. — Loisy in Rev. d’hist.
et de litt. rel. IX 80 glaubt, dafs das Ur-Dt von C. ohne 12—25 unvoll-
ständig sei.
Jeremias, A., Das AT im Lichte des alten Orients. Mit 145 Abb. und
2 Karten (XIV u. 883. Lp., Hinrichs. M 6.50): Näheres später.
Zur „Babel-Bibel-Literatur‘“. Delitzsch, F., Babel und Bibel. Ein Rück-
blick und Ausblick (75. Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstal. M 1.—):
Mit begründeter Selbstgefälligkeit kann D. den ungeheuren Erfolg seiner
beiden Vorträge konstatieren. Seinem auch hier wieder angekündigten
dritten Vortrage schickt er nun diese Abrechnung mit der Kritik voraus.
Seine Thesen will er in vollem Umfange aufrecht halten. Scharf stellt
er in Abrede, den Monotheismus Israels aus Babel hergeleitet zu haben.
Moses verspricht er in einer eigenen Abhandlung aus dem Babylonischen
zuerklären. Als abhängig von Babel betrachtet er jetzt präziserÜrgeschichten
und Sabbat; das übrige sind Parallelen, auch der Offenbarungsbegrifl.
Wunderlich und unfertig erscheint seine Auswahl eines biblischen Kanons
auf Grund des religiösen Interesses, an dem die beizubehaltenden
Bücher gemessen werden sollen. — An sonstiger Literatur zur Frage
notieren wir: Boehmer, J., Das AT im Lichte mesopotamischer Aus-
grabungen (Stb I 112—121 154—161 249—256 298—303 366—375): Eine
innen nn rn an EEE de mn m m er a ge rn
326 Bibliographische Notizen.
gute Übersicht über die hauptsächlichste Babel-Bibel-Literatur, mit kriti-
schen Bemerkungen durchflochten. — Buchholz, P., Die babylonisch-
assyrischen Keilinschriften und die biblische Urgeschichte (Ref. Kz X\\1
Nr 16—36): Behandlung der Hauptpunkte mit Darbietung des assvrio-
logischen Materials usw. — Candee, C. L., Assyrian and Babylunian
Archaeology and the OT (BStdt VIII 169-176): Einige Beispiele. we
die biblische Erzählung durch Funde bestätigt wurde, zusammengestellt. —
Cöln, F., Prinzipiell zur Babel- und Bilelfrage (Pastor bonus Jan.
1904, 145—150). — Eibach, R., Unser Volk und die Bibel. Ein Nachwort
zum Bibel- und Babelstreit (59; 39. Gielsen 1903, Ricker. M 1.6: —
Emin, Noch einmal „Babel und Bibel“. Ein verspätetes bescheidenes
Laienwörtlein zu Delitzschs gleichnamigen Broschüren (16. Lp., Luckbarit.
M —.50). — Feuchtwang, Zur Aufklärung über „Babel und Bibel“. Aus
Aonatsbl. d. wiss. Klubs in Wien (51. Wien 1903, Konegen. M —.#0.—
Hirsch, J., Meine Glossen zum zweiten Vortrage des Professors Delitzsch
über Babel und Bibel (46. Czernowitz 1903, Pardini. M 1.—). — Jentsch,
K., Babel- Bibel (Die Zukunft XLII 183—186): Hat sich doch seine Ab-
findung mit der Frage zu leicht gemacht: Die Aufregung der Theologen
sei unbegründet weil auf der unbegründeten Besorgnis beruhend, der
Kaiser könnte oder wollte die positiven Theologen von den Lebrstühlen
fernhalten; die Bibel habe von der Wissenschaft nichts zu fürchten, weil
die Schätzung der Bibel auf nicht wissenschaftlichem Gebiete beruht, und
weil die wissenschaftlichen Einwände gegen die biblischen Erzählungen
nicht exakt wissenschaftlicher und zwingender Natur sind. — Johns,
C. H. W., Balbylonian Monotheism. A personal Explanation (ExpT X\
44 f}: Im Streite über das Tätelchen, das Monotbeismus in Babyion
erweisen soll, sei taktisch Delitzsch Sieger über Jensen gewesen (vgl. BZ
I 321). Doch ist der babylonische \Monotheismus jedenlalls vom israe-
litischen unterschieden. — Küchler, F., Die Bibel- und Babel- Literatur
6—10 (Christl. Welt XVII Nr 21 25 34 44; XVIII Nr3): Vgl. BZ1 322.
— Lang, A., Babel und Bibel (Rei. Kz X\XVI Nr 5): Gegen Delitzsch:
zweiten Vortrag, der unzulängrliches Beweismaterial geboten. — Larfeld.
Die babylonischen Ausgrabungen und der atl Religionsunterricht (Zeitschr.
f. ev. Rel.-Unt. Okt. 1903, 5—26). — Lind, E., Wissenschaft wie Kritik
der Neuzeit und dasA T (Monatsblätter f. kath. Rel.-Unt. 1V65—69 99—107). —
Lods, A., De quelques publications allemandes sur les rapports religieur
de Babylone et du peuple d’ Israel (Rev. d’hist. des rel. XLVI11I 210-221:
Referat über Winckler, Budde, Jeremias, Gunkel. — Luther, F., „Bab-!
und Bibel” und „Bibel und Babel’ (Mitt. f.d. ev.K. in Rulsl. LIX 224—233. —
Mader, J., Zur Bibel- Babel- Frage (Schweiz. Rundschau IV 154—156i. —
Müller, E., Der Babelismus, der Kaiser und die orthodoxe Theologie ı#.
B. 1083, Stuhr. M1.—). — Myhrman, D. W., Babel- Bibel eller Bibel-
Babel. Yöredrag (55. Upsala 1903, Hellström. 75 oere. — Nikel, ).
Zur Verständigung über „Babel und Bibel“ (12%. 104. Breslau 19%.
Goerlich. M 1.—): Populärer Wegweiser für Beurteilung der durch
den Babel-Bihelstreit so sehr in den Vordergrund gerückten biblischen
Probleme. Besonders glücklich seine Abweisung der Willkür Gunkels in
der Erklärung von Gn1. Bezüglich des Mytbizismus von Stucken und
Winckler ist nur zu wünschen, dals sich die optimistische Aussicht \.s
auf Ablehnung in ernsten Forscherkreisen bald verwirkliche. Hammurabı.
Von Delitzsch trennt ihn ein prinzipieller, eine Verständigung aus-
schlielsender Gegensatz. — Orano, P., A proposito di „Babel und Bibel
di F. Delitzsch (Riv. d’Ital. Febr. 1904, 315—324). — Pinches, T. 6.
Sapattu, the babylonian Sabbath (PSbA XXVI 51—56). Der als ud-
hul-gal bekannte Tag wird nach Ausweis der Tageverzeichnisse nicht
sabattu genannt (K. 6012 + K. 10,684 werden hier wiedergegebeni,
sondern so heilst der 15. Tag bei den Babyloniern. Ruhetag wird er
genannt, weil der Monat gleichsam in der Mitte zu einem Kuhepunkt
Bibliographische Notizen. 327
gekommen ist. Die Babylonier übernahmen ihn von cinem nichtsemitischen
Volke und übergaben ıhn den Hebräern, welche den Namen übertrugen
auf den siebten Unglückstag der Akkader. — Reiner, J., Recht und Unrecht
im Kampfe um Babel und Bibel (Stb I 562—566): Führt gegen Delitzsch
den Delitzsch einer älteren Epoche selbst und andere Assyrinlogen ins
Feld. — Schorra, M., Kultura babilonska i staro hebrajska (Kwartalnik
Historyczny XVII 206-231). — Selbst, J., Babylonische Verwirrung.
Ein Rückblick und Ausblick (35. Mainz, Kirchheim): Sep.-Abdr. aus
Katholik 1904. Schlägt den Schaden dieser Bewegung hoch an. Im
übrigen bietet S. einen Überblick über die Streitfrage und die zu ihr
erschienene Literatur; die katholische Anteilnahme findet er entsprechend
und mit ehrenvollem Erfolge belohnt. — Tänzer, A., Judentum und Ent-
wicklungslehre. Nach einem über „Babel und Bibel" gehaltenen Vortrage
(68. B. 1903, Calvary. M 2.—). — Wegener, A., Babel und Bibel, was
sie verbindet und scheidet. Vortrag (23. Moskau, Deubner. M = _
Winckler, H., Die Assyriologie und das AT (Allg. ev.-luth. Kz 1903,
Nr 49—51l): Markiert seinen Standpunkt gegenüber der Wellhausen-
schen Kritik: literarhistorische Datierung bedeutet noch nicht spätzeitige
Unzuverlässigkeit; das arabische naturwüchsige Nomadentum, aus dem
Israel Religion und Kultur entnommen, ist nur eine poetische Legende;
auch Arabien steht unter dem Einfluls des Orientes; Elohist und ‚Jahwist
als Sanımler volkstümlicher Überlieferung (Gunkel) wären im alten Oriente
lächerliche Figuren. Sonst stellt er noch die leitenden Grundgedanken
seiner „Geschichte Israels Il‘ und von „Keilinschr. und ATI%: zusammen;
mythologisches (astrologisches) Schema jeder orientalischen Geschichts-
erzählung bei Möglichkeit historischen Inhalts. Die Bezeichnung der
Propheten als politische Agitatoren sei ibm mit Unrecht zum Vorwurf
nn. worden; er wolle eben blols diese Seite ihrer Wirksamkeit in
etracht ziehen. Die religiöse Bedeutung sei noch kein wissenschaftlich
fundierter Gegenstand. Insofern die tatsächliche Erklärung der Pro-
ne aufrecht erhalten und im einzelnen wiederholt wird, bleibt
ennoch der Vorhalt berechtigt. — Zehnpfund, K., Assyriologisches in der
Studierstube (Stb I 483—488): Gibt Anweisung, wie man sich in assyrio-
logischen Fragen ein einigermalsen selbständiges Urteil bilden könne. —
Zöckler, O., Zur neuesten Literatur über Babel und Bibel (Bew. d. Gl.
3. F. VI 12 |Dez. 1903).
Zum ‚Gesetze des Hammurabi“. Brugi, B., Le leggi di Hammurabi, re
di Babilonia (Atti del R. Istit. Veneto di Scienze LX1I 9, 1105—1119).
— Cook, $t., The Laws of Moses and the Code of Hammurabi (XVII
u. 307. Ld. 1903, Black. 65): Ahnlichkeiten gehen zurück auf die ge-
meinsamen Züge des semitischen Rechtes. Ein inneres Durchdringen der
vorderasiatischen Völker mit dem babylonischen Recht hat nicht statt-
gefunden (nach Deutsche Lz 1904, Nr 5). — Harper, R. F., Text of the Code
of Hammurabi, King of Babylon (about 2250 b. C.) (AmJsemL XX 1—84):
Nach den Photographien von Scheil mit selbständigen Ergänzungen; Ab-
druck aus seiner angekündigten Ausgabe; vgl. im folg. — Harper, R. F.
and W. R., The Code of Hammurabi, King of Babylonia (about 2250 b. C.),
the most ancient of all Codes. 1. Map, Text, Transliteration, Translation,
Glossary, historical and philological Notes and Indices. II. The Hanı-
murabi and the Mosaic Codes. A Study in Babylonian and OT legal Lite-
rature (Chicago, Univ. Pr. 188): Zunächst Bd I erschienen. — Kohler, J.,
und Peiser, F.E., Hammurabis Gesetz. I: Übersetzung. juristische Wieder-
gabe, Erläuterung (11I u. 146. Lp., Pfeiffer. M 8.—): H. ist Amraphel
von Gn 14. Der Turm des H. steht wahrscheinlich in Beziehung zum
babylonischen Turmbau. Nach 2. Exk. (137—143) ist H.s Gesetz wesentlich
moderner als das mosaische. Der 2. Bd soll den Gegenstand rein philologisch
behandeln, der 3. ein Urkundenbuch aus der Hammurabizeit darstellen. —
Küchler, Moses und Hammwurabi (Christl. Welt 1903, Nr 23): Ref. über
316 Bibliographische Notizen.
Ebbinge Wubben, C. H., Over middelnederlandsche vertalingen van het
Oude Testament (VIII u. 250. 's Gravenh. 1903, Nijhoff. F 2.50.
Driver, $. R., Translations from the Prophets: Jeremiah XVI. 10—\X.
18; XXX—XXXI. (Exp IX 104—120 174—185).
c) Text und Literarkritik.
Weikert, T., O.S.B., Ein zweiter Gang durch die Bibliothek der neueren
Literatur für at! Textkritik (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.- u. Zisterz.-O. XXIV
116—124 379—390 683—687).
Scerbo, F., Nuovo saggio di critica Biblica (IV u. 34. Florenz 1%3,
Libr. on Sep.-Abdr. aus Giorn. d. Soc. As.-It. XVI, Fortsetzung zu
seiner BZ I 315 notierten Studie. Behandelt Is 63, 9 nach der Regen-
bogenbibel und weist ohne Schwierigkeit die Willkür der dort von Cheyne
vorgeschlagenen Emendation nach. Auch hier bekennt er sich als aus-
gesprochener Gegner der Metrik (S. 9, besonders eingehend über Ps 2. 5i.
Die Bekämpfung der Bibelkritik, vor allem der metrischen Kritik macht
S. sich zur Aufgabe für Leben und Sterben. Unser früheres Urteil gilt
auch für diese Schrift: Der Kampf gegen die Willkür der Kritik ist be-
rechtigt, die Willkür ist auch ein ziemlich allgemein verbreitetes Ver-
fahren der Bibelkritiker; dals aber S. damit ein wichtiges bibelkritisches
Prinzip als unhaltbar dargetan, ist mit A. L. in der Rev. Critique,
dessen sich S. u. a. gegen Ende seiner Studie zu erwehren hat, wohl
nicht anzuerkennen.
Levi, J., Un probleme de paleographie hebraique (RE)} XLVIL 1-6):
Sonderbares =x an einzelnen Stellen erklärt sich vielfach als unrichtige
Auflösung eines n durch Kopisten: Sir 7, 3 (st. ser); 19, 4 (st. or). 16 (m).
Ez 18. 10—11 (mxer; da sind auch sonst in den andern Worten derartige
Milsverständnisse); 21, 20 (mr); 18, 18 (aus dem r von rbn); Prv 18,15
(=). Der Kopist nahm das gewöhnlichste Wort für das Abkürzungs-r.
Balmforth, R., Bible /rom the Standpoint of higher Criticism: OT (274
Ld., Sonnenschein. 38 6d).
At E.. Theism under natural Law as related to OT Criticısm
150) the Theodicy of Lux Mundi (12v. VIII u. 370. N.Y., Whbittaker.
(81.50).
Möller, W., Are the Critics right? Historical and critical Considerations
against the Graf-Wellbausen Hypothesis. Transl. by ©. H.Irwin. With
Preface by Prof. von Ore!li (Ld., Relig. Tract. Soc. 283 6d).
Lepsius, J., Die at! Wissenschaft und die Ergebnisse ihrer Erforschung
(Reich Christi VI 20—32): Vgl. BZ II 9 f. Glaubt, dals unbewulst
religionsphilosophische Motive die scheinbar archäologisch und literar-
kritisch vorgehende Pentateuchkritik gezeitigt haben. Hält die kritischen
Anschauungen ihrem ganzen Umfange nach für unrichtig und persitliert
die angenommene Fälschung des Dt. — Das vorsalomonische Heiligtum
auf dem Nebi Samwil (ebd. 103—134): Behauptet die Existenz eines
Zentralheiligtums seit der Sinaipesetzgebung in Silo (= Nebi Samwil, wo-
mit noch die neun andern Heiligtümer identifiziert werden). — Der Tert
der Schöpfungsgeschichte (Reich Christi VI 208—225): Die von der Kritik
angenommenen zwei Schöpfungsberichte beseitigt L. durch Anderung der
Textfolge. — Terxtkritischer Konmentar zur Schöpfungsgeschichte (ebd.
225— 233). — Der sehr resoluten, aber der ruhiren Objektivität ermangeln-
den Opposition stimmen zu: Jaeger, L., Biblizisten und Bibelkritik.
Offener Brief an Herrn Dr Lepsius (ebd. 145—165). — Kähler, M., Zur
ati Krise in der Theologie (ebd. 165—168). — Lepsius, J., Verbalinsptra-
tion und Tertkritik: Antwortschreiben un Professor D. Kähler (ebd.
168—180): Wahrt der Textkritik ihr Recht gegenüber ersterer. —
Lepsius, J., Ein menschlicher Tag (Reich Christi VII 1—38): Verteidigt
sich gegen die Vorwürfe, die wider sein Vorgehen gegen die Bibel ın
den „Reden und Ansprachen der 18. Allianzkonferenz zur Vertiefung
Bibliographische Notizen. 317
des Glaubenslebens‘ (24,—28. Aug. 1903) erhoben wurden. Mehr von per-
sönlichem Interesse. — Ebenso die weiteren Aufsätze: Rabbinische oder
evangelische Schriftanschauung? (ebd. 39—53).. — Die Probe auf das
Exenpel (ebd. 53—60). — Eine Lobrede auf die Bibel (ebd. 60—64).
König, E., Im Kampf um das AT.2. H.: Ati Kritik und Offenbarungs-
glaube. Vorträge (55. B., Runge. M —.90).
Cheyne, T. K., Critica biblica. 4. First and second Kings (312—398. Ld.,
Black. 35): Vgl. BZI 215, II 95. Nordarabien ist für C. der Ausgangs-
punkt zur Erklärung der israelitischen Geschichte, Jerahmeel das Losungs-
wort für seine Textkritik. Die israelitische Geschichte hat sich im Negeb
vollzogen, und dort muls jeder geographische Name, sei es als Doppelgänger
eines andern Namens oder ach textkritische Emendation, gefunden
werden. So ist der Euphrat als Grenze von Salomos Reich im Negeb
zu suchen. Jerahmeel ist durch die Abschreiber nur an vier Stellen be-
lassen worden, sonst an mehreren tausend Stellen verändert worden, so’
dals ein ganz schiefes Bild von Geschichte und Geographie entsteht. So
hebt C. den Panbabylonismus durch eine exzessive Nordarabienhypothese,
Wincklers Mugri-Hypothese überbietend, aus dem Sattel und persifliert‘
unbewulst die moderne textkritische Willkür durch seine Jerahmeel-Hypo-
these, der beste Weg, zur kritischen Nüchternheit zurückzuführen.
Knieschke, Wellhausen nach Schrift und Inschrift beurteilt (Ev. Kz
LXXVIII Nr 3—5): Bekämpft die Aufstellungen W.s über den Ort des
Gottesdienstes, die Opfer, dıe Feste, die Priester und Leviten, die Aus-
stattung des Klerus.
Cereseto, 6. 6., Tre classi di dottori. Questioni circa gli autori e la
data dei Salmi, dei Proverbi e del Pentateuco (XVI u. 208. Monza 1903,
Artigianelli): Zuerst erschienen als eine Reihe von Artikeln in Scuola
cattolica 1902/3, sich anschlielsend an den bekannten Brief des Bischofs
Mignot von Albi über die biblische Kritik. C. tadelt zunächst die Be-
grifisbestimmung für Kritik: die Unterscheidung des Wahren, als wider-
spruchsvoll, beanstandet die nachexilische Ansetzung der Ps durch Mignot
auf Grund der Tradition, des Kanonabschlusses unter Esdras, der
LXX und der Unsicherheit der inneren Gründe, tritt für salomonische
Herkunft von Prv ein, findet die Annahme der Pentateuchkritik der
Inspiration widersprechend. C, bewegt sich also auf dem Boden der
streng traditionellen Exegese, während der Berichterstatter der Revista
delle Reviste (Il 9-16) den fortschrittlichen Standpunkt des Mignot
u. &. zum Seinigen macht.
Ermoni, V., La methode historiwe a propos de VAT (Ann. de phil.
chret. ser. 3, t. II [ÜXLVI] 425—429): Rez. über Lagranges so be-
titeltes Werk. Lobt es nach fortschrittlichem Inhalt und kirchlicher Ge-
sinnung. Nur scheint ihm in manchen Punkten nicht hinreichende Klar-
heit zu walten.
.Cheyne, T.K., An Appeal for Higher Exegesis (Exp IX 1-19):
Über Text- und Literarkritik hinaus muis man zu einer tieferen histori-
schen Einsicht in das AT gelangen. Man muls den politischen Charakter
der Propheten mehr hervorheben; man muls auf eine rein innere Ent-
wicklung der israelitischen Religion, insbesondere in der prophetischen Zeit,
verzichten. Aulsere Eintlüsse Babels sind anzuerkennen und auf Grund
seiner kühnen Textkritik auch solche von Nordarabien aus (Musri, Asur
usw. in Nordarabien).
Burr, E. F., To Christian Laymen: concerning „the Higher Criticism“
(BStdt N.S.1140—151): Verurteilt denselben nach allen Richtungen und
mit allen Gründen.
Un professeur de Grand Seminaire, La bible, la science et Thistoire (Annales
de philos. chret. ser. IlI,t. III, 310—324): Unterscheidet zwischen der
von Gott gegebenen Bibel und den menschlichen Erklärern, zwischen
der Bibel als religiösem Unterrichtsbuch und der Bibel, aufgefalst als In-
308 Bibliographische Notizen.
Winckler, Zimmern auszugleichen. Die Nebeneinanderstellung von Marduk
und Christus wird wohl eine noch eingehendere Darstellung erfahren in
der vollständigen Veröffentlichung der Dissert. Hehns (vgl. BZ I 9%) in
Beitr. zur Assyr. und sem. Sprachwissenschaft V 3.
Tennant, F. R., The Sources of the Doctrines of the Fall and original
Sin (XIV u. 363. Cambridge 1903, Un. Beschäftigt sich mit
der biblischen Erzählung, ihrer Erklärung und Literarkritik, Parallelen.
sychologischem Ursprung, Lehre des Sir, des Judaismus, der rabbinischen
Literatur, der jüdischen Pseudepigraphen, des Paulus und der Kirche vor
ugustin.
Fulliquet, @., Le Miracle dans la Bible (470. P., Fischbacher. Fr 7.50).
Ziiler, F., Die biblischen Wunder in ihrer Beziehung zu den biblischen
Welt- und Gottesvorstellungen (Samml. gemeinverst. Vorträge 88. 37.
Tübingen, Mohr. M —.80): Findet die Wunderauffassung jeweils den
Phasen der (rationalistisch gefalsten) Religion Israels entsprechend.
Ziese, J. H., Die Gesetz- und Ordnungsgemä/sheit der biblischen Wunder,
universalgeschichtlich begründet (IV u. 182. Schleswig 1903, Ibbeken.
M2.—): Die biblischen Wunder sind nicht göttliche Willkürakte, sondern
dienen der Wiederherstellung der durch die Sünde gestörten Weltordnung
und reihen sich dem jeweiligen geschichtlichen Entwicklungsstande dieser
Wiederherstellung im Laufe der Weltgeschichte an (nach ThLbl XX V 51 ff).
Montefiore, C. G., Rabbinic Conceptions of RBepentance (JqR XVl
209—257): Beruben im wesentlichen auf dem AT, da Hellenismus und
NT keinen eigenen Begriff haben. Die rabbinische Lehre über die Bulse
ist erst die volle und echte Entfaltung derselben, zugleich eine Harmo-
nisierung der priesterlichen und prophetischen Auffassung. Ein reiches
rabbinisches Material kommt in Verwendung.
Reinach, T., Histoire des Israelites depuis la ruine de leur independence
un jusqu’a nos jours. 8° ed. (16%. XIX u. 416. P. 1903, Hachette.
r 4—). f
Ninok, C., Auf biblischen Pfaden. Reisebilder aus Agypten, Palästina,
Syrien, Kleinasien, Griechenland und der Türkei. 6., verm. u. verb. A.
(40. VIII u. 416 m. Abb., 2 Kart. u. 1 Panor. Lp. 1903, Deutscher Kinder-
freund. M 7.—).
Soden, H. v., Palästina und seine Geschichte. 6 volkstümliche Vor-
träge. 2. Aufl. Aus Natur und Geisteswelt 6. Bdchen (IV u. 112. Lp.,
Teubner. M 1.25).
Grammatica, L., Testo Atlante di Geografia Sacra I: Geografia Biblica
(Bergamo, Istituto Ital. d’arti graf. L 4.80): Eine Rez. der Str III
649—551 vermilst darin die historische Korrektheit in Bezug auf die Aus-
scheidung der geographischen Angaben einzelner Perioden und tadelt den
er bau des Atlas auf der traditionellen statt einer wissenschaftlichen
xegese.
Preuschen, E., Leitfaden der biblischen Geographie. Mit 6 Ortsansichten
(IV u. 174. Gielsen, Rotb. M 1.—.).
Müller, R., Eine schweizerische Jerusalemfahrt im Anfang des 16. Jahrh.
(Schweiz. theol. Zeitschr. 1903, 204—254).
Mühlau, F., Martinus Seusenius’ Reise in das heilige Land im Jahre 1602.
Kieler Univ.-Progr. 1902 (35 S.).
Sargenton-Galiohon, A., Sinai, Maän, Petra. Sur les traces d’ Israel
et chez les Nabatöens. Avec une lettre-preface du M. de Vogüe (12%.
XV u. 305. P., Lecoffre): Einer Sylvia von Aquitanien nacheifernd,
scheute die Schriftstellerin nicht Gefahren und Strapazen, um im An-
schluls an eine Karawane der Ecole biblique unter Führung von P. A. Jaussen
die weite Reise zu unternehmen. In diesem schön ausgestatteten, mit
Karten und Illustrationen geschmückten Werke bietet sie ein fortlaufen-
des Tagebuch (10. Febr. — 25. März 1902), mit Geist und Gemüt ge-
schrieben, von feiner Naturbeobachtung und sorgfältigen vorbereitenden
Bibliographische Notizen. 309
Studien zeugend. Sie hat damit für Liebhaber solcher Reiseberichte
und solche, die jene Gegenden bereisen, eine angenehme Lektüre ge-
schaffen. s
Dressaire, L., Eiudes palestiniennes. La tradition et T’authenticite des
Lieux saints (Rev. Aug. 15. Mai 1903, 416—43]).
Historische Stätten in Palästina. Nach eigenen Aufzeichnungen während
einer archäologischen Expedition im Sommer 1903 (Allg. ev.-luth. Kz 1904,
Nr 1—4): Jericho, die Merebinthe Mamre, die galiläischen Synagogen,
Sichem und Umgebung.
Barnabe d’Alsace, Questions de topographie palestinienne: Le lieu de
la rencontre d’Abraham et de Melchisedech, avec une appendice sur le tom-
beau de S. Anne ü Jerusalem (154. Jerusalem, impr. Francisc.).
Blake,W., Jerusalenı. Ed. by E.R.D. Maclaganand A.G.B. Russel.
(150. Ld. 1903. Bullen. 68).
Leeper, J. L., Voices fronı Underground Jerusalem (BW XXII 167—179):
Die Lage der einzelnen Stadtteile wird, soweit möplich, in Wort und
Bild geschildert. — Remains of the Temple at Jerusalem (ebd. 329— 341).
Gatt, G., Bemerkungen zu Dr. Alf. Schulz’s Aufsatz über die Sion-
Frage (ThQ LXXXVi 249-258): Gegen ThQ 1900, 356—389. Mit S.
nimmt G. an, dafs die Bibel gewöhnlich von einem Berge Sion in über-
tragenem Sinne rede, behauptet jedoch gegen S., dals sie auch einen eigent-
lichen Berg Sion in topographischem Sinne kenne; die Tradition von
einem Berge Sion sei nicht entstanden wie etwa die über das Tal Josa-
phat. Die Lage der Davidsstadt nach S. bestreitet G.: die Akra der
Syrer sei nicht identisch mit der Davidsstadt 1 Makk. Mit Unrecht finde
S. bei Josephus ein Akra in doppeltem Sinne. — In ThR 11I 28 findet
G., dals auch Germer-Dürand' pl, BZ II 88) mit ‚Josephus, der Bibel
und der Bodenbeschaffenheit in Widerspruch gerate.
Masterman, E. W. G., Jewish Customs of Birth, Marriage and Death
(BW XXII 248—257) — Occupations of the Jews in Palestine (BW XXII
88-97). — Feasts and Fasts of the Jews in modern Palestine (BW
XXIII 24—36 110—121).
Davies, T. W., Sacred Music among the ancient Hebrews and in the
Christian Church (Bapt. Mag. an. Lit. Rev. Sept.-Okt.-Nov. 1903).
Rattray, A., Divine Hygiene: Sanitary Science and Sanitarians of the
Sacred Scriptures and Mosaic Code. 2 Bde (672, 756. Ld.1908, Nisbet. 32).
d) Auslegung.
Carr, A., Horae Biblicae: Short Studies in O and NT (242. Led,
Hodder. 6s).
La sainte Bible arec commentaire d’apres Dom Caulmet, les saints peres
et les exögetes, anciens et modernes, par J. A. Petit. T. 15 (705. Arras,
Sueur-Charruey).
Urquhart, J., Die neueren Entdeckungen und die Bibel. V. Bd. Von
den Büchern Chronik bis zum Ev Johannis. Übers. von G. Spliedt
(XII u. 376. Stuttgart, Kielmann. M 4.—). — Der 1. Bd in 4. Aufl.
(XVI u. 341). Vel. BZ I 93 329.
Matheson, G., Representative Men of the Bible II: Ishmael to Daniel.
(364. Ld. 1903, Hodder).
Steinführer, W., Der Engel Gesetz. Ein theologisches Problem. TI. Hin-
weisender Teil (xl u.400. Lp.1903, Richter. M 8.—): „Ein Stück Gnosis
in moderner Ausrüstung!“ Das Gesetz des AT ist nicht von .Jahwe,
sondern von den Engelmächten (Elohim), ein Gegensatz, den dann der
aulserhalb desselben stehende Christus zu lösen hat. Sorar in apostolischer
Zeit, im Petrinismus und Paulinismus wırke dieser Gegensatz noch nach
(ThLbl XXIV 549-552).
Jacob, B., Im Namen Gottes. Eine sprachliche und religionsgeschicht-
liche Untersuchung zum A und NT (VII u. 176. B., Calvary. M 3.—).
300 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7).
Im Jahre 1660 erschien in 80 zu Amsterdam eine neue
Übersetzung des Neuen Testamentes von dem mit den Arminia-
nern sympathisierenden Socinianer Jeremias Felbinger
(+ 1616), die ihr Muster, die Rakowsche Übersetzung, zu über-
bieten suchte und durch Buchstäblichkeit das Deutsche sehr
verunstaltet hatte?. Bei seiner Arbeit hat Felbinger, wie er
in der Vorrede sagt, die von Curcelläus 1658 zu Amsterdam
besorgte griechische Ausgabe zu Grunde gelegt. Wie ÜOurcel-
läus hat auch Felbinger die Stelle in Klammern gesetzt:
„Denn drei sind di da zeugen [in dem Himmel, der Vater, di
Rede und der heilige Geist. und eben diselbigen drei sind
eins. Vnd drei sind di da zeugen auff der Erde] der Geist...“
Unten auf der Seite besagt eine Anmerkung, dafs die ein-
geschlossenen Worte in vielen alten griechischen und latei-
nischen Büchern fehlen, „wie in der syrischen, arabischen und
Mohrischen Übersetzung“; auch werden sie von vielen Vätern
nicht anerkannt und fehlen in alten Drucken‘.
Felbinger hat auch in der Doctrina de Deo et Christo
et Spiritu Sancto ipsis Scripturae sacrae verbis 1657 in th. 3
als Beweis für die Gottheit des Heiligen Geistes 1 Jo 5,6 7
zitiert.
I Siehe über ihn Fock, Socinian. 248.
2 Vgl.G.H.Goeze, De vers. Nov. Test. Felbingeriana, Lubec. 1706;
Zeltner, Diss. de novis Bibl. germ. versionibus non temere vulgandis,
Altdorfii 1707, 15.
3 Palm, De cod. 176; Baumgarten, Nachrichten von einer hall.
Bibliothek II 203.
Besprechungen.
Mommert, Carl, Dr theol., Ritter des heiligen Grabes, Pfarrer, Topo-
graphie des alten Jerusalem. I. Teil: Zion und Akra, die Hügel der Alt-
stadt. gr- 80 (X u. 393} Leipzig 1902, E. Haberland.. M. 8.— Il. Teil:
Das salomonische Tempel- und Palastquartier auf Moriah. Mit vier Fi-
guren im Text und fünf Tafeln. (VII u. 305) 1903. M. 7.—
Diese beiden, durch gründliche Behandlung und übersichtliche Dar-
legung des Stoffes sich auszeichnenden Bände bilden für das Studium
der Topographie Jerusalems ein willkommenes Hilfsmittel. In dem Streit
über dıe Lage der „Stadt Davids“ stellt sich M. auf die Seite derer, die
sie auf dem Südwesthügel suchen. Er verwirft mit Recht die Osthügel-
Theorie, weil der Osthügel für den Sitz eines ganzen Volkes zu klein ist.
Die „Stadt Davids“ konnte unmöglich auf der kleinen, nur 9 Morgen
groisen Fläche des Ophel gestanden haben. Der Gipfel des Osthügels
aber wurde noch zur Zeit Davids als Dreschtenne benutzt. Die ganze
Östhügel-Theorie beruht übrigens, was M. nicht angeführt hat, auf der
unrichtigen Übersetzung von 772 "7, öpog Zıov = „Zion, der (Tempel)berg“,
austatt „der (Tempel)berg von Zion“. Nur an einer der zahlreichen
Stellen ist „Tempelberg“ Apposition zu Zion: Ps 2,6. Dies ist aber ein
davidischer Psalm, und zu Davids Zeit war nicht der Moriah, sondern
der Zion Sitz des jüdischen Nationalheiligtums!. Die beiden Hügel, auf
denen nach Flavius ‚Josephus die Altstadt lag, sind nach M. der heutige sog.
Öberzion und der sog. Unterzion. Er beruft sich hierfür auf Josephus,
Bell. Iud. 5, 4,2, wonach die alte Zweihügelstadt im Norden von der sog.
„alten Mauer“ begrenzt gewesen sei, weshalb beide Hügel im Süden der-
selben zu suchen seien. Dies ist aber ein Milsverständnis. Der Aus-
druck „im Norden“ bezieht sich nicht auf die Stadt, sondern auf die
Turmseite, von der die alte Mauer ausging. Nur der eine Hügel, der
„die Davidsstadt‘“ trug, lag südlich von der „alten Mauer“. Der andere
befand sich in der Gegend des alten Serails.. M. meint zwar, die Has-
monäer hätten die Höhe des Unterstadthügels nur so weit abgetragen,
dals dieser den Tempel nicht mehr überragte, und deshalb mülsten noch
Reste des ehemaligen Hügels in jener Gegend nachweisbar sein; dies sei
aber nicht der Fall, weshalb der Unterstadthügel sich irgendwo anders
befunden haben müsse. M. hat dabei übersehen, dals Josephus, Ant. 13, 6, 6
ausdrücklich sagt, das Volk habe unter Simon den Hügel „bis auf den
Grund und die glatte Ebene‘ abgetragen. Diesen zweiten Hügel sucht
M. in der Anhöhe des sog. Unterzion. Dem widerspricht die Notiz bei
Josephus a.a.O.: „Nach Abtragung der Burg und des Burgberges ragte der
Tempel über alles empor“, insofern heute noch der Unterzion höher als der
Morıah ist. Der Unterzion ragt über seine unmittelbare Umgebung an
der Nord-, Ost- und Südseite immer noch so merklich hervor, dals er
mit einem Berg, den man eis Zdapog xai medıvriv Acıörnta reduziert hat,
in keiner Weise identifiziert werden kann. — Der 2, Band gilt dem Berg
t Joel 4, 17: „Gott, der ich in Zion wohne auf meinem heiligen
Berge“. Siehe Ps 48,2. Joel 3,516. Mich 3, 12,
302 Bibliographische Notizen.
Moriah. Den grofsen Brandopferaltar verlegt M. mit Recht auf den
Felsen Sachra; dagegen setzt er sich in Widerspruch mit .Josephus, Ant.
15, 11, 4, wenn er Salomon den Antoniaburgfelsen mit einem Sommer-
palaste überbauen lälst. Josephus sagt ausdrücklich, das erst die Hasmonäer
diesen Felsen überbaut haben. Der Sommerpalast Salomons betand sich
auf der Südseite der Haramarea, der Winterpalast aber am Fulse der
Südmauer. Auf den Tempelberg verlegt M. auch den vielgedeuteten salo-
monischen Millo, den er mit Recht von dem davidischen trennt. Jenen
identifiziert er mit dem ganzen salomonischen Tempel- und Palastquartier
auf Moriah, während er den Millo der Davidsstadt in dem sog. Davids-
turm wiederfindet. Beides ist durch den jüngst aus dem Assyrischen ge-
lieferten Nachweis, wonach x‘;n, wie assyr. tamlü, „Aufschüttung, auf-
geschüttete Terrasse, Damm‘‘ bedeutet, hinfällig geworden. Der davidische
Millo ist wahrscheinlich in der „alten Mauer‘ der Teil, der die zwischen
Ober- und Unterzion befindliche Taleinsenkung verschlols, während der
salomonische die Schlucht des Wad bis an Ten einda: überbrückte.
Das „Haus“ oder „der Palast des Millo“ lag wahrscheinlich an der
Stelle des späteren Hasmonäerpalastes (x59 Il Kg 12, 20 = "zo „der
Brückendamm‘‘ im Marokkanerquartier. Noch ist die von M. unter
Zugrundelegung des .„Lineals des Gudea‘ angesetzte Längenbestimmung
der alten jüdischen Elle = 39,9 cm zu erwähnen. Mit diesem neuen
Malse glaubt er das Heilirtum richtig rekonstruieren zu können. Allein
die mitgeteilten Malsangaben stimmen nicht mit den Verhältnissen der
angehängten Schickschen Karte; so soll z. B. der freie Raum auf der
Ostseite, zwischen der Ostmauer des Tempels und der östlichen Um-
fassungsmauer des ganzen Tempelquartieres, nur etwa 40 m betragen,
während er nach jener Karte ca ‘5 m milst. — Sind somit die Resultate
der Untersuchungen M.s nicht in allweg stichhaltig, so bieten sie doch
ungemein viel Anregung und Nutzen für das Studium der Örtlichkeiten
der heiligen Stadt.
Blaubeuren. P. Rieflsler.
Bibliographische Notizen.
(Das Erscheinungsjahr 1904 und Format 8° wird nicht eigens bezeichnet.)
A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift.
Abkürzungen wie 8. 81 u. 198.
a) Bibliographie. Enzyklopädien. Einleitung. Inspiration.
Hermeneutik. Geschichte der Exegese. Schriftstudium.
Scherman, L., Orientalische Bibliograplie XVI 208-243 (B. 1%3,
Reuther. M 10.—).
Vigouroux, F., Dictionnaire de la Bible. Fasc.23. Col. 1—288: L—Lit
(4%. P., Letouzey).
Gray, 3. C., and Adams, 6. M., Biblical Encyclopedia, a Collection of
Notes explanatory, homiletic and illustrative etc. 5 Bde (4500. Cleve-
land. Barton. $& 12.50).
Barnes, C.R., Barnes's Bible Encyclopedia, biographical, geographical,
historical and doctrinal (N. Y., Eaton. $18.—).
Singer, J., The Jewish Eneyelopedia V: Dreyfus-Brisac—Goat (XXI u.
686. 1903): Vgl. BZ I1 81.
Dondero, A., Institutiones biblicae ad mentem Leonis XIII pont. max.
in encyclica Providentissimus Deus tironum usui accommodatae. Ed. 3.
(533. Genua, Arcivescoville.. L 5.50)
Scottl, &., Lezioni di Propedeutica biblica. Questioni dogmatiche e
critico-letterarie (274. Neapel, D’Auria. L 3.50).
Bibliographische Notizen. 303
McPheeters, W. M., The Question of Authorship: Practice versus Theory
(PrthR 1 579—596): ‚Die Praxis bei Profanliteratur, die Praxis der heiligen
Schriftsteller, der Überlieferung, ja der modernen Kritiker widerlegt die
Ansicht, die Frage nach dem vo. sei ohne Bedeutung, eine blols
literarische Frage. Vgl. BZ II 86.
Die Frage nach der Authentie der biblischen Bücher. Misc. (Bew. d.Gl.
3. F. VI, 10. H. [Okt. 1903|).
Gregory, D. S., Outline View of the Bible as God's Revelation of Re-
demption (BStdt N.S. 145—55 108—117): Sucht für jedes Buch der Bibel
den Platz in der Offenbarungsgeschichte genau zu bestimmen.
Blondel, M., Histoire et Doyme — les lacunes philosophiques de l’exegese
moderne (La Quinzaine 16. Jan. 1904, 145—167).
Billot, L., De inspiratione sacrae Scripturae theologica disquisitio (146.
Rom 1903, Tip. de propag. fid.).
Schanz, <P. v.>, Die Inspiration der Heiligen Schrift (Köln. Volks-
zeitung 1904, Lit. Beilage Nr 11): Für weitere Kreise handelt S. von der
Tatsache der Inspiration (für das NT historisch nachweisbar nur aus der Apo-
stolizität erschlossen und deshalb von S. auch mit derselben zusammen-
hängend getalst.,. Nach der Bulle Providentissimus Deus (durchgängige
Realinspiration, ausnahmslose Irrtumsfreiheit) bleibt offen die Beziehung
zwischen der Subjektivität der Verfasser und den Objekten der Dar-
stellung. Gott als „auctor“ ist durch den Inspirationsbegriff zu erklären,
nicht umgekelirt. Wie der Literarkritik (Verfasser, allmähliche Bildung,
seudepigrapbische Schriften), so steht auch der historischen Kritik in
Bezur auf die benutzten Quellen der Weg frei, wiewohl nur unzweifelhafte
wissenschaftliche Resultate den Exegeten bestimmen sollen, von der all-
gemeinen Erklärung abzuweichen.
Dahle, L., Der Ursprung der Hl. Schrift (die Inspiration). Aus d. Nor-
were. von H. Hansen (VII u. 160. Lp. 1903. Ungleich. M 1.20).
Sheraton, J. P., The Procefs of Inspiration (BStdt N. S. 1 13-20): Be-
dingt den göttlichen und menschlichen Charakter der Bibel. — The Pro-
duct of Inspiration — the inspired Seriptures (ebd. 84—95): Notwendig
für die Glaubwürdigkeit und Vollständigkeit der Offenbarung ist die Irr-
tumslosigkeit nicht, aber tatsächlich ist die Bibel irrtumslos.
Merisi, A., Le fonti dei Libri Sacri e il dogma dell’ ispirazione (Scuola
Catt. Nov. 1903, 423 —438).
Portig, Hermann von Helmholtz und die Inspiration. Antworten auf
Zweifelfragen (Glauben u. Wissen I, 11. H.).
Burrell, D. J., „Is“ or „contains“? (BStdt N. S. I 22—24): Letzteres: die
Bibel „enthalte“ nur Gottes Wort, führt zu schlimmen Folgerungen.
Grannan, C.-P., Questions d’eeriture sainte. rad. de l’anglais par l’abbe
L. Collin (18°. P. 1903, Lethielleux): Erschienen vor einigen Jahren
in Catholic University Bulletin und American Catholic Quarterly Review,
über Anwendung der Kritik auf die Bibel und über Inspiration. Ge-
mäfsigt fortschrittlich (nach Rev. du clerge fr. 1. März 1904, 44 ff).
Curry, S. S., Vocal and literary Interpretation of the Bible. Introd.
by F. 6. Peabody (12%. XX u. 354. N. Y. 1903, Macmillan. %1.50).
Fontaine, J., La methode historique et les etudes scripturaires (Science
cath. Mai 1903, 473—486).
Girerd, F., L’autoritö de la Bible (Annal. de phil. chret. Ser. 3, T. II,
399-414): Wiewohl die Unfehlbarkeit der Kirche sich wenig über den
Umfang der Offenbarungswahrheiten erstreckt, dieselbe, soweit sie in ihrer
allxzcmeinen Lehre und im consensus patrım zum Ausdruck kommt,
schwer feststellbar ist, darf man doch seit unvordenklicher Zeit vertretene
Lehren der Kirche und der Väter nicht einfach aufgeben. Durch Bei-
spiele der Exegese der Väter und unverdächtiger Exegeten zeigt er. dals
wohl die Freiheit der Bibel von Irrtum, nicht aber von Ungenauigkeiten
sicher gestellt sei. Anzunehmen, dals ein inspirierter Autor glaubt, die
304 Bibliographische Notizen.
historische Wahrheit zu sagen, und sich dabei täuscht, widerspricht nicht
der Tradition. Gott leistet nur Bürgschaft für den religiös- -doktrinalen
Teil der Heiligen Schrift, dals der religiöse Zweck, dem inspirierten Autor
bewulst oder “unbewulst, erreicht werde. Alle geschichtlichen Tatsa:ker,
auch in den Evv, sind nur Material, das einer historischen Sicherung
und Richtigkeit nicht bedarf.
Rau, A., Bibel und Offenbarung (Delitzsch, Walter. M 1.—).
Waller, c. H., The Word of God and the Testimony of Jesus Christ
(Ld., Marshall).
„rähler, M., Die Bibel, das Buch der Menschheit (74. Berneck, Warneck.
— 50)
Schmid, B., O.S. B., Grundlinien der Patrologie. 6. Aufl. (XII u. 255.
Freiburg, Herder. M 2.—): Trotz des Erscheinens von Rauschens
„Grundrifs der Patrologie“ (rel. ob. S. 83) sind die 1879 zum ersten Male
publizierten „Grundlinien“ dem Konkurrenzunternehmen nicht gewichen.
er Verf. hat inzwischen fleilsig an dem Werke gearbeitet und will nun
in der sechsten Ausgabe namentlich durch eingehendere Charakterisierung
der Kirchenschriftsteller mehr leisten. Da Bardenhewers u. a. patrolo-
gische Publikationen zu (Gebote standen, konnten zahlreiche Fehler
früherer Auflagen korrigiert werden. Um so mehr fällt auf, dals Schm.s
Referate ın manchen Echtheitsfragen (Barnabasbrief, Pseudojustina u. 8.)
noch sehr reserviert klingen. Die Aufzählung der Werke mancher Schrift-
steller will mir als zu schematisch und mechanisch erscheinen. S.
Guidi, J., Un fragment arabe d’onomastique biblique (Rb N.S. 1 75—18::
Ein Fragment mit Erklärung der Prophetennamen MsVat. ar. 171 f. 9”,
durch das Syrische aus dem Griechischen stammend.
Schanz, M., Geschichte der römischen Literatur bis zum Gesetzgebungs-
werk des Kaisers Justinian. IV 1: Die Litterutur des 4. Jahrh. (XVlu.
4659. Nlünchen, Beck. M 8.80): In 8 852-854 werden die Gedichte de So-
doma und de Jona, S 855 das Evangelienbuch des Juvencus, $ 857 der
biblische Vergilcento der Proba, $ 873 das Dittochaeon des Prudentius.
> 8580 Jdie Gedichte des Paulinus von Nola über biblische Stofle, 8 889—
891 und 910-930 die exegetischen Schriften des Hilarius von Poitiers
und Ambrosius, & 945 der sor. Ambrosiaster, & 952 Priscillians Kanones
zu den Paulusbriefen, $ 962f der Wallfahrtsbericht der sog. Silvia
(Etheria) und andere Schriften über das hl. Land, $ 980-989 die Revision
und Übersetzung der Hl. Schrift durch Hieronymus und dessen exegetische
Schriften ausführlich und sachkundig besprochen. C.W.
Blaoha, F. v., Der pseudo-cyprianische Traktat „De singularitate cler-
corum” ein Werk des Novatian (Kirchengeschichtl. Abhandl,, herausg. v.
M. Sdralek 11 191—256): Untersucht S. 203—219 die Bibelzitate und ge-
langt im Gegensatze zu Harnack (BZ I 309) zu dem Resultate, dals aus
ihnen auf einen Autor des 3. Jahrhunderts geschlossen werden müsse und
die nahe Verwandtschaft mit dem Texte Lucifers nicht zugegeben wer-
den könne. C.W.
Gaucher, Saint Jeröme et l’inspiration des livres deuterocanoniques (Science
catlı. Kebr. 1904).
Bellanger, L., Le Pocme d’Orientius. Edition critique avec un Fac-
Simile, «tude philologique et litteraire, traduction (XV u. 351. P. 1903,
Fontemoing): Bespricht S. 268—275 das Verhältnis des Dichters zur
Bibel. Orientius wollte in seinem paränetischen Gedichte „faire servir la
forme po£tique A mieux fixer dans les esprits les preceptes et les enseigne-
ments des textes sacres”. Commonit. 1, 33 ff eine eigenmächtige Modi-
fizierung der biblischen Erzählung vom Propheten Balaam. C.W.
Reinelt, P., Studien über die Brie, e des hl. Paulinus von Nola (VIII
u. 104, Bresl., Aderholz): Handelt S. 84—91 über das Bibelstudium der
damaligen Zeit und seinen Reflex in den Briefen des P. und glaubt hin-
sichtlich der Textgestalt der zitierten Stellen folgendes feststellen zu
Bibliographische Notizen. 305
können: Nach 410 benutzte P. für NT und Ps mit geringen Abweichungen
die Vulgata. In den früheren Briefen stimmen seine Zitate aus NT mit
Augustinus, die aus Ps mit dem Psalt. Rom. überein. Für AT mit Aus-
nahme von Ps benutzte er eine an die LXX sich anschlieisende Über-
setzung. .W.
Thimme, K., Luthers Stellung zur Heiligen Schrift (104. Gütersloh,
Bertelsmann. M 1.80).
Burgess, U., The Bible in Shakspeare: with numeral parallel Passages ete.
(Chicago 1903, Winona Publ. Co.).
Schultze, E., Die Bibel in der weiten Welt. Eine Denkschrift zum
100jährigen Jubiläum der britischen und ausländischen Bibelgesellschatt,
mit Berücksichtigung der schweizerischen und deutschen Verbände (VIII
u.133 mit Titelbild. Basel, Kober. M1.—): Orientiert in klarer populärer
Weise kurz und bündig über das, was die festfeiernde Bibelgesellschaft
betrifft, getragen von edlem Vertrauen auf den Wert und die Gotteskraft
der Heiligen Schrift. Das protestantische Schriftprinzip ist ihm die richtige
Grundlage für das Verständnis eines solchen Unternehmens; der land-
läuffgen Be- und Verurteilung der katholischen ablehnenden Haltung
stimmt er zu. Doch gelingt es ihm $. 107, die gegensätzliche Stellung
der katholischen Kirche aus den dem protestantischen Bibelsakramente
entgegengesetzten katholischen Schriftprinzip — allerdings in etwas über-
spannter Tragweite — abzuleiten und gerecht zu würdigen.
Canton, W., A History of the British and Foreign Bible Society. With
Portraits and Illustrations. 2 Bde (X1u.512. XII u.496. Ld., Murray):
Zum 1l00jährigen Jubiläum 7. März 1804—1904, I. Bd bis 1817, II. Bd
1817—1854.
Darlon, T. H., and Moule, H. F., Historical Catalogue of the printed
Editions of Holy Scripture in the Library of the British and Foreign
Bible Society. 2 Vols. Vol. I, English (XIII u. 428. Ld., bible House.
als 6d).
Kautzsoh, E., Bibelwissenschaft und Religionsunterricht. Sechs Thesen.
2., miteinem Votum über neueste Erscheinungen (Stosch, Urqubart, Lepsius
und der Babel-Bibel-Streit) verm. Aufl. (96. Halle 1903, Strien. M 1.50).
b) Sprache. Text und Übersetzungen. Bibelkritik.
Schulthess, F., Lexicon Syropalaestinum (X VI u. 226. B. 1903, Reimer.
M 10.—): Eine erschöpfende lexikalische Bearbeitung des syropalästinischen
Materials, das hauptsächlich aus Schrifttexten besteht.
Nestle, E., Sykophantia im bibl. Griechisch (ZntW 1V 271 f): Zukopavreiv
— bedrücken, erpressen (pxs). In der Übersetzung der Tebtunis Papyri
wird es mit „falsch anklagen“ wiedergegeben.
Facsimiles of ancient Manuscripts ete. Part. I. Herausgeg. von The
new palaeographical Society (Ld. 1903): Enthält Proben aus dem
AT, LXX (10. Jahrh.), den griechischen Evv (1160), den lat. Evv (11. Jahrh.,
mit verziertem Titel und einer Textprobe), einen lat. Psalter (1322—1325,
mit reichem Schmuck).
Vacandard, E., Saint Victrice, Eveque de Rouen (LV°—V° s.). 2. edit. Les
Saints. (II u. 187. P. 1903, Lecofire): Bespricht S. 33—35 den Bibeltext
der Schrift oder Predigt de laude Sanctorum (Migne XX). Er erscheint
iım verwandt mit dem des Hilarius von Poitiers, des Ruricius von Li-
moges und einer Cambridger Hs und geeignet, einen neuen Beweis zu
liefern „de l’existence d’une version gallicane distincte de l’Itala propre-
ment dite”. @. :
Elis, C., Über die Fremdworte und fremden Eigennamen in der gotischen
Bibelübersetzung in grammalischer und archäologischer Hinsicht. Diss.
Göttingen (76 S.).
Palmieri, A., Le versioni Georgiane della Bibbia (Bessarione 8. II,
vol. V, 259—268 322— 328): Weist hin auf die Wichtigkeit der georgischen
Biblische Zeitschrift. U. 3. 90
306 Bibliographische Notizen.
Literatur, die zu sehr vernachlässigt werde, gibt reichlich Quellen für
die Geschichte des Volkes an. Fundorte in den verschiedenen Bibliotheken
des Orients und des Abendlandes und beginnt mit einer Beschreibung
und Würdigung der Bibellss.
Cheikho, L., S. J., Les Mss arabes de T Universite St Joseph (Al-Masrik
V1I, Nr 1— 3): Die Bibel-Mss AT und NT; Kommentare.
Demans, R., William Tinsdale, a Biography. Being a Contribution to
the early History of the English Bible. Pop. Ed., rev. by R. Lovett 52.
R. T.S. 38 6d..
The Holy Bible containing the O and NTs, tr. out of the original Tonmnes
and with former Translations diligently compared and revised etc. (4°. 1232,
ill. pl. maps. Philadelphia, Holman. $3.—).
The Century Bible. Introd., Rev. Vers. with Notes, giving Analysis
showing from which of orig. Documents each Portion of the Text is
taken (120. Ld.. Jack): Genesis, ed. by W.H.Bennet. Judges and Ruth. ed.
by G. W. Thatches. a 28 6d.
The Holy Bible containing the O and NT, tr. out of original Tongues.
Standard Ed. (285 u. 242. N. Y. 1903, Nelsor. RER
The English Bible. Vol. V: Apocrypha. The Tudor Translation (347.
Ld., Nutt. 9053).
Zwolski, S., De bibliis polonicis, quae usque ad inilium saeculi XV.
in lucem edita sunt. Diss. Münster (69 S.).
Xanthopoulos, Th., Les dernieres traduetions de P’Ecriture Sainte en n&o-
grec (Echos d’Orient VI 230—240): In V 321-332 (rel: BZ I 86i be-
schäftigte sich X. mit den verschiedenen Versuchen der Übersetzung der
Hl. Schrift ins Neugriechische, die seit dem 18. Jahrh. gemacht wurden.
Hier erstreckt sich die Untersuchung auf die Unternehmungen ım
19. Jahrh. bis herab zu der von Palle (BZ I 412), die Ursache der Re-
volution in Athen 1901 war (nach Bessarione s. 11, t. V, xxxıx).
Brucker, J., Bulletin d’Ecriture Sainte (Etudes XCVIII 386—401): Vgl.
B7 11105. In Hummelauers Kommentar zu Jos findet B. die Formel
für die Veränderungen im heiligen Texte: „Textus habebant non fixos, sed
fluxos“, kühn, aber zulässig, wenn die Inspiration intakt bleibt. Auch
in Bezug auf Negierung einer Tradition über die Autoren der heiligen
Bücher ist B. mit H. nicht ganz einverstanden. — Die literarkritische
Textbehandlung in Lagranges Juges findet B. subjektiv. L.s Erklärung
der Chronologie der Richterzeit ist nach B. auch von andern konser-
vativen Exegeten vertreten. — Loisys Verurteilung. Die historische
Kritik ist in ihm nicht getrofien, wohl aber seine Methode, sie an-
zuwenden. Er ignoriert vollständig alles Übernatürliche. — Schells
Christus will nur eine Philosophie seiner Sittenlehre sein, ohne selbst
hier auf Vollständigkeit zu dringen. B. erkennt ar, dals er die Glaub-
würdigkeit der Evv festhält und ihren Lehrgehalt glücklich gegen neuere
Angriffe verteidigt. 8. bemühe sich aber auch, seine eigenen lieb-
gewonnenen Ideen in die Evv hineinzutragen.
Bevan, G. M., The Bible and modern Criticism (ExpT XV 9%f): Gibt
Nachricht über einen Ferienkurs zur Einführung der Bibelleser in die
Bibelkritik. :
Haas, A. W., Biblical Criticism (XXXI u. 233, Philadelphia 1908.
Gen. Counc. Luth. Publ. House. $1.50\.
Lambert, W. A., Is higher Criticism satisfactory as a Method of biblical
Study? (bBStdt VIII 166—169): Nein, weil die religiöse Wertung der
Bibel vernachlässigt wird.
Hall, W. P., Some Results of destructive Criticism (BStdt N.S. I 20—22):
Diskreditierung der Bibel und Christi.
Beecher, W. J., The old Tradition and the new (BStdt N. S. I 1—]13):
Der jetzt vertretene Kritizismus ist in seiner gegenwärtigen Gestalt nicht
als dauernd zu betrachten.
Bibliographische Notizen. 307
Buttz, H. A., Conditions of authoritative biblical Critieism (BStdt N.S.
I 75—84): Abdruck aus Methodist Rev. März— April 1896.
Myth and Fiction as employed in the Bible. A Symposium (BW XXII
342—357): Aulserungen einer Reihe von Exegeten über Tatsächlichkeit
und Vereinbarkeit mit der Inspiration, meist beides bejahend.
Fontaine, J., La Bible: histoire ou lögende? Surtout ä propos d’un
article des Studi religiosi (La Science cath. Nov. 1903, 1017—1041)
Fonsegrive, G., A propos d’exegese (La Quinzaine 16. Dez. 1903, 441-453).
Ermoni, V., La crise de l’exegese biblique. Retlexions judicieuses (La
Quinzaine 16. Febr. 1904, 481—499).
ee A La Bible et P’histoire. Collection Science et Religion (120.
„ Bloud).
Doerr, F., Religionsgeschichtliche Methode und Bibelautorität (PrM VII
361—8393): Sie hat bewirkt, dals die moderne Theologie keinen Kanon
und keine auf Inspiration beruhende Autorität mehr kennt, im geraden
Gegensatz zur Schätzung der Bibel in der Gemeinde, die in das ge-
schichtliche Verständnis der Bibel eingeführt werden muls.
mer E., Bibel und Naturwissenschaft (318. Stuttgart, Kielmann.
Fontaine, Exegese catholico-protestante (Science cath. März 1904).
X., Leone XIIIela critica biblica (Rassegna Naz. 1. Nov. 1903, 28—45).
Vautier, E., De la question biblique chez les catholiques de France (Lib.
chret. VII [1904] 1).
Mignot, Critique et Tradition (Te Correspondant 10. Jan. 1904, 3—32).
— Eine Übersetzung davon: Gazagnol, G., Msgr. Mignots Äu/serungen
über „Kritik und Tradition“ (Zwanzigstes Jahrh. 1904, Nr 5, 6, 8, 10):
M. fürchtet von der neuen Bewegung auf biblischem Gebiete keine ernste
religiöse Krisis, sondern erhofft eine neue Orientierung. Loisy scheint
ihm mehr unrichtiges Verständnis gefunden zu haben, als dals man an
der grolsen Gelehrsamkeit und Aufrichtigkeit des Verfassers zweifeln
dürfte. Die Kirche besitzt eine von der Bibel unabhängig begründete
Autorität. Das lebendige Werk Christi bietet uns den unentbehrlichen
Schlüssel zum NT. Loisy hat in seinem Werke nur aus einigen Quellen,
den Synoptikern allein, geschöpft, ohne deshalb andere Quellen und sämt-
liche daraus hervorgehenden Wahrheiten leugnen zu wollen. — Mgr Mignot
au Vatican (L’Univers 23. Dec. 1903): Er fand sich in seinen biblischen
Auffassungen in vollständiger Übereinstimmung mit dem Papste. —
Maignan, C., Critique et Tradition. Discussion de l’article de Mgr Mignot
publie dans le Correspondant du 10 janvier (La Verite franc. 21., 22., 25.,
26. Jan. 1904). — Lott, A., Critique et Tradition (La Verite france.
2. Febr. 1904).
A. P., L’ortodossia russa contro la pretesa critica scientifica dei Libri
santi (Bessarione s. II, t. V, 417): Die russischen Exegeten zeigen eine
beachtenswerte Bekanntschaft mit der modernen Kritik, aber sie halten
mit Energie an der Göttlichkeit der heiligen Schriften fest.
c) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie.
Tlele, C. P., Grundzüge der Religionswissenschaft. Eine kurzgefalste
Einführung in das Studium der Religion und ihrer Geschichte. Autoris.
deutsche Bearb. von G. Gehrich (VII u. 70. Tübingen, Mohr. M 1.80).
Bousset, W., Das Wesen der Religion dargestellt an ihrer Geschichte
(IX u. 286. Halle 1903, Gebauer-Schwetschke. M 4.—): 4. Propheten
und prophetische Religionen (99—122). 5. Gesetzesreligionen: Judentum
usw. (123—157). 7. Das Wesen des Christentums (192—232). 8. Die
Zukunft des Christentums (233—270).
Hehn, J., Sünde und Erlösung nach biblischer und babylonischer An-
schauung (VIl u. 63. Lp., Hinrichs. M 1.60): Interessant als Versuch,
mit dem Standpunkt der katholischen Exegese Aufstellungen eines Gunkel,
20*
308 Bibliographische Notizen.
Winckler, Zimmern auszugleichen. Die Nebeneinanderstellung von Marduk
und Christus wird wohl eine noch eingehendere Darstellung erfahren in
der vollständigen Veröffentlichung der Dissert. Hehns vgl. BZ I %) in
Beitr. zur Assyr. und sem. Sprachwissenschaft V 3.
Tennant, F. R., The Sources of the Doctrines of the Fall and original
Sin (XIV u. 363. Cambridge 1%3. Un. De Beschäftigt sich mit
der biblischen Erzählung, ihrer Erklärung und Literarkritik, Parallelen.
sychologischem Ursprung, Lehre des Sir, des Judaismus, der rabbinischen
iteratur, der jüdischen Pseudepigraphen, des Paulus und der Kirche vor
Augustin.
Fulliquet, @, Le Miracle dans la Bible (470. P., Fischbacher. Fr 7.50.
Zilter, F., Die biblischen Wunder ın ihrer Beziehung zu den biblischen
Welt- und Gottesvorstellungen (Samml. gemeinverst. Vorträge 38. 3i.
Tübingen, Mohr. M —.80): Findet die Wunderauffassung jeweils den
Phasen der (rationalistisch gefalsten) Religion Israels entsprechend.
Ziese, 3. H., Die Gesetz- und Ordnungsgemä/sheit der biblischen Wunder,
universalgeschichtlich begründet (1V u. 182. Schleswig 1903. Ibbeken.
M 2.—): Die biblischen Wunder sind nicht göttliche Willkürakte, sondern
dienen der Wiederherstellung der durch die Sünde gestörten Weltordnung
und reihen sich dem jeweiligen geschichtlichen Entwicklungsstande dieser
Wiederherstellung im Laufe der Weltgeschichte an (nach ThLbl XX V 51 ff.
Montefiore, C. G., Babbinic Conceptions of Repentance (JqR XVl
209—257): Beruhen im wesentlichen auf dem AT, da Hellenismus und
NT keinen eigenen Begriff haben. Die rabbinische Lehre über die Bulse
ist erst die volle und echte Entfaltung derselben, zugleich eine Harmo-
nisierung der priesterlichen und prophetischen Auffassung. Ein reiches
rabbinisches \aterial kommt in Verwendung.
Reinach, T., Histoire des Isra£lites depuis la ruine de leur independence
Ba jJusqu’a nos jours. 3° ed. (16%. XIX u. 416. P. 1903, Hachette.
r 4.—). =
Ninok, C., Auf biblischen Pfaden. Reisebilder aus Agypten, Palästina.
Syrien, Kleinasien, Griechenland und der Türkei. 6., verm. u. verb. A.
(4°. VIII u. 416 m. Abb., 2 Kart. u.1 Panor. Lp. 1903, Deutscher Kinder-
freund. M 7.—).
Soden, H. v., Palästina und seine Geschichte. 6 volkstümliche Vor-
träge. 2. Aufl. Aus Natur und Geisteswelt 6. Bdchen (IV u. 112. Lp.,
Teubner. M 1.25).
Grammatica, L., Testo Atlante di Geografia Sacra I: Geografia Biblica
(Bergamo, Istituto Ital. d’arti graf. L 4.80): Eine Rez. der Str I
549 —551 vermilst darin die historische Korrektheit in Bezug auf die Aus
scheidung der geographischen Angaben einzelner Perioden und tadelt den
EN bau des Atlas auf der traditionellen statt einer wissenschaftlichen
xegese.
Preuschen, E., Leitfaden der biblischen Geographie. Mit 6 Ortsansichten
(IV u. 174. Gielsen, Roth. M 1.—).
Müller, R., Eine schweizerische Jerusalemfahrt im Anfang des 16. Jahrh.
(Schweiz. theol. Zeitschr. 1903, 204— 254).
Mühlau, F., Martinus Seusenius’ Reise in das heilige Land im Jahre 1602.
Kieler Univ.-Progr. 1902 (35 S.).
Sargenton-Galiohon, A., Sinai, Ma‘ün, Petra. Sur les traces d’ Israel
et chez les Nabateens. Avec une lettre-preface du M. de Vogüe (12%.
XV u. 305. P., Lecoffre): Einer Sylvia von Aquitanien nacheiternd.
scheute die Schriftstellerin nicht Gefahren und Strapazen, um im An-
schluls an eine Karawane der Ecole biblique unter Führung von P. A. Jaussen
die weite Reise zu unternehmen. In diesem schön ausgestatteten, mit
Karten und Illustrationen geschmückten Werke bietet sie ein fortlaufen-
des Tagebuch (10. Febr. — 25. März 1902), mit Geist und Gemüt ge-
schrieben, von feiner Naturbeobachtung und sorgfältigen vorbereitenden
S
Bibliographische Notizen. 309
Studien zeugend. Sie hat damit für Liebhaber solcher Reiseberichte
und solche, die jene Gegenden bereisen, eine angenehme Lektüre ge-
schaffen.
Dressaire, L., Etudes palestiniennes. La tradition et Tauthenticitö des
Lieux saints (Rev. Aug. 15. Mai 1903, 416—431).
Historische Stätten in Palästina. Nach eigenen Aufzeichnungen während
einer archäologischen Expedition im Sommer 1903 (Allg. ev.-luth. Kz 1904,
Nr 1—4): Jericho, die 'Terebinthe Mamre, die galiläischen Synagogen,
Sichem und Umgebung.
Barnabe d’Alsace, Questions de topographie palestinienne: Le lieu de
la rencontre d’ Abraham et de Melchisedech, avec une a pendice sur le tom-
beau de S. Anne ü Jerusalem (164. Jerusalem, impr. Francisc.).
Blake,W., Jerusalem. Ed. by E.R.D. Maclagan and A.G.B. Russel.
(150. Ld. 1903. Bullen. 6s.
Leeper, J. L., Voices from Underground Jerusalem (BW XXIII 167—179):
Die Lage der einzelnen Stadtteile wird, soweit möglich, in Wort und
Bild geschildert. — Remains of the Temple at Jerusalem (ebd. 329— 341).
Gatt, G., Bemerkungen zu Dr. Alf. Schulz’s Aufsatz über die Sion-
Frage (ThQ LXXXVi 249-258): Gegen ThQ 1900, 856—389. Mit S.
nimmt G.an, dafs die Bibel gewöhnlich von einem Berge Sion in über-
tragenem Sinne rede, bebauptet jedoch gegen S., dals sie auch einen eigent-
lichen Berg Sion in topographischem Sinne kenne; die Tradition von
einem Berge Sion sei nicht entstanden wie etwa die über das Tal ‚Josa-
phat. Die Lage der Davidsstadt nach S. bestreitet G.: die Akra der
Syrer sei nicht identisch mit der Davidsstadt 1 Makk. Mit Unrecht finde
S. bei Josephus ein Akra in doppeltem Sinne. — In ThR III 28 findet
G., dafs auch Germer-Durand (vgl. BZ II 88) mit ‚Josephus, der Bibel
und der Bodenbeschaffenheit in Widerspruch gerate.
Masterman, E. W. G., Jewish Customs of Birth, Marriage and Death
(BW XXIl 248—257). — Occupations of the Jews in Palestine (BW XXIIL
88-97), — Feasts and Fasts of the Jews in modern Palestine (BW
XXIII 24—36 110—121).
Davies, T. W., Sacred Music among the ancient Hebrews and in the
Christian Church (Bapt. Mag. an. Lit. Rev. Sept.-Okt.-Nov. 1903).
Rattray, A., Divine Hygiene: Sanitary Science and Sanitarians of the
Sacred Scriptures and Mosaic Code. 2 Bde (672, 756. Ld. 1903, Nisbet. 325).
d) Auslegung.
Carr, A, Horae Biblicae: Short Studies in O and NT (242. Ld,,
Hodder. 68).
La salnte Bible arec commentaire d’apres Dom Calmet, les saints peres
et les exegetes, anciens et modernes, par J. A. Petit. T. 15 (705. Arras,
Sueur-Charruey).
Urquhart, J.. Die neueren Entdeckungen und die Bibel. V. Bd. Von
den Büchern Chronik bis zum Ev Johannis. Übers. von G. Spliedt
(XII u. 376. Stuttgart, Kielmann. M 4.—). — Der 1. Bd in 4. Aufl.
(XVI u. 341). Vel. BZ I 93 329.
Matheson, &., Representative Men of the Bible II: Ishmael to Daniel.
(364. Ld. 1903, Hodder).
Steinführer, W., Der Engel Gesetz. Ein theologisches Problem. I. Hin-
weisender Teil (xl u.400. Lp.1903, Richter. M 8.—): „Ein Stück Gnosis
in moderner Ausrüstung!“ Das Gesetz des AT ist nicht von .Jahwe,
sondern von den Engelmächten (Elohim), ein Gegensatz, den dann der
aulserhalb desselben stehende Christus zu lösen hat. Sorar in apostolischer
Zeit, im Petrinismus und Paulinismus wiırke dieser Gegensatz noch nach
(ThLbl XXIV 549-552).
Jacob, B., Im Namen Gottes. Eine sprachliche und religionsgeschicht-
liche Untersuchung zum A und NT (VII u. 176. B., Calvary. M 3.—).
310 Bibliograpliische Notizen.
B. Das Alte Testament.
a) Einleitung. Geschichte der Exegese. Biblisch-orientalische
Sprachen.
Beardslee, J., Outlines of an Introduction to the OT (12°. 215. N.Y.,
Revell. $1.20).
Sampey,J. R., Syllabus for the OT Study (105. Louisville 1903, Dearing).
Wünsche, A., Der Schüpfungsbericht (Gen.1) nach Auffassung des Midrasch
(VB I 356— 398): Gibt die Erklärungen aus Tanchuma, Jelamdenu,
Lekach tob in Übersetzung wieder.
Wertheimer, oo» vz5 "zo (15 S. u. 23 Bl. Jerusalem 1903): Von den
7 Nummern enthält: Nr 2: Midras zum Buche Est (Bruchstück); 3: Frag-
mente eines ax vn; 5: das Büchlein Zerubabel mit Fragmenten aus
Hss; 6: Rolle des Antiochus, aram. nebst arab. Übers. (schon längst ediert);
7: den R. Akiba zugeschrielenen Midras über die “r"r und über die groisen
und kleinen Buchstaben (neu ediert. Nach MGWJ XLVII 37L1f, wo
u. a. Nachträge zu Nr 2.
Perles, F., Proben aus dem Nachla/s von Joseph Perles (JqR XVI 351
—356): Mehrere Worte aus den Midrasen und Parzunen werden erklärt.
Witte, J., Der Kommentar des Apponius zum Hohenliede. Unters. über
die Zeit und den Ort seiner Abfassung, über die Persönlichkeit des Verf.
und über die Stellung des Kommentars in der Geschichte der Auslegung
des Hohenliedes. Diss. Erlangen (95 S.).
Bacher, W., Aus dem Wörterbuche Tanchum Jeruschalmi’s. Nebst einem
Anhang über den sprachlichen Charakter des Maimünischen Mischne-
Tora. Progr. (146u.38. Stralsburg 1903, Trübner. M4.—): Das 1.Kap.
der Schrift von B. handelt über Tanchum J. (er war tatsächlich in Pa-
lästina zu Hause). Im 12. Kap. stellt B. die wenigen bibelexegetischen
Bemerkungen aus dem Wörterbuch zusammen (nach OrLz VII 13—19).
Bacher, W., Zur neuesten arabischen Literatur der Juden. B. Bibel-
übersetzungen. Bibelexegese. Homiletisches (ZhB VLI 148—150).
Vrede, W., Die beiden dem hl. Thomas von Aqguin zugeschriebenen Kom-
mentare zum hohen Liede. Diss. Münster 1903. (41. B.): Sie sind un-
echt. Höchstens ist der Kommentar „Sonet vox tua” von Agidius Romanus
nach Vorlesungen des hl. Thomas geschrieben (nach Köln. Volksz. 1903,
Beil. Nr 40).
Vernes, M., Ernest Renan ecrivain et l’histoire du peuple d'Israel (Ber.
de Belg. 15. Febr. 1904, 119—138).
Trenel, L’AT et la langue frangaise du moyen-äge (VIII— X Ve: siecle).
tude sur le role de l’clement bıblique dans l’histoire de la langue, des
orieines a la fin du XV* siecle (P., Cerf. Fr 10.—).
Theodor, J., Bereschit rabba mit kritischem Apparate und Kommentar.
Lief. 1. (B. 1903, Selbstverlag): Etwa auf 8 Lief. berechnet zu M3.—; vgl.
MGWJ XLVIl 379 fi.
Smith, J. M. P., Heinrich Ewald and the OT (BW XXIL 407-415).
Hirschfeld, H., The Arabic Portion of the Cairo Genizah at Cambridge IV:
Further Saadyäh Fragments (JqR X\VI 290—299): Nr XII enthält den
Anfang einer Abhandlung über Ex 12 von Saadja. Übersetzung und
Abdruck.
Sancti Hieronymi Presbyteri Tractatus sive Homiliae in Psalmos
quattuordeeim. Detexit adiectisque commentariis criticis primus ed.
G. Morin. (Anecdota Maredsolana III 3 Oxtord, Parker. 78 6d). _
Buber, $., mon-3 man: Midraschische Auslegungen zum 1. Buche Mosts.
Nach den ältesten Druckwerken, in Vergleichung mit einer Oxforder Hs
Cod. 2340 herausgeg. Mit Erklärungen und einer Einleitung versehen
(XLVIII u. 165. Krakau 1903. Fischer).
Brewer, H., S.J., Uber den Heptateuchdichter Cyprian und die Caena
Cypriani (ZkTh XXVIll 92—115): Identitiziert den Dichter des Hepts-
Bibliographische Notizen. 311
teuch mit dem Presbyter Cyprian, an den Hieronymus um 418 epist. 140
(eine Erklärung von Ps 89) richtet, und hält es für sehr wahrscheinlich,
dals derselbe auch die Gedichte über Sodoma, Jonas und Ad Senatorem
sowie die seltsame Caena Cypriani, die nach seiner Ansicht um 380—400 in
Überitalien entstanden ist, verfalst habe. Wie die letztere als „geistliche
Tischwürze“ aufzufassen sei (vgl. Zeno von Verona, Tract. II 38), so habe
Cyprian mit seinen Bibeldichtungen den Zweck verfolgt, „der Volks-
unterhaltung einen geistlichen Stoff in volkstümlicher Anpassung zu
bieten“. Die Ausführungen des Verf. sind nicht durchweg überzeusrend
und enthalten im einzelnen Ungenauigkeiten (S. 109 A. 4 und S. 114 ist
Stutzenberger für Stuckenberger zu schreiben; vgl. BZ II%. Der S. 110
A. 1 zitierte Gelehrte heilst W., nicht H. Kroll und hat gegen das
afrikanische, nicht gegen das gallische Latein polemisiert). C.W.
Freimann, A., und Hildesheimer, M., o==ax r>-3, Festschrift z. 70. Ge-
burtstage A. Berliners, gewidmet von Freunden und Schülern. 2 Teile
(XXXI, 376 u. 130. Frankfurt a. M. 1903, Kaufimann. M 20.—): 44 Bei-
träge. Biblisch-exegetisch sind folgende: Barth (S. 33—40) weist midra-
sische Elemente in der muslimischen Tradition nach. Blau, Uber den
Einfluls des althebräischen Buchwesens auf die Originale und auf die
ältesten Hss der LXX, des NT und der Hexapla (41—49). S. Fränkel
(97—99) gibt Beiträge zum targumischen Wörterbuch. J. Friedlünder,
Die Messiasidee im Islam (116—130): Der Schiitismus ist jüdischen Ur-
sprungs (so schon Wellhausen) und hängt mit der Messiasidee zusammen;
ebenso der Mahdi-Glaube. Grünhut 156—163), Bemerkungen zu Berliners
Raschi-Ausgabe: Raschis Tanchuma und der verloren gerangene Jelam-
denu sind ein und derselbe Midras mit verschiedenen Namen (gegen
Buber). M. Horowitz (180—189) sucht u.a. an drei Beispielen zu zeigen,
wie durch die Halacha schwierige Stellen der Thora erklärt werden
können. Landaxer (215—226) handelt über das Aleph als mater lectionis
im Jüdisch-Aramäischen. I. Löw (231—254) behandelt die Ptianzennamen
bei Raschi. Preu/s (296—298) handelt vom altfranzösischen v:>» Y2 bei
Raschi. Eppenstein (IL. hebr. Teil 15—26), vgl. BZ 11 91. Hofmann
(55— 71) behandelt einen bereits veröffentlichten Midras über die dreizehn
Middot. S. Poznanski (91—107) veröffentlicht den arabischen Kommentar
von Jehuda ibn Bal’‘am zu Josua (nach ZhB VII 139 ff 165 fl).
Lindelöf, U., Studien zu altenglischen Psalterglossen (Bonner Beitr. z.
Anglistik 13. IV u. 123. Bonn, Hanstein. M 4.—).
Brockelmann, C., Die Femininendung t im Semitischen. Abh., gelesen
in der Sitzung der orientalisch-sprachwissenschaftlichen Sektion der
Schlesischen Gesellschaft am 3. Febr. 1903 (24 S.): Es gilt nur eine ur-
semitische Femininendung at, die sich unter bestimmten Laut- und Silben-
verhältnissen zu t verkürzt. So im Anschluls an Philippi ZdmG XXXII
84. — Vgl. Rez. von J. Bart in ZdämG@ LVII 628-636, der Methode
und Resultat der Untersuchung beanstandet, in Einzelheiten aber zu-
stimmt. — Fortführung der Poleınik ZdmG LVII 795—797 798—804.
Ep;enstein, $., Recherches sur les comparnisons de l' Hebreu avec l’ Arabe
chez les Exegetes du Nord de la France (REj XLVIL 47-56): Eine kurze
Geschichte der Bestrebungen, für die Bibelerklärung aus dem Arabischen
Nutzen zu ziehen.
Romanelli, S.A., a». La Merope. Tragoedia illustr. po@tae Veronensis
Marchionis Francisci Scipionis NMaffei, ex Italico sermone in linguam
sacram classicam convertit. Edid. P. Th.Weikert O.S.B. (X VI u. 205
mit Faksimile. Rom 1903, Pustet): Der klassische Sagenstoff ist dich-
terisch verarbeitet u. a. in anerkannt vorzüglicher Weise von dem italie-
nischen Dichter F. S. Matfei (1675—1755). Der Hebraist S. A. Romanelli
(1757—1814) hat die Tragödie ins Hebräische übertragen. Diesem Denk-
mal des hebräischen Sprachstudiums und der Gewandtheit in der heiligen
Sprache hat der Herausgeber, Professor der orientalischen Sprachen am
312 Bibliographische Notizen.
Collegium Anselmianum in Rom, ein dankenswertes Interesse entgegen-
gebracht. Im Besitze des Autographs des R,, hat er unter Beiziehung
einer Budapester Hs durch diese sorgfältige (nur die Punktation hat er
dem MT angepa'st) Ausgabe das Werk zugänglich gemacht. Die Ein-
leitung klärt uns auf über Leben und Schriften des Romanelli; eine voll-
ständige Bibliographie über die gedruckten und handschriftlichen Nach-
lässe desselben ist für die Interessenten an der neuhebräischen Literatur
von besonderem Werte. W. hat in diesem schönen Werke einen Beitrag
zur Kenntnis des Romanelli, von dem er eine nähere Würdigung durch
L. Blau (Budapest) anzukündigen in der Lage ist, und der neuhebräischen
Übersetzungsliteratur gegeben und, wie der Herausgeber mit Recht hoffen
darf, eine angenehme Lektüre für die Sprachkundigen, ein anregendes
Übungsstück für die Sprachbeflissenen geschaffen.
Adler, N., Die Renaissance des althebräischen Leseunterrichts im Lichte
der modernen Methode. Eine didaktische Studie (31 mit 1 Taf. Fürth
1903, Rosenberg. M —.90\.
Holzhey, C., Herkunft und Bedeutung der Endvokale u, i, a beim assy-
rischen Nomen und Verbum (ZdmG LVI1l 751—765): Entstanden aus den
ursprünglich voranstehenden gleichbedeutenden Deiktika hu, hi, ha, zuerst
demonstrativ, dann als Artikel, später emphatisch, zuletzt ohne hervor-
hebende Bedeutung, wie im Assyr. Sucht nun durch interessante Deu-
tung semitischer Formen hu, hi und ha als vorgesetzt, als gleichbedeutend
ohne Geschlechtsunterschied (hi auch m.), ihre Enttonung und Nachsetzung
zu erweisen; dann über die sprachgeschichtliche Begründung der ver-
er Ai Behandlung in den verschiedenen semitischen Dialekten.
Guerinot, A., De la valeur de l’expression owrbx =" (Rev. de linguistique
et de philologie comparee XXX V1 45-49): Nicht Appositionsverbindung,
weil errbx unbestimmter als mm. Wenn = „der wahre Gott“, dann
ermanm; der konjunktive Akzent deutet auf st. c. hin. Wie nınas m”
entstanden aus 'x "mbx mr, so diese Formel aus prbx mon mim — Jahwe,
Gott der Götter.
Wünsche, A., Der Komparativ im Hebräischen im Lichte der arabischen
Grammatik (VB I 898—402): !» des Komparativs bezeichnet den mate-
riellen oder ideellen Ausgangspunkt beim Abschätzen, was Gesenius-
Kautzsch und König in ihren Grammatiken nicht hinreichend hervor-
treten lassen.
Nestle, E., Zu den hebräischen Vervielfältigungszahlen (ZdmG LVII 750):
Zur Doppelsetzung bei Vervielfältigung verweist N. auf trigeminus, „drei-
doppelt“ (nicht sechsfach) u. a.
Ungnad. A., Über Analogiebildungen im hebräischen Verbum. Beiträge zur
een Grammatik der semitischen Sprachen. I. Diss. Berlin
(32 S.).
Prince, J. D., Le bouc &missaire chez les Babyloniens (Jas ser. X, t. U,
133—156): Nach S. 147 findet sich Jer 4, 1 ein sehr interessanter Fall der
Infigierung des kopulativen 1: mon xdı ser = du brauchst vor mir nicht
zu fliehen.
Cassel, D., Hebräisch-deutsches Wörterbuch, nebst kurzer hebräischer
Grammatik mit Paradigmen der Subst. und Verben. 7. Aufl. (IV, 360
u. 47. Breslau 1903, Handel. M 4.—.).
Brown-Driver-Briggs, A Hebrew and English Lexicon of the OT, with
an Appendix containing the Biblical Aramaic. 11. Lief. (88. Oxford,
Clarendon Pr. 28 6d).
Kautzsch, E., Die Aramaismen im AT untersucht (vgl. BZ I 3ll.
M 3.20): Bietet zum erstenmal eine systematische und erschöpfende Be-
handlung der Aramaismen, worunter K. Entlehnungen versteht, und zwar
solche, die nicht in alter Zeit, sondern erst in späterer Zeit. eingedrungen
sind. K. ist sich stets bewulst, dafs er sich in Bezug auf die Sicherheit
des Urteils Reserve auferlegen muls, da so manche Ursprungsmöglich-
Bibliographische Notizen. 313
keiten in Rechnung zu ziehen sind. Infolgedessen wird das Urteil anderer
in einzelnen Fällen differieren, wie z. B. E. Littmann in einer Rez.
(AmJsemL XX 244—246) die Schwierigkeit zu wenig gewürdigt findet,
dals auch spätere Abschreiber solche Aramaismen verschuldet oder ara-
mäische Schriftsteller die ihnen ungewohnte hebräische Schriftsprache ver-
unstaltet haben können. Die lexikographische Anlage macht das Werk zu
einem praktischen Hilfsmittel zur Ergänzung jedes hebräischen Lexikons.
Praetorius, F., Über einige Arten hebräischer Eigennamen (ZdmG LVIl
773—782): Aus dem Vollnamen 5x5: bildete sich der Kürzname tb} mit
Ergänzung des Benannten als Subjekt. So von bxyy&" der Name samü‘,
„der Erhörte“; eine Form fa’ul, die dann verselbständlicht lautlichen Ab-
wandlungen zugänglich war: fa“ül, or", faül ohne Anderung, fa‘ü mit
Abwerfung des letzten Konsonanten (kin u. i.) nach faul + el, nicht
Kasusendung ü; Saw = be + burn; be + won; Damm, Iyamı, ebeıs mit
Gottesnamen Salem.
Praetorius, F., yo:33 (ZmdG LVII 794 f): mar + al (suff. zur Bildung
weiblicher und, wie hıer klar. auch männlicher Karitativnamen gebraucht).
Also Gn 30, 20% richtig erratene Etymologie.
<Halevy, J.,> Nabuchodonosor (Jas 8. X, t. II, 524f}: usur wurde ersetzt
durch den hebr. lmper. “'s}; kudur assimilierte sich dem folgenden:
Nabu-kodon-nosor, die Form der LXX; vgl. !p-ynan.
Barth, J., Das aramäische eth der I. Pers. Sing. Perf. (ZämG LVII
771f): Das ith der supralinearen Punktation ist sekundär. Nicht Epen-
these (aus katalti), sondern Analogiebildung nach Verb. ult. j.
b) Text und Übersetzungen.
X., Un papyrus hebreu pre-massoretique (Rb N.S. I 242—250): Vgl.
BZ 1 312; I 93. Abbildung, Transskription, Beschreibung. Der Dekalog
ist eine selbständige Ex-Rezension, welche beweist, dafs die LXX in ihrer
Eigenart auf eine hebräische Vorlage zurückgeht.
Gall, A. v., Ein neuer hebräischer Text der Zehn Gebote und des Schma‘
(ZatW XXIIl 347—351): Textabdruck und textkritische Noten. Hält
auch gedüchtnismälsige Aufzeichnung und Einmischung von Ex-Lesarten
für möglich.
Hirschfeld, H., Descriptive Catalogue of Hebrew Mess of Montefiore
Library (Ld., Macmillan. 5 s): Vgl. BZ 1 89f.
Brockelmann, C., Verzeichnis der arabischen, persischen, türkischen und
hebräischen Hss der Stadtbibliothek zu Breslau (1V u. 53. Breslau 19U3,
Marcus): M. 1106. Pentateuch (Vers für Vers mit Targ. Onkelos wechselnd),
Haphtaren und Hagiographen (ebeufalls mit Targ.). M. 1107. Proph. und
Hag. mit Mass. M. 1109. Propheten und Hag. mit kleiner Mass.
Ginsburg, €. D., The Hamburg Stadtbibliothek Codex No. 1 (Journ. of Philol.
XXIX 196-138): Bei Kenicott Nr61l5. Genaue Beschreibung des paläogra-
phisch und textkritisch wichtigen Ms: Parascheneinteilung, Raphe und
Dagesch; eigenartige Setzung von — (9, neur, mi men. m, 3722), Bei-
spiele von Textvarianten und Kandlerakten Auch das Onkelostargum ent-
hält instruktive Randlesarten, die G. verzeichnet. 2
Kayserling, M., Une ancienne Bible Hebraique (REj XLVII 131 f}):
Ein Bibel-Ms von der Universitätsbibliothek in Coimbra, vor 1418 ge-
schrieben, nach Mendos dos Remedios, Una biblia hebraica da Biblioteca
da Universidade de Coimbra (4. 15. Coimbra, Impresa da Universidade),
einst im Besitze des R. J. Abravanel.
Ganzfried, S., "zer rc>. Die Vorschriften über das Schreiben von
Thorarollen, Tefilin, Mesusoth und der KEsterrolle nebst erläuternden
Noten u. d. T. “ren roob. 3. Aufl. (4%, 4 u. 1388 Bl. Bartield 1902, Verl.
v. Jos. Ganzfried in Eperjes [Ungarn]. Kr. 3.—): Für 'Thoraschreiber
bestimmt, aber auch von Wichtigkeit für diejenigen, die mit diesen Fragen
sich zu beschäftigen haben (vgl. ZuB VII 162).
316 Bibliographische Notizen.
Ebbinge Wubben, C. H., Over middelnederlandsche vertalingen van het
Qude Testament (VIII u. 250. 's Gravenh. 1903, Nijhoff. F 2.50:
Driver, S. R., Translations from the Prophets: Jeremiah XVI. 10—-\X.
18; XXX—XXXI (Exp IX 104-120 174—185).
c) Text und Literarkritik.
Weikert, T., O.S.B.. Ein zweiter Gang durch die Bibliothek der neueren
Literatur für atl Textkritik (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.- u. Zisterz.-O. XXIV
116—124 379—390 683—687).
Scerbo, F., Nuoro saggio di critica Biblica (IV u. 34. Florenz 13,
Libr. a Sep.-Abdr. aus Giorn. d. Soc. As.-It. XVI, Fortsetzung zu
seiner BZ I 315 notierten Studie. Behandelt Is 63, 9 nach der Regen-
bogenbibel und weist ohne Schwierigkeit die Willkür der dort von Cheyne
vorgeschlagenen Emendation nach. Auch hier bekennt er sich als aus-
gesprochener Gegner der Metrik (S. 9, besonders eingehend über Ps 2. di
Die Bekämpfung der Bibelkritik, vor allem der metrischen Kritik macht
S. sich zur Aufgabe für Leben und Sterben. Unser früheres Urteil gilt
auch für diese Schrift: Der Kampf gegen die Willkür der Kritik ist be-
rechtigt, die Willkür ist auch ein ziemlich allgemein verbreitetes Ver-
fahren der Bibelkritiker; dals aber S. damit ein wichtiges bibelkritisches
Prinzip als unhaltbar dargetan, ist mit A. L. in der Rev. Critique.
dessen sich S. u. a. gegen Ende seiner Studie zu erwehren hat, wohl
nicht anzuerkennen. f
Levi, J., Un probleme de palöographie hebraique (RE) XLVII 1-$):
Sonderbares x an einzelnen Stellen erklärt sich vielfach als unrichtige
Auflösung eines n durch Kopisten: Sir 7, 3 (st. sur); 19, 4 (st. 0). 16 (m).
Ez 18, 10—11 (mxer; da sind auch sonst in den andern Worten derartire
Milsverständnisse); 21, 20 (mr); 18, 18 (aus dem = von "bn); Prv 18,15
(=). Der opt nahm das gewöbnlichste Wort für das Abkürzung".
Balmforth, R., Bible /rom the Standpoint of higher Criticism: OT (274.
Ld., Sonnenschein. 38 6.d).
Softley, E.. Theism under natural Law as related to OT Criticism
Terh the Theodicy of Lux Mundi (12. VIII u. 370. N.Y., Whittaker.
1.50).
Möller, W., Are the Critics right? Historical and critical Considerations
against the Graf-Wellbausen Hypothesis. Transl. by C.H. Irwin. With
Preface by Prof. von Orelli (Ld., Relig. Tract. Soc. 28 6d).
Lepsius, J., Die atl Wissenschaft und die Ergebnisse ihrer Erforschung
(Reich Christi VI 20—32): Vgl. BZ 11 95 f. Glaubt, dafs unbewuist
religionsphilosophische Motive die scheinbar archäologisch und literar-
kritisch vorgehende Pentateuchkritik gezeitigt haben. Hält die kritischen
Anschauungen ibrem ganzen Umfange nach für unrichtig und persitliert
die angenommene Fälschung des Dt. — Das vorsalomonische Heiligtum
auf dem Nebi Samwil (ebd. 103—134): Behauptet die Existenz eines
Zentralheiligtums seit der Sinaigesetzgebung in Silo (= Nebi Samwil, wo-
mit noch die neun andern Heiligtümer identifiziert werden). — Der Text
der Schöpfungsgeschichte (Reich Christi VI 208—225): Die, von der Kritik
angenommenen zwei Schöpfungsberichte beseitigt L. durch Anderung der
Textfolge. — Textkritischer Kommentar zur Schöpfungsgeschichte (ebd.
225—233). — Der sehr resoluten, aber der ruhigen Objektivität ermangelr-
den Opposition stimmen zu: Jaeger, L., Biblizisten und Bibelkritik.
Offener Brief an Herrn Dr Lepsius (ebd. 145—165). — Kähler, M., Zur
atl Krise in der Theologie (ebd. 165—168). — Lepsius, J., Verbalinspira-
tion und Tertkritik: Antwortschreiben un Professor D. Kähler (ebd.
168—180): Wahrt der Textkritik ihr Recht gegenüber ersterer. —
Lepsius, J., Ein menschlicher Tag (Reich Christi VII 1—38): Verteidigt
sich gegen die Vorwürfe, die wider sein Vorgehen gegen die Bibel in
den „Reden und Ansprachen der 18. Allianzkonferenz zur Vertiefung
Bibliographische Notizen. 317
des Glaubenslebens“ (24.—28. Aug. 1903) erhoben wurden. NMehr von per-
sönlichem Interesse. — Ebenso die weiteren Aufsätze: Rabbinische oder
evangelische Schriftanschauung? (ebd. 39—53). — Die Probe auf das
Exempel (ebd. 53—60). — Eine Lobrede auf die Bibel (ebd. 60—64).
König, E., Im Kampf um das AT.2. H.: Ati Kritik und Offenbarungs-
glaube. Vorträge (55. B., Runge. M —.90).
Cheyne, T. K., Critica biblica. 4. First and second Kings (312—398. Ld.,
Black. 358): Vgl. BZ I 215, II 95. Nordarabien ist für C. der Ausgangs-
punkt zur Erklärung der israelitischen Geschichte, Jerahnieel das Losungs-
wort für seine Textkritik. Die israelitische Geschichte hat sich im Negeb
vollzogen, und dort muls jeder geographische Name, sei es als Doppelgänger
eines andern Namens oder durch textkritische Emendation, gefunden
werden. So ist der Euphrat als Grenze von Salomos Reich im Negeb
zu suchen. Jerahmeel ist durch die Abschreiber nur an vier Stellen be-
lassen worden, sonst an mehreren tausend Stellen verändert worden, so
dals ein ganz schiefes Bild von Geschichte und Geographie entsteht. So
hebt C. den Panbabylonismus durch eine exzessive Nordarabienhypothese,
Wincklers Musri-Hypothese überbietend, aus dem Sattel und persifliert'
unbewulst die moderne textkritische Willkür durch seine Jerahmeel-Hypo-
these, der beste Weg, zur kritischen Nüchternheit zurückzuführen.
Knieschke, Wellhausen nach Schrift und Inschrift beurteilt (Ev. Kz
LXXVIII Nr 3—5): Bekämpft die Aufstellungen W.s über den Ort des
Gottesdienstes, die Opfer, die Feste, die Priester und Leviten, die Aus-
stattung des Klerus.
Cereseto, 6. &., Tre classi di dottori. Questioni circa gli autori e la
data dei Salmi, dei Proverbi e del Pentateuco (XVI u. 208. Monza 1903,
Artigianelli): Zuerst erschienen als eine Reihe von Artikeln in Scuola
cattolica 1902/3, sich anschliefsend an den bekannten Brief des Bischofs
Mignot von Albi über die biblische Kritik. C. tadelt zunächst die Be-
grifisbestimmung für Kritik: die Unterscheidung des Wahren, als wider-
spruchsvoll, beanstandet die nachexilische Ansetzung der Ps durch Mignot
auf Grund der Tradition, des Kanonabschlusses unter Esdras, der
LXX und der Unsicherheit der inneren Gründe, tritt für salomonische
Herkunft von Prv ein, findet die Annahme der Pentateuchkritik der
Inspiration widersprechend. C. bewegt sich also auf dem Boden der
streng traditionellen Exegese, während der Berichterstatter der Revista
delle Reviste (Il 9—16) den fortschrittlichen Standpunkt des Mignot
u. &. zum Seinigren macht.
Ermoni, V., La methode historique a propos de VAT (Ann, de phil.
chret. ser. 8, t, II [CXLVI]j 425—429): Rez. über Lagranges so be-
titeltes Werk. Lobt es nach fortschrittlichem Inhalt und kirchlicher Ge-
sinnung. Nur scheint ihm in manchen Punkten nicht hinreichende Klar-
heit zu walten.
.‚Cheyne, T.K., An Appeal for Higher Exegesis (Exp IX 1-19):
Über Text- und Literarkritik hinaus muls man zu einer tieferen histori-
schen Einsicht in das AT gelangen. Man muls den politischen Charakter
der Propheten mehr hervorheben; man muls auf eine rein innere Ent-
wicklung der israelitischen Religion, insbesondere in der prophetischen Zeit,
verzichten. Äuisere Einflüsse Babels sind anzuerkennen und auf Grund
seiner kühnen Textkritik auch solche von Nordarabien aus (Musri, Asur
usw. in Nordarabien).
Burr, E. F., To Christian Laymen: concerning „the Higher Criticism“
(BStdt N.S. 1140—151): Verurteilt denselben nach allen Richtungen und
mit allen Gründen.
Un professeur de Grand Seminaire, La bible, la science et Phistoire (Annales
de philos. chret. ser. III,t. III, 310—324): Unterscheidet zwischen der
von Gott gegebenen Bibel und den menschlichen Erklärern, zwischen
der Bibel als religiösem Unterrichtsbuch und der Bibel, aufgefalst als In-
318 Bibliographische Notizen.
begriff alles Wifsbaren. Die Chronologie mufs gedehnt, die Geschichte
des Menschen weiter zurückdatiert werden; die Paläontologie streitet wider
die buchstäbliche Auffassung der Schöpfungsgeschichte. Die Quellen-
scheidung EJPD steht kritisch im allgemeinen fest trotz mancher Un-
sicherheit im einzelnen. Der Hexateuch ist das Werk der prophetischen
Periode, seine Zuweisung an Nloses eine literarische Fiktion, um Re
formen leichter Eingang zu verschaffen. Widersprüche der Bibel aufgeschicht-
lichem Gebiete berühren nicht die von den heiligen Schriftstellern inten-
dierte dogmatische und moralische Seite der Bibel.
Aubert, L, Que reste-tÜ de TAT (RThPh XXXVI 378—407): Die
Literarkritik lıeis dem AT seine bewunderungswerte Schönheit, die
historische Kritik hat seine interessante Geschichte nicht zerstört; auch
sein religiöser Wert bleibt bestehen.
$S. L, De la sincerete dans lenseignement de l’histoire sainte de "AT
(Ann. de phil. chret. CXLV1 207—213): Rez. über Königs so betiteltes
Werk (vgl. BZ1 316), Mit K. findet der Verf. die Aufrichtigkeit im atl
Unterricht gefordert. Diese bringt mit sich, in der Bibel Mythen.
Legenden anzuerkennen mit dogmatischem oder moralischem Zweck.
Die Bibel ist nicht vom Himmel gefallen. Er verlangt. dals auch die
Unterrichtsbibel apologetisch haltbar fundiert werde; er hofft, dals die von
K. versprochene Biblische Geschichte (1. la periode purement legendaire
Mythes et Tradition]; 2.l’epopee [Les Israelites en Egypte jusqu’a Samuel};
.Y'histoire [David & J.-Chr.]; bezüglich der Bezeichnung 1: ersten Teiles
macht er Vorbehalt, weil nur der traditionelle Sinn dabei berücksichtigt
sei) die Beachtung der Katholiken finde.
Ryle, H. E, The OT in Teaching and Preaching, as anal by the
more assured Results of Research (ExpT XV 177—180): Der Prediger
spürt in seiner religiüs-moralischen Wirkenssphäre die moderne Bibel-
wissenschaft auf dem Gebiete der atl Theologie, der ati Moral, die
historisch -evolutionistisch zu fassen sind, und in der messianischen
Prophetie, die als Detailweissagung unhaltbar ist. Der Lehrer wird
durch den modernen Kritizismus viel mehr beeinflulst in naturwissen-
schaftlichen, geschichtlichen, religionsvergleichenden, literarischen, kano-
nischen Fragen.
Curtis, E. L., The OT in religious Education (BW XXII 424—435).
d) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie.
Tiele’s Kompendium der Religionsgeschichte, übersetzt von F. W.T.
Weber. 3. deutsche Aufl., durchges. und umgearb. von N. Söderblom
(120%. XII u. 426. Breslau 1908, Biller. M 4.60): Reiche Literaturangaben
bei jedem Abschnitt, fortgeführt bis auf die neueste Zeit. Im Kapitel
über die Religion der Westsemiten (S. 116 ff) behandelt er auch die israe-
litische Religion nach den herkömmlichen kritischen Prinzipien.
Curtiss, S. J., Ursemitische Religion im Volksleben des heutigen Orients.
Mit Vorwort von W.W. Grafen Baudissin (XXX u. 378 mit Ill. u. Karten.
Lp. 1903, Hinrichs. M 9.—).
Curtis, W., To-day in Syria and Palestine (529. N. Y., Revell. Fr 11.—).
Curtiss, S. J., Some religious Usages of the Dhiäb and Ruala Arabs
and their OT Parallels (Exp IX 275—285): Zur Bestätigung seiner be-
kannten Ansicht (BZ I 93) findet er Parallelen in der Monolatrie, Ab-
stammung von ihrer Nationalgottheit, kriegerischen Charakter ihrer Gott-
heit, Opfer, Orte zur Gottesverehrung, Begriff der Sünde als rituelles
Versehen. Blutvergielsung, Erstlingsopfer, Frühlingsopfer —= Pascha.
Bezold, C., Babylonisch-Assyrische Religion (Arch. f. Religionswiss. VII
193—211): Referat über die 1902 und 1903 erschienene, ganz oder teilweise
den Gegenstand behandelnde Literatur.
Jastrow, M., Die Keligion Babyloniens und Assyriens. 5. Lief. (S.305—384):
Vgl. BZ II 96.
nt
Bibliographische Notizen. 319
Martin, F., Textes religieux assyriens et babyloniens. Transcription, tra-
duction et commentaire (ÄXVIll u.336. P. 1903, Letouzey. Fr 12.—): Die
von J. Craig, Assyrian and Babylonian religious Texts etc. I (1895) in
Autographie dargebotenen Texte erhalten wir hier in Transkription und
Übersetzung. Zugleich ergab die nochmalige Durcharbeitung und Kon-
trolle eine Korrektur gar mancher Verselen Craigs. Die Publikation er-
möglicht die Verwertung dieser gut ausgewählten Texte für weitere Kreise
und erleichtert auch für Fachleute bedeutend das Studium der babylonisch-
assyrischen Religion aus den Quellen. Wie vielseitig die Ergebnisse hier-
für sind, zeigt der kurze Auszug, den M. in der Einleitung gibt: über
das Pantheon, die Kultpersonen, die Zeremonien u. a. erhalten wir Auf-
schluls, und M. versäumt es nicht, einzelnes noch eingehender zu be-
handeln (barü, "r>, Opfermaterial. Das höchste Interesse beansprucht
die Beziehung zur Bibel, die M. kurz durch Anführung der Parallelstellen
beleuchtet. Den Text und die Transkription begleitet M. mit einem sach-
lichen und sprachlichen Kommentar. Nach beiden Richtungen hin kommt
M. auch der bequemeren Verwertbarkeit der Texte entgegen durch ein
eingehendes Lexikon, das eine Ergänzung der vorhandenen Lexika be-
deutet, und durch ein Namenregister. Der angesehene Lehrer am Institut
catholique in Paris hat durch dieses Werk sowohl der Assyriologie wie
der biblischen Exegese einen grolsen Dienst erwiesen.
Hrozny, F., Sumerisch-babylonische Mythen von dem Gotte Ninrag
a) (Mitt. d. Vorderas. Ges. VIll 5. 128 m. 13 autogr. Taf. B. 1903,
eiser. M 8.—): Enthält wichtiges Material für die babylonische Reli-
gionsgeschichte. In $ 4: „Oannes, Dagan und Dagon“ behandelt H. das
schwierige Thema der Fischgötter im alten vorderasiatischen Orient.
Oannes der klassischen Überlieferung = Hanni im Babyl., Odakon = Udaki
(st. U-ki-di-a). Der babylonische Dagan ist nicht = Odakon, hat auch
keinen Fischcharakter. Das Wort ist entlehnt vom Dagon der Philister, der
infolgedessen auch kein Fischgott ist. 17 ist vielmehr Getreidegott.
Nestle, E., Baal tetramorphos. Sep.-Abdr. aus d. Verh. d. XIII. internat.
Or.-Kongresses zu Hamburg 1902. Sektion V (2 S.): Vgl. BZ I 112.
Hier genauer die interessanten Belege. Auch Nestle, Septuagintastudien IV
(ob. S. 315) 7f 23 berührt das Thema.
Todd, J. C., Politics and Religion in ancient Israel. An Introd. to the
Study of the OT (352. Ld., Macmillan. 6s).
Giesebrecht, F., Die Grundzüge der israelitischen Religionsgeschichte
(Aus Natur und Geisteswelt 52. IV u. 132. Lp. 1903, Teubner. M 1.—).
Zöckler, Gegen den Evolutionismus auf dem Gebiete der Religionsge-
schichte, insbesondere den atl (Bew. d. Gl. XL 2).
Nielsen, D., Die altarabische Mondreligion und die mosaische Über-
lieferung (VI u. 223 mit 42 Abb. Stralsburg, Trübnerr. M 5.—): Der
Gottesbegriff ist verinnerlicht, kontemplativer bei den Steppenvölkern als
bei den ackerbauenden Babyloniern, die infolge ihrer Tätigkeit auf die
Astralreligion hingewiesen wurden. Der Mond wurde, weil ein Handels-
volk bei Nacht meist reisen mulste, astrales Symbol des obersten Gottes.
Fremont, G., Les Principes. T. V: La Providence, ’immortalite de l!äme,
la revelation, le monotheisme et le messianisme juifs (P., Bloud. Fr 5.—).
Paton, L. B., The kKeligion of the post-exilic Prophets (BW XXII
258—267): Dt ist ein Kompromiis zwischen der alten Religion und dem
Prophetismus. Letzterer verlor in der Folgezeit seinen ethischen Charakter
zu (sunsten einer ritualistischen Richtung.
Matthieu, J., Jahwe und die Natur, Ein Beitrag zur israelitisch-jüdischen
Religionsgeschichte (Schw. theol. Zeitschr. XX 193—203): Schluls. Vgl.
BZ 11 97. Weltuntergang und Neuschöpfung. Die religionsgeschichtliche
Bedeutung der jüdischen Naturanschauung. :
Westphal, A., Jehovah. Les &tapes de la revelation dans l’histoire du
peuple d’Isra&l. Fasc. 4 (195—258. Montauban): Vgl. oben BZ II 9.
320 Bibliographische Notizen.
Kerswill, W. D., OT Salvation—through Faith (BStdt VIII 147-153):
Vgl. BZ I 316.
R. P., Les Israelites croyaient-ils a la vie future? (L’Univers israelite
26. Febr. 1904): Anfangs hielt man daran fest; später gab man diesen
Glauben auf, um schlielslich wieder zu ihm zurückzukehren (nach Rev. du
clerge& fr. 15. März 1904).
Bohn, F., Der Sabbat im AT und im altjüdischen religiösen Aberglauben
(VII u. 97. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.80): Die allgemeine Praxis der
natürlichen Religion, bestimmte Tage religiös auszuzeichnen, hat auch
Israel in seinem Sabbat als aszetischem Ruhetag befolgt. Durch die
Offenbarung wurde dieser Tag und seine Feier vom anhaftenden Aber-
glauben befreit und unter die Gesichtspunkte Jahwes und der Schöpfung
gestellt. Seit Esra wurde diese echte Sabbatsfeier durch heidnischen
Aberglauben infiziert, was sich besonders in den talmudischen Sabbats-
satzungen zeigt (nach ThLbl XXV 50 fl).
Matthes, J. C., Zoenoffers (Teylers Th. Tijdschr. 1904, 69—92).
Eerdmans, B. D., De groote verzoendag (Th. Tijdschr. Jan. 1904, 17—41::
War das Neujahrsfest des vorexilischen Sonnenjahres.. Nach dem Exil
hatte man ein Mondjahr (nach HJ II 638).
Boehmer, J., Die Mission und das AT (Stb II 4-29): So nahe das Volk
des AT der Heidenmission gekommen ist, zur Ausführung ist sie nicht
gekommen.
Sayce, A. H., Te Hittites. Story of a forgotten Empire. ärd Ed. (170.
Ld. 1903, Rel. Tract. Soc. 28).
Mahler, E., a zur Chronologie des Alten Reiches der ägyptischen
Geschichte (OrLz VII 3—8): Glaubte einen sichern Ausgangspunkt für
diese Periode zu finden in einem Texte der Grabkammer in der Pyramide
des Merenrae I., was Spiege/berg, W. (ebd. 45 f) negiert, da M. sich auf
die veraltete Übersetzung von Brugsch stütze.
Lindl, E., Cyrus. Eutstehung und Blüte der altorientalischen Kultur-
welt. Mit 1 Karte und 98 Abb. [Weltgeschichte in Karakterbildern |
(gr. 8°. 121. München, Kirchheim. M4.—): Eine gedrängte synchronistische
Zusammenstellung aller Einzelkenntnisse der babylonisch - assyrischen
und ägyptischen Geschichte sowie der Geschichte der mit ihnen in Be-
rührung kommenden Völker. Mit Sorgfalt und Sachkenntnis bucht L.
Groises und Kleines, Bedeutendes, aber auch Minutiöses, was uns auf diesem
Kulturgebiet eutgegentritt. Besonders werden die Berührungspunkte mit
der Bibel hervorgelioben, um dem Tagesinteresse der Babel-Bibelfrage
zu dienen. Was ich für eine weitere Auflage anders wünschte, wäre
dies: statt des etwas mechanisch geratenen Nebeneinander eine organische.
ineinander verwebende Darstellung; dadurch hätte die Zusammenfügung
einer Unsumme von Einzelheiten an übersichtlicher Lesbarkeit gewonnen;
die Erwartungen, die der Untertitel erweckt, würden dann eher erfüllt
werden. Eine Annäherung an Bezolds Ninive und Babylon (2. Aufl.
149 S. mit 107 Abb.; vgl. BZ 1317), dem L.s Cyrus an Reichhaltigkeit des
Materials voransteht, an guter Auswahl der Illustrationen ungefähr gleich-
kommt, dürite sich in diesem Punkt empfehlen. Der Haupttitel scheint
ein Kompromils disparater Dinge zu sein. Den Totengräber dieser Kultur-
welt der Darstellung des pulsierenden Lebens des alten Orients mit seinen
mannigfachen hervorragenden Vertretern als Signatur voranzustellen, finde
ich durch die wenigen Zeilen S. 4 und durch den Symbolismus S. 9
nicht hinreichend gerechtfertigt. S. 12° 2.7 lies „Seleuzidenära“ (st. „Arsa-
cidenära“),
Guthe, H., Geschichte des Volkes Israel. Grundrifs d. theol. Wiss. 14.
2. Auti. (XV u. 354 mit 2 Karten. Tübingen, Mohr. M 6.—): Einge-
schaltet ist $ 1b (nicht la, wie die Vorrede angibt): Die mythologische
Legende im AT (S. 7—13). Er wendet sich gegen das „astraimythische
Schema“, das Winckler der israelitischen Geschichte aufzwingt. Jensens
Bibliographische Notizen. 321
Verwertung des Gilgamis-Epos für die Erklärung der israelitischen Ge-
schichtsdarstellung unterstellt G. keiner Kritik.
Taaks, 6., Ati Chronologie (117. Ulzen, Selbstverl. M 4.50).
Sillevis Smit, P. A. E., Uit de springader Israels. Dertien leerredenen
ei de stammen Israels (VIllI u. 283. Amsterdam 1903, Höveker.
1.90).
en an König Salomon in der Tradition I. Diss. Stralsburg 1902
(I u. 70 S.).
Adler, E. N., et Sellgsohn, M., Une nouvelle chronique samaritaine.
Texte samaritain, transcrit et edite pour la lere fois avec une trad. franc.
(IX u. 116. P. 1903, Durlacher): Vgl. BZ 196.
Winckler, H., North Arabia and the Bible: A Defence (HJ II 571—590):
Gegen Cheyne (vgl. BZ II 101). Von den vier angenommenen Musri handelt
W. hier vom nordarabischen Musri, in Assyriologenkreisen nur von Jensen
bisher bestritten und neuestens auch von W. Budge, History of Egypt,
wogegen W. sich hier wendet. W. will seine Aufstellungen unterschieden
wissen von Hommels und Cheynes Ansichten. Über eine neue polemische
Beleuchtung der Frage kommt W. hier nicht hinaus. Die Lesung einer
Asarhaddon-Inschrift mit der Erwähnung von Musri und Misri kann er
gegen B. nur schwer verfechten.
Halevy, J., Musur, Musri et Meluhha (Rsem XI 301-322): Arabia
Petraea und ein Teil der arabischen Küste des Roten Meeres De vom
souveränen Agypten den Namen Musur möglicherweise getragen haben;
es mag auch neben dem afrikanischen Meluhha ein arabisches gegeben
haben; H. leugnet aber ein mächtiges, von Minäern aus Jemen gegrün-
detes Reich Musur, das mit Juda in politischen Beziehungen gestanden.
Gegen Winckler, der einzelne Stellen mit sn und > auf Arabien be-
zieht; H. bestreitet auch die vorgekommene Verwechslung des arab. "sn mit
Arypten. Spottet über die beiden Schulen der höheren Kritik, die deutsche,
die Musri-Meluhha, und die englische, die das Volk JJerahmeel geschaffen.
Smith, R., Kinship and Marriage in early Arabia. 2nd Ed. by St. A.Cook
(Ld., Black. 10s 6d): Enthält Korrekturen des Autors und Noten von
J. Goldzieher, A. A. Bevan und dem Herausgeber. Nimmt viel Rücksicht
auf die Bibel; so werden aus der Gn über 20 Stellen beigezogen (nach
JthSt V 305 f).
Boscawen, W. St. C., First of Empires: „Babylon of the Bible“ in
Light of latest Research (386. Ld. 193, Harper. 1Us 6dı.
Marmier,, G., Contributions a la geographie de la Palestine et, des pays
voisins VI: Le peuple de Sir’alai vaincu par Salmanasar (REj XLVII
23—31): Die Namen der Monolithinschrift des S. nebst parallelen Inschrif-
ten, die Palästina betreffen, werden erörtert. Sir’alai ist Israel auch vom
Standpunkte der Geographie aus; sein Wohnsitz in der Bekaa.
Wachter, Wo liegt das salomonische Goldland Ophir? Aus Zeitschr. f.
Naturw. (18. Stuttgart 1903, Schweizerhart. M —.40).
Musil, A., Moab. Vorbericht über eine ausführliche Karte und topo-
graphische Beschreibung des alten Moab. Sep.-Abdr. aus dem Anzeiger
der philos.-hist. Kl. der, k. Ak. d. W. in Wien. 2. Dez. 1903, Nr XXV
(7 S.): Begleitnotiz bei Übersendung der fertiggestellten Karte. Verbreitet
sich besonders über die Flulsgebiete und exemplifiziert seine Identi-
fikationen von überlieferten Namen mit den von ihm gefundenen Stätten.
Das vielversprechende Werk ist in Bälde zu erwarten. — Edom. Vor-
anzeige über eine ausführliche Karte und topographische Beschreibung
des alten Edom (ebd. 7. Januar 1904, Nr I): Auch Edom hat der kübne
Forscher durchsucht — die Gefahren und Opfer seiner Reisen schildert
M. kurz und eindrucksvoll —; Frucht davon ist die erste ausführliche
Karte von Edom. Hier gibt M. vorläufig kurze Angaben über das in
kurzem erscheinende, die Karte erläuternde Werk über seine Forschungs-
reisen in Edom.
Biblische Zeitschrift. IJ. 3. 21
322 Bibliographische Notizen.
Mommert, C., Topographie des alten Jerusalem Il: Das salomonische
Tempel- und Palasiquartier auf Moriah (VIII u. 305 mit 5 Taf. Lp. 1903,
Haberland. M 7.—): Bespr. oben S. 301.
Macalister, R. A. St., Dajün and Beth-Dagon and the Transference of
Biblical Place- Names (PEF XXXV 356-358): Ein erhaltener biblischer
Name kann aus verschiedenen Gründen übertragen worden sein und mufs
deshalb durch andere Beweise gesichert werden. So geschah eine Über-
tragung mit Beth-Dagon, Maresha, Ekron.
Germer-Durand, J., Bethsoura (Echos d’Orient VI 290—292): Hält gegen
Rb Juli 1903 seine frühere (vgl. BZ II 88) Identifizierung von B. der
Makkabäer mit dem gegenwärtigen Jerusalem aufrecht (nach Bessarione
s. II, t. V, xxxıx).
Duncan, 6. S., Archaeology and the OT (BW XXIII 116—128): Schildert
und exemplifiziert den mannigfachen Ertrag, den das AT der Archäologie
zu verdanken hat.
Weil, R., Inscriptions ögyptiennes du Sinai (19. P. 1903, Leroux\.
Cook, St. A., Notes on Semitic Inscriptions I a XXVI 32-35):
Leitet eine Serie von Untersuchungen ein mit Hervorhebung der Be-
deutung, die diese Materialien für Herkunft des Alphabetes, aramäische
Dialekte usw. besitzen.
Bruston, C., L’Inscription de Sıloe et celle d’ Eshmoun-Arar (15. P.
Fischbacher).
Bruston, C., Etudes pheniciennes, swivies de U’Inscription de Siloe (8.
P. 1903, Fischbacher).
Porter, H., Another Phoenician Inscription from the Temple of E:mun
at Sidon (PEF XXXV 333—335): Kürzer als die übrigen Inschriften
(7). die dort gefunden wurden, und weicht in einigen wichtigen Punkten ab.
Lagrange, M.-J., Nouvelle note sur les inscriptions du temple d’ Echmoun
(Rb X1I 410—419): Beschäftigt sich mit der in diesem Betreff neu
erschienenen Literatur, mit neuen Beobachtungen und Funden. Vgl. BZ I
320, wozu nachzutragen ist: Bruston, C., der sich in La vie nourvele
20. Dez. 1902 damit beschäftigt.
Lidzbarski, M., Südarabische Inschriften (Eph. f. sem. Epigr. II 62 n
Spricht sich u. a. gegen die Ansätze Webers (Mitt. d. Vorderas. Ges. VI
[1901] 1—60) für das Alter der minäischen Inschriften aus; man dürfe
nicht über das 8. Jahrh. v. Chr. zurückgehen.
Vincent, H., Notes d’Epigraphie palestinienne (Rb XII 605): Gibt u. a
Kunde von einer Gemme mit Trennung der Worte durch Quer-
strich, Abbrechung eines Wortes über die Zeile, mit dem biblischen
Namen ser.
Musil, A., Sieben samaritanische Inschriften aus Damaskus (Sitzungsber.
d. k. Ak. d. W. in Wien, phil.-hist. Kl. CXLVII. 10 S. mit 7 Abb.:
Abbildung, Umschrift, Nachweis von sieben samaritanischen Inschriften,
die, zum Teil über das 11. Jahrh. zurückreichend, an den Wänden eines
Bethauses als Verse aus den Perikopen hergestellt sein mochten.
Todd, J. C., On the „aristocratic“ Character of the OT (Exp IX
129—132): In den alten Staaten zählte nur die Aristokratie, nicht das
Volk. In Israel war es nicht anders: die Propheten rügen die Verbrechen
der Reichen, das Dt war ein Gesetzbuch für die Aristokraten, Exil und
Rückkehr betraf nur die Aristokraten.
Macalister, R. A. St., Fifth quarterly Report on the Excavation of Gezer
(16 May—15 August 1903) (PEF XXN\NV 299-322). — Sirth quarterly
Report on the Excavation of Gezer (PEF XXXVI1 9—26): Fortsetzung
der Arbeit ohne besonders wichtire Funde.
Wellhausen, J., Zwei Rechtsriten bei den Hebräern (Arch. f. Religions-
wiss. VIl 83—41): men heilst nicht eigentlich salben, sondern ursprüng-
lich mit der Hand streichen, ein Akt der Huldigung, zu ‚verstehen an
denjenigen Stellen, wo eine Mehrzahl den König „salbt“. Ol, verwendet
Bibliographische Notizen. 323
bei der Königssalbung, kann W. in seiner Symbolik noch nicht verstehen;
vielleicht durch die Agyptologie zu lösen. — Ruth 3, 9. Ez 16, 8 beruhen
auf der auch sonst vorkommenden Sitte (Beispiele aus dem Arabischen
werden beigebracht), durch Bedeckung mit einem Kleide Eigentums- und
daraus resultierenden Schutzanspruch an Personen zu bekunden.
Oesterley, W. 0. E., A great Heap of Stones (ExpT XV 47f): Führt sechs
Erklärungsgründe an für die Sitte, Steine an einem Orte aufzuhäufen,
von denen nur der erste Grund: Ausdruck des Abscheues, einige Wahr-
scheinlichkeit aufweist.
Doutte, E., Les tas de pierres sacres et quelques autres pratiques connexes
dans le sud du Maroc (39. Alger 1903): Sep.-Abdr. aus dem im Drucke be-
findlichen Gesamtwerke: Voyages d’etudes au Maroc. Der Gebrauch,
Steinhaufen an Wegen und auf Bergspitzen zu errichten, gehe zurück
auf die Absicht, befürchtetes oder innewohnendes Übel zu übertragen;
so schon Tylor und Frazer (nach Arch. f. Religionswiss. VII 275).
Weyl, A., Die Bedeutung des Hauses im ati Erziehungsplan. Ein Bei-
trag zur Geschichte der Pädagogik. Schulprogr. der israel. Realschule
zu Frankfurt a. M. (27 S.).
Creighton, C., Indications of the Hachish Vice in the OT (Janus Mai—
Juni 1903): Auf eine Art Opiumgenufs führt C. Sauls Krankheit zurück.
Er verweist auch auf Ct5, 1. 1 Sm 14 (Jonathans Genuls von Honig im
Walde) (nach ExpT XV 148 f). — Little, J. A. St., Was Saul a Hachish-
Eater (ExpT XV 239): Hält = usı für „Cannabis sativa“. Will auch
das Sprichwort: „Ist auch Saul unter den Propheten?“ hierher ziehen.
Gressmann, H., Musik und Musikinstrumente im AT (Religionsgesch.
Versuche und Vorarbeiten von A.Dieterich und R, Wünsche II, 1. 32.
Gielsen, Ricker.. M —.75): Mosaikartige Zusammenstellung mit Verweis
auf Griechenland.
Schiaparelli, &., L’astronomia nell’ antico testamento (16%. ILI u. 196.
Mailand 1903, Hoepli. L 1.50).
e) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern
des AT.
a) Allgemeines. Pentateuchkritik. Auslegung des
Pentateuchs.
Pelt, J.-B., Histoire de PAT. I. 4° ed. (120. LVIII u. 357 mit 2 Karten.
P., Lecoffre. Fr 3.—): Beruft sich noch auf Schöpfers Geist und Ein-
flufs, unter dem die drei ersten Auflagen in die Welt gegangen. Das
Werk ist aber über das Schöpfersche Prototyp hinausgeschritten in An-
lage und Anschauungen. Darum ist der Name aus dem Titel mit Recht
verschwunden. Die neueste Literatur, namentlich die französische, findet
ausgiebige Verwendung. Loisy, Lagrange, Hummelauer werden zitiert,
aber dem konservativen Charakter eines Lehrbuches will P. deshalb
nichts vergeben. Vielleicht ist er doch auch für ein Lehrbuch etwas zu
vorsichtig gewesen, und P. zeigt Ansätze, die ihn ohne Schwierigkeit in
das Lager der katholischen Kritik hinüberführen können. Es ist zu
viel, der Kritik mathematische Beweise abzuverlangen, wo es sich um
geschichtliche Wahrheiten und literarische Beurteilung handelt. Reicher
Inhalt und gute Methode machen das Werk sehr empfehlenswert.
Smith, H. P., The OT History. The internat. theol. Library (XX.V u.
512. Edinburgh 1903, Clark. 12s): Zur Charakteristik des Standpunktes
sei angeführt: Ein israelitischer Stamm mag in Agypten gewesen sein,
den ein religiöser Führer herausgeleitete.e In Kadesch schlols er den
Bund mit dem Sinai-Gott. Ein aus Arabien nach Palästina ziehender
Stamm vereinigte sich mit ersterem (nach ExpT XV 1% ff).
Barnioott, 0. R, OT History. 'T'he Temple Series of Bible Handbooks
(180. XII u. 138. Ld., Dent. Yd).
21*
324 Bibliographische Notizen.
Zapletal, V., O. P., Alttestamentliches (VIII u. 191. Freiburg i. Schw.
1903, Univ.-Buchh. M4.—): Kurz und bündig in Erklärung und Polemik
zeigt sich Z. in den hier auswahlsweise zusammengestellten Früchten
seiner exegetischen Studien. Wo ein sicheres Resultat nicht zu gewinnen
ist, begnügt er sich mit der wahrscheinlichsten Hypothese. Seine nüchterne
Aufiassung bewahrt ihn ebenso davor, der Überlieferung folgend, zu viel
hinter dem Text zu suchen, als auch der Kritik sich unbesehen in die
Arme zu werfen. 1. Das Ebenbild Gottes im Menschen (Gn 1, 26): es
ist in der vernünftigen Natur des Menschen zu suchen. 2. Das Straf-
gericht nach dem Sündenfall (Gn 3, 14—19). 3. Der Segen Jakobs
(Gn 49, 2—27): n>u='59; Textherstellung mit Hilfe der Metrik und
Übersetzung. 4. Das Ephod. 5. Das Gelübde Jephtas: er hat ein Menschen-
opfer gelobt und dargebracht, was einzig dem unmittelbaren Wortlaut
der Stelle entspricht. 6. Lobgesang der Anna (1 Sm 2, 1—10): die Her-
kunft des Liedes behandelt er etwas zurückhaltend. 7. Davids Klagelied
über Saul und Jonathan (2 Sm 1, 18-27), zu V. 21 vgl. auch ThQ 13.
154f. 8. Der 2. Psalm: Das Anagramm *rb ist doch nicht so unbekannt
(S. 137), allerdings selten anerkannt. 9. Das Sela in den Psalmen: Musik-
einsatz, sekundär Zeichen zu liturgischer Prostration und als Strophen-
zeichen — assyr. sullu. 10. Die Parabel vom Weinberg (Is 5, 1-7):
vgl. auch Rb VIII 40ff. 11. Der Spruch über Moab (Is 15 u. 16:
zu S. 175 wäre auch noch zu nennen die BZI 97 s. nom. Cooke zitierte
Notiz. 12. Zur natürlichsten Erklärung des biblischen Schöpfungsberichtes:
Verteidigung seines Werkes hierüber (vgl. BZI 194 ff) besonders gegen
J. Mader, Schweizerische Rundschau Ill 171f.
Soldi-Coibert de Beaulieu, E., La Langue sacree. L’Arbre de la science.
Origine de l’ecriture et de lalphabet. lettre S (XV u. 161 mit 14
Abb. P. 1903, Leroux. Fr 7.50).
Keep, M. J., OT Lessons (Ld. 1903, Allenson. 38 6d).
Wright, 6. F., Dr. Drivers Rope of Sand nn N.S.1151—157): Be-
hauptet, dals alle Gründe für nachmosaische Herkunft der ältesten
Queile des Pentateuchs auf zweifelhafter Erklärung beruhen.
Trabaud, H., Les origines de la loi mosaique (RThPh XXXVI 281-307):
Schildert Entwicklung des Begriffes und Umfanges der Thora nach
kritischen Prinzipien. \
Murillo,L., Le Pentateuque et !’ Ecole n&o-critique: autres alterations dans le
„Liber bipartitus” (Razon y Fe Jan. 1904).
Vetter, P., Die literarkritische Bedeutung der at! Gottesnamen. Forts.
(ThQ LXXXV 520—547): Verl. BZ 1315. An die Spitze dieses Artikels stellt
V. sein kritisches Bekenntnis: Aufzeichnungen des Moses über Wüstenzug
und Satzungen. In der Richterzeit entstanden zwei Fassungen der Ur-
geschichten, eine poetische und eine prosaisch-nüchterne. Die Satzungen
des Moses wurden fortgebildet, teils ın Spezialsammlungen gesondert, 50
das Dt. Um die Zeit des Tempelbaues wurden die Quellenschriften zum
Pentateuch mosaikartig nach Art der hebräischen Historiographie zu-
sammengefügt, bis auch der Flufs des Textbestandes aufhörte durch
Esras Tätigkeit. Schriftstellerisches Gesetz war es, den Namen Jahwe
mit Heiden nicht in Verbindung zu bringen, in gewissen stehenden Ver-
bindungen blols einen bestimmten Gottesnamen zu gebrauchen, Elobim
als metaphysischen, Jahwe als historischen Gottesnamen zu betrachten,
im priesterlichen und prophetischen Stil Jahwe zu verwenden, in drel
aufeinander folgenden geschichtlichen Stadien Jahwe selten, vorherr-
schend und dann wieder weniger zu gebrauchen (Perioden werden
genauer geschildert. Zu diesen fünf literarischen Gesetzen kommen
zwei stilistisch-ästhetische Rücksichten im Gebrauch der Gottesnamen:
die beiden Namen im Parallelismus zu verwenden, durch den logischen
Aufbau und Zusammenhang einer ganzen Perikope den Wechsel be
stimmt sein zu lassen.
Bibliographische Notizen. 325
Crawford, C. K., The Canon in the Time of Samuel. Was there one?
(BStdt VIII 839—345): Hält die mosaische Herkunft des Hexateuchs,
seine Bezeugung in Sm für mindestens ebensogut begründet wie das
Gegenteil; die mosaische Herkunft bestätirt auch die übrige Hl. Schrift.
Thomson, H. C., An Exercise in Style (BStdt VIII 351—354): In Gn
6—9 sowie 1—5 ist ein gleichmälsiger Wechsel im Gebrauch von „Erde“
und „Land“ zu beobachten, was aut Identität des Verfassers von solchem
Sprachgebrauch schlie/sen lälst.
Dahse, J., Textkritischa Bedenken gegen den Ausgangspunkt der
heutigen Pentateuchkritik (Arch. f. Religionswiss. VI 305—319): Be-
zweifelt die richtige Überlieferung der Gottesnamen im MT; LXX. scheint
ihm den ursprünglichen Text zu bieten. Im MT ist eine Umwandlung
des Gottesnamens in „Jahwe“ vor allem nach Ex 6, 3 zu konstatieren.
Im MT ist in einzelnen Perikopen der Name Gottes vereinheitlicht
worden; die Perikopenteilung hat allerdings gewechselt, so dafs der
Nachweis auf Grund des jetzigen Bestandes nicht mehr möglich ist.
Auf den Einfluls der Perikopenredaktion legt D. entscheidendes Gewicht;
er glaubt, dals eine andere Lösung des Pıoblems sich nahe legt als die
neuere Urkundenhypothese.
Fries, S. A, Die Gesetzesschrift des Königs Josia. Eine kritische
Untersuchung (78. Lp. 1903. Deichert. M 1.80): Die Stärke dieser Schrift
liegt in dem Nachweise, dals Dt der Reform des Josias nicht in allweg
entspricht. Die Zentralisierung sei weder im Dt noch bei ‚Josias aus-
schlielslich zu suchen (Dt 12,156 etwas mühsam danach interpretiert); die be-
kämpften nın2 in der nachjosianischen Zeit seien götzendienerischen Kulten
geweiht gewesen. Ex 34 entspreche den Anforderungen von 4 Kg 22:
es sei blols ein Blatt (="rt) gewesen, das durch Josias wieder aufge-
funden wurde. Dt sei entstanden aus den Nloses in den Mund gelegten
Rechtsbelehrungen der Priester und Leviten, die, auf verschiedene Blätter
verzeichnet. in der Zeit des Königs Ezechias zusammengefügt wurden
zu einer "bin. Letztere Aufstelluug beruht hauptsächlich darauf, dals
Dt inhaltlich an alle Stämme sich richtet, und unter Ezechias sich das
Bestreben geltend zu machen scheint, die Überreste Israels wieder zu
gewinnen. F. betont selbst das Versuchartige, Hypothetische seines
Ansatzes.
Cullen, J., The Book of the Covenant in Moab. A critical Inquiry
into the original Form of Deuteronomy (X u. 244. Glasgow 1903, Macle-'
hose. ös). Nicht, wie meist angenommen, Dt 12—26, sondern die Um-
rahmung ist: das Ur-Dt= Buch vom Moabbunde. — Loisy in Rev. d’hist.
et de litt. rel. IX 80 glaubt, dafs das Ur-Dt von C. ohne 12—25 unvoll-
ständig sei.
Jeremias, A., Das AT im Lichte des alten Orients. Mit 145 Abb. und
2 Karten (XIV u. 883. Lp., Hinrichs. M 6.50): Näheres später.
Zur „Babel-Bibel-Literatur‘. Delitzsch, F., Babel und Bibel. Ein Rück-
blick und Ausblick (75. Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt. M 1.—):
Mit begründeter Selbstgefälligkeit kann D. den ungelieuren Erfolg seiner
beiden Vorträge konstatieren. Seinem auch hier wicder angekündigten
dritten Vortrage schickt er nun diese Abrechnung mit der Kritik voraus.
Seine Thesen will er in vollem Umtange aufrecht halten. Scharf stellt
er in Abrede, den Monotheismus Israels aus Babel hergeleitet zu haben.
Moses verspricht er in einer eigenen Abhandlung aus dem Babylonischen
zuerklären. Als abhängig von Babel betrachtet er jetzt präziserUrgeschichten
und Sabbat; das übrige sind Parallelen, auch der Offenbarungsbegrift.
Wunderlich und unfertig erscheint seine Auswahl eines biblischen Kanons
auf Grund des religiösen Interesses, an dem die beizubehaltenden
Bücher gemessen werden sollen. — An sonstiger Literatur zur Frage
notieren wir: Boehmer, J., Das AT im Lichte mesopotamischer Aus-
grabungen (Stb I 112—121 154—161 249—256 298—303 366—375): Eine
326 Bibliographische Notizen.
gute Übersicht über die hauptsächlichste Babel-Bibel-Literatur, mit kriti-
schen Bemerkungen durchtiochten., — Buchholz, P., Die babylsnisch-
assyrischen Keilinschriften und die biblische Urgeschichte (Ref. Kz AA\\1
Nr 16—36): Behandlung der Hauptpunkte mit Darlietung des assyrio-
logischen Materials usw. — Candee, C. L., Assyrian and Babylonian
Archaeology and the OT (BStät VIII 169-176): Einige Beispiele, wo
die biblische Erzählung durch Funde bestätigt wurde, zusammengestellt. —
Cöln, F., Prinzipielles zur Babel- und Bibelfrage (Pastor bonus Jan.
1904, 145—150). — Eibaob, R., Unser Volk und die Bibel. Ein Nachwort
zum Bibel- und Babelstreit (59; 39. Giefsen 1903, Ricker. M 1.60. —
Emin, Noch einmal „Babel und Bibel‘. Ein verspätetes bescheidenes
Laienwörtlein zu Delitzschs gleichnamigen Broschüren (16. Lp.. Luckhardt.
M —.50). — Feuchtwang, Zur Aufklärung über „Babel und Bibel‘. Aus
Monatsbl. d. wiss. Klubs in Wien (51. Wien 1903, Konegen. M —.50. —
Hirsch, J., Meine Glossen zum zweiten Vortrage des Professors Delitzsch
über Babel und Bibel (46. Uzernowitz 1903, Pardini. M 1.—). — Jentsch,
K., Babel-Bibel (Die Zukunft XLII 183—186): Hat sich doch seine Ab-
findung mit der Frage zu leicht gemacht: Die Aufregung der Theologen
sei unbegründet, weil auf der unbegründeten Besorgnis beruhend, der
Kaiser könnte oder wollte die positiven Theologen von den Lehrstüblen
fernhalten; die Bibel habe von der Wissenschaft nichts zu fürchten, weil
die Schätzung der Bibel auf nicht wissenschaftlichem Gebiete beruht, und
weil die wissenschaftlichen Einwände gegen die biblischen Erzäblungen
nicht exakt wissenschattlicher und zwingender Natur sind. — Johns,
C. H. W., Babylonian Monotheism. A personal Explanation (ExpT XV
44f}: Im Streite über das Tüfelchen, das Monotheismus in Babylon
erweisen soll, sei taktisch Delitzsch Sieger über Jensen gewesen (vgl. BZ
I] 321). Doch ist der babylonische Monotheismus jedenialls vom israe-
litischen unterschieden. — Küchler, F., Die Bibel- und Babel-Literatur
6—10 (Christl. Welt XVII Nr 21 25 34 44; XVIII Nr3): Vgl. BZ1 32%.
— Lang, A., Babel und Bibel (Ref. Kz XXVI Nr 5): Gegen Delitzschs
zweiten Vortrag, der unzulängliches Beweismaterial geboten. — Larfeld,
Die babylonischen Ausgrabungen und der atl Religionsunterricht (Zeitschr.
f. ev. Rel.-Unt. Okt. 1903, 5—26). — Lindl, E., Wissenschaft wie Kritik
der Neuzeit unddasAT (Monatsblätter f. kath. Rel.-Unt. 1 V65—69 99— 107). —
Lods, A., De quelques publications allemandes sur les rapports religieur
de Babylone et du peuple d’Isracl (Rev. d’hist. des rel. XLVIIlI 210-221:
Referat über Winckler, Budde, Jeremias, Gunkel. — Luther, F., „Babel
und Bibel’ und „Bibel und Babel’ (Mitt. f.d.ev.K. in Rulsl. LIX 224233. —
Mader, J., Zur Bibel- Babel-Frage (Schweiz. Rundschau IV 154—156). —
Müller, E., Der Babelismus, der Kaiser und die orthodoxe Theologie
B. 1%03, Stuhr. M 1.—). — Myhrman, D. W., Babel- Bibel eller Bibel-
Babel. YFöredrag (55. Upsala 1903, Hellström. 75 oere). — Nikei, J.,
Zur Verständigung über „Babel und Bibel‘ (12%. 104. Breslau 1908.
Goerlich.. M 1.—): Populärer Wegweiser für Beurteilung der durch
den Babel-Bibelstreit so sehr in den Vordergrund gerückten biblischen
Probleme. Besonders glücklich seine Abweisung der Willkür Gunkels in
der Erklärung von Gn 1. Bezüglich des Mythizismus von Stucken und
Winckler ist nur zu wünschen, dafs sich die optimistische Aussicht \.s
auf Ablehnung in ernsten Forscherkreisen bald verwirkliche. Hammuralbi.
Von Delitzsch trennt ihn ein prinzipieller, eine Verständigung aus-
schlielsender Gegensatz. — Orano, P., A proposito di „Babel und Bibel“
di F. Delitzsch (Riv. d’Ital. Febr. 1904, 315—324). — Pinches, T. 6.
Sapattu, the babylonian Sabbath (PSbA XXVI 51—56). Der als ud-
hul-gal bekannte Tag wird nach Ausweis der Tageverzeichnisse nicht
sabattu genannt (K. 6012 + K. 10,684 werden hier wiedergegeben,
sondern so heilst der 15. Tag bei den Babyloniern. Ruhetag wird er
genannt, weil der Monat gleichsam in der Mitte zu einem Ruhepunkt
ee
Bibliographische Notizen. 327
gekommen ist. Die Babylonier übernahmen ihn von cinem nichtsemitischen
Volke und übergaben ıhn den Hebräern, welche den Namen übertrugen
auf den siebten Unglückstag der Akkader. — Aeiner, J., Recht und Unrecht
im Kampfe um Babel und Bibel (Stb I 562—566): Führt gegen Delitzsch
den Delitzsch einer älteren Epoche selbst und andere Assyriologen ins
Feld. — Schorra, M., Kultura babilonska i staro hebrajska (Kwartalnik
Historyezny XVII 206—231). — Selbst, J., Babylonische Verwirrung.
Ein Rückblick und Ausblick (35. Mainz, Kirchheim): Sep.-Abdr. aus
Katholik 1904. Schlägt den Schaden dieser Bewegung hoch an. Im
übrigen bietet S. einen Überblick über die Streitfrage und die zu ihr
erschienene Literatur; die katholische Anteilnahme findet er entsprechend
und mit ehrenvollem Erfolge belohnt. — Tänzer, A., Judentum und Ent-
wicklungslehre. Nach einem über „Babel und Bibel“ gehaltenen Vortrage
(68. B. 1903, Calvary. M 2.—). — Wegener, A., Babel und Bibel, was
sıe verbindet und scheidet. Vortrag (23. Moskau, Deubner. M —.60). —
Winckler, H., Die Assyriologie und das AT (Allg. ev.-luth. Kz 1903,
Nr 49—5l): Markiert seinen Standpunkt gegenüber der Wellhausen-
schen Kritik: literarhistorische Datierung bedeutet noch nicht spätzeitige
Unzuverlässigkeit; das arabische naturwüchsige Nomadentum, aus dem
Israel Religion und Kultur entnommen, ist nur eine poetische Legende;
auch Arabien steht unter dem Einflufs des Orientes; Elohist und Jahwist
als Sammler volkstümlicher Überlieferung (Gunkel) wären im alten Oriente
lächerliche Figuren. Sonst stellt er noch die leitenden Grundgedanken
seiner „Geschichte Israels IL und von „Keilinschr. und ATI: zusammen ;
mythologisches (astrologisches) Schema jeder orientalischen Geschichts-
erzählung bei Möglichkeit historischen Inhalts. Die Bezeichnung der
Propheten als politische Agitatoren sei ihm mit Unrecht zum Vorwurf
emacht worden; er wolle eben blo/s diese Seite ihrer Wirksamkeit in
etracht ziehen. Die religiöse Bedeutung sei noch kein wissenschaftlich
fundierter Gegenstand. Insofern die tatsächliche Erklärung der Pro-
hetenreden aufrecht erhalten und im einzelnen wiederholt wird, bleibt
ennoch der Vorhalt berechtigt. — Zehnpfund, K., Assyriologisches in der
Studierstube (Stb I 483—488): Gibt Anweisung, wie man sich in assyrio-
logischen Fragen ein einigermalsen selbständiges Urteil bilden könne. —
Zöckler, 0., Zur neuesten Literatur über Babel und Bibel (Bew. d. Gl.
8. F. VI 12 [Dez. 1903)).
Zum ‚Gesetze des Hammurabi“. Brugi, B., Le leggi di Hamniurabi, re
di Babilonia (Atti del R. Istit. Veneto di Scienze LXII 9, 1105—1119).
— Cook, St., The Laws of Moses and the Code of Hammurabi (XV11I
u. 3807. Ld. 1903, Black. 68): Ahnlichkeiten gehen zurück auf die ge-
meinsamen Züge des semitischen Rechtes. Ein inneres Durchdringen der
vorderasiatischen Völker mit dem babylonischen Recht hat nicht statt-
gefunden (nach Deutsche Lz 1904, Nr 5). — Harper, R. F., Text of the Code
of Hammurabi, King of Babylon (about 2250 b. C.) (AmJsemL XX 1—84):
Nach den Photographien von Scheil mit selbständigen Ergänzungen; Al-
druck aus seiner angekündigten Ausgabe; vgl. im folg. — Harper, R. F.
and W.R., The Code of Hammiurabi, King of Babylonia (about 2250 b. C.),
the most ancient of all Codes. I. Map, Text, Transliteration, Translation,
Glossary, historical and philological Notes and Indices. II. The Ham-
murabi and the Mosaic Codes. A Study in Babylonian and OT legal Lite-
rature (Chicago, Univ. Pr. 188): Zunächst Bd I erschienen. — Kohler, J.,
und Peiser, F.E., Hammurabis Gesetz. I: Übersetzung. juristische Wieder-
gabe, Erläuterung (III u. 146. Lp., Pfeiffer. M 8.—): H. ist Amraphel
von Gn 14. Der Turm des H. steht wahrscheinlich in Beziehung zum
babylonischen Turmbau. Nach 2. Exk. (137—143) ist H.s Gesetz wesentlich
moderner als das mosaische. Der 2. Bd soll den Gegenstand rein philologisch
behandeln, der 3. ein Urkundenbuch aus der Hammurabizeit darstellen. —
Küchler, Moses und Hammurabi (Christl. Welt 1903, Nr 23): Ref. über
328 Bibliographische Notizen.
Jeremias, Oettli, Grimme. — Loisy, A., Rez. von Jeremias, Moses und
Hammurabi (Rev. d’hist. et de litt. rel. IX 73 f): Möchte nicht so rasch die
Superiorität des mosaischen Gesetzes gegenüber dem des H. aufgestellt
sehen. Die Ordnung H. und Moses entspreche mehr der Tatsache, dals
uns der H.-Codex authentisch vorliege, was von den Schriften des Moses
nicht der Fall sei. — Müller, D. H., Die Gesetze Hammurabis und ihr
Verhältnis zur mosaischen Gesetzgebung sowie zu den XII Tafeln. Text
in Umschrift, deutsche und hebräische Übersetzung, Erläuterung und ver-
gleichende Analyse. Mit einem Faksimile aus dem Gesetzes-Codex Han-
murabis nn ien 1903, Hölder. M 10.—): Beachtet den formalen Auf-
bau der Gesetze. Beide müssen auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen.
Die mosaische Gesetzgebung ist die ursprünglichere. — Sayce, A. H.. The
Laws of Khamurabi (ExpT XV 184—186): Zustimmendes Referat über
Jeremias (vgl. BZ I1 104). Er hält eine durchgängige Revision der Penta-
teuchkritik für gefordert. — Schell, V., La Loi de Hammowurabi (vers 2600
av. a (180. I1I u.77. P., Leroux). — Schulz, A., Die Literatur zum
Gesetze Hammurabis (ThR II 561—568): Ref. über Artikel und Schriften,
die das anregebene Thema betreflen.
Driver, S.R., The Book of Genesis with Introduction and Notes. West-
minster Commentaries (LXXIV u. 420. Ld., Methuen. 108 6d).
Magnani Seconda, F., I primi capitoli della genesi dalla creazione del
mondo alla torre babelica, interpretati come scrittura fisico-filosofica
rappresentata nella sua origine da figure e da emblemi (16%. XV u. 152.
Rom. L 2.50).
Kühnle, K., Die Echtheit des biblischen Schöpfungsberichts. Zwei Vor-
träge. (61. B.. Zillessen. M —.40).
Molloy, G., Caractere historique du premier chapitre de la Genese (em.
d. pont. acc. d. nuovi Lincei XX. Kom. ÜUuggiani).
Drexier, E, Wann lebte Adam? Eine bibl., geschichtl. und vorgeschicht-
liche Studie für jedermann. (87. Ravensburg 1903, Alber. M —.50).
Hoppe, E., Das erste Blatt der Bibel im Lichte der Naturforschung.
Vortrag. 1.—3. Tausend (31. Mölln 1903, Ecke. M —.50).
Davidson, W. L., The Bible Story of Creation—a Phase of the theistic
Argument (Exp 1X 286—300): Keine wissenschaftliche Darlegung, sondern
von religiöser Bedeutung: zur Begründung des Sabbatgebotes, zu er-
baulichem Zwecke, zur Einführung des Dogmas vom Logos. Daher nicht
Geschichte. sondern Parabel.
Bezold, C., Die Schüöpfungslegende. Texte f. theol. Vorl. 7. Bab.-ass.
Texte 1 (20. Bonn, Marcus. M —.30).
Daiches, S., Talmudische und midraschische Parallelen zum babylonischen
Weltschöpfungsepos (ZA XVII 394—399).
Warring, €. B., On the Use of „good“ in Genesis I (BStdt N. S. I 171
— 173): Nur die vollendeten Akte erhalten das Prädikat „gut“ (6 von den
11 Akten im ganzen).
Thompson, R.C., The Devils and evil Spirits of Babylonia. (Sem. Text
and Translat. Ser. X1LV. Ld.. Luzac. 158): Weist unter anderem bestimmt
die Ansicht von Sayce und Pinches zurück, die den Garten von Eden
in einem babylonischen Text gefunden zu haben glaubten (vgl. ExpT
XV 501). ,
Halevy ‚> Le nom d’Eve (JasSer. X. t. II, 522— 524): rm = 77 = rm,
tixrovoa. In diesem Sinne wird >= gebraucht Gn 18, 10.14; vgl. 4 Bg
4.17, ebenso die Talmudisten. Dieser Sinn stimmt zur Stelle und zur
Benennung des Adam (wegen seiner Bestrafung durch die "»-x\.
Schneider, T., Was ist's mit der Sintflut? Die Versuche ihrer Deu-
tung als Geschichte, Sage und Mythus. Zugleich ein Beitrag zur Babel-
und Bibelfrage (26. Wiesbaden 1903, Staadt. M —.75).
Jediicska, J., Der angebliche Turmbau zu Babel, die Erlebnisse der
Familie Abrahams und die Beschneidung 373. Lp. 1903, Seemann. MM 4.—).
= == 2 Zr un
-——
—
Bibliographische Notizen. 329
Gunzburg, D. de, Le nom d’Abraham (REj XLV1I 7—2®2): Führt eine
Reihe von arabischen Stämmen auf (70 stehen ihm zu Gebote), in denen
eine Verlängerung durch Einsatz von aha oder al gebräuchlich ist; Zweck
ist, die Bedeutung als besonders grols, intensiv herauszustellen. G. kehrt
auch die übrigen Beziehungen der Patriarchen zu Arabien hervor.
Conder, C. L., The alleged Mention of Chedorlaomer on a Babylonian
Tablet (PEF XXX VI 80-83): Glaubt die Texte über den König CU-CU-
CU-CU-MA, den man Kedorlaomer lesen wollte, auf das Jahr 648 v. Chr.
beziehen zu können; Name vielleicht zu lesen: Ummaniga.
Macalister, R. A. St., The Scene of the Sacrifice of Isaac (ExpT XV 141):
Statt am yas Gn 22, 2 möchte M. vermuten “n oder us"rm; also
Opferort der Sinai oder Horeb.
Nestle, E., Tamar (ExpT XV 141): Nicht ein kanaanitisches Weib, wie
es im Dictionary of the Bible heilst. — Dazu Selbie, J. A., Tamar (ebd.
238): Plädiert neuerdings für seine von Nestle bekämpfte Auf-
stellung.
Sayce, A. H., Joseph and the Land of Egypt. The Temple Series of
Bible Handbooks (18°. VI u. 115. Ld., Dent,. 9d).
Lee, J. F., The greater Exodus. An important pentateuchical Criticism,
based on the Archaeology, ‚of Mexico and Peru (132. Ld., Stock. 28 6a):
Will den Auszug aus Agypten in Verbindung bringen mit den Vöülker-
bewegungen, wodurch die Menschen sich vermehrten und die Erde er-
füllten, und zwar von Mexiko und Peru aus durch Nordamerika über die
Behringsstralse nach Asıen (ExpT XV 135. HJ II 422).
Miketta, K., Der Pharao des Auszuges. Eine exegetische Studie zu Exodus
1—15 (vgl. BZ 11 107): Ein reiches Material steht bekanntermalsen für
diese Frage zu Gebote; es ist bis jetzt verschieden interpretiert worden
und mulste die verschiedensten Hypothesen und Ansätze rechtfertigen.
Eine Lösung konnte der mit dem Material Vertraute nur von neuen
Entdeckungen erhoffen. Auch M.s Schrift konnte nichts Weiteres zur Frage
beitragen, als sie neuerdings gründlich erörtern, hie und da durch neue
Gruppierung und neue Gesichtspunkte das Interesse erwecken, aber den
Mangel des entscheidenden Naterials vermochte er mit aller Konzen-
trierung der seiner Ansicht (Tuthmosis Ill. der Pharao der Bedrückung,
Amenophis der Pharao des Auszugs) günstigen Momente nicht zu be-
seitigen. Hammurabi und Abraham, die ägyptische Geschichte als Hinter-
grund des Auszugsdramas, die Aperiw-Frage, der Stamm Aser und Israel
auf ägyptischen Denkmälern, dıe Habiri-Frage werden auch nach M.
noch offene Probleme sein; M. hat aber nicht umsonst gearbeitet: das
Material, die Geschichte seiner Verwertung, die Möglichkeiten, die es
begründet, finden wir hier in ebenso klarer als kurzer Weise darge-
boten, so dals man gern zur Orientierung nach diesem Buche greifen
wird. Das entschiedene Wertungsurteil des Vert. lälst deshalb die Gegen-
instanzen nicht verschwinden. Die reiche, bis in die neueste Zeit hinein
berücksichtigte Literatur vermehrt das Vertrauen zu der auch weiteren
Kreisen zu empfehlenden Schrift. Zur Stele Merenptalis (72ff) habe ich
eine Bezugnahme auf Grofts These, dals die Angabe über Israel nach-
getragen, also späteren Ursprungs sei (vgl. BZ I 87 309), nicht gefunden.
Banks, L. A., On the Trail of Moses (Ld. 1903, Funk. 6).
Oesterley, W.O.E., erklärt Ex 3, 13 in Church and Synagogue Juli 1903
(ExpT XIV 536) dahin, dals ein Teil der israelitischen Stämme (Abra-
ham usw. als Stämme nach Ex 6, 3) Jahwe nicht kannten; ein Teil, die
Keniter (ein Israel verwandter Stamm), kannten ihn, und von letzteren
erfuhr ihn Nloses.
Lagrange, M.-J.. Elet Jahre (Rb XII 362-386): Bedeutung, Form, Ge-
brauch dieser Namen. Auch das kritische Prinzip des Gottesnamens-
wechsels streift er; Ex 6, 3 kommt hierfür in Frage. Entlehnung von den
Kenitern sei ausgeschlossen. Vielleicht von dem Gebrauch des Namens
330 Bibliographische Notizen.
Jahwe in einem Stamme (Levi) ausgedehnt auf die nunmehr zu einem
Volke verschmelzenden Stämme.
Gunkel, H., teilt der Redaktion der Deutschen Lz 1903, Nr 50, Sp. 3058 als
Fingerzeig für diejenigen, die den Sinai suchen, mit, dafs verschiedene
Anzeichen dartun, dals der Sinai ein Vulkan war, in dessen Ausbruch
man also Jahwes schauerlich-majestätisches Erscheinen erlebte.
Prat, F., Le Code du Sinai, sa genese et son Evolution (16%. 61 P.
Bloud. Fr —.60).
Baentsch, B., \umeri übersetzt und erklärt, und Einleitung zu Exodus-
Leviticus-Numeri. Handkomm. z. AT I 2. 2 (448-702, LXXXIL. Gut-
tingen 1903, Vandenhoeck. M 5.80): Damit ist der Kommentar, von den
einzelne Teile bereits in neuen Auflagen erschienen sind, zum Abschlu::
gekommen. Besprechung folgt.
Höhne, Eine atl Hauptstelle (Stb 1 388—396 437— 442): Dt 6, 4: „Jahwe
ist unser Gott, ‚Jahwe ist einer“. zu fassen, was umständlich erläutert wird.
ß) Die geschichtlichen Bücher.
Bennett, W. H., Joshua and the Conquest of Palestine. The Temple
Series of Bible Handbooks (18%. VII u. 118. Ld. Dent. 9d).
Schlögl, N., Le chapitre V du Livre des Juges (Rb XIL 387-3%::
Unter vollständiger Ablehnung von Rotbsteins Arbeit über Ide 5 isgl.
BZ 1 102 329) bietet S. wiederhergestellten Urtext und Übersetzung ın
metrischer Form. Die Anmerkungen sollen seine Änderungen auf Grund
der Metrik, soweit möglich, textkritisch rechtfertigen.
Nestle, E., Zum Schlufs von Rothsteins Arbeit über das Deboralid
(ZdmG LVII 567): Korrekturen. Vgl. BZ I 102 329.
<Halevy, J.,> Juges, VI, 37 (Jas Ser. X, t. II, 525 f): Statt a3 me; ist, da
von Schafen nicht die Rede ist, zu lesen “92 n=;, was für einen Land-
mann palste,
Radermacher, L., Das Jenseits im Mythos der Hellenen. Untersuchungen
über antiken Jenseitsglauben (VIll u. 153. Bonn 1903. Marcus unü
Weber): Wird hier erwähnt wegen des „Zur alttestamentlichen Simsot-
legende* überschriebenen Abschnittes, in dem die Erzählungen vor
Simson und vom unsterblichen Kaschtschei (im russischen Märchen vom
Prinzen Astrach) als „zwei echte Parallelen, von denen die eine, un
abhängig wie sie ist, für die andere zeugt“, qualifiziert werden. Nach
S.141 A.1 ist es jetzt überhaupt „nn der Zeit, aus Sage, Mythos und
Märchen anderer Völker die Parallelen zum AT zu sammeln“.
Currell, W. S., Ruth: A Study in the short Story (BStdt VIII 2863-28:
Betrachtet als literarisches Kunstwerk.
Schlögl, N., O. Cist., Die Bücher Samuels (erstes und zweites Buch der
Könige). Übers. und erklärt. Kurzget. wissensch. Comm. z. d. hl. Schr.
des ATI 8. 1 (XXI. 202 u. 159. Wien, Mayer. M 8.40): Bespr. folrt
Davis, J. D., Transfer of the Ark to Jerusalem (BStdt VIII 2031:
2 Sm 6 und 1 Chr 1ö, 2—15 bieten keine Differenz (gegen H. P. Smitt
und Driver).
Steffens, N. M., The Structure and Purpose of the Books of Kınaı
(BStdt VIII 153—160): In konservativem Sinne. Einheit und Seib-
ständigkeit des Buches werden festgehalten. \
Nikolsky, M., Jukhin und Bö‘az (1 Reg. 7,21) (ZwTh XLVII 1-%:
Greift den Gedanken E. Renans wieder auf und sieht in beiden Worten
einen Satz, der phönizisch gefalst werden muls, Auf Grund der LX\
nach Cod. B korrigiert N.: 1» 553 =. Ersteres Wort nach dem Phön-
zischen „sein“, Also: „Es möge Baal eine Kraft sein“, was bezüglich der
einzelnen Elemente und des ganzen Gedankens aus dem Phönizischen
belert wird.
Nagl, E., Die Religion der Kuttier auf dem Boden des ehemaligen
Reiches Israel (ZkTh XXVIII 415—424): N. glaubt die von dem gr
Bibliographische Notizen. 331
nannten Mischvolk nach 4 Kg 17, 30 f verehrten Gottheiten feststellen zu
können. Weniger sicher erklärt er ri:2 n‘> als volksetymologische Ver-
kürzungen aus Zakmuku (Sonnenwendtest, metonymisch statt Marduk als
Sonnengott) und Zarbanit. Sicherheit nimmt N. in Anspruch für seine
interessante Gleichsetzung x=-"ox = Eämun (vgl. Esmun-azar); ına =
Ba‘alazer rl error — Atargatis (= Asthar-Ate). c-z0 ist die syrische
Stadt e=> (vgl. Ez 47, 16); Torx infolgedessen kanaanäische Gottheit.
“on» hängt zusammen mit Anu.
Friedländer, M., Genealogische Studien zum AT: Die Veränderlichkeit
= un in den Stammlisten der Bücher der Chronik (64. B., Poppelauer.
.50).
Fischer, J., Die chronologischen Fragen in den Büchern Esra- Nehemia
(BSt VIII3. X u. 98. Freiburg i. Br. 1903, Herder. M 2.40): Bespr. folgt.
Herkenne, H., Die Briefe zu Beginn des zweiten Makkabäerbuches (1,
1 bis 2, 18) (BSt VIII A VII u. 103. Freiburg i. Br., Herder. M 2.40):
Näheres später.
Scheftelowitz, J., Zur Kritik des griechischen und massoretischen Buches
Esther (MGWJ XLVI1I 110—119 201-213 289-316): Gegen Jahn
(vgl. BZ I 91 314) untersucht er das Material, das zu Gunsten der LXX
gegen MT zu sprechen scheint, in der Absicht, zu erweisen, dals erstere
in der Regel sekundär ist. Die apokryphen Stücke sind nn
Episoden, zur Unterhaltung am Purimfeste vorgetragen. osephus
benutzt hie und da den MT. Unter Nr V weist er nach, dafs das Juden-
tum in atl Zeit nichts vom Parsismus entlehnt habe. Is 44, 28; 45, 1
und a. a. St. findet er eine Polemik gegen die persische Religion. Auf-
erstehung, Engellehre sind nicht aus dem Parsismus. VI. Die persischen
Lehnwörter von Est sind älter als die von Dn; ersteres also früher.
S. 313 gibt S. einen Nachtrag zu: Arisches im AT I. — Auch separat:
Arisches im AT II (64. B. 1903, Calvary. M 2.—).
y) Die poetischen Bücher und Lehrschriften.
Davies, T. W., The Poetry and poetical Writings of the ancient Hebrews (BW
XX11 358-362): Metrum nur als natürliche Folge eines Gedankenrhythmus.
Builinger, E. W., The Book of Job. Part 1: The oldest Lesson in the
World. Part 2: Rhythmical Translation (203. Ld., Eyre. 5s).
The Poem of Job. Being an Attempt to obtain a clearer Glimpse into
the Ancient Poem of the Book of Job; after careful Study of Translations,
Commentaries and Notes made by some of the best Students of later
Times; and by Elimination of certain Passages now deemed by many
such Students to have been added to the original Work. A Version pre-
yared by M, Pritchard, with Introductions and Notes (120. Ld. 1903,
Trübner. 38 6d).
Stone, H. E., From behind the Veil or Life Studies from the Book of
Job (212. Ld. 1903, Marlborough. 28 6d).
Eyragues, M. B. d’, Les Psaumes. Traduits de l’Hebreu (12%. LXIV
u. 427, P., Lecoffre. Fr 4.—; in 8% Fr 7.50): Eine französische Psalmen-
übersetzung mit Vorbemerkungen und Erklärung, nach ihrer praktischen
Verwertbarkeit und der wissenschaftlichen Grundlage empfohlen von
F. Vigouroux in einem Schreiben an Kardinal Richard und von Kardinal
Mathieu mit einem Vorworte versehen. Die Arbeit soll praktischer Ver-
wendung der Psalmen dienen und beruht auf dem zuverlässigeren Urtext
er der Vulgata, Ziemlich ausführlich wird eine Behandlung der
inleitungsfragen vorausgeschickt, die sich in gemälsigt konservativem
Geleise hält, wie es die Erbauung der Beter nahelegte. Eine mehr oder
minder ausführliche Vorbemerkung zu jedem Psalm zeichnet die Situation,
die der Psalm voraussetzt. Die Anmerkungen wollen nur das Notwen-
digste bieten, um ein Literalverständnis dem Beter leicht zu ermöglichen
und störende Schwierigkeiten zu beseitigen.
332 Bibliographische Notizen.
Storck, W., Die Psalmen in stabreimenden Langzeilen (258. Münster,
Aschendorfi. M 3.—): Der Verf. glaubt die hebräische Form der Psalmer-
poesie am ehesten ibrer Wirkung nach ersetzen zu können durch den
deutschen Stabreim, den er in den 6016 Langzeilen je 4fach (aaaa, abab,
abba) kunstvoll anbringt.
King, E. G., The Influence of the triennal Cycle on the Psalter (IthSt V
203— 213): Die spätere jüdische Tradition zeigt Einflüsse vom dreijährigen
Vorlesezyklus für den Pentateuch, ja für P® selbst möchte K. solche Ein-
flufsnahme vermuten: z. B. Gn 7, 11 trifit nach diesem Zyklus ungefähr
auf den 7. Tag des 2. Monats. Die Doppelerzählungen von J und E
rühren von einem verschiedenen, vom Sommersolstitium und vom Frühlings-
äquinoktium datierten JJahresanfang. Auch die Psalterordnung beruht
auf dem dreijährigen Zyklus der Pentateuchlesung; z. B. Ps 73-8
an) stehen in Beziehung zum Asiph-Fest und Joseph (Gn 30, 2 fi).
chluistolgerung: Gruppen von Ps gehörten zu bestimmten Festzeiten.
Irons, J. D., The David of History and the David of the Psalms (BStdt
VIII 260—267): Kein Unterschied zwischen beiden, wie die Parallelen
J.’ erweisen sollen.
Richardson, A.M., The Psalms, their Structure and musical Rendering
(130. Ld. 1903, Vincent Music Co. 3s).
Prothero. R. E., The Psalms in human Life (428. Ld. 1903, Murrar.
10s 6d): Versucht den Eintluls der Ps auf die grölsten geschichtlichen
Persönlichkeiten und die Bewegungen in verschiedenen Zeitaltern zu zeigen
(nach HJ II 638).
Berkowicz, M., Strophenbau und Responsion in den Psalmen (Wiener Z.
f. Kunde d. Morgenl. XVII 232—245): Die Entdeckung der Responsion
nimmt B. für Müller gegen Zenner in Anspruch und hält sie für ein
unleugbares Strophenmerkmal, das er auf Ps 21; 77; 5l anwendet. Zenners
Wechselstrophe vermag er nicht zu finden,
Perry, C. H., Studies in the Psalms (Ld., Allenson. 28 6d).
Gunkel, H., Die Endhoffnung der Psalmisten (Christl. Welt XVH, Nr 48::
Deutung des „Ich“ auf die Gemeinde eine Verirrung der allegorischen
Methode. Die Hoffnung Israels zielt nicht auf die Erfüllung im NT ab;
man sollte nicht von „messianischer Hoffnung“ reden.
Selbst, <J.>, Der betende Gerechte in den Pss (Kath. 1903 I 229—240):
Bei aller Anerkennung für das so betitelte Werk von Engert (vgl. BZ 1 16)
bestreitet S. die angenommene prophetisch-allegorische Terminologie, dieE.
überall hineinlegt, und den späten nachexilischen Ursprung der meisten Ps.
Böhme, E., Die Psalmen, ihre Bedeutung und Verwertung im evange-
lischen Kultus, im Religionsunterricht und ın der Privaterbauung. Preis-
gekr. Abbandlung (Weimar, Böhlau. M —.80).
Thirtle, 3. W., Titles of the Psalms: their Nature and Meaning explained
(394. Ld., Frowde. 65).
Minocchi, S., Storia dei Salmi IV: I Salmi dell’ epoca Greca ‘Str
III 522—546): Fährt fort (vgl. BZ 1332; 11 109), aus der geschichtlichen
Lage und dem Gedankenkreise der nachexilischen Zeit Ursprung und Sinn
der einzelnen Pss zu erfassen, so dals zwischen der Rückkehr aus dem
Exil und der Makkabäerzeit alle Pss entstanden gedacht werden. — T:
L’ultima etü dei Salmi (ebd. IV 29—56): 2 Makk 2,13 bezeugt die Samm-
lung der Pss 2-72, deren Dichter symbolisch den Namen David trägt.
zum Teil auch wirklich davidische Lieder aufsenommen und umgebildet hat.
Neu redigiert und vermehrt durch Judas Makkabäus (2—89). Der Hohe-
priester Simeon fügte Pss 90—150 hinzu. Die Psalmen Salomos bilden einen
Nachklang zum kanonischen Psalter. — Es ist ohne Zweifel eine richtige
Tendenz, das Zeitalter der Pss bedeutend weiter herabzusetzen gegenüber
der Überlieferung. Für die einzelnen Ansätze wird M. selbst weniger
sichere Zustimmung erwarten. — Separatabdruck: Storia dei Salmi e del-
"idea messianica,; cinque letture (142. L 3.50).
Bibliographische Notizen. 333
Martin, C., The Imprecations in the Psalms (PrthR I 537—553): Will
die Fluchpsalmen oder die „Verwünschungen ın den Pss“ verstehen aus
dem Verlangen, Gottes Gerechtigkeit anerkannt zu sehen, aus dem Zu-
sammenhang zwischen Gottes und Davids Königtum, aus der Nichtunter-
scheidung von Sünde und Sünder.
Gunkel, H., Ausgewählte Psalmen, übers. und erklärt (X u. 270. Göttingen,
Vandenhoeck. M 3.20).
’ em: Er Eene bloemlezing uit de psalmen (Theol. Tijdschr. XXX VII,
.u. 6. Stuk).
<Halevy, I Psaumes XVII, 13—14 (Jas Ser. X, t. II, 526 f}: Zu lesen:
SET San "DE mupr, „rette meine Seele von dem Frevler, der dich schmäht“:
(V. 14). „Deine Freunde (7 = Term), o Jahwe, sind ausgerottet (oırm3y)
aus der Welt! Gib ihnen einen Anteil (ep®7) im Leben; deine Schätze
mögen (st. indic.) erfüllen ihren Körper usw.“
Hovey, A., The twenty-second Psalm (BW XXII 107—115): Die Lesart
s> ist zu bevorzugen. Verfasser ist David. Der Ps ist messianisch.
Seine Einheit ist festzuhalten.
Greene, G. F., The twenty-third Psalm (BStdt VIII 329-335): Er-
läuterung des Inhaltes. .
Gordon, E. C., Psalm XXXII (BStdt VIII 220—226): Übersetzung.
Erbauliche Behandlung.
Tiefenthal, F., O. S. B., Orationes Christi in psalterio Il. Ps. 35 er
Oratio Christi coram tribunalibus falso accusati (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.-O.
XXIV 67—82). — III. In Ps 41 (40). Oratio Christi crucifixi beatum
dicentis quemvis meditationi passionis suae deditum. Aliter psalmus
Stabat mater (ebd. 351—359).
Valeton jr., J. J. P., De psalmen. DI. II. Ps 42-89 (II u. 360. Nij-
megen 1903, H. ten Hoet. F 6.—).
Gunkel, H., Psalm 103: An Interpretation (BW XXII 209-215): Vgl.
BZ 11 109 f. — Ps 137 149 (ebd. 290—293 363—366).
Thompson, J. E. H., Psalm CXIX (BStdt VIII 205—220): Untersucht
Persönlichkeit des Verfassers (Prophet), Ort (am Königshofe in Palästina)
und Zeit der Abfassung (zwischen .Joas und dem Fall von Jerusalem).
Smith, D., The Songs of the Ascents VII: The Scorning of Sanballat,
Tobiah, and Geshem (ExpT XV 39—42): Aus der Situation Nch 4,1 ff
sei Ps 123 gedichtet. Verl. BZ 1 333.
Boehmer, J., Psalm CXLIX. 5 (ExpT XIV 478f): Zu Taylors und
Königs ‚Bemerkungen; vgl. BZ I 333. Ps 85, 10 125 kein Gottesname.
Gegen Anderung or1:2z= in 149, 5. Auch König lehnt B. ab. — König
beseitigt ExpT XIV 526 f B.s metrisches Bedenken, indem er * zu y st.
mm auflöst.— Boehmer, J., A closing Word on Psalm CXLIAX. 5 (ebd.
XV 144): Lehnt Königs Lösungsversuch und Kritik ab.
Pollard, E. B., Self-Control in the Book of Proverbs (BStdt VIII 325
— 329): Zusammenordnung der Stellen hierüber.
Gilmore, G. W.. The Book of Ecclesiastes in a new Arrangement and
Translation (BW XXII 268—283): Übersetzung mit Inhaltsüberschriften.
Sawicki, F., Der Prediger, Schopenhauer und Ed. v. Hartmann oder
biblischer und moderner Pessimismus (IV u. 108. Fulda 1903, Aktien-
druckerei. M 1.50).
Gasser, J. K., Die Bedeutung der Sprüche Jesu Ben Sira für die
Datierung des althebräischen Spruchbuches untersucht. Beitr. z. Fürd.
christl. Theol. VIII, 2.3. H. (270. Gütersloh, Bertelsmann. M. 4.80).
d) Die Propheten.
Davidson, A., OT Prophecy, edited by J.A.Paterson (520. Edinburgh
1903, Clark. 108 6d).
Böhmer, J., Hinein in die atl Prophetenschriften. Für Bibelfreunde
(XII u. 264. Stuttgart, Greiner. M 3.20).
334 Bibliographische Notizen.
König, E., Israels und Babyloniens Stellung zur Prophetie (2. f.d. ev.Rel.-
Unt. 1904, 99—109).
Lange, H.0., Prophezeiungen eines ägyptischen Weisen aus dem Papyrus
I, 344 in Leiden. Vorläufige Mitteilung (Sitzungsb. d. k. pr. Ak. d.W.
1903, XXVYXXVII 601—610): Gibt eine neue, selbständige Auffassung
des schwierigen Textes, grölstenteils mit Übersetzung. Ein Stück scheint
ihm eine Art „messianische* Prophetie zu sein.
Laur, E., S.O.Cist., Die Prophetennamen des AT (vgl. BZ II 110:
Ein bedeutendes Stück Theologie des AT steckt in den Propheten-
bezeichnungen, und L. weils es dank der methodischen religionsgeschicht-
lichen Schulung durch seinen Lehrer Zapletal wohl zu heben. Alle sıch
findenden Bezeichnungen werden eingehend erörtert, die hierbei berührten
modernen kritischen Probleme mit Zurückgehen auf die Schriftstellen
selbst gelöst. Dals er die anerkennenswert gut durchgeführte Unter-
suchung auch auf nur gelegentlich gebrauchte bildliche Bezeichnungen
ausgedehnt hat, ist eine erwünschte Zugabe. Die Etymologie mag manch-
mal Beanstandung finden. Die Unwahrscheinlichkeit, dals die meisten
Bezeichnungen das eine Hauptwesensmerkmal des Propbetentums aus-
sprechen, verschwindet bei seinen Darlegungen doch nicht ganz. Die
Fehler besonders im hebräischen Satz mag man mit gutem Willen als
lapsus calami gelten lassen, aber es sind deren zu viel.
Condamin, A., S. J., Les chapitres I et II du livre d’Isaie (Rb N.S.
I 7—26): Legt der Strophentlieorie einen grolsen Wert bei und bekennt
sich zu den Strophenmerkmalen von Budde im Dictionary of the Bible
von Hastings IV 8. Behandelt nunmehr text- und literarkritisch und
historisch 1, 1—2. 22.
Zillessen, A., Der alte und der neue Exodus. Eine Studie zur israeli-
tischen Prophetie, speziell zu Jesaja 40 ff (Arch. f. Religionswiss. VI 289
— 304): Falst Is 40 f als eine Projizierung der glanzvollen Zeit des Aus-
zuges in die Zukunft. Z. sucht die Anspielungen an den Ex zusammen.
Baumann, E., Die Kehrversstücke im Buche Jesaja (StKr 1904, 151—116):
Untersucht die Verwertbarkeit des sog. Kehrverses für Rekonstruktion der
Strophen von Is 5, 25—29; 9, 7—10, 4, um schlielslich zum Resultat zu
kommen: Literarisch sind noch kleinere Textfragmente als bisher anzu-
nehmen, Metrum (grundsätzlich mit Sievers übereinstimmend) Hilfsmittel
ersten Ranges, Regellosigkeit hierin setzt korrumpierten oder rein pro-
saischen Text voraus; in einem Rederanzen herrscht ein Metrum.
Douglas, 6, The Book of Jeremiah. With Introduction and Notes
(364. Ld. 1903, Hodder. 6).
Gordon, A. R.. A Study of Jeremiah (BW XXII 98—106 195—208): Art
und Geschichte seiner prophetischen Wirksamkeit.
Kaufmann, M., Was the „Weeping Prophet“ a Pessimist? (Exp IX 1%
— 200): Jer ist der beste Typus des hebräischen Pessimismus, aber kein
Vertreter des modernen skeptischen und verzweitelnden Pessimismus. _
Jacoby, &., Glossen zu den neuesten kritischen Aufstellungen über die
a Buches Jeremja (Capp. 1—20). Dissert. Königsberg
03. (878.
Condamin, A., Transpositions accidentelles. Jer. 46, 3—12 (Rb XII 419
—42]}: Durch Aneinanderreiben des je einem Chor Zugewiesenen ent-
standen; richtige: 3. 4. 9. 7. 8. 10. 5. 6. 11. 12.
Calvijn, 3., De profetien van Ezechiel verklaard. Hoofdstuk I—-XX.
Naar de uitgave van het Corpus reformatorum uit het Latijn vert. door
J. Lugtigheid. Afl. 1 (1—40. Kampen 1903, Kok. F —.20).
Lewis, H., By the River Chebar; some Applications of Ezekiel’s Visions
(194. Ld. 1903, Hodder. 38 6d).
Herbst, F., Der Prophet Daniel (16. Elberfeld 1903, Buchh.d.ev.Ges. M—.%0).
Auchinclass, W. $., The only Key to Daniel's Prophecies. Introd. by
A, M. Sayce (160°. 173. N. Y. 1903, Van Nostrand Co. 7b).
—
Bibliographische Notizen. 335
Memain, Les soixante-dix semaines de la prophetie de Daniel. Etude
chronologique (36. P. 1903, Haton).
Nowack, W., Die kleinen Propheten übersetzt und erklärt. 2. Aufl.
Handkomm. z. AT III 4 (VI u. 446. Göttingen, Vandenhoeck. M 8.—):
Näheres später.
Marti, K.. Dodekapropheton, erklärt. 1. Hälfte. Handkomm. z. AT
von K. Marti XX 1 (240. Tübingen 1903, Mohr. M 2.—; 3.75).
Harper, W. R., The Structure of Hosea 4: 1-7: 7 (AmJsemL XX 85
—94): Textkritische Bebandlung auf Grund von Metrik und Strophik.
5, 15—6, 3 sind authentisch.
Müller, Textkritische Studien zum Buche .Hoses (StKr 1904, 124—126):
Zu 4, 176, 5,2%; 6,119; 6,7; 7,5.12b; 9, 7°. 8b; 11,76, 106; 12, 1b,
McPheeters, W. M., The Significance of a Date No. 1 (BStdt N. S.I 28
—33): An Joel wird gezeigt, von welchem Einflufs die Datierung auf
das Urteil über Stil, literarischen Wert, prophetischen Charakter ist.
Young, G.L., A short Study in the Book of Amos (BStdt VIII 295—297):
Erwägungen über einige inhaltliche Punkte.
Dekker, J., Naar Ninive. Jona’s reize (200. Amsterdam 1903, Hö-
veker. F —.90).
Lohmann, E., T’harsis oder Ninive. Ein Beitrag zum Verständnis des
Buches Jona. Mit einem Anhang: Das Buch Jona in berichtigter Über-
ne nebst Anmerkungen (60. Freienwalde, Rüger. M 1.—): Er-
aulich.
Betteridge, W. R., The Interpretation of the Prophecy of Habakkuk
(AmJTh VII 647—661): Neuer Versuch, Zeit und Anlafs dieser Prophetie
sicherzustellen. Der Ünterdrücker ist der Assyrier, die Chaldäer sind
Strafwerkzeug für ihn in der Hand Jahwes. Als Prophetie kann H.
nicht nach dem Untergang des assyrischen Reiches (626) verfalst sein.
Der Anlafs ist vielmehr die Invasion des Sennacherib (701). Habakkuk
war ein Verbündeter des Isaias in jener schweren Zeit, mit dem er auch
in Form und Anschauungen Berührungen aufweist. Der Psalm Hab 3
gehört demselben Verf. und derselben Zeit an.
Moor, J.C.de, De Propheet Maleachi. Bijzondere Canoniek en Exegese.
Diss. Amsterdam 1903.
e) Die Apokryphen.
Covard, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des AT (Stb II 68—78
132-141): Literarhistorischer Überblick und religiöser Gehalt.
Andre, L. E. F., Les apocryphes de AT (348. Florenz, Paggi.
Temlikos der von ihm herausgegebenen äthiopischen Apokryphen (vgl.
BZ 1335) und Temeluchus, Höllenwächter, der Visio S. Pauli; Iemeluchos
(pen) sei wahrscheinlich die ursprüngliche Form.
—6., Das vierte Buch Esdras (Deutscher Merkur XXXIV Nr 17—19):
Skizziert den Inhalt des als sittlich ernst gepriesenen Werkes und will
an Proben die Schönheit desselben erkeunen lassen.
Papageorgiu, P. N., Handschriftliches zu den Oracula Sibyllina (BzZ
XIII 51 f): Gibt die Varianten aus Hs Nr 9 aus dem Kloster tüv BAatadwv
in Saloniki, die 33 Verse der Or. Sib. enthält.
München, Mai 1904. J. Göttsberger.
336 Mitteilungen und Nachrichten.
Mitteilungen und Nachrichten.
Der Bibelkommission hat Papst Pius X. durch Apost. Schreiben „Scrip-
turae sanctae“ vom 13. Februar l. J. das Recht gegeben, die akade-
mischen Grade des Prolytates und Doktorates im Bibelstudium
an Doktoren der Theologie zu verleihen. Über die Gegenstände des
schriftlichen und mündlichen Examens gibt die Bibelkommission in einem
Erlais nach den Anweisungen des päpstlichen Schreibens ausführliche
Bestimmungen. Für Bewerber um die erwähnten Grade aufserhalb Roms
erfolgt noch besondere Kundmachung. Anmeldung erfolgt bei den Sekre-
tären der Kommission. Vgl. Rb N. S. I 161—166.
Eine Preisaufgabe, gestellt von der Bibelkommission für die in den
höheren Weihen stehenden Studierenden der kath. Universitäten und
der Universitäten von Oxford und Cambridge, nach Rom an ihn selbst
bis Ende Nov. 1904 einzusenden, gibt D. Fleming O. M. in Rb, N.
Ser. I vf bekannt: Exponantur et ercutiantur praecipue discrepantıae
inter textum graecum et veteres versiones latinas, praesertim Vulgatam.
Evangelii S. Marci. — Als Preisaufgabe für 1904 stellte die theol.
Fakultät in Münster i. W. das Thema: Enthält das Psalmenbuch Lieder
aus der Makkabäüerzeit? (Köln. Volksz. 1904, Nr 167.)
Ein Reisestipendium zur wissenschaftlichen Erschliefsung Palästinas ım
Betrage von 4000 Kr. hat das Dekanat der theol. Fakultät in Wien
aus den Erträgnissen der Lackenbacherschen Universitätsstiftung ausge-
schrieben, vorzugsweise für Dozenten, Supplenten oder aulserordentliche
Professoren des Bibelstudiums, aber auch sonst für kath. Priester be-
stimmt (Köln. Volksz. 1904, Nr 157).
Mit der Gründung des „Orlental Exploration Fund“ ist Chicago an
die Seite der Schwesteruniversität Philadelphia getreten, um die Aus-
grabungen in Babylon zu fördern. Seit 1900 projektiert, bekam das Unter-
nehmen Juli 1903 die nötigen Mittel, und ein Irade vom 26. September
1903 wies ihm Bismya zwischen Nippur (Ausgrabungsort der Universität
Philadelphia) und Telloh (Ort der französischen Ausgrabungen), vielleicht
das alte Isin, zu. E. J. Banks ist Direktor, J. Paige Ingenieur der Ex-
pedition, The Biblical World, der wir diese Nachricht entnehmen
(XXIII 7—15), Berichtsorgan.
Die (kath.) Pla Societa di San Girolamo zu Rom hat in einigen Monaten
220000 Exemplare einer neuen Evangelienübersetzung mit der Apostel-
geschichte in Italien verbreitet (vgl. Str IV 103).
Der „Nash-Papyrus‘“, ein angeblich vormassoretisches Bibelfragment
(vgl. BZ I 90 312), ist nunmehr der Universitätsbiliothek von Cambridge
einverleibt (PSbA XXVI 331).
Personalien. + H. C. Fouard, ehedem Professor der Exegese an der
theol. Fakultät in Rouen, Mitglied der Bibelkommission; seine schrift-
stellerische Tätigkeit bewegte sich vorzüglich auf dem Gebiete der Ur-
geschichte des Christentums. — H. Poels, Mitglied der Bibelkommission.
ist als Prof, an die Universität Washington berufen worden. — Dr
W. Caspari, prot. Stadtvikar von Augsburg, wurde mit der Funktion
eines Repetenten für atl Exegese an der Universität Erlangen betraut. —
Die Acad&emie des Inscriptions et Belles-Lettres hat am 18. Dez.
1903 P. M.-J. Lagrange, O.Pr., den Leiter der ficole de Saint-Etienne
zu Jerusalem und Herausgeber der Rb, zum korrespondierenden
Mitglied ernannt. — J. Wellhausen in Göttingen wurde zum aus-
wärtigen Mitglied der kgl. dänischen Gesellschaft für Wissen-
schaften ernannt.
Druck von W. Drugulin in Leipzig.
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freibarg im Breisgau
sind erschienen und können durch alle Buchhandlungen bezogen werden:
Werke von Professor Dr Johannes Belser:
Die Geschichte des Leidens und Sterbens, der
Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn. Nach den
vier Evangelien ausgelegt. gr. 8° (VIII u. 524) M8.-—;
geb. in Halbfranz M 10.—
n... Der Kritik zusammenfassendes Urteil geht jetzt schon zutreffend dalıin, dafs die
Geschichte des Leidens und der Verherrlichung Jesu durch des Verfassers verdienstvolle
Arbeit eine meisterhafte, auf der Höhe der Zeit stehende Darstellung gefunden hat. Ein
streng wissenschaftliches Buch, das gleich diesem von Anfang bis Ende in Spannung
erhält, ganz aus der untrüglichen Quelle des Gotteswortes schöpft und seine anregenden
Ausführungen in gemeinverständlicher Sprache vorlegt, das, ohne durch breite Erürte-
rungen formeller Art unnötig hinzuhalten, den Leser erbauend und erhebend Schritt vor
Schritt durch die düsteren Leidensstunden zur Glorie des Erlösers führt, wird bei dem
guten Klang, den der Name des Autors längst hat, bei der schweren Arbeit, welche Liebe
und Begeisterung für die Lösung der gestellten Aufgabe eingesetzt, bei dor Umsicht
und Mitsigung, die bezüglich der Scheidung und Besebränkung des überreichen Materials
gewaltet hat, sicher von Theologen ernstlich geprüft, von Studierenden, Predigern und
Katecheten ausgiebig verglichen, von Seelsorgern zur Erbauung benutzt und auch in
sonstigen gebildeten Kreisen gewinnreich beraten werden.*
(Literar. Rundschau, Freiburg 1904, Nr 2.)
„Das ist ein Buch, welchem das Interesse nicht zu versagen ist. Zunächst einmal
darum, weil es dem Zwecke dient, das katholische Dogma mit sorgfältiger Schriftforschung
in Einklang zu bringen ... Aber es wäre nicht billig, das Buch nur interessant zu
finden als ein Muster katholischer Schriftgelehrsamkeit. Man darf in seiner Würdigung
weiter gehen und dem Verfasser für ımancherlei Förderung, die er bietet, Dank wissen.
Belsers Schrift kann dem evangelischen Geistlichen bei der Vorarbeit für Passions- und
Osterprodigten wertvolle Handreichung gewähren. Reichhaltig ist das historische und
archävlogische Material, welches in den Anmerkungen in sorgfältiger Genauigkeit und
heller Übersichtliehkeit, wie denn solche die ganze Darstellung kennzeichnet, nieder-
gelegt ist; Beachtung verdient die fleifsige Beratung nachapostolischer Zeugen und Zeug-
tıisse; in vielen Einzelheiten lehrreich ist die beständig geübte Vergleichung der synop-
tischen und johanneischen Texte, und was vor allem anspricht, ist die Hoheit Jesu,
welche in der schlichten, klaren und gläubigen Darlegung des Verfassers oft in ergrei-
funder Gröfse heraustritt. Das Buch ist ein überraschender Beweis dafür, wie da, wo
der Wille zur Konzentration auf den Christus der Schrift Charakter und Umfang der
Arbeit bestimmt, der evangelische Christ mit innerer Freude auch katholischer Forschung
nachgehen kann... .* (Ihcolog. Literaturbericht, Gütersloli 1904, Nr 2.)
Einleitung in das Neue Testament. gr. 8° (vIl
u. 852) M 12.—; geb. in Halbfranz M 14.60
n... Belsers Einleitung ins Noue Testament ist nach Inhait und Umfang die beden-
tendste katholische Publikation der neuesten Zeit auf dem Gebiete der Bibelwissen-
schaften im Bereiche der deutschen Zunge. Der Verfasser verfügt über eine gründliche
und umfassende Kenntnis der biblischen Literatur, die meist in schr geschickter Weise
ihre Verwertung findet: zudem wird nicht selten in zwar kurzen, aber tretfenden Zügen
die Profangeschichte der Zeit fixiert, aus der die einzelnen biblischen Schriften hervor-
gegangen sind. Diese Umstände sowie die Schönheit der Sprache und die Klarheit der
Darstellung, welche sich fast durchgehoends von Weitschweifigkeiten fern hält, machen
die Lektüre des Buches geradezu interessant. Die einzelnen Ausführungen atmen durch-
gehends kirchlichen Geist, und in einer Reihe von Fragen findet die altkirchliche Tradition
entschivedenere Vertretung, als es bei einigen neueren Publikationen der Fall ist... .*
(Thevlog.-prakt. Quartalschrift, Linz 1902, Heft 3.)
Beiträge zur Erklärung der Apostelgeschichte
auf Grund der Lesarten des Codex D und seiner Genossen
geliefert. gr. 8° (VIII u. 170) M 3.50
Die Selbstverteidigung des hl. Paulus im Galater-
briefe (1, 11 bis 2, 21). gr. 8° (VIII u. 150) M 3.—
(Bildet das 3. Heft des I. Bandes der „Biblischen Stwlien“.)
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau
sind erschienen und können durch alle Buchhandlungen bezogen werden:
Werke von Professor Dr Gottfried Hoberg: '
i
&
Die Genesis nach dem Literalsinn erklärt. gr. &
(L u. 416) M 9.—; geb. in Halbfranz M 11.—
„Der gefällig und handlich ausgestattete Kommentar ist zunächst für den Gebrauch
der Studierenden berechnet, dürfte aber auch weiteren Kreisen von Bibelfreunden recht
willkommen sein, zumal da er Grammatik und Lexikon mit Auswahl berücksichtigt und
"in der Erklärung das Nebensächliche kurz erledigt, das Bedeutsame hingegen um so mehr
hervortreten läfst. Er bezweekt eine kurze Darlegung des Literalsinnes nach den Grund-
sätzen der traditionellen katholischen Exegese mit Rücksichtnahme auf die gesicherten
Ergebnisse der neueren Forsehung und hat diese Aufgabe in dankenswerter Weise ge-
löst. Das Literatur-Verzeichnis erhebt nicht Anspruch auf Vollständigkeit , gibt jedoch
einen guten Überblick üher die hauptsächlichsten literarischen Hilfsmittel; dafs die
katholische Literatur vorzugsweise zur Verwertung komnıt, entspricht ganz dem im Vor-
wort ausgeeprochenen Zweck des Verfassers.“
(Zeitschrift für kathol. Theologie, Innsbruck 1900, 3. Heft.)
„Das Erscheinen dieses Genesis-Kommentars, dessen Vorbereitung seinen Heraus-
geber sehon seit Jahren beschäftigt hat, ist vielerseits mit Spannnng und Interesse er-
wartet worden. Diesen Erwartungen entspricht auch das Werk, das unserer katholischeu
alttestamentlichen Exegese zur Ehre gereicht... ;
n-.. Wir schliefsen unsere Anzeige mit der aufrichtigen Anerkennung dieses Genesis-
Kommentars als einer wirklichen Bereicherung der exegetischen Literatur. Möge das
gründlich vorbereitete und praktisch angelegte Handbuch durch die Thoologie-Studierenden,
für die es doch in erster Linie bestimmt ist, nur recht fleifsig benützt werden!*®
(Theolog. Quartalschrift, Tübingen 1900, Heft 2,)
Die Psalmen der Vulgata übersetzt und nach dem
Literalsinn erklärt. gr. 8° (XXXI u. 390) M 8.—
„... Alles in allem: Hobergs Buch ist wirklich ein bedeutender Fortschritt in der
exegetischen und speziell in der katliolisch-exegetischen Literatur. Es ist zum ersten-
mal der Sprachcharakter der Vulgata und deren Selbständigkeit gehörig berücksichtigt
worden. Dafs dieser Umstand namentlich den: Theologen und dem Klerus insgesamt
zu gute kommt, ist sicher. Die wenigsten sind ja in der Lage, an der Hand des Urtexrtes
weitere Studien zu machen. Dieses Werk aber können alle benutzen, und dafs es recht
fleifsig benutzt werden möge, das wünschen wir von Herzen. Dafse nun alle Schwierig-
keiten gelöst sind, darf man freilich nicht erwarten. Das aber ist sicher, dafs die Psalmen,
wie sie in der Vulgata nun einmal vorliegen, sprachlich eine gelungene Erklärung ge-
funden haben.“ (Österreichisches Literaturblatt, Wien 1898, Nr 2.)
Die Fortschritte der biblischen Wissenschaften
in sprachlicher und geschichtlicher Hinsicht. Rede, gehalten
bei der öffentlichen Feier der Übernahme des Prorektorats
in der Aula der Universität Freiburg i. Br. am 7. Mai 1902.
Zweite, vermehrte Ausgabe. Lex.-8° (VI u. 30)
M1—
Die älteste lateinische Übersetzung des Buches
Baruch. Zum ersten Male herausgegeben. Zweite Aus-
gabe. Lex.-8° (VIII u. 92) M 3.—
Babel und Bibel. Ein populärer Vortrag. gr. 8° (VIN
u. 36) 80 Pf.
Dieser Vortrag wurde in Winter 19031904 vor einem zum gröfseren Teile dem ge-
lehrten Studium fernstelienden Publikum gehalten. Er verfolgt den Zweck, über die
Fraxre „Babel und Bibel“ vom Standpunkte des gläubigen Christen aus eine allgemein
verständliche Aufklärung zu geben.
BIBLISCHE ZEITSCHRIFT
IN VERBDIDUNG A DR REDAKTION DER
„BIBLISCHEN STUDIEN“
HERAUSGEGEBEN VON
Dr JOH. GÖTTSBERGER us» Dr J08. SICKENBERGER
PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN.
ZWEITER JAHRGANG.
VIERTES HEFT.
5 EEE nn VERDe EEE Sn EEE. GE un oo oe nenn nm ei en
FREIBURG IM BREISGAU.
HERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG.
1904.
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOU18, MO.
mm 022200 LL__LLÜÜIIIIIIIII mm LIU
Inhalt des vierten Heftes.
Seite
Der Tarmbau zu Babel A 1, 1— u Von Prof. Dr Otto alle
in Passau . . ; 337
Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. Von Dr J Jose
Fischer in München . . . 2. 20200 3öl
Zu Ps 133. Von Privatdozent Dr Alfons Schulz in Braunsberg 365
Zur Panammu-Inschrift Zeile 16. Von Dr A. Sanda . . . 369
Thr 5. Von P. J. K. Zenner S. J. in Valkenberg . . . . 30
Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. Von P. Dr Eras-
mus Nagl O. Cist. in Heiligenkreuz bei Wien . . ....813
Zur Erklärung des Jndasbriefes - Von Friedr. Maier
in Freiburg i.B. . i ee, er Fa
Augustinus als Exeget. Von P. Odilo Rottmanner O.S. B.
in München ee ee ee ae ee
Besprechungen. . >: 4
Bibliographische Notizen (Allgemeines. Literatur zum NT) . . 412
Mitteilungen und Nachrichten . . . 22m nn. 442
Jührlich erscheinen 4 Hefte iım Umfange von je 7 Bogen gr. 8°.
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.—
Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak-
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, München, Arcisstr. 470, für Altes
Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München, Galeriestr. 22",
für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren Verfasser und
Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher Anzeige und mög-
lichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten Erscheinungen
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Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf-
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br.
Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
Von Prof. Dr Otto Happel in Passau.
2. Sinn der Erzählung‘.
Was wird Gn 11, 1—9 erzählt?
I.
1. Die alte Exegese sieht darin wortwörtliche Geschichte:
Die nach Wohnort und Sprache noch einige Menschheit erbaut
im Übermut einen himmelhohen Turm; Gott vereitelt die volle
Ausführung, indem er die Sprache plötzlich derart verwirrt,
dafs keiner den andern mehr versteht. „Gott verwirrte die
Sprachen so, dafs statt der einen hebräischen, die alle ver-
standen, Gott den einzelnen eine eigene und verschiedenartige
Sprache eingab, so dafs der eine griechisch, der andere latei-
nisch, der dritte deutsch, der vierte slavisch u. s. f. sprach“
(a Lapide). Die Väter und Exegeten bis Lapide und weiter
herauf sind einig, dafs die eine Ursprache die hebräische war
nur Theodoret nimmt diese Ehre für die syrische Sprache in
Anspruch.
Diese plötzliche Sprachenverschiedenheit ist der Anfang
des Zerfalles der Menschheit in viele Völker. — Doch schon
Filastrius 2, Bischof von Brescia (um 390), fühlte das Un-
natürliche einer solchen Annahme. Nach ihm entstand mit
der Zunahme der Menschheit von selbst eine Mehrzahl von
Sprachen, die aber infolge einer besondern Gottesgabe von
ı Siehe BZ I 225 ff.
2 S. Filastrii episcopi Brixiensis diversarum haereseon liber. Rec.
Fr. Marx, Vindob. 1898, cap. 106, p. 62 63.
Biblische Zeitschrift. IL «. 22
338 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
allen Menschen verstanden wurden. Die Sprachverwirrung ist
die Folge der Entziehung dieser Sprachengabe.
2. NeuereErklärer, wieKaulen!und Hoberg, halten zwar
an der buchstäblichen Auffassung des Turmbaues fest, suchen
aber das Anstölsige, welches in der Annahme einer plötz-
lichen, mechanischen Sprachverwirrung liegt, möglichst zu
mildern. Ihnen zufolge erzählt Gn 11, 1—9 die übernatürliche
Beschleunigung „der Veränderung, die im Vorstellungsvermögen,
in der Deute-, Bezeichnungskraft der Menschenseele vor sich
ging. Diese Änderung begann bereits mit dem Sündenfall“?.
Ihre Folge war die Teilung der einen Sprache in mehrere.
Die Zersplitterung des gemeinschaftlichen Bewulstseins hatte
schon einen solchen Grad erreicht, dals sie offen zu Tage lag;
das völlige Verschwinden desselben wollten die Menschen
durch eine Empörung gegen Gott, deren symbolische Dar-
stellung ein gewaltiger Bau sein sollte, verhindern. Dieser
Götzendienst vertilgte aber gerade den letzten Rest des ge-
meinschaftlichen Bewulstseins, und die Folge davon war die
allmähliche Entstehung einer Vielheit von Sprachen und Völ-
kern3. — Diese Erklärung nimmt demnach den Turmbau im
buclıstäblichen Sinne, nicht ganz so die Sprachverwirrung und
Zerstreuung, insofern die letztere als „Verlust des gemein-
schaftlichen Bewulstseins* (Hob.) betrachtet und hinsichtlich
der ersteren behauptet wird, dafs Gn 11 nur das erstmalige,
plötzliche, von Gott gewollte Auftreten jener inneren Ver-
änderung erzählt, welche später zur Sprachentrennung führte.
— Allein wenn der Turm, welcher die Zerstreuung verhindern
soll, ein materielles Bauwerk ist, mufs auch die Zerstreuung
im wörtlichen, lokalen Sinne genommen werden, wie überdies
durch „über die ganze Erde“ V. 4 8 9 gefordert ist. Vor
allem aber steht der genannten Auffassung die ganze von Gn
! Die Sprachverwirrung zu Babel, Mainz 1861, und Liter. Hand-
weiser 1895 Nr 618 619.
2 Die Genesis nach dem Literalsinn erklärt von Gottfr. Hoberg,
Freib. ı. B. 1899, 113.
3 Hoberg a. a. OÖ. 114—116.
Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 339
11, 1—9 geforderte Situation entgegen. Der Text macht sicher
nicht den Eindruck, als sei zu der geschilderten Zeit die Ein-
heit der Menschen im Schwinden begriffen gewesen. Das
Gegenteil wird scharf und wiederholt betont: sie sind ein
Volk und einer Sprache, und V.4 kann aus }B „ne“ nicht die
Furcht vor völliger Zerstreuung herausgelesen werden (so-
wenig als aus demselben Worte 3, 22 eine Befürchtung Gottes),
sondern nur der Wille, die bestehende Einheit zu bewahren.
Die Verwirrung und Zerstreuung muls etwas zum bisherigen
Zustande Gegensätzliches bedeuten und kann unmöglich die
letzte, nur übernatürlich beschleunigte Phase der natürlichen
Entwicklung darstellen. — Auch ist es unbegreiflich, wie ein ge-
meinsam mit Begeisterung unternommenes Riesenwerk den Rest
des früheren Einheitsbewulstseins vernichten konnte. Das Gegen-
teil wäre eingetreten. Auf diesem Wege also ist es unmöglich,
das Befremdliche einer plötzlichen Sprachverwirrung zu heben.
3. Die neuere protestantische Pentateuchforschung, be-
sonders Gunkel, sieht in Gn 11, 1—9 eine ätiologische Sage,
d. h. die naive Antwort auf die schon den Alten naheliegende
Frage: Woher kommen die Verschiedenheiten der Menschen
nach Wohnsitz und Sprache? Einmal, dachte man sich, muls
die Menschheit einig gewesen sein, damals war sie mächtig,
und damit sie nicht allzu mächtig werde, hat sie die Gottheit
zerstreut. Diese Gedanken werden in das Gewand einer Er-
zählung gekleidet. Wenn die Sage die Begebenheit nach
Babel verlegt, so beruht dies nicht auf Überlieferung, sondern
auf dem gewaltigen Eindrucke, den diese uralte Kulturmacht
allzeit gemacht hat. — Hinsichtlich der buchstäblichen Auf-
fassung des Turmbaues und der Verwirrung stimmt diese Er-
klärung mit der unter 1. geschilderten überein, nur dals eben
nach Gunkel nicht Geschichte, sondern Sage vorliegt. Die
Zeit, in welcher die Begebenheit spielt, ist nach allen Er-
klärungen die Urzeit, da die Menschheit noch ungeteilt war.
4. Eine in den Grundzügen schon von Origenes vertretene,
besonders von C. Vitringa! verteidigte Auffassung versteht
1 Observationum sacrarum tom. 1, lib. 1, Jena 1723.
22*
340 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
unter der Sprachverwirrung nicht die durch positive gött-
liche Einwirkung herbeigeführte Entstehung der verschiedenen
Sprachen und Völker (die vielmehr der natürlichen Entwick-
lung zugeschrieben wird), sondern die beim Turmbau ent-
standene Entzweiung und dadurch veranlalste Trennung der
Menschheit. „Lippe“ = Gesinnung. — Eine Modifikation dieser
Meinung hat in anziehender Weise der Franziskanerprovinzial
Ant. Hammerschmid! begründet. Danach spricht Gn
11, 1—9 von einem viel späteren Ereignisse, als gemeiniglich
angenommen wird, nämlich nicht von der plötzlichen Ent-
stehung der Sprachen, die nach den Resultaten der Sprach-
wissenschaft ausgeschlossen ist, auch nicht von der Entstehung
der Völker überhaupt, sondern von der Trennung innerhalb
eines einzigen semitischen Volkes, d. h. des Hauses Arphaxad,
genauer von dem Ausscheiden der Nachkommen des Jektan
aus dem ÖOffenbarungsstamme, als welcher nur die Familie
Phaleg übrig blieb. Neu ist auch, dafs nach H. die Zeit des
Turmbaues mit dem Beginn der Hammurabi-Dynastie zu-
sammenfällt. Stadt und Turm sind als Hauptstadt und
Haupttempel eines vom Stamme Arphaxad neu zu gründenden
Reiches gedacht. Als Ort für diese Bauten habe man das
bisherige Städtchen Tintir gewählt und es in Bab-ili um-
getauft. Die Entzweiung sei der Uneinigkeit über den Bau-
plan entsprungen. Die Verwirrung der Sprache ist also im
uneigentlichen Sinne, der Stadt- und Turmbau im eigentlichen
verstanden. — Es soll gleich bemerkt werden, dafs im Texte
nicht von einem Umbau, sondern von einem völligen Neubau
der Stadt die Rede ist, und dafs ein mit so grolser Begeisterung
unternommenes nationales Werk unmöglich an kleinlichen Un-
einigkeiten über den Bauplan scheitern konnte.
Il.
1. Die Untersuchung über den Sinn der ErzählungGn11,1—9
muls m. E. von dem Zwecke des Turmbaues ausgehen. Die
Absicht der Menschen ist, sich einen Namen zu machen, damit
i Theologisch-praktische Monatsschrift, Passau 1898, Heft 14.
Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1-9). 341
sie nicht über die Erde zerstreut werden. Der Zweck ist die
Aufrechterhaltung der Einheit, das Mittel ist der Bau. Welche
Einheit resp. Zerstreuung ist gemeint? — Vor allem ist es
im Texte ohne Begründung, mit Hoberg eine zweifache Ein-
heit anzunehmen: eine im Schwinden begriffene natürliche
Einheit (insbesondere der Sprache) und eine neu entstehende
religiöse oder vielmehr widergöttliche Einheit. Auf jeden
Fall wäre die Gott milsfällige und von ihm gesprengte Einheit
die religiöse. Diese aber wird V. 6 und 7 als Einheit des
Volkes und der Sprache beschrieben, und man hat kein Recht,
die V. 1 mit gleichen Worten beschriebene Einheit anders
zu verstehen. Überhaupt berechtigt nichts im Texte zu dem
Schlusse, dafs der Bau götzendienerischer Absicht entsprungen
sei oder gar das Zentrum der Empörung gegen Gott sein
sollte. Nur der Hochmut der selbstbewulsten geeinten Masse
wird in V. 4 („bis zum Himmel“) getadelt; vgl. Is 2, 15; 14, 13;
26, 5; Hab 2, 9.
Welcher Art die Einheit war, deutet V.2 an. Hier wird
der Übergang vom Nomadenleben („zelten“) zur Sefshaftigkeit
(„sich niederlassen“) beschrieben. Letztere führt naturgemäls
zur Schaffung von schützenden Mittelpunkten, von „Städten“,
und in diesen ist für jene Kulturstufe wiederum die Haupt-
sache die Befestigung, der „Turm“, der dem Eigentum und
den Bewohnern Schutz vor den Feinden gewährt. Diese Seite
der Selshaftigkeit schildert V.3. Der Satz: „damit wir nicht
zerstreut werden“ drückt demnach nichts anderes als den
Entschlufs aus, das Nomadenleben für immer aufzugeben. Der
Kitt der nationalen Einheit soll die Aufrichtung eines mäch-
tigen („bis in den Himmel“, vgl. Dt 1, 28), ruhmreichen („wir
wollen uns einen Namen machen“) Gemeinwesens sein.
„Lurm-(Stadt)bau“ ist Steigerung von „Hausbau“, welcher
Ausdruck nach Ex 1, 21; Ruth 4, 11; 2 Sm 7, 11. 27 die
Gründung einer Familie, eines Stammes bedeutet. Stadt-
gründung und Turmbau steht Is 25, 2; Hab 2,12 („Wehe dem,
der eine Stadt gründet mit Blutschuld und eine Feste baut
mit Unrecht“) für Errichtung eines Reiches; vgl. Is 2, 14. 15;
342 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
24, 101 (civitas vanitatis); 26, 5 (civitas sublimis); 25, 3 (civitas
gentium). Eine Erklärung unserer Stelle gibt Ps 106 (107),
4.7. 36, wo mit offensichtlicher Anspielung auf Gn 11 dem
Nomadenleben in der Steppe das Finden oder Erbauen (V. 36)
einer Wohnstadt (aWfın \Y, vgl. Gn 11, 2 ıaYN) als glücklicher
Kulturzustand gegenübersteht. Weil mit der Sefshaftmachung
in einem Kulturlande die Annahme dieser Kultur verbunden
zu sein pflegt, wird Hebr 11, 9. 10 Abraham gelobt, dafs er
vermöge des Glaubens nicht in der Stadt, sondern in Zelten
gewohnt, d.h. von der polytheistischen Kultur Kanaans sich
frei gehalten habe. An sich steht der „Glaube“ dem Gegen-
satz von Stadt und Zelt neutral gegenüber. Darum kann auch
das Mifsfallen Gottes an dem Bauwerk Gn 11 sich nicht gegen
dieses selber, d.h. nicht gegen die Selshaftmachung an sich
richten, sondern kann sich nur aus dem Umstande erklären,
dals sie gerade in Sinear stattfand, weil hier die Gefahr, dem
einheimischen Götzendienste zu verfallen, besonders grols war.
— In dem dargelegten Sinne wird durch den Stadtbau die
„Zerstreuung“, d. h. das unstete Nomadenleben, tatsächlich
verhindert oder vielmehr völlig überwunden. Nicht aber wäre
dies der Fall bei der gebräuchlichen Annahme, es werde Gn 11
von einem einzelnen Bauwerk erzählt, durch welches die Tren-
nung der sich mehrenden Menschheit verhindert werden sollte.
Wie könnte bei der steten Vermehrung der Menschheit ein
einziger Turm oder eine einzige Stadt diese natürliche Zer-
streuung aufhalten? Warum sollten sich die Menschen über-
haupt vor dieser Zerstreuung fürchten ?
2. Dafs Gn 11 nicht von einem einzelnen Bauwerke spricht,
läfst zweitens das Verhalten Jahwes gegenüber eben diesem
Unternehmen erkennen. — Jahwe hat von dem Baue gehört
und steigt herab, um ihn genau zu beschauen, um sich gleich-
sam von der Wahrheit des Gerüchtes zu überzeugen; vgl. Gn
18, 21. Nun muls doch erwartet werden, dafs in der folgenden
1 Knabenbauer, Comm. in Is., zu 24, 10: „urbs tohu .., qua voce
indoles potestatis Deo inimicae describitur“ (die Stadt sei als Mittelpunkt
dieser Macht genannt).
Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 343
Rede Jahwe das ausspricht, was er — anthropomorph ge-
sprochen — auf Erden Neues sieht. In V. 6° muls das
Resultat des göttlichen Schauens niedergelegt sein, die Fest-
stellung des vorgefundenen neuen Tatbestandes. Darauf
weist schon die Partikel }'7 „ecce“ hin. Man vergleiche den ganz
parallelen Ausdruck Gn 3, 22. 23: der erste mit „ecce“ ein-
geleitete Satz 22° bezeichnet die neu geschaffene Situation
(„die Menschen sind wie einer von uns“); dem entspricht 11, 6°.
3, 22° und 11, 6b kündigen an, dafs der Weiterbildung des
Gott mifsfälligen Zustandes Einhalt geboten werde, dals die
Menschen nicht vom Lebensbaum essen resp. ihr Werk nicht
nach ihrem Wunsch vollenden sollen. 3, 23 resp. 11, 7. 8
wird die Ausführung dieser Ankündigung erzählt. — V.6° kann
demnach nicht sagen wollen, dafs die Menschen noch ein
Volk sind und noch eine einzige Sprache haben, denn diese
Erkenntnis hatte Jahwe — menschlich geredet — schon vor
dem Herabsteigen; „ein Volk und einer Lippe“ mufs das neu
Geschaute, also ein anderer Ausdruck für „Turm-(Stadt)bau“
sein. Auch wir sprechen vom stolzen Bauwerk nationaler
Einheit. Darauf weist auch Mt in 6 hin: das ist nun der
Anfang ihres Tuns; „das“ kann doch nicht so verstanden
werden, dafs Gott bei diesem Worte mit dem Finger auf den
Bau hingewiesen hätte, sondern kann ungezwungen nur auf
den vorausgehenden Satz: „siehe, sie sind ein Volk und einer
Lippe“, bezogen werden; also ist damit ein Tun bezeichnet,
nicht der Zustand der ursprünglichen Spracheinheit. Letztere
kann ferner deshalb nicht gemeint sein, weil 6° offenbar ein
Gott mifsfälliges Faktum erzählen will. Somit ist unter dem
naheliegenden Bilde eines mächtigen Stadtbaues die Ent-
stehung einer neuen Einheit, die Einigung der Menschen zur
Gründung eines Staatswesens nach Aufgabe des Nomaden-
lebens geschildert.
Bei dieser Auffassung versteht man, warum Jahwe, um
das Unternehmen der Menschen zu vereiteln, nicht, was doch
am nächsten läge, Turm und Stadt zerstört, wie er Sodom
zerstört (Gn 19). Nach der Urerzählung besteht das ganze
344 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
Gericht darin, dafs Jahwe die Menschen über die Erde zer-
streut. Über das Schicksal des Turmes ist nichts gesagt.
Das mufs bei der gewöhnlichen Auffassung auffallen. Nach
unserer Darlegung dagegen ist mit der Zerstreuung tatsäch-
lich „Turm“ und „Stadt“ zerstört. Spätere, die an ein ein-
zelnes Bauwerk dachten, suchten den scheinbaren Mangel
der biblischen Erzählung gutzumachen, indem sie die Zer-
störung des Turmes durch Stürme eintrugen. So Flavius Jos.,
Ant. 1, 4; Sibyllinen 3, 98 ff1; Buch der Jubiläen 10, 18 ff?
Nach der erweiterten Erzählung wird der Weiterbau der
Stadt verhindert. Es soll offenbar gesagt sein, dals das stolze
Unternehmen schmählich endete und die „Stadt“ ein unvoll-
endeter Torso geblieben sei, ein Denkmal des göttlichen Zornes
und ein Warnungszeichen für die Menschen. Das historische
Babel, das den Israeliten als eine Wunderstadt erschien (Jer
51, 41. Is 47, 5 u. o.), konnte aber sicher nicht jenen von
Gn 11 gewollten Eindruck machen. Es ist auffallend, dals
die Anhänger der Meinung, Gn 11 rede von einem einzelnen
Bauwerke, immer nur von einem Turme reden und vergessen,
dals der Bericht mit dem Turme zugleich die Stadt nennt,
ja diese in den beiden letzten Versen allein. Einen guten
Sinn hat die Erzählung, wenn sie den Versuch, eine grolse
Zusammenfassung der Menschen zu einem Reiche in Sinear
mit dem Stützpunkt Babel zu gründen, zum Inhalte hat: ein
Unternehmen, das durch Gottes Fügung in seinem ganzen
Umfange nicht zur Ausführung kam. Der Sinn von 11, 9 ist
in diesem Falle: deshalb ist der Name „Babel“ sehr be
zeichnend, denn hier hat Jahwe einstens die Sprache „ver-
wirrt“.
3. Nach obiger Darlegung sagt 11, 1 nicht, dafs damals
noch die ursprüngliche Einheit der Sprache und des Volkes
bestand, sondern vielmehr, dafs diese Einheit neu entstand.
Dazu stimmt das einleitende '". Dieser Ausdruck bedeutet,
t Kautzsch, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des AT, U
(1900) 187.
2 Ebd. 59,
U
Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 345
wie Hammerschmid ! richtig gegen diejenigen bemerkt, welche
in Gn 11, 1—9 die nachträgliche Erklärung der Gn 10 ge-
schilderten Völkerentstehung erblicken, niemals „das ging
nämlich so zu“; ebensowenig bedeutet er aber auch „es war
damals noch“. Das Wort leitet immer die Erzählung vom
Eintreten oder vom Offenbarwerden eines neuen Ereignisses
ein. Wäre 11, 1 ein damals bestehender Zustand gemeint,
so wäre dies ausgedrückt wie Gn 1,2 oder Richt 4, 4 („Debora
war damals Richterin“) und Richt 11,1. Dem gegenüber kann
man nicht auf Stellen wie Gn 11, 30 verweisen, denn hier ist
der Sinn: Sara zeigte sich (später) als unfruchtbar; Richt 19, 1
und 1 Sm1,1 ist von neu auftretenden Männern die Rede. Diese
Auffassung von 11, 1 liegt offenbar auch der Erklärung zu
Grunde, welche Salomo Jarchı als eine von den Alten über-
kommene zu 11, 1® („derselben Worte“) anführt: „venerunt in
idem consilium‘“?,
4 Wie ist nach der vorgetragenen Auffassung die Ein-
heit und die Verwirrung der Sprache zu verstehen?
a) Kaulen a. a. O. hat mit Aufgebot grolser Gelehrsam-
keit nachweisen wollen: vor dem Turmbau sei die ganze
Menschheit ein einziges Volk gewesen mit einer Religion und
einer Sprache; die natürliche Entwicklung und Vermehrung
der Menschheit habe prinzipiell verschiedene Sprachen nicht
hervorbringen können, nur eine religiöse Trennung habe ganz
verschiedenartige Völker und Sprachen geschaffen; die
Sprachentrennung sei eine positive Tat Gottes, ein Wunder,
insofern sie an einem Orte und zu einer Zeit herbeigeführt
worden sei. Den prinzipiellen Unterschied der Sprachen
sieht Kaulen darin, dafs seit dem Turmbau nur die Sprache
der monotheistischen Semiten die vollkommene, durch Laut-
symbolik gebildete Flexion besäfse, während dem Polytheismus
und seinem Ausläufer, dem Atheismus, die Agglutination der
Chamiten und Japhetiten resp. die Isolation der chinesischen
Sprache entspräche.
ı Theologisch-praktische Monatsschrift, Passau 1898, 159.
2 Bei C. Vitrings, Observ. sacr. t.I, 1.1, c.9.
346 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
Gegen diese Aufstellungen spricht vieles, wie Hammer-
schmid a. a. OÖ. ausgeführt hat. Die Religion ist nicht die
einzige Ursache des Volksgeistes. Es ist unwahrscheinlich,
dals zur Zeit des Turmbaues (auch bei Annahme der her-
kömmlichen Zeitbestimmung) die Menschheit noch ein einziges
Volk gebildet hat; es ist vielmehr wahrscheinlich, dais sich
nach der aus natürlichen Bedürfnissen geschehenen Trennung
schon Veränderungen in der Sprache herausgebildet hatten
und Völkerindividuen entstanden waren!. Dazu palst die all-
gemein in irgendwelcher Weise auf den Turmbau zu Babel
bezogene Stelle Sap 10,5, die von Völkern redet, die sich
zusammentaten. Nach Augustinus? erbaute den Turm Nimrod
mit seinen Völkern. Was aber das Wichtigste ist, die
Schrift selber Gn 10, 31. 32 betrachtet offenbar die Ent-
stehung der Völker und Sprachen als einen natürlichen Prozeis.
Ferner lehrt die Sprachwissenschaft, dals in dem langsamen,
stetigen Prozesse der Sprachenbildung ein nach herkömmlicher
Betrachtung so gewaltsames und plötzliches Ereignis keinen
Raum hat. Übrigens besteht die behauptete Zweiteilung der
Sprachen die Prüfung nicht. 'Demgemäfs mülsten die chamı-
tischen Sprachen mit den japhetitischen näher verwandt sein
als mit den semitischen, was sicher nicht der Fall ist. Wie
soll überhaupt die Sprache mit der Religion innerlich zu-
sammenhängen? Wie soll man sich die plötzliche Entstehung
des Polytheismus denken? Nach allem, was die Geschichte
lehrt, ist er durch allmähliches Herabgleiten aus der Höhe des
Monotheismus entstanden. Es ist endlich zum mindesten nicht
nachgewiesen, dals bei allen nichtsemitischen Völkern der
Polytheismus ursprünglich war.
b) Mu/{s ne „Lippe“ Gn 11,1. 6.7.9 die Badeniiir
„Sprache“ haben in dem Sinne, in welchem man von babylo-
nischer, ägyptischer Sprache spricht? „Lippe“ steht an nicht
wenigen Stellen unzweifelhaft für Rede und die darin aus
gesprochene Gesinnung, z. B. Job 2, 10: sündigen mit den
ı Vgl. Äm. Schöpfer, Geschichte des AT (1895) 75.
2 De civ. Dei 16, 4.
Mn RER,
Te
Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 347
Lippen; 12, 20: Gott entzieht die Rede (Sing.); Prv 12, 19:
wahrhafte Lippe (Sing.); 12, 22: lügenhafte Lippen. Besonders
lehrreich ist Is 19, 18, weil hier der Ausdruck: die Lippe
eines andern (Kanaans) sprechen — eine Gesinnungs-
einheit der Sprechenden bezeichnet; vgl. Soph 3, 9 und be-
sonders 1 Kor 1, 10 (dasselbe reden = einig sein). Derselbe
Gedanke liest Ps 54 (55), 10, wo sichtlich auf Gn 11 ange-
spielt ist, zu Grunde — 15% wird nirgends im Sinne von
Sprache, Mundart gebraucht, auch nicht Ps 80 (81), 6, wo
damit die Botschaft Gottes gemeint ist, ebenso nicht Is 28, 11;
33, 19; Ez 3, 5. 6; denn an diesen Stellen ist das Wort von
der Aussprache zu verstehen. Dazu kommt, worauf Hammer-
schmid aufmerksam macht, dals Gn 10, wo von der Sprachen-
verschiedenheit die Rede ist, ausschlielslich 7, gebraucht ist,
Gn 11, 1—9 dagegen ausschliefslich 76%. Sollte dieser auf-
fallende Umstand nicht ein Fingerzeig sein, dals am letzteren
Orte nicht von der Einheit der Sprache, sondern der Ge-
sinnung die Rede ist? Damit ist Buch der Jubiläen 3, 28
zu vergleichen, wo gesagt ist, dals die Tiere vor der Sünde
miteinander redeten, und zwar eine Lippe und eine Sprache;
ersterem wird das Verstummen der Tiere, letzterem ihre Zer-
streuung (vgl. Gn 11, 1. 9) nach der Vertreibung Adams
entgegengesetzt!. Die aus Gn 11 entlehnten Worte wollen
das einträchtige Beisammensein im goldenen Zeitalter schildern.
11, 1 ist demnach zu übersetzen: „und es begab
sich, dafs bei allen Menschen dieselbe Rede ging
und dieselben Worte“. „Dieselben Worte“ — die Bestand-
teile der Rede — ist beigefügt, um die volle Übereinstimmung
der Menschen hervorzuheben. Der Inhalt dieser gemeinsamen
Rede ist V. 3. 4 angegeben; „bei allen Menschen ging eine
Rede“ V. 1 entspricht „einer sprach zum andern“ V.3.
Diese Beobachtung stützt unsere Auffassung. — Es sei daran
erinnert, dafs ich 11, 1 für eine aus V. 6 entnommene, später
—
! Kautzsch, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des AT, II
(1900) 45.
348 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—8).
der ganzen Erzählung vorausgesetzte Bemerkung des Schlufs-
verfassers halte; vgl. BZ I 2281.
c) Die „Verwirrung der Lippe“ gibt nur nach unserer
Erklärung einen befriedigenden Sinn. — %2 heifst aram.: in
Wasser einweichen, syr.: mischen, assyr.: ausschütten, über-
gielsen, im AT: einrühren, Os 7, 8: mischen. All diese Be-
deutungen setzen voraus, dals mindestens zwei Dinge vorhanden
sind, die zusammengeschüttet oder vermischt werden. Vitringa
fragt mit Recht, wie man von einem Zusammenschütten der
einen Sprache reden könne. Dagegen kann man sagen,
dals die Rede der einzelnen Menschen, die aus vielen Reden
besteht, die aber bisher einig und zusammengeordnet waren, also
eine Rede bildeten, durch einen Streit zusammengeworfen, aus
der Zusammenordnung gebracht und so verwirrt wird. Ver-
wirrung bedeutet Aufhebung der zwischen mehreren Dingen
bestehenden Ordnung und Einheit, also Trennung, Spaltung.
So erklärt Ps 54 (55), 10 den Ausdruck: Verwirrung der
Zunge (Rede) = Spaltung der Gesinnung. — Auf keinen Fall
könnte aus dem Berichte, dals Gott die „Sprache“ verwirrte,
geschlossen werden, dals damals neue Sprachen entstanden
seien. Davon sagt, was nicht beachtet wird, die Schrift
kein Wort. Wenn man die Sprachverwirrung im herkömn-
lichen Sinne nimmt, so kann man höchstens annehmen, Gott
habe durch ein Wunder das gegenseitige Verständnis zeit-
weilig, solange es der Zweck verlangte, verhindert, wie er
Gn 19, 11 zeitweilige Blindheit verhängte. Allein die Absicht
Gottes konnte nicht sein, das gegenseitige Verständnis der
Menschen überhaupt zu verhindern, sondern nur hinsichtlich
jener Rede, die ihm milsfiel, jener nämlich, von der allein
gesprochen wird, und deren Inhalt V. 3. 4 angegeben ist. Dar-
auf, dals nur diese gemeint ist, deutet wohl auch die Wieder-
holung von WS und 719% in V. 7. Warum sollte Gott die
Spracheinheit sprengen? Um eine neue Koalition gegen
die Offenbarung zu hindern? Die Geschichte würde beweisen,
dals dieser Zweck nicht erreicht wurde. Gott will nur die
V. 3. 4 ausgesprochene Absicht der Menschen vereiteln, und
Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 349
deshalb genügt es, zu verhindern, dafs die Menschen die
darauf bezüglichen Reden „verstehen“. yoY mit Akkus. be-
deutet nicht blofs „hören“, sondern auch: hören auf, auf-
merken, anhören (Gn 23, 8.11.15 u.ö.). Allein Gn 11 ist die
Auffassung wohl diese, dafs unter den Menschen ein grolser
Streit ausbricht, in welchem jeder anders redet (1 Kor 1, 10),
so dafs in dem Lärme keiner des andern Rede versteht.
d) Unsere Erklärung wird durch den ebenfalls nicht be-
achteten Umstand unterstützt, dals viele alte Erklärungen
und Hinweise auf Gn 11, 1—9 ganz unbefangen von der Ver-
wirrung der Zungen und Sprachen reden, als ob sich das von
selbst verstehe. Schon die alte griechische Übersetzung (LXX)
bietet V.9 den Plural ra xeiAn, während V.1. 6. 7 der Singular
steht: xeiAog resp. YAwoocav und pwvniv. Nach dem Buch der
Jubiläen 10, 22—25 werden die Sprachen zusammengeschüttet,
und nicht mehr soll ein Sinn herrschen (es besteht also die
Einheit des Sinnes in der Zusammenstimmung der vielen
Sprachen, d. h. Reden). St Hieronymus! spricht gleichfalls
von der Verwirrung der Sprachen; Filastrius a. a. O. behauptet
ausdrücklich die Mehrheit der Sprachen. An den angeführten
Stellen (abgesehen von Filastrius) muls unter 1BW V.7.9 die
Rede = ausgesprochene Gesinnung verstanden sein, also konnten
die Verfasser dasselbe Wort V. 1.6 nicht in einem ganz
andern Sinne, nämlich von der Sprache verstehen.
5. Die Gn 11, 1—9 geschilderten Ereignisse versetzen
uns demnach in folgende Situation:
Einmal machten die Menschen den einmütigen Versuch,
das Nomadenleben aufzugeben, sich im Osten, in der Ebene
Sinear selshaft zu machen und hier eine grofse, staatliche Zu-
sammenfassung zu schaffen. Die volle Ausführung dieses grolsen
Planes wurde durch göttliche Fügung vereitelt, und die kaum
geschaffene Einheit fiel wieder auseinander.
Schon St Augustinus hat in dieser Weise den Grund-
gedanken der Erzählung bestimmt: die Stadt sei als Haupt-
ı Quaest. in Genesim c. 10.
350 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9).
stadt eines zu gründenden Reiches geplant gewesen. — Weil
befestigte Städte besonders in alten Zeiten die Stützpunkte
eines sich seishaft machenden Volkes sind, so steht Stadtbau
für Reichsgründung. Turm- und Stadtgründung steht demnach
nicht im rein buchstäblichen Sinne, aber auch nicht rein bild-
lich als Bezeichnung menschlichen Hochmutes und Kultur-
stolzes wie etwa Is 2, 15, sondern als konkreter Ausdruck
für Errichtung eines Reiches.
St Hieronymus, von dem wir keine eigentliche Erklärung
über Gn 11, 1—9 besitzen, scheint den Bau zu Babel nicht
nur nicht im buchstäblichen, sondern im rein bildlichen Sinne
verstanden zu haben. Wenigstens läfst sich das aus Ep. 21, 8 de
duobus filiis vermuten. Er stellt hier Kain mit den Turmerbauern
zusammen: Kain wohnte im Lande Nod, d. h. im Lande der
Unstetigkeit; alle Gottlosen sind unstet und haltlos; so er-
bauten die Gottlosen den Turm, und sein Ort wurde genannt
Babel, id est confusio. Nun sagt aber H. ausdrücklich, Nod
sei nicht etwa ein Ländername, sondern das Wort sei künst-
lich gebildet, um das unstete Leben Kains auszudrücken
„Wohnen im Lande der Unstetigkeit“ ist also nach H. eın
Oxymoron. Er scheint auf ähnliche Weise auch den Aus-
druck „die Stadt Babel, d. h. Verwirrung, Unsicherheit,
bauen“ verstanden zu haben, so dafs der Sinn wäre: sie
glaubten wie in einer festen Stadt sicher und ruhig zu wohnen,
aber ihre Stadt ward ein Babel, d.h. sie erreichten ihre Ab-
sicht nicht und blieben unstet. — Allein zwischen den Namen
Nod und Babel besteht ein grolser Unterschied, denn letzteres
ist der Name einer bekannten historischen Stadt und kann
kaum rein appellativ gebraucht sein. Die Gn 11, 1—9 erzählten
Ereignisse müssen irgendwie mit dem historischen Babel in
Beziehung stehen. Inwieweit dies der Fall ist, ferner ob der
Zeitpunkt des Turmbaues von Babel näher bestimmt werden
kann, ist im folgenden zu untersuchen.
m nn
ı Quaest. in Genesim c. 4.
(Fortsetzung folgt.)
Das apokryphe und das kanonische Esrabuch.
Von Dr Joseph Fischer in München.
ie folgenden Studien sind veranlalst durch Howorths Auf-
Dis. in den Proceedings of the Society of Biblical Ar-
chaeology!. Diesen muls ich um so gröflsere Aufmerksamkeit
widmen, als ich in meinen „Chronologischen Fragen in den
Büchern Esra-Nehemia“ (Freiburg i. Br. 1903) über den apo-
kryphen Esra nur eine ganz kurze Bemerkung machen konnte.
Howorth sucht zu beweisen, dafs der apokryphe Esra 2 die
LXX-Übersetzung zum kanonischen Esrabuch sei, und dals die
griechische Version, welche wir jetzt für kanonisch annehmen,
eine spätere und schlechtere Übertragung, nämlich die des
Theodotion sei; bis auf Hieronymus habe das jetzt unter die
Apokryphen gestellte Esrabuch zu den kanonischen Büchern
gehört, und erst dieser „tempestuous father“ 3 habe es aus dem
Kanon verdrängt, weil die andere Version mehr der „Hebraica
veritas“ entspreche. Stellen wir nun, ehe wir an die Prüfung
dieser Ansicht herantreten, erst die Sätze heraus, welche ohne
weiteres klar sind.
1. Der apokryphe Esra hatte in der alten Synagoge, der
früheren Kirche bis Hieronymus ein sehr grolses Ansehen.
Insbesondere wird er von Flavius Josephus und den Kirchen-
vätern fleilsig zitiert #.
1 Some unconventional Views on the Text of the Bible XXIII (1901)
147 ff 305 ff; XXIV (1902) 14ff 147 ff 332ff; XXV (1903) 1.
2 Wir nennen das apokryphe Esrabuch 3 Esr und das kanonische 1 Esr.
3 XX1Il150. Sonstige Proben über den Stil, in dem Howorth seine
Belehrung spendet, unterlassen wir. Die deutschen Gelehrten sind Ho-
worth „der letzte Sommersonnenschein“.
ı Vgl. ThQ 1859, 2571.
352 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch.
2. Origenes hat 3 Esr in seine Hexapla aufgenommen,
was bei dem Ansehen, das dieses Buch genols, eigentlich selbst-
verständlich ist.
3. 3 Esr ist eine direkte und unabhängige Übertragung
aus dem hebräisch-aramäischen Originale.
4. 3 Esr ist bei weitem die gefälligere und freiere Über-
setzung, während 1 Esr eine sklavische Anlehnung an das
Original darstellt.
Diese vier Sätze sind Tatsachen, und Howorth hätte sıch
den langen, mit heftigen Ausfällen gegen deutsche Gelehrte
verbundenen Beweis derselben ersparen können; die andere
Behauptung dagegen, dafs 3 Esr die ursprüngliche LXX-
Übersetzung ist, kann begreiflicherweise sehr in Zweifel ge
zogen werden. Drei Gründe führt H. für seine Hypothese an:
1. in den grofsen LXX-Hss wird das apokryphe Esrabuch
Esdras A, das kanonische Esdras B genannt. 2. Zur Zeit des
Flavius Josephus galt offenbar 3 Esra als die „älteste und
autoritativste Übersetzung. Als Tempelpriester kannte er die
autoritativen Schriften am besten, und indem er im Gegensatz
zu seinen Zeitgenossen sich befand, mulste er auch um jeden
Preis unanfechtbar schreiben“? 3. Die Hexapla des Origenes
hat den apokryphen Esra für ein kanonisches Buch angesehen‘.
Das unter 1 und 3 Gesagte haben wir bereits anerkannt, und was
des Josephus Bedeutung als Zeuge für den Kanon anbetriftt,
ist, glaube ich, von C. Julius endgültig dargelegt, dals die
„Jüdische Archäologie zur Feststellung einer Josephusbibel
sich nicht verwerten lälst. Trotz seiner wiederholten Ver-
sicherung, dals er nur aus den heiligen Büchern der
Hebräer schöpfe, benutzt er, ohne mit einem Worte zu be
merken, dafs seine Erzählung von jetzt ab auf weniger glaub-
würdigen Quellen beruht, ohne Bedenken die nur in den LXX
befindlichen Zusätze zu den Büchern Esra und Esther. Wer
nun aber aus diesem Verfahren des Josephus schliefsen wollte,
ı Vgl. E. Nestle, Marginalien und Materialien (1893) 28 ff.
2 Ebd. XXIII 153,
3 Ebd. 156,
Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 353
dals also unser Geschichtschreiber auch jene Absätze den
‚heiligen‘ Büchern beigezählt, mülste konsequentermalsen ein-
räumen, dals derselbe Josephus den zahlreichen Midraschim,
die er ebenfalls ohne weiteres in sein Geschichtswerk ein-
geflochten, die nämliche Autorität zuerkannte.“!
Äulsere Bezeugungen können also nicht das Entscheidende
in unserer Frage sein. Denn wir erleben hier dasselbe Schau-
spiel, das wir an andern Büchern sehen, dals sie nämlich eine
Zeitlang für kanonisch bzw. apokryph gehalten wurden, später
aber in den entgegengesetzten Rang eingetreten sind. Mals-
gebend kann nur der Vergleich beider Bücher nach Form
und Inhalt sein.
Indem wir an diesen Vergleich? herantreten, heben wir
zunächst hervor, dals sich das apokryphe Esrabuch nicht im
mindesten mit den Chronikbüchern nach der sprachlichen Seite
hin deckt, und doch wäre dies schlechthin notwendig, da ja
H. die Teilung von Chronik-Esra-Nehemia aus einem Buche
in drei für ein Werk der Massorethen erklärt und daher klar
ist, dafs dieses eine Buch auch von einem Übersetzer ins
Griechische übertragen worden ist. Diese ernste Schwierigkeit,
die Howorth nicht berücksichtigt hat, wird dadurch nicht be-
seitigt, dals auch das kanonische Esrabuch sich in der Über-
setzung von den Chronikbüchern unterscheidet, da diese Diffe-
renzen sehr untergeordneter Art sind und die Sprache des
Übersetzers von 1 Esr sich eng mit dem Griechisch der kanoni-
schen Bücher, namentlich dem des Propheten Jeremias berührt.
Schon längst ist erkannt, dafs 3 Esr manche Worte und
Ausdrücke mit späteren Büchern gemeinsam hat, z. B. mit dem
Buche Daniel. Jedoch können wir auf diese kurzen Andeu-
tungen keinen grölseren Beweis aufbauen. Deshalb geben wir
zunächst eine Zusammenstellung der Ausdrücke, welche 3 Esr
mit (fast nur) späteren Büchern gemein hat.
ı C. Julius, Die griechischen Danielzusätze und ihre Geltung. BSt
VI (1901) 3/4, 22—24.
2 Vgl. W. J. Moulton, Über die Überlieferung und den textkriti-
schen Wert des dritten Esrabuches. ZatW 1899, 209 ff; 1900, 1fl.
Biblische Zeitschrift. I. 4. 23
354 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch.
1. Fast nur mit späteren Büchern hat 3 Esr gemein:
“vadeikvunı ım Sinne von aufstellen 2,3; 8,23 — Dn LXX
1, 11. 20. 2 Makk 9, 14. 23. 25; 10, 11; 14, 12. 26; eidwkıov
2,9 — Dn LXX 1, 2; Bel 9. 1 Makk 1, 47; 10, 83; üno
rpageıv 2, 15. 25 — Sır 50, 1, sehr häufig in den Makka-
bäerbüchern; ebenso &niAoımog 2, 16 — sehr häufig in den
Makkabäerbüchern, während der Übersetzer von 1 Esr das bei
Jeremias sehr beliebte kardAoınog hat; eunpenwg 2, 10 — Sap
13, 11; iotopeiv 1, 33. 42 — iotopia Est 8, 13. 2 Makk 2.
24. 30. 32. 4 Makk 3, 19; dvrırpapeıv 2,25 — 1 Makk 12, 23;
kara onoudnv 2, 29 — vgl. 1 Makk 6, 63, 1 Esr hat dafür
das in den älteren Teilen der Hl. Schrift sehr häufig gebrauchte
ev Onovdi; AvaZeuyvunı in der Bedeutung „aufbrechen“ mit
der Ortsbestimmung Ex 14, 15; 40, 36, in der Bedeutung
„reisen“ Jdt 7, 1. 2. 7; 16, 21. 3 Esr 2, 30. 2 Makk 5, 11;
12, 29; 14, 16. 3 Makk 7, 16; 4, 22; wc mit Superlativ 2, 30 —
Ps 22, 5.3 Makk 1, 8.4 Makk 3, 10; Ttunapyng häufig in 3 Esr
und Dn; avakveıv 3, 10 (im Kapitel über den Pagenstreit) nur
in griechischen Teilen des AT, und zwar hauptsächlich in den
Makkabäerbüchern; owpuatropüuiaE 3, 3 — (Jdt 12,7) 3 Makk
2,23; xpbowua 3,6; 8,56 — 1 Makk 11, 58; 15, 32. 2 Makk
4, 32. 39; uavıakn 3, 6 — Dn 5, 16.17.19; ünartog 3, 14 —
Dn LXX 3, 2. 3. 27. 1 Makk 15, 16. 2 Makk 10, 10; znap-
akoveıv 4, 11 — Est 3, 3. 8; 4, 14; 7, 4. Is 65, 12; Bewpeiv
4,19 — überaus zahlreich in späteren Büchern; &Zodeveıv ft,
23 —1Makk 15, 41.2 Makk 12,19; npooyeAäv 4, 13 — Sir 13,
6.11; rpooßaiveıv 4, 53; 8, 1 — Jdt 4,7; 7,10; xwöwviZeoda
4, 63 — Est 3, 15; avaykaleıv 3, 24; 4,6 — Jdt 8, 30. Prv
6, 7 und sehr häufig in den Makkabäerbüchern; ädvaypageıv
1, 24. 33. 42 — 1 Makk 14, 22. 2 Makk 4, 9. 4 Makk 17, 8;
avanınpwoıs 1,57 — Dn LXX 9, 2; 12,13. Dn Theod.
12, 13; avıepoüöv 9, 4 — 3 Makk 7, 20; dAvriypapov (Über-
setzung von }WUnB) 6, 7; 8, 8 — Est 3, 13. 14, dann noch
8, 13. Ep. Jer. 1 und sehr zahlreich in den Makkabäerbüchern;
apopoAoyntog 4, 50 — 1 Makk 11, 28; dıayopevcarv 5, 49 —
Dn LXX Sus 61; dıakpareiv 4, 50 — Jdt 6,12; dıanwenreıv
rn ie ER ai de u eniliiieee |
rn EL DU En
Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 355
1, 26 — Jdt 14, 12. Prv 16, 28. 2 Makk 3, 37; 11,26. 3 Makk
1,8; dıap£peiıv 5, 55 — Est 3, 13. Prv 20, 2; 27,14. Sap 18,
2. 20. Dn LXX 7, 3. 23. 24. 28. 2 Makk 3, 4; 4, 39; 15, 13;
doynarileıv 6, 34 — Est 3, 9. Dn LXX 2, 13.15. 2 Makk
10, 8; 15, 36. 3 Makk 4, 11; eipyeıw 5, 72.73 — 3 Makk 3, 17;
evavrıoüv 1,27 — Prv20,8. Sap 2,12. 3Makk 31,7. 4Makk 5, 26;
7,20; &vdekexng 6, 24— Sır 17,19; &vıoravaı5,47;9,6 — Est
3, 13. 1 Makk 8, 24; 12, 44. 2 Makk 3, 17; 4, 43; 6, 9; 12, 3.
3 Makk 3, 24; &Zodeveıv 4, 23 — Richt 5, 27.1 Makk 15, 41.
2Makk 12,19; &Zouoia 4,28.40; 8,22 — sehr zahlreich in spä-
teren Büchern; &ravöpdwaong 8,52 — 1 Makk 14,34; &rmıßouAn
6,73, 8,22 — Est2,22. 2Makk5,7;8,7. 3Makk1,2.6. 4Makk
4,13; ebpung 8, 3— Sap 8, 19. 2 Makk 4, 32; idiog, Ta idıa:
das Wort tdiog ist in den Übersetzungen der älteren Bücher
selten, häufig dagegen in den späteren, speziell in den griechi-
schen Büchern sehr häufig; substantivisch aber tü idıa 5, 47;
6, 32 — Est 5, 10; 6, 12. 2 Makk 9, 20; 11, 26. 3 Makk 6,
27.37; 7,8. Polybius 2, 57,5; däyeıv im Sinn von „feiern“
statt des gebräuchlichen roseiv 1,1.17.19.20.21.22; 5,51; 7,10.14;
ws mpoonikov Av 5, 51 — 2 Makk 3,6. 4Makk 4,3; ovveraıpoı
6, 7. 27; 7,1 — Dn LXX 2,17; 3,25; 5,6; ouveivaı 6, 2
— Prv 5, 19. Jer 3, 20. 2 Makk 9,4; ö6Aooxeprs 6,28 — 3 Makk
5b, 31; artevilav 6, 23 — 3 Makk 2, 26; ouvepyeiv 7,2 —
1 Makk 12,1; rapakeineıv 8, 7 — 3 Makk 1,19; gı&lavopw-
mog 8, 10 — Sap 1,6; 7, 23; 12, 19. 2 Makk 4,11; 9, 27.
3 Makk 3, 20. 4 Makk 5, 12; vgl. Est 8, 13. 2 Makk 6, 22;
14, 9; 13, 23. 3 Makk 3, 15. 18; ünoninteıv 8, 17 — Jdt 16, 7.
Pıv 15, 1. Dn LXX Sus 5l; Baoıkıkög statt Toü Bacıkewg
kommt aulser Nm 20, 17. 2 Reg 14, 26 nur in 3 Esr, Est, Dn
und den Makkabäerbüchern vor; eüdapong 8, 27 — 2 Makk
7,10; 8, 21. 3 Makk 1, 7; avriAnywıs 8, 27 nur in den Ps,
Sir, Makk; nponounmn ar. Aey., dagegen npoteuteıv 4,47 —
Jdt 10, 15. Sap 19, 2. 1 Makk 12, 4. 2 Makk 6, 23; gwornp
8, 79, an sich schon sehr selten, in übertragener Bedeutung
nur Sir 43, 7. Dn LXX 12,3; noXıcyög 8,83 — Jer 23, 15.
2 Makk 5, 27; avBdonokoyeiodaı 8, 91 — Ps 78,13. Dn LXX
23*
356 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch.
4, 34. 3 Makk 6, 33; neıdapxeiv 8,94 — Sir 30, 38. Dn LXX
7, 27; gavıepoüv 9, 1 — 3 Makk 7, 20; Embdöfws (Emidofog)
9,45 — Prıv 6, 8. Sir 3, 18. Dn LXX 2, 11; onuaiveıv in
der Bedeutung „mitteilen“ für pp 2,4 — Dn LXX 2, 15.23.
30. 45. 2 Makk 11, 17; 1 Esr hat dafür &moxenteodan, womit
die LXX sonst "PB wiedergeben; drnpeioaro aura Ev TU ei-
dwiiw autoü 1, 41; 6, 18 — Dn LXX 1, 2.
Bei dieser Untersuchung des sprachlichen Charakters, beı
welcher wir nur kritisch unverdächtige und markante Stellen
aufgenommen haben, fällt sofort die enge Verwandtschaft auf,
welche zwischen dem apokryphen Esra-, dem griechischen
Esther-! und 2. Makkabäerbuche besteht. Wir haben die dies-
bezüglichen Wörter im Drucke besonders hervorgehoben und
fügen nun jene bei, welche
2. 3 Esr nur mit 2 Makk gemein hat: dıa ypantwv für
arıpa 2, 2 — 2 Makk 11, 15, während 1 Esr 1, 1 dafür das
auch sonst im AT vorkommende &v ypartı hat (2 Chr 36, 22);
nmpooninteıv in der Bedeutung „geschehen“ 2, 17.25; 9,47 —
2 Makk 8,12; 9, 3; 10, 26; 13, 1; 14, 1. 28; Tpoogpwveiv ein
Referat machen 2, 21; 6, 6 — 2 Makk 15, 15; &rmıvikıa 3,5
(Pagenstreit) — 2 Makk 8, 33; xpuooodkıvog 3, 6 (Pagenstreit)
— 2 Makk 10, 29; ouyyevng in der Bedeutung „geltend wie
ein Verwandter“ 3, 7; 4,42 (Pagenstreit) — 2 Makk 11, 1.35;
ner ou moAU 3, 22 (Pagenstreit) — 2 Makk 6, 1. 13; amoveı-
o8aı 4, 26 (Pagenstreit) — 2 Makk 13, 23; ieparırög 45H:
5, 45 — 2 Makk 3,15 (immer mit otoAr verbunden); dkölov-
805 5, 49. 71; 7,6. 9; 8,12. 14 — 2 Makk 4,17; 6, 23; aro-
tekeiv 5, 73 — 2 Makk 15, 39; aut60ı 8, 41. 682 — 2 Malkk
3, 24; 11,8; 12, 38; 15,37 (Jos 5,8); damavnna 6, 25 — 2 Makk
3, 3; 11, 31; duooeßeın 1,42 — 2 Makk 8, 33; duoaeßnya
1, 52 — 2 Makk 2, 3; eioßakkeıv 6, 20 — 2 Makk 13, 13:
eoOng 8, 71 — 2 Makk 8, 35; 11, 8.
Diese grolse sprachliche Verwandtschaft mit späteren
originalgriechischen Büchern beweist um so mehr für eine sehr
ı Vgl.B. Jakob, Das Buch Esther bei den LXX: ZatW 1890, Alf.
Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 357
späte Entstehung von 3 Esr, als darunter Wörter sind, deren
Inhalt überhaupt erst in den letzten Jahrhunderten vor Christus
den Juden bekannt wurde, z. B. Emıvikıa, und da man im
Stil manche Ähnlichkeit mit griechischen Profanschriftstellern
entdeckt.
Am meisten, so zeigten wir, berührt sich 1 Esr, nament-
lich in seinem Zusatz, im Pagenstreit, mit den Büchern Est
und 2 Makk. Mit diesen hat es aber nicht nur formelle Eigen-
tümlichkeiten gemein, wie z.B. den schön-klassischen Stil,
sondern sie hängen auch sachlich eng zusammen. In allen drei
Büchern will der Verfasser nicht Geschichte schreiben, son-
dern er benutzt dieselbe, um gewisse Ideen zu motivieren und
zu illustrieren. In allen drei Büchern steht im Vordergrund
des Interesses die intellektuelle (gelegentlich auch
physische) Übermacht des Judentums über den
Heiden. Im Pagenstreit (3 Esr 3—5) wird der persische
König von der Dialektik und Sophistik der drei jüdischen
Edelinge so überwunden, dafs er ihnen die Heimkehr nach
Juda gestattet. Esther besiegt den verschlagenen, höfischen
Diplomaten durch ein nicht minder bewunderungswürdiges
Gedankenkomplott und unterwirft sich auch den König. So
klein das Volk der Juden ist, so überwindet es doch Welt-
reiche durch seine Weisheit und intellektuelle Überlegenheit;
darum auf, ihr makkabäischen Helden, gegen die syrischen Be-
drücker. Noch in einem andern Punkt stimmen die drei
Bücher überein. Ein jedes empfiehlt mit grofsem Nachdruck
ein national-religiöses Fest: das Buch Esther das Purimfest,
das 2. Makkabäerbuch das Tempelweihfest: „Wie 2, 19 die
Tempelreinigung unter den von Jason erzählten Begeben-
heiten an der Spitze steht, ebenso nachdrücklich ist das Ab-
sehen des Epitomators hauptsächlich auf die Verherrlichung
des grolsen Heiligtums in Judäa gerichtet. Die auffällige
Hervorhebung der beiden durch Judas Makkabäus
gestifteten Feste muls auch derjenige zur Empfehlung des
Jerusalemischen Tempels bestimmt finden, der auf den Gegen-
satz zum ägyptischen Tempel in Leontopolis keinen besondern
358 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch.
Nachdruck legen will. Ewald hat die richtige Beobachtung
gemacht, dals der Epitomator die Entstehungsgeschichte des
Tempelweihfestes (10, 1—8) an das Ende der ersten Hälite
seiner ganzen Erzählung gestellt hat, die des Nikanorfestes
(15, 30—36) an das Ende der andern Hälfte“! Der Epito-
mator der Chroniken hat seine Erzählung mit dem letzten vor-
exilischen Passahfest unter J osia begonnen (3 Esr 1, 1ff). Mit
grolser Freude berichtet er das erste gemeinsame Passah der
Exulanten und der Einheimischen in Jerusalem (3 Esr 7,10—15..
Das nachexilische Passah ist die Fortsetzung des vorexilischen.
In wunderbarer Weise hat dies Jahwe selbst angeordnet, in-
dem er das heilige Feuer in einer Brunnengrube während des
Exils erhalten hat (2 Makk 1, 18ff). Rechnen wir noch dazu
die Bücher Daniel (LXX mit Zusätzen) und Judith, welche
sprachlich und inhaltlich sehr verwandt sind, so ergibt sich:
Die Bücher Jdt, Dn, 3 Esr, Est, 2 Makk sind, so
wie sie uns Jetzt vorliegen, nach einem einheitlichen
ı Plane übersetzt bzw. überarbeitet, ergänzt, erwei-
tert worden, und dieser einheitliche Plan war, an
grolsen Helden und Toten der Vorzeit das nationale
und religiöse Bewulstsein zu stärken und zum Kamp!
gegen die heterogenen, aber bis ins innerste Leben
eingedrungenen Elemente aufzureizen. Wenn trotz
der dominierenden Ähnlichkeiten noch Verschiedenheiten be-
stehen, so mag dies auf Kosten der verschiedenen Vorlagen
gehen oder aber, was mir wahrscheinlicher vorkommt, daraus
sich erklären, dals verschiedene Männer unter einem Haupts,
dem Epitomator der Makkabäerbücher, die einzelnen Bücher
bearbeitet haben. Die Vorrede zum Ganzen war der Brief
2Makk 1,1 bis 2,18. Darauf folgte im Anschluls an das „heilige
Feuer des Nehemias“ sofort die Darstellung des letzten vor-
und des ersten nachexilischen Passahfestes (3 Esr). Jeden-
‘ falls gleich nach dem Erscheinen dieses grolsen National-
_ werkes wurden die ‘einzelnen Bücher an ihre gehörige Stelle
ı A. Kamphausen in E.Kautzsch, Die Apokryphen und Pseud-
epigraphen des AT I, Tübingen 1900, 82.
un.
Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 359
im Kanon gebracht, und sie verdrängten die bisherigen LXX-
Übersetzungen? und gelangten zu grolsem Ansehen bei Juden
und Christen. Der einleitende Brief aber, das Werk des Epi-
tomators von 2 Makk, wurde unmittelbar vor dessen Werk ge-
stellt, so dafs dieses jetzt zwei Einleitungen hatte. Von dem
Verfasser des grolsen Werkes wissen wir nur, dals er Phari-
säer war; wahrscheinlich stammte er aus Äoypten. Dafür
spricht das Schreiben 2Makk 1,1 bis 2,18, ferner gewisse ägypti-
sierende Momente in Est, endlich gewisse Ausdrücke in 3 Esr,
z. B. dvalevyvüvaı (8. 0.).
Vorstehende Ausführungen haben wieder gezeigt, dals wir
in diesen Büchern keine „Geschichts“bücher im strengen Sinn
des Wortes erwarten dürfen; allerdings liegen allen Büchern
wahre Begebenheiten, gute teils mündliche, teils schriftliche
Traditionen zu Grunde, aber alles wurde nach der herrschen-
den Idee interpretiert, Ungünstiges weggelassen, dagegen
selbst die kleinsten Nebensachen, wenn sie nur zweckdienlich
waren, aufgenommen und selbst wie Hauptsachen behandelt.
Damit bekam die Darstellung gewisser Ereignisse oft ein ganz
anderes Aussehen als die Erzählung derselben in andern
Büchern.
Als Entstehungszeit des 2. Makkabäerbuches nehmen wir
nach B. Niese, welcher trotz des Widerspruchs, den er gefunden,
das Trefflichste und Annehmbarste in der „Kritik der beiden
Makkabäerbücher“ # geleistet, und dessen Ausführungen wir
auch im wesentlichen folgen, das Jahr 125/124 v. Chr. an und
verlegen die Entstehung von 3 Esr ebenfalls in diese Zeit.
Jedenfalls ist sicher, dals 3 Esr sehr spät verfalst ist.
Nachdem wir nun die Entstehung von 3 Esr festgelegt,
wenden wir uns der Untersuchung folgender Probleme zu:
' Vgl. den abrupten Anfang „kai fiyayev“ etc. 3 Esr 1, 1.
? Wären die Bücher Esra-Nehemia und Daniel in einem besseren
Griechisch übersetzt gewesen, wie Esther etc., so hätten wir zu beiden
nur „Zusätze“, aber keine neuen Übersetzungen.
3 Vgl. J.S. Bloch, Hellenistische Bestandtheile im biblischen Schrift-
tbum (1877).
ı Berlin 1900, 25.
360 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Berabuch.
1. Welche von beiden Übersetzungen entspricht dem Urtext
mehr und ist ihm daher näher? 2. Wie sind beide Bücher
in g geschichtlicher Hinsicht zu verwerten?
Ad. Zunächst ist zu bemerken, dafs der hebräische Text
der Chronikbücher mehr zu leiden gehabt hat als der anderer
Bücher, jedoch nicht in dem Grade, wie Howorth annimmt.
Insbesondere ist zu betonen, dafs dem Verfasser von 3 Esr
ein wesentlich anderer hebräischer Text nicht vorlag als der.
welcher uns heute zu Gebote steht. Dagegen scheint schon
seine Zeit nicht mehr klar über die Reihenfolge der Exzerpte
aus den Esramemoiren gewesen zu sein. Das ist jedentalls
sicher, dafs 1 Esr 10, 1—44 nicht am richtigen Ort steht,
wie auch der Verfasser von 3 Esr wufste, sondern zwischen
Neh 9, 37 und 10,1 einzufügen ist. Man hat früher vielfach
gemeint, dals der Chronist in denjenigen Teilen der Memoiren
Esras, in welchen von Esra in der dritten Person die Rede ist,
Exzerpte benutzt habe, welche ein etwa einhalb Jahrhundert
nach Esra lebender Schriftsteller aus den Esramemoiren ge-
macht habe. Indes diese Auszüge stammen aus der Feder
des Chronisten selbst. Ganz abgesehen davon, dais man den
Stil des Chronisten auf Schritt und Tritt in diesen Teilen
verfolgen kann — man vergleiche z.B. nur 1 Esr 3, 10—13
mit Neh 8, 13—17 —, so beweist dies sicher die stereotype
Titulatur „der Priester Esra“, „Esra der Schriftgelehrte“
(1 Esr 10, 10.16. Neh 8, 1.4. 9. 13); denn das sind die Titel,
welche wir in solchen Teilen finden, die unbestritten aus der
Feder des Chronisten stammen (1 Esr 7, 7.11.12). Dals nun
aber 1 Esr 10, 1—44 wirklich nicht an der richtigen Stelle
steht, beweisen folgende Momente:
1. Es ist absolut ausgeschlossen, dals Esra, der ohne jeg-
liche amtliche Eigenschaft! nach Jerusalem zurückkehrte, mit
seinen paar tausend Mann solchen Erfolg gehabt haben soll,
wie er 10, 1—44 geschildert ist. Dazu fehlen alle Vor-
bedingungen. Die herrschende Partei war mit Heiden ver-
ı Esra bekam vom Perserkönig nur die Erlaubnis, religiöse Re-
formen vornehmen zu dürfen, soweit es seine „Weisheit fertig bringe“.
Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 361
heiratet, alles war in Glück und Wohlstand. Wie soll nun
Esra der Priester mit seiner Strafpredigt einen Erfolg erzielt
haben in Angelegenheiten, die bis ins Innere des Menschen-
herzens einschneiden! Dazu bedurfte es der Lektion des Ge-
setzes mit seinen göttlichen Drohungen und Strafen (Neh 8),
des Ansehens und der Öffentlichen Stellung des Nehemia,
namentlich aber des grolsen nationalen Unglücks und gött-
lichen Strafgerichts, das in Neh 1, 1ff erzählt wird. Das sind
die Vorbedingungen, welche einen solchen Erfolg, wie er 1 Esr
10, 1—44 erzählt wird, möglich machten.
2. Warum brechen die wörtlichen Exzerpte aus den
Esramemoiren in 1 Esr 9, 15 so plötzlich ab? Offenbar des-
wegen, weil in ihnen ein Milserfolg Esras, wenn nicht erzählt,
so doch wenigstens angedeutet war. |
. 3. Zwischen Neh 9, 37 und 10, 1 herrscht eine_grolse
Lücke, in "welche das 10. Kapitel von 1 Esr vortrefflich palst.
Es kann demnach als sicher angesehen werden, dals 1 Esr
10, 1—44 zwischen Neh 9, 37 und 10, 1 gehört.
Wie diese Perikope, so stehen noch mehrere Teile von
1 Esr nicht an der richtigen Stelle; allein dies rührt jedesmal
vom Chronisten selbst her, wie ich in meiner Studie über „die
chronologischen Fragen in den Büchern Esra-Nehemia“ 1! gezeigt
habe. Es scheint also sicher zu sein, dals dem Verfasser von
3 Esr so ziemlich derselbe hebräische Text vorlag wie uns
heute. Und es fragt sich nun, welches von beiden Büchern
dem hebräischen Original näher kommt.
Wir haben schon oben darauf hingewiesen, dals 3 Esr
nicht nur die freiere und schönere, sondern auch erweiterte
Übersetzung ist, während 1 Esr sich mehr als sklavisch an das
Wort des Originals anlehnt. 2 Chr 36, 20 wird erzählt, dafs
der Pharao Necho von Ägypten heraufgezogen sei. Der Über-
setzer von 3 Esr (1, 23) hat Pharao als Eigennamen behandelt;
hier hat 3 Esr das Schlechtere und Spätere. Für sm "2Y
hat 1 Esr die wörtliche Übersetzung, 3 Esr setzte statt
ı BSt VIII (1903), 3. Heft.
362 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch.
der Bezeichnung „jenseits des Stromes“ die damit bezeich-
neten Länder Cölesyrien und Phönizien, was aus den Makka-
bäerbüchern entlehnt ist. 1 Esr 3, 13: „Und das Volk konnte
den lauten Jubel nicht von dem lauten Weinen im Volk unter-
scheiden; denn das Volk erhob grolses Jubelgeschrei, und der
Schall war weithin zu hören“ = 3 Esr 5, 63: „Das Volk konnte
vor dem Wehklagen des Volkes die Trompeten nicht hören:
denn die Menge trompetete so laut, dals es in der Ferne ge-
hört werden konnte.“ Auch hier hatte 1 Esr die bessere Vor-
lage. Dals „Baoı&ws Twv XaAdaiwv“ (3 Esr 6,14), „xwupasg Baßr-
Awviag“ (6,16) Hinzufügungen des Übersetzers von 3Esr sind,
braucht nicht erwiesen zu werden. „Krivavrog TOVv oupavov
Kai rhv yriv* 3 Esr 6, 3 ist bewulste Anlehnung an Gn 14, 19.
22 (vgl. 2 Makk 7, 28[!]) statt des einfachen 8eo0 TOoü oUpavou
Koi ts yris (1 Esr 5, 11). Tov noida xupiou Zopoßaßni Urap-
xov rg "loudaiag (6, 26) erweist sich als Glosse: 1. Unapxos
ist ar. Aey.; 2. die Titulatur ist eine andere als die sonst üb-
liche. Die oratio recta in 1 Esr 6, 3ff ist das Ursprüng-
lichere, während die or. obliqua aus der Feder des Verfassers
von 3 Esr stammt. In V. 28 erscheint allerdings die direkte
Rede, allein wenn man diese Worte noch auf Cyrus beziehen
will, so entsteht die Schwierigkeit, dals die Beamten gar nicht
zu fragen brauchten, da sie ja dieselben waren; zudem wurde das
Provinzensystem erst von Darius eingeführt. ®iAoı bei ouu-
BovAoı 8,12 ist Glosse des Übersetzers nach Est 1, 3; 2, 18;
3,1. Das Wort @iXos vor ouußouAog war eine in später Zeit
entstandene Titulatur, ebenso „kai T& PiAdvApwra Eyw xpivac*
(8,10). Dafs 1 Esr mit &Aaıov (PR) (3,7) und nicht 3 Esr mit
xapd (5, 54) das Richtige hat, ist klar. In der Wiedergabe
des Psalmverses (1 Esr 3, 11) ist 3 Esr (5, 61) von der grie-
chischen Übersetzung der Psalmen abhängig, da das Wort
xpnotörng aulser Est 8, 13 nur in den Psalmen vorkommt; vgl.
Ps 24, 7—10. Alle diese Umstände in ihrem Gesamtwert be-
trachtet lassen es als unzweifelhaft erscheinen, dals die Vorlage
des kanonischen Esra eine frühere, einfachere und zum Teil
bessere war. Zudem hat auch 1 Esr Worte, welche nur in
Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 363
dem frühen LXX-Griechisch gebraucht wurden; vgl. z.B.
arroıkia, BXiBovres. Nun stehen wir vor der Tatsache: das in
ungenielsbarem Griechisch geschriebene, spätere (nach Ho-
worths Annahme, dals der Übersetzer von 1 Esr Theodotion
ist), manchmal ohne hebräischen Text unverständliche Buch soll
das frühere von einer Autorität herrührende, in der Diktion
ungleich höher stehende, von Juden und heiligen Vätern geliebte
Buch verdrängt haben! Das ist doch nur dann möglich, wenn
dieses erstere dem hebräischen Original näher kommt und älter
ist. Diese Eigenschaften haben wir in der Tat am kanonischen
Esrabuch wahrgenommen.
Wir fassen zusammen: Das apokryphe Esrabuch ist ein
selbständiges, von der kanonischen Übersetzung unabhängiges
Werk, das jedenfalls auf keiner besseren Rezension des hebräi-
schen Originals beruht. Dasselbe wurde dank verschiedenen
Umständen so hoch geschätzt, dafs es lange Zeit von Juden
und Christen an Stelle der alten LXX-Übersetzung benutzt
und erst von Hieronymus wieder verdrängt und der kanoni-
schen Übersetzung nachgesetzt wurde.
Ad 2. Daraus ergeben sich dieGrundsätze für die Verwertung
beider Bücher für die Geschichtschreibung. Das Primäre ist
1 Esr; 3 Esr hatte an geschriebenen Quellen nicht mehr, als
wir im kanonischen Buch besitzen. Der Pagenstreit_ stand
sicher nicht im Geschichtsbuch des Chronisten. Denn welches
Interesse hätte ein späterer Redaktor bzw. Übersetzer haben
sollen, diese Perikope zu unterdrücken? Ferner berühren sich die
Zusätze zu Daniel etc. sehr mit dem Pagenstreit in 3Esr. Zudem
lehrt die Literarkritik des AT, dals bei einem Buche nur Zu-
sätze, nicht aber Auslassungen im grolsen Stile vorkommen.
Der Erlafs des Königs Darius (in 3 Esr 4, 47 bis 5, 6), welcher
in 1 Esr nicht vorkommt, scheint zwar eine Ausnahme zu
machen. Allein bei näherer Betrachtung zeigt sich, dals er
eine Kompilation aus den verschiedenen Erlassen ist, welche
in den kanonischen Büchern enthalten sind: V.47 = Neh 2,
7.8. V.48=Neh 2,8. V.49 und 50 =1Esr 7,24. V.bl-
1 Esr 6,8; 7,20. V.52=1Esr 6, 9.10; 7,17.20. V. 54 ist
Fu
364 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch.
recht bezeichnend für den Verfasser von 3 Esr, welcher. wie
der Verfasser von 2 Makk, die heiligen Gewänder hervorhebt.
so oft er nur kann; vgl. 6, 45. 2 Makk 3,15. 3 Esr 8, 71. 73.
2Makk8,35; 11,8. V.57=1Esr 6,5. Dafs 4,58 bis 5,6 nur
Kopie von 1 Esr 7, 27—28 ist, beweist nicht nur die Ahnlich-
keit in Form und Inhalt, sondern auch der Umstand, dais in
beiden Büchern unmittelbar nach diesen Versen die Listen der
Heimgekehrten folgen. Auch zeigt die Titulatur „König von
Persien“ (5, 6), welche vom Chronisten geschaffen und nur von
ihm gebraucht ist, klar, dafs der Verfasser von 3 Esr hier
keine andern Quellen als den kanonischen Esra vor sich hatte.
Das ganze Edikt übrigens ist an sich unglaublich, weil darın
Privilegien und Immunitäten enthalten sind, welche der Da-
rius I. durch die Verhältnisse aufgezwungenen Politik wider-
sprechen; dagegen ist dasselbe vortrefflich geeignet, den
moralischen Sieg des Judentums über heidnische Herrscher
und Politik zu illustrieren, und das ist auch der Zweck, zu
dem es verfalst worden ist.
3 Esr hat also weder die bessere noch ältere Überlieferung,
und für den Geschichtschreiber ist es nur im Spiegel des kano-
nischen Esrabuches zu benutzen. Von Howorths Untersuchungen
bleibt also nur noch die, übrigens schon früher gemachte Be
merkung, dafs die kanonische Übersetzung des Esrabuches
mit der Diktion der Danielübersetzung, welche Theodotion zu-
geschrieben wird, Ähnlichkeiten hat; das ist ohne weiteres
anzuerkennen. Da aber 1 Esr sicher auf einer älteren hebräl-
schen Rezension beruht als 3 Esr, so ist des Theodotion Arbeit
höchstens auf eine Neuherausgabe der uralten, in echtem LXX-
Griechisch hergestellten Esraübersetzung zu beziehen, wie e
sich wohl auch mit dem Buche Daniel verhält.
— u Tr u u
FREE Pa SEE 4 = er
Von Privatdozent Dr Alfons Schulz in Braunsberg.
ie meisten Ausleger finden in diesem Ps eine Schilderung
7 des einträchtigen Zusammenwohnens von Gliedern des
israelitischen Volkes (Grimme: Priestern) durch die beiden
Bilder vom Ol und vom Tau (Duhm: Lob der Geselligkeit).
In der Anwendung der Bilder gehen sie freilich auseinander.
Nach Franz Delitzsch sind die „Brüder“ (V.1) die aus den
fernsten Gegenden zu den Festen nach Jerusalem zusammen-
geströmten Israeliten. Das tertium comparationis und zugleich
das Gemeinsame der beiden Bilder sieht er in der Vereinigung
von Getrenntem: einmal werde das Haupt Aarons mit dem
unteren Saum des Gewandes vereinigt durch das Öl, welches,
auf sein Haupt gegossen, herabflielst; anderseits werde der
Hermon mit den Sionbergen durch den von jenem auf diese
herabfliefsenden Tau vereinigt. — Wenn man aber überhaupt
sprechen darf von der Vereinigung des Hauptes mit dem Saum
des Gewandes, so braucht man, um eine solche herzustellen
(eigentlich ist sie ja schon vorhanden!), doch keineswegs das
Öl, und wie der Hermon mit dem Sion vereinigt werden soll
durch den Tau, ist auch nicht einzusehen. Aufserdem ist das
Zusammenwohnen der Brüder „gut und lieblich“ genannt,
während in jener Vereinigung etwas „Liebliches“ schwerlich
zu finden ist.
Nach Schegg, Baethgen u. a. ist die Lieblichkeit und der
Vorzug des Zusammenlebens gleich dem wohlriechenden Duft
des Salböls und dem erfrischenden Tau des Hermon. — Ab-
gesehen davon, dafs gar nichts gesagt ist von dem Wohlgeruch
366 Sohulz, Zu Ps 1883.
des Öls und der erfrischenden Eigenschaft des Taues (was
doch besonders hervorgehoben werden mülste, wenn darin das
tertium comparationis läge), warum sind denn die Bilder so
weit ausgeführt, warum ist besonders die Salbung Aarons so
genau beschrieben? Es würde doch genügt haben, zu sagen.
das Zusammenleben von Brüdern sei so lieblich wie wohl-
riechendes Öl und erfrischender Tau. Doch auch diese Bilder
wären ziemlich sonderbar.
Nach Robertson Smith (DasAT..., übersetzt von Rothstein,
Freiburg-Leipzig 1894, 198 Anm.) wird in den beiden Bildern
der Schauplatz des Zusammenwohnens der Festpilger be-
schrieben. Die langen Zeilen der Häuser Jerusalems und die
Zelte der Wallfahrer (es steht aber in dem Psalm nichts von
Häusern und Zelten, sondern nur von Brüdern!) auf dem Ab-
hange des Tempelberges bis zum Fufse desselben seien wie
das Öl, das herabflielst auf Aarons Gewänder. — Es ist aber
doch sehr gewagt, die Häuser und Zelte, welche den Tempel-
berg bedecken, mit dem herabflielsenden Öl (darin liegt übrigens
eine Bewegung; die Häuser stehen fest!) zu vergleichen; man
wäre auch noch gezwungen, anzunehmen, dals der ganze Aaron
von oben bis unten mit Öl übergossen wurde. Und wie will
man bei dieser Auffassung mit dem zweiten Bilde fertig werden?
Wenn der Dichter die den Abhang des Sionberges bedeckenden
Zelte mit etwas vergleichen will, so wird er doch nicht an
den Tau denken, der von dem weit entfernten Hermon auf
eben diesen Sion herabflieist. So, entsprechend dem ersten
Bild, mülste man nämlich das zweite, das der Form nach mit
jenem übereinstimmt, erklären. Allein das tut Smith gar nicht
einmal, sondern er sagt: „Ja diese Vereinigung aller Frömmig-
keit in Israel ist, als wäre der befruchtende Tau des grolsen
Hermon insgesamt auf dem kleinen Sion vereinigt.“ Es steht
aber nichts in dem Psalm von einer „Vereinigung“ des
Hermontaues auf dem Sion (was überhaupt unmöglich wäre —
anderseits ist auch von keiner Bedingung die Rede, sondern
wir haben die direkte Aussage: „welcher herabfliefst“), viel-
mehr von einem Herabflielsen. Da übrigens die Pilger
-pF
—
fe - -— 7 0-0
ee
Schulz, Zu Ps 138. 367
auf den Sionberg hinaufsteigen mulsten, so würde die Ver-
einigung derselben im Sinne von Smith viel besser durch Ay,
das Gegenteil von TY, ausgedrückt werden.
Die beiden Bilder sind Vergleiche für eine und dieselbe
Sache. Das tertium comparationis ist natürlich in dem zu
suchen, was beiden gemeinsam ist. Gemeinsam ist ihnen aber
das Wort 71. Zunächst fliefst das Öl, das bei der Salbung des
Hohenpriesters Aaron auf dessen Haupt gegossen wird, herab
auf den Bart. Dieser Bart ist sehr lang. Denn das zweite TY
ist nicht abhängig von }DW (so Alex.: ig uupov Em kepaAnv To
kartaßaıvov), weil sonst das Öl die Kleider beschmutzen würde
(vgl. Baethgen), sondern bezieht sich auf das näher stehende
Wort jpt. ‘BD ist aber nicht die obere Öffnung des Gewandes,
der Kragen (so Hengstenberg, Thalhofer) — denn da hier der
Bart beginnt, kann man nicht von einem Herabflielsen des-
selben auf den Kragen reden —, sondern der untere Saum.
Der Bart war also so lang, dals er bis auf den unteren Saum
des Kleides herabfiel. Dies ist aber nichts Auffälliges, da
nach Lv 19, 27; 21,5 den Priestern das Scheren des Bartes
verboten war (vgl. Baethgen). Wenn wir dazu noch unter dem
Gewand das nur bis an die Kniee reichende Obergewand
%‘yo verstehen, dann ist der Bart gar nicht unverhältnismäfsig
lang. Somit bedeutet der Zusatz zu }pt, dals der Bart lang
war, und er kann nur zu dem Zweck gemacht sein, um anzu-
deuten, dafs das Öl trotz der Länge des Bartes bis auf seine
Spitzen geflossen sei, m. a. W.: es soll die reiche Fülle
des Öls bezeichnet werden. Der Begriff „reiche Fülle“ liegt
aber auch in dem zweiten Bild; denn wenn der Tau des Her-
mon bis auf den weit entlegenen Sion strömt, muls er in der
Tat eine solche besitzen. Aus eigener Erfahrung kann ich
bestätigen, dals der Tau in der Gegend des Hermon sehr
stark ist. Besonders habe ich es bemerkt zu Hasböja am
Fulse des Berges. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dals
der Dichter von seiner Freiheit, zu übertreiben, Gebrauch macht,
da der Tau sich so weit doch nicht ergielsen kann. Jedenfalls
soll aber die grolse Fülle des Taues hervorgehoben werden.
368 Schulz, Zu Ps 133.
Womit wird nun aber die reiche Fülle des Öls und des
Taues verglichen? Etwa mit naY V.1? Das drückt ein Ruhen
aus, TY' dagegen, das charakteristische Wort in den beiden Ver-
gleichen, eine Bewegung. Auch zwischen dem „Zusammen-
wohnen“ und der grolsen Fülle des Öls bzw. Taues besteht
kein Zusammenhang. Weit besser dagegen würde der Ver-
gleich passen zu 13%2 V.3: so reichlich wie das Öl usw. herab-
flielst, so reichlich kommt auf Sion der Segen, den Jahwe
entbietet. Nun besteht freilich im MT ebensowenig wie in
den alten Übersetzungen ein solcher Zusammenhang mit V. 3;
allein es ist Grund vorhanden, eine Textverderbnis anzunehmen.
Denn das zweimalige 3 in V.2 u. 3 bringt einen Vergleich, und
wenn ein Vergleich angewandt wird, muls auch die Sache ge
nannt werden, die verglichen wird. Als solche hat man aller-
dings den Gedanken in V.1 ergänzen wollen; aber wir haben
gesehen, da/s derselbe zu den Bildern nicht palst. Aufserdem
verlangt das 3 des Vergleiches ein }3 wie in Ps 123,2; 127,4.
Dieses 5 könnte man aber ganz gut finden in dem ‘3 V. 3»,
welches ursprünglich so gelautet haben mag (für Wechsel von
> und ” vgl Graetz, Psalmen 1133). Das ‘5 des MT hat
nämlich auch keinen rechten Sinn. Denn DW geht auf die
unmittelbar vorher genannten Berge Sions, von welchen gesagt
ıst, dals der Tau des Hermon auf sie herabfliefse, und diese
Tatsache würde dann begründet werden dadurch, dals Jahwe
über Sion seinen Segen entboten hat. Was sollte es aber
hier für einen Zweck haben, den reichlichen Tau als eine
Folge des göttlichen Segens hinzustellen? Liest man dagegen
>, so wird der Sinn vollständig klar: Wie das Öl, welches
herabfliefst..., wie der Tau, welcher herabflielst... .., so hat
Jahwe über Sion seinen Segen entboten. Dazu palst auch
7: Wie das Ol und der Tau von oben herabflielsen, so strömt
Gottes Segen von oben herab, und zwar auf Sion, welches hier
natürlich so viel als Jerusalem ist. Statt 13 ist in V. 3° nur X
gesetzt, weil das Wort zufällig in dem zweiten Bilde gebraucht
wurde und eine Wiederholung schleppend wäre. DW bezeich-
net aber hier die Richtung (=) wie Ps 122, 4.
Sanda, Zur Panammu-Inschrift Zeile 16. 369
V.2 und 3 bilden demnach die Erklärung zu V.1. Dort
wird behauptet, dals es gut und angenehm sei, wenn die
Stammesgenossen zusammen (nämlich in Jerusalem) wohnten,
und hier wird der nähere Grund dafür angegeben: weil Jahwe
Jerusalem reich gesegnet hat.
Zur Panammu-Inschrift Zeile 16.
In der von Birrekab von Sam’al nach 732 seinem Vater
Panammu II. gesetzten Inschrift heilst es Zeile 16 DN I10%
w»B a8 nd. Für den Ausdruck 38% ward bisher, soweit mir
bekannt, von keiner Seite eine Erklärung beigebracht; siehe
z. B. Lidzbarski, Handbuch der nordsem. Epigraphik 379°.
Meiner Ansicht nach haben wir hier das Safel von IWw — ge-
meinaramäisch 98 (dazu hebr. PD) „krank sein“. Es ist also
zu übersetzen: „Mein Vater Panammu wurde krank und starb
in der Folge“ Das Safel zur Bezeichnung des eintretenden
Zustandes kommt auch sonst vor; vgl. assyr. uSalbaru „wird
alt“ oder das ın den Kontrakten vorkommende usüziz „stellt
sich zur Verfügung“ (ein Lohndiener o.ä.). Siehe Stralsmeier,
Darius 215,4.6. Die Form 318% ıst also als interessantes
(bisher einzig nachgewiesenes?) Beispiel eines Übergangs von
y zu 3 nach Analogie des Wandels von Y zu P neben Formen
wie NDIN = NYNN zu stellen.
Leitmeritz. Dr A. Sanda.
Biblische Zeitschrift. IL 4. 24
Thr 5.
Von P. J. K. Zenner S. J. in Valkenberg.
Das fünfte Klagelied hat als Chorgesang die Struktur 5,56 — 3.3.
Erste Strophe.
I.1 Gedenke, Jahwe, was uns schaue her und sieh unsere Schmach.
widerfahren ist,
28 Unser Erbe ist Fremden zu- unsere Häuser Ausländern.
gefallen,
3 Wir sind vaterlose Waisen, unsere Mütter sind Witwen.
4 Unser Wasser trinken wirum unser Holz bekommen wir gegen
Geld, Bezahlung.
5 AufunsermNacken (lasten,,ein sind wir ermattet, gönnt man uns
Joch, unsere Kleinen; nicht Ruhe.
Erste Gegenstrophe.
1I.6 Nach Ägypten streckten wir nach Assur, um satt zu werden.
die Hand,
7 Unsere Väter, die sündigten, aber wir, wir tragen ihre Schuld.
sind nicht mehr;
8 Knechte herrschen über uns, niemand entreilst uns ihrer Hand.
9 Unser Brot bringen wir ein vor dem Schwerte der Wüste.
mit Gefahr des Lebens
10 Unsere Haut ist schwarz wie vor der Glut des Hungers.
ein Ofen
Wechselstrophe.
1.11 Weiber schändeten sie inSion, Jungfrauen in den Städten Judas.
11.12 Fürsten wurden durch ihre Greisen trug man keine Achtung.
Hand erhängt,
13 Jünglinge müssen die Mühle” und Knaben straucheln unter der
tragen, Holzlast,
1 Statt 987% 1. D28 7%. Zu 3 (= Joch) vgl. Brown-Driver-
Briggs 644; Levy, Neuhebr. Wörterb. III 392; s. auch Michaelis,
Suppl. 1620 (n. 1553). — Die bekannte Art orientalischer Frauen, ihre
Kinder zu tragen, illustriert Vigouroux, Dict. de la Bible II 21%.
Zenner, Thr 5. 371
1.14 Greise feiern vom Tore, Jünglinge von ihrem Saitenspiel.
15 Es feiert die Freude unseres inTrauer gewandelt ist unser Reigen.
Herzens,
Il.16 Die Krone ist von unserm weh uns, dals wir gesündigt haben!
Haupt gefallen;
Zweite Strophe.
I.17 Über dieses hinaus ! ist unser mehr als über solches sind trübe
Herz in Leid, unsere Augen
18 Wegen des Berges Sion, dafs dafs Füchse auf ihm streifen,
er wüste liegt,
19 Obwohl? du ewiglich (dort) dein Thron (dort) sein sollte von Ge-
wohnen wolltest, schlecht zu Geschlecht.
Zweite Gegenstrophe.
11.20 Warum willst du auf ewig uns verlassen auf allezeit?
uns vergessen,
21 Nimm uns, o Jahwe, zu dirzu- erneuere uns die Tage der Vorzeit.
rück, dals wir heim-
kehren;
22 Oder hast du uns gänzlich und zürnest uns gar zu sehr?
verworfen,
Die erste Strophe schildert die häusliche und soziale Not
vorzugsweise vom Gesichtskreise und Standpunkt der Frauen
aus; namentlich der letzte Vers ist für dieselben sehr charakte-
ristisch.
Die erste Gegenstrophe behandelt dasselbe Thema vom
Standpunkt der Männer aus; Politik und Kampf treten in den
Vordergrund.
Die Wechselstrophe beabsichtigt eine gesteigerte Schil-
derung der Notlage. Sie hat zwei Teile. Der erste zählt die
Gewalthandlungen auf, die man sich hat gefallen lassen müssen;
1 Indem Budde mit alten und neueren Erklärern das in V. 17 zwei-
mal vorkommende 5» in gleicher Bedeutung wie das 5y zu Anfang von
V. 18 nimmt, kommt er in Versuchung, den V. 18 als spätere Zutat zu
streichen. Nur in V.18 steht 59 in kausaler Bedeutung, in V.17 hat es
die von Gesenius-Buhl unter 1by aufgeführte, die erlaubt, allenfalls
von einem 59 additivum zu reden.
2 Mit LXX, Syr., Vet. Lat., Vulg. ist vor n& ein ) einzusetzen, das
vielleicht wegen des unmittelbar vorhergehenden ) in 39 (V. 18) aus-
gefallen ist.
24*
372 Zenner, Thr 5.
V. 11 Gewalt gegen Frauen, V. 12 13 gegen Männer; der
zweite schildert die in der Folge eingetretene Kirchhofsstille
(14 15). Der Schlulsvers falst alles Gesagte in einem bezeich-
nenden Bilde zusammen: „Die Krone ist von unserm Haupt
gefallen“, und zeigt in dem Ausruf: „Weh uns, dals wir ge-
sündigt haben!“ — dals über den gewaltigen Leiden auch deren
Ursache erkannt ist und bereut wird.
Die zweite Strophe führt ein neues, noch schmerzlicheres
Moment in die Betrachtung ein: die Verwüstung Sions, die
Vereitelung der Verheilsungen Jahwes. Jahwes Wohnen in-
mitten seines Volkes war jahrhundertelang der Trost, Hort
und Stolz Israels gewesen. Was man einst zur Einweihung
des Tempels sang:
Jahwe erwählte Sion, erkor es zu seinem Wohnsitz;
Das ist meine Ruhestätte für und hier will ich wohnen, denn ich habe
für, es erkoren
(Ps 132, 13. 14),
schien nicht mehr wahr zu sein. Dieser Schmerz ist einschnei-
dender als alles häusliche, soziale und politische Unglück.
In der zweiten Gegenstrophe schlielst der zweite Chor
mit einem Gebet. Die gewaltige Erschütterung der Gemüter
zeigt sich auch hier, indem das Gebet sich nicht zu vertrauens-
voller Beruhigung durchringt, sondern in die beängstigende
Frage ausklingt:
Oder hast du uns gänzlich verworfen, und zürnest uns gar zu sehr?
An der in den „COhorgesängen“ S. 18 angezogenen Stelle
spricht Pseudo-Philo, De vita contemplativa von dem Zu-
sammenwirken von Männer- und Frauenchören. Ähnliches
scheint schon Ex 15 vorausgesetzt. In Kap. 5 der Klagelieder
bietet jedentalls der Text selbst hinreichend Anlals, an gleiche
Verhältnisse zu denken. Chor I ist meines Erachtens ein
Frauenchor, Chor II ein Männerchor.
Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu.
Von P. Dr Erasmus Nagl O. Cist. in Heiligenkreuz bei Wien.
rof. Belser äulsert in dieser Zeitschrift [56 den Wunsch, dafs
die Exegeten an allseitige Prüfung der Frage nach der
Dauer des öffentlichen Lehramtes Jesu herantreten und sich
offen aussprechen möchten. Ich erkenne in diesem Wunsche
ganz den eigenen und erlaube mir ebendarum, mit einigen
Zeilen noch einmal das Wort zum Gegenstande zu ergreifen.
Nebenbei sei es vorerst erlaubt, ein kleines Bekenntnis ab-
zulegen. Ich bin mit geheimer Voreingenommenheit für ein-
jährige Wirksamkeit an die erste Untersuchung dieses Gegen-
standes im „Katholik“ 1900 gegangen. Denn das ist schon
lange meine Überzeugung, dafs Christus am 7. April 783
(= 30 aer. vulg.) gestorben ıst. Diesem Ansatze gegenüber macht
uns aber Lk 3,1, Jo 6,4 Schwierigkeiten, die bei der Annalıme
einjähriger Wirksamkeit mit einem Schlage überwunden wären.
Das Studium der Tradition schien mir auch immer mehr diese
Annahme zu bestätigen, so dals ich schon mit Bebber der
Überzeugung war, die Aufstellung mehrjähriger Wirksamkeit
sei ein Werk des Vaters der Kirchengeschichte Eusebius. Als
ich aber ın den Irenäus genauer Einsicht nahm, da schwand
mir aller Glaube an die bereits lieb gewonnene Annahme
unter den Händen. Darum muls sich wohl eine Neuunter-
suchung des Gegenstandes geradezu in erster Linie mit Irenäus
auseinandersetzen. Wenn dieser gewichtige Zeuge, der dem
Johanneischen Jüngerkreise in Kleinasien nahe gestanden, als
Patron der Streichung des Pascha Jo 6, 4 mit gutem Grunde
vorgeführt werden könnte, dann hätte nach meiner Überzeugung
die Situation schon eine wesentliche Anderung erfahren. Auch
374 Nagl, Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu.
des Origenes Stellung zur Frage bedarf der Beachtung. Wem
Prof. Belser das Ansehen des Origenes als Kritikers so sehr
betont (a. a. 0.57), so ist das recht schön. Ich will da gar
nicht ein „Aliquando dormitat etiam bonus Homerus“ geltend
machen; sondern auch nach meiner Ansicht war die Annahme
einjähriger Wirksamkeit schon seit langem traditionell. Dal;
sie das werden konnte, kann mit Rücksicht auf den schein-
baren Schriftbeweis aus Lk 4,19 = Is 61,2 und auf die bis
damals gewohnte fast ausschlielslich erbauliche Benützung der
Schrift keine Schwierigkeit haben. Wie schwer es aber ist.
sich von herkömmlich traditionellen Ansichten frei zu machen,
weils jeder Eingeweihte.
Wenn sodann Prof. Belser für die Streichung des un-
bequemen deurtepöntpwrov Lk 6,1 ein Argument daran ge
wonnen zu haben glaubt (S. 61), dafs Pharisäer zur Zeit des
in Rede stehenden Pascha in Galiläa zu treffen sind, während
man doch diese gesetzesstrengen Leute am Feste in Jerusalem
erwarten muls, so ist daran zu erinnern, dafs der Ausdruck
dunkel ist und bis heute noch keine sichere Deutung gefunden
hat. So nahe der damit bezeichnete Sabbat an das Paschaiest
heranzurücken ist, so steht darum noch nicht fest, dals er in
die Paschaoktav selbst hineinfällt.e. Und damit entfällt dıeser
„wichtige“ Bestätigungspunkt.
Übrigens ist ja diese Stelle Lk 6,1 ebensowenig wie Jo43
die eigentliche entscheidende Instanz in unserer Frage. Ich
habe darum selbst zwei- oder dreijährige Wirksamkeit als frei
disputablen Gegenstand hingestell. Wenn ich dreijähriger
Wirksamkeit den Vorzug gab, so geschah das nur, weil diese
Anschauung am einfachsten dem Wortlaute der evangelischen
Berichte gerecht wird. Ich bin mir aber dabei bewulst, dal
nicht immer die einfachste Auffassung auch die richtige :st
Hauptinstanz ist und bleibt Jo 6,4, wie auch Prof. Belser
betont (S. 170—174). Die Streichung des ndoya, das allgemeis
überliefert ist, ist zufolge der Zahl und des Alters der Texte
zeugen der evangelischen Berichte eine kritisch sehr schwel
wiegende Tat. Da kann es in keiner Weise genügen, dals
Nagl, Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. 375
man aufzeigt, es hat in altchristlicher Zeit eine weitverbreitete
Tradition über die einjährige Wirksamkeit bestanden; sondern
man muls zeigen, diese Tradition ist apostolische, d. h. von den
Aposteln und Augenzeugen her überlieferte Tradition. Der
Beweis, den man bisher dafür geführt hat, ist mir angesichts
der Begründung, die die ältesten Vertreter einjähriger Wirk-
samkeit beibringen, und der Art und Weise, wie sich die ersten
Vertreter mehrjähriger Wirksamkeit aussprechen, von zweifel-
haftem Werte gewesen. Aber wenn es gelingt, aus der Tra-
dition solche Momente geltend zu machen, dals man mit ruhigem
Gewissen das zitierte Pascha streichen kann, dann ist das ganze
Problem mit einem Schlage gelöst. Denn was die Zuteilung
des Erzählungsstoffes der Evangelien an ein Jahr betrifft, so
ist ja diese nach meiner Ansicht nie im physisch-mathe-
matischen Sinne aufzufassen gewesen, sondern nur im historisch-
psychologischen Sinne, d. h. mit Rücksicht auf die Entwicklung,
die das von Christus in das Herz seiner Jünger und des Volkes
gelegte Samenkorn des Evangeliums nach Christi eigener Er-
wartung gemacht haben sollte und gemacht hat. Aber auch so
führt die Aufteilungsarbeit über eine gewisse Wahrscheinlichkeit
nicht hinaus. Belser hat sich, obschon gerade nicht erstmals, so
doch ganz vorzüglich 8. 161ff um die Zeichnung des einjährigen
Wirkungsaufrisses bemüht. Nur kann auf diese Weise die
gegenteilige Auffassung des Johannesevangeliums nicht ein-
fach aus den Angeln gehoben werden. Auch scheint mir aus
Josephus (Bell. lud. 6, 9, 3) nicht sicher genug die Beteiligung der
ganzen jüdischen Männerwelt an jedem der einzelnen Haupt-
feste gefolgert werden zu können (8. 62); im Gegenteile könnte
man aus den verschiedenen Teilnehmerzahlen, die über zwei
zeitlich nicht weit voneinander abstehende Paschafeste ge-
geben werden, ein Argument für die bekämpfte Auffassung
entnehmen. Die Sprachwidrigkeit des Ausdruckes Jo 6,4 ro
naoxa N Eoprn rWwv ’loudaiwv, die zur Korrektur von selbst
herausfordern könnte, steht durchaus nicht so über jeden
Zweifel erhaben fest, wie man nach den Worten Prof. Belsers
(S. 171) vermuten könnte. Josephus zeigt eine ähnliche Vorliebe
376 Nagl, Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu.
für die Verbindung der Begriffe &opm und raoya, wie sie
in unserem komplexen Ausdruck bei Johannes vorliegt. Er
sagt Bell. Iud. 2,1, 3 N twv dluuwv &oprm, f} naoxa xakeitaı;
6,9, 3 o0d' Evotaong &oprig, nacyxa xakeitaı; Ant.14,2,1(18,2,2)
n tWwv Aaluuwv &oprn, nv naoxa Atyouev (vgl. 18, 4, 3); 20.5, 3
TuS TAoxa TTpodayopevouevng &oprig Evoraons — Ausdrucks-
weisen, denen vollkommen Lk 22,1 fh &opm rtwv aliuwv N
Aeyouevn rracoxa entspricht — und 10, 4, 5 nv aluuwv &oprnv
kai nv tdoxa' Aerouevnv (Mk 14,1 To nüoxa xai ta dluua).
Wenn dann Johannes Ausdrucksweisen wie N} &opm Twv lou-
dalwv f} oxnvornyia 7,2 und TO naoxa tüv lovdatwv (beachte
ohne Atyeraı, Kakeitaı, TTPOGaYopeveran) 2, 13 gebraucht, warum
sollte er dann nicht auch TO naoya N} &oprr twv ’loudalwv an-
gewendet haben? Mit Sprachwidrigkeit wird sich also schwerlich
die Streichung des naoxa begründen lassen. Dals &opm auch
im Sinne der ganzen Festesoktav bei Johannes gebraucht wird,
darüber können Stellen wie Jo 7, 14. 37; 12, 12 mit 12,1 keinen
Zweifel lassen.
Die Entscheidung kann darum nur von einem genügenden
Traditionsbeweis erwartet werden. Die Hauptinstanzen des
Beweises noch einmal möglichst scharf zu betonen, das war
der Zweck dieser Zeilen. Und das möge auch ihre Ent-
schuldigung sein. Die Fragepunkte scharf umschreiben heilst
ja auch an der Förderung eines Problemes arbeiten.
Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
Von Friedr. Maier in Freiburg i. B.
ie Exegese von Jud 5, auf die sich unsere Studie als
Vorläuferin einer Arbeit über die Abfassungszeit des
Briefes beschränken soll, kulminiert schlielslich, von einigen
Schwierigkeiten der Einzelerklärung abgesehen, in der Fest-
stellung des inneren Verhältnisses, in dem der Vers zum Vor-
ausgegangenen und Folgenden steht, in der Eruierung der
Stellung und Bedeutung, die ihm im ganzen Gedankenkomplex
als einem Glied desselben zukommt — setzt also, konkret ge-
sprochen, die Analyse des Briefes und die Exegese des grund-
legenden zweiten Eingangsverses (Jud 4) voraus. Ist das Resul-
tat dieser auch ohnehin schon interessierenden Vorunter-
suchungen sichergestellt, so ist damit auch für die Exegese von
Jud 5 eine unangreifbare Basis gewonnen. Im Grunde ge-
nommen erübrigt dann nur noch die negative Seite der
speziellen Auslegung, insbesondere die Kritik bzw. Wider-
legung entgegenstehender Anschauungen.
I. Disposition und Gedankengang des Briefes.
1. Kommentare und Einleitungen lassen sich für die Er-
mittelung des inneren Gedankenzusammenhangs des Briefes
wenig fruktifizieren. Manche Dispositionen sind zu äulserlich,
manche zu künstlich und detailliert, einige sind abgekürzte
Reproduktionen, andere paraphrasierende Inhaltsangaben der
einzelnen Verse: man hat die Elemente in der Hand, fehlt
leider nur das geistige Band. Bei alledem viel Willkür und
wenig Übereinstimmung!
378 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
a) Von der Grufsüberschrift und dem Segenswunsch (V.1f)
sowie der Schlulsdoxologie als dem äufseren Rahmen des Briefes
absehend, nimmt eine grölsere Zahl von Erklärern (Cornely,
Trenkle, Belser, Wiesinger, Holtzmann, Jülicher, Burger,
Wandel) ! nach Analogie der paulinischen Schriftstellerei für
den Hauptteil des Briefes zwei selbständige Gedankenkreise
an, deren gemeinsames Zentrum die Irrlehrer sind: Der erste,
historisch-didaktische Abschnitt (V. 5—16) hat Wesen und
Gericht der Irrlehrer zum Gegenstand, der zweite, praktisch-
paränetische Abschnitt (V. 17—23) normiert das Verhalten
der Adressaten des Briefes im Gegensatz zu dem Treiben
der Irrlehrer (V. 17—21) und gegenüber den von diesen ver-
führten oder angesteckten Irrenden (V. 22f). Dieselbe Ein-
teilung, nur mit anderer Abteilung haben de Wette, Rampf,
Sieffert akzeptiert; sie nehmen V. 5—19 zusammen und be-
schränken den praktischen Teil auf V. 20ff (ähnlich v. Soden?).
Diese Dispositionen des Hauptteils mit einem gewissen
gegensätzlichen Charakter der beiden Teile sind die üblichen;
beide sind m. E. nicht ohne Gewalt und zur vollen Befriedigung
durchzuführen. Den Prüfstein bilden V. 17f mit ihrem zwitter-
haften Charakter. Sie vom fraglichen ersten Teil loszureiisen,
geht der Ideenverwandtschaft wegen nicht wohl an (Prophetie
über die Irrlehrer in Fortsetzung von V. 14f); die beiden
Verse bilden den Abschluls und die Krone der ganzen histo-
risch-didaktischen Argumentation. Wählt man aber in rich-
tiger Empfindung dessen die von de Wette u. a. beliebte
Zweiteilung, so spielen nicht nur die drei kleinen Verse 20f
neben dem sechsmal so grolsen ersten Abschnitt eine sehr
ungleiche Rolle, sondern es kann auch direkt und mit
Recht der paränetische Geist von V. 17 sowie die antithetische
Struktur von V. 16—21 dagegen angeführt werden, in der sich
äulserlich die Einheit und Zusammengehörigkeit der beiden
ı Burger, Belser, Wandel mit Unterabteilungen: (&—11, 12—15
bzw. 16) (16 bzw. 17—23).
2 v. Soden: 5—11, 12—18, 19(!), 20ff. Warum von V. 12 an plötz-
lich die umgekehrte Ordnung?
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 379
Teile dokumentiert. Beide Gliederungen übersehen aulser-
dem einen gewissen Parallelismus der Gedanken, der wie der
grammatische oder syntaktische Parallelismus, dessen Spuren
besonders Ewald gefolgt ist, mit feiner Zierlichkeit den ganzen
Brief beherrscht und durchzieht. Deshalb dürfte es auch
den Anhängern beider Dispositionsversuche schwer
fallen, für die öftere Unterbrechung der Irrlehrer-
charakteristik ein einheitliches, ausreichendes Motiv
ausfindig zu machen. Die mit Vorliebe angerufene Erregt-
heit des Schriftstellers ist ein zu billiger Notbehelf.
b) Betrachtet man V. 3—23 als den eigentlichen Körper
des Briefes, so wird es einfacher und natürlicher sein, einen
nur eingliedrigen Hauptteil anzunehmen, der durchweg
argumentatorischen Charakters ist und mit einer historischen
Einleitung (V. 3f = Zweck, Veranlassung und Thema des
Briefes) eröffnet und einer kleinen Exhortation geschlossen
wird (vgl. Jülicher. Für den engeren Hauptteil (V. 5—19)
würde sich der von Judas gewählte Einteilungsgrund unschwer
darbieten. Rampf, Ewald, Wiesinger haben ihn bereits, wenn
auch noch nicht in dieser pointierten Schärfe, herausgestellt:
Die äceßeis ım Lichte der Geschichte und Weis-
sagung: der atl Geschichte V. 5—10, 11—13, der atl Weis-
sasung V. 14-16 (Henoch) und der ntl Weissagung V. 17—20
(die Apostel). Äufserlich manifestiert sich diese (Zwei-) Drei-
(oder Vier)teilung in den ohne Zweifel miteinander korrespon-
dierenden und scharfe Einschnitte markierenden Wendungen
und Ausdrücken: oi nakcı nporerpauuevor Kri. V. 4, Enpopr-
Tevoev de Kai Krk. V. 14 und yvrodnte TWv Pnudtwv TWV
tpoeıpnuevwv xt\. V.17. Jedesmal wird hierdurch etwas Neues
angekündigt, jedesmal ein neues Argument gegen die Irrlehrer
in die Wagschale geworfen. Jede der Unterabteilungen hat
dann zwei (die erste vielleicht 2x2) deutlich distinguierte
Parallelglieder: Typus und Antitypus, ihr Wesen und Ende,
ihre Schuld und Sühne. Von den historischen und prophe-
tischen Typen wird der Übergang und die Anwendung auf die
Erscheinungen der Gegenwart gemacht, die nicht an sich,
380 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
sondern nach der ganzen Tendenz des Briefes im steten Hin-
blick auf die Vorbilder und Weissagungen der Vergangenheit
charakterisiert werden. Den Antitypen sind die scharf her-
vorgehobenen, zum Teil (V. 12a, 16c, 19) sehr konkreten und
individuellen oüroı-Partien (V. (8), 10, 12; 16; 19) gewidmet, die,
an die vorausgegangene Typusschilderung mehr oder weniger
anknüpfend, denkwürdigerweise alle mit der summarischen
Irrlehrercharakteristik V.4 ım innigsten Zusammenhang stehen
und in geschickt fortschreitenden Variationen den dort aus
gesprochenen Grundgedanken sich widerspiegeln lassen. Schon
diese Beobachtung allein lälst unzweideutig das Warum der
Übereinstimmung durchblicken: Jud 5ff gilt der Begrün-
dung von Jud 4 (de Wette, Sieffert) — nach welcher Rich-
tung hin, verraten im Zusammenhalt mit dem Text schon die
bisherigen Ausführungen, auf die bei der Exegese von \.4
selbst noch erwünschtes Licht fallen wird.
Die Ausführung ist, wie nachträglich zugegeben sein
mag, von schwankender Ausführlichkeit. Mit sichtlicher Vor-
liebe scheint der Apostel bei dem kraft- und wirkungsvoll
geschriebenen ersten Teil zu verweilen; hat er sich hier
neben dem dreiteiligen Doppelargument (V. 5ff, 11) und
den packenden, lebensvollen Naturbildern (V. 12b f) sogar
noch eine kleine Digression (V. 9) gestattet, so ist die Dar-
stellung der beiden andern Punkte bei der Vorbildlichkeit
des ersten und der drängenden Notlage kürzer und prägnanter,
was jedoch der Deutlichkeit und ihrer Selbständigkeit keinen
Eintrag tut. Der letzte Teil mündet in eine kleine, der Ein-
leitung V. 3f entsprechende Schlulsparänese aus, die, well
aus dem Vorausgegangenen ganz von selbst herauswachsend,
sich mit weniger hervortretender Begrenzung vom Hauptteil
abhebt.
2. Dals diese Disposition nicht unbegründet ist (rgl.
namentlich Ewald und v. Soden), wird jeder zugeben, der sich
nicht an kleinen Ungleichheiten stölst oder über unbedeutenden
Nebensächlichkeiten die grolse Hauptsache vergifst, die Mög-
lichkeit und Notwendigkeit einer einheitlichen Auffassung
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 381
und Erklärung des Briefe. Dafs aber die Lösung dieser
Kardinalfrage ohne unsere Gliederung sehr problematischer
Natur ist, bedarf keines Hinweises. Der Gedankengang
des heiligen Verfassers wäre kurz analysiert etwa folgender:
a) Von Sündern gleicher Gattung mit denen, die sich in
den Leserkreis des Briefes eingeschlichen haben, ihrem tiefen
Fall, Untergang und künftigen Gericht enthält schon die Ge-
schichte des AT warnende Beispiele: a) das Schicksal des
ungläubigen Altisrael (V. 5), der stolzen, abtrünnigen Engel
(V. 6), der unzüchtigen Städte Sodoma und Gomorrha, Adama
und Zeboim (V. 7). Trotzdem die gegenwärtigen Verführer
diese für sie typischen Strafexempel der Vergangenheit kennen,
frönen sie verwegen (vgl. V.9) denselben Lastern und Freveln
(deren abscheuliche Grölse noch durch den Kontrast zu dem
Verhalten des Engelfürsten Michael illustriert wird), um
schliefslich — eine selbstverständliche, V. 14 explizierte Kon-
sequenz — von demselben Verderben in die ewige Finsternis
dahingerafft zu werden; b) Kain, der Urtypus der Sünder
oder wie „beim späteren Judentum Symbol des Skeptizismus,
der die übersinnlichen Dinge verachtet und verspottet“ (v.Soden
207 im Anschluls an Schneckenburger, Spitta), der gewinn-
süchtige Bileam, der aufrührerische Koreh (V. 11).
Während die erste Trilogie die Irrlehrer nach Wesen
und Ende an sich charakterisiert hat, falst die zweite sie
konkreter und persönlicher unter dem Gesichtspunkt der Ge-
meindemitgliedschaft (Spitta, Burger, Wandel, Belser), was
auch das gemeinsame Charakteristikum der drei vorgeführten
Geschichtsbilder ausmacht.
Die oüroı-Partie (V. 12f) ist hinsichtlich des tertium com-
parationis freilich etwas rätselhaft; sie darf nicht als voll-
kommen ebenbürtige Parallele zu V. 5 ff aufgefalst werden,
sondern nimmt vielmehr eine Art Mittelstellung ein, rekapitu-
liert kurz das Vorausgegangene (vgl. die Berührung zwischen
Kain und V.10a(?), Bileam und V.10b, Koreh und V. 8),
zıeht mit oVati die conclusio aus V.5fl, um dann mittels der
rück- und vorwärtsblickenden (V. 16) Naturbilder, speziell mit
382 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
olg Zöpog .... Tempntaı ungezwungen und natürlich zu Henochs
Gerichtsprophetie überzuleiten. Der äufsere Zusammenhang
und die Motivierung des Einzelausdrucks ist auch hier nicht
zu verkennen: N nAavn ... E&Zexuöncav: xünara dypıa (vgl.
auch die Verwandtschaft des Bildes mit A dvnıkoyia Toü K.),
agTtepes nAaviitaı; Tod Bakaau uıcdoü: EauTols TTOIHAIVOVTES;
dem ganz allgemein und unbestimmt klingenden N dÖöwW Toü
Kaiv Enopeußnoav entsprechen die landläufigen Bilder von (der
wasserlosen Wolke und) dem unfruchtbaren Baum. Sollten
diese leisen Reminiszenzen nicht auch die Definition des Ver-
gleichungspunktes unterstützen, der dann mehr auf die innere
Gesinnung als auf die äufsere Tat reflektieren würde?
b) Das Urteil, das die Geschichte zum voraus über die
Irrlehrer ausgesprochen hat, bestätigt der Mund des alten
Propheten, dessen endgeschichtliche Gerichtsweissagung
dem bisherigen mehr zeitgeschichtlichen Gericht (@Beipovraı
V. 10, anwAovro V. 11), das Judas prophetisch voraussieht,
nachdrucksvoll gegenüber- und zur Seite tritt (V. 14f). Das
Gericht, das Henoch den doeßeis (vgl. V. 4!) verkündigt hat,
zielt auch auf die gegenwärtigen Verführer, auf die, wie V.15
nachgewiesen wird, des Propheten Schilderung Zug für Zug
hindeutet („nepi navrwv TWv oxinpüv, üv EAdAnoav xar
-QUTOU“: Yoyyucrai peuwinompor, TO OTOna Auakei ÜTIEPOYKA;
‚epva Adeßeiag“ exemplifiziert durch xara Tüg Emiduniag TIO-
pevönevor vgl. V. 5. 7. 8. 10 und Bauualovres np6owna WEe-
Aciag xapıv vgl. Bileam Y. 11).
c) Dals und warum die Gottlosen des Neuen Bundes wie
ihre unglücklichen Vorbilder im Alten vom Strafgericht Gottes
werden getroffen werden, haben V. 5—7, 14f, bzw. V.8-13,
16 dargelegt. Zum Nachweis der Berechtigung, die Libertiner
nicht nur mit den atl Sündertypen in Parallele setzen, sondern
auch die Henochprophetie eschatologisch auf sie deuten zu
dürfen, und als höchste Instanz überhaupt wird jetzt die uner-
schütterliche (starke Betonung des uvno@nTte wegen &umoiktan?)
Autorität der Apostel (V.17f) angerufen, die für die End-
zeit das Auftreten ebensolcher Spötter und Fleischesmenschen
Rent gr A
ne
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 383
ın Aussicht gestellt haben: Die Weissagung beginnt sich zu
erfüllen, das Gericht ist nahe. Beachtenswert ist die mit der
Weissagung selbst gegebene Wiederkehr der konstitutiven
Elemente der Antinomisten: &unaixtaı = dpveiodaı V. 4, Biu-
Opnueiv V. 8, Unepoyka Aakeiv V.16; xatd ... TTOpevönevor =
aceıyeıa V. 4, odpxa yiaiveıv V.8; vgl. ferner V.10,16. Dals
aulser dem kleinen V. 19, der abschliefsend die dgeßeis als
Psychiker, als niedrige Materialisten charakterisiert, dem apo-
stolischen Wort keine längere Erörterungen angehängt werden,
ist psychologisch und pädagogisch bestens begründet; die tief-
gehende Wirkung des kurzen, aber inhaltschweren Appells wäre
sonst nur abgeschwächt worden.
Damit ist Judas auf dem Gipfel- und am Schlufspunkt
seiner teilweise stark polemisch gefärbten Argumentation an-
gelangt; psychologisch fein und geschickt und an ein Schlag-
wort der Gegner anknüpfend läfst er sofort das Ganze in eine
kurze, resumierende Paraklese ausklingen, die, V. 17 einge-
leitet, mit dem Segenswunsch und der Schlulsdoxologie in be-
deutsame Korrespondenz gesetzt wird.
Ist diese Analyse, die bei der Kürze des Briefes mehr ge-
ahnt und nachempfunden als bewiesen werden kann, in der
Hauptsache richtig, so haben wir V.16 bzw. 20—23 die zum
ersten Male deutlicher zu Tage tretende Ausführung des
V. 3b ausgesprochenen Zweckes des Briefchens: nmapakalWv
enaywvileodaı N ... miote; für die Weiterführung der V.5
anhebenden Gedankenreihe kann daher V. 3b nicht in An-
spruch genommen werden; dagegen ist es, wie schon oben!
angedeutet, keine fernliegende Vermutung, dals V. 4 mit der
V.5 beginnenden Argumentation wenigstens einleitungsweise in
Beziehung steht. Diese Vermutung wird zur Gewilsheit durch die
IL Erklärung von Jud 4.
Was zunächst in die Augen fällt, ist der durchaus pro-
grammatische und thematische Charakter, der den Vers aus-
zeichnet und eine konkrete Ausführung und Spezialisierung
ı Vgl. S. 4ll.
384 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
mit Sicherheit erwarten lälst. Dafs diese unmittelbar
folgen muls, ist so natürlich und selbstverständlich, dafs die
Diskussion über das Henochzitat als einzig oder vorzüglich
in Betracht kommende Illustration (Wiesinger, Ewald) auf
sich beruhen kann!. Das Nächstliegende ist, V. 5—7 unter
dem V.4b gegebenen Gesichtspunkt näher ins Auge zu fassen.
Die Einzelerklärung des Verses, mit dem sich berechtigter-
weise nur wenig exegetische Operationen vornehmen lassen,
gibt uns recht,
Aus der rein sprachlichen Betrachtung ergibt sich
folgendes:
1. oi nakcı npoyerpannevor eis TOÜTO TO xpiua ist eine in-
haltlich bedeutungsvolle, selbständige Parenthese, die als
solche durch den vorgesetzten Artikel und das folgende, nach-
drucksvoll isolierte doeßeigs von den Partizipien des Haupt-
satzes, den Appositionen zu doceßeic, deutlich und bestimmt
geschieden ist? Jede andere Konstruktion oder Interpunktion
macht aus der formell und materiell kunstvoll abgerundeten
propositio nicht nur einen stilistischen, sondern, was noch
schiimmer ist, auch einen logischen Torso. Verfehlt ist auch
ı Dals das Henoch,„zitat“ unter makaı trpoyeyp. V.4 wenigstens mit-
einbegriffen ist (so die meisten), halte ich für eine zwar nicht unmög-
liche, aber doch schwierige Annahme, namentlich wegen der emphatischen
Einführung des Verses durch rpoegprjteuoev dE xai(!) TouToIs KTA. (vgl.
Ewald 93), während das auf npoyeyp. zurückgreifende drouvrjoar selbst
nur V. 5—7 einleite. Vom Standpunkt der Forscher, die xpiua = Ge-
richt nehmen, kommt hinzu, dals ToOTo ro xp. dann etwas Fertiges, Ge-
schehenes voraussetzt, während V.14 noch schwebt. Belser u. a. müssen
aulserdem tpoyeypanuevor dieser Auffassung nicht günstig finden (vgl.
Belser 720 mit 682, 684 ff. Die Ausführung von mpoyeypannevor sich
noch auf die drinara td rpoeipnneva tWÜv Anogr. (ötı EAeyov Vuiv!)
erstrecken zu lassen (Bengel, Siefiert), ist vollends unbegründet.
2 üceßeig mit den beiden sich anschlielsenden Untergliedern ist adjek-
tivisches Attribut zu dv8pwrrot (vgl. Vulg.), nicht etwa zu ol tr. ttpoyeyp. oder
selbständiges Substantiv. Die erste Beziehung engt V.4a zu sehr ein —
Judas spricht nicht von einer bestimmten, in den aufgetretenen Irr-
lehrern zu erfüllenden (und erfüllten) Vorausdarstellung — die zweite
trennt ävöp. grundlos von dem Hauptbegriff doeßeig und verlegt so den
Schwerpunkt zu sehr nach vorn.
gg
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 385
die Annahme, V. 4a und V.4b seien zwei koordinierte Haupt-
glieder (Rampf u. v. a.); dann hätte doeßeig wohl an die Spitze
treten müssen. Der Gedanke des Hauptsatzes, der dadurch
kurz unterbrochen wird, lautet: napeıaeducav yap Tıves AvOpw-
tor .. . Acdeßeis, nv TOD Heoü AuWv xaApıra nerartidevres eig
aceAyeıav Kai TÖV HOVoV dEOTÖTNV Kai xKüpıov Auwv ’Incoüv
Xpıotov Apvounevor. Der Sinn ist klar und bedarf kaum einer
näheren Erklärung: Anlals (yäp) zu meinem unfreiwilligen
Schreiben (avayınv &oxov V. 3) gab das Auftreten gottloser
antinomistisch-libertinistischer Verführer.
2. Der Gedanke der parenthetischen Einschaltung hat
wegen seiner Zweifelhaftigkeit verschiedenste Auslegung er-
fahren, je nach der Interpretation, die man dem mehrdeutigen
ttpoyerpaunuevor und dem nicht minder dunklen eig toüto TÖ
xpiua angedeihen lies. Es fragt sich, was die Worte im
einzelnen bedeuten, wie die Präpositionalverbindung zu fassen
ist, wehin das konkrete toüto zielt, was sachlich gemeint ist.
Einseitige Versteifung auf nakaı rpoyeyrpauuevon, die eis TOUTO
To xpina fast gänzlich ignoriert oder die Tendenz der aposto-
lischen Beweisführung übersieht, führt die Exegese auf Irr-
wege; ebenso verkehrt und gefährlich ist es, eig ToÜTO TO xpina
auf Kosten von npoyeypauutvor und V. 4b zum Prinzip der
V. 5 beginnenden Gedankenentwicklung zu erheben. Keiner
der beiden Ausdrücke ist bedeutunglos, jeder hat im Kontext
entsprechende Berücksichtigung gefunden und mulste sie finden,
maAcı Trpoyeyp. wegen Seiner hervorgehobenen Stellung, xpiua
wegen des sonst in der Luft schwebenden roüto.
mpoyeypannue&voı ist durch seine Stellung (gegenüber
eis ToÜTO TO xp.) und durch den Zusatz nakoı stark akzentuiert.
Sein primärer Charakter gegenüber xpiua ergibt sich auch aus
der grammatikalischen Abhängigkeit, in der sich dieses von
ihm befindet. Subjekt des npoyeypapdaı sind nach dem ganz
präzisen Wortlaut des Textes die äoeßeis, nicht etwa, auch
logisch nicht, xpina, in welchem Falle ‚Judas etwa die Formel
wv oder oig makaı rrpoyerpauutvov (TOUÜTO) TO xpina gewählt
hätte. Diese Auffassung, nach der in der Gesamtvorstellung
Biblische Zeitschrift. II. 4. 25
386 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
oi naAaı TpoYerp. eis ToUTo TO xp. der Verbalausdruck die
Brücke zum Folgenden schlägt (mag auch logisch das Interesse
mehr auf xpina zu ruhen scheinen), wird durch einen flüchtigen
Seitenblick auf 2 Petr 2 bestätigt; vgl. 2 Petr 2,3 f: oig to!)
xpina Exrralaı oUK Apyei kai N Arwäeıa (nicht identisch mit
xpiua, sondern Vollzug desselben)! oU vuotaleı. ei Yap(!)....
mit Jud 4 und 5 (vgl. auch S. 389).
Der Ausdruck npoyeyp. korrespondiert zweifellos mit &rpo-
pnreuoev de xaı V. 14 und tWv Pnkatwv TÜV TTPOEIPNUEVWYV
V.172, was mit malaı für die temporale Bedeutung des npo
und den natürlichen, nicht prägnanten Gebrauch des yYpageıv
spricht. Die wörtliche Übersetzung durch vorausgeschrieben,
vorausgezeichnet, designati, praefigurati wird unterstützt durch
das Gewicht des ntl Sprachgebrauchs (Eph 3, 3; Gal 3, 1;
— vgl. dazu auch Röm 15, 4; Act 1,16); auch ndAaı, zu dem
Hebr 1,1 und 2 Petr 2, 3; 3, 5 zu vergleichen ist, stimmt am
besten zu dieser Fassung.
3. Die Näherbestimmung des rpoyeyp. durch eig Toüto
to «kpina, auch heute noch eine wahre crux interpretum, Ist
in jedem ihrer Teile dunkel.
a) Die Hauptschwierigkeit liegt bei roüro. Eine der
nächstliegenden Vermutungen zu seiner Erklärung ıst die von
Calvin, Mayerhoff, Wiesinger, Schott, v. Hofmann vertretene Auf-
fassung, wonach rToüto auf rapeıocducav zurückblickt, welches
das xpiua (= xartakpına) im Sinne von Jo 3,18 f; Gal 2,1]
bereits in sich schlielst. Gegen diese Annahme, die im Text,
d. h. in dem weniger deiktischen, sondern zunächst auf Be-
kanntes, Gesagtes zurückweisenden tToütTo eine gewisse Stütze
hat, durch den Kontext aber nichts weniger als nahegelegt
wird, ist der Umstand entscheidend, dals das Gericht über
die Libertiner nicht als schon erfolgt, sondern als erst zu-
künftig über sie hereinbrechend gedacht ist (vgl. obai auroig
t Daher hier allerdings xpina statt sententia damnatoria (Jud 5)
ungewöhnlich — xardxpına, poena condemnationem sequens (so Rom 8, ];
6,16 u. 18; Deilsmann, Bibelstudien II [1897] 93).
2 Vgl. S. 379.
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 387
V. 12, bes. V. 14f). Der offenkundige Zusammenhang mit
V. 5ff mufs geleugnet werden.
Hofmanns Deutungsversuch wäre allmählich wohl ver-
schollen, wenn ihn nicht Zahn (II 80f, 87 A. 9) wieder ans
Licht gezogen hätte. Der Erlanger Gelehrte lälst toVTo sich
ebenfalls auf das napeıoeducav der Irrlehrer beziehen, ver-
steht aber darunter „nicht ein Gericht, welches an ihnen oder
von ihnen vollzogen wird, sondern ein Gericht an den Ge-
meinden, in welche sie eingebrochen sind“ (unter Berufung
auf Jo 9, 39; 3,19; 1 Kor 11,19). Die Schwächen der Hof-
mannschen Auffassung sind geschickt vermieden oder ver-
deckt, dafür hängt aber Zahns Erneuerungsversuch vollständig
in der Luft. Mit der Idee der Scheidung der Geister, die
Z. ohne irgendwelche textliche oder kontextliche Anhalts-
punkte, vielmehr direkt gegen den Kontext in den Vers hinein-
trägt, dürfte weder napeaıoeducav V.4 noch die Anklage V. 19
und die Mahnungen V. 20ff sonderlich harmonieren; der Hin-
weis auf 1 Kor 11, 19 wird dadurch hinfällig.
Die Bezeichnung der aoeßeig als oi nakaı TTPoYerpauuevoı,
worin man einen Hinweis auf das AT erblickte, und die
weitere Beobachtung, dafs V. 5—7 verschiedene atl Straf-
gerichte als Typen des Schicksals der Libertiner erwähnt
werden, lie[s andere bei roüto TO xpina an das V. 5fl erst zu
schildernde Gericht denken (Clem. Alex., Vulgata, Bengel,
de Wette, Huther, Arnaud. Stier, Fronmüller, Keil, v. Soden,
Wandel, Rampf, Belser). Dem ist entgegenzuhalten: 1) Nicht
das xpiua ist für die Irrlehrer, sondern die Irrlehrer sind eig
ToÜTO TO xpinua vorausgeschrieben. Soll letztere (Haupt)-
vorstellung V. 5ff begründet werden, so ist mir die Annahme
einer derartigen Prolepsis von xpiua schwer begreiflich, um so
mehr, als die Exemplifikation nicht unmittelbar folgt, sondern
durch V. 4b zurückgedrängt wird. Der Ausdruck „voraus-
geschrieben zu diesem Gericht“ ist unnatürlich, nicht nur
wenn man erklärt: zu diesem Gericht, dem die V. 5—7 vor-
geführten Typen verfallen sind, sondern auch bei der Er-
gänzung: zu dem Gericht, das ich V. 5ff darstellen werde.
25%
378 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
a) Von der Grufsüberschrift und dem Segenswunsch (V.1f)
sowie der Schlufsdoxologie als dem äufseren Rahmen des Briefes
absehend, nimmt eine grölsere Zahl von Erklärern (Cornely,
Trenkle, Belser, Wiesinger, Holtzmann, Jülicher, Burger,
Wandel)! nach Analogie der paulinischen Schriftstellerei für
den Hauptteil des Briefes zwei selbständige Gedankenkreise
an, deren gemeinsames Zentrum die Irrlehrer sind: Der erste,
historisch-didaktische Abschnitt (V. 5—16) hat Wesen und
Gericht der Irrlehrer zum Gegenstand, der zweite, praktisch-
paränetische Abschnitt (V. 17—23) normiert das Verhalten
der Adressaten des Briefes im Gegensatz zu dem Treiben
der Irrlehrer (V. 17—21) und gegenüber den von diesen ver-
führten oder angesteckten Irrenden (V. 22f). Dieselbe Ein-
teilung, nur mit anderer Abteilung haben de Wette, Rampf,
Sieffert akzeptiert; sie nehmen V. 5—19 zusammen und be-
schränken den praktischen Teil auf V. 20ff (ähnlich v. Soden 2).
Diese Dispositionen des Hauptteils mit einem gewissen
gegensätzlichen Charakter der beiden Teile sind die üblichen;
beide sind m. E. nicht ohne Gewalt und zur vollen Befriedigung
durchzuführen. Den Prüfstein bilden V. 17f mit ihrem zwitter-
haften Charakter. Sie vom fraglichen ersten Teil loszureilsen,
geht der Ideenverwandtschaft wegen nicht wohl an (Prophetie
über die Irrlehrer in Fortsetzung von V. 14f); die beiden
Verse bilden den Abschlufs und die Krone der ganzen histo-
risch-didaktischen Argumentation. Wählt man aber in rich-
tiger Empfindung dessen die von de Wette u. a. beliebte
Zweiteilung, so spielen nicht nur die drei kleinen Verse 20ff
neben dem sechsmal so grolsen ersten Abschnitt eine sehr
ungleiche Rolle, sondern es kann auch direkt und mit
Recht der paränetische Geist von V.17 sowie die antithetische
Struktur von V. 16—21 dagegen angeführt werden, in der sich
äulserlich die Einheit und Zusammengehörigkeit der beiden
ı Burger, Belser, Wandel mit Unterabteilungen: (&—11, 12—15
bzw. 16) (16 bzw. 17—23).
2 v. Soden: 5-11, 12—18, 19('!), 20. Warum von V. 12 an plötz-
lich die umgekehrte Ordnung?
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 379
Teile dokumentiert. Beide Gliederungen übersehen aulser-
dem einen gewissen Parallelismus der Gedanken, der wie der
grammatische oder syntaktische Parallelismus, dessen Spuren
besonders Ewald gefolgt ist, mit feiner Zierlichkeit den ganzen
Brief beherrscht und durchzieht. Deshalb dürfte es auch
den Anhängern beider Dispositionsversuche schwer
fallen, für die öftere Unterbrechung der Irrlehrer-
charakteristik ein einheitliches, ausreichendes Motiv
ausfindig zu machen. Die mit Vorliebe angerufene Erregt-
heit des Schriftstellers ist ein zu billiger Notbehelf.
b) Betrachtet man V.3—23 als den eigentlichen Körper
des Briefes, so wird es einfacher und natürlicher sein, einen
nur eingliedrigen Hauptteil anzunehmen, der durchweg
argumentatorischen Charakters ist und mit einer historischen
Einleitung (V. 3f = Zweck, Veranlassung und Thema des
Briefes) eröffnet und einer kleinen Exhortation geschlossen
wird (vgl. Jülicher. Für den engeren Hauptteil (V. 5—19)
würde sich der von Judas gewählte Einteilungsgrund unschwer
darbieten. Rampf, Ewald, Wiesinger haben ihn bereits, wenn
auch noch nicht in dieser pointierten Schärfe, herausgestellt:
Die doeßeis ım Lichte der Geschichte und Weis-
sagung: der atl Geschichte V. 5—10, 11—13, der atl Weis-
sagung V. 14-16 (Henoch) und der ntl Weissagung V. 17—20
(die Apostel). Äufserlich manifestiert sich diese (Zwei-) Drei-
(oder Vier)teilung in den ohne Zweifel miteinander korrespon-
dierenden und scharfe Einschnitte markierenden Wendungen
und Ausdrücken: oi nmakaı npoyerpaunevor Kr. V. 4, Enpopn-
teudev de xai xrk. V. 14 und uvniodnte TWv Pnudtwv TWV
tpoeıpnuevwv ktA. V.17. Jedesmal wird hierdurch etwas Neues
angekündigt, jedesmal ein neues Argument gegen die Irrlehrer
in die Wagschale geworfen. Jede der Unterabteilungen hat
dann zwei (die erste vielleicht 2x2) deutlich distinguierte
Parallelglieder: Typus und Antitypus, ihr Wesen und Ende,
ihre Schuld und Sühne. Von den historischen und prophe-
tischen Typen wird der Übergang und die Anwendung auf die
Erscheinungen der Gegenwart gemacht, die nicht an sich,
388 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
2) Gerade das vierte Glied der Proportion bleibt ein stummes
x (das Gericht über die Verführer), Die fraglichen Verse
„dienen viel eher dazu, die Frevelhaftigkeit jener argen Christen
zu kennzeichnen, die Gott allerdings nicht ungestraft lassen
wird, als das Gericht zu malen, dem sie über kurz oder lang
anheimfallen werden“ (Zahn II 80; vgl. S. 389). Die Aus-
führung des roüto wäre zu matt und kraftlos, der ganze Zu-
sammenhang durch den ungeschickt sich dazwischenschieben-
den V. 4b empfindlich gelockert.
Dals man (Vulgata, de Wette, Rampf, v. Soden, Belser)
rpoypägeıv analog dem absolut und technisch gebrauchten
proscribere prägnant falst, macht die Sache in nichts besser.
Im Gegenteil! npoypapeıv = vorausbestimmen ist sprachlich
singulär; das als vollständig überflüssig empfundene Toüto
widerstrebt jetzt erst recht; ebensowenig will die Adverbial-
bestimmung ndAuı zum terminus technicus passen. Die An-
nahme einer Beziehung zwischen npoyerp. und V. 5—7 (Rampf,
Belser) wird mit dieser Auslegung fraglich. Sachlich streift
diese Modifikation der herrschenden Anschauung stark an
eine prädestinatianische Auffassung der Stelle, was als reine
Eintragung durchaus abzulehnen ist.
b) Das Prädikat „vorherbestimmt zum Gericht“ darf den
Irrlehrern nur a posteriori im Sinne von „vorhergezeichnet
zum Gericht“ beigelegt werden, niemals aber im Sinne einer
göttlichen Prädestination (weder praevisi, praesciti noch prae-
destinati im strengen Sinn). Das hat Judas keinesfalls sagen
wollen, dagegen scheint es nicht unwahrscheinlich, dals ein
verhüllter Nebengedanke die Wahl des zweideutigen xpiua
veranlalst hätte (für V. 4b — Strafurteil, für V. 5bff = Straf-
urteil und -gericht). Dieser Nebengedanke, dessen Heraus-
stellung aber den Lesern überlassen bleibt, wäre dann aller-
dings: Die doeßeig sind maAaı nrpoyeyp.; die atl Sündertypen
sınd zugleich auch Gerichtstypen, die Irrlehrer sind also
nicht nur vorhergezeichnet in ihrem abscheulichen, frivolen
Wesen, sondern auch zum voraus verurteilt (nmpoyeyp. eig
Toöütro — V. 4b — Trö xpiuo) und gerichtet, zum Gericht
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 389
bestimmt (eis toüto TO xpina vgl. mit den verb. fin. von
V. 5-7). So schon Clem. Alexandr. (Potter II, 1007).
Die besprochenen Erklärungsversuche hatten das miteinan-
der gemein, dals sie stillschweigend «xpiua= Gericht vor-
aussetzen. Ein Vergleich von Jud 5—7 mit der petrinischen
Parallele (2 Petr 2) erweckt doch einiges Bedenken. Bei Petrus
ist die Vorstellung des Gerichts zweifellos der leitende Gedanke,
wird dafür aber auch ganz anders eingeführt (oig TO xpina &x-
rraAaı oUK Apyei kai N} ArtwAeıa(!) ob vuoTtaleı) und steht offensicht-
lich im Mittelpunkt der ganzen ersten Hälfte des 2. Kapitels,
dessen Verhältnis zu V. 3 durch ei yap charakterisiert wird
(o0UK Epeloato zweimal, eig Kpicıv TNpeiv, Katakpiveıv, eig fu.
Kpigewg np. — technische, zum Teil pleonastische Ausdrücke,
Erweiterungen gegenüber Judas!),. Das Moment der Schuld
tritt ganz in den Hintergrund, wird nur V. 4. 7 gestreift und da
nur ganz nebenbei. Bei Judas liegt das Verhältnis gerade um-
gekehrt. xpiua = Gericht ist hier von vornherein unsicher.
Zwar spielt die Idee des Gerichts keine ganz stumme (vgl. V.8a
unter Nachwirkung von V.7b), jedenfalls aber auch nicht die
erste Rolle. V.4 ist xpiua durch Voranstellung des gewichtigen
maAoı rrpoyeyp. und des ebenfalls hervorgehobenen ToüTo ziem-
lich unbetont; schwach ıst auch das Echo V. 6b. 6. 7. 13
(anWwAEegEv, Kpicıg, diknv Urexovcon, ZöPog...Ternp). Keines-
falls ist es dem heiligen Verfasser darum zu tun, das Gericht zu
malen, das Was und Wie des Gerichts einzuschärfen, vielmehr
das Dals und Warum desselben (Gewilsheit, Verschuldung).
Daher in V.5—7 im Gegensatz zu Petrus (vgl. Jud 6. 7: 2 Petr
2,4. 6!) die Judas hier eigentümliche Betonung, Charakterisierung
und Vergleichung der äuapria der vorgeführten Typen und
ihrer gegenwärtigen Antitypen; daher die originelle Anordnung
und Auswahl der Beispiele, die mit Rücksicht auf die Sünden
der Irrlehrer getroffen wurde (Belser 708). Die änapria,
nicht das «piuo, ist es denn auch, was ganz entsprechend V.7f
als tertium comparationis herausgestellt wird.
Spitta, Burger(?), Kühl, Wandel bleiben mit Recht bei
der Grundbedeutung von xpiua=Urteil und betrachten ToüTto
390 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
To xpina in Übereinstimmung mit Ewald als (proleptische)
Zusammenfassung der Doppelglieder des V. 4b. Da die Be-
ziehung des ToUTo auf napeıaeducav unstatthaft ist, liegt es ın
der Tat am nächsten, eine solche zu dgeßeig xrA. anzunehmen.
Spitta hat in eigenstem Interesse die an sich ganz einfache
Sache ziemlich kompliziert gemacht. Nach ihm und Wandel
ist hinter kpiua stärker zu interpungieren; oi nakaır TTPOYE'TP.
ist nichts weiter als Einleitung des „Schuldurteils“ "Ageßeis «TA.
Zahn (II 87 A. 9) erinnert demgegenüber mit Recht daran.
„dals dieses syntaktische Verhältnis nur durch einen voll-
ständigen Satz... ausgedrückt werden konnte“. Es liest ferner
weder ein Zitat überhaupt vor, geschweige denn ein Petrus-
zitat (Spitta, Burger, Zahn; Jülicher: „ein christliches Wort--),
sondern das eigene konzise und mehr abstrakte Urteil des
Verfassers, das die konkrete Darstellung der folgenden Verse
vorbereitet und beleuchtet, noch auch dieses Urteil in der
thetischen Form Wandels mit Ausruf- oder Anführungszeichen.
V. 4 hat einheitliches Gepräge, das man grundlos zerstört,
wenn man, statt Parenthese anzunehmen, einen Ein-
schnitt macht; eig hat bei dieser Auffassung weder rein lokale
(v. Hofmann, Spitta, Kühl) noch gar finale Bedeutung (Ewald !,
vgl. LXX Is 4, 3; Lk 24, 20 eig xpina Bavarou), sondern mehr
determinativen oder konsekutiven Charakter: zu dem Urteil.
das Judas jetzt (Toüto) über die Eindringlinge ausspricht, gibt
ihm das naAaı mpoyerpapbaı derselben, ihre typische Voraus-
darstellung „Recht und Möglichkeit“ (Wandel). TTpoypapeıv
und xpina wird dabei ihre ursprüngliche Bedeutung gelassen;
toürto, das zum Teil auch „aus dem Kontrast zu dem durch
nakcı verstärkten po herausbegriffen werden“ muls (Wandel),
erhält seine nächste und natürlichste Beziehung in V.4b. TIpo-
ypagpeıv, das, wie schon Bengel, Stier, de Wette, Fronmüller,
ı Ewald S.83: „‚zu dieser strafthat‘, d. i. um eine solche durch gött-
liches gericht heimzusuchende that zu vollbringen, ‚vorausgeschrieben!', d.i.
in H. Schrift längst vorausgezeichnet und wie bestimmt“ Ähnlich wohl
auch v. Soden 205: „entweder in einem prophetischen Buch oder...
im Bürgerbuch der Hölle, vgl. Hebr 12, 23“.
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 391
Huther, Arnaud, Wiesinger erkannt haben (vgl. auch Spitta,
Sieffert, B. Weils), einen Hinweis auf das AT enthält, findet
in V. 5—7 die erwartete Erläuterung. M. E. ist bei dieser
Exegese alles ın schönster Ordnung. Wenn Spitta, um über
V. 5—7 hinwegzukommen, in seiner Polemik gegen Huther
behauptet, „der Hauptgedanke, dals diese Sünder ein Typus
der Tıves dvdpwroı seien, mülste hinzugedacht werden“ (S. 311),
so ist er offenbar im Unrecht; der von ihm vermilste Haupt-
gedanke, der nach dem ganzen Zusammenhang übrigens auf
der Hand liegt, ist nicht nur durch npoyeypauuevoı genügend
angedeutet, sondern zu allem Überfluls noch V. 8 deutlich ge-
nug ausgesprochen.
Den Zusammenhang mit dem Folgenden bilden die ein-
zelnen Glieder von oi makcı TTpoYeyYp. eis TOÜTO TO xp. also ın
der Weise, dals oi nakaı rrpoyerp. mit dem Hauptton die zu
beweisende Hauptthesis ist (geschieht durch V. 5—7 überhaupt),
eis Toüto (V. 4b) TO xpiua mit dem Nebenton (speziell auf
toüro) die Unterthesis (aceAyeıa, Apveiodaı bewiesen durch
un mOTEUGAVTag, un TnpiIoavrasg, AAN” Aarokımövras, EKrropveu-
cadar Kr\.); kpina, das in den Verbalausdrücken durchschim-
mert, gibt dem Ganzen die eigentümliche Farbe.
III. Erklärung von Jud 5.
Das Resultat der Exegese von Jud 4 ist hinsichtlich des
Verhältnisses zu Jud 5 folgendes: eig ToütTo TO xpina geht mit
toüto auf V. 4b und als Gesamtausdruck auf die Partizipien
von V. 5—7 (Identitätsbeweis), wobei xpiua leise an atWwAegev
usw, anklingt. oi nakaı rrpoyerpauuevor ist das eigentliche
probandum (durch V.5—7) und geht temporal und lokal auf
das AT; seiner Geschichte (und Literatur) sind die ange-
zogenen Sündertypen entnommen. Jede andere Deutung oder
Umdeutung der Strafexempel hat damit von vornherein wenig
Wahrscheinlichkeit für sich.
a) Der Sinn des Verses ist für den schlichten Wortverstand
bis auf ro deutepov klar. Jeder unbefangene Leser, der dem
unmittelbaren Wortsinn folgt, kann keinen Augenblick darüber
392 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
im Zweifel sein, dals der heilige Verfasser mit A\aöv... owoasg
an die Errettung Israels aus Ägypten erinnern wilL Dais diese
V. 5a erweckte Vorstellung in den ersten Lesern schon an
sich und dann besonders unter dem bestätigenden Einfluts
von Adnwiege und ToÜüg un miotevoavrag die andere Vorstellung
von dem Nm 14 erzählten Todesgericht hervorruft, ist eben-
falls unbestreitbar. Die Frage ist nur, ob To deutepov, das
bis jetzt unberücksichtigt geblieben ist, diese Harmonie wirk-
lich stört oder nicht.
to deutepov als Zahladverb genommen heilst das zweite
Mal, zweitens, zum zweiten Male, oft = &x deutepou, deutepov
ma\ıv; mit mehr temporalem Charakter ist es = secundo
loco, post (Stephanus mit Belegstellen aus Herodot), postea,
deinde (vgl. de Wette). Inwiefern diese durchaus unanfecht-
bare Übersetzung sich mit dem übrigen Inhalt unseres Satzes
nicht soll vertragen können, ist mit dem besten Willen nicht
einzusehen. Belser (S. 685) erklärt ganz richtig: „Erst rettete
Gott... ein Volk, um es zum andern Mal zu vernichten; dem
owoaı als ersten Akt liefs Gott das anwA&oaı (sic) als zweiten
Akt folgen.“ Diese Erklärung hat die exegetisch-historische
Priorität und nicht nur die Zustimmung sämtlicher katholischer
Forscher, sondern auch sehr vieler protestantischen Gelehrten
(de Wette!, Ewald, Hofmann, Spitta, v. Soden). Ich persön-
lich möchte überhaupt auf den Zahlcharakter des Wortes
nicht zuviel Gewicht legen. Tö deütepov scheint mir lediglich
zur scharfen, markanten Hervorhebung des sonst weniger hör-
baren und doch ganz unerwarteten Kontrastes oWwoag: ArtWwäAegev
zu dienen (vgl. Grotius: ex contrario und den verwandten (ad-
versativen) Sprachgebrauch des deutschen „hinwiederum“).
ı Vgl. Exeget. Handb. 1817, III 1, 66: „Der Verf. zählt das Straf-
gericht in der Wüste 4 Mos 14 als den zweiten, obschon entgegengesetz-
ten Fall, indem er als Zahleinheit den Begriff der göttlichen Leitung
oder etwas Ähnliches denkt.“ Diese Erklärung erfreut sich im Grunde
auch des Beifalls v. Hofmanns (Die Hl. Schrift NTs zusammenhängend
unters. VII 2, 160), wenngleich er nachher (160 ff) zu einer andern Pas
übergeht.
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 393
Unserer Auslegung erwächst eine nicht zu unterschätzende
Stütze aus Jud 6, der mit Jud 5 engstens zusammengehört
(beachte den Anschluls durch T& gegenüber ws ... V.7) und
dementsprechend, obschon syntaktisch anders gestaltet, doch
nach Zweck und Inhalt vollkommen parallel ist: Aaög: dyyekoı
(hochbegnadigt; vgl. xapıra nerarıd.), OWwoag: Apyxr, Id10vV oikn-
npıov (desgl.), un mIOTEeVGavTas: un Tnpnoavras, aAA Atolı-
ttövrag (Verschuldung), dnWwAecev: eig Kpicıv TErNnpnkev (Straf-
gericht). Jud 5 auch syntaktisch Jud 6 gleichzustellen, ging
wegen der Hervorhebung des Aaög und der Häufung der Par-
tizipien nicht wohl an.
Bevor wir zu den entgegengesetzten und abweichenden
Erklärungsversuchen übergehen, sei unsere Deutung durch die
Einzelerklärung bestätigt und sichergestellt. bmouvijoaı, dessen
Inhalt durch den auf den religiösen Bildungsstand der Leser
reflektierenden Zusatz eidötag bnds Ara ravra begründet und
verstärkt wird, knüpft an npoyeypauu&vor an. d£, im Deutschen
am besten nicht übersetzt, ist nicht adversativ (etwa zu napa-
kaAWv — so noch Burger — oder zu einem zu ergänzenden docere
de novo — so Calvin, Wiesinger, Keil, Loch-Reischl) noch auch
metabatisch (Spitta, Wandel), sondern, weil die Ausführung von
trpoyeyp. einleitend, epexegetisch zu fassen. Die Artikellosigkeit
des Aaög braucht neben dem ebenfalls artikellosen ayyeAoug V. 6
nicht als auffallend beanstandet zu werden. Als das Bundes-
und Gottesvolk ist der Aaög durch Ex yrigs Alyuntou ja genügend
ins Licht gestellt; aber darauf kommt es gar nicht an. Die
Majestät des Gerichtes kann den armseligen Libertinern gegen-
über nicht besser illustriert werden als durch Hervorhebung
des Gedankens (an xapıra anknüpfend), dals ein Volk, ein
ganzes Volk, ein Volk in seiner Gesamtheit und Einheitlich-
keit, dals selbst Engel, diese hochbegnadeten Himmelsfürsten,
dem verdienten Verderben anheimfielen. Die Partizipialkon-
struktion verleiht dem Inhalt des ganzen Verses das einheit-
liche Gepräge einer Gottestat und lälst weder eine Trennung
des Objekts zu (beidemal Aaög) noch eine zeitliche Auflösung
in zwei in sich abgeschlossene, verschiedenen Perioden an-
394 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
gehörende Ereignisse. Gegenstand der Rettung sowohl wie
der Vernichtung ist der eine Aaög; das eine göttliche Drama
vollzieht sich in zwei zusammenhängenden, geradlinigen, nur
entgegengesetzten Akten. Als besonderer Akt wird owoas
durch die Form des Aktivs (nicht oweevras) deutlich dem
anwäAegev gegenüber- und gleichgestellt. Toug un mIOTEUCaVvTas
ist umfänglich mit Aaög genau identisch und will weder einen
numerischen (einschränkend), was lächerlich wäre, noch sonst
einen Gegensatz zu Aaög statuieren, sondern wie die Partizipien
in V.6. 7 ın stetem Rückblick auf V. 4b erläutern und be-
gründen. Sachlich setzt moTteucavrag positive Akte des
Unglaubens (vgl. V. 6. 7) voraus, nicht einen ungläubigen
Habitus (dafür dmıotog), wie er den Volks- und Zeitgenossen
Jesu eignete. Das historische Faktum, auf das arwäeoev an-
spielt, ist das Gottesgericht in der Wüste, wodurch die ge-
samte aus Ägypten gerettete Generation wegen ihrer drıcria
(Nm 14, 11; Dt 1,32; Hebr 3, 19) vom Einzug in das Ver-
heilsungsland ausgeschlossen wird und in der Wüste sterben
muls (vgl. Eccli 16, 11).
b) Alle abweichenden Erklärungsversuche gehen von der
Annahme aus, dals bei Tö deutepov eine Breviloquenz vorliege.
Statt dem oWoas ein TO TTPOTEPoV (= zuerst, erstlich, anfangs)
zu substituieren, hat man völlig ungerechtfertigt zunächst einen
zweiten Rettungsakt erfunden (Huther: zuerst aus Ägypten.
dann aus der Wüste), den v. Hofmann treffend zurückgewiesen
hat, dann umgekehrt zu anwäegev einen zweiten Vernichtungs-
akt (Fronmüller: zuerst in der Wüste, dann im Exil) — eine
Annahme, die die gesamte Kritik als nicht beifallswürdig be-
zeichnet; endlich hat man zur Fiktion eines doppelten Un-
glaubens seine Zuflucht genommen (Ex 14, 10ff; Nm 14, 22f:
Spitta, Burger), deren letzter den Untergang über Israel
heraufbeschworen hätte.
Alle diese Experimente, die, wo alles klar und einfach
sein könnte, mehr Verwunderung als Bewunderung erregen,
scheitern nicht nur an der ganzen Satzkonstruktion, sonder2
namentlich am natürlichen Rlıythmus des Satzes, an der licht-
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 395
vollen Stellung der Worte, nach der es unmöglich ist, To
dEeUTEPOV zu Owoas oder zu ToLg un moTeldgavrag oder end-
lich zu anwiegevy zu ziehen = zum zweitenmal vernichtet (mit
dem Ton auf „zum zweitenmal“ oder auf „vernichtet“). Die
entsprechenden grammatisch korrekten Konstruktionen wären
in diesen Fällen: Aaöv ... TO dbeutepov OWOag, TOUGS TO dEU-
TEPOV un mOT., TOUÜg un MOT. TO deutepov ArwäAedev. Der
Rhythmus des Satzes offenbart unzweideutig die Unabhängig-
keit und Selbständigkeit der Stellung des TO deutepov:
öTı Küpıog | Aaöv.... Owoas | TO deutepov | ToUg un mot.
ATTWÄEOEV.
Einige frühere Forscher (Schmid, Schott, v. Hofmann)
gewannen dem Vers noch besondere chronologische Bedeutung
ab. Verleitet durch die Lachmannsche Lesart ’Inooüg statt
kupıog (ausgenommen Hofmann), erblickten sie ın anwAeoev den
Hinweis auf eine ntl Tatsache; in ihrer Anschauung wurden
sie bestärkt und gefördert durch den biblischen Vergleich der
ntl Erlösung durch Christus mit derjenigen aus Ägypten (vgl.
Zahn II 89). Mit TO deurepov wird nach ihnen der ersten
Erlösungstat zur Zeit des Moses eine zweite Erlösung gegen-
übergestellt, die die Voraussetzung ist für das über die Un-
gläubigen hereingebrochene Verderben. Während im ersten
Fall Objekt der Erlösung ein ganzes Volk war, wurden bei
der ntl Erlösung durch Christus nur die Gläubigen gerettet,
die Ungläubigen aber durch die Katastrophe vom Jahre 70
vernichtet. Der Zusammenhang mit dem Folgenden wäre
dann nach Schott 227 dieser: „Wie Jesus, nachdem er in und
mit der ersten Rettungstat ein ganzes Volk zur Heilsgemeinde
angenommen, doch dann bei der gegenbildlich vollendenden
zweiten Erlösungstat die blols äulerlich dieser Gemeinde an-
gehörigen Ungläubigen richterlich hinweggetilgst hat: so wird
er auch .. . alle diejenigen, welche blols vorgeblicher und
äulserlicher Weise der dermaligen Heilsgemeinde zugehören,
innerlich aber durch ungläubige Verleugnung seiner als des
Grundes und Hauptes ihr völlig fremd sind, durch ein Gericht
des äulsersten Verderbens hinwegtilgen.“
396 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5).
Bis auf Zahn huldigt kein neuerer Kritiker diesen oder
ähnlichen Auffassungen von Jud 5. Zahn (II 82f 89) läfst
durch Tö deutepov AnWAeoev bestimmt ausgesprochen sein,
dafs ein ähnliches Gericht (wie welches? etwa wie die Zer-
störung Jerusalems, die erst konstruiert werden soll?!) schon
früher (NB.) stattgefunden hat. Voraussetzung der beidemaligen
Vernichtung (Todesgericht in der Wüste, Zerstörung Jeru-
salems) sei die Errettung eines Volkes (Altisraels durch Moses,
Neuisraels durch Christus) und der dieser folgende oder sie
begleitende, den Gerichtsakt herausfordernde Unglaube Ob-
jekt und Subjekt des Gerichtes sind beidemal dasselbe (roüg
un moTeugavrag, in concreto: die ungläubigen Juden in der
Wüste, die ungläubigen Zeit- und Volksgenossen Jesu — Ö
küpıog); ähnlich werden unter dem gemeinsamen Objekt des
oWwoag (=Aaög) das eine Mal die Zeitgenossen des Moses, die
mit ihm aus Ägypten errettet wurden, das andere Mal die
Kinder Neuisraels (Juden- und Heidenchristen) verstanden.
Als fertig vor uns tretendes Produkt mag Zahns Exegese
bestechen; sie übertrifft ohne Zweifel ihre Vorgängerinnen,
gegen die sich aulser exegetischen Bedenken auch schwer-
wiegende sachliche erheben. Stellt man sich jedoch an den
Anfang der Zahnschen Entwicklung und auf den Boden des
Textes und Kontextes, so verliert sie ihren Reiz mehr und
mehr. Unnötig ist die Beziehung des TO deutepov zu Atwke-
oev, künstlich und unnatürlich der ganze Zahnsche Deutungs-
prozels überhaupt mit seinen Vor- und Rückwärtskonstruktionen,
fingierten Unmöglichkeiten und selbstgewollten Widersprüchen
— der Kern der Frage konzentriert sich jedoch m. E. nicht
darauf, sondern auf einen viel wunderen Punkt, die Berech-
tigung der stillschweigenden Voraussetzung, dals tatsächlich
ein Vergleich vorliegt, dals die ganze Stelle bildlichen, sym-
bolischen Charakter hat. Demgegenüber ist mit Nachdruck
hervorzuheben:
1. Im Text fehlt jedes Anzeichen für den bildlichen Aus-
druck der Stelle, was bei der unter Zahns Annahme ganz
rätselhaften Kürze von Jud 5 und der unterschiedslosen Koor-
Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 397
dination mit den vollständig gleichartigen, nichtsymbolischen
Strafexempeln Jud 6. 7 schwer ins Gewicht fällt. Die ganz
andersartige Verwendung atl Geschichtstatsachen 1 Kor 10,
. 1—11 und Hebr 3, 7 zur Illustration ntl Tatsachen und Ver-
hältnisse mit unzweideutiger Angabe dieses didaktischen Zwecks
und lichtvoller, detaillierter Gegenüberstellung von Typus und
Antitypus kann unser Bedenken nur verstärken.
2. Der fragliche Vergleich wäre völlig bedeutungslos und
würde die Kraft des Arguments und seine Wirkung nur ab-
schwächen; ist zudem an die Zerstörung Jerusalems gedacht,
so wäre die geflissentliche, nicht nur zwecklose, sondern ge-
radezu zweckwidrige Verdunkelung des auch nach Zahn ersten
und schlagendsten Arguments einfachhin unbegreiflich.
Die überwiegende Mehrzahl der Exegeten ist daher einig
in der Ablehnung dieser besonders im Interesse der Priorität
des 2 Petr aufgestellten Erklärung. Auf Grund von Jud 5
den nächsten terminus ad quem für die Abfassungszeit des
Judasbriefes zu fixieren, ist ein aussichtsloses Unternehmen;
die Frage ist nur, ob dieses argumentum ex silentio aus-
reicht, um eine Datierung vor 70 zu begründen, ein
Moment, das zwar wenig Gewicht hat, wenn sonst die Priorität
des einen oder andern Autors gesichert ist, das aber ım
Ganzen des Beweises — wie andere, oft ignorierte historische
Anhaltspunkte — bei der Unsicherheit der inneren Kritik
doch Berücksichtigung verdient.
Augustinus als Exeget.
Von P. Odilo Rottmanner O. S.B. in München.
ie April-Nummer der Bibliotheca sacra enthält S. 318
bis 344 einen lesenswerten Artikel von Rev. Ritchie
Smith über „Augustinus als Exegeten“. In einigen
Punkten aber bedarf dieser Artikel, der über die wissenschaft-
liche Ausrüstung des hl. Augustinus sowie über seine exege-
tischen Grundsätze betr. Kanon, Inspiration, Methode, Alle-
gorese handelt, einer Berichtigung. Zunächst erlaube ich mir
auf den Artikel der Revue Benedictine, Juli-Nummer 1901.
hinzuweisen, worin, wie A. Loisy, Revue d’histoire et de litte-
rature religieuses VII (1902) 268, anerkennt, ein für allemal
festgestellt ist, dafs Augustinus spätestens vom Jahre 409 an
den Hebräerbrief nicht mehr unter dem Namen des Apostels
Paulus anführt. Demgemäfs ist es unzulässig, sich für die
Behauptung, dals Augustinus den Hebräerbrief dem Apostel
Paulus zuerkenne (S. 335), auf eine Schrift (Epist. ad Rom.
inch. Expos. n. 11) zu berufen, die der frühesten Periode
(c. a. 394) dieses Kirchenvaters angehört. Allerdings hat sich
Augustinus auch vom Jahre 409 an niemals direkt gegen den
paulinischen Ursprung des Hebräerbriefes ausgesprochen, aber
ebensowenig hat er von da an Paulus als Verfasser dieses
Briefes zu bezeichnen gewagt. Für ihn blieb diese Frage un-
entschieden, und ebendeshalb kann er nicht als Zeuge für
die paulinische Autorschaft des Hebräerbriefes angerufen
werden. — Unrichtig oder doch ungenau ist die Behauptung
(S. 330), dafs die ersten drei Bücher der Schrift De doctrina
christiana 1. J.397 geschrieben wurden; denn, wie Augustinus,
Retract. 1. II, c. 4, n. 1 sagt, hatte er das dritte Buch (397)
Rottmanner, Augustinus als Exeget. 399
unvollendet gelassen und ihm c. a. 426 noch 12—13 Kapitel
(c. 25, n. 36 bis c. 37, n. 55) hinzugefügt, ehe er mit dem vierten
Buch das ganze Werk abschlofs. — Zu S. 320 bemerke ich,
dafs Augustinus, der in der Tat „einige Kenntnis des Punischen
besafs“, den von ihm Epist. 17, 2 etymologisch erklärten Eigen-
namen nicht Namphanio, sondern Namphamo schrieb, wie
auch der neueste Herausgeber seiner Briefe, Goldbacher, mit
Recht annimmt (Epist. 16, 2 u. 17,2). Vgl. auch Theolog.
Quartalschrift 1895, 2741 und De Vit, Totius latinitatis ono-
masticon IV 619f. In den meisten Punkten kann man dem
Verfasser des Artikels der Bibliotheca sacra beistimmen, ins-
besondere in der Charakteristik, die er am Schlusse von dem
Exegeten Augustinus gibt. Augustinus war, wie Rev. Ritchie
Smith sagt, zwar kein Meister im Gebiete der kritischen Exe-
gese; aber er wurde durch keinen andern an Bestimmtheit und
Klarheit übertroffen, soweit es sich um Auffassung und Dar-
legung der wesentlichen Wahrheit der Hl. Schrift handelte, so
dafs seine Schriften nach 1500 Jahren noch als Fundgrube von
Geistesschätzen gelten können. — Bei dieser Gelegenheit darf
wohl auch die gründliche Schrift von H.N. Clausen, Aure-
lius Augustinus Hipponensis Sacrae Scripturae interpres, Hau-
niae (Kopenhagen) 1827, in Erinnerung gebracht werden.
Besprechungen.
Nikel, Dr Johannes, o.ö. Professor an der Universität Breslau, Ge-
nesis und Keilschriftforschung. Ein Beitrag zum Verständnis der bi-
blischen Ur- und Patriarchengeschichte. gr. 8° (XII u. 262) Freiburg i. Br.
193, Herder. M 5.—
Der Verfasser gibt als Zweck seines Buches an, „allen denjenigen,
welche sich ohne genauere Kenntnis des Assyrischen und der assyrio-
logischen Literatur mit den einschlägigen Problemen beschäftigen wollen.
das gesamte Material geordnet vorzulegen und dieselben in das Verständ-
nis der Probleme einzuführen“ (S. vın. Neue Texte beizubringen oder
neue Gesichtspunkte aufzudecken, liegt also nicht in der unmittelbaren
Absicht N.s. Selbstverständlich will er auch nicht eine Zusammenstellung
sämtlicher mythologischen und historischen Texte, die für die Genesis
in Betracht kommen, bieten. Es handelt sich vielmehr um eine auf die
Quellen gestützte, mit dem ganzen wissenschaftlichen Apparat versehene
Darstellung im Gegensatz zu den ohne die Quellennachweise abgefalsten
populären Abhandlungen,
Wie schon der Titel andeutet, teilt N. sein Buch in zwei grolse Ab-
schnitte, deren erster von den Urgeschichten der Genesis (Gn 1—11}), deren
zweiter von der Patriarchengeschichte handelt. Er führt nun seine Auf-
gabe so durch, dals er die einzelnen Fragen von allen Seiten beleuchtet;
er bietet zunächst einen interessanten Rückblick auf die bisherigen Lö-
sungen, bespricht die Hilfsmittel und die Methode der Forschung, um
dann die einschlägigen biblischen und babylonischen Stoffe kritisch zu
vergleichen. Die Vergleichung schlielst er ab mit dem Hinweis auf dıe
Parallelen in aulserbiblischen Sagen.
Die von N. besprochenen Fragen bieten gewils aufserordentliche
Schwierigkeiten. Eine allgemein zuiriedenstellende Lösung wird allzu
rasch nicht gefunden werden. Es ist schon ein Verdienst N.s, dals er
die Fragen nach allen Seiten herausgestellt und so den Nachweis erbracht
hat, dals es noch Fragen sind, und dals die bisherigen Lösungen nur von
bestimmten Voraussetzungen aus gelten. Als feststehend muls m.E.
angenommen werden, dals auch bei weitestgehender Anerkennung babylo-
nischer Elemente in der Bibel die Eigenart der letzteren jetzt doch
allseitir anerkannt wird. Eine Gefährdung religiöser Interessen durch die
babylonische Forschung ist damit bereits ausgeschlossen. Die Bibel steht
zwar unter dem Einflusse der babylonischen Kultur, ist aber kein bloiser
Ableger derselben; in religiöser Hinsicht nimmt sie eine einzigartige
Stellung in der semitischen Welt ein.
Nach N.s Ansicht beschränkt sich der babylonische Einflufs auf die
Erzählungen der Genesis auf ein sehr geringes Mais. Nicht mit Unrecht
hebt Verfasser hervor (S. 20), dals es ein methodischer Fehler sei, wenn
die Assyriologen nur einseitig babylonische Kultureinflüsse ins Auge
fassen, dagegen die ähnlichen Sagen anderer Völker gar nicht berücksich-
tigen. Allein man darf bei der Vergleichung der aulserbabylonischen
Sagen auch nicht mechanisch zu Werke gehen und sie einfach neben-
Besprechungen. 401
einanderstellen, sondern man muls zuerst die in den einzelnen Kultur-
kreisen vorhandenen Sagen auf ihren Zusammenhang prüfen. Nun
gibt es aber blols eine altorientalische Kultur in Vorderasien, das ist die
babylonische. Und nun war gerade in der Zeit, wo Agypten politisch
über Kanaan herrschte, das Land eine Domäne babylonischer Kultur.
Israels Berührungen mit Agypten sind also den babylonischen Einflüssen
gewils nicht gleichzuachten. Von einer hettitischen Kultur wissen wir
nichts, eine aramäische hat es nicht gegeben. Bei den persischen und
griechischen Einflüssen müssen wir erst fragen, was genuin babylonisch
und was fremde Zutat ist. Der einfache Vergleich tut es also hier nicht.
es müssen vielmehr die einzelnen Elemente in ihrer verschiedenartigen
Gestaltung verfolgt und geprüft werden.
Auch das Aufzählen von Autornamen besagt wenig zur Sache. Ein
Name auf der einen Seite kann mehr bedeuten als zehn auf der andern.
Es ist nun doch merkwürdig, dafs alle S. 18 genannten Fachassyriologen
für die Entlehnungstheorie eintreten; unter ihnen befindet sich auch
H. Gunkel, der sich von den Alttestamentlern am eingehendsten mit der
Frage des Zusammenhangs der biblischen Schöpfungserzählung mit dem
babylonischen Mythus befalst hat, die Vertreter der vermittelnden Rich-
tung sind fast durchaus alttestamentliche Theologen; dagegen lesen wir
unter denen, die sich schärfer gegen Jdie Annahme einer literarischen Ab-
hängigkeit ausgesprochen haben, meist solche, die erst durch den Babel-
Bibelstreit veranlalst wurden, gelegentlich zu der Frage Stellung zu
nehmen. Diese Gelegenheitsbroschüren sind aber meist mehr polemisch
als streng wissenschaftlich.
N. onint bei der Vergleichung der biblischen Urgeschichten mit
den babylonischen Sagen regelmälsig zu dem Resultat: Wir sind nicht
gezwungen, eine Abhängigkeit auf biblischer Seite anzunehmen. Das ist
allerdings richtig, aber es ist ein negatives Resultat. Was Forscher
wie Gunkel, gegen den sich N. besonders wendet, wollen, das ist eine
Erklärung der biblischen Erzählungen. Für den modernen Historiker
sind diese eben nicht Geschichte, Infolgedessen wird es auf diese Kreise
auch keinen Eindruck machen, wenn man sie mit der stillschweigenden
Voraussetzung widerlegt, das seien historische Berichte. Den himmelweiten
Unterschied zwischen der biblischen und der babylonischen Schöpfungs-
geschichte sieht auch Gunkel, aber er fragt, woher die merkwürdige Form
der Darstellung? Wer eine bessere Erklärung gibt als Gunkel, der hat
ihn am besten widerlegt.
Es ist vor allem notwendig, die Grundideen der beiderseitigen Er-
zählungen klarzustellen. Meine Studien über Marduk, den babylonischen
Demiurgen, haben mich zu der Überzeugung geführt, dals der Grundge-
danke des babylonischen Weltschöpfungsepos die Erklärung der Ordnung
in der Welt ist. Marduk wird immer gepriesen als der weise, kluge Gott;
Tiamat dagegen ist die Personifizierung der ungeordneten, wüsten Masse
und sinnlosen Gestaltungskraft. Das babylonische Schöpfungsepos feiert
demgemäls in der Entstehung der Ordnung im Weltall den Sieg der
Vernunft und Weisheit über die elementare, willkürliche Gewalt. Damit
wird auch die Lösung der Frage, ob Tiamat als Weib oder als Drache
zu denken sei, ermöglicht. N. gibt der Jensenschen Ansicht, dals Tiamat
ein Weib sei, den Vorzug (S. 10l). Wenn Berosus 'liamat yuvaika nennt,
so ist noch lange nicht gesagt, dals sie ein menschliches Weib war
(vgl. Nikel S. 103). Die Erschaffung des Menschen wird ja erst auf der
sechsten Tafel des babylonischen Epos erzählt (vgl. King, The seven Tablets
of Creation p. 85 ff). Tiamat ist das personifizierte „Meer“; es ist kaum an-
zunehmen, dals man sich dieses als menschliches Wesen dachte; wenn sie
riesige Schlangen und andere Ungcheuer gebiert, so ist klar, dals sie selbst
ein ähnliches Ungeheuer war. Die Vorstellung desselben konnte jedenfalls
auch variieren. Sie ist Weib als die alles aus sich erschafiende, gebärende
Biblische Zeitschrift. II. 4. 28
402 Besprechungen.
Macht. Apsü ist das männliche Prinzip; aber wird man auch behaupten
wollen, dals er ein „Mann“ sei? Tiämat ist ein sinnloses Ungeheuer, für
das die Bezeichnung Schlange oder Drache am besten palst, deshalb
schafft sie auch lauter Ungeheuer als ihre „Helfer“. Diesen Mächten
tritt dann Marduk gegenüber, die die rohen Kräfte überwindende, alles
gestaltende Weisheit. Die Babylonier wollten also durch ihren Schöpfuners-
mythus die die gewaltigen Massen des Weltalls beherrschende Gesetz-
mälsigkeit und schöne Gestaltung erklären (das Nähere s. in meinen „Hymnen
und Gebeten an Marduk. Diss. Berl. 1903“). So wird dann auch die Un-
befangenheit und Freiheit verständlich, mit der die mythischen Gestalten
Rahabs, Leviathans, des Drachen ins AT eingeführt und behandelt werden.
Wenn N. (S. 116) beifällig die Worte Öttlis zitiert, der das babylonische
Schöpfungsepos gegenüber dem biblischen Berichte mit den „wirren
Phantasien eines Fieberkranken“ vergleicht, so ist die ldee des babylo-
nischen Mythus eben nicht verstanden; man mülste dasselbe dann von
jeder Mythologie sagen. Der Naturwissenschaftler, der die Bibel von
seinem Standpunkt aus beurteilt, dürfte auch Gn 1 „Phantasie“ nennen.
Wenn wir uns in den fremden Gedankenkreis einzuleben vermögen, dann
werden wir ilın verstehen und gerecht beurteilen.
N. zitiert zwar Kings Werk The seven Tablets of Creation als ein
„überaus wichtiges Werk“ (8.32), aber seine Darstellung beruht noch
ganz auf der Bearbeitung des babylonischen Schöpfungsepos im 6. Bande
der Keilinschriftlichen Bibliothek. Die von King gebrachten wichtigen
Ergänzungen sind also unberücksichtigt geblieben. Die Partie über die
Weltschöpfung bedarf also einer bedeutenden Ergänzung, wenn auch das
Resultat schlieislich dasselbe bleibt. King enthält ferner eine Reihe von
Texten, die sich nach seiner Ansicht auf die Weltschöpfung beziehen.
Über die Bedeutung von Esara (S. 40 109f) vgl. neuerdings Hrozny in
den „Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft“ 1903, 5, $. 89t.
Die folgenden Partien über Paradies, Sündenfall, Urväter, Sündflut
sind eine gute Materiallensammlung und sehr nützlich zu studieren. Was
die Sündenfallerzählung anbelangt, so kommt N. zu dem Resultat (S. 138 f),
„dals Anklänge an einzelne in der biblischen Sündenfallerzählung vor-
kommende Momente sich in der babylonischen Literatur zerstreut vor-
finden, dals aber ein zusammenhängender, dem biblischen Bericht in
allen wesentlichen Zügen ähnlicher, babylonischer Mythus sich nicht nach-
weisen lälst“. Ebenso ist es bei der Paradieseserzählung; auch bei keinem
andern Volke findet sich „eine in allen wesentlichen Zügen der biblischen
Paradieseserzählung parallele Sage“. Allerdings sind für den aufmerk-
samen Beobachter unwesentliche Züge manchmal die Hauptsache. N. be-
ruft sich (S. 148) darauf, dals die Paradiesesschlange als „listiges Tier“
eschildert wird, während Tiämat, „vorausgesetzt überhaupt, dals sie als
Schlange oder Drache zu denken ist“, „als furchtbar gewaltiges, die Welt
beherrschendes Ungeheuer“ vorgestellt wurde. Dals die biblische Schlange
aber nicht blols ein listiges, sondern auch ein gewaltiges Tier war, geht
aus Apc 12,9 hervor, wo der dbpaxwv 56 ueyas als d öpıc 6 Apxalocg be-
zeichnet wird (vgl.S.164), Dals Tiamat als die gottwidrige Maclıt im
letzten Grunde identisch ist mit der Paradiesesschlange, ist auch jetzt
noch meine Überzeugung (vgl. meine „Sünde und Erlösung n. bibl. u.
babyl. Anschauung“, Leipzig 1903).
Auch zu den Berichten über die Urväter und die Sündflut bietet
N. manchen wertvollen Hinweis, aber die Hauptschwierigkeiten harren
noch ihrer Lösung. Denn es ist eben immer nur ein negatives Resultat,
wenn man weils, „dala man keine Veranlassung hat, von der Auffassung
abzuweichen, nach welcher die aus der Urzeit lebende Erinnerung an eine
ihrer Bedeutung nach dem biblischen Berichte entsprechende Flut dem
Berichte der Genesis zu Grunde liegt“ (S. 186).
Im zweiten, bedeutend kürzeren Teile (S. 201—261) ist die Arbeit
Besprechungen. 403
leichter. Wir befinden uns da auf einem historischen Boden, über den
die Assyriologie neues Licht verbreitet hat. Wenn man auch in vielen
Punkten anderer Ansicht ist — wird ja sogar Amraphel=Hammurabi von
Bezold noch bezweifelt, obwohl N. mit Reclıt sagt, dals diese Identität
allgemein anerkannt wird —, so ist doch sicher, dals Abraham als histo-
rische Person zu betrachten ist. Als solche nehmen ihn auch die Ver-
treter der Mythenhypothese an, wenn sie auch an der astralmythologischen
Form der Erzählung festhalten.
Von den kleineren Sachen sei bemerkt, dafs Jensen nicht Paul, sondern
Peter heilst, Nudimmud ist zweifellos Ea (S. 38), Mummu ist der Diener
von Apsü und Tiämat (S. 47, A. 3), S. 53 soll es statt „monistische“
wohl „monotheistische“ Auffassung heilsen, S. 54, A.3 ist xax in x39
verdruckt, S. 127 ist das Komma zwischen Eberhard und Schrader zu
streichen, auf Grund der Amarnatafeln ist die Gleichung Sinear-Sumer
(S. 223) aufzugeben; S. 238 ist “myy statt "muy gedruckt.
N.s Arbeit über „Genesis und Keilschriftforschung“ zeigt, wie unge-
heuer vielvon den Alttestamentlern aufdiesemGebiete noch zu leisten ist, trotz-
dem es eine tüchtige, wohldurchdachte, von guter Sachkenntnis getragene
Leistung ist. Die gemachten Bemerkungen wollen auch nicht den Wert
der Arbeit heruntersetzen, sondern nur als in Erwägung zu ziehende Hin-
weise gelten. N. gebührt für den wissenschaftlichen Ernst und seine grolse
Mühe, mit der er die Arbeit aufgenommen hat, unser aufrichtiger Dank.
Würzburg. J. Hehn.
Bousset, Dr W., Die Reliyion des Judentums im ntl Zeitalter. gr. 80
(X1V u. 512) Berlin 1903, Reuther & Reichard. c% 10.—
Die Religion des Spätjudentums war im Vergleich zur atl Theologie
bisher mehr als stiefmütterlich behandelt worden. Was diese oder jene
ntl Zeitgeschichte bot, ist teils antiquiert teils unvollständig; auch Schü-
rer, H. Holtzmann, Wernle u.a. haben nur einzelne Fragen erörtert
oder kurze Übersichten geliefert. An eine allseitige und erschöpfende Dar-
stellung schien sich niemand wagen zu wollen, bis B. sich dieser schwie-
rigen Aufgabe unterzog.
Eine Zusammenstellung der Quellen in chronologischer Reihenfolge
bildet den ersten Abschnitt (S. 6—53). Man wird in derselben wohl nichts
Nennenswertes vermissen, auch mit den Datierungen im allgemeinen ein-
verstanden sein; nur in seltenen Fällen wird man den von der Kautzsch-
schen Sammlung vorgeschlagenen Zeitbestimmungen den Vorzug geben.
In die jüdischen Quellen werden auch kanonische Bücher eingereiht; dies
Verfahren ist ja m. E. von literar-historischen Standpunkt aus gewils
berechtigt; aber ebenso berechtigt werden auch die Bedenken sein, die
man z. B. geren die zeitliche Ansetzung des deutero-kanonischen Baruch-
buches (S. 38: wahrscheinlich nach der Zerstörung Jerusalems —?) er-
heben wird.
Ebensowenig wird man, wenigstens von katholischer Seite, schon
mit der Überschrift des zweiten Abschnittes (S. 54—184): „Die Entwick-
lunz der jüdischen Frömmigkeit zur Kirche“ einverstanden sein. Was
wir als wesentliche Merkmale einer Kirche betrachten, fehlt im Spät-
juadentum beinahe vollständig; der Drang zum Universalismus war nur
ein vorüberzehender und ist schlielslich der Gegenströmung des Partiku-
larismus unterlegen. Eine gewisse Glaubenseinheit war nur durch den
toten Schriftbuchstaben eines (übrigens noch nicht abgeschlossenen) Kanons
bedinrt; überdies war der Begriti des Glaubens, dessen steigende Wert-
schätzung B. mit Recht hervorhebt (S. 175—178), ein sehr verschwommener
(S.177, A.2). Sakramente hatte die Synagoge überhaupt keine; wie kann
sie da als „Heilsanstalt“ bezeichnet werden, wenn man letzterem Begriff
seine traditionelle Bedeutung läfst? — Bei den einzelnen Kapiteln — Ex-
pansion des Judentums, (resetz, Kanon, Schrift und Tradition, Theologen,
ar
404 Besprechungen.
Kirche und Laien, Fromme, Dogma, Synagoge — wäre sonst nur an
Einzelheiten auszusetzen. So möchte ich z. B. zum Kapitel „Kanon“
bemerken, dafs die Begriffe heilig und unrein ursprünglich nicht identisch
sind, auch nicht dieselbe Wurzel haben (S. 124), sondern dafs Berüh-
rungen mit heiligen und mit unreinen Gegenständen ähnliche Wirkungen
hervorbringen; deshalb brauchte man sie aber nicht als den Dämonen
verfallen zu betrachten, was eine ganz, unnötige und unbewiesene Hypo-
these ist. — Trotz der lexikalischen Ahnlichkeit bedeutet :ı (nicht 73
S. 125) nicht „für, apokryph erklären“; B. hat übersehen, dals dieser Aus-
druck nur die Aulserung eines Zweifels über die Kanonizität, nicht
aber die et aus dem Kanon bezeichnet; richtig dagegen ist,
dafs die apokryphen Bücher vnrsis“r (ons ist Druckfehler) hielsen. —
Unrichtig ist auch (S. 127), dafs die christliche Kirche dem Judentum die
Wertschätzung der als buchstäblich inspiriert betrachteten LXX entlehnt
habe. Was auch gewisse Kirchenväter von der Inspiration der LXX ge-
dacht haben mögen, die katholische Kirche hat die Autorität des Urtextes
nicht auf die LXX übertragen; auch die „kanonische Dignität“ der Vul-
gata kommt der Inspiration nicht gleich. Unter den lateinischen Über-
setzungen ist die Vulgata zur allein offiziellen erklärt worden, was weder
die genaue Übereinstimmung mit dem Urtext an allen Stellen, noch viel
weniger die direkte Inspiration einschlielst. Das „prout in... Vulgata
leguntur“ des Tridentiner Dekrets bezieht sich mit seinem „cum omnibus
suis partibus“ auf die Zugehörigkeit der Protocanonica und der Deutero-
canonica im integrierenden Vulgata-Bestande (mit Einschlufs der bekann-
ten Zusätze) zum Kanon. Wenn „in den evangelischen Kirchen die Un-
fehlbarkeit ihrer Übersetzungen ...in der Praxis weite Kreise beherrscht
hat“, meinetwegen auch die Überzeugung von der Inspiration der masso-
rethischen Punktation wenigstens bei den Schweizer Reformierten zur
offiziellen Lehre erhoben wurde, so mögen diesmal unsere evangelischen
Kollegen den Vorwurf hinnehmen oder abweisen, dafs „die dogmatische
Theorie .. . vor logischen, sprachlichen und geschichtlichen Schwierig-
keiten selten Scheu* hat. Ich bedauere lebhaft, dafs B. sich so ungenau
äulserte, und dals mir die gebotene Abwehr den Schein aufzwingt, den
verdienten Forscher, dem wir Jüngere so viel verdanken, belehren zu
wollen. — Auf die mindestens milsverständliche Behauptung: „Die christliche
Kirche folgte im ganzen der in Alexandria ausgebildeten Methode“ (S. 138),
nämlich der allegorischen Exegese, sei hiermit nur hingewiesen.
Bedeutend einwandfreier ist der dritte Abschnitt: „Die nationale
Bedingtheit der jüdischen Religion“ (S.185—276) — Partikularismus, Zu-
kunftshoffnungen, Messianismus, Apokalyptik, Zwischenreich. Hier, be-
sonders im dritten und vierten Kapitel, feiert die erstaunliche Gelehrsam-
keit und die formelle Bildungskraft des Verfassers einen glänzenden Sieg.
Dank der Sicherheit, mit welcher er den verworrenen Stoff beherrscht,
ist es ihm besser als irgend einem seiner Vorgänger gelungen, den
Ariadnefaden zu finden, an welchem wir uns in den verschlungenen
Gängen der Apokalyptik orientieren können. Er bringt uns in über-
zeurender Weise zum Bewulstsein, dals wir uns in diesem Labyrinth
leichsam in einem zweistöckigen Gebäude mit unebenen Fluren und
befinden; wenn aber beide Stockwerke oft ineinander übergehen,
wenn der national-politische Messianismus sich bisweilen mit transzendent-
kosmologischen Spekulationen vermengt, so bleiben doch die beiden Ge-
biete verschieden. — In den hierher gehörenden Detailfragen wird man
hie und da anderer Ansicht sein können. So schlielsen doch z.B. die
S. 220, A.2 zitierten Stellen die Gleichsetzung Moses-Messias aus. Auch
dürfte man bezweifeln, ob S. 223, A. 1, S. 225 u. a. a. O. einzelne Evan-
gelienstellen nicht eine erschöpfendere Deutung erheischen. Doch wird
man zugeben, dafs B. im allgemeinen in der Anwendung der ntl Literatur
sehr behutsam vorgeht.
Besprechungen. 405
Der vierte Abschnitt: „Der individuelle Glaube und die Theologie“
(S. 277—404) bietet uns sehr reichhaltige und gründliche Ausführungen
über Individualismus, Glaube an Gott, Angelologie, Dämonologie, Hypo-
stasen-Spekulation, Fromme und Gott, Anthropologie und Ethik. Hier nur
einige Nebenbemerkungen. Den Satz (S. 277), dals die Religion aus einer
Sache der Nation zur Privatsache wurde, will der Verf. wohl auch cum
grano salis verstanden wissen, wenigstens im Hinblick auf die römische
Staatsreligion. — Hat, wie es S. 323 heilst, die jüdische Theologie den
Engelglauben benutzt, um die Welt ein wenig weiter von Gott abzurücken,
oder tat sie es, um die Lücke zwischen Gott und Menschheit auszufüllen?
Gottes Weltentrücktheit förderte den Engelglauben, nicht umgekehrt; die
Verflüchtigung des Gottesbegriffes machte das Bedürfnis nach Zwischen-
gliedern reger. — Der Versuch, den Schutzengel als ein ursprüngliches
Gespenst, dann als den Doppelgänger des Menschen zu bestimmen % 818),
ist wohl mehr als gewagt; nächstens wird man ihn vom ägyptischen ka
ableiten. — Wenn der Dämonenglaube ein „niederer Glaube“ ist (S. 331),
den die Propheten zurückgedrängt haben, dann steht also der Glaube bei
Christus und Paulus hier noch ziemlich tief?
Fünfter Abschnitt: „Die Nebenformen der jüdischen Frömmigkeit“
(S. 405—447), Palästinensisches Judentum und Diaspora, Philo, die Essener,
die Therapeuten. — Der Rahmen, den sich der Verf, gesteckt hatte, er-
laubte ihm nicht, ein vollständigeres Bild von Philo zu entwerfen; deshalb
scheint die Darstellung der Theologie Philos (wenn sie auch sonstwo be-
rührt wird) etwas kurz ausgefallen zu sein; interessant ist der Hinweis
auf die Beeinflussung durch die griechische Mysterienreligion. Die Essener
betrachtet B. als eine genuin-jüdische, von den Pythagoreern unabhängige
Sakramentsgemeinschaft; durch sie scheinen dem jungen Christentum
„manche fremdartige Elemente zugeströmt“ zu sein: welche? — Die Frage
nach der Echtheit der bekannten Schrift Philos über die Therapeuten
bejaht B. mit Wendland u. a. gegen Schürer.
Im sechsten und letzten Abschnitt: „Das religionsgeschichtliche
Problem“ (S.448—493) bewegen wir uns in einem Urwalde, den man erst
zu lichten beginnt. Von den fremden Religionen, die am religiösen Syn-
kretismus des Spätjudentums beteiligt sind, kommt naturgemäls vor allem
der Parsismus in Betracht. Die vorsichtig und malsvoll gehaltenen Aus-
führungen B.s gehen von der Voraussetzung aus, dafs das Avesta wenig-
stens nach den Ideen seiner ältesten Bestandteile bis in die Achämeniden-
zeit zurückreiche. Dies ist nun auch heute noch nicht erwiesen, und
Forscher, die dogmatisch so wenig voreingenommen sind wie Wellhausen,
bestreiten noch eine Beeinflussung des Judentums durch den Parsismus.
Doch scheinen mir Berührungen sicher vorzuliegen; in welchem Malse
besonders in der Kosmologie und Eschatologie babylonische und persische
Einflüsse wirksam waren, ob sie schöpfend oder fördernd wirkten, kann
m. E. heute noch nicht mit Sicherheit bestimmt werden. Jedenfalls ist
B.s Versuch höchst lehrreich und anregend.
Für jeden, der sich mit ntl Zeitgeschichte abgibt, wird vorliegen«
des Buch so unentbehrlich sein wie Schürers grolses Werk.
Toulouse, L. Hackspill.
Bousset, Dr W., Volksfrömmigkeit und Schriftgelehrtentum. Ant-
wort auf Herrn Perles’ Kritik meiner „Religion des Judentums im ntl
Zeitalter“. 80 (46) Berlin 1903, Reuther & Reichard. cH —.80.
Die Angriffe Perles’ gehen von dem Grundsatze aus, dals für die von
Bousset behandelte Periode nicht die zeitgenössischen Quellen — welche
nur Unterströmungen des Judentums vertreten sollen —, sondern zunächst
die bedeutend jüngere Mischna- und Talmudliteratur verwendet werden
müsse. Dann würden allerdings Gelehrtenfrömmigkeit und Volksfrömmig-
keit als identisch erscheinen. Jener Grundsatz wird zwar nicht formu-
406 Besprechungen.
liert, liegt aber den allermeisten Angriffen zu Grunde; mit dem Nachweise
dieser Tatsache hätte sich eigentlich B. begnügen können, denn damit war
das Verdikt über Perles’ tendenziöse, überall Judenfeindlichkeit witternde
Polemik gefällt. Einzelne Berichtigungen in Fragen untergeordneter
Bedeutung gibt B. zu; so ehrenvoll dies für B. ist, so wenig verdienst-
lich ıst es für jeden Kritiker, in einem so umfangreichen Buche einige
Ungenauigkeiten aufzufinden. Die 40 Seiten lange Auseinandersetzung
ist zwar für manchen lehrreich, wird jedoch einen Bewunderer des Tal-
muds kaum zu besserer Einsicht bringen.
Toulouse. L. Hackspill.
Bousset, Dr W., Die jüdische Apokalyptik, ihre religionsgeschichtliche
Herkunft und ihre Bedeutung für das NT. 8° (67) Berlin 1903, Reuther
& Reichard. M 1.—
Der Titel gibt schon die Einteilung dieser kleinen Schrift. Die zwei
ersten Teile — Charakteristik der Apokalyptik, ihre Beeinflussung durch
den Parsismus — sind im wesentlichen eine klare und gut disponierte
Wiedergabe der diesbezüglichen Abschnitte des grülseren Werkes (Reli-
gion d. Judent. im ntl Zeitalter). Der dritte Teil (S. 52—67) will nach-
weisen, wie „die jüdische Apokalyptik der Predigt des Evangeliums vor-
gearbeitet und ihr den Boden bereitet hat“. Berührungen fiuden sich in
den Gedanken vom Reiche Gottes, vom Jenseits, vom nahen Ende, vom
Messias-Menschensohn, vom Dualismus und Teufelsglauben. „Was vor
dem Evangelium vorhanden war, das war .. . doch nicht mehr als Mate-
rial.... Die Person Jesu und sein Evangelium bleiben ein schöpferisches
Wunder“ (S. 65f). Allerdings muls das Fremde, wo es nicht „mit dem
Geiste des Evangeliums völlig amalgamiert“ ist, ausgeschieden werden;
hingewiesen wird neben der Erwartung von der unmittelbaren Nähe des
Endes auf die Theologie des präexistenten Menschensohnes — und noch
auf so manches andere (S. 63). Die ängstliche Frage: Dürfen wir noch
Christen bleiben? (S. 65) wird durch die symbolische Deutung der „l.e-
gende von den Weisen aus dem Morgenlande, die dem Kinde in der
Krippe ihre Schätze bringen“ (S. 66f), beantwortet.
Toulouse, L. Hackspill.
Zahn, Theodor, D, o. Professor der Theologie in Erlangen, Das
Evangelium des Matthäus ausgelegt (Kommentar zum Neuen Testament
unter Mitwirkung von Prof. Lic. Ph. Bachmann, Prof. D. Dr P. Ewald
in Erlangen, Konsistorialrat D. Dr J. Haulsleiter in Greifswald, Prof. Lic.
E. Riggenbach in Basel, Prof. D. R. Seeberg in Berlin, Pastor Lic.
G. Wohlenberg in Altona herausgegeben von D. Theodor Zahn.
Band I). gr. 8° (VIII u. 714) Leipzig 1903, A. Deichertsche Verlags-
buchhandlung (Georg Böhme). M 14.50.
Unter den protestantischen Kommentaren zum Neuen Testament
dürfte der von . Zahn herausgegebene, wovon aufser dem Natthäus-
evangelium auch schon der XI. Band, der 1. und 2. Thessalonicherbrief,
ausgelegt von Lic. G. Wohlenberg, erschienen ist (8. oben S. 219), bald eine
hervorragende Stelle einnehmen. Dafür bürgt namentlich sowohl die be-
kannte Gelehrsamkeit wie die besonnene Gesamtrichtung des Heraus-
gebers. Das Werk ist zunächst bestimmt als Anleitung für den „an-
gehenden Theologen und den im kirchlichen Amt stehenden Geistlichen,
welcher nicht aufhören möchte, im Neuen Testamente zu forschen“.
Der Kommentar von Zahn ist ziemlich umfangreich, jedoch sind die
verschiedenen Teile des Evangeliums nicht in Beichmäleser Ausführlich-
keit behandelt. So z. B. nehmen die Erörterungen über die Kapitel,
welche die Leidensgeschichte enthalten, nur wenig Raum ein, während
die Erklärung der ersten zehn Kapitel des 28 Kapitel zählenden Evan-
geliums mehr als die Hälfte des Buches füllt. Dies liegt aber nur zum
geringeren Teil daran, dals wie in allen derartigen Werken auf bereits
Besprechungen. 407
einmal Gesagtes später verwiesen wird, sondern wohl hauptsächlich daran,
dals nach dem Verfasser manches nicht von dem Exegeten, sondern von
dem Geschichtsforscher zu erklären ist oder, wie z. B. die umfassendere
Vergleichung der Evangelien, in die Einleitungswissenschaft gehört.
Dals auf die altkirchliche Auslegung besondere Rücksicht genommen
wird und „die Urheber an sich bedeutender oder geschichtlich bedeutend
gewordener Auffassungen genannt“ werden, wird man nur billigen können.
Aus der längeren Einleitung S. 1-36, in welcher sich der Verfasser über
die Aufgabe des Exegeten überhaupt, die Überlieferung des Evangeliums,
das Hebräerevangelium und die Hilfsmittel der Erklärung verbreitet, sei
bemerkt, dals nach dem Verfasser, dessen Ansichten ja schon aus seiner
Einleitung in das Neue Testament bekannt sind, das hebräische Matthäus-
evangelium kurz vor 66 in Palästina geschrieben ist. Zwischen ihm und
dem Hebräerevangelium besteht eine Verwandtschaft. Die von Matthäus
unabhängigen Stücke des Hebräerevangeliums erklären sich aus dem
natürlichen Streben der nazaräischen Gemeiude, einerseits christliche Tra-
ditionen, die bei den Hebräern fortiebten, nicht verloren gehen zu lassen,
anderseits ein möglichst reichhaltiges Evangelium zu besitzen.
Hinsichtlich der Erklärung des Einzelnen ist natürlich nicht zu er-
warten, dals jeder Exeget und sicher nicht ein katholischer Exeget in
allen Punkten mit dem Verfasser übeinstimmt, aber man kann manches
aus dein Buch lernen, besonders aus den gelehrten, meist textkritischen
Anmerkungen. Übrigens ist die neuere katholische Literatur sehr wenig
berücksichtigt, wie denn auch unter den Hilfsmitteln nur der Kommentar
von Schanz namhaft gemacht wird.
Wie Chrysostomus u.a., will auch Zahn Mt 1, 1 BißAog Yeveoews
als Aufschrift des ganzen Buches im Sinne von „Buch der Geschichte
Jesu Christi“ angesehen wissen. Durch den Titel habe Matthäus die Ab-
sicht ausgedrückt, „die Geschichte so darzustellen, dals er daraus als der
Messias, d. h. als die Erfüllung der dem davidischen Königsbause und
dem von Abraham abstammenden Volke gegebenen Verheilsung zu er-
kennen sei“ (5.42), Schon wegen des engen Zusammenhanges zwischen
Vers 1 und dem unmittelbar folgenden Stammbaum kann sich die Über-
schrift nur auf diesen und nicht auf das ganze Evangelium beziehen.
Wenn man aber auch hierüber und über die Auffassung des Stammbaumes,
den der Verfasser für einen „Grundrils der Geschichte Israels in der
denkbar kürzesten Form“ hält, streiten mag, so erscheint jedenfalls der
von Zahn S. 63f für die Aufnalıme der vier Frauen Tlıamar, Rahab,
Ruth und Bethsabee angegebene Grund wenig glaubwürdig. Die Er-
wähnung der vier soll deshalb erfolgt sein, weil die Juden auf Grund
einer Verleumdung, wonach Jesus ein uneheliches Kind seiner Mutter,
ein Bastard sei, bestritten, dals er der verheilsene Davidssohn sein könne,
Matthäus gebe ıhnen hier zu bedenken, dals an dem davidischen Hause
Makel genug hafte und sie sich deshalb durch jene Verleumdung nicht
abhalten lassen dürften, der Darlegung des wahren Sachverhalts ein williges
Ohr zu leihen. Zahn setzt bei seiner Annahme voraus, dals die Juden
eine ihnen bekannt gewordene christliche Kunde, dafs Jesus nicht der
leibliche Sohn ‚Josephs sei, dahin verdreht hätten, dals er ein Bastard sei.
Aber derartige Verdrehungen gehören eher in die talmudische Zeit als in
die der ersten Jahrzehnte des Christentums. In seiner Erklärung des
Vaterunsers leitet der Verfasser, wie heute gewöhnlich geschieht, das
emoübgıog ah von } emodca nämlich Nuepa und beruft sich für diese Ab-
leitung wie auch für die Deutung des Wortes auf den Text des Hebräer-
evanreliums: Panem nostrum crastinum da nobis hodie. Dabei fragt man
sich allerdings (mit Wellhausen, Das Evangelium Matthäi, Berlin 1904) ver-
geblich, warum im Griechischen dann nicht röv üptov Töv els alpıov statt
töv Aäptov Töv Emoborov übersetzt wird, da doch dem onuepov nicht f} em-
o0ca, sondern aöpıov entspricht. Der Schwierigkeit wäre abgeholfen, wenn
408 Besprechungen.
man @miobotos im Sinne von „anbrechender Tag“ oder „bevorstehende
Tageszeit“ nimmt und immer von dem Zeitpunkte an rechnet, wo man
sich des Vaterunsers bedient. Ansprechend und wohlbegründet ist die
Auffassung von 8, 7 als Frage: Ich soll kommen und ihn heilen? (S. 336).
Auch scheint mir z. B. die Ausführung darüber, dafs die Bitte der Dämonen
im Gebiete der Gadarener, in die Schweine fahren zu dürfen, um so im
Lande zu bleiben, nicht sinnwidrig sei, gut gelungen zu sein. Sinnwidrig,
so führt Zahn S. 366 aus, wäre sie nur gewesen, wenn die Dämonen den
Erfolg, welchen die Gewährung ihrer Bitte hatte, die Vernichtung ihrer
neuen Wohnstätte, der Schweineherde, vorausgesehen oder gar absıchtlich
herbeigeführt hätten. „Matthäus durfte bei seinen Lesern die Einsicht
voraussetzen, dals die Dämonen jedes Geschöpf nur nach seiner Natur
gebrauchen können. So wenig sie den Menschen Flügel geben können, so
wenig den Schweinen Vernunft. Sie vermögen über diese nicht mehr, als was
auch ein Naturereignis vermocht hätte, die Tiere scheu und wild zu machen.“:
Uns mit dem Verfasser hier über Stellen wie Mt 26, 26ff von der
Einsetzung der heiligen Eucharistie oder 16, 18f von dem Primat des
Petrus auseinandersetzen zu wollen, hätte wenig Zweck. Es sei hinsicht-
lich der letzteren Stelle nur erwähnt, dals S. 539 von der im Glauben
des Petrus liegenden Festigkeit gesprochen wird, welche ihn dazu geeignet
machte, dals ein durch keinen Ansturm zu erschütterndes Gebäude auf
ihm auferbaut werde. Dann heilst es aber S. 540 (vgl. S. 546 548), Petrus
werde nur als ein Felsstein, der als der Zeit nach erster Baustein dienen
solle, bezeichnet. Wir können auch der Erklärung des Ausdruckes „der
Menschensohn“, der nach Zahn 8. 352 im Munde Jesu die Bedeutung
„der Mensch xar’ &£oxnhv“ hat, nicht beipflichten und halten das S. 419 von
dem Zweifel des Johannes Gesagte, der es von der Antwort Jesu abhängen
lassen will, wie er fortan von ihm denken werde, und der nach S. 421
durch Jesus aufgerichtet worden ist, für unverträglich mit dem ihm von
Jesus gespendeten Lobe.
Allein derartige Ausstellungen können uns nicht abhalten, das Werk
als eine beachtenswerte Lebensregung des gläubigen Protestantismus über-
haupt und als einen schätzenswerten Beitrag zur Erklärung des Evan-
geliums zu begrülsen.
Bonn. Jos. Felten.
Sohäfer, Prof. [in Strafsburg] Dr Aloys, Die Bücher des Neuen
Testamentes erklärt. 11. Band: Die beiden Briefe Pauli an die Korinther.
Münster i. W. 1903, Aschendorff. 80 (III u. 553) cA 8.25. Auch in zwei
Teilen zu haben: Der erste Brief. (Il u. 350) c% 5.25; Der zweite Brief.
(S. 353—553) cM 3. Beide Teile geb. in Halbfranz AM. 9.75.
Der neue Band ist von gleicher Anlage und Eigenart wie die frü-
heren C Tbess u. Gal, 1890, III: Röm, 1891; V: Hebr, 1893) und bekundet
deren Vorzüge in verstärktem Malse. In vornehmer Sprache und Ruhe
wird eine zusammenhängende positive Erklärung geboten, die den Inhalt
des Schrifttextes darzulegen und die Gedankenfolge zu entwickeln anstrebt.
Damit dieser Hauptzweck besser zur Geltung kommt, wird alles text-
kritische, sprachliche, geschichtliche Detail der Auslegung tunlichst in die
Anmerkungen verwiesen, die nebstdem eine Fülle von Zitaten aus der
Bibel und aus kirchlichen Lehrentscheidungen enthalten. Während in
manchen neucsten Kommentaren, gerade von kritischer Seite, die Aus-
einandersetzung mit den augenblicklich vorherrschenden Tagesmeinungen
den breitesten Raum einnimmt, wird hier das Hauptgewicht auf die
Klarstellung und Fruchtbarmachung des bleibenden tiefen Gehaltes der
Schriftworte geleert. Der Leser wird durch die meistenteils angenehm
genielsbare Darstellung angeregt und angeleitet, in die biblische Ideenwelt
sich hineinzuversenken und den hohen Wert der Heiligen Schrift besser
zu schätzen und nutzbarer zu machen. Darin liegt der Hauptvorzug
Besprechungen. 409
dieser Exegese, aber auch ein gewisser Mangel. Der Fachmann vermilst
nämlich vielfach das nähere Eingehen auf die Fragestellungen der Kritik
und wundert sich hier und da über das rasche Hinübergleiten über vor-
handene Schwierigkeiten. Doch soll nicht verkannt sein, dafs der Ver-
fasser in dergleichen Fällen das Bestreben zeigt, durch die Art seiner
Lösung weitergehende Fragen implicite zu beantworten oder als gegen-
standslos erscheinen zu lassen.
Nach knapper Einleitung (S. 1—13 u. S.353—365), Literaturangabe
(S. 14—16) und Nachträgen (S. 18) folgt abschnittweise die deutsche Ü ber-
setzung, möglichst treu, auch ın der Beibehaltung der Unbestimmtheit,
mit umsichtiger und lehrreicher Textkritik; wünschenswert scheint mir,
dals die Übersetzung nötigenfalls durch kleine paraphrasierende Zutaten,
etwa wie im Handkommentar von Schmiedel, die Auffassung der Auslegung
schon andeute, ferner dafs die abweichende Auffassung der Vulgata, auch
wo sie textkritisch unhaltbar ist, jedesmal angemerkt und nötigenfalls
erklärt werde (z.B. II, 2, 14.16; 10, 12; 11,5; vgl. 12, 11).
Die Exegese schlägt nicht selten eigene Lösungen vor und stützt
sich zumeist auf durchaus achtbare Begründung. Gern sucht der Ver-
fasser eine möglichst weite Deutung, die eine Mehrzahl von spezielleren
zusammenfalst, ein Bestreben, das in manchen Fällen gut befriedigt, in
andern aber einer bestimmten Entscheidung aus dem Wege geht. Zur
Förderung der Sache werde ich einigen Dissens, der sich vorwiegend auf ge-
schichtliche Fragen erstreckt, kurz andeuten und der geneigten Erwägung der
Fachgenossen unterbreiten, wobeiichmitIundlIIdie beiden Briefebezeichne.
Dafs die Christiner I, 1,12 jede apostolische Autorität ablehnten
und durch 13a speziell getroffen seien (S. 30ff), scheint mir unhaltbar,
weil eine so gefährliche Parteiströmung eine nachdrückliche Bekämpfung
gefordert hätte, 13a aber nur gegen das Parteiwesen überhaupt gerichtet
ist. Wahrscheinlich ist die Christuspartei zu streichen, sei es, dafs die
vierte Losung die des Paulus ist (Cornely), die freilich als solche ursprüng-
lich deutlicher kennbar gewesen sein mülste (z.B.&ywye oder als nachträg-
liche Randglosse des Apostels, um das Endergebnis von 1, 13 bis 3, 23 den
Parteiparolen gegenüberzustellen), sei es, dals die Worte &yW dE XpıotoD aus
einer Randglosse stammen, die an sich doppeldeutig war, nämlich im Sinne
von 3, 23 oder II, 10,7 gemacht sein konnte, sodann aber in letzterem
Sinne, als Parteiparole in den Text gekommen ist, während in Wirklich-
keit II, 10,7 vermutlich eine Entgegnung judaisierender Lehrer auf
I, 3, 23 gewesen ist. Soll aber um jeden Preis eine Christuspartei im
Texte bleiben, so wird sie allerdings nicht gelobt, sondern getadelt, nicht
wegen ihrer Parole, sondern wegen ihrer Parteisucht, und ihre Entstehung
ist ebenso wie die Partei der Petriner den eingewanderten paulusfeind-
lichen Lehrern zuzuschreiben; denn ich vermute, dafs der vorhandene
Gegensatz zwischen Schwärmern für Paulus und für Apollos harmlos
war, bis die judaisierenden Agitatoren kamen und zu dem Zweck, das
Ansehen des Paulus zu untergraben, das Parteitreiben anstifteten nach
dem Satze: Divide et impera! — Wie das Haus des Stephanas zu Korinth
Erstling von Achaja heilsen kann, da doch zu Athen, das zu Achaja
gehörte, laut Apg schon vorher Christen gewonnen waren, ist S. 385 und 347
nicht erklärt. — I, 3, 3f will Paulus den angeredeten Korinthern nicht
etwa den Christenstand absprechen — das widerspräche dem Eingang
des Briefes —, sondern meint: Jetzt seid ihr noch Anfänger im Christen-
tum durch eigene Schuld (oapxıkof), früher wart ihr es als Neulinge natur-
gemäls, ohne Schuld (odpxıvor). Die Vulgata hat durch die gleiche Über-
setzung carnales das Wortspiel verwischt. — I, 3, 10 vergleicht sich Paulus
mit einem weisen Baumeister, weil er den Bau der korinthischen Ge-
meinde nicht, wie er nach dem Wunsche der Korinther gleichsam hätte tun
sollen, mit dem Dache, sondern mit der Grundlegung begonnen hat; schon
aus diesem Grunde ist der Vergleich, der ein wenig Sarkasmus enthält,
410 Besprechungen.
frei von jeder Selbstüberhebung. — I, 7, 2 dürfte Paulus nicht zugleich die
Eingehung einer Ehe und den Gebrauch derselben, sondern nur die schon
bestehende Ehe im Auge haben. Das sog. paulinische Privileg folgt aus
7,15 rein exegetisch mit Wahrscheinlichkeit, aber nicht mit Sicherheit,
weil der Fall der Wiederverheiratung gänzlich aulser acht bleibt; vel.
7,39. — I, 9,1 ist wohl nur an die Berufungserscheinung gedacht, nicht
aıı wiederholte Erscheinungen vor Damaskus und in Arabien (S. 309). —
1, 10,4 ist richtig erklärt, aber eine Berücksichtigung und Berichtigung
der bezügrlichen rabbinischen Überlieferung ist wohl anzunehmen. — Bei
der Differenz zwischen I, 10,8 (23000) und Nm 25,1 (24000) einen Ge-
dächtnisfehler des Apostels anzunehmen, ist mit Recht abgelehnt; dats
aber diese Annahme prinzipiell „mit dem Inspirationsbegrifi unvereinbar
(S. 191) wäre, ist m. E. zuviel behauptet, weil der Umstand, ob 23 oder
24 Tausende fielen, für das, was Paulus lehren will, nebensächlich ist. —
1, 11. 23 ist nicht notwendig von einer unmittelbar empfangenen Often-
barung zu verstehen (S. 227 u. 306), und „verfehlt“ ist gerade der Hin-
weis auf Gal 1,1. Denn hier fordert der Ausdruck „Apostel nicht von
Menschen her“ den Gegensatz „von Gott her‘; da nun Paulus fortfährt:
„auch nicht durch Vermittlung eines Menschen“, so ist ganz klar, dais für
das Bewulstsein des Paulus das „von Gott her“, das er im Sinne hat, eine
zweifache Möglichkeit umfalst: a) mittelbar, b) unmittelbar. Sein Apo-
stolat und das Spezifische seiner Verkündigung (vom Heile in Christus für
alle Menschen, aus (rnade, ohne mosaisches Gesetz) hat Paulus durch un-
mittelbare Offenbarung empfangen (Gal 1,1.12. 16), aber nirgends bean-
eprucht er solche bezüglich der geschichtlichen Nachrichten über Jesus.
— Bezüglich des Glossenredens ist zu I, 14,2 ein schlielsliches (resamtbild
versprochen, aber ein befriedicendes Resultat wird vermilst. Eine wirk-
liche Sprache, die aber tatsächlich nie von Menschen gesprochen wurde,
scheint mir ein sich widersprechender Begriff, wenn man unter Sprache
die Kundgabe von Gedanken in bestimmten Worten versteht. M. E. folert
aus 14,2a. dals es sich nicht um ein wirkliches Reden in irgend einer
Sprache mit bestimmten Worten für bestimmte Gedanken und Wahrheiten
handelt, sondern um die in Worte nicht zu fassenden Aufserungen reli-
giöser Gehohenheit, indem der Geist Gottes im Innern spricht mit „un-
aussprechlichen‘“ Seufzern oder auch Lobpreisungen und der davon Er-
griffene „mit der Zunge“ redet, weil er mit Worten es nicht vermag; ein
Reden ist es aber doch, weil Ausdruck bewulster Herzensstimmungen.
Sache der „Auslegung“ war es eben, diesen ekstatischen Ausdruck des
christlichen Glaubens, Flehens, Jubelns usw. in entsprechende Worte zu
kleiden, wodurch auch andere erbaut werden konnten, gleichwie ein Musik-
hermeneut auch „Lieder ohne Worte“ interpretiert. — Die Erscheinungen
I, 15, 5—7 verlert Verf. mit Recht nach ‚Jerusalem; warum berührt er
bezüglich des Jakobus nicht die Notiz des Ev. sec. Hebr. bei Hieronymus?
— I, 15, 12f ist die Rede von der Totenerweckung überhaupt (sonst ginre
die zwingende Logik der Argumente verloren), von deren Bedeutung für
die Gläubigen erst von V. 14 ab. — Wenn des Timotheus Sendung I, 4,17
und 16,10 identisch ist mit der Sendung Apg 19.22 (S. 345), dann er-
scheint die gewöhnliche Annahme, I sei gegen das Ende des ephesinischen
Aufenthaltes geschrieben, gut begründet (gegen S. 345), da I erst nach
Absendung des Timotheus geschrieben ist.
Zwischen I und II nimmt Verf. eine längere Zwischenzeit an
(11/, Jahre, wie es scheint S.353): Paulus habe seinen Aufenthalt in Ephesus
aus den Gründen I. 16, 8 verlängert und den Zwischenbesuch in Korinth
gemacht, der aus Il, 13, 1f zu folgern sei; auf dieser Zwischenreise habe
er aber nicht etwa einen Milserfolg gehabt (Schmiedel, Rohr). sondern das
Werk des Timotheus mündlich fortgesetzt, wodurch das Schweigen davon
in II sich erkläre, ferner die guten Wirkungen von I weiter gefördert
und den neuen Reiseplan (II, 1,17) angekündigt (S. 354 357 500). Gegen-
Besprechungen. 411
über einer derart verlaufenen Zwischenreise nach I wären meine früheren
Bedenken allerdings hinfällig (S. 350), wenn sie nur haltbar wäre. Zwar
lielsen sich vielleicht dafür I. 16, 6 und II, 10, 10 verwerten. Dort ist das
Reiseziel des korinthischen Geleites noch unbestimmt, dagegen II, 1,16
ist es Judäa, also scheint jener Reiseplan der frühere; und 11,10, 10 er-
scheint der Vorwurf der kraftlosen Anwesenheit des Paulus cher berechtigt,
wenn dem fraglichen Besuch „in Betrübnis“ II, 2, 1, wo der Apostel
Sünder zu beklagen hatte, eine Mehrzahl von strengen Briefen, also wohl
auch unser I, vorausgegangen war. Allein gegen eine Zwischenreise
nach I sprechen m. E. entscheidende Gründe: II, 1, 13 weist auf eine
schriftliche Ankündigung des Besuches, also etwa auf den verlorenen
Brief I, 5, 9, den vielleicht Timotheus zu übermitteln hatte; und I, 16, 5—7
klingt wie eine entschuldigende Abänderung eines früher kundgegebenen
Reiseplanes oder vielmehr wie eine Entschuldigung der Hinausschiebung
eines angekündigten Besuches 11, 1, 15a; denn welchen Reiseplan Paulus mit
jenem vorgehabten Besuche verbunden hatte, teilt er 1I, 1,15bf deutlich
zum ersten Male mit, also fällt zwischen I und II überhaupt keine Mit-
teilung eines abgeänderten Reiseplanes; ferner lälst I, 16, 10 vermuten,
dals Timotheus Auftrag hatte, in Korinth zu bleiben, dafs aber nunmehr
sein Kommen nach Korinth fraglich wird (€av). Das palst alles gut zu-
sammen, wenn Paulus bei Absendung des Timotheus den Plan II, 1, 15f
hatte und mit ihm ein Zusammentreffen in Korinth verabredet hatte,
aber nach Empfang des Gemeindebriefes den Plan I, 16, 6 falste, statt
nach Korinth zu gehen I schrieb en 2, 8f) und gleichzeitig dem Timotheus
die Weisung zugehen liefs, in Mazedonien zu bleiben, weil die Sachlage
in Korinth nunmehr eine andere war und Titus mit entsprechenden In-
struktionen dortliin ging. Dann ist für eine Zwischenreise nach I kein
Platz, sie war vor I and ihre Nichterwähnung in I erklärt sich zur Ge-
nüge daraus, dals der verlorne Brief I, 5, 9 dazwischen liegt (gegen S. 355).
Ein Zwischenbrief aber zwischen I und 1lI ist für meine Auffassung
entbehrlich, da II, 2,3f und II, 7,8.12 sich gut auf I beziehen lälst;
wenn man aber lieber will, kann man diese Stellen auf den Geleitsbrief
des Titus beziehen, worin strenges Vorgehen gegen den Blutschänder
eingeschärft gewesen sein mülste. Schäfer dagegen lehnt einen Zwischen-
brief ab und bezieht II,2,3f auf II. dagegen II, 7, 8 auf 1, endlich 11,
7,12 auf I und zugleich auf II! Wie kann aber „der Brief“ (II, 7, 8),
über dessen Aufnahme (S. 464) sich der Apostel soviel Sorge machte
(I1, 7,5), I sein, wenn Paulus inzwischen persönlich in Korinth war? Bei
Annahme einer Zwischenreise nach I scheint mir notwendige Konsequenz,
bei II, 2,3f und 7,8. 12 an einen Zwischenbrief zu denken, der durch
unliebsame Zwischenereirnisse veranlalst und durch Titus überbracht
wurde. Das «ai II, 7, 12 scheint auch mir auf mündliche Mitteilungen
hinzuweisen; aber Paulus machte sie nicht persönlich in Korinth, sondern
durch die Überbringer von I oder durch Titus. II, 2,5 scheint auf
jüngste Vergangenheit zu gehen; ist also der Inzest gemeint (S. 390), so
ist schwer zu verstehen, dals lange Zwischenzeit mit einer Reise nach
Korinth dazwischen liegen soll. Da Paulus den Titus in Troas „nicht fand“
(II, 5, 12), also zu finden hoffte, scheint nicht er früher, als der Verabredung
entsprach, Ephesus verlassen zu haben, vielmehr Titus länger, als Paulus
annalım, in Achajg geblieben zu sein. Die Apg sagt auch nicht, dafs der
Aufstand, den Demetrius anstiftete, die Abreise des Paulus veranlalst habe,
vielmehr stand die Absicht, abzureisen, Jaut 19, 21f schon fest (gegen
S. 356). Die Vorgeschichte von II völlig klarzustellen, wird nie gelingen,
aber die neue Kombination des Verf.s halte ich für wenig geeignet, die
Dunkelheiten aufzuhellen. Dabei vermisse ich insbesondere einen Versuch,
ein anschauliches Bild von der paulusfeindlichen Apitation zu geben.
II. 11, 4 wird als dreigliedriger Vordersatz ohne Nachsatz gedeutet:
„Wenn freilich .. ihr schön ertraget“, sc. dann fürchte ich mit Grund,
412 Bibliographische Notizen.
dafs ihr werdet getäuscht und verführt werden. Aber dann wären die
drei Glieder des Vordersatzes recht ungleich aufgebaut und das folgende
ydp nicht erkläre M. E. ist „ihr ertragt bzw. ertrüget“ V. 4 ebenso
Hauptsatz wie 19f, der Bedingungssatz ist wegen des unmöglichen Inhalts
ein ırrealer und der Nachsatz kennzeichnet die Willfährigkeit gegen die
fremden Agitatoren. V. 4 ist neue Begründung der Bitte und des Ver-
trauens V. 1 und zugleich Erläuterung zu V. 3 und will sagen: „Denn
wenn, was ja freilich unmöglich ist, ... ihr würdet es schön ertragen;
wenn dagegen ich zu dem Zweck, euch gegen Verführung zu schützen,
genötigt bin, mich zu rühmen, so darf ich wohl erwarten, dafs ihr auch
mich ein wenig ertraget.“ Mir scheint, V. 2—20 ist fortgesetzte Entschul-
digung des aufgezwungenen Selbstrühmens, das endlich mit V. 21 be-
ginnt. — „Den Dorn für das Fleisch“ II, 12,7 falst Verf. nicht als
äulseres oder körperliches Leiden auf, sondern als Regungen der Begier-
lichkeit im weitesten Sinne; aber dürfen wir nicht in v. 10 eine Um-
schreibung erkennen und an alle natürlichen Hemmungen denken, die
seitens der physischen und sittlichen eigenen Armseligkeit wie auch
seitens der Aulsenwelt dem übernatürlichen apostolischen Wollen und
Streben des Paulus fort und fort in den Weg traten, speziell an das
schmerzlich empfundene Mifsverhältnis des physischen Könnens gegen-
über dem gottbegeisterten Wollen?
Diese kritische Besprechung mancher Auffassungen des Verf.s soll
Zeugnis geben, wie sehr ich seinen Kommentar hoch schätze, weil der
dogmatische und ethische Gehalt der Apostelworte so lichtvoll und wissen-
schaftlich dargelegt wird; die Beigabe eines Sachregisters zu jedem Bande,
im vierten zu den vier ersten Bänden, würde die aufserordentliche Reich-
haltigkeit und praktische Verwertbarkeit dieser Bibelexegese offenbar
machen und dieses Bibelwerk weiteren theologischen Kreisen besser emp-
fehlen.
In drucktechnischer Hinsicht finden sich aufser Druckversehen einige
oft wiederkehrende Anstölse wie das übergrolse Aleph, das ständige
„Roem.“ statt Röm.; die Übersetzung wünschte ich in kräftigerer Schrift
(vgl. die Typen bei Schmiedel); auf jeder Doppelseite sollte oben oder
neben notiert sein, welcher Vers erklärt wird.
Möge dem Verf. vergönnt sein, das verdienstvolle Werk in rascher
Folge zu Ende zu führen!
Würzburg. Valentin Weber.
Bibliographische Notizen
(hauptsächlich über das erste Halbjahr 1904. Diese Jahreszahl sowie
das Format 80 sind weggelassen).
C. Das Neue Testament.
a) Allgemeines. Einleitung. Ausgaben. Hess. Textkritik.
Sprachliches. Übersetzungen,
Schaefer, A., Die gegenwärtige Aufgabe der „Einleitung“ in das NT und
die Wege zu ihrer Lösung I (Stralsb. Diözesanbl. 1904, 119—128).
Souter, A., Some thoughts on the Study of the Greek New Testament
(Exp IX 133—146): Fordert besseres Studium der Kulturverhältnisse in
Griechenland und Kleinasien, genauere Kenntnis der griechischen Philo-
sophie zwischen Aristoteles und Paulus; empfiehlt den Gebrauch des
Textus receptus oder Nestles Text für das erste Studium u. &.
Bibliographische Notizen. 413
Clemen, C., Die religionsgeschichtliche Methode in der Theologie (IV u.
39. Gielsen, Ricker. M —.80): Behandelt hauptsächlich ntl Probleme
und berührt sich mit meinen Ausführungen oben 8. 56—66. Die religions-
een Forschungen Gunkels (Taufe, Auferstehung), Pfleiderers,
eitmüllers (Abendmahl), sowie die Entlehnungen christlicher Ideen aus
Mithrasdienst (Cumont, Dieterich) und hermetischen Religionen (Reitzen-
stein) werden abgelehnt oder auf ein sehr bescheidenes Mafs reduziert.
Zum Erweise der Abhängigkeit des Christentums fordert C. das Vorhanden-
sein folgender drei — „eigentlich selbstverständlichen“ — Bedingungen:
„li. eine Anschauung darf sich aus den ursprünglich christlichen ldeen
schlechterdings nicht erklären lassen; 2. sie muls in einer anderen Re-
ligion wirklich nachweisbar sein und 3. es muls sich verständlich machen
lassen, wie sie aus dieser in das Christentum überging“ (16).
Gardner, P., A historic View of the NT. The Jowett Lectures delivered
= er late Edwards Settlement in London 1901 (XII u. 274. Ld.,
lack. 6d).
Bowman, $. L., Historical Evidence of the NT. An inductive study in
Christian evidences nn 372. Cincinnati, Jennings & Pye. $& 4).
Funcke, R. E., Die historischen Grundlagen des Christentums. Die
Evangeliendichtungen. Die Irrtümer und Widersprüche des Apostels
Paulus und des Hebräerbriefes. Jesus kein „Davidssohn“. Untersuchungen
und Ergebnisse der Laienwelt dargeboten. Mit vollständigem Quellennach-
weise und ausführlichem Register (XII u. 282. Lp., Schimmelwitz. M4.—):
Schon im Titel, der die Hauptthesen des Buches wiedergibt, offenbart sich
der nackte und krasse Rationalismus, der die Ausführungen beherrscht.
Nicht umsonst werden die alten Christusleugner (Lukian, Celsus u. a.)
ausführlich behandelt. In den sibyllinischen Weissagungen erblickt F.
das Milieu, aus dem das Urchristentum entstand. In den Evv sieht er
nur Legendenbildung, Sage, heidnische Entlehnungen und Widersprüche.
Auch Paulus habe daran Anteil, indem er z. B. die erste Sünde gar nicht
als das erkannt habe, was sie ist, nämlich eine unnatürliche Geschlechts-
sünde des Adam und der Eva. Er hat Antcil daran, dafs durch das
Christentum die abendländische Welt verjüdelt worden ist. Der Opfertod
eines Menschen für die Sünde aller ist etwas Gott Unwürdiges etc.
Moore, E. C., The NT in the Christian Church: eight lectures (120. 12
u. 867. N.Y., Macmillan. 1.50): ExpT XV 42lf: „We believe that
there is no other book in English which will so readily and so fairly
answer just the question, Who gave the NT its authority.“
Gregory, D. S., Outline View of the Bible as God's Revelation of. Re-
demption. Part II: NT (BStdt N. S. I 108—117): Summarischer Über-
blick über alle ntl Bücher unter dem angegebenen Gesichtspunkt.
Joiion, P., Le criterium de inspiration pour les livres du NT (Etudes
XCVIII 80-91): Dasselbe besteht im direkten oder indirekten aposto-
lischen Ursprung.
Hetzenauer, M., Novum Testamentum graece. Edit. altera emend. 2 Bde
(XVI u. 300, IV u. 368. Innsbruck, Wagner. M 8,50): Legt den grie-
chischen Text seiner früheren griechisch-lateinischen Ausgabe (1896,98)
esondert vor. Verweisungen auf Parallelstellen, sowie Hervorhebung der
Pitate durch besondern Druck sind hier unterlassen. Hingegen zeichnet
sich die Ausgabe gegenüber der Brandscheids durch grölsere Freiheit
gegenüber dem Vulgatatexte aus. Die textkritischen Notizen am Rande
sowie in Fu/snoten, zu denen noch eine appendix critica kommt, be-
schränken sich auf die wichtigeren Varianten. Den auch hier wieder
unternommenen Versuch (II 863—366), das Comma Johanneum als Be-
standteil des griechischen Textes zu verteidigen, halte ich für einen ver-
eblichen. Als Korrekturen, die mir gelegentlich aufgefallen sind, notiere
ich: 1 Kor 1, 31 xauxWnevoc; 7, 5 streiche das Komma nach npooevxf);
7, 17 ist kein neuer Absatz zu beginnen; 10, 9 ist töv xUpıov die besser
a Meg = LH de Betr ze et FOR EA
414 Bibliographische Notizen.
bezeugte Lesart; 2 Kor 12, 14 ist die Aufnahme von üuwv und 12, 15
die von xai nach el textkritisch nicht genügend gestützt; umgekehrt muis
12, 7 das dbıö im Texte belassen und xai th ümepßoAn TWv dAnokalüyewv
zum Vorausgehenden genommen werden.
Nestie, E., A New Greek Testament. Text with critical apparatus ı 18%.
668. Brit. and For. Bible Soc. 38 6d\.
Bible. New Testament. The Greek Testament with a eritically revised Text:
a digest of various readings,; margin. refer. to verbal and idiomatic usage:
proleg., comment. 4 vols (2864. N. Y. 1903, Longmans, Green & Co. $ 18.—..
Nestle, E., The present greek Testaments of the Clarendon Press, Orferd
(JthSt V 274— 2791: UÜbt an zwei Ausgaben des NT, dem Lloyd’s Greek
Test. und dem Mıll’s Greek Testament, Kritik. W. S<anday> knüpft 274
daran einige Bemerkungen. Nestle repliziert 461f: Clarendon Press greck
Testaments.
„Nestle, E., Contributions to the Greek Testament (ExpT XV 370—3:3::
Über die Schreibung von Küpiog und xüpiog und über die neuen Aus-
gaben des NT durch die britische Bibelgesellschaft.
Nestle, E., The shortest Vers in the Bible (ExpT XV 239): Lk 20, 30:
kai 6 deutepoc.
Nestle, E., Quotation Marks in the NT (ExpT XV 237): Wünecht
grölsere Korrektheit in diesem Punkte bei den englischen Bibelausgaben
und macht auf ein Papyrusfragment aufmerksam, das Zitationszeichen
am Rande enthält.
Blass, Fr., Über die Textkrilik im NT. Ein Vortrag gehalten auf der
theol. Konferenz in Eisenach am 25. Mai 1904 (40. Lp., Deichert. M —.&u.:
Im ganzen eine Darlegung von B.s durch seine Editorentätigkeit schon
bekannten textkritischen Prinzipien. Der Zustand der Texte der einzelnen
ntl Schriften wird geschildert, zu Jo 1,12f, Mt 1,16, Apg 20, 28, 1 Kor
5, 9, Gal 5, 7 eine abweichende Lesart proponiert und gegen die Bevor-
zusung der Hss gegenüber den Versionen und patristischen Zitaten, sowie
auch geren die Eintscheidung nach der lectio ditficilior Stellung genommeın.
„Man soil vor der Bibel Respekt haben, aber nicht vor den Abschreibern.“
Wright, G. F., The substantiating Witness of textual Criticism (BStdi
N. S. 1 24-27): Macht auf die Übereinstimmung der ntl Texteszeugen
in allen wesentlichen Punkten aufmerksam.
Lake, K., The Injluence of Textual Criticism on the Exegesis of the NT
(27. Oxford, Parker. 1s): Ein Referat über diese Antrittsvorlesung des an
die Universität Leiden berufenen enrrlischen Gelehrten in ExpT XV 2493 — 2u5.
Speziell werden Mt 28,19 und ‚Jo 3,5 besprochen.
James, M. R., The Scribe of the Leicester Codex (JthSt V 445 —447):
Ist identisch mit dem eines Leidener Ms (Voss. graec. 56), worin er seinen
Namen Emmanuel von Konstantinopel und das Datum 1468 nennt. Bei-
gabe eines Faksimile.
Zomarides, E., Die Dusmbasche Etvv- Hs vom Jahre 1226 (28 mit 2 Licht-
drucktafeln. Lp., Dörfeling & Franke. M 2.—): Ediert sämtliche Bei-
gaben (Epigramme, Stichen usw.) dieser im Besitze von Nik. Theod.
Dumba befindlichen Hs, welche aus Melitene (= Malatia) stammt.
Bonus, A., The Turin Fire (ExpT XV 287f): Cod. Bobbiensis k ist nicht
mitverbrannt, aber mehr als die Hälfte der ntl Hss ist zu Grunde ge-
gangen.
Moulton, J. H., Characteristics of New Testament Greek (Exp IX 67—75
215—225 310-320 359—368 461— 472): Notizen über seine sprachgeschicht-
liche Stellung (Einflufs der LÄX) und formalen und syntaktischen Eigen-
tümlichkeiten.
.„Loosley, E. G., Ta idıa (ExpT XV 381): Wünscht deutlichere (englische)
Übersetzungen des Begriffes. .
Löwen, G. M., Johannes Baptista Jonas (Übersetzer des NT ins Hebräische)
(Nathanael AIX 5).
Bibliographische Notizen. 415
Goodspeed, E. J., An ethiopice Ms of John’s Gospel (AmJsemL XX
182185): Beschreibung des Ms Nr 83867 der Newberry Library in
Chicago. Jo 1 vergleicht G. mit Platts Text. G.
Crum, W. E., To Coptic Papyri from Antinoe (PSbA XXVI 174—178):
Von Gazets Ausgrabungen 1902: 1) 12 Fragmente, jeder koptischen Zeile
folgt eine griechische &punvei« (liturgischer Terminus); 6. Jahrh. Aus
Jo 3; 9; 10; 12; 16; 17; 18; 21, je nur wenige Wörter; 2) Ein Blatt von
32—33 Zeilen auf jeder Seite; eine Homilie auf Judith oder Maria ent-
haltend. C. gibt die Übersetzung. G.
Meillet, M. A., Observations sur la graphie de quelques anciens Mss de
V’evangile armenien (Jas S. X, t. II 487—507): Sieht in den Alss Nr 229,
363, 369, 260, 257 der Bibliothek des Klosters zu Etschmiadzin die alte
echte Orthographie des Ev-Textes vertreten, die einer künftigen Ausgabe
zu Grunde gelegt werden mülste. Erörtert statistisch: 4a— fu , fi und
nL, pthbtn,,, nom. ag. — win, n], zwp> ıby, khlgku. G.
Weils, B., Das NT nach D. Mart. Luthers berichtigter Übersetzung mit
fortlaufender Erklärung versehen. 2 Bde (XX u. 566, 546. Lp., Hinrichs.
M 10.—): Wo Luthers Text von dem von W. als richtig vermuteten
griechischen Texte abweicht, ist er korrigiert. Hingegen sind Ungenauig-
keiten u. ähnl. beibehalten und im Kommentar rektifiziert. Dieser Kom-
mentar, den W. dem in kleinere Abschnitte zerlegten Texte folgen lälst,
zeigt wieder W.s Meisterschaft in exakter Paraphrasierung der ntl Ge-
danken. Die langatmigen Perioden und Einschachteluneen, welche die
Lektüre von W.s Anmerkungen seines griechischen NT sehr erschweren,
sind hier im Interesse der Popularität vermieden.
‚Arndt, A., S. J., Das Neue Testament unseres Herrmm Jesus Christus.
Übers. und erklärt (1V u. 760. Regensb. 1903, Pustet. M 1.60).
Broadus, J. A., A Synopsis of the Gospel in Greek in the Revised Version,
revised by A. Th. Robertson (XVII u. 290. N.Y. 1903, Armstrong).
Ronneburger, M. E. E., Untersuchungen über die deutsche Evangelien-
harmonie der Münchener Hs ('y. 532 a. d. J. 1367. Diss. (121. Greıfs-
wald 1903).
b) Allgemeine ntl Theologie und Zeitgeschichte. Urchristen-
tum. Archäologie. Geograpbie.
Proctor, F. B., Lost Article of the Creed: New Testament Teaching on
Condition of the Dead (286. Ld., Simpkin. 5s).
Ekmann, E.J., Eraungelii fullhet och de ändlösa straffen. Bibliska studien
(280. Stockholm, Johnson. Kr 2.50).
Bähler, L. H. A., Jets over oud-christelijke belijdenissen in het NT (Th.
Studiön II [1903] 119—138).
Marechaux, B., Les miracles de l’Evangile et les faits hypnotiques (Rev.
du monde invisible; daraus in Rivista delle riviste II 129—139): Unmög-
lichkeit der hypnotischen oder ınagischen Erklärung der Wunder.
Holtzmann, H., Sakramentliches im NT (Arch. für Religionswissenschaft
VII 58-69): Will hauptsächlich an Taufe und Abendmahl nachweisen,
„Jals das junge Christentum in eine mit Mysteriendunst gesättigte Atmo-
sphäre eingetreten ist, um sofort in der Umbildung gewisser symbolischer
(remeindebräuche zu Sakramenten dieser Beeinflussung zu unterliegen.
Weifs, J., Heitmüller „Im Namen Jesu“ (Th. Rundsch. VII 185—197):
Anerkennende Rezension dieses Buches.
Zahn, Th., Missionary Methods in the Times of the Apostles (Exp VII
387—400, VIll 73—80 227—240): Unter Hinweis auf Jesu Mahnung bei
Mt 10,16 wird dargetan, dals in den ältesten Zeiten ein eigentliches Missions-
system nicht nötig war, weiterhin, wie Paulus judenchristliche Missionäre
bekämpfen mulste, deren Agitation immer mächtiger wurde (Pseudo-
416 Bibliographische Notizen.
klementinen). Paulus selbst benutzte, nachdem er sich während der ruhigen
Jahre in Tarsus (auch durch Bekanntwerden mit hellenischer Literatur‘
vorbereitet hatte, bewulsterweise immer die Synagogalversammlungen, um
von der Judenmission zur Heidenmission übergehen zu können.
Jülicher, A., Otto Pfleiderers Urchristentum (PrM VIII 1283—140): Setzt
au dem Buche seines Lehrers, das er sehr preist, aus 1. dafs das Ur-
christentum zu sehr aus den damaligen Zeitbedingungen herausgerechnet
ist, und 2. dals eine Aufwärtsentwicklung des Urchristentums anugenom-
men ist.
Kalthoff, A., Die Entstehung des Christentums. Neue Beiträge zum
Christusproblem (IV u. 155. Lp., Diederichs.. M 3.—): Will in ratio-
nalistischer Weise die Entstehung des Christentums ohne die Annahme
eines Religionsstifters erklären.
Geffken, J., Aus der Werdezeit des Christentums. Studien und Charakte-
ristiken (Aus Natur u. Geisteswelt 54: VLu.135. Lp., Teubner. M 1.—):
Behandelt im wesentlichen die Epoche des 2. Jahrhunderts.
Goblet d’Alviella, Syllabus d'un cours sur les origines du christiantisme
d’apres l’exegese contemporaine (Rev. de l’hist. des religions XLVIII [193]
295—337): Sechs Auszüge von Vorlesungen in modern kritischer Richtung:
1. L’ex&gese chretienne; möthodes et sources; 2. La „bonne nouvelle*
chez les juifs; 3. La rupture avec le judaisme; 4. La penetration du
christianisme dans le monde antique; 5. L’hellenisation du christianisme;
6. La romanisation du christianisnie.
Shahan, T. J., The beginnings of Christianity (3 u. 445. N.Y. 1%3,
Benziger Bros. $2.—.).
Veldhuizen, A. van, De crisis in de gemeente van Korinthe op het einde
der eerste eeuw (Th. Studiän 1904, 1—22).
Ren& (de Nantes), Les commencements de Vöglise d’ Ephese (Etud. fran-
ciscaines 1904 fevr., 123—137).
Bruders, H., S. J., Die Verfassung der Kirche von den ersten Jahr-
zehnten der apostolischen Wirksamkeit an bis zum Jahre 175 n. Chr.
(Forschungen zur christl. Literatur- und Dogmengeschichte IV 1 und 2:
XVI u. 405 mit einer Karte. Mainz, Kirchheim. M 15.—): Hier inter-
essieren bes. B.s Bemerkungen zur Entstehung christlicher termini wie eüxa-
pıioTteiv, xeipotoveiv, dıakovog, At6otToAog (7—28), die Charakterisierungen
von 1 und 2 Kor, Gal und Pastoralbriefen (33—40). Aus den Kor-Briefen
folgert B.: „Ansässige und wandernde Apostelgehilfen haben noch keine
Klassennamen, sie sind mit Rufnamen aufgeführt, ihre Tätigkeit entbehrt
noch der technischen Bezeichnung“ (S. VIII) Trotzdem begründet die
Sendung von Gott bereits bei Paulus und in den Evangelien einen amt-
lichen Charakter (Sendungsreihen: Gott Vater, Christus, Apostel, Apostel-
schüler, ansässige Vorsteher), Weiterhin verfolgt B. die Amtsstufen in der
apostolischen Zeit (aulser Aposteln und Diakonen: normeves, EnioKomot,
ttpeoßüutepor wahrscheinlich—=ein Bischof und mehrere Priester im späteren
Sinne) und gewinnt durch Vergleichung der Amtstätigkeit der ansässigen
Vorsteher mit der kurzen Wirksamkeit der Wanderprediger und Geist-
begabten weitere Entwicklungsmomente. Unter den sehr umfangreichen
Anhängen finden sich eine Biographie Pauli und die Lebensskizzen der
bei vorliegendem Thema in Betracht kommenden Personen nebst den auf
sie bezüglichen Texten (griechisch und deutsch), weiterhin eine protestan-
tische und katholische Ansätze vergleichende Datenliste von kanonischen
und aulserkanonischen Schriften, sowie eine chronologische Übersicht der
Ereignisse von 30 bis 67, und endlich ein ausführliches Lexikon der hierher
gehörigen Begrifte (z. B. dAtooteAAw (sic), AcıToupyeiv, TTPOPNTELEIV, Xa-
proua usw.). Liegt der Schwerpunkt der Ausführungen B.s auch in der
nachapostolischen Zeit (nach ihm nach 67) und wird insbesondere aus dem
1. Klemensbriefe, von dem auch eine vollständige Übersetzung gegeben
ist, das wichtigste Material gewonnen, so wird doch auch der ntl Exeget
Bibliographische Notizen. 417
manche wichtige und feine Bemerkung B.s Buche entnehmen und nament-
lich aus dem statistischen Talente des Verf. gern Nutzen ziehen.
Ahlberg, J. A., Apostlar, profeter och lärare. En historisk studie i den
äldsta kyrkans organisation. 1. Apostlar (184. Lund 1903, Akt. Stanska
Centraltrock. Kr. 2).
Andersen, A., Das “Abendmahl in den zwei ersten Jahrhunderten nach
Christus (LV u. 95. Gielsen, Ricker. M 1.80): Ein vermehrter Abdruck
des BZ I 204 notierten Aufsatzes, dessen rationalistische Auffassungen
auch hier vertreten werden (oWwua Xpıotoü in 1 Kor 11 = Gemeinde usw.).
Die Entwicklungsstadien bei A. lauten: „l. Essen des Brotes; 2. Essen
des Fleisches Christi (Justin); 3. Opfern des Fleisches Christi on)
Das sacramentum aber sacrificii dominici trägt in sich alle Keime der
späteren \Melsopfertheorie“,
Holtzmann, O., Das Abendmahl im Urehristentum (ZnutW V 89—120):
Vertolgt die Entwicklung bis Irenäus. Manches, worauf Jesus den Haupt-
akzent gelegt hatte, so Brotbrechung („als ihm das Brot in auffallender
Weise zerbrach, sah er darin ein Vorzeichen seines Todes“) und Ausgielsung
des Kelches sind verschwunden, andere Vorstellungsweisen an die Stelle
getreten. Aus einem alltäglichen häuslichen Gebrauch war eine streng
gottesdienstliche Handlung geworden usw.
Goetz, K. &., Die Abendmahlfrage in ihrer geschichtlichen Entwicklung
VIIl u. 311. Lp., Hinrichs. M 9.—): Behandelt die Auffassungen des
Mittelalters, der Reformation und der neuesten Zeit. Für G. steht fest,
dals Jesus lediglich eine „Gleichnislhiandlung“ vorgenommen hat, die Paulus
mit „rabbinischer Ausicgekunst“ realistisch umgedeutet hat.
Gillis, J. M., The Christian Agape (Cath. Univ. Bull 1903, 465—508).
.. Batiffol, P., La controverse sur l’ Agape (Bull. de litt. eccl. 1904, 185—206):
Überblick über die neueren Forschungen von Funk, Leclerg, Gillis, Ladeuze,
Keating, Ermoni. Tert. Apol. 39, dessen „Symbolismus“ und „Ironie“
verkannt werde, wird auch hier hauptsächlich besprochen.
a0, M., Erode I. re degli ebrei (16%. 153. Padova 1903, A. Draghi.
2.50).
Waitz, H., Simon Magus in der altchristlichen Literatur (ZnutW V 241—
250:: Untersucht das Sımonbild der Geschichte (Zusammentreffen mit
Petrus historisch) und verfolgt dann die sagenhalte Ausschmückung in
Syrien-Samarien (Simon wird Gott), die gnostische Spiritualisierung und
die alexandrinische Auffassung.
Sauter, M., L'idee messianique au temps de Jesus- Christ (Rev. Aug. Jahrg.
er 146—156): Schildert die pharisäische Entstellung des atl Messias-
errriffes.
Feider, H., O. Cap., Die Krisis des religiösen Judentums zur Zeit Christi.
Ein Vortrag (30. Stans 1903, v. Matt. M —.50\.
Güdemann, M., Das vorchristliche Judentum in christlicher Darstellung
(49. Breslau 1903. Koebner. M 1.—).
Herford, T., Christianity, in Talmud and Midrash (449. Ld. 1903,
Williams. 188}: Gibt die Texte im Original und in Übersetzung wieder,
welche von .Jesus und den Minim == Judenchristen und andern Häretikern
handeln (nach Rb N. S. I 307). 3
Klausner, J., Die messianischen Vorstellungen des jüdischen Volkes im
Zeitalter der Tannaiten, kritisch untersucht und im Rahmen der Zeit-
geschichte dargestellt. Dissert. Heidelberg 1903 (V u. 119. Krakau).
z Paulus, A., Les Juifs et le Messie. Collection Science et Religion (12%.
„ Bloud).
Ebstein, W., Die Medizin im NT und im Talmud (VII u. 338. Stutt-
gart 1903, Enke. M 8.—): 1901 erschien: „Die Medizin im AT.“ Er
redet von der Schätzung der Arzte, von der Geburtshilfe, von den An-
schauungen über Ansteckung, von den kosmetischen Mitteln, von künst-
lichen Gliedmalsen und von Operationen.
Biblische Zeitschrift. U. 4. 27
418 Bibliographische Notizen.
Dressaire, L., Recherches topographiques sur la voie douloureuse (Echos
d’Orient 1903 nov., 3656-375).
Ghazaui, Issa, „La Terra santa.“ Dalle memorie di un orientale (Ri-
vista delle riviste II 81—-87): „Colla descrizione dei costumi di Betlem e
Nazaretlı (z. B. Behandlung eines neugebornen Kindes) s’ illustrano alcune
pagine dell’ Evangelo.“
Wilson, C. W., Golgatha and the Holy Sepulchre (PEF XXXVI 26—141::
Schluls der BZ I 416 genannten Aufsätze. Macht noch andere Forscher
namhaft, die die traditionellen heiligen Stätten für unecht halten.
Quenard, G., La basilique du Saint- Sepulere (Echos d’Orient 1903 nov.,
354 — 366).
Barnabe d’Alsace, Le tombeau de la Sainte Vierge & Jerusalem (XX
u. 802. Jerusalem 1903): Verteidigung der Jerusalem-Tradition gegen
die ephesinische.
Guyo, L., Le tombeau de la Sainte Vierge d’apres un livre recent (Rev.
August. III 585—599): Referat und Zustimmung zum vorgenannten
Buche.
Bernadin, V., Le tombeau de la Sainte Vierge ü Jerusalem (Et. francisc.
1904, 801—317).
Lagrange, M.-J., Le lieu du martyre de saint Etienne (Rb N.S. I
465—474): Auseinandersetzungen mit dem Franziskaner P. Barnabe d’Alsace.
ec) Kanon des NT. Geschichte der ntl Exegese.
Zahn, Th., Grundrifs der Geschichte des nt! Kanons. Eine Ergänzung
zu der Einleitung in das NT. 2., vermehrte u. vielfach verbesserte Aut.
(IV u. 92. Lp.. Deichert. M 2.10): Die Hauptergebnisse dieser verdienst-
vollen Übersicht sind dieselben wie in der 1. Auflage: Um 170—220 be-
standen Verschiedenheiten und Schwankungen in Bezug auf Hebr, Jak,
2 Petr, Apk des Petrus, Didache, Barnabasbrief, 1 und 2 Clemens, Paulus-
akten und Pastor Hermae (26). Von da verfolgt Z. die Spuren des Kanons
aufwärts (Marcion, V:lentinianer und Justin) und findet, dafs „schon ge-
raume Zeit vor 140 im ganzen Umkreis der katholischen Kirche die Samm-
lung der 4 Evv und diejenige der 13 Paulusbriefe neben den Schriften
des AT gelesen wurden und dals noch mehrere andere Schriften, wie
Apk, Apg, in einigen Teilen der Kirche wohl auch Hebr, 1 Petr, Jak
und Briefe des Jo, und vielleicht sorar die Apostellehre der gleichen Ehre
gewürdigt wurden“ Der Grundstock des NT, das Corpus der 13 Paulus-
briefe wie das „vierfaltige“ Ev waren schon 80—110 entstanden (41). Aus
der Zeit nach 200 behandelt Z. Origenes und seine Schule, das anfäng-
liche NT der Syrer und dessen Fortbildung, Lucianus und Eusebius,
Athanasius, die Weiterentwicklung im griechischen Orient bis zur Zeit
Justinians, die Angleichung des Okzidents. Unter den Textbeilagen bietet
als neue Zugabe diese 2. Auflage eine Ausgabe der einschlägigen Partien
aus dem 39. Festbrief des Athanasius vom J. 367.
Holtzmann, H., Die Entstehung des NT. Vortrag gehalten in der
Nicolaikirche zu Stralsburg (22. Straisb., van Hauten. M —.50): Den
ntl Autoren lag der Gedanke, eine Schrift von kanonischer Geltung zu
schreiben, völlig fern; aber das Vorbild des AT wirkte. Das erste waren
die 4 Evv. Nachdem Marcions Kanon 10 paulinische Briefe enthielt,
nahm auch die katholische Kirche die paulinischen Briefe auf und als
Brücke zwischen ihnen und den Evv die Apg. Der Vermittler zwischen
Morgen- und Abendland war Athanasius. Römische Bischöfe waren an
der Abgrenzung des Kanons tätig.
Weils, B., Enntstehungsgeschichte des NT (20. Lp., Hinrichs. M —.20::
Erweiterter Einzeldruck aus W.s deutschem NT.
' Bibliographische Notizen. | 419
Polidori, E., Concetti_cattolici e razionalistiei sul origine del NT (Civ.
catt. LV, I 73—81): Wendet sich gegen den BZ I 416 notierten und in
die kathol. Str mit Beifall aufgenommenen Aufsatz Harnacks.
Burkitt, F. C., The Eariy Church and the Synoptic Gospels (JthSt V
330— 342): Bespricht die positiven und negativen Qualitäten der drei
ersten nachchristlichen Generationen (30—120 n. Chr.), welche sie als
Fortführer der Traditionen über Christus geeigenschaftet sein liefsen.
Für die Stellung der folgenden Generationen zu den Evv wird Justin als
Repräsentaut genommen. Die Aufnahme des Mk-Ev in den Kanon wird
als besonders glücklicher Zufall gepriesen.
Drews, P., Untersuchungen zur Didache (ZntW V 53—79): 1. Die Ver-
wandtschaft zwischen Did. und paulinischen Briefen (Röm 1, 24ff, Kol
3, 5ff, Eph 4, 1fi) ist nicht auf Benutzung der letzteren durch die erstere
zurückzuführen (was allerdings mehr vorausgesetzt als bewiesen wird),
sondern auf beiderseitige Benutzung eines jüdischen Katechismus: die
beiden Wege. 2. evroAr) Did. 1,5 und 13,5 und 7 bedeutet eine Gebots-
sammlung des Herrn. 3. Mk und jüdische Ur-Didache benutzten eine
kleine jüdische Apk; dieselbe hat der Verf. der Did. unter reichlicher
Benutzung von Mt christianisiert. 4. Did. 9 und 10 schildern wie Did. 14
ein „Herrnmahl“, doch mehr ein privates und inoffizielles.
Wurm, A., Cerinth — ein Gnostiker oder Judaist (ThQ, LXXX VI 20—38):
Nicht Irenäus, der C. für einen Gnostiker hält und im Jo-Ev Bekämpfung
dieses Gnostizismus erblickt, sondern Epiphanius, der auf Grund einer
alten Quelle den C. für einen Judaisten hält, berichtet das Wahre.
Gutjahr, F. $S., Die Glaubwürdigkeit des irenäischen Zeugnisses über die
Abfassung des vierten kanonischen Ev aufs neue untersucht. Festschrift
der k. k. Karl-Franzens-Universität in Graz aus Anlals der Jahresfeier
am 15. Nov. 1903 (VII u. 198. Graz, Leuschner & Lubensky. M 5.—):
In eingehender und gründlicher Auseinandersetzung mit der neueren
Literatur (Kreyenbühl, Harnack, Zahn, Corssen u. a.) wird die Glaub-
würdigkeit des Irenäus verteidigt. Irenäus hatte Mittelquellen, darunter
Papias und Polykarp; beide waren Schüler des Apostels Jo in Kleinasien
und kannten das 4. Ev als von diesem herrührend. Im papianischen
Zeugnis über den Presbyter Jolıannes ist dieser als persönlicher Lehrer
des Papias nebst Aristion nochmals angeführt worden. Die Lesart ouv-
ekpıvov wird empfohlen. Die Harnacksche Chronologie des Irenäus lehnt
G. ab. Ir. könne sehr wohl 125—130 geboren sein und seine Begegnung
mit Florin 140—145 stattgefunden haben. Sicher war er längere Zeit‘
Schüler des Polykarp.
Mercati, G., Un frammento delle ipotiposi di Clemente Alessandrine
(Studi e testi XII 3—15): Dasselbe ist in Vat, 354 (= Evv-Cod. S) als
Randscholion zu Mt 8, 2 enthalten und bringt die Kunde, dals gemäfs
einer ttapadocıg die jüdischen Priester an bestimmten Tagen den Aussatz
zu heilen versuchten und im Falle des Unvermögens auf den Messias
hinwiesen. M. vermutet eine apokryphe, ziemlich wörtlich wiedergegebene
Quelle, die auch zugleich der Anlals für die abendländische textkritische
Änderung des adroig in Uuiv nach eis uaprlpıov gewesen sei. Das Apo-
kryphon müsse also vor 150 existiert haben. Auch der Befehl zum
Reinigungsopfer habe im Apokryphon (das Mt-Ev der Ebjoniten?) und
im Evv-Text des Clemens(?) gefehlt. — Von den übrigen Randscholien
des Vat. werden die interessanteren ediert.
Riggenbach, E., Matth 28, 19 bei Origenes (Beitr. zur Förd. christl. Theol.
VIll 107—109: Zwei Zitate im Jo-Kommentar a Preuschen 547 und
512), wo Mt 28, 19 in der herkömmlichen Gestalt zitiert wird.
Achelis, H., und Flemming, J., Die syrische Didaskalia übersetzt und
erklärt. (Die ältesten Quellen des orientalischen Kirchenrechts. II. Buch)
(TU, N.F. X 2. VIII u. 388. Lp., Hinrichs. M 12.50): Der sehr be-
grülsenswerten deutschen Übersetzung Flemmings hat Achelis u. a. auch
27°
420 Bibliographische Notizen.
eine Abhandlung über das NT der Didaskalie beigegeben (318—354), die
hier vor allem interessiert. Er untersucht den ntil Kanon der Didaskalıe
an der Hand direkter Zitate aus den ntl Schriften und gelangt zu dem
Resultate, dals „an unserem NT nur die kleineren katholischen Briefe zu
fehlen scheinen“ (324). Dafs aber gerade hier ein argumentum e silentio
sehr wenig beweiskräftig ist, hätte von A. bei der sonst sehr vorsichtigen
Art seiner Beweisführung noch mehr betont werden sollen. Wenn um-
gekehrt A. konstatieren kann, dafs das Petrus- und das Hebräerevangelium
(bei letzterem ist auch A. zweifelhaft; er glaubt, die Beziehung auf die Peri-
kope der Ehebrecherin sei ihm entlehnt) und die Acta Petri und Pauli
benützt seien und keine „Demarkationslinie® zwischen kanonischen
Schriften und Apokryphen gezogen sei, so ist doch zu bedenken, dais
ein solches Verfahren dem Verfasser der Didaskalie der 12 Apostel, also
eines neuen Apokryphons, a priori nicht zugetraut werden darf. Sehr
dankenswert ist dann die Zusammenstellung der evangelischen Zitate,
deren Text nicht genau mit dem der Evv zusammenstimmt — wiederholt
handelt es sich um gemischte Zitate — oder die direkte Agrapha sind.
Wie das ganze Werk von den Kirchenhistorikern, so wird dieser Ab-
schnitt von den ntl Exegeten dankbarst aufgenommen werden.
Mercati, G., Varia sacra I: I. Anonymi Chiliastae in Mt frag-
menta (Studi e Testi XI. Roma 1903, tipogr. Vat.): Sie stehen ım
Ambr. J 101 sup. und exegesieren Verse aus Mt 24,13 und 26. Mög-
licherweise ist Viktorinus von Pettau der Autor. Vgl. Diekamp ın
ThR II 476f.
Turner, C. H., An exegetical Fragment of the third Century (JthSt V
218—241): Ediert die gleichen Fragmente wie Mercati, die möglicher-
weise eine Übersetzung eines griechischen Originals seien, und hält auch
die Autorschaft Viktorins, der vielleicht ältere Quellen bearbeitet, für
wahrscheinlich.
Denk, J., Der Angelus templi bei Pseudo-Cyprian (Archiv f. lat. Lexi-
kogr. XIII 474): Aulsert die Vermutung, dals der beim Tode des Herrn
aus dem Tempel fliehende (gute) Engel, von dem bei Ps.-Cypr. adı.
JIudaeos und im Matthäuskommentar des Hilarius von Poitiers die Rede
ist, als Parallele zu dem beim Kommen des Antichrist in den Tempel
einziehenden „angelus refuga“ (Viktorinus von Pettau zur Apk; der Aus-
druck auch in den Tract. Orig. 18 p. 194, 13 B) gedacht sei und aus
Viktorin (unmöglich, wenn Adv. Iud. von Novatian: vgl. Harnack, Chronc-
logie II 402ff) oder aus dessen exegetischem Vorbilde Origenes her-
stamme. C. W.
Zahn, Th., Neues und Altes über den Isagogiker Euthalius (NkZ XV
305—330 375—3W): Tritt gegen die von v. Soden sehr zuversichtlich vor-
getragene Identifikation mit Euthalius von Sulci (um 650—670) auf, da
der Isagogiker um 330—3% gelebt haben muls.
Conybeare, F. C., The Date of Euthalius (ZutW V 39—52): Die von
H. v. Soden in die zweite Hälfte des 7. Jahrh. verlegte Lebenszeit des
Euthalius, des Verfassers der Prologe zu den paulinischen Briefen, wird
vor allem durch den Hinweis auf armenische Übersetzungen aus dem
5. Jahrh. widerlegt.
Funk, F. X., Zum Opus imperfectum in Matthaeum (ThQ LXXXVI
424—428): Das ganze 5. Jahrh. (vielleicht noch das 6.) ist als Entstehungs-
zeit offen zu halten.
Baumstark, A., Die Evangelienexegese der syrischen Monophysiten (Schluis)
(Ochr 1902, 358—389): Vgl. BZ I 206. Uber einen Kommentar zu Jo
und Mk nach der Hs Brit. Mus. Add. 14,682, den Kommentar zu den
Evv von Georgios Be‘eltan Vat. Syr. 154 (davon eine eingehende Be-
schreibung), einen Vierevangelienkommentar von Dionysius bar Salibi.
Schlielst mit praktischen Anweisungen, wie methodisch an der Geschichte
der syrischen Exegese etwa gearbeitet werden mülste, 3
Bibliographische Notizen. 42]
Bauer, W., Der Apostolos der Syrer in der Zeit von der Mitte des
vierten Jahrhunderts bis zur Spaltung der syrischen Kirche (1V u. 80,
Gielsen 1903, Ricker. M 1.80): Die Thekla-Akten werden nur bei Rab-
bulas anerkannt. Hebr wurde bei allen Syrern für kanonisch gehalten.
Die Ostsyrer besalsen noch 3 Kor und 2 Phil und vielleicht einen Laodic.
Die kath. Briefe fehlten den Ostsyrern. Apk bekannt, aber nicht kano-
nisch (nach ThLz 1904, 177 ff). G.
Baumstark, A., Ein syrisches Zitat des „Comma Iohanneum“ (Ochr 1902,
438—441): Deduziert aus einer Melserklärung des Jakob von Edessa (Mus.
Borg. 133 und 159 vorhanden) ein dem Text des Priscillian und der Vulg.
ähnliches Zitat des Verses 1 Jo 5, 7 und will damit einen ganz un-
erwarteten morgenländischen (syrischen oder griechischen) Zeugen für den
berühmten Text gewinnen. G.
Hartung, K., Fin Traktat zur Apk des Apost. Johannes in einer Per-
gamenths der Kgl. Bibl. in Bamberg. Zum erstenmal veröffentlicht (VIII
u. 22. Bamberg, Duckstein. M —.60).
Schulte, E., Untersuchung der Beziehungen der altenglischen Matthäus-
glosse im Rushworth - Manuscript zu dem latein. Text der Hs. Diss.
(30. Bonn 1903).
Goldziher, J., Ntl Elemente in der Traditionslitteratur des Islam (Ochr
Il 390—397): Eine Reihe von Aussprüchen des NT oder charakteristischen
Redensarten haben sich als Muhammed und seinen Genossen angehörig
in der religiösen Literatur des Islam eingebürgert. G. gibt hier in Er-
gänzung seiner „Muhammedanischen Studien 382—400: Hadith und NT“
einige weitere Beispiele. G.
Gabrieli, G., Rapporti tra il NT e !’ Islamismo (Bessarione ser. II, vol. VI,
78—86): Ntl Zitate usw. kommen öfters sozusagen als Plagiate in der
moslimischen Literatur vor. Beispiele aus einschlägigen Schriften zu-
sammengestellt. G.
Bludau, A., Richard Simon und das Comma Johanneum (1. Joh. V, 7)
(Kath. 1904, 29—42 114—122): Bespricht die Bestreitung der Echtheit
des C. J. durch den „Begründer der biblischen lsagogik“ und die An-
griffe, die er deshalb gefunden. „Die Beweisführung Simons war gewils
nicht vollständig, die Gründe aber, die er gegen die Echtheit anführt,
verraten ein sicher abgewogenes Urteil und scharfsinnige Argumentation.“
d) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern.
a) Allgemeines.
A Goguel, M., L’apötre Paul et Jesus- Christ (These) (Il u. 399. P., Fisch-
acher).
Allen, J. C., The Gospels of Jesus and Paul (Open Court 1904, 37—44):
„LIhese two gospels were separately derived, separately worked out; but
they were brought into relations with each other through historical con-
ditions, and finally have become merged together, because they are essen-
tially harmonious and each has need of the other.“
Ramsay, W. M., Notes on the NT and the early Church (ExpT XV
397—8399): From the fifth to the tenth hour: Hält diese ß-Lesart zu Apg
19, 9 inhaltlich für richtig (cf. Martial, Epigr. V115), doch nicht für ur-
sprünglich. The date of Polycarp’s Martyrdom.
Burkitt, F. C., On Romans IX 5 and Mark XIV 61 (‚JthSt V 451-455):
Nicht eine Doxologie, sondern eine Beteuerung des Gesagten ist in Rom
9, 5 (ähnlich wie 1, 25 und 2 Kor 11, 31) gegeben. Christus antwortete
Mk 14, 61 auch erst auf die Anrufung des euAo’nTöc.
ßB) Leben und Lehre Jesu. Evargelien.
Bacuez, L., et Vigouroux, Munuel biblique, ou Cours d’Ecriture Sainte.
Nouveau Testament, 11e ed. T. III: Jesus Christ: Les Saints Evangiles
(18°. 1X u. 707. P., Roger et Ühernovicz).
422 Bibliographische Notizen.
Gregory, D. S., The international Lessons in their Literary Setting (BStät
N.S. 1 37—45 95—101 157—164 213—217 301—305 385f): Referate über
Vorlesungen über das Leben Jesu und die Charakteristik der Evangelien
in antikritischem Geiste.
Schmidt, P. W., Die Geschichte Jesu erläutert. Mit 3 Karten von
K. Furrer und einem medizinischen Gutachten zur römischen Kreuzigung
samt 2 Abbildungen im Text und einer Tafel in Lichtdruck (XII u. 423.
Tüb. u. Lp., Mohr. M 7.—): Die Erläuterungen nehmen den gröjisten
Teil (S. 187—414) ein und behandeln in modern kritischem Sinne die
äulseren und inneren Zeugnisse, die Begriffe: Gottesreich, Messias und
Menschensohn (gl-ichbedeutend), Gesetz, Gericht. Jesus ist 753 a. u. c.
geboren u. 783 gestorben. — Das medizinische Gutachten konstatiert Er-
stickung als Todesursache Jesu und die Unmöglichkeit einer mehrstün-
digen Marter und einer Sprechfähigkeit.
Maas, A. J., The Life of Jesus Christ according to the Gospel History.
4th ed. (34 u. 622 ill. maps. St Louis, Mo., Herder. $ 2).
Farrar, F. W., Life of Christ. With a Memoir of the Author by the
Very ltev. W. Lefroy. Containing over 300 illusts. (4%. 822. Ld. 1%8.
Cassell. 10s 6d): Vgl. BZ I 419.
Hollmann, ‚6., Leben und Lehre Jesu (ThRundsch. VIl 149-171 197—212
246— 255): Überblick über die Literatur darüber aus den letzten drei Jahren.
Barton, W., Jesus of Nazareth. The story of his life and the scenes of
his ministry; with a chapter on the Christ of art (XXILI u. 558 ill. maps.
Boston 193. Pılgrıim Press. $& 2.50).
Davis, N. K., The Story of the Nazarene. An annotated paraphrase
(428. Ld., Revell. 65).
M’Connell, S. D., Christ (242. Ld., Macmillan. 55).
Henderson, H. F., Eye- Witnesses of Christ, and other Essays (Ld.
Stockwell. 28 6d): ExpT XV 378: The subjects of his sermons are theo-
logical, ethical, or even mystical, as the case may be; but tlıey are always
practical. Now it is the fact of the Resurrection, now the cultivation.of
piety, now tlıe command, „Be pitiful“.
Jehle, F., Das Schriftzeugnis von Christi Person und Werk (238. Stuttg.
Ev. Gesellsch. AM 1.50).
Briggs, C. A., New Light on the Life of Jesus (210. Ld., Clark. 48 6dı.
Bousset, W., IVas wissen wir von Jesus? (79. Halle, Gebauer-Schwetschke.
M 1.—): Ein Vortrag, in dem Kalthoffs Aufstellungen (Das Christus-
problem, 2. Aufl. 1903, und Die Entstehung des Christentums, 1904. s. 0.'
im Sinne der modernen Evv-Kritik widerlegt werden. Für die von K.
bestrittene Echtheit der hauptsächlichsten paulinischen Briefe und die
Zweiquellentheorie wird eine Lanze eingelegt. Die Evv-Literatur hat
alästinensische, nicht römische Verhältnisse (so K.) zur Voraussetzung.
otz des Grundsatzes: „Wo man glaubt und verehrt, schaut man nicht
mehr objektiv“ (S. 54). und trotz der Ablehnung der eigentlichen Wunder-
berichte („Der Historiker kann kaum[!] anders als annehmen, dals da, wo
solche Wunder erzählt werden, Legende und nicht Geschichte vorliege“
S. 55) stölst man „unter der Schicht der Überlieferung, die aus dem Ge-
meindeglauben stammt, auf den Granit der historischen Wahrheit.
Jüdischer Messianismus, griechische Philosophie, soziale Verhältnisse.
Mysterienkulte u. a. sind nur Nebenfaktoren, nicht Hauptfaktoren in der
Entstehung des Christentums.
Kalthoff, A., Was wissen wir von Jesus? Eine Abrechnung mit Prof.
D. Bousset in Göttingen (43. Schmargendorf, Verl. Renaissance. M—.50).
Wernle, P., Die Quellen des Lebens Jesu. 1.—10. Taus. (Religionsgesch.
Volksbücher für die deutsche christl. Gegenwart hrsgeg. von F. M. Schiele.
J. Reihe, 1. Heft: 88. Halle, Gebauer-Schwetschke. M —.40): Ist nach
Stb 11 420 „so subjektiv wie möglich“ geschrieben. Jesus offenbare bei Jo
„ein bis zur Herzlosigkeit und eisigen Kälte gesteigertes feindliches Gefühl“.
Bibliographische Notizen. 423
Batiffol, P., Jesus et l’histoire. 2° ed. (16%. 38. P., Lecoffre).
Gaffre, L. A., La contrefacon du Christ. Etude critique de la „Vie de
Jesus“ de Renan (12%. XIX u. 266. P., Lecofire. Fr 3.—).
Jeschuah, der klassische jüdische Mann. Zerstörung des kirchlichen, Ent-
hillung des jüdischen Jesus- Bildes (Jüdische Schritten von M. de Jonge V:
112. B., Schildbergen. M 2.—): Ein jüdisches Pamphlet, das sich z. B.
die Gegenüberstellung leistet: Jeschuah, ein jüdischer Mensch, sein jüdisches
Temperaments- und Gefühlsleben. Gegensatz: Die kirchliche Karikatur.
Die 'Temperamentlosigkeit des Kirchenjesus etc.
Snowden, 3. H., Scenes and Sayings in Life of Christ (312. Ld.,
Revell. 5). |
Oefele, v., Das Horoskop der Empfängnis Christi mit den Evv ver-
lichen (Mitteilungen der Vorderasiat. Ges. VIIl 6: III u. 15. B. 1903,
eiser.r. M —.15).
Whately, A. R., Doctrinal Significance Of a miraculous Birth (HJ II
380— 383): Bemerkungen gegen Beeby’s Aufsatz (s. ob. S. 208). Beeby's
Replik: HJ II 592-598.
Webster, W., The Phrase „The Virgin-Birth of Our Lord“ (ExpT XV
331f): Macht auf die Vieldeutigkeit des vielgebrauchten Terminus auf-
merksam.
Nogara, J., Les Mages a Bethleem et le massacre des innocents (Scuola
catt. 1904 Jan.).
Harper, J., The Temptation in Matthew and Luke (BStdt N. S. I 253f):
Harmonisierung beider Berichte.
Lincke, K.F. A., Jesus in Kapernaum. Ein Versuch zur Erklärung des
Mk-Ev (VIIlL u. 4. Tüb., Mohr. M 1.—): Sieht in der Tätickeit Jesu
in der Schule von Kapernaum den im Mk-Ev noch 2. T. kenntlichen An-
fang des Christentums.
Wünsche, A., Jesu Konflikt mit den Pharisäern wegen des Ährenausraufens
seiner Schüler (VB I 281—306): Untersucht den genannten Konflikt an
der Hand der Misna, der jerusalemischen und babylonischen Gemara. Im
Mt-Ev findet er die treueste Wiedergabe der Disputation Jesu, die sich
ganz in den rabbinischen Formen bewegt (ein Beweispunkt für die Mt-
Hypothese), Zusammenstellung der analogen Bestimmungen (der Fall des
Ahrenausraufens findet sich nicht). Die Worte örı ToD lepoO neiZöv &otıv dbde
beziehen sich nicht auf Jesu Persönlichkeit. Uber die Handlungen, welche
nach talmudischer Anschauung den Sabbath aulser Kraft setzen. G.
Reinach, Th., „Mon nom est lögion“ (REj. 1903, 172—178): Will das
Wunder daraus erklären, dals die Soldaten der römischen Legionen in
Palästina einen Eber als Abzeichen trugen. Der Dämon wollte sich nun
in die römische Legion stürzen, um sie zu vernichten.
Gorla, P., La Samaritana del vangelo (383. Milano, Scuola tip. Sa-
lesiana. L3.—).
Archinard, Le publicain Zachee (Rev. chret. 1903 dec. 409—420).
Fryer, A. T., The Purpose of the Transfiguration (JthSt V 214—217):
Christus hat sich durch die Anwesenheit des Moses und Elias in seinem
Priester- und Prophetenamt geoftenbart.
Rowe, G. St., The Transfiguration (ExpT XV 336): Hebt die Zeit-
bestimmung ‚nach 6 Tagen“ besonders hervor und sieht in der Ver-
klärung die teilweise Erfüllung der unmittelbar vorangehenden Verheilsung,
den \essias in seinem Reiche noch sehen zu können.
Schwartz, E., Der verfluchte Feigenbaum (ZutW V 80—84): Retouchiert
Mk 11,12 ff 20 21 u. Parall., sowie Mk 13, 28f so lange, bis er eine Volks-
lexende (airıov) erhält, die an einen verdorrten Feigenbaum am Wege von
Betbanien nach Jerusalem anknüpfte, ihn durch Jesu Verdikt vertrocknen
lies und von einem Wiederausschlagen die Ernte (Parusie) erwartete.
Liese, Das Leiden Jesu Christi (Kath. Seels. 1904, 56—62 147—155).
424 Bibliographische Notizen.
de la Palma, Histoire de la passion de N.-S. Jesus- Christ. traduit de
l’espagnol par A. Gareau. Nouv. ed. (12%. XXXI u, 452. P., Lecottre.
Fr 3.—): De la Palma S. J. (+ 1641) verfolgte durchweg erbauliche Zwecke.
Kirchbach, W., Die Abendmahlworte Jesu (Nord u. Süd. Jahrg. XXVII
[1903], Bd CIV 216—225): Betrachtet Brot und Wein als Sinnbild der
Einheit des Bundes Jesu.
Abbott, E. A., Paradosis; or „In the Night, in which He was(?) betrayed“
(XXIII u. 216. Ld., Black).
Chauvin, C., Le proces de Jesus- Christ (16°. 64. P., Bloud et Cie. Fr —.60i
Rosadi, 6., Il processo di Gesü (XV1u.440. Firenze, Sansoni. L4.—.ı.
Reith, G. M., Cross-Bearing (ExpT XV 238): Notizen zu früheren Be-
merkungen von Massie und Palmer.
Preuschen, E., Todesjahr und Todestag Jesu (ZutW V 1—17): ..Jesus
starb am Freitag den 7. April 30, dem 14. Nisan des jüdischen Kalenders.
Handmann, R., S.J., Zur Datierung des Todestages Jesu Christi (Natur
und Offb 1904, 286-295): Berücksichtigt auch die danielische Messıas-
prophetie und behauptet: Der 7. April 80 n. Chr. oder 783 d. St. kann
als sicherer und fixer Punkt betrachtet werden.
Kreyher, P., Der Todestag Christi (Ev. Kz 1904, 224f): Vgl. ob. S. 209.
Die dort gegebene Datierung (3. Apr. 33) wird gegen P. Endemann (7. Apr. &%:
festgehalten. Dieser hält aber gleichfalls ebd. 324 seine Datierunz auf-
recht und Th. Beyer (ebd. 324f) weist auf die unhaltbare Annahme einer
Mondfinsternis durch K. hin.
Henson, H., The Resurrection of Jesus Christ (HJ II 476—493): Erörtert
an diesem Beispiel die eventuclle Vereinbarkeit des christlichen Glaubens
mit den Resultaten der Kritik: „No such intimate and vital connection
exists between the truth of Christianity and the traditional notions of
its historical origins.“
Riggs, J. S., The Resurrection of Christ (BW XXIII 249—255).
Smith, D., The Resurrection of our Lord. 1. The Evangelic Testimony
(Exp VIII 344—360): Unterscheidet synoptische Tradition, Emmaus-
erzählung und johanneischen Bericht. Widersprüche sind vorhanden, wie
Beeinflussung durch Tradition.
Carr, A., The Autorship of the Emmaus Incident (Exp IX 121-128):
Vermutet im andern Jünger Lukas, der damals sein Ev vom Herm
selbst erzählt bekommen habe.
Hilgenfeld, A., Emmaus (ZwTh XLVII 272—275): Die D-Lesart OvAau-
naoüg = ehemalige Festung.
Lepin, M., La divinite du Christ d’apres M. Loisy (L’Univ. cath. 15 janr.,
34—60; auch separat: 31. Lyon, impr. Vitte): Verteidigt die Aussagen
des Jo-Ev über Jesu Gottheit, deren Bekenntnis sich nicht aus dem Glauben
entwickelte, soudern ihm zu Grunde lag. Vgl. Rev. du Clerge frang.
XXX VIIL 556.
Schmidt, H. F., Zur Entwicklung Jesu. Ein Versuch zur Verständigung
(48. Basel, Helbing & L.L M1.—.).
Brunetti, F., La scienza umana e la coscienza messianica di N. S. Gesü
Cristo, a proposito di una pubblicazione recente (29. Venezia 1903, tip-
Patriarcale);: Gegen Loisys L’Evangile et l’Eglise. z
Osgood, H., Christ's „Not Knowing“ (BStdt N. S. I 167—171): Über
Christi Nichtwissen des Tages und der Stunde und dessen Vereinbarkeit
mit seiner Allwissenheit.
Kirchner, V., Die Sündlosigkeit Jesu und das NT (Mancherlei Gaben ek.
1903, 169—173; 1904, 313-317 393--397).
Schlatter, Jesu Geduld, ihre Mifsdeutungen, ihr Grund (Beitr. zur Fürd.
christl. Tbeol. IX. Heft 1. M 1.20): 5 Tihesen über dieselben. „Sie ent-
steht aus der voll personhaften Art der Gottessohnschaft Jesu.“
Bernard, J. H., Prayers of the Kingdom. Studies in the Lord’s Prayer
(96. Ld.,S.P.C.K. 1s 6d).
Bibliographische Notizen. 425
Ross, D. M., The Teaching of Jesus (212. Edinbourgh, Clark. 25):
ExpT XV 420: „Dr. R. has been working at it for a long long time, and
he has been able to put much thought very clearly into short paragraphs.“
Jackson, G., Teaching of Jesus (264. Ld. 1903, Hodder. 3s 6d): Nach
ExpT XV 376: „not a theologian’s treatise, sondern a preacher’s inter-
pretation.“
ee H. B., Studies in Teaching of Our Lord (186. Ld., Hodder & S.
38 6d).
Vorher: M., Die Worte Jesu. Systematische Zusammenstellung aus dem
NT, entworfen von M. V., vollendet und herausgegeben von 6. Vorberg
(VIII u. 194. Gr.-Lichterfelde, Runge. M 2.20).
Bewer, J. A., The psychological Study in the Words of Jesus, especially
of His Parables. A contribution to the study of the inner life of Jesus
(Bs LXI 102—140): Bespricht in populärer Form die Stimmungen, aus
denen Jesu Worte (bei den Synoptikern) hervorgehen.
Herzog, J., Jesus als Prediger (ZThK XI1V 44-92): Erörtert, was der
moderne Prediger von der Predigtweise Jesu lernen kann (mehr Wirklich-
keit, mehr Natürlichkeit).
Haufsleiter, J., Die Glaubenserziehung, wie sie Jesus geübt hat (Allg. ev.-
luth. Kz 1904, 394—398 418f 442—445; separat: 20. Lp., Dörffling
& Franke. M —.50): Im Glauben an Jesu Wort liegt der Schwerpunkt.
Bachmann, Ph., Die Sittenlehre Jesu und ikre Bedeutung für die Gegen-
wart (IV u. 60. Lp., Deichert. M 1.20): Der erste Teil dieses vor einem
weiteren gebildeten Publikum gehaltenen Vortrages behandelt den eigen-
tümlichen Inhalt der Sittenlehre Jesu. Sie „konzentriert sich um den
Giedanken der Gerechtigkeit. Aber im Munde Jesu ist Gerechtigkeit kein
sozialer, sondern ein religiöser Begriff. Sittlich handeln heilst Gott
dienen“ (S. ”
Herrmann, W., Die sittlichen Weisungen Jesu. Ihr Mi/sbrauch und ihr
richtiger Gebrauch (1V u. 66. Gött., Vandenhoeck. M 1.—): In unserer
Zeit kann die unbedingte Befolgung überlieferter, gegen das Streben nach
Besitz und Macht gerichteter Worte Jesu nicht zur Lebensnorm gemacht
werden, weil wir uns nicht wie Christus vor das Ende der Welt, sondern
vor eine Unendlichkeit von politischen und wirtschaftlichen Aufgaben
gestellt sehen. Das von Jesus in das eigene Jeben hinüberzunehmen,
was uns nicht als „ewig offenbar“ wird, ist eine Art von Reliquiendienst.
Jesus bekämpft den Irrtum, dals wir, um das Gute zu erkennen, erst
Gott kennen und seine Gebote vernehmen müssen. Haeuser.
Mac Comb, S., The Irony of Christ (BW XXIII 104-109): Christus
machte von ihr einen verteinerten, auf den Nutzen der Menschen ab-
zielenden Gebrauch.
Sheraton, J. P., Our Lord’s Teaching concerning himself. Secondly —
Our Lord’s teaching concerning his mission (PrthR II 1—31): Vgl. ob.
S.210: 1. Revelation; 2. Redemption; 3. Judgement. Zum Schlusse werden
als Charakteristika der Lehre Jesu hervorgehoben: „its originality, its
homogenity and its organic completeness.“
Klein, H. M. J., Some Elements in the Teaching of Jesus concerning
himself (Relormed Church Review 1904, 205—218).
Ross, J. M. E., Self-portraiture of Jesus. Short studies in our Lord’s
pictorial teaching concerning himself (272. Ld., Hodder. 35 6d).
Chapuis, P., Le messianisme de Jesus de Nazareth (RThPh XXXVII
5—80): Fortsetzung der ob. S. 207 erwähnten Studien. Der danielische
Menschensohn ist zum Messiastypus geworden und auch von Jesus in
eschatologischem Sinne auf seine Person angewendet worden, nachdem
er bei der Taufe im Jordan sein Messiasbewulstsein empfangen hat. Im
übrigen Auseinandersetzung mit Wrede. In einem 3. Artikel gedachte
Ch., Prof. der Theol. in Lausanne, das synoptische Problem zu behandeln,
starb aber am 12. Mai 1904,
426 Bibliographische Notizen.
Kipp, J., „Des Menschen Sohn“ (Ev. Kz 1904, 437—445 459—463h: Er-
blickt in dem Ausdruck eine Verhüllung der göttlichen Macht und
Majestät Jesu.
Fiebig, P., Der Menschensohn und Wellhausen (PrM VIII 12—26): Aus-
einandersetzung Init W. hinsichtlich dessen Auffassung des Begrities
Menschensohn (= Mensch; im Munde ‚Jesu = Messias).
Henderson, G., Names and Titles of Christ: „The Son of Man“ (BStdt
N.S. 1 121—124): Der Ausdruck bezeichne Christi Anteilnahme an den
Menschenschicksalen, seine ideale Menschheit und seine Messiaswürde.
Fracassini, U., Il Regno dei cieli e il Figlio di Dio (Str III 323—5-44 :
Teilt Loisys eschatologische Auffassung des Reiches Gottes: „Ad ogynı
modo & fuori di dubbio che Gesü ha posto alla base del suo Vangzelo la
fede e la speranza nella gloria futura del Regno dei cieli.“
Sanday, W., The Injunctions of Silence in the Gospels (JthSt V 321— 329 :
Wendet sich geren Wredes „Messiasgeheimnis“ und erklärt das Schweize-
gebot aus besondern Umständen (Erfüllung von Prophetenstellen, \Ver-
ständnislosigkeit gerenüber der Messiaswürde etc.).
Muirhead, L. A., The Eschatology of Jesus; or The Kingdom come and
coming. A brief study of our Lord’s apocalyptic language in the synoptic
gospels. Four lectures (252. Ld., Meirose. 68): In ExpT XV 422 sehr
gerühmt.
Boehmer, J., Der Missionsbefehl (Stb II 204—222): Gegen Harnack wird
nachgewiesen, dals das Judentum missionslos war, während Christus zwar
nicht in seiner öffentlichen Lehrtätigkeit, wohl aber als Auferstandener
einen formellen Missionsbefehl (Mt 28, 19f) gereben hat, dessen Tragweite
(Heidenmission) die Jünger allerdings erst später verstanden.
Wünsche, A., Zur Muttersprache Jesu (VB 1 403 f): Mt 12, 3-8 (im Idiom
der Targumim), Mt 12, 2—8 (im ldiom des Talmud), Mt 22, 29—32, Nach-
trag einer, Parallele zu ‚Jesu Schriftbeweis der Totenauferstehung Mt 22, 32
aus Midr. Semoth r. 44, 6.7. T.
Wünsche, A., Zur Muttersprache Jesu (VB I 498-500): Mt 6. 9—14
hebräisch und aramäisch; Mt 6,25—34; 19, 16.17; Lk 6, 36 in hebräischer
Rückübersetzung. G.
Harnack, A., Über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evr
stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater - Unser
(Sitz.-Ber. der preuls. Akad. d. W. 1904, 170—208, separat: B., Reimer.
M 2.—): Bespricht angebl. Herrenaussprüche aus Apg 20, 35, dem Hebr.-Ev,
Justin, Cod. D nach L 6,4, Orig. u. a. Kirchenschriftstellern. Das Vater-
unser habe ursprünglich gelautet: „Vater, das Brot für den kommenden
Tag gib uns heute und vergib uns unsre Schulden, wie auch wir ver-
geben haben unsern Schuldigern, und führe uns nicht in Versuchung
hinein.“ Lk hat eine einleitende Bitte hinzugefügt, Mt hat es noch mehr
bereichert und Jiturgisch stilisiert unter Rücksicht auf die jüdische Ge-
betsübung.
Noesgen, Das ursprüngliche Vaterunser nach D. Harnack (Ev. Kz 1%4,
389—3198 417— 426): Scharfe Ablehnung der von H. behaupteten Urform
des Vaterunsers und Verteidigung des Mt-Textes,
Lacroix, Le discours de Jesus sur la montagne. Traduction avec com-
mentaires (12°. 36. Uhambery, impr. savoisienne): Der Verf., Bischof von
Tarentaise, will zu weiterer Verbreitung der Schriftkenntnis beitragen.
Seine Erklärung schlielst sich an die Exegese anderer (auch Loisys) an
und macht Anwendungen auf die Gegenwart. Vgl. Annal. de phil. chret.
3° ser. 11I 5698.
Meyer, F. B., „Selig seid ihr!“ Die Seligpreisungen der Bergpredigt
ausgelegt. Deutsch von 6. Holtey-Weber (VIl u.168. Kreuznach, Stefien.
geb. M 3.—).
Weinel, H., Die Gleichnisse Jesu. Zugleich eine Anleitung zu einem
quellenmälsigen Verständnis der Evv (Aus Natur und Geisteswelt XLVI.
Bibliographische Notizen. 427
VI u. 130. Lp., Teubner. M 1.—): Die Parabeln Jesu sind keine Alle-
gorien, sondern Bilder und Beispiele Nur im 4. Ev finden sich Alle-
gorien. Die Evangelisten haben die Parabeln verändert. Aus Erlebnissen
(Sprache der Natur zu Jesus), nicht durch Entlehnungen aus jüdischer
Literatur oder Buddhismus sind die Gleichnisse entstanden.
Selby, Th.&., and Others, The Parables of Jesus (VIlI u.499. Manchester,
Robinson. 68).
Fiebig, P., Altjüdische Gleirhnisse und die Gleichnisse Jesu (VII u. 167.
Tübingen, Mohr. M 3.--): Untersucht die Gleichnisse (c*>se) und Bilder-
reden der Mechilta, die benannten und anonymen, und sucht dadurch
eine Methode für die Gleichnisauslegung im NT zu finden. Nach Ein-
leitungsformeln, nach Bildhälfte und Sachhälfte sind es nicht reine Alle-
gorien, wenn auch Allegorien enthalten sind. lem Inhalt nach, aber nicht
der Form nach sind Jesu Gleichnisse originell, überragen nach letzterer
Beziehung die jüdischen bedeutend. »
Miller, W.D., The unjust Steward (ExpT XV 332—334): Jesus wollte „a
lesson of wisdom“ und „a lesson in the character of the action“ geben.
Vgl. BZ 1427. Zwei weitere Erörterungen dazu von 4. Firth ebd. 426f
und von A. T. Hooper ebd. 427.
Congreve, &., Parable of the Ten Virgins (156. Ld., Mowbray. 28).
Schultz, H., „Wer saget denn ihr, da/s ich sei“ (ZThK XIV 1-43): Der
inzwischen verstorbene Autor sucht die Stellung des modernen Christus
zur Person ‚Jesu klar zu legen.
Shebbeare, Ch. J., The ,fioretti“ and the Gospels — A Comparison and
a Moral (Contemp. Rev. LXAXXV 739—751): Vergleichende ethische Be-
trachtung der Stellung zu Jesus etc.
Cusin, F., Les trois Marie (Rev. August. Ill annce, IV 433—449): Unter-
sucht die evangelischen Berichte und die Tradition (im Abendlande seit
Gregor d. Gr. Identifizierung, im Morgenlande Trennung. — Dais Titus
von Bostra vier Marien unterschieden habe, ist aus den echten Frag-
menten nicht zu erweisen) und behauptet seinerseits die Verschiedenheit
der Sünderin bei Simon und der Maria Magdalena und der Maria, der
Schwester des Lazarus.
Bernard, J. H., The Death of Judas (Exp IX 422-430): Mt 27, 3—10
und Apg 1, 18f widersprechen einander teilweise (Selbstmord oder un-
freiwilliger Tod; Kauf des Ackers). Mt ist glaubwürdiger.
Trouillat, Les Miracules de !Evangile (XIX u. 404. Lyon, Vitte).
Der „Fall Loisy‘“ hat eine sehr grolse Literatur hervorgerufen; vgl.
BZ I 207f 415, 11 191-194 212f. Soweit sie einzelne Punkte betrifit,
findet sie sich an den einschlägigen Stellen notiert. Hier mögen aber noch
zusammenfassendere Arbeiten angeführt werden. Wie L. beschäftigen
sich mit Harnacks „Wesen des Christentums“:
Bonaccorsi, G., L’essenza del cristianesimo secondo il Prof. Harnack:
I. Le fonti della predicazione di Cristo. II. La predicazione di Gesü.
III. Cristologia, domma e vangelo. 1V. La religione cristiana nell’ etä
apostolica. V. Verso il cattolicismo. VI. Il cattolicismo. VII. Il pro-
testantismo (Str IlI 146-169 345—387, IV 1—28 164—183 225—258).
Eingehendes Referat und Kritik des Harnackschen Buches in Zusammen-
halt mit Loisys Aufstellungen.
Bois, H., La personne de Jesus et l’Evangile de Jesus d’apres Harnack
(Rev. de thcol. et des quest. rel. 1903, 389—419 534—570; 1904, 45—59).
Übersichten über die Loisy-Literatur bieten:
Lovanien, Les idees et les faits (Rev. August. III annee, IV 397—420):
Eine Sammlung von Urteilen, Zeitungsnotizen etc. über die „Affaire“ des
Abbe Loisy, die „pourrait defrayer ä elle seule une chronique‘‘; „le lecteur
428 Bibliographische Notizen.
le plus assidu serait bien embarrasse, si on lui demandait d’etre un re-
censeur un et fidele“.
Minocchi, G., Giudizi e polemiche intorno all’ abbate Loisy (Str IV
204—216 317—329): Referate und Zitate. Der Verf. will mit seinem
eigenen Urteil noch zurückhalten.
Weiterhin schildern L.s Lehre allgemein und nehmen für oder gegen
ihn Partei:
Paradis, E., L’abbe Loisy (Mercure de France 1904, 374—381),
Murillo, L., Abbe A. Loisy (Razon y Fe 1904 Febr.)
Mattiussi, G., Sul Loisy (Scuola catt. 1908, 451-473).
ne F. M., La crisi cattolica et l’abate Loisy (Riv. d’Ital. 1%4.
— 126).
Finot, Encore l’abbe Loisy (Le Pretre 1904, 24 mars): Nach Rev. August.
IV 39: Compare aux definitions de l’enseignement catholique les parol«s
de l’abbe Loisy sur la Revclation et l’Evangile.
Wagner, R., Loisy und Loisyismus (Past. bon. 1904, 241—249 289-3.
Maury, L., Un £volutionniste catholique: Pabbe Loisy (Rev. de theol. et
des quest. rel. 1904. 101—141,197— 244).
Remi, Une nourelle heresie (Etudes franciscaines 1904 fevr.).
Sabatier, P., Les derniers ouvrages de l’abbe Loisy (Rev. chret. 1 janr.;
auch separat: 15. Dole, Girardi et Audebert): Erwartet auch auf dem Ge-
biete des Protestantismus von L.s Büchern eine „transformation complete“.
Coquelin, L., Les „petits livres“ de l’abbe Loisy (Rev. univ. 1904, 15 marsi:
Konstatiert anlülslich des Falles Loisy bei den Katholiken „un souci
louable de renouveler, selon les methodes de l’histoire, l’exegese biblique*.
Nach Rev. August. 1V 514.
Lettres Itomaines (Annales de philos. chret. 3° ser., III 349-359
73—488 601—620): Sechs Briefe, die im wesentlichen die Ideen Loisys
verteidigen. Die ersten vier sind anonym, der 5. ist mit M. L., der 6.
mit N. C. gezeichnet. Die historisch-kritische Methode L.s sei berechtigt.
Dals Christus sich bezüglich der Nähe der Parusie geirrt habe, wider-
spreche nicht der Tatsache, dals er Gründer der Kirche sei. Deren Ent-
wicklung habe er nicht vorausgesehen. A priori sei das christliche Dogma
unveränderlich, a posteriori nicht.
Voces catholicae, Prof. Loisy and the Teaching Church (Contemp. Rer.
LXXXV 224-244): Der Verf. hält es für möglich, dals ein Nachfolger
Pius’ X. in 50 oder 100 Jahren 1. „to the rank of Church teachers“ pro-
moviere.
Romanus, Rezension von Loisy, Autour d’un petit livre (HJ II 386 3%:
L. sei der einzige zeitgenössische Schriftsteller, der den katholischen
Standpunkt wirklich wissenschaftlich in Geschichte und Vernunft hegründe.
Corrance, H. C., Progressive Catholicism and Hiyh Church Absolutism
(HJ 11 217—234): Loisys Entwicklungstheorie ermögliche ohne Verletzung
des Kirchenglaubens die volle Annahme der historischen und biblischen
Kritik, wenngleich seine Auffassung von den Anfängen der Kirche sich
von der traditionellen sehr unterscheide.
Perraud, Kardinal, Les erreurs de M. l’abbe Loisy (L’Univers 17, 18 u.
20 fevr.; auch separat): Belegt die im Briefe des Mgr Merry del Val
genannten Irrtümer L.s aus dessen Werken.
Fremont, 6., Lettres & l’abbe Loisy sur quelques points de l.Ecriture
sainte (12%. 168. P., Bloud. Fr 8.
Fremont, G., A propos de la question biblique (La Femme contemporalne
Jan. 1904): Auszug aus einem Briefe an den Papst; als Vorrede er-
scheinend zu seinem Werke: Principes Livre V. Was Johannes im Unter-
schied von den Synoptikern lehrte, durfte in der ersten Zeit nicht anders
als mündlich gelehrt werden, um nicht den mosaischen Monotheismus zu
gefährden (nach Rev. du Clerge frang. 1404, 15 Janv.). 6.
a er san
Bibliographische Notizen. 429
Lagrange, M. J., Jesus et la crifique des Evangiles (Bull. de litt. eccl.
1904, 3—26): Ohne alles zu billigen, was die Gegner Loisys schreiben,
nimmt L. auch in diesem offenen Briefe an P. Batiflol wieder (vgl. BZ
1 415) gegen Loisys Auffassung der evangelischen Berichte Stellung. Die-
selben sind der lebendigen Tradition der Kirche entnommen. An dem
ehrenvollen Zeugnis, das L. seinen Landsleuten (S. 10) ausstellt: „c’est
que l’esprit francais ne göute pas les &quivoques“, dürfen wohl auch noch
andere Nationen partizipieren.
Batiffol, P., Jesus et l’öglise (ebd. 27—61): Weist in einem offenen Briefe
an L. Janssens OÖ. S. B. gegen Loisy nach: „que Jesus n’a identifi&@ ses
disciples ni avec le royaume, ni avec Isra@l; qu’il les a vus comme un
nombre, comme un troupeau dont il Etait le pasteur et que ses apötres,
Pierre en tete, avaient, un jour la mission de paitre; que ce troupeau
a ete par lui nomme Eglise“.
Portalie, E.. Le dogme et l'histoire (ebd. 62—143): Offener Brief an Fr.
von Hummelauer S. J. mit einlälslichen Erörterungen gegen Loisys
dogmengeschichtlichen Evolutionismus.
Bricout, J., Autour des fondements de la foi (Rev. du Clerg& franc.
ÄXXVII 449-481, XXX VIII 244—272): Auseinandersetzung mit den
vorgenannten 3 Kritikern Loisys im Bull. de litt. eccl. Lagrange, Batiffol
und Portali& unter den Titeln: 1. La critique des Evangiles. 2. Jesus le
Fils de Dieu. 3. Le royaume des cieux. 4. L’öglise. 5. L’origine et le
developpement du dogme. Besonders wird die Kritik L.s durch Portalie
als übertrieben bezeichnet. Die Zusammenstellung L.s mit A. Sabatier
gleiche tut E. Menegoz in Rev. chret. [l. fevr.] — der Artikel wird
10f abgedruckt) wird zurückgewiesen.
Pegues, T. M., Autour des fondements de la foi; critique et tradition;
lettres a l’abbe Loisy (Rev. Thomiste 1904, mars-avril): Behandelt eben-
an die Gegenschriften gegen Loisy von Lagrange, Batifiol, Mignot,
remont.
Merklen, P. F., La Theologie de M. Loisy (Rev. August. III annee, IV
65—51): Obwohl L. nur als Historiker urteilen wolle, habe er doch ratio-
nalistische Theologie getrieben, was an dessen Aufstellungen über Jesu
Person, über Offenbarung und Veränderlichkeit des Dogmas gezeigt wird.
Polidori, E., Il vangelo di A. Loisy e i fondamenti della fede (Civ. catt.
LV, 1 277—294 537—553). I cristianesimo vero del vangelo e quello di
A. Loisy (ebd. II 33—48 136—147 421—435 656—676): Die beiden Ab-
handlungen (die letztere wird noch fortgesetzt) stellen eine eingehende
Polemik gegen Loisys Auffassungen der Behre Jesu und der Evv, diein
der ersten geschildert werden, dar. Die zweite bebandelt die Punkte:
1. Le fonti del vangelo di Gesü Cristo. 2. Il regno di Dio o regno mes-
sianico. 3. Gli officii di Gesü nel rerno messianico.
Knabenbauer, J., Die Evangelienkritik des Abbe Loisy (Stimmen aus
Maria-Laach LXVI 145—165): Macht die hauptsächlichsten Irrtümer L.s
namhaft und protestiert gegen dessen Scheidung von Geschichts- und
Glaubenswahrheit.
Esser, G., Alfred Loisy: Evangelium und Kirche (Wiss. Beil. zur Ger-
mania 1904, 57—60 65—69): Scharfe Ablehnung des Evolutionismus L.s.
Gaudeau, B., L’Eglise et !’Evangile (Rev. du Clerg& franc. XXXVIL
113—123): Befürchtet anlülslich des Streites um Loisy einerseits eine zu
enge und konservative prinzipielle Stellungnahme, anderseits das Ein-
dringen einer modern kritischen protestantischen Philosophie.
Gayraud, La critique loisyste (L’Univers 13 dec.): Verteidigt sein Recht,
über L. zu urteilen und seine \ethode zu verurteilen. Vgl. Rev. du
Ülerg& france. XXXVIL 334.
Fontaine, 3., Etudes critiques sur la methode de l’exögese de M. Loisy
(’Evangile et l’firlise) (70. P. 1903, Sueur-Charruey): Wahrscheinlich
Separatausgabe des ob. S. 212 genannten Aufsatzes.
430 Bibliographische Notizen.
Fontaine, J., „Autour d’un petit livre“ (La Science cath. 1903 dec.):
Gegen Loisy. Die vollkommene Freiheit der exegetischen Forschung
erstreckt sich nur auf biblische Texte, die mit dem Dogma nicht wesent-
lich zusammenhängen. Vgl. Rev. du Clerge frang. XXX VII 333.
Leduc, H., La „theologie biblique“ ou Thistoire de la religion biblique
GL du Clerg& frane. XXX VI] 303—305): Anlälslich der Bekämpfung
oisys durch Fontaine (s, o. S. 212) wird der Unterschied der theolo-
gischen und religionshistorischen Betrachtung hervorgehoben. J. Fon-
taine repliziert ebd. 432-435. Vgl. auch J. Fontaine, La „Theologie
biblique“, in La Verite francaise (10 janv. u. 22 fevr.) und dazu Rev. du
Clerge france. XXXVII 4461; XXXVIII 96—99. Einen zweiten Artikel:
Theologie biblique ou lhistoire de la religion, publiziert Fontaine ebd.
XXXVILI 541-549, worauf Dubois 549f erwidert.
Monchamp, 6., Les erreurs de M. Alfr. Loisy dans son livre „U Evangile
et lEiglise“ (Nouv. Rev. thcol. 1903, 579—59Y; 1904, 5—12 62—70): Fort-
setzung der oben 8. 213 genannten Aufsätze.
Emonet, B., Cas de conscience de M. Loisy (Etudes XCVIII 737—758;
XCIX 25): Detailliert den Konflikt L.s mit der kirchlichen Autorität,
deren Anerkennung durchaus kompatibel ist „avec le plein exercise de
la raison et les libres recherches de la critique‘“. L.s Trennung von
Glauben und Wissen sowie seine Auffassung des Übernatürlichen seien falsch.
Mariano, R., Loisy ed Harnack (Riv. d’Italia 1904, 434—452). —
Fonck, L., S. J., Streifzüge durch das Gebiet der neuesten katholischen
Evangelienforschung (ZkIh XX VIII 545—570): Will nachweisen, dals die
Franzosen Batiffol (Six lecons sur les Evangiles), Lagrange (s. o.
S. 429), Rose (s. BZ I 207) und Calmes (s. u. S. 434) der modern
rotestantischen Kritik und Loisy in der Beurteilung der Synoptiker,
des Jo-Ev und in Auffassung der Lehre Jesu (Gottessohn, Reich Gottes)
zu viele Konzessionen machen. S. 640 fordert F. die Redaktion der BZ
auf, sich gleichfalls zu den Forschungen dieser Exegeten näher zu äulsern.
Ich nehme diesen Wink dankbarst an, glaube aber, dals die BZ der Sache
besser dient, wenn sie nicht auch blolse „Streifzüge“ unternimmt, wobei
die Probleme eben nur gestreift werden, sondern wenn sie wie bisher die
einzelnen strittigen Punkte herausgreift und allseitig zu behandeln sucht.
Das sind freilich Aufgaben, deren völlige Lösung die Krüfte eines Ein-
zelnen und auch die einer Generation — um nicht noch mehr zu sagen —
übersteigt; aber sie müssen angegriffen werden. P. F. scheint mir auch
in diesem Aufsatze wieder mit manchen seiner französischen Gegner den
Fehler zu teilen, dals er zu sehr ins Allgemeine redet. Auch die von
F. sehr beliebte Manier, möglichst viel Zitate aus Gewährsmännern pro
und contra zu liefern, tut’s wahrlich nicht. Dals aber F. die Probleme
auch als solche empfindet, hat er ja in seinen „Parabeln“ bewiesen. Hier
sind z. B. Parabeln behandelt wie die vom verlorenen Schaf, die bei Mt
einen ganz andern Sinn hat als bei Lk. Damit hat F. doch selbst zuge-
geben, dals manches von dem, was seine Gegner über das synoptische
Problem sagen, nicht so a priori und brevi manu abzuweisen ist,
Harnack, A., Die Evangelien (Preuls. Jahrbücher CXVI 209—219).
Armstrong, W. P., The Witness of the Gospels (PrthR II 32—64): Be-
handelt 1. The character of the Gospel witness (nicht strikt historisch).
2. The origin of the Gospel witness in its bearing on the value of that witness.
Wilkinson, F. H., Gospel of Jesus Christ, the Son of God. In words
of the four Evangelists. Arranged, Trans., and Annot. (426. Ld. 1%,
Marshall Bros. 78 6d).
Azibert, J.-A., A propos de synopses (Rev. du Clerg& franc. XXXVIlI
654—662): Erörtert die Schwierigkeiten synoptischer und konkordistischer
Zusammenstellungen, insbesondere wenn Jo einbezogen wird, und exem-
plifiziert dies an den Ereignissen des Auferstehungsmorgens.
Bibliographische Notizen. 431
Bonaccorsi, 6. B., I tre primi vangeli e la critica letteraria ossia la
questione sinottica (167. Monza 1903, Tip. Artigianelli-Orfani): Separat-
ausgabe der BZ I 425, 1I 213 genannten Artikel in der Scuola cattolica
und ihrer Fortsetzungen. Die Untersuchungen, welche sehr eingehend
geführt werden, gelangen zu dem Resultate: Neben mündlicher Über-
lieferung ist auch gegenseitige Abhängigkeit der Synoptiker zu postu-
lieren. Vom aramäischen Mt (Logia; ca 55—65) sind abhängig: Mk
(ca 65—70) und die moAMoi (Lk 1, 1. Diese wie Mk sind Quelle des
Lk (ca 70—80), der also von Ur-Mt direkt nicht abhängig ist. Hingegen
ist die griechische Übersetzung des Ur-Mt (78—85) — überhaupt eine
freiere Rezension desselben — auch unter Benutzung des Nk gefertigt
worden. In den Minutien des Evv-Textes haben später noch Anglei-
chungen und ähnliches stattgefunden. Die Arbeit ist unter gewissenhafter
Benutzung der überreichen Literatur geschrieben und wendet auch der
Geschichte der synoptischen Frage ihre Aufmerksamkeit zu.
Chavannes, H., Les ressemblances des €vangiles synoptiques (RThPh
XXXVII 138-160): Dieselben lassen sich nicht durch die mündliche
Überlieferung (Ch. exemplifiziert dies an Berichten über einen grolsen
Brand), sondern nur durch ein gemeinsames Urevangelium erklären.
Sachfse, E., Der geschichtliche Wert der drei ersten Evv. Vortrag (64.
B., Reuther & Reichard.. M 1.—).
Gutjahr, F. S., Das Heilige Evangelium nach Matthäus. — Das Heil.
Ev nach Markus. — Das Heil. Ev nach Lukas. Übersetzt und erklärt.
2 Hette (S. 1-80 113—167 169—274 mit 15, 4, 5 Bildern. Graz 1903/04,
Styria. 372.80): Ein edel populäres Werk. Die kurzen Erklärungen sind
als Fu'snoten dem deutschen Texte beigegeben. Die sachliche Einteilung
wird durch fettgedruckte Titel hervorgehoben. Die Illustrationen sind
Reproduktionen von, Werken älterer und neuerer Künstler.
Rose, V., O. P., Erangile selon s. Matthiew. — Evangile selon s. Mare.
— Evangiüe selon s. Luc. — Traduction et Commentaire. 3 Bde (La
ensee chretienne. Textes et Etudes: XXXIV u. 235, XXVIII u. 175,
X11II u. 247. Cartes et plans. P., Bloud & Cie.): Der kurze Kommen-
tar, der insbesondere auf die Parallelberichte Rücksicht nimmt, begleitet
die französische Übersetzung in Anmerkungsform. Jedem Ev ist eine
kurze Einleitung vorausgeschickt, in der neben dem Erweise der Echtheit
besonders Plan und Tendenz des betr. Ev klar gelegt wird. Nach den
geistreichen und originellen Ausführungen R.s huldigt Mt (ursprünglich
aramäisch), beeinfiufst von den Anschauungen seiner Zeit, einer universa-
listischen Tendenz (28, 19) und will daneben die Messiaswürde Christi,
die Ungläubigkeit Israels und die Berufung der Heiden zum Heile er-
klären. Der Reichgottesbegriff bezieht sich schon auf irdische Verhältnisse
(eschatologische Auffassungen sowie der Evolutionismus, der nach R.
doch eine Alteration der Lehre Jesu in sich schlielst, werden abgelehnt).
Mk hat das Bestreben, unter wiederholtem Hinweise auf Christi Gebot,
seine Messiaswürde nicht weiter zu verkünden, den Unglauben Israels
erklärlich zu machen (der \Ik-Schluls ist nach Jo, vielleicht von Ariston ver-
falst. Bei Lk tritt der Erlösungstod Jesu und seine Tätigkeit in Jeru-
salem in den Vordergrund. Die galiläische Wirksamkeit ist nur als vor-
bereitende aufeefalst.
Schanz, v., Die Gottheit Jesu bei den Synoptikern (Magazin für volks-
tüml. Apologetik III 7—15): Wenn die Synoptiker auch mehr das Mensch-
liche an Jesus darstellen, so beweisen doch Stellen wie Mt 11, 25—27 =
Lk 10, 21f u. a., dals sie auch die wahre Gottessohnschaft Jesu kennen
und lehren.
Blondiau, L., De divinitate Christi apud Synopticos (Collationes Namur-
censes 1904 janv.).
Lepin, M., Jesus, Messie et Fils de Dieu d’apres les Kvangiles synop-
tiques (120. XLV u. 280. P., Letouzey. Fr 3.50): Ein in Frankreich
452 Pislugrs: sie Nolzeo
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Lu. der 2.=..12ren.1e.1e Alisatz von d. Br ib Leei. SS 1 To rar.
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Lepin. M., La dirimt# du Christ. dor les dran BWIN O LIT.
ca. 154. 1,1—17%. auch serarat: 3% Lson. imır. Vie.
Camuset, P., La propis tie echataisgu we des Sumırnzws Der. in (ori
frare. AXXVII 3597 —35= : „La garsısie Gy sairre immensen #
s.2.rc de Jörusa.em. et \ in et Jacire Srslements a7rort [oar ezlin 28
Inne ger-raiioo; se premier de ces Sfa.is Da jas ersore parı sur 2
ec-ne dev o.etnire.-
Descy. F., Breriter erponitur ratio mmuüitudinis et dieerer-innze mir
ere s. Mattkasi et se. Marci quad rerum matzrıcm et grüne ei und
sLoyum ulrusjue erangeistar Usa. ,nes Namarerses 1@4 Jaıv..
Buröridge, A. T., Ine Justincation of Wisdom JirSs: VHS —H : Kim-
biniertr Mr: 11.19 und Lk 7.35 und 2äit beide für unvolstäzä:ze Wi-ser-
gaben des Satzes: xal eöikamwen N Copia ano ruv Eyrwv TÜV Temuv
uuTrrc NUVTwVv.
Knabenbauer. J.. S. J.. Commentarius in quatwor erangeia D. N. Ieu
Christi. I. Er ser. s. Matthaeum. Ed. altera. aucta. emeniata. 2 Pares
(Cursus script. sacrae. 568. 576. P. 1@3. Leibielleur. Fr 21— : Dis
dieses Werk trotz der durch den Gebrauch der lateinischen Srracse te-
dınzten schwerfälligen Form nach unzerahr 12 ‚Jahren einer Neuaut.are
bedurfte, ist ein Zeurnis für die Gediegenbeit seines Inhaitee. In der
Tat finden sich alle bedeutsamen Prot,leme in dem Kommentare beharleit:
ınanı wird ihn nie vergeulicn nachschiaren. Eın besonderer Vorzuz aut
dieses Kommentares besteht in der gewissenhaften Berücksichtigung der
patristischen Exegese. Manchmal z. B. II 41) ist der Verf. in der Lore.
inodern kritische Einwände direkt mit den Worten alter Autoren zurü.s-
zuweisen. Der Benutzer unseres Kommentares erhält ın alıen wichtireren
Punkten zurleich auch einen Überblick über die Geschichte der Exezese
der betr. Stelle. Sehr begrü/senswert wäre ein alphabetisches Verzeichnis
der hierbei gebrauchten Abkürzungen gewesen. Zeitraubendes Suchen ım
Abschnitt IV der Proiegomena De subsidiis interpretationis) wäre dem
Leser damit erspart geblieben. Zu diesem Abschnitt notiere ich noch
die Katenenausgalben der Jesuiten P. Possinus : Toulouse 16445) und B. Cor-
derius (Toulouse 1647, die noch viel reichhalti:rrer sind als die von R. er-
wähnte Katene (ramers. Die übrigen Abschnitte der Einleitung ver-
teidiren die Echtlieit Aöyıa= Mt-Ev). Mt schrieb aramäisch, nicht
hebräisch, und wollte Jesum als \essias den Juden gegenüber erweisen.
Il 42. 2. 13 lies: 8, 1—10.
Wellhausen, J., Das Ev Matthaei übersetzt und erklärt (152. B.
G. Reimer. M4.—): Beginnt mit Mt 3. 1f und ist in Anlage und Tendenz
gleich dem Mk-Kommentar; s. o. S. 214.
South, E. W., Gospel according to St. Matthew. With introduction
and notes 162. 3 maps. Ld.. Methuen. 1s 6d).
Hamer, C.J., Notes on St Matthiew. With questions set at the Oxford
and Gambridre Local Examinations (124. Ld., Allman. 9d).
Smith, D., Raka (ExpT XV 235—237): „ls not an epithet, but an inter-
jeetion of contempt.“ Vgl. 6. A. King ebd. 287 und A. Fullerton ebd.
429 —431.
Kroening, G., Was beıleutet &ptog emioborog? (Gymnasium XXII 165—168:
emoucios ist das Adjektiv zu rn) emoüca und bedeutet wörtlich „das bie
zum kommenden Tage reichende“. cW.
Hoffmann, R. A., Das Marcusevangelium und seine Quellen. Ein Bei-
trag zur Lösung der Urmarcusfrage (IX u. 644. Königsberg. Beyer.
M 16.—): Will durch Vergleichung der einzelnen synoptischen Berichte
Bibliographische Notizen. 433
nachweisen, dals vor dem griech. Mk (noch vor 70) zwei Rezensionen
eines Ur-Mk existierten, eine ältere palästinensische und eine jüngere
heidenchristliche, aber noch in aramäischer Sprache geschrieben (letztere
ca 651. Verfasser der älteren kann der Petrusschüler Mk gewesen sein,
der aber nicht identisch ist mit dem in Apg und Kol 4, 10 genannten.
Wenn auch die Haupttliese H.s nicht auf allgemeine Zustimmung rechnen
kann — hier spielt die Subjektivität eine zu grolse Rolle —, so verdient
dıe Zusammentragung des überreichen Vergleichungsmaterials den Dank
aller Erklärer der syuoptischen Evv.
Hilgenfeld, A., Der Evangelist Markus und Julius Wellhausen (ZwTh
XL\VII 180—228 289--332): Nimmt in sehr eingehender Besprechung der
einschlägigen Mk-Partien gegen die von Wellhausen in seinem neuen
Kommentare postulierte Priorität des Ak Stellung und sucht den griech.
Mt als Grundlage des Mk darzutun.
Loisy, Le second Evangile (Rev. d’hist. et de litt. rel. VIII 513517):
Das Mk-Ev ist, was die Komposition betrifit, „une oeuvre de seconde
main, une compilation de meme genre que Mt et que Lc“, bezüglich
scines Charakters „une oeuvre de foi beaucoup plus qu’une oeuvre d’his-
toire“; sein Ursprung steht in Beziehung zur Predigt des Petr.
Duret, J., Nochmals der Tetrarch Philippus mit Bezug auf Markus 6, 17
(Kath. Schweizer-Bl. 1904, 1— 59.
Van Kasteren, J. P., S. J., De Zoon Gods in het Marcus- Evangelie
(Studien XXA VI“ J. D. LXIL 327—364): Gegenüber Harnack, Rose,
Loisy u. a. wird dargetan, wie alle bezüglichen Mk-Stellen eine Gottes-
sohnschaft im eigentlichen und natürlichen Sinne andeuten, die Mk durch
Jesu öflentliche Wunder, speziell Teufelaustreibungen, auch historisch
erbärtet. Schon der Verf. des Hebr (Barnabas) entlehnt dein Mk-Ev
seine Betrachtuneen über den Sohn Gottes. Julius.
Delatouche, P., Un psaume neotestamentaire, le cantique Benedictus (Annal.
de philos. chret. 1904, de, Stammt aus einer „source hcebraisante,
sans doute celle-Ja mcme, oü il a puisc le Mapnificat“. „Luc a traduit
le potme, pas cependant avec une fidelite telle qu’on n’y reconnüt sa
maın propre, avec trop de fidelite pour que les expressions et les idees
qui lui Ctaient etrangeres, ne 8’y retrouvassent dans leur intögrite.“
Ladeuze, P,, De l’origine du Magnificat et de son attrıbution dans le
troisieme evangille a Marie ou a Elisabeth (Rev. d’hist, eccl. IV 623—6441:
Hält an der Lesart xai eitev Mapıiu fest. Lukas habe einen altchrist-
lichen Hymnus über die Ankunft des Messias Maria in den Mund gelegt.
Cremer, E., Die Gleichnisse Lk 15 und das Kreuz (Beitr. zur Förd.
christl. Theol. VIII 69—104): Weist nach, dals auch in den Parabeln
Ik 15 nicht blols die Vaterliebe Gottes, sondern auch seine Hingabe für
die Schuld des Sünders gelehrt ist.
Hawkins, J. C., St. Luke's Passion-Narrative considered with Reference
to the Synoptic Problem (Expl XV 273—276): Setzt die oben S. 215 ge-
nannten Quellenuntersuchungen fort, „The verbal correspondence with
the Marcan source is about twice as great ın the Lucan account of the
Ministry as it is in the Lucan account of the Passion.‘ Paulinischer
Eintluls machte sich bei den Leidensberichten besonders geltend.
Robertson, A. T., Ihe most acute Question in NT Criticısm (BStdt
N.s8.133f): Der Kampf um das Jo-Ev.
Venard, L., Chronique biblique iRev. du Clerge franc. XXXIX 55—74):
Reteriert über die neueren Forschungen zum .Jo-Ev (Loisy, Calmes,
Wrede, Horn) und glaubt, dals weder die traditionelle Auffassung noch
die modern symbolistische alle Schwierigkeiten löst.
Hilgenfeld, A., Das Jo-Ev und seine neuesten Kritiker (ZwTh XLVII
2]—5#): Setzt sich mit Harnack. Kreyenbühl. Reville, Grill, Pfleiderer
und Wrede auseinander und konstatiert, „dals die Entstehung dieses Ev
in der Zeit aufblühender, noch nicht kirchlich geächteter Gnosis mehr
Biblische Zeitschrift. II. 4. 28
434 Bibliographische Notizen.
und mehr Anerkennung findet, aber auch, dafs sich mehr und mehr d:e
Unmöglichkeit herausstellt, das Jo-Ev ohne die langjährige und nach-
Da use Wirksamkeit des Apostels Johannes in Asien geschichtlich zu
egreifen“.
Lemann, S. Jean et le quatrieme Evangile. Reponse ä M. l’abb& A. Loisy
(5l. Lyon 13, Vitte).
Bacon, B. W., The ‚Johannine Problem. II. Direct internal evidence
(H.J 11 323—346): Vgl. BZ 1 428. Datiert das Schlulskapitel des Jo-Ev
später.
Wrede, W., Charakter und Tendenz des Johanneserangeliums (s. 0. S. 215):
Dasselbe ist gegen das Judentum gerichtet, während der vom selben Verf.
stammende 1 .Jo gegen die Gnostiker sich wendet. Nebensächliche Polemik
beschäftigt sich auch mit den Johannesjüngern. Vgl. H. Holtzmann,
ThLz XXIX 318f.
Abbott, A., From Letter to Spirit. An attempt to reach varying voices
the abiding Word (XXXVI u. 492. Ld. 1903, Black): Sieht im Jo-Ev
den Versuch, die Tatsachen des Lebens Jesu zu spiritualisieren; z. B. ist
die Stimme vom Himmel nur innere Eingebung u. s. fe Ablehnendes
Referat in Rb N. S. I 137 ff.
Drummond, J., An Inquiry into the Character and Authorship of the
Jourth Gosyel (XVI u. 528. Ld. 1903, Williams & Norgate): D. kommt
in sehr eingehender Untersuchung der johanneischen Frage zum Resultat:
„On weighing the arguments for and against to the best of my power, I
must give my own judgement in favour of the ‚Johannine authorship.“
Hitchcock, F. R. M., Wendt's Theory of the fourth Gospel (Hermath.
XXIX 322-339).
Howlett, J. A., Dr. Wendt’s Theory of the fourth Gospel (Dubl. Rev.
CXXXIV 314—335).
Smith, J. R., The Teaching of the Gospel of John (406. Chicago,
Revell. $ 1.50).
Clark, H. W., The Christ from Without and Within. Study of Gospel
by St John (232. Ld., Melıose. 3s 6d).
Un professeur de Grand Seminaire, L'auteur du quatricme evanyile (An-
nales de phil. chrüt. 3° ser. III 63—74): Ist für seine Person „partisan
de l’authenticite johannique‘“, will aber die grolsen Schwierigkeiten nam-
haft machen, welche seiner Anschauung entgegenstehen.
Wilms, A., Der Ursprung des Johannesevangeliums. Eine nicht gehaltene
Kaisersgeburtstagsrede (Reich Christi VII «8—100): Es „mus vor dem
Tode der Maria entstanden sein. Das aber wäre auch die Zeit, in der
die Jünger noch in Jerusalem und Umgegend vereint wirkten, die Zeit
vor 48‘.
Ording, 3., Jesu dgds frelsesvaerd i de johannaelske skrifter. Nademid-
lernes virken (69. Kristiania, Gruondahl & Sen. Kr 1.—\.
Kunze, J., Das Evangelium des Johannes, eine antijüdische Tendenz-
schrift (Allg. ev.-luth. Kirchenztg 1904, 170-172 194—199 218—22]1):
Nimmt gegen diese These von Jülicher und Wrede scharf Stellung. Diese
These sei nicht das Ergebnis wissenschaftlicher Forschung, sondern einer
bestimmten liberalen Weltanschauung.
Wiegand, A., Die Juden im Ev des Johannes (Saat auf Hofinung XL
1903 Dez.).
Calmes, Th., L’Evangile, selon saint Jean. Traduction critique, intro-
duction et commentaire (Etudes bibliques. XVII u. 485 avec 1 tableau.
P., Lecoffre): Mit Recht haben Belser (ThR III 200-203) und Fonck
ZkTIh AXVILlI 548f) eine geradezu grandiose Ignorierung der katholischen
iteratur in diesem Werke beklagt. Hierin steht dieser katholische Autor,
Prof. an der Ecole biblique in Jerusalem, manchen protestantischen Exe-
geten nur wenig nach. Wahrscheinlich hängt dieser Milsstand damit zu-
Bibliographische Notizen. 435
sammen, das sich der Verf. mehr für neuere und freiere Auffassungen
der johanneischen Berichte interessiert. Von den katholischen Autoren
vermutet er wohl, dals sie durchweg an der alten buchstäblichen, histo-
rischen Erklärung des Jo-Ev festhalten. Ergo non leguntur. Hingegen
finden z. B. Spittas und Wendts Teilungs- und Verschiebungshypothesen
eingehende Würdigung. C. legt seiner Erklärung, die er in jedem Ab-
schnitt der Übersetzung des Urtextes (meist nach Nestle) folgen lälst, die
Anschauung zu Grunde, dafs das vierte Ev (ein Werk des Apostels Jo,
zwischen 80 und 90 in Kleinasien entstanden, wo tendenziös, nur anti-
Judaistisch) ein didaktisches und kein historisches Werk sei. Es enthält
Symbole und Allegorien. In der Preisgabe der berichteten historischen
Wahrheit ist C. aber weit zurückhaltender als Loisy. Immerhin sind ihm
aber Nikodemus, die Samariterin, der ungläubige Thomas mehr Typen
als individuell handelnde Persönlichkeiten. Das Zeugnis der Präexistenz
(1, 15.30) könne nicht vom Täufer, 17,3 nicht von Jesus stammen. Kap. 17
insbesondere stelle mehr „developpements dogmatiques“ (412f) als die
Wiedergabe einer Rede Jesu dar. Besonders ausführlich wird der Prolog
besprochen. Der Logosbegrift erklärt sich hauptsächlich aus den atl Weis-
heitsbüchern. Die alexandrinische Spekulation hat einen ähnlichen Einfluls
ausgeübt wie die aristotelische Philosophie auf die Scholastik. Zu 1,3f
in der Verbindung des 6 yeyovev mit dem Folgenden entschieden das
Wort geredet. — Der geistreiche, wenn auch nicht immer tiefgeheude
Kommentar ist aus den Vorlesungen des Verf. hervorgegangen. Dals
er trotz des eben charakterisierten symbolistischen Standpunktes die
Approbation des Magisters sacri palatii gefunden hat, ist jedenfalls
bemerkenswert.
P.-M. oe Evangile de Saint ‚Jean (s. o.S. 215): Nach Rev du
Clerg& france. XXXIX 55! ist der 2. Teil (Kap. 12 bis Schlufs) dieses Kom-
mentares jetzt ebenfalls erschienen.
Draheim, H. (Wochenschr. f. klass. Philol. XXT 166): Jo 1,1 Beöc iv 6
Aöyog ist Oeög Prädikat (daher fehlt der Artikel) und wird als solches auch
von Origenes in seinem Kommentar II 2 S. 54 Pr. gefalst. C.W.
Brychta, A., Quid mihi et tibi est, mulier? ‚Joa. 2, 4 (Theol.-prakt. Quar-
talschr. 1904. 359—363).
Watson, Ch., Short Study of St John IIT2-5 (ExpT XV 239f): „Nico-
nn. did apprehend Jesus as from God for establishing the Kingdom
of God.“
Reid, J., „Born of Water and Spirit“ (ExpT XV 413—415): Behandelt
die von Lake (s. 0. S. 414) vorgeschlagene Auslassung von üdarog kai Jo 3,5.
Nestle, E., Die fünf Männer des samaritanischen Weibes (ZntW V 166):
Ihre symbolische Deutung, die mit Josephus. Antt. IX, 14, 13 gestützt
wird, hat schon ein alter Scholiast des Jos. am Rande des Ven. gr. 381
notiert.
Macloskie, G., The Death of the Corn of Wheat (BStdt N. S. I 164—166):
Im Anschluls an Jo 12, 24 werden Christi Vorstellungen über das Heran-
wachsen der Saat behandelt.
Lewis, F. W., John XVI.23 (ExpT XV 380): Es handelt sich um die
Bitte der Einführung in die Glaubenserkenntnis.
y) Leben und Lehre der Apostel. Apostelgeschichte.
Apostelbriefe. Apokalypse.
Jones, 3. D., Glorious Company of the Apostles. Studies in the characters
of the Twelve (268. Ld. 1903, Clarke. 28 6d).
Gondal, J. L., Vie de Vöglise. T. I: Au tenıps des apötres; de l’ascension
du Sauveur ü la mort de saint Jean (18%. VI u. 418 avec cartes. P.,
Roger & Chernoviz).
28*
436 Bibliographische Notizen.
Beyer, Th., St Petri Zeugnis über das AT. Vortrag (Veröffentlichungen
des Bibelbundes Nr 10: 42. Braunschweig, Wollermann. M —.40..
Belsheim, J., Apostlen Paulus. En bibelsk skildring (74. Christiane :
1903, Steenske forlag. Kr 1.20).
Whittaker, T., Origins of Christianity. Outline of Van Manen’s anc-
Iysis of Pauline literature (232. Ld., Watts. 38 6d).
Stober, F., Chronologie des Lebens und der Briefe des Paulus. Mit Ar-
merkungen über Verlauf und gegenwärtigen Stand der Paulusforschung.
Zur Orientierung und für Studienzwecke dargestellt (24. Heidelb.. Winter.
M —.50): Eine kurze Zusammenstellung der Ereignisse meist unter würt-
licher Wiedergabe der einschlägigen Schriftstellen. Über abweichende
Anschauungen wird in den Anmerkungen referiert. Nach St. fällt die Be-
kelirung i. J. 36; 44: Kollektenreise, 53: Apostelkonzil, 55—59: dnite
Missionsreise (55/56: Gal, 57,58: 1 und 2 Kor).
Zahn, Th., Zur Lebensgeschichte des Apostels Paulus (NkZ XV 3-4
189-200): 1. Heimat, Kriegsgefangenschaft und römisches Bürgerrect
des Paulus: Auf Grund von Hieronymus (komment. zu Phil 23 — ähnlich
De vir. ill. 5), einer Stelle, die AMlommsen total mifsverstanden hat, ver-
mutet Z.: die Eltern Pauli stammten aus Gischala im Norden Galilia:
und wurden beim Krieg des Varus (4 v. Chr.) als Kriegsgefangene n«ci
Tarsus versetzt, wo sie Freiheit und römisches Bürgerrecht erhielten. was
auf den dort geborenen Paulus überging. — 2. Die Flucht aus Damask:.
Dam. habe nie zum Reiche des Nabatäerkönigs Aretas gehört; der &dvup-
ns 'Apera Toü Bacıkewg sei ein Beduinenscheich gewesen, der im Reicie
des Ar. wohnte und von den Juden bestochen worden war, dem Pau:
vor den Toren von Dam. aufzulauern. — 3. Der römische Prokonsul und
der jüdische Zauberer auf Cypern. Der erstere sei identisch mit dem von
Plinius erwähnten Sergius Paulus, der ein Buch über Cypern geschrielk:
hat. Der letztere habe nicht 'EAUuac, sondern "Eroiuog oder “Eroiuag (= aran.
Barjischwan oder ähnlich) geheilsen, weil die Form eine griechische se:
ınüsse. Wahrscheinlich ist er identisch mit dem von Jos. erwähnten Magier
Atomos beim Prokurator Felix.
Sell, H. Th., Bible Studies in the Life of Paul! (129. N.Y., Revell. $—
R a W. E., St Paul and his Churches (120%. 152. Ld. 1%3, 8. F.
. K. 25).
Collins, R. L., St Paw’s Sojourn in Arabia (ExpT XV 382): Tritt für
die Reihenfolge: Bekehrung uud Taufe, Predigt in Damaskus, Flucht
Aufenthalt in Aralsien, Rückkehr nach Damaskus ein.
Smith, H. G., Dr Edward Caird on St Paul’s Antitheses (HJ II 3795-37:
Vgl. oben 8. 217. „The writer does not present St Paul’s idea of evolutiot.
but rather his own idea of St Paul’s evolution.“
Bullard, H.N., The Contrast in Order of Development of Pauline Theolog:
and Church Dogma (BStdt N.S. I 105): „The Pauline theology is ı
ductive and practical, starting from man, while the Church dogma :
deductive and metaphysical, starting from God.“
Götz, W., Paulus der wahrhaftige Zeuge Jesu Christi. Eine Beleuchturr
vi nm theologischen Schule. Vortrag (32. Hannover 1903, Feesche.
MY —.30).
Denney, J., Adam and Christ in St Paul (Exp IX 147—160): Setzt sich
mit Prof. Peake über die paulinische Versöhnungslehre auseinander.
Mc Garvey, Paul and the Virgin Birth of Jesus (BStdt N.S. I 10518:
Gegen Schmiedel. Paulus hat das Wunder gekannt.
Heitmüller, W., Taufe und Abendmahl bei Paulus (e. o. S. 217): Kon-
statiert bei Paulus eine durchaus realistische Auffassung der Wirkung
der Taufe (Verbindung mit .Jesus, Geistesmitteilung, Sündennachlais) und
eine ebensolche beim Abendmahl (der reale Genuls bewirkt die xoıvwvia.
Allerdings verrate 1 Kor 11 eine etwas {reiere und individuellere Auf
ı — | = = -
ERGO SSERSPEEREr —u un © iii er Ti u un —— u
Bibliographische Notizen. 437
fassung als 1 Kor10. Der Schlufsabschnitt versucht eine ähnliche religions-
geschichtliche Ableitung des Abendmalles, wie sie H. bezüglich der Formel
„Im Namen Jesu“ gegeben hat. Vgl. BZ 1 412. Hier wird namentlich
auf den alten Brauch rekurriert, Fleisch und Blut von Tieren, in denen
die Gottheit wohnt, zu genielsen. Die Azteken, der thrakische Dionysos
und die Beduinenstämme der Sinaihalbinsel müssen als Parallelen dienen.
Vgl. die beachtenswerten Bedenken gegen diese Religionsvergleichung bei
P. Lobstein, ThLz XXIX 286—288.
Batiffol, P., L’eucharistie dans le NT I (Bull. d. litt. eccl. I 129—152):
1. St Paul: Er ist vor allem Zeuge für den Opfercharakter der Eucharistie.
Kennedy, H. A. A., St Pau!’s Conception of the last Things (XX. u. 370.
Ld., Hodder & Stouchton. 78 6d).
Darling, T. G., The Apostle Paul and the second Advent (PrthR 1I 197 —
214): Nennt als Quellen: Jesu Lehre von der unmittelbaren Nähe der
Parusie, jüdische Anschauungen, Zusammenhänge und Berührungspunkte
mit der Lehre anderer Apostel.
Bruston, C., La doctrine chretienne de Timmortalite: la resurrection des
corps et quelques idees connexes Mapres S. Paul (Rev. de theol. et des
quest. rel. 1903, 443461 518 —533:.
Juncker, A,, Die Ethik des Apostels Paulus, I. Hälfte (X u. 229. Halle,
Niemeyer. M5.—): Behandelt 1. Entstehung und 2. Entfaltung des neuen
Lebens; in Kap. 1: a) das sittliche Unvermögen der natürlichen Mensch-
heit; b) die Ermöglichung des neuen Lebens durch Tod und Auferstehung
Christi; c) Taufe und Rechtfertigung; in Kap.2: a) die Kraft (Hl. Geist;
Christus). b) die Norm und c) das Ziel des neuen Lebens.
Meyer, M., Der Apostel Paulus als armer Sünder (s. o. S. 217): „Paulus
kann das ganze Hochgefühl untadliger Berufserfüllung zeigen, weil die
Möglichkeit des Sündigens bei ihm nicht Wirklichkeit geworden ist.“
Nach G. Hollmann in ThLz XXIX 203.
Kellett, E. E., St Paul the Poet (Exp IX 339—348): Paulus war „a lover of
poetry“ und selbst sehr poetisch (lyrisch, cf. Kol) veranlaet.
Picavet, F., Plotin et St Paul. Comment Plotin est devenu le maitre
des philosophes du moyen-äge (Scanc. et trav. de l’Acad. de France 1904,
599 — 620).
Wernle, P., Was haben wir heute an Paulus (s. o. S. 218): Nach diesem
modernen Kritiker vertritt Paulus „die Relision der Gotteskindschaft,
des Geistes und der Freiheit, der Liebe und der Sehnsucht; der Weg zu
dieser Religion ist objektiv Christus, subjektiv die Bekehrung“. Vgl.
Schultzen in ThLbl XXV 186,
Passy, P., Les origines du christianisme d’apres des documents authentiques
et des souvenirs personnels par un contemporain (Luc), medecin du 1. siecle.
Trad. du grec et accomp. de notes explicatives (16%. 263. P. 1903, Soc.
des traites).
Burreil, D.J).& 3.D., FKarly Church. Studies in the Acts of the Apostles
(312. Ld. Robinson. 38 6d).
Baljon, J. M. S., Commentaar op de Handelingen der apostelen (309.
Utrecht 1903, van Bockhoven).
Reid, J., „Lord“ and „The Lord“ in Acts (ExpT XV 296—300): Be-
spricht den (rebrauch von xüupiog oder 6 xupıog in seiner Anwendung ]. auf
einen Herrn im gewöhnlichen Sinne des Wortes; 2. auf Gott; 3. auf Christus.
The great Text Commentary. The great texts of the Acts of the Apostles
(ExpT XV 233-235 277—280 310-313 3665-369 399—402. Zu Apg
7,5965 9, 3—6; 10, 34; 10.38; 11. 26).
Bludau, A., Die Abschiedsrede des Apostels Paulus zu Milet (Apg 20,
17—38) (Kath. Seels. 1904, 1-10 51—55 99—103..
Fontaine, J., Le systime exigetique de M. Loisy et les Epitres de saint
Paul (Rev. apolog. 1904 janv.).
438 Bibliographische Notizen.
Gutjahr, F. S., Die Briefe des heil. Apostels Paulus erklärt. I: Die zırei
Briefe an die Thessalonicher und der Brief an die Galater (X u. 897.
Graz 1900ff. AM 6.—): Die Kommentare zu 1 und 2 Thess sind schon
früher erschienen, während der zu Gal neu ist. In letzterem sind die
Forschungen Webers akzeptiert; die südgalatische Theorie wird vertreten
und die Identität des Vorgangs Gal 2, 1—10 und Apg 15 in Abrede ge-
stellt. Einleitungsfragen blei en bis zum 7. (Schluls-)Bande zurück-
gestellt. Die Textkritik hat der Verf. „sozusagen grundsätzlich“ aus-
geschlossen. Solange freilich dieselbe in einer Exzerpierung des Apparates
von Tischendorfs editio VIIl critica maior besteht, hat sie nicht viel Wert.
Aber wir sind inzwischen auch auf diesem Gebiete etwas weiter gekommen.
Darum wäre derselben doch auch in Kommentaren, die wie vorliegende
für weitere Kreise bestimmt sind, ein bescheidener Raum anzuweisen.
G.s Kommentare sind wegen ihrer Prägnanz und Klarheit und der Be-
rücksichtigung der patristischen Exegese ein treffliches Hilfsmittel der
Exegese. Bei Erklärung und Übersetzung ist der Urtext zu Grunde gelert.
Bahnsen, W., Zum Problem des Röznerbriefes (PrM VIII 26—31): Eine
Rezension von Feines Buch (vgl. BZ 1 4321).
Frola, D., La lettera di s. Paolo ai Romani, analisi, parafrasi e com-
menti (203. Ivrea 1903, tip. Unione coop.).
Bergström, &., Romarebrefoet och dess glädje budskab (226. Stockholm
1903, Palmgvists).
Semeria, &., Il pensiero di S. Paolo nella lettera ai Romani (Rom 1%3,
Pustet): Elf Konferenzen, in denen die drei ersten Kapp. des Röm. exe-
gesiert und auf moderne religiöse Fragen angewendet sind. Vgl. Rb I 152.
Klöpper, A., Die durch natürliche Offenbarung vermittelte Gotteserkenntnis
der Heiden bei Paulus, Rön 1, 18 (ZwTh XLV11169—180): Darlegung der
Gedanken dieser Stelle. Gott habe einen neuen Offenbarungsmodus gewählt,
nachdem der bisherige natürliche nicht wahre Gotteserkenntnis gebracht hat.
Ladeuze, P., Pas d’ayape dans la premiere Epitre aux Corinthiens
(Rb N. S. 1 78-81): Gegen Funk (s. BZ I 4lö), Leclereq und Ermoni
wird mit Batiffol daran festgehalten, dals Paulus überhaupt jegliche ge-
meinsame Mahlzeit in Verbindung mit der Eucharistiefeier für Mils-
brauch hält.
Cheney, M. M., Bible. New Testament. Chapter thirteen of the first
Epistle to the Corinthians designed and lettered (Minneapolis, Miun., 1903.
M M. Cheney. $& 2.50).
Kennedy, The Problen F second Corinthians (Hermath. XXIX 340 - 367):
Untersucht die Ausdrücke xauyäodaı, xauxnoıs und xauxnua und hält
Kap. 10—13 älter wie 1—9.
Plummer, A., The second Epistle of Paul the Apostle to the Corinthians
(The Cambridse Bible for schools and Colleges) (XLII u. 156. Cam-
bridge 1903, University Press. 18 6d): Einleitung, selbständige Über-
setzung und Kommentar für weitere Kreise bestimmt. 2 Kor ist nicht
ein einheitlicher Brief.
Haupt, E., Einführung in das Verständnis des Briefes Pauli an, die
Galater (Deutsch-ev. Bl. XX1X 1-16 89—108 161—183 235—259): Ahn-
liche allgemeine Skizze der Zeitverhältnisse und des Gedankenganges wie
zu 1und 2 Kor (vgl. BZ 1 434). H. hält an der nordgalatisclien Theorie
fest. Zu 4, 15 glaubt er, Paulus sei plind gewesen.
Gunning, J. H., De kerk van Christus. De brief van Paulus aan de
Efeziers voor de gemeente des Heeren verklaard (258. Kotterdam, D. A.
Daamen. F 1.75).
Innıtzer, Th., Der „Hymnus“ im Epheserbriefe (1, 3—14) (ZkTh XXVIIL
612—621): Findet einen solchen in der angegeben bisher als „schwerfällig
und überladen“ geltenden Periode und gliedert sie nach Kola und 3 Strophen.
Das Vorhandensein eines Rhythmus, der metrisch notiert wird, sei unbe-
streitbar.
Bibliographische Notizen. 439
Hollmann, G., Die Unechtheit des zweiten Thessalonicherbriefs (ZntW V
28—38): Will dieselbe erweisen vor allem durch den Widerspruch zwischen
2 Thess 2, 1—12 und 1 Thess 5, 1—11, der in der Schilderung der Art und
Weise des Parusieeintritts gelegen ist.
Milligan, 6., The Authenticily of the second Epistle to the Thessalonians
(Exp IX 430-450): Verteidigt durch eine Untersuchung 1. der Spraclie
und des Stiles, 2. der Abhängigkeit von 1 Thess; 3. des Charakters der
Lehren die Echtheit des Brietes.
Brüning, W., Die Sprachform des 2 Thess (vgl. BZ I 434): Beweist
aus ihr die Echtheit, scheint aber nach den Mitteilungen P.W.Schmiedels
Ei ae VII 73#) die Aufgabe nicht gründlich genug angefalst
zu haben,
Klöpper, A., Zur Soteriologie der Pastoralbriefe (Tit 3, —7; 2 Tim1,9—11;
Tit 2, 11—14) (ZwTh XLVII 57—88): Vgl. BZ I 221. Exegese der drei
Stellen. K. findet die objektiven Faktoren der Erlösung viel mehr betont
als die subjektiven.
Schlatter, A., Erläuterungen zum NT. IX. Teil: Die ze an
a und Tit ausgel. für Bibelleser (221. Calw u. Stuttg., Vereinsbuchh.
.50).
Chamberlain, J. S. F., The Epistle to the Hebrews (92. Ld., Johnson.
28): Nach ExpT XV 378: „There was a letter written, not to Christians
probably, but to Jews, yet probably by St Paul or some well-known
apostle. This letter got into the hands of some unknown person, who
annotated it before reading it to his own Church. His annotations were
Christian, his Church was (at least partly) Gentile. So we have a fine
mixture.“
Albani, J., Hebr ö, 11—6, 8. Ein Wort zur Verfasserschaft Apollos
(ZwT'h XLVIl 88—93): Will durch Vergleich mit 1Kor3,1—9 dıe Apollos-
hypothese stützen. Hebr sei an die Korinther gerichtet.
Lichtenstein, J., Kommentar zum NT. Briefe Jacobi, Petri, Johannis
und die Offb Johannis. [In hebr. Sprache.] (64. Lp., Evang.-luth. Zentral-
verein für Mission unter Israel. M —.50).
Haydn, H. M., Three Conceptions of the christian Life. A study in the
Epistles of James, I Peter, and I John (BW XXIII 16—23): Fıudet bei
Jak, 1 Petr und 1 Jo eine steigernde Vertiefung des Christusbildes. Doch
erränzen sie sich gegenseitig.
Parry, 3., Discussion of the general Epistle of St James (100. Ld.,
Clay. 58): Hält an der Abfassung durch Jakobus fest. Der Brief ist
nicht vom judenchristlichen Standpunkt aus geschrieben; die Gesetzes-
frage ist bereits erledigt. Die Abfassungszeit fällt in die sechziger Jahre.
Vel. E. Schürer, ThLz XXIX 281f.
Grafe, Die Stellung und Bedeutung des Jakobusbriefes in der Entwick-
iu des Urchristentums (s. o. S. 220): Datiert Jak ungefähr ın 2. oder
3. Jahrzehnt des 2. Jahrh.
Weils, B., Der Jakobusbrief und die neuere Kritik (NkZ XV 391-422
423—439; auch separat: 50. Lp., Deichert.e M 1.—): Eine Verteidigung
a nn Anschauungen über Jak gegen das vorgenannte Buch
sTafes,
Pepioe, H. W. W., Remarkable Lettres of St. James (V u. 100. Ld.
1903, Clay & S. 58).
Cullen, E. H., Teaching of James. Studies in ethics of Epistle of James
(256. Ld., Stockwell. 38).
Nestle, E., Abraham, the Friend of God (ExpT XV 46f): Zu as
2, 23. &
Kirn, Noch einmal Jakobus 4, 5 (StKr 1904, 593-604): Nennt K.
Könnecke (1896) und J. J. Wetstein (1730) als frühere Vertreter seiner
Konjektur (s. o. S. 220) und begründet dieselbe neuerdings.
440 Bibliographische Notizen.
Barns, T., The catholic Epistles of Themsion: a study inland2 Peter I
(Exp VIII 40-62; IX 369—393,: Betrachtet die beiden Briefe als Pro-
dukte der montanistischen Bewerung.
Falconer, R. A., A Prophet of the New Israel. A study in the first
epistle of Peter (E.xpT XV 259—263): In 1 Petr wird noch im Jüdischen
rophetengeist heidnischen Lesern das Christentum gepredigt.
Fındlay, G., Studies in the first Epistle of John ‘Exp IX 36-46
226-240): Vgl. oben S. 220. 3. The Old and New Commandment im An-
schluls an 2, 7—11.
Mayor, J. B., Notes on the Text of the Epistle of Jude (Exp IX 450—460 :
Verbesserungsvorschläge zu V. 1, 5, 19, 22f.
Kellett, E. E., Note on Jude 5 (ExpT XV 381): Behandelt dıe Variante
'Inooüg statt xUpıog, wobei Josue gemeint sei.
Mayor, J. B., ®Brvonwpivös (Exp IX 98—104): Untersuchung über die
in diesem Worte (.Jud 12) angedeutete ‚Jahreszeit.
Weifs, J., Die Offenbarung des Johannes. Ein Beitrag zur Literatur-
und Religionsgeschichte (Forsch. zur Relig. und Lit. des A u. NT 3:
IlI u. 164. Gött., Vandenhoeck. M 4.80): Ein Redaktor aus der Zeit
Domitians, des zweiten Nero, hat „im Gefühl der 12. Stunde“ alte Weis-
sagıungen, die er in der Gegenwart in Erfüllung gehen sah, mitgetei.t.
Er kompilierte zu diesem Zwecke eine alte und echte Jo-Apk, die der
Apostel in der zweiten Hällte der sechziger Jahre verfalst batte, mit einer
Jüdischen Apk, die gleichfalls eine literarische Einheit bildete und etwa
im .J. 70 entstanden war. In der Rekonstruktion der beiden Apokalypsen
gewährt W. dem subjektiven „Empfinden“ weiten Spielraum. Als Ma:s-
sta für die Herausschälung der Jo-Apk benutzt er die eschatologische
Rede Jesu. Die .Jo-Briefe versetzt W. in die Zeit zwischen der alten
Jo-Apk und ihrer Neubearbeitung. Dafs diese Neubearbeitung noch zu
Lebzeiten des greisen ‚Jo erfolgte, erkennt W. nicht als stichhaltige In-
stanz wegen seine Hypotlıese, Überhaupt glaubt er, dals seine aus „Nach-
empfindung entstandene Rekonstruktion nicht durch einzelne Einwen-
dungen, sondern nur durch eine geschlossene Gesamtauffassung‘‘ widerlegt
werden kann.
Michael, 3. O., Die Gottesherrschaft als leitender Grundgedanke in der
Ofb St Johannis. Ein Beitrag zum Verständnis derselben (174. Lp.
Jans. M 1.—): Wie es theokratische Psalmen gibt (bes. 91—100\. so
sei auch die ideale Theokratie, „bei der Gott als Herrscher sich erweisen
will auf dem ganzen Gebiet des Lebens“, die leitende Idee der Apk. Das
sucht M. zuerst an den beiden Schluflskapiteln und dann auch an den
übrigen Visionen zu erweisen. Die Anmerkupgen am Schlusse begründen
einzelne Thesen der mehr populär geschriebenen Abhandlung noch näher.
Grals, K. K., Grundrifs der Offenbarung Johannis (Mitt. u. Nachr. für
die evang. Kirche in Rulsl. 1904, 1— 23‘.
u G. F., Lectures on the Revelation of St. John the Divine (T.d.,
ees. 68).
Keller, B., Die Offenlarunyg des Johannes für bibelforschende Christen
erklärt (Das prophetische Wort. Die Weissagungsbücher der Hl. Schrift
erklärt von B. Keller. II: VIlI u. 427. Dresden und Lp.. Richter).
Reymond, A., L’apocalypse I Chap. 1—14 (VIII u. 376. Lausanne,
Bridel. Fr 4.50).
Ramsay, W. M., The Lettres to the seven Churches of Asia (Exp IX
20—35 81-97 161—173 321-331 401-422): 1. The seven churches re-
present groups. 2. Origin of the seven groups of churches. 3. The lettres
adress single churches. 4. Authority of the writer of the seven lettres.
5. Pagan converts in the early church. 6. Relation of the christian books
to contemporary thought and language. 7. Symbolism of the seven
lettres; its meaning. 8,9. The lettres to the church in Ephesus. 10. Per-
oration of the Ephesian letter.
a m 37 2 ur ne mad ut ur ses Se Sn ne es De a Ss a en, en} [7
Bibliographische Notizen. 441
Chapman, The seven Churches of Asia (Exp 257—263): Hält Ramsay
egenüber eine selbständige Existenz der Briefe für wahrscheinlich. Die
rdnung sei die, in der Jo die Gemeinden besuchte und ein Bote sie
erreichte. Aamsay repliziert 263—265 hierauf.
Röschmann, P.: J., Philadelphia und Laodicea. Offb 3, 7—22. Nach-
geschriebenes aus Bibelstunden (1897/98) (X VI u. 206 mit Bildnis. Ding-
lingen, St. Johannis-Druckerei. M 1.—).
Die Entstehung der Zahl 666 (ZutW \ 84—88): I. E. Vischer repliziert
neuerdings auf P. Corssens Bemerkung gegen ihn (s. o. S. 220); dıe Zahl
könne doch anders als durch Berechnung von Buchstabenwerten eines
Namens gewonnen sein. — II. P. Corssen lälst das nicht gelten und ver-
weist ur eine poetische Inschrift, wo von einem Namen die Rede ist,
„oD Eotı N} wipos TEE“.
Hrozny, F., Zur Höllenfahrt der IStar (Wiener Zeitschr. f. K. des
Morgenl. XVII 323—336): Istar ist sumerischer Herkunft: is + tar (barla])
Asciunamir, der froschgestaltige Bote Fas, soll eine interessante Parallele
finden in Apk 16, 12#f. A
White, N. J. D., The Testimony of Jesus is the Spirit of Profecy (Apoc.
19, 10) (Exp 1X 266—%74): Allgemeine Verarbeitung dieser lhese,
d) Ntl Apokryphen.
Klostermann, E., Apocrypha. II. Evangelien herausgeg. (Kleine Texte
f. theol. Vorlesungen und Übungen, herausgeg. von H. Lietzmann. \r8:
18. Bopn, Marcus u. Weber. M —.40).
Rouvanet, A., Etude exegetique et critique de l’evangile des Hebreux
(These) (108. Cahors, Coueslant).
Revillout, E., L Evangile de XII apötres, recemment decouvert (RbN. S.
I 167—187 321—3556): Behandelt das Ev des fast ganz orthodoxen
Apokryphons in seinem Zusammenhang mit Gamaliel und bespricht die
einzelnen bekannt gewordenen Partien.
Grenfeil, B. P., und Hunt, A. S., Catalogue general des Antiquites Egypt.
dw Musee du Caire.. Greek Papyri(VlIlu. 116. Oxtfurd 1905): Im Wort-
laute werden geboten Nr 10735: ein nichtkanonisches Ev- Fragment,
Nr 10736: ein Fragment der Korrespondenz zwischen Christus und
Abgarus, Nr 10696: ein christliches Gebet mit den Anfängen des Lk-,
Mt- und Jo-Ev (vgl. Arch. f. Papyrusf. III 119). G
Deilsmann, A., Das angebliche Evangelien-Fragment von Kairo (Arch.
f. Religionswiss. Vll 387—392): Lehnt es ab, in Nr 10735 die Reste
eines unkanonischen Ev zu sehen. G.
Donchoo, J., de Q.-, Apocryphal and Legendary Life of Christ (Ld. 1903,
Macmillan. 10s 6d).
West, A., The Ox and Ass Legend of the Nativity (Contemp. Rev. 1903
dec. 873—884).
Conrady, L., Die Flucht nach Ägypten und die Rückkehr von dort in
den apokryphen Kindheitsgerchichten Jesu (StKr 1904, 176—220): Sielıt
auch in den Berichten: Evang. Thomae lat. c. 1-3, Pseudomatthaei evang.
c. 17, 2—25 und Evang. inf. salv. arab. c. 9-35 (ursprünglich Schluls des
Protevangeliums?) wieder (vgl. BZ I 436) mythologischen und zwar grolsen-
teils erotischen Hintergrund.
Lewis, A. S., Acta mythologica Apostolorum, transcribed from an Arabic
Ms in the Convent of Deyr-es-Suriani, Egypt, and from Mss in the Con-
vent of St Catherine, on Mount Sinai. With two Legends from a Vatican
Ms by Prof. Ignazio Guidi, and an Appendix of Syriac Palimpsest Frag-
ments of the Acts of Judas Thomas from Cod. Sin. Syr. 30 (Horae semi-
ticae Ill: VIII u. 228. Ld., Clay. 12s 6d): Textabdruck.
442 Mitteilungen und Nachrichten.
Lewis, A. S., The mythological Acts of the Apostles, translated from an
Arabic Ms etc. With a Translation of the Palimpsest Fragments of tbıe
Acts of Judas Thomas from Cod. Sin. Syr. 30 (Horse semiticae IV: XLVI
u.265. 68): Die arabische Übersetzung stammt aus dem Koptischen. G.
Covard, Altchristliche Sagen über das Leben der Apostel (NkZ XV
486—498 569—580): Vgl. BZ 1436; II 221. 7. Bartholomäus. 8. Matthäus.
9. Simon und Judas. 10. Jakobus Alphäi, Jakobus der Bruder des Herrn
und Matthias. 11. Die Apostelschüler: Barnabas, Markus, Lukas, Timo-
theus und Titus.
Schmidt, C., Acta Pauli aus der Heidelberger kopt. Papyrushs Nr 1
herausgeg. Übersetzung, Untersuchungen und kopt. Text. (Verötfentlichungen
aus der Heidelberger Papyrussammlung 11.) (Textband: VIII u. 240.
Tafelband: 2. XII u.40 Lichtdrucke. Lp., Hinrichs. In vierfacher Aus-
stattung, M 36—42): Sehr sorgfältige Ausgabe von ca 2000 Papyrus-
fragmenten, die alle erst zu sichten und zu ordnen waren. In den
. historisch-kritischen Untersuchungen wird die Abfassungszeit auf ca 180
festgelegt. S. sieht die Akten unter Zustimmung A. Harnacks (Tnlz
XXIX 323) an „als ein besonders deutliches und reichhaltiges Dokument
des asiatischen populären Christentums in der Endzeit Mark Aurels und
z. Z. des Commodus‘“. Literarisch sind sie ein frei erfundener Roman.
Goodspeed, E. J., The Epistie of Pelagia (AmJsemL XX 95—108):, Ab-
druck des Textes aus Mss des British Museum. Die äthiopische Über-
lieferung bringt Pelagia in Zusammenhang mit Paulus und dem Löwen
(Ausgestaltung von 1 Kor 15, 32 und 2 Tim 4, 17); gehört nach G. am
ehesten zu den Acta Pauli. G.
Tamilia, D., Acta Thomae apocrypha (Rendic. d. R. Accad, d. L. Rom.
X1I [1903] 385 —408).
München, Juli 1904. J. Sickenberger.
Mitteilungen und Nachrichten.
Als Preisaufgabe, vor dem 1. Januar 1905 zu beantworten, stellt die
Teylarsche theologische Gesellschaft zu Haarlem das Thema: Eine Ab-
handlung über dıe Entstehung der jüdischen Synagoge und ihre Ge-
schichte bis zur Zeit von Akiba (nach Schweiz. theol. Zeitschr. XX1 122, —
Preisaufgabe der theol. Fakultät in München: Die Dauer der öflentlichen
Wirksamkeit Jesu. — Preisaufgabe der ev.-theol. Fakultät in Bonn: Das
Verhältnis des Dt zu 2 Rg 22 und zur Prophetie Jeremias. (Köln. Volksz.
1904, Nr 639.)
Jahresversammlung der Society of Biblical Literature and Exegesis.
Columbia-Universität New York, 31. Dez. 1903: Gottheil, G.H., sprach
über: Beispiele altjüdischer Bibelkritik. — Bacon, B. W.: weder Johannes
der Apostel noch der Presbyter seien je in Ephesus gewesen (gegen
Harnack und Bousset). — Foot, T. C., Arbeit: Professor Zapletal über
das Eplıod. — Haupt, P., Der mosaische Kern des Lobgesanges Mose,
Ex 15 (die ersten zwei Zeilen). — Ders., 1, Empörung Serubabels: er fiel
von den Persern ab, wurde wieder unterworfen und hingerichtet. Zach 6
und Ps 110 enthalten Anspielungen hierauf. — Das arme weise Kind
Sir 4, 13. — Briggs, C. A., Anwendung der Logia des Matthäus im
Mk-Ev. Erstere enthielten keine Gleichnisse und waren auf hebräisch
geschrieben, da Hebräisch damals die Sprache der Religion und Literatur
war, Auch Mk war ursprünglich hebräisch geschrieben. — Jastrow, M.,
Die Eingangszeiten der babyl. Schöpfungsgeschichte: Drei Hauptgestalten
Mitteilungen und Nachrichten. 443
mit den Hauptbegriffen: apsu, mumma, tiamat (= tohu, vohu, tehom)
in Erida, Nippur, Babel. — Harper, W.K., Strophischer Aufbau
Os 4, 1—7, 7. — Montgomery, J. A., Uber Namen Samerio und über
einige Wörter bei Amos. — Peritz, J. Kritik über Erklärungen von
Moore, Budde, Nowack zu Idc 7, 5ff (zwei Arten des Trinkens) —-
Wright, T. F. Jos 6, 25 müssen Menschenopfer gemeint sein. —
Torrez, C. C., Lk 1, 39 mm mo) —= nach der Provinz Juda; zodıs
milsverstanden u. &.
Der 14. Orientalistenkongrefs soll im April 1905 (wahrscheinlich vom
19.—27.) in Algier abgehalten werden.
Eine Soolete francaise des foullies archeologiques hat sich in Paris
gebildet, um nach dem Vorbilde von Deutschland, England und Amerika
private Mittel für Ausgrabungen zu gewinnen. Am 5. Mai 1904 erschien
das erste Bulletin (Or iz VIL 200).
A.S. Lewis und M. D. Gibson haben der theol. Fakultät der Uni-
versität Heidelberg eine auf 250 Glasplatten photographierte Wiedergabe
des von ihnen entdeckten syrischen Ev-Kodex aus dem Katharinenkloster
auf dem Sinai zum Geschenk gemacht (Deutsche Lz 1904, Nr 21, 1292 fi).
Personalien. + 25. März Dr K.Bredenkamp, Prof. der atl Exegese
an der Universität Kiel. — + 12. Mai P. Chapuis, Prof. der ntl Exe-
gese in Lausanne (s. o. S. 425). — + 20. Mai Dr W. Volck, o. Prot. f.
ati Exegese an der Universität Rostock. — Papst Pius X. errichtete an
der päpstlichen Lehranstalt S. Apollinare in Rom einen Lehrstuhl für
biblische Exegese und berief den Lektor P. M. Hetzenauer O. Cap.
in Innsbruck auf denselben. — Der Privatdozent für atl Exegese an der
Universität Erlangen Dr J. Köberle ist als o. Prof. an Stelle des
+ W. Volck nach Rostock berufen worden. — Privatdozent f. Assyrio-
logie und alte Geschichte an der Universität Berlin Dr H. Winckler ist
zum a. o. Prof. ernannt worden. — A. 0. Prof. Lic. E. von Dobschütz
in Jena wurde als o. Prof. für ntl Exegese (als Nachfolger H. Holtz-
manns) in die evang.-theol. Fakultät der Universität Stralsburg berufen. —
Religionslehrer und Oberlehrer Dr Alfons Schulz ist zum a. o. Prof.
für biblische Exegese an der theol. Fakultät des Lyzeums in Braunsberg
ernannt worden. — Privatdozent Prof. Lic. A. Meyer in Bern wurde
zum o. Prof. für ntl Exegese an der evang -theol. Fakultät der Universität
Zürich ernannt.
Verzeichnis der Autoren,
deren Werke in den Bibliographischen Notizen angezeigt wurden,
“ bedeutet öfteres Vorkommen auf der gleichen Seite.
gefertigt von cand. theol. P. Fellerer.
(!) bedeutet eine Korrektur im
Index gegenüber der Schreibweise in den Bibliographischen Notizen.
Abbott
424 434
Ab Zakarjä 91
Achelis . - - 42
Adams G.: +» 302
Adams J.» - 111
Aller E .«. 321
Aller N. »- »- 312
Ahlberg - .
Albani - » 439
Alcock - » „. 19
Allen G. » . 209
Allen J. CC - 42
Allen W. - 214
Allison - ..109
Amandolini . 117
Andersen «= 417
Andersson . 112
206* 207
.
>
-ı
Andrds » 35
Arb-Arktas » 205
Archinard . 423
Armstrong . 430
Arndt ... 415
Arnold H. . 201
Arnold M. -» 87
Aubert - » » 818
Auchinclass - 354
Azibert - 199 4,0
Bacher - - . 310%
Buchmann - 425
Bacon B. W. 434
Bacuez +» » . 421
Bähler : -» » 415
Bahnsen :. . 438
Baldensperger 216
Baljon 457
Ballentine - 86
Balmpforih » 316
Banks E. - -» 99
Banks I. . . 329
Baentsch - 81 101
107 5330
Bardenhewer 83
Barnabe d’Al-
BuacO +» 300 418
Barnes -. 302
Barnicott - » 323
Barnos =. 440
Barth F. 204 207
Barth J. eı* 311*
313
Bartlet - - 219
Barton » 99 422
Bates 86
Batiffol 208 417 423
423 437
Baudissin - 318
Bauer» »- - RB 420
Baumann 112 334
Baumstark 420 421
Baynes . . 180
Bean ....210
Beardslee 108 310
Bechtel 88
Beeby . . . 208
Beecher » 306
Behagliel - -» 86
Behrens =» . 03
Bellanger . . 304
Belser .. 216
Belsheim - - 436
Bennett 306(t) 330
Bensow . 201
Bergström 82 478
Berkowicz . 233
Berliner» 91 ®
Bernard 202 424
427
Bernardin »- » 418
Berry 92 97 108
Betteridge - 335
Bettex - . 89
Betz ..:.. 84
Bevan A... - ı1lı
Bevan G. 306 321
Bewer ». : 49
Beyer. 424 436
Bezold 101*3:8 320
328
Biedenkapp 101
Biedermaun » R4
Billot -» » - 82 303
Bissing - » 100
Blacha » » + 30%
Black » . ».: 8
Blake -. - . » 309
Blukiston - 215
Blafs » 198 4'4
Blau 86 311 314
Blondel . « 303
Blondiau . -» #1
Bludau 200 421 437
Böhme «» .» - 332
Boelımer 93 101 205
32 325 333% 4268
Bohn » » - » 32%
Bois : ..» 427
Bolland « +» 1436
Bonaccorsi 213 427
431
Bond ..0 0 89
Bonfante - . 104
Bonney - . . 107
Bonus ... 414
Boscawen - . 321
Bossert . 202
Bosworth - » 217
Bourdais - » 86
Bousset 108 203%
307 422%
Bouvier. - - 212
Bowman - +» 413
Box: : -.. 221
Boyd .. 108*
Brandt » . » 201
Rreest . . 892
Bren - .. 217
Brewer .« 310
Bricout 212 429 431
Brigws 213 512 422
Broadus » 415
Brockelmann 91
311 313
Brown »- . 312
Brucker . 105 306
Brückner - 217
Bruders. » +» 416
Brugi « - - «- 327
Brun » ..».-. 211
Bruneiti » + 424
Brüning. . . 439
Bruston 99 100 211
32U«e 457
Brychta.- « . 435
Buber. » » . 310
Buchholz ..o 326
Büchler » . 93
Buckner . . 8
Budde + .97 101
Budge . . . 321
Bugge . : 202 211
Bühimayer - 216
Bullard - : . 456
Bullinger . . 331
Burbridge - » 432
Burgess. - : 38
Burkitt . IW :01
419 421
Burmey :-. 9%
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Burrell . 35°
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Caird . Fan;
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Calmes ... 4%
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Caraccio «4%
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Cereseto 3
Ceulemans + 2:3
Chajes - + 9
Chamberlain
H.S. . - : 39
Chamberlain
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Chapman »- + 41
Chapuis 20320743
Charles - » - 353
Chauvin .107 42
Chavannes 82 1{3
431
Cheever. . » %9
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Cheyne 8119
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Choliet » - - 219
Chriestlieb - 10
Cigoi . ... 238
Cladder » + » 219
Clark - « + + 44
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Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren. 445
Cleemput « « 834
(lemen »- - » 41%
Cobern » + - 111
Cohn » + . «» 105
Collin. » » » 303
Collins »- - » 436
Cöln =» « « . 3926
Compagnon . 215
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Condamin - » 334*
Conder » +95 320
Congreve - . 427
Conrady . . 441
Conybeare +» 420
Cook 321 5322 327
Cooke .:.89
Coquelin « + 423
Comill +» « - 110
Cornu » « «+» 9
Corrance - » 428
Corssen » 220 441
Couard 221335 442
(raif » + + 319
Crampon . . 86
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(reighton - » 323
(rtemer » « +» 433
Crum » + : + 45
Cullen b. H. 43"
Cullen H. » » 209
Cullen J.«» » 325
Currell - - . 330
Curry 000.803
Curtis EB. : » >18
Curtis W. - - 318
Uurtiss 86* 97 315*
Cusin » « « « 427
Dahle» « +» » 303
Dahse «+ » «» 326
Daiches » - 98 328
Paınman «+ » 219
Darling « « » 437
Darlow » » 305(!)
Davidson A. 333
Davidson W. 328
Davies »- 91 44 349
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Davis E. »- «+ 19
Davis J.- » « 330
Davis N.K. - 422
Davis IT. » + 67
Dav . . .. 0.106
Deifsmann 93 200
214 441
Dekker - » » 335
Delatouche » 433
Delepine » «88
Delitzsch 101* 325
Demansz «» « « 306
Denk »- « . . 420
Demmey - .» » 4:6
Deschamps +» 88
Desey: «+ + 432
Dickey + » 200
Diekamp + + 420
Diettrich » » 101
Diik#ma + . 333
Dittmar » . + 198
Dobschütz + 204
Dullmayr « + 9
Donchoo +» » 41
Dundero +» +» 302
Doreau » « » 2%
Doree- »- - 210
Dürr » » +87 307
Douglas - 111 334
Donttö - « . 323
Draheim - - 435
Dressaire 205 309
418
Drews «+. . 419
Drexler - » »- 328
Driver - -94 312
316 328
Drummond »- 434
Dubois » + +» 430
Duckwortlii - 88
Duff .:.. 89
Dumert . - » 307
Duncan - . . 822
Duniu-Bor-
kowski +» +» 206
Dunlop - « « 209
Durand - » » 218
Durund-Gas-
selin .. 111
Durot » »« « » 433
Ebbinge Wub-
ben » « +» « 316
Ebstein - 04 417
Ecker - Pe 86
herdmans - - 320
t:freb-Kador 2u7
Yibach » » - 356
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Elis» :. « . . 305
Ember «.. 81
Emerson +» « 95
Emin =» « =» . 326
Einonet- + » 430
Endemann -» 424
Engelbrecht. . 206
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English - 108
E:ppenstein 91 311*
Erbt - » » : 106
Erınoni 1uU 204 307
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Ernst - « » . 200
Esser - © - » 429
Ethe 2... 201
Evans - .. 84
Eyragucs » » 331
Fairweatlier «- 89
Falb » +. . 101
Farber »- + » 321
Faerrden
Falconer . - 440
Farmer +» +» +» 220
YFarrar +» 207* 422
Felder +» + + 417
Feuton . « . S0#
Frrotin » « +» 88
Fruchtwang 926
Fiebiw 240 201 426
421
Findlay 84 220 440
Fink » +... 100
Finot « « «. 4238
Firtb > « « . 427
Fischer +» + « 331
Flemming» + 419
Floeckner + 102
Flournoy - » 212
Founck 209 213 430
Fonsegrive + 307
Fontuine 212® 303
507% 429 430% 437
Fürster - » - 112
Foster - + + 310
Futberiugham 209
Fracassini + 426
Fränkel » - » 311
Freimann - - 311
Fremont 319(!)428*
Frey : +» +» . 218
Friedländer J. 311
Friedlander M. 203
331
Fries . . - 106 5265
Frohnmeyer. 88
Yrola : - » . 438
Fryer » » « . 423
Fullerton . . 432
Fulliquet - . 308
Funcko . » » 413
Funk ee. 420
Furrer .. . 422
G:. = = Su: 335
Gabrieli. . . 421
Gafire - » » « 423
Gall -94 107 313
Gallte + - +» 315
Galliner- » » 314
Ganzfried » » 313
Gardner - - 413
Gasser +» 102 333
Gatt. « . . 509%
Gaucher + « 304
Gaudeau + + 429
Gaveau « + » 424
Gayraud - 210 212
213 429
Gazaynul » » 307
(efiken » » » 416
Geunrich »- « 87
Germer-Durand
88 309 322
Geyser « « « 102
Ghazaui.» . +» 418
Gibbins »- - » 219
Giesebrecht 89 102
319
Gietmaun : -» 82
Gillie » . - . 211
Willie » » - + 417
Gilmore » » «+ 333
Ginsburg . 318
Ginsburger » 94
Girdlestune » 05
(sirerd 0.0. 303
Glaser +» - 92 100
Glück: « «+. 91
Goblet Jd’Al-
viella » . +» 4168
Godbey - « » 87
Godet : . « . 216%
Goguel . . . 421
Gold » «...89
Goldschmied 102
Goldziher2u6s2til)
421
Gondal .. 435
Gonzulez :» « 91
Guo«dspred 218 220
415 442
Gordon A. . 334
Gordon E. . 333
Gorla . » . . 4233
Göttler +» - + 210
Goetz K. G.» 417
Götz W. + «- 436
Goudge » « » 218
Gougli » =. 86
Grafe - +» 220 439
srammatica « 30%
Grannan +» » 305
Grals - +» 207 440
Gray A. «- 88
GrayG... . 107
Gray J. +. . 302
Greenbough 210
Greene . . . 333
Gregory . 303 413
422
Grenfell 85 221 441
Gressmanu - 323
Grimm C. . . 200
Grimm K.- . 110
Grimme 91 97 102
104 109*=*
Grimmert - + 211
Grisur «+ «88
Grundl » » » 201
Grünert + « 86
Grünhut - 108 311
Güdemann 203 417
Guerinot «+ +» 312
Guidi - »- 112 304
Gunkel - 102 109
207 330 332 533*
Gunning +» » 438
Gunzburg - : 329
Gutbe : . . . 3%
Gutjahr 419 431 438
(uttmacher. 89
Guyo - .205 413
Gwilliam 200 2lv
Haas »- « =» « 306
Halevy 90* 08 105
108 112* 207 212
313 321 323 330
333 335
Hall A... .. 84
Hall W.. . . 806
Hamer : » « 432
Hanudmann . 424
Hanewinkel. 87
Hannus . . . 102
Hansen . - » 503
Harnuck : 85 426f
430 442
Harper J. . . 423
Harper R. - 327*
Harper W. 327 335
Hart - - - 94 110
Hartung » - 421
Hastings »- #1 8
Haupt 102 111 438
Hauschildt - 204
Haufsleiter 206 215
425
Hawkins - 2lö 433
Haydn « « . 439
Headlam . » 110
Hehn » - + 96 807
Heinrici. - « 3165
Heitmüller 89 217
415 436
Henderson 422 426
Henlev . . . 85
Heunecke - - 220
H«n»son » » «© 424
Herbst » +» » 334
Herford - »- + 417
Herkenne - » 331
Herklotz - + 107
Herner - »- » 202
Herrmann +» 425
Herzog . . - 42h
Hetzenauer . 413
Heuver . . . 2ll
Heyn . . . . 102
446 Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren.
Hevse « «+ + 211
Hilaire - ©.» 9
Hilaire de Ba-
renton = - 212
Hildesheimer 311
Hilgenberg 102
Hilgenfeld 211 424
433%
Hilprecht » 88 99
Hirsch J. »- » 326
Hirsch M. » 9
Hirschfeld 310 313
Hitchcock . 434
Hjelt - - « « 198
Hoben 208
Hoffinann - - 311
Hotfmann G. 221
Hoffmann H. 213
Hoffmann J. 20%
Hoffı.ann R. A. 432
Hıhne - .82 380
Holden - - . 440
Hollmann 432 437
4343
Holmes - » + 208
Holtey-Weber 426
Holtzmann H. 84
202 204 207 416
418 434
Holtzmann J. 314
Holtzmann ©. 417
Holzhey + » 312
Holzinger- » 107
Hommel -. . 101
Hoennicke 217 (!)
220
Hoonacker - 109
Hooper » » »- 427
Hoppe - » «» 328
Horn - +» « « 216
Hornburg - - 102
Hoerule - - » 218
Horowitz »- »« 311
Hoskins - « 96
Hoss - « « « 217
lHlougbton - « 96
Hovey « «+ «. 833
Howlett » 106 434
Hrozny 99 319 441
Hübener - -
Hummelauer
306
Hunger : - -
Hunt -85 221 441
Hunzinger - 82
Hurlburt » +» 108
Hüsing ..98
Hyvernat » »- 314
Innitzer » « » 438
Irons - « « ». 332
Irwin » «+ « . 316
Iskraut »- «- « 86
Jackson - 98 425
Jacob - +»
Jacoby A. -
Jacoby G. -
Jäger A. - »
Jüger L. - »
James + +
Jannaris -
Jastrow- »
Jaussen - - »
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Jehle - - » » 422
Jellinghaus » 218
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dentsch - »- « 326
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All» :-:-. 91
Jeremias A. - 101
102 325
Jeremias J. 104*
328
John - « «86
Johns 101 102 326
Johnson H. - 211
Johnson Th 218
Jona »- » «- «97
Jones E. G.- 210
Jones J.D. » 435
Jonge - » » « 423
Joüon 92 110* 413
Jülicher - - 416
Juncker +» » 437
Kahan - » - 200
Kaäbler 87 218 304
316
Kalthoff 416 422*
Kamshoff »- » 217
Kappstein - »- 211
Kasteren - 82* 83
433
Kattenbusch
Kaufmann »
Kauffınann -
Kautzsch - 95 220
305 312
Kayserling
Keane - »-
Keep Per vr }
203
334
Keicher -
Keller -
Kellett » 437 440
Kelso- » +» »-
Kennedy - 91
438
Kent
Kerswill - 108 320
King E. . 110 332
King G.A. -
King H. - » 837
Kinzler - - «
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Kirchner 207 424
Kirn «» » 220 439
Kittel » »- 101* 103
Klausner - »-
Klein - » 200 425
Klöpper » 438 489
Klois - 106
Klostermann 87
441
Knabenbauer
432
Knieschke 101 317
Knopf 81 198 214
Knowling »- - 208
Köberle - » »- 102
Kohler 8327
Köhler L.- » 100
Köhler W. 81 198
König E. - 95* 96
988 100 102 105
317 333 334
König X. » » 95
Koetschau »- 83
Kramer - - - 103
Kraufs »- - 112 205
Kreyher - 209 424
Kroening - » 432
. 324
429
Kropatschek 84
Krüger 81 198 204
Krukenberg - 219
Küchler - 326 327
Kugler »- + - 108
Kühnle - - » 323
Kunstmann - 87
Kunze - - »- 434
Kyle ao oe. 96
L. 8. « «co. .8
Lacroix »- » - 426
Ladeuze 1433 438
Lagrange 96 97
105 306 317 322
329 418 429
Lake - »- 200 414
Lambert J. +» 202
Lambert M.92*109
Lambert W. 108
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Lang »- +» « - 326
Lange =» - « 334
Langner » » 9
Larfeld - - « 326
Lasson °«. 103
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Lattes - - »- 97
Laur - » 110 3834
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Lee .e ce .° 08 329
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Lepin +424 431f
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Levi . . .93 316
Levy L. -- 9
Levy 8. - - 9%
Lewis A. 8.441442
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Lewis H. - » 334
Lichtenstein 439
Lidzbarski 92 96
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Lienhard - » 208
Liese » « « «+ 423
Limbach - » 87
Lincke - 110 423
Lindelöf » - 311
Lind] - » 320 326
Lippelt » « - 198
Lippert - - « 105
Little - » . 323
Littmann - »- 313
Lobstein 437
Lochmann 209
Lock » « » 219
Lods » . 103 326
Lohmann - » 335
Löhr - » » » 1083
Loisy 82 105 210*
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Lombard « »- 217
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Lotichius » -» 105
Lott «» « - » 807
Loranvien - - 40
Lovett +. 6
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Löwen - - .- 44
Luchini- - - 18
Lugtigheid - 54
Lukas -.+. 193
Luther - - « 53
Mass - - - - 43
Macalister #% 3:;*
329
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M'Connell: +» 423
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Matheson - +» 3%
Matbieu - +» 9
Matthes - - 4 320
Matthieu - 97 319
Mattiussi . 82 42
Maury . 0 8 4
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Verzeichnis der in den Bibliogr.
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Möller
Molloy - - -
. +96 316
328
Mommert 205 322
Monchamp 213 430
Monnier - » 203
Monod I]... - 217
Monod M. +» 216
Montefiore +» 308
Montzka »- « 90
Moon » : «85
Moor =» » -» - 335
Moore 86 218 413
Morgan - - » 204
Morin- - » « 510
Moule « . - 305
Moulton 200 414
Mouren - - »- 210
Mühlau F. » 308
Mühlau J. » 315
Muirhead »- +» 436
Müller .. 335
Müller D. - » 328
Müller E. .. 326
Müller M.- - 97
Müller R. - 84 308
Münz - » - - 103
Murillo » 124 428
Musil »- - 3:1# 522
Myhrman . - 326
N.C. » =... 428
N.L. -» : » . 428
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A.P.) 305 307 (—
A.P.)
Palmieri D. -» 213*
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Parıy - » » - 439
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Paulus » +» »
Peabodv 207 803
Pegues . 212 429
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Petit - .. 2509
Pfleiderer 217 419
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Porret »- ». 87
Portali& -» » « 429
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Portiz =» » +. 363
Poynder .« - 214
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Praetorius 91 313*
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Qu&nard - « 418
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221
R. P.
Rademacher
Radermacher
Rallfe » » - 315
Rambaud » - 210
Ramsay 97 421 440
441
Rattray - » + 309
Rau. - 304
Rauschen »- » 83
Ravi »... 8
Reid » » 435 437
Reimarus - 103
Reinach 308 433
Reineck - - 216
RBeinelt - « + 304
320
203
330
Reiner
Reith . er 0.
Remi » «- - »
Rens . . -
Resch. - »
Rervillout 221*
Reymond : «
Rhijn - »
Richardson .
Riggenbach -
Riggs . .
Robertson A.T.
Robertson H.
Robertson J.
Robinson J.-
Robson . » -»
Rodenbusch
Roe: ...»-»
Rogers
Romanelli
Romanus
Ronneburger
Rosadi
Roöschmann -
Rose - : »- »
Rosenau .-
Rosenthal -»-
Ross D.M.
Ross J.M.E.
Rossini - - .
Rost » - .
Rotherham -
Rothstein 96
Rouvanet -
Rowe - »
Roy- .o.
Pussel -
Ryle
S. L.
Sabatier - »
Sachsse 201
431
Sampey- +» «
Sampson - .
Sanday - 205
414 426
Sanders » -» -
Sargenton-
Galichon »
Sarowy « . +
Sauter
Savrignac . »
Sawicki - - -
Sayce 89 98
328 329 334
Scerbo »- .ı
Schaefer A.
Schanz M. »
Schanz P. 213
431
Scheftelowitz
Scheil
Schell . »- »
Schenck : »
Scherman: »
Schermann »«
Schiaparelli »
Schiefer - - «
Schieler
Schill - « + »
Schinz - - »-
Schlatter 424
Schlögl - -
Schmid B. -
Schmid C. .
Schmidt C. -
327
424
428
416
208
441
440
219
532
410
424
433
205
203
219
111
215
109
v9
3il
428
415
424
441
451
328
841
439
304
216
442
Notizen aufgeführten Autoren.
447
Schmidt G. +» 104
Schmidt H. F. 424
Schmidt N » 8
Schmidt P. W. 207
422
Schmidt W.. 104
Schmiedel 206 439
Schmiedl . „. 31%
Schneider » . 378
Schnorr - . +» 86
Schorre - - 327
Schorstein » 91
Schuhmacher 883
Schulte . « . 421
Schulthess . 305
Schultz H. -» 427
Schultze E. » 305
Schultze V..- 19%
Schulz 208 309 328
Schur& .» » . 207
Schürer « 210 439
Schwartz E. 423
Schwartzkopff 104
Schwarz » + 201
Scotti» «e . « 302
Begond . . « 86(!)
Selbie - - »- 329
Sellst «- - 527 332
Selby - - 209 427
Seligsohn 90 94 321
Sell. . 84 207 4365
Sellin - « - « 99
Semeria + =»
Sense . - » « 212
Shaban - . »
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Shebbeare .
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Shilleto . 214
Sickenberger 206
Silbermann . 9
Sillevis Smit 321
Simpson +» . 214
Sinzer »- &1 302
Smith D. 333 424
432
Smith G. .o
Sıniıh H.
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Smith W. 199 2%
Snowden - »-
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Stanton - » 212
Staerk ...89
Steenkiste - 214
Steffens . « « 330
Steinführer » 309
Steinschneider 89
448 Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren.
Stephany-
Jürgensburg 110
Steuer - - » 112
Steuernagel «» 91
DNtevenson + 8)
Steward + «+ 99
Btewart » . 208
Stitt . .o*e 0. 38
Stober » « . 436
Stokoe . +85 204
Stone » » -
BStools » + . 105
Storck » R
Strack - - 204
Streatfeilld' - 89
Stretton . + 211
Ströter + . 218
BStubbs +» + « 209
Stutzenberger 90
Sulze » +» » . 204
Swete - . 209 315
Taaks- +«- .. 321
Tamilia » +» + 422
Tänzer - »- » 327
Taylor C. -
TaylorR.» « 97
Taylor S. « « 204
Taylor Th. » 204
Tennant . 8308
Terry . « »86 100
Thackeray «+ 93*
Thatches »- - 306
Theodor »- » 310
Thieme - „ » 10
Thimme -. 305
Thirtle »- » - 3323
Thompson J. 3:3
'ihompson R. 528
Thomsen . « 7
Thomson - »- 325
Thumb - ...$
Tiefenthal .» 335
Tiele 146 307 318
Todd « .»319 322
Tonetti x». 211
Torrey - . « 108
Trabaud - . 324
Traub: « » . 9
Trautzsch. - 217
Trench 208 211
Trönel - - 310
Trouillat :. » 427
Turner - 200 420
UÜbald d’Alencon
84
Ugolini »- +» + 314
Ulmer - «+ 100
Ungnad - «v1 312
Urquhart +86 309
Vacandard - 305
Valeton - - « 333
Van der Flier 96
Vautier - - - 307
Veeck : «+. 104
Veldhuizen »- 416
Venard - 199 433
Vernes - - - 30
Vetter 96 221 324
Vigouroux 85 88
3u2 421
Vincent - » « 322
Violet» » « ».85
Vischer . 220 441
Vogü& « . . 308
Volck - » . 89
Vollers » » - 91
Völter » « . 100
Volz 0.8
Vöomel . 202
Vooy8 ».. 85
Vorberg G. - 425
Vorberg M. » 425
Vrede » - - « 310
Wace« ., +.
Wachter . . 321
Wagner: +» »
Wahl... 0. 104
Waitz « » 221 417
Walker . 107 219
Waller - .- 304
Wartield 97 111212
Warring +» » 328
Warschauer 216
Watson »- » « 435
Weber A.» . 104
Weber F. - « 318
Weber W. . 219
Webster 108 423
Wegener : - 327
Weikert - 311 316
Weil » . .. 322
Weine » «96
Weinel - : - 426
Weifs B. 415 418
439
Weifs J. 81 198
214 415 44)
Weifs K. - - 216
Weifs M. - » 314
Weifsbrodt . 201
Welker - . » 104
Wellhausen 214
22 482
Wells» »- +» . 202
Wendland - 203
Wunte » ..» 697
Wernle 218 422 437
Wertheimer 310
Wessely - 204
Westphal - 97 319
Wetzel . « « 216
Weyl ee... 393
Whaling - « 89
Whuately . 423
White « 217 441
Whitelaw. « 095
Whittaker + 436
Whittley »- - 202
Whpyte - « «+ 217
Wiegand 218 434
Wiesinger . 20
Wildeboer 90 107
Wilkinuson 410
Willrich - » 298
Wılms - - 434
Wilson - 111 418
Winckler 8 100
107 321 327
Winkelmann 104
Wijostedt - - 315
Winter « « oc 83
Witte - . - 810
Witzmann » » 211
Woblenberg G.219
Druck von W. Drugulin in Leipzig.
Wohlenberg P. 217
Wood. ... 218
Worcester - 219
Wordsworth-
Sanday » - 20
Wrede - 215 454
Wright A. « 139
Wright G. 824 414
Wrirht T. » 209
Wünsche 90 95 1u8
110 200 203 310
312 314 423 426*
Wurm A.- +» 419
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Zehnpfund - 327
Zenos » - : »- 917
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naire) 437
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er-
scheinen und können durch alle Buchhandlungen bezogen werden:
Biblische Studien. Unter Mitwirkung von Prof. Dr W. Fell in Münster i. W.,
Prof. Dr J. Felten in Bonn, Prof. Dr @. Hoberg in Freiburg i. B., Prof.
Dr N. Peters in Paderborn, Prof. Dr A. Schäfer in Strafsburg, Prof. Dr
P. Vetter in Tübingen herausgegeben von Prof. Dr O. Bardenheiter in
München. gr. 8°
I. Band. (5 Hefte) (XLIV u. 606) AS 10.60
1. Hoft: Der Name Maria. Geschichte der Deutung desselben. Von Dr O. Barden-
hewer. (X u. 160) M 2.50
2. Heft: Das Alter des Menschengeschlechts nach der Heiligen Schrift, der Profan-
geschichte und der Vorgeschichte. Von Dr P. Schanz. (XlI u. 100) M 1.60
3. Heft: Die Selbstvertheidigung des heiligen Paulus im Galaterbriefe (1, 11 bis 2, 21).
Von Dr J. Belser. (VIII u. 150) M 3.—
4. u. 5. Heft: Die prophetische Inspiratiou. Biblisch-patristische Studie von Dr
F, Leitner. (XIV u. 196) M 3.50
Il. Rand. (4 Hefte) (XXXVI u 464) M 10.—
1. Heft: st Paulus und St Jacobus über die Rechtfertigung. Von Dr theol. B. Bart-
mann. (X u. 164) M 3.20
2. u. 3. Heft: Die Alexaudrinische Vebersetzung des Buches Daniel und ihr Ver-
hältnis zum Massorethischen Text. Von Dr Aug. Bludau. (XII u. 218) M 4.50
4. Heft: Die Metrik des Buches Job. Von Dr P. Vetter. (X u. 82) M 2.30
III. Band. (4 Hefte.) (XLII u. 476) M 12.50
l. an 5 Die Lage des Berges Sion. VonDr K. Rückert. Mit einem Plan. (VIII u. 104)
M 2.
2. Heft: Nochmals der biblische Schöpfungsbericht. Von Fr. v. Hummmelauer 8. J.
(X u. 132) M 2.80
3. Heft: Die sahidisch-koptische Tebersetzung des Buches Ecclesiastieus auf ihren
wahren Wert für die Textkritik untersucht von Dr X. Peters. (Xll u. 70) M 2.30
4. Heft: Der Prophet Amos nach dem Grundtexte erklärt von Dr K. Hartung.
(VIII u. 170) M 4.60
IV. Band. (4 Hefte) (XXXVII u. 522) M 12.—
1. Heft: Die Adventsperikopen exegetisch-homiletisch erklärt von Dr Paul Wilhelm
ton Keppler, Bischof von Rottenburg. Zweite, unveründerte Auflage. (VI u. 144)
M 2.40
2. u. 3. Heft: Die Propheten-Catenen nach römischen Handschriften. Von Dr
M. Faulhaber. (XVI u. 220) M 6.—
4. Hoft: Paulus und die Gemeinde von Korinth auf Grund der beiden Korinther-
briefe. Von Dr I. Rohr. (XVI u. 158) M 3.60
Y. Band. (5 Hefte) (XLVI u. 580) M 13.80
1. Heft: Streifzüge durch die biblische Flora. Von L. Fonck. (XIV u.168) M4.—
2. u. 3. Heft: Die Wiederherstellung des jüdischen Gemeiuwesens nach dem baby-
lonischen Exil. Von Dr Johann Nikel. (XVI u. 228) M 5.40
4. u. 5. Heft: Barhebräus und seine Scholien zur Heiligen Schrift. Von Dr Johann
Göttsberger. (XVI u. 184) M 440
VI. Band. (5 Hefte) (XXVIll u 540) M 12.—
1. u. 2. Heft: Vom Münchener Gelehrten-Kongresse. Biblische Vorträge heraus-
gegeben von Dr O. Bardenhewer. (VILI u. 200) Af 4.50
3. u. 4. Heft: Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische Geltung. Von
Dr theol. Caspar Julius. (XU u. 184) M 4—
5. Heft: Die Eschatologie des Buches Job. Unter Berücksichtigung der vorexi-
lischen Prophetie. Von Dr Jakob Royer. (VIII u. 156) 4 3.50
VII. Band. (5 Hefte) (XXVIU u. 570) M 12.20
1. bis 3. Heft: Abraham. Studien über die Anfänge des hebräischen Volkes von
Dr Paul Dornstetter. (Xll u. 280) M 6.—
4. Heft: Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypothesen der Bibelkritik
verteidigt von Dr Matthias Kohlhofer. (VIII u. 144) M 3.—
5. Heft: Die beiden ersten Erasmus-Ausgaben des Neuen Testaments und ihre
Gegner. Von Dr Aug. Bludau. (VIII u. 146) A 3.20
VI. Band. (4 Hefte) (XLIV u. 482) M 10.90
1. Heft: Die Irrlehrer im ersten Juohanneshrief. Von Dr Alois Wurm. (X11 u.160) M 3.50
2. Heft: Der Pharao des Auszuges. Eine exegetische Studie zu Exodus 1—15,
Von Dr Karl Miketta. (VIII u. 120) Af 2.60
3. Hoft: Die chronologischen Fragen in den Büchern Esra-Nelemia. Von Dr Joseph
Fischer. (X u. 98) A 2.40
4. Heft: Die Rriefe zu Beginn des zweiten Makkabäerbuches (1, 1 bis 2, 18). Von
Dr Heinrich Herkenne. (Vlll u. 104) M 2.40
IX. Band. (5 Hefte) (XXVIIL u. 586) AM 13.40
1. bis 3. Hoft: Das Buch Job. Als strophisches Kunstwerk nachgewiesen, übersetzt
und erklärt von Joseph Hontheim S. J. (VIIL u. 366) M 8.—
4. Heft: Exegetisches zur Inspirationsfrage. Mit besonderer Rücksicht auf das Alte
Testament. Von Franz von Hummelauer S. J. (X u. 130) M 3.—
5. Heft: Der zweite Brief des Apostelfürsten Petrus, geprüft auf seine Echtheit.
Von Dr theol. Aurl Henkel. (X u. %W) M 2.40
Werke von Prälat Dr Franz Kaulen.
In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau sind
erschienen und können durch alle Buchhandlungen bezogen werden:
Sprachliches Handbuch zur biblischen Vulgata. Eine
systematische Darstellung ihres lateinischen Sprachcharak-
ters, . Zweite, verbesserte Auflage. 8° (XVIu. 332)
M 3.40; geb. in Halbfranz M 4.60
Diese Schrift sucht gegenüber den unrichtigen Urteilen, welche noch immer über
Sprache und Charakter der Vulgata vorgebracht werden, ein Literaturwerk in Ehren
zu halten, welchem das gesamte Abendland einen grofsen Teil seiner Bildung’ ver-
dankt und an welchem die katholische Kirche als an einem Träger ihrer Tradition
unentwegt festhält.
Einleitung in die Heilige Schrift Alten und Neuen Testa-
ments. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von
Freiburg. Vierte, verbesserte Auflage. Drei Theile
oder ein Band. gr. 8° (XVIH u. 724) M 8.70; geb. in
Halbsaffian M 10.70
I. Theil. (VIu. 188) M 2.20 — II. Theil. (VIu. 264) M 3.20
— Il. Theil. (VI u. 272) M 8.30
(Gehört zu unserer „Theologischen Bibliothek*.)
: „Die Einleitung von Kaulen erschien in vierter Auflage, was deren Gediegenheit
und Brauchbarkeit zur Genüge beweist. Den Professoren der Exegese, den Theologie-
studierenden und selbst weiteren Kreisen leistet sie gute Dienste, und sie wird deshalb
in der Geschichte der Einleitungen in die Heilige Schrift immer eine ehrenvolle Stellung
einnehmen. ...* (Schweizerische Literarische Monats-Rundschau, Stans 1898, Nr 5.) '
„... Der rastlos tätige Verfasser verdient unsern innigsten Dank, unsere vollste
Anerkennung; sein in der neuen Ausstattung beifällig begrüfstes Werk wird sicher
auch fernerhin als ein vorzüglich geeignetes Mittel nicht nur zur Einführung in das
Bibelstudium, sondern auch zum wohltuenden Verständnisse des göttlichen Buches
hochgeschätzt und eifrigst benutzt werden.*
(Theolog.-prakt. Quartalschrift, Linz 100 8; Heft.)
Kurzes Biblisches Handbuch zum Gebrauche für Studie-
rende der Theologie. gr. 8
Erstes Bändchen: Kurze Einleitung in die Heilige Schrift des
Alten und des Neuen Testaments. Mit Approbation des hochw. Kapitels-
vicariats Freiburg. (X u. 152) M 1.80; geb. in Halbleinwand M 2.10
Zwei weitere Bändchen (Biblische Archäologie und Hermeneutik) sind in Vorbereitung.
„In 478 Paragraphen behandelt der Verfasser in möglichst knapper, leichtverständ-
licher Form die gesamten biblischen Schriften. Hierbei leitete ihn die Erkenntnis, dafs
beim Unterrichte im Bibelstudium ein Hindernis bereitet wird, wenn die Anfänger von
vornherein mit zu viel Lehrstoff aus den biblischen Wissenschaften bekannt gemacht
werden. Dieses kürzere Kompendium ist aber nicht nur für Studenten eine höchst will-
kommene Gabe, sondern auch für Gebildete, die sich mit dem Stande der Wissenschaft
vertraut machen wollen... .* (Katholische Schweizerbilätter, Luzern 1897, 4. Heft,)
Der biblische Schöpfungsbericht (Gen. 1, 1 bis 2, 3)
erklärt. 8° (IV u. 9) M1—
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