Skip to main content

Full text of "Biblische Zeitschrift Jahrgänge 1 & 2 (A.F.), Freiburg, 1903/1904"

See other formats


Google 


Über dieses Buch 


Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 


Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun Öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 


Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei — eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 


Nutzungsrichtlinien 


Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 


Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 


+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 


+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern dıe Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 


+ Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 


+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sıe sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 


Über Google Buchsuche 


Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen. 


Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books.google.comldurchsuchen. 


= * 

Ersrer 

Fe 0° z 
N +2 j 


u 
j errer 
\ Eh 37 
ar eV 


er" % 
arg 
a 


4 


» 

” 
a 
’. 
1ı 29 
ri 


Au 
R 


57T 


u. 
ee 


Er 


2 = 
.. ehr 
” et 2 
“74 r rd - 
une EneE 2 


en, 


. = ” nn; 
we . 
£) N 

.. 


ur 
‘ 
‘ 

j 

’ 


Fe en 
2.7 
GERT EEIESEFL IE 
u nn.r, »ar1r,%, eins 
’ Parnrsrnt a 


RR 
nt 


. Ouı 
en I 
“re. 
vers 
+ - 
any 
... 
1 


„. 


AHA; 


>> 
u) 
> 


“r PR 
. 
h % 


Peemans 
A 
+ 
arzT 
'w 
Ri 


f EEE 5 28 
ee DE ve} >», an 
r . uns; ® 


x 


7 


® »° - 
a = 5 
*2e7>342% Sr + 
“,% + N 


eh EAN: w 
x 
DR 
KANAREN 


u. Y 


De 
id 


» - 
ur . 


rer 


vers 
EI zz 


- ri jazefalı 


eh 


An 


} 


* w 1, 
RT 


[227 


” 
itgig- 


“* 
„ Fi wröühe 


#*i 

AR ”; 

a) 
sure, 
v. 
[} 

vr 


% 


# 
% 


u 
wer 
ar 

A 


BR as 
rir4TsTs 
asersrrtötsiene 
5 daher ste 22222 
2,2,5j5, > 2352 3 
ei starr} 3 7 


r 


"rs 


ERS 
GEIL IcH 


ru. 


a 


\ 
veuy 
%, 


PD 
75 


Pe 
re 
a 
ren 
Ye Gt 


N 


. vwoey 
ri 


+ 
% Ike, 


re 


r 
Ka 


w 


a. L 
’.. A \ ban6 
wen. 

ze. 


"» y 
ee 
zz 


air 
uw 
O4 


re s 
’v 
” 
1 
“ 


w 
vr 
ne 
ww. 
ve 
BR ch b 
’ a 
* 0 . 
uw a 


- wis 
a} 
u 


w 


ee 
Vverrr 
AAN j 
r 
zz 


vu 
wor une rm 


wi 
vr 
vrrture 


ee 
EI Tr 


We) 
vr 


er 
ha 
rg r -. iR 
BERNER 
re 
reg 


ns 
IK 1277 


u“ 
y 


ur. 
or 
vrrian 


I 


wr 
vr 


BAzEYE 


wer. 
Erin 
ker 
“ 


er ‘ 
w* 

wer 

re 


Dre 
m... 
. 


14% 
r» 


u 
u, 


try 


Bien 
rs 

derae,, 

bewmiegiurgn r 


in 
7 un 
Keys ; 
vw. 
een 
er 
Ne 
au 


. 
u} 
v 
El 
*% 


ui 
.. 
rn. 

Kr 
dei 


ur 


er 
‘ 
Ana 
Ar 


ar Seren 
Pan 


Ian 
an 


% 
ride 











Harvard Wnibergitp 


Librarp of the Dibinitn School 


Bought with money 
GIVEN BY 
THE SOCIETY 
FOR PROMOTING 


THEOLOGICAL EDUCATION 





Received! 7 u 708 -10 ee 190 
/ 


nun Fr NEBErR BURN 


_ m mn mn u nn on 


Digitized by Google 


Digitized by Google 


BIBLISCHE ZEITSCHRIFT. 


ERSTER JAHRGANG. 


BIBLISCHE ZEITSCHRIFT 


IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER 


„BIBLISCHEN STUDIEN“ 


HERAUSGEGEBEN VON 


Ds JOH. GÖTTSBERGER uno De J0S. SICKENBERGER 


PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN. 


ERSTER JAHRGANG. 


FREIBURG IM BREISGAU. 
HERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG. 


1903. 
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO. 





N; Js Pe en 2 


Alle Rechte vorbehalten. 


Inhalt des ersten Jahrgangs. 


Seite 
Zur Einführung. Von Antonius v. Henle, Bischof von Passau . . 1 
Die Grundsätze, Richtungen und Probleme der Exegese im 19. Jahr- 

hundert. Von Prof. Dr. Paul Schanz in Tübingen . . . . . 6 
Die Aufgaben der kExegese u der Von Prof. 

Dr. Nikel in Breslau. . . . a ee ee 8 S 
Salomons Tempelweihe. Von Fr. v. Hummelauer S. J.. . ....43 
Ekklesiastes und Ekklesiastikus.. Von Prof. Dr. Norbert Peters in 

Paderbom 4... 2:5 2 wi nel een 40129 


Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. Von Prof. 
Dr. Johannes Belser in Tübingen . . . 2. 2 2 2.2.2. 55 160 


Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. Von Prof. Dr. Val. Weber in Würzburg 64 


Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. Von Prof. 
Dr. M. Faulbaber in Strafsburg . . -. . 2 2.2... .151 246 351 


Textkritische Bemerkungen zum Apokalypsekommentar des Apringius. 
Von Prof. Dr. Carl Weyman in München . . . ..2...195 


Über griechische Evangelienkommentare. Von Prof. Dr. Joseph 
Sickenberger in München . . . 2 2. 2 2 22222. ...182 


Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 1. Die ursprüngliche Ge- 
stalt der Erzäblung. Von Dr. Otto Happel in Kitzingen . . . 225 


Über Nehemias und Esdras. 1. Nehemias; die Zeit seines Auftretens 
und seiner Person. Von Dr. Paul Riefsler in Blaubeuren. . . 232 


Miszelle zu Ekkle 3, 5. Von Prof. Dr. Norbert Peters in Paderborn 245 


Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung bis zur Ab- 
fassung des Galaterbriefes ah n. en Von Rektor a. D. 
Joseph Aberle in Breslau. . . nn. 26 372 


Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. Von Prof. 
Dr. Aug. Bludau in Münster i. W. . 2. 2 2 2 20202.0..280 378 


VI Inhalt des ersten Jahrgangs. 


Pasekstudien. Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philologie. 
1. Prinzipielles. Von Prof. Dr. Hubert Grimme in Freiburg i. Schw. 


Ararat und Urartu. Von Dr. Joh. Döller in Wien 


Besprechungen: 

Belser, Einleitung in das Neue Testament (J. Sickenberger) 
Zapletal, Der Schöpfungsbericht der Genesis (Happel) . 
Peters, Der jüngst wiederaufgefundene hebräische Text des 

Buches Eeclesiasticus (Schlögl) . . . : 2: 2 2 2 2 2 2. 
Knabenbauer, Commentarius in Ecclesiasticum (Schlögl) 
Karo-Lietzmann, Catenarum graecarum catalogus (Diekamp) 
Lagrange, Le Livre des Juges (Holzhey) ä 
Hummelauer, Commentarius in Librum Josue (Holzhey) . 


Bibliographische Notizen. 
A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift . 82 


B. Das Alte Testament . . 2 2 2 2 m 2 2 2020... 88 
C. Das Neue Testament . . . . 2 22200202 22.198 
Mitteilungen und Nachrichten . . . . 2. 2.2.2... 111 224 335 


Verzeichnis der Autoren, deren Werke in den Bibliographischen 
Notizen angezeigt wurden . 


337 
349 


79 
194 


197 
197 
303 
303 
408 


305 
310 
410 


437 


439 


Abkürzungen 


A. der biblischen Bücher. 


AT = Altes Testament; 


atl = alttostamentlich. 


Gn Ruth Jdt Weish (Sap) Dn Nah 
Ex Sm Est Sir (Eceli) Os Hab 
Lv Kg (Rp) Jb Is Joel Soph 
Nm Chr Ps Jr Am Agg 
Dt Esr Spr (Prv) Kigl (Thr) Abd Zach 
Jos Neh Prd (Eccle) Bar Jon Mal 
Richt (Tde) Tob Hl (Ct) Ez Mich Makk (Mach) 
NT = Neues Testament; ntl — neutestamentlich. 

Mt Apg (Act) Eph Tim Jak (Iac) 

Mk (Mc) Röm (Rom) Phil Tit Petr 

Lk (Le) Kor (Cor) Kol (Col) Phm Jo (lo) 

Jo (lo) Gal Thess Hebr Jud (lud) 


Offb (Apc) — Ev Evv — Evangelium, Evangelien, 


B. der Zeitschriften etc. 


AmJsemL — The American Journal of Semitic | REj — Revue des Etudes juives, 


Languages and Literatures. 
AmJTk = The American Journal ofTheology. 
Bs = Bibliotheca sacra. 
BSt = Biblische Studien. 
BStdt — The Bible Student, 
B# — The Biblical World. 
B2Z = Byzantinische Zeitschrift. 
Erp = The Expositor, 
ErpT := The Expository Times, 
69A = Göttingische gelehrte Anzeigen. 
Jas = Journal asiatique, 
JqR = Jewish quarterly Review. 
JthSt == The Journal of theological Studies. 
Kath = Katholik. 


MCWJ == Monatschrift für Geschichte und 
Wissenschaft des Judentums. 


NkZ = Neue kirchliche Zeitschrift. 

Oehr = Oriens christianus. 

OrLz = Orientalistische Literaturzeitung. 
PEF == Palestine Exploration Fund. 

PrM — Protestantische Monatshefte, 

PrthR -= The Princeton theological Review. 


PSbA — Proceedings of the Society of Bibli- 
cal Archeology. 


Rb -: Revue biblique. 


Verlagsort: B. -- Berlin. Ld. — London. Lp. 


Rsem — Revue semitique, 


RThPh -= La Revue de Theologie et de Phi- 
losophie. 


StKr = Theologische Studien und Kritiken. 
Str =- Studi religiosi. 

TALbl — Theologisches Literaturblatt. 
TALzt — Theologische Literaturzeitung. 
TARR — Theologische Revue, 

TOS = Theologische Quartalschrift, 

TU = Texte und Untersuchungen. 

VB - Vierteljahrsschrift für Bibelkunde. 
ZA = Zeitschrift für Assyriologie. 


ZatW = Zeitschrift für alttestamentliche 
Wissenschaft, 


ZdmG — Deitschrift der deutschen morgen- 
ländischen Gesellschaft. 


ZdPV — Zeitschrift des deutschen Palästina- 
Vereins. 

ZhB — Zeitschrift für hebräischo Biblio- 
graphie. 

ZkTh = Zeitschrift für katholische Theologie. 


ZntW — Zeitschrift für neutestamentliche 
Wissenschaft, 


ZTARK— Zeitschrift für Theologie und Kirche. 


ZwTh —= Zeitschrift für wissenschaftliche 
Theologie. 


— Leipzig. N. Y. = New York. P. = Paris, 


Digitized by Google 





er Dh. J08. SICKENBERGER 


A. 0. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT 


. -r 


r MÜNCHEN, 
ERSTES HEFT.  _ | 


nu.” 


FAMRGANG. FE 
| 
| 
| 
| 


IB: pG IM BREISGAU. | 
LE VERLAGSHANDLUNG. 


1903. 
” STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO. 


tin 


Digitized by Google 


Inhalt des ersten Heftes. 


Seite 


Zur Einführung. Von Antonius v. Henle, Bischof von Passau 1 


Die Grundsätze, Richtungen nnd Probleme der Exegese im 19. Jahr- 
hundert. Von Prof. Paul Schanz in Tübingen . . .. 6 


Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. T. Von Prof. 
Dr. Nikel in Breslau . onen 82 


Salomons Tempelweihe. Von Fr. vv. HummelauerS.J. . ...43 


Ekklesiastes und Ekklesiastikus. I. Von Prof. Dr. Norbert Peters 


ın Paderborn a, ee A 


Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. I. Von Prof. 
Johannes Belser in Tübingen . . nn nd 


Erklärung von 2 Kor 10, I- 6. Von Prof. Valentin Weber in 
Würzburg 00.000 64 


Besprechungen . 2.071) 
Bibliographische Notizen (Allgemeines. Literatur zum AT) . . 8 


Mitteilungen und Nachrichten . . . 2. 2020202020. 111 


Jährlich erscheinen 4 Hefte im Umfange von je etwa 6 Bogen gr 8° 
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.— 


Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak- 
tion (Prof. Dr. Joh. Göttsberger, Freising [Bayern], Domberg 958, für 
Altes Testament; Prof. Dr. Jos. Sieckenberger, München, Sternstr. 15, 
für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren Verfasser und 
Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher Anzeige und 
möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten Erschei- 
nungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen. 


Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem 
Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 J. Auf- 
träge an die HHerdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br 


Zur Einführung. 


ie verehrliche Redaktion der „Biblischen Zeitschrift“ hat 

mich dringend gebeten, ihr erstmaliges Erscheinen mit 
einigen Worten „zur Einführung“ zu begleiten. Ich war ob 
dieser Bitte etwas verlegen; denn mehr als zehn Jahre sind 
dahingegangen, seitdem ich meine letzte exegetische Abhand- 
lung geschrieben habe. Wie vieles ist auf dem Gebiete der 
Exegese inzwischen geschehen! Mufs ich nicht fürchten, mit 
meinen bescheidenen Worten etwas zu spät zu kommen? Doch 
die Wahrheit kommt niemals zu spät, und das Bekenntnis 
dieser Wahrheit mag allen denen willkommen sein, die mit 
mir einig sind, dals zum Bibelstudium auch etwas charis- 
matische Begabung gehört. Ich sage es offen heraus, und das 
ist mein Bekenntnis: das Bibelstudium verlangt den engsten 
Anschluls an die Kirche. Darum ist das schöne Wort in der 
„Ankündigung* der Zeitschrift, dals sie „sich voll und ganz 
auf den Standpunkt der katholischen Kirche stellen wolle, 
welche in den biblischen, in ihrem Kanon aufgezählten Schriften 
Gottes Wort an die Menschheit erblicke“, das Programm der 
katholischen Exegese immer gewesen. Wer die göttliche 
Inspiration der heiligen Schriften festhält und an eine Kirche 
glaubt, welche „die Säule und Grundfeste der Wahrheit ist“ 
(1 Tim 3, 15), der kann sich nicht selbst zum einzig kompe- 
tenten Interpreten der Schrift machen. Hier gilt vielmehr 
das Wort des Apostels: „Was Gottes ist, weils niemand aufser 
der Geist Gottes“ (1 Kor 2,11). Er allein, der Geist Gottes, 
ist der unfehlbare Interpret seiner eigenen Worte, und da 
dieser Geist in der Kirche sich offenbart und durch die Kirche 


in unser Bewulstsein tritt, so versteht es sich von selbst, dals 
Biblische Zeitschrift. I. 1. 1 


2 Zur Einführung. 


keine Auslegung der Schrift im Gegensatze zur kirchlichen 
Anschauung versucht und vertreten werden darf. 

Sage ich damit, dafs die Exegese rein traditionell sein 
soll? Nein; bei aller Pietät gegen die Tradition darf doch 
das fortschreitende Verhältnis in der Schrifterklärung nicht 
übersehen werden. Andernfalls könnte ja von einer wissen- 
schaftlichen Exegese keine Rede sein. 

Aber anderseits ist es auch nicht Aufgabe des Exegeten, 
neue Wahrheiten zu entdecken, sondern die alten Wahrheiten 
in immer helleres Licht zu bringen, das Dunkle zu klären, dem 
Unbestimmten eine bestimmte Form und Beziehung zu geben. 
Vinzenz von Lerin drückt das treffend so aus: Esto spiritualis 
tabernaculi Beseleel (Ex 31, 2), pretiosas divini dogmatis 
gemmas exsculpe, fideliter coapta, adorna sapienter, adice 
splendorem, gratiam, venustatem. Intellegetur, te exponente, 
illustrius, quod ante obscurius credebatur. Per te posteritas 
intellectum gratuletur, quod ante vetustas non intellectum 
venerabatur. Eadem tamen, quae didicisti, doce, ut cum dicas 
nove, non dicas noval. 

Auch ist in der Schrift manches blofs angedeutet, ist dort 
nur im Ansatze vorhanden, was, wie Eusebius? sagt, im Be- 
wulstsein der Kirche, oder wie Irenäus3 sıch ausdrückt, im 
Herzen der Kirche von Anfang an ruhte. Hier ist es die 
verdienstvolle Aufgabe des Exegeten, das Schriftgemälse der 
Kirchenlehre nachzuweisen. 

Endlich vergesse man nicht, dals nicht die Schrift das 
Ganze ist, sondern die apostolisch überlieferte Kirchenlehre. 
Sie ist unmittelbar aus dem Munde des Herrn hervorgegangen, 
folglich älter als die Schrift; sie lebt als unmittelbares 'Gottes- 
wort in der Kirche fort, geschützt und gehütet von jenem 
Geiste, der bei ihr verbleibt bis ans Ende der Zeiten. Dieser 
Geist ist es, welcher die Kirche alles lehrt und sie an alles 


ı Vincentius Lerinens, Commonitor. ed. Klöpfel, Viennae 1809, 
c. 27, p. 199. 

2 H. E. 5, 27. 

3 Adv. haer. 3, 3. 





Zur Einführung. 3 


erinnert, was Christus gesagt hat, während die Schrift von 
sich bekennt, dals sie nur einen kleinen Teil von dem ent- 
halte, was hätte geschrieben werden können (Jo 21, 25). 
Mithin kann die Auslegung der Schrift zunächst nur der 
Kirche, da das Ganze in seinen Teilen reflektiert, zukommen. 
Macht sie von diesem ihrem Vorrechte in autoritativer 
Weise Gebrauch, so weils jeder katholische Exeget, dals da- 
mit der Sinn einer Stelle für immer entschieden ist. Aber 
ein solches autoritatives Urteil liegt nur über die wenigsten 
Stellen vor, es bleibt somit der Exegese noch ein weites Feld 
freier wissenschaftlicher Forschung. Und an diese darf und 
soll der Exeget mit seinem ganzen wissenschaftlichen Apparate 
herantreten. Dieser Apparat hat in der neuesten Zeit eine 
wesentliche Bereicherung erfahren. Es genügt nicht, blols 
den Wortsinn und Gedankeninhalt eines Textes zu erläutern, 
vielmehr muls der Exeget diesem Inhalte auch geschichtlich, 
psychologisch und theologisch bis auf den Grund nachgehen. 
Die heutige Exegese verlangt von ihren Vertretern die Akribie 
eines Philologen, die besonnene Gewissenhaftigkeit eines Histo- 
rikers und die spekulative Kraft eines Dogmatikers. Nur in 
der Vereinigung dieser aulserordentlichen Gaben besteht die 
wissenschaftliche Exegese, und in ihrem engsten Anschlusse 
an die sententia communis der Väter und an das, was man 
das sentire cum ecclesia nennt, letzteres aber ohne engherzigen 
Anflug, die katholische Exegese. Damit ist zugleich ange- 
deutet, dafs die katholische Exegese diesen Namen vollauf 
verdient, auch wenn sie sich nicht unbedingt unter die 
Autorität der Väter stellt. Diese bedingungslose Autorität 
weisen die Väter selbst ab. Man vergleiche nur die Schrift 
des h. Augustinus gegen den Manichäer Faustusi, wo er 
so genau den Unterschied hervorhebt zwischen dem, was 
in seinen eigenen Schriften den Anspruch auf volle Zustimmung 
erhebt und was er dem freien Urteil der Leser anheimgibt, 
eine Konzession, die dann auch der hl. Thomas in seiner 


i August., Contra Faustum Manich. 11, 5 (ed. Parisiis 1683 VIII 22). 
1* 


4 Zur Einführung. 


Summa unter ausdrücklicher Berufung auf den hl. Augustinus 
verwertet. 1 

Es wäre auch eine vollständige Verkennung der Stellung 
und Bedeutung der heiligen Väter in der theologischen Wissen- 
schaft, würde man alle mit dem gleichen wissenschaftlichen 
Ansehen bekleiden oder auch allen ihren Aufserungen gleiches 
Gewicht beilegen. Sie waren Kinder ihrer Zeit, wie wir es 
sind, und teilten sich in deren Vorzüge und Schwächen. Sie 
litten an dem Mangel wissenschaftlicher Hilfsmittel und hatten 
an ihrer natürlichen Begabung ebenso unverrückbare Grenzen, 
wie wir sie haben. Unter hervorragenden Talenten begegnen 
uns eine Reihe von Mittelmälsigkeiten, welche auch durch 
den heiligsten Wandel oder durch das verehrungswürdigste 
Alter nicht aufgewogen werden. Kurz, wenn man von der 
Autorität der Väter spricht, so ist sie jedenfalls nur in dem 
Sinne zu nehmen, wie sie vom Konzil von Trient in dem 
Dekrete De sacris et canonicis Scripturis und vom Vaticanum 
(sess. 3, cap. 2 de Revelat.) verstanden wird. 

So möge denn die neue, vielversprechende Zeitschrift alles 
in sich vereinigen, was Wissenschaft und Kirche von ihr ver- 
langen! Die hervorragenden Kräfte, welche ihr ihre Mit- 
arbeiterschaft zugesagt haben, berechtigen uns zu den schönsten 
Hoffnungen, die gewils nicht getäuscht werden, wenn nur 
einigermalsen den besten Absichten auch der Erfolg ent- 
spricht. Ist es heute noch notwendig, die Wichtigkeit des 
Bibelstudiums besonders zu betonen? Vor dreilsig Jahren hat 
Professor Schegg wehmutsvoll der Zeit gedacht, wo unsere 
grolsen Exegeten noch die Schulen beherrschten; heute be- 
schleichen uns frohere Gefühle Es ist nicht zu leugnen, dafs 
auf dem Gebiete der biblischen Exegese eine rührigere Zeit 
angebrochen ist und dals die Pflege dieses ersten und wichtig- 
sten Zweiges der theologischen Wissenschaft in tüchtigen und 
bewährten Händen ruht. Was noch zu wünschen wäre, ist, 
dals auch das theologisch gebildete Publikum diesem Zweige 


ı P. 1l,qa1a8 


Zur Einführung. 5 


dasselbe Interesse und dieselbe Aufmerksamkeit entgegen- 
brächte, die es auf andere, vielleicht minder wichtige Dinge 
verwendet. Der Heilige Vater Papst Leo XIII. bezeichnet in 
seinem berühmten Rundschreiben „Providentissimus Deus“ vom 
18. November 1893 die Heilige Schrift als „Seele der gesamten 
Theologie“, und es ist sein „angelegentlichster Wunsch“, dafs 
„besonders jene, welche die göttliche Gnade zum geistlichen 
Stande berufen hat, von Tag zu Tag grölseren Eifer und 
Fleifs auf deren Lesung, Betrachtung und Erklärung ver- 
wenden“. 

Diese kompetenteste kirchliche Stimme deckt sich mit 
dem Wunsche aller, denen nicht blofs am Aufschwunge der 
biblischen Studien gelegen ist, sondern die ihr religiöses Be- 
dürfnis selbst am liebsten und intensivsten in der Beschäftigung 
mit der Heiligen Schrift, diesem Zentralfeuer unserer heiligen 
Religion, befriedigen. 


T Antonius, Bischof von Passau. 


Die Grundsätze, Richtungen und Probleme der 
Exegese im 19. Jahrhundert. 


Von Prof. Paul Schhanz in Tübingen. 


D* Lob des 19. Jahrhunderts ist um die Jahrhundert- 
wende in allen Tonarten gesungen worden. Eine Ver- 
gleichung des Kulturzustandes im Jahre 1900 mit dem des 
Jahres 1800 läflst in der Tat einen gewaltigen Unterschied 
und einen ungeahnten Fortschritt erkennen. Kunst und Wissen- 
schaft, Technik und Verkehr, Handel und Volkswirtschaft sind 
zu hoher Blüte entwickelt worden. Doch ist es nicht leicht, 
den charakteristischen Grundzug der ganzen Entwicklung 
kurz anzugeben. Die Urteile lauten sehr verschieden, wenn 
man die äulsere oder innere Kultur, die geistigen, religiösen 
und ethischen Fragen oder die rein empirischen und materiellen 
Bestrebungen, die philosophischen oder historischen und natur- 
wissenschaftlichen Forschungen und Leistungen in den Vorder- 
grund stellt. Man hat das 19. Jahrhundert das philosophische, 
historische, naturwissenschaftliche, materialistische, aber auch 
das religiöse Jahrhundert genannt. Es fehlt jedoch nicht an 
Stimmen, welche als Hauptmerkmal desselben die Säkularisation 
der Wissenschaft bezeichnen und es geradezu als antichrist- 
liches, ja als atheistisches Jahrhundert brandmarken. 

Die Theologie und besonders die Exegese blieb von diesen 
Einflüssen nicht unberührt. Dieselben zeigen sich sowohl in 
den Grundsätzen und Richtungen, von welchen die Exegese 
sich leiten liels, als in der Methode und in der Behandlung 
der einzelnen Probleme, welche in Angriff genommen wurden. 
Wie weit nach beiden Seiten ein Fortschritt anzuerkennen sei, 





Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 7 


wird je nach dem konfessionellen, theologischen und wissen- 
schaftlichen Standpunkt verschieden beantwortet werden. So 
allgemein zugegeben wird, dafs die Hilfsmittel für die Exegese 
sehr bedeutend vermehrt und vervollkommnet, der wissen- 
schaftliche Charakter strenger gewahrt und die Methode ge- 
nauer ausgebildet und besser gehandhabt wurden, so vielfach 
wird bedauert, dals die Exegese mehr und mehr ihres theo- 
logischen Charakters entkleidet, von der Dogmatik losgelöst 
und von den Grundsätzen der weltlichen Wissenschaften ab- 
hängig gemacht worden sei. 


I. 


Die Exegese ist keine voraussetzungslose Wissenschaft. 
Sie setzt die heiligen Schriften voraus, welche in der Kirche 
ein normatives Ansehen haben, sie fordert einen christlichen 
Geist und ein frommes Gemüt vom Exegeten, damit er die 
Worte und Gedanken des zum Gläubigen redenden göttlichen 
Geistes verstehen könne, und sie ist bedingt durch die Zu- 
gehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft, zur Kirche, in 
welcher derselbe Geist von Anfang an wirkte und noch wirkt, 
Auch die protestantische Exegese sucht den Zusammenhang 
mit der Kirche zu wahren, den bleibenden Ideen vor der Ge- 
schichte, der Dogmatik vor der Theologie den Vorzug zu geben. 
Gibt die Exegese diese Voraussetzung auf, so tauscht sie nur 
eine andere, weniger verlälsliche dafür ein. Sie wird abhängig 
von dem jeweiligen Stand der Wissenschaft, von der Meinung 
des Tages und von der herrschenden Weltanschauung, wie 
nacheinander der Rationalismus, der Historizismus, die Reli- 
gionsgeschichte und Religionsphilosophie und der Evolutionis- 
mus gezeigt haben. An Stelle der kirchlichen tritt die 
unkirchliche Auslegung, die Offenbarung wird durch die Ver- 
nunft verdrängt und die Religion ihrer belebenden und be- 
seligenden Kraft beraubt. Diese Grundsätze sind zu einem 
guten Teil im 19. Jahrhundert in der protestantischen Exegese 
zur Geltung gekommen und haben auch auf die katholische 
Eixegese eingewirkt. Zwar gibt es für diese bei der Frage 


8 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


nach dem Verhältnis der Schriftauslegung zur Dogmatik keine 
Scheidung der theologischen Richtungen wie in der evan- 
gelischen Theologie, weil sie prinzipiell in der kirchlichen 
Autorität und Tradition wurzelt, aber das Mafs der Berück- 
sichtigung der modernen Wissenschaften ist doch ziemlich 
verschieden. Wenn früher im Interesse des Traditionsprinzips 
das exklusive Schriftprinzip bekämpft werden mulfste, so ist 
es heutzutage vielmehr notwendig, die Angriffe auf die Schrift 
historisch und naturwissenschaftlich zu verteidigen, indem 
entweder die unrichtigen Voraussetzungen derselben nach- 
gewiesen oder die traditionelle Erklärung nach den Verhält- 
nissen der Entstehungszeit und nach der Gewohnheit der 
heiligen Schriftsteller näher bestimmt wird. 

Diese prinzipielle Aufgabe der Exegese ist durch den 
Fortschritt der Wissenschaft im 19. Jahrhundert in vielen 
Punkten erleichtert, in andern aber dadurch erschwert worden, 
dals die wissenschaftliche Methode genauer und strenger ge- 
worden ist. Der Deismus, Voltairianismus und die Aufklärung 
hatten es wohl bewirkt, dals am Ende des 18. Jahrhunderts 
der Glaube an die Offenbarung und Inspiration in weiten 
Kreisen geschwunden war. Der gewöhnliche Rationalismus 
konnte nichts Übernatürliches gelten lassen. Wunder und 
Weissagungen wurden durch die Akkommodation hinweginter- 
pretiert oder in trivialer Weise natürlich erklärt. Allein die 
Übertreibung der Verstandesabstraktion, die Vergewaltigung 
der Geschichte und die oberflächliche Behandlung der heiligen 
Schriften muisten mit der Zeit die besseren Geister abstolsen 
und die religiösen Gemüter verletzen. Ernster gestaltete sich 
der Kampf im 19. Jahrhundert, als sich eine tiefere Kenntnis 
der Geschichte und eine allseitigere Erforschung der Natur 
Bahn brach. 

Zur Überwindung des gemeinen Rationalismus haben 
Geschichte und Philosophie wesentlich beigetragen. Mit 
Herder, Kant und den Begründern der kritischen Geschichts- 
betrachtung (Niebuhr) einerseits und mit dem Fortschritt 
der philologischen Quellenkritik (Wolf) anderseits wurde die 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d., Exegese i. 19. Jahrh. 9 


geschichtliche Auffassung und Methode in die Exegese des 
Alten und Neuen Testaments eingeführt. Die von R. Simon 
angebahnte historisch-kritische, grammatisch-historische Be- 
handlung kam mehr und mehr zur Geltung, so dafs am Ende 
des Jahrhunderts selbst ein katholischer Exeget (Margival) 
eine begeisterte Studie für den Begründer der modernen Kritik 
veröffentlichte. Zwar sei sein Einfluls auf die spätere Exegese 
ein isolierter, kein direkter, und sei die deutsch-rationalistische 
Exegese (Liessing, Strauls, Renan) nicht von ihm beeinflulst, 
denn sie sei metaphysisch, dagegen sei dies bei Astruc, Ernesti 
und der gegenwärtigen historischen Kritik desto mehr der Fall. 
Drei Punkte seien zu beachten: 1. die Heilige Schrift ist nach 
Art der orientalischen kompilatorischen Schriftstellerei zu be- 
urteilen; 2. die Exegese ist eine selbständige, nicht eine dog- 
matische, theologische, theoretische, 3. eine historisch-kritische 
Disziplin, kann aber doch den katholischen Charakter wahren. 

Indem mit der modernen Kritik die sogenannte höhere 
Kritik verbunden wurde, war das Ziel auf Herstellung einer 
geschichtlichen Erkenntnis der atl Religion und des Urchristen- 
tums gerichtet. Anfangs wirkte namentlich die Hegelsche 
Religionsphilosophie mit, welche die geschichtliche Entwick- 
lung mit der logischen identifizierte und alle Religionen, 
auch die israelitische und christliche nicht ausgenommen, 
als Entwicklungsstadien des absoluten Gedankens auffalste. 
Dieser philosophische Intellektualismus hat die Auflösung der 
Geschichte und die Beseitigung des Offenbarungscharakters 
der Heiligen Schrift mächtig gefördert (Vatke, Kuenen, Baur), 
wenn auch die christliche Religion als das höchste Stadium 
der Entwicklung der absoluten religiösen Idee betrachtet wurde. 
Der Hauptvertreter der Mythenhypothese, D. Strauls, hat 
gerade die Verflüchtigung des Erzählungsstoffes als Fortschritt 
über den Rationalismus hinaus bezeichnet, Br. Bauer hat 
die absichtliche Dichtung und Fälschung zum Erklärungs- 
prinzip erhoben, und die Tübinger Tendenzkritik hat nach 
Hegelschen Ideen die Geschichte des Urchristentums kon- 
struiert und die Schriften des NT als Parteischriften im 


10 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


Kampf des jüdischen und paulinischen Christentums bis zur 
Entstehung der katholischen Kirche zu bestimmen gesucht. 
Im weiteren Verlauf wurden nicht nur die Patriarchen, Moses 
und andere Träger der Offenbarung in mythische Nebel ein- 
gehüllt, sondern selbst Christus als blofses Ideal der Mensch- 
heit dargestellt. 

Das fortschreitende Studium der alten semitischen und 
indo-europäischen Religionen, besonders die Forschungen 
auf dem Gebiete der assyrischen, chaldäischen, ägyptischen, 
persischen, chinesischen Sprachen und Religionen haben nicht 
nur das philologische Verständnis der heiligen Schriften mächtig 
gefördert, sondern auch zur besseren Kenntnis der heiligen 
Geschichte, welche mit der Geschichte der grolsen alten Welt- 
reiche so eng verbunden ist, vieles beigetragen. Nicht weniger 
wurde die Zeitgeschichte Christi zum Gegenstand eifriger 
Nachforschungen gemacht. Indem einerseits die jüdische Ge- 
schichte und die spätjüdische Literatur, welche noch in die 
Zeit des Christentums hereinragt, genauer untersucht, ander- 
seits die religiösen, philosophischen, sittlichen und sozialen 
Zustände des römisch-griechischen Weltreichs sorgfältiger dar- 
gestellt wurden, wurden die Faktoren besser bekannt, welche 
menschlicherseits mitzuwirken hatten, damit das übernatürliche 
Prinzip des Christentums als ein neuer Sauerteig alle Ver- 
hältnisse durchdringe. Trotz aller Förderung haben aber auch 
diese Errungenschaften dazu beitragen müssen, den übernatür- 
lichen Charakter der heiligen Schriften zu bestreiten. Die 
Religionsgeschichte legte es nahe, die heiligen Bücher der 
Juden auf gleiche Stufe mit den kanonischen Schriften heid- 
nischer Religionen zu stellen und die Mytlenbildung an den 
Anfang derselben zu setzen, wie dies neuestens wieder in 
„Babel und Bibel“ (Delitzsch) gegenüber von „Bibel und 
Babel“ (König) zum Ausdruck gekommen ist. 

In der Geschichte des Urchristentums machten sich 
ähnliche Bestrebungen geltend. Man wollte zwischen der 
Religion Jesu und der Religion des Paulus unterscheiden, 
jene als eine Vervollkommnung der israelitischen Religion er- 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 11 


klären, wobei man das messianische Selbstbewulstsein Jesu 
zum Mittelpunkt machte, diese als theologische Spekulation 
auf Grund rabbinischer Gelehrsamkeit und profaner Einflüsse 
bestimmen und zum Ausgangspunkt der unter der Einwirkung 
der griechisch-römischen Wissenschaft sich entwickelnden 
Dogmenbildung machen. Bei einzelnen Schriften des NT 
(Apk, Jak) wie bei einzelnen Teilen (Eschatologie) will man 
unmittelbare jüdische Quellen annehmen, bei andern (Kind- 
heitsgeschichte, Auferstehungsgeschichte) gar zu den Legenden 
und Lehren des Buddhismus zurückgreifen. Es ist begreiflich, 
dafs dadurch die „Zuversicht zu der Einheitlichkeit der ntl, 
geschweige der biblischen Anschauung gründlich erschüttert 
ist und mit der Bestreitung der selbständigen Neuheit für viele 
auch ihr Offenbarungswert dahinfällt“. 

Endlich kommt noch ein weiterer Umstand hinzu, der 
eigentlich früher als die genannten Bestrebungen sich be- 
merklich machte, aber erst im 19. Jahrhundert durch die 
grolsen Fortschritte der Naturwissenschaften einen mals- 
gebenden Einfluls gewann. Die Astronomie hatte den ersten 
grolsen Konflikt mit der biblischen Weltanschauung hervor- 
gerufen. Derselbe endigte vorläufig damit, dals die traditionelle 
Erklärung der Stellen über das Weltsystem aufrecht erhalten 
und das neue Weltsystem verurteilt wurde. Da unterdessen 
die astronomischen Beweise für letzteres sich häuften, ver- 
schwanden die betreffenden Schriften im 19. Jahrhundert vom 
Index und wurde die Erklärung der heiligen Schriften nach 
der neuen Weltanschauung freigegeben. Die neuen Disziplinen 
der Geologie und Paläontologie, der Geographie und Anthro- 
pologie, der Spektralanalyse und Himmelsphotographie haben 
unerwartete Aufschlüsse über den Bau des gewaltigen Uni- 
versums und über die Geschichte des Himmels und der Erde 
und ihrer Bewohner gegeben, wodurch die Erzählungen der 
Heiligen Schrift über das Sechstagewerk, die Sintflut, die Ab- 
stammung der Völker, das Alter des Menschengeschlechts in 
ein neues Licht gestellt und die ganze Anschauung über das 
Universum verändert wurden. Die Entwicklung blieb nicht 


12 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


mehr beim Menschengeschlecht stehen, sondern dehnte sich 
unter Kantschen und Darwinschen Prinzipien auf das ganze 
Weltall, auf die gesamte Flora und Fauna aus, so dals nur 
noch die Entwicklung, das Werden, die Energie zu gelten 
scheinen. 

Die Exegese hat sich anfangs ablehnend gegen diese 
Folgerungen verhalten, aber doch Schritt für Schritt mehr 
Entgegenkommen gezeigt. Die protestantische Exegese ging 
hierin in viel schnellerem Tempo als die katholische, indem 
sie den religiösen Inhalt, der subjektiv bestimmt wird, vom 
historischen und naturwissenschaftlichen strenger unterscheidet 
und nur für jenen die Inspiration und Irrtumslosigkeit auf- 
recht erhält. Ja selbst dies wird von zahlreichen protestan- 
tischen Exegeten nicht mehr festgehalten, die Inspiration wird 
überhaupt ignoriert oder geleugnet und die äulsere Offenbarung 
aufgegeben. Die wissenschaftliche Arbeit der evangelischen 
deutschen Theologie, welcher die englische und amerikanische 
bald nachfolgte, konzentrierte sich darauf, das geschichtliche 
Verständnis der israelitischen Religion und des Urchristentums 
zu gewinnen und die Exegese zu einer historischen Disziplin 
zu machen. Diese Auffassung, welche in den biblischen 
Schriften nur Quellen für die Erforschung der Vergangenheit 
sieht, führt unaufhaltsam zur Auflösung der selbständigen 
Disziplin der biblischen Theologie und zur Einreihung der 
heiligen Schriften in die allgemeine Literaturgeschichte, wie 
es für das NT auch bereits vorgeschlagen wurde (Ritschl, 
Krüger). 

Die katholische Exegese hat stets die übernatürliche 
Offenbarung und die Inspiration der Heiligen Schrift festgehalten, 
aber nie der extremen Verbalinspiration gehuldigt (Dausch). 
Deshalb konnte sie auch im 19. Jahrhundert leichter ohne 
Preisgabe ihres Standpunktes die modernen Errungenschaften 
für die Methode und die sachliche Erklärung verwenden. 
Immerhin waren die Grenzen nicht so leicht zu bestimmen, 
weshalb schon im Anfang des Jahrhunderts Schriften von 
Jahn und Arigler und später solche von Lenormant und andern, 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i.19. Jahrh. 13 


welche der Mythologie oder der Entwicklungsgeschichte zu 
grolise Zugeständnisse machten, kirchlich zensuriert wurden. 
Sind damit die Ausschreitungen abgewiesen, so bleibt doch 
der berechtigte Einfluls der Geschichte und Naturwissenschaft 
auf die Exegese bestehen. Es sind nur mehr wenige Exegeten, 
welche die alte traditionelle Methode durchaus festhalten wollen 
und keine höheren Autoritäten als Thomas und C. a Lapide 
kennen. Die meisten anerkennen zwar durchaus die Bedeutung 
der dogmatischen Methode für das wahre Verständnis der 
Heiligen Schrift und wollen die Exegese nicht in der Geschichte, 
Polemik und Kontroverse aufgehen lassen, aber sie können 
sich doch nicht der Notwendigkeit einer ausgiebigen Rücksicht 
auf die heutige Wissenschaft verschliefsen. Die einfache Ab- 
lehnung hat zu keinem Ziele geführt, die Harmonisierungs- und 
Konkordanzversuche haben auf die Dauer auch nicht befriedigt. 
Daher blieb nur übrig, nach einem schon von Hieronymus 
betonten Grundsatz die heiligen Schriften aus der Zeit ihrer 
Entstehung und den Anschauungen ihrer Verfasser zu erklären. 
Dadurch wird man nicht gezwungen, die moderne Wissenschaft 
in die heiligen Schriften hineinzutragen, und kann doch diese 
neben der Inspiration gelten lassen. Dafs sich bei der Aus- 
führung dieser Grundsätze viele Schwierigkeiten einstellen, 
erklärt sich aus den Gegensätzen, welche am Grenzgebiet von 
Natur und Offenbarung am schärfsten hervortreten, und aus 
der Tatsache, dafs die Offenbarung, obwohl sie nur religiöse 
Zwecke verfolgt, doch die natürlichen Wahrheiten berücksich- 
tigen mufste, und dals die übernatürlichen Wahrheiten in die 
Formen des menschlichen Denkens und Sprechens eingekleidet 
wurden. Da die Synode von Trient die Sachen des Glaubens 
und der Sitten ausdrücklich und wiederholt unterscheidet, so 
lag es unter solchen Umständen besonders nahe, die Inspiration 
auf diese zu beschränken (Newman) oder wenigstens Grade 
derselben zu unterscheiden. Dies wurde namentlich in England 
und Frankreich in immer weiterem Umfang versucht und gab 
deshalb Veranlassung für das kirchliche Lehramt, sich über 
die katholischen Grundsätze der Exegese auszusprechen. 


14 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d, Exegese i. 19. Jahrh. 


Das Vaticanum hat die Beschlüsse des Tridentinums 
über Schrift und Tradition wiederholt. Aufserdem wehrt es 
aber einige falsche Auffassungen derselben ab, so die Ansicht, 
als ob ein Buch durch nachträgliche Approbation der Kirche 
für kanonisch erklärt werden oder als ob die Irrtumslosigkeit 
allein ohne positiven göttlichen Einfluls für ein hinreichendes 
Merkmal der Kanonizität gelten könrte. Ebenso wiederholte 
das Vaticanum das Dekret über die Erklärung der Heiligen 
Schrift, um den nicht blofs disziplinären, sondern dogmatischen 
Charakter desselben hervorzuheben, und fügt die übrigens 
schon im tridentinischen Glaubensbekenntnis gegebene positive 
Vorschrift hinzu, dafs der kirchliche Sinn für den wahren 
anzunehmen und festzuhalten sei. Die Verbindung dieser Be- 
stimmung mit der einmütigen Übereinstimmung der Väter 
verursachte grolse Schwierigkeiten, und der Redner erklärte 
selbst, dafs die Glaubensdeputation nur mangels eines besseren 
Rates die vorgeschlagene und angenommene Form gewählt habe. 

Ohne auf die Frage einzugehen, ob das Vaticanum durch 
genauere Feststellung der kirchlichen Normen und des obersten 
Lehramtes die Freiheit der theologischen Wissenschaft ein- 
engen oder fördern wollte, können wir die Tatsache konstatieren, 
dals die Exegese, besonders in Frankreich, sich bald in freieren 
Bahnen bewegte. Viele glaubten, dals in der möglichst aus- 
giebigen Verwendung der Errungenschaften und Hypothesen 
der modernen Wissenschaften das beste Mittel zur Über- 
windung des Unglaubens bestehe (Motais, Msgr d’Hulst, Loisy). 
Eine Folge davon war die Enzyklika „Providentissimus“ vom 
18. November 1893 über das Studium der Heiligen Schrift. In 
dieser wird das exegetische Studium angelegentlich empfohlen 
und die Grundsätze gegenüber den neuen Bestrebungen fest- 
gestellt. Die veränderte Lage im 19. Jahrhundert kommt 
darin scharf zum Ausdruck. Früher hatte man zu kämpfen 
gegen solche, welche die göttlichen Überlieferungen und das 
Lehramt der Kirche verwarfen, um in der Heiligen Schrift die 
einzige Quelle der Offenbarung und den höclısten Richter des 
Glaubens festzustellen; heute aber geht der Kampf gegen die 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19.Jahrh. 15 


Rationalisten, die Söhne und Erben der andern, die, gleich- 
falls auf ihr eigenes Urteil gestützt, diese Reste des christ- 
lichen Glaubens gänzlich von sich geworfen haben. Sie leugnen 
die Offenbarung und die Inspiration der Heiligen Schrift und 
wollen sie nur als Erzeugnisse des Menschengeistes und als Er- 
dichtungen gelten lassen. Diese Ansichten seien weit ver- 
breitet, nicht nur unter den Theologen und Gelehrten, sondern 
auch unter dem Volke. 

Während man in Sachen des Glaubens und der Sitten 
den Vätern, die hierin einstimmig seien, folgen müsse, dürfe 
man in andern Dingen von ihnen abweichen, doch sei nach 
dem Rate des hl. Augustinus am Wortsinne festzuhalten, wenn 
nicht die Vernunft es verbiete oder die Notwendigkeit ihn 
preiszugeben zwinge. Diese Regel sei um so mehr zu befolgen, 
als bei der gegenwärtigen Neuerungssucht und Freiheit der 
Meinungen die Gefahr des Irrtums nahe liege. Dabei soll 
man die Geschichte der Exegese wohl berücksichtigen, denn 
es sei ungeziemend, dals man mit Verkennung und Milsachtung 
der vortrefflichen und zahlreichen Werke, welche unsere Exe- 
geten hinterlassen haben, die Bücher der Andersgläubigen 
bevorzuge und bei ihnen mit augenscheinlicher Gefahr für die 
gesunde Lehre und nicht selten zur Schädigung des Glaubens 
die Erklärung der Stellen suche, auf welche die Katholiken 
schon längst ihren Scharfsinn und ihre Bemühungen mit dem 
besten Erfolg verwendet haben. 

Dies schlielst nicht aus, dals der Exeget in der Abwehr 
der feindlichen Angriffe sich der Mittel der Gegner bediene. 
Er soll angetan sein mit der Waffenrüstung Gottes, aber er 
soll auch mit den neuen Waffen und Kampfesarten der Feinde 
vertraut sein. Solche Mittel zur Verteidigung sind: 1. das 
Studium der orientalischen Sprachen und der sogenannten 
Kritik. Die Lehrer der Heiligen Schrift müssen die Sprachen 
verstehen, in welchen die heiligen Bücher geschrieben sind, 
besonders die semitischen. Es sei aber verkehrt, dafs man 
unter dem Ehrennamen „höhere Kritik“ ein künstliches Ver- 
fahren eingeführt habe, nach welchem das Urteil über den 


16 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


Ursprung, die Unverfälschtheit und das Ansehen eines Buches 
aus blos inneren Gründen, wie man sagt, geschöpft werden 
soll. Vielmehr müssen in diesen historischen Fragen vor allem 
die Zeugnisse der Geschichte gelten; sonst werde der Sub- 
jektivismus den Ausschlag geben, wie es die Mannigfaltigkeit 
der Meinungen und die Verschiedenheit der Auffassungen 
bereits zeigen. Weil ferner die meisten von den Jıehrsätzen 
der Philosophie und des Rationalismus angesteckt sind, so 
werden sie sich nicht scheuen, aus den heiligen Büchern die 
Weissagungen und Wunder und alles Übernatürliche zu be- 
seitigen. 

Das zweite Mittel ist das Studium der physikalischen 
Wissenschaften, denn diese Leute durchspähen unter Mils- 
brauch ihrer Kenntnisse in der physikalischen Wissenschaft 
die heiligen Bücher nach allen Richtungen, um den Verfassern 
Unwissenheit in solchen Dingen vorzuwerfen und die Schriften 
selbst zu tadeln. Da diese Verdächtigungen sinnenfällige 
Dinge betreffen, so werden sie desto gefährlicher, wenn sie 
zur Kenntnis des Volkes und besonders der studierenden 
Jugend gelangen. Es ist ja allzu bekannt, dafs die Natur- 
wissenschaften die Grundlehren der gesunden Philosophie aus- 
rotten und die Sitten verderben, falls sie auf verkehrte Art 
in die zarten Gemüter eingesenkt werden. Dagegen besteht 
kein Widerspruch zwischen Theologen und Naturforschern, 
wenn nur beide sich auf ihr Grenzgebiet beschränken. Der 
Geist Gottes wollte über die Dinge, welche nicht zum Heil 
nützen, keine Offenbarung geben, die Schriftsteller bedienten 
sich der Volkssprache und die Väter huldigten den Anschau- 
ungen ihrer Zeit. Die Resultate der Naturforschung sind nicht 
immer sicher. Diese Prinzipien können nach Belieben auf 
verwandte Wissenszweige, besonders auf die Geschichte an- 
gewendet werden. Denn es ist beklagenswert, dals viele eifrige 
Altertumsforscher darauf ausgehen, einen Makel des Irrtums 
in den heiligen Büchern zu entdecken und dadurch deren An- 
sehen in jeder Richtung zu schwächen und zu erschüttern. 
Zwar können die Kopisten manchen Verstols begangen haben 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese ii. 19. Jahrh. 17 


und kann der echte Sinn zweifelhaft bleiben, aber das eine 
ist zu erweisen, das andere nach den guten Regeln der Exegese 
zu lösen. 

In keinem Falle geht es an, die Inspiration nur auf einige 
Teile der Heiligen Schrift zu beschränken oder zuzugeben, dals 
der Verfasser selbst geirrt habe. Man darf auch nicht die 
Inspiration auf die Gegenstände des Glaubens und der Sitten 
beschränken, indem man glaubt, es sei nicht so sehr zu er- 
forschen, was Gott gesagt habe, als vielmehr zu erwägen, warum 
er es gesagt habe. Denn die Bücher allesamt und vollständig 
mit allen ihren Teilen sind unter Eingebung des Heiligen 
Geistes verfalst. - Jeder Irrtum ist damit ausgeschlossen. 

Laien, welche in diesen Wissenschaften hervorragen, sind 
für die Verteidigung sehr willkommen. „Es ist nichts mehr 
im stande, dem Volk Hochachtung vor der Wahrheit einzu- 
fiöfsen, als wenn sich mit aller Offenheit Männer zu ihr be- 
kennen, die sich in einem berühmten F'ache glänzend hervortun.“ 
Auch dem Gegner wird dadurch Anerkennung und Hochachtung 
abgenötigt. Diese Gelehrten haben sich aber an die dar- 
gelegten Grundsätze zu halten und sich bei einem Widerspruch 
nicht zu sträuben, die Untersuchung von vorne anzufangen; denn 
wie viele Exegesen in diesen Dingen später verbessert worden 
sind, so sind auch viele Einwendungen gegen die Heilige 
Schrift als nichtig nachgewiesen und fallen gelassen worden. 

Die Absicht der Enzyklika war zweifellos, die Exegese 
an die katholischen Grundsätze zu erinnern, und sie ist auch 
einzelnen (Loisy) fühlbar geworden. Aber anderseits hat 
Leo XII. doch die Fortschritte und Vorteile anerkannt, 
welche die wissenschaftliche Exegese aus den reichen Hilfs- 
mitteln und Leistungen der modernen Wissenschaft gewonnen 
hat. Indem man nun alte und neue Geschichtsauffassung und 
Naturbetrachtung genauer unterschied, populäre und technische 
Sprache und Darstellung besser verglich, kam man zu der 
Überzeugung, dals das Altertum weit entfernt war von der 
Kritik der heutigen Wissenschaft in der Beurteilung und Be- 
nutzung der Quellen und in der Rücksicht auf u: 


Biblische Zeitschrift. L 1. 


18 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


und Zeitverhältnisse und Genauigkeit des Details. Die populäre 
Sprache liebt es im Morgenlande, figürliche Redeweisen aller 
Art, Metaphern, Hyperbeln, rhetorische Amplifikationen, poe- 
tische Einkleidungen, Allegorien, Parabeln anzuwenden. Wer 
diese Regeln nicht beachtet, kommt leicht zu der Meinung, 
dafs Irrtümer vorliegen, aber es sind seine Irrtümer, nicht die 
des Schriftstellers. Es hat also wohl seine Berechtigung, wenn 
Hogan (1898) und sein Übersetzer Boudinhon (1901) sagen, durch 
die Enzyklika seien vielmehr die katholischen Exegeten zum 
Fortschreiten in der eingeschlagenen Bahn ermutigt worden. 
Doch wollen wir auf die Kontroversen hierüber (Schöpfer, 
Kaulen, Nisius, Egger, Höpfi, Broglie, Lagrange, Loisy, Holzhey 
u. a.) nicht näher eingehen. 

Dals sich diese Erscheinungen vorwiegend in Amerika und 
Frankreich zeigten, beweisen die Enzykliken vom 22. Januar 1899 
gegen den Amerikanismus und vom 8. September 1899 an den 
französischen Episkopat und Klerus. In der letzteren, fran- 
zösisch geschriebenen werden die Professoren der Exegese 
aufgefordert, ihre Zuhörer besonders zu warnen vor jenen 
beunruhigenden Bestrebungen, die sich in der Auslegung der 
Bibel einzuschleichen drohen und, wenn sie die Herrschaft 
bekämen, deren Inspiration und übernatürlichen Charakter 
zunichte machen würden. Unter dem täuschenden Vorwande, 
den Gegnern des geoffenbarten Wortes den Gebrauch von 
Argumenten gegen die Echtheit und Wahrhaftigkeit der heiligen 
Bücher (Pentateuch?) zu entreilsen, die unwiderstehlich scheinen, 
haben es katholische Schriftsteller für ein geschicktes Ver- 
fahren gehalten, diese Argumente sich zu nutze zu machen. 
Kraft dieser seltsamen und gefährlichen Taktik haben sie mit 
eigenen Händen daran gearbeitet, Breschen in die Mauern 
der Stadt, die zu verteidigen ihre Aufgabe sei, zu legen. 
Nicht undeutlich wird auf den protestantischen Einfluls von 
jenseits des Rheins hingewiesen (vgl. Fontaine, Les infiltrations 
protestantes et le clerge francais, 1901). 

Endlich seien noch zwei Kundgebungen katholischer 
Kirchenfürsten über die Grundsätze, welche die moderne 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 19 


Exegese leiten sollen, erwähnt. Die eine stammt von Kardinal 
Gonzalez, Erzbischof von Toledo, und ist aus dessen Schrift 
über Bibel und Wissenschaft auch in die Einleitung der Revue 
biblique (1892) übergegangen; die andere kommt von Mignot, 
Erzbischof von Albi!. Dieser hat in der Vorrede zu der genannten 
Übersetzung von Hogans Schrift eine begeisterte Lobrede auf 
die neue Exegese geschrieben und in einer Eröffnungsrede 
der katholischen Universität Toulouse am 13. November 1901 
die allgemeinen Grundsätze dargelegt und dafür selbst in 
Deutschland ein Echo gefunden (Eucken). Er hat auch in 
Rom Interesse dafür zu erwecken gesucht. Dafs man sich 
der Bedeutung der Sache bewulst ist, zeigt weniger die Kon- 
gregationsentscheidung über das Comma lohanneum, als die 
neueste Nachricht, dals eine eigene Bibelkommission eingesetzt 
worden sei. Als Mitglieder derselben werden genannt: Kardinal 
Parocchi, Vizekanzler der heiligen römischen Kirche, Präsident; 
die Kardinäle Segna und Vives, Assessoren; P. David Fleming, 
Generalvikar des Ordens der minderen Brüder, Sekretär und 
Konsultor. Weitere Konsultoren sind: Hoonacker, Professor 
an der Universität Löwen; Grannan, Professor an der Uni- 
versität Washington; Fracassini, Professor am erzbischöflichen 
Seminar zu Perugia; Jorio, Professor am erzbischöflichen 
Seminar zu Valencia; P. Esser O. Pr., Sekretär der Kongre- 
gation des Index; Vigouroux, Professor am Institut catlıolique 


ı Die mir nicht zugängliche Schrift: Houtin, La Question biblique 
chez les Catholiques de France au XIXe siecle, Paris 1902, findet erst im 
Auftreten Renans einen Sporn zu exegetischer Arbeit. Es gebe jetzt 
drei biblische Schulen, eine ultratraditionelle, konservative und fort- 
schrittliche. Die Hauptfragen seien: Wesen und Ausdehnung der In- 
spiration, mosaische Authentizität des Pentateuch, geschichtlicher Wert 
der ersten Kapitel der Genesis, manchmal auch Wesen und geschicht- 
liche Bedeutung der messianischen Weissagungen. Der Verfasser selbst 
neigt zur fortschrittlichen Richtung, meint aber, dieselbe sei jetzt in 
der Apologetik zum Stillschweigen gebracht und nur dem unterrichteten 
Teil des Klerus bekannt. Der Pfarrklerus lebe in Ruhe mit dem, was 
das Lehrbuch von Vigouroux biete. Doch hofft er mit dem Erzbischof 
von Albi von der Zukunft für die biblische Kritik (L’Univ. cath. 
15 Juin 1902, 312). 

2r 


20 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


zu Paris; P. v. Hummelauer aus der Gesellschaft Jesu, Holland; 
P. Gismondi S. J., Professor an der gregorianischen Universität 
in Rom; P. Ambr. Amellı O.S. B., Prior von Monte Cassino; 
Abb6 Clarte, Weltpriester der Erzdiözese Westminster, und 
Abb& Pohl, Weltpriester der Diözese Roermonde in Holland. 


U. 


Es kann nicht unsere Aufgabe sein, die einzelnen Leistungen 
und Probleme ausführlich zu besprechen oder eine Übersicht 
über die zahlreiche Literatur zu geben. Vielmehr müssen 
wir uns begnügen, auf die wichtigsten Gegenstände hinzu- 
weisen. Wir wollen kurz die Sorge um einen sichern Text 
und um philologische Hilfsmittel, die Hexateuchkritik, die 
johanneische und synoptische Frage und die Kritik der pau- 
linischen Briefe besprechen. Dabei wird von selbst ersichtlich, 
wie sich die moderne Methode und Anordnung von der alten 
unterscheidet. 

Cornely bemerkt in seiner Einleitung (I 726): „Es kann 
nicht geleugnet werden, dafs die Protestanten durch ihre 
philologischen und historischen Studien im letzten Jahrhundert 
die katholischen Exegeten übertroffen haben; es gibt keine 
dem Studium der heiligen Bücher dienstbare Sprache, welche 
sie nicht mit höchster Sorgfalt ausgebildet hätten, keinen ge- 
schichtlichen Gegenstand, den sie nicht mit gröfstem Fleifs 
und Scharfsinn untersucht hätten. Zu unserer Schande müssen 
wir bekennen, dals, wenn wir heute unsern heiligen Büchern 
ein genaueres Studium widmen wollen, wir der philologischen 
und historischen Werke der Protestanten nicht entbehren 
können.“ „Auch in der Kritik des heiligen Textes sind wir, 
allein abgesehen von unserer Vulgata, fast ganz von ihren 
Arbeiten abhängig.“ Dals dies früher anders war, ist bekannt. 
Dafs die protestantischen exegetischen Werke aller Schat- 
tierungen, vom Rationalismus bis zur Orthodoxie, soweit nicht 
die reine Philologie und Geschichte in Betracht kommen, gern 
gegen das katholische Dogma und die katholischen Einrichtungen 
polemisieren, vergilst Cornely nicht beizufügen, um vor zu ver- 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i.19. Jahrh. 21 


trauensseliger Benutzung zu warnen; aber trotzdem bleibt be- 
stehen, dafs der katholische Exeget vielfach auf die protestan- 
tischen Werke angewiesen ist. Zweifellos haben diese Exegeten 
das Schriftstudium ungemein gefördert. Sie haben sich um 
die kritischen, philologischen, historischen Forschungen verdient 
gemacht, haben allgemein anerkannte kritische Textausgaben 
veranstaltet, Grammatiken und Lexika verfalst und in biblischen 
Enzyklopädien das Wichtigste aus der Exegese zusammen- 
gefalst. Selbst der Rationalismus hat dadurch zur Förderung 
der Exegese und zur Verteidigung der heiligen Bücher bei- 
getragen. Denn indem er alle äulseren Zeugnisse sorgfältig 
sammelte und prüfte, alle Sprachen und Religionen beizog, die 
inneren Gründe mit peinlicher Genauigkeit untersuchte, die 
verschiedenen Lesarten zusammenstellte, alle Bedeutungen der 
Ausdrücke und alle Konstruktionen einer strengen Prüfung 
unterzog, Stil und Gedanken, offene und versteckte, sorgfältig 
abwog, hat er eine neue Methode der Schriftauslegung ge- 
schaffen, „durch welche wir alle neuen Hilfsmittel, die von den 
Rationalisten zusammengesucht worden sind, benutzen, indem 
wir die Disposition und den Zusammenhang der ganzen Bücher 
fleifsig beobachten, ihre geschichtlichen Beziehungen genauer 
erwägen und Zweck und Absicht der heiligen Schriftsteller 
tiefer erforschen, um den überlieferten Sinn der Schriften ein- 
_ dringlicher zu erkennen, präziser zu bestimmen und zu ent- 
wickeln und kräftiger zu verteidigen“ (I 732). 

Hinsichtlich des AT gilt es, zuerst den reinen masso- 
retischen Text herzustellen, sodann seine Quellen und den 
vielfach abweichenden Text der LXX festzustellen und zu 
beurteilen. Über die Massora ist vor allem die Schrift von 
Frensdorff (1876) zu erwähnen. Neue kritische Ausgaben 
wurden von Baer und Ginsburg (1894) veranstaltet, Separat- 
ausgaben von Baer und Delitzsch. An der Kritik des Textes 
beteiligten sich Wellhausen, Bäthgen, Cornill, Driver, Kloster- 
mann, Haupt, Scholz, Bickell, Peters, Loisy, Bludau, Holzhey. 

Von Ausgaben der LXX, welche mit Ausnahme der 
Moskauer (1821) und Oxforder (1859) den Vaticanus, nicht 


22 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


den Alexandrinus, zu Grunde legten, sind neben denen von 
van Efs (1824, 1855), A. Mai (1857) und Looch (1866, 1836) be- 
sonders die Ausgaben von Tischendorf (1856, 1860, 1869) zu 
erwähnen, die nach Tischendorfs Tod (1874), Delitzsch (1875) 
und Nestle (1880) neu edierten. Eine Ausgabe von Swete 
wurde 1887/94, zum zweitenmal 1895/96 aufgelegt. Über 
die Arbeiten Lagardes, die zahlreiche Literatur und die 
übrigen Bibelübersetzungen gibt Nestle reichlichen Aufschlufs 
in der 3. Auflage der Realenzyklopädie Band III (1897). Fak- 
similierte Ausgaben des Codex Alexandrinus (Baber 1812/28), 
des Sinaiticus (Tischendorf 1862) und des Vaticanus (Ver- 
cellone und Oossa 1868/81) haben die Textkritik wesentlich 
erleichtert. 

Zu der lateinischen Übersetzung des Hieronymus und 
ihren Vorgängerinnen hat das 19. Jahrhundert zahlreiche 
Forschungen zu Tage gefördert, an denen auch viele Katho- 
liken (Vercellone, Kaulen, Martin) Anteil nahmen, einen 
kritischen Text des AT aber hat es nicht zu stande ge- 
bracht. Die Hauptausgabe wurde von Heyse und Tischen- 
dorf besorgt (1873). Dagegen ist für das NT eine kri- 
tische Ausgabe von Wordsworth und White (1889 ff) be- 
reits weit vorangeschritten. Katholischerseits wurde eine 
Gesamtausgabe der Klementinischen Vulgata von van Eis, 
Kistemaker, Galura, Loch, Allioli, Vercellone (1861), von den 
Benediktinern in Tournai (1885) und von Fillion (1887) ver- 
anstaltet. Das Vaticanum hat das Dekret des Tridentinums 
über den Gebrauch der Vulgata nicht wiederholt. Dagegen 
erwartet Leo XIII. in der Enzyklika „Providentissimus“, dals 
der Exeget, im Anschlufs an das Verfahren der Alten, als 
malsgebenden Text die Vulgataübersetzung zu Grunde legen 
werde, welche das Tridentinum vorgeschrieben habe. Doch sei 
auch auf die übrigen Übersetzungen, besonders auf die Stamm- 
handschriften Rücksicht zu nehmen. An Stellen, wo in der 
Vulgata ein zweideutiger und minder genauer Ausdruck steht, 
werde nach dem Rat des Augustinus die „Einsichtnahme einer 
früheren Sprache“ förderlich sein. In Deutschland ist es 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 23 


namentlich bei der Exegese des NT im 19. Jahrhundert fast 
allgemein üblich geworden, den Urtext zu Grunde zu legen; 
auch wenn im AT von der Vulgata ausgegangen wird, wie im 
neuesten Kommentar der Jesuiten und Professor Schäfers, 
wird der Urtext genau berücksichtigt oder, wie bei Hoberg, 
neben dem Vulgatatext abgedruckt. 

Die Arbeiten für die Herstellung eines kritischen Textes 
des NT waren im 19. Jahrhundert sehr zahlreich und von 
grolsem Erfolg gekrönt. Im Anfang herrschte die Aus- 
gabe Griesbachs (1796, 1806) vor, sie wurde durch die nach 
philologisch-kritischen Grundsätzen hergestellte Ausgabe Lach- 
manns (Stereotypausgabe 1831, griechisch-lateinische Aus- 
gabe 1842/50) grölstenteils verdrängt. Eine besonders frucht- 
bare Tätigkeit entfaltete aber Tischendorf, der Entdecker 
des wichtigen Codex Sınaiticus. 1841 erschien seine erste 
Ausgabe des griechischen NT, 1849 die zweite, 1859 die 
editio VII critica maior, 1864/72 die editio VIII critica maior. 
Da Tischendorf durch den Tod (1874) verhindert wurde, den 
dritten, die Prolegomena enthaltenden Band zu veröffentlichen, 
so übernahm Gregory die Aufgabe und löste sie in muster- 
gültiger Weise (1884, 1890, 1894). In England sind zwei be- 
deutende Textausgaben erschienen, von Tregelles (1857/72) 
mit Prolegomenen von Hort und Steane (1879) und von West- 
cott und Hort (1881). 1895 erschien eine grölsere Ausgabe 
des Textes, 1896 wurde der zweite Band mit der Einleitung 
und den Belegen neu herausgegeben. Sie beruht wie die Aus- 
gaben von Tischendorf und Tregelles auf Lachmannschen 
Grundsätzen, zeichnet sich aber besonders durch umfassende 
Verwertung der Geschichte des Textes aus. Indes fehlt es 
auch dieser Ausgabe nicht an Gegnern. Seit 1898 gibt Nestle 
im Auftrag der Württembergischen Bibelgesellschaft das 
griechische NT heraus; 1904 will auch die englische Bibel- 
gesellschaft den textus receptus ausgeben. Zu den zahlreichen 
englischen Forschungen vgl. Gebhardt, Realenzykl. IL3 767. 

Von katholischer Seite ist hier wenig zu erwähnen. Es 
sei nur an die Ausgaben von van Eis, Gratz, Jaumann, 


24 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


Reithmayr, Loch, Vercellone erinnere Am meisten be- 
teiligte sich Hug an den Untersuchungen über den Text des 
NT. Sein Schüler Scholz veranstaltete nach längerer Vor- 
bereitung eine Textausgabe mit umfänglichen Prolegomenen 
(1830/36), allein dieselbe litt an grolser Ungenauigkeit und 
Unzuverlässigkeit des kritischen Apparats. Die neueren Aus- 
gaben von Brandscheid (1893, 2. Aufl. 1901) und Hetzenauer 
(1896) sind für Schulzwecke bestimmt. 

In Betreff der sprachlichen Hilfsmittel, der Gram- 
matiken und Lexika, verweise ich auf das Verzeichnis in der 
Enzyklopädie von Kihn (1892). Es genügt hier, an Gesenius, 
Fürst, Strack, Nestle, Kautzsch zu erinnern. Letzterer hat 
in Verbindung mit vielen andern Exegeten eine deutsche 
Übersetzung des AT herausgegeben. Für das NT sind 
die Grammatiken von Winer, Buttmann und Blals, die 
Wörterbücher von Grimm und Cremer zu nennen, welche in 
ihren neuesten Auflagen sorgfältig weitergeführt und ergänzt 
wurden. Das Cremersche Biblisch-theologische Wörterbuch 
erschien 1902 in 9. Auflage. Dazu kommen das Bibellexikon 
von Schenkel und das Handwörterbuch von Riehm und ein 
englisches Dietionary von Hastings, Selbie, Davidson, Driver, 
welches jetzt in 4 Bdn abgeschlossen vorliegt. In Frank- 
reich erscheint seit 1895 ein Dictionnaire biblique von Vigou- 
roux; ein lateinisches Bibellexikon zum Cursus s. Scripturae 
von Cornely-Knabenbauer ist angekündigt. Für die Archäo- 
logie seien Ackermann, Scholz, Allioli, Haneberg, Schegg- 
Wirthmüller, Fillion, Vigouroux genannt. 

Die Einleitungen und Kommentare können hier nicht 
aufgezählt werden. Protestantischerseits sind sie Legion (vgl. 
Strack und Zahn über den Kanon des AT und NT in der Real- 
enzyklopädie IX3 741 ff). Handkommentare haben Nowack und . 
Marti herausgegeben. Katholischerseits sei an die Einleitungen 
in das AT von Jahn, Herbst-Welte, Haneberg, Reusch, Kaulen, 
Schenz, Cornely, Schöpfer erinnert. Am meisten wurde von den 
Katholiken der Pentateuch vernachlässigt, der, abgesehen von 
der Genesis (Tappehorn, Hoberg), erst von Hummelauer in 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 25 


dem genannten Cursus vollständig kommentiert wurde. Für 
die andern Bücher sind aulser den Mitarbeitern desselben 
Reincke, Scholz, Reusch, Schäfer, Gutberlet, Rohling, Langen, 
Zschokke, Schegg, Schneedorfer, Schönfelder, Lingg, Vetter, 
Peters, Lamy, Weils, Hoonacker, de Moor, Bludau, Nikes, 
Faulhaber, Engelkemper, Happel, Euringer, Herkenne, Dorn- 
stetter u. a. zu nennen. 

Wichtiger ist es, auf die Hauptprobleme hinzuweisen. Die 
Protestanten unterscheiden in der Geschichte der atl Disziplin 
des 19. Jahrhunderts vier Richtungen oder Strömungen: den 
Rationalismus (Eichhorn), die grammatisch-historische oder 
historisch-kritische Methode (Gesenius, Ewald), die orthodoxe 
Reaktion (Hengstenberg, Delitzsch) und die kritische Reaktion 
(Vatke, Reuls, Graf, Wellhausen). Im Mittelpunkt steht hier 
zweifelsohne die Hexateuchkritik, welche ihren grundstürzen- 
den Einfluls auf die ganze Kritik des AT, vor allem der histo- 
rischen, aber auch der prophetischen Bücher (Duhm) aus- 
dehnt. Sodann erhebt sich die Frage nach der Echtheit des 
zweiten Teiles des Isaias, Daniels, ja der meisten Propheten, 
da die Tendenz stark auf die Annahme nachexilischer Über- 
arbeitung hinarbeitet; dazu kommen Job und der Psalter und 
die Bücher Esther, Tobias, Judith. 

Die Hexateuchkritik wurde von Reufs (1833) und Vatke 
(1835) angebahnt, erhielt von einem Schüler des Reuls, Graf 
(1866), ihren Namen und wurde von Wellhausen, man kann 
fast sagen, zum Gemeingut der protestantischen atl Exegese 
gemacht. Danach ist der Hexateuch das Werk einer spätern, 
im Jahre 444 vollendeten Redaktion verschiedener Quellen, 
von denen die vielfach modifizierten Elohist und Jahwist in 
das 9. bis 8. Jahrhundert, das Deuteronomium in das Jahr 
622, der Priestercodex in die nachexilische Zeit fällt. Gibt 
es auch noch ziemlich viele Kritiker, neuestens selbst Bau- 
dissin (Einleitung 1901), welche den Priestercodex vor das 
Exil und vor Josias setzen, so dringt doch die entgegen- 
gesetzte Ansicht immer mehr durch. Die literarhistorische 
Kritik sucht die Quellen nach dem Sprachcharakter, den Ge- 


26 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


wohnheiten der Schriftsteller, den Dubletten u. a. zu scheiden, 
die geschichtlich-religiöse Untersuchung die Entstehung und 
Entwicklung der israelitischen Religion wissenschaftlich zu be- 
stimmen. Eine notwendige Folge war eine gänzlich veränderte 
Auffassung des Ganges der israelitischen Religionsgeschichte 
und eine scharfe Kritik an den übrigen Büchern des AT. 
Diese Religion hat sich aus dem semitischen Polytheismus 
oder dem Götterglauben (Stade) heraus entwickelt; von Moses, 
wenn dessen geschichtliche Existenz nicht geradezu geleugnet 
wird, ist nur ein äulserlicher Monotheismus eingeführt, der 
erst von den Propheten ethisch vertieft wurde. 

Die gläubige Exegese hat sich entschieden gegen diese 
radikale Kritik ausgesprochen, doch hat selbst Delitzsch in 
seiner letzten Zeit die Quellentheorie angenommen. Der be- 
deutendste Gegner ist Hommel, der selbst vorher ein An- 
hänger derselben war. Die katholische Exegese verhielt sich 
lange durchaus ablehnend (vgl. Kaulen, Hoberg u. a.), hat 
aber in letzter Zeit, besonders in Frankreich und England, 
bedeutende Zugeständnisse gemacht (Hügel, Lagrange, Loisy, 
Vetter, Höpfl u. a.), zum Teil die literarkritischen Resultate 
aufgenommen. Am deutlichsten zeigt sich der Wechsel bei 
den Verfassern des Cursus Scripturae sacrae. Während Cornely 
eine ausführliche Widerlegung der Hypothese gibt, bekannte 
sich Hummelauer, der in seinem Kommentar zur Genesis unter 
Verweisung auf Cornely die alte geschichtliche Auffassung 
der rein kritischen der Modernen weit vorzielit, aber aller- 
dings verschiedene „Schichten“ der Überlieferung annimmt, 
auf dem Kongresse zu München zu der inneren Kritik und 
zu einer späteren Abfassung des Deuteronomiums. Bezeichnend 
ist, dals er Dt 12, 1—26, 15 als späteren Einschub Samuels 
(vgl. Kommentar 1901) betrachtet, während Wellhausen hierin 
den ältesten Teil des Buches erkennen will. Vetter stimmt 
im wesentlichen Hummelauer bei. Indes auch andere Redner zu 
München haben ein freundlicheres Verhältnis zu der kritischen 
Schule befürwortet. Zwei Hauptschwierigkeiten werden da- 
durch beseitigt, dals man annimmt, die spätere Redaktion des 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 27 


Hexateuch und die Revision der übrigen Schriften sei gleich- 
falls durch wenn auch unbekannte inspirierte Männer (Pro- 
pheten) vollzogen worden, ja die Thora sei als lebendiges 
Buch in den Händen der Propheten fortwährend erweitert, 
vermehrt, verändert worden (Hummelauer, Deut. 79 84 ff 103), 
und die Berufungen des Herrn und der Apostel auf Moses 
und die Propheten beziehen sich nicht auf die direkte Ab- 
fassung und die literarische Entstehung, sondern auf die in- 
spirierte Heilige Schrift nach der allgemeinen Auffassung. 
Sicher ist, dals es diese Kritik des AT nie über Hypo- 
thesen hinausbringt und dafs sie immer mehr ins Kraut 
geschossen ist; aber bestreiten lälst sich nicht, dafs sie bei 
einzelnen Büchern, wie beim Koheleth, Tobias, Judith, Esther, 
eine Berechtigung hat und auch bei andern Büchern zu 
besserem Verständnis der sachlichen und stilistischen Schwierig- 
keiten beigetragen hat. Es ist daher auch eine Aufgabe der 
katholischen Exegese, die wirklichen Ergebnisse zu berück- 
sichtigen und sich an der kritischen Arbeit zu beteiligen!. 
In der Exegese des NT spielt die synoptische 
Frage bis heute eine Hauptrolle. Da die gewöhnlichen 
Erklärungen der Entstehung der synoptischen Evangelien aus 
der Predigt oder Katechese der Apostel oder aus der Be- 
nutzung der früheren durch die späteren Evangelisten in 
der Reihenfolge des Kanons oder Matthäus, Lukas, Markus 
(Griesbach) der literarischen Verwandtschaft und Verschieden- 
heit nicht hinlänglich gerecht zu werden schienen, so nahm 
man zu einem (aramäischen) Urevangelium (Eichhorn) oder zu 
einem mündlichen Urevangelium (Gieseler) seine Zuflucht oder 
kombinierte beide (Schleiermacher). Besonderes Glück hatte 
Schleiermachers Entdeckung (1832), dafs unter den Logien 
des Matthäus, über welche Papias berichtet, nicht das ur- 
sprüngliche hebräische Matthäusevangelium, sondern eine Reden- 
sammlung zu verstehen sei. Indem noch gegen Schleiermacher 
das Markusevangelium als das erste Evangelium betrachtet 


ı Vgl Mignot, Rev. bibl. 1901, 469s8s.; Höpfl,. Die höhere Bibel- 
kritik, 1902. 


28 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jabrh. 


(Weisse, Wilke, Bauer) und ein kleinerer oder grölserer Ür- 
markus angenommen wurde, welcher wie die Logien verschieden 
bestimmt und mit diesen dem Matthäus- und Lukasevangelium 
zu Grunde gelegt wurde, entstand eine Zweiquellentheorie, 
welche in zwei Richtungen sich an die Namen von Holtzmann 
und B. Weils anschlielst. 

Zugleich wurde aber mit dieser literarkritischen Frage 
die historische verknüpft, welche durch Baur mittels der 
Tendenzkritik beantwortet wurde. Zwar huldigte er formell 
der Griesbachschen Theorie über das Markusevangelium, aber 
der Grund war ein durchaus verschiedener. Das Markus- 
evangelium erscheint als eine farblose Ausgleichung zwischen 
dem petrinischen judenchristlichen Matthäusevangelium und dem 
paulinisch-heidenchristlichen Lukasevangelium, denen übrigens 
Urmatthäus und Urlukas vorausgegangen sind. Denn ab- 
gesehen von den vier grolsen Paulinen und der Apokalypse 
ist keine Schrift des NT echt und die Evangelien reichen 
tief ins zweite Jahrhundert herab. Der Gnostizismus hat 
bereits einen merklichen Einflufs auf die Briefe (Pastoral- 
briefe u. a.) und auf das (alexandrinische) Johannesevangelium 
ausgeübt. Wohl wurden diese Positionen bereits von einem 
Schüler Baurs, Ritschl, 1857 widerlegt und neuestens von 
Harnack als Widerspruch zu der beglaubigten Überlieferung 
des Altertums nachgewiesen, aber die Grundsätze wirken doch 
bis heute fort, insofern die Evangelien in ihrer jetzigen Form 
nicht für authentisch gelten, sondern auf einen verwickelten 
literarischen und geschichtlichen Prozels zurückgeführt werden, 
durch welchen sowohl die Erklärung (vgl. die Gleichnisreden 
Jülichers) als die Beurteilung des Urchristentums beeinflufst 
wird. Für die Kritik der Lukasschriften hat übrigens Blafs 
neue Wege eingeschlagen, für die Zuverlässigkeit der aposto- 
lischen Geschichte Ramsay dankenswerte Beiträge geliefert. 
In der Kritik der Briefe sind einige noch über Baur hinaus- 
gegangen, die meisten sind positiver; aber verhältnismälsig 
wenige konservative Exegeten können sich zur Anerkennung 
sämtlicher Briefe verstehen. 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 29 


Das Johannesevangelium wurde von Bretschneider 
1820 für unecht erklärt und diese Hypothese von Baur zum 
Angelpunkt seiner Tendenzkritik gemacht. Es waren weniger 
historische und geographische Bedenken wegen des Tages des 
letzten Abendmahles und der Kreuzigung u. a. als der ganze 
theologische und christologische Charakter, welcher von der 
hegelianischen Kritik, neuestens wieder von Kreyenbühl (1900) 
für den Gnostizismus und gegen die Echtheit ins Feld geführt 
wurden. Wohl wurde von den konservativen Exegeten in Er- 
langen (Hofmann, Zahn), Greifswald (Cremer, Zöckler), Leipzig 
(Luthardt) die Echtheit des „geistigen“ Evangeliums verteidigt, 
aber die gesamte Kritik ist dagegen gerichtet (Reufs, Weiz- 
säcker, Grill). Die neuen Funde von apokryphen Petrusschriften 
haben wieder Veranlassung zu Untersuchungen über die Be- 
deutung der kanonischen Evangelien gegeben, aber auch das 
hohe Alter der vier Evangelien bestätigt. 

Die Literatur ist unübersehbar. Wir erwähnen nur die 
Gresamtkommentare von Meyer 1832ff, neuestens in 8. bis 
9. Auflage von B. Weils u. a., von Strack-Zöckler 1887 ff 
(AT und NT) und von Holtzmann-Soden 1892 ff. Die neuesten 
Einleitungen verfalsten B. Weils, Beyschlag, Holtzmann, 
Jülicher, Zahn. Die biblische Theologie des AT wurde von 
Diestel, Öhler, Schultz, Kayser, Dillmann u.a, die des NT 
von Weils, Beyschlag, Holtzmann u. a. bearbeitet. Als Ertrag 
der ntl Arbeit wird die fortschreitende Ausgleichung der — 
vermeintlichen oder wirklichen Anforderungen des Glaubens 
und der — vermeintlichen oder wirklichen Resultate der 
historischen Kritik bezeichnet. 

Die katholische Exegese des NT hat im 19. Jahrhundert 
ungleich grölsere Fortschritte erzielt als die Exegese des AT. 
Sie hat sich die Errungenschaften der modernen Philologie und 
Altertumswissenschaft zu nutze gemacht und durch Berücksichti- 
gung der Gesamtkomposition wie durch Genauigkeit im Detail 
eine bessere Einsicht in den Inhalt und Geist des ntl Schrift- 
tums vermittelt. Dies gilt besonders von Deutschland. In 
Frankreich hat die Kompilation vorgeherrscht, nur die all- 


30 Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 


gemeinen Fragen wurden gründlicher behandelt (Vigouroux). 
Ihr Verhalten gegenüber den oben besprochenen Problemen 
mulste freilich mehr ein abwehrendes, apologetisches sein, aber 
doch hat sie die berechtigten Momente auch anerkannt. Davon 
kann eine Einsicht in die Einleitungen von Hug, Feilmoser, 
Reithmayr, Maier, Haneberg, Langen, Dankö, Zschokke, 
Aberle, Kaulen, Cornely, Trenkle, Schäfer, Belser überzeugen. 
Die Einleitung von Hug (4. Aufl. 1847) hat gegen die Ur- 
evangeliumshypothese in mustergültiger Weise die Benutzungs- 
hypothese verteidigt und mit Ausnahme von Haneberg und 
Cornely allgemeine Nachahmung gefunden. Die Markushypo- 
these erhielt ebensowenig Zustimmung als die Griesbachsche 
Hypothese (Schwarz), doch wurde die relative Originalität des 
Markusevangeliums vielfach anerkannt und sein Verhältnis zu 
Matthäus im Gegensatz zur Augustinischen Hypothese gänz- 
licher Abhängigkeit vom Matthäusevangelium dadurch erklärt, 
dals man dem griechischen Übersetzer des hebräischen Matthäus- 
evangeliums das Markusevangelium zur Vorlage gab. Von den 
Kommentaren zu den Evangelien sind die einen (Schanz, Pölz]l; 
vgl. Patrizzi, Fillion) für die Benutzungshypothese, die andern 
(Schegg, Knabenbauer) für die Traditionshypothese, Ähnliche 
Differenzen zeigen sich in der Beurteilung des vierten Evan- 
geliums, obwohl dessen Bekanntschaft mit den synoptischen 
Evangelien allgemein angenommen wird. Während früher der 
Todestag Jesu vorwiegend nach Johannes bestimmt wurde, 
werden jetzt wieder die Synoptiker bevorzugt und eine Aus- 
gleichung der von der Kritik zu einem Widerspruch gesteigerten 
Differenz versucht. Zur Apostelgeschichte siehe Felten, Belser, 
zur Apokalypse Tiefenthal. Das Leben Jesu ist dargestellt 
worden von Sepp, Schegg, Grimm, Le Camus-Keppler, Didon- 
Schneider. Über allgemeine Fragen vgl. die Akten zum Kon- 
greis in München, 

Unter den Briefen haben begreiflicherweise die dog- 
matisch wichtigsten Briefe des hl. Paulus, der Römerbrief 
(Reithnayr, Maier, Beelen, Agus, Schulte, Schäfer), die 
Korintherbriefe (Maier, Seidenpfennig, Rohr), der Galaterbrief 


Schanz, Grundsätze, Richtungen u. Probleme d. Exegese i. 19. Jahrh. 31 


(Windischmann, Mefsmer, Reithmayr, Weber), in Kommen- 
taren und besonderen Abhandlungen die meiste Berücksich- 
tigung gefunden; zu den andern vgl. Henle, Mack, Hundhausen, 
Schegg, Müller, Zill, Schäfer u. a. in der Bibliotheca Theo- 
logiae et Philosophiae catholicae 1870—1897 von H. Korff, 
München 1897, bei Kihn und in den neuesten Einleitungen. 
In Lexis, Die deutschen Universitäten, für die Universitäts- 
ausstellung in Chicago 1893, ist die katholische Exegese von 
Hoberg und Felten dargestellt. Im „Theologischen Jahres- 
bericht“ ist die Literatur seit 1881 alljährlich besprochen. 
Ein Handbuch zum ganzen NT hat nach dem Vorbilde von 
De Wette und Meyer Bisping verfalst (1858ff, 2. Aufl. 1865ff), 
einen Cursus Scripturae s. Cornely und Knabenbauer 1885 ff. 

Wohl sind der katholischen Exegese immer engere Grenzen 
als der evangelischen gezogen, aber sie bleibt dadurch auch 
vor den Versuchungen willkürlicher Kritik und phantastischer 
Hypothesen, deren das 19. Jahrhundert zahlreiche aufzuweisen 
hat, bewahrt und leistet dem Verständnis der Offenbarungs- 
lehre und der christlichen Wahrheit schätzenswerte Dienste. 
Je mehr sie es versteht, die Gesetze und Methoden der wahren 
Wissenschaft mit den Forderungen des Offenbarungsglaubens 
in Übereinstimmung zu bringen, desto grölser wird auch der 
Gewinn für Theologie und Kirche sein. Bei aller Anerkennung 
der älteren theologischen Kommentare werden dann auch die 
neueren, für die Geschichte des Urchristentums wichtigen 
Kommentare mehr Berücksichtigung finden. An jungen rührigen 
Kräften fehlt es gegenwärtig nicht. Die Biblischen Studien 


‘von Bardenhewer 1896 ff und die Revue biblique von Lagrange 


haben den Beweis dafür erbracht. 


A u 


Die Aufgaben der Exegese gegenüber der 
Assyriologie. 


Von Prof. Dr. Nikel in Breslau. 


1. 


ls gegen Ende des 18. Jahrhunderts der Rationalismus die 

Glaubwürdigkeit der biblischen Geschichtsbücher in Zweifel 
zog, fügte es die Vorsehung, dafs fast zu gleicher Zeit der 
Geschichtsforschung neue Quellen erschlossen wurden, welche 
auch für die Erklärung der Bibel wertvolles Material lieferten. 
Zuerst waren es die zwar schon lange bekannten, aber noch 
nicht entzifferten hieroglyphischen Inschriften, welche nach der 
Auffindung der Tafel von Rosette endlich der gelehrten For- 
schung verständlich wurden. Bald darauf lieferte die geniale 
Leistung Grotefends den Schlüssel zu den in Keilschrift ge- 
schriebenen Urkunden Vorderasiens. 

Nachdem die ersten Entzifferungen der keilinschriftlichen 
Urkunden Resultate zu Tage gefördert hatten, welche einzelne 
Angaben der alttestamentlichen Bücher bestätigten, wurde die 
Assyriologie von der bibelgläubigen Exegese als Helferin enthu- 
siastisch begrülst. Man vergals fast, dals die Assyriologie eine 
durchaus selbständige Wissenschaft ist, welche die ihr durch 
die Prinzipien der Philologie und der historischen Kritik vor- 
gezeichneten Wege wandeln muls; man gewöhnte sich vielmehr 
in exegetischen Kreisen daran, die Keilschriftforschung als 
Helferin und Dienerin der Exegese anzusehen. 

Das ist nun allmählich anders geworden. Der leicht be- 
greifliche Optimismus, den die ungemein raschen Fortschritte 
der Assyriologie bei vielen ihrer Vertreter hervorriefen, und das 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 33 


grolse Vertrauen, welches der jungen Wissenschaft entgegen- 
gebracht wurde, verleitete manche Forscher zu schweren Fehlern. 
Ich will hier nicht davon reden, dals man allzu rasch unsichere 
Lesungen als sichere hinstellte, lückenhaft erhaltene Tafeln auf 
Grund apriorischer Kombinationen falsch ergänzte und beim 
Übersetzen der Texte manchmal zuviel wagte; derartige Fehler 
sind unvermeidlich, und ohne hypothetische Annahmen kann 
keine Wissenschaft auskommen, welche mit einem solchen Ma- 
terial arbeitet wie die Assyriologie. Als ein schwerer Fehler, 
der weniger verzeihlich ist, muls es aber bezeichnet werden, 
dals man oft aus den Angaben der Keilschrifttexte allzu weit- 
gehende Schlüsse zog und den Wert der assyrisch-babylonischen 
Urkunden allzusehr überschätzte. Die souveräne Verachtung, 
mit welcher manche Assyriologen auf gewisse klassische Schrift- 
steller, z. B. Herodot, herabschauten, übertrug man allmählich 
auch auf die atl Schriften und gab, wenn sich zwischen der 
Bibel und den keilschriftlichen Angaben eine Differenz her- 
ausstellte, den letzteren ohne weiteres den Vorzug. 
Neuerdings ist man noch weiter gegangen. Man hat, nach- 
dem sich zwischen den Urgeschichten der Genesis und gewissen 
babylonischen Mythen überraschende Parallelen herausgestellt 
haben, einfach den babylonischen Mythos als Quelle und Aus- 
gangspunkt der biblischen Urgeschichten angesehen. Delitzsch 
hat in seiner Schrift „Babel und Bibel“ (S.29) den von Kittel! 
mit Recht als „mindestens milsverständlich* bezeichneten Satz 
ausgesprochen, dals „eine ganze Reihe biblischer Erzählungen 
jetzt auf einmal in reinerer und ursprünglicherer Form aus 
der Nacht der babylonischen Schatzhügel ans Licht trete“. 
Doch nicht genug damit. Hugo Winckler meint2, dals, 
wenn die Weltanschauung der Völker, welche überhaupt an- 
gefangen hätten, sich Rechenschaft über ihr und ihrer Um- 
gebung Dasein zu geben, von der babylonischen berührt worden 


ı Allgemeine evangelisch-lutherische Kirchenzeitung 1902 Nr. 17. 
2 Himmels- und Weltenbild der Babylonier als Grundlage der Welt- 
anschauung und Mythologie aller Völker. Der alte Orient, 3. Jahrgang, 
Heft 22, S. 9. 
Biblische Zeitschrift. I 1. 3 


34 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


sei, wir schliefslich dazu kommen mülsten, überhaupt nur zwei 
Weltanschauungen zu unterscheiden, welche die Menschheit in 
ihrer geschichtlichen Entwicklung kenne: die altbabylonische, 
welche durch die Vermittlung der Hebräer ın unser christ- 
liches, religiöses Denken übergegangen sei, und die empirisch- 
naturwissenschaftliche, welche erst ın der Entwicklung be- 
griffen sei und mit der alten noch auf manchen Gebieten des 
modernen Gesellschaftslebens im Kampfe liege. Ahnlich sagt 
Delitzsch !, dals „unserem religiösen Denken durch das Medium 
der Bibel noch manches Babylonische anhafte“, welches aus- 
geschieden werden müsse. Dazu rechnet der Verfasser von 
„Babel und Bibel“ zunächst die Vorstellungen über die Welt- 
schöpfung, den Sündenfall der ersten Menschen, über die Sint- 
flut und das Leben nach dem Tode, sowie den Glauben an gute 
und böse Geister (Engel und Teufel); auch der Monotheismus 
sei bis zu einem gewissen Grade in Babylon ausgebildet ge- 
wesen, wie auch der Name und die Verehrung Jahwes baby- 
lonisch sei; endlich seien das Sabbatgesetz und gewisse Bestand- 
teile des israelitischen Kultgesetzes babylonischen Ursprungs. 

Es war zu erwarten, dals die weitgehenden, mit grolser 
Zuversicht ausgesprochenen Behauptungen des um die lingui- 
stische Seite der Assyriologie hochverdienten Gelehrten nicht 
unwidersprochen bleiben würden. Tatsächlich sind Delitzsch’ 
Aufstellungen, soweit sie die Abhängigkeit atl Religionsideen 
von babylonischen Vorstellungen betreffen, bisher von allen 
Kritikern, die sich zu dieser Sache geäufsert haben, abgelehnt 
worden ?; selbst der Assyriologe Jensen hat sich in vielen 
Punkten abweichend geäulsert3. 

1 Babel und Bibel 44. 

2 R. Kittel, Der Monotheismus in „Babel und Bibel“, Allgem. 
evangel.-lutherische Kirchenzeitung 1902 Nr. 17. Ed. König, Bibel und 
Babel, Berlin 1902. J. Barth, Babel und israelitisches Religionswesen, 
Berlin 1902. S. Ottli, Der Kampf um Bibel und Babel, Leipzig 1902. 
W.Knieschke, Bibel und Babel, El und Bel, Berlin 1902. L. A. Rosen- 
thal, Babel und Bibel oder Babel gegen Bibel, Berlin 1902. Kaulen, 
Babel und Bibel, im Litterarischen Handweiser, 40. Jahrg. (1902) Nr. 14 


und 15. Budde, Die Ausgrabungen und das Alte Testament, Gielsen 1903. 
3 Die christliche Welt, 16. Jahrg. (1902) Nr. 21. 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 35 


Was Delitzsch an assyriologischem Material beibrachte, 
war den meisten Exegeten längst bekannt. Auch dafs er ge- 
wisse Erzählungen aus den ersten Kapiteln der Genesis auf 
babylonische Mythen zurückführte, war nicht neu. Nur die 
weitgehenden religionsgeschichtlichen Folgerungen, welche er 
aus dem bisher bekannten Material zog, das Geschick, mit 
welchem er die für seine Theorien günstigen Momente in 
raffinierte Beleuchtung zu stellen wulste, und die besondern 
äufseren Umstände, welche dem später in Druck gegebenen 
Vortrage beim grolsen Publikum besondere Bedeutung ver- 
liehen, bewirkten es, dafs der Inhalt des Vortrages mit nervöser 
Hast in der Tagespresse verarbeitet und in gewissen Kreisen 
mit grofsem Wohlbehagen ausgebeutet wurde. 

Die Verwirrung, welche durch diese Art der Populari- 
sierung assyriologischen Materials angerichtet wurde, muls als 
höchst bedauerlich bezeichnet werden. Es genügt nun aber 
nicht, dem Bedauern oder gar der Entrüstung mit allgemeinen 
Redewendungen Ausdruck zu geben; damit würde man den 
Anschein erwecken, als wisse man nichts Rechtes dawider zu 
sagen. Es genügt auch nicht, auf die an sich ja richtige Tat- 
sache hinzuweisen, dals, wenn Israels religiöser Glaube nichts 
als eine Weiterentwicklung babylonischer Ideen sein sollte, 
es unerklärlich bleibt, warum dann nicht die Babylonier und 
andere unter ihrem Kultureinflusse lebende Völker sich auf 
religiösem Gebiete zu derselben Höhe emporgeschwungen haben 
wie das Volk Israel. Solche apriorische Erwägungen genügen 
nicht mehr in einer Zeit, in welcher man auch auf religions- 
geschichtlichem Gebiete mit evolutionistischen Theorien operiert 
und jedwede Kulturerscheinung auf die Lage und Beschaffen- 
heit des Liandes, auf Volksindividualität und Instinkt, auf die 
Macht genialer Persönlichkeiten, auf politische Ereignisse, auf 
soziale Verhältnisse und andere natürliche Momente zurück- 
zuführen weils. Es erwächst vielmehr allen Mitarbeitern auf 
exegetischem (Gebiete die Pflicht, die Hypothesen, welche sich 
an das assyriologische Material anknüpfen, auf ihre wissen- 


schaftliche Berechtigung zu prüfen. Ist der Satz vom Offen- 
3% 


36 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


barungscharakter der atl Religion richtig, dann wird er, da 
er geschichtlich kontrollierbare Tatsachen in sich schlielst, 
sich auch mit Hilfe der in Betracht kommenden eigenen 
Methode beweisen oder mindestens verteidigen lassen. 

In den folgenden Zeilen möchte ich einige programmatische 
Bemerkungen über die dringendsten Aufgaben der Exegese 
gegenüber der Assyriologie darbieten und dabei folgende zwei 
Fragen behandeln: 

1. Welches Vertrauen dürfen wir den Veröffentlichungen 
der assyrischen Texte, d.i. der Wiedergabe der Originaltexte, 
der Transkription in unser modernes Schriftsystem und den 
Übersetzungen der Texte entgegenbringen? 

2. Welche neuen Probleme hat die Assyriologie für die 
Exegese geschaffen? Welche Hilfsmittel sind zur Lösung der- 
selben vorhanden, und welche Methode ist dabei anzuwenden? 

1. Wenn die Frage aufgeworfen wird, welches Vertrauen 
den Resultaten der Assyriologie entgegengebracht werden 
dürfe, so möchte ich zunächst vor einer Inkonsequenz warnen, 
deren einzelne Exegeten in apologetischem Eifer sich schuldig 
machen und welche eine Ungerechtigkeit in sich schlielst. 
Man kann nämlich beobachten, dafs gewisse Forscher, sobald 
ein assyriologischer Fund irgend eine Angabe der Bibel be- 
stätigt, dieses assyriologische Material ohne weitere Kritik 
freudig annehmen, dals sie aber, falls irgend ein Resultat der 
Assyriologie zu den biblischen Berichten nicht recht palst, in 
allgemeinen Redewendungen über die Unsicherheit der assyrio- 
logischen Daten, über die Schwierigkeit der Entzifferung, 
die Kühnheit und Willkür der Keilschriftforscher sich ergehen. 
Nicht weil die Transkription des Textes wegen des mangelhaft 
erhaltenen urkundlichen Materials unsicher ist, nicht weil die 
Übersetzung wegen der Unklarheit des assyrischen Ausdrucks, 
wegen der Lückenhaftigkeit unserer Kenntnis des assyrisch- 
babylonischen Sprachschatzes zweifelhaft ist, sondern lediglich 
deswegen, weil das Resultat unbequem ist, ist man gegen das 
betreffende assyriologische Material milstrauisch. Dieses Ver- 
fahren ist ungerecht und unwissenschaftlich. 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 37 


Gewils ist auf assyrischem Gebiete vieles unsicher; aber 
assyriologische Resultate dürfen nur dann abgelehnt werden, 
wenn a) die betreffende Inschrift oder Tontafel schlecht 
erhalten ist und der genauen Wiedergabe der Keilschrift- 
zeichen sich Schwierigkeiten entgegenstellen; b) wenn die 
Wiedergabe der Keilschriftzeichen wegen der guten Ver- 
fassung des urkundlichen Materials zwar einwandfrei, die 
Lesung der betreffenden Zeichen aber aus gewissen Gründen 
unsicher ist; c) wenn die Übersetzung deswegen zweifelhaft 
ist, weil wir einige Ausdrücke nicht verstehen. 

Wir wollen diese drei Momente genauer ausführen. 

a) Wenn eine in Keilschrift geschriebene Urkunde gefunden 
wird, so werden zunächst die Schriftzeichen nach einem unter 
den Assyriologen vereinbarten System auf Papier übertragen. 
Je nach dem verwendeten Material sind die Originalurkunden 
besser oder schlechter erhalten.‘ Wer z. B. im Berliner Museum 
die verschiedenen assyrischen Monumente vergleicht, wird den 
grolsen Unterschied in der Lesbarkeit der Zeichen bald wahr- 
nehmen. Es gehört meist eine sehr gründliche Kenntnis des 
Assyrischen und eine gewisse Übung dazu, um die in kleine Ton- 
tafeln eingedrückten Zeichenkorrektwiederzugeben. Manche ein- 
gegrabenen Linien sind mit Staub ausgefüllt, und die Täfelchen 
müssen erst mit feinen Bürstchen gereinigt werden. Trotz 
alledem wird der Wiedergabe der assyrischen Inschriften Ver- 
trauen zu schenken sein, da die Arbeit des einen Forschers 
in den meisten Fällen durch andere Forscher kontrolliert und 
korrigiert wird. Wo die Wiedergabe der Originalzeichen un- 
sicher ist, wird dies von den Herausgebern kenntlich gemacht. 
Wer trotzdem in einem einzelnen Falle der Reproduktion 
nicht traut, dem bleibt nichts übrig, als sich selbst in das 
betreffende Museum zu begeben und die Originalurkunde zu 
vergleichen. Gewisse wichtige Texte sind wiederholt aufs 
peinlichste immer von neuem nachgeprüft worden. 

b) Die Lesung der Zeichen, d. h. die Wiedergabe des 
Lautwertes der Zeichen durch unser modernes alphabetisches 
System, ist eine neue Quelle von Unsicherheiten und Irrtümern, 


38 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


da jedes einzelne Zeichen verschiedene Formen und auch ver- 
schiedene Bedeutungen haben kann. Die Form der Zeichen 
hat sich im Laufe der Jahrhunderte geändert; man unter- 
scheidet altbabylonische, assyrische und neubabylonische 
Zeichen; aber auch innerhalb dieser drei Systeme kommen 
für einzelne Zeichen mehrfache Formen vor. Die babylonisch- 
assyrische Schrift war ferner ursprünglich ideographisch ; allmäh- 
lich wurden phonetische Zeichen geschaffen ; die ideographischen 
Zeichen blieben aber im Gebrauch, und der Unvollkommenheit 
ideographischer Schreibweise suchte man durch Determinative 
und phonetische Komplemente abzuhelfen. So kommt es vor, 
dafs ein und dasselbe Zeichen entweder ein Ideogramm oder 
ein phonetisches Zeichen oder ein phonetisches Komplement 
oder ein Determinativ sein kann. Die Schwierigkeit der Lesung 
wird dadurch erhöht, dafs sowohl einzelne Ideogramme als 
auch eine Anzahl phonetischer Zeichen mehrere Werte haben 
können. Die Lesung muls sich in solchen Fällen aus dem 
Zusammenhange ergeben. Meistens wird sie durch den Zu- 
sammenhang zweifellos, manchmal bleibt sie unsicher. Ge- 
wissenhafte Assyriologen machen stets die Unsicherheit der 
Lesung durch ein beigefügtes Fragezeichen kenntlich. Wer 
der bisher üblichen Lesung nicht vertraut, dem steht es frei, 
eine neue, bessere anzugeben. Solange er dieses nicht ver- 
mag, solange er wenigstens nicht im stande ist, die Unrichtig- 
keit oder Unsicherheit der üblichen Lesung nachzuweisen, wird 
er die letztere beibehalten müssen. Die Assyriologie macht 
übrigens rasche Fortschritte, und wichtigere Inschriften werden 
immer aufs neue untersucht, wofern die Lesung bisher nicht 
ganz sicher war. \Wer daher assyrische Texte in der Trans- 
skription gebraucht, wird sich in einzelnen Fällen nach der 
neuesten Edition umsehen müssen. 

c) Von der Lesung des Textes hängt die Übersetzung 
ab; letztere übt natürlich auch wieder umgekehrt auf die 
erstere einen Einfluls aus. Der Sprachschatz des Assyrisch- 
Babylonischen wird, da durch Editionen von neuaufgefundenen 
Texten immer neues Material dargeboten wird, von Tag zu 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie.. 39 


Tag genauer durchforscht. Es gibt aber, wie die assyrischen 
Lexika beweisen, noch eine grolse Anzahl von Wörtern, deren 
Sinn ganz unbekannt oder wenigstens mehr erraten als sicher 
festgestellt ist. Jeder gewissenhafte Übersetzer eines Textes 
gibt aber stets an, wo die Wiedergabe des Sinnes zweifelhaft 
bleibt. Freilich sind die Assyriologen in der Übersetzung 
mancher Texte nicht einig. Der Verfasser dieser Zeilen hat 
es als Schüler von Friedrich Delitzsch wiederholt erlebt, dafs 
die von namhaften Assyriologen dargebotene Übersetzung 
einer Stelle als falsch bezeichnet und durch eine andere er- 
setzt wurde. 

Wer nun einer von Assyriologen festgestellten Übersetzung 
milstraut, dem steht es frei, unter Benutzung der vorhandenen 
Hilfsmittel eine neue vorzuschlagen und zu begründen. Es 
ist natürlich in diesem Falle notwendig, dals man gründliche 
assyriologische Kenntnisse besitzt. Und es kann dem Exegeten, 
welcher sich mit historischen Texten des AT dauernd be- 
schäftigt, die Erlernung des Assyrischen nicht dringend 
genug empfohlen werden. Es sei aber hier bemerkt, dals die 
Erlernung des Assyrischen und der Keilschrift ohne die An- 
leitung eines zuverlässigen Lehrers kaum möglich ist. Selbst 
die 4. Ausgabe von Delitzsch’ „Assyr. Lesestücken“ (Leipzig, 
Hinrichs) macht einen Lehrer nicht entbehrlich. 

2. Die Probleme. Dals die Fortschritte der Assyriologie 
dem Exegeten täglich neue Probleme darbieten, wird derjenige 
sofort erkennen, der die neueste, dritte Bearbeitung von 
Schraders Werk „Die Keilinschriften und das Alte Testament“ 
mit der im Jahre 1883 erschienenen zweiten Auflage ver- 
gleicht. Der Unterschied liegt nicht blofs in der Anlage des 
Werkes; auch die Probleme sind zum Teil andere; viele neue 
sind hinzugekommen. Ich unterscheide, soweit die Exegese in 
Betracht kommt, folgende Punkte: 

a) die Urgeschichten der Genesis; 

b) die Patriarchengeschichte; 

c) der Auszug Israels aus Ägypten und die Einwanderung 

in Kanaan unter Josue; 


40 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


d) die politische Geschichte Israels in der Königszeit 

sowie die daran sich knüpfenden chronologischen Fragen; 

e) das babylonische Exil und die Wiederherstellung Israels 

im ersten Jahrhundert nach dem Exil; 
f) die religiösen Ideen im Volke Israel, insbesondere der 
Ursprung des Monotheismus und des Jahwekultus; 

g) der Ursprung der israelitischen Kultgesetze. 

a) Die ersten elf Kapitel der Genesis enthalten die so- 
genannten Urgeschichten. Über den Zusammenhang der 
letzteren mit den Mythen und Sagen anderer Völker sind ver- 
schiedene Theorien aufgestellt worden. Die einen meinten, die 
Bibel sei die Quelle, aus welcher die heidnischen Mythen ge- 
flossen seien. Nach der Meinung anderer sollen sowohl die 
Urgeschichten der Genesis als auch die entsprechenden Mythen 
der alten Völker auf einer gemeinsamen Uroffenbarung be- 
ruhen, welche sich nur im Volke Israel vermöge göttlichen 
Einflusses ungetrübt erhalten habe. Eine dritte Gruppe von 
Forschern ist der Ansicht, dafs alle Ursagen, sowohl die 
biblischen als auch die der heidnischen Völker, selbständig 
und unabhängig voneinander entstanden sind; ihre Überein- 
stimmung soll auf der gemeinsamen psychologischen Begabung 
des Menschengeschlechts und auf der Einheitlichkeit der be- 
obachteten Naturerscheinungen, ihre Verschiedenheit auf den 
Unterschieden in den Anlagen der Völker, im Klima der ein- 
zelnen Länder sowie in sonstigen Lebensbedingungen der Be- 
wohner beruhen. Die vierte Theorie endlich ist jene, nach 
welcher die biblischen Erzählungen aus dem Mpythenschatze 
jener Völker herrühren, mit denen Israel in Berührung kam. 

Diese letztere, die sogenannte Entlehnungstheorie, hat ver- 
schiedene Wandlungen durchgemacht. Zuerst dachte man an 
Ägypten als Heimat der biblischen Urgeschichten, dann an 
die arischen Völker Zentralasiens. In neuester Zeit sind die 
Babylonier an die Reihe gekommen. Aus Babylonien soll der 
wesentliche Inhalt von Gn 1—11 entweder in abrahamischer 
Zeit oder in der Amarna-Periode oder in der mittleren und 
späteren Königszeit oder während und nach der Zeit des Exils 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 41 


nach Palästina eingewandert sein. Es ist hier die Aufgabe 
der Exegese, nicht blofs die alte Theorie, nach welcher der 
ganze alte Sagenstoff über die Urzeit, auch der heidnische, 
aus der Uroffenbarung stammt, zu wiederholen und mit den 
alten apriorischen Gründen zu stützen; vielmehr hat man den 
Assyriologen, welche die Entlehnungstheorie in ihrer neuesten 
Fassung vortragen, Schritt für Schritt zu folgen und ihre Be- 
weise zu würdigen. 

a) Wer den hier als bekannt vorausgesetzten Marduk- 
Tiämat-Mythus mit Gn 1 vergleicht, wird erstaunt darüber 
sein, dals man die biblische Kosmogonie als die abgeblafste 
Form der babylonischen ansieht. Gunkel, welcher diese An- 
sicht besonders eingehend verteidigt hat'!, gesteht selbst zu, 
dafs „die Verschiedenheit der babylonischen Schöpfungs- 
geschichte und der von Gn 1 kaum gröfser gedacht werden 
könnte“. Dennoch behauptet er2, dafs die biblische Kosmo- 
gonie auf der babylonischen beruhe. Der Beweisgang ist 
folgender: In Gn 1 sind Momente vorhanden, die als Spuren 
einer alten mythologischen, polytheistischen Vorlage zu betrachten 
sind3; diese Vorlage, auf welche die Mythologien mehrerer 
Völker einen Einflufs ausgeübt haben, ist ursprünglich in 
Babylonien entstanden, da nur dort der Winterregen und zahl- 
lose Überschwemmungen ein „Chaos“ verursachen; nun ist es 
erwiesen, dals der Marduk-Tiämat-Mythos im Volke Israel 
bekannt war*; er wurde sogar von den biblischen Schrift- 
stellern in poetischer Redeweise verwendet, wobei aber Jahwe 
die Stelle Marduks vertrat; auch dem Verfasser von Gn 1 

ı Vgl. Gunkel, Schöpfung und Chaos in Urzeit und Endzeit, 
Göttingen 1895, und seinen Genesiskommentar, Göttingen 1901. 

2 Schöpfung und Chaos 118. 

3 Diese Momente sind in Schöpfung und Chaos 7 ff, 119 und im 
Genesiskommentar 109 angegeben. 

ı Dafs die von Gunkel (Schöpfung und Chaos 29—110) zitierten 
Stellen des AT, wo von einem Kampfe Jahwes mit dem Drachen die 
Rede ist, Anspielungen auf den Tiämat-Mythos seien, hat der Assyriologe 
Jensen neuerdings in der Rezension von Delitzsch’ „Babel und Bibel“ 


(Christliche Welt 1902, 489) lebhaft bestritten, da Tiämat im Mythos nicht 
als Drache, sondern als Weib auftrete. 


42 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


‚schwebte der Marduk-Tiämat-Mythos vor; denn in beiden Kos- 
mogonien entsteht die Welt durch die Zerteilung des Urmeeres 
(afrın = Tiämat) in zwei Teile, das obere und untere Wasser. 

Es ist nun Aufgabe der Exegese, zunächst zu untersuchen, 
ob in Gn 1 wirklich Spuren einer ursprünglichen mytho- 
logischen Vorlage vorhanden sind. Ferner kommt es darauf 
an, festzustellen, welches die Grundbedeutung von tehöm ist, 
ob es ursprünglich das „Urmeer“ bezeichnet, oder ob es zuerst 
Eigenname für das mythische Ungeheuer des Marduk-Mythos 
war. Die Scheidung der Gewässer in obere und untere lälst 
sich ganz gut als eine populäre Redeweise erklären, als An- 
lehnung an die kosmologischen Vorstellungen der vorderasia- 
tischen Welt, die zweifellos von der babylonischen Kultur 
stark beeinflulst war. Der Marduk-Mythos braucht dabei dem 
Verfasser von Gn 1 nicht vorgeschwebt zu haben. 

Aber selbst wenn es sich nachweisen lielse, dafs der 
Autor des biblischen Schöpfungsberichtes die babylonische 
Kosmogonie von seinem Standpunkte aus bearbeitet habe, so 
bleibt noch immer die Frage zu beantworten: Wie gelangte 
dieser Autor zu seinem so hohen Gottesbegriff, zu seiner so 
erhabenen Auffassung des Verhältnisses der Welt zur Gottheit? 
Nur der Einflufs der Prophetie erklärt uns die Ideen, die 
in Gn 1 enthalten sind. Wer aber so erhabene Gedanken 
zum Ausdruck bringen konnte, der hatte es nicht notwendig 
und war auch gewils nicht geneigt, bei der Beantwortung 
der Frage nach der Entstehung der Welt zum babylonischen 
Mythos zu greifen und neuen Wein in alte Schläuche zu gielsen. 
Aus seinem von Gott direkt oder indirekt erleuchteten Geiste 
heraus, nicht in Anlehnung, sondern in bewufstem 
Gegensatze zu den auch in Palästina existierenden mytho- 
logischen Neben- und Unterströmungen hat der biblische 
Schriftsteller seine Kosmogonie geschaffen. Deshalb hat er 
vielleicht in einigen Ausdrücken auf die mythologischen Vor- 
stellungen eines Teiles seiner Zeitgenossen angespielt, wie es 
ja auch einzelne Propheten getan haben. (Sehlufs folgt.) 


Salomons Tempelweihe. 
Von Fr. v. Hummelauer S,. J. 


alomon hat den Tempel vollendet. Bei der feierlichen 
Tempelweihe bricht die Wolke, das Symbol der Gegenwart 
Jahwes, aus dem Allerheiligsten hervor, füllt das Heilige und den 
inneren Vorhof, verdrängt aus letzterem die Priester und ent- 
zündet schliefslich mit zuckendem Strahl die Opfer. Beim ersten 
Erscheinen der Wolke spricht nun Salomon einige Worte, deren 
jetzige Textgestalt ernste Bedenken weckt. Sie lauten 1Kg8, 12f: 
ons jnaws po 75 bat ma wma 2 ben awb "Ok mm nahe NDR tk 


„Damals sprach Salomon: Es sprach Jahwe, er wolle im Dunkel 
wohnen. Gebaut hab’ ich ein Wohnhaus dir, eine Stätte zur Wohnung dir 
immerdar.“ Sieht man ab von der Punktation der Mass., so kann man eben- 
sowohl übersetzen: „Es sprach Jahwe zu dem, der da wohnt in Finsternis.“ 

Den gleichen Text bietet 2 Chr 6, 1f; nur steht für 
‚a3 das glattere %N) und vor {138 die Kopula. Auch LXX 
setzen zu 2 Chr 6, 1f, mit unwesentlichen Abweichungen, den 
gleichen Text voraus, bieten dagegen 1 Kg 8, freilich an ver- 
kehrter Stelle, nach V. 53, einen durchaus verschiedenen Text: 

töte EAdAnge Zalwulv Unep TOD olkouv Ws (zu verbessern Öv) ouv- 
er&lee ToD olxodoufjoa abtöv- "HArov Eyviupıcev Ev obpavw. Küpıog eine 


Tob xartorkeiv Ev Yvöpw: olkoböungov olKöv nou, olKov eünpenf, gaurW TOD 
xatoıxeiv Emi xaıvömmtos. Oüx idbod aüm yYeypanrar Ev Bıßliw rAg Wöng; 


Einige Mängel dieser Übersetzung hat bereits J. Well- 
hausen nachgewiesen: Die Komposition des Hexateuchs, 
2. Druck, Berlin 1889, 270. &yvwpıoev, Ya korrumpiert 
aus YDM. eönpenfi entspricht dem hebräischen 921. &mi xaı- 
vörntog DWWY ist falsche Schreibung für Diay. Tig Wödfg, 
wi korrumpiert aus WW. So ergibt sich der Sinn: 


44 v. Hummelauer, Salomons Tempelweihe. 


„Damals sprach Salomon [hinsichtlich des Hauses, das er fertig ge- 
baut hatte]: Die Sonne hat er am Himmel aufgestellt. Jahwe sprach zu 
wohnen in Finsternis. Baue mein Haus, ein Wohnhaus dir, zur Wohnung 
immerdar. [Steht nicht also geschrieben im Buch des Rechten?]“ 

Da sind vor allem zu beachten die beiden Zusätze zu 
Salomons oder Jahwes Worten, die wir mit [] bezeichnet haben. 
Der erste („hinsichtlich des Hauses“ usw.) bezeichnet den 
Gegenstand von Salomons Ausspruch. Zu einer Zeit, wo 
der Sinn des Ausspruches bereits verdunkelt war, mag der 
Zusatz von einem frommen Leser oder Erklärer beigeschrieben 
worden sein, um den Sinn der dunklen Worte zu fixieren. 
Der zweite, ungleich wichtigere Zusatz, dessen Echtheit anzu- 
zweifeln kein Grund vorliegt, bezeichnet die Quelle des Aus- 
spruches. Derselbe, jedenfalls in seiner jetzigen Form, ist kein 
organisches Glied der Erzählung des Königsbuches, sondern 
in dieselbe eingetragen aus dem Buche des Rechten, also 
aus derselben Quelle, der Jos 10, 12f und 2 Sm 1 entstammen. 

Da beide Zusätze die Erklärung des Ausspruches 1 Kg 
8, 12f nicht beeinflussen, so bleiben sie im Folgenden un- 
berücksichtigt. Zunächst stellen wir einander gegenüber den- 
jenigen hebräischen Text, der dem massorethischen zu Grunde 
liegt, und denjenigen, welchen die LXX. übersetzten. 

Hebraeus Massor. Hebraeus LXX, 
moay NDR IK DYDWa |Y9rı WDR mobw NDN IR 

na na ma Damp swb Nor mm ma mas Spa 1205 SDR mir 

prohıy nawb paD 7b dar Biosw (nawb 75 bat 

Ob 132 und das Suffix nach n2V5 zum ursprünglichen 
Bestand des Textes gehören, mag füglich unerörtert bleiben. 
Eines tritt uns sofort aus Hebr. LXX klar entgegen: V.12f 
haben wir nicht blols einen, sondern zwei Aussprüche, ein Wort 
Salomons und eine Antwort Jahwes. Es war in der Tat am 
Platze, dafs bei solchem Anlals Jahwe das letzte Wort behielt. 

Ehe wir in Ermittlung des Textes weitergehen, vergegen- 
wärtigen wir uns die Situation. Ganz Israel, mit Salomon 
vor dem Tempelgebäude versammelt, sieht sich plötzlich einer 
Erscheinung Jahwes gegenüber, der Wolke. Hier heilst 
es schweigen oder Passendes in kürzester Form sprechen. 


N 


v. Hummelauer, Salomons Tempelweihe. 45 


In solcher Situation hat Salomon jedenfalls nicht dasjenige 
gesagt, was ihn Hebraeus LXX. sagen lälst; er hat nicht die 
elementare astronomische Wahrheit ausgesprochen: 


„Die liebe Sonn’ am Himmel steht.“ 


Er hat auch nicht mit Hebraeus Massor. gesagt: „Jahwe hat 
beschlossen (?), im Dunkel zu wohnen, ich aber habe ihm ein 
Haus gebaut.“ An wen sind diese Worte gerichtet? an das 
Volk? Dann mufste wohl Salomon, während er sie sprach, der 
Wolke den Rücken kehren. Welches „Dunkel“ meint er? das 
Dunkel des Allerheiligsten? Auch scheint es weniger am 
Platz, dals Salomon sich selbst so sehr in den Vordergrund 
rückt, sei es mit dem absoluten Infinitiv #132, sei es mit dem 
Pronomen “81. Der Ausspruch, wie er bei Hebr. Massor. und 
Hebr. LXX vorliegt, palst nicht in den Zusammenhang. 

Was mu/[ste Salomon sagen, wenn er bei solchem Anlals 
überhaupt etwas sagen wollte? 

Zwischen David und Salomon einerseits und 
zwischen Jahwe anderseits bestand ein gegenseitiger 
Vertrag: jene hatten sich verpflichtet, Jahwe ein Haus zu 
bauen; Jahwe hinwieder hatte sich verpflichtet, David ein Haus 
zu bauen, d.i. seine Dynastie bleibend zu begründen. Das 
Haus Davids war seiner Verpflichtung voll und ganz nach- 
gekommen: der Tempel stand da in seiner ganzen Pracht, und 
Jahwes Erscheinen in der Wolke bekundete die rückhaltlose 
Gutheilsung und Akzeptation der Vertragsleistung. 

Nun beachte man, dafs Salomon ein König war, dem die 
Zukunft seiner Dynastie am Herzen lag; dals er ein weiser 
König war, der darauf sehen mulste, dafs seiner Leistung 
eine Gegenleistung entsprach; dals er ein weiser König 
der Hebräer war, deren Art es niemals gewesen ist, auf 
Gegenleistungen zu verzichten. 

Das einzige, was Salomon in der gegebenen Situation sagen 
konnte und, wenn er überhaupt etwas sagen wollte, auch 
sagen mulste, war dieses: er mulste gläubig ehrfurchtsvoll, 
aber zugleich mit prägnanter Bestimmtheit die Gegen- 


46 v. Hummelauer, Salomons Tempelweihe. 


leistung in Erinnerung bringen, er mulste sagen: Baue 
mein Haus, 'N‘2 2, genau die Worte, welche die LXX in 
der zweiten Texthälfte haben. Der Text lautete ursprünglich: 


„Damals sprach Salomon: Baue mein Haus auf.“ 


Die Worte „Die Sonne hat er am Himmel aufgestellt“ 
gehören sicherlich nicht zum Ausspruch Salomons; wir ziehen 
sie zur Antwort Jahwes. 

Der Text 5ery3 pwb pmw> ar wow gibt keinen Sinn. 
Aber die Umstellung blofls zweier Buchstaben, pr nw 
statt 377 WoW, ergibt folgenden, durchaus passenden Sinn: 


„Jahwe sprach: Bestimmt hat es der, welcher im Himmel wohnt, 
dem, der in der Finsternis wohnt: Fürwahr, ich baue ein Wohnhaus dir, 
(eine Stätte) zur Wohnung dir immerdar.“ 

Ohne Kopula, wie ein Blitzstrahl aus der Wolke, folgen 
auf Salomons Ausspruch die Worte: „Jahwe sprach.“ Herrlich 
ist der Gegensatz zwischen Gott, der im Himmel, im Lichte 
wohnt, und dem weisesten der Menschen, der, mit Gott ver- 
glichen, eben nur ein Finsterling ist. Kurz und kräftig 
wird die früher gegebene Verheilsung bestätigt: Haus um 
Haus, das ist der Vertrag. Weil aber Salomon Jahwe ein 
Haus gebaut hat, in dem Jahwe wohnt, so wird auch die 
Dynastie, in welcher Salomon fortlebt, bezeichnet als ein Haus, 
in dem Salomon wohnt. In seiner Nachkommenschaft lebt, 
wohnt und regiert Salomon immerdar. 

Unsere Erklärung nimmt an dem Texte keine Streichung 
vor. Sie behält sowohl das n’2 n132 2 des hebräischen als 
das N 32 des griechischen Textes bei, rückt es an Stelle 
des Dipwa ar WW und ändert in letzterem die Stellung von 
blos zwei Buchstaben. Damit bringt sie einen klaren, bün- 
digen Sinn in einen bisher unaufgeklärten Text und bietet 
ein Wort und Gegenwort, das keineswegs im Widerspruch 
steht mit dem wenigen, das wir von der Art des „Buches des 
Rechten“ wissen, sicherlich nicht mit Jos 10, 12f. 


Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


Von Professor Dr. Norbert Peters in Paderborn. 


I: 


D: das Buch Ekklesiastes sich mit Ekklesiastikus nicht 
selten recht enge berührt, ist längst aufgefallen. Wright! 
(41ff), Schechter (bei Schechter-Taylor 13 ff; vgl. 35), Nöldeke 
(Zeitschr. f. atl. Wiss. 1900, 90ff), Ryssel (322) und Knaben- 
bauer (Stimmen a. M.-Laach LXII [1902] 537) halten Ekkli 
für abhängig von Ekkle. Für Siegfried (23) ist es wenigstens 
nicht „ausgeschlossen, dals der Kern des Buches (sc. Ekkle) 
bereits dem Jesus Sirach (nach 170) vorgelegen habe“. Da- 
gegen sind J. Halevy (77ff) und E. König (58) der Meinung, 
dafs umgekehrt Ekkli den Verfasser des Ekkle beeinflulst 
habe. Eine gründliche Untersuchung des Problems fehlt noch. 
Bei meinen Studien über Ekkli habe ich die Sache in den 


ı Mit dem einfachen Namen des Verfassers werden in dieser Unter- 
suchung folgende Werke zitiert: F. Delitzsch, Hoheslied und Koheleth, 
Leipzig 1875; S. Euringer, Der Masorahtext des Koheleth, Leipzig 1890; 
J. Halevy, Etude sur la partie du texte hebreu de l’Ecclösiastique re- 
cemment d£ecouvert, Paris 1897; J. Knabenbauer, Commentarius in 
Ecclesiasticum, Parisiis 1902; E. König, Die Originalität des neulich ent- 
deckten hebräischen Sirachtextes, Freiburg i. B. 1899; I. Levi, L’Ecele- 
siastique I, Paris 1898, II, 1901; N. Peters, Der jüngst wiederauf- 
gefundene hebräische Text des Buches Ecclesiasticus, Freiburg i. B. 1902; 
V. Ryssel, Die Sprüche Jesus’ des Sohnes Sirachs, in E. Kautzsch, Die 
Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments I 230—475, 
Tübingen 1900; S.Schechter and C. Taylor, The wisdom of Ben Sira, 
Cambridge 1899; A. v. Scholz, Kommentar über den Prediger, Leipzig 
1%1; C.Siegfried, Prediger und Hoheslied, Göttingen 1898; G. Wilde- 
boer, Der Prediger, in K. Nowack, Kurzer Handkommentar zum Alten 
Testament XV1I 109-168, Freiburg i. B. 1898. 


48 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


letzten Jahren im Auge behalten und mich von der Richtig- 
keit des Minoritätsvotums überzeugt. 

Um die Sache nicht zu verwirren, werde ich, alle andern 
Momente beiseite lassend, die Frage vom ausschlielslichen 
Standpunkte der Untersuchung der Parallelen der zwei Bücher 
behandeln, ohne mich durch irgend eine andere Rücksicht 
beeinflussen zu lassen, um so zunächst einen festen Punkt zu 
gewinnen, welcher der Stütze problematischer Hypothesen 
nicht bedarf. Bezüglich des Textes des Ekkli sei bemerkt, 
dafs ich von der durch kritische Sichtung von mir gewonnenen 
Textgestalt ausgehe. Ich verweise auf meine oben 47, A.1 
angeführte Schrift, deren textkritische Bemerkungen zu den 
einzelnen Stellen ich hier natürlich nicht noch einmal aus- 
schreiben werde!. Für Ekkle gehe ich bei den einzelnen 
Stellen auf Textkritisches nur dann ein, wenn es für die vor- 
liegende literarkritische Frage von Bedeutung ist, während 
ich sonst den massorethischen Text zu Grunde lege. 

I. Eine ganze Reihe in der exegetischen Lite- 
ratur genannter Parallelen sind für die Entscheidung 
unserer Frage gänzlich wertlos, weil entweder die 
Beziehungen zwischen den beiden Stellen überhaupt 
fraglich sind, indem nur ein ganz allgemeiner, ohne 
Abhängigkeitsverhältnis begreiflicher Parallelismus 
vorliegt?, oder weil die Übereinstimmung erst eine 
Folge von Textkorruption ist, oder weil sie auf 
beiderseitiger Abhängigkeit von einem dritten 
Buche ruht. 

Ekkle 1,3—Ekkli 40,1. Die Berührung ist nur eine 
ganz allgemeine im Gedanken. Vgl auch Gn 3,19. 


ı Wie dort, zitiere ich auch hier die Verse des Ekkli nach Swetes 
Septuagintaausgabe, die Kapitel aber nach der richtigen Reihenfolge des 
hebräischen Textes (= Lat. Syr. Ar.), nicht nach Gr. Siehe Peters 109. 

2 Ganz sicher geht in dieser Beziehung die Mehrzahl der biblischen 
Literarkritiker in die Irre, indem sie in jedem leisen Anklange und 
jedem flüchtigen Schatten einer Ähnlichkeit sofort literarische Ein- 
flüsse wittert, vorschnelle Folgerungen zieht und mit den so gewonnenen 
„Resultaten“ weiter operiert. 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 49 


Ekkle 1,7—Ekkli 40,11. Die Auffassung der Vulg. in 
Ekkle 1, 7 (ad locum, unde exeunt flumina, revertuntur, ut iterum 
fluant) ıst durch den Parallelismus mit V. 4 und 5 sowie durch 
3,20 gefordert und deshalb, da der Wortlaut sie zulälst, mit 
Scholz zu wählen trotz Siegfried und Wildeboer. nor darf 
übrigens in unserer poetischen Darstellung nicht geprelst 
werden (gegen Scholz). Es erklärt sich m. E. der ganze Text 
ausreichend durch die atmosphärische Rückkehr des Wassers 
der Bäche zum Ausgangsorte. DW ist entweder, was ja zu- 
lässig ist, im Sinne von 18% zu fassen, oder es ist direkt 10% 
zu lesen. DW des M. T. würde sich vor Di nach alter ortho- 
graphischer Lizenz erklären. Vgl Peters 53* A. 1 und $ 15 
der Beiträge zu Samuel, Freiburg 1899. Gr. des Ekkli (kai drd 
bddtwv eic Bukaccav Avarduıreı) setzt, da Hb. (D1ND I DiNDD) 
durch St. I geschützt ist, die offenbar fehlerhafte Lesart D'Ww» 
Do SS voraus; vgl. ‘ und \ in der althebräischen Schrift 
und s. Peters 52*. Vielleicht spielen aber auch naturphilo- 
sophische Anschauungen in Gr. hinein. Hb. zeigt jetzt übrigens, 
dais Lat. (et omnes aquae in mare revertentur) keineswegs den 
ursprünglichen Text des Gr. bietet, vielmehr nichts ist als 
eine milsglückte Erklärung, die allerdings wahrscheinlich auf 
Ekkle 1,7 ruht. 

Im übrigen ist St. Il des Ekkli (ni 5x non Ww)) durch 
den Gegensatz zu St. I (28° yıar Is ya 55 [vgl. 41, 10]) ver- 
anlalst. Dieser aber ruht auf Gn 3, 19. Dafs Ekkli auf 
Ekkle 1,7 zurückgehe, ist deshalb recht unwahrscheinlich. Das 
umgekehrte Verhältnis bliebe allerdings möglich. 

Ekkle 1, 18—Ekkli 33 (36), 11. Gr. wird freilich 
man 3% voraussetzen. Da Syr. aber lol, adsanu> bietet, ist 
die Übereinstimmung in dieser Phrase, die übrigens in Ekkle 
vom Menschen, in Ekkli von Gott gebraucht ist, noch recht 
fraglich. 

Ekkle 1, 18—Ekkli 21,12. Im Hb. ist leider Kap. 21 
nicht erhalten. Im Syr. fehlt Vers 12. Schon Bretschneider 
(bei Fritzsche) vermutete, dafs der Vers unecht sei und in 


19,22 ff wurzele. Jedenfalls ist er zweifelhaft und darf schon 
Biblische Zeitschrift. IL 1. 4 


50 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


deshalb für unsere Frage nicht herangezogen werden, abgesehen 
davon, dals die rein inhaltliche Berührung des Ekkli in 
St. II mit Ekkle zur Statuierung eines Abhängigkeitsverbält- 
nisses nicht genügt und aulserdem die durch den Parallelismus 
empfohlene Lesart nadiav für Gr. neben mıxplav (s. Brian 
Walton) überliefert ist. 

Ekkle 2, 3—Ekkli 37,25. Der gemeinsame Ausdruck 
(vgl. Ekkle 5,17) und Gedanke ist so trivial, dals eine lite- 
rarische Abhängigkeit sehr unwahrscheinlich ist. 

Ekkle 2, 3—Ekkli 3, 25. Lediglich Zusammentreffen des 
Hb. des Ekkli mit Ekkle in einer Phrase und einem Worte! 
Gr. hat — und sein Text ist als ursprünglich anzusehen; 
s. Peters 7 — gelesen Dr3 3m main amm. Von irgend 
welchem Abhängigkeitsverhältnis kann also gar nicht die 
Rede sein. 

Ekkle 2, 19—Ekkli47,23f. Wenn Ekkle 2,19 wirklich 
auf Roboam deutet, was nicht sicher ist (s. A. Scholz z. St.), 
so liegt 1 Rg 12 jedenfalls als seine Quelle näher als Ekkli. 

Ekkle 3, 1—Ekkli 4,20. Für Ekkli ist allerdings die 
Konjektur Schechters (EN NY) sehr bestechend und jedenfalls 
mehr einleuchtend als jdtn Ryssels. 187 des Hb., wie Is 63, 15 
im Sinne von innere Erregung gefalst, erklärt die Stelle aber 
ausreichend ohne Konjektur. Das Wort ist jedoch offenbar 
erläuternde Glosse, die ebenso wie ‘32 den Stichos überlastet. 
Beide Worte fehlen in Gr. wie Syr. Vgl. auch Ekklı 20,7 
(ny New). Damit fällt aber der behauptete Parallelismus mit 
Ekkle 3,1 völlig weg, der übrigens, auch wenn er vorhanden 
wäre, für unsere Frage wertlos sein würde, da es sich in 
NY Or resp. PN MY jedenfalls um eine allgemeine Redensart 
handelt. Vgl. etwa unser Zeit und Stunde. 

Ekkle 3, 7—Ekkli 20, 5-7. Ekkli ist freilich eine 
weitere Ausführung der landläufigen Wahrheit, dals es zu- 
weilen gut sei zu schweigen, zuweilen zu reden, einer Wahr- 
heit, die allerdings auch der kurze Spruch des Ekkle enthält. 
Aber nicht nur in diesen drei Versen des Ekkli, sondern in 
dem ganzen Abschnitt 20,1—31 wird dieser Gedanke behandelt. 


u fi den: He uiid a — 


eier ur. urn m Eh ae En 


 —- gie — pe Tr 


- tn GE. [7 


nr 


“a mai age 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 51 


Dals dieses Thema aber Ekkle entnommen sei, ist ebensowenig 
zu erweisen, als dals Ekkle seinen Satz aus jener langen Aus- 
führung des Ekkli abstrahiert habe. Solche Wahrheiten sind 
doch so trivial, dals sie auch im zweiten vorchristlichen Jahr- 
hundert schon in allen Schulen doziert wurden. Die Berührung 
ım Wortlaut ist aber so geringfügig, dals für unsere Frage 
gar nichts damit zu machen ist. 

Ekkle 3, 7—Ekkli 32 (35), 4. Die beiderseits ausgespro- 
chenen Wahrheiten sind wiederum so allgemeiner Natur, und 
die Berührung im Wortlaut ist so geringfügig, dals der Ge- 
danke an ein Abhängigkeitsverhältnis sehr ferne liegt. 

Ekkle 3, 11—Ekkli 14,16. Es handelt sich in Ekkli (99) 
may DW BD NWYb MBNY 37) um einen Zusatz aus Syr. (> Gr.). 
Derselbe hat, wie schon Edersheim erkannte, apologetische 
Tendenz. Im übrigen ist zudem das Zusammentreffen in zwei 
Worten ein rein zufälliges, da der Gedanke ein ganz ver- 
schiedener ist. 

Ekkle 3, 12—Ekklı 14,11. Es ist an sich höchstens 
(218 9y ist = Gutes tun; nicht wie 287 = sich gütlich 
tun; s. Scholz z. St.) eine Ähnlichkeit im Gedanken, kein 
Abhängigkeitsverhältnis der zwei Stellen erweisbar. Vgl. übri- 
gens die Ausführung zu Ekkle 5, 9—6, 12 im Verhältnis zu 
Ekklı 30, 14—31 (34), 11 im II. Teile dieser Abhandlung. 

Ekkle 3, 15—Ekkli 5, 3. Die Beziehung des Ekkle mit 
AT MR WPD DYrDam auf Hb. des Ekkli mit DIET wpan ı\ 2 
kann hier allerdings kaum zufällig sein (Nöldeke, Ztschr. f. atl. W. 
1900, 93), ist aber erst im Laufe der Textgeschichte des Ekkli 
hineingekommen, da Gr. statt DET WPD vielmehr mit ExdıkWv 
exdıcnoeı (vgl. 39, 30; 46, 2) DP2* DIP) voraussetzt. Im übrigen 
stützt Hb. aber offenbar als alter Zeuge für die Auffassung 
der Ekklesiastesstelle — vgl. auch Syr. — die von A. Scholz 
vertretene Erklärung des Gr. (kai 6 deög Znrnoeı TOV diweö- 
nevov) in Ekkle 3, 15, wie sie auch von ’A.2. Syr. und Targ. 
geboten wird. So gibt St. III deutlich die Parallele zu 
V.141V, wie St. I—II zu V. 14I—IlIl. Die übrigens schon in 


der Vulg. (et deus instaurat quod abiit) enthaltene, heute ge- 
4" 


52 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


wöhnliche Erklärung, Gott suche das Vergangene wieder auf, 
um es abermals in die Erscheinung treten zu lassen, scheidet 
völlig aus, abgesehen davon, dafs sie mit einer ganz un- 
erwiesenen Bedeutung von AT operiert. „Das frappante Zu- 
sammentreffen dieser Anschauung mit dem stoischen Bilde des 
Rades für die konsequente Wiederkehr aller Erscheinungen“ 
(Siegfried) ist in den Text hineininterpretiert. Zu Wp2D sei 
noch auf Hb. in Ekkli 30,20 verwiesen (TB WPAD N; 173 Syr.B.). 

Ekkle 3, 20--Ekklı 16, 20; 40, 11; 41, 10. Der Text des 
Gr. in Ekkli 16, 20 ist mindestens zweifelhaft, da Syr. — Hb. 
ist nicht erhalten — wasyss % «a, nase hat. Schon des- 
halb scheidet unsere Parallele aus. Was aber das Verhältnis 
zu Ekkli 40,11 und 41,10 angeht, so ist der Gedanke der 
Rückkehr des Leibes zur Erde an sich so naheliegend und 
selbstverständlich, dals er ein Abhängigkeitsverhältnis zu be- 
gründen kaum geeignet ist. Eventuell würde sich auch die 
Verwendung und Formulierung desselben in Ekkle wie Ekkli 
durch Gn 3, 19 und Jb 34, 15 erklären lassen. 

Ekkle 4, 3—Ekkli 40, 18—26. Druwo Am des Ekkle wie 
DW) des Ekkli sind doch so allgemeine Wendungen, dals 
der Gedanke einer Reminiszenz aus Ekkli bei Ekkle (Halevy 
II 78) ganz zurückzuweisen ist, mag derselbe auch durch die 
zehnmalige Wiederholung des BY) im Ekkli nahe liegen. 

Ekkle 4, 8b—Ekkli 14,15. Ekkliı motiviert den Rat, das 
Glück des Tages zu genielsen (14, 14), mit dem Hinweis darauf, 
dafs der Mensch doch alles seinen Erben hinterlasse, während 
der in Ekkle Redende argumentiert: Ich habe keine Erben 
(4, 8a), wozu also arbeiten und sparen? An sich können die 
zwei Stellen unabhängig von einander entstanden sein, zumal 
sie sich in der Form des Ausdrucks in keinem Worte berühren. 

Ekkle 5, 8-Ekkli 7,15. Die einfache Erwähnung des 
Ackerbaues als eines Gutes in Ekkle und die Mahnung, sich 
des Ackerbaues als einer Einrichtung Gottes nicht zu schämen, 
in Ekkli reicht zur Annahme einer Abhängigkeit nicht aus. 

Ekkle 5,11—Ekkli 40,18. Die Parallele wurzelt lediglich 
ın der tendenziösen Auffassung des Gr. (Zwr} auTäpKoUg EpyATou 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 53 


YAuxavdnoeroı), die allerdings unter dem Einflusse von Ekkle 5,11 
stehen mag. Lies aber mit B. \p'ne® “Bw " Yrı und vgl. Peters 
z.St. Von ıpınp! an ap DW (’homme content et le travailleur 
ont une vie douce) Hal&vys (1897, 77) kann keine Rede sein, noch 
weniger von einer Bekämpfung des in Ekkli sich anschlielsen- 
den Stichos (TSIR K218 DT3YD1) durch Ekkle 5,11b (NY) yayım 
nerb 15 mo 19318). Denn der Schatz des Ekkli ist kein Geld, 
sondern die Weisheit, wie 40, 19 (mbar uS218) beweist. 

Ekkle 7,8—Ekkli 5,11. Die Berührung im Sinne des 
Spruches und in der einen Wendung MN 7821 lälst es an sich 
zweifelhaft, ob eine Abhängigkeit besteht. Dazu kommt, dals 
nach Gr. 2. und Vulg. in Ekkle die maskuline (nicht neutrische) 
Auffassung von MI m238 m N intendiert ist. 

Ekkle 7, 13—Ekkli 18, 6; 42, 21. Es ist verfehlt, den in 
beiden Büchern ausgedrückten Gedanken, dals sich Gottes 
Werke nicht verbessern lassen, zum Erweise einer literarischen 
Abhängigkeit zu verwenden, zumal formelle Berührungen 
nicht vorliegen. 

Ekkle 7, 14—Ekklı 14, 14. Der Gedanke ist so all- 
gemein und der Anklang im Wortlaut so geringfügig, dafs 
die Abhängigkeit der zwei Stellen fraglich bleibt. Wer anders 
urteilt, wird doch die Frage offen lassen müssen, ob Ekkle das 
Distichon des Ekkli (may I ms npona1 | oY name yaon IN) 
frei zu einem Stichos (A182 mr ab HN) verkürzt oder ob 
Ekkli jenen einen Stichos zu einem Distichon ausgebaut habe. 

Ekkle 7, 29—Ekkli 27,5. Es ist eine so lose Beziehung, 
dafs man die Stellen kaum als Parallelen betrachten kann. 

Ekkle 8, 4—Ekkli 36,10 (8[1] Schechter). Die Parallele 
wurzelt nur in Hb. (mwyn np 5 "os! ‘od 2) und Syr. des 
Ekkli. Es ist aber mit Gr. YMMA3 AS YNBDN zu lesen. Siehe 
Peters z. St. Aulserdem könnten eventuell beide Stellen auf 
Jb 9, 12 (nwyn mm vos NDR) ’d) zurückgehen. Für das Ver- 
hältnis des Ekkle und Ekkli ist die Parallele deshalb wertlos. 

Ekkle 10,17—Ekkli 31 (34), 25. Die Erwähnung zechen- 
der Fürsten in Ekkle und die Warnung vor dem Zechen in 
Ekkli begründet kein Abhängigkeitsverhältnis. 


54 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


Ekkle 12,12 III—Ekkli 13, 26 Il. Es liegt eine blolse 
Parallele in einem allgemeinen Gedanken vor. Ob die beiden 
Stellen abhängig von einander sind, und auf welcher Seite die 
Abhängigkeit liegt, bleibt gleich zweifelhaft. Dies Resultat 
würde sich allerdings ändern, wenn in Ekkli 13, 23 Gr. mit 
eüpegis napaßoAwy ursprünglich wäre (s. aber Peters), da dieses 
dann die weitere Parallele zu Ekkle (Yp Ys a7 DBD NY) 
bringen würde. Dann würde auf eine erweiternde Erklärung 
des Ekkli durch Ekkle geschlossen werden können, und unsere 
Parallele würde das von mir unabhängig hiervon gewonnene 
Resultat der Benutzung des Ekkli durch Ekkle stützen. 

U. In ein paar Stellen ist es zwar immerhin in 
etwa wahrscheinlich, da/s die eine auf der andern 
ruht. Es bleibt aber, wenn man die Stellen nur an 
sich betrachtet, zweifelhaft, welche Stelle als pri- 
mär anzusprechen ist. 

Ekkle 2, 22f—Ekkli 40, 1—7. Der Gedankengang ist 
derselbe: Der Mensch hat sein ganzes Leben lang Mühsal und 
Schmerz und selbst nachts auf seinem Lager keine Ruhe. 
Das wird kaum noch Zufall sein können. Ob aber Ekkli 
weitere Ausführung des Ekkle oder Ekkle kürzende, gedächtnis- 
mälsige Umarbeitung des Ekkli ist, bleibt zunächst zweifelhaft. 

Ekkle 8, 11—13— Ekklı 5, 4-7. Die beiden Stellen 
stimmen, allerdings ohne formellen Gleichklang, in dem ganzen 
Gedankengange überein, dals die Menschen viel sündigen, weil 
Gott nicht gleich straft, dafs aber Gottes Strafe nicht ausbleibt. 
Abhängigkeitsverhältnis ist wahrscheinlich. Wo es aber liegt, 
lälst sich auf Grund der Vergleichung der Stellen nicht sagen. 

Ekkle 10, 10—15—Ekklı 21, 25—28. Auch hier hat es 
immerhin einige Wahrscheinlichkeit, dals die zwei Stellen über 
die Reden des Weisen und des Toren nicht unabhängig von 
einander sind. Wo aber die primäre Ausführung steckt, dafür 
bietet auch hier die ‚Betrachtung der Stellen an sich keinen 
Anhalt, Vgl. übrigens zu Ekkli 21,26 auch Ekkle 10, 2. 


(Schlufs folgt.) 


Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit 
Jesu. 


Von Professor Johannes Belser in Tübingen. 


ie den Einreden gegen die Echtheit des vierten Evan- 
geliums figuriert auch jene, welche von der Differenz der An- 
gaben des Johannes über die Dauer des öffentlichen Wirkens Jesu 
im Vergleich mit der synoptischen Darstellung hergenommen 
ist. Insgemein steht diese Einrede neben der andern, es 
herrsche ein unausgleichbarer Widerspruch zwischen dem 
vierten Evangelium und den Synoptikern in der Bestimmung 
des Todestages Jesu. Nachdem in letzterer Frage jetzt volle 
Sicherheit erreicht, d. h. auf Grund der übereinstimmenden 
Angaben der Synoptiker und des Johannes der 14. Nisan als 
Tag des Abendmahls und Freitag der 15. Nisan als Todestag 
Jesu zur Evidenz erwiesen ist, müfste man es als einen Ge- 
winn erster Grölse erachten, wenn gegenüber den Behaup- 
tungen der Kritik bezüglich einer Disharmonie der Evangelien 
in der Frage nach der Dauer des Wirkens Jesu eine Über- 
einstimmung aufgezeigt werden könnte. Nun hat van Bebber 
in seinem Buche „Zur Chronologie des Lebens Jesu* (Münster 
1898) die These von einer blofs einjährigen Wirksamkeit Jesu 
aufgestellt und begründet. Die Theorie ist nicht völlig neu, 
da sie schon in den drei letzten Jahrhunderten wiederholt 
aufgetaucht ist; aber van Bebber hat dieselbe in neuer, 
origineller Weise begründet. Zunächst fand der verdiente 
Gelehrte mehr Widerspruch als Zustimmung. Als Gegner 
traten auf Knabenbauer in den Laacher Stimmen (LV 
[1898] 433ff), sodann Erasmus Nagl (Katholik 1900, II 200f 


56 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


318ff 417ff und 481ff), und ich selbst habe unter voller An- 
erkennung der ausgezeichneten Selbständigkeit und scharf- 
sinnigen Beweisführung das Ergebnis der van Bebberschen 
Abhandlung nicht als beifallswürdig bezeichnet (Tüb. Theol. 
Quartalschr. 1899, 126—130), indes mich bald hernach seinem 
Standpunkt bis zu einem gewissen Grade genähert, indem 
ich die Annahme einer mehr denn zweijährigen Wirksamkeit 
Jesu als unmöglich und unvereinbar mit den evangelischen 
Berichten darzulegen mich bemühte (ebd. 1900, 23—42). 
Wenn ich hier die Frage nach der Dauer des öffentlichen 
Lehramtes Jesu nochmals aufwerfe und behandle, so möchte 
ich die Exegeten zu einer allseitigen Prüfung und offenen 
Aussprache veranlassen; wir haben ja jetzt ein neues Organ, 
das unsern speziellen Zwecken dient; ich zweifle nicht daran, 
dals durch die Arbeit vieler das Problem einer glücklichen 
Lösung entgegengeführt wird. 

Nagl ist in seinen Ausführungen zu dem Ergebnis ge- 
kommen, dafs bei der Lösung der Frage nur die Evangelien 
als Quelle benutzt werden dürfen (a. a. O. 483). Gibt es in 
dieser Beziehung keine Tradition? Gewils; die Väter und 
Schriftsteller der drei bis vier ersten christlichen Jahrhunderte 
vertreten mit Vorliebe und mit einer gewissen Einmütigkeit 
die Ansicht von der blofs einjährigen Wirksamkeit Jesu; so 
Klemens von Alexandrien, Origenes (wenn auch mit einigem 
Schwanken), Ephräm von Edessa, Augustin, Hilarıus von Poitiers, 
Tertullian, Julius Africanus, Hippolyt, Oyrill von Alexandrien, 
sonach Vertreter der Kirchen des Morgen- und Abendlandes. 
Wer die Zeugnisse im einzelnen prüfen will, nehme Einsicht 
von der gründlichen Arbeit Nagls, welcher in diesem Punkte 
zu demselben Resultat gekommen ist, wie van Bebber, nur 
dals er in Abweichung von letzterem diesen Zeugnissen kein 
Gewicht beilegt. Nach zuverlässiger Tradition, sagt der Ge- 
lehrte, ging die Annahme eines Lehrjahres von Häretikern 
aus, den Valentinianern, Basilidianern und den gnostischen 
Alogern; diese aber sind nicht durch die Erforschung der 
Schrift und Tradition, sondern durch das beliebte historische 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 57 


Hilfsmittel philosophischer Voraussetzung zu ihrer Ansicht 
gekommen, wenn sie gleich bei der Verbreitung derselben 
teilweise die Schrift (Is 61,2= Lk 4,19) für sich in An- 
spruch nahmen; Klemens von Alexandrien, der erste christ- 
liche Vertreter der Anschauung, liels sich durch die Häretiker 
(Valentinianer) beeinflussen, und von Alexandrien aus machte 
die Theorie die Runde durch die ganze Welt. Diese Erklärung 
von Nagl kann ich nicht billigen, und ich glaube, dafs sie 
auch den Beifall anderer nicht finden wird. Es heilst doch 
wohl diesen Vätern und Schriftstellern der Kirche unrecht 
tun, wenn man ihnen zutraut, dals sie sozusagen blindlings 
den Spuren der häretischen Gnostiker folgten und ohne jede 
eigene Prüfung der Schrift deren Ansicht von dem einen 
Lehrjahr Jesu verbreiteten? Sollte etwa Irenäus der erste 
gewesen sein, welcher auf die Erforschung der Evangelien 
drang behufs Lösung der Frage nach der Dauer der Wirk- 
samkeit Jesu (Adv. haer. 2, 22, 3)? Es heilst, um von anderem 
zu schweigen, dem Örigenes, dem Typus und Ideal eines ge- 
sunden Kritikers, Kritiklosigkeit in der höchsten Potenz zu- 
schreiben, wenn man seine Aussprüche über das eine Lehrjahr 
Jesu lediglich aus dem Anschluls an seinen Lehrer Klemens 
bezw. an die Valentinianer erklärt. Wenn er zuerst ganz be- 
stimmt dem Herrn nur ein Lehrjahr beilegt (De princ. 4, 5), 
in seinen späteren Lebensjahren aber eher der Ansicht von 
zwei und mehr Lehrjahren zuneigt, so beweist ja gerade dieses 
Verhalten eine gewisse Selbständigkeit. Cyrill von Alexan- 
drien gibt sein Urteil über das eine Lehrjahr unter Be- 
rücksichtigung der Stellen Jo 6, 1 und 4 ab (Comm. in 
Is 32, 10)1: dies anni, quo facta est a Christo praedicatio. 
Tertullian sodann, welcher gleichfalls nur ein Lehrjahr Jesu 
annimmt (Adv. Marc. 4,19) und den Tod Jesu selber in das 
15. Jahr des Tiberius verlegt (Adv. Iud. 8), indes mit dem 
Ansatze Marcions — Jesu Taufe im 15., sein Tod im 16. Jahr 
des Tiberius — einverstanden ist, hat gewils nicht aus irgend 


ı Vgl.hierüber van Bebber, Zur Chronologie 156 u. Nagl a. a. 0.184. 


58 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


einer Vorliebe für diesen Häretiker solche Meinung vertreten, 
sondern aus sachlichen Gründen und sicher nach sorgfältigster 
Prüfung der heiligen Evangelien. Sowohl Tertullian wie die 
andern hier in Betracht kommenden Väter haben bei ihren 
bezüglichen Rechnungen und Angaben besonders Lk 3, 1 zum 
Ausgangspunkt genommen, und daran taten sie gut. Man 
wird freilich sofort sagen: Wenn diese Väter hierbei Lk 3,1 
berücksichtigten, warum denn nicht auch Jo 6, 4? Darauf 
wird es, wie wir später zeigen werden, nur eine richtige Ant- 
wort geben: Weil sie dort das heute im Text stehende ro 
macyxa nicht vorgefunden haben. Hier möge vorab nur soviel 
festgestellt sein: über die Zeugnisse der Väter und Kirchen- 
schriftsteller der ersten christlichen Jahrhunderte betrefis der 
einjährigen Wirksamkeit Jesu kann man nicht einfach zur 
Tagesordnung übergehen, als wären sie alle aus derselben 
(unlautern, häretischen) Quelle und demselben Ort (Alexan- 
drien) ausgegangen. Diese Zeugnisse entbehren zwar zum 
Teil der vollen Bestimmtheit (Origenes) und Konsequenz; im 
ganzen aber repräsentieren sie eine achtungswürdige Tradition 
und dürfen zum allermindesten für die These von der ein- 
jährigen Wirksamkeit Jesu als ein wichtiges Präjudiz bezeichnet 
werden. Die Angaben der Schrift bleiben für die Entscheidung 
der Frage die malsgebende Quelle. 

Man sagt nun: Die Schrift bezeugt eine mehrjährige Lehr- 
tätigkeit Jesu; es genügt zur Widerlegung der Hypothese 
von einem Lehrjahre allein schon die Stelle Lk 6,1; danach 
hielt sich der Heiland einmal während der Österzeit mit seinen 
Jüngern in Galiläa auf; dieses Passah kommt zu dem Jo 2,13 ff 
genannten Osterfest, welches Jesus in Jerusalem beging, hinzu; 
aulserdem folgte unter allen Umständen noch ein Passah, das 
Leidenspassah — ergo causa dicta est. Ich selbst habe mit 
Zahn Lk 6, 1 als ein der genannten Hypothese entgegen- 
stehendes Hindernis bezeichnet (vgl. Quartalschrift 1899, 130), 
und Nagl benutzt das odaßßarov deurepönpwrov gleichfalls bei 
seiner Bekämpfung Bebbers (a. a. O. 492). Über die Be- 
deutung dieser Ausdrucksweise habe ich mich in der Quartal- 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 59 


schrift 1896, 548f ausgesprochen: danach mülsten wir dar- 
unter den Sabbat der Osterwoche verstehen. Anders falst 
Zahn dieses Wort; nach ihm wäre damit gemeint der zweite 
Sabbat, vom ersten Sabbat des jüdischen Kirchenjahres an 
gerechnet, welcher immer auf einen der Tage vom 8. bis 
14. Nisan, sonach ganz unmittelbar vor das Passah gefallen 
sei (Einl. II 441).. Eine wesentliche Differenz ergibt diese ab- 
weichende Auflassung des schwierigen Ausdrucks für die Frage 
nach der Dauer des Öffentlichen Wirkens Jesu nicht; beide 
Auffassungen führen mit Notwendigkeit bei der Interpretation 
von Lk 6, 1 zu der Anschauung, dafs der Heiland einmal die 
achttägige Osterzeit mit seinen Jüngern in Galiläa zugebracht 
habe, fern dem Heiligtum, wo allein das Osterlamm gegessen 
werden konnte (Dt 16, 5-6). Da nach dem Auftauchen 
der Hypothese von dem einen Lehrjahr Jesu dem eigentüm- 
lichen Ausdruck oaßßarov deutepönpwrov erhöhte Bedeutung 
zukam, wandte ich mich an den Gelehrten Strack in Berlin 
mit der Bitte um ein Urteil bezw. eine Entscheidung über 
meine und Zahns Erklärung. Strack tritt weder meiner Aus- 
legung bei noch der Zahns, versteht vielmehr unter o4ßBartov 
devtepörtpwrov den ersten Sabbat im zweiten Jahr eines Sabbat- 
zyklus, welcher Sabbat wegen der in einem solchen Jahr er- 
hobenen Steuer (vgl. Jos. A. 14, 10, 5—6) eine ausgezeichnete 
Bedeutung hatte. Nach einer probablen Annahme endigte im 
Herbst 781, ım 15. Jahr des Kaisers Tiberius, eine Sabbat- 
periode; sonach begann am 1. Tisri 782 das zweite Jahr der 
neuen Sabbatperiode. Wenn diese Erklärung von Strack An- 
spruch auf Richtigkeit machen kann, so führt die Angabe 
Lk 6,1 nicht auf die Österzeit, sondern auf den Herbst. 
Inzwischen bin ich zu der Überzeugung gekommen, dals 
.deUTEPÖNTPWTovV ein späteres Einschiebsel ist, welches nur zu 
lange den Scharfsinn der Exegeten herausgefordert hat. Oder 
ist es nicht von vornherein in hohem Grade befremdlich, dafs 
deurtepönpwrov, angeblich ein terminus technicus der jüdischen 
Kultsprache, uns weder im AT (LXX) noch bei den jüdischen 
Schriftstellern Josephus und Philo noch in den jüdischen 


60 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


Apokryphen noch im Talmud begegnet? Auch Chwolson, auf 
welchen ich mich früher berief, ein geborener Jude, ein aus- 
gezeichneter Kenner des Talmud, weils nirgends eine Spur 
von dem deurepönpwrov in der jüdischen Literatur zu ent- 
decken. Dieser Umstand erweckt an sich schon Verdacht 
gegen das deutepönpwrov; indes haben wir auch äufsere An- 
haltspunkte: es fehlt der Ausdruck in vielen Handschriften, 
besonders in 8BL, in der Itala und andern Versionen; West- 
cott-Hort hat denselben gestrichen, ebenso Nestle in seiner 
neuen Ausgabe (vgl. Meyer-Weils zur Stelle Lk 6, 1, S. 366f. 
und Winer-Schmiedel, Grammat. des ntl Sprachidioms $19, 8, 
S. 169). Nun sind freilich manche geneigt, gegen die Tilgung 
zu protestieren unter Hinweisung auf die Eigentümlichkeit des 
Ausdrucks: man könne wohl die Auslassung des ungewöhn- 
lichen, schwer verständlichen Wortes erklären, nicht die spätere 
Einschiebung. Diesem Einwande ist nicht ohne weiteres aller 
Wert abzusprechen, aber er verliert das Gewicht, wenn die 
Entlehnung und Einfügung des Wortes in ungesuchter Weise 
aufgezeigt werden kann. Dies trifit m. E. zu. Lk 6,1 hängt 
zusammen mit 6,6; auch dort weisen die Handschriften ein 
gewisses Schwanken auf. Die gewöhnliche Lesart lautet: 
erevero de Kai Ev Erepw oaßßarw; allein das xai fehlt wieder 
ın NBL; vielleicht kam indes auch das allgemein bezeugte 
ev Erepw oaßßarw erst in den Text hinein. Nach Mt 12,9 
und noch mehr nach Mk 3, 1 scheint nämlich die Heilung 
der verdorrten Hand an demselben Sabbat vorgefallen zu 
sein wie das Ährenpflücken der Jünger; am Vormittag war 
der Herr mit seinen Jüngern in der Synagoge gewesen; die 
Juden blieben an den Sabbaten bis 12 Uhr mittags nüchtern 
(Jos. vit. 54); daher der Hunger der Jünger und das Ähren- 
pflücken derselben. Am Nachmittag ging Jesus mit seinen 
Jüngern wieder (malıv Mk 3, 1) in die Synagoge und ver- 
weilte dort bis zum Abend nach der Sitte der Juden (Philo 
ed. Mang. II 630; Jos. C. Api. 1,33). Ein Abschreiber des 
Lukas hielt nun dies nicht für wahrscheinlich und glaubte, 
das Gehen in die Synagoge müsse „an einem andern Sabbat* 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 61 


geschehen sein; er schrieb an den Rand zu 6, 6: (kai) &v Erepw 
caßßarw, welches dann später interpoliert wurde. Angesichts 
der guten handschriftlichen Bezeugung des &v Er£pw gaßßatw 
mag indes die Möglichkeit, dafs es ursprünglich ist, zugegeben 
werden; dann hätten wir darin geradezu eine Korrektur oder 
Ergänzung des Matthäus und Markus durch Lukas zu er- 
kennen. Im Blick auf das entweder ursprüngliche oder 
jedenfalls bald eingefügte &v Er£pw oaßßäarw 6, 6 schrieb einer 
6,1 ein npwrw an den Rand und ein späterer setzte über 
letzteres mit Rücksicht auf 4, 31, wo gleichfalls ein Sabbat 
genannt ist, ein deur&pw; ein dritter endlich besorgte die Inter- 
polation, indem er aus npWwrw und deurfpw das Monstrum 
devtepöttpwrov schuf. So oder ähnlich verhält es sich mit der 
Entstehung des Wortes; man vgl. noch die Lesart des Cod. D 
zu Lk 6, 6: xai eioeAdövrog autoü nakıv eis TV Ouvaywynv. 
Für die Frage nach der Dauer der öffentlichen Wirksamkeit 
Jesu genügt die Erkenntnis, dafs devreponputw Lk 6,1 eine 
spätere Interpolation ist; das Wort hat fernerhin aus der 
Diskussion völlig auszuscheiden. 

Einen wichtigen Punkt habe ich indes noch gar nicht 
genannt. An dem Ährenpflücken der Jünger nahmen einige 
aus der Zahl der Pharisäer Anstofs und brachten ihre Be- 
denken zum Ausdruck (Lk 6,2). Ob diese Pharisäer in Jerusalem 
ihr Domizil hatten und nur damals in Galiläa sich aufhielten, 
wie ich für sehr wahrscheinlich halte, oder ob Galiläa ihre 
Heimat war, macht keinen Unterschied; jedenfalls hätten 
dieselben sich nicht in Galiläa aufgehalten, wenn es zur Zeit 
des Vorfalls Ostern gewesen wäre, vielmehr hätten sie ihren 
Weg nach Jerusalem genommen, um dort das Passah zu 
essen, wie das Gesetz es vorschrieb (Dt 16, 5—6). 

Und Jesus selbst! Wer wagt es, sich im Ernst mit der 
Vorstellung zu befreunden, dals Jesus während einer Öster- 
oktav in Galiläa sich aufgehalten hat, fern vom Mittelpunkt 
der jüdischen Theokratie, fern vom Hause seines Vaters 
(Lk 2,49; Jo 2,16)? Es schrieb ja doch das Gesetz nicht 
etwa blols das Essen des Passah im Heiligtum vor, sondern 


62 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


den Besuch des Tempels an Ostern, wie überhaupt an 
den drei Hauptfesten, wenigstens für alle Männer (Ex 
23, 17; Dt 16, 16). Man hat zwar schon gemeint, es sei 
zweifelhaft, ob dieses Gesetz in der nachexilischen Zeit noch 
Geltung hatte, und hat zur Begründung dieses Zweifels auf 
die Frage der Osterpilger Jo 11, 56 hingewiesen (vgl. Nagl 
a. a. O. 494). Allein man erinnere sich an das, was Josephus 
über den Besuch Jerusalems an den jüdischen Festen, be- 
sonders am Passah, über die gesetzlichen Opfer, die Zahl der 
Teilnehmer berichtet, speziell an die Stelle Jüd. Kr. 6, 9, 3, 
um sich zu überzeugen, dafs jene Vorschriften des Gesetzes 
Mosis zur Zeit Jesu in voller Kraft waren und mehr als je 
Beachtung und Erfüllung fanden; man erinnere sich daran, 
dals der Herr selbst am Jakobsbrunnen die Gesetzmälsigkeit des 
jüdischen Kultes in Jerusalem und der vom Gesetz (Dt 16, 16f) 
angeordneten Opfer anerkannt und nur für eine allerdings nahe 
Zukunft die Abschaffung der Opfer und Ersetzung derselben 
durch eine Oucia nveunarıxn in Aussicht gestellt hat (Jo 
4, 22—24). Wenn die Eltern Jesu Jahr für Jahr zur Feier des 
Osterfestes nach Jerusalem reisten und er selbst im 12. Lebens- 
jahre mitging (Lk 2, 41—42), sollte er da nach dem Beginn 
seiner öffentlichen Tätigkeit das bezügliche Gesetz aulfser 
acht gelassen haben? Es ist diese Annahme eine Unmög- 
lichkeit. Der Herr hat die atl Kultusordnung nicht nur 
anerkannt, sondern auch erfüllt, wie er denn durch die Be- 
schneidung in die Reihe der gesetzeseifrigen Israeliten getreten 
war (Gal 4, 4; 5, 3); er hat auch das Zeremonialgesetz erfüllt, 
den Sabbat gehalten, freilich nicht im Sinne und Geist der 
rabbinischen Gesetzesinterpreten und der Pharisäer, sondern 
nach der Intention des göttlichen Gesetzgebers (vgl. Mt 
5,17; Jo 9,16). Bald nach dem Empfang der Taufe ging 
Jesus nach Jerusalem hinauf zum ÖOsterfeste (Jo 2, 13f); 
dort erwarteten ihn in der Folgezeit selbst seine Widersacher 
(Jo 7,11), und wenn in der dem Leidenspassah unmittelbar 
vorhergehenden Zeit manche Österpilger in Jerusalem die 
Ansicht aussprachen, Jesus werde am Ende nicht auf das Fest 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 63 


kommen, so macht uns Johannes ausdrücklich mit dem Grunde 
dieser Ansicht bezw. der Befürchtung bekannt: der Grund 
lag in den auf Ergreifung und Tötung Jesu abzielenden Plänen 
und Mafsregeln der Hierarchen (Jo 11, 56); aber gerade 
daraus erhellt, dafs an sich damals die allgemeine Meinung 
der Juden dahin ging: Jesus versäumt, soviel auf ihn ankommt, 
keines der Hauptfeste.e Denkwürdig ist auch die Erörterung 
zwischen dem Herrn und seinen Brüdern beim Herannahen 
des Laubhüttenfestes (Jo 7,2fi. Der Gedanke der Brüder 
Jesu ist: Es bietet sich jetzt eine günstige Gelegenheit, 
die abgefallenen Jünger aus Judäa (Jo 6, 66) wieder zu ge- 
winnen; es bricht ja alles auf nach Jerusalem zur Feier der 
Laubhütten; dort kannst du dir durch Manifestation deiner 
Messianität allgemeine Anerkennung verschaffen. Die Ver- 
wandten Jesu erwarteten, wie aus ihrer ganzen Redeweise 
hervorgeht, bestimmt, dafs Jesus hinaufgehen werde zu dem 
Feste, und er ging auch hinauf, nur nicht wie sie es wünschten 
(Jo 7,8—-9). Ohnehin macht ja die ganze Berichterstattung 
des vierten Evangelisten den Eindruck, dafs er fast nur 
die Festbesuche Jesu in Jerusalem beschreiben will; wenn 
der Herr Jerusalem sogar am Tempelweihfeste besuchte (Jo 
10, 22), so muls man doch wohl definitiv den Gedanken ab- 
weisen, als hätte der Herr einen pflichtmäfsigen Besuch Jeru- 
salems je einmal unterlassen; eine solche Unterlassung würde 
von den Hierarchen zur Anklage gegen Jesus schon während 
seiner Öffentlichen Lehrtätigkeit und besonders in dem Pro- 
zels benutzt worden sein, wovon wir in den heiligen Evangelien 
nichts lesen. Vorläufiges Resultat: Lk 6,1 kann nicht als 
Instanz gegen die Richtigkeit der Hypothese von der einjährigen 
Wirksamkeit Jesu benutzt werden. (Schlufs folgt.) 


Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 


Von Prof. Valentin Weber in Würzburg. 


ur Aufhellung der Dunkelheiten des zweiten Korinther- 

briefes gewinnen wir vielleicht erwünschtes Licht, wenn 
wir einige Ausdrücke aus den Einleitungsversen der scharfen 
Polemik Kap. 10ff genauer, als gewöhnlich geschieht, ins 
Auge fassen. 

Der Apostel beginnt diesen Abschnitt also: 

10,1: Avtög de EyWi TIaülog Trapakakü buäs dia Tg 
npautntog xai &meikiag TOÜ XpıOToü, Ösg KATA TTPÖOWTIOV EV 
taneıvög Ev Duiv, anwv de BappiWw eig Unäc. 

Paulus setzt mit auTög de &yw (Ich aber für meine Person) 
ein, um die folgende nach Inhalt und Form in hohem Grade 
persönlich gehaltene Aussprache im vorhinein als solche zu 
kennzeichnen und von dem, was er Kap. 1—9 zugleich im 
Namen des Timotheus (1, 1) geschrieben hat, scharf zu scheiden. 
Diese wohlbefriedigende Fassung der Eingangsworte palst 
auch vortrefflich zu der aus andern Gründen festzuhaltenden 
Einheitlichkeit des Briefes, während andere Deutungen, z. B.: 
„Eben ich... der ich (angeblich) ...* (Chrys.) oder: „Persönlich, 
wenn ich wie bisher (6, 11—9, 15) noch absehe von den gegen 
mich agitierenden Gegnern“ (vgl. B. Weils), sowohl an sich 
als wegen des Anschlusses nicht befriedigen. Die Beifügung 
des Namens TTaüAog war notwendig, um von den beiden in 
der Zuschrift (1, 1) genannten Briefabsendern den einen aus- 
zuschalten und den verbleibenden kenntlich zu machen, hat 
also nicht das Gewicht wie Gal 5, 2 und an ähnlichen Stellen; 
immerhin mochte der Name Paulus den Lesern auch sofort 


Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—$. 65 


zum Bewulstsein bringen, dafs es ihr vielgenannter, jetzt von 
den fremden Lehrern vielgeschmähter Apostel ist, der nun- 
mehr in eigener Sache das Wort ergreift. Das Zeitwort rapa- 
xaaw steht ohne sachliches Objekt, ist aber nicht, wie meist 
geschieht, aus V.2 zu ergänzen (siehe unten zu V. 2), sondern 
entweder aus dem folgenden dıa tÄg rrp. in Gedanken zu ver- 
vollständigen (s..u.) im Sinne von 12, 19 oder besser wie 
Röm 12,8 absolut zu nehmen; in letzterem Falle steht das 
Wort gleichsam in technischem Sinne = „eine Sittenermahnung 
geben“ oder noch allgemeiner = „bezüglich des richtigen prak- 
tischen Verhaltens ermahnen“ und V.1a ist die Überschrift 
zu 10, 1—13, 10. Wohl hat Paulus schon 6, 11ff gemeinsam 
mit Timotheus eine herzinnige sittliche Ermahnung an die 
Korinther gerichtet. Aber es ist ihm ein dringendes Bedürfnis, 
dem Gebaren der ihm feindlichen Agitatoren gegenüber für 
seine Person eine praktische Mahnung zu geben. Die Selbst- 
verteidigung und Polemik 10, 1—12, 19 ist nach der Absicht 
des Paulus Mittel zum Zweck der Mahnung und Erbauung 
seiner geliebten Korinther (12, 19ff). Jedenfalls darf man 
den Abschnitt 10, 1—13, 10 nicht überschreiben: „Bekämpfung 
der judaisierenden Pseudoapostel“ (Cornely) oder: „Wider die 
judaistischen Eindringlinge und Verleumder“ (Schnedermann), 
da hierbei 12, 19—13, 10 nicht zur Geltung kommt; eher: „Er- 
regte Selbstverteidigung und Ankündigung strenger Bestrafung 
der Unbulsfertigen* (Schmiedel), nur fehlt hier das einigende 
Band, das die beiden Glieder verbindet, und das Ziel, das 
Paulus laut 12, 19 anstrebt, kommt nicht zum Ausdruck; sagen 
wir also mit Paulus selbst: „Persönlich gehaltene Ermahnung 
des Paulus an die korinthische Gemeinde bezüglich des rich- 
tigen praktischen Verhaltens.“ Darüber sollte nämlich kein 
Streit sein, wen Paulus mit üudg anredet. Gewils nicht die 
judaisierenden Lehrer, die er vielmehr hier (V. 2) wie im 
ganzen Briefe von der Gemeinde scharf unterscheidet, indem 
er von ihnen immer in der dritten Person spricht. Aber auch 
nicht ein Teil der Gemeinde — eine angeblich von den zu- 


gewanderten Agitatoren irregeleitete Minorität — ist angeredet, 
Biblische Zeitschrift. I. 1. 5 


66 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 


sondern wie im ganzen Schreiben die gesamte Gemeinde; das 
erhellt zweifellos aus 10, 13—13, 10. Das dıa nis rrp. soll nach 
B. Weils andeuten, „dafs Paulus sich durch die Sanftmut und 
Lindigkeit Christi bei seinem Ermahnen leiten lälst, so dafs 
er sie allein als Mittel braucht, um eine Wirkung desselben 
zu erzielen.“ Aber a) Paulus schlägt sowohl im Brief sofort 
einen nichts weniger als sanften und linden Ton an als auch 
kündigt er für seine persönliche Anwesenheit ein entschieden 
strenges Verfahren an; b) an allen ähnlichen Stellen gebraucht 
Paulus das di& nicht zur ‚Bezeichnung dessen, von dem er 
sich bei seinem Ermalınen leiten läfst, so dals er das Ge- 
nannte nachahmend als Mittel brauchte, sondern zur Bezeich- 
nung des Motivs, von dem die Ermahnten sich sollen leiten 
lassen; did = „unter Hinweis (Berufung) auf“, vgl. 1 Kor 1, 10; 
Röm 12, 1 und 15, 30; 2 Thess 3, 12. Die gewöhnliche Er- 
klärung findet in dem Hinweis auf die Eigenschaften Christi 
den Gedanken ausgesprochen, dals Paulus berufen ist, als 
Diener Christi nach dessen Vorbild zu verfahren, und die 
Korintber ihm dies nicht unmöglich machen sollen, indenı sie 
ihn zu strengem Einschreiten nötigen (Bisping, Maier, Cornely, 
Heinrici, Schnedermann, Schmiedel u. a... Aber einmal liegt 
dieser Gedanke dem Text fern und ist aus V. 2 eingetragen; 
sodann bezeichnet Paulus mit dı& an den genannten Stellen 
immer ein Motiv, das der Ermahnte beherzigen und selber 
unmittelbar durch Nachahmung oder sonstwie auf das 
eigene Verhalten anwenden soll, wie auch Schmiedel zugibt: 
„Richtschnur müfste die Sanftmut Christi nun eigentlich 
für die Angeredeten werden“; endlich steht der üblichen 
Erklärung als Hauptbedenken die Erwägung entgegen, dals 
Christi Sanftmut und Milde nicht einfach sein (amtliches) 
Verhalten im Mahnen, Zurechtweisen und Vorgehen gegen 
Sünder kennzeichnet, also auch nicht in dieser Hinsicht dem 
Apostel Vorbild und Richtschnur sein kann und soll. Man 
denke nur an die strengen Strafworte und das von heiligem 
Unmut getragene, sehr entschiedene Auftreten Christi gegen 
die Tempelschänder, gegen die Pharisäer, auch gegen Petrus 


% ° . # ee i 
Es DT Gt EEE EEE 


Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 67 


(Mt 16, 23) u.s.f.” Es wäre auch seltsam, dals Paulus die 
Korinther erst bitten sollte, sie möchten ihm nicht unmöglich 
machen, das Beispiel Christi zum Vorbild zu nehmen! Paulus, 
„der Nachahmer Christi“ (1 Kor 11, 1), braucht nicht die 
Hilfe der Korinther, um in jedem Fall dem göttlichen Meister 
zu folgen! Gegen Zurechtzuweisende und Sünder war Jesus 
liebreich und mitleidsvoll, um sie zu gewinnen, und zu diesem 
Zwecke nach Umständen auch sanftmütig und mild, aber 
unter allen Umständen sanftmütig und gelassen (nicht auf 
dem strengen Recht bestehend) war er in seinem Verhalten 
gegen persönliche Belästiger. Vgl. auch Gal 6, 1 und 
1 Kor 4,21. Wir dürfen als gesichert annehmen, dafs auch 
Paulus in ähnlichem Sinne auf das Vorbild Christi hinweist, 
wobei er selbstverständlich an den irdischen Wandel des Herrn 
denkt, weshalb der Streit (bei Schmiedel, Heinrici u. a.), ob 
ausschlie[slich an den historischen Christus (so mit Recht 
Klöpper) oder an den erhöhten zu denken sei, sehr überflüssig 
ist. Dürften wir nun did hier im Sinne von „mittels“, „indem 
ich als Mittel gebrauche“ nehmen (vgl. oben B. Weils), so 
wäre der Gedanke: „Ich finde es eigentlich unter meiner 
Würde, gegen die gehässigen Angriffe der Pseudoapostel mich 
zu verteidigen und meine apostolische Würde und Tätigkeit 
mit deren Anmalsung und Treiben zu vergleichen, doch will 
ich es tun — zu eurer Erbauung (12, 19) — mit der Sanftmut 
und Gelassenheit Christi, als der, der da angeblich in seinen 
Briefen so anmalsend ist.“ Das wäre ein vornehmer Aus- 
druck des hohen apostolischen Selbstbewulstseins des Apostels. 
Ähnlich fast Zahn (Einl. 12 241) die Worte auf: „Er hat 
noch eine sein persönliches Verhältnis zur Gemeinde betreffende 
Bitte auf dem Herzen, welche er gerade darum als eine in 
christlicher Sanftmut und Milde auszusprechende bezeichnet, 
weil er mit dem Zorn zu kämpfen hat, der ihn ergreift, wenn 
er an die ... Leute denkt, welche... das Verhältnis zwischen 
der Gemeinde und ihrem Stifter getrübt haben und noch 
immer trüben.“ Allein für diesen Sinn wäre wohl die Wen- 


dung &v nveunarı rpaür. zu erwarten, vgl. Gal 6,1; 1 Kor 4, 21. 
5* 


68 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 


Bleiben wir also dabei, dafs did, wie sonst, auch hier den 
Angeredeten ein Motiv zur Beherzigung vorhält, dann ergibt 
sich der Sinn: „indem ich euch auf die Sanftmut und Ge- 
lassenheit des Christus hinweise, auf dafs ihr dieses Vorbild 
des Herrn beherziget und zur Richtschnur nehmet a) unter- 
einander (vgl. 12, 20), b) insbesondere mir gegenüber durch 
gelassenes Anhören meiner folgenden Zusprache, der ich ja 
angeblich in meinen Briefen mir zuviel herausnehme euch 
gegenüber.“ Ist 12, 20 mitgedacht, dann steht napaxaaWw nicht 
absolut, sondern findet im Gedanken von bıd seine Ergänzung. 
Doch ist dies zweifelhaft; der Relativsatz legt nahe, dafs 
Paulus mit seiner Wendung und mit ironischer Anspielung 
auf eine üble Nachrede der Gegner gleich im Eingang um 
die Geduld und Nachsicht der Leser bitten will, wie er auch 
im Verlauf dieser „Mahnung“ wiederholt um Entschuldigung 
bittet (11,1.16. 20; 12,1.11.19). Paulus will sagen: „Haben 
meine Gegner euch vorgeredet, meine Briefe seien verletzend 
und grolssprecherisch, so bitte ich euch diesmal von vorn- 
herein, mich gelassen anzuhören, da ich leider genötigt bin, 
eine noch kühnere Sprache zu reden.* Schmiedels Einwendung, 
Paulus verlange von den Korinthern nicht Sanftmut, sondern 
Gehorsam (V. 6), beruht auf irriger Auffassung des V. 6. 
Das ös... ist erläuternd und begründend für das unmittelbar 
Vorausgehende, gibt den Anlals des Hinweises auf Christi 
Vorbild an. In welchem Sinn und von welcher Seite der im 
Relativsatz angedeutete Vorwurf erhoben wurde, wird aus 
V.10 klar: „Die Briefe, sagen sie, sind wohl hart und streng; 
wenn er aber leibhaftig da ist, ist er schwach und seine Rede 
will nichts heifsen.“ Die judaisierenden Pseudoapostel stellten 
also den Paulus als einen Maulhelden hin, der von der Ferne, 
ın seinen Briefen, wichtig tue, prahle und drohe, anwesend 
aber aus persönlicher Feigheit und Unfähigkeit nichts aus- 
richte, da er mit ängstlicher Schüchternheit auftrete und mit 
charakterloser Kriecherei den Menschen zu gefallen suche 
u.5.f. Auch aus diesem Grunde kann Paulus in V. 1 nicht 
auf die Milde Christi als Richtschuur für sein Verfahren 


Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 69 


hingewiesen haben; das wäre ja das Eingeständnis an die 
Gegner, dafs ihm in der Tat jedes strenge Auftreten recht 
zuwider ist. Die Agitatoren scheuten sich allem Anscheine 
nach nicht, das Aufkommen und Fortbestehen der sittlichen 
Mifsstände in der korinthischen Gemeinde dem angeblich 
feigen Verhalten des Paulus zur Last zu legen und ihm so 
die Befähigung zum Apostelamte abzusprechen. Ihr Zweck 
war, seine Autorität in der Gemeinde zu untergraben; darum 
suchten sie überdies den scharfen Ton seiner Briefe — unseres 
1 Kor und des vorausgegangenen (1 Kor 5, 9) — als schwer 
verletzend und beleidigend hinzustellen. Die Art, wie Paulus 
den Vorwurf persönlicher Feigheit und amtlicher Unfähigkeit 
V. 11 zurückweist, setzt unbedingt voraus, dals er seit seinem 
ersten (uns verloren gegangenen) strengen Mahnschreiben nach 
Korinth (1 Kor 5,9) nicht mehr in der Gemeinde an- 
wesend war. Wäre Paulus, wie manche Ausleger phanta- 
sieren, in der Zwischenzeit in Korinth gewesen und nach einem 
kläglichen Milserfolg wie ein Flüchtling wieder abgezogen, 
um nun aus der Ferne Drohbriefe zu schreiben, so beginge 
Paulus die lächerlichste Prahlhanserei, wenn er V. 11 schreibt: 
„Wer so spricht, mag nur in Rechnung nehmen, dals gerade 
so, wie wir uns aus der Ferne durch Briefe mit dem Wort 
geben, wir uns auch, wenn wir da sind, mit der Tat er- 
weisen werden.“ So konnte Paulus nur schreiben, wenn er 
bisher seit seinen Drohbriefen keine Gelegenheit hatte, seinen 
Mut und seine Entschiedenheit durch die Tat in Korinth zu 
zeigen. Anderseits scheint uns der im Vorwurf enthaltene 
Gegensatz zwischen Briefen — Mehrzahl! — und persönlicher 
Anwesenheit die Annahme eines zweiten Besuches des Paulus 
in Korinth sehr nahe zu legen; dieser Besuch, der durch 
andere Stellen, wie 2, 1; 12, 14; 13, 2, notwendig gefordert 
scheint, ist demnach vor den ersten Mahnbrief (1 Kor 5, 9) 
zu setzen. In V. 1 gibt Paulus der gegnerischen Nachrede 
eine solche Fassung, dals er das Wort akzeptieren kann. 
Aug’ in Aug’ war er bisher unter den Korinthern „demütig“, 
d.h. bescheiden und anspruchslos, auch etwas furchtsam und 


70 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 


zaghaft, wie er wenigstens für sein erstes Auftreten selbst 
bezeugt (1 Kor 2, 3), in den Briefen war er zu seinem Leid- 
wesen genötigt, kühn und zuversichtlich zu reden; die Gegner 
freilich verstanden jenes Demütigsein als Feigheit und Menschen- 
gefälligkeit, diese zuversichtliche Kühnheit als hochfahrende, 
verletzende Dreistigkeit, Prahlerei und Anmalsung. Paulus 
aber gibt das eine wie das andere im guten Sinne zu. Das 
könnte er nicht ohne jeden Vorbehalt, wenn er zwischen den 
Briefen einmal persönlich nach Korinth gekommen und ein 
Widerspruch zwischen seinem schriftlichen und mündlichen 
Verfahren zu Tage getreten wäre. So aber braucht er dem 
angeblichen Gegensatze nur den Bittwunsch beizufügen, bei 
seiner bevorstehenden Anwesenheit gegen seine geliebten 
Korinther nicht kühn, d.h. streng, auftreten zu müssen: 

10, 2: deonan dE TO un napwv Bappnicaı TA menodncea N 
Aoyilouaı ToAuncoaı Eri TIvag TOoUG AoYıLouevoug NUäg WG KATü 
VAPKUA TTEPITATOUVTAG. 

deoum nimmt nicht das tapaxalw V. 1 wieder auf, so 
dals vuWv zu ergänzen wäre; vielmehr ist der Gegenstand der 
Bitte erst durch den Schlulssatz von V. 1 hervorgerufen 
(B. Weils). Ob die Bitte an die Leser oder an Gott gerichtet 
ist, läfst sich nicht entscheiden; nach B. Weils geht deonaı 
ohne Bezeichnung dessen, von dem man etwas erbittet, natur- 
gemäls auf Gott, wie 1 Thess 3, 10; Röm 1, 10; was Heinrici 
einwendet — was sich anschlielse, klinge besonders wegen fj 
AoyiZouaı... nicht wie Gebetsinhalt —, beruht auf falschem 
Verständnisse des V. 2. Der Gedanke bleibt übrigens der 
nämliche: Es ist der herzliche Bittwunsch des Paulus, nicht 
anwesend gegen seine Korinther mit der apostolischen Zu- 
versicht kühn auftreten zu müssen, mit welcher er (jetzt ab- 
wesend im Briefe gegen sie auftritt und) anwesend gegen seine 
verleumderischen Widersacher aufzutreten gedenkt. Es ist 
nämlich sehr wichtig, zu beachten, dals nach dapprioa V. 2 
aus V. 1 in Gedanken zu wiederliolen ist: eig ündc. (Eben 
darum empfiehlt es sich mehr, auch das deouaı an die An- 
geredeten, nicht bewulst an Gott, gerichtet sein zu lassen.) 


Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—8. 71 


Paulus hält im V. 2 ein strenges Einschreiten gegen die an- 
geredeten Korinther und ein entschiedenes Vorgehen gegen 
die „gewissen Leute“ auseinander; das erstere wünscht er, wo 
möglich, zu vermeiden, und er fleht darum die Korinther 
(bezw. Gott) inständig an, sie möchten bis zu seiner dem- 
nächstigen Ankunft jeden Anlals zu rügendem und strafendem 
Einschreiten des Apostels gegen die Gemeinde im grolsen 
und ganzen (wegen allzugrolser, darum sträflicher Konnivenz 
gegen die paulusfeindlichen Agitatoren, vgl. 10, 7ff):und gegen 
einzelne Gemeindeglieder (wegen sittlicher Mängel, vgl. 12, 20 ff) 
wegräumen. Dagegen stellt Paulus ein entschiedenes Vorgehen 
gegen seine Verleumder, die judaisierenden Lehrer, fest und 
bestimmt in Aussicht. Der Sinn von V. 2 ist also nicht, wie 
die meisten Ausleger anzunehmen scheinen, der, die Korinther 
sollten dafür sorgen, dals dem Apostel bei seiner Anwesenheit 
jedes strenge Auftreten erspart bleibe; vgl. B. Weils: „Es 
kann das nur geschehen, wenn die Gemeinde selbst die Agi- 
tatoren ausstölst, so dals Paulus nicht genötigt ist, bei seinem 
Kommen gegen sie und ihren Anhang mit aller Strenge auf- 
zutreten.“ So leicht nahm der Apostel die Sache nicht, und 
eine derartige Vergewaltigung gegnerischer Meinungen war 
ganz und gar nicht nach seinem Geschmack! Vielmehr stellt 
er sofort (V. 3—6) das Programm seines Vorgehens gegen 
die Pseudoapostel auf. Er ist sich bewulst, dals er mit diesen 
judaisierenden Lehrern einen Geisteskampf über das Wesen 
des Christentums in Korinth werde persönlich ausfechten 
müssen. Um was er die Korinther bittet, ist, dals sie nicht 
auch ihrerseits ihm Anlals zu strenger Rüge und Strafe geben. 
Sie wollen zwar insgesamt ihrem Apostel ergeben bleiben 
(vgl. 2 Kor 7, 11), aber sie erschweren iım den Kampf gegen 
die judaisierenden Agitatoren, die einen, weil sie sich von 
diesen Eindringlingen zu viel imponieren und gegeneinander 
verhetzen lassen (vgl. 10, 7—12, 19), andere, weil sie durch sitt- 
liche Schwächen manchen Behauptungen der Hetzapostel einen 
Schein von Berechtigung geben (vgl. 12, 19 ff). 

Dals er den Entscheidungskampf, den er persönlich in 


72 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 


Korinth gegen die falschen Apostel zu führen gedenkt, sieg- 
reich bestehen wird, dafs er mit Gottes Hilfe über alle 
Geistesgegner Herr werden wird, dessen ist der Apostel voll 
Zuversicht gewils.. Er zweifelt nicht, dafs er durch persön- 
liche Auseinandersetzungen mit den Gegnern deren falsche 
und irreführende Anschauungen über grundsätzliche Fragen 
der christlichen Heilsverkündigung erfolgreich und über- 
zeugungsmächtig widerlegen wird, so dafs schliefsliich nur 
strafwürdige Böswilligkeit sich der göttlichen Wahrheit, die 
er lehrt, verschlielsen könne. Voll apostolischen Selbstgefühls 
schildert er unter dem Bilde einer Kriegsführung und Festungs- 
belagerung, mit welchen Waffen und mit welchen Erfolgen er 
den Kampf für die ihm anvertraute Wahrheit der göttlichen 
Offenbarung kämpfen wird (V. 3—6). 

10,3: Denn im Fleische wandelnd ziehen wir nicht 
dem Fleische gemäls zu Felde, d.h.: Ja, wir wandeln 
wohl im Fleische, wir haben einen Leib aus Fleisch und sind 
somit Anwandlungen der Schwachheit, Schüchternheit, Furcht 
u. s. f. ausgesetzt, aber das hat auf unser amtliches Auftreten 
keinen Einflufs: wo wir Kriegsdienste tun, d. i. im Dienste 
Gottes gegen die Feinde der Wahrheit kämpfen, da lassen 
wir uns nicht durch natürlich-menschliche Stimmungen und 
Beweggründe, wie Menschenfurcht, Menschengefälligkeit u. dgl, 
leiten. Wie könnte Paulus mit solcher Bestimmtheit die V. 2 
behauptete Zuversichtlichkeit durch die ganz allgemein ge- 
haltene Zurückweisung des Vorwurfs (V. 2) erläutern und 
(V. 3—6) begründen, wenn er bei einem vermeintlichen 
Zwischenbesuche durch Energielosigkeit eine Niederlage er- 
litten hätte? Schmiedel meint (S. 271 u. 68): „Paulus spricht 
auf Grund der Gewilsheit, dals eine Wiederholung jenes Falles 
ausgeschlossen sei.“ „Bei seinem unerschütterlichen Bewulst- 
sein von seiner apostolischen Ausrüstung konnte ihm eine 
Niederlage nur als etwas ganz Vorübergehendes erscheinen, 
zumal wenn seine Energielosigkeit etwa mit durch Krankheit 
verursacht war.“ Nein; durch die siegesgewisse Sprache 
V. 3—6 u. V.11 würde Paulus, wenn es „einfache Tatsache“ 


Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 13 


war, dafs eine Niederlage vorausging, seinen Gegnern in 
bester Form den Beweis liefern, dals er wirklich in seinen 
Briefen ein Maulheld, Renommist und Prahlhans sei, bei per- 
sönlicher Anwesenheit aber nichts leiste. Schon die Wen- 
dung „gegen Gewisse, die von uns denken (d. i. mein bis- 
heriges Ausbleiben so beurteilen), als ob wir nach dem Fleische 
wandelten“ (V. 2), sagt uns, dals nicht die Tatsache eines 
erfolglosen Besuches vorlag, sondern aus dem Aufschub des 
Besuches und dem Abändern des Reiseplanes jenes ungünstige 
Urteil abgeleitet wurde. 

10, 4 Denn die Waffen unseres Feldzugs sind 
nicht fleischlich (und deshalb schwächlich), sondern (geistig 
und deshalb) machtvoll für Gott (Deo soli gloria! Paulus 
weils sich nur als armseliges Werkzeug des mächtigen Gottes) 
zum Zerstören von Bollwerken, 

10,5: indem wir Vernunftkünste (Trugschlüsse) zer- 
stören und jeden Hochbau (wie Wälle, Mauern, Türme, 
d. h. die hocbmütigen Eigengedanken von Menschen), der 
sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes (die wir ver- 
künden), und indem wir gefangen führen jeden Ge- 
danken hinein in den Gehorsam gegen Christus 

10,6: und in Bereitschaft stehen, jeden Ungehor- 
sam zu strafen, wann euer Gehorsam (der zwar schon 
vorhanden, aber noch unvollkommen ist) völliggeworden ist. 

Nur V. 6 braucht nähere Besprechung. Es fragt sich: 
Was für einen Ungehorsam meint Paulus? was für einen 
Gehorsam? Was für Leute hat er dort und hier im Sinn? 
Wann ist der Gehorsam völlig? 

Schmiedel meint, der „Ungehorsam* könnte zwar wegen 
des Gegensatzes in V. 6b auf die Judaisten gehen, doch seien 
die 12, 20—13, 2 erwähnten Sünder mindestens eingeschlossen. 
Richtig ist, dafs Paulus in Korinth sowohl gegen judaisierende 
Einflüsse als auch gegen heidnisches Wesen zu kämpfen hatte. 
Dals er aber V. 6a beide Arten des Ungehorsams und beide 
Personenklassen, Zugewanderte und Gemeindeglieder, zusammen- 
gefafst habe, scheint zwar durch die Betonung „jeden Unge- 


74 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—8. 


horsam“ nahegelegt, allein der Anschlufs an V. 5b, der Gegen- 
satz V. 6b, der Optimismus des Paulus bezüglich seiner 
Korinther (vgl. 13, 7ff) und der Zusammenhang empfiehlt 
mehr die Annahme, dafs Paulus ausschlielslich oder doch 
hauptsächlich an jeden theoretischen Ungehorsam, sc. gegen 
seine Lehre, denkt. Schon V. 4 und 5 hat Paulus, obschon 
die Schilderung seiner apostolischen Kriegsführung allgemein 
gehalten ist, speziell die judaisierenden Lehrer im Sinne ge- 
habt, die „gewissen Leute“ (V. 2), insofern diese die christ- 
liche Heilslehre mit mancherlei verkehrten und schiefen 
Sondermeinungen zu vermengen suchten. Um Theoretisches, 
nicht um Praktisches, d. ı. um die Glaubenslehre, nicht um 
das Glaubensleben, um das christliche Denken, nicht um 
den christlichen Wandel handelt es sich V. 4 und 5, also 
auch im abschliefsenden V. 6a. Durch unmittelbare Offen- 
barung von der absoluten Wahrheit der christlichen Heilslehre 
überführt und von deren Einklang mit der atl Gottesoffen- 
barung tiefinnerst und aufs klarste überzeugt, hat Paulus 
das volle Vertrauen, dals er jeden Menschen, der guten 
Willens ist, für diese von Gott stammende Wahrheit des 
Christentums gewinnen und die vermeintlichen Gegengründe 
wider seine Auffassung der christlichen Lehre siegreich wider- 
legen könne. So ist ihm auch nicht bange, sobald er nach 
Korinth komme, die irrigen Auffassungen der judaisierenden 
Lehrer als unhaltbar und mit der christlichen Wahrheit 
unvereinbar nachzuweisen (V. 5a). Die Folge wird dann sein, 
dals die überwundenen Gegner entweder der besseren Über- 
zeugung folgen (5b) oder hartnäckig widersprechen und sich 
nicht fügen; in diesem Falle wird der Apostel den „Ungehor- 
sam“ strafen, z. B. durch öffentliche Blolsstellung, durch 
ausdrückliche Verurteilung der irrigen Lehren, durch Aus- 
schlufs der Ungehorsamen von der Lehrtätigkeit, nötigenfalls 
durch förmliche Ausstolsung aus der Gemeinde und Übergabe 
an den Satan. 

Somit ist V. 6a (wenigstens in erster Linie) der Unge- 
horsam gegen Christus durch Unglauben oder, was für Paulus 


Weber, Erklärung von 3 Kor 10,1—6. 75 


das nämliche ist, die bewulste Ablehnung und Anfeindung der 
paulinischen Verkündigung von Christus gemeint, wie auch 
Röm 10, 16 (vgl. 11, 20. 30) der Unglaube gegen das Evan- 
gelium Ungehorsam heifst; und zwar denkt Paulus an Un- 
gehorsam seitens der judaisierenden Lehrer (und etwaiger 
starrer Anhänger derselben), falls sie nach seinen persönlichen 
Auseinandersetzungen mit ihnen im Widerspruche verharren 
werden. 

V.6b gibt Paulus in auffallend gegensätzlicher Wendung 
der Erwartung Ausdruck, dafs der Korinther Gehorsam 
vollständig werden wird, und bezeichnet diesen zu erhoffenden 
Umschwung in der Gemeinde als wünschenswerte und natur- 
gemälse, jedoch nicht als unbedingt notwendige Voraussetzung 
seines strafenden Vorgehens gegen den Ungehorsam; er schreibt: 
ötav (nicht etwa &av) nAnpwon buwv N) ünaxon. Natürlich will 
Paulus nicht sagen: „Zuerst mülst ihr gehorsam werden und 
zwar vollzählig: Der von den Agitatoren irregeführte Teil von 
euch muls sich von jenen trennen und zum Gehorsam zurück- 
kehren. Erst wenn ich euch alle auf meiner Seite habe, dann 
werde ich gegen die Agitatoren vorgehen und sie ausweisen. 
Dann wird sich ganz zeigen, wie es mir ihnen gegenüber nicht 
an Mut fehlt.“ Vgl. B. Weils, Schmiedel, Heinrici, der das 
„eine weisliche Handhabung des divide et impera!“ nennt. 
Das hielse wahrlich nicht Mut zeigen, sondern das Gegenteil! 
Paulus würde eben das, was man ihm vorwarf und was er 
hier widerlegen will, in hohem Grade bekunden: Feigheit und 
Maulheldentum! Vielmehr ist vor allem sehr zu beachten: 
Paulus stellt V. 6b der Gesamtgemeinde von Korinth das 
Zeugnis aus, dals sie den Gehorsam (sc. gegen Christus durch 
gläubige Annahme und Festhaltung der christlichen Heils- 
botschaft) besitzt und betätigt und dafs dieser Glaubens- 
gehorsam nur den wünschenswerten Grad von Vollkommenheit 
vermissen lälst. Dieses Zeugnis, auf das Chrysostomus z. St. 
hinweist, wurde von vielen neueren Auslegern zu wenig ge- 
würdigt. Angesichts dieser Aussage des Paulus kann davon 
keine Rede sein, dafs die Korinther zum judaistischen Evan- 


76 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 


gelium abgefallen waren und für das paulinische Evangelium 
erst wiedergewonnen werden mulsten; vgl. z. B. Schmiedel 
271 und 76f, wo es gar heifst: „laut ötav ist der Gehorsam 
der Gemeinde noch gar nicht vorhanden“ und „ein Zustand 
heller Auflehnung der Korinther gegen Paulus spiegelt sich 
10, 1-13, 10“. Ärger kann man die Worte des Apostels 
kaum mifsverstehken! Auch nicht von einer judaistischen 
Minorität (Klöpper) kann die Rede sein. Von den Ange- 
redeten überhaupt, also von der ganzen Gemeinde, erkennt 
Paulus an, dafs sie im Gehorsam stehen. Das schliefst nicht 
aus, dals nicht nur eine Minderheit, sondern die Mehrzahl 
der korinthischen Christen durch die zugewanderten, sprach- 
gewandten Lehrer beeinflulst waren, ohne dessen bewulst zu 
sein und ohne bisher einen tieferen Lehrgegensatz zwischen 
Paulus und den neuen Lehrern zu ahnen, ferner ohne bis jetzt 
dem Paulus innerlich entfremdet zu sein; sie mochten das 
Wirken dieser Lehrer, die wohl vorzugsweise als Moral- 
prediger und Eiferer für äufsere Sittlichkeit auftraten, als 
erwünschte, treffliche Ergänzung der Tätigkeit des Paulus an- 
sehen. So erklärt sich auch, dafs diese Paulusgegner, ohne 
auf Widerspruch zu stolsen, es wagen konnten, den Begründer 
der Gemeinde zu verkleinern und milsgünstig zu beurteilen. 
Wie weit es den Agitatoren gelungen war, einzelne Gemeinde- 
glieder direkt gegen Paulus und seine Lehrverkündigung ein- 
zunehmen, mag dahingestellt bleiben. Solche Ausnahmen 
werden von Paulus absichtlich nicht in Rechnung gebracht. 
Was er wünscht und anstrebt, ist, dafs der Glaubensgehorsam 
seiner Korinther vollständig werde, — nicht extensiv oder 
numerisch, sondern intensiv und zwar in erster Linie theore- 
tisch, indem sie durch ihn mündlich aufgeklärt werden über 
das Falsche, Irrige, Irreführende, Schiefe der judaisierenden 
Lehre seiner Gegner und daraufhin bewufst und explicite das 
paulinische Evangelium hochhalten, in zweiter Linie auch 
praktisch, indem sie nach dem Glauben auch leben und so 
den Vorwurf der Gegner, dals die paulinische Lehrweise die 
Moral vernachlässige, durch die Tat widerlegen. Beides, die 


Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—8. 77 


theoretische und praktische Steigerung und Reife des christ- 
lichen Glaubensgehorsams der Korinther, ist für Paulus die 
gewünschte und erhoffte Voraussetzung für ein streng strafendes 
Vorgehen wider die Gegner. Vermutlich waren gerade unter 
den Sündern 13, 19ff solche, die den Paulus am meisten im 
Munde führten, statt ıhm durch musterhaften Wandel nach 
seinem herrlichen. Vorbilde Ehre zu machen. 

Somit ist 10, 1—6 im engen Anschluls an 1—9 das 
Proömium zu der direkten Polemik (wider die judaisierenden 
Lehrer), die Paulus schon 2—9 vorbereitet hat, jetzt 10, 7 bis 
12, 18 eröffnet und in Korinth zum Ende und Siege führen 
will. Im Brief trifft er gleichsam nur die Vorbereitung zu 
dem laut 10, 2-6 mündlich auszufechtenden Entscheidungs- 
kampf mit den Gegnern. Das briefliche Geplänkel ist das 
persönliche Vorspiel zu dem sachlichen Streite, der mündlich 
ausgetragen werden soll. Auf die Erörterung der Lehr- 
differenzen lälst er sich nämlich im Briefe nicht näher ein; 
was er diesbezüglich schriftlich sagen kann und will, hat er 
schon 2—7 eingestreut. Aber die persönliche Seite des 
Kampfes stellt er 10—13 in helle Beleuchtung, um den 
Korinthern begreiflich zu machen, dals sie viel zu arglos und 
nachsichtig die Agitatoren gewähren lassen. So schliefst sich 
die Aufforderung 10, 7 sehr gut an. Dals er sich auf eine 
direkte Bekämpfung und Widerlegung der gegnerischen Unter- 
scheidungslehren brieflich nicht einlälst, nötigt zum Schlusse, 
dafs die Sache nicht so einfach lag, wie neuere Ausleger sich 
vorstellen. Hätten die paulusfeindlichen Lehrer in Korinth 
die gleiche Lehrrichtung wie die galatischen Irrlehrer ver- 
treten und von diesen nur dadurch sich unterschieden, dals 
sie mit den letzten Forderungen des „judaistischen“ Evan- 
geliums — Beschneidung und Gesetzesbeobachtung — vor- 
läufig noch zurückhielten, dann hätte Paulus nicht versäumt, 
den Gegnern zuvorzukommen, und hätte ähnliche Gedanken- 
reihen wie im Galaterbrief auch den Korinthern, einer Ver- 
führung vorbeugend, dargeboten. Dals er in keiner Weise 
vor Annahme der Beschneidung und des mosaischen Gesetzes 


78 Weber, Erklärung von 2 Kor 10, 1—6. 


warnt, erklärt sich nur so, dals die Paulusgegner in Korinth 
nicht nur stillschweigend, sondern ausdrücklich und grund- 
sätzlich die genannten „judaistischen“ Forderungen aufgegeben 
hatten. Die Sache stand also so: Die Gegner stellten sich 
auf den Boden des Konventbeschlusses von Jerusalem (Apg 15); 
sie erkannten die Freiheit der Heidenchristen vom jüdischen 
Zeremonialgesetz als unantastbar an (vgl., wie Paulus ebendies 
in dem von Korinth aus geschriebenen Römerbrief 3, 29f 
einfach voraussetzt!); dafür suchten sie den Geist des phari- 
säischen Judentums in das Christentum einzuschmuggeln; wie 
und mit welcher Begründung, darüber wollte sich Paulus an 
Ort und Stelle erst näher informieren, das mulste zum Teil 
erst aus der Diskussion mit den Gegnern sich herausstellen. 
Ein Spiegelbild der Geisteskämpfe, die Paulus sodann in 
Korinth mündlich durchgefochten hat, liegt im Römerbrief vor. 
Ergebnisse: Die Einheitlichkeit des zweiten Korinther- 
briefes ist gesichert, ein Zwischenbesuch des Paulus in Korinth 
zwischen 1 Kor und 2 Kor ist unannehmbar, der Judaismus 
ın Korinth ist von wesentlich anderer Art als der in Galatien; 
der Galaterbrief geht auch aus diesem Grunde mehr als zwei 
Jahre, wie gewöhnlich angenommen wird, den Korintherbriefen 
voraus, d. h. ist vor dem ephesinischen und auch vor dem 
korinthischen Aufenthalte des Paulus geschrieben. 


Besprechungen. 


Belser, Dr. Joh., o. Prof. d. Theol. a. d. Univ. zu Tübingen, Ein- 
leitung in das Neue Testament. 8% (VIII u. 852) Freiburg i. Br. 1%, 
Herder. M 12.— 

Obwohl vor dem 1. Jan. 1902, dem Ausgangsdatum der literarischen 
Besprechungen dieser Zeitschrift, erschienen, sei das Buch doch noch in 
Rücksicht auf seine grolse Bedeutung zur Anzeige gebracht. 

Die letzte grölsere Einleitung ins NT hat der bekannte protestan- 
tische Theologe Theodor Zahn in eınem zweibändigen Werke (1. Aufl. 1897, 
2. 1899) herausgegeben. So zahlreich nun auch die Berührungspunkte 
zwischen dem katholischen Bibelforscher und einem positiv gläubigen 
protestantischen Exegeten sind, so war trotzdem das Bedürfnis nach einem 
ähnlich wie das Zahnsche bearbeiteten katholischen Einleitungswerke 
vorhanden. Belser hat uns diesen „katholischen Zahn“ vorgelegt. Selbst- 
verständlich basiert aber sein Werk auf eigensten, gründlichen Forschun- 
gen, und es wäre eine grols- Reihe von Resultaten anzuführen, in welchen 
die beiden Einleitungen differieren. 

Von den bisherigen katholischen Einleitungswerken unterscheidet sich 
B.s Weık durch ein gewisses „Etwas“, das der Verf. zwar in seiner Vor- 
rede erwähnt, aber dessen Definierung er absichtlich nicht an dieser Stelle 
geben wıll. Er meint zweifellos die weniger traditionelle Behandlung 
des Stoffes. Im Verlaufe der Untersuchungen führt er wiederholt Klage 
iz. B. S. 76), dals „man gar zu gern an dem Hergebrachten und Alten 
bänet und sich aus dem gewohnten Geleise nicht hinausdrängen lassen 
will“. Kein Einsichtiger wird dem Verf. das Einschlagen neuer Wege 
zum Vorwurf machen können. 

Entsprechend seiner Methode ist denn auch B. zu einer grolsen Anzahl 
neuer Resultate gekommen. Er erreicht sie auf Grund eingehendster 
Durchtorschung des gesamten Materiales, wobei er keiner Schwierigkeit 
aus dem Wege geht. Insbesondere sind es die jedem einzelnen Abschnitte 
am Schlusse desselben beigefügten Anmerkungen (eine für den Leser 
allerdings höchst unbequeme Anordnung), welche die wertvollsten und 
interessantesten Detailuntersuchungen enthalten. 

Einige Hauptresultate seien angeführt und zwar hauptsächlich chrono- 
logische Fixierungen, da nach B.s eigenen Worten „die ganze Auffassung 
einer ntl Schrift geradezu in der Ansicht über die Zeit ihrer Entstehung 
kulminiert“ (Tbeol. Qu.-Schr. LXXX [1898] 633). 

Matthäus schrieb sein Evaugelium schon ı. J. 41 oder 42 und zwar 
hebräisch, nicht aramäisch. Auch Markus hat sein Evangelium schon 
ım J. 44 verfalst. jedoch wurde es erst i. J. 63 oder 64 mit Hınzufügung 
des von ihm selbst stammenden Schlusses publiziert. Das Evangelium 
des Lukas wird in die Jahre 61—62 verlegt, die Apg hat im Sommer #3 
ihren Abschlufs gefunden. Mk benutzte den hebr. Mt als Quelle, der 
Übersetzer des Mt ins Griechische benutzte aber auch Mk. Lk ist vom 
hebr. Mt und Mk abhängige, hatte aber auch den griechischen Mt vor 
sich. Das Johannesevangelium ist kurz vor Ende des ersten Jahrh. ent- 


80 Besprechungen. 


standen. Das letzte Kapitel stellt einen auf den Apostel selbst zurück- 

ehenden Nachtrag dar; auch die Perikope von der Eihebrecherin ist echt. 
Des Datum d. J. 95 für die Apk ist „gesichert“. Die Briefe Pauli be- 
handelt B. in der Art, dals er sie immer an die betreffenden Abschnitte 
über die Chronologie des Lebens Pauli, zu welchen sie gehören, an- 
schlielst. Der erste Brief ist der an die Galater (= Südgalatien), welcher 
„mit aller Sicherheit“ ins J. 49 zu datieren ist. Es folgen 1 Kor: Früh- 
jahr 56; 2 Kor: Frühj. 57 — eine Zwischenreise Pauli vor ihm hat nicht 
stattgefunden; Röm, dessen Schlulskapitel zugehörig sind: Febr. 58; 
Phm, Kol, Eph Sy ’Epeosw ist unecht) — alle drei aus dem Jahre 62; 
Phil: Frühjahr 63; Hebr: 63, hat den Apollos zum Verfasser; 1 Tim: 65 
in Mazedonien; Tit: „etwa Winter 65%“; 2 Tim: Spätsommer 66. Jak 
stammt „etwa aus d. J. 49“, Jud aus d. J. 65, geht also dem 2 Petr voran, 
der auf S. 684 in das Ende 66, auf S. 703 in die erste Hälfte 67 (der- 
artige kleinere Widersprüche finden sich noch öfter) verlegt wird. 1 Petr 
wurde 63 oder 64 zu Rom geschrieben. 

Eine sehr dankenswerte Zusammenstellung über die Geschichte des ntl 
Kanons wird im 2. Teile geboten. Danach „liegen die wirksamen An- 
fänge der Kanonbildung schon im apost. Zeitalter“. Den Abschluls führten 
die grolsen Kirchenschriftsteller des 4. und beginnenden 5. Jahrh. und 
Kan. 59 von Laodicea herbei. Als Anhang zu diesem 2. Teile gibt B. einen 
Überblick über die ntl Apokryphen. — 

Es sei mir nun gestattet, einige kritische Bemerkungen dieser In- 
haltsübersicht anzufügen, die aber den gro’sen Wert des Ganzen in 
keiner Weise beeinträchtigen können. 

In erster Linie hege ich grofse Bedenken gegen die bestimmte, sichere 
Form, in welcher B. die Mehrzahl seiner Resultate ausspricht. Ich darf 
auf diesen Punkt um so mehr Gewicht legen, als B. dies Verfahren ex 
professo einschlägt. In einer Kritik der ntl Einleitung von Trenkle 
(Theol. Qu.-Schr. LXXX [1898] 633) hatte B. die gegenteilige Methode dieses 
Autors mit den Worten getadelt: „Die Ansicht war stets bei mir leben- 
dig, dals ein Exeget von Fach in der ntl Einleitung dem Leser und 
Hörer eine feste Anschauung vortragen muls, nicht einfach die ver- 
schiedenen Ansichten nebeneinander stellen darf, ohne eine Entscheidung 
zu geben.“ Eine feste Entscheidung ist freilich die Pflicht eines Autors. 
Aber mufs denn eine solche immer in dem Satze: „So und so ist es“ 
bestehen? Ist die Entscheidung weniger fest, wenn die Wahrscheinlich- 
keit oder die Möglichkeit einer Sache behauptet wird oder gar ein ein- 
faches „Non liquet“ sich ergibt? „Est ars quaedam nesciendi“ lautete der 
Grundsatz, mit dem man auf dem Gebiete der hebräischen Lexikographie 
mit Erfolg gearbeitet hat; er gilt infolge der Spärlichkeit der erhaltenen 
Nachrichten ganz gewils in grolsem Umfange auch von den Tatsachen 
der ntl Einleitung. Ein Autor, welcher sein Arbeitsfeld so gründlich be- 
herrscht wie B., ist geradezu verpflichtet, seinem Leser und Zuhörer 
auch den Grad der Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit mitzuteilen, der 
in der einzelnen Frage überhaupt erreichbar ist. Die hebräische, nicht 
aramäische Abfassung des Mt-Evangeliums, die frühe Datierung des Mk, 
insbesondere die etwas an moderne bibliographische Verhältnisse an- 
klingende Publizierung dieses Evangeliums nach ca. 2 Dezennien, weiterhin 

die sehr in Zickzacklinien sich bewegende Lösung des synoptischen Pro- 
blems, wobei der mündlichen Überlieferung doch zu wenig Spielraum gelassen 
wird, u. s. f. — das alles sind Gebiete, wo die von »,. beigebrachten 
Gründe höchstens zur Annahme einer grölseren oder geringeren Wahr- 
scheinlichkeit berechtigt hätten. Vor allem wären in der Vertretung der 
Bla!sschen Hypothese von der doppelten auf Lukas selbst zurückgehen- 
den Textgestalt der Apg solche Reserven am Platze gewesen. Wenn die 
Varianten des ß-Textes eine so „hohe Bedeutung“ für das Verständnis 
besitzen, dann verfuhr doch Lukas wie ein sehr ungeschickter Schrift- 


Besprechungen. 81 


steller, da er sein eigenes Werk so verdunkelt hat. Auch ist es m. E. 
ein methodisch sehr gewagtes Verfahren, was nicht stimmt, wie die Ein- 
fügung der goldenen Regel in das Aposteldekret, auf Kosten des Cod. 
D zu schreiben, was aber der Hypothese günstig erscheint, für die Ur- 
sprünglichkeit des ß-Textes zu reklamieren. Übrigens sind es noch viele 
andere Stellen, wo mir der sekundäre Charakter des ß-Textes dann 
zweifellos ist, wenn die alte Regel von der Beibehaltung der lectio diffi- 
cilior und die Beantwortung der Frage, welche Lesart aus der andern 
entstanden sein könne und darum die spätere sei, noch sichere Schlüsse 
zulälst. Ich rechne dazu z. B. sämtliche Varianten des 1. Kap. (insbe- 
sondere auch 1,4 u. 1,23). Eine Lösung der schwierigen Frage mülste 
wohl auch auf die Abweichungen des Cod. D in andern ntl Schriften 
noch mehr eingehen. 

Bezüglich der Verwertung alter Traditionen hat sich die Kritik vor 
allem mit der Frage zu beschäftigen: Inwiefern beruhen die Angaben 
der alten Kirchenschriftsteller über die ntl Bücher nicht auf einfachen 
Kombinationen? Ist der Bestimmtheit ihrer Aussagen immer volles Ver- 
trauen zu schenken? Die Tradition über Entstehung und Verhältnis der 
Evangelien etc. hatte ja für die ersten christlichen Zeiten einen nur 
untergeordneten Wert und hat sich demnach nur in sehr spärlichen An- 
deutungen fortgepflanzt. Erst als man begann, eine theologische Wissen- 
schaft zu begründen, wandte man auch diesen Einleitungsfragen volles 
Interesse zu und suchte in Ermanglung zuverlässiger Nachricht vielfach 
rein subjektiv zu kombinieren. B. ist in der Lage, eine grolse Anzahl 
von solchen Beispielen (z. B. S. 77 bezügl. des Irenäus) anzuführen. Viel- 
leicht aber hätte ihn das auf dem betretenen Wege noch weiter führen 
und im grolsen und ganzen noch etwas skeptischer machen dürfen. 

Über die Sprache des NT hätte ich gerne noch nähere Aufschlüsse 
ee zumal wir ja eine Einleitung eines „philologisch gebildeten 

xegeten“ vor uns haben. Besonders wäre bezüglich der jetzt üblichen 
Einschränkung der _Hebraismen eine spezielle Erörterung willkommen 
gewesen. Auch die Übersetzungen kommen etwas kurz weg (S. 22). 

Als stärkeren Druckfehler notiere ich die zweimalige Anführung 
unseres verehrten Mitarbeiters Carl Weyman als Wegmann (auch im Index, 
wo aber die Seitenzahl 847 falsch sein muls).. Auch der Name des Refe- 
renten — gemeint ist aber ein anderer Träger des gleichen Namens — 
kommt auf S. 599, wie der Index angibt, nicht vor. 


München. J. Sickenberger. 


Bibliographische Notizen. 


(Aus dem laufenden Jahre 1902, soweit nicht anderes vermerkt ist.) 


Um nicht den Umfang des Heftes, der ohnehin aufserordentlicherweise um einen 
Bogen erhöht ist, zu überlasten, mufste der Bericht über das ganze Jahr auf den Raum 
zussmmengedrängt werden, der vom 3. Heft, ab für den halbjährigen Bericht in Aussicht 
genommen ist. Sehr gedrängte Fassung und UÜbergehung von manchem minder Wichtigen 
mufste es ermöglichen. 

Abkürzungen: AmJsemL = The American Journal of Semitic Languages and Lite- 
zatures. AmJTh = The American Journa! of Theology. Bs — Bibliotheca sacra. Erp—= 
The Expositor. ExpT = The Expository Times. Jas — Journal asiatique. JgR = Jewish 
quarterly Review. ‚JthSt = The Journal of theological Studies. KAath — Katholik. 
MW. —= Monstschrift f. Geschichte u. Wissenschaft des Judentums. NkZ = Neue 
kirchliche Zeitschrift. OrLz = Orientalistische Literaturzeitung. PEF = Palestine Ex- 
ploration Fund. PShA = Proceedings of the Society of Biblical Archeology. R" = Revue 
biblique. REj — Bevue des Etudes juives. Rsem — Revue semitique StÄr = Theo- 
logische Studien und Kritiken. TALhl — Theologisches Literaturblatt. TQS = Tübinger 
theologische Quartalschrift ZA = Zeitschrift für Assyriologie. ZatW — Zeitschrift für 
alttestamentliche Wissenschaft. Zim@ — Zeitschrift der deutschen morgenländischen 
Gesellschaft. ZAPV = Zeitschrift des deutschen Palästina-Vereins. ZhuB — Zeitschrift 
für hebräische Bibliographie. ZkTh = Zeitschrift für katholische Theologie. ZntW = 


Biblische Zeitschrift. I. 1. 6 


82 Bibliographische Notizen. 


Zeitschrift für neutestamentliche Wissenschaft. ZTAK = Zeitschrift für Theologie und 
Kirche ZwTh = Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie. — Verlagsort: B. = Berlin. 
Ld. = London. Lp. = Leipzig. N. Y. = New York. P. = Paris. 


A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift. 


a) Bibliographie. Enzyklopädien. Inspiration. Hermeneutik. 
Bibelkritik. Bibelstudium. Geschichte der Exegese. 


Krüger, 6&., u. Köhler, W., Theologischer Jahresbericht. XXI. Bd. 1901 
(B., Schwetschke). 2. Abt. Das Alte Testament von B. Baentsch (80%. 158. 
M 6.50). 8. Abt. Das Neue Testament von A. Meyer u. R. Knopf (8°. 
III u. 106. M 4.40). 

Muss-Arnolt, W., Theological and Semitic Literature for the Year 1901 
(8°. 112. Chicago, Univ. Press.): ©. Exegetical Theology p. 31—54. 

Vigouroux, F., Dictionnaire de la Bible. Fasc. 20 u. 21: Italiennes 
(Versionse) de la Bible — Joppe (4°. col. 1025—1632. P., Letouzey). 

Morel, E., et Chastand, &., Concordance des Saintes Ecritures. Ed. nouv. 
(8°. Lausanne, Bridel. Fr 6.—). 

Cheyne, T.K., Black, 3. S., Encyclopaedia Biblica. III. L—P (1298 col. 
Ld., Black. 208). 

Barnes, C. R., The People's Bible Encyclopaedia. 400 Engravings etc. 
(8°. II u. 238. Ld., Kelly. 78 6d). 

Zöllig, A., Die Inspirationslehre des Origenes. Ein Beitrag zur Dogmen- 

eschichte. Stralsburger Theol. Studien V 1 (8%. X u. 130. Freiburg i. Br., 
Herder M 2.70): Systematische Verarbeitung der in den Werken zer- 
streuten Gedanken. Für Geschichte des Inspirationsbegriffes, Geschichte 
der Exegerse, Geschichte des Kanons und der Hermeneutik von Wert. 

Pesch, Chr., S. J., Theologische Zeitfragen. 3. Folge: Zur neuesten Ge- 
schichte der katholischen Inspirationslehre (8°. 123. Freiburg i. Br., Herder. 
M 1.60): Bis 1890 zurückgreifend. Geschichtliche und kritische Streif- 
lichter auf die französische „Ecole large“ und ihre Anschauungen und auf die 
Bedeutung der Enzyklika „Providentissimus Deus“. Am wichtigsten ist der 
6. Abschnitt: „Inspiration, Kritik und Exegese“, der gegen Lagrange und 
Prat die Grenzlinien zieht, innerhalb welcher nach Ansicht des Verf. von 
sachlichen Unrichtigkeiten in der Bibel die Rede sein dürfe. Ein rheto- 
rischer, poetischer, metaphorischer und allegorischer Ausdruck der Wahr- 
heit, eine relative Wahrheit in naturwissenschaftlichen Dingen sei zuzu- 
lassen, in geschichtlichen Dingen abzulehnen. Abschn. 7-10 dogmatisch. 

Pesch, Chr., Die Inspiration der Hl. Schrift nach der Lehre der heutigen 
Protestanten. IIl. (ZkT'h XXVI 81—106): Seit 1890 ım Ausland. 

Holzhey, C., Schöpfung, Bibel und Inspiration (8°. VIII u. 75. Stuttgart, 
Roth. M 1.—). 1. Teil: Entstehung der Welt nach der Wissenschaft, d.i. 
nach der Kant-Laplaceschen Hypothese und dem Plutonismus. Darwinis- 
mus wissenschaftlich bedenklich. Der Mensch reicht bis 6000 v. Chr. zurück. 
Hilprechts Ansätze für Babylonien mit 6000 v. Chr. seien zutrefiend. 
2. Teil: Das biblische Hexaemeron unterscheidet sich von der profan- 
wissenschaftlichen Schöpfungsgeschichte. Richtiger Ausgleich: Monotheis- 
mus, Sabbatsheiligung mit den Folgesätzen ist Tendenz der biblischen 
geoffenbarten Erzählung; das übrige, ist blofs Material, Einkleidung, her- 
genommen aus der herrschenden Uberlieferung, die wieder durch ihre 
Naturauffassung und einzelne Züge auf Babylonien und die babylonische 
Schöpfungslegende hinweise. Die Rechtfertigung dieser Auffassung vor 
dem Inspirationsdogma bringt der 3. Teil mit seiner fundamentalen Be- 
handlung dieses Begriffes (S. 43—75). Ursachen der Unvollkommenheiten 
des uns vermittelten Wortes Gottes. So viele sind nachweisbar, dals eine 
andere Bestimmung des Inspirationsbegrifies versucht werden muls. Die 
Heilige Schrift als Ganzes, jedes Buch seinem Gesamtcharakter nach ist 
inspiriert und hat soweit als irrtumslos zu gelten. Was aulserhalb dieses 
Gesamtcharakters von Buch und Schrift liegt, braucht nicht durch die In- 


Bibliographische Notizen. 83 


spiration des zeitlich Bedingten, Unvollkommenen, ja Irrtümlichen der 
menschlichen Vermittlung entkleidet zu werden. Beschränkung der In- 
spiration auf res fidei et morum, Irrtumsmöglichkeit in den res obiter 
dıctae als solchen schlielst der Verf. aus (gegen die „ecole large“). Dals 
die Tendenz der Enzyklika „Providentissimus Deus“ und die herrschende 
dogmatische Doktrin sich nicht mit ihm in gleicher Linie bewegen, ver- 
hehlt sich der Verf. nicht. Jedoch nach dem gegenwärtigen Stande der 
ositiven Entscheidungen ist die Ansicht sicher diskutabel. Die Schwierig- 
kören der Exegese würden dadurch eine Lösung in cumulo erfahren. 

Granelli, E.. De inspiratione Verbali Sacrae Scripturae. Brevis dispu- 
tatio (Div. Thom. XXIII 211—223 321—340 433—445): Zu unterscheiden 
von der inspiratio verborum; er trennt sich nur in der begrifflichen Dar- 
leegung von den durch ihn bekämpften Vertretern der durchgängigen 
Realinspiration. Er geht aus von dem Satz: Deus conscripsit oder in- 
spirando conscripsit; eine viel zu weit gehende Voraussetzung. 

Granelli, E., De effectibus inspirationis (Div. Thom. XXIII 6, 572—588). 

Mechineau, L., L’autorite divine des Livres Saints. Methodes de demon- 
strations (Etudes XCI 53—69 206—220): Die historische Methode ist zu- 
lässig. Die einfachste und sicherste ist die autoritative, sich stützend auf 
die Autorität der unfehlbaren Kirche, die sich historisch erweisen lälst. 

Turinaz, Mor, Les perils de la foi et de la discipline dans l’Eglise de 
France a Theure presente (16%. 102. P., Roger. F'r 1.50): Wendet sich 
u. a. gegen die Anhänger der neueren Kritik unter dem Klerus. 

Höhne, E., Zur Inspirationsfrage (Beweis d. Glaub. 3. F., V. Bd, 10. H.). 

M’intosh, H., Is Christ infallible and the Bible true? 3. Ausgabe (8°. 
XXVIII u. 680. N. Y., Scribner’s Sons. $3.—): Verteidigt die göttliche 
Autorität der Bibel. (Bs LIX Nr 234, S. 394.) 
es F., Die Bibel Gottes Wort (8°. 236. Stuttgart 1903, Steinkopf. 

3.—). 

De Laurence, L.W., The Bible defended (12°. 132. Chicago, Drake. $1.—). 

Smith, J., The Integrity of Scripture. Plain Reasons for Rejecting the 
Critical Hypothesis (8%. 292. Ld., Hodder. 38 6d). 

Saccherl, J., Hodierna critica et hermeneutica sacra. Quaestiones selectae. 
Ed. 2. emend. et aucta (8%. 149. Placentiae, Typis „Divus 'IThomas“. 
L 2—): Zuerst im „Divus Thomas“ erschienene Dissertation. Prinzipien 
der Enzyklika „Providentissimus Deus“; auf Grund derselben eine Über- 
sicht über die hauptsächlichsten Lösungen der Genesisprobleme (Schöpfung, 
Mensch, Sintflut, Sprachverwirrung, Chronologie) mit malsvoller Kritik. 
R-ichhaltig ist die Zusammenstellung von Erklärungen zur Genesis. 

Szekely, St., Hermeneutica biblica generalis secundum principia catho- 
lica (8°. 1V u. 446. Freiburg i. Br., Herder. M 5.—): Gründliche, manchmal 
etwas umständliche Verarbeitung aller hier in Frage kommenden Punkte, 
eine Enzyklopädie der exegetischen Wissenschaft. Die reichen Literatur- 
an n führen besonders in frühere Zeit zurück. Einiges aus neuester 
Zeit fehlt. Eine Geschichte der Exegese bildet den Schlufs. 

Peters, N., Die Paradiesesflüsse (Gen 2, 10—14) und ein oft vergessener 
kermeneutischer Grundsatz (Beil. z. Germania 1902 Nr 1): Man muls die 
populäre Anschauung der alten Zeit, nicht die modern wissenschaftliche 
zu Grunde legen. 

Schweiker, J., Das G@leichnis in den Büchern des AT. Fine literar- 
ästhetische Studie (8%. 47. München 1903, Schuh. M —.60): Einfache Zu- 
sammenstellung ohne systematische Durcharbeitung. 

Wünsche, A., Poetische Parallelen aus der klassischen Literatur zur Bibel 
(Stud. z. vergleich. Lit.-Gesch. Il. Bd, 4. H.). 

Vigowroux, F., Les Livres Saints et la critique rationaliste. Histoire 
et Refutation des objections des incredules etc. Avec illustrations etc. 
Seconde Partie: Refutation des objections. öe ©d., revue et augmentee. 
Vol. I—-III (120. 570, 676, 629. P., Roger. & Fr 4.—): Die neuere Lite- 


6* 


84 Bibliographische Notizen. 


ratur ist in mäfsigem Umfange beigezogen. Das bbändige Werk (Ire Partie 
1901) liegt nunmehr in 5. Auflage vollständig vor. Ergänzt die Einleitung. 

Margoliouth, D. $., Lines of Defence of Biblical Revelation. 24 ed. (8°. 
XII u. 318. N. Y., Gorbam. $1.50): Verteidigt die Zuverlässigkeit der 
Tradition über die biblischen Bücher (vgl. Bs LIX Nr 235, 584—587). 

Balfour, F. H., Biblical Criticisms (The Saturday Rev. 1902, 7. June). 

Koch, G., Bibelkritik. En Redegorelse for kristne Laegfolk (8°. 50. 
Kobenhavn, Bethesdas Bogh. 65 öre). 

M’Ewan, J., The Bible and the Critics. A Reply to „Modern Criticism® etc. 
by Prof. George Smith, Glasgow (8°. 154. Ld. Hunter. 18). 

Anderson, R., Bible and Modern Criticism. Preface by H.C. G. Moule 
(8°. 294. Ld., Hodder. 78 6d). 

Prat, F., Tradizione e progresso, nell’ esegesi. La Bibbia e le scienze. 
(Civ. Catt. XVIIL Nr 7 u. 8). — Etudes XCIII 5. Nov. 1902, 289312. 

Collani, A., Pour l’avancement des ötudes bibliques. A propos d’un ar- 
ticle du „Mattino“ de Naples (Rivista Cristiana, Febbr. 1902). 

Houtin, A., La Question biblique chez les catholiques de France au XIX® 
siecle. 2° Ed. rev. et augm. (8°. IV u. 378. P., Picard. Fr 4.—). 

Durand, A., L’tat present des etudes bibliques en France. II (Fitudes 
XC 3, 330—358). 

Reville, A., La critique biblique et son introduction dans le clerge catho- 
lique francais au X1X° siecle (Rev. de l’hist. des religions XLVI 1, 81—87). 

Wert, A., The Abbe Loisy and the Roman Biblical Commission (Contemp. 
Rev. 1902, April, 497—507). 

Campbell, A., Books of the Bible: their Contents and C'haracteristics. 
Suggestions for Scripture Study (80. 366. Ld., Marlborough. 38 6d). 

Thomas, W.H. Gr., Methodsof Bible Study(VITIu.119. Ld., Marshall. 18 6d). 

Hoffmann, J., Die Heilige Schrift ein Volks- und Schulbuch in der 
Vergangenheit. Soll sie dieses auch in Gegenwart und Zukunft sein? 
(8°. X1 u. 147. Kempten, Kösel. M 2.40): Eine eingehende Zusammen- 
stellung der Zeugnisse, welche Bedeutung der Hl. Schrift in der patristi- 
schen und mittelalterlichen Zeit, vor und nach der Reformation beige- 
messen wurde im Unterricht der Jugend, im Volksgebrauche und an den 
höheren Schulen zu wissenschaftlicher Bearbeitung. 
on Religionsunterricht und Bibelwissenschaft (Zeitschr. f. ev. Rel.-U. 

.4). 

Hardt, W., Bibelkritik und Religionsunterricht. Pädag. Abh. N. F. VII 6 
(Bielefeld, Helmich). 

Dreydorff, J. &., Quousque tandem? Ein ernstes Wort wider den alt- 
testamentlichen Geschichtsunterricht (16%. 5l. Lp., Haessel. M —.60): 
Vom Standpunkte des radikalsten Kritizismus und in unwürdigem Tone 
protestiert der Verf. gegen die Verwertung des AT in der Erziehung. 

Biblische Geschichte in moderner Behandlung (Der alte Glaube IV Nr 2). 

Kähler, M., Geschichte der Bibel in ihrer Wirkung auf die Kirche. Ein 
Vorschlag (4". 34. Lp.. Deichert). 

Stave, E., Der Einflufs der Bibelkritik auf das christliche Glaubens- 
leben. Gemeinverständl. Vortr. 30 (Tübingen, Mohr). 

Fillion, L.-Cl., Ikome et la Bible (Rev. de l’Instit. cath. de Paris VII, 
55 —76): Zählt auf, was die kath. Kirche für die Hl. Schrift getan hat. 

Bacher, W., Eine angebliche Lücke im hebräischen Wissen des Hierony- 
mus (ZatW XXIII 114—116): Grützmacher hat in seiner Hieronymus- 
biographie die Stelle ep. 36, 13 milsverstanden. 

Rahmer, Die hebräischen Traditionen in den Werken des Hieronymus, 
kritisch beleuchtet. Die Commentarii zu den 12 kleinen Proph. 1. Hälfte, 
2 Hefte (8". 174. B., Poppelauer. M 5.—). 

Morin, G.., Quatorze nouveaux discours inedits du saint Jeröme sur les 
psaumes (Rev. bened. X1X 2, 113—144): Die Mss; Echtheit erwiesen. 

Sauer, J., Symbolik des Kirchengebäudes und seiner Ausstattung in der 


Bibliographische Notizen. 85 


Auffassung des Mittelalters. Mit Berücksichtigung von Honorius Augusto- 
dunensis, Sicardus und Durandus. Mit 14 Abbildungen im Text (gr. 80. 
XXIV u. 410. Freiburg i. Br., Herder. M 6.50): Vielfach sind es biblische 
Gedanken, die in den Symbolen des Gotteshauses — allerdings in allego- 
rischem Sinne modifiziert durch den Einfluls der Liturgie und des Kirchen- 
jahres — zum Ausdruck kommen. Ein eigener Abschnitt: Die Hl. Schrift 
und die Symbolik (S. 50—61), gibt hierfür die allgemeinen Gesichts- 
punkte an. J.S. 

Wachstein, B., Der hermeneutische Syllogismus in der talmudischen Lite- 
ratur (MGWJ XLVI 53—62): Die ebenso betitelte Schrift von A. Schwarz 
(1901) wird kritisiert. 

Eppenstein, S., Verbesserungen und Ergänzungen zu Joseph Kimch?is 
Mischle- Kommentar (ZhB VI 24—28, Schluls): Die inkorrekte Ausgabe 
von Baer (Breslau 1868, nach Oxf. Ms) verbessert nach dem Münchener Ms. 

Eppenstein, Studien über Dunasch’s Kritik gegen Saadja (MGWJ XLVI 
62—83): D.s Buch (10. Jahrh.) wird als echt erwiesen. Er hatte eine 
von der unsrigen verschiedene Rezension von S.s Werken vor sich. 

Porges, Zur Frage der Echtheit von Dunasch's Kritik gegen Saadja 
(MGWJ XLVI 141—153): Hält Eppenstein gegenüber die Unechtheit fest. 

Diettrich, &., Isö'dädh’s Stellung in der Auslegungsgeschichte des AT 
an seinen Commentaren zu Hosea, Joel, Jona, Sacharja 9—14 und einigen 
angehängten Psalmen veranschaulicht. Beihefte z. ZatW VI (8%. LXV 
u. 163. Giefsen, Ricker. M 7.50): Die Geschichte der syrischen Exegese 
ist ergebnisreich nach mancher Richtung hin, aber noch wenig gepflegt. 
Ein glücklicher Griff ist D.s Werk. I.s des Nestorianers Einfluls auf Bar- 
hebräus (wohl etwas überschätzt) und Dionysius bar Salıbhi wird verfolgt. 
Die Varianten des „Griechen“ führt D. zurück auf einen Syro-Lucianus, 
neben d. Syroh. existierend, viell. von Mär’Abhä. Ein solcher Schluls scheint 
verfrüht im Hinblick auf die weitgehende Übereinstimmung mit Syroh. 

Saul, 0. Pr., Das Bibelstudium im Predigerorden (Kath 3. F. XXVII 
Okt. 289—312; Nov. 424—447). 

Ubald, Travauz des Capucins de Paris sur PEcriture Sainte. L'Aca- 
demie Clömentine (Et. francisc. Nov. 1902, 449471). 

Nestle, E., Si Lyra non Iyrasset (ThLbl XXIII Nr 31): Vorlutherische 
Form und Übertragung auf Lutbers Verhältnis zu Lyra. 


b) Text und Uneree IE Theologie. Geographie. 
Archäologie. 

Cereseto, &. &., Istituzioni bibliche, Testi e versioni (Genua). 

Vigouroux, F., La Sainte Bible pol, glotte etc. Ancien Testament. III: 
Les Paralipomenes; Esdras, N&hömie, lobie, Judith, Esther, Job (8°. VIII 
u. 838 a 2 col. avec grav. P., Roger). 

Gibson, M., Four Hemarkable Sinai Manuscripts op XIII 509-511): 
Nr 514 Evangeliumpalimpsest nach Pes., 6. Jahrh.; Nr 5 u. 15 die sog. Antı- 
legomena; Hs mit 1 Mach 3, 4&3— 3 Mach 5, 21. — Vgl. ebd. XIII 563. 

Littmann, E., Aus den abessynischen Klöstern in Jerusalem (ZA XVI 
1, 102—124; 2/4, 363— 388): Katalog derselben, darunter Bibelhss A u. NT 
mit Apokr. und Kommentare. 

Heider, A., Die äthiopische Bibelübersetzung. Dissert. Halle (8°. 34): 
Ihre Herkunft, Art, Geschichte usw. Mit Textproben usw. — Erscheint 
vollständig in Lp., Ed. Pfeiffer. 

Berger, $S., Les prefaces jointes aux livres de la Bible dans les mss de 
la Vulgate. Mömoire posthume (40. 82. P., Klinksieck): Unter 324 
Nummern eine Übersicht über die Vorreden, welche B. in etwa 1200 Hss 
fand; wichtiges Mittel zu ihrer Klassifizierung (vgl. ThLbl 1902 Nr 38). 

Mercati, 6., Antiche reliquie liturgiche Ambrosiane e Romane con un 
excursus sui frammenti dogmatici ariani del Mai (Roma, Tipogr. Vat. 
—=Studi e Testi VII): Die Stücke 11 und 19 der von A. Mai 1828 edierten 


86 Bibliographische Notizen. 


Fragmente arianischer dogmatischer Abhandlungen bestehen aus (von den 
Arianern gebrauchten) lateinischen Bibeltexten. Diese erfahren hier einen 
diplomatisch genauen Neudruck S. 61—67. Den Text von Dt in Fragm. 19 
hält M. für nahe verwandt mit dem Lyoner Heptateuch. G.P. 

Hoare, H. W., The Evolution of the English Bible. Being an Historical 
Sketch of the successive Versions from 1882—1885. 24 ed. (8°. 368. Ld., 
Murray. 78 6d)., 

Carr, J., Uber das Verhältnis der Wichfitischen und der Purveyschen 
Bibelübersetzung zur Vulgata und zu einander. Dissert. (108 S. I) 

Carieton, 3. &., The part of Rheims in the making of the English Bible 
80. VII u. 259. Oxford, Clarendon Press. 98 6d): Stellt fest den Einfluis 

er Übersetzung, die zu Rheims 1582 veröffentlicht wurde, auf die 
„Authorized Version“ (vgl. ExpT XIV 84), 

Whitney, H. M., The latest Translation of the Bible (Bs LIX Nr, 234, 
217—237; Nr 235, 451-475; Nr 236, 663—681): Handelt von der Über- 
setzung von 1885 und 1901. 

The Revised Bible— American and English (Crit. Rev. of theol. and philos. 
Lit. 1902, May). 

Xanthopulos, T. Traductions de "Ecriture Sainte en neogrec avant le 
XIXe siecle (Echos d’Orient 1902, Sept., 321—832). 

Lewis Agnes Smith, Studia Sinaitica No 11: Apocrypha Syriaca. The 
Protevangelium Jacobi and Transitus Mariae. With Texts from the Sep- 
tuagint, the Corän, the Peshitta etc. Ed. and Transl. With an Appendix 
of Palest. Syr. Texts from the Taylor-Schechter-Coll. (4%. Cambridge, 
Univ. Press). 

Fry, H. W., Gottes Plan in der Bibel. Aus d. Engl. übers. von G. Späth 
(16°. 123. Dessau, Haarth. M 1.60): In populärer Weise elle 

Holtzmann, O., Religionsgeschichtliche Vorträge (8°. 177. Gieisen, Ricker. 
M 3.—; geb. M 4.—). Davon fallen für die Hl. Schrift ab: 1. Israel 
und die Propheten (S. 1—29): zeitgeschichtliche Bedingtheit, Grundgedan- 
ken der Propheten und Entfaltung der Prophetie. — 2. Das jüdische 
Gesetz (S. 30—58): literarische Entstehung des Gesetzbuches (entsprechend 
der modernen Pentateuchkritik) und Aufzeigung der verschiedenen Zeiten 
angehörigen Gesetzesbestimmungen. — 3. Das Jahrhundert Jesu Christi 
SG 59—87): populäre Darlegung der Zustände als Vorbedingung einer 

eltreligion. — 4. Jesus Christus (S. 88—117): seine Persönlichkeit nach 
den Evangelien. 

Schmid, Fr., Die Zauberei und die Bibel (ZkTh XXVI 107—180): Nach 
der Bibel hat es tatsächlich Zaubereien im strengen Wortsinne gegeben. 

Böklen, E., Die Verwandtschaft der jüdisch-christlichen mit der Parsi- 
schen Eschatologie (8%. 150. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht. 
M 4.—): Sorgfältige Zusammenstellung der Parallelen zwischen dem 
Parsismus und dem jüdisch-christlichen Ideenkreise. Häufig wird dabei 
naturgemäls auf das A u. NT mit den Apokryphen zurückgegangen; 
die Hauptmasse der Vergleichspunkte im Talmud, Gnostizismus, Islam. 
Der Verf. läist die Frage der Abhängigkeit offen. 

Schmid, Fr., Der Unsterblichkeits- und Auferstehungsglaube in der Bibel 
(8°. V u. 362. Brixen, Katlı.-pol. Prelsver. 3.60; zeb. M 4.60). 

Charles, R. H., The Messiah of Old Testament Prophecy and Apocalyp- 
tic and the Christ of the NT (Exp 1902 April 241—259). 

Joseph, M., Zur Sittenlehre des Judentunis (8°. 56. B., Poppelauer. M —.80). 

Keppler, P. W. v., Wanderfahrten und Wallfahrten im Orient. 4. Aufl. 
Mit 145 Abbildungen und 3 Karten (gr. 8%. VIll u. 538. Freiburg i. Br., 
Herder. M 8.—). 

Brightwen, Mrs., Sidelights on the Bible. Scripture and Eastern Life 
Ill. from my Coll. of Oriental Curios. (8%. 160. Ld., Relig. Tract. Soc. 28). 

Eusebius, tepi Tüv TomıxWv Övouarwv Ev Tf) Beia Ypapfi. Herausgeg. 
von E. Klostermann (Lp., Hinrichs). 


Bibliographische Notizen. 87 


Grisar, H., Zur Palästinareise des sog. Antoninus Martyr um 580 (ZkTh 
AX VI 760—770): Antoninus Martyr blofs Schutzheiliger der Reisegesell- 
schaft. Daher zu betiteln: Anonymi Placentini itinerarium. 

Garofalo, F. P., Contribuito alla Geografia dell’ Egitto Romano (Rec. de 
Trav. & la Phil. etc. XXIV 1/2, 1—11): Uber das Itınerarium Antonini. 

Chavanon, J., Relation de Terre Sainte ne nt Graffin Afagart, 
publiee avec une Introduction et des notes (8°, VII u. 245. P., Le- 
coffre. Fr 5.—): Reisebericht über den Besuch des Hl. Landes und des 
Sinai aus Cod 5642 der Nat.-Bibl. in P. 

Golubovich, H., Ichnographiae Locorum et Monumentorum veterum 
Terrae sanctae, accurate delineatae et descriptae a P. E. Horn (1725 —44). 
E cod. vat. lat. 9233 excerpsit, adnot. et ed. cum 75 fig. et app. hist. ex 
eodem codice H. G. (4. LX u. 304. Romae, typ. sall.). 

Marta, J., Temoignages des auteurs arabes sur les Liewr- Saints. 1. Ab- 
schnitt: Auszug aus dem „Buch des Beweises“ (Al-Machriq V Nr 11). 

Hilderscheid, H., Die Niederschlagsverhältnisse Palästinas in alter u. neuer 
Zeit (ZdaPV XXV 1/2): 2. Teil: Die Niederschlagsverhältnisse Palästinas auf 
Grund der Angaben der Bibel und der Mischna (S. 82—97). 3. Teil: Die 
Bewirtschaftung hat den Rückgang Palästinas verschuldet (S. 97—105). 

Grammatica, L., Le vie Romane della Palestina (Stud. relig. II 2, 136—158). 

Wimmer, J., Palästinas Boden mit seiner Pflanzen- und Tierwelt vom 
Beginn der biblischen Zeiten bis zur Gegenwart. Historisch-geographische 
Skizzen (8%. 128. Köln, Bachem. Ver.-Schr. d. Görres-Ges. 1%2. II): 
Faist alles gut und mit Benutzung der neuesten wie dauernd wertvollen 
älteren Literatur zusammen. 


Loreta, 6., La zoologia nella Bibbia secondo la Volgata (8°. 580. Torino, 


L 4.50). 
Wehring, Die geographische Verbreitung der Säugetiere in Palästina und 
Syrien (Globus I [1902] 310). 


Parodi, D., La nautica nei Libri Santı (8°. 22. Genova, Fassicomo). 
Bennett, W. H.. Wages in Ancient Israel (ExpT XIII 381f): Verhält- 
nisse der Lohnarbeiter im A u. NT. 


c) Auslegung. 


Matheson, G., Representative Men of the Bible (8%. 378. Ld., Hodder. 6s). 

Banks, A., The great Saints of the Bible (8°. 351. Ld., Kelly. $1.50). 
The great Sinners of the Bible (8°. 330. Ebd. 58). 

Groff, W., Eitudes sur certains rapports entre l’Egypte et la Bible (Rec. 
de Travaux relat. & la Phil. et & l’Arch. Egypt. et Assyr. XXIV 3/4, 
121—134): 1. Die Tochter des Pharao Ramses 1I. Bent-Anta—=rna 1 Chr 
4,18. 2. Die Stelle über Israel in Merenptas Stele ist später nachge- 
tragen, fällt daher nicht in dessen 5. Jahr. 3. Act 17,23: Zeus = dem 
ägyptischen Amen = der Geheimnisvolle, Unbekannte. 

Minocchi, S., La questione del divorzio nella Bibbia (Stud.relig. II2,97—114). 

Grotemeyer, H., Studien zu den Visionen der gottiseligen Augustiner- 
nonne Anna Katharina Emmerich. 2. Heft (8°. 64. Münster, Aschendorff. 
M 1.—):. I. Gedeons Sieg über Madian nebst zwei Exkursen (Über 
Galaad, Uber Bethbara); fr. Kapharnaum ‚und seine Umgebung, 1. Teil: 
Geographisches und Topographisches. 1III. Uber den Krieg des arabischen 
Fürsten Aretas gegen Herodes Antipas im Todesjahre des Erlösers, 

Krieger, H., Das Leiden des Gerechten im Buche Hiob und im Lichte 
des NT. Progr. (8°. 24. Wehlau). 

Vogt, K. F., Der Kampf um Jerusalem. Eine deutliche Erklärung des 
Propheten Daniel und der Offenbarung Johannes’. 2 Te. (8°. 248, 340. Frank- 
furt a. M., Schergens. M 6.—). 


88 Bibliographische Notizen. 


B. Das Alte Testament. 


a) Bibliographie. Kanon. Geschichte der Exegese. 
Hebräische Sprache: Grammatik und Lexikographie. 


Scherman, L., Orientalische Bibliographie XV. Bd (für 1901), (B., 
Reuther): Die biblischen Artikel sind unter die betrefienden Sprach- u. 
Sachgruppen eingereiht. V 4: „AT. Judentum“. 

Wlideboer, 6., De Kirkvader Origenes en de Kanon des Ouden Verbonds. 
Versl. en Mededeel. der K. Ak. van Wetenschappen. Aftdeel. Letterkunde, 
Deel 5, 134—163. , 

Wildeboer, G., Formation du canon de l’Ancien Testament. Etude histo- 
rico-critique. Quatri&me et dernier article (Rev. de Theol. et Philos. XXX V 
1, 67—104): Schlufs der 1901 veröflentlichten 3 Artikel: Der Propheten- 
kanon wurde abgeschlossen 200—165 durch die Gesetzeslehrer in Jerusalem 
zugleich mit Überarbeitung verbunden. Die Hagiographen erscheinen 
erst sicher in der Mischna (200 n. Chr.) als abgeschlossener Teil des Kanons. 

Riedel, W., Alttest. Unters. I. (8°. 103. Lp., Deichert) S. 90—103: Namen 
u. Einteilung des atl Kanons: Ursprünglich Gesetz u. frühere Propheten 
vereint. Ordnung der späteren Propheten, insbes. des Zwölfpropheten- 
buches. Ursprüngliche Teilung der früheren Propheten (1 Sam 1—30. 
1 Sam 31—1 Reg 2, 11. 1 Reg 2, 11—2 Reg 1,18 u. Rest). Einteilung 
des Pentateuchs. Ordnung u. Nam (von Num 11 abgeleitet) der Ketubim. 

Ziegler, J., Die Königsgleichnisse des Midrasch beleuchtet durch die römische 
Kaiserzeit (gr. 8°. XX XII, 456 u. CXCI1I. Breslau, Schles. Buchdr. M 10.—) 

Midrasch Hag-Gadol. Forming a Collection of Ancient Rabbinic Ho- 
milies to the Pentateuch. Edited for the first time from various Yemen 
MSS. and provided with Notes and Preiace by S. Schechter: Genesis 
(4°. 468. Cambridge, Univ. Press. 308). 

Kan MORD won: Midrasch Bereschit Ralba mit Quellennachweis und 
Kommentar m" rrıx, nach Handschriften ediert von J. Theodor. 1. Lfg. 
(8°. 16 S. u. 1 Bl. Prospekt. B.). 

Machir ben Abba Marl, “en >» “ann wipb‘: Sammlung midraschischer 
Auslegungen der Sprüche Salomos. Zum ersten Male nach einer Hand- 
schrift herausgeg. u. mit Anmerkungen u. Quellennachweisen versehen 
von L. Grünhut (8°. 20 S. u. 104 Bl. Frankfurt a. M., Kauffmann. M4.—): 
Von c. 18 bis Schluls reichend. Einleitung. Nachweis der aufgenommenen 
Stücke. Was Machiri als xe'r:n anführe, entstamme dem verlorenen 1xmebn. 
Auch einige Stücke des verlorenen Midrasch zu Dt sind enthalten. Eine 
Ausgabe der "mox '=7 "pre kündigt Gr. an (vgl. Hebr. Bibl. VI 4, 102f). 

Diettrich, G., Die Massora der östlichen und westlichen Syrer in ihren 
Angaben zum Buche Ruth nach fünf Handschriften (ZatW XXIl 193— 201): 
Ein Beispiel der Textbehandlung bei den Syrern; Ergebnisse für Gram- 
matik, Lexikographie, Textkritik, Geschichte der Auslegung. 

Hoberg, &., Die Fortschritte der biblischen Wissenschaften in sprach- 
licher und geschichtlicher Hinsicht. Rede, gehalten bei Übernahme des Pro- 
rektorates. 2. Ausgabe. (Lex.-8°. VI u. 30. Freiburg i. Br., Herder. M 1.—): 
In allgemeinen Zügen handelt er von der Kenntnis der bibl. Sprachen in 
den verschiedenen Zeiten, von der Pflege der Kritik, den geschichtlichen 
Daten der speziellen ‚Einleitung, dem Fortschritt in der Erkenntnis der 
Geschichte Israels, Agyptens und Assyriens. Das 19. Jahrh. hat den 
grölsten Fortschritt aufzuweisen. 

Zapletal, V., Grammatica Linguae Hebraicae cum exercitiis et glossario 
studiis academicis accommodata (8°. VIII u. 138. Paderborn, F. Schöningh. 
M 2.80): Das Bedürfnis nach einer lateinisch geschriebenen Grammatik 
hat den Verf. veranlalst, dieses Buch als Leitfaden für seine sprachlich 
gemischten Hörer herauszugeben. Die Überlieferung in der technischen 
Darstellung des Gegenstandes ist eine feste, variiert nur im Mehr oder 
Weniger u. in untergeordneten Punkten. Die zitierten Einzelerscheinungen 


Bibliographische Notizen. 89 


sind zahlreich und hinreichend, die Syntax verhältnismälsig ausführlich; 
die Übungsbeispiele weisen auch poetische Stücke auf. 

Gesenius, W., Hebräische Grammatik, völlig umgearbeitet von E. 
Kautzsch. 27., vielf. verb. u. verm. Aufl. (8°. X1I u. 591. Lp.). 

Margolis, M. L, Notes on Semitic Grammar. III: An abnormal Hebrew 
Form (AmJsemL XIX 1,45—48): Am 9,1 veyyar. 

Halery, J., Pa‘el viell. aus qababala-gqabalbala (Jas ser. IX, t. XIV 136f). 

Praetorius, F., Über den sog. Inf. absol. des Hebr. (ZdämG LVI 546—550). 

König, E.., Zur Syntax der Zahlwörter im Alten Testament (AmJsemL 
XVlll 3, 129— 148): Nachtrag zu seiner Syntax $& 3121. 

Offord, J., Semitic Analogies for Old Testament Names (PSbA XXIV 
6, 2421): Eigennamen: Zakarja, Hoshea, Zikri, Zebadja. 

Minocchi, S., Origini e vita slorica della lingua ebraica (Stud, relig. 
Il 3, 189—221). 

Jacob, B., Das hebräische age im Christlich- Palästinischen (ZatW 
XX11 8&3—113): Hebräische Wörter in lebendigem Gebrauche erhalten, 
Vokalisation wertvoll für mass. Punktation. Wiıchtig für hebr. Lex. 

Barth, J., Wurzeluntersuchungen zum hebräischen u. aramäischen Lexikon 
(8°. 1V u.61. Lp., Hinrichs. M4.—). Vgl.Gött. gel. Anz. Sept. 1902, 6656—675. 

Wilson, R. D., Lost Meanings of Hebrew Roots (Presb. and Ref. Rev. 1902, 
April, 277— 292). 

Sanda, A., Bemerkungen zum hebräischen Wörterbuch (ZkTh XXVI 
205— 208): Zu Ez 28. 5.12 cp (st. org); Jb 8, 5 +menn st. mbaan; 793; 
Is 23,13; r;= (sum. Lehnwort); ern (=assyr. tachsie); m» Gn 26, 26; 
r==3 Gn 49, 10 (viell. assyr. silu od. selu). 

Bewer, J. A., Critical Notes: New Lezical and Critical Suggestions 
(AmJsemL XVIlIl 120—122): wa:, y:p 1 Rg 11,25; Is 7,6. v:p if 29, 21. 
=== (st. a3) Soph 3,3; Hab 1,8. x“w Ps 35, 17. mm'» Jb 36, 22; Gn 12,6. 

Chojes. H, P., Notes de Lexicographie Hebraique (REjXLIV Nr 88,223—229): 
"sem, b353, 17, "om, meon, Ton, Dos, Be Sr, Pen, pro, 779, Tan, 11%9D, 
ups, mg, ver. 

Herz, N., Doubtful Hebrew Words (ExpT XI11 190): "zus, 75, ogz, "eo, riro. 

Riedel, W., Alttest. Unters. I: Die hebräischen Wörter' für Purpur 
(S. 37—41): ryen und ex „Purpur“ und „Indischrot“. 

Bacher, W., x dans le sens d’„obscurite“ (REj XLIV Nr 88, 286 f}: 
Bei altjüdischen Erklärern so gefalst, aber abzulehnen. 

Hommel, Fr., The true Meaning of Arpakshad (ExpT XIII 285): Das 
Element arpu kommt im Babylonischen (= Grenze, Nachbarschaft) vor. 

Riedel, W., Alttest. Unters. I. Anhang: "w-ex S. 15 f. 

Friedländer, I., Das hebräische -z0 in einer verkannten Bedeutung (JqR 
XV Nr 57, 102f): Jb 19, 23 und Is 30, 8 = Erz, Bronze; vgl. assyr. siparru. 
Selbie, J. A., Über 1 Sm 1,3 no» en = jährlich (ExpT xi 206). 

Stade, B., Ein phönicisches Aequivalent von n:cn nz? (ZatW XXII 
325—327): In einer phön. Inschrift 3er = d deutepeuwv. 

Chajes, H. P., "33 (OrLz V 352): ein verloren gegangenes sem. Verbum, 

Houtsma, M. Th., nern — com! — enS (ZatW XXII 229-231). 

Yahuda, A. S., Üler aux =s9 und n;"*2 im AT (ZA XVI 2,4, 240— 272): 
Stammesgenosse — Samilienlos, Fremdling — Stammesmitplied. 

Wildeboer, G., Die älteste Bedeutung des St. px (ZatW XXLI 167— 169). 


b) Text und Übersetzungen. 


Kittel, R., Über die Notwendigkeit und Möglichkeit einer neuen Ausgabe 
der hebräischen Bibel. Studien und Eıwägungen (8°. 86. Lp., Deichert. 
M 2.—): Möglich für einen einheitlichen Text aus dem 4. Jahrh. v. Chr. 
in der Richtung der massorethischen Rezension des Konsonantentextes und 
auf Grund der getreu überlieferten massorethischen Vokalisation. 

Hirschfeld, H., Descriplive Catalogue of Hebrew Mess of the Monte- 


90 Bibliographische Notizen. 


fiore Library (JaR XIV Nr 53 In, 159—196; Nr 54, 379—412): Unter 
I: Bible, Targum, Midrash, Bible Commentaries. 

Cook, St. A, A Pre-massoretic Hebrew Papyrus (PSbA XXIV 7,8, 272): 
Festgestellt in einem von Nash vorgelegten Ms; Dekalog und Dt 6, 4.5. 

Rosenwasser, E., Berichtigungen zu Mandelkerns gro/ser Konkordanz 
(ZauW XXII 320). 

Hyvernat, H., Petite introduction a l’etude de la Massore (Rb XI 4,551—563). 

Kahle, P., Der masoretische Text des Alten Testaments nach der Über- 
lieferung der babylonischen Juden (8°. 108. Lp., Hinrichs. M 3.50). 

Praetorius, Fr., Die Übernahme der früh-mittelgriechischen Neumen 
durch die Juden. Ein Nachwort zu meiner Schrift über die Herkunft 
der hebräischen Accente (8%. 22. B., Reuther. M 1.50): Gegen C. R. 
Gregory, Theol. Lit.-Z. 1901 Nr 22 hält Verf. seine These aufrecht. 

Krauss, S., Der Obelos im masoretischen Texte (ZatW XXII 57—64): 
= umgekehrtes Nun Nm 10,35—386. 

Perles, F., Zur Geschichte der Abbreviaturen im Hebräischen (Arch. f. 
Stenogr. L1V 41—48): Vermehrt u. berichtigt die Resultate seiner Schrift: 
„Analekten zur Textkritik des AT“ (1895). 

Schulthess, Fr., Miscellen zum Biblisch- Aramäischen (ZatW XXII 162): 
Zu Esr 5, 16; 7, 20. Dn 2, 32. 43; 4, 8. 17. 

Kahle, P. Fragmente des samaritanischen Pentateuchtargums (ZA XVI 
1, 79-101): Kündigt eine Arbeit über die arabische Pentat.-Ubers. der 
Samaritaner an. Geschichte der Mss; Inhalt und Varianten. 

Marx, A., Nachtrag zu der Zusammenstellung der Citate aus Targun 
Jeruschalmi bei Ginsburger, Fragmententargum S.91—122 (ZhB Vl 55—58). 

Ginsburger, M., Die Citate aus Targum Jeruschalmi (ZuB VI 4, 122): 
Nachträge zu dem von ihm herausgegebenen Fragmententargum. 

Wolfsohn, L., Das Targum zum Propheten Jeremias in Jemenischer 
Überlieferung. Dissert. Halle (8". 34). 

„Nestle, E., Das eherne Maultier des Manasse (ZatW XX1I 309—312): 
Über Targum zu 2 Chr 33, 11. 

Jastrow, M., Dictionary of the Targumim, the Talmud Bablı and Ye- 
rushalmi and the Midrashic Literature. P. 8—14 (N. Y., Putnam). 

Oesterley, W. O0. E., Studies in the Greek and Latin Versions of the 
Book of Amos (Cambridge, Univ. Press 483). 

Swete, H. B., Introduction to O. T.in Greek. 21 ed. (8°. Ld., Clay. 78 6d). 

Taylor, C., A new Septuagint Fragment (JthSt IV Nr 13,130): Auf hebr.- 
griech. Palimpsest der Taylor-Schechter Coll. entdeckt; Ps 143, 1—144, 6. 

Violet, Br., Ein zweisprachiges Psalmfragment aus Damaskus. Berich- 
tigter Sonderabzug aus OrLz 1Wl. Mit einer Abb. des Fragm. (4. 52 Sp.B.). 

Swete, B., The Old Testament in Greek according to the Septuagint. 
I. Gen.—1V Kıngs. 3th ed. (8°. 854. Cambridge, Univ. Press. 78 6d). 

Brooke, A. E., McLean, N., The Forthcoming Cambridge Septuagint 
(JthSt III Nr 12, 601—621): In Bälde soll der Druck der grolsen Aus- 
gabe beginnen. Anlage; Gn 48, 1—9. Idc 5, 23—6, 24 zur Probe. 

Abrahams, J., Recent Criticism of the Letter of Aristeas (JqR XIV 
Nr 54, 321—342): Kritik der Arbeiten von Wendland und Thackeray. 

Johnston, J. B., The Date of the Septuagint (ExpT XIII 382f): Will 
genauer das 3. Jahrh. noch als Abfassungszeit wahrscheinlich machen. 

Lindl, E., Die Oktateuchcatene des Prokop von Gaza und die Septua- 
gintaforschung (8%. VIII u. 161. München, Franz. M 6.80): Der 1. Teil 
erörtert die Identität der Oktateuchkatene mit Prokops Eklogen. Eine 
verschiedenartige Ausbeute bietet Prokop für die LXX. Im 2. Haupt- 
teil behandelt L. dessen griechischen Bibeltext, wobei ein bedeutsamer 
Teil der LXX-Probleme berührt wird und eine reiche Literatur darüber 
zur Verwendung gelangt. Wertvoll ist die vollständige Zusammenstellung 
des Materials aus Prokop. Der Bibeltext des Prokop in den beiden Hss 
m und r ist nicht lukianisch oder hesychianisch, also hexaplarisch. 


Bibliographische Notizen. 91 


m "Münchener Hs) enthält tetraplarischen Text, der sich als Verarbeitung 
der hexaplarischen Materialien durch Origenes unterscheidet vom reinen 
nexaplarischen Text; letzteren findet der Verf. in der Hs r (Baseler Hs). 
Der Verf. glaubt 3 vororigenistische LXX-Rezensionen nachweisen zu 
können; r ist näherhin zu bestimmen als palästinisch-origenistische Rezen- 
sion. Für so wichtige und weittragende Thesen scheint doch eine breitere 
Basis der Untersuchung notwendig. 

Jahn, 6., Beiträge zur Beurteilung der LXX. Eine Würdigung Well- 
hausen’'scher Textkritik (80%. 52. Leiden, Brill). 

Nestle, E., Zu Philo somniis II, 44 (Philologus 61 [N. F. 15] 311f): 
LXAX Lv 5, 4 ist die richtige Lesart „N Av öudon“ (nicht „N üvonos N“), 
und an der bezeichneten Stelle des Philo (vol. ILI, p. 289, 16 ed. Wend- 
land ed. min.), wo dieser Vers zitiert wird, ist herzustellen „yuxn <f> Av 
öuöon“. Vgl. auch J. Zycha, S. Aureli Augustini quaest. in heptat. 
Wien 18%, p. VIIII. ©. W. 

Halövy, J., La transcription du tölragramme dans les versions grecques 
iJas ser. IX, t. X1X 1, 134ff): Die 2. Kolumne der Hexapla habe Öri- 
genes schon vorgefunden. 

Burkitt, F.C., The so-called Quinta of 4 Kings (PSbA XXIV 6, 216—219): 
Besteht vermutlich nur aus von ÖOrigenes zurückgewiesenen Varianten 
der LX\X. 

Roupp, N., Die älteste äthiopische Handschrift der vier Bücher der Könige 
(ZA XVI 2/4, 296 — 343): Ms Cod. Vatic. Nr L. V 16 enthält die versio 
antiqua des Dillmann; LXX liegt in der Rez. des Vat. zu Grunde. 

Brooke, A. E., The Bohairic Version of the Pentateuch (JthSt III 10, 
258—278): Behandelt Mss und Druckausgaben. 

Gregory, C. R., Die isch a Hexapla am Anfange des neunten Jahr- 
hunderts (ThLbl XXI Nr 31): Notizen zu Or.chr. 1138-152 299—313 
(Briefe vom Patriarchen Timotheus 1. en! Syrohexapla be- 
treffend. — E. Nestle ebd. Nr. 33 Korrekturen und Nachträge. 

Vigouroux, F., Une ancienne traduction de la Bible: Le Codex... Lugdu- 
nensis (Rev.d. quest. hist. Annee XXX VI, Lfg. 141,2, 583-594): Über die 
Ausgabe desselben (Lyon 1900, Rey). Die Herkunft aus Afrika bestreitet V. 

Mercati, G., Franımenti Urbinatı d’ un’ antica versione latina del libro II 
de’ Maccabei editi ed iülustrati (Rb XI 184—211): Eine bisher unbekannte 
lateinische Übersetzung zu 2 Mach 4, 39—5, 14 (mit Ausnahme von 4, 45) 
und ‚101, 2—11, 1 aus dem Cod. Urbin. lat. 474 saec. IX,X f. 153 u. 154. 
Die Übersetzung ist verwandt mit dem in der Schrift De divinis scripturis 
gebrauchten Texte. Aus dieser ediert M. 1 Mach 2, 49-64 und 2 a 
1, 9—29. ) 

Nestle, E., Animaequitardare (Archiv f. lat. Lexikogr. XII 331f): 
Macht auf das in Rönschs Itala und Vulgata und im Thesaurus linguae 
Latinae fehlende Verbum „animaequitardare“ = yuaxpo®uneiv (Kiccli 29, 
8 [11] im pseudo-augustinischen Liber de divinis scripturis p. 407, 7. ed. 
Weihrich) aufmerksam. C.W. 

Westie, E., Kapporeth = oraculum (ZatW XXII 313f): Bei Hier. viel- 
leicht Wiedergabe eines spätjüdischen Ausdrucks. 

Schmied!, Randbemerkungen zu Saadias Pentateuchübersetzung (MGWJ 
XLVI 48-88): Vgl. ebd. XLV 124fi. Saadja hält gegen Onkelos am 
einfachen Schriftsinn fest. 

Lehmann, S., Saadia Al-Fajjumi's arabische Psalmenübersetzung und 
Commentar (Psalm 21—41). Nach einer Münchener und einer Berliner 
Hs herausgeg., übers. und mit Anmeıkungen versehen (8°. 71 u. XXIX. 
B., Poppelauer. M 2.80). 

Cook, A. St., An Arabic Version of the Prologue to Ecclesiasticus (PSbA 
XXIV 4/5, 173—184): Aus Mss herausgegeben. 

Brückner, A., Über die polnischen Psalmenübersetzungen bis zur Mitte 
des 16. Jahrh. (Anz. d. Ak. d. W. in Krakau; hist.-philos. Kl. 1902 Nr 4, 


92 Bibliographische Notizen. 


69—61): Zu den 2 bisher bekannten Texten weist der Verf. einen 3, 
nach im Krakauer Druck von 1532. 


c) Allgemeine Literar- und Textkritik. Religion. Theologie. 


Höpfl, H., O. S. B., Die höhere Bibelkritik. Studie über die moderne 
rationalistische Behandlung der Hl. Schrift (8°. 110. Paderborn, F.Schöningh. 
M 2.80): 1. Die Kritik und ihre gemeinsam anerkannten Resultate werden 
kurz skizziert und exemplifiziert. Eine genetische und systematische Dar- 
legung der kritischen pothesen lag nicht in der Absicht des kurzen 
Ahriscen. Das 2. Kapitel sucht das Berechtigte an kritischen Anschau- 
ungen zu scheiden vom Willkürlichen. 3. „Unser Standpunkt“ hebt nur 
den propädeutischen Wert des AT für das NT hervor. 

Scerbo, F., 1} Vecchio Testamento e la critica odierna (8°. IV u. 115. 
Florenz, Ariani. L 2—). 

Cheyne, T.K., A Turning-Point in O. T. Study (Nineteenth Century Jan. 
1902 Nr 299, 60—70): Der literarische Kritizısmus muls sich ergänzen 
durch den archäologiechen und historischen. Winckler stimmt er zu. 

König, E., Neueste Prinzipien der alttestamentlichen Kritik geprüft (8°. 
80. B., Runge): Billigt die textkritischen Prinzipien der grammatischen 
Richtigkeit, literargeschichtlichen Altertümlichkeit, geistesgeschichtlichen 
Priorität und des Schwierigkeitsgrades. Das stilistische Prinzip beschuldigt 
er der Willkür. Rhythmus und Strophik sind unsichere Normen der Kritik. 
Der generalisierenden und schematisierenden Methode, der Symbolisierung 
der Zahlen (12 Stämme insbes.), der poetisierenden und mythologisierenden 
Methode stellt er eine bestimmte Abweisung gegenüber. 

König, E., Zum Sprachbeweis der alttestamentlichen Kritik (StKr 1%2, 
644—651): Einige Ergänzungen zur Geschichte des Sprachbeweises. Mit 
Recht werde derselbe als Direktive der Kritik angewendet. 

König, E., Die moderne Poetisierung des AT (Bew. d. Glaub. 3. F. V 10). 

Dewart, E. H., The higher Criticism and Messianice Prophecy (Bs LIX 
805—324): Prophetie im eigentlichen Sinne ist anzuerkennen. 

Der historisch-kritische Standpunkt bei der Behandlung der biblischen Ge- 
schichte des Alten Testaments (Allg. ev.-luth. Kztg 1902 Nr 34 u.35): Kritik 
ist mit pädagogischer Vorsicht zu verwenden. 

Gall v., Der alttestamentliche Religionsunterricht auf den höheren Schulen 
ZThbK XII 2, 95—124): Die moderne kritisch-historische Geschichts- 

etrachtung kann verwertet werden, ohne Seelen zu gefährden. 

Weikert, Th., O. S. B.. Ein Gang durch die Bibliothek der neueren Lite- 
ratur für atl Textkritik (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.-O. XX11187—98 460—473). 

Condamin,A., Interpolations ou transpositions accidentelles?(Rb X1379—398): 
Statt durch Annahme von Interpolationen ist der Text durch Umstellungen 
zu heilen. Demzufolge ordnet er: Mich 4,7; 2, 13.14. Os 2, 15. 8. 9. 16 
—2, 25. 1—3. Is 9,16; 5, 24.25; 9,17. Is 19, 17. 22. 21.18 ff. C. erklärt 
die Textverwirrung wie Zenner durch Versetzung der Blätter. 

Stade, B., Emendationen (ZatW XXII 328): Zu Gn 1, 15. 1 Sm 2, 13. 20. 
Is 1, 8; 44, 14; 59, 11. Jr 1,4. Zch 7,2. Ps 69, 28. 

Mayer, L., Notes exegetiques (REj XLIV Nr 87, 122—124): Zu Gn 41, 16. 
Ex 14,20 u. Ps 139, 11. Ex 39, 40 u. Nm 3, 26. 

Halevy, J., Passages difficiles dans la Bible (Rsem X 368— 378): Ez 27,23. 
Is 9,17. Ps 74,14. ls 26.4. Ex 15.2. Jb 34, 35—87. Nm 24, 19. 

Zimmern, H., u. Winckier, H., Die Keilinschriften und das Alte Testament 
von E. Schrader. 3. Aufl.. mit Ausdehnung auf die Apokryphen, Pseud- 
epigraphen und das Neue Testament (B., Reuther. Komplett M 21.—): 
Bis jetzt erschienen I. Hälfte: Geschichte u. Geographie von H. Winckler 
(VIu. 342 S.), II. Hälfte, 1.Lieferung: Religion u. Sprache von H. Zimmern 
(S. 8346—582). Zu bedauern ist, dals für die Neubearbeitung ein so 
impulsiver Forscher gewählt worden ist wie Winckler; dadurch ist das 
Buch ein Niederschlag seiner früheren Forschungen geworden, nicht ein 


Bibliographische Notizen. 93 


objektiverÜberblick über die bezeichneten Gebiete. Die Anlage des 2. Teils 
ist besser. Sachliche Würdigung später. 

Winckler, H., Kritische Schriften. Sonderabzüge aus der Orientalistischen 
Literaturzeitung 1898—1901 (126. B., Peiser. M 2.50): Referate. 

Mäller, 3. H., Religionsgeschichtliche Bilder. I. Fetischismus und Seelen- 
verehrung bei Naturvölkern und Chinesen (8%. 31. Bremen, J. H. Müller. 
M —.40): Populäre Darstellung; findet auch Überreste des Fetischismus 
und Seelenkultes in Israel. 

Barton, 6. A., A Sketch of Semitic Origins, social and religious (8°. 
Ld., Macmillan. 128 6d). 3. Kap.: Urs Eaue der semitischen Religion: eine 
Göttermutter Astarte, polyandrisch. er u. 6. Kap.: Auch Jahwe, der Gott 
Israels, sei eine Umbildung derselben (vgl. AmJsemL XIX 1, 5558). 


Lagrange, M. J., Etudes sur les Religions semitigues : Les Morts (Rb XI 
212—239): Forts. der früheren Aufsätze (Rb X). Der sog. Ahnenkultus bei 
den Semiten wird negiert. Separatausgabe der Artikel unter dem Titel 
Les Religions semitiques angekündigt bei V. Lecoffre, P. 

Curtiss, S. I., Discoveries of a Vicarious Element in Primitive Semitic 
Sacrifice (Exp VI 128—134): Grundlage des altsemitischen Opferbegriffes 
ist nicht das ÖOpfermahl, sondern die stellvertretende Blutvergielsung. 

Curtiss, S. I. The Semitic Sacrifice FA Reconciliation (Exp VL Nr 36, 
454—462): Das jetzt noch gebräuchliche Opfer bei Versöhnung von Feinden 
entbält stellvertretende Blutvergielsung. 

Curtiss, S./., Primitive Semitic Religion To-day: Record of Researches, 
Discoveries, and Studies in Syria, Palestine and the Sinaitic Peninsula 
(8°. 288. Ld., Hodder. 68): Übersetzung ins Deutsche angekündigt: Ursemi- 
tische Religion im Volksleben des heutigen Orients (Lp., Hinrichs. ca. M8.—). 


Curtiss, S. I., The Pet Relation of Man to God among the modern 
Semites (AmJTh VI2 Apr. 1902): Die heutigen Semiten betrachten manch- 
mal Gott und Geister als Vater; auch die atl Schriftsteller denken sich zum 
Teil die heidnischen Götter so. 

Osgood, H., Resurrection 30004000 B.C. and the Old Testament (Bs 
LIX Nr 235, 409—433): Die Texte der Pyramiden 1500 Jahre vor Moses, 
das Totenbuch zur Zeit des Moses bestätigen hierin das AT. 


Jastrow, M., Die Religion Babyloniens und Assyriens. Deutsche Über- 
setzung. 1.u.2. Lfg. (Gielsen, Reken a M 1.50): Die einzige ausführliche 
neuere Gesamtdarstellung. Die Übersetzung ist vollständiger als die eng- 
lische Ausgabe, weil der Verfasser darin auch die neuen Funde und Unter- 
suchungen der Assyriologen berücksichtigt. 2. 

Boissıer, A., Materiaux pour l’etude de la religion Assyro-Babylonienne 
(PSbA XXIV 6, 220-233). 

Torge, P., Aschera und Astarte. Ein Beitrag zur semitischen Religions- 
geschichte (8°. 58. Lp., Hinrichs. M 2.—): Es gab eine altsemitische 
Göttin Aschera (S. 57). Der Name wurde übertragen auf das Symbol, den 
Pfabl. Derselbe wird aber auch in Israel wieder für eine Göttin ge- 
braucht, nämlich die Astarte, welche die deuteronomistische Reformpartei 
durch diese Benennung (Name des Pfahlsymbols) erniedrigen wollte. 

Ward, W. H., The Asherah (AmJsemL XIX 1, 33—44): Säulen mit ver- 
schiedenen Emblemen = Zeichen der einzelnen Gottheiten. nicht Symbol 
der Astarte oder der vorausgesetzten Göttin Asera. 

Boehmer, Das AT und die au/serbiblischen Religionen (Ev. Kztg 1902 Nr 36, 
843 —848): Gegen „Giesebrecht, Die atl Schätzung des Gottesnamens“ u. 8. w. 

Robertson, J., The early Religion of Israel, as set forth by Biblical Writers 
and modern Critical Historians (12°. N. Y., Whittaker. $1.60). 

Fuiliquet, 6., Les experiences religieuses d’Isra&l (8°. 254. P., Fischbacher. 
Fr 3.—): Populär auf kritischer Grundlage (vgl. ThLz XX VII 23, 609 fi). 


Cook, St. A., Israel and Totemism (JqR XIV Nr 55, 413—448): Kritik 
über Zapletals davon handelndes Werk, im ganzen abweisend; gesteht 


94 Bibliographische Notizen. 


aber zu, dals die schwachen Punkte der totemistischen Theorie richtig 
hervorgehoben sind. Die Frage hält er noch nicht für spruchreif. 

Levy, L. &., Du totemisme chez les Hebreux (REj XLV Nr 89, 13—26): 
Lehnt alle Beweise hierfür als unzureichend ab. 

Stade, B., Ein Land, wo Milch und Honig fliefst (ZatW XXIl 321—324): 
Nach H. Usener, Rhein. Mus. LVII 177—192, mythologischer Herkunft. 

Kautzsch, E., Die bleibende Bedeutung des Alten Testaments: Samml. ge- 
meinverst. Vortr. u. Schr. Nr 25. (8%. 38. Tübingen, Mohr): Liegt nicht 
in der Inspiration, nicht in der unvollkommenen religiösen Erkenntnis, 
sondern in der gesamten Weltanschauung (Gottesbegriff, die Prophetie). 

Duff, A., The Theology and Ethics of the Hebrews. Semitic Series (8°. 
332. Ld., Nimmo): Populär; eliminiert fast jedes historische Element aus 
dem Pentateuch (vgl. Bs LIX Nr 235, 591). 

Oesterley, W. 0. E., The Development of Monotheism in Israel (Ex 
VI 93-105): Aufser Evolution ım israelitischen Monotheismus auc 
aulserordentliche Fortschritte. So vom Gottesbegriff des Elias (National- 

ott, ethisch als Eigenschaft) zu dem des Amos auf Grund geschichtlicher 
Eatzicklung und göttlicher Erleuchtung. 

Endemann, Der Engel des Herrn (Ev. Kztg 1%2 Nr 89, 913—922): 
Der Maleach Jahwe ein Beweis für den Trinitätsglauben im AT. 

Legeay, P., L’Ange et les Theophanies dans l’Eeriture Sainte d’apres la 
doctrine des Peres (Rev. Thom. X Nr 2 4). 

Meitzer, H., Die messianischen Weissagungen (Prot. Mon.-Hefte VI 1, 
15—33): Keine geradlinige Entwicklung zu immer grölserer Klarheit. Es 
fehlen Weissagungen über Einzelheiten. 

Grützmacher,R., Die Davidsohnschaft des Messiasim AT und in der jüdischen 
Literatur (Ev. Kztg 1902 Nr 22, 512—516): Zusammenordnung der Stellen. 

Köberle, Gottesgeist und Menschengeist im AT (NkZ X111 321—347 403— 
427): Das Wort tür „Geist“ nach Sprachgebrauch u. Bedeutung gewürdigt. 

olck, W., Heidentum und Missionsgedanke im AT (Allg. ev.-luth. Kztg 
1902 Nr 88): Der Missionsgedanke liegt in der Geschichte Israels. Jonas. 

Boehmer, J., Der alttestamentliche Unterbau des Reiches Gottes (8°. 
V u. 236. Lp., Hinrichs. M 4.50): Die Baoılaıa Tou Beov des NT setzt den 
atl Begriff des Gottesreiches voraus. Den gemein-semitischen Namen 7% 
verlor Jahwe durch Einführung des Königtums, gewann ihn aber wieder 
in der Königszeit, zum Teil mit Nachwirkung der Vorstellungen von der 
>»-Gottheit. Bei den Propheten: Jahwe ist König in allgemein-semitischem 
Sinne = strafend, zerstörend. Letzte Stufe der Entwicklung: Jahwe König 
und Vermittler des Heiles (= NT), wenn auch mit Trübungen des Be- 
griffes (z. B. Daniel. Die Tendenz, zu systematisieren und zu konstruieren, 
ist zu tadeln. Die Abhandlungen über die '»-Gottheit sind ansprechend. 

Koch, P., Der Ritualmord eine Forderung des AT. Eine religions- 
geschichtliche Studie (8%. 39. B., Selbstver. M —.50): Abstruse anti- 
semitische Streitschrift. 

Büchler, A., a Bericht über die Opfer der Juden (ZatW XXII 
202—228): Ist als Bericht über ein bestimmtes Sübnopfer eines palästinen- 
sischen heidnischen Volkes zu betrachten. 

Stärk, W., er oc: u. nr» ve: (StKr LXXVI. I [1903] 1,156): Ein An- 
satz zum Dualismus im AT. 

Smith, Ch. E., Witchcraft and the O. T. (Bs LIX 26—35): Die Bibel 
selbst glaubt nicht an die Zauberkraft von Personen. 

van Loon, J., Eschatologieen van den Hasmoneentijd volgens het bock 
Henoch (Theologisch Tijdschrift XXXVL 5). 

Wünsche, A., Die Poesie des Todes im at! Schrifttum (Deutsch-ev. Bl. 
XXVIl 235—263): Erst seit dem 2. vorchristl. Jahrh. Unsterblichkeits- und 
Auferstehungsglaube. 

Aubert, L., La vie apres la mort chez les Israelites (Rev. de Theol. et 
Philos. XXX V 2,140—178): Die Totengebräuche in Israel fufsten auf einer 


Bibliographische Notizen. 95 


viel besseren Vorstellung als der Mosaismus. Erst als die Ausschliefslich- 
keit des Jahwekultes gesichert war, liels der Mosaismus eine vollkommenere 
Vorstellung vom Leben nach dem Tode sich ausgestalten. 

Beer, 6., Der biblische Hades. Aus den „Theologischen Abhandlungen“. 
Festgabe z. 17. Mai 1902 für H. J. Holtzmann (8%. 1—29. Tübingen, Mohr. 
M 1.—): 1. Der Scheolglaube und Jahwismus gehen sich ursprünglich 
nichts an. 2. Der Scheolglaube ist ein Rest chthonischen Kultes (Jahwe 
ursprünglich selbst Erdgott). 3. Der Jahwismus hat den Scheolglauben 
beseitigt; insofern nämlich für die Frommen die Auferstehung postuliert 
wurde. Die Beweisführung leidet an Willkür. 

Castelli, D., @li antecedenti della Cabbala nella Bibbia e nella letteratura 
talmudica, in Actes du XIle Congrös internat. des Orientalistes, Rome 1899. 
1II 1, 57—109 (Florenz, Soc. typ. Flor.). 


d) Geschichte. Geographie. Archäologie. 


Urquhart, J., Die neueren Entdeckungen und die Bibel. Übers. von 
E. Spliedt (Stuttgart, Kielmann). 1. Bd: Von der Schöpfung bis zu Abra- 
ham (3. Aufl. 1903. XVI u. 333) II. Bd: Von Abraham bis zum Aus- 
zug aus Agypten (1902. XII u. 331). III. Bd: Vom Auszug aus Apypten 
bis zur Philisterzeit (2. Aufl. 1903. XII u. 351 mit Karte. ProBd M4.—; 
geb. M 5.—): Steht auf dem Standpunkte durchgängiger Sachinspiration 
u. stellt erschöpfend die Ergebnisse zusammen, welche die biblischen Nach- 
richten stützen. Abbildungen illustrieren den Text. Die wohlabgewogene 
Reserve wissenschaftlicher Genauigkeit wird man nicht in allweg finden. 

Urquhart, J., The New Biblical Guide. VI (8°.X V1u.432 Ld.,Patridge.7s€d). 

Budde, K., Das Alte Testament und die Ausgrabungen. Vorträge der 
theol. Konf. zu Gielsen. 18. Folge (8. 39. Gielsen 1903, Ricker. M — .80): 
Nimmt Stellung zu Delitzsch, Babel und Bibel: Vieles sei bekannt (Jahwe 
hält B. für babylonisch), vieles unklar und unrichtig. Scharf lehnt er 
Winckler, Keilinschriften und das AT, ab ; schrankenloser Panbabylonismus, 
willkürliche Mythologisierung. — Übers. AmJTh VI 4, 685— 708. 

Ragosina, S. A., Alteste Geschichte des Orients. Geschichte von Chaldäa 
ron den ältesten Zeiten bis zur Erhebung der Assyrer. (ln russischer Spr. 
8°. 438 S., 113 Abb., 2 Karten. Petersburg.) 

Sanda, A., Die Aramäer. Der alte Orient 1V 3(80, 32. Lp., Hinrichs. M —.60). 
nn L, Die Hettiter. Der alte Orient IV 1 (32. Lp., Hinrichs. 


—..60). 

Macridy-Bey, Le temple d’Echmoun ü Sidon, fouilles ex&cutces par le 
Musee imperial ottoman (Rb XI 4, 489-515). 

Lagrange, M. J., Note sur les inscriptions trourees par Macridy- Bey & 
Bostan-ech- Cheikh (Rb X1 4, 515— 526): Zwei Weihe-Inschriften von König 
Bodastarte, Enkel des Königs Esmunazar. Die Dynastie wird wohl vor 
Alexander unterzubringen sein. 

Sayce, A. H., A new Inseription from Sidon (ExpT XIV 3, 123f). 

Berger, Ph., Memoire sur les inscriptions de fondation du temple d’ Esmoun 
a Sidon. Extr. des Mem. de l’Ac. d. inscr. XXXVII (40. 26. P.). 

Lagrange, M. J., La controverse mineo-sabeo-biblique (Rb XI 256—272): 
Homme], Winckler u. a. glaubten Misraim, Asur, Eber-ha-nahar nach 
Arabien verlegen zu können. Minäer und Sabäer hält 1. für teilweise 
gleichzeitig. Sonst stellt er sich auf seiten Königs (Fünf neue arabische 
Landschaftsnamen im AT, 1901,2 erschienen), der die Namen in der tradi- 
tionellen Bedeutung festhält. Auch die Lokalisierung des Paradieses in 
Arabien durch Hommel lehnt er ab. 

Sayce, A. H., The Jonians in the Tel El-Amarna Tablets (PSbA XX1V 
1, 10—13): Ji-i-ma-a-na = lonier sei festzuhalten. 

Graetz, H., Geschichte der ‚Juden von den ältesten Zeiten bis auf die 
Gegenwart. II 1: Vom Tod des Königs Salomo (um 977 v. Chr.) bis zum 
Tode des Judas Makkabi (160). 2. Aufl. von M. Braun (8°. X1Iu. 467. M 9.25). 


96 Bibliographische Notizen. 


Couard, L., Die Vorgeschichte Israels und die neuere wissenschaftliche 
Forschung (Bew. d. Glaub. 1902, 5, 157—177; 6, 215 —226). 

Ermoni, V., Les origines d’Israäl et la critique (Ann. de Phil. chret. 
1902, Mai, 199 —212\. 

Montet, E., Des premitres origines du peuple d’Israäl. Actes du XII* 
ae internat. des Oriental. Kome 1899. IIL 1, 129—134 (Fiorenz, Soc. 
typ. Flor.). 

Jansen, P., Das Gilgami3- Epos in der israelitischen Legende. Eine vor- 
läufige Mitteilung (ZA XVI 24, 406—412 413): AT und die Geschichte 
Jesu, auch die griechischen Legenden gehören diesem Kreise an. 

Gray, 0.Bu:h., The Lists of the Twelve Tribes (Exp 1992, March, 223 —240) 
Bei 20 Aufzählungen 18 versch. Anordnungen. 

Marquart, J., The Genealogy of Benjamin (JqR XIV Nr 54, 343—351): 
Behandelt kritisch Nm 26, 38-40; Gn 46, 21; insbes. 1 Chr 8, 1—40. 

Smend, R., Beiträge zur Geschichte und Topographie des Ostjordanlandes 
(ZatW XX1II 129—158): 1. Rechtfertigt die Nennung des Ammoniterkönigs 
ın Idce 11,12—28. 2. Der Jabbok = W. ez-zerkä. 3. Gilead, Stammes- 
name. 4. Ramath-Gilead und Mispe-Gilead wahrscheinlich identisch. 

Nestle, E., 11 nach Joseph. c. Ap. 1, 69 im AT nicht die Hellenen (ZatW 
XXII 179. 

Nagel, 6., Der Zug des Sanherib gegen Jerusalem. Nach den Quellen 
dargestellt (8°. VIIL u. 124. Lp., Hinrichs. M 2.50). - 

Lehmann, C. F., Menander und Josephus über Salmanassar IV. 1. (Beitr. 
z. alten Gesch. II 1, 125—140): Ant. 9, 14, 2 ist richtig; die Richtigkeit 
der atl Angaben verspricht er später zu erweisen. 

Güdemann, M., Das Judentum in seinen Grundzügen und nach seinen ge- 
schichtlichen Grundlagen (8%. IV u. 105. Wien, Löwit., Kr 3.50). 

Adier, E. M., Une nouvelle Chronique Samaritaine (REj XLLV Nr 88, 
188—222; XLV Nr 89, 70-98): Text und Übersetzung von Seligsohn. 


Sanda, A., Zur ältesten Geographie Palästinas und Syriens (ZkTh XXV1l 
407 —411): Rtnu in Nahr el-litäni erhalten. Platteninschrift von Nimrüd 
III 86 ist Zamurra (st. Amurai) zu lesen, kaum — "os Gn 10, 18. Kya- 
mon Jdt 7,3 ==el Jamön. 

Marmier, 6., Contrihutions & la Geographie de la Palestine et des pays 
voisins (suite) (REj XLLV Nr 87, 2944): Aus den Tell-el-Amarna-Briefen. 


Höischer, &., Palästina in der persischen und hellenistischen Zeit. Eine 
historisch-geographische Untersuchung. Dissert. (8°. VIIl u. 99. B.). 
Sayce, A. H., Recent Bihlical Archeology (ExpT XIII 178—180 Forts.): 
Über die Stadt Henoch, Elisa Gn 10, 2—4, Tarsıs, Javan, (omer, Askenaz. 


Sanda, A., Aphek (Unters. z. K. d. a. Or.: Mitt. d. vorderas. Ges. VII 
2, 51—60): Drei A. zu unterscheiden. 

Sanda, A., Die Lage von Hannaton und Me Merom (Unters. z. K.d. a. 
Or.: Mitt. d. vorderas. Ges. VII 2. 39-50): H. Jos 19, 14 = Gefät; Me 
Merom nicht Hule-See, sondern Marum der Keilinschriften und Marama 
äg. Dokumente. 


Sanda, A., Ja’kobel (Unters. z. K. d. a. Or.: Mitt. d. vorderas. Ges. 
VII 2, 74—77): Im Ostjordanlande gelegen. 

Sayce, A. H., The Land of Sepharad (ExpT XIII 308f): In Kleinasien 
zu suchen. Abd 20 Verwechslung von es mit eo. 

Clermont-Ganneau, The Site of Mepha‘ath (PEF XXXIV 3, 260f): 
Identisch mit dem von Dr. Musıl im Ostjordanlande gefundenen Nef‘a. 

k Macalister, R. A., The History anl Site of Gezer (PEF XXXIV 3, 
227 —232): Stellt zusammen, was darüber bis jetzt feststeht. 

Macalister, A. St., First Quarterly Rrport of the Excavation of Gezer 
(PEF XXXIV4, 317—364): Vorsemitische, frühsemitische und zwei spät- 
semitische Eroberuneen will er entdeckt haben. 

Scheil, P., Une saison de fouilles & Sippar. Memoires publies par les 


Bibliographische Notizen. 97 


membres de I’Inst. frang. d’Arch. or. du Caire I 1 (40%. 141. Le Caire): 
Eıne Parallele zu Dn 12,3. Sippar wohl nicht = biblisches Sepharvaim. 

Cooke, 6.A., hah and Qir-heres in the Moabite Stone (ExpT XIII 186). 

Peters, C., Im Goldland des Altertums. Forschungen zwischen Zam- 
besi u. Sabi (8°. XVI u. 408. München, Lehmann. Geb. M 16.—): 7. Kapitel 
210275): Südafrika das Ziel der Ophirfahrten. Allein Afrika und zwar 
Südafrıka zwischen Zambesi und Sabi entspricht den Anforderungen; 
insbes. alter Goldminenbetrieb. 

Hall, R. N., Neal, W. G., The ancient Ruins of Rhodesia (Ld.): Dort das 
Öphirgold zu finden (vgl. ZkTh XXVI 619). 

Masterman, E. W. 6, The Rivers of Damascus (ExpT XIII 215 —220; 
477 Korrekturen): Barada und Awaj= Amana und Pharphar 2 Rg 5, 12. 

Riedel, W., Alttest. Unters. 1 74-89: Der Sabbat datiert vom Sinai, 
nicht aus Babel oder Kanaan. 

Schärf, Th., Das gottesdienstliche Jahr bei den Juden. Aus „Nathanael“. 
Schriften des Instit. Judaic. Nr 30 (8. 142. Lp., Hinrichs. M 2.—). 

Kohn, S., Die Geschichte der Beschneidung bei den Juden von den ältesten 
Zeiten bis auf die Gegenwart = VIl u.23. Krakau. M 4.—; hebräisch). 

Wilcken, U., Die ägyptischen Beschneidungsurkunden (Arch. f. Pap.-Forsch. 
I14-13): Text von P. Straisb. 60 verbessert und die anderen Dokumente. 

Gunkel, H., Über die Beschneidung im AT (ebd. IL 13—21): Alle Ägypter, 
nicht blofs die Priesterkaste, waren beschnitten (Jos5, 9. Jr 9, 25. Ez 32, 19 ff). 
UÜb die B. von Agypten entlehnt, nicht zu entscheiden. 

Wendland, P., Die hellenistischen Zeugnisse über die ägyptische Be- 
(ebd. 11 22-31): Sie sprechen gegen Beschränkung der B. 

Kutna, 5. N., Studien über die Beschneidung IV (MGWJ XLVI193—206): 
Bedeutung der B. und Entstehungsgrund. 

Riedel, W., Alttest. Unters. 1 52—73: Die drei grofsen jüdischen Feste: 
Jr 7,21—24 und AmÖ5, 25 beweisen nichts für die spätere Entstehung der 
Kultgesetze. Pascha, Pfingsten, Laubhüttenfest sind nicht kanaanitisch, 
sind von Anfang an zentral und genau geregelt. 

Thomson, J. E. H., The Samaritan Passover (PEF XXXIV 1, 82—92): 
Beschreiot ein Pascha bei den Sam. Gn 49, 10 fassen sie iv als Stadt. 

Steinschneider,M., Purim und Parodie (MGWJ XLVI 176—186 275—280): 
Will dıe an dieses Fest sich anknüpfende Literatur behandeln. 

Reichel, Zur Lade Jahve’s. Theol. Arb. a.d. Rhein. wiss. Prediger-Ver. 
N. F. 5, 28-32 (Tübingen, Mohr): Sie sei ein alter, leerer Grötterthron. 

Bludau, Der Verbleib der Geräthe des Tempels zu Jerusalem (Kath. 3. F. 
XXVI 109-119): Stellt alle Nachrichten zusammen über das Geschick 
der von Titus geraubten Geräte. 

Triebe, F., Lex dei sive collatio legum mosaicarum et romanarum. Ca- 
pita selecta I. Dissert. (39 S. Breslau). 

Rieber, Die Blutrache und das lus talionis im mosaischen Gesetze (Kath. 
3. F. XXV1I 312-332): Blutrache ist die erste Erscheinung der Talio. 
Zunächst in dieser Form wurde die Talio ins Gesetz aufgenommen, dann 
erst auf geringere Vergehen ausgedehnt. 

Kirsch, Der Erstgeborne nach mosaisch-talmudischem Recht. 1. TI 
(Frankf. a. M., Kauffmann. M 2.—). 

Schmidt, E., Solomon’s Temple in the Light of other Oriental Temples 
(8%. 65 u. 4. Chicago, Univ. Pr. $1.—). 

Joseph, D., Stiftshütte, Tempel- und Synagogenbauten. Sonderabdruck aus 
„Ost und West“ (4v. 39. B., Calvary. M 2.50): 1. Zusammenstellung dessen, 
was von der Stiftshütte und den verschiedenen Tempeln archäologisch und 
künstlerisch interessieren kann; 2. Berühmte Synagogen. Reich illustriert. 

Hora, E., Die hebräische Bauweise im AT, eine biblisch-archäologische 
Studie (Gymn.-Progr. Karlsbad. 31 S.): Die ältesten Spuren von Bauten in 
Israel (Brunnen, Altäre, Gräber); Einfluls Agyptens und Kanaans auf die 
Bauweise der Hebräer. 

Biblische Zeitschrift. I. 1. 7 


98 Bibliographische Notizen. 


Prestel, J., Die Baugeschichte des jüdischen Heiligtums und der Tempel 
Salomons. Zur Kunstgeschichte des Auslandes VIII. (8%. VIII u. 56 
mit 7 Tafeln. Stralsburg, Heitz. M 4.50). 

Müller, M., Nochmals Hirsch und Reh in den semitischen Sprachen (OrLz 
V 10, 394—396): aijal in erster Linie Reh. 

Conder, C. R., Hebrew Weights and Measures (PEF XXXIV 2, 176—195): 
Bestimmung derselben auf Grund tatsächlicher Überreste. 

Blau, L., Studien zum althebräischen Buchwesen und zur biblischen 
Literaturgeschichte (8%. IV u. 203. Budapest). 

Jastrow, M. J., Baring of the Arm and Shoulder as a Sign of Mourning 
(ZatW XXII 117—120): Zu ZatW XXI 81—9. 

Walter, F., Die Geschichte der Juden in wirtschaftlicher Beziehung. In: 
Ruhland, System d. pol. Ökonomie 1 209—248 (B. 1903, Iisleib). 


e) Auslegung. Literatur zu denieinzelnen Teilenund Büchern 
des AT. 


a) Allgemeines; Pentateuch- und Hexateuchkritik. Auslegung 
des Pentateuchs. 


Schöpfer, Ä., Geschichte des Alten Testaments mit besonderer Rücksicht 
auf das Verhältnis von Bibel und Wissenschaft. 3., verm. u. verb. Auflage 
80, XII u. 596. Brixen, Kath.-pol. Preisverein. M 7.—): Von der 2. Hälfte 

es Buches an ist Prof. N. Schlögl Ö. Cist. der Neubearbeiter desselben 
geworden. Die Verbesserungen beziehen sich auf Inhalt und Methode. 
Ein Nachtrag zu $ 44 gibt einen Abrils über die hebräische Poesie. — 
Die französische Übersetzung in 3. Auflage: Pelt, J. B., L’Histoire de 
l’Ancien Testament d’apres le manuel allemand de Schöpfer. 2 vols (120. 
P., Lecoffre. Fr 6.—): Ergänzt die französ. Lit., „die in Deutschland in 
bemerkenswerter Weise unbekannt ist“ (vgl. Bull. de Litt. eccl. 1902, 1, 33). 

Barton, &. A., The Roots 3 Christian Teaching as found in the Old 
Testament (12%. XII u. 271. Philadelphia, Winston Co. $1.25): 56 kurze 
populäre Auslegungen von Ereignissen im AT (Bs LIX Nr 235, 590). 

Meyer, F. B., Sacharja der Prophet der Hoffnung. Autoris. Übers. von 
G. Holtey-Weber (8%. 168. Hagen i. W., Rippel. M 1.50; geb. M 2.50): 
Knüpft an die einzelnen Kapitel moralisierende Erwägungen, die auf popu- 
lärer Auslegung fulsen. — Ahnlich wohl die englischen Werke über 
Abraham, Moses, Josue, Samuel, David, Jeremiah (Ld., Morgan. 8 23 6d). 

Whitham, A. R., Handbook to the History of the Hebrew Monarchy to 
the Accession of Solomo (8%, 802. Ld., Rivingtons). 

Harper, W., Constructive Studies in the Priestiy Element in the Old 
Testament (8°. 162. Chicago, Univ. Pr. bs). 

Harnack, A., Der Brief des Ptolemäus an die Flora. Eine religiöse 
Kritik am Pentateuch im 2. Jahrh. Aus: Sitzungsber. d. preuls, Ak. d. 
W. 1902 Nr XXV (80, 39. B., Reimer. M 2.—.). 

X., La veracitä storica dell’ Esateuco (Stud. relig. II 4, 281—332). 

Matthes, J. C., Hexateuchkritik (Th. Tijds. 1902, 1, 45—64). 

Lofthouse, W. F., The Hexateuch and the Gospels: A Parallel (ExpT 
XIII 565—567). 

Holborn, A., The Pentateuch in the Light of To-day. Being a Simple 
Introduction to the Pentateuch on the Lines of the Higher Criticism 
(8°. 124. Edinburgh, Clark. 28). 

Nestle, E.,. 2 Rg 22 auf Dt bezogen durch Hieronymus, Procopius von 
Gaza, Chrysostomus (ZatW XX11 170f 312. 

Klostermann, Beiträge zur Entstehungsgeschichte des Pentateuchs (NkZ 
1902 Nr 1, S. 8-53; 5, 378— 401; 6, 428447; 9, 677— 720). 

Saccheri, J., De auctoritate historica Pentateuchi (Div. Thom. XXIII 
5—26 113—134): Hält sich an die traditionelle Anschauung. 

M’Garvey, J. W., The Authorship of the Book of Deuteronony with its 
Bearings on the Higher Criticism of the Pentateuch (8". XXIII u. 304. 


Bibliographische Notizen. 99 


Cincinnati, Standard Pub. Co. $2.—): Entscheidet sich für die Autor- 
schaft des Moses. 

Anne F., Babel und Bibel. Ein Vortrag (52, illustr. Lp., Hinrichs. 

M 2.—.). Das 16. Tausend ist ausgegeben worden. Die Kühnbeit und Sicher- 
heit d. Aufstellungen forderte den Widerspruch aus Fachkreisen in Schriften, 
Aufsätzen und Rezensionen heraus. — Ins Englische übersetzt v.T.J. McCor- 
mack (8°. Il u.66, ill. Chicago, Open Court Pub. Co. 50 cts). — Schriften 
über „Babel und Bibel“: Babel - Hypothesen (Deutsche Israel. Ztg XIX 
Nr 27 31, vgl. 8 10 13): Hält strikte an der Abhängigkeit Babels von 
der Bibel auch für das 3. Jahrtausend fest! — Baentsch, Babel und Bibel 
(Prot. Monatsh. VI 8,287—297)= Bae. (Sigel, gebrauchtim folgenden Referat). 
— Barth, J., Babel und israelitisches Religionswesen. Vortrag. (8°. 36. B., 
Meyer und Müller. Er —.80). — Bonnes, F., Bibel contra Babel und Bibel (8°. 68. 
Celle, ben M —.10). — Cornill, C. H., Referat in Deutsche Lit.-Ztg 
1402 Nr 27. — E. B., Welches Licht werfen die Ausgrabungen in Babylon 
auf die Bibel? (Reform. Kztg 1902 Nr 2 — Engelkemper, rw. Babel und 
Bibel (Germania 1%2 Nr 31 32). — Gall, A. v., Die atl Wissenschaft und 
die keilinschriftliche Forschung (Arch. f. Religionsw. V 4, 289—339). 
Grützmacher, R., Leitmotive für die religionsgeschichtliche Forschung (Ev. ztg 
LXXVI Nr 18, 409f): Beide, Babel und Bibel, können auf eine gemeinsame 
Quelle zurückgehen. — Halevy, J., Referat (Rsem X 186—187)—= Ha. — Hertz- 
berg, v., Babel und Bibel (Ev. Kztg LXX VI Nr 29, 673f): protestiert gegen 
den Vortrag von Oettli (vgl. ne — Hommel, F., Die altorientalischen 
Denkmäler und das Alte Testament. Eine Erwiderung auf Prof. Fr. Delitzschs 
„Babel und Bibel“ (8%. 38. B., Deutsche Orient-Mission. M 1.—)=Ho. — 
Jensen, P., Babel und Bibel (Christl. Welt 1902 Nr 21, 487—494)—= Jen. — 
leremlas, A., Im Kampfe um Babel und Bibel (38. Lp. ‚ Hinrichs. M —.50).— 
Kaulen, F., Referat (Lit. Handweiser 1901,2 r 766,7, 457—468). — 
Keil, P., Babel und Bibel ne bonus XV 1/2, 57—73). — Kittel, R., Jahve 
in „Babel und Bibel“ (IhLbl XXIII 193—196). Noch einmal Jahve in 
„Babel und Bibel“ (ebd. 209-211) Den Monotheismus in „Babel und Bibel“ 
(Allg. ev.-luth. Kztg 1902 Nr 17) = — Kittel, R., Die babylonischen 
ATI und die biblische‘ ar (89. 36. Lp., Deichert. 
M —.80). — Knieschke, W., Bibel I Babel, El und Bel. Eine Replik auf 
Friedr. Delitzschs Babel und Bibel (80, 64. B., Ak. Buchh. 7M 1.—) = 
Kn. — Köberle, J., Religionsgeschichtliche Bedenken zu „Babel und Bibel“ 
(Allg. ev.-luth. Kztg 1902 Nr 27, Sp. 626—633) = Köb. — König, E., Bibel 
und Bo Eine kulturgeschichtliche Skizze. 6. Aufl. (80. 51. B,, Warneck, 
M — = Kön. — Küchler, F., Bibel und Babel. Literatur (Christl. 
Welt x I I Nr 40 u. 44): Referat. — Lempfuhl, H., Die assyrischen Keil- 
inschriften und ihre Bedeutung für uns „Protestantenbl 1902 Nr 24, 
185—188): Referat ohne Kritik. — Oettll, Der Kampf um und 
Babel (8°. 32. Se Deichert. M — .80) = 0% _ Rosenthal, L. Babel 
und Bibel oder egen Bibel? Ein Wort zur Klärung Non 31. 
B., Isr. Wochenschr. Er —.40): Die Bibel erleide keine Einbulse; auf 
sachliche Punkte geht er nicht ein. — Ders., Zurück zur Bibel (80. 50. 
B., Poppelauer. M —.60). — Sartorius, Babel und Bibel (Ev. Kztge LXXVI 
Nr 20, 457—460)\. — Selbst, Zur Literatur über „Babel und Bibel“ (Kath 
LXXXII 455—460). — Volck, Eduard König über „Babel und Bibel“ ie 
ev.-luth. Kztg 1%2 Nr 36): Verteidigt K. gegen Winckler, Nor 
deutsch. Allg. Ztg Nr 180. — Wolff, Babel und Bibel (Ev. Kztg LXXVI 
Nr 28, 667—662; Nr 32, 752f). — Dals das Material schon bekannt 
sei, neu nur die "Sicherheit der hypothetischen Aufstellungen, ist eine 
fast allgemeine a der Erwiderungen. Im einzelnen meist ab- 
lehnende Stellung ie Sicherheit der Entzifferung babylonischer Texte 
(dagegen Kaulen) mag man dahingestellt sein lassen; sie mülste in spe- 
ziellen Fällen angezweifelt werden. Für die Segensworte Nm 6, 24ff 
(D.S. 24) genügt die allgemeine Bilderrede, ohne auf Babel zu rekurrieren 


7* 


100 Bibliographische Notizen. 


35f. Ha. Jen, Aus Chaldäa stammt der Sabbat, gesteht Ho. 
18f D. (29) zu; ablehnend Kn. 31, Cornill, Ha., Jen., bes. eingehend 
Barth, Oe. 29. Bae. erkennt die Sintflut als babylonisches Eigentum 
wıe D. (29) an, ebenso Oe.; Barth 34 hält sie für gemeinsamer Quelle 
entstammend; abgelehnt bei Kn. 23ff. Für die biblische Schöpfungsge- 
schichte nimmt Ho. 19 ff eine chaldäische Vorlage an, der auch die be- 
bylonische entstammen mag. Auch Bae. stimmt hier D. zu. Die Gegen- 
instanzen würdigt am besten Kön. 30. In Tiamat negiert Jen. die von 
D. so sehr urgierte Gestalt eines Drachen. Is 51, 9 handelt vom Durch- 
zug durch das Rote Meer (Kön. 26. Kn. 15. Barth 28). Gegen die Ab- 
leitung des Dekaloges aus Babel (35) siehe Kn. 32, Cornill, Jen. Der 
Begriff! der Sünde (37) findet sich nicht in biblischem Sinne in Babel 
(Ve. 26f. Köb.). Die vielbestrittene Deutung des bekannten Siegelcylin- 
ders auf den Sündenfall (37) erkennen nur Ho. u. Bae. an. Die Cherubim 
(41) hängen mit Babel nicht zusammen (Kn. 21. Kön. Jen, „Eli“ = 
„Ziel“ erkennt nur Ho. 12 an. Monotheismus in Babel durch D.s Gründe 
nicht erwiesen. Die Lesung „Jahwe“ auf babyl. Täfelchen wird von 
Jen. als richtig, von Kön. als möglich anerkannt. Bae. gesteht wenig- 
sten eine Beziehung zwischen dem zu lesenden Jahu und Jahwe zu; sonst 
bekämpft man scharf diese Lesung und Deutung als unrichtig, ja unmög- 
lich (Cornill, Ho., Barth, Ha.). Ob die Israelıten Kanaanäer sind, vgl. 
Kön. 161, Jen., Bae. Ho. erneuert auch hier seinen energischen Protest 
gegen die Pentateuchkritik. Allerdings will Ho. den strengen Inspira- 
tionsbegriff beseitigt wissen, und seine astralmythischen Darlegungen über 
die 10 Urväter werden Widerspruch finden. Vielfach setzt er an Stelle 
von Babel Chaldäa oder Arabien. — In einer Zuschrift an die Verlags- 
handlung hält D. seine Behauptungen aufrecht (vgl. ThLz 1902 Nr 16, 404). 
Deiches, $S.,] Aus Briefen des Herım S. Deiches an C. Bezold (ZA 
XVI1 24, 4031): Gegen „Jahwe“ im Babylonischen; liest Ja-pi (re*?). 

Bezold, C., Assyriologische Randbemerkungen (ZA XVI 2/4, 415ff): 
Ebenfalls gegen dıe Lesung „Jalıwe“ (Ja-a-bı). 

Zöckler, Die biblische Urgeschichte und ihre babylonischen Parallelen 
(Bew. d. Glaub. 192, 1U7—111): Keferat über die Kritik Hommels gegeu 
Zimmern in ThLbl 1901 Nr 47. 

Stuoken, E., lätar's Höllenfahrt und die Genesis (Mitt. d. vorderas. Ges. 
Vi 4 121-158): Die elt „Motive“ der Istarlegende findet er zum 
Teil bei Hagar, Moses, Lot, Jakob, Rebekka, unterstützt von einer über- 
wuchernden Phantasie und den nötigen Teext- u. Sachveränderungen an der 
Bibel. — Grün die Farbe des Mondes (ebd. 159—165): Beziehungen zwi- 
schen Benjamin und Mond. — Ruben im Jakobssegen (ebd. 166—189): Auch 
Ruben Gn 49, 3—4 (vel. ZA Vll 161fl) ist auf den Tierkreis zu beziehen. 

Sanda, A., Zur biblischen Urgeschichte (ZkTh XXV1 194—196): Leitet 
„bypotbetisch“ die Namen Adam, Eva, Abel, Seth als volksetymologische 
Umbpildungen aus dem Sumerischen ab. 

Grass-Klanin, L. v., Naturgeschichte des menschlichen Verkehrslebens (8°. 
Vl1ll u. 240. B. Parey. M 6.—): Die Weiltwirtschaftslehre ist eigent- 
lich schon fertig gegeben in Gn 1—9. Eine Blütenlese daraus von V. 
Zapletal OÖ. Pr. in Monatschrift für christl. Sozialreform, Oktober 1902. 

Radau, H., The Creation-Story of Genesis Il. A Sumerian Theogony 
and Cosmogony (gr. 8°. VL u. 70. Chicago, Open Court Publ. Comp.). 

Zapletal, V., Ö Pr., Der Schöpfungsbericht der Genesis (1, 1—2, 3). 
Mit Berücksichtigung der neuesten Entdeckungen und Forschungen er- 
klärt (8°. IV u. 104. Freiburg i. Schw., Univ.-Buchh. M 3.—): Das 
Schema der Schöpfungswerke baut er auf der „productio regionum et exer- 
eituum“ (x=5) auf. Rez. folgt. 

Kaulen, Fr., Der biblische Schöpfungsbericht (Gen 1, 1—2, 3) erklärt (8°. 
IV u. 94. Freiburg i. Br., Herder. M 1.—): Als Grundlage für Vorlesungen 
bestimmt, hält sich diese Erklärung in prägnanter Kürze an den hl. Text. 


Bibliographische Notizen. 101 


Der Text in seinem genauen Wortlaut ist Leitnorm für das Verständnis. 
Eine scharfe Opposition tritt hervor gegen Versuche, den biblischen Be- 
richt als populäre oder ursprünglich mythologische Schilderung zu fassen. 

Volck, Inhalt und Bedeutung des biblischen Schöpfungsberichtes (Allg. ev.- 
luth. Kztg 1902 Nr 10,11, 218— 222 242—246): Selbständigkeit und erhabene 
Einfachheit zu rühmen. 

Siade, &6., Water, Dust and Heat, or Comments on the First of Ge- 
nesis (80%. Ld., Parsmore. 18). 

Maspero, G., Sur la Toute-puissance de la Parole (Rec. de Trav. relat. & la 
Phil. et a l’Arch. egypt. et assyr. XXIV 3,4, 168—175): In einer äg. Inschrift 
findet er ausgesprochen, dals die Schöpfung durch das Wort geschehen sei. 

Riedel, W., Alttest. Untere. I 42—47: Die Gottebenbildlichkeit des 
Menschen: Imago und similitudo ist von den griech. Kirchenvätern auf 
nd Fi n 26 ff an wer BT. ae nn 

errier, 08E scienti uw second chapitre de enese et questi 
afferentes a la Or£eation 180, Vi u. 212. P., Vic et Amat. Fr 2.50). 

Hymmen, E., Das Paradies der Bibel, der arischen Völker und Götter 
Urheimat, ultıma Thule, sowie das varianische Schlachtfeld mit Hilfe 
niederrheinisch-bergischer Mythenforschung aufgefunden in den Rhbein- 
landen. 2. Aufl. (8°. VIII u. 107. Lp., Fock. M 2.—). 

Wright, 6. Fr., Geological Confirmations of the Noachian Deluge (Bs LIX 
Nr 234, S. 282293; Nr235, 537—556 ; Nr 236, 195— 716): Die Veränderungen 
in der Landerhebung in geschichtlicher Zeit sind ein Beweis. Die Eis- 
periode reicht hin zur Erklärung der Bibelerzählung. 

Adams, 6. A., Where was the Flood? (Bs LIX Nr 235, 579-583): Be- 
schränktheit der Flut. 

Sanda, A., Ararat (Unters. z. K.d.a. Or.: Mitt. d. vorderas. Ges. VII 2, 
14—38): Gn 8, 4 nicht Urartu (assyr.), sondern Gebirge A-ra-ar-di (Kardu). 

Dornstetter, P., Abraham. Studien über die Anfänge des hebräischen 
Volkes. Bibl. Studien VII 1—3(80. X11 u.280. Freiburg i. Br., Herder. M 6.—): 
In weitestem Sinne zieht D. die geschichtlichen u. literarischen Probleme, 
die die Abrahamserzählungen der Bibel bieten, in die gegen die Kritik 
gerichtete Erörterung. Das Interesse wird bis zur letzten Seite rege er- 

alten, und D. weils mit umfassender Literaturverwertung zu imponieren. 
Dais bei der Fülle der besprochenen Punkte die Lösung oft eine mehr 
tbetisch behauptende als kritisch untersuchende werden mulste, ist klar. 
Auch sonst mag von mancher Seite eine zu rasche Zustimmung gegen- 
über die Tradition unterstützenden Hypothesen darin gefunden werden. 

Schultze, H., Mu/s Abraham als eine geschichtliche Person angesehen 
werden? (Ev. Kztg LXXVI Nr 5,6, 98104 128—136): Schon auf Grund 
des A u. NT allein zu bejahen. 

Ossterley, W. 0.E., The Sacrifice of Isaac (PSbA XXIV 6, 253—260): Die 
Erzählung will Israel von der Rückkehr zum ehedem dort gebräuchlichen 
Menschenopfer abhalten. 

Driver, S. R., Jacob’s Route from Haran to Shechem (ExpT XIIL 457 
bis 460): Der Weg wird bestimmt hauptsächlich auf Grund der Möglichkeit 
des Zuges für Jakob und seine Herden. 

Moor, F. de, La benediction prophetigue de Jacob (8°. 125. Bruxelles, Soc. 
belge de libr. Fr 2.—). 

Strachan, J., Hebrew Ideals from the Story of the Patriarchs \8V. 204. 
Edinburgh, Blackwood): Exhortatorisch. 

Blake, B., Joseph and Moses, the Founders of Israel (8°. 290. Ld., Clark. 4). 

Stewart, H. F., The Book of Exodus. With Introduction, Notes and a 
Map. Books of the Bible (12». 162. Ld., Rivingtons. 18 6d\. 

Wright, 6. Fr., The Years of Plenty and the Years T Famine in Eyypt 
(Bs LIX 169—174): Verursacht durch Öffnung oder Schlielsung zentral- 
afrikanischer Seen. 

Paton, W. R., „Put off thy Shoes from off thy Feet“ (Classical Review 


102 Bibliographische Notizen. 


for July, nach ExpT XIV 1): Die Schuhe waren aus Tierfellen und, weil 
von etwas Totem stammend, unrein. 

Lotz, W., Der Bund vom Sinai (NkZ XIII 181—204; vgl. XII [1901] 
561 —580 631 —655 859—875): Hältan der Geschichtlichkeit des Sinaibundes 
fest. Die Bundesiade ist Aufbewahrungsort für die zwei steinernen Tafeln. 

Riedel, W., Alttest. Unters. 1 48-51: Der Kultusort nach dem Bundes- 
buche: Ex 20, 24—26 setzt nicht nach der „Tendenzkritik“ eine Vielheit 
von Kultstätten voraus, sondern a Als Opferstätte ein Altar, dagegen 
die Schlachtung ist „im ganzen Gebiete“ gestattet. 

Kautzsch, R., Der Ursprung der zehn Gebote (Protestantenbl. 1902, 7, 
49—51; 8, 60-61): Der Dekslor Ex 20 u. Dt 5 entstammt dem 7. Jahrh., 
der kultusfeindlichen Prophetenzeit, Ex 34 der älteren kultusliebenden 
Phase der Religion. 

Riedel, Exodus 24,12 (StKr LXX VII. I[1903] 1, 161—163): ra. ist kor- 
rumpiert aus Yrrem1; 1barıı ist ergänzt. 

(Winckler, H.) Menschenschrift und Gottesschrift (OrLz V 120): Die Men- 
schenschrift Is 8, 1 = gewöhnliche Buchstabenschrift (Altor. Forsch. III 
164 ff) im Gegensatz zu Keilschrift —= Gottesschrift. ie Gesetzestafeln 
Ex 32, 16 also in Keilschrift geschrieben gedacht. 

Sinker, E., „The Carcases of Your Idols“ (ExpT XIII 383f): Zu Lv 26, 30. 

Vincent, H., La grappe d’Echkol (Rb XI 4, 600f): Das bekannte Relief 
zu Nm 13, 23. 

Vollert, W., Bileams Weissagung vom Stern aus Israel (Zeitschr. f. ev. 
Rel.-U. 1902, April, 227—232). | 

Macray, W. D., A supposed Reading of Deut. XX XII, 39 (JthSt LIINr11, 
451): Die Lesart: „ego occidar ... ego percutiar“ soll bezeugt sein. 


ß) Die geschichtlichen Bücher. 


Müller, W. M., Ein paläst. Stadtname in ältester Überlief. (OrLz V 4, 
160): In Amarna 252 und Karnakliste Nr 58 = o"sru Jos 19, 22 (st. uırrz®). 

Müller, M., Ein Name der Palästinaliste von Karnak (OrLz V 4, 136—138): 
Ha-a-y = „or Jos 19, 29. 

Lagrange, M.-J., Introduction au Livre des Juges (Rb X15—30): Text- 
kritik, Literarkritik. Spuren von verschiedenen Quellen, E und J, finden 
sich, nicht identisch mit den Pentateuchquellen. Letzte Redaktion viel- 
leicht zur Zeit des Esra. Uber Chronologie. 

Seyring, F., Die alt-israelitische Religion in den „Heldengeschichten“ des 
Richterbuches. Wissensch. Beil. z. Ber. der Realschule in Eilbeck 1901,2 
(8. 45. Hamburg, Herold): Folgt der Wellhausenschen evolutionistischen 
Auffassung von der Religion Israels im ganzen und einzelnen. 

Rothstein, J.W., Zur Kritik des Deboraliedes und die urspr. rhythmische 
Form dess. (4dmG LVI 175—208 437—485): Drei Hebungen im Halbvers 
und zweizeilige Strophen sind sicher. Sucht den Urtext zu bestimmen, 
zunächst Idc 5, 19—25. 

Renzer, J.S., Die Hauptpersonen des Richterbuches in Talmud u. Midrasch. 
l. Simson (8%. 44. B., Calvary. M 1.50): Stellt die Aulserungen der 
Hagada über S. der zeitl. Aufeinanderfolge nach übersetzt zusammen. 

Smend, R., Über Idc 16, 13.14; 18,31 (ndrbz st. m>woa zu lesen) (ZatW 
XXII 159-161). 

Black Armstrong, Ruth: a Hebrew Idyl (Exp 1902, May, 360—366). 

Douglas, &. C. M., Samuel and his Age (8°. 800. Ld.). 

Nowack, W., Die Bücher Samuelis übersetzt und erklärt. Handkomm. 
z. AT 14 (8%. XXIV u. 262. Göttingen, Vandenhoeck. M 5.80). 

Budde, K., Die Bücher Samuels erklärt. Kurzer Hand-Commentar zum 
AT, Abt. VIII (8%. Tübingen, Mohr. M 7.—). 

Marshall, F., The First Book of Samuel (8°. 238. Ld., Gill. 18 6d). 

Jastrow, M., The Name of Samuel and the Stem Sha’al. Actes du XIIe 
Congres internat. des Oriental. Rome 1899 Ill 1,127f (Florenz, Soc. typ. Flor.). 


Bibliographische Notizen. 103 


Krezmär, A., Chronologische DIN SngEn ür die Zeit von der dritten 
Union beider Anypten bis zur Eroberung durch die Perser (von Ahmessu 1. 
dis Psamtek Ill.) und über die chronologische Ordnung der Könige von 
Israel und Juda. Sitzungsber. der königl. böhm. Ges. d. W. 1401 (8°. 31. 
Prag): Erstes Regierungsjahr des Salomon 962/1. Teilung des Reiches 932. 

Boehmer, J., Gottes Gedanken in Israels Königtum. Beiträge z. Förd. 
christl. Theol. Vl 3 (79. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.60): Das König- 
tum von „Gottes Gnaden“ ist in Gottes Absicht gelegen. 

Witt, 3., Saul und David. Eine Erklärung der Bücher Samuelis (8°, 
359. Kiel, China-Mission. M 2.40; eleg. geb. M 3.40): Erbaulich. 

H J., David and Jonathan (8°. 224. Ld., Rel. Tract. Soc. 28). 

Ingraham, J. H., The Throne of David nom the Consecration the 
Shepherd of Bethlehem to the Rebellion of Prince Absalom (12. Vu 
394. N. Y., Bart Co. $1.—). 

Bennett, W. H., Note onthe LXX of 1 Sam 2,65 (ExpT XIII 234): Erı st. ön. 

Bennett, W.H., The Coffer (Argaz). Note on the Text of 1 Samuel 6,8 
(ExpT XII 234): =x änderte man in raw. 

Bonkamp, B. H., Die Eroberung von Samaria und das vierzehnte Jahr des 
Ezechias (TQS LXXXIV 161—168): Achaz regierte gegen 2 Rg 18, 1ff 
nach 16, 1 bis zum 13. J. des Ezechias. E. besteigt also den Thron um 10 J. 
später, und sein 14. J. ist 704,3, also nahe bei 701. Ins 6. Jahr vor dem 
Regierungsantritt des Ezechias ist also die Eroberung Samarias zu datieren 
statt nach demselben. 

Präsek, J. V., Sennacherib's Second Expedition to the West and the Siege of 
Jerusalem (ExpT X 11 225— 229 405 —408; X111326—328): Winckler folgend, 
bezieht der Verf. 2 Rg 19, 10-37 auf einen nur in der Bibel bezeugten 
zweiten westlichen Feldzug Sennacheribs (691 —686). 

Peiser, F.E., Ist Kenntnis assyrischer Sprache im vorexilischen Jerusalem 
vorauszusetzen? (OrLz V 41—44): 2 Rg 18,17 ff sei späteres Machwerk. 
In späterer Zeit mulste aus dem zu erwartenden nor ein nn“x werden. 

Hartmann, M., Noch einmal zu 2 Kge 18, 17 ff (OrLz V 117—119): Auch 
er hält no" als anachronistisch für n"ıox stehend. 

Halevy, J., L’Authenticite du röcit II Rois X VIII, 17—36 (Rsem X 179 
bis 185): Gegen OrLz V 41—44 hält er nw"x für richtig. Vers 32 sucht 
er textkritisch zu sichern. 

Guidi, I., Analecta exegetica (Rb XI 398): 2 Rg 19, 35 mit Herod. 2, 141 
so zu vereinbaren, dais die nach H. auftretenden Ratten die Pest im Heere 
des Sennacherib 701 bewirkten. 

Müller, P. A., S. J., Bibel und Gnomonik (Nat. u. Off. XLVIII 257—273 
340-855 406—419): Wendet sich gegen C. Flammarions Erklärung des 
Wunders an der Sonnenuhr 2 Rg 20, veröffentl. in L’Astronomie 1885, 
521 ff, Isaias habe sich eines Kunstgriffes bedient. 

Halevy, J., ‘Affän, Khillit et Millit (Jas ser. IX t. XIX 356 ff): In 
der bereits ZdmG 1901 523ff mit 2 Rg 22 identifizierten Erzählung 


aus „Tausend und eine Nacht“ vergleicht H. „Us mit ed 2 Rg 22, 10. 

Kittel, R., Chronik übersetzt und erklärt. Handkomm. z. ATI 6, 1 (8°. 
XVI u. 180. Mit 1 Tab. Göttingen, Vandenhoeck. M 4.—). 

Rothstein, 3. W., Die Genealogie des Königs Jojachin und seiner Nach- 
kommen (1 Chr 3, 17—24) in geschichtlicher Beleuchtung. Eine kritische 
Studie zur jüdischen Geschichte und Literatur. Nebst einem Anhange: 
Ein übersehenes Zeugnis für die messianische Auffassung des „Knechtes 
Jahwes“ (8%. 162. B., Reuther. M 5.—): Die Söhne Jojachins sind nicht 
alle nach der Befreiung aus der Gefangenschaft (61) geboren; die Namens- 
deutungen setzen eine andere Lage des Königs voraus. "sx:o ist "3209 
zu lesen und babylonischer Name für me. Serubbabel ist nach 1 Chr 
3, 19 Pedajas (nicht Sealtiels) Sohn. — Uber Anhang s. unten S. 108. 

Holzhey, C., Die Bücher Esra und Nehenia. Untersuchung ihres litera- 
rischen und geschichtlichen Charakters. Studien zur alttestamentlichen Ein- 


104 Bibliographische Notizen. 


leitung und Geschichte. 2. H. (8°. 68. München, Lentner. M 1.80): 
H. setzt seine in einem 1. Hefte (Das Buch der Könige [Reg Ill. IV.]. 
Untersuchung seiner Bestandteile und seines literarischen und geschicht- 
lichen Charakters. 68. M 1.60) begonnenen Studien fort. Er gibt eine 
klare Übersicht über die verwickelten Probleme der Bücher Esdras und 
Nehemias, macht auch bemerkenswerte Vorschläge zur Lösung derselben. 
Doch wird er schwerlich mit allem Anklang finden. Näheres wird ein 
Aufsatz in den folgenden Heften dieser Zeitschrift bringen. P. Rielsler. 
Jampel, S., Die Wiederherstellung Israels unter den Achämeniden (MGWJ 
XLVI 97-118 206—229): Kritik der bisherigen Anschauungen über Ent- 
stehung von Esr und Neh mit neuem Versuch der Quellenscheidung. 
Bertholet, A., Die Bücher Esra und Nehemia. Kurzer Handkommentar 
zum Alten Testament hrsg. von D. Karl Marti, Lfg 17 (8°. XX u. 
112. "Tübingen, Mohr. M 2.50; für Abn. des ganzen Werkes M 2.—): 
Dieser Komm. bildet zu dem 1901 erschienenen Komm. Siegfrieds (Hand- 
komm. z. Alten Test. hrsg. von Nowack) eine willkommene Ergänzung. Be- 
sonders dankenswert ist die Geschichte der an den Büchern Esdras u. Neh. 
eübten Kritik, sowie die unter Verwertung von Ergebnissen der babylon. 
Expedition Hilprechts gefertigte Liste der Eigennamen. Näheres in einem 
folgenden Aufsatze. P. Rielsler. 
Gelbbaus, S., Nehemias und seine social-politischen zunnn Zur Ge- 
schichte und Literatur des zweiten jüdischen Staatswesens. (8°. 51. Wien, 
Löwit);: Das Schriftchen enthält neben anfechtbaren Behauptungen, 
z. B. Beziehung der Ps 112, 127, 139 und 140 auf Neh., manche anregen- 
den Gedanken. Interessant ist der Nachweis von Nehemias’ königlicher 
Abstammung. Der Verf. führt auch verschiedene Talmudstellen an, die 
geeignet sind, einige dunkle Partien in den Büchern Esr und Neh auf- 
zuhellen. ; P. Rieisler. 
Howorth, H. H., The Hezapla and Tetrapla of Origen and the Light, they 
throw on the Books of Esdras A and B (PSbA XXI1V 4,5, 147—172). 
Girdlestone, B., Notes on the comparative Value of the two Recensions of 
Ezra (PSbA XX1V 1, 14—16). — Reply by H. H. Howorth (ebd. 16—20). 
Levi, Isradl, La langue originale du Livre de Tobit (REj XLIV Nr 88, 
288—291): Die Übers. stammt aus dem Hebräischen. "ax im Gr. zu mx 
verlesen. 
Oppert, J., Sogdianus, König der Perser (ZA XVI1, 1—14): S.8. Die 
zwei Hauptpersonen des Buches Esther haben altpersische Namen. 
Fuchs, $. Ester 9, 23. 27. »sp (OrLz V 897f) = assyr. kabälu. 
Hochfeld, Die Entstehung des Hanukkafestes (ZaaW XXII 264—284): 
1 Mach 4, 36—59 ist richtig gegen 2 Mach 10, 1—8; 1,9.18. 2 Mach 
pharisäische Tendenzschrift. 


yY) Die poetischen Bücher und Lehrschriften. 


Kautzsch, E., Die Poesie und die poetischen Bücher des AT. Sechs Vor- 
träge (8V. VIL u. 109. Tübingen, Mohr. M 2.—; geb. M 3.—): Für weitere 
Kreise berechnet, enthält die Schrift erschöpfend alles Wissenswerte über 
den Gegenstand. Einem Strophenbau steht der Verf. skeptisch gegenüber. 
Vom Rhythmus erkennt er den sog. Klageliedvers an. Es gibt opfer- 
feindliche Psalmen. Zur Erklärung des Hohenliedes dient die Wasf- 
Hypothese. Job einheitlich. 

Schlögl, P. M., Die heilige Poesie der Hebräer, III (Die Kultur III 
489—501): Ausgewählte Stücke in rhythmischer Übertragung. 

Delitzsch, F., Das Buch Hiob neu übersetzt und kurz erklärt. Mit 
sprachlichem Kommentar (80%. 179. Lp., Hinrichs. M 6.—): Die Bestand- 
teile werden nach den bekannten kritischen Anschauungen unterschieden. 
Die Übersetzung enthält eine sehr grolse Anzahl neuer Auffassungen; 
grolses Gewicht legt er auf die sprachliche Seite, das Assyrische wird 
hervorragend herbeigezogen. Wichtig auch für die Sprachwissenschaft. 


Bibliographische Notizen. 105 


König, E., Das Problem der Hiobdichtung (Zeitschr. f. ev. Rel.-U. XIV). 

Möller, E., Der echte Hiob (8%. 40. Hannover, Rehtmeyer. M 1.50): 
Kap. 3—31 hauptsächlich; Job ist nicht mehr und nicht weniger als Atheist, 
oder wenigstens hält er Gott für absolut ungerecht. 

Lewis, The Story of Job. A Glimpse into the Mystery of Suffering 
(8°. 230. Ld., Marshal. 28 6d). 

Spoer, H. H., Emendations ın the Text of the Book of Job (AmJsemL 
XIX 1, 52f): 8,8.9. 14, 13,28; 14, 1.10. 22; 19, 20.29; 21, 16. 17. 

Clermont-Ganneau, M. J., Dannaba and Job's Country (PEF 1902, 
10—15): In LXX zu Jb 42,18 wird Job zum Nachfolger des Balaq in 
Dinhaba gemacht. Nach Dannaba im Hauran hat dann die arabische 
Legende Jobs Heimat verlegt. 

Hontheim, J., S. J., Bemerkungen zu Job 27; 28; 40, 2—14 u. 42, 2—6 
ZkTh XXVI 598-604 385—893 197—204): Textkritik, Übersetzung, 

edankengang, strophische Gliederung. 

Lietzmann, H., Der Psalmencommentar Theodors von Mopsuestia (Sitz.- 
Ber. der k. preuls. Ak. d. W. zu B. 1902. XVI XVIl XVIII): Cod. 
Coisl. 12 fol. 10 beginnt eine von Photius verfalste Katene. Fol. 82v von 
Ps 32 ab bildet Theodorus von M. den Grundstock der Katene. 

Kirkpatrik, A. F., The Psalms: The Cambridge Bible for Schools and 
Colleges (Cambridge, Univ. Pr.). 

King,E.6., The Psalms in Three Collections LI (Cambridge, Deighton Bell). 

Boulleret, H., Les psaumes selon la Vulgate; leur veritable sens lıtteral 
(8%. VI u. 459. P., Roger & Chernoviz) 

Grundi, P. B., Das Buch der Psalmen. Für das deutsche Volk be- 
arbeitet und mit kurzen Erklärungen versehen. 2. Ausg. (16°. IV u. 210. 
Augsburg, Huttler. Geb. M —.60). NT 1900 erschienen. 2 Bde (M 2.50). 

Kaufmann, M., Psalms of the East and West (Exp 1902, June 446—458; July 
a Vergleich des Psalters mit dem modernen Buch „Psalms of the 

est“. 

Grimme, H., Psalmenprobleme. Untersuchungen über Metrik, Strophik 
und Paseq des Psalmenbuches. Collectanea Friburgensia. N. F. III (gr. 8°. 
V1Il u. 204. Freib. i. d. Schw., Univ. - Buchh. M 7.20): Die Uhnter- 
suchungen an dem für Metrik besonders geeigneten Psalmenbuche be- 
rühren eine Reihe der wichtigsten Probleme. Seine metrischen Ansich- 
ten im „Abrifs der hebräischen Metrik“ 1896 berichtigt G. Der Schwer- 

unkt liegt in der Anwendung seiner Metrik zu Emendationen, oder 

sser um Fehler zu entdecken; verbessern mu/s meist Konjektur, seltener 
ein Zurückgreifen auf LXX, insbes. auch Peschittho usw. Manche 
lückliche Konjektur. Bestimmung des Versmalses für die einzelnen 
Palmen (manche Anderung der früheren Anschauungen). Metrischer 
Wechsel lälst einheitlich erscheinende Teile scheiden, metrisch gleiche 
Zusätze lassen Psalmensammlungen finden und sogar zeitlich fixieren. 
Paseg-Legarmeh ist ein Variantenhinweis für geringere Versstörungen. 

Engert, Th., Der betende Gerechte der Psalmen. Historisch-kritische 
Untersuchung als Beitrag zu einer Einleitung ın den Psalter. Gekr. 
Preisschr. (8°. IV u. 134. Würzb., Göbel. M 2.—): Es ist die Gemeinde, 
die in den Psalmen betet, gerecht genannt, weil bundestreu. Dies das 
Resultat der eingehenden Untersuchung über das aktuelle und interessante 
Thema. Die einheitliche Deutung mülste erst die Probe der vollständigen 
Durchführung bestehen. Bedenken hege ich gegen die vorausgesetzte 
allegorische Terminologie. Die Frage nach späterer Umänderung in kol- 
lektivistischem Sinne ist nach E. jetzt nicht mehr zu lösen. 

Mäcklenburg, Über die Auffassung des Reiches Gottes resp. über den 
Begriff des göttlichen Königtums in den Psalmen (StKr 1902, 525—555): 
1. Psalmen mit dem Königtum Jahwes ohne menschliches Medium. 
2. Psalmen mit einem Davididen als Vermittler des Königtums Jahwes. 

Matthes, J. C., Die Psalmen und der Tempeldienst (ZatW XX1I 65—82): 


106 Bibliographische Notizen. 


Der Psalter ist Tempelliederbuch (gegen Duhm, Pss XX1V), enthält wohl 
meist kollektiv gedachte Lieder. 

Kaminka, A., Altarmenische Psalmenüberschriften (ZatW X XII 121—1328): 
Anschliefsend an ZatW XV1 260 ff. 

Weir, D. D., Notes on the Text of the Psalms (Exp 1902, 156—160 236— 240). 

Zenner, J. K., S. J., Psalmenstudien. 1. Ps 8 (ZkTh XXVI 70-80): 
Korrekturen zu XXIII 371 ff; Vers3 ist von Mt 21,16 abweichend zu erklären. 

Nestle, E., Psalm 18,2 (ZatW XXII 314 f): St. arm zu lesen "ou". 

Chajes, H. P., Ps. X XIX, 9 (OrLz V 209): St. mm ist mb —= „Gemsen“ 
zu lesen. nor == „hervorstolsen“. 

Hirsch. E. &., Note on Psalms 34 and 25 (AmJsemL XVIII Nr 3, 
167—173): Durch Umstellungen beseitigt er die Unordnung in den alpha- 
betischen Psalmen. 

Nestle, E., Ps 42,3 (ZatW XXII 306-809): Ein Zeugnis für mn (st. 
OR). 

Martin, W. W., A Psalmist’s Epithalamion (AmJsemL XIX 1, 49—51): 
Ordnung der Lieder in Ps 45 mit kritischen Noten. 

Guidi, J., Anal. exeg. (Rb XI 399): Ps 45, 2. 

Deimel, A., S. J., 94, 8-11 (ZkTh XXVI Be 

Halevy, J., Un passage de la Vuigate (Jas ser. IX, t. XIX 140—144): Zu 
Ps 110, 3; das Fehlen von buy 7b ın V. wird erklärt. 

a C., Inthe Palace of Wisdom: some modern Applications of the 
Book of Proverbs (8°. 156. Ld., Sketfington. 23 6d). 

Berry, 6. R., Some Textual Notes on Proverbs (AmJsemL XIX 1, 53f): 
6, 26%; 18, 23%; 19, 27; 30, 31. 

Scholz, A. v., Beilage zum Commentar über den Prediger (4 S.): Replik 
auf die Kritik in der Theol. Rundschau IV (1902) 3261. 

Kneller, C. A., S. J., Zum „schwitzenden Almosen“ (ZkTh XXVI 7791): 
Gibt zu Funks Parallelstellen in der neuesten Ausg. der Apostellehre noch 
mittelalterliche Anführungen. Hugo a St Caro stellt es zu Eccli 12, 1. 

Hippolyts Kommentar zum Hohenlied. Auf Grund von N. Marrs Aus- 
gabe des grusinischen Textes herausgeg. vonG. N. Bonwetsch (Lp.,Hinrichs). 

Schlögl, N., ©. Cist., Canticum canticorum. Libri Veteris Testamenti 
ope artis criticae et metricae quantum fieri potuit in formam originalem 
redacti (gr. 8°. XVIII u. 8. Wien, Mayer. M 1.80): Leitet eine nach 
den angegebenen Grundsätzen bearbeitete Ausgabe des hebräischen AT 
ein. Die „Notae criticae“ fulsen meist auf den Anforderungen der Metrik. 
Die Fufsnoten deuten die dramatische Anlage an. 

Cornu, J., Das Hohelied in castillanischer Sprache des XIII. Jahrh. 
nach der Hs des Escorial I. I. 6. (Aus: Festschrift f. W. Förster. 8°. 8. 
Halle, Niemeyer. M —.50): Text mit den Varianten. 

Harper, A., The Song of Songs: Cambridge Bible (120. LI u. %. 
Cambridge, Univ. Pr.): Hält das Lied für eine Allegorie (ExpT XIII 554). 

Haupt, P., The Book of Canticles (AmJsemL X VIIl1,1—32; 4, 193 - 245): 
Einzelne Lieder (12). Versfolge will er mit Hilfe der Metrik herstellen. 

Feldmann, Fr., Textkritische Materialien zum Buch der Weisheit ge- 
sammelt aus der sahidischen, syrohexaplarischen und armenischen Über- 
setzung (8°. V111 u. 84. Freiburg i. Br., Herder. M 1.20): Nach einer kurzen 
Zusammenfassung der textkritischen Materialien folgt eine statistische Be- 
handlung der Varianten obiger drei Übersetzungen, ohne dals sich sichere 
Schlüsse ziehen lassen. Als 2. TI folgt eine Variantensammlung zum 
ganzen Buch, die zugleich eine wohlabgewogene Textbehandlung bietet. 

Peters, N., Die seitherigen Ausgaben der Bruchstücke des hebräischen 
Eecclesiasticus (Theol. Rev. 1902 Nr 7). 

Peters, N., Der jüngst wiederaufgefundene hebräische Text des Buches 
Ecclesiasticus untersucht, herausregeben, übersetzt u. mit kritischen Noten 
versehen (8%. XVI92u.448. Freiburg i. Br., Herder. M 10.—). Bespr. folgt. 

Knabenbauer, J., S. J., Commentarius in Ecclesiasticum cum appendice: 


Bibliographische Notizen. 107 


Textus „Lcclesiastici“ Hebraeus descriptus secundum fragmenta nuper 
reperta cum notis et versione litterali latina. Cursus $. Script. Pars II. 
6. (8%. LXXXIII u. 476. P., Lethielleux). Besprechung folgt. 

Ryssel, V., Die neuen hebräischen Fr te des Buches Jesus Sirach 
und ihre Herkunft (StKr 1902 205—261 347—420). 

Knabenbauer, J., S. J., Einiges über die neuentdeckten Stücke des Buches 
Sirach (Stimmen a. M.-Laach LXIIl 526-539). 

„u, S., Some Notes on Ben-Sira (ExpT XIV 47f): Zu Sir 
4, 21; 48, : 

Levi, Israßl, s citations de l’Ecclesiastique (REj XLIV Nr 88, 
291—294): Im Testament Ephräms Sir 13, 14 xe’y 557 nach anderer Re- 
zension. Targ. seni zu Esth Sir 50, 6.7 nachgeahmt. Tobias hat seine 
Stellen dem hebräischen Original entlehnt. 

Margoliouth, D. S., Three Notes on Ecclesiasticus (ExpT XXIII 331f): 
14, 12 abhängig vom Talmud, 41, 14 auf Grund griechischer Vorlage ge- 
bildet. M. hält noch die Nicht-Originalität des Textes fest. 

Rosenthal, L. A., Zerstreute Bemerkungen zum hebräischen Sirach (MGOWJ 
XLVI 49-52): Zu 49, 7.10; 44, 10 inhaltlicher Art. 

Kautzsch, E., Die Apokryphen des Alten Testaments. Ausg. F der Text- 
bibel des A u. NT (8%. 212. Tübingen, Mohr. M 2.—; geb. M 2.80): Zu 
den Ausgaben der Textbibel A—E (Kombinationen von A u. NT zu- 
sammen oder gesondert, mit oder ohne Apokryphen des AT) hat der 
Verleger noch die Apokryphen gesondert zugänglich gemacht. 


d) Die Propheten. 


Procksch, O., Geschichtsbetrachtung und geschichtliche Überlieferung 
bei den vorexilischen Propheten (8%. 176. Lp., Hinrichs. M 5.50): Den 
Erörterungen, die sich selbstverständlich viel in Systematisierung und Kon- 
struktion bewegen, laufen zahlreiche literarkritische Noten zur Seite. 
Ein interessantes Kapitel behandelt in erschöpfender Weise der 2. Teil: 
die Form der bei obigen Propheten sich findenden Überlieferungen wird 
Zug um Zug mit den Erzählungen der historischen Bücher zusammen- 
gestellt. Die Untersuchung gestaltet sich zu einer Nachprüfung der Penta- 
teuchkritik, die im allgemeinen bestätigt gefunden wird. 

Nowaok, W., Die Zukunftshoffnungen Israels in der assyrischen Zeit. 
Aus den „Iheol. Abh.“ Festgabe zum 17. Mai 1902 für H. J. Holtzmann 
(S.31—59. Tübingen, Mohr): Mittelpunkt der prophetischen Weissagungen 
dieser Zeit ist das Gericht des Herrn; die Pukanftserwartungen haben 
nur nebensächliche Bedeutung. 

Les Esperances messianiques d’Israel, Esaie et les prophetes de son 
öpoque (120. P., Fischbacher. Fr 3.—). 

Duhm, B., Das Buch Jesaia übersetzt und erklärt. 2., verb. Aufl. Nowacks 
Handkommentar zum AT. III1 (8°. XXI u. 446. Göttingen, Vandenhoeck. 
M 8-—): Trotz seines Kritizismus nimmt er in Einzelheiten oft mit 
Sarkasmus gegen die Malslosigkeiten anderer Kritiker Stellung, und darf 
auch in diesem Sinne eine Förderung der Exegese des lsaias im Buche 
gefunden werden. 

Ley, J., Metrische Analyse zu Jesaia K. 1. (ZatW XXII 229—238): Is 1 
ist ohne EBinschübe. 

Bullock, M.A., Jehova’s Protest against the Altar Service (Bs LIX Nr 235, 
529—5836): Is 1, 11—15; Jr 6, 20; 7, 21—23 protestieren gegen den Altar- 
dienst als förmlichen, nicht mehr lebendigen. 
an. E., Über Ergänzungen im Jesaiabuche (Zeitschr. f. ev. Rel.-U. 1902, 

— 102). 

Bırch, W. F., Sennacherib’s Catastrophe at Nob (Is 10, 28-32) (PEF 1%2, 
April, 197 f}: Der Ort des Unglücks in der Nähe von Jerusalem. Der 
Grund der Katastrophe ein schreckliches Gewitter. 

König, E., Sebna und Eljakim (NkZ XIII 621—631): Zu Is 22, 15—25. 


108 Bibliographische Notizen. 


Liebmann, E., Der Text zu Jesaia 24—27 (ZatW XXII 1—56 285304 
ohne Schlufls): Eingehende textkritische Behandlung. 

Boehmer, Zu Jes 24—27 (ZawıW XXII 8332—334): Soll nach Inhalt, Stil 
und Rhythmus sich als zweiteilig erweisen. 

Zillessen, A., Bemerkungen zur alexandrinischen Übersetzung des Jaajs 
(c. 40—60) (ZatW XX11 238—263): Die Varianten in LXX sind meist Zu- 
sätze und Umgestaltungen auf Grund von Parallelstellen (gegen die Metriker). 

Nikel, J., Die neuere Litteratur über Jes 40—66, insbes. über die Weis- 
sagungen vom Gottesknechte (Theol. Rev. 1902 Nr 3. 4). Von 1892 ab. 

Giesebrecht, Fr, Der Knecht Jahves des Deuterojesata (8°. 208. 
Königsberg, Thomas. M 5.60): Stellungnahme zur neuesten Literatur 
hierüber, meist polemisch. G.s Lösung: Der Knecht Jahwes ist das 
ganze Volk Israel mit seiner Weltmission gegenüber dem Heidentum 
50, 10. 11 werden als Glossen betrachtet; 53, 1—7 ist den Heiden in den 

und zu legen). Hauptgründe sind ihm einmal der Zusammenhang und 
dann die Identität des Knechtes Jahwes mit dem Israel des Deuterojesaia. 
Die Ebed-Jahwe-Stücke sind in den Gesamttext hineingedacht, nicht etwa 
zufällig oder nachträglich hineingekommen. 

Moffat, R. M., The Servant of the Lord (ExpT XIII 7-10 67—69 
174—178): Erbauliche Erörterung. 

Volck, Jes 52, 13$—K. 53 (ThLbl XXIII 1—2 17-19 25—30): Teils 
individuell, teils kollektiv. 52, 13ff individuell, erfüllt in Christus. 

Rothstein, J. W., Ein übersehenes Zeugnis für die messianische Auf- 
Jassung des „Knechtes Jahwes“. Eine Skizze. Anhang zu: Die Genealogie 
des Königs Jojachin usw. (vgl. ob. S. 103). S.121—162: Das Buch Isaias 
zeigt die beherrschende Tendenz, auf den Ebed Jahwe als messianischen 
König aus Davids Geschlecht hinzuweisen. 

Derenbourg, H., Un dieu nabateen ivre sans avoir bu de vin (REj XLIV 
an : segunhı mit Is 51, 21 f die palmyranische Inschritt Journ. as. 

Bacher, W., Isaie LIV, 7 (REj XLIV Nr 88, 283—285): gep rana st. yana 
ist zu lesen. 

Erbt, W., Jeremia und seine Zeit (8%. VIII u. 300. Göttingen, Vanden- 
hoeck. M 8.—). 

Bewer, A., Hıstorical Criticism of Jer 1,4—19 (AmJTh VI 3, 510-518). 

Hackspill,L., La vocation de Jeremie (Bull. de Litt. eccl. 1902, 7,8, 201—209): 
Echtheit von 1, 4—10 wird gegen Duhm aufrecht erhalten. 

Grützmacher, Die prophetische Anschauung vom Opfer nach Amos 5, 25/ff 
und Jer 7,22 (Ev. Kztg 1902, 1, 13—17): Nicht kultusfeindlich erklärt. 

König, E., On the Meaning and Scope 7 Jeremiah VII, 22. 23 (Exp VI 
135—154 208—218 366—377): Er behandelt ausführlichst den relativen 
und absoluten Gebrauch der Verneinung. Die Grundgesetzgebung enthielt 
keine der ganzen Gemeinde promulgierte Bestimmung über das Opfer. 

Royer, J., Ein verlornes Lied des Propheten Jeremias (Pastor bonus 
XIV 405—412): Lam 3 Klagelied auf Josias 2 Chr 35, 24f. 

Hoberg, G., Die älteste lateinische Übersetzung des Buches Baruch. Zum 
ersten Male hrsg. 2. Ausg.(Lex.-8. V111u.92. Freiburg i.Br., Herder. M3.—). 

Norbeck, O., Den messianska BER hos Hesekiel (Upsala). 

Müller, P., Emendationen zu Hesekiel (StKr 1902, 118—128): Ez 7, 10 f.; 
13b; 12, 10b; 16, 15b, 16b; 19, 5.11; 20, 9.14; 21, 15. 18. 20; 28, 42°. 43; 
34, 12; 47, 10°. 

Mn H. P., Ezech. XXX,5 (OrLz V 119f): rmarn ms "a = „Misch- 
völker“. 

Riefsier, P., Das Buch Daniel erklärt. Kurzgef. wissensch. Comm. zum 
AT 111 3,2 (8°. XVIl u. 133. Wien, Mayer. M. 3.—). 

Anderson, R., Daniel in the Critics Den. A Reply to Prof. Driver 
of Oxford and the Dean of Canterbury (X1V u. 186. La. Nisbet). 

Turmel,J., Etude sur le Livre de Daniel (Ann. de phil. chret.LXXI1l5—37). 


Bibliographische Notizen. 109 


Hommel, Fr., Die Abfassung des Buches Daniel und der Wahnsinn Na- 
bonids (ThLbl XXIII 145-150): Nabonid ist zu setzen st. Nebukadnezar 
in Dn 2—5 (aulser 5, 2). In seinen Annalen eine zu verheimlichende 
Krankheit angedeutet. Ebenso Megasthenes bei Abydenus. Das Buch 
ist entstanden zwischen Cyrus und Esra. Die sog. griechischen Lehnwörter 
sind keine solchen (Etymologie aanes oft künstlich); der Sprach- 
charakter ostaramäisch mit palästinischer Punktation. 

Buhl, Fr., Zu dem Artikel von Professor Hommel (ThLbl XXIII 204 f}: 
Den späten Ursprung Daniels hält er aufrecht. — In der Erwiderung be- 
steht Hr. auf der Namensänderung in Dn 2—5. 

Horner, J., Daniel, Darius the Median, Cyrus the Great. A Chrono- 
logico-Hıistorical Study u 142. N. Y., Eaton). 

Hoonacker, A. var, Four Empires of the Book of Daniel (ExpT 
XIll 420—423): Das 2. u. 3. Reich können nicht das medische u. persische 
sein, weil letztere im Buche Daniel als eines gelten. 

Halevy, J., La Folie de Nabuchodonosor (Rsem X 281—286): Entstanden 
durch naive kEtymologisierung des Namens: 123 = Egare, errant usw. 

Völter, D., Der Menschensohn in Dn 7, 13 (ZutW IIL 173f): Nicht 
messianisch, sondern ein himmlischer Repräsentant des Volkes der Heiligen; 
vielleicht, persischer Herkuntt. 

König, E., The „ Weeks“ of Daniel (ExpT XIII 468—470): Nicht 6teilige, 
sondern 7teilige Woche, 

Farrar, F. W., The Minor Prophets (Exp 1902, Febr. 82—92; April 
. 271—286): Einfache Zusammenfassung der Einleitungsfragen. 

Halevy, J., Recherches bibliques: Le Livre d’Osee (Rsem X 1—12 97—138 
193—212 289—304): Kurze Inhaltsangaben, Übersetzung und Kommentar. 
Berührungen zwischen Os und Pent. zeugen gegen die Kritik. 


Boehmer, Die Grundgedanken der Predigt Hosea’s (ZwTh XLV 1-24): 
Der Prophet verurteilt blols das gegenwärtige Königtum, nicht das 
Königtum überhaupt. 

e Gardner, W. R. W., Notes on certain Passages in Hosea (AmJsemL XVIII 

r 3, 177—183). 

Riedel, W., Alttest. Unters. I.: Die Ehe des Propheten Hosea S. 1—15: 
Os 1—3 ist auf Götzendienst zu deuten, n-bar ra ıst die, welche Kuchen 
den Götzen darbringt. 

Riedel, W., Alttest. Unters. I.: Der König Jareb S. 17f.: = ar 2'n zu 
lesen = Sarru rabü = Grolskönig (Os 5, 13; 10, 6). 

Halevy, J., Un passage du Testament de Saint Ephrem (Jas ser. IX, t.XIX 
144146): Das Zitat Os 10,11 eine Kombination von Os 10,11 u. Zach 7,11b, 

Riedel, Joel 1, 17 (StKr 1903, 1, 167—170). 

Riedel, W., Alttest. Unters. I.: Bemerkungen zum Buche Amos S. 19—36: 
Das Buch als solches ist nicht von Amos. Bemerkungen zu einzelnen Stellen. 

Day, E., and Chapin, W. H., Is the Book of Amos post-exilic? (AmJsemL 
XVIII Nr 2, 66—93): Das ganze Buch ist dem Amos nur unterschoben. 

Braithwaite, E. E., Is the Book of Amos post-exilic? (Bs LIX. 366 - 374): 
Ablehnung *des vorausgehenden Artikels. 

Braithwaite, E. E., Why did Amos predict the Captivity (Bs LIX 192—197): 
Der Prophet konnte die Gelangenschait erschlieisen einzig und allein daraus, 
dafs Israel vom Vertrauen auf äulserliche religiöse Übungen nur durch 
Losreilsung davon, d.h. durch die Getangenschaft geheilt werden konnte. 

Boehmer, Die Eigenart der prophetischen Heilspredigt des Amos (StKr 
LXX VI. I [1903] 1, 55—47): Jahwe ist ihm Richter und Lenker der Heiden, 
Vernichter und Wiederhersteller Israels. 

Was verstehen wir unter "2-3 n:5: in Am 1, 6. 9? (OrLz V 397) = Exilierte 
Salamier. 

Biblische Miscellen (ÖrLz V 396 f): Am 4,13; 5, 8; 9,6 geben eine pro- 
phetische Rede, die Amos gehalten haben kann (gegen die Kritiker). 


110 Bibliographische Notizen. 


Riedel, Amos 7,14 (StKr LXXVI. I [1903] 1, 163—165): Amos wer 
„früher“ kein Prophet. 

Stärk, W., Zu Am 9, 2 (StKr LXXV1. I [1903] 1, 157—160): Setzt voraus, 
dafs Jahwe nur in Sion und sonst nirgends wohnte. 

Welch, A. C., Micah 5, 1-3 (ExpT xl 234— 236). 

Happel, O., Das Buch des Propheten Nahum (8°. u. 106. Würzburg, 
Göbel. M3—): Aus der Einleitung ist besonders bedeutsam die Entstehung 
des Buches. Entstehungszeit: nachexilisch und zwar Zeit der Seleuziden- 
kämpfe, aus inneren Gründen gefordert; die entgegenstehenden, bisher 
allein gewürdigten tatsächlichen Angaben würden in das 7. Jh. führen, 
sind aber teils textkritisch zu beseitigen (3, 8. 18), teils als symbolisch zu 
bezeichnen. Der 2. Teil enthält einen erschöpfenden Kommentar. 

Wildeboer, G., Nahum 3,7 (ZatW XXII 318): nsm:n abzuleiten von 
or; —= Leichenmahl veranstalten. 

Riedel, Nah 3, 15 (StKr 1903, 1, 166 f)}: Textkorrektur. 

Kelly, Fr. T., The Strophic Structure of Habakkuk (AmJsemL XVIII 
Nr 2, 94—119). 

Stevenson, W. B., The Interpretation of Habakkuk Chapters I. and II. 
(Exp 1902, May, 388—400). 

Wılliam, T., The Prophecies of Zechariah (I—VIII) (ExpT XIII 
549—554): Populäre Skizzierung des Inhaltes. 

Hoonacker, A. van, Les chapitres IX— XIV du Livre de Zacharie (Rb XI 
161—183 847-378): Inhaltlicher und textkrit. Kommentar. Besonders be- 
müht H. sich um die richtige Ordnung (10, 32b + 11 + 13, 7—9). Be- 
ziehung zu Jr. Übersetzung. Die 2 Teile gehören wahrsch. einem nach- 
exilischen Schriftsteller an. Die Verschiedenartigkeit der beiden Teile be- 
ruht zum Teil auf einer literarischen Fiktion. 

Nestle, E., Mal. 3,16. 17 (ZatW XXII 305 f}: Möchte “oo “sur in 'o “raV, 
prb in 0x5 korrigieren. 


e) Die Apokryphen. 

Charies, R. H., The Book of Jubilees; or the Little Genesis. Trans- 
lated from the Editor’s Ethiopic Text and edit. with Introductions, Notes 
and Indices (8%. 368. Ld., Black. 158). 

Liechtenhan, R., Die pseudepigraphische Litteratur der Gnostiker (ZntW 
Ill 222 ff}: Würdigt den gnostischen Charakter atl Apokryphen: Ascensio 
Isaiae c. 6 -11 gnostisch. . 

Flemming, 3., Das Buch Henoch. Athiopischer Text mit Einleitun 
und Commentar (X VI u. 172. Lp., Hinrichs: Texte u. Unters. z. Gesch. 
altchr. Lit. N. F. VII 1): S. XILI—XV Berichtigungen z. deutschen Über- 
setzung (101). 

Förster, M., Das lateinisch-altenglische Fragment der Apokryphe von 
Jamnes und Mambres (Arch. f. d. St. d. neuer. Spr. CVIII [1902] 15—28): 
Das von R. James für das bezeichnete Apokryphon (JthSt 1901 II 
672—577) gehaltene Textstück wird hier kritisch genau wiedergegeben. 

Krauss, S., Die Königin von Saba in den byzant. Chroniken (Byz. Zeitschr. 
XI 120—131). 

Perles, F., Zur Erklärung der Psalmen Salomos (OrLz V 269—282 
335—342 365—372). Sonderabdruck. 8". 56. B., Peiser. M 1.— 

Moffatt, J., The Righteousness of the Scribes and Pharisees (ExpT XIII 
201—206): Salomonische Psalmen 3. 6. 5. 10 in englischer Übersetzung. 

Jacoby, A., Studien zur koptischen Litteratur IV: Zur Eliasapokalypse 
(Rec. de Trav. relat. & la Phil. et & l’Arch. egypt. et assyr. XXIV 3,4, 196 f). 

Krauss, $., Der römisch-persische Krieg in der jüdischen Elia- Apocalypse 
(JqR XIV Nr 54, 359—872): Datiert und bestimmt denselben. Abtassungs- 
zeit ca. 250 n. Chr. 

Krarup, 0. C., Studier over LXX’s akanoniske Psalme (Theologisk. Tids- 
skrift III. Bd, ö. H.). 


Mitteilungen und Nachrichten. 111 


Morin, 6., O. S. B., Pour l’authenticite du traite sur la Vision d’Isaie, 
recemment publi& sous le nom de S. Jeröme (Rev. d’hist. eccl. III 390— 36): 
Gegen die Bezweiflung durch Mercati, Kb X 385—39. 

Schiefer, F. W., Sünde und Schuld in der Apokalypse des Baruch (Zw'Th 
XLV 327—339), 

Marc, P., Die Achikar-Sage. Ein Versuch zur Gruppierung der Quellen 
(Stud. z. vergl. Lit.-Gesch. Tr 4, 3983—411). 

Mercier, Ch., La piete juive aux temps apostoliques: Le IVe Esdra (La 
liberte chret. V, Juin). 

Margoliouth, S., Some Notes on Ben-Sira 1 (ExpT XIV 47): Das Alpha- 
bet des Ben-Sira wahrscheinlich 1025 entstanden. 


Freising, Dezember 1902. J. Göttsberger. 


Mitteilungen und Nachrichten. 


Über die „Commissio pontificia de re biblioca‘“. Von wohlunterrich- 
teter Seite wird uns geschrieben: Das einzige wichtigere Aktenstück war 
bisher immer der Artikel des Londoner Tablet vom 11. Jan. 1902 
(übersetzt in der Augsburger Postzeitung Beil. 44 vom 31. Aug. 1902), 
mit einem kurzen Vor- und Nachwort wiedergegeben in der Revue du 
clerg& frangais vom 15. Juni (vorher im Univers vom 4, Juni). Das Vor- 
wort weist auf die Zuverlässigkeit des Tablet-Artikels hin. Das Nach- 
wort lautet: „Auf Grund spezieller und durchaus zuverlässiger Informa- 
tion können wir mitteilen, dafs die Kommission bereits seit längerer Zeit 
ernst an der Arbeit ist; das Geheimnis bleibt gewahrt, aber die Arbeit 
schreitet stetig voran.“ Die Kommission besteht aus fünf Kardinälen und 
zwölf Konsultoren; letztere sind trotz Bemühungen von aulsen her bisher 
nicht vermehrt worden. Den Gegenstand der Verhandlungen ver- 
rät der Name selbst. Der Ausdruck „la question biblique“ hat für Leser 
nichtdeutscher Zunge eine ganz prägnante Bedeutung: er bezeichnet die 
biblische Einleitung im weitesten Sinn, die allgemeine wie die besondere, 
Kanonizität, Inspiration usw. Namentlich in Frankreich sind diese 
Fragen während des letzten halben Jahrhunderts mit Eifer und mitunter 
mit Bitterkeit diskutiert worden. Aufgabe der Kommission ist, auf der 
Grundlage der Enzyklika „Providentissimus Deus“ weiter zu bauen und 
das Material zu sichten, auf Grund dessen ebensowohl einem allzu radi- 
kalen exegetischen Liberalismus als einem starren Konservativismus ent- 
aeeene een und der katholischen Exegese die Richtung gewiesen wer- 

en kann zu noch fruchtbarerer Wirksamkeit als bisher. — Das aposto- 
lische Schreiben vom 80. Oktober 1902 ist das erste offizielle Dokument 
in Sachen der Bibelkommission (vgl. Osserv. Rom. vom 4. Nov. 1902). 
Der Heilige Vater gibt darin bekannt, dals er als ein „novum quoddam 
auctoritatis Nostrae subsidium“, zur Förderung seiner in der Enzyklika 
„Providentissimus Deus“ ausgesprochenen Absicht, diese Kommission ein- 
setze. In ihren Beratungen, durch ihre seien es periodische seien es ge- 
legentliche Publikationen, durch Beantwortung von Anfragen und über- 
haupt auf jegliche Weise soll dieselbe, in stetem Einvernehmen mit dem 
Heiligen Vater selbst, ihrer Aufgabe obliegen. Die Mitglieder sollen sich 
mit allen einschlägigen wissenschaftlichen Resultaten vertraut machen, für 
die Autorität der Heiligen Schrift und des kirchlichen Lehramtes ein- 
treten. Der Satz: „Artis criticae disciplinam, quippe percipiendae penitus 
hagiographorum sententiae perutilem, Nobis vehementer probantibus, 
nostri excolant“, enthält eine unumwundene Empfehlung kritischer Studien, 
an welche selbstverständlich die Warnung sich anschlielst, dals man hierin 
Andersgläubigen nicht blind folgen solle. — Namen von Mitgliedern ent- 


112 Mitteilungen und Nachrichten. 


hält das Breve keine. Anderweitig ist bekannt, dals der Heilige Vater 
den Jrei früher ernannten Kardinälen Parocchi, Segna und Vives y Tuto 
die Kardinäle Rampolla und Satolli beigesellt hat. 

Biblische Fragen auf dem Internationalen Orientalistenkongrefs In 
Hamburg (ö6.—10. Sept. 1902): Ryssel über die neuentdeckten Sirach- 
fragmente u Randvarianten von Cod. B stammen aus Cod. C, sind nicht 
alternative Wiedergaben aus einer persischen Übersetzung des griechischen 
Textes; so Margoliouth). Lidzbarski über familiäre Kosenamen im 
Semitischen (Abisai soll Diminutivum von Absalom sein. Budde über 
einige Verse des Jeremias. Curtiss: Überreste alter Opferaltäre be- 
stätigen die althebräischen Zeremonien. Guidi über die Aussprache des 
„Sere“. E. Nestle bringt die Evangelistensymbole mit einem vier- 
köpfigen Baal in Verbindung. Zur neuen Cambridger LXX-Ausgabe 
regt er an, dals eine Kommission des Kongresses die Herausgeber mit 
den Wünschen deutscher Gelehrten bekannt machen solle. Merx: Ein- 
fluls des AT auf die Entwicklung und Ausgestaltung der Universal- 
geschichte (Begriff der Einheit des Menschengeschlechts; die Geschlechts- 
register und die Chronologie; nur bis zur Sintflut eine Ahnlichkeit mit 
babylonischen Stoffen; aber der Stoff ist nichts, die Idee ist alles. Gins- 
burg über das Pasek in der hebräischen Bibel (bei der Diskussion wurde 
behauptet: als grammatisches Zeichen gebraucht oder Zeichen des Schrei- 
berse, dafs zwei zu eng geschriebene Worte zu trennen seien; so Gaster). 
Lidzbarski bestreitet Hommels Hypothese, dals die vorphönizischen 
Buchstaben teilweise nach Himmelskörpern und nach Teilen des mensch- 
lichen Körpers genannt seien. Hommel fand auf einem assyrischen 
Täfelchen den Namen Ammi-Abbi „meine Mutter ist mein Vater“, ältere 
Form für Moab (vgl. Deutsche Litteraturzeitung 1902, Nr 39, Sp. 2462 
und ExpT XIV 93-9). Bezold zur assyrisch-babylonischen Trans- 
skription des hebräischen Gottesnamens: das Vorkommen Jahwes auf 
Inschriften der Hammurabi-Dynastie noch keineswegs gesichert. Halövy: 
Jahvi-ilu = es existiert Gott. Haupt: Tarsis— Bergbau, Aufbereitung; 
Tarsissteine sind Zinnoberkrystalle aus den Quecksilbergruben von Al- 
maden. Das Hohelied ist eine in Damaskus nach Beginn der Seleuziden- 
zeit zusammengestellte Sammlung hebräischer Liebeslieder, durchweg aufser 
2, 8—14 Strophen von 2 Doppelzeilen; Ahnlichkeit mit Theokrits 10. Idylle. 
Der Vortrag Haupts: Viele spätere Zusätze im AT sind erläuternde 
Zitate, z. B. bietet Is 40, 31° ein anderes Bild als im Vorausgehenden. 
Kotelmann über den Farbensiun der alten Hebräer (auch „blau“ 
kannten sie), Gaster über den ersten Druck des hebräischen Penta- 
teuchs in Hamburg 1663. Klein: Bemerkungen zum Buche Daniel. 
Budde über die Aufschrift des Buches Jeremia. Mittwoch: „Essäer“ 
vermutlich von chaschä = schweigen. Sellin: Mitteilungen über den 
Erfolg seiner Ausgrabungen in Ta‘anak (Jos 12, 21); 38 Burgen, alt- 
kanaanäisch, salomonisch und jünger, wurden entdeckt (vgl. Allg. ev.-luth. 
Kztg 1902 Nr 39, 919 ff). 

Preisaufgaben. — Aus der Lackenbacherischen Stiftung ist 
eine Prämie von 800 Kr für die beste Lösung der Preisfrage: „Res geo- 
graphicae et ethnographicae librorum III et IV Regum illustrentur ex 
monumentis historicis* von dem Dekanat der theolog. Fakultät in Wien 
zu vergeben (ZkTh XX VI 224). — The Committee of Manchester Col- 
lege (Oxford) offer a Prise of £100 for the best Elementary Treatise on 
„A Critical Exposition of Theories of Metre in the OT.“ For full parti- 
culars and conditions apply to the Secretaries of the College, 38 Barton 
Arcade, Manchester (ZatW XXII, 2. H.). 


Druck von W. Drugulin in Leipzig. 


Anzeigen. 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im 
Breisgau erscheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


BIBLISCHE STUDIEN, 


UNTER MITWIRKUNG VON 


Pror. Dr. W. FELL ı Münster 1. W., Pror. De. J. FELTEN m Bonn, 
Pror. Dr. G. HOBERG ın FrEeisurg 1. B., Pror. Dr. N. PETERS ın PADERBORN, 
Pror. Dr. A. SCHAFER ıx BRESLAU, Pror. Dr. P. VETTER ın TüsınaEN 


HERAUSGEGEBEN VON 
Pror. Dr. ©. BARDENHEWER ın München. 


ie am 18. November 1893 ausgegebene Enzyklika Leos XII. Proriden- 

tissimus Deus hat auch in den kirchlichen Kreisen Deutschlands freu- 
digen, ja begeisterten Widerhall geweckt. Der oberste Lehrer und Leiter 
der Kirche will das Studiunn des Buches der Bücher einem neuen Auf- 
schwunge entgegenführen. Er schildert in warmen Worten die Bedeutung 
und die Fruchtbarkeit dieses Studiums, zeichnet die Balınen vor, in welchen 
dasselbe sich bewegen und entfalten soll, und richtet einen ernsten Malın- 
ruf an die katholische Gelehrtenwelt, mit erneutem Eifer und in möglichst 
reicher Schar auf den Kampfplatz zu treten, um die Angriffe des modernen 
Unglaubens auf die Heilige Schrift zurückzuweisen. 

Die früheren Kundgebungen Leos XIII. zu Gunsten des Studiums der 
christlichen Philosophie und des Studiums der Kirchengeschichte haben, wie 
der Heilige Vater selbst mit Genugtuung hervorhebt, vielerorts empfäng- 
lichen Boden gefunden und auch schon erfreuliche Früchte gezeitigt. Von 
dem Verlangen beseelt, dafs die Enzyklika über das Studium der Heiligen 
Schrift nicht minder reich an Wirkung und Erfolg sein möge, haben 
die oben bezeichneten Vertreter der Bibelwissenschaft sich zusammen- 
geschlossen, um ein neues Organ für wissenschaftliches Bibelstudium ins 
Leben zu rufen. Dasselbe nennt sich „Biblische Studien“, stellt sich ganz 
und voll auf den Boden der von dem höchsten Hüter des Glaubensgutes 
verfochtenen Lehren und Grundsätze und will mitwirken zur Hebung und 
Förderung des Studiums der Heiligen Schrift im katholischen Deutschland. 

Es ist ein sehr weites Feld, welches die „Biblischen Studien“ in Be- 
arbeitung nehmen wollen. Nicht blofs die eigentliche Exegese, sondern 
auch die biblischen Einleitungswissenschaften, die biblische Philologie, 
Hermeneutik und Kritik, die biblische Geschichte, Archäologie und Geo- 
graphie sowie die Geschichte dieser Disziplinen wollen sie in ihren Bereich 
ziehen. Ebensoweit reicht aber auch der Kreis, an welchen die Heraus- 
geber sich mit der Bitte um tätige Mitarbeiterschaft wenden. Die „Bibli- 
schen Studien“ wollen nicht blofs Beiträge aus der Feder der oben Be- 
zeichneten und fachgenössischer Gelehrten bringen, sondern insbesondere 
auch jüngeren Kräften die so oft vermifste Gelegenheit zur Veröffentlichung 
wissenschaftlicher Arbeiten bieten. 

Die „Studien“ erscheinen in der Form von Heften (gr. 8°), welche m 
»wangloser Folge ausgegeben werden und im Durchschnitt etwa sechs Bogen 
umfassen sollen. In der Regel wird jedes Heft eine in sich abgeschlossene 
Studie enthalten. Je 4—6 Hefte werden einen Band bilden. Jedes Heft und 
jeder Band sind einzeln käuflich. 


(Die Titel der bis jetzt erschienenen Hefte siehe umstehend.) 
Biblische Zeitschrift. T. 1. 


Von den „Biblischen Studien“ (gr. 8°) liegen bereits vor und sind 
durch alle Buchhandlungen: zu beziehen: 


I. Band. (5 Hefte) (XLIV u. 606 S.) M. 10.60. 
1. Heft: Der Name Maris. Geschichte der Deutung desselben. Von Dr. O0. RBarden- 
hewer. (X u. 160 8.) M. 2.0. 
2. Heft: Das Alter des Menschengeschlechts nach der Heiligen Schrift, der Profan- 
geschichte und der Vorgeschichte. Von Dr. F. Schanz. (XU u. 100 8.) MM. 1.60. 


3. Heft: Die Selbstvertheidigung des heiligen Paulus im Galaterbriefe (1, 11 bis 2, 21). 
Von Prof. Dr. J. Belser. (VIII u. 150 8.) M. 3. 


4. u. 5. Heft: Die prophetische Inspiration. Biblisch-patristische Studie von Dr. F' 
Leitner. (XIV u. 196 8.) 4. 3.50. 


Il. Band. (4 Hefte) (XXXVI u. 464 S.) M. 10. 
1. Heft: St. Paulus und St. Jacobus über die Rechtfertigung. Von Dr. theol. B. Bart- 
mann. (X u. 164 8.) M. 3.20. 
2. u. 3, Heft: Die Alexandrinische Uebersetzung des Buches Daniel und ihr Ver- 
hältniss zum Massorethischen Text. Von Dr. Aug. Bludau. (XIlu. 2188.) M. 1.50. 
4. Heft: Die Metrik des Buches Joh. Von Prof. Dr. F. Vetter. (X u.828.) M. 2.30. 


Ill. Band. (4 Hefte) (XLII u. 476 S.) M. 12.50. 


1. Heft: Die Lage des Berges Sion. Von Prof. Dr. X. Rückert. Mit einem Plan. 
(VIII u. 194 8.) M. 2.80, 


2. Heft: Nochmals der biblische Schöpfungsbericht. Von Fr. vo. Hummelauer 8. J. 
(X u. 132 8.) M. 2.80. 


3. Heft: Die sahidisch-koptische Uebersetzung des Buches Ecclesiastieus auf ihren 
wahren Werth für die Textkritik untersucht von Dr. N. Fetere. (XII u. 70 8.) 
M. 2.30. 


4. Heft: Der Prophet Amos nach dem Grundtexte erklärt von Dr. K. Hartung. (VII 
u. 170 S.) M. 4.60. 


IV. Band. (4 Hefte) (XXXVII u. 522 S.) M. 12. 


1. Heft: Die Adventsperikopen exegetisch-homiletisch erklärt von Dr. Paul Wilhelm 
von Keppler, Bischof von Rottenburg. Zweite, unveränderte Auflage. (VI u. 144 S.) 
M. 2.40. 


2. u. 3. Heft: Die Propheteu-Catenen nach römischen Handschriften. Von Dr. M. 
Faulhaber. (XVI u. 220 8) M. 6. 


4, Heft: Paulus und die (Gemeinde von Korinth auf Grund der beiden Korinther- 
briefe. Von Dr. I. Rohr. (XVI u. 158 8.) M. 3.60. 
V. Band. (5 Hefte) (XLVI u. 580 8.) Af. 13.80. 
1. Heft: Streifzüge durch die biblische Flora. Von L. Fonck. (XIV u. 1688.) M.4. 


2. u. 3. Heft: Die Wiederherstellung des jüdischen Gemeinwesens nach dem bahy- 
lonischen Exil. Von Dr. Johann Nikel. (XVI u. 228 S.) M. 5.40. 


4. u. 5. Heft: Barhebräus und seine Scholien zur Heiligen Schrift. Von Dr. Johann 
Göttsberger. (XV u. 184 S.) M. 4.40. 
VI. Band. (5 Hefte) (XXVIII u. 540 S.) M. 12. 
1.u. 2. Heft: Vom Münchener Gelehrten-Kongresse. Biblische Vorträge heraus- 
gegeben von Prof. Dr. O0. Bardenhewer. (VIII u. 200 8.) M 4.50. 


3. u. 4. Heft: Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische Geltung. Von 
Dr. theol. Caspar Julius. (XII u. 184 S.) M. 4. 


5. Heft: Die Eschatologie des Buches Job. Unter Berücksichtigung der vorexilischen 
Prophetie. Von Dr. Jakob Royer. (VII u. 156 S.) M. 3.50. 


VII. Band. (5 Hefte) (XXVIII u. 570 S) M. 12.20. 
1. bis 3. Heft: Abraham. Studien über die Anfänge des hebräischen Volkes von 
Dr. Paul Dornstetter. (XII u. 280 S.) M. 6. 
4. Heft: Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypothesen der Bibelkritik 
verteidigt von Dr. Matthias Kohlhofer. (VII u. 144 8) M.3. 
5. Heft: Die beiden ersten Erasmns-Ausgaben des Neuen Testaments und ihre (iegner. 
Von Prof. Dr. Aug. Bludau. (VIII u. 146 S.) M. 3.20. 


J. Ricker'sche Verlagsbuchhandlung (Alfred Töpelmann), Giessen. 


Zeitschrift 
für die alttestamentliche Wissenschaft 


herausgegeben von 


D. Bernhard Stade 


Geh. Kirchenrat und Professor der Theologie zu Giessen. 








Preis des Jahrgangs von 2 Heften, je 12-—13 Bogen stark, 10 Mark. 


Bisher sind 22 Jahrgänge (1881—1902) erschienen, die in ge- 
schlossener Reihe noch sämtlich geliefert werden können. 


Der Einzelbezug früherer Jahrgänge hängt vom Vorrat ab. 


Seit 1836 werden ın zwangloser Zahl und Reihenfolge „Beihefte* 

ausgegeben, von denen bis heute sechs vorliegen, während das 

siebente unter der Presse ist. Ein Verzeichnis derselben steht. auf 
Wunsch zu Diensten. 


Zeitschrift 





für die neutestamentliche Wissenschaft 
und die Kunde des Urchristentums 


herausgegeben von 
Dr. Erwin Preuschen 
Darınstadt. 


Preis des Jahrgangs von 4 Heften (insgesamt 24—25 Bogen) 10 Mark. 


Bis heute liegen 3 Jahrgänge abgeschlossen vor. 





Bisherige Mitarbeiter: Achelis, B. W. Bacon, 
Bousset, Clemen, Gonybeare, Corssen, Deiss- 
mann, Albrecht Dieterich, E. v. Dobschütz, 
Franko, Furrer, Harnack, H. J. Holtzmanın, 
Jannaris, Knopf, H. A. Köstlin, Mommsen, 
Nestle, Schürer, Usener, Völter, Weinel, Wend- 
land, Wernle, v. Wilamowitz-Mocllendorff, 
Wrede und andere. 





Soeben erschienen: 


Bousset, Dr. W., Prof. a. d. Univ. Göttingen, Die Religion des Juden- 
tums im neutestamentlichen Zeitalter. gr. 8°. (Xilu. 5128.) M. 10; 
solid geb. MM. 11.50. 

Schrader, Eb., Die Keilinschriften und das Alte Testament. 
Dritte Auflage. Mit Ausdehnung auf die Apokryphen, Pseud- 
epigraphen und das NT. neu bearbeitet von Dr. H,. Zimmern, ord. Prof. 
an der Univ. Leipzig, und Dr. H. Winckler, Privatdozent an der Univ. Berlin. 
l. Teil: Geschichte und Geographie von AH, Winokler. II. Teil: 
Religion und Sprache. 1. Lieferung von H. Zimmern. gr. 8°. 
(XII u. 582 8.) (2. [Schluls-] Lieferung erscheint in Kürze.) Mit 
1 Karte. Komplett M. 21; geb. M. 23. 

Rothstein, Dr. W., Prof.a.d. Univ. ıtate, Die Genealogie des Königs 
Jojachin und seiner Nachkommenschaft in Chron. III, 17—24. Eine 
kritische Studie zur jüdischen Geschichte und Litteratur. gr. 8°. 
(VIII u. 162 S.) M. >. R 

Praetorius, Dr. F., Prof. a. a. Univ. Halle, Die Übernalme der früh- 
mittelgriechischen Neumen durch die Juden. Ein Nachwort zu meiner 
Schrift über die Herkunft der hebräischen Accente. gr. 8°. (22 5.) M.1.50. 

Erman, Dr. Ad., Prof. a. d. Univ. Berlin, Agyptische Grammatik mit 
Schrifttafel, Litteratur. Lesestücken u. Wörterverzeichnis. Zweite, gänz- 
lich umgearbeitete Auflage. gr. 8°. (XVIu. 256 8.) M. 16; geb. M. 16.80. 

Ahlwardt, W., Geb. Reg.-Rat u. Prof. a. d. Univ. Greifswald, Sammlungen 
alter arabischer Dichter. I. Band: Elacma’ijjät nebst einigen Sprach- 
qagiden. gr. 8%. (XAVIIL, 89 u 1108.) M. 12. 

Pöhlmann, Dr. H., Rudolf Euckens Theologie mit ihren 
philosophischen Grundlagen. gr. 8°. (VI u. 93 8.) MM. 1.50. 

Kabitz, Dr. W., Studien zur Entwicklungsgeschichte der 
Fichteschen Wissenschaftslehre aus der Kantischen Philosophie. Mit bis- 
herungedruckten Stücken aus Fichtes Nachlass. gr.8°. (IV u. 1328.) M.4.50. 

Medicus, Dr. Fritz, Privatdozent a. d. Univ. Halle, Kants Philosophie 
der Geschichte. gr. 8°. (IV u. 828.) M. 2.40. 

Vorländer, Dr. Karl, Die neukantische Bewegung im Sozialis- 
mus. gr. 8°. (lIu. 62S.) M. 1.50. 

Ganzmann, 0., tauptiehrer, Lehrbuch der französ. Sprache auf 


Grundlage der Handlung. I. Stufe: Für Knaben- und Mädchenschulen. 
er. 8. (X u. 161 S.) Geb. M. 1.70. 








Anfang Januar 1902 begann bei uns zu erscheinen: 


Theologische Revue. 


In Verbindung mit der theolog. Fakultät zu Münster und 
unter Mitwirkung vieler anderer Gelehrten herausgegeben 
von Prof. Dr. Fr. Diekamp. Halbjährl. 10 Nummern gr. 4%. M.5 
(für Studierende M. 4). 


Die Theol. Revue bringt über die neue wissenschaftlich-theologische Lite- 
ratur (angrenzende Wissenschaften eingeschlossen) gründliche und sachgemäße 
Besprechungen. 


Bezug durch die Post und alle Buchhandlungen. Probe- 
nunmern gratis. 


Münster (Westf... Aschendorfische Buchhandlung. 














Neuerer Verlag von J. P. Bachem in Köhı a. Rh. 





Handbuch zur Erklärung der biblischen Geschichte. 


Von Regierungs- und Schulrat Dr Karl August Beck, Dircktor des Königl. Schul- 
lehrer-Seminars zu Heiligenstadt. I. Band: Das alte Testament. Zweite Aufl. gr. 8°. 
(528 S.) Geh. M. 4; in Halbfrauzband M. 5. 


Der Religionsunterricht in der Volksschule. che 


liche Entwickelung. Für angehende Volksschullebrer und Kateoheten verfasst von 
W. von der Fahr. Religionsiehrer des Kgl. Lehrerseminars zu Odenkirchen. Mit 
kirchlicher Druckerlaubnis. Preis brosch. M. 1.30; geb in Halbleinw. AM. 160. 


= s in Einzeldarstellungen für die Oberstufe katho- 
Kurze Kirchengeschichte Hscher Volkssehaten von Cl. Cüppers, Caplan, 
und Ad. Jos. Cüppers, Rektor. Mit kirchlicher Druckerlaubnis. 8%. (42 8.) Geh. 25 Ff. 


Ausführliche Erklärung des katholischen Katechismus als prak- 

Der Katechet. tische Anleitung zum Katechisieren. Yon Ferd, Heinr. Jägers, 

Pfarrer zum hl. Andreas in Köln. Mit einer Einleitung des hochwürdigen Herrn 

Weihbischof Dr. Antonius Fischer von Köln. I. Band. Enthaltend: Erstes Haupt- 
stück. Vom Glauben. gr. 8%. (VIII u. 600 8.) Geh. M. a; geb. M. 6.25. 


Der zweite Band erscheint im Januar 1909. 


Die Energie und Entropie der Naturkräfte ven in 


tropiegeseize liegenden Schöpferbeweis. Von Dr. phil. nat. R. Schweitzer. Geh. M.1.20. 


Die Gottesbeweise bei Thomas von Aquin und Ari- 


Stoteles. Erkiärt una verteidigt von Dr. Eugen Rolfes. Geh. M. 5; geb. M. 6.50. 
Maine de Biran und die neuere Philosophie. Geschichte des 


Kausalproblems. Von Dr. Albert Lang, Professor der Philosophie in Strassburg i. E. 
Geh. M. 1.20. 


Dr. M. Bachs Studien und Lesefrüchte aus dem Buche 


d N t Für jeden Gebildeten. zunächst für die reifere Jugend und ihre 
er auur. Lehrer. Gänzlich umgearbeitet und bedeutend vermehrt von 
Ludwig Borgas, Oberlehrer am König]. Gymnasium zu Meppen. Erster Band: Neunte 
Auflage. Mit 61 Abbildungen. Zweiter Band: Neunte Auflage. Mit 108 Abbildungen. 
Dritter Band: (Siehe Berthold, Darstellungen aus der Natur.) Preis jeden Bandes 
geh. 34. 3.50; in Halbfranzband M. 5. 


insbesondere aus dem Pflanzenreiche 
Darstellungen aus der Natur, nit werucksichtigung des Tieriebens 
und der Landschaft. Von K. Berthold. Vierte, verb. Aufl., bearb. von Ludwig Borgas, 
Oberlehrer am Kg]. Gymnasium zu Meppen. Mit 127 Illustrationen. Geh. M. 3.0; 

in hübschem Einband M. >. 


Die Sternenwelten und ihre Bewohner. Zizjeich „is, erste 


moderne Astronomie. Ein Versuch über die Bewohnbarkeit der Himmelskörper, nach 
dem neuesten Standpunkte der Wissenschaften. Von Dr. Josef Pohle, o. ö. Prof. an 
der Universität zu Breslau. Dritte, wiederum verbesserte Auflage. gr. 8°. (500 S.) 
Mit 5 farbigen, 12 schwarzen Tafeln und 24 Abbildungen im Texte. Geb. M.8; geb. M. 10. 


Die katholische Moral, ihre Methoden, Grundsätze und 


A f b Ein Wort zur Abwehr und Verständigung von Dr. Joseph Mans- 
ulganen. bach, Professor der Moral und Apologetik an der Universität 
Münster. Zweite, vermehrte Auflage. Geh. M. 2.50; geb. M. 3.20. 


Der Anteil der Katholiken am akademischen Lehr- 
amte in Preussen. euer oo Erofeuor der Chemie an der Universität 

. Königsberg. Geh. M. 2.50. 

Der deutsche Protestantisnus Hi ir hen idten 
Zeugnissen dargestellt von Dr. theol. et philos. Phil. Huppert. Dritte, vermehrte 
Auflage. Geh. M. 2; geb. M. 2.80. 


Sämtliche hier angekündigten Werke sind durch jede Buchhandlung 
zu beziehen, 





VOTE THEMEN ER EU OHNE HATT NETT TREU UOTE HETHEEHTHTERIN TITLE TI TLNT OI© 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau 
erscheinen und sind durch alle Buchhandlungen und Postanstalten zu 
beziehen: 


Stimmen aus Maria-Laach. «atnotische Blätter. 


_ _ _ Alle fünf Wochen er- 
scheint ein Heft (8%). Fünf Hefte bilden einen Band, 
zehn Hefte einen Jahrgang. Der Preis beträgt für den 
Band (5 Hefte) M. 5.40, für den Jahrgang (10 Hefte) M. 10.80. 
—- Einbanddecken in Leinwand mit Goldtitel pro Band M. 1. 

Diese seit langen bewährte katholische Revue ist bestimmt, dem ge- 
bildeten Christen für die wichtizeren Probleme und Erscheinungen auf allen Gebieten 
des Lebens und Wissens zum Fingerzeig zu dienen. 

Sie wird herausgegeben von Mitgliedern der deutschen Ordensprovinz der 
Gesellschaft Jesu. Die einzelnen Wissenszweige werden durch anerkannte Männer 
von Fach vertreten. 


Literarische Rundschau für das kathotischeDeutsch- 


land. Herausgegeben von 
Dr. &. Hoberg, Professor an der Universität Freiburg i. Br. — 
Monatlich eine Nummer, zwei Quartbogen stark. — Preis des Jahr- 
gangs M. 9. 

Die „Literarische Rundschau“ bezweckt, einen möglichst vollständigen Über- 
blick über die bedeutendsten literarischen Erscheinungen der tiegenwart zu geben; 
für die Würdienngz derselben ist die katholische Weltauffassunz mafsgebend. 
Dementsprechend kommt zunächst die katholische Literatur zur Geltung, dann aber 
auch die akatholische zu irenisehen oder polemischen Zwecken. 

Sämtliche Artikel und Mitteilungen werden von Fachmännern verfasst. aus- 
schlicfslich zum Zwecke der Veröffentlichung in der „Literarischeu Rundschau®, 


® 





Ferner erscheint ın unserem Kommissionsverlag und ist nur durch 
den Buchhandel zu beziehen: 


Römische Quartalschri für christliche Alterthums- 


U U u u kunde und für Kirchen- 
geschichte. Unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben 
von Dr. Anton de Waal, für Archäologie, und Dr. Stephan 
Ehses, für Kirchengeschichte. Lex.-8°. 


Jährlich 4 Hefte, jedes ca. 125 Seiten stark, mit Textbildern und aparten 
Bildern, letztere meist in Heliotypie. Preis pro Jahrgang M. 16. Die früheren Jahr- 
zänge können, soweit der Vorrat reicht, zu demselben Preis nachbezogen werden; 
Jahrgang I—Ill jedoch nur ınehr zu dem erhöhten Preise von a M. 20. 


w 
F 
Fl 
“ 
= 
= 
= 
= 
F 
= 
[1] 
= 
Fr 
a 
= 
” 
[] 
s 
Fi 
B 
= 
ö 
= 
5 
s 
a 
F 
[1] 
F 
ö 
F 
“ 
F 
= 
P} 
[} 
F 
F 
F 
} 
U} 
= 
= 
= 
oe 
F 
[1] 
Fi 
= 
FB 
F 
F 
. 
F9 
ö 
ws 
B 
® 
“ 
Fr 
a 
“ 
“ 
= 
F 
” 
Pa 
3 
= 
[ 
[ ı 
“ 
= 
e 
. 
“ 
F 
® 
= 
= 
= 
= 
“ 
= 
“ 
. 
[] 
- 
. 
oe 
= 
L_} 
oe 
= 
= 
. 


EEE TEE ER HTE ET I md Te m IT de de ıe ver me Ie 9 5 ıT TE TU IE TU TI TE IT TI 57 De 5 Ir Te 77 77 IT 17 ST IE LITE ET IT SU TE TI IE 5. ST 97 I7 oT TI IT IE IE DU PETE IT IE IE TE TI IE MIT I IT oT eo 57 079 


AURERERNTUDUUSTUTDUOCHUTDT ITS IUVOODUISUIEUSUTRUSESUDUIRTUUDUUTODUSDUUUBUTODUUTUUIGEUUTSETOTIEREEET 


Billigste Volks- und Schulausgaben der hl, Schrift. 
Das neue Testament 


unseres Herrn Jesus Christus. Nach der Vulgata übertragen, mit Ein- 
leitungen und kurzen Erläuterungen versehen von Dr. P. Beda @rundl 
0.8. B. 32°. (1232 S.) 2 Bände. (I. „Die hl. Evangelien“. II. „Apostel- 
geschichte, Apostelbriefe, Offenbarung.“) Preis brosch. M. 1.50, franko 
M. 1.20; ın zwei Leinwandbände geb. M. 2.50, franko M. 2.80. 


Das Buch der Psalmen. 


Für das deutsche Volk bearbeitet und mit Erklärungen verschen von 
Dr. P. Beda «rundl O.S. B. Mit Approbationen. 1902. 2. Auflage. 
Preis geb. in biegsamem Leinwandband 60 Pf., franko 70 Pf. 


Zu beziehen durch die Buchhandlung Michael Seitz, Augsburg. 




















Für Priester und Theologen! 


Soeben erschien: 


Breviarium Romanum. 


4 Bände in 24°. (13'!/, x 9 em) auf ganz dünnem indischen Papier. 

Ebd. 4. Echt Chagrin, Goldschnitt, runde Ecken am Schnitt M. 28.40. 

Ebd. 6. Juchten , Goldschnitt mit rotem Untergrund, runde Ecken 
am Schnitt M. 31.60. 


Missale Romanum 


in 18%. (15'1/, x 10 cm) auf ganz dünnem indischen Papier. Fibd. 5. 
Echt Chagrin, Goldschnitt, runde Ecken am Schnitt M. 10.05. 


Vade mecum pii Sacerdotis. 
32°. In biegsamem Lederband mit Goldschnitt M. 1.20. 
A. Arndt S. J., Die heilige Schrift des alten 
und neuen Testamentes. 
Lex.-8. 3 Halbchagrinbäinde M. 19.50. 


G. Ott, Legende der Heiligen. 


gr. 8°. Mit 16 Stahlstichen. 2 Halbfranzbände M. 11. 
G. Diessel C. SS. R., Fastenpredigten. 
8°. 9 Halbchagrinbändchen M. 15.60. 
G. Diessel C. SS. R., Maria der Christen Hort. 
Predigten. 8%. 2 Halbcehagrinbände. M. 9.40. 
294 kurze Frühlehren 
auf alle Sonntage des Jahres. 8°. 2 Halbchagrinbände M. S. 
Verlag von Friedrich Pustet in Regensburg. 


Verlag der Aschendorfischen Buchhandlung, Munster i. W. 


Soeben erschien in unserem Verlage, Bezug durch alle Buchhandlungen: 


Prof. Dr. I. B. Heinrich, Dogmatische Theologie. 


Fortgeführt durch Dr. C. @utberlet, Prof. der Dogmatik und Apologetik. 
X. Bd. 1. Abth. Die Sakramente der Bufse, Oelung, Priesterweihe 
und Ehe. gr. 8°. (362 S.) M.5. 


Bisher erschienen: Bd. I—-IX. M. 96.75. Genaue Verzeichnisse gratis. 










_ Jos. Roth’sche Verlagshandlung, München und Wien. 


In unserem Verlage ist erschienen: 


Schöpfung, Bibel und Inspiration 


Dr. Carl Holzhey, Professor der Theologie. 
Preis brosch. M. 1; mit Frankozusendung M. 1.10. 











In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgan 
sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Bardenhewer, Dr. Otto, Geschichte der alt- 
kirchlichen Litteratur. gr. &. 


Erster Band: Vom Ausgange des apostolischen Zeitalters Ins 
zum Ende des zweiten Jahrhunderts. (XIl u. 592 S) M. 10; 
geb. in Halbsaffiıan M. 12.40. 


Das mit diesem Bande eingeleitete Werk soll eine weitere Ausführung und Be- 
gründung dessen bringen, was die 1894 und wiederum 1901 ausgegebene „Patrologie“ des 
Verfassers in knappem Umriß bot. Es ist auf sechs Bände berechnet, deren zweiter 
1993 erscheinen wird. Die zwei ersten Bände sollen die Literatur der drei ersten 
christlichen Jahrhunderte, die zwei weiteren die Blütezeit der patristischen Literatur 
(etwa 325—451), die zwei letzten die Tage des Rückganges und Verfalles behandeln. 


— P atrologie. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs 
von Freiburg. Zweite, großenteils neu bearbeitete Auf- 


lage. gr. 8. (X u. 604 S.) M.8; geb. in Halbsaffıan M. 10. 
(Bildet einen Bestandteil unserer „Theologischen Bibliothek“.) 


Hoberg, Dr. Gottfried, Die Genesis nach den 
Literalsinn erklärt. gr. 8. (Lu. 416 S.) M. 9; geb. 
in Halbfranz M. 11. 


— Die Psalmen der Vulgata übersetzt und nach dem 
Literalsion erklärt. gr. 8°. (XXXII u. 390 S.) M. 8. 
— Die Fortschritte der biblischen Wissen- 


schaften in sprachlicher und geschichtlicher Hinsicht. 
Rede, gehalten bei der öffentlichen Feier der Übernahme des Pro- 
rektorats in der Aula der Universität Freiburg i. Br. am 7. Mai 1902. 
Zweite, vermehrte Ausgabe. Lex.-8°. (VIu. 308.) M.1. 
— Die älteste lateinische Übersetzung des 


Buches Baruch. zum ersten Male herausgegeben. Zweite 
Ausgabe. Lex.-8°. (VIII u. 92 S.) M.3. 

Peters, Dr. theol. Norbert, Der jüngst wieder- 
aufgefundene hebräische Text des Buches 


Ecelesiasticus untersucht, herausgegeben, übersetzt und 


mit kritischen Noten versehen. gr. 8°. (XVI u. 4488. u. 92 S. 
Prolegomena.) M. 10. 
























@BEDEBENEDGDEDEDanan aan an dan aan an ab ED an En En En ED ED ED an ED ER ER ER ER ER ER ER EDER EUER EUER EDER U EHER ER Un GRAD ARE En ER ED ED ED EER ARE ERBE, 


ı Verlag von Ferdinand Schöningh, Paderborn. 





ı Höpfl, P. Hildeb., O.S.B., Die höhere Bibelkritik. Studie 
über die moderne rationalistische Behandlung der hl. Schrift. Mit 
kirchlicher Druckerlaubnis. gr. 8°. (114 S.) M. 2.80. . 

Die Arbeit verfolgt den Zweck, einen kurzen, aber doch umfassenden Über- 
blick über den gegenwärtigen Stand der sogenannten höheren Bibelkritik zu bieten. 


Zapletal, Fr. Vinc., O. Praed., Prof., &rammatica linguae 


hebraicae cum exereitiis et glossario. Studiis academicis accommo- 
data. gr. 8°. (146 S.) M. 2.80. 

Die Entstehung dieses Buches ist dem Umstande zuzuschreiben, dafs die be- 
stehenden Lehrbücher der hebr. Sprache zum Teil den: Fortschritte, den die hebräische 
Sprachwissenschaft in unseren Zeiten erfahren hat, nicht mehr genügen. 
SGSEZABHATSRRTRERBELETRSAUBABZERFIRTEETSLSTAAHIZTEERSATUSTETEBTBERTEBE 


SBEEuzuyrzgygıgerrzgzeiugzggguareuzgan 
Ganans soomnmnanonnst zsorsennem 


Abkürzungen, 


welche ın der „Biblischen Zeitschrift“ zur Anwendung kommen: 


AT — Altes Testament ; at! — alttestamentlich. 


Gn 

Ex 

Lv 

Nm 

Dt 

Jos 
Richt (Ide) 
Ruth 

Sm 

Kg (Ra) 
Chr 

Esr 

Neh 

Tob 


Jdt 

Est 

Jb 

Ps 

Spr (Prv) 
Prd (Eccle) 
Hl (Ct) 
Weish (Sap) 
Sir (Ecch) 
Is 

Jr 

Klgl (Thr) 
Bar 

Ez 


Dn 
Os 
Joel 
Am 
Abd 
Jon 
Mich 
Nah 
Hab 
Soph 
Agg 
Zach 
Mal 
Makk (Mach) 


NT — Nenes Testament; ntl -— neutestamentlich. 


Mt 

Mk (Mc) 
Lk (Le) 

Jo (Io) 
Apg (Act) 
Röm (Rom) 
Kor (Cor) 





Gal 

Eph 

Phil 

Kol (Col) 
Thess 
Tım 

Tit 





Phm 

Hebr 

Jak (lac) 
Petr 

Jo (lo) 
Jud (lud) 
Offb (Ape) 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau 
erscheinen und sind durch alle Bnelihandlungen zu beziehen: 


i Strafsburger Theologische Studien. 


Herausgegeben von. 
Prof. Dr. A. Ehrhard, Freiburg i. Br., und Prof. Dr. E. Müller, Strafsburg. 


Die „Studien® erscheinen in zwangloscn Heften (gr 8°) von eirca 5 bis 8 Bogen, 
deren jedes ein Ganzes für sich bildet und einzeln känflieh ist. Aufßserlich werden in der 
Rexel je + bis 5 Hefte zu einen Bande vereinigt. 


Bereits liegen vor: 
I. Band. (5 Hefte.) (LXII u. 582) M8.— 


1. u. 2. Heft: Natar und Wunder. Ihr Gegensatz und ihre Harmonie. Ein apologe- 
tischer Versuch von Dr. E. Müller. (XX u. 206) M 2.80 : 

3. Heft: Der Angustiner Bartholomäus Arnoldi von Usinzen, Luthers Lehrer und 
Gegner. Ein Lebensbild von N. Paulus. (XVI u. 136) 4 1,80 

4. u. 5. Heft: Die altehristliche Literatur und Ihre Erforsehnng selt ISRO. Allgemeine 
Ubersicht und erster Literaturbericht (1830—18S5N. Von Dr. 4. Ehrhard. (XX 
u. 240) 273.40 


IT. Band. (4 Hefte.) (LII u. 484) aM 8.40 oo. 
1. Heft: Die Strassburger Diöcesansynoden. Von Dr. M. Sdrulek. (XU u. 168) 
M 2.60 


2. Heft: Die Strassburger Reformatoren und die Gewissensfreiheit. Von N. Paulus 
(XII u. 106) M€ 1.80 

3. Heft: Die moderne Moral und ihre Grundprineipien kritisch beleuchtet von 
Dr. €. Didio. X u. 104) M2— 

4, Heft: Die Wunder Jesu in ihrem innern Zusammenhange betrachtet vonDr. F.Chable, 
(XII u. 106) 72. 


IT. Band. (5 Hefte) (XL u. 668) M 12, 


1. Heft: Kaspar Schatzreyer, ein Vorkämpfer der katholischen Kircho gegen Luther 
in Süddeutschland. Von Dr. A. Paulus. (X u. 152) M 2.80 

2. u. 3. left: Der Prolog des heiligen Johannes. Eine Apvlogie in Antithesen. Von 
Dr. K. Weiss. (XI u. 208) 4 3.80 

4. u. 5. Heft: Die Kucharistielehre des heiligen Johannes Chrysostomus, des Doctor 
Eucharistiae. Von Dr. theol. A. Nuegle. (XIV u. 308) M 5.49 


IV. Band. (5 Hefte.) (LII u. 585) .M 12.20 


l. Heft: Frobenins Forster, Fürstabt von St. Emmeram in Regeusburg. Ein Beitrag 
zur Litteratur- und Ordensgeschichte des 18. Jahrhunderts von Dr. J. A. Endıes, 
(X n. 114) M 2.40 
. Heft: Geilers von Kaysersberg „Ars moriendi" aus dem Jahre 1497 nebst einen 
Beichtgedicht von Hans Foltz von Nürnberg, herausgegeben und erörtert von 
Dr. Alerander Hoch. {XIV u. 112) M 240 
3. Heft: Die Anfänge der Irregularitäten bis zum ersten allgemeinen Konzil von 
Nicäa. Eine kirehenrechtliche Untersuchung von Dr. Cumill Kichert. (X u. 116) 
a 2.40 

4. u. 5. Heft: Die Gottheit des Heiligen Geistes nach den griechischen Vätern des 
vierten Jahrhunderts. Eine dogmengeschichtliche Studie von Theulor Schermann. 
Gekrönte Preisschrift. (XVII u. 246) M 5.-- 


to 


V. Band. 1. Heft: Die Inspiratienslehre des Origenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschiclıte 
von Dr, theol. Avgust Zöllig. (X u. 130) MM 2.70 


2. Heft: bie Beweise für die Unsterblichkeit der Seele aus allgemeinen psycholo- 
gischen Tatsachen ncu geprüft von Dr. FAilipp Kneib. (VI u. 106) MM 240 


Il. Supplementband: Die altchristliche Litteratur und ihre Erforschung von 1884—1900. 
l. Abteilung: Die rornieänische Litteratur, Von Dr. A. Ehrhard. (XI u. 644) 
MH 15. -- 


2 JUN 1008 


LISCHE ZEITSCHRIFT 


28 
en " IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER 
„1 u” N 






- BIBLISCHEN STUDIEN“ 
| HERAUSGEGEBEN VON 


GÖTTSBERGER uno Dr J08. SICKENBERGER 


nee. K6L. LYZEUM A. 0, PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT 
MÜNCHEN. 


ERSTER JAHRGANG. 


ZWEITES HEFT. 


| 3 FREIBURG IM BREISGAU. 
BERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG, 
1903. 
IGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO, 





Digitized by Google 


Inhalt des zweiten Heftes. 


Seite 
Die Aufgaben der Exegese gegenüber der use I 
Von Prof. Dr Joh. Nikel iin Breslau. . A . 113 
Ekklesiastes und Ekklesiastikus. II (Schlufs). Von Prof. Dr Nor- 
bert Peters in Paderborn a de ee ee a ee ran 12 
Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. I. Von 
Prof. Dr M. Faulhaber in Würzburg. . . . 20.0... bl 
Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. II De 
Von Prof. Dr Johannes Belser in Tübingen . . 160 
Textkritische Bemerkungen zum Apokalypsekommentar des Aprin- 
gius. Von Prof. Dr Carl Weyman in München . . . 195 
Über griechische Evangelienkommentare. Von Prof. Dr Joseph 
Sickenberger in München . . . 2 020200020...182 
Besprechungen. . nen nn. 194 
Bibliographische Notizen (Literatur zum NT). . . ......19 
Mitteilangen und Nachrichten . . . 2 2 nn. 224 


Jährlich erscheinen 4 Hefte iin Umfange von je etwa 6 Bogen gr 8°. 
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.— 


Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak- 
tion (Prof. Dr Joh. Güttsberger, Freising [Bayern], Domberg 958, für 
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München, 
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren 
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher 
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten 
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen. 


Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem 
Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf- 
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br. 


Die Aufgaben der Exegese gegenüber der 
Assyriologie. 
Von Prof. Dr. Joh. Nikel in Breslau. 
II (Schlufs). 


B) Auch die Paradieseserzählung ist von der neueren 
Entlehnungstheorie nicht verschont geblieben, obschon sich 
ein zusammenhängender, dem biblischen Bericht ähnlicher 
Mythus in Babylonien bisher nicht gefunden hat. ‘Der bekannte 
Siegelzylinder, welcher früher zu apologetischen Zwecken viel 
herangezogen wurde, muls jetzt der modernen Entlehnungs- 
theorie zur Stütze dienen. Der Widerspruch gegen die Auf- 
fassung, dals dieser Zylinder die biblische Erzählung vom 
Sündenfall darstelle, ist in letzter Zeit immer allgemeiner 
geworden 1. Neuerdings hat man aber noch andere Beziehungen 
zwischen der biblischen Paradieseserzählung und gewissen 
babylonischen Sagenstoffen gefunden; es seien erwähnt: der 
Adapa-Mythus?, die auf der „Insel der Seligen“ wachsende 
„Lebenspflanze* 3, die Ausdrücke „Lebensbrot“ und „Lebens- 
wasser“*, die den Namen kirubi tragenden geflügelten Stiere 


ı Gegen diese Auffassung haben sich unter andern ausgesprochen: 
Oppert, Mönant, Hal&vy, Schrader, C. P. Tiele, Jensen, Dillmann, Budde, 
Ed. König, Holzinger. 

?2 Dieser Mythus erzählt, wie Adapa, der Sohn des Gottes Ea, sich 
die Unsterblichkeit verscherzte, indem er die im Himmel ihm dargebotene 
Lebensspeise und den Lebenstrank zurückwies, weil er dieselben für 
Todesspeise und Todestrank hielt. 

3 Vgl. das Gilgameä-Epos, Tafel XI, 2.295 ff. Schrader, Keil- 
inschr. Bibl. VI 251f. 


* In dem obenerwähnten Adapa-Mythus. 
Biblische Zeitschrift. I. 2. 8 


114 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


und Löwen der assyrischen Paläste!, der heilige Baum von 
Eridu?, die babylonische Vorstellung vom Aufenthaltsorte der 
Seligen an „der Mündung der Ströme“ 3, der Name arüıru (die 
verfluchte?) als Bezeichnung für die Erde, die Ausdrücke 
Karduniasch und Tintira für Babylonien®, die Schlange als 
gottwidrige Macht®, endlich die Beziehung der vier Para- 
diesesflüsse zu gewissen Strömen oder Kanälen Südbabyloniens 
oder Südarabiens oder zur „Milchstrafse mit ihren vier Armen“ ”, 
Man wird hier erstens festzustellen haben, ob sich wirklich aus 
gewissen in verschiedenen babylonischen Mythen sich findenden 
Anklängen an die biblische Paradieseserzählung durch Kom- 
bination eine dem biblischen Berichte in allen wesentlichen 
Zügen ähnliche babylonische Paradiesessage konstruieren läflst, 
Man wird aber auch weiter unter Vergleichung anderer alten 
Sagen (z. B. vom goldenen Zeitalter) zu untersuchen haben, 
ob ein Urtypus der Paradieseserzählung als Ausgangspunkt 
aller vorhandenen Sagen anzunehmen ist, und in welcher Be- 
ziehung der biblische Bericht zu diesem vorausgesetzten Ur- 
typus steht. 

y) Ein überaus schwieriges Problem bietet das fünfte 
Kapitel der Genesis, welches von den vorsintflutlichen 
Patriarchen handelt. Zwischen den zehn babylonischen Ur- 
königen des Berosus und den zehn Urvätern der Genesis be- 
steht zweifellos ein Zusammenhang; es hat sich herausgestellt, 
dafs einige hebräische Eigennamen genaue Übersetzungen der 
entsprechenden babylonischen sind. Der hebräische Name 


ı Vgl. Lenormant, Les origines de l’histoire I[2 118 ff; Delitzsch, 
Paradies 153 f. 

2 Vgl. Schrader, Die Keilinschr. u. d. AT3 359 und 597. 

3 Vgl. Jensen, Kosmologie 507; Hommel, Insel der Seligen 28; 
Haupt, Wo lag das Paradies? in „Über Land und Meer“ 1894/56, Nr 15, 8b. 

ı Vgl. Hommel, Die altorientalischen Denkmäler u. d. AT 23. 

5 Delitzsch, Paradies 66. 

6 Schrader, Keilinschr. u. d. AT3 529. 

7 Delitzsch, Paradies 78, 195 u. 329; Poertner, Das biblische 
Paradies 29; Glaser, Geschichte und Geographie Arabiens II, Berlin 1890; 
Hommel, Aufsätze und Abhandlungen 326—340; Gunkel, Genesis 33; 
Zimmern, Biblische und babylonische Urgeschichte 22. 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 115 


Enosch bedeutet „Mensch“ wie das babylonische Wort amelu, 
welches dem Namen Amelon bei Berosus zu Grunde liegt. 
Der Name des vierten Urvaters lautet Kenan, was „Schmied“ 
bedeutet; Ammenon, der Name des vierten Urkönigs bei 
Berosus, ist wahrscheinlich = babylonischem ummanu, „Werk- 
meister“. Was das spätere Judentum von Henoch fabelte, 
erzählten auch die Babylonier von dem entsprechenden d. i 
siebenten Könige Enmeduranki (Evedoranchos bei Berosus) 1. 
Es wird nun zu untersuchen sein, ob hier auf einer Seite die 
Priorität vorhanden ist, oder ob beide Listen auf eine gemein- 
same Urquelle zurückgehen, mit andern Worten, ob eine 
literarische Abhängigkeit oder nur ein sachlicher Zu- 
sammenhang zwischen den Angaben der Bibel und des Berosus 
besteht. 

dö) Dals der biblische Flutbericht eine babylonische 
Parallele von auffallender Ähnlichkeit hat, ist längst bekannt. 
Der babylonische Flutbericht enthält aber trotzdem so viele 
Abweichungen, dafs eine literarische Abhängigkeit der bib- 
lischen Erzählung von der babylonischen ausgeschlossen ist. 
Der sachliche Zusammenhang wird von den Assyriologen 
meist so aufgefalst, dafs den Ausgangspunkt der Flutsage eine 
der vielen Überflutungen Südbabyloniens gebildet habe; die 
Tradition über dieses Ereignis sei frühzeitig nach Palästina 
eingewandert. Demgegenüber wird die Exegese die aulser- 
babylonischen und aulserkanaanäischen Flutsagen heranzuziehen 
haben, um zu beweisen, dals die biblische Flut nicht blols eine 
der regelmäfsigen Überschwemmungen in Südbabylonien ge- 
wesen sein kann. 

e) Die Erzählung vom Turmbau wird von der Bibel selbst 
nach Babylonien verlegt. Von der Assyriologie wäre hier 
manche Aufklärung zu hoffen. Vorläufig wissen wir nur soviel, 
dafs zu einigen babylonischen Tempeln, z. B. zum Marduk- 
tempel in Babylon (@sagila) und zum Nebotempel in Borsippa 
(ezida), riesige Stufentürme gehörten. Die Stelle, wo der 


ı Vgl. Schrader, Keilinschriften u. d. AT3 533. 
8*r 


116 XNikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


erstere dieser beiden Tempel gestanden hat, ist durch die 
Ausgrabungen der deutschen Orientgesellschaft endlich fest- 
gestellt worden. Ob die biblische Erzählung vom Turmbau 
mit der Erbauung des Marduktempels oder, wie man früher 
annahm, mit der des Nebotempels (birs Nimrud) oder irgend 
eines andern riesigen Turmes in Beziehung zu bringen ist, 
wird sich wohl nicht entscheiden lassen !. 

zZ) Einzelne Angaben der Völkertafel (Gn 10) haben 
durch die Assyriologie eine überraschende Bestätigung er- 
fahren. Über den Zusammenhang der Person Nimruds mit 
dem Helden des Gilgamesch-Epos ist viel geschrieben worden; 
die reiche Literatur hat neuerdings eine Vermehrung erfahren 
durch das an kühnen Kombinationen reiche Buch von Dieck- 
mann: „Das Gilgamis-Epos in seiner Bedeutung für Bibel 
und Babel“ (Leipzig 1902). Der Verfasser identifiziert unter 
anderem den Eabani des Gilgamesch-Epos mit Nimrud, Gilga- 
mesch mit Hammurabi (S. 75). Manches in der Völkertafel 
ist trotz des täglich wachsenden inschriftlichen Materials noch 
dunkel geblieben; vor allem ist es auffallend, dafs Kenaan 
Gn 10 ein Sohn Chams genannt wird. Vielleicht bringt die 
Erforschung der hettitischen Inschriften noch überraschende 
Aufschlüsse über die Urbevölkerung Kanaans. 

b) Die Patriarchengeschichte erscheint infolge der 
Erforschung der altbabylonischen Urkunden aus dem Ende 
des dritten und dem Anfange des zweiten vorchristlichen Jahr- 
tausends in ganz neuem Lichte. Die keilschriftlichen Denk- 
mäler jener Periode gewähren uns einigen Einblick in die poli- 
tischen Verhältnisse Vorderasiens zu jener Zeit. Neuerdings 
sind auch die „Briefe und Inschriften“ Hammurabis, des Zeit- 
genossen Abrahams, in einer guten Ausgabe weiteren Forscher- 
kreisen zugänglich gemacht worden. Freilich sind viele Daten, 
die sich aus den altbabylonischen Urkunden ergeben, noch 
zusammenhangslos und harren der Ergänzung und Verbindung. 
Aber soviel ist schon jetzt sicher: die Ansicht, dafs Abraham 





ı Vgl. Schrader, Keilinschriften u. d. AT3 396. 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 117 


eine Astralgottheit der Kanaaniter gewesen, dann von den 
eingewanderten Hebräern zum Stammesheros umgebildet worden 
sei, wird nicht mehr so gläubig aufgenommen werden wie früher. 
Dals überhaupt die ersten einigermalsen sicheren Nachrichten 
über die Geschichte Israels erst aus der Richter- und ersten 
Köönigszeit stammen, wird man kaum mehr mit derselben Zu- 
versicht behaupten können wie bisher, zumal sogar aus der 
Zeit Hammurabis (um 2250) ein umfangreicher Gesetzcodex 
auf uns gekommen ist. Kittel! hat mit Recht darauf: hin- 
gewiesen, dals, wie man sich nach den Ausgrabungen in Troja 
und Kreta daran gewöhnt hat, in den ältesten griechischen 
Sagen nicht mehr blofs Produkte dichterischer Phantasie zu 
sehen, so auch nunmehr die altorientalischen Inschriften die 
eingewurzelte Meinung zerstören dürften, nach welcher Abraham, 
Jakob und Joseph ungeschichtliche heroes eponymi, wahrschein- 
lich zunächst Götter gewesen seien. Wir sind heute in der Lage, 
wenigstens die Namen Abram und Jakob als uralte Personen- 
namen nachzuweisen. Das von Hugo Winckler und Stucken 
aufgestellte mythologische Schema, nach welchem die meisten 
Personen der israelitischen Geschichte bis in die Zeit Salomos 
als Astralgottheiten aufgefalst sein sollen 2, ist neuerdings von 
Budde3 einer eingehenden und zwar vernichtenden Kritik 
unterzogen worden. Vielleicht ist dies ein gutes Vorzeichen 
für eine bald zu erwartende Wandlung auf diesem Gebiete 
und für eine Rückkehr zu gesunden Prinzipien. 

Ein wichtiges Problem der Patriarchengeschichte, zu dessen 
Lösung die Assyriologie viel beitragen kann, ist die Frage 
nach der Urheimat jenes Stammes, zu welchem Abraham 
gehörte. Die Bibel macht Abraham zum Aramäer und stellt 


ı Die babylonischen Ausgrabungen und die biblische Urgeschichte, 
Leipzig 1903, 7f 17 ff. 

2 Winckler hält bei einigen Personen der älteren Geschichte Israels 
am geschichtlichen Kerne fest; er meint aber, jede Handlung der be- 
treffenden Personen werde von der Überlieferung so gedeutet und 
gedreht, dafs eine Beziehung auf die ihnen entsprechende Gottheit heraus- 
komme. 

3 Das AT und die Ausgrabungen 13 ff. 


118 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


seine Nachkommen in Gegensatz zu den Kanaanitern. Einige 
Assyriologen (auch Delitzsch) reden aber von alten kanaanä- 
ischen Stämmen, die sich um 2500 v. Chr. in Babylonien 
selshaft gemacht haben und aus denen nach Jahrhunderten 
die zwölf Stämme Israels hervorgegangen sein sollen. Hommel 
hat, wie bekannt, aus südarabischen Personennamen den Beweis 
zu erbringen versucht, dals diejenigen Kreise, denen Abraham 
entstammte, einst aus Südarabien nach Babylonien ein- 
gewandert seien und aus ihrer Heimat eine im Vergleich zum 
babylonischen Göttersystem reinere Religion nach Babylonien 
gebracht hätten \. 

Ein zweites Problem ist die Frage, ob durch die Identi- 
fizierung der Königsnamen in Gn 14 sich ein strenger Beweis 
für die Geschichtlichkeit der Person Abrahams erbringen lälst. 
Die Studie Dornstetters über Abraham, so verdienstlich und 
gehaltvoll sie auch ist, kann doch nur als eine Vorarbeit zu 
einer mehr synthetischen Darstellung der Patriarchengeschichte 
bezeichnet werden. Die religionsgeschichtlichen Probleme, 
welche sich an die Berichte der Genesis über die Patriarchen 
knüpfen, sollen noch unten erwähnt werden. 

c) Für die Lösung der chronologischen und sonstigen 
geschichtlichen Probleme, welche sich an den Auszug Israels 
aus Ägypten und die Einwanderung des Volkes in 
Kanaan unter Josue knüpfen, sind die Amarna-Tafeln von 
besonderer Wichtigkeit. Dieselben enthalten eine Anzahl von 
Briefen, welche während der Regierungszeit der ägyptischen 
Könige Amenophis III. und IV. von palästinensischen Vasallen 
an ihren ägyptischen Oberherrn gerichtet waren. Wir erlangen 
aus diesen Briefen einen interessanten Aufschluls über die 
politischen Verhältnisse in Palästina am Ende der achtzehnten 
ägyptischen Dynastie. Eine besondere Bedeutung für die Exe- 
gese erhalten diese Urkunden deswegen, weil in denselben auch 
von Stämmen die Rede ist, welche in Palästina eindringen, und 
gegen welche sich einige palästinensische Fürsten wehren müssen. 





1 Altisraelitische Überlieferung 117. 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 119 


Es handelt sich hierbei um die Streitfrage, ob unter den 
Stämmen, welche „Habiri“ genannt werden, die Hebräer zu 
verstehen sind, und in welchen Beziehungen eine Bevölkerungs- 
gruppe, deren Name mit den Ideogrammen SA. GAS ge- 
schrieben ist, zu den Habiri bezw. zu den Hebräern steht. 
Den Versuchen, die Amarna-Tafeln zur Diskreditierung der 
biblischen Angaben über die Entstehung des Volkes Israel 
auszubeuten, wird die Exegese entschieden entgegenzutreten 
haben. Es genügt vorläufig, wenigstens zu zeigen, dals die 
Glaubwürdigkeit der Nachrichten über die zwölf Stämme 
Israels und ihre gemeinsame (Genealogie noch nicht durch 
zwingende Gegengründe erschüttert ist! 

d) Reiches assyriologisches Material steht der Exegese 
bei der Erklärung der Königsbücher zur Verfügung. Die 
betreffenden Urkunden sind im allgemeinen ganz gut erhalten 
und in einem leicht lesbaren Schriftsystem geschrieben. Einer 
endgültigen Lösung harren noch immer die Fragen der 
Chronologie. Die Frage nach der Identität von Phul und 
Tiglatpilesar wird wohl in bejahendem Sinne beantwortet 
werden müssen, wenigstens nach dem augenblicklich vorliegen- 
den Material; die Exegese hat hier noch ein schwieriges 
Problem zu lösen. Zu den Abschnitten der Königsbücher, 
welche von dem letzten Ringen des Südreiches mit der baby- 
lonıschen Macht handeln, haben sich leider noch keine keil- 
schriftlichen Parallelen gefunden; die Urkunden aus der Zeit 
Nabopolassars und Nebukadnezars II. beziehen sich fast aus- 


ı Dafs Hugo Winckler (Geschichte Israels in Einzeldarstellungen 
II, Leipzig 1900, und Schrader, Keilinschriften u. d. AT3 I) auch die 
Hauptgestalten des Richterbuches und der Samuelisbücher' in sein mytho- 
logisches Schema zwängt, ist schon erwähnt worden. Saul ist ihm der 
Mond, Jonathan die Sonne, David die eine, Salomo die andere Hälfte 
der Jahresnatur. Die Personen selbst sind auch für Winckler ge- 
schichtliche; nur die an diese Personen sich knüpfenden Ereignisse sind 
vom mythologischen Schema beeinflufst, und Winckler hält es für die 
Aufgabe des Historikers, den geschichtlichen Kern von der mythologi- 
schen Einkleidung zu befreien. Wir halten es demgegenüber für die 
Aufgabe der Exegeten, die Undurchführbarkeit und die logischen a 
dieses Systems nachzuweisen. 


120 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


schlielslich auf Bauten. Die Zahl der Deportationen ins Exil 
sowie der Deportierten bleibt somit trotz der betreffenden 
biblischen Angaben noch immer ein strittiger Punkt. 

e) Für die Zeit des Exils und die ersten Jahrzehnte 
nach dem Exil hat die Assyriologie in neuester Zeit wert- 
volles Material geliefert. Wir sind nunmehr aus babylonischen 
Urkunden über den Fall Babylons, über die Lage der von 
den Exulanten bewohnten Orte und über die Politik des Cyrus 
in religiösen Fragen unterrichtet. Sogar der Esr 5, 3 erwähnte 
Satrap Thattenai hat sich in neubabylonischen Urkunden 
wiedergefunden. Eine nicht völlig gehobene Schwierigkeit 
bietet aber immer noch die Angabe Dn 6, 1, gemäls welcher 
nach dem Sturze Belsazars „Darius der Meder“ im Alter von 
62 Jahren das babylonische Reich erhielt. 

Neue Probleme, welche sich an die nachexilischen Bücher 
Esther, Tobias und Judith knüpfen, hat die Assyriologie da- 
durch geschaffen, dafs die Göttin Ischtar als Prototyp der 
Esther, Judith und auch des Weibes des Tobias hingestellt 
wird. Die Gleichung Judith-Esther-Ischtar ist zuerst von 
Jensen aufgestellt worden !. Älteren Datums ist die Ansicht, 
nach welcher die Grundlage für das Purimfest im babylo- 
nischen Kult zu suchen ist, 

Es möge hier noch nachträglich auf die eigentümlichen 
Thesen, die Jensen in den letzten Heften der „Zeitschrift für 
Assyriologie“ 3 aufgestellt hat, hingewiesen werden. Jensen 
findet Parallelen zum Gilgamesch-Epos, die nach seiner An- 
sicht auf Nachbildungen beruhen müssen, in der Geschichte 
Israels von Abraham+ bis Christus. Die zwanzigste These 
sagt nicht weniger, als dals die Geschichte Jesu „die im wesent- 





t Schrader, Keilinschriften u. d. AT3 439. 
2 Schrader a. a. O. 519. 
3 Das Gilgamis-Epos in der israelitischen Legende. Eine vorläufige 
Mitteilung. Ztschr. f. Assyriologie XVI (1902) 2/4, 406—412. 

4 Christliche Welt X'VI (1902) Nr 21; hier behauptet Jensen, die 
Tradition in Gn 12, nach welcher Abraham aus Ur in Chaldäa nach Palästina 
eingewandert sei, berule auf dem Gilgamesch-Mythus,. 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 121 


lichen vollständige Geschichte eines israelitischen Gilga- 
mesch“ sei. 

Von den Namen in den „Jesus-Legenden“ sind nach 
Jensen einer Herkunft aus dem Mythus verdächtig: Jesus, 
Joseph (Jesu Nährvater), Maria (die Mutter Jesu), Elisabeth, 
Lazarus, Maria (des letzteren Schwester), Saulus und Judas 
(der Name des Verräters). Man wird es nach solchen Vor- 
gängen für wahrscheinlich halten müssen, dafs nach wenigen 
Jahrhunderten der Zug Napoleons nach Ägypten und Palästina 
mit der Gilgamesch-Sage, der Ballonaufstieg Andr&es mit der 
Ikarussage, der Burenkrieg mit der Laokoonsage in Ver- 
bindung gebracht werden wird. 

f) Wir kommen nun zu den religionsgeschichtlichen 
Problemen, welche durch die Assyriologie eine Förderung 
erfahren. Zunächst dürfte die Erforschung der altbabyloni- 
schen Urkunden der Hypothese, nach welcher Israel wie die 
Semiten überhaupt in einer von der mosaischen nicht allzuweit 
entfernten Epoche dem Fetischismus, Totemismus oder Ani- 
mismus gehuldigt haben sollen, ein Ende bereiten. Aus den 
Urkunden der Zeit zwischen 2500—2000 v. Chr. ergibt sich, 
dafs die Bewohner der Euphrat- und Tigrisländer in jener 
Epoche auf einer Stufe der religiösen Entwicklung sich be- 
fanden, welche als eine Vorstufe des Monotheismus bezeichnet 
werden kann. Manche Assyriologen sind aber nun in das 
entgegengesetzte Extrem gefallen. Hommel hat um der Tat- 
sache willen, dals in südarabischen Eigennamen statt eines 


1 Im besondern werden als mythisch verdächtigt: die Mitteilung von 
der Elisabeth Empfängnis an Maria und Marias Reise zu jener, die Be- 
drohung des Lebens Jesu, die Flucht nach Agypten, die Rückkehr nach 
Herodes’ Tode, Jesus in der Wüste und seine Bestätigung, die An- 
werbung der Jünger, das Weinwunder, die Bergpredigt (aber nicht ihr 
Inhalt), die Aussendung von zwölf Aposteln das samaritanische Weib, 
die Veranlassung zur Enthauptung des ‚Johannes, Jesu Flucht in die 
Wüste, der Meeressturm mit nachfolgender glücklicher Landung, das 
kanaanäische Weib, eine wunderbare Volksspeisung, Jesu Verklärung, 
Jesu letzte Reise nach Jerusalem, die Auferweckung des Lazarus, Jesu 
Auferstehung zur Osterzeit am Sonntag, die Himmelfahrt. 


122 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


besondern Götternamens häufig blofs ilu (= Gott) auftrete ®, 
behauptet, dafs bei den südostarabischen oder sabäischen 
Stämmen, welche nach Babylonien ausgewandert seien, und aus 
deren Mitte Hammurabi und auch Abraham hervorgegangen 
sei, eine weit reinere Religion geherrscht habe als die der 
Babylonier, eine Religion, die im wesentlichen eine mono- 
theistische gewesen sei? Delitzsch, der die Dynastie Ham- 
murabis nicht als eine südostarabische, sondern als eine kana- 
anäische ansieht, sagt ebenfalls, dals „bei den kanaanäischen 
Stämmen, welche sich um 2500 v. Chr. in Babylonien selshaft 
gemacht hätten“, der Monotheismus, ja sogar der Jahwekultus 
geherrscht habe; diese Religion der in Babylonien zugewan- 
derten Kanaanäer sei dort rasch in dem seit Jahrhunderten 
daselbst eingebürgerten Polytheismus untergegangen®, 
Obgleich nun die Anschauung, dals der Monotheismus 
schon vor der Zeit Abrahams existiert hat, durchaus nicht 
unbiblisch ist, so sagt doch die bekannte Stelle Jos 24, 2, dafs 
Abraham aus einer dem Polytheismus huldigenden Familie 
hervorgegangen sei, oder wenigstens, dafs Abrahams Vater 
fremden Göttern gedient habe. Es ist also anzunehmen, dals 
der ursprüngliche Monotheismus der Urahnen Abrahams unter 
dem Einflusse der babylonischen Umgebung verdunkelt worden 
ist. Die Gottestat an Abraham hatte jedenfalls den Zweck, 
ihn aus der polytheistischen Umgebung, mit welcher er durch 
die Bande der Stammesgemeinschaft oder Verwandtschaft ver- 
bunden war, zu entfernen. Die Darstellung Hommels läfst sich 
immerhin mit den biblischen Angaben ganz gut vereinigen. 
Was bemängelt werden muls, ist nur die durchaus unzureichende 
Beweisführung, mittelst deren Delitzsch den Monotheismus und 


ı Z. B. „Gott hat gegeben“, „Gott mit mir“, „Mit meines Gottes 
Hilfe wandle ich“, „Mein Gott vermehre“, „Gott ist mein Herr“ usw. 

2 Altisraelitische Überlieferung 117. 

3 Babel und Bibel 46 47. 

ı Jos 24,2.3: „Eure Väter wohnten jenseits des Stromes, nämlich 
Tharah, der Vater Abrahams und Nahors, und sie dienten andern Göttern, 
und ich nahm euern Vater Abraham von jenseits des Stromes und führte 
ihn nach Kanaan.“ 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 123 


den Jahwekultus als altes Erbgut eines Teiles der altbaby- 
lonischen Bevölkerung beweisen will. Delitzsch sagt etwa: 
der Name ilu (Gott) hängt mit der Präposition el („zu“) zu- 
sammen und bedeutet „Ziel“; das Ziel des menschlichen 
Herzens „kann naturgemäls nur eines sein“; darum waren die 
Stämme, welche den Begriff „Gott“ durch ilu ausdrückten, 
Monotheisten 1. - 

Es war zu erwarten, dafs die Kritik sich mit dieser Art 
Beweisführung befassen werde. Man hat zunächst allgemein 
bestritten, dafs ilu mit der Präposition el eine gemeinsame 
Wurzel habe, und dals es „Ziel“ bedeute?. Aber wenn ilu 
auch „Ziel“ bedeutete, so folgt daraus doch noch lange nicht 
der Monotheismus derjenigen, welche dieses Wort in dem ge- 
nannten Sinne gebrauchen. Denn der menschlichen Ziele kann 
es verschiedene geben, und wenn es auch nur eines gäbe, so 
kann dieses eine Ziel in verschiedener Weise vorgestellt werden. 
Tatsächlich sehen wir ja übrigens, dals die Völker, welche 
den Gottesnamen ilu gebrauchen, Polytheisten sind. Auch 
gerade bei den Stammesgenossen Hammurabis ist der Poly- 
theismus nachgewiesen®,. Ist dies aber der Fall, dann folgt 
daraus, dals in jenen obengenannten Eigennamen das Wort 
ilu nicht notwendig als Bezeichnung des „einzigen Gottes“ auf- 
zufassen ist; vielmehr bedeutet ilu dort blofs „Gottheit“ im 
allgemeinen. Derjenige, welcher sagt: die Gottheit ist mit mir, 
will nur in diesem Augenblicke keine bestimmte Gottheit 
nennen. Das ist noch kein Monotheismus; wohl ist es aber 
eine Vorstufe des Monotheismus oder die Spur eines früher 
vorhandenen, aber später verdunkelten Monotheismus. 

Wegen dieses letzteren Umstandes aber ist es eine wichtige 
Aufgabe der Exegese, das religiöse Niveau der semitischen 
Völker in vormosaischer Zeit genauer festzustellen; es dürfte 
sich noch manches bisher unbenützte Material als Beweis gegen 


ı Babel und Bibel 46, 

2 Vgl. besonders Jensens Kritik des Delitzsch’schen Buches (Christl. 
Welt 1902, Nr 21). E 

38. Hommel, Altisraelitische Überlieferung 80. 


124 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


die evolutionistischen Theorien in der Religionsgeschichte ver- 
werten lassen. 

Was die Geschichte des Jahwe-Namens anlangt, so 
scheint es doch nicht festzustehen, dals Eigennamen, welche 
mit diesem Namen zusammengesetzt sind, aus der Zeit Abra- 
hams oder auch aus vorabrahamischer Zeit vorhanden sind. 
Bisher sind von vier Seiten Einwendungen gegen die Lesung 
der von Delitzsch (Babel und Bibel 47) reproduzierten beiden 
Zeichengruppen, welche Ja-ah-ve-ılu und Ja-hu-um-ilu be- 
deuten sollen, erhoben worden. Ed. König will statt Ja- 
ah-ve-ilu (Jahve ist Gott) lesen: Ja-a’-mi-ilu = Jahmi-ilu (es 
beschütze Gott) ı. Barth? schlägt statt Ja-ah-ve-ilu die Lesung 
Ja-ah-ve-ilu (Gott gibt Leben, impf. hiph. von Mn = N) vor. 
Zwei weitere Einsprüche gegen die Delitzsch’sche Lesung der 
Zeichengruppen bezw. die Übersetzung der betreffenden Silben- 
‚gruppen finden sich im 2.—4. Hefte des XVI. Jahrganges der 
Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete; dieselben 
rühren von geschulten Assyriologen (Daiches und Bezold) her. 

Die Frage ferner, ob I (mit Endung — Iau) ein uralter semi- 
tischer Gottesname sei, wird noch gründlicher zu untersuchen 
sein; hierbei werden Namen wie I-zebel, I-kabod (1 Sm 4, 21), 
I-thamar (Ex 6, 23), I-‘ezer (Nm 26, 30) und Ischai in Be- 
tracht gezogen werden müssen, ebenso wie die Gleichung i = ilu 
auf Grund des Syllabars S® I 13—163. 

Mit der Assyriologie in Zusammenhang steht auch die reli- 
gionsgeschichtliche Frage, inwieweit der babylonische Sonnen- 
und Mondkultus in Palästina einen Einfluls ausgeübt hat, ins- 
besondere, ob aus dem Kultus des Mondgottes (Sin)? und des 


ı Vgl. König, Bibel und Babel 38 ff. Dem Verfasser ist übrigens 
in diesem Punkte ein Irrtum unterlaufen, worauf er auch schon auf- 
merksam gemacht worden ist. 

3 Babel und israelitisches Religionswesen 19. 

3 Vgl. Delitzsch, Paradies 163 und die Abhandlung von Friedrich 
Philippi: „Ist mim akkadisch-sumerischen Ursprungs?“ Zeitschrift für 
Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft 1883, 175—1%. _ 

4 Man vermutet z. B., dals der Sinai seinen Namen vom Mondgotte 
Sin erhalten habe (Schrader, Keilinschr. u. d. AT> 365), 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 125 


Sonnengottes (Marduk) Züge auf Jahwe übergegangen sind. 
Man denkt hierbei z B. an Marduk den Götterkönig, den 
Bekämpfer der gottwidrigen Macht; Züge aus den Marduk- 
mythen sollen sich auch im Bilde des Erzengels Michael finden. 
Vor allem aber soll das Messiasbild der Israeliten ganz und 
gar von den babylonischen Marduksagen beeinflufst sein !. 

Dals die atl Vorstellungen vom Scheolund von den Engeln 
in den religiösen Ideen der Babylonier ihre Parallelen haben, 
ist richtig. Daraus folgt natürlich noch lange nicht, dafs die- 
selben auf babylonischen Ursprung zurückgehen. Das behauptet 
aber Delitzsch (8. 41), ohne es zu beweisen. Auch bezüglich der 
bösen Geister oder Dämonen behauptet Delitzsch, dafs dieselben 
„der Nacht der babylonischen Hügel entstiegen seien“2, Es 
wird hierbei übersehen, dals Engel und Teufel im AT eine ganz 
andere Rolle spielen, vor allem in einem ganz andern Ver- 
hältnisse zur Gottheit stehen als bei den Babyloniern und 
Persern. 

g) Auch im israelitischen Ritualgesetz und in ge- 
wissen Sitten und Gebräuchen der Israeliten hat man Spuren 
babylonischen Einflusses entdecken wollen. Da die Bibel selbst 
die Heimat Abrahams nach Babylonien versetzt, so wäre es 
wunderbar, wenn nicht babylonische Elemente sich im israe- 
litischen Geistesleben vorfinden sollten; wir können dabei von 
den fortdauernden Beziehungen zwischen Palästina und den 

ı Zimmern (Keilinschr. u. d. AT 378) meint, folgende Momente 
im messianischen Bilde seien auf die Mardukmythen zurückzuführen: 
1. der Christus als vorweltliches, himmlisches, göttliches Wesen; 2. die 
wunderbare Geburt desselben; 3. der Christus als Welterlöser; 4. die 
Erscheinung Christi in der „Fülle der Zeit“; 5. der Christus als der von 
seinem Vater in die Welt gesandte; 6. das Leiden des Christus; 7. sein 
Tod; 8. seine Höllenfahrt; 9. seine Auferstehung; 10. seine Himmelfahrt; 
ll. seine Erhöhung; 12. das Kommen des Christus vom Himmel; 13. das 
Endgericht des Christus; 14. die Hochzeit des Christus. 

2 Früher hatte man die Vorstellung vom Satan ausschliefslich auf 
persischen Einfluls zurückgeführt. Zimmern glaubt, dafs wahrscheinlich 
die Vorstellung von dem Satan als Widersacher, als Ankläger der Menschen 
bei Gott auf babylonischen Ursprung zurückgehe (Keilinschr. u. d. AT? 


463). Diese Wandlung in den Anschauungen wird auch auf gewisse 
literarbistorische Probleme zurückwirken. 


126 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


Euphrat- und Tigrisländern absehen. Es mag hier verwiesen 
werden auf Zimmerns „Beiträge zur Kenntnis der babylo- 
nischen Religion“ (Leipzig 1896), ferner auf die Abhandlung 
Paul Haupts im Journal of biblical Literature (1900), welche 
den Titel führt: „Babylonian Elements in the Levitic Ritual“. 
Der Verfasser behauptet hier, der hexateuchische Priester- 
codex scheine von babylonischen Einrichtungen beeinflulst zu 
sein; man könne die babylonischen Vorbilder nicht blols bei 
gewissen Riten, sondern sogar in gewissen technischen Aus- 
drücken des levitischen Zeremonials entdecken (S. 56). Nach 
dieser Richtung hin ist das israelitische Kultgesetz, wie es 
scheint, noch nicht genügend erforscht. 

Von besonderer Bedeutung ist die Frage nach dem Ur- 
sprung des Sabbats. Delitzsch sagt hierüber, es sei kein 
Zweifel darüber möglich, dals wir „die in der Sabbat- bezw. 
Sonntagsruhe beschlossene Segensfülle im letzten Grunde jenem 
alten Kulturvolke am Euphrat und Tigris verdanken“. Gegen 
eine solche Auffassung hat schon der Assyriologe Jensen, noch 
bevor Delitzsch’ Vortrag im Drucke erschien, Protest erhoben. 
Er sagt, nachdem er den grundsätzlichen Unterschied zwischen 
der biblischen Sabbatordnung und gewissen damit in Ver- 
bindung gebrachten Gebräuchen der Babylonier erörtert hat, 
dals uns nichts bindere, „die jüdische Woche für eine alt- 
jüdische Einrichtung zu halten“2. 


Es möge genügen, Delitzsch gegenüber auf folgende Mo- 
mente hinzuweisen: 


a) es gab allerdings bei den Babyloniern einen schapattu 
oder schabattu genannten Tag; dieser war „der Besänftigung 
des Herzens der Götter“, nicht „der Ruhe des Herzens“ im 
allgemeinen gewidmet; eine Nachricht darüber, wie oft im 
Jahre ein solcher Tag gefeiert worden sei, ist aber bisher in 
assyrischen Texten nicht gefunden worden; 

ı Babel und Bibel 29. 


2 „Die siebentägige Woche in Babylon und Ninive“. Zeitschrift für 
deutsche Wortforschung I 160. 


Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 127 


ß) am 7., 14., 19., 21. und 28. eines jeden Monats1 sollte 
nach einer babylonischen Vorschrift der König vor Marduk 
und Venus (Zarpanit) eine Gabe darbringen; der 7., 14., 21. 
und 28. Tag werden als Unglückstage bezeichnet, an welchen 
der Hirt der Menschen, d. h. der König, kein im Feuer ge- 
bratenes Fleisch essen, das Gewand seines Leibes nicht wechseln, 
helles Gewand nicht anlegen, keine Libation darbringen, keinen 
Wagen besteigen, königlich nicht reden, der Arzt einem Kranken 
die Hand nicht auflegen soll usw.; der 19. Tag wird geradezu 
als Tag des Zornes bezeichnet. 

Mit Recht bemerkt hierzu Cornill in seiner Rezension 
von Delitzsch’ „Babel und Bibel“: „Diese an das Kalender- 
datum gebundenen dies atri der Babylonier sollen der biblische 
Sabbat sein? Nun und nimmer! Der Sabbat als Tag des 
Herrn, die Anschauung, dals wir in jeder Woche einen Tag, 
alle Mühen und Sorgen des Erdenlebens hinter uns lassend, 
ganz nur Gott leben und uns der Gemeinschaft mit ihm er- 
freuen sollen, eignet ausschlielslich der Bibel; und die hierin 
beschlossene Segensfülle verdankt die Welt nicht Babel, son- 
dern der Bibel allein.“ 3 

Noch bedenklicher ist es, wenn Delitzsch darauf hinweist, 
dals das fünfte, sechste und siebente Gebot des Dekaloges in 
genau der nämlichen Zusammenstellung sich bei den Baby- 
loniern vorfinden. Delitzsch übersieht hier, dafs es doch so 
nahe liegt, die natürlichen Güter, welche wir geschützt wissen 
wollen, in der im Dekalog gegebenen Reihenfolge aufzuzählen: 
Leben, Familie, Hab und Gut. Man erinnere sich übrigens 
daran, dals man früher versucht hat, den Dekalog aus einem 
ägyptischen Vorbilde herzuleiten, weil derselbe auch im ägyp- 
tischen Totenbuche seine Parallele hat. 

Es wird Aufgabe der Exegese sein, dasjenige aus dem 


1 Es ist also nicht der jedesmalige siebente Tag, wie er in regel- 
mälsiger Aufeinanderfolge das Jahr hindurch ohne Rücksicht auf das 
Monatsdatum wiederkehrt. 


2 Näheres hierüber s. bei Barth, Babel und israelitisches Religions- 
wesen 6—13. 


3 Deutsche Literaturzeitung 1902, Nr 27. 


128 Nikel, Die Aufgaben der Exegese gegenüber der Assyriologie. 


at! Sitten- und Ritualgesetz, was auf der menschlichen Natur und 
den allgemein menschlichen Verhältnissen beruht, herauszu- 
heben und jeden Versuch, dieses Material zu Gunsten einer 
einseitigen Entlehnungshypothese zu verwerten, abzuweisen. 

Bei andern augenscheinlichen Parallelen wird man nicht 
allzu ängstlich sein dürfen. Wenn sich auch nachweisen lielse, 
dals manche atl Bestimmungen auf allgemein semitischer Sitte 
older Auffassung beruhen, so ist doch der Wert, den diese 
Bestimmungen für das Volk Israel hatten, noch nicht in Frage 
gestellt; und so bleibt noch immer Raum für die Auffassung, 
dafs die Providenz natürliche Dinge übernatürlichen Zwecken 
dienstbar gemacht habe, eine Auffassung, welche bekanntlich 
schon im christlichen Altertum vertreten war. 

Niemals wird es gelingen, dem unbefangen Urteilenden 
glaubhaft zu machen, dafs die einzigartige Stellung, welche 
Israel auf religiösem Gebiete unter den Völkern des Altertums 
einnimmt, auf natürlich wirkenden Ursachen, auf „Babel“ be- 
ruhe. Das Selbstzeugnis Israels über seine gnadenvolle Führung 
von den Zeiten der Erzväter her wird immerdar seine Geltung 
behalten. 


Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


Von Prof. Dr. Norbert Peters in Paderborn. 


IL (Schluß). 

III. Bei einer andern Kategorie von Parallelen 
bleibt die Abhängigkeitsfrage allerdings an sich noch 
zweifelhaft. Ist dieselbe aber vorhanden, so ist Ekkli 
wenigstens mit Wahrscheinlichkeit als primär anzu- 
setzen. 

Ekkle 1, 3—Ekkli 40, 1. Nur der Gedanke, dafs der 
Mensch viel Mühsal auf Erden hat, ist den zwei Stellen gemein- 
sam. Wenn eine Abhängigkeit vorliegt, so spielt Ekkle kurz 
auf die lange Ausführung über diese Mühsal in Ekkli 40, 1ff 
an. Dals aber in der Tat Ekkle die Stelle des Ekkli im 
Kopfe hatte, scheint mir daraus hervorzugehen, dafs er im 
Weiteren ausführt, allezeit bleibe dies so, während es nach 
Ekkli bei allen Menschen allezeit so ist. 

Ekkle 1, 4—Ekkli 14, 18. St. III—IV des Ekkli sind 
durch Gr., Syr. und Rd. bezeugt. Über die Ursache des Aus- 
falles in 4A! siehe Peters 83. Das schöne, echt poetische 
Bild des Ekkli — vgl. Hom. Il. 6, 144 sowie Is 34, 4 und 
Apc 6, 13 — spricht für ihn. Auch lieflse sich die Zusammen- 
ziehung der Langzeile in Ekkli zu einer Halbzeile in Ekkle 
besser verstehen als das Umgekehrte. Deshalb könnte nur 
an ein Abhängigkeitsverhältnis des Ekkle von Ekkli gedacht 
werden. Bei der Allgemeinheit des Gedankens und der nur 
geringen Kongruenz des Wortlautes ist es aber ebensogut 


ı Mit A BC D bezeichne ich die vier hebräischen Hss des Ekkli 


(Peters 8*—21*) im Gegensatze zu AB C D der Septuaginta. 
Biblische Zeitschrift. I. 2. 9 


130 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


möglich, dals die beiden Stellen überhaupt unabhängig von- 
einander sind. 

Ekkle 4,13—16—Ekkli 12, 5—6. 12—13. In Ekkli wird 
der Gedanke ausgedrückt, dals es vorkommt, dafs ein armer 
Mann zu Ansehen und Ehre, ja zur Königswürde (2133 my) 
gelangt. Die Idee findet sich schon in 1 Sm 2, 6—8 deut- 
lich genug, auch die Erhöhung zu fürstlicher Stellung ein- 
geschlossen (D12'1 by awınD). Es ist deshalb schon von diesem 
Standpunkte aus nicht notwendig, eine Abhängigkeit zwischen 
Ekkle und Ekkli für die beiden Stellen anzunehmen, zumal 
der Wortlaut keine nennenswerte Übereinstimmung bietet. 

Wenn aber ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, so kann 
dieses schon aus literarkritischen Gründen nur auf seiten des 
Verfassers des Ekkle gesucht werden. Denn während der 
Gedanke in Ekkli, ganz allgemein gehalten, der konkreten Züge 
entbehrt, weist die lebendige Detailschilderung in Ekkle deut- 
lich genug auf ein Ereignis hin, das der Verfasser selbst mit- 
erlebt haben muls, so dals Ekkle 4, 13—16 dann als die Durch- 
führung jenes allgemeinen Satzes des Ekkli an diesem Faktum 
aufzufassen wäre. 

Dals die Verse aber auf Alexander Balas von Syrien 1 
(150—145 v. Chr.) und seinen Vorgänger Demetrius I. Soter 
(162—150) gehen, ist m. E., wenn man einmal mit der Ab- 
fassung des Predigers durch Salomon gebrochen hat, nicht zu 
bezweifeln. Abgesehen von dem einen Punkte, dals „er aus 
dem Gefängnisse hervorging, um König zu werden“2, ist die 
ganze Darstellung des Ekkle Zug für Zug in der Geschichte 


— 


1 Auf Alexander Jannäus, auf den Leimdörfer (bei E. König) und 
E. König (Einl. 433) die Verse beziehen, palst im Grunde nur der Zug der 
Erhebung aus dem Gefängnisse, 

2 Dieser Punkt ist mir aber textkritisch immerhin zweifelhaft. Man 
erklärt ja nbwion nY2 allgemein nach Gr. im Sinne von nWıoRz n\3. Sollte 
oo N‘) zu lesen sein? Dann würde eine direkte Hindeutung vorliegen 
auf den Beschluls des Königs Attalus II. von Pergamum (sowie Ptolemäus VI. 
von Agypten und Ariarathes V. von Kappadozien?), Alexander Balas als 
Thronprätendenten aufzustellen. Ich kann allerdings den Plural amp 
durch keine andere Stelle belegen. 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 131 


des Alexander Balas zu belegen. Er war in seines Vorgängers 
Reiche geboren (1N>9B3 — in Smyrna geboren nach Diodor 
bei Müller, Fragm. Hist. Graec. II praef. p.xus, n. 14 [nach 
Schürer]), war noch jung (79° — neipakiokog Diodor), war arm 
(N — tignotus et incertae originis homo Epitom. Liv. 1, 52 
[bei Wetzer und Welte], sortis extremae iuvenis Justin 35, 1 
[bei Schürer]), als er zur Herrschaft kam. Auch Ban konnte 
ihn Ekkle wie an sich, wenn man die Jahre seines Kampfes 
um die Herrschaft ins Auge fafst — später ist er allerdings 
erschlafit, so dafs da das Urteil Schürers I3 231f über ihn 
zutreffend war —, so besonders von seinem jüdischen Stand- 
punkte aus nennen, seine Weisheit aus seinem günstigen Ver- 
halten den Juden gegenüber (1 Mach 10, 20ff, 62ff. S. Schürer 
Is 228 232) beurteillend wie umgekehrt die Torheit (503) 
des damals immerhin schon bejahrten (}Pt) Demetrius, die aber 
auch aus dessen allgemeinem Verhalten ausreichend sich 
begreifen lälst. Wulste er diplomatisch doch gegenüber der 
Koalition der Könige von Ägypten, Pergamum und Kappadozien 
zu Gunsten des Alexander Balas sich nicht zu retten (yT x) 
my vb). Auch hatte er sich allgemein verhafst gemacht, 
sogar bei den Soldaten, so dafs die Besatzung von Ptolemais 
diese Stadt übergab, weil sie „Mifsfallen hatte an des Königs 
Demetrius Stolz und Übermut“ (Flav. Jos. Ant. 13, 2, 1). 
Weitere Momente hierzu ergibt die Lektüre von Flav. Jos. 
Ant. 13, 10 und 13, 1. Alles im Oriente schlols sich dem 
Kronprätendenten an, auch Rom wurde gewonnen (92 NX MS“ 
yon Tb op wow nmn Diöbmon Dunn 3, 15 — totius ferme 
orientis virıbus subcinctus [Justin 35, 1 bei Schürer]), das 
Volk Syriens trat auf seine Seite (mw 555 nyrı 925 yp yR 
Dr3B5 1). Später wendete sich aber das Blatt. Alles fiel 
von ihm ab, sogar sein Schwiegervater Ptolemäus VI. Philo- 
metor liefs ihn im Stich (12 ınuw »5 DynNm), und er endete 
auf der Flucht in Arabien elend durch Meuchelmord (mM DI °3 
mm ppm San). Auf diese zweite Hälfte seiner Regierung, als 
Alexander Balas, von seinen Erfolgen berauscht, sich der 


Ausschweifung in die Arme geworfen hatte und das Reich 
9% 


132 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


verkommen liels (Justin 35, 2 [bei Schürer]), deutet Ekkle 
10, 16—19. 

Ekkle 5, 6—Ekkli 34 (31), 1—2.5.7. Es kann sich sehr 
wohl um eine nur zufällige Berührung in einem Worte 
(mabn — &vünvio) und einer Idee (Dam minor — moikoüg 
ErtAavnoev Ta Evüunvio) handeln. Eventuell würde m. E. anzu- 
nehmen sein, dals die Phrase des Ekkle auf der ganzen Aus- 
führung von Ekkli 34 (31), 1—8 ruhe. 

Ekkle 7, 20—22—Ekkli 19, 16. Ekkli hat den Gedanken, 
dafs niemand ohne Übereilungssünden mit der Zunge ist, Ekkle, 
dafs niemand ohne Tatsünden (V. 20) und ohne die spezielle 
Zungensünde der Beschimpfung des Nächsten sei (V. 21—22). 
Wenn Abhängigkeit vorliegt, ist Ekkli offenbar als ursprüng- 
lich anzusehen, da Ekkle sich als Erweiterung verrät. 

Ekkle 7, 26—Ekklı 26, 23. Ekkli 26, 18—27 fehlt zwar 
in BA al. ist aber durch Syr. Ar. 248 Cpl. Clem. Alex. 
als ursprünglich bezeugt, wie auch Übersetzungsfehler (siehe 
Ryssel, besonders zu V. 27) schon eine hebräische Vorlage 
garantieren. Das Distichon ist in der gewöhnlichen Text- 
gestalt des Gr. gestrichen, weil man an den starken Farben 
der Darstellung Anstofs nahm. 

Ekkli 26,23 (Fuvn doeßNg Avöuw uepig dodNGETaL, eudEßNS 
de didoraı TW @Yoßounevw TV xKüpıov) berührt sich so eng 
mit Ekkle 7,26 (BEd 20 seco ON ME MED SD MR NND 
in 5 som mob pbor nivsonn), dafs eine Abhängigkeit 
jedenfalls wahrscheinlich ist, obgleich der Gedanke an ein beiden 
zu Grunde liegendes Sprichwort über das gute und schlechte 
Weib sich immerhin nahelegen mag. In Ekkli steht der Satz 
aber in der langen Abhandlung über die guten und bösen 
Weiber (25, 13—26, 27), während er in Ekkle in der kurzen 
Ausführung über das Weib — wahrscheinlich ist das Weib des 
Verfassers dieser Partie, wenigstens hauptsächlich, gemeint — 
als Haupthindernis zur Erlangung der Weisheit (7, 26—29) 
sich findet. Aufserdem erscheint der Gedanke des Ekkli in 
Ekkle stark einseitig fortgebildet. Ich halte es deshalb für 
wahrscheinlich, dals Ekkle auf Ekkli anspielt. 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 133 


Ekkle 8, 1—Ekkli 13, 25. Zunächst entscheidet Ekkli 
die Auffassung der Ekkle-Stelle 838° \ıB 39) TUD NN DIN HOan. 
Es ist 83%‘ nicht passivisch zu fassen (MT. Gr. Syr. Targ. 
It. Cp. Sh.), wie es gewöhnlich geschieht, sondern aktivisch 
als Pi. von NW, 3X = ni (Vulg. Hier. in comm.). Dann 
ergibt sich ein guter, ungezwungener Sinn. Zu der Phrase 
DUB NY vgl. aulser Dn 3,19 aber auch Ekkli 12,18 (838% 
BD) und 25, 17 (a9 mp vopn), während 37, 17 des Gr. 
(ixvog AAdorwoewg Kapdiqa) jedoch nur ein Schreibfehler in der 
Vorlage des Gr. stand (mern st. mann), sowie Jdt 10,7 
(HAAoıwuevov TO npöcwnov aüurns). Aus der Phrase TUD Kar 
ist also gar nichts zu schlielsen. Im übrigen ist aber der 
Zusammenklang mit Ekkli 13, 25 285 DK 11D Naeh wu 25 
y"> DNI doch ein so enger, dals derselbe sich jedenfalls am 
einfachsten durch ein Abhängigkeitsverhältnis erklärt. Ist dieses 
aber gegeben, so legt sich m. E. die Auffassung des Ekkle 
als eine Erklärung der Sentenz des Ekkli nahe. 

Ekkle 9,14—17—Ekklı 10, 23; 13, 22 III-IV. 23 II—IV; 
26, 28 IV. Ist ein Abhängigkeitsverhältnis vorhanden, so liegt 
die Annahme am nächsten, dals der Gedanke des Ekkli, dafs 
der weise Arme nicht verachtet werden darf (10, 23), dals es 
betrübend ist, wenn einsichtsvolle Männer geringschätzig be- 
handelt werden (26, 28 IV), und dafs auf den weisen Armen 
nicht gehört wird (13, 22f), in Ekkle 9, 14—16! seine breite 
Ausführung finde unter Erzählung eines Beispiels. 

Ekkle 10, 19—Ekkli 31 (34), 27ff. An sich bleibt es 
recht fraglich, ob die eine Stelle durch die andere beeinflufst 
wird. Ist dieses aber der Fall, so dürfte in DYn np" "1 des 
Ekkle eine Anspielung auf Ekkli 31 (34), 27 mit fn Dvn w> 
wurd und 31 (34), 28 mit Pr one Dvn 7 in der langen Aus- 
führung über den Wein gegeben sein. 

Ekkle 10, 11—Ekkli 1. Beide Stellen scheinen mir auf 


! Wright vergleicht S. 45 auch Ekkle 9,15 und Ekkli 11,5. Diese 
Parallele scheidet aber gänzlich aus. Denn in Ekkli ist da vorausgesetzt, 
dals der Arme zur Herrschaft gelangt, was für Ekkle durch 9, 15 III 
direkt ausgeschlossen wird. 


134 Peters, Ekklesisstes und Ekklesiastikus. 


eine sprichwörtliche Verwendung des von der Schlange 
gebissenen Beschwörers zurückzugehen. Ist aber eine von der 
andern abhängig, so dürfte Ekkle (wr5 x52 wrun w DR 
nwbr Syab um 81) als eine erbreiternde Ausführung von 
Ekkli 12, 13 I (ps Jain in? ww) anzusprechen sein. 

Ekkle 11, 9—12, 7—Ekkli 14, 11ff. In beiden Stellen ist 
der Grundgedankengang: Genielse das Leben, bevor der Tod 
kommt und dir die Möglichkeit der Freude nimmt. Da aulser- 
dem formelle Anklänge sich finden (725 2wıı — na Ekkle 
11, 9; 9 sw — 2 Ekkli 14, 11; am) awir Ekkli 14, 13; 
ar’ Ekkle 12, 1; Ekkli 14, 12), ist Abhängigkeit der zwei 
Stellen recht wahrscheinlich. Für Ekkli als Grundstelle 
sprechen aber verschiedene Momente. Der ganz allgemein 
gehaltene Gedanke des Ekkli erscheint in Ekkle speziell auf 
die Jugend angewendet. Durch den sich alsdann nahelegenden 
Gegensatz erscheint auch die breite allegorische Darstellung 
des Greisenalters als der schon den Genuls im Diesseits nicht 
mehr gestattenden Zeit (12, 2—6) motiviert. Um naheliegenden 
Mifsverständnissen vorzubeugen, ist insbesondere in Ekkle 11, 9 
und 12, 1 der Gedanke an das Gericht (vgl. 3, 17; 12, 14) 
hinzugefügt, um die Verantwortlichkeit auch für den Genuls 
des Lebens zu betonen. Ihre Bestätigung findet diese Auf- 
fassung unserer Stellen durch Ekkle 12, 7 in ihrem Verhältnis 
zu Ekkli 40, 11. Siehe unten S. 135f. 

Ekkle 12, 12—Ekkli 3, 21—24. Ekkli warnt vor dem 
Grübeln über Dinge, die für das praktische religiüse Leben 
ohne Bedeutung sind, Ekkli vor Büchern dieser Art. Wenn 
Abhängigkeit vorhanden ist, liegt dieselbe bei Ekkle, der dann 
jene Idee des Ekkli auf die seit dem zweiten vorchristlichen 
Jahrhundert immer mehr anschwellende apokryphe Literatur 
angewendet hätte. 

IV. Bei einer letzten Klasse von Parallelen endlich 
ist es sicher, dals Abhängigkeit vorliegt, und bei 
einigen wenigstens sehr wahrscheinlich, bei andern 
sicher, dals Ekkle durch Ekklı beeinflufst ist, 

Ekkle 3, 11 ınya nor moyp San 8. 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 135 


Ekkli 39, 16—171I: 
tpppr ınya mars 55 byain DI3 mm wyD 
san ınya dan md ya m no) PR 
Ekkli 39, 31 (23 B) 23 9wb Jan 
Ekkli 39, 33—34 por ınya ps 595 Dam ba mim wyn 
mas inya Dar 2 mo ya NORd PR 
Ekkli 39, 17—34 preist der Sirazide die Schönheit und Zweck- 
mäflsigkeit der Werke Gottes. Am Anfange (39, 16—171I) 
und Ende (39, 33—34) steht das Thema des ganzen Hymnus, 
das auch im Texte des Liedes (39, 21) kurz noch einmal 
wiederholt ist. Dagegen deutet Ekkle in seiner Ausführung 
über den Zweck der Dinge (3, 10ff) die Idee, dafs alles als 
zur rechten Zeit zweckentsprechend erschaffen sei, nur mit 
einem kurzen Satze an. Dieser aber — ein Stichos — er- 
weist sich formell schon als abhängig von jenen zwei Distichen 
des Ekkli, ist offenbar nach jenen Stellen aus dem Gedächtnis 
konzipiert. 5371 und ıny3 steht hier wie dort; 7%% entspricht 
wyDd (vgl. auch 8123 39, 21 [Gr. Syr.]); DS ist durch das 
synonyme 1D' ersetzt (vgl. auch 723 39,21 [B]). M. E. würde 
diese Beziehung von Ekkle 3, 11 zu dem Hymnus des Ekkli 
auf die Werke Gottes schon allein genügen, seine Abhängig- 
keit von diesem zu erweisen. Ein Gegensatz des Ekkle zu 
Ekkli, wie ihn Hal&vy (1897, S. 79) aus unsern Parallelen 
konstruiert, ist aber nicht vorhanden. Ekkle lälst nur jenen 
in der Ausführung des Ekkli die ganze Darstellung beherrschen- 
den Gedanken in seinen auf den Genuls und die Gottesfurcht 
als praktische Folgerungen aus der Unbegreiflichkeit der Dinge 
hinzielenden Versen (3, 10—15) in den Hintergrund treten. 
Ekkle 3, 21 nbyos as nayn Das mann yn ww 
syand meob NT ng manan mm 
Ekkle 12 7: | 
mn) OR Din DR SW nm imma» yarıı by SByr 28 
Ekkli 40, 11 Do bs onpo wwrı Ser yan db pad 53 
Zunächst erscheint Ekkle 12, 7 sofort deutlich als er- 
weiternde Erklärung von Ekklı 40, 11. 
Dadurch wird aber auch das Verhältnis der so viel be- 


136 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


sprochenen Stelle Ekkle 3, 21 (s. jetzt besonders Condamin 
in der R. B. 1899, 493ff und 1900, 369ff) zu derselben Stelle 
des Ekkli zu Gunsten der Priorität des Ekkli entschieden. 
Für die Vokalisation von by) und AM entscheiden Gr. Syr. 
Targ. Vulg. Sh. Cp. und der Zusammenhang. MT. verschleiert 
die Schwierigkeit tendenziös durch seine Auffassung von 1 als 
Artikel. Die zweite Hälfte von V. 21 erklärt sich m. E. aus- 
reichend als Vergleich ohne 3. Scholz schliefst sich Hiero- 
nymus (»peccator, qui iumentum vocatur) auch hier an. Der im 
wesentlichen schon durch Hieronymus (Migne, Patr. lat. XXIII 
1041) vertretenen Erklärung des Ekkle in dem Sinne, dafs ge- 
sagt werde, dals das Sterbliche im Menschen zur Erde zurück- 
kehre, das Unsterbliche zu Gott, so dals also der Prediger 
nicht an der Unsterblichkeit der Seele, sondern an dem Schick- 
sale nach dem Tode zweifelt, bietet jetzt abgesehen von Ekkle 
12, 7 unsere Stelle des Ekkli eine starke Stütze mit der 
zweifellos ausgesprochenen Anschauung der Rückkehr der Seele 
zu Gott. Vgl. auch Sap 3, 1—4 mit ihrem Friedensschicksal der 
Seelen der Guten im Jenseits. In diesen Vorstellungen des Ekkli, 
Ekkle und der Sap haben wir deutlich den Übergang von der 
ausschlielslichen Herrschaft der alten düstern Scheolvorstellung 
zu der aus dem NT bekannten Lehre vom Scholse Abrahams vor 
uns, die wiederum in der Idee einer gewissen Verschiedenheit 
des Jenseitsschicksals bei Ez 32, 23 bereits ihre Wurzel hat. 
Die Höllen- und die Fegefeuervorstellung sind in Israel erst all- 
mählich aus der Scheolvorstellung differenziert, und der Himmel 
als Stätte der Beseligung der Menschen hat erst im Reiche 
Christi, wie in der Tat so in der Lehre, Raum gefunden. 
Ekkle 5, 1—2: 
Dion 5 127 N13170 rer IR a Ta by Jan IR 
spwyD TAT Ym pay yarı Dy rnn Diawa Dim ‘> 
| soma7 ana Do Ip) Uy ana Dir na > 
Ekkli 7,14  mbona a7 ern Sn) Dim nıya non DR 
Der kurze Satz m5pna 27 ern Is des Ekkli ist in Ekkle 
5, 1—2 weiter ausgeführt und in V. 3—6 noch speziell das 
voreilige Gelübde behandelte Der Gedanke des Ekkli ist 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 137 


ja nicht gerade singulär — vgl. z. B. auch Mt 6, 7 — und 
sicher in der religiösen Unterweisung älter als seine Aus- 
prägung in Ekkle oder Ekkli, so dafs es immerhin an sich 
am wahrscheinlichsten wäre, dals die zwei Stellen unabhängig 
voneinander wären. Ist aber eine Abhängigkeit vorhanden, 
so kann diese nur auf der Seite des Ekkle gesucht werden. 
Und da, wie wir sehen werden, Ekkle 5, 3—5 nach Ekkli 
18, 22—24 zweifellos konzipiert ist, wird man auch in Ekkle 
5,1ff auf Ekkli 7,14 als Grundstelle schlielsen dürfen. 
Ekkle 5, 3—5: 


swbwb Rn IR DVDS) 13 IN WI 3 
DD In WR NN DyD92 yon TR ‘2 
oben no Ind In Sb WS 218 4 

wa ns nord TBns ıan DR 5 

INWI  \3 “short 25 NONNba 


ITT moyo na Sam pop Dybam map mob 
Ekkli 18, 22—24: 
22 Mn Eunodiodng TOD Amodoüvaı EUXNIV Eukalpwg, 
kai un Heivns Ewg Bavatrou dıkamwdnvar' 
23 TIpiv ebZacdaı EToiuadov TNV EUXNV Oov, 
kai un Yivov dig dvOpwrog TrEIPALWV TOV KÜpIOV. 
24 Mvnodntı Ouuoü Ev Nuepaıs TEeAeurtis 
Kai Kampov Ekdindewg Ev ATOOTPOPF TTPOOWTOL. 
Im Hb. ist die Stelle des Ekkli nicht erhalten. Tnv euxnv 
oou (V. 23; vulgo oeautöv; über das Eindringen dieser Lesart 
s. Ryssel z. St.) 8° Syr. (yi,s 44) Midr. Tanchuma now 8 8 
(72 pn, bei Cowley-Neubauer xxın). Auf das Verhältnis 
des Syr. zum Gr. in unserer Stelle einzugehen, liegt zu fern. 
Diese zwei Stellen können nicht unabhängig voneinander 
entstanden sein, da sie in derselben, durch Zufall unmöglich 
erklärbaren Gedankenreihe verlaufen: 1. Erfülle das Gelübde 
zur rechten Zeit 5, 3f—18, 22; 2. hüte dich vor voreiligen 
Gelübden 5, 5 I—18, 23 I; 3. diese bringen in Sünde 5, 5 II bis 
18, 2311; 4. sie fordern auch Gottes Zorn heraus 5, 5V bis 
18, 241; 5. sie bringen Gottes Strafe 5, 5 VI—18, 24 Il. 
Ebenso klar ist es aber auch, dafs in Ekkle eine erläuternde, 


138 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


erbreiternde Verwendung des Ekkli hervortritt. Man stelle 
nur je die Ideen der beiden Stellen nach der eben gegebenen 
Darlegung derselben nebeneinander. Ich verweise besonders 
auf die breite Ausführung von 18, 22 in 5, 3—4 mit dem Zeit- 
satze in V. 3I, dem Begründungssatze in V. 3 III und der 
Hinzufügung der Folgerung in V. 4, die verallgemeinernde 
Erklärung von 18, 231I in 5, 5II und die Hinzufügung der 
Hinweisung auf die leichtfertige Irritierung der Gelübde in 
5,5 III—IV. Dieser Befund entscheidet auch das Verhältnis 
von Ekkle 5, 1—2 zu Ekkli 7,14 (s. 0.) zu Gunsten des letzteren. 
Auf der andern Seite lehren die beiden Stellen wegen 
der Diskrepanz des Wortlautes deutlich, dafs der Verfasser 
des Predigers den Siraziden nicht etwa ausgeschrieben hat, 
sondern seine Ideen und Gedankengänge, wieersieim Gedächt- 
nisse hatte, auf sein Buch hat Einfluls gewinnen lassen. 
Ekkle 5, 9—6, 12— Ekkli 30, 14—31 (34), 11. Die beiden 
Abschnitte haben zweifellos literarische Beziehungen zueinander. 
Das lehrt die folgende Liste in ihrer Gesamtheit mit Sicher- 
heit, mag man auch über Einzelheiten streiten können: 
Ekkle 5,9 ab» yawı x) AD> an 
Ekkli 31 (34), 5 npar 85 yıarn am 
Ekkle 5, 10 23% 
Ekkli 31 (34), 6 99 — m 
Ekkle 5, 10.18; 6,3 naw 
Ekkli 30, 16. 18 ma 
Ekkle 5, 10 my nın\ DR 9 — W311 (vgl. 4, 8) 
Ekkli 30, 20 rasnE\ nn 193 
Ekkle 5, 11 T1ayıı nıw npino 
Ekkli 30, 25 (13b) Dwyun nrın am 35 mw 
Ekkle 5, 11 pw) 1) no man Twypb yarım 
Ekkli 31 (34), 1 1813 YBN YNIST ... 18Y pw 
Ekkle 5,13 si wyr1 Ta8) 
Ekkli 31 (34), 6 DaB 5y pam 
Ekkle 5, 14 Yny2 8° n5 (vgl. 9, 9) 
„ 515 mb buy 
„ 5,17 >nyw ıboy 522 (vgl. 6, 7) 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 139 


Ekkli 31 (34), 3 pn yapb vwy boy 
Ekkle 5, 16 A3p1 ‘mi man 892 ... vor 53 
Ekkli 30, 21 nsya Swan Im yes mb ınn IR 
„ 30, 23 nespa nbyn ya TBB pram nEsp 
„30, 24 manı Yptn ny no 
Ekkle 5, 17 nam mann minwbı band mp 
„ 5,18 ıboya nawbı ıpon na mw 
„ 519 yn won8 
5,19 (vgl. 9, 7) 125 nnowa 
Ekkli 30, 22£ vor Tas DIR I WR rn Di 225 now 
125 DD) WE) nD 
Ekkle 6,2 p. t. (der kranke Reiche) 
Ekkli-30, 14 was ya Twyı \osy2 m PDD In 
„ 30,17 wa axa28 Day nm D'yn Dvrb mins S1D 
Ekkle 6,2 non Janb pinban Selber 51 
Ekkli 30, 19 pm 51 Yo98T 89 WIR 
„30,20 MINNDI IR) 1Y2 
Ekkle 6, 2 53» we» on (vgl. 4, 8 WEI NN "ondN) 
Ekkli 31 (34), 4 ına non) 
Ekkle 6,5 mb mo anna yo ad\ (vgl. 5, 11 Jr) 15 nn 123m) 
Ekkli 30, 17 oDIy nn 
Ekkle 6,9 #33 rd DWy aD ab 
Ekkli 30, 20 Isno1 8% 13193 
Auch zu andern Stellen des Ekkli enthält Ekkle 5, 9—6,12 
verhältnismälsig viele Parallelen, besonders zu Ekkli 14, 3—19. 
Die hauptsächlichsten sind folgende: 
Ekkle 5, 17 ıpon sin 9 ......n218 minnby minwaı S1aRb 110° 
„ 5,18 pin ns new 
„6,2 mam "ws 5D 
Ekkli 14,14 ayn Is ms nponm Dynamo yınm IN 
(vgl. 7,15 npbora pbyu; 15,9 Yo porn mmo aD 9; 
38, 1 58 porn ms DI; 40,1 58 pon Sm pDy). 
Ekkle 6,1 DIRT 5y Kin a 2... my w 
Ekkli 11, 19 DS) I 00... Wien DIR np 


N 


ı Sm Gr. Vgl. 6,2 und $ 15 meiner Beiträge zu Samuel, Freiburg 1899. 


140 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


Ekkli 40,1 pıs 3 5y 723 Ay) 
Ekkle 6, 2 pindan neben 851 mm un 535 19835 "Dr 18) 
mbar! MD) WIR 3 DD a8) 
Ekkli 14,4 1 yayanı ınam2 “n8D PP! WEAD Yard 
(vgl. 14,14 [s. o.] und 14, 15) 
Ekkle 6,4 np we en 75 Jona sa banı m 
Ekkli 41, 10£ nn DR \nnn man > 38 NER DR NDRD 53 
m» 5 on DW IN na DIN bar 
Ekkle 6,5 nm yr 51 (Subjekt ist der Reiche, nicht die 
Fehlgeburt von V.3; s. u.) 
Ekkli 11,19 pn mm m YT SD see. N SNNSD "OR 
Ekkle 6,9 nn mya San m DM | 
 Ekkli34 (31),2°Qg dpaogöuevog oxıdg kai dIluKWwV Ävenov. 
Ekkle 6, 101 DIS NIT WR YyID) 10% NP2 ID ME ID 
Ekkli 14, 17 ya ya pop pm mb aa warn 53 
Ekkle 6, 12 van vr re pas) TO 
Ekkli 14,12 9 7 ab bmw pin. 

Dals aber Ekkle von Ekkli hier abhängig ist, beweist 
eine Reihe von Günden?. Gleich Ekkle 5, 9 (yawı 85 no> ar 
dan m oa mean 85 pona a8 Di AD2) erweist sich als eine 
weitere Ausführung von Ekkli 30, 5I (mp2 »5 yıarn am). Die 
stilistisch unschöne Wiederholung von A718 erklärt sich so sofort. 

Ekkle 5, 17—19 führen Ekklı 30,22—23 weiter aus. Ebenso 
beurteile ich Ekkle 6, 2 in seinem Verhältnis zu Ekkli 30, 14. 
Beachte besonders die Hinzufügung des abstrakten Urteils 
über den Wert des Reichtums in Ekkle 6,2 (y1 ‘om Jan m) 
statt der konkreten Darstellung in zwei anschaulichen Bei- 
spielen in Ekkli 30, 18—20. 

ü ı In der Erklärung dieses Verses hat de Jong (bei Wildeboer) m. E. 
das Richtige getroffen mit der Annahme einer etymologisierenden An- 
spielung auf Gn 2, 7 (meısi jo ...O78). Derartiges Etymologisieren war 
in den Rabbinenschulen des zweiten Jahrh. v. Chr. beliebt. S. Peters 85*, 

2 Wenn Scholz mit seiner Auffassung des Buches Ekkle recht hätte, 
was ın. E. nicht der Fall ist (siehe meine Besprechung in der Th. Rev. 1902, 
5—12), so würde schon der Umstand die Abhängigkeitsfrage entscheiden, 
dals es nur verständlich sein würde, wenn die eigentlich gemeinten Aus- 


führungen des Ekkli im Buche Ekkle allegorisch angewendet wären, wo- 
gegen das umgekehrte Verhältnis kaum denkbar wäre. 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 141 


Ekkle 5, 13a (99 jay2 a1 \WyT a0) geht auf eine schiefe 
Auffassung von Ekkli 31 (34), 6 (dy Prasım am San 71 013% 
DD [Deutung von }Y13877 vom Verlust des Reichtums statt 
vom ethischen Untergange; vgl. V.5]) zurück. 

Ekkle 5, 17 (1pan sin 3; vgl. V. 18) wird mit Ekkli 14, 14 
(vgl. 7,15; 15,9; 38,1; 40, 1) begründend operiert nach Art eines 
anerkannten Zitates. Dasselbe gilt von Ekkle 9, 9 und dem 
Verhältnisse dieser Stelle zu den genannten Stellen des Ekkli. 

Weiterhin wird Ekkle 6, 4 erst durch die Berücksichtigung 
der Grundstelle Ekkli 41, 10 verständlich. Gewöhnlich bezieht 
man Ekkle 6, 4 auf die V. 3 erwähnte Fehlgeburt. Diese ist 
aber nur vergleichsweise genannt. Das Subjekt von V. 4 ist 
dasselbe wie in V. 2—3 und V. 5-6, der Reiche nämlich. 
Dies verlangt auch der parallele Satz 5, 15 (7 > saw nny 53, 
‚sc. der Reiche), vor allen Dingen aber der enge Anschlufs in 
Ekkle 6, 4 (di ww wray 7» way 2 Sana ») an Ekkli 
41,10 (in ds no aan }> 2° NEN IR "DND 52), wozu Ekkli 
40, 11 (pro 58 Dpiinn win) Ar par O8 YanDb 55) zu ver- 
gleichen ist. Diese Parallelen lehren deutlich, dafs Ekkle 6,4—5 
auf das dunkle Jenseitsschicksal des Reichen zu beziehen ist, 
Die beiden Verse gehen auf die Scheol und ihr für den Reichen, 
der als Sünder gedacht ist, trauriges Schicksal in derselben. 
mo mb in V.5 fasse ich mit Scholz als landläufige Redensart 
(vgl. M3 Gn 38, 11; 1 Sm 21, 10 u. ö, Md Gn 16,18 u. ö,, 
mey m» Nm 22, 24), beziehe aber 5 auf das Jenseits, md auf 
das Diesseits, wodurch auch }d eine befriedigende Erklärung 
findet. Dals aber Ekkle die Idee eines verschieden gearteten 
Schicksals im Jenseits vertritt, beweist 12, 7 mit seinem Satze 
von der Rückkehr der Seele zu Gott, ein Satz, den Ekklı 40, 11 
in derselben Form ausspricht. Vgl. oben zu Ekkle 3, 21. 

Endlich sind die Ausführungen des Ekkle in 5, 9—6, 12 
reine Erweiterungen der in Ekkli 30, 14— 31 (34), 11 ent- 
haltenen Ausführungen über den Reichtum und den Genus. 
Bezüglich des Reichtums hat nämlich Ekkli die einfache Ideen- 
reihe: Der Reichtum an sich ohne Gesundheit ist wertlos 
(30, 14—20), er bringt Sorge (30, 21—31 [34], 2), er führt ın 


142 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus, 


Sünde (31 [34], 3—11); Ekkle dagegen: Der Reichtum bringt 
keine Befriedigung (5, 9), andere haben mehr Genufs davon 
als der Besitzer (5, 10), er bringt Sorge und Kummer (5, 11 bis 
12. 16), da er leicht verloren gehen kann (5, 13), sicher im Tode 
dahin ist (5, 14—15); ohne Gesundheit ist er ganz wertlos 
(6, 1—3), und im Jenseits winkt dem Reichen auch ein trübes 
Schicksal (6, 4—5; s. 0.). Dafls er aber in Sünde führt, ist 
offenbar die Voraussetzung des zuletzt genannten Gedankens. 

Bezüglich der Behandlung des Genusses verweise ich auf 
die Ekkli gegenüber breit ausmalende Darstellung in Ekkle 
5,17 ff (vgl. auch 3, 12; 8,15; 9, 7—10; 11, 9—10). Besondere 
Beweiskraft lege ich aber dem Umstande bei, dals Ekkli ein- 
fach die Erlaubtheit des Genusses als selbstverständlich dar- 
stellt, während Ekkle diese besonders zu betonen mehrfach 
für notwendig hält. Siehe 5, 17 (porn si 3; vgl. Ekkli 14, 14); 
5,18 (x DWIÖs no nt; vgl. 3,12); 6,9 (Pa DWY man am 
wB3). Ich erinnere auch an 11,10 (war mon 53 by 9 yn 
ppwp> DYTDRT), insofern hier deutlich eine Einschränkung des 
erlaubten Genusses vorausgesetzt ist!. 

Ekkle 7, 12 mann nyı ans apan 53a mean 933 “> 
möoya rn 

Ekkli 14, 27 79 mma3I9 39N8 (sc. moanm) mo33 moin 
Zum Texte des Ekkle s. Euringer z. St., zu Ekkli vgl. 40, 27 
(anen ma3 53 byy). 

Ekkli 14, 27 zeigt deutlich, dafs (93)2 in Ekkle 7, 12 nicht 
3 essentiae sein kann, wie Knobel, Hitzig, Wildeboer 
König (III $ 3388) u. a. meinten. Ich erkläre in Ekkle 
7, 12 mean 533 als Subjekt, 2037 533 als Prädikat des Satzes, 
so dafs sich der Sinn ergibt: Im Schatten, d. i. im Schutze 


ı Von dieser Klarstellung leicht milsverständlicher Wendungen des 
Ekkli in Ekkle bis zu einem wirklichen Gegensatze und einer tatsächlichen 
Bekämpfung der Anschauungen des Ekkli durch Ekkle, wie sie Halevy 
(1897, 77ff) zu beweisen versucht, ist aber noch ein weiter Schritt, 
Ich halte den auf dem Verhältnis von Ekkle 5, 11 zu Ekkli 40, 18, von 
Ekkle 3, 11—14 zu Ekkli 39, 16. 35 und von Ekkle 3, 18-21 zu 
Ekkli 40, 11 aufgebauten Beweis für völlig verfehlt, weil von falschen 
Lesungen und schiefen Auffassungen abhängig. 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 143 


(40, 27) der Weisheit zu sein, ist so gut, wie im Schatten des 
Reichtums zu sein; die Weisheit hat aber vor dem Reichtum 
noch ein Wichtiges voraus. Die Wendung mann 533 ist in 
Ekkle durch nichts motiviert, erklärt sich aber sofort, wenn 
es eine Anspielung auf Ekkli ist. Dort ist nämlich die Phrase 
533 (sc. mann) enthalten in dem in 14, 26—27 im Rahmen 
des grolsen Lobpreises der Weisheit (14, 20—15, 10) durch- 
geführten Bilde der Weisheit als eines Schutz und Schatten 
spendenden Baumes (vgl. Pıv 3,18 xYı own 99 und Is 4, 6 
435), das sich an das vorhergehende Bild vom Hause der 
Weisheit (14, 22—25) ungezwungen anschlielst. 

Auch der Gedanke in Ekkle, dafs Weisheit, d. i. Gottes- 
furcht, so gut resp. besser als Geld sei, wurzelt m. E. in 
Ekkli. Vgl. 40,25 (ads nam Diywoı 5a Top mom am). 

Ekkle 7, 16 nmwn mp5 Ann oannn Im na pre vn IN 

Ekkli 7,5 yaann I bo me mm ne) pmmsn 58 
Der Parallelismus der zwei Stellen springt in die Augen 
(prs an 58 — pmesn 58, narınn In — ann O8). Ekkle er- 
weist sich aber durch die Hinzufügung der Strafandrohung 
(onwn mb) und den Fortschritt des Gedankens (halte dich 
nicht selbst für gerecht: Ekkli; sei nicht zu gerecht und zu 
weise: Ekkle) als sekundär. Mit der Darlegung, dafs Ekkle 
7,15—18 als Protest gegen die scheinheilige Frömmelei und 
den selbstgerechten Pharisäismus im Interesse einer gesunden 
Religiosität zu fassen ist, hat Wildeboer m. E. den Nagel auf 
den Kopf getroffen. 

Auch unsere Parallele zeigt wieder, dafs Ekkle den Ekkli 
gedächtnismälsig verwendet und seine Gedanken verarbeitet. 

Ekkle 8, 12 ambnı mm) SB mm OR MR yIm DI © 

:BID INT WIN 

Ekkli 1, 13 T& goßounevw TOvV Küpıov ed Eotar Em 
&oydtwv, kai Ev Hucpg TEeXeuris aUTOU EeupNIE xXAapıv. 

In Ekkli findet sich die Stelle in dem einleitenden Ab- 
schnitt über die Weisheit = Gottesfurcht (1,1—20). Dagegen 
macht die Einführung des Gedankens in Ekkle durchaus den 
Eindruck der Hindeutung auf ein Zitat. Dies wird dadurch 


144 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


unterstützt, dals Y3B98 INY' "WIN augenscheinlich erbreiternder 
Zusatz ist, wie a ya) mm 8x5 a1 in Ekkle 8,13. Auch 
weist TN8D in V. 12 und DD! TAR' 85 in V. 13 des Ekkle 
deutlich auf xoi dwoeı...... nakponu£peucnv in Ekkli 1, 12 zurück. 

Ekkle 9, 10 my mm2 nwyb IT 8SDn "OR 52, 
sro Tor ns WR SNWS meam nym palm moyD JS > 

Ekkli 14,16 191 wp25 Siswa ys > IB) nBi np\ N 
In beiden Stellen wird der Gedanke, die Zeit zu genielsen, weil 
der Hades bevorsteht, verwendet (vgl. auch Ekkli 14, 11—12). 
Dabei ist die formelle Berührung so eng — ein Imperativ in 
der ersten Hälfte, NxW3 PX 3 in der zweiten (vgl. auch Ekkli 
14, 12) —, dals die Erklärung dieser zwei Momente durch Zu- 
fall nicht ausreicht. Ekkle ist aber m. E. schon an sich als 
weitere Ausführung des Ekkli anzusprechen. Dazu kommt 
ferner, dals auch sonst in Ekkle 9, 5—10 Ekkli 14, 11—19 deut- 
lich nachklingt. Denn 9, 5—6 wird der in Ekkli 14, 16 II 
nur angedeutete Zustand des Hades breit ausgemalt, während 
9, 7—10 (Essen, Trinken, Kleider, Öl, Frauenliebe) den Ge- 
danken von Ekkli 14, 11 (dan Tr sn | P sen 5 w' oX 9) 
behaglich schildert. Ebenso halte ich Dy1y5 ny Drb PR po in 
9, 6 sowie Dr Tpon Kin ‘> in 9, 9 (vgl. 5, 17.18) für Hinweise 
auf Ekkli 14, 14 II (Mayr Is ms npbnan). Sollte gar in 9,7 
(TeyD NN DWÖR 713% 133 9) eine direkte Berufung auf Ekkli 
(9, 11ff) als religiöse Autorität gegeben sein? Endlich klingt 
Ekkli 14,19 (ns wor vr byor | 12pT 21p1 voyn 5>) in Ekkle 
9, 10 wieder (NNWI . +... 9yD PN 2), ist aber breit ausgeführt. 

Ekkle 10, 8£ 339° DWas yoD 9 ..... DD 12 yon nen 8 


vr... DI 
Ekkli 27, 25 °O BaAAwv Aidov eis Uwog Erti kepaaniv auToÜ 
Badder...... 26 O öpuoowv BöApov Eis AUTOV EUTEDEITUL..... 


Ekkle 10, 8I und Ekkliı 27, 26 I stimmen wörtlich überein. 
Beide, Stellen könnten an sich aber auf Prv 26, 27 ruhen. 
Vgl. auch Ps 7,16. Es können jedoch auch, und das ist mir am 
wahrscheinlichsten, alle diese Stellen ein landläufiges Sprichwort 
voraussetzen. Da indessen unmittelbar daneben die Parallele 
Ekkle10,9I und Ekkli 27,261 steht, ist doch ein Abhängigkeits- 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 145 


verhältnis der zwei Stellen überhaupt sicher. Ekkle setzt aber 
die ganze Stelle des Ekkli, welche den Satz durchführt, dafs 
sich selber schadet, wer andere schädigen will, als bekannt 
voraus und zitiert zwei Stichen derselben, den einen wörtlich, 
den andern frei. Erst durch diese Beziehung finden die zwei 
Verse 8—9 des Ekkle ihre rechte Beleuchtung und Erklärung. 
Sie wollen sagen: Lals dich bei einem Mächtigen (V. 4) gegen 
andere nicht in Intriguen ein, weil du dadurch nur dir selbst 
Schaden zufügst (V. 8—9), wende vielmehr die Mittel der 
Weisheit an, um leicht — wie beim Gebrauche einer scharfen 
Axt, wie ein Schlangenbeschwörer durch seine Beschwörung — 
zum Ziel zu gelangen (V. 10—11). 


Ekkle 12, 13 8% Dymo ns yawı Jar 137 A0 
sous 93 m Qov ynsD NN 
Ekkli 43, 27 Jan aın 7 ypm non Rd Ra NY 


Dals Ekkle 12,131 und Ekkli 43, 27 II (vgl. Th. Tyler in 
der J. ©. R. XII 562) nicht unabhängig voneinander sein 
können, springt in die Augen. Schechter (26, A. 2) meint, 
dals diese Stelle des Ekkli zweifellos aus Ekkle stamme, 
„where it is only at the end of the book that the "37 AD 
can give a real sense*. Allein dieser Grund ist ganz wertlos, 
da @7T 28 resp. das synonyme "37 YP des Ekkli am Ende 
des Hymnus auf Gottes Herrlichkeit in der Schöpfung (Ekkli 
42, 15—43, 33) als das Resultat dieser Erörterung zusammen- 
fassend ebensogut palst wie im Epilog des Ekklesiastes. 

Dafs umgekehrt Ekklı die Grundstelle für Ekkle ist, halte 
ich wenigstens für sehr wahrscheinlich. In Ekkli kann aber 
von Pantheismus keine Rede sein. Der Sinn der Stelle ist: 
„Omnium rerum perfectiones ipse (sc. Deus) in se habet, omnia 
ei tribuenda et quod sunt et quod perdurant, ad eum omnia 
referri debent, ipse omnium est principium* (Knabenbauer 
426). Dieser Satz gilt in Ekkli von der gesamten Schöpfung, 
in Ekkle wird er angewandt auf das ethische Leben!. Das 
an sich etwas änigmatisch klingende 937 817 wird für das 





ı Vgl. übrigens 1 Kor 15, 28 iva ij 6 eds ta navra ev mäcıv. Über 
die Zitation von Ekkli 42,25—43,1 s. O. L.-Z. 111209—211 (Max Müller). 
Biblische Zeitschrift. I. 2. 10 


146 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


ethische Gebiet breit erklärt. Überhaupt halte ich den 
Epilog des Ekkle für konzipiert unter dem Einflusse der Schluls- 
strophe (43, 27—33) jenes Hymnus des Ekkli. V. 27I findet in 
Ekkle 12, 1—12 seine Ausführung und spezielle Anwendung. 
Zu V.321 vgl. auch Ekkle 12, 12 I und zu V. 33 Ekkle 12,14. 
M. E. weist insbesondere im letzteren Falle mwyn 53 ns “> 
DYıon (Ekkle 12, 14a) deutlich auf mm may Sa ns in Ekkli 
43, 33 I zurück, während y\oıı a8 On Dby3 53 5y npwna N'S' 
(Ekkle 12, 14b) Ekkli 43, 33 II nach einer speziellen Seite hin 
deuten will. 

Im Lichte dieser Auffassung des Epilogs des Ekkle er- 
scheint denn auch sein seither noch nicht befriedigend erklärtes 
yows bar als Zitat aus Ekkli 42, 23 und ist hiernach zu deuten. 
Dort ist der Sinn: Alles gehorcht (vgl. Peters z. St.) in der 
äulseren Natur, hier: Alles gehorcht auf ethischem Gebiete, 
wo der oberste Grundsatz heilst: Fürchte Gott und halte seine 
Gebote. Ich übersetze demnach Ekkle 12,13, auch für den 
Schlufs eine neue Übersetzung vorschlagend: 

„Der Rede Schluls, dem alles gehorcht, ist: Fürchte Gott 
und halte seine Gebote, denn das ist das Ganze für den 
Menschen.“ 


Das Resultat der Untersuchung ist: 

1. Die bei dem geringen Umfange des Buches Ekkle ver- 
hältnismälsig sehr grofse Zahl von Parallelen macht die lite- 
rarische Abhängigkeit des einen Buches vom andern sicher. 
Die Verfasser der beiden Bücher sind freilich beide aus der 
Schriftgelehrtenschule hervorgegangen, so dafs vielleicht manche 
einzelne Berührungen auf den Einflufs derselben zurückgeführt 
werden könnten. Aber die Gesamtheit der vorgeführten Paral- 
lelen läfst sich nur durch literarische Abhängigkeit erklären. 

2. Für die Abhängigkeit des Ekkle sprechen deshalb schon 
in etwa die unter Nr III besprochenen Parallelen. Die Ent- 
scheidung aber im Sinne dieser These bringen die unter Nr IV 
behandelten Stellen. 

3. Es bestätigt sich darum auch für die Parallelen unter 
Nr II die Vermutung, dafs Ekkle auf Ekkli ruht, und auch bei 


Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus, 147 


den Parallelen unter Nr I ist wenigstens teilweise eine Berück- 
sichtigung des Ekkli durch Ekkle immerhin wahrscheinlich. 


4. Man ist also berechtigt, für die Interpretation des 
Ekkle von der Tatsache seiner Abhängigkeit von Ekkli aureh 
gängigen Gebrauch zu machen, 

5. Dagegen darf Ekkli für die Textkritik des Ekkle ım 
allgemeinen nicht herangezogen werden. Denn der Prediger 
hat den Siraziden nicht etwa ausgeschrieben, sondern ihn 
nur gedächtnismälsig auf die eigene Schrift Einfluls gewinnen 
lassen. Siehe oben unter NrIV zu Ekkle 5, 3—5 und 7,161. 


Zum Schlusse noch ein paar Worte über den Sprach- 
charakter der beiden Bücher, insofern er für unser Problem 
in Frage kommt, und über gewisse zeitgeschichtliche An- 
spielungen des Buches Ekkle. 


Noch im Jahre 1896 konnte in der Einleitung in die 
Literatur des AT von Driver-Rothstein die Meinung aus- 
gesprochen werden: „Die Sprüche Jesus’, des Sohnes Sirachs... 
scheinen ... eine etwas weitere Stufe der Entwicklung des Neu- 
hebräischen darzubieten als Koheleth“ (512, A. 1). Dieses nur 
auf die in der rabbinischen Literatur erhaltenen Zitate sich 
stützende Urteil ist durch die hebräischen Originalhandschriften 
des Ekkli als ganz verfehlt erwiesen. Die Zitate sind sprachlich 
modernisiert. S. König 54f und 67ff und Pete'rs 27*. 


Dagegen beweist jetzt eine Anzahl von singulären Worten 
lexikographisch, dals Ekkle und Ekkli im ganzen einer Sprach- 
periode? angehören. Ich nenne 


1 Auch wenn die heute vielfach verbreitete Meinung im Recht ist, 
dafs viele Hände an dem Buche Ekkle tätig waren (siehe besonders Scholz 
und Siegfried), bleiben meine Resultate im wesentlichen unerschüttert für 
das ganze Buch, gelten nicht etwa nur für einige späteren Partien, sondern 
schon für die „Grundschrift“. Rechnet doch Siegfried z. B. wenigstens 
5, 9—10. 12—26; 6, 1—7; 7,16 zur ersten Grundschrift (Q!) und Scholz 
wenigstens öd, 9—16 zur ersten „Grundlage“ des Buches. 

2 Das die beiden Bücher in dieselbe Periode fallen, deutet auch 
noch die Nachricht des hl. Hieronymus an, dafs er Ekkli in hebräischer 
Sprache mit Ekkle und Ct vereinigt vorgefunden habe (Praef. in libros 
Salomonis [Loch, Biblia Sacra I, Ratisbonae 1849, p. xxxv)). 

10* 


148 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


P3, nur Ekkli13,7; 32 (35), 2 Rd; Ekkle 8,10 und Est 4,16, 

yy, nur Ekkli 31 (34), 13; 48.12 und Ekkle 12, 3. 

ylaydı, nur Ekkli 9,15; 42,3; Ekkle 7, 25 und 9, 10, 

jayr, nur Ekkli 6, 22(1) (= 27,5); Ekkle 7,25 und 2 Chr 
26, 15. 

y2 = sich abmühend, nur Ekkli 11,11; Ekkle 1, 8. 

>, nur Ekkli 30,12; Ekkle 5, 14; 9,12; 10,3 und 12, 7. 

>, nur Ekkli 13,4; Ekkle 10,10; 11,6 und Est 8,5 
(vgl. 73 Ekkle 2, 21; 4,4; 5, 10). 

jp2D8, nur Ekkli 4, 3; 30,13; Ekkle 4,13; 9,15 und 9, 16. 

vyp, nur Ekkli 3, 18; 32, 8; 41,19 Rd. und Ekkle 12, 3. 

T13D = Netz, nur Ekkli 9, 3; Ekkle 7, 26 und Jb 19, 6. 

31 = sich führen, nur Ekkli 3,26; 38, 27 und Ekkle 2, 3. 

mb»D, nur Ekkli 11, 16 (Mb3% wie Ekkle 1, 17); Ekkle 
2, 3.12.13; 7,25; 10,1. 13. 

Dsyy = Welt, nur Ekkli 3, 18; 16, 7 und Ekkle 3, 11 («. 
Scholz). 

day — mühevolle Arbeit, nur Ekkli 31 (34), 3; Ekkle 1,3; 
2,10.19 u. ö. 

WB, nur Ekkli 38, 14 und Ekkle 8, 1 (WB). 

DANd, nur Ekkli 5, 11; 8, 9, Ekkle 8, 11 und Est 1, 20. 

pe, nur Ekkli 4,7; Ekkle 8,4 und 8, 8. 

pn, nur Ekkli 47,9 (vgl. 42, 21 Gr.); Ekkle 1,15; 7,13 
und 12, 9. 

So verliert jetzt eine Reihe von Wörtern des Ekkle ihren 
singulären Charakter. Es bleiben jedoch immer noch eine Menge 
übrig. Vgl. die Liste bei Delitzsch 197—206?2. In Ekkli 
sind es aber verhältnismälsig — unter Berücksichtigung des 
fünffachen Umfanges des Buches Ekkli und seines viel um- 
fassenderen Ideenkreises — viel weniger. Man vergleiche den 
hebräischen Index bei Peters 435fl. Dieses Moment wird 
aber aufgehoben durch die Gewohnheit des Ekkli, sich nach 


ı Jr 49,36 '2 obıy, 'p obıy,. Das 'p wird m. E. durch den Zusammen- 
hang gefordert. 

2 Zum Teil kommt aber die Ursprünglichkeit der Lesart in Frage. 
Siehe A. Klostermann, Der Pentateuch, Leipzig 1893, 13. 


nn 





Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 149 


Möglichkeit an die Bibel anzulehnen (Ryssel 288, Peters 
siıf. Diese Tendenz erklärt m. E. auch Dinge wie das 
verhältnismälsig seltene Vorkommen von ‘Y in Ekkli (3, 22; 
'25, 8; 30,12; 31 [34], 15. 16.27; in 14,16. 18; 16, 3.15; 30, 11[1]; 
31 [34], 10a; 37, 3 der Überlieferung des Hb. ist -% nicht ur- 
sprünglich) gegenüber seinem überwiegenden Gebrauch in Ekkle 
(ungefähr 50mal, WR viel seltener), sowie den nicht seltenen Ge- 
brauch des Imperfektum mit } consecutivum in Ekkli (Cowley- 
Neubauer xım A.1; König 56f) gegenüber dessen beinahe 
völligem Verschwinden in Ekkle (vgl. Scholz xv), ohne dafs 
man gezwungen ist, eine ältere Sprachstufe für die Zeit des 
Ekkli als des Ekkle anzunehmen. Ich verzichte deshalb völlig 
auf die Betonung des Sprachlichen für den Nachweis der Ab- 
hängigkeit des Ekkle von Ekkli. 

Anders steht es dagegen mit verschiedenen zeitgeschicht- 
lichen Andeutungen des Buches Ekkle, insofern dieselben auf 
eine späte Entstehung desselben schlieisen lassen. Dahin ge- 
hört die deutliche Voraussetzung essenischer Sitten in 9, 2b 
(Nichtschwören, Nichtopfern; vgl. E. Schürer, Gesch. d. jüd. 
Volkes II3 567-568) sowie des völlig entwickelten Phari- 
säismus mit seinem Zaun ums Gesetz in 7, 15—18. Mit 
der Auffassung dieser Verse nämlich als einer Polemik gegen 
die überspannte Frömmelei mancher Zeitgenossen des Verfassers 
hat Wildeboer m. E. das Rätsel dieser Stelle ein für allemal 
gelöst. Solche „Mückenausseiher und Kamelverschlucker*“ hat 
es zwar allezeit gegeben und wird es allezeit geben. Da 
wir aber wissen, dals die Partei dieser Leute in ihrer ganzen 
Schroffheit unter den Juden seit der zweiten Hälfte des zweiten 
vorchristlichen Jahrhunderts nachweisbar ist (Schürer 11? 
404 fi), so darf ohne zwingenden Grund diese Polemik gegen 
dieselben nicht früher angesetzt werden. Dieselbe anti- 
pharisäische Polemik wird aber auch zur Erklärung der so 
häufigen Betonung des Genusses in Ekkle herangezogen werden 


ı Nach Scholz 81 würde essich in den drei Fällen, in denen es vor- 
kommt, um Bestandteile von Glossen handeln. 


150 Peters, Ekklesiastes und Ekklesiastikus. 


dürfen, da wir wissen, dafs die Pharisäer in ihrem aszetischen 
Rigorismus „auf den Lebensgenuls verzichteten und sich in 
nichts der Bequemlichkeit hingaben“ (Flav. Jos., Antiqu. 
18,1.3). Es sei auch verwiesen auf Ekkle 12, 12 mit seiner 
Polemik gegen die seit dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert 
immer mehr anschwellende apokryphe Literatur. Für die Ur- 
sprünglichkeit des Epilogs des Ekkle wolle man die kurze, 
aber inhaltreiche Ausführung Wildeboer's (165f) nicht über- 
sehen. Endlich sei erinnert an die oben unter Nr III zu 4, 16ff 
gegebenen Ausführungen, wonach Ekkle nicht vor 145 v. Chr. 
geschrieben sein kann. Es würde deshalb der Tod des Alexander 
Balas (145 v. Chr.) als terminus a quo für die Abfassung des 
Ekkle anzusetzen sein. Als terminus ad quem aber ist zu- 
nächst gesichert die Abfassung des Buches der Weisheit, d.i. die 
erste Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrhunderts (C. Sieg- 
fried, Philo von Alexandria, Jena 1875, 22—24 und Die 
Weisheit Salomons inE.Kautzschs Apokryphen, Tübingen 1900, 
479). Denn Sap ist nach Ekkle verfalst (E. König, Einl. 435; 
Condamin R.B. 1900, 366f). Sehr wahrscheinlich darf man 
aber noch weiter zurückgehen. Denn die altgriechische Über- 
setzung des Ekkle existierte wahrscheinlich 130 v. Chr. schon 
(Euringer 7—8). Wir würden demnach mit grolser 
Wahrscheinlichkeit Ekkle der Zeit zwischen 145 und 130 
zuzuweisen haben. Sicher aber ist Ekkle nach Ekklı (um 
190—180 v. Chr.!) anzusetzen, weil er diesen benutzt. 


ı Der von H. Lesetre (Ecclesiastique, Paris 1896, 9 f) und Halövy 
(638) wieder unternommene Versuch, Ekkli ins 3. Jahrhundert vor Christus 
zu verlegen, ist milsglückt. Siehe Ryssel 235ff und Knabenbauer 
2f. Letzterer hat die durch A. Deifsmann (Bibelstudien, Marburg 1898, 
255—257) beigebrachten ägyptischen Belege aus dem dritten und zweiten 
Jahrhundert v. Chr. nicht berücksichtigt. Dieselben entscheiden aber 
die Auffassung von Eni in Ev yap rw dyddw kal Tpiakootbı Era Em ToO 
EbepyeErou Baaılews mapayevnbeis eis Alyumrtov als pleonastisch, und erst 
damit ist die übliche Datierung des Ekkli völlig gesichert. 





Die Katenenhandschriften der spanischen 
Bibliotheken. 


Von Prof. Dr. M. Faulhaber in Würzburg. 


J; 

as Bedürfnis einer systematischen Untersuchung der 
D griechischen Kettenkommentare wird immer lebhafter 
empfunden. Die Editionen in dieser Literaturgattung bilden, 
soweit, solche überhaupt vorhanden sind, regelmälsig keine 
genügend feste Grundlage der Untersuchung. Die Forschung 
muls also auf die Handschriften zurückgehen. Das hand- 
schriftliche Material aber ist so weit zerstreut und türmt sich 
so berghoch in den Bibliotheken, dafs es nach dem Prinzip 
Divide et impera nur durch Arbeitsteilung bewältigt werden 
kann. Es müssen nicht blofs die Kettenkommentare zum 
AT und zum NT, selbst zu den einzelnen Büchern gesondert 
untersucht werden, es können auch nach dem lokalen Ein- 
teilungsprinzip die Katenencodices der einzelnen Länder und 
sogar, wenigstens soweit es sich um grölsere Handschriften- 
bestände handelt, der einzelnen Bibliotheken monographisch 
behandelt werden. 

Die Katenenhss jenseits der Pyrenäen sind noch niemals 
Gegenstand einer näheren Untersuchung gewesen. Die Biblio- 
thekskataloge gehen meistens mit einem nichtssagenden „Katene 
zum Buche Job“ über diese unbequeme und doch so wichtige 
Literaturgattung hinweg. Millers Katalog über den grie- 
chischen Fond der Escorialbibliothek hat verschiedene Katenen 
überhaupt nicht erwähnt. Für den Katenenkatalog von Karo- 
Lietzmann wurden laut Vorbericht! die spanischen Hss nicht 


ı Nachrichten der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 
Geschäftliche Mitteilungen, 1900, Heft 1, S. 20. 


152 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


eigens eingesehen. Es dürfte also keine unnütze Arbeit ge- 
wesen sein, als ich auf einer längeren Studienreise, die mir 
durch die Munifizenz der Görres-Gesellschaft möglich wurde, 
neben andern Arbeiten die Katenenhss Spaniens systematisch 
registrierte. 

Spanien besitzt nach meiner Zählung 39 Katenenhss 
mit 53 Katenen und 28 verschiedenen Katenentypen. 
Lokal verteilen sich diese 39 Codices auf die Escorialbibliothek 
(16), auf die National- (11) und Palast- (7) Bibliothek in Madrid, 
auf die Universitätsbibliothek in Salamanca (3), auf die Ka- 
thedralbibliothek in Toledo (1) und auf die Pilarbibliothek in 
Zaragoza (1). Zeitlich verteilen sie sich auf das 10.—17. Jahr- 
hundert. Der Senior der 39 ist saec. 10. Sechs weitere 
Pergamentcodices sind saec. 11 und 12, die grolse Masse 
(27) ist saec. 16. Zwölf smd von den Schreibern selbst 
datiert. Ebenso grofls ist der qualitative Unterschied: die 
einen erweisen sich als wertvolle Zeugen ihres Typus, sogar 
als Fundgruben für neue Patristica, andere können künftig 
ganz aulser Betracht bleiben. Im folgenden sollen nun die 
39 Spanier einzeln beschrieben, nach Typen ausgeschieden, 
in ihren verwandtschaftlichen Beziehungen auch zu aulser- 
spanischen Hss und in ihrem literarhistorischen Wert unter- 
sucht werden !. 


I. Genesis- und Exoduskatenen. 

Zum ganzen Oktateuch besitzt Spanien keinen einzigen 
handschriftlichen Kettenkommentar; nur zu den beiden ersten 
Büchern bezw. zur Genesis allein finden sich an 4 Orten, 
in Salamanca, Madrid, El Escorial und Toledo, 5 Katenen- 
codices mit 3 verschiedenen Typen. 

1. Salmaticensis Universitatis cod. 1. 1. 5, eine 
Papierhandschrift des 16. Jahrh. in Folio (34,4 x 23) mit 


ı Für mehrfach zitierte Werke verwende ich folgende Kürzungen: 
Karo-Lietzmann = Catenarum graecarum catalogus von G. Karo und 
J. Lietzmann. 1. Teil (II. und III. noch nicht erschienen). — Migne = 
Migne, Patrol. ser. graeca. — CL = Catena Lipsiensis. — Hohel. Cat. = 
Faulhaber, Hohelied-, Proverbien- und Prediger-Catenen, Wien 1%2. 


a ee 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 153 


256 Blättern. Die Folia sind nicht paginiert, nur die Qua- 
ternionen sind auf ihrer ersten und letzten Seite numeriert. 
Auf einem Vorsatzblatte: Procopio christiani sophista (sic!). 
Der Codex enthält die kürzere Katene, die sog. Epitome 
Prokops von Gaza zu Gn f. 1—161 und zu Ex f. 162 bis 
256. F. 1 die Überschrift: "Apxn obv deu Tg eis Tv Tevecıv 
ruv ExrkoyWv Emtoufis TIpokoriou xpıonavod Go@pLcToÜ. Incipit: 
"Hön tv xai tmpörtepov.... ed. Migne 87!, 21. Desinit: ypapi 
wvworv (+ Doxologie). TeXog tfig Fev&oewg, dazu eine fehler- 
reiche Unterschrift. f. 162: Eis mv "EEodov. Inc. Tois xar- 
exonevoig uno ToÜ.... ed. Migne 871, 512. Des. xata TÖ Yerpan- 
nevov. TeAog is ’EEödou. Die mehrfachen Wort- und Satz- 
lücken deuten auf eine teilweise unleserliche Vorlage, z.B. f. 8 
vevonevnv vonowyev [Lücke] Heoö roivuv vonteov...; f. 115V 
öv dedwröta [], f. 116 inc. Tüg Nuepas Kai... 

Was Migne 871, 21—690 als prokopianische Genesis- und 
Exodusepitome edierte, ist aus A. Mai, Classicorum auctorum 
tom. VI 1—347 und aus der Catena Lipsiensis, von Gn 18, 2 ab 
sogar ausschliefslich aus CL abgedruckt, geht also indirekt 
auf Vat. 1441, Ottob. 141 und Monac. 358 zurück; die Edition 
Mais hat nämlich, wie ich in meinen Hohel. Cat. 25 Anm. 
nachgewiesen, 3 römische Schwesterhss (Vat. 1441 saec. 16 [!], 
Ottob. 141 saec. 17 [!] und einen gleichalterigen, später auf dem 
Transport mit dem Schiffe untergegangenen Codex der Bibliothek 
Albanı) zur Grundlage und reicht wie diese nur bis Gn 18, 2; 
der heutige Monac. 358 saec. 11 aber war von Nicephorus für 
die Ausgabe der grolsen Oktateuchkatene zur Identifizierung 
anonymer Kettenzitate und zur Ergänzung des prokopianischen 
Materials herangezogen worden!. Die meisten Hss, welche 
die Genesisepitome des Sophisten von Gaza enthalten, haben 


ı Jene Scholien, die in den Quellenhss der Ausgabe anonym waren 
und von Nicephorus als Prokops Eigentum identifiziert wurden, sind in 
der CL mit einem Asteriscus versehen. Zwei Sternchen bedeuten, dafs 
die betreffenden Procopiana in den Quellenhss gänzlich fehlten und aus 
Monac. 358 ergänzt wurden. Mit den eckigen Klammern soll das um- 
grenzt werden, was andere Hss den Katenencodices gegenuber in sonst 
gleichen Scholien plus hatten. 


154 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


den gleichen fragmentarischen Schlufs bei Kap. 18, 2 wie die 
3 Römer: nach P. Wendland (Neuentdeckte Fragmente Philos 
3l1f) auch die 2 Wiener, theol. 47 und 68, und der Berliner 
Philipp. 1426, alle drei Kinder des 16. Jahrhunderts. Unsere 
Salamancahs gehört, wenn sie auch nicht so vollständig und 
nicht so alt ist, zu dem ältesten und besten Überlieferungs- 
zeugen, zu dem Monac. 358, und wird für eine Neuausgabe 
der Genesis- und Exodusepitome trotz ihrer Jugend immerhin 
zu beachten sein. 

2. Matritensis nationalis 4673, mit der früheren 
Signatur O. 10, eine Papierhs des 16. Jahrh. mit 542 (soviel 
beschrieben) Blättern (35,1x< 24,1; Schriftraum nur 21,8x< 12,7), 
enthält in der Form der Breitkatenen einen Kettenkommen- 
tar zur Genesis f. 1—261" und zum Johannesevangelium 
f. 262—542r. Bibeltext, Autorennamen und Initia sind rubri- 
ziert. Die Scholien sind nur im Anfang mit Zahlenbuch- 
staben numeriert. Die Hs beginnt ohne Überschrift und 
Einleitung lückenhaft mit Gn 1,1 ’Ev dpxn &noin... (sic), in 
der Kettenexegese mit Ovdtv OTeppöv eixov... [Lücke] Ev rn 
’Apaßig [] de th vov... naıdög poonyöpeucev. Gegen Ende 
verjüngt sich die Genesiskette, während die biblischen Rubra 
häufiger werden. Das letzte Scholion f. 260: KupiAkou- TIpo- 
teroxe PaxnX... E&mi uadnreiav, dann f. 260—261” lauter Bibel- 
text, des. &v Alyintw = Gn 50, 26. 

Die Genesiskatene dieses Madriders gehört zu jenem 
Kettentypus, der von Karo-Lietzmann 5—7 als Typus U 
aufgezählt wird und eine reiche literarische Ausbeute 
an neuen Väterexegesen zum ersten Buche der Bibel ver- 
spricht!. Als Ganzes wurde diese Rezension niemals ediert; 
nur soweit ihr Material sich mit Scholien des Typus III deckt, 
ist es in der CL mitediert. Eine Namenliste der (34) Scho- 
liıasten habe ich in meinen Hohel. Cat. 69f Anm. samt 
ihrer Scholienzahl zusammengestellt. Es sind fast lauter sehr 


—— —-  — 


ı Für solche, die den Wert des Waldes nur nach seinem Holzertrag 
beurteilen, werde ich die aus den Katenen zu erhoffende Beute später 
einmal in einer eigenen Tabelle zusammenstellen. 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 155 


alte und zum Teil wenig bekannte Hagiographen. Der Kron- 
zeuge für eine neue bezw. für die erstmalige Ausgabe ist 
nach Karo-Lietzmann 7 der Moskauer 385 saec. 10. Zwei 
weitere Zeugen liegen in Rom, Barber. VI. 8 und (der frag- 
mentarische) Vat. Reginae 7, beide saec. 16. Als vierter reiht 
sich jetzt unser (von Karo-Lietzmann nicht registrierter) 
Madrider 4673 an, der nach meinen Stichproben ein nächster 
Verwandter des Barber. VI. 8 ist. Ein direktes Abhängig- 
keitsverhältnis kann zwar nicht zwischen beiden bestehen, weil 
jeder dem andern gegenüber einige Male plus und melius 
hat; dagegen scheinen beide aus der gleichen Vorlage zu 
stammen. 

Die drei folgenden Codices überliefern ein grölseres oder 
kleineres Stück der Nicephoruskatene, gehören also zu 
jenem Typus, der einen weitverzweigten handschriftlichen 
Apparat in den europäischen Bibliotheken hat. 

3. Escorialensis 2.1.6, früher mit der Signatur III. A. 6. 
I.l. 10 und L H. 17, laut Unterschrift aus dem J. 1586, mit 
420 Blättern (34,9 x 24,9), ist inhaltlich eine Genesiskette 
(f.1—237) und eine Exoduskette (f. 237"—417”), formell eine 
fleilsig und schön geschriebene Rahmenkatene in wechselnder 
Form; der Bibeltext ist nämlich bald von 3, bald von 2, bald 
nur von 1 Seite mit Kettenscholien umrahmt. Titelangaben, 
Lemmata, Zahlenbuchstaben und Anfänge sind rot, nur die 
Initiallettern der Namen sind schwarz. Auf dem ersten Vor- 
blatt: ’EEnynoig dIapöpwv eis nv rralaıdv Ypaprıiv. Auf dem 
zweiten: ’Apıoteou rnpös Pıkoxparmnv Teepi TWV EKBdounkovra 
epunveurWv. ’EEnynors dIapöpwv Ayliwv Trattpwv, Oeodwprjtou, 
Bacıkeiou, Xpucoctönou, Zeßnpıavoü, "‘Akariou, Atodwpou Koi 
Erepwv eis tv Feveoıv xai eis nv "EEodov. Aristei (sic) ad 
Philocratum de 70 interpretibus. Expositio diversorum in 
Genesim et in Exodum cum picturis. Dann folgen f.1 zwei 
Abhandlungen, die auch in Pal. 203, Vat. 746 (von späterer 
Hand), Vat. 747, Vat. 383, Vat. 1668, Angel. 114 u. a. der 
Oktateuchkatene voranstehen, in der CL dagegen fehlen, 
nämlich: ’Apıoteag ®iloxparteı‘ "AgıoAöyov dinynoewg ... des. 


156 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


f. 17° xaAkıotov Enadkov, und: Oeodwpnrog “Ynariw‘° Kai 
aAkoı uev... Heonvevotou ypapfis ed. Migne 80, 75 sq. Die 
eigentliche Katene inc. f. 18: T&veois. Oceodwpntou* Ti drnote 
un ».. Merpeiv eiwde ... Eprnuw ouv£ypapev. Des. in der 
‚Erklärung f. 234" fragmentarisch mitten in dem Scholion 
Arodwpov‘ Tıves eis Tlaüdov zu 49, 27 mit moAAwv &dvWwv d1ö 
ön'. Die folgenden 4 Seiten sind unbeschrieben; f. 237 der 
Schlufs des Genesistextes von Erexdnoav Eni unpWwv bis &v 
Alyintw, d.i. von 50, 23°—26, ohne Erklärung. Aufserdem hat 
Escorial. £. L 6 noch 2 grolse Lücken f. 31"—33 und f. 93’—96r. 
F. 31" endet mitten auf der Seite mit rjuepWwv Apıduöv aus 
einem Theodoretzitat Ti &orı zu 1, 14 und beginnt nach 3 leeren 
‘Seiten f. 33 mit mupäg fAAato aus einem Scholion des gleichen 
Autors Ara ri zu 1, 24; in der Vorlage fehlten also 13 Scholien, 
vgl. Pal. 203 f. 34 Zeile 18 v. u. bis 36” Zeile 16 v. u. oder 
Vat. 383 f. 32-35, Vat. 747 f. 16’—17, Vat. 1657 £. 1-3, 
Barber. IV. 56 f. 10-12 u.a. Die dritte Lücke entstand im 
Escorial. &. I. 6 durch Ausfall des gesamten Kettenmaterials 
zwischen tW dE Tpıoxmdexratw (des. f. 93”) und Edwke ToLg 
&x8poüg (inc. f. 96”), d.i. von Gn 14, 4—20. Die Exodus- 
kette beginnt anonym "Or to npWTovV ... Td npöcTayna und 
TTiaiveı (Paiveı ed. CL I 952) uev Yüp... Kata TO Yerpauuevov, 
also genau wie meine Römer Vat. 746, 747, 748, 2131, Barber. 
IV. 56. Dann f. 417° die Unterschrift: TeXog rs ’EEödon. 
Xeıpi NikoAdou Touvppiavoü xai Bacıkıkoü dvrırpapews. Erei TOÜ 
kupiouv apııs. Die letzten Blätter sind leer. 

Die Mutterhs dieses Escorial. &. I. 6 mufs sich aus den 
angegebenen Lücken bestimmen lassen. Sicher gehört er in 
die Familie b?, zu Vat. 746, 747, 383; vgl. den Stammbaum 
Karo-Lietzmann 11. Die Titelnote des Spaniers „cum pic- 
turis* kann sich, da er selber nicht illustriert ist, doch nur 
auf seine Vorlage beziehen, würde also für Vat. 746 und 747 
bezw. für deren gemeinsame Vorlage zutreffen. Mit Vat. 383 
hat unser Spanier einige auffallende spezifische Lesarten und 
die umfängliche Begrenzung auf Gn und Ex gemeinsam, kann 
aber dessen Kopie nicht sein, weil Vat. 383 einmal plus (f. 32 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 157 


bis 35) und einmal minus (f. 319) hat. Dagegen läfst sich be- 
weisen, dals Escorial. £. I. 6 in gerader Linie von Vat. 
746 saec. 12-13 abstammt: Im Vat. 746 ist zwischen f. 24 
und 25 ein Blatt verloren gegangen; damit entstand auf das 
Wort genau die Lücke, die für Escorial. £. I. 6 f. 31"—33 
angegeben wurde. In beiden Codices hat das Theodoret- 
scholion "Donep ei rısg zu 1,26 das fragmentarische Explicit 
züv verovötwv: Vat. f. 287 coll. Escor. f. 36-37”. Der Römer 
hat das f. 73" zu 18,20 stehende Gennadiuszitat Taum fs 
auf f. 78” zu 19, 33 wörtlich wiederholt, ebenso f. 81" das ano- 
nyme Kara dvaywynv in dem Toüto ouykpır&ov; die gleichen 
fehlerhaften Dupla im Spanier f. 108” coll. 114” und 119” sq. 
Escorial. X. IL. 6 stammt also geradlinig vom Vat. 746 her, aber 
nicht unmittelbar als dessen Tochterhandschrift!; 
denn die beiden andern Lücken des Escorialcodex, jene f. 93” 
bis 96” und f. 234’—236” finden sich nicht im Vat. 746. Wenn 
die Vermutung von P. Wendland (Aristeae epistula p. x), 
unser Spanier sei eine Abschrift aus Paris. 130, richtig ist, 
so wäre dieser Pariser ebenfalls als direkter Nachkömmling 
des Vat. 746 und als Zwischenglied zwischen diesem und dem 
Escorial. £. IL. 6 erwiesen. In jedem Falle wird unser Es- 
corialensis fernerhin für die Forschung entbehrlich. 

4. Escorialensis 2. II. 17 (früher III. ©. 3 und III. E. 4), 
am 16. August 1572 von Andreas Darmarius von Epidauris 
zu Ende geschrieben, enthält auf 412 Blättern (28,2 x19,5) eine 
Genesiskatene und zwar den von Nicephorus edierten Typus 
in der dezimierten Scholienzahl. 20 Zeilen. Grofse Ränder. 
Breitkatene. Überschrift, Initien, Namen rot, ebenso das keiuevov 
und £punveia, das regelmälsig Bibeltext und Exegese begleitet. 
Die Namen innerhalb der Zeile. Am Rande einige Korrek- 





ı Vat. 746 ist im Anfang verstümmelt; f. 1—13 ist von späterer 
Hand ergänzt; das ist der Schrift nach schon vor 1586 geschehen. Im 
Vat. 746 ist ferner das Blatt 74 falsch eingeheftet (statt zwischen f. 68 und 
69); im Escorial. ist hier (f. 98—100) alles am rechten Orte; die Buchbinder- 
sünde kann aber auch nach 1586 erst begangen worden sein. Daraus 
würde also die mittelbare Herkunft des Escorial. vom Vat. 746 sich 
nicht beweisen lassen. 


158 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


turen. Überschrift und Anfang: Tob oopwrarou MapkeAkivou 
uno diapopwv EEnnynois. Teveoic. kelnevov’ 1, 1. &punvela. Oeo- 
dwpitou' Merpeiv eiwdev!... Eprnuw guverpapev = Pal. 203 
f, 23, ed. CL I 1. Die letzten 4 Scholien f. 412": 1. "InmoAv- 
ou‘ Ankoütaı Auiv... xeinevov &diwkev — Vat. 747 f. 71, ed. 
CL 1543. 2. ‘O Züpog to &dera = f. 71, ed. I 542. 3. Oi 
uev Alyunmior... tpakovra = f. 71”, ed. I 547. 4. Tönog &oti 
tepav ... TÖnog Kküurkou — f. 71°, ed. I 548. Dann die Unter- 
schriften: T&Xog tig Tev&oews. “Yno ’Avdpeou Aapuapiov TOU 
"Embdaupiou vioü Fewpylou oüv Bew eiAnpe Tepua Ev TW Era 
apoß auyovotw ıd. 

Die Varianten des Escorial. £. IL. 17 im Vergleich mit 
den Eingangsproben bei Karo-Lietzmann 9 sind: Nr 6 und 7 
fehlen; in 10 fehlt die Frage ti dnnnote... dönmoupylas. Nach 
meinen Stichproben zu Gn 1,17—19?2 ist der Escorialensis 
unter allen mir bekannten Codices am nächsten mit dem 
Brit. Burn. 34 saec. 15 verwandt, zu dem er im Verhält- 
nis einer Schwester-, vielleicht sogar einer Tochterhs steht. 
Dals Burn. 34 hinwiederum sehr intime Beziehungen zur Familie 


ı Das gleiche eigentümliche Incipit in dem römischen Vallic. C. 4 
saec. 13 f. 2. 

2 Dieses Komma würde sich als Stichprobe der Genesisketten am 
meisten empfehlen, weil an diesen 33 Nummern die Hss sich rasch nach 
Familien gruppieren und namentlich die Deszendenten des Vat. 746 und 
die Quellenhs der Nicephorusausgabe sich rasch zu erkennen geben wür- 
den. Von den 2 Quellencodices des Nicephorus, die noch nicht identifi- 
ziert und wahrscheinlich in Konstantinopel zu suchen sind, begann der 
eine, saec. 12, erst mit Lv und endete mit Ruth; der andere, die Haupt- 
quelle der Edition, eine Dodekateuchkatene saec. 11 in Rahmenform, 
hatte hier in dem Scholion Nr 3 Eüoeßiou (in Pal. 203 f.35 u.a. + Em- 
oxönou Eueong) Znreitai eine Lücke, an der sie sehr leicht wiederzuerkennen 
wäre, nämlich CL I 35 2.10f v. oben: ...unde elodvonnyöra obk Av 
€yivero... Nicephorus vermutet richtig, es müsse etwas feblen. Nach 
Vat. 747 £. 17 Z. 23 u.24 v. oben fehlt das hier Eingeklammerte: ... uf 
de el; buoluas Apındueva: Evıa dE did mAeciövwv TÜV ErWv parvöueva* el 
de Exıveito 6 obpavöc, Axlvnra Tadra Exwv xal Ev &aurü me]nnyöra. oUK 
&v Eyivero... Wie vielfach die Nicephorusausgabe, die im übrigen eine 
der besten und genauesten Kateneneditionen ist, auch sonst noch aus den 
Hss verbessert werden kann, wird in meinen Hohel. Cat. 28f Anm. 
angedeutet, 





u - -elee: Dias En en un. 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 159 


der Pariser 128, 130 und 132 hat (Karo-Lietzmann 14), be- 
stätigt sich auch an meinen Proben. 

Der Titel des Escorial. £. IL 17 bezeichnet genau wie 
eine portugiesische Hs! einen gewissen Marcellinus als 
Autor der Genesiskatene. Das handschriftliche Zeugnis hat 
zwar, weil beide Stimmen erst im 16. Jahrh. laut werden, ein 
sehr leichtes Gewicht. Immerhin wird die Einzeluntersuchung 
der Oktateuchkette erklären müssen, ob Marcellinus für den 
Nicephorustypus der Genesis- bezw. Pentateuchkatenen als 
Autor in Betracht kommen kann. Gegen Lindl habe ich in 
der Literarischen Rundschau 1903 Nr 4 behauptet, die Nice- 
phorusrezension sei nicht mit den Eclogae des Kettenfabri- 
kanten von Gaza identisch, sondern von einem nachprokopia- 
nischen Epigonen aus Prokops Eclogae und Epitome zusammen- 
gestellt; es bliebe nun zu untersuchen, ob nicht Marcellinus 
dieser Epigone wäre. (Fortsetzung folgt.) 





ı Die einzige Katenenhs, welche Portugal besitzt, nämlich cod. 540 
saec. 16 im Archivo da Torre di Tombo in Lissabon, enthält nach Graux- 
Martin (Notices sommaires des mss. grecs d’Espagne et de Portugal, 
Paris 1892) die Genesiskette des Escor. £. II. 17 mit der gleichen, auf 
Marcellinus lautenden Überschrift (nur &nö statt ümö), mit dem gleichen 
Anfang und Ende, und im Anschlufs daran ähnliche Kommentare zu den 
übrigen Büchern des Pentateuch, ohne dals hier der Name Marcellinus 
ausdrücklich wiederholt ist. Diese beiden Codices der iberischen Halb- 
insel scheinen also nicht blols lokal, sondern auch genetisch einander 
nahe zu stehen. 


Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit 
Jesu. 


Von Prof, Dr. Johannes Belser in Tübingen. 


IT. (Schluß.) 


Johannes allein, höre ich sagen, genügt zum Erweis der Un- 
haltbarkeit jener Hypothese, und zwar schon die Kap. 2—4. 
Hier wird die Reise Jesu nach Jerusalem zum Österfeste 782 
erzählt, eine Wirksamkeit Jesu in der Landschaft Judäa und 
zwar bis in den Dezember dieses Jahres, ferner die Reise von 
Judäa über Samarien nach Galiläa, wo dann der Herr die 
von den Synoptikern berichtete Wirksamkeit (Mt 4, 12ff und 
Parallel.) entfaltete; sonach beginne diese frühestens Ende 
Dezember oder im Januar 783 und so sei das Passah 783 
als Leidenspassah von vornherein ausgeschlossen. Ausgangs- 
punkt und Hauptgrundlage der Beweisführung ist Jo 4, 35. 
Der Heiland sprach zu seinen Jüngern am Jakobsbrunnen: 
„Saget ihr nicht, dals es noch vier Monate sind, und dann kommt 
die Ernte?“ Man wollte diese Worte schon als Sprichwort 
fassen in dem Sinne: Von der Aussaat bis zur Ernte vergeht 
ein Zeitraum von vier Monaten. Aus verschiedenen Gründen 
hat man indes ziemlich allgemein diese Interpretation auf- 
gegeben und die andere vorgezogen, wonach der Herr den 
Jüngern sagen will: bei der jetzigen Jahreszeit und beim 
gegenwärtigen Stand der Saatfelder müsset ihr selbst be- 
stätigen, dafs es noch vier Monate dauert, bis die Zeit der 
Ernte kommt. Nun fand die Aussaat in Palästina im No- 
vember und die Ernte im April statt; danach scheint sich 
die unabänderliche Schlulsfolgerung zu ergeben, dafs das Er- 
eignis am Jakobsbrunnen im Dezeniber 782 stattgefunden hat, 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 161 


‘Man glaubte geradezu, in dieser Stelle Jo 4,35 einen un- 
verrückbaren chronologischen Markstein erblicken zu dürfen, 
an welchem man sich bezüglich der ersten Zeit der öffent- 
lichen Wirksamkeit orientieren könne: es würde da zwischen 
dem öffentlichen Auftreten Jesu in Jerusalem am Osterfest 
782 (Jo 2,13ff) und dem Anfang des galiläischen Wirkens 
ein Zeitraum von etwa neun Monaten liegen. Da der Heiland 
nach den Andeutungen des Johannes (2, 23ff) von Jerusalem 
gleich nach dem Österfeste, ja vielleicht noch innerhalb der 
Festoktav wieder abging, so mülste er den ganzen langen 
Zeitraum von neun Monaten mit Predigt der Bulse und 
Spendung der Taufe neben dem Vorläufer in der Landschaft 
Judäa zugebracht haben. Gegen diese Auffassung des johan- 
neischen Berichtes machen sich nun aber bei einläfslicher 
Prüfung doch ganz gewaltige Bedenken geltend. 

1. Zuerst muls man fragen: Hat der Heiland in diesem 
ersten Jahr seines Wirkens nur das Passah, nicht auch das 
Pfingstfest und die Laubhütten in Jerusalem gefeiert? Es 
würde sich diese Vorstellung wirklich ergeben: er zieht nach 
dem Passah von Jerusalem ab und wirkt in der Landschaft 
Judäa ununterbrochen bis Dezember; dann geht er über 
Samarien nach Galiläa. Nach unserer früheren Ausführung 
.(8. 63) erscheint die Unterlassung eines Besuches an den beiden 
Festen Pfingsten und Laubhütten 782 als undenkbar. Oder hat 
vielleicht Johannes diese Festbesuche nicht berichtet, ebenso- 
wenig als die Synoptiker? Aber das ist ausgeschlossen durch 
den Charakter seines Ev (Beschreibung gerade der Festbesuche). 

2. Der Bericht des Johannes über die Reise Jesu durch 
Samarien (4, 5ff) ist der bezeichneten Auffassung durchaus 
ungünstig. Eine unbefangene Auslegung dieses Abschnittes 
führt zu dem Ergebnis, dafs der Evangelist erzählt: Jesus 
kam ungefähr abends 6 Uhr, der regelmälsigen Zeit des 
Wasserholens (Gn 24, 11), am Jakobsbrunnen ermüdet und 
dürstend an, hatte die Unterredung mit dem Weibe und 
nachher mit den Jüngern und den Sychariten. Die ange- 


'deuteten Züge der Erzählung schlielsen den Gedanken an 
Biblische Zeitschrift. I. 2. 11 


162 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


den Dezember als Zeit der Durchreise aus und weisen auf 
das Frühjahr oder den Sommer hin (vgl. Einleitung 352). 

3. Der genannten Auffassung tritt als sehr starkes Hinder- 
nis in den Weg Jo 4,45: als der Herr von Judäa durch 
Samarien nach Galiläa zurückgekehrt war, um hier seine 
Wirksamkeit zu beginnen, nahmen ihn die Galiläer mit Freuden 
auf, weil sie die Wunder geschaut hatten, welche er am Oster- 
fest zu Jerusalem gewirkt. Danach war der Eindruck der 
jerusalemitischen Wunderwirksamkeit bei den Galiläern noch 
ein ganz frischer. Dies weist wieder bestimmt auf den Mai 
782 als Zeit der Ankunft ın Galiläa hin, nicht auf den 
Dezember (Einleitung 355f). 

4. Damit hängt ein weiterer, bisher völlig unbeachteter 
Punkt zusammen. Der Heiland war im Monat März 782 von 
Kana nach Verrichtung des Weinwunders an den See hinab- 
gestiegen und hielt sich zu Kapharnaum „nicht viele Tage 
auf“, um dann sofort zum Osterfest nach Jerusalem aufzu- 
brechen. Was für einen Zweck hatte doch diese Reise nach 
Kapharnaum? Eine Lehr- und Wunderwirksamkeit wollte 
der Heiland damals dort nicht entfalten; es gibt nur eine 
zutreffende Antwort auf die gestellte Frage: der Herr wollte 
damals in Kapharnaum Quartier bestellen, um nach der Rück- 
kehr aus Judäa seine Tätigkeit in Galiläa zu beginnen. 
Nun sagt sich aber doch jedermann: eine solche Vorbereitung 
wäre damals, ganz kurz vor dem Osterfeste 782, nicht erfolgt, 
wenn der Heiland sich mit dem Gedanken getragen hätte, in 
Samaria und Judäa volle neun Monate zuzubringen; dagegen 
erklärt sich das Verfahren Jesu vortrefflich, wenn er im Sinne 
hatte, nach ungefähr 4-5 Wochen aus Judäa nach Galiläa 
zurückzukehren und dann in Kapharnaum zu wirken. 

5. Wenn man sich Klarheit darüber zu verschaffen sucht, 
welcher Art die Tätigkeit Jesu in der Landschaft Judäa während 
der angenommenen neun Monate, April bis Dezember, gewesen 
sei, so gibt uns Jo 3, 22 u. 4, 1—2 Aufschluls: er taufte 
oder liefs durch seine Jünger taufen. War dies etwa eine 
der johanneischen Bufstaufe ähnliche Taufe behufs Vorbereitung 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 163 


zum Eintritt ins messianische Reich? Unmöglich. Denn nach 
den Berichten der Synoptiker liefsen sich die Bewohner von 
Judäa in grolsen Massen von Johannes taufen (Mt 3, 5; 
Mk 1,5; Lk 3, 7), so dafs zur Spendung der Bufstaufe in 
dieser Landschaft nicht mehr die Zeit von neun Monaten 
notwendig war. Bei der durch den vierten Evangelisten be- 
richteten Taufe Jesu in Judäa handelte es sich um die Spen- 
dung der messianischen Taufe behufs Aufnahme in die Jünger- 
schaft Jesu. Die Angabe des Johannes (4, 1) lälst keineswegs 
auf eine grolse Menge der durch Jesus bezw. durch seine Jünger 
Getauften schlielsen; der Evangelist will die aus Jerusalem 
anwesenden Späher einer groben Übertreibung und die Phari- 
säer leichtgläubiger Voreingenommenheit zeihen; auch zogen 
diese Spione allem nach nicht die ganze Menge der von 
Johannes Getauften in Vergleich, sondern nur diejenigen, 
welche aus Anlals ihrer Anwesenheit zu den beiden Täufern, 
und zwar zu Johannes in geringerer Zahl, hinzuströmten. 

6. Jo 4, 1 enthält noch ein weiteres Beweismoment. 
Nach der dortigen Angabe veranlafste den Herrn die Kennt- 
nis seiner Erfolge seitens der Pharisäer in Jerusalem zum 
Wegzug aus Judäa. Die katholischen Exegeten sind unter 
sich einig, dals dieses vom vierten Evangelisten genannte 
Motiv wohl vereinbar sei mit dem Mt 4,12 (vgl. Mk 1,14) 
angeführten (Kunde von der Einkerkerung des Täufers); der 
nähere Anlals des Weggangs Jesu aus Judäa war sicher die 
Erbitterung der Pharisäer; die Kunde von der Gefangennahme 
des Täufers war insofern von Einfluls, als die feindliche 
Stimmung der Pharisäer durch das Vorgehen des Herodes 
Antipas gegen den Täufer für eine weitere Wirksamkeit Jesu 
in Judäa bedrohlicher erscheinen mufste. Da der Herr sofort 
bei seinem Erscheinen am ÖOsterfeste durch sein Auftreten 
nicht blols die volle Aufmerksamkeit, sondern auch tödlichen 
Hals „der Judäer“ erregt hatte (davon später), so muls man 
annehmen, dafs sie gleich auf die erste Kunde von seiner 
Wirksamkeit in der Landschaft Judäa ihm Späher nachsandten 


und durch diese Kunde erhielten. Es ist geradezu unmöglich 
11” 


164 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


zu glauben, dafs diese Kunde erst im Anfang des Dezember 
den Feinden Jesu in Jerusalem zukam; es geschah sicher 
einige Wochen nach dem Abzug Jesu aus Jerusalem, sehr 
wahrscheinlich schon 14 Tage später. Was aber die Er- 
greifung des Täufers betrifft, so kann diese wieder nicht im 
Dezember erfolgt sein, vielmehr wird man mit bestem Grunde 
die erste Hälfte des Mai als Zeitpunkt dieses Ereignisses an- 
sehen, und damit sind wir zu einem weiteren Punkt gekommen. 

7. Eine parallele Tätigkeit des Täufers in der Zeit vom 
April bis Dezember ist aus verschiedenen Gründen als aus- 
geschlossen zu betrachten. Johannes tritt öffentlich auf im 
15. Jahr der Regierung des Tiberius (Lk 3,1), d. h. wenn 
wir den Worten des dritten Evangelisten den natürlichen 
Sinn beilegen und alle Künstelei bei Auslegung seiner Angabe 
unterlassen, im Jahr 781. Wenn man bisher bei der Inter- 
pretation der chronologischen Notiz des Lukas als terminus 
a quo der Zählung nicht den Anfang der Alleinherrschaft des 
Tiberius, sondern den Anfang seiner Mitregentschaft ange- 
sehen, so ist ja doch tatsächlich über solchen Ausweg nie- 
mand erbaut. Das 15. Jahr der Regierung des Kaisers ist 
die Zeit vom 19. August 781 bis zum 18. August 782. Im 
Jahr 781, etwa im Monat Oktober, machte Gott den Beruf 
des Johannes vor Israel offenbar (vgl. Lk 1,80). Auf den 
Herbst nämlich als Zeit des Auftretens von Johannes lassen 
die Angaben der Evangelisten über die Taufe und Versuchung 
Jesu und seine weitere Tätigkeit bis zum Osterfeste (Jo 
1, 19—2, 13) schliefsen. Wer mag sich nun mit der Vor- 
stellung vertraut machen, dafs von da an das Schicksal des 
Täufers etwa ein Biennium bis zum Abschlufs gebraucht habe? 
Predigt und Tauftätigkeit vom Oktober 781 bis zum Dezember 
782, dann Einkerkerung und etwa im Sommer oder Herbst 
783 Enthauptung? Der Verlauf mufs nach den Andeutungen 
und Aussagen der Evangelisten ein viel rascherer gewesen 
sein; das können wir so gut als förmlich beweisen. Nachdem 
Jesus im Februar 782 von Johannes im Jordan getauft worden 
war und dann nach der Versuchung an den Jordan zum 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 165 


Täufer zurückkehrte, proklamierte ihn dieser vor der Ge- 
sandtschaft des Synedriums als Messias, welcher das Messias- 
reich damit eröffnen werde, dafs er die an ihn Glaubenden 
mit dem vom Himmel kommenden Heiligen Geiste taufen werde 
(die Gesandtschaft war auch am folgenden Tage noch bei 
der zweiten Aussprache des Täufers anwesend, Jo 1, 19—34). 
Dieser Verkündigung des Täufers vollkommen entsprechend 
erscheint der Heiland an Ostern 782 in der jüdischen Haupt- 
stadt, wirkt Wunder und fordert sofort öffentlich zum Empfang 
seiner messianischen Taufe auf (dies ergibt sich mit Not- 
wendigkeit aus Jo 3, 1ff); der Erfolg war in Jerusalem ein ge- 
ringer (Jo 2, 23ff), weil die Judäer wegen der Tempelreinigung 
gleich ihre Feindschaft gegen Jesus bekundeten; infolge des 
von ihnen ausgeübten Terrorismus lielsen sich selbst empfäng- 
liche Seelen wie Nikodemus vom Empfang der Taufe abhalten. 
Gröfser war „die Ernte“ in der Landschaft Judäa in der Zeit 
unmittelbar nach dem Besuch in Jerusalem, und der Täufer, der 
damals noch nicht in Gefangenschaft war (Jo 3, 24), erkannte 
aus der Spendung der messianischen Taufe durch Jesus, dals 
das messianische Reich eröffnet, die Tage der Brautwerbung 
vorüber und für ihn die Zeit „des Abnehmens“ gekommen 
war (3, 26—30). Man bilde sich doch nicht ein, dals die 
Kunde von der Tauftätigkeit Jesu zu Johannes erst nach 
vielen Monaten gekommen sei; das geschah doch zum aller- 
mindesten nach 2—3 Wochen. Kaum hatte er die Botschaft 
vernommen, da wurde er ergriffen und in die Feste Machärus 
abgeführt (Jos. A. 18, 5, 2). Diesen Verlauf deutet der vierte 
Evangelist selbst durch die bekannte Notiz 3, 24 an, indem 
er sagen will: da Jesus in der Landschaft Judäa zu taufen 
begann, war Johannes noch frei, aber bald ward der Freiheit 
ein Ende bereitet durch das brutale Vorgehen des Herodes 
Antipas. Nachdem er einige Zeit zu Machärus im Gefängnis 
zugebracht, fiel sein Haupt, wahrscheinlich im September 782, 
zu einer Zeit, wo Jesus in Galiläa wirkte (Mt 14, 2ff). 

8. Verträgt sich unsere „Chronologie“ mit der uns nament- 
lich aus Josephus bekannten Geschichte des Tetrarchen Antı- 


166 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


pas? Vollständig; ja gerade aus letzterer erwächst eine neue 
Stütze für unsere Anschauung. Die von Josephus berichtete 
Romreise des Fürsten fällt ohne Zweifel in den Sommer 781 
(Jos. A.18, 3, 1ff, 18, 5,1; vgl. Philo leg. ad Cai. 838 u. Lk 
23,12); sie erfolgte wegen der Aufhängung der Schilde durch 
Pilatus im Palaste des Herodes zu Jerusalem; im Herbst 
desselben Jahres, unmittelbar nach der Rückkehr aus Rom, 
fand die Heirat mit Herodias statt. Die verbrecherische Ver- 
bindung tadelte hierauf der Täufer mit Freimut, und dies gab 
Anla/s zu seiner Ergreifung. Es legt sich doch die Ver- 
mutung von selber nahe, dals Johannes seinen Tadel zu einer 
Zeit aussprach, wo die Verbindung noch neu war und überall 
Anstofs und Ärgernis erregte. Dies war im Frühjahr 782 
der Fall. Wie demnach das Jo 4,1 angedeutete Vorgehen 
der Pharisäer in Jerusalem in dem Frühjahr 782 einzig be- 
greiflich erscheint, so die Zurechtweisung des Herodes Antipas 
(Lk 3, 19) durch Johannes in der gleichen Zeit. 

Es möge das Ergebnis unserer Untersuchung kurz zu- 
sammengefalst werden. Die bisherige Erklärung und Auf- 
fassung der ersten vier Kapitel des Johannes betrefis der 
chronologischen Verhältnisse ist unrichtig, und die Inter- 
pretation von 4, 35 erweist sich aus den oben angeführten 
Gründen als unhaltbar; 4, 35 darf als Instanz gegen die 
These von einer blo[s einjährigen Wirksamkeit Jesu nicht 
länger geltend gemacht werden. Ich brauche mich hier nicht 
einmal abzumühen mit der positiven Erklärung der Worte 
Jesu über die viermonatliche Frist bis zur Ernte; es genügt, 
in aller Form dargetan zu haben, dafs die gewöhnliche Aus- 
legung, der Heiland weise auf die im April stattfindende Ernte 
hin und diese Hinweisung sei ein Anzeichen, dafs das Er- 
eignis am Jakobsbrunnen im Dezember vorgefallen, unrichtig 
ist. Ich halte für wahrscheinlich, dafs der Heiland Sommer- 
saaten im Auge hatte, die im Spätsommer (Einde August) zur 
Ernte kamen. Wenn van Bebber die Sache mit einem 781/2 
einfallenden Jubeljahr in Verbindung gebracht hat (Zur Chronol. 
169f), so will ich darauf kein zu grolses Gewicht legen, 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 167 


sondern nur für solche, welche eine Ernte im August oder 
September in Palästina als ausgeschlossen betrachten, die Be- 
merkung anbringen, dafs dort nicht selten auch in den Früh- 
lingsmonaten reichlich Regen fällt und Sommersaaten wohl 
gedeihen; ich habe dies im Jahre 1893 selbst erfahren. 

Es möge jetzt der Gang der heiligen Geschichte kurz 
dargelegt werden. Nach dem vom Vater bestimmten Plane 
sollte die Eröffnung der messianischen Tätigkeit Jesu unter 
Zeichen und Wundern in der Metropole des Judentums am 
Österfeste 782 stattfinden. Auf die Bitte der Mutter Jesu 
wirkte zwar Jesus, freilich nur im engsten Kreise, zu Kana in 
Galiläa schon einige Wochen vor dem Österfest das erste 
Wunder durch Verwandlung des Wassers in Wein; im übrigen 
kam jener Plan zur Verwirklichung, indem der Heiland von Kana 
über Kapharnaum nach Jerusalem reiste und dort am Öster- 
feste öffentlich auftrat; hernach entfaltete Jesus ungefähr drei 
Wochen lang (in der zweiten Hälfte des April und in der ersten 
des Mai) eine Tätigkeit in der Landschaft Judäa, zog dann 
sofort durch Samarien nach Galiläa und begann dort Mitte 
Mai 782 seine Wirksamkeit. Er machte, getreu seinem durch 
die frühere Reise dahin bekundeten Plane (Jo 2, 12), Kaphar- 
naum zum Mittelpunkte seiner Lehr- und Wunderwirksamkeit, 
gleichsam zu seiner zweiten Heimat. Zuerst erfolgten Teufel- 
 austreibungen, die Heilung der Schwiegermutter des Petrus, 
Heilungen von Kranken und Besessenen am Abend des 
Sabbats (Lk 4, 31ff). Mit Heilungen Besessener lälst Markus 
den Herrn seine Wunderwirksamkeit beginnen und zwar nach 
der Einkerkerung des Täufers (1, 14fi), ebenso Matthäus 
(8, 14ff), nur dals letzterer nach einer summarischen Be- 
merkung über die gesamte Lehr- und Wunderwirksamkeit 
(4, 23—25) die Bergpredigt (Kap. 5—7) und zwei Jdaran sich 
anschlieisende Wunder, Heilung eines Aussätzigen und des 
Knechtes des Hauptmanns bei bezw. in Kapharnaum, voran- 
schickt (8, 1—13). Johannes nun hat die Lücke ausfüllen 
wollen, welche die Synoptiker zwischen der Versuchung Jesu 
und seiner Niederlassung in Kaplıarnaum gelassen hatten. 


168 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirkramkeit Jesu. 


Hierbei hat er zunächst nicht den Lukas, sondern den Matthäus 
und Markus im Auge, wie die Notiz Jo 3, 24 deutlich zeigt. 
Den Lesern der beiden ersten Evangelien gibt der vierte 
Evangelist zu verstehen, die Kapharnaumwunder, welche sie 
bei beiden Evangelisten fänden, seien nicht die ersten Wunder 
Jesu in Galiläa gewesen, vielmehr habe er zu Kana in Galiläa 
den Anfang damit gemacht, sei dann zum Österfeste nach 
Jerusalem geeilt, habe auch dort Wunder getan, dann einige 
Zeit in Judäa neben Johannes getauft, darauf über Samarien 
den Weg nach Galiläa gemacht und in Kana wiederum ein 
Wunder getan (4, 41—54). Hier bricht der Evangelist ab, 
offenbar hält er die Lücke für ausgefüllt; es fehlt eigentlich 
nur noch, dafs er hinzufügte: hierauf kam Jesus nach Kaphar- 
naum und verrichtete dort die Wunder, von welchen Matthäus 
und Markus berichten. Es dürfte der Herr von Kana aus 
der Heimat Nazareth einen kurzen Besuch gemacht haben, 
um Abschied zu nehmen, ehe er nach Kapharnaum hinabstieg 
(Mt 4,13); es war dies aber nicht der von Lukas 4, 16—30 
geschilderte Besuch in Nazareth, welcher nicht am Beginn 
der galiläischen Wirksamkeit erfolgte, sondern ziemlich später. 
Lukas macht mit der Einfügung dieser Perikope an der be- 
zeichneten Stelle eine Ausnahme von seinem sonstigen chrono- 
logischen Verfahren; der von ihm beschriebene Besuch ist 
identisch mit dem Mt 13, 54ff;, Mk 6, 1ff berichteten; er 
fiel im Sommer 782 vor, nachdem der Herr vorher schon 
ziemlich lange zu Kapharnaum gewirkt hatte. Die Bewohner 
von Nazareth verlangten ja, dafs er nicht blofs vorübergehend 
in ihrer Stadt Wunder tue, sondern als guter Patriot sich 
überhaupt in seiner Vaterstadt niederlasse und diese durch 
seine Wundertätigkeit zu Ruhm und Ansehen erhebe, nicht 
aber die halbheidnische Handels- oder Garnisonsstadt Kaphar- 
naum, wie sie dies schon lange zu ihrem grolsen Ärger hätten 
mitansehen müssen (Lk 4, 23). In Anbetracht der Stimmung 
und Lage in Nazareth konnte der Herr daselbst nur wenige 
Wunder tun. Diese wenigen ‘werden geschehen sein, als er 
von der Anhöhe, auf welcher die Stadt erbaut war, durch 





Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 169 


diese zurück die Schritte wieder nach dem See lenkte, indem 
er ohne Zweifel einzelne am Wege stehende oder liegende 
Kranke heilte (vgl. van Bebber, Katholik 1899, I 221). 

Als der Heiland etwa drei Wochen im Mai 782 in 
Kapharnaum gewirkt hatte, brach er auf zum Pfingstfeste 
nach Jerusalem. Unter der von Johannes (5, 1) genannten 
&opm verstanden schon die Väter mit gutem Grunde das 
Pfingstfest. Es seien nur erwähnt die beiden Alexandriner 
Origenes und Cyrill. Ersterer bemerkt in seinem Kommentar 
zu Jo 4, 35, die Ernte müsse von einer geistigen Ernte ge- 
deutet werden, da der Herr den bezüglichen Ausspruch nicht 
ım Winter, sondern mitten in der Erntezeit nach dem vorher 
genannten Österfeste getan habe. Man braucht die alle- 
gorische Deutung nicht anzunehmen, aber dem feinen Takt 
des Origenes wird man Anerkennung zollen, da er die chrono- 
logischen Angaben des Johannes vollständig richtig gewertet 
und unter &oprn (5, 1) das Pfingstfest verstanden hat, genau 
wie Cyrill, welcher in seinem Kommentar zu 5,1 bemerkt, die 
hier gemeinte &oprr müsse ein Pfingstfest sein, da Pfingsten das 
dem Passah 2, 23 nachfolgende jüdische Fest sei. Hätte man 
mehr auf die gesunde Erklärung dieser alten Schrifterklärer ge- 
achtet, man wäre vor schweren Irrtümern bewahrt geblieben. 
Merkwürdig! Auch Nagl kommt in seinen gegen Bebber ge- 
richteten Ausführungen nicht darüber weg, dals unter &oprn 
Jo 5,1 Pfingsten gemeint sei (a. a. O. 494), aber freilich 
Pfingsten im zweiten Wirkungsjahr Jesu! Wir würden es für 
einen grolsen Fortschritt erachten, wenn wenigstens bis hierher 
uns alle katholischen Exegeten folgen würden: Jo 2, 13ff ist 
das Passahfest im ersten Jahr der öffentlichen Tätigkeit Jesu 
(782), Jo 5, 1 das Pfingstfest desselben Jahres gemeint. Wie 
Lk 6,1 kein Hindernis bildet für die Hypothese von einem 
Lehrjahr Jesu, so dann noch viel weniger Jo Kap. 2—5, welche 
vielmehr positiv bezeugen, dals er vom Osterfest weg schon nach 
einigen Wochen in Galiläa eintraf und dort wirkte bis zur 
zweiten Reise nach Jerusalem zum Pfingstfeste (782). 

Vom Pfingstfeste kehrte der Heiland wieder nach Galiläa 


170 Belser, Zur Mypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


zurück und entfaltete hier und in Peräa eine intensive Tätig- 
keit bis zum Laubhüttenfeste, also über vier Monate, wenn 
anders Jo 6,4 nicht, wie man auf Grund des vorliegenden 
Textes glaubt, ein Osterfest, sondern wie Origenes und andere 
Väter glaubten, das 7,2 ausdrücklich genannte Laubhüttenfest 
gemeint ist (nach der ursprünglichen Lesart: Av de &yyüc hi &oprn 
twv ’lovdaiwv). Aber freilich das ist nun die grolse Frage, 
ob wir ein Recht haben, Jo 6,4 tö maoxa zu streichen. Die 
Handschriften enthalten es und zwar ausnahmslos; darum liegt 
die Sache wesentlich anders als Lk 6,1, wo uns das Hand- 
schriftenmaterial selbst den Weg zeigt zur rechten Beurteilung 
des vielfach überlieferten devreponpwrw. Der Schrifttext er- 
scheint demnach als die Klippe, an welcher die Hypothese 
von dem einen Lehrjahr Jesu zum Scheitern gebracht wird. 
Aber einiges darf doch wohl hier ausgesprochen werden. Es 
wurde oben angedeutet, dals einzelne Väter bei der Ver- 
tretung der Anschauung bezüglich der einjährigen Wirksam- 
keit Jesu von der Lesart fiv d& &Eyyös N) &opri, twv "loudaiwv 
(ohne TO näcxa) ausgegangen sein müssen. Es sei genannt 
Irenäus. Van Bebber hat denselben für sich in Anspruch 
genommen (Zur Chronologie 154fJ. Nagl will in seiner Be- 
kämpfung Bebbers dies nicht recht gelten lassen (a. a. O. 
424 u. 484). Man sollte aber doch meinen, dals über den 
Standpunkt des Irenäus in dieser Sache kein Zweifel besteht. 
Er bekämpft die Ansicht der Valentinianer von einer blols 
einjährigen Wirksamkeit Jesu (Adv. haer. 2, 22, 3), geht mit 
ihnen das Johannesevangelium durch und findet in demselben 
drei Passah. Gewils, aber wie? Nach ihm berichtet das 
Evangelium: Von Kana ging der Herr das erstemal nach 
Jerusalem und brachte viele zum Glauben (= Jo 2,13 u. 23); 
durch Samarien nach Galiläa zurückgekehrt heilt er (in Kana) 
den Sohn des Hauptmanns, dann geht er zum zweitenmal 
hinauf zum Osterfest und heilt den Gichtbrüchigen, d.h. Ire- 
näus findet Jo 5, 1 ein Osterfest; ob &oprn Toü maoxa wirklich 
in seiner Handschrift stand oder ob er nur &oprrn, twv ’lovdaiwv 
las und als Osterfest auslegte, ist nicht mehr auszumachen; 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 171 


jedenfalls fand er trotz eifriger Nachforschung in seiner Bibel- 
handschrift 6, 4 kein Osterfest. Weiter brauchen wir die 
Sache nicht zu verfolgen. Hier hört jede Diskussion auf. Bei 
dem Zwecke, den er bei seiner Prüfung verfolgte, ist das 
Resultat derselben um so bemerkenswerter. Es soll nicht 
weiter auf den Zusammenhang des Irenäus mit Kleinasien 
und mit dem Evangelisten Johannes hingewiesen werden. Das 
ro nacoya ist mir im Hinblick auf Irenäus allein sehr ver- 
dächtig; auf die Stellung der übrigen Väter, namentlich des 
Origenes, des Cyrill von Alexandrien, Apollinaris von Laodicea 
und Hieronymus, will ich nicht eingehen, um nicht schon Er- 
wiesenes zu wiederholen, sondern auf van Bebber (Chronol. 
155ff) und Nagl (a. a. O.) mich beziehen. Auch als sprach- 
widrig bezeichne ich die Lesart Joh. 6, 4: TO naoya h &opri) 
tüv ’louvdaiwv. Es ist in der Tat diese Ausdrucksweise weder 
johanneisch noch überhaupt griechisch; man erwartet entweder 
To naoya (TWv ’lovdaiwv) oder h TWVv AZöuwv &oprn. Ich 
nahm mir die Mühe, die sämtlichen Stellen bei Josephus zu 
prüfen, wo vom jüdischen Osterfest die Rede ist (Jos. Jüd. Kr. 
2, 1,3; 2,12,1; 5,14,3; 5, 3,1; 6,5,3; 6,9, 3 etc.); auch 
nicht einmal bedient sich der jüdische Geschichtschreiber 
der bei Jo 6, 4 vorkommenden sprachlichen Form. Wenn 
man aber auf Jo 2, 23 hinzuweisen versucht wird: &v tb 
raoxa &v ri) &oprä, so liegt da durchaus keine Parallele vor zu 
6, 4, vielmehr ist Ev A &oprii Apposition zu &v TW naoya und 
enthält zu letzterem eine nähere Bestimmung, und zwar wird 
man nicht übersetzen dürfen: „an dem Passah, welches ein 
Fest ist“, sondern mit van Bebber (Chronol. 25): „an dem 
(achttägigen) Passah und zwar an dem Hauptfesttage“, einmal 
weil der Evangelist kurz zuvor (2, 13) das Osterfest schon 
genannt hat (TO naoyxa Tüv ’lovdaiwv), sodann weil er an der 
Stelle 13, 1 mit N &opr} toü raoxa ganz entschieden den 
Hauptfesttag von Ostern, den 15. Nisan, einführt. 

Es möge mir gestattet sein, hier in Kürze einen andern 
Gesichtspunkt den Fachkollegen behufs weiterer Erörterung 
unserer Frage vorzulegen. Am anschaulichsten hat der vierte 


172 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


Evangelist das Verwerfungsschicksal erklärt, welches dem Hei- 
land durch „die Judäer“ zuteil geworden ist. Dals nun die 
Entwicklung des Dramas bis zur Katastrophe in einem Zeit- 
raum von 3—4 Jahren sich vollzogen, ist durch die Darstellung 
des Johannes jedenfalls ausgeschlossen; aber es will 
scheinen, dafs diese Darstellung überhaupt nicht mehr als ein 
Jahr zuläfst. Man beachte zunächst den Beginn der Ab- 
neigung und tiefen Milsstimmung der Judäer am Tage des 
ersten Auftretens Jesu in Jerusalem (Jo 2,18ff); der Leser 
bekommt aus der Schilderung des Evangelisten (vgl. auch 
3, 12) sofort den Eindruck, dals die ruhige, aber entschiedene 
Sprache des Herrn und das energische Vorgehen in den 
Herzen der jüdischen Oberen einen gewaltigen Sturm entfacht 
und geradezu damals schon den ganzen Hals derselben gegen 
seine Person erregt hat. Der Evangelist deutet durch seine 
Notiz 4,1 an, dals die Voreingenommenheit und Leidenschaft 
der jüdischen Kreise in Jerusalem schon zu einem tatsäch- 
lichen Eingreifen gegen Jesus geführt hätte, wenn Jesus nicht 
rechtzeitig aus Judäa weggezogen wäre. Eine Zunahme und 
ganz erhebliche Steigerung erfuhr der Unmut und Groll der 
Judäer aus Anlafs des Besuches Jesu am Pfingstfeste bei der 
Heilung des Gichtbrüchigen (5, 16ff. Der Hafs der Judäer 
ist als tödlicher gekennzeichnet, ja es ist angedeutet, dals er 
dies eigentlich von Anfang an, d. h. vom ersten Osterfeste an, 
war, weil der Heiland am Sabbate Wunderheilungen vornahm 
bezw. schon am Osterfeste vorgenommen hatte (2, 23 u. 5, 16). 
Auch nach dem Abzug Jesu lälst der Hals die Judäer nicht 
zur Ruhe kommen: sie schicken Spione nach Galiläa aus, und 
diese treten in Kapharnaum dem Herrn ob seiner Rede über 
das Brot des Lebens in leidenschaftlicher Einsprache entgegen 
(6, 25ff). In den Tagen der Laubhütten enthüllt der Heiland 
die Mordgedanken der Judäer in Jerusalem vor allem Volke, 
und da diese ihre bis dahin geheim gehaltenen Pläne ent- 
deckt sehen, bringen sie ihren Verdruls durch Erheben 
von Steinen zum Ausdruck (7, 11; 8, 59); am Tempelweihfest 
wiederholen sie den am Laubhüttenfeste gemachten Ver- 


Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 173 


such, Jesum zu ergreifen (10, 39). Zur vollen Entladung kam 
der innere Ingrimm gegen Jesus infolge der Auferweckung 
des Lazarus, und jetzt erfolgte in aller Form der Todes- 
beschlufs (11, 45—57). Die also von dem vierten Evangelisten 
mit Meisterschaft gezeichnete Entwicklung läfst zwischen der 
Kap. 5 beschriebenen Stufe und jener in Kap. 7 keinen Zeit- 
raum von mehr: als einem Jahr vermuten; alles wird vollkommen 
klar, wenn man die Abfolge bei Johannes festhält, wie sie ge- 
geben ist bei Nichtberücksichtigung des 6 näoyxa 6, 4. 
Aber es soll ja unmöglich sein, den gewaltigen, von den 
Synoptikern überlieferten Stoff in dem Rahmen eines Jahres 
unterzubringen; schon eine oberflächliche Prüfung des gewal- 
tigen Materials führe mit Notwendigkeit zu der Annahme einer 
drei- oder vierjährigen Wirksamkeit. Eine Einrede dieser 
‘Art ist nahezu ungereimt. Man versuche einmal im Ernst 
eine Gliederung des überlieferten Stoffes, indem man dabei 
das Lukasevangelium zum Führer nimmt. Mit 9, 50 ist der 
Bericht über die Lehr- und Wunderwirksamkeit in gewissem 
Sinne abgeschlossen; was von 9, 51—19, 11 folgt, bezieht sich 
hauptsächlich auf Erlebnisse und Vorgänge aus den letzten 
Monaten des Wirkens Jesu (vgl. 13, 32). Kap. 1 und 2 mit 
dem Bericht über die Jugendgeschichte fallen ganz aulser 
Betracht; ebenso 3, 1—4, 13 mit dem Berichte über das Auf- 
treten des Täufers, über die Taufe Jesu, das Geschlechts- 
register und die Versuchung Jesu; all dies geht dem öffent- 
lichen Auftreten Jesu am Österfeste 782 voraus; sonach 
bleiben nur 4, 14—9, 50; hier liegen Referate vor über Jesu 
Wirken nach der Rückkehr aus Judäa nach Galiläa. Wer 
will sich einreden, dafs es sich um den Bericht über eine 
dreijährige Tätigkeit handelt und nicht vielmehr um ein ein- 
Jähriges, über mehrere Perioden (Ostern bis Pfingsten, Pfingsten 
bis Laubhütten-, Laubhütten- bis Tempelweihfest und Tempel- 
weihfest bis Osterfest) sich erstreckendes Wirken? Was 
Matthäus betrifft, so bleiben gleichfalls die vier ersten Kapitel 
aufser Betracht, Kap. 5—8 (v. 13) enthalten ein Referat über 
die Bergpredigt und zwei daran unmittelbar sich anschliefsende 


174 Belser, Zur Hypothese von der einjährigen Wirksamkeit Jesu. 


Wunder; die 8,14 bis Kap. 16 erzählten Vorgänge sind aus der 
ersten und zweiten Periode des galiläischen Wirkens; die von 
16, 13 an berichteten Ereignisse gehören der letzten Periode, 
der Zeit nach dem Laubhütten- bezw. zwischen dem Tempel- 
weihfest und dem Passah an. Die Perikope Mt 17, 22—27 
sei noch zu besonderer Prüfung empfohlen. Das dort berichtete 
hochbedeutsame Ereignis fiel im Monat Februar, mehrere 
Wochen vor dem Leidenspassah, vor. Denn in diesem Monat 
(Adar) mulste die Bezahlung der Tempelsteuer geschehen 
(vgl. Jos. A. 18, 9,1; Jüd. Kr. 7, 6, 6; Traktat Sheqgalim in 
der Mischna). Nun haben ja freilich einzelne Exegeten aus 
der Antwort Petri an die Sammler (17, 25) geschlossen, dafs 
Jesus schon früher, etwa ein- oder zweimal, während seiner 
öffentlichen Wirksamkeit die Tempelsteuer bezahlt habe; allein 
diese Schlufsfolgerung ist verfehlt. Petrus sagte die Entrich- 
tung der Steuer durch Jesus lediglich darum zu, weil er wulste, 
dafs der Herr als dem Gesetze untertan „alle Gerechtigkeit 
erfülle“. Aus der Rede Jesu an Petrus aber geht deutlich 
hervor, dals die Sache zum erstenmal seit dem Auftreten Jesu 
vorkam. Der Herr sagt dem Petrus: Wie kommst du dazu, 
die an dich gestellte Frage ohne weiteres mit Ja zu beant- 
worten? Du solltest doch erkennen, dals deine Antwort 
nicht im Einklang steht mit deinem Zeugnisse, wonach ich 
der Sohn Gottes bin, des Herrn des Tempels. 

Fassen wir das Resultat der Untersuchung zusammen. 
Jo 6, 4 ist das einzige Hindernis der Theorie von dem ein- 
jährigen Wirken Jesu. Allein TO ndaoxa ist in hohem Grade 
als nicht ursprünglich verdächtig; denn die hervorragenden 
Väter und Gelehrten der alten Kirche haben TO naoxa in den 
ihnen vorliegenden Evangelienhandschriften nicht gelesen; es 
paflst nicht in den Zusammenhang (vgl. Quartalschrift 1902, 
185f), es zerstört den ganzen Plan des Johannesevangeliums,. 
Ist dasselbe als unecht beseitigt, dann bezeugt Johannes nur 
ein einziges Lehrjahr Jesu, Ostern 782 bis Ostern 783, womit 
die Synoptiker vollkommen übereinstimmen. 


Textkritische Bemerkungen zum Apokalypse- 
kommentar des Apringius. 
Von Prof. Dr. Carl Weyman in München. 


pringius, Bischof von Pace (Beja) in Portugal, wird von 
Isidor von Senilla De vir. ill. 30 (G. v. Dzialowski, 
Isidor und Ildefons als Literarhistoriker, Münster 1898, 53) 
als „disertus lingua et scientia eruditus“ gerühmt, und die von 
ihm verfalste Erklärung der Apokalypse zeichnet sich nach 
dem nämlichen Gewährsmann „subtili sensu atque illustri ser- 
mone“ aus. Die Berechtigung dieser schmeichelhaften Urteile, 
von denen das zweite noch durch eine von Isidor auch in 
der Notiz über Petrus von Ilerda (13, Dzialowski 20) an- 
gebrachte, sonst, wie es scheint, sehr seltene Alliteration 
gewürzt ist (E. v. Wölfflin, Die allit. Verbindungen der 
latein. Spr., in Sitzungsber. der bayer. Akad., philos.-philol.- 
histor. Kl. 1881 II 82 verzeichnet nur Curtius 6, 6, 9 „unus 
omnium sensus ac sermo erat“), war bis vor kurzem nicht 
diskutierbar; denn der Kommentar des Apringius galt als 
verloren. Da wurde im Jahre 1892 durch einen Hand- 
schriftenkatalog die Existenz eines Kopenhagener Codex aus 
dem 11. Jahrhundert signalisiert, von dem W. Bousset im 
Jahre 1895 eine eingehende Beschreibung lieferte (Nachr. von 
der kgl. Gesellsch. d. Wissensch. zu Göttingen, phil.-hist. Kl. 
187 fi) und auf Grund dessen im Jahre 1900 der Benedik- 
tiner Dom Marius Förotin als ersten Band von U. Cheva- 
liers Biblioth&que patrologique edierte: „Apringius de Be6ja. 
Son commentaire de l’Apocalypse. Ecrit sous Theudis, roi 
des Wisigoths (531—548). Publie pour la premiere fois d’apr&s 
le manuscrit unique de lYÜUniversit&t de Copenhague“ (8°. 


176 Weyman, Textkritische Bemerkungen 


XXIV u. 91. Paris, Picard). Diese Kopenhagener Handschrift 
nun, über deren spanische, näherhin katalanische Provenienz 
Ferotin xır ff handelt (vgl. auch xıx über die orthographischen 
Eigentümlichkeiten und dazu S. Berger, Un ancien texte 
latın des Actes des Apötres, Paris 1895, 19ff — Notices 
et Extraits XXXV 1, 183ff), hat uns eine doppelte — Ent- 
täuschung bereitet. Erstens enthält sie nicht den gesamten 
Apokalypsekommentar des Apringius, sondern nur die Er- 
klärung von Apc cap. 1 bis 5, 7 und von cap. 18, 6 bis Schlufs, 
während das in der Mitte Fehlende aus dem Kommentar des 
Viktorinus (in der Bearbeitung des Hieronymus) ergänzt ist. 
Das Gleiche ist der Fall bei der jungen, von FErotin als ganz 
wertlos beiseite geschobenen Handschrift Paris. 1299, über 
deren Verhältnis zur Kopenhagener, aus der sie jedenfalls 
nicht direkt abgeschrieben sein kann, noch nicht das letzte 
Wort gesprochen worden ist (vgl. Ramsay in dem unten zu 
zitierenden Aufsatze 432). Zweitens hat uns der Kopen- 
hagener Codex die überraschende Erkenntnis gebracht, dafs 
wir das vermeintlich Verlorene eigentlich schon längst besalsen. 
Dals der im 8. Jahrhundert lebende Abt Beatus von Liebana 
in Asturien für seine kompilatorische Erklärung der Apo- 
kalypse (gedruckt in der Ausgabe von Florez, Madrid 1770) 
auch den Kommentar des Apringius als Quelle benutzt hat, 
wulsten wir durch seine eigene Mitteilung. Dals aber die 
Benutzung so weit geht, dals nahezu der ganze Apringius, wie 
er im Kopenhagener Codex sich wiedergefunden — allem 
Anschein nach hatte bereits Beatus das uns fehlende Mittel- 
stück nicht mehr vor sich —, der umfangreichen Kompilation 
des spanischen Abtes einverleibt ist (das daselbst Fehlende 
stelt Ramsay 433 n. 1 zusammen), das konnte natürlich 
erst auf Grund des Havniensis konstatiert werden. Infolge 
dieser Wahrnehmung hat Bousset von einem Abdruck der ihm 
nach Göttingen gesandten Handschrift abgesehen und sich auf 
eine Kollationierung ihres Textes mit dem des Beatus be- 
schränkt, und auch FErotin hat, wie er am Schlusse seiner 
Vorrede bemerkt, zuerst gezaudert, „a publier un &crit, dont 


zum Apokalypsekommentar des Apringius. 177 


l’ensemble, materiellement du moins, n’etait pas inedit“. Glück- 
licherweise hat er seine Bedenken alsbald der richtigen Er- 
wägung weichen lassen, dals der sozusagen in der Diaspora 
des Beatuskommentars lebende Apringius doch eine zu wenig 
falsbare Gröfse wäre, und die Reste seiner Auslegung, wie sie 
uns die direkte Überlieferung darbietet, den Forschern zu- 
gänglich gemacht. Für den Nachruhm des Apringius dürfte 
es allerdings förderlicher gewesen sein, wenn er diese Auf- 
erstehung nicht gefeiert hätte. Wie es mit dem „subtilis 
sensus“ bestellt ist, darüber haben sich die Theologen zu äufsern 
(Bousset, Theolog. Literaturztg, 1901, 480 bezeichnet den 
Kommentar als „an sich vollkommen wertlos und ohne Be- 
deutung‘); den „illustris sermo“ kann man nur, wenn man 
„ilustris“ als Gegensatz von „obscurus“ falst und nicht alle 
Inkorrektheiten der Handschrift dem Autor aufbürdet, bis zu 
einem gewissen Grade gelten lassen. 

Wenn ich im folgenden einige textkritische Bemerkungen 
blos an die Ausgabe Ferotins, d. h. den Text der Kopen- 
hagener Handschrift, anknüpfe, so bin ich mir wohl bewulst, 
dals man den methodologischen Vorwurf gegen mich erheben 
kann, ich hätte die indirekte Überlieferung, in unserem Falle 
die Kompilation des Beatus, nicht systematisch berücksichtigt. 
Wäre der Text des Beatus selbst bereits gesichert, dann würde 
er allerdings „une autorit€ importante — la plus importante 
peut-&tre & consulter — pour le texte de cet ancien exögete“ 
(Ramsay 433), d. h. des Apringius, repräsentieren; so aber 
besitzen wir zur Zeit nur den Druck von Florez, über den 
Ramsay 444 folgendermalsen urteilt: „L’edition — de Florez 
n’est pas seulement d’un acces difficile et pour ainsi dire im- 
praticable; elle est encore remplie de fautes et propre ä fausser 
le travail delicat d’une critique scientifique“ und auch dieser 
ist mir zur Zeit hier nicht zugänglich. Wie es scheint, dürfen 
wir von Ramsay selbst, der in der Revue des Bibliotheques 
XII (1902) 74 ff und in der Revue d’histoire et de litterature 
religieuses VII (1902) 419 ff zwei gediegene Aufsätze über 


die (sehr zahlreichen) Handschriften und über die Quellen 
Biblische Zeitschrift. I. 2. 12 


178 Weyman, Textkritische Bemerkungen 


bzw. Bestandteile des Beatuskommentars veröffentlicht hat, 
eine neue Ausgabe dieses wichtigen Sammelwerkes erwarten. 
Aber ihre Fertigstellung wird unter allen Umständen noch 
eine Reihe von Jahren beanspruchen, und wollte ich ihr Er- 
scheinen abwarten, so würden meine bescheidenen Zeilen den 
Zweck verfehlen, um dessentwillen sie in erster Linie geschrieben 
wurden, den Zweck nämlich, die Leser dieser neuen biblischen 
Zeitschrift möglichst bald auf die lateinischen Apokalypse- 
erklärungen hinzuweisen, als auf einen Literaturkomplex, der 
vielfach noch ebensosehr der „Aufklärung“ bedarf als das ehr- 
würdige Buch, das ihn hervorgerufen. Man wird es also ent- 
schuldigen, wenn ich Beatus nur da erwähne, wo seine Ab- 
weichung entweder von Förotin vermerkt wird oder sich aus 
der (ohne den Druck von Florez nur in sehr beschränktem 
Malse verwertbaren) Kollation von Bousset herausfischen läfst. 

Zu cap. 1,4 p.2 „et quid sibi Asianus populus esse videtur 
et solus suscipere revelationem apostolicam mereatur?“ Für 
das zweite „et“ ist natürlich „ut“ zu setzen. — Zu cap. 1,4 p. 4 
„quae (d. h. venerandi Spiritus sancta proprietas) laudem potius 
ineffabilem continet non naturae, naturae signat speciem“. 
Durch Versetzung der Interpunktion hinter „continet“ und ein- 
malige Streichung von „naturae“ ist der Satz in Ordnung ge- 
bracht. — Zu cap. 1,7 p. 5 „praedicta morte ipsius, effectam 
mortis purgationem eius („p. eiusque peccatorum resurrectionem“ 
Beatus) atque omnium per eum venturam reparationem, reddit 
ad gloriam, et laudem exhibita Patri Deo omnipotenti, secundum 
eius (d. h. Christi) demonstrat adventum“ (nämlich der Apo- 
kalyptiker). Das kann kein Mensch verstehen und konstruieren, 
und auch die Anmerkung des Herausgebers, die an den ziemlich 
häufigen Gebrauch des Accusativus absolutus an Stelle des 
Ablativus absolutus bei Apringius erinnert, hilft nicht weiter. 
Wenn man erwägt, wie häufig in den Handschriften die Accu- 
satıv- und Ablativformen konfundiert werden, so wird man zu 
folgender Herstellung gelangen: „praedicta morte ipsius effecta[m] 
mortis purgatione[m eius] atque omnium per eum ventura[m] 
reparatione[m], reddita[d] glorialm] et laude[m] exhibita 


. 


u 


zum Apokalypsekommentar des Apringius. 179 


Patri“ usw. Das törichte „ad“ war eine Konsequenz der 
unrichtigen Abtrennung des „a“ von „reddit“; das Eindringen 
von „eius“ vermag ich allerdings nicht in so befriedigender 
Weise zu erklären. — Zu cap. 1,8 p. 5 „sic foveat ipse 
Spiritus sanctus“: Doch wohl „faveat“. — Ebenda 5f „Quid 
sit autem quod elementa haec et alphabeto („i. e. A et w“ 
Beatus nach Bousset 192, der aber mit Unrecht diese Worte 
als bei Apringius fehlend bezeichnet) veritas ipsa commemorat, 
prudenter debemus advertere“. Das sinnlose „alphabeto“ ist 
offenbar in „alpha et 0“ zu bessern. Dann fährt Apringius 
fort: „nam figura ipsa elementi tam in graecis litteris quam in 
latinis tribus deducitur virgulis pari aequalitate porrectis“. 
Der Kommentator wird es dem Leser schwerlich vorenthalten 
haben, von welchem Buchstaben er spricht, aber „a“ konnte 
hinter „ipsa“ leicht ausfallen (Beatus „litterae A“). Wenn es 
dann weiter heilst: „Alfa autem tribus, atque in graeco, vir- 
gulis subiacentibus ex parte subrectis scribitur; in latino autem 
circuli rutunditate concluditur“, so ist es zunächst klar, dafs 
an die Stelle des (bereits abgehandelten) alpha das „o“ zu treten 
hat, und tatsächlich steht auch bei Beatus „w“. Für das störende 
„atque“ bietet der nämliche Beatus „aequalibus“. Im übrigen 
mögen die Paläographen die Stelle näher kommentieren. — 
Zu cap. 1, 10 p. 7 bemerkt Apringius, anknüpfend an die 
Worte „fui in spiritu dominica die“, nach der Überlieferung 
folgendes: „stultum se esse in spiritu loquitur, id est in secretis 
Dei elevatum“. Dals „stultum“ verkehrt ist, hat der Heraus- 
geber selbstverständlich nicht verkannt, aber seine kurze 
Weisung „leg. exaltatum“ nimmt auf die Schriftzüge der 
Handschrift doch gar zu wenig Rücksicht. Mit Aufopferung 
des s gewinnt man die allerdings nicht gerade klassische Form 
„tultum“ (von „tollere“), über die z. B. die Mauriner zu Gregor. 
mor. 3, 13, 22 (Migne LXXV 609 adn. e) handeln. S. auch 
W. Heraeus, Archiv £. latein. Lexikogr. XIII (1902) 129. — 
Zu cap. 1,10f p. 8 „quadam fragilitate depressa carnalitas 
quasi postea Dei sermonibus admonetur“. Der Herausgeber 


begnügt sich, nach „postea“ ein „sic“ einzuklammern, aber so- 
12* 





180 Weyman, Textkritische Bemerkungen 


wohl die im vorhergehenden zitierte Prophetenstelle „audient 
vocem (Vulg. „verbum“) post tergum monentis“ (Is 30, 21) 
als Beatus, der „post tergum“ bietet, hätten ihm die Korrektur 
„poste<rg>a“ an die Hand geben können. Über die Schreibung 
8. z. B. OÖ. Ribbeck, Prolegg. crit. ad P. Verg. Mar. opp., 
Leipzig 1866, 442. — Ebenda p. 9: „Filadelfia, quod inter- 
pretatur ‚salvans‘, herentem Domino post percepto sole 
justitiae ... pro merito adherens ecclesia Domino inviolabili 
se devotionis observatione custodit“. Wenn man die voraus- 
gehenden Bemerkungen des Erklärers über Thyatira usw. 
und die folgende über Laodicea vergleicht, so erwartet man 
auch an unserer Stelle nach der Etymologie deren Begründung, 
und es drängt sich die Vermutung auf, dafs in „herentem“ „hec 
(d.h. „haec“) enim“ stecke (vgl. zu cap. 2,14 p.19 „qui [d. h. 
Balaam] interpretatur ‚sine populo‘ vel ‚absque substantia‘. 
Balaam enim typus est etc.“). Weitere Änderungen sind zum 
mindesten nicht unbedingt nötig, doch würde der Satz durch 
Beseitigung des einen „Domino“ entschieden gewinnen. — Zu 
cap. 1,14 p. 11 „scriptum est enim ‚Deus noster ignis con- 
sumens est‘ (Dt 4, 24) id est aliqui dum aliquando iudicans 
et interiora perscrutans“. Was sich wohl Ferotin unter „aliqui 
dum“ gedacht haben mag? „ad liquidum“ liegt eigentlich nahe 
genug; vgl. über diesen Ausdruck M. Petschenig zu Cassian I 
485°, Rufin. Euseb. hist. eccl. 2, 17, 2. Ähnlich Apringius 
zu cap. 18, 6—8 p. 54 „ad purum“. — Zu cap. 1,15 p. 11 „sicut 
auricalcum in fornace rutilans, nullis extrinsecus scatebris, 
nullis rubiginibus occupatur“. Der Herausgeber merkt zu 
„scatebris“ an: „Le sens demande ‚scabritiis‘ que porte la 
copie de Paris“. Schwerlich! Vielmehr kommen sowohl die 
mafsgebende handschriftliche Überlieferung als der Sinn voll- 
ständig auf ihre Rechnung, wenn man „salebris“ schreibt. 
— Zu cap. 2, 7 p. 17 „ubi (d. h. im Paradies) aures vitam 
adspirant“. Doch wohl „aurae“? — Zu cap. 2, 10 p. 18 
„sicut in primordiüs ecclesiae catholicae, post ipsius discessum 
apostoli, cuius haec dicta sunt, paene adhuc superstite 
(„supreste“ cod.) multae tribulationes sunt ecclesiae inro- 


u . 


zum Apokalypsekommentar des Apringius. 181 


gatae etc.“ Die Worte „post ipsius discessum“ einerseits, „paene 
adhuc superstite“ anderseits können sich m. E. nicht wohl 
auf eine und die nämliche Persönlichkeit beziehen. Es dürfte 
zu lesen sein: „post <xpi> ipsius (vgl. Archiv f. latein. Lexikogr. XI 
[1900] 226, 22) discessum, apostolo ... superstite“. Oder 
sollte — nach bekanntem Sprachgebrauche (vgl. z. B. Riese 
zu Catull 1, 9) — „ipsius“ zur Bezeichnung des „Herrn“ genügen? 
Vgl. zu cap. 3,4 p. 22. — Zu cap. 3,12 p. 23 „nomen Domini 
semper novum, semper effectum est“, Die Überlieferung führt 
nicht auf „regtum“, wie im Kommentar des Beatus steht, 
sondern auf „refectum“ — Zu cap. 19, 11—13 p. 58 „fatetur 
(Deus) incognitum omnibus eius nomen ipsi soli esse compu- 
tum“. Vielmehr „compertum“. — Zum Schlusse möchte ich 
noch auf den Kommentar zu cap. 3,4 p. 22 „nec deletur 
nomen eius de libro vitae, sed confitebitur ipse eum coram 
Patre suo qui in caelis est et coram angelis eius“ 
hinweisen, wo eine Kombination von Mt 10, 32 und Lk 12, 8 
vorliegt, die einen weiteren Beleg für die von Harnack, Texte 
und Untersuch. XIII 4 (1895) 24f besprochene „merkwürdige 
Singularität des Bibeltextes“ bei Novatian und dem (nach 
Harnack mit Novatian identischen) Verfasser von „De laude 
martyrii“ liefert. Vgl. Histor.-polit. Blätter CXXIII (1899) 
643 und Origen. Ermunt. zum Martyr. 35 (I 32f K.). 


Über griechische Evangelienkommentare. 
Von Prof. Dr. Joseph Sickenberger in München. 


Ww* die älteste zusammengehörige Gruppe von Evan- 
gelienkommentaren umfalst je einen zu Matthäus, Lukas 
und Johannes. Der Mt- und Jo-Kommentar stellt der Haupt- 
sache nach Exzerpte aus den Homilien des Chrysostomus 
zu diesen beiden Apostelevangelien dar!. Der zum Bunde 
gehörige Lk-Kommentar hingegen liegt in seiner Zusammen- 
setzung nicht so klar vor Augen. Herm. Freiherr v. Soden 
hat in dem jüngst erschienenen I. Bande seines Werkes „Die 
Schriften des NT in ihrer ältesten erreichbaren Textgestalt 
hergestellt auf Grund ihrer Textgeschichte*2 in anerkennens- 
werter Weise auch die Hss, welche neben dem ntl Texte 
Kommentare enthalten, besonders beigezogen und die Kom- 
mentare selbst nach ihrer Zusammensetzung untersucht®. 
Hierbei behandelt er auch die hier zu besprechende Kom- 
mentargruppe — er nennt sie A* —, glaubt aber bezüglich 
des Lk-Kommentares gegen meine früheren Untersuchungen ! 
Widerspruch erheben zu müssen. 

Die Hss nennen diesen Kommentar eine Hermeneia des 
Titus von Bostra und anderer Väter, was natürlich nicht die 
Autorschaft des Titus besagen will — ich nannte ihn deshalb 
Pseudotituskommentar —, sondern dals aus ihm und andern 


ı Vgl. J. Sickenberger, Titus von Bostra. Studien zu dessen 
Lukashomilien (Texte und Untersuchungen. N. F. VI 1), Leipzig 1%1, 
25—29 und 40. 

2 Berlin 1902. 

3 S. 249—270 und 525—637, 

ı“A.a. 0. 16—41l. 





Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 183 


Vätern der Kommentar exzerpiert sei. Was lag nun a priori 
näher als die Vermutung, es handle sich um einen Kommentar, 
der in ähnlich ausgiebiger Weise aus Titus von Bostra exzer- 
piert worden ist wie die zugehörigen Mt- und Jo-Kommentare 
aus Chrysostomus? Schon J. A. Cramer! hielt den Lk-Kom- 
mentar für eine Epitome commentariü aus Titus von Bostra. 
Diese nächstliegende Anschauung hat sich mir aber nicht 
bestätigt. Ich konnte eine lange Reihe von Stellen notieren, 
welche aus den Lk-Homilien des Oyrill von Alexandrien ent- 
lehnt worden waren, und habe deshalb konstatiert, dals Cyrill 
für den Lk-Kommentar ungefähr dasselbe war, was Chryso- 
stomus für den Mt-Kommentar. Doch wurde beigefügt, dafs 
Cyrill gleichwohl nicht „in der weitgehenden Ausschliefslichkeit“ 
benutzt wurde wie Chrysostomus zu Mt2. Auf der weiteren 
Suche nach Quellen, wobei eine gröfsere Ausnutzung der noch 
in Betracht kommenden Autoren, nämlich des Origenes, Atha- 
nasius und Eusebius, nicht zu konstatieren war, ergab sich als 
einzig noch mögliche Quelle für den nicht unbedeutenden Rest 
Titus von Bostra. Gleichwohl stand für mich Cyrill von 
Alexandrien immer noch an erster Stelle. 

v. Soden? dreht nun das Verhältnis zu Gunsten der 
früheren Ansicht wieder herum. Ihm liegt die Vermutung 
am nächsten, dals das erste Stadium dieses Kommentares „ein 
in die Gestalt einer Hermenie gebrachtes Exzerpt aus des 
Titus Homilien über Lk war, das zweite eine Verkettung 
dieser Hermenie mit einem analogen aus Cyrills Homilien zu 
Lk, ein drittes eine Durchsetzung dieser aus Titus und Oyrill 
geflochtenen Hermenie mit allerlei Väterscholien“. Meine 
obige Behauptung, welche sich auf eine Quellenuntersuchung 
des ganzen Kommentares gründete, nennt v. Soden „einen 
viel zu raschen Schlufs* aus der Liste von Cyrillscholien, die 
„auf Grund von Angelo Mais ziemlich kritiklos angefertigter 
Sammlung“ nachgewiesen wurden. Als Beweis wird beispiels- 


ı Catenae in evv. 8. Lucae et s. Ioannis, Oxon. 1841, p. nr. 
2 Titus von Bostra 84. 
3 A.a. 0. 581. 


184  Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 


weise hervorgehoben, dals die von Cramer edierte Lk-Katene, 
welche auf dem hier zu besprechenden Kommentar als Fundus 
aufgebaut ist, dessen Text also auch bietet, von p. 1—35, 26 
(Lk 1, 1-4, 14) nur 5 kurze Oyrillscholien ! enthält. Nahezu 
4/s des Stoffes bleiben dann noch übrig, für die nach der 
Quelle zu suchen ist. Wenn nur ein Teil dieser Scholien 
als von Titus von Bostra herrührend nachgewiesen werden 
kann — es kann dies nur für p. 7, 1-4; 12, 22—27; 
14, 34—15, 4; 18, 35—19, 2; 19, 4—5; 19, 9—11; 22, 15—23; 
22, 29—23, 2; 28, 23—24; 35, 1—3, also an zehn Stellen dar- 
getan werden? —, so ist dies nach v. Soden „kein Grund zu 
der negativen Folgerung, dals die anderen ihm nicht gehören“. 
Diese Folgerung lag mir natürlich ebenso fern wie die gegen- 
teilige, dals die andern Titus gehören. Darüber lälst sich 
einfach nichts Bestimmtes sagen. Übersehen wurde aber von 
v. Soden, dafs die Cyrillhomilien zum Anfang des Lk-Ev noch 
viel fragmentarischer überliefert sind als zu späteren Teilen. 
Z. B. bringt das erste uns erhaltene Cyrillscholion eine Er- 
klärung zu Lk 1, 2, das zweite schon eine zu Lk 1, 32 unter 
Überspringung von 30 Versen. Auch die syrisch überlieferten 
Cyrillfragmente weisen für den Anfang des Evangeliums eine 
Lücke auf, so dafs sie hier nicht beigezogen werden können. 
Es liefse sich also mit demselben Rechte die mir vorgehaltene 
Deduktion umkehren und sagen: Wenn nur 5 Cyrillscholien 
in dem als Probe gewählten Abschnitte nachgewiesen werden 
können, „so ist kein Grund zu der negativen Folgerung, dals 
die andern ihm nicht gehören“. Was v. Soden dem Titus 
von Bostra zuschreiben will, könnte ebensogut dem Cyrill 
von Alexandrien gehören. Denn inhaltliche Erwägungen, 
welche wohl in vielen Fällen eine Scheidung des Alexandriners 
vom Antiochener möglich machen würden, blieben auch bei 
v. Soden aulser acht. Dieser Weg der probeweisen Kontrolle, 


Te 7 


ı Das letzte reicht nur bis 30, 2, nicht 32, 2, wie es infolge eines 
Druckfehlers bei v. Soden heilst. 

2 In den folgenden 20 Kapiteln lassen sich trotz der weit grölseren 
Anzahl der uns noch erhaltenen Titusfragmente nur mehr 13 nachweisen. 


Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 185 


noch dazu an einem Stücke, das sich infolge der lückenhaften 
Überlieferung der Quellen besonders schlecht eignet, wird 
darum nie zu einem soliden Resultate führen!. Hätte v. Soden 
z. B. den Schluls des Kommentares gewählt, so hätte er ge- 
funden, dafs von p. 170, 34 an fast alles aus Oyrill stammt, 
und wäre wohl zu einem entgegengesetzten Resultat gelangt. 

Um daher ein sicheres Ergebnis zu erreichen, bleibt nur 
der Weg der gesamten Quellenbetrachtung übrig. Hierbei 
möge wieder die von Cramer edierte Lk-Katene zu Grunde 
gelegt sein, obwohl der von v. Soden nicht gekannte oder 
wenigstens nicht zitierte alte Druck des Kommentares von 
Fronto Ducaeus 8. J.? weit besser wäre. Indes ermöglicht 
die handlichere Cramersche Katene durch Zeilenangaben ge- 
nauere Zitate Auf Grund ihres Textes ergab sich mir nun 
folgende Berechnung. 

Die Cramersche Katene umfalst 168 Seiten. Rechnen 
wir auf jede Seite 33 Zeilen — die Titel sind ja abzuziehen —, 
so ergibt sich eine Gesamtsumme von 5544 Zeilen. Hiervon 
bildet nun die kleinere Hälfte, nämlich 2666 Zeilen, den Text 
unseres Lk-Kommentares; die grölsere Hälfte umfafst die 
in diesen Fundus eingeschobenen Katenenscholien. Von diesen 
2666 Zeilen lassen sich nun durch Vergleich mit den Oyrill- 
fragmenten Angelo Mais 1132 Zeilen als aus diesem Alexan- 
driner entlehnt nachweisen; das sind ungefähr 42%. Für 
Titus von Bostra hingegen ergibt sich eine weit geringere Ver- 
hältniszah. Von den 2666 Zeilen des Lk-Kommentares sind 
nur 184 Zeilen als Eigentum des Bostreners zu erweisen, also 
nicht ganz 70/0. Der von Cramer p. 416—430 publizierte 
Anhang enthält die Varianten, welche der in die Cramersche 
Lk-Katene eingearbeitete Text unseres Lk-Kommentares gegen- 
über den Hss aufweist, welche ihn in purem Zustand ohne 

ı Ein Abschnitt, dem die ersten beiden Kapitel des Lk-Ev ange- 
hören, eignet sich überhaupt nie zur Probe, da zu diesen Kapiteln die 
Festhomilien ausgiebig beigezogen werden konnten. Die normale Zu- 
sammensetzung eines Kommentars erleidet hier immer grolse Ausnahmen. 


2 Bibl. vet. patr. t. II graeco-latinus, Par. 1624, 762—836; vgl. Magna 
bibl. patr. XIII, Par. 1684, 762—836, 


186 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 


Einfügung von Katenenscholien enthalten. Hierbei sind einige 
Mehrungen des Kommentartextes (zusammen etwa 150 Zeilen) 
zu konstatieren, welche das obige Verhältnis aber in keiner 
Weise verändern können\. 

Somit stehen nachweisbar 42°/, Cyrillbenutzung 7), 
Titusbenutzung gegenüber. Nun sind beide Homilienwerke nur 
fragmentarisch überliefert. Von den Lücken in den Maischen 
Cyrillfragmenten am Anfang ist oben schon die Rede gewesen. 
Auch später noch, z. B. zwischen Lk 9,22 und 10, 21, finden sich 
grölsere Lücken? Der von v. Soden vorgebrachte Hinweis auf 
die Kritiklosigkeit der Maischen Sammlung ist allerdings nicht 
unberechtigt und wird von einem Forscher, der sich, wie ich, 
so viel mit Maischen Ausgaben herumgeschlagen hat, am 
allerwenigsten bestritten. Im vorliegenden Falle ist dieser 
Hinweis aber deshalb nicht stichhaltig, weil Mai das allerdings 
nicht verdiente Glück hatte, die zuverlässige Niketaskatene in 
ihrer besten Hs (Vat. 1611) benutzen zu können. Auch kommen 
die nicht allzuvielen Cyrillfragmente, welche aus andern Werken 
dieses Autors herrühren und deshalb fälschlich von Mai seiner 
Sammlung der Lk-Homilienfragmente eingefügt wurden, als 
Quellen des hier zu untersuchenden Lk-Kommentares darum 
nicht in Betracht, weil diese Partien nicht benutzt wurden. Der 
angegebene Oyrillprozentsatz läfst sich also von keinem Gesichts- 
punkte aus verringern; im Gegenteil, er ist infolge der fragmen- 
tarıschen Überlieferung der Cyrillhomilien sicher nicht unerheb- 
lich zu erhöhen. Die Behauptung, dafs mindestens die Hälfte 
des Lk-Kommentares aus Cyrill von Alexandrien entlehnt wurde, 
kann nach dem Gesagten nicht blofs Anspruch auf hypothetische 
Geltung, sondern auf sichere Beweisbarkeit machen. 

Umgekehrt hat v. Soden das Bestreben, das Titusgut im 
Lk-Kommentare bedeutend zu erhöhen. Zweifellos ist er bis 
zu einem gewissen Grade mit diesem Versuche im Recht. Er 
mag eine Verdopplung oder Verdreifachung vorschlagen. Sie 

1 Aus Titus von Bostra stammen 11 Zeilen. 


2 Vgl. J.Sickenberger, Die Lukaskatene des Niketas (Texte und 
Untersuchungen. N. F. VII 4), Leipzig 1902, 39 und 9%. 


Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 187 


kann ihm in Rücksicht auf die noch viel spärlichere Über- 
lieferung der Titushomilien konzediert werden. Eine unüber- 
schreitbare Grenze aber bleibt ihm durch die Tatsache ge- 
steckt, dafs von den zweifellos echten und auch als solche 
allgemein anerkannten ca. 175 Titusfragmenten nur an 23 Stellen 
eine Benutzung im Lk-Kommentare zu konstatieren war. Das 
kann nicht Zufall sein. Wäre Titus in der von v. Soden an- 
genommenen systematischen Weise benutzt worden, so mülsten 
sich viel mehr Berührungspunkte nachweisen lassen. Dieses 
Argument wiegt um so schwerer, als wir tatsächlich noch 
einen Lk-Kommentar besitzen — er wird dem Petrus von 
Laodicea zugeschrieben —, in dem die von v. Soden hier 
vermutete weitgehende Titusbenutzung stattfindet. Für diesen 
Kommentar lassen sich *s der uns erhaltenen Titusfragmente 
als Quelle nachweisen‘. 

Schon das Angegebene wird genügen, um v. Sodens An- 
schauung, es habe zuerst eine Titushermenie existiert, in welche 
dann in einem zweiten Stadium Cyrillexzerpte eingeflochten 
wurden, als völlig unhaltbar darzutun. Eine solche Hermenie 
mülste sich doch in ziemlich gleichmälsiger Weise über das 
ganze Evangelium hin erstrecken. Nun aber finden sich wieder- 
holt längere Partien des Kommentares, bei welchen eine 
Titusbenutzung deshalb ausgeschlossen ist, weil sie ganz oder 
fast ganz aus Oyrill entnommen sind; z. B. bei Cramer p. 36—39, 
80—82, 110—116, 121—124, 127—133, 136—142, 171— 174. 
Es handelt sich hierbei nicht etwa um absichtliche Lücken, 
welche gemacht wurden, weil der betreffende Ev-Text schon 
im zugehörigen Mt-Kommentar erklärt worden war?, sondern 
auch um nur bei Lk stehende Stücke. Es mülste also 
die unserem Kommentare vorangegangene Titushermenie eine 
äulserst sprunghafte gewesen sein, ein Verfahren, das alle 
Wahrscheinlichkeit gegen sich hat. 


ı Siehe Titus von Bostra 129. 

?2 Durch die Notiz npoeypapn eis röv äyıov Mardaiov wurden tat- 
sächlich solche Lücken unseres Kommentares motiviert; vgl. Titus von 
Bostra 24 f. 


188 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 


Nein, der vorliegende Lk-Kommentar hat im wesentlichen 
sicher in der gleichen Gestalt, wie wir ihn heute noch vor 
uns haben, ungefähr im 6. Jahrhundert! das Licht der Welt 
erblickt, und sein unbekannter Verfasser hatte das Bestreben, 
wie er zu Mt und Jo hauptsächlich Chrysostomus exzerpiert 
hatte, so zu Lk die grolsen Kommentatoren dieses Evangeliums 
zu benutzen. Hier boten sich ihm gleich zwei Homileten dar: 
Cyrill von Alexandrien und Titus von Bostra. Beide arbeitete 
er zusammen, doch so, dafs der Löwenanteil dem Cyrill zufiel. 
Die Hälfte mulste diesem auf dem Wege sichern Beweisver- 
fahrens schon zugeschrieben werden. Ihm /; zuzueignen, wird 
eine kaum übertriebene Hypothese sein. Die übrigen ?/s werden 
an Titus von Bostra und die übrigen Väter (Athanasius, Basi- 
lius, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa, Johannes Chryso- 
stomus, Isidor von Pelusium und Pseudodionysius) so zu 
verteilen sein, dals auf Titus selbst wohl ?/, trifft. Eine vor 
diesem Lk-Kommentare liegende Urform ist somit völlig un- 
nachweisbar, und die von v. Soden ausgesprochene Hoffnung 
(S. 582), durch eine systematische Konfrontierung des Cod. 
ms. 30 fol. saec. X der Münchener Universitätsbibliothek 
— v. Soden bezeichnet ihn als A® — „jener aus Titus’ Homilien 
geschöpften Hermenie, die die Grundlage für die ganze Ent- 
wicklung der Kommentarisierung des Lk im Mittelalter bildet, 
noch wesentlich näher zu kommen“, jagt einem Phantome 
nach? Ich besitze tatsächlich eime Kollation des ganzen 


ı Vgl. Titus von Bostra 39 f. 

2 Noch mehr gilt das von der weiteren Erwartung: „Vielleicht ist 
wenigstens der Ev-Text in A3 noch annähernd der von Titus seinen 
Homilien zu Grunde gelegte.“ Dieser Text ist aber selbstverständlich 
nicht aus diesen Kommentarhss, sondern aus den Katenentiragmenten zu 
gewinnen. Über seine Verschiedenheit von &B hätte v. Soden schon 
das Wenige, was ich Titus von Bostra 117 f notieren konnte (vgl. im 
Index s. v. Schrifttext des Titus), aufklären können. — Den in diesem 
Punkte allerdings etwas schulmeisterlich vorgetragenen Erörterungen 
Lietzmanns (Gött. gel. Anz. 1902 Nr 10, 756 f) entnehme ich dank- 
barst den wertvollen Nachweis, dals Titus ähnlich zitiert wie Chrysostomus, 
wir also „im Tituskommentar einen neuen Zeugen für die antiochenische 
Textgestalt haben“. Über die freie Art aber, wie Chrysostomus seinen 


“as. 


 .— 


Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 189 


Lk-Kommentares dieser Hs mit dem Cramerschen Katenen- 
texte, welche den Zweck verfolgte, die Bestandteile dieses 
Kommentares mit Sicherheit aus der Katene herauszuschälen 
und den vielfach sehr schlechten Text Uramers zu verbessern. 
Das Ergebnis war, dafs der Text des Monacensis vom Uramer- 
schen genau in derselben Weise abweicht, wie der bei Cramer 
(p. 415—430) stehende Anhang durch Vergleich mit zwei 
andern Hss dieses Kommentartypus, nämlich Bodl. Misc. 182 
saec. XI und Bodl. Laud. 33 saec. XI, angibt. Der Monacensis 
stellt, soweit die in ihm enthaltenen Kommentare in Betracht 
kommen, nichts anderes dar als eine alte und gute Hs der- 
selben, aber kaum wesentlich besser als z. B. der ähnlich aus- 
gestattete Laur. VI 5 saec. XI, den v. Soden gar nicht er- 
wähnt, obwohl er den Evv-Text enthält!. 

Der Codex der Münchener Universitätsbibliothek erfreut 
sich aber in v. Sodens Untersuchungen auch bezüglich des 
zugehörigen Jo-Kommentares, den wir oben seinem Wesen 
nach als Exzerpte aus Chrysostomus kennen gelernt haben, 
einer besondern Beurteilung. S. 5702 wird von einer „leisen 
Überarbeitung“ der Urform, nämlich der Chrysostomushermenie, 
gesprochen. Da sich meine früheren Untersuchungen der Hs 
hauptsächlich auf den Lk-Kommentar erstreckten, wäre es 
denkbar gewesen, dals ich von einer besondern Form des 
Jo-Kommentares infolge zu geringer Stichproben nichts be- 
merkt hätte Um sicher zu gehen, kollationierte ich deshalb 
den Jo-Kommentar noch an andern Stellen, z. B. Cramer 
p. 386, 18—396, 7, konnte aber auch nur konstatieren, was mir 
von vornherein wahrscheinlich war, dafs die Hs auch hier 
genau in derselben Weise abweicht, wie Cramer es im Anhange 
(p. 432—450) angibt. Der Jo-Kommentar ist gleichfalls nicht 
in anderer Form geboten als in den übrigen zahlreichen Hss. 


Text behandelt, vgl. die neuesten Nachweise Boussets gegen Blass in 
Theol. Litztg XX VIII (1903) 138—140 und 161—163. 

ı Siehe Karo und Lietzmann, Catenarum graecarum catalogus 
(Nachr. der K. Ges. der Wiss. zu Göttingen. Philol.-hist. Klasse, 1902, 
Heft 1, 3, 5) 571. 2 Vgl. auch 579. 


190 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 


Bezüglich des zugehörigen Mt-Kommentares lälst v. Soden 
S. 565 infolge mangelnder Notizen es unentschieden, ob er 
unserer Kommentargruppe angehört oder die ÜUramersche 
Mt-Katene repräsentiert. Natürlich ist das erstere der Fall. 
Er enthält den oben als Chrysostomusexzerpte bezeichneten 
Kommentar — nach Cramer von p. 50, 22 bis 230, 11, selbst- 
verständlich mit den Zusätzen des Anhangs. 

Der Grund, warum v. Soden dem Codex der Münchener 
Universitätsbibliothek eine besondere Stellung einräumen will, 
liegt wohl im besondern Werte seines Evv-Textes, der zu Lk 
und Jo mit den Bibelcodd &B (bei v. Soden d1 82) verwandt 
ist. Das beweise, dafs die Vorlage der Münchener Hs älter 
sei als die der übrigen Hss des gleichen Kommentartypus. 
Nun aber kann ebensogut der Schreiber des Monacensis 
bzw. der seiner Vorlage seinen Evv-Text anderswoher ge- 
nommen haben als seine Kommentare. Ja, wenn die Kommen- 
tare in seiner Vorlage für sich allein überliefert wurden — bei 
diesem Typus kam das häufig vor —, so war der Schreiber 
sogar genötigt, sich den Text aus einer andern Vorlage zu 
verschaffen. Wie dem aber auch sein mag, die Annahme, dals 
der Lk- und Jo-Kommentar im Codex der Münchener Uni- 
versitätsbibliothek einen andern Typus, sei es die Urform oder 
auch eine frühere Abwandlung derselben, darstellen, ist voll- 
ständig unhaltbar. — 

Über den Mk-Kommentar 1, der handschriftlich öfters mit 
dieser Gruppe zusammen überliefert wird, halte ich Angaben 
für verfrüht, solange nicht die Untersuchungen des Engländers 
J. Arendzon darüber publiziert sind. Leider lassen dieselben 
— sie lagen schon im Jahre 1899 der Münchener theologischen 
Fakultät als Inauguraldissertation vor — etwas lange auf sich 
warten. Nur so viel ist mir sehr wahrscheinlich, dafs die 
eben besprochene Kommentargruppe ursprünglich einen Mk- 
Kommentar noch gar nicht enthielt. Sonst wäre es schwer 
erklärlich, dafs alte und gute Hss wie der Monacensis nur den 
Mk-Text bieten, während andere Kommentar und Text aus- 


1 Vgl. Titus von Bostra 128 f. 


Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 191 


lassen. Dals für den Mk-Kommentar in den Hss häufig ein 
Verfasser, nämlich Viktor von Antiochien, genannt ist, beweist 
gleichfalls die Sonderstellung dieses Kommentares, der wohl 
sicher einen andern Verfasser hat als die besprochenen zu 
Mt, Lk und Jo. — 

Die meisten, und zwar auch alte und gute Hss dieser 
Kommentargruppe enthält wohl die Pariser Nationalbibliothek. 
Über dieselben seien auf Grund eigener Einsichtnahme im 
August 1901 noch einige Notizen zur Ergänzung meiner früheren 
Untersuchungen! angefügt, um so mehr, als v. Soden wegen der 
ihm gesteckten Grenzen nicht alle Hss nennen konnte? und das 
Omontsche Inventarium einige Ungenauigkeiten und Unrichtig- 
keiten hierüber enthält. Zu Mk und Lk gebe ich die hand- 
schriftlichen Titel an, wenn sie Verfassernamen nennen, weil 
sie hier von einiger Bedeutung sind. Kleinere Varianten, wie 
Bixtopog statt Biktwpog, sind stillschweigend korrigiert. 

Die Pariser Hss sind sonach folgende: 

1. Par. 186 saec. XII (Omont saec. XI, v. Soden A!) 
enthält in Form von Randscholien des Evv-Textes f.9 die 
Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 94 &pyunveia eig TO xara Mäapkov 
&yıov evayyelıov TOO &v Ayloıg KupiäXou ’AkeEavdpewg?, f. 149 
Epunveia eis TO ara Aoukädv Ayıov eVayyelıov Atö Pwviis TOÜ 
ev Ayioıg Tirou Emioxönou BöcTpwv Kai Er£pwv Aylwv TTATEPWV. 
Omont gibt diesen Kommentar fälschlich als Jo-Kommentar an. 

2. Par. 188 saec. XI (v. Soden A'?®) enthält gleichfalls 
als Randscholien f. 1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 87 
epunveia eis TO Kara Mäpkov Ayıov evayyelıov TOD Ev Ayloıg 
KupilAou ’Akekavdpewgt, f. 142 Epunveia eig TO Kara Aoukäv 


ı Titus von Bostra 17—22. 

2 Karo und Lietzmanns neuer Katenenkatalog (s. o. S. 189 A.1) 
570 f nennt aus dieser Gruppe nur den Codex der Münchener Universitäts- 
bibliothek und Laur. VI saec XII (ich notierte mir XI). Mit demselben 
Rechte hätte er natürlich viele der übrigen Hss nennen können; denn 
die Lemmata finden sich auch noch in zahlreichen andern. 

3 Die Subskription dazu auf f. 147° lautet: ’EnAnpWwOn oüVv Bew N 
&punveia Tod xatü Maüpxov Aylov edayyellov Atö Pwviis, Ev TIOIV EÜPOV 
KupfiAXou "AAekavbpews, Ev AXkoıs dE Biktwpog TTPEOBUTEpoL. 

4 Die Subskription f. 140° lautet wie in Par. 186; vgl. vorige Anmerkung. 


192 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 


Aayıov evarrelıov ano @wvfis TOD Ev ayloıs Tirov Emoxötou 
Böotpwv xai Erfpwv rıvov rratepwv, f. 202 die Chrysostomus- 
exzerpte zu Jo. Die Hs ist mit der vorgenannten sehr ver- 
wandt, wahrscheinlich ihre Vorlage. 

3. Par. 201 saec. XI enthält f.6 die Chrysostomusexzerpte 
zu Mt, f£.116 diezu Jo, £.191 zu Lk: roüO &v Ayloıg Tirou Emokönou 
Böotpwv (Hs BootpWv) xai dAAwv rıvwv &orıv Epunvela, f. 2307 
Biktwpog npeoßur£pou ’Avrıioxeiag Epunveia eis TO xara Mäpkov 
EUATTEAIOV. 

4. Par. 231 saec. XII enthält nach Omont: anonymi 
commentarius in Mt, Lc et Jo. Es sind f. 1° die Chrysostomus- 
exzerpte zu Mt, f. 100 der Pseudotituskommentar zu Lk, f. 132’ 
die Chrysostomusexzerpte zu Jo. Am Schlusse ist die Hs 
lückenhaft. 

5. Par. 701 saec. X, eine schön und grols geschriebene 
Hs, enthält f. 4 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 143 die zu 
Jo, f. 241 den Pseudotituskommentar zu Lk, welcher in der 
Erklärung zu Lk 23, 34 mit den Worten ouyxWpnoov autoig, 
deixkvug>! abbricht. Auch zu Beginn fehlen zwei Blätter, 
welche die xepdiaıa enthalten haben, und Quaternio y’ ist 
nach f. 278 eingebunden. 

6. Par. 702 saec. X enthält f. 1 die Chrysostomusexzerpte 
zu Mt, £.126 die zu Jo, f. 208 ToO &v Ayloıs Tirov &moxönou 
Böotpwv xai dAAwv TıvWv Epunveia eis TO Kara Aoukdv Ayıov 
evayrelıov. f. 252—434 stehen: &k Tg xadökou Epunveiag 
"Iwavvou TOO Xpucootönou Exkoyai Ev Zmıroun Exkeyeicaı apd 
"lwavvov Aauaoknvoü. 

7. Par. 703 saec. XII ist am Anfang von späterer Hand 
ergänzt und enthält f. 1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, 
f. 1347 die zu Jo, f. 208° toü &v äyioıs narpög huWßv Tirou 
emokönov Böotpwv xai Adllwv TIvav Aylwv Tatepwv Epunveia 
eis TO xartü Aoukdv äyıov evarrekıov, f. 247 den Mk-Kommen- 
tar des Viktor von Antiochien mit der Überschrift: ’Qpıy&vous 
tpöAoYog eis Tv Epunveiav TOO Kara Mäpkov Ayliov eVayyekiov, 


i Siehe Cramer 167, 31. 


Bickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 193 


f. 294 tpooimov ’Rpıyevous eis Epunveiav Toü xata Martdaiov 
evayreliov. Der Prolog gehört den dem Petrus von Laodicea 
zugeschriebenen Evv-Kommentaren an; mit den Worten: 
eupnoeis Ta Aoına Ev TA Epunveia Toü Xpucoctöuou schlielst 
dieses Proömium ab. 

8. Par. 704 saec. X ist am Anfang lückenhaft und ent- 
hält f.1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 57 die zu Jo, 
f. 140 ToD Ev üyloıs Tirou &moxönouv Böctpwv (Hs BootpWv) 
kai AAAwv TıvWwv Epunveia eis TO Kara Aoukdv euayyelıov. Mit 
f. 185 beginnt ein anderer Bestandteil der Hs (Maximi capita 
varia). 

9. Par. 3090 gehört zu den Collectanea Bigotiana. F.21f 
wird eine Hs notiert: Post commentarium s. Ioannis Chryso- 
stomi in Matthaeum sequitur: Toü &v Ayloıs Tirou &moxönou 
Böotpwv Epunveia eig TO Kata Aoukäv Helov evayyelıov, &v 
Kai ToÜ &v dyioıs narpögs Iwavvou TOO Xpucootöuou. Es 
folgt ein langes Incipit und Explicit dieses Pseudotituskom- 
mentares, worauf noch folgende Subskription abgeschrieben 
wird: &ypdpn Ta Bein Kai Zwotord Trpokeiueva evayyelıa Nroi 
ai Trepi TOUTWV Kal eis auTd Epunveiar Heicı Iwiavvou TTauMdKapog 
apxıepews Kwvotavrıvounöilews Kai Xpu0ocTöuou EE Eiuekelag 
nev Fewpyiou TOoÜ HeopıkeOTdaTou ApxIep£wg Kai TTPWTETLOKÖTTOU 
Eupitnov, dia xeıpög de Zıoıvviou TOU TaTeıVvoü TTPEOBUTEPOU Kai 
DdEUTEPOVELOVTOG Kadokıkjg EkkAnolag unvi AnpıAkiw ıE IvdiKTıW- 
vos a &rous Zuva. Es war also eine Hs des Jahres 943, 
welche Bigot exzerpiert hatte. — 

Diese zahlreichen Hss aus einer einzigen Bibliothek sind 
ein Beweis für die Beliebtheit und grofse Verbreitung dieser 
Gruppe von Evv-Kommentaren. Dafs dieselben in ihrer Zu- 
sammensetzung von mir richtig erkannt worden waren, werden 
obige Erörterungen zur Genüge dargetan haben, wie auch, 
dals der Vorwurf eines „viel zu raschen Schlusses“ nicht 
mich trifft. 


Biblische Zeitschrift. I. 2. 13 


192 Sickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 


äyıov evayrelıov Armdö QYwviis Toü &v Ayioıs Tirou Emoxötou 
B6öotpwv Koi Erkpwv rıvov natepwv, f. 202 die Chrysostomus- 
exzerpte zu Jo. Die Hs ist mit der vorgenannten sehr ver- 
wandt, wahrscheinlich ihre Vorlage. 

3. Par. 201 saec. XI enthält f. 6 die Chrysostomusexzerpte 
zu Mt, f.116 diezuJo, £.191 zu Lk: roÖ &v äyloıg Tirov Emoxkörrou 
Böotpwv (Hs BootpWv) Kai dAAwv rıvwv &orıv Epunveia, f. 2307 
Birtwposg Trpeoßurtepou ’Avrıioxeiag Epunveia eis TO Kara Mäpkov 
evaYYekıov. 

4. Par. 231 saec. XII enthält nach Omont: anonymi 
commentarius in Mt, Lc et Jo. Es sind f. 1? die Chrysostomus- 
exzerpte zu Mt, f. 100 der Pseudotituskommentar zu Lk, f. 132” 
die Chrysostomusexzerpte zu Jo. Am Schlusse ist die Hs 
lückenhaft. 

5. Par. 701 saec. X, eine schön und grols geschriebene 
Hs, enthält f. 4 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 143 die zu 
Jo, f. 241 den Pseudotituskommentar zu Lk, welcher in der 
Erklärung zu Lk 23, 34 mit den Worten ouyxWpnoov qauToig, 
dexkvoc>1 abbricht. Auch zu Beginn fehlen zwei Blätter, 
welche die xepaima enthalten haben, und Quaternio y’ ist 
nach f. 278 eingebunden. 

6. Par. 702 saec. X enthält f. 1 die Chrysostomusexzerpte 
zu Mt, f. 126 die zu Jo, f. 208 toü Ev üyloıs Tirov Emoxkörou 
Böotpwv kai AAAwv TıvWv Epunveia eis TO Kata Aoukädv Ayıov 
evayverıov. f. 252—434 stehen: &k Tfs xadöAou Epunveias 
’Iwdvvov TOO Xpuoootönou ExAoyai Ev Emroun Exkeyeloar rrapd 
'Ilwavvov Aapaoknvoü. 

7. Par. 703 saec. XII ist am Anfang von späterer Hand 
ergänzt und enthält f. 1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, 
f. 134” die zu Jo, f. 208” ToO &v Ayioıs natpög NuWv Tirou 
emoxönou Böotpwv xai AAlwy TIvuv Aylwv TTaTEpwv Epunveia 
eis TO xata Aoukdv Ayıov evayyelıov, f. 247 den Mk-Kommen- 
tar des Viktor von Antiochien mit der Überschrift: ’Npıy&voug 
TPOAOYOS Eis Tv Epunveiav TOO Kara Müpkov üylov ebayrekiov, 


ı Siehe Cramer 167, 31. 


Bickenberger, Über griechische Evangelienkommentare. 193 


f. 294 rmpooiniov ’Rpıyevoug eis Epunvelav ToÜ xara Mardaiov 
edayyekiov. Der Prolog gehört den dem Petrus von Laodicea 
zugeschriebenen Evv-Kommentaren an; mit den Worten: 
eüpngeis TA Aoına Ev TA Epunveia Toü Xpuooctönou schlielst 
dieses Proömium ab. 

8. Par. 704 saec. X ist am Anfang lückenhaft und ent- 
hält f.1 die Chrysostomusexzerpte zu Mt, f. 57 die zu Jo, 
f. 140° Toü &v ayloıs Tirou &moxönou Böctpwv (Hs BootpWv) 
kai dAAwv TIvwv Epunveia eis TO Kata Aoukdv evayyelıov. Mit 
f. 185 beginnt ein anderer Bestandteil der Hs (Maximi capita 
varia). 

9. Par. 3090 gehört zu den Collectanea Bigotiana. F.21f 
wird eine Hs notiert: Post commentarium s. Ioannis Chryso- 
stomi in Matthaeum sequitur: to &v üyioıs Tirov Emokönou 
Böotpwv Epunveia eis TO xara Aoukäv deiov evayyelıov, Ev 
Kai TOO &v dAyioıs tatpög "lwavvouv Toü Xpuoootönou. Es 
folgt ein langes Incipit und Explicit dieses Pseudotituskom- 
mentares, worauf noch folgende Subskription abgeschrieben 
wird: &ypapn Ta Bein Kai Zwotord Trpokeiueva evayyelıa Nroi 
ai Trepi TOUTWV Kai eis autd Epunveiar Beiaı "lwävvou TTAUMAKAPOG 
Apxıepewg Kwvotavrıvounöilewg Kai Xpucootöuou EZ Ermiueleiag 
uev Tewpyiov TOoU HeopIÄEeTTATOU ApxXIEPEwg Kai TTPWTETTIOKÖTTOU 
Eupinov, dıa xeıpög de Zıoıvviou TOU TaTeıVvoU TIPEOBUTEPOU Kai 
dEUTEPOVELOVTOS Kadokıkjs EkkÄnolag unvi ’ArrpıAAiw ıE IVÖIKTIW- 
vos a@ Erous Zuvo‘. Es war also eine Hs des Jahres 943, 
welche Bigot exzerpiert hatte. — 

Diese zahlreichen Hss aus einer einzigen Bibliothek sind 
ein Beweis für die Beliebtheit und grolse Verbreitung dieser 
Gruppe von Evv-Kommentaren. Dafs dieselben in ihrer Zu- 
sammensetzung von mir richtig erkannt worden waren, werden 
obige Erörterungen zur Genüge dargetan haben, wie auch, 
dals der Vorwurf eines „viel zu raschen Schlusses* nicht 
mich trifft. 


Biblische Zeitschrift. I. 2. 13 


Besprechungen. 


Zapletal, Vino., O. Praed., Prof., Freiburg i. Schw., Der Schöpfungs-: 
bericht der Genesis (1, 1—2, 3). Mit Berücksichtigung der neuesten Ent- 
deckungen und Forschungen erklärt. 80 (IV u. 104) Freiburg (Schweiz) 
1902, Universitätsbuchhandlung. M 3.— 

Der Herr Verfasser spricht in dem Vorworte die Befürchtung aus, 
den Rationalisten beigezählt zu werden, weil er in der Genesis „Quellen“ 
annimmt, und er bittet, dals man ihn nicht des „verblalsten oder ver- 
besserten \Mythismus“ zeihe, weil er eine gewisse Abhängigkeit der Aus- 
drucksweise in Gn 1 von dem babylonischen Schöpfungsberichte zugibt. 
Diese Furcht dürfte unbegründet sein; ist ja in letzter Zeit die Hofinung 
ausgespiochen worden, dals man „seine eigenen Anschauungen mit weniger 
Angstlichkeit und Zurückhaltung aussprechen“ werde (Theol. Rev. Nr 16). 

K.1(S. 1—5) beweist die Berechtigung, Gn 1,1-2,3 als ein ab- 
gerundetes Ganzes zu betrachten. Die beiden Berichte 1,1—2,3 (P) 
und 2,öff (‚J) sind „Blöcke, die nicht aus einem und demselben Felsen ge- 
hauen worden sind“. Zwischen beiden besteht sowohl inhaltlich als 
formell ein grolser Unterschied — 2, 4 ist weder Unterschrift zu K.1 noch 
Überschrift zu K. 2, noch beides zugleich, sondern 2, 4a ist späterer Ein- 
schub einer „mechanisch nachahmenden Hand“, wozu ein Leser 2,4b an 
den Rand schrieb, um das Milsverständnis von Msn im Sinne einer 
„Geburt“ der Weit durch Gott zu verhüten. 

K. 2 (S. 6-35) erklärt Gn 1,1—2, 3 Wort für Wort. Der Plural 
des Verbs in V.26 ist eine Fortsetzung der Yluralform elohim. und aus 
letzterer Form kann nicht mehr hebr. Polytheismus geschlossen werden, 
seitdem in den Tell-el-Amarna-Briefen so der ägyptische König genannt 
wird. V. 26 ist als Reflexion Elohims zu betrachten. 

K.3 (S. 36—52) bringt die Hauptsache aus den ägyptischen, phöni- 
zischen und babylonischen Kosmogonien. } 

K.4 (S. 53-66) enthält eine kurze und klare Übersicht und Wider- 
legung der bisherigen Erklärungsversuche des Schöpfungsberichtes. Aus- 
führlich wird die sog. Visionstheorie besprochen und bekämpft. Sie hat 
keinen Anhalt im Texte und die Anspielungen auf die babylonische 
Kosmogonie machen es unmöglich, Gn 1 als Vision Adams aufzufassen. 

K. 5 (S. 67—76) bringt die Lösung des Verfassers. Mit der buch- 
stäblichen Auffassung sind die Tage in Gn 1 als natürliche zu 24 Stun- 
den zu nehmen; im Anschluls an die ideale Erklärung braucht man die 
Reihenfolge der Schöpfungswerke nicht als ‘historisch zu betrachten. 
Was der Verfasser von Gn]1 lehren will, ist: Gott hat alles allein, ohne 
Demiurg, durch sein blolses Wort erschaffen. Ferner will er die 
Heiligung des Sabbats einschärfen. Zu diesem Zwecke mulste er die 
Ausdrücke seiner Zeit wählen, und er hat dabei „an zwei Reihen von 
damals herrschenden Anschauungen angeknüpft: an die naturwissen- 
schaftlichen und an die mythologischen“. An die ersteren mulste er an- 
knüpfen, um verstanden zu werden, an die letzteren auch deshalb, um 
ebendiese zu widerlegen. Die Reihenfolge der Schöpfungswerke brachte 


Besprechungen. 195 


er in einer bestimmten Ordnung vor, „in einem Schema, das von den 
Lesern leicht erfalst wurde und ihnen einen Ersatz bot für die von allen 
Seiten eindringenden Schemen der heidnischen Kosmogonien“ (S. 69.) — 
Bei der Frage nach dem Einteilungsprinzip, das dem Schema der 
Schöpfungswoche zu Grunde liegt, verwirft Z. die Einteilung in opus 
distinctionis und opus ornatus und setzt dafür in ausführlicher Darlegung 
das opus regionum und exercituum (D833 2,1). Zuerst wird die Schöpfung 
der Regionen oder „Kampfplätze“ beschrieben: des Himmels, des Wassers 
und der Luft, der Erde, darauf die Erschaffung der für diese Kampfplätze 
bestimmten „Heere“: der Sterne, der Fische und Flugtiere, der Land- 
tiere und des Menschen. So erklärt es sich, dals die Pflanzen vor der 
Sonne erwähnt werden, denn sie gehören zur Ausrüstung der für den 
Menschen als Kampfplatz bestimmten Erde. Ahnlich wird die Entstehung 
der Fische und Flugtiere, ferner der Landtiere und Menschen auf einen 
Tag verlegt wegen der Ähnlichkeit resp. Gleichheit der Kampfplätze. 
Deshalb kann aus der angeblichen Überfüllung des dritten und sechsten 
Tages nicht geschlossen werden, dals ursprünglich die Schöpfung auf 
nchr als sechs Tage verteilt war. Dieses Schema ist nur dem biblischen 
Berichte eigen und ein neuer Beweis, dals er keine blolse Entlehnung aus 
dem babylonischen Mythus ist. 

K. 6 (S. 77—104) behandelt die literarhistorische Seite von Gn1. 
Der Inhalt von Gn 1, führt Z. aus, ist sehr alt und kann nicht von P 
erfunden sein, denn in älteren Stücken des AT finden sich Anspielungen 
und Varianten. Er verweist auf Ex 20, 11; Jr 4, 23; Is 4, 18; Ps 
104,6; Am 4,13 u. a. Zu den Varianten rechnet er Ps 104, 5—9; Jb 
38, 8-11; Jr 5, 22. — Gegenüber der Behauptung, dals der Bericht in 
Gn 1 nicht der älteste sei, sondern dals in Israel früher eine viel poe- 
tischere Rezension bekannt war, nach welcher der Schöpfung ein Kampf 
Jahwes mit dem Drachen (Urmeer) vorausging, gibt Z. zu, dafs Ps 89, 10#f, 
Jb 9, 13; 26, 12ff, Sir 43, 23 und Ps 74, 12 von einem solchen 
Kampf die Rede ist. Es werde die schöpferische Kraft Gottes über das 
Chaos als ein Kampf mit Tiamat ausgemalt. Das sei nur ein poetisches 
Mittel, das aber vom babylonischen Schöpfungsbericht abhänge. Diese 
babylonischen, Ideen seien in Israel in der Zeit der ersten Könige ein- 
gedrungen. Über die Abfassungszeit von Gn 1 spricht sich der Verf. 
nicht deutlich aus, sondern sagt nur, dals nichts zwinge, den Schöpfungs- 
bericht „einer späten Zeit“ zuzuschreiben. Da er in Gn 1 eine ÄAn- 
knüpfung und Widerlegung der in der ersten Königszeit eingedrungenen 
Kosmogonien erblickt, so scheint er die Abfassung in die Zeit des prophe- 
tischen Kampfes gegen die fremden Götter zu verlegen. 

Dazu einige Bemerkungen! Dem Verf. stimme ich zu, wenn er 
Gn 1—2, 3 und 2, 5ff als zwei inhaltlich unterschiedene Schöpfungs- 
berichte auffalst, und wenn er in 2, 4 eine Glosse aus zweiter oder dritter 
Hand sieht. Allein der Glossator hat die Bemerkung entweder als Unter- 
schrift zum Vorausgehenden oder als Überschrift des zweiten Berichtes 
gedacht. Ich nehme das erstere an, denn von der Schöpfung des Himmels 
ist in 2,5ff nicht die Rede. Ganz unmöglich scheint mir die Gleichung: 
Geschichte Himmels und der Erde = Geschichte von dem, was geschalhı, 
nachdem Himmel und Erde geschaffen waren (Hoberg). Warum der 
Ausdruck „das ist die Geschlechtsgeschichte, d. h. die Aufeinanderfolge“, 
der sonst Überschrift ist, nicht auch Unterschrift sein könne, ist unver- 
ständlich. Gesetzt den Fall, der Glossator habe durch diese Worte zwei 
Berichte voneinander trennen wollen, so mulste er sie naturgemäls an 
den Schluls des ersten Berichtes setzen, besonders wenn dieser ein 
späterer Einschub ist. Diesen Fall nehme ich an. In 1,2 ist „Erde“ 
eine Schwierigkeit; denn die Erde entsteht erst am dritten Tage. Z. er- 
klärt Erde = Chaos, was mir durch V. 9. 10 ausgeschlossen scheint. Sehr 
gut stände der Satz, wenn sich ihm 2,5 anschlösse: die Erde war ohne 


13* 


196 Besprechungen. 


jede Vegetation. Mir will dünken, dals der ursprüngliche Schöpfungs- 
ericht, in welchem am Anfange die trockene Erde steht und die Reihen- 
folge Adam, Bäume, Tiere, Eva eingehalten ist, mit den Worten 1,2: 
die Erde war wüst und leer — begann, worauf 2,5ff folgten. Später 
fühlte man das Bedürfnis einer eigentlichen Kosmogonie, die mit: Finster- 
nis lag über dem Urmeer 1,2 — eingeleitet wurde. Der oder die Re- 
daktoren fügten die anfänglich selbständigen Berichte ineinander. 1,2 
ist also zu verstehen: die Erde war wüst und leer, denn noch lag sie 
unter dem Chaos begraben. 1,1 ist Einleitung zum ersten Berichte: im 
Anfang, da Gott....; 2, 4a ist Schlulsklammer zur Kosmogonie, und 2, 4b 
ist Einleitung zum zweiten Bericht, entsprechend 1,1. Die auffällig 
starke Betonung, dals Gott alles geschaffen, erklärt sich wohl aus heid- 
nischen Gegensätzen. — Sehr treffend ist die ablehnende Kritik der Visions- 
theorie. In der Tat, wenn man einmal davon absieht, dals der Schöpfung 
wegen ihrer Beziehung zur Woche irgendwie eine reale Siebenzahl zu 
Grunde liegen müsse, so ist nicht einzusehen, warum man zu einer Vision 
seine Zuflucht nehmen will, statt die Einkleidung einschlielslich der 
Siebenzahl dem inspirierten Verfasser zuzuschreiben. — Nicht über- 
zeugend erscheint mir die Darlegung hinsichtlich des angenommenen 
Schemas, der Unterscheidung in opus regionum et exercituum. Dals die 
Erschaffung der Fische und Flugtiere auf einen Tag angesetzt ist, weil 
ihre Kampfplätze ähnliche Abgründe seien, der eine nach unten, der 
andere nach oben, ist wohl eine zu gekünstelte Annahme. Überdies 
sprechen schwerwiegende Gründe dafür, dals die jetzire Verteilung des 
Schöpfungswerkes nicht ursprünglich ist, sondern eine Zusammenziehung 
stattgefunden hat, damit die Sechszahl der Schöpfungstage nicht über- 
schritten werde. — Was das Verhältnis zu den fremden Kosmogonien 
angeht, so halte ich es mit 2. für sicher, dals der Verf. von Gn 1 ab- 
sichtlich an jene angeknüpft hat. Dals demselben dabei apologetische 
und polemische Absichten vorschwebten, ist natürlich. Die in dieser 
Absicht hervorgehobenen Momente könnten für die Bestimmung der Ab- 
fassungszeit von Bedeutung sein. In dieser Hinsicht ist nun zu kon- 
statieren, dals sich in Gn 1 keine gegen den Polytheismus gerichtete 
Spitze erkennen lälst, dafs vielmehr der Monotheismus als unbestritten 
und vorausgesetzt erscheint!. Daraus dürfte zu schlielsen sein, dafs zur 
Zeit der Abfassung der Polytheismus keine Gefahr bildete. Ebendafür 
scheint die Schilderung der Gestirne zu sprechen. Ich finde nämlich 
nicht, wie Holzhey a.a.O. 40. dals diese in der biblischen Erzählung eine 
sehr nebensächliche Rolle spielen, oder dals sie als nüchterne Mechanismen 
geschildert werden. Der dreimalige Ausdruck „dals sie herrschen“ er- 
mangelt nicht einer gewissen Feierlichkeit. Nach Wellhausen klinst 
darin ein letzter Rest mythologischer Anschauungen an. Sicherlich wäre 
er vermieden worden, wenn die Gefahr des Götzendienstes bestanden hätte. 
Wenn man ferner bedenkt, worauf ebenfalls Holzhey hinweist, dais 
in Gn 1 gerade auf die Ruhe des Sabbats das Hauptgewicht gelegt 
wird und dals diese Forderung erst durch das Wirken des Esdras und 
Nehemias zur praktischen Geltung kam; dals ferner die überaus starke 
Betonung, dals alles Geschaffene gut ist, auf dualistische Lehren hinweist, 
so wird es doch vielleicht notwendig sein, bei der Frage nach der Ent- 
stehungszeit von Gn 1 an eine spätere Periode zu denken. Dabei ist 
nicht ausgeschlossen, dals der Inhalt, ja spezifische Ausdrücke viel älter 
sind; denn die Auseinandersetzung mit den heidnischen Kosmogonien hat 
naturgemäls schon viel früher begonnen. — 
er Herr Verfasser hat sich durch sein klar geschriebenes Buch 
den Dank aller Bibelfreunde verdient. Möge er uns bald mit ähnlichen, 


i Vgl. Holzhey, Schöpfung, Bibel und Inspiration, 1902, 35. 


Besprechungen. 197 


von demselben Geiste unbeirrter Forscherehrlichkeit getragenen Arbeiten 
über die Paradieses- und Sintfluterzählung erfreuen. 
Kitzingen. Otto Happel. 


1. Peters, Norbert, Dr. theol., Prof. d. Theol. an der b. philos.-theol. 
Fakultät zu Paderborn, Der jüngst wiederaufgefundene hebräische Text 
des Buches Ecclesiasticus untersucht, herausgeg., übersetzt und mit krit. 
Noten versehen. gr. 80 ar 92* u.448) Freib. i. Br. 1902, Herder. M 10.— 

2. Knabenbauer, Jos., S. J., Commentarius in Ecclesiasticum cum ap- 
pendice: Textus „Ecclesiastici“ Hebraeus descriptus secundum fragmenta 
nuper reperta cum notis et versione litterali Latina (Cursus Scripturae S. 
in V.T. II 6). gr. 8° (LXXXIII u. 476) Paris 1902, Lethielleux. M 13.— 

1. Das erstere Buch ist eine textkritische Vorarbeit des Verfassers zum 
Kommentar des Ekklesiastikus, den derselbe im Auftrag der österr. Leo- 
Gesellschaft erscheinen lassen wird, und will betrachtet sein als „Versuch 
einer kritischen Textesausgabe“ der bisher gefundenen hebräischen Frag- 
mente des Buches Ekklesiastikus. Einem ausführlichen Falerabarrzeieh- 
nisse (und Inhaltsverzeichnisse) lälst der Verf. die Prolegomena folgen 
(S. 1*—92*), welche sehr wertvolle Abhandlungen über biblische Text- 
kritik enthalten; denn was der Verf. bezüglich des Ekklesiastikus sagt 
gilt mutatis mutandis auch von den übrigen heiligen Büchern des AT, 
nur dals diese nicht so lange den Textverderbnissen ausgesetzt waren. 

Im 1. Kapitel bespricht P. den hebräischen Text (S. 3*--35*), 
und zwar berichtet er zuerst „die Wiederauffindung des hebr. Textes“ 
(8 1), beschreibt dann genau die verschiedenen hebräischen Handschriften 
(8 2), untersucht das Verhältnis der letzteren zueinander ($ 3), berührt 
auch kurz die hebräischen und aramäischen Zitate aus Ekkli ($ 4) und 
gibt endlich sein Urteil über den Wert des hebräischen Textes (8 5), 
dessen Originalität er, trotz der mannigfachen, teils zufälligen, teils auch 
absichtlichen Anderungen, mit Recht für gesichert hält. Im 2. Kapitel 
behandelt der Verfasser die griechische Übersetzung (8. 35*—58*), 
indem er ihre Überlieferung und ihren textkritischen Wert untersucht 
($ 6 u. 7). Das Resultat seiner Untersuchung ist: „Gr. ist allerdings ein 
wertvoller Zeuge für den Urtext. Bevor man aber eine Variante auf 
Grund des Gr. annimmt, muls die Art und Weise seiner Übersetzung 
nach allen Seiten hin wohl erwogen werden, ebenso allerdings auch die 
verschiedenen Eigentümlichkeiten des in T. erhaltenen hebräischen Textes.“ 
Ahnlich untersucht er im 3. Kapitel die Überlieferung und den text- 
kritischen Wert der syrischen Version ($ 8 u. 9, S. 59*—72*), wobei 
er zu dem Resultate gelangt, „dals Syr. als textkritischer Zeuge nicht 
ohne weiteres, sondern nur in stetem Hinblick wie auf die Möglichkeit 
einer Deteriorierung seines Textes, so vorzüglich auf die Art der Über- 
setzung herangezogen werden kann. Trotzdem aber bleibt bestehen, dals 
er neben T. (gefundener hebr. Text) und Gr. von grolser Bedeutung ist 
und an zahlreichen Stellen allein das Richtige erhalten hat“. 

Im 4. Kapitel bespricht der Verf. „die Textkritik“, und zwar zuerst 
„im allgemeinen“ (& 10, S. 73*—80*), dann mit „Berücksichtigung des 
Sprachcharakters und des Stiles“ ($ 11, S. 81*—86*) sowie „der poetischen 
Form“ (8 12, S. 86*—92*), wobei er allgemein gültige Regeln aufstellt. 
Den Grundsatz des Verf., die Metrik ganz unberücksichtigt zu lassen, 
kann Ref. nicht gutheilsen, obwohl der Verf. gewils logischer handelt 
als jene, welche die Hebungen zählen, ohne ein Metrum zu haben. Dals 
aber das hebr. Metrum nicht mehr auffindbar sein sollte, ist kaum anzu- 
nehmen; und wenn Grimmes und Sievers’ Systeme auch nur Hypothesen 
sind, so muls man doch untersuchen, ob nicht die eine derselben alle 
Wahrscheinlichkeit für sich hat und welche richtiger ist (vgl. die Rezen- 
sion über Sievers’ metrische Studien im Litterar. Gentralblatt 1902, Nr l). 


198 Bibliographische Notizen. 


Wenn nun Grimme sein System vervollkommnet, so ist dies keine Instanz 
gegen dessen Richtigkeit in den wesentlichen Punkten. 

Den Hauptteil des Buches bilden die „Kritischen Noten und Unter- 
suchungen“ zu den bisher gefundenen Fragmenten des hebr. Sirachtextes 
(S. 1—317). Diesen lälst der Verfasser den verbesserten hebr. Text 
samt deutscher Übersetzung (am Fulse) folgen, ist sich aber dabei „sehr 
wohl der Schwierigkeit der kritischen Bearbeitung eines poetischen Textes 
ohne festes Formalprinzip bewulst“. Und in der Tat meint Ref. in 
seinem Ekklesiastikus mehrere Verse, z.B. im alphabetischen Gedichte 
(51, 13—20) die mit 7, \, t, n beginnenden, mit Hilfe der Metrik richtiger 
hergestellt zu haben, während der Verf. gerade in diesem Gedichte den 
griechischen Text zu sehr dem hebräischen vorzuziehen scheint. Wenn 
der Verf. aber das in letzterem zwischen 5l, 12 und 13 eingeschobene 
Gedicht nicht für echt hält, so dürfte er wohl recht haben. Den Schluls 
des Buches, für dessen wissenschaftlichen Wert schon der Name des 
Verf. bürgt, bilden wertvolle Register. Die Ausstattung ist tadellos, 
Druckfehler unbedeutend. 

2. Ist Peters’ Buch nur textkritische Bearbeitung des gefundenen hebr. 
Textes, so ist Knabenbaucers Werk eine Erklärung des ganzen Ekklesiasti- 
kus in lateinischer Sprache. Kn. schickt seinem Kommentar den gefundenen 
hebr. Text samt gegenüberstehender lateinischer Übersetzung voraus, aber 
ohne dessen Lücken auszufüllen und die Fehler zu verbessern. Nur 
wenige textkritische Bemerkungen gibt er (am Fulse) dazu (S. ı-ıxxzun). 
In den Prolegomena (S. 1—40) handelt der Verf. ganz kurz vom Autor 
und Übersetzer und von der Beschaffenheit des Buches, bespricht dann 
in ähnlicher Weise wie Pcters den wiederaufgefundenen hebräischen 
Text, ebenso die griechische, syrische und lateinische Version, sowie auch 
die andern Hilfsmittel zur Eruierung des vom Autor intendierten Sinnes, 
wobei er die einschlägige Literatur zitiert. S. 41—473 erklärt er das 
ganze Buch samt Prolog des Übersetzers, indem er den einzelnen Ab- 
schnitten des Textes, dessen lateinische und griechische Version er neben- 
einander stellt, seinen Kommentar folgen lälst. In diesem war es ihm 
hauptsächlich darum zu tun, „die dunkeln Stellen zu erläutern und den 
Zusammenhang und Fortschritt der Gedanken zu zeigen“. Häufig zitiert 
er dabei die syrische Übersetzung und bemerkt stets die Abweichungen 
des gefundenen Urtextes, ohne sich aber in textkritische Erörterungen 
einzulassen. Der Stil ist klar, die Ausstattung ist dieselbe wie in den 
früher erschienenen Bänden des Cursus Scripturae Sacrae, denen sich 
auch dieser Band würdig anreiht. 

Heiligenkreuz bei Wien. Prof. Dr. P. Nivard Schlögl. 


Bibliographische Notizen 


(über das Jahr 1902; diese Jahreszahl ist als selbstverständlich weggelassen. 
Vgl. im übrigen die Vorbemerkung S. dl). 


Abkürzungen. Aufser den 8. 8if angegebenen kommen in Verwendung: BSt= 
Biblische Studien. BzZ = Byzuntinische Zeitschrift. GgA = Göttingische gelehrte An- 
zeigen. Ochr = Oriens christianus. PrM = Protestantische Monatsliefte. KThPfh = La 
Revue de Th&ologie et de Philosophie. Str =- Studi religiosi. TALzt — Theologische 
Literaturzeitung. TAR = Theologische Revue. T7T'U = Texte und Untersuchungen. 


C. Das Neue Testament. 


a) Ausgaben. Hss. Textkritik. Sprachliches. Über- 
setzungen. 
Weiss, B., Das Neue Testament. Handausgabe. I. Bd: Die vier Evan- 
gelien (X u. 604). 11. Bd: Die paulinischen Briefe und der Hebräerbrief 
(2. Aufl., 694). 11I. Bd: Apostelgeschichte, katholische Briefe, Apokalypse 


Bibliographische Notizen. 199 


(2., neubearb. Aufl. VI u. 534). (8°. Lp., Hinrichs. M 24.—): Der bekannte 
Berliner Theologe vereinigt die schon früher bearbeiteten Texte zu einer 
dreibändigen, schön gedruckten und gut ausgestatteten Handausgabe. Er 
fügt auf den Einzeltiteln die Worte bei: „im berichtigten Text mit kurzer 
Erläuterung zum Handgebrauch bei der Schriftlektüre.“ Berichtigungen 
erreichte er durch aufmerksame Beobachtung der Fehlerquellen unserer 
Hss. Soweit Ref. den Text kontrolliert hat, scheint er ihm durchaus ver- 
lässig und auf Grund sorgfältiger Erwägung aufgebaut zu sein. Die kurz 
und prägnant gehaltenen Erläuterungen stehen unter dem Texte. Am 
Anfange eines jeden Bandes befindet sich eine Einleitung zu den folgenden 
Büchern. Danach gab es vor 150 noch kein Tetraevangelium. Unser 
1. Evangelium ist eine Bearbeitung der griechischen Mt-Schrift mit Hilfe 
des 2. Ev bald nach 70; Mk beruht auf Mitteilungen des Petrus und 
stammt aus dem Ende der 60er Jahre; Lk benutzt den Ur-Mt, Mk und 
eine palästinensische Quelle, nicht aber Mt zwischen 70 u. 80. Das Jo-Ev 
stammt vom Apostel. Röm 16, 1-20 ist ein gesondertes Emptehlungs- 
schreiben an die Epheser für die Briefüberbringerin Phöbe. Hebr ist 
nach Form und Inhalt unecht. Die Apg des Lukas benutzte in ihrem 
1. Drittel für uns freilich nicht mehr deutlich herauszulösende Quellen. 
Auch die Apk stammt vom Apostel Jo, wird aber schon ins Jahr 70 
datiert; jüdische Apokalypsen sind nicht als Quellen nachweisbar. — Es 
ist also im allgemeinen ein konservativer Standpunkt, der sich sowohl in 
diesen Einleitungen wie auch in den Erläuterungen ausspricht. 

Blafs, F., Evangelium sec. Johannem cum variae lectionis delectu (8°. 
LXIV u. 111. Lp., Teubner. M 5.60): Blals’ Ausgaben (voraus ging Apg, 
Lk, Mt) bieten den Theologen immer Überraschungen. Übersetzungen, 

araphrasierende Väterstellen und ähnliches sind dem Herausgeber Grund- 
age genug, um oft einen ganz neuen Text zu konstruieren. So wird 
hier z. B. statt texva Beo0 yeveadaı 1, 12 geschrieben: rexv. 8. xAndnivaı, 
weil Tert., der aber wahrscheinlich von 1 Jo 3, 1 beeinflulst ist, vocen- 
tur schreibt. Der folgende Vers wird auf den Logos bezogen, oi aus- 
gelassen und der Sg. eyevvndn geschrieben, wofür sich doch nur eine sehr 
schwache Bezeugung aus dem 2. Jahrh. beibringen lälst. Die Stellung des 
Subjektes Adyos erst im 2. Teile des Satzes wird so fast unmöglich. V.15 
stammt nach B..von späterer Hand. In V.18 macht den Herausgebern 
die Wahl zwischen (6) novoyevng vlög od. (6) uov. Beög Schwierigkeit; B. 
schreibt einfach uovoyevns. Und solche Radikalkuren finden sich noch 
sehr oft, z.B. Jo 2,4 ti &uoi % ooı, ylvar etc. Sehr dankenswert sind hin- 
gegen die zahlreichen eingestreuten sprachlichen Beobachtungen. Vgl. 
Bousset, ThLtz XX VIII 161--165. 

Schmiedel, P. W., Nestle's griechisches NT u. die letzten Tage des textus 
receptus (PrM VI 227—241): Im Hinblick auf die Tatsache, dafs ab 1904, 
dem 100jährigen Jubiläum des Bestehens der britischen Bibelgesellschaft, 
dieselbe das NT nicht mehr nach dem textus receptus herausgeben, 
sondern Nestles Text adoptieren wird, den seit 1898 schon die württem- 
bergische Bibelgesellschaft akzeptiert hat, bringt S. eine grolse Reihe von 
sehr beachtenswerten Desiderien für die bevorstehende Neuausgabe vor. 

Röhm, Novum Testamentum graece et latine (Th.-pr. Mon.-Schr. XII 
268—270): Vergleicht bezügl. Mt 8, 1—10 die Ausgabe von Brandscheid 
mit denen von Lachmann, Tischendorf (ed. VIIT), Westcott-Hort, Gebhardt, 
Nestle und dem textus receptus und rät „strebsamen Theologen“, sowohl 
die Ausgabe von Nestle als die von Brandscheid sich anzuschaffen. 

Gregory, C. R., Textkritik des Neuen Testamentes. Il. Bd: Die Über- 
setzungen, die Schriftsteller, Geschichte der Kritik (8%. X u. 479-993. 
Lp., Hinrichs. M 12.—): Was nun nach Erscheinen des II. Bds insgesamt 
vorliegt, stellt im wesentlichen eine zweite, um den Abschnitt über die Ge- 
schichte derKritik vermehrte Auflage der 1894 von Gregory herausgegebenen 
Prolegomena zu Tischendorfs editio VIII critica major (gezählt als Bd IIl 


200 Bibliographische Notizen. 


derselben) dar. Der strengere Maflsstab, den man mit Recht an zweite 
Auflagen legt — auch wenn es sich um noch so dankenswerte Sammel- 
werke handelt —, bringt es mit sich, dals man nicht mit ungeteilter Be- 
friedigung über das Werk urteilen kann (vgl. Bousset, ThLtz XXVIII 
134—137). Zweifellos hat der Verf. sein Wissensgebiet seit dem Erscheinen 
der Prolegomena nicht mehr mit der genügenden Aufmerksamkeit ver- 
folgt. Wir Katholiken erfahren überhaupt schon eine untergeordnete Be- 
rücksichtigung; schlielsen wir uns ja nach des Verf. Urteil (S. 990) „den 
unkritischen Schriftstellern unter den Protestanten an“. Eines der ärgsten 
Beispiele von Ignorierung katholischer Werke befindet sich übrigens schon 
im I. Bd 8.47f. Man mag über die Blalssche Hypothese bezüglich der 
Varianten des Cod. D und seiner Trabanten denken, wie man will, der be- 
deutendste Vertreter derselben nach dem Urheber ist zweifellos Joh. Belser, 
der i. J. 1897 eine eigene 169 S. starke Schrift: Beiträge zur Erklärung 
der Apg auf Grund der Lesarten des Cod. D, herausgab. A. a. 0. führt 
Gregory eine Unzahl von Literatur, z. T. nur Rezensionen über die Blafssche 
Hypothese, an; Belser fehlt: Catholica sunt, ergo non leguntur! 

Soden, H. Fr. v., Die Schriften des NT in ihrer ältesten erreichbaren 
Textgestalt hergestellt auf Grund ihrer Textgeschichte. BdI (gr. 8°. XVI 
u. 704. B., Duncker. Subskriptionspreis des ganzen Werkes M 50.—): Ein 
zweilellos epochemachendes Werk, das unser jetziges textkritisches Ver- 
fahren aut eine neue, weit vollständigere und darum solidere Basis stellen 
wird. Die Liste der 2328 Hss ist nach einem neuen System der Bezeich- 
nung angelegt, das den Vorteil bietet, dals auch Umtang und Alter der 
Hs zum Ausdruck kommt. Weiterhin werden die in den Hess vielfach 
vorkommenden Beigaben zum Text (Proömien usw.) ediert und über Text- 
einteilungen gehandelt. An dem Beispiele der Perikope über die norxakig 
wird eine Gruppierung der Hoss festgestellt. Eine Geschichte der ntl 
Kommentare und Katenen, soweit sie handschriftlich mit dem Texte ver- 
bunden überliefert werden, beschlielst den I. Band. Meinen Widerspruch 
gegen einzelne Aufstellungen dieses Abschnittes habe ich z. T. schon 
oben (S. 182—193) begründet, z. T. werde ich es an anderer Stelle tun. 

Lake, K., Cod. 1 of the Gospels and its allies (8%. LXXVI u. 201. Cam- 
bridge, Univ.-Press. 78 6d): Ein wertvoller Beitrag zur Erforschung der 
ntl Minuskelhss! Der Verf. untersucht die Codd. Ev. 1 (Basel), 118 (Ox- 
ford), 131 (Rom) u. 209 (Venedig) auf ihre Verwandtschaft, rekonstruiert 
den Archetypus und ediert die 4 Evv nach diesem Texte. 

Lake, K., The Text of the Gospels in Alexandria (AmJTh VI 79—89): 
Der älteste Text, der des Klemens v. Alex., hat „westliche Bestandteile“, 
aber nicht die der altlateinischen und altsyrischen Übersetzung. Das 
2. Stadium ist die „neutrale“ Rezension (xB, Organen) wenn auch Spuren 
des früheren geblieben sind. Der eigentlich alexandrinische Text (Cyrill 
v. Alex.) kommt neben andern an dem Beispiel von Mk 9,43 zu Ver- 
gleichung mit dem alten. 

Gifford, S. K., Pauli epistolas qua forma legerit Johannes Chrysostomus 
(Dissertationes philologicae Halenses XVI Pars 1. 8% 88. Halle, Nie- 
meyer. M 2.40). 

Lake, K., Texts from Mount Athos (Studia Bibl. et Eccl. V 2. 91—185): 
Macht Mitteilungen über die Codd. Y, 172, 1071, einige Kapitel der Acta 
Pilati und ein Fragment der Acta Thomae. 

Burkitt, F. C., The Date of Codex Bezae (JthSt III 501-513): Die gleich- 
zeitigen lateinischen Korrekturen, welche auf einen Bischof als Schreiber 


schlielsen lassen, der noch einige Notizen anbringt, bevor er das As der . 


Benutzung übergibt, verlangen eine Datierung ins 5. Jahrh. 

Preuschen, E., Die neue Pariser Evangelienhandschrift (Zut\W III 253— 
2561: Par. suppl. gr. 1286 saec. VI, publiziert von H. Omont, P. 1900 
(enthält nur Mt-Fragmente), hat lediglich wegen seiner Miniaturen Wert. 
Ihr Text ist mit dem Rossanensis und Petropolitanus sehr verwandt. 





Bibliographische Notizen. 201 


Delisle, L., Les &vangiles de l’abbaye de Prüm (Journ. d. Savants 1902, 
461—476): Beschreibt eine von Kaiser Lothar i. J. 852 der Abtei Prüm 
geschenkte lat. Evv-Hs, ehemals zur Bibliothek des Jos. v. Görres gehörig. 

Blals, F., Grammatik des nt! Griechisch. 2., verb. und verm. Aufl. (8°. 
XII u. 348. Gött., Vandenhoeck & Ruprecht. M 6.—): Die Anerkennung, 
welche dem Verf. auf dem Gebiete der ntl Textkritik vielfach versagt 
werden muls, gebührt ihm vollständig auf dem Gebiete der rein sprach- 
lichen Beurteilung des NT. Seine Grammatik stellt ein äulserst brauch- 
bares Hilfsmittel der Exegese dar. Die 2. Aufl. hat zahlreiche Ver- 
besserungen und Erweiterungen erfahren. An kleineren Unrichtigkeiten, 
die mir bei probeweiser Kontrolle aufgefallen sind, notiere ich solche aus 
Apg 1—4: &\awwvog 1, 12 würde ich nicht in &AcaıWv zu „korrigieren“ ($. 88) 
wagen, da alle Hss dagegen sind. le Bezeugung ». z. B. in der Vita 
Petri et Pancratii ed. Usener: ZntW III 357.) Ebenso halte ich ’loudalav 
2,9 nicht für korrupt (S. 155); der Artikel kann doch aus dem unmittelbar 
vorausgehenden triv Meoonotauiav ergänzt werden. Ev rw 3,26 ist nicht 
— dadurch dals (S. 242), sondern = indem dals (vgl. 4, 30. Die Gleichung 
YAwooaıg Aakelv — Erepaıs yAWoocaıg Aakelv unterliegt auch grolsen Be- 
denken. Der Index ist nicht fehlerfrei. 

Cremer, H., Biblisch-theologisches Wörterbuch der ntl Gräcität. 9., verm. 
und verb. Auflage (8%. XX u. 1120. Gotha. Perthes. M 24.—): Schon die 
grolse Anzahl der Auflagen beweist die Brauchbarkeit des Buches. Es 
bietet nicht blols lexikographische Zusammenstellungen, sondern auch 
genaue Erörterungen der einzelnen Begriffe, wobei die LXX, die atl 
Apokryphen, Philo, Josephus u. a. zum Vergleiche beigezogen werden. 
Bezüglich der Papyri und Inschriften, welche nach Deilsmanns genialen 
Forschungen die Schranken zwischen ntl und profaner Gräzität völlig 
aufzuheben scheinen, ist der Verf. noch skeptisch. Er hält an dem Ünter- 
chied beider Sprachformen als einem literargeschichtlichen fest und ver- 
tritt, wenn auch modifiziert, Schleiermachers Anschauung von der „sprach- 
bildenden Kraft des Christentums“. 

Thumb, A., Die sprachgeschichtliche Stellung des Biblischen Griechisch 
(Theol. Rundsch. V 85—99): Dieser bei der 46. Versammlung deutscher 
Philologen und Schulmänner gehaltene Vortrag stellt die Sprache des NT 
als „die zum ersten Male in die Literatur erhobene Volkssprache des 
Hellenismus dar“ und verwahrt sich gegen die Annahme einer grolsen 
Ausdehnung von Hebraismen. 

Allen, W. C., The Aramiaic Element in St. Mark (ExpT X1II 328—330): 
Behandelt Semitismen, d. h. Mischungen aus Hebraismen und Aramaismen, 
und eigentliche Aramaismen getrennt. Der Verf. ist ein Anhänger der 
modernen Nlk-Hypotlese. 

Scomp, H. A., The Case absolute in the NT II (Bs LIX 325—340): Eine 
Zusammenstellung und Besprechung der Genetivi absoluti in den ntl 
Schriften von Nik bis 2 Petr. 

Blals, F., Die rhytimische Komposition des Hebräerbriefes (StKr LAXV 
420—461): Der prosaische Rhythmus des Hebräerbriefes besteht in der 
rhythmischen (= Folge von Längen und Kürzen) Angleichung der Aus- 
gänge von Sätzen und Satzgliedern aneinander, daneben auch in der 
rhythmischen Angleichung der Anfänge, besonders an den jeweilig an- 
stolsenden Schluls. Hiate werden dabei zugelassen. Zum Beweise wird 
an den Probestellen die Abteilunz des Textes nach Stichen (= Sinnzeilen; 
so 7,18—8,5; 9, 1—7; 11, 1—6; 12, 18—29) zu Grunde gelegt. Eine Gegen- 
probe wird bezüglich des klassisch geschriebenen Lukasprologes gemacht. 

Merx, A., Die vier kanonischen Evangelien nach ihrem ältesten bekannten 
Text. Übersetzung und Erläuterung der syrischen im Sinaikloster ge- 
fundenen Palimpsesths. 2. TI, 1. Hälfte: Das Evangelium Mt nach der 
syrischen im Sinaikloster getundenen Palimpsesths erläutert (8%. XXIII 
u. 438. B., Reimer. M 12.—): M. nimmt seine Anschauung über Ent- 


202 Bibliographische Notizen. 


stehung der Evv S.vuf vorweg. Ziel seiner Arbeit ist, dem ältesten Texte 
nachzuforschen. Er findet ihn im Sinaisyrer, der mit der altlat. Über- 
setzung den ext des 2. Jahrh. feststellen lälst. Dieser Text liegt vor 
der Bildung der griechischen Textfamilien. Pesittho bietet den Text über- 
arbeitet nach dem damaligen griechischen Text. Der Curetonsyrer steht 
bei Seite, der Zeit nach zwischen beiden. Das Diatessaron ist nicht ein- 
gehender berücksichtigt. Eine ausführliche Textbehandlung zu Mt soll diese 
Annahmen rechtfertigen. Ein II. Bd soll die drei übrigen Evv kürzer 
behandeln. G. 

Bonus, A., „Our Lord“ in the Lewis Palimpsest (ExpT XIII 236—238). — 
Vgl. dazu noch: Harris, J. R. (ExpT XIII 283f); Bonus, A. (ExpT XIII 
334f); Harris, J. R. (ExpT XIII 382): Es handelt sich um die Erklärung 
der auffälligen Erscheinung, dafs Mt 8, 3—11, 7 und Jo 1, 36—6, 5 obige 
Bezeichnung fast ausschlielslich gebraucht wird, statt „Jesus“. G. 

Burkitt, F. C., Note on the Evangeliarium Hierosolymitanum Vaticanum 
and the Origin of the Palestinian Syriac Literature (Actes du X Ile Congres 
internat. des Orient. III 1, 119—126): Die Unterschrift des vatikanischen 
Lektionars nennt als Entstehungsort Antiochien im Distrikt von Dqüs 
(„yPoJ\).d.i. der Teil von Antiochien, der im Gegensatze zum mohammeda- 
nischen Teil unter einem griechischen „Dux“ stand (nicht Be — Jeru- 
salem). Entstehungszeit: nicht vor Justinian. G. 

Kmosko, M., Analecta Syriaca e codicibus Musei Britannici excerpta 
(Ochr 11 33—57): Nach Klarlegung der Frage, ob die syrischen Väter 
Tatians Diatessaron zitiert haben, untersucht K. den noch unedierten 
Traktat Demonstratio probans Mariam Dei genitricem esse (Cod. Add. 
17195 f. 65v—67r) nach den evangelischen Zitaten und glaubt als Re- 
sultat zu finden eine Abhängigkeit von Tatian in einer späteren Redaktion, 
aber früher als der arabische Text von Ciasca. Der Text des Stückes mit 
lateinischer Übersetzung wird abgedruckt. G. 

Gwilliam, G. H., The Age of the Bodleian Syriac Codex Dawkins 3 (JthSt 
Ill 452f): Evv-Hs, nach P. Smith, Catal. „saeculi noni, valde vetustus‘; 
gehört dem 6. Jahrh. an. G. 

Gilmore, J. E., Manuscript Portions of three Coptic Lectionaries (PSbA 
XXIV 186—191): Bohairisch; vom 16. Jahrh. mit Lesungen aus NT, die 
genau verzeichnet werden. G. 

Jacoby, A., Zum Strafsburger Evangelienfragment (Sphinx VI 132—142): 
Nachträge u. Korrekturen zu IV 180#f. Das kopt. apokryphe Ev scheint 
ihm das Original zu sein für das Fragment Mus. Borgiano Nr CXIll (bei 
Zoega), veröflentl. von Guidi, Rendic. dei Lincei 1887 II 381 ff. G. 

Wölfflin, Ed., Göttweiger Italafragmente (Arch. f. lat. Lexikogr. und Gr. 
X11 130—132): Mitteilungen über 2 der Benediktinerabtei Göttweig in 
Niederösterreich gehörende Pergamentblätter mit Unzialschrift des 7.Jahrh., 
enthaltend Stücke einer lateinischen Übersetzung des Röm und Gal. Die 
Übersetzung dürfte aus einem an einzelnen Stellen nach der Vulgata ab- 
korrigierten Italacodex geflossen sein und lehrt in lexikalischer Hinsicht, 
dals „die Schriftsprache gegen die mit con zusammengesetzten Verba etwas 
zurückhaltend war, wie wir umgekehrt wissen, dals die Volkssprache einen 
Überschuls besals“, ’. W. 

Vigouroux, F., Une ancienne traduction latine de la Bible: Le Codex 
Lugdunensis (Rev. des quest. hist. 1902. 583—595). 

Berger, $., Les prö/aces jointes aux livreg de la Bible dans les mss de 
la Vulgate. Memoire posthume (Extrait des Memoires presentes par 
divers savants A l’Academie des inscriptions et belles-lettres. Ire serie, 
t. XI, IIe partie. 40. 78. P., Klincksieck. Fr 3.20). 

5 Bonaccorsi, 6., La Vulgata al Concilio di Trento (fine) (Scuola catt. IV 

00-224). 

II santo Vangelo di N. S. Gesü Cristo e gli Atti degli Apostoli (16°. 
XVI u. 504. Koma, Societä di 8. Girolamo. L —.20; geb. —.40): Um 


Bibliographische Notizen. 203 


diesen äulserst billigen Preis eine treffliche Übersetzung der 5 historischen 
Bücher des NT von Prof. Gius. Clementi und ein kurzer Kommentar in 
Anmerkungen von P. G. Genocchi. Praktische Indices und synoptische 
Zusammenstellungen schlielsen das Werkchen. 

Bahlmann, A., O. S. Fr, O Santo Evangelho de Jesus Christo segundo 
S. Marcus, traducido em portuguez segundo a Vulgata latina com anno- 
tacoes extrahidas dos S. S. Padres e de 'Theologos eminentes antigos e 
modernos (Bahia, Säo Francesco): Soll als kathol. Übersetzung der metho- 
distischen entgegengestellt werden. 


b) Ntl Theologie und Zeitgeschichte. Urchristentum., 
Archäologie. Geographie. 

Hackspill, L., Etude sur le milieu religieux et intellectuel contemporain 
du NT (Rb XI 58—73): Fortsetzung früherer Erörterungen. $ 3. La 
parole (de Dieu): Der Memrabegrifti der Targumim ist ein Mittelding 
zwischen göttlicher Eigenschaft und Hypostase, hauptsächlich abhängig 
von der atl Weisheitslehre, aber auch beeinflulst von der alexandrinischen 
Logoslehre. & 4. Le Saint-Esprit. Der Name Heiliger Geist kommt erst in 
der nachatl Literatur auf, bedeutet aber auch keine eigentliche Person. 

Hackspill, L., L’angelologie juive a l’Epoque n£otestamentaire. 1]. L’angelo- 
logie au sens 6&troit du mot (Rb x 527—550): Bezeichnung, Natur, 
Unterschiede, Zahl, Namen, Erscheinungsform aba zu deuten), 
Ort, Aufgaben (Schutzengel) der eigentlichen (guten) Engel mit den Be- 
legen aus der Literatur. G. 

Stapfer, E. Les origines de l’Essenisme (RThPh XXXV 385—398): 
Schürer leitet (in wenig tiefgehender Erörterung) den E. von der pytha- 
ee Friedländer von der hellenistisch-jüdischen Philosophie ab. 

es letzteren Gründe sind nicht entscheidend; also ist nicht erwiesen, 
dals Lucius’ Ableitung vom Pharisäismus unmöglich sei. ; 

Moulton, J. H., „It is his angel“ (JthSt III 514—527): Behandlung der 
Bedeutung des Wortes Engel in der Bibel und religionsvergleichende 
Studie darüber. 

Alexander, W. M., Demoniac Possession in NT: its Relations Historical, 
Medical and Theological (8%. 304. L., Clark. 5s). 

Clair, G. St., Tartaros not Hades (Exp VI 70—72\: „Hades ist die 
Unterwelt, aber Tartarus ist der untere Himmel.“ 

Sanday, W., Miracles and the Supernatural Character of the Gospels 
(ExpT XIV 62—66): Macht die Verschiedenheit des Zeitgeistes zur Veit 
Christi vom modernen für die Beurteilung der ntl Wunder geltend. 

Haupt, E., Der religiöse Wert des Parusiegedankens im apost. Zeitalter 
Deutsch-ev. Blätter XX VII 760—779): Betont die Realität des Kommens 

hristi nach Jo und Apk, die nur aus einem Punkte eine Linie mache. 
Dieses Kommen, von uns nur im Spiegelbilde geschaut, tritt bald ein 
und verläuft in einer Entwicklung. 

Weizsäcker, C., Das apostolische Zeitalter der christl. Kirche. 3. Aufl. 
(8°. VIII u. 700. Tüb., Mohr. M 16.—. 

Heinrici, C. F. &., Das Urchristentum (8%. VIII u. 143. Gött., Vanden- 
hoeck. M 2.40): Das Buch bietet deshalb besonderes Interesse, weil darin 
ein gemälsigter moderner Kritiker seine Anschauungen über Jesu Lebens- 
werk niederlegt. Von Harnacks „Wesen des Christentums“ scheidet sich 
der Verf. prinzipiell, ohne es aber direkt auszusprechen. Der katholische 
Exeget wird freilich oft genug die Empfindung baben, dals der Verf. 
auf halbem Wege stehen blieb. An Stelle der wahren Gottheit Christi 
tritt die „Gottesgewilsheit* und ein grolsartig ausgebildetes „Beruts- 
bewulstsein“. In rein historischen Fragen, namentlich in der Darstellung 
von Entwicklungen. orientiert das populär geschriebene Buch vorzüglich. 

Bradshaw, J. W., The Gospel of J. Chr. in the First Century (Bs LIX 
744—763): Behandelt 1. The Constituent Elements of the Gospel, 2. Its 


204 Bibliographische Notizen. 


Essential Truths, 3. The Motives to which the Apostles appealed, 4. The 
Secret of the Gospels Rapid Spread. 

Dobschütz, E. v., Die urchristl. Gemeinden. Sittengeschichtl. Bilder (8°. 
XIV u. 300. Lp., Hinrichs. M 6.—): Eine im protestantischen Geiste 
geschriebene Sittengeschichte des Christentums vom Jahre 30—130. Doch 
ıst der Standpunkt nicht aufdringlich und kommt auch, da nicht die 
Lehrentwicklung, sondern das praktische Leben geschildert wird, weniger 
zur Geltung. Das Buch enthält eine grolse Anzahl feiner Beobachtungen. 
Auch die Methode, welche der lokalen Entwicklung und führenden Per- 
sönlichkeiten, wie auch Einfiüssen der Gnosis durchaus Rechnung trägt, 
verdient vollste Anerkennung. Leider sieht aber der Verf. in Gemälsheit 
seiner Voraussetzungen viel zu viel Entwicklung. Wenn man nur einmal 
den Grundsatz aufgeben wollte, fast jede zum ersten Male erwähnte Tat- 
sache als eine neue Einführung zu betrachten! Welch grolse Weiter- 
entwicklung liest nach dieser Methode der Verf. aus 1 Ulem heraus! Dafs 
auch er die katholische theologische Literatur, z. B. J. Rohr, Paulus und 
die Gemeinde von Korinth, Freib. 1899, so gründlich ignoriert, war von 
ihm nicht von vornherein zu erwarten. 

Capesius, 3., u. Schullerus, A., Jerusalem und Korinth. Zwei Vorträge 
über das apost. Zeitalter (8°. IlI u. 66. Hermannstadt, Krafft. M —.50): 
Der erste Vortrag (von ©.) behandelt die christl. Urgemeinde in Jerusalem. 
Das Pfingstwunder wird hauptsächlich auf seelische Erregung zurück- 
geführt. Das religiöse Erlebnis ist der treibende Faktor. Die Brot- 
brechung bedeutet jegliche Speise, die man eben genols. Das Lebensbild 
Jesu ist in den „Herrenworten‘‘ bereits verändert wiedergegeben. — 
Der zweite Vortrag (von Sch.) führt den Titel: „Ein Abend im Hause 
des Titius ‚Justus in Korinth“, und lälst hier in phantasievoller, fast dra- 
matischer Darstellung die Ereignisse sich abspielen (Parteistreit, charis- 
matische Begabung, Speiseverbot, Inzestfall usw.), welche die Voraus- 
setzung für den zum Schlusse zur Verlesung gelangenden 1 Kor bilden. 
Ein letzter Abschnitt schildert „die Entwicklung zur kath. Kirche hin“. 
Beide Vorträge sind sonach Popularisierungen der modernen Kritik. 

Andersen, A., Das Abendmahl in den zwei ersten Jahrhunderten n. Chr. 
(ZntW I1I 115-141 206—221): In 1 Kor 11, 24 bedeutet oWua soviel 
wie exkAnoia; aina ist der kurze Ausdruck für n xaıvnı dıadnkn Ev TW 
euw ainuarı; ähnlich 10, 16. To Utep vuWwv ist unecht. Toürto toieite ist 
Betehl Pauli = Üpfert das Brot im genannten Sinne, d.h. esset es. Nach 
diesem paulinischen Berichte sind die synoptischen interpoliert(!. Auch 
die eucharistischen Gebete der Didache sind nicht auf den Genuls des 
Leibes Christi zu deuten. Zu des Ignatius Zeit feiert der Bischof in den 
Agapen die Realität der Menschwerdung Christi, Justinus vollzieht die 
Parallele mit dem Paschalamm. 

Horst, F. J. A., und Murray, J. 0. F., Eüyapıoria — evyagıoreiv (IthSt III 
393—598): Wertvolle Zusammenstellung der hauptsächlich der altchristl. 
Literatur angehörigen Stellen, an denen das Wort vorkommt. 

Bruckner, A., Die Irrlehren im NT (Sammlung gemeinverständl. Vor- 
träge und Schriften aus dem Gebiete der Theologie u. Religionsgeschichte 
26). (80%. 40. Tübingen, Mohr. M —.75): Gibt einen Überblick über 1. die 
judaistische Bewegung (2 Kor, Gal), wobei die von Kol (Eph) bekämpften 
Anschauungen eine Abart bilden, und ihren Gegensatz, den sittlich un- 
gebundenen „Ultrapaulinismus“ (Apk 2, 3), 2. die falschen Parusieerwar- 
tungen der Thessalonicher (1 u. 2 Thess) und die damit zusammenhängende 
Vorstufe der Gnosis (Pastoralbriefe) und den Libertinismus (Jud, 2 Petr), 
3. den Doketismus (1 Jo). — Die an zweiter Stelle versuchte Zusammen- 
fassung unter dem Begriffe der Gegnerschaft gegen die Parusie scheint 
mir am wenigsten glücklich zu sein. 

Harnack, A., Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den 
ersten drei Jahrh. (8%. XII u. 561. Lp., Hinrichs. M 9—): Das neue 


m — m 
re 


Bibliographische Notizen. 205 


Werk des gelehrten Berliner Kirchenhistorikers sei auch hier notiert, 
weil ja die Wurzeln und Anfänge der Missionierung der apostolischen 
Zeit angehören. Speziell sei hingewiesen auf das 4. Kap. der Einleitung: 
Jesus Christus und die Weltmission nach den Evv (Jesus hat den Befehl 
dazu nicht erteilt; wohl aber hat sein Geist die Jünger dazu geführt), 
und auf das 5. Kap.: Der Ubergang von der Juden- zur Heidenmission 
(„Paulus ist nicht der erste Heidenmissionar gewesen“). H.s geistvolle 
und ins Grolse gehende Auffassungsweise offenbart sich auch in diesem 
Buche, zugleich aber wieder seine Art, aus feinen Detailbeobachtungen, die 
fast immer ein Körnchen von Wahrheit enthalten, allgemeine program- 
matische Grundsätze zu konstruieren, nach denen sich dann die Entwick- 
lung vollzogen haben muis. In dieser Hinsicht werden ihm viele in der 
„Stärke und Vielheit der Nachempfindung“ nicht folgen können. 

Zscharnack, L., Der Dienst der Frau in den ersten Jahrh. der christl. 
Kirche (8%. 192. Gött., Vandenhoeck. M 4.80): Behandelt auch vielfach 
ntl Zeugnisse, z. B. das der Pastoralbriefe über die Witwen, weiterhin 
die Diakonissen usw. 

Vincent, F. H., La deuxieme enceinte de Jerusalem (Rb XI 31—57): 
Der Verf. gibt auf Grund eingehender Untersuchungen erhaltener Reste 
mit Zuhilfenahme von Plänen eine Schilderung des Verlaufes der zweiten 
Mauer und handelt hauptsächlich über das Tor Gennath und das hl. Grab. 

Barnabe, d’Alsace, OÖ. F. M., Le pretoire de Pilate et la forteresse 
Antonia, av. 82 illustr. (8°. XXIII u. 251. P., Picard. Fr 4.—): Das Prä- 
torium liegt in der Burg Antonia. B. ist ein eifriger, aber wohl viel zu 
weitgehender Verfechter der Traditionen. Heiligtümern, wie der Kirche 
der hl. Veronika usf., werden grolse Bedeutung zugeschrieben. Vorge- 
nannte Aufstellungen Vincents werden 61 fl scharf bekämpft. 

Wilson, C. W., Golgotha and the Holy Sepulchre (PEF XXXIV 6677 
142—155 282—297 376—384): Leitet den Namen Schädelstätte von dem 
legendarischen Begrabensein Adams ab, gibt eine sehr klare Übersicht über 
die Topographie Jerusalems z.Z. Christi und über seine folgenden Schicksale. 

Hill, G., The Site of Golgotha and the Holy Sepulchre (PEFAÄXXIV 93): 
Ist gegen die Annahme, dals die Grabkirche den richtigen Piatz bezeichne. 

Büchler, A., Das Synedrium in Jerusalem und das grofse Beth-din in der 
Quaderkammer des jerusalemischen Tempels (8°. VIl u.252. Wien, Hölder. 
M 5.—): Das grolse Betlı-din, das sich in der Quaderkammer des Bene 
versammelte, ist nach B. nicht identisch mit dem Synedrium. i 

Krauls, S., Zur Topographie von Cäsarea (JqR X1V 745—751): Zu 
JyR XIII 684. Die Thosephtha-Stelle (Oholoth XVIII 13), topographische 
Angaben über Cäsarea, wırd emendiert und erklärt. G. 

Feis, L. de, Le monete del,prezzo di Giuda. Ricerche di numismatica 
biblica (Str II 412—430 506—521): Berichtet über die unechten Judas- 
münzen, welche da und dort gezeigt werden, hält die 30 Silberlinge für 
römische Denare und bespricht noch weitere im A und NT erwähnte 
Münzen: Schekel, Drachme, Mine, Stater u. a. 


c) Kanon des NT. Geschichte der nt] Exegese. 


Mommsen, Th., Papianisches (ZnutW III 156—159): Tritt für die Athetese 
von oi To xupiou naßnrat in dem bekannten Zeugnis über den Presbyter 
Johannes (Eus. h. e. 3, 39) ein. 

Harnack, A., Pseudopapianisches (ZntW III 159—166): Gegen Zahn wird 
behauptet, dals Eus. h. e. 2, 15 ım letzten Teile (handelt von Mk u. 
1 Petr) seine eigene Ansicht und nicht die des Papias wiedergebe. Dals 
aber das Mk-Ev in Rom entstauden, wo Nk E der xoAoßoddKtuAog 
(= der Stummelfingerige) bekannt blieb, ist kaum zu bezweifeln. 

Corssen, P., Zu Eus. h.e. III39 und II 15 (ZntW 111 242—246): Hält 
Mommsens Athetese für unrichtig und bringtan Harnacks Erörterungen über 
Pseudopapias eine kleine Korrektur (uvnuovebeıv abhängig von pagıv) an. 


206 Bibliographische Notizen. 


Gregg, J. A. F., The Commentary of Origen upon the Epistle to the 
Ephesians (JthSt ILI 233—244 348—420 554-576): Edition der Origenes- 
fragınente einer im Coisl. gr. 204 saec. XI vorliegenden und von J. A. 
Cramer schon 1844 herausgegebenen Katene zum Eph mit Verweisungen 
auf den von Origenes abhängigen Kommentar des Hieronymus. 

Morin, G., Autour des „Tractatus Origenis“ (Rev. Böned. XIX 225—245): 
Retraktiert z. T. seine diesbezüglichen Aufstellungen (Gregor von Elvira 
sei der Autor u.a.), negiert aber entschieden die Autorschaft Novatians. 

Conybeare, F. C., Ein Zeugnis Ephräms über das Fehlen von c.1 und 2 
im Texte des Lucas (ZutW III 192—197): Ephräms Kommentar zum 
Diatessaron enthält nach der armenischen Übersetzung eigentümliche 
Notizen über die Entstehung der Evangelien, unter andern die, dals Lk 
mit der Taufe des Johannes beginne (der Text ist aber dann sehr un- 
sicher) und dals Johannes sein Evangelium zu Antiochien verfalst habe. 

Lietzmann, H., Besprechung von .J. Sickenberger, Titus von Bostra 
(TUNF V11; Lp. 1901) (GgA CLXIV 753— 758): Nachweis, dals der Bibel- 
text des Titus mit dem des Chrysostomus grolse Ahnlichkeit hat. 

S. Ambrosii Opera. Pars IV. Ezxpositio evangelü sec. Lucan. Rec. 
C. Schenkl. Opus auctoris morte interruptum absolvit H. Schenkl (Corp. 
script. eccl. lat. XXXII pars 1V). (8°. XL u. 5%. Wien u. Prag, Tempsky. 
M 18.40): Eine die Mauriner-Ausgabe weit übertrefiende Edition. Vgl. 
A. Jülicher in 'ThLtz XX VIII 102—104. 

Souter, A., The genuine Prologue to Ambrosiaster on 2 Üorinthians 
(JthSt IV 89—92): Edition und Erklärung. 

Souter, A., An Interpolation in „Ambrosiaster“ (ExpT X111 380 f): Eine 
solche von seiten der Alauriuer Herausgeber wird in der Erklärung zu 
1 Kor 6, 18 vermutet. 

Haidacher, S., Chrysostomusfragmente zu den kath. Briefen (ZkTh XXVI 
190—194): Fast alle Chrysostomusscholien zu den kath. Briefen, die Migne, 
P. gr. LXIV 1039—1062 aus Cramers Katenenausgabe (V111 Oxf. 1844) ab- 
gedruckt. finden sich in andern bekannten Schriften des Kirchenlehrers vor. 

Baumstark, A., Die Evangelienexeyese der syrischen Monophysiten (OÖ 
chr II 151—169): Mit dem 6. Jahrb. setzt die syrisch-monophysitische 
Exegese ein, Ihre freiere Entfaltung in der Verwertung der früheren 
griechischen und syrischen Arbeiten wird an der Evangelienexegese und 
zwar eingehender an dem Mt-Kommentar des Georgius von Be‘eltan und dem 
Vierevangelienkommentar des Dionysius bar Salıbi gezeigt (Forts.). G. 

Sickenberger, J., Die Lukaskatene des Niketas von Herakleia untersucht 
(TUNFVIL4 80% V1Ilu.118 Lp. Hinr. M.4.—): Nik. war nicht Bischof 
von Serrä, sondern wahrscheinlich der Neffe des Bischofs dieser Stadt. Hss, 
Ausgaben und Quellen seiner Lukaskatene werden eingehend besprochen. 

Haidacher, $., Neun Ethika des Evangelienkommentars von Theodor 
Meliteniotes und deren Quellen (BzZ XI 370—387): Weist hauptsächlich 
Chrysostomus als Quelle für die den exegetischen Kompilatiouen dieses 
Byzantiners (14. Jahrh.) angehängten moralischen Erörterungen (NOıka) nach. 

Bludau, A., Die beiden ersten Erasmus- Ausgaben des NT und ihre 
Gegner (BSt VII 5., 8°. VII u. 145. Freib. i. B.. Herder. M 3.20): Ein 
sehr interessanter Überblick über die textkritischen Arbeiten und Ver- 
dienste dieses gefeierten Humanisten bis 1522, insbesondere auch über 
die Anfeindungen, welche die Ausgaben, die lateinische Übersetzung und 
die reformatorisch angehauchten Annotationen erfahren haben. Die rabies 
theologorum der damaligen Zeit tritt in diesen Streitigkeiten deutlich zu 
Tage; aber trotz grolser Fehler des Erasmus wird doch die Sympathie des 
Lesers mehr auf seiner Seite stehen. j 

Bludau, A., Der Beginn der Controverse über die Achtheit des Comma 
Johanneum (1. Joh. 5. 7. 8) im 16. Jahrh. (Kath. 3. F. XXVII 25—5l 
151—175): Die Complutenser Polygzlotte (1520) hatte es aus der Vulg. auf- 
genommen. Erasmus hingegen hatte es in seinen beiden ersten Ausgaben 


Bibliographische Notizen. 207 


(1516 und 1519) ausgelassen und mulste deswegen zahlreiche Angriffe er- 
tabren. Schlieislich nahm er es unter Berufung auf einen Cod. Britannicus 
(zweifellos der Montfortianus s. Dublinensis des Trinity College in Dublin 
—= für Act. u. Cath. Cod. 34) auf, wurde dabei aber wahrscheinlich das 
Opfer einer Mystifikation. 

Nestle, E., Zur Geschichte von 1 Jo 5, 7 in der deutschen Bibel (PrM 
VI 401—407): Weist nach, dals in der Heidelberger Lutherbibel vom 
J. 1568 die lateinische Verszählung zum ersten Male eingeführt und deshalb 
neben 1 Jo d, 7 ein leerer Raum gelassen wurde, da Luther das Comma 
nicht für echt gehalten. Calvinistische Zutaten zur Lutherbibel vom 
J. 1588 führten zu einem wenig erbaulichen Streite. 

Nestle, E., „Wahrzeichen“ in Luthers Bibel (StKr LXXV 504fl: Zu 
Apk 7,2 und zu Jos 2, 12 hat Luther das Wort „Wahrzeichen“ erhalten. 

Jülscher, A., Heinrich Holtzmanns Bedeutung für die nt! Wissenschaft 
(PrM VI 165—172): Feiert anulälslich des 70. Geburtstages des Strals- 
burger prot. Theologen (17. Mai 1902) denselben hauptsächlich als „den 
ersten unter den lebenden ntl Kritikern“. 


d} Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern. 
a) Allgemeines. 


Bacon, B. W., The Priesthood without Pedigree (ExpT XIII 345—348): 
Behandelt Ps 8 und 110 in ntl Schriften. 

Nestle, E., Little Contributions to the Greek Testament (ExpT XIV 
34-36): Zu Jo 14. 9; Mt %0, 15; Mk 9, 38; 16, 20; Lk 7, 12; Jo 9, 10; 
1 Kor 7, 29; Mt 26, 41; Eph 1, 19; Jo 18, 16. 


ß) Leben Jesu und Evangelien. 


Weiss, B., Das Leben Jesu. 2 Bde. 4. umgearb. Aufl. (8%. VIII u. 541, 
VI u. 600. Stuttg., Cotta. M 18.—). 


Rose, V., O.Pr., Etudes sur les Evangiles. Le Tetramorphe. — La conception 
surnaturelle. — Le Royaume de Dieu. — Le pere celeste — Le fils de 
l’homme. — Le tils de Dieu. — La redemption. — Le tombeau trouve 
vide (8%. IV, XIV u. 336. P., Welter. Fr 3.80): Der gelehrte Dominikaner 
verteidigt in den genannten, z. T. schon früher in der Revue biblique 
erschienenen Einzeluntersuchungen den bibelgläubigen Standpunkt gegen 
die Einwürfe der modern protestantischen Evangelienkritik. Originalität, 
Scharfsinn und genaue Kenntnis der einschlägigen Literatur zeichnen die 
Abhandlungen ebenso aus wie Feinheit und Eleganz der Sprache. Zu 
Anfang widerlegt er die Aufstellungen Harnacks, der die 4 Evv nicht 
wesentlich höher einschätzt als einige apokryphe Evv. Den Höhepunkt 
bilden vielleicht des Verf. Erörterungen über den Begriff „Gottessohn“, 
Hier lehnt er es entschieden ab, in den Zeugnissen des Engels bei der 
Verkündigung, des himmlischen Vaters bei der Taufe und Verklärung, 
des Petrus zu Cäsarea Philippi, sogar in dem Selbstzeugnis vor dem 
Hohenpriester mehr ausgesprochen zu sehen als die Messianität, welche 
schon das AT mit dem Ausdrucke „Sohn Gottes“ bezeichnet hat. Diese 
allerdings weitgehenden Aufstellungen haben zu Milsverständnissen ge- 
führt und dem Verf. den Vorwurf von „infiltrations protestantes“ ein- 
getragen. Mit Entschiedenheit wehrt er sich dageren und folgert den 
Begriff der Gottessohnschaft in ihrem vollen metaphysischen Sinne aus 
andern synoptischen Stellen, z. B. Mk 12, 1—12, Mt 11,27 u.a. Johannes 
und Paulus kann er nicht verwerten, da er die Kritiker mit ihren eigenen 
Waffen schlagen möchte. Zweifellos ist iım das in hervorragendem 
Maise gelungen. Vgl. H. Coppieters, Rev. d’hist. eccl. IV 56—60. 

Loisy, D’Evangile et !’Eglise (16°. XXXIV u. 235. P., Picard. Fr 3.50): 
Beschäftigt sich mit Harnacks „Wesen des Christentums“, geht aber selbst 
viel zu weit in apokalyptisch-eschatologischer Vertlüchtigung der Lehre Jesu 


208 Bibliographische Notizen. 


(z. B. des Messiasbegriffes), weshalb das Buch auch kirchlicher Zensurierung 
anheimfiel. Vgl. die entschiedene Zurückweisung durch P. Batiffol 
(Bull. de litt. eccl. 1903, 3—15), weiterhin durch L. de Grandmaison 
(Etudes XCIV 145—174) und J. Brucker (ebd. 495—511). 

Halevy, J., Notes evangeliques: I. L’expression „Fils de 1’Homme“. 
II. Ditferent traitement des pharisiens et des sadduceens. — Un prophete 
sadduceen. Ill. Les genealogies de Jesus. IV. Le concile de Jerusalem 
et sa decision. V. La parabole du festin de noces. VI. Conception et 
naissance de Jesus selon les synoptiques (Rsem X 134—158 213—240 
305—330): Sind Erörterungen in modern kritischer Weise, aber von 
jüdischem Standpunkte aus. Die Entstehung der Evv verlegt der Ver. 
nach 70; semitische Vorlagen werden wiederholt konstatiert, z.B.: Lk gibt 
in der Geburtsgeschichte zwar keine von Mt verschiedene Tradition wieder, 
arbeitet aber in alexandrinischem Geiste nach einem aramäischen Muster. 

Schmiedel, O., Die Hauptprobleme der Leben Jesu- Forschung (8°. 72. 
Tüb., Mohr): Der Verf. schreibt in erster Linie für lernende "Theologen 
und Laien, verteidigt die Existenz Jesu und die Echtheit der paulinischen 
Hauptbriefe und schlielst sich der „Zweiquellentheorie“ an. Buddhistische 
Einflüsse seien bei Lk und Jo möglich, bei den Apokryphen sicher. 

Schmidt, K., Gehört Jesus in das Evangelium, wie er selbst eg nach den 
Synoptikern verkündigt hat? (NkZ XlIlI 893—922): Bejaht gegenüber 
Harnacks „Wesen des Christentums“ die Frage, da Jesu Lehre wesentlich 
von seiner Aufiassung über seine eigene Person abhing. 

Oehninger, F., Das Leben Jesu (8%. XVI u. 477. Konst., Hirsch. M 5.—): 
Populäre Darstellung auf orthodox-protestantischem Standpunkte, mit 
zahlreichen schönen lllustrationen (Landschaftsaufnahmen, Reproduktionen 
älterer und neuerer Kunstwerke usw.) versehen. 

Otto, R., Leben und Wirken Jesu nach historisch-kritischer Auffassung. 
Vorträge (8". 76. Gött., Vandenhoeck. M 1.35): Schlielst sich im wesent- 
lichen an die Haruack-Holtzmannsche Auffassungsweise der Synopsis und 
des Jo-Ev an und versucht so durch historisch-kritische Sichtung das 
Lebensbild ‚Jesu des rein übernatürlichen Charakters zu entkleiden. 

Furrer, K., Vorträge über das Leben Jesu Christi (8%. VIII u. 264. 
Zürich, Müller): In populärer Form wird „die heutige Durchschnitts- 
anschauung innerhalb der kritischen Richtung der Forschung“ (vgl. H. 
Holtzmann in ThLzt XX VII 165) wiedergegeben. 

Pearson, C. W., The Carpenter Prophet. A Life of Jesus Christ and a 
Discussion of His Ideals (8v. IX u. 288. Chicago, Stone. $ 1.50): Beruht auf 
der Thesis: Alles Übernatürliche, das Jesus zugeschrieben wird, ist unwahr. 

Zimmer, O., Der Sozialist von Nazareth. Eine Lebensgeschichte Jesu 
nach der neuesten Forschung, verbunden mit einer Kritik des Strauls- 
schen Standpunktes u. der diesbezügl. sozialistischen Parteischriften (8°. 
40. B., Selbstverl. d. Verf. M —.50): Steht auf sozialistischem Stand- 
punkt und erklärt im Gegensatz zu Strauls das Leben Jesu durch alle- 
gorische Verflüchtirungen. 

Manser, F., I. Was wollte Christus? II. Wer war Christus? III. Die 
Auferstehung Christi Sr 20. B., Bruer & Co. M —.50): Loslösung von 
jeglichem übernatürlich positiven Glauben und Vorschlag eines neuen 
allgemein christlichen Glaubensbekenntnisses. 

Garvıe, A. E., Studies in the „Inner Life“ of Jesus (Exp V u. VI): 1. In- 
troductory (V 34—42) zu einer Artikelserie, worin als Standpunkt die 
Anerkennung der Gottheit Christi genommen wird. 2. The Virgin-Birth 
(126—135), 3. The Growth in Wisdom and Grace (2650—270), 4. The Voca- 
tion Accepted (366—376), 5. The Temptation (435—445), 6. The Early 
Self-Disclosure De 37—46), 7. The Surrender of Home (106—116), 8. The 
Judgment of religious Rulers and Teachers (196—208), 9. The Scope of 
tlıe Ministry (296—308). 

Stalker, J., Die Christologie Jesu oder Was sagt Jesus Christus über 


Bibliographische Notizen. 209 


sich selbst? Nach den Synoptikern dargestellt. Autorisierte Übersetzung. 
(8°. VIII u. 157. Dessau, A. Haarth): Der Verfasser, von dessen zahl- 
reichen Werken schon zwei („Das Leben Jesu Chirsti“ u. „Imago Christi; 
Jesus Christus unser Vorbild“) ins Deutsche übertragen wurden, sucht in 
dem gegenwärtig lebhaft geführten Kampfe um Christi Lehre und Selbst- 
bewulstsein den übernatürlichen Charakter der Bezeichnungen Menschen- 
sohn, Gottessohn, Messias, Erlöser und Richter zu verteidiren und ihnen 
im wesentlichen den Inhalt zu lassen, den auch die katholische Theologie 
— die aber vollständig ingnoriert wird — in denselben erblickt. Christi 
Worte haben für St. freilich nicht dogmatische Geltung. 

Holtzmann, O., Das Messiasbewu/stsein Jesu und seine neueste Be- 
streitung. Vortrag (8. 26. Gielsen, Ricker. M —.50): Gegen W. Wrede 
(Das Messiasgeheimnis in den Evangelien, Göttingen 1901) wird fest- 
gehalten, dals Christus den Anspruch, der Messias zu sein, erhoben hat. 

Bousset, Das Messiasgeheimnis in den Evangelien (Th. Rundsch. V 
307—316 und 347— 362): Eine kritische Auseinandersetzung mit dem den 
gleichen Titel tragenden Buche von W. Wrede, besonders mit dessen 
Auffassung von Mk 9,9 und des Markusevangeliums überhaupt. Dals 
Jesus „am Ende seines Lebens mit dem Anspruche, der Messias zu sein, 
otten hervorgetreten ist“, hält B. für sicher. 

Staerk, W., Jesu Stellung zum jüdischen Messiasbegriff (PrM VI297—309): 
Vertritt im Anschluls vor allem an Wrede die Ansicht, dals Jesus nie 
Messias hat sein wollen. 

Milligan, G., The Messianic consciousness of Jesus (Exp V 72—80 
148—156): Behandelt 1. den Begriff .„Menschensohn‘', der sowohl die 
Messianität wie die Menschlhieit Christi ausdrückt, 2. den Begritf „Gottes- 
sohn“. der die Grundlage für das Messiasbewulstsein bildet. 

Fiebig, P., Der „Menschensohn“ als (cheimname (PrM VI 431—437): 
Verteidigt gegen Wrede und Staerk, dals Jesus der Messias, „der Mensch 
aus Dn 7, 13“ hat sein wollen. 

Grützmacher, R., Das Volk und der Davidssohn in den Evangelien (Ev. 
Kzt. LXXVI 632-635): Christus hätte sich nicht diese Bezeichnung 
geben lassen dürfen, wenn er es nicht gewesen wäre. 

Bousset, W., Das Reich Gottes in der Predigt Jesu (Tn. Rundsch. V 
397 —407 437—449): Im Anschluls an J. Weils, Die Predirt Jesu vom 
Reich Gottes? (1900), wird der durchaus eschatologische Charakter dieser 
rein religiösen Prediet Jesu verteidict. 

Margreth, J., IJas Gebetsleben Jesu Christi, des Sohnes Gottes (8°. Xl u. 
321. Münster, Aschendorft. M 6.—): Das vorwiegend dogmatisch gehaltene 
Buch bietet auch dem Exegeten Interesse, indem alle (26) Gebete Jesu, 
insbesondere das Hohepriesterliche Gebet erklärt werden. M. will aber durch 
seine Erörterungen auch praktischen Zwecken dienen. Als Beispiele 
kleiner Meinungsverschiedenheiten notiere ich zu 8.8, dafs die Berufung 
des Petrus Apg 1,20 auf das „verödete Gehöfte* Ps 68,26 wohl eher 
eine Akkommodation genannt werden muls, und zu S. 208, dals in Jo 1,9 
wohl die Vulgataübersetzung venientem in hunce mundum auch von den 
katholischen Exegeten allmählich aufzureben wäre. 

Legge, J., Christ’s Treatment of Indiynation. A Study in Christian 
Ethics (ExpT XIII 266— 268): Erörtert Mt 21, 15; 20, 24; 26, 8; Lk 13, 14; 
Mk 10,14 u. 2 Kor 7,11. 

Rösgen, Der Erfolg des prophet. Wirkens Jesu Christi I-IV (Allg. ev.- 
luth. Kzt. 74—79 98—102 126—132 146 u. 147): Gegenüber der An- 
schauung, welche den Erfolg Christi einziz und allein auf seine Aufer- 
stehung basieren will, bringt R.auch sein Leben und seine Worte als von 
Erfolg begleitet zur Geltung. 

Füllkrug, 6&.. Jesus und die Pharisäer. Ein Beitr. zur geschichtl. Auf- 
fassung des Lebens Jesu (8%. Vl u. 9. Lp., Dieterich. M 1.80): In edel 
populärer Form wird die pharisäische Partei in ihren Bestrebungen ge- 

Biblische Zeitschrift. I. 2. 14 


210 Bibliographische Notizen. 


schildert und weiterhin das Verhältnis Jesu zu ihr dargetan. Zu Anfang 
hat Jesus die Pharisäer gesucht und wurde von ihnen gesucht. Die Ver- 
schiedenheit der religiösen Auffassungen mulste aber zu Kontlikten, 
zum Kampfe und schlielslich zur „Katastrophe“ führen. 

Smith, D., Our Lord's Use of common Proverbs (Exp VI 441-454): Be- 
spricht Jo 4, 35; 4. 44 und Parall., die Sprichwörter der Bergpredigt, 
Mt 8. 22; Mk 10, 25 und Parall., und gedenkt zum Schlusse des helie- 
nistischen Einflusses auf das Judentum. 

Soltau, W., Die Geburtsgeschichte Jesu Christi (8%. 43. Lp., Dieterich. 
M —.i5): Lobpreisungen und Apotheosen des Augustus waren der An- 
lais, den Lobgesang der Engel und die übernatürliche Geburt ‚Jesu zu 
erdichten, und den Zur des Partherkönigs Tiridates zu Neros Zeit cab 
das Motiv für die Anbetung der Magier. Vgl. die entschiedene Ab- 
lehnung dieser als „sicher“ und „zweifellos“ ausregebenen Konstruktionen, 
welche „die Wissenschaft selbst diskreditiereu“ können, von P. Lob- 
stein in ThLzt XXVIl 521—523. 

<Preuschen, E.,> Jesu Geburt in einer Höhle (ZutW III 359): Erst in 
späterer Zeit habe man aus der Höhle ein Haus gemacht. 

Hoben, T. A., The Virgin- Birth (AmJ'Th VI 473—506): Tut die Unab- 
hängigkeit der Berichte bei Lk und Mt vom Protev. Jacobi dar und be- 
spricht die vornizänischen Väter einzeln bezüglich ihrer Anschauungen 
darüber, ebenso einige Apokryphen. 

Boscawen, S. C., Does the Papyrus of Kha-m-uas in the British Museum 
contain Early Christian Records? (ExpT AJl1 525—528): Findet Parallelen 
zur Geburts- und Jugendgeschichte des Herrn darin, welche Volkser- 
zählungen entstammen. G. 

Dieterich, A., Die Weisen aus dem Morgenlande (ZntW III 1—14): Die 
Magier sind als Mithrasdiener gedacht. Durch Einfügung des mytho- 
logisch überbaupt viel verwendeten Sternmotives, unter Beeinflussung 
durch Is 60, 6 und endlich im Hinblick auf einen tatsächlich i. J. 66 
stattgehabten Zur orientalischer Königssöhne an den Hof Neros ist dieses 
Dokument der Begegnung des Mithrasdienstes und des Christentums ent- 
standen. Strauls’ mythologische Auffassung lebt somit wieder neu auf. 

Gasartelli, L.C., The Magi: a footnote to Mt 2,1 (Dublin Rev. COXXXI 
362—379): Hält die Magier für orientalische J’riester, Vertreter Parthiens 
bei der Geburt des Erlösers. 

Hilgenfeld, A., Die Versuchung Jesu (ZwTh XLV 289—302): Gegen W. 
Soltau und H. Holtzmann behauptet H. die zeitlich viel später zu 
datierende Auffassung der Versuchungsgeschichte bei \lk, da dessen 
kurzer Bericht darüber (Mk 1,12.13) schon der Erklärung der Ver- 
suchungen aus der jüdischen Messiasidee vollständig fern stehe. 

Halevy, J., La tentation de Jesus (Rstm X 13—60): Sieht in einem 
jüdischen Apokryphon, einem Martyrium Isaiae, die Quelle. 

Hilgenfeld, A., Die Verwerfung Jesu in Nazareth nach den kanon. Evv 
und nach Marcion (Zwi'h XLV 127—144): Behauptet die Priorität des 
Mt-Berichtes (13, 54—58) vor dem des Mk (6. 1-6). Der Lk- Bericht 
(4, 16—30) stand bei Marcion nicht, wird auch nicht durch Tert. adv. 
Marc. als dort vorhanden gefordert. H. vermutet, dals er von dem von 
ihm postulierten „zweiten Pauliner“ herstammt. 

Justus Vitalis, Die Bergpredigt. Übersichtl. Vergleichung mit ver- 
wandten Stellen der übrigen Evangelien u. Kritik derselhen vom modernen 
Standpunkt (Flugschr. d. neuen Frankf. Verlags VIII) (8°. 69. Frankf. 
a. M. M 1.50): Durchaus rationalistisch. 

Fonck, L., S.J., Zur neuesten Parabelauslegung (ZkTh XX VI] 280—298): 
Gegenüber A. Jülicher (Die Gleichnisreden Jesu. 2 Teile. 1899) wird be- 
tont, dals dieser sich über die christliche Vergangenheit hinwegsetze, die 
Autorität der Evangelisten nicht anerkenne, und dals Jesus durch J.s 
Auffassungen zum irrtumsfähigen Menschen herabgewürdigt werde. 


: Bibliographische Notizen. 211 


Fonck, L, S. J., Senfkörnlein, Tollkorn und höhere Parabelkritik (ZkTh 
XXVI 13—32): Gegen Jülicher, B. Weils u. a, wird nachgewiesen: Das 
Senfkörnlein ist der Senfstaude, nicht einem Senfbaume entsprungen. 
Auf diese passen alle Momente der Parabel, wie auch das Gleichnis vom 
Unkraut (Lolch) und dem Weizen vollkommen dem botanischen Sachver- 
halt und der Gepflogenheit der Landleute in Palästina entspricht. 

Fonck, L., S. J., Die Parabeln des Herrn im Ev exegetisch und prak- 
tisch erläutert (8°. XX u. 808. Innsbr., Rauch. M 5.30): Die Einleitung 
verteidigt u. a. als besondern Zweck .der Parabeln die Verhüllung der 
Wahrheit vor den Ungläubigen. Die Erklärung der einzelnen Parabeln 
bietet zunächst nach Literaturangabe den Text mit kritischem Apparat, 
in welchen auch die neueren Ausgaben von Hetzenauer, Brandscheid, 
Nestle und Blals Aufnahme fanden; auf eine Übersetzung des Textes 
foleen Angaben über die näheren Umstände, unter denen die Parabelrede 
gesprochen wurde, dann eine Erklärung dessen, was sie buchstäblich be- 
sagt, weiterhin die Auslegung ihrer Bedeutung. Die noch beigefügten 
Abschnitte über Anwendungen und Schlulsfolgerungen enthalten Winke 
für Predigt und Meditation. Genaue Kenntnis von Land und Leuten in 
Palästina kommt dem Verfasser neben gründlichen orientalistischen Sprach- 
kenntnissen sehr zu statten. Die manchmal sehr auf den Ton der Ironie 
gestimmte Polemik gegen Jülicher durchzieht das ganze Werk. Eine 
etwas rasche Arbeitsweise offenbart sich mehr in Kleinirkeiten. Die 
älteste und der von F. vertretenen Deutung durchaus entsprechende Er- 
klärung der Parabel vom verlorenen Sohn stammt von Titus von Bostra. 
F. läist sie unerwähnt, wie auch die Homilie des Pseudochrysostomus 
eis töv Acwrov (Migne, P. gr. LIX 627—636). Dafür zitiert er S. 612 zum 
reichen Prasser eine Stelle aus einem „dem Titus von Bostra zugeschriebenen“ 
Kommentare, welche ich aber (Titus v. Bostra 33) als von Cyrill v. Ale- 
xandrien (s. Migne LXXII 825 D—828 A) herrührend nachgewiesen habe. 
Die Unrichtigkeit der Bezeichnung Antoninus Placentinus (S. 357) hat in- 
zwischen Grisar (ZkKTh XXVI 760 ff) dargetan. 

Bruston, C.. La fin du monde d’apres Jesus- Christ (Rev. chret. XV 
84—885): Will beweisen, dals Christi Worte vom Ende der Welt auf den 
Untergang der antiken Welt zu beziehen sind. 

Crane, A. M., The Üleansing of the Temple (Bs LIX 36—57): Sucht 
durch Aufgabe des Literalsinns den synoptischen und johanneischen Be- 
richt zu barmonisieren. 

Linder, G., Die Speisungen der Tausende in den vier Evangelien (Schweiz. 
th. Z. XIX 89—93): Die sechs Speisungsberichte sind symbolisch zu ver- 
stehen und bringen durch ihre Verschiedenheit (5000 u. 4000 Gesättigte etc.) 
das Heiden- und Judenchristentum zum Ausdruck. 

Lindenmann, R., Die Erweckung der Tochter des Jairus und die Heilung 
des blutjlüssigen Weibes, aufgefalst als symbolische Erzählungen (\Ik 5, 
21-43) (Schweiz. th. Z. XIX 1—9): Die Berichte bedeuten die Wieder- 
belebung der Synagoge und das Aufhören des Blutflielsens auf Sion (!) 
durch Sistierung der Opfer. 

Bacon, B. W., The Transfiguration Story: A Study of the Problem of the 
Sources of our Synoptic Gospels (Am.ITh VI 236—265): Sucht Parallelen 
zwischen der Verklärung und dem Bekenntnis Petri zu Cäsarea einer- 
seits und der Erscheinung zu Joppe und Petri Verhalten in der Heiden- 
christenfrage anderseits. Lk 24,34 u. 1 Kor 15,5 seien wohl der Anlals 
gewesen, dafs die apokalyptischen Visionen in die Evangelien eingefügt 
wurden, wo ihnen dann noch eschatologische Züge beigemischt wurden. 

Mead, C. M., Intuitional Criticism (AmJTh VI 507—510): Nimmt gegen 
den vorgenannten Artikel Stellung. 

Bacon, B. W., Elias and the Men of Violance (Exp VI 31—36): Erklärt 
Mt 11, 12—15 = Lk 16, 16 im Zusammenhang mit damals geltenden 
eschatologischen Ideen. 


14* 


212 Bibliographische Notizen. 


Preuschen, E., Die Salbung Jesu in Bethanien (ZntW III 252): Folgert 
aus der Cena des Trimalchio, dals die Salbung der Gäste mit der Narde 
ein Bestandteil der römischen Trauerfeierlichkeit war; vgl. Mk 14, 3ff. 

Werner, H., Christi Leidensgeschichte, das Meisterwerk der göttl. Vorsehung 
(Handreich. zur Vertief. christl. Erk. 7. Hit. 8°. 106. Gütersloh, Bertelsmann. 
M 1.40): Populäre Geltendmachung der providentiellen Züge in Bezug 
auf Zeit, Ort, Personen, Verlauf und Wirkung der Leidensgeschichte. 

Mackie, G. M., Ihe Jewish Passover in the Christian Church (ExpT 
X1Ill 391-397): Mitteilungen über Zeit, Ritus usf. der Paschafeier; Ver- 
gleich mit dem, Abendmalıl Christi. 

Chauvin, C., Etude critique sur la derniere cene et sur la communion de 
Judas (Science cath. XV1 318—332). 

Cremer, H., Gethsemane. Ein Beitrag zum Verständnis der Gesch. 
Jesu und unserer Erlösung‘ (8%. 104. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.20): 
Nicht Todesturcht, sondern die Grölse der eben sich vollendenden Sünde 
der Menschheit, die ihren Heiland mordet, schreckt Jesus in Gethsemane, 
und der Gedanke, dals der Vater selbst ihn also leiden liels, entringt 
ihm den Ausruf der (rottverlassenheit am Kreuze. 

Kreyenbühl, J., Der Ort der Verurteilung Jesw (ZntW III 15—22): 
Jesus wurde von Pilatus im Palaste des Herodes verhört und verurteilt. 

Bulbeck, W. A., Date of the Crucifirion. Founded on Kalendar of 
Ancient Egyptians (8". L.. Art & Book Co. 6d). 

Denney, J., Death of Christ; its Place and Interpretation in the NT 
(8°. 354. L., Hodder. 6s). 

Nestle, E., Der ungenähte Rock Jesu und der bunte Rock Josefs (ZutW 
IIl 169): Parallele zwischen beiden, wie zwischen den Schächern und den 
beiden Mitgefangenen ‚Josephs. 

Nestle, E., Die Sonnenfinsternis bei Jesu Tod (ZntW IIl 246f): Die 
Erzühlung ist aus Am 8, 9 herauswewachsen., 

Brucker, J., Le Saint-Suaire et l’exögese (Etudes XC 458—464): Vertritt 
die Anschauung, dals auch der Bericht ‚Jo 19, 40 nicht gegen die Echt- 
heit der Turiner Reliquie verwendet werden könne, Mk 16,1 die Tat- 
sache einer späteren Einbalsamierung sogar fordere. 

Chevalier, U., Le Saint-Suaire de Turin et le NT (Rb XI 564-571): 
Gegen Vienons versrebliche Versuche. die Echtheit der Reliquie Jdarzutun. 

Burkhardt, G., Die Auferstehung des Herrn und seine Erscheinungen. 
2. wohlf. [Titel-] Ausg. (8%. IV u. 288. Götting., Vandenhoeck. M 1.80): 
Der Verf. erhebt nicht den Auspruch, ein wissenschaftl. Buch vorzulegen. 
Es handelt sich um phantasievolle Paraphrasen und Ausschmückungen der 
ntl Berichte über die Begebnisse von der Auferstehung bis zur Himmel- 
fahrt, nachdem einleitend die Glaubwürdiekeit der Berichte und der 
Charakter der Erscheinungen Jesu auf positiv gläubigem Standpunkte 
dargetan wurden. Der Homiletik und Meditation wird das Buch haupt- 
sächlich Anregung bieten. 

Meyer, F. B., John, the Baptist (8°. 192. L., Morgan. 2s 6d\. 

France, A., Le procurateur de Judee (avec grav. 160. &1. P., Wittmann). 

Büttner, M., Judas Ischarioth. Ein psycholor. Problem. Vortrag (8°. 
35. Minden, Köhler. M —.50): Nicht ein Scheinverrat, um ‚Jesus zum 
Handeln zu bringen (Hase-Klopstock), sondern die seit dem Bekenntnis 
zu Cäsarea Philippi offenkundige und von des Judas und des übrigen 
Volkes Anschauungen zu sehr differierende Messiasidee ‚Jesu hat den 
Mann aus Karioth zum Verräter gemacht. Der alte Geiz wacht wieder 
auf, Enttäuschung und Groll tun das Ihre. 

Bolliger, A., Markus der Bearbeiter des Matthäus- Evangeliums. Altes 
und Neues zur synopt. Frage. Progr. zur Rektoratsrede der Univ. Basel 
(40. 100. Basel, C. Beck. M 2.50): „Weiles ein Gesetz der bösen Geister 
ıst, dals sie auf dem nämlichen Wege, auf dem sie hereingeschlüpft, auch 
wieder hinaus müssen“, wird zunächst die modern kritische Auffassung 


Bibliographische Notizen. 213 


des Papiasfragmentes über Mk und Mt widerlegt; Aöyıa xupıakd — Herrn- 
geschichte des Mt, nicht Spruchsammlung. Nur treibt der Verf. den 
Teufel durch Beelzebub aus, indem er an die Stelle der que lenhypothese 
die Annahme eines vorkanonischen Mt, in dem z. B. 1, 18—25(!) nicht 
stand, als Quelle für Mk setzt. 

Kirchbach, W., Was lehrte Jesus?! Zwei Ur-Evangelien. 2.. stark verm. 
u. verb. Aufl. (8°. XVl u. 343. B, Dümmler. M 6.—): Der Verf. ist 
Nichttheologe und will als Dichter die formalen Gesichtspunkte in Be- 
handlung eines Urmatthäus und Urjohannes besonders geltend machen. 
Eine hymnische Parömiendichtung wird konstatiert. Für diese ästhe- 
tische Betrachtungsweise der Evv kann das Buch vielleicht einigen Nutzen 
stiften. Sonst aber ist es von durchaus rationalistischer Tendenz: Menschen- 
sohn = Greist der Menschheit usf. 

Küppers, W., Neue Untersuchungen über den Quellenwert der vier Evan- 
gelien. (8°. V u. 123. Gr.-Lichterfelde-B.,, Runge. M 2.50): Dreht die 
chronologische Reihenfolge der Evangelien herum: bald nach 44 Jo, 
53—57 Lk, der die Lücken von Jo, wo fast nur Festbesuche geschildert 
sind. ergänzt, um 60 der chronologisch geordnete Mt, der z. B. in 3.1 
auf Lk 3.1 hinweist und nicht zuerst aramäisch geschrieben war, bald 
nach 64 Mk, der Lk und Mt vor sich hatte. Das letztere Resultat wäre 
die einzige diskutierbare Hypothese. 

Hawkins, J. C., The Disuse of the Marcan Source in St. Luke IX. 
ö1— XVIII 14. Ber XIV 18-23 w—-93 137—140): Um für diese 
Partie des Lk die Unabhängigkeit von Mk darzutun, werden die 35 Verse, 
welche mit Mk in Parallele steien (Dubletten, kürzere Aussprüche und 
Lk 10, 25—28; 11,15. 17—23; 13, 18f), als niclıt dagegenstehend erwiesen. 

Jannaris, A. N., Does äunv mean „Very“? (kxpT XIII 563—565): 
Die Verdopplung bei Jo beruht auf einer Interpolation; das einfache 
aurv bei den Synoptikern steht für n unv oder ei unv. 

Lewis, W., New Garments and Old Patches (ExpT XIII 522): Der 
Vergleich fordert überhaupt ein „neues Gewand“. 

Nestle, E., Mt 27, 51 und Parallelen (ZntW III 167f): Aus “rr—= 
superliminare sei n3*g = velum entstanden, wie auch aus Protev. Jac. 54. 3 
(parvwuara) hervorgehe. 

Zahn, Th., Kleinere Beiträge zur evangelischen Geschichte. 1. Der zer- 
rissene Tempelvorhang (NkZ XIII 729-756): Unterscheidet a) die Tradition 
der Synoptiker, welche den äulseren Vorhang des 'Tempelhauses meinen, 
b) die nazaräische des Hebräerevangeliums, welche vom Zusammenbruch 
der Oberschwelle (superliminare) spricht, c) die jüdische (Talmud, .Josephus, 
Eusebius), welche eine rätselhafte Offinung der Tempelpforten um das 
Jahr 30 kennt. Nestles obige Erklärung der Abhängirkeit der ersten 
von der zweiten durch Milsverständnisse hebräischer Worte wird abre- 
lehnt. — 2. Das Land der Gadarener. Gerasener oder Gergesener (ebd. 
X111 923—945): Nimmt für Mt 8, 28 die Lesart Tadapnvwv, für Mk 5.1 
u. Lk 8. 26. 37 Tepyeonvwv als die richtige. Es ist an Gadaritis zu denken; 
die Lage von Gergesa ist auf einer Bergeshöhe in mälsiger Entfernung 
vom See zu suchen. 

Nestle, E., „Ihe Widow’s Mites“ (ExpT XIII 562): Bevorzugt den 
Plural und vergleicht die syrischen Lesarten. 

Nestle, E., „Between the Temple and the Altar" (ExpT XIII 562): Be- 
ziehungz zu 2 Chr 24, 20f. 

Nestle, E., Die unverfülschte köstliche Narde (Znt\W 111169 —17]): Referat 
über einen Aufsatz von S. A. Naber in der holländischen philologischen 
Ztschr. Mnemosyne 1902, 1—15. worin der Ausdruck vapdos mıoriKN 
Mk 14.3 u. Jo 12,3 näher erklärt ist. Die Konjektur oneıorın statt 
morıxr, (lat. pistica statt spicata) akzeptiert Nestle nicht. 

Fonck, L., S.J., Voraussetzungslose Wissenschaft (ZkIh XX VI 186—189): 
Behandelt die einander widersprechenden Anschauungen neuerer pro- 


214 Bibliographische Notizen. 


testantischen Kritiker über das Alter des Mt-Ev, welche alle von der 
Leugnung des UÜbernatürlichen ausgehen. 

Schmiedel, P. W., Jungfraugeburt und Taufbefehl nach neuesten Text- 
Junden (PrM VI 85—95): Zusammenstellung aller Varianten von Mt 1. 16. 
wobei nur ihr Entstehungsverhältnis zum Teil umzukehren wäre. Besonders 
wird hingewiesen auf einen griechischen Dialog zwischen einem Christen 
und einem Juden, ediert von Conybeare (Anecd. Oxon. class. ser. VIII 
1898), wo zwei lwesarten zusammengearbeitet sind. Conybeares Ansicht 
von einem späteren Eindringen der trinitarischen 'laufformel in Mt 28. 19 
wird als sehr beachtenswert empfohlen. 

Manchot, K., Jesus und das geschriebene Gesetz. Eine Untersuchung 
über Mt 5. 17—20 (PrM VI 211—227): Mt 5,17 ist nicht ursprünglich 
und 5. 18ff gehört nach 7. 12. 

Wiesen, Zu Maith 5, 17—20 (ZntW I1I 336—352): Erklärt diese Verse 
der Bergpredigt nach ihrer antipharisäischen Tendenz. 

Sanda, A., Raka (Zkl'h XXVI 402): ‘Paxd soll von der unbelegbaren 
Form szr°—=Fetzen. Lappen kommen und den Sinn fornicator haben. 

Nestle, E., Matt. VI.3 (Exp A111 525): Die linke Hand kommt in der 
Didaskalie als Ausdruck für die Heiden vor. Der Teufel heilst gleich- 
falls im Syrischen der Linke, 

Nestle, E., The Arrangement of the Lord’s Prayer (ExpT XIII 431): 
Kommt aufältere Beobachtungen über Abteilungen des Vaterunsers zurück. 

Holzhey, K., Petra ecclesiae et portae inferi. Eine exegetische Studie 
zu Matth. 16, 18 (Th.-pr. Mon.-Schr. XlI 311—3161: Weist durch zahlreiche 
Parallelen nach, dals die Hadespforten zur Zeit Christi als unbezwinglich 
galten und dais dem oÖ Karıoybougıv = non praevalebunt der Sinn: nicht 
mächtiger sein, zukommt. 

Beibitz, J. H., The End of the Age. Some Critical Notes on St. Matthew 
chap. XXIV (ExpT Alll 443—450): Will durch Untersuchung dieses 
Kapitels in das synoptische Problem Licht bringen. Mündliche UÜber- 
lieferungen (Triple Tradition) gehen in ein griechisches Dokument des 
J. 66 über. Mt schreibt zwischen 66 u. 70; Lk nach 70. 

Swete, H. B., St. Matthew XXVIII 16—20 (Exp VI 241-259: Er- 
klärung der betr. Verse auf Grund der Mk-Hypothcese. 

Rauch, Ch., Bemerkungen zum Markustexte (ZntW IIT 300-314): 
1. Mk 1, 40-45 weist spätere Zusätze auf, 2. Mk 6, 29—31? wird durch 
den syr. Text klarer, 3. Mk 14, 12—17 ist späterer Einschub, um aus 
dem Abschiedsmahl in Bethanien das Paschamalhıl zu machen. 

Nestle, E., Mark IV 12 (Expl' X111 524): Der Lesart xai dpeon abroig 
liest eine Verwechslung von se) und mes zu Grunde; Targum und 
Peschittho stimmen mit Mk überein. 

Kasteren, J. P. van, S. J., L’epilogue canonique du second evangile (Mr. 
16, 9-20) (Rb X1 240-255): Gegen Zahn wird mit Belser die Autlien- 
tizität des Markusschlusses verteidigt. 

Clemen, C., Besprechung von B. Weiss, Die Frangelien des Mk und Lk° 
(Gött. 1901) (ThLzt AXV1I 297—300:: Ref. beweist die Abhängigkeit des 
Lk von Mt, lälst auf Grund von Lk 1. 31, das echt ist, auch die Tradition 
als Quelle gelten, nimmt das Magnificat für Maria in Anspruch, glaubt 
aber an einen Irrtum des Lk bezüglich des Census des Wuirinius. 

Sense, P. C., Critical and Historical Enquiry into Origin of Third 
Gospel (8°. L., Williams & N. 75 bad\. 

Plummer, A., Recent Theories respecting the Third Gospel (Crit. Rev. 1902 
483-501). 

Bartlet, J. W.. The twofold Use of „Jerusalem“ in the Lucan Writings 
(ExpT X111 1571): Erklärt den Wechsel zwischen der hebräischen (63ınal) 
und der griechischen ı27mal) Form psychologisch. 

Köstlin, H. A, Das Magnifikat Luk. 1.46—55 Lobgesang der Maria oder 
der Elisabeth? (ZutW 111 142—145): Im Abendland gehört das Magniticat 


Bibliographische Notizen. 215 


der Vesper an und gilt als Gebet Mariens, im Morgenland der Matutin 
und ist an Maria gerichtet. 

Spitta, F., Das Magnijicat, ein Psalm der Maria und nicht der Elisabeth 
(Theol. Abhandlungen f. H. J. Holtzmann. Tüb., Mohr. 61—94. M 1.—). 

Lepin, M., Le Magnificat doit-ıl Etre attribw a Marie ou @ Elisabeth? 
(Univ. Cath. 1902, 213—242): Weist es Maria zu. 

Wood, J. F., Tas dovins in the Magnificat, Lk 1, 48 (Journ. of Bibl. 
Lit. XXI 48—50). 

Hilgenfeld, A., bringt (ZwTh XLV 448) zu Lk 11, 41 ein Kolon nach 
evövra in Vorschlag. 

Cameron, E., Christ versus Caste: Reflections on Discourse of the Five 
Parables (Luke XV and XVJ). Chapter on Churches and Classes (8°, 222. 
Ld.. Stockwell. 2s Hd). 

Hilgenfeld, A., Das Gleichnis von dem verlorenen Sohne Lk 15, 11—32 
(Zwi'h XLV 449464: Vertritt gegen Jülicher und Wendt die Deutung 
der beiden Söhne als Juden und Heiden. 

Cölle, R,, Zur Exegese und zur homilet. Verwendung des Gleichnisses 
vom reichen Mann und armen Lazarus: Lk16,19 —31(Stkr LXX V 652 —6065): 
Im excgetischen Teile Untersuchung des Grundgedankens: Warnung vor 
der Sünde des Reichen, der über dem Genusse alles Höhere vergals. 

Capron, F. H., „Son“ in the Parable of the Rich Man and Lazarus 
(ExpT XIII 523): Texvov (Lk 16, 25) ist physisch zu fassen. Die Be- 
deutungslosigkeit physischer Abstammung von Abraham kommt in der 
Parabel zur Darstellung. 

Nestle, E., Zu Lukas 22, 20 (ZnutW III 252): Parallele dieser Stelle 
mit der bei Griechen und Römern geläufiren Spende und Ex 24, 1—8. 

Holtzmann, O., Zu Lukas 22, 20 ‚ZntW III 353): Drei Fragen an E. Nestle. 

Souter, A., „Emmaus“ mistaken for a Person (ExpT XIII 429f): Drei 
lateinische Texteszeuren lesen Ik 24, 13: cleofas et ammaus. 

Nestle, E. (Exp A111 476: erklärt die Entstehung dieser Lesart durch 
die ß-Variante övöuarı statt N Övoua. 

Bonus, A., Emmaus mistaken for a Person (ExpT XIII 561): Bringt 
weitere Beispiele dieses Milsverständnisses. 

Schlatter, A., Die Sprache und Heimat des vierten Evangelisten (Beiträge 
zur Fürderung christl. Theol. VI 4): Vergleicht Jo und 1Jo mit Mechiltha 
(Komment. zu Ex) und Sifre (zu Nm u. Dt) und weist aus dem sprach- 
lichen Gemeingut den palästinensischen Ursprung des 4. Ev nach. 

Holtzmann, H., Besprechung von J. Kreyenbühl, Das Ev der Wahrheit, 
B. 1500 (ThLzt XXV1I 6—11): Teilweise ironische Ablehnung der 'I'hese 
Kr.s. das 4. Ev sei ein gnostisches Apokryphon des Menander von An- 
tiochien. Ebenso negativ verhält sich P.Corssen (GgA CLX1V 583—594. 

Oberhey, Ch., Der Gottesbrunnen der Menschheit. Zur Einführung in 
das Johannesevangelium (8°. X u. 126. Braunschw., Meyer. M 1.80): Popu- 
läre Darstellung der Aussagen des 4. Ev über Jesus unter den 3 Bildern 
des Gottesbrunnens, des Herrlichkeitsbrunnens und des Lebensbrunnens 
der Menschheit. 

Weiss, B., Das Johannes- Evangelium. 9., neu bearb. Aufl. (Krit.-exeget. 
Komm. über das NT. 11. Alıt. 8%. 1V u.543. Gött., Vandenhocck. M8.—). 

Godet, F., Commentaire sur Pevangile de S. Jean. 4e ed. t. I: Introd. 
hist. et erit. (8%. XII u. 346. Neuchatel, Attinger. Fr 5.—): Ein opus 
posthumum, auf bibelgläubigem Standpunkt. Eine deutsche Bearbeitung 
erschien: Hannover u. B., Carl Meyer. M 4.— 

Schat Petersen, L. W., Johannes’ Evangelium (8°. LXX u. 698. Kopen- 
bagen. Hagerup. Kr 11.—): Ein Kommentar auf positivem Standpunkt. 
Für unecht gelten dem Verf. nur 5. 4; 7. 53—8, 11 und Kap. 21. 

Grill, J., Untersuchungen über die Entstehung des vierten Evangeliums. 
Erster Teil (8%. XII u. 408. Tüb., Mohr. M 8.—): Das ganze Evangelium 
ist von der Logosidee des Prologes beherrscht. Die Wurzeln derselben 


216 Bibliographische Notizen. 


sind bei Philo. Antignostische Tendenzen waren der Grund. warum die 
Sophialehre des AT nicht akzeptiert wurde. Ebenso werden die Begriffe 
Leben. Licht. Herrlichkeit und vor allem die Inkarnation näher erörtert. 
Vgl. das Referat von H. Holtzmann Thlzt XXV1ll 371—374. 

eville, J., Le Quatricme Evangile. Son origine et sa valeur historique 
(8%. VIII u. 356. P., Leroux. Fr 7.50). 

Pfeifer, H., Zur Behandlung des Ev nach Jo. 1. Tl: Umschau und 
Aufgabe. 2. Tl: Zur Behandlung ausgewählter Abschnitte (8%. 172. Lp., 
Hahn. M 2.—). 

Holtzmann, H., Unordnungen und Umordnungen im vierten Evangelium 
(ZntW 111 50—60,: Bespricht teils zustimmend, teils ablehnend die dies- 
bezürlichen Versuche. Den neueren Vorschlägen zur Reduzierung der 
arcı Paschafeste „könnte vielleicht noch eine Zukunft beschieden sein“. 

Belser, J., Der Ausdruck oi ’Iovdaioı im Johannesevangelium (TQS 
LXAXXI1V 168—222): Erklärung aller den Ausdruck enthaltenden Stellen 
in seiner dreifachen Bedeutung 1. = Juden als Nation, 2. = Judier, 
3. = Hierarchen von Jerusalem. Ein Jneinandergreifen der einzelnen 
Abschnitte wird dabei konstatiert, wodurch sich für die Echtheit des Ev 
ein weiteres Zeugnis ergibt. 

Goguel, M., La notion Johannique de l’esprit et ses antecedents historiques 
(Lex.-8%. VIl u. 171. P., Fischbacher). 

Furrer, K., Das Geographische im Evangelium nach Johannes (ZutW 
III 257— 265): Erklärung aller geographischen Angaben „vom Stand- 
punkte der Paliistinakunde aus“. 

Bartlet, V., Two Notes on the Fourth Gospel (ExpT XIV 118—121]): 
Erörterungen zu 2. 13—25 und 4. 43—45. 

Meyer, K., Der Prolog des Johannesevangeliums. Nach den Evaneelien 
erklärt (8%. Ill u. 101. Lp.. Deichert. M 1.40): Eine sehr gute Mono- 
graphie. die insbesondere die Beziehungen zwischen Evanrelium und 
Prolog scharf aufdeckt. Von Karl Weils’ Versuch. den Prolog voll- 
ständig auf den AöYosg Acapkos zu beziehen (1899), wie von den Uber- 
treibungen Baldenspergers. der ihn gegen die Johannisjünger geschrieben 
sein lälst. unterscheidet sich M.s Arbeit sehr vorteilhaft. Das nv—e&pxöuevov 
V. 9 dürfte wohl noch schärfer pointiert und die Deutung des Täufer- 
zeugmisses V.15 und 30 kaum richtig sein. Van Hoonackers Aufsatz in 
der Rev. d’hist. ecel. 11 (1901) 1—14 ist nicht benutzt. 

Jannaris, A. N., The Locus classicus for the Incarnation overlooked (ExpT 
X111 477—480): Im Jo-Prologe bedeutet Aöyog: „the cosmogonic oracle 
which God uttered in creating the world“. ’Eyevero üvßpwrnog 1.6 wird 
zum Vorausgehenden gezogen und besagt die Menschwerdung. — Vgl. die 
Bemerkungen von D. Mac Donald ExpT XIV 48. 

Fairbairn, A.M.. The Governing Idea of the Fourth Gospel (Jo 1.18; 14. 8—9) 
(Exp VI 161-176): Parallele zwischen dem letzten Verse «des Prologes und 
den ähnliche Gedanken ausdrückenden Worten der Abschiedsreden. 

Nestle, E., Nathanael under the Fig Tree (ExpT AIll 432): Berichtet im 
Zusammenhang mit Jo 1.50 über die syrische Legende, dals Nathanael 
als Kind unter einem Feigenbaum vor den betlilehemitischen Kinder- 
mördern versteckt worden war. 

Heigl, G. M. J., O.S. B., Worte Jesu an Maria zu Kana: Quid mihi et 
tibi est, mulier? (Joann. LI. 4) (Zwei Separatabdrücke aus: Stud. u. Mitt. 
a. d. Bened.- u. d. Cisterc.-Orden. 8°. 20 u. 14. Brünn, Selbstverl. 1901 
u. 1902}: Beide Ablıandlungen dienen dem Nachweise, Jo 2,4a heilse: 
Was haben wir, ich und du, Frau? Damit ist aber der Schwerpunkt der 
Stelle, welcher doch auf xai oot lieet, vollig verkannt. 

Gibson, M. D., Walker, A. H. und Algen, A. S., „Born of Water and Spirit“ 
(Exp X111 429): Drei kurze Beiträge zur Erklärung von Jo3.5. 

Bebber. van, Der Teich Bethesda und die Gottheit Jesu (TQS LXAXXIV 
1— 173 498-573): In eingehendster Exegese wird die Bethesdabegebenheit 


Bibliographische Notizen. 217 


als ein Wunder des Vaters zur Bezeugung seines Sohnes dargetan. 1Jo 
5. 6 spiele auf dieses Wasserzeugnis an. Jo 1,51 und 3.8 empfangen durch 
die schärfere Betonung des Bethesdawunders, insbes. seiner typischen Be- 
deutung für die christl. Taufe, neues Licht. Das private Wunder zu 
Kana sei vor der Zeit und ausnahmsweise gewirkt worden. 

Brose, E., Der Teich Bethesda (StKr LAXV 133—140): Die rapayr) des 
Teiches sei durch das in Ausgüssen aus dem Tempel hinabflieisende Opfer- 
blut veranlalst. Ez 47.1— 12 als mögliche Quelle des Volksglaubens anzuselıen. 

Nestle, E., Bethesda (ZutW III 171f): Vertritt für Jo5,2 die Lesart 
eni tn mpoßarıkn KoAuußnöpa und steht der Ableitung xzor m = Haus 
der Barmherzigkeit sympathischer gegenüber, als der von Brose: m“ 
"Tüs = locus effusionis. — Ähnlich spricht sich N. aus ExpT XIIll 332f. 

rose, E., Noch einmal der Teich Bethesda. KoAuußndpa od. KoAvußriöpa 
(V. 2) (StKr LXAXV1 153—156): Hält gegen Nestle an ersterer Lesart fest. 

Taylor, C., The Pericope of the Adulteress (JthSt IV 129—130): Aulser 
Ap. Constt. und Didask. kennt auch Past. Herm. die Perikope. 

Blals, F., Üler Ev. Joh. 19.35 (StKr LXXV 128—133): Obwohl Ände- 
rungen an dem Verse nicht anzubringen sind, ist er doch textkritisch 
unsicher und darf nicht zu Beweismitteln gegen die Autorschaft des 
Apostels Johannes verwandt werden. 


y) Leben der Apostel. Apostelgeschichte. Apostelbriefe, 
Apokalypse. 

Stokoe, T.H., Life and Letters of St. Paul (8°. 310. L.. Frowde. 3s 6dı. 

Hoennicke, G., Die Chronologie des Lebens des Apostels Pawlus (NkZ 
XIIl 569—620; dann auch separat 8%. V u. 71. 1,p. 1903, Deichert. A71.50;: 
Festus ist ı. J. 59. vielleicht auch erst 60 oder 61 nach Judüa gekommen. 
Der erste Aufenthalt Pauli zu Korinth fällt zwischen Ende 52 und Alitte 54. 
“H Tadarıcrı xWpa bezeichnet Galatien im ethnographischen, nicht politi- 
schen Sinn. Auf der Reise nach Ephesus habe es Paulus besucht. Nach 
des Claudius Tod fa!ste er wahrscheinlich den Entschlufs, nach Rom zu 
gelien. Der Apostelkonvent fällt zwischen 50 und 52, die Bekehrung 
Paulı zwischen 33 und 35. Jesus, der 3 Jahre öjfentlich tätig war. starb 
32 oder 33. Der Vorzug dieser gründlichen Untersuchung besteht in 
scharfer Scheidung zwischen sichern und problematischen Ergebnissen. 
Der Separatabdruck bringt noch weiter erklärende Anmerkungen. 

Ramsay, St. Paul (Exp V181—92): Essay über sein Leben: .He is the 
most human of all the Apostles.‘ Berührt wird auch die sich gegenseitig 
destruierende neuere Kritik der Pastoralbriefe. 

Rose, V., O.Pr., Etudes sur la Theologie de St. Paul (Rb XI 321-346): 
]. Comment il a connu .Jesus-Christ. Im Unterschied von den übrigen 
Aposteln, welche Zeugen des Lebens Jesu waren, betont Paulus, der 
gleichfalls als Apostel auftritt. mehr das Evangelium der Auferstehung. 

Feine, P., Jesus Christus und Paulus (8%. VIII u. 311. Lp.. Hinrichs. 
M 6.—): Paulus. der das Lebensbild Jesu vollkommen in sich aufgenommen 
und alle Forderungen nach demselben orientiert, lehrt in allem Wesent- 
lichen wie sein Meister. als dessen Apostel er auftritt. Mit groisem Nach- 
drucke wird vor allem an der Ursprünglichkeit der Sühnopfertheorie und 
im Zusammenhang damit der Abendmahlslehre als eines realen (senusses 
des Leibes und Blutes Jesu festgehalten. In der Rechtfertigungs- und 
Pneumalehre sieht F. Differenzen zwischen Jesus und Paulus. Doch hängen 
sie mehr damit zusammen. dals Paulus bereits als Theoloce verfährt und 
trotz des durchaus antijüdischen Inhaltes in jüdischer Form denkt. Ob- 
wohl der protestantische Standpunkt des Verf. deutlich genug hervortritt 
und er auch der negativen Kritik durch eine gewisse — durchaus nicht 
völlige — Preisgabe der johanneischen Theologie seinen Tribut zollt, wird 
auch der kath. Theologe sehr viel aus diesem äulserst gründlichen und 
empfehlenswerten Buche lernen. 


218 Bibliographische Notizen. 


Weils, J., Die christl. Freiheit nach der Verkündigung des Ap. Paulus. 
(80. 39. Gött., Vandenhoeck. M1.—): Vergleicht Pauli Lehre darüber mit 
dem Stoizismus und behauptet zwar eine Entlehnung aus dem letzteren. 
aber auch eine weitgehende Fortbildung. Der Vortrag zeichnet sich 
durch tiefe Erfassung der Probleme aus. 

Walker, D., The South-Galatian Theory (ExpT XIII 511-514): Aus- 
einandersetzung mit Prof. Findlay. einem Gegner der Theorie. Apg 16, 6 
ist kwAudevres kausal aufzufassen. 

Jehova-Jesus-Messiah (Bs LIX 267 —281): Paulus hatte Jesus als Messias 
und inkarnierten Jehovah anerkannt. Die Tatsächlichkeit und Berechtigung 
dieser Gleichung wird erwiesen. 

Clemen, C., Die Auffassung des AT bei Paulus (StKr LXXV 173—187): 
Paulus erklärte das AT teils historisch oder eschatologisch-christlich. teils 
nomistisch und huldigte damit den exegetischen Grundsätzen seiner Zeit. 
die im einzelnen für uns keine Geltung mehr haben. 

Friedländer, M., The „Pauline“ Emancipation from the Law a Product 
of the Pre-Christian Jewish Diaspora (J4qR XIV 265—301): Auseinander- 
setzung mit Schürer. „New Testament criticism will then no longer speak 
of a Jewish Christianity and a .Gentile Christianity founded by Paul. 
but rather of a conservative Jewish Christianity and a radical Jewish 
Christianity.“ 

Bauer, W., Miündige und Unmüntlige bei dem Apostel Paulus (Diss. 
Marb. 80. 44). 

Böhme, K., Das Paulinische Gebet (PrM VI 426—431): Sieht in ihm 
auch Schattenseiten: geringe Innerlichkeit; Objekt seien nicht die Heils- 
güter; jüdisch-äulserliche Auffassung der Gebetserhörung. 

Bindemann, G., Das Gebet um tügliche Vergebung der Sünden in der 
Heilsverkündigung Jesu und in den Briefen des Apostels Paulus (Beiträge 
zur Fürd. christl. Theol. VI 1. 1—105): Trotz der engen Bezichungen des 
Vaterunsers zu den Erwartungen vom messianischen Reiche hat auch die 
5. Bitte ihre Bedeutung. solange die Parusie noch nicht da ist. Ein 
Widerspruch mit den Anschauungen Pauli existiert so wenig, dals an- 
genommen werden darf, der Apostel habe bei seinen Missionspredigten 
das \aterunser in hohem Grade verwertet. 

Lombard, E., La collecte en faveur des chritiens de Jerusalem (RThPh 
AXXV 113-139 262—281): Verfolet gründlich diese praktische, chari- 
tative Scite der apostolischen Tätigkeit Pauli in Anknüpfung an Gral 2. 10 
und durch eingehende Besprechung von 2 Kor 8 u. 9; nımmt dabei eine 
Zwischenreise an. 

Kneller, C., S. J.. S. Petrus, Bischof von Rom (ZkTh XXVI 33—69 
225—246): Gegen J. B. Lirrhtfoot wird auf Grund kirchengeschichtlicher 
Zeugnisse nicht blols Petri Aufenthalt in Rom. welchen dieser zugibt. sondern 
auch seine Bischofswürde in dieser Stadt erwiesen und L.s Einwände (z. B. 
dals dann auch Paulus Bischof von Rom gewesen sein müsse) entkräftet. 

Harnack, A., Miscelle zum Aufenthalt des Petrus in Rom (ihLzt XXVII 
604): Macht darauf aufmerksam. da!s Porphvrius nach Makarius Magrnes 
(Apokrit. 3,22) von einer Kreuzigung Petri erzählt. „nachdem er die Schäf- 
chen nicht einmal wenige Monate geweidet hatte“. Das kann nur auf 
den römischen Aufenthalt sich beziehen. 

Hückelheim, J. F., Die Apostelgeschichte. Ubers. u. erkl. f. d. Unterricht 
an den höheren Lehranstalten, sowie zur Selbstbelehrung. Mit 1 Karte 
8%. V u. 165. Paderb., Schönineh. M 1.60): Ein sehr zweckentsprechendes 

üchlein. dem ich nur noch die Beigabe des griechischen Textes wünschen 
würde. Beispiele kleinerer Unrichtigkeiten aus den 2 ersten Kapiteln sind: 
Die Übersetzung von 1,18 „erhenkte er sich“ entspricht dem Urtext 
nicht. 1, 5 kommt das tautog und 1. 24 das Eva nicht zur Geltung; 2.5 
hıelse es statt „Es hielten sich auf“, das auch auf Festpilger passen kann, 
besser: „Es waren ansässig“. In 1, 14 ist von den Vettern Jesu, nicht 


Bibliographische Notizen. 219 


„überhaupt von Gläubigen“ die Rede. Die Einleitung der Apg schliefst 
nicht erst mit V. 11. Dals Judas „mit dem Verräterlohn sich eın irdisches 
Gut zu kaufen gedachte“ (S. 98), ist im Texte nicht enthalten. Zu 2, 9 
wäre vor allem die Erwähnung von Judäa zu begründen gewesen. 

Schlatter, A., Erläuterungen zum NT. 8. Die Apg. (8%. 384. Calw u. 
Stuttg., Vereinsbuchh. M 2.25). 

The Great Text Commentary. The Great Texts of the Acts of the 
Apostles (ExpT XIII 254-256 3031 355—357 424—426 460—462 492 —494. 
XIV 16-18 121—123): Erklärungs- und Erbauungsmaterial zu Apg 1, 8f; 
2, 1—4. 42; 3, 19-21; 4. 11f; 5, 2; 6, 15. 

Chase, F. H., The Credibility of the book of The Acts of the Apostles: 
Hulsean Lectures for 1900—1%W1 (8%. XV u. 314. L., Macmillan. 6s): Ver- 
teidigt vom anglikanischen Standpunkt aus die „wesentlich treue‘ Wieder- 
gabe der Ereignisse und Reden durch Lk. Gleichwohl glaubt er Vor- 
gänge, die als übernatürlich geschildert sind, noch natürlich erklären zu 
können, z. B. das Pfingstwunder. Vgl. das ablehnende Referat von 
H. Holtzmann in ThLzt XXV1I 684 —6886. 

Weber, V., Die Glaubwürdigkeit der Apg und ihr Kritiker Th. Monımsen 
(Kath 3. F. XXV 1—11): Der Einwand M.s gegen die Apg, dals Paulus 
nicht in Jerusalem als Christenverfolger aufretreten sein könne, wird durch 
die Deutung Gal 1, 22 auf die syrisch-cilicische Wirksamkeit widerlegt. Die 
Ortsangaben in Gal 1,21 und 11,25 sind nicht gleich. Auch haben M.s 
Beanstandungen der Geilselung Pauli und seiner Berufung nach Rom keine 
Gültigkeit. W.s neue Aufstellungen über den Gal kommen auch hier zur 
Verwertung. 

Nestle, E., Zu Acta 1, 12 (ZntW III 247f}: Josephus. Bell. Jud. 5, 2,3 
gibt nicht die Entfernung des Olberges, sondern die des römischen Lagers 
auf 6 Stadien an. und zu Antt. 20, 8, 6 gibt es eine auch sonst vor- 
kommende Variante, die 7 (nicht 5) Stadien nennt. — Ähnlich ExpT Il] 563. 

Smith, D., The Marvels of the Day of Pentecost (ExpT XIll 363 —366): 
Rationalistische Erklärung des Pfingstwunders. 

Dobschütz, E. v., Zu der Völkerliste Act 2, 9-11 (ZwTh XLV 407—410): 
Gestützt auf talmudische Parallelen, welche gleichfalls die Juden (Hebräer) 
zwischen andern Völkerschaften aufführen, hält der Verf. die Lesart 
"lovdailav für richtie. 

Harris, J. R., The History of a Conjectural Emendation (Exp VI 378—390): 
Verfolet die von Blals vorgeschlagene Anderung von Aıßeprivwv in Aı- 
Buorıvwv bis ins 16. Jahrh. zurück und teilt noch weitere Einzelheiten 
zur Geschichte der Konjekturalkritik mit. 

Mair, J., Neues zur Apg 10, 1 und 27,1 (Th.-pr. Mon.-Schr. XII 528—530): 
Identifiziert auf Grund der Forschungen Eug. Bormanns die an den 
beiden Stellen genannten Kohorten (Ek As omeipnc TfG Kalounevng ’ITa- 
Aıkfis und oneipng Zeßaotnc) mit der II Italica c<ivrium> R<omanorum> 
und der ala Aurusta, welche in Inschriften sich finden. 

Nestle, E., The Aprons and Handkerchiefs of St. Paul (ExpT XIII 282): 
Versteht unter den owukivdra Apg 19. 12 Unterkleider Pauli. 

Harris, J. R., A curious Bezan reading vindicaled (Exp V 189—195): 
Identitiziert den nach Jos. Flav. (Antt. 20, 72) bei Felix wirkenden Zauberer 
Atomus mit dem nach Apg 13.8 dem Paulus entzegenwirkenden eyprischen 
Zauberer, den der gewöhnl. Text ’EAünas, der ß-Text aber ‘Erowäg nennt. 
Die Bevorzugung dieses Textes aber kann 11. nicht anerkennen als „a 
case of sound editoral judgment‘*. 

Burkitt, F. C., The Interpretation of „Bar-Jesus“ (JthSt IV 127—129): 
Act 13, 6—8 ist statt Elymas vorauszusetzen 6 Aotlnös (zu Eromog in 
einigen Hss geworden); dieses ist wohl abzuleiten von x5°oS 2, wozu der 
Name Barjesu volksetymologisch umgebildet wurde. I. 

Spence, R. M., Asıowdainwv (Expl' XIll 523): Das Wort kommt auch 
in gutem Sinne vor. 


220 Bibliographische Notizen. 


Brun, A., Le temoignage de Suetone et lerecit du livre des Actes (28, 1T—28) 
(Rev. de Th. et d. Quest. rel. 1902. 264—27]). 

Bludau, A., Besprechung von F. Spitta. Zur Gesch. und Lit. des Ur- 
christent. III 1: m über den Brief des Paulus an die kömer (Gött. 
1901) (ThR 1 449— 454): Die Annahme Spittas von zwei Briefen, die zu 
einem zusammenrearbeitet worden seien. und der von Paulus benutzten 
älteren fertigen Schrift, die sich an Judenchristen richtete und die er 
selbst zur Zeit des Apostelkonzils angefertigt hatte, wird mit guten 
Gründen abgelehnt. Die Berücksichtirung der Judenchristen erkläre sich 
auch so, insbesondere infolge der Gemischtheit der christlichen Gemeinde zu 
Rom. — Auch Car] GClemen (ThLtz XXV1I1 229—233) und W. Bahnsen 
(PrM VI 331—33%5) erheben Bedenken. 

Witt, J., Der Rümerbrief. Erklärt (8°. III u. 292. Kiel. China-Mission. 
M 2.—): Eine populäre, erbaulichen Zwecken dienende Erklärung auf 
orthodox-protestantischem Standpunkte. Für Popularisierung der so 
wichtiren Gedanken des Röm leistet die schon früher in einzelnen Artikeln 
iin der Zeitschrift Er kommt 189899) erschienene Arbeit guten Dienst. 

Lichtenstein, A., Das Verhältnis der Sittlichkeit zu der Rechtfertigung 
auf Glauben hin nach dem Römerbriefe (Ev. K.-Ztg. LXAXVI 747—752 
1771—779): Erörtert die dıxawouvn Ex miorewg des Röm und bringt mit 
ihr die protestantische Rechtfertirgungslehre in Einklang. 

Harnack, A., Zu Röm 1,7 (Znut\W III 83 —86): Statt ev “‘Pwun dyarnntoig 
habe Origenes nur gelesen: ev ayann; dies sei auch die ursprüngliche 
Lesart wewesen. 

Garvie, A. E., Romans V14 (ExpT 350): Erklärt das To Barrtioua der 
Stelle als die Taufe der Christen. nieht Christi. 

Engel, M. R., Der Kampf um Röm 7. Fine hist.-exer. Studie (80. 52. 
Gotha. Verlagsbur. M 1.—): Sucht die Richtirkeit der Auslegune von 
Röm 7, 14tf vom „Wiedergebornen“ zu erweisen; vel. ThLtz XAXV111 39. 

Hoennicke, G., Paulus und sein Verhältnis zur Gemeinde von Korinth 
(Deutsch-ev. Blätt. X\XVIL 667—678;: Lehnt die „Zwischenreise* Pauli 
ab und entnimmt dem 2 Kor. der „in einer wechselvollen Stimmung“ 
geschrieben wurde. eine Schilderung des energischen Verhaltens Pauli 
gerrenüber den judaistischen und antinomistischen Strömungen in Korinth. 

Achelis, H., Virgines subintroductae. Ein Beitrag zu 1Kor7 (8. VIII 
u. 75. M 2.50): J. Rohr hatte in seiner Schrift: Paulus und die Ge- 
meinde von Korinth (BSt IV 4. 67) zu 1 Kor 7, 36—38 bemerkt: „Voraus- 
vesetzt ist dem ganzen l’assus ein Institut. das dem Syneisaktentum 
nahe verwandt ist.“ Ohne dieses Buch näher zu kennen — es ist ihm 
„uicht erreichbar“(!) —. kommt A. gleichfalls zu dem Resultate, dals 
Paulus das Verhältnis eines Patrones zu seiner ouvaoaxın im Auge hat. 
Im Falle grolser Gefahr der Inkontinenz dürfe er diese trotz ihres Ge- 
lobnisses der Jungfräulichkeit verheiraten. Die neue Deutung ist auch 
A. nicht zweifellos. Vor allem wäre die Richtirkeit der Lesart yaueirw 
V. 36 sehr zu bezweifeln. Der von A. angenommene Subjektswechsel 
anapraveı auf mapßevog bezogen) ist fast unerträglich. Auch der Beweis, 
dals es sich um ein Gelöbnis der Jungfräulichkeit handelt. dessen Lösung 
Paulus zulälst. ist nicht erbracht. Was A. sonst noch an kirchenge- 
schichtlichen Zeugnissen für das Syneisaktentum und dessen Beurteilung 
beibrinet, ist schr lehrreich. insbesondere die allerdings problematische 
Parallele mit den Tiherapeutriden. Das reiche Material. das hier mit 
feinem Takt behandelt ist. beweist aber, dals das Syneisaktentum des 
idealen Zuges als „eine geistire Ehe“ durchaus nicht entbelhırte. 

Kern, R., Die Auffassung des h. Abendmahles bei Paulus nach 1 Kor 
10, 14. f. u. 11, 23[f (StKr LAXV 555—596): Obwohl der Verf. in der 
realen Auffassung des Abendmahles weiter geht als die neuere protestan- 
tische Theologie, ist ihm dasselbe doch nur eine unter den Gestalten 
symbolisierte und mystische Mitteilung des vergeistigten Christusleibes. 


Bibliographische Notizen. 221 


Chauvin-Plet!, Ein Blatt paulinischer Theologie (Von der allremeinen 
Auferstehung nach 1 Kor 15) (Kath. 3.F. XXV1 400-429): Syllogistische 
Gliederung des Gedankengranges,. 

Nestle, £&,1 Kor XV122\ExpT XIV 1%): Macht auf das Wortspiel auf- 
merksam, das in der syrischen Form des V. mit em“ „lieben“ und o»r „Bann- 
Huch“ vorliegt. Ebenso Röm 13.8 27 „schuldig sein“ und „lieben“, G. 

Haufsleiter, Die Stelle 2 Kor 5, 21 in den Predigten Novatians (Nk 
XIll 270-275): In der 19. Predirt Novatians (der Verf. schlielst sich 
dem von C. Weyman zuerst behaupteten novatianischen Ursprung der 
von Batiffol 1900 entdeckten und herausrerebenen „Tractatus Origenis“ 
vollständig an) wird 2 Kor 5. 21 in einer Form zitiert, welche auch der 
arianische Bischof Maximinus i. J. 428 in einem Streite mit Augustinus 
gebraucht hatte. nämlich cum (Christus) peccator non esset, pro nobis 
peccatum fecit. H. vermutet. dals dies schon auf eine alte Variante im 
griech. Texte: d un Wv duaprwäög statt TOv un Yvöovra duapriav beruhe. 

Döller, J.. Der „stimulus carnis“ beim Ap. Paulus (Zk'Ih XAXVI 208— 
211): Ramsay hatte denselben als Fieberantülle erklärt. Die ältere Väter- 
exegese hielt ihn für äulsere Hindernisse (Satan etc... Erst seit dem 
6. Jahrh. taucht die allein richtire Erklärung als Begierlichkeit auf. 

Steffens, A., Der „stimulus carnis“ des hl. Ap. Paulus (ZkTh XXVI 
6064): Im Gegensatz zu vorrenannter Deutung wird ein körperlicher 
Schmerz angenommen, 

Kennedy, H. A. A., „WWeakness and Power“ 2 Kor 13, 3.4 (ExpT XIII 
344Yfi: Exexese der Stelle. 

Schulz, O., Ti owWw 6 vouog; Verhältnis von Gesetz, Sünde und Evan- 
gelium nach Gal 3 (Stkr LXXV 1-56): Auf Grund eingehender Exerrese 
von Gal 3. 15-25 kommt der Verf. zu dem Resultate, dals nach Pauli 
Lehre das Gesetz zur Erkenntnis der Sünde gegeben war. damit die 
Menschen um so freudirer die befreiende Kraft des Ev beerülsen. 

Whitaker, &6. H., St. Paul the Apostle. Epistle to the Ephesians ez- 
plained (8%. 184. Ld.. Metliuen. 18 6d). 

Ladeuze, P., Les destinataires de l’epitre aux Ephesiens (Rb XI 573—580): 
Stellt die Hypothese auf. dals der Eph an die am Flusse Iris gelerenen 
Gemeinden Nordkleinasiens gerichtet sei. Epl 1. 1] vermutet er statt 
tols oVcıv Kal moTois Ev XpiotWw als ursprüngliche Lesart Toig oUdıv 
kart "Ipıv Toig Ev Xpiotü. 

Albani, J., Die Metaphern des Epheserbriefes (/wTh XIV 420 —440): 
Die metaphorischen Ausdrücke des Epheserbriefes. wie sie Licht und 
Finsternis. der Leib, Haus und Haushalt, das Rechtsleben. ferner ver- 
schiedene andere Gebiete darbieten. werden in dankenswerter Weise und 
übersichtlicher Form zusammengestellt und erörtert. Der Verf. erblickt 
ın diesen Metaphern ein Mittel, „Paulus zu popularisieren“. 

Askwith, E. H., Introduction to the Thessalonian Epistles (8°. 156. Ld., 
Macmillan. 4s): Vertritt die Echtheit und sieht in den eschatologischen 
Vorstellungen auch ein politisches Moment. 

Weiss, B., Die Briefe Pauli an Tim. u. Tit. 7.. verb. Aufl. (Krit.-exeg. 
Komm. über das NT. XI. Abt. 80, 379. Gött.. Vandenhoeck. M 5.80). 

Klöpper, A., Zur Christologie der Pastoralbriefe (1 Tim 3. 16) (Zwi'h XLV 
339-361): Das allgemein bekannte und rerlaubte, aber nicht etwa von 
Paulus aus einer andern Bekenntnisformel herüberrenommene uuoTNpLIovV 
ns eboeßelag id. i. das Geheimnis der die Frömmigkeit Besitzenden im 
Gerensatz zu den Glaubenslosen) lautet: Derjenize, welcher (ö5) im Fleische 
erschienen ist (antidoketisch), ist im Geiste gerechtfertirt worden — was 
vom Auferstandenen zu verstehen sei —, hat sich den Engeln zu deren 
Freude gezeigt, wurde unter allen Völkern verkündet und fand Glauben 
(Spitze gegen Mysterienkult) und ist derjenige, welcher definitiv in die 
Herrlichkeitssphären aufsenommen worden war. 


Haupt, E., Die Gefangenschaftsbriefe. 8. bezw. 7. Aufl. (Krit.-exeg. Komm. 


222 Bibliographische Notizen. 


über das NT. VIII. u. IX. Abt. 8°. VI u. 198. 247 u. 180. Gött., Vanden- 
hoeck. M. 9.—). 

Huyghe, C., Commentarius in epistolam ad Hebraeos (8%. V11I u. 283. 
Gent, Huyshauwer & Scheerder. M 3.50. 

Bartlet, Y., Barnabas and his genuine Epistle (Exp V 409-427, VI 
28—30): Kommt durch eine Untersuchung: „Barn. the Hellenist Apostle“ 
und durch Prüfung der Tradition zum Resultat, dals Barn. der Verf. des 
Hebr sei. der aus den Jahren 61—62 stammt. 

Hoennicke, G., Die sittlichen Anschauungen des Hebrüerbriefes, vor allem 
im Verhältnis zu den religiösen Voraussetzungen des Verfassers (ZwTh 
XLV 24-40): Der Verf. will gegenüber Harnacks neuen Vermutungen, 
dals Prisca die Verfasserin des Hebr sei. die Voraussetzung nicht zu- 
geben, dals der Hebr in den paulinischen Kreis der ntl Schriften ge- 
höre, und führt zum Beweise die ethischen Anschauungen des Hebr über 
Glaube. Lebensgerechtigkeit, Kraft und Motiv des sittlichen Handelns an. 
Die alte Hypothese, wonach der Hebr aus „der Missionskirche des 
Barnabas“ hervorgegangen sei, hält der Verf. für wahrscheinlicher. 

Shepardson, D., Studies in the Epistle of the Hebrews (12». 499. N.Y., 
Revell. $1.50). 

Eagar, A. R., The Hellenic Element in the Epistle to the Hebrews (Hermat. 
XXVII 263-287). 

Thien, F., S. J.. Analyse de l’epitre aux Hebreux (Fb XI 74-86): Eine 
Disposition und Inhaltsangabe des Hehr. 

Bacon, B. W., Heb 1, 10—12 and the Septuagint Rendering of Ps 102. 23 
(Znt\W 111 280—285): Sieht in der Übersetzung des 2 (Ps 102, 24) durch 
arterpidn den Grund für die messianische Beziehung des Zitates im Hebr. 

Kögel, J., Die Gedankcneinheit des ersten Briefes Petri. Ein Beitr. z. 
ntl 'I'heol. (Beitr. z. Förd. christl. Theol. VI Hft 5,6. 8". 198): Untersucht 
eingchend die dormatischen und moralischen Ausführungen des 1 Petr und 
findet eine logische Gliederung des Ganzen heraus. Die im letzten Ab- 
schnitt gezogenen Folgerungen über Verfasser. Adressat und Abtassungs- 
zeit. die den positiven Anschauungen entsprechen, gibt er als Probabilia. 

Harris, J. R., On a recent Emendation in the Text of St. Peter (Exp V 
317—320): Besprieht die Konjektur zu 1 Petr 3, 19, wo Ev W kai aus ’Evwx 
entstanden sein soll. 

Ciemen, C., The first Epistle of St. Peter and the Book of Enoch (Exp 
V1 316-320): Auseinandersetzung mit Prof. Rendel Harrıs über 1 Petr 
1. 12 (Hen 1.2) und 1 Petr 3. 19. 

Farmer, G., Did our Lord or Enoch, „Preach to the spirits in prison“ ? 
(Exp VI 377f): Die Konjektur ’Evix statt ev db 1 Petr 3.19 war schon 
1. J. 1763 durch Bowyer’s Conjectures of the NT bekannt. 

Falconer, F. A., Is second Peter a genuine Epistle to the Churches of 
Samaria? (Exp V 459—472 V147—56 117—127 218—227): Glaubt durch 
Bejahung dieser Hypothese manche Schwierirkeiten beseitigen zu können, 
untersucht die Verwandtschaft des Briefes mit atl u. ntl Schritten, Henoch 
und besonders mit 1 Petr. lehnt die Datierung ins 2. Jahrh. ab und gibt 
die Gründe für seine relativ schwache äulsere Bezeugung an. 

Wohlenberg, (rlossen zum ersten Johannesbrief IIl u. IV (NkZ XIII 
632—645 233—240): 1Jo 3.20 bezeichnet nicht die UÜberfülle der Gnade, 
die das menschliche skrupulöse Herz beruhirt (Luther), sondern betont 
die grölsere Erkenntnis Gottes. welche das Urteil unseres Herzens über- 
ragt. V.19 liest der Verfasser: &unpoodev auToD TrElOOMEv TAG Kapdlac 
nuWv, 6 rı edv Katayıyvuocn NUWV N) Kapdia= wir werden vor Gott unsere 
Herzen zur Überzeugung davon bringen. wovon unser Herz uns Schuld 

ibt. Die Worte 1Jo 5.18: 56 yevvndeig Ex ToO Beou Tnpel aurtöv sind auf 
den einzigartig von Gott Geborenen. auf Jesus Christus zu beziehen, welcher 
jeden von Gott geborenen (:hristen bewahrt. 

Gibbıns, H. J., The second Epistle of St. John (Exp VI 228—236): „In2 Jo 


Bibliographische Notizen. 223 


wie in 1 Petr ist die prophetische Figur einer Frau, welche eine Gemeinde 
repräsentiert, herübergenommen worden für eine christliche Kirche.“ 

ohlhofer, M., Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypyo- 
thesen verteidigt (BSt VII 4. 8°. VIII u. 143. Freib., Herder. M3.—): 
Greift sehr wirkungsvoll in eine von der modernen Kritik viel verhandelte 
Streitfrage vom kathol. Standpunkt aus ein und widerlegt eingehend alle 
einzelnen gegen die Einheit gerichteten Hypothesen der Kritiker. Der 
positive Teil der Aufgabe ist bei dieser hauptsächlich defensiven Arbeit zu 
kurz gekommen. Die erfreulichen Ansätze dazu (S. 103ff: einheitl. Dis- 
position, und 133ff: Sprachliches) müssen ausgebaut werden. 

Corssen, P., Noch einmal die Zahl des Tieres in der Apk (ZntW III 
238—242): Das Prinzip der lsopsephie sei hierbei angewendet. Ein Tier 
hat den Namen X. welcher nach dem Zahlenwert der Buchstaben die 
Summe 666 gibt; 666 lälst sich aber auch aus dem Namen eines Menschen 
herausrechnen; das bedeute Apk 13. 18. 


d) Ntl Apokryphen. 


Lichtenhahn, R., Die pseudoepigraphe Literatur der Gnostiker (ZntW III 
222—237 286—299): Gibt einen Überblick über die angebl. Offenbarungen 
vorchristlicher Autoritäten, Christi selbst und der Apostel. 

Zahn, Th., Retractationes 4 (NkZ XILI 19—22)1: „Das Protevangelium 
in seiner noch um 400 vorhandenen ursprünglichen Gestalt hat nicht die 
davidische, sondern die levitische Herkunft der Maria bezeugt.“ 

Nestle, E., Ein syrisches Bruchstück aus dem Protevangelium Jacobi 
(ZntW Ill 86 f): Die Berliner Hs 203 (Sachau 27) f. 59. 60 bietet zwei 
Fragmente des genannten Apokryphon, von Sachau vollständig ab- 
gedruckt. N. macht textkritische Vergleiche mit der griech. Vorlage. G. 

Stocks, Zum Petrusevangelium I ıNkZ XIII 276—314): Das Petrus- 
evanzelium setzt die vier kanonischen Evangelien voraus, malt aber die 
Berichte schon nach der Art der Midraschim aus, wobei es aus der 
jüdischen Literatur neue Vorstellungen übernommen hat. 

Usener, H., Eine Spur des Petrusevangeliums (ZntW 1II 353—358): Sie 
ist enthalten in einer romanartigen Erzählung von Petrus und Pankratius 
im Vindob. hist. gr. 3. Die betr. Stelle und das nur aus den kauonischen 
Evv geschöpfte Lebensbild Jesu werden ediert. 

Dobschütz, E. v., Der Prozefs Jesu nach den Acta Pilati (ZntW III 
89-114): Für den als ursprünglich geltenden 1. Teil der Acta waren die 
Formen des römischen Strafprozesses im 4. Jahrh. n. Chr. vorbildlich. 
Doch finden sich Ungenauigkeiten. 

Mommsen, Th., Die Pilatus-Acten (ZntW III 198—205): Weist gegen- 
über der vorgen. Abhandlung nach, dals keineswegs das Akkusations- 
verfahren des römischen Strafprozesses für den Verf. der Akten, die wohl 
vor Eusebius abgetalst wurden, maisgebend war. 

Abbott, G. F., The keport and Death of Pilate (JthSt IV 83-86): 
Edition dieses Apokryphons aus einer späten Hs. 

Baumstark, A., Die Petrus- und Paulusacten in der literar. Überlieferung 
der syrischen Kirche (8°. 80. Lp., Harrassowitz. M 4): Durchtorscht An- 
„aben von Uhronisten, Apostelverzeichnisse usf., übersetzt griech. Stücke, 
auf syrischem Boden entstandene „contaminierte syrische Texte“ und die 
jungen Karshunitexte. Nur die als gnostisch geltenden Akten haben die 
Entwicklung beeintlulst. Vgl.v. Dobschütz in ThLtz XXV1I 274— 2376. 

Peeters, P., Notes sur la legende des apötres s. Pierre et s. Paul dans la 
litt. syrienne (Anal. Boll. XXI 121—140): Auseinandersetzuug mit dem 
vorgen. Aufsatze Baumstarks. 

Jacoby, A., Ein Fragment der Petrus- Paulusakten (Rec. de Trav. relat. 
a la phil. et l’arch. eg. et assyr. XAXI1V 42—44): Koptisch, aus Strals- 
burger Papyrus; stimmt nicht genau zum griech.-lat. Text. G. 

Dobschütz, E. v., Joseph von Arimatkia (Z. f. Kirchengesch. XXIII 


224 Mitteilungen und Nachrichten. 


1—17): Behandelt die Legenden über ihn, besonders ein kürzlich von 
Harnack ins Deutsche übertragenes georgisches Apokryphon, an welchem 
das Zusammenwachsen zweier Lesenden konstatiert wird. 

Franko, J., Beiträge aus dem Kirchenslavischen zu den Apokryphen des 
NT (ZntW III 146—155 315—335): Ediert in deutscher Übersetzung ein 
in kirchenslavischer Sprache enthaltenes Fragment aus dem verlorenen 
Teile der Pseudoklementinen, ebenso ein längeres Fragment, das wohl 
Züge der alten ınostischen tepiodor TTerpov wiedergibt. 

München, Februar 1903. J. Sickenberger. 


Mitteilungen und Nachrichten. 


Über die „Commissio pontificia de re biblica“. Von den oben S. 112 
genannten Kardinalsmitgliedern ist Kardinal Parocchi am 17. Jan. 1903 
gestorben. Zu Mitrliedern und Konsultoren der Kommission wurden 
folgende 40 Gelehrte ernanut: Amelli O.S. B. (Monte Cassino), Balestri, 
Bardenhewer (München), Cereseto (Genua), Ceriani (Mailand), 
Chauvin. Clarke (London), Cornely S. J., Düsterwald (Köln), 
Esser O. Pr. (Rom), Fillion (Paris), Fleming O.F.M. (Rom). Fourad 
(Rouen‘, Fracassini(Perugia), Gismondi 8. J. (Rom). Gonfalonieri 
(Florenz), Grannam (Washington), Gutberlet (Fulda). Hoberg (Freiburg 
ı.B.). van Hoonaker(Löwen) Hummelaucr S..J. (Valkenberg), Jorsio 
(Valencia), Laxrange OÖ. Pr. (Jerusalem), Lamy (Löwen), Lerendre 
(Angers), Lepidi OÖ. Pr. (Rom), Lesetre (Paris), Mangenot (Nancy), 
Mercati (Rom), Poels, Prat S.J., A. Schäfer (Breslau), B. Schäfer 
(Wien), Scheil O. Pr.. Talamo (Rom), Vetter (Tübingen), Virouroux 
(Paris), Weickert O. S. B. (Rom), H. Weils (Braunsberg). — Als 
Sekretäre fungieren P. Dav. Fleming, Vie. Gen. OÖ. F. M., und F. GC. 
Vieouroux, Prof. am Institut catholique zu Paris. 

Preisfrage. Aus der Lackenbacherschen Stiftung ist durch das Dekanat 
der theol. Fakultät in Wien cine Prämie von 800 K für die beste Lösung 
der Preisfrage zu vergeben: Epistolarum ad Ephesios et Colossenses doctrina 
de persona Salvatoris et ‚de eius opere salvifico systematice proponatur, 

Biblische Vorträge. Uber Tharschisch, Ophir und Indien sprach Prof. 
G. Oppert in der Dezembersitzung 1902 der Ges. f. Anthropologie. 
Ethnologie und Urgeschichte zu Berlin. Er hielt einen mittlern Stand- 
punkt fest. Die dreijährigen Ophirfahrten (1 Rg 10, 22; 2 Chr 9, 21) 
gingen nach Indien; andere mögen naclı Ostafrika gerichtet gewesen sein. 
Man kann auch Sephara an der arabischen Küste, als Stapelplatz für die 
Goldlieferungen anderer Länder, mit Ophir in Verbindung bringen. Das 
Fehlen genauerer Angaben in der Bibel erklärt sich aus geschäftlicher 
Vorsicht. Tharschisch ist Tartessar in Spanien (Deutsche Ltztg 1903. 4, 
232f). — Am 12. Januar 1903 hielt Prof. Delitzsch einen zweiten Vortrag 
über Babel und Bibel. — Im Januar sprach auch Prof. Hilprecht in 
Berlin, Leipzig und München über den B£l-Tempel zu Nippur. 

Personalien. K. Siegfried, o. Prof. der atl Theologie an der Uni- 


versität Jena, ist am 9. Jan. 1903 gestorben. — Zum a. o. Prof. f. atl 
Exegese an der kath. theol. Fakultät der Univ. Bonn wurde F. Feld- 
mann ernannt. — An der neuregründeten kathol.-theol. Fakultät der 


Univ. Stralsburg erhielt den Lehrstuhl für NT Prof. A. Schäfer (Breslau). 
den für A’T Privatdozent M. Faulhaber (Würzburg). — Die a. o. Pro- 
fessoren für NT P. Dausch am Lxz. i. Passau und Fr. X. Kiefl am 
Lyz. i. Dillinsen vertauschten ihre Stellen. — Mit der Stellvertretung 
G. Dalmans, des nunmehrigen Leiters des deutschen Instituts zur Er- 
forschung der Altertümer des Il. Landes in Jerusalem. in seinen Funktionen 
als Vorstand des Institutum Judaicum in Leipzig zur Vorbildung für 
Judenmissionäre wurde Lic. theol. P. Fiebix betraut. 





Druck von W. Drugulin in Leipzig. 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau 
sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: | 


Belser, Dr Johannes, Einleitung in das Neue Testament. 
gr. 8° (VllI u. 852) M 12.—; geb. in Halbfranz M 14.60 


— Beiträge zur Erklärung der Apostelgeschichte auf Grund 
der Lesarten des Codex D und seiner Genossen geliefert. Mit Appro- 
bation des hochw. Kapitelsvikariats Freiburg. gr. 8° (VIII u. 170) 
M 3.50 


Feldmann, Dr Franz, Textkritische Materialien zum Bach 
der Weisheit gesammelt aus der sahidischen, syrohexaplarischen und 
armenischen Übersetzung. gr. 8° (VIII u. 84) M 1.20 


Hesychii Hierosolymitani Interpretatio Isaiae Prophetae nunc 
primum in lucem edita, prolegomenis, commentario critico, indice 
adaucta a Michaele Faulhaber. Cum approbatione Rev. Archiep. 
Friburg. Accedit tabula phototypica. gr. 8° (XXXVlu. 222) M6.— 


Holtzmann, Joseph, Die Peschitta zum Buche der Weisheit. 
Eine kritisch exegetische Studie. gr 8° (Xll u. 152) M4— 


Kaulen, Dr Franz, Der biblische Schöpfungsbericht (Gen. 1, 1 
bis 2, 3) erklärt. 8° (IVu.94) M1.— 


— Einleitung in die Heilige Schrift Alten und Neuen Testa- 
ments. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. 
Vierte, verbesserte Auflage. Drei Teile oder ein Band. 
gr. 8° (XVIll u. 724) M 8.70; geb. in Halbsaffian M 10.70 

Erster Teil. (VI u. 188) M 2.20 
Zweiter Teil. (VI u. 264) M 3.20 
Dritter Teil. (XII u. 272) M 3.30 


— Kurzes Biblisches Handbuch zum Gebrauche für Studirende 
der Theologie. gr. 8° 
Erstes Bändchen: Kurze Einleitung in die Heilige Schrift 
des Alten und des Neuen Testaments. Mit Approbation des hochw. 
Kapitelsvikariats Freiburg. (X u. 152) M 1.80; geb. in Halbleinw. 
M 2.10 
Zwei weitere Bändchen (Biblische Archäologie und Iermeneutik) 
sind fn Vorbereitung. 


Knabenbauer, P. Joseph, S. J., Erklärung des Propheten 
Isaias. Mit Approbation des huchw. Capitels-Vicariats Freiburg. 
gr. 8 (XlIlu. 718) M 10.— 


Szekely, Dr Stephanus, Hermeneutica biblica zeneralis 
secundum principia catholica.. Cum approbatione Rev. Ordinariatus 
Strigoniensis. gr. 8° (IV u. 446) M 5.—; geb. in Halbfranz A 6.80 


Zenner, J. K., S. J., Die Chorgesänge im Buche der Psalmen. 
Ihre Existenz und ihre Form nachgewiesen. In zwei 
Tbeilen. Mit Approbation des hochw. Kapitelsvicariats Freiburg. 4° 
(XIV u. 164) M 10.— 

I. Theil: Prolegomena, Vebersetzungen und Erläuterungen. Mit 
einem Titelbilde: Die Sängerriegen des ersten 'Tempels nach Kosmas 
Indicopleustes. (Cod. Vat. Graee. 699.) (VIIl u. 92) 


II. Theil: Texte. (VI u. 72) 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau 
sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Dausch, Dr P., Die Schriftinspiration. Eine biblisch-ge- 
schichtliche Studie. Gekrönte Preisschrift. Mit Approbation des 
hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (VII u. 242) M 3.50 


— Der neutestamentliche Schrifteanon und Clemens von 
Alexandrien. Ein Beitrag zur Geschichte des neutestamentlichen 
Canons. Habilitationsschrift Mit Approbation des hochw. Herrn 
Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (Vlil u. 58) M1.— 


Hummelauer, Fr. von, S. J., Das vormosaische Priesterthnm 
in Israel. Vergleichende Studie zu Exodus und 1 Chron. 2—8. Mit 
Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° 
(VIII u. 106) M 83.— 


Langer, J., Das Buch der Psalmen in neuer und treuer 
Uebersetzung nach der Vulgata, mit fortwährender Berücksichtigung 
des Urtextes. [Mit gegenüberstehendem lateinischem Text.) Dritte 
Auflage. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von 
Freiburg. gr. 8° (VIII u. 522) M 5.—; geb. in Halbfranz M 7.— 


— Das Buch Job in neuer und treuer Uebersetzung nach der 
Vulgata, mit fortwährender Berücksichtigung des Urtextes. Dritte 
Auflage. — Das Hohelied nach seiner mystischen Erklärung. (Eine 
Paraphrase) Zweite Auflage. Mit Approbation des hochw. 
Herrn Erzbischofs von Freiburg und des hochw. Herrn Bischofs von 
I,uxemburg. Beide Werke in einem Band. gr. 8° (XX u. 220 und 
X u. 86) M 3.—; geb. in Halbfranuz M 480 


Schanz, Dr Paul, Commentar über das Evangelium des 
hl. Matthäus. Mit Approbation des hochw. Capitels-Vicariats Freiburg. 
gr. 8° (VII u 562) M 7.— 


— (Commentar über das Evangelium des hl. Mareus. Mit 
Approbation des hochw. Capitels-Vicariats Freiburg. gr. 8° (Xli u. 436) 
M 


— Commentar über das Evangelium des hl. Lucas. gr. 80 
(X u. 574) M 7.60 


— (Commentar über das Evangelium des hl. Johannes. gr. 8° 
(VI u. 600) M 8.-- . 


Trenkle, Dr Franz Sales, Einleitung in das Nene Testament. 
Mit Approbation des hochw. Kapitelsvikariats Freiburg. gr. 8° 
(XII u. 488) M 5.60; geb. in Halbfranz M 7.20 


— Der Brief des heiligen Jacobus erklärt. Mit Approbation 
des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (VIIIu.414) M6.— 


Weiss, Dr Hugo, Moses und sein Volk. Eine historisch- 
exegetische Studie. Mit oberhirtlicher Approbation. gr. 8° (IV u. 162) 
M 2.40 


-— Die Bergpredigt Christi in ihrem organischen Zusammen- 
hange erklärt. Mit Approbation des hochw. Herrn Bischofs von 
Ermland. gr. 8° (VIII u 112) M 1.80 


— Judas Makkabaeus. Ein Lebensbild aus den letzten grossen 
Tagen des israelitischen Volkes. Mit Approbation des hochw. Herrn 
Bischofs von Ermland. gr. 8° (VIll u 122) M2.— 


HERAUSGEGEBEN VON 






BERGER un» Dr J0S. SICKENBERGER 


IR AM Kal, IMERUM A. 0. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT 
FREISING, j MÜNCHEN. 


ERSTER JAHRGANG. 


DRITTES HEFT. 


| 
FREIBURG IM BREISGAU. | 
RDERSCHE VERLAGSHANDLUNG. | 


1903. 
IRLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO. | 





Digitized by Google 


Inhalt des dritten Heftes. 


Der Turmban zu Babel = 11, 1—9). Von Dr Otto Happel 
in Kitzingen . . ee ee a 228 


Über Nehemias und Esdras. Von Dr Paul Rie/sleriin Blaubeuren 232 


Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. II. Von Prof. 
Dr M. Faulhaber in Würzburg . 2202002 00...246 


Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung bis zur Ab- 
fassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). I. Von Rektor a.D. 
Joseph Aberle in Breslau . nn nn 26 


Das Comma loanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. Von Prof. 


Dr Aug. Bludau in Münster i. W. . . 2202 002.00...280 
Besprechungen. . men ee 8083 
Bibliographische Notizen (Allgemeines. Literatur zum AT) . . 305 
Mitteilungen und Nachrichten . . un nee. 338 


Jährlich erscheinen 4 Hefte im Umfange von je etwa 6 Bogen gr 8°. 
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.— 


Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak- 
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, Freising [Bayern], Domberg 958, für 
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Siekenberger, München, 
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren 
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher 
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten 
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen. 


Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem 
Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf- 
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br. 


Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


Von Dr. Otto Happel in Kitzingen. 


1. Die ursprüngliche Gestalt der Erzählung. 


achdem man bisher an der Einheitlichkeit von Gn 11,1—9 
N nicht gerüttelt hatte, nimmt Gunkel! auch hier Quellen- 
verarbeitung an, d. h. zwei vollständige, parallele Berichte, eine 
ältere Turm- (T) und eine jüngere Stadtrezension (St), die der 
Redaktor geschickt ineinander geschoben habe. Zugleich 
unternimmt es G., die ursprünglichen Berichte aus dem jetzigen 
Texte zu rekonstruieren. — Auf diese Art der Textentstehung 
von Gn 11, 1—9 deuten nach G. folgende Momente: 

1. Der doppelte Zweck des Baues V.4: a) er soll den 
Erbauern einen Namen oder Ruhm verschaffen, b) er soll ihre 
Zerstreuung über die Erde verhüten. — Allein das sind keines- 
wegs verschiedene, miteinander unvereinbare Motive. Das 
stolze Bauwerk soll das Selbstbewulstsein und das Gefühl der 
Zusammengehörigkeit heben und so die Trennung verhindern. 
Grofse nationale Unternehmungen sind ein fester Kitt der 
Einheit. | 

2. Die beiden Angaben V.38: a) dals Gott die Men- 
schen zerstreut, und b) dals sie aufhören, die eine Stadt zu 
bauen, bilden nach G. keinen guten Zusammenhang; letzteres 
sei selbstverständlich. — Allein wird nicht häufig die Folge 
ausdrücklich betont? 

3. Die Angabe über das Material V.3 scheine eine 
doppelte zu sein. — Allein 3b ist eine spätere Glosse, welche 


I Genesis, übersetzt und erklärt, 1901 (Handkomm. z. AT, herausgeg. 


von Nowack I). 
Biblische Zeitschrift. I. 3, 15 


226 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


die Rede 3a unterbricht, weshalb 4a das „da sprachen sie“ 
aus 34 wiederholt werden muls. Diese auffallenden doppelten 
Einführungsworte werden merkwürdigerweise von G. nicht be- 
anstandet. 

4. Das doppelte Herabsteigen Gottes V.5 und 7. Die 
Annahme eines mehrmaligen Hin- und Herfahrens Gottes 
zwischen Himmel und Erde wird von G. mit Recht verworfen. 
Denn das mülste erstens im Text angedeutet sein, und zweitens 
wäre die Vorstellung, dafs Gott nach geschehener Orientierung 
ın den Himmel zurückkehre, um über die weiteren Schritte 
sich zu beraten, sicherlich Gottes unwürdig. Diese Schwierig- 
keit bleibt also bestehen, und es ist m. E. anzuerkennen, dafs 
das doppelte Herabsteigen nicht ursprünglich sein kann, dem- 
gemäls der Text 11,1—9 keine ursprüngliche Einheit darstellt. 
Schon Augustin (De civ. Dei 16,5) empfand das doppelte Herab- 
steigen als eine Schwierigkeit und falste V. 7 als „recapitulatio“ 
von V.5 auf. Nach ihm ist der Sinn: Gott steigt herab (V. 5) 
und spricht dabei: Siehe, sie sind ein Volk... (V.6), deshalb 
lasset uns herabsteigen...(V. 7). Diese Auffassung ist deshalb 
unmöglich, weil V.6 nach dem Zusammenhange nur auf Erden 
gesprochen sein kann, und weil für das Herabsteigen V. 5 und 
V.7 ein verschiedenes Motiv angegeben ıst. Gegen die Ein- 
heitlichkeit spricht ferner, dafs bald von „Turm und Stadt“, bald 
von „Stadt“ allein die Rede ist. Auffallend ist es weiterhin, 
dals V. 9, wie es nach Glossen öfter geschieht, zum Schlusse 
von V. 8a zurückkehrt. Auch V.1 steht völlig isoliert wie eine 
nachträglich an die Spitze gestellte Vorbemerkung. 

G. also erklärt diese Eigentümlichkeiten aus der Zu- 
sammenarbeitung zweier Quellen. Bei der Ausscheidung des 
Textes für jede derselben geht er von der Etymologie Babel 
von balal „verwirren“ aus und weist der Stadtrezension alles 
zu, was damit zusammenhängt, also besonders 1 6a 7 8b 9. 
Weil er aber zwei vollständige, parallele Berichte annimmt, 
deren jeder für sich einmal allein stand, so mulser .B. V. 2, 
nachdem V.1 zur Stadtrezension gehört, der andern zusprechen, 
obwohl hier kein äufserliches Zeichen der Zugehörigkeit zu 


Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1-9). 227 


einer der beiden Rezensionen gefunden werden kann. Das- 
selbe ist zu sagen über die Zuweisung von 4ba („wir wollen 
uns einen Namen machen“) zu St und von 4bß zu T. In 
dieser Weise rechnet G. zu T: 2 4a (ohne „Stadt“) bß 3b 
(hierher zu versetzen) 5 6b („das haben sie nun angefangen...“) 
8a (nach diesem Vers ist ein zu 9a paralleler Satz ausgefallen: 
deshalb nennt man den Turm „Zerstreuung“) 9b. — Alles 
andere gehört zu St: 1 3a 4a (ohne „Turm“) ba 6a 7 8b 9a. 

Gegen diese Zerreilsung des Textes ist aulser dem oben 
Gesagten vor allem zu bemerken, dafs sie vielfach durch nichts 
anderes als durch die vorausgesetzte Existenz eines Doppel- 
berichtes zu begründen ist. Im einzelnen ist einzuwenden: 
1. Der Turm schützt nicht an sich vor der Zerstreuung, sondern 
nur insofern, als durch ihn der Ruhm (Name) der Menschen 
. erhöht wird; also gehören die von G. auseinandergerissenen 
Sätze Aba und ß zusammen. — 2. V. 6b (T) erwartet man den 
Grund, warum nun den Menschen nicht mehr gewehrt werden 
kann. Der diesen Grund enthaltende Satz 6a darf deshalb 
nicht mit G. der andern Rezension zugewiesen werden. — 3. V.8b 
(„sie mulsten vom Bau der Stadt abstehen“) scheint sich auf 
6b gegensätzlich zu beziehen; beide Sätze werden demnach zu 
derselben Erzählung gehören. — 4. Wenn Doppelberichte vor- 
lägen, so müflste wohl analog 8b die Einstellung des Turm- 
baues erzählt sein. — 5. G. selber gesteht, dafs blols seiner 
Theorie wegen die irrtümliche Versetzung von 3b von seiner 
ursprünglichen Stelle hinter 4b hinweg angenommen werden 
muls, sowie der Verlust eines 9a parallelen Satzes. — Dazu 
kommt, was G. nicht bemerkt hat, 6. der sehr wichtige Um- 
stand, dafs nach G. das Wort „Stadt* V.5 ganz unerklärlich 
ist, denn 5 gehört ja zu T. 

Die Annahme eines Doppelberichtes kann demnach m. E. 
die Eigentümlichkeiten von Gn 11, 1—9 nicht erklären. Die 
Möglichkeit von Doppelberichten kann nicht bestritten werden; 
aber mufs denn hier ein solcher unbedingt vorliegen? Oder 
läfst sich nicht vielleicht die Textgestalt von Gn 11, 1—9 auf 


andere Weise besser und natürlicher erklären? 
15* 


228 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


1. Das einfachste wäre es, anzunelımen, es habe zwei Re- 
zensionen gegeben, die aber nicht vollständige Parallelberichte 
waren, sondern sich einzig dadurch unterschieden, dals die 
eine überall „Turm“ sagte, wo die andere „Stadt“ aufwies. 
Diese Annahme scheitert daran, dals V. 8b und 9 blofs von 
„Stadt“ die Rede ist. 

2. Man könnte nun schlielsen, dafs die Turmerzählung die 
ursprüngliche sei, und dafs alles, was mit „Stadt“ und mit 
Babel und der Sprachverwirrung zusammenhängt, spätere 
Erklärung darstelle: demgemäls wäre auch das zweite Herab- 
steigen Gottes V. 7 dieser erklärenden Rezension zuzuweisen. 
Dem steht entgegen, dafs „Stadt“ auch in Verbindung mit 
dem ersten Herabsteigen V.5 genannt wird. 

3. Alle Schwierigkeiten verschwinden, wenn angenommen 
wird, dafs zunächst, wie unter 1. angedeutet, zwei bis auf 
die Wörter „Turm“ resp. „Stadt“ identische Urerzählungen 
existierten, die aus 2 3a 4 (ohne „sie sprachen“) 5 6 8a 
bestanden. Darauf, dals die Erzählung anfänglich mit 8a 
endigte, weist der Umstand hin, dafs der jetzige Schlufs zu 
8a zurückkehrt. Diese Urerzählung ist durch Kürze und 
straffen Gang überaus wirkungsvoll: Die Menschen sind zum 
Bewufstsein der Einheit gekommen und dadurch übermütig 
geworden. Sie planen zum Zeichen und zur Erhaltung der 
Einheit einen stolzen Bau. Gott sieht ihr Beginnen und besinnt 
sich nicht lange; er weils, wie er dem Übermute Einhalt ge- 
bietet, er lacht ihrer und zerstreut die auf die in der Einheit 
liegende Macht pochenden Menschen über die Erde. So er- 
geht es denen, die gegen den Herrn zusammenstehen: sie 
werden wie Spreu zerstieben. So sollen wir zwischen den 
Zeilen lesen. — Diese Erzählung erfuhr in der Stadtrezension 
dadurch eine Erweiterung, dals die „Stadt“ mit Babel gleich- 
gesetzt und dies von balal „vermengen“, „verwirren“ abgeleitet 
wurde. Diese Etymologie war schon durch 6a nahe gelegt. 
Ich halte nämlich (gegen G.) dafür, dafs in 6a schon ur- 
sprünglich „eine Sprache“ neben „ein Volk“ stand, und dals 
gerade dadurch die einleitende Bemerkung V. 1 veranlafst 


Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9),. 229 


wurde: „und es bildete! sich auf der ganzen Erde dieselbe 
Sprache mit denselben Worten.“ Diese erweiterte Rezension 
sieht eben das Gericht in der Verwirrung, darum hebt sie 
die vorausgehende Einheit hervor. Freilich stünde V.1 besser 
nach V.2; in diesem Falle würde V. 3 angeben, welches der 
Inhalt des gemeinsamen Sprechens war. Vielleicht ist V.1 in 
dem Exemplar des Redaktors, das im Texte die Urerzählung 
und am Rande die Erweiterung enthielt, versehentlich an eine 
unrichtige Stelle geraten. — Dem erklärenden Charakter dieser 
Rezension entspricht der Zusatz 8b. — Theologischer Reflexion 
ist V. 7 entsprungen. Der Verfasser fand es wohl mit Gottes 
Würde nicht recht vereinbar, dals er herabsteigen müsse, um 
eine Sache zu erkennen, während das Ausziehen Gottes zum 
Gerichte ein der Bibel geläufiger Ausdruck ist und deshalb 
nicht anstölsig schien. V. 5 mulste und konnte in der Er- 
weiterung wegfallen. Der Redaktor aber behielt gewissenhaft 
jedes Wort sowohl der Urerzählungen als der Erweiterung bei. 
Er legte sich wohl die Sache so zurecht, dafs er in dem ersten 
Herabsteigen das göttliche Wissen, in dem zweiten das ent- 
sprechende Handeln ausgedrückt fand. In diesem Sinne wider- 
spricht ein mehrmaliges Herabsteigen nicht; freilich der naiven 
Urerzählung lag diese Reflexion ferne. — In V.9, der die Etymo- 
logie enthält, schliefst der Erklärer nach einem am Ende von 
Glossen nicht seltenen Gebrauche schön und kräftig mit den 
Schlulsworten der Urerzählung. 

Demnach besteht Gn 11, 1—9 nicht aus zwei vollständigen, 
ineinander geschobenen Parallelberichten, sondern aus einer 
Urerzählung (T und St) und aus einer Erweiterung, die V. 1 
7 8b 9 zufügte und V. 5 wegliels oder vielmehr in 7 anders 
falste.e Beide Rezensionen waren wohl nebeneinander in Ge- 
brauch, und die jetzige Gestalt von Gn 11,1—9 erklärt sich 


ı Über diese von der herkömmlichen abweichende Übersetzung siehe 
den zweiten Artikel. Einstweilen sei auf das Waw consec. verwiesen und 
bemerkt, dafs nach dem Buch der Jubiläen 3, 28 auch die Tiere vor dem 
Sündenfall eine Lippe und eine Sprache hatten, worunter im Gegen- 
satz zu ihrer späteren Zerstreuung ihre frühere Einheit verstanden wird. 


230 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


am besten durch die Annahme, die Endredaktion habe die 
beiden Rezensionen einem Exemplare entnommen, in welchem 
neben der Urerzählung die Erweiterung am Rande einge- 
tragen war. 

Die Annahme derartiger Erweiterungen, Anwendungen, 
Erklärungen heiliger Stücke durch die Lehrer des Volkes 
scheint mir sehr natürlich. Solche Bearbeitungen heiliger 
Texte durch berufene, prophetische Organe müssen sogar 
angenommen werden im Hinblick auf die jetzige Textgestalt 
mancher heiligen Bücher, besonders auch mancher ursprüng- 
lich alphabetisch geordneten Psalmen und sonstiger Schriftteile, 
z. B. Nah 1!. Das Urteil über den göttlichen Charakter solcher 
Bearbeitungen stand derselben Autorität zu, welche über die 
Aufnahme heiliger Schriften überhaupt entschied. 

Es ist mir sogar mindestens sehr wahrscheinlich, dals 
sich die Existenz einer zweiten, erklärenden Erweiterung der 
Gn 11, 1—9 zu Grunde liegenden Urerzälhlung nachweisen lälst, 
und zwar beruht diese auf einer andern Etymologie von Babel. 
Die interessante Beweisstelle, die m. W, unter diesem Gesichts- 
punkte noch nicht gewürdigt wurde, ist Sap 10, 5: aütn (die 
Weisheit) xai &v önovoiga ovnpiag EOvWv GUYxudevrwv eÜpe 
tov dikarov (Abraham) kai Erripnoev autöv dneurtov Bew. Hier 
kann oüyxuoıg unmöglich Zusammenschüttung = Verwirrung 
bedeuten, sondern nur Vereinigung, Zusammenrottung in ge- 
meinsamer Bosheit (vgl. Kaulen, Einleit. 335). Da aber LXX 
oüyxvoıs Gn 11,7.9 für 992 resp. 922 setzen und Sap 10,5 
die Beziehung auf den Turmbau unverkennbar ist, so muls 
dieser Stelle eine Variante zu Gn 11,9 zu Grunde liegen, die 
lautete: deshalb heilst man den Ort Babel, denn dort rotteten 
sich die Völker (gegen Gott) zusammen, und von dort hat sie 
Gott zerstreut. Die Bedeutung: sich mischen mit andern, 
sich zugesellen, vereinigen hat balal (Hitpo.) auch Os 7,8. 
Auch in den andern semitischen Sprachen hat das Wort die 





ı Darüber vgl. meinen Aufsatz in Bibl. Studien VI 1,2 (1901), 25— 38 
und meine Erklärung zu Nahum, Würzb. 1902, 39—49. 


Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 231 


Bedeutung: mischen, zusammengielsen; s. die Wörterb. — Man 
wird gestehen müssen, dals die Sap 10, 5 erhaltene Variante 
Gn 11, 9 stilistisch übertrifft wegen der wirksamen Gregen- 
überstellung von: sich zusammenrotten — zerstreut werden. 
Ich halte erstere Variante für die ältere, einmal aus dem eben 
genannten Grunde und zweitens, weil sie sonst keine Erweite- 
rung der Urerzählung bedingt, also V. 1 und 7 noch nicht 
umfalst. 

Auch nach Flav. Josephus (Antigq. 1, 4) beschreibt Gn 11 
die gottfeindliche Zusammenrottung der Menschen, die Gottes 
ausdrücklichem Befehle, sich zu trennen, trotzen und in ihrer 
Einheit Schutz gegen Gott suchen. Die Etymologie balal 
= sich zusammentun klingt nach in der bei den Vätern, z.B. 
Hesvchius Hieros. zu Is 13,1 u. ö. vorkommenden Gleichung: 
. Babylon=f tüv eidwAwv oüuyxuong,derZusammenflufs, Einigungs- 
punkt der Götzen. 

Sogar eine zweite Variante zu Gn 11,9 könnte Ps 2, 5 
vorliegen: Sie rotten sich zusammen (LXX) gegen den Herrn, 
er aber lacht ihrer und schreckt sie. 5r12 könnte gleichfalls 
auf Babel anspielen wollen. 


Über Nehemias und Esdras. 


Von Dr. Paul Riefsler in Blaubeuren. 


ie Zuverlässigkeit von Esr 5, 1—6, 15 und die der Esdras- 

und Nehemiasmemoiren, ebenso wie die der Prophetien von 
Aggäus und Zacharias, wird hier als anerkannt vorausgesetzt. 
Nicht so die der Zusätze des Chronisten (Esr 1; 3, 1-4, 6. 24; 
6, 16—22). Diese werden von vielen als unzuverlässig erklärt 
und zwar aus dem Grunde, weil sich zwischen ihnen und den 
andern bekannten Quellen Widersprüche nachweisen lassen. 
Ob es sich aber dabei um wirkliche oder nur scheinbare Wider- 
sprüche handelt, scheint nicht immer in Betracht gezogen worden 
zu sein. Und doch ist die Beantwortung dieser Frage un- 
erläfslich, denn „ehe wir uns zur Konstatierung von einander 
ausschlielsenden Widersprüchen“ und damit zur Konstatierung 
der Unzuverlässigkeit der einen oder der andern Quelle „ent- 
schlielsen, müssen wir sorgfältig geprüft haben, ob nicht etwa 
nur scheinbare Widersprüche vorliegen“ (Bernheim, Lehrb. 
d. histor. Methode, 1889, 376). Daher muls dieser Frage im 
Folgenden besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die 
Zuverlässigkeit von 3 Esr mag bestritten werden; doch wird 
man einzelnen seiner Angaben geschichtlichen Wert nicht 
absprechen können. Jedenfalls muls der Kern des ganzen 
Abschnittes, die Tatsache der Rückkehr der Exulanten, als 
geschichtlich angesehen werden. 3 Esr hat auch noch die 
ursprüngliche Textfolge der Memoiren des Esdras bewahrt: 
3 Esr 8, 1—9, 36 = Esr 7, 1—10, 44. 3 Esr 9, 37—55 = Neh 7, 
72—8, 12; aulserdem dürfen wir als sicher voraussetzen, dafs 
ursprünglich auch 8, 13—18; 9, 1—10,40 des jetzigen Nehemias- 
buches sich daran angeschlossen hat. An 3 Esr lehnt sich 


Rie(sler, Über Nehemias und Esdras. 233 


Fl. Josephus in den „Altertümern“ 11, 1ff enge an, mit Aus- 
nahme von zwei Stücken unbekannten Ursprungs, einem Brief 
des Kyros (11,1,3) und einer Klage Zorobabels am persischen 
Hofe (11,4, 9). Die Zuverlässigkeit des Josephus ist im Hin- 
blick auf eine Anzahl chronologischer Unwahrscheinlichkeiten 
und Widersprüche in der Darstellung der nachexilischen Ge- 
schichte nicht besonders hoch zu werten. 


1. Nehemias; die Zeit seines Auftretens und seine 
Person. 


Um die Zeit, in der Nelıemias aufgetreten ist, näher be- 
stimmen zu können, müssen wir auf die Zeit der Eroberung 
Babels durch Kyros und auf den Erlafs, den derselbe zu Gunsten 
der Exulanten gegeben hat, zurückgreifen. Als gesichertes 
Datum der Eroberung Babels wird hier der 16. Tisri = 
10. Okt. 539 v. Chr. und als das des Einzuges des Kyros der 
3. Marhe$wan = 27. Okt. 539 (s. Ed. Meyer in ZatW 1898, 339) 
angenommen. Ebenso wird als sicher vorausgesetzt, dals bald 
darauf Kambyses zum König von Babel ernannt wurde. In 
die Zeit nach Babels Eroberung fällt nun auch die Herausgabe 
jenes Erlasses zu Gunsten der Exulanten. Dieser Erlals ist 
mehrfach bezeugt (Esr 1,1ff; 5,13ff; 6, 3ff). Derselbe ent- 
hielt nach dem Zeugnis der Quellen 1. den Befehl zur Wieder- 
herstellung des Tempels (Esr 6,3; 5,13; 1,2; 4,3); 2. die 
Anweisung zur Übernahme der Baukosten auf die kgl. Kasse 
(Esr 6, 4); 3. verschiedene Anordnungen über die Grölse des 
Tempels und die Art der Bauausführung (6, 3. 4); 4. den 
Befehl zur Rückgabe der heiligen Geräte (6,5; 5,14; 1, 7) 
und zur Auslieferung derselben an den von Kyros eingesetzten 
Statthalter Sesbassar, der in Esr 1,8 „Fürst über Juda“ ge- 
nannt wird. Aufserdem weils Esr 3,7 noch von einer Er- 
laubnis zur Beschaffung von Libanonzedern. Man hält zwar 
diese Stelle vielfach für eine Kopie von 1 Rg 5, 21ff, alleın 
jene Erlaubnis ist an sich nicht unwahrscheinlich. Es lag doch 
recht nahe, bei den Wiederherstellungsarbeiten das gleiche 
Material, wie beim alten Tempelbau, zu verwenden. Wenn 


234 Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 


diese Erlaubnis in Esr 6, 3ff nicht erwähnt wird, so erklärt sich 
dies daraus, dals eben an dieser Stelle das Edikt des Kyros nur 
in den Hauptpunkten im Auszug überliefert ist. Das gleiche 
gilt von der nur in Esr 1, 1—4 überlieferten Erlaubnis zur 
Rückkehr. Diese Erlaubnis ıst in Esr 6, 3ff zwar nicht auf- 
geführt, aber offenbar vorausgesetzt. Ebenso verhält es sich 
mit der nur in Esr 1,4 erwähnten Bestimmung, dals die Exu- 
lanten von den zurückbleibenden, offenbar heidnischen Nach- 
barn mit Beiträgen zu unterstützen seien. Auch diese Be- 
stimmung ist an sich nicht unwahrscheinlich. Jene Beiträge 
sollten vermutlich eine Art Entschädigung für die von den 
Exulanten zurückgelassenen Besitztümer bilden. Wenn aber 
nach 3 Esr 6,17 die heiligen Geräte „dem Zorobabel und 
Sassabasar“ übergeben wurden, so ist diese Notiz ohne Ge- 
wicht, weil sich 3 Esr 6, 17 mit 2, 11 widerspricht. Der Name 
Zorobabel ist allem nach eine Glosse, die aus der gleichen 
historischen Anschauung hervorging wie der Brief des Kyros 
an Sisinnes bei Josephus 11, 1, 3, dem zufolge die heiligen Ge- 
räte „dem jüdischen Fürsten Zorobabel“ übergeben worden sind. 
Inwieweit diese Anschauung berechtigt war, wird sich später 
zeigen. Bis jetzt aber kann soviel konstatiert werden, dals 
zwischen den verschiedenen Berichten über den Erlals zu 
Gunsten der Exulanten in Esr kein wirklicher Widerspruch 
vorliegt. 

Ein Erlafs zu Gunsten heimkehrender Exulanten wird 
auch in 3 Esr 4, 43—5, 6 aufgeführt. Dafs es sich hierbei um 
den gleichen Erlals wie in Esr 1; 5; 6 handelt, ergibt sich aus 
folgenden Momenten: Nach 3 Esr hatte Kyros vor Babels Er- 
oberung das Gelöbnis einer Herausgabe der heiligen Geräte und 
einer Wiederherstellung des Tempels abgelegt (4, 44), zögerte 
aber nach der Eroberung Babels immer noch mit der Er- 
füllung seines Versprechens (4, 57). Ebenso hatte der König 
Dareios „bei Empfangnahme seiner Königswürde“ das Grelübde, 
Jerusalem wieder aufzubauen (4, 43), die heiligen Geräte, deren 
Rückgabe schon Kyros versprochen, aber noch nicht verwirk- 
licht hatte, nunmehr herauszugeben (4, 44) und den Tempel 


Rieisler, Über Nehemias und Esdras. 235 


wiederherstellen zu lassen (4, 45), gemacht. Aber auch er 
hatte bis dahin dieses Versprechen noch immer nicht eingelöst 
(4, 46). Erst auf die Bitte seines „Leibwächters“ gestattete 
er die Rückkehr der Exulanten (4, 47) und ordnete die Aus- 
führung seines Gelübdes an (4, 47—57). Daraus geht deutlich 
hervor, dafs der Verfasser von 3 Esr 4,43ff mit „Dareios“ 
Kambyses gemeint hat. Allem nach war Kambyses den biblı- 
schen Schriftstellern unter einem andern Namen, vermutlich 
seinem Thronnamen, bekannt (über Thronnamen in den baby- 
lonischen offiziellen Quellen s. PraSek, Medien und das Haus 
des Kyaxares, 1890, 57). Dieser zweite Name wurde im AT in 
verschiedenen Formen überliefert: Artah$aäta, AhasweroS (aus 
Artah. verderbt) und Darjawes; bei Ktesias liegt er in Artaios 
vor (vgl. Marquart, Philol. Suppl. VI 654)ı. Der Erlals in 
3 Esr stimmt auch in Einzelheiten mit dem von Esr 1; 3; 4—6 
überein: die Rückgabe der heiligen Geräte, der Befehl einer 
Wiederherstellung des Tempels, die Übernahme der Baukosten 
auf die kgl. Kasse und die Erlaubnis zur Beschaffung von 
Libanonzedern finden sich auch in 3 Esr (4, 57. 63. 51. 48) 
wieder. Daneben hat 3 Esr aber auch einige besondere An- 
gaben: Der König gestattet nicht blols die Wiederherstellung 
des Tempels, sondern auch den Wiederaufbau der Stadt (4, 43. 
47.48.53). Er weist die Satrapen durch Schreiben an, dem 
Bittsteller und seinen Begleitern möglichst willfährig zu sein 
(4, 47). Er verleiht den Exulanten die persönliche Freiheit 
(4, 53) und Steuerfreiheit für das künftige Besitztum (4, 50). 
Er ordnet die Herausgabe der von den Idumäern okkupierten 
jüdischen Ortschaften an (4, 50). Er befiehlt die tägliche 
Darbringung von Brandopfern (4, 52) und schreibt genau den 
Kultkostenaufwand vor (4,54). Endlich trifft er für die Leviten 


ı Von hier aus fällt auch ein Licht auf den vielgedeuteten Bartakos, 
dessen Tochter von Dareios = Kambyses zum Nebenweib genommen wurde 
(3 Esr 4.29); derselbe ist niemand anders als Belsarusur = Baltasar (Bartasar 
im Cod. Alex.), der Sohn und Mitregent Nabunids. Dals seine Tochter 
in den Harem seines Nachfolgers aufgenommen wurde, ist an sich recht 
wahrscheinlich. 


236 Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 


und die Bewachungsmannschaft der Stadt besondere Anord- 
nungen (4, 55. 56). Diesen Angaben kann die innere Wahr- 
scheinlichkeit nicht abgesprochen werden. Denn wenn der 
König den Exulanten die Rückkehr gestattete, dann ist es an 
sich wahrscheinlich, dafs er auch Anordnungen zur Regelung 
der Eigentumsverhältnisse in der Heimat getroffen hat, und 
wenn er sich sogar mit Einzelheiten über Ausführung des 
Tempelbaues befalste, dann ist es nicht auffallend, dals er 
auch hinsichtlich des Kultus seine Anweisungen gegeben hat. 
Das Schweigen von Esr 1; 5; 6 erklärt sich daraus, dals der 
Erlafs an diesen Stellen nur im Auszug vorliegt. Wenn aber 
der Befehl zur Wiederherstellung des Tempels in 3 Esr dem 
Dareios = Kambyses, in Esr dagegen dem Kyros zugeschrieben 
wird, so enthält dies keinen Widerspruch bei dem Verhältnis, 
in dem Kambyses, „der König von Babel*, zu seinem Vater 
Kyros, „dem König der Länder“, gestanden hat. Somit kann 
3 Esr in dieser Partie (4, 43—5,6) nicht ohne weiteres beiseite 
gesetzt werden. Noch erübrigt die Beantwortung der Frage, ob 
unmittelbar auf diesen Erlals hin die Exulanten in ihre Heimat 
zurückgekehrt seien. Dieselbe ist zu bejahen; denn die Rich- 
tigkeit der Nachricht, dals unter Kyros Scharen jüdischer 
Exulanten zurückgekehrt seien, kann nicht bezweifelt werden 
(s. darüber Nikel, Die Wiederherstellung des jüd. Gemein- 
wesens, 1900, 67 ft). 

Wir gehen zu den Memoiren des Nehemias über. 
Gleich die ersten Verse des Nehemiasbuches bestätigen die 
Ansicht, dafs der Verfasser desselben keine Rückkehr der 
Exulanten in der Zeit vor der ersten Ankunft des Nehemias 
in Jerusalem gekannt habe. Der Ausdruck NRW Wis morgen 
87778 Neh 1,2 kann nämlich nur bedeuten „die Entronnenen, 
diejenigen, die von der Gefangenschaft zurückgeblieben sind“, 
womit die im Land zurückgebliebenen Juden gemeint sind, 
die ehedem der babylonischen Gefangenschaft entgangen waren. 
Unrichtig ist die andere Deutung: „diejenigen, die das Exil 
glücklich überstanden haben und daraus entlassen worden 
sind“; denn ‘58 hat an allen andern Stellen des AT die 


Rie(sler, Über Nehemias und Esdras. 237 


Bedeutung „die Entkommenen, die Versprengten, die Flücht- 
linge, diejenigen, die vor einer drohenden Gefahr bewahrt 
geblieben sind“. Ganz der gleiche Ausdruck wie in Nehl, 2 
liest in 2 Chr 30, 6 vor und zwar mit der ausgesprochenen Be- 
deutung „die Entronnenen, die vor der assyrischen Gefangen- 
schaft bewahrt geblieben sind“. Daher ist es sehr wahrschein- 
lich, dafs w’9p auch bei Esr und Neh die Bedeutung „die 
Entkommenen“, „die Bewahrtgebliebenen“ besitzt. Für Esr 9, 
8.13 palst diese Bedeutung denn auch ganz gut (Esr 9, 15 
lälst sich weder pro noch contra verwerten, weil man dieser 
Stelle keinen rechten Sinn abgewinnen kann, ohne dals man 
in den Text etwas hineinträgt, was ursprünglich nicht darin 
steht, z. B. „nur“ bei Kautzsch-Ryssel oder „gnädig“ bei 
Siegfried). Deshalb mufls auch für Neh 1,2 jene Bedeutung 
‚in Anspruch genommen werden. Hieraus aber folgt, dafs der 
Verfasser von Neh 1,2 vor der ersten Ankunft des Nehemias 
keine Rückkehr von Exulanten gekannt hat. Dementsprechend 
ist auch in dem Bericht über die Teilnehmer am Mauerbau 
des Nehemias (1, 1—7, 5) nicht ein einziges Mal von schon 
länger zurückgekehrten Exulanten die Rede. Ebensowenig 
kann das Gebet des Nelhemias auf irgend eine Weise un- 
gezwungen erklärt werden, falls die Exulanten, und wenn auch 
nur teilweise, damals schon lange zurückgekelrt waren (Kosters). 
Wie hätte doch Nehemias den Herrn an die Verheilsung, die 
Zerstreuten zu sammeln, erinnern und ihn um baldige Erfül- 
lung derselben bitten können, wenn schon damals die Exulanten 
in ihrer alten Heimat sich befunden hätten? Der Wortlaut 
dieses Gebetes (1, 5—11) schliefst jede Rückkehr von Exulanten 
vor der ersten Ankunft des Nehemias aus. 

So spät, wie gewöhnlich angenommen wird, kann aber die 
erste Ankunft des Nehemias auch nicht erfolgt sein. Gegen 
eine solch späte Datierung sprechen die Ausdrücke muB 
(Neh 1,2) und D'SW37 (1,3). Wäre nämlich die erste An- 
kunft des Nehemias erst ca. 70—80 Jahre nach 538 v. Chr. 
erfolgt, dann hätte zu dieser Zeit weder von der Gola noch 
von den der Gefangenschaft entgangenen Juden irgend jemand 


238 Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 


gelebt, und der Autor hätte deshalb schreiben müssen %3 
mod und DRYWIT 92 „die Nachkommenschaft jener Ver- 
schontgebliebenen“. Da er aber dies nicht tut, will er uns in 
eine Zeit führen, wo wenigstens noch ein Teil jener Verschont- 
gebliebenen am Leben gewesen ist. Der äulfserste Termin 
hierfür ist die Zeit um das Ende des Exils. Da nun die 
erste Rückkehr von Exulanten ins Jahr 538 fällt, kann auch 
Nehemias nicht später als 538 zurückgekehrt sein. Gegen 
dieses Datum spricht nicht der Umstand, dafs Nehemias bei 
seiner ersten Ankunft schon eine Gemeinde mit Hohenpriester 
und Vorstehern in Jerusalem angetroffen hat; denn auch 
während des Exils hatte ein Tempelkultus, wenn auch in be- 
schränkten Grenzen, stattgefunden (s. Jr 41,5). Allem nach 
hatte sich die Zerstörung des Tempels durch Feuer auf die 
Holzbestandteile beschränkt, während die Grund- und Um- 
fassungsmauern so ziemlich unversehrt geblieben waren, so 
dafs es den Zurückgebliebenen nicht allzuschwer gefallen sein 
wird, die Tempelruinen wenigstens insoweit wieder in stand 
zu setzen, dals man daselbst Opfer darbringen und Feste be- 
gehen konnte. Auch dürfte die Zahl der Zurückgebliebenen 
durch Zuzug versprengter Flüchtlinge allmählich gewachsen 
sein. Ist Nehemias tatsächlich im Jahr 538 zurückgekehrt, 
dann löst sich auch die von Sellin erhobene Frage, wie das 
in Neh 1,4 erzählte lange Weinen und Klagen des Nehemias 
sich psychologisch erklären lasse, da doch der Zustand Jeru- 
salems seit 586 immer der gleiche gewesen sei. Nehemias 
hatte, wie alle seine Volksgenossen, auf Babels Sturz alle 
Hoffnung gesetzt; nun war aber seit Babels Fall mehr als 
ein Jahr verflossen, und noch immer mulste das Volk ım Exil 
weilen. Dafs dadurch eine solche Stimmung, wie sie in jenem 
Gebet zu Tage tritt, entstehen konnte, ist selbstverständlich. 
Das aber tatsächlich eine Verzögerung der Rückkehr ein- 
getreten ist, lehrt schon der Umstand, dafs der Erlals des 
Kyros (Esr 6, 3ff) nicht von Babel, sondern von Egbatana aus 
gegeben worden ist, also erst nachdem sich Kyros wieder in 
die andere Residenzstadt begeben hatte (Ed. Meyer). Und 


Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 239 


nach 3 Esr 4, 43ff mulste der Bittsteller den König an die 
von ihm und Kyros gemachten, aber immer noch nicht er- 
füllten Gelübde erinnern. 

Wie verhält sich nun das gefundene Resultat: Heimkehr 
des Nehemias im Jahre 538, zu den uns bereits bekannten 
Quellenzeugnissen? — Wir beginnen mit 3 Esr. Zwischen 
diesem und dem 'Nehemiasbuch zeigt sich eine auffallende 
inhaltliche Übereinstimmung. Der „Jüngling* bittet den König 
um Urlaub zum Zweck der Wiederherstellung der heiligen 
Stadt (3 Esr 4, 46), ebenso Nehemias (2,5). Der „Jüngling“ 
erhält vom König Briefe an die Beamten mit dem Befehle, 
jenem und seinen Begleitern möglichst willfährig zu sein (4, 47); 
ebenso empfängt Nehemias vom König Briefe an die Statt- 
halter von ‘Abar nahrä mit ähnlicher Weisung (2,7). Der 
„Jüngling“ erhält Schreiben an die Beamten auf dem Libanon 
mit der Weisung, ihm zum Aufbau der heiligen Stadt Libanon- 
zedern zu liefern (4, 48); ebenso empfängt Nehemias ein Schreiben 
an den Aufseher des kgl. Forstes mit der gleichen Weisung, 
ihm zum Aufbau der Stadtmauer und der Tempelburgtore 
Bauholz zu liefern (2,8). Der „Jüngling“ erhält vom König 
tausend Reiter als Begleitmannschaft auf die Reise (5, 2); 
ebenso erhält Nehemias vom König „Heeresoberste und Reiter“ 
zur Reisebegleitung (2, 9). Der „Jüngling“ empfängt auch 
eine kgl. Verordnung über den täglichen Unterhalt der Leviten 
(4, 55); ebenso wird in den Memoiren des Nehemias eine kgl. 
Verordnung über den täglichen Unterhalt der Leviten an- 
geführt (11, 23). Neben dem „Jüngling“ werden seine Brüder 
erwähnt (4,61); ebenso besitzt Nehemias Brüder (1, 2; 4,17; 
5,10.14). Und wenn Nehemias das Amt des kgl. Mund- 
schenken bekleidet (1, 11), so entspricht diesem in 3 Esr die 
Stellung des „Jünglings“ als kgl. Leibwächters (3, 4; 4, 58); 
denn das Amt des Mundschenken war eben den Leibwächtern 
anvertraut. Zudem bedeutet das hebräische Wort Y3, worauf 
das griechische veaviokog („Jüngling“) in 3 Esr zurückgeht, 
nicht blofs „Jüngling“, sondern auch „Diener, Beamter“, 
in welch letzterem Sinne es in 3 Esr zu nehmen sein dürfte. 


240 Rieisler, Über Nehemias und Esdras. 


Der „Jüngling“ gedachte sodann in seiner Rede des Sitzens 
der Apame zur Seite des Königs (4, 29); merkwürdigerweise 
erwähnt auch Nehemias das Sitzen der Königin neben dem 
König (2,6). Bei beiden aber wird dieses Weib nicht als 
eigentliche Königin, sondern nur als Nebenfrau bezeichnet 
(3 Esr 4, 29 u. Neh 2, 6). — Diese auffallende Übereinstimmung 
macht es wahrscheinlich, dafs der Verfasser von 3 Esr 3, 1—5, 6 
mit seinem „Jüngling“ die Person des Nehemias im Auge ge- 
habt hat. Sie wirft ein günstiges Licht auf den geschicht- 
lichen Wert der in 3 Esr enthaltenen Einzelangaben; denn auch 
die Angaben nicht unbedingt gut bewerteter Quellen erhalten 
durch Übereinstimmung Sicherheit, falls die Quellen voneinander 
unabhängig sind (s. Bernheim, Lehrb. d. hist. Meth. 377), und 
ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen 3 Esr und Neh läfst sich 
nicht nachweisen. 

Wir wenden uns dem Zeugnis von Esr 1; 5; 6 zu. Diesem 
zufolge war Sesbassar, der Führer der ersten Gola (Esr 
1, 11), vorher zum kgl. Statthalter ernannt worden (5, 14); 
dasselbe war aber auch bei Nehemias der Fall (5,14). Se8- 
bassar hatte vom König den Auftrag zur Wiederherstellung 
des Tempels erhalten (5, 14), ebenso auch Nehemias (2, 8; 
3 Esr 4, 45. 51. 53). SeXbassar war ein Judäischer Fürst (1,8); 
dasselbe war auch Nehemias, der aus der kgl. Familie Davids 
stammte (s. @elbhaus, Nehem. u.s. sozialp. Bestreb., 1902,15 ff). 
Da es nun unwahrscheinlich ist, dals es damals zu gleicher 
Zeit zwei Statthalter nebeneinander gegeben habe, ist man 
gezwungen, bevor man unverträglichen Widerspruch annimmt, 
diese verschiedenen Zeugnisse durch Identifizierung der beiden 
Männer zu kombinieren (s. Bernheim, Lehrb.372). Die Identität 
wird auch durch 3 Esr 5, 5. 6 und 1 Chr 3, 18 nahe gelegt. In 
3 Esr 5,5 tritt ein Joakim aus dem Hause Davids neben Jesus, 
Josedeks Sohn und hohenpriesterlichem Anführer der ersten Gola 
(Aggl,1 u.a; Esr2,2u.a.), auf. Diesem Joakim werden in 
3 Esr 5, 6 „weise, im Nisan des 2. Jahres des Dareios an diesen 
gerichtete Worte“ beigelegt. Diese „weisen Worte“ erinnern 
an die Worte, die der „Jüngling“ in 3 Esr 4, 13ff 43 vermöge 


Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 241 


der ihm verliehenen „Weisheit“ (3 Esr 4, 60) an den König 
Dareios richtete und durch die er die Erlaubnis zur Rückkehr 
auswirkte.e Aber auch Nehemias hat an den König Worte 
gerichtet, durch die er die Erlaubnis zur Heimkehr erlangte, 
und zwar im gleichen Monat Nisan, wie Joakim (Neh 2,1). 
Sollte diese Übereinstimmung nur auf Zufall und nicht viel- 
mehr auf der Identität der betr. Personen beruhen? Nach 
3 Esr 5, 6 fiel jenes Vorkommnis in das 2. Jahr des Dareios 
und nach Neh 2,1 in das 20. Jahr des ArtahSaSta, Königs von 
Babel (13, 6). Der Dareios in 3 Esr ist Kambyses. Auch 
der ArtahsaSta bei Neh mufs Kambyses sein; denn die Benennung 
„König von Babel“ ist seit Xerxes, der Babel zerstörte, ganz aus- 
geschlossen. Auf Dareios I. passen aber die andern Angaben 
nicht; daher bleibt nur Kambyses übrig. Was das Datum 
„20. und 32. Jahr des ArtahSasta“ (Neh 2,1 u. 13, 6) betrifft, 
so ist nicht ausgeschlossen, dals die Zahlzeichen für 20 und 32 
(3 und 39) aus denen für 2 und 12 (2 und 3°) verderbt worden 
sind (oder aber: es hat der Verfasser der Nehemiasmemoiren 
für Kambyses eine Art Mitregentschaft nach Analogie der 
des Belsarusur angenommen und dementsprechend die Jahre 
des Kambyses vom 1. Regierungsjahr 558 ab gerechnet). Zu 
Gunsten der behaupteten Identität von Nehemias und Joakim 
spricht auch 1 Chr 3, 17.18: „die Söhne Jojahins ... waren 
sein Sohn Sealti’el (und die Söhne Sealti’els) Malkiram, Pedaja, 
Sen’assar Jekamja.“ Sen’assar ist mit Se$bassar und dieser 
mit Nehemias eins. Da nun Nehemias in 3 Esr 5,5 als 
Joakim erscheint, legt sich die Vermutung nahe, dafs dieser 
Joakim mit Jekamja, der in 1 Chr 3, 18 unmittelbar hinter 
Sen’assar steht, und dieser wiederum mit Nehemias identisch 
sei. Somit hätte Nehemias neben seinem jüdischen Namen 
Nehemja, in anderer Form Jekamja, auch einen babylonischen, 
wie Daniel, getragen: Sesbassar, d.i. Sama$-abu-usur, „Sama$ 
schütze den Vater“ (s. Holzhey, Die Bücher Ezra u. Nehı., 
1902, 11; Sen’assar kann wegen des $ nicht = Sinusur sein; 
vgl. Sanballat = Sin-uballit; es ist aus Samaf$-abu-usur ver- 


stümmelt). 
Biblische Zeitschrift. IL 3. 16 


242 Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 


Vergleichen wir endlich noch das Zeugnis von Esr 2;3;4. 
Wie Nehemias vom König die Lieferung von Zedern zuge- 
sichert erhält (Neh 2,8), so kann sich auch Zorobabel auf die 
gleiche kgl. Zusicherung berufen (Esr 3, 7). Wie bei der Gola 
unter Nehemias’ = Joakims Leitung die „Familienhäupter“ be- 
sonders hervorgehoben werden (3 Esr 5, 1), so werden auch 
bei Zorobabels Rückkehr solche besonders erwähnt (Esr 2, 68; 
3,12; 4,2). Wie bei der Gola des Nehemias = Joakim „Musi- 
kanten“ mitgezogen sind (3 Esr 5, 2), so sind bei der Gola 
Zorobabels „Sänger und Sängerinnen“ mitgereist (Esr 2, 65). 
Wie neben Nehemias seine Brüder besonders genannt sind 
(Neh 5, 10.15; 3 Esr 4, 61), so werden auch Zorobabels Brüder 
hervorgehoben (Esr 3, 2.8). Wie Nehemias einen Bruder 
namens Hanani besals (Neh 1, 2), so hatte auch Zorobabel 
einen Bruder des gleichen Namens, Hananja (1 Chr 3,19; der 
unmittelbar vorausgehende Versteil DaWn aa ist, wie 
der Sing. ]2 lehrt, eine Art Parenthese oder Glosse zu dem 
ersten "\t des Verses 19). Wie endlich die Initiative zu den 
Arbeiten am Tempel von Seibassar = Nehemias ausging (Esr 
5, 16), so wird auch dem Zorobabel eine solche zuerkannt 
(Esr 3,8). — Auch hier ist die Übereinstimmung so grols, 
dals zuerst die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer 
Identität von Zorobabel und Nehemias in Betracht gezogen 
werden muls, bevor die Unverträglichkeit der Quellenzeugnisse 
behauptet wird. Zu Gunsten der Identität spricht auch 2 Makk 
1,18—36. Nach 2 Makk bzw. seiner Vorlage erfolgte die 
Rückkehr des Nehemias unmittelbar nach Schlufs des Exils. 
Dies geht aufs deutlichste aus dem 1, 27. 29 überlieferten 
Gebet des Nehemias hervor; ebenso aus 1,20, wonach die 
Enkel von Augenzeugen der Eroberung Jerusalems dem Ne- 
hemias Dienste leisteten. Auch wird die erstmalige Dar- 
bringung von Opfern ausdrücklich dem Nehemias zuerkannt 
(2 Makk 1,18), während dieselbe in Esr 3, 3 dem Zorobabel 
zugeschrieben ist. Interessant ist, dals auch der Talmud die 
Identität von Nehemias und Zorobabel ausspricht: „Zerub- 
babel ... das ist Nehemja, Sohn des Hakalja“ (Sanhedrin 38 


Rie/sler, Über Nehemias und Esdras. 243 


bei Gelbhaus, Nehem.etc.17) und: „Im 36. Jahr der Herrschaft 
der Meder kam Nehemja und baute Jerusalems Mauern und 
stellte den Tempel her, und Zerubbabel kehrte nach Babel zurück 
und starb dort“ (Seder ‘olam zuta, ed. Löw bei Gelbhaus 46; 
hierzu eine Variante in ThLbl 1901, 33). Auch in der Glosse 
Sabanassaros Zorobabel in 3 Esr 6, 17, ebenso in 4,13 und 
vielleicht auch in Esr 2,2, wo Nehemja unmittelbar hinter 
Zerubbabel Jesua steht, kommt diese Anschauung von der 
Identität beider Männer zum Ausdruck (in 3 Esr 5, 5 lies 
1. 6 xai Z.). Josephus setzt in dem Brief des Kyros an 
Sisinnes Zorobabel geradezu an die Stelle von Sassabasar 
= Nehemias. Neh 12, 47 scheint allerdings gegen die Identi- 
tät zu sprechen; allein das Fehlen des Versteiles „und zur 
Zeit des Nehemias* in LXX (Cod. Frider.- Aug.) spricht 
dafür, dafs dieser Versteil eine Glosse ist. Wenn aber in 
Sir 49, 14.15 Zorobabel von Nehemias unterschieden wird, so 
ist zu beachten, dafs der Verfasser, nach dem Zeugnis seines 
Enkels im Prolog, seine Kenntnisse aus den heiligen Büchern 
geschöpft hat. Diese aber legen durch die verschiedene Be- 
nennung der einen Persönlichkeit jene Auffassung nahe!, Wenn 
es endlich als unwahrscheinlich bezeichnet wurde, dals Ne- 
hemias zwei babylonische Namen, Sama$-abu-usur und Zeru- 
Babili, getragen habe, so wurde dabei die Möglichkeit über- 
sehen, dafs Zeru-Babili ein blofser Beiname des ın Babel 
geborenen Nehemias und zwar gerade mit Bezugnahme auf 
seine Geburt in der Fremde gewesen sein konnte. Auf diese 
Weise kann man auch am besten die sonst seltsame Neben- 
einanderstellung von Nehemias und Zorobabel in der zitierten 
Talmudstelle erklären. 

Endlich sind noch die genealogischen Angaben in Esr, Neh 
und Chr in Betracht zu ziehen. Nach dem Zeugnis von Neh 


t Nikel (Die Wiederh. 107) meint, wenn Sesb. noch gelebt hätte 
würde man in Esr 5, 14 16 mit andern Worten auf ihn hingewiesen haben 
Er übersieht, dafs jene Worte einem Brief entnommen sind. Wie sie in 
Wirklichkeit genau gelautet haben, wissen wir nicht. 

16° 


244 Rie/sler, Über Nehemias und Esdras. 


3,1;13,4.28 lebte zur Zeit der ersten Ankunft des Nehemias 
der Hohepriester Elja$ib, Sohn des Jojakim (Neh 12,10). Dieser 
letztere hätte demnach während des Exils amtiert. Dies wird 
durch eine Notiz in Bar (1, 7) ausdrücklich bestätigt. Jojakim 
selber war der Sohn Jeäu’as (Neh 12, 10.26), und Jesu’as Vater 
war jener Hohepriester Josadak, der sich vor Nebukadnezar 
flüchtete (Neh 12, 26; 1 Chr 5, 41; über die weitere Abstammung 
s. 1 Chr 5, 39.40 und Bar 1,7). Somit wird auch hier das bis- 
herige Ergebnis bestätigt. Was aber die Zeitgenossen des Ne- 
hemias betrifft, so lebten damals nach der Aussage der Quellen 
der Hohepriester EljaSib, sein Vater Jojakim (Neh 12, 26) und 
Jojakims Vater Jesua (Esr 2, 2; 3, 2.5), ferner die Söhne 
Eljasibs Jojada (Neh 13, 28; 12,10), Jaddu‘a und Johanan 
(Esr 10, 6. Neh 12, 11. 22. 23) oder in anderer Form Jonathan 
(Neh 12, 11). Dieser letztere ist mit dem 2 Makk 1, 23 ge- 
nannten Zeitgenossen des Nehemias, dem Priester Jonathan, 
identisch (ein Vergleich der genealog. Angaben mit Neh 12,22 
lehrt, dafs Neh 12, 10. 11 zu lesen ist: „Eljasib erzeugte Jojada 
und Jolıanan und Jaddua“). Endlich lebten zu Nehemias’ 
Zeit Söhne des Jojada (Neh 13, 28). Josephus versetzt aller- 
dings in seinen „Altertümern“ (11, 7, 2) einen Sohn des Jojada 
in die Zeit von Dareios III. (336—330); aber angesichts der 
sonstigen chronologischen Unwahrscheinlichkeiten in der Dar- 
stellung der nachexilischen Geschichte bei Josephus hat man 
nicht nötig, die Angaben des Neliemiasbuches nach denen des 
Josephus zu korrigieren. Was endlich die Abstammung des 
Nehemias anlangt, so dürfte Hakalja (Neh1,1; 10,2) mit LXX 
als Helkajja, „der Arme Gottes“, zu lesen und auf Jojahin, 
den Ahnherrn des Nehemias (vgl. Ps 113, 7), zu beziehen sein. 


— {on mn 


ı Der Darcios „der Perser“ in Neh 12, 22 ist Dareios I.; nicht zu 
verwechseln mit Dareios „dem König von Persien“ in Esr 4, 4. 24; 6, 1ö 
—= Kambyses. Dareios I. wurde wahrscheinlich „der Perser“ genannt 
aus einem gewissen Gegensatz zu Dareios-Kambyses „dem Meder“. 
Die aus der Zeit des Kambyses stammende minäische Inschrift Halevy 
535 gebraucht ebenfalls den Medernamen für die Perser; s. Ed.Meyer, 
Gesch. d. Altert. III, 1901,28. 


Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 245 


Nehemias’ Vater war nach 1 Chr 3,19 Pedaja, Sealti’el sein 
Grolsvateri. 

Am Schlusse unserer Untersuchung können wir konstatieren: 
Nach den uns bekannten Quellenzeugnissen ist es wahrschein- 
lich, dafs Nehemias im Jahre 538 v. Chr. an der Spitze der 
ersten Exulanten aus Babel nach Jerusalem zurückgekehrt ist. 


ı Da Zorobabel beständig als Nachkomme des Sealti'el bezeichnet 
wird. sind wohl in 1 Chr 3, 18 die beiden Namen Sen’assar Jekamja nicht 
ursprünglich und zwar Glosse zu Zorobabel in 3, 19. Vor oder nach 
Malkiram in 3,17 sind wahrscheinlich die Worte „und die Söhne Sealti'els“ 
ausgefallen. 


Miszelle zu Ekkle 3,5. 


Die Verse 3, 2—8 des Ekkle zeichnen sich durch ihren 
völlig gleichmälsigen Bau aus. Deshalb ist es in unserem 
Verse mit dem Texte 

DYAN DD np DUaR Towı) NY 

pann pr» np piand ny 
sofort ersichtlich, dals in St. III ein Wort ausgefallen ist. 
Auf die Ergänzung des richtigen Wortes führt uns aber 
Prv 5, 20 mit 

ma) pr pannı ma 2 men mm 
Setzen wir nun PN resp. Pf nach gewöhnlicher Orthographie 
ein, so ist der Vers völlig in Ordnung. Aufserdem ergibt 
sich so ein Reim mit P2n8 in St. IV. Der Ausfall des Wortes 
würde sich so schon dadurch erklären lassen, dals pn nach 
pıarnd übersehen wurde. Wahrscheinlicher ist es mir aber, 
dals man den Ausdruck pn pian als obszön empfand und 
infolge falscher Prüderie pn wegliels. Da Gr. schon das Wort 
nicht mehr hat, wird dieses sehr früh geschehen sein. 
Paderborn. Norbert Peters. 


Die Katenenhandschriften der spanischen 
Bibliotheken. 
Von Prof. Dr. M. Faulhaber in Würzburg. 


II (Fortsetzung). 


5. Toletanus cathedr. 9. 20, eine 177 Blätter (30,6 x 20,3) 
starke Papierhs des 16. Jahrhunderts mit buntestem Inhalt, 
über den ein kurzes griechisches Inhaltsverzeichnis von erster 
Hand auf 2 Vorsatzblättern und ein langes lateinisches von 
späterer Hand auf 17 Vorblättern Aufschluls gibt. Für uns 
kommen nur ff. 1—26° ın Betracht, die ein wertloses Bruch- 
stück der Nicephoruskatene, nämlich zuGn 1,1-3, 15, 
enthalten. Überschrift: ’Einynois ek dlapöpwv Aylwv Kal 
dıdacokaAwv eis nv EZanuepov. Inc. ım Texte 1,1, in den 
Glossen: Oeodwpnrtou‘ Ti dntorte un potetaxe... = Pal. 203 
f. 23 u. a. ed. CL I 1. Des. mut. mit dem Scholion: eig TO 
auto aAlwc' ’Ernei wg @ikog... 6 TTöAeuog = Vat. 746 (I) f. 42”, 
747 f. 24°, 1657 f. 17 u. a, ed. CL I 93, darauf Text 3, 15, 
des. ro0 ontpuatog auräg. Die Schrift ist klein und flüchtig. 
Die Initia des Bibeltextes und der Exegesen sind rubriziert. 
Das Ende der einzelnen Scholien ist durch ein rotes Blatt- 
ornament angezeigt. Die Namen stehen, nur in den Endungen 
gekürzt, am Rande. Von den mir bekannten Nicephorus- 
zeugen steht Tolet. 9.20 dem Pal. 203 saec. 11 relativ 
am nächsten. Seine fragmentarische Genesiskette enthält 
nichts, was nicht bereits in der CL ediert wäre. Die Katenen- 
forschung kann also das Kettenstück des Toletaners ruhig 
zum alten Eisen werfen. Die künftigen Editoren mögen sich 
freuen, dafs in der Kathedralbibliothek von Toledo mit ihren 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 247 


vielen Eisengittern und ihrer kurzen Arbeitszeit keine Kollation 
vorzunehmen sein wird. 


Il. Königsbücherkatenen. 


Der Kettenkommentar zu den vier Königsbüchern, der in 
den zwei genetisch voneinander abhängigen Escorialcodices vor- 
liegt, ist mit dem von Karo-Lietzmann 17—20 katalogisierten 
Kettentypus identisch und mit dem von Nicephorus in der 
CLU 277—960 edierten Typus verwandt. In dem Plus der 
beiden Spanier im Vergleich mit CL sind manche kostbare 
Inedita enthalten. 

1. Escorialensis 2. Il. 19, nach seinen alten Signaturen 
V.0.10; IV.E.7; II.A.10, saec. 13—14. Bombycin. 356 Blätter 
(29,2xX 20,1). Inhalt im einzelnen: f. 1—2 Prologe; f. 2—62' 
Katene zu 1Rg, f. 62’—106 zu 2Rg, f. 106-154 zu 3Rg, 
f. 154’—201 zu 4Rg; f. 201—203 xepdkara zu 1 Chr (xep. ry'), 
2 Chr (ns), Tob (ka’), Jdt (Ad); f. 203—205 Einleitungen und 
Stichenzählung zu Chr, Esr, Est, Tob, Jdt (dieser Name un- 
leserlich); f. 205—209 Prologe von Theodoret, ed. Migne 80, 
801—818; f. 209—356* der biblische Text zu den genannten 
und den Makkabäerbüchern. Überschrift einer späteren Hand 
auf dem Vorsatzblatt: ’Einynoıs dIapöpwv eis TNV TpWTNV Kai 
dEUTEPAV Kai Tpimmv xai Teraprnv TWv Bacıkeıwv xai eig TO 
TPWTovV xai deutepov TWVv Tlapakeaımouevwv’ Ta de Emikorma di 
&otıv "Eodpa, "EoOnp, Twßit, ’loudid Kai TO TTPWTOV Kal dEUTEPOV 
twv Maxkaßaiwv 2 Eoti Kelnevov dveu Einynioewg" BıßAlov EAkeırtec. 


i Dem Herrn Bibliothekar der Kathedrale, Don Gregorio de Vera, 
bin ich sehr dankbar, dafs er mir wenigstens 20 Minuten den Zutritt zu 
dem Bücherkerker gewährte und mich, obwohl das Kopieren (auch von 
längst Ediertem) strenge verboten ist, einige Stichproben aufnehmen liels. 
Ich wäre dem Herrn Kanonikus noch dankbarer, wenn seine Cigarette 
und damit seine Lust, in der Bibliothek zu bleiben, etwas langsamer ab- 
gebrannt wäre. Zur Ehre Spaniens sei aber hierzu bemerkt, wie uner- 
reicht gefällig, auch in der Zumessung der Arbeitszeit, die Bibliothekare 
in andern Bücherbeständen, z. B. in der Madrider Palastbibliothek, und 
namentlich die Augustinerpatres im Escorial sind. 

2 Statt Maxkaßaiwv ursprünglich TTapaleırnouevwv, das aber durch 
Unterstreichen getilgt ist. 


248 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


Dieser Titel wird lateinisch wiederholt. Den Schreiber nennt 
eine Notiz f. 1: Esta copiado de mano de Nicolas de la Torre, 
scriptor de esta Real libreria (sic), Die Hs ist in einem 
äulserst defekten Zustande: Anfang verstümmelt; von dem 
ersten Prolog f. 1, seinem Desinit xai tig mölewg raong nach 
—= Nr 2 Karo-Lietzmann 19, sind nur Silben und wenige Worte 
lesbar. Zwischen f. 1 und 2 fehlt ein Blatt, was der Paginator 
gar nicht bemerkte. Eine barbarische Buchbinderschere hat 
ımit den oberen Rändern ganze Textzeilen weggeschnitten. An 
den Innenseiten der Folia ist vieles wegen allzustrafien Ein- 
bindens nicht mehr zu entzifiern. An vielen Stellen ist die 
Hs zerrissen, an vielen überklebt. Aufserdem hat Escor. £. 
II. 19 bei dem Brande im Jahre 1671 durch Feuer gelitten; 
von f. 106 ab sind die oberen Aulsenecken, gegen Ende immer 
tiefer, ausgebrannt, so dals von mehr als der Hälfte der Blätter 
der 7. Teil fehlt. Man sieht auch noch die Stiche der Gabel, 
mit welcher der Codex aus dem Feuer herausgeholt wurde. 
Des. mut. ypuowuarwv Ndn troA\wv (2 Makk 4, 39). Wenn die 
Stichproben von Karo-Lietzmann 18 aus Paris. Coisl. 8 sind, 
so wäre aus der gemeinsamen Lakune in Nr 1 die Stamm- 
verwandtschaft unseres Spaniers mit dem Pariser dargetan. 
Die Übersicht über das Kettenmaterial ist sehr erschwert: es 
fehlen alle Rubriken, der Bibeltext ist durch eine kaum merk- 
lich grölsere Schrift hervorgehoben, auch durch die Zalılen- 
lettern wird der Anfang der Scholien nicht genügend markiert, 
die Autorennamen sind kaum sichtbar innerhalb der Zeile ver- 
steckt; soweit sie am Rande stehen, sind sie teilweise mit weg- 
geschnitten. — Zum Glück besitzt die gleiche Bibliothek eine Ab- 
schrift des Escor. £. II. 19 aus seinen besseren Tagen in dem 

2. Escorialensis Y. I. 8, früher VLß.1 und VILE.T, 
noch früher IV. ©. 9 und I. H. 15, saec. 16. Paginiert sind 
582 Blätter (33,9 x 23). Auf einem Vorblatt die auf das 
Wort gleiche griechische und lateinisch wiederholte Überschrift 
wie im Escor. 2. IL. 19 und zwar von der gleichen Hand ge- 
schrieben; ebenso am Rande die Note, zu Paral. sei es keine 
IXatene, sondern nur Text mit einigen Protheorien. f. 1: 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 249 


’EEnynois dtapöpwv eis TNV rakaıdv Ypapniv ak&palog (in schwarz 
dazu geschrieben xai areAeotros). Inc. ’Ovönara Bacıkwv... 
Des. mut. nön nmoAAwv. Inhalt: f£ 1—3 Einleitungen zu den 
Königsbüchern im allgemeinen; f. 4’—354' Katenen zu den 
einzelnen Büchern, nämlich f. 4’—103 zu 1Rg, f. 103"—181 
zu 2 Rg, f. 181"—269 zu 3 Rg, f. 269"—354 zu 4Rg; f. 355—372 
Kapitel- und Stichenzählung und andere Introductoria, alles 
genau, wie es zu Escor. 2. II. 19 angegeben wurde, darauf 
f. 372—582” der Schrifttext zu den dort genannten Büchern. 
Formell ist Cod. Y. L. 8 eine Breitkatene. Titel und Initia 
sind purpurrot; auch die Namen sind bis auf die Anfangslettern 
rubriziert. Die Scholien werden vielfach mit Buchstaben am 
Rande numeriert; ebenso wird der heilige Text durch Mar- 
ginalstriche für das Auge des Lesers ausgezeichnet. Alles 
das macht die Hs sehr übersichtlich und die Orientierung 
viel leichter als im Cod. £. IL 19. 

Escorial. Y. L 8 ist eine Kopie des sub 1 ge- 
nannten Escorial. £. II. 19 vor dem Brande 1671. Be- 
weis: In dem Codex des Y-Schrankes sind wiederholt grölsere 
oder kleinere Schriftflächen, auch ganze Seiten, unbeschrieben 
gelassen; diese Lücken finden sich genau an den Stellen, an 
welchen der Codex des 2-Schrankes unleserlich oder ver- 
stümmelt ist. Von dem ersten Prolog in 2. II. 19 waren und 
sind nur wenige Buchstaben und Wörter zu entziffern, so dals 
der Schreiber des Y. I. 8 diesen Prolog ganz überschlug und 
gleich mit dem zweiten Prolog ’Ovöuatra Bacı\&wv begann; 
was er in diesem nicht lesen konnte, deutete er f.1 durch die 
Lücken an; f. 2—3’ liels er gleich 3 Seiten leer, weil in seiner 
Vorlage zwischen f. 1 und 2 ein Blatt fehlte. Natürlich hat 
die Kopie auch auf das Wort genau den gleichen fragmen- 
tarischen Schluls bei 2 Makk 4, 39 xpuvowuarwv ndn TToAAwv. 
Die Abschrift ist so sklavisch treu, dafs alles, was ım £. IL. 19 
am Rande steht, auch im Y. I. 8 an den Rand geschrieben ist, 
ob es sıch nun um kurze Notizen und Textvarianten, oder ob 
es sich wie f. 98" sqq und f. 203 um eine längere Scholienreihe 
handelt. £. II. 19 war schon damals strichweise defekt, doch 


250 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


war die Verwüstung noch nicht so weit wie heutzutage fort- 
geschritten. Was später, im Jahre 1671, der Brand an der 
Hs & zerstörte, was noch später die grausame Schere von 
ihren Rändern wegschnitt, ist in der Abschrift Y alles erhalten 
und gerettet worden. Wir stehen also vor dem merkwürdigen 
Falle, dafs die Tochterhs mehr Wert hat als die 
Mutterhs, und dals für die Neuausgaben ein Codex 
des 16. Jahrh. vor einem Zeugen des 13. Jahrh. zu 
vernehmen ist. Y. I. 8 empfiehlt sich schon durch seine 
übersichtliche Schreibweise und durch die sklavische Treue, 
womit er seine Vorlage wiedergibt!. 
Die folgenden Stichproben zu der Königsbücherkatene? 
sind deshalb nach beiden Hss zusammengestellt. 
Prologe: 1... (unleserlich) .. des. Aaoü xai tig rrölewg 
naong (nach 2%), 
2 ’Ovöuara Bacıkewv TOD louda (nach Y)... "louda 
kai lopanı- 
3 Xpn xada xai Ev Toig ... Nueis ÖnoAoyoüuev‘. 
1 Rg Eig nv npwrnv twv Baoıkeıwv. 
Anfg 1 Teooapes utv igtopiaı ... BiBAov Guverpäyavto. 
2 ’Enewdn TS Belag xapırog .. . TTapadeıpdevra dıdd- 
oxoucav. CL II 277sq. 


! Nachträglich sehe ich aus Karo-Lietzmann 19, dafs schon Erich 
Klostermann (Origenes’ Werke III p. xıvı) den Codex Y. 1.8 als 
eine Abschrift aus Z£. II. 19 erklärte, dafs ich also eine Eule nach Athen 
getragen habe. 

2 Ich beschränke mich hier auf je zwei Anfangs- und Endproben; 
weitere Nummern stelle ich privatbrieflich gerne zu Diensten. 

3 Das Incipit dieses Prologs wäre nach Venet. 16 saec. 14 (Karo- 
Lietzmann 19) TTepi rwv övouarwv. Nach diesem Venezianer wurde die 
Königsbücherkatene (wahrscheinlich auch unseres Escor. £. II. 19) von 
den xepdAara, also genau wie die Prophetenkatenen, eröffnet. 

4 Dieser Prolog findet sich, am’ Schlusse verlängert, auch vor der 
Jeremiaskette des Johannes Drungarius, mit einigen Varianten auch vor 
dessen Is-, Ez- und Dn-Katene (abgedruckt in meinen „Propheten-Cate- 
nen‘ 192ff), auch vor einer Mt- und Jo-Katene (vgl. ebd. 197fl),. Die 
innere Anlage der Königsbücherkatene, namentlich die Art der Quellen- 
angabe (nicht blols bei Severus von Antiochien), erinnerte mich überhaupt 
vielfach an die Prophetenkatenen. 


‚Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 251 


Ende 1 Ae Zeunpov En. "Avt. &K TS TTpög ToUs Emokömoug 
Eopraorıfis EmotoAnig‘ Acikvuaiıv ÖTI TUTIOS ... 
tupavvidog EZeiAeto. 

2 Ag’ Kai Bapüverai pnoi... TeTounevou BeAouc. 
2Rg Baoıkeıwv deuräpa (sic Y). 

Anfg 1 Ocodwpov.! Ti &orı xAndwv; Köouos Eoti... Bpa- 

xıapıov auto xerinkev. CL 495. 
2 Tives Emueupovran Tov Aavid . .. Havatov TOU ZaouvA. 
Ib. 496. 
Ende 1 Taurnv oüv dpa tiv... Kata tags Ypapdc. CL 64dsg. 
2 'Ev ru 'EkomiW... Önolwg Beodwpntw. 
3Rg Baoıeıwv Tpirn. 

Anfg 1 a’ Oeodwpnrtou‘ Tıves broAaußavougıv ... Avontws 
ÄYav ... EBeßaiwoe Aöyous. CL 651. 

2 To0 auroü‘ Töv yrWwv Tiva kalel... Kai geldi. CL 653. 

Ende 1 Z’ Tivog oVv Everev &pwrndeig... tw ainarı. CL 805 809. 

2 Ardvuov' Ei tig rpös pnTöv... pnoıv 6 Aauvid. 
ARg Bacıkeıwv Teräprn. 

Anfg 1 Oeodwpnhtou‘ TIwsg vonteov TO... NVEoxovro Apxeoduı. 
CL 811g. 

2 Tod ovroü- “Onoiov &orı TO... Oikog Tv Wpa... 
Övoudlougıv oi toAkol. CL 813. 

Ende 1 xa’ Koi &XoAnoe Qnoıv... auroü Toü Bacık&wc. 

2 Beodwpou' "Ns dE Kateotn.... Kaprrodcdaı Triv Yv. 

TeXog TÄg Teraprns Twv BaoıkeıWwv. 
Auch die nachstehende Namenliste der Katenen- 
scholiasten ist auf Grund der beiden Hss aufgestellt, da 


ı So löst Y. I. 8 bier und an andern Stellen das Sigel ©: oder 
Ocodw des Z. II. 19 auf; die katechetische Form des Scholions und die 
Parallelzitate würden aber eher für eine Auflösung in Oeodwprjtou sprechen. 
Nähere Untersuchung ist um so notwendiger, als dieses Lemma den 
Löwenanteil an der Kette hat. Sie hätte zu beachten, dafs in 4 Rg in 
beiden Codices zur Unterscheidung von den zweifelhaften ©e’'-Scholien 
andere Zitate ausdrücklich mit OcodWpov “Hpaxrkeiag lemmatisiert sind. 
In andern Katenen herrscht die gleiche Verwirrung in Bezug auf die 
lautverwandten Namen Theodor und Theodoret; Diodor ist mehr vor 
Verwechslung geschützt, weil der erste Buchstabe immer im Sigel aus- 
gedrückt wird. 


252 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


die Lemmata des 2. II. 19 vielfach ausgebrannt oder wegge- 
schnitten oder kaum sichtbar in den Zeilen versteckt sind. Es 
werden zitiert!: Alexander von Nicäa (1), äAXog oder ä\\wsg, 
Apollinarius (1), Athanasius (123), Basilius, Cyrill von 
Alexandrien, Didymus, Diodor (1 2), Ephräm (4), Euagrius 
der Mönch (1), Eusebius von Cäsarea, Eusebius von 
Emesa (1 3 4), Gregor der Theologe (1 2), Gregor von 
Nyssa (2), Johannes Chrysostomus, Josephus Hebräus (4), 
Irenäus „Apostelschüler“ (1 4), Isidor von Pelusium (4), 
Örigenes, Polychronius (1 3), Severianus (2), Severus von 
Antiochien, Theodoret oder (vgl. ob. Anm.) Theodor, 
Theodor von Heraklea (4), Theophilus von Alexandrien (1 2 4), 
Victor von Antiochien (2 4). 


III. Jobkatenen. 


Zum Buche Job existieren zahlreiche Katenenhss, nament- 
lich in englischen und italienischen Bibliotheken. Einige 
Seitenläufer und eigenartige Zweigredaktionen abgerechnet, 
scheiden sie sich im Grunde in zwei (genetisch wieder verwandte) 
Typen. Ich taufe den Typus A als italienische Gruppe, 
weil seine acht ältesten Vertreter Italiener sind, und Typus B 
als englische Gruppe, weil die Ausgabe dieses Typus von 
Junius auf Oxforder Codices zurückgeht. Innerhalb der Typen 
zeigen die einzelnen Vertreter, namentlich in den Eingangs- 
scholien, so viele Varianten, dals sich auch dieses Labyrinth nur 
mit einer Jobsgeduld entwirren lälst. Spanien beherbergt nur 
zwei Jobkatenen, in Salamanca einen Vertreter der italienischen 
und in der Madrider Nationalbibliothek einen Vertreter der 
englischen Gruppe. 

1. Salmanticensis Universitatis cod. 1. 2. 1, eine 
Papierhs saec. 16 in Folio (30,1 > 21,2), ehemals zur Jesuiten- 


1 Die beigefügten arabischen Ziffern wollen Aufschlufs geben, zu 
welchen von den 4 Königsbüchern die einzelnen Scholiasten innerhalb 
der Katene zitiert werden. Gesperrt sind die Namen jener Autoren, die 
in den Ketten zu allen 4 Büchern erscheinen, also den Grundstock des 
Kommentars bilden. Karo-Lietzmann 18 haben in ihrer Liste aulser 
diesen Namen noch Epiphanius, Hesychius, Hippolyt und Olympiodor. 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 253 


bibliothek gehörig. Auf einem Vorblatt die Notiz: Catena 
Graecorum patrum. De la libreria del Colegio real de la 
Compaäüia de Jesus de Salamanca. Auf der Kehrseite eines 
zweiten Vorblattes eine Namenliste zu der Jobkatene, die 
den ganzen Inhalt des Codex bildet. Der Form nach Breit- 
katene. Die Initia rot. Die Autorennamen innerhalb der 
Zeile. Der Bibeltext ist durch Randstriche ausgezeichnet; die 
Glossen werden von Zahlenbuchstaben am Rande begleitet. 
Die Seiten sind nicht numeriert, auch die Blätterlagen nicht. 
Titel von erster Hand und Incipit: ’Iwß. &inynoıs dtapöpwv. 
xep. a. Text 1,1. &punveia. OAuumodwpou dıaxövov. "H xwpa N 
Avocitig xwpa .... Des. mit dem lückenhaften Olympiodor- 
scholion Koi ei uev (sic) [Lücke] om örı... rov [] Ev tw... 
oötog de ng Awu. Es fehlen also die Prologe des Paris. 151 
(Lietzmann, Catenen 66f), Vat. 749, Marcian. 21, ebenso die 
zwei letzten Scholien und die Unterschriften der andern 
A-Codices. 

Die Jobkatene der Salamancahs reiht sich der italie- 
nischen Gruppe von Jobkatenen an; an einigen auffallenden 
Varianten, namentlich in meinen Proben zu Kap. 18, bekennt 
sie sogar ihre engste Zugehörigkeit zur Familie des 
Seniors dieser Gruppe, zu Vat. 749 saec. 9, ohne dals 
ich aber eine direkte Abstammung von diesem Römer behaupten 
will. Die A-Katene hat wenigstens 9 handschriftliche Ver- 


! Charakteristisch für Salm. 1. 2. 1 ist aufser seinem Desinit das 
Fehlen von Nr 9—15 und 17—18 von den Eingangsscholien und das falsche 
Lemma ’AroX. vor dem Polychroniusscholion Kai ualıora zu Kap. 18 Nr 9. 
Letztere Eigentümlichkeit zeigt übrigens neuerdings, welches Unheil das 
nachträgliche Rubrizieren der Anfangsbuchstaben in der Überlieferung 
anrichtete. ÖA’ war vielfach Sigel für Olympiodor, oA’ für Polychronius, 
ärtoA' für Apollinarius. Zunächst wurde nur A’, oX’, ttoA’ geschrieben, 
später wurden die Rubra ö zu X’, az zu oX’, & zu noX’ hinzugefügt. Der 
Rubrikator konnte nun leicht das nr vor oA’ oder das & vor to’ vergessen, 
so dals der nächste Abschreiber das stehengebliebene oA’ als Olympiodor 
(statt Polychronius) und das moA’ als Polychronius (statt Apollinarius) 
milsdeutete. Umgekehrt konnten die Sigel für Olympiodor und Poly- 
chronius mit einem ı bzw. einem & zuviel versehen und dann fälschlich 
in Polychronius (statt in Olympiodor) und in Apollinarius (statt in Poly- 


254 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


treter aus dem 10. und 11. Jahrh., also eine Grundlage, so fest 
wie man sie für die Untersuchung nur wünschen kann. Salm.1.2.1 
ist einer der jüngsten und wertlosesten Zeugen und kann 
künftighin ganz aulser Betracht bleiben. 

Aulser Polychronius von Apamea, Olympiodor Diakon, 
Didymus und Chrysostomus, welche vier den Fundus der Kette 
bilden, werden in der Jobkatene A (des Vallic. ©. 41 saec. 10) 
folgende Autoren zitiert: Apollinarius (22mal), Basilius (3), 
Clemens (1), Oyrill von Alex. (2), Dionysius „Areopagita* (4), 
Euagrius (25), Eusebius von Cäs. und Gregor von Nyssa (je 1), 
Gregor der Theologe (3), Julian (65), Methodius von Sidon! (18), 
Örigenes (114), Severus von Antiochien (23), Theodor von 
Mops. (1), Theophilus von Alex. (2). 

2. Matritensis nationalis 4716 (früher O. 38), eine 
Papierhs, saec. 13—14 mit 223 paginierten Blättern (34,1 x 
23,6), enthält nichts als eine Jobkatene f. 2—223, und zwar 
den von Junius edierten Typus B in Form einer Breit- 
katene mit schöner Schrift und vielen Rubriken. Die Namen 
in Abbreviaturen rot am Rande. f. 1" von späterer Hand ein 
Verzeichnis der zitierten Scholiasten. f. 2: Twv Kata kepakaıov 
einynoewv eis TOvV dikarov IuB Arno @Ywvis "OAunmodWpou 
dıakövou Kal Erepwv. °H ümödecıs OAuumodwpou‘ TIoAAd Toig 
raAmorepoıg Edofe rrepi tüg [Lücke von einer halben Seite] oi 
UEV.... ÖreparroAoyouuevot [] tmpöo ... (fortwährend Lücken)... 
Bıßkliwv N ouyypapr. f. 2”. 3’ leer. f. 4 weitere Prologe (die 
gleichen wie in Laud. 86), wovon der erste: TToAuxpoviou Trpö- 
Aoyos eis tov lwß* "H Ev Taig Belag... Ypapfi Trapadedwke. 
Das erste Scholion f. 6: 'OAuvumodwpou' °H Aucitig xWwpa NV... 
uexpı vüv Öpwuevwv; das letzte Scholion f. 223: Xpuoootönou* 
"EKa0Tog Toivuv TWV ... oUTWg Artelevoöneda (Doxologie). Jede 
auf den Katenenautor bezügliche Angabe fehlt. 


chronius) aufgelöst werden. Daher die häufige Verwechslung dieser drei 
Namen; weitere Belege in meinen Hohel. Cat. 136. 

ı So lautet das Lemma vor dem ersten Methodiuszitat; vgl. hierzu 
Bardenhewer, Patrologie!170f. Ein Beispiel, auf wie viele noch offene 
Fragen der Patrologie die Katenen Antwort geben können. 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 255 


Die Vorlage und etwaige Deszendenten des Madriders 
werden sich aus den angegebenen Lücken rasch erkennen 
lassen. Matrit. 4716 ist eine ziemlich wertvolle B-Hs, weil 
er nicht so viele Anonyma hat, wie etwa Barocc. 176, und 
vielleicht zur Kontrolle der Namen in der Juniusausgabe ver- 
wendet werden kann. In den Stammbaum der englischen Hss. 
fügt sich der Spanier also ein: 


Barocc. 201 s. 12- 13 


Matrit. 4716 


Barocc. 195 s. 15 


Barocc. 178 Laud. 86 Baroce. 176 
8. 16 ®. 16 8. 16 


In Worten: Laud. 86 und Barocc. 176! gehen wegen der 
gleichen Lücken in Jb 2, 5—7 auf die gleiche unbekannte 
Vorlage und im zweiten Grade auf die Mutterhs des Madriders 
4716 zurück. (Fortsetzung folgt.) 


ı Eine Zwillingshs zu Barocc. 176 ist der Turiner C. III.1; er ent- 
stand aus der gleichen Mutterhs in dem gleichen Jahre 1562. 





Chronologie des Apostels Paulus 
von seiner Bekehrung bis zur Abfassung des 
Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 


Von Rektor a. D. Joseph Aberle in Breslau. 
I. 


er Verfasser des Artikels im 5. Hefte der „Schweizer 

Rundschau“ 1901—1902 über „Wandlungen und Wande- 
rungen Pauli bis zum Apostelkonzil“ t hat zu dem Zwecke, die 
biblischen Quellen hiervon, Galaterbrief und Apostelgeschichte, 
zu kombinieren und dadurch Professor Webers Hypothese 
von der Abfassung des Galaterbriefes vor dem Apostelkonzile 
zu unterstützen, seinen Ausführungen eine Chronologie des 
Weltapostels zu Grunde gelegt, die mit den historischen 
Merkmalen der beiden genannten biblischen und der ein- 
schlägigen profanen Geschichtsquellen schwerlich in Überein- 
stimmung zu bringen ist. 

Er unterscheidet in dem Lebensgange des Apostels von 
dessen Bekehrung bis zum Apostelkonzile drei Entwicklungs- 
stufen, deren jede mit einer Hauptepoche beginne. Diese 
Epochen sind: 

1. Saulus’ wunderbare Bekehrung vor Damaskus, 2. seine 
göttliche Berufung im Tempel zuJerusalemzur Heidenmission, 
und 3. die beim feierlichen Gottesdienste in Antiochien vom 
Heiligen Geiste befohlene und durch die Handauflegung der 
Propheten und Lehrer vollzogene Weihe des Saulus und Bar- 
nabas zum Apostelamte. 





ı Joh. Mader in Schweizer Rundschau 1. Jahrg., 5. Heft, Stans 
1900— 1901, 301— 323. j 


Aberle, Chronologie des Apostels Paulus etc. 257 


Mit letzterem Ereignisse bringt er in unmittelbaren Zu- 
sammenhang jenen von Paulus im Galaterbriefe 2, 1—10 
angeführten Vorgang, der gelegentlich der von der Apostel- 
geschichte berichteten sog. Kollektenreise vor den Säulen- 
aposteln in Jerusalem stattgefunden habe, und demzufolge 
noch in demselben Jahre die Weihe in Antiochien erteilt 
worden sei. 

Als Zeit für diese Reise bezeichnet er eines der nächsten 
zwei Jahre nach dem Tode des Königs Herodes Agrippa L, 
der nach dem Zeugnisse des Josephus i. J. 44 n. Chr. starb'. 

Als äufsersten Termin der Reise hält er das Jahr 46 
n. Chr. fest, und da nach den Worten des Apostels Gal 2, 1 
bis zu dem Zeitmomente, wo er wieder nach Jerusalem mit 
Barnabas hinaufging, 14 Jahre verflossen waren, so sei Pauli 
Bekehrung ins Jahr 32 n. Chr. anzusetzen. 

Dieses Ergebnis würde aber nur dann unanfechtbar sein, 
wenn als zweifellos festgestellt wäre, dals 

I. die Flucht des Apostels Paulus aus Damaskus vor dem 

Statthalter des Königs Aretas von Arabien, welche drei 
Jahre nach der Bekehrung erfolgte, wirklich im Jahre 
35 n. Chr. stattgefunden hätte, 

IL. die sog. Kollektenreise wirklich im Jahre 46 n. Chr. 
unternommen wurde, und 

III. jener Vorgang vor den Säulenaposteln in Jerusalem, 
worüber Paulus Gal 2, 1—10 ausführlich berichtet, 
sich wirklich bei Gelegenheit der sog. Kollekten- 
reise im Jahre 46 n. Chr. ereignet hätte. 

Gegen diese drei Behauptungen müssen sich aber die 
berechtigtsten Zweifel erheben, welche im Nachstehenden ihre 
Begründung erhalten sollen. 

I. Die Flucht des Apostels Paulus aus Damaskus 
vor dem Statthalter des Königs Aretas von Arabien 





ı Über das Todesjahr König Her. Agr. I. vgl. Jos., Antiq. 19, 8, 2: 
tpltov de Eros aut Bacıkevovri tig ÖAng ’loudaiag menAnpwro. Die 
Königsherrschaft über Judäa erhielt Her. Agr. I. i. J. 41; das 3. Jahr 
derselben endete also i. J. 44 n. Chr. 

Biblische Zeitschrift. L 3. 17 


258 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


kann sich nicht vor dem Jahre 37 n. Chr. ereignet 
haben. 

Wie im Vorhergehenden berichtet wurde, hätte die Be- 
kehrung des Weltapostels im Jahre 32 n. Chr. stattgefunden. 
Demnach mülste drei Jahre später, im Jahre 35, wo der 
Apostel, wie er Gal 1, 17—18 schreibt, nach seiner Rückkehr 
aus Arabien wieder in Damaskus weilte und dann nach Jeru- 
salem hinaufging, um den Petrus kennen zu lernen, sich jenes 
für unsern Zweck wichtige Ereignis zugetragen haben, welches 
Paulus 2 Kor 11, 32 u. 33 und die Apostelgeschichte 9, 25 
erwähnt, nämlich seine Flucht aus Damaskus vor dem Statt- 
halter des Königs Aretas. Damaskus hätte also i. J. 35 n. Chr. 
unter der Herrschaft dieses Araberkönigs gestanden. 

Die hierüber vorhandenen Quellen legen jedoch für dieses 
Jahresdatum der arabischen Herrschaft über Damaskus kein 
günstiges Zeugnis ab, weisen uns eher auf ein späteres Jahr 
herab, etwa auf eines der Jahre 37—40 n. Chr., wo Damaskus 
erst in den Besitz des Königs Aretas gelangt sein konnte. 
In diese Zeit führen uns bei unserer Untersuchung zunächst 
die stummen Quellen. 

Unter den vorhandenen arabischen Münzen befinden sich 
meist solche des Königs Aretas, welcher als der Vierte dieses 
Namens durch die neuesten Untersuchungen nachgewiesen ist. 
Auf diesen Münzen erscheint aulser dem Bilde und dem 
Namen dieses Königs meist auch der charakteristische Titel 
desselben 1%Y DAN (Rachem-ammeh = der sein Volk liebt), den 
sich der König in der unverkennbaren Absicht zur Bekundung 
seines Rassengeistes beigelegt hat. Aretas herrschte nach 
einer Inschrift von el-Hegr (Medain Salih) 48 Jahre über das 
mächtige, den Süden und Osten Palästinas begrenzende Reich 
der Nabatäer!; er begann seine Regierung im Jahre 9, wahr- 
scheinlich aber erst 8 v. Chr. Geburt?, und sein 48. Regierungs- 


ı Euting, Nabatäische Inschriften aus Arabien, Berlin 1885, 
Nr 16 u. 17. 

2 Im ‚Jahre 9 v. Chr. wurde Herodes I. von Sylläus, dem Statthalter 
des Königs Obodas II. von Arabien, bei Augustus verklagt, weil er gegen 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 259 


jahr fiel somit in das Jahr 40 n. Chr. In seinen letzten 
Regierungsjahren hat auch Damaskus unter seiner Botmäfsig- 
keit gestanden. Bis zum Jahre 34 war Damaskus eine römische 
Stadt; denn die damaszenischen Kaisermünzen gehen bis 34 
und kommen erst unter Nero im Jahre 63 wieder zum Vor- 
schein!. Dafs nun bei ihrem Verschwinden im Jahre 34 
Damaskus sogleich unter arabische Herrschaft gekommen sein 
sollte, ist bei der Bedeutung des Titels auf den genannten 
Münzen des Aretas schwer denkbar. Welchen unerträglichen 
Druck auf das Nationalgefühl seiner neuen Untertanen, der 
Damaszener, hätte nicht der Araberkönig ausgeübt, wenn er 
nach der Besitznahme ihrer Stadt unter so absichtlicher Her- 
vorkehrung seines Patriotismus für sein Stammland solche 
Münzen weiter schlagen liels! Mehr noch war es als eine 
illoyale Kundgebung gegen den Oberherrn, den Kaiser Tiberius, 
aufzufassen, wenn der Araberkönig als Inhaber eines römischen 
Lehens noch fortfuhr, auf seinen Münzen sich als solchen zu 
bezeichnen, der sein Volk — die Nabatäer — liebt, wie denn 
auch v. Gutschmid in diesem Titel einen versteckten Protest 
gegen andere, einem römischen Vasallen eher geziemende Be- 
zeichnungen, wie ®iAopwuanog oder @PiAökamcap, richtig er- 
kannt hat2. 

Dem Kaiser Tiberius, der sich vor seinem Regierungs- 
antritte wiederholt und lange im Orient aufgehalten hatte und 
noch im Jahre 17 n. Chr., als er schon Kaiser war, den König 
Archelaus aus beleidigtem Ehrgeiz des Thrones von Kappa- 


Obodas einen Krieg unternommen hatte. Da Sylläus darauf den Obodas 
umbrachte, und Aretas IV. den Thron seines Landes bestieg, so hätte 
Herodes I. als der Verklagte diese Vorgänge als Gründe zur Gegenklage 
benutzen können; er hat dies nicht getan, wohl weil er von den Wirren 
in der eigenen Familie im Jahre 8 v. Chr. zu sehr in Anspruch genommen 
wurde. Somit fiel die Tat des Sylläus und die Thronbesteigung des 
Aretas IV. ins Jahr 8 v. Chr. (Jos., Antiq. 16, 9—10.) 

ı Mionnet, Description de miädailles antiques V 286. — De 
Saulcy, Numismatique de la Terre Sainte, Paris 1874, 36. — Euting 
a. a. O. 84ff. — Schürer, Geschichte des jüdischen Volkes I 736—739. 

2 Gutschmid bei Euting a.a. 0. 85. 

17° 


260 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


dozien beraubte!, konnte wohl die wenig römerfreundliche Ge- 
sinnung des Aretas nicht verborgen geblieben sein; denn in 
mehr als einem Falle hatte dieser den Zorn des Kaisers 
herausgefordert. Eigenmächtig hatte er im Jahre 8 v. Chr. 
sich in den Besitz des Thrones von Arabien gesetzt, ohne die 
Erlaubnis des Kaisers Augustus hierzu vorher zu erbitten 2; 
eigenmächtig war er im Jahre 36 n. Chr., obschon selbst nur 
Vasall, gegen einen andern kaiserlichen Vasallen, den Vier- 
fürsten Herodes Antipas, seinen Schwiegersohn, zu Felde ge- 
zogen. Einem solchen Tributfürsten, der seinen nationalen 
Ehrgeiz so offen zur Schau trug, wird der mit aller Welt 
zerfallene, in seinen letzten Regierungsjahren äufserst mils- 
trauisch gewordene Einsiedler auf Capri ein so blühendes, 
dicht bevölkertes, bis an die Grenzen Sidons reichendes Herr- 
schaftsgebiet, wie es Damaskus damals war, bei seinen Leb- 
zeiten nicht anvertraut haben. 

Auch im Monat März des Jahres 37 n. Chr. hat Damas- 
kus dem Könige Aretas noch nicht gehört. Hätte es ihm 
gehört, dann hätte die Strafexpedition, welche Vitellius, der 
Statthalter von Syrien, damals von Antiochien aus nach Petra 
gegen Aretas wegen dessen eigenmächtigen Vorgehens gegen 
den Tetrarchen Herodes Antipas der Meeresküste entlang 
führte3, schon von Sidon aus den ersten Angriff auf Damaskus 
als ein feindliches Gebiet richten müssen, anstatt den langen 
Marsch bis Ptolemais ununterbrochen fortzusetzen; denn die 
Gebiete von Sidon und Damaskus grenzten damals bei Sidon 
aneinander, und diese Grenze konnte nur wenige Meilen von 
der Meeresküste entfernt gewesen sein. 

Wenn hiernach von 34 n. Chr. bis zum Tode des Tiberius 
Damaskus weder unter römischer noch unter arabischer Herr- 


i Klebs, Prosographia imperii Romani saec. I. IL. III. Pars I 127. 

2 Jos., Antiq. 16, 10, 9. 

3 Über den Kriegszug des Vitellius gegen Aretas vgl. Jos. Antig. 
18, 5, 1 u. 3. 

ı Vgl. Schenkel, Bibellex. IV, Leipzig 1872, 563, wo die Breite 
Phöniziens auf !,, bis 2 oder 3 geogr. Meilen angegeben wird. 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 261 


schaft stand, so scheint die Vermutung sich zu bestätigen, 
dafs es während dieser Zeit von eigenen Obrigkeiten regiert 
worden ist. Damit wird es auch erklärlich, warum Damaskus 
zur Zeit des Tiberius, wie Josephus berichtet!, Grenzstreitig- 
keiten mit den benachbarten Sidoniern führen konnte. Führte 
es dieselben in eigenem Namen, so erfreute sich Damaskus 
damals, wie schon einmal im Jahre 70 v. Chr., des Vorrechtes 
einer Selbstregierung? und hat den arabischen Statthalter 
des Königs Aretas erst nach dem Tode des Kaisers Tiberius 
in einem der Jahre 37—40 erhalten. Erst in dieser Zeit 
also kann jener im zweiten Korintherbriefe und in der Apostel- 
geschichte berührte Fall eingetreten sein?®, wonach auf An- 
stiften der Juden zu Damaskus der Apostel Paulus genötigt war, 
vor dem Statthalter des Königs Aretas von dort zu fliehen. 
Nach dem Galaterbriefe 1, 17 war der Apostel Paulus 
zweimal in Damaskus; in der Zwischenzeit von drei Jahren 
befand er sich in Arabien. Diesen letzteren Aufenthalt er- 
wähnt die Apostelgeschichte gar nicht, sondern lälst in Kürze 
die Berichte über die Ereignisse von der Bekehrung an bis 
zur Flucht vor dem Statthalter unmittelbar aufeinanderfolgen, 
so dals es den Anschein hat, als bringe sie dieses letztere 
Ereignis mit der ersten Anwesenheit des Apostels zu Damas- 
kus in Zusammenhang. In der Tat hat diese dem Lukas 
eigentümliche Berichterstattungsart Wendt? veranlalst, die 
Flucht des Apostels bereits in die Zeit seiner ersten An- 
wesenheit in Damaskus zu setzen. Dahei aber wäre es un- 


ı Über den Grenzstreit vgl. Jos., Antiq. 18. Da Flaccus, der Vor- 
gänger des Vitellius, in diesen Streit eingriff, so entstand derselbe im 
Jahre 34 oder 35, bis zu welchem Jahre Flaccus Statthalter von Syrien war. 

2 Über autonome Stadtmünzen von Damaskus im Jahre 70.69 v. Chr. 
siehe Mionnet, Suppl. VIIL 193; De Saulcy a. 8.0. 31 Nr 9; Pauly, 
Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft, herausgeg. von 
Wissowa VIII, Stuttgart 1901, 2045. 

32 Kor. 11, 32 und 33, wo der Statthalter dem Apostel Nach- 
stellungen bereitet; Apg 9, 25, wo dies die Juden in Damaskus tun, 
was beides zu gleicher Zeit geschehen konnte, 

ı Siehe Meyer, Handb. über die Apg, 5. Aufl, neu bearb. von 
Wendt, Göttingen 1880, 224. 


262 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


erklärlich, wie er drei Jahre später an denselben Ort wieder 
zurückkehren konnte, wo ihm ein noch schlimmeres Geschick 
von seiten derselben Widersacher bevorstand'!. Übereinstim- 
mend mit den Angaben des Galaterbriefes meldet die Apostel- 
geschichte, dals Paulus unmittelbar nach seiner Flucht aus 
Damaskus nach Jerusalem hinaufging. Bis zu dieser ersten 
Reise des Apostels nach Jerusalem waren die drei Jahre nach 
seiner Bekehrung verflossen. WarumabergeradedreiJahre? 
Es war dieses jene Periode des Friedens, dessen die Kirche 
in ganz Palästina sich zu erfreuen hatte (Apg 9, 31—11, 18). 
Diese plötzliche Umänderung der Zeitverhältnisse hing ohne 
Zweifel zusammen mit dem Regierungswechsel auf dem Cäsaren- 
throne in Rom. 

Tiberius starb am 16. März 37; ihm folgte Caligula, der 
bitterste Feind der Juden. Dieses Volk, das bisher rücksichts- 
los gegen seine christlich gewordenen Stammesgenossen in 
Jerusalem und in ganz Palästina vorging, sah sich jetzt selbst 


ı Diesen Gegengrund lälst Wendt nicht gelten, da er ja überhaupt 
Apg 9, 19—25 nur auf die erste Anwesenheit des Paulus in Damaskus 
bezieht. Dennoch ist dieser Gegengrund der wahrscheinlichste. Lukas 
unterscheidet 9, 19—25 zwei verschiedene, ungleichlange Zeitabschnitte: 
einen, der nur einige Tage dauert, und einen zweiten, der viele Tage 
umfalst. Ebenso ist die Charakteristik beider Zeitabschnitte verschieden. 
In den wenigen Tagen nach seiner Bekchrung verkehrt Paulus friedlich 
in Damaskus mit den Christen; in dem längeren Zeitraume vieler 
Tage treten die Juden ihm feindlich entgegen und deuten in den Worten, 
die sie in ihrem Entsetzen über seine Umwandlung untereinander sprechen, 
9, 21, durch den Gebrauch der Zeitformen &AnAußeı und Aydyn auf einen 
früheren, längst vergangenen Zeitpunkt hin, wo er hierher (nach Damas- 
kus) gekommen war, damit er (im Auftrage der Hohenpriester) die 
Gläubigen gebunden nach Jerusalem führen sollte. Dement- 
sprechend übersetzt auch Weizsäcker (Das Neue Testament, Freiburg 
1. B.) diese Stelle: „Der hierher gekommen war, um sie gebunden zu den 
Hohenpriestern zu führen.“ Der arabische Aufenthalt des Paulus war 
für Lukas kein Gegenstand zur Berichterstattung. Paulus gibt ja selbst 
den Grund seines Wegzuges von Damaskus nicht ausdrücklich an; nicht 
Not hatte ihn von dort getrieben, sondern der innere Drang, der von Gott 
kam (Gal 1,16—17). Hiervon war er der einzige Zeuge, ebenso davom, 
warum er sich gerade nach Arabien zurückzog. Lukas wulste hierüber 
nichts Sicheres, konnte darum auch nichts berichten; deshalb schweigt er 
gänzlich über den Aufenthalt des Paulus in Arabien. 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 263 


angefeindet und verfolgt von dem Herrscher des Reiches; es 
war in die Notwendigkeit versetzt, seine heiligsten Angelegen- 
heiten gegen die Launen des neuen Kaisers zu schützen. 

Diese bedrängnisvolle Lage verschaffte aber auch der 
Kirche jene Ruhepause, in welcher Petrus die Gemeinden 
ungehindert besuchte, und Paulus auf göttliche Eingebung in 
Arabien weilte. 

Seinen Bericht über die Ereignisse in dieser Friedenszeit 
beginnt der Verfasser der Apostelgeschichte gerade da, woer kurz 
vorher die Sendung des Paulus nach Tarsus erwähnt hat (Apg 
9,30), so dals man bei flüchtiger Lesung denken könnte, es sei 
die Zeit jenes Friedens, wo Petrus seine Visitationsreisen in 
Judäa unternahm, dieselbe gewesen, die Paulus im Galater- 
briefe als die Zeit seines syrisch-cilicischen Aufenthaltes be- 
zeichnet (Gal 1, 21). Doch letztere Zeit kann man mit 
jener Friedenszeit nicht zusammenstellen, wenn man nach den 
Berichten des Lukas das Schicksal der Gemeinde von Jeru- 
salem vor der Bekehrung des Paulus mit ihrem Zustande 
gleich nach dieser Bekehrung vergleicht. Dort waren seit 
der Steinigung des Stephanus nur die Apostel allein in Jeru- 
salem, da die Gläubigen sich in die Landschaften von Judäa 
und Samaria zerstreut hatten; auch dann waren die Apostel 
noch allein in Jerusalem, als sie die Kunde von der Bekehrung 
der Einwohner in Samaria erhielten und den Petrus und Johannes 
dorthin schickten, und auch Paulus deutet diese alleinige 
Anwesenheit der Apostel in Jerusalem im Galater- 
briefe 1,17 an. Nicht lange nach seiner Bekehrung aber, und 
zwar während seines Aufenthaltes in Arabien, müssen 
die Gläubigen allmählich wieder nach Jerusalem zurückgekehrt 
sein; denn als er nach seinem zweiten Aufenthalte in Damas- 
kus wieder nach Jerusalem hinaufkam, um den Petrus kennen 
zu lernen?, waren die Apostel nicht mehr allein in der heiligen 


ı Vgl. Bisping, Erkl. der Apg, Münster 1871, 172. 

2 Das Verbum iorwpeiv, das im NT nur an dieser einen Stelle vor- 
kommt, bedeutet „erforschen, erkunden, nachfragen, durch 
Forschen etwas kennen lernen“ (Passow s. v. lorwp£w). Da der 


264 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


Stadt, sondern Barnabas und die Jünger und die Brüder 
waren auch daselbst! (Apg 9, 26. 27.30). Dieselbe Gemeinde, 
die ehedem wegen der ausgebrochenen Verfolgung die Stadt 
verlassen hatte, scheint also, nachdem Saulus, ihr Verfolger, 
weggegangen war (Apg 8,1), nach Jerusalem zurückgekehrt und 
sich aufs neue um die Apostel gesammelt zu haben. An diesen 
Zeitpunkt knüpft Lukas seinen Bericht über die Visitations- 
reisen des Petrus während des Friedens der Kirche an, in dem 
er durch oüv? den Wendepunkt anzeigt, der die Friedensära 
für die Gemeinden in Judäa, Samaria und Galiläa einleitete. 

Als den Wendepunkt zu dieser Friedensära kann aber Lukas 
die Ankunft des Paulus in Jerusalem (Apg 9, 26) unmöglich im 
Sinne gehabt haben. War Saulus der Friedensstörer bis zu 
seiner Bekehrung, so war er es doch nicht mehr seit seiner 
Bekehrung, was Lukas ja selbst Apg 9, 19 ausdrücklich bezeust. 
Wulste man inJerusalem diedreiJahre hindurch nichts von dieser 
Bekehrung, so hatte das die Rückkehr der geflohenen Christen 
nach der heiligen Stadt durchaus nicht gehindert; ihre Furcht 
vor dem Verfolger erwachte erst wieder, als er wiederkam; 
vorher hatten siesichruhig gefühlt. Das war die Friedens- 
periode. die wir als Wirkung des feindlichen Auftretens des 
neuen Kaisers gegen die Juden bezeichneten. Der Kaiser 
Caligula regierte 3 Jahre 10 Monate3 8 Tage und starb am 


Apostel den Petrus dem Namen nach bereits kannte, so wird er ihn auch 
persönlich gekannt haben. Die Bedeutung von TTerpov iorwpnoaı wäre 
somit nach obigen Bedeutungen auszulegen. Eine Evangelienschrift gab 
es damals also noch nicht. 

ı Die Apostel aulser Jakobus d. J. befanden sich unten in Judäa 
— xara trv ’louvdalav —, als Petrus den Kornelius in die Kirche aufnahm 
(Apg 11, 1). Als Petrus gleich darauf nach Jerusalem kam, stritten mit 
ihm nur die aus der Beschneidung, da die andern Apostel im Lande 
Judäa sich niedergelassen hatten; darum konnte Paulus, als er kurz nach- 
her von Damaskus nach Jerusalem kam, nur den Petrus und Jakobus 
d. J. dort treffen. 

2 Mit oöv knüpft Lukas auch an andern Stellen an frühere Be- 
richte gern an, nachdem er inzwischen anderes erzählt hat, so zwischen 
Apg 8, 1.4 u. 11, 19. 

3 Diese letzten 10 Monate von Caligulas Regierung waren jedoch 
nicht geeignet, der Kirche jenen Gottesfrieden und jenen Zuwachs an 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 265 


24. Januar 411. In die Zeit seiner Regierung fiel der drei- 
jährige Aufenthalt des Paulus in Arabien, vorher dessen Be- 


neuen Mitgliedern zu vermitteln, wie Lukas Apg 9, 81 ihn charakterisiert 
(vgl. Bisping a. a. O. 172). Denn gerade damals gestaltete sich die 
Lage der Juden in ganz Palästina am schlimmsten. Petronius, der Legat 
von Syrien, stand in Ptolemais mit zwei Legionen in Bereitschaft, um mit 
Anbruch des Frühlings 40 gegen Jerusalem vorzurücken und die Bild- 
säule des Kaisers zur Anbetung im Tempel gewaltsam aufzustellen. Der 
Widerstand der gesamten Landesbevölkerung gegen diese empörende 
Profanierung des Heiligtums drohte in einen hartnäckigen Krieg auszu- 
brechen (vgl. Jos., Antiq. 18, 8, 2), in welchen auch die christlichen Ge- 
meinden leicht verwickelt werden konnten, da auch ihnen der Tempel 
als Kultstätte heilig war. Dank dem Gerechtigkeitssinne des Legaten, 
dals es zu diesem Kriege nicht kam! Nach langen Unterhandlungen mit 
den Juden und ihren vornehmsten Repräsentanten erklärte sich nämlich 
im Spätherbste 40 Petronius bereit, an den Kaiser um Zurücknahme des 
gotteslästerlichen Befehles zu schreiben. Noch ehe Caligulas Antwort 
eintraf, kam 27 Tage vor derselben, etwa am 25. März 41, die Nachricht 
von dem inzwischen zu Rom erfolgten Tode des Kaisers zur Kenntnis 
des Petronius, der sich nun nicht mehr verpflichtet hielt, dem kaiserlichen 
Befehle weiter Folge zu leisten. Damit endete die Schreckenszeit für die 
Juden, in welcher diese allerdings nicht daran denken konnten, ihre 
christlichen ‚Brüder zu bedrücken und zu verfolgen; aber diese kriege- 
rische Zeit gestaltete gewifs auch nicht das Aufkommen eines wirklichen 
Kirchenfriedens. 

Auch die Ansicht vieler Ausleger, z.B. die von Aberle, Einleit. in 
d. NT, herausgeg. von Schanz, Freiburg i. B. 1877, 156 f, dals in der 
Zwischenzeit von Einstellung des Kriegszuges bis zum Eintreffen der 
Todesnachricht über den Kaiser, d.h. von Mitte Nov. 40 bis 25. März 41, 
dieser Kirchenfriede herrschte, kann nicht richtig sein. In dieser Zeit 
erst hätte Petrus den Kornelius in die Kirche aufgenommen. Damit 
aber wäre er nicht der Erste gewesen, der Heiden aufnahm 
(vgl. Apg 15, 7); denn schon längst zuvor hatten Cyprier und Cyrenäer in 
Antiochien Heiden das Evangelium gepredigt. Diese Tätigkeit muls, 
damit alles in Apg 11, 22-25 Erzählte in den nötigen Zeiträumen auf- 
einander folgen konnte, wenigstens zwei Monate vor Ankunft des Agabus 
aus Jerusalem und des Saulus aus 'Tarsus in der neuen Heidenchristen- 
gemeinde zu Antiochien begonnen haben. Agabus’ Weissagung fiel, nach 
dem bestätigenden xat in Apg 12, 28 zu schlielsen (vgl. Wendt bei 
Meyer .a.a. 0. 256), noch in die Zeit des Caligula, Januar 41. Wenn 
demnach weder die Wirren vom Frühling 40 bis Spätherbst 40, noch 
die Zwischenzeit vom Spätherbst 40 bis zum 25. März 41 dem Ge- 
deihen jenes allgemeinen Kirchenfriedens, der Apg 9, 31 erwähnt wird, 
günstig war, so fiel derselbe in die ersten drei Jahre von Caligulas Re- 
gierung, zwischen 16. März 37 und Frühling 40 n. Chr. 

ı Suetonius, Gajus 59. 





266 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


kehrung, nachher seine erste Reise nach Jerusalem zu Petrus. 
Die Friedenszeit der Kirche, über die Lukas berichtet, fällt 
ebenfalls in die Regierungszeit des Caligula. Demnach er- 
folgte die Bekehrung des Apostels Paulus im Jahre 
37 und seine Ankunft in Jerusalem bei Petrus im 
Jahre 40 n. Chr.! 

IL. Die sog. Kollektenreise des Saulus und Barna- 
bas ist nicht i. J. 46 n. Chr. unternommen worden. 

Der Verfasser des bereits genannten Artikels der „Schweizer 
Rundschau“ behauptet, dafs Paulus von Cäsarea aus, wohin ihn 
nach seinem Besuche bei Petrus die Brüder aus Jerusalem 
geführt hatten, die Reise allein und ununterbrochen „zu Schiffe“ 
bis Tarsus fortgesetzt habe. Später wurde er von hier durch 
Barnabas, der inzwischen die neu entstandene Heidenchristen- 
gemeinde in Antiochien in den kirchlichen Gesamtorganismus 
eingegliedert hatte?, als Gehilfe zu diesem Werke in diese 


—— = E44 [n 


ı Hätte die Flucht des Apostels vor dem Statthalter schon i. J. 37 
stattgefunden, so wäre das Jahr 34 der früheste Termin der Bekehrung 
Pauli (Hönnicke, Neue kirchl. Zeitschrift XIII 8, 610). Von dieser 
Zeit ab aber stand Pilatus mit dem Synedrium zu Jerusalem auf 
zu gespanntem Fulse, als dals Exzesse, wie die Apg 9, 1—2; 22, 4-5; 
26, 10—11; 1 Kor 15, 9 genannten, ungestraft hätten vorkommen dürfen. 
Erst als Vitellius, der Legat von Syrien, bei seiner ersten Anwesenheit 
in Jerusalem i. J. 36 den Juden sich günstig zeigte, seinem Freunde 
Marcellus die Prokuratur interimistisch übertrug, und Pilatus im 
Januar 37 nach Rom abgereist war, atmeten die Juden frei auf, 
gaben ihrem Hasse gegen die Christen Ausdruck, und Saulus konnte 
nun als Verfolger der Gemeinden in Judäa ungehindert auf- 
treten (Gal 1, 23). 

2 Bisping, Erkl. der Apg 198. Nach. Wendt wurde Barnabas 
deshalb nach Antiochien gesendet, um die neu entstandene Genossenschaft 
vorerst auf ihre Gültigkeit als christliche Gemeinde zu prüfen, ehe ihre 
Sanktion von Jerusalem aus erfolgen konnte. Das Ergebnis dieser Prüfung 
war günstig, so dals später an der Spitze dieser Gemeinde Propheten 
und Lehrer standen, ähnlich wie in ‚Jerusalem Apostel und Älteste die 
obersten Kirchenämter innehatten. Mit Recht darf man weiter folgern, 
dals in den von Paulus bekehrten Gemeinden bis zur Zeit seiner Ge- 
fangennahme i. J. 58 an Stelle der Propheten und Lehrer Bischöfe und 
Älteste bzw. Diakone eingesetzt wurden. So konstituiert begegnen uns 
die heidenchristlichen Gemeinden in der Doctrina apostolorum, deren 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37”—57 n. Chr.). 267 


Stadt abgeholt. Nachdem beide dort ein Jahr gemeinsam 
gearbeitet hatten, reisten sie im Auftrage der antiocheni- 
schen Christengemeinde nach Jerusalem, um die Liebesgabe, 
die diese Gemeinde wegen der durch Agabus vorhergesagten 
Hungersnot für die arme Mutterkirche gesammelt hatte, den 
Ältesten daselbst zu überreichen. 

Diese sog. Kollektenreise setzt der Verfasser gemäls 
seiner Annahme, dals Paulus i. J. 32 bekehrt worden und nach 
der Angabe des Galaterbriefes 14 Jahre später wieder nach 
Jerusalem mit Barnabas hinaufgegangen sei (Gal 2, 1), in das 
Jahr 46. Demnach hätte Paulus, der i. J. 35 seine syrisch- 
cilicische Missionstätigkeit begonnen hätte, im Gebiete dieser 
beiden Provinzen sich 11 Jahre lang aufgehalten. Um 
diesenunglaublich langen Aufenthalt des PaulusinSyrien 
und Cilicien passend einzuordnen, sucht er die Möglichkeit 
desselben in der Weise zu erklären, dals er den Paulus die 
ersten sechs Jahre in Tarsus zubringen lälst, von wo ihn 
Barnabas nach Antiochien holt, wohin diesen die Apostel 
i. J. 41 geschickt hatten. Wenigstens ist dieses Datum als 
dasjenige festzuhalten, wo Paulus durch Barnabas aus Tarsus 
nach Antiochien geholt wird. Denn der Verfasser selbst setzt 
die Apostelverfolgung seitens des Herodes Agrippa I. in das 
Jahr 42, und in diesem Jahre endete auch das von der Apostel- 
geschichte verbürgte eine Jahr der gemeinschaftlichen 
Missionstätigkeit des Barnabas und Saulus in An- 
tiochien. Von nun ab hätte Saulus erst seine Missionsarbeit 
in den Landschaften Syriens und Ciliciens begonnen. Da 
nun Paulus doch seinen Hauptzweck, den er bei der Kollekten- 
reise verfolgte, sein Evangelium der Gemeinde und den Apo- 
steln in Jerusalem darzulegen, auch wirklich hat erreichen 
wollen, so mülste ihm auch bekannt gewesen sein, dals be- 
sonders Petrus damals in Jerusalem anwesend gewesen sei. 
Petrus, den der König Herodes Agrippa I. nach Ostern 42 


Entstehung Funk (Doctrina X1I apostolorum. Proleg. 33. Tübing. 1887) 
mit Recht um 80 n. Chr. ansetzt. 


268 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


hatte töten wollen, war nicht blols aus Jerusalem, sondern 
bis über die Grenzen des Königreiches an einen andern Ort 
gegangen!, wo er vor den weiteren Verfolgungen des Feindes 
sicher sein konnte. Als Agrippa im Jahre 44 gestorben und 
eine neue Regierung eingesetzt war, welche dem Verfolgungs- 
eifer der jüdischen Obrigkeit ein Ziel setzte, konnte auch 
Petrus von da ab allerdings wieder in die heilige Stadt zurück- 
gekehrt sein. Der Verfasser vermutet nach Weber, dais es 
i. J. 45/46 geschehen sei, folgerichtig aber muls er nur das 
Jahr 46 als solches gelten lassen. 

Man sieht, mit welchen Schwierigkeiten der Verfasser zu 
kämpfen hat, um die in den beiden biblischen Quellen be- 
richteten Begebenheiten in die passenden Zeitpunkte unter- 
zubringen. Vor allem muls es höchst befremden, den Paulus, 
den die Geschichte als den feuereifrigen Apostel rühmt, 
sechs Jahre hindurch untätig in Tarsus verharren zu 
lassen. Nach des Verfassers Ansicht hat Paulus in dieser langen 
Zeit nicht gepredigt, da er den Ruf zur Predigt vor den Heiden 
erst durch Barnabas, der von Antiochien hergekommen war, er- 
halten hätte. Ferner kann das Jahr 46 nicht die Zeit sein, 
wo die „falschen Brüder“ ihren Streit mit Barnabas und Saulus 
anfingen, was doch der ursprüngliche Grund zu jener Reise 
war. Denn dieser Streit entspann sich am Ende desjenigen 
Jahres, wo jene beiden Männer gemeinsam in Antiochien 


1 Eis &tepov tönov(Aypg 12.17), nämlich an einen andern, an Bedeutung 
und Grölse ebensolchen Ort, wie es Jerusalem war. Die drittgrölste Stadt 
des Reiches war damals Antiochien; dorthin kann Petrus aber nicht ge- 
gangen sein; denn unter den Ersten der dortigen Gemeinde wird er Apg 
13, 1 nicht genannt. War Antiochien nicht der Zufluchtsort des Petrus, 
so war es auch nicht Alexandrien; denn von dort kam 12 Jahre später 
Apollos nach Ephesus, der überhaupt vom Christentume nur wenig wulste, 
Berücksichtigt man, mit welchem Nachdruck Paulus, der jahrelang in den 
‚Jerusalem an Bedeutung und Grölse nachstehenden Hauptstädten Korinth 
und Ephesus gepredigt hatte, i. J. 58 in seiner Rede vor Festus und 
Agrıppa (Apg 26, 26) auf die hervorragende Rangstellung Jerusalems 
unter den damaligen Grolsstädten hinweist, so liegt es wohl sehr nahe, 
welchen Ort Lukas unter dem Erepog Tötnog, wohin Petrus ging, im Sinne 
hatte. Das verfallene Babylon kann damit erst recht nicht gemeint sein, 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 269 


wirkten, wo ihnen die „falschen Brüder“ auch schon immer auf- 
gelauert haben mulsten und die groise Heidenchristengemeinde 
durchaus unter das Joch des mosaischen Gesetzes hätten 
zwingen wollen. 

Solches hätten sie nur in der Zeit von 41-42 treiben 
können, wo Paulus mit Barnabas ununterbrochen das ganze 
volle Jahr in Antiochien zusammen arbeitete. Denn des Barna- 
bas Missionstätigkeit war nur auf Antiochien beschränkt; von 
einer anderwärtigen Wirksamkeit desselben in Syrien berichtet 
die Apostelgeschichte nichts. 

Demgegenüber ergibt sich unsere Chronologie des Apostels 
Paulus für die Zeit vom Jahre 40 n. Chr. ab aus folgender Be- 
trachtung: 

Den Anfang seiner Mission unter den Heiden machte 
Paulus in Syrien. Er schreibt den Galatern, dals er nach 
seinem 1l5tägigen Besuche bei Petrus in Jerusalem in die 
Landstriche von Syrien und Cilicien gekommen sei; nach 
Antiochien war er damals noch nicht gelangt, da er erst später 
von Barnabas dorthin geholt wurde. 

Dafls er in jenen Gegenden aber überhaupt gepredigt 
habe, sagt er gar nicht, sondern wir erfahren erst aus den von 
ihm angeführten Worten der Gemeinden in Judäa, dals der ehe- 
malige Verfolger jetzt den Glauben verkündige, den er vorher 
angefochten hatte. Diese Nachricht hätten sie erst wieder 
durch Hörensagen vernommen. Es müssen also diejenigen, 
die ihnen solche Freudenbotschaft sandten, solche gewesen 
sein, die den Paulus persönlich kannten und um sein ehe- 
maliges feindliches Auftreten gegen den Glauben wulsten, also 
unmittelbare Zeugen seiner jetzigen Predigt vor den Heiden. 
Wessen Zeugnis nun konnte ihnen aber glaubwürdiger sein 
als das des Barnabas oder auch der Cyprier und Üyrenäer, 
ihrer Mitbrüder aus Judäa, die sich um die Sache des Glaubens 
bereits vor der Ankunft des Paulus in Antiochien verdient 
gemacht hatten und ihn jetzt dort als Prediger auftreten sahen! 

Diese und Barnabas also können nur die Gewährsmänner 
gewesen sein, die den Gemeinden Judäas für die wirkliche 


270 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


Bekehrung und den Missionseifer ihres ehemaligen Verfolgers 
derartig bürgten, dals sie Gott dafür (beständig) priesen, was 
sie bei ihren gottesdienstlichen Zusammenkünften wohl getan 
haben mögen!. Was Paulus von den Gemeinden Judäas schreibt, 
ist also das Einzige, das er aus der Zeit seines syrisch-cili- 
cischen Aufenthaltes erwähnt; des ruhm- und erfolgreichen 
Jahres in Antiochien gedenkt er gar nicht, und dennoch hat 
er zu der dortigen Gemeinde in engster Beziehung gestanden, 
wie sich weiterhin aus Gal 2, 11ff ergibt. 

Wenn wir hier von Paulus auch nur soviel erfahren, dals 
es damals, als Petrus nach Antiochien kam, Heidenchristen 
in dieser Stadt gab, aber nicht von ihm zugleich erfahren, 
dals er sie bekehrt habe, so berichtet uns doch Lukas in seiner 
Apostelgeschichte dies um so ausführlicher. 

Jene Nachricht, welche die Gemeinden in Judäa durch 
Hörensagen erfuhren, dals Paulus, ihr ehemaliger Verfolger, 
nunmehr den Glauben verkündige, stammte also, wie wir 
sehen, aus Antiochien, und zwar gelangte sie zu ihnen 
in dem Jahre, wo Barnabas und Paulus die grolse 
Heidenchristengemeinde in der Hauptstadt Syriens 
gründeten. 

Die Zeitlage dieses Jahres lälst sich an den Ereignissen, 
die Lukas zu diesem Zeitabschnitte anführt, mit Sicherheit 
erkennen. Kurz vor oder kurz nach der Ankunft des Paulus 
in Antiochien kamen Propheten aus Jerusalem auch dorthin; 
Agabus, einer von ihnen, weissagte eine dem ganzen Erdkreis 
bevorstehende Hungersnot?, wozu Lukas nachdrücklich bemerkt, 

ı ’EdöEaZov Gal 1,24. Der Gebrauch des Imperf. bedeutet hier, wie 
Apg 11,18, dals das do£aZeıv nicht einmal nur, sondern oft, etwa täglich 
oder sonntäglich beim Gottesdienste als besondere Andachtsübung ab- 
gehalten wurde. Paulus, der während seines lötägigen Aufenthaltes bei 
Petrus bei diesen Lobpreisungen der Jerusalemer Gemeinde wegen der Be- 
kehrung der Heiden zugegen war, wulste aus Erfahrung, wie die Ge- 
meinden in Judäa jetzt seine Predigten aufgenommen hatten, und wählte 


hier Gal 1, 24 die dem wirklichen Tatbestande entsprechende Zeitform von 
doEdLeiv. 


2 Dals Agabus tatsächlich eine allgemeine Hungersnot, nicht etwa 
nur eine judäische, prophezeit haben muls, wie manche annehmen, ist 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.) 27] 


dafs sie wirklich unter dem Kaiser Claudius eingetreten sei. 
Der Kaiser Claudius bestieg den Cäsarenstuhl am Tage nach 
der Ermordung seines Vorgängers Caligula, den 25. Januar 41. 
Noch ehe die Hungersnot ihren Einzug in irgend einem Teile 
des Reiches hielt, müssen die Worte des Agabus in Antiochien 
gesprochen worden sein, da sie als eine Vorhersagung bezeichnet 
werden. Die Katastrophe. brach nicht gleichzeitig über alle 
Länder herein, sondern verheerte in den beiden ersten Re- 
gierungsjahren des Claudius Rom und Italien, i. J. 44 Syrien 
und Palästina, 49 Griechenland und 51 wiederum Romi. 
Dals Agabus nur die Hungersnot im Sinne gehabt habe, die 
seine nächste Heimat Palästina und Syrien heimsuchen würde, 
ist nicht anzunehmen. Denn er weissagt eine Hungersnot, die 
auf dem ganzen Erdkreise und zwar infolge von Mifsernten 
auftreten werde, und Lukas bestätigt durch jenen Zusatz die 
allgemeine Ausbreitung des Elendes gemäls der Vorhersage 
des Agabus. 

Da das Übel schon 41, im ersten Jahre des Claudius (in 
Rom und in Italien) auftrat, so war es kurz zuvor von dem 
Propheten in Antiochien geweissagt worden. Der Spruch er- 
ging also noch im Januar d. J. 41 n. Chr. Um diese Zeit 
kam also Paulus nach Antiochien?. Möglich aber ist es auch, 
dals Agabus erst weissagte, als Paulus in Antiochien zu lehren 
anfıng (Apg 11, 26 u. 27); immerhin traf beides in dem einen 


festzuhalten, da er sonst für die judäische Hungersnot das Jahr des 
Eintretens sicherlich angegeben hätte. 

ı Bisping a.a. 0. 201. 

2 Aberle (Einleitung in das Neue Testament, herausgegeb. v. Schanz, 
Freiburg i.B. 1877,160) veranschlagt die Dauer des Aufenthaltes des Saulus 
in Tarsus auf etwa drei Monate. Rechnet man aber auf die Reisezeit bis 
Tarsus und von Tarsus bis Antiochien drei Monate, so hat Saulus sich etwa 
acht Monate i. J. 40 in Tarsus aufgehalten. Diese Zeit genügte für den 
hochbegabten, damals etwa 2ljährigen Saulus, sich in der betriebsamen und 
hochkultivierten Hauptstadt Ciliciens jene Fertigkeiten und Kenntnisse 
anzueignen, die er auf seinen nachherigen Missionsreisen in den Griechen- 
städten nötig hatte. Das Zelttuchmacherhandwerk hat er jedenfalls hier 
in dieser Zeit erlernt, ebenso fand er hier Gelegenheit, sich im Gebrauch 
der griechischen Sprache zu vervollkommnen. 


272 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


Jahre zusammen, das Barnabas und Paulus in Antiochien 
gemeinsam zubrachten. 

Die Ereignisse, die in diesem einen Jahre aufeinander- 
folgten, sind überaus lehrreich. 

Paulus und Barnabas beginnen ihre Lehrtätigkeit; in- 
zwischen stellt sich die Gelegenheit ein, den ausgestreuten 
Samen des göttlichen Wortes in den Gemütern fruchtbar zu 
machen; die Frucht gelangt in schönster Weise zur Reife, denn 
die Gläubigen rechtfertigen ihren Christennamen durch 
ihre Liebesspenden. Solche müssen in christlichem Geiste ge- 
übt werden, und dazu gehört auch, dafs man damit nicht lange 
zögere. Dafs die Kollekte wirklich rasch zu stande kam und 
deren Ergebnis auch sogleich abgesendet wurde, bezeugt Lukas, 
indem er alle diese Ereignisse zusammen in dieses eine Jahr 
versetzt!. 

Das Ende dieses Jahres bringt er mit einem geschicht- 
lichen Ereignisse zusammen mittels des Ausdruckes: Kart’ Exei- 
vov Töv kaıpov (Apg 12,1). Der Ausdruck xaıpög bedeutet „ein 
gewisses Mals“, also auch ein Zeitmals. Der Berichterstatter, 
der dieses Wort hier gebraucht, hat offenbar einen bestimniten 
Zeitabschnitt im Sinne, innerhalb dessen sich das von ihm 
Erzählte ereignete. Als Epoche dieses Zeitabschnittes lälst 
sich dasin Gall,21 und Apg 9, 26—30 Berichtete erkennen. Sie 
ist die Abreise des Paulus nach seinem l5tägigen 
Aufenthalte bei Petrus in Jerusalem. Wie wir zeigten, 
erfolgte diese i. J. 40; von diesem Jahre an beginnt der Zeit- 
abschnitt, in dessen Verlauf das soeben berührte geschichtliche 
Ereignis eintrat, die von dem Judenkönige Herodes Agrippa I. 
in Jerusalem an Ostern veranstaltete Apostelverfolgung. Dieser 
König erhielt die Herrschaft über das seinem Grolsvater Hero- 








ı Die Hungersnot trat in Jerusalem erst später ein, keinesfalls aber 
nach d.J.45. Denn Gotarzes, der Partherkönig, starb 45 (Klebsa.a.O. 
Ill 385). Sein Vorgänger Vardanes reizte den Izates, König von Adiabene, 
beständig zum Kriege gegen die Römer; statt ihm Folge zu leisten, 
schickte Izates seine Mutter Helena nach Jerusalem. Bei ihrer Ankunft 
wütete derllunger schon lange daselbst (J os., Antiq. 20, 2,5 u.3,4). Helena 
aber kann frühestens 44 oder spätestens 45 in Jerusalem angekommen sein. 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 273 


desl.einst gehörige Reich sogleich bei der Thronbesteigung seines 
Jugendgenossen, des Kaisers Claudius, im Januar 41n. Chr. Den 
Juden, seinen nunmehrigen Untertanen, war er wegen seines 
abenteuerlichen Vorlebens! nichts weniger als genehm; er sah 
sich in die Notwendigkeit versetzt, sich unter ihnen erst Popu- 
larität zu erringen. Wie er dies betrieb, gibt Schürer aus- 
führlich nach des Josephus Berichten an. 

Zu welcher Zeit Agrippa nach Jerusalem kam, lälst sich 
nicht feststellen; lange wird er jedoch die Reise von Rom nach 
Jerusalem aus dem eben genannten Grunde nicht aufgeschoben 
haben?; am Laubhüttenfeste 41 ist er sicher dort. Für unsere 
Untersuchung kommt nun dasjenige Jahr in Betracht, in welchem 
er an Ostern den Apostel Jakobus d. Ä. töten und den Petrus 
gefangen setzen liefs. Dies kann nur das Jahr 42 gewesen 
sein; denn 41 war er um Ostern gewils noch nicht in Jeru- 
salem, und 43 und 44, in welch letzterem Jahre er starb, 
begann die Gunst, die er bei den Juden sich künstlich zu ver- 
schaffen gesucht hatte, gewaltig zu schwinden®; selbst den 
Römern war er milsliebig geworden. Hiernach war es das 
Jahr 42, in welchem er um Ostern mit blutiger Verfolgung 
gegen die Apostel vorging. In diesem Jahre ging auch der 
Zeitabschnitt zu Ende, wo Barnabas und Paulus in Antiochien 
mit der Überbringung der Kollekte betraut wurden. Diese 
muls also damals abgeschlossen gewesen sein. Es wäre deshalb 
höchst befremdlich und völlig zwecklos, wenn man die Über- 
reichung noch auf Jahre hinausgeschoben hätte, wo die Hungers- 
not schon längst aufgehört hatte Demnach erfolgte die 


ı Über König Herodes AgrippaslI. Vorleben vgl. Schürera.a.0.550ff. 

2 Die erste Nachricht vom Tode Caligulas kam nach Syrien und 
Palästina am 25. März 41 an Petronius. Ostern 41 traf den 4. April. 
In diesen 11 Tagen kann König Herodes Agrippa I. die von Josephus 
und Lukas berichteten Versuche, populär zu werden, nicht angestellt 
haben. Seine Ankunft in Jerusalem erfolgte also sicher erst im Sommer 
d. J. 41 n. Chr. 

3 Von einer Trauer über den Tod des Herodes Agrippa I. unter 
den Juden Palästinas berichtet Josephus nichts. Wie sehr aber beklagten 


die Juden Roms den Tod Cäsars! (Suetonius, Caes. 84). 
Biblische Zeitschrift. I. 3. 18 


274 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


Übergabe der Unterstützung für die von Hungersnot 
bedrohten Mitchristen Judäas im Jahre 42 n.Chr. Ob 
die Überbringer, Barnabas und Paulus, schon in demselben 
Jahre wieder von Jerusalem zurückgereist seien, wie Aberlei 
wahrscheinlich gemacht hat, oder erst nach dem jammervollen 
Ende des Judenkönigs zurückkehren konnten, lälst sich nicht be- 
stimmt ermitteln. Da sie bei ihrer Rückkehr nach Antiochien 
den Markus mitnahmen, welcher nach Hieronymus mit Petrus 
aus Jerusalem geflohen und nach Rom gegangen war, so ist es 
möglich, dafs Markus, nachdem er den Tod des Agrippa er- 
fahren hatte, in demselben Jahre 44 wieder nach Jerusalem 
gereist war und von den beiden Almosenüberbringern nach 
Antiochien mitgenommen werden konnte. Denn Lukas sagt 
ausdrücklich, dals sie von Jerusalem erst wieder zurückgekehrt 
seien, nachdem die Ausspendung vollzogen worden sei. 

Da nicht blofs die Christen der heiligen Stadt, sondern 
ganz Judäas damit zu bedenken waren, so konnte immerhin 
sich die Rückkehr des Barnabas und Paulus mit Markus bis 
zum Jahre 44 hingezogen haben. Die sog. Kollektenreise 
wurde also i. J. 42 n. Chr. unternommen. 

II. Der Bund der Gemeinschaft zwischen den 
Aposteln der Heiden und der Juden wurde auf dem 
Apostelkonzil zu Jerusalem 1.J.5l n.Chr. geschlossen. 

In den beiden vorangehenden Abschnitten sind m. E. ge- 
nügende Beweisgründe dafür vorgeführt worden, dals die bisher 
am meisten vertretenen Ansichten über die Zeit der Bekehrung 
des Weltapostels und seiner 1. und 2. Reise nach Jerusalem 
noch immer die grölsere Wahrscheinlichkeit besitzen. Wurde 
nun, wie im IL. Abschnitt dargetan worden ist, die 2. Reise, 
auf welcher die von den antiochenischen Christen gesammelte 
Liebesspende in Jerusalem überreicht werden sollte, i. J. 42 
unternommen, so kann dies nicht jene Reise gewesen sein, 
welche Paulus im Galaterbriefe 2, 1 erwähnt, denn diese er- 
folgte 14 Jahre nach seiner Bekehrung. Die Bekehrung würde 


ı A.a0. 161. 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37”—57 n. Chr.). 275 


hiernach bis ins Jahr 28 hinaufgerückt werden, in eine Zeit, 
aus welcher wir über das öffentliche Auftreten des Paulus 
überhaupt noch keine Nachricht erwarten können. 

Somit kann die von Paulus Gal 2, 1 genannte Reise nur 
seine 3. Reise sein, die er gemeinschaftlich mit Barnabas zum 
Apostelkonzil in Jerusalem unternommen hatte. 

Da wir im I. Abschnitt das Jahr 37 als Zeit von Pauli 
Bekehrung gefunden haben, so fiel die 3. Reise ins Jahr Bl 
n. Chr. Damals erst wurde auf dem Apostelkonzile jene 
für diegesamte Heidenchristenheit aller Zeiten hoch- 
wichtige Angelegenheit zwischen Paulus und Barna- 
bas einerseits und den Säulenaposteln anderseits 
verhandelt, welche den Stoff zu den Versen 1—10 im 
2. Kapitel des Galaterbriefes bildet. 

Damit hat unsere Untersuchung ihren Höhepunkt erreicht, 
wo es sich entscheiden soll, ob die Verhandlungen auf dem 
Apostelkonzile, worüber Lukas in der Apostelgeschichte 15, 
1—29 berichtet, zu derselben Zeit stattfanden wie jene, welche 
Paulus im Galaterbriefe 2, 1—10 seinen Lesern mitteilt. 

Diese Gleichzeitigkeit hat in neuerer Zeit Prof. Dr. Valen- 
tin Weber in Würzburg in einem grölseren und zwei kleine- 
ren Werken! entschieden in Frage gestellt, indem er in 
seiner Hypothese von der frühen Abfassung des Galaterbriefes 
nachzuweisen sucht, dafs der von Paulus überlieferte sog. 
Apostelvertrag auf der 2. Reise in Jerusalem geschlossen 
worden und wesentlich zu unterscheiden sei von dem Berichte, den 
Lukas über das Apostelkonzil i. J. 51 erstattet; dort sei Paulus 
von den Judenaposteln als der berufene Heidenapostel aner- 
kannt worden, hier hingegen erst sei die Gleichberechtigung der 
Heidenchristen mit den Judenchristen ausgesprochen worden. 

IndemWeberdiese Unterschiede festhält, glaubt er, dieWider- 
sprüche, die nach Baurs Tendenzkritik zwischen der Apostel- 


ı 1. Die Abfassung des Galaterbriefes vor dem Apostelkonzil, Ravens- 
burg 1900. 2. Die Adressaten des Galaterbriefes, Ravensburg 1900. 
3. Der hl. Paulus vom Apostelübereinkommen bis zum Apostelkonzil, 


Freiburg i. B. 1901. 
18* 


276 Aberle, Chronologie des Apostels „Paulus von seiner Bekehrung 


geschichte und dem Galaterbriefe bestehen sollen, am besten 
lösen zu können, kommt dabei aber auch zu der Schluls- 
folgerung, dafs der Galaterbrief vor dem Apostelkonzil ent- 
stand und an diejenigen Gemeinden, die Paulus auf seiner 
ersten Missionsreise gegründet hatte, d.h, an die Christen in 
Südgalatien adressiert sei. 

So scharfsinnig die Hypothese auch entwickelt wird und 
so gut ihr Zweck auch ist, so können wir ihr dennoch nicht bei- 
pflichten, da sie mit unserer Chronologie des Weltapostels in 
Widerspruch tritt. 

Vor allem darf man doch nicht übersehen, dals Paulus 
an der Galaterstelle 2,1 von einer Reise schreibt, die er nicht 
blofs wiederholt nach Jerusalem unternommen hatte, sondern 
“ dieselbe auch wiederholt mit Barnabas unternahm. 

Denn in dem Satze närıv Aveßnv eig “lepooöAuua era 
Bopvaßa bezeichnet das Wort nakıv die Wiederholung nicht 
nur der Tätigkeit, sondern auch die Wiederholung der bei- 
gefügten beiden Umstände. 

Der Apostel ist also damals bereits das zweitemal mit 
Barnabas nach Jerusalem hinaufgereist; diese Reise war 
seine (eigene) 3. Reise und zwar zum Konzil, während die vor- 
hergehende Reise seine 2. Reise zur Überreichung der Kollekte 
war. Dals er diese in seinem Briefe völlig unerwähnt lälst, 
braucht uns nicht zu befremden; denn er berührt so manches 
andere auch nicht, das Lukas aus dieser Zeit uns erst mit- 
teilt, z. B. gedenkt er seiner erfolgreichen Tätigkeit in An- 
tiochien mit keinem Wörtchen. 

War demnach die Gal 2,1 genannte Reise die 3. Reise 
des Paulus nach Jerusalem, so geschah alles, was er zu dieser 
Reise erwähnt (auch jener sog. Sondervertrag mit den Säulen- 
aposteln), offenbar erst bei Gelegenheit des Konzils auf der 
3. Reise i. J. 51 n. Chr. | 

Da es also damals, wie wir eben gesehen haben, bereits 
das zweitemal war, dals Paulus und Barnabas gemeinschaft- 
lich nach Jerusalem reisten, so erklärt sich auch die ver- 
änderte Stellung, in welche jetzt nach der Darstellung in 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 277 


Gal 2,1 der Apostel zu diesem getreten ist. Während Lukas 
bis zu dem Augenblicke der Weihe in Antiochien den Bar- 
nabas dem Paulus stets voranstellt, alsdann dem Paulus ebenso 
beständig den Vorrang gibt, ist im @Galaterbriefe Paulus 
stets der Erstgenannte und hat auf der Reise die Führer- 
schaft übernommen. Er ist es, von dem der Reiseplan aus- 
geht, damit er sein Evangelium in Jerusalem darlege; ihm 
allein wird die Offenbarung, der zufolge er dahin reist, zu teil; 
den Titus erwählt er, dals er beide begleite und in Jerusalem 
Zeuge sei, wie die Heidenmission bisher ausgeübt wurde. Dem 
Paulus reichen die Säulenapostel zuerst die Hand zur Be- 
siegelung des Gemeinschaftsbundes. Er versichert den Ga- 
latern, dafs er seit diesem feierlichen Akte stets beflissen 
war, die gestellte Bedingung zu erfüllen. Alles dieses sind 
Zeichen einer längst erfolgten Veränderung in der Stellung 
des Paulus gegenüber der des Barnabas.. War vor dem 
sog. Apostelvertrage die Situation dieser Art, so war die 
Gal 2,1 erwähnte Reise nicht die sog. Kollektenreise, nach 
deren Beendigung jene Veränderung erst eintrat und zwar 
infolge der Weihe zum Apostolate, sondern es war des Paulus 
3. Reise, die er in Begleitung des Barnabas zum Apostel- 
konzile in Jerusalem i. J. 5l n. Chr. unternahm. Dafür 
spricht auch seine Erwähnung des Titus. 

An dem Ausdruck ’EAAnv üv = soviel als: „von dem ihr 
ja wisset, dals er doch ein Grieche war“ erkennt man, dals 
Titus den Galatern persönlich bekannt sein mulste und dafs 


ı Das bier Erwähnte berichtet Paulus Gal 2, 1—10, und Weber setzt 
es in die Zeit der Kollektenreise und vor die Weihe in Antiochien. Kurz 
nachher traten Paulus und Barnabas ihre Missionsreise über Seleucia, 
Cypern nach den in der Apg genannten kleinasiatischen Landschatten an. 
Ihren Versprechungen bei den in Jerusalem eingegangenen Bedingungen 
gemäls hätten beide in den neugegründeten Gemeinden Liebesspenden 
sammeln und sie bei der Rückkehr in Jerusalem abgeben müssen. Sie 
reisen aber nicht dahin, sondern direkt nach Antiochien zurück. Diese 
Schwierigkeit sucht Belser dadurch zu beseitigen, dals er die bereits ge- 
spendete Kollekte als Erfüllung jenes in Jerusalem gegebenen Versprechens 
bezeichnet. Die Kollekte aber stand mit jenem Vertrage gar nicht in 
Zusammenhang, da sie aus anderem Beweggrunde gesammelt wurde. 


278 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


sie wulsten, dals er von Geburt Heide war. Er mufs dem- 
nach des Paulus Begleiter auf einer seiner Missionsreisen 
gewesen sein; auf der 1. Missionsreise durch „Südgalatien“ 
war er es sicher nicht. War er aber auf der 2. oder 
3. Missionsreise des Apostels erst in dessen Umgebung, so 
ist, was hier im voraus bemerkt werden muls, der Galater- 
brief lange nach dem Apostelkonzile geschrieben worden. 

Titus aber konnte dann auf der Kollektenreise nicht schon 
mit zugegen gewesen sein; denn er war es nicht auf der 
1. Missionsreise, war den Galatern persönlich noch fremd, 
und sie konnten ihn als einen ehemaligen Heiden noch nicht 
persönlich gekannt haben, als Paulus ihnen die vorhin an- 
geführten Worte ”EAAnv üv schrieb!. 

Als Zweck der Reise, die Paulus 14 Jahre nach seiner 
Bekehrung nach Jerusalem unternimmt, gibt er an, er wollte 


ı Über Titus, den die Apostelgeschichte nirgends nennt, erhalten 
wir einige spärliche Nachrichten aus Briefen des Paulus. Hiernach liefse 
sich über den Lebensgang des Titus etwa folgendes angeben: Titus, ein 
Heide von Geburt, geboren etwa 36 n. Chr., wurde von Paulus i. J. 51 
nach Jerusalem zum Apostelkonzil mitgenommen. Damals noch zu jung, 
konnte er seinen geistlichen Vater, den Paulus, erst auf dessen 3. Missions- 
reise begleiten, war mit ihm in Galatien, wo ihn die christl. Gemeinden 
persönlich kennen lernten, und kam i. J. 54 mit Paulus nach Ephesus. 
Von hier schickte ihn der Apostel nach Korinth mit der Weisung, mit 
ihm in Troas wieder zusammenzutreffen, was aber erst in Mazedonien 
geschah, von wo ihn Paulus abermals als Überbringer des 2. Korinther- 
briefes an die dortige Gemeinde sandte i. J. 57 n. Chr. — 21 Jahre alt. 
Bei der darauffolgenden Ankunft des Apostels in Korinth scheint Titus 
nicht mehr dort zu sein. Erst der 2. Timotheusbrief gibt uns Zeit und 
Ort seines späteren Aufenthaltes an. Hiernach war Titus in den letzten 
Lebenstagen des glorreichen Apostels bei diesem in Rom, von wo er nach 
Dalmatien ging. Bezüglich der Abfassung des Titusbriefes ist die Zeit- 
bestimmung nur dann schwierig, wenn man eine zweite Gefangenschaft 
des Apostels nicht annimmt. Hält man an dem traditionellen Datum des 
Martyriums Pauli i. J. 67 n. Chr. fest, so ist der Titusbrief in der Zeit 
von der Befreiung des Apostels aus seiner ersten Gefangenschaft (63) 
bis zum ‚Jahre 67 geschrieben worden, wofür die meiste Wahrscheinlich- 
keit spricht. 

2 Offenbar zählt der Apostel die 14 Jahre von seiner Bekehrung an. 
Die Ereignisse von Gal 1,15 bis 2, 1 gruppiert er durch Zmeıta in drei 
Abschnitte. Zwischen dem 2. und 3. £&meıra aber ist der Zeitpunkt 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 279 


der Gemeinde und den Aposteln daselbst das Evangelium, das 
er unter den Heiden predige, darlegen; als Veranlassung dazu 
aber bezeichnet er eine Offenbarung, die ihm zu teil geworden 
sei; die Ursache aber war nach dem Berichte des Lukas ein 
Streit, den pharisäisch gesinnte Ankömmlinge aus Judäa in 
Antiochien über die Notwendigkeit der Beschneidung mit 
Paulus und Barnabas angefangen hatten. Da es hier zu einer 
Einigung nicht kam, wurden Paulus und Barnabas nach Jeru- 


salem zu den Aposteln und Ältesten abgeordnet. 
Bee mn me (Fortsetzung folgt.) 


erkennbar, bis wohin sein persönliches Unbekanntsein bei den Ge- 
meinden Judäas dauert (Gal 1, 22), und von wo ab er ihnen durch Pre- 
digen persönlich bekannt wird (Apg 12, 24 u. 26, 20. Auf diesen 
Zeitpunkt weist das 3. &reıra zurück, nicht auf den unmittelbar nach 
dem 2. £neıra berichteten Beginn des syrisch-cilicischen Aufenthaltes (von 
40—42 n. Chr.). Schliefst Paulus diese zwei Jahre in die Gal 2, 1 ge- 
nannten 14 Jahre ein, dann ebenso die Zeit vor und nach dem 1.Ereırra, 


Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) 
im 16. Jahrhundert. 


Von Prof. Dr. Aug. Bludau in Münster i. W. 


I. Die Ausgaben des griechischen Textes. 


Der erste Druck des griechischen Neuen Testamentes er- 
schien 1516 in Basel bei Joh. Froben und ward besorgt von 
dem berühmten Humanisten Desiderius Erasmus. In der 
ersten wie in der zweiten Ausgabe vom Jahre 1519 war im 
griechischen wie lateinischen Text die Stelle 1 Jo 5,7 fort- 
gelassen, weil der Herausgeber sie in den griechischen Hand- 
schriften nicht vorgefunden hatte. Wäre die Ausgabe etwa 
im Orient erschienen, wo das Comma loanneum unbekannt 
war, so hätte niemand darauf geachtet; aber sie erschien in 
der bewegten Zeit des Humanismus, unter dem Pontifikate 
Leos X., im Okzident, wo man gewohnt war, V.7 in lateinischen 
Texten zu lesen. Man mulste also bald auf die Lücke auf- 
merksam werden. Sowohl der Engländer Eduard Lee als der 
Spanier Jakob Lopez Stunica erhoben in ilıren Streitschriften 
aus den Jahren 1520 und 1519! Einspruch gegen die Fort- 
lassung des Verses. Erasmus hatte auf die Vorhaltungen Lees 
geantwortet, er wolle die Stelle in seinen Text aufnehmen, 
wenn sie in irgend einer griechischen Hs ihm nachgewiesen 
werden würde. Während er seine Verteidigungsschrift gegen 
Stunica ausarbeitete, erhielt er im Jahre 1520 oder 1521 die 
Nachricht, dals in England ein solches griechisches Manu- 
skript (Cod. Britannicus s. Monfortianus) existiere. Er hielt 


ı S. Bludau im Katholik 1902, II 36 ff. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 281 


sein Wort, das er seinem englischen Gegner gegeben hatte, 
und nahm den Vers in der dritten Ausgabe vom Jahre 1522 
in den Text auf. In demselben Jahre erschien die Complu- 
tensische Polyglotte!: sie enthielt den Vers abweichend von 
dem Cod. Britannicus. Erasmus modifizierte in der vierten 
und fünften Ausgabe seines griechischen Textes aus den Jahren 
1527 und 1535 die Textform des Verses „dans le goüt du 
temps .de retoucher arbitrairement les textes“2 Folgende 
Übersicht mag die Veränderungen veranschaulichen: 


Cod. Brit. Er. ed. 3 Compl. ed. 1514 Er. ed. 4 Er. ed. 5 
(Ap. 34) (1522) (1622) (1527) (1536) 











(V.T) on tpeıg 
EITIV OL HApPTU- 
pouVTes Ev TW 
oLpavw Tarnp 
AoYog Kal TTveu- 
ua ayIov xal 






o rarnp o amp 
ka o Aoyog xaı 'o Aoyos xaı To | wie ed. 4 
TOAYIOVTTVELNA | TTVEUHA AYIOV 







tt 


ovror OL Tpeıg eis TO 

ev eıcı (8) xaı ev eıaı j 
Tpas EV ol 

NApTUpoUVvTeES | 

ev ın m nveu- TveUna em Tng yng En 


ya vÖWP Kal Kal UÖWP Kar | Tveuua Kar To| 
aa (9) EL TNV araxaortpeis | vdwp Kal To | 
naprupıav eis To ev aroıv |aına (9) eı nv | 
; (9) er TNV Map- | naptupıav | | 
ee | 
i 
Die beiden Textesgestaltungen, die der Complutenser Aus- 
gabe und die der Erasmischen, und zwar die letztere noch 
mehr als die erstere, wurden lange Zeit hindurch mit geringen 
Anderungen wiederholt. Die Gelehrten jener Zeit, welche an 
dem griechischen Text des NT arbeiteten, stützten sich auf 
die Gelehrsamkeit des Erasmus, die ihnen vollauf genügte. 
Aus der grolsen Reihe der Wiederholungen, welche die 
Complutenser und viel mehr noch die Erasmischen Ausgaben 


! Bludau a.a. O. 27f. 
2 J. P.P. Martin, Introduction & la critique textuelle du Nouv. 
Test. V, Paris 1886, 5. 





282 Bludau, Das Comma loanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


fanden, sind nur diejenigen für uns von einiger Bedeutung, 
welche den Text nach neu benutzten Quellen fortbilden. 
Durch eine gewisse Selbständigkeit ragt schon die Pariser 
Ausgabe des Simon de Colines (Colinaeus), des Stiefvaters 
des Robert Estienne, hervor, welche 1534 in 8° erschien. 
In ihr fehlte das Comma IJoanneum. Der Herausgeber bot 
einen aus dem (dritten) Erasmischen und Complutensischen 
gemischten Text und hatte an etwa 150 Stellen auch neue 
Lesarten nach Hss aufgenommen !. 

In alle andern griechischen Ausgaben des 16. Jahr- 
hunderts ist die Stelle aufgenommen, sei es auf die Autorität 
der Complutensis hin, oder im Vertrauen auf die Güte des 
späteren Erasmustextes, oder aus Liebe zum Frieden, der schon 
Erasmus nachgegeben, oder aus wirklicher Überzeugung von 
der Echtheit der Stelle. Nur selten wurde in den Ausgaben 
durch kritische Zeichen ein leiser Verdacht der Unechtheit 
ausgedrückt oder durch eine Bemerkung an die Zweifel, die 
Erasmus gehegt hatte, erinnert. So treffen wir das Comma 
Ioanneum an in den Ausgaben des älteren Robert Estienne 
(Stephanus) aus den Jahren 1546—1551 und in der des jüngeren 
Robert Estienne v. J. 1569 wie in den Editionen von Theodore 
de Beze 1565—1598. Die dritte Ausgabe des Robert Estienne, 
die in Paris 1550 erschien und die „regia“ genannt wird, die 
erste Ausgabe des griechischen NT mit kritischem Apparat, 
hat gerade in dieser Einrichtung noch mehr als der Complu- 
tensische Druck überaus viele Gelehrte seit dem 16. Jahr- 
hundert verleitet, sich für überzeugt zu halten, diese Stelle 
von den himmlischen Zeugen habe sich in allen oder in vielen 
griechischen Hss des Herausgebers wirklich gefunden, da 
er keine Meldung davon macht, dals sie in einer seiner Hss 


ı S. über die Ausgabe Gregory, Textkritik des NT II, Leipzig 
1902, 932. Ed. Reuls (Bibliotheca Novi Test. Graeci, Brunsvigae 
1872, 46) bemerkt: „versus 1.Joh V,7 omissio venit, qui in hac Colinaei 
editione ultima vice deest, per integra duo saecula deinceps ab omnibus 
inserendus“; vgl. das Faksimile 11I 2 bei Schaff, Companion to the 
Greek 'lext and the English Version, 4th ed., New York 1892, App. II. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 283 


fehle. Diese dritte Ausgabe war der fünften des Erasmus (1535) 
angepalst und mit Varianten aus 15 Hss und dem Compluten- 
sischen Text ausgestattet. Bei unserer Stelle, die insofern von 
dem Erasmischen Text abweicht, als in V. 7 To ayıov rrveuna 
und in V. 8 To nveuna xaı To uvdwp xaı To aıma nach der ed- 
Compl. gesetzt ist!, steht in V.7 vor ev tw oupavw ein Obelisk (—-) 
und nach oupavw ein Halbkreis (c), um anzuzeigen: die Worte 
fehlen in den griechischen Manuskripten. Der Schlufs, den 
man hieraus zog, ergab sich von selbst: die Manuskripte des 
Stephanus für den ersten Johannesbrief — 7 an Zahl — 
enthielten alle V. 7, und nur die Worte ev TWw oupavw 
fehlten in ihnen?; andere meinten sogar, alle 15 Hss, die 
Estienne für diese Ausgabe benutzte, hätten V. 7 enthalten 
und in den 8 übrigen Hss fehlten nicht einmal die notierten 
Worte3. Es schien demnach, dafs V. 7 durch die griechi- 
schen Hss mehr gestützt war, als man bis dahin geglaubt 
hatte. Der Ruf des gelehrten Buchdruckers und die Sorgfalt, 
die er, wie er behauptete+‘, auf die Vergleichung der Hss 
verwendet hatte, gaben dem Vers in der folgenden Zeit eine 
hohe Autorität. Die Editoren, welche den Stephanischen Aus- 


—— 





ı Porson, Letters to Mr. Archdeacon Travis in answer to his Defense 
of the three heavenly Witnesses 1 John V, 7 (Lond. 1790) 60: „Stephens 
differs from Erasmus in adding the article thrice, and in transposing the 
word äyıov; and in these four differences he followed the Complutensian 
edition, and the genius of language.“ 

2 So z. B. Mill, Nov. Test. graece, Oxon. 1707, ed. Kuester 1746, 
8 1157; P. Sabatier, Bibl. sacr. lat. vers. antiq. III, Remis 1743, 977; 
Blanchinus, Evang. quadruplex lat. vers. antiq. I, Romae 1799, 73. 

3 So z.B. Joh. Gerhard, Commentatio, qua dietum Johanneum de 
tribus testibus in coelo...1 Ep. V,7 fuse enarratur atque explicatur (1619, 
ed. 5. Jenae 1721) 24; Martin, La verite du texte 1.Jean 5, 7 demontree 
par des preuves, qui sont au-dessus de toute exception, Utrecht 1720, 
171; Goldhagen, Introductio in S. Script. Vet. ac Nov. Test. III, Mo- 
guntiae 1765, 480. Gegen Travis s. Porson a.a. O. 64f. Über Calvin, 
bBeza s. weiter unten. 

* Vgl. die Vorrede zur Ausgabe von 1546: „Siquidem codices nacti 
aliquot ipsa vetustatis specie pene adorandos, quorum (octo) copiam nobis 
Bibliotheca Regia facile suppeditavit, ex iis ita bunc nostrum recensuimus, 
ut nullam omnino litteram secus esse pateremur, quam plures iique meliores 
libri tamquam testes comprobarent.“ 


284 Bludau, Das Comma Ioanneum (11o 5,7) im 16. Jahrhundert. 


gaben folgten, prüften entweder gar nicht oder nur sehr wenig 
die Hss.. Aus der vierten Ausgabe Estiennes vom Jahre 
1551 flossen mit geringen Veränderungen die zahlreichen 
grölseren und kleineren Ausgaben Theodore Bezes von 1565 
an, und dem Texte dieser folgten die Ausgaben der Leidener 
Buchhändler namens Elzevir, deren beide ersten in den 
Jahren 1624 und 1633 erschienen. Obwohl der Apparat 
Bezes mit Hss bereichert war, hatte er sich ebensowenig um 
die wahre Beschaffenheit und den wirklichen Wert derselben, 
die in der Variantensammlung des Henri Estienne benutzt 
sind, bekümmert, als er um die Würdigung der Stephanischen 
Ausgabe, die er zu Grunde legt, besorgt gewesen war. Er 
hätte sich leicht über die Lesarten in 1 Jo 5, 7 der Stephani- 
schen Ausgabe vergewissern können; er tat es nicht, und seine 
Behauptungen haben nicht wenig dazu beigetragen, einen Buch- 
druckerfehler zu einer kritischen Tatsache erster Ordnung zu 
machen. Schon Lukas von Brügge (T 1619) sprach die Ver- 
mutung aus, dafs der Halbzirkel im Text des Stephanus falsch 
gesetzt sei. In seinen gelehrten Annotationes, die er 1579 mit 
einer Widmung an den Kardinal Sirlet herausgab, trug er 
Sorge, die Korrektur anzuführen: „Inter omnes Parisiensium 
Graecos codices ne unus est, qui dissideat, nisi quod septem 
dumtaxat To in coelo confodiant, sı tamen semicirculus lectionis 
designans terminum suo loco sit collocatus.*“ Um den typo- 
graphischen Irrtum zu korrigieren, welchen die Editionen Bezes 
und die der Elzevire verbreitet haben, bedurfte es einer langen 
Arbeit Erst als von Le Long, Marsh! die von Stephanus 


ı Le Long im Journ. des Savants Juin 1720. Herbert Marsh, 
Letters to Mr. Archdeacon Travis (Lpz. Lond. 1795), App. 157—240. Vgl. 
Martin, Introd. 12fn.1. Semler (Histor. u. krit. Sammlungen über 
die sog. Beweisstellen in der Dogmatik. Erstes Stück: über 1Joh 5,7, 
Halle u. Helmstädt 1764, 87 Anın.) will aus der Vorrede zur Ausgabe 1550: 
„ils praefixis ne quid desideres, insertisve aut in calce positis quae 
usquam in scriptis aut excusis leguntur codicibus“ einen Hinweis auf 
1Jo 5, 7 sehen, da ja die Stelle in älteren gedruckten Ausgaben stehe. 
Jedoch meint Stephanus mit „insertis* Stücke, die nicht zum Texte ge- 
hören, ähnlich den Praefationes, wie Vita Matthaei aus Sophronius, Chrys. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 285 


angeführten Hss alle verifiziert waren und sich in keiner der- 
selben die berühmte Stelle fand, wufste man bestimmt, dals 
das Auslassungszeichen am unrechten Orte stehe!. Stephanus 
hat also entweder ein Versehen in der Vergleichung der Hss 
begangen, oder geglaubt, es verstünde sich von selbst, dafs 
nicht blofs die Worte „im Himmel“, sondern auch die übrigen 
fehlen, wie er sie in lateinischen Ausgaben mit einem Obelus 
gekennzeichnet hatte, oder er hat nicht den Mut besessen, das 
für richtig Erkannte gegen das Herkommen geltend zu machen?. 
Jedoch wenn wir beachten, dafs nicht Robert selbst, sondern 
sein 18jähriger Sohn Henri sich dem mühevollen und schon 
ein geübtes Auge erfordernden Geschäft der Hss-Vergleichung 
unterzog, werden wir uns nicht darüber wundern, dals die 
kritischen Angaben nicht immer mit grolser Peinlichkeit ge- 
macht sind; jener Zeit mangelte noch der nötige Takt in den 
kleinlichen Dingen der Kritik. 

Auch in den griechischen Texten der „Plantinischen 
Familie“, in welcher zum Complutensischen Grunde eine ver- 
hältnismäfsig geringe Anzahl Erasmo-Stephanischer Lesarten 
kommt, treffen wir 1 Jo 5, 7 an, so in der Antwerpener 
Polyglotte Bd V vom Jahre 1571 und Bd VII mit dem Datum 
1572 u.a. m. 


prol. in omnes epistolas Pauli, die einzelnen üroßeoeız, wie ja auch mit 
„praefixis“ ähnliche vorgesetzte Stücke, z. B. die Canones Eusebii, ge- 
meint sind. 

ı Andere zahlreiche Ungenauigkeiten und Milsverständnisse führt 
Porson a.a. O. 87ff an. 

2 Merkwürdig bleibt, dals einzelne „Kritiker“ in zu grolsem Interesse 
für das Diktum lieber glaubten, die Codices des Stephanus seien alle ver- 
loren gegangen, als der Versicherung beipflichteten, jene Hss seien 
aufgefunden, enthielten aber die Stelle nicht. S. Michaelis, Einleitung 
in die göttlichen Schriften des Neuen Bundes3, Göttingen 1777, I 659, 
II 1537; Griesbach, Novum Testam. graece I, Halae Sax. 1796, xxx. 
Noch Perrone S.J. (Praelectiones dogmaticae 1I, Lovan. 1838, 314 n. 1) 
nennt die oben vorgetragene Ansicht über den semicirculus in den Aus- 
gaben des Stephanus eine audacia und inventio. 

3 Ed. Reuls, Geschichte der heiligen Schriften Neuen Testaments $, 
Braunschweig 1887, 454. 


286 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


Mit Bezug auf diese griechischen Texte fällte bekanntlich 
der englische Historiker Edward Gibbon (F 1794) in seiner 
History of the Decline and Fall of the Roman Empire ı das 
Urteil, welches P. Martin als „assez juste, quoique tres singulier 
dans la forme“? bezeichnet: die Stelle von den drei himmlischen 
Zeugen sei durch die Klugheit des Erasmus, durch den Aber- 
glauben (the honest bigotry) der Complutensischen Herausgeber, 
durch Estiennes typographische Untreue oder Versehen und 
durch B£zes überlegten Betrug und Nachlässigkeit (deliberate 
falsehood or strange misapprehension) in die Ausgaben des 
NT hineingekommen. 


Il. Die Ausgaben des lateinischen und syrischen 
Textes. 


In den zahlreichen lateinischen Bibeln, die zwischen der 
Erfindung der Buchdruckerkunst und dem Trienter Konzil 
erschienen sind, deren Text meistens aus der nächsten besten 
Hs oder aus einem früheren Druck genommen ist, lesen wir 
überall die Stelle; nur in der lateinischen Übersetzung, welche 
Erasmus dem griechischen Text seiner ersten und zweiten Aus- 
gabe beigegeben hat, und in den Nachdrucken derselben #, wie 
z. B. Basıl. 1520, 1521, Lovanii 1519, Moguntiae 1521, ist sie 
übergangen. Die Stelle fehlt auch in der sog. „Witten- 
berger lateinischen Bibel“ vom Jahre 15295, einer nach den 
Grundtexten und mit Benutzung der deutschen Übersetzung 
Luthers verbesserten Vulgata, ebenso in der „Versio Latina 


ı ed. Lipsiae 1829, VI 246 £. 

? Introd. 15. 

3 Kettner (Historia dicti Johannei de sanctissima Trinitate 1 Joh 
V,7, Fref. Lps. 1713, 208) nennt zwei latein. Bibeldrucke, in denen das 
Comma fehlt: 1521 (Okt.) 8° mit Vorrede von Goebel, und 1524(Okt.) 160. 
Aus Le Long-Masch, Bibl. sacra II, Halae 1783, lassen sie sich nicht 
nachweisen, ebensowenig wie die lat. Bibel Aug. Vindel. 4), 1518, von 
welcher Kettner a. a. O. 213 bemerkt, dals in ihr V. 7 und 8 umgestellt sind. 

ı Dals die Stelle schon in eine latein. Ausgabe des Erasmischen Testa- 
mentes Basil 1521 aufgenommen sei, wie Le Long (Bibl. sacra, Par. 1709) 
glaubte, ist unrichtig; s. Le Long-Masch, Bibl. sacra I 289, II 592. 

5 S, über diese: Urtext und Übersetzungen der Bibel, Leipz. 1897, 104. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 287 


Tigurina“ vom Jahre 1543 (gr. Fol.) und 1544 (kl. Fol.), welche 
im NT im ganzen des Erasmus Übersetzung beibehielt!. Sie 
bietet folgende Randnote: „Magna hic est codicum varietas. 
Cyrillus legit: Quoniam etc. Quam lectionem iisdem fere verbis 
in vetustissimo Tigurinae bibliothecae codice invenimus. Hispana 
editio sic legit: orı etc. Nos Cyrilli et aliorum veterum lectionem 
tum probatissimorum Graecorum codicum fidem sequi maluimus.“ 

Die neuen Übersetzungen und vermeintlichen Verbesserungen 
der Vulgata nach den Grundtexten, welche von Katlıoliken 
und Protestanten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts 
versucht wurden, enthalten sämtlich unsere Stelle, so die des 
Andreas Osiander (Nürnberg 1522), des Petrejus (Nürnberg 
1527), des Sante Pagnino (Lyon 1527), des Thomas de Vio 
(Cajetanus; Venedig 1530); des Konrad Pellicanus (Zürich 
1532—1539), des Isıdor Clarius (Venedig 1542)2. Pellicanus hat 
in seinem der Ausgabe beigefügten Kommentar auch unsere 
Stelle ausgelegt, aber bemerkt: „de vario textu apud Graecos 
et Latinos, veteres et recentiores, satis admonuit diligentissimus 
Erasmus, quae videas in suis Annotationibus“ (S. 780. Der 
Benediktiner Isidor Clarıus (Thaddäus Cucchi) hat in seiner 
Ausgabe bei unserer Stelle kritische Zeichen gesetzt: *in caelo... 
in terra. In den Scholia zu Kap. 5 macht er folgende Be- 
merkung: „Scio multos et Graecos et Latinos diversio modo 
hunc locum esse interpretatos, quos ego quidem revereor, neque 
propterea eorum cuiusquam sententiae derogo, sed longum 
fuisset nimis, hic eorum sententias ponere.* Allerdings bezieht 
sich die Note nur auf die verschiedene Auslegung der Stelle. 
Die lateinischen Ausgaben von Robertus Stephanus Paris 1528 
1532 1534ff enthalten ebenfalls alle unsern Text, wie er in 
den lateinischen Bibeln jener Zeit stand, doch bezeichnet 
Stephanus in den späteren Ausgaben 1540 (39, 38) 1543 1545... 
die Worte „in coelo... qui testimonium dant in terra“ mit 


ı Vgl. Urt. u. Übers. 112. Das NT hat Rudolf Gualterus nach der 


Erasmischen Übersetzung bearbeitet. 
2 S. über diese Kaulen, Geschichte der Vulgata, Mainz 1868, 323 ff. 


288 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


einem Obeliskus (*....’) zum Zeichen dafür, dals sie in Hss 
fehlen, und setzt an den Rand die Abkürzungen für seinen 
textkritischen Apparat: *Vet. Di. o. L Ge.l. Da.ı Die Aus- 
gabe des Stephanus vom Jahre 1545 (8°) ist unter dem Namen 
„Biblia Vatabli* bekannt und enthält aulser der Vulgata und 
der Züricher lateinischen Übersetzung auch Bemerkungen zum 
Verständnis des Textes, welche aus den Vorlesungen des Pariser 
Professors Fr. Vatablus herrühren sollen, von diesem aber 
desavouiert wurden. In der Züricher Übersetzung fehlt der 
Vers, und die Randnote verteidigt die Auslassung; in der Vetus 
Vulgata sind ihm die diakritischen Zeichen vorgesetzt. Die 
Stephanische Ausgabe Genf 1557 (Nov. Test. ed. 1556), die 
achte und letzte seiner lateinischen Bibel, hat neben 
der Vulgata die neue lateinische Übersetzung des Beza mit 
den Noten desselben. Die Anmerkung zu V. 7 lautet: „Hic 
versiculus omnino mihi retinendus videtur. Explicat enim 
manifesto, quid de sex testibus dixerat, tres seorsim coelo, tres 
terrae tribuens. Non legit tamen vetus interpres, nec Oyr. nec 
Aug. nec Beda; sed legit Hier. ... Erasmus in Britannico 
codice et in Compl. editione. Legimus et nos in nonnullis 
Roberti nostri veteribus libris. Non convenit tamen in omnibus 
inter istos codices. Nam Brit. legit sine articulis rat. Aoy., 
in nostris vero legebantur articuli et praeterea etiam additum 
erat Sancti epitheton Spiritu. — ev tw oupavw: Hoc deerat 
in septem vetustis codicibus, sed tamen omnino videtur re- 
tinendum.“ 

In der lateinischen Übersetzung des mit Calvin befreun- 
deten Sebastian Chateillon (+ 1563), oder wie er sich selbst 
nannte, Castellio, welche 1551 (Fol.) zu Basel erschien, steht 
der Vers ebenfalls; in späteren Ausgaben (1554 1556...) ist er 
in Klammern eingeschlossen. Es findet sich noch die Be- 
merkung: „Haec [] in quibusdam exemplaribus non exstant“; 
in der Ausgabe 1573 (Basel) stelien nur die Worte „in coelo“ 


ıS. über die Hss: Wordsworth, Old-Lat. Bibl. Texts I, Oxford 
1883, 4Tf. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (11Io 5,7) im 16. Jahrhundert, 289 


und „in terra® in Klammern. — Auch in der lateinischen 
Bibel ex officina Nicol. Wolrabii, Leipzig 1544, welche im 
NT dem Texte des Stephanus von 1540 folgt, treffen wir die 
Stelle an. Neben Robert Estienne liels der Pariser Jean 
Benoist (Joannes Benedictus) einen berichtigten Text erscheinen 
(Par. ex officina Sim. Colinaei 1541, Fol.), in dem die Ab- 
weichungen von dem Grundtexte ebenfalls notiert waren; unsere 
Stelle ist vorhanden. In der Biblia Latina a Paulo Ebero 
correcta seu interpolata, Witteb. 1564, für welche Georg Major 
das NT besorgte, fehlt die Stelle, da in ihr die Vulgata nach 
der mit abgedruckten deutschen Übersetzung Luthers geändert 
ist; ebenso fehlt 1 Jo 5, 7 in der editio studio Pauli Crellii, 
Witteb. 15741. 

Erheblicher als alle diese Bemühungen um den lateinischen 
Text waren die Arbeiten der Löwener Theologen. Das Dekret 
des Konzils von Trient vom 8. April 1546, das „die alte latei- 
nische Vulgata“ als den authentischen Bibeltext bezeichnete 
und zugleich die grölste Genauigkeit (quam emendatissime) 
für die künftigen Bibelausgaben, besonders für die Drucke der 
Vulgata einschärfte?, spornte die katholischen Gelehrten an, 
genaue Ausgaben des lateinischen Textes zu veranstalten. 
Schon 1547 veröffentlichte Johannes Henten unter Beihilfe der 
Löwener Theologen und unter der Ägide Kaiser Karls V. den 
lateinischen Text: Biblia ad vetustissima exemplaria recens casti- 
gata, Lovanii 1547, Fol. Er hatte die Ausgabe des Robertus 
Stephanus vom ‘Jahre 1540 seiner Arbeit zu Grunde gelegt 
und verbesserte sie, obschon nicht sehr bedeutend, nach Hss, 
die meist aus belgischen Klöstern und Bibliotheken stammten. 
Der kritische Apparat ist in Randlesarten, aber ohne genauere 
Angabe der Herkunft der Varianten gegeben. 1 Jo 5, 7 schliefst 
er von „in coelo“ bis „interra“ in kritische Zeichen ein (= ...”) und 
setzt am Rande die Note: » 5., d.h. 5 Manuskripte enthalten den 





ı Über die Verbesserung der Vulgata, die Lukas Osiander (Tub. 
1573—1586) lieferte, s. weiter unten. 


2 Sess. 4. Decr. de editione et usu sacror. libr. 


Biblische Zeitschrift, L 3. 19 


290 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


Vers nicht!. In den folgenden Dezennien erschien nun eine Reihe 
von Ausgaben in Lyon, Venedig und namentlich in Antwerpen, 
die alle den Text der Ausgabe von 1547 teilweise mit einigen 
Änderungen und vermehrtem kritischen Apparat geben?. Nach 
Hentens Tode (F 1566) beschlofs die Löwener Fakultät), unter 
gemeinsamer Beratung und Verantwortlichkeit eine Ausgabe der 
Vulgata zu veranstalten, welche den Intentionen des Trienter 
Konzils entspräche. Sie erschien 1574 (al. 1573) bei Christoph 
Plantin in Antwerpen. Sie war ein Abdruck der Hentenschen 
Ausgabe von 1547, nur die Randlesarten waren vermehrt. 
Plantin versichert in der Vorrede, er habe für seine neue 
Ausgabe 60 Hss vergleichen lassen und mit Unterstützung von 
30 gelehrten Theologen drei Jahre lang an der Herstellung des 
Textes und der beigefügten Varietas lectionum gearbeitet; er 
hoffe, dals seine Ausgabe auch von den römischen Korrektoren 
benutzt werden könne Die eigentliche Arbeit hat wohl 
Franziskus Lukas Brugensis getan, dem der Jesuit und belgi- 
sche Vizeprovinzial Joh. Wilh. Harlem sowie die Professoren 
Joh. Molanus, Aug. Hunnäus und Cornelius Reineri Gudanus 
zur Seite standen. — Die Stelle lautet wie bei Henten, aber 


sie ist gekennzeichnet mit *... dant’ in terra. Am Rande steht: 

5 MS. B. 
-78Q.N. 
Quaere notationes“, um anzuzeigen, dals dieser ganze Satz in 


5 Hss, bei Beda und in der syrischen Übersetzung fehle und 
dals man die Anmerkungen nachlesen solle. Der versprochene 
kritische Kommentar, von Lukas Brugensis verfalst, erschien 
erst mit der 2. Auflage der nämlichen Ausgabe3: Notationes 


d. h. „desunt in 5 manuscriptis, Beda, Syro interprete; 


ı Richard Simon (Histoire critique des versions du Nouv. Test., 
Rotterdam 1690, 137) behauptet fälschlich, und Martin (Verite 170) 
stimmt ihm bei, dals nur die Worte „in coelo“ als solche gekennzeichnet 
seien, die in 5 Manuskripten fehlen; s. dagegen schon Porson a. a. O. 97. 

2 Vgl. Vercellone, Variae lectiones Vulgatae Latinae Bibliorum 
editionis I, Romae 1860, xcıx. 

3 Lagarde (Die vier Evangelien arabisch, Leipzig 1864, xı) urteilt: 
„Die allein brauchbare Originalausgabe von 1580 ist eins der seltensten 
und nützlichsten Bücher, die ich kenne, für die Kritik der lateinischen 
Bibelübersetzungen geradezu unentbehrlich.“ 


Bludau, Das Comma Ioanneum (11Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 291 


in Sacra Biblia quibus variantia discrepantibus exemplaribus 
loca summo studio discutiuntur, Antverpiae 1580, 4°. In 
diesem Marginalapparat gibt Lukas auch (S. 462) Rechenschaft 
über unsere Stelle. Die Note besagt: In 5 Hss stehen nur 
die Worte: „quoniam tres sunt, qui testimonium dant in terra, 
Spiritus“ etc.; die syrischen Hss und nicht wenige griechische 
stimmen hiermit überein. Ein Korrektorium (Epanorthotes)! 
sage ausdrücklich, die Stelle finde sich nicht in den griechi- 
schen und lateinischen Exemplaren. Mehrere Väter bestätigen 
dies, unter den lateinischen Augustinus, Leo, Beda, unter den 
griechischen Cyrill und Ökumenius. Auch der Zusatz „in terra“ 
finde sich nicht bei den meisten dieser Autoren und in den 
Hss. Das Manuskript von St. Andreas? stelle die Verse um: 
„id quod adiectionis indicium est“. Aber Hieronymus beklage 
sich in der Vorrede zu den katholischen Briefen3 über die 
Untreue der lateinischen Übersetzer, welche dies Zeugnis aus- 
gelassen haben. Hierdurch werde die Stelle bestätigt, wie auch 
durch eine grolse Anzahl lateinischer Bibeln und die Graeca 
editio Complutensis®. In allen Hss des Stephanus lese man die 
Stelle, nur sieben von ihnen haben nicht die Worte „in coelo*, 
es mülste denn sein, dals der halbe Zirkel, der anzeigen 
soll, was hier in den Hss fehle, unrichtig gesetzt sei. Endlich 
bestätige auch der Papst Hyginus®, der neunte Nachfolger 


1 Hunnäus hatte nach S. 22 dies alte Korrektorium geliehen und es 
neben 20 Hss der latein. Bibel dem Kollegium 8. J. in Löwen vermacht. 
2 Das Manuskript gehörte der Abtei St. Andreas bei Brügge. 

3 Gemeint ist der unechte Prolog zu den kath. Briefen, der sich 
zuerst in dem zwischen 540 und 546 geschriebenen Cod. Fuld. findet. 

4 Bei Rich. Simon (a.a. O. 139 Note) lautet die Stelle (nach ed. Lov. 
1574?): „quibus consentientes duos Graecos codices, unum Britannicum, 
alterum Hispanicum, Erasmus profert. Hispanico ut ubique et hic con- 
formis est Regius“, d. h. mit der Complutensischen Bibel stimmt die 
Antwerpener Polyglotte Bd V (1571) überein. Vgl. Porson a.a.0O.101f 
gegen Travis, der die ganze Stelle milsverstanden hat. 

5 Der erdichtete Brief des Papstes Hyginus, auf den die Verteidiger 
der Echtheit des Comma loanneum sich öfters beriefen, steht in der 
Pseudo-Isidor. Sammlung päpstlicher Dekretalen bei Hinschius, Decre- 
tales Ps.-Isidorianae et capitula Angilramni, Lipsiae 1863, 114. 

19* 


292 Biudau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 


Nachdem die verbesserte Vulgata zu Rom erschienen war, 
veröffentlichte Lukas: Romane Correctionis in Latinis Bibluis 
editionis vulgatae iussu Sixti V P. M. recognitis loca insigniora, 
Antwerp. (1601) 1603 u. ö. S. 361 bemerkt er zu 1Jo 5,7, 
dafs es Bücher gebe, welche den Vers auslassen, aber der 
Prolog des Hieronymus zeuge für ihn. 

Nicht mit Stillschweigen dürfen wir übergehen unter den 
Männern, welche in jener Zeit sich um die Ermittelung und 
Erforschung von Hss bemüht haben, den gelehrten Minoriten 
Tacitus Nikolaus Zegers, Lektor der Heiligen Schrift in Löwen 
(F 1559). Von ihm kommt in Betracht: Epanorthotes. Casti- 
gationes in Nov. Test., in quibus depravata restituuntur, adiecta 
resecantur et sublata adiiciuntur, Colon. 1555. In der für den 
Verfasser in hohem Grade charakteristischen Vorrede bemerkt 
er, dals Erasmus auch 1 Jo 5, 7 in der lateinischen Über- 
setzung ausgelassen habe; er habe sich vornehmlich Mühe ge- 
geben, „vulgati interpretis versionem pristinae fidei atque in- 
tegritati restituere“. Was unsere Stelle betrifft, so gesteht er, 
dals durch nichts weiter bewiesen werden könne als durch 
den Prolog des Hieronymus und durch den langen Gebrauch 
der Kirche, dafs die Worte wirklich vom Apostel herrühren. 
„Hunc locum hactenus apud nullum reperi veterum per omnia 
consentientem cum lectione nostra, ut ex sola Hier. in hasce 
epistolas praefatione probari possit (interpretis excepta auctori- 
tate et longo Ecclesiae Romanae usu) hanc vulgatam lectionem 
esse Apostoli germanam“. Er führt es als etwas Besonderes an, 
dafs Hieronymus angemerkt habe, die Worte hätten zu seiner 
Zeit in den lateinischen Hss nicht gestanden, wohl aber in den 
griechischen, da sie jetzt gerade im Lateinischen, nicht aber im 
Griechischen sich finden, aufser etwa in ganz neuen Exemplaren. 
Hyginus ep. I kenne die Worte; nicht bekannt seien sie dem 
Augustinus, Didymus, Clemens Alexandrinus, Eusebius (Papa)?, 





ı S. über ihn Paquot, L’Histoire litteraire des Pays-Bas, Louvain 
1765, 1ff und Wetzer und Weltes Kirchenlexikon XII? 1884f. 

2 S. den unechten Brief des Papstes Eusebius bei Hinschiusa.a.O. 
233; nur in einzelnen Hss des Briefes findet sich überdies 1Jo 5, 7. 





Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 293 


Cyrill, Leo L, Beda. Des weiteren spricht er davon, ob in 
V. 8 zu lesen sei: „et hi tres unum sunt“, oder „et hi 
tres in unum sunt“, oder mit Hyginus: „tres in nobis sunt“. 
Zegers übt eine gesunde Kritik an unserer Stelle, in jener 
Zeit eine gar seltene Erscheinung. In seiner Schrift: In locos 
difficiliores Evangelii Scholion, Colon. 1553, behandelt er „In 
Epist. Io 1°, ex cap.. V“ nur 1 Jo 5,8. Sein 1559 veröffent- 
lichtes, äulserst selten gewordenes Hauptwerk: Novum Testa- 
mentum iuxta veterem Ecclesiae editionem, ex probatissimis 
eisdemque vetustissimis tum scriptoribus tum exemplaribus 
priscae suae fidei atque integritati restitutum brevibusque 
illustratum adnotatiunculis, Lovan., das er dem Papste Paul IV. 
gewidmet hat, habe ich leider nirgends einsehen können. 

In den Beratungen, welche auf dem Konzil zu Trient der 
sess. 4 vorhergingen, wurden wohl von den Vätern des Konzils 
Erörterungen über Mk 16, 9—20; Lk 22, 43. 44; Jo 7, 53 
bis 8, 13 angestellt, nicht aber solche über 1 Jo 5, 7, welche 
Stelle ja in der sog. Biblia ordinaria vorhanden war. Noch 
im Jahre 1546 wurden in Rom die Vorbereitungen zur Her- 
stellung einer korrekten Ausgabe begonnen und mit wenigen 
Unterbrechungen von den verschiedenen für die Bibelrevision 
eingesetzten Kommissionen bis 1592 fortgesetzt. Die im 
Jahre 1590 vollendete Ausgabe des Papstes Sixtus V., ebenso 
die neuen Ausgaben des Clemens VIII. aus den Jahren 1592 
1593 1598 enthalten alle das Comma Ioanneum. Der Clemen- 
tinische Text war von nun an der offizielle kirchliche Text der 
Vulgata, und jede Änderung desselben ward untersagt. 

Die Aufmerksamkeit der verschiedenen Kommissionen, 
welchen die Aufgabe gestellt war, einen kritisch guten Vulgata- 
text herzustellen, ist sicherlich auch auf 1 Jo 5, 7 gelenkt 
worden. Schon die Verschiedenheit, die hinsichtlich dieser 
Stelle in den lateinischen ihnen zur Verfügung gestellten Hss 
bestand, mulste {ihnen auffallen. Vercellone ! hat die meisten 


ı A.a.O.ıxxxlllund Analecta iur. pontific. Livr. 28, 1015; vgl. Reusch 
im Katholik 1860, II 17. 


294 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


der von den Revisoren benutzten Hss nachgewiesen und grölsten- 
teils wieder verglichen. In mehreren derselben, wie im Cod. 
Amiatinus aus dem 8. Jahrh., dem Cod. S. Pauli (extra muros) 
aus dem 9. Jahrh., fehlt die Stelle überhaupt; in andern, wie 
dem Cod. Vallicellanus aus dem 9. Jahrh., dem Cod. Gothicus 
Legionensis (g?) aus dem 10. Jahrh., war sie von anderer Hand 
beigeschrieben. Von allen Ausgaben wurden von den Revisoren 
namentlich die des Rob. Stephanus von 1540, die Löwener von 
1574 und die Lyoner mit den Glossen und der Postille des 
Lyranus (Biblia ordinaria) von 1545 benutzt; alle drei waren 
nach Hss gedruckt und mit variae lectiones versehen. Daneben 
wurden auch die Zitate bei den lateinischen Vätern berück- 
sichtigt, ferner der griechische Grundtext. Wir haben aber 
noch einen andern Beweis dafür, dals die vorberatenden 
Kommissionen sich mit unserer Stelle beschäftigt haben. In 
einer Bibel, die eine von den Kongregationen benutzte und 
die sich jetzt in der Bibliotliek der Barnabitenväter in Rom 
befindet, lesen wir auf dem Rande folgende von dem Sekretär 
gemachte Bemerkung!: 

„in grae. cod. vati. et 

al. grae. codd. necnon et 

in aliquibus latinis non habentur 

verba virgula signata.“ 
Einer der gelehrten Korrektoren, Angelo Rocca, den Sixtus V. 
zum Präfekten bei den Arbeiten zur Herausgabe der Bibel 
ernannt hatte, hat ebenfalls in sein jetzt in der Biblioteca 
Angelica zu Rom aufbewahrtes Bibelexemplar, dessen er sich 
zur Revision bediente, zur Stelle eine interessante Marginal- 
note beigeschrieben?. Sie lautet: „Haec verba sunt certissime 
de textu et alliguntur contra haereticos ab Athanasio, Gregorio 
Nazianzeno, Cyrillo et Cypriano; et Hieronymus in prologo 
dieit ab infidelibus scriptoribus fuisse praetermissa. In Graeco 
etiam quodam antiquissimo exemplari, quod habetur Venetiis, 





ı S. Wiseman, Abhandlungen über verschiedene Gegenstände ], 
Mainz 1854, 59. 
2? Wiseman a.a.0. 58. 


Bludau, Das Comma Joanneum (11Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 295 


leguntur; unde colligitur Graeca, quae passim feruntur, in hac 
parte esse mendosa, et omnia Latina manuscripta, in quibus 
non habentur illa verba signata.“ Das sind recht merkwürdige 
Beweise für die Echtheit der Stelle! Es genüge bezüglich 
dieser Gründe, die Bemerkung von William Wright! in der 
Appendix zu seiner Übersetzung von G. F. Seilers Biblischer 
Hermeneutik zu zitieren: „But we know, that it was not quoted 
by Athan., nor by Greg. Naz., nor by Cyrill, and that Jerome 
did not write the Prologue which was forged three or four 
hundred years after that father was dead. The Greek copy 
at Venice? has also long since shrunk from inspection.“ Die 
Revisoren glaubten jedoch in manchen Punkten auch dem Be- 
stehenden Rechnung tragen zu müssen, d.h. Lesarten, welche 
allgemein rezipiert waren, auch gegen die Autorität der kriti- 
schen Zeugen unverändert lassen zu dürfen. Das ist freilich 
auf dem Standpunkte der Kritik nicht zu rechtfertigen, war 
aber aus naheliegenden Gründen dennoch weise gehandelt und 
insofern auch unbedenklich, als es sich um Stellen handelt, 
welche für den theologisch wichtigen Inhalt und Sinn der 
Heiligen Schrift nicht für sich allein entscheidend, öfters ganz 
irrelevant sind. 

In der ersten Ausgabe des syrischen NT, die der kaiser- 
liche Kanzler Joh. Albrecht Widmanstadt nach zwei Hss, 
welche der syrischeJakobit Moses von Marden aus Mesopotamien 
nach Europa gebracht hatte, in Wien 1555 veranstaltete, ist 
die Stelle übergangen, da sie den Hss der Peschita fremd ist’. 
In der Ausgabe des Immanuel Tremellius, Genf 1569 (Fol.), 
mit hebräischen Lettern und beigefügtem griechischen und 


ı Biblical Hermeneutics, London 1835, 635. 

2 Das Manuskript aus Venedig ist die griech.-lat..arab. Hs aus dem 
13. oder 14. Jahrh. (Apg. 96); der Text 1 Jo 5,7 findet sich Bi nur in 
dem lateinischen Vulgatext; vgl. Rinck, Lucubratio critica in acta apost., 
epist. catholicas et paulinas, Basil. 1830, 30 41 109. 

3 Andreas Müller (Dissertationes duae: de \Mose Mardeno una, de 
Syriacis librorum sacrorum versionibus deque Viennensi Antiocheni textus 
Novi Test. editione altera, Coloniae Brandenburg. 1673, 31 32) urteilt falsch 
über die ausgelassenen Verse. 


296 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


Bezas lateinischem Text gedruckt, ist bei 1 Jo 5, 7 ein leerer 
Raum gelassen. Jedoch hat Tremellius nach eigener Über- 
setzung die Stelle an den Rand gesetzt: J'nDT RX NMnonT 
SDR Tr NM RBTD RIM NNDD KON KDD Er gesteht selbst 
in der Randnotiz, dafs er in einer Heidelberger syrischen Hs 
die Stelle nicht gelesen habe: „Quia non modo in impresso 
(Widm.) sed etiam in manuscripto codice Heidelbergensi 
omittebatur, nec in omnibus vetustis codicibus Graecis legebatur, 
textui inserere non sum ausus“1. Auch die Antwerpener Poly- 
glotte 1571, für welche Guido Fevre de la Boderie den syri- 
schen Text besorgte?, hat die fraglichen Worte fortgelassen. 
Wie die Unterschrift hinter dem ersten Johannesbrief bezeugt, 
billigten die katholischen Zensoren Aug. Hunnäus, Cornelius 
Reineri Gudanus, Bened. Arias Montanus die Version, in der 
1Jo 5,7 fehlte. Hingegen steht die Stelle in Elias Hutters 
Ausgabe des NT in 12 Sprachen (Nürnberg 1599, Fol.); der 
syrische Text ist der Ausgabe des Tremellius entnommen’. 


III. Die deutschen, französischen, englischen etc. 
Übersetzungen. 


Die deutschen vor Luther gedruckten Bibeln enthalten 
alle den Vers* mit einer einzigen Ausnahme: in der Memminger 
Bibel vom Jahre 1481 (!) soll die Stelle ausgelassen sein. Öfters 
ist in den deutschen vorlutherischen Bibeln V. 8 vor V. 7 


ı Bebb (in Stud. biblica et ecclesiastica II, Oxford 1890,91, 196 Note) 
führt folgenden Grund für das Verfahren des Tremellius an: „It is only 
fair, to add that this was done from a belief, that the MS. sent from East 
and used by Widmanstadt was defective.“ 

2 Nachdrucke 1573 1575 1584 1586. 

38. Le Long-Masch a.a. O.I 85(P. II, Vol. I, Sect. IV,$ XXV). 

4ıS. Joh. Fr. Mayer, Hist. versionis germ. Bibliorum M. Lutheri, 
Hamb. 1701, 52b. 

5 Kettner, Historia 220. Palm, De codicibus Vet. et Nov. Test., 
quibus B. Lutherus in conficienda interpretatione germanica usus est liber 
historicus, in quo Historia quoque dicti Johannei I. Ep. 5, 7 a Luthero 
omissi illustratur, Hamburgi 1735, 132. Bengel, Apparatus criticus ed. 
Burk, Tubing. 1763, 465. Die Existenz dieser Ausgabe lälst sich nicht 
nachweisen. 








Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert, 297 


gesetzt, z. B. in der Nürnberger von 1483, in einer Augsburger 
von 15181, 

Die erste Ausgabe des NT Luthers erschien ohne Angabe 
des Druckers (Melchior Lotther) und der Jahrzahl wie auch 
ohne Luthers Namen im September 1522 unter dem Titel: „Das 
Newe Testament. Deutzsch. Vuittemberg“; im Dezember des- 
selben Jahres erschien bereits die zweite Ausgabe. Wenngleich 
der Übersetzer die lateinische Vulgata nicht aulser acht ge- 
lassen hat, wie sich aus einer Anzahl Stellen seiner Arbeit 
nachweisen lälst?, so hat er sich doch durchgehends, wie nicht 
bezweifelt werden kann, an den griechischen Text nach der 
2. Ausgabe des Erasmus vom Jahre 1519 gehalten3. Da Eras- 
mus in den beiden ersten Ausgaben seines NT im griechischen 
wie lateinischen Text die Stelle von den drei himmlischen 
Zeugen absichtlich fortgelassen hatte#, ist sie auch von Luther 
in seiner deutschen Übertragung nicht wiedergegeben worden. 
Wir lesen nur: „Denn drey sind, die da zeugen | der geyst 
vnd das wasser | vü das blut | vnd die drey sind eynis.“ Darin 
blieb Luther dem Erasmischen Text der 2. Auflage auch in 
der Folge treu, selbst als Erasmus seine freiere Meinung über 
1Jo 5, 7 vor der Öffentlichkeit zurückgenommen hatte, dals er 
die Zeugenstelle in seine Übersetzung nie aufnahm, so oft er 
auch diese von 1522 bis zu seinem Todesjahr 1546 herausgab 
und wieder durchsah; weder in den Originalausgaben noch in 
den Nachdrucken findet sich die Stelle. 

In der 4., gründlichst revidierten Ausgabe vom Jahre 1541 
jedoch, und zwar in der zweiten grofsen Revision (noch 








ı Kettner, Historia 220. vgl. Joh. Melchior Goeze, Verzeichnis 
seiner Samlung seltener und merkwürdiger Bibeln in verschiedenen 
Sprachen mit kritischen und literarischen Anmerkungen, Halle 1777, 316. 

28. Hopf, Würdigung der Luther. Bibelverdeutschung, Nürnberg 
1847, 214; W. L. Krafft, Die deutsche Bibel vor Luther, sein Verhältnis 
zu derselben und seine Verdienste um die Bibelübersetzung (Univ.-Progr. 
Bonn 1883) 9; Riehm in Theol. Stud. u. Krit. 1884, 299. 

3 Es hat früher Streit darüber geherrscht, welche griech. Ausgabe 
des NT Luther gebraucht hat; s. darüber Palm, De codicibus 61 ff und 
die daselbst angeführte Literatur. 

4S. Bludau im Katholik 1902, II 36 ff. 


298 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


nicht in der Ausgabe, die 1540 und 1541 ans Licht kam), hat 
er zuerst in 1 Jo 5, 8 die Worte „auf Erden“ eingerückt. In 
der 5., der letzten der unter Luthers Augen gedruckten Aus- 
gaben, vom Jahre 1545 sind diese Worte unverändert stehen 
geblieben. In einer andern Ausgabe vom Jahre 1545 mit 
gefälschtem Titel fehlen sie. Es ist falsch, wenn der Witten- 
berger Theologe Paul Crell in seinem „Bericht von D. Lutheri 
Teutschen Bibel- Correctur, und unterschiednem Druck der- 
selben“, der im Jahre 1577 geschrieben und später in die 
Consilia Theologica Vitebergensia (Francf. ad Moen. 1664) 
I 8ff eingerückt worden ist, S. 28 bemerkt, dals jene Worte 
von Luther selbst und andern Gelehrten in der echten Aus- 
gabe von 1545 weggetan worden. Sie sind zuerst wieder in den 
Lufftschen Ausgaben von 1549, 1550 und 1551 ausgelassen, aber 
nicht etwa nach Luthers letzter Verfügung und Anordnung, 
sondern eigenmächtig von andern, wahrscheinlich von Bugen- 
hagen. In andern Ausgaben des Lutherschen NT aus jener Zeit 
fehlen bald jene Worte „auf Erden“, bald sind sie zu finden 2. 

Daraus, dafs Luther in 1 Jo 5,8 die Worte „auf Erden“ 
einrückte, ist nicht etwa zu folgern, dafs er die Stelle von den 
drei Zeugen „im Himmel“ ın 1 Jo 5,7 anerkannt habe, sondern 
mit jenen Worten will er nur darauf hinweisen: „JIohannem 
de testibus in terra tantum loqui, adeoque testimonium coeleste 
hic locum non invenire“ 3, 

Die Abweichung der Übersetzung Luthers an dieser Stelle 
von den allgemein verbreiteten Bibeltexten mulste recht bald 
seinen Gegnern auffallen. Hieronymus Emser liefs 1523 in 


ı Vgl. den diplomatisch genauen Abdruck derselben in: Dr. Martin 
Luthers Bibelübersetzung nach der letzten Originalausgabe, kritisch be- 
arbeitet von H. E. Bindseil (und Herm. Agath. Niemeyer), Halle 
1845 bis 1853, vu. 

28. Goezes Verzeichnis seiner Samlung 319; ders, Neue für 
die Kritik und Historie der Bibel- Übersetzung Lutheri wichtige Ent- 
deckungen, Hamburg-Leipzig 1777, 24 35f; ders., Historie der niedersächs, 
Bibeln, Halle 1775, 266 319 323f; G. W,. Panzer, Entwurf einer voll- 
ständigen Geschichte der deutschen Bibel-Übersetzung D. Martin Luthers 
vom Jalıre 1517 an bis 15812, Nürnberg 1741, 507 509 510. 

3 Palm a. a. O. 10. 





Bludau, Das Comma Ioanneum (11Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 299 


Leipzig bei Wolfgang Stöckel eine scharfe Kritik über Luthers 
Übersetzung des NT erscheinen: „Auß was grund vnnd vrsach 
Luthers dolmatschung, vber das nawe testament, dem gemein® 
man billich vorbotten worden sey“; die Schrift erhielt in der 
2. Auflage, Dresden 1524, den Titel: „Annotationes Hieronymi 
Emser vber Luthers naw Test. gebeßsert vnd emendirt“ (8°). 
Emser hielt sich in seiner Kritik streng an den Text der 
Vulgata, „unseren alten bewährten Text“, und fand in Luthers 
NT über 1400 ketzerische Irrtümer oder Fälschungen. Er 
hält Luther auch die Auslassung unserer Stelle vor: „zum andern 
bricht er jm (d. i. dem latein. Text) ab, uü last auß die nach- 
volgende Wort, namlich, dan drey sind die do gezeugniss geben 
im hymel, der vatter das wort und der heylige geyst. un die 
drey sind ein ding, wolches wie der heylig Hieronymus sagt 
von den kirchen (die nichtzit von der dreifeltigkeyt halten) 
aul3 dem text gestolen worden ist. Zum dritten. do Luther 
dolmatschet. dan drey sind die do zewgen. Läfst er aber aussen 
ın terra, das ist auff der erden“ (Ausg. 1523 Bl. cxxxvmf). 
Er bemerkt dann noch, er wisse wohl, dafs Luther in diesem 
allem dem Erasmus gefolgt sei, dieser habe aber in der 
„zweiten“ (soll heilsen „dritten“) Ausgabe die Worte wieder- 
hergestellt. Seine erste Ausgabe habe er auch nicht in der Ab- 
sicht publiziert, dais sie sofort unter das Volk gebracht, sondern 
damit sie zunächst von gelehrten Männern geprüft werden 
sollte (Bl. cxxıx). 

Vielleicht war diese Kritik Emsers Veranlassung, dafs die 
Stelle in eine durch Melchior Ramminger zu Augsburg 1526 
in 160 gedruckte Ausgabe von Luthers NT eingeschoben wurde. 
Der Wortlaut ist hier: „denn drey seynd die zeugknuß gebend 
im Himmel: der Vater, das Wort und der heylig Geist, und 
die drey dienend in ains“2. Jedoch befindet sich das Comma 


ı Mit den letzten Worten weist er auf den Prolog des Ps.-Hieronymus 
zu den katholischen Briefen hin. 

2 S. Verzeichnis der Braunschweigischen Bibelsammlung, Braun- 
schweig 1752, 94 n. 50; Panzer, Ausführl. Beschreibung der ältesten 
Augspurgischen Ausgaben der Bibel, Nürnberg 1780, 101. 


300 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


JIoanneum nach Goeze! schon in der plattdeutschen Ausgabe 
von Luthers NT, die in Hamburg 1523 erschienen ist. 

Luther selbst hat sich in seinen Schriften zu wiederholten 
Malen über die Interpolation der Worte von den himmlischen 
Zeugen ausgesprochen. In der Auslegung des ersten Johannes- 
briefes aus dem Jahre 1527, welche in lateinischem Original 
nach einem von Jakob Propst nachgeschriebenen Kollegien- 
heft zuerst Joh. Georg Neumann (Wittenberg 1708) heraus- 
gab und die nach einer Übertragung von J. J. Greif auch 
Walch in seine Ausgabe der Werke Luthers aufgenommen 
hat?, heilst es: „In den Griechischen Bibeln findet man diese 
Worte nicht; sondern es scheinet, als ob dieser Vers von den 
Rechtgläubigen wegen der Arianer eingerücket worden; welches 
doch nieht eben füglich geschehen ist, weil er nicht von den 
Zeugen im Himmel, sondern von den Zeugen auf Erden, hie 
und dar redet“ (Walch IX 1059). 

Wir sehen, dafs Luther seine Verwerfung der Stelle nicht 
blois auf den Mangel der äulseren Bezeugung stützt, sondern 
auch die Unangemessenheit der Stelle im Zusammenhang 
hervorhebt. 

Auch sonst hat Luther die Stelle ignoriert. Seine Aus- 
legung der Epistel 1 Jo 5, 4—10 am Sonntag nach Ostern 
preist diese Schriftlektion hoch und nennt sie ausdrücklich 
„des Heiligen Geistes Sprache“ (Walch XII 702); V. 7 aber 
bleibt unausgelegt. Ebenso erwähnt Luther V.7 nicht in der 
Predigt bei der „Kindtaufe des jungen Herrlein zu Anhalt 


ı Historie der niedersächs. Bibeln 156. 

2 S. Walch IX, Vorrede 18; Neumann a. a.0.169. In der Weimarer 
Ausgabe (1898) XX 780 lautet der lateinische Text nach Rörers Nach- 
schrift: „Istum locum graeci non habent codices, videtur studio theo- 
logorum antiquorum adversus Arianos inepte insertus, si Analogia fidei 
respicitur. Ubi videtur deus non opus testimonio, hic vero opus habemus, 
hic tantum in verbo nec volumus aliter habere, quando non est testimonium 
in coelo nec fides, quae sunt huius vitae, Relinquimus igitur hoc testi- 
monium. Et sequens textus eludit hunc locum, Et cavillari possum facile 
quod non ineptior locus pro Trinitate“ Vgl. E. Müller, Luthers Er- 
klärung der Heiligen Schrift, Gütersloh 1898, 1152. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 301 


1541“, in der die Behandlung des Verses nahe lag; s. Alten- 
burger Ausgabe VII 441 u. 442, Auch hat Luther die Stelle 
nie zur Begründung der Lehre von der Trinität gebraucht, 
obwohl er diese öfters vorträgt, z. B. nicht in seiner „Aus- 
legung der letzten Worte Davids“ (1543) 2 Sam 23, 1— 7 8 65—96 
(Walch III 2835—59), wo er als Bibelstellen zitiert: Ps 23, 6; 
Mt 28, 19; Lk 3, 22; Jo 5, 17; 10, 30. 33 ... vgl. andere 
Erörterungen über die Trinität bei Walch X 1215—1230, XI 
1548—1555, XII 852—869, XIII 1508—1529 2624—26391. 
Irgend eine „direkte Beziehung auf die Dreizeugenstelle aus 
Luthers eigenen Worten lasse sich nirgends nachweisen“, be- 
merkt resigniert W. Kölling?, und er gesteht, er wäre bei 
seiner „seelischen Gebundenheit“ an Luther über die Malsen 
glücklich, wenn er ein anderes Resultat konstatieren könnte. 
Es ist auffallend, dals Kölling eine in die Ausgabe der 
Werke Luthers von Walch (IX 1080—1251) aufgenommene 
Auslegung des ersten Johannesbriefes vollständig übersehen 
hat, die von Rambach aus Luthers eigenhändigem Manuskript (!) 
übersetzt sein soll, obwohl doch gerade viele, z. B. Fr. Anton 
Knittel, Joh. Dav. Michaelis, G. W. Meyer und noch neuer- 
dings Abbot?, sich dahin aussprachen, dafs Luther in den 
letzten Jahren seines Lebens günstiger über den Vers ge- 
urteilt habe. In dieser Auslegung nämlich wird die Drei- 
zeugenstelle als echter Textbestandteil behandelt und erklärt®. 
Der Herausgeber Walch beschwichtigte etwaige Bedenken mit 
der Anmerkung (S. 1227), der Reformator müsse bei dieser 


ı S. Ezra Abbot, I John V, 7 and Luther’s German Bible, in The 
Authorship of the fourth Gospel and other Critical Essays, Boston 
1888, 460. 

2 Die Echtheit von 1 Joh 5,7 Vortr., Breslau 1893, 85. — Die Rand- 
zitate: „l Joh 5, 7“ in der Altenburger Ausgabe von Luthers Werken 
III 166° 167° (de servo arbitrio) beziehen sich gar nicht einmal deutlich 
auf Anklänge in Luthers Worten; IV 689' ist „l Joh 5, 8“ zu setzen. 

3 Knittel, NeueKritiken über den berühmten Spruch: Drey sind ..., 
Braunschweig 1785, 133ff. Michaelis, Einleit.* 1557. Meyer, Gesch, der 
Schrifterklärung seit derWiederherstellung der Wissenschaften II, Göttingen 
1803, 370 Anm. 22. Abbot a.a. 0. 459. 

ıS. Müller a.a. O. 1152. 


302 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


Auslegung ein solches Exemplar des griechischen Testamentes 
in der Hand gehabt haben, in dem dieser Spruch vorhanden 
war, ebenso Knittel a. a. O. 137. Nach Ezra Abbot (a. a. O. 459) 
erklärt sich die Textauslegung daraus, dafs Luther in den 
letzten Jahren die in Basel 1540 von Thomas Platter edierte 
Ausgabe benutzte, welche den Text der 3. Ausgabe des Eras- 
mus bietet. Auch Köstlin ! behilft sich mit der Annahme, 
dafs die Nachschrift aus einer andern Vorlesung stamme. Aber 
Rörers Daten zeigen das Ende der Vorlesung im November 
1527 an?. Da hat G. Koffmane 3 im Jahre 1897 mit durchaus 
einleuchtenden Argumenten nachgewiesen, dals diese zweite 
Auslegung des ersten Johannesbriefes bei Walch gar nicht 
von Luther herrührt, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach 
von Johannes Agricola stammt, der auch sonst Predigten 
Luthers sicher redigiert hat*. (Fortsetzung folgt.) 


— 





ı Luther, sein Leben und seine Schriften II‘, Elberfeld 1889, 648, 
Anm. zu 157, 2. 

2 Weim. Ausg. XX (1898) 595. 

3 In „Theol. Studien, Prof. D. Bernh. Weils zu seinem 70. Geburts- 
tage dargebracht“, Göttingen 1897, 30ff; ders. Weim. Ausg. XX 594 ff; 
vgl. Theol. Litbl. 1897, 618, Theol. Litztg 1898, 239. 

4ıS. die „Einundzwanzig Predigten und Sermone“ in der Erlanger 
Ausgabe XIX 2. 


Besprechungen. 


Karo, Georgius, Dr. phil., et Lietzmann, Johannes, Lic. theol.. Ca- 
tenarum graecarum catalogus. S.-A. aus den Nachrichten der K. Gesellschaft 
der Wissenschaften zu Göttingen, Philol.-histor. Klasse, 1902, Heft 1, 3, ö. 
gr. 8°. S. 1-66 299—350 559—621. Göttingen, L. Horstmann, 

Schneller, als man erwarten konnte, hat Lietzmann unter der tat- 
kräftigen Hilfe des Mitherausgebers Karo sein im Jahre 1897 gegebenes 
Versprechen eines Katenenkatalogs eingelöst. Und nicht blols Jdie Be- 
stände der italienischen, französischen, deutschen und englischen Biblio- 
theken, wie damals in Aussicht gestellt wurde, registriert der jetzt vor- 
lierende Katalog, sondern sämtliche griechischen Katenen zu den heiligen 
Schriften, soweit sie bekannt geworden sind, finden wir in diesem Werke 
aufgeführt, beschrieben und klassifiziert. Welch eine gewaltire Arbeits- 
leistung dies voraussetzt, geht daraus hervor, dals mehr als 420 Hss aus 
45 Bibliotheken herangezogen und zum weitaus grölsten Teile von den 
beiden Herausgebern persönlich untersucht worden sind. Nur zu den 
Propheten- und zu den Lukaskatenen standen die wertvollen Vorarbeiten 
von M. Faulhaber und Jos. Sickenberger zu Gebote. 

Der Katalog ist als ein Hilfsmittel gedacht nicht nur für alle die- 
jenigen, die einer Gruppe dieser Kettenkommentare eine besondere Unter- 
suchung widmen wollen, sondern auch für jene, die bei der Herausgabe 
eines Kirchenschriftstellers an dieser Art der indirekten Überlieferung 
des Textes nicht vorübergehen dürfen. Dem ersteren Zwecke dient die 
Beschreibung aller Katenenhss in der Reihenfolge der biblischen Bücher 
und die gleichmälsig durchgeführte genauere Untersuchung je eines oder 
zweier Abschnitte, gewöhnlich des Anlare. und eines späteren Kapitels, 
aus denen die Lemmata nebst den Anfangs- und Schlulsworten der Zitate 
mitgeteilt werden, so dals die sichere Unterscheidung etwaiger Typen 
oder Gruppen ermöglicht ist. Den Herausgebern der Väterwerke aber 
wird aufserdem die Mühe des Suchens dadurch ganz aulserordentlich er- 
leichtert, dals bei jedem Katenentypus ein Verzeichnis sämtlicher in ihm 
exzerpierten Autoren mit manchen speziellen Angaben über den Fundort, 
sowie eine Nachweisung über die bereits aus der Katene abgedruckten 
Exzerpte beigefügt wird. Ein Index auctorum und ein Index codicum 
schlie[sen den vortrefflichen Katalog, durch dessen Veröffentlichung Lietz- 
mann, sein Mitarbeiter und seine Förderer sich den herzlichen Dank aller 
Exegeten und Patrologen verdient haben, selbst wenn die in der Vorrede 
ausgesprochene Befürchtung, die fortschreitende Forschung möchte Lücken 
und Fehler in dem Werke konstatieren, sich bestätigen sollte. 

Münster i. W. Fr. Diekamp. 


Lagrange, P. M.-J., Le Livre des Juges. Etudes bibliques. gr. 8". 
(XLVIII u. 338) Paris 1903, Lecofire. Fr 7.50. 

Diese Erklärung des Richterbuches von dem bekannten atl Exegeten 
ist eine ausgezeichnete Arbeit. Der Verf. hat das schwierige Gebiet im 


304 Besprechungen. 


Detail fördernd und in den prinzipiellen Fragen mit einer — im Hinblick 
auf neuere Leistungen gesagt — in Deutschland fast noch unbekannten 
Klarheit und Freiheit der Auffassung behandelt Ohne der wahren Würde 
der Heiligen Schrift zu ae ihren historischen Grundcharakter jederzeit 
festhaltend, ihn sogar z. B. gegen die allzu schematische Zweigeschichten- 
theorie Buddes mit Erfolg verteidigend, weigert er sich doch entschieden, 
seinen exegetischen Scharfsinn zur Rettung rabbinistischer Effektstücke 
und ‚ähnlicher hoffnungsloser Dinge zu milsbrauchen. Zur Treue gegen 
die Überlieferung und Behulsamnkait bei Anderungen des Wortlautes tritt 
bei ihm Energie und klares, oft scharfes Urteil; den Mangel an sattsam 
bekannten verdeckenden Vermittlungsversuchen rechnen wir zu den ersten 
Vorzügen dieses wirklich einmal modernen Kommentars. 

L. stellt sich seinem Text gegenüber auf einen Standpunkt, von wo 
aus der Einblick in die ihn konstituierenden Faktoren möglich ist, und 
verschafft sich damit den grolsen Vorteil systematischer Übersichtlichkeit. 
Zwar muls er als Führer am Anfang Vertrauen fordern, aber es fällt ihm 
nicht schwer, dasselbe im Lauf der Darstellung mehr und mehr zu recht- 
fertigen und jeden an cnen Vorbehalt in Zustimmung zu verwandeln. 

Nach L. sind einzelne Teile des Richterbuches hauptsächlich aus 
J und E, andere wieder aus E und P (= code sacerdotale) zusammen- 
gestellt, das Ganze deuteronomisch oder auch sonstwie mit Glossen, Zu- 
sätzen und Auslassungen durchsetzt. Indem die Eigenschaften, Ziele und 
Wirkungen dieser Elemente herausgestellt und Hand in Hand mit sorg- 
fältigster Detailforschung je nach ihrem historischen oder mehr didek- 
tischen Gehalt geprüft werden, erschlielst sich dem Leser ein voller Ein- 
blick in die literargeschichtliche Natur des ganzen Buches, ohne dafs die 
jeweils mögliche historische und religiöse Brossse vernachlässigt würde. 

eilich ist, wie es eben nicht anders sein kann, auch bei L. der Löwen- 
anteil der „Exegese“ Textherstellung, die aber mit ebensoviel Scharfsinn 
und Umsicht als Erfolg betrieben wird. Er scheint aber auch bereits 
auf einen kritisch geschulten Leserkreis rechnen zu dürfen; denn ein Satz 
wie: „Elohim se prösente trois fois, le morceau est donc de E“ stünde 
z. B. bei uns einstweilen noch ziemlich in der Luft. 

Von den vielen neuen und gut begründeten Einzelheiten erwähnen 
wir als besonders ansprechend die Chronologie der Richterzeit, die als 
schriftstellerisches Schema von 12 Generationen zu je 40 Jahren erklärt 
wird (8. 43), während in Wirklichkeit nur etwa 200 Jahre zur Verfügung 
stehen. Zur „Eroberung“ von Gaza, Askalon, Akkaron (S. 381) könnte 
doch der Fall in Betracht kommen, dals die Hebräer, im freien Felde 
überlegen, die Ländereien okkupierten, während sie die Festungen selbst 
nicht bezwingen konnten, ähnlich wie in Jerusalem. Den Versteil „auch 
die Himmel bebten“ darf man blofs deswegen, weil er auch Ps 68, 9 vor- 
kommt, kaum streichen; denn solche Ausdrucksweisen sind nicht singulär. 
Zu 5,31 ist die Gewohnheit euphemistischer Schlufsformeln nach voran- 

ehenden Verwünschungen zu berücksichtigen; vgl. K. J. Grimm, 

uphemistic Liturgical Appendixes in the OT (1901); hierzu P. Volz, 
Theol. Lit.-Ztg 1902, 226 und G. Beer, Deutsche Lit.-Ztg 1903, 200. — 
S. 272,15 u. lies: ‘5; S. 282,11: ospırs; S. 800, 11: var; S. 298 Org. 

Der Auffassung, welche L. hinsichtlich der Art der Darstellung über- 
haupt vertritt, ist durchaus beizustimmen; auch das Richterbuch ist 
schlielslich „au caractere de son r&cit“ zu verstehen (S. xxxıx) oder, wie 
mit einer ähnlichen Wendung gesagt wird, „dans la totalite de son genre 
litteraire“. Nur darin möchte dem Verf. nicht zu folgen sein, wenn er 
den biblischen Autoren, obwohl nur inklusive, eine formelle Reflexion 
über ihre Methode zuschreibt: ohne Zweifel haben sie vielmehr in durch- 
aus naiv-autoritativer Weise mit ihrer Art historischer Didaktik gearbeitet, 
selbst aber keinen andern Standpunkt eingenommen als den, der ihrer 
Darstellung unmittelbar zu entnehmen ist. Wenn aber L. von einem 


Bibliographische Notizen. 305 


Schriftsteller dieser Art sagt: „ne se trompant pas lui-m&me il ne trompait 
non plus personne“, so finde ich darin nicht blols eine allzu unbillige 
Abschätzung der Exegeten älterer Ordnung, sondern auch etwas wie 
Auftauchen der v. Hummelauerschen „apparentia“, einer Erscheinung, die 
kaum viel Gutes stiften wird. 

Unter den katholischen Autoren, mit welchen sich L. auseinander- 
setzt, ist selbstverständlich v. Hummelauer der meistbeteiligte, oft als 
Heifer, oft auch als Gegner, letzteres meist wegen seiner Neigung zum 
Festhalten am Bisherigen; in Bezugnahme hierauf redet L. (S.231) geradezu 
einmal von „conservatisme compromettant“. Was würde da der temperament- 
volle Autor erst konstatieren, wenn er sich etwa z.B. mit den in Deutsch- 
land als modern kursierenden Genesiserklärungen abzufinden hätte! — 
Wir beglückwünschen die französische Wissenschaft zu dieser vorzüglichen 
Leistung ihres berühmten Bibelforschers von ganzem Herzen. 

Passau. Carl Holzhey. 


Bibliographische Notizen 
(aus dem laufenden Jahre 1908, wenn nichts anderes bemerkt ist). 


Abkürzungen. Vgl. oben 8. 81f 198. Dazu noch: BStdt = The Bible Student. PrihR 
= The Princeton theological Review. 


A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift. 
a) Enzyklopädien. Inspiration. Hermeneutik. Bibelkritik. 


Guthe, H., Kurzes Bibelwörterbuch. Mit 4 Beigaben, 2 Karten und 
215 Abb. (8%. XXVIII u. 768. "Tübingen, Mohr. M 10.50): Die Kürze. 
wird erreicht durch ein System von Abkürzungen, konzise Fassung der 
Artikel, Weglassung der Stichworte, über welche nichts zu sagen war. 
Gegenüber Rıehm steht es aulserdem auf fortgeschrittenerem kritischen 
Standpunkt. Mitarbeiter: Beer, Holtzmann, Kautzsch, Siegfried, Socin, 
Wiedemann, Zimmern. 

James, M. R., Inventiones Nominum (JthSt IV Nr 14, 218—244): Das in 
Miscellanea Cassinese (1897) veröffentlichte Werk der Bibliothek von 
St Gallen (Ms Nr 133 und Nr 913), bestimmt, die gleichnamigen Personen 
der heiligen Schriften auseinander zu halten, fand J. in der Stadtbibliothek 
von Albı e 29). Abdruck der Texte unter Beiziehung anderer Zeugen. 

Höhne, E., Zur Inspirationsfrage Il u. III (vgl. oben S. 83. Bew. d. 
Gl. 3. F. V 12, VL2). 

Hetzenauer, M., O. C.. Epitome exegeticae biblicae catholicae in usum 
scholarum (8%. X u. 175. Innsbr., Wagener. M 3.—): Ist im wesent- 
lichen eine kath. Hermeneutik und beruht auf sehr ausgedehnten Kennt- 
nissen. Die Lehre über den Schriftsinn, wobei auch der sensus con- 
sequens (Folgerungen aus dem Schrifttexte) als eigentlicher Schriftsinn 

ilt, wird unter dem Titel Exegetica biblica vorausgeschickt. Die 

ermeneutik wird dann geteilt in Heuristica seu modus inveniendi und 
Prophoristica seu modus proferendi. Ein Überblick über die Leistungen 
der kath. und prot. Exegese schlielst das Buch. Im einzelnen kommt in 
demselben sehr viel der Dogmatiker zu Wort. Der Aszet fügt (S. 91ff) 
die zunächst in ein anderes Gebiet gehörigen Mahnungen zur Demut, 
Gebetsübung und Selbstheiligung bei Pflege der Exegese ein. Auch 
eine Auseinandersetzung mit ephemeren Programmatikern (Wahrmund u.a.) 
ist überflüssig. Am meisten wird aber die extrem scholastische Form des 
Buches den Genuls an demselben trüben. S. 

Streatfeild, 6. $S., A Parish Clergyman’s Thoughts about the Higher 
Criticism (Exp VI Nr 36, 401—424): Soweit der Glaube an Christus ge- 

Biblische Zeitschrift. I. 3. 20 


306 Bibliographische Notizen. 


fährdet wird, abzulehnen. Sonst hat er manches gefördert; weniger 
strenger Inspirationsbegriff; Gn 1—11 Legenden, nicht Geschichte; Un- 
vollkommenheit des AT gegenüber dem NT‘; poetischer Charakter mancher 
Schriiten (z. B. Jonas); Zulässigkeit von Widersprüchen trotz Inspiration. 

Kirkpatrick, A. F., Modern Criticism and its Influence on Theoloyy (ExpT 
XIV 4, 172—175): Bedeutsam als Bekenntnis eines gemälsigten englischen 
Kritikers. Die sicheren Resultate der Kritik führen zu einer melır na- 
türlichen Erklärung der göttlichen Offenbarung; die Prophetie war zeitlich 
bedingt und wirkte mehr mit moralischer Macht als durch eigentliche 
Weissagungen, jedoch sind die Propheten göttlicher Sendung; die In- 
spiration bringt nicht Irrtumslosigkeit mit sich. Und doch findet K., dals 
dadurch die Theolome befreit, vertieft und gestärkt wird. 

Mit dem „Biblischen Kritizismus die katholische Exegese“, d.h. Dogma 
und exegetische Tradition auszugleichen, ist auf prinzipiellem Gebiete die 
vornehmste Aufgabe, deren Richtung und Fortschritt eine Reihevon Schriften 
kennzeichnet: Houtin, A., La question biblique chez les catholiques de France au 
XIXe siccle. 2e ed., revue et augmentce (8. IV u. 378. P. 190%, Picard. 
Fr 4.—): Die exegetischen Prinzipieniragen werden durch die geschicht- 
liche Entwicklung einer Lösung im Sinne der fortgeschrittensten exe- 

etischen Richtung zugeführt; dies will H. klarlegen an Gn 1, Chronologie, 
Sintflut, 1Jo 5,7, der mosaischen Abfassung des Pentateuchs, den Gebieten 
der Konflikte zwischen Exegese und kirchlicher Autorität. Der Apoloret 
des energischen Fortschrittes der katholischen Exegese führt die Feder. 
Interessant geschrieben, orientiert das Buch trotz seiner Ironisierung der 
Apologeten und seiner Vorliebe für deren Gegner gut über die herhei- 
gezogenen Puukte; ein Anhang von Rezensionen der 1. Aufl. unterrichtet 
sogar noch über die gegenwärtige Stellung weiter Kreise zur angeregten 
Frage. Möge die mehr negative Tendenz dem darin liegenden Antrieb 
zu gemälsigt fortschrittlicher, aufbauender Entwicklung nicht hinderlich 
werden. — Eine scharfe Ablehnung erführt das Werk im Bulletin de litt. 
eccl. 1903, 1, 21. Auch Loisy (Rev. d’hist. et litt. rel. VIII 2, 191—196) 
tadelt die Ironie; nicht zu übersehen sind die Korrekturen und Er- 
gänzungen, die L. dort seine Person betreffend zum Buche gibt. — 
Gazagnol, &., Die neue Beweyung des Hatholizismus in Frankreich 


(8°. XIV u. 450. München, Schuh): 8. 99—105: Biblische Frage (über 


die Bibelkommission. S. 105—203: & I. Geschichtliche Übersicht der 
biblischen Frage in Frankreich. 8. 204—243: & ll. Aktuelle Lage der 
biblischen Wissenschaft. — Überwierende Rolle des Abbe Loisy, — 
Hozakowski, Rzymska komisya biblijna (8%. 76. Posen): Gibt eine Zu- 
sammenfassung der Richtungen und der Literatur der Exegese, um die 
Bedeutung der Bibelkommission zu präzisieren. — Lagrange, M.-J., La 
methode historique. surtout.a propos de "AT (12%. VIII u. 220. P., Lecoflre. 
Fr 2.50): Als Teil der „Etudes bibliques“ erschienen, die nunmehr an 
die Seite der Rb (seit 1892) treten, in umgekehrter Zeitfolge zegenüber 
den beiden deutschen Organen (Bibl. Stud. seit 1895). Will lelıren, die 
Bibel mit den Augen der Zeit betrachten, in der sie entstanden ist, 
und behandelt in etwas breitem Vortrage: Evolution des Dogmas, In- 
spiration, das Gesetz Moscs’ (Hammurabi), die Urgeschichte. S. 83f 
stimmt er Turmel (vgl. oben S. 108) im allgemeinen zu, der, um seine 
Ansicht gelegentlich nachzutragen, Dn als Pseudepigraph der makka- 
bäischen Zeit zuweist und das Buch auch auf diese Zeit abzielen lälst (die 
‘0 Jahrwochen von 606 zu zählen; Dn 9, 26 bezieht sich auf 1 Makk 
1, 44); nur gehöre nicht alles in diese Zeit. — X., Di uno studio del 
P. C. Pesch sull’ ispirazione delle Sante Sceritture (Civ. Catt. ser. XVIII 9 
17. Jan. 1903) 217—221): Jedes literarische Genus der einzeluen Schriften 
esitzt je eine eigenartige „Wahrheit“. Bei den Hebräern verdient be- 
sonders der Midras eine grölsere Berücksichtigung. — Durand, A., S. J., 
L’authorite de la Bible en matiere d’histoire (Rev. du clerge franc., 1. Dez. 


SZ 


Bibliographische Notizen. 307 


1%2): Der Hauptzweck der Bibel ist religiöse Belehrung; darin ist sie 
deshalb irrtumstrei. Im übrigen berichten die Hagiographen oft Mei- 
nungen, relative Wahrheiten, kursierende Überlieferungen, obne ihre 
Richtigkeit zu garantieren (vgl. Str IIl 1. 99—103; die Relativität wird 
hier auch für den religiösen Gehalt der Bibel in Anspruch genommen). — 
Brucker, J., L’inspiration et Tinfaillibilite de la Bible en matiere historique 
(Etudes XCIV [20. Jan. 1903] 222—233): Sie gilt nur für die authen- 
tischen, originalen Texte und die Aufstellungen des inspirierten Schrift- 
stellers selbst. Eine Herübernahme aus den Quellen ohne eigene 
Verantwortlichkeit des Schriftstellers lälst sich im allgemeinen unmöglich 
aufrecht erhalten. Aber es kann der heilige Schriftsteller selbst eigene 
Verantwortlichkeit implicite ablehnen; so z. B. bei den (Grenealogien. Zu 
weit gehen ihm Lenormant und Loisy; Lagrange berücksichtigt den na- 
türlichen Sinn zu wenig. — X., La veracitäa storica dell’ Esateuco (vgl. 
oben S. 98): Der Erzähler der Urgeschichten wollte nur die Legenden 
aufschreiben, der Schreiber der übrigen Geschichten nur die Über- 
lieferungen fixieren, ohne selbst die Richtickeit derselben garantieren zu 
wollen (reservatio implicita, enthalten in der Art der früheren Schritt- 
stellerei). — Der Aufsatz erregte in Italien einiges Aufsehen (vgl. Str III 
1, 1Vöf). Venard ın Rev. du clerge france. 1903, 15. Apr., 521f macht 
nur den Vorbehalt, dals die kirchliche Tradıtion und allentallsige positive 
Entscheidungen zu berücksichtigen sind, was X. nicht in Rechnung ziehe. 
— Prat, F., Progres et Tradition en Exegese (Ktudes ACIlI 289—312; 610— 
633): Die Heilige Schrift will nicht Wissenschaft lehren; sie gebraucht die 
Mythologie wie andere Schriftsteller; Irrtümer der populären Anschauung 
sind zulässig. Die Methode der biblischen Geschichtschreibung hält eine 
Mittellinie zwischen reiner Kompilierung und Verarbeitung des Materials. 
Die heiligen Schriftsteller lassen oft ausdrücklich (= reservatio explicita) 
erkennen, dals sie für die geschichtliche Zuverlässigkeit nicht einstehen. 
Ob Jdt geschichtlich oder ungeschichtlich ist, daran liegt nicht viel. — 
Der Referent in Str IIL 1. 104! möchte dazu noch die reservatio implicita 
anerkannt wissen. — F. Girerd in Ann. de Phil. chret. LAXIII (März 
1903) 686—689 ist ebenfalls gegen Prat mit X. für reservatio implicita, 
ebenso aber auch mit Venard für Kompetenz der kirchlichen Lehrautorität 
in historisch-kritischen Fragen und für Bedeutung des unanimis consensus 
patrum, der aber hier keineswegs gegeben sei. — ÄX., Bilbia ed „alta 
eritica“ (Civ. Catt. XVIIL 9, 397—413): Weist Fehlen des consensus pa- 
trum für Fragen nach Verfasser und Komposition der Bücher oft mit 
überraschenden Resultaten in eingehender Darlegung nach und schafft 
hierin freie Bahn für die bisher zu traditionelle kath. Forschung. — 
Un professeur de grand seminaire, Une nourvelle phase de la controverse 
sur l’authenticite mosaique du Pentateuque (Ann. de phil. chret. LXXIII 
Nov. 1902 [111° ser. 1j 188—199): Begrülst die Wendung, die durch 
Hummelauer und (in den Etudes) durch Durand in der Frage eingeleitet 
worden ist. Die Enzyklika „Providentissimus Deus“ ist zu Gunsten der 
Freiheit zu interpretieren. — Holzhey, K., Die „authentischen Stellen“ der 
hl. Schrift (Theol.-pr. Mon.-S. XIII 5, 269-275): Sucht für diese Freiheit 
eine Gasse zu gewinnen durch Erklärung des „loci authentici* der Bulle 
„Providentissimus Deus“. Allerdings scheint nur der erste der vier von 
H. autgestellten Begritie von „Authentizität“ (im Verhältnis zur ursprüng- 
lichen Textgestalt) von der Bulle gemeint zu sein. Diese mit H. für die 
res fidei et morum gereben zu halten, ist keineswegs notwendig und ge- 
sichert. — ***, Les catholiques et les etudes bibliques au X Xe siccle (Bull. de 
litt. ecel. 1903.3.65— 76): Zustimmendes Referat über die der Kritik günstigen 
Artikel (Civ. Catt. 1902, 19. Juli, 16. Aug. ; 1903, 17. Jan., 21. Febr., 7. März), 
dann über die Etudes bibliques (Juges, Religions sem.) von P. Lagrange. 
Deren gemälsigten Kritizismus (der radikale sei mit Recht und zum Heile 
der kath. Exegese abgewiesen worden) findet er in erfreulichem Gegensatz 


20* 


308 Bibliographische Notizen. 


zu den „exegütes stationnaires de la nuance des catholiques allemands qui 
n’admettent pas qu’il y ait une question biblique“. — Zweifellos ist nun- 
mehr die prinzipielle Frage hinreichend erörtert und geklärt, ohne Weiteres 
erreichen zu können, als dafs die für die Exegese wünschenswerte Frei- 
heit auch möglich ist, ein Resultat, das aber eine einzige positive Ent- 
scheidung der Kirche wieder illusorisch machen kann. Komposition der 
Schriften, Arbeitsweise der heiligen Schriftsteller im einzelnen auf Grund 
der zu revidierenden kritischen Prinzipien scheint die nächste Aufgabe 
der kath. Exegese zu sein. Und wenn hierin, wie wir hotlen dürfen, die 
deutschen Exegeten ihrer Aufgabe gerecht werden, so wird das die beste 
Abwehr obigen Vorwurfes sein. 


b) Sprache Text und Übersetzungen. Archäologie. 


Geographie. 
Jannaris, A.N., The true Meaning of the xown (Class. Rev. XVII 2, 
93—96): = das nicht dialektische, sondern das den Dialekten gemeinsame 


literarische (bes. von den Rednern gebrauchte) Griechisch, was durch 
Zitate belegt wird. — Ebenso beanstandet J. in der Rez. zu Thumb, Die 
griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus (1901), den Gebrauch des 
Wortes xoıvn für die Umgangssprache. 

Moulton, J. H., Notes from the Papyri II (Exp VII Nr 38, 104—121): 
Forts. zu Exp VI 271fi. Lexikographische Notizen zur biblischen Grä- 
zität, meist aus den „Tebtunis Papyri“ (Grenfell-Hunt-Smyly) in alpha- 
betischer Ordnung angeführt, als Ergänzung zur bisherigen Literatur. 

Mozley, F. W., Notes on the Biblical Use of the Present and Aorist Im- 
perative (JthSt IV Nr 14, 279—282): Durch Beispiele aus A und NT zeigt 
er den Unterschied. Aor. für Befehle als bestimmt beabsichtigt. 

Schulthess, F., Christlich-palästinische Fragmente (ZdämG LVI er 
Im Privatbesitz. Enthalten auch Schrifttexte: Ex 15, 1—5. Ps 142, 8—132; 
12, 4.5; 118, 12. Lk 2, 14. Ps 50, 17; 3, 2—6. Jb 16, 9—19. 

Heider, A., Die äthiopische Bibelübersetzung. Ihre Herkunft, Art, Ge- 
schichte und ihr Wert für die alt- und ntl Wissenschaft, Mit Jr 1—13 
als Textprobe, dem äth. Pseudepigraph: Die Prophetie des Jeremia an 
Pashur und einem General-Katalog der abessinischen Hss. (Als Prolegomena 
zu einer kritischen Ausgabe der äth. Bibel.) 1. Heft: Bibelkritische, Ab- 
handlung. — Die Prophetie des Jeremia an Pashur. Mit deutscher Über- 
setzung (8%. VI u. 48. Lp. 1902, Pfeiffer. M 4.—): Vgl. oben S. 85. 
Nicht die hesychianische, wie man bisher glaubte, sondern die lucianische 
Rezension der LXX, wie schon Prätorius vermutete, liegt der alt- 
äthiopischen Bibel (330 entstanden) zu Grunde. Dies die Hauptthese der 
Schrift und auch sicheres Ergebnis der Kollation von Jr 1—-3, soweit die 
gewöhnlich als lucianisch bezeichneten Hss als solche gelten dürfen. Die 
„vulgäre“ Rezension (16. Jahrh.) soll nach der Syrohexapla, die „aka- 
demische“ (17. Jahrh.) nach hebräischen Hss verbessert sein. Methodisch 
ist die fleilsige Arbeit nicht gut angelegt: Wiederholungen, die doppelte 
Kollation. Ob der weitausschauende Plan einer kritischen Ausgabe ver- 
wirklicht wird? Daran mülsten sich obige Aufstellungen erproben. 

Crum, W. E., Coptic Ostraka, ‚from the Collections of the Egypt Ex- 
wo: Fund, the Cairo Museum and others. The Texts edited with 

nslations and Commentaries, with a Contribution by F. E. Brightman 
40. XXII, 99 u.125 mit 2 Taf. Ld. 1902, Egypt Expl. Fund): Darunter 
efinden sich auch acht z. T. noch unbekannte Fragmente der sahidischen 
Bibelübersetzung (vgl. ThLz 1903, 6, 175). Das Werk ist grundlegend 
für die Verwertung dieser Art von Literatur (OrLz VI 2, 59ff\. 

Hoberg, &., Die älteste lateinische Übersetzung. des Buches Baruch (vgl. 
oben S. 108). Von den beiden gedruckten lat. Übers. ist die bei Sabatier 
eine überarbeitete Vetus latina gegenüber der in die Vulg. aufgenommenen. 
Eine 3. lat. Übersetzung im Codex Legionensis zu Leon in Spanien, ab- 


Bibliographische Notizen. 309 


schriftlich im Cod. Vat, lat. 4859, ist älter als der Text in der Vulgata 
und mit letzterer im Text des Sabatier benutzt. LXX und die drei lat. 
Texte werden abgedruckt. Zum Schluis fügt er noch bei den apokryphen 
1. Brief Baruchs in der syrischen Übersetzung nach der Bibelausgabe von 
Mosul. — Die wirklich älteste Übers. will gefunden haben Amelli, A. M., 
De Libri Baruch vetustissima latina versione usque adhuc inedita in cele- 
berrimo codice Cavensi. Epistola A. M. Amelli ad A.M. Ceriani (Fol. 16. 
Monte Casino 1902): Bar 3, 24—37 nach den verschiedenen Texten mit 
kritischer Untersuchung. Hoberg will Lit. Rundsch. 1903, 2,47 daran 
noch zweifeln und verspricht eine Vergleichung von Cod. Legionensis 
mit Cavensis 

Nestle, E., Andron (Arch. f. lat. Lex. u. Gramm. XIII 128): Bringt hier- 
für einen neuen, im Thesaurus linguae latinae fehlenden Beleg aus dem 
Lyoner Oktateuch Richt 3, 23 bei. Dem griechischen e£fAdev 'Awd iv 
tpootada entspricht daselbst „exiit Aod in androna“. C.W. 

Harnack, A., Der ER ehe Traktat de singularitate clericorum 
ein Werk des donatistischen Bischofs Macrobius in Rom (TU. NF. IX 3, 
1—72): Schlielst sich der Hypothese J. Morins an, wonach die in Hartels 
Cyprian III 173ff abgedruckte Schrift den von Gennadius De vir. ill. 5 
besprochenen „\Macrobius presbyter... Donatianorum postea in urbe Roma 
occultus episcopus‘“ vn 863 bis gegen 375) zum Verfasser hat, und handelt 
in einer „Beilage“ 8. 58—72 über die Bibel des Macrobius. Er glaubt 
konstatieren zu können, „dals von allen verglichenen Texten der des Lu- 
cifer dem unserer Schrift am nächsten steht‘. C.W. 

Bonaccorsi, &., La Volgata al concilio di Trento. Estratto dalla Scuola 
Cattolica (80. 49. Mailand): S. oben S. 202. Das tridentinische Dekret 
ist disziplinär, nicht dogmatisch zu verstehen (verl. Str III 1, 209f). 

Whitney, H. M., The latest Translation of the Bible. IV. Supplementary 
Bs LX Nr 237, 109—120): Vgl. oben S. 86. Register der behandelten 

ibelstellen. — V. The Question of Modernness, in the Light of two 
recent Examples (ebd. 238, 342—357): Prüft The Twentieth Century NT 
und The American Bible (by F. S. Ballentine 1902). 

Bliss, F. J., and Macalister, A. St., Excavations in Palestine during the 
Years 1898—1902. With a Chapter by Prof. D. Wunsch, and numerous 
Illustr. from Photographs and from Drawings made on the Spot, by 
R. A. St. Macalister (4%. 202. PEF. 50 s). 

ae L., Le vie romane della Palestina (Str II 6, 522—541): Vgl. 
oben 8. 87. 

Gatt, G., Zur Topographie Jerusalems (ZdPV XXV 3/4, 178—194): Zu 
Josephus, Bell. jud. ö, 4. 1 über die Hügel der Stadt. G. hält gegen 
Rieis, Schick, Weikert, Kohout fest an seiner früheren Auslegung. 

Mommert, C., Aenon und Bethania, die Taufstätten des Tüufers nebst 
einer Abh. über Salem, die Königsstadt des Melchisedek (8°. VIIL u. 97. 
Lp., Haberland.. M 2.—): Das heutige Ain Dschirm, 12km südlich von 
Skythopolis, ist die berühmte Taufstätte. Vgl. unten S. 319. 


c) Auslegung. 

Groff, W., Etwles sur certains rapports entre l’Egypte et la Bible (8°. 
14. avec fig. P., Bouillon): Sep.-Abz.; vgl. oben S. 87. 

Rohling, A., Die ewige Alleinherrschaft des Glaubens auf Erden. Eine 
Inschrift aus Damaskus, erklärt und erläutert (80. 88. München, Schuh, 
M 1.20). 

Schmid, Fr., Der Unsterblichkeits- und Auferstehungsglaube in der Bibel 
(vgl. oben S. 86): Behandelt alle Bibelstellen, die den Gegenstand betreften, 
mit der umsichtigen Abwägung, die man von dem Verf. gewohnt ist. 
Das Ergebnis bedeutet eine Revision der gewöhnlichen dogmatischen An- 
schauung über die Schriftlehre. Der Unsterblichkeitsglaube kommt in 
der Regel im Verein mit dem Auferstehungsglauben zum Ausdruck, wes- 


310 Bibliographische Notizen. 


halb über die Zeit vom Tode des Einzelnen bis zum Endeericht keine 
Klarheit, selbst nicht im NT zu finden ist. Anderseits will er dem Ge- 
danken nicht zu sehr Nachdruck geben, dals das AT hauptsächlich zeit- 
liche Vergeltung in Aussicht stelle; finde sich doch schon die Auferstehung 
verheilsen im Protevangelium. Hier und sonst ab und zu macht sich 
eine gewisse Kunst der Auslegung geltend, die möglichst viel in der 
Heiligen Schrift tindet, so sehr der Verf. dem Schrifttext im allgemeinen 
gerecht zu werden sucht. Auch mülste dem Urtext mehr Berücksichtigun 
zu teil werden, wenn die genuine Lehre des AT angestrebt werden will. 
Bietet viel Material zur Auslerungsgeschichte der Stellen. 

Taylor, C., Note on Hosea VI. 2 (ExpT XIV 5, 213): Kann im NT 
1 Kor 15.4 Lk 24,44 Jo 2.20f nur zu Grunde gelegt sein nach dem 
Grundsatze der jüdischen Exegese: “rn 5x, d. h. mit Text- und Sinn- 
änderung. 


B. Das Alte Testament. 


a) Kanon. Geschichte der Exegese. Hebräische Grammatik 
und Lexikographie. 


Kasteren,J.P. var, S..]., Het Oude Test.van Oriyenes (Studien, XXXV. Jaarg., 
Deel LX 61-81): Gegen Wildeboer (vgl. oben 8.88) weist K. nach, dals 
OÖ. zwar manchmal ausdrücklich vom Jüdischen Kanon redet, dals er aber 
davon prinzipiell als auf kirchlicher Überlieferung beruhend und praktisch 
durch Gebrauch der Deuterocanonica den christlichen Kanon unter- 
scheidet. 

Kasteren, J. P. van, S.J., De Canon des Ouden Verbonds in de eerste eeuwen 
der Kerk (Studien, AXXV. Jaarg.. Deel LA 209-252): Erweitert obiges 
Streittiema. Die Kirchenväter der ersten drei Jahrh. zeugen für einen 
Kanon mit den deuterokanonischen Büchern. Wildehoers Unterscheidung 
einer kirchlichen Tradition, beruhend auf der Theorie von der Ver- 
bindlichkeit des jüdischen Kanons, und einer consuetudo ecclesiae, die 
weiter ging, lehnt K. mit Recht ab. Auch in der Vielgestaltigkeit der 
Kanonanschauungen in der ersten Zeit scheint er mir recht zu haben. 
Dais Hieronymus zuerst die Theorie vom jüdischen Kanon aufgestellt hat, 
ist doch nicht so sicher. 

. Steinschneider, M., Supplement aux catalogques et nıss hebreux et samari- 
tains de la bibliotheyme imperiale. Aus Zul (4%. 8. Frankf. a.M.. Kauff- 
mann. M3.—). 

Wiinkoop, J. D., The Neo-hebraic Language and its Literature (JqR XV 
Nr 57, 2355). 

Grünhut, L., Sefer Ha-likkutim. Sammlung älterer Midraschim und 
wissenschaftliche Abhandlım (in hebr.Spr.). 6. Tl. (8. 84 u.14. Frankf.a.M., 
Kauffmann. M 1.60): Enthält: a) Fragmente des Jalkut ha-Machiri zu 
Mischle; b) Kollektaneen aus dem alten Midrasch Jelamdenu zu Gn nebst 
Anmerkungen zu Sefer Ha-Likkutim IV u. V von S. Buber. 

Faulhaber, M., Hohelied-. Proverbien- und Prediger-Catenen untersucht. 
Tbeol. Stud. d. Leo-Ges. 4 (8%. XV u. 176. Wien. Mayer. M 5.40): 90 hand- 
schriftl. Salomonskatenen aus versch. Bibliotheken in Deutschland. Eng- 
land, Italien, Spanien, Frankreich sind untersucht und nach 12 bzw. 
17 Typen ausgeschieden. 

Montzka, H., Die Quellen zu den assyrisch-babylonischen Nachrichten in 
Eusebios’ Chronik (Beitr. z. a. Gesch. 11 3, 351—405): E. benutzte zu den 
besten griechischen Quellen auch noch die Bibel. „nicht ohne dais er sich 
auch geren diese einen leisen Zweifel erlaubt hätte“. Sein Verhältnis zur 
biblischen Chronologie wird eingehend behandelt. 

Blachere, F., Commentaire de S. Augustin sur un verset du Livre de la 
Sagesse (IV, 11) (Rev. August., aoüt-sept. 1902, 409—421). 


Bibliographische Notizen. all 


Bacher, W., Die Echtheit der Dünasch zugeschriebenen Kritik gegen Saadja 
(MGWJ XLVI 9/10, 478—480): Stimmt Eppenstein gegen Porges zu; vgl. 
oben S. 85. — Auch Eppenstein hält seine Darlegungen aufrecht (ebd. 
11/12, 533—536\. 

ibrähim Ibn Jaküb, Aischpatim. Ein samaritanisch-arab. Commentar zu 
Ex 21—22, 15. Nach einer Berliner Hs hrsg. und mit einer Einleitung und 
Anmerkungen verselien von Dr. M. Klumel (8%. 13 u. XXXIV. B. 1902, 
Poppelauer. M 18). 

oznanskl, S., Conmentaire sur le Livre d’Osee par Eliözer de Beaugency 
[hebr.] (Berdyczew 1902, Scheftel). 

Steinschneider, M., Die arabische Literatur der Juden (8°. LIV, 348 u. 
32. Frankf. a. M. 1902, Kauffmann. M 16.—): Erstreckt sich auch auf hebr. 
Sprachwissenschaft, Bibelübersetzung und -auslegung. Im Anhang die 
arabische Literatur der Samaritaner (Köln. Volkszte 1903, Lit. Beil. Nr 5). 

Hirschfeld, H., Descriptive Catalogue of Hebrew Mess. of the Montefiore 
Library VIII (JqR XV Nr 56, 787—791; 59, 551—558): Grammar and 
Ua): Index; vgl. oben S. 89f. 

Nolan, E., and Hirsch, S. A., The Greek Grammar of Roger Bacon 
and a Fragment of his Hebrew Grammar. Ed. trom the Mss with In- 
trod. and Notes n LXXV u. 212. Cambridee 1%2, Univ. Press. Für 
letzteres (S. 197 ff) glauben die Herausgeber die Herkunft von Bacon er- 
weisen zu können. 

Margolis, M. L., The twenty-seventh Edition of Gesenius’s Hebrew 
Grammar (AmJsemL XIV 3, 159—170): Eine Fülle kritischer Bemer- 
kungen sachlichen wie methodischen Belanges. 

Praetorius, F., Uber einige Pluralformen des Semitischen (AdmG LVI 4, 
685—696): Die auch im Bibl.-Aram. vorkommende Plur.-Endung & ist ur- 
semitisch. nicht aus ajja kontrahiert; letztere sekundär. 

Kelso, J. A., Is the Divine Name in Hebrew ever equivalent to the 
Superlative? (AmJsemL XIX 3, 152—158): Der Gottesname wird oft 
beigesetzt, um den Superlativ auszudrücken (so gegen Prat, Rb X 497 ff); 
aber viele Stellen, welche die Grammatiker gewöhnlich als Beweise hierfür 
anführen, sind nicht beweisend. 

Nathan, N. M., Fine Bemerkung zu ina pani [34] (OrLz VI 4, 184): 
= „5 Gn 13,9; 24,51. 

Butler, C.E., OT Word Studies. An Attempt to make clear the exact 
Meaning of 165 Hebrew Words, arranged in Groups of Synonyms (120, 266. 
N.Y., Abbey Press. Fr 5.10). 

Kautzsch, E., Die Aramaismen im AT, untersucht. I. Lexikalischer Teil. 
Halleisches Osterprogr. für 1901 u. 1902 (80. V u. 111. Halle, Niemeyer). 

Offord, J., and Pilcher, E. J., Some Punic Analogues (PSbA XXIV 78, 
283f): Aus punischen Inschriften ist zu belegen: o5x = Elim (pl. maj.) 
als Apposition zu Nomina im Singular; res = rr"s Ruth 1, 4. 14; ome=2[>] 
2Sm 6; lChr 13 usw. 

Ranke, H., Die Personennamen in den Urkunden der Hammmurabidynastie. 
Ein Beitrag zur Kenntnis der semitischen Namenbildung (8°. 52. München 
1902, Lukaschik. M 2.80): Die für diese Periode neuerdings zugänglich 
gewordenen Quellen erklären die Beschränkung auf die Periode des Zeit- 
genossen Abrahams. Grammatisch, lexikographisch, religionsgeschichtlich 
werden die Namen ausgebeutet. Der Wert für die Bibel beruht auf den 
babylonischen Beziehungen. Der Verf. verweist öfter auf den Unterschied 
zwischen semitischer und indogermanischer Namenbildung. 

Pilcher, E.J., Ana-pani-lli illustrated from the Hebrew (PSbA XXIV 
4/5, 105): Hebräische Aquivalente und Bedeutung dieses Namens, der 
auch ebd. 93ff erörtert wird. 

Levy, J. H., The Tetra(?)grammaton (JqaR XV Nr 57, 97—99): Genesis des 
Namens: => + Nominativ-Endung u: =>; + paragog. mn: mim Die Vokale 
sind nicht Entlehnung von »;"x. Das i scheint nicht hinreichend motiviert. 


312 Bibliographische Notizen. 


Guidi, J., Une terre coulant du lait avec du mel (Rb XII 2, 241—244): 
wan as Milch, mit Honig versülst, wie arabische Parallelen dartun; gegen 
Stade-Usener; vgl. oben S. 94. 

Haupt, P., The Hebrew Term shälish. In: Beitr. z. Assyr. u. sem. Sprachw. 
IV 4 (1902): Ein original-hebräischer Terminus; = der dritte Kämpfer 
auf dem Streitwagen; so schon Siegfried-Stade. 

Daiches, $S., Lexikalisches (ZA XVII 1, 92f): uno Gn 40,11 = nach 
assyr. „auspressen, ausdrücken“. r5» viell., assyr. entsprechend, = 
„Schmutz“. 

Nau, F., „Behemoth“ ou „la sauterelle“ dans la tradition syriaque (Rsem 
XI 1, 72—75): Nicht „Flulspferd“ nach Bochart; die einheimischen Schrift- 
steller vergleichen es nie damit. Die Wiedergabe der Syrer ist be- 
achtenswert. 

Rielsier, Zu der Bedeutung von rer in Jes. 21,5 und 2 Reg. 1, 21 (TQS 
LXXXV 1,154): Assyr. masa'u=KAR und KAR= ikimu „wegreilsen“, 
2Rg (= 2Sm) 1,21: Saul der Gesalbte. 

Nestle, E., Tortoise in the Bible (ExpT XIV 4, 189): t; bedeutet nach 
LXX (Os 12, 12) und Theod. (Ekkle 12, 8) sowie nach dem Aram. und 
Neuhebr. die „Landschildkröte“. Dals es solche wirklich gab in Palästina, 
bestätigt ihm J. D. Crace (ebd. 6, 286), — Vgl. auch ZatW XXIII 1,1331. 


b) Text und Übersetzungen. 


Conder, C. R., The First Bible (8. 252. Ld., Blackwood. 5): Das war 
eine Bibel in Keilschritt auf Tätelchen (Gn viell. 70 solcher Täfelchen). 
Später wurde sie in alphabetische Schrift übertragen und zwar von ver- 
schiedenen Schreibern in verschiedener Weise. 

Cook, St. A., A Pre-Massoretic Biblical Papyrus (PSbA XXV 1, 34—56 
mit Tafeln; vgl. oben S. 90): Nähere Beschreibung mit Faksimile, Um- 
schreibung und Übersetzung. An Zahl und Eigenart der Varianten mit 
keinem Ms zu vergleichen. Keine Rückübersetzung aus dem Griechischen. 
Die Varianten weisen darum in eine Zeit zurück, wo der Text noch 
nicht fixiert war; das Ms selbst mag in das 2. christliche Jahrh. ge- 
hören. Literarkritisch steht diese Form des Dekaloges zwischen Ex und 
Dt, eher eine einfachere Gestalt von Dt. Vielleicht zugehörig zu einem 
Lektionar oder einer Sammlung von Thorastellen oder ein liturgisches 
Fragment; möglich wäre auch, dals das Dt-Exemplar eine vom MT ab- 
weichende (ägyptische?) Form hatte. — Vgl. Derselbe. A Unique Biblical 
Papyrus (ExpT XIV 5, 200-203). — Burkitt, F. C., The Hebrew Papyrus 
of the ten Commandments (JyR XV Nr 59, 392—408): Abb., Geschichte, 

mschrift und Übersetzung. Wegen Ahnlichkeit mit einer nabatäischen 
Inschrift um 55 n. Chr. zu datieren. Der MT gilt B. als älter und besser. 
— Offord, J., The newly discovered Pre-massoretic Hebrew Papyrus (Am. 
Antiq. and Or. Journ., Jan.-Febr. 1903). 

Crum, W. E., The Decalogue and Deuteronomy in Coptic (PSbA XXV 
2, 99—101): Die bemerkenswerte Zusammenstellung von Dt 6.4 mit dem 
Dekalog in Cooks Papyrus findet Cr. auch im Ms Or. 5638.1 und 5641 
des Br. Mus. R 

Kahle, P., Der masoretische Text des AT nach der Überlieferung der 
babylonischen Juden (vgl. oben S. 90): Die jemenischen Hss sind nicht 
echt orientalisch. Das Berliner Ms. or. qu. 680 betrachtet der Verf. als 
unbeeinflulst von der tiberiensischen Schule. Daher bestimmt er nach ihm 
Terminologie, Lesarten, Punktation, Formenlehre der orientalischen Über- 
lieferung. Als Beilagen giht er die Massora magna zu den Proverbien, 
den Abdruck von Ps 90—103, Ct, Thr 1 nach diesem Ms. Für Text- 
geschichte, insbes. die Massora (viele Korrekturen zu Ginsburg und a 
ebenso für die Grammatik ist die Arbeit von Bedeutung. Wenn die Auf- 
stellungen der Schritt über den sicher orientalischen Charakter der Hs 
sich bewähren, so ist damit ein ganz wertvolles Ergebnis gewonnen. 


Bibliographische Notizen. 313 


Ginsburg, C.D., The Text of the Hebrew Bible in Abbreviations (Journ. 
of Philol. XXVIII Nr 56, 254-270): Vortrag, gehalten auf dem Orien- 
talistenkongrels zu Rom 1899. Fast vollständig in Abkürzungen ge- 
schrieben sind 2 Blätter aus der Geniza von Kairo ım Brit. Mus. in London, 
enthaltend Lv 20, 14°—21, 20°. Nm 1, 36—2, 16. Zweck: Hilfe zum Aus- 
wendiglernen der Heiligen Schrift. Der Konsonant mit dem Akzent gilt 
rerelmälsig als Abkürzungszeichen. Abb., Umschrift und Auflösung. 

Granberry, J. C., Jehovah (BStdt VII 2, 107”—110): Dieser Name später 
aus religiöser Scheu geändert (ohne neue Gesichtspunkte). 

Redpath, H. A., The present Position of the Study of the Septuagint 
(AmJTh VII 1, 1-19): Rückblick auf die Arbeiten des letzten Jahrh,, 
die Papyrus- und andere Hss-Funde der letzten Zeit. Zur gegenwärtigen 
Aufgabe gehört die Herausgabe der LXX, deren I. Bd wohl noch einige 
Jahre brauchen wird; Gruppierung der Hss, Vergleichung derselben ist 
eine sehr dankbare Aufgabe, insbes. für jüngere Forscher. Die gegen- 
wärtige Genpp/eruDE der Hss ist keineswegs definitiv. Ein Cambridger 
Forscher ist daran, die Resultate aus Deilsmanns Bibelstudien zusammen- 
zustellen. Beachtung verdient, was er D.s weitgehender Ablehnung von 
Hebraismen gegenüber einwendet. Den MT stellt er hoch gegenüber der 
verbesserungsbedürftigen LXX. Manche Mifsverständnisse führt er darauf 
zurück, dals drei zusammen arbeiteten bei der Übersetzung: einer las den 
hebräischen Text, ein zweiter zweisprachiger diktierte das griechische 
Wort, ein dritter schrieb dasselbe. So konnte Verhörung des hebräischen 
und griechischen Textes eintreten (?). Die Mahnung, eifriger sich dem 
LXX-Studium zuzuwenden, welche den interessanten, sachkundigen Ar- 
tikel schlielst, verdient willige Befolgung. 

Hart, J. A. H., The new Septuagint Fragment (JthSt IV Nr 14, 215 bis 
a: Vgl. oben S.%. Genauer Abdruck. Nichts fordert einen Ursprung 
nach dem 6. Jahrh. 

Serruys, D., Anastasiana (Mel. d’arch. et d’hist. XXII [1902] 2,3): Von 
der durch Mai und Loofs bekannten „Antiquorum patrum doctrina de 
Verbi incarnatione“ hat S. eine 4. Hs (Cod. 507 s. XII vom Athos) ge- 
funden, die in Kap. 32 zwei unbekannte Stücke bietet: a) Eine Erklärung 
der kritischen Zeichen der Hexapla (S. 189—193), wonach der Lemniskus 
eine Übereinstimmung zweier Übersetzer im Gedanken, der Hypolemniskus 
eine solche in der Form anzeigt; die unklaren Deutungen des Epiphanius 
und Isidor sollen auf dieser Quelle beruhen. b) Eine Stichometrie des A 
und NT (S. 194—207) mit eigener Ordnung der Bücher und selbständiger 
Stichenzählung. S. schreibt das ganze Werk dem Anastasios Sinaites zu, 

Redpath, H. A., The Geography of the Septuagint (AmJTh VII 2, 
289-307): Die einzelnen Übersetzer besalsen eine wenig ausgebreitete 
geographische Kenntnis, was an der Wiedergabe der Namen gezeigt wird. 

Deilsmann, A., Die Hellenisierung des semitischen Monotheismus (Neue 
Jahrb. f. d. klass. Altert. X1/XII 3, 161—177; Sep. ersch. Lp., Teubner): 
In der Wiedergabe von mM durch xküpıiog in der LXX zeigt sich der Ein- 
fluls der hellenistischen Weltreligion. Auch für die übrigen Gottesnamen 
und für andere Begriffe, z. B. nı2 — diadnkn, sucht D. (allerdings noch 
künstlicher und mülısamer) die Erweiterung der Vorstellungswelt in der 
LXX zu erweisen. 

Howorth, H. H., Some unconventional Views on the Text of the Bible. IV: 
The Septuagint Text of the Book of Nehemiah (PSbA XXIV 9, 332—340; 
XXV 1,15—22; 2, 50—98): Esdras Graecus ist es; in der griechischen 
Bibel haben wir für Chr, Esr, Neh den Theodotiontext. So bereits in 
einem früheren Aufsatz (vgl. oben S. 104), hier Nachträge und nähere 
Begründung, zugleich über Zeit der Wirksamkeit des Nehemias, Wert des 
Josephus, Komposition von Esr-Neh mit einer Fülle von Einzelheiten. 
— Den H. Zustimmenden (ebd. 9, 332f) reiht sich Torrey, C. C., The 
Greek Versions of Chronicles, Ezra and Nehemiah (ebd. 3, 139 f) an. 


314 Bibliographische Notizen. 


Nicht erst Whiston 1722 (so Howorth), sondern bereits Grotius 1644 hatte 
diese Ansicht. 

Scheftelowitz, J., Zur Kritik des griechischen und massoretischen Buches 
Esther (MGWJ XLV1I 12, 24--37): Prüft noch eiumal (gegen Jahn; 
vgl. oben 8. 91) die Stellen, die für die Priorität der LXX gegen MT 
zu sprechen scheinen. 

Thackeray, H. St. J., The Greek Translations of Jeremiah (JthSt IV 
Nr 14, 245—266): Verschiedene Übersetzerhünde sind bisher schon ange- 
nommen worden. Th. weist 1—28 und 29—51 (52 Anhang) zwei ver- 
schiedenen Übersetzern zu, was nicht auf eine beabsichtigte Teilung für 
die Übersetzung, sondern auf zwei Sammlungen der Prophetien zurück- 
zuführen ist. Entwirft versuchsweise eine Geschichte des Jr-Textes und 
kritisiert die früheren Ansichten. Die Übersetzung des 1. Teiles von 
Baruch ist derselben Hand zuzuweisen wie der 2. Teil des Jr. Forts. £. 

Plasberg, O., Stra/sburger Anekdota. V. Aus dem AT (Arch. f. Papyrusf. 
II 2,3, 224—228): Pap. gr. 748 Stücke aus Gin 25, 19—22; 26, 3—4, ın das 
5. Jahrh. zu setzen. von der LXX abweichend, näher dem MT. Pap. gr. 911 
2 Sm 15, 36—16, 1; 16. 3f, ca. 4. Jahrlı. 

Jastrow, M., A Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and 
Yerushalmi and the Midrashic, Literature. P. XV [ap — ken WW] (40. 
1413—1556. Ld. 1902, Luzae). 

Ginsburger, M., Pseudo- Jonathan (Thargum Jonathan ben Usiel zum 
Pentateuch). Nach der laond. Hs (Brit. Mus. add. 27031) herausgeg. (8%, 
XXI u. 366. B., Calvary. M 8—): Die Hs unterscheidet sich von den 
Ausgaben. In der Einl. u. a. Verhältnis zu den andern Targumen er- 
örtert. Hiergegen vgl. A. Marx, OrLz VI 3, 123—129. _ 

Bacher, W., Le taureau de Phalaris dans lAgada (RE) XLV Nr 90. 
291—295): Beliandelt die Legende, die sich an 2Chr 23, 11 anschlielst. 
Die Erklärung des Aruch = „Maultier“ hat viel für sich gegenüber „Erz- 
kessel“. Nestles Korrektur xr5r= = „Sternbild“ (vgl. oben S. 90) lehnt B. 
ab. Von einem ehernen Stier redet Midras hagadol. 

Kahle, P., Fragmente des samaritanischen Pentateuchtargums, heraus- 
gegeben und erläutert (ZA XVI1L 1, 1—22; vgl. oben 8. 90): Abdruck von 
Dt 32, 1—29 (nach Ms Or. 5036 des Brit. Mus. mit Variantenapparat und 
textkritischen Anmerkungen), des Petersburger Fragmentes Nr 184 Gn 22, 
23—24, 58; die Varianten von Ms Or. 1441 des Brit. Mus. zu Petermanns 
Text Gn 32, 17—35, 11; 36. 28—38, 21. 

Schmiedl, A., Randbemerkungen zu Saadja’s Pentateuchübersetzung (MGWJ 
XLVI 7,8, 358—363): Vgl. oben 8.91. I1I. Parallelen zwischen Onkelos 
und Saadja. Ausgewählte Beispiele, den dominierenden Einfluls des On- 
kelos auf S. zu erweisen. 

Poznahski, S., Miscellen über Saadja (MGWJ XLVI 7,8, 364-372): 
IV. Saadjas Übersetzung zum Buche Esther. S. bat wohl alle Bücher 
übersetzt. Est will P. finden in dem Wien 1896 veröffentlichten jeme- 
nischen Gebetbuche S. 403—423, vielleicht auch unter den in letzter Zeit 
nach Europa gelangten jemenischen Hss. 

Heisz, A., Eine anonyme arabische Übersetzung und Erklärung der Pro- 
pheten Zephanja, Haygai und Zecharja, hrsg. u. m. krit. Anmerkungen 
versehen (8°. 48. B. 1902, Poppelauer. M 1.50). 

Matthias, A., Untersuchungen über die deutsche Übersetzung des AT in 
der Münchener Hs Cg 341 aus dem 14. Jahrh., besonders über Prolog, 
Genesis und Exodus. Dissert. (133 S. Greifswald). 

Bernfeld, S., Die heilige Schrift, nach dem masoretischen Text neu 
übersetzt und erklärt, nebst einer Einleitung (8%. 886. B.. Calvary). 

Gerloff, W., Über die Veränderungen im Wortgebrauch in den engl. 
Bibelübersetzungen der Hexapla 13868—1611. Dissert. (8%. 54. B., Mayer. 
M 1.50). 


Bibliographische Notizen. 315 


Rosenau, W., Hebraisms in the authorized Version of the Bible (129. 283. 
Baltimore, Friedenwald. Fr 10.—). 

Smith, H. G., „Adam“ in the Revised Version (AmJTh V1 4, 758— 761): 
Prüft, ob richtig als Eigenname und Appellativnomen übersetzt. 

Fenton, F., TheBible in modern English. Vol. ILI. Containing the Books 
of the Prophets (8°. IX u. 245. Ld., Patridge. 2s td). 

Driver, S. R., Specimen of a new Translation of the Prophets (Exp VI 
Nr 35, 321—334; 87, 87-48; 38, 147—160; 39, 229235; 40, 316-320; 
41, 353—369): Vermilst in den beiden englischen Übersetzungen (the Au- 
thorized Version und the Revised Version) Genauigkeit und Klarheit und 
gibt zur Probe eine Übersetzung von Jr 2, 1—16, 9. 


c) Allg. Text- und Literarkritik. Religion. Theologie. 


Winckler, H., Altor. Forsch. 3. Reihe II1 (18 der ganzen Folge. 80, 
Lp. 1%2, Pfeiffer), 212-244: Zum AT: Die zahlreichen Bemerkungen 
meist textkritischer Art, bald mehr, bald weniger überzeugend, beschäf- 
tigen sich mit: Marduk, Jos 10, 41; 12,16; 2 Sm 5, 23-25; Is 5, 18; 13, 8; 
19, 18; 21,11f; Jb 30, 24; Is 27,1; 34,11; 7193 = assyr. nadıı, nnd, n9a, Is 
46, 1.2; Jr 4,17, nenn, Os 11,4; Soph 2,5; Prv9; Jb5,5; 38,10; Ct 3,9f,; 
8, 9; 6,4, nbo. 

Cheyne, T.K., Critica biblica; or Notes on the Text of the OT Writings. 
: n and Jeremiah. 2. Ezekiel and Minor Prophets (8%. Ld., Black. 

s6d u. 35). , 

Lambert, M., Notes exegetiques (RE) XLV Nr 90, 289—291): Zu Is 49, 6; 
EN 23,4; 27,25; Nm 11, 33 (vertikale Dittographie); 1 Sm 2,23; Prv 13,4; 

os 3, 14. 

Perrochet, A., La critique de VAT ü la fin du XIXe siecle (RThPh 
XXXVI1,5—33): Schildert für im praktischen Leben stehende Theologen 
die Kritik seit den letzten 30 Jahren. Gegen Hyperkritik, insbesondere 
gegen pseudepigraphischen Charakter aller Propheten. 

Scerbo, F., I! VT e la critica odierna sel: ob. S. 92): Es wird dem 
Verf. nicht schwer, in den angeführten Einzelheiten aus Gn und Pro- 
pheten die Kritiker (Gunkel, Duhm, Regenbogenbibel u.a.) der Ober- 
tlächlichkeit, Willkür, Malslosigkeit zu überführen. Die metrischen Systeme 
zur Textkritik zu verwenden, wird man mit S. für verfrüht halten dürfen. 
Zu weit gebt er aber, wenn er die ernsten Bemühungen um die Fest- 
stellung metrischer Formen als „Epidemie“. als „Modesache“ bezeichnen 
will. Seine allgemeinen Gründe gegen jegliche Metrik sind nicht über- 
zeugend. Die Verwertung des Assyrischen soll nicht blols eine Zusammen- 
stellung ähnlich klingender Worte sein. Der gewils zu vermeidenden 
Überschätzung der LAX stellt er eine zu hohe Wertung des MT gegen- 
über. Sein Alarmruf geren die Kritik richtet sich insbes. gegen die 
kritischen Ansätze der kath. Exegese; sofern er die gemälsigte Kritik be- 
kämpft, jedenfalls zu weitgehend, wie mit Recht eine eingehende, sach- 
gemälse Rezension des Buches: X., I VT e la critica odierna (iv. Uatt. 

VIll 9 [1903] 578—585) betont. Dort wird darauf hingewiesen, was die 
neuere Zeit an neuen Mitteln für die Forschung zu Tage gefördert. Das 
gewährt auch Aussicht auf neue Resultate in den Bahnen einer gemälsig- 
ten Literar- und Textkritik. 

Pope, H., Undesigned Coincidences in the OT. The Veracity of the OT 
Narrative (Dublin Kev., Okt. 1902, 314—332). Eine Auswahl solcher 
Stellen zeigt, dals die Berichterstatter Zeitrenossen der Ereignisse waren 
oder von Zeitgenossen ihre Berichte überkamen. 

Vetter, P., Die litterarkritische Bedeutung der atl Gottesnamen (TQS 
LXXXV 1,12—-47; 2, 202—235): Der Gebrauch verschiedener Gottes- 
namen ist ohne Prüfung der Ursprünglichkeit derselben im MT zur Quellen- 
scheidung verwendet worden. Eine erschöpfende Statistik ermöglicht 
Prüfung. Für Ps und historische Bücher lälst sich bewulste Anderung 


316 Bibliographische Notizen. 


nachweisen, nicht aber in Gn (gegen Hummelauer, Hoberg); Samar. und 
Pesittho bestätigen die Erhaltung der ursprünglichen Gottesnamen im MT; 
LXX weniger zuverlässig. 

Jäger, Die wissenschaftliche Kritik am AT in der Schule (Zeitschr. f. 
ev. Rel.-U. X1V 2). 

König, X., De la sincerite dans l’enseignement de l’histoire sainte de 
P’AT aux enfants (8°. 68. P., Fischbacher). 

Richert, H., Zw den Bedenken gegen die Lektüre atl Geschichten in den 
unteren Klassen (Monatschr. f. höh. Schul. I 12, 673—679): Wendet sich 
gegen R. Haasen, „Einige Bedenken gegen die Lektüre atl Geschichten 
in den unteren Klassen“ in der Oktober-Nr der Zeitschr. Es soll ein 
reliriöses Verständnis des AT angebalhınt werden, das Anstölsige für die 
moderne Bildung müsse beseitigt, das Wertvolle der traditionellen An- 
schauungen aber geschützt werden. Einem Beitrag zur Frage von katho- 
lischer Seite wird entregengesehen. 

Lagrange, M.-J., Etudes bibliques: Etudes sur les religions semitiques 
(80. XII u. 430. P., Lecoffre. Fr 8.—): Vgl. oben S. 93. Bespr. folgt. 

Sayoe, A. H., T’he Religions of Ancient Egypt and Babylonia. Being 
the Gifford Lectures on the Ancient Egyptian and Babylonian Conception 
of the Divine (8%. 518. Edinburgh 1902, Clark. 8s). 

Boissier, A., Matöriaux pour l’etude de la religion assyro-babylonienne 
(PSbA XXV 1, 23—29; 2, 75—81; vgl. oben S. 93). 

Marti, K., Geschichte der israelitischen Religion. 4., verb. Aufl. von Aug. 
Kayser’s Theologie des AT (8%. XII u. 330. Stralsb,, Bull. M4—). 

olck, W., Die at! Heilsgeschichte übersichtlich dargestellt. Handreich. 
zur Vertief. christl. Erk. 88”. VIu.125. Gütersloli, Bertelsmann. M 1.80). 

Hunnius, C., Natur und Charakter Jahve's nach den vordeuteronomischen 
en der Bücher Genesis — Könige. Dissert. (8%. 63. Straisb. 1902, 

eitz. M 2.—). 

Aeberhard, A., Gottes Umgebung nach den vorexilischen Schriften (Schweiz. 
theol. Zeitschr. XIX 4, 193—215): Is 6, 1—11. IRg 22, der Elohist mit 
seinen älteren Quellen, die jahwistischen Schichten, Jde 5 erweisen die 
Ausbildung der Engellehre vor der Möglichkeit persischen Einflusses. 
Die Lokalnumina der Kanaaniter sollen nach Ae. zu Boten Jahwes ge- 
worden sein. 

Kerswill, W. D., Salvation by Grace in the OT (BStdt VII 2, 101—107): 
Die Erlösung des AT schlois nicht vollständige Befreiung von Sünden in 
sich und lag in Gottes freiem Gnadenwillen. 

Giamporcari, R., L’immortalita dell’ anima nel’ AT II (Riv. Crist. V 
1, 20—24): Findet die Unsterblichkeit der Seele ausgesprochen. 

Muzat, N. L., Des propheties scripturaires eschatologigques dans leurs 
rapports avec la science (8%. 30. Nimes 1902, Gervais-Bedot). 

Charles, R. H., I'he Rise and Development in Israel of the Belief in a 
Future Life (Exp VII Nr 37, 49—64): In Parallele zur Entwicklung vom 
nationalen Henotheismus zum universalen Monotheismus gestaltete sich 
auch die Eschatologie aus von der farblosen Auffassung des Scheol zur 
jenseitigen Vergeltungslehre, individuellen Unsterblichkeit, Auferstehungs- 
lehre, 

Jeiski, Das Wesen des Judenthums (8°. 43. B. 1902, Poppelauer. M —.50\. 

Geiger, A, Was hat Mohammed aus dem Judentum aufgenommen? 
2., revid. Aufl. (80. VIII u. 213. Lp. 1902, Kaufmann. M 4.—): An der 
vor 70 Jahren erschienenen 1. Auflage ist nichts geändert, darum unge- 
nügend (ZhB VII 1,10). 

Matthes, J. C., Der Sühnegedanke bei den Sündopfern (ZatW XXIII 
1, 97—119): Die Handauflegung bedeutete nicht blols Mitteilung von etwas 
an andere, so mit Recht gegen Volz; auch die Gründe Volz’ dafür, dals 
die Schuld durch Handauflegung auf das Tier abgeladen sei, weist er mit 
Geschick zurück; zu weit geht er aber, wenn er jede Satisfaktionstheorie, 


Bibliographische Notizen. 317 


auch eine weniger mechanistisch gefalste, hierdurch für ausgeschlossen 
hält. Die Theorie, die Sühnopfer eine blolse Gabe an Gott, das Blut 
Nahrung der Gottheit, erfalst das Problem zu wenig tief. 

Wiedemann, A., Beschneidung im alten Ägypten (Orbz V13, 97—99): Der 
Befund der Mumien, insbes. der Könige (als Priester) ergibt, dals weder 
beim Volke noch bei der Priesterschaft die B. allgemein war, sondern 
dais sie in verschiedenen Zeiten verschieden, oft nur gelegentlich in Ge- 
brauch war (vgl. oben S. 97). 

Samter, E., Die Bedeutung des Beschneidungsritus und Verwandtes (Philol. 
LXII 1, 91—94): Ist ein Sühneritus, um die Götter bei Aufnahme eines 
neuen Mitgliedes in den Stamm zu versöhnen. Daher wirkt die Be- 
schneidung auch noch günstig in der Unterwelt (Ez 22). 

Kyle, M. G., The Religion of Israel in its Relation to the Religions of 
contiguous Peoples. II. Circumeision (BStdt VII 1, 17-23): Die Be- 
schneidung, bei andern Völkern eine ärztliche Maisnahme, wurde für 
a von Gott zur religiösen Zeremonie und zum Bundeszeichen ge- 

eben. 

Stafford, R. G., The Samaritan Passover (PEF XXXV 1, 90-92): Be- 
schreibung durch einen Augenzeugen. 


d) Geschichte. Geographie. Archäologie. 
„Hilaire, P., La chronologie bibligue et les dernieres decouvertes modernes 
(Et. francisc. 1902, VIII 46). 

Matthes, J. C., Het Matriarchaat inzonderheid bij Israel (Teyler Theo]. 
Tijds. 1 1, 1—23): Spuren bei verschiedenen Völkern erkennt M. an, 
bes. bei den alten Arabern (gegen Zapletal, an dessen Schrift M. durch- 
ängig anknüpft). Offen gesteht M. die Schwäche mancher bisherigen 

eweisgründe zu. Nennung durch die Mutter, Heirat mit der Halb- 
schwester (vom gleichen Vater), Rolle der leiblichen Brüder bei Verlobung 
gelten ihm als wahrscheinliche Spuren eines Matriarchats, was ihm wohl 
zugestanden werden kann, wenn anderswoher der Matriarchat als familiäre 
Entwicklungsstufe erwiesen wird. 

Patton, W. M., Ancient Egypt and Syria (Bs LX Nr 237, 92—108): Die 
engen Beziehungen der Hebräer zu Agypten nach der Bibel finden ihre 
Bestätigung. 

Krözmär, A., Über die Bestimmung des Umfangs und der Detaile der 
babylon. und assyr. Geschichte. Aus: Sitzungsber. der böhm. Ges. d. Wiss. 
(8°. 5l. Prag, Rivnäc. M —.80). 

Goodspeed, 6. S., A History of the Babylonians and Assyrians. Hi- 
storical Ser, for Bible Students. Vol. VI (12v. XILIu. 422, Maps, Plans. 
N.Y. 1902, Scribner. $ 1.25). 

Bezold, C., Ninive und Babylon. Mit 102 Abb. Monogr. z. Weltge- 
schichte X VIII (8°. 143. Lp., Velhagen. M 4.—): Für weitere Kreise. 
Überblick über die Ausgrabungen nicht durchsichtig; Plan fehlt, ebenso 
eine Karte Mesopotamiens. Lebendig und ausführlich ist die inhaltliche 
Beschreibung der Literatur, Bezolds eigenstes Gebiet. „Ein Tag am Hofe 
Sardanapals“ schlielst die schön ausgestattete Schrift, die trotz der Über- 

ehung der biblischen Angaben für das Verständnis der Bibel von grolsem 

erte ist. 

Winckier, H., Die babylonische Kultur in ihren Beziehungen zur unsrigen. 
Ein Vortrag. Mit 8 Abb. (8%. 54. Lp. 1902, Hinrich. M —.80): Im 
Sexagesimalsystem verschiedener Form u. in der Astronomie ist die Haupt- 
berührung zu finden. Was der Verfasser sonst noch an einzelnen Über- 
resten in den verschiedenen peripherischen Kulturerscheinungen, auch in 
der Bibel, vorbringt, ist oft sehr weit hergeholt. 

König, E., Babyloniens Kultur und die Weltgeschichte. Ein Briefwechsel 
(8%. 42. B., Runge. M —.70): Eine Ablelınung des Panbabylonismus, 
wie ihn der „Babyloniker“ Winckler im obengenannten Buche vertreten 


318 Bibliographische Notizen. 


hat. Insbesondere wird bestritten die Verdoppelung der geschichtlichen 
Zeit, die höhere Auffassunx der Gestirnrelision bei den „Wissenden“, 
der durchgehende Eintluls Babels auf die Entwicklung der Menschheit, 
ja auch auf die Semiten. 

Knudtzon, 3. A., Die zwei Arzawa-Briefe die ältesten Urkunden in indo- 
germanischer Sprache. Mit Bemerkungen von S. Burze und A. Torp (8°. 
140. Lp. 1902, Hinrichs. M 5.—): Berührt das biblische (rebiet insofern, 
als Arzawa mit 537 zusammengestellt wurde; K. hält die Möglichkeit noch 
fest. Indirekt kommt die Schrift der Exegese zu gute, da sie zwei Doku- 
mente aus dem wichtigen Tell-el-Amarna-Funde behandelt, und daK. Zu- 
sammenhang mit den Hati nach Stamm und Sprache für gegeben häit. 
Der indogermanische Charakter dieser bisher nicht erklärten Briefe be- 
ruht in erster Linie auf Verwandtschaft der Formelemente. K. und seine 
beiden Mitarbeiter bieten alles Material, um die wichtige Entdeckung der 
Prüfung zu unterstellen. — L. Messerschmidt lehnt in OrLz VI 2, 80ff 
zwar die Hauptthese „Indogermanische Sprache“ ab, erkennt aber die 
Förderung der Deutung der Briefe durch K. an. — Sayce in ExpT XIV 
7, 328f ist ebentalls gegen die Hauptthese und bietet Korrekturen zur 
Transkription. 

Landau, W.v., Die Phönizier. 2.. durchges. Aufl. (8°. 32. Lp., Hinrichs. 
M —.80). 2 

Niebuhr, C., Die Amarna-Zeit. Asypten und Vorderasien um 1400 v. Chr. 
nach dem Tontafelfunde von El-Amarna. 2., durchges. Aufl. Der a. Ur. 
I 2 (8%. 32. Lp. Hinrichs. M —.60). 

Rieber, J., Die El-Amarna-Tafeln und ihre geschichtliche Bedeutung 
(Kultur IV 3, 161—177): Die Habiri bestimmt —= Hebräer; das Datum 
des Auszugs ist demgemäls anzusetzen. 

Bevan, E.R., The House of Seleucus. 2 Voll. With Plates and Maps 
er E u. 330, VIIl u. 353. Ld. 1902, Arnold. 30 8). — Rez. ThLzt 

908, 8. j 

Reinach, Th., Sur la date de la colonie juive d’Alexandrie (REj XLV %, 
161—164): Die Entstehung einer jüdischen Gemeinde in Agypten (nach 
Josephus u. a. zur Zeit der mazedonischen Invasion) hatte H. Willrich 
nicht über Ptolemäus VII. Physkon zurückdatiert. Jetzt ein Zeugnis 
aus Schedia (20 km von Alexandrien entfernt): ünep Bacıkewg | TTroAeuaiou 
xat | Baoıkioong | Bepevinng AddeA Pfls Kai yuvamkös Kai | TWv TExvwv | MV 
Tpocevxrjv | oi 'lovdutor. Da der Ausdruck ddeApn xaı yuvn von Berenikell., 
der Gemahlin Ptolemäus’ Ill., öfter vorkommt, so ist diese, nicht die 
Gemahlin Ptolemäus’ IL, darunter zu verstehen. Damit ist die Ansicht 
Willrichs widerlegt. — Wilamowitz-Moellendorf, U. v., Alexandrinische In- 
schriften (Sitzungsber. der k. pr. Akademie d. W. zu Berlin 1902 XLIX 
1093 ff): Veröftentlicht die gleiche Inschrift aus Bulletin de la Societe 
archcologique. — Vgl. auch Meyer, P. M., Neue Inschriften und Papyrus 
zur Geschichte und Chronologie der Ptolemüer (Beitr. z. a. Gesch. 1I 3, 
477—419). — ThlLzt 1903, 5, 156: Eine jüdisch-griechische Inschrift. 

Adler, E,, und Seligsohn, M., Une nouvelle chronique samaritaine (suite 
et fin) (Rfj} XLV Nr %, 223-254; XLVI 91, 123—146): Vgl. oben S. 96. 

Rohling, A., Das Judentum nach neurabbinischer Darstellung der Hoch- 
finanz Israels (8V. 120. München. Schuh): Gegen Güdemann; oben $. %. 

Glaser, E., Zwei Publikationen über Ophir, besprochen (8°. 40. München 
1902, Lukaschik. M 1.—). 

Saul, J., Auf der Sinai-Halbinsel. Vom Dschebel Musa nach el-Akaba 
(Deutsche Rundschau für Geogr. u. Stat. XXV 1.H.). 

Jaussen, A., Voyage du Sinai (Rb XII 1, 100-114): Angabe der be- 
rührten Orte und ihrer Entfernungen. 

Kelman, J., and Fulleylove, J., The Holy Land (4%. XV u. 301. Ld. 
1902, Black. 20 s): Letzterer fertigte die 92 farbigen Illustrationen (vgl. 
ExpT XIV 4, 177f), 


Bibliographische Notizen. 319 


Marmier, G., Contributions a la geographie de la Palestine et des pays 
voisins. 11I: La conquete de la region septentrionale de la Palestine par 
Josue (REj XLV Nr %, 168—171; vgl. oben 8. 96;: Sucht die einzelnen 
Punkte des Zuges Josues (Jos 11, 1—5) festzustellen. 

Clermont-Ganneau, Recueil d’Archeologie Orientale. Vol.V, parts 12—17, 
S 42: Where was the mouth of Jordan in the Time of Joshua? (nach PEF 
XXXV Jan. 1903, 94f): Jos 18,19; 15,5; 15,2 setzen eine Bai oder 
Lagune am Nord- und Südende des 'l'oten Meeres zur Zeit Josues voraus. 
Die Höhe des Meeres muls 328 Fuls mehr betragen haben (gegen letztere 
Behauptung verhält sich der Berichterstatter C. W. W. ablehnend). 

Sayce, A. H., Recent and Oriental Archaeology (ExpT XIV 7, 328—330): 


Zu Sisaks Liste der eroberten palästinischen Städte, insbes. „Paran“ 
(A-n-p-r-n). 

Smith, 6. A., Studies in the History and Topography of Jerusalem (Exp 
VII 37, 1—21; 38, 122—135; 39, 208—228; 40, 298—315; 41, 321—337): 
1. A general View of the City. 2. The Name Jerusalem and other Names. 
Gegen Haupt hält S. die babylonische Form Urusalim für Verderbnis eines 
hebräischen oder kanaanäischen Namens. Deutung viell.: „Herd (x) 
des Friedens“. Die verschiedenen Formen des Griechischen und Latei- 
nıschen usw. werden erörtert. 3. The Waters. 4. The Prelude. Aus den 
Briefen des Abd-Khiba a sucht er die Topographie zu 
gewinnen. Der östliche Hügel (Ophel) war wahrscheinlich der Ort für 
Burg nu Stadt des Abd-Khiba. 5. The Beginnings of the History. Davids 

"ätigkeit. 

Mommert, C., Salem, die Königsstadt des Melchisedek. Eine christl.- 
archäol. Studie (8%. 37. Lp. 1902, Haberland. M —.75): Vgl. oben S. 309. 
Nicht Salem bei Aenon noch im Osten des Toten Meeres, sondern Jeru- 
salem nach Josephus, Ant. 1,10, 2. 

Mommert, C., Topographie des alten Jerusalem. 1.Tl: Zion und Akra, die 
Hügel der alten Stadt (8°. XI u. 393. Lp. 1902, Haberland. M 8.—). 

Luncz, A. M., The Hebrew Name of the Tyropoeon Valley (PEF XXXIV 
4, 416): = 755% 2 Sm 12, 31. 

Peters, J. P., und Thiersch, H., The Necropolis of Mareshah. Preliminary 
Notice (PEF XXXIV 4, 393—397): Für die Identifikation von Tell Sanda- 
hannah mit dem Maresa des AT finden sie in einer entdeckten Inschrift 
die monumentale Bestätigung. 

Davenpor;, A., By the ranıparts of Jesreel (8°. 396. Ld., Longmans. 63). 

Winckler, H., Altor. Forsch. 3. R. 1 2, 165—174: Der Gebrauch der 
Keilschrift bei den Juden: Ursprünglich stand bei den Juden die Keil- 
schrift ım öffentlichen religiösen und gelehrten Gebrauche Is 8: 
„Menschenschrift* = Buchstabenschrift; vgl. oben S. 102. Jr 32: Das 
Tonmaterial wurde für Vertragsurkunden gebraucht. Übergang zur Buch- 
stabenschrift bei der Reform des Hiskia. 

Kent, C. F., Messages of Israel’s Lawgivers: the Laws of the OT codified, 
arranged in Order of Growth and freely rendercd into Paraphrase (8V. 
XXXIV u. 386. N.Y. 1902, Scribner. $ 1.25). 

Jacobs, J., Earliest Representation of Ark of the Law (JaR XIV Nr 56, 
737—739): 2 Abbildungen aus Mus. Borg. in Rom und Mus. Cluny; es 
sind Behälter für die Gesetzesrollen, 

Shaw-Caidecott, W., The linear Measures of Babylonia about B. C. 2500. 
With Appendix on the Biblical Cubit: A new Suggestion (8%. 45. Hert- 
ford, Austin): Will nichts mehr und nichts weniger als die genaue Lesung 
und Erklärung des viel diskutierten Täfelchens Brit. Mus. Nr 92698 
Vorderseite) gefunden haben mit dem Ergebnis, dals drei verschiedene 

len mit ihren Bruchteilen darauf festgestellt sind. Die verwischten 
Zeichen werden ergänzt, Text und Übersetzung und Erläuterung geboten, 
zugleich Zahlzeichen und Worte erklärt. Tatsächlich findet Sh. dann die 
Verhältnisse genau in dem Mafsstab, der dem Grundplan eines Palastes 


320 Bibliographische Notizen. 


auf einer Gudia-Statue beigegeben ist. Sollte sich dieses interessante 
Resultat, dessen Beurteilung den Assyriologen zusteht, bewähren, so ist 
auch für die biblische Metrologie viel gewonnen. Hat doch der gleiche 
Verf. bereits früher (PEF Jan. 1902, 79—82) die Malse des Bundeszeltes 
durch drei verschiedene Ellen verständlich zu machen gesucht, seine Vor- 
gänger hierin dahin ergänzend, dals er Grölse und Verwendung derselben 
genauer bestimmte. Hier wieder abzedruckt. Die grolse Elle des Bundes- 
zeltes stimmt überein mit der grolsen Elle des obigen Täfelchens, Verf. 
kündigt ein weiteres umfassendes Werk an: Bible Archaeology: A Story 
of Evolution in Architecture. Being the Material History of the Jewish 
Tabernacle and Temples, c. B. C. 1460 to A.D. 70. 

Conder, C. R., The Name of Jehovah on Seals (PEF XXXV 1, 96): Einige 
von den 8 alten Siegeln aus Jerusalem, veröffentlicht durch Perrot (Hist. 
de l’Art IV 439), haben aulser dem Namen noch eine bildliche Darstellung 
gegen das Gesetz. 

Fischer, A., Zur Siloahinschrift (ZdmG LVI 4, 800-809): mapı= ist Inf. 
Niph. mit suff.: 3257. Die Inschrift ist wahrscheinlich durch den Stein- 
metzen von unten begonnen und dann die obere Hälfte unvollendet ge- 
lassen worden. 

Clermont-Ganneau, Archaeological and epiyraphice Notes on FPalestine. 
24. Mount Hermon and its (od in an inedited Greek Inscription (PEF 
XXXV 2, 135—140): Will auf einer Steininschrift im Besitz der Samm- 
lung des PEF den Baal Hermon (vgl. Jdc 3, 3. 1 Chr ö, 23) finden. 

Macalister, A. St., Second quarterly Report on the Excavation 7 Gezer 
(August l4th to November 1st 1902) (PEF XXXV 1, 7—50): Unter 7 
Schichten soll die 5. von unten Israeliten und Kanaaniter als zusammen- 
wohnend erweisen (Jos 16, 10); 4. u. 3. bereits vorisraelitisch. Ein be- 
merkenswerter kanaanitischer Tempel mit einer Asera. Die sich ergebende 
Chronologie stimmt im allgemeinen mit der biblischen überein (49). — 
Third a) Report etc. (ebd. 2, 107—125). 

Torrey, Ch. C., A Phoenician Royal Inscription (Journ. of the Am. Or. 
Soc. XXIIl [1902] 156—173). — Clermont-Ganneau, Ch., Recueil d’Arch£eo- 
logie orientale V Lig 14—17 [1902]: 8 41. Les insceriptions pheniciennes du 
temple d’Echmoun a Sidon S. 217—267. Bespr. von G. Hoffmann in 
Thlzt XXVIIL 3, 65f. — Pilcher, E. J., The Temple Inscription of Bod- 
“Aötart, King of the Sidonians (PSbA XXV 3, 123—129. Mit Abb. — 
Macridy, Th., Le temple d’ Echmoun a Sidon, fouilles erxecutees par le musee 
imperial ottoman: Suite du rapport des fouilles (Rb XLI 1, 69-77, — 
Halevy, J., Quelques amelioriations dans les inscriptions de Bodaßstoret 
Eon XI 1, 48—57). — Grimme, H., Resafim (OrLz VI 2, 53—57): Zur 

nschrift des Esmuntempels in Sidon. pr hat in vielen atl Stellen die 
Bedeutung „glühen, strahlen“; ax% in Jb 38, 13—15 (st. o-sd= zu lesen) 
= Sterne, Planetengottheiten (n-r =Sternbild des Ochsenschenkels, ägypt.). 
Die Konstruktion in der Inschrift löst sich durch Annalıme eines Schwures. 
— Vgl. oben S. 9%. 


e) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern. 


a) Allgemeines. Pentateuchkritik. Auslegung des 
Pentateuchs. 


Zimmern-Winckier, Die Keilinschriften und das AT. II 2 (Schlufs; 
S. 583—680): Vgl. oben S. 92. Bespr. folgt. 

Zschokke, H., Historia Sacra. antiqui testamenti. Ed. 5 (8%. X u. 459 
mit 2 Karten. Wien, Braumüller. Geb. M 10.—): Unter Mitarbeit von 
Prof. B. Schäfer und P. N. Schlögl zu stande gekommen. 

Davidson, A. B., Biblical and Literary Essays. Edited by J. A. Patterson 
(8°. 332. Ld. 1902, Hodder. 65): Inhalt: Biblical Theology — The Wisdom 
of the Hebrews — Hosea — Amos— Psalms 11, LXXIl and CX. — The 
English Bible and its Revision — Mohammed and Islam — Arabic Foctry 


Bibliographische Notizen. 321 


— Modern Religion and Old Testament Immortality — The Rationale of 
a Preacher — The Uses of the Old Testament for Edification. 

Ermoni, V., La Bible et l’egyptologie (12. 64. P. 1902, Bloud. Fr —.60). 

Die „Babel-Bibel-Literatur‘‘ ist noch immer im Wachsen begriffen 
(vgl. oben S.99f). Delitzsch’ 1. Vortrag hat es mit der 3. durchgesehenen 
Auflage (8°. II u. 78) zum 50. Tausend gebracht. Die Durchsicht führte 
zu einigen unscheinbaren, aber nicht unbedeutsamen Anderungen im 
Texte (z.B. „in ursprünglicherer Form“ st. „in reinerer und urspr.“ S.29; den 
logischen Salto, das Ziel könne nur eines sein, hat er korrigiert S. 46); 
besonders zu beachten sind die beigegebenen, auch separat erschienenen 
Anmerkungen, die sich mit der entstandenen Streitliteratur befassen, 
Günstiges mit Befriedigung buchend, anderes ablehnend (z. B. König, 
Cornill, Jensen). Eine kritische Gesamtbesprechung der Gegenäulserungen 
will er bis zum Abschlufls der ganzen Frage (neben dem 2. Vortrag, vgl. 
unten, kündigt er noch an „Babel und NT“) verschieben. Hauptpunkte: 
Sabbat, Drachencharakter der Tiämat, „Kananäer“ (gegen Milsverständ- 
nisse), Deutung von El hält er fest; besonders eingehend Jahwe: Lesung 
steht ihm fest, Identität mit dem Gott der Juden ist ihm das Wahr- 
scheinlichste; das Täfelchen, das den Alonotheismus trotz verschiedener 
Götternamen bezeugt, veröffentlicht er und hält seine Deutung auch gegen 
Jensen, P., Friedrich Delitzsch und der babylonische Monotheismus (Christl. 
Welt XVII 1,13—15) fest. — Inzwischen ist auch erschienen: Delitzsch, F., 
Zweiter Vortrag über Babel und Bibel (8%. 48. Stuttg., Deutsche Verlags- 
anstalt. M 2.—): Die Logik gebiete die Namenfolge „Babel und Bibel“. 
Im Lichte der Geschichte jedenfalls; im Sinne der Wertschätzung (dieser 
Gresichtspunkt ist bei D. gemeint) ist diese Namenfolre subjektiv, der gegen- 
über mir „Bibel und Babel“ (so auch der Titel in einer der ersten An- 
kündigungen von Delitzsch’ 1. Vortrag) wie vielen andern richtiger 
scheint. Neues (om und Drache von Babel in Abb., Heilkraft des Spei- 
chels, Rauch- und Feuersäule) und Altes (Dn 4 und die Verwünschung 
des Nebukadnezar gegen seine Feinde, Jonas), manches dem veralteten 
Vulgärrationalismus entnommen (Erweckung Scheintoter), tritt uns ent- 
egen. Die Ausbeutung der biblischen Anthropomorphismen möchte man 
ast sophistisch nennen; ebenso mutet einen an, was er vorbringt über 
die niedrige Stellung der Frau in Israel, die Ausschlielslichkeit der Religion 
(Dt 4,19 soll für die Heiden der Polytheismus positiv angeordnet sein) 
u.a.; das wird um so bedauerlicher empfunden, als die Ableugnung jeg- 
lichen ÖOffenbarungscharakters des AT mit grolser Schärfe hervortritt 
(vel, das Vorwort des 20.—30. Tausends: „Zur Klärung“, das Is 63, 1—6 
ür ein blutdürstiges Beduinenrachelied erklärt. — Dals neben dem 
wissenschaftlichen vornehmlich ein kirchenpolitisches Interesse (Stellung 
des Kaisers als Oberhaupt der evangelischen Kirche zu D.) die Heftigkeit 
des Streites verschuldet, zeigt sich in allen Phasen desselben. Das Hand- 
schreiben des Kaisers an Admiral Hollmann als Vorstandsmitglied der 
Deutschen Orientgesellschaft (15. Februar 1903), so bestimmt als persön- 
liches Glaubensbekenntnis, unklar aber seiner theologischen Formulierung 
nach (die Literatur über dasselbe übergehen wir als dem exegetischen 
Gebiet fernlierend), konnte den stimulus rixarum nicht beseitigen. — 
Giesebrecht, Friede für Babel und Bibel (8°. 62. Sanbee Thomas. 
M 1.—): Friede nur mit D. I, aber scharfe Polemik gegen D. 11. In der 
hauptsächlichen Entwicklungszeit Israels ist ein babylonischer Einfluls 
nicht denkbar. Am eingehendsten ist G. bei Behandlung der Gottesnamen 
und beim Monotheismus; den Esoterismus der bab. Religion erkennt er 
an. — Jeremlas, A., Im Kampfe um Babel und Bihel. Ein Wort zur Ver- 
ständigung und Abwehr. 3. erw. Aufl. unter Berücksichtigung der neu 
erschienenen Literatur (8°. 45. Lp., Hinrichs. M —.50): Sicherer Führer, 
namentlich auch besonnenes theologisches Urteil. Kein Partikularismus in 
der israelitischen Religion. Arabien und seinen Einfluls will er besser be- 

Biblische Zeitschrift. I. 3. ya} 


322 Bibliographische Notizen. 


tont wissen. Nur ist mir sein verständnisvolles Eingehen auf das mytho- 
logische Schema Wincklers mit dessen unfruchtbarer Spekulationssucht 
unbegreiflich (vgl. dagegen bes.: Ein Sühneversuch zwischen Babel und Bibel 
in Allg. ev.-luth. Kztg 1903, 6, 124—128). — J. bekämpft vor allem E. König, 
dessen Schrift „Bibel und Babel“ (vgl. oben S. 99) mit der10. Aufl. unter den 
Gegnern D.s den grölsten Erfolg aufzuweisen hat. — König, E., Baby- 
lonisierungsversuche betr. der Patriarchen und Könige Israels. Sep.-Abadr. 
aus Bew. d. Gl. [3. F. VI 2], vermehrt durch ein Wort der Abwehr 
(80, 36. Gütersloh, Bertelsmann. M —.50): Voran geht eine Kritik gegen 
Jeremias. Ihn und vor allem Winckler (Preufls. Jahrb. Mai 1901, 224 ff) 
bekämpft K. in der Aufstellung und Durchführung des mythologischen 
Schemas (von Jeremias bereits berücksichtigt in der obigen Schrift). 
— König, E., War „Jahve“ eine „kananäische“ Gottheit? (NkZ XIII 11, 
828—831): Die Hammurabi-Dynastie steht als kananäisch (nach D. 70 ein 
Milsverständnis) nicht fest, ebensowenig die Lesung Jahve. — Kittel, R., 
Die babylonischen Ausgrabungen und die biblische Urgeschichte. 3. erw. 
Aufl. (8%. 44. Lp., Deichert. u — 80): Berücksichtigt auch den 2. Vortrag 
von D. und behandelt vor allem theologische Probleme (Uroffenbarung, 
Geist der Bibel. Ist mehr für Entlehnung mit selbständiger Um- 
arbeitung, herstammend von der babylonischen Heimat, als für gemein- 
same Tradition (vgl. Allg. ev.-luth. Kztg 1903, 10, 218-221) — Kittel, R., 
Der Babel-Bibel-Streit und die Offenbarungsfrage. Ein Verzicht auf 
Verständigung (8%. 25. Lp., Deichert. M —.50): Bebandelt hier einen 
Streitpunkt gesondert. D.s Kampf gegen die Verbalinspiration (= durch- 
gängige Realinspiration) ist anachronistischh — Klausner, M. A., Hie 
Babel — Hie Bibel. Anmerkungen zu des Professors Delitzsch zweitem 
Vortrag über Babel und Bibel. 3. Aufl. (8%. 40. B., Calvary. M —.50): 
Lehnt die Aufstellungen von D. ab vom jüdisch-orthodoxen Standpunkt 
aus, der bei der anerkennenswerten Mälsigung nur bei einzelnen Stellen 
hervortritt. D.s Verbeugung vor Jesus in seinem Vorwort „Zur Klärung“ 
möchte er fast mit einem Judaskuls vergleichen: scharf, aber nicht so 
unrichtig, wenn man die Folge seiner atl Auffassung für das NT be- 


achtet. — Küchler, F., Die Bibel- und Babelliteratur. 3.—5. Stück (Christl. 


Weit XVII Nr 10-12). — Oettli, S., Der Kampf um Bibel und Babel. 
4. erw. Aufl., mit Berücksichtigung des 2. Vortr. von F. Delitzsch (8°. 
41. Lp., Deichert. M —.80): Tadelt D.s anachronistische Fassung des 
Offenbarungsbegriffes. — Piato, J., Reflexionen über Babel und Bibel, zu- 
nn eine psychologische und historische Vertiefung des kaiserlichen 
andschreibens. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Kultur und 
Jüdischen Religion. 1.—4. offener Brief an H. Prof. Delitzsch in Berlin 
8%. 39 u. 48 u. 4. Hamburg, Verlagsanstalt.e M —.40; —.60; —.15). — 
osenthal, L., Babel und Bibel oder Babel gegen Bibel? Ein Wort zur 
Klärung. 2. Aufl. Gelegentlich des diesjährigen Delitzch’'schen Vortrages 
(80%. 44. B., Poppelauer. M —.60). — Schieler, Die Babel- und Bibelfrage 
ın einem Vortrag beleuchtet (8°. 23. Danzig, John. M —30). — Sellın, E., 
Randglossen zu Babel und Bibel (Neue Fr. Presse 25. Jan. 1903). — Sommer, B., 
Biblische Geschichtslügen. Ein Beitrag zur Babel-Bibel-Frage und eine 
volksverständliche Anleiting zur Bibel-Beurteilung (80%. 63. Bamberg, 
Handelsdruckerei): Will den „guten Prof. D.“ auch noch über den Glauben 
an das NT hinausführen. — Volok, W., Zum Kampf um Bibel und Babel. 
Noch ein Wort zur Verständigung und Abwehr (8. 32. Rostock, Stiller. 
M —.60). — Walter, C.L., Babel, Bibel und — Bebel. Ein religions- und 
geschichtsphilosophischer Rückblick und Ausblick. 1.—4. Tausend (8°. 
173. Weimar, Leutloff. M 1.80): Sucht die Streitfrage im Dienste seiner 
Religionsauffassung (ästhetisch-ethische Weltkultur auf Grundlage des 
germanischen Geistes) fruchtbar zu machen ohne sichere Detailkenntnisse. 
— In Polemik verliert sich Wolff, Assyriologische „Wissenschaft“ (Ev. Kzt 
LXXVI1 7, 151—153); Babel und Bibel (ebd. 9, 194—201); Wider Frie 


Te 


Bibliographische Notizen. 323 


rich Delitzsch (ebd. 9, 193). — — Mit einzelnen Streitpunkten beschäf- 
tigen sich: Bahr, H., Die babylonischen Bufspsalmen und das AT. Zum Streit 
um Bibel und Babel (8°. 48. Lp., Deichert. M —.80): Wertvoll besonders 
als Wiedergabe des Textes von 9 Bulspsalmen. Die Bibel ist ihm höch- 
stens an der Peripherie von Babel beeinflulst. — Chamberlain, H. St., 
Dilettantismus, Rasse, Monotheismus, Rom. Vorw.z.4. Aufl. der Grund- 
lagen des XIX. Jahrh. (80. 80. München, Bruckmann. M 1.—): S. 24—69. 
Im Sinne der Ariomanıe gegen den Panbabylonismus. — D/avis], J. D., 
Professor Friedrich Delitzsch (BStdt VII 4, 188—193): „Here is grist for 
the mill of orthodoxy“, nämlich: keine evolutionistische Auffassung der 
Religion Israels; Ex 6,3 nicht im Sinne der kritischen Quellenscheidun 
zu verwerten. — Gunkel, Babylonische und biblische Urgeschichte (Christl. 
Welt XVII 6, 121—134): Die Ahnlichkeiten gehen auf gemeinsame münd- 
liche Tradition zurück. — Kittel, Babylonische und biblische Urgeschichte 
(ThLbl XXIV 10, 117—120): Erwiderung auf Gunkel. — Professor Oppert 
über den Babel-Bibel-Streit (Allg. ev.-luth. Kztg 1903, 8, 182): Kehrt 
sich in der Wiener „Zeit“ geren den Monotheismus der Babylonier. 
„Yauva“ (?) viell. ein elamitischer Gott. Die biblische Chronologie ist 
von Chaldäa, und die hat Delitzsch nicht berührt. — Wilson, R. D., Ba- 
bylon and Israel: a Comparison of their leading Ideas based upon their 
ocabularies (PrthR I 2, 239—255): Beschränkt sich auf einen einzelnen 
Beweispunkt: was sagt die Philologie, Lexikographie über die ideellen 
Beziehungen von Babel und Bibel? Dals Babylonisch dem Hebräischen 
ferner steht als Aramüisch und Arabisch. Sabbat ist kein Ruhetag; von 
den 2554 geprüften Kontrakttafeln fallen die meisten gerade auf ie 21. 
(180) und 14.\88), die wenigsten (8) auf den 19. Monatstag. — — Wegen 
des erwähnten kirchenpolitischen Hintergrundes mochten die Katho- 
liken versucht sein, es für unnötig zu finden, unter ihrem Himmel 
„den Schirm aufzuspannen, wenn es in Berlin regnete“ (Civ. Catt. XVIII 
10, 155). Milsstimmend mulste es indessen wirken, dals man auch 
in kath. Kreisen Mitglieder für die Deutsche Orientgesellschaft geworben 
und gefunden hatte, und nun bot diese Gesellschaft durch den Mund 
Delitzsch’ (der entrüstete Protest D.s, seine Vorträge und die Deutsche 
Orientges. in irgend eine Verbindung zu bringen [vgl. Anmerk. zum 
1. Vortr. 57; 2. Vortr. 41], kann doch zunächst nur formal-juristisch gelten; 
vgl. auch die Adresse des kaiserlichen Handschreibens oben S. 321) einen 
offenbarungsfeindlichen, theologisch seichten, von Kritikern verspätet und 
anachronistisch gescholtenen, wenn auch geistreichen und wirkungsvollen 
Essay als Vorläufer der auch in kath. Kreisen mit grolsem Interesse er- 
warteten Quellenpublikationen. In den wenigen Schriften zur Streitfrage 
jedoch beschränkte man sich darauf, den mitdem bibelgläubigen Protestantis- 
mus ee Otfenbarungbegriff zuschützenünd sachlich Annehmbares 
und Sicheres von Unannehmbaren: und Problematischem zu scheiden. Conda- 
min, A., La Bible et l’Assyriologie. Apercu general sur leurs rapports au 
point de vue critique et excgetique (Etudes 20. Nov., 20. Dez. 1902, 20. März 
1903). — Döller, J., Bibel und Babel oder Babel und Bibel? (8%. 36. Pader- 
born, F. Schöningh. M —.80): Gesteht wohl dem Babylonismus zu wenig 
zu. Vgl. ThR Il Nr 2-4. — Ermoni, V., La Bible et l’assyriologie (12°. 
64. P. 1902, Bloud. Fr —.60). — Hehn, J., Etwas über Babel und Bibel 
(Köln. Volksz. 1903, Lit. Beil. Nr 8): Hilft Delitzsch sich seiner zall- 
reichen Gegner erwehren, indem er die einen (König. Döller) als Nicht- 
assyriologen ablehnt, bei den Assyriologen (Jensen, Hommel, Hilprecht, 
Jeremias) auf ihre sonstige Gegmerschaft hinweist, die sie auf den 
Plan gerufen habe. In den Hauptpunkten stimmt er D). zu. Übrigens 
schlieist H. trotz des wohlwollenden Zuverstehensuchens für das Vorgehen 
Delitzsch’ mit dem Verdikt: „D. wählte für seinen Vortrag zwar etwas 
sehr Pikantes aus, das aber noch nicht allgemein anerkannt ist.* — Keil, P., 
Babel und Bibel (Pastor bonus XV 3, 105—123): Schluls (vgl. oben 8. 99). 


21* 


324 Bibliographische Notizen. 


Orientiert vorzüglich über die Streitpunkte und das Beweismaterial und 
elangt überall zu einer bestimmten scharfen Ablehnung der Delitzschschen 
ypothesen. Von D. selbst wurde die rühmenswerte Sachkenntnis des 

Verfassers anerkannt. Unter demTitel: Zur Babel- und Bibelfrage als erwei- 

terter Neudruck erschienen (8°. 78. Trier, Paulinusdruckerei. M1.—). — — 

Schriften, die zur Streitfrage in Beziehung stehen: Dieckmann, Chr., 

Das Gilgamis- Epos in seiner Bedeutung für Bibel und Babel (8». 198. Lp. 

1902, Steffen. M 4.50): Sucht die babylonische Mytlıologie und die biblische 

Erzählung in Kontakt zu bringen. Zu welchen Resultaten er kommt, 

zeigt seine Gleichung S. 24: Jabani = Gudia = Kudur- Mabuk = Kedor- 

laomer= Nimrod. Wenn übrigens seineKombinationsgabe etwas ordnungs- 
gemälser fungieren würde, so wülste ich nicht, was neueste Mythologisten 
vor dem Verf. voraus hätten. Die Bibel lälst er in verschiedenen Ur- 
geschichten gegen Babel polemisieren. Die Etymologien sind halsbreche- 
risch. — Jeremias, A., Hölle und Paradies bei den Babyloniern. 2., erw.u. 
verb. Aufl. mit Abb. Unter Berücksichtigung der biblischen Parallelen. 

Der a. Or. 13 (80°. 44. Lp., Hinrichs. M —.60\. — Pinches, Th. &., The 

OT in the Light of the historical Records and Legends of Assyria and 

Babylonia (8%. 256. Ld., SPCK. 73 6d): Behandelt die ganze Bibel von 

der Schöpfung an und gibt die Dokumente in Übersetzung (vgl. ExpT 

XIV 6, 275f). : 

Lambert, M., Les dates et lesäges dans la Bible (REj XLV Nr 90, 285 — 288): 
Anfang und Ende einer Periode von Jahren, Monaten und Tagen zählte 
man als voll. Volle Jahre und Monate bezeichnete man durch den Zu- 
satz on. DW 32 usw. will nur besagen, dals der Genannte am betreffenden 
Tage, in der Woche. im Monate, im Jahre geboren sei. 

Carpenter, 3. E., The Composition of the Hexateuch. An Introduction, 
with select List of Words and Phrases; Appendix on Laws and Institutions 
by G. Harford (8°. XVI u.538. Ld. 1902, Longmans. 18s): Nachträglich 
erweitert erschienene Einführung in die Textausgabe: The Hexateuch 
according to the Revised Version (1900). 

Kiey, 3)., Die Pentateuchfrage. Ihre Geschichte und ihre Systeme. 
Gekr. Preisschr. (8°. 240. Münster i. W. 1902, Alph.-Druckerei. M 4.50). 

Green, W. H., Die Einheit der Genesis erwiesen. Aus dem Engl. von 
O. Becher (8. XXXII u. 765. Gütersloh, Bertelsmann. M 10.—): 
Hiermit wird ein 1895 erschienenes Werk eines amerikanischen konser- 
vativen Bibelerklärers den deutschen Lesern leichter zugänglich gemacht. 
Was sich zu Gunsten der These sagen lälst, ist erschöptend und aus- 
führlich dargelegt, die Gründe der Kritiker, mit besonderer Betonung 
der stilistischen, sind angeführt und eingehend widerlegt. Besondere Mühe 
gibt sich der Verfasser, die behaupteten Inkongruenzen der Darstellung 
als angemessen, ja beabsichtigt, von sorgfältiger Überlegung zeugend zu 
erweisen. Polemik durchzieht das Buch vom Vorwort des Verf. und 
Übersetzers bis zur Zusammenstellung des Schlulsergebnisses: absolute 
Einheit der Gn. Der Übersetzer hat weniges in Anmerkungen bei- 
getragen. Qui nimis probat, nihil probat. Ein Zuviel ist es z. B., jegliche 
stilistische Verschiedenheit wegzudisputieren, bei dem wechselnden Ge- 
brauch des Gottesnamens besondere Feinheiten des Schriftstellers anzu- 
nehmen, kurz, auf dem geschichtlichen Gebiete mit den Kategorien des 
absolut noch Möglichen zu operieren, während man hier mit Wahrschein- 
lichkeit, moralischer Gewilsheit rechnen muls. Ich glaube nicht, dafs 
G.s Methode berufen ist, der radikalen Kritik die Waffen gegen die 
Offenbarung zu entwinden. Im übrigen ist das Werk als ausführlichste 
Zusammenfassung der Instanzen für die These sicher sehr wertvoll; um 
die gegnerischen Ansichten kennen zu lernen, ist es weniger geeignet, 
auch zu alt, weil der Übersetzer es über 1895 hinauszuführen nicht be- 
absichtigt hat. 

Gunkel, H., Genesis übersetzt und erklärt. 2. Aufl. Handkomm. z. AT 


Bibliographische Notizen. 325 


von W.Nowack I 1 (8%. XCII u.440. Göttingen, Vandenhoeck, M 9.80): 
Seit 1901 bei dem umfangreichen Werke die 2. A., ein Zeichen, dals die 
Anschauungen des Verfassers Eigentum weiter Kreise werden wollen; 
darum von Wert, auch wenn man prinzipielle Vorbehalte gegenüber der 
Schriftbehandlung machen muls. Ist einmal der sagenhafte Charakter der 
Genesiserzählungen vorausgesetzt, so ist Gunkels Behandlung die kon- 
sequenteste. Sie muls aber auch als gemälsigte in vielen Punkten bezeich- 
net werden, und darin bedeutet die 2. A. einen weiteren Schritt vorwärts. 
In den Urvätern reine Stammespersonifikationen zu sehen, ist er weniger 

eneigt; keine primitive Religion in Israel, kein Partikularismus der 

ahwe-Religion. Abzulehnen ist eine Mythologisierung der Patriarchen- 
erzählungen. Obwohl ihm die Genesis auf Sagen beruht, ist doch manches 
von seinen Charakterisierungen von allgemeinem Werte. Die Anlage ist 
so wie sonst beim Handkommentar: Übersetzung mit begleitendem 
Kommentar, Quellenscheidung durch verschiedene Typen. Der Verf. 
strebt mehr inhaltliche als literarkritische Behandlung an, was als Vor- 
en zu werden verdient. — In einer eingehenden Bespr. hebt 
L. Venard (Rev. du clerge fr. 1903, 15. Apr., 519 ff) hervor, dals eine Gunkel 
ähnliche Auffassung der Urgeschichten als Legenden sich auf katholischem 
Boden vernehmen lasse, nur mit prinzipieller Anerkennung von Inspiration 
und Offenbarung (vgl. z. B. oben S. 307). 

Oppert, J., Sechshundert drei und fünfzig. Eine babylonische magische 
Quadrattafel (ZA XVII 1, 60— 74): Glaubt auf einem bei Scheil, Une 
saison des fouilles a Sippara veröffentlichten Täfelchen (allerdings durch 
Korrektur und Konjektur) die mystisch-kabbalistische Zahl 653 gefunden 
zu haben, die sich auch in der Zeitrechnung der Gn wiederfinde (Sintflut 
bis Abrahams Geburt 292, von da an bis zum Ende der Gn 361 = 653 J.). 
— Vgl. dazu C. Bezold ebd. Y5f, der auf entsprechende geometrische 
Figuren hinweist. 

King, L.W., The seven Tablets of Creation or the Babylonian and Assyrian 
Legends concerning the Creation of the World and of Mankind. 1. English 
Translation, Transliteration, Glossary, Introduction etc. II. Supplementary 
Texts. Luzac’s Sem. Text and Transl. Series XII. XIII (8. CXAXI1], 
XIII u. 274 mit 84 autogr. S. Ld. 1902, Luzac. 33s): K. hat manche 
Texte in ihrer Zugehörigkeit zum Schöpfungsepos neu erkannt. Die 
7 Tafeln sollen den 7 Schöpfungstagen entsprechen, die 7. Tafel (Hymnen 
der Götter auf Marduk) der Sabbathsruhe Gottes. Die Schaffung des 
Lichtes hat mit dem Kampfe gegen das Chaos nichts zu tun. Der lebende 
Mensch entsteht aus dem Blute des Bel-Marduk, nicht des Adapa (gegen 
Hommel, ExpT XIV 3, 109, vgl. unten). Kosmologische Legenden scheinen 
in dem babylonischen Epos zum Lob des Marduk verarbeitet worden zu 
sein (vgl. ExpT XIV 5, 2201), 

Gervis, &., La gloriosa rivelazione intorno alla Creazione del mondo, con 
importanti dimostrazioni scientifiche poste a fronte delle Sacre Scritture 
(Florenz 1902, Lib. Claudiana): G., Geologe, hält eine positive Konkordanz 
des Schöpfungsberichtes mit der Wissenschaft fest. Den Evolutionismus, 
auf den Menschen ausgedehnt, lehnt er ab (vgl. RIhPh XAXV 5,6, 547 ff). 

Semeria, G., Storia di unconflitto tra la scienza ela fede. I. Cosmografia 
popolare, scientifica e biblica (Str III 1, 41—62; 3, 2659—293): In ausführ- 
Jichem, gemeinverständlichem Vortrage vertritt S. die populäre Auflassung 
des Schöpfungsberichtes mit einzelnen historischen Rückblicken. S. schlieist 
sich auch den Ausführungen Durands (Etudes, 5. Febr. 1902, 344 und Rev. 
du clerg& fr., 1. Dez. 1902) an, dalis die Hagiographen in Geogonie und 
Kosmogonie nicht besser unterrichtet waren als ihre Zeitgenossen. — 
II. Galileo Galilei. I fattı. 

Laska, W., Der biblische Schüpfungsbericht im Lichte der „Neustern“- 
Hypothese (Kultur IV 3, 189—145): Das Aufleuchten „neuer“ Sterne ist 
verursacht durch kosmische Wolken, welche die Himmelskörper bei ihrem 


326 Bibliographische Notizen. 


Durchgang zum Glühen bringen. Mit dieser Hypothese sucht L. hypo- 
thetisch den biblischen Schöpfungsbericht in Einklan zu bringen. 

Howland, S. W., The Story of Eve’s Creation (Bs LX Nr 237 [Jan. 1903) 
121—128): Evolutionistisch (aber teleologisch) stammen die ersten Menschen 
von Tieren ab als Zwillinge (Xiphopagus), die später getrennt wurden. So 
habe sich in Adam die Vorstellung des Herganges wie Gn 2 bilden können. 
Das nennt H. Bibel und Wissenschaft versöhnen. 

Stade, B., Der Mythus vom Paradies Gn 2. 3 und die Zeit seiner Ein- 
wanderung in Israel (ZatW XXIII 1, 172—179): Ursprüngliche Gestalt. 
Mündlicher Überlieferung des Adapa- und Gilgamis-Mythus entnommen 
und jahwistisch umgestaltet nach der Mitte des 8. Jahrh., der Zeit des 
hierzu nötigen intensiven Verkehrs mit Babel, unmöglich schon 1400. 

Martin, W. W., The Fall asa composite Narrative (Bs LX Nr 237, 84—9]): 
Keine Widersprüche, wohl aber sind 2 parallele Erzählungen Gn 3 inein- 
andergeschoben. 

Kesteven, H., Who was Cain’s Wife? (Nineteenth Cent. 1903 Febr., 330 
bis 336): Am 6. Tage wurden mit den Tieren die erdgebornen Menschen 
(or »3 Gn 6, 2) erschaffen; Gn 2 Menschenschöpfung mit Eingiefsung 
einer besonderen Lebenskraft (mx 2). Zu den ANlischehen beider 
Menschenklassen (Gn 6, 2f) gehörte die Elıe Kains. 

Hommel, F., The Logos in the Chaldaean Story of the Creation (ExpT 
XIV 3,103—109): Die biblische Urväterreihe in Beziehung zur babylonischen 
mit ihren astronomischen Aquivalenten. In Adapa findet er einen Gott- 
menschen, das „Wort Gottes“, den Logos, ja schlielslich Christus, der sein 
Blut vergossen hat, um die \Menschen zu retten. Durch Abraham stammen 
diese Überlieferungen aus Chaldäa. Gn 6,3 "os = „in Saren“, eine die 
Zeitangabe erklärende Glosse. 

König, E., The latest mythological Theory of the Patriarchs (ExpT XIV 
5, 217—219): Gegen Wincklers astralmythische Erklärung. Die einzelnen 
Züge der Patriarchengeschichte lassen sich dabei nicht unterbringen. 

Böklen, E., Die Sintflutsage. Versuch einer neuen Erklärung (Arch. f. 
Rel.-W. VI 1, 1-61; 2, 97—150): Wincklers astralmythische Erklärungen 
sind zu wenig begründet und nicht ernsthaft diskutierbar. B. hält die Sint- 
flutgeschichte für einen Natur- resp. Mondmythus: Himmelsozean jenseits 
des Himmelsgewölbes, der Mond ein goldener Kahn darin; der Mond 
Quelle alles Gedeihens und Lebens. Die Überlieferung in kanonischer, 
apokrypher und aulserbiblischer Literatur wird nunmehr daraufhin geprüft, 
gepreist, gewendet und gedeutet, um obige Auffassung im Einzelnsten zu 
erweisen. 

Meissner, B., Ein altbabylonisches Fragment des Gilgamesepos (Mitt. d. 
Vorderas. G. VII [1902] 1, 1—16): Beschreibung, Umschritt und Über- 
setzung mit Abb. 

Pinches, G., Gilgame3 and the Hero of the Flood (PSbA XXV 3,113—122; 
4/5,195— 201): Das Gleiche wie Meissner mit Korrekturen und Ergänzungen. 

Müller, W. M., Die Söhne Mizraims, Genesis 10, 13—14 (OrLz V 12, 
471—475): Die bisherigen Erklärungen befriedigen nicht. Pathrusim ist 
als Glosse auszuscheiden, weil die übrigen Namen nicht ägyptische Stämme, 
sondern auswärtige Vasallen angeben wollen. Kasluhim, nach LXX »swos, 
verderbt aus v*:n0ı = Nasamonen, Bewohner einer Oase. vn» zu korr. 
in ea» = Oase Knmt. Naphtuhim, entstanden aus armine = Oase P-to- 
n-(n?)-ehe „Kuhland“. 

Anderson, Ch. E., Who was Melchizedek? — A suggested Emendation of 
Gen. 14:18 (AmJsemL XIX 3, 176f): Glaubt mit Ersetzung des vv 
durch Sodom den Zusammenhang gewonnen. In sich unwahrscheinlich, 
ist auch die versuchte Begründung der späteren Anderung wenig überzeugend. 

Bird, R., Joseph, the Dreamer (8%. 478. Ld. 1902, Nelson. 68). 

Barnes, W. C., Potiphar's Wife (8%. 154. Ld. 1902, Brown. 28 6d). 

Naville, E., The Egyptian Name of Joseph (PSbA XXV 8, 157—165): 


Bibliographische Notizen. 327 


Richtigzustellen in nser:ns = das Haupt der lepoypaunareis. ron = 
Senit mit x prothet.; "“eruse = Phetep-ra. Die Zeit, in der diese Namen im 
Agyptischen sich finden, sei nicht malsgebend für die Entstehungszeit der 
Erzählung. 

Lang, M., Moses. Ein Lebens- und Zeitbild (120. 74. Csacza, Selbst- 
verl. Kr 1.20): Populäre, begeisterte Schilderung des Wirkens des Moses 
mit einem Zug ins Demokratische. 

Johns, C. H. W., The Name Moses (ExpT XIV 3, 141f): Adoptieren 
„ina mesu“ in den Hammurabi-Gesetzen soll heilsen: einen aufserehelichen 
Sohn adoptieren. Der Verfasser der Mosesgeschichte soll dann bei Entleh- 
nung der Sargon-Erzählung es zu einem Eigennamen „Moses“ verlesen haben. 

Müller, W. M., Der Bündnisvertrag Bamses’ Il. und des Chetiterkönigs, 
im Orig.-Text neu hrsg. u. übers. Mit 16 Doppeltaf. Mitt. d. vorderas. 
Ges. VII 5 (8%. 48. B. 1902, Peiser. M 6.—):..Ein Dokument, zur Er- 
klärung der Wegrichtung beim Auszug aus day ten verwertet, hier 
genau wiedergegeben und textkritisch eingehend behandelt. 

Bender, A., Das Lied Exodus 15 (ZatW XXIII 1,1—48): Als Psalm, 
wegen messianischer Gedanken (solche hört B. fast in jedem Wort, ja 
Buchstaben mitklingen; in die Form der Geschichte gekleidete messia- 
nische Hoffnungen), aus Gründen der Sprache nachexilisch (ca. 450). 
Vielfach übertriebene und gekünstelte Deduktionen. 

Zum „Gesetze des Hammurabi‘“, Dez. 1901 und Januar 1902 in Susa 
durch den Führer der französischen Expedition für die Ausgrabungen, 
J.de Morgan, und den Dominikaner V. Scheil auf einem Denkstein aus 
Diorit (nunmehr im Louvre in Paris) gefunden, in 16 und 28 Kolumnen 
1114 und 2540 Zeilen in Keilschrift aufweisend. Der Denkstein wurde 
seinem ursprünglichen Standort, Sippar, von einem elamitischen Eroberer 
nach Susa entführt. 700 Zeilen entfallen auf Einleitung und Schlufs, der 
eigenen Verherrlichung des Gesetzgebers und dem Lobe des Gottes Samas 
geweiht, vor dem stehend eine Ahbildung H. zeigt; das übrige bietet 
282 Gesetzesbestimmungen (für einen wohl vom Eroberer weggemeilselten 
Raum 35 gezählt) ohne systematische Anordnung, für Kultur- und Rechts- 

eschichte und für die Bibel von einzigartigem Interesse, ein Fund, dessen 

influls den Aufsehen erregenden von El-Amarna weit überragt, und der 
nicht so bald von der Tagesordnung verschwinden wird. Die Ed. princ. 
ist veranstaltet von: $Scheil, V., O. P, Textes Elamites-scmitiques, Ile ser. 
in: Memoires de la Delegation en Perse, Tome IV (4%. 200. P. 1902, 
Leroux): Phototypie, Umschrift, Übersetzung, freie wohlgelungene Wieder- 
gabe des Inhalts. Fast der ganze Band ist dem Funde gewidmet (bespr. 
von Winckler, OrLz VI1.24ff mit den schon bekannten Fragmenten und 
Parallelen und reichen sachlichen Bemerkungen). — Darauf fulst die erste und 
bis jetzt einzige deutsche Übersetzung: Winckler, H., Die Gesetze Hammu- 
‚rabis, Königs von Babylon um 2250 v. Chr. Das älteste Gesetzbuch der 
Welt übersetzt. Mit 1 Abb. des Steindenkmals. ‘Der a. Or. IV 4 (8%. 42. 
Lp. 1902, Hinrichs. M —.60): Genaue Übersetzung (sie soll in manchen 
Punkten die von Scheil übertreffen. Die Noten mit den atl Parallelen 
sollen die maus für die Bibel angeben. Eine 3., erweiterte Aufl. 
(mit alphabetischer Inhaltsübersicht) ist erschienen. „The Independent“ 
vom 25. Dez. 192, 8., 15. u. 22. Januar 1903 übertrug Wincklers Aus- 
gabe ins Englische. — Englische Ausgabe: Johns, C. H. W., The oldest 
Code Y Laws in the World. The Code of Laws promulgated by Hammu- 
rabi, King of Babylon, B. C. 2285— 2242, translated (8%. Edinburgh, Clark. 
1s 6d). — Schriften und Aufsätze: Schon Delitzsch konnte in seinem 
2. Vortrag (vgl. oben S. 321) in Wort und Bild sich auf den Fund beziehen 
(S. 24 ff), in offenbarungsfeindlichem Sinne ihn verwertend, allerdings mit 
einer Waffe, die der Rüstkammer des sonst längst überwundenen Vulgär- 
rationalismus entnommen ist: auch H. will die Gesetze seinem Gotte 
verdanken; deshalb sei auch die göttliche Herkunft der Sinaigesetzgebung 





328 Bibliographische Notizen. 


ebensowenig festzuhalten. — Jeremias, J., Moses und Hammurabi (8°. 47. 
Lp., Hinrichs. M —.70; kart. 1.10): „Wir müssen umlernen“, sagt J. in 
Bezug auf die evolutionistische Geschichtsbetrachtung. Was sem Buch 
auszeichnet, ist die kulturgeschichtliche Bebandlung des Materials, dabei 
kurze, aber erschöpfende Gegenüberstellung der Gesetze von H. und 
Moses (24 Bestimmungen), Die Wertung der Gesetze spricht durchweg 
zu Gunsten, der Thora, die ihm (gegen Delitzsch) als göttliche Offenbarung 
gilt. Die Ahnlichkeiten gehen ihm zurück auf die Berührung des Moses 
mit Arabien (Ex 18). Das Gesetz ist nicht ohne Moses entstanden, das 
sei auf Grund des Fundes geschichtliche Wahrscheinlichkeit geworden. 
S. 7 Korrekturen zu Winckler. Vgl. noch Moses und Hammurabi (Allg. 
ev.-luth. Kztg 1903, 9,200—202) und Der babylonische Moses (lllustr. Ztg 
1903 Nr 3113, 311). — Oettli, S., Das Gesetz Hammurabis und die Thora 
Israels (8%. 88. Lp., Deichert. M 1.60): Inhaltliche Erörterung mit sach- 
lichen Erörterungen; auffällig findet Oe. die Zusammenordnung zu 5, 10, 
insbes. 6 Gesetzen; mus-en-kak = Dienstadel.e. Monogamie, keine Spur 
eines Matriarchates oder, des Ahnenkultes, verschiedene Kulturzustände 
in Babel und Israel. Die Ahnlichkeiten gehen wohl zurück auf die Herkunft 
Israels aus Mesopotamien (gegen die Arabienhypothese, weil dem baby- 
lonischen Tiefland angepalst).. „Moses, der Gesetzgeber, ist keine legen- 
darische Gestalt mehr“, dieses Bekenntnis wiegt schwer (Kreuzztg 1903, 
Nr 11), nachdem Oe. selbst (Einl. in die Auslegung des Dt) früher die 
mosaische Gesetzgebung für unmöglich erklärt hatte s l. Ev. Kztg 1903 
Nr 9). — Lagrange, M. J., Le code de Hammourabi (Rb X11 1, 27—5l): 
Resum@ des Inhaltes mit ausgiebiger Vergleichung der biblischen Be- 
stimmungen. „Erscheinen vor Gott“ usw. = „Eid“, wie auch Ex 20. 
Hier hochentwickelter zentralistischer Staat, bei Moses ein haibnomadisches 
Gemeinwesen. — X., Il codice di Hammurabi. (Civ. Catt. XVIIl 10,143—155): 
Trotz des verschiedenen Kulturzustandes Ahnlichkeiten mit Moses in Art 
und Verhältnis der Strafen, Gerichtsapparat, Kasuistik, literarischer Form; 
durch Zusammenwohnen der semitischen Stämme zu erklären. Übrigens 
scheint X. das monotheistische Gesetz noch älter zu sein als der poly- 
theistische H. — Dareste, R., Le Code Babylonien d’Hamniourabi (Journ. 
d. Sav. 1902 Okt. 517—528; Nov. 586—599): Mit reichen, interessanten 
Verweisen auf die Rechtsbücher der übrigen Völker. Sep.-Abz. (4°. 25. 
P. 1902, Impr. nat... Vgl. Seances et Trav. de l’Ac. des Sc. mor. et pol. 
März 1903. — Hehn, J., Das älteste Gesetzbuch der Welt (Köln. Volksz. 
Lit. Beil. 1903 Nr 12). — Johns, C. H. W., The Code of Hammurabi (B. C. 
2285—2242) (ExpT XIV 6, 257f). — Derselbe, The Code of Hammurabi, 
fresh material for comparison with the Mosaic Code (JthSt 1903 Jan. 172 bis 
183): Durch Abraham und das Exil sei die Beziehung hergestellt. — Derselbe, 
Notes on the Codeof Hammurabi (AmJsemL X1X 2, 96— 107; 3, 171—174): 
Erklärt einige Terminı (z. B. mus-en-kak = Untreier) und gibt von $ 41 eine 
neue Übersetzung. — Nagl, E., Hammurabis Gesetze (Kath. 3. F. XXVII1, 
31—43 151—167): Eine Verwandtschaft mit Moses wird negiert. — 
W[arfield], B. B., Law four Thousand Years ago (BStdt VII 4, a 

Eerdmans, B. D., Oorsprong en beteeknis van de „Tien woorden“ (Theol. 
Tijdschr. 1903, 1. 19—35). 

Moore, D., Did the Tabernacle described in Exodus ever really exist? 
(BStdt VII 3, 171—177): Ja; in traditionellem Sinne gegen Kennedy in 
Hasting’s Dictionary 1V 666. 

Löhr, M., Das Lied des Moses (Deut. XN XII) nach Form und Inhalt 
untersucht (PrM VII 1,1—31): Altester durch Kritik (bes. Ausscheidung 
von Glossen) erreichbarer Text in Umschrift; Gliederung (nach Sievers); 
Gedankengang; textkritischer und sachlicher Kommentar. Mittelpunkt 
der Gedanken des Verf. sei die Katastrophe von 586; darauf weise auch 
der politische Hintergrund und insbes. die Gottesanschauung (= Ez und 
Deutero-Jes.) hin. 


Bibliographische Notizen. 329 


Bäck, L., md und ‘D (MGWJ XLVI 7,8, 299-301): Dt 33, 16 =;o ent- 
standen aus “ro, wie r=y statt "72. 


ß) Die geschichtlichen Bücher. 


Urquhart, J., Die neueren Entdeckungen und die Bibel. IV. Bd: Von 
der Philisterzeit bis zur babylonischen Gefangenschaft (8°. XII u. 333. 
Stuttgart, Kielmann. M 4.—): Vgl. oben S. 9%. 

Hummelauer, Fr. de, Commentarius in librum Josue. Cursus Scripturae s. 
II. III 3 (80. VI u. 528. P., Lethielleux. Fr 10.—): Bespr. folgt. 

Matthes, I. C., Israels nederzetting in Kanaän [naar aanleiding van Dr. 
C. Steuernagel, Die Einwanderung der isr. Stämme in Kanaan] (Th. Tijdschr. 
1902, 6, 517— 540). 

Lagrange, M.-J., Etudes bibliques: Le Livre des Juges(8°. XLVIII u. 338, 
P., Lecofire. Fr 7.50): Bespr. s. oben S. 303 ff. 

Lotz, W., Der Bund vom Sinai. V, Die Einheit Israels in der Richter- 
zeit (NkZ XIV 2, 128-153): Von Josue bis Samuel war Israel ohne ein- 
heitliche Organisation, aber nicht obne Bewulstsein der Zusammengehörig- 
keit, soferne sich Israel durch die Jahwereligion zusammengehalten fühlte, 
wie Jdc zeigt. Das Festhalten an Jahwe aber setzt voraus einen Bund 
mit Jahwe, 

Rothstein, J. W., Zur Kritik des Deboraliedes und die ursprüngliche 
rhythmische Form desselben (ZdmG LVI 4, 697—728; LVII 1, 81—106): 
Fortsetzung V.26—- 30. Vgl. oben S. 102. — Dazu Korrekturen von £. Nestle 
ebd. LVII 1, 197. 

Bewer, J. A., Die Leviratsehe im Buche Ruth (StKr LXXVI. I 2, 328 
bis 332): Eine Art Leviratsehe ist in Ruth gemeint, wenn auch abweichend 
von Dt (gegen Driver). Ursprünglich kaufte Booz die Ruth mit dem Acker 
als „Goel“. In 4, 10 und 4, 5 sind nun Ausdrücke eingesetzt worden, 
welche die Leviratsehe einfügten, veranlalst durch die sonst nur bei der 
Leviratsehe gebräuchliche Schuhausziehung. Daher auch die Widersprüche 
mit Dt 25. — Zur Literarkritik des Buches Ruth (StKr LXXV1. II 3, 
502—506): 4, 12 „und möre dein Haus sich mehr und mehr ausbreiten‘ 
(5). Der Einfüger der Leviratsglossen punktierte Y=£ (Eigenname, ein 
Beispiel des Levirates). Die Genealogie 4, 18 ff ist hierdurch veranlalst. 
4, 17 bildet den befriedigenden Schluls. 

Bewer, J. A., The Ge’ullah in the Book of Ruth (AmJsemL XIX 3, 
143—148): 4 Stadien in der Kombination von Ge’ulla und Levirat. In 
Ruth der älteste Zustand: Verptlichtung des Godl (auch wenn nur ent- 
fernterer Verwandter), die Witwe zu heiraten. Hier muls der Levir das 
Erbe kaufen, d. h. auslösen nach Lv 25, 25, weil Noemi es eben in ihrer 
Not verkaufen will (4, 3 ist ==» zu punktieren: N. ist „im Begriffe“, es 
zu verkaufen, wegen 4.5). Kommt auch hier wieder zum Schluls, dals in 
Ruth ursprünglich Levirat mit der Ge’ulla nicht verbunden war und 
auch nicht zur Erzählung gehörte. 

Nowack, W., Die Bücher Samuelis übersetzt und erklärt. Handkommentar 
z.AT I4 (vgl.oben S. 102): Der Gesamtkommentar zum AT ist hiermit 
bei dem vorletzten Buche angekommen (Nm sollte noch vor Ende 1902 
ausgegeben werden). Die Einleitung enthält neben den andern zu eı- 
wartenden Punkten eine eingehende Erörterung der Textkritik. Das Ver- 
fahren der Regenbogenbibel findet mit Recht die Billigung des Verfassers 
nicht. Bei Verwertung der LÄX bekämpft er scharf die Grundsätze 
Löhrs. Auch der Quellenscheidung widmet er eine umfangreiche Erörterung. 
Budde und Löhr stelit er hierin nalıe, folgt aber doch eigener Prüfung. 
Die religionsgeschichtliche Bedeutung findet er darin, dals vorjahwistische 
Zustände noch häufig hereinspielen. Der partikularistische Jahwismus 
steht hier noch neben dem späteren strengen Universalismus. Wie sonst 
in religionsgeschichtlichen Dingen bei der höheren Kritik, ist auch bei N. 
der Mangel jeden Versuches, eine Harmonie zwischen den als wider- 


330 Bibliographische Notizen. 


sprechend aufgefafsten Stellen herbeizuführen, zu tadeln. Die Über- 
setzung, welche in verschiedenen Schrifttypen die von N. angenommene 
Quellenscheidung plastisch darstellt, ist genau und löst an sich schon manche 
Schwierigkeit, so dals die trotzdem noch umfangreichen Anmerkungen 
viele textkritische, literarische und sachliche Fragen behandeln können. 

Stosch, &., At! Studien VI: Der geistliche Charakter Davids (8°. VII 
u. 258. Gütersloh, Bertelsmann. M 3.—). 

Preuschen, E.. Doeg als Incubant. Zur Erkl. von 1 Sam. 2], 8 (ZatW 
XXIII 1, 141—146): 139) nach Lucianhss piyoniperog — „fiebernd“. 
In seiner Krankheit suchte D. in der Nacht ein Traumorakel im Tempel 
für seine Gesundung zu erhalten. 

Dieckmann, Chr., Die erste Weissagung vom Davidssohn. Eine biblische 
Studie zur Offenbarungsfrage. 1.—3. Taus. (8%. 130. Lp., Steffen. M 2.—): 
Verfolgt die allmähliche Entfaltung dieser Weissagung in 2 Sm 7; 23, 
Ps 110, 1 Chr 17 (Midrasch zu 2 Sm 7) u. a. St. mit dem Endziel, den 
OÖffenbarungscharakter der Heiligen Schrift zu erweisen. Zugleich gibt er 
für 2 Sm 7 eine eingehende, neue Quellenanalyse. Gut auslegen scheint 
D. oft für viel hineinlegen zu nehmen. In der Etymologie gelten für 
ihn keine Schranken und Gesetze. 

Leben, H., Eine Vermutung zum „Schäfchen des armen Mannes“ (2 Sam 
12, 1—4) (OrLz V1 4, 152-155): Palst nicht auf Davids Sünde gegen 
Urias, sondern auf die Wegnahme Michals durch Abner für David 
2 Sm 3, 12—16. 

M'Fadyen, J. E., Did Elijah cut himself for the Dead? (ExpT XIV 
3, 143f): 1Rg 17, 21 ist mit Klostermann in» „und er verstümmelte sich 
selbst“ zu lesen, das später auf Grund von Dt 14,1 in an verändert 
wurde. — Vgl. hierzu Nestle, E., The Reading L the Septuagint in 1 Kings 
17.21 and 2 Kings 4.34 (ebd.4,185f): Die Parallelstelle 2 Rg 4, 34 ist 
beizuziehen. Es ınuls eine Tätigkeit für Elias und Elisäus gemeint sein, 
wie sie angewendet wurde in Erstickungsanfällen, um die Atmung wieder 
zu beleben. 

Nagel, G., Der Zug des Sanherib gegen Jerusalem. Nach den Quellen 
dargestellt (wel. oben S. 96): Wunder und Weissagung sind nicht un- 
möglich; daher ist der Hauptanstofs der kritischen Schule an der Richtig- 
keit der biblischen Erzählung in Rg, Is und Chr unberechtigt. N. untersucht 
eingehend die Quellen. Die Scheidung in äulsere und innere Glaubwürdig- 
keit verursacht einige Wiederholung. Die Quellen gehen auf zeitgenössische 
Berichte zurück. Der assyrische Bericht wird durch die in der Bibel er- 
zälılte Katastrophe ergänzt. Die vielfache Willkür der Kritik macht es 
N. möglich, die Kritiker selbst gegeneinander zeugen zu lassen. Besondere 
Sorgfalt weist die Untersuchung über die Glaubwürdigkeit der biblischen 
Berichte und die chronologische Fixierung auf. Von Einzelpunkten sei die 
Ablehnung der Musri-Hypothese von Winckler hervorgehoben. Auf dem 
aene solcher Einzeluntersuchungen wird das kritische Verständnis der 
Hl. Schrift mehr gefördert als durch fein ausgedachte kritische Theorien. 

Lehmann, C. F., Menander und Josephos über Salmanassar IV. II (Beitr. 
z. a. Gesch. II 3, 466—472): Vgl. oben S. 96. Die neueste atl Kritik 
suchte nach 2Rg 18 blols einen Zug S.s festzuhalten. Demgegenüber 
stellt L. die Thesen auf: Zweimal zog S. gegen Tyrus (Menander und 
Josephus) und zugleich den nach Agypten tendierenden Hosea von Israel 
es 17; in 2Rg18 ist der 1. Zug als nicht interessierend übergangen). 

osea wurde bereits am Anfang des 2. Feldzuges gefangen genommen. 
Sewe’-Sib’e 2Rg 17 ist ein Unterkönig, ‚von Äthiopien, viell. Oheim des 

abako. Misraim ist an diesen Stellen Agypten (nicht Musri in Arabien, 
geren Winckler). 

Nestle, E., The Septuagint Rendering of 2 Kings XIX, 26 (PSbAX XV 
1,63): marnua für "277 ist nicht blols Vermutung oder Korruption, sondern 
bedeutsam fürdie Etymologie des’v(viell.sadufoder Säkieh des Agyptischen?). 


— mL U 


Bibliographische Notizen. 331 


Kittel, R., Die Bücher der Chronik übersetzt und erklärt. Handkomm. 
z. AT von W. Nowack I 6.1 (vgl. oben S. SE Bietet Einleitung (insbes. 
über die Quellen der Chr), Übersetzung und Unterscheidung der Quellen 
und einen fortlaufenden Kommentar hierzu. Durch Rückverweisung auf die 
Kommentare zu Sm u. Rg wurde Raum geschaffen für ziemlich eingehende 
Erörterungen, die sich nicht in text- und literarkritischen Problemen er- 
schöpfen, sondern vor allem das sachliche Moment hervorkehren. Manch- 
mal finden sich sogar kleine Exkurse in den Fufsnoten untergebracht, 
z.B. zu 1 Chr 2; 4, wo bereits König, Neueste Prinzipien (1902) zustimmend 
verwertet wird; zu c. 25; 26. S. 26 findet sich auch schon Rothstein, 
Genealogie Joachins (1902) zitiert in billigendem Sinne. — Nur mehr Nm 
steht von dem grolsen Erklärungswerk des AT aus, von dem bereits 
3 Teile in 2. Auflare erschienen sind. 

Jampel, S., Die Wiederherstellung Israels unter den Achämeniden (MGWJ 
XLVI 7/8, 8301—325; 9,10, 395 —407; 11/12, 491—513; XLVII 1/2, 1—823): 
Vgl. oben S. 104. 

Marc, P., Die Achikarsage. Ein Versuch zur Gruppierung der Quellen 
(Stud. z. vergl. Litt.-Gesch. II 4, 393—411; vgl. oben S. 111): Das Motiv 
vom undankbaren Adoptivsohn findet sich in seinen Rudimenten in Tob 
1.21; 2,10; 11,17—18; 14, 10. 15). Die Sage, allen Lesern bekannt, scheint 

em Verf. von Tob schriftlich vorgelegen zu haben, und zwar in einfacher 
ursprüngl. Form gegenüber den vorderasiatischen Überlieferungen. Ob 
babylonischen oder jüdischen Ursprungs, ist nicht festzustellen. — Biblio- 
graphischer Nachtrag zur Achikarsage (ebd. III 1, 52f): Ohne Einfluls auf 
seinen Standpunkt. 

Watson, W.S., The Authenticity and Genuineness of the Book of Esther 
(PrthR I 1, 682—74): Die Gerengründe werden beseitigt, die positiven 
Gründe zeben Sicherheit in bejahendem Sinne. 

Steinschneider, M., Purim und Parodie. Forts. (MGWJ XLVI 7,8, 372 
bis 876; 910, 473-478; 11/12, 567—582; XLVII 1/2, 84-89): Vgl. oben 

. 97. 

Boehmer, Sarbeth Sabanaiel (StKr LXXVI. I 2, 332 —338): Nicht ur- 
sprünglicher Titel von 1 Mach (geveen Kautzsch), sondern mehr Nebentitel 
nach Origenes. ZaßavaıeX sei zu lesen: Sr "ı2y ma "o —= „das Haupt des 
Heldengeschlechtes“. u 

Winckler, H., Altor. Forsch. 3. Reihe I 2, 156—164: Philokles- Tabnit und 
der erste syrische Krieg: Darauf beziehe sich 2 Mach 8, 20 (zu korrigieren), 
nicht auf den Aufstand Molons. 

Winckler, H., Altor. Forsch. 3. Reihe I 2 (17 der ganzen Reihe), 97—134: 
Die beiden Briefe von 2 Mach werden textkritisch festgestellt. Der 2. ist 
nach der Ara des Hohenpriesters Simon datiert (53 v. Chr.). Gegenstand 
der Verhandlungen mit Rom war nicht amicitia, sondern die Auslieferung 
von Flüchtlingen bei Ptolemäus zu erzwingen. 


y) Die poetischen Bücher und Lehrschriften. 


König, E., Poesie und Prosa in der althebräischen Literatur (Stud. z. 
vergl. Literaturg. III 1,29-51): Nach seiner „Stilistik“ und nach seinem 
„Neueste Prinzipien“ usw. Bei den Propheten ist das rhythmische Thema 
von der rednerischen Variation zu trennen; in den erzühlenden Stücken 
findet er (gegen Sievers) Metrik. 

Hillesum, U. M. P., Chamisch Megilloth im targum ubiur bilschon hol- 
landis. Hooglied, Ruth, Klaageliederen, Koheleth en Esther. Vertaald 
en verklaard en van inleidingen voorzien (8°. 192. Amsterdam 1902, 
Van Creveld. Fr 1.25). 

Ley, J., Das Buch Hiob nach seinem Inhalt, seiner Kunstgestaltung und 
religiösen Bedeutung. Für gebildete Leser dargestellt. Mit einem Vorwort 
von E. Kautzsch (8%. V u. 153. Halle, Buchh. des Waisenh. M 2.—). 

Wiernikowski, J., Das Buch Hiob nach der Auffassung der rabbinischen 


332 Bibliographische Notizen. 


Litteratur in den ersten fünf nachchristiichen Jahrhunderten. 1. Tl. (8°. 
III u. 92. B. 1902, Poppelauer. M2.—). 

Ecclesiastes; or the Preacher; and the Song of Solomon. Vale Press 
Ser. (8°. N. Y., Lane. $8). 

Haupt, P., Biblical Love-Ditties: A critical Interpretation and Trans- 
en of tbe Song of Solomon (8%. 10. Chicago 1902, Op. Court Publ. 

omp. 5cts). 

Jacob, &., Das Hohelied, auf Grund arabischer und anderer Parallelen 
von neuem untersucht (8°. 45. B. 1902, Mayer. M 1.60): Sieht im Hl 
weltliche Liebes- en Ehe-) Poesie. Für die Literalerklärung des Textes 
mag er manches Einzelne bieten (vgl. ThLzt 1903, 4, 97 ff). 

Seiple, W. G., Theocritean Parallels to the Song of Songs (AmJsemL 
XIX 2, 108—115): Ct möglicherweise später als Theo rit, aber keine Ab- 
hängigkeit, weil die Parallelen (genau verzeichnet) sich erklären durch 
den gleichen Gegenstand und Allgemeinheit der Sprache der Liebe. 

Stuart, C. E., The Book of Praises; or the Psalms (8%. Ld., Marl- 
borough. 38 6d). 

Ecker, J., Porta Sion. Lexikon zum lateinischen Psalter (Psalterium 
Gallicanum) unter genauer Vergleichung der Septuaginta und des hebrä- 
ischen Textes mit einer Einleitung über die hebr.-griech.-latein. Psalmen 
und dem Anhang: Der apokryphe Psalter Salomons (8°. VIII, 234* u. 1935. 
Trier, Paulinusdruckerei. M 17.50; geb. M 20.50): Das dem kath. Klerus 
Deutschlands gewidmete Werk will praktischen Zwecken dienen, bietet 
aber den wissenschaftlichen Apparat in ausgedehntestem Malse. Das 
Beweis- und Erklärungsmaterial wird fast durchgängig in vollständiger 
Wiedergabe geboten, so dals das Werk eine umfangreiche Bibliothek der 
Ps-Exegese ersetzen kann. Aus der Einleitung ist hervorzuheben die 
umfangreiche Abhandlung über die Metrik. Ein alphabetisch angelegtes, 
so ziemlich erschöpfendes Verzeichnis der Psalmenliteratur (die Jüdische 
nicht blols hier erwähnt, sondern im ganzen Werke häufig beigezogen) 
leitet über zum Hauptteil: Psalterlexikon, d. h.: unter den alphabetisch ge- 
ordneten Worten, die in den Ps vorkommen, ist alles, was Text, Über- 
setzungen (auch syr., arab., äth.) und Auslegung in alter und neuer Zeit 
betrifft, meist in extenso zusammengetragen. Für ein tiefer gehendes 
Psalmenstudium zu praktischem Zweck kann das Werk nur empfohlen 
werden. Für ein wissenschaftliches Hilfsmittel wäre weniger, aber metho- 
disch durchgearbeitet, mehr gewesen. Und sonderbarerweise gefiel es 
dem Verfasser, die Ergebnisse lan«jähriger Psalmenerklärung in die spröde, 
unpraktische Form eines Lexikons zu zwängen, den reichen Kommentar 
zu einem trockenen wissenschaftlichen Hilfswerke zu zerreilsen. Der 
Verf. dauert mich nicht, aber die Verwerter, die die lexikographische 
Arbeit desselben wieder in einen den Psalmentext begleitenden Kommentar 
umsetzen müssen. 

Valeton jr., 3. J. P, De Psalmen. DI I: Ps 1-41(8%. IV u. 323. 
Nijmegen 1902, H. ten Hoet. Fr 6.—.). 

Minocchi, S., Storia dei Salmi (Str Il 385—411; III 2, 113—145): 1. La 
Poesia religiosa Kan Ebrei anteriore ai Salmi. Übersetzung der haupt- 
sächlichsten Gedichte vor den Psalmen. 1I. La Poesia dei Salmi An 
all’ Esilio di Babilonia. M. hebt scharf hervor den Unterschied des Zeit- 
alters Davids in Kultur und Religion und des Charakters Davids von 
dem, was die Pss voraussetzen. Sie können nur nachexilisch (nach dem 
5. Jahrh.) sein. Davidisch, aber nach dem Exil überarbeitet, ist Ps 18; 
sonst nur vorexilische Frarmente. 

Haupt, P., The poetic Form ‚of the First Psalm (AmJsemL XIX 3, 
129—142): Wiederherstellung, Übersetzung mit texterklärenden Noten. 

Nestle, E., Psalm LXVIII. 18 (19) in the Syriac Bible (ExpT XIV 3, 
142f): Aoae ist die jakobitische, Aamse die nestorianische Lesart. 
Eph 4, 8 folgt also nicht „der“ Pesittho. 


Bibliographische Notizen. 333 


Smith, D., The Songs of the Ascents VI (ExpT XIV 4, 163—166): Si- 
tuation, Gedankengang und aszetische Anwendung zu Ps 126. Fortsetzung 
zu den Studien in ExpT XII. 

Osgood, H., Dashing the little Ones against the Rock (PrthR 11, 23—37): 
Rechtfertigt den Fluchvers Ps 137, 9. 

Verhoeff, J. &., Psalm 146 (8°. 135. Nijkerk 1902, Callenbach. Fl). 

Boehmer, J., 1122 a Divine Name? A Note on Ps CXLIX. 5 (ExpT 
XIV 7, 334—336): So in spätjüdischer, vorchristlicher Zeit. Vgl. auch 
Ps 112, 9. — Taylor, C., u. König, E., Further Notes on Psalm CXLIX.5 
(ebd. 8, 382—384): 133 = mim mus ist nach K. zu korrigieren, 

Strack, H.L., Die Sprüche Jesus’, des Sohnes Sirachs. Der jüngst ge- 
fundene hebräische Text mit Anmerkungen und Wörterbuch (8°. 80. Lp., 
Deichert. M 1.50): Praktisch angelegte, billige Textausgabe, besonders 
für exegetische Ubungen geeignet. 

X., Studii del Peters e del Knabenbauer sui frammenti Ebraici dell’ 
„Ecclesiastico“ (Civ. Catt. XVIIIL 9, 700-709): Anerkennende kritische 
Referate über die beiden oben S. 106 genannten Werke. P. stimmt er 
zu in der bestimmten Ablehnung der Netrik als Hilfsmittels der Text- 
kritik. Die kritische Bearbeitung des Textes bei P. geht ihm zu weit. 
51, 13ff hält er gegen P. für echt. 

Mari, F., L’Originale ebraico dell’ Ecclesiastico recentemente scoperto (Str 
III 1, 63-82; 2, 170—182): Zusammenfassender und orientierender Ar- 
tikel über die Bedeutung des Fundes z. B. für die atl Kanongeschichte. 
Das Schlufsgedicht hält er eher für unecht. 

Rosenthal, A., Nochmals der hebräische Sirach (MGWJ XLV1 7/8, 325 bis 
329): 1. Zu Sir 44,1; eine Korrektur zu ebd. 1/2, 52. — 2.3.4. Gegen 
Margoliouth; vgl. oben S. 107. 

Landau, J., Zu Ekkli 7,18 (OrLz VI 2, 89): br met = den helfenden 
Freund, von "bn, xbn aram. 


d) Die Propheten. 


Jordan, W. G., Prophetic Ideas and Ideals: a Series of short Studies in 
the Prophetic Literature of the Hebrew People (8%. 364. Ld. 1902, 
Revell. 38 6d). 

Obbink, H. Th., Denker of Profeet (Th. Studiön 1903, 1, 35—59). 

Knieschke, Der Prophet Jesaias und die Keilinschriften (Ev. Kztg LXX VII 
7,149—151; 8,178—181; 9, 206—209): Zeigt, wie „bei Is die Fäden assy- 
risch-babyl. und israelitischer Geschichte eng ineinander gewoben sind“, 

Ottley, R. R., On the LXX of Isaiah V 14, 17, 18 (JthSt IV Nr 14, 
269f): V.14 las LXX "sy st. »65. V.17 leitete LXX orn ab von rm, 
daber änndeiuuevwv (so zu lesen). V.18 nakpW aus naralw. 

Barnes, W. E., A Study of the First Lesson for Christmas Day. Isaiah 
IX 1—7 (JthSt 1902 Okt. 17—27): Textkritik. Die Stelle ist mit Grund 
als isaianısch zu betrachten. Zunächst an Ezechias anknüpfend, geht 
aber die Prophetie auf eine Person, auf welcher der Geist Gottes in bisher 
unbekanntem Grade ruht. 

Grimme, H., Ein übersehenes Orakel gegen Assur (Isaias 13) (TQS LXXXV 
1, 1-11): V.19 23 u. o=io> zu streichen wegen des Metrums. Es war 
ursprünglich gegen Assur gerichtet. Jr 50-51 hat zahlreiche Wendungen 
daraus für das Orakel gegen Babel entnommen; so entstand die An- 
schauung, Is 13 sei gegen Babel gerichtet. 

Ley, J., Die metrische Beschaffenheit des zweiten Teils des Jesaja Kap. 40 
bis 66 (StKr LXX VI. 12, 181—229): Nimmt dabei Stellung zu den haupt- 
sächlichsten Arbeiten von Budde, Grimme, Duhm, um daran eine metrische 
Analyse zu fügen. 

Roth, O., Die neuesten Deutungen vom leidenden Gottesknecht (PrM VII 
3, 95 —106; 4, 141—157): Die individuelle Deutung wird immer mehr auf- 





334 Bibliographische Notizen. 


enommen; R. hält die kollektive Fassung der Minorität für richtig, weil 
die Majorität sich gegenseitig negiert. 

Barnes, W. E., A misunderstood Passage (Isaiah XLI 5—7) (JthSt IV 
Nr 14, 266—269): V.6 u. 7 beziehen sich auf eine Schmiede (nicht Götzen- 
schmiede). p33 nicht „Lötung“, sondern „Rüstungsscharnier“. 41,1—7 geben 
einen guten Zusammenhang. — Dagegen Driver, $. R., u. Kirkpatrick, A. F., 
ebd. 15, 434 f. 

Schneedorfer, L. A, Das Buch Jeremias, des Propheten Klagelieder 
und das Buch Baruch, erklärt. Kurzgef. wissensch. Komm. z. d. hl. Schr. 
des AT III 2) (8°. XXIV u. 482. Wien, Mayer. M 10.—). 

Duhm, B., Das Buch Jeremia. Die poetischen und proph. Bücher des 
AT. Übers. in den Versmalsen der Urschrift III (8. XXXIV u. 153. 
Tüb., Mohr. M 2.—): Kurze Einleitung; Quellen teilweise durch Typen 
unterschieden. 

Erbt, W., Jeremia und seine Zeit. Die Geschichte der letzten fünfzig 
Jahre des vorexilischen Juda. Beigegeben ist der Untersuchung des 
Jeremiabuches eine Übersetzung der ursprünglichen Stücke und die Um- 
schrift der Prophetensprüche mit Bezeichnung des Rhythmus (vgl. oben 
S. 108): Aus den Denkwürdigkeiten Baruchs und den Denkwürdigkeiten 
Jeremias’ setzt sich das Buch zusammen. Die Rekonstruktion beider wird 
versucht. Die textkritische Untersuchung stellt fest das Verhältnis von 
LXX und MT. Literarkritische Betrachtungen kommen dazu, um die 
ursprünglichen Bestandteile der beiden Grundschriften, herauszustellen. 
Die Umschrift mit Rhythmusbezeichnung zeigt eine Übereinstimmung 
mit den auf metrischer Grundlage gewonnenen Resultaten Sievers’, letztere 
somit als richtig erweisend. Wohltuend berührt das malsvolle Urteil, 
das zu einem förmlichen Protest gegen Duhms ausgedehnte Ausscheidung 
von unechten Stellen wird. Erbts innere Gründe für Echtheit wiegen 
nicht geringer als die Duhms. Übrigens sind Erbts Gründe, spätere Zu- 
sätze anzunehmen, die ja durchaus nicht als unmöglich bezeichnet sein 
sollen, manchmal ähnlich willkürlicher Natur. Eine umfangreiche Erörterung 
über Inhalt der Prophetien und geschichtliche Situation bei denselben 
schliefst sich jeweils an. Letztere ist gut, oft sehr gut gezeichnet. We- 
niger glaubhaft scheint das vorausgesetzte Parteigetriebe in Jerusalem 
gemacht zu sein. — Vel. Deutsche E 1903, 4 u. 7. 

Winckler, H., Altor. Forsch. 3. R. I2,135—155. Die Zeit der Ezechiel- 
prophetie: Der Verf. rechnet nach der Ära der Rückkehr 539. Die Ereig- 
nisse unter Kyros und Kambyses werden künstlich in die Zeit Nebukad- 
nezars zurückverlegt. 

Luijk, P. van, De Visirenen van Ezechiel I en X (Studien XXXV. Jaarg. 
Deel LIX 443-478): Erneuert die von Hebrans Rb III (1894) aufgestellte, 
bisher ganz unbeachtet gebliebene Auffassung: Jahwe zeigt sich Ez 
thronend über dem Tierkreis mit vier Tierkreisbildern nach der baby- 
lonischen Vorstellung, um das dem Gestirndienst Babels zugeneigte Volk 
dem Jahwe zu erhalten. Die sehr beachtenswerte Erklärung muls aller- 
dings genaueres Detail als babylonisch manchmal postulieren. 

Meissner, B., Assyriologische Studien. Mitt. d. Vorderas. Ges. VIII 3 
(8°. 28): VII. Zu Sintflut 187—194 (S. 23f): Ez 14, 13—20 und andere 
St. des AT sind zwar keine Zitate aus der assyrischen Literatur, hängen 
aber damit zusammen. Infolgedessen im (ilgamis-Epos a. d. a, St. statt 
des „wilden Hundes‘ „Schwert“ zu setzen. 

Spoer, H.H., Emendations in the Text of Ezekiel (AmJsemL XIX 3,174 
bis 176): burn 24, 21 von aram. dar = collegit; 36, 10-12; 37, 19; 37, 22. 

McWilliam, T., Speakers for God. Being Plain Lectures on the Minor 
Prophets (8%. XVI u. 356. Ld. 1902, Allenson. 53). 

Halevy, J., Recherches bibliques: Le Livre d’Amos (Rsem XI 1, 1-31; 
23, 97—121): Zu Am 1-6. 

Bewer, J. A., Critical Notes on Amos2:7andS:4 (AmJsemL XIX 2,116f). 


Mitteilungen und Nachrichten. 335 


Ladame, F., Les chapitres IV et V du Livre de Michee (RThPh XXXV 
5/6, 446—461): Literarkritische Untersuchung; 4, 1—83 und 5, 9—13 ältestes 
Stück; zweimalige Einschübe. Is 2, 2—4 ist ursprünglicher als Mich 4, 1ff. 

Peiser, F. E., Der Prophet Habakuk. Eine Untersuchung zur Kritik 
des AT. Mitt. d. Vorderas. Ges. VIII 1 (80. 38. B., Peiser. M 0: 
Verschiedene Anklänge an die assyrische Literatur. Der Verfasser weilt als 
Geisel in Ninive, hat den ersten Ansturm der Chaldäer (625) erlebt und 
schreibt 609. Den Urtext erreicht P. — und das scheint uns hier das 
Wichtigste — durch ein textkritisches System, das, sonst für einzelne 
Stellen verwertet, hier zur vollständigen Durchführung kommt. Aus den 
angenommenen Glossen erschlielst er Kolumnen- und Zeilenzahl und 
Zeilenlänge und Zahl der aufeinanderfolgenden Abschriften. So mufs es 
ungefähr gegangen sein; das unterliegt keinem Zweifel. Ob genau so, 
darüber sich zu äulsern fordert P. die Kritik auf. Auf den ersten Blick 
möchte man zweifeln, ob sich eine so genaue Textgeschichte aus unserem 
Texte herauslesen lälst. Für unmöglich kann man es nicht halten. 

Holm, A., Det messianska hoppet hos Haggai och Sakarja (8°. 194. 
Lund, Univs.-bokh. Kr 2.50). 

Hoonacker, Les chapitres IX— XIV du Livre de Zacharie (vgl. oben 
S. 110) ist nunmehr separat erschienen: P., Lecoffre. 


e) Die Apokryphen. 

Kohut, G. A., Abraham’s Lesson in Tolerance (JqR XV Nr 57, 104— 111): 
Eine apokryphe Parabel: Geschichte, Text und Übersetzung. 

Te’ezäza Sanbat (commandements du sabbat), accomp. de six autres Ecrits 
DEINEN admis par les falachas ou Sue d’Abyssinie. Texte 
ethiopien, publ. et trad. par J. Halevy (8°. XXV u. 247. P. 1902, Bouillon). 

Büchler, A., Zpgayıs in Psalm Salomo’s, II, 6 (JqR XV Nr 57, 115 bis 
120): Vorlage rn Haken, Nasenring. 

Ayssel, V., Die Erzählung von Aphikia, dem Weibe Jesus Sirachs (StKr 
LXXVI. 12, 229—247): Die apokryphe Erzählung, bei den orientalischen 
Christen viel verbreitet, setzt sich aus 2 Teilen zusammen: aus der Er- 
zählung von den verschiedenen Gerichten von gleichem Geschmacke und 
aus der Erzählung von der Löwenspur. Die beiden arabischen Rezen- 
sionen, aus Hss der Pariser Nationalbibliothek: Ms. Fonds Syriac 179 und 
Ms., Fonds Arabe 50, in Studia Sinaitica Nr VIII 58-67 veröffent- 
licht, gibt R. in deutscher Übersetzung. 

Levi, J., Un indice sur la date et le lieu de la composition de la Meguillat 
Antiochus (Rouleau d’Antiochus) (REj XLV Nr 90, 172—175): Aus der 
Erwähnung von „Bagras“, „gegenüber von Antiochien“ ist Syrien als 
Abfassungsort, aus der Ersetzung des ursprünglich geschriebenen p (Pagrai) 
durch b die arabische Invasion (8.—9. Jahrh.) als Abfassungszeit zu er- 
schliefsen (letzteres auch Dalman). 


Mitteilungen und Nachrichten. 


Über die „Commissio pontificia de re biblica“ können wir auf Grund 
zuverlässiger Informationen unsere früheren Mitteilungen ergänzen. Eine 
zu begründende Sammlung von Hss und Büchern in der Vatikanischen 
Bibliothek wird den Mitgliedern zu Gebote stehen. Neben den je nach 
Bedürfnis beabsichtigten Veröffentlichungen soll ein periodisches 
Organ erscheinen, unter Aufsicht und Zensur der Kommission, die dort 
auch ihre offiziellen Kundgebungen, sicher kenntlich gemacht, niederlegt. 
Die Leitung der Verhandlungen liest in der Hand der Kardinals- 
mitglieder (zur Zeit vier) der Kommission. Sie versammeln sich jeden 
zweiten und vierten Sonntag des Monats; sie nehmen die Berichte der 


336 Mitteilungen und Nachrichten. 


Konsultoren und ihre Vota entgegen, um darüber zu entscheiden; sie 
bestimmen in der Regel die Gegenstände der Erörterung. Die Kon- 
sultoren in Rom (zur Zeit acht) halten ebenfalls zweimal monatlich 
ihre Sitzungen, um teils uk Fragen in Angriff zu nehmen, teils 
ihnen zugewiesene Aufgaben zu erledigen. Die Sekretäre der Kommission 
haben den Versammlungen der Konsultoren zu präsidieren und den Ver- 
kehr zwischen Papst und Kommission zu vermitteln. Mit Zustimmung 
beider Sektionen der Kommission können in singulären Fällen hervor- 
ragende katholische Gelehrte beigezogen werden. Sonst sind die aus- 
wärtigen Konsultoren berufen, über vorgelegte Fragen sich zu äulsern 
oder selbständig dienliche Mitteilungen an die Kommission gelangen 
zu lassen. — Zu unserer früher angeführten Liste tragen wir ergänzend 
und korrigierend (keine der umlaufenden Listen, nicht einmal die offizielle, 
scheint fehlerlos zu sein) nach: Prälat F. Kaulen, Professor der atl 
Exegese in Bonn, ist infolge eines bedauerlichen Versehens in unserer 
mangelhaften Vorlage nicht nachgetragen worden. Im Mai wurde neu 
ernannt Joh.Genocchi, Procurator generalis Missionariorum S. Cordis. 
P. Dav. Fleming O.F.M. ist bei der letzten Wahl des Ordensgenerals 
nicht mehr zum Vic. Gen. gewählt worden, weil er nach dem Willen des 
Papstes im Vatikan residieren und sich ausschlielslich der Bibelkommission 
widmen soll. Weiter sei nachgetragen: C.Chauvin, Kanonikus in Laval 
(Frankreich), ehemals Professor der Exegese; C. Fouard (so!), Kanonikus 
in Rouen, ehedem Professor der Exegese; C. P.Grannan (so!), Professor 
der Exegese an der kath. Universität in Washington; Aem. R.Joriö(so!), 
Professor am Seminar in Palencia (so!) in Spanien; A.Poels in Löwen; 
V. Scheil O. P., Professor an der Ecole des hautes Etudes in Paris; 
P. A Weikert (so!\, Professor der Exegese am Collegium Anselmianum 
in Rom. 

Biblische Vorträge: Am 17. April berichtete Prof. F. Delitzsch in 
der Singakademie zu Berlin über seine babylonische Reise vom 18. März 
bis 21. Sept. 1902. Erschienen: Im Lande des einstigen Paradieses (8°. 58. 
Stuttg., Deutsche Verlagsanstalt. M 2.—). — Am 22. April hielt Prof. 
Nikel (Bresiau) im Architektenhause zu Berlin auf Veranlassung des 
Ausschusses zur Abhaltung wissenschaftlicher Vorträge einen Vortrag 
über „Bibel und Babel“. 

Palästinaforschungen. In der Jahresversammlung der Wiener Ak. d. 
Wiss. berichtete Prof. Karabacek über die Ergebnisse der Reise des Prof. 
Dr.A.Musil in Olmütz: Der Sinai sei im Gebiete von Hwetat el-Tihama 
gelegen; die Beduinen hätten den ursprünglichen Monotheismus beibe- 
halten, wüfsten nichts von Mohammed; eine neue Reise seit Juli 1902 
dient der Erforschung des Nabatäerlandes, der Feststellung geographischer 
Namen, der Untersuchung über das Vordringen der Babylonier und 
Agypter. — Der deutsche Palästinaverein lälst mit Unterstützung der 
Deutschen Orientgesellschaft an der Stelle des alten Megiddo in der 
Ebene Jezreel Grabungen vornehmen. Technischer Leiter: Dr. Schuh- 
macher in Haifa.— Dr. Thiersch vom archäologischen Institut in Athen 
soll einen Ort in Palästina (der Name wird geheim gehalten) ausfindig 
machen, auf dessen Aufdeckung die Deutsche Orientgesellschaft Wert legt. 
Von einem Vorstandsmitglied derselben Gesellschaft stammen Anregung 
und die Mittel hierzu (Deutsche Litztg 1903, 18, 1103). 

Personalien. +24. Januar Dr. Eduard Böhl, Professor der atl Exegese 
an der ev.-theol. Fakultät in Wien; 15. Mai Dr. theol. et phil. Hermann 
Schultz, Professor der at! Exegese, systematischen Theologie und Homi- 
letik in Göttingen. — Es habilitierten sich für atl Exegese an der kath.- 
theol. Fakultät in Bonn Repetent Dr. H. Herkenne, an der theol. 
Fakultät in Würzburg Dr. 0. h appel, Prediger in Kitzingen. 


Druck von W. Drugulin in Leipzig. 


J. Ricker’sche Verlagsbuchhandlung (Alfred Töpelmann), Giessen. 





Soeben sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Baumann, Eb., Lic. theo., Der Aufbau der Amosreden. 
(X u. 69) M 2.40 


Bugge, Chr. A., Drtheot.in Kristiania, Die Haupt-Parabeln Jesu. 
Mit einer Einleitung über die Methode der Parabel- Auslegung. 
I. Hälfte. (VIII u. 240) M 5.40 
Die II. Hälfte en gleichen Umfunge erscheint Herbst 1903. 
Der Bezug der I. Hälfte verpflichtet zur Abnahme des ganzen Werkes. 











Dibelius, O., Dr pn, Das Vaterunser. Umrisse zu einer Ge- 
schichte des Gebets in der alten und mittleren Kirche. (XII u. 180) 
M 4.80 





Diettrich, G., Lie. theol., Dr phil, Die nestorianische Tauf- 

- liturgie ins Deutsche übersetzt und unter Verwertung der neuesten 

handschriftlichen Funde historisch-kritisch erforscht. (XXXI u. 103) 
M4— 














Das älteste Kindertaufritual der Christenheit. 


Harnack, Ad., pror.o., Das Mönchtum, seine Ideale und seine 
Geschichte. 6. Aufl. (64) M 1.20 


Preuschen, Erw., Lic. theol., Dr phil, Mönchtum und Sarapis- 
kult. Eine religionsgeschichtliche Abhandlung. 2. vielfach be- 
richtigte Ausgabe. (IV u. 68) M 1.40 


Die erste Ausgabe kam nicht in den Handel. 





Herdersche Verlagshandlung zu Freiburg i. Br. 


Soeben sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Belser, Dr Johannes, Die Geschichte des Leidens und 
Sterbens, der Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn. Nach den 
vier Evangelien ausgelegt. gr. 8 (VIII u. 524) M 8.—; geb. in 
Halbfranz M 10.— 


Inhalt: Erster Teil: Die Vorgeschichte des Leidens. — Zweiter Teil: Die 
Leidensgeschichte im engeren Sinne. 1. Der Beschlufs des Synedriums gogen Jesus und 
die Abendmahblsfeier. 2. Die Vorgänge am Ölberg. 3. Das Verfahren vor dem jüdischen 
Synedrium. 4. Das Verfahren vor der römisch staatlichen Behörde. 5. Der Leidensweg; 
Tod und Begräbnis Jesu. Dritter Teil: Auferstehung, Erscheinungen des Auferstandenen 
und Himmelfahrt. 1. Die Auferstehung. 2. Die Himmelfahrt. 


Rauschen, Dr Gerhard, 6rundrifs der Patrologie mit be- 
sonderer Berücksichtigung der Dogmengeschichte. Mit Approbation 
des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. 8° (XlIu. 232) M 2.20; 
geb. in Leinwand M 2.70 


Dieser Grundrifs soll an erster Stelle ein Lernbuch sein, d. h. als Vorlage für die 
Hörer bei akademischen Vorlesungen, als Hilfsmittel zum Selbstunterricht und als Konmo- 
nitorium für solche dienen, die früher gelernt haben; er kann aber auch jedem Gebildeten 
Dienste leisten zur Orientierung auf den besonders in den letzten Jahrzehnten viel be- 
bauten und immer höher geschätzten Gebieten der Patrologie und älteren Dogmengeschichte 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau 
sind erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Brandscheid, Friedrich, Handbuch der Einleitung ins Neue 
Testament. Prolegomena zum Griechisch-Lateinischen Neuen Testa- 
ment. Für höhere Lehranstalten und zum Selbststudium herausgegeben. 
Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. 4° 
(VII u. 196) M 5.— 


Felten, Dr Joseph, Die Apostelgeschichte übersetzt und er- 
klärt. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. 
gr. 8° (Xll u. 486) M 8.—; geb. in Halbfranz M 9.80 


Müller, Dr Karl Jos., Des Apostels Paulus Brief an die 
Philipper. Uebersetzt und erklärt. Mit Approbation des hochw. Herrn 
Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (VII u. 348) M 7.—; geb. in 
Halbfranz M 8.60 


Peters, Dr Norbert, Beiträge zur Text- und Literarkritik 
sowie zur Erklärung der Bücher Samuel. Mit Approbation des hochw. 
Herrn Erzbischofs von Freiburg. gr. 8° (Xll u. 236) M 5.— 


— Der jüngst wiederanfgefundene hebräische Text des Buches 
Ecclesiasticus untersucht, herausgegeben, übersetzt und mit kritischen 
Noten versehen. gr. 8° (XVIu. 443 8. u. 928. Prolegomena.) M 10.— 


Schlecht, Dr Joseph, Doetrina XII Apostolorum. Die Apostel- 
lehre in der Litnrgie der katholischen Kirche. Mit 3 Tafeln in Licht- 
druck. gr. 8 (XVIu. 144) M5.— 


— A/JAXU TON AQAEKA AIIOZTOALN. Doctrina XII Aposto- 
lorum. Una cum antiqua versione latina privris partis de duabus viis 
primum edidit. gr. 8 (24) M1.— 


Testament, Das Neue, unseres Herrn Jesus Christus. Nach 
der Vulgata übersetzt und erklärt von Dr Benedikt Weinhart. 
Zweite, verbesserte Auflage. Mit einem Stahlstich. Mit 
Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. Lex.-8° 
(XL u. 604) M 5.—; geb. in Halbfranz M 7.50 | 


Testamentum, Novum, graece et latine. Textum graecum re- 
censuit, latinum ex vulgata versione Clementina adiunxit, breves ca- 
pitulorum inscriptiones et locos parallelos uberiores addidit Fridericus 
Brandscheid. Editio critica altera, emendatior. Cum approbatione 
Rtev. Archiep. Friburgensis. Zwei Teile. 12° 


Pars P r an Evangelia. (XXIV u. 652) M 2.40; geb. in Leinw. 
M 3.4 


Pars altera: Apostolicam. (VI u. 804) M 2.60; geb. M 3.60 


Vollständig in einem Bande. (XXXII u. 1456) M 5.—; in 
Originaleinband: Halbfranz M 6.60 
Separat-Ausgaben des griechischen und lateinischen Textes unter den Titeln: 
H KAINH AIAQHAKH. Novum Testamentum graece. Textum recensuit, 
breves capitulorum inscriptiones et locos parallelos uberiores addidit 
Fridericus Brandscheid. Editio critica altera, emen- 
. datior. Cum approbatione Rev. Archiep. Friburgensis. 12° 
(XlI u. 780) M 3.50; geb. in Leinwand M 4.40 
Norum Testamentum latine. Vulgatae versionis Clementinae textui 
breves capitulorum inscriptiones et locos parallelos uberiores addidit 
Fridericus Brandscheid. Editio altera. Cum approbatione 
Rev. Archiep. Friburgensis. 12° (XXIV u. 700) M 3.20; geb. M 4.— 


2... DE69 ı°08 








BIB BLISCHE ZEITSCHRIFT 


Bi 5 er VERBINDUNG ur DER REDAKTION DER 


BL. . onhsauen STUDIEN“ 


Dar r 7 ur er 


9 7 © HERAUSGEGEBEN VON 


rn 
v a 


ni. 
‚JOH. . GÖTTSBERGER ox0. »Da. 309. SICKENBERGER 


PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN. 


R v - are, 2 5 7% 
Be = ERSTER JAHRGANG. 


"VIERTES HEFT. 


NEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO. 


7 FREIBURG IM BREISGAU. | 
. HenDenschn VERLAGSHANDLUNG. | 
1903. | 

| 


. z Digitized by G00g le 





Inhalt des vierten Heftes. 


Seite 
Pasekstudien. Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philo- 
logie. 1. Prinzipielles. Von Prof. Dr Hubert Grimme in 
Freiburg i. Schw. . 200 nee. 837 
Ararat und Urartu. Von Dr Joh. Döller in Wien . . . ...349 
Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. III ( nn 
Von Prof. Dr M. Faulhaber in Strafsburg a 3sl 
Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung bis zur Ab- 
fassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). II vn) Von 
Rektor a. D. Joseph Aberle in Breslau . . . 872 
Das Comma Ioanneum (11o 5, 7) im 16. Jahrhundert. II a 
Von Prof. Dr Aug. Bludau in Münster i. W. . .....87 
Besprechungen. . . en none. 408 
Bibliographische Notizen (Literatur zum NT). . . ..2...410 
Mitteilungen und Nachrichten . . . 2. nn. 437 
Verzeichnis der Autoren, deren Werke in den Bibliographischen 
Notizen angezeigt wurden . nn nn. 0.4839 


Jährlich erscheinen 4 Hefte iin Umfange von je etwa 6 Bogen gr 8°. 
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.— 


Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak- 
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, München, Schraudolphstr. 36U, für 
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München, 
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren 
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher 
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten 
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen. 


Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem 
Malse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf- 
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br. 


Pasekstudien. 
Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philologie. 
Von Prof. Dr. Hubert Grimme in Freiburg i. Schw. 


1. Prinzipielles. 


wei Perioden sind innerhalb der Textentwicklung des AT 

scharf voneinander zu scheiden: diejenige der redaktionellen 
Umformung der Quellenschriften und die der zum Schutz des 
synagogalen Textes vorgenommenen Mafsnahmen. Darüber, 
was alles als redaktionelle Umformung anzusehen ist, lagert 
vielfach ungewisses Dunkel, und die Ahnung hat hier weiteren 
Spielraum als der Beweis. Die Redaktoren selbst sind hinter 
ihr Werk vollständig zurückgetreten und haben es nicht für 
nötig gehalten, durch irgendwelche Zeichen den Umfang und 
die Art ihres Eingreifens kenntlich zu machen. Am ehesten 
könnte man noch manche Spatien des massorethischen Textes, 
die scheinbar zwecklos stehen, für redaktionelle Handzeichen 
erklären. _ 

Nachdem die Redaktoren die Texte vielfach umgemodelt 
hatten, wurde ihr Endergebnis im Laufe der Zeit doch wieder 
als eine feste Einheit gefühlt, und das Bedürfnis nach einem 
handlichen Texte liels im Scholse der Gemeinde ein Exemplar 
entstehen, das für weite Kreise kanonische Geltung erlangte. 
Diese Wertschätzung liels sodann die altjüdische Bibelphilo- 
logie auf den Plan treten, die es sich zur Aufgabe maclıte, 
den geltenden Wortlaut rein zu erhalten, lesbar zu machen 
und vor Wandlungen zu sichern. Aus diesem Bestreben er- 
wuchs eine Reihe von Mafsnahmen, von denen besonders klar 
zu Tage liegen: die Ketib-Qerö, die Vokalisation, die Akzen- 


tuation und der massorethische Notenapparat. 
Biblische Zeitschrift. I. 4. 2. 


338 Grimme, Pasekstudien. 


Die Ketib-Qer& mögen ursprünglich nur Variae lectiones 
zu Einzelworten des Konsonantentextes bedeutet haben, ferner 
auch geringe Ansätze zur Erweiterung und Verkürzung des 
synagogalen Textes. Auf uns machen diese Noten den Ein- 
druck, als ob ihre Urheber sich mit einem Mindestmalse von 
Anmerkungen begnügt hätten, und zwar solchen, zu denen 
ihnen eigene Einfälle und gelegentliche Reminiszenzen den 


Stoff lieferten. Wäre eine methodische Vergleichung der vor- 


handenen Handschriften vorgenommen worden, so hätten wohl 
mehr und wichtigere Ergebnisse herauskommen können, als 
wir jetzt in den Ketib-@erö besitzen. 

Diese Arbeit erreichte noch die Zeit, da die hebräischen 
Vokalbuchstaben erfunden wurden, wodurch die Bibel zu einem 
wirklich lesbaren Buche umgestaltet wurde Man muls an- 
nehmen, dafs die Vokalisation den Niederschlag einer treuen 
und umfassenden Überlieferung darstellt, besonders weil die 
beiden wohl unabhängig voneinander entstandenen Vokalsysteme, 
das tiberiensische und das babylonische, im Grunde stets auf 
das Gleiche sowohl in der sprachlichen Gesamtauffassung wie 
in der Wiedergabe der biblischen Einzelausdrücke heraus- 
kommen, nicht minder auch weil die spätesten Ketib-&er& 
nur noch vokalische Auffälligkeiten anmerken, aber nichts 
korrigieren sollen. 

Eine weitere Leistung der jüdischen Philologie, die für 
uns zwar weniger wertvoll als die Vokalisation ist, im Grunde 
aber dieser an Grolsartigkeit nichts nachgibt, ist die Akzen- 
tuation der Bibel, d. h. die Beifügung von Zeichen, die den 
Vortrag zu regeln bestimmt sind. Scheinbar befolgt sie ein 
doppeltes Prinzip, nämlich das der Verdeutlichung des syn- 
taktischen Wortgefüges, wodurch sie einer vervollkommneten 
Interpunktion gleicht, und das der melismatischen Durch- 
komponierung des Textes. Und doch liegt sicher nur das eine 
Bestreben zu Grunde, alle Abstufungen des Satzakzentes'! durch 
musikalische Phrasierung zu verstärken und zu verdeutlichen. 


1 Ich nehme Satzakzent als Summe der Akzente eines ganzen Satzes, 
also nicht als „Pausalakzent“. 


Grimme, Pasekstudien. 339 


Die bewunderungswürdige Art und Weise, wie sich dabei 
Wortton und musikalische Phrase durchdringen und heben, 
läfst die jüdische Bibelkantillation als ein aus langer Übung 
gleichsam organisch erwachsenes Produkt erscheinen, das wir 
zur Zeit eben nur aus sich selbst erklären, mit andern Vor- 
tragsweisen aber höchstens vergleichen können. So wird der 
Versuch von Fr. Prätorius!, die jüdische Kantillation als eine 
Nachahmung des mittelbyzantinischen Bibelvortrags hinzu- 
stellen, nur in der einen Beobachtung das Richtige getroffen 
haben, dals beide eine gewisse Ähnlichkeit miteinander zeigen. 
Da aber das Vollkommenere — worunter ich vor allem die 
Durchkomponierung jedes Wortes rechne — auf seiten der 
Juden ist, so wird für sie wohl auch die Priorität anzu- 
nehmen sein. 

Den Schlufsstein der philologischen Textarbeit der Juden 
bildet die massorethische Notensetzung, die den Zweck verfolgt, 
besondere Eigenheiten bezüglich Satz, Wort oder Begleit- 
zeichen der Bibel anzumerken und wo möglich zahlenmälsig 
festzulegen, um dadurch Mittel zu bekommen, den Text auf 
seine Unversehrtheit hin jederzeit nachkontrollieren zu können. 

Sehr bezeichnend für die Gesinnung, mit der die Urheber 
der erwähnten Schutzmalsnahmen an den Bibeltext herantraten, 
ist der Umstand, dafs sie sich tunlichst hüteten, ihre Zutaten 
ın das Innere des Konsonantentextes einzuschalten, sie vielmehr 
über und unter den Konsonanten oder am Rande anzubringen 
trachteten. Von den wenigen Ausnahmen scheint die wich- 
tigste die Setzung des Dagesch- und Mappikpunktes, deren 
Ursprung aber dunkel ist; den Vokalisatoren sie zuzuschieben, 
geht deshalb nicht ohne weiteres an, weil sie sich in beiden 
bezüglich der Zeichen stark voneinander abweichenden Vokali- 
sationen gleichmälsig vorfindet. 


! Um die Stellung der byzantinischen Bibelsingweise zur semitischen 
richtig abzuschätzen, müfste m. E. erst etwas von der jedenfalls einmal 
vorhanden gewesenen syrischen Bibelkantillation bekannt sein. Ich ver- 
mute, dafs von dieser mit der hebräischen wahrscheinlich ursprungs- 
gleichen Singart Byzanz sich beeinflussen liels, 

22* 


340 Grimme, Pasekstudien. 


Aus dem genannten Umstande schlielse ich, dals solche 
Begleitzeichen des Bibeltextes, die ihren Platz regelmälsig in 
der Konsonantenmitte selbst haben, an Alter die obigen Mals- 
nahmen überragen. Sie lassen sich in zwei Klassen teilen, je 
nachdem sie mit starkem oder feinem Duktus geschrieben sind, 
d. h. sich entweder mehr der Schrift der Konsonanten oder 
der der Vokale nähern. Zur ersteren wären zu rechnen: Söf 
pasük, Makkef, Setiima-Petüha, Nün inversum, die Litterae 
suspensae und maiusculae, die Puncta extraordinaria; zur an- 
dern aber Piska be’emsa‘ pasüık, endlich Pasek-Legarmeh. 
Der ersten Klasse scheint ein höheres Alter zuzukommen; im 
übrigen können wir uns über Zeit und Veranlassung ihrer 
Setzung fast nur in Vermutungen ergehen. 

Von der Zeit an, da in der Gemeinde sich ein regel- 
mälsiger und feierlicher Bibelvortrag einbürgerte, muls sich 
auch das Bedürfnis nach einem grölseren Interpunktionszeichen 
zu Ende jedes grölseren Satzganzen geltend gemacht haben. 
Wenn somit die Erfindung von Söf pasüık vielleicht schon in die 
vorchristliche Zeit zurückgeht, so scheint es doch, dals es lange 
Zeit nur dem privaten Gebrauche gedient habe, da es vom 
Gebrauche in den Thorarollen nachweislich noch in der spät- 
talmudischen Periode ausgeschlossen war. Vielleicht ging der 
Anwendung von Söf pasük das später noch damit verbundene 
Aussparen kleiner Zwischenräume im Texte voraus, die um so 
weiter genommen wurden, je stärkerer Sinnschluls markiert 
werden sollte. Wie die Versabteilung, so mag auch die Einrich- 
tung der Paraschen mit ihren durch Setüma (D) und Petüha 
(2) näher gekennzeichneten Unterschichten hierauf zurückgelien. 

Den Ursprung von Makkef suche ich nicht sowohl in der 
Schule der Grammatiker als in der der Sänger. Wäre es 
nämlich nur ein Zeichen der grammatischen (bzw. tonischen) 
Unterordnung eines Einzelwortes oder einer Wortgruppe unter 
ein folgendes Regens, so erwartete man, es in ungleich grölserer 
Zahl angewendet zu finden, als jetzt der Fall ist. Ich schliefse 
lieber aus der Erscheinung, dafs niemals ein mit Makkef dem 
Folgenden angeschlossenes Wort einen eigenen Musikakzent 


Grimme, Pasekstudien. 341 


besitzt: es stelle einen schon vor der schriftlichen Fixierung 
der Vortragsmelodie im Texte angebrachten Wink für die 
Sänger dar, bei gewissen Worten ausnahmsweise nicht die 
Melodie fortschreiten zu lassen. 

Die Litterae suspensae möchte ich nach dem bezeich- 
nenden Beispiele von Jb 38, 13f, wo DW „Böse“ statt D\EWN 
„Planeten(gottheiten)“ steht!, auf das Bestreben zurückführen, 
anstölsigen Worten harmlosere Form zu geben, worin man 
eine Wirkung des Gebotes Ex 23, 13: „Und den Namen an- 
derer Götter sollt ihr nicht erwähnen“ erblicken mag. 

Wo Litterae maiusculae geschrieben sind, sollen sie wohl 
fehlerhafte Schreibungen anmerken; klar ist dieses Bestreben 
in Ps 80,16, wo 51 (mit Majuskel 3) samt vorhergehendem 
nt nach Ausweis von Sinn und Metrum sicher verderbt ist. 

- Die Nün inversa werden mit Recht als Klammern gedeutet, 
durch welche einigemal ganze Verse als unpassend bezeichnet 
werden sollten?”. Ein Zeitpunkt, vor welchem sie nicht ent- 
standen sein können, ist mit einiger Sicherheit zu ermitteln. 
Da nämlich der grölste Verskomplex, dem solche Klammern 
beigefügt sind, Ps 107, 23—27, ersichtlich einen Passus von 
Ekklesiastikus (43, 23f) paraphrasiert, so können sie hier nicht 
vor dem Jahre 150 v. Chr., dem Zeitpunkte der Entstehung 
des Ekklesiastikus, eingesetzt worden sein*. 

Was diese Klammern für ganze Verse bedeuten, das be- 
sagen für Einzelwörter die schon von Hieronymus gekannten 
Puncta extraordinaria. Das lälst sich deutlich an 8515 von 
Ps 27, 13 nachweisen; denn dieses dem Sinne nach entbehrliche 
Wort wird durch die Metrik als überschüssig erwiesen, da 
es einen Fünfheber zum Sechsheber verdirbt. 

Von den Zeichen der zweiten Klasse hat Piska be’emsa’ 


1 Vgl. meinen Aufsatz „Rasafim“ OrLz 1903, 53 ff. Von meiner 
Ansicht, als läge älteres D'sdN vor, die ich Theol. Quartalschr. 1898, 271 
vortrug, bin ich abgekommen. 

2 Vgl. meine „Psalmenprobleme“ 82, 

3 Vgl. Bleek-Wellhausen, Einleitung in d. AT? 575. 

* Das Nähere siehe in meinen „Psalmenproblemen“ 177f. 


342 Grimme, Pasekstudien. 


pasük, ein Spatium mit eingefügtem Circellus, nur eine geringe 
Verbreitung; seine Bedeutung möchte ich vermutungsweise 
dahin bestimmen, dals es auf gewisse von altersher ohne Söf 
pasük oder Setüma-Petüha überlieferte Texteinschnitte auf- 
merksam machen solle. Vielleicht lag im Fehlen eines dieser 
‚älteren Interpunktionszeichen ausgedrückt, dafs kritisch ver- 
dächtige Textstellen in unmittelbarer Nähe waren, wie denn 
bei einer grölseren Zahl der ein Piska aufweisenden Verse 
zwischen dem hebräischen Texte und den alten Versionen 
nicht geringe Abweichungen bestehen !. 

Dasjenige Zeichen, welches jetzt noch der Behandlung 
übrig bleibt, der Vertikalstrich Pasek bzw. Legarmeh (1), scheint 
mir vom textkritischen Standpunkte aus bedeutsamer als alle 
genannten zu sein. Die jüdischen Philologen, welche seine 
zweifache Benennung erfanden, nahmen es nicht als ein ein- 
heitliches Zeichen; Pasek bedeutete ihnen etwas anderes als 
Legarmeh. Daran hält man auch bis in die neueste Zeit zu- 
meist fest und stützt sich dabei besonders auf die Erscheinung, 
dals die in tiberiensisch vokalisierten Texten einheitlich auf- 
tretende Form von Pasek-Legarmeh (1) in babylonisch punk- 
tierten sich differenziert, indem für massorethisches Pasek ein 
im Texte stehender Vertikalstrich gebraucht wird, für massore- 
thisches Legarmeh aber meist das über dem Texte stehende 
Zeichen * eintritt, d. i. der Akzent Munäh (, ), der häufigste 
Begleiter auch von tiberiensischem Legarmeh, modifiziert durch 
Verschmelzung mit dem über die Linie getretenen Vertikal- 
striche. Das scheint nun anzudeuten, dals man die von früher 
überlieferten Vertikalstriche nicht in gleicher Weise wertete. 
Dazu stimmt die Notiz der Dikdük& hatte'amim, dals Pasek 
und das wahrscheinlich unter dem Namen Taraf sich bergende 
Legarmeh verschiedene „Musik“akzente seien, und die spätere 
jüdische Tradition, wonach Pasek „trenne* bzw. „abschneide“, 
 Legarmeh aber nur ein Begleitelement verschiedener musika- 
lischer Vortragszeichen ausmache. Der „Trenner* Pasek wird 





ı Vgl. „Psalmenprobleme“ 171f. 





Grimme, Pasekstudien. 343 


gefunden in jenen Vertikalstrichen, die in unmittelbarer Nähe 
des Namens Gottes oder seltener zwischen zwei gleichen Wör- 
tern (wie DD" ı Dia, IND ı INIDW) sowie zwischen gleichen 
Buchstaben (wie }D ı DYYAN) stehen. Dafs aufserordentlich viele 
Stellen in der Bibel vorkommen, die den mit einem „Trenner“ 
bezeichneten Stellen gleichen, ohne aber doch mit jenem be- 
zeichnet zu sein, wird dabei nicht als gewichtiger Beweis 
gegen die ganze Theorie der „Trennung“ beachtet. 
Allerdings haben sich von der Mitte des vergangenen 
Jahrhunderts an vereinzelte Zweifel an der durchgehenden 
Gültigkeit der überlieferten Erklärung des Pasek-Legarmeh 
erhoben. Zuerst teilte J. Olshausen einigen wenigen Vertikal- 
strichen, die von ihm gegen die Tradition als echte Pasek 
genommen wurden, die Bestimmung zu, in den Text geratene 
Randglossen kenntlich zu machen. J. Ley wollte dagegen 
jegliches Pasek-Legarmeh als Trenner nehmen bzw. als 
Zeichen für einen in einem Verse anzusetzenden Raumabstand, 
ähnlich wie Sela einen solchen zwischen zwei Versen be- 
zeichne. Mit Anlehnung an Olshausen verwarf E. v. Orten- 
berg die ganze überlieferte Pasektheorie und setzte an ihre 
Stelle die wichtige Hypothese, dals Pasek-Legarmeh nichts 
anderes sei als ein textkritisches Zeichen zum Hinweis auf 
Überschüssiges im Bibeltexte, und er liels diesen Über- 
schuls bald aus Einzelworten, bald aus Versteilen oder Ganz- 
versen bestehen. Im Verlaufe seiner Untersuchungen drängte 
sich ihm jedoch die entmutigende Überzeugung auf, dafs man 
zumeist nicht über die Stelle, auf die Pasek-Legarmeh hin- 
weise, oder auch über den Umfang des Einschubs ins klare 
kommen könne Noch sei erwähnt, dals Fr. Prätorius in 
vielen der von der Überlieferung zu Pasek gestempelten 
Vertikalstriche Zeichen alter abkürzenden Wortschreibung 
sah, die unverstanden im Texte stehen geblieben seien, nach- 
dem die Abbreviaturen selbst längst aufgelöst worden wären. 
Meine eigene Ansicht über Pasek-Legarmeh hat eine 
Wandlung durchgemacht, Ich zählte im „Abrifs der biblisch- 
hebräischen Metrik“ Pasek-Legarmeh unter die traditionellen 


344 Grimme, Pasekstudien. 


versandeutenden Zeichen und sah mit Rücksicht auf sein un- 
gemein häufiges Vorkommen hinter dem ersten oder zweiten 
Worte von meist auffällig langen Versen des Psalters seinen 
Zweck darin, auf die Abnormität letzterer aufmerksam zu machen. 
Diese Lösung erwies sich mir später als zu eng, und ich habe 
in den „Psalmenproblemen“ auseinandergesetzt, dafs die grölste 
Wahrscheinlichkeit dafürspreche, Pasek-Legarmehinjedem Falle 
als einen Hinweis auf eine früher einmal am Rande der 
Verszeile beigeschriebene Variante zu deuten. Die 
alte Zweiteilung von Pasek und Legarmeh führte ich darauf 
zurück, dafs als Pasek (einschliefslich Salselet magnum, d. i. 
Sal$elet mit nachfolgendem Vertikalstrich) derjenige Varianten- 
strich angenommen wurde, dessen Stellung im Texte gut be- 
zeugt war, als Legarmeh aber derjenige, über dessen Fixierung 
die Tradition unsicher geworden war. So suchte ich denn dort, 
wo „Pasek“ im Texte steht, das variierte Wort in seiner un- 
mittelbaren Nähe, besonders unmittelbar vor ihm; wo aber 
„Legarmeh“ überliefert ıst, nahm ich zumeist eine nachträg- 
liche Verschiebung dieses Zeichens von seiner ursprünglichen 
Stelle hin zum Anfange des Verses an und suchte das variierte 
Wort teils in der ersten, teils in der zweiten Vershälfte, je 
nachdem Legarmeh hinter dem ersten oder zweiten Vers- 
worte steht. 

An dieser Erklärung von Pasek-Legarmeh halte ich auch 
für die vorliegende Studie fest; nur glaube ich inzwischen ge- 
funden zu haben, dals zwischen den poetisch akzentuierten 
‘Büchern (Psalmen, Proverbien, Job) und den prosaisch akzen- 
tuierten ein kleiner Unterschied bezüglich der Stellung von 
Pasek-Legarmeh bestehe, indem in letzteren eine nachträgliche 
Verschiebung aller „Legarmeh“ nach dem Versanfange hin nicht 
stattgefunden habe, die am Versanfange stehenden „Legarmeh“ 
aber noch etwas mehr aussagen, als die in den poetisch akzen- 
tuierten Büchern an gleicher Stelle stehenden. Die ursprüng- 
liche Setzung von Pasek-Legarmeh, die die prosaisch akzen- 
tuierten Bücher am besten bewahren, dürfte aber folgende 
Regeln beobachtet haben: 


Grimme, Pasekstudien. 345 


Um eine Variante zu einem einzelnen Worte anzumerken, 
setzte man einen Vertikalstrich in die unmittelbare Nähe 
des variierten Textwortes, und zwar unterschiedslos bald vor, 
bald hinter dasselbe Es ist solches das gleiche Verfahren, 
das noch die Massorethen bei der Setzung ihres die Beziehung 
zwischen Textwort und Randbemerkung anmerkenden Circellus 
anwandten. Vorgesetztes Pasek-Legarmeh nehme ich z.B. an 
in 37 WSı8aı (1 Sm 2, 15), 99 ı NOR) (1 Sm 2,16), TI Y2 
"yo (1 Sm 4,18), ob ı Toy (1 Sm 9, 24), mypımm mn 
(1 Sm 19,9), nWowin YrnD ı ny3 (1 Sm 20, 12); nachgesetztes 
Pasek-Legarmeh z. B. in 255 ı own moym (1 Sm 9, 24), 85 
MR 13 MON (1 Sm 12, 21), nyadıomn (1 Sm 13, 8), ı jan 
MD‘ (1 Sm 14,45), InamB ı DSaN“pon (1 Sm 17,40), 821 ı Unp 
(1 Sm 20, 21) usw. 

Um zwei aufeinanderfolgende Wörter als variiert zu be- 
zeichnen bzw. auch zu abrogieren, setzte man ein einziges 
Pasek-Legarmeh zwischen beide; als Beispiele seien ange- 
führt: mw ı oo» (1 Sm 1, 3), Ininw ı bin (1 Sm 3, 10), 
mny ı 78 (1 Sm 9,12), DNS ı DVI (1 Sm 18, 10), 85 ı NDR 
(1 Sm 20, 1) usw. 

Um eine Variante, die einen Einschub von meist ge- 
ringer Länge darstellt, im Texte anzumerken, setzte man Pasek- 
Legarmeh zwischen diejenigen Wörter, zwischen welche der 
Einschub nach der Meinung des Emendators gehörte; vgl. die 
Beispiele 2399 175 (1 Sm 3, 9), mBI ı nd (1 Sm 5, 4), nxD 
oa) ı Inn (1 Sm 7,14), ob ı Diasbor (1 Sm 11,7). 

Auch wo eine Satzvariante anzumerken war, behalf der 
Emendator sich stets mit einem Hinweisstrich. Dieser wurde, 
um die Aufmerksamkeit des Lesers sofort auf sich zu ziehen, 
gleich zu Anfang des grölseren Satzganzen gesetzt, von welchem 
der variierte Satz einen Teil ausmachte; und zwar erhielt er 
zumeist seinen Platz hinter dem ersten Worte, selten hinter 
dem zweiten, in welchem Falle die Variante stets in der 
letzten Vershälfte zu suchen ist. Dieses Verfahren war offen- 
bar die Vorstufe für das in den poetisch akzentuierten Büchern 
geübte, nämlich auch auf die meisten Einzelwortvarianten 


346 Grimme, Pasekstudien. 


schon zu Anfang jedes Verses hinter dessen erstem oder 
zweitem Worte durch Legarmeh aufmerksam zu machen. 

So auffällig auf den ersten Blick die Notierung der Satz- 
varıanten durch Pasek-Legarmeh, das am Anfange des Satz- 
ganzen gesetzt wird, erscheinen mag, ebenso leicht wird man 
sich von der Tatsächlichkeit dieses Verfahrens überzeugen 
können, wenn man beachtet, dals, wo Pasek-Legarmeh in der 
genannten Stellung vorkommt, fast nie die Möglichkeit ge- 
geben ist, einen Textfehler in seiner unmittelbaren Nähe auf- 
zufinden, während der weitere Satzverlauf deren gewöhnlich 
mehrere hintereinander zeigt. Die zahlreichen, im Folgenden 
näher zu besprechenden Beispiele von Pasek-Legarmeh, das 
hinter verseinleitendem 88", 1, N9N, (NDS), NY3 steht, 
blieben für uns ganz unerklärlich, wenn sie nicht auf Satz- 
varianten im Sinne der von mir angegebenen Regel zu be- 
ziehen wären. 

Hierzu ist noch zu bemerken: Der Begriff „Anfang eines 
Satzganzen“ deckt sich in den meisten Fällen mit „Vers- 
anfang“; die selteneren Fälle, wo das „Satzganze* einen 
kürzeren Abschnitt bedeutet als einen „Vers“, führen zur An- 
nahme, dafs zur Zeit des Emendators die traditionelle Vers- 
abteilung der Bibel erst im Werden war, was ja auch der 
oben vorgetragenen Ansicht von der Entwicklung des Söf 
pasük entsprechen und alte Überlieferungen über abweichende 
Zählung der Pestikim ! bestätigen würde. 

Hat man sich genaue Rechenschaft abgelegt, welches 
Wort oder grölsere Satzstück Pasek-Legarmeh als variiert be- 
zeichnet, so kann der Versuch gewagt werden, den Wortlaut 
der Variante selbst annähernd zu bestimmen. Zu diesem Ende 
stehen verschiedene, mehr oder minder ergiebige oder sichere 
Mittel zu Gebote. 


ı Vgl. R. Kittel, Über die Notwendigkeit und Möglichkeit einer 
neuen Ausgabe der Hebr. Bibel 75, Anm. 143: „Der Psalter hat nach 
Tract. Kiddüsim 30 5896, die Chronik 5880 solcher Cola (Pesükim), wäh- 
rend die Zahl der massorethischen Pesükim sich nur auf 2527 und 1765 
beläuft.“ 





Grimme, Pasekstudien. 347 


Zunächst die Vergleichung der alten Versionen, zumal 
der Septuaginta. Wo solche eine bedeutsame Abweichung 
vom hebräischen Texte an einer mit Pasek-Legarmeh bezeich- 
:neten Stelle zeigen, da darf man mit ziemlicher Gewilsheit 
diese Abweichung und die Randbemerkung des Emendators 
als wesensgleich ansetzen. 

Bei poetischen, daher metrisch aufgebauten Texten wird auch 
die Metrik zur Auffindung der Varianten gute Dienste leisten 
können. Konstatiert sie einen Textschaden, d. h. besonders ein 
Zuviel oder Zuwenig an Worten, und deutet der Wink des 
Pasek-Legarmeh gerade auf diese Stelle, so hat man ein Recht, 
die Anmerkung des Emendators auf diesen Schaden zu beziehen. 

Wo von einem Texte mehrere Redaktionen oder Wieder- 
holungen vorliegen, was z. B. bei grölseren Partien der Samuel- 
bücher der Fall ist, da darf wohl unter Umständen die uns 
besser scheinende Lesart als die vom Emendator angemerkte 
Variante genommen werden. Hingegen sind die aus der Ver- 
gleichung der uns überkommenen Bibelhandschriften gewonne- 
nen Varianten (wie sie z. B. de Rossis Variae Lectiones ent- 
halten) fast alle zu geringfügig, um als Varianten im Sinne 
des alten Emendators angesehen zu werden. 

Nun darf man seine Erwartung nicht so weit spannen, 
als wären die genannten Mittel ausreichend, jeder ehemals 
vom Emendator angemerkten Variante wieder auf die Spur zu 
kommen. Was im Scholse der jüdischen Gemeinde vor Anerken- 
nung der Suprematie des massorethischen Textes an andern 
Texten vorhanden war, ist gewils nicht alles in andere Sprachen 
übersetzt und dadurch uns erhalten worden. Immerhin können 
wir uns auch dem so nicht erreichbaren Reste von Rand- 
varianten bis auf einen gewissen Abstand nähern, der aller- 
dings selten eine ganz deutliche Sicht gestattet. Alte Rand- 
bemerkungen der Bibel werden nicht wie etwa der kritische 
Apparat unserer lateinisch-griechischen Klassikerausgaben alles 
enthalten haben, was anders lautete als der Text, sondern nur 
das, was ihm gegenüber für besser angesehen wurde; solche 
Varianten sind als gleichbedeutend mit Emendationen an- 


348 Grimme, Pasekstudien. 


zusehen. Im Hinblick darauf können wir es wagen, auch 
manche Verbesserungsversuche, die sich aus grammatischen, 
stilistischen oder historischen Erwägungen aufdrängen, als 
Mittel zur Lösung der uns vom Emendator durch Paseksetzung 
aufgegebenen Rätsel zu verwerten. Oder sollte es reiner Zu- 
fall sein, dals gerade viele der Stellen, die mit Pasek-Legarmeh 
angemerkt sind, schon längst aus inneren Gründen von neueren 
Erklärern für verderbt gehalten werden, obwohl die moderne 
Kritik noch fast keinen Begriff! von der kritischen Verwend- 
barkeit des Pasek besitzt? Eine Durchsicht der Kommentare 
z. B. zu den Samuelbüchern, wie sie Thenius, Wellhausen, 
Driver, Klostermann, Nowack geliefert haben, gibt allein schon 
einen Beweis dafür ab, dals mit Pasek versehene Stellen im 
allgemeinen textlich schwache Partien bedeuten. 

So werden wir den Gewinn von Pasek-Legarmeh weniger 
in besonders vielen neuen Emendationen zur Bibel erblicken, 
als vielmehr ın der Einsicht, wie weit die Textkritik sich auf 
festem, schon von der altjüdischen Bibelphilologie abgegrenztem 
Boden bewegt; und weiter empfängt das wichtige, aber noch 
immer nicht ganz durchgedrungene Prinzip, dals der massore- 
thische Bibeltext an vielen Stellen zu Emendationen zwinge, 
von der Beachtung der Pasek-Legarmeh seine festeste Stütze. 

Ein weites, bisher brach gelegenes Arbeitsfeld tut sich 
hiermit vor den Bibelforschern auf: es gilt, das Erbe der alt- 
jüdischen Bibelkritik, eine Summe von mehreren tausend 
Varianten zu heben und der Bibelwissenschaft nutzbar zu 
machen. Meine Aufgabe sei es zunächst, dem, was ich in den 
„Psalmenproblemen“ über die Pasek-Legarmeh des Psalters in 
grolser Kürze gesagt habe, eine weitläufigere Untersuchung 
der in den Samuelbüchern überlieferten Pasek-Legarmeh 
hinzuzufügen, eine Arbeit, die in Anbetracht der relativen Ur- 
sprünglichkeit der Variantenzeichen dieser Bibelteile besonders 
wertvolle Ergebnisse zu liefern verspricht. 

! In Nowacks Samuelkommentar wird an einigen wenigen Stellen 


(z. B. 1Sm 18, 10) auf Pasek als Anzeichen einer Textergänzung im Sinne 
Ortenbergs aufmerksam gemacht. 


Ararat und Urartu. 


Von Dr. Joh. Döller in Wien. 


r. Sanda will in „Untersuchungen zur Kunde des alten 

Orients“ (Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft 
1902 II 14ff) den Nachweis führen, dafs unter dem „hare 
Ararat“* (Gn 8,4) wirklich ein Berg dieses Namens und zwar 
im Kardugebirge zu verstehen sei. Demnach wäre jene Stelle 
der Gn zu übersetzen: „auf den Ararat genannten Bergen“. 
Sanda beruft sich bei dieser seiner Argumentation auf den 
Umstand, dafs in den Keilinschriften, nämlich bei Assurnasirpal, 
tatsächlich ein Berg A-ra-ar-di (dafür könnte man auch Ararti 
schreiben) vorkommt, der zugleich mit dem Usu und Arua ein 
„gewaltiger Berg“ genannt wird. Wegen der Allgemeinheit 
der keilinschriftlichen Angaben könne die nähere Lage dieses 
Berges Arardi nicht bestimmt werden. So viel stehe aber 
fest, dals er zu dem Kardugebirge gehöre, wie denn auch die 
Targumim, Peschitta, Ephräm, Epiphanius in Gn 8,4 direkt 
„Kardugebirge“ lesen. 

Doch da möchten wir fragen: Wie wäre nach dieser Auf- 
fassung Sandas der Plural „hare Ararat“ zu erklären? Von 
der Arche kann man sagen, dals sie auf einem Berge oder 
aber auf einem Gebirge stehen geblieben sei. Auf letztere 
Darstellung wiese der Plural „hare Ararat“ hin. Nun hiefse 
aber das Gebirge nach Sanda Kardu, somit könnte „hare 
Ararat“ nur von einem Berge des Gebirges Kardu verstanden 
werden, wie denn auch Sanda zu übersetzen sich gezwungen 
sieht: „auf den Ararat genannten Bergen“. Darum bleiben 
wir lieber bei der herkömmlichen Übersetzung: auf den Bergen 
Ararats, d. i. Armeniens. 


350 Döller, Ararat und Urartu. 


Sanda geht dann noch weiter und leugnet die bisher gang 
und gäbe gewesene Gleichstellung: Ararat = Urartu in den 
Keilinschriften. Vom Ararat-Arardı sei nämlich der Terminus 
Urartu völlig verschieden; allerdings gehören sie beide (Ararat 
und Urartu) demselben alarodischen Sprachstamme an, aber 
„es wäre völlig willkürlich, sie einfach identifizieren zu wollen“ 
(S. 36). Die massorethische Punktation von BN in Is 37, 38, 
Jr 51, 27, 2 Kg 19, 37 sei unrichtig und wäre etwa durch die 
Aussprache Urarat zu ersetzen. 

Doch die Gründe, die Dr. Sanda für seine Ansicht vor- 
bringt, erscheinen uns nicht stichhaltig. Warum sollte man 
die massorethische Punktation von EN in den drei oben ge- 
nannten Stellen bezweifeln und dafür Urarat lesen? Wahr- 
scheinlich nur deshalb, damit dieses von dem „hare Ararat“ in 
Gn 8, 4 verschieden sei. Für die Gleichsetzung des biblischen 
Ararat mit dem keilinschriftlichen Urartu spricht auch der 
Umstand, dafs dasselbe Faktum, welches uns 2 Kg 19, 37 von 
dem Lande Ararat erzählt wird, in den Keilschrifttexten von 
dem Reiche Urartu gemeldet wird. Der assyrische König 
Sennacherib wurde nämlich — wegen Begünstigung des jüngeren 
Sohnes Asarhaddon — von seinen zwei Söhnen Adramelech 
und Sarasar ermordet. Die Keilinschriften sowie auch Aby- 
denus sprechen allerdings nur von einem Vatermörder. Diese 
Differenz lälst sich aber damit erklären, dals der zweite Sohn 
vielleicht nur moralisch bei diesem Verbrechen mitwirkte, 
weshalb die Heilige Schrift denselben doch mit Recht auch 
zum Vatermörder stempeln konnte. 

Die Mörder flüchteten sich in das Land Ararat (Urartu). 
Hier konnten sie um so mehr auf Sicherheit und Schutz vor 
Asarhaddon rechnen, da Assyrien mit dem Reiche Urartu 
durch lange Zeit in blutiger Fehde lebte, so dals letzterem 
jede Schwächung des mächtigen Rivalen, wie es durch innere 
Unruhen geschieht, nur höchst willkommen sein konnte. 





Die Katenenhandschriften der spanischen 
Bibliotheken. 


Von Prof. Dr. M. Faulhaber in Stra[sburg. 
III (Schluls). 


IV. Psalmenkatenen. 


u keinem biblischen Buche besitzen wir einen solchen 

Reichtum an einfachen und kettenartigen Kommentaren 
aus der Väterzeit wie zum Buche der Psalmen. Karo-Lietzmann 
unterscheiden 27 Typen von Psalterkatenen. Die Unter- 
suchungen werden hier nicht wenig durch die vielen Prologe 
erschwert, bei deren Komposition sogar verschiedene Typen, 
wie es scheint, durcheinander geworfen wurden. Von den vier 
Kettenkommentaren, die Spanien in 6 Hss besitzt!, stellt jeder 


ı Escorial. 2. IV. 6 (früher E. IV.9 und I. IV.17) aus dem J. 1570 
mit 436 Blättern (20,5 ><14,7) ist hierbei nicht mitgezählt. Er enthält 
zwar am Kopfe vier kettenartig verschlungene Prologe (1. Eus. Pamph. 
Tas Bißfkov. 2. Akkaıs tWv pv’ w. 3. Al dböceıs. 4. Ath. Tläoca uev ı 
Beic), als Corpus aber f. 11’—8316° einen anscheinend einfachen Ps- 
Kommentar. Der Scholien aus anderer Quelle sind zu wenige, um von 
einer eigentlichen Katene reden zu können: f. 178° ‘Erepa £punvela 
tod KupilXlou ’AdeE. ‘O0 dE Züuunaxos... ob diacWle zu Ps 102, 16; Fpn- 
yoplov Nöoons* Ebppaiveran fr} tapdevos ... WLvönacraı zu Ps 113,1 und 
einige AAloc-Zitate. f. 15 springt die Erklärung von Ps 2 auf 49 über, 
so dals 3—48 fehlen. Der Codex ist falsch gebunden: nach f. 189’ wären 
ff. 414—429 einzulegen. Zu dem Scholion 'H roö navaylou zu Ps 103, 1 
die Note von späterer Hand: „Et ista etiam differunt ab aliis codicibus 
Athanasii“. Die Unterschrift f. 316%: “Yno ’Avdpeov Aapuapiou ToD ’Em- 
daupiov elAnpe TEpna ı} napoüoa BißAog apo Peupovapiw x’ (Miller, Cata- 
logue des Mss. grecs de l’Escurial 487f ganz ungenau). Der gleiche Miller 
findet (p. 192) auch in Escorial. Y. II.1 saec. 14 f.169 ein „fragment 
d’une chaine des Peres sur les psaumes“. Die Hs enthält allerdings 
f. 269-298” einen fragmentarischen Ps-Kommentar (30, 1—34,13), An- 


352 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


eine andere Rezension dar. Im Interesse gemeinsamer Arbeit 
halte ich mich an die von Karo-Lietzmann gewählten Stich- 
psalmen 22 und 115. 

1. Matritensis nationalis 4582, früher O. 71 ge- 
zeichnet, eine Pergamenths aus dem 11. Jahrh., die auf ihren 
378 Blättern (25,2><16,9) eine Breitkatene zu Ps 114,1 bis 
134, 21 in prächtiger Altminuskel enthält. Titel und Anfang 
f. 1: Tö rteraprov Bıßliov TWV EpunveaWbv ToUÜ waltfipog, "AlAn- 
Aovia. ’Ev ToUTw TOV Aayüva... Av mpoundeiav, dann Text 
Ps 114,1; des. f. 378” mit einem Chrysostomuszitat zu 134, 21: 
EüAoyounevos 6 Beög... TA Ev Toig obpavois; darunter von 
späterer Hand, etwa saec. 15, eine verblalste und schwer 
leserliche Unterschrift. Die Schriftzüge der ersten Hand sind 
senkrecht, die Spiritus bereits rund, lota subscriptum fehlt. 
Die Titel, Namen und Initia rot, die Namen in Sigeln am 
Rande. Der Bibeltext ist durch rote Randstriche markiert. 
Der Codex ist im allgemeinen in gutem Zustande, nur f. 285—287 
mulste eine grölsere Lücke in der Exegese von Ps 123 von 
einer späteren Hand, welche die frühere Minuskel gut imitierte, 
ergänzt werden; f. 288 inc. man. prim. 6\edpiwv Kai TäG... 
Matrit. 4582 überliefert das 4. Buch der dem Niketas von 
Heraklea zugeschriebenen Ps-Katene, die wahrscheinlich 
in 5 Bücher eingeteilt war und von Karo-Lietzmann 32—35 
als Typus VIII behandelt wird. Unser Madrider ist die 
älteste von allen bisher bekannten Hss dieses Typus. 
Wenn Niketas wirklich der Verfasser dieser Kette ist, stellt 
unser Codex die höchste Autorität dar, weil er bis in die 
Tage des Autors hinaufreicht. Hoffentlich finden sich die er- 
gänzenden Brudercodices mit den übrigen Psalterteilen. Nach 
meinem Specimen steht der von Karo-Lietzmann registrierte 
Codex vom Athoskloster meinem Madrider ziemlich nahe. 


zeichen einer kettenmälsigen Erklärung sind aber nicht zu entdecken. 
Vermutlich hat die unmittelbar vorausgehende Epistelkatene die Katalog- 
notiz veranlalst. 

ı Coll. Ps 115 hat Matrit. 4582 nur folgende Varianten: 3 des. d1o- 
piouod Acywv. 4 und 5 Name<. 5 des. dvßpwrötnra, 9inc. "En Tieon. 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 353 


2—4. Matritenses nationales 4702—4704 (olım 
O0. 23—25), drei Codices aus dem Jahre 1556, die sich gegen- 
seitig ergänzen und auch äulfserlich sich wie Brüder gleichen 
(Format 35,2 24), enthalten eine grols angelegte Ps- und 
Odenkatene und zwar die von Karo-Lietzmann 25—-28 
als Katene III registrierte Psalterkettee Grolse Ränder; 
Schriftraum nur 24,713. Rubriziert sind die Überschriften, 
der heilige Text, die Anfänge, auch die Namen, die mit wenig 
Abkürzung am Rande stehen. Die schwarz geschriebenen 
Namen sind wohl nachgetragen; auch andere Randnoten von 
späterer Hand. Die Kettenform ist die der Breitkatene. Im 
einzelnen: 

Cod. 4702, f. 1—440'r Kette um Ps 1-—-48, 7. Inc. mit 
einer poetischen, elfzeiligen Einleitung Tö daüua xamvov Wde 
twv Öpwuevwv, dann f. 17 Yaitnpıov tu Add. Ps 1,1%. Evoce- 
Biov Karsapeias’ Maxapıörntog uev kata ... Zwischen f. 239 
und 240 eine Lücke von 5 leeren Blättern: f. 239” des. tv 
oikouuevnv (Ps 32, 8), f. 240 inc. Tö Toüg poßovue&vous... Der 
Cod. schneidet mitten in dem Basiliuszitat TIpög dVo npocwra 
ab mit Toig ev Yap dıakkreran || 

Cod. 4703, f. 1—430 Kette um Ps 48, 8—90, 2, beginnt 
mit der Fortsetzung des in 4702 abgerissenen Satzes KadapwWv 
rv emi duvduei... f. 275 zwischen Ps 71 und 72 Randglossen 
in anderer Tinte. Des. mit dem Scholion ‘Opäs donv &xeı... 
ö &AmiZwv Emi oe; darunter als Custos Eikötwg* 6 yäp. 

Cod. 4704, f. 1-386 Kette um Ps 90, 3—150, 6, inc. 
Eikxötws‘ 6 yap Kata... f. 112” (Ps 104) ist das Eusebiuszitat 
Twv &mypapouevwv am Ende, nach böAou ydäp uoı um etwa 
5 Zeilen verstümmelt. Des. mit dem langen dAXog pnoiv Ev... 


13 Beodwprtou xai Xpuoootöuou. 16 des. dıa Toürd pnoıv. 20 Bao. xai 
Eüc. 21 Xpvoootöuou. 24 Name <. 28 AtopWrtarosc] AttopWrtepog. 30 inc. 
Töros de ruiv. Incipit ist nicht überall sicher zu bestimmen. Der bei 
Karo-Lietzmann fehlende Brit. Harl. 5791 saec. 17, ein jüngerer Bruder- 
codex des Harl. 5677 saec. 15, geht nur in Nr 9 mit unserem Madrider 
gegen die Athoshs, aber mit dieser gegen den \Madrider in 3 4 5 
16 20 21 24 28 30; in 1 2 9 11 13 22 25 26 hat Harl. 5791 von beiden 
variierende Lesarten. 
Biblische Zeitschrift. I. 4. 23 


354 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


xapıri Te Kai oikrıpuoig (Doxologie). f. 387—437 Odenkatene. 
f. 438 ist der poetische Prolog Tö 8aüna xaıvov wiederholt. 
Unterschrift: ‘H BißAog aurn nererpdpn Um E&uoü Kopvnkiou ToÜ 
Naunkitws TWv Moupuoup£wv vioü ’Avdpeou &v 'Erincı dıdyovrog 
Ereı TW dmo Ts Qeoyoviag apvs' MouvixıWvog eikädı. 

Hinter dem Pariser 139 saec. 10, aus welchem Karo-Lietz- 
mann 25ff Stichproben geben, steht der Drilling der spanischen 
Nationalbibliothek nicht blofs zeitlich, sondern auch qualitativ 
weit zurück!, 

5. Escorialensis Y. IL.14 (olim III. H. 14 und V. Z. 11), 
ein Pergamentcodex aus dem 11. Jahrh. mit 272 Pergament- 
und einigen Papierblättern (24”<<19,2), enthält in prächtiger 
Minuskel f. 1—55’ eine kettenartige Sammlung von Prologen, 
Inhaltsangaben und Kapitellisten zum Psalter, von Exegesen 
zu den Ps-Überschriften, f. 56-253” eine Rahmenkatene 
zum Psalter, £ 254—272” eine ÖOdenkatene in gleicher 
Form, des. mut. in dem Canticum Benedictus zu Lk 1, 71 mit 
navrag Tolg Exdpoüg AuWv. Die Schrift ist sorgfältig. lIota 
wird adskribiert. Am Rande Notizen, manche retouchiert, 
von späteren Händen. Zwischen f. 17 und 18 ist ein Blatt 
nicht paginiert. Vor den Glossen werden die Stichworte des 
Bibeltextes wiederholt. Die Verbindung zwischen Text und 
Glossen wird durch Zahlenbuchstaben, vereinzelt auch durch 
Phantasiehaken hergestellt. Rubriziert sind nur die Über- 
schriften und die Anfangslettern des heiligen Textes; die Namen 
stehen schwarz und ausgeschrieben innerhalb der Zeile, — bei 
der Austeilung des Katenenmaterials an die einzelnen Exegeten 
wird also diese Escorialhs, soweit sie ihre Quellen angibt, ein 
autoritatives Wort mitzureden haben. 


ı Varianten Ps 22 aus 4702 f. 179"—182”: 1 Name <. 4 Meya] 
Meydia. 8 alonep] Wonep. 14 Pdßos sic. 16 ovußovAnv-+ alvırrönevoc. 
18 einfaches Lemma Ardünov. 22 TO <. 26 Erei] Eni. 27 inc. ’Ev TW 
&keı Tod 00. 30 Name <. Ps 115 aus 4704 f. 216—221’: Sämtliche 
Namen fehlen; aufserdem 5 &auröv] abröv. 7 Eni tw] emi ro. 8 fehlt. 
10 övelparı M eixövi. 11 des. dianopedveran. 15 Eenavro0] &aurod. 18 Metath. 
ayWor Toic. 19 Yevalws sic. 23 nevn] pußuouevn. 28 mit 27 verb- 
&avtoüc] &auroic. 81 xai+ Ev. 85 üniv]) Auiv. 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 355 


Die Katene von Psalterprologen f. 1—55" ist am 
Eingange verblalst, fleckig, strichweise unleserlich und lücken- 
haft. Das Lesbare inc. 

1. Evoeßiou‘ "Emonuaivera TövV Kaıpov sg... (am Rande 
von späterer Hand ’Npıy’ und Beodwpou), des. f. 1v yerevnuevnv 
neravorav. ke TI EnANOUVONDaVv. e 

2. Eiceßiou‘ Eig TO TeXog Ev Uyvois... "Rotep ndong 
texvns... didacko [Lücke] tv Wönv eipjodaı [] Ta waırrıpıa 
nkelotw [] Öpyava... Er&poıs Wwopelluwv. 

3. Ardunou‘ "Ertepog EiTEv AdEIV.... AdÖöYVTWV autW. 

4. ’Aotepiou- "Hyouv Emyerparntaı . . . TEAog Ev Üuvoic. 

Ende des Kettenprologs: 

1. TTpöypaynna eis rov Aauid Töv rpopntnv' Meta Tov 
Mwuo£a ... waluoüg pv”. 

2. "Yrmödeoıg Eioeßiou eis nv BißAov TÜV waluuv' Ts 
BiBAov TWV yalulv ... tapakekevcıg Duvou Kadokıkr). 

In dieser Kette werden zitiert: Apollinarius, Asterius, 
Athanasius, Basilius, Cyrill, Didymus, Eusebius von Cäsarea, 
Hesychius presbyter, Origenes, Theodor von Antiochien, Theo- 
doret. Hier ist manches verlorene Väterfragment wiederzufinden. 
Die Hesychiana wenigstens sind fast alle noch unediert. 

Die Ps-Katene f. 56—253”" inc. BißXog yaluwv. 1,1ff 
Td (P) naxapıog Övona... Tobrwv ouvedpıa. Ps 150 des. f. 252’ 
mit Lesarten aus Akylas und Symmachus, dann f. 253 Ps 151 
ohne Erklärung; darunter eine Note saec. 13—14, des. Ws 
diotouov naxaıpav. Leider ist nur ein Fünftel der Scholien 
bestimmt lemmatisiert. Ich las die Namen Athanasius, Diodor, 
Hesychius, Johannes (Chrysostomus), Maximus und Theodoret. 
Diese Kette ist mit ganz wenigen Ausnahmen ein Auszug aus 
dem gro/[sen und, wie es scheint, viel exzerpierten Typus XV 
(Karo-Lietzmann 45ffl). Die Scholien zu Ps 22 f. 82” inc. 
Tıv aurmv &xeı sind = XV 4 (als zweites hat Y. II. 14 Tlavro- 
darınv AmöAaucıv . . . xapiZeraı) 5 9 10 15 19 20 (des. hier 
daßdos ou xai ra Eric) 21 22 26 27 (inc. hier Tparelav 
mv) 36. Die Scholien zu Ps 115 f. 211" inc. "Ynödeong Toü 


w“ °O &Eßpaiog sind = XV 1 8 9 (Lemma: Toüö äyiouv Bacı- 
23* 


356 Faulhaber, Die Katenenbandschriften der spanischen Bibliotheken. 


Aefou) 13 16 (des. pnoiv.) 20 22 (P) 26 28+29 30 31 (Lemma: 
eis 6 abrö Beodw. des. Toüro.) 38 39 43 44 (inc. Taüta) 52 
55. Der Escorialensis Y. II. 14 wäre also bei jener Hss-Gruppe 
einzureihen, die von Karo-Lietzmann 48ff als Typus XVII® 
registriert wurde und in gleicher Weise aus der Katene XV 
den dritten Teil der Scholien exzerpiert!. In vielen Glossen 
deckt sich diese Rezension mit der Paraphrasis Patrum, die 
Corderius bei jedem Ps der eigentlichen Katene vorausschickt. 

6. Escorialensis Y. L 2 (olim IL. 1. 8 und V. I. 10) 
saec. 12. Pergament. ff. 530 (35,2% 26,7). Auf die Geschichte 
der Hs fällt einiges Licht aus der Notiz des Vorsatzblattes: 
Di Mons. Angelo Vescovo di Genova. Inhalt: f. 1—13’ acht Pro- 
loge zum Psalter, f. 13’— 490’ eine Ps-Katene, f. 491 —530Y 
eine Odenkatene. Von den Prologen ist 12 3—= XVIH 26 
27 28 (Karo-Lietzmann); 4 = XV 21; 5 = XIII4; 6 Atzas 
tov pv’ y eine Art Lexikon, eine Übersetzung der alphabetisch 
geordneten hebräischen Ausdrücke in den Ps; 7 ‘'Er£pa ünö- 
Bears TOD yalT. diapöpwv‘ TTäca uev Ypapr)... ermitacıg, vgl. 
vI1, VIL8, X 25; 8 Heodwpntou tpodewpia eig ToUg y' "Enoi 
uev Yap nrpöo tWwv...Awöneda Die eigentliche Ps-Katene 
inc. TTporpori, Beoceßeias Kai Anorponn Toü Evavriou. Walnög 
tb Add npWrog. Maxapıömrog nev pücer... und ist in der 
Anlage eine der einfachsten, also wohl eine der ältesten Ps- 
Katenen, ein Seitenstück zu der nur aus Hesychius und 
Theodoret gebildeten Kette zu den kleinen Propheten. Die 
meisten Scholien sind zwar anonym, am Anfange und ver- 
einzelt auch später werden aber am Rande „Hesychius 
monachus“ (f. 67 mit vollerem Lemma ‘Houxiou novaxoü xai 
npeoßurepou) und Theodoret genannt?. Die eigentümliche 
Schreibform der Kette weist darauf hin, dals diese zwei 








1 Aulser dem Spanier fehlt bei Karo-Lietzmann 49f auch der Eng- 
länder Bodl. Misc. 2 (saec. 10) f. 9—359, der freilich alle Namen unter- 
drückt und deshalb vielleicht absichtlich übergangen wurde, inhaltlich 
aber zu Typus XV in einem ähnlichen Verhältnis steht wie Escor. Y.II. 14. 
Typus XV und XVII® sind in auffallend vielen alten Hss vertreten. 

2 Das Lemma üAXoc, das wiederholt erscheint, soll vielleicht auch 
nur „den andern“ von den zweien bezeichnen, 





Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 357 


Exegeten den Fundus der Originalkatene bildeten; die Form 
ist nämlich: 


An den Rändern sind noch andere Scholien, teils schwarz, 
teils rot, manche von späterer Hand, angemerkt. Der Bibel- 
text ist in Stichen geschrieben und durch Goldschrift ausge- 
zeichnet; in Gold auch die Titel, die Anfänge und die Namen. 
Es will nicht gelingen, diese Ps-Katene mit einem von Karo- 
Lietzmanns 27 Typen ganz zu identifizieren; relativ steht sie 
nach meinen Proben dem Bodl Canon. 62 am nächsten, der dort 
unter XXII registriert ist; einige Zitate finden sich auch in 
XV und XXV1i. Für die Lösung des Hesychiusrätsels dürfte, 
nähere Untersuchung vorausgesetzt, unser Escorialcodex wert- 
voll werden?. Des. zu Ps 150 äAXos‘ Oüxk ’lovdaioı ... HEYag 
xAndnceraı (Doxologie). 


V. Odenkatenen. 


Das Buch der Cantica, das Stiefkind der mittelalterlichen 
und modernen Exegese, setzt sich in der Kettenliteratur ge- 


ı Im einzelnen ist von den 21 Zitaten zu Ps 22 f. 89"—92 (ohne alle 
Varianten zu verzeichnen): 1= XÄXV2; 2 = XXV 3; 3 ü&AXos (am Rande 
Beodwpitou): Evrabda Atodelkvum ... xapiZerarı; 4 == C(anon. 62) 1, mit 
anderem Des. auch XXIIl;5=XYV6, XXII3; 6 ev th xapırı... Blao- 
pnueltar; 7 walls TÖ... orıyun; 8 Oeod. xAöonv Eevraüda... Ermydyero; 
9 inc. es = XXI 9; 10 = XXILll, XV 18; 11= XXL 13, XV 24; 
12=C12; 13 & tig pbaodong... vaod; 14 Evreüdev trpög... ÜreoTNpL- 
gag; 15—17 = XXII 15 17 19; 18 Zxeı rn uuornpiov... &vßpwrov; 19 20 
= XX1l1 21 23; 21 ol rWv npolexdevrwv.... Kxataoxnvot (in.=XX\XV 19). 
Ps 115 f. 426—427°: 1= XXIll; 234=(C134; 5 ti dbvanaı, des. 
= (66; 6 dos Eenlotevoa, de.=C7; 7ine.=Ü8, des. xdpıros abtod; 
89= CC 910; 10inc. = C 11, des. &auroüg exdıdövrwv; 11 = XXII11-+12, 
C 12 +13; 121314 = XXII 141617, C 151617; 15 evWmov ndvrwv 
zuv Aylwv; 16 = XXII18, C 18; 17 Eäv uev oüv... Teleurv. 

2 Die Hea.-Ringe der Kette decken sich mit den von Migne 27, 649— 1344 
pseudonym unter Athanasius edierten Glossen. In der Theologischen 
Quartalschrift, Tübingen 1901, 2, 227—229 habe ich diese pseudo-athanse- 
»ianischen Ps-Glossen auf Grund englischer Hss als Eigentum des Hesychius 
erklärt. Escor. Y. I. 2 ist ein weiterer Zeuge für Hesychius. 


358 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


wöhnlich aus 13 Liedern zusammen !: Ex 15, 1—19 (1. Moses- 
lied), Dt 32, 1—43 (2. Moseslied), 1Sm 2, 1—10 (Gebet der 
Anna), Hab 3, 1—19, Is 26, 9b—19, Jon 2, 3—10, Is 38, 9—20 
(Gebet des Ezekias), Dn 3, 24—45 (npoceuyn der drei Knaben), 
3, 52—57 (Wön ders.), 3, 58—88 (Uuvog ders.), Lk 1, 46—55 
(Magnificat), 1, 68—79 (Benedictus), 2, 29—32 (Ode Simeons). 
Die altchristliche Exegese hat diese Lieder nicht blols im 
Zusammenhang mit den Büchern, deren Perikope sie sind, 
sondern auch für sich als einheitliches Buch kommentiert. 
In den Unzialen ART steht das Odenbuch hinter den Ps; 
in der gleichen Reihenfolge widmen ihm alte Isagogiker, z. B- 
Barber. IIL 36 saec. 12 f. 158’—160, wie jedem andern bib- 
lischen Buche eigene Einleitungen. Von der ganzen Reihe 
der Katenen, die uns das Altertum neben einfachen Kommen- 
taren zu dem Odenbuche hinterliels, sind die meisten noch 
unbeachtet im Staube der Bibliotheken begraben. 
Aulser dem von Corderius III 853—962 im Anschluls an eine 
Psalmenkatene edierten Typus sind Odenkatenen nur stückweise 
und zufällig in den Ausgaben von Exodus-, Deuteronomium-, 
Königsbücher-, Propheten- und Lukaskatenen mitediert. Ich 
beabsichtige, die Odenkatenen an anderer Stelle monographisch 
zu untersuchen, und begnüge mich deshalb hier mit einer 
kurzen Aufzählung der acht BREI ENeL Kettencodices 
zu 2. Oden. 

1. Matritensis nationalis 4704 a. 1556, oben S. 353f 
näher beschrieben. Seine Odenkette f. 387—437 ist mit einigem 
Plus und einigen Varianten = Corderiusausgabe. 

2. Escorialensis Y. IL 14 saec. 11. Näheres über ihn 
S. 354. Seine Liederkatene f. 254—272” inc. ’Qıön &orıv da 
ist im Grunde die gleiche Rezension, die fragmentarisch in 
den beiden Engländern, Canon. 62 saec. 12 und Barocc. 216 


ı Als 14., bzw. als Ersatz für das 7., kommt zuweilen das Gebet des 
Königs Manasse, als 15. in einigen Hss das „Gloria in excelsis“ dazu. 
Über die sonstige Zusammensetzung des Buches, besonders in den Codd. 
Alexandrinus, Veronensis, Turicensis, s. Swete, An Introduction to the 
OT in Greek 2531, 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 359 


saec. 15, vorliegt, und steht in den ersten Stichproben, aber nur 
hier, dem Corderiustypus sehr nahe. Zur gleichen Gruppe gehört 

3. Matritensis Palatinus 15 a.1563. Während 2 wenig- 
stens einige Namen hat, besteht die Kette dieser Palasths f. 375 
bis 438” inc. Tedauuaroupynke Yüap aus lauter anonymen Ringen, 

4. Escorialensis Y.I. 3 saec. 16, dessen dürres Ketten- 
fragment f. 240—242 zur Exodusode und zu Dt 32, 1—3 sich 
als Auszug aus der einfachen, alten und wertvollen Katene 
des Turiner Cod. B. VII. 30 saec. 8—9 darstellt. 

Die folgenden vier Hss überliefern einen Typus, der zur 
Corderiuskatene ohne Zweifel intime, sogar genetische Be- 
ziehungen, dabei aber so viel Eigenartiges hat, dafs er als 
eigener Typus — als spanische Gruppe — behandelt werden 
muls Hier wird sich eine reiche Fundgrube für neue 
Patristica, besonders für Hesychiana, erschliefsen. Die vier 
folgen sich nach Alter und Qualität also: 

5. Escorialensis Y.I.2 saec. 12, oben S. 356f beschrieben. 
Seine Odenkatene f. 491—530” hat ein starkes Plus gegen- 
über der Corderiusedition. 

6. Matritensis Palatinus 29 saec. 14 (nicht paginiert). 
Seine Liederkette steht materiell der vorgenannten Escorialhs 
sehr nahe, formell aber, namentlich in Bezug auf Lemmata 
und Quellenangabe, weit hinter ihr zurück. 

7. Escorialensis Y. IV. 19 saec. 16 enthält gleichfalls 
die spanische Odenkatene f. 11—158. Sie gleicht der Kette 
der eben genannten Palasths wie ein Ei dem andern. 

8. Escorialensis 92. IV. 6 a. 1570, allgemein oben 
S. 351 A. beschrieben. Seine Odenkette f. 317—433’ (exkl. 
414—429) ist eine gedankenlose Abschrift aus dem sub 6 
genannten Matrit. Pal. 29. 


VI. Salomonicakatenen. 


Von den acht Spaniern, die für die Katenenforschung 
zu den „Salomonica“, d.i. zum Hl, zu den Prv und zum Prd in 
Betracht kommen, liegen 3 in Madrid, 3 in El Escorial, 1 in. 
Zaragoza und 1 in Salamanca. Leider geht keiner von ihnen 


860 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


über das 16. Jahrhundert hinauf. Sie sind bereits in meine 
monographische Untersuchung der Kettenexegese zu diesen 
Büchern einbezogen. Es sei mir deshalb der Kürze wegen 
gestattet, die Codices hier nur zu nennen und auf meine 
„Hohelied-, Proverbien- und Prediger-Catenen* (Theologische 
Studien I 4. Wien 1902) zu verweisen: 

1. Matritensis nationalis 4749 a. 1556, ein nächster 
Verwandter zu dem Münchener 131, also auch zu den Parisern 
154 und 172, enthält f. 186—262 die Prokopkatene zum Hl 
(vgl. S. 24), f. 262"—355 Prokops Epitome zu den Prv (S. 99f), 
f. 355—372 die Polychroniuskatene zu Qoh (S. 153f 156). 

2. Matritensis Palatinus 20 saec. 16 überliefert gleich 
zwei Hl-Katenen: f. 1—48” den Typus E, d.i. die Pseudo-Eu- 
sebius-Katene (vgl. S. 52 55), und f. 49—229 den Typus B2, 
d. i. die überarbeitete „Drei-Väter“-Katene (S. 7f 10). 

3. Matritensis Palatinus 26 saec. 16 enthält f. 259—361” 
die Polychroniuskatene zu den Sprüchen (vgl. S. 114) und 
reiht sich in dem Gruppenbilde der zahlreichen C-Hss bei der 
II. Gruppe Abteilung c ein (S. 121). Ihm zur Seite 

4. Escorialensis Y. IL 2 saec. 16, im ersten Grade 
mit 3 verwandt. Der Polychronius- oder C-Typus zu den Prrv 
£. 1—111r (vgl. S. 114f 121 128). 

5. Escorialensis R. I. 3 saec. 17 enthält wie der Pariser 
152 die „Drei-Väter“-Katene zum Prd £. 1—69r und f. 70—173 
den analogen Typus zum Liede der Lieder (vgl. S. 16f 140). 

6. Escorialensis Y. IL. 4 a. 1573, neben der Madrider 
Palasths 20 ein neuer Vertreter der Hoheliedkette B? f. 232—370 
(vgl. S. 8-11). 

7. Caesareae Augustae Cod. Pilae 1230 a. 1586 
mit der Prokopkatene zum Hl (nach Graux-Martin). Dieser 
Codex der Pilarbibliothek in Zaragoza ist die einzige Katenenhs, 
die ich nicht persönlich eingesehen habe (vgl. S. 24 Anm.). 

8. Salamanticensis Univ. Cod. 1. 1. 19 saec. 16 ent- 
hält f. 104—149r die Pseudo-Eusebius-Katene zum Hl und 
gehört engstens, vielleicht sogar im 1. Grade, zur Hss-Familie 
des Matrit. Pal. 20 (vgl. S. 52f). 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 361 


VOL Prophetenkatenen. 


Zu den kleinen Propheten habe ich in Spanien keinen 
einzigen handschriftlichen Kettenkommentar gefunden. Die 
vier grolsen Prophetenbücher werden als Ganzes auch nur in 
zwei Codices der Nationalbibliothek kettenartig erklärt. Die 
übrigen vier hierher gehörigen Katenenhss der Halbinsel, dar- 
unter zwei alte, enthalten, teilweise freilich recht fragmen- 
tarisch, nur Is-Katenen in zwei verschiedenen Typen, in dem 
sog. Johannestypus und in der Prokoprezension. 

1. Matritensis nationalis 4671 (frühere Signatur O.8), 
eine Papierhs aus dem Jahre 1574 mit 749 Blättern (35,1x< 23,7; 
Schriftraum nur 25x10,7), enthält in der Form der Breit- 
kateneeine Kettenerklärung nicht blols zu Is, wie der Katalog 
der Nationalbibliothek meint, sondern zu allen vier grolsen 
Propheten: f. 3—399v zu Is, f. 401—573 zu Jr, f. 573’— 584’ 
zu Bar, f. 585—604 zu den Klgl, f. 604"—607 zur Jeremias- 
epistel 1, f. 609—675” zu Ez, f, 676—749r zu Dn. F.1-—2 ein 
Brief; f. 2’ leer; f. 3 inc. die eigentliche Katene lückenhaft: 
Too ar. Baoıkeiou Err. Karc. eis Tov 'Hoalav ÜmÖBecıg Pavep“ 
xai autödev Aentn. "Eteidrn) Kata Xp6vVoug ... 

Die vielen Lücken und das öfter notierte Aeineı weisen 
auf eine defekte Vorlage. f. 535” 536 sind unbeschrieben (nur 
die Note: Auteı pbAov Ev sic); f. 535 des. idoV apeını, f. 536” 
inc. idod !yw Emorewouar (Jr 36, 32 LXX). Ebenso f. 568’ 
569’ unbeschrieben: Lücke von hXiou töAlewg Ev TA bis Ounidv 
rn Baonioon (Jr 51, 25). f. 617” durchstrichen. f. 629—630” 
wieder leer; f. 628” des. ur} ouumopeuönevon, das Gleiche als 
Inc. von f. 631. Die Ezechielkette endet fragmentarisch mit 
Niveun; xatactpaproeraı zu 38, 2. Eine weitere Lücke von 
31/2 Zeilen f. 729” zwischen Ag Pavraoiag und Evraüda zu 
Dn 7,4. Aus diesen Lücken werden sich rascher als aus Stich- 
proben die Vorlage und die Deszendenten, auch die Seiten- 
verwandten des Matrit. 4671 bestimmen lassen. 


ı Ist eigentlich ein einfacher Kommentar, weil nur Olympiodor 
zitiert wird. 


362 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


Als Katenentypus ist Matrit. 4671 im Wesen, das wenige 
Plus abgerechnet, ein Auszug aus der Johanneskatene 
zu den grolsen Propheten. Von seinen Isaiasprologen ist 
1 = Joh. 3 (vgl. meine „Propheten-Catenen“ 46f), 2 = Joh. 5, 
3 = Joh. 1; 4 "Hooias viög .. . hutpas &keivng in Joh.-Hss, z.B. 
Chis. R. VIII. 54, am Schlusse; 5 ‘H tüv npopntWv... wuxfis 
Autpov dem Madr. eigentümlich. Die ersten Scholien der Isaias- 
kette sind = Joh.1 2 3 7 8 (vgl. meine Proben a. a. 0. 203f). 
Von den 17 Nummern der Joh.-Katene zu Is 26, 12—14 (S. 204f) 
fehlen im Madr. 2—7, 10—12, 14—17. Die zwei Endzitate 
der Isaiaskette sind beiderseits die gleichen. Der Auszugs- 
charakter des Madrider Typus ist also aufser Zweifel; ob er 
aber deshalb und namentlich, weil er f. 13” das dem Joh. fremde 
Prokopzitat "Notep Ö TeXeiounevog ... ArtoAoüvraı aufweist, mit 
dem Niketastypus des Laur. V. 9 saec. 11 (H. Lietzmann in 
den Göttingischen gelehrten Anzeigen 1900 Nr 12, 924f) sich 
identifiziert, kann ich heute noch nicht untersuchen, da mir 
Vergleichsmaterial aus dem Florentiner fehlt. Von den Pro- 
logen der Madrider Jeremiaskette ist 1 = Joh. 2 (S. 208), 
2 = Joh. 4 (soweit = Laur. V. 9 Lietzmann 926), 3 "'Onws 6 
TWV ... rap’ auroü, 4 in Joh.-Hss am Schlusse (Proph.-Cat. 
102), 5 Opnvwv.... voog. Die Kette selbst beginnt mit lauter 
Chrysostomea, das erste Tö uev Övona ... Errayoutvou, und 
endet mit lauter Olympiodorzitaten, das letzte Toüro rpöTte- 
pov ... bndpxwv. Die Ezechielkatene scheint sehr nach- 
lässig und willkürlich kompiliert: die wie Prologe vorangestellten 
12 Scholien f. 609—614 sind mit Ausnahme des letzten jam- 
bisch trimetrischen Yuxris TO Aaurpöv aus den ersten 50 Joh.- 
Zitaten ausgezogen; dann erst beginnt die eig. Ezechielkette 
mit Joh. 1215. Die ersten Glossen der Danielkette sind: 
1. AavınA Av = Unterschrift in der Joh.-Hs Chis. f. 493”. 
2. InnoAurou er.‘ Pwunsg’ Oütros= Joh. 1. Das vorletzte Scholion 
Kai Evraüda... nv Aavagracıv, das letzte s. oben. 

2. Matritensis nationalis 4717 (früher O. 39) saec. 16, 
ff. 550 (33,6 > 23,2), enthält den gleichen Kettenkommentar 
zu den gro[sen Propheten wie Matrit. 4671, nämlich f. 1—293 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 363 


zu Is (inc. mit dem Basiliusprolog ’Enedr Kara xpövoug), 
f. 294—389r zu Jr, f. 389"—-395r zu Bar, f. 395’—407’ zu den 
Klgl, f. 407"—409 (sic) zum Jeremiasbrief, f. 410-485’ zu Ez, 
f. 486—550 zu Dn. Lauter Breitkatenen. Matrit. 4717 
stammt aus der gleichen Vorlage wie Matrit. 4671, 
weil er die gleichen oben angegebenen Lücken im Eingangs- 
prolog (vgl. im 4717 f. 1), vor Jr 36, 32 (f. 368”—369”r), vor 
Jr 51, 25 (f. 387"sq), zu Dn 7, 4 (f. 522”, hier mit dem 
Des. tig YPavracias, Eneiön Yap fivika Ttaurng) und andere 
gemeinsame Muttermale hat. Direkt kann keiner vom andern 
herstammen, weil jeder dem andern gegenüber einiges Plus 
hat. Matrit. 4717 ist die bessere und vollständigere 
Abschrift, vollständiger namentlich deshalb, weil er die im 
Matrit. 4671 bei 38, 2 abgerissene Ezechielkette bis zum Ende 
weiterführt; f. 4487 Nıveun) kataotpaproetaı, AAAA HETAVONdavTag 
€dEZato ... des. f. 485” mit dem langen Oüx Erreıdr) Erepov ... TÜV 
ölwv aitoüvrag (Doxol.). Hier fehlen alle Namen. 

3. Escorialensis Y. II. 12 (olim III. H. 14 und III. H. 9), 
ein Pergamentcodex saec. 10 mit 326 Blättern (25,3 x 18,6), 
enthält f. 1—324” die zwei ersten Bücher der Is-Katene 
des Johannes Drungarius, d.i. zu Is 1—42,9. Die Schrift, 
die schönste Altminuskel, ist senkrecht und hängt von den 
(41) Zeilen herab. Die Wörter ohne Zwischenraum, vielfach 
auch ohne Akzente. Die Spiritus haben die eckige Form. 
Jota subscriptum fehlt. Formell eine Rahmenkatene ohne alle 
Rubriken. Die Namen, meist ausgeschrieben, innerhalb der 
Zeile. Am Rande nur die Zahlenbuchstaben. Der Bibeltext 
in grölserer Schrift. Die Namenliste der zitierten Autoren 
auf dem Vorsatzblatt und f. 1 (von späterer Hand) ist un- 
vollständig. Das erste und die vier letzten Blätter sind fleckig 
und etwas zerfressen, aber doch fast noch ganz leserlich. In 
der Mitte ist der Codex gut erhalten, am Kopfe ist er 
leider verstümmelt: Inc. Tfg nmpopnreiag Toü deoneciov .... 
ta vonnara (vgl. meine Proph.-Cat. 46 192—196); dann ein 
Basiliusprolog ’Ereidr, xat& xpövoug, bricht f. 17 mit ouykata- 
menkeyuevwv ab, dann zwei leere Papierblätter, und f. 4 inc. 


364 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


Baonkeiouv- x’ ’Anödeifiv Tg Toü Beoü. Von der Johannes- 
kette sind also hier Prolog 1, 3 zum Teil, 4, 5 und die 
ersten 35 Scholien verloren gegangen; vgl. Chis. R. VIII. 54 
f. 88’—93, Ottob. 452 f. 62—64. Das letzte (Theodoret-) 
Scholion unseres Escor. Kaıva Toig... einov buivi zu Is 42, 9 
ist genau das Endzitat des 2. Buches der dreigeteilten Johannes- 
kette2; vgl. Chis. £ 195, Ottob. f. 115 und Proph.-Cat. 47£. 
Dieses Explicit ist also nicht auf Korruption in der Über- 
lieferung zurückzuführen, sondern vom Schreiber beabsichtigt. 

Durch den Escor. Y. II. 12 wird die Joh.-Katene zu Is um 
einen kostbaren Zeugen reicher; in wenigstens sieben Hss des 
10. und 11. Jahrhunderts vertreten, hat sie nunmehr eine ganz 
vortreffliche handschriftliche Grundlage Am nächsten, näher 
als den Römern Chis. R. VIII. 54 saec. 10, Ottob. 452 saec. 11, 
Vat. 755 saec. 11, steht unser Spanier dem Pariser 155 
saec. 103. Mit diesem bildet er den Römern gegenüber eine 
engere Familie. Die beiden haben zwar den originalen Um- 
fang der Joh.-Katene um einige Scholien gekürzt, müssen aber 
doch für Neuausgaben zu Rate gezogen werden. Die wert- 
vollsten Joh.-Zeugen sind und bleiben die römischen Hss. 

4. Matritensis Palatinus 43 (olim VII H. 3), eben- 
falls eine alte Pergamenths, saec. 11, früher Eigentum des 
Bartholomäuskollegs in Salamanca (laut Aufschrift f. 1 und 12), 
mit 406 Blättern (30,4><20,7). Inhalt: Die Is-Katene des 

i Diese Escorialhs ist also die Mutter des Engländers Oxon. Collegii 
novi 41 saec. 16, der auf das Wort genau das gleiche Incipit, die gleiche 
Lücke zwischen ouykatanenkeyuevwv und 'Anödeıkıv, und das gleiche Desinit 
einov Öuiv zu Is 42, 9 hat. 

2 Die Einteilung der Joh.-Katene in 3 Bücher tritt in diesem Spanier 
viel deutlicher hervor als in den römischen Vertretern. Vor dem 2. Buch 
wird sogar f.167 Prolog 1 wiederholt: "Nonep rs BißAou ... TA vornarta, dann 
die Überschrift: Tüv eis TÖV TpopNTnv “Hoaiay rapaypaponevwv BıßAlov ß’. 

® Im Vergleich mit meinen Stichproben (Proph.-Cat. 204 ff) hat der 
Escor. folgende bemerkenswerte Varianten: Is 26 f. 203—204”: 1 und 2 
umgestellt. OeodwWpou ‘Hp.] Beodwprtou. 3-6 <. 8 uev (h<) mdvrwv. 
9 Evo. Karo. Pnoı) pacı. diaoWoaodaı] dıacwoaı. 10 dei] dn. 14<. Is 30 
f. 232— 234: 3 napedwoav] naped6uncav. 8 BaßuAwvious. 9 5 Beöc. 11 <. 


17 drı re ndvm] örı navri. 22 Aatpeiaıs. Mehrfach also auffallende Com- 
munia mit Paris. 155, von dem Lietzmann, Catenen 72f Proben gibt. 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 365 


Johannes Drungarius in der längeren Rezension der römi- 
schen Hss. Inc. KepdAaıa ‘Hoaiou, dann die fünf Prologe (Proph.- 
Cat. 46 f), danach f. 11” einige fremdartige Einlagen von anderer 
Hand. Die Kette des. npeoßeiag navrwv Tüv Aylwv°’ ’Aunv. 
Darunter schwer leserliche Unterschriften. Breitkatene; die 
Namen innerhalb der Zeilen. Matrit. Pal. 43 ist ein 
Brudercodex zu den Römern Chis. R. VILI. 54, Ottob. 452, 
Vat. 755, weil er, von Dittographien und andern gemeinsamen 
Eigentümlichkeiten abgesehen, f. 253—262 ursprünglich die 
gleichen Lakunen zu Is 34ff aufweist, die ich in meinen Proph.- 
Cat. 4f 7 43 an den drei Römern als Erbstücke von einer 
gemeinsamen Mutterhs erwähnte; später wurden in der Madrider 
Palasths die Lakunen genau wie im Chis. mit anderer Tinte 
aus einer andern Quelle ergänzt. 

5. Matritensis Palatinus 17 (olim VILD.4) saec. 16. 
Papier. fi. 439 (30,5 >x< 20,2). Zur Geschichte der Hs die Notiz 
f.1: D. epi Civitatensis. f. 1—221 der einfache Isaiaskommentar 
des hl. Basilius (ed. Migne 30, 117—668), der bekanntlich nur 
bis Is 16, 14 reicht; als Fortsetzung dieser Isaiasexegese 
f. 221"—391"r ein fragmentarisches Exzerpt aus der 
Johanneskatene zu Is 17,1—45,161. Das erste Scholion: 
Beodwpntou. "laws dv tig... Apxäs Anyonaır (vgl. Ottob. 452 
f. 88”); das letzte: "Onwg de... naprüpıa napiornoı zu 45, 16. 
Die Vorlage des Matrit. Pal. 17 enthielt die gekürzte (Pariser) 
Redaktion der Johanneskatene, die hier noch mehr gekürzt 
wird und überall die Spuren nachlässiger Komposition an sich 
trägt. Solch wertlose Kettenstücke aus dem 16. Jahrhundert 
kann die Katenenforschung ferner getrost unbeachtet lassen. 

6. Escorialensis Y. III 14 (früher VI. A. 10? und 
IV. A. 4) a. 1572 enthält auf 494 Blättern (20,7x14,7) den 
katenenartigen Kommentar Prokops von Gaza zu Is 
1—29,1. Überschrift von erster Hand £. 1: Zuvaßpoıcıs ATd 


ı Varianten zu meinen Proben S. 204f zu Is 26: 1 und 2 umgestellt 
und ohne Namen. 2 &ni Ms vis. 3—7 fehlen. 8 Lemma Oeodwpftov. 
des. un &vasımowamn. 9 biacWwoaocdaı] diacwoaı. 10 und 11 fehlen. 
12 Lemma Beodwpitou. Yap<. des. äuaprdvovrac. 13 Name <. des. iarpol. 


366 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


dıapöpwv EEnynoewv TTpokoriou xpıorıavoü (sic). Eig TÖV TTPOp. 
“Hooiav. Inc. TIpoofniov‘ TIpopiirns 6 npopäaokwv ... Des. 
fragmentarisch f. 494 zu 29, 1: Tpopr) Toig &k rWv dVo Aawv. 
Ed. Migne 872, 1817—2252C. Unterschrift ib. ’EAkınts nv 10 
teAog Imo TAG Apxanöıntos. “Yno "Avdpeou Aapuapiou elÄnpe 
Tepua obv Bew Tob ’Emidaupiou Ev TW Ereı apoß' louAA a’ &ve- 
tiale. Vgl. meine Proph.-Cat. 78ff. 

Mit Ausnahme der letztgenannten gehen also sämtliche 
Katenen Spaniens zu Is bzw. zu den vier grolsen Propheten 
auf den Typus des Johannes Drungarius zurück. Das nähere 
Verhältnis der Spanier zur Originalkatene und zu den aulser- 
spanischen Johanneszeugen läfst sich in folgendem Stemma 
veranschaulichen: 


Johanneskatene zu Is 


I. Madrider Gruppe I. Pariser Gruppe IH. Römische Gruppe 
ui V.9 Paris. Escor. Matrit. Chis. Ottob. Vat. Matrit. 
155 T.IH.ı2 Pal.ı7 R.VIIIL64 402 755 Pal.43 


Matrit. Matrit. 
4671 4717 





/\ 


Oxon.Coll.n. Paris. Vat. 
41 159 1153 


Vat.Pii1l8 Angel.117 

In Worten: Das Hss-Material der Johanneskette lagert 
sich in drei Überlieferungsschichten. Decrescendo, auszugsweise 
ist sie in Gruppe I überkommen, die von den zwei Madridern 
4671 saec. 16 und 4717 saec. 16, zwei Brudercodices, gebildet 
wird und vielleicht mit der Niketaskatene des Laur. V. 9 
saec. 11 (s. 0. S. 362) identisch ist. Etwas weniger gekürzt, aber 
immer noch decrescendo ist die Johanneskatene in Gruppe II 
enthalten, vertreten durch Paris. 155 saec. 10 (Lietzmann, Ca- 
tenen 71ff), durch den gleichalterigen Escor. Y. IL. 12, dessen 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 367 


direkter Nachkomme der Oxforder Coll. novi 41 saec. 16 ist, und 
durch den Matrit. Pal. 17 saec. 16. Am vollständigsten und 
getreuesten wird die Johanneskatene in III, in der römi- 
schen Gruppe, überliefert. Die ältesten Vertreter dieser 
Gruppe, die drei Römer Chis. R. VIII. 54 saec. 10, Ottob. 452 
saec. 11, Vat. 755 saec. 11, und der Spanier Matrit. Pal. 43 
saec. 11 gehen sämtlich. auf die gleiche Vorlage zurück (vgl. 
meine Proph.-Cat. 7 42f). Von dem Chis. leiten Paris. 159 saec. 
13—14 (S. 203f Anm.) und Vat. 1153 saec. 12—13 (S. 10—12) 
und durch des letzteren Vermittlung auch Vat. Pii 18 saec. 16 
und Angel. 117 saec. 16 (S. 20f 43f) ihre Abstammung her. 


VIIL Katenen zu ntl Büchern. 


Die spanischen Bücherbestände sind auffallend arm an 
Evv-Katenen: zu Markus bieten sie gar keinen, zu den drei 
andern nur einen einzigen Kettenkommentar. Auch an Epistel- 
katenen finden sich nur zwei Mss. Im ganzen fand ich zu ntl 
Büchern folgende Typen in folgenden spanischen Hss': 

1. Die Mt-Katene des Niketas von Heraklea in 
zwei sich ergänzenden Pergamentcodices des 12. Jahrhunderts, 
Matrit. nat. 4739 (früher O. 62) mit 281 Blättern (30,2 21,2) 
und Matrit. nat. 4740 (früher N. 140) mit 289 Blättern in 
gleichem Format. Die Teilung geht mitten durch die Exegese 
von 11, 25: 4739 expl. KupidXou ’AkeE. 'Evraüdıa TO... Exwv 
ovowödWs; 4740 inc. Zopoüg Evraüdı ... evxapıcrei pncı Die 
Kette beginnt: "Eder uev Nnäs... Xpıioroü Evdiarpiyaı und 
endet 4740 f. 289": Toü Xpuoootöuou‘ Ob HET’ Ekeivwv HÖ- 
vwv... drolauowuev Ev Xpiorw (Doxol.). Die Schrift ver- 
rät Sorgfalt. f. 1, teilweise auch 1” und 2, sind retouchiert; 
sonst sind die beiden sehr gut erhalten. Formell Breitkatenen. 
Rubriziert nur die Namen und die Initia. Die Namen ohne 


ı Escor. X. III.3 wird man kaum zu den Katenen rechnen können, 
Er enthält f. 1—32Y (dieser Teil saec. 12) den Text der Apostelgeschichte 
(des. mut. xwAücar dU sic = 10, 47), von einem anscheinend einfachen 
Kommentar umrahmt. Nur einmal (f. 5) wird der Name Chrysostomus 
und dreimal ein äAkog zitiert. 


368 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


Abkürzungen teils am Rande, teils in der Zeile. Am Anfang 
viele Anonyma. Späterhin werden zitiert: Athanasius, Basilius, 
Clemens (4740 f. 47. 53), Cyrill Alex., Dorotheus, die drei Gregor 
(Nyssenus, Theologus, Thaumaturgus), Johannes Chrysostomus 
(mit dem Löwenanteil), Johannes Damascenus, Irenäus (z. B. 
4740 f. 51"), lIsaias der Aszet, Isidor, Makarius, Markus der 
Mönch, Maximus, Nilus, Titus von Bostra. In ihren Codd. 
4739 und 4740 besitzt die Madrider Nationalbibliothek einen 
der ältesten, vollständigsten und besten Zeugen der 
Matthäuskette des Niketas. Jedenfalls wird man für künf- 
tige Teilausgaben diese zwei, vielleicht sogar als Kronzeugen, 
heranziehen müssen. Auch die Gesamtausgabe dieses Typus 
durch Corderius wird nach ihnen, namentlich in den Lemmata, 
zu verbessern sein!. 

2. Die Lk-Katene des Makarius Chrysokephalus 
in dem Matritensis Palatinus 27 (olım VIL B. 2) saec. 16 
f. 1— 346”. Im ganzen ff. 394 (29,6 >< 20,2). Stammt aus der 
bischöflichen Bibliothek von Segovia. Inc. ohne eigene Über- 
schrift: Evayrelıkwv dıavorav Pnuatwv Xpucortpakog ... f. 27 
Aöyog a’ Evayyelıov ... des. f. 346”: eupndeinuev rävtes Ev 
avrw XpıorWw (Doxol.). Schriftform der Breitkatene. Rubra 
nur am Anfang. Die Namen in Sigeln schwarz am Rande. 
Zu dieser Makariuskatene vgl. J. Sickenberger, Titus von 
Bostra 47—50. 

3. Der Corderiustypus zum Johannesevangelium 
in dem Matritensis nationalis 4673 saec. 16 f. 262— 542”. 
Allgemein ist die Hs bereits oben S. 154 beschrieben. Über 
Genesis und Autor der Kette fehlt jede Angabe. Als Über- 


ıi Über die Mt-Katene des Niketas vgl. J. Sickenberger, Titus 
von Bostra 51—54. Von Lietzmann (Catenen 82f) wird sie als Typus IV 
registriert. Man kennt bisher als Seniores nur zwei Hss saec. 12: Marc. 
1.61, der aber schon Mt 9, 8 abreifst, und Paris. 202. Im Vergleich mit 
letzterem (Stichproben zu Mt 9, 32ff bei Lietzmann, Catenen 82f) hat 
unser Spanier 4739 f. 239—241” nur folgende Varianten (in Nr 1—9): 
8 Fpnyopiov BeoAöyov. 5 des. erayyeiXeodaır Bacıkeiav. 6 Bea (dE nor <) kai. 
9 öpyavov] öpyava. Sehr ferne können sich also die zwei Niketaszeugen 
der französischen und der spanischen Nationalbibliothek nicht stehen. 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 369 


schrift nur: Edayyekıov xarda ’Iw’. Inc. ’luavvou Er. Kwvot. Toü 
Xpvo. Evayyeklıa xadoüvt Av... napadeintar TO evaryyeAXö- 
uevov. "Aliws* Aöyos AtayreAiwv . . . TO TTPOTdOKWueEevov 1. 
Das letzte Scholion: 'Rpıy&vous‘ Ob yüp uövov ApıduW ... 
evayrelıoroö 'Iwdvvou (Doxol.).. Corderius 474f. Im Wesen 
ist die spanische Jo-Katene mit dem von Corderius edierten 
Typus identisch, trotzdem sie einige Male Plus, andere Male 
Minus hat?. Übrigens hat der Corderiustypus mit der Cramer- 
schen Jo-Katene so viele Scholien in gleichem Umfang und 
Wortlaut gemeinsam, dals zwischen diesen beiden sicher ein 
genetisches Abhängigkeitsverhältnis besteht. 

4. Von einer Katene zu den ntl Briefen liegt der 
gleiche Typus zweimal vor: 

a) im Escorialensis Y. Il. 1 (früher V. ©. 3, VIL.f.7 
und II. ©. 2) saec. 14. Bombycin. ff. 298 (30,3 x 23,4). Die 
Hs ist durch Feuchtigkeit beschädigt. Zu dem Kommentarstück 
über die Ps s. o. S.351f Anm. Auf einem Vorblatt: ’Einynoig 
dıapöpwv eis nacag TAg EmiotoAds. Auf einem andern Vor- 
blatt von einer Hand saec. 16 eine Tliva£ der Hs; ebendort 
eine ungenaue Namenliste der Scholiasten. Anfang ver- 
stümmelt: Das lesbare Incipit von f. 1 autW kai rpoGeXeuoTt£ov; 
erster Text f. 17 Röm 7, 22, dazu: "Eow dvApwrov TOV Voüv... 
xao’ AuWbv emreixionacn (Inc. = Cramer IV 202). Die einzelnen 
Epistelkatenen: Röm des. f. 40"; 1Kor f. 41-927; 2 Kor 
92—1287; Gal 129—144’; Eph 144’—161’; Phil 1617—173v; 


ı In der Ausgabe (Catena Patrum graecorum in S. Ioannem ... nunc 
primum in lucem edita... a B. Corderio S. J., Antverpiae 1630) S.1. Hier 
ein zweites aAAwc-Scholion. Von den Eingangsnummern des Corderius 
fehlen in unserer Hs überdies 6—12 und 19. Corderius scheint auch bei 
dieser Edition die Scholien seiner Quellenhs mehrfach umgestellt, anders ge- 
teilt oder verbunden, bereichert, kurz mit grolserWillkür behandelt zu haben. 

32 Numeriert man die 13 Scholien des Corderius S. 301—304 zu Io 
12, 1—8, so wären sie, um ihre Ordnung und Gestalt im Matrit. 4673 
f. 419Ysqq zu erhalten, also zu ordnen und zu ändern: 1 (inc. 'Iwdvvou‘ 
Kai us @ikoı de ai). 8. 5 (Aunwviou mpeoß, Ob gaveig ebdüs ...). 4. 2. 7. 
6. + ’Auuwvlou- ’Ev Tdfeı Yap... tAnpoDv Töv xdouov. 8. Oeod. ‘Hp. 9 (6 <). 
10 (dE <). + ’Anolıvaplou Töv oiktov TÜV... . Anootölwv EdriAwoav. 


Cramer II 324. 11+12. 13 des. twv rrwyxWv. 
Biblische Zeitschrift. I. 4. 24 


370 Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 


Kol 173’—182; 1 Thess 182—191; 2 Thess 191—196; 1 Tım 
196—208°; 2 Tım 208’— 216°; Tit 217—221; Phm 221’— 222°; 
Hebr 222’—233° (des. TIpog ‘Eßpaious ... oOtixor wn’); Jak 
233’—242 (inc. infra); 1Petr 242—250°; 2 Petr 250’—255; 
1Jo 255-264; 2Jo 264”; 3 Jo 264’—265 (Bibeltext ohne 
Erklärung); Jud 265 —268 (des. eiköva rrapd trv Beiav Beuevog). 
Rubra fehlen. Der heilige Text durch <am Rande gezeichnet. 
Die Namen in Sigeln am Rande. 

b) im Escorialensis &. L 5 (früher IV. ©. 7, IH. 16, 
III. A. 5 und I I. 13) saec. 16. 399 Blätter im Formate 
34,6 x 23,7. Auf dem Vorblatt: &£nynois dlapöopwv eig Tracag 
tags EmotoAag. BıßAlov EAkeıntes. Beginnt fragmentarisch 
mit oüpavov Baka0cav° 6 Yüap oUpavöv Pncıv Ööpwv Ev8uundr- 
oeraı zu Röm 1,20. Die Röm-Katene des. f. 63°; 1 Kor 64—122°; 
2 Kor 122166; Gal 166—188; Eph 188— 211”; Phil 211— 229; 
Kol 229—240°; 1 Thess 240’—253’; 2 Thess 253’—260°; 1 Tim 
261—278‘; 2 Tim 278’—289°; Tit 239"—296; Phhm 296—297°; 
Hebr 298—347 (des. TIpog ‘Eßpaious ... dia Tıuoßeou); Jak 
347’—359; 1 Petr 359’— 372; 2 Petr 372 —378°; 1Jo 379— 391°; 
2Jo 391’—392°; 3 Jo 392’—393; Jud 393’—397’ (des. wie a). 
Die Liste der xepakaıa ist hier von der ünößencıg, die jeder 
Kette voransteht, getrennt (anders in Y. IL. 1). Die Namen 
rot am Rande. Escor. £. I. 5 zeigt viele Lakunen: Wort- 
und Zeilenlücken f. 9 10 22 24 29 33 108’ u. a. Ganze 
Seiten und Blätter sind unbeschrieben zwischen f. 7° (des. 
dnoßWwv dfıov) und 9 (inc. dıa yap vönov), f. 19 (des. uäAAov 
Nneis oi) und 22 (inc. doing‘ xadwg), f. 34” (des. TOÜ Jwriipog) 
und 37 (inc. npoZevei oOtepavwv), f. 38” (des. Oapkög Aöyw) 
und 40° (inc. tw yap BouvAnuanı), f. 176 (des. ToÜ rpayuaTtog) 
und 177 (inc. npocet&#n). Auch f. 308—343° sind leer. Diese 
Lücken bilden ebensoviele Merkmale zur Bestimmung der 
nächsten Verwandten des Codex. 

Ich gebe zu diesem Typus einige Stichproben, aus 
denen sich zugleich intime Beziehungen zu den von Cramer 
edierten Katenen, für die katholischen Briefe noch mehr wie 
für die paulinischen, erkennen lassen: 


Faulhaber, Die Katenenhandschriften der spanischen Bibliotheken. 371 


I. Anfang der Kette zu 2Cor: 

1. Yrnödeong ... Taurnv Emotella And ... EmmAdctoig TTP0O- 
tideodaı (= bmößecıg + kepäkaıa Cramer V 345—347), 

2. Oeodwprtou. Ti dntote... Trpög dpernv (Cramer 346). 

3. Ayloug autoüg ... TAG Tpooprioewg (Cramer 348), 

4. EvAoynrös 6 Beög... Kai deonörng (aus Cramer 348f). 

IL Anfang der Jakobuskette: 

1. Tü xepdaima tig EmortoAfs. TTepi brrouovig... tepi dAndelag 
(Cramer VIII 1—34 passim). 
2. Toig And TWV dwdera ... ATOTTOAOG Ypapeı. 
3. Aconös yap TIg &orıv... TEAeıov Ayeı (Cramer 4+5). 
III Die 2Jo-Kette besteht aus nur zwei Ringen: 
1.”H npög &xkAnoiav.... nveunarıkWg (Cramer VIII 146). 
2. ’Eav tig Ayand ... releiwoeı ttapavounv (mit Plus Cramer 

147). 

In beiden Spaniern sind ganze Briefe, wie 1 Thess, Tit, 
Phm, Hebr, 3Jo, Jud, ohne Namen. Der jüngere 2.15 
ist im Lemmatisieren der Scholien etwas genauer. Zu den 
Paulusbriefen bilden Johannes Chrys., Theodoret und Oku- 
meniusi den Fundus der Kette. Es werden zitiert?: Athana- 
sius (1Kor, 2Petr), Basilius (1 Tim, 1 Petr), Cyrill (p k), 
Dionysius (1 Kor), Didymus (1 Petr), Eusebius (1 Kor, 1 Petr), 
Gennadius (p), Gregor (1 Kor), Hesychius (Jak, 1 Petr), Ignatius 
(1 Petr), Johannes Chrysostomus (p k), Isaias (Röm), Maximus 
(1 Jo), Ökumenius (p), Origenes (Jak, 1 Petr), Severianus (p k), 
Severus (p k), Theodor (1. 2Kor), Theodoret (p). Die Er- 
forschung der Epistelkatenen steht noch ganz am Anfange; 
sie schreien nach einem Spezialforscher. 


! In der Philipperkette wird Theodoret und Ökumenius je einmal, 
zu Eph nur Ökumenius genannt. 

2 Ein beigefügtes p oder k will sagen, ob der Autor zu den pauli- 
nischen oder zu den katholischen Briefen zitiert wird. Vermutlich müssen 
nämlich die Katenen nach diesen beiden Kategorien getrennt unter- 
sucht werden. 





24* 


Chronologie des Apostels Paulus 
von seiner Bekehrung bis zur Abfassung des 
Galaterbriefes (37—5”7 n. Chr.). 


Von Rektor a. D. Joseph Aberle in Breslau. 
IT (Schlußs). 


ls den Ort, wo der Streit zwischen den pharisäisch gesinnten 
Ankömmlingen aus Judäa und Paulus und Barnabas ent- 
brannte und die letzteren beiden nach Jerusalem gesandt wurden, 
bezeichnet Lukas ausdrücklich Antiochien; Paulus aber nennt 
den Ort, von wo aus er 14 Jahre nach seiner Bekehrung nach 
Jerusalem mit Barnabas hinaufging, nicht. Doch kann dieser 
Ort kein anderer gewesen sein als Antiochien; denn nach der 
Apostelgeschichte wirkte Barnabas gemeinschaftlich mit Paulus 
immer nur in dieser Stadt. Ebenso wird die Vorgeschichte 
des Streites wieder nur von Lukas (Apg 15, 1—4) ausführlich 
erzählt; Paulus hingegen ignoriert sie gänzlich, nicht als hätten 
diese Vorgänge sich kurz vor dem Gal 2,1 Erzählten nicht 
ereignet, ihn bewog vielmehr ein anderer Grund, sie nicht 
zu erwähnen: jene erregte Szene, die er und Barnabas mit 
jenen Ankömmlingen in Antiochien zu bestehen hatten, mochte 
wohl dem Historiker Lukas einen geeigneten Stoff zur Bericht- 
erstattung abgeben, dem Apostel Paulus für den Zweck seines 
Galaterbriefes aber unbrauchbar erscheinen. Hier bedurfte 
er vielmehr scharfer Waffen, um die „falschen Brüder“, die 
das Ansehen seines Evangeliums und seines Amtes in den 
galatischen Gemeinden zu erschüttern suchten, energisch zu 
entlarven. Durch Erwähnung jener Szene, bei der der Streit 
zumal unentschieden blieb, hätte er dies nicht erreicht, wohl 


Aberle, Chronologie des Apostels Paulus etc. 373 


aber, wenn er den Galatern schreibt, wie er unter den Augen 
der Apostel im Kampfe mit den „falschen Brüdern“ den 
doppelten Siegespreis errang, nämlich 1. die bedingungslose 
Anerkennung des Titus als vollberechtigtes Mitglied der Kirche 
und 2. die Anerkennung der Wahrheit seines Evangeliums 
seitens der Apostel in Jerusalem, der zufolge diese ihn mittels 
Handschlages in den hehren Chorus Apostolorum aufnahmen. 

Von diesem das Ansehen des Weltapostels unter den 
galatischen Gemeinden stärkenden Akte erwähnt Lukas in 
seinem Konzilsberichte zwar nichts; dennoch aber ist aus der 
Situation, die der Galaterbrief zeigt, ersichtlich, dals er nur 
auf dem Konzile stattgefunden haben kann. 

Nach Lukas’ Berichte war der Streit, der in Antiochien 
mit den pharisäisch gesinnten Ankömmlingen aus Jerusalem 
ausgebrochen war, die Ursache, warum Paulus mit Barnabas 
nach Jerusalem hinaufreiste; nach dem Galaterbriefe wurde 
diese Reise veranlalst durch eine dem Paulus zu teil gewordene 
Offenbarung. Doch läfst er den ursprünglichen Grund zu 
dieser Reise durch den Gebrauch der Worte rois dokoücıvy, 
Tolg dokoüvrag, womit er auf die damals in Jerusalem gerade 
anwesenden Apostel hinweist, unzweideutig durchblicken. Solch 
eine minderwertige Bezeichnung für seine hohen Amtsgenossen 
kann Paulus, der gleich darauf die Auszeichnung, die ihm durch 
die Offenbarung zu teil geworden sei, nennt, unmöglich selbst 
erfunden haben. Solche Bezeichnungen müssen aus dem Munde 
solcher Leute gekommen sein, die sich dem Paulus feindlich 
gegenüberstellten, seiner Missionspraxis unter den Heiden die 
Gültigkeit absprachen und sich auf die Judenapostel in Jeru- 
salem als „die Geltenden“ beriefen, die immer nur das Evan- 
gelium der Beschneidung predigten. Paulus, dem durch frühere 
Offenbarungen und Visionen sein Beruf zum Verkündiger der 
Wahrheit des Evangeliums, durch das die Heiden ohne Be- 
schneidung und Gesetz des Heiles teilhaft werden sollten, zu- 
gesichert war, konnte vor diesen Widersachern keinen Augen- 
blick im Zweifel sein über den göttlichen Ursprung und die 
Rechtmäfsigkeit seines Heidenapostolates; aber um dem Vor- 


374 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


wurfe der Gegner, dals er ins Leere laufe, dals seine Predigt 
ungültig sei, die Spitze abzubrechen, entschlielst er sich zur 
Reise zu den Aposteln in Jerusalem. Dieser Reise zum Apostel- 
konzile, der dritten des Paulus nach Jerusalem, mus also der 
Streit mit den „falschen Brüdern“ vorangegangen sein, der 
die Ursache war, warum er die Reise unternahm. Die Offen- 
barung, der zufolge er sich dazu entschlofs, ist wohl nur aus 
denselben Gründen ergangen, die er in seiner Rede Apg 22, 21 
anführt. Er zögerte, den Streit, den er vor Gott entschieden 
wulste, vor seinen Mitaposteln entscheiden zu lassen; hierzu 
ermahnte ihn erst die Offenbarung. 

Dafs jenes Separatübereinkommen zwischen Paulus und 
Barnabas einerseits und den Säulenaposteln anderseits sich 
in die Verhandlungen auf dem Apostelkonzile sehr wohl ein- 
fügen lasse, ergibt sich aus einer Betrachtung über den Gang 
der Begebenheiten, wie ihn uns die Berichte der beiden bib- 
lischen Quellen vorführen. 

Nach dem Wortlaute dieser beiden Quellen wurden beide 
Abgeordnete der Antiochener in Jerusalem von der ganzen 
Gemeinde, den Aposteln sowohl wie von den Ältesten und 
übrigen Christen, empfangen. Die Verhandlungen, die auf einen 
bestimmten Tag festgesetzt worden waren, gruppieren sich deut- 
lich in drei verschiedene Teile und lassen sich erkennen als: 

1. Die Vorträge. Paulus legt ihnen, d.h. der gesamten 
Gemeinde, insbesondere aber den Aposteln, das Evangelium 
vor, das er den Heiden verkündige. Es scheint dies den theo- 
retischen Abschnitt der Vorlage zu bilden; denn nach Lukas’ 
Bericht (Apg 15, 4) verkünden Paulus und Barnabas, wie viel 
Gott durch sie (unter den Heiden) getan hatte; sie berichten 
hiernach über die Ausführung des an sie ergangenen Auftrages 


ı Mit Recht falst Schäfer in seinem Kommentar zum Galaterbriefe 
die Worte Gal 2,2 unmwg eig xevöv Tpexw f} Edpauov als Frage auf, die 
der Apostel seinen Widersachern, den „falschen Brüdern“, entgegenhält, 
da dieselben ihn bei den galatischen Christen zu verdächtigen suchten, 
als predige er auf eigenen Kopf hin, als laufe er ins Leere, ohne jemals 
auf Anerkennung seines Apostolates und seines Evangeliums seitens der 
Urapostel rechnen zu können. 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37”—57 n. Chr.). 375 


der Predigt unter den Heiden und über den grolsen Erfolg 
derselben. Dieser Abschnitt behandelt die praktische Seite 
unseres 1. Punktes. 

2. Die Disputationen. Der Erfolg des ersten Teiles 
war vor der Versammlung ein überaus grolser. Titus, den 
Paulus mitgebracht hatte, um zu erproben, ob ihn, den un- 
beschnittenen Heidenchristen, die judenchristliche Mutterkirche 
als vollberechtigt anerkennen werde, wurde nicht gezwungen, 
sich nachträglich beschneiden zu lassen. Das war ein harter 
Schlag gegen die Widersacher des Paulus, die „falschen Brüder“, 
die von Antiochien, wo sie seine Missionspraxis bisher aus- 
gekundschaftet und die von ihm Bekehrten zur Beschneidung 
hatten zwingen wollen, nach Jerusalem mit heraufgekommen 
und in der Versammlung auch zugegen waren. Sie sind es, die 
nun den Streit aufs neue beginnen. Beide Quellen, die des 
Lukas wie die des Paulus, erwähnen ausdrücklich diesen 
Streit. Sein Ergebnis ist 

3. Die Konferenz zur Beschlulsfassung und das 
Dekret. Diesen Abschnitt berichtet nur Lukas (Apg 15, 7—29) 
ausführlich, wogegen Paulus uns (Gal 2, 9) den hochwichtigen 
Akt in der Sonderverhandlung zwischen ihm und Barnabas 
und den Säulenaposteln überliefert, worin diese, Jakobus, 
Kephas und Johannes, nachdem sie in den Vorverhandlungen 
gesehen, dals dem Paulus das Evangelium an die Heiden 
anvertraut worden sei, und die Gnade erkannt hatten, die ıhm 
hierzu von Gott gegeben war, den Paulus (und Barnabas) 
mittels Handschlags als Heidenapostel anerkannten. 

IV. Ort und Zeit der Abfassung des Galater- 
briefes, Die Adressaten. 

Unterliegt es nach unsern bisherigen Ausführungen keinem 
Zweifel, dals die Berichte in Apg 15, 1—29 und Gal 2, 1—10 
denselben Gegenstand behandeln, der zu gleicher Zeit, d. h. 
i. J. 51 auf dem Apostelkonzile entschieden wurde, so kann 
der Galaterbrief, dessen Verfasser sich auf den Akt der Auf- 
nahme ins Apostelkollegium beruft, nur nach dem Jahre 51, 
also nach dem Apostelkonzile geschrieben worden sein. 


376 Aberle, Chronologie des Apostels Paulus von seiner Bekehrung 


Die Apostelgeschichte, welche jetzt die Hauptquelle für unsere 
Bestimmung des Ortes und der Zeit für die Abfassung dieses 
Briefes ist, berichtet aus der Zeit nach dem Konzile über die 
weiteren zwei Missionsreisen, die der Heidenapostel in die 
Landschaften Kleinasiens und in die Gebiete des europäischen 
Orients unternimmt. Auf seiner 2. und 3. Missionsreise war 
er in Galatien und gründete auf jener die Gemeinden, an die 
er seinen Brief später richtete. 

Erst nach seinem zweiten Aufenthalte in diesen Gemeinden, 
also während seiner 3. Missionsreise, müssen die „falschen 
Brüder“ ihr Zerstörungswerk, wodurch sie diese Gemeinden 
von Paulus abtrünnig machen wollten, begonnen haben. Um 
sie davor zu behüten, schrieb der seeleneifrige Apostel ihnen 
seinen Galaterbrief, worin er seine Apostelwürde und die 
Wahrheit seines Evangeliums ihnen durch unwiderlegbare Tat- 
sachen vor die Seele führt. In der Zeit, als er das zweitemal 
von ihnen abgereist war, befand er sich in Ephesus, wohin er 
nach unserer Berechnung, die wir in einem späteren Artikel 
bringen wollen, i. J. 54 n. Chr. kam. In dieser Hauptstadt der 
Provinz Asien wirkte er nach Apg 20, 31 drei Jahre hindurch, 
also bis z. J. 57 n. Chr.; im Verlauf der ersten zwei Jahre ent- 
sandte er den Timotheus nach Korinth; bald darauf schrieb er 
seinen 1. Korintherbrief. In diesem Briefe macht Paulus die 
Korinther darauf aufmerksam, dals er während seiner (letzten) 
Anwesenheit bei den Galatern dieselben angehalten habe, eine 
Sammlung für die arme Muttergemeinde in Jerusalem unter sich 
zu veranstalten (1 Kor 16, 1), und wir können daraus, dals er 
von Störungen des Friedens und der Einigkeit daselbst nichts 
erwähnt, schliefsen, dals in dem Zeitmomente, wo Paulus den 
1. Korintherbrief schrieb, i. J. 56 oder 57, die „falschen Brüder“ 
unter den galatischen Christen noch nicht aufgetreten waren. 

Der Brief an diese, wodurch den Zerstörungsversuchen 
jener entgegengewirkt werden sollte, kann also frühestens erst 
i. J. 57 n. Chr. geschrieben worden sein. 

In welchem Teile Kleinasiens hatten aber diese Galater, 
die Paulus ausdrücklich mit diesem Namen bezeichnet, ihre 


bis zur Abfassung des Galaterbriefes (37—57 n. Chr.). 377 


Wohnsitze? Prof. Weber sucht durch eine reiche Fülle scharf- 
sinnig ausgewählter Beweisgründe klarzustellen, dals die Adressa- 
ten des Galaterbriefes jene Gemeinden waren, die Paulus auf 
seiner 1. Missionsreise vor dem Apostelkonzile gegründet hatte, 
und die denjenigen Teil der damaligen römischen Provinz Ga- 
latia bewohnten, den nicht die eigentlichen Galater bevölkerten, 
sondern den die griechischen Lykaonier im südlichen Teile der 
Provinz, die sog. Südgalatier innehatten. Gegen diese wegen 
ihrer gründlichen Entwicklung gewils hochzuschätzende Hypo- 
these erheben sich m. E. gewichtige Gründe, die sowohl die 
Apostelgeschichte als auch der Brief angibt. 

In der Apostelgeschichte werden 19, 1 diejenigen Gegen- 
den, die Paulus auf seiner 3. Reise, ehe er nach Ephesus 
sich wandte, T& avwrepıka uepn, d. h. die oberen, höher ge- 
legenen Gebiete von Galatien, wo die eigentlichen keltischen 
Galater wohnten, genannt. 

Dafs diese Gegenden in der Tat über 100 m höher liegen 
als der an das Taurusgebirge grenzende südliche Teil der 
römischen Provinz Galatia, ist durch gelehrte Forscher hin- 
reichend nachgewiesen worden. Ferner ruft Paulus seinen 
Galatern jene Opferwilligkeit ins Gedächtnis zurück, die sie 
ihm bei seiner ersten Anwesenheit bezeugsten. Solchen Helden- 
mutes, den der Apostel Gal 4,15 an ihnen rühmt, sind nur 
Menschen fähig, denen es von Natur und vermöge ihrer Er- 
ziehung und Sitten gegeben ist, nicht fein erzogene Griechen, 
sondern naturwüchsige Kelten. An solche ist der 
Galaterbrief gerichtet. 


ı Suetonius, Claudius 25, zeigt, wie sehr z. Z. des Galaterbriefes 
noch der Hang zu grausamen Handlungen den Galliern innewohnte; 
ebenso Caesar, De bello Gallico 6, 13—14. Dafs die kleinasiatischen Galater 
ihren Stammesgenossen in Gallien in diesem Naturell nichts nachgaben, 
ergibt sich aus der Rede des Königs Mithridates d. Gr. von Pontus bei 
Justinus, Hist. 38,4. Galatische Typen aus der pergamenischen Zeit 
veranschaulichen uns noch heute antike Bildwerke, so „Der sterbende 
Galater“ im kapitolinischen Museum und „Der tote Galater‘“ im Museum 
zu Venedig. Abbildungen davon bei Springer, Handbuch der Kunst- 
gesch. I, Leipzig 1898, 209. 


Das Comma Ioanneum (1 lo 5, 7) 
im 16. Jahrhundert. 


Von Prof. Dr. Aug. Bludau in Münster i. W. 


(Schlufs.) 


eumann! berichtet, dafs die Bibliothek zu Wittenberg noch 
zu seiner Zeit das Handexemplar der Vulgata (ed. Froben, 
“ Bas. 1509. Fol.) aufbewahre, in dem Luther 1Jo 5, 7 mit einem 
Obelisk bezeichnet habe; nach Wetstein? steht das apophthegma 
Lutheri in einer Vulgata, die in Leipzig aufbewahrt wird. 
Joh. Gerhard erinnert in einem Brief vom 27. Mai 1630 an 
Hoe? an ein Bibelexemplar Luthers auf der Jenenser Biblio- 
thek, das von Luthers Hand zur Stelle die Bemerkung habe: 
„In coelo non est testimonium sed clara visio“. Wie mir Herr 
Dr. K. Müller, Direktor der Universitätsbibliothek zu Jena, 
freundlichst mitteilte, befindet sich die Notiz auf dem inneren 
schmalen Rande einer Wittenberger Ausgabe des NT Luthers 
vom Jahre 1540. 

Spätere haben gegenüber den Angriffen, die wegen Aus- 
lassung der Stelle gegen Luther erhoben wurden, als habe er 
„amore Wiclefi, incuria, ignorantia artis criticae, temeritate, 
malitia, odio Trinitatis“+ die Stelle fortgelassen, diesen in 


ı Praef. in Luth. com. in I Ep. Ioh. 

2 Proleg. II 722. 

3 Der Brief ist abgedruckt in Io. Gerhardi Vita, Lips. 1727, 541. 

4 Palm, De cod. 137f; Buddeus, Isagoge historico-theologica, Lips. 
1730, 1349; 8. z.B. Adam Tanner, Anatom. August. Contess. I, Ingolst. 
1613, 2, 8 24; B. Keckermann, System. Theolog. 44 (abgedruckt in 
Opp. Genev. 1614, II), der da meint: „Lutherum non posse nec deberi ex- 
cusari.“ 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 379 


Schutz genommen, wenigstens ihn zu entschuldigen gesucht. 
So antwortet Balthasar Raith! den Gegnern, Luther habe in 
seinem NT den Text, insoweit er gesichert war, liefern wollen, 
und er habe deshalb den Vers, der noch Zweifeln unterworfen 
war, wohl fortlassen können, da er nicht in allen Ausgaben stand, 
deren er sich bediente. Ähnlich Ägidius Hunnius, Christophor. 
Pelargus, Joh. Gerhard, Nikolaus Hunnius, Kettner?. Es bleibt 
auch Kölling? nur der Trost: „Lebte Luther jetzt, würde er 
es erleben, wie der hohe Artikel der Thrinität von seiner 
donnernden Höhe herabgestürzt ist, ... so würde er... 1 Joh 
6, 7 aufs eingehendste untersucht, sich in seine Tiefen hinein- 
gesenkt und die verlorene Perle aus der Tiefe gehoben und 
die Dreizeugenstelle dem jetzigen Geschlecht als ein Stück 
Felsengrund gezeigt haben.“ 

Die Ausgabe von 1545 sollte die Normalausgabe, gleich- 
sam das letzte Vermächtnis Luthers sein, „mit welcher auch 
alle teutsche Bibeln übereinstimmen müssen, wenn sie den 
Namen echt lutherischer Bibeln verdienen wollen“#. 

Aber schon 1546 erschien wieder eine Ausgabe mit Än- 
derungen, die jedoch nicht von Luther selbst, sondern von dem 
Korrektor Rörer herrühren dürften. Die Dreizeugenstelle findet 
sich bereits in einem im Jahre 1549 zu Wittenberg gedruckten 
deutschen Evangelien- und Epistelbuch und forderte den Protest 
Bugenhagens heraus. Die Warnung und Beschwörung Luthers 
und dieser Protest Bugenhagens bewirkten es, dafs die Stelle 
ein Menschenalter hindurch der deutschen Übersetzung Luthers 


ı Vindiciae Vers. germ. Lutheri, Tubing. 1676, 18. 

2 Aeg. Hunnius, Antipareus I, Francof. ad Moen. 1598, 131f. Pe- 
largus, Admonitio de Arianis recentibus eorumque blasphemis dogmatibus, 
Lips. 1605, 30 fl. Gerhard, Dissert. theolog. ex dieto Apostolico 1 Ioh 
6,7(ed.5), 13f. Nikol. Hunnius, Bedencken: Ob Lutherus ein Crimen 
falsiı mit Auslassung 1 Joh V,7 in seiner Bibel-Version begangen habe? 
Die Schrift steht bei Starck, Historia Eccles. Lubecens. V 950 ff; vgl. 
Palm, De cod. 141; Kettner, Hist. 17ö£. 

? Die Echtheit etc. 38. 

4ı H. Schott, Gesch. der teutschen Bibelübersetzung D. Martin 
Luthers, Leipzig 1835, 105. Bindseils Ausg. VIxv zzır. 

5 S. darüber weiter unten. 


380 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 


fern blieb. Über die Zeit, wann sie zum erstenmal in die 
Übersetzung Eingang fand, herrschen die verschiedenartigsten 
Meinungen. Nach K. Braune, Abbot, Luthardt, B. Weils! 
kennt die Lutherbibel unsere Stelle seit dem Jahre 1582; 
nach Rickli, Düsterdieck, Ebrard, Gloag? hat sie erst 1593 
ihren Weg in die lutherischen Bibeln gefunden; nach Ende- 
mann3 ist das Einschiebsel in die deutschen Bibeln erst seit 
1596 eingeschmuggelt worden. Nach den Angaben aber von 
Palm, Krafft, Goeze, Panzer, Mönckeberg, Schott! u. a. findet 
man die Stelle 1 Jo 5, 7 bereits in der Frankfurter Luther- 
bibel vom Jahre 1574 „in Verlegung Joh. Feyerabends von 
Paul Reffeler gedruckt“. Sie berufen sich dafür auf Kettner, 
der zuerst den Frankfurter Druck von 1574 erwähnt; die Aus- 
gabe selbst haben sie nicht eingesehen. Kettner jedoch ist in 
seinen Angaben nicht immer zuverlässig. Ich habe diese Aus- 
gabe nirgends auflinden können ®. 


ı K. Braune, Die drei Briefe des Apost. Joh. in Langes Bibel- 
werk. NTXV, 3. Aufl. besorgt von Arnold Braune, Bielef.-Leipzig 1886, 
4. Aufl. 1890, 144. Abbot, The Authorship of the Fourth Gospel 461. 
Luthardt, Die Briefe des Apost. Joh. in Strack-Zöcklers Kurzgef. 
Komm. IV2, München 1895, 261. B.Weifs, Die Johannesbriefe®, Göttingen 
1899, 143 Anm. 

2 Rickli, Joh. erster Brief, Luzern 1828, 40. Düsterdieck, Die 
drei joh. Briefe II, Göttingen 1852, 356. Ebrard, Die Briefe Joh., Königs- 
berg 1859, 363. Gloag, Introduction to the Catholic Epistles, Edinburgh 
1887, 305. 

3 Neue kirchl. Zeitschr. X (1899) 581. 

ı Palm a.a.0. 171. Krafft, Prodromus historiae vers. germ. Bib]., 
Hamb. 1714, 87. Goeze, Verzeichnis seiner Samlung 191f. Panzer, 
Entwurf einer vollständigen Gesch. der deutschen Bibelübersetzung D. M. 
Luthers v. J. 1517—15872, Nürnberg 1791, 493. Mönckeberg, Beiträge 
zur Herstellung des Textes der luth. Bibelübersetzung, Hamb. 1855, 152. 
Schott a.a.O. 159. 5 Hist. 222. 

° H. Pallmann (Sigmund Feyerabend, sein Leben und seine ge- 
schäftlichen Verbindungen: Archiv für Frankfurts Gesch. u. Kunst. N. F. 
Bd V1I, Frankt. 1881) erwähnt die Ausgabe nirgends. Joh. Adam Göz 
(Geschichtl.-liter. Überblick über Luthers Vorschule, Meisterschaft und 
vollendete Reife in der Dolmetschung d. heil. Schrift, Nürnberg u. Altdorf 
1824), der für die Zeit von 1546 bis 1581 24 Frankfurter Nachdrucke der 
vollständigen Bibel aufzählt (S. 215—221), beruft sich für die Ausgabe von 
1574 (S. 220) ebenfalls auf Kettner. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 381 


In der ersten Lutherbibel, in welcher die Verszählung 
eingeführt wurde, in dem Heidelberger Druck vom Jahre 1568 
in 40, steht wohl die Versziffer 7 am Rande, aber der Raum 
für 11/2 Zeilen ist daneben frei gelassen!. Auch in einer Frank- 
furter Ausgabe vom Jahre 1570 in 40 ist 1Jo 5, 7 wohl in 
dem lateinischen Text nach der Vulgata vorhanden, aber in der 
deutschen gegenüberstehenden Übersetzung fehlt die Stelle 
gänzlich, obgleich andere Veränderungen, welche die lutherische 
Übersetzung seit 1546 erfahren hat, Aufnahme gefunden 
haben2. Ich habe den Vers zuerst gefunden in einer aus der 
Bibelsammlung Lorcks stammenden Bibel3, welche 1576 zu 
Frankfurt a. M. gedruckt ist (Fol.) bei Christian Egenolffs 
Erben, „in Verlegung Doct: Adami Loniteri, Doct: Joannis 
Cnipiy, vnd Pauli Stemmeyers“. Der Text lautet: „Denn drey 
sind die zeugen im Himmel: der Vatter, das Wort, und der 
heilige Geist, und die drey sind beysammen.“ Auch in den 
Frankfurter Ausgaben* aus den Jahren 1577 in gr. 80 (durch 
Peter Schmidt in Verl. Sigmund Feyerabends), 1578 in 89, 
1593 in 40 findet sich 1Jo 5,7. Doch ward die Stelle längst 
nicht in alle Bibelausgaben aufgenommen. So fehlt sie in 
den bei Joh. Feyerabend gedruckten Bibeln aus den Jahren 
1578 Fol, 1580 Fol., 1581 Fol., 1582 in 8°, 15835; sie fehlt auch 
in der Ausgabe von 1594 und in der bei Joh. Sauer 1606 in 
Fol. zu Frankfurt gedruckten Bibel®. 

ı S. Panzer, Entwurf 500 557. — „Dafs Johann Sylvanus, der in 
Heidelberg 1572 enthauptet wurde, und der bekannte Adam Neuser die 
Aufsicht bey dem Drucke dieser Bibel gehabt und geflissentlich die Stelle 
1Joh 5, 7 zum Behufe ihrer Irrlehre in einigen Exemplaren weggelassen 
heben, ist ein blofses Vorgeben ohne Grund“ (Göz, Überblick 222; vgl. 
Nestle in Prot. Monatsh. 1902, 401ff). 

2 Rickli, Joh. erster Brief 40. 

3 Auf der Königl. Landesbibliothek zu Stuttgart. 

4ıS. Krafft, Prodr. 87; Schott, Bibelübersetzung Luthers 160. 
Kettner (Hist. 222) nennt als Frankfurter Ausgaben, in denen die Stelle 
steht: 1576 Fol., 1578, 1583 (Okt.) „tempore Hartmanni Beyeri Senioris“, 
1581 Fol. bei Christ. Egenolff’s Erben (vgl. Unsch. Nachr., 1711, 159). 

5 S, Goeze, Verz. 319; Göz a.a. 0. 221. 


6 Panzer, Gesch. der Nürnberger Ausgaben der Bibel, Nürnberg 
1778, 185. 








382 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


Unter den in Wittenberg gedruckten Ausgaben ist wohl 
die Quartausgabe des Zacharias Lehmann aus dem Jahre 1596 
die erste unter den obersächsischen, welche die Worte auf- 
genommen hat!; in der im Jahre 1594 bei Lehmann erschienenen 
fehlt die Stelle noch. Auch die niedersächsische Quartausgabe, 
bei Lorenz Seuberlich 1599 in Wittenberg herausgegeben, 
kennt die Stelle, doch steht sie hier in Klammern und mit 
lateinischen Kursivlettern gedruckt?. Die obersächsischen 
Ausgaben von Lor. Seuberlich aus den Jahren 1604 Fol., 1605 
in 40, 1606 Fol. enthalten ebenfalls den fraglichen Vers. Die 
niedersächsische Ausgabe von Seuberlich 1607 Fol. hat ihn 
wieder fortgelassen, wie er sich auch nicht findet in der 
zu Wittenberg 1607 Fol. durch Wolfgang Meilsner gedruckten 
in „Verlegung Zacharias Schürers und seiner Consorten®, 
„Diese beiden sind auch unter den Wittenbergischen die letzten, 
in welchen die Stelle fehlet.“3 Die bei Wolfgang Meilsner 
in Wittenberg 1609/10 erschienene Ausgabe hat bereits wieder 
die Stelle ohne alle Unterscheidungszeichen, ebenso eine neue 
Auflage der genannten Schürerschen Bibel, die 1612 aus 
derselben Druckerei hervorging*. Luthers Text blieben treu 
mehrere Hamburger Ausgaben aus den Jahren 1596, 1619, 
1620, wie auch die belgischen Übersetzungen, die zu Emden 
durch Corn. van Cohorst 1611, zu Amsterdam 1624, Harlem 
1624 erschienen5. Die Hamburger Biblia Wolderi 1596 ent- 
hält die Stelle, aber sie ist mit kleineren Buchstaben gedruckt. 
Der Vers steht auch in der deutschen Bibel Leipzig 1591 und 
in der Lutherbibel Neustadt a. d. H. 15917, ebenso steht er 
in der niedersächsischen Bibel „gedrucket tho Goßlar by Jo- 
han Vogt, In verlegginge Hans Sterne, Boeckhendlers tho 
Lüneborg“ 1614, aber er ist in kleineren Schwabacher Lettern 


ı Palm, De cod. xxıv. Goeze, Verz. 196 267. 

2 Goeze, Verz. 196 266. Lorck, Bibelgeschichte I, Kopenhagen 
u. Leipzig 1783, 372. 

3 Goeze, Verz. 196; vgl. 267. ı Goeze, Verz. 197. 

58. Rickli a.a. O. 40. 6 Palm a.a. 0. 172. 

? Palm a.a. 0. 173. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 383 


gesetzt!. Mit denselben kleineren Lettern ist er gedruckt in der 
niedersächsischen „Biblia. Dat ys de gantze hillige Schrifft, Sas- 
sısch. gedr. tho Gosslar, In Vorlegginge Joh. Andr. Hinrick, Fra- 
trum der Sternen, Boeckhendlern tho Luneborg“, 16212. Hingegen 
im niedersächsischen „Nye Testament Jesu Christi. Gedrücket 
tho Lübeck dorch Hans Witten“ (in 80%) vom Jahre 1615 und 
im niedersächsischen „Nye Testament gedr. tho Hamborch dorch 
Paul Langen 1619“ (in 8°) ist die Stelle wieder fortgelassen 3, 

Von andern Bibeln, welche die Stelle enthalten, nenne 
ich noch die des Elias Hutter, Nürnberg 1599, jene 1595 zu 
Herborn erschienene, gegen welche „mit Calvinischem Gifft 
beschmeiste Deutsche Bibel“ die Wittenberger Theologen eine 
„Trewherzige, Nottwendige vnd ernste Warnung an alle evan- 
gelischen Kirchen deutscher Nation“ (Wittenberg 1598) er- 
lieisen, und die sog. Piscatorbibel, die zuerst in Herborn 
1602—6 erschien. Panzer+ erwähnt noch aus diesem Zeit- 
raum eine 1616 in Nürnberg (verlegt bei P. Kaufmann) und 
eine daselbst 1628 bei Wolfgang Enders gedruckte Bibel, 
welche die Stelle in Parenthese haben. 

Seit dem Anfange des 17. Jahrhunderts ist die Inter- 
polation in zahllosen Ausgaben der Lutherbibel zu finden und 
zwar ohne jedes Zeichen eines Zweifelss. „Die Macht der 
Tradition war lange Zeit so grols, dafs die wenigsten Geist- 


ı Goeze, Verz. 268; ders., Historie der niedersächsischen Bibeln 
von 1470—1621, Halle 1775, 388 f, 

3 Goeze, Verz. 268; Historie 388 f. 

3 Goeze, Verz. 267; Historie 399 400. Über die Stelle in den 
holländischen Überselsungeh des lutherischen NT s. Goeze, Verz. 270 
271 273. Goeze (Historie 166) erwähnt eine Hamburger Ausgabe von 
Luthers Übersetzung aus dem J. 1523 (in 80), deren plattdeutscher Aus- 
druck in manchen Stücken von dem Ausdruck der niedersächsischen 
Wittenberger Ausgabe von 1523 abweicht und die berühmte Stelle 1 Jo 
5,7 vollständig enthält; s. Meyer, Gesch. der Schrifterklärung Il 258 n. 56. 
— Die Halberstädter in niedersächsischer Sprache 1523 gedruckte Bibel 
ist nach der Vulg. gefertigt und enthält unsern Vers; s. Baumgarten, 
Nachr. von einer Hallenser Biblioth. VII, St. 41 (1751), 388 f. 

4 Gesch. der Nürnberger Ausg. 184f 187. 

5 Vgl. etwa L. Mönckeberg, Tabellarische Übersicht der wichtig- 
sten Varianten der bedeutendsten gangbaren Bibelausgaben, Halle 1865, 26. 


384 Biludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


lichen eine Ahnung davon hatten, dafs die Stelle ursprünglich 
nicht zur Lutherbibel gehörte“, und viele Universitätsprofessoren 
„in gleicher Verdammnis“ waren!. — In der sog. Probebibel vom 
Jahre 1883 (Halle) sind die bestrittenen klein gedruckten Worte 
in eckige Parenthesen gesetzt, und unter dem Vers ist die 
Bemerkung, welche schon im „revidierten Neuen Test.“ vom 
Jahre 1870 (Halle) zu lesen stand, beigefügt, dals sie in Luthers 
Übersetzung fehlen und ihr erst später zugesetzt seien? In 
der „durchgesehenen“ Ausgabe, Halle 1892, sind die Worte 
ganz aus dem Text herausgeworfen, und der untere Rand der 
Seite enthält die kurze Anmerkung, dals die betrefienden 
Worte sich weder in den älteren Handschriften des griechi- 
schen Textes noch in Luthers eigener Übersetzung finden’. 
Werfen wir noch einen Blick auf die deutschen Bibeln in 
Schweizer Mundart. — In jener, die auf Betreiben des Freundes 
und Studiengenossen Zwinglis, Leo Jud (gewöhnlich Judä), in 
Anlehnung an Luthers Übersetzung zu Zürich bei Chrystoffel 
Froschower 1530 (8% gedruckt wurde#, steht 1Jo 5,7 im 
fortlaufenden Text, aber mit kleineren Lettern gesetzt; ebenso 
in der Folio-Ausgabe von 15315. Der Text lautet: „Dann 
drey seind die Zeugnuß geben im Himmel, der Vater das Wort, 
vnd der hailig gayst, vnnd die drey dienen in ayns.“ In andern 
Ausgaben, wie in denen aus den Jahren 1534, 1536, 1540, 1545, 
1552, 1554..., ist der Vers in Klammern eingeschlossen, so auch 
noch in der Ausgabe vom Jahre 1589 aus der Froschowerschen 
Ofiizin, der ersten schweizerischen, in welcher die Versteilung 
durchgeführt ist Aber schon die Froschowerschen Ausgaben 


ı Nestle in Prot. Monatsh. 1902, 402. 

28. W.Grimm, Kurzgef. Gesch. der luther. Bibelübersetzung, Jena 
1884, 59; Lagarde in Gött. Gel. Anz. 1885, I 57 ff. 

3 Kamphausen, Die berichtigte Lutherbibel, Berlin 1894, 28. 

+8. über die Ausgabe Mezger, Geschichte der deutschen Bibel- 
übersetzung in der schweizerisch-reformierten Kirche von der Reformation 
bis zur Gegenwart, Basel 1876, 74 Anm. 1; Goeze, Verz. 229ff; Panzer, 
Entwurf 260 ff. 

5 Rickli, Joh. erster Brief 38. 

6 Mezger a.a.0. 151. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 385 


von 1557 und 1560, 1561 lassen die Klammern weg!. Auch 
die Basler Ausgaben von Brilinger 1552, 1556 hatten den Vers 
ohne Klammern2, die in der Bibel des Andreas Gessner des 
Jüngeren vom Jahre 1554 (Zürich) noch zu finden sind? In 
der Ausgabe Froschowers aus dem Jahre 1535, in der die 
lateinische Übersetzung des Erasmus (ed. 5) neben der deut- 
schen steht, ist unsere Stelle in Klammern eingeschlossen. 
Die deutschen Übersetzungen der Bibel, die im 16. Jahr- 
hundert auf katholischer Seite publiziert wurden, haben alle die 
lateinische Vulgata zur Grundlage und enthalten demnach das 
Comma lJoanneum. Hier. Emser wollte, wie der Titel seiner 
Übersetzung anzeigt: „Naw Test. nach lawt der Christlichen 
kirchen bewerten text corrigirt vnd widerumb zu recht gebracht 
(Dresden 1527)“, keine selbständige Arbeit bieten!, sondern 
nur eine Verbindung älterer und neuerer Übersetzungen in 
kirchlich rechtgläubigem Sinn liefern, und benutzte auch die 
„neue Dolmetschung“ Luthers. Den Text hatte er mit zahl- 
reichen Randglossen versehen, die sich auf Auslegung und 
Übersetzung beziehen und teilweise polemisch gehalten sind. 
So lautet die Randbemerkung zu unserer Stelle: „Luther auff 
guth Arianisch teutscht dies wie folget: Und d. geyst ists, der 
da zeuget, das geyst warheyt ist. Darnach last er daz hym- 
lisch getzeugnis Vater Son vü hyligen geyst gar ausen. Das 
yrdische getzeugnis setzt er nympt yım aber den namen, das 
es yrdisch sey.“ Auch in der Bibel des Dominikaners Joh. 
Dietenberger (Köln 1534) und in der ganz verunglückten 


ı Rickli, Joh. erster Brief 383. Ebrard, Die Briefe Joh. 363 Anm. 
Nicht also erst 1597, in der Zeit, wo die Stelle als Beweisstelle in den 
Züricher Katechismus aufgenommen worden sei, sind die Parenthesen 
fortgefallen, wie Paulus (Die drey Lehrbriefe des Johannes, Heidelberg 
1829, 242) und Mezger (Bibelübersetzung der schweiz.-ref. Kirche 132) 
anzunehmen scheinen. 

2 S. Abbot, The Authorship of the Fourth Gospel 462. 

3 Goeze, Verz. 237: V. 7 nicht mehr „dienend in eyns“, sondern 
„sind eins“, aber V. 8 noch „dienend in eins“. Mezger a.a.O. 146. 

ıS. Janssen, Gesch. des deutschen Volkes seit dem Ausgang des 
Mittelalters VII !-12, Freib. 1893, 561 ff; bes. Lindmeyr, Der Wortschatz 


ıin Luthers, Emsers und Ecks Übersetzung des Neuen Test., Strafsburg 1899. 
Biblische Zeitschrift. I. 4. 25 


386 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert, 


Bibel Ecks (Ingolstadt 1537) lesen wir die Stelle Der vor- 
treffliche Kölner Pfarrer Kaspar Ulenberg (7 1617) hatte die 
Dietenbergersche Übersetzung stark überarbeitet in gewissen- 
haftem Anschluls an den von der Kirche gutgeheilsenen Text 
der Ausgabe Sixtus’ V. Seine Arbeit erschien zu Köln 1630. 
Von den Mainzer Theologen (Köln 1662) verbessert, erschien 
diese Bibel gewöhnlich unter dem Titel „Catholische Bibel“ 
oder „Mainzer Bibel“, so dafs sie in dieser Gestalt als die 
eigentliche deutsche Bibel der Katholiken betrachtet werden 
kann. Schon 1526 hatte ein Speierer Kanonikus, Jakob 
Beringer, es unternommen, Luthers Übersetzung des NT mit 
wenigen, fast nur dialektischen Änderungen versehen in 
katholische Kreise einzuführen? (Stralsburg 1526). Es finden 
sich nur die Worte des V. 8: „Den drey seind die da zügen, 
der geist, vü das wasser, vnd das blüt, vü die drey seind 
eines.“ 

Für das niederdeutsche Sprachgebiet veröffentlichte der 
Karmelit Nikolaus Blanckart 1547 zu Köln eine nach der 
Vulgata korrigierte Verdeutschung der ganzen Heiligen Schritt, 
in der unser Vers ebenfalls vorhanden ist. 

Es sei gestattet, noch auf einige Übersetzungen der Bibel 
in moderne Sprachen, welche im 16. Jahrh. gedruckt wurden, 
die Aufmerksamkeit hinzulenken. Jene Übersetzungen in die 
romanischen Sprachen, welche dem Vulgatatext folgen, z. B. 
die französischen von Jacques Le Fevre von Etaples (Paris 1524 
bei Simon de Colines), die Löwener (1550), die italienische 
von Nicolö di Malherbi (Venedig 1471), oder die polnischen, 
wie die Übersetzung Leopolitas (Krakau 1561) und die Wujeks 
(Krakau 1593), kommen für unsere Untersuchung nicht weiter 
in Betracht, sondern nur diejenigen, welche auch den Grundtext 
berücksichtigen. 


ıS. Wiedemann, Johann Eck, Regensburg 1865, 619. Die Eck- 
sche Bibel 1537 ist nicht in Ingolstadt gedruckt, sondern der dortige 
„Buchführer“ Jörg Krapff liels bei Alex. Weilsenhorn in Augsburg sie 
herstellen ; s. E. Schröder in Gött. Gel. Anz. 1900, 276. 

2 S. Panzer, Entwurf 331f. Serapeum XV (1854) 333 ff. 


Bludau. Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 387 


Ein Vetter Calvins, Pierre Robert, bekannter unter dem 
Beinamen Olivetanus, hatte eine Bibelübersetzung ins Fran- 
zösısche aus dem Grundtext unternommen, die 1535 von Pierre 
de Wingle (Pirot Picard) in dem Dorfe Serrieres bei Neuchätel 
in Fol. (4 vols.) gedruckt wurde!. Die Stelle 1Jo5, 7 ist 
übersetzt wie in der franz. Antwerpenschen Bibel 1530, einer 
Neuauflage jener 1523/4 bei Simon de Colines erschienenen. 
Sie lautet: „Car il en ya trois qui donnent tesmoingnage au 
ciel: le pere, la parolle et le sainct esprit et ces trois sont 
ung.“ Am Rande jedoch hat Olivetan die Bemerkung gemacht: 
„Diese Stelle fehlt in vielen alten griechischen und lateinischen 
Exemplaren.“ — Auch die gründlich durchgearbeitete Revision, 
welche 1588 die Genfer Geistlichkeit (la Venerable Compagnie) 
erscheinen liefs, hat den Vers. Die Übersetzung des Rene 
Benoist (Paris 1566) stimmt grölstenteils mit der Genfer Über- 
setzung überein. 

Der Florentiner Antonio Bruccioli behauptete, in seiner 
italienischen Übersetzung des NT (Venedig 1530 u. ö.) auch 
auf den Grundtext zurückgegangen zu sein, in der Tat folgt 
er aber der Version des Pagnini. Er kennt die Stelle. In 
dem Nuovo Commento ... tom. VII (Venedig 1544) macht 
er die Bemerkung zur Stelle: „Non e assai esemplari greci: 
appare essere aggiunto in margine, da qualche uno, il quale 
non vidde, per la acqua significarsi la celeste dottrina, per 
sangue la redemptione & per lo spirito la virtu & amministra- 
tione divina.“ In den Ausgaben des NT von dem Dominikaner 
Zaccaria 1542 und von Domenico Giglio 1551, welche beide zu 
Venedig erschienen, lesen wir die Stelle, ebenso in der Über- 


ı S, Rosenmüller, Handbuch für die Literatur der bibl. Kritik 
und Exegese IV, Göttingen 1800, 406. Urt. u. Übers. 191f. In der 
franz. Bibelübersetzung der Waldenser stand die Stelle in der Form: 
„Trois choses sont qui donnent tesmoing au ciel, le pere le filz et le sainct 
esperit, et ces trois sont une chose“; vgl. die Ausgabe Lyon 1521 (Fol.), 
CLXIVb. Das Komma stand auch im Glaubensbekenntnis der Waldenser: 
„Il yen a trois qui rendent t&moignare au ciel, le Pere, le Fils et le 
S. Esprit, et ces trois sont un“; s.J. Leger, Histoire generale des eglises 
evangeliques des valldes de Piemont ou Vaudoises, Leyde 1669, 50. 

25* 


388 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


setzung aus dem Griechischen des ehemaligen Benediktiners 
Massimo Teofilo (Lyon 1551), die von Philipp Rustici (Genf 
1560) revidiert und von Beza und Des Gallars (Genf 1562) 
nochmals durchgesehen wurde, wie auch in der verbreitetsten 
Übersetzung des Predigers und Professors zu Genf Giov. Diodati 
(Genf 1607). 

Die spanischen Übersetzungen !, wie die von Francisco de 
Enzinas (Antwerpen 1543), von Juan Perez (Venedig — d.i. 
Genf — 1556), die von Cassiodoro de Reina (Basel 1569), 
gehen sämtlich auf den Grundtext ihrer Zeit zurück; sie ent- 
halten die Stelle. 

In der ersten gedruckten englischen Übersetzung des NT 
von William Tindale vom Jahre 1526 ist der Vers mit anderer 
Schrift gesetzt. Ich begnüge mich damit, über die weiteren 
englischen Übersetzungen das Urteil Ormes2 anzuführen: „In 
the greater number of the editions of the English translation 
from Tindale to the Bislop’s Bible in 1568, the passage is 
printed either in a different character from the text, or en- 
closed in brackets, to intimate, that ıt was found in the Latin 
Vulgate, but not in the Greek text.“ In der Liturgie jedoch 
wurde die Stelle schon unter Heinrich VIII. und Eduard VI. 
und nachher unter Elisabeth verlesen3. Sie steht im Prayer 
Book (1549) in der Epistel zum Sonntag nach Ostern. Das 
sog. „Rheims Testament“ oder „Douay Bible“ der Katholiken 
vom Jahre 1582 ist nach der damals gebräuchlichen Vulgata 
gefertigt und enthält die Stelle. 

Die schwedische Gustav-Wasa-Bibel vom Jahre 1526 und 
die 1541 vom Erzbischof Laurentius Petri (F 1577) mit Hilfe 
der Brüder Olaus Petri und Laurentius Andreä ausgearbeitete 
Übersetzung, welche im wesentlichen die Kirchenbibel Schwedens 


ı Rosenmüller a.a. O. 284 ff. 

2? Memoir of the Controversy respecting to the three heavenly 
Witnesses 1 John V.7, Lond. 1830; 3th ed. with notes and an appendix 
by Ezra Abbot, Boston 1875, 9. 

3S.Joh.Selden, De Synedriis veterum Hebr., ed. ultim. Amstelod. 
1679, 94. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 389 


bis in die neuere Zeit geblieben ist, enthalten ebenfalls die 
Dreizeugenstelle!. 

In dem NT „aus der griechischen Sprache in die pol- 
nische“ übersetzt, das der Prediger Joh. Sieklucki (Seclutianus) 
in Königsberg 1551/2 herausgab, ist die Stelle vorhanden. 
Auch die polnische Brester oder Radziwillsche Bibel (Brest- 
Litewski 1563), die sich nach Angabe der Übersetzer nach 
dem griechischen Grundtexte richtet, hat 1 Jo 5,7 zwar nicht 
ausgelassen, sondern nur eig TO Ev eiorv übersetzt mit: „a (i 
trzey na iedno Sie zgadZaig“ („und diese drei sind auf eins ein- 
stimmig“, in unum consentiunt), aber der neue Bearbeiter der- 
selben, der Socinianer Simon Budny (Druck 1572 in Nieswie2), 
hat den Vers ganz weggelassen und bemerkt dazu in „Obrona“ 
zu seiner Verantwortung, dals die Stelle in Luthers lateinischen 
und deutschen Übersetzungen vom Jahre 1526 (Fol.) und 1523 (8°) 
auch nicht stehe2. Die Budny-Bibel wurde durch den Socinianer 
Martin Czechowic verbessert (Rakow 1577); sie enthält eben- 
falls unsere Stelle, am Rande aber findet sich die Notiz: 
„w starych greckich ksiegach niemasz tego calego w. 7“ (d.h. 
in alten griech. Büchern steht der ganze V. 7 nicht). In dem 
Nowy Testament w Rakowie (drukowat Seb. Sternacki) 1606 
4°, herausgegeben przez niektöre slugi slowa Bozego ... (Val. 
Schmalz) steht die Stelle ohne einschränkende Bemerkung. 
Wujek in seiner Ausgabe (ed. 1599, p. 1452) sucht in einer 
Anmerkung die Echtheit zu verteidigen, wobei er sich beruft 
auf die kirchliche Liturgie, Oyprian, Athanasius, Hyginus, 
Hieronymus, Idacius (Eugenius); die Stelle sei besonders gegen 
die Arianer und Samosatener gerichtet. 

In den böhmischen nach der Vulgata gefertigten Über- 
setzungen, welche im 16. Jahrhundert gedruckt wurden, steht 
das Comma Ioanneum, auch in der in Prag 1549 im Verlag 


ı Über die Quellen (Erasmus, griech.-lat.; Luther; Vulg.) s. E.Stave, 
Om källorna till 1541 ärs öfversättning af Nya Testamentet, Upsala 1896 
(Skrifter utgifna af Kongl. Humanistiska Vetenskaps-Samfundet IV 2). 

2 Vgl. Sylvius Wilh. Ringeltaube, Gründliche Nachricht von 
Polnischen Bibeln, Danzig 1744, 268, 


390 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


von Melantrich, eines Schülers von Melanchthon, erschienenen 
Bibel, die nach dem griechischen Text revidiert ist1. In dem 
ersten Druck des slavischen NT Ostrog 1580 und in der 
Prachtausgabe der ganzen Bibel ebd. 1581 fehlt das Comma. 


IV. Die protestantischen und katholischen Theologen. 


Wenn wir untersuchen wollen, welche Stellung zur Echt- 
heit des Comma Ioanneum die katholischen und lutherischen 
Theologen des 16. Jahrhunderts einnahmen, so beginnen wir 
am besten mit den Anhängern Luthers, da diese in der ersten 
Hälfte des 16. Jahrhunderts ihrem Meister in der Bestreitung 
der Echtheit unserer Stelle gewöhnlich Folge leisteten. 

Philipp Melanchthon, der Begründer der lutherischen 
Dogmatik, „der Humanist, welcher der evangelischen Kirche 
ihre Theologie und ilır Bekenntnis geschaffen hat“2, hat in 
den ersten Ausgaben seiner Loci communes aus den Jahren 
1521 ff die spezifisch theologischen Lehrstücke von der Einheit 
und Dreieinigkeit Gottes, der Gottheit des Sohnes und des 
Heiligen Geistes übergangen. Später gaben ihm die anti- 
trinitarischen Lehren einiger Täufer und namentlich die des 
Servet Veranlassung, die betreffenden Punkte in die Bearbeitung 
der Loci von 1535 mit aufzunehmen. Seit der Zeit hat er 
auch 1 Jo 5, 7 zum Beweise für den Heiligen Geist verwandt, 
wenn er sie auch den andern Beweisstellen in der vorsichtigen 
Form anreiht: „quibus addam et illud 1 Iohan. 5: Tres sunt qui 
testimonium perhibent in coelo - Pater Aoyog et Spiritus sanctus 
et hi tres unum sunt.“ 


ı S. Baumgarten, Nachrichten von einer Hallenser Bibliothek I, 
6. St., Halle 1748, 475ff; Kettner, Hist. 219, 

2 Seeberg, Die Stellung Melanchthons in der Geschichte der Kirche 
und der Wissenschaft?, Erlangen 1897, 20. 

38. Joh. Haufsleiter, Melanchthons Loci praecipui und Thesen 
über die Rechtfertigung, in: Abhandlungen, Alex. v. Öttingen zum 
70. Geburtstag gewidmet, München 1898, 247; Th. Kolde, Die Loci 
communes Philipp Melanchthons in ihrer Urgestalt nach G. L. Plitt>, 
Leipzig 1900, 62 Anm. Über die Entwicklungsgeschichte des Werkes 
s. Bindseil, C. Ref. XXI 66ff; die drei Hauptausgaben sind die von 
1521, 1535 und 1543. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 391 


Er scheint also die Stelle für echt angesehen zu haben, 
zumal wenn eine Angabe Gottscheds auf Wahrheit beruht. 
Thom. Carlyle nämlich erzählt in seiner „Geschichte Fried- 
richs II. von Preufsen“ ! folgendes: Gottsched vermochte den 
König über einen Punkt zufrieden zu stellen, dals nämlich die 
berühmte Stelle aus dem Johannesevangelium (!): „drei sind, 
die zeugen“ nicht in dem berühmten Manuskript der Wiener 
Bibliothek anzutreffen sei, denn Gottsched selbst habe jenen 
wichtigen Codex gesehen und in dem Text nichts von besagter 
Stelle gefunden, sondern nur an den Rand geschrieben eine 
leserliche Einschiebung derselben von Melanchthons Hand. 

Zwingli, der sich der ersten Erasmischen Ausgabe des 
NT bediente?, hat die Worte völlig ignoriert in seiner Expo- 
sitio in 1 Ioh. per Megandrum ab ore eius excepta et edita?, 
ebenso in einem Brief an Camander und Baling zu Chur, ge- 
schrieben am 1. März 1527, in welchem er die ganze Stelle 
(1Jo. 5, 4—8) paraphrastisch erklärt. 

In der Confessio Helvetica (posterior) $ 3 wird unsere 
Stelle nicht unter den Beweisstellen der Trinitätslehre auf- 
geführt 5. 

Auch Joh. Ökolampadius hat in seinen Predigten über den 
ersten Johannesbrief6 unsere Stelle übergangen, und Heinrich 
Bullinger, Zwinglis Nachfolger, hat in seinem 1529 zu Zürich 
erschienenen Kommentar über unsern Brief? sich gegen die 
Echtheit erklärt. Zunächst bemerkt er, dafs V. 8 nicht de 
unitate trinitatis handle, denn jene Worte, welche in gewissen 
Exemplaren stehen, seien vom Rande in den Text eingedrungen: 


1 Deutsch Berlin 1869, V 161. Welches die Handschrift ist, vermag 
ich nicht zu sagen. 

2 S.Rickli, Joh. erster Brief 34; die Minuskel Paul. 56 der Züricher 
Bibliothek ist eine von Zwingli im Jahre 1517 gefertigte Abschrift des 
Erasmischen Druckes von 1516. 

3 Opera Zwinglii ed. Schuler-Schulthess VI, Turici 1838, 338. 

4 Opp. VIII 34. 

5 Augusti, Corpus librorum symbol., Lipsiae 1846, 8. 

6 In epist. Ioannis Apost. catholicam primam homiliae, Basil. 
1524, 84a ff. 

? In ep. Ioannis brevis et catholica expositio, Tiguri (1529) 1549, 103. 


392 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


„Adnotavit id forsan sciolus aliquis... Fecit itaque ex aqua 
patrem, ex sanguine filium, sed ex spiritu personam spiritus 
sancti.“ Im übrigen verweist er dann auf die Annotationes 
des Erasmus. — Bullinger übergeht die Stelle auch in seinem 
Compendium religionis christianae !. 

Calvin hat in seiner Institution Chrestienne 1.3, c.1, Il 
die Stelle 1 Jo 5, 7. 8 zusammengefalst und ausgelegt: „Car 
comme sainct Jean nous allegue trois tesmoins au ciel, le 
Pere, la Parolle et l’Esprit: aussi il en produit trois en terre, 
l’eau, le sang et l’Esprit.“?2 Er scheint also damals kein Be- 
denken gegen die Echtheit gehegt zu haben. In seinem 
Kommentar zum ersten Johannesbrief3lälst er es unentschieden, 
ob die Stelle für echt anzusehen sei oder nicht, obgleich 
ihm der Zusammenhang durch dieselbe nicht gestört scheint. 
Hieronymus glaube zwar, dals eher aus Bosheit als aus 
Irrtum die Stelle ausgelassen sei und zwar von den Lateinern, 
aber da auch die griechischen Hss nicht übereinstimmen, wage 
er nicht, etwas Sicheres darüber zu behaupten. „Quia tamen 
optime fluit contextus, si hoc membrum addatur, et video in 
optimis et probatissimis fidei codicibus haberi, ego quoque 
libenter amplector.* Aber er ist doch im Zweifel und will die 
Stelle nicht gegen Arianer und Photinianer als Beweis an- 
führen: „quia non omnes forte lectionem hanc recipient, quae 
sequuntur, perinde exponam ac si Apostolus hos solos in terra 
nominasset testes.“ Was dann die Auslegung betrifft, so be- 
zieht er die Worte „tres unum sunt“ nicht ad essentiam, sondern 
ad consensum, „ac si diceret, patrem, et aeternum sermonem 
eius, ac spiritum, symphonia quadam Christum pariter appro- 
bare“. In der Bible Francaise de Calvin steht die Stelle. 


ı Compendium relig. christ. a puro dei verbo depromptum, quo 
omnia ad salutem necessaria breviter, perspicue et absque contentione 
traduntur, Bas. 1556, Tiguri 1598, 21f; deutsch: Summa Christenlicher 
Religion, Zürich 1558, 26. 

2 Corp. Ref., Brunsv. 1887, XXXII. Opp. Calv. IV 3. 

3 Corp. Ref., Brunsv. 1896, LXXXIII. Opp. Calv. LV 365. 

ıS. Bible Francaise de Calvin par Edouard Reuss, II: Livres du 
Nouv. Test., Brunswick 1897. Opp. Calv. LVII 616. Für die Mehrzahl 


Bludau, Das Comma Joanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 393 


Kölling! ist aber im Irrtum, wenn er glaubt, Calvin habe 
nirgends ein Bedenken gegen die Echtheit der Dreizeugenstelle 
geäulsert, sondern die Authentizität und Integrität als fest- 
stehend betrachtet. 

Ein entschiedener Gegner unserer Stelle war Joh. Bugen- 
hagen. In seiner Auslegung des Propheten Jonas?, die er 
erst nach Luthers Tode herausgab, bittet er im Vorwort alle 
Drucker und gelehrten Männer, dals sie diese Stelle um der 
Wahrheit und der Ehre Gottes willen auslassen sollen und so 
dem griechischen Text seine ursprüngliche Reinheit und Unver- 
sehrtheit zurückgeben, wie es schon die Achtung vor dem ver- 
storbenen Erasmus erfordere. Der Vers sei nämlich „praeter 
contextum et praeter sententiam et rem quam agit illic Ioannes“ 
hinzugefügt. Er soll, wie Hieronymus bemerke, gegen die 
Arianer beweiskräftig sein, aber in Wirklichkeit bestätige er 
nur die Blasphemie der Arianer: der Vers sei deshalb eher 
von den Arianern ausgedacht und in den Text hineingebracht 
worden. Denn wenn Vater, Logos und Heiliger Geist so eins 
seien, wie Geist, Wasser und Blut eins seien, haben die Arianer 
gesiegt. Die Stelle setze nur eine Einheit der Übereinstimmung, 
nicht des Wesens fest. Wir mülsten Erasmus dankbar sein, 
dals er in seinen Anmerkungen auf die Unechtheit der Stelle 
hingewiesen habe. Nur in einer griechischen Hs stehe der 
Vers, in vielen alten lateinischen fehle er. Hieronymus sei 
wohl der Urheber dieser additio gewesen, wie sein Prolog zu 
den katholischen Briefen lehre. Erasmus habe nicht recht 
gehandelt, wenn er aus der einen griechischen Hs, die er für 
verdächtig hielt, den Vers aufgenommen habe. 

Es ist auffallend, dals Michael Servet, „der Märtyrer des 
Antitrinitarismus“3, welcher den ersten systematischen und 


der Bücher liegt der Text Olivetans, der 1546 bei Girard in Genf erschien, 
dieser unter Calvins Beteiligung veranstalteten Ausgabe zu Grunde. 

ı Die Echtheit etc. 39. 

2 Jonas propheta expositus, Vuittembergae 1550, praef. p.d. 8. 

3 Möller-Kawerau, Lehrbuch der Kirchengeschichte III2, Freib. 
1899, 428. 


394 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 


allseitig durchgeführten Angriff auf die herrschenden trinita- 
rischen und christologischen Vorstellungen unternahn, in seinen 
Schriften die Stelle nirgends behandelt!. In der von ihm be- 
sorgten und korrigierten lateinischen Bibel des Sante Pagnino 
1542?, die er auch im NT mit einzelnen Randglossen versah, 
steht die Stelle olıne jede Bemerkung. 

Im Jahre 1528 liels der exzentrische französische Mönch 
Lambert von Avignon (Serranus), der sog. Reformator Hessens, 
in Marburg Libri VII Exegeseos in venerandam D. Iohannis 
apocalypsım erscheinen, wo er im Prooem. fol. 2b auch auf 
1 Jo 5, 7 zu sprechen kommt: „quem locum palam est quidem 
non sic ad verbum esse in quibusdam exemplaribus (sc. Erasmi 
al.), verum in graecis vetustissimis est et ego ipse in meo 
vetustiori habeo“. Man könnte bei den letzten Worten an 
eine griechische Hs denken, aber die Erklärung hierfür gibt 
er selbst gegen Ende der Vorrede, wenn er sagt: „porro quoties 
leges in hoc opere aliquid de vetustiori aut vetustioribus exem- 
plaribus, de praescriptis (in acad. complut. cusis) intellige.“ 
Lambert zeigt also keine Bedenken gegen die Echtheit der 
Stellee Anders der Schauspieldichter und Pfarrer Thomas 
Naogeorgus (Kirchmair), welcher in seiner 1544 erschienenen 
Erklärung des ersten Johannesbriefes3 die Echtheit unserer 
Stelle leugnet. „Ego locum istum“, so lauten seine Worte 
(S. 128b f), „propter alterius sententiae similitudinem ab aliquo 
adiectum existimo, non a Ioanne scriptum.* Die Stelle sei doch 
nicht von so grofser Bedeutung! Denn wenn sie echt wäre, würde 
Johannes hier gar nicht handeln de personarun trinitate oder de 
divinitatis unitate, Lehren, die anderswo mit genügender Klar- 
heit vorgetragen werden, sondern nur zeigen, durch welche 


ı S. H. Tollin, Das Lehrsystem Mich. Servets II, Gütersloh 1878, 
146f. Servet hat „trinitarische Ansätze* in Mt 28, 19 und 1Jo 5, 7 
gefunden. Düsterdieck (a. a. O. 356) irrt, wenn er sagt, Servet habe die 
Unechtheit der Worte behauptet. 

2 Bihlia sacra ex Santis Pagnini tralatione, Lugd. 1542; s. über die 
Ausgabe Goeze, Fortsetzung des Verzeichnisses seiner Samlung 139 ff; 
E. F. K. Rosenmüller, Handbuch IV 1731. 

3 In primam D. Iohannis epist. annotationes, Francof. 1544, 128. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 395 


Zeugnisse erwiesen und erklärt werde, dals Jesus sei der Sohn 
Gottes. Auch könne er es nicht verstehen, für wen das Zeug- 
nis im Himmel berechnet sei, da wir, wenn wir in den Himmel 
kämen, keines Zeugnisses mehr bedürften, denn wir würden 
dann schauen von Angesicht zu Angesicht; auf Erden hin- 
gegen haben wir derlei Zeugnisse so sehr nötig, dafs ohne sie 
unser Glaube nicht Bestand haben könne. „D. M. Lutherus, 
sincerus sacrarum litterarum assertor, etiam illam particulam 
in suo novo Test. omisit, intelligens nimirum esse adulterinam 
et nihil facere ad hunc locum.“ 

Unter den lutherischen und reformierten Gelehrten jener 
Zeit urteilt eine Reihe recht günstig über unsern Vers. So weils 
Rudolf Gwalter (Walter), der dritte Antistes der Zürcherischen 
Kirche (T 1586), in Ioh. ap. et evang. epist. canon. homiliae, 
Tigur. 1562, S. 72 (hom. XXX]) sehr wohl, dals manche die 
Stelle von den himmlischen Zeugen für unecht und zwar als 
ehemalige Randglosse ansehen, weil gewisse Väter, vor allen 
Cyrill, die Stelle auslassen; er wolle aber lieber dem Hiero- 
uymus folgen, „quum saepe accidit, ut in Scripturis citandis 
multa intermedia amittantur tum a priscis quam recentioribus 
Scriptoribus“. Die Erwähnung der Trinität sei sehr passend. 
„Sicut fides nostra in divinitatis mysterio tres personas agnoscit, 
ita tres etiam habemus lIesu Christi testes..., qui oculis 
nostris passim occurrunt, sive in coelum sive in terram respicias.“ 

Wie der Württemberger Theologe Jakob Beurlin (F 1561) 
in Annotationes in Ioh. apost. et evang. epist. canon. Tubing. 
1557, S. 133f die Stelle für echt erklärte, so hat auch der 
Schüler Melanchthons, Nikolaus Hemming (7 1600), der „prae- 
ceptor Daniae“, in seinem Kommentar zu den katholischen 
Briefen 1571 die Stelle ausgelegt. S. 792 (ed. Francof. 1579) be- 
merkt er: „Cur autem quidam expunxerint totam hanc sententiam 
ex textu, praesertim cum optime quadret et inveniatur in pro- 
batissimis exemplaribus graecis et latinis, non video.“ In der 


i Die folgende Zusammenstellung macht keinen Anspruch auf Voll- 
ständigkeit. 


396 Bludau, Das Comma Joanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 


Postilla, Lips. 1566, S. 447 führt er sie an. — Auch Joachim 
Camerarius (F 1574) hält in seinem Kommentar (Notatio 
figurarum orationis in Apostolicis scriptis II [1572] 188) die 
Stelle für echt und erklärt sie. 

Der märkische Theologe, der Superintendent in der Alt- 
stadt Brandenburg, Christoph. Lybius, hat in seiner Auslegung 
des Briefes: In canonicas epistolas D. Ioh. apost. simplex et 
brevis explicatio, Witeberge 1562, ad h. l. zuerst das Urteil 
des Erasmus angeführt und einige Zweifel geäulsert und re- 
solviert sich dann: „Cum incertum sit, an scripta sint haec 
verba a Ioanne et videantur aliunde interposita esse, et ego 
illa omitto.“ Anders ist Nikolaus Selnecker (F 1592), einer 
der bedeutendsten unter den lutherischen Theologen seiner Zeit, 
gesonnen. In seinen Homiliae breves et utiles in epistolas 
Ioannis, Lipsiae 1561, 99f hat er auch zitiert und kurz er- 
klärt die Worte: „tres sunt qui testificantur in coelo* (hom. 2 
in V. cap.), ebenso sie angeführt in Paedagogia christiana 
1566, Ienae 1568, 60. In seiner Institutio religionis christianae, 
Francof. 1573, 228 spricht er sich deutlich für ihre Echt- 
heit aus, obwohl sie nicht in allen griechischen Exemplaren, 
auch nicht in der syrischen Übersetzung ständen; von den 
Arianern seien die Worte einst getilgt worden, wie Sokrates 1 
sie ja der Fälschung anklage. — Auch in Explicat. Ioh. (1579) 
126 hat er die Worte ausgelegt. Wiederholt hat unsere 
Stelle Joh. Wigand (F 1587) zur Verteidigung des Mysteriums 
der Trinität angeführt, so in Syntagma s. Corpus doctrinae 
christianae ex Novo Test. tantum congestum, Basil. 1560, 
494 502, so in den Schriften: De Deo contra Arianos novos 
nuper in Polonia exortos (1566) 51 53 und De Servetianismo 
seu de Antitrinitarüs, Regiomonti 1575, 22b. Auch der 
Melanchthonianer Viktorin Strigel (F 1569), bekannt durch 
seinen tätigen Anteil an den synergistischen Streitigkeiten 
vorzüglich mit Flacius, hat in seinen Hypomnemata in omnes 
Jibros Nov. Test., Lipsiae 1564, 544 auch die Johannesstelle 


ı Hist. eccl. 7, 32, 


Bludau, Das Comma Ioanneum (11o 5,7) im 16. Jahrhundert. 397 


1,5, 7 erklärt. In seinen Loci theologici (ed. Pezel, Neapoli 
Nemetum 1581) ist jedoch in den einschlägigen Kapiteln unsere 
Stelle nicht genannt, so z. B. nicht in c. 8: Confirmatio de 
Trinitate (fol. 58). Matthias Flacius (F 1575), einer der eif- 
rigsten und gelehrtesten Verteidiger des reinen Luthertums, 
hat sie in seiner Olavis Scripturae Sacrae, 1567, Hafniae 1645, 
150 als Beweisstelle aufgeführt und in der Glossa compen- 
diaria in Nov. Test. 1570 ad h.1l. (p. m. 1290 8 6) als echt in 
den Text aufgenommen, ohne auch nur der kritischen Frage 
zu gedenken, wie auch die Magdeburger Oenturien I], 1. 2, c. 41 
die Stelle ohne Bedenken zitieren. Nach Kettner? hat Flacius 
in P. III seiner Admonitio Germanice scripta vom Jahre 1552 
(zu Magdeburg) dem Andreas Osiander die Stelle vorgehalten 
und ihre Echtheit copiose verteidigt. Auch Lukas Osiander 
(1604) hat die Stelle in seinem Bibelwerk Sacror. Libror. P.III, 
Tubing. 1597, 808 beibehalten: „Haec verba non in omni- 
bus Graecis codicibus leguntur: quia tamen non repugnant, sed 
consentiunt nostrae sincerae religioni, non censui ea omittenda.“ 
In seiner Institutio christ. relig. emendatius quam antea excusa, 
Tub. 1576 u. ö., hat er aber den Vers weder in der Lehre von 
der Trinität noch in der vom Heiligen Geiste zitiert. 

Der reformierte Prediger und Professor Benedikt Aretius 
(+ 1574) hingegen spricht sich in seinem Commentar. in epp. 
catholicas, Morgiis 1581, 109 energisch für die Echtheit 
aus: „Hunc versum deleverunt ex Syriaco Testamento indubie 
Arıani, qui hoc fulmine prosternuntur valide, ideo olim quoque 
ın multis exemplaribus Graecis et Latinis defuit. Sed habent 
haec verba hodie correcta exemplaria omnia et legit eadem 
August. et Hier., ideo non moveat nos Syriacum exemplar.“ 
Auch in Examen theologicum, Lausannae 1578, 144 und in 
SS. Theologiae Problemata, h. e. loci communes christianae 
relig., Bernae 1567, 12 hat er die Stelle ebenso gebraucht, 
wie der reformierte Theologe Wolfgang Muskulus (F 1563) in 


ı ed. Basıl. 1559, 74 78. 
3 Hist. 225. 


398 Biludau, Das Comma Ioanneum (11Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 


seinen Loci communes, Basil. 1560, 11 sie zitiert. Der refor- 
mierte Heidelberger Theologe Hieronymus Zanchi (T 1590) 
bietet in De tribus Elohim, acterno Patre, Filio et Spir. S. 
uno eodemque Jehova, Francof. a. Moen. 1572, 1.1, c.1. 3, 
p. 3 eine längere Auslegung zu 1 Jo 5, 7, und auch Joh. Pisca- 
tor, Professor zu Herborn (T 1625), hat die Stelle in Analysis 
logica septem epistolarum apostolicarum quae catholicae ap- 
pellari solent, Sigenae Nassov. ed. 3. 1598, 285 erklärt. Joh. 
Jakob Grynäus, Professor zu Basel und Heidelberg (F 1617), 
hat in seinem Theolog. Promptuarıum S. 136 manche Bedenken 
gegen die Echtheit vorgebracht. Hieronymus sage wohl im 
Prolog zu den kath. Briefen, dals die Stelle im Griechischen 
stehe, aber von lateinischen Abschreibern fortgelassen seı, 
damit stimme jedoch nicht Cyrill, der sie nicht kenne; un- 
bekannt sei sie auch Augustinus, Beda. Erasmus habe sie 
aus einem Cod. Brit. aufgenommen, auch die Hispan. editio 
habe sie. „Verum fac in Graecis codicibus huiusmodi verba 
non haberi, nil propterea argumenti vis imminueretur, quia 
quod contendimus, ex altera clausula convincitur, quae tam 
apud Graecos quam apud Latinos extat“, — nämlich V.8. — 
Franz Junius (T 1602) hinwiederum ist von der Echtheit des 
Verses vollkommen überzeugt. Er zitiert die Worte nicht blols 
in Defensio catholicae doctrinae de S. Trinitate (Opp. Gener. 
1607, 105), sondern vertritt auch ihre Authentizität in seinen 
Animadversiones in Bellarmini controvers. l. 1, «. 1. 16, n. 7 
(Opp. Generv. 1607), p. 441: er beruft sich auf Athanasius! ın 
Disput. contra Arium. Arius selbst habe ja, als Athanasius diese 
Stelle zu Nicäa gegen ihn anführte, ihre Autorität nicht 
zurückweisen können, sondern sich für besiegt erklärt. Gegen 
Bellarmins Ansicht, dafs die griechischen Hss an dieser Stelle 
verstümmelt seien, polemisiert auch der Calvinist Sibrandus 
Lubbert (FT 1625) in De principiis christianorum dogmatum 


ı In allen echten Schriften des Athanasius fehlt jegliche Bezugnahme 
auf die Stelle. Die Disput. contra Arium ist, wie schon Bellarmin (De 
script. Eccl. Opp. VII 51 ed. Colon. 1617) erkannte, unecht. Das Zitat 
disp. 44 lautet: "Iwavvns püoker‘ Kai ol Tpeis To Ev eloıv (Migne 28, 500). 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5,7) im 16. Jahrhundert. 399 


libri septem, Franekerae 1591, 223f (l. 2, c. 10): das sei 
falsch, „nostri enim librı id legunt“, ebenso lesen Athanasius, 
Hieronymus, ed. Complutensis. Aber dennoch gesteht er: „non 
dissimulandum est, huic loco olim fuisse contradictum“. Auch 
der Wittenberger Theologe Paul Crell! bemerkt, dafs es offen- 
kundig und am Tage sei, „dals viel andere treffliche und gute 
Männer bey den Alten als Augustinus, Cyrill und Beda und 
zu unserer Zeit Wolfius Cephaleus zu Stralsburg in seiner 
Griechischen Bibel Anno 1542 (? = 1524) und fast alle 
Lateinische Bibeln, in denen usitata und antiqua Versio be- 
halten ist, diese Worte nicht haben gesetzt“. — Noch erwälne 
ich Martin Chemnitz (7 1586). In seinen Loci theologici 1556 
(ed. Polyc. Lyser 1594, ed. nov. Francof. 1599) I wird die 
Stelle S. 90 235 zitiert und 8. 249 ihre Echtheit verteidigt. 
Hieronymus sage in der Praef. zu den katholischen Briefen: 
„in Graeco haec haberi, sed a Latinis interpretibus esse omissa.“ 
Augustinus, Beda, Cyrill aber zitieren den Vers nicht. Dennoch 
kann sich Chemnitz den gewichtigen Bedenken gegen die Echt- 
heit nicht verschlielsen. „Sive enim legatur hic locus, sive non 
lezatur, manifeste tamen ex illo textu Spiritus sancti divinitas 
probatur“; vgl. V. 6 und 92. — Auch Amandus Polanus von 
Polansdorf, Doktor der Theologie zu Basel (T 1610), hat nicht 
nur in seiner deutschen Übersetzung des NT, die sich möglichst 
genau an die Ausdrücke des Grundtextes anschlielsen sollte (Basel 
1603), die angefochtene Stelle von den drei himmlischen Zeugen 
ohne Bedenken übersetzt, sondern auch in seinem Syntagma 
theol.-christ., Bas. 1609, 219 sich derselben angenommen: die 
Arianer hätten den Vers ohne Zweifel in den Zeiten des Kon- 
stantius und des Valens getilgt und diese Fälschung auch 
leicht „apud imperitum Ecclesiae et ignarium librariorum 
vulgus“ erreicht, indem sie darauf hinwiesen, dals der Ge- 
danke ja im nächsten V. 8 wiederholt werde. Auch in Par- 


i Bericht von D. Lutheri Teutschen Bibel. Correctur... S.8ff; vgl. 
Palm, De codic. 14lf; Semler, Beweisstellen ... 1. St. 250f Anm. 63. 
2 S. Kettner, Hist. 201 ff. 


400 Biludau, Das Comma Ioanneum (11o 5,7) im 16. Jahrhundert. 


titiones theologicae, Bas. 1590, 1607, 2 hat Polanus die Stelle 
verwendet. 

In Lehrschriften und Erbauungsbüchern wie in Aus- 
legungen der Sonntagsepisteln begegnen wir schon öfters 
unserem Comma, nur selten ist es übergangen. So finden wir 
es zitiert bei Erasmus Sarcerius (+ 1559) in Loci communes 
theologici, Francof. 1539, Marp. 1541, 21f; in Nova Methodus, 
Bas. 1555, 2; bei Joh. Spangenberg (fF 1550) ın Margarita 
theologica, Francof. 1544, 78; bei Leonhard Culmann, seit 
1549 Pastor an der Sebalduskirche in Nürnberg, in Nova 
locorum communium congeries, Francof. 1561, 55; bei Simon 
Pauli (rF 1591) in Methodus theologica, Magdeb. 1573, 38; 
bei Heerbrand (f 1600) im Compend. theol., Tubing. 1578, 
48 54; bei Andreas Hyperius (+ 1564) in Methodi theologiae, 
sive praecipuorum christ. relig. locorum communium libri tres, 
Bas. 1567, 102 114'; bei Zacharias Ursinus (+ 1583), dem 
Mitverfasser des Heidelberger Katechismus (1562), im Enchiri- 
dion catecheticum, Ambergae 1596, 36, in Doctrina christiana, 
studio Day. Parei, Bremae 1623, 168 253, in Explicationes elenchit. 
catecheticae, st. Dav. Parei, (1591) Neustadii 1603, 179; bei 
Lambert Dannäus (T 1595) in In tres Div. Io. evang. et unicam 
Iud. epist. brevis comment., Genev. 1585, 122f; bei dem Ungar 
Isaak Feguernekinus (Fegyverneki) im Enchiridion locor. 
theol. communium, rerum, exemplorum ex Aug. Marlorati 
thesauro et Christ, Obenhenii promptuario collectum, 1586, ed. 3 
Bas. 1589, 598 624; ebenso von Dudley Fenner (f 1587), 
Sacra Theolog., ed. 2 1586, 3; von Joh. Leonysius, Ein kort 
Wegewisen der ware Religion, Hamb. 1585, 10a; von Adam 
Francisci, Margarita theologica, Witteberg. 1592, 11; von 
William Perkins (T 1602), Armilla aurea sive Theologiae de- 
scriptio, Bas. 1599, 12; von Ambrosius Reuden (T 1615), Catech. 
Theologiae methodice conscripta et in iuventutis studiosae 
gratiam edita, Hamb. 1596, 54; von Matthias Hafenreffer 


ı In Hyperii Elementa christ. relig. 1563, neu herausgeg. von 
W, Caspari, Erl.-Leipz. 1901, wird unsere Stelle nirgends erwähnt, 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 401 


(F 1619), Loci theologici s. compendium theologiae planum 
admodum, ed. 3. Tubing. 1603, 63. 

Andere Theologen hinwieder haben die Stelle bei dem 
Beweise für die Trinität übergangen!; so z. B. findet sie sich 
nicht bei Joh. Brenz (+ 1570), Catech. pia et utili explicatione 
illustr., Francof. 1551, 91 f; Urbanus Rhegius (f 1541), Catech. 
minor 1540, Catechesis, Lips. 1545; bei Casp. Huberin (7 1553), 
Catech., Nürnberg 1556; David Chytraeus (F 1600), Catechesis, 
Wittebergae 1573, 9, obwohl dieser in Dispositiones Episto- 
larum, Viteberg. (1563) 1566, 224f die Stelle in der Lektion 
der Dom. I p. Pascha erklärt hat. In den Annotationes com- 
pendiariae in Nov. Test. des Veit Dietrich, Francof. 1545, 247, 
wird nur V. 8 erklärt. Der reformierte Theologe Petrus Martyr 
Vermigli (T 1562) braucht die Stelle nicht in seinen Loci com- 
munes, Tigur. 1580, ebensowenig Tilmann Heishusen (F 1588) 
in seinem Examen Theolog. (1586), Helmst. 1597, 14ff. 

Auch in den Epistelerklärungen wird unsere Stelle von 
den einen ausgelegt, von den andern übergangen. 

So hat Joh. Matthäus, ein Theologus in Wittenberg, in 
seiner Epistelerklärung 1584 S. 193 die Stelle behandelt, ob- 
wohl sie in der deutschen Übersetzung der Epistel ausgelassen 
ist. Der Superintendent Johannes Avenarius (f 1590) bemerkt 
in seinen Enarrationes in Epist. Dominicales e Germanica in 
Latinam linguam translatae a Simone Donnero 1595, 745, dals 
viele die Stelle als späteren Zusatz übergehen: „Cum vero 
huic materiae accommodate congruat atque in Graeco textu 
reperiatur, nos non reiiciamus.*? Ebenso hat Johannes Schröder 


1 In den ältetesten Katechismen, wie dem von P. Schultz 1527, Brenz 
1527,28, Althamer 1528 und dem kleinen Katechismus Luthers 1529, werden 
keine Bibelstellen zitiert, in andern, wie dem von Chr. Hegendorf 1526, 
Lachmann Graeter 1528, unsere Stelle nicht erwähnt. In den Katechismus 
Luthers setzte sie Lyser 1600 ein. Sie steht auch nicht in Joh. 
Baumgarten, Catechismus Magdeburgi 1559, Cyriak Spangenberg, 
Catechismus, die fünff Hauptstück, Ursel 1580; van Balven, Catech. 
ecclesiast. Lere unde Handelinge des hilligen Christ, Brunsw. 1550, wo 
S. 44 1Jo 5,8 zitiert wird. 

2S. Kettner, Hist. 203. 

Biblische Zeitschrift. I. +. 26 


402 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert, 


in der Epistelerklärung des Hunnius, die er ins Lateinische 
übersetzte (Wittenberg 1595), die Stelle aufgenommen und er- 
klärt!. In der Analysis epistolarum et evangeliorum Domini- 
calium per Frider. Beurhusium (Mühlhausen s. a.) wird in der 
Epistel zur Dom. Quasimodogeniti von einem „testimonium sex 
testium“ gesprochen. Simon Musäus ( 1582) in Postilla, das 
ist Auslegung der Episteln und Evangelien, Frankf. a. M. 1590, 
II 12 erklärt die Stelle. 

Nicht angeführt wird das Comma in der Schriftlektion und 
Erklärung bei Anton Corvinus (fr 1553) in seiner Auslegung 
der Episteln (Wittenberg 1537), Postilla in epist. et evang,, 
Argentor. 1540, in Expositio Decalogi, Symboli Apostolici, 
Witenbergae 1550; auch nicht bei Joh. Spangenberg, Auslegung 
der Episteln III, Magdeburg 1544, obwohl in den Epistolae per 
totum annum, Francof. 1553, 114a die Stelle im lateinischen 
Text steht; nicht bei Simon Pauli, Auslegung der Episteln, 
Magdeb. 1576, 329ff. Der Wittenberger Schlofsprediger Georg 
Major (f 1574) liest zwar in seinen Homiliae in epist. Do- 
minicales, Vuittenb. 1563, P. III in explic. Epist. Dom. „Quasi- 
modogeniti* 8. 112a die Worte im Text des Briefes, aber in 
der Erklärung (S. 135f) übergeht er sie2. 

Bei den Katholiken war der Eindruck, den Erasmus mit 
seinem Zweifel gemacht hatte; gleich Null. Man war davon 
überzeugt, dals die Stelle echt sei, und äulserte entweder 
keinerlei Bedenken oder glaubte mit Leichtigkeit die Ein- 
wände der Bestreiter der Echtheit abweisen zu können. 

Lefevre d’Etaples (Faber Stapulensis, F 1536) hat in seinem 
Comment. in Epistolas cathol. (Basil. 1527), obwohl er zur 
Vulgata eine freiere Stellung einnahm, 1 Jo 5, 7 erklärt. Hin- 
gegen hat der tonangebende Theologe des Vatikans, Thomas 
de Vio ©. Pr., bekannter unter seinem Namen als Kardinal 
Kajetan, Bischof von Gaeta (7 1534), in Epistolae Pauli et aliorum 
apostolorum ad graec. veritatem castigatae (Venet. 1531) einen 


ı Kettner a. a. 0. 204. 
2 Über 1.Jo 5, 7 in den Schriften der Socinianer gedenke ich in einem 
besondern Aufsatz zu handeln, 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 403 


Zweifel an der Authentizität der Stelle ausgedrückt: „Si haec 
verba sunt de textu, afferuntur ad manifestandum quod dictum 
est, quod spiritus est veritas. Dixi autem, si sunt de textu: 
quoniam non inveniuntur in omnibus codicibus graecis, sed in 
aliquibus. Unde autem ista diversitas processerit nescimus“ 
(ed. Lugd. 1558, 452a). Den heftigsten Widerspruch fanden 
Kajetans exegetische und auch einige theologische Meinungen 
bei seinem ÖOrdensgenossen, dem Dominikaner Ambrosius 
Catharinus (7 1553). In seinen Annotationes in Commentaria 
Caietani denuo multo locupletiores et castigatiores redditae, 
Lugd. 1542, lib. 1, p. 33 tadelt er seinen Gegner, dals er ge- 
zweifelt habe: „an haec verba Trinitatis testimonium continentia 
sint de contextu Epistolae Ioannis“. Dals diese Worte von 
ungetreuen Übersetzern fortgelassen seien, bezeuge ja Hie- 
ronymus, „quo minus dubitare debebat Oaietanus, si sibi con- 
stans volebat esse, cum iam fecisset Hieronymum regulam 
canonicorum librorum“,. In seinem Comm. in omnes D. Pauli 
Ap. et alias septem canon. epist., Venet. 1551, hat Catharinus 
keine weitere Bemerkung zu der als echt behandelten Stelle 
gemacht. Auch in den Kommentaren von Franz Titelmans 
OÖ. Min. (7 1537), In omnes epistolas apostolicas elucidatio, 
Antuerp. 1529; Joh. Bapt. Folengo O. S. B. (7 1559), In 
canon. Apost. epist. comment., Antuerp. 1547; Gerhard Lorich 
(F c. 1550), Epitome h. e. compendium sive breviarıum textus 
et glossematon V. et N. T. II, Colon. 1546, 223; Claude Guil- 
liaud (f c. 1553), In canon. Apostolorum septem epist. collatio- 
nes, Lugd. 1543; Joh. Ferus O. Min. (Wild, F 1554), In sacro- 
sanct. evang. sec. Ioh. et epist. I com., Mogunt. 1550; Felician 
Capito O. Serv. (F 1571), Explicatio in Acta Apost. et epist. 
cath., Venet. 1561; Gregorius Primatitius O. Pr. (Primaticcı, 
7 1578), In canonicas vel catholicas quas vocant epistolas 
beatorum Apost. expositiones, Senis 1573; Emmanuel Sa S. J. 
(r 1596), Notationes in totam Scripturam, Antuerp. 15981; 


ı Zu V.8 bemerkt er: „Et hi tres unum sunt: haec non sunt Graec. 
nec in Complut.“ (S. 451). 
26* 


404 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 


Michael de Palacios (7 1593), Enarr. in loan. evang. et omnes 
epist. canon, Salmanticae 1581; Bened. Arias Montanus 
(+ 1598), Elucidationes in omnia sanctorum Apost. scripta, 
Antuerp. 1588 — wird nicht der geringste Zweifel vorgetragen. 
Der Pariser Theologe Io. Gagney (T 1549), Brevissima et 
facillima in omnes divi Pauli epistolas scholia ... Itidem in 
septem canonicas epistolas ..., Par. 1543, macht S. 191 die 
Bemerkung: „Hanc particulam quidam graeci codices non 
habent, Hier. tempore omnes habebant, unde vero simile est 
ab Arianıs esse abrasam.“ Eingehender hat sich mit der 
Stelle Joh. Hessels ( 1566) befalst in seinem Com. in 1 Petr, 
1 Tim et 1 Io, Lovan. 1568. Fast alle Griechen lassen V. 7 
aus, bemerkt er (ed. Duacı 1568, 107ff), ebenso auch Am- 
brosius, Cyrill, Leo, Beda, Augustinus, „qui etsi codicem habuit 
testimonio Trinitatis carentem, hoc tamen loco (V. 8) eius men- 
tionem fieri existimavit“. Er erinnert dann an eine Notiz des 
Sokrates, Hist. 7, 32: „hanc epistolam a quibusdam fuisse 
depravatam, qui conarentur a Christo divinitatemm separare.“1 
Er beruft sich ferner für die Echtheit auf den Prolog des 
(Ps.-)Hieronymus, auf Hyginus, Idacius OClarus, Cyprian, Flu- 
gentius, Athanasius, Vigilius, auf zwei griechische Codices, 
„unus in Anglia et alter in Hispania“, auf das vierte Lateran- 
konzil?, auf dem auch griechische Patriarchen zugegen waren. 
Des weiteren beschäftigt er sich mit dem Schluls in V.8: „et 
hi tres unum sunt“, der wohl fortzulassen sei. In einer der 
Kirche St. Petri in Löwen zugehörenden lateinischen Hand- 
schrift stehe V.8 vor V.7. 

Der Dominikaner Sixtus von Siena (- 1569), der eigent- 
liche Schöpfer der Einleitungswissenschaft, hat in seiner epoche- 
machenden Bibliotheca sancta ex praecipuis catholicae Ecclesiae 
auctoribus collecta, Venet. 1566, 1. 7, haer. 9, obi. 7 (S. 613) 


i Sokrates beruft sich a.a. O. auf alte Ausleger, die davon sprechen, 
dals einige den Brief gefälscht hätten, indem sie die geschichtliche Person 
Jesu auflösten; die Bemerkung bezieht sich auf die Lesart: Abaı (Tv 
’Inoovv) statt ur) öuoAoyei in 1Jo 4,3. 

2 8. hierüber Martin, Intr. 44f. 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 405 


auch unserer Stelle gedacht: „verba illa apud Catholicos in- 
dubitatae semper veritatis fuisse et in omnibus graecis 
exemplaribus ab ipsis Apostolorum temporibus lecta, nec opus 
esse quicquam de ipsorum perpetua integritate“. Er scheint 
also anzunehmen, dals die Stelle in allen griechischen und 
lateinischen Handschriften immer im Gebrauche der Kirche 
gewesen sei. Sein gelehrter Ordensgenosse Melchior Cano 
(+ 1560), einer der berühmtesten Theologen des 16. Jahr- 
hunderts, weils wenigstens, dals die Dreizeugenstelle „ex grae- 
corum mendis“ vor einigen Jahren in griechischen Bibeln 
(von Erasmus) fortgelassen sei, aber die lateinischen Texte 
verdienen den Vorzug. „Non ad hebraica et graeca exemplaria, 
ut quae depravata sint, est recurrendun“, schreibt er in seinen 
Loci theologici lib. 2, c. 13 (ed. Col. 1574, 60). 

Der grolse Kontroversist, der Kardinal Robert Bellarmin 
S. J. (7 1621), der selbst mit der Emendation der Vulgata 
vom Papste betraut war, führt in seinen Disputat. de Controv. 
I. De verbo Dei l. 1, c. 26 (ed. Ingolst. 1586, I 59) als 
Gründe gegen Erasmus an: „in Ecclesia (d. h. der abend- 
ländischen) publice leguntur hacc verba in Dominica in Albis: 
Eundem locum agnoscit Cypr., Athan., Joh. II, Hier., Idac., 
Eug.*“ Er kommt wieder auf die Stelle zu sprechen in der 
Abhandlung De Christo 1. 1, c. 6 (ed. Ingolst. 1586, I 306). 
Blandrata, der den Hieronymus nenne „parum pudens“, sei 
selbst nicht blols „multum impudens“, sondern auch „imperitus 
et mendax“; denn aulser Hieronymus lesen so Hyginus, Cy- 
prian, Idacius, Athanasius, Fulgentius, Eugenius. Er bespricht 
dann des weiteren die Lesarten „hi tres unum sunt“ und „in 
unum sunt“. Während er lib. 2 De verbo Dei c. 7 mit aller 
Unbefangenheit sagt, dals in sehr vielen griechischen Hand- 
schriften dies Zeugnis fehle, und daraus beweist, dals es nicht 
gestattet sei: „latina ex graecis corrigere“, schreibt er l.1, De 
Chr. c. 6, 2, dals die Worte in vielen lateinischen Hand- 
schriften fehlen, in den griechischen aber vorhanden seien. — 
Alfons Salmeron S. J. (r 1585) hat in seinen Disput. in 
Epist. canon. et Apoc. (Opp. IV, Colon. Agr. 1604, 307 ff), 


406 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 


Disp. 30 genauer zugesehen: Erasmus, als er die Stelle 
fortliels, sei den griechischen Codices gefolgt, „qui etiam inter 
se variabant“, und habe die Autorität des Hieronymus (Prol.) 
aulser acht gelassen. Wenn die Stelle absichtlich fortgelassen, 
sei den Arianern, wenn sie zufällig fortgefallen, sei den Ab- 
schreibern die Schuld beizumessen. Allerdings habe Cyrill 
die Stelle nicht, aber doch Hieronymus, Augustinus und 
„summi Pontifices et antiqui*, wie Hyginus, Johannes IL, Cy- 
prian, beweisen aus dieser Stelle die „unitas essentiae divinae 
in tribus personis indissolubilis*. Bekannt sei sie dem Hie- 
ronymus, Victor Vit., Idacius, Bernardus, Concilium Later. IV. 
Kajetan folge dem Erasmus, wenn er die Stelle bezweifle, 
ebenso die „Arriani novi, Servetani dicti, Anabaptiz.“ Rob. 
Stephanus führe 16 (griech.) Handschriften für sie an. 

Das sind keine hervorragenden Leistungen der Kritik 
jener Zeit! Von den Verteidigern wie von den Bestreitern 
der Echtheit gilt der Spruch: „Eadem semper oberrare chorda 
eandemque canere cantilenam didicerunt.“1 Dafs die Dog- 
matiker jener Zeit die Stelle zu den dicta probantia rechneten, 
ist selbstverständlich; die entgegenstehenden Instanzen werden 
bei ihnen nicht einmal angedeutet”. Der Catechismus Ro- 
manus 1566 zitiert an drei Stellen das Comma loanneum: 
P. I, cap. 2, 810; cap. 9, $ 4; P. II, cap. 2, 8 7; als Be- 
weis für die Trinität wird es ın zahlreichen Katechismen 3, 


1 Georg. Bensonii Dissert. de loco 1lo V. com. VIL, quam latinam 
edidit notasque adiecit A. G. M.(asch), Halis 1752, praef. vı. 

28. z.B. Io. Viguerius (Viguier) O. Pr., Institutiones ad christ. 
theol., Antuerp. 1572, 200; Gregor. de ValentiaS.J., Libri quinque de 
Trinitate, Ingolst. 1586, 29; id., Comment. theolog. I, Ingolst. 1592, 589 
592 707 746 862; 8. 657 wird_die Echtheit der Stelle kurz gegen Blandrata 
verteidigt. 

3 Es erscheint überflüssig, hierfür Beweise anzuführen. In manchen 
Katechismen des 16. Jahrhunderts werden Schriftstellen überhaupt nicht 
erwähnt, so z. B. bei G. Witzel 1542, Jo. Gropper 1547, Soto 1549; vgl. 
Moufang, Katholische Katechismen des 16. Jahrhunderts, Mainz 1881, 
107ff 242ff 316ff. In manchen katechetischen Lehrschriften wird aller- 
dings 1 Jo 5, 7 als Beweisstelle nicht verwertet, so z. B. nicht bei 
G. Witzel, Catech. eccles. Lere u. Handelinge des heil. Christenthumbs» 


Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) im 16. Jahrhundert. 407 


Predigt-, Lehr- und Erbauungsbüchern des 16. Jahrhunderts 
angeführt. — 

Ich breche ab. Selbst das sorgfältigste Literaturver- 
zeichnis, so verdienstlich und dankenswert es auch ist, ver- 
mag nicht den Mangel einer gewissenhaften und gründlichen 
Durchforschung der primären Quellen zu ersetzen. Die Wissen- 
schaft, wenn sie irrte, berichtigte sich auch selbst; wenn ein 
Gelehrter, eine Richtung oder Schule an Kritik es felılen liels, 


vollzog die nachfolgende Generation ein um so schärferes 
Gericht. 


Cöln 1555, wo zum 8. Glaubensartikel 1 Jo 5,8 zitiert wird (Moufang 478), 
bei Michael Helding, Christl. Lere zu gründlichem Unterricht, 1541 
(Moufang 156), wo zur Lehre von der heiligen Dreifaltigkeit nur Mt 28, 
Dt 6 angezogen ist. 


Besprechungen. 


Hummelauer, P.Fr.de, S.J., Commentarius in Librum Josue (Cursus 
Scripturae Sacrae auctoribus Soc. Jesu presbyteris in VT partis II in 
libros historicos III 3). gr. 80 (VI u. 528 mit Karte). Paris 1903, Lethiel- 
leux. Fr 10.— 

Wiederum ein wertvoller Baustein zu dem grofsen Bibelkommentar 
der Jesuiten, von Franz v. Hummelauer geliefert. Gründliche Fr- 
fassung der textlichen und geschichtlichen Probleme sowie äulserst sorg- 
fältige Behandlung der geographischen, genealogischen und politischen 
Finzelfragen treten in dem Buche zu Tage; dals die Tendenz im ganzen 
mehr konservativ und die Auslegung trotz der vielen Schwierigkeiten so- 
weit als angängig auch erbaulich gehalten ist, steht im Zusammenhang 
mit dem Chiarakter des ganzen Cursus. 

Sachlich ist die Erklärung in ihrem weitaus überwiegenden Teile 
nichts anderes als Textherstellung, eine mühsame und uncrquicklichıe, 
aber auch unumgängliche Detailarbeit. Schon aus andern Arbeiten ist 
bekannt, dals der Verfasser auf Jdiesem Gebiet vor weittragenden Kon- 
sequenzen nicht zurückscheut, wenn einmal ein Eingrift als notwendig be- 
gründet ist, und dies findet sich hier aufs neue bewährt; nicht blols ein- 
zelne Wörter, sondern ganze Verse müssen nach genauester Prüfun 
gestrichen werden, weil sie eben von mehr oder minder befugter and 
später eingefügt worden sind (adscribebantur aliquando sententiae in- 
tegrae S. 11). Zu den rein inneren Kriterien kommt die Abwägung 
der Übersetzungen, unter welchen Hummelauer besonders dem Graecus 
receptus oft den Vorzug gibt. Das schlielsliche Ergebnis lälst sich etwa 
in toleenden Hauptzügen darstellen. 

Das Buch Josue hat in der Form, wie es jetzt gelesen wird, sicherlich 
nicht Josue selbst verfalst (certe non concinnavit ipse Josue 8. 207); 
die Hauptquellen des Buches sind „Annalen“ (S.57). Dazu kommen Doku- 
mente, besonders statistischer Art {(Grenzen- und Städte- Verzeichnisse 
S. 277), endlich, über das Ganze verstreut, Deuteronomismen. Das Buch 
Josue ist auf den Pentateuch zugearbeitet, setzt ihn also voraus (S. 467); 
es entstand zunächst ein Josue primigenius, aus diesem, durch mehrreli- 
sıöse Tendenz verbessert, „unser“ Josue (8.79). Auch Dt 26. 16-27, 26 
wird Josue zugeschrieben (S. 514). Wenn also auch das „Buch“ Josue 
schon als vordavidisch zu gelten hat, so ist doch mit der Tatsache zu 
rechnen, dals unser jetziger Text durch späteres Weenelımen und Zu- 
a (abbreviando, amplificando) eine ganz bestimmte Färbung erhalten 
hat (8. 82. 

"Die Eroberung von Hai. Kalebs Sieg über die Ammoniter, Mikas 
Götzendienst und die Befreiung des Judastammes durch Othoniel (Idc) 
fallen noch in .Josues Lebzeiten (superstite Josue S. 19), Josue hat nicht 
zwei, sondern nur eine einzige Bundeserneuerung gefeiert, weshalb die 


Besprechungen. 409 


Verse 8,30—35 zu Kap. 24 zu stellen sind, von dem sie zu Unrecht getrennt 
wurden (delapsi sunt S. 215 fi). 

Die in diesen Ansätzen zu Tage tretende Anschauung von der Natur 
des Textes (non fixus sed fluxus 8.11) ist prinzipiell als durchaus richtig 
anzuerkennen. Mit Recht sagt der Autor einmal, das Gegenteil, d. h. 
eine wunderbare Integrität des Textes annehmen, hielse „der jüdischen 
Kirche in diesem Punkte ein Charisma zuerkennen, das der Kirche Christi 
versagt ist“ (S. 81). Besonders gelungen erscheint u. a. die Annahme 
einer Zuteilung mancher Städte an je zwei Stämme, wodurch sich viele 
Schwierigkeiten sehr einfach heben, sowie die malsvolle und besonnene 
Erklärung des „Stillstandes“ von Sonne und Mond beim Scharmützel von 
Beth Horon (10, 12). 

Die Etymologie: Kanaan = „Niederung“ von s:s ist trotz der neu auf- 
getauchten Kinahi als sicher anzunehmen (8. 22). In 22, 30 ist: eripuistis 
wohl Anwendung einer nicht seltenen rhetorischen Figur für: non per- 
didistis. S. VI lies Rudolfo, S. 22 Winckler und öfters: rhythmus und 
eclipsis! Von Eigennamen abgeleitete Adjektiva: Kadesius, Siluntinus 
u.a. klein zu schreiben ist ein Gallizismus. Im Hebräischen lies S. 60, 20: 
re=p; 64, 13: a0X; 100, 2: srans; 127, 14 u. ox7; 147,18 u.n3; 160, 14 u. 
mr; 233, 17 u. “255; 248, 6 u. >73? 311, 15 u. Pan Saz3; 335, 5: n>c9; 348, 8: 
ra; 414,6: eo; 420, 17: som; 477,6 u. 22. 

Zum Schlusse seien zwei Punkte von mehr grundsätzlicher Natur 
hervorgehoben, in welchen dem Autor nur mit Einschränkung zu folgen 
ist. Der erste betrifit die Kritik des Textes nach der negativen Seite. 
Wenn Hummelauer von Anfang an versucht, dem Texte in der Hauptsache 
statistisch beizukommen, so ist das gut und, wie das erzielte positive 
Resultat zeigt, auch erfolgreich; aber es gibt hier noch ein Mehr. Was 
nämlich, aus den verschiedensten Gründen, abgelehnt und eliminiert werden 
muis, ist nicht etwa farb- und gehaltloses Füllsel, das man unbesehen 
dem geduldigen Amanuensis wieder in die Tasche steckt, sondern vielfach 
etwas in seiner Art Selbständiges, nicht eine Summe einzelner Zufülliekeiten, 
sondern es sind geschichtlich falsbare Strömungen, die auf den [ext ein- 
gewirkt haben; wenn z. B., wie konstatiert wird, Rahab und die Kund- 
schafter in Deuteronomismen reden, dann wird mit blols statistischer 
Behandlung die Bedeutung solcher Momente zu wenig erschöpft, — Dann 
der Fall Galilei zu Jos 10,12. Hier wird in der Weise zu vermitteln 
versucht, dals zwischen Tatbestand und Erzählung als Drittes der „An- 
schein“ bei Wahrnehmung sinnlicher Dinge eingeschaltet wird, was man 
damals übersehen habe. Dies ist aber nicht zutrefiend; denn dals die 
Sonne dem Anschein nach auf- und untergeht, hatte Galilei kein Inter- 
esse zu bestreiten, aber dals die Erde sich wirklich drehe, war für seine 
Geener das Unglaubliche und Schriftwidrige. Warum bei dem klaren 
Sachverhalt den neuen Geist apparentia beschwören. der weder in der 
Bibel noch beim Gahleistreit noch bei den damaligen Kommentatoren 
ein Heimatrecht hat? Wird nicht mit ihm der Bibel auch ein neues 
Charisma. das der Kryptologie, zugemutet? Es bestünde oflenbar darin, 
eine einfache Sache so auszudrücken, dals sie zunächst milsverstanden 
werden muls und wird und erst mit Heranziehung bedeutender Fort- 
schritte in ganz heterogenen Wissenschaften begriffen werden kann. Oder 
haben etwa auch die früheren Exegeten nur secundum apparentiam er- 
klärt und ihre bessere Erkenntnis verschämt verschwiegen? 

Im übrigen freuen wir uns, das sorgfältig und wissenschaftlich ge- 
arbeitete Buch dem angelegentlichen Studium empfehlen zu können. 

Passau. Carl Holzhey. 


410 Bibliographische Notizen. 


Bibliographische Notizen. 


(Die Jahreszahl 1903 ist als selbstverständlich weggelassen.) 


Abkürzungen. Vgl. oben 8. 81f, 198 und 305. Dazu noch: BW = The Biblical World. 
VB =Vierteljahrsschrift für Bibelkunde. 


C. Das Neue Testament. 


a) Einleitung. Ausgaben. Hss. Textkritik. Sprachliches. 
Übersetzungen. 


Jacquier, E., Histoire des livres du NT. I (12%. XlI u. 488. P., Lecoffre 
Fr 3.50): Im wesentlichen eine Einleitung in das NT. Der vorliegende 
Band behandelt nach allgemeinen chronologischen und sprachlichen Er- 
örterungen die paulinischen Briefe. 

Bible. New Testament. Criticism of the NT by various biblical scholars 
(St. Margaret’s lectures. 1%2. 120. 7 u. 230. N.Y., Scribner. $ 1.80). 

Schmidtke, A., Die Evv eines alten Unzialcodex (BN Text: nach einer 
Abschrift des 13. Jahrh. herausgeg. (8°. XL u. 116. Lp., Hinrichs. M4.—): 
Eine wertvolle textkritische Arbeit. Par. gr. 97 saec. X11I stellt bezüglich 
des Mk-, Lk- und .JJo-Textes eine im Aultrage einer Abtissin Olympias 
gefertigte Kopie einer sehr alten Majuskelhs (= Ol) dar. Diese ıst mit 
der hesychianischen Rezension nahe verwandt; nur ist der ß-Text 
von Einfluls, wie sich auch „der Verzweiflungskampf der dem Untergang 
geweiliten alten Textformen“ bemerkbar macht. Durch genaueste Beobach- 
tung der Zergliederung des Textkörpers kann der Verf. nicht nur die Ab- 
teilungen des Ol, sondern auch die des Hesychius wieder konstruieren. ja 
er findet sogar über die letzteren hinweg den Weg zur Texteinteilung des 
Ammonius. Der vermutliche Text des Ol zu Mk, Lk und Jo wird dann 
sehr sorgfältig ediert. Vgl. E. Nestle in ThLbl AXXIV 314f. 

Bousset, Rezension von F. Bla/s, Evangelium sec. Matthaeum ed. (Lips. 
191) und Tertkritische Bemerkungen zu Mt (Beitr. z. Förd. christl. Theol, 
IV [19%] 4) (TuLzt XXVILL 137—142): Lehnt das textkritische Verfahren 
Bl.’ durchaus ab und weist die Behandlung des Mt-Textes durch 
Chrysostomus als ziemlich frei und willkürlich nach. 

Hort, A. F., The Gospel according to St. Mark. Greek Text, ed. with 
Introd. and Notes for the use of schools (8. XXXIV u. 202. Cambridge 
1902. Univ. Press. 2s 6d). 

Swete, H. B., The Gospel according to St. Mark. The Greek Text, with 
Introd., Notes and Indices (8°. 554. Ld., Macmillan. 15s). 

Jannsen, R., Das Jo- Ev nach der Paraphrase des Nonnus Panopolitanus 
mit einem ausführl. krit. Apparat herausgeg. (TU, N. F. V11I 4 8%. IV 
u. 80. Lp., Hinrichs... J., ein Schüler von Blals, will den Jo-Text, 
welchen Nonnus bei Bearbeitung seiner Paraphrase vor sich hatte, re- 
konstruieren und konstatiert dabei weitrehende Verwandtschaft mit dem 
Texte des Chrysostomus. Aulserdem geht das von J. beirebrachte text- 
kritische Material erheblich über Tischendorfs ed. VIII hinaus. 

Westcott, B. F., Epistle to the Hebrews. Greek Text with Notes and 
Essays. 34 ed. (8%. 590. Ld., Macmillan. 14 s). 

Rhijn, C. H. van, Een keerpunt in de geschiedenis der tekstkritik (Th. Stu- 
diön 1903, 66-80): Über Soden, Die Schriften des NT. 

Ropes, J. H., An important New Testament Manuscript (BW I 140 —145): 
Referat über die Forschungen von v. d. Goltz und Bousset. 

Hjelt, A., Die altsyrische Erangelienübersetzung und Tatians Diatessaron, 
bes. in ihrem gegenseitigen Verhältnis unters. (Forsch. z. Gesch. des ntl 
Kanons und der altchristl. Lit. von Th. Zahn VII 1. 8% VIII u. 166. 
Lp., Deichert. M6.—): Bereits seit Anfang 1901 gedruckt. Die Zeug- 
nisse für das Vorhandensein des Diatessaron erweisen, dals es im späten 


Bibliographische Notizen. | 41l 


Mittelalter bei den Nestorianern noch in Gebrauch war (S. 49). Eingehend, 
fast umständlich handelt H. von Ephräms Kommentar, ebenso von der 
arabischen Übersetzung des D. Jesudads Zitate setzen voraus, dals das 
D. seine Ursprünglichkeit eingebülst hat; das arabische D. zeigt eine 
weitere Überarbeitung. Syrus-Sin. ist älter als Syrus-Cur., stammt in der 
Reihenfolge Mt, Mk, Jo, Lk von verschiedenen Übersetzern (diesen ein- 
zelnen Evangelien gegenüber habe Tatian seine harmonische Verarbeitung 
verfalst S. 163f). Das D. ist jünger als Syrus-Sin. Die Gegengründe 
Zahns werden eingehend gewürdigt; die selbständigen Lesarten von 
Syrus-Sin. zeigen sich als älter und ursprünglicher. Die etwas breite 
Anlage der Schrift dient für Geschichtliches und Bibliographisches der 
Bequemlichkeit, da vieles aus entlegener Literatur stammt. G. 
Vollers, K., und v. Dobschütz, E., Ein spanisch-arabisches Evangelien- 
fragment (ZdmG@ LVI 633—648): Durch Fleischer in ZdmG VIII 586 
zum erstenmal bekannt gemacht, bietet dieses Leipziger Fragment als 
Beigabe zu einer Evangelienhs Kapiteltafeln zu Mt 21—28 und Argument 
und Kapiteltafeln zu Mk 1—7. Text identisch mit dem Münchener Cod. 
arab. 238. Im Östen gefunden, stammt die Hs aus Spanien. Text und 
Übersetzung (aus dem Lateinischen herrührend). Gehört zu einer 946 ent- 
standenen Evangelienübersetzung, eine spanische Vulgatahs des 9. Jahrh. 
repräsentierend. — Notizen hierzu von S. Fraenkel ebd. LVII 1,201. G. 
Gabrieli, G., Ancora nuove versioni arabe dei Vangeli (Bessarione ser. 11, 
vol. IV, £. 71. 275f): P. Cheikho 8. J. hat im Hause des Tajjän ein 
arabisches Ev-Ms vom J. 1227 gefunden, dieselbe Übers. wie das von 
Märidin (Bess. 1902). aber älter. Ein neues jerusalemisches Ms vom 
Jahre 1042 ist ebenfalls bereits signalisiert (Ma$rik 1. März 1908). G. 
Novum Jesu Christi Testamentum. Yulgatae editionis juxta exemplar 
Vaticanum (32°. 799. Tours, Mame et fils). 
Nestle, E., Eine lateinische Evangelienhs des X. Jahrh. (ZntW IV 175 bis 
179): Beschreibung eines im Handel befindlichen wertvollen Codex. 
Nestle, E., The a in the Latin NT (ExpT XIV 479f): Macht 
auf die Verschiedenheit der Verszählung bei Mt 24 aufmerksam. Die 
Clementina (1592) hatte die Worte: „duo in lectu, unus assumetur et unus 
relinquetur‘‘ ausgelassen und bekam dadurch nur 5l Verse im Kapitel. 
The Prayer Book of Aedeluald the bishop, commonly called the Book of 
Cerne, edited from the ms. in the University Library, Cambridge, with in- 
troduction and notes by Dom A. B. Kuypers O.S.B. (4. XXX VI u. 286, 
2 Tafeln. Cambridge 1902, University Press. 21 sh): Der nur milsbräuch- 
lich als „the Book of Gerne‘ bezeichnete. im 9. Jahrhundert geschriebene 
mittlere Teil des Codex Li. 1. 10 der Cambridger Universitätsbibliothek 
enthält ein zur Privatandacht bestimmtes Gebetbuch, dessen erster Teil 
durch die Passion nach den vier Evangelisten (8. 5—79) gebildet wird. 
Kuypers hat mit Unterstützung von Burkitt die Art des Bibeltextes zu 
bestimmen gesucht (S. 226—231) und erklärt ihn für einen hauptsächlich 
mit der keltischen Gruppe verwandten „definitely vulgate text with few 
marked peculiarities“. Einen ähnlichen Typus weist nach Burkitt der 
Evangelientext des von K. im Anhang 199 #f al,gedruckten, inhaltlich dem 
Cambridger Codex nahe stehenden Cod. 2. A. XX saec. VIII des Britischen 
Museums auf. C.W. 
Ruppaner, A., Das NT unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi. Mit 
Erklärungen und Nutzanwendungen herausg. in Verb. mit mehreren evang. 
Geistlichen. Mit Bildern und Karten. Kev. Luthertext (8. 1V u. 1069. 
Frankf. a. M., Schergens. M 11.25). 
Deooppet, A., Le NT avec notes explicatives, une preface ü chaque livre 
et une introduction generale (8%. XIII u. 849. P., Fischbacher). 
Gutjahr, F.S., Das hl. Ev nach Mt (Die 4 hl. Evv. Übers. u. erklärt. 
80. 1V u. 80 mit 15 Taf. Graz, Styria. M 1.—). 
Cook, A. $., Biblical Quotations in Old English Prose Writers. 2d Ser. 


412 Bibliographische Notizen. 


Edited, with the Latin Originals, with Indices (N. Y., Sceribner’s Sons; 
Ld., Arnold). Vel. das Referat von J. H. Lupton in ExpT XIV 456. 

Breen, A. E., Bible. New Testament. Greek and English. A harmo- 
nized exposition of the four gospels. In 4 vols. Vol. I—-Ill (8%. Rochester, 
New York. 12). 

Weber, A., Evangelia quatuor, in unum reduxit (32%. 416. Braine-le- 
Comte, Zech et fils). 

Küppers, W., Die Berichte über das Leben Jesu, zu einer Harmonie ge- 
ordnet (4%. XVI u. 199. Gr.-Lichterf., Runge. M 2.75): Eine Synopse 
der vier Evv im Texte der revidierten Lutherbibel. Die oben S. 213 notierte 
Hypothese von der Priorität des Jo-Ev ist dabei zu Grunde gelegt. 

Brimm, D. J., Value of the Revised Version as an Aid to Bible- Study. — 
Illustrated from Philippians (BStdt VII 41-50): Weist an Beispielen des 
Phil nach, dals durch Beachtung der Punktation und Abschnitte des 
Originaltextes, einer akuraten und den Zusammenhang dartuenden Über- 
setzung und der Randnoten ein besseres Verständnis erzielt werden kann. 

Comparative Translation: Colossians 4:5.6, James 1:17. A Study in 
the Modernizing the English Bible (BW XXI 374f, XXI 52f): Ver- 

leichung der englischen Übersetzungen bezw. Umschreibungen dieser 
stellen und Vorschlag einer eigenen l’araphrase. 

Ilaliy, A., H vea diadnxn xara To Barızaro yEpoYypago nerappaouevn. 
neoog I. (89. 275. AıßeprouA 1902, The Liverpool Booksellers’ Co.): Eine 
neugriechische Übersetzung unter Anschluls an die Vulrärsprache. Das 
Erscheinen einiger Proben derselben in griechischen Zeitungen hatte zu 
den Stralsenkrawallen im Herbst 1901 geführt. Vgl. E. Nestle in ThLbl 
XXIV 313f. 


b) Allgemeine ntl Theologie und Zeitgeschichte. 
Urchristentum. Archäologie. Geographie. 


Weifs, B., Lehrbuch der bibl. Theologie des NT. 7. verb. Aufl. (8% X u. 
680. Stuttg.. Cotta. M 12.—). 

Weils, B., Die Religion des NT (8%. XII u. 321. Stutte., Cotta M6.—): 
Zieht hier gewissermalsen das Facit aus seiner vor mehr als 50 Jahren 
begonnenen ‚ntl Forscherarbeit und gibt einen auch für weitere Kreise 
berechneten Überblick über den Lehrertrag des NT‘. Im ganzen erscheint 
das von Weils vorgetragene Lehrrebäude als ein Kompronils konservativer 
und modern kritischer Anschauungen. Von der katholischen Auffassung 
der Gottessohnschaft, der Auferstehung usw. ist er weit entfernt. 

Heitmüller, W., „Im Namen Jesu“ Eine sprach- und religionsgesch. 
Untersuchung zum NT, speziell zur altchristl. Taufe (Forschungen zur 
Relirion und Literatur des A u. NTI2. 8%. X u. 347. Gött, Vanden- 
hoeck. M 9.—): Weist in dem sprachlichen 1. Teile nach, dals die Formeln 
ev (Eemi) rw Övouarı (meist ’Inoovo oder ähnl.) und eis To övona im NT — 
erstere immer, letztere nur in Verbindung mit Barnrileıv — eine wirkliche 
Nennung oder Anrufung des Namens besaren. Der religionsgeschicht- 
liche 2. Teil gilt dann dem Nachweise, dals die sakramentalen Wirkungen, 
welche schon das alte Christentum mit der gläubigen, ‚Aussprache des 
Namens verbunden hat, speziell bei der Taufe, nur Aulserungen des 
„Namenglaubens“ sind, für welche das gleichzeitige ‚Judentum und syn- 
kretistische Heidentum sowohl wie die alten babylonischen, persischen, 
ägyptischen usw. Relisionen zahlreiche Parallelen bieten. Meine prinzi- 
piellen Bedenken und speziellen Widersprüche gegen vorliegende Arbeit 
habe ich 'ThR II 326—331 eingehender begründet. Auf jeden Fall hat 
dieselbe aber das neue Unternehmen der „Forschungen etc.“ trefflich in- 
aururiert. 

Wernie, P., Die Reichsgotteshoffnung in den ältesten christl. Dokumenten 
und bei Jesus (8%. 11I u.58. Tüb., Mohr. M 1.20): Bei Paulus wie auch 
Mt sei die Baoıkeia To Beo0 sowohl zukünftig wie gegenwärtig gedacht. 


Bibliographische Notizen. 413 


Lk, Mk und Logien haben zumeist das zukünftige Gottesreich im Auge. 
Jesus hat die streng eschatologische Auffassung desselben nicht abgelehnt. 
Vgl. C. Clemen in ThLtz XX VIII 298—300. 

Bugge, Chr. A., Das Gesetz und Christus nach der Anschauung der ältesten 
Christengemeinde (ZutW 1V 89—110): Was das Judentum vom Gesetze, 
das als Hypostase (?) aufgefalst wurde, aussagte, haben die Messianisten 
vom Messias und damit die Ühristen von Christus ausgesagt. Diese 
Identifikation habe schon Jo in seinem Prologe und Kap 6 (?) vollzogen. 
Sie bringe erst in die Lehre Pauli und seine Tätigkeit als Proselyten- 
missionär das volle Verständnis. 

Nash, H. S., The Idea of Logos in Relation of the Need of Law in 
the Apostolic Age (Journ. of Bibl. Lit. XXI, 11 170—187). 

Naumann, G., Die Wertschätzung des Wunders in NT. Bibl.-theol. 
Untersuchung (8%. 85. Lp., Dürr. M 2.60): Unterschieden wird eine reine 
Wunderauffassung, vertreten durch Jesus, Petrus, Paulus und Johannes, 
und eine Degenerierung, welche schon die Synoptiker und andere ntl 
Schriftsteller einleiten und welche zum Katholizismus führt. Die letztere 
Phase charakterisiert sich durch Betonung der Wwundertat als solcher, 
während bei Jesus und Paulus jedes Bestreben, das Wunder zu veräulser- 
lichen und nicht im Zusammenhange mit den sittlichen Aufgaben des 
Christentums zu betrachten, bekämpft wird. In Beurteilung späterer 
Quellen macht sich eben der extrem spiritualistische Standpunkt des Verf. 
geltend. Im einzelnen möchte ich die vom Verf. S. 22 in Abrede ge- 
stellte Beziehung des „Zeichen des Jonas“ auf die Auferstehung Jesu 
aufrecht halten. Auch ist Apg 4, 24ff sicher kein „schon liturgisch 
formuliertes Gebet“ (8. 49). 

Lambert, J. C., The Sacraments in the NT (Kerr Lectures for 1903. 8°, 
XX u. 430. Edinb., Clark. 108 6d). 

Stephenson, T., On the Use of I'gapn in NT (ExpT XIV 475—478): Ist 
gebraucht von einer speziellen wie von der ganzen Schrift. Kommt auch 
in Personifikation (= d eds) vor. 

Herner, S., Die Anwendung des Wortes xüpios im NT (4°. 50. Lund, 
Malmström). 

Fairfield, E. B., The Judgment-Day— When is it? (Bs LX 379—383): 
In Hebr 9, 27 ist ner& roüto = unmittelbar nach. Das Gericht erfolgt 
gleich nach dem ode. 

Hoffmann, F., Das messianische Gericht im NT. I. Progr. des Friedr.- 
Kolleg. zu Königsberg (4”. 28. 1902). 

Thomas, E. H.. The Iemnant of Israel, The Church and the Coming 
of Christ (8°. 140. Ld.. Nisbet. 28). 

Bousset, W., Die Religion des Judentums im ntl Zeitalter (8°. XIV u. 
512. B.,, Reuther. M 10.—): Besprechung folgt. 

Perles, F., Bousset's Religion des Judentums im ntl Zeitalter kritisch 
untersucht (8%. VI u. 133. B., Peiser. M 2.50). 

Baldensperger,W., Die messianisch-apokalyptischen Hoffnungen des Juden- 
tums. 3. völlie umgearb. Aufl. (8% All u. 240. Stralsburg, Heitz. 
M 4.—): Bildet die 1. Hälfte von: „Das Selbstbewulstsein Jesu im Lichte 
der messianischen Hofinungen seiner Zeit.“ An die messianischen Hoff- 
nungen der Propheten schlols sich die religiöse Stagnation der Schrift- 
gelehrsamkeit, gegen welche die Gottes- und Messiasauffassung der apo- 
kalyptischen Schriften von Daniel ab (makkabäische Zeit) eine heilsame 
Reaktion herbeiführte, um eine Vorstufe des Evangeliums zu bilden. 
Dieser geschlossene Gang der Untersuchung führt B. ungefähr durch 
das ganze Gebiet religiöser Begriffe und Sätze, die den Gehalt der Reli- 
gion des Judentums um die Zeit Christi ausmachen. Mit Bousset teilt 
B. grölstenteils Material und Thema. lm Unterschied von ihm sucht er 
aber überall die Entwicklung der Ideen sei es von innen heraus oder in- 
folge äulserer Einwirkung klarzulegen. Mit einem kühnen Wurf sucht 


414 Bibliographische Notizen. 


B. das vorwegzunehmen, was wohl erst Endergebnis der Forschungen 
auf diesem Gcbiete sein kann. Die interessanten und oft scharisinnigen 
Spekulationen wird man gerne lesen; als eine Vorarbeit für weitere Er- 
örterungen kann man sie in Einzelheiten ganz wohl schätzen. Das Ge- 
samtresultat anzunehmen, hindert die Unsicherheit des (Juellenmaterials, 
die Notwendigkeit. sich oft mit blolsen Möglichkeiten zu begnügen (für die 
Entstehung des Schutzengelrlaubens werden uns 2. B. drei Möglichkeiten 
zur Auswahl vorgelegt S. 64), und der vielfach hypothetische Charakter von 
Teilresultaten. Neben der Selbständigkeit der Jüdischen Entwicklung er- 
kennt B. auch das Neue der christlichen Zeit mit Recht an, so viele 
Fiden auch die Offenbarung mit der natürlichen Welt und Geschichte 
verbinden. Die tatsächliche Durchführung dessen wird uns nn 
die zweite Hälfte nicht vermissen lassen. 

W<arfield>, B. B., A Jewish Doctrine of Guardian Angels? (BStdt Yıl 
1-9): Legen Bousset, llackspill (Rb XI), Weber hält er mit Recht die 
hierfür angeführten Stellen Eh für stichhaltig; „Intercessory Angels“ 
seien erweislich, wiewohl auch diese Fassung nur auf Mt 18, 10, nicht 
aber, wie erforderlich, zueleich auf Act 12, 15 passe. 

Ackermann, A,., Judentum und Christentum (8°. 32 Lp., Kaufmann. 
M —.50). 

Kirkpatrick, A. F., Christianity and Judaism (Exp VII 241—258). 

Wyfs, F., Essüertum, Urchristentum und der Abfall (8. 8. Bern, 
Francke M —.20). 

Klein, &., Schem ha-mephorasch (det förborgade Gudsnammet). Ett 
bidrag till "künnedomen om esseism och ürkristendomen (8%. 60. Stock- 
holm 1902. Nord. Bokh. Kr 1.25). 

Fiebig. P., Talmud und Theologie. Ein Vortrag. Samml. gemeinverst. 
Vortr. 86 (8%. IV u.30. Tübingen, Mohr. M —. 75): Betont die Bedeutung 
der jüdischen Literatur für das NT und wünscht Verwertung derselben 
dadurch, dals die jüdischen Gelehrten ihre hebräische Sprache aufgeben, 
oder noch besser dadurch, dals Juden und Christen zusammenarbeiten. G. 

Grill, J., Die persische Muysterienreligion im römischen Reich und das 
Christentum. Samml. gemceinverst. Vortr. 34 (8%. ]V u. 60. Tübingen, 
Mohr. M 1.20): Der griechische Mysterienkult mit Richtung auf das 
Jenseits und das Seligkeitsinteresse des Einzelnen arbeitete dem Christen- 
tum vor. Die Mithrasmysterien als Yrlösungsreligion in grolsem Stil 
griffen rasch um sich und traten mit dem Christentum in regeren Wett- 
kampf. Der endgültige und unausbleibliche Sieg des Christentums wird 
geschildert. G. 

Moy, L., Les Adorateurs du Soleil; Jufs et Chretiens. Etude philos. 
Bu sur les origines du judaisme et du christianisme (8%. 143. P., 

ulsson). 

Seeberg, A., Der Katechismus der Urchristenheit (8°. VI u. 281. Lp., 
Deichert): Ein solcher, aus Herrnworten gebildet, sei bald nach Christi 
Tode entstanden. Röm 6, 17 (rümos Tfs didaxris) weise darauf hin, und 
1 Kor 4, 17 enthalte den Namen, nämlich 6d0i. Diese alte Paradose habe 
einen Laster- und Tugendkatalog enthalten. 1 Kor 15,3—5 sei das Referat 
einer Glaubensformel, 1 Tim 3, 16 der Hymnus auf sie. Die paulinische 
Formel sei auch in 1 Petr, den Pastoralbriefen, bei Lk und im Hebr 
vorausgesetzt. Sie bildet die Grundlage für die Missionspredigt und das 
christl. Bekenntnis und stützt sich selbst wieder auf Mt 26, 63. Noch 
zahlreiche andere, besonders auch für den Exegeten interessante Resultate 
sucht der Verf. in diesem Buche zu gewinnen (verl. das Stellenregister). 

Thomas, J., The First Chr . Generation. Its Records and Tradition 
Se "Ld,, Sonnenschein. 65): Keine neuen Resultate. Vgl. ExpT 
X 423. 

R<aich>, Über die Weltmission des Christentums (Kath LXXXIII, 
I 24u—255): Wendet sich gegen Harnacks These (vgl. o. S. 2041), nach 


Bibliographische Notizen. 415 


den Evv habe Christus seinen Jüngern gar nicht den Auftrag gegeben, 
die Welt zu missionieren. 

Böckenhoff, K., Das apostolische Speisegesetz in den ersten fünf Jahrh. 
Ein Beitrag zum Verständnis der quasi-levit. Satzungen in den älteren 
kirchl. Rechtsquellen (8%. VlI u. 142. Paderb., Schönineh. M 4.—): Der 
erste Abschnitt dieser kanonistischen Abhandlung behandelt die ntl Zeit 
und will nachweisen, dals das apostolische Speisegesetz als „Partikular- 
gesetz‘ nicht in allen heidenchristlichen Gemeinden „promulgiert“ worden 
ist. S. 30ff wird die ß-Variante des Aposteldekretes besprochen. 

Lagrange, M.-J., O. Pr., Besprechung von A. Loisy, !’Evanyile et U’ Eglise 
(P. 1902) (Rb XII 292-313): Ablehnung des Buches unter eingehenderer 
Diskussion über die Begritite Messias, Goltessoha u. a. im Glauben der 
ersten Christen und den ntl Schriften. — Vgl. ferner Gayraud in Rev. du 
Clerg& franc. XXXV 106f. 

Janssens, L., L’Evangile et !’ Elise (Rev. Bened. XX 203—209): Scharfe 
Ablehnung des so betitelten Buches Loisys. 

Bouvier, P., L’exegese de M. Loisy (les doctrines; les proccdis) (8%. 48. 
P., Retaux). 

Hilaire, P., L’exögese biblique: Le livre de M. Loisy (l:tudes franciscaines 
1903, 352—378). 

Le Camus, E., Fraie et fausse eregese: lettre aux directeurs de mon semi- 
a propos du livre de M. Loisy „L’Evangile et lEglise“ (8% 40. P., 

udın'. 

Hoffmann, J., Das Abendmahl im Urchristentum. Eine exeg. und hist.- 
krit. Untersuchung (8%. VILu. 267. B., Reimer. M4.—): Dasselbe ist nicht 
von Christus gestiftet, sondern in der ersten christlichen Gemeinde zunächst 
als Brudermahl olıne jede Beziehung zum Abendmanle Christi entstanden. 
Später erinnerte man sich dabei des Abendmahles Jesu, das mit seinem 
nahen Tode zusammenhing. In einem dritten Stadium, das dann zum 
paulinischen führte, wurde der Vergleich von Brot und Wein mit dem 
gebrochenen Leib und vergossenen Blut Christi vollzogen. Wie wenige 
Jahre genügen doch der modernen Kritik, um innerhalb derselben die 
grölste Entwicklung einzuspannen! 

Funk, F. X., Loagape (Rev. d’hist. eccl. IV 5—23): Behauptet gegen 
Batiffol die Existenz von Agapen in den ersten beiden Jahrh., insbesondere 
auch, dals 1 Kor 10 die Institution als solche nicht für Milsbrauch erklärt. 
Vgl. Batiffols Erwiderung, die sich hauptsächlich um Tert. Apol. 39 dreht: 
Rb XI1 313—315. 

Paterson, W., The Church of the NT. The Presbyterate. Defence of 
Presbyterianism (8°. 256. Ld. 1902, Allenson. 3s €d). 

Hoilmann, 6., Urchristentum in Korinth. Eine reliyions- und kultur- 
geschichtl. Studie (8%. 32. Lp., Hinrichs. M —.50): Die durch 1 und 
2 Kor bezeugten religiösen Zustände in Korinth lassen sich einerseits auf 
den stark ausgeprägten Intellektualismus der ehemals hellenischen Ge- 
meinde, anderseits auf zahlreiche residua heidnischer Sittlichkeit und 
Religionsauffassung zurückführen. 

Reed, R. C., The Church of Philippi (BStdt VII 84—93): Schilderung 
der in der Apg erzählten Ereignisse und Charakterisierung des Phil- 
und Polykarpbriefes. 

Mittwoch, E., Die Etymologie des Nanıens „Essüäer“ (ZA XVII 75—82): 
Vortr. geh. auf dem Orientalistenkongreis 1902 (vgl. oben 8.112. Die 
bisherigen Erklärungen sind nicht zu halten. Mischna-Traktat Sekalim VI5 
bietet o’xvir, was der griechischen Umschrift entspricht und auch der Be- 
deutung nach („die Schweigenden“) palst. Möglich wäre auch die Er- 
klärung der Mischna: „stille Wohltätickeit“, G. 

Sanday, W., Sacred Sites of the Gospels with Illustrations, Maps and 
Plans by W. S. with the Assistance of P. Waterhouse (8. XII u. 126. 
Oxt., Clarendon Press): Gut orientierende Notizen und zahlreiche Abbil- 


416 Bibliographische Notizen. 


dungen zur Topographie des Heiligen Landes, welche der bekannte Exeget 
auf einer kurzen Reise im vergangenen ‚Jahre gesammelt hatte. Dem 
herodianischen Tempel wird besondere Aufmerksamkeit zugewendet. 

Del Piano, F., Sulle orme del Redentore: memorie ed üUlustrazioni della 
Terra Santa (16°. 313. Milano, Tip. della s. lega Eucaristica. L 2.50). 

Wilson, €. W., Golyatha and the Holy Sepulchre (PEF XXXV 51 —65 
1140—153 242—249): In Fortsetzung der S. 205 erwähnten Abhandlungen 
wird auf die relativ geringe Aufmerksamkeit hingewiesen, welche die 
ersten Christen den heiliren Stätten entgegenbrachten. Weiterhin kommt 
zur Diskussion: The Identification of the Traditional Sites, with Golgatha 
and the Tomb in the Reign of Constantine. Sichere Schlüsse lälst die 
Tradition nicht zu. W. ist für die Identifikation von Golgatha und Aelıia 
Capitolina. i 

Victor-Bernardin, F., Le pretoire de Pilate et la forteresse Antonia (Etud. 
francisc. 1903, 47—55). 

Mommert, C., Änon und Bethania, die Taufstätten des Täufers. Nebst 
einer Abhandlung über Salem, die Königstadt des Melchisedek (8%. V u. 97 
mit 1 Abbillg u. 3 Karten. Lp., Haberland.. M 2.—): Setzt die Lage 
beider Orte östlich des Jordans an, ist aber bezügrl. Anons wohl im Un- 
recht. Vgl. E. Schürer in ThLtz XX VIII 296—298. 

Stewart, R.L., I’he Roman Capital of Palestine (BStdt VII 277—285): 
Archäologische Notizen über Cäüsarea. 


c) Kanon des NT. Geschichte der ntl Exegese. 
Batiffol, P., L’Eglise naissante. Le Canon du NT (Rb XII 10-36 


226—233): Gibt einen sehr dankenswerten, klaren Überblick über die 
Kanongeschichte, insbesondere über den Stand im 3. und 4. Jahrh.. und 
am Ende des 2. Jahrlı., dem terminus ad quem einer Kanonbildung. 
(iegen Harnack werden des Justin Aulserungen mit der Existenz eines 
Kanons als durchaus verträglich nachgewiesen. Marcions Kanon setzt 
einen orthodoxen geradezu voraus. Das kanonbildende Element sieht. B. 
nicht wie protest. Kritiker in der Apostolizität oder Häufigkeit des Vor- 
kommens, sondern in dem Umstande, dals die ntl Schriften das Ev Jesu 
enthielten. 

.. Bacon, B. W., The Canon of the NT (BW XXI 115—119): Allgemeiner 
Überblick über die Kanongeschichte bis zum J. 200 unter stetem Hinweis 
auf die einschlärire protestantische Literatur. 

Harnack, A., Einige Bemerkungen zur Gesch. der Entstehung des NT. 
Vortr. geh. im internat. hist. Konerels 6. Apr. 1903 zu Rom. Uon tra- 
duzione italiana di S. Minocchi (Str III 227—240): 1. Die 4 Evv wurden 
zusammengestellt, um sie in eines zu verarbeiten, was das Dazwischen- 
treten des Grnostizismus verhinderte. 2. Die Gleichstellung der paulinischen 
Briefe mit dem Ev wurde von den Gnostikern vollzogen. Die Kirche ist 
dann unmerklich gefolgt. 3. Ein einheitliches NT, bestehend aus 20 oder 
22 Schritten, ist zuerst in Rom entstanden. Diese drei Tliesen legt H. als 
Probabilia der ntl Forschung vor. Die Widerlegung von 1 und 2 dürfte 
nicht allzuschwer fallen. 

Dibelius, O., Das Vaterunser. Umrisse zu einer Geschichte des Gebets 
in der alten und millleren Kirche (8%. AlIl u. 180. Gielsen, Ricker. 
M 4.80): Verfolet in einer 1. Untersuchung die christliche Spekulation 
über das Gebet überhaupt, speziell bei Klemens von Alexandrien, Origenes 
und Gregor von Nyssa, und konstatiert dabei zahlreiche Parallelen mit 
der hellenischen Auffassung. wie ein Herabsinken von reineren Vor- 
stellungen zu vulgären Anschauungen. In der sehr kurzen 2. Untersuchung 
wird ein Extrakt aus den patristischen Vaterunsererklärungen vorgelegt. 
Um so ausführlicher wird an 3. Stelle der Beweis geliefert, dals die Ahn- 
lichkeit der Vaterunsererklärung Luthers im Kleinen Katechismus mit 
den althochdeutschen Auslegungen des 9.—11. Jahrh. aus der beiden ge- 


Bibliographische Notizen. 417 


meinsamen Benutzung der patristischen Tradition zu erklären sei. Ein 
Anhang von bisher ungedruckten alten deutschen Vaterunsererklärungen 
beschlielst die namentlich im letzten Abschnitt wertvolle Arbeit. 

Mayence, F., Note papyrologique (Rev. d’hist. ecel. III 231—24): Liste 
der bibl. und altchristl. Papyri. 

Scherer, W., Der „Weinstock Davids“ (Aypostellelire 9, 2 im Lichte der 
Schrifterklärung betrachtet) (Kath 3. F. X\XVII, I 357— 365): Zieht atl 
Parallelen, wie auch Jo 15, 1, zur Deutung auf die Eucharistie bei. 

Lietzmann, H., Das Muratorische Fragment und die monarchianischen 
Prologe zu den Evv (Kleine Texte für theol. Vorlesungen u. Übungen. 8°. 
16. Bonn 1902, Marcus & Weber. M —.30): Eine sehr zweckdienliche 
Textausgabe mit kritischem Apparat und erklärenden Anmerkungen. 


Nestle, E., „Father, forgive tem“ (ExpT XIV 285f): Macht auf die 
gleiche Stellung, welche dieses Wort Jesu sowohl im Diatessaron wie in 
den Apost. Konstitutionen einnimmt, aufmerksam. 


Schwartz, E., Zu Clemens’ Tig 6 owLouevog zlovosos (Hermes XXXVIII 
75—100): Handelt über die Textübecrlieferung dieser Schrift, bes. auch 
über die Textgestalt der Perikope. Der griechisch-syrische "Text ist 
verdorben; die westlichen Texte und der Sinaiticus sind nicht ur- 
sprünglich. 

Preuschen, E., Bibelcitate bei Origenes (ZntW IV 67—74): Origenes hat 
sieben Schreibern diktiert und denselben die Aufsuchung grülserer Zitate 
überlassen. Im Jo-Kommentar sind zwei diesbezügliche Weisungen aus 
Versehen stehen geblieben („Es ist ein Wort der Schrift zu suchen, das 
uns diesen Gedanken an die Hand gibt.“ „Und aus den Evv sind die 
Gleichnisse von Abendmahlzeiten zu sammeln“). Daher erklärt sich die 
Verschiedenheit der Bibelzitate bei Origenes. Namentlich die umfang- 
reichen können uns nur lehren, welche Textformen zur Zeit des Orig. im 
Umlauf waren, nicht aber, welche Formen Orig. bevorzugte. 


Batiffol, P., Les tractatus Origenis a propos d’un livre nouveau (Rb XII 
81—93): Nicht Novatian selbst, wohl aber ein von ihm abhängiger No- 
vatianer sei der Verf. 

Eusebius’ Werke II. Bd: Die Kirchengeschichte bearb. von E. Schwartz; 
Die lat. Übersetzung des Rufinus bearb. von Th. Mommsen. 1. Hälfte (Die 
griech. christl. Schriftsteller der ersten drei Jahrh. 8%. IV u. 507. Lp., 
Hinrichs. M 16.—): Auch für den Exegeten, insbes. den ntl, ist Eus.' 
Kirchengeschichte von der grölsten Bedeutung. Enthält sie doch zahl- 
reiche wichtige Mitteilungen über Kanonbildung und ntl Zeitgeschichte. 
Die neue Ausg. der Berliner Kirchenväterkommission, von zwei hervor- 
ragenden Philologen hergestellt, beruht auf weit vollständigeren hand- 
schriftl. Kollationen unter Beiziehung der neuerdings besonders durch 
Nestle zugänglich gemachten syrischen Übersetzung. Rufins lat. Uber- 
setzung ist dem griech. Texte gegenübergestellt. Ein besonderes Verdienst 
von Schw. ist es, dals er die zahlreichen ati und ntl Bibelzitate mit der 
Form verglichen hat, die sie in andern eusebianischen Werken haben. 
Nur so ist es möglich, mit Bestimmtheit über den Bibeltext des Eus. zu 
urteilen. Dals aber Schw. hierbei vor den Katenenfragmenten Halt ge- 
macht hat, ist gerade jetzt, wo die Katenenforschung mächtig blüht, nicht 
zu billigen. So wären über die Makariuskatene (S. 54) auch auf Grund 
der neueren Forschungen nähere Mitteilungen möglich gewesen. Schw. 
gibt den griech. Text so getreu wieder, dals er sicher Unrichtiges stehen 
lälst, so ZepouiAliou 382, 11 oder das sinnlose nvevorg 382, 3. 

Schwartz, E., Zu Euscbius’ Kirchengeschichte (ZntW 1V 48—66): 1. Das 
Martyrium Jakobus’ des Gerechten: Der bei Eusebius überlieferte Bericht 
weist Interpolationen, die eine Annäherung an den bericht des Josephus 
bezweckten. auf. 2. Zur Abgarlegende. Auch sie ist bei Eus, erweitert, 
Von ihm ist die „Lehre Addais“ abhängig. 

Biblische Zeitschrift. I. 4. 21 


418 Bibliographische Notizen. 


Morin, G., Pages inedites d’Arnobe le Jeune. La fin des Erpositiunculae 
sur l’evangile (Rev. Bened. XX 64-76): Teilt den Schluls der Lk-Scholien 
des Arnobius (Migne, P.1. LIII 569—580) nach einer besseren und voll- 
ständigen Hs von Gand mit. 

Weyman, C., Rezension von Ambrosit opera p. IV: Epos. ev sec. Le 
rec. C. Schenkl (Lp. 1932; s. 0.8. 206) (6gA CLAXV 442-457): Zahlreiche 
Beiträge zu den (uellen und Vorbildern (Nachträge übersehener Bibel- 
zitate) sowie zur Benutzung und Wertschätzung bei den Späteren. 

Souter, A., A New View about „Ambrosiaster“ (Exp VII 442—455): Folgt 
Morins Anregungen. Decimus Hilarianus Hilarius, an dessen Tochter 
Furia Hieronymus schrieb, wird als Verf. vorgeschlagen. Denn die 
Kommentare und (Juästionen lassen einen hochgestellten Laien aus Ober- 
italien als Autor vermuten. Auch ein in einem Vindob. überliefertes 
Fra@rment eines antiarianischen Traktates De Trinitate gehört ihm zu. 

Schmitt, V., Die Verhei/sung der Eucharistie (Joh VI) bei den Antio- 
chenern Cyrillus von Jerusalem und Johannes Chrysostomus (8%. VII u. 
102. Würzb., Göbel & Scherer. M 2.40): In Fortsetzung früherer Studien, 
welche das gleiche Thema durch die vornicänische und alexandrinische 
Literatur hindurch verfolgten, exegesiert der Verf. die 4. mystagogische 
Katechese des Cyrill von Jerusalem und die Homilien 45—47 des 
Chrysostomus zum Jo-Ev. Cyrill erklärt nach ihm Jo 6,51”ff, wahr- 
scheinlich aber auch schon die vorauszehenden Verse von der Eucharistie 
im katholischen Sinne. Bei Chrys. steht die Beziehung der ganzen Rede 
Jesu (Jo 6. 27—59) auf die Eucharistie fest. Im einzelnen finden sich zalıl- 
reiche apologetische Auseinandersetzungen mit protestantischen Dogmen- 
historikern. Doch erhebt sich der Verf. nicht genügend über das Niveau 
einer Erstlingsarbeit. Dals seine Darlegungen über die Arkandisziplin, 
welche bei Chrys. eine grolse Rolle spielen soll, „etwas weitläufig, aber 
gründlich“ seien, wie er selbst (S. 5l) sagt, kann ich nicht finden. 

Funk, Ein Fragment zu den Apost. Konstitutionen (TQS LXXXV 
195—202): Behandelt ein in die A. K. eingesetztes Apokryphon, welches 
die Apostel Zeit der Geburt, Taufe, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt 
Jesu angeben lälst. 

Schönbach, A. E., Über einige Evangelienkommentare des Mittelalters 
(Aus: Sitzungsber. der k. Ak. d. W. 8%. 176. Wien, Gerold’s Sohn). 


d) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und 
Büchern. 


a) Allgemeines. 


Hilgenfeld, A.. Der mysteriöse Marcus und der reactionäre Jacobus (ZwTh 
XLV1 1-39): Bekämpft neuerdings namentlich gegen Wrede die Mk- 
ee und die von Dobschütz behauptete reaktionäre Stellung des 

akobus. 

Nestle, E., Little Contributions to the Greek Testament (ExpT XIV 
190—192): Acts 2, 47; 3, 1. 1 Cor 16, 22. Matt 5, 37. John 8, 56. The 
Altar of the Unknown God. The Names of Peter in the NT. 

Moore, D., On alleged Errors and Contradictions in the Scriptures 
(BStdı VII 94—101): Legt unter Hinweis auf profane Historiker und 
auf ähnliche Fälle aus dem eigenen Leben dar, dals Widersprüche, wie 
z. B. der in den Berichten der Synoptiker über das Wirken Jesu in 
Jericho, nicht existieren. 

Rottmanner, O., O. S. B., Predigten und Ansprachen II (8%. VIII u. 
368. München 1902, Leutner. 37 4.50): Obwohl die Besprechung homi- 
letischer Werke nicht zum Programme dieser Literaturnotizen gehört, 
kann hier füglich eine Ausnahme gemacht werden, da R.s Predigten auch 
dem Exegeten reichen Stoff bieten. Fast immer legt R. eine exakte Er- 
klärung des Ev seinen Homilien zu Grunde. Er will nichts in die Hei- 
lıge Schritt hineinlesen, sondern direkt aus der reinen Quelle schöpfen. 





Bibliographische Notizen. 419 


Besonders gelungen scheint mir die Erklärung der Versuchungsgeschichte 
145 ff) zu sein. Zu Lk 2,52 bemerkt R.(95): „Man sollte erwarten, dals 
ie hier so deutlich ausgesprochene Lehre von einem wirklichen, nicht 

blols scheinbaren Wachstum der ganzen menschlichen Natur Christi sich 

für jedermann von selbst verstehen müsse... die menschliche Voll- 
kommenheit schlielst Wachsen und Fortschreiten in sich ein.“ Von der 
dem Homileten zustehenden Freiheit, zu akkommodieren und zu symbo- 
lisieren, macht R. wie sein grolses Vorbild Augustinus selbstverständlich 

Gebrauch (vgl. die „drei Mails Mehl“ 132), doch immer in bescheidenen 

und naheliegenden Grenzen. 

Schiefer, F. W., Zwei Randbemerkungen zu ntl Stellen (ZwTh XLVI 
316-318): Bringt zu Mt4,1—11 und 1Kor15, 28 Parallelen aus der 
Baruchapk und 4 Esdr bei und folgert, dals allgemein jüdische Volks- 
Be SanBen die Quelle waren, aus der die ntl Schriftsteller geschöpft 

aben. 


ß) Leben Jesu und Evangelien. 


Schell, H., Christus. Das Ev und seine weltgeschichtl. Bedeutung (Welt- 
geschichte in Karakterbildern. 8". 156. Mainz, Kirchheim. M 4.—): 
Wird besprochen werden. 

Grimm, J., Das Leben Jesu. Nach den vier Evv dargestellt. VI (Gesch. 
des Leidens Jesu. 1. Bd. 2., mehrfach umgearb. Aufl., besorgt von J. Zahn. 
80. XVI u. 616. Regensburg, Pustet. M 5.—): Grimms Exegese ist 

ekannt. Sie berücksichtigt in weitgehendem Malse das erbauliche 
Moment. Auf Stimmungen und andere psychologische Zusammenhänge 
achtete G. besonders. Sein verdienter Fortsetzer und Herausgeber der 
neuen Auflagen folgt dem Meister auf diesem Wege, ohne in allweg den 
Resultaten desselben zuzustimmen. So wird z. B. bezüglich des Pascha- 
tages die Translationsthese Grimms aufgegeben und der 14. Nisan als Tag 
des Abendmahles verteidigt. 

Sohumacher, Ph., und Schlecht, J., Das Leben Jesu ((Juer-Folio. 56 S. mit 
52 Haupt- und 23 Nebenbildern. München, Allg. Verl.-Ges. Geb. M 20.—): 
Der Hauptwert des Buches liegt in den Illustrationen Schumachers, die 
in Zeichnung, Farbengebung und Gruppierung durchaus auf der Höhe 
der Zeit stehen und modern-künstlerische Errungenschaften in feiner 
Weise mit traditioneller Auffassung verknüpfen. Aus der Ornamentik 
der Umrahmung spricht eine tiefe Symbolik. Der begleitende Text des 
Freisinger Geschichtsprofessors Schlecht ist durchans zweckentsprechend. 
Meist ist's die einfache Sprache der evangelischen Erzählung, welche 
das betreffende Bild erläutert. Liturgische Texte und religiöse Lieder 
sind gleichfalls noch beigezogen. Theologische Erörterungen finden sich 
seltener. Ins Kapitel der mariologischen Übertreibungen gehört aber 
der Satz S. 6: „Während ihr (Mariens) Auge voll inniger Mutterliebe 
auf dem geliebten Kinde (dem Knaben in Nazareth) ruht, bringt sie es 
dem Vater im Himmel dar für die Erlösung der schuldbeladenen Welt.“ 

Farrar, F. W., The Life of Christ. With a Memoir of the Author by 
W. Lefroy. Biographical Edition. Part 1. To be completed in 16 Fort- 
nightly Parts. Containing over 300 Illustr. (4%. XXII u. 48. Ld., 
Cassell. 6d). 

Barth, F., Die Hauptprobleme des Lebens ‚Jesu. Eine geschichtl. Unteres. 
2. umgearb. Aufl. (8°. XV u. 288. Gütersloh, Bertelsmann. M 4.—). 

Garvie, A. E., Studies in the „Inner Life“ of Jesus. 10. The Function 
of the Miracles. 11. The Companionship of the Twelve. (Exp VI 353 - 366, 
VII 337—352): Fortsetzung der oben S. 208 bezeichneten Artikelserie. 

Levrier, X., Cle chronologique et Dates exactes de la vie de Jesus (8°. 
47. Poitiers, Bonamy). 

Classen, W., Der geschichtl. Jesus von Nazareth (8°. 32. Heidelberg 
1902, Ev. Verlag. M —.25). 

27* 


420 Bibliographische Notizen. 


Couard, H., Das Leben Jesu nach seinem zeitl. Verlauf durch Ineinander- 
ordnung der 4 Evv dargest. (Aus: C., Das NT. 3. Aufl. 8%. 16. Pots- 
dam, Stein. M —.25). 

Halevy, J., Notes Evangeliques: La visite des Mages et l’etablissement a 
Nazareth. — Encore l’expression „Fils de !homme.“ — La derniere Episode 
de la Passion (Rsem AI 32—47 122—141 210-231): S. o. S. 208. Lk 
widerspricht nicht, sondern ergänzt Mt. — Polemik gegen Wellhausens 
Auffassung des Menschensolines (= Mensch; von Jesus selbst nicht ge- 
braucht) und Verteidigung der Bedeutung „Messie-Dieu“. — Auch in dem 
Berichte über die Ereignisse auf Golgatha gibt Lk trotz zahlreicher 
Modifikationen nur ein „Pendant“ der beiden andern Synoptiker, speziell 
des Mt. 

Shaw, Ch. G., Opus Christi (BW XXI 356—365): „Jesus made possible, 
not a new view of life, but a new life itself.“ 

Steinmann, Th., Die geistige Offenbarung Gottes in der geschichtl. Person 
Jesu (8. VIII u. 125. Gött., Vandenhoeck. M 3.60). 

Fonck, L., S.J., Leben und Lehre Jesu in der neuesten Literatur (ZkTh 
XX VII 293—322): Unter den kath. Autoren wird besonders C. Fouard 
(La Vie de N.-S. Jesus-Christ, P. 1902) empfohlen, obwohl die seit 1880 
erschienene Literatur unberücksichtigt blieb. Bezüglich der modern 
protestantischen Werke (0. Holtzmann, B. Weils, Furrer, Wendt, 
Hollmann, Wrede u.a.) wird über deren Stellung zum Wunderbegriff, 
zum DBegriile Gottessohn, Messias usf. referiert. In einer gesonderten 
Gruppe wird Schells „Christus“ besprochen, den aber F. nicht empfelilen 
kann, weil er zu viele Zugeständnisse an die moderne Kritik und manches 
dogmatisch Milsverständliche und Bedenkliche enthält. Über Loisy teilt 
F. mit, dals dieser den Inhalt seines Buches L’Evangile et l’Eglise (s. o. 
S. 207 f) nicht revoziert habe. Volle Zustimmung muls F. finden, wenn 
er gegen den Milsbrauch des Namens des Abtes Haneberg Einspruch 
erhebt, den Sepp als Mitverfasser seines Lebens Jesu nennt. 

Lühr, K., Das Bild Jesu bei den Eschatologen (PrM VIl1 64—78): Bringt 
som modern kritischen Standpunkte sehr beachtenswerte Bedenken gegen 
die neuerdings protestantischerseits sehr vertretene völlig eschatologische 
Auffassung der Lehre und des Lebens Jesu bei, wonach die Reichs- 

ottesidee, der Messiasbegrift u. a. fast die Alleinherrschaft führen. Auch 
ii jetzt so viel gebrauchte Schlagwort vom inneren „Erlebnis“ wird 

S. 72) mit Recht kritisiert. 

. Ritter, A., Christus der Erlöser (8%. VIII u. 304. Linz, Wien, Lp., 
Österr. Verl. M 7.50): WVertritt eine darwinistisch - pantheistische Auf- 
fassung des Christentums. 

Steck, R., Das Christusproblem (PrM VII 85—95): Behandelt die neuen 
Forschungen Wredes und Kalthofts, Im Bilde Jesu sei „alles Einzelne 
unsicher, das Ganze dennoch über jeden Zweifel erhaben“. Insbesondere 
sei das Messiastum nicht aus der Geschichte Jesu auszumerzen. 

Weinel, H., Jesus im 19. Jahrh. (8°. VIII u. 316. Tüb. u. Lp., Mohr. 
M 3.—): Vorträge über das Leben Jesu und seine neuere Erforschung und 
Auffassung vom Standpunkte der modern rationalistischen Theologie aus. 
Die radikalen Anschauungen des Verf. haben protestantischerseits zahl- 
reiche Angriffe erfahren und den „Fall Weinel“ geschaffen. Vgl. £. A<aupt> 
in Deutsch-ev. Bl. XXVIlI 140—151 und W.s Antwort ebd. 216—220. 

Peries, G., L’'humanite de Jesus-Christ (Rev. d. Sc. Eccles. 1902, 207—229 
289 — 307). 

en B., The Teaching of Christ (Exp VII 81—94 259—273 401— 
416): Kurze Uharakterisierungen der Lehren Christi über das Reich Gottes, 
seine eirene Person (auch nach Jo), des Erfolges seiner Lehre u.a. 
Die Mk-Tradition weise Ordnung und System auf. Die Nlt-Tradition 
(Logia) übertrefle dieselbe jedoch durch Reichhaltigkeit und weitere Ge- 
sichtspunkte. 


Bibliographische Notizen. 421 


Hyde, W., Jesus’ Way; an Appreciation of the Teaching in the Synoptic 
Gospels (8%. Ld., Longmans. 1 s6d). ? er 

King, J.M., The Thheology of Christ’s Teaching. Introd. by J. Orr (8°. 
508. Ld. 1902, Hodder & S.): Einordnung der Aussprüche ‚Jesu unter 
die Kategorien: Gott, Wunder, Person Jesu, Sünde, Leben etc. Synop- 
tiker und Jo sind nicht auseinander gehalten. Virl. ExpT XIV 231f. 

Alexander, S. A., The Mind of Christ (8°. 182. L, Murray. 6 I 

Self-Sacrifice in the Teaching of Jesus (BW XXI 323—326): The Hard 
Sayings of Jesus. Jesus not an Ascetic. Sacrifice a Matter of Exchange. 
Jesus as an Illustration. Selt-Sacrifice as a Test of Character. The 
Message for the Hour. : 

Grimm, E., Die Ethik Jesw (8%. V u. 293. Hamb.. Grefe & Tiedemann. 
M 4.50): Populäre Vorträge, die aber die Göttlichkeit der Person Christi 
aulser acht lassen. 

Whyte, A., Bible Characters. Our Lord’s Character (8°. 311. Ld. 1902, 
Oliphant, Anderson & Ferrier. 38 64). 

McLanahan, S., The Kingdom of God. A Contribution toward a De- 
finition;, Drawn from the Teachings of Jesus (BStdt VlI 152—158): Macht 
acht Merkmale in dieser Definition geltend (u.a. „inaugurated during the 
active ministry of Jesus“, „inner and spiritual“, „gradually developed“ etc.). 

Ravi, S.V., La speranza d’Israele realizzata in Gesü di Nazaret. P.I 
(8°. 40. Roma 1102, Tip. La Speranza). 

Schürer, E., IJas messtanische Selbstbewufstsein Jesu Christi. Festrede 
(8°. 24. Gött., Vandenhoeck. MM —.40). 

Quenart, C., Le titre de Messie (Rev. Aurustinienne 1903, 281—292). 

Rauch, C., Das Messiasgeheimnis der Dümonischen (PrM VII 31-36): 
Wendet sich gegen Wrede, der insbesondere in den Berichten über Jesu 
Verkehr mit den Dämonischen Ursprüngliches und Eingetragenes zu 
wenig unterscheide. 

Staerk, W., Bemerkungen zum Messianitätsproblem (PrM VII 157—159): 
Macht Boussets Erörterungen über den „Menschensohn“ (der Ausdruck 
sei nicht blols aus dem AT zu verstehen, für Jesus erst später in das 
NT eingefügt) zu den seinigen. G. 

Palmer, J., Cross- Bearing (ExpT X1V 288): Jesus hat diesen Ausdruck 
ohne Anspielung anf seinen Kreuztod gebraucht. 

Holtzmann, O., War Jesus Ekstatiker? Eine Untersuchung zum Leben 
Jesw (8%. VIII u. 143. Tüb., Mohr. M 3.—): Auf Grund einer ratio- 
nalistischen Auffassung der Persönlichkeit Christi, wobei aber die Glaub- 
würdigkeit des Mk fast durchweg festgehalten wird, kommt H. zur 
Bejahung der Frage. Die Taufvision. die Versuchungsgeschichte (ein 
unmittelbares Spiegelbild des Übergangs der Ekstase zur ruhigen, gewissen- 
haften Frömmigkeit), insbesondere die Erwartung der Parusie als un- 
mittelbar bevorstehend, werden als Indizien solch ekstatischer Zustände 
vorgeführt. Auch die Abschiedsreden tragen diesen Charakter. Mythische 
Wundererklärungen werden abgelehnt, allerdings nur, um suggestive Hei- 
lungen und ähnl. an ihre Stelle zu setzen. 

Bugge, Chr. A., Die Haupt- Purabeln Jesu. Mit einer Einleitung über 
Methode und Parabelausleeung. 1. Hälfte (8%. VIII u. 237. Gielsen, 
Ricker. M 5.40): Wird nach Erscheinen der 2. Hälfte besprochen werden. 

Ricketts, C., Z’he Parables from the (rospels (12°. 75. N.Y., Lane. $ 12.90). 

Soltau, W., Hat Jesus Wunder gethan? Eine bihl. Widerlegung kirchl. 
‚Aberglaubens (8%. VllL u. 104. Lp., Dieterich. M 1.60): Die Kranken- 
heilungen lassen sich z. T. natürlich erklären. da hysterische Erscheinungen 
zu Grunde liegen. Für die übrieen Wunder wird auf at! Analogien, Um- 
bildung von Gleichnisreden, mytlıische Ausschmückungen rekurriert. Die 
evangelischen Berichte verdienen also z. T. entweder keinen oder nur 
halben Glauben. Die Petrusberichte des NMk-Ev sind allein glaubwürdig. 
Wie ersichtlich, werden die modern kritischen Quellenscheidungen, z. ni 


422 Bibliographische Notizen. 


aber auch Soltausche „Lieblingsmeinungen und Einfälle“ (vgl. Bousset in 
ThLzt XX V11I 167ff) zur Basis gemacht. Dals es aber vielfach gerade 
die Qualität der in den Evv berichteten Wunder war, welche den Mals- 
stab für die Quellenscheidung lieferte, sollte ein Mann, der so sehr wie 
S. auf seine Forscherehrlichkeit pocht und bei Beurteilung gegnerischer 
Ansicht so gern das Wort „Betrug“ oder ähnl. in den Mund nimmt, zu- 
geben. Damit hätte er aber freilich auch die von ihm geübte krasse petitio 
principii zugestanden. Die Liebenswürdigkeit seines Tones müge aus 
Sätzen entnommen werden wie: „Keine Macht der Finsternis hat mehr 
zur Verdummung und Vertierung der Menschheit beigetragen, als der 
durch die Organe der katholischen Kirche geförderte Wunderaberglaube“ 
(S. 97). „Wenn sie den Wunderbegriff nicht aufgeben will oder nicht auf- 
geben kann, dann ist alles Reden von einer katholischen Wissenschaft 
ein Unsinn“ (ebd.). 

Bornhäuser, K., Wollte Jesus die Heidenmission? Eine moderne theol. 
a für die Missionsgemeinde beantw. (8°. 80. Gütersloh, Bertelsmann. 

—.80). 

Warneck, G., Jesus Christus und die Weltmission nach den Evangelien 
(Allg. Miss.-Ztschr. XXX 57—67). 

Usener, H., Geburt und Kindheit Christi (ZntW IV 1-21): Zeigt in 
kurzer Zusammenfassung, wie die moderne ntl Bibelkritik mit den evan- 
gelischen Berichten darüber sich abfindet.e. Mt und Lk widersprechen 
einander. Jesus ist tatsächlich als der Sohn .Josephs und Marias in 
Nazareth geboren worden. Für die spätere Eintragung übernatürlicher 
Momente, vor allem der jungfräulichen Geburt, waren heidnisch-mytho- 
lorische Vorstellungen von Einfluls. 

Bonaccorsi, J., Noel. Notes d’exegese et d’histoire (8%. 176. P., Amat. 
Fr 1.75): S. 1—30 exegesiert den Bericht über die Geburt Jesu, 31—38 
weist als Geburtsjahr 748 oder 749 p. u. c. nach; vgl. F. Diekamp in 
ThR II 141f. 

Sanday, W., The Virgin-Birth (ExpT X1V 296—303): Die Geburts- 
geschichte geht indirekt auf Maria zurück. Lk hat eine schriftliche 
(Yuelle vor sich gehabt. vielleicht ein Dokument, das er am herodianischen 
Hofe bekommen etc. Weiterhin wird die jungfräuliche Geburt spekulativ 
begründet. 

White, N. J. D., The Virgin-Birth (Exp VII 198-207): Stellungnalmme 
zu neueren das Übernatürliche verflachenden Auffassungen englischer 
Schriftsteller. 

En: Geburtsgeschichte Christi in Lk Kap. 1u.2 (Bew. d. Gl. 3.F. VI. 

ft 6. 

Randolph, B. W., Virgin- Birth and Our Lord (8°. 72. Ld.. Longmans. 28). 

Oefele, F.v., Zdie Anyaben der Berliner Planetentafel P 8279 verglichen 
mit der Geburtsgeschichte Christi im Berichte des Matthäus (Mitt. d. 
Vorderas. @. Vlil 2. 80%. 45. B., Peiser. AM 2.50): Der genannte de- 
motische Papyrus gibt zuverlässige Auskunft über die Bewegung der 
Planeten während des grölsten Teiles der Itegierungszeit des Augustus. 
Mit Recht babe Kepler den Stern der Weisen für eine astrologische 
Konstellation gehalten (ev th AvaroAfi Mt 2, 2. 9 und &om [resp. Eotden 
2, 9] seien astrologische Termini). Die Coniunctio maxima ev th ävaroAf 
vom 11. April 6 v. Chr. sei das Empfängnishoroskop, die Coniunctio 
maxima vom 24. Dezember (Jupiter stationär im Widder, &om) das Ge- 
burtshoroskop für Christus, das die Magier zur Krippe führte. 

Förster, M., Nochmals Jesu Geburt in einer Höhle (ZntW IV 186f): Dafs 
armenische Versionen zwischen „Höhle“ und „Haus“ wechseln, erklärt 
sich aus den ethnographischen Verhältnissen daselbst. 

Montgomery, W., Was Jesus born in a Cave? (ExpT XIV 384: Notiz 
zur Mitteilung E. Preuschens (s. o. S. 210). Da Felsstallungen wenig be- 
kannt waren, habe man diese Angabe später ausgelassen. 


Bibliographische Notizen. 423 


Swete, H. B., The two greatest Miracles of the Gospel History (ExpT 
XIV 214—217): Verteidigung der Geburt und der Auferstehung Jesu als 
Wunder. 

Stewart, A.M., Temptation of Jesus: Study of our Lord’s Trial in the 
Wilderness (8%. 242. Ld., Melrose. 68): Verfolgt auch erbauliche Zwecke. 
Vgl. ExpT XIV 420f. Ebd. eine Notiz über E. L. Hicks, Addresses 
on the Deinptatien, 

Loisy, A., Le discours sur la montagne (Rev. d’hist. et de litt. rel. VIII 
97—132 240—280): Für Mt war die Antithese gegen die Sinaigesetz- 
gebung malsgebend.. Er hat manches ursprünglich in anderem Zu- 
sammenhange Stehende hereingezogen. Die Einzelexegese betrifft folgende 
Punkte: 1. Mise en scene du discours. 2. Les beatitudes. 3. Le sel. La 
lumicre. 4. L’Evangile et la Loi. Verschiedenheiten in der Auffassung 
der Evangelisten, Glossen. redaktionelle Zusätze, Beeinflussung durch die 
Anschauung vom nahen Weltende etc. werden im einzelnen konstatiert. 

Chambers, T.T., The Preacher of the Sermon on the Mount (BStdt VII 
321—326): Betont den hoheitsvollen, autoritativen, sich unmittelbar auf 
Gott berufenden Charakter des Bergpredigers. 

Goumaz, L., Le sermon sur la montagne constitue-t-i tout Tevangile? 
(RThPh XXXYVI 105—135): Bejalt die Frage. Das Wesen des Ev bzw. 
des (C'hristentums sei nicht das Dogma, nicht das Wunder, nicht der Ritus, 
sondern die innerliche Vereinigung des menschlichen Geistes mit Gott. 
Christus selbst stellte diese Vereinigung dar und zwar in jedem seiner 
Worte, also auch in der Bergpredigt, der ein gesetzgeberischer oder ge- 
bietender Charakter fehle, die vielmehr die Person Jesu selbst predige. 

Kennedy, H. A. A., The Purpose of the Transfiguration (‚JthSt IV 270— 273): 
Erörtert die Bedeutung der Verklärung für die Jünger, insbesondere für 
den Auferstehungsglauben. 

Zur Salbung Jesu in Bethanien (ZntW IV 179-185): Vgl. oben S. 212. 
Drei weitere Beiträge, 1. von D. G. Lindner: Hinweis auf den Gebrauclı 
der Ankubor, 2. von 0. Holtzmann: Nachweis, dals auch nach jüdischer 
Sitte die Toten gesalbt wurden, 3. von X. G. Goetz: Jesus habe auf ein 
Totenopfer hingewiesen; ein solches sei auch von den Frauen am Öster- 
morgen beabsichtigt gewesen. 

Beiser, J., Die Geschichte des Leidens und Sterbens, der Auferstehung 
und Himmelfahrt des Herrn. Nach den vier Evv ausgelegt (80%. V1I1 u. 524. 
Freib. i. B., Herder. 31 8.—): Wird besprochen werden. 

Ollivier, M. J., La Passion (essai historiqgue). Ed. compl. (8%. XXIV u. 
519 avec grav. et 2 plans. P. 1902. Lethielleux.) 

Schaefer, Das Herrenmahl nach Ursprung und Bedeutung (NkZ XIV 
472—485): Die Abendmahlberichte differieren nicht sachlich, der Anschluls 
an das Passahmalıl steht fest, das letztere allein ermöglicht ein geschicht- 
liches Verständnis. 

Lambert, J. C., The Passover and the Lord’s Supper (JthSt IV 184—193): 
In der Nr vom April 1902 vertrat G. H. Box, '[he Jewish Antecedents 
of the Eucharist. die These, das wöchentliche Kiddu$ der Juden, nicht 
das Pascha sei Vorbild gewesen. Schon früher angedeutet, wenn auch 
von B. zuerst ausführlicher dargelert. B. hatte die bisherigen Stützen 
der traditionellen Anschauung für hinfällig erklürt; L. weist diese Stellung- 
nalıme ab. Dals die synoptische Darstellung durch den Symbolismus ver- 
hüllt sei und dals die zu Grunde liegende Darstellung die Kucharistie vor 
dem Mahle voraussetze, ist nicht zu erweisen. Für die Lösung des Wider- 
spruches zwischen Jo und den Synoptikern verweist er auf M. Power S.J,, 
The Anglo-Jewish Calendar for every day in tlıe Gospels (1902), welcher 
annimmt, nach der jüdischen Gepflorenheit (Badhu) durfte dag Pascha 
nie auf einen Freitag fallen; das wäre im Todesjahre des Herrn ge- 
schehen; darum verlegten die Juden das Pascha, während der Herr genau 
nach dem alten Gesetze verfuhr. G. 


424 Bibliographische Notizen. 


Mackintosh, H. R., The objective Aspect of the Lord’s Supper (Exp VII 
180—198): Erörterung über Abendmahlstheorien. 

Soames, W. H. K., The Lord's Supper: What it is and what it is not 
(8%. Ld., Stock. 13). 

Memain, Th., La derniere Päque de Notre Seigneur Jesus- Christ (Mem. 
della pontif. accad. dei nuovi Lincei XIX. 4". Roma 1902, Cuggiani'. 

Mozley, F. W., The Meaning of roiro zosire (Exp VII 370—386): Be- 
hauptet gegen Abbott: noreiv = =5r kann im Sinne von opfern aufgefalst 
werden; das wird durch roüro gefordert. Justins Auffassung spricht 
gleichfalls dafür. 

Morin, E., Hoc est corpus meum. Expose et critique de Vinterpretation 
donnee par le catholicisme des paroles de linstitution de la Sainte- Cene. 
These theol. (80. 71. P. 1%02). 

Carr, A., Hostile and alien Eridence for Christ at Passiontide (Exp 
VII 417—425)j: Behandelt das Zeugnis 1. des Pilatus, 2. der jüdischen 
Priester und des Volkes, 3. der römischen Soldaten. 

Achelis, H., Ein Versuch, den Karfreitag zu datieren (Nachr. v. d. K. 
Ges. d. Wiss. zu Gött. 1902, 707—717): Wird ausführlich besprochen 
werden. 

Sand, W., Ta Traie Mort de Jesus. Etude hist. et crit. sur le veritable 
genre du mort de Jisus (18%. XXVILu. 187. P., Inst. de bibliogr. Fr 3.50), 

Morgan, W., „The Death of Christ" (Expl \1V 166—172): Eingehendes 
Referat über das oben S. 212 genannte Buch Denneys, welches die 
zentrale Bedeutung des Todes Ühristi verteidigt. 

Cullen, H., Christ’s View of His Death (BStdt VII 292—302): Der Tod 
Christi hat in den ntl Berichten eine zentrale bedeutung. Christus selbst 
falste sein Sterben als einen Opfertod auf. — Vgl. €. W. Hodge ebd. 358— 361. 

Dobschütz, E. v., Ostern und Pfingsten (8°. 54. Lp., Hinrichs. M —.80': 
Das leere Grab hat den Osterglauben nicht geschaffen, ist aber auf die 
Entwicklung desselben von Einfluls gewesen. Die Erscheinungen des 
Auferstandenen sind Erlebnisse. Der Wendepunkt der Himmelfahrts- 
ceschichte ist zu eliminieren. Das Pfingstereienis ist auch nichts anderes 
als eine Christophanie (= Erscheinung vor den 500) und erst vom Verf. . 
der Apg als Geistesausgielsung aufgefalst worden. Den evangelischen 
Berichten schenkt v. D. übrigens mehr Vertrauen als viele seiner pro- 
testantischen Kollegen und klagt die „neueste, voraussetzungsvolle Kritik*® 
der Gewaltstreiche an (8. 13). Hoffen wir, dals die Zeit nicht mehr ferne 
ist. wo auch die Apg sich ein älınliches Vertrauen erwirbt. 

Hartill, J., The Ascension of Our Lord Jesus Christ (8". 64. Ld. 1902, 
Stockwell. 1). 

Mullan, D., Nature of Pentecostal Baptism (8°. Ld., Jarrold. 2s 6d). 

Payne, T., Pentecostal Baptism: is ıt Ikegeneration? Reply to G. C. 
Morgan (8°. 156. Ld., Simpkin. 2si. 

Griffinhoofe, C. G., The Unwritten Sayings of Christ. Words of Our 
Lord not recorded in the Four Gospels, tiechwding those recently discovered. 
With Notes (8%. AlI u. 128%. Cambridge, Hetter. 38). 

Pick, B., Extra Canonical Life of Christ (8°. Ld., Funk &W. 5s). 

Endemann, Maria von Bethanten, Maria Magdalena und die „Sünderin“ 
(Ev. K.-Ztg 1903. 531—536 557 565): Ist für die Identität. 

Loisy, A., Eitudes evanyeliques (8%. X1V u. 335. P. 1902, Picard): Be- 
handelt 1. die Parabelfrage, 2. den Jo-Prolog, 3. das Gespräch mit. 
Nikodemus, 4. Jo 6, 5. Jo 13, 1—20 „Le grand exemple“. Vgl. das Referat 
von M. F., Auorvi studi sui Vangeli dell’ Abate Loisy (Str 1Il 183—197), 
welches die geistvolle Art von L.s Untersuchungen hervorhebt. 

Fonck, L., S. .J., Evangelium, Evolution und Kirche. 1. Art. (ZkTh XXVII 
491—508): Schildert aphoristisch die gegen das positive Christentum und 
die Glaubwürdigkeit der ntl Schriften gerichtete Bewegung von Lessing 
bis Harnack und wendet sich gegen Abb& Loisy, der in der Parabelfrage 


Bibliographische Notizen. 425 


Jülichers Evolutionstheorie (starke Überarbeitung und Weiterbildung der 
Gleichnisreden Jesu) akzeptiert. Das 8.507! dem Referenten vorgeworfene 
„Ubersehen“ in der Anzeige der Fonckschen Parabelerklärung (s. o. S. 211) 
hat nie existiert. Der Zweck aller Parabeln, übernatürliche Wahrheiten 
zu veranschaulichen, blieb nur deshall) in dem kurzen Referate unerwähnt, 
weil er allgemein bekannt ist. 

Robinson, J. A., The Study of the Gospels (16°. XII u. 161. Ld. 1902, 
Longmans. 28 6d): Das 3. Ev und die Apg stammen von Lk (nach 70). 
Das Mk-Ev wurde vor 70 verfalst; sein echter Schluls ist verloren gegangen. 
Das Mt-Ev hat keine späteren Zutaten erfahren. R. akzeptiert die Zwei- 
quellentheorie. Das Jo-Ev stammt vom Apostel. \gl. das Referat von 
W. P. Armstrong in PrthR I 132—136. i 

Poulin, L., et Loutil, E., Conferences de Saint-Roch. V.: les Evangiles 
et les critiques; Authenticite,; Integrite; les Trois Synoptiques; le Quatricme 
Evangüe; Veracite (8%. XLVII u. 279. P., Maison de la Bonne Presse). 

Sense, P. C., Erangiles canoniques et apocryphes [r@sume d’apres le 
manuscrit anglais de l’auteur par $. Reinach]. (Rev. de l’hist. d. rel. 1903, 
312— 383). 

Küppers, W., Im Kampf mit der theologischen Zunft. Ein Stück Leben 
(8%. IV u. 47. Gr. Lichterf.-Berlin, Kommissionsverl. Runge. M —.50:: 
Wehrt sich gegen die Ablelınung seiner Lösung des Evv-Problemes (s. oben 
S. 213) durch die theol. Kritik in einer Form, die Schürers Urteil, K.s 
frühere Publikation habe „nur pathologisches Interesse“ (Thlzt XXVII 
565), leider rechtfertigt. So erweist K. dem Oflenbarungsglauben, den er 
verteidigen will, keinen Dienst. 

Feret, P., Le probleme synoptico-johannique (Ann.d. Philos. Chret. 1903, 
April, 24—42). 

Thomsen, C., Die Stundenzählung der vier Evangelisten (Bew. des Glaub. 
1903, April). 

Bonaccorsi, G. B., I tre primi Vangeli e la critica letteraria ossia la 
questione sinottica (La scuola cattol. 1903, 99— 122). 

Herklotz, F., Zur Form des Liebesgebotes Mt 22,37 Mk 12. 30. 33 (Lk 
10,27) (ZkKTh XXVII 574-579): Bespricht die drei- und viergliedrige 
Form (kapdia, yuyr, toxüs [dUvauıs)) des Gebotes, namentlich die semitischen 
Vorlagen und Parallelen. 

Halevy, J., Deux passages de P’Erangile (Jas XX 351): Die beiden 
Formeln: „Dieser ist mein geliebter Sohn usw.“ und „er wurde getragen 
in den Schols Abrahams“ (Lk 16, 21) sind zusammengezogen aus dem 
Buch der Jubiläen 22, 26. 28. Letzteres ist infolgedessen unzweifelhaft 
vorchristlichen Ursprungs. T. 

Conybeare, F. C., Three early doctrinal Modifications of the Text of 
the Gospels (Hibb. ‚Journ. I 965—113): Mt 1, 16 habe gelautet: "lakup 
Erevvnoev tOv 'lwonp, Töv Uvdpa Mapias, EE ng Eyevvnidn "Inooüs d Aeyoö- 
Hevog Xpiortög* kai lworip Erevvnoev TÖv ’Inoobv TOV AeYöuevov XpLoTöv. 
Ahnliche Untersuchungen zu Mt 28,19 u. 19,7 u. Parall. Vgl. die ab- 
weichenden Untersuchungen von J. R. Wilkinson (ebd. 354 — 359 
8,0 — 576). 

Zahn, Th., Das Fr des MtiKommentar zum NT, herausgeg. von Th. Zahn. 
I. 8°. VIll u. 714. Lp., Deichert. M 14.50): Wird besprochen werden. 

Ritchie, A., Scriptural Studies in St. Matthew’s Gospel. 2 Vol. (12%. 
349. 374. N.Y. 1902, Longmans, Green & Co. $3.—). 

Kleber, P., Beiträge zur Erkl. des Ev Matthaei. Progr. d. Realsch. zu 
Löwenberg (4°. 36. 1902). 

Herklotz, F., Nochmals Raka (ZkTh XXVII 158—161): Spricht neben 
x» für die Ableitung vom griech. paxog = Stück Zeug, Fetzen. 

Herklotz, Zu Mt 5,22 (ZkTh XXVII 579f): Bespricht, die Wiedergabe 
des raca durch das altdeutsche trutz, wie auch andere Übertragungen. 


426 Bibliographische Notizen. 


Lühr, K., Zur Auslegung von Mt 5, 22 (PrM VII 225—229): Der in- 
zwischen verstorbene Vert. vermutet in dem uwpe& die Form „ins Part. 
Poel von “x. 

Sch., Zum Gebet des Herrn (Schw. th. Zeitschr. XX 123f): Vorschläge 
zu einer von der Vulgata unabhängigen Übersetzung und Dispositions- 
versuch. 

Vives, card. Gius. Calasanzio, FErpositio in orationem dominicam jurta 
traditionem patristicam et theologicam (8°. 841. Roma, Tip. Artigianelii 
dı s. Gius.). 

Füllertoi, W.J., Christ’s Foreview of this Age. An Exposition of Matthew 
XIII (8°. 138. Ld., Stockwell. 1s dd). 

Sulzbach, A., „Die Schlüssel des Himmelreichs* (ZutW 1V 1%0—192): 
Verteidigt die Richtigkeit dieses Bildes gegen W. Kirchbach, der dafür 
„die Riegel des Himmelreiches“ setzen wollte. 

Riggenbach, E., Der trinitarische Taufbefehl Matth. 28, 19 nach seiner 
ursprüngl. Textgestalt und seiner Authentie untersucht (Beitr. z. Förd. 
christl. Th. Vll 1. 8° 103. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.80): Gründ- 
liche Verteidigung seiner Authentizität gegen (onybeare u. a. Dals 
Eusebius die trinitarische Formulierung oft auslieis, erklärt R. aus der 
Arkandisziplin. Bei ÖOrigenes, Syrern, Agyptern und im Abendlande 
sogar schon um 200 lälst sich dieselbe nachweisen. Tatian, Justin und 
Theodotos nötigen, zeitlich noch weiter hinaufzurücken (Anf. des 2. Jahrh.). 
R. glaubt, dals in der urchristl. Zeit eine grolse Freiheit im Gebrauche 
einer Taufformel bestanden hat. 

Weifs, J., Das älteste Evangelium. Ein Beitrag zum Verständnis des 
Markusevangeliums und der ältesten evangelischen Überlieferung (8%. All 
u. 414. Göttingen, Vandenhoeck): \Vertritt die Mk-Hypothese in der 
Form, dals vom Evangelisten als Quellen benutzt worden seien: Petrus- 
erzählungen, Schulgespräche. Worte oder Reden mit oder olıne geschicht- 
lichen Rahmen, volkstümliche Überlieferungen unbestimmten, vielfach 
sarenhaften Charakters, Die Identität des Fvangelisten und Petrus- 
schülers mit Johannes Markus steht dem Verf. nicht fest. — \V'gl. dazu 
E. Sulze, Ein neuer Beitrag zum Verständnis des Mk-Ev (PrM VII 
219— 225). 

Fiebig, P., Aus Lichtensteins hebr. Konmentar zum NT. Das Ev nach 
Mk (Saat auf Hoffnung 1903, 119—154. 

Girodon, Commentaire critique et moral sur "Evangile selon 8. Luc 
(16°. XVl u. 589 P. Plon Fr 6.-—). 

Hamer, C. J., Notes on St. Luke. With Questions set at the Oxford 
and Cambridge Local Examinations (8°. 138. Ld.. Allman. 1s). 

W<arfield>, B. B.. The Controversy over Luke (BStdt Vl1 1781): Referat 
über A. Plummer, Recent Thheories of the Third Gospel is. 0.8. 214). Auf 
die „Wir-Stücke* bei Ammianus Marcellinus wird besonders hingewiesen. 
Gegen die Datierung des Ev in die Jahre 78—93 erhebt W. Einspruch 
und datiert es vor 70. 

Zimmermann, H,, Lk und die johanneische Tradition (StKr LXXVI, II 
586--6051: Macht an 21 Stellen auf die Übereinstimmung des Lk mit Jo 
aufmerksam und betrachtet dieselben als „zwei selbständige Zeugen für 
das von ihnen Überlieferte“. Lk habe die Tradition, die später im Jo- 
Ev fixiert wurde, zur Ergänzung der synoptischen Tradition benutzt. 

Zimmermann, H., Ev des Lk Kap. 1 und 2. Ein Versuch der Vermitt- 
lung zwischen Hilgenfeld und Harnack (StKr LXXV, I 247—29): Da 
Ausdruck und Sprache in Lk 1 u. 2 ganz lukanisch seien (Harn.), Lk 
aber doch nicht den Jnhalt dieser Kapitel komponiert haben könne 
(Hilgenf.), sei eine judenchristliche aramäische Kindheitsgeschichte, welche 
Ik frei übersetzt habe, als schriftliche Quelle anzunehmen. Auf Lk selbst 
gingen dann die Stellen über die übernatürliche Geburt (1, 34f, auch 1. 27 
u. 2, 5) zurück. 


Bibliographische Notizen. 427 


Soltau, W., Zum 1. Kap. des Ev des Lk (VB I 34—41): In eine abge- 
schlossene Johanneslegende (1, 5—25. 57—80) sei nach ihrem Vorbild 
1, 26—57 eingearbeitet worden, speziell sei das Zeugnis für die jung- 
fräuliche Geburt 1, 35 „unter dem Banne heidnischer Vorstellungen“ eine 
„grobsinnliche“ Umbildung von 1, 15. 

Nilles, N., S. J., weist betreffs der Frage über die Sängerin des Magnificat 
(ZkTh XXVII 375f) die oben S. 214f notierte Abhandlung Köstlins als 
auf Unkenntnis des griechischen Ritus beruhend nach. 

Lepin, M., L’origine du „Magnificat“. Ieponse aux nouvelles observations 
de M. Loisy (Univ. cath. XLIll 290—296): Letzterer hatte in der Rev. 
d’hist. et de litt. rel. VIII 288f seine Zuweisung des Magnificat an 
Elisabeth aufrecht erhalten. Ihm gegenüber verteidigt Lepin neuerdings 
(s. o. $S. 215) die Zuweisung an Maria. 

Nestle, E., Zur Genealogie in Lk 3 (ZntW IV 1881): Macht auf das 
Fehlen einiger Namen -sowohl in lateinischen Hss wie in lateinischen 
genealogischen Werken aufmerksam und betont die Notwendigkeit einer 
andern Klassifizierung unserer lat. Bibellıss. | 

Herklotz, Zu Luc. 3, 27 (T[QS LXXXV 155): Für ‘Pnoa = sv“ „Fürst“ 
nn a spricht auch der Syr. xzp Syr.-Sin. nur Verlesung des 

stranghelo-* in p. sc“ der Pes. nach dem griechischen Text geändert. 
— ’lwavav Lk 3, 27 viell. = "=»;:7 1 Chr 3, 19. 5 

Bonus, A., Widow or Gentile? (ExpT XIV 430): Lk 4,26 sei wohl zu 
lesen: „zu einer syrischen Frau“. Eine Verwechslung von !äs;l = 
Witwe und !A&ass;! = Heide liege zu Grunde. 

Robertson, J. M., „Deuteroproton“ (ExpT XIV 474f): Macht auf eine 
Stelle im Briefe des Hieronymus an Nepotian aufmerksam, wo Hier. er- 
zählt, Gregor von Nazianz habe in einer Predigt lediglich durch rhetorische 
Mittel eine Erklärung seinen Zuhörern plausibel gemacht. 

Oesterley, W. 0., The Parable of the „Unjust“ Steward (Luc. XVI) 
(exp V1l 273-283): Die Parabel palst nur auf jüdische Verhältnisse, 

ie ist eine „lesson of consistency“, indem sie das konsequente Handeln 
der Diener des Mammons schildert. — Vgl. auch die Notizen von M.D. 
Gibson in ExpT XIV 334f. 

Soltau, W., Der lukanische Auferstehungsbericht (VB 1 59—65): Scheidet 
auch in Lk 24 einen synoptischen Bericht des Lk, den Emmausbericht 
des Verf. der Apg, weiterhin Ergänzungen, Vergröberungen und Glossen 
aus und kleidet seine Willkürlichkeiten in oft sehr apodiktische Form. 

Haussleiter, J., Der Kampf um das Jo-Ev (ThLbl XXIV 1-6 17—21): 
Der erste Bestreiter der Echtheit war Karl Gottlieb Bretschneider (1820). 
Jülichers neueste Zuweisung (Einl. in das NT, 3. u. 4. Aufl., Tüb. u. 
Lp. 1901) an einen Jünger des Apostels Johannes bedeutet nach H. soviel, 
als diesem Jünger eine Lüge und eine Verständnislosigkeit gegenüber 
dem von ihm selbst berichteten Bezeugtsein Christi durch den Vater 
imputieren. 

Haussleiter, J., Die Geschichtlichkeit des Jo-Ev. Ein Vortrag (Hefte 
zum „Alten Glauben“. 8%. 20. Lp., Wallmann. M —.35). 

Lock, W., A Partition Theory of St. John's Gospel (JthSt IV 194—205): 
Schilderung der Wendtschen Theorie vom johanneischen Ursprung der 
erzählten Reden und der späteren Abfassung der historischen Stücke. 
Bedenken dagegen. — Vgl. weiterhin: Wauchope, St. G., Wendt on the Fourth 
Gospel (Exp VII 65—80 135—146): Mehr ablelınende Untersuchung über 
die Hypothese W.s, Jo habe eine schriftl. Quelle benutzt. Gleichfalls 
bringt Bedenken vor J. A. Cross, The Argument of Wendt’s „Gospel ac- 
cording to St. John“ (ExpT XIV 331—333). 

Nuelsen, J. L., Die Bedeutung des Ev Johannes für die christl. Lehre 
(Hefte für ev. Weltanschauung u. christl. Erkenntnis. 1I. Serie, Nr 5. 
8. 24, Gr.-Lichterf., Runge. M —.50): Verteidigt Echtheit und Glaub- 
würdigkeit des Jo-Ev. Es palst in die Zeitverhältnisse und zeigt, wie 


428 Bibliographische Notizen. 


Christus das sein konnte. als was ihn die Synoptiker schildern. Auch 
heute noch ist es gegen den modernen Evolutionismus in der Theologie 
von grölster Bedeutung. 

Riggenbach, E., Was haben wir am 4. Evangelium? Vortrag (8%. 26, 
Neukirchen, Erziehungsverein. M —.35). 

Jannaris, A. N., Who wrote the Fourth Gospel? (ExpT XIV 459-463): 
Verteidigung der Zuweisung an Jo. Die Beziehungen von Jo ]l, 14 
zur Verklärungsgeschichte der Synoptiker seien so deutlich, dals einer 
der drei Apostel, welche Augenzeugen waren, Verf. sein muls. dv Nydıra 
sei vielleicht Übersetzung des Namens Johannes. 

Bacon, B. W., Recent Aspects of the Johannine Problem. — I. The Ex- 
ternal Hvidence (Hibb. Journ. I 510-531): Die äulsere Bezeugung des 
Jo-Ev kann sowohl für wie gegen die juohanneische Autorschaft sprechen. 


Rishell, C. W., Hints relative to the Date of the Fourth Gospel (Bs LX 
244—260): Komnit durch eine Untersuchung der Christologie Justins im 
a zur johanneischen zur Datierung in die letzten Jahre des 
1. Jahrh. 

Baljon, J. M. S., Commentaar op het Evangelie van Johannes (8%. 343. 
Utrecht 1902, Van Boekhoven): Vol. die Rezension von G. D. Heuver 
in BW XXI 4691. 

Burkitt, F. C., The Syriac Interpretation of S. John I 3—4 (JthSt IV 
436— 438): Die Punktation von Westcott und Hort obdE Ev. & Yerovev 
wird unterstützt durch Pes. der grammatischen Form nach und durch ‚die 
älteste handschriftl. Bezeugung vor dem 7. Jahırh. 

Jannaris, A. N, The Locus classicus for the Incarnation overlooked 
(Expl X1V 1880): Antwort auf Mac Donald; s. o. 8. 210. 


Walker, W. L., The Cleansing of the Temple in John II 13—22 (ExpT 
XIV 286f1: Glaubt durch die Hypothese einer Versetzung in einer der 
Originalhss die beiden Berichte erklären zu können. 

Bebber, van, Der Teich Bethesda und der Teich Siloe (TQS LXXXV 
161—195 369— 417): Auf die oben 8. 216 genannte An Erörterung 
des Bethesdawunders lälst v. B. eine sehr eingehende und gründliche topo- 
graphische Untersuchung über die Lare von Beth. folgen. Er hält an 
der Auffassunz von xoAuußridpa als Dativ fest, identifiziert wie schon 
Irenäus den Beth. zubenannten Schafteich mit dem Siloeteiche. Es kann 
aber nicht der von der Davidsmauer in einer Ausladung an der Südost- 
ecke der oberen Stadt (= Sion) umschlossene und unter Hadrian zu einer 
Kanal- und Badeanlage umgebaute obere Siloeteich sein, sondern nur der 
den Schafen zur Tränke dienende, von einer Schafhürde (avAn TWV Tpoßatwv 
Jo 10,1) umgebene und von dem Turme Siloam (dem salomonischen Millo- 
turmei beherrschte äulsere Teich. Die Tradition, welche den oberen Teich 
als den bezeichnet, in welchem sich der Blindreborene waschen sollte 
(Jo 9, 7), ist unzuverlässig. Zu spitzfindig scheint es mir zu sein, wenn 
v.B. aus Jo 9,4 eine „chronolorisch genau bestimmte“ Todesweissagung 
des Herrn herauslesen will (8. 192 ff}. 

Weils, B., Die Perikope von der Ehebrecherin (ZwTh XLVI 141—158): 
Vergleicht die von ihm gegebene Textgestalt mit der von v. Soden 
edierten und hält gegenüber dessen Verdikte seine civene textkritische 
Methode (Suche naclı Fehlerquellen) aufrecht. 

Behague, R., Une page litteraire des Erangiles (Rev. du Clerg& frang. 
XNXV 39— 52): Weist die literarische Schönheit in den Evv nach, indem 
er a Beispiel den dramatischen Charakter und Aufbau von Jo 9 ent- 
wickelt. 

Van Cleemput. C., La triple action du Paraclet contre le monde incredule 
et impie, d’apres Jo. XT7Z 8—11 [fin] (Nouv. Rev. theol. 1902, 471—478). 

White, J. D., The Johannine View of the Crucifixion (Exp VII 434—44]): 
Jo ist es vor allem darum zu tun, die Seelengrölse des Herrn zu schildern. 


Biblivgraphische Notizen. 429 


y) Leben der Apostel. Apostelgeschichte Apostelbriefe. 
Apokalypse. 


Poiidori, E., Apostolato di S. Pietro in Roma (Civ. Catt. XVIII 8, 
513—527 u. 9, 141—158). 

Barnes, A. S., St. Peter in Rome and his Tomb in the Vatican Hill 
(8%. Ld., Sonnenschein. 108 6 dı). 

Terwelp, &., Die Reden und m der Apostel mit Einschlufs der Apk 
in deutscher Nachbildung und Erläuterung (8. V u. 429. Bonn, 
Hanstein. M 3.—, ge)». 3.60, auch in 3 Lieferungen a M 1.—): Der Verf. 
bietet keine wörtliche Übersetzung, sondern eine Paraphrase der in der 
Apg überlieferten Reden der Apostel Petrus (10), Jakobus (1) und 
Paulus (10), weiterhin der ntl Briefe und der Apk. Er verspricht sich 
von dieser Art von Übertragung, welche das fremde Werk „in ein rein 
deutsch gedachtes umwandelt“, den Erfolg, dals „der Leser die Über- 
zeugung gewinne, in ähnlicher Weise würden die Apostel selbst geredet 
und geschrieben haben, wenn sie eben Deutsche gewesen wären“. Immer- 
hin täte der Verf. gut, in einer Neuauflage durch irgend ein typographi- 
sches Mittel (Kursivdruck oder Klammern) seine eigenen Zutaten und 
Einfügungen von dem Schrifttexte zu unterscheiden. Es wäre z. B. des 
Verf. Paraphrase von Apg 2, 15 etwa so wiederzugeben: Die hier (im 
Saale Versammelten) sind nicht etwa, wie ihr denkt, betrunken; es ist ja 
erst Ei Zeit des Morgenopfers,) die neunte 'Taresstunde (vor der kein 
Israelit etwas zu genielsen pflegt). Bei des Verf. Methode hingegen 
vermag der mit dem Texte nicht Vertraute nicht zu unterscheiden, was 
Apostelwort und was Zutat des Herausgebers ist. Im übrigen sind die 
auf kathol. Standpunkt stehenden Paraphrasen und Erläuterungen meist 
wohl gelungen. 

Fisher, A. C., A Short and Simple Life of St. Pau. With a Preface 
by E. E. Dugmore (8°. 162. Ld., Mowbray. 1s6d).. 

Sallmon, W. H., Studies in the Life of Paul for Bible Classes and 
Private Use. Rev. ed. (16%. 6 u. 130. N.Y., Intern. Committee of Young 
men’s christian association. 40 c). 

Cherrier, Saint Paul. Miettes de doctrine et d’histoire (8°. 101. Aix 
1%)2, Makaire). 

Albrecht, L., Paulus, der Apostel Jesu Christi. Sein Wirken von der 
ersten Missionsreise bis zur Gefangenscha ft in Cäsarea (45—54 n. Chr.) 
Knie Kirche im apostol. und nachapostol. Zeitalter Il. Bd. 8%. X1 u. 4, 

ünchen, Beck. M 4.50): Eine mehr populär-wissenschaftliche Darstellung 
des Themas. Doch werden die neueren Forschungen wohl berücksichtigt. 
Öfters folgt A. dem Cod.D. Auch huldigt er der südgalatischen Theorie. 
Dais die gar nicht umfangreichen Anmerkungen dem Buche erst hinten 
eingefügt sind, ist für den Leser sehr lästig. 

Feine, P., Die Erneuerung des paulinischen Christentums durch Lather. 
Dekanatsrede, gehalten am 31. Okt. 1902 in Wien (8%. 80. Lp., Hinrichs. 
M —.50): „Die Linie Jesus— Paulus setzt Luther fort, und zwar ist er 
der erste ın der christl. Kirche seit den Zeiten des NT, der die Kräfte 
des Ev wieder rein und voll erfalst“ (8.7). Eine eingehende Erörterung 
der Berührungspunkte zwischen Paulus und Luther, besonders 8. 16 in 
der Lehre über den Glauben, soll diese protestantische These erhärten. 

Lichtenstein, A., Paulus und Luther. Fine Parallele ihrer Zeiten und 
Persönlichkeiten. Nebst einem Geleitwort von Holzhauer (8%. v4. Lp., 
Strübinge. M 1.50): „Zurück zu Luther, dem Paulus redivivus!“ Vgl. 
ThLbl XX1IV 321—323. ’ 

Ullern, E., St. Paul, &vangfliste et pasteur des T'hessaloniciens (Etude. 
8%. 72. Nimes, Impr. cooperative la Laborieuse). 

Mecklin, J. M., Paul in Athens (BStdt VII 78—84: Schilderung haupt- 
sächlich der lokalen Verhältnisse, die P. in Athen angetroflen haben muls, 


430 Bibliographische Notizen. 


S<mith>, $. M., gibt (BStdt VII 307—311) kleinere Notizen zum Leben 
und zur Lehre Pauli: Intluence of the Apostle Paul; „The Great Apostle 
to the Gentiles“; Paul and Barnabas; God Sovereign, Man Free; A Side 
Lieht on Paul’s Character; „An so we came to Rome“; Inspiration. 

Rose, V., Eitudes sur la thöologie de St. Paul (Rb XII 337—361) II. J&sus- 
Christ, Seigneur et Fils de Dieu. In der Einsamkeit Arabiens hat Paulus 
„die Schule der christlichen Theologie“ durchgemacht. Alle christo- 
logischen Begriffe sind mehr vom erhöhten Christus aus gewonnen. Den 
Begriff xupiog substituiert Paulus für den nur den Juden bedeutungsvollen 
Messiasbegritf. Wie das atl küpıug-Jahwe, so besagt das nt] kupiog-Inooüc 
die Göttlichkeit.e Den Begriff Gottessohn entnahm P. einerseits den 
Propheten, anderseits der Tradition über Jesus. Das Bekenntnis Petri 
zu Uäsarea besage nach Mt die Gottessohnschaft in unserem Sinne, nach 
Mk und Lk die Messianität, welche aber nach deren Meinung die Gottes- 
sohnschaft zur Voraussetzung hat. In eingehender Exegese von Röm 
1, 1-4 und in Auseinandersetzung mit H. Holtzmann und Sanday wird 
das nveüna dywouvng als die göttliche Natur in Christus erklärt. 

Paterson, W. P., The Apostles’ Teaching. Part 1, The Pauline Theology 
(Guild Text-Books. 16°. 141. Ld., Black. 6d). 

Vos, 6., The Theology of Paul (BStdt VII 332—340): Will einerseits 
gerenüber der Tübinger Überspannung des theologischen Momentes, 
anderseits gegenüber der modernen Betonung des inneren Erfahrens den 
Mittelweg wählen. 

Leduc, H., Synthese de la doctrine de Saint Paul (Rev. du Clerge franc. 
XXXV 135— 144): Kurze Darlegung der paulinischen Theologie in psycho- 
logischer Anordnung, d.h. nach der Reihenfolge der inneren Erfahrungen 
Pauli selbst (Gotteslehre, Christologie, Lelıre von der Kirche, Gnade, den 
Sakramenten, theolog. Tugenden, von Gesetz, Sünde und Tod, Escha- 
tologie). 

Beattie, F. R., The Sources of Paul’s Theology (BStdt VII 286—292): 
1. Das AT; 2. die zeitgenössische Philosophie wenigstens nach der 
formellen Seite; 3. die Lelire Jesu; 4. Pauli eigene Erfahrung; 5. äufsere 
Verhältnisse (Judaismus); 6. spezielle Oflenbarungen. 

Marsh, W. H. H., Genesis of Paul’s Theology (bs LX 61—83): Dieselbe 
ist zu suchen in dem Glauben an die Auferstehung und Verherrlichung 
Christi, der dann die Anschauungen über das AT beeinflufst und modi- 
fiziert hat. 

Röhricht, A., Das menschliche Personenleben und der christliche Glaube 
nach Paulus. Ein Beitr. zum Verständnis des Christentums als Religion 
und Sittlichkeit (8%. VIII u. 155. Gütersloh 1902, Bertelsmann. M 2.40): 
Nach Paulus ist „das eigentliche Wesen des Menschen in seiner Ver- 
anlagung zu persönlichem Leben zu finden“. Die Taufe ist für dieses 
Personenleben von grundlegender Bedeutung. Ihre Folge ist der Glaube. 
Vgl. Wendt in ThLzt XX VIII 229£. 

Sokolowski, E., Die Begriffe Geist und Leben bei Paulus in ihren Be- 
ziehungen zu einander. Kine exegetisch-religionsgeschichtl. Untersuchung 
(8°. XII u. 284. Gött., Vandenhoeck. M 7.—): Durch eingehende Exegese 
aller in Betracht kommenden Stellen wird nachgewiesen: Der Begriff 
Leben schliefst zukünftige wie gegenwärtige Elemente in sich und ist 
durchaus einheitlich. Leben wird durch den Geist erzeugt und gewähr- 
leistet. Dieser wirkt durch Wort und durch Taufe. Dais auch die letztere 
als Mittel der Geisteswirkungen in Betracht kommen kann, ist in den 
anthropologischen Voraussetzungen Pauli begründet. Die letzteren werden 
durch Untersuchung der Begriffe &Ew üäv&pwrog (oapft, nicht völlig 
gleich mit oWua) und Eow &vBpwrtog (voüg, Ovveidnais, Kapdia, TTVeDua — 
das letztere hier als Bestandteil des Menschen) und der Einwirkung des 
göttlichen Geistes auf dieselben erforscht. Endlich versucht S. festzu- 
stellen, was an diesen Anschauungen dem Judentum, dem Hellenentum und 


Bibliographische Notizen. 431 


dem palästinensischen Christentum entlehnt ist und was Paulus seiner 
eigensten subjektiven Erfahrung entnommen hat. Das Buch ist im Geiste 
O. Ptleiderers, Gunkels, H. Holtzmanns und Harnacks geschrieben und 
enthält häufige Polemik gegen B. Weils. 

Menegoz, E., Die Rechtfertigungsiehre nach Paulus und nach Jakobus. 
Vom Verf. durchgesehene Übersetzung (8%. 36. Gielsen, Ricker. M —.80): 
Nimmt in der Kontroverse einen vermittelnden Standpunkt ein, falst aber 
die paulinische dikaroouvn als iustitia imputata. gl. B. Bartmann 
in ThR II 198£. 

Drummond, J., On the Meaning of „Righteousness of God“ in the 
Theology of St. Paul (Hibb. Journ. I 83—95 272—293): Aıkaroouvn HeoD 
bedeutet „righteousness“, nicht „justification“. Auch Paulus trennt den 
Begriff der dıkawouvn nicht von Gott. Der Mensch erhält dieselbe nicht 
durch Gesetzeserfüllung, sondern durch den göttlichen Geist im Menschen. 
Besonders werden erürtert 2 Kor 5,21 u. Röm 5, 12—21 (speziell 15—19), 
teilweise unter Auseinandersetzung mit Pfleiderer und Holsten. 

Dubois, P., Le röle de la loi mosaique dans l’enseignement de S. Paul 
(8°. 101. Neuchätel 192, Delachaux. Fr 2.—). 

Vos, 6., The alleged Legalism in Paul’s Doctrine of Justification (PrthR 
I 161-179): Sieht in Pauli Rechtfertigungslehre „das Herz seines Ev“. 
Judaistische Auffassungen derselben stehen dem Apostel fern. 

MacComb, S., The Eschatology of Paul (BW 36—41): Behandelt Pauli 
Anschauungen über Parusie, die Auferstehung, das letzte Gericht und 
„the Resignation of the Kingdom into the Hands of the Father“. 

Greene, W. B., St. Paul's View of his own Inspiration (BStdt VII 
259—264): Paulus hat seine Lehre als Offenbarung Gottes ausgegeben und 
Untehlbarkeit für sich und die Apostel hierin beansprucht. 

McLanahan, S., The Emphasis in the reported Preaching of Paul (BStdt 
Per Al Der auterstandene Heiland bildet das Hauptthema des 

postels. 

Albani, J. Die Parabel bei Paulus (ZwTh XLVI 161—171): Nachdem 
der Verf.die Metaphern bei Paulus behandelt hat (s. o. S.221 und u. 435), 
erörtert er die Parabeln vom xepaueus, Aypıekarog und xaAkıeAalog Yewpyös, 
äpxıretwv, Züun, oTabıov, oWua u. a. Im ganzen haftet den Parabeln 
Pauli ein gnomischer Charakter an. 

Miller, A., Paul’s Praise of Love (BStdt VII 74-78): Exegesiert 
1Kor 13, 1—8: The Necessity of the Way of Love, 4—7: The Cha- 
racteristics of this Way, 8—13: The Permanence of this Way. 

Kerr, J., The Companions of Paul on the second Missionary Journey 
and their Movements (BStdt VII 23—27): Populäre Berichterstattung 
über die Angaben der Apg etc. 

Ballantyne, J., The Aposties of History and the Apostles of Legend 
(BStdt VII 343-349): Kurze populäre Schilderung des Lebens der 
zwölf Apostel nach dem N’T und der Legende. 

Farel, P., Saint Jacques et Saint Paul (Rev. d. Th. et d. Quest. rel. 
1903, 54—59). 

Carpenter, W. B., The Wisdom of James the Just (12°. 19 u. 253. N.Y., 
Whittaker. $& 1.20). 

Lewis, A. S., Who was Judas Thomas? (ExpT XIV 397-399): Die ge- 
lehrte Dame will Thomas, den Apostel, mit Judas, dem Bruder des Herrn, 
identifizieren. 

Moorhead, W. 6., Outline Studies in Acts, Romans, I. and II. Corinthians, 
Galatians, Ephesians (8%. 248. Ld. 1902, Oliphant. 38 6d): Will auch 
der Predigt dienen. Vgl. BStdt VII 5l. 

Weber, A., Les Actes des Apötres, completes et contin. jusqu'a la mort de 
saint Jean (16°. 223. Verdun). 

Bone, W. P., The Personal Traits of the Author of Acts (BStdt VII 
144—152): Schildert Lk, den Verf. der Apg, 1. als Historiker (liebt Ge- 


432 Bibliorraphische Notizen. 


nauigkeit, Vollständigkeit, technische Ausdrücke etc.), 2. als Christen, 
3. als Menschen (Anhänglichkeit an Paulus u. a.). 

To conmend the Gospel of Christ (BW XNXIL 3—7): Falst des Lk Apg 
als Apologie des Ev auf. 

Beardslee, J. W., Alleged Inaccuracies in Acts (BStdt VII 226—234): 
Widerlegt die modern kritischen Anschauungen, wonach nur die Wir- 
Stücke aus alter Zeit sein und die ersten zwöll Kapitel einen andern Autor 
haben sollen. Auch die Tübinger Anschauung von der Apg als einer 
Kompromilsschrift wird zurückgewiesen. Der vielfach behauptete chrono- 
lorische Irrtum des Lk bezüglich der Theudaserhebung lälst sich durch 
Annahme zweier Theudasse oder eines Fehlers bei Josephus erklären. 
Auch die erzählten Reden und die drei Berichte über Pauli Bekehrung 
bilden keine Instanz gegen die Glaubwürdigkeit der Apg. 

Smith, J. R., The Speaches of Paul in the Acts (BStdt VII 198-204): 
Dieselben sind von Lk verlässig wiedergegeben. Die zwei Reden gegen 
die Juden, die zwei gegen die Heiden, die Rede an die Presbyter von 
Ephesus und die drei Apologien werden näher charakterisiert. 

Soltau, W., Die Herkunft der Reden in der Apg (ZutW IV 128-154): 
Finige Reden sind nach den Briefen Pauli gebildet. Die wichtigsten 
Verteidigungsreden Pauli beruhen auf dem Berichte von seiner Be- 
kehrung. Mehrere sind lediglich erweiternde Umschreibunren der im 
Reisebericht und in den Wir-Stücken erzählten Begebenheiten. Der 
Stephanusrede, dem vielleicht ältesten Zeugnisse für die Entwicklung 
eines alexandrinischen Christentums, liegt älteres Quellenmaterial zu 
Grunde, aus dem auch die Petrusreden (Kap. 2—4) und die Rede Pauli 
zu Antiochien entnommen sind. 

Greene, G. F., The Word Parresia in the Acts (BStdt VII 137—143): 
Erklärt den Sinn der zwölf Stellen, an welchen rappnoia oder nappnoıdZo- 
har vorkommt (— Freiheit oder Kühnheit), und macht Anwendung auf 
die heutige Predigt. 

Lee, A. H., Tongues, like as of Fire (ExpT XIV 188f): Stützt die Deu- 
tung Chases (s. o. S. 219) auf die Strahlen der eben aufgehenden Sonne 
durch einen ähnlichen Vorgang bei der Rütliverschwörung. 

Bartlet, V., Note on Acts X1I 25 (JthSt IV 438—440): Erörtert drei Mög- 
lichkeiten: 1. eig ‘lepovoaAru als Glosse zu betrachten, 2. es mit tAnpWoavTteg 
nv dakoviav zu verbinden, 3. dato ‘lepovoaAnu zu lesen. 

Baumgarten, M., Über das Zeugnis Pauli von seiner Gesetzestreue Apg 21, 
20—26 (Saat auf Hofinung XL. 

Richards, C. M., Acts X XVII: Its Relation to the Scheme of the Book 
(BStdt VII 340—343): Lk gibt eine so detaillierte Schilderung deshalb, 
weil es sich um eine Reise nach Rom und um die Missionierung in der 
Hauptstadt der Welt gehandelt hat. 

Shaw, R. D., The Pauline Epistles. Introductory and Expository Studies 
(8. XI u. 508. Ld., Clark. 8s}j: Ein populäres Buch über die theo- 
logischen Anschauungen und Briefe Pauli. Verl. ExpT XIV 312f. 

Kerr, J. H., The Grouping and Sequence of the Pauline Epistles (BStdt 
V11165—169): Die 1. Gruppe (2. Missionsreise 52 u. 53: 1 u.2 Thess) wird 
durch das Vorherrschen eschatologischer Gedanken charakterisiert, die 
2. (3. Missionsreise 57 u. 58: Gal, 1 u. 2Kor, Röm) durch die Soterio- 
logie, die 3. (Gefangenschaftsbriefe 62 u. 63: Kol, Phm, Eph u. Phil) durch 
die Christologie, die 4. (Pastoralbriefe 67: 1'Tim, Tit, 2 Tim) durch die 
Ekklesiologie. 

Feine, P., Der Römerbrief. Eine exeg. Studie (8%. IV u. 159. Gött., 
Vandenhoeck. M 5.—): In der römischen Christenremeinde gab es eine 
Judenchristliche Minorität (= die Schwachen). Bei aller Bekämpfung 
Judaistischer Tendenzen ist sich Paulus des tlieokratischen Vorzugs seines 
Volkes bewulst geblieben; er selbst wird aber wegen seines Heidenevangeliums 
von Juden und Judaisten in gleicher Weise gehalst. Juden und Juden- 


Bibliographische Notizen. 433 


christen sind nur durch ihre christologischen Anschauungen geschieden ge- 
wesen — eine Differenz, welche durch die gemeinsamen eschatologischen 
Erwartungen bedeutend abgeschwächt wird. Sonach ergibt sich für F. als 
Lösung des Römerbriefproblemes folcendes: Der Brief ist „eine Dar- 
stellung des heidenchristlicben und doch judenfreundlichen Ev des Paulus 
für die das ungläubige Israel hochmütig beurteilenden heidenchristlichen 
Römer“. Paulus weise also eine zu radikale heidenchristliche Gemeinde 
in ibre Schranken. In Rom habe nach Apg 28 zwischen Juden und 
Christen keinerlei Verbindung bestanden. Zum Schlusse der feinen 
Untersuchung wird Spittas Zweibrief-Hypothese (s. o. S. 220) abgelehnt, 
aber Röm 16, 1—20 für ein kleiner Epheserbrief angesehen. 

Niglutsch, J., Brevis commentarius in S. Pauli Apostoli epistolam ad 
Romanos (8%. VI u. 183. Trient, Seiser): Eine kurze, aber gehaltvolle 
Erklärung unter Zugrundelegung des Vulgatatextes und Benutzung der 
Hetzenauerschen Ausgabe des griech. Textes. Der Brief wird in die 
Jahre 58 oder 59 verlegt; er sei an die grölstenteils heidenchristliche 
römische Gemeinde gerichtet, veranlalst u. a. durch deren hohe, mit der 
Gründung durch Petrus zusammenhängende Bedeutung. Der dogmatische 
Teil behandelt das allgemeine Bedürinis nach Rechtfertigung (1, 18—3, 20), 
die Art ihrer Erwerbung (3, 21—4, 25), ihre Wirkungen (5, 1—8, 39), den 
allgemeinen Heilswillen (9, 1—11, 36). Kap. 9 beweise weder für eine 
praedestinatio ante, noch für eine post praevisa merita etwas. Haeuser. 

Sanday, W., Headlam, A. C., Critical and Exegetical Commentary on 
Epistle to the Romans. 5!" ed. (8". 562. Ld.. Clark. 12 8). 

Bean, M. F., Studies in Romans (8°. 72. Baptist Tract and Book Society). 

Semeria, @., I! pensiero di S. Paolo nella leitera ai Romani (8°. XXIV 
u. 220. Roma, Pustet). 

Herbst, F., Geschenkweise gerecht! Betrachtungen über den Römerbrief 
(8°. VIII u. 330, Eiberf., Ev. Gesellsch. M 2.70): Die wichtigeren Ab- 
schnitte des Röm werden in Homilienform erklärt. In dem dikarouuevor 
dwpedv (3, 24) sieht der Verf. den „eigentlichen Mittelpunkt des ganzen 
Briefes“, ja „der Bibel überhaupt“. An den betr. Stellen wird mit groisem 
Nachdruck die lutherische sola fides-Lehre „dem Papst zum Arger und 
Trotz“ festgelialten. Vor der römischen Kirche „als einem ins Judentum 
zurückgefallenen Christentum“ wird dringendst gewarnt. 

Smith, W. B., Did Paul write Romans? (Hibb. Journ. I 309—334): Der 
Röm ist kein Brief, nicht adressiert an die Römer und stammt nicht von 
Paulus. Er ist nicht einheitlich, und bis ca. 150 wulste niemand von 
ihm etwas. 

Schmiedel, P. W., Did Paul write Romans? A Reply (ebd. 532—552): 
Eingehende Widerlegung der vorgen. Bestreitung der Fechtheit des Röm. 

Farel, P., Trois passages de l’epitre aux Romains (Rev. d. Th. et des 
Quest. rel. 193, 233-244. 

Schjött, P.O., Eine religionsphilosophische Stelle bei Paulus Röm 1, 18—20 
(ZutW IV 75— 78): TO Yvwotov ToDb Beou — das, was an Gott erkennbar 
ist; voouueva ist Gegensatz zu döparta; der Sinn: Die unsichtbaren Ge- 
danken Gottes (= Xöyog Evdidderog), welche von der Schöpfung der Welt 
seinen Werken hervortreten (= Aöyog TPo@opırds), liegen offen 
zu Tage. 

Zum Komp “ über Röm 7(Reich Christi VI 137—139): Zwei Notizen; die 
erste von f. Hachtmann, der die Alternative: Entweder gilt Röm 7 vom 
Wiedergeborenen oder vom Nichtwiedergeborenen, für unrichtig hält, 
die zweite von M. Wilde, der auf Hachtmann antwortet. 

Pope, H., A possible View of Rom. 10, 13 —21 (JthSt IV 273—279): Unter- 
sucht die Gedankentolge und betrachtet insbesondere V.17 als „a con- 
clusion, which is a concession“, aus V.16. der einen Einwand brachte. 

Smith, W. B., Unto Romans XV and XVI (Journ. of Bibl. Lit. XX, 
II 129—157; XXI, II 117—169). 

Biblische Zeitschrift. I. 4. 28 


434 Bibliographische Notizen. 


Haupt, E., Einführung in das Verständnis der Briefe des Paulus an die 
Korinther (Deutsch-ev. Bl. N. F. Ill 1—28 73—112 153—179): Ein- 

ehende, gemeinverständliche Erörterung der Voraussetzungen und des 
redankengangs von 1 und 2 Kor. Zwischen beide falle ein Aufenthalt 
Pauli in Korinth und ein uns verloren gegangener Brief. Die „leiden- 
schaftlich sensible“ Natur Pauli trete in 2 Kor besonders zu Tage. 

Dürselen, P., „Die Taufe für die Toten“ 1 Kor 15,29 (StKr LXXVIL 1 
291—308): Falst den Vers so auf: „Denn was für einen Sinn kann es 
haben, wenn Menschen sich der Handlung der Taufe unterziehen? Ge- 
schieht das dem Totenreich zuliebe (Önep tWv vexpüv)? Wenn doch 
nun, nach der Gegner Behauptung, Tote schlechthin nicht auferstehen, 
was lassen sie sich taufen? Für sie, den Toten zuliebe setze auch ich 
persönlich mich nicht stündlich Gefahren aus. Vergelst nicht, dals täglich 
der Tod mein Geselle ist... .* 

Lowrie, S. T., An Ezxegesis of 2 Cor 5, 1-5 (PrthR I 51—61): Versteht 
unter dem Zelte das AT. 

Glubokovsklj, N., Das Ev der christl. Freiheit in dem Rundschreiben 
des h. Ap. Paulus an die Galater. Gedrängte Übersicht des apost. Briefes 
hinsichtl. seiner ursprüngl. Leser, der Bedingungen seiner Entstehung, des 
Inhalts und der dogmatisch-historischen Bedeutung. |[Russisch.] (8%. 156. 
Petersb. 1902): Nach dem ausführlichen Referate von F. Laun (ThR II 
236—240) eine sehr gründliche Untersuchung der Galaterprobleme, wobei 
die nordgalatische Theorie akzeptiert und der Brief Ende 57 oder An- 
iang 58 angesetzt wird. 

Schulze, H., Die Ursprünglichkeit des Galaterbriefes. Versuch einer Apo- 
logie auf Kierarchist Wege (8°. VII u. 88. Lp., Wöpke): Weist die Un- 
möglichkeit der Komposition des Briefes um 130 nach und glaubt weiter- 
hin, dals der Verf. der Apg nach Exzerpten des Gal gearbeitet hat, wie die 
Abschiedsrede des Paulus an die Presbyter von Ephesus aus 1 Thess 
komponiert wurde, Die Apk polemisiere (} gegen Aussprüche des Gal, 
wie der Korintherbriefe und des 1 Thess und Phil. Auch die Synoptiker, 
vorab Mk, weisen Beziehungen zu diesen Briefen und dem Röm auf. 

Ceulemans, F. C., Commentarius in epistolas S. Pauli ad Eph, ad Phil, 
ad Col,1—2 ad Thess, 1-2 ad Tim, ad Tit, ad Phm, ad Hebr (8°. 339. 
Malines, Dessain. F'r 3.25). 

Hemphill, C. R., The Epistle to the Ephesians. — Some distinctive Features 
(BStdt VII 264-270): Hebt die (sotteslehre des Eph, seine Lehre von der 
Kirche (Einheit) und seine Anschauung über die Wirkungen des Todes 
Christi (Vorläufer des Hebr) als charakteristische Grundgedanken hervor. 

Baskerville, Ch., Side-lights on the Epistle to the Ephesians (8%. 118. 
Ld., Nisbet. 18 6d). 

Webb, R. A., The Doctrine of God in the Epistle to the Ephesians (BStdt 
VII 133—137): Gott wird als Erlöser und Vater geschildert. 

Dickey, S., Some Word-Studies in Ephesians (BStdt VII 35—41): Be- 
spricht die Worte äyıog und Auwuos, otlAıs und pdurig, Xapıc, viodeola be- 
züglich ihrer christlichen Bedeutung. 

owrie, S. T., Paul’s Prayers for the Ephesians. Eph 1, 15—23; 3, 14—21 
(BStdt VII 204-210 270—277): Exegese der beiden Gebete: 1. Prayer 
tor Enlargement of Faith in the Lord Jesus, 2. Prayer for Love toward 
all the Saints. 

White, H. A., Paul’s Letter to the Philippians (BStdt VII 27—34): Ein- 
leitungsfragen (Datierung ins Frühjahr 62) und Darlegung des Gedanken- 
ganges. 

Wrede, W., Die Echtheit des zweiten Thessalonicherbriefes untersucht 
(TU N. F.IX 2. 8%. VIll u. 116. Lp., Hinrichs): Hält den Brief für eine 
ne und glaubt trotz 2, 4 an eine Entstehung um die Wende des 
1. Jahrh. 

Brüning, W., Die Sprachform des 2 Thess. Diss. (8°. 31. Jena). 


Bibliographische Notizen. 435 


Albani, J., Die Bildersprache der Pastoralbriefe (AwTh XLVI 40—58): 
Zusammenstellung unter den Gesichtspunkten 1. Kampf und Pilgerschaft. 
2. Gefangenschaft und Verwandtes. Sonstige Rechtsverhältnisse. 3. Der 
Körper. 4. Das Haus, die Ptlanze u. a. — Anklänge an Plutarch werden 
dabei konstatiert. 

Wolf, E. J., The Peculiarities of the Pastoral Epistles (BStdt VII 326— 
332): Macht auf stilistische (äta& Aeyöueva) und Inhaltliche Eigentümlich- 
keiten aufmerksam, verteidigt aber die Echtheit der Briefe. 

Korte, H., Zweck des Briefes an die Hebräer (Past. bon. 1903, 214—219). 

Lhoste, E., La morale chretienne dans l’epitre aux Hebreux. These 
theol. (8%. 55. La Roche 192). 

Giurney, T. A., The Motive and Date of the Epistle of St. James (ExpT 
XIV 320—322): „Tlie Epistle is a Last Message, written probably on the 
very eve of James’ martyrdom.“ 

Gibson, M. D., The Epistie of James (Expl' XIV 429): Der Jak ist 
weniger sublim als 1 Petr. 

Turmel, J., Etude historique sur la Descente du Christ aux enfers (Ann. 
de ph. chröt. 3e ser. I 508—533): Erörtert diese Lehre in Zusammenhang 
mit den Erklärungen, welche 1 Petr 3, 19 (bzw. 4,6) im Laufe der Zeiten, 
namentlich bei den Vätern gefunden hat. Augustinus hatte die Stelle 
fälschlich auf die Predigt des noch nicht fleischgewordenen Wortes an 
die Zeitgenossen Noes gedeutet. 

Wurm, A., Die Irrlehrer im 1 Jo (BSt VIII 1. 8%. XII u. 159. Freib. ı.B., 
Herder. M 3.50): Eine sehr interessante, von origineller Auffassung und 
Darstellungsgabe zeugende Schrift! W. sucht gegen den Strom zu 
schwimmen und die fast zur Alleinherrschaft gelangte Ansicht, dals Jo 
in seinem Briefe Doketismus und Antinomismus bekämpfe, zu widerlegen. 
Die judaistische Leugnung der Messianität, insbesondere aber das Pochen 
der Judenchristen auf den Besitz des Gesetzes. wobei die Bruderliebe u. a. 
sehr vernachlässigt wurde, haben nach W. dem Apostel die Feder in die 
Hand gedrückt. Ist dem Verf. der Beweis gelungen? Ich here noch 
grolse Zweifel. S. 57f macht W. sich die Widerlegung der antidoketischen 
Auffassung von 4,26 etwas gar zu leicht. Auch die Art. wie die emdunia 
ns oapxöc 2, 16 trotz des dabeistehenden Emd. rWv öpdaluWv spiritua- 
listisch abgeschwächt wird, fällt mehr in das Gebiet der Dialektik als in das 
der Exegese. Warum sind sodann die sieben Briefe an die kleinasiatischen 
Gemeinden (Apk 2 u. 3) nicht mehr beisrezogen worden? Nach Apk 2. 4 steht 
es z. B. fest, dals die alte Liebe in Ephesus nachgelassen hat, was W. S. 88 
bestreitet. Und welch weitgehende Neuerungen endlich mülsten in Klein- 
asien zwischen 1 Jo und den Ignatianen eingeführt worden sein! 

Endemann, K., Die Offenbarung St. Johannis f. Theologen und gebildete 
Nichttheologen ausgelegt (8°. III u. 271. B., Berl. Missionsges. Geb. M 2. —). 

Schmiedel, P. W., Das Buch des NT mit den sieben Siegeln (PrM VII 
45—63): Ein Vortrag, der hauptsächlich nachweisen will, das apoka- 
Iyptische Tier sei Nero, der vielfach nicht als wirklich gestorben galt. 
Auch die Zahl 666 (oder 616) bezeichne seinen Namen. Die Apk wird in 
die letzte Zeit vor 70 datiert. Einzelne Flugblätter seien zusammen- 
gestellt worden. Jüdische (Juellen seien wahrscheinlich, doch seien rein 
Jüdische und judenchristliche Bestandteile schwer zu scheiden. 

Goodspeed, E. J., T’he Book with seven Seals (Journ. of Bibl. Lit. XXTII 
70— 74). 

Palmer, F., Drama of the Apocalypse in Relation to the Literary and 
Political Circumstances of its Time (8. Ld., Macmillan. 53). 

Calmes, Th.. Les symboles de l’ Apocalypse (Rb XIl 52—68): Die Grund- 
gedanken (Meerungeheuer etc.) sind auf kosmogonische Mythen der 
Babylonier zurückzuführen, welche bei den Hebräern und infolgedessen 
auch von Jo eschatologisch, d.h. zur Schilderung der Neuschöpfung der 
Welt verwertet wurden. 


28* . 


436 Bibliographische Notizen. 


Vischer, E., Die Zahl 666 Apc 13, 18 (ZnutW IV 167—174): Hält es für 
falsch, anzunehmen, die Zahl sei durch Umwandlung eines Namens in 
Ziffern entstanden; sie hat eine selbständige Bedeutung. 


d) Ntl Apokryphen. 


Apocrypha. I. Reste des Petrusev, der Petrusapk und des Kerygma Petri. 
Hrsg. v. E. Klostermann (Kleine Texte f. theol. Vorlesungen u. Übungen. 
Hrsg. v. H. Lietzmann. 8%. 16. Bonn, Marcus & Weber. M —.30): Prak- 
tische Ausgabe. 

Stocks, Zum Petrusevangelium II(NkZ XIV 515—542): Forts. der oben 
S. 223 genannten Abhandlung. Das Petrusevangelium ist ein in Syrien 
entstandenes gnostisches Produkt. 

Conrady, L., Das Thomasevangelium. Ein wissenschaftl. Versuch (StKr 
LXXVI, II a Dasselbe hat den gleichen Verf. wie das Protev. 
Ein mythologischer Untergrund lasse sich in den einzelnen Erzählungen 
nachweisen. Der doketische Verf. habe nicht an den antidoketischen Lk 
angeknüptt. Ä 

Covard, Altchristliche Sagen über das Leben der Apostel (NkZ XIV 
69—80 154—164 324—327): Zusammenstellung und Sarierue ihres 
Inhaltes nebst chronologischen Fixierungen u. a. auf Grund der For- 
schungen von A, Lipsius. 

Ficker, G., Die Petrusakten. Beitrag zu ihrem Verständnis (8°. III u. 
104. Lp., J. A. Barth. M 3.—): Konstatiert Spuren von Platonismus 
und setzt die Akten in Beziehung zu den allgemeinen religiösen Verhält- 
nissen des 2. Jahrh. Die Heimat des Verf. sei nicht Rom, sondern 
Bithynien. Weiterhin verfolgt F. die Spuren der Akten in der folgenden 
Literatur und würdigt die Worte Simons historisch. 

Schmidt, C., Die ulten Petrusakten im Zusammenhang der apokryphen 
Apostellitteratur nebst einem neuentdeckten Fragment untersucht (TU. N.F. 
1X 1. 80. Vllu.176. Lp., Hinrichs. M 6.—): Das neuentdeckte Fragment 
aus einem koptischen Papyrus stellt eine Episode aus den TIpazeıg Tlerpov 
dar. Für die letzteren sowie überhaupt für die Apostelakten, die vielfach 
in manichäischen Sammlungen vereinigt wurden, werden dann zahlreiche 
Testimonien beigebracht und Spezialuntersuchungen angestellt. Die Haupt- 
thesis des Verf. geht darauf aus, den bisher behaupteten gnostischen 
Charakter der Apostellegenden zu bestreiten und sie für populär-katholisch 
zu erklären. Aber gerade hierin ist S., wie auch v. Dobschütz (ThLzt 
XXVIlI 352—355) gezeigt hat, sicher im Unrecht. Gleichwohl haben wir 
es mit höchst beachtenswerten und gründlichen Untersuchungen zu tun. 

Hilgenfeld, A, Die alten Actus Petri (ZwIh XLVI 321—351): Be- 
merkungen zur genannten Publikation C. Schmidts, hauptsächlich von 
der Tübinger Auffassung des Paulinismus aus. 

Corssen, P., Die Urgestalt der Paulusakten (ZutW IV 22-—-47): Eine 
solche lasse sich aus lateinischen Fraxmenten der Queriniana in Brescia 
rekonstruieren. Dieselben bieten die 'l'heklalegende u. a. mit der Variante, 
Th. sei nicht verlobt, sondern verheiratet gewesen und habe ihren Gemahl 
verlassen. Manche Aufstellungen C.s beruhen auf der wesentlich gleichen 
Wertschätzung kanonischer wie apokrypher Berichte. 

Bonnet, M., Acta Philippi et Acta Thomae. Acc. Acta Barnabae (Acta 
Apostolorum apocrypha 11 2.8%. XLIl u. 395. Lp., Mendelssohn. M 15.—). 

Littmann, E., Abyssinian Apocalypses (AmJsemL XIX 83—95): Zwei apo- 
kalyptische Stücke, wohl von den übersendenden abessinischen Mönchen 
in Jerusalem selbst verfalst, in Text und Übersetzung. G. 

München, August 1903. J. Sickenberger. 


Mitteilungen und Nachrichten. 437 


Mitteilungen und Nachrichten. 


Von einem aus dem 8. Jahrh. stammenden Pentateuchcodex 
erfahren wir durch Al-Masrik VI 7, 334 (1. April 1903). Er wurde erst 
entdeckt, trägt das Datum 116 der, Hepra Geh n. Chr.), befindet sich 
gegenwärtig im Besitze eines Herrn Girgi Zaidän, von dem ihn die Biblio- 
thek in Chicago erwerben will. 

Orlentallsche Fakultät In Beirut. Seit dem vorigen Jahre besteht die 
zeitgemäfse Einrichtung dieser orientalischen Fakultät an der St. Josephs- 
Universität in Beirut, dazu bestimmt, angehende und nach weiterer 
Ausbildung verlangende Orientalisten in das Studium der orientalischen 
Sprachen einzuführen. Grundlage ist das Arabische; daran schliefsen 
sich Syrisch, Hebräisch, Geschichte und Geographie, Archäologie des 
ÖOrientes. Während des regelmälsig dreijährigen Kursus stehen noch zur 
Wahl: arabische Dialekte, Koptisch, griechisch-römische Epigraphik. 
Das Schuljahr dauert vom November bis Mai; Unterrichtssprache ist das 
Französische. Weitere Angaben stehen zu Gebote in dem Prospekt, den 
der Kanzler der neuen Fakultät, P. L. Cattin S. J. (Beirut, Syrien) 
versendet. 

Personalien. 24. Juli: Dr. theol. et phil. G. Ludw. H. Hahn, 
o. Prof. für ntl Theol. an der ev.-theol. Fakultät in Breslau. — Geh. Rat 
Dr. Ant. v. Scholz, o. Prof. der ati Exegese an der theol. Fakultät in 
Würzburg, und Geistlicher Rat Dr. Jos. Schönfelder, o. Prof. der 
atl Exegese an der theol. Fakultät in München, wurden von der Ver- 

flichtung, Vorlesungen abzuhalten, entbunden. — Zum o. Prof. der atl 

xegese an der theol. Fakultät in München wurde der a. o. Prof. Dr. 
Joh. Göttsberger am Kgl. Lyzeum in Freising. zum a. o. Prof. der 
atl Exegese an der theol. Fakultät in Würzburg Privatdozent Dr. theol. 
et phil. Joh. Hehn daselbst, zum o. Prof. der ntl Exegese an der kath.- 
theol. Fakultät in Breslau (als Nachfolger A. Schäfers) Dr. theol. et phil. 
lgn. Rohr, Stadtpfarrer in Geislingen, berufen; zum a. o. Prof. der atl 
Exegese und Pastoraltheologie an der altkath. theol. Fakultät in Bern 
wurde Pfarrer Dr. Jak. Kunz, zum a. o. Prof. für atl Exegese in Lem- 
berg Privatdozent Dr. Tit. Myszkowski daselbst berufen. 


Verzeichnis der Autoren, 


deren Werke in den Bibliographischen Notizen angezeigt wurden, 


gefertigt von cand. theol. P. Fellerer. 


* bedeutet öfteres Vorkommen auf der gleichen Seite. (!) bedeutet eine Korrektur im 
Index gegenüber der Schreibweise in den Bibliographischen Notizen. 


Abbott G. . 293 Beardslee .. - 483 Bouvier- . . 4165 Chavanon. . 87 
Aeberhard . 316 Beattie - . . 430 Box :.. .. 423 Cherrier - » 4239 
Abrahams . 90 Bebber . 216 428 Bradshaw - . 208 Chevalier - - 212 
Achelis -. 220 424 Becher . . . 394 Braithwaite . 109* Cheyne 82 92 315 
Ackermann - 414 Beer .... 9 Braun - .. 95 Clair : . +» « 903 
Adams - . . 101 Behnygue - - 428 | Breen. . . 412 Classen - - - 419 
Adler . 96 318 Beibitz + . 214 Brightwen . 86 Cleemput van 428 
Albani 221 481 435 Belser 200 216 423 Brimm ... 412 Clemen - 214 218 
Albrecht - : 439 Bender . . . 397 | Brooke - . 90 91 220 222 413 
Alexander 8. 421 Benuett 87 109% | Brose - » . .217« Clermont- 
Alexander W. 203 Berger Ph. . 9 . Brucker 208 212 Ganneau 96 106 
Algen... . 216 Berger 8. 85 202 | 307 319 320 
Allen. ... 20 Bernfeld . . 314 Bruckner . . 204 Collani - : « 84 
Ambrosius 206 418 Berry ... 106 Brückner - » 91 Cölle - -:. . 215 
Amelli .. . 309 Bertholet - . 104 | Brun » .. 220 Condamin 92 323 
Andersen . » 204 Bettex -... 88 Brüning - » 43% Conder 98 312 320 
Anderson Ch. 326 Bevan ... 318 Bruston- . - 211 Conrady - . 436 
Anderson R.84 108 Bewer 89 108 329* Büchler .94 205 Conybeare 206 425 
Armstrong » 425 334 335 Cook 90 91 93 312* 
Askwith . . 221 Bezold 100 317 325 Budde . 95 102 411 
Aubertt  .. 9 Bindemann . 218 Bugge . 413 421 Cooke » -. . 97 
Birch »- » . . 107 Buhl » . . . 109 Coppieters » 207 
Bacher 84 89 108 Bird . - . . 326 Bulbeck .. 212 Corill » ». 99 
sı1 314 Blachöre - . 810 Bullock.. - . 107 Comu :  . . 106 
Bäck ... 389 Black . ». . 82 102 Burkhardt 212 Corssen » 205 215 
Bacon 207 311* 222 Blake. . 101 Burkitt 91 200 202 223 436 
416 423 Blafs 199 201* 217 219 312 428 Couard H.420 436 
Bahlmann . 203 410 Butler -.. 31 Couard L. - 96 
Bahnsen . . 2% Blau . 2... 98 Büttner. . 212 Crace » : „ « 812 
Bahr . ... 323 Bliss - . . 309 Crane .°. 21 
Baldensperger 413 Bludau 97 206* 220 Calasanzio - 426 Cremer . 201 212 
Balfour .. 84 Böckenhoff . 415 Calmes - . . 435 Cross .. : . 427 
Baljon ... 48 Böhme - . .:218 Cameron - . 215 Orum - . 808 312 
Ballantyne . 431 Boehmer 93 94 Campbell - » 84 Curtiss » - 93ee* 
Banks .. 87 103 108 109 831 Capesius - 204 
Baentach .82 99 333 Capron -» . » 315 Daiches 100(!) 312 
Barnes A. . 429 Boissier .93 316 Carleton .. 86 Dareste . . 828 
Barnes CC... 82 Böklen .86 326 Carpenter J. 324 Davenport . 319 
Barnes W. 826 333 Bolliger . . 212 Carpenter W. 431 Davidson . » 320 
334 Bonaccorsi . 202 CarrA : .. 424 Davis « « » » 323 
Barth F. .. 49 309 422 425 Carr I. ©». 86 Day-- . 109 
Barth J. .89 09 Bone . . .. 431 | Castelli. - - 95 Decoppet - . 411 
Bartlet 214 216 222 Bonkamp - 103 Cereseto . » 85 Deimel . . 106 
432 Bonnes - .. 9 | Ceulemans - 434 Deilsmann - 313 
Bartmann - . 431 Bonnet . . 436 Chajes 89* 106 108 Delisle - « - 201 
Barton . .98 98 Bonus 202 215 427 | Chanıberlain 323 Delitzsch . 99 104 
Baskerrille . 434 Bonwetsch . 106 Chamberse - 423 321* 327 
Batiffol 208416 417 Bornhäuser - 422 ! Chapin - » - 109 Denney : 212 424 
auer . . . 218 Boscawen.. . 210 | Charles86 110 318 Derenbourg . 108 
Baumgarten 432 Boulleret . - 105 Chase - . . » 219 Dewart . ». 92 
Baumstark 206 223 Bousset 199 200 | Chastand » » 82 Dibelius .. 416 
Bean. ... 433 209* 410 413 422 | Chauvin «+ - 212 Dickey . .. 434 


440 Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren, 


Dieckmann324 330 
Diekamp » - 422 
Dieterich - - 210 
Diettrich - 85 88 
Dobschütz 204 219 
223* 411 424 
Döller - 221 323 
Dornstetter . 101 
Douglas . - 102 
Dreydorfi » . 84 
Driver 101 315 334 
Drummond . 431 
Dubois . . . 431 
Duff ..% 94 
Dugmore . - 429 
Duhm. . 107 334 
Durand . 84 306 
Dürselen - +» 434 


E. B. . 
Eugar » .o. oo 

Ecker + « .». 832 
Eerdmans:- - 

Endemann 94 424 

435 

Engel: » -» »- 220 
Engelkemper 99 
Engert »- +» - 106 
Eppenstein 85* 311 
Erbt - -108 334 
Ermoni96 321 323 
Eusebius +86 417 
Evers +» +. 84 


Fairbairn » - 216 
Fairfeld »- » 413 
Falconer - » 222 
Farel - - 431 433 
Farmer - - - 222 
Farrar - 109 419 
Faulhbaber - 510 
Feine 217 429 432 
Feis . 00. 205 
Feldmann - »- 106 
Fenton »- » - 815 
Feret » : » « 425 
Ficker «+ » »- 436 
Fiebig 209 414 426 
Fillion » » + 8 
Fischer » » - 320 
Fisher -»- - »- 429 
Flemming + 110 
Fonck 210 211* 
213 420 424 
Förster - 110 422 
France »- « - 212 
Franko - . » 224 
Friedländer J. 89 
Friedländer M.218 
Fry ereie 86 
Fuchs +» + «- 104 
Fullerton » »- 426 
Fulleylove . 318 
Fulliquet » « 93 
Füllkrug »- + 209 
Funk - » 416 418 
Furrer + 208 216 


Gabrieli- + - 411 
Gall - « « 92 99 
Gardner - - 109 
Garofalo « » 87 
Garvie 208 220 419 


Gasartelli - - 210 
Gatt - « . +. 309 
Gayraud =» « 416 
Gazagnol » +» 306 


Geiger »- « « 816 
Gelbhaus - . 104 
Gerloff - - » 314 
Gervis « +» » 326 
Gesenius - » 89 
Giamporcari 316 
Gibbins » » - 222 
Gibson 85 216 427 

435 
Giesebrecht - 108 

321 
Gifford - +» » 200 
Gilmore - « - 202 
Ginsburg - - 313 
Ginsburger 90 314 
Girdlestone - 104 
Girodon - +» 426 
Giurney » +» » 435 
Glaser . - » 318 
Glubokovsakij 434 
Godet - » +» « 215 
Goguel - - . 216 
Golubovich - 87 
Goodspeed E. 435 
Goodspeed @. 317 
Goetz - +» « + 423 
Goumaz » +» »- 423 
Grammatica87 309 
Granberry + 313 
de srandmai- 

Bon + + « 208 
Granelli - » 83% 
Grass-Klanin 100 
Graetz »- «+ 95 
Gray » «:..% 


Green - » » « 324 
Greene G. +» 432 
Greene W. - 431 
Gregg : +» - + 206 


Gregory «» 91 199 
Grifäinhoofe »- 424 
Grill - » 216 414 
Grimm E. »- 421 
Grimm J. + 419 
Grimme 105 320 
333 
Grisar « « «+ 87 
Groff « »- . 87 309 
Grotemeyer - 87 
Grundl »- » «+ 105 
Grünhut 88 310 
Grützmacher 94 99 
108 209 
Güdemann « 96 
Guidi 103 106 312 
Gunkel 97 323 324 
Guthe- . « . 305 
Gutjahr - » - 411 
Gwilliam +» « 202 


Haasen - - » 316 
Hachtmann - 433 
Hack - » - . 103 
Hackspill 108 203* 
Haidacher - 206* 
Halevy 89 91 92 
99 103* 106 109** 
208 210 320 334 
335 420 425 
Hall . rt 8 97 
Hamer - » » 426 
Happel - - - 110 
Hardt- . - -» 8 
Harnack +08 204 
205 218 220 369 
416 
Harper A. . 106 


Harper W. - 98 
Harris « 219 222 
Hart - . » « 313 
Hartill - - » 424 
Hartmann + 103 
Haupt E. 203 221 
420 434 
Haupt P. 106 312 
832« 
Haufsleiter - 221 
427% 
Hawkins - - 213 
Headlam » - 433 
Hebrans . 8334 
Hehn . » 323 328 
Hceider »- 85 308 
Heigl - - » + 216 
Heinrici . +» 203 
Heisz : +» . „. 314 
Heitmüller . 412 
Hempbhill . 434 
Herbs - +» - »- 433 
Herklotz 425** 427 
Herner - . . 413 
Hertzberg - - 99 
Herz .:..:.: 8 
Hetzenauer »- 305 
Heuver -: - . 428 
Hicks - +» - 43 
Hilaire - 317 415 
Hilderscheid 87 
Hilgenfeld210 215 
418 436 
Hill: - . » » 206 
Hillesum . » 331 
Hirsch E. . 106 


Hirsch 8. - . 311 
Hirschfeld 89 311 
Hjelt ..». 410 


Houre : » «86 
Hoben . . » 20 
Hoberg 88 108 308 
309 
Hochfeld - - 104 
Hoffmann F. 413 
Hoffmann J. 3 
415 
Höhne . -83 305 
Holborn . «» 98 
Hollmann . » 415 
Holm - - . . 335 
Hölscher - » 96 
Holtzmann H. 215 
216* 219 
Holtzmann O. 86 
209 215 421 423 
Holzhauer - 429 
Holzhey 83 103 
214 307 
Hommel 89 99 109 
326 
Hoennicke 217 220 
222 
Honutheim » - 106 
Hoonacker 109 110 
216 335 
Höpfl . » :» 9 
Hora - : «» 9 
Horner : . . 109 


Horst - . » » 204 
Hort :. » « » 410 
Houtin - . 84 306 


Houtsma » +» 89 
Howland . 326 
Howorth 104 313 
Hozakowski 306 
Hückelheim 218 





Hummelauer 329 
Hunnius +» + 316 
Huygbe = . 
Hyde - - . - 
Hymmen +» + 101 
Hyvernat » - 


Ingraham - »- 108 


Jacob B. - « 8 
Jacob G. - » 333 
Jacobs - . « 819 
Jacoby -110 202 
223 
Jacquier . - 410 
Jäger : » + » 816 
... 9 
4.308 
Jampel 104 331 
Jannaris 213 216 
308 428 
Jannsen .. 410 
Janssens »- . 415 
Jastrow 90 93 98 
102 314 
Jaussen - » »- 318 
Jelski . - . 316 
Jensen 96 99 321 
Jeremias 99 321 
324 328** 
Johns : 327 328° « 
Johnston . » 90 


Jordan » . » 358 

JosephD.. . 97 

Jorcph M. : 86 

Jülicher 206 207 
427 


Justus . +» . 210 


Kahle 90* 312 314 
Kähler - . » 84 
Kaminka »- - 106 
Kasteren 214 310* 
Kaufmann . 105 
Kaulen » » 99 100 
Kautzsch E. 89 94 
104 107 811 
Kautzsch R. 102 
Kayser .. 316 
Keil . » » 99 323 
Kelly - -» -. . 110 
Kelman . +» »- 318 
Kelso .++ 311 
Kennedy 221 423 
Kent . .. 319 


Kerr oe 5 
Kerswill - - 316 
Kesteven »- «- 326 


King L.. » . 325 
Kirchbach - 213 
Kirkpatrick 105 (!) 
306 354 414 
Kirsch - - + 97 
Kittel 89 99* 103 
322* 323 331 
Klausner . « 322 
Kleber - « . 425 
Klein » » +» «. 41% 
Kley ..0% 0 324 
Klöpper -» » 221 
Klostermann 86 98 
4536 


Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren. 441 


Klumel - .. 311 


Kmosko . . 209 
Knabenbauer 106 
107 
Kneller . 106 218 
Knieschke 99 333 
Knopf 82 
Knudtzon.. . 318 
Köberle . . 94 99 
Koch @. .. 3% 
Koch P .. 94 
Kögel- .. . 223 
Köhler - .. 8 
Kohlhofer . 223 
Kohn oo 97 
Kohut . . . 335 


König E. 89 92= 95 
99 105 107% 108 
109 317 322°* 326 
331 333 

König X. . » 316 


Korte. ... 435 

Köstlin . 214 497 

Kranrıp . . 110 

Kraufs 90 110* 205 

Krezmär 103 317 

Kreyenbühl - 212 
215 


Krieger - -. 8 
Krüger » .. 8 


Küchler .99 322 

Küppers 213 412 
425 

Kutna oo 97 

Kuypers - 411 

Kyle - ... 377 

Ladame. . . 835 

Ladeuze +» . 221 

Lagrange 98 96* 
102 306 316 328 
329 415 

Lake . ® L} 2004* 


Lambert J.413 423 

Lambert M. . 9 
(statt Mayer L.) 
315 324 


Landau J. . 333 
Landau W. . 318 
Lang - »- - . 397 
LäAska -.. 39% 
Laun - » . . 43 
Laurence De 83 
Leben . .. 330 
Le Camus . 415 
Leduc - .- . 430 
Lee 0... 432 
Lefroy - - - 419 
Legeay «- +: . 94 
Legge - +. . 20 


Lehmann(C.96 330 
LehmannS8.. 9 
Lempfuhl - » 9 
Lepin. - 215 427 
Levi 104 107 335 
Levrier - - - 
Levy J. ee 
Levy L -. 9 
Lewis A. -86 431 
Lewis W. 105 213 
Ley - 107 331 333 
Lhoste 
Lichtenstein 
429 
Liebmann- . 108 
Liechtenbhan(!) 110 
223 


. “ “ 


Lietzmann 105 
417 
Lindenmann 
Linder 
Lindl 
Lindner - »- 
Littmann - 85 
Lobstein . 
Lock »- » .» 
Lofthouse - - 
Löhr - - : » 
Loisy 207 806 
423 424 

Lombard - » 
Loon van . ». 
Loreta «- - « 
Lotz - » 
Loutil . 
Lowrie 
Lühr - » 
Luijk .0 . 9 


Luncz - 
Lupton 


Macalister A. 
309 320 
Mac Comb - 
McCormack » 
Mac Donald 
M'’Ewan »- » 
M’Fadyen» » 
M'Garvey - » 
Machir »- » » 
M’Intosh - - 
Mackie . - « 
Mackintosh - 
Mäcklenburg 
McLanahan 
431 
McLean -..- 
Macray - » »- 
Macridy-Bey 
20 


3 
McWilliam » 
334 
Mair oe. 0. 
Manchot - » 
Manser »- - »- 
Marc - » 111 
Margoliouth. 
107" 111 
Margolis 89 
Margreth - - 
Mari 
Marmier »- 96 
Marquart - - 
Marsh »-.. 
Marshall - - 
Marta: » »- - 
Marti - » »» 
Martin - 106 
Marx - » .% 
Maspero .. 
Masterman » 
Matheson » » 
Matthes -98 
316 317 329 
Matthias - - 
Mayence - » 
Mead » . .. 
M£chineau - 
Mecklin - - 
Meifaner 326 
Meltzer . - - 
Mcmain- » »- 
Menegoz 


206 


431 


Mercati « « 85 91 
Biblische Zeitschrift. I. 4. 


Mereier «+ +» +» 111 
Merx -» » - - 201 
Messerschmidt 95 
318 
Meyer A.» » 82 
Meyer F. .98 212 
Meyer K. . » 216 
Meyer P. »- » 318 
Miller» - - » 431 
Milligan - » 209 
Minocchi87 89 332 
416 
Mittwoch » « 
Motfat « « -. 108 
Moffatt - » « 110 
Mommert 809 319 
416 
Mommsen 205 223 
417 
Montet 
Montgomery 
Montzka - » 310 
Moor =» « « - 101 
Moore . 338 418 
Moorhead - » 431 
Morel « »..«. 82 
Morgan « : » 
Morin E. : » 
Morin G. . 84 111 
206 418 
Moulton 208 308 


415 


0%. 96 
422 


Müller E.. - 

Müller J. » +» 93 

Müller M. 98 102* 
326 327 

Müller P. 103 108 

Murray » » » 204 

Muss-Arnolt 82 


Muzat.- - »- »- 816 
Nagel +. .96 330 
Nagl « +» . . 328 
Nash - © » . 413 
Nathan » » »- 311 
Nau =... 312 
Naumann +» +» 413 
Naville » »- - 326 
Neal » +... 97 
Nehring - « 87 


Nestle 85 90 91** 
96 98 106* 110 
207° 212% 213+0* 
214+* 215% 216 
217 219= 2231 223 
309 312 329 330% 
332 410 411* 412 


417 418 427 
Niebuhr - .- 818 
Niglutsch - - 433 
Nikel »- - » « 108 
Nilles- « «. - 427 
Nolan .. 311 
Norbeck - 108 
Nowack 102 107 

325 329 
Nuelsen « » 427 
Obbink ... 8333 
Oberhey «» - 215 
Oefele - . + 422 
Offord 89 311 312 
OÖchninger - 208 
Ollivier- - 423 


Oppert 104 323 325 


Osgood » » 93 333 
Oesterley 90 94 
101 427 


Ottley - . » 333 
Oettli 99 322 328 
Otto =»... 208 


Palmer F.:- - 436 
Palmer J.- »- 421 
Parodi » »- » 87 
Paterson 415 430 


Paton «= « «+ 101 
Patton + » » 317 
Payne » - . 424 
Pearson » »- + 208 
Peeters » « « 223 
Peiser + 108 335 
Pelt ...0 0° 98 
Pöries + « - 420 


Perles 90 110 413 
Perrochet - - 315 
Pesch - » « » 82* 
Peters C. » « 97 
Peters J. +» »- 319 
Peters N. 83 106* 
Pfeifer 216 
Piano Del. - 416 
Pick 424 
Pilcher - 811* 320 
Pinches - 324 326 
Plasberg - « 314 
Plato .. 322 
Pletl (Chauvin) 221 
Plummer » -» 214 
Polidori » » +» 429 
Pope » » 315 433 
Porges « «.« 85 
Poulin =» » « 425 
Power « » .» 423 
Poznanski 311 314 
Prä3ek 103 
Prat - : » 84 307 
Praetorius 89 90 
311 
Prestel » - - 98 
Preuschen 200 210 
212 330 417 


Procksch » » 107 
Quönart - « » 421 
Radau » - « 100 
Ragosina - »- 95 
Rahmer + «- »- 84 
Raich - « +» +» 414 
Ramsay- + - 217 
Randolph - » 422 
Ranke - - » 311 
Rauch « 214 421 
Ravi - v.. 421 
Redpath « .» 313% 
Reed - « .. 415 
Reichel « » « 97 
Reinach + » 318 
Renizer - «- » 1023 
Reville A. » 8 
Reville J. +» 216 
Rhijn »- » « ». 49 
Richards » « 432 
Richert » « - 316 
Ricketts - . 421 
Rieber »- 97 318 


Riedel 88 89* 97« 
101 102° 109*+«* 
111% 

Biefsler - 


29 


108 312 


442 Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren. 


Riggenbach . 426 
428 
Rishell » » - 428 
Ritchie +» « +» 425 
Ritter : « « «. 420 
Robertson 93 427 
Robinson » » 425 
Rohling - 309 318 
Rölım » » »- « 199 
Rolır » « « « 220 
Rölrricht - » 430 
Ropes - + +» 410 
Rose 207 217 430 
Rosenau .« 315 
Rosenthal 99* 107 
322 333 
Rosenwasser 90 
Rösgen »- : « 209 
Rotlı » « : « 833 
Rotlıstein 102 103 
108 329 
Rottimanner » 418 
Roupp »«:«- 9 
Royer- » » « 108 
Ruppaner » »- 411 
Ryssel +» 107 385 


Saccheri » 83 98 
Sallmon - 429 
Samter »- « - 317 
Sand » : . . 424 


Sanda 59 95 I6**4*+ 
100 101 214 

Sanday - 203 415 
422 433 


Sartorius +» . 99 
Sauer: - „ . 84 
Saul » « ».85 318 


Bayce 95% Y5* 316 

318 319 
Scerbo » .92 315 
Sch. ..0. 436 
Schacfer »- „. 423 
Schürf »- - - 97 
Schat Peter- 

sen «vo. 215 
Schechter - 88 
Scheftelowitz 314 
Scheil «+ . 96 327 
Schell - + + 419 
Schenkl 206 418 
Scherer: . «- 417 
Scherman » . 88 
Schiefer 111 419 
Schieler . . 322 
Schjött - - . 433 
Schlatter 215 219 
Schlecht - » 419 
Schlögl « 104 106 
Schmid » 86* 309 
Schmidt E. . 
Schmidt G. » 436 
Schmidt K. . 
8Schmidtke . 410 
Schmiedel O. 208 
Schmiedel P. 199 

214 453 435 
Schmiedl 91 314 
Schmitt - +» - 4183 
Schneedorfer 334 
Scholz - . . 106 
Schönbach .« 418 
Schöpfer - » 98 
Schullerus . 204 


Schrader - » 9 
Schulthess 90 308 
Schultze - - 101 
Schulz : « . 221 
Schulze - » « 434 
Schumacher 419 


Schürer 416 421 
Schwartz - 417*% 
Schwarz « . 85 
Schweiker + 83 
Scomp +» « . 201 
Sceberg » « » 414 
Seiple .vr » 332 


Selbie + «+: 8 
Selbst. » « «99 
Seligsohn - 96 318 
Sellin» « -» +» 322 
'Semeria . 325 433 
Sense »- » 214 425 
Serruys - + + 313 
Seyring + « „ 102 
Shaw Ch.. . 420 
Shaw R. » . 432 
Shaw-Calde- 
cott - - » « 319 
Shepardson : 222 
Sickenberger 206 
Sinker +» + «+ 102 
Slade ..0.. 101 
Smend +» +96 102 
SmithCh - » 94 
Smith D. 210 219 
333 
Smith G. «+ + 319 
Smith H. - » 315 
Smith J. +83 432 
Smith S. » - 430 
Smith W. . « 433 
Bonmes - - + 424 
Soden + 200 410 
Sokolowski - 430 
Soltau - 210 421 
427* 432 
Sommer - «- 322 
Souter 206* 215 418 
Späth» « .. 86 


Spence « „. . 219 
Bpitta» » . « 215 
Spliedt »- « «+ 95 
Spoer + 105 334 


Stade 89 92 94 
326 

Stafford - « - 317 

Stalker « « . 208 

Stapfer -. « „ 203 

Staerk 94 110 209 


} L} 84 
Steck » . « » 420 
Steffens - +» + 221 
Steinmann - 420 
Steinschneideor 97 


3io 311 351 
Stephenson » 413 
Stevenson . 110- 
Stewart A. » 423 
Stewart H. » 101 
Stewart BR. » 416 
Stockoe.. » . 217 
Stocks « 223 436 
Stosch . -. - 830 
Strachan -»- . 101 
Strack .ovrYr e 333 





Streatfeilld - 305 
Stuart . +» . 332 
Stucken « . 100 
Sulzbach + 426 
Sulze . - » . 426 
Swetc 90* 214 410 
420 423 
Szekely - . « 883 


Taylor 90 217 310 
333 


Terwelp . 429 
Thackeray - 314 
Theodor «+ . 88 
Thien . .. 222 
Thiersch . 319 
Thomas E. . 413 
Thomas J. - 414 
Thownas W.: 84 


Thomsen - . 425 
Thomson » » 97 
Thumb . 201 308 
Torge +. 9 


Torrey . 813 820 
Triebs « «+» 97 
Turinaz - : «+ 83 


Turmel 108 306 435 


UÜbald ..uo.0o 85 
Ullern +» + . 43% 
Urquhart 95* 329 
Usener 94 223 422 


Valeton - » » 332 
Venard - 307 325 
Verhveff . » 833 
Verrier . + . 101 
Veiter . .» 315 
Victor-Bernar- 
din « » « . 416 
Vigouroux 82 83 
85 91 202 
Vincent -» 102 205 
Violet .e.. 90 
Vischer.. » » 436 
Vives. oe. . 426 
Vost « « . «87 
Volck 94 99 101 
108 316 822 
Vollers » » . 411 
Vollert - « » 102 
Voölter » « + 109 
Vos - « . 430 431 


Wachstein . 85 
Walker A. - 216 
Walker D. « 218 
Walker W. « 423 
Walter C. - 322 
Walter F. » 98 
Ward: »...9 
Warfield 328 414 

426 
Wareck - » 422 
Watson. - . 331 
Webb . Ef BE 434 
Weber A.412 431 
Weber V.- » 219 
Weikert »« » 92 
Weinel » » - 420 
Weir .0 oo ® 106 
Weiss B 198 207 

215 221 412* 428 
Weiss J. 218 426 


Weizsäcker «- 203 
Welch - » . 110 
Wendland « 97 
Wendt .. 430 
Werner - » »- 2312 
Wernle » - + 412 
Wert oo. 84 
Westcott « « 410 
Weyman +» « 418 
Whitaker » +» 221 


White J. 422 428 
White H. . . 434 
Whitham » - 98 
Whitney +86 309 
Whyte - +. 421 
Wiedemann - 317 
Wiernikowski 331 
Wiesen » + + 214 
Wijnkoop » » 310 
Wilamowitz- 
Moellendorf 318 
Wilcken « »- 97 
Wilde « . + 433 
Wildeboer 88* 89 
110 
Wilkinson +» 4236 
Wilson C. 205 416 
Wilson R. 89 323 
Wimmer »- - 87 
Winckler 92 98 93 
102 315 317 319 
320 327 331* 334 
Witherby - - 106 
Witt + »- 103 220 
Wohlenberg.. 222 
Wolf » « . + 435 
Wolff » -» .99 322 
Wölfflin + » 202 
Wolfsobhn » +» 9 
Wood: » «+ 215 
Wrede + 209 436 
Wright »- » +» 101* 
Wünsche . 83 96 
Wurm «= «+ 435 
Wyss « +. . 414 


X. 93 306 807* 3283 
333 
Xanthopulos 86 


Yahuda » +» « 89 


Zahn J.: » + 419 
Zahn Th. 213 425 
Zapletal 88 100* 
Zenner » « « 106 
Ziegler » «. 88 
Zillessen - » 108 
Zimmer » * » 208 
Zimmermann 42u*= 
Zimmern .92 320 
Zöckler » « « 100 
Zöllig: «+» 82 
Zscharnack :» 205 
Zschokke » « 320 
Zycha «+ 9 


AnonymeAufsätze 
84 36 92 99 107 
109% 218 219 307% 
318 831 412 421 
432 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er- 
scheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu bezichen: 


Biblische Studien. ünter Mitwirkung von Prof. Dr W. Fell in 
Münster i. W., Prof. Dr J. Felten in Bonn, Prof. Dr G. Hoberg in 
Freiburg i. Br., Prof. Dr N. Peters in Paderborn, Prof. Dr A. Schäfer 
in Breslau, Prof. Dr P. Vetter in Tübingen herausgegeben von Prof. 
Dr O. Bardenhewer in München. gr. 8° 


I. Band. (5 Hefte) (XLIV u. 0606) AT 10.60 


1. Heft: Der Name Maria. Geschichte der Deutung desselben. Von Dr O. Barden- 
hewer. (X u. 1680) A 2.50 

2. Heft: Das Alter des Menschengeschlechts nach der Heiligen Schrift, der Profan- 
geschichte und der Vorgeschichte. Von Dr P. Schunz. (Xll u. 1/0) M 1.60 

8. Heft: Die TEIDSETEHIheIIRUNE 1 des 5 Paulus im Galaterbriefe (1, 11 bis 2, 21). 
Von Prof. Dr J. Belser. (VIl 

4. u. 5. Heft: Die prophetische asniralen. _ Biblisch- -patristische Studie von Dr 
F. Leitner. (X1V u. 196) .u 3.50 


Il. Band. (4 Hefte) (XXXVI u. 464) M 10.— 


1. Heft: St Paulus und St su über die Rechtfertigung. Von Dr theo). B. Bart- 
mann. (X u. 164) M 3.2 

2. u. 3. Heft: Die iezandrialsche Uebersetzung des Buches Danlel und ihr Ver- 
hältniss zum Massorethischen Text. Von Dr Aug. Bludau. (XlI u. 218) M 4.50 

4, Heft: Die Metrik des Buches Job. Von Prof. Dr F. Vetter. (X u.82) M 2.30 


Ill. Band. (4 Hefte.) (XLII u. 476) M 12.50 


1. Heft: Die Lage des Berges Sion. Von Prof. Dr K. Rückert. Mit einem Plan. 
(VIII u. 104) M 2.80 

2. Heft: Nochmals der biblische Schöpfangsbericht. Von Fr. v. Humsnelauer 8. J. 
(X u. 132) M 2.80 

3. Heft: Die sahidisch-koptische Uebersetzung des Buches Ecclesiasticus auf ihren 
wahren Werth für die Textkritik untersucht von Dr N. Feters. (XIl u. 70) M 2.30 

4. Heft: Der Prophet Amos nach dem Grundtexte erklärt von Dr K. Hartung. 
(VIII u. 170) M 4.60 


IV. Band. (4 Hefte) (XXXVII u. 522) M 12,— 


1. Heft: Die Adventsperikopen exegetisch-homiletisch erklärt von Dr Faul Wilhelm 
von Keppler, Bischof von Rottenburg. Zweite, unveränderte Auflage. (VI u. 144) 


2. u. 3. Heft: Die Propheten-Catenen nach römischen Handschriften. Von Dr 
M. Faulhaber. (XVI u. 220) M 6— 

4. Heft: Paulus und die Gemeinde von Korinth auf Grund der beiden Korinther- 
briefe. Von Dr I. Rohr. (XVL u. 158) 7 3.60 


V. Band. (5 Hefte.) (XLVI u. 580) Af 13.80 


1. Heft: Streifzüge dnrch die biblische Flora. Von L. Fonck. (XIV u.168) M4.— 

2. u. 3. Heft: Die Wiederherstellung des jüdischen Gemeinwesens nach dem baby- 
lonischen Exil. Von Dr Johann XNikel. (XVL u. 228) M 5.40 

4. u. 5. Heft: Barbebräus und seine Scholien zur Heiligen Schrift. Von Dr Johann 
Göttsberger. (XVl u. 184) &M 4.40 


VI. Band. (5 Hefte.) (XXVIII u. 540) M 12.— 


1. u. 2. Heft: Vom Münchener Gelehrten-Kon a Biblische Vorträge heraus- 
gegeben von Prof. Dr O. Bardenhewer. (VII 200) AM 4,50 

3. u. 4. Heft: Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische Geltung. Von 
Dr theol. Caspar Julius. (X u 14) M4— 

5. Heft: Die kschatolorie des Buches Job. Unter Berücksichtigung der vorexi- 
lischen Prophetie. Von Dr Jakob Koyer. (VII u. 156) 4 3.50 


VII. Band. (5 Hefte.) (XXVIII u. 570) & 12.20 


1. bis 3. Heft: Abraham. Studien über die Anfänge des hebräischen Volkes von 
Dr Taul Dornstetter. (XIl u. 280) M 6.— 

4. Heft: Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypothesen der Bibelkritik 
verteidigt von Dr Mutthias Kohlhofer. (VII u 144) M3.— 

5. Heft: Die beiden ersten Erasmus-Auszaben des Neuen Testaments und ihre 
Gegner. Von Prof. Dr Aug. Bludau. (VIIL u. 146) M 3.20 


Vilf. Band. 1. Heft: Die Irriehrer im ersten Johannesbrief. Von Dr Alois Wurm. 
(XII u. 160) AM 3.50 


2. Heft: Der Pharao des Auszugzes. Eine exegetische Studie zu Exodus 1—15. 
Von Dr Karl Miketta. (VII u. 120) M 2.60 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Ereibere im Breisgau er- 
scheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu bezi 


Strafsburger Theologische Studien. 
Mo. Herausgegeben vn 


Dr Albert Ehrhard und Dr Eugen Müller, 


Professoren an der Universität Strafsburg. 


Dio „Studien®* erscheinen in zwanglosen Heften (gr 8°) von eirca 5 bis 8 Bogen, 
deren jedes ein Ganzes für sich bildet und einzelu käuflich ist. Aufserlich werden in der 
Regel je 4 bis 5 Hefte zu eiuen Bande vereinigt. 


Bereits liegen vor: 
I. Band. (5 Hefte) (LXIl u. 582) M 8.— 


1. u. 2. Heft: Natur und Wunder. Ihr Gegensatz und ihre Harmonie. Ein apolo- 
getischer Versuch von Dr E. Müller. (XX u. 206) A 2.80 


3. Heft: Der Augustiner Bartholomäus Arnoldi von Tsingen, Luthers Lehrer und 
Gegner. Ein Lebensbild von N. Paulus. (XVI u. 136) A 1.80 


4. u. 5. Heft: Die altchristliehe Literatur und ihre EEIOnChunE seit 1880. Allgemeine 
Übersicht und erster Literaturbericht (1880—1884). Von Dr A. Ehrhard. (XX u. 
240) M 3.40 
Il. Band. (4 Hefte.) (LII u. 484) M 8.40 
1. Heft: Die Strassburger Diöcesansynoden. Von Dr M. Sdralek. (XII u. 168) M 2.60 


2. Heft: Die SIEAEALUTERE Reformatoren und die Gewissensfreiheit. Von N. Paulus. 
(XII u. 106) #1 


9. Heft: Die de Moral nnd ihre Grundprineipien kritisch beleuchtet von 
Dr C. Didio. (Xu. 104) M2.— 


4. Heft: Die Wunder Jesu in ihrem innern Zusammenhange betrachtet von Dr F. Chabls. 
" ıXll u 106) M2— 
IIT, Band. (5 Hefte) (XLII u. 668) M7 12.— 


1. Hoft: Kaspar Schatzgeyer, ein Vorkämpfer der katholischen Kirche gegen Luther 
in Süddeutschland. Von Dr N. Paulus. (X u. 152) M 2.80 


2. u. 8. Heft: Der Prolog des heiligen Johannes. Eine Apologie in Antithesen, Von 
Dr K. Weiss. (XIl u. 208) Af 3.80 


4. u. 5. Heft: Die Eucharistielehre des heiligen Jolhaunes SHE jEonIomE, des Doctor 
Eucharistiae. Von Dr theol. A. Nuegle. (XIV u. 3089) M5 
IV. Band. (5 Hefte.) (LII u. 588) M 12.20 


1. Heft: Frobenius Forster, Fürstabt von St Emmeram in Regensburg. Ein Beitrag 
zur Litteratur- und Ordensgeschichte des 18. Jahrhunderts von Dr J. A. Endres. 
(X a. 11) M€ 2.40 


2. Heft: Geilers von Kaysersberg „Ars meriendi“ aus dem Jahre 1497 nebst einen 
Beichtgedicht von Hans Foltz von Nürnberg, herausgegeben und erörtert von 
Dr Alexander Hoch. (XIV u. 112) 4 2.40 


3. Heft: Die Anfänge der Irregularitäten bis zum ersten allgemeinen Konzil von 
Nicäa. Eine kirchonrechtliche Untersuchung von Dr Cumill Bichert. (X u.116) M 2.40 


4. u. 5. Heft: Die Gettheit des Heiligen Geistes nach den griechischen Vätern des 
vierten Jahrhunderts. Eine dogmengeschichtliche Studie von Theodor Schermann. 
Gekrönte Preisschrift. (XVII u. 246) M 5.-- 

V. Band. (4 Hefte.) (XXXIV u. 478) M 9.90 


1. Hoft: Die Inspirationslehre des Orirenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschichte 
von Dr theol. Auyust Zöllig. (X u. 130) M 2.70 


2. Heft: Die Beweise für die Unsterblichkeit der Seele ans allgemeinen psycho- 
logischen Tatsachen neu geprüft von Dr Philipp Kneid. (VI u. 106) M2 2.40 


3. u. 4. Heft: Die Erzielungslehre der drei kappadezier. Ein Beitrag zur Patri- 
stischen Pädagogik von Dr Karl Weiss. (Xll u. 242) M 4.80 

I. Supplementband: Die altchristliche Litteratur und ihre Erforschung von 1884—1900. 

I. Abteilung: Die rornicänische Litteratur. Von Dr A. Ehrhard. (XlI u. 644) M 15.— 


BIBLISCHE ZEITSCHRIFT. 


ZWEITER JAHRGANG. 


BIBLISCHE ZEITSCHRIFT 


IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER 


„BIBLISCHEN STUDIEN“ 


HERAUSGEGEBEN VON 


Ds JOH. GÖTTSBERGER us» De J0S. SICKENBERGER 


PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN. 


ZWEITER JAHRGANG. 


FREIBURG IM BREISGAU. 
HERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG. 


1904. 
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO. 


Alle Rechte vorbehalten. 


— EEE PER \ Ser a 


— u Wem 





Inhalt des zweiten Jahrgangs. 


— ln 


Canticum Mosis Dt 32, 1—43. Von Prof. Dr Nivard Schlögl in 
Heiligenkreuz bei Wien . . . . ; ch 


Miszelle zu Prv 1, 7 nach der LXX. Von J. ETSENR 


Über Nehemias und Esdras. 2. Nehemias: seine Ankunft und seine 
Wirksamkeit in Jerusalem. Von Dr Paul Riefsler in Blaubeuren 

Pasekstudien. Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philo- 
logie. 2. Überblick über die Pasek-Legarmeh in 1 Sm. Von 
Prof. Dr Hubert Grimme in Freiburg i. Schw. . 


Münchener Handschriftenfragmente. Bruchstück von Saadjas Pro- 


verbienübersetzung. Von Prof. Dr Joh. Göttsberger in München 


Neutestamentliche Prinzipienfragen. Von Prof. Dr Jos. Sickenberger 
in München 


Zur neuesten Datierung des Karfreitags. Von Pfarrer Johann van 

Bebber in Rindern . u En Yan if An Lahr er. ee ei 
Miszelle zu Mk 1, 1. Von Prof. Dr Fr. Herklotz in Leitmeritz . 
Nochmals Ararat und Urartu. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz . 
Zu Job 4, 16. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz 


Die literarhistorische und religionsgeschichtliche Bedeutung der ägyp- 
tischen Eigennamen der rn Von Prof. Dr Miketta 
in Weidenau . : : ; ; ; 

Die „Stadt* in Nm 24, 19 und Ps 72 a 16. Von Prof. Dr Nor- 
bert Peters in Paderborn r j 

Über Nehemias und Esdras. 3. Die Zeit des Esdras. 4. Die Rück- 
kehr des Esdras und seine ne in Jerusalem. Von Dr Paul 
Riefsler in Blaubeuren ä nr ; 5 u 

Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend ia 14, 13— 21. 
Mk 6, 30—44. Lk 9, 10—17. Jo 6, 1— Be Von Prof. Dr Jo- 
hannes Belser in Tübingen . . . . 


Miszelle zu Mt 19, 24 und Parall. Von Dr Fr. Herklotz in Leitmeritz 


Seite 


15 


28 


50 


56 


67 
77 
113 
121 


122 


141 


145 


154 
176 


vI Inhalt des zweiten Jahrgangs. 


Wann und wie hat Paulus „Christum nach dem Fleische gekannt“ 
(2 Kor 5, 16)? Von Prof. Dr Valentin Weber in Würzburg 


Miszelle zu 2 Petr 2, 15. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz 


Codex Bassetti Tridentinus. Von Lektor P. Michael Hetzenauer O. a 
in Innsbruck . ae ae ; ; 


Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. pin. Von Prof. 
Dr Karl Weyman in München 


1 Chr 25: Ein Beitrag zum Gebrauch des Loses bei den Hebräern. 
Von P. Fr. v. Hummelauer 8. J. in Valkenberg . 
Berichtigungen zu Mandelkerns Kleiner Konkordanz. Von J. Göttsberger 


Psalm 29 (28) — ein rn Von Prof. Dr M. Faulhaber 
in Strafsburg Er ; ee 


Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften der Antitrinitarier 
und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. Von Prof. Dr Aug. 
Bludau in Münster i. W. Bd 


Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 2. Sinn der — Von 
Prof. Dr Otto Happel in Passau . s 


Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. Von Dr J erh Fischer 
in München u! 5 ur 


Zu Ps 133. Von Privatdozent Dr Alfons Schulz in Braunsberg 
Zur Panammu-Inschrift Zeile 16. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz . 
Thr 5. Von P. J. K. Zenner S. J. in Valkenberg 


Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. Von P. Dr Erasmus 
Nagl O. Cist. in Heiligenkreuz bei Wien. 


Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). Von Friedr. Maier in Frei- 
burg i. B.. ee en ie ee 


Augustinus als Exeget. Von P. Odilo Rottmanner O. S. B. in München 


Besprechungen: 

Lagrange, I.a methode historique, surtout a propos de VAT 
(Vetter) u 
Loisy, Evangelium er Kirche (Sickenberger) . 

Belser, Die Geschichte des Leidens und Sterbens, der Auf. 
erstehung und Himmelfahrt des Herrn (Bardenhewer) . 
Mommert, Topographie des alten Jerusalem (Rielsler) . 
Nikel, Genesis und Keilschriftforschung (Hehn) i 
Bousset, Die Religion des Judentums im nt] Zeitalter (Hack- 
spill) Be ne ee ee ee 


Seite 


178 
188 


234 


194 
301 
400 


403 


PUR. : 9 MEIESTHEENE 


nv 


Inhalt des zweiten Jahrgangs. vıI 


Seite 

Bousset, Volkfrömmigkeitund Schriftgelehrtentum (Hackspill) 405 
Bousset, Die jüdische Apokalyptik, ihre religionsgeschicht- 

liche Herkunft und ihre Bedeutung für das NT (Hackspill) . . 406 

Zahn, Das Evangelium des Matthäus ausgelegt (Felten). . 406 

Schäfer, Die Bücher des Neuen Testamentes erklärt (Weber) 408 


Bibliographische Notizen. 
A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift . 81 302 


B. Das Alte Testament . . . 2 2 2 2.2.2.2 2.90 310 
C. Das Neue Testament . . . 2 2 2.22.22 ..19 412 
Mitteilungen und Nachrichten . . . . 2 2.2...... 112 222 336 442 


Verzeichnis der Autoren, deren Werke in den Bibliographischen 
Notizen angezeigt wurden . . . 2: 2 2 2 nen nn nn 444 


Abkürzungen. 


A. der biblischen Bücher. 


AT = Altes Testament; atl = alttestamentlich. 


Gn Ruth Jdt Weish (Sap) Ex Mich 
Ex Sm Est Sir (Eceli) Dn Nah 
Lv Kg (Rg) Job Is Os Hab 
Nm Chr Ps Jer Joel Soph 
Dt Esr Spr (Prv) Kigl (Lam, Am Agg 
Jos Neh Prd (Eccle, Koh) Thr) Abd Zach 
Richt (Idc) Tob HI (Ct) Bar Jon Mal 


Makk (Mach) 


NT — Neues Testament; ntl == neutestamentlich. 


Mt Apg (Act) Eph Tim Jak (Iac) 
Mk (Mc) Röm (Rom) Phil Tit Petr 

Lk (Le) Kor (Cor) Kol (Col) Phm Jo (Io) 
Jo (Io) Gal Thess Hebr Jud (Iud) 


Offb (Apk, Apc) — Ev Evv = Evangelium, Evangelien. 


B. der Zeitschriften etc. 


AmJsemL — The American Journal of Semitie| PS®A = Proceedings of the Society of Bibli- 


Languages and Literatures. 

AmJTh — The American Journal ofTheology. 

Bs .: Bibliotheca sacra. 

BSt - Biblische Studien. 

BStät = The Bible Student. 

BW -- The Biblical World. 

BZ = Biblische Zeitschrift. 

BzZ — Byzantinische Zeitschrift. 

Erp — The Expositor. 

ErpT — The Expository Times. 

Gg9A — Göttingische gelehrte Anzeigen. 

HJ -- The Hibbert Journal. 

Jas — Journal asiatique. 

JqR — Jewish quarterly Review. 

Jtn1St = The Journal of theological Studies, 

Kath — Katholik. 

Kz — Kirchenzeitung. 

Lz — Literaturzeitung. 

MGWJ -= Monatschrift für Geschichte und 
Wissenschaft des Judentums, 

N%*kZ — Neue kirchliche Zeitschrift. 

Ochr = Oriens christianus. 

OrLz :- Orientalistische Literaturzeitung. 

PEF -—- Palestine Exploration Fund. 

PrM -=- Protestantische Monatshefte, 


PrthR - The Princeton theological Review. 
Verlagsort: B. = Berlin. Ld. = London. Lp. = Leipzig. N. Y.= New York. P. — Paris. 


cal Archaeology. 

Rb — Revue biblique. 

REj — Revue des Etudes juives, 

Rem — Revue semitique. 

RThPh = La Revue de Theologie et de Phi- 
losopbie. 

StKr = Theologische Studien und Kritiken. 

Stb =: Die Studierstube. 

Str == Studi religiosi. 

ThLbl = Theologisches Literaturblatt. 

ThLz — Theologische Literaturzeitung. 

ThQ = Theologische Quartalschrift. 

TAR = Theologische Revue, 

TU = Texte und Untersuchungen. 

VB = Vierteljahrsschrift für Bibelkunde, 

ZA = Zeitschrift für Assyriologie. 

ZatW — Zeitschrift für alttestamontliche 
Wissenschaft. 


Zdm@G — Zeitschrift der deutschen morgen- 
ländischen Gesellschaft. 

ZdPV = Zeitschrift des deutschen Palästina- 
Vereins, 


ZuB — Zeitschrift für hebräische Biblio- 
graphie, 


ZKkTh = Zeitschrift für katholische Theologie. 


ZntW -- Zeitschrift für neutestamentliche 
Wissenschaft. 


ZThK -— Zeitschrift für Theologie und Kirche, 


ZwTh —= Zeitschr. f. wissenschaftl. Theologie. 


m le ee He nn 


———_ u mu sit Spin 


a A a a 


BE nn ne nn 


suinfytt N} . 


| 


BIBLISCHE ZEITSCHRIFT 


IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER 
„BIBLISCHEN STUDIEN“ 
HERAUSGEGEBEN VON 


Dr JOH. GÖTTSBERGER vuso Dr J0S. SICKENBERGER 


PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN, 


ZWEITER JAHRGANG. 


ERSTES HEFT. 


FREIBURG IM BREISGAU. 
HERDERSCHE VERLAGSHANDLEUNG. 


1904. 
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO. 





nn 





Digitized by “= OÖ 08 le 


Inhalt des ersten Heftes. 


\ 


Seite 
Canticum Mosis Dt 32, 1-43. Von Prof. Dr Nivard Schlögl 
in Heiligenkreuz bei Wien . . } 2 1 
Miszelle zu Prv 1, 7 nach der LXX. Von Prof. Dr Joh. Götts- 
berger iin München ee ee ee ik 


Über Nehemias und Esdras. 2. Nehemias: seine Ankunft und seine 
Wirksamkeit in Jerusalem. Von Dr Paul Riefsler in 
Blaubeuren . ne... 0.318 


Pasekstudien. Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philo- 
logie. 2. Überblick über die Pasek-Legarmeh in 1 Sm. Von 
Prof. Dr Hubert Grimme in Freiburg i. Schw. . ...828 


Münchener Handschriftenfragmente. Bruchstück von Saadjas Pro- 
verbienübersetzung. Von Pıof. Dr Joh. Göttsberger in 


München er er ee A ee ae 
Neutestamentliche Prinzipienfragen. Von Prof. Dr Jos. Sicken- 

berger in München... nen 086 
Zur neuesten Datierung des Karfreitags. Von Pfarrer Johann 

van Bebber in Rindern . . . . i ey; 
Miszelle zu Mk 1, I. Von Prof. Dr Fr. Herklotz in Leitmeritz . 77 
Besprechungen . . . Fe a ae a u > 
Bibliographische Notizen ee Literatur zum AT) . . 8 
Mitteilungen und Nachrichten . . . . 20202020... 112 


Jährlich erscheinen 4 Hefte iın Umfange von je 7 Bogen gr 8°. 
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.— 


Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak- 
tion (Prof. Dr Joh Göttsberger, München, Schraudolphstr. 361, für 
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München, 
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren 
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher 
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten 
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen. 


Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem 
Maflse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf- 
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br. 


Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 


Von Prof. Dr Nivard Schlögl in Heiligenkreuz bei Wien. 


D° Existenz eines hebräischen Metrums oder, richtiger 
gesagt, Rhythmus wird immer mehr anerkannt. So 
schreibt F. Feldmann (Bonn) bei Besprechung meiner beiden 
Werke De re metrica veterum Hebraeorum und Ecclesiasticus 
(39, 12—49, 16) in der ThR (1902 Nr 17, 522): „Und dann 
ist die Existenz eines biblischen Metrums keine luftige Hypo- 
these, sondern eine Wahrscheinlichkeit, für welche wichtige 
Gründe sprechen. Die Anwendung desselben mag immerhin 
der Gefahr einer späteren Korrektur aussetzen, aber metrische 
Bearbeitungen des Textes sind unerlälslich, wenn das Problem 
gelöst werden soll. Allerdings wäre es vielleicht geratener, 
zunächst alle poetischen Bücher metrisch zu unter- 
suchen, auf Grund der gewonnenen Resultate eine Lösung zu 
versuchen und erst dann das sichergestellte Metrum in die 
Mittel der Textkritik einzusetzen.“ Was mein Rezensent hier 
rät, habe ich zum grölsten Teile schon getan und habe 
mich auch in der Tat in einigen Punkten korrigiert, indem 
ich 1. die Zennersche Chorliedstruktur (mit Wechselstrophe 
zwischen den Strophenpaaren) beiseite lasse, da sie nicht sicher 
erwiesen ist, und 2. innerhalb eines und desselben Liedes nur 
ein Metrum (nicht Wechselmetra) als zulässig erachte. Ich 
habe daher auch das Hohelied, das inzwischen im Buchhandel 
erschienen ist, um die Gelehrten zur Beachtung des Metrums 
anzuregen, noch einmal durchgearbeitet und gefunden, dafs bei 
Annahme eines einheitlichen Metrums weniger Textkorrekturen 
notwendig sind als bei Zulassung von gemischten Metren. 


Die hieraus sich ergebenden Korrekturen werde ich im Pro- 
Biblische Zeitschrift. II. 1. 1 


2 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 


gramme meiner textkritischen Ausgabe des AT bringen, das 
erst erscheinen wird, wenn ich obigen Rat meines Rezensenten 
ganz befolgt habe. Indessen mögen in dieser Zeitschrift die 
Cantica Mosis, zunächst Dt 32, als Muster für biblische Text- 
kritik folgen. Betrefis der hebr. Metrik verweise ich auf 
Grimmes Psalmenprobleme 3ff, wo die Grundregeln derselben 
kurz und bündig sich finden. 

Über die Strophik des Liedes vgl. Klostermann, Der 
Pentateuch 296 315 348f;5 Zenner, Die Chorgesänge etc. I 
76ff; Perles, Zur althebr. Strophik, in Wiener Zeitschrift für 
die Kunde des Morgenlandes 1896, 103ff. 

Dals dieses Lied durchweg aus sechshebigen Distichen 
besteht, erkennt man auch ohne Metrum, wie schon Origenes 
und Eusebius erkannt haben. Dals aber nicht alle Verse 
korrekt sein können, muls auch ein weniger geübtes Ohr wahr- 
nehmen; denn einige sind zu kurz oder zu lang. Ich lasse nun 
den hebräischen Text verbessert folgen, und zwar ohne Vokal- 
zeichen, soweit diese im massorethischen Texte richtig sind; dann 
die metrisch genaue Übersetzung und endlich die notwendigen 
textkritischen und erläuternden Bemerkungen. 


A. Hebräischer Text. 


bar yarın bon ma Did RT 1 
sıhaos bu bin ınpb Boa Ay 2 
ssoyhy Dan nutmby opt) 
add [157 1377 NAPR IT Dw[2] DO 3 
IL 
snbyn YanTa % YyB pion 1371 4 
[Tin] wo pris hyrpaı mioR IN 
‚onbner why 17 ofapofs] a2f) 9 Anne 5 
soon nbı 5aal7]) oy[m] nstnboan mm 6 
79 Toy min Bp Tas an nor 
sam mar [pP odıy mir nd 7 


TOTIDRN TUpr 7 Par IRY 


m — 


Schlögl, Canticam Mosis Dt 32, 1—43. 


spis 332 [mm] TApm2 
saw 32 bon 
pw] ıhbra San 


naar [AROnnn 
say puınd Ymah3' 
sany vönsyfi] 
ANMONR-dy kl 
333 I 1dy yRN 
72 man [arbasıl] 
ım3 wohn jpwi 
‚bals]h mon array 14 
smw> Mi2y M3bW 150 
smyan rw Jh 1a 


anyer 13 5339 

nbıyaı nayınz[] 

smIyT 5 DYTR 
soln]'nas ovyıy 89 [Ne] 
Tor IR nawM 


mm Yi> Dy>D 
sonnnk mo [D]RR 
Da jDn-nb 043 
sDmban2 WDY3 
spDıyan 533 na 


ınınnn SiRerp TPM 
so YTD8 win] 
sDamdaR Ir 

[a oo pl 
saDy um noroy 


md Don[a]D 
smaWw wıRDy pr 


Dia piby ruma 8 
Diby no a9 
app] op mim pIn m 9 


Sa7D yARa YTR3D1 10 
YA) 13220 

BP Typ ws 11 
YınpY Yb33 WB 

una 772 mim 1a 


8 \nnay ma9T 13 
yabn war np] 

D 188 am p2 nkonf] 14 

Son nneh Sjyon 14 
[van apır Dann] 


IDy MON WEN 15° 

rAt2 Yrıkapı[y] 16 

nö 5 oriob yhanı7 
II Spa own 

[Mein 735° 918 ı8 


Yan mim RN 19 
DD mINoR An 20 
mon AB 7 93 

ORRO2 WIRIP DIT 21 
DyRb3 DRUPN RI 


DN2 IP DR 222 
ma yaR 998 

my wiöy mbDkK 23 

[je oral 231 [ne 24 
Bande MBra 


anna yıno 25 
ns) neo) 


ı* 


Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 


DDr WURD MNSWDN 
ars 2b 
ınatd> Sy mim ad 


smaran DI PN 
sBnmnsb 3 
7337 1811 DW) 


:DANDA m 
elta jhrär] BR PSP N; 
ımmdy MDB 
ny nam nl 
SDR BUND DR 


SDR2 DIAN 
sBym ibn nyb 
swb nuny vn 
sonam yaaybyı 

sarıyı m3y DEN) 


sa von] 1D]I13 
[orale Y° ll] 
‚manp osYy [m 
s7Dy DR 8 
s[IRDIR am) sn 


sohyy) IR 7 NND 
ST BBVrDa INN 
sDyws No) 

‚wa basn saım 
SSR MIND WNND 


koryis92 name 
SID YTayroT 2 
by [INDTR 82 


IH. 


o[sjps [9] NDR] 26 
SUR SNR-[rR[] 919 97 
no] BT YiOSMB 


dr MSYy TAN I 9 28 
nat oe dar 15 29 
HR IMS ATV DR 30 


BAD DAS 9 NDR 
BA1S 19133 85 31 
DJDI DD pin © 32 
ann Bay Wwra3y 
BIN Dun man 33 


joy Do» mi nbrı 34 

bien opı [D1]'9 35 
DTR DI AP 

ay mim PT 9 36 
[m] Dis a RT 


wir [PR NDR 87 

YpaR! oa So WIN 38 
BSMyN YD1p" 

NV [] OR 3 NY 187 39 
NS) MER JR 


a DIDerbR NUN 40 

San ph2 miWOR 41 
sb DB) DON 
Din Yan TWIN 42 
may Sun os 


(AR DIdY UT] 
np DIN 191 43 
wass ar op 


Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. b 


B. Metrische Übersetzung. 


1 Höret, o Himmel, ich rede; 

2 Meine Lehre träüfle wie Regen, 
Wie Regenschauer aufs Grüne, 

3 Denn Jähwes Namen rühm!’ ich: 


4 Des Felsen Natür ist vollkömmen, 
Ein treüer Gött sonder Fehl, 
5 Ihm brächen die Treü’ seine 
Söhne, 
6 Wie? Jähwen vergeltet ihr sö, 
Ist er nicht dein Väter und Herr? 


7 Denk an die Täge der Vörzeit, 


Fräg deinen Väter um Aüskunft, 
8 Als der Höchste die Völker ver- 
teilte, 
Bestimmte er Völkergebiete 
9 Denn Jähwes Änteil ist Jäkob, 


10 Er fänd es in wüstem Lände, 
Er umkreist’ es und ächtete sein, 
11 Wie der Ädler sein Nest aufstört 
Seine Flügel ausbreitend sie 
nimmt 
So geleitet’ es Jähwe allein 


13 Ins Gebirgsland führte er 6&s, 


Und Hönig saugen aus Felsen 
14° Sähne vom Rind und Schäfmilch 
14° Und Traübenblut tränkst du 

nach Eimern: 

[So äls denn Jäkob sich sätt,] 


11. 


15° Er verstie[s den Gött, der 
ihn schüf, 
16 Sie lielsen ihn eifern mit Götzen, 
17 Sie öpferten Geistern, die nicht 
Gott, 
Ganz neüen, die ben gekömmen, 


vernimm, 0 Erde, mein Wört! 
es rinne wie Taü meine Rede, 
wie Regengüsse aufs Gräs. 

Göbt unserm Gött seine Ehre! 


denn äll sein Tün ist nur Richt. 

gerecht und geräde ist Jähwe. 

das Geschlecht, verkehrt und ver- 
dreht. 

du Völk, so töricht und ünweis? 

Hat nicht @r dich gemächt und be- 


festigt? 
durchgeh die vergängnen Ge- 
schlechter; 


deine Alten, däfs sie dir’s sagen: 
als Jahwe die Menschen zerstreüte, 


dem Häüflein von Israels Sohnen. 
Israel Lös seines Erbes. 


auf Irrgängen hölt’ er es heim; 
wie den Aügapfel hütet’ er &s. 
und über den Jüngen schwebt, 
und aüf seinen Schwingen sie trägt: 


und kein fremder Gött neben ihm. 


liefs es essen die Früchte des 
Feldes 
und Öl aus Kieselgestein. 
14! älsest du samt bestem Weizen, 
15° du wardst fett und dick und 
feist. 
15? Jeschurün wurde fett und schlug 
aus. — 


und verschmähte den Fels 
seines Heils. 

und durch Greuüel reizten sie ihn. 

Götzen, die nie sie gekännt; 


die nie ihre Väter verehrten. — 


6 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—48. 


18 DuvergälsestdenFöls,der 
dich zeügte, 


19 Und Jähwe säh’s und verwärf 
20 Und spräch: Ich will mich ver- 
bergen 
Denn ein schlechtes Gelichter 
sind sie, 
21 Durch Ungötter reizten sie mich, 
Durch ein Unyolk reize auch ich 
sie, 


22 Denn Feüer entbrennt mir im 
Zörne 
Verzöhrend Erd' und Gewächs 
23 Unglück häüf’ ich auf sie, 
24 Näg, Hunger, zehret, ihr Glüten, 
Und ihr, Raübtiere, die ich ent- 
sende, 


25 Draüfsen vernichte das Schwert 
Den Jüngling so güt wie die 
Jüngfrau, 
26 Dann spräch’ ich: Ich wöllt’ sie 
vernichten, 
27 Wär’ der Feinde Stölz nicht zu 
fürchten, 
Dafs sie sägten: Unsere Höch- 
macht, 


du verlielsest den Gött, der 
dich schüf. 


aus Gröll seine Söhne und Töchter 
und sie lehren, wäs ihnen dröht. 


Kinder, gänz ohne Treüe. 


sie äÄrgerten mich durch Nichtse: 
durch ein töricht Volk ärg’re ich sie, 


und lödert bis tief in den Scheol, 
und der Berge Gründe belöckend. 
meine Pfeile verbraüch’ ich an ihnen. 


du, bittere Seüche und Pöst, 
samt den giftigen Schlängen! 


und drinnen im Haüse der Schröcken 
den Säügling zusämt dem Greise! 


dafs nimmer man ihrer gedächte, 
und däfs es verkönnten die Dränger, 


nicht Jähwe, hat äll dies getän. 


II. 


28 Ja, ein Völk sind sie, bär alles 
Rätes, 

29 Wären weise sie, sähen sie’s ein 

30 Wie ein einziger tausend verfölgt, 


Ist’s nicht, weil ihr Fels sie 


verkaüft, 

31 Denn nicht ist wie ünser Fels 
ihr Fels, 

32 Ihre Re&b’ stammt von Södomas 
Rebe 


Ihre Beören sind giftige Beeren, 
33 Ihr Wein ist Drächengeifer, 


34 Ist’s nicht bei mir auıfbewährt, 
3» Für den Tag der Räch’ und Ver- 
geltung, 


nicht findet sich Klügheit bei ihnen. 


und bedächten, wasihnen bevörsteht: 
und wie zwei zehntaüsend verjagen. 


und weil Jähwe sie preisgeg&ben? 
ihre Richter sind ünsere Feinde! 
und aüs der Pflänzung Gomörrhas. 


ihre Trauben voll Bitterkeit. 
verd£erbliches Nätterngift. 


versiegelt in meinen Schränken 
für die Zeit, da wänket ihr Füls 


Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 7 


— Denn näh’ ist der Täg ihres 
Ünbheils, 
36 Dafls Röcht verschafft Jah seinem 
Völke, 
Wenn er sieht, dals kein Zelt- 
pflock mehr ist 


37 Dann spricht er: Wo sind ihre 
Götter, 
38 Die gegessen ihr Öpferfött 


Wohlän, sie mögen euch hölfen 
39 Seht jetzt, dafs ich es bin, 
Ich spende Töd und Leben, 


40 Denn zum Himmel erh&b’ ich die 


Händ 
41 Wenn geschärft ist mein blitzend 
Schwert 


Dann nehm’ ich Räche am Feinde 
42 Dann tränk’ ich mit Blüt meine 
Pfeile, 
Vom Blüte Erschläg’ner, Ge- 
fäng’ner, 


[Jaüchzet mit ihm, ihr Himmel; 
43 Jaüchzet mit ihm, ihr Völker, 
Er nimmt Räche an seinen 
Feinden 


und schnöll kommt herän ihr Ge- 
schick —: 
und seiner Getreü’n sich erbärmet, 


und kein Vieh mehr im Ställ und 
im Freien? 


ihr Fe&ls, auf den sie gebaüt, 


und den Wein ihrer Spende ge- 
trünken ? 

und eüch zum Schütze gereichen! 

und däls aulser mir kein Gött; 

ich bin’s, der schlägt und auch heilt[]. 


und säg’: So wahr &wig ich lebe, 
und die Händ zum Gerichte greift: 


und zähl’ meinen Hässern es heim, 

und Fleisch soll fressen mein 
Schwert 

vom Haüpte der Führer des Feindes! 


ihr Engel, bötet ihn än!] 
denn das Blüt der Getreüen rächt er, 
und entsühnt das Länd seines Völks! 


C. Bemerkungen. 


Betreffs der Exegese verweise ich auf Hummelauer, Com- 
mentarius in Deuteronomium (Paris 1901), wo betreffs der 
äufseren Form die Zennersche Chorliedstruktur mit geringer 
Abweichung adoptiert ist; ferner Klostermann a. a. O., wo 
zuerst die Dekasticha, d. i. Strophen von je 5 Distichen, er- 
kannt sind. 

V.1-—3 (8 gepaarte Dreiheber) bilden die Einleitung zum 
ganzen Gedichte. In 2°4 verlangt nicht blols das Metrum, 
sondern auch die Analogie zu 2: "den Artikel im Ver- 
gleichungsworte. Lies also D4'yWw3 und D'I13121. In 3% liest 
man mit Samaritanus besser DY> statt Akkus. DY und in 3b, 


8 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 


wie das Metrum verlangt, 1973 „seine Ehre“, d. h. „die ihm 
gebührende E.“, statt 7% allein (Grimme: 17). 

V. 4-15:® bildet den 1. Teil des ganzen Gedichtes, be- 
stehend aus 4 Strophen von je 10 gepaarten Dreihebern. Die 
1. Strophe enthält das Thema: „Jahwe, der vollkommene 
Fels Israels“ (4-6), welches in den 3 folgenden Strophen 
ausgeführt wird an der Hand der Geschichte (7”—9; 10—12; 
13—15:). 4° ist mit Kl. nur als Vergleich zu fassen, daher 
ist 99B nicht aktiv („Jahwes Tun“), sondern passiv „des Felsens 
Beschaffenheit, Wesen“. Zum Gottesnamen Sür „Fels“ vgl. 
auch Hommel, Altisraelit. Überlieferung 319f. In 44 lies statt 
NY „er“ mit LXX und Vet. Lat. mm „Jahwe“ = xüpıog. 
Dafs 5* verderbt ist, erkennen alle Exegeten an. Kl. findet 
in 133 „seine Söhne“ und D98 („ihren Eid“?) zwei Varianten 
für 2398 „ihre Treue“, das der Kontext verlangt. Dies dürfte 
aber nur von E93 gelten. Ich halte für die richtige Lesart: 
Djinns v3 1b amd „es liefsen ihm gegenüber ersterben seine 
Söhne ihre Treue“; vgl. Mal 2,8. Den Plural ınn® hat Sam. 
x> „nicht“ ist also nur Variante zu 9 „ihm“ und DYD ent- 
weder aus der richtigen Lesart verschrieben oder nach einer 
verderbten Vorlage geraten. In 6 verlangen Metrum und 
Grammatik den Artikel beim Vokativ; lies also: 5337 o%. 
7b lies mit Vulg., Syr., Chald. dem Zusammenhang entsprechend 
den Singular: ?}3 „erwäge“, in 74 79 wegen der Pausa, wie 
7m. In 8b scheint ITB72 entstanden zu sein aus dem 
Kompendium " TNB2 = nm TY72 „als Jahwe zerstreute“, 
was dem Parallelismus besser entspricht und vom Metrum ge- 
fordert wird. In 8° lies Imperf. 38° statt Juss. 33%. 8ed be- 
deutet: „Er bestimmte die Grenzen von ganzen Völkern für die 
paar Kinder Israels“ (Kl... Für 58%‘ 32 haben LXX «ayyeAwv 
0coü, doch zeigt Cod. 106 (Holmes) von zweiter Hand darüber 
geschrieben: viwv ’lopanı, ebenso hat es Cod. VIII am Rande. 
Justinus Mart. las viwv ’lopanı, obwohl er wulste, dals die 
LXX diese Lesart nicht haben, ebenso Origenes, zu welchem 
Holmes bemerkt: „sed, quamquam hanc lectionem semel vocet 
meliorem et affirmet eam in exemplaribus nonnullis 


Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 9 


obtinuisse — also hatten LXX. ursprünglich: viwv ’lopanX! 
— habet saepe ’AyyeAwv O©eoü.“ In 9° lies mit Sam. und 
LXX statt my „sein Volk“, das hier nur „Israels Volk“ be- 
deuten kann (Kl].), während es sonst nur „Jahwes Volk“ be- 
zeichnet: APY° DY „Jakobs Volk“, und ergänze dementsprechend 
am Ende von 9b: SW", das bei distichischer Schreib- 
weise (vgl. die Hs B der gefundenen Ekklesiastikusfrag- 
mente!) unter dem gleichen Worte von 84 leicht ausfallen 
konnte. Dals 10 verderbt sei, erkennen wieder die ver- 
nünftigen Exegeten an. Die Korrektur ist aber nicht so 
schwer, da Sam. die Lesart bietet: Y3BW mbbrna, was mit 
Kl. zu lesen ist: ubthahlulöth jesimänhu „und auf Irrwege ver- 
setzte er es“; nbbrın von 5m wie mypY von 2 (Kl). Doch 
scheint dem Kontexte besser zu entsprechen: IN32%W* „holte er 
es heim“, woraus die Lesart des Sam. verschrieben sein kann. 
In 10° ist durch Haplographie die Kopula 1 ausgefallen, die 
aber alle Versionen voraussetzen und das Metrum verlangt, 
mag man 3121) lesen (Grimme) oder 13312. Sam. hat 
dieses Y übrigens bewahrt. Ebenso scheint in 11® vor 5% das 
} durch Haplographie ausgefallen zu sein, da es alle Versionen 
und auch einige hebr. Hss aufweisen. In 13 lies mit Sam,, 
LXX, Syr. dem Zusammenhang entsprechend {1938 „er speiste 
es“ statt S9NN) „dals es als“, in 13: mp2 ohne 1, wie LXX 
lasen und das Metrum verlangt. Sam. hat \np3", sei es, dals 
das 2. ‘ Vokalbuchstabe ist, sei es, dals es mit J metathesiert 
ist. In 134 ist statt 3 Yoond vielleicht besser zu lesen 
YUıohn S13D, wie Dt 8, 15. In 14* lese ich mit Arab. 1 
und 3 (Holmes-Parsons) nsom. 14be halte ich für unecht, 
da An hier nur im eigentlichen Sinne gebraucht sein könnte, 
der Genuls des Fettes aber nach Lv 3, 17 strengstens ver- 
boten war. Metrisch wäre der Vers (der in Cod. 154 nach 
Holmes fehlt) möglich: ohınpy Waap] Döpjm ori Sbroy 
„samt dem Fette der Lämmer und Widder und der Rinder 
(wörtlich „Söhne“) von Basan und Böcke“. Der Dichter will 
nur sagen, dafs Israel vom Ertrag des Ackerbaues und der 
Viehzucht lebte; dazu genügt 14° (Milch) und 14! (Getreide, 


10 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 


Brot) sowie 14® (Wein). Wer 14° für echt hält, muls 15=b 
(nach LX X) als Einleitungsvers zum nächsten Abschnitt be- 
trachten (Kl). In 144 ist n1'93 „Nieren“ verdächtig, ander- 
seits fehlt das Verbum 538 „essen“; vgl. Ps 81, 17; 147, 14. 
Is 7,15.22. Da sonst nur 297 bildlich vom Weizen gebraucht 
wird, betrachte ich M'53 als Variante zu 53XA (analog zu 
man im folgenden Stichos), das zu Sn verkürzt und durch 
Metathesis in n93 verderbt, dann zu N'99 gemacht worden sein 
mag. In 14° lies statt On („schäumenden Wein“?) 'wh 
„eimerweis“. Zu 14° gehört als 2. Stichos 15®, wie aus der 
2. Person der Verba zu ersehen ist. Dagegen ist vor 15: 
nach Sam., LXX und Vet. Lat. zu ergänzen: ya ahyı Dann 
„So als denn Jakob und wurde satt“. Dieses Distichon leitet 
über zum 

2. Teil (15:—27), welcher wie der 1. aus 4 Dekastichen 
besteht. Die erste Strophe (15°—18; 5 Doppeldreier) schildert 
Israels Vergehen, die 3 folgenden gleichgebauten Strophen 
(19—21; 22—24; 25—27) die Strafen Jahwes. In 16: verlangt 
das Metrum np"); das ) ging durch Haplographie im vor- 
hergehenden N” verloren, ist aber in Sam. erhalten. Auch 
Arab. setzt es voraus. Dasselbe gilt von 165, wo mit Sam. 
und Compl. nSyina} zu lesen ist oder mit LXX Bhapıny (Ev 
BdeAuyuacıv aurwv); da aber LXX das Pronomen häufig setzen, 
wo esim Hebräischen nicht steht, und umgekehrt, so ist ersteres 
hier vorzuziehen. 174 ist sicher verderbt, wie schon DIA 
„eure Väter“ zeigt, wo LXX oi nartpes autwv haben. Das 
Sufix 23” beruht wahrscheinlich auf Einwirkung des bei 
distichischer Schreibweise darunterstehenden 75h (18). Lies 
also DIMAN („ihre Väter“) oder {'na8. Da aber der Stichos 
noch immer metrisch zu kurz ist, so muls wohl 8 vor 85 
ausgefallen sein, zumal LXX und Lucianus hier oüg über- 
setzen, während sie im vorhergehenden Stichos den Relativsatz 
(mit ausgelassenem 98) nicht erkannt haben; vgl. 37. 38. 
In 18° ist ‘WM nur verderbt aus mn, wie das Metrum erkennen 
lälst. Das Dage$ forte coniunctivum fällt bei der Lesung 
719" weg. Doch ist auch die massorethische Lesung möglich. 


Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 11 


In 195 kann wohl Dy3 als stat.: constr. aufgefalst und Dy3D 
betont werden: „wegen des Grolls über seine Söhne und 
Töchter“; allein notwendig ist es nicht. Man kann ganz gut 
mit Palm 1333 193 „seine Söhne und seine Töchter“ als Objekt 
zu YS3N) nehmen und DY3D „aus Groll“ adverbial fassen. 20. 
ist vierhebig; Grimme streicht deswegen "ON"; ich ziehe vor, 
DD als Glosse zu streichen, da es auch 31, 18 nicht steht. 
Es scheint also aus 31, 17 ergänzt zu sein. In 206 lies statt 
NSS „ich will sehen“ mit Sam. 18181, oder noch besser mit 
LXX, Lucianus, Vet. Lat., Arab. das Hiphil, aber mit Suffix: 
DRIN) (statt NY) „und ich will ihnen zeigen“. In 225 hat 
Sam. min) (Hophal) statt mm (Qal). In 224 streiche am 
Anfang ), das in Sam, LXX und Vet. Lat. fehlt und 
sogar metrisch unmöglich ist. In 23° lies BoN (adhor- 
tativus von ADN); vgl. Mich 4, 6. 24: ist wieder stark 
verderbt, und hier hilft gerade das Metrum den Vers her- 
stellen. “® ist Imper. (Kl.) = ıtp des Sam.; ferner ist mit 
Sam. statt on „und die (von Fieberglut) Verzehrten“ zu 
lesen: 1% „zehret“ und statt des Singulars 2% mit LXX 
und Lucianus (öpvewv): D’BY „Fiebergluten“, das auch sonst 
gewöhnlich im Plural vorkommt. 245 lautet in Sam.: Amp 
DYYS; Aup ist aber nur Schreibfehler. Da ein Versfuls fehlt, 
so ergänze Parallelstellen gemäfs (z.B. Ps 91, 6) am Ende 
“3n. Der Ausfall des Schluls-D zu '%& und des folgenden 
Wortes scheint auf eine verderbte Vorlage zurückzugehen. Die 
beiden letzten Worte von 241 falst man am besten als Relativ- 
satz. 25° ist nur zweihebig, der Vergleich mit Sam. (DY'Yıd)) 
und LXX und Luc. (kai Ex rwv rayıeiwv) läfst schlielsen, dafs 
hier der Artikel stand: oıYıneı. 26° ist wieder nur zwei- 
hebig, also verstümmelt; Syr. hat „et dixi“, lies also "AO. In 
a” ist wahrscheinlich ein ‘3 verloren gegangen, und DA'NBN ist 
verschrieben aus BSB8 (vgl. ‘ und 3 in Sam.!) = dlaotepW 
„ich will hinwegblasen“; vgl. die Varianten bei Holmes. In 
27% halte ich Dy3 für Korrektur nach 19b, welche notwendig 
war, nachdem ?} mit D verwechselt worden war. Denn die Er- 
klärung in 27°d setzt "9% „den Hochmut (der Feinde)“ als 


12 Schlögl, Canticum Mosis Dt 32, 1—43. 


ursprüngliche Lesart voraus. In 27° lies mit LXX und 
Luc.: 19%3 WT „unsere hohe Hand“; ebenso las auch Hie- 
ronymus, 

Der 3. Teil (28—42) enthält die Reflexion des Dichters, 
in welcher er Jahwes Verhalten gegen Israel rechtfertigt. Die 
Einleitung bilden 3 Disticha (Doppeldreier, V. 283—30b), worin 
der Dichter auf die Verblendung Israels hinweist, das nicht 
versteht, warum ein feindlicher Heide tausend Israeliten in 
die Flucht schlagen kann und zwei zehntausend. Dieses Rätsel 
erklärt er in der 1. Strophe, welche wie die 3 folgenden aus 
10 gepaarten dreihebigen Stichen besteht (30°—33). Der 
Grund ist, dals Jahwe sie preisgegeben hat, also nicht mehr 
ihr „Fels“ ist, weil sie nicht besser sind als Sodoma und Go- 
morrha. Mit Recht betont KL, dafs %3 „Fels“ in 30° und 
31® nicht im gleichen Sinne gebraucht ist. An ersterer Stelle 
bedeutet es Jahwe als „den Fels“ kart’ &£oxnv, an letzterer ist 
es generisch „der Halt“; vgl. 37%. „Unser Fels“ ist also der 
Fels des Dichters (Moses) und der alten Israeliten, „ihr Fels“ 
der Fels der Nachkommen, an welche das Lied gerichtet ist, 
um wider sie zu zeugen; „Fels“ bezeichnet somit Jahwes ver- 
schiedenes Verhalten gegen das zu verschiedenen Zeiten 
moralisch so verschiedene Israel. 31 bedeutet eine ent- 
sprechende Änderung im Verhältnisse der Feinde zu Israel; 
diese sind nämlich dem treulosen Israel gegenüber zugleich 
Richter, also ist Israel ihrer Rache ausgeliefert. Lies Dim2'oD, 
wie Sinn und Metrum verlangen. Das dvöntroı der LXX (Vet. 
Lat.: insensati), welches die Lesung DS (Toren) voraussetzt, 
zeigt, dals hier Textverderbnis vorlag. Die 2. Strophe (34—36) 
besagt, dals Jahwe trotz der Gottlosigkeit der Masse des 
Volkes seine Getreuen retten werde, wenn das Mafs des Un- 
glücks voll sein wird. 35° ist nur zweihebig, also verstümmelt; 
vielleicht ist ‘9 nur Kompendium ("®) für Df® „für den Tag“, 
wie Sam. noch hat und auch LXX. noch lasen, aber aus Mils- 
verständnis unrichtig mit &v fju&pa (am T.) übersetzten. Denn 
Dvd gehört zu den vorausgehenden Partizipien; der Dichter 
will sagen, dafs der Rettungsplan Jahwes ihm bekanntgegeben 


Schlögl, Canticaum Mosis Dt 32, 1—43. 13 


sei, obgleich das Volk ihn nicht erkennt. Statt D5% ist DI 
zu lesen, wie Os 9, 7. Die Bilder von 36°4 sind aus dem 
Nomadenleben genommen, lies daher mit Kl. N 8 und DES; 
wenn der Nomade kein Zelt mehr aufschlagen kann und kein 
Vieh mehr hat, weder eingesperrt noch im Freien, dann kann 
er nicht mehr existieren. In der 3. Strophe (37—39) lälst der 
Dichter Jahwe das Volk anreden. Wenn Israel vergeblich von 
seinen falschen Göttern Hilfe verlange, so möge es ihn als den 
absoluten Herrn und allein wahren Gott anerkennen. In 37° 
lies besser mit Sam. N, sonst wäre der Vers nur zweihebig. 
Ebenso ist 375 verstümmelt, wie das Metrum zeigt; der Zu- 
sammenhang verlangt 12133 „ihr Fels“ entsprechend dem 
parallelen wi7O® (vgl. 31°) und Yom‘ entsprechend den fol- 
genden Imperfectis. Desgleichen entspricht 38° nur 10'903 
dem Parallelismus (tö'n22). D3°D3 ist nur durch Metathesis 
von ‘ und > entstanden, das ) ging im folgenden * verloren 
oder wurde als überflüssig ausgelassen. Vor N‘ haben Sam. 
und LXX ı gelesen. In 384 ist “1 verstümmelt aus Y7‘, wie 
der Kontext zeigt und Sam. und LXX haben. In 39% ist ein 
SS metrisch überschüssig, also zu streichen. LXX lasen es 
nicht. In 39° verlangt das Metrum 28 statt 8. 39° ist 
aus Is 43, 13 eingeschoben. In der 4. Strophe (40—42) 
schwört Jahwe — als Kriegsheld gedacht —, an den Feinden 
des Volkes blutige Rache zu nehmen. In 40° verlangt das 
Metrum ‘8 (Cod. 185 Kennicott) statt ‘98. Am Schlusse 
fordert der Dichter auf, mit dem siegreichen Helden Jahwe 
mitzujubeln. LXX, Lucianus und Vet. Lat. haben hier vor 
43*b einen Vers, worin die Himmel angesprochen werden (vgl. 
Ps 29, 1), wie in V.1. Diese Apostrophe scheint ganz der 
Einleitung zu entsprechen, daher halte ich den V. 43:5 der 
LXX. für ursprünglich, zumal sich der Ausfall in den andern 
Texten aus dem Homoioarkton erklärt; vgl. auch Cod. 190 
(Holmes) der LXX. Ergänze also: Yınnyn | AR DndY nn 
DYIRI2. In 438 lies wy „mit ihm“, LXX: nera [roü Aaol] 
ayTo0; TOoÜ Aaoü ist unrichtige Variante, entsprechend dem 1E% 
des massorethischen Textes. 43? der LXX ist Variante zu 


14 Göttsberger, Za Prv 1,7 nach der LXX. 


43b. In 434 ist mit LXX und Sam. zu lesen: 5% mus. Das 
ganze Gedicht enthält also 70 Distichen, und diese Zahl dürfte 
nicht zufällig sein. 

Ich glaube bei Herstellung des obigen Textes keine ge- 
waltsame Konjektur dem Metrum zuliebe verbrochen zu haben. 
Wer aber könnte verlangen, dals alle korrumpierten Stellen, 
die das Metrum als solche erkennen lälst, durch die Textes- 
zeugen korrigierbar sein müssen! 


Miszelle zu Prv 1,7 nach der LXX. 


Unter oogia führt die Konkordanz von Hatch-Redpath 
nur zweimal das hebräische Äquivalent ny3 an: Prv 1,7. 29. 
Davon ist Prv 1,7 zu streichen. Die eigentliche Übersetzung 
der hebräischen Vorlage findet sich in 7°d. Hier haben wir 
die regelmälsig sich entsprechenden Ausdrücke: MM AIY — 
evoeßera eis Heöv und NYT = alodnoıg, hier auch die gleiche 
Stellung im Griechischen und Hebräischen. 725 aber sind 
von Ps 111, 10 eingedrungen, wo 1877 = oopia und auch die 
Stellung von Subjekt und Prädikat entspricht. A. J. Baum- 
gartner (Etude critique sur l’&tat du texte du Livre des Pro- 
verbes, 1890, 30) hielt 7* und 74 für ursprünglich, erkannte 
7° als Glosse aus Ps 111, 10 und wulste mit 7°, der eigent- 
lichen Übersetzung, nichts mehr anzufangen („d’une origine 
inconnue*). J. Göttsberger. 


Über Nehemias und Esdras'. 


Von Dr Paul Rie/sler in Blaubeuren. 


2. Nehemias: seine Ankunft und seine Wirksamkeit 
in Jerusalem. 


us der Vergleichung der Quellenzeugnisse hat sich uns die 

Wahrscheinlichkeit ergeben, dals Nehemias, mit Zorobabel 
und Seäbassar identisch, an der Spitze der ersten Gola im 
Jahre 538 v. Chr. nach Jerusalem zurückgekehrt ist. Nunmehr 
gilt es, von diesem Gesichtspunkt aus die Tätigkeit des Ne- 
hemias darzustellen. 

Am 3. Marheäwan (d.i. 27. Oktober) 539 war Kyros in 
das eroberte Babel eingezogen. Im folgenden Monat Kislev 
(d. ii. November-Dezember) 539 kam Hanani aus Jerusalem mit 
traurigen Nachrichten über die in der Heimat herrschenden 
Zustände zu seinem Bruder Nehemias nach Susa, wo sich 
dieser gerade vorübergehend aufhielt? Da Nehemias in seiner 
Würde als königlicher Mundschenk3 Zutritt zum Hofe des 


ı Vgl. BZ I 232 ff. 

2 Gelbhaus, Nehemias 1902, 17 18: „Der Ausdruck nv 9m Nehl,1 
zeigt deutlich auf eine temporäre Anwesenheit hin. Für einen beständigen 
Sitz ist die Redeweise im Hebräischen ungebräuchlich.“ — „Wenn Be- 
richte über den Zustand der Juden in der alten Heimat an Nehemias 
erstattet werden und er sich eingehend über die Verhältnisse in Judäa 
erkundigt, dann scheint er in der Mitte seiner Stammesgenossen in Baby- 
lonien eine führende Stellung innegehabt zu haben. Er scheint mit einem 
Amte bekleidet gewesen zu sein, welches ihm eine Aufsicht über seine 
Volksgenossen im Exil einräumte, wozu Rundreisen im Lande erforderlich 
waren, wo seine Glaubensgenossen ihre Wohnsitze hatten. So ein Ort 
war auch Susa.“ 

3 Gelbhaus a.a. O. 19: „Wie {iros dem Ausdruck maskah, d.i. 
Getränk, gleichkommt, so dürfte das maskeh dem aramaisierten Terminus 
tirsata, welcher Mundschenk bedeutet, entsprechen.“ 


16 Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 


Königs hatte, benutzte er eine sich ihm im Nisan (d. i. März- 
April) 538 darbietende Gelegenheit, um den König um Er- 
laubnis zur Heimkehr zu bitten. Gerne gewährte dieser dem 
Nehemias und seinen Volksgenossen die erbetene Erlaubnis. 
Bald darauf erfolgte die Abreise. An der Spitze des militärisch 
begleiteten Zuges standen Nehemias und der Hohepriester Je$ua. 
Nach einer Reise von ungefähr vier Monaten — so lange brauchte 
auch Esdras’ Gola, die am 12. Nisan abreiste und, ebenso wie 
Nehemias, am 1. Ab anlangte — traf Nehemias an der Spitze 
der Exulantenschar am 1. Ab (d. ı. Mitte Juli) 538 in Jerusalem 
ein. Nachdem mehrere der Familienhäupter ihre Gaben zum 
Tempelbau überreicht hatten, zerstreuten sich alsbald die Zu- 
rückgekehrten in ihre Städte und Dörfer. Die reichen Grund- 
besitzer begaben sich auf ihre Landgüter, die Ärmeren in ihre 
früheren Wohnsitze, die Priester und ein Teil der Leviten, 
Sänger, Torhüter und Tempeldiener in ihre Städte (Esr 2, 70. 
Neh 7, 73; 11, 20), ein anderer Teil der Leviten und Sänger 
auf ihre Landgüter (Neh 13, 10) und wieder ein anderer Teil 
der Sänger in ihre Dörfer (Neh 12, 29). Nur wenige der Exu- 
lanten konnten sich in der Hauptstadt selbst niederlassen, 
weil hier die früheren Wohnungen zum grölsten Teil noch in 
Trümmern lagen (4 Rg 25,9). Nehemias’ erste Sorge ging 
auf die Wiederherstellung der Stadtmauer als einer Grund- 
bedingung der nationalen und religiösen Unabhängigkeit. Nach 
dreitägiger Rast unternahm er einen nächtlichen Ritt zur Be- 
sichtigung der Schäden an der Stadtmauer. Hierauf legte er 
den Gemeindevorständen seinen Plan betreffis Wiederher- 
stellung der Mauer vor. Derselbe. fand willige Aufnahme. Es 
wurde sofort energisch ans Werk gegangen. Zur rascheren 
Ausführung der Arbeit teilte Nehemias die ganze Mauerlinie 
in 42 Lose und verteilte diese teils an Private, Einzelne oder 
Geschlechter, teils an Gilden, teils an Ortsgenossenschaften 
aus der nächsten Umgebung Jerusalems (Bertholet, Die 
Bücher Esra u. Nehemia, in Martis Kurzem Handkomm. z. AT, 
1902, 57). Die Arbeit selber wurde von den nichtexilierten 
Juden ausgeführt; die soeben Heimgekehrten hatten ja 


Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 17 


genug mit der Instandsetzung ihrer eigenen Wohnungen zu 
tun. Deshalb findet sich niemand von den mit Nehemias 
Zurückgekehrten unter den beim Mauerbau Beteiligten auf- 
geführt. Da die Wiederherstellungsarbeiten gut von statten 
gingen, wurden die Feinde Judas beunruhigt und beschlossen, 
die Weiterführung der Arbeiten mit Gewalt zu hindern. Ne- 
hemias aber traf geeignete Vorkehrungen zur Abwehr; und so 
konnte denn nach zweiundfünfzigtägiger Arbeit am 25. Elul 
(d.i. in der 1. Hälfte des September) 538 der Mauerbau voll- 
endet werden. In der Zwischenzeit aber hatte sich eine grofse 
Gefahr für den Frieden und die Einigkeit des Volkes aus 
dem Innern der Gemeinde selbst erhoben. Da die Exulanten 
gerade einen Monat nach Beendigung der Ernte zurückgekehrt 
waren, war den Ärmeren unter ihnen die Möglichkeit ge- 
nommen, durch Ährenlesen sich über die grölste Not hinüber 
zu helfen. Daher sahen sie sich gezwungen, zur Beschaffung 
von Brotfrucht Anleihen aufzunehmen. Solche wurden ihnen 
auch von den reichen Volksgenossen gewährt; aber sie mulsten 
fürs erste ihren Gläubigern entweder ihren Grundbesitz oder 
ihre Kinder als Faustpfand abtreten und fürs andere sich 
vom Darlehen eine entsprechende Provision abziehen lassen 
und überdies noch sich zur Zahlung von Zinsen verpflichten. 
Zur Aufbringung der Zinsen sowie zur Heimzalılung des Ent- 
lehnten stand aber den Schuldnern in ihrer Notlage kein 
anderes Mittel zur Verfügung als der Verkauf der eigenen 
Kinder. Auf seiten der Reichen handelte es sich bei der 
ganzen Sache um Ausbeutung der Not des Nächsten zum 
eigenen Gewinn, d. i. um regelrechten Wucher. Daher wandten 
sich die Armen in dieser Not an Nehemias, aber nicht, wie 
man meistens annimmt, mit Bitten um Schenkung der Dar- 
lehen, sondern mit Klagen über ihre Bedrückung und Aus- 
beutung durch die Reichen. Nehemias bezeichnete denn 
auch das Gebaren jener Reichen als sündhaft (Neh 5, 6. 9) 
und verlangte von ihnen die Herausgabe der Faustpfänder 
und der Provisionen (Neh 5, 11). Die Reichen versprachen 


es und gelobten überdies, auch auf die Zinsen verzichten zu 
Biblische Zeitschrift. II. 1. 2 


18 Rie/sler, Über Nehemias und Esdras, 


wollen . So war es denn Nehemias gelungen, dem Volke nicht 
blofs die Sicherheit nach aufsen, sondern auch die Ruhe und 
den Frieden im Innern wiederzugeben. Die schnelle Regelung 
dieser Angelegenheit zeugt von dem grolsen Einfluls, den 
Nehemias bei seinen Volksgenossen besals. Ebenso die von ihm 
angeordnete Ausschlielsung einiger Priesterfamilien, welche ihre 
Stammdokumente nicht nachweisen konnten. Sie wurden vor- 
läufig ihres Priestertums für verlustig erklärt und in ihrem Ein- 
kommen beschränkt. Nehemias verbot ihnen nämlich, von „dem 
Heiligen der Heiligtümer“ zu essen, bis wieder ein Priester 
für Urim und Tummim, die im Exil verloren gegangen waren, 
erstehen würde (Esr 2, 63. Neh 7, 65). Dals jene Priester 
in dieser Verordnung kein Übelwollen von seiten des Ne- 
hemias erblickten, wie Gelbhaus meint, zeigt sich daraus, dals 
ein Glied aus einer der gemalsregelten Familien, Meremoth, 
sich beim Mauerbau beteiligte (Neh 3, 4), und dafs derselbe 
später eine Vertrauensstellung im Tempel innehatte (Esr 8, 33). 

Nach der Fertigstellung der Stadtmauer traf Nehemias 
geeignete Malsregeln zur Bewachung der Stadttore. Tags 
über hatten die Torhüter (Sänger und Leviten) die Aufsicht 


1 Die Notlage der Armen kann nicht bei einem Teil von ihnen durch 
die Zahlung der Steuern, wie schon LXX irrtümlich meinte, veranlalst 
worden sein. Denn hätten die Steuern die Notlage der einen verursacht, 
dann würde die Not der andern schlielslich ebenfalls durch die Steuern 
veranlalst worden sein. Der Schriftsteller hätte dann aber diesen Um- 
stand nicht blofs bei den einen, sondern auch bei den andern anführen 
müssen. Weil er dies nicht tut, so ist es schon an sich unwahr- 
scheinlich, dals in Neh 5, 4 von Steuern die Rede sein soll. Zudem be- 
richtet 8 Esr 4, 50, dafs den Heimkehrenden Steuerfreiheit bewilligt wurde. 
Sodann heilst 77% nicht „Steuer“, sondern „Mafs“. zen nı2) AD» ist 
„Geld nach königlichem Mals“, d. i. gemünztes Geld. Dafs es solches schon 
vor Dareios I. gab, ist sicher. Die in Esr8,27 und 1Chr 29,7 aufgeführten 
Münzen (D‘J5Y718) haben ebensowenig wie die in Esr 2, 69 und Neh 7,70—72 
genannten (8“18317) mit Dareios I. etwas zu tun; denn in diesem Falle 
mülste man nach Analogie von Yı)7 etwa DYI21X oder ähnliches erwarten. 
Vielmehr legt der Vergleich von j>718 mit dapeıxdg den Gedanken nahe, 
dals dapeıxög aus ursprünglichem bapxeıog unter dem Einflufs des Königs- 
namens Dareios entstanden sei. Zu dem Namen der Münzen vgl. die 
1. Hälfte von xyyyıs Dn 3, 2. 3 und xY8 Esr 7, 23. 





Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 19 


zu führen; für die Nacht mulste die übrige Einwohnerschaft 
die Wachmannschaften stellen. Diese hatten während der 
ganzen Nacht, ihren Wachhäusern gegenüber, auf ihren Posten 
zu bleiben (Neh 7,3). Der beste Schutz für die Stadt wäre 
freilich eine zahlreiche Bevölkerung gewesen; aber an dieser 
fehlte es noch immer. Daher erwog Nehemias Malsregeln, um 
die Bevölkerung der Hauptstadt zu vermehren. Zunächst 
beschlols er, eine Volksversammlung einzuberufen, um durch 
sie einen Überblick über den Bestand der Bevölkerung Judäas 
zu gewinnen (Neh 7,5). Da die Angelegenheit als dringend 
erschien, wurde die Versammlung in aller Eile anberaumt. 
Sie fand noch in den letzten Tagen des Monats Elul (d. i. Mitte 
September) statt (Esr 3, 1. Neh 7, 736), Auf derselben wurde 
dem Nehemias ein fertiges, mit geschichtlichen Notizen ver- 
sehenes Verzeichnis der Mitglieder seiner Gola überreicht. 
Dasselbe wurde von ihm später in seine Memoiren (Neh 7,6—73) 
aufgenommen. Zunächst aber veranlalste er die Obersten des 
Volkes, ihren bleibenden Wohnsitz in Jerusalem zu nehmen 
(Neh 11,1). Sodann bewog er das Volk zur Auslosung jedes 
zehnten Mannes, der dann in die Hauptstadt zu ziehen hatte. 
Das Ergebnis dieser Bevölkerungsverschiebung ist in der Liste 
Neh 11, 3—24 niedergelegt. Sie enthält die Namen der in 
Jerusalem wohnenden Judäer, Benjaminiten, Priester, Leviten 
und Torhüter. Auf dieser Versammlung erhielt Nehemias auch 
die gewünschte Gelegenheit zu einem Überblick über den Ge- 
samtbestand der Bevölkerung. Da zeigte es sich, dals nicht- 
exilierte Juden über das ganze Land hin, von Beerseba bis 
Jerusalem, zerstreut wohnten. Von diesen ihm bis dahin un- 
bekannt gebliebenen Siedelungen legte Nehemias sich gleich- 
falls eine Liste an. Sie findet sich in Neh 11, 25—30. In 
derselben sind die dem Nehemias schon von der Heimreise 
oder vom Mauerbau her bekannten Ortsgenossenschaften nicht 
aufgeführt. Daher fehlt eine Reihe von Städten, deren Nennung 
man, früheren Angaben entsprechend, unbedingt zu erwarten 
hätte (Bertholet, Die Bücher Esr. u. Neh. 83); so Thekoa 


(Neh 3, 5), Bethhakkerem (3, 14), Bethsur (3,16), Kegila (3, 17f), 
ok 


20 Riefsler, Über Nehemias und Esdras, 


Bethlehem und Netopha (7, 26), Kirjath Jearim (7, 29), Gibeon, 
Mispa und Meronoth (3, 7), . Kaphira und Beeroth (7, 29), 
Jericho (7,36), Gilgal (12,29) und Zanoah (3,13). Bei jener Ver- 
sammlung wurde dem Nehemias noch ein anderes bekannt: 
in ehemals zum Nordreich gehörenden Orten hatten sich 
Benjaminiten, exilierte wie nichtexilierte, niedergelassen. Die 
Namen dieser Orte wurden ebenfalls in einer Liste nieder- 
gelegt (Neh 11, 31—35). 

Dafs mit der Versammlung des ganzen Volkes eine ge- 
meinsame religiöse Feier verbunden wurde, ist schon an sich 
wahrscheinlich. Esr 3,4 berichtet denn auch, dals das Laub- 
hüttenfest damals wieder gefeiert wurde. Ebenso fing man 
vom ersten Tag des siebenten Monats an, wieder gesetzlich 
korrekte Brandopfer darzubringen, nachdem Jesua und Nehe- 
mias zuvor den Altar neu errichtet hatten. Der bisherige 
Altar nämlich war nach ihrer Ansicht dadurch verunreinigt 
worden, dals bis zu dieser Zeit auch die nichtjüdischen Nachbarn 
auf ihm ihre Brandopfer dargebracht hatten!. Nach Schlufs des 
Laubhüttenfestes kehrten die meisten Teilnehmer in ihre Ort- 
schaften zurück. Die andern dagegen, die sich zur Übersiede- 
lung nach Jerusalem entschlossen hatten, begaben sich nunmehr 
zur Herstellung ihrer Wohnungen in die Hauptstadt. Über der 
Sorge für das eigene Heim aber mufste das Interesse an der 
Wiederherstellung des Tempels für den Anfang ein wenig in den 
Hintergrund treten. Das Erkalten des Interesses schlug aber 
nach Fertigstellung der Wohngebäude nicht in sein Gegenteil um, 
sondern nahm, wie es dermenschlichen Natur eigen ist, immer 
mehr zu. Die eingetretene Unlust wurde zudem durch eine Mifs- 
ernte im darauffolgenden Sommer, April bis Juni 537, gesteigert. 
Da trat der Prophet Aggäus auf und erklärte die Milsernte 
für ein von Gott wegen der beim Tempelbau gezeigten Lässig- 
keit verhängtes Strafgericht. Auf dies hin nahm das Volk die 
Arbeit am Tempel in Angriff. Es geschah dies nach Agg 1,25 





ı zo» in Esr 3, 3 ist Plusquamperf. — n131x7 'oyn omby now = 
„Entsetzen oder Abscheu vor den Bewohnern des Landes hatte sie befallen“, 
= TOR nn. 


Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 21 


am 24. Elul (d.i. Mitte August). Dieses Datum stimmt mit 
dem in Esr 3,8 überlieferten, wonach die Wiederherstellungs- 
arbeiten „im 2. Monat des 2. Jahres nach der Rückkehr“ (d. i. 
eben im Elul) begannen. Wenn Aggäus hierbei „das 2. Jahr 
des Dareios* als Jahr des Bauanfangs nennt, so sieht man 
daraus, dals er, ebenso wie Zacharias, die Jahre des Dareios- 
Kambyses, in Übereinstimmung mit der Nabonid-Kyros-Chronik 
(KB III 2, 135 Z. 25), vom Nisan 538 an gerechnet hat. 
Bei jenen Wiederherstellungsarbeiten handelte es sich nicht 
um eine eigentliche Grundsteinlegung; denn der Tempel war 
von den Chaldäern nicht von Grund aus zerstört, sondern nur 
durch Feuer verheert worden. Fundamente niedergebrannter 
Gebäude aber pflegt man nicht neu zu legen, denn sie leiden 
durch das Feuer keinen Schaden. Man denke nur an die nieder- 
gebrannten assyrischen Tempel und Paläste, deren Fundamente 
heute noch intakt sind. Bei der Zerstörung des Tempels be- 
schränkten sich die Chaldäer eben darauf, dem Tempelgebäude 
seinen festungsartigen Charakter, den dasselbe mit andern Tem- 
peln des Altertums gemein hatte (Billerbeck, Der Festungsbau 
im alten Orient, 1900, 21), durch Vernichtung der Armierungs- 
bauten zu nehmen. Demgemäls erstreckte sich auch die Wieder- 
herstellung vornehmlich auf diese Teile !. 


ı Dieser Ansicht steht das in Esr 3, 10.11. 12 gebrauchte D* nicht 
entgegen. Dasselbe hat nicht blols die Bedeutung „fundamentieren“, sondern 
auch die weitere „festigen, befestigen, verstärken“, wie das lat. fundare 
„begründen, festmachen, befestigen“ und das assyr. Nomen ussu (s. KB 
1112, 94 Col. II 1). Diese weitere Bedeutung palst auch gut für das viel- 
gedeutete 170‘2 Esr 3, 12: sie hatten noch mit eigenen Augen den ersten 
Tempel „in seiner Befestigung“, oder wie Agg 2,3 sagt, „in seiner Herr- 
lichkeit“ gesehen. Auch das in Esr 4, 12; 5, 16; 6, 3 vorkommende Nomen 
VUN hat, wie das assyrische ussu, die Bedeutung „Befestigung, Armierungs- 
werke“. Daher ist die Übersetzung von Esr 6,3 aıoo my bei LXX oder 
richtiger bei Theodotion: xai Ednxev Erapua „eine Aufmauerung, Erhöhung 
anfertigen“ als gelungen zu bezeichnen. Auf Befestigungen des Tempels 
deutet auch die Notiz in Esr 6, 3, wo die Höhe des Tempels auf 60 Ellen 
= ca 30 m angegeben ist. Da eine Höhe von 60 Ellen Kirchturmshöhe 
ist, kann von diesen 60 Ellen nur etwa die Hälfte, ca 30 Ellen, auf die 
Höhe des Tempelgebäudes selbst entfallen. Tatsächlich war auch der 
Salomonische Tempel nur 30 Ellen hoch (3 Rg 6,2). Demnach müssen 





22 Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 


Auf die Kunde von der Aufnahme der Wiederherstellungs- 
arbeiten versuchten „die Widersacher Judas und Benjamıns“ 
(Esr 4,1), d. h. die Angehörigen des aus Israeliten und ver- 
schiedenen Volksstämmen des einstigen assyrischen Reiches 
gebildeten Mischvolkes auf palästinischem Boden (Nikel, Die 
Wiederherstellung 94), zu den Arbeiten am Tempel zugelassen 
zu werden. Sie beriefen sich darauf, dafs auch sie schon seit 
langer Zeit dem Herrn ihre Opfer in Jerusalem dargebracht 
hätten (Esr 4,2. Jer 41,5). Ihr Gesuch wurde abgewiesen, weil 
man mit ihnen während des Mauerbaues schlechte Erfahrungen 
gemacht hatte (Neh 2, 19—20; 4, 1—17; 6, 1—14). Diese Er- 
fahrungen lielsen billig an der Aufrichtigkeit jener Bitte zweifeln. 
In Wirklichkeit beabsichtigten denn auch die Samaritaner, durch 
die Anbahnung religiöser Gemeinschaft die Aufsaugung der 
kleinen jüdischen Gemeinde vorzubereiten (Nikel 95). Mit jener 
Abweisung war aber die Trennung zwischen Judäa und Samaria 
endgültig besiegelt!. Es suchten nunmehr die Samaritaner durch 


_. 


die andern 30 Ellen auf die Befestigungswerke des Tempels kommen. 
Die Befestigung der Tempel im Altertum bestand in der Hauptsache aus 
zwei oder mehreren einander einschlieisenden Umwallungen oder Enceinten 
(Billerbeck, Der Festungsbau 21). Eine derartige mehrfache Umwallung 
ist in Esr6,4 gemeint. 7'337) bedeutet, mag man es vom assyrischen nadbaku 
„Bergabhang, Wand“ oder aus dem Aramäischen = „Reihe“, hebr. “ıD, 
ableiten, zweifellos die Mauerwälle.. Es durften demnach drei steinerne 
Mauern oder drei mauerbekleidete Wälle (nom 553 jax”7 192713) mit je 
einer darauf befindlichen hölzernen Brustwehr (nn yx”'7 7372) und einem 
dahinter liegenden Wallgang hergestellt werden. Die bescheidenen Malse 
— die Höhe der einzelnen Mauer betrug ca 10 Ellen, nämlich ca 7 Ellen 
Stein und ca 8 Ellen Holz (s. Billerbeck a. a. O. 7: „So hoch, d.h. 
3,5 bis 4m = 7—8 Ellen Höhe, mulste die Mauer ganz massiv und 
aus widerstandsfähigstem Material erbaut sein“), und die Breite der 
Mauer nebst Wallgang belief sich auf ca 20 Ellen; denn von den 60 Ellen 
Breite (Esr 6, 3) entfielen 20 auf die Breite des Tempelgebäudes (3Rg 6, 2; 
2 Chr 3, 3) — waren offenbar darauf berechnet, eine Befestigung des 
Tempels nur soweit zuzulassen, dals dieselbe der Abwehr von Überfällen 
räuberischer Nomaden genügte, aber anderseits den geschulten Truppen 
des Grolskönigs im Falle einer Rebellion keinen ernstlichen Widerstand 
zu bereiten vermochte. 

t Damit ist zugleich die unterste Grenze für die Zeit der Herüber- 
nahme des Pentateuchs durch die Samaritaner gegeben. 


Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 23 


Intriguen beim persischen Hofe ihre Absicht zu erreichen. Sie 
dingten sich vor allem für ihre Anklagen Wortführer am Hofe 
des Grofskönigs. Diese mulsten die Arbeiten am Tempel als 
weit über das erlaubte Mafls hinausgehend und darum als 
staatsgefährlich denunzieren. Auf diese Anklagen folgten, wie 
heute noch im Orient, langwierige Untersuchungen und zeit- 
weilige Einstellung der Bauarbeiten. Dann wurden Versuche 
zur Weiterführung derselben unternommen. Diese riefen wieder 
neue Anklagen, Untersuchungen und Einsprüche hervor. So 
konnte denn bald von einer eigentlichen regelrechten Bautätigkeit 
am Tempel keine Rede mehr sein (Esr 4, 5), wenn schon es 
möglich war, dann und wann kleinere Wiederherstellungs- 
arbeiten vorzunehmen und zu vollenden (Esr 5, 16). Jene In- 
triguen dauerten fort bis zum Tode des Kyros im Jahre 
530 v. Chr. „und bis zur Regierung des Darjawes, Königs von 
Persien“ (Esr 4, 5), d. i. des Kambyses 1. 


ı Daraus, dafs der Autor von Esr 4,5 zwischen Kyros und Darjawes 
keinen andern Königsnamen mehr aufführt, geht deutlich hervor, dals er 
in Darjawes den unmittelbaren Nachfolger des Kyros sah. Der Redaktor 
aber, welcher aus zwei schon vorhandenen Schriften die Verse Esr 4, 6 und 
4, 7—23 zwischen die beiden Verse 4,5 und 4, 24 eingefügt hat, scheint 
gleichfalls der Ansicht gewesen zu sein, dals die in 4, 6 und in 4, 7—23 ge- 
nannten Könige Ahasweros und Artahsasta nicht allein unter sich, sondern 
auch mit dem in 4,5 und 4, 24 genannten Darjawes identisch seien; denn 
sonst hätte er nicht die ursprünglich aufs engste miteinander verknüpften 
Verse 4,5 und 4,24 durch seinen Einschub auseinanderreilsen können. 
Wenn Howorth in den Proceedings of Society of Biblical Archaeology 
XXIV (1902) 17 es für unwahrscheinlich erklärt, dals ein so grolser 
Herrscher wie Kambyses, der in der ganzen alten Welt unter diesem 
Namen bekannt gewesen sei, dazu noch den Namen Artaxerxes getragen 
habe, so übersieht er die Möglichkeit einer Doppelbenennung. Eine solche 
wird aber durch die Behistuninschrift I43 (Bezold, Die Achämeniden- 
inschriften, 1882) ausdrücklich bezeugt. Ebenso trug Xerxes I. den Namen 
Kyros, Dareios Il. Nothos hiels auch Ochos, Artaxerxes II. hiels früher 
Arsakes, Ochos nannte sich Artaxerxes IlI., Arses nannte sich vorher 
Arogos und Dareios III. früher Kodomannos. Auch von des Kyros Vater 
Kambyses ist bei Nikolaos von Damask ein zweiter Name Atradatas über- 
liefert. Dieser soll allerdings nach Bauers Vermutung (Marquart, Die 
Assyriaka des Ktesias, in Philol. Suppl. VI 603 629) von Ktesias aus dem 
Namen des Herodotischen Rinderhirten Mitradates umgestaltet worden 
sein; allein Gründe lassen sich hierfür nicht anführen. Zudem ist eine 


24 Rie/[sler, Über Nehemias und Esdras. 


Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs die Juden den durch 
den Tod des Kyros veranlalsten Regierungswechsel (Esr 4, 6- 
„im Anfang seiner Regierung“, zum Ausbau der Stadt- 
mauer benutzt haben, um so mehr, als sie sich dabei auf 
das frühere Wohlwollen des Kambyses berufen konnten. 
Allerdings waren die Stadtmauern schon im Jahre 538 
restauriert worden (Neh 6, 1. 15; 7, 1); doch scheint sich 
diese Wiederherstellung mehr auf den eigentlichen Mauerkern 
bezogen zu haben (Esr 4, 12), während man die Wiederauf- 
richtung der Armierungsbauten auf die Folgezeit verschob '. 
Diese Armierungsbauten bestanden nach Billerbeck 9 u. 27 
vornehmlich aus Zinnenbrustwehren mit Dächern oder aus 
Schuppen mit Schielsscharten und aus Balkons von Zimmer- 
werk mit daran gehängten Schildern? Zur endgültigen Fertig- 


Umbildung des häufiger vorkommenden Namens Mitradates in den seltenen 
Atradatas nicht sehr wahrscheinlich. Nehmen wir einmal probeweise an, 
der Vater des Kyros, Kambyses, hätte noch einen zweiten, Atradatas oder 
ähnlich lautenden Namen geführt, dann hätte nach der bekannten orien- 
talischen Namensregel der Enkel denselben Namen erbalten. Beim ersten 
Namen Kambyses trifft dies wirklich zu; dann sollte es auch beim zweiten 
Namen der Fall sein. Tatsächlich weisen nun die hebräischen Quellen 
mit den Namen Artah(sasta) und Darja(wes), ebenso Ktesias mit ’Aprai(os) 
auf einen Atra(datas) oder ähnlich lautenden Namen hin. Dieser Name 
hat in der Überlieferung unter dem Einflufs der Königsnamen Dareios 
und Artaxerxes eine verschiedene Gestaltung erhalten. Ja selbst die Form 
Artahsasta erlitt noch eine Abänderung in Ahasweros, wie ein Vergleich 
der LXX (’Aprafep£nc) mit dem MT (Biniene) beim Estherbuche zeigt. 

ı Daraus erklärt sich der von Bertholet unerträglich genannte 
Tempuswechsel der beiden letzten Verba des Verses Esr 4, 12. 

2 xx in Esr 4, 12 „die Armierungsbauten“ wie in Esr 5, 16; 6, 3; 
naNW in Esr 5,3.9 = assyr. asurru „Wand“ bedeutet die „Bedeckung oder 
Bedachung“ der Brustwehren, daher von LXX 3 Esr 6,4 richtig mit oteyn 
„Dach“ übersetzt. — Esr 4,12: „sie bauen die Stadt auf und die Mauern“, 
d. ı. den eigentlichen Mauerkern haben sie (schon) vollendet und die 
Armierungsbauten wollen sie (jetzt) aufrichten (b'n — „aufrichten‘“ oder 
besser „zusammenfügen“, im Arab. „nähen‘“); 13 „daher sei dem König 
kund, dafs sie, wenn diese Stadt aufgebaut und ihre Mauern vollendet 
sein werden...“ Hier bezieht sich die Vollendung der Mauern auf deren 
vollständige Armierung; somit liegt kein Widerspruch zwischen den 
Versen 12 und 13 vor. Wahrscheinlich 'hatte das Original an diesen 
beiden Stellen verschiedene Verha; tatsächlich ist dies auch bei der echten 
LXX der Fall: Oepanebeıv und ouvreieiv 3 Esr 2, 17. 18. 


Rie/sler, Über Nehemias und Esdras. 25 


stellung dieser Bauten schien damals der günstigste Augenblick 
gekommen zu sein. Zudem hatten die fortwährenden Feindselig- 
keiten der Samaritaner die Ausführung dringend wünschenswert 
gemacht. Aber eben diese Feinde waren durchaus nicht ge- 
willt, die Befestigung Jerusalems widerspruchslos geschehen 
zu lassen. Sie hatten durch einige von ihnen, welche der 
königlichen Verordnung gemäls (Esr 6, 9) nach Jerusalem für 
den Tempeldienst Salz zu liefern hatten (xyn5p ar no 
Esr 4, 14 = das Salz für den Tempel herstellen bzw. abliefern), 
Kunde von dem Unternehmen der Juden erhalten. Auf dies 
hin reichten sie sofort beim persischen Hofe eine Klagschrift 
ein (4, 6); das gleiche geschah von seiten der Beamten Sa- 
marias (4, 7), Darin klagten sie die Juden der unerlaubten 
Vornahme von Befestigungsbauten unter Hinweis auf deren 
Staatsgefährlichkeit an. Die Antwort des Grolskönigs lautete 
jedoch merkwürdigerweise nicht strikte verbietend, sondern 
verlangte nur die vorläufige Einstellung jener Bauten („bis 
von mir Befehl erteilt werden wird“ Esr 4, 21). Die will- 
kürliche Initiative der Juden mulste der König allerdings 
rügen, und er tat dies durch den Befehl zur Einstellung der 
Bauten; anderseits aber liels er doch durch jene Zeitbestimmung 
(4, 21) die Geneigtheit durchblicken, zur gelegenen Zeit die 
Erlaubnis zur Vollendung der Stadtmauer zu geben. Die 
Empfänger der königlichen Botschaft aber beschränkten sich 
nicht darauf, den Juden den Befehl des Königs bekannt zu 
geben (4, 21), sondern eilten persönlich nach Jerusalem, wo 
sie unter Anwendung von Gewalt die Juden zur Einstellung der 
Arbeiten zwangen (4, 23), und zwar nicht blols der Arbeiten an 
der Stadtmauer, sondern auch am Tempel. „Damals“, d. h. 
am Anfang der Regierung (4, 6) des Kambyses im Jahre 530, 
„wurde jegliche Arbeit am Tempel eingestellt und blieb ein- 
gestellt bis zum zweiten Jahre der Regierung des Darjawes“ 
(4, 24), d.i. Kambyses, im Jahre 528. In diesem Jahre traten 
die Propheten Aggäus und Zacharias zum zweitenmal auf 
und ermunterten die Juden zur Wiederaufnahme der Arbeiten 
am Tempel (Esr 5, 1.2), indem sie einen glücklichen Fortgang 


26 Rie[sler, Über Nehemias und Esdras. 


derselben verkündeten. Ein solcher trat auch in Bälde ein. 
Es hatte nämlich auf die Anfrage des persischen Statthalters 
Tattenai der König Kambyses, um den durch die verschie- 
denen Anklagen verdunkelten Sachverhalt wieder aufzuhellen, 
das Dekret des Kyros aufsuchen lassen. Dieses liefs er in 
einem Auszug dem Statthalter zur Orientierung mitteilen. 
Zugleich brachte er auch seinen eigenen früheren Erlafs, den 
er im Anschluls an das Dekret des Kyros gegeben hatte, 
wieder in Erinnerung (6, 8 Dye DW “SD Perf., nicht Präs., wie 
denn schon die LXX richtig xoi e&yw ... errerafa übersetzt 
hatte 3 Esr 6, 27; zum Inhalt des Erlasses s. 3 Esr 4, 52. 53). 
Jetzt konnten die Juden ungestört an die Weiterführung der 
Wiederherstellung des Tempels gehen „infolge der Erlasse 
des Kyros und des Darjawes, d.i. des Artahsasta* (Esr 6, 14). 
Ungefähr zwei Jahre später, „im 32. Jahr des Artahlasta® 
(Neh 13, 6), d. i. im Jahre 527 v. Chr., reiste Nehemias an 
den persischen Hof. Warum er dies getan hat, darüber gibt 
er selber keinen Aufschlufls, vielleicht aber die Notiz bei 
Josephus, Altertümer 11, 4, 9, nach welcher Zorobabel mit 
vier andern Männern, darunter Mardochaios-Mordekai (Esr 2, 2. 
Neh 7, 7) und Ananias = Nehemias’ Bruder Hanani, zum 
Könige reisten, um die Samaritaner wegen Störung des 
Tempelbaues und wegen Verweigerung der ihnen zum Besten 
des jüdischen Tempelkultus auferlegten Beisteuer (Esr 6, 8. 
3 Esr 6, 28) zu verklagen. Dies ist an sich nicht unwahr- 
scheinlich. Die Samaritaner werden gegen Ende des Tempel- 
baues jener Beisteuer sich entzogen haben mit dem Hinweis 
darauf, dafs mit der Vollendung des Tempels, den sie, in ihrem 
Interesse allerdings etwas verfrüht, für ausgebaut erklärten, 
auch ihre Pflicht zu weiteren Beiträgen in Wegfall komme. 
Die jüdische Abordnung empfing vom Grolskönig ein Schreiben 
an die beiden in Samaria weilenden persischen Beamten 
Tattenai und Setarbozenai (von Josephus in je zwei Personen 
zerlegt: Taganas und Sambabes, Sadrakes und Buedon). In dem- 
selben wurden die Beamten aufgefordert, für die regelmälsige 
Ablieferung der Beiträge für den Tempeldienst Sorge zu tragen. 


Rie[sler, Über Nehemias und Esdras. 27 


Während der Abwesenheit des Nehemias hatten sich 
verschiedene Mifsbräuche in die jüdische Gremeinde ein- 
geschlichen. Als er nach ungefähr einem Jahre zurückkehrte, 
mulste er vor allem an die Bekämpfung derselben denken. 
Er ging denn auch energisch gegen sie vor (die einzelnen 
Mifsbräuche s. bei Nikel, Die Wiederherstellung 219—221]). 
Unterdessen waren die Arbeiten am Tempel ihrer Voll- 
endung entgegengegangen. Am 3. Adar! (d. i. Februar-März) 
des Jahres 524 v. Chr. war der Tempel vollständig wieder- 
hergestellt. Nunmehr konnte an seine feierliche Einweihung 
gedacht werden. Diese wurde wahrscheinlich in Verbindung 
mit dem Passafeste in der Zeit um den 14. Nisan (d. i. Ende 
März) 524 aufs feierlichste vorgenommen (Esr 6, 16—22). 

In diese Zeit mag auch die Sammlung der heiligen 
Schriften durch Nehemias fallen (die Notiz in 2 Makk 2, 13 
anzuzweifeln, liegt kein Grund vor). Diese umfalsten Ta trepi 
twv Bacık&wv; das sind wohl die historischen Bücher Josue, 
Richter, Samuel und Könige; sodann T& Trepi TWV TTPOPNTWV, 
die Prophetenschriften; ferner t& roü Aauvid, die Psalmen, und 
endlich &moroXAäs Bacık&wv tepi avadendrwv — DOW “95m "BD. 
Die letzteren Worte scheinen auf irrtümlicher Lesung eines 
ursprünglichen 7b%Y u "Bo, womit die Proverbien und viel- 
leicht auch das Hohelied gemeint waren, zu beruhen. Ist dies 
richtig, dann hätte Nehemias den Grund zum atl Kanon 
gelegt. Dies würde auch die seltsame Tatsache, dals die Sa- 
maritaner bei ihrer Trennung von den Juden nur den Penta- 
teuch mitgenommen haben, zur Genüge aufklären. (Forts. folgt.) 


ı 3 Esr 7,5 und im Anschlufls daran Josephus, Altert. 11,4,7 „am 
23. Adar“‘, von Bertholet bevorzugt, weil „hier eher eine Zwanzig aus- 
gefallen als hinzugefügt ist“. 


Pasekstudien. 
Neues aus der Werkstätte der altjüdischen Philologie. 


Von Prof. Dr Hubert Grimme in Freiburg i. Schw. 


2. Überblick über die Pasek-Legarmeh in 1 Sm. 


Vorbemerkung. Von alten Bibelübersetzungen sind be- 
rücksichtigt: Septuaginta (= LXX, wo aber Cod. Vaticanus 
oder Alexandrinus für sich zitiert sind, mit dem Zusatz V., bzw. 
A.), Peschitta, Cod. Ambros., ed. Ceriani (= P), Targum des 
Jonathan (= T), Vulgata (= V); Sigle „Pas. a“ deutet an, 
dals die Variante des altjüdischen Emendators ein einzelnes 
Textwort in unmittelbarer Nähe von Pasek-Legarmeh betrifft, 
Sigle „Pas. b* aber, dafs eine Satzvariante zu suchen ist, die 
sich je nach der Stellung des Pasek-Legarmeh hinter dem 
ersten oder zweiten Worte eines Satzganzen (Pasük) auf dessen 
erste oder zweite Hälfte bezieht. Ein vor „Pas. b“ stehendes 
[:] soll andeuten, dals gegen die massorethische Überlieferung 
der Anfang eines Satzganzen anzunehmen sei. — Für die 
Überlieferung der Pasek-Legarmeh war die Ausgabe der 
Samuelbücher von Baer-Delitzsch (= H) malsgebend. 

1Sm 1,3 mow' ı oiw’o (Pas. a). Versionen wie H. Es 
ist aber zu vermuten, dals die Phrase 18% DB hier wie 
auch an verschiedenen andern Stellen der Bibel nachträglich 
eingeschoben sei und zwischengesetztes Pasek-Legarmeh auf 
eine solches konstatierende Randbemerkung geht. Erkennbar 
ist der Einschub noch in dem unserer Stelle fast unmittelbar 
vorhergehenden Passus Ide 21, 19: ı po» wa man mn 
ONNY25 NB3D WR 190), wo BD ı BED gegen alle Gram- 
matik den Relativsatz von seinem Regens trennt. Auch 


Grimme, Pasekstudien. 29 


3Chr 21,19 steht 8% ı oX%5' auf schwanken Fülsen; denn 
wenn nach dem folgenden Satze die Krankheit des Jehoram 
schon zu Ende des zweiten Jahres einen tödlichen Ausgang 
nahm, so kann von ihr nicht auch ausgesagt werden, sie habe 
Jahr für Jahr angedauert. Nach diesen Fällen offenkundigen 
Einschubs nehme ich sowohl obiges 1B'9: ı BD wie auch die 
gleiche Phrase jedesmal, wo sie mit Pasek-Legarmeh vor- 
kommt (Idc 11,40. 1 Sm 2, 19), als unechten Textbestandteil. 
Damit fällt das beliebteste Beispiel der Grammatiken, an dem 
der Gebrauch des Pasek als „Trenner“ von zwei gleichen, auf- 
einanderfolgenden Wörtern vorgeführt wird. — Der Abstrich 
des '' ı 'd an unserer Stelle verwischt übrigens nicht den be- 
zeichnenden Zug der Erzählung, dals Elkana alljährlich nach 
Silo wallfahrtete; denn an den darauf weisenden Ausdrücken 
in V. 7 und 21 ist nichts zu ändern. 

1,11 3y2 ı man TRYOR [:] (Pas. b). Ich lasse Pasek-Le- 
garmeh auf den späteren Satz TNDN"nX nadin"n9) Bezug nehmen, 
dessen 'N’s5 dasselbe besagt wie vorhergehendes 3N"3t, während 
no8 in dreifacher Wiederholung innerhalb eines einzigen 
Vordersatzes kaum erträglich ist. Diesen Satz, den LXX gar . 
nicht wiedergibt, mag der Emendator am Rande als ent- 
behrlich bezeichnet haben. 

2,15 a7 Wa ı 821 (Pas. a). Versionen wie H. Es sind 
aber Anzeichen dafür vorhanden, dals 93 späterer Einschub 
ist, indem nicht der Priesterdiener, sondern der Priester (Hofnı 
wie auch Pinhas) selbst die Opferregel gestört haben wird. 
So lasen LXX und P statt folgendem NP ein MPN (vgl. auch 
V.16 ‘nnp»), und die Schuld der Söhne Elis wird nur dann 
recht einleuchtend, wenn sie selbst, nicht aber ihre Diener die 
Opfernden betrogen haben. Da sie nun V.17 DWy) „junge 
Leute“ genannt sind, so lag eine Glosse 3 = } sehr nahe, 
die in einem späteren Exemplare an obiger Stelle (und wohl 
auch in V.13) in den Text eindrang, vom Emendator aber 
zurückgewiesen sein mag. 

2,16 9 ı wo (Pas. a). Nach Kere, LXX, T, V ist »5 
die richtigere Schreibung; die Variante wird nichts anderes 


30 Grimme, Pasekstudien. 


besagt haben, zumal auch Job 5,4 89 (= 5) mit vorhergehendem 
Pasek-Legarmeh angemerkt ist. 

2,19 sww' ı Dw’o (Pas. a). Pasek-Legarmeh konstatiert 
den Einschub dieser beiden Worte; die Begründung siehe 
unter 1, 3. 

3,9 2»Wı 75 (Pas. a). LXX (V.) avaotpepe, xadeude, 
texvov. Danach könnte der Emendator ein “3 reklamiert 
haben, das aber hinter 75 einzuschieben wäre. 

3,10 In ı Inn (Pas. a). Beide Worte fehlen in LXX 
(V.). Ihr Ursprung scheint mir mit der falschen Auffassung 
von DYDA’DyB> zusammenzuhängen, als hielse es — wie auch 
P will — „zweimal“, wobei die Erwähnung des Gerufenen 
nicht gut zu entbehren wäre. Klostermann streicht die Phrase. 
Der Emendator scheint ihren Unwert erkannt zu haben. 

4, 181 9I8°N8 ı MORD m [1] (Pas. b). Pasek -Legarmelı 
zielt wohl auf die Annullierung des Schluissatzes "NN BBW/ Km 
me D'YanR O8", der die fortlaufende Erzählung V. 18ff aus- 
einanderreilst. Die Variante der LXX „20 Jahre“ mag ein 
Hinweis dafür sein, dals er ursprünglich eine schlecht ge- 
schriebene Glosse darstellte. Auch Nowack wendet gegen die 
Stelle ein, dals Elı sonst immer als Priester, nicht als Richter 
bezeichnet werde. 

4,18? \yen 191792 (Pas. a). LXX (exönevos tr trüäng) 
und V (iuxta ostium) zeigen, dafs H zuviel bietet. Von den 
verschiedenen Möglichkeiten einer Korrektur, die uns das Pasek 
erklären kann, möchte ich zur Zeit die bevorzugen, ' zu 
streichen, so dals zu übersetzen wäre: „er fiel vom Stuhle hinter- 
rücks ın das (offene) Tor“; so vermutungsweise auch Driver. 
Das T wäre dann Reminiszenz an das 7° bzw. T' von V.13. 

5,4 mes ı ne (Pas. a). An der Stelle des Striches 
hat LXX die Satzerweiterung ta Ixvn xeıpWwv (alia exempl. 
TWv nodwyv) auUTOD Apnpnueva Emi Ta Eumpocdıa Auaped xal 
aupöTtepoı, die man bisher gern als klassisches Beispiel der 
Doppelübersetzung eines einzigen hebräischen Satzes anführt. 
Doch kann ich eine solche hier nicht zugestehen. Nach dem 
Winke von Pasek-Legarmeh ist an dieser Stelle der Text nicht 


Grimme, Pasekstudien. 3l 


in Ordnung; haben wir in LXX das bedeutsame Plus, so dürfen 
wir es auch mit jenem Winke des Emendators in Verbindung 
bringen und für den ganzen Passus der LXX. eine hebräische 
Vorlage vermuten. Ich möchte die Lesart ixvn rwv nodWv 
bevorzugen; da Dagon nicht sowohl „Fischgott* als vielmehr 
Getreidegott bedeutet (vgl. Fr. Hrozny, Sumerisch-bab. 
Mythen von dem Gotte Ninrag 104), so kann die Erwähnung der 
Fülse seines Standbildes nicht auffallen. Das duaptd nehme 
ich als späteren, falschen Einschub, der eigentlich neben 
np68upov = }NBHn stehen sollte; was letzteres von den &u- 
np6c#ıa unterscheidet, lälst sich bei unserer geringen Kenntnis 
der altsemitischen Tempeleinrichtungen nicht ausmachen. 

5, 91 1307 ı Ans Yvı [] (Pas.b). LXX gibt den Versschlufs 
pboy or yınlan in bedeutend längerer Fassung: xai Ertütakev 
autoug eis Tag Edpas' kai Erroingav ol Tedaioı &auroig Edpag; 
V schiebt sogar noch zwischen diese beiden Sätze ein: „Inierunt- 
que (Gethaei) consilium“; das spricht dafür, dafs auch der 
Emendator den Satz um einiges länger gelesen habe. Ich ver- 
misse vor NY" „und es brachen auf“ die Erwähnung, dals 
den Leuten überhaupt Pestbeulen wuchsen, und halte, bes. 
mit Rücksicht auf das D’By3 ,. 1 von V. 6, folgendes für die 
ursprüngliche Fassung: DYsy3 MITyı jepp Tym WARTNK "MM 
:D75 nm. 

5, 92 na mein ya ı man rm (Pas. a). Versionen wie 
H. Schon öfter hat man Anstols an der seltsamen Ausdrucks- 
weise „die Hand Jahwes wurde zum Schrecken“ genommen, 
so dafs Klostermann wie auch Nowack sich für Streichung 
von Mn”T erklären. Aber sollte nicht in YY3 der Fehler 
stecken, indem es eine verderbte Form von y’Yy darstellt, 
etwa 'yD „erregend* oder Y'yı1 „er erregte“, scl. Mi‘ (ohne 
7 sın)? Dann berührten sich auch nicht zwei Tyrr „Stadt“ 
so auffällig nahe Die Variante des Emendators könnte 
einer dieser beiden Korrekturen entsprochen haben. 

6,8 ws amm 99 ınKı (Pas. a). Die Versionen geben 
den Text von H, aulser dafs LXX "Ws unübersetzt lälst. Aber 
ich vermute, dals der Emendator an Antn ‘> M® Anstols 


32 Grimme, Pasekstudien. 


nahm. Denn 3 ist in jedem Falle ein Gefäls bzw. 
bauchiger Gegenstand; selbst die T%"93 werden speziell 
die mit Resonanzboden versehenen Instrumente sein, und der 
a2 x) ist der Schildträger, nicht der Träger der Hieb- 
oder Schulswaffen. In diesem Sinne können die goldenen 
Mäuse der Philister nicht wohl 2% genannt worden sein. 

6, 15 mens ı man pnbm [:]) (Pas. b). Gröfsere Satz- 
abweichungen zur zweiten Hälfte dieses Verses sind in den 
Versionen nicht überliefert. Aber während ihn Wellhausen 
wegen der Erwähnung der Leviten für eingeschoben erklärt, 
möchte ich aus einer andern Erwägung wenigstens seine zweite 
Hälfte beanstanden. Es heilst hier von den Bewohnern Beth- 
$emes, sie hätten „Brandopfer dargebracht und Schlachtopfer 
an jenem ‘Tage zu Ehren Jahwes geschlachtet“. Nun hatten 
sie aber nach V.14 schon das Ihrige getan, um die Lade zu 
ehren: „Sie spalteten das Holz des Wagens und brachten die 
Kühe Jahwe dar als ein Brandopfer“: der Zweck eines noch- 
maligen Opfers läfst sich schwer erkennen. — Auch gegen 
die Echtheit von N117 5112 ist einzuwenden, dafs es sogleich 
in V. 16 wiederkehrt. Da ich bisher noch keine Beweis- 
stelle dafür besitze, dals der Emendator jemals mit Pasek- 
Legarmeh auf Abrogierung eines ganzen Verses gezielt habe, 
so kann ich auch hier nur zugeben, dals er auf Unechtheit 
eines Teiles von V. 15 habe aufmerksam machen wollen. 

6,18 nayıan ax ı 91 (Pas. a). LXX. xai &wg Aidou ToÜ 
neyakou; T .. N338 s.. Sicher berichtigte die Variante SAN 
zu }2871. — Dals 31 falsch vokalisiert ist, liegt auf der Hand; 
doch möchte ich elıer mit Driver "91 als mit Thenius 9 
schreiben: denn ein Stein, der mit einem Vorgange nur in 
zufälligem Zusammenhange steht, ist nicht den Zeugnissteinen, 
wie sie z. B. Gn 31, 51, Jos 24, 27 erwähnt werden, gleichzu- 
setzen. Dem Emendator, der nur einen konsonantisch ge- 
schriebenen Text vor sich hatte, lag jedoch jede Absicht fern, 
auch hierüber zu entscheiden. 

7,1NnmPı WAR IN2N [:] (Pas. b). Die Versionen stimmen 
zu H; da Pasek-Jıegarmeh auf den zweiten Versteil deutet, s0 


Grimme, Pasekstudien. | 33 


ist vielleicht am Schlulssatz „und sie weihten seinen Sohn 
Eleazar zum Hüter der Lade Jahwes“ etwas beanstandet 
worden. Galt das Bedenken vielleicht dem Namen Eleazar? 
In der Erzählung von der Überführung der Lade nach Jeru- 
salem (2Sm 6, 1ff) werden als Söhne Abinadabs “Uzza und 
Achjö genannt. Wäre Eleazar der Priester der Lade gewesen, 
so hätte auch er erwähnt werden müssen. Eine Möglichkeit, 
diesen Widerstreit zu lösen, wäre die, in \n8 (2 Sm 6, 3) 
nicht den Namen Achjö, sondern die Suffixform YnN „sein 
Bruder“ zu sehen, und mit diesem Bruder 'Uzzas den Eleazar 
zu identifizieren. 

7,6 mm wp5 ı SD (Pas.a). LXX las hinter MM noch 
MIN „zur Erde“; der Emendator könnte mit Pasek-Legarmeh 
dieses Wort für die Stelle zwischen '%% und “65 reklamiert 
"haben. 

7,10 »ySıp2 ı vr oyan [;] (Pas.b). LXX (A.) läfst den 
ganzen Versschluls Ix\%* WB) 1833 DEM unübersetzt. Das 
scheint mir eine Textverbesserung zu bedeuten; denn man be- 
greift wohl, wie ein plötzlicher Donner die auf Jahwes Hilfe 
gespannten Israeliten zum Angriffe ermutigte, nicht aber, wie 
er Verwirrung und Niederlage bei den heranrückenden Phi- 
listern erregen konnte. Diese bessere Lesart wird wohl auch 
in der Variante ihren Ausdruck gefunden haben. 

7,14 51) ı bunte nn (Pas. a). LXX nap& tWwv ulüv 
’lopanı xai amedwkav auräs tu ’lopanı. Das Plus, welches 
LXX an der von Pasek-Legarmeh bezeichneten Stelle des H 
gibt, könnte hebräisch etwa 72379 gelautet und vorhergehendes 
22m hierneben die Stelle eines Hilfsverbs eingenommen 
haben („sie hingen wieder an“). Für die Güte der Lesart 
von LXX. spricht auch, dafs ohne sie der durch den Relatır- 
satz unterbrochene Hauptsatz einen störenden, weil zu kurzen 
Abschlufs zeigt. Ich glaube diese bessere Lesart auch in der 
Variante vermuten zu dürfen. 

9,9 ana 5893 ı onD5 : (Pas. b). Der Vers hat bereits 
verschiedene Anfechtungen erfahren. Zunächst reklamiert man 


ihn für den Schluls von V.11, dessen 181 er erklären solle. 
Biblische Zeitschrift. II. 1. 3 


34 Grimme, Pasekstudien. 


Weiter nimmt man ihn auch an dieser Stelle als späteren 
Zusatz. Auch Pasek-Legarmeh könnte auf eine ähnliche Er- 
wägung hin gesetzt worden sein. Oder soll es auf die Ver- 
besserung der verrenkten Konstruktion NNP' DVI 81235 ‘2 hin- 
zielen, wofür LXX ungleich gewandter liest: örı Töv rpopnnv 
eiakcı 6 Aadc? 

9,10 991 393 ı 25 (Pas. a). Versionen wie H. Wäre es 
nicht eine fast zu geringfügige Textveränderung, so möchte 
ich als Variante ein 553 139 vermuten, was der Mehrheit 
der Wandernden besser entspricht, auch an V. 9 sein Ana- 
logon hat. 

9,12 any ı and T3B5 ur (Pas. a). LXX idov kard rp60- 
wrov üuWwv: vöv. Danach könnte die Randglosse zunächst 
das schon von Wellhausen konjizierte D>P5 enthalten haben; 
weiter aber wohl noch ein (8)\1, das in “(D) stecken wird. 
Sinn: „Seht, da ist er gerade vor euch“. 

9,16 mB ıny3 : (Pas.b). Nach LXX und T ist im vor- 
letzten Sätzchen DY"NR \MN ‘3 zu lesen DJ YY°NN (wie Ex 3, 7). 
Doch zweifle ich, ob die Variante, die, nach der Stellung von 
Pasek-Legarmeh zu schlielsen, einen Satz betraf, nur dieses 
eine Wort enthielt. Als stilistische Unebenheiten empfinde 
ich ebensosehr das dreimal wiederholte wy wie die Auf- 
einanderfolge der beiden kleinen mit ‘I eingeleiteten Schlufs- 
sätzee, und fühle mich versucht, dem Emendator die 
Anmerkung unterzuschieben, das der erstere von ihnen über- 
flüssig sei. 

9,241 Yin nDy ı pay moym (Pas. a). LXX. xai napeönkev 
auınv Evwmov ZaouA. Daraus entnehme ich — statt mit Geiger 
(Urschrift 380) an 91 „den Feettschwanz“ oder mit Kloster- 
mann an 1'937 „die Niere“ zu denken —, dals DW Glosse zu 
dem als mby" „er hob (aus der Schüssel) heraus“ zu rekon- 
struierenden 1'5y71 sei, und lasse ebenso die Variante gelautet 
haben. 

9,242 np Dyrm "ond ı Tom (Pas. a). Die meisten 
neueren Erklärer finden an den dem Pasek-Legarmeh vorher- 
‚gehenden und nachfolgenden Worten etwas zu ändern (vgl. 


Grimme, Pasekstudien. 35 


z. B. die Satzauffassung von Nowack: DYR1pr1 Dy Sand 75 Yan). 
Wer aber den Wink von Pasek-Legarmeh versteht, wird seine 
Emendation auf das eine Wort "D85 beschränken. An seiner 
Stelle bietet LXX apa, las also wohl \8Y oder “NND. Setzt 
man dieses in H ein und tilgt noch das 7 vor DY in Anbe- 
tracht des ’ hinter YIND, so ist damit wohl alles Notwendige 
für unsere Stelle getan, die nun ausdrückt: „denn gerade für 
diesen Zeitpunkt ist es dir aufbewahrt hinter den Leuten 
her, die ich eingeladen hatte“, d. h. nachdem die Eingeladenen 
schon ihre Portion bekommen haben. — Auffälligerweise gibt 
P die Worte p 'n oxb gar nicht wieder; man könnte darauf 
den Schluls bauen, dals sie ursprünglich nicht im Texte ge- 
standen hätten. Aber unser Pasek unterstützt diese Hypothese 
nicht; denn um drei Worte zu abrogieren, hätte der Emen- 
dator es wohl zu Anfang des Satzganzen, also hinter "O8" 
setzen müssen. 

10, 3 omı mob) ı wa IX (Pas. a). Versionen wie H. Ich 
beanstande bw; denn der Wallfahrer, der drei Böckchen 
auf einmal trägt, scheint mir schon an und für sich, wie auch 
im Vergleich mit seinen Reisegefährten, die nur drei Brot- 
laibe und einen Weinschlauch mit sich führen, übermälsig be- 
lastet zu sein. Es dürfte, besonders nach Pasek-Legarmeh 
zu schliefsen, 95% nur ein späterer Ableger der vorher- 
gehenden und nachfolgenden Dreizahl sein, weiter in DW 
älteres 11% stecken. 

10,18 I8%% SSd8 ı MONN : (Pas. b). Im Verlaufe des 
Verses bietet LXX statt TO) psD TOD die Lesung: &x xeıpög 
Gapaw Bacıkews Aiyuntou kai &x. Setzt man dessen Rück- 
übersetzung in den hebr. Text ein, so rundet sich der von 
Samuel vorgetragene Gottesspruch zu folgender gut metrischen 
Form (von 5+5-+5 Hebungen) ab: 

pyason DENK \NYdy DIN 
erasb Ton myRB Tb DInK Jun) 
: DanK Drand * mabonron 
Nach dieser Richtung hin wird wohl auch der Vorschlag des 


Emendators gehalten gewesen sein. 
3*+ 


36 Grimme, Pasekstudien. 


11,7 web ı panda T2 (Pas.a). LXX (A.) zeigt hinter 
ayyreAwv noch ein aurwv, worin ich den Rest von älterem ne- 
pidag abrwv „ihre Stücke* erblicke, ein Objekt, das man hier 
nur ungern entbehrt: So mag auch Pasek der Hinzufügung 
von Anm) gegolten haben. 

12,2 orına ı yon min nnypı : (Pas.a). In P findet sich 
kein dem >r1Nd entsprechender Ausdruck. Auf diese um 'nD 
erleichterte Fassung des Satzes scheint auch die Paseksetzung 
zu zielen. 

12,3 nnp5 w ı mWns [:] (Pas. b). Dals das am Ende 
der ersten Vershälfte stehende Textstück 13 ‘sy DSyN auf 
2 99 D5y3 (vgl. LXX und den hebräischen Jesus Sirach 46, 19) 
zurückgehe, wird jetzt allgemein angenommen; die Setzung von 
Pasek spricht dafür, dals schon der Emendator die gleiche 
Stelle korrigiert habe. 

12, 21 ınnn uns ı a» mon 851 : (Pas. a). Da die Versionen 
auf ‘3 keinen Bezug nehmen, so liegt der Verdacht einer Text- 
entstellung in der Nähe dieses Wortes vor. Klostermann 
schlielst von rnapaßjte der LXX auf älteres Y8yN, das 
wiederum auf }7239N zurückginge. Diese Konjektur lälst sich 
durch das ınbpn x51 des Targums stützen, ebenso die weitere 
Vermutung Klostermanns, dals INT aus einstigem HAYıNT ent- 
standen sei, durch 829 }U87 KMiye des Targums. Merkwürdig 
bleibt nur, dals das Targum den Versanfang durch ein &91 
nanbb AnaD peon, d. i. das schon in V. 20 gebrauchte "8 
MIT MSD INMDN, erweitert; könnte man deshalb nicht an- 
nehmen, dieser Satz sei in V. 20 unecht, in V. 21 aber an 
seinem rechten Platze? Auf alle Fälle betraf die Variante 
des Emendators etwas von diesen kritischen Erwägungen. 

12, 24 MAMAS ISY I 78 : (Pas. b), Im weiteren Verlaufe 
des Verses fügt P hinter 03229 noch ein: „und mit eurer 
Secle* und ersetzt ‘3 durch 1; LXX aber bietet für 18” ein 
idee. So lielse sich denken, dafs Pasek-Legarmeh auf die 
Satzvariante DNINM D3WBI"532 (03235) hindeute. 

13, 5 onbmb ı 1pons DinWbD1 : (Pas. b). Im Versschlusse 
weichen H, LXX und P voneinander ab, vgl. H: 8 n3 np, 


Grimme, Pasekstudien. 37 


LXX: &£ &vavrias BudwpWv (= I N) xata vörou, P: „östlich 
von Beth’el“. Die Wahl des Richtigen ist hier schwer, da alle 
drei genannten Orte unweit von Mikmas liegen. Man könnte 
dem Emendator endlich auch noch die Absicht zuschieben, 
diese ganze Ortsbestimmung für Glosse zu erklären; denn wo 
so viele unter sich abweichende Lesarten vorkommen, mag die 
Urlesart eine schlecht geschriebene Glosse gewesen sein. 

13, 8 pw nyaed ı Srm : (Pas. a). LXX xai dıelınev. „ 
was, wie Klostermann erkannt hat, auf Jr" „er war mülsig“ 
zurückgeht. Das Ker& Ir" scheint nur Notbehelf; die Variante 
ist wohl ersterer Korrektur entsprechend anzusetzen. 

14, 3 mm ı {2 ya OMB7]3 ı NOIR IN DIENN“3 AIR): 
Die Versionen entsprechen H. Der ganze Satz von mriK®\ bis NDN 
trägt den Charakter einer Glosse an sich. Er ist überflüssig, 
da dort, wo Achija in Tätigkeit tritt (V. 18), noch einmal ge- 
sagt wird, dals gerade er das Ephod trug; weiter unterbricht 
er den Fluls der Erzählung, deren Held Jonathan ist, und zu- 
dem hat die ganze Ahnenkette des Achija für die Zwecke des 
Berichterstatters nicht die geringste Bedeutung. Könnte da das 
doppelte Pasek-Legarmeh nicht den Zweck verfolgen, diesen 
längeren Satz zu abrogieren? Zwar erwartet man Satzvarianten 
durch Pasek-Legarmeh zu Beginn des Verses bezeichnet zu 
sehen; aber alles, was wir bisher als Satzvariante glaubten 
bezeichnen zu sollen, war ungleich kürzer als der obige Satz. So 
darf man vielleicht schliefsen: Zur Bezeichnung von besonders 
langen Satzvarianten kann Doppelpasek angewendet werden. 

14, 6 93 NW ı YSTON. Ohne zu entscheiden, ob Pas. a 
oder Pas. b vorliege, und an welche Variante gedacht werden 
könne, will ich nur hervorheben, dafs der Anfang von Jonathans 
Rede: „Komm, lals uns hinübergehen zu dem Posten jener 
Unbeschnittenen“ recht überflüssig steht, nachdem V. 1 die- 
selben Worte schon einmal gebracht hat. Es genügte voll- 
kommen, dals Jonathan mit den Worten: „Vielleicht wird 
Jahwe uns helfen usw.* seinen Knappen für ein bevorstehen- 
des Wagnis ermutigte und erst, nachdem dieser sich dazu bereit 
erklärt hat, in V. 8 den ganzen Plan entwickelte. 


38 Grimme, Pasekstudien. 


14, 12 8W3°NN1 ı JNINS. Versionen wie H. Welche Be- 
wandtnis es an dieser Stelle mit Pasek-Legarmeh hat, kann 
ich nicht entscheiden. 

14, 36 Sy ı Da 1391 79%) ı oinw/bp WS. Versionen wie H. 
Das doppelt gesetzte Pasek-Legarmeh könnte hier (wie 14, 3) 
auf die Abrogierung eines über das Mals eines gewöhnlichen 
Einschubes hinausgehenden Satzes gehen. Als solchen kann 
man hier annehmen: par YN”y Dora 29 55, an dessen 
23 schon Wellhausen, Klostermann, Budde u. a. Anstols ge- 
nommen haben. Wenn zudem 15°5 echt wäre, so würde wohl 
Sauls Frage an das Ephod (V. 37) den besonders wichtigen 
Umstand eines Nachtangrifies hervorgehoben haben. 

14, 45 mo‘ ı ja. Vermutlich Pas. a, das mit Bezug auf 
eine auch von LXX vertretene Variante DYr1 (statt UT) ein- 
gesetzt sein wird. 

14, 47 Yoyaa31 ı 28103 Pa°532 ı 230 ondn [;). Das erste 
Pasek-Legarmeh nehme ich als Hinweis auf eine Satzvariante 
im letzten Versteile. Eine solche zeigen LXX und P, die 
beide 533 unübersetzt lassen und statt 91 offenbar yYR in 
ihrer Vorlage hatten (vgl. &owZero bzw. hewä zäk&-wä); auch 
der Anfang von V. 48 5ın wyN wird am besten noch diesem 
Prädikate angeschlossen. Das zweite Pasek-Legarmeh könnte auf 
eine Wortvariante hindeuten. Zwar fehlt uns eine solche für 
das vorhergehende und folgende Wort; aber vielleicht hat der 
Emendator dem in LXX. erhaltenen Zusatze xai eis Baıdaınwup 
(Luc. Baıbpowßı) seine Stelle zwischen Moab und Ammon zu- 
gedacht. Dann könnte aber kaum auf AnYN3 als hebräische 
Urform dieser Worte geschlossen werden, da dieses von den 
genannten beiden Gebieten zu weit abliegt. 

16, 5 nad mb ı non : (Pas. b). LXX. bietet für DNKZ 
ma2 NN die ungleich passendere Wendung xai eüppavente 
HET E&uoü ONnepov = DW 'NN DNTDW, was man wohl auch als 
Wortlaut der Variante vorauszusetzen hat. 

16, 7 ost sm WR 8b ı ‘> [:] (Pas. b). Dieser Anfang 
gilt schon allgemein als verderbt und wird mit Hilfe des Text- 
überschusses von LXX Ws EußAtweran dvöpwrrog ohne Zweifel 


Grimme, Pasekstudien. 39 


richtig zu DWÖNT IRV DIN SIRT WND 85 © ergänzt. Die 
Bemerkung des Emendators wird kaum etwas anderes besagt 
haben. 

17, 13 wa ned ı oe [:] (Pas. b). Der Vers gehört zu 
dem grolsen Textstücke, das LXX (V.) nicht kennt. Aber 
es ist nicht daran zu denken, dals unser Pasek-Legarmeh irgend 
etwas mit der Konstatierung der Unechtheit dieses Passus 
oder auch nur der von V. 13 zu tun habe. Nach meiner für 
Pas. b aufgestellten Regel kann auf obiges Pasek hin nur ein 
kleinerer Satz im ersten Teile des mit DWi beginnenden Satz- 
ganzen beanstandet werden. Dieser ist vermutlich der Passus 
monboa br wein 33 muy, den auch P! nicht kennt. 

17,23 a8 ı 8iM :: (Pas. b). Nicht auf Änderung des zwar 
dunklen, aber durch V. 4 gestützten Ausdruckes DPYAT WR noch 
des vom Kerö beanstandeten MNYDD wird Satzpasek hier ab- 
zielen, sondern auf Entfernung von Mb DV wen nY93, einer 
auffälligen und wegen des Zusammentreffens von MID mit NYDH 
steif wirkenden Parenthese, die etwas schon in V.4 Gesagtes 
wiederholt. 

17, 251 Inner Wh ı NDR: (Pas. b). Im Verlaufe der ersten 
Satzhälfte wirkt das doppelt gesetzte 19y(1) stilistisch unschön; 
nun zeigt P, dals ihre Vorlage zwischen W'YnT und 17 nichts 
las. Auf diese kürzere Fassung wird wohl der Emendator 
aufmerksam gemacht haben. 

17, 252 19y ı bon? (Pas. a?). Eine abweichende Lesart 
oder eine Vermutung, die zugleich eine Textverbesserung be- 
deutet, kann ich nicht beibringen. 

17, 40 branio ı puanphrı Won (Pas. a). LXX (A.) gibt 
die Stelle ‘385 durch Aidoug wieder, fand also in ihrer Vor- 
lage nur eines der beiden Wörter vor. Da auch Is 57, 6 'phn 
in der Bedeutung „glatte Steine“ vorkommt, möchte ich auf 
önsro"pan als Urlesart schlielsen (zu der Stat. constr.-Form vor 
präpositionaler Ergänzung vgl. Gesenius-Kautzsch, Gramm. 


ı P liest statt no: Semaihön „ihre Namen (sind)“. 
2 In Letteris’ Bibelausgabe steht ein weiteres Pasek vor pn. 


40 Grinime, Pasekstudien. 


8 130, 1) und demgemäls auch die Randvariante wieder- 
herstellen. 

18, 101 SWR ı 197 ı Dymo m (Pas. a). Versionen wie H. 
Aber der Ausdruck 719% '8 m widerspricht der Grammatik; 
um Attribut zum Stat. constr. MM zu sein, mülste 9 den 
Artikel vor sich haben. So wird wohl 19% Zusatz aus der 
Feder eines Schreibers sein, der Anstols daran nahm, dals die 
schlimme Tat Sauls auf Inspiration seitens Gottes zurück- 
geführt wurde Nowack, der schon 191 aus dem Urtexte ver- 
weist, lälst beide Pasek-Legarmeh auf 9 Bezug haben. 
Das widerspricht jedoch der üblichen Praxis, nach welcher 
jede kleinere Variante nur mit einem einzigen Pasek an- 
gemerkt wird. Man wird daher nur das zweite Pasek- 
Legarmeh auf Abrogierung von 719 beziehen, das erste aber 
. auf eine weitere Anmerkung, dals mM (vgl. 19, 9) statt DYTIR 
zu lesen sei. 

18, 102 0112 ı DVD (Pas. a). Versionen wie H. Da aber in 
der Parallelstelle 19, 9 die Worte '2 ' ausgelassen sind, so 
läfst sich mit Grund vermuten, der Emendator habe sie auch 
hier entfernen wollen. Zu den drei in V. 10 mit Pasek- 
Legarmeh angemerkten Textfehlern stelle ich noch einen 
vierten, Y7'2, wofür die Vorlage von P richtiger Y13 „vor 
ihm“ las. 

18, 27 87 ı pn m7 op. Ich habe nach meinen Regeln 
kein Recht, dieses Pasek-Legarmeh auf etwas anderes als eine 
Variante zu den es umgebenden Wörtern zu beziehen; eine 
solche ist aber nicht überliefert. Zu vermuten wäre allenfalls, 
dals WIN) 01T vom Emendator als Zusatz bezeichnet worden 
sei; wenn David einen Kriegszug macht, sind seine Genossen 
auch ohne besondere Nennung miteingeschlossen, 

18, 30 DANS 78 ı vn [:] (Pas. b).,. Da im Kriege nicht so 
sehr die Klugheit wie der Erfolg den Ruhm schafft, so wird 
hier wohl der Lesart m5s77 von T und P vor dem 53% von H 
der Vorzug zu geben sein. Ich stelle dahin, ob diese Lesart 
als Satzvariante im Sinne des Emendators gelten könne. 

19,9 ya ı mm nm (Pas. a). Hierzu vgl. das zu 18, 10 


Grimme, Pasekstudien. 41 


Gesagte. Man beachte den formalen, nicht wesentlichen Unter- 
schied, dals das auf 9% bezügliche Pasek-Legarmeh an jener 
Stelle ihm nachfolgte, an dieser aber vorhergeht. 

20, 1 Jam WE) ı NDNN 831 (Pas. a). LXX vertritt eine 
bessere Wortverteilung, indem sie "DON" hinter 'm 'D5 setzt. 
Die Stellung von Pasek-Legarmeh macht wahrscheinlich, dafs 
der Emendator ebendasselbe für nötig hielt. 

20, 9 YTros8 ı 9 [:] (Pas. b). Im Verlaufe des Satzes 
weichen P und LXX in bemerkenswerter Weise von H ab: 
erstere lälst nk 5 unübersetzt, letztere fügt hinter N8 
(als AN8 „du“ genommen) noch TY2 ein, wenn anders nicht 
Ty2 das NS ersetzt. Inhaltlich klar ist nur die Fassung von 
P; ob sie aber die des Urtextes bzw. auch der späteren Rand- 
verbesserung ist, will ich nicht entscheiden. 

20, 12 nwWbwin no ı nya (Pas. a). Mit LXX wird wohl 
auch der Emendator einem Texte den Vorzug gegeben haben, 
der YiD verwarf. 

20, 211 oo ı ps mr (Pas.a) LXX Wde N oxila and 
coü; danach vermute ich in der Variante den Singular N. 

20, 212 831 ı ap (Pas. a). Die Kongruenz mit ‘sn würde 
die Form ınp fordern. Aber eher als diese kleine Emen- 
dation möchte ich dem Emendator Streichung von WNp zu- 
schieben. Jonathan gibt seinem Diener bezüglich des Pfeiles 
in V. 21° den Auftrag: „Geh, suche den Pfeil“, und will dann 
je nach Umständen hinzufügen: „Er liegt auf der Strecke 
zwischen dir und mir“ oder „Er liegt jenseits von dir“. Eine 
nochmalige Erwähnung „hole ihn“ fehlt bei der zweiten Even- 
tualität; da liegt nahe, sie auch bei der ersten für überflüssig 
und daher unecht zu nehmen, | 

20, 41 IWYTNR WR ı pP [:] (Pas. b). Man pflegt in den 
Schlufsworten 137 N7 9 eine Textverderbnis zu sehen, zumal 
da LXX dafür die abweichende Phrase &wsg Guvrekeiag ye- 
yaAns bietet. Aber Pasek hinter dem ersten Versworte kann 
nicht hierauf bezogen werden, sondern stellt einen Textfehler 
des vorhergehenden Satzteiles fest. Ich vermute ihn im zweiten 
YIITNS WR: während es das erstemal sich als notwendiges 


42 Grimme, Pasekstudien. 


Objekt zu \p% gibt, verbindet es sich weiterhin nur gezwungen 
mit dem keines Objekts bedürfenden 133”; auch wissen die 
Versionen offenbar nicht recht mit dem zweiten "NN auszu- 
kommen, da es LXX dativisch, T akkusativisch (m), P gar 
durch die Präposition „über“ wiedergibt, keine aber das allen- 
falls noch erträgliche „mit“ darin erblickt. Streicht man das 
zweite \ MN WAN, so bedeutet mir der Rest des Satzes: „und 
sie weinten, bis es den David übermannte ($1)“. In dieser 
Richtung suche ich nun auch den Sinn der Variante. 


20,42 wa ı mm mim Ob (Pas. a). Da sowohl LXX wie 
T zwischen 11 und 92 das Wort „Zeuge“ = "Y einschieben, 
so mag auch unser Pasek-Legarmeh auf diese Lesart deuten '. 


21, 10 ms ppy2 ı man es. Nimmt man den Vertikal- 
strich als Pas. a, was am nächsten liegt, so fehlt jeder Anhalt 
für die Beschaffenheit der angemerkten Variante; dals T wo 
für PpY einsetzt, erklärt sich wohl daraus, dafs man sich als 
Schauplatz des Kampfes eine weite Talebene dachte. — Dürfte 
man aber Pas. b hier annehmen, so wäre der Zweck der 
Variante im Hinblick auf LXX vielleicht die Streichung von 
TDNRT INN, 

22,3 TOR ı MON [:] (Pas. b). Statt 88° las LXX m, 
P sowie V 38%; DIM8 erscheint in LXX als 7N8. Die nach 
Pasek-Legarmeh vorauszusetzende Satzvariante mag nach diesen 
Lesarten etwa gelautet haben: INK ON) IN NIT. 


22,17 mm wm ı \NDm 120. Es ist mir unklar, ob Pas. a 
oder Pas. b vorliegt; die Versionen bieten keinen Anhalt für 
eine Variante, die einem von beiden Fällen genügen könnte. 


22,18 NY DVI ı NEN DW22 (Pas. a). LXX hat roüg 
lepeisg To Kupiou = MM 132, was passenderweise auch als 
Wortlaut der Randvariante vermutet werden kann. 

24, 11 72 1 291 ı mm 730 [:] (Pas. b). Ich nehme an, dais 


ı Einen weiteren Textfehler sehe ich in 2x5 und korrigiere daraus 
"21, das sein Subjekt in folgendem mt, sein Objekt im vorhergehenden 
Relativsatz hat: „Was wir beide im Namen Jahwes geschworen haben, 
das lasse Jahwe in Erfüllung gehen; er sei Zeuge zwischen usw.“ 


Grimme, Pasekstudien. 43 


3% ursprünglich ein neues Kolon eingeleitet habe und vor- 
hergehendes "WR NS, das grammatisch bedenklich ist, aus 
IN NN „mein Glück“ (vgl. Gn 30, 13) verschrieben sei. Die 
für das so gebildete neue Kolon anzusetzende Satzvariante 
wird wegen Doppelpasek von ziemlicher Länge gewesen sein 
(vgl. das zu 14, 3 Gesagte). Mit Hilfe der Lesarten von LXX: 
kai oUK EBovAnOnv drtokteival oe kai &peıodunv und P: wemar(u) 
gabr& deamm(i) lemegteläch wehäseth lälst sich für sie un- 
gefähr folgender Wortlaut bestimmen: Dy N DWINT ON) 
DNK 17. 

24,17 797 m529 ı WM : (Pas. b). Versionen wie H. Aber 
es wäre seltsam, wenn die lange von David an Saul gerichtete 
Ansprache diesen so wenig über die Person des Sprechers 
aufgeklärt hätte, dals er erst nach der zweifelnden Frage: 
„Ist das deine Stimme, mein Sohn David?“ das Bekenntnis 
seiner Schuld begonnen hätte. Diese Frage palst wohl in die 
Kap. 26 geschilderte Begegnung von David und Saul, wo Saul 
(V. 17) den an Abner gerichteten Ruf Davids vernimmt, 
daraufhin fragt, ob das Davids Stimme sei, und die Bestätigung 
dafür von David selbst erhält. So wird einem nahe gelegt, in der 
Randbemerkung die Abrogation von N7 33 m pr NY NDR" 
zu vermuten, 

25, 13: SNK AR UN [:) (Pas.b). In LXX (V.) fehlt der 
folgende Satz: „Und jeder umgürtete sich mit seinem Schwerte, 
David aber mit dem seinigen“, der an epischer Breite wohl 
etwas zuviel leistet. Gegen ihn mag auch der Emendator 
sich erklärt haben. 

25, 132 97 ns ı 9yN (Pas. a). Hinter einem Satze „Die 
Leute samt David rüsteten sich“ kann nicht "7 rRHbyn 
folgen, da Yy1 ja das Subjekt David mit enthält. Nun 
hat sich allerdings der Vordersatz schon als der Un- 
echtheit verdächtig erwiesen; es ist aber immer noch die 
Möglichkeit offen, dafs zu Y%y"% auch David Subjekt wäre. 
Dann bliebe das Bedenken gegen NT 8 bestehen, und dieses 
könnte in der Randbemerkung zum Ausdruck gekommen sein. 

25, 14 2TBrn ı D!aNdD (wohl Pas. a). Versionen wie H. 


44 Grimme, Pasekstudien. 


Es fehlt mir der Anhalt zur Erschliefsung der Bemerkung 
des Emendators!. 

25,20 n231 ı 87 mm: (Pas. b). Der Emendator mag die 
Schlufsbemerkung DAS WABMN „sie traf mit ihnen zusammen“ 
beanstandet haben; denn was David in V. 21f sagt, setzt 
voraus, dals weder er die Abigajil, noch diese ihn vorher be- 
merkt habe, und dementsprechend lälst der Erzähler erst mit 
V. 23 die Abigajil auf David aufmerksam werden, 

25,25 129nR ı SIR DW NITOR : Vielleicht Pas. b, mit 
Bezug auf den ersten Verstelle. P bietet eine bedeutend 
kürzere Fassung sowohl von V. 24 wie von V.25: sie enthält 
nämlich gar kein Äquivalent für 125°nx 78 DW xD und 
knüpft das folgende W's"Ss unmittelbar an TIR2 NDR KI12TN 
(von V. 24) an. Da es sich hierbei nur um den Abstrich ziemlich 
überflüssiger Worte handelt, der Gedankengang von Abigajils 
Rede aber an Klarheit gewinnt, so kann man dem Emendator 
vielleicht eine ähnliche Textbehandlung zuschreiben. 

25, 29 DW 032 ı 98 (Pas. a). Versionen wieH. Ein 
fester Anhaltspunkt zur Bestimmung der Variante besteht 
nicht. Nur wird man sagen dürfen, dals die Vorstellung „Die 
Seele meines Herrn sei eingebunden in das Bündel des Lebens“ 
uns seltsam genug anmutet, um vielleicht in einem seiner Aus- 
drücke für verderbt gelten zu können. Wenn Smend (Lehrb. 
der atl Religionsgeschichte 313, Anm. 2) sich „das Bündel 
des Lebens“ als einen Beutel mit Steinen oder auch als ein 
Bündel von Pfeilen denkt, das man schüttelt, so spricht da- 
gegen, dals wir von keinem lospfeilschüttelnden Jahwe in Israel 
wissen und auch keine Parallele zu Hubal, dem Götzen des 
mekkanischen Heiligtumes, gezogen werden kann, da dieser die 
Lospfeile frei in der Hand gehalten haben soll. Ich ziehe 
vor, WS mit T als einen 33), d. i. nach Ez 27,24 (dw 3) 
ein grölserer Ballen, zu deuten, in Dr aber nicht „das 








ı Ich leite das Schlulsverbum &y"N von einer Wurzel be» ab, die 
geinäls dem amhar. g’atata die Bedeutung „verhöhnen‘“ haben dürfte; zum 
Lautübergange g! >» vgl. meine „Theorie der ursem. labialisierten Guttu- 
rale‘ (ZdämG LV 481f). 


Grimme, Pasekstudien. 45 


Leben“, sondern „die Lebendigen bzw. zum ewigen Leben 
Bestimmten“ zu sehen. Wie an der Ezechielstelle bunte 
Tücher in Ballen verpackt sind, so mögen hier die zum Zu- 
sammenleben mit Jahwe bestimmten Seelen als zu einem 
grölseren Ballen vereinigt und in der himmlischen Schatz- 
kammer aufbewahrt gedacht sein. Das Bild von Jahwes Schatz- 
kammer ist ja alttestamentlich, vgl. Dt 28, 12; 32, 34. Jeden- 
falls mülste uns die Auffindung einer Variante gerade zu dieser 
Stelle sehr erwünscht sein. 

25, 34 'nxam me 9b ı 9 [:] (Pas. b). Man kann Pasek- 
Legarmeh auf die Verschreibung 'NK3M = 'N8 !K3M sich be- 
ziehen lassen oder es mit einer Satzerweiterung hinter 'NXNp>, 
zu der LXX das Material töte eina = 'NNDR 8 (vgl. Thenius) 
liefert, zusammenbringen. 

25, 36 92358 ı SWR NM : (Pas. b). Die zum letzten 
Satzteile zu erwartende Variante wird die Abrogierung von 
5172 mp enthalten haben, das in P unübersetzt bleibt. 

26,6 PonsdR ı dan (Pas. a). Wahrscheinlich darf man 
dem Emendator die Berichtigung von PorX zu TE2NX (vgl 
LXX) zuschieben. 

26, 7 DyrTos ı WAR MI S2N: (Pas. a). Versionen wie H. 
Aber schon Klostermann erhebt Bedenken gegen die Echtheit 
des Dyr1, das nur einen Teil des von David erstrebten Zieles 
SNY + WIN + DYr1 darstellt; das in V. 6 erwähnte Mrd wäre 
ein guter Ersatz für DYy und könnte vielleicht vom Emen- 
dator als bessere Lesart angemerkt gewesen sein. 

26, 16 ns ı np [:] (Pas. b). LXX verändert die Satz- 
stellung des "X ff in folgender Weise: tTö döpu toü Bacıkewg 
xai Ö6 @akös TOÜ Ldaros TOU Eotı TA TIPOG Kepalnig auroü‘, 
könnte also gelesen haben: NYTI"NS und WR D>N (vgl. L. Reinke, 
Beiträge zur Erklärung des AT VII 137). Aber dieser Zu- 
ruf hat doch etwas Unwahrscheinliches; zunächst wird V. 11 der 
Zusatz YNINND WN nur zu NW gemacht; weiter bietet David 
in V. 22 nur den Speer zur Zurückgabe an: hätte er aber 
vorher die Aufmerksamkeit von Abner und Saul auch auf den 
an sich genommenen Becher gelenkt, so hätte er später diesen 


46 Grimme, Pasekstudien. 


kaum von der Zurückgabe ausschliefsen können. Ich möchte 
daher empfehlen, den Text von H bis auf später eingeschobenes 
DOT ANBSNN für richtig zu halten. Der Konstatierung dieses 
Einschubs mag das Pasek-Legarmeh gelten. 

26, 19 DMMK DIN 93 ı DO [:] (Pas. b). Ich beanstande 
die Echtheit der Worte NBnDI1B DYWT: und zwar D\WT, weil P 
es ausläfst, auch David jedenfalls nicht mit Recht behaupten 
konnte, dals gerade jener Tag seine Vertreibung aus Israel 
mit sich brächte; weiter NBndn, weil die Wurzel NBD sonst 
nie mit 2 konstruiert wird. Sollte die Variante nicht auf eine 
Lesart ABiND7T „auf der Schwelle schlafen“ (vgl. Ps 84, 11) 
hingewiesen haben? Hierbei wäre 2 an seinem Platze. 

26, 21 Wa ı aW/ ınnon (Pas. a?). Versionen wie H. Wenn 
Saul in seiner Reue sich zur Aufforderung herablälst, David 
möge wieder zu ihm kommen, so wäre zu erwarten, dals David 
in seiner Antwort darauf Bezug nehme. Das geschieht aber 
nicht. Aufserdem erweckt das Wort 2% die Idee, als stelle 
David noch den am Hofe Sauls ein- und ausgehenden Privat- 
mann und nicht den Chef eines nach Hunderten zählenden 
Haufens landflüchtiger, aus ihren Stämmen ausgestolsener 
Leute dar, für die unter geordneten Staatsverhältnissen der 
Begriff „Heimkehr“ nicht existierte. Aus diesen Gründen kann 
man an der Echtheit von 21 zweifeln und auch in unserem 
Pasek-Legarmeh den Ausdruck des Zweifels seitens des Emen- 
dators sehen. 

26, 23 72 DT ı mm WM WN (Pas. a). Versionen wie H, 
nur dals LXX so übersetzt, wie wenn '7'2 in ihrer Vorlage 
gestanden hätte. Aber nicht 72 scheint mir einer Korrektur 
zu bedürfen, sondern m‘ ist auszuschalten und dann zu über- 
setzen: „Jahwe möge dem Manne (d. h. mir, David) seine Ge- 
rechtigkeit und Treue vergelten, ihm, in dessen Hand er dich 
heute gegeben hatte“; die Trennung des Relativsatzes von 
seinem Regens durch Einschiebung von WWDN"NN INPTI"NN hat 
nichts Abnormes, weil auch deren zwei Suffixe auf dieses 
Regens zurückgreifen. Damit wäre wohl auch die Variante 
des Emendators gefunden. 


Grimme, Pasekstudien. 47 


27,1 YasoR ı mbar mbar ‘> (Pas. a). Hinter ‘I lasen LXX 
und P noch DN. Wohl mit Recht vermutet Wellhausen, dals 
dieses im folgenden »5Dn untergegangen sei. Stände nun Pasek- 
Legarmeh hinter v>nr, so würde ich als Urlesart bzw. als 
spätere Randvariante 892 DN vermuten; aber nach der Stellung 
von Pasek-Legarmeh zu schliefsen, muls auch in &IOX ein 
Fehler vorliegen, so dals eine Textform anzusetzen wäre wie: 
v2 wur DNS (As Syn) „für mich besteht das einzige Heil 
darin, heimlich zu entkommen“. 

28,12 od ı NWON men NDNMN (Pas. a). Versionen wie 
H, nur dals P Wit unübersetzt läfst. Mit oder ohne MWN7T 
hat die Stelle das Bedenkliche, dals sie nicht darüber aufklärt, 
woran das Weib urplötzlich die Persönlichkeit Sauls erkennt. 
Mit Nowack stimme ich aber F. Perles zu, wenn er vorher- 
gehendes IXi0Y als Verschreibung aus 8% nimmt; im Hin- 
blick auf das Pasek-Legarmeh möchte ich nun noch "IX statt 
"NN lesen und überhaupt in unserem MRWON das ursprüng- 
liche, durch Zufall in eine falsche Zeile geratene Adverbiale zu 
MIST SM erblicken. Erst dadurch, dafs das Weib Saul scharf 
ins Auge falst (O8 18%), wird es über ihn richtig orientiert. 
Die Worte xioX"ns werden nachträglich zur Ausfüllung der 
Sinnlücke zwischen IST und PyiN eingeschoben worden sein. 

28, 15 ‘a pomrı53 ı oınvoD1. Versionen wieH. Die Beziehung 
von Pasek-Legarmeh zum Texte bleibt mir unklar. 

29, 3 Inter bo ı Sin? 72y (Pas. a). Versionen wie H. 
Kann aber nach der Grammatik der folgende Relativsatz „der 
bei mir war...“ wirklich auf David bezogen werden? Läge 
nicht seine grammatische Beziehung zu Saul näher? Erscheint 
dadurch schon der Zusatz I" 70 in bedenklichem Lichte, 
so macht auch der Ausdruck MX 29 stutzig. Mit der Er- 
innerung an das frühere Dienstverhältnis Davids zu Saul 
mulste Achis bei den Philistern im Augenblicke des Auszuges 
gegen Saul sicher den guten Eindruck seiner günstigen 
Empfehlung Davids vernichten. So kann vielleicht Pasek- 
Legarmeh auf die Ausscheidung der Worte „Diener Sauls, 
des Königs von Israel“ deuten. 


48 Grimme, Pasekstudien. 


30,21 NT ns ı na9n ı BD WR (2 Pas. a). Der Sinn von 
7135 soll sein: „zurückbleiben“ (LXX), „müde“ (Siegfried-Stade), 
„feige sein“ (Klostermann). Ich ziehe vor, es mit P durch „Wache 
halten bei“ zu übersetzen. Dann erweist sich das folgende 
n>bp als unmöglich, und man wird, wiederum nach P, n»>p 
als Verschreibung aus DY9377 (syr. mänd) „das Gepäck“ nehmen; 
werden doch auch V. 24 die hier erwähnten Leute als Wr 
pSST5y bezeichnet. Weiter ist dann auch 7 “8 nicht zu 
halten, und man darf es streichen, da P es spurlos ausgelassen 
hat. Wir haben also Grund, das zweimalige Pasek-Legarmeh 
mit zwei zu P stimmenden Randglossen in Verbindung zu 
bringen. 

30,22 ya ı Whn-5a Yys: (Pas. b). Die zum letzten Versteil 
zu suchende Variante wird enthalten haben, dals 96% wm 
zu streichen sei. P läfst 5" unübersetzt; 97139, das schon 
durch sein 3 postpositivum auffällig ist und inhaltlich wenig 
zum Heimbringen von Weib und Kind palst, könnte seine 
Entstehung einer Verkennung des Satzverhältnisses hinter 
3 verdanken. Es scheint nämlich eine Mischung von zwei 
bei 13 möglichen Konstruktionen vorzuliegen, indem das ent- 
ferntere Objekt einmal in den Dativ (D75) und darauf in den 
Akkusativ (BR) gesetzt ist. Indem man später in BAR nicht 
mehr den Akkusativ erkannte, glaubte man ein weiteres Prä- 
dikat notwendig zu haben und riet auf ausgefallenes 1m“. 
Die Randvariante mag nun diese neue Lesart zurückgewiesen 
haben. 

30, 24 mm ı para m [:] (Pas. b). Der Emendator wird 
kaum gleich dem Ker& die Kleinigkeit „Tr lies 111% 
angemerkt, noch weniger aber das Vorhandensein eines Zu- 
satzes vor 9, den LXX als örı oöx Arrov Aulv eicı liest, 
konstatiert haben: denn die Stellung von Pasek-Legarmeh er- 
laubt nicht das Raten auf Worte, die noch dem vorhergehen- 
den Satze angehören. Mir scheint, als ob Pasek-Legarmeh 
auf Streichung des letzten Satzstückes ıp5rm y1 gehe. Dieses 
erlaubt nur die Übersetzung „zusammen sollen sie teilen“, ein 
Grundsatz, den David den Seinigen nicht erst zu proklamieren 


Grimme, Pasekstudien. 49 


hat, da den Hütern des Gepäckes auf alle Fälle ihre Weiber 
und Kinder aus der Beute wieder zugestellt werden sollten; 
der Zusammenhang verlangt aber den Sinn: „zu gleichen 
Teilen soll ihnen zugemessen werden“, was auch LXX. mit 
Kata TO aUTO nepioüvran ausdrückt, ohne aber wohl einen an- 
dern hebräischen Text als den unsrigen vor sich gehabt zu 
haben. 

31, 4 SAP) ı Tann ab. Für die Annahme von Pas. a fehlt 
jeder Anhalt; unter der Bedingung, dafs der Satz AV ff bis 
wbbyn einmal als selbständiges Kolon gemessen worden sei, 
liefse der Strich sich als Pas. b deuten und auf Ausscheidung 
des nach 1 Chr 10, 4 überschüssig stehenden, auch inhaltlich 
bedenklichen (vgl. Wellhausen) ‘PT beziehen. 

31,7 ya my2 ı wWN) (Pas. a). In P fehlen die beiden 
Worte, zwischen welche Pasek-Legarmeh eingesetzt ist, und 
pay) NaYaWdR bildet mit JM1 ein Genitivverhältnis. Mit 
dieser Auffassung deckt sich ungefähr die Lesart von 1 Chr 
10, 7, nach welcher nur die Leute flohen, welche p2y3, d. h. 
im Jordantale, dem jetzigen Gör, wohnten. So darf man wohl 
dem Emendator die Absicht beilegen, 292 WN\, vielleicht 
auch noch 77177 als Glosse zu kennzeichnen und auszu- 
scheiden. 


Biblische Zeitschrift. II. 1. 4 


Münchener Handschriftenfragmente. Bruchstück 
von Saadjas Proverbienübersetzung. 
Von Prof. Dr Joh. Göttsberger in München. 


ie im folgenden kurz beschriebenen Pergamentblätter 

wurden erworben gelegentlich des Ankaufes einer Samm- 
lung von Papyrushss, die der vorsorgliche gegenwärtige Leiter 
der kgl. b. Hof- und Staatsbibliothek, Geheimrat Dr G. 
v. Laubmann, durch Vermittlung von H. Thiersch im Jahre 
1900 den reichen Schätzen der Münchener Bibliothek zuführte 
(vgl. Archiv £ Papvrusforschung I 468—501; II 124fJ. Vom 
Verkäufer als Zugabe zu dem umfangreichen Erwerb von 
Papyrushss gewährt, konnten sie keine grolsen Erwartungen 
erwecken. Immerlin war es bei den damaligen Aufsehen er- 
regenden Funden auf dem Gebiete der hebräischen Literatur 
(Sirachtext) nicht ausgeschlossen, dals ein günstiger Zufall mit 
den unscheinbaren hebräisch beschriebenen Blättern und 
Fetzen dem ersten Bearbeiter irgend ein wertvolles Stück ın 
die Hände spiele. Wenn nun auch das Finderglück dem 
Schreiber dieser Zeilen, dem der entgegenkommende Leiter 
der Staatsbibliothek die Fragmente zur Bestimmung und 
Verwertung gütigst zur Verfügung stellte, nicht gewogen ge- 
wesen ist, so mag es doch nicht zwecklos sein, das Ergebnis 
der Prüfung nach dem Vorgange anderer Bibliotheksverwal- 
tungen zu veröffentlichen. Vor allem ist es von Interesse, zu 
wissen, was für Kaufsobjekte im Oriente umlaufen, und im 
ganzen ist das hier Verzeichnete der Art nach nicht viel ver- 
schieden von der Hauptmasse dessen, was insbesondere eng- 
lische Bibliotheken erwarben. Sodann befindet sich darunter 
doch ein verhältnismälsig bedeutsameres Stück, das einer 


Göttsberger, Münchener Handschriftenfragmente. 51 


näheren Untersuchung wert ist: das im Titel eigens bezeichnete 
Bruchstück der Saadja-Übersetzung. Letzteres sowie der 
Umstand, dafs ein Drittel der Fragmente der biblischen 
Literatur angehört, rechtfertigt die Veröffentlichung in dieser 
Zeitschrift. Der Fragmentenfaszikel trägt provisorisch die 
Bibliothekssignatur: Cod. hebr. 419. 

A. Biblische Fragmente (Cod. hebr. 419. I. 1-5): 

1. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten zu je 3 Ko- 
lumnen von 27 Zeilen (Höhe 27 cm, Breite 25 cm). Inhalt: 
Nm 26, 44—28, 8; 31, 35—32, 39, Text vokalisiert, mit Massora 
magna (1 Zeile am oberen, 2 Z. am unteren Rande) und parva. 

2. Einfaches Blatt mit 2 beschriebenen Seiten zu je 3 
Kolumnen von 20 Zeilen (32><32). Inhalt: 1 Sm 2, 15—3, 5; 
Text vokalisiert, mit Mass. magna (3 Z. unten) und parva. 

3. Bruchstück mit einzelnen Worten und Zeilenresten aus 
Jer 8, 9—21. Text vokalisiert, Massora parva. 

4. Stück von einem Doppelblatt mit noch erkennbaren 
Resten von Ruth 1. 

5. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten, 22—24 durch- 
laufende Zeilen (20x21). Inhalt: Arabische Übersetzung von 
Prv 10, 1—11,18; 18, 19—20, 16. Näheres am Schlulfs. 

B. Talmudische Fragmente (Cod. hebr. 419. II. 1—5): 

1. Halbes Blatt in breitem Format, Schrift grolsenteils zer- 
stört. Inhalt: Aus (bab.) Jebamoth f. 74*.—75° mit Randnoten. 

2. Kleines Blattfragment (Breite 16 cm). Inhalt: Aus 
(bab.) Sanhedrin f. 59. 

3. Einfaches Blatt (21><18). Inhalt: Pirk& Aböth IV 5 
bis V 4. 

4. Doppelblatt mit 3 beschriebenen Seiten (261/2 x 22). 
Inhalt: Aus (bab.) Nidda f. 14.—15b; f. 646°-65*. Eine Seite 
unbeschrieben, vielleicht für andere Verwendung abgeschabt. 

5. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten (191/218). 
Inhalt: Schluls und Beginn der Mischnatraktate Tebul jom 
resp. Jadajim mit arab. Randnotizen in hebräischer Schrift. 

C. Aus der späteren jüdischen Litteratur (Cod. hebr. 


419. III): Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten (20x21, 
4* 


52 Göttsberger, Münchener Handschriftenfragmente. 


Rand zerstört). Inhalt: Scheelthoth, d. i. Untersuchungen, die 
sich gewöhnlich an die Sabbatslesungen anschlossen. Die hier 
erhaltenen Reste handeln nach S. 2 und 3 von Ex 10,1 und 
13,17 (nach B. Mayer, Das Judentum, 1843, 544, Paraschen 
vom 27. Januar und 3. Februar). Identisch mit den Scheelthoth 
des R. Achai (vgl. über ihn Zunz, Die gottesdienstlichen Vor- 
träge bei den Juden, 1892, 66). 

D. Liturgische Fragmente (Cod. hebr. 419. IV. 1-3): 

1. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten (25% 21), Frag- 
ment eines Machsor mit folgenden Stücken: a) Schlufs eines 
Gedichtes, dessen 2. Vers jedesmal beginnt mit 'yawır 21 
(auf den 7. Fasttag oder auf das Fasten des 7. Ti$ri, zwei 
Tage vor dem Versöhnungsfeste); b) „Schubah des R. Elieser“, 
ein religiöses Gedicht, dessen vierzeilige Strophe im 1. und 
letzten Verse je mit 131% resp. MNBN beginnt; c) Stücke aus 
der Thephilla für den Versöhnungstag; vgl. Sachs, Das Ge- 
betbuch der Israeliten?!, 1893, 416ff oder den Prager Machsor, 
Band für den Versöhnungstag (Ausgabe von 1846). 

2. Doppelblatt mit 4 beschriebenen Seiten (21'1/2>x171}). 
Inhalt: Poetisch-liturgische Stücke; z. B. S. 2 Anfang der 
Haphtare Is 6, 1, wozu ein Piut gefügt wird mit den Aus 
gängen der Versstücke von Is 6, 1 als Reim; die Stücke des 
2. Blattes finden sich mit einigen Abweichungen im Mussaph- 
Gebet des Versöhnungstages. 

3. Eckstück eines Blattes. Auf der rechten Seite ein 
religiöses Gedicht, durchgängig auf Y8 reimend; ein Gedicht 
mit dem gleichen Reim, wenn auch nicht dem Inhalte nach 
sich ganz deckend, findet sich im Prager Machsor für den 
2. Tag des Neujahrsfestes (Ausgabe von 1846 S. 134ff). Auf 
der 2. Seite Reste eines Gedichtes mit Strophenreim. 

E. Einzelne Stücke (Cod. hebr. 419. V.1—2): 

1. Halbes Blatt mit fehlendem Eck (Breite 16 cm), wohl 
ein Midrasch zu Nm 25 (?). 

2. Eck eines einseitig beschriebenen Blattes, arabisch 
in hebräischer Schrift. Inhalt: Wohl ein Kaufvertrags- 
fragment. 


Bruchstück von Saadjas Proverbienübersetzung, 53 


Eine besondere Erörterung verdient noch das Bruchstück 
von Saadjas Proverbienübersetzung. Auffallen mufs so- 
fort die Anlage: jedem Verse sind die hebräischen Anfangs- 
worte vorausgeschickt, sei es dals demjenigen, für den sie 
bestimmt war, der hebräische Text nur angedeutet zu werden 
brauchte, oder dafs die Entstehungsweise und der Zweck 
der Arbeit dies mit sich brachte. Die Varianten dieser 
hebräischen Versstücke gegenüber dem MT sind, wie zu erwarten, 
nicht bedeutend, meist nur Verschiedenheiten der Schreibung: 
10, 4 ty wN; 10, 10 73 Yp; 10, 19 2193; 10, 26 D3W5; 11, 16 
Sn MZN und zwar mit besonders grolser Schrift wie mabw wm 
10, 1 als Überschrift (dem Schreiber schwebte offenbar 31, 10 
vor Augen, wo die Lesart stimmt und auch die Fassung als 
Überschrift am Platze ist); 19, 3 AoY; 19 13 am; 19, 21 129 
nd wieder grols geschrieben; ebenso 20, 8 201 "bu. 

Auch die Varianten zu sonst bekannten Zeugen der 
Saadja-Übersetzung sind von keiner grofsen Bedeutung. Da 
die Herausgabe des Textes durch J. Derenbourg (Oeuvres 
completes de R. Saadja ben Josef al-Fayyoümi VI: Les Pro- 
verbes 1894) für absehbare Zeit abgeschlossen ist, mag es am 
Platze sein, die Lesarten hier zusammenzustellen. 

Die Wiedergabe des arabischen Lautbestandes durch das 
Hebräische ist nicht so genau wie bei Derenbourg. Es fehlen 
7, 1 (bei stat. constr. gibt unsere Hs gern n), 5, N; dagegen 
werden 3, &, 3 bezeichnet; Tesdid ist nicht gesetzt. Im übrigen 
finden sich folgende Differenzen (voran setze ich die Lesart 
der Ausgabe im Texte, nach ] die Lesart der Hs): 

10,1 8050] yoıbo — 7 bar] 521 — 8 5ap1] DR (Sal) — 
11 nonsoR] yrosson — 12 DIOR yDi] om yo) — 15 DANKAN] 
DANMARK — 16 mn] arroR — 17 920] 91320? — Men) IM — 
18 7 Ay] 7 (2) 1y833 (Schreibfehler?) — 19 mnaw] mnowb 
— 22 292] n912 — man = Hs; Ms '3 und I von Der.: an 
— Apwoor] mpppDR (sonst Äx&s) — 24 MDR] 199 (wohl Schreib- 


1 Der Text Derenbourgs beruht auf der Oxforder Hs: Catal. Neu- 
bauer Nr 119 (= 's); '3== Brit. Mus. Ms. Or. 2375; —=Kgl. Bibl. in Berlin 
Ms. or. fol. Nr 1203. 


54 Göttsberger, Münchener Handschriftenfragmente. 


fehler) — 26 IKITR31] "Tot — m5DRN5] mIORY) — 27 Tr — Hs 
(gegen TIN von '2 und 3) — 28 PTIRSIR 133) SIR 837 (viell. 
beeinflulst von 285) — 29 PRPTINY] PRANBN) — 30 MORSON1]) om ı 
(= MT) — pohehny) Yobseon) (Einfluls des Neuarabischen?) 
— INTR 7320) 85] PIRdR 011 8b — 31 w3] oa. 

11,2 ns] 8n8 — 3 am] 20) — 4 osıpaR] om In — 
APTSIR] ARPTSIR = 'R — 5 npme] mpıp — 6 nxbs1] om 1 
(= MT) — pbpy'] om — 7 xoaxd] JD3RdR (ebenso 19, 3. 11) — 
panda] add Tan (se) — 9 prob] ProRSoR (vgl. zu 10,30) 
— 10 Baba] 189398 — 337] 97 — 11719932] 79922 (stat. constr.) 
— 14 In] Syn — yp1] ya?) — 15 wer] As — 05 = Hs (gegen 
xD5 von 'N) — BYDBiR] M23IR — 16 INDOOR — Hs gegen \NP1 
von 2 und ) — En] xen — 17 mSaNpR] DD — DNp] 'oRp 
(3 u. '1: 'DRPIR). 

18,19 1983 (Korrektur des Der.)] 383 = den 3 Mss — 
id — Hs (gegen ‘DB von '2 und ) — 21 An] x — 22 }0 am 
Versbeginn] praem | — '8 39 }D] om 19 — 23 '\N] praem I — 
HorosR] NOwoRı — Miy2] myoR2 — 24 Did] DiRbO(?) — IS 1] 
NORD. 

19,4 A988) POMD (BPTSS: I u. 2) RONBN Ti IRDOR 
MINTISK 79 nn TB3] DB TPEN (?) KPTSRÖR mN32 RT INDOR 
INPWDY ITIR3 (sachlich identisch, formell aber vollständig von- 
einander abweichend) — 5 ]8 883] om; = "3 u. I — 7875 12° 
mendaR] "Dart 753 jn 872° (menooN) bieten auch '2 u. 9) — 
rap 89] m pp ne 85 — 7 ni) Kan — JR AB] DD — 
NVDR] SYDR — NND] mNRND — 8 10] 105 — 9 802] praem \ 
— 721] 813° (vgl. 19, 5) — 13 3833] 338 — 14 INPyoN] praem ı 
— 16 P%a2] pre2 (vgl. 11,5) — 17 2898] ART — YaDobR 9%] 
om y — MKDIR] MRIR) — 19 7799 °D NTIS 9 JD N355N IN RD] 
a8 8 mn Ton yroı jo 1359 93 121 1y — 21 NANDDN] \KIDN 
— 22 mOR] nb(P); om’au.% — TS mMpB] om 13 — 375] 258 
— 23 pn] praem ! — hanprbı] Annopsmt (wohl Schreib- 
fehler) — 2988] 98° (gegen '2 u. ‘1: DIN) — 24 I1RSıIN — Hs; 
2 u: 80ND — 26 NaN] man. 


ı Viell. auch 330° zu lesen. 


Bruchstück von Saadjas Proverbienübersetzung. 55 


20, 1 1875] mn755 — 5 DB 8%] '’D 17 (voraus geht .„,E) — 
6 DRIbR] om — finsdR] om IR — 7 am] Kata — 9 mar N] 
Yp SR — 10 IRniasoR) nRsdR) — Iınyo] DIR — 13 85%] 
853 — 14 in] 8 N. 

Wiewohl die Varianten meist nur verschiedene Schreib- 
arten! (auch blolse Schreibfehler?), kleine formelle Difierenzen3 
darstellen, so sind doch darunter auch einige bedeutendere 
selbständige Lesarten, die das Fragment als einen Zeugen 
den übrigen wenigen Textzeugen beiordnen. Die selbständigen 
Lesarten sind bedeutender als diejenigen, die eine vor- 
herrschende Hinneigung zu irgend einem der drei von Deren- 
bourg zugänglich gemachten Texte bekunden. Doch ist an 
der Mehrheit der Stellen, wo die Hss auseinandergehen, unser 
Zeuge an der Seite des Textes der Ausgabe ('8) zu finden 
(10, 22..27; 11, 4.15.17; 18,19; 19, 22. 23. 24); seltener geht 
er mit ‘2 und ’) des Derenbourg (11, 15. 17; 19, 4. bis) gegen 'N. 
Die Richtung der selbständigen Lesarten ist nicht bestimmt. 
Wenn 10, 26 unsere Hs sich der LXX anschlielst, so steht sie 
anderseits 19, 5 und 19, 17 dem MT näher als die sonst be- 
kannte Lesart.e Die Variante 10, 29 könnte man unmittelbar 
auf das Hebräische zurückführen, sofern unserer Hs besser 
NrOD (st. And) entspräche. Von den bedeutenderen Lesarten 
sind 19, 4 und 19, 19 selbständigen Ursprungs; erstere ent- 
fernt sich mehr vom MT, 19, 19% ist in der Auffassung dem 
Hebräischen näher gekommen; die Hinzufügung bei 19° 131 ny 
scheint das Streben nach Klärung des Sinnes als Grund der 
Änderung zu erweisen. 


ı 2. B. plene geschriebenes a wird bald bezeichnet, bald nicht; 
Unterschiede in der Transkription finden sich ab und zu; | und ,$ am 
Wortende wechseln. 

2 Nom. plur. }' statt 1 wird auch von J. Cohn (Das Buch Hiob übers, 
und erkl. vom Gaon Saadia 7) in andern Hss bemerkt. Hier findet sich 
auch im Sing. die gleiche Vertauschung: 19, 26; 20, 5. 

3 Synonyme Worte wechseln ab; z. B. 10, 8.28; im formellen Ausdruck 
finden sich bedeutungslose Varianten, z. B. 10, 19; 18, 22; 19, 7.8. 


Neutestamentliche Prinzipienfragen. 
Von Prof. Dr Jos. Sickenberger in München. 


hronistenpflicht macht es dem Redakteur des ntl Teiles 

dieser Zeitschrift zur Aufgabe, eingehender über eine neuer- 
dings von protestantischen Theologen mehr und mehr ver- 
tretene Auffassung des NT zu referieren, welche auf eine 
fundamentale Reform im Verständnis der ntl Schriften und 
damit der christlichen Religion selbst abzielt. Die Bewegung 
ist an und für sich nicht neu. Im Prinzip liegt sie bereit eıin- 
geschlossen im Mythizismus eines David Friedrich Strauls, 
welcher es schon versucht hatte, „den Supranaturalismus in 
Mythologie umzusetzen, dieser Mythologie aber einen tief 
idealen philosophischen Sinn unterzulegen* i. Neuerdings wird 
nun der Akzent weniger auf den idealen Inhalt der ntl „Mythen“ 
gelegt, als vielmehr auf ihren mythenhaften Charakter selbst, 
wobei der religionsgeschichtliche Faktor, die Frage nach der 
Herkunft dieser Mythen, im Vordergrunde steht. 

Den Versuch, diesen Anschauungen ein programmatisches 
Gepräge zu geben, hat nun D. Herm. Gunkel, ao. Professor 
der atl Theologie zu Berlin, in einer Schrift mit dem Titel: 
„Zum religionsgeschichtlichen Verständnis des Neuen 
Testaments“ unternommen. Die Schrift bildet das erste Heft? 
eines neuen periodischen Organs, der „Forschungen zur 
Religion und Literatur des Alten und Neuen Testa- 
ments“, welches der Verfasser gemeinsam mit Prof. Wilh. 
Bousset in Göttingen herauszugeben begonnen hat. Der 


ı Al.v. Schmid, Apologetik als spekulative Grundlegung der Theo- 
logie, Freiburg i. Br. 1900, 83. 
2 80, VII u. 96. Göttingen 1903, Vandenhoeck & Ruprecht. 


Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 57 


neuen Zeitschrift liegt eine besondere Idee zu Grunde. Sie 
soll „ein Sammelpunkt zunächst für alle diejenigen Arbeiten 
sein, die das gemeinsame Bestreben zeigen, die Geschichte der 
Religion des Alten und Neuen Testaments im Zusammenhang 
mit den verwandten, zeitlich und örtlich nahestehenden Re- 
ligionen des Altertums zu erforschen und darzustellen“. Schon 
die Namen der Herausgeber wie das Programm, mehr aber 
noch der Inhalt des vor dem ersten Hefte erschienenen zweiten: 
W. Heitmüller, „Im Namen Jesu“. Eine sprach- und 
religionsgeschichtliche Untersuchung zum NT, spe- 
ziell zur altchristlichen Taufe, lie[sen erkennen, in welchem 
Geiste die zu erwartenden Studien dieses Organs geschrieben 
sein werden. Referent hat in einer Rezension des Heitmüllerschen 
Buches die Befürchtung ausgesprochen, „der religionsver- 
gleichende Gesichtspunkt werde wohl von der Mehrzahl der 
neuen Arbeiten derart in den Vordergrund gerückt werden, 
dafs für eine göttliche Offenbarung im positiven Sinne des 
Wortes kein Platz mehr bleibt“ !. Die neue Arbeit Gunkels, 
welche ja noch in höherem Malse als Heitmüllers Unter- 
suchungen als typisches Inaugurationsprogramm der neuen 
Zeitschrift gelten darf, hat diese meine Befürchtung durchaus 
bestätigt, indem sie den Faktor einer in der Heiligen Schrift 
niedergelegten positiven göttlichen Offenbarung nicht nur etwa 
methodisch für die wissenschaftliche Untersuchung beiseite 
läfst, sondern ihn direkt ablehnt. 

Ja G. macht neben anderem den Glauben an eine solche 
sogar dafür verantwortlich, dals die ntl Forschung in seinem 
Sinne so zurückgeblieben ist, dals sie in der Exegese des 
Schrifttextes ihre Aufgabe für erledigt ansah. „Es ist 
in erster Linie die wenn auch im Prinzip aufgegebene, so 
doch tatsächlich noch immer fortwirkende Inspirationslehre 
und der zwar erweichte, aber. das Denken der meisten Theo- 
logen noch immer bestimmende Supernaturalismus, wonach 
man behauptet, die Religion der Bibel sei spezifisch von 


1 Theologische Revue II (1903) 330 £. 


58 Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 


allen anderen Religionen verschieden, und es könne also keine 
Rede davon sein, dals man Beiträge zur Religion der Bibel 
und nun gar des NT von den ‚heidnischen‘ Religionen her- 
beibringen dürfe“ (8.5). Es liegt in dieser Formulierung G.s 
zwar eine starke Übertreibung. Denn auch der offenbarungs- 
gläubige Theologe wird nicht behaupten, dafs Gott stets in 
völlig neuen Formen zur Menschheit gesprochen hat, so dals 
auch nach der rein menschlichen Seite der Offenbarung eine 
Religionsvergleichung von vornherein ausgeschlossen wäre. 
Immerhin aber trennt die völlige Ablehnung des Offenbarungs- 
faktors G.s Anschauung von der katholischen oder orthodox 
protestantischen derart, dals ein gemeinsamer Boden zur Ver- 
ständigung nicht zu erzielen ist. Wir könnten uns demnach 
mit dieser Konstatierung begnügen, wenn es nicht auch ander- 
seits unsere Pflicht wäre, die vom Gegner als einzige und wahre 
Wissenschaft ausgegebenen Resultate nebst der Solidität ihrer 
Beweisgründe kennen zu lernen. 

G. ist zweifellos ein Achtung gebietender Gegner!. Mit 
weit ausgebreiteten religionsgeschichtlichen Kenntnissen ver- 
bindet er Gründlichkeit und Mafshaltung. Frivolität und Effekt- 
hascherei sind ihm fremd. Dafs ihm „leichtherzige Neuerungs- 
sucht“ ferne liegt, versichert er selbst in der Vorrede. Auch 
muls G. zugestanden werden, dals, wer seine prinzipiellen An- 
schauungen teilt, manchen seiner Resultate unbedingt zustimmen 
mu[ls — ich sage: manchen; denn schon die Tatsache, dafs G. 
auch den „gleichgestimmten Fachgenossen* eine neue Bot- 
schaft zu künden hat, dals er die ntl Anschauungen eines 
Heinrich Holtzmann, eines Harnack u. a. überbieten will, 
dals er mit Wellhausen sich auseinandersetzen muls, beweist, 
dals seine Wege nicht so selbstverständlich und a priori sicher 
sind, wie er sie darstellte. G. will neben die im kritischen 
Lager längst feststehende Beeinflussung des ntl Christen- 
tums durch den Hellenismus auch die Beeinflussung durch 
orientalische Mythen als zweiten, aulserordentlich wichtigen 





ı Vgl. BZ I 324. 


Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 59 


Faktor setzen. Diese Beeinflussung soll sich via Judentum 
vollzogen haben. Es ist klar, dafs in Konsequenz seiner 
These G. zuerst mit der Anschauung, dals das Judentum eine 
ziemlich selbständige, von fremden Einflüssen fast unberührte 
Religion darstelle, gründlich aufräumen muls. Es werden des- 
halb schon wichtige Bestandteile der vorexilischen Religion 
als anderswoher stammend dargetan. Die Bilder der Eschato- 
logen, welche von Weltkatastrophen, Weltbränden, Wasser- 
fluten u. a. erzählen, seien nicht auf israelitischem Boden ent- 
standen. „Die Idee von einem kommenden Weltreiche, das 
über alle Nationen gebietet, und die damit zusammenhängende 
von einer künftigen Weltreligion, der alle Völker anhangen, 
eine Idee, die in der israelitischen Eschatologie so häufig auf- 
tritt, kann sicherlich nur auf dem Boden eines grolsen welt- 
herrschenden Volkes und nicht in einem Winkel der Erde 
entstanden sein“ (8.24). „Der israelitischen Königshofinung 
"ist eine fremde, mythische vorangegangen“ (8. 25). So ist nach 
G. auch die Weisheitsliteratur fremden Ursprungs. Die Pro- 
verbien stammen aus Ägypten. Mit der Beweiskraft der 
Parallelen nimmt es G. allerdings nicht sehr genau Wenn 
hier wie dort „Ermahnungen, den Frevler nicht zum Freunde 
zu erwählen, dem Bettler zu geben, sich nicht zu setzen, während 
ein Älterer steht, die Mutter zu ehren und ihrer vielen Mühsal 
zu gedenken, vor dem Weine sich zu hüten, dem zornigen 
Vorgesetzten nicht zu antworten“ u.a. sich finden, dann ist 
nach G. die Entlehnung der einen Literatur von der andern 
schon sicher. Als ob nicht auch unabhängig voneinander die 
Bewohner verschiedener Himmelsstriche darauf hätten kommen 
können, die allgemeinen Lebenserfahrungen, die wohl überall 
dieselben sind, in Sprichwörtern niederzulegen. 

Wenn schon das vorexilische Judentum nach G. soviel 
des Fremden enthielt, so noch in weit höherem Malse das 
nachexilischee Doch wählt sich hier G. weniger das offizielle 
Judentum, das ja seine Religion rein zu erhalten bestrebt war, 
als Objekt der Untersuchung aus, als vielmehr die tiefer liegen- 
den Schichten, die Unterströmungen, wie sie hauptsächlich in 


60 Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 


der apokalyptischen Literatur sich ausprägten. Vor allem ist es 
nach G. das Auferstehungsdogma, welches erst in dieser Zeit, 
„als man an diesem Leben zu verzweifeln begann“ (S. 32), vom 
Orient her einwanderte, nachdem es der lebensfrohen alt- 
jüdischen Religion fremd geblieben war. Ich überlasse die 
Nachprüfung dieser These selbstverständlich den „Alttesta- 
mentlern“, kann aber mein Erstaunen über die Methode G.s 
nicht unterdrücken, der es hier versteht, bestimmte An- 
deutungen zu verwischen, während er bei andern Gelegen- 
heiten aus den unsichersten Spuren grolse programmatische 
Sätze herauszulesen im stande ist. 

So gelangt denn G. zu dem Resultate, dals das Juden- 
tum zur Zeit Christi eine synkretistische Religion gewesen sei. 
Es ist nun nur mehr ein Schritt, wenn die gleiche Thesis auch 
bezüglich des Christentums aufgestellt wird. G. wagt es denn 
auch, diesen Schritt zu tun. Er stellt sich dabei auf die modern 
kritischen Anschauungen bezüglich der einzelnen Schriften 
des NT, wählt also damit schon eine Basis, von der er mit 
einiger Unparteilichkeit sich selbst hätte sagen müssen, dafs 
sie nicht absolut solid sei. Und ebenso hätte er die Über- 
zeugung gewinnen können, dals er mit der modernen Trennung 
von „Christentum, d.h. der Religion der ersten christlichen 
Gemeinde“, und „Evangelium, d. h. der Verkündigung Jesu, wie 
wir sie vorwiegend aus den Synoptikern erschlielsen“ (8.36), sich 
auf einen Boden begibt, wo Subjektivität und Willkür Orgien 
feiern können. Wo der Hinweis auf die Synoptiker nicht 
einmal mehr gilt, da lälst sich freilich leicht von der einen 
Tatsache behaupten, sie ist ursprünglich, von einer andern, 
sie ist später eingetragen. Widerspruch und Widerlegung sind 
hier von vornherein abgeschnitten. Indes sei es hier auch 
zur Ehre G.s gesagt, dals er diese Scheidung von Synopse 
und altchristlichem Glauben mehr theoretisch behauptet als 
praktisch ausnützt. So wird z. B. der lukanische Bericht über 
die Kindheitsgeschichte Jesu energisch geschützt gegen moderne 
Interpolationstheorien. Wohl aber stellt G. an die Forscher, 
welche seine Wege wandeln sollen, Anforderungen, die einer 


Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 61 


Präokkupierung mindestens sehr ähnlich sehen: „Wer solche 
Untersuchungen machen will, der muls vor allem eine deutliche 
Vorstellung von der Art des Mythischen haben; er muls seine 
Anschauungskraft durch Betrachtung orientalischer mythischer 
Formen erzogen haben... Man muls hier (bei Betrachtung des 
NT) den Mut haben, sich dem Eindruck der Dinge selbst zu 
überlassen, und versuchen, mit feinem Ohr ihre innerste Art ab- 
zulauschen“ (S. 37). Gewils sind diese Sätze richtig. Es darf 
aber nie vergessen werden, dals mutatis mutandis ganz die 
gleichen Anforderungen für die Interpretation eines historischen 
Textes Geltung haben, und dafs nie die Hingabe an den „Ein- 
druck der Dinge“ ausarten darf in ein Suchen nach mythischem 
Sinn, wo keiner da ist. 

G. wollte durch Aufstellung dieser Forschergrundsätze 
zweifellos für seine Sache etwas Stimmung machen, Er ver- 
fährt überhaupt psychologisch und pädagogisch. Es mag das 
damit zusammenhängen, dals seine Erörterungen auf früheren 
Vorträgen beruhen. Das Verschlucken der bittern Pille soll 
etwas erleichtert werden. So beginnt G. auch die Einzel- 
argumentation mit der Apokalypse, weil er hier, wo der 
Bilder- und Phantasiereichtum in unerschöpflicher Fülle vor 
uns liegt, am ehesten Zustimmung hoffen darf. Hierbei akzep- 
tiert er aus der modernen Kritik des NT den jüdischen Ur- 
sprung der Apk, wenigstens was die Stofie anlangt. Es 
gelingt ihm nun, zahlreiche Parallelen aus babylonischen, 
ägyptischen, parsischen Mythen anzuführen, welche mit dem 
in der Apk Erzählten grofse Ähnlichkeit haben. Die Sieben- 
zahl, welche ja in der Apk eine bedeutende Rolle spielt, wird 
zurückgeführt auf die sieben Planeten. Was die Apk über 
Engelwesen berichtet, ist „herabgedrückter Polytheismus“ 
(8. 41). Der „himmlische Divan* der 24 Presbyter hat in 
den 24 babylonischen Sterngöttern seine Parallele. Die vier 
apokalyptischen Tiere gehen zurück auf die vier Quartal-Tier- 
kreisbilder. Vor allem aber stehen bezüglich der Schilderung 
der himmlischen Stadt die mythologischen Beziehungen fest. 

Wer erkennt in der goldglänzenden Stralse nicht sofort 


62 Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 


die Milchstrafse? Die Götterstadt der Heiden ist in die ganze 
Schilderung übernommen worden. G. sagt wörtlich: „Diese 
himmlische Stadt ist, so glaubt dann auch das älteste Christen- 
tum, die wahre Heimat der Frommen, wo sie einst Gottes 
Herrlichkeit schauen“ (S. 51). Sollen die ersten Christen dann 
etwa auch noch an die perlenbesetzten Tore geglaubt haben ? 
Bezüglich des Buches mit den sieben Siegeln erklärt G.: „Hier 
haben wir also ein Dokument dafür, dafs solche Zaubervor- 
stellungen auch ins Judentum und Christentum übergeströmt 
sind“ (S. 61). „Fremde Religionen sprachen von einem kommen- 
den neuen Magiergott, der kraft seines Zaubers die Herrschaft 
über die Welt gewinnt und das Ende der Welt herbeiführt. 
Da erzählte man sich von einer solchen Szene der Inthroni- 
sation, durch die der neue Gott unter den alten anerkannt 
und zum Vezier des Höchsten ernannt wird. Das synkreti- 
stische Judentum bezog diesen Glauben auf seinen ‚Christus‘, 
das höchste himmlische Wesen nächst Gott. Die christliche 
Gemeinde aber behauptet: Unser Herr Jesus, der Gekreuzigte, 
das ist*der Christus trotz seines schimpflichen Todes! Er ist 
zum Himmel emporgestiegen und hat, zur Rechten Gottes, die 
höchste Macht über die Erde bekommen! Er wird die Siegel 
des göttlichen Buches lösen und das Weltende herbeiführen! 
So verherrlicht die christliche Gemeinde Jesus Christus als 
den, der Macht hat über Himmel und Erde, indem sie auf 
ihn die Formen anwendet, die weit untergeordnete Religionen 
für ihren Gott geprägt haben“ (S. 63). 

So Gunkel. Wenneresnur bei der „Anwendung der Form“ 
beliefse! Wenn er nur nicht mit der Form auch den Inhalt so 
häufig entlehnt sein liefse! Was G. im besten Falle gelungen ist, 
das ist der Nachweis, dafs der Apokalyptiker sich einer grölseren 
Anzahl von Bildern und Symbolen bedient, die dem damaligen 
Christen- und Judentum geläufig und in ihrer Existenz uralt 
waren, da sie bereits von alten Mythen ausgeprägt worden 
sind. Das wird auch der zugeben können, der in der Apoka- 
lypse positive göttliche Offenbarung niedergelegt sieht. Denn 
„dals die Bilder der ekstatischen Vision an den Anschauungs- 


Bickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 63 


kreis des Sehers sich anschlielsen, ist unleugbar“ '. In all 
den Thesen, welche G. bezüglich der Anschauungen des Apo- 
kalyptikers aufstellt, scheint mir nur immer das kleine, aber 
absolut notwendige Wörtchen Wie nicht scharf genug betont 
zu sein. Christus am Ende der Zeiten ist nicht der alte 
Zauberer, sondern handelt wie ein gewaltiger Magier, der 
die Siegel eines geheimnisvollen Buches löst. Der Kampf der 
gottfeindlichen Welt gegen die Kirche Jesu vollzieht sich wie 
der Kampf des Drachen gegen die Himmelsgöttin, von dem 
alte Sagen erzählen. Den Engeln teilt der Apokalyptiker eine 
ähnliche Rolle zu wie die Heiden manchen Göttern. Also 
nicht Objekte, sondern Gleichnisse des christlichen Glaubens 
und Hoffens stellen die Stoffe der Apk dar. Obwohl G. das 
kaum bestreiten wird, geht doch immer sein Bestreben dahin, 
den Glauben der ersten Christen selbst in die Genesis seiner 
bildlichen Formen hereinzubeziehen. Aber er jagt damit einem 
Phantom nach, und tatsächlich ist das, was er ın dieser Rıch- 
tung hier vorbringt, kaum der Ansatz zu einem Beweise. Man 
ist eben nach allen Regeln literarischer Kritik einem Buche 
gegenüber, das wie die Apk fast ganz in Bildersprache redet, 
zu einer reinlich geschiedenen Behandlung von Form und In- 
halt nicht blofs berechtigt, sondern verpflichtet. Parallelen in 
der Form beweisen nie und nimmer Abhängigkeit des Inhalts. 

G. sagt bezüglich seiner Auffassung der Apk: „Wer an 
diesem Punkte nicht überzeugt wird, für den ist alles Folgende 
sicherlich nicht beweiskräftig* (S. 38). Wir können uns also 
bezüglich der G.schen Kritik an den historischen Texten 
des NT kurz fassen. Hier zeigt sich nämlich in voller Deut- 
lichkeit, dafs esihm nicht nur um die Form der Erzählung — 
dieselbe ist ja bei den schlichten evangelischen Berichten dem 
Inhalt adäquat —, sondern um das Erzählte selbst zu tun ist. 
Dieses soll nicht vom historischen Jesus hergenommen, sondern 
unabhängig von ihm und vor ihm entstanden sein. Was die 
Evangelien über die wunderbare Geburt Jesu aus der Jung- 
frau erzählen, soll alten Götter- und Heroensagen abgelauscht 


ı J. Belser‘, Einleitung in das NT, Freiburg i. Br. 1901, 417£. 


64 Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 


sein. Die Kindheitsgeschichte Jesu bei Mt ist nichts als eine 
Repristination der uralten Erzählung vom „alten König, der 
den neuen Herrscher, der nach dem Orakel geboren werden 
soll, verfolgt“ (S. 69). So falst G. auch die Berichte über die 
Himmelfahrt und Hadesfahrt Jesu als mythologische Ein- 
tragungen und Ausschmückungen auf. Die Sonntagsfeier ist 
gleichfalls nicht spezifisch christlich; sie sei schon in Juden- 
kreisen üblich gewesen. Vor allem aber ist der Glaube an 
die Auferstehung Jesu eine Entlehnung aus fremden Religionen. 
In Ägypten insbesondere waren der Tod und die Auferstehung 
von Göttern schon längst Gegenstand religiöser Verehrung. Auch 
das Judentum scheint dieser Anschauung nicht sehr ferne zu 
stehen; „in gewissen geheimen Kreisen und Winkeln“ muls der 
Glaube an den auferstehenden Messias schon Fuls gefalst 
haben. „Ist es nun Zufall“, so fragt G. weiter, „dals man 
behauptet, gerade am Östersonntag frühmorgens bei Aufgang 
der Sonne, an diesem besondern Kalendertage, an diesem 
hochheiligen Sonntage, sei Jesus auferstanden? Soll man nicht 
annehmen, dals die Idee vom Wiedererstehen des gestorbenen 
Gottes längst an diesem Tage fixiert war?“ „Wenn aber“, so 
schlielst G. weiter, „das Datum der Auferstehung übernommen 
ist, dann doch auch gewils die Vorstellung von der Auferstehung 
selber“ (S. 79). 

Also nicht einfache Berichterstatter dessen, was sie ge- 
hört und gesehen oder glaubwürdig erkundschaftet hatten, 
sind nach G. die Evangelisten, sondern Sagendichter, die 
alles Grofse und Wunderbare, was sie aus antiken Märchen 
oder aus den Legenden des Volkes wulsten, auf ihren Jesus 
übertragen haben. Und diese Macht der Mythen denkt sich 
G. so grols, dals auch ein Geist wie Paulus derselben unter- 
liegt. Seine Lehre von der Taufe, welche er in den symbo- 
lischen Ausdrücken des Ertränktwerdens und Ersterbens mit 
Jesus und dann der Wiederauferstehung mit ihm niedergelegt 
hat, sei nichts anderes als ein christianisierter Osiriskultus. 
Nach Anschauung der Ägypter konnte der, welcher sich mit 
diesem Gotte mystisch vereinte und mit ihm starb, durch west- 


Sickenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 65 


liche Gewässer mit ihm in die Gefilde der Ruhe eingehen. 
Abgesehen davon, dals G. auch hier wieder verkennt, dals 
seine mythische Parallele höchstens die symbolische Form der 
paulinischen Lehre, nicht diese selbst trifft, vergilst er auch 
die spekulative Kraft des Völkerapostels, der doch wahrlich 
jener erbärmlich phantastischen Vorlage nicht bedurfte, um in 
einem Bilde die reinigende und heiligende Kraft der Taufe 
auszudrücken. Trotz gegenteiliger Versicherung (S. 12) lälst 
G. die Massenströmungen die Individualität einzelner grolsen 
Personen völlig überfluten. Die moderne Kritik, die Pauli 
Christologie als vom Leben Jesu fast unabhängig darstellen 
möchte, schlägt dieselbe dafür in mythologische Bande. 

Was kann nun aber G. als Beweis für seine „Grund- 
anschauung“ vom mythischen Charakter der ntl Schriften an- 
führen? Nichts als Parallelen, die mit grolsem Scharfsinn und 
Fleifs gesammelt — in dieser Schrift allerdings nur skizziert 
sind. Weil eine antike Göttersage etwas Ähnliches erzählt 
wie die Evangelien, darum müssen die letzteren nicht historische 
Berichte, sondern sagenhafte, unwahre Ausschmückungen ent- 
halten. Sehen wir davon ab, dals eine solche Schlulsfolgerung 
dem ganzen Charakter der evangelischen Berichte widerspricht, 
so ist dieselbe nur dann möglich, wenn eine unbewulste oder be- 
wulste Nachahmung der antiken Sage festgestellt werden kann. 
Diese historische Kontinuität hat nun nach G. das Judentum 
durch seinen weitgehenden Synkretismus zu vermitteln. Zwar 
widerspricht hier G. aller Tradition, daja das Judentum wie keine 
zweite Religion gegen fremde Einflüsse exklusiv sich verhalten 
hat. Auch will es oft schwer gelingen, den Durchgang durchs 
Judentum zu finden. G. gesteht selbst einmal, dals von der 
mythologischen Spur, die er suche, im Judentum „so gut wie 
nichts bezeugt ist“ (S. 94). In solchen Füllen dringt aber G.s 
Blick hinter die Kulissen. Er findet dann in den tieferen und 
mehr verborgenen Schichten des Volksglaubens das, was er zu 
finden wünscht. Leise Spuren und Andeutungen — mehr kann 
man ja hier nicht verlangen — genügen da dem Forscher und 


stellen ihn gegen die Möglichkeit eines Angriffes ziemlich sicher. 
Biblische Zeitschrift. II. 1. h) 


66 Siokenberger, Neutestamentliche Prinzipienfragen. 


Auf solche Basis und Methodik stellt also der moderne 
Mythizismus seine Anschauungen. Und diese möchte nun 
G. zum Programm der künftigen ntl Forschung erheben, von 
ihnen verspricht er sich ein besseres „Verständnis des NT“. 
Für solche, die das Supranaturale an seinen Aufstellungen 
vermissen, bringt G. Beruhigungsmittel in Empfehlung. „Die 
Pietät“, sagt er, „die dieser frommen Legende (Kindheits- 
geschichte Jesu) gebührt, wird für den historisch Gestimmten 
durch die Aufzeigung dieser (mythischen) Analogien keineswegs 
zerstört: die Welt tut sich uns auf, und wir sehen, wie sich 
‚viele Generationen vor uns an dieser Erzählung erbaut haben. 
Und wir freuen uns dessen, dals Jesus einen so gewaltigen 
Eindruck auf seine Zeitgenossen gemacht hat, dals auch diese 
uralte Geschichte auf ihn übertragen worden ist.“ Bildlich 
gesprochen bedeutet das nichts anderes, als einem, dem das 
Sonnenlicht entzogen worden ist, zumuten, dals er sich am 
Mondlicht erfreue. Es ist nicht wahr, was G. S. 85 sagt: 
„Man braucht wahrlich keine Sorge zu haben, dafs solche 
religionsgeschichtliche Ableitung den Wert der ntl Religion 
herunterziehen werde; sie wird ihn im Gegenteil gerade ins 
hellste Licht stellen.“ Der offenbarungsgläubige Theologe 
braucht sich durchaus nicht ängstlich den Ergebnissen der 
Religionsvergleichung zu verschlielsen. Er wird nur finden, dals 
Gott auch die Sprache der Menschen zu reden versteht. Aber 
eine solche religionsgeschichtliche Ableitung, wie G. sie ver- 
sucht, zerstört die Selbständigkeit und Glaubwürdigkeit des 
NT und basiert alles auf viel zu weitgehenden Subjektivismus. 

Der ntl Forscher mag aber hieraus wieder ersehen, wie 
Altes und Neues Testament eine unzertrennbare Einheit bilden 
und wie ein Angriff auf das eine auch immer einen solchen 
auf das andere involviert. Der Babel-Bibel-Streit scheint an 
einem Punkte einzusetzen, der weit vom NT entfernt liegt. 
Wie er aber in seinen Konsequenzen das NT ebenso empfind- 
lich trifft, das neuerdings klar gezeigt zu haben, bleibt ein 
Verdienst des Religionshistorikers Gunkel. 


Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 
Von Pfarrer Johann van Bebber in Rindern. 


m die Österzeit des Jahres 1903 brachte eine grolse Zahl 

deutscher Tagesblätter die Kunde, dem Königsberger 
Universitätsprofessor H. Achelis sei es gelungen, den Todes- 
tag Jesu zuverlässig zu datieren. Der Göttinger Gesellschaft 
der Wissenschaften, so hiels es, habe er eine gelehrte chrono- 
logische Abhandlung vorgelegt und darin mit Hilfe eigens 
in Berlin für ihn angestellter astronomischer Mondphasen- 
berechnungen den Nachweis geliefert, dafs 

der 6. April des Jahres 30 n. Chr. 

als der wahre Karfreitag zu betrachten sei. Manch einem, der 
diese „sensationelle“ Nachricht las, wird es schwer gefallen 
sein, den Kopf nicht zu schütteln. Am Schlusse seiner Abhand- 
lung, die in den „Nachrichten“ der genannten Gesellschaft 
(philol. hist.-Klasse 1902, 708—717) erschien, legt der Verfasser 
selbst das etwas naive Bekenntnis ab: „Ich hatte dies alles 
längst niedergeschrieben, als ich bemerkte, dafs ich eine ganze 
Reihe älterer und neuerer Vorgänger habe, die unsere Frage 
von dem gleichen Ausgangspunkte aus untersuchten und zum 
Teil zu demselben Resultat gelangten. Der alte Bengel und 
Karl Wieseler haben beide das obige Datum für den Kar- 
freitag berechnet, nur dafs sie, in astronomischen Dingen nicht 
so gut beraten wie ich, und über den jüdischen Kalender jener 
.Zeit im Unklaren, den 7. April statt des 6. annahmen.* Hierzu 
verweist Achelis in der Fulsnote auf H. Sevin, Chronologie 
des Lebens Jesu 2 Tübingen 1874. Dals seit dem Er- 


scheinen dieser Buchauflage noch manche andere Schrift- 
5% 


68 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 


forscher sich eingehend mit der vorliegenden Frage beschäftigt 
und mit Beihilfe von bewährten Astronomen deutscher, hollän- 
discher, französischer und englischer Zunge zu dem gleichen 
Resultat gekommen sind wie Bengel und Wieseler, scheint 
dem Königsberger Gelehrten bislang unbekannt geblieben zu 
sein. Die Differenz von einem Tage scheint nun zwar an 
sich irrelevant; allein wenn Prof. Achelis recht hat, dann hat 
die Glaubwürdigkeit der drei ersten Evangelisten und nicht 
blofs dieser allein einen gewaltigen Stols erlitten. Das beweist 
schon die hohe Befriedigung, womit die liberale bibelfeindliche 
Tagespresse seine neue Entdeckung begrülste. 

Wie beweist nun Achelis seine These? Der Wochentag 
des Todes Jesu, sagt er ganz richtig, steht für den Historiker 
unumstölslich fest; denn alle vier Evangelisten bezeichnen als 
solchen den Freitag. Dagegen sollen sie nach exegetischen 
Autoritäten wie Fr. Bleek, B. Weils und W. Beyschlag in der 
Bestimmung des Monatsdatums auseinandergehen. Während 
nämlich die drei Synoptiker den Herrn am 14. des jüdischen 
Paschamonats Nisan das gesetzmälsige Pascha essen und am 
folgenden hohen Paschafesttage (15. Nisan) sterben lassen, 
stelle Johannes die Sache so dar, als habe der Herr bereits 
am 14. Nisan den Kreuzestod erlitten. Wer von ihnen recht 
habe, darüber werde das Jahr des Todes Jesu entscheiden 
müssen. Als dieses Jahr ergebe sich das Jahr 30 n. Chr. 
(783 d. St. Rom) teils aus den evangelischen Zeugnissen, teils 
aus den astronomischen Berechnungen der Nisanvollmonde der 
10 Pilatusjahre. Zu den evangelischen Zeugnissen rechnet Achelis 
nach dem Vorgange E. Schürers und mit Berufung auf ihn 
Lk 3, 1; 4, 19 und Jo 2, 20; aber ihre Behandlung ist sehr 
eigentümlich; sie stellt uns vor die Wahl, ob wir Lukas oder 
Johannes für einen falschen Berichterstatter halten wollen in 
einer Sache, worin eine Täuschung auf seiten des einen wie 
des andern kaum denkbar ist. Nach Lk 3, 1f trat der Täufer 
und Vorläufer des Heilandes auf im 15. Regierungsjahre des 
Kaisers Tiberius, während Pilatus Prokurator von Judäa, 
Herodes Tetrarch von Galiläa, Philippus Tetrarch von Ituräa 


van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 69 


und Trachonitis, Lysanias Tetrarch von Abilene war, unter 
den Hohenpriestern Annas und Kaiphas. Das 15. Tiberiusjahr 
erklärt Achelis richtig: es war die Zeit zwischen dem 19. August 
28 (781) und dem 18. August 29 (782). Auch darin müssen 
wir ihm beistimmen, dals Lukas mit der grolsartigen fünffachen 
Datierung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht blofls die Zeit 
des ersten Auftretens des Täufers fixieren wollte, sondern auch 
und wohl ganz besonders die Zeit der Taufe und des Anfanges 
der öffentlichen Lehr- und Wunderwirksamkeit des (ungefähr 
ein halbes Jahr jüngeren) Weltheilandes; desgleichen, dafs 
„das angenehme Jahr des Herrn“, von dem der Herr Lk 4,19 
redet, nach der Meinung des Lukas (wie nach der fast ein- 
stimmigen Lehre der ältesten Väter) das einzige Lehrjahr Jesu 
gewesen und im Jahre 30 (783) sein Ende gefunden habe. 
Hiermit soll nun die johanneische Chronologie nicht überein- 
stimmen, aber doch auch auf dasselbe Todesjahr 30 führen. 
Johannes, heilst es, lasse den Herrn nicht ein, sondern zwei 
(wenn nicht drei) Jahre (von Ostern zu Ostern) öffentlich lehren, 
und zwar angefangen von Ostern des 14. (oder 13.) Regierungs- 
jahres des Kaisers Tiberius. Dies beweise der Ausspruch der 
Hierarchen Jo 2, 20: „46 Jahre ist an diesem Tempel gebaut 
worden, und du willst ihn binnen drei Tagen aufrichten!“ Aber 
wie liegt denn die Sache? Beachten wir zunächst, dafs die Hier- 
archen die Zahl 46 betont voranstellen und zwar im blolsen 
dat. temp., im Gegensatz zum folgenden &v c. dat. (binnen), so 
folgt, dals sie volle 46 Jahre meinen, und da 46 nicht zu den 
runden Zahlen gehört, so wird sie auch der Wirklichkeit 
möglichst nahe kommen bis auf ein Bruchjahr, das noch hinzu- 
gekommen sein kann, dann aber unerwähnt gelassen werden 
mulste, wollten die Sprecher nicht pedantisch genau sein. 
Wenn ferner Josephus (Ant. 15,11, 1) den Zeitpunkt, wo Herodes 
mit dem Plan hervortrat, den Tempel neu auf- oder umzu- 
bauen, mit den Worten angibt: Töte yoüv OKTWEKOALIdEKATOU TG 
“Hp. Bacıkelag Yerovötog Eviauvtoü neTä TAG TTPoEIpPnuEVaS trpäfeıg 
xTtA., so haben wir in dem yeyovörog nur eine gesuchte Ab- 
wechslung zu erkennen für napeA86vrog, welches er gebraucht 


70 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 


hatte bei der letztvorhergehenden Zeitbestimmung (15, 10, 3): 
„Als bereits sein 17. Regierungsjahr vorübergegangen war 
(napeA06vrog), kam der Kaiser nach Syrien“, nach Dio Cass. 
54, 8f Anfang Sommer 734, nachdem er im Frühjahr die 
Provinzen Asia und Bithynien geordnet hatte. Daher ist mit 
Patrizzi und Thom. Levin (Fasti sacri IX) die obige Stelle zu 
übersetzen: „Tunc igitur decimo octavo regni Herodis anno 
transacto.“! Mithin begann der Tempelbau nicht im 18,, 
sondern im 19. Regierungsjahre des Herodes (1. Nisan 735 bis 
dahin 736), und zwar, wie Josephus hinzufügt, „nach den vorher 
berichteten Handlungen“: Bau eines Augustustempels nach der 
Herbst 734 erfolgten Abreise des Kaisers Augustus, Steuer- 
nachlafs zur Beschwichtigung der über jenen Tempelbau auf- 
geregten Gemüter, Einrichtung eines ausgedehnten Spionier- 
systems und Abnahme eines allgemeinen Huldigungseides. 
Haben sich diese Handlungen aller Wahrscheinlichkeit nach 
geraume Zeit über das Osterfest 735 hinaus erstreckt, dann 
waren am ÖOsterfeste 782 nicht mehr als 46 ganze Baujahre 
verflossen. Freilich ist der hier angenommene Anfangstermin 
der Bauzeit vorerst, wie gesagt, nur wahrscheinlich; aber diese 
Wahrscheinlichkeit erhebt Lk 3, 1 zur Gewilsheit. Umgekehrt 
wird die Zugehörigkeit der (nach der tagebuchartigen Rela- 
tion des Johannes — 1,19 bis 2,13 — in den Monat Februar 
fallenden) Taufe Jesu sowie seines Anfangspaschas zu dem 
15. Tiberiusjahr, die wir vorhin nach Lk 3, 1f nur als wahr- 
scheinlich bezeichnen konnten, durch die 46 Jahre bei Johannes 
zur Gewilsheit erhoben. So ergänzen sich beide Evangelisten. 
und ihre vereinten Angaben lassen nicht den geringsten Zweifel 
darüber, dals das Anfangspascha im Öffentlichen Leben des 
Herrn (Jo 2,13) ins Jahr 782 oder 29 n. Chr. fiel. Dafs nun 
auch Johannes nur ein Lehrjahr Jesu kennt und in seinem 
Evangelium nachdrücklich vertritt, ist anderwärts bereits 


ı Vgl. zu yYiyveodar = bıaylyveodaı Josepb. C. Apion. 1,15; 2,38; 
Herod. 2, 2; Plat. Prot. 3202; Critias 1lla; Phaed. 108c; Xen. Hell. 
2,4, 25. 88; Demosth. 19, 3; 20, 130; 38,6; Lys. 7, 9; Lykurg 8, 1; 
Diod. 20, 109; Plut. Phoc. 36. 


van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 71 


dargetan worden ! und wird weiter unten seine Bestätigung 
finden. Daher fällt auch nach Johannes das Leidenspascha 
in das Jahr 30 (783), ein Resultat, das auch Prof. Achelis 
anerkennt. 

Fragen wir jetzt, wie sich die astronomische Wissen- 
schaft zu diesem Jahr sowie zum Monatsdatum des Todes 
Jesu stellt; denn hier hat die Astronomie ein entschei- 
dendes Wort mitzusprechen. Wie nämlich Achelis richtig 
ausführt, hatten die Juden ein gebundenes Mondjahr und 
feierten ihr Pascha wenigstens zur Zeit Christi stets nach 
dem Frühlingsäquinoktium, welches nach Philo (Quaest. in 
Gen. II 6) auf den 27. Phamenoth = 23. März angesetzt wurde, 
was Ideler als vollkommen richtig für die damalige Zeit be- 
stätigt. Nach demselben Philo sowie nach Josephus und den 
jüdischen Gewährsmännern des Anatolius wurde das Pascha- 
lamm stets von den Juden geschlachtet und gegessen gegen 
Abend des 14. Frühlingsmonats Nisan, wenn, wie Philo (II 
169; vgl. Il 293 Mang. u. Quaest. in Gen. 191) sagt, der Mond 
im Begriff war, voll zu werden (uEAAovrog Toü geAnviaKou 
KkuükAou Yiveodaı Ancıpaoüg), worauf dann der Hauptfesttag 
(15. Nisan) mit Sabbatcharakter und zahllosen Festdankopfern 
folgte. Die Frage, ob die Juden bei der Bestimmung des 
Vollmondes lediglich von dem Sichtbarwerden des Neulichtes 
sich leiten liefsen oder auch astronomische Berechnungen zu 
Hilfe nahmen, ist streitig. Die Talmudisten und die meisten 
Neueren bejahten die Frage in letzterem Sinne, und es ist 
höchst wahrscheinlich, dafs die Juden ebenso wie die nach 
Mondjahren rechnenden Hellenen (vgl. Strabo 17, 29) sich 
Rats erholten bei den babylonischen Astronomen, welche die 
wahren Neu- und Vollmonde mit erstaunlicher Genauigkeit zu 
berechnen verstanden, wie die Entzifferung babylonischer Mond- 
ephemeriden durch Stralsmaier, Epping und Kugler beweist. 


ı Vgl. meine Chronol. d. Lebens Jesu, 1898, 26 ff und Bibl. Zeitschrift 
1903 Heft 1 u. 2; über die Einwendungen dagegen: Mainzer Katholik, März- 
heft 1899; Tübinger Theol. Quartalschr. 1902 Heft 4, 518f, 1903 Heft 2, 
192f; Belser, Geschichte des Leidens des Herrn, 1%3, 145 ff. 


12 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 


Auf eine desfallsige Anlehnung der Juden an die Babylonier 
weist entschieden hin die Konformität des nachexilischen jüdı- 
schen Kalenders mit dem babylonischen in der Benennung 
und Einteilung der Monate und, wie es wenigstens scheint, 
auch in der Schaltmethode, desgleichen der Gebrauch der 
Seleucidenära in der Form der babylonischen Astronomen. 

Wenn nun Prof. Achelis die wahren Vollmonde durch 
das Berliner astronomische Recheninstitut für sämtliche zehn Pi- 
latusjahre (26—36) hat berechnen lassen, so ist das offenbar des 
Guten zu viel. Nach dem, was wir oben über das Anfangspascha 
des Herrn im Jahre 29 (15. Tiberiusjahr) festgestellt haben, 
bleiben die ersten vier Pilatusjahre (26—29) hier völlig aulser 
Betracht. Sollen dann auch noch diejenigen Exegeten berück- 
sichtigt werden, die mehr als zweı Paschafeste im öffentlichen 
Leben Jesu annehmen zu müssen glauben, so kann es sich 
doch nur um die Jahre 30, 31 und 32 handeln, nicht mehr 
um das Jahr 33, da kein Exeget fünf Paschafeste zugeben wird. 
Nach den von Achelis mitgeteilten Daten trat der Frühlings- 
vollmond in den drei genannten Jahren ein, wie folgt: 

Jahr 30 am 6. April 10—11 Uhr abends Jerus. Zeit 
„sl „ 27. März 1-2 „ nachmitt. „ = 
„ 32 „ 14. April 11-12 „ vormitt. er ” 

Hiernach, so fährt Achelis fort, haben die Juden den 
14. Nisan mit Schlachten und Essen des Paschalammes ge- 
feiert im 

Jahre 30 am 6. April, einem Freitag 
„ 31 „ 27. März, einem Dienstag 
„ 32 „ 14. April, einem Montag. 

Da nun der Herr, so lautet der unausweichliche Schluls, 
an einem Freitag gestorben ist, so kann es nur im Jahre 30 
gewesen sein, und zwar am 14. Nisan, dem Vortage des hohen 
Österfestes. Damit sei dann die Streitfrage über die syn- 
optische oder johanneische Chronologie der Leidenszeit (s. S. 67 f) 
entschieden und zwar zu Gunsten des Johannes. Dies Verhältnis 
würde nach Achelis sich auch nicht ändern zu Gunsten der 
Synoptiker, wenn man das Unwahrscheinliche annehmen wollte, 





van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 73 


dafs die Juden den Monat Nisan nach dem Erscheinen des 
Neulichtes am Abendhimmel bestimmt hätten; denn nach den 
Mitteilungen des Berliner astronom. Instituts würde bei dieser 
Voraussetzung der 14. Nisan im Jahre 30 ebenfalls auf den 
6. April, im Jahre 31 aber auf den 26. (möglicherweise auch 
auf den 27.) März, im Jahre 32 auf den 13. April gefallen sein. 

Das ist nun gewils ein. harter Schlag für die drei ersten 
Evangelisten und für alle diejenigen, welche ihre so bestimmten 
und klaren Angaben über den Tag der gemeinsamen Oster- 
lammfeier zu Jerusalem (Donnerstag d. 14. Nisan) im Todes- 
jahre Jesu für unantastbar glaubten halten zu müssen. Die 
Sache wird um so beängstigender, wenn man beachtet, dafs 
der Herr nach Mt 23, 38f am Dienstag Abend in der Kar- 
woche (vgl. 26, 2) von den Hierarchen und allen ungläubigen 
Bewohnern der Stadt Jerusalem sich verabschiedete mit der 
prophetischen Versicherung, sie würden ihn von Stunde an nicht 
mehr zu sehen bekommen, bis sie am bevorstehenden Pascha- 
abende beim Essen des Paschalammes den Hallelpsalm 118 
mit seinem messianischen Bewillkommnungsgruls: „Hosanna — 
Gebenedeit, der da kommt im Namen des Herrn“ gesagt (ge- 
sungen) haben würden. Ist damit nicht bestimmt erklärt, dafs 
die allen Juden in Jerusalem gemeinsame Paschalammfeier des 
14. Nisan am Donnerstag stattfinden werde? Aber auch 
Johannes weils es nicht anders, als dals der Herr am Donners- 
tag den 14. Nisan gemeinsam mit allen Juden das Pascha- 
lammessen gefeiert und am folgenden 15. Nisan am Kreuze 
gestorben ist. Hierfür liefert sein Evangelium eine ganze Reihe 
von Belegen. Nach 12,1 reiste Jesus mit einer grolsen Fest- 
karawane (vgl. Mk 10, 46) von Jericho gen Jerusalem npoö € 
NnepWv ToD rraoxa, d. h. am 6. Tage vor der Paschaoktav 
(ndoya), und zwar an einem Freitag, da man an einem 
Sabbat keine Reisen machte. Folglich fiel auch nach Johannes 
der erste Tag des Pascha- oder (wie die Synoptiker sich 
ausdrücken, des) Azymafestes (14. Nisan) auf Donnerstag. 
Bestätigt wird dies durch den Zweck, den er mit der chrono- 
logischen Notiz verfolgt. Sie soll offenbar die in V.7 enthal- 


74 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 


tene Weissagung Jesu verständlich machen, dals er am (fol- 
genden) Freitag um dieselbe Tageszeit (kurz vor Anbruch 
des Sabbates) überaus kostbar einbalsamiert werde, jedoch 
ohne Ölsalbung seitens der Frauen, was dann Johannes 
später als erfüllt nachweist. Nach 13, 1f setzte der Herr 
beim letzten Abendmahl das gröfste aller Liebesgeheimnisse, 
die heilige Eucharistie, für alle die Seinen ın der Welt ein, 
nicht npd Toü nacoyxa (was den Abend des 13. Nisan bei Johannes 
bezeichnen würde), sondern npd tig &opräis Toü naoyxa, d.h. 
am Vorabende des Hauptfesttages (15. Nisan) in der 
Paschaoktav (vgl. 2, 23 u. 19, 14: Freitag in der Paschaoktav). 
Wie 13, 29 erzählt wird, vermuteten einige Jünger bei den 
Worten Jesu V. 27%, Judas solle noch schnell in der Nacht 
Einkäufe machen oder den Armen Geld (für solche Einkäufe) 
geben eig rrv £opriv, d. h. für Festopferspeisen, versteht 
sich des 15., nicht des 14. Nisan. 11, 9f weissagt der Herr, 
dals die Nacht seiner Gefangennehmung eine finstere sein 
werde, was 18, 3f als erfüllt nachgewiesen wird. Die Pointe 
der Weissagung lag ohne Zweifel darin, dals der Vollmond 
damals bereits am Himmel stand, aber durch besondere 
Fügung Gottes (Lk 22, 53) durch schwarze Wolken ver- 
deckt war. Nach 19, 20 lasen viele von den Juden den 
Kreuzestitel, „weil der Kreuzigungsplatz nahe bei der 
Stadt lag“: eine Hindeutung darauf, dals es (Fest-)Sabbat 
(15. Nisan) war, an dem es den Juden verboten war, 
den Sabbatrayon zu überschreiten. Nach 19, 31 baten die 
Hierarchen den Pilatus um das Krurifragium der drei Ge- 
kreuzigten, damit, wenn sie wie wahrscheinlich am folgenden 
Sabbat stürben, ihre Leichen nicht über Sonnenuntergang 
hinaus am Kreuze hängen bleiben mülsten (gegen das Gebot 
Dt 21, 22f), weil es damals Freitag, folglich der folgende 
Sabbattag ein Wochensabbat oder grofser (peyaln) d.h. 
strenger Ruhetag (schabbath schabbathon), wie alle Wochen- 
sabbate, war und daher den Juden die Lieichenbestattung nicht 
gestattete, im Gegensatz (so will Johannes andeuten) zu dem 
laufenden Festsabbat (15. Nisan), der ein Ruhetag von min- 


van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 75 


derer Strenge war und verschiedenes erlaubte, wie z. B. Fest- 
speisen kochen (Ex 12, 16), Leichen bestatten und die zu 
den Festspeisen oder zur Leichenbestattung nötigen Dinge 
einkaufen (Jo 13, 29. Mk 14, 46. Lk 23, 56). Was dann die 
in der Chronologie der Leidensgeschichte so berühmt ge- 
wordene Stelle 18, 28 betrifft, so enthält sie kein Argument 
gegen, sondern ein dreifaches Argument für die Überein- 
stimmung des Johannes mit den Synoptikern: das erste liegt 
in npwi (4. Nachtwache, vgl. 20, 1), das zweite in iva ui) niav- 
Oworv (Verunreinigung durch Aufenthalt in einem im Laufe 
des 14. Nisan von Sauerteig nicht gereinigten Hause), das 
dritte in pdywanv, wofür noınoworv oder Oucwaoıv zu erwarten 
wäre, wenn TO tacyxa hier speziell das Osterlamm bedeuten 
sollte (vgl. meine Chronologie des Lebens Jesu 41ff,. Wenn 
endlich Johannes nach dem Zeugnisse der kleinasiatischen 
Kirche am 14. Nisan Ostern (mit Eucharistie und einer das 
Osterfasten beschliefsenden Agape) zu feiern pflegte, so tat er 
das nicht zum Andenken daran, dals der Herr am 14. Nisan 
gestorben war, sondern weil dieser am Abende des 14. Nisan, 
im Anschlufs an das jüdische Pascha, die heilige Eucharistie ge- 
feiert und darin, wie Johannes in seinem Evangelium weitläufig 
nachweist, seinen Kreuzestod wie seine Auferstehung und 
himmlische Verklärung antizipiert und diese unbegreif- 
lich wunderbare Doppelfeier zu einer dauernden Stiftung in 
seiner Kirche gemacht hatte. 

Wenn es hiernach als feststehend zu betrachten ist, dals 
sämtliche vier Evangelisten den Herrn am Freitag den 
15. Nisan am Kreuze sterben lassen, dann scheinen wir 
durch die jedenfalls sichern Ergebnisse der astronomischen 
Wissenschaft in ein Dilemma geraten zu sein, wie es schwie- 
riger kaum gedacht werden kann. Doch wir haben uns schon 
allzulange in die Irre führen lassen, nicht von den Astronomen, 
sondern von dem Chronologen Achelis. Ihm ist nämlich das 
verhängnisvolle Milsgeschick begegnet, dals er den 6. April 30, 
welcher, nach übereinstimmender Berechnung der Astronomen, 
als 14. Nisan mit Schlachten und Essen des Osterlammes 


176 van Bebber, Zur neuesten Datierung des Karfreitags. 


gefeiert worden sein muls, auf einen Freitag verlegte, statt 
auf einen Donnerstag, wie Bengel, K. Wieseler und alle 
Verfechter des nämlichen Todesjahres Jesu. Bezüglich der 
Wochentagsgleichung verweist Achelis auf die chronologischen 
Handbücher, beispielsweise auf Fleischhauers Kalender-Kom- 
pendium. Ganz recht. Bekannt ist Idelers Methode, den 
Wochentag eines beliebigen Kalenderdatums mit Sicherheit zu 
bestimmen. Lersch (Einleitung in die Chronol., 1889, 106 ff) 
stellte verschiedene neue Methoden auf und bestimmte $S. 113 
beispielsweise den 6. April 30 als Donnerstag. Am einfachsten 
war die Wochentagsgleichung während der Herrschaft des 
julianischen Kalenders. Schon die ältesten Väter wulsten den 
sog. Sonnenzirkel zu handhaben, wonach ein julianisches 
Monatsdatum jedesmal nach 4x7 = 28 Jahren auf denselben 
Wochentag zurückkehrt. Man vergleiche die bekannte, 112 
Jahre umfassende Östertafel Hippolyts, aufgestellt im Jahre 
222. Nach ihr fiel der 13. April genannten Jahres auf Samstag, 
im Jahre 254 auf Donnerstag, also auch 8x28 — 224 
Jahre früher, d.h. im Jahre 30. Dasselbe gilt dann vom 
6. April. Im Jahre 30 ereignete sich nach v. Oppolzer 
(Kanon der Finsternisse 120 Nr 2958) eine Sonnenfinsternis 
am 21. Mai, am 1732156. Tage der sog. julianischen Periode, 
also, da die Tageszahl durch 7 dividiert den Rest 6 gibt, an 
einem Sonntage!, woraus sich wiederum die Gleichung: 6. April 
— Donnerstag, ergibt. 

Nach dieser Richtigstellung kann von irgendwelcher Dis- 
harmonie zwischen den Astronomen und den Evangelisten oder 
einem Teile derselben keine Rede mehr sein. Dagegen liefert 
ihr vereintes und vollkommen übereinstimmendes Zeugnis den 
unanfechtbaren Beweis, dals das Datum des Kreuzestodes 
Jesu Christi kein anderes war und sein konnte als der 15. Nisan: 

Freitag d. 7. April 30 n. Chr. 

Die endliche Feststellung dieses Datums, des wichtigsten 

der ganzen Weltgeschichte, verdanken wir den Fortschritten 


| _ 


ı Vgl. W. F. Wislicenus, Astronomische Chronologie, 1895, 48. 


Herklotz, Zu Mk 1,1. 77 


der astronomischen Wissenschaft in den letzten Jahrhunderten. 
Zugleich bestätigt sie die Lehre der Evangelien und der fast 
einstimmigen Tradition der Väter und christlichen Schrift- 
steller, der orthodoxen wie der häretischen, des Morgen- und 
Abendlandes in den drei bis vier ersten Jahrhunderten, dals 
das öffentliche Lehramt des Herrn nur ein Jahr gedauert 
hat: von Ostern 29 bis Ostern 30 n. Chr.! 


t Über den Ursprung der mittelalterlichen Tradition, als sei der 
Herr am Freitag d. 25. März des Konsulatsjahres der beiden Gemini 29 
782) gestorben, s. meine Chronol. des Lebens Jesu 91 ff. 


Miszelle zu Mk 1,1. 


Zu den verschiedenen Auffassungen, welche dieser Vers 
erfahren, darf vielleicht eine weitere hinzugefügt werden. Zu- 
nächst steht dem dpyr ein aram. NW gegenüber, wie auch 
Pe$. an vorliegender Stelle wirklich liest. Aufser der häufigen 
Bedeutung „Haupt, Anfang“ kommt dem Worte eine weitere, 
davon abgeleitete zu: „Hauptsache, das Wichtigste eines Dinges, 
summa rei“. So gibt der Syrer Hebr 8,1 xepdAaıov durch 
xy) wieder. Vgl. auch Brockelmann, Lexic. syr. s. v., wo 
es, in diesem Sinne verstanden, freilich erst aus späterer Zeit 
belegt erscheint. Doch hatte es, wie die Hebräerbriefstelle 
zeigt, auch früher diese Bedeutung, konnte sie schon im 1. Jahr- 
hundert, auch in Palästina haben. Der Evangelist wählte nun 
zum Ausdrucke des Begriffes, den er mit NY" verband, das 
griech. dpxr, was bei nicht vollkommen ausgebildeter Sprach- 
kenntnis nicht überraschen dürfte. Als Aufschrift des Markus- 
evangeliums ergäbe sich unter dieser Voraussetzung: Summa 
evangelii J. Chr. Filii Dei; dpxyrn aber mülste als Aramais- 
mus bezeichnet werden. Der Titel würde mit der bekannten 
Charakteristik unseres Evangeliums, wie sie Papias bietet, nicht 
im Widerspruch stehen, als abgeschlossener Satz aber eine 
Verknüpfung mit dem folgenden Verse ablelnen. 

Leitmeritz. Dr Fr. Herklotz. 


Besprechungen. 


Lagrange, M.-J., O. Pr., La methode historique, surtout ä& propos de 
AT. 120 (VEIT u. 221) Paris 1903, V. Lecoffre. Fr 2.50 Bab 

Diese Publikation umfalst sechs Konferenzvorträge, welche P. Lagrange 
im November 1902 an der katholischen Universität zu Toulouse gehalten 
hat. Der Autor bemerkt im Vorwort, dals die Veröffentlichung lediglich 
zu dem Zwecke erfolgt sei, um Mifsverständnissen vorzubeugen, die sich 
an das blofse Hören des gesprochenen Wortes hätten anschliefsen können: 
„avec le texte imprim& chacun pourra juger par lui-möme“. Entsprechend 
diesem Ursprung des Werkes als einer Sammlung von Konferenzreden 
für eine nicht fachmännische Zuhörerschaft will auch der Autor dasselbe 
beurteilt wissen als „causeries“, nicht als „traites‘. 

Ich greife, indem ich dem Ansuchen der Redaktion folgend über 
den Inhalt des Buches Bericht erstatte, nur die prinzipiellen Gesichts 
pn heraus, und auch diese nur insofern, als sie die Methode der atl 

xegese berühren. 

Im dritten Vortrage erörtert L. „la notion de l’inspiration d’apr&s 
les faits bibligues“. Als exegetische Tatsachen, an denen der Inspiratious- 
begriff zu messen ist, werden der Reihe nach aufgeführt: erstens das Buch 
der Weisheit ist pseudonym und gleichwohl kanonisch, also inspiriert. 
Somit kann ein inspiriertes Buch pseudonym und um so viel mehr anonym 
ans Licht getreten sein (S. 82 ff). „Ce genre ne repugne pas & l’inspiration, 
temoin la Sagesse de Salomon. Il ne faudra donc pas rejeter les m&mes 
arguments pour Daniel sous pretexte que la pseud£pigraphie et l’inspi- 
ration sont incompatibles‘“ (S. 85). Wir möchten hierzu fragen, ob „pseudo- 
nym“ oder „Fiktion“ wohl der bezeichnende Ausdruck ist für das ganze 
Literaturgebiet, auf welches L. S.85 mit Recht verweist. Bücher wie die 
Weisheit Salomos und der Prediger Salomos stellen eine literarische Form 
dar, die dem Judentum der letzten vorchristlichen Jahrhunderte allem 
nach sehr geläufig war — aber mit dem, was wir, wenigstens im modernen 
Sinne, „pseudonym“ nennen, deckt sich diese Form doch wohl nicht. 
Sodann was das Buch Daniel betrifft, so liegt die Sache hier anders als 
bei Weisheit und Prediger. Wollte man das Buch Daniel in diese Kate- 
gorie einbeziehen, so könnte es sich nur um die Gesichte des zweiten 
Teiles handeln. Aber gerade für diese möchten wir einen echten danielischen 
Grundstock behaupten. 

Zweite Tatsache: Nach dem Zeugnisse des Spruchbuches hat eine 
vom König Ezechias eingesetzte Kommission die Sprüche Salomos und 
die von anonymen Weisen gesammelt. „Qui &tait inspir&? les sages ou le 
compilateur? l’auteur primitif ou la commission? Il nous suffhit de savoir 
que l’ouvrage tel que nous le lisons, est canonique et donc inspire“ 2 87) 
Wir würden die Fragestellung vorziehen, welche P. v. Hummelauer 
(u. a. Comment. in libr. losue, 1903, 80ff) diesem Problem gibt, und wo- 
nach der kanonische Charakter eines heiligen Buches das schliefsliche 
Ergebnis einer inneren Geschichte ist, die sich unter der geheimnisvollen 
Leitung der göttlichen Vorsehung abgewickelt hat. Übrigens auch bei 


Besprechungen. 79 


dieser Fassung des Problems bleibt der Analogieschlufs berechtigt, den L. 
aus der im Spruchbuche vorliegenden exegetischen Tatsache für die 
Pentateuchfrage ableitet. Es ist ganz richtig: die Annahme, dafs der 
Pentateuch durch einen Redaktor aus älteren Quellen zusammengestellt 
worden sei, ist mit dem Glauben an die Inspiration unbedingt vereinbar. 

Dritte Tatsache: Die Organe der Offenbarung schliefsen sich an an die 
Ideen ihrer Zeit „sur les sciences et sur l’histoire, sans les rectifier“ (S. 103). 
e ee Tatsache: „Les ecrivains sacr&s parlent selon les apparences“ 
(S. 109). 

Der vierte Vortrag (S. 111—145) behandelt „la m&thode historique, 
meme en matiere scientifique“. Der Redner bespricht die Deutungen der 
biblischen Berichte über Kosmogonie, Sintflut, Entstehung der Einzel- 
sprachen. Neue Gesichtspunkte enthält dieser Vortrag nicht, wohl aber 
der nächstfolgende, höchst interessante Vortrag über „caractere historique 
de la legislation civile des Hebreux“ (S.147—1821. Der göttliche Ursprung 
des mosaischen Gesetzes, sagt der Redner, schlielst keineswegs ein, dals 
dieses Gesetz für Israel etwas ganz Neues gewesen sein müsse. „Üar il 
n’est jamais opportun pour une nation, de se jeter brusquement hors de 
ses voies tradıtionnelles, et Dieu n’agit point avec cet emportement. .. 
Dieu a donc pris les coutumes en l’Etat, il les a approuv&es“ (S. 154 155). 
Den Nachweis, dafs durch das mosaische Gesetz in der Tat zum Teil 
ältere semitische Einrichtungen anerkannt und kraft formeller göttlicher 
Autorität legitimiert worden sind, führt L. durch Vergleichung der Tora 
mit der neu entdeckten Gesetzessammlung des babylonischen Königs 
Hammurabi. Die Geschichte der Hagar (Gn Kap. 16 u. 21) illustriert L. 
in trefflicher und origineller Weise durch das Eherecht des Hammurabi- 
Codex. Für die Altertümlichkeit des mosaischen Gesetzes bringt er 
eine Reihe interessanter Belege bei: so weist er nach, dals in den Be- 
stimmungen aus Anlals der Tötung eines Menschen durch einen bösartigen 
Stier die Tora, verglichen mit den Gesetzen Hammurabis, zeigt „les cou- 
tumes des Nomades, plus frustes et d’apparence plus anciennes, si la simpli- 
cite et l’austerite des moeurs sont vraiment le cachet de l’antiquite“ 
(S.166)!. Unmittelbar überzeugend ist die Deutung, welche L. auf Grund 
des Wortlautes bei Hammurabi den schwierigen ee Ex 21,6; 22,7. 
8.10 gibt — das hier im Bundesbuche geforderte „Erscheinen vor Elohim“ 
ist nichts anderes als der Eid (S. 167). Und mit Recht macht L. auf das 
Fehlen dieser Eidesforderung im Deuteronomium aufmerksam: „le code 
de l’Alliance, si semblable sur ce point ä celui de Hammurabi, porte donc 
specialement ici le cachet d’une haute antiquite“ (S. 168). Noch wichtiger 
und tiefgreifender ist das Ergebnis, wenn das Gesetzbuch Hammurabis 
nach seinem religiösen Charakter mit der Tora verglichen wird: „le droit 
des Hebreux est incontestablement superieur au point de vue religieux; 
et par lä, il contient un germe de perfection indefinie“ (S. 170). Denn es 

ibt eine Entwicklung innerhalb des A. B. und innerhalb des mosaischen 

esetzes. „Si la loi civile des Hebreux au temps de Moise n’est autre 
chose qu’une approbation donnee aux coutumes du temps, parce que Dieu 
ne veut rien troubler dans cet ordre de ce qui est normal, ne voyez-vous 
pas aussitöt cette consequence necessaire, qu’il se contredirait donc lui- 
meme, et dans les principes memes de sa Providence surnaturelle, s’il 
figeait son peuple dans l’immobilite ?“ (S. 174, 175.) Tatsächlich lälst sich 
die Entwicklung innerhalb der Gesetzgebung klar beobachten an dem Ver- 
hältnis, das zwischen Bundesbuch und Deuteronomium obwaltet (S. 175 ff). 
Das letztere, wenn auch nicht von Moses redigiert, kann gleichwohl mo- 
saisch genannt werden „dans un sens large, mais reel“. Für das Bundes- 


ı Übrigens fehlt bei diesem Beispiele die Zitation; ich trage sie hier- 
mit nach: gemeint ist Ex 21, 28—32 und im babylonischen Gesetzbuch 
Nr 250-252. 


80 Besprechungen. 


buch läfst sich der unmittelbar mosaische Ursprung mit vollem Rechte 
festhalten. 

Schliefslich fügt der gelehrte Autor noch zwei sehr beachtenswerte 
Bemerkungen an. Da mosaische Recht, soweit es die Stellung der Frau 
betrifft, „est le droit du desert“. Es sei daher ganz unmöglich, dafs diese 
Gesetze etwa aus der späteren Königszeit stammen. Denn die emanzipierte 
Stellung der Frau, welche Is 3, 18ff für das 8. Jahrh. erschliefsen läfst, 
kann schlechterdings nicht das Milieu gewesen sein, aus dem das Frauen- 
recht des mosaischen Gesetzes hervorging (S. 179 189). Im gleichen Sinne 
beweisend ist die Anerkennung der Blutrache als einer rechtlichen In- 
stitution im mosaischen Gesetze — „un point tr&s caracteristique des usages 
nomades“. Der Hammurabi-Codex anerkennt die Blutrache nicht (S.180 ff). 

Der sechste und letzte Vortrag über „l’histoire primitive“ erörtert 
die Frage, ob die Berichte der Genesis über die Urzeit und die patriarcha- 
lische Zeit als geschichtlich gelten dürfen: „L’histoire est soeur de l’&criture“ 
(S. 194). Wahre Geschichte könne es ohne geschriebene, unmittelbar oder 
mittelbar auf Augenzeugenschaft ruhende Dokumente nicht geben. Nun 
aber — „l’'humanite est tres ancienne, et le peuple hebreu est relativement 
tres jeune (S. 194)... L’histoire officielle des Hebreux coincide tres bien 
avec l’histoire officielle des Assyriens; les plus anciens souvenirs des 
Hebreux sur le premier grand chef de leur race se soudent encore au 
souvenir d’un grand monarque chalde&en; leur histoire primitive, qui aurait 
pu emprunter tant de faits de l’histoire generale aux documents assyriens 
et @gyptiens, ne se rattache que sur quelques points & la tradition baby- 
lonienne: dans la tradition babylonienne ces points ont du moins les ap- 
parences du mythe religieux“ (S. 200). Soll es also Mythen in der Bibel 
geben? Das Wort „Mythus“ will L. vermieden wissen, weil es zweideutig 
sei, indem der Sprachgebrauch mit ihm die Idee einer falschen Religion, 
des Polytheismus, verbinde. Aber tatsächlich behauptet der Redner das 
Vorhandensein von Mythen in den Berichten der Genesis. Als Beleg 
nennt er die Erzählung über Lots Weib und ihren Tod: „l’auteur ne croyait 
sans doute pas plus A la realite du fait, que lorsqu’il raconte l’origine 
incestueuse de Moab et d’Ammon“ (S.207). Und vollends für jene Perioden. 
die rückwärts von Abraham liegen, gebe es geschichtliche Erinnerungen 
gar nicht. „Ilya lä une immense lacune (S. 209)... Un immense espace 
nu s’etend de la cr&ation de l'homme au temps d’Abraham. Ce qui s’est 
passe alors, nous ne le saurons probablement jamais“ (S. 216). Allerdings 
ıst in den Berichten der Bibel über die Urzeit auch der über den Sünden- 
fall enthalten. Dieser ist Tatsache, aber eine Tatsache, deren Wahrheit 
für den Glauben durch die Autorität der Kirche bezeugt wird. 

Den Ausführungen dieses letzten Vortrages müssen wir widersprechen. 
Mythen anerkennen wir in den Erzählungen der Genesis auch dann nicht, 
wenn gesagt wird, dals diese Mythen frei seien von aller polytheistischen 
Färbung. Wir glauben, dals die erste Frage dahin gehen muls: Welcher 
Art ist die Quelle, aus der die Berichte der Genesis geflossen sind? Und 
darauf kann die Antwort gar nicht zweifelhaft sein: es ist die hebräische 
Überlieferung gewesen. Diese Überlieferung wurde mündlich fortgepflanzt 
noch über dıe mosaische Zeit hinaus. Ihre schriftliche Fixierung — in 
den bekannten Pentateuchquellen — kann nicht erfolgt sein vor der Richter- 
zeit, aber auch ihre Redaktion zum Ganzen des Pentateuch nicht nach 
dem salomonischen Tempelbau. Zwischen dem Termin ihrer Nieder- 
schreibung und zwischen den Perioden, über welche diese Traditionen 
berichten, klafft nun freilich ein gewaltiger Zeitraum; liegt ja doch schon 
die Zeit Abrahams um fast 1000 Jahre rückwärts. Aber dies gibt uns 
noch kein Recht, sofort von aprioristischen Gesichtspunkten aus die Un- 
geschichtlichkeit der hebräischen Überlieferungen zu behaupten. Zunächst 
tritt hier formal und methodisch jener Grundsatz in sein Recht, welchen 
L. im dritten Vortrage (S. 103) betont hat, dafs die biblischen Schrift- 


Bibliographische Notizen. 8l 


steller sich anschliefsen an die Ideen ihrer Zeit „sur les sciences et sur 
l’histoire, sans les rectifier“. Nach diesem Grundsatz war es Aufgabe des 
kanonischen Sammlers, die Überlieferungen seines Volkes getreu wieder- 
zugeben. Ist dies der Fall, so ist sein Bericht formal irrtumslos. ‚Und 
in zweiter Linie ist nun die Frage zu prüfen, ob der Inhalt jener Über- 
lieferungen geschichtlich sei. Ein direkter Beweis hierfür läfst sich aller- 
dings — das geben wir zu — nicht führen, wohl aber ein indirekter 
Wahrscheinlichkeitsbeweis per analogiam: die Aufzeichnung der Genesis 
liegt von Abrahams Zeit wohl um ein Jahrtausend ab, und doch ist die 
Bildung der Eigennamen echt, d. h. die hebräischen Eigennamen der 
patriarchalischen Zeit sind nach dem Muster der arabischen Eigennamen 
aus der Hammurabi-Periode gebildet, nicht nach dem Schema der Eigen- 
namen aus der salomonischen Zeit; ferner: die Rechtsverbältnisse, welche 
die Genesis für Abrahams Zeit voraussetzt, sind anderwärts, was be- 
wiesen zu haben eben eines der Verdienste von L. ist, als ursemitisch be- 
zeugt; ja selbst eine der Persönlichkeiten, die in Abrahams Geschichte 
hereinspielt, die des Amraphel, ist unbestritten historisch. Von diesen 
Voraussetzungen aus machen wir den Wahrscheinlichkeitsschlufs, dafs 
analogerweise auch diejenigen Partien, deren Geschichtlichkeit wir nicht 
zu kontrollieren vermögen, die Vermutung der Geschichtlichkeit für sich 
haben. Der angeblich mythische Charakter, den L. aus inneren Gründen 
für einen Teil der Genesis annehmen will, ist von einem ganz andern 
Gesichtspunkt aus zu prüfen. Die Frage ist vielmehr dahin zu stellen: 
Hat etwa die hebräische Überlieferung geschichtliche Tatsachen der in- 
dividuell-volkstümlichen Auffassung entsprechend weitergegeben? Dies 
ist allerdings anzunehmen; es sei zum Beweise dessen einzig erinnert an 
Noes Fluch, der Kanaan und nicht Cham trifft, oder an die zahlreichen 
Namendeutungen in der Genesis. In den Erzählungen der Genesis ist 
sonach zu scheiden zwischen dem geschichtlichen Gehalte und der volks- 
tümlichen Form, in der er überliefert worden ist, nicht aber zwischen 
Geschichte, und Mythen. Dafs mündliche, durch Jahrhunderte sich hin- 
ziehende Überlieferung an sich nicht das geeignete Mittel zur unver- 
fälschten Bewahrung geschichtlicher Tatsachen sein könne, bestreiten wir 
entschieden. 
Tübingen. P. Vetter. 


Bibliographische Notizen. 
(Das Erscheinungsjahr 1903 und Format 8° wird nicht eigens bezeichnet.) 
Abkürzungen s. Umschlag 8. 3. 


A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift. 


a) Bibliographie. Enzyklopädien. Einleitung. Inspiration. 
Hermeneutik. Geschichte der Exegese. Schriftstudium. 
Krüger, &., und Köhler, W., Theologischer Jahresbericht XXII 1902 

B. Schwetschke): 2. Abt.: Das AT, v. B. Baentsch (IV u. 174. M 7.—); 
. Abt.: Das NT, v. R. Knopf, A. Meyer, J. Weils (87. M 3.60). 

Cheyne, T. K., u. Black, J. S., Encyclopaedia Biblica. 1V: Q—Z (col. 
3989 —5444): Vgl. BZ I 82. 

Hastings, J., A Dictionary of the Bible, dealing with its Language, Lite- 
rature and Contents including the Biblical Theology. IV: Pleroma-Zuzim 
(4%. XI u. 994. Edinburgh 1902, Clark): Ein „Extra Volume“ ist angekündigt 
für ferner liegende und zu umfangreiche Artikel. 

Singer, J., and others, The Jewish Encyclopaedia. In 12 Bdn. Bd II—IV 
(4%. XXII u. 685; XXII u. 684; XXIl u. 688. N.Y. 1902 u. 1903, Funk. 
$7.—): Bis Dreyfus reichend. 

Biblische Zeitschrift. II. 1. 6 


82 Bibliographische Notizen. 


Navo, 0. 3., Index Digest af the Holy Scripture (Ld., Clarendon Pr. 128). 
Reference Passage to the Bible arranged in Topics in consecutive Order 
with the Reference Passages given in full Text on the same Page, with 
error Maps and Indices. 2 Bde (120 626 u. 795. Sunbury, Pa. Alpha 
ubl. Co.). 

Young, R., Analytic Concordance to the Bible on an entirely New Plan. 
Containing about 311,000 References, subdivided under the Hebrew and 
Greek Originals, with tbe Literal Meaning and Pronounciation of each, 
also Index Lexicons to the O and NT. Being a Guide to Parallel Passages. 
7th ed., rev. by W. B. Stevenson (40, Ld. 1902, Young. 218). 

Breest, E., Handbuch zur Orientierung in der heiligen Schrift. Für die 
eistl. Bedürfnisse des Bibellesers (275. B., Bibelges. M 3.—): Bibelkon- 
ordanz mit systematischer Anordnung der unter einem Schlagwort 

stehenden Stellen (Deutsche Lz 1903, 27, 1642f). 

Einführung in die hl. Schrift. Ein Abrils der biblischen Geographie, 
Archäologie, Einleitung in das A und NT samt Hermeneutik, 5. verb. 
Aufl. (XII u. 538. Regensburg 1904, Manz. M 4.20). 

Bergström, L., Var gamla Bibel. Historisk inledning till Gamla og 
Nya Testament (192. Stockholm 1902, Ljus. Kr 2.—). 

Loley, A., Etudes bibliques. 3° &d. rev. et augm. (340. P., Picard). 

Rotherham, 3. B., Our Sacred Books; being Plain Chapters on the In- 
spir., Transmission and Translat. of the Bible (64. Ld., Allenson. 18 6d). 

Prat, F., Röcentes publications exögetiques en Allemagne (Etudes XCV 
555—560): Gegen Pesch hält Pr. mit den Gegnern Franzelins fest, dals 
das Wort „auctor“ in der Begriffsbestimmung der Inspiration nicht urgiert 
werden dürfe. Der Terminus ging aus von dem 4. Konzil von Karthago, 
wo man „unum auctorem“ für A und NT festsetzte gegenüber den Mani- 
chäern. „Verbum Dei“ sei richtiger zum Ausgangspunkt zu nehmen. 

Chavannes, H., L’etat actuel dans la Suisse romande du dogme de Fin- 
spiration des Saintes Ecritures (RThPh XXXV1 34-68): Die Entwick- 
lung hat einer freieren Auffassung der Inspiration, insbes. ohne Irrtums- 
losigkeit, entgegengeführt. 

Höhne, E., Zur Inspirationsfrage(Bew.d.G1. VI 101—116): Vgl. BZ I 83 305. 

Mattiussi, G., Ispirazione dei sacri libri — per un opuscolo di L. Billot 
(Boll. di Deput. di Stor. Patr. per l’Umbria 1903, 2, 50-62). 

Zanecchla, P., Scriptor sacer sub divina inspiratione iuxta sententiam 
cardinalis Franzelin. Responsio ad P. van Kasteren S. J. (112. Rom, 
Pustet. L 1.50): Nachtrag zu seiner früheren Schrift: „Divina inspiratio 
sacrarum Scripturarum ad mentem S. Thomae Aquinatis“ und gegen: 
P. van Kasteren, Franzelin en Zanecchia — Twee verklaringen van de natuur 
der schriftingeving (Studien. TI LVIII, 56—80). Inhalt: 1. de methodo 
investigandi biblicam inspirationem divinam. 2. de natura eiusdem in- 
spirationis. 3. de extensione inspirationis biblicae in autographa Scriptura. 
— P. van Kasteren erwidert darauf in: Nogmaals Franzelin en Zanecchia 
(Studien TI LXI 289—308): Es handelt sıch im Streite beider hier um 
das rechte Verständnis von Franzelins Lehre; insbes. behauptet K., dafs 
Franzelin mit seiner Erklärung der Inspiration auf Grund von „auctor“ das 
Getorderte nur als ein Minimum bezeichne, dann dafs allein der Begriff 
„auctor“ sein Ausgangspunkt sei (nicht conscriptor, wie Z. erklärt); es 
handelt sich auch darum, ob Fr. eine promotio physica lehre. 

Bettex, F., Die Bibel — Gottes Wort. 3. verm. Aufl. (318. Stuttgart, 
Steinkopf. M 3.—). 

Hunzinger, A. W., Die unvergängliche Bedeutung der Bibel (Allg. ev.-luth. 
Kz 1903, Nr 39—43): Die Bibel enthält die Offenbarung und bewirkt 
den Glauben. 

Gietmann, G., Der mehrfache Sinn der hl. Schrift (ZkTh XXVII 
381—390): Nicht durchgängig sei ein solcher möglich, wohl aber in man- 
chen Worten (z. B. Himmel Gn 1,1) und Darstellungen (z. B. Hl) lasse die 


Bibliographische Notizen. | 83 


eg Allgemeinheit des Ausdruckes einen reichen Inhalt als vom 
Heiligen Geiste intendiert erscheinen. 

Bardenhewer, O., Geschichte der altkirchl. Literatur. II. Bd: Vom Ende 
des zweiten Jahrhunderts bis zum Beginn des vierten Jahrhunderts (XVI 
u. 665. Freib. i. Br., Herder. M 11.40): Die patristische Literatur ist auch 
für die Exegeten von der grölsten Wichtigkeit. Bibelkommentare, Be- 
arbeitungen des Schrifttextes, Mitteilungen über Kanonbildung u. a. sind 
in reichlichem Malse in dieser Literatur zu finden. Deshalb begrüfst auch 
die Bibelforschung das Enetige Voranschreiten des grofs angelegten B.schen 
Werkes aufs dankbarste. Gerade der vorliegende Band, in welchem z.B. 
einem ÖOrigenes allein 90 Seiten gewidmet sind, ist für den Exegeten be- 
sonders wertvoll. Die Gründlichkeit und Zuverlässigkeit der Unter- 
suchungen B.s ist derart bekannt, dals jedes anerkennende Wort darüber 
überflüssig ist. Möge der in der Vorrede gegen G. Krüger unternommene 
Nachweis, dafs Kirchlichkeit und Wissenschaftlichkeit sich nicht aus- 
schliefsen, auch bei Fernerstehenden Anerkennung finden! B.s Unter- 
nen in diesem Bande liefern doch einen neuen SEE 

afür. , 

Rauschen, @., Grundri/s der Patrologie mit bes. Berücksichtigung der 
Dogmengeschichte (XI u. 231. Freib. i. Br., Herder. M 2.20): Das eben 
angezeigte Werk Bardenhewers bildet eine Erweiterung und genaue Aus- 
führung der „Patrologie“ des gleichen Verfassers. R. verfährt umgekehrt 
und verkleinert die „Patrologie* — natürlich unter Wahrung der selb- 
ständigen Nachprüfung — zu einem „Grundrils“. Manchen möchte das 
letztere Unternehmen als eine zu weit gehende Konzession an populäre 
Schulbedürfnisse erscheinen, um so mehr, als die verkürzte 2. Auflage der 
B.schen Patrologie nicht ein ueya BıßAlov, ueya xaxdv genannt werden kann. 
Indes hat sich nun einmal, und zwar schon i. J. 1879, die Nachfrage nach 
einer Patrologia minima erhoben, und der Benediktinerpater Bernh. Schmid 
ist durch die fünf Auflagen, welche seine „Grundlinien der Patrologie“ 
erlebten, diesem Bedürfnisse entgegengekommen. Da aber dieses Werk- 
chen wenig befriedigte, ist es sehr zu begrülsen, dafs R. es durch eine 
exakte, gründliche Arbeit ersetzt hat. Der Exeget wird für die mit auf- 

enommene Besprechung der atl Apokryphen besonders dankbar sein, 

3 16 mufs es statt ävrıleyöueva: v6Bor heilsen. Bei Tatian wäre min- 
destens Zahn (jetzt übrigens auch Puech) in den Literaturangaben zu 
erwähnen gewesen; sonst ist die Inkongruenz mit den Literaturnotizen 
bei Justin zu auffallend. S. 

Sanders, L., Etudes sur St. Jeröme. Sa doctrine touchant: l’inspiration 
des livres saints et leur veracite, l’autorit& des livres deutero-canoniques, 
la distinction entre l’eEpiscopat et le presbyterat, l’Origenisme (400. P., 
Lecoffre. Fr 7.50): Glaubt die ganz moderne Fassung des Inspirations- 
begriffes bei Hieronymus zu finden, d.h. die Annahme, dafs die hl. Schrift- 
steller blois berichten, was die Zeit glaubte und überlieferte, ohne es zu 
gewährleisten; aber mit Unrecht, wie ?. van Kasteren in Scripturistisch 
Overzicht (Studien TI LXI 169--182), dem ich die Kenntnis des Inhalts 
entnehme, durchführt. Die Deuterocanonica habe H. nur negativ nicht 
anerkannt, ohne sie positiv zu bestreiten, was etwas befremdlich klingt. 
S. handelt dann noch von dem Terminus „apokryph“ bei H., Hebräer-Ev, 
Episkopat und Presbyterat, Streit mit Rufin wegen Origenes. 

inter, F. A., Über den Wert der direkten und indirekten Überlieferung 
von Origenes’ Büchern „contra Celsum“. 1 (69. Burghausen, Russy): Mün- 
chener Diss. und Burghausener Gymnasialprogramm. Sucht speziell an den 
Bibelzitaten nachzuweisen, dals der Herausgeber P. Koetschau die in- 
direkte Überlieferung, d. h. die Philokalia, „mit unbegründeter Gering- 
schätzung behandelt hat“ (S. 38—48). C.W. 

Sycz, $S., Ursprung und Wiedergabe der biblischen Eigennamen im Koran 
(64. Frankfurt a. M., Kauffmann. M 2.—): Zusammenstellung der Beleg- 

6* 


84 Bibliographische Notizen. 


en hebräischer Ursprung, Wiedergabe und Deutung derselben im 
oran. 

Kropatschek, F., Das Schriftprinzip der lutherischen Kirche I: Die 
Vorgeschichte; das Erbe des Mittelalters (462. Lp., Deichert. M 9.—): 
1.Uber den praktischen Schriftgebrauch am Ende des Mittelalters, 2. über 
das Schriftprinzip der Theologen. „Weder die Formel ‚Sola Scriptura‘ ist 
eine Errungenschaft der Reformation noch die Betonung des Literalsinnes 
noch die Inspirationstheorie noch sonst irgend etwas an der Forderung 
einer reinen, schriftgemälsen Lehre“ (nach Köln. Volksz. 1903, Beil. Nr 44). 

Calvin, J., Auslegung der Heiligen Schrift in deutscher Übersetzung. Hrsg. 
von R. Müller Xll.Bd (X V u.664. Neukirchen, Buchh. des Evg. Ver. M 7.15). 

Biedermann, O., Die Methode der Auslegung und Kritik der bibl. 
Schriften in Spinozas theol.-polit. Traktat im Zusammenhang mit seiner 
Ethik. Dissert. Erlangen (70 S.). 

Ubald d’Alencon, Une page de Phistoire de Paris. Notice hist, et bibliogr. 
sur les travaux d’Ecriture des Capucins (27. P., Oeuvre de St. Fr.-d’Assise;: 
Vgl. BZ I 85. 

Betz, L. P., Das Christentum (Bibel, Religion, Kirche, Legenden) in der 
Literatur (Stud. z. vergl. Literaturgesch. Ill 304—313): Nachtrag zu seiner 
„Litterature comparee‘ (1900). 

Evans, W., The Book of Books; what it is; how to study it (120. 224. 
Chicago, Bible Inst. Fr 5.20). 

Sell, H. T., Bible Study by Books (Ld., Revell. 18 6d). 

Cleemput, C. van, L’etude de la Bible (Nouv. Rev. Theol. 1903, 22—36). 

Findlay, &. &., The Interpretation of Holy Scripture, ancient and mo- 
dern (The London QAuarterly Review 1903, 17. Jan.) 

Holtzmann, H., Das Urchristentum und der Reformkatholizismus (PrM 
VII 165—196): Glaubt einen Zusammenhang zu finden zwischen Reform- 
katholizismus und Bibelkommission. Letztere beurteilt er im ganzen ob- 
jektiv; er gibt interessante Personalnotizen über die Mitglieder. 

P., La Commissione di studi biblici e la stampa ortodossa (Bessarione. 
März— Apr. 1903, 307—316): Die russische Orthodoxie verfolgt mit Inter- 
esse die Tätigkeit der Bibelkommission, was aus dem Messagiero Eccle- 
siastico des Protopopen Levitzky belegt wird, der allerdings kein bedeut- 
sames Resultat davon erwartet. 

Peithmann, E. C. H., Die metaphysische Bibel- Auslegung. Den Herren 
Professoren der Theologie, den Geistlichen und gebildeten Laien zur ge- 
fälligen Prüfung vorgelegt (16. Bitterfeld, Baumann. M —.35). 

Hall, A. C., The Use of Holy Scripture in the public Worship of the 
Church (216. Ld., Longmans. 48 6d). 

Schinz, A., A propos du divorce entre la Bible et V’Eglise aux Etats-Unis 
d’Amerique (RThPh XXX V 433—445): Eine Probe ergab auffallende Un- 
kenntnis der Bibel bei den Universitätsstudierenden. Ursachen: Vorliebe 
für moderne (evolutionistische) Wissenschaft, protestantischer Individua- 
lismus ohne Autorität, demokratischer Geist, frühreifes, subjektives Rä- 
sonnement, materieller Sinn. 

Le Societa bibliche in Russia (Bessarione, Jan.—Febr. 193, 128—132): 
Die englische, deutsche und russische Bibelgesellschaft suchen ihre Bibeln 
zu verbreiten. Gibt Aufschlüsse über ihre Tätigkeit als Beitrag zur Ge- 
schichte der religiösen Bewegung in Rulsland. 

In what Particulars is the Bible more or less familiar than fifty Years 
ago® A Symposium (BW XXI 260—273): Ehedem wulste man mehr aus 
der Bibel, jetzt weils man mehr über die Bibel; das ist im allgemeinen 
die Antwort der befragten Bibelkenner. 


b) Sprache. Text und Übersetzungen. Bibelkritik. 


Thumb, A., Die Forschungen über die hellenistische Sprache in den Jahren 
1896—1901 (Arch. f. Papyrusf. II 396-427). 


Bibliographische Notizen. 85 


Vigouroux, F., La sainte Bible polyglotte, AT IV: Les Psaumes, les 
een, l’Ecclesiaste, le Cantique des cantiques, la Sagesse (VIII u. 660. 
P., Roger). 

Nestle, E., Eine Gesamtbibel in den Originalsprachen (ThLz 1903, 124): 
Die Ausgabe von Chr. B. Michaelis ist (vgl. ebd. 1899, 427) immer noch 
die einzige; geplant war 1694 eine solche. 

Grenfell, B. b., and Hunt, A. S., The Oxyrhynchus Papyri. Part III. 
Ed. with Translat. and Notes (4%. XII u. 338. Ld., Egypt Expl. Fund. 
258): Enthält wichtige Dokumente für das biblische Griechisch; Nr 401 
aus Mt 1 u. 2; Nr 402 1 Jo 4, 11—17; Nr 403 griechischer Rest (12, 1—13, 2; 
13, 11—14, 3) der sonst nur syrisch bekannten Baruch-Apokalypse. Der 
IV. Bd soll u. a. ein neues Fragment von den Aussprüchen Jesu, das 
grölste Papyrusfragment des NT (Hebr) und ein sehr altes LXX-Fragment 
bringen (nach ThLz 1903 Nr 22). 

Soden, H., Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen 
Hss- Fragmente (Sitzungsber. der k. pr. Ak. d. Wiss. 1903, XXXI1X 
825—830): Hebräisch (Pentat.), aramäisch (Ps, Mt), ägyptisch (ntl), syrisch 
(Pes.), griechisch-arabisch (vgl. Violet BZ I 90), griechisch (LXX, ntl), 
palästinisch-aramäisch (AT, Evv, Paulushriefe; letzteres Unika). 

Grünert, M., Arabische Lesestücke, zunächst für Vorlesungszwecke zu- 
sammengestellt. 1. Heft: „Aus der arabischen Bibelübersetzung.“ Text 
und Glossar (40. III, 40 u. 50. Prag, Neugebauer. M 3.40): Gn 37; 39—50. 
Job 1; 2. Mt 26—28. 

Harnack, A., Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und 
armenischen Literatur. Referat (Sitzungsber. der k. pr. Ak. d. Wiss. 1903, 
XXXIX 831—840): Hss-Funde im Kloster auf dem Sinai und in Jerusalem 
von altarmenischen und grusinischen Bibelübersetzungen. 

Vooys, C. G.N. de, Jets over middeleeuwse Bijbelvertalingen (Theol. Tijdschr. 
1903, 111—158). 

John, H., The History of the English Bible (31. Ld., Stockwell. äd). 

The English Bible, translated out of the original Tongues ey the Com- 
mandment of Kiny James I., 1611. Bd II: Judges to Esther; Bd III: Job 
to Song of Solomon. The Tudor Translations. Edit. by W. R. Henley (403 
u. 289. Ld., Nutt. 908). 

Rosenau, W., Hebraisms in the Authorized Version of the Bible (283. 
Baltimore, Friedenwald Comp.): Auch ein Kapitel „Biblical Expressions 
in English Literature“ (Bs LX Nr 239, 595). 

Stokoe, T. H., The Edition of the Revised Version with Marginal Refe- 
rences 1898 (Exp VIII 1—12): Bericht über Entstehung und Anlage durch 
einen Mitarbeiter. 

Moon, 6. W., The Bishop’s English: a Series of Criticism on Bishop 
Thornton’s Laudation of the Revised Version of the Scriptures and also 
on the English of the Revisers, showing that the Version put forth by 
them contains Errors against Religion and Morals so unpardonable as 
totally to unfit it for Circulation (16%. 184. Ld.. Sonnenschein. 38 6d). 

The Holy Bible, the Revised Version and Revised Marginal References. 
Printed for the Universities of Oxford and Cambridge (Oxford Press and 
Cambridge Press. 68). 

Fenton, F., The Holy Bible in modern English. Containing the com- 
plete Sacred Scripture of the O and NT, translated into English from 
the original Hebrew, Chaldee and Greek Languages. With Introd. and 
Crit. (Ld., Patridge. 108). 

Fenton, F., The Bible in modern English. IV: Containing the Psalms, 
Solomon and Sacred Writers in the original Hebrew Order of the Books 
(VIII u. 346. Ld., Patridge. 28 6d). 

Bible. Douay ed. New large Type cl. ed., cont. the OÖ and NT. With 
Annots., References, and an historic. and chronolog. Index (Baltimore 
1902, Murphy. $&1.— bis 6.50). 


86 Bibliographische Notizen. 


Balientine, F.S., The American Bible: The Books of the Bible in Modern 
English for American Readers. NT in 5 Bdn (Scranton, Pa. 1902. ä $ —.66). 

Martini, A., La Bibbia, Vecchio e Nuovo Testamento secondo la Volgata 
tradotts in lingua italiana e con annotazioni. 2 Bde (4°. 847, 1111. Mai- 
land, Sonzogno. L 13.—). 

Crampon, A., La Sainte Bible, trad. en francais sur les textes originaux 
avec introd. et notes. Bd I—V (Rom, Desclee L %0.—). 

La Sainte Bibie, AT, version de L. Legond; NT, version de H. Olira- 
mare (1559. P., Soc. bibl. prot.). 

Behaghel, O., Heliand und Genesis herausgeg. Altdeutsche Textbibl. 4 
(16°. XXXIL u. 280. Halle, Niemeyer. M 3.—): Mit Einl., Verweisen 
auf Tatian und Vulgata. 

Die Bibel oder die ganze Hl. Schrift des A und NT, nach der deut- 
schen Übersetzung D. Mart. Luthers. Nach den Beschlüssen der deut- 
schen ev. Kirchenkonferenz berichtigter Text. Mit Bildern von J. Schnorr 
v. Carolsfeld (4%. XVI, 612, 111, 11, 209, 12, IV. Lp., Deutsche Bibelges. 
Geb. M 15.—). 

Ecker, J., Katholische Hausbibel. Biblische Geschichte für das kath. 
Volk. I(V It, 640 u.16. Trier, Paulinusdruckerei. M. 2.40; geb. 3.80): 
Nach einem kurzen Abrils der biblischen Einleitung bietet der Verf. aus- 
wahlsweise den Inhalt der Hl. Schrift (hier bis zum Tode Davids), der 
Ordnung der Bibel folgend, mit kurzen sachdienlichen Notizen, die immer 
dem praktischen Zwecke der Erbauung angepalst sind, zugleich aber lang- 
jährige Beschäftigung und grolse Vertrautheit mit der Exegese bekunden. 

Blau, L., Über den Einflu/s des althebräischen Buchwesens auf die Ori- 
ginale und auf die ältesten Hss der Septuaginta, des NT und der Hexapla. 
Aus: Festschr. z. 70. Geburtstag A. Berliners (9. Frankfurt a. M., Kauf- 
mann. M —.80). 

Nestle, E., Jesus Sirach Neffe oder Enkel des Amos Sirach (ZatW XXIII 
128—130): Geht dem Ursprung dieser Angabe in Luthers Vorrede zu Sır 
nach und kommt dabei auf Zusammengehörigkeit der altlateinischen Hss 
abcd (nach Wordsworth-White), die sonst auseinandergerissen werden. 
Wichtigkeit der Eigennamenüberlieferung. 

a P., Letire sur la question biblique (Rev. d. Sciences eccl. 

ug. 1903). 

Iskraut, J. &., Die Kritik der Bibel. Vortrag (12°. 39. Friedberg, 
Kohlschmidt. M . 

McPheeters, W. M., The Question of the Authorship of the Books of 
Scripture: A Criticism of current Views (PrthR 1 362—8383): Manche 
halten die menschliche Autorschaft für belanglos; das bekämpft McPh. 
weil die Inspiration auf der geschichtlichen Glaubwürdigkeit und letztere 
auf dem Vertasser ruht. 

Malcolm, A., Science and the Bible Reconciled; or Modern Criticism 
Reviewed (308. Id. 1902, Allenson. 28 6d). 

Terry, M. S., The Need of a new Apologetic. From the Point of View 
of biblical Criticsm (BW XXI 129—138): Bejaht die Notwendigkeit auf 
Grund dessen, dals die Kritiker in übergrofser Anzahl in den kritischen 
Resultaten übereinstimmen, und bezeichnet die zu ändernden apologe- 
tischen Thesen. 

Urquhart, J., Reiners Gründe. Ein Gespräch über die „Irrtümer der 
Bibel“. Deutsch von L. H. (46. Lp.. Költz. M —.20). 

Bates, W. H., Alleged Discrepancies of the Bible (125. Boston, Watchword). 

Moore, D., On alleged Errors and Contradictions in the Scripture 
(BStdt VII 94—101): Solche gibt es nicht, wie die Kritik profaner Schriften 
und die tägliche Erfahrung lehrt. 

Gough, E., The Bible true from the Beginning. Designed as a Comment 
on all those Portions of Scripture that are most questioned and assailed. 
VIII (XX u. 634. Ld., Trübner. 16s). 


Bibliographische Notizen. 87 


Godbey, 3. E., Foundations of Faith, being a Consideration of the 
Grounds of religious Belief and especially of the Evidences of divine Reve- 
on 30) the Religion of the Bible (120. VIII u. 262. Nashville, Bigham. 

r 5.20). 

Limbach, S., Steine des Ansto/ses. Allerlei Anstölse und Widersprüche 
er Schrift und ein Versuch ihrer Lösung (XI u. 238. Basel, Kober. 

.60) 

Gennrich, Das evangelische Schriftprinzip und die Religionsgeschichte 
(Halte, was du hast XXVI 1). 4 Be 

Dörr, Gefährdet die neuerdings grare religionsgeschichtliche Methode 
die Bedeutung der heiligen Schrift für die evangelische Gemeinde? (PrM 
V11 233f): Leitsätze zu Vorträgen auf der 39. Hauptversammlung des 
Badischen Wissenschaftlichen Predigervereins 30. Juni u. 1.Juli in Karls- 
ruhe. Die Stellung der Gemeinde zur Bibel wird eine freiere (Bibel- 
autorität beschränkt auf das Religiöse), Geht die absolute Autorität des 
inspirierten Bibelworts verloren, so bleibt die geschichtliche Autorität der 
grofsen prophetischen Persönlichkeiten ihr erhalten. Die Aussprüche der 
Propheten des AT erfahren durch die Geschichte eine Bestätigung. 

Davis, T. K., The Interpretation of Scripture (Bs LX 334-341): Die 
Bibel darf nach ihrem zeitlich bedingten Eiement nicht zur Norm ge- 
macht werden. 

King, H. M., Why we believe the Bible (231. N.Y., Am. Tract. Soc. 
$1.—): The Light from the Monuments, the Voice of History, the Witness 
of the Bible itself, the Proof from Miracles, the Testimony from Christian 
Experience, the Evidence from the Triumphs of Christianity. 

anewinkel, F., Ist die Bibel Gottes Wort? (16. Zwickau, ev.-luth. 
Schriftenver. M — .20): Die Schriften des NT sind echt; durch ihre Ver- 
fasser, die legitimierten Gottesboten, hat Gott geredet. Infolgedessen ist 
die ganze Hl. Schrift Gottes Wort. 

Arnold, M., Literature and Dogma: an Essay towards a better Appre- 
ciation of the Bible (120. 372. N.Y., Burt. $ Kan: 

Chambers, T. F., God’s Defence of his Word (BStdt VII 159-165): 
Hofft auf sie für die Zukunft. 

Carpenter, 3. E., Bible in 19th Century (XV u. 512. Ld., Longmans,. 
108 6d): Acht Vorträge, gehalten 1900-1903, über den „Kampf tür die 
Freiheit der Forschung“, „Bibel und Kirche“, Geschichte der Revised 
Version, Anderung der Ansichten vom Gesetze und der Prophetie, über 
den Kritizismus in den Evv. 

Kähler, M., Notre combat en faveur de la Bible (RThPh XXXVI 
142 —177 229-257): A. Porret bietet hier das 1895 (Lp., Deichert) er- 
schienene deutsche Werkchen in französischer Übersetzung. 

Wace, H., The Bible and modern Investigation (88. Ld., Soc. f. chr. 
Knowl. 18 6d). 

Kunstmann, J., Die Bibel ist die alleinige Quelle in Glaubenssachen (22. 
Zwickau, ev.-luth. Schriftenver. M —.30) 


c) Geograpbie. Archäologie. Religion. 

Thomsen, P., Palästina nach dem Onomasticon des Eusebius (ZdPV 
XXVI 97—141l 145—168 m. Karte): Literargeschichtliches. Abfassungs- 
zeit wahrscheinlich vor 324 (gegen Schulten). Textkritische Hilfsmittel. 
Die Karte von Madeba mufs ausscheiden, weil von Eusebius abhängig. 
Zusammenstellung der wichtigsten Textemendationen. Quellen des 
Werkes. Systematische Zusammenstellung der Angaben mit kritischen 
Erörterungen. Den Wert des Werkes sucht T. nicht blofs in der text- 
kritischen Bedeutung, sondern auch in den sachlichen Angaben. Eine 
neue kritische Ausgabe ist notwendig. 

Klostermann, E., Onomasticum Marchalianum (ZatW XXIII 135 —140): 
Betont die Wichtigkeit der etymologischen Onomastica sacra und erörtert 


88 Bibliographische Notizen. 


die Art ihrer Bearbeitung. Aus dem Codex March. gibt er alphabetisch 
die Randnoten mit den übersetzten Eigennamen. 

Bechtel, E. A., Sanctae Silviae Peregrinatio. The Text and a Study of 
the Latinity (160. Chicago 1902, The University of Chicago Press). Disser- 
tation. Enthält S. 154—157 einen (ziemlich resultatlos verlaufenden) Ex- 
kurs über die Bibelzitate. C.W. 

Ferotin, M., Le veritable auteur de la „Peregrinatio Silviae“: La vierge 
espagnole Etheria (Rev. des quest. hist. 1. Okt. 1903, 367—397). 

Grisar, H., $. J., Nochmals das Palästina-Itinerar des Anonymus von 
Piacenza (ZkTh XXV1I 776—780): Gegen P. Piacenza, Ephem. Lit. 1903, 
338—348, der die Echtheit des „Steins von Kana“ und die Richtigkeit 
der früher fälschlich darauf gefundenen Inschrift von „Antoninus“ ohne 
Grund annahm; vgl. BZ I 87. 

Hiiprecht, H. V., Explorations in Bible Lands during the 19th Century. 
With the cooperation of Benzinger, Hommel, Jensen, Steindorff. 200 Ill., 
4 Maps (900. Ld., Clark. 128 6d)j: Hilprecht über Babylonien und Assyrien, 
Benzinger über Palästina, Hommel über Arabien, Steindorff über Agypten, 
Jensen über die Hittiter. 

Macphie, J.P., The Homeland of the Bible (12°. 313. N.Y., Revell. $1.25). 

Duckworth, C., The Holy Land (fol. Ld., Tuck. 38 6d). | 

Frohnmeyer, 3., Biblische Geographie. 12. verb. u. verm. Aufl. Mit 92 
a und 1 Karte des hl. Landes (VIII u. 336. Calw, Vereinsbuchh. 

4.—). 

Zanecchla, D., La Palestine d’aujourd'hui. Ses sanctuaires, ses localites 
bibliques et historiques. Trad. de l'italien sur la 2" ed. par l’abbe H. 
Derangeon. BdIu.1I (120. XVI 536 u. 773. P., Lethielleux). 

Gray, A., A Pilgrimage to Bible Lands. Historical Notes and Reflections 
on Scenes and Places visited. With photographic Illustr. (X u. 178. Ld., 
Skeffington. 38 dd). 

Delepine, 6., G£ographie physique de la Palestine (ll. Arras, Sueur- 
Charruey). 

Germer-Durand, J., Topographie de Jerusalem I (Echos d’Or. 1903 Jan., 
1—16); II. Des Macchaltes ü Herode Agrippa I (ebd. Mai 1903, 161—174). 

Cady, P., Exploration in the Dead Sea Region (BW XXI 327—346:: 
Bericht über eine Forschungsreise mit Beschreibung der moabitischen 
Küste a, 

Schuhmacher, G., Die äyyptische Hauptsira/se von der Ebene Saron bis 
zur Ebene Jesreel (Mitt. u. Nachr. d. d. PV 1903, 4—10): Beschreibung nach 
seinen Tagebuclhaufzeichnungen. 

Deschamps, E., En Palestine: Dans les districts de Saida et de Jafla; 
Huit jours a Jerusalem (18%. 300. P., Maisonneuve). 

Bauer, L., Volksleben im Lande der Bibel (VIl u. 312 mit Abb. Lp., 
Wallmann. M 4.20). 

Masterman, E. W. G., The Jews in modern Palestine (BW XXI 17—27): 
Interessante Schilderung der jüdischen Typen nach Herkunft, Geschichte 
und Kennzeichen. 

Masterman, E. W. G., The religious Life of the orthodox Jews in Pa- 
lestine (BW XXI 274—280): Gibt ein Bild, wie der gesetzestreue Jude 
seine religiösen Pflichten auffalst und erfüllt. 

Vigouroux, F., Les instruments de musique dans la Bible (con 19 incisioni) 
(Bessarione, Nov.—Dez. 1W2, 257—280): Den Mangel von Angaben der 
Bibel über ihre Gestalt ergänzen die archäologischen Funde Agyptens und 
Vorderasiens. V. behandelt ins Einzelnste die Schlag-, Blas- und Saiten- 
instrumente. 

Streatfeild, G. S., T'he Fatherhood of God: a Study in Spiritual Evo- 
lution (Exp VIII 24—40): Bei den alten Semiten physisch gefalst, zwischen 
Gott und seinem Verehrer bestehend; in Israel anfangs zwischen Gott und 
dem Volke in moralischem Sinne festgehalten, später bes. seit der Ge- 


Bibliographische Notizen. 89 


fangenschaft mehr individualisiert (d. i. zwischen Gott und dem Einzelnen 
obwaltend). Durch Christus wurde die so vorbereitete individuelle Sohn- 
schaft erst vollständig ans Licht gestellt. 

Staerk, W., Namenaberglaube im A und NT (PrM VII 353—358): Zu- 
stimmendes Referat über Giesebrecht, Die atl Schätzung des Gottes- 
namens usw. (1901) und Heitmüller, Im Namen Jesu (1903). 

Steinschneider, M., Die kanonischen Zahlen 70—73, ein Nachtrag zu 
meinem Art. in d. ZdmG 1V (1850) 145ff (ZdmG LVI1I 474—507): Er- 

änzt den bisher wenig beachteten Artikel. Biblische und apokryphe 
Schriften finden auch hier Berücksichtigung. 

Ravi, S. V., La speranza d’Israele realizzata in Gesü di Nazaret I (40. 
Ronı 1902, tip. La Speranza). 

Legeay, 6., Le Symbolisme dans l’Ecriture: Noms et figures de Notre- 
Seigneur (XVI u. 263. P., Retaux). 

Gold, W., Sacrificial Worship in Gn and Ex, in the Temple, in the NT 
and the Christian Church (12%. XIV u. 112. N.Y., Longmans. Fr 5.20). 

Piras, R., L’antropologia biblica o lezioni apologetiche sw l’ uomo recitate 
nella metropolitana di Cagliari (349. Cagliari 1902, Valdes. L 3.—). 

L. S., Religiöse Ethik des A und NT. Eine Gegenüberstellung (16. B., 
Concordia. M -— .50): Will zeigen durch einfache Zusammenstellung, dals 
die Überlegenheit des NT über das AT nicht aufrecht zu erhalten sei. 

Stevenson, W. B., The Bible Wisdom and the Jewish apocryphal Writings 
(16%. LIV u. 103. Ld., Dent). 

Guttmacher, A., Optimism and Pessimism in the O and NT (12. 255. 
Baltimore, Friedenwald. $ 1.50). 

Volck, W., Der moderne und der biblische Pessimismus. Vortrag (Allg. ev.- 
luth. Kz 1903, Nr 36—38): Der Pessimismus eines Buddha, Schopenhauer, 
Hartmann und Nietzsche werden kurz geschildert. Der at] „Pessimisten- 
katechismus“ Koh ist nicht ganz ein solcher, weil das Gottvertrauen den 
Pessimismus überwindet. Ebenso endet der ntl Pessimismus in Optimismus. 

Merle-Blanquis, La vocation de la femme d’apres la Bible (160%. XII u. 
382. P. 1902, Fischbacher). 

Buckner, The Immortality of Animals and the Relation of Man as 
Guardian, from a billical and rhilosophical Hypothesis (12v. 11I u. 291. 
Philadelphia, Jacobs. Fr 6.0). 

Whaling, T., The Biblical Doctrine of Poverty (BStdt VII 111—118): 
Bedeutung der Armut im göttlichen Plane und in den gesellschaftlichen 
Beziehungen (moralisierend). 

Volz, P., Jüdische Eschatologie von Daniel bis Akıba (XVI u. 412. 
Tübingen, Mohr. M7.—): 1. Übersicht über die eschatologische Literatur 
dieser Zeit. 2. Die Entwicklung der eschatologischen Anschauung und 
Stimmung des Judentums. 3. Eschatologische Akte und Zustände. 


d) Auslegung. 

Bond, H., The test Bible Commentaries (ExpT XIV 151 203—205): Fübıt 
zu Jedem Buche der Hl. Schrift je einige wissenschaftliche und populäre 
Kommentare an, die bei einer veranstalteten Abstimmung als die besten 
erachtet wurden. — Hastings gibt (ebd. 270f 358f) einige Nachträge und 
Korrekturen. 

The Temple Bible, 1 and 2 Esdras, ed. by A. Duff; Tobit and the Baby- 
lonian Apocryphal Writings, ed. by A. H. Sayce; 1 and 2 Malhk, ed. by 
W. Fairweather; Ecclesiasticus, ed. by N. Schmidt; NT Apocryphal 
Writings, ed. by I. Orr (160. Ld., Dent. & 4, 

Schenck, F.S., The ten Commandments and the Lord’s Prayer: a socio- 
logical Study (12%. II u. 245. N.Y. 1902, Funk. $1.—). 

Peloubet, F. N. and M. A., Select Notes. Studies in the Book of the 
Acts, Chapters 16—28; and Studies in the OT, from Samuel to Solomon 
(Ld. 1902, S. S. U. 5). 


90 Bibliographische Notizen. 


B. Das Alte Testament. 
a) Einleitung. Geschichte der Exegese. Hebräische Sprache. 


Faerden, M.1., Det gamle Testament i Lyset af den nyere Bibelforskning 
206. Kristiania, Cammermeyer. .—). . 

Wildeboer, &., De Letterkunde des O. V. naar de tijdsorde van haar 
ontstaan. Derde druk (XI u. 442. Groningen, Wolters). 

Levy, S., Is there a Jewish Literature? (JqaR XV 683-603): Der sprach- 
liche Gesichtspunkt ist logischer und wissenschaftlicher als der nationale; 
daher „hebräische“ L. 

Wünsche, A., Der Prophet Hosea in der agadischen Auslegung des Jalkut 
Schimeoni (VB 1 66—127): Text und Übersetzung. — Der Prophet Jona 
in der agadischen Deutung des Jalkut Schimeoni (ebd. I 235—255): Text 
mit Übersetzung. Weiter: Eine andere Rezension des Midrasch Jona mit 
wichtigen Ergänzungen. 

Halevy, J., Lotape (Jas Ser. X, I 376): Bei Plinius als Magier zur Zeit 
des Moses erwähnt, verderbt aus lo8op der LXX =Jethro. 

Legeay, L’ange et les theophanies dans l’Ecriture Sainte, d’apres la 
doctrine des Peres (Rev. Thom. 1903, 46—69 127—154). 

Meyer, E., Zum babylonischen Schöpfungsbericht bei Eusebius (Beitr. z. 
&. Gesch. III 169): Der Bericht Chron. 1 p. 18, 39 ff ist ein Auszug aus dem 
Werke des Oannes (zu Montzka ebd. II 3858 und Keilinschr. u. AT3 488). 

Cornu, J., Zum Heptateuchos Cypriani (Arch. £. lat. Lexikogr. XIII 192): 
Bezweifelt die Beweiskraft der bisher für die gallische Provenienz des 
metrischen lateinischen Heptateuchs (ed. R. Peiper im Wiener Corpus 
Bd XXIII) beigebrachten Argumente und erhofit „gesichertere Ergeb- 
nisse als die, welche der Wortschatz zu Tage gefördert“, von einer Unter- 
suchung des Versbaues. C.W. 

Stutzenberger, A., Der Heptateuch des gallischen Dichters Cyprianus 
(47. Zweibrücken, Kranzbühler): Münchener Diss. und Zweibrückener 
Gymn.-Progr. Verteidigt erfolgreich die Einheit des in der vorigen Notiz 
erwähnten Bibelgedichtes gegenüber der Hypothese von H. Best, De 
Cypriani quae feruntur metris in Heptateuchum (Marburg 1892), der auf 
Grund metrischer, überlieferungsgeschichtlicher und sonstiger Indizien 
das Werk auf zwei in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeiten 
lebende Dichter verteilen wollte. C.W. 

Halevy, J., Houd et Cho’aib (Jas Ser. X, I 376f): Propheten, im Koran 
erwähnt, verderbt aus hebr. "ır und syr. aae, (aaa). 

Seligsohn, M., Une critique de la Bible du temps de Gueonim (REF) XLVI 
99—122): Übersetzung des JqR X1II 358-369 publizierten Fragmentes 
aus der Geniza von Cairo. Der Verf. geht alle Schwierigkeiten der Bibel 
durch (ungefähr 100 Punkte erhalten), um seinen Gegnern zu beweisen, dals 
sie die Bibel nicht zu erklären verstünden. 

Engelkemper, W., Die religionsphilosophische Lehre Saadja Gaons über 
die hl. Schrift (Beitr. z. Gesch. der Phil. des Mittelalters IV 4. VIII u. 74. 
Münster, Aschendorff. M 2.50): Literärgeschichtliche Behandlung des 

anzen Werkes: „Buch vom Glauben und Wissen“, von dessen zehn Traktaten 

er dritte: „Vom Gebot und Verbot“, hier in Übersetzung geboten wird. 
Inhaltlich ist es eher eine Verteidigung der Offenbarung; weniges bezieht 
sich auf die Hl. Schrift als solche, z. B. Schluls über die Glaubwürdigkeit 
der Hl. Schrift. Aber dieses wenige ist wichtig und wertvoll für die Ge- 
schichte der Exegese, für welche auch zu beachten ist, wie Saadja die 
Hl. Schrift zu Beweisen gebraucht. Er unterscheidet sich darin nicht von 
der traditionellen jüdischen Exergese. Die Übersetzung E.s ist sehr klar 
und verständlich, obwohl sie anderseits auch sich bemüht, den arabischen 
Wortlaut wiederzugeben. Die Noten lösen textliche und sachliche Schwierig- 
keiten mit Geschick (S. 13! ist der schwierig erscheinende und gewunden 
erklärte Satz zum „Einwand“ zu ziehen; dann braucht er keine Korrektur). 


Bibliographische Notizen. 91 


Aus seiner eingehenden Beschäftigung mit Saadja und seiner Kenntnis 
der zeitgenössischen Literatur weils E. vieles zu erläutern, zu klären und 
zu lösen, und er hat durch seine Schrift sowohl der Geschichte der arabisch- 
jüdischen Philosophie und Theologie als auch dem neu erwachten Interesse 
an dem Exegeten Saadja einen grolsen Dienst erwiesen. 

Levy, L., Reconstruction des Commentars Ibn Esras zu den ersten Pro- 
pheten. Diss. Heidelberg (XIX u. 44. B., Poppelauer. M 2.—). 

Berliner, A., Beiträge zur Geschichte der Raschi- Commentare (III u. Bl. 
B., Rosenstein. M 2.—). 

Glück, R., Beiträge zur Geschichte der Bibelexegese. Die Scholien des 
Gregorius Abulfarag Barhebräus zu Genes. 21—50, Exod. 14. 15, Leviticus- 
Deuteron. und Josua auf jüdische Quellen untersucht. Übersetzt und mit 
Anmerkungen versehen (75. Frankfurt a. M., Kauffmann. M 2.—). 

Jephet ben ’Ali, des Karäers, Commentar zum Buche Ruth, zum ersten 
Male nach 8 Mss. ediert, mit Einl. und Anmerk. versehen von Dr. Nahum 
Schorstein (XVIII u. XXXIL B., Poppelauer. M 2.—). 

Eppenstein, S., Der Commentar Joseph Karas zu Micha (Hebr.). Aus: 
Festschr. z. 70. Geburtstag A. Berliners (9. Frankfurt a. M., Kaufimann. 


M 1.20). 
Abü Zakarja Jahjä (R. Jehüda) Ibn Bifäm, Arabischer Commentar zum 
he Josua. Zum ersten Male herausgeg. von Dr. Sam. Poznanski (21. 
Frankfurt a. M., Kauffmann. M 1.50). 

Nestle, E., Luther über das Buch der Weisheit (ZatW XXIII 130-132): 
Geht der Geschichte der Bemerkung Luthers, dafs Weish „stark judenzet“ 
(andere „jüdele“), nach. 

Davies, T. W., Heinrich Ewald, Orientalist and Theologian 1803—1903. 
A centenary Appreciation (X u. 146. Ld., Unwin. 38 6d). 

Grimme, u. protestiert in einer Rez. (OrLz VI 117—121) von Barth, 
Wurzeluntersuchungen (vgl. BZ I 89) dagegen, dals das Altarabische immer 
als ursemitisch angesehen werde; man müsse die asiatischen wie afrika- 
nischen Sprachen der Semiten in grölserer Ausdehnung einbeziehen und 
a organische Lautwandlungen nicht blofs für sporadisch, sundern 

ür gesetzmälsig halten. 

.. Steuernagel, C., Hebräische Grammatik mit Paradigmen, Literatur, 
Übungsstücken und Wörterverzeichnis. Porta lingu. or. I (XII u. 268. 
B., Reuther. M 3.50). 

Gonzalez, M., Gramüätica hebrea del discipulo, con un appendice de los 
hebraismos sintäxios de la Vulgata y original griego del NT (VIII u. 128. 
Barcelona, Tip. cat.). 

Ember, A., Pronunciation of Hebrew among the Russian Jews (AmJsemL 
XX 233f): Die Philologen halten sich gewöhnlich an die sog. sephardische 
(spanische) Aussprache, welche älter ist als das sog. Askenazi bei Russen, 
Polen und Deutschen. Letzteres hat Paenultima-Betonung, eigenartige 
Aussprache von Konsonanten und Vokalen. 

Kennedy, 3., The Note-Line in the Hebrew Scriptures, commonly called 
Paseg or Pesiq (140. Edinburgh, Clark. 48 6.d). 

Barth, J., Zur Abstrakt- Endung üt. Eine Entgegnung (ZA XVII 
886—388): Gegen Brockelmann ebd. 257f. Die Herleitung von den 
Worten aus "=b begründet nunmehr B. damit, dals die Substantiva von 
„=> meist abstrakte Bedeutung hatten; deshalb als Abstrakt-Endung ge- 
braucht. 

Vollers, K., Semitische Miszellen (ZA XVII 305—332): 1. ıl-ılah. 2. Das 
Qätil-Partiripium. 3. Die arabischen Bewunderungsformen. 

Ungnad, A., Zur Erklärung der hebräischen nomina segolata (AA XVII 
333—343): Aus katl, Pl. katlim; bei gewissen Kombinationen, schliefslich 
bei jeder Doppelkonsonanz Hilfsvokal verwendet; also: kat*lım, katalım, 
k'tälim. Stat. c. vom Grundstamm. 

Praetorius, F., Uber einige weibliche Caritativnamen im Hebräischen 


92 Bibliographische Notizen. 


(ZdmG LVIIl 530-534): 53%, ®s"ax usw. sind gebildet mit dem diminuieren- 
den Suffix äl (6), auXax mit ag oder ak. 

Lambert, M., De l’emploi des ee ronominaux avec noun el sans noun 
au futur et ü l’imperatif (RE) XL 7178-183 : Gegen Berliner, Bei- 
träge z. hebr. Gr. 46 stellt L. fest, dafs im Indik. Impf. die energischen 
Formen gebraucht werden im Unterschied von den Verben mit Waw consec. 
Zusammenstellung aller sich findenden Formen. 

Berry, 6. R., Waw consecutive with the Perfect in Hebrew (Journ. of 
Bibl. Lit. XXII 60—69): Ist als blolses Waw cop. zu fassen. 

Zillessen, A., Berichtigungen zu Mandelkerns kleiner Konkordanz (ZatW 
XXIII 94f). — v. Gall, Nachtrag (ebd. Y5i 354). — Vgl. ebd. 352-354 
(Lambert, M.; Nestle, E.). 

Lidzbarski, M., Semitische Kosenamien (Eph. f. sem. Epigr. II 1—23): Vgl. 
BZ 1112. Hier erweitert abgedruckt. Behandelt Grundsätzliches und Tat- 
sächliches zum Thema mit häufiger Beziehung auf atl Namenformen. Nicht 
blois als Rufnamen, sondern auch durch den umbildenden Eintluls der 
Kindersprache sind gekürzte und veränderte Namenformen eingedrungen. 
Nach Art des Auslautes und Art der Veränderung und Kürzung werden 
die Belegstellen zusammengeordnet. 


Yahuda, A.S., Hapax Legomena im AT (JqR XV 698— 714): Hap. Leg. im 
weiteren Sinne. Y. will vorzüglich das Arabische in methodisch richtiger 
Weise verwerten: v5 Ct 4,1; 6,5 = „üs „in der Morgendämmerung 
herabkommen“, rınyı Job 6, 6—=pyJl==: weicher Käse, der eine geschmack- 
lose Flüssigkeit (m) absondert. 2 Prv 29,21= (ze: entkräften. 
Job 28, 18 = Zune: Armband. r'mey Job 12, 5 = Grobheit (r&y). nn 2 Sm 
20, 3 vom geschlechtlichen Verkehre abgeschlossen (Jo). n32 O5 10,7= 
CLa5 „zerbrechen“: eine in Schaum zertlielsende Meereswelle (vgl. ep 





. e r. 
Joel 1, 7 abgebrochenes Blatt). yrd “;2 Job 28, 8; 41, 26 — A „etwas, 
was körperlich sichtbar ist“ (umfangreicher Körper); der Lautübergang 
=,» ist auch sonst zu belegen, wenn auch nicht zu erklären (Beispiele). 


and Job 33, 21— (a: sichtbar werden bzw. durchsehen lassen. vs Job 


„- » Mon 
34,9 his: fallen lassen, stürzen. bb-n Ps 137, 3—=,) „hinstrecken‘, 
„niederwerfen“: gewalttätiger Bedrücker. 


Joöon, P., S. J., Einige Bemerkungen zur hebräischen Lexikographie 
(ZkTh XXVII 588—593): I. n&n in vielen, viell. allen Fällen = „Gitter“ 
(nicht „Netz“), d.i. ein Gitterwerk aus Baumzweigen, mit Erde bedeckt, 
eine Fallgrube bergend. Prv 1,17: die Vögel haben von einem „Gitter“ 
dieser Art nichts zu fürchten, weil es nur den schweren Vierfülslern ge- 
tährlich ist. II. orrne in keinem Falle = „Wolken“, sondern stets = 
„Himmel“, nicht von grö I = „zerreiben“, sondern von pr Il= „hoch sein“. 

Chajes, H. P., jıx (OrLz VI 305 f): Das im apokryphen Traktat Se- 
mahoth II $ 4 vorkommende yrxa ist zusammenzustellen mit Dt 23, 14 
ur >s, etwa „eisenbeschlagener Stock“, wohl zusammenhängend mit Verb. 
„x Targum zu 1s33, 4. 

Meılsner, B., n512 (ZA XVII 270f): Für „Harz“, von Balsamodendron usw. 
herstammend, spricht die Aufzählung in Sm 796 Z. 10 neben Blumen und 
Spezereien: bu-du-ul-hu. 

Keane, A. H., Ea; Yahveh: Dyaus; Zavs; Jupiter (JqR XV 559—582): 


ee N Leu, en men 
Glaser hatte in „Jehowah-.Jovis und die drei Söhne Noahs“ (München 1%]) 
die fünf Namen in etymologische und geschichtliche Beziehung gesetzt. 
K. leugnet die etymologische Verwandtschaft der beiden im Titel an- 
gedeuteten Gruppen, auch jegliche geschichtliche oder geographische Be- 
ziehung. K. korrigiert auch als Indogermanist die Aufstellungen Gl. 


Bibliographische Notizen. | 93 


bez. der 2. Gruppe. Jedoch erkennt er die Verwandtschaft von Ea und 
Jahwe sowohl vom theogonischen als phonetischen und geographisch- 
geschichtlichen Standpunkt an. Neues bringt er zur These nicht bei; 
ebensowenig zum Schlufs: Evolutionismus der Bedeutung von Jahwe. 
Büchler, A., Die Grundbedeutung des hebräischen und neuhebräischen 
Stammes v5». Ein Beitrag zur Geschichte der Hochzeits- und Trauer- 
gebräuche (Wiener Zeitschr. f. Kunde d. Morgen]. XVII 165—181): Zu- 
nächst „stampfen“ mit den Fülsen als Aulserung des Hohnes, dann Tanz 
beim Vortrag der Trauerklage und des Lobes der Braut. 
Nestle, E., Sommerfäden auf Hebräisch (ZatW XXLIl 343f): Die Quinta 
bestätigt, dals Hieronymus so mit Recht craa% (viell. oxaae*>?) übersetzt hat. 
Perles, F., so» —= Haar (OrLz VI 425f): Nicht Job 38, 25, wie agadische 
Erklärungen wollen, aber an andern Stellen der Midrasch-Literatur. 
Behrens, E.. Zum assyrischen Lexikon. 1: Sasimu = hebr. v'cog (ZA 
XVII 389). 


b) Text und Übersetzungen. 


Levi, J., Un papyrus biblique (RE) XLVI 212 —217): Vgl. BZ I 312. 
Gegen Cook hält L. den Papyrus für liturgisch; die von der palästinischen 
abweichende Form des Sema‘ ist äryptisch. Textkritisch wertlos, weil für 
Privatgebrauch von einem halbgebildeten Schreiber hergestellt. Daher 
Mischung von Lesarten des Dt mit dem Grundstock aus Ex. Nur paläo- 
graphisch und geschichtlich von Interesse. 

Margoliouth, G., An early Copy of the Samaritan-Hebrew Pentateuch 
= qR XV 632—-639): Gibt eine Beschreibung der von einem samaritanischen 

riester durch das British Museum erworbenen, im J. 1339—1340 ge- 
schriebenen bedeutsamen Hs. 

Thackeray, H. St. J., Translation of the Letter of Aristeas (JqR XV 
337—391): Nicht vor der Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. verfafst. Folgt 
Übers. mit Anmerkungen. 

Thackeray, St. J., The Greek Translators of Ezekiel (JthSt IV 398—411): 
Auch hier wie bei Jer (vgl. BZ I 314) zwei Übersetzer: a 1—27, ß 28—39, 
y(=a) 40--48. Die Teilung scheint zum Zwecke der Übersetzung geschehen 
zu sein (nach Epiphanius Doppelzellen für die LXX-Übersetzer). Zeigt 
statistisch in einer Tabelle die Besonderheiten der Übersetzer. 36, 24—38 
eigenartig, wohl aus einer andern Übersetzung hergenommen. — The 
Greek Translators of the Prophetical Books (JthSt IV 578—585): Sind 
die beiden Übersetzer der je zwei Teile von Jer (vgl. 1 314) und Ez gleich- 
zeitig oder sukzessiv? Beides ist möglich. Auf Grund der Vergleichung 
des Wortschatzes stellt Th. folgende Gruppierung auf: Is ist ein erster 
Übersetzungsversuch; Jer a, Ez a u. y, die kleinen Proph. sind später 
von einer Hand oder einer Gruppe von Übersetzern gefertigt. In ähn- 
lichem Verhältnisse steht 1 Rg zu 234 Rg. 

Zillessen, A., Die crux temporum in den griechischen Übersetzungen des 
Jesaja (c. 40—66) und ihren Zeugen (ZatW XXIII . Statistik und 
Gruppierung der Stellen, an denen eine verschiedenartige Wiedergabe der 
hebräischen Tempora sich bei Ubersetzungen und Hss zeigt. Die ein- 
leitend angeführten Ergebnisse sind wenige und zudem unsicher. 

Böhmer, J., Ein Hauptstück der atl Religion auf dem Boden der LXX 
(Studierstube I H. 8): Gegen Deilsmann, vgl. BZ I 313. 

Nestle, E., Erratio (Arch. f. lat. Lexikogr. XIII 278): Im Lyoner Okta- 
teuch ist Idc 20, 16 statt „sine ratione“ wohl nach dem Griechischen 
od EEauaprdvovres (vÜX Auapr., ob diauapr.) „sine <er>ratione“ zu 
schreiben. C.W. 

Nestle, E., Actio (Arch. f. lat. Lexikographie XIII 436): Im Lyoner 
Heptateuch Idc 18, 21 entspricht actio griechischem dmooxevrji im Sinne 
von Trofs oder Train. Diese Bedeutung von „actio“ ist anderweitig noch 
nicht nachgewiesen, C.W. 


94 Bibliographische Notizen. 


Nestle, E., Acia (Arch. f. lat. Lexikogr. XIII 278): Acia (Faden) findet 
sich auch im Lyoner Oktateuch Idc 16, 12 „disruit ea (Simson die Stricke) 
... sicut aciam“, wo die griechischen Hss, welche die dem Lugdunensis 
zu Grunde liegende Rezension enthalten, bs (Woei) dduna (duo) bieten. C.W. 

Ginsburger, M., Die Fragmente des Targum jeruschalmi zum Pentateuch 
ZdmG LVII 67—80): Zusammenordnung der Stellen, wozu wir solche in 

en bis jetzt bekannt gewordenen Hss besitzen. Etwas über das innere 
Verhältnis der beiden sich zeigenden Rezensionen. 

Siibermann, S., Das Targum zu Ezechiel. Nach einer südarabischen 
Hs mit Einl. und Varianten vers. Diss. Stralsburg 1902 (40 S.). 

Lauterbach, J. Z., Saadja Al- Fajjümi’s arabische Psalmenübersetzung 
und Commentar (Psalm 107—124). Nach einer Münchener und einer 
Berliner Hs hrsg., übersetzt und m. Anmerkungen versehen (67 u. XXV. 
B., Poppelauer. M 2.50). f 

Mittwoch, E., Aus einer arabischen Übersetzung und Erklärung der 
Psalmen. Ein Geniza-Fragment (ZatW XXIII 87-93): Ps 119, 49-63. 
96—104. Übersetzung von Saadja abhängig. 

Seligsohn, M., The hebrew-persian Mss. of the British Museum (JaR XV 
278—801): Or. 5446 vielleicht die älteste persische Übersetzung des Penta- 
teuchs. Gn 24, 1—16 gibt er nach dieser und Tawusi und nach der von 
Guidi festgestellten Hs. — Or. 4742: der historische und epische Teil des 
Pent. in Versen (vom J. 1702; mit Proben). 

Langner, E., Die gotischen Nehemiafragmente. at Sprottau 1903 Gl 

Paul, F., Studien zur altsächsischen Genesis I. Dissert. Lp. (55 S.). 

Dollmayr, V., Die Sprache der Wiener Genesis. Eine matische 
en ve u. Forsch. zur Sprach- u. Culturgeschichte der germ. 
Völker. 94. XIIl u. 109. Stralsb., Trübner. M er 

Byland, H., Der Wortschatz des Züricher AT 16525—1581 verglichen mit 
an ersehsn Luthers. Eine sprachl. Unters. (VI u.84. B., Schwetschke. 

5.50). : 

Hirsch, M., Die Klagelieder. Übersetzung nebst Anmerkungen (hebr. 
und deutsch) (VI u. 22. Frankf. a. M., Kauffmann. Geb. M 1.20). 

Die Psalmen. Sinngemä/se Übersetzung nach dem hebräischen Urtext 
(255. München, Roth. M —.30). 

Davies, T. W., Ysgrythyrau yr hen destament [Walis. Schriften des AT]. 
The thirtieth Series IV (120. VI u. 102. Wrexham, Hughes. 6d). 

Driver, S. R., Translations from the Prophets. Jeremiah XXII, XXIII 
(Exp VIII 12—23): Vgl. BZ I 316. 


c) Text- und Literarkritik. 


Cheyne, T. K., Pressing Needs of the OT Study (HJ 1 747—762): Man 
muls zugestehen, dals Israel unter durchgreifendem Einflufs von Assyrien 
und Agypten gestanden. Das anerkenne die deutsche Gelehrtenwelt nicht 
hipreichend. Empfiehlt besonders die Betonung der Textkritik im Sinne 
seiner Critica biblica (vgl. BZ 1315). Sie wird auch die sog. höhere Kritik 
modifizieren. Bestimmte Typen der Korruption müssen gesucht werden. 

Rost, P., Ein Schreibgebrauch bei den Sopherim und seine Bedeutung 
für die atl Textkritik (OrLz VI 403—407): Mit Stichworten des Textes, 
hinter welche oder vor welche eine Randnote eingetragen werden sollte, 
wurden von den Sopherim oft Nachträge von Versehen, aber auch er- 
klärende Randglossen eingeleitet: eine reiche Quelle von Textverderbnissen. 

Hart, J. H. A., Primitive Exegesis as a Factor in the Corruption_ 0 
Texts of Scripture, illustrated from the Versions of Ben Sira (JqR X 
627—631): Sir 10. 8f; 13, 13; 16, 10 weisen Einwirkungen der altchrist- 
lichen Schrifterklärung auf, wie auch textkritisch festzustellen ist. 

Matthes, J. C., Miscellen (ZatW XXIII 120—127): Textkritisches zu 
Nm 14, 19. Jos 10,13. 2 Sm 1,18; 1,27. 1 Reg 2,22. 2 Rg 5, 17. Agg 
1, 9; 2, 15—19. Mal 1, 1. Prv 10, 9; 14, 35; 27, 24. 


Bibliographische Notizen. 95 


en nee: T. K., Critica biblica. 8. First and second Samuel (312. Ld., 
lack. 38). 

Wünsche, A., Eine Umstellung von Versen in der Bibel (VB I 274): 
1 Sm 2, 8®—11 ist zu vertauschen mit Ps 113, 8b. 

Burney, C. F., Notes on the Hebrew Text of the Books of Kings. With 
an Introd. and App. (XLVIII u. 384. Oxford, Clar. Pr. 145). 

Whitelaw, T., OT Critics. An Inquiry into the Character, Effect and 
Validity of their Teaching (386. Ld., Trübner. 78 6d). 

Longsides, A., Higher Criticism as applied to Itself; or Prof. Davidson’s 
Introduction to lsaiah under the ruthless Logic of his own Principle 
(Ld., Authors’ and Booksellers’ Coop. Alliance. 18). 

McFadyen, J. E., OT Criticism and the Christian Church (XI u. 375. 
N.Y., Scribner. $ 1.50). 

Girdiestone, R. B., Hebrew Criticism. Its Bearing on the Integrity of 
Scripture. 20'R Century Papers (80. Ld., Shaw. 1s). 


Kautzsch, E., Die bleibende Bedeutung des AT. 2. durch ein weiteres 
Vorw. verm. Aufl. (VIII u. 34. Tübingen, Mohr. M —.65): Im weiteren 
Vorwort findet er, dals das AT im Babel-Bibel-Streit an seiner Bedeutung 
nichts verloren hat, und protestiert gegen das 17. Kap. von Häckels 
Welträtsel. Vgl. BZ I 9. 

Oettll, S., Der religiöse Wert des AT. Vortrag (19. Potsdam, Stiftungs- 
verlag. M —.60). 

Conder, C. R., Bible Accuracy as shown by Monuments (Ld., Shaw. 18). 


Traub, Die neue Auffassung der israelitischen Religionsgeschichte und 
der christliche Offenbarungsglaube. Progr. des ev.-theol. Sem. in Schön- 
thal (4%. 31. Heilbronn 1%2): Christi Anschauung vom AT gilt uns nicht 
als normativ. Eine sich nach der Ansicht der Wellhausenschen Schule 
entwickelnde Religion kann eine Gottes nicht unwürdige Offenbarung 
sein. Der ethische Charakter der Gottesidee vermittelt uns den tatsäch- 
lichen Offenbarungscharakter derselben (nach ThLz 1903 Nr. 14) 


König, E., De la tendance moderne & poetiser PAT (Rb XII 234- 241): 
Übersetzt. Vgl. BZ 1 9. 
König, Zur Gesundung der Bibelkritik 1—2 (Studierstube I H. 6, 7). 
König, X., Histoire sainte d’apres les resultats acquis de la critique his- 
torique (Ancien Testament) (12%. XI u. 189. P., Fischbacher): Will ein 
Handbuch sein, um die kritischen Resultate für den religiösen Unterricht 
verwertbar zu machen (vgl. Rev. d’hist. des rel. XLVIII 1, 110ff). 


Emerson, Sarah A., The Study of early OT Traditions (BW XXI 2931 — 
296): Gibt Anweisungen, wie die rein menschlich entstandenen Über- 
lieferungen geschichtlich zu beurteilen sind. 

Lepsius, J., ist entschiedener Gegner der kritischen Schule und bekämpft 
sie in einer Reihe von Aufsätzen, die in der Erklärung und Kritik je 
Texte manchmal gewaltsam verfahren: Die biblische Urgeschichte. Ver- 
such einer Wiederherstellung des ursprünglichen Textes (Reich Christi 
VI 32—48). — Das Salomonische Heiligtum und der Tempel des Ezechiel 
(ebd. 235—249): Nach Josephus, Talmud, AT, insbes. Ezechiels Beschreibung 
entworfen. — Der Salomonische und Ezechielische Tempel im Schatten der 
Kritik nr 249—255): Der Tempel des Ezechiel deckt sich mit dem 
nachexilischen Heiligtum; E.s Programm ist kein selbständiges Kultgesetz, 
sondern ein Amendement zum bestehenden mosaischen Gesetz. — Das 
Gesicht des Ezechiel von dem Tempel zw Jerusalem (ebd. 271—280): Text- 
herstellung. — Der Salomonische Palast (ebd. 280—282): Textberstellung; 
der Tempel des Ezechiel im Grundrils. — Die geschichtlichen Grundlagen 
der christl. Weltanschauung (ebd. 340—374): Das Weltbild, die kosmische 
Weltanschauung, findet L. im Wagen des Ez (1, 4—28) und Apk 4, 2—7. 
Aus der kultischen Symbolik ergibt sich dieselbe ebenfalls. — Der Segen 
Jakobs und der Tierkreis (ebd. 375—877): Text und Übersetzung. — 


96 Bibliographische Notizen. 


Gegen ihn: Meinhold, J., Dr. Johannes Lepsius und die kritische Behand- 
lung des AT (Christl. Welt 1903, Nr 42f 46). 


König, E., Im Kampf um das AT. 1. H.: Glaubwürdigkeitsspuren des 
AT (54. B., Runge. M —.75): Die Textbeschaffenheit des AT weist 
Merkmale auf, die eine Genauigkeit der Überlieferung und eine gewisse 
Sorgfalt erweisen. Lepsius (vgl. oben) hat darum kein Recht, mit dem 
Text so umzugehen, wie er es getan. Aber auch die Geschichtserzählung 
in der ganzen Art und Weise, wie sie angelegt ist, schliefst eine Willkür 
in der Gestaltung aus, die Wellhausen angenommen hat. Die bereits in 
seiner Einleitung und seinen grammatischen Schriften niedergelegten 
Beobachtungen werden hier in neuer Zusammenordnung und auch ver- 
mehrt wiedergegeben. 

Vetter, P., Die litterarkritische Bedeutung der atl Gottesnamen. Forts. 
(ThQ LXXXV 520-547): Vgl.BZ I 315. 

Van der Flier, A., Het gebruik van den Isra&lietischen Godsnaam (Theol. 
Studien XXI 3). 


d) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie. 


Jastrow, M., Die Reliyion Babyloniens und Assyriens. 3. u. 4. Lief. 
Bis S. 304. Vgl. BZ I 93. 

Hehn, J., Hymnen und Gebete an Marduk, neben einer Einleitung über 
die religionsgeschichtliche Bedeutung Marduks. Diss. Berlin. " 

Houghton, L. S., The Cry of the Penitent (BW XXIl u Über- 
setzung eines babylonischen Bulspsalms nach Weine, Christl. Welt. 

Lidzbarski, M., Balsamem (Eph. f. sem. Epigr. II 122): Nimmt auf 
Grund von Zimmern, Keilinschr. und AT? 357 seine Annabme zurück, 
dals die semitische Bezeichnung „Herr des Himmels“ bei den Juden in 
persischer Zeit entstanden sei, möchte sie aber doch als von aulsen ein- 
gedrungen festhalten. Aus dem Vertrag zwischen Ramses II. und Che- 
tasar gehe hervor, dals diese Bezeichnung bei den Chetitern sehr alt sei. 
— Gegen L. auch Lagrange (Rb XII 330f). 

ee S. I., Firstlings and other Sacrifices (Journ. of Bibl. Lit. XXIII 
45 —49). 

Curtiss, S. I., The Place of Sacrifice among the primitive Semites (BW 
XXI 248—259): Die ursprünglichen Gewohnheiten der Semiten sind nach 
C. noch in Syrien und Arabien vorhanden. Opfern bedeutete „schlachten“ 
ohne Beziehung auf einen Altar. Erst aus der Übung, an dem Eingang 
zu einem Heiligengrab oder zu einer Wohnung zu schlachten, bildete sich 
allmählich der Begriff „Opferaltar“. R 

Savignac, M.-R., Le Haut-lieu de Petra (Rb XII 280-288): Über die 
dortige Bama und einige andere Kultobjekte. 

Hoskins, F. E., The second High Place at Petra (BW XXI 167—174): 
Entdeckt März 1902. Beschreibung mit Illustrationen. 

Kyle, M. G., The Religion of Israel in its Relation to the Religions of 
contiguous Peoples. Ill. Sacrifices (BStdt VIII 36-40 85—92): Agypten 
und Arabien können allein in Betracht kommen für die Zeit, ın der sich 
Israels Religion entwickelte. Mit letzterem (Job sei Quelle hierfür?) 
besitze der ÖOpferkult Israels Berührungen vermöge gemeinsemitischer 
Herkunft. 

Rothstein, Geschichte und Offenbarung mit Bezug auf Israels Religion. 
Aus: Studierstube (23. Stuttgart, Greiner. M —.40): Nur die Offenbarung 
erklärt die eigenartige Entwicklung der Religion in Israel. 

Möller, W., Die Entwicklung der atl Gottesidee in vorexilischer Zeit. 
Historisch-kritische Bedenken gegen moderne Auffassungen. Beitr. z. 
Förd. christ}. Theol. VIl 3 (183. Gütersloh, Bertelsmann. M 2.80): Biblisch- 
exegetische Gegenbeweise gegen den evolutionistischen Standpunkt der 
Kritik, die primären Polydämonismus (hier bes. gegen Marti), Lokalisation 


Bibliographische Notizen. 97 


Jahwes am Sinai und im Heiligen Lande, Entwicklung des Henotheismus 
zu Monotheismus, zu ethischem Monotheismus festhält. Historisch-kritisch 
nennt er die etwas breit, aber überzeugend geltend gemachten Bedenken 
im Unterschied von dogmatischer Beweisführung. Statt der Seitenblicke 
auf katholische Gebräuche hätte man lieber einen Blick in katholische 
Literatur (Zapletal, Lagrange) beobachtet, zumal sie ihn gelehrt hätte, dafs 
eine Beiziehung der semitischen Religionen nicht schon unberechtigte 
Nivellierung der religiösen Prärogative Israels bedeutet, sondern eine 
mächtige Stütze konservativer Bibelforschung werden kann. 


Westphal, A., Jehovah. Les etapes de la r&vclation dans l’'histoire du 
peuple d’Israel. 3 fasc. (194. Montauban, l’auteur), 


Matthieu, J., Jahwe und die Natur. Ein Beitrag zur israelitisch-jüdischen 
Religionsgeschichte (Schweiz. theol. Z. XX 99—115 129—142): Zuerst ist 
Jahwe bei den Bauern Palästinas ohne Beziehung zu den Naturerschei- 
nungen, dann blofs Herr über die Natur in Palästina. Erst nach dem 
Exil wird er durch babylonischen Einfluls Schöpfer, Leiter und Zerstörer 
der ganzen Welt, bis Mittelwesen den direkten Einfiuls Jahwes zurück- 
drängen. 

Curtiss, S. I., The Transformation of the Local Divinities into Gods 
u XXI 7—16): Die kritische These, dals Jahwe aus einem Lokal- und 

ationalgott zum Weltgott geworden sei, will C. stützen durch Fälle, in 
denen von ungebildeten Leuten in Syrien verehrten Ortsheiligen allmählich 
göttliche Allgegenwart zugeschrieben wurde. , 

Dettli, Ist der Gott des AT unser Gott? Öffentlicher Vortrag (80. B., 
Stadtmission.e M —.20\. 

Ramsay, F. P., The Kingdom of God in the OT (BStdt VIII 108—112): 
Stellt kurz und präzis die einzelnen Momente zusammen, die der Begriff 
des messianischen Königtums im Laufe der israelitischen Geschichte her- 
vortreten liels. Eine geradlinige stetige Klärung und Entfaltung! 


Lagrange, M.-J., L’ange de Jahve (Rb XII 212—225): Ist nur eine theo- 
logische Glosse, weil man Jahwe nicht unmittelbar erscheinen lassen 
wollte, nicht eine Manifestation Jahwes oder Jahwe selbst. — 8. B. Warfield, 
Herausgeber der konservativen Zeitschrift The Bible Student, protestiert 
gegen diesen Artikel (VIII 59f), weil er ebenso hypothetisch sei wie 
Wincklers Theoreme. 

Grimme, H., Ginnen im AT (OrLz VI 281—283): Lam 2, 6° 95 = „wie 
ein Ginn“. 7» —= „(Ginnen-)Zauber treiben“ (ZdmG LV 459) hängt damit 
zusammen; denn auch im Nordarabischen wechseln » und 3 beim gleichen 
Stamme. 

Berry, G. R., The ethical Teaching of the OT (BW XXI 108—114 
197—205): Der Gehalt der atl Ethik kurz zusammengefalst. Sie ist weit 
höher als die der andern Völker, steht aber der ntl Ethik nach wegen 
des progressiven Charakters der göttlichen Offenbarung. Einzelne alte 
beibehaltene Gebräuche widersprechen ihrem Offenbarungscharakter nicht. 

Wente, H., Beiträge zur Darstellung der psychologischen Anschauungen 
des AT. Diss. Rostock 1902 (29 S.). 

Budde, C., Die Schätzung des Königtums im AT. Kaisersgeburtstags- 
rede. Marburger ak. Reden Nr 8 (33. Marburg, Elwert. M —.60). 

Taylor, R. B., Traces of Tree- Worship in the OT (ExpT XIV 407—415): 
Beziehung zu Arabien lälst dies vermuten; Etymologie von Y>x usw., 
Orakelbäume, Gerichtsplätze, Aseren = konventioneller Ersatz der heiligen 
Bäume erweisen es. 

Lattes, D. A., und Jona, E., Valore del culto ebraico (16%. 69. Livorno. 
L 1.50). 

Mathleu, 6., La notion de sacrifice dans !AT et son Evolution. These 
theol. (54 S. Toulouse 1902). 

Müller, M., Die alten Ägypter als Krieger und Eroberer in Asien (Der 

Biblische Zeitschrift. I. 1. 7 


98 Bibliographische Notizen. 


alte Or. V 1. 32. Lp., Hinrichs. M —.60): Sie waren im wesentlichen un- 
kriegerisch gegen ihren sagenhaften Ruf bei Griechen und Römern. 

Sayce, A. H., The Hyksos in Egypt (BW XXI 347-355): Auch die 
Hyksoszeit beginnt sich aufzuhellen. Manethons Angaben finden sich 
bestätigt. Nach S. waren die Hyksos Westsemiten, und zwar gehörten sie 
den Namen nach — das ist eine neue These — in die Zeit Hammurabis. 
Die Überflutung Babyloniens durch die Hammurabidynastie, Agyptens 
durch die Hyksos mag der gleichen südarabischen Völkerwelle zuzu- 
schreiben sein. 

Messerschmidt, L., Die Hettiter. 2. Aufl. (Der alte Or. IV 1. 35. Lp., 
Hinrichs. M —.60). Auch ins Englische übersetzt (Ld., Nutt. 18 6d). 

Daiches, S., Zur Habiri-Frage (ZA XVII 399f): Der im Talmud er- 
wähnte Stamm x"ar könnte mit den H. identisch sein. 

Winckler, H., Die politische Entwicklung Babyloniens und Assyriens. 
2. verb. und verm. Aufl. (32. Lp., Hinrichs. M —.60). 

Lehmann, C. F., Die Dynastien der babylonischen Königsliste und des 
Berossos (Beitr. z. a. Gesch. III 135—163): Dynastie A, von der Meeres- 
küste stammend, am ehesten als „westsemitisch“ statt „kananäisch“ oder 
„nordsemitisch“ zu bezeichnen; auf den Babel-Bibel-Streit bezüglich. 
Auch die weiteren chronologischen Feststellungen, Ausgleich der Berossos- 
angaben mit den babylonischen Königslisten, sind für die Bibel von 
höchstem Interesse. Jaü = Aos-Sarapis hat mit Jahwe nichts zu tun; in 
den Eigennamen wahrscheinlich überhaupt nicht Gottesname. 

Meyer, E., Das chronologische System des Berossos (Beitr. z. a. Gesch. 
IIl 131—134): B. bietet von 2232 (mit der 2. Dynastie nach der Flut be- 
ginnend) bis 331 v. Chr. geschichtliche Überlieferung, die er allerdings 
durch den Ansatz der halbmythischen 1. Dynastie zur zyklischen Zahl 
von 10 Saren ergänzt. 

Halevy, J., Un Document judeo-aramöen d’Elephantine (Rsem XI 2350— 
258): Zu PSbA Mai 1903, 202—208 (Cowley), Ein Beweis, dals sich im 
äulsersten Süden von Ägypten eine Gruppe Juden im 3. Jahrh. v. Chr. 
niedergelassen hatte (Jer 44, 1.15 redet nur von einem vorübergehenden 
Aufenthalt von Flüchtlingen, und zwar in einer nördlichen Stadt). Gibt 
Text, Erläuterung und Übersetzung des Papyrus. 

Jackson, F. J., The Biblical History of the Hebrews (XXX u. 414. 
Cambridge, Hefter. 6s): Für Gelehrte, aber auch für ein weiteres Publi- 
kum berechnet. 

Stitt, S. S., The OT History analysed. Based on OÖttley’s “History of 
the Hebrews” (Cambridge, Hetter. 23). 

König, E., Der Stamm Ruben, sein Verschwinden aus der Geschichte und 
sein Auftauchen in der Geschichte (Zeitschr. f. ev. Rel.-U. 1903, 209— 218). 

Oppert, G&., Tarschisch und Ophir. Sonderabdr. aus der Zeitschr. f. 
Etbnol. 1903, 1—3 (87. B., Springer. M 2.—): Vgl. BZ I 224. 

Hüsing, 6., Zur Ophir- Frage (OrLz VI 367—371): Möchte O. in Elam 
suchen, dessen Könige u. a. den Titel katru hapirtik (= aiapırra — 
pr = "riR) um 1200 v. Chr. führten. "ro (= 5%) soll elamitisch hilam 
hijan sein; später wurde es zu Citlam, Cijan = yırz. 

Nestle, E., Abiud (Expl' XIV 334): Gegen Dict. of the Bible 1I 140. 

Präsek, J. V., Sanheribs Feldzüge gegen Juda I. Mitt. d. Vorderas. 
Ges. VIII 4 (45. B., Peiser. M 1.50): Lösung wie in dem BZ I 103 ver- 
zeichneten Artikel. Hier schickt er voraus die Geschichte der Exegese 
dieser Stellen und gibt genauere, insbes. chronologische Details (Bonkamps 
Versuch, vgl. BZ 1103, hat er nicht verwertet), überall sich als Wincklers 
Gefolesmann bekennend. Seine Polemik gegen „prodigiöse* Fassung des 
Unterganges der Assyrer ist entbehrlich. Sonst stützt auch P.s Theorie 
die biblische Erzählung. Mit Nagel (vgl. BZ I 330) setzt er sich aus- 
einander OrLz VI 167-170, indem er seine dogmatische Beiangenheit 
tadelt und die behauptete Einheit des Berichtes ablehnt. 


Bibliographische Notizen. 99 


Barton, G. A., The Jerusalem of David and Solomon (BW XXII8 —21): 
Ehedem hiels der östliche Hügel Sion, in der Amarna-Zeit befestigt 
(niptur = „öfinen“, nicht „befreien“, Amarna-Brief Nr 185); vom 2. Jahrh. 
v. Chr. bis zum 4. n. Chr. fand eine Namensübertragung statt. Auch der 
Westhügel war schon zur Zeit Davids bebaut, wie aus verschiedenen An- 
zeichen vermutet wird. In eine Auseinandersetzung mit der neuesten 
Literatur über die erste Frage lälst sich B. nicht ein. 

Banks, E. J., Cutha (BW XXII 61-64): Kurze Geschichte der 2 Rg 
17,24—41 erwähnten Stadt mit den bisherigen Versuchen zur Ausgrabung. 

Steward, L., The Land of Israel. 3’! ed. (382. Ld., Revell. 5s). 

Marmier,,6G., Contributions a la geographie de la Palestine et des pays 
voisins (REj XLVI 184-196): IV. Le territoire d’Issachar d’apres le 
Livre de Josue. V. Les pays Aramiens de la rive gauche du Jourdain 
au temps de David. 

Manfredi, J., Callirhoe et Baarow dans la Mosaique geographique de 
Madaba (Rb XII 266-271). 

Rogers, R. W., Biblical Discoveries that have stirred the World (Sunday 
School Times XLV 16). 

Hilaire, La chronologie biblique et: les dernmieres decouvertes: hypotheses et 
certitudes ar francisc. IX Nr 50,51 [Febr.—März 1903)). 

Hilprecht, H. V., Die Ausgrabungen im Bel-Tempel zu Nippur. Ein 
Vortrag. Mit 56 Abb. und 1 Karte (78. Lp., Hinrichs. M 2.—). 

Naville, E., La stele de Pithom (2. f. äg. Spr.,u. Altertumsk. XXX 65—75 
mit 3 Taf.): Neue kritische Behandlung und Übersetzung gelegentlich der 
Herausgabe der 4. Aufl. seiner „The Store City of Pithom“. 

Macalister, A. St., Fourth quarterly Report of the Excavation W Gezer 
(1 March—15 May 1903) (PEF XXXV 195—231): Schildert in Wort und 
Bild die neuen Fundgegenstände. Er erörtert die Frage, warum die Ein- 
wohner von Gezer den einen Hügel verlassen. Ein Resum& über das 
Ergebnis der Ausgrabungen des 1. Jahres. 

Masterman, E. W. G., The Excavalion of Ancient Gezer (BW XXI 6, 
407-425): Illustriert. Nach den BZ I 330 angeführten Berichten. 

Sellin, Kurzer Bericht über die Ausgrabung von Ta‘annek IV (Mitt. u. 
Nachr. d. deutschen Pal.-Ver. 1903, 1—4): Erzählung der Funde, ins- 
besondere von zwei assyrischen Tontafeln. — Peiser, f.E., Zu den Ta‘annek- 
Tafeln (OrLz VI 321—323): Gibt die Übersetzung von Hrozny im An- 
zeiger der philos.-hist. Klasse der Wiener Akad. vom 17. Juni, wo Sellin 
eine Abhandlung: „Tell Ta‘annek. Bericht über eine mit Unterstützung 
der Kais. Akad. und des k. k. Minist. f. Kultus und Unterricht unter- 
nommene österreichische Ausgrabung in Palästina. Nebst einem Anhange 
von Dr. Friedrich Hrozny: Die Keilschrifttexte von Ta’annek“, veröffent- 
lichte mit sachlichen Bemerkungen. Vermutet, dals Rahab der frühere Name 
von Jericho sei, auf den die Geschichte der Buhlerin Rahab zurückgehen 
könnte. — Zwei neue El-Amarna-Briefe (OrLz VI 379—381): Veröffent- 
licht nach Bull. de l’Inst. Franc. d’Arch. or. II den Text mit Übersetzung. 
Ya-bi-sSarru soll möglicherweise identisch sein mit (ilu) Ra-bi-mur aus 
den früheren Briefen Wincklers Nr 119. Hier meint P. nun vermutungs- 
weise das bei Delitzschs ldentifizierungen von Jahwe vermilste Gottheits- 
determinativ zu finden. 

Cooke, 6. A, A Text-Book of North-Semitic Inscriptions, Moabite, 
Hebrew, Phoenician, Aramaic, Nabataean, Palmyrene, Jewish (XXIV u. 
407 mit 14 Tafeln. Oxford, Ular. Pr.). 

Lidzbarski, M., Phönizische Inschriften (Eph. f. sem. Epigr. II 49-55): 
Behandelt die Geschichte des Fundes der BZ I 320 erwähnten Inschrift; 
Faksimile-Abdruck, Kritik der bisherigen Deutungen. 

Bruston, C., Les inscriptions pheniciennes de Sidon (Rev. de Th. et d. 
Quest. rel. 193, 127—134). 

Corpus inscriptionum Semiticarum ab Academia inseriptionum et litte- 

7*r 


100 Bibliographische Notizen. 


rarum humaniorum conditum atque digestum. Pars II inscriptiones Ara- 
nn as. T.1, £.3, Tab. X<LV—CVI (fol. 305—489. P. 1902, Typ. 
reip. Fr 66.—). 

rmoni, V., La Bible et l'orientalisme III: la Bible et Tarcheologie 
syrienne (16°. 64. P., Bloud. Fr —.60): Vgl. BZ I 323. 

Hunger, J., Die Becherwahrsagung bei den Babyloniern nach zwei Keil- 
schrifttexten aus der Hammurabi-Zeit (Leipz. semit. Studien, herausgeg. 
von A. Fischer und H. Zimmern. I 1. 80. Lp., Hinrichs. M 2.80): Ge- 
schichtliche Nachrichten darüber und verschiedene Formen, u. a. auch 
Gn 44. Dann kritische Behandlung, Deutung, Text und Übersetzung der 
Tafeln Brit. Mus. 22446 und 22447; auch über „Personen, Material und 
Handlung bei der Schalenwahrsagung“. 

Jaussen, A., Coutumes arabes (Rb XII 244—266): Forts. von Rb X 
592—608. 

König, E., Polyandrie im „vorhistorischen“ Israel (NkZ XIV 635—648): 
Die Stelle Strabo 16, 25 über Polyandrie in Südarabien erhält keine 
Stütze durch Halevy Nr 504 (Winckler), noch durch die von E. Glaser 
hierfür verwertete Inschrift (Beil. z. Allg. 2.1897 Nr 276). Gegen Ulmer, 
Die semitischen Eigennamen im AT, hält K. fest, dafs auch die Namen 
Achi-ummi-su, Achat-abi-sa, Amat-abi-ha keine Polyandrie für die Semiten, 
der Matriarchat, die Leviratsehe, Geschwisterehe, „Achab“ keine solche 
für das vorhistorische Israel erweisen. 

Bissing, W. v., Eine angebliche Darstellung des Pferdes aus dem m. R. 
ı f. äg. Spr. u. Altertumsk. XXX 97): Gegen Lefebure: Sphinx 

97f;, die Darstellung ist milsdeutet. 

Baynes, H., The oriental Conception of Law. Act. du XII® Congres 
internat. des orient. Rome 1899. IlI 2 [1902], 103—113: Findet bei Semiten 
und Ariern eine parallele Begriffsentwicklung. 

Fink, E., Zur Geschichte der Zahl x (JqR XV —= 3,141, 
nicht blols 3 (so Cantor). Das ergibt sich als möglich aus der Berechnung 
des ehernen Meeres 1 Rg 7, 23, wenn man 3 in raxa = „innerhalb“ d.h. 
„weniger als“ falst, was sich auch sonst erweisen lasse. 


e) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern 
des 


a) Allgemeines. Pentateuchkritik. Auslegung des Penta- 
 teuchs. 


Bruston, C., Quelques observations sur les sources historiques de VAT 
(Rev. de Th£ol. et d. Quest. rel. 1903, 369-373). 

Köhler, L., Atl Miscellen (Schweiz. theol. Zeitschr. XX 181—187): Gn 35, 10 
ist die Erklärung des Namens (vgl. 32, 29) ausgelassen durch den Re- 
daktor aus theologischen Rücksichten. Is 3, 7 ist nach Martis Kommentar 
zu erklären, o7> Yx, das unverständlich ist, als Glosse zu streichen. Ruth 
2,2 sollte eigentlich im Texte Ouyarep (st. Ouyarnp) stehen. 

Terry, M.S., Moses and the Prophets (196. N.Y. 1902, Eaton. $1.—): 
Moses und seine Beziehung zur Gesetzgebung; die Geschichte des Pro- 
phetentums; die messianische Prophetie; Parabel und Apokalyptik im AT 
(vel. BW XX1 311). 

Völter, D., Ägypten und die Bibel. Die Urgeschichte Israels im Lichte 
der ägyptischen Mythologie (IV u. 113. Leiden, Brill. M 2.50). 

Winckler, H., Keilinschriftliches Textbuch zum AT. 2. erw. A. Hilfs- 
bücher zur Kunde des Alten Orients. 1. Bd (IV u. 130. Lp., Hinrichs. 
M 3.—; geb. M 3.50): Gibt in Übersetzung und Textumschrift die für 
das AT bedeutsamen Texte und bietet somit für den, der die keilinschrift- 
liche Bibliothek von Schrader nicht besitzt, ein höchst willkommenes 
Hilfsmittel zum at! Studium. Die Texte sind in dieser 2. Aufl. zugleich auf 
den neuesten Stand der Forschung gebracht. Für den Text der Schöpfungs- 


Bibliographische Notizen. 101 


berichte konnte W. bereits Kings Ausgabe (vgl. BZ I 325), verwerten. 
Kurze Noten erleichtern das Verständnis. 

Zur „Babei-Bibel-Literatur‘“. Delitzschs 1. Vortrag erschien in 4. Aufl. 
(51.—55. Tausend). Beide Vorträge wurden ins Englische übertragen: 
Delitzsch, F., Babel and Bible. 2 Lectures. Ed. with Introd. by C. H, 
W.Johns (256. Ld., Williams. 53). In neuen Auflagen erschienen: Budde 
(vgl. BZ I 95) in 2. Aufl, mit vielen Anmerkungen und einem Vorworte 
statt des Nachwortes (bekennt sich zu einer in der Geschichte sich voll- 
ziehenden Offenbarung, erklärt sich gegen die astralmythische Auffassung 
Wincklers); Hommel (vgl. BZ I 99) als 2. mit einem Nachwort über den 
Namen Jahwe und einem über die neuesten Darstellungen der baby- 
lonisch-assyrischen Religion orientierenden Exkurs vermehrte Aufl. (62 8. 
M 1.50); Jeremias (vgl. BZ I 99) als 4. abermals erw. Aufl. mit einem 
Vorwort: Offenbarung im AT als Erwiderung auf Delitzschs Vorwort 
„Zur Klärung“ in einer neuen Aufl. von Babel und Bibel II (52S. M —.60); 
Knieschke (vgl. BZ I 99) in 2. verb. und erw. Aufl. (VIII u. 82. Lp., 
Stubig. M 1.—). — Die neu zu verzeichnende Literatur zur Frage möge 
in al abetischer Ordnung folgen: Baentsch, B., Babel und Bibel. Delitzschs 
2. Vortr. bespr. (PrM VII 197-207): Die literarkritische Arbeit am AT 
sei abgeschlossen, die freigewordenen Theologen mögen sich dem Studium 
des Orients, der Archäologie insbes. widmen. Tendenz und Übertreibung 
kennzeichnen das Verfahren Delitzschs.. Dem Assyriologen D. sei man 
vielfachen Dank schuldig; „den Theologen D. kann die Theologie nicht 
ernst nehmen“. — Bezold, C., Die babylonisch-assyrischen Keilinschriften 
und ihre Bedeutung für das AT. Ein assyriologischer Beitrag zur Babel- 
Bibel-Frage (67. Tübingen 1904, Mohr. M 1.50): Auf eine geräuschvolle 
Gastrolle im theologischen Wissensgebiet verzichtet B. in wohltuender 
Zurückhaltung. Um so reichhaltiger ist seine Schrift in assyriologischer 
Beziehung. Trotz ihrer Kürze darf sie als ein Handbuch für die Babel- 
Bibelfrage gelten; vgl. bes. S.58ff die Literatur zu den einzelnen Punkten 
in alphabetischer Folge. — Bezold, C., Assyriologische Randbemerkungen. 
5. Noch einmal Jahve (ZA X VII 271—273): Verteidigung gegen Delitzsch, 
Babel und Bibel, Anmerk. 8. 74: B. lälst die Lesung bi oder pi offen, 
beanstandet die Vertauschung von ah und a’, hu und ü bei Delitzsch. 
— Biledenkapp, 6., Babylonien und Indogermanien. Ein Geistesflug um 
die Erde (V u. 165. B., Costenoble. M 2.—). — Boehmer, J., Babel- Bibel- 
Katechismus in 500 Fragen und Antworten für Bibelfreunde (12°. VIII u. 
176. Stuttgart, Greiner. M 2.—). — Caspari, W., Die Religion in den 
assyrisch-babylonischen ae (Beitr. z. Förd. chr. Th. VII 4. 91. 
Gütersloh, Bertelsmann. 1.80): Unter Stichworten stellt er die reli- 
giösen Begriffe und Gedanken zusammen mit inhaltlichen und auch 
textkritischen Anmerkungen. Mit Recht warnt er davor, zuviel in die 
oft recht formelhaften Ausdrücke hineinzulegen (gegen Jastrow und 
Zimmern). — Cheyne, T. K., Babylon and the Bible (HJ Il 65—82): 
Sieht die Gefahr für das AT darin, dals es zu werden droht „a depen- 
dency of Assyriology“. Sein Gewährsmann ist H. Winckler auch Jetzt 
noch wie schon früher (vgl. BZ I 92); er tadelt aber das kosmologische 
System, das W. überall zu Grunde lert, und seine Methodelosigkeit in der 
Textkritik. — Chriestlieb, M., Wie können wir Ungelehrten ein selbständiges 
Urteil über Babel und Bibel gewinnen? (Protestantenbl. 1903, Nr 18—20): 
Die freiere theologische Richtung wird die Entlehnungsfrage offen lassen; 
eine übernatürliche Inspiration muls nicht angenommen werden. — 
Diettrich, 6., Die neuesten Angriffe auf die religiösen und sittlichen Vor- 
stellungen des AT. Ein Vortr. aus dem Kampfe um Babel und Bibel 
(24. Gielsen, Ricker. M —.50). — Falb, R., Babel, Bibel und Jao (48. B., 
Steinitz. M1.—): Jao ein Geheimgott der Mysterien, sich verschiedenfach 
offenbarend; er bezeichnet die Sonnenstände, die sinkende Vokalreihe. 
Phantastisch-kabbalistische Zahlenspielerei mit etymologischen Verknüp- 


102 Bibliographische Notizen. 


fungen, „von welchen sich die vergleichende Sprachwissenschaft bisher 
noch nichts hat träumen lassen“. — Floeckner, K., Bibel und Babel. Pro- 
gramm (58. Beuthen). — Gasser, J. C., Babel und Bibel (in gemeinfals- 
licher Weise beleuchtet) (12°. 52, Schaffhausen, Meili. M —.60). — Geyser, 
N., Der Kampf um das AT (39. Greifswald, Bamberg. M —.50). — 6old- 
schmied, L., Der Kanıpf um Babel-Bibel im Lichte des Judentums (39. 
Frankfurt a. M., Kauffmann. M 1.—). — Grimme, H., „Unbewiesenes“. 
Bemerkungen eines Philologen zu F. Delitzsch’s Babel und Bibel I—II 
(80. Münster, Schöningh. M 1.50): Der Philologe tritt hier dem Philologen 
entgegen. G. bleibt nicht bei dem „Unbewiesen“ stehen, das er allen 
beweislosen oder nur scheinbar bewiesenen Thesen D.s entgegensetzt. 
Selbständige grammatische Untersuchungen (z. B. zu er Derksanz 
der Bedeutungsentwicklung der Gottheitsbezeichnungen (z.B. Marduk = 
„Gottheit“ in der berühmten Delitzschschen Tafel), lexikographische Be- 
merkungen (Dt 4,19 lexikographisch erläutert) fesseln das Interesse 
dauernd. G.s arabischen Kenntnissen und Mohammedstudien verdanken wir 
manche anregende Notiz. — Gunkel, H., Israel und Babylonien. Der 
Einflufs Babyloniens auf die israelitische Religion. 3. Taus. (48. Göttingen, 
Vandenhoeck. M 1.20): Die atl Wissenschaft ist noch nicht gleichbedeutend 
mit Assyriologie. Israel hat die babylonischen Materialien selbständig 
umgeformt. — Hannus, C., Offenbarung und Wissenschaft. Ein Beitrag 
zum Kampf um „Bibel und Babel“. 2. Taus. (44. Bremen, Schnauffer. 
M 1.—). — Haupt, P., Bible and Babel (John Hopkins University Circu- 
lars, Juni 1903). — Heyn, J., Zum Streit um Babel und Bibel. 2 Vor- 
träge (5b. Greifswald, Bamberg. 31 1.—). — Hilgenberg, A., 10. Brief über 
das Glaubensbekenntnis. Der assyr. Rummel (26. Cassel. Hühn. M —.50). 
— Hornburg, J., Bibel und Babel. 2 Vortr. mit 1 Kartenskizze und 
5 Bildern (54. Potsdam, Stiftungsverlag. M —.60). — Hübener, W., Das 
zertrümmerte Babel, das unfehlbare Gotteswort und die ewige Gottesstadt. 
Ein Vortrag (23. Zwickau, Schriftenverein. M —.30): Ihm ist König 
zu wenig orthodox. Der Papst ist der „grolse Antichrist“. — Johns, C. 
H. W., The Name Jehovah in the Abrahamie Age (Exp VIII 282—293): 
Die Identifizierungen für Gn 14, insbes. Hammurabi —= Amraphel, sind 
blols geistreiche Vermutungen. Für die erste babylonische Dynastie ist 
ein Vorkommen des Namens ‚„Jahwe“ nicht erwiesen, weil von Jau-ilu 
das erste Element kein Gottesnamen sein muls. — Kippenberger, 3., 
Babel- Bibel- Bebel. Vortrag, vom freien religiösen Standpunkt aus geh. 
(16. Lp., Rühle. M —.20). — Kittel, Die Babel-Bibelfrage. Ein Beitr. z. 
neuesten Kirchengeschichte (NkZ .X1V 458—471 554—585): Protestiert 
energisch dagegen, dals man das Argernis des 2. Vortrages an höchster 
Stelle nicht gehindert hat. Die Ausgabe desselben soll nicht den authen- 
tischen Wortlaut bieten, sondern das Produkt kräftiger Zensur durch 
mehrere hohe Stellen sein. Bespricht dann die Streitschriften. Die Inspi- 
ration sei schon lange nicht mehr so streng aufrefalst worden, wie D. vor- 
aussetze. — Ders., Fin Friedenswort für Babel und Bibel? (Ev.-luth. 
Kz 1902 Nr 18): Abwehr gegen Giesebrecht (vgl. BZ I 321). — Gegen G. 
und seinen Artikel „Zur Klarstellung“ (ebd. Nr 22) auch Jeremias, A., 
Im Kriege um Babel und Bibel (ebd. Nr 23). — Köberle, J., Babylonische 
Kultur und biblische Religion. Ein erweiterter Vortrag. Mit bes. Berück- 
sichtigung des 2. Vortr. v. Prof. F. Delitzsch über Babel und Bibel (54. 
München, Beck. M 1.20): Trotz des göttlichen Wirkens ist die Unvoll- 
'kommenheit auf den jeweiligen Stufen nicht zu verkennen. Keine Verbal- 
inspiration! Die Eigentümlichkeit der Religion Israels offenbart sich in 
der direkten Opposition gegen babylonische Einflüsse. — König, E., Die 
Gottesfrage und der Ursprung des AT (67. Gr.-Lichtertelde-Berlin, Runge. 
M —.80): Das AT ist ein Zeugnis für die Existenz Gottes, dessen Be- 
ziehung zur atl Offenbarung auch trotz der letzten Angrifie unangetastet 
bleibt. Das legt K. dar, indem er die Behauptungen D.s noch einmal in 


Bibliographische Notizen. 103 


ihrer Unhaltbarkeit aufzeigt. — Kramer, 6., Babei-Bibel. Volkstümliche 
Darstellung mit Grundsätzen einer Einheitsreligion (7. Magdeburg, Selbst- 
verlag. M —.10). — Kugler, F., S. J., Babylon und Christentum. 1. H.: 
Delitzschs Angriffe auf das AT (1V u. 68. Freiburg i. Br., Herder. 
M 1.—): In schöner populärer Darstellung gehalten; K. betont mehr die 
kulturgeschichtliche Sehe der Frage und falst die prinzipiellen Kon- 
sequenzen fest ins Auge. Den Unterschied zwischen Babel und Bibel 
hat D. aus Tendenz verschwiegen. Auch Zimmern, Keilinschriften und 
AT3 findet bereits eine Berücksichtigung. Ein Aufruf an die jungen 
Theologen zum Studium der Assyriologie zeigt, wie sehr K. trotz seines 
gegen D. ablehnenden Standpunktes die Bedeutung Babels für die Bibel 
zu würdigen weils. Vgl. Stimmen aus Maria-Laach 1903, 4ff. — Lasson, 
6., Offenbarung und Ausgrabungen (Kirchl. Wochenschr. 1903, 228-232 
242 — 245 256—260): Der Hauptvorzug Israels, dals ihm „der Name Gottes 
geoffenbart war“, wird ihm bleiben. — Sep.-Abz. (21 S.) ersch. — Leh- 
mann, C. F., Babyloniens Kulturmission einst und jetzt. Ein Wort der 
Ablenkung und Aufklärung zum Babel-Bibel-Streit (III u. 88 m. Abb. 
Lp., Dieterich. M 1.20): Lenkt die Aufmerksamkeit ab auf die allgemeine 
kulturelle Einwirkung, insbes. das Sexagesimalsystem, Längenmalse, die 
er auf eine geheim gehaltene Pendelschwingungsdauer aufgebaut sein lälst. 
Sein Eintreten zu Gunsten Herodots und der klassischen Geschicht- 
schreibung wird ebensowenig ohne Eindruck bleiben gegenüber der Über- 
schätzung von Babels Kulturmission wie seine Einsprache gegen die 
mythologische Methode als epochemachend für die historische Forschung. 
— Leimdörfer, D., Der Jhwh-Fund von Babel in der Bibel. 1.—3. Taus. 
(32. Hamburg, Boysen. M 1.—). — Lods, A., Les decouvertes babyloniennes 
et ’AT (35. Döle, Girardi., — Löhr, M., Babel und die biblische 
Urgeschichte. Vortrag (28 mit 5 Abb. Breslau, Aderholz. M —.75): 
In der doppelten Form (des Jahwisten und Elohisten) entstamme die 
Flutsage einer doppelten babylonischen, im 8. und 6. Jahrh. nach 
Palästina gekommenen Vorlage. — Kittel weist hiergegen NkZ 1903, 
573 darauf hin, dals diese Stoffe schon den Kanaanäiern der Amarna- 
zeit bekannt gewesen seien. — Luchini, L., Babilonia e la bibbia: 
studi archeologici e critici di comparazione (16. Piacenza, Solari), — 
Lukas, F., Der babylonische und der biblische Weltentstehunusbericht. 
2. Aufl. (66. Lp.. Luckhardt. M 2.—). — Meyer, S., Contra Delitzsch! 
Die Babel- Hypothesen widerlegt. 1. H. 2. Aufl. (60. Frankf. a.M., Kauff- 
mann. M.1.—). 2.H. (48. M.1.—): Vgl. BZ I 99. — Münz, W., „Es 
werde Licht!“ Eine Aufklärung über Bibel und Babel (52. Breslau, 
Koebner. M—.60). — Nikel, Babel und Bibel (Volksautklärung Nr 63—64. 
Warnsdorf. M —.16). — Oppert, J., Jahveh? (ZA XVII 291—304): Ham- 
murabi ist lautlich ganz verschieden von dem biblischen Amraphel, und 
Abraham lebte später. Die Namen mit Jahwe gehören dem Elamitischen 
an. OÖ. übersetzt und erklärt die 3 Täfelchen mit Jauppi-el, Ja-pi-el, 
Jauum-el, die wohl eine Verbalform, aber keinesfalls Jahwe enthalten. 
Der Monotheismus bleibt ein Vorrecht Israels. — O. sprach sich auch in der 
Sitzung vom 13. März 1903 der Societe asiatique (Jas Ser. X, t. I 381f) 
gegen die Etymologie der nach Delitzsch „Jahwe“ enthaltenden Namen 
aus. Japi ist 3. Person des elamitischen Verbs; Jauppi aor. des elamiti- 
schen Verbs. — Paul, Daniels Weissagungen und ihre Erfüllung. Ein 
Zeugnis aus Bahel für die Bibel(V u.79. Elmshorn, Bramstedt. M—.80). 
— Porges, Bibelkunde und Babelfunde. Eine krit. Bespr. v. F. Delitzsch’s 
Babel und Bibel (108. Lp., Kaufmann. M 1.20): Vortr., gehalten in der 
Leipzig-Loge. Will nur populär sein und vertritt den Standpunkt des 
Judentums. Abhängigkeit der Bibel auf religiösem Gebiet sei aus- 
geschlossen, in profanen Dingen zuzugestehen. Auf das NT ist P. nicht 
gut zu sprechen. Hie und da zeigt er sich einseitig in der Auslegung. — 
Reimarus jun., Babel und Bibel. Resultate der neuesten Bibelforschung 


104 Bibliographische Notizen. 


als Widerlegung und Antwort auf den Brief des Kaisers Wilhelm II. an 
Admiral v. Hollmann (24. Lp., Blumberg. M —.50). — Rosenthal, L. A., 
Bibel trotz Babel! Beleuchtung des 2. Delitzsch’schen Vortrages und seiner 
neuesten ÄAulserung „Zur Klärung“ (VIlIlu.32. Lp., Kaufmann. M—.50): 
Das Fragmentarische des biblischen Tatsachenmaterials bei Delitzsch weils 
R. wohl zu erkennen. Ebenso können wir ihm nur zustimmen in dem 
Wunsche, D. möge wieder mehr die spezielle Assyriologie zu seinem Be- 
rufe machen und aus ihr Tatsachen bieten. Sonst wenig geklärte Gedanken, 
weil der Verfasser einem altgläubigen und reformierten Judentum zu- 
gleich gerecht werden möchte. — Schieler, Ein 2. Vortrag über die Babel- 
und Bibelfrage (28. Danzig, John. M —.40). — Schmidt, 6., Babel und 
Bibel. Eın apologetischer Vortrag (16. Königsberg, Gräfe. M —.50\. — 
Schmidt, W., „Babel und Bibel“ und der „kirchliche Begriff der Offen- 
barung“ (Bew. d. Gl. VI 5). Sep.-Abz. (45. Gütersloh, Bertelsmann. 
M —.80). — Schwartzkopff, P., Die Weiterbildung der Religion: Eın 
Kaiserwort. Ein Beitr. zur Verständigung über „Babel und Bıbel“ vom 
religionsgeschichtlichen und religionsphilosophischen Standpunkte aus (1V 
u. 82. Schkeuditz, Schäfer. M 1.—). — Thieme, K., Der Offenbarungs- 
glaube im Streit über Babel und Bibel. Ein Wort zur Orientierung (67. 
Lp., Dörffling. M. 1.20). — Veeck, O0., Babel und Bibel (Protestantenbl. 

XVI 14, 111). — Wahl, T., Was lehrt uns der Babel- und Bibelstreit? 
Ein Beitrag. Zeitfr. des christl. Volkslebens 212 (47. Stuttgart, Belser. 
M —.80). — Weber, A., Welches sind die bisherigen Ergebnisse des Streites 
über Babel und Bibel? Ein Vortrag. Abdr. a. d. ev.-luth. Sonntagsblatt 
der Immanuelsynode (268. M —.10). — Welker, 6., Die Entstehung der 
verschiedenen Religionen. Vortr. im Anschluls an die Babel-Bıbel-Frage 
(19. Ludwigshafen, Lauterborn. M —.25). — Winkelmann, Die „Sintflut- 
sage“ in ihrer „reinsten und ursprünglichsten Form“. Auch ein Beitrag 
zur neuesten „wissenschaftlichen“ Forschung (Ev. Kz LXXVII 121—126). 
— Zimmern, H., Keilinschriften und Bibel nach ihrem religionsgeschicht- 
lichen Zusammenhang. Ein Leitfaden zur Orientierung im sog. Babel- 
Bibel-Streit mit Einbeziehung auch der ntl Probleme (54 m. 9 Abb. B, 
Reutber. M1.—): Populärer Auszug aus: Keilinschriften u. das AT3 II. 
— Derselbe, Biblische und babylonische Urgeschichte. 3. mehrf. veränd. 
Aufl. D. a. Or. II 3 (40. Lp., Hinrichs. M —.60). — Zorell, F., Zur 
Frage a. „Babel und Bibel“ (Frankf. zeitgem. Brosch. XXII 11. 36 S. 


Zum „Gesetze des Hammurabi“ (vgl. BZ 1327) notieren wir die 2. ver- 
mehrte und verbesserte Auflage der schönen Schrift von Jeremlas, J. (vgl. 
BZ I 328; 64 S. M1.—, kart. 1.50): Überall merkt man die bessernde Hand; 
manchmal sind Abschnitte ganz umgearbeitet. Beschäftigt sich auch bes. 
eingehend mit Grimmes Erklärung der Beziehung zur Thora. Ein eigenes 
Kapitel eingefügt: Talmud und Cod. Hammurabi. — Letzteres hat J. 
eigens behandelt in: Talmud und Codex Hammurabi (Allg. ev.-luth. Kz 
1903 Nr 35): Weist hin darauf, dals die Verwandtschaft zwischen ver- 
schiedenen Rechtssystemen auch aus der inneren Natur der Menschen sich 
selbständig gestaltet haben kann. Zwischen Talmud und Hammurabi 
bestehen indes Berührungen, die auf geschichtlichen Zusammenhängen 
beruhen. Die Leitsätze der Misna-Ördnung Nezikim werden dem Hammu- 
rabi-Codex gegenübergestellt. — Bonfante, P., Le Leggi di Hammurabi re 
di Babilonia (a. 2285—2242 a. Ü.) con prefazione e note (VIII u. 47. 
Mailand, Soc. editr. libr. L 1.50). — Grimme, H., Das Gesetz Hammurabis 
und Moses (47. Köln, Bachem. M —.70): Behandelt die zu erwartenden 
Einzelheiten. Die Ahnlichkeit beruht nach G. in der altsemitischen Ge- 
meinsamkeit der Entwicklung, was besonders formelle Anklänge er- 
weisen. Übrigens stehe Hammurabi der altsemitischen Ordnung ferner 
als Moses, wie eine Reihe von Eigentümlichkeiten dartue. Die Vorliebe 
des Arabisten für den arabistischen Standpunkt kommt auch hier zum 


Bibliographische Notizen. | 105 


Vorschein. Speziell möchten wir hervorheben die eingehende Behand- 
lung, die G. der Entwicklung der Stände widmet. Hinzutreten beider vor 
Gott, wahrscheinlich eine Art Gottesgericht. — Halövy, J., Le Code d’Ham- 
mourabi et la Legislation hebraique (Rsem XI 142— 153 240—249 323— 325). — 
Kent, Ch. F., The recently discovered Civil Code of Hammurabi (BW XXI 
175—190): Legt den Inhalt dar und stellt ihn mit dem AT zusammen. — 
König, E., Hammurabis Gesetzgebung und ihre religionsgeschichtliche Trag- 
weite (Bew. d. Gl. VI 169—180). — Lippert, J., Hammurabi (Nation 1903, 
26, 403—405; 27, 421—423). — Lotichius, P., Die Gesetzessammlung des 
Königs Hammurabi von Babylon (Protestantenbl. 1903 Nr 29— 31): Schildert 
den Geist der Gesetzgebung. Berührungen mit der Thora entfallen haupt- 
sächlich auf Ex 20—23. Die Quellen derselben möchte er auf dem gemein- 
semitischen Boden Arabiens finden. — Marl, F., IE Codice de Hammurabi 
e la bibbia: introd., vers. ital., note (40%. 76. Rom, Desclöe). — Martin, F., 
Le Code d’Hammourabi. Un Code babylonien du XXIII® siecle avant 
Jesus-Christ (La Quinzaine 1903, 1. Apr.): Von der Thora sagt M.: „celle-ci 
est infiniment plus humaine, sans doute parce qu’elle est divine“ (Rev. d. 
clerge fr. 1903, 1. Mai, 669). — Auch die Juristen berühren die biblische 
Bedeutung des Fundes und geben Beiträge zum Verständnis desselben: 
Cohn, 6., Die Gesetze Hammurabis. Rektoratsrede (44. Zürich, Fülsli. 
M 1.50): Wir hören hier einen Juristen und Germanisten die rechts- 
geschichtliche Seite des neuen Fundes erörtern. Ohne die übrigen Ge- 
setze auszuschlielsen, beschäftigt C. sich vorzüglich mit dem Institut der 
Ehe und Familie, das er mit den Rechtssätzen der ältesten germanischen 
Epoche vergleicht. Die elementaren Gedanken, die Ideen aller Völker 
seien der Grund der obwaltenden Ähnlichkeiten. Einem Babylonismus 
sei nicht das Wort zu reden. Die sachlichen und kritischen Bemerkungen 
beschäftigen sich unter Beiziehung reicher Literatur auch mit textlichen 
und religionsvergleichenden Dingen. — Klofs, Die Gesetze Hammurabis 
(Deutsche Juristenz. VIII 14): Vergleicht den $ 9 mit den Grundsätzen 
des bürgerlichen Gesetzbuchs. — Stools, Das babylonische Strafrecht 
Hammurabis (Schweiz. Zeitschr. f. Strafr. XVI 1 u. 2). 

Patterson, A, The Pentateuch. Broader Bible Study (Philadelphia 
1902, Jacobs). 

Brucker, J., S. J., Bulletin d’Ecriture Sainte. I. Questions generale. — 
Pentateuque (Etudes XCVI 680-693): Erkennt alle Prinzipien des Buches 
von Lagrange, La methode historique etc. (vgl. BZ I 306) an und findet 
die meisten Folgerungen daraus wenigstens haltbar. „Historische Me- 
thode“ will er nicht mit Ausschluls der tlieologisch-dogmatischen Betrach- 
tung verstehen. Die Ungeschichtlichkeit von Gn 1ff sei durchaus nicht 
in entscheidender, über Lenormant hinausgehender Weise dargetan. Der 
Unterschied zwischen der Patriarchenzeit und der „deuteronomistischen“ 
Periode ist nach B. übertrieben. Die nichtmosaische Herkunft des Penta- 
teuchs ist nicht durch die Inspiration, aber durch die tatsächlichen Beweise 
ausgeschlossen. Dals die hll. Schriftsteller per accommodationem erzählen 
können, hält B. mit L. fest; letzterer dehne es aber auf die ganze Ge- 
schichte Israels in viel zu weitgehender Weise aus, so dals die hll. Schrift- 
steller eigentlich überall nur erzählt hätten, was damals im Volke umlief. 
In der Annahme des L., dals der Pentateuch Materialien aus mosaischer 
und vormosaischer Zeit enthalte, sieht B. einen Weg der Aussöhnung 
zwischen Tradition und Kritik in gewissen Punkten. — Loisy hält in Les 
Mythes babyloniens et les premiers chapitres de la Genese (1901) die bib- 
lischen Urgeschichten für Mythen und populäre Überlieferungen; die 
Erhabenheit der israelitischen Tradition steht nach B. dem entgegen. — 
Hummelauers Pentateuchtheorie im Kommentar zu Dt findet B. weit 
entfernt von den Konklusionen der kritischen Schule; den grölsten Teil 
des Pentateuchs hat nach H. Moses verfalst. Im übrigen fürchtet B., dals 
Hummelauers Lösung nur ein kleiner Bissen für den Minotauros der 


106 Bibliographische Notizen. 


.. sei; deshalb sei die Pentateuchfrage damit noch nicht zur Ruhe 
gebracht. 

Howlett, J. A., Father de Hummelauer and the Hexateuch (Dubl. Rev. 
Juli 1903, 103—127): Howlett ist gegen die Beziehung von Dt 10, 13 auf 
den Pentalog Hummelauers, von 1 Sm 10, 25 auf Dt 12—26. H.s Stand- 
punkt bildet eine unhaltbare Mitte; Howlett ist für volle Kritik. 


Y., II Deuteronomio ed il Libro dei Numeri. Commentarii del P. Fran- 
cesco de Hummelauer (Civ. catt. XVIIl 448-454): Kurzes, im Grunde 
zustimmendes Referat über die bekannten neuen Kommentare, bes. über 
die pentateuchkritischen Anschauungen. 

Fries, S. A., Die Gesetzesschrift des Königs Josia (78. Lp., Deichert. 
M 1.80): = Ex 34. Nüheres später. 

Erbt, W., Die Sicherstellung des Monotheismus durch die Gesetzgebung 
im vorexilischen Juda. Beigegeben ist der Untersuchung Umschrift und 
Übersetzung der metrisch abgefalsten Gesetze (VIl u. 120. Göttingen, 
Vandenhoeck. M 3.60): Baut sich auf den Ergebnissen der Schrift über 
„Jeremia und seine Zeit“ (vgl. BZ 1 334) auf. Eine hierarchische und 
eine sozial-prophetische Partei treten uns in der Zeit des Jeremias ent- 
gegen. Das Dt ist die Frucht eines Kompromisses beider Bestrebungen, 
der sich in zwei Stadien verwirklichte: 625 Wiederherstellung des von 
Ezechias erreichten und von Manasses wieder aufgehobenen Zustandes, 
620 eine völlige Neuordnung des Staatswesens. Das Dt ist die Ver- 
einigung der beiden Reformgesetze. Beide werden in Rekonstruktion am 
Schluls in Umschrift und Übersetzung dargeboten und sachlich und 
stilistisch erörtert. Übrigens erweitert sich die von E. zunächst beabsichtigte 
Untersuchung des Dt zu einer Erforschung der jahwistischen und elo- 
histischen Gesetzgebung und ihres Schicksals überhaupt. Und siehe, auch 
hier der Antagonismus und abwechselnde Sieg der priesterlichen (jahwi- 
stische Gesetzgebung unter .‚loas, Ezechias, Josias 625) und sozial-prophe- 
tischen (elohistische Gesetzgebung, unter Ahas, Jehowist unter Manasses) 
Partei! Auch diese Gesetze werden in Umschrift und Übersetzung ge- 
geben. Den sozialen Zug des Elohisten zu erläutern und zu erhärten, 
kommt E. gerade die Entdeckung des Hammurabi-Codex gelegen. So 
interessant und scharlsinnig und auch möglich diese Konstruktionen sind, 
um dauernde Ergebnisse zu sichern, mülsten sie mehr textlich fundiert 
und weniger a priori deduziert sein. 

a: ee Promulgation of Deuteronomy (Journ. of Bibl. Lit. XXI. 
97 — i 

Cameron, 6. G., The Laws peculiar to Deuteronomy (PrthR I 434—456): 
Entspricht das Dt, oder spezieller, entsprechen die ihm eigentümlichen 
Gesetze der geschichtlichen Lage in Jerusalem im letzten Viertel des 
7. Jahrh., wie der Kritizismus beweislos voraussetzt? Nein; sie setzen die 
mosaische Zeit voraus und waren nicht geeignet, eine Unterlage für die 
Reform des Josias zu bilden. Das wird im einzelnen durchgeführt. 


Nikel, J., Genesis und Keilschriftforschung. Ein Beitrag zum Ver- 
ständnis der biblischen Ur- und Patriarchengeschichte (XII u. 261. Frei- 
burg i. Br., Herder. M 5.—): Bespr. folgt. 

Tiele, C. P., Die Kosmogonie des Avesta und Genesis 1 (Arch. f. Rel.-Wiss. 
VI 244—246): Findet, dals die sechs Tage der Gn sekundär sind gegenüber 
dem Avesta. Abdruck aus der deutschen Ausgabe seiner „Geschichte der 
Religion im Altertum“. 

Mc P<heeters>, W.M., Meaning of Bar@’ in Genesis 1 (BStdt VIII 10—16): 
Die Bedeutung „ins Dasein rufen“ begründet er sprachlich und sachlic 
Die Unterscheidung zwischen x"32 und "özy ist etwas gekünstelt geraten. 

Zapletal, V., Das Ebenbild Gottes im Menschen (Gn 1, 26f) (Schweiz. 
Kz 1303, 125f 136—138 143). 

Schill, S., Genesis 2,3 (Zat\V XXIII 147f): Syntaktische Konstruktion. 


Bibliographische Notizen. 107 


Amandolini, A., O. S. B.., The Nomen Tetragrammaton in Genesis IV.1 
(Dubl. Rev. Apr. 1903, 336—840): Eva glaubt den mm geboren zu haben. 


Bonney, T. G., Science and the Flood (Exp VII 456-472): Bei Mensch 
und Tier (paläolithisch) ist _eine Unterbrechung der Entwicklung nicht 
mehr allgemein anerkannt. Schwierigkeiten gegen die Ausdehnung der 
Flut; auch andere Funde, die gewöhnlich auf die Flut zurückgeführt 
werden, lassen sich schwer von ihr ableiten (Knochenhöhlen). Zudem sind 
einige Wesen, obwohl mit dem paläolithischen Menschen gleichzeitig, nicht 
mit ihm untergegangen. Resultat: eine allgemeine Flut oder auch eng 
verbundene lokale Uberflutungen werden durch Geologie nicht nahegelegt. 


Winckler, H., Abraham als Babylonier, Joseph als Ägypter. Der Welt- 
een Hintergrund der biblischen Vätergeschichten auf Grund 

er Keilinschriften dargestellt (38. Lp., Hinrichs. M —.70): Etwas lang- 
atmig wird die kulturelle Beziehung zu Babylon und Agypten behauptet. 
Abraham zieht aus von Babel als Vertreter der reinen älteren Religion 
gegenüber der neuen Lehre des Retters Marduk. Joseph = Janchuma 
des Chuenaten = Amenophis IV. ist Vertreter des Monotheismus des 
letzteren. Der Begriff eines Propheten wird erklärt. Alles mit phantasie- 
voller Konstruktion. 

Spiegelberg, W., 128 (OrLz VI 317—321): Wiederholt und stützt mit 
einem neuen Belege seine in Notices et extraits des manuscrits de la Bibl. 
Nat. XXXIV 2,261 gegebene Erklärung: 'b r-k = „pals auf“ (eig. „dein 
Herz zu dir“; Ellipse). 

Miketta, K., Der Pharao des Auszuges. Eine exegetische Studie zu 
Exodus 1—15 (BSt VII1L2. VIII u. 120. Freiburg i. Br., Herder. M 2.60): 
Näheres später. 

Herklotz, Zu Exod 18, 26 (ZkTh XXVII 578f): »wseo* möchte H. erklären 
als entstanden aus s:e3- (a wegen Ton der Endsilbe und Einwirkung von 
z) mit Verkürzung des ; zu \. 

Walker, D. A., Note on Ex. XX. 5b; Deut. V. 9 (Journ. of Bibl. Lit. 
XXI. II 188-191). 

Chauvin, V., Exode XX, 12 (Rev.d. Th. et d. Quest. rel. 1903, 114—119). 

Wildeboer, G., De Dekaloog (I'heol. Studiön [Utrecht] XXI 109—118): 
Hält den Dekalog für mosaisch. 

Paton, L. B., T'he ten Words (BW XXII 22-35): Der Dekalog ist als 
unabhängiges Stück in den Hexateuch gekommen. Das 2. Gebot bedeutet: 
„Du sollst den Namen Gottes nicht laut anrufen, ohne Opfer zu bringen.“ 
Er hat in Form und Inhalt später eine Mehrung erfahren. Ex 34 bietet 
keinen Dekalog. Die Autorschaft des Moses ist gut bezeugt. Übrigens 
findet P. darin nur Monolatrie, nicht Monotheismus ausgesprochen. Nur 
das Bilderverbot findet sich nicht in Einklang mit der mosaischen Zeit. 

Baentsch, B., Numeri übersetzt und erklärt, und Einleitung zu Ex-Lv- 
Nm. Handkommentar z. AT von W. Nowack (445—702, LXXX1I. Göt- 
tingen, Vandenhoeck. M 5.80): Niüheres später. 

Holzinger, H., Aumeri erklärt. Kurz. Hand-Komm. z. AT, hrsg. v. K. 
Marti 19 (176. Tübingen, Mohr. M 8.75). 

Gray, &. B., A critical and exegetical Commentary on Numbers, with 
Map ot Palestine. 'I'he international critical Commentary (LXII u. 489. 
Edinburgh, Clark. 128). 


ß) Die geschichtlichen Bücher. 


Meilsner, B., Zu Jos. 7, 21 (ZatW XXIII 151f): Gold in Zungenform 
auch im Assyrischen belegt. 

Calice, F. v., König Menephthes im Buche Josua? (OrLz VI 224): Jos 
15, 9; 18, 15 mrmer» “sy —= Brunnen des Mineptah. 

Gall, A. v., Eine Spur von Regenzauber (ZatW XXIII 149f): Fell und 
Regen stehen in Beziehung; vgl. Ide 6, 36—40. 


108 Bibliographische Notizen. 


English, Th. R., Structure and Purpose of the Books of Samuel (BStdt 
VIIL 98—102): Ohne neue Gesichtspunkte. 


Boyd, J. 0., Samuel and the Law of Sacrifice (BStdt VIII 69—74): Das 
Aulserordentliche der Person und der Zeitlage erkläre es, dafs Samuel 
(und nicht die Priester) an beliebigen Orten opferte trotz der damals 
schon bestehenden und verbindlichen Gesetze des Dt. 


Boyd, J. 0., Samuel and the Rise of the prophetic Order (BStdt VIII 
25—31): In Samuel ist das Prophetentum gemäls Dt 18, 15 ff zum ersten- 
mal verwirklicht. 

Berry, 6. R., The Ethics of the Books of Samuel (BStät VIII 41—46): 
Stellt die einzelnen Momente zusammen. 

Beardslee, J. W., The Spirit of God in the Books of Samuel (BStdt 
VIII 31—36): ex ms und mm ’s werden nach inhaltlichen Momenten 
(Beziehung zur Theokratie) gebraucht; Saul erhält durch ihn die Aus- 
rüstung für seinen Beruf. 

Hurlburt, J. L., From Saul to Solomon: a Series of Studies in OT 
History (120. 64. N.Y., Eaton. 40c). 

Neteler, B., Die Bücher Samuel der Vulgata und des hebräischen Textes 
übersetzt und erklärt (VII u. 285. Münster, Theissing. M 5.40): Ein- 
leitungsfragen kurz und thetisch. Die Nrn 7—9 behandeln kurz einige 
kritische Punkte: Dasein des Pentateuchs in der Zeit der im Buche Sa- 
muel berichteten Geschichte usw. in positiv-konservativem Sinn. Dann 
folgen Übersetzung der Vulg. und des MT nebeneinander, eingeleitet und 
geschlossen durch erklärende Noten. 

Lambert, W. A., Alleged Discrepances in I. Samuel XVI and XVII 
(BStdt VIII 47-50): Sucht durch Exegese 16, 18 mit 17, 33, 16, 21f mit 
17, 5öff zu vereinbaren. Sehr gezwungen. Sollte ein solches Mals diffe- 
rierender Darstellung wie hier auf positivem Standpunkt nicht zulässig sein? 

Kerswill, W. D., Religious Ideas reflected in the Book of Samuel (BStdt 
VIIl 51i—58): Zusammenstellung, mehr exhortatorisch. 

Kelso, J. A., The religious Value of the Books of Samuel (BStdt VIII 
74—18): Ohne Bedeutung. 

Sarowy, W., Geschichte König Salomos (PrM VII 285—295): Schil- 
derung auf Grund von 1 Rg 1—11 und einigen andern Quellen mit ein- 
zelnen kritischen Seitenblicken. 

Webster, S., Elijah the Man of Prayer (12°. 96. Ld., Morgan. 15) 

Grünhut, Ein verkanntes Wort (ZhB VII 27f): Esr 4,12 wor = „Funda- 
mente“ und auf den Tempel, nicht die Mauern, zu beziehen. 

Chavannes, H., Le livre d’ Esther (Rev. d. Th. et d. Quest. rel. 1903, 
177—192 193—215;). 

Halevy, J., Vasti (Jas Ser. X, t. I 377f): Gegen Opperts Ableitung des 
Namens von pers. vahista. Ein Verschwinden des h seı in den semitischen 
Transkriptionen nicht zu konstatieren. 

Torrey, Ch. C., Schweizer’s „Remains of a Hebrew Text of I. Macca- 
bees“ (Journ. of Bibl. Lit. XXII 51—59). 

Procksch, 0., Der Friede des Lysias vom Frühling 164 v. Chr. (ThLbl 
XXIV 457—464 481—484): Die Niederlage des Lysias 1 Makk 4, 26—35 
ist eine sekundäre Dublette gegenüber seinem Siege 6, 23-63. Die 4 Briefe 
2 Makk 11 beziehen sich auf die darauf folgenden Friedensverhandlungen. 
Der Zug des Lysias ist statt 150 der Seleuzidenära (1 Makk 6, 28ff) auf 
148 (= 164 v. Chr.) anzusetzen. Die Züge der Makkabäer 1 Makk 5 fallen 
nach diesem Frieden. 


y) Die poetischen Bücher und Lehrschriften. 


Wünsche, A., Der dem Mineralreiche entlehnte Bilderschmuck in den poe- 
tischen Büchern des AT (VB I 14-31): Zusammenstellung und kurze 
Sinnerläuterung. Auch die Propheten sind einbezogen. 


Bibliographische Notizen. 109 


on a of Job. Illust. by R. T. Roe. The Abbey Bible (4%. Ld., 
: 8). 

Grimme, H., Gedanken über hebräische Metrik (VB I 1—14): Die masso- 
rethische Punktation ist zuverlässig. Vokalquantitäten sind jedoch nicht 
überliefert. S°wa viell. Flüstervokal von einer More und weniger. Gegen- 
tonbezeichnung ist zu ergänzen. Jambus oder Trochäus (Bickell) und 
Anapäst (Sievers) sind nicht die einzigen Rhythmen der hebr. Poesie. Nicht 
Monopodie, sondern Di- und Tripodie. Gleichheit des Zeilenmalses ist 
(gegen Sievers) anzunehmen. Zum Schluls der sich auf die früheren Ver- 
öffentlichungen Grimmes stützenden Ausführungen warnt er vor Über- 
treibung der Textkritik auf Grund der Metrik. 

Hoonacker, A. v., Une question touchant la composition du livre de Job 

b XII 161—189): Eine fast erschöpfende Literärgeschichte. Ursprüng- 
ich: Prolog und die Reden Jobs und der Freunde; dann eine Form mit 
den Elihureden, eine zweite mit dem Eingreifen Gottes (nicht einheitlich) 
und Epilog; beide schliefslich zusammengefügt. 31, 34—37 genau erklärt. 

Keicher, Th., Die Eschatologie des Buches Job (Kath 1902 Dez. 513 —538): 
Eine fleifsige Arbeit des apologetisch-dogmatischen Seminars in Tübingen, 
die alle eschatologischen Dermini und Stellen erörtert. 19, 25ff Zeugnis 
für die Auferstehung. 

Lambert, Mayer, Notes exögetiques (REj XLVI 147): Job 10, 7 som „je 
serai secouru* st. yonx; 10, 16 xın st. mxım „tu t’elances“. 

Rothstein, J.W., Rez. über Grimme, Psalmenprobleme (Deutsche Lz 1903 
264—271): Glaubt, dals die poetische Aussprache des Textes mehr dem 
verschleifenden Fluls der Volkssprache zu entnehmen sei, wofür der Ver- 
gleich mit der Weise der Araber, Verse zu lesen, sehr lehrreich sei. Im 
wesentlichen sei die hebräische Metrik der ursemitischen Metrik am 
nächsten stehend und mit der assyrisch-babylonischen zu vergleichen. G.e 
Morentheorie ist zu künstlich und mechanisch und überflüssig. Auf Grund 
der Metrik Psalmensammlungen unterscheiden zu wollen, lehnt R. ab. 
Der Weg G.s bei Erklärung des Pasek erscheint R. aussichtsvoll. 

Grimme, H., Zur Verständigung on VI 177-179): Gegen Nestle 
(OrLz VI 35) hälteer map Ps 22,12 als Imper. (so in: „Psalmenprobleme“) 

rammatisch aufrecht, weist Unsicherheit der Vokale des Hebräischen als 
sinwand gegen die Metrik zurück und begründet sein Schwanken be- 
züglich des Ps 1. 

Alcook, 6. A., Key to the Hebrew Psalter (Ld., Stock. 78 6d): Kon- 
kordanz, Eigennamenverzeichnis, Vokabular. 

Allison, W. T., The Poetry of the Psalms (BW XXII 42-48): Haupt- 
bedeutung derselben liegt in der Wirkung auf das Herz. 

Minocchi, S., Storia dei Salmi. IlI. Storia dei Salmi nell’ etü persiana 
(Str III 241—268): Die davidischen Psalmen des 1. u. 2. Buches gehören 
einer Zeit (von der Rückkehr aus dem Exil bis zur Reform des Esra) 
und einem Verfasser an, während die Kritik sie verschiedenen Zeitaltern 
zuweist. Die von diesen Pss vorausgesetzte Zeitlage soll dies begründen; 
diese Pss werden sogar eine Quelle für die Geschichte dieser dunklen Zeit. 

Minocchi, S., 1 Salmi messianici. Sagrio di una edizione critica del testo 
ebraico (Rb XII 190—212): Ps 2; 45; 72 (direkt-messianisch); 110 (typisch) 
kritisch behandelt mit Benützung von Metrik und Strophik, ohne freilich 
einem bestimmten Systeme zuzuschwören. Alle Pss so zu bearbeiten, 
hindern ihn praktische Schwierigkeiten in Italien; die kritischen Resultate 
wird M. in einer italienischen Übersetzung vorlegen. 

Gunkel, H., Psalm 1: An Interpretation (BW XXI 120—123): Einfache 
Angabe des Gedankenganges. — Ebenso mit gleicher Überschrift über: 
Ps 8 (ebd. 206—209): V. 6 rede von niederen Gottheiten gegenüber dem 
höchsten Gott Jahwe. — Ps 19, 1—6 (281—283): V. 3ff soll die Idee des 
Sphärengesanges der Sphärenharmonie entlehnt sein. — Ps 24 (366—370): 
Aus den Stücken eines Wechselgesanges zusammengezogen. — Ps 42 «. 


110 Bibliographische Notizen. 


43 (433—439). — Ps 46 (28—31): Auf die endzeitliche Herrschaft Jahwes 
zu beziehen. G. deutet aber die allgemeinen Bilder der Notlage auf spe- 
zielle endzeitliche Dinge. 

Wünsche, A., Zu Ps 2, 12 (VB I 278): Möchte korrigieren: ib nr. 

Spoer, H. H., The Reconstruction of Psalm VIII (Journ. of Bibl. Lit. 
XXII 75—84). 7 

King, E.G., Psalm CX (JthSt IV 338—344): Übersetzung und Erklärung. 
Inhaltlich und durch die traditionelle Auffassung als messianisch gewähr- 
leistet; davidisch muls er nicht sein. 

Nestle, E., Jaddua als Dichter des 119. Psalmıs (ZatW XXIII 133): Fragt 
an, woher diese Vermutung Oetingers in seinen Evangelienpredigten. 

Jäger, A., Das Hohelied Salomos. Eine biblische Weissagung auf das 
moderne Babel (170. B., Walther. M 1.80). 

Grimm, K. J., The Form nı“n Prv 1,20; 8,3 (Journ. of Bibl. Lit. XXI. 
1I [1903] 192—196): Nach MT 3. pl. f. von 7%; der Verf. meinte jedoch 
nn von nm (ThR 1903 246). 

Taylor, C., The Wisdom of Ben Sira (JqR XV 440-474 604-697): 
Textkritische und sachliche Bemerkungen zum hebräischen Texte mit 
Beiziehung der erschienenen Literatur, c. 1—16 mit Nachträgen. 

Joion, P. S. J., Eccli 44, 1-16. Der Prolog zum „Preis der Väter“ 

kTh XXVII 585—587): Die grolsen Männer V.3—-6 sind Juden; V.8 

is 15 teilen diese in berühmte fromme Juden und in berühmte gottlose 
Juden (gegen die gewöhnlichen Erklärungen). 

Taylor, C., und Hart, J. H. A. Two Notes on Enoch in Sir. XLIV 16 
(Jthst IV 589-591): ro= in '= rrx ist verlesen aus dem folg. V. r=>; 
neravorag wiederholt und korrumpiert aus: [Ümoderr]ua Yeveaıs. — H. will 
statt dessen das ry= n*x des Hebr. und ürödeıyua netavoiac erklären aus 
Gn 5, 21—24 in der Auffassung der jüdischen Exegese. rsı mx ist eine 
kurze Zusammenfassung dessen, was im Buch der Jubiläen IV 17 von 
Henoch steht. Der griechische Übersetzer hängt ab von jJüdisch-alexan- 
drinischer Exegese, welche die atl Charaktere als Vorbilder für die Men- 
schen deutete und V. 22 als eine Hinweisung auf Bulse und Besserung 
falste (so Philo, De Abrahamo II 4; Clem. Alex., Strom. II). 

Joüon, P., S. J., Hat Ben Sira (Eccli 49, 9) Ezechiel als Verfasser des 
Buches Job genannt? (ZkIh XXV 1 53. B88t. Nicht: „er gedachte auch 
des Job“ nach d. Hebr. zu übersetzen, sondern: „er hat gefeiert“ = „er 
hat besungen“. 

Headlam, W., From the Wisdom of Solomon, XVIIl,5 (Class. Rev. 
XVII 229—231): Gibt Übersetzung und Text; dem Pindar nahestehend. 


d) Die Propheten. 


Cornill, H., Der israelitische Prophetismus. In 5 Vortr. f. geb. Laien 
veschildert. 4. verb. Aufl. (VII u. 184. Stralsb., Trübner. M 1.50): Auf 

erlangen hat C. die Schriftzitate seinen Aufstellungen angefügt. 

Stephany-Jürgensburg, M., Die Anfänge der israelitischen Prophetie (Mitt. 
u. Nachr. f. d. ev. K. in Rulsl. LVIll [Okt.—Dez. 1902] 483—503). 

Meignan, Card., L’AT dans ses rapports avec le Nouveau et la critique 
moderne. V: Les Prophrtes d’ Israel, quatre siecles de lutte contre l'idolo- 
latrie. 2° ed. (X1I u. 739. P., Lecoffire). 

Laur, E., S. O. Cist., Die Prophetennamen des AT. Ein Beitrag zur 
Theologie des AT. Dissert. (VI u. 165. Freiburg i. Schw., Univ.-Buchh. 
M 4.—): Näheres später. 

Lincke, K. F.A., Samaria und seine Propheten. Ein religionsgeschicht- 
licher Versuch. Mit einer Textbeilage: Die Weisheitslehre des Phoky- 
lides, griechisch und deutsch (VIll u. 179. Tübingen, Mohr. M 3.—): 
Ephräm, Nordisrael, zur Zeit des Moses bereits sich von Juda scheidend, 
ist (Quelle alles Guten im auserwählten Volke, insbes. des Prophetentums 
in Oseas und Jeremias. Als Antagonismus zwischen Juden und Sama- 


Bibliographische Notizen. 111 


ritanern wird die ganze Geschichte erklärt. Durch den Essenismus ging 
die samaritanische Richtung ins Christentum ein. 

Wilson, A., The Prophets and Prophecy to the close of the 81h Century 
b. C. With an Introduction by Allan Menzies (198. Ld., Blackwood), 

Meinhold, 3., Studien zur israelitischen Religionsgeschichte. Bd I: Der 
heilige Rest. T. I: Elias, Amos, Hosea, Jesaja (VIII u. 160. Bonn, 
Marcus. M 3.20): Dieser Terminus -xo und sein Inhalt findet sich noch 
nicht bei Elias, der noch kein Israel xata nvebua von einem Israel xard 
odpxa unterscheidet, noch bei Amos. für den der Rest Juda ist, noch Oseas, 
der das ganze Volk bekehrt aus der Verbannung zurückkehren läfst, sondern 
erst bei Isaias, der eine kleine um ihn selbst gruppierte Gemeinde als 
„heiligen Rest“ kennt (nach Deutsche Lz 1903, 39, 2354 ff). 

Durand-Gasselin, Ch., La conversion chez les prophetes d’Israel. Ses 
postulats. Sa nature. These theol. (104. Cahors 1902). 

Stade, B., Streiflichter auf die Entstehung der jetzigen Gestalt der at! 
Propheten (ZatW XXIII 153—171): Textgeschichtliches und Sachliches zu 
Jer 1; 36.4; Os 3, 3; Mich 1,2—4; 7. 7—20 (ein Psalm wegen Verwandt- 
schaft mit den Pss in Gedanken und Wort). 

Haupt, P., Isaiah’s Parable of the Vineyard (AmJsemL XX 193— 202): 
Is 5, 1—7 ist metrisch und weist, wenn befreit von den Zutaten der Ab- 
schreiber, keinen Rhythmuswechsel auf. H. stellt einen entsprechend 
emendierten Text her und begründet seine Emendationen in kritischen 
Noten. Eine Übersetzung mit erklärenden Noten schlieist den Artikel. 

Roy, H., Israel und die Welt in Jesaja 40-55. Ein Beitrag zur Ebed- 
Jahwe-Frage. Beigabe z. Ber. des theol. Sem. der Brüdergemeine in 
Gnadenfeld (VIlLu.69. Lp., Jansa. M2.—): 51, 1-8; 50, 4—9; 52,13—53, 
12; 42, 1—7; 49, 1—13 = Grundschrift des exilischen Deut.-Is; das übrige 
von einem Ergänzer. Israel in seiner Gesamtheit ist Gegenstand der 
Prophetie. 

Robson, 3., Jeremiah the Prophet. Bible Class Primers (24°. 115. Edin- 
burgh, Clark. 6d). 

Perles, F., Labartu im AT (OrLz VI 244): Thr 4, 10 mob m „sie 
sind Dämoninnen (d. i. ass. labartu) geworden“. 

Douglas, 6.C. M., Ezekiel’s Vision of the Temple (ExpT XIV 365—368 
424—427): Vergleicht Ez 40—48 mit den Angaben des Hexateuchs; auf 
letzterem beruhe die Vision des Ez. 

Cobern, C.M., Ezekiel and Daniel. Commentary on the OT VIII (415. 
N.Y., Eaton. $2.—). 

Bevan, A. A. The King of Tyre in Ezekiel XX VIII (JthSt IV 500—505): 
Warum ist der König von Tyrus einem Halbgott verglichen, der aus dem 
Paradiese vertrieben wird? Die ältesten Heiligtümer der Semiten waren 
natürliche Gärten. Die Tempel sollten infolgedessen die Idee solcher 
Gärten künstlerisch darbieten (vgl. die Tempeldekorationen nach 1 Rg 
6. 29. 32). Ein solcher Garten von „Eden“ war auch das Heiligtum in 
Tyrus, und der König von Tyrus hatte dasselbe profaniert. Da der Tempel 
von Tyrus Vorbild für den salomonischen Tempel war, galt auch die 
Entweihung des ersteren für Ezechiel als Verbrechen, gegen das sich die 
Klage des Propheten kehrt. 

Preiswerk, H., Der Sprachwechsel im Buche Daniel. Dissert. Bern 
(120 S. Buchdruckerei Berner Tageblatt). 

Prince, J. D., Two Assyro- Babylonian Parallels to Dan V, 5/f (Journ. 
of Bibl. Lit. XXII 1, 32—40). 

Adams, J., The Minor Prophets. Bible Class Primers (111. N.Y. 1902, 
Scribner. $ —.20). 

W<arfield>, B. B., Hosea VI.7: Adam or Man? (BStdt VIII 1-10): Er- 
örtert die Geschichte der Auslegung und hält gegenüber den Kritikern, 
die eine so frühe Beziehung auf Gn 3 für unmöglich halten, mit guten 
Gründen an der Deutung auf Adams erste Sünde fest. 


J12 Mitteilungen und Nachrichten. 


Baumann, E., Der Aufbau der Amosreden. Beiheft z. ZatW 7 (IX u. 
69. Gielsen, Ricker. M 2.40): Näheres später. 

Halevy, Recherches bibliques: Le Livre d’Amos (Rsem XI 193—209 
289 —300): Schlufs. Vgl. BZ I 334. 

Kraufs, S., Eine alte Erklärung zu Zacharia 12, 10 (VB 181—34): Bei 
Juden und Christen christologisch erklärt. Dagegen erklärt sie Abraham 
Farissol, Polemiker des 16. Jahrh. in Italien, zeitgeschichtlich auf Alexander 
Jannäus, der viele Pharisäer kreuzigen lies. K. möchte diese modern 
klingende Erklärung für richtig halten. 


. €) Die Apokryphen. 

Halevy, J., Glen (Jas Ser. X, t. 1378-880): Von den im Livre de 
la Creation f. 76Y erwähnten vier Propheten hält H. ‘Alya, Masyäil und 
“Ailoug für verderbt aus bxwn, mr und “rs; den in der Überschrift 
genannten Namen identifiziert er mit jmobya (syr. 592 geändert in r—= m). 

Andersson, E., Isaks Vermächtnis aus dem Koptischen übersetzt (Sphinx 
vll 77—91 129—142): Nach I. Guidi, Jl Testamento di Isaaco (Kendi- 
conti della R. Acc. dei Lincei S. V. T. IX [1900]) mit gramm. Noten. 

Steuer, W., Die altfranzösische „Histoire de Joseph“. Kritischer Text 
mit einer Untersuchung über Quellen, Metrum und Sprache des Gedichts 
un Erlangen, Junge. M 4.80): Mit einer Einleitung: Die altfranzösischen 

ibelübersetzungen. 

a er M., Jamnes und Mambres (Arch. f. neuere Spr. CX 427): Zu 
110. 
München, November 1903. J. Göttsberger. 


Mitteilungen und Nachrichten. 


Das Deutsche evang. Institut für Aitertumsforschung des Hi. Landes 
zu Jerusalem wurde laut Köln. Volksz. 1903 Nr 994 am 15. Nov. LJ. 
durch eine öffentliche vom Direktor des Institutes, Dr G. Dalman, ge- 
leitete Versammlung eröffnet. Das Personal besteht neben dem Direktor 
aus einem Mitarbeiter, z.Z. Dr Max Löhr, Prof. an d. Univ. Breslau 

eurlaubt hierzu bis Juni 1904), und sechs Stipendiaten. Forschungen 
ım Hl. Lande, Studium der Bibel und der orientalischen Sprachen liegen 
im Zwecke des Institutes. Löhr hielt in dieser Versammlung einen Vor- ' 
trag über „Babel und Bibel“ und nahm gegen Delitzsch Stellung. Der 
Herbstkursus schliefst mit dem 15. Januar 1904 und enthält folgende 
Vorlesungen: Dalman, Palästinisch-arabische Volkssitte mit biblischen 
Parallelen; Neuarabische Lektüre nach Palästinischem Diwan von dem- 
selben; Löhr, Geographie Palästinas. An ee werden in der 
Regel kleine Ausflüge unternommen. — Die Klage des Berichterstatters 
der Köln. Volksz., „dafs wir Katholiken, wie in so vielen Stücken, auch 
bei dieser Gelegenheit im Hl. Lande hinter den Protestanten weit zurück- 
stehen“, gilt nicht für die französischen Katholiken mit ihren hervor- 
racenden Instituten in ‚Jerusalem und Beirut. 

in neutestamentlich-kirchenhistorisches Seminar wird an der ev.- 
theolog. Fakultät der Univ. Tübingen im W.-S. errichtet. Leiter: o. Prof. 
der Kirchengeschichte K. Müller (Deutsche Lz 1903, 2242). 

Personalien. + 24. Sept. Domkapitular und Regens Dr Joh. B. Hol:- 
ammer, Prof. der atl Exegcse am Priesterseminar in Mainz. — Privset 
dozent Dr OÖ. Happel in Würzburg wurde zum a.o. Prof. der atl Exegese 
in Passau ernannt (Prof. Dr ©. Holzhey wurde von Passau nach en 
versetzt). A.o. Prof. Dr E. Dominık wurde zum o. Prof. der n 
Fxegese in Olmütz ernannt. — Es habilitierte sich in Marburg für atl 
Wissenschaft Dr. Gustav Westphal. 





Druck von W. Drugulin in Leipzig. 


Abkürzungen. 


A. der biblischen Bücher. 


AT = Altes Testament; ati — alttestamentlich. 


Gn Ruth Jat 
Ex Sm Est 
Lv Kg (Reg) Job 
Nm Chr Ps 
Dt Esr Spr (Prv) 


Jos Neh 


Richt (Ide) Tob Hl (Ct) 


Prd (Eccle, Koh) 


Weish (Sap) Ez Mich 
Sir (Eccli) Dn Nah 
Is Os Hab 
Jer Joel Soph 
Klgl (Lam, Am Agg 
Thr) Abd Zach 
Bar Jon Mal 


Makk (Mach) 


NT = Neues Testament; ntl = neutestamentlich. 


Mt Apg (Act) Eph Tim Jak (lac) 
Mk (Me) Röm (Rom) Phil Tit Petr 

Lk (Le) Kor (Cor) Kol (Col) Phm Jo (lo) 
Jo (lo) Gal Thess Hebr Jud (lud) 


Offb (Apk, Apc) — Ev Evv 


=- Evangelium, Evangelien. 


B. der Zeitschriften etc. 


AnJsemL — The American Journal of Semitic ' PSbA - Proccedings of the Soeiety of Bibli- 


Languages and Literatures. 

AmJTh =: The American Journal of Theology. 

Bs -- Bibliotheca sacra. 

BSt -- Biblische Studien. 

BStät — The Biblo Student. 

BW — The Bihlical World. 

BZ = Biblische Zeitschrift. 

BzZ =: Byzantinische Zeitschrift. 

Erp = The Expositor. 

ExpT -- The Fxpository Times. 

G94 = Göttingische gelehrte Anzeigen. 

HJ — The Hibbert Journal. 

Jas — Journal asiatique, 

JqR = Jewish quarterly Review. 

JthSt = The Journal of theologieal Studies. 

Kath :- Katholik. 

Kz = Kirehenzeitung. 

Lz = Literaturzeitung,. 

MCWJ := Monatschrift für Geschichte und 
Wissenschaft des Judentunss. 

NkZ -: Neue kirchliche Zeitschrift. 

Ochr = Oriens christianus. 

OrLz :- Orientalistische Literaturzeitung. 

PEF = Palestine Exploration Fund. 

PrM = Protestantische Monatshefte. 

PrtkhR = The Princeton theological Review. 


cal Archeology. 
Kb -- Revue biblique. 
| REj -- Revue des Etudes juives, 
| Rsem = Revue semitique, 


RThPh — La Revue de Theologie et de Phi- 
losopbie. 


StKr = '[heologische Studien und Kritiken. 

‚Str =- Studi religiosi. 

ThLbl - Theologisches Literaturblatt, 

ThLz = Theologische Literaturzeitung. 

ThQ — Theologische Quartalschrift. 

TAR = Theologische Revue, 

TU = Texte und Untersuchungen. 

‚VB =: Vierteljahrsschrift für Bibelkunde. 

| Z4 = Zeitschrift für Assyriologie, 

ZaW = Zeitschrift für alttestamentliche 
Wissenschaft. 

ZimG — Zeitschrift der deutschen morgen- 
ländischen Gesellschaft. 

ZalV — Zeitschrift des deutschen Palästina- 
Vereins. 

ZhB — Zeitschrift für hebräische Biblio- 
graphie, 

ZKTh = Zeitschrift für katholische Tlieologie. 

ZntW — Zeitsehrift für neutestamentliche 
Wissenschaft. 

ZTRK = Zeitschrift für Theologie und Kirche, 

ZwTh =. Zeitschr. f. wissenschaft. Theologie. 








Verlagsort: B. = Berlin. Ld. = London. Lp. = Leipzig. N. Y. = New York. P. = Paris, 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er- 
scheint und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


‚Gesehichte der 
altkirchlichen Literatur. 


E En Von 
Otto Bardenhewer, 


Doktor der Tbeologie und der Philosophie, Professor der Theologie 
an der Universität München. 


Sechs Bände. gr. 8° 


Erster Band. Vom Ausgange des apostolischen Zeitalters bis zum 
Ende des zweiten Jahrhunderts. (XI u. 592) M10.—; geb. in 
Halbsaffian M 12.40 


Zweiter Band. Vom Ende des zweiten Jahrhunderts bis zum Be- 
ginn des vierten Jahrhunderts. (XVI u. 666) - M 11.40; geb. M 14.— 


Die zwei weiteren Bände werden die Blütezeit der patristischen Literatur (etwa 
325—451), die zwei letzten die Tage des Rückganges und Verfal'cs behandeln. 


n. « - Diese Publikation gehört zu den bedeutendsten, die in letzter Zeit von katho- 
lischer Seite ausgegangen sind. Sie wird auch überall mit Freuden begrüfst.... Das 
Buch Bardenhewers verdient das vollste Vertrauen. Die Objektivität, die Ruhe, mit 
welcher es geschrieben, die ernste Kritik, die Bescheidenheit des Verfassers, der katlo- 
lische Geist, das alles macht uns das Werk so lieb; der Katholik findet sich hier auf 
heimatlichem Boden. Die Methode ist sehr empfehlenswert... .* 

(Jahrbuch für Philosophie und spekulativo Theologie, Paderborn 1902, Heft 2) 


„Bardenhewers ‚Geschichte «er altkirchlichen Literatur’ gehört ohne Frage zu 
den bedeutendsten Publikationen, die in den letzten Jahren von katholischer Seite aus- 
gegangen sind. Auf patrologischem Gebiete ist nichts Ebenbürtires vorhanden. Die 
Absicht des Verfassers war zunächst: ‚nicht neue Bahnen zu erschliefsen, sondern die 
Ergebnisse der bisherigen Forschung zusammenzufassen‘. Diese Zusammenfassung aber 
ist mit einer solchen Gründlichkeit und Sorgfalt vorgenommen worden, dafs kaum noch 
hie und da ein kleiner Wunsch übrig bleibt. Allenthalben beruht sie auf eigener Nach- 
prüfung und selbständiger, nicht selten auch von neuen Beobachtungen ausgehender Beur- 
teilung, und die rübmlichst bekannte Ruhe und Objektivität Bardenhewers bewährt sich 
auch hier in anerkennenswertester Weise. . . .“ 

(Literarischer Handweiser, Münster 1901/1902, Nr 764/765.) 


„Die Lektüre dieses Buches ist ein wissenschaftlicher Genufs. Personen und Tat- 
sachen treten lebendig heraus, Untersuchung und Charakteristik sind in richtigem Mafse 
verbunden. Knapp und klar versteht der Verfasser zu orientieren; die Literatur ist 
reichlich aufgeführt. Wenn das grofse Unternehmen sich auf der Höhe des ersten Bandes 
hält, so wird es in seiner Eigenart eine Lücke in bervorragender Weise ausfüllen.* 

(Theolog. Literaturbericht, Gütersloh 1903, Nr 1.) 

r- » . Der Ton der Darstellung ist sehr ruhig, abwägend und gegen den Gegner nie 
kränkend: die Sprache ist edel und einfach, selbst in der Behandlung schwieriger Pro- 
bleme jedermann verständlich. Ja, der Verfasser ist offenbar besonders befähigt dazu, 
geschichtliche Untersuchungen und ihre Ergebnisse auch für die Anfänger fafslich und 
übersichtlich darzustellen, olıne dabei in Plattheit und Oberflächlichkeit zu verfallen... .“ 

(„Halte was du hast“ [Zeitschrift für Pastoraltheologie], Berlin 1903, Nr 9.) 


Von demselben Verfasser sind im gleichen Verlage erschienen: 


Patrologie. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg. 
Zweite, grofsenteils neu bearbeitete Auflage. gr.8° (X u.604) MS.—; 
geb. in Halbsaffian M 10.— 


Des hl. Hippolytus von Rom Commentar zum Buche Daniel. Ein 
literärgeschichtlicher Versuch. gr. 8 (IV u 108) M2.— 


Polychronius, Bruder Theodors von Mopsuestia und Bischof von Apamea. 
Ein Beitrag zur Geschichte der Exegese. gr. 8° (IV u. 100) M 1.50 






BIBLISCHE ZEITSCHRIFT 


IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER 


'„BIBLISCHEN STUDIEN“ 


HERAUSGEGEBEN VON 





Dr JOH. GÖTTSBERGER vuso Dr J08. SICKENBERGER 


PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN. 


ZWEITER JAHRGANG. 


ZWEITES HEFT, 









FREIBURG IM BREISGAU. 10: ET 
HERDERSCHE VERLAGSHANDLUN de 
1904. 2 


ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UNDST LG 








Inhalt des zweiten Heftes. 


Seite 
Nochmals Ararat und Urartu. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz 113 


Die literarhistorische und religionsgeschichtliche Bedeutang der 
ägyptischen Eigennamen der en Von Prof. 


Dr Miketta in Weidenau ni 122 
Die „Stadt“ in Nm 24, 19 und Ps 72 IE 1%. Von Prof. Dr Nor- 

bert Peters in Paderborn Ser 141 
Über Nehemias und Esdras. 3. Die Zeit des Esdras. Von Dr Paul 

Riefsler in Blaubeuren . . 145 


Zu der Perikope von der Speisung der . Fünftansend RM 1, B3—2i. 
Mk 6, 30—44. Lk 9, 10—17. Jo 6, 1-15). Von Prof. Dr Jo- 


hannes Belser in Tübingen u ae ee ee er 
Miszelle zu Mt 19, 24 und Parall. Von Dr Fr. Herklotz in 
Leitmeritz . . 220. ee re 


Wann und wie hat Paulus ‚„Christum Re dem Fleische gekannt“ 
(2 Kor 5, 16)? Von Prof. Dr Valentin Weber in Würzburg 178 


Miszelle zu 2 Petr 2, 1. Von Dr A. Sanda in Leitmeritz . . 188 


Besprechungen. . . oe ... 19 
Bibliographische Notizen Aiteenelies Literatur zum m 19% 
Mitteilungen und Nachrichten . 2 nn nn 222 


Jährlich erscheinen 4 Hefte iin Umfange von je 7 Bogen gr 8°. 
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.— 


Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak- 
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, München, Schraudolphstr. 36U, für 
Altes Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München, 
Galeriestr. 22", für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren 
Verfasser und Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher 
Anzeige und möglichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten 
Erscheinungen an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen. 


Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem 
Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf- 
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br. 


Nochmals Ararat und Urartu. 


Von Dr A. Sanda in Leitmeritz. 


ie wenig sachliche Kritik, welche Doktor Johannes Döller 
D in Wien in dieser Zeitschrift I 349f an meinem Aufsatze 
„Ararat“ (in „Untersuchungen zur Kunde des Alten Orients“ 
S. 14—38, Heft 2 der Mitteil. der Vorderasiat. Gesellschaft, 
Berlin 1902) geübt hat, fordert zu einer Erwiderung heraus. 
In Döllers eigenstem Interesse würde ich gern eine Replik 
unterdrücken, wenn es nicht gälte, den Vorwurf abzuweisen, 
als hätte ich an zitierter Stelle kritiklos nur willkürliche Be- 
hauptungen aufgestellt. Gründe wollen durch Gegengründe 
aufgewogen sein. Anstatt dessen begnügt sich Döller mit der 
kurzen Bemerkung: „Doch die Gründe, die Dr S. für seine 
Ansicht vorbringt, erscheinen uns nicht stichhaltig. Warum 
sollte man die massorethische Punktation von BS in den 
drei obengenannten Stellen bezweifeln und dafür Urarat lesen? 
Wahrscheinlich nur deshalb, damit dieses von dem 
‚hare Ararat: in Gn 8,4 verschieden seı.“ So lautet die 
Widerlegung Doktor Johannes Döllers, der gleich im unmittel- 
bar folgenden Satz zeigt, mit welcher Sachkenntnis er an die 
Beurteilung ähnlicher Fragen geht: „Für die Gleichsetzung 
des biblischen Ararat mit dem keilinschriftlichen Urartu spricht 
auch der Umstand, dafs dasselbe Faktum, welches uns 2 Kg 
19,37 von dem Lande Ararat erzählt wird, in den Keilschrift- 
texten von dem Reiche Urartu gemeldet wird.“ Dieser Satz 
ist doppelt unrichtig. Erstlich stammen aus der Abfassungs- 
zeit der Königsbücher nur die Konsonanten von BMS, und 
dennoch schlielst Döller aus der Lesart auf die Identität der 


lediglich durch ihre Vokalisation unterschiedenen Namen 
Biblische Zeitschrift, II. 2. 8 


114 Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 


Ararat und Urartu!! Er beruft sich nicht einmal auf die 
Transkription der LXX (über diese siehe zum Schluls). 
Zweitens würde Doktor Döller sich die ganze assyriologische 
Wissenschaft zu grolsem Danke verpflichten, wenn er verriete, 
wo in den Keilinschriften die Flucht der Mörder Sanheribs 
nach Urartu gemeldet wird. Nein! Das zerbrochene Prisma 
Asarhaddons sagt nur, dals der Assyrerkönig die Rebellen 
in Hanigalbat ereilt und zur Unterwerfung gezwungen habe. 
Hanigalbat aber ist die Gegend bei Malatia. Sargon hatte 
712 durch Deportation des letzten Königs Tarhunazi dem 
Lande die Selbständigkeit genommen und es zur assyrischen 
Provinz gemacht. Nichts weist darauf hin, dals dieser Distrikt 
zwischen 712 und 681 an Urartu verloren gegangen. Noch 
Sanherib kämpfte in Hilakki und Tabal, den westlichen Nach- 
barländern Hanigalbats, und wenn wir später Asarhaddon in 
eben jener Gegend Krieg führen sehen, so heilst das nichts 
anderes als: er wollte die schon damals gärenden Wogen 
des von Nord gegen Süd sich wälzenden Nomadenstroms von 
der Nordwestgrenze des Reiches fernhalten, besals also Hani- 
galbat jedenfalls noch als Provinz, Die biblische Nachricht 
von der Flucht der Mörder Sanheribs nach DM lälst sich mit 
den keilinschriftlichen Angaben durch die Annahme vereinigen. 
dals die Rebellen zuerst gegen Norden flohen, da aber von 
Urartus Herrscher nicht viel zu erwarten war, in Mesopotamien 
festen Fuls zu fassen versuchten und endlich an die Nordwest- 
grenze des Reiches zurückwichen, um dort mit den heimischen 
und zugewanderten Feinden Assyriens gemeinsame Sache zu 
machen. Nachdem ich dieses zur ÜCharakterisierung der 
Döllerschen Kritik vorausgeschickt, komme ich kurz auf den 
Inhalt meiner Arbeit zurück. 

Die erste These meines Artikels beschäftigt sich mit hare 
Ararat in Gn 8,4. Bekanntlich verlegen die Targumim und 
verschiedene syrische, griechische und armenische Quellen das 
Apobaterion Noahs ins Kardugebirge. Bei Berossos und 
Alexander Polyhistor findet sich dieselbe geographische Angabe, 
und auch nach dem Koran läfst die Arche am Gebel Gudi 


Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 115 


sich nieder. Dieser Gegensatz zum Wortlaut der Bibel ist 
um so merkwürdiger, als es sich um Schriftsteller handelt, die 
die Autorität der Schrift hochschätzten und darum kaum alle 
einseitig von Berossos abhängig sein können. Schon Nöldeke 
und andere fahndeten umsonst nach Erklärungsversuchen. — 
Nun konstatiere ich aus den Keilinschriften einen Berg (oder 
Gebirge, assyr. Sadü heifst beides) Arardi. Der Name kann 
unbedenklich auch Ararat lauten (vgl. Herodots „Axapödıor‘, 
an dessen Identität mit Ararat niemand zweifelt). Als Lage 
dieses Berges oder Höhenzugs weise ich des näheren die 
(Gegend bei Sört (Saird) nach (vgl. Hyvernats Beschreibung 
in „Du Caucase“, deutsch von Müller-Simonis in „Durch 
Armenien, Kurdistan und Mesopotamien“, Mainz 1897, 240ff), 
also die westlichen Ausläufer des Bohtan oder Gebel Gudi. 
Eben diese Gegend gehörte nach den Angaben der Alten (siehe 
meine Darlegung), besonders Eratosthenes’ und Strabos, zu den 
weitgedehnten Fopdvaia öpn, deren semitische Bezeichnung YTNp 
lautet (vgl. noch Forbiger, Handbuch der alten Geographie 
Il, Hamburg 1877, 602 und Hartmann, Bolıtän 91). 

Wir kennen also einen Berg (Gebirge) Ararat im Kardu- 
gebirge, und ebendahin verlegen viele Quellen mit konstanter 
Zähigkeit und gegen den Wortlaut der Bibel das Apobaterion 
Noahs. Was liegt da näher als der Schlufs: In Gn 8, 4 ıst 
wirklich dieser Berg oder Höhenzug gemeint, und Berossos 
sowie die Späteren hatten noch die Nachricht, dals es im 
Kardugebirge früher einen Ararat gegeben habe? Was hindert 
uns an dieser Identifizierung des Gebirges Ararat in Gn 8, 4 
mit dem Arardi? Etwa die Landläufigkeit einer entgegen- 
gesetzten Ansicht? Aber die Landläufigkeit leistet noch keine 
Gewähr für die Richtigkeit einer Meinung und kann nur zu 
oft als Schild dienen, hinter dem sich in behaglicher Ruhe 
Kritiklosigkeit und Gedankenarmut verbergen. — Nun aber 
zu Döllers wichtigem Einwand: „Wie wäre nach dieser Auf- 
fassung S.s der Plural ‚hare Ararat‘ zu erklären? Von der 
Arche kann man sagen, dals sie auf einem Berge oder aber 


auf einem Gebirge stehen geblieben sei. Auf letztere Dar- 
gr 


116 Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 


stellung wiese der Plural ‚hare Ararat‘ hin. Nun hielse aber 
das Gebirge nach S. Kardu, somit könnte ‚hare Ararat‘ nur 
von einem Berge des Gebirges Kardu verstanden werden, wie 
denn auch S. zu übersetzen sich gezwungen sieht: ‚auf den 
Ararat genannten Bergen‘“ Ich gestehe, dafs ich die Wucht 
dieses Arguments nicht fühle! Hätte Döller meinen Artikel 
mit einiger Aufmerksamkeit gelesen, so hätte er schon auf 
der ersten Seite der Arbeit (S. 14) die Übersetzung gefunden: 
„auf dem Ararat genannten Gebirge“. Kardu ist ein weiter 
geographischer Begriff. Gibt es nicht innerhalb des Alpen- 
gebirges wieder kleinere Höhenzüge oder Gebirge, wie z. B. 
den Wiener Wald? Den Arardi hat sich nur Döller als 
spitzen Kegel gedacht. Ich stelle mir ihn als Höhenzug vor, 
um das „hare“ zu rechtfertigen. Dafs der in meinem Auf- 
satze öfter wiederkehrende Ausdruck „Berg“ Doktor Döller zu 
einer solchen Objektion veranlassen würde, konnte ich nicht 
ahnen. Man spricht bekanntlich auch vom Berge „Nisir“ (siehe 
Delitzschs Paradies 105), der nach Assurnasirpal ein ganzes Ge- 
birge war, auf dem sogar mehrere Festungen lagen. Der 
jetzige (rebel Fukü‘a, ein nicht bedeutender Bergkamm, wird 
2 Sm 1,6 yaban 7, hingegen in V. 21 ya532 7 genannt. 
Vom grammatischen Standpunkt läflst sich „hare Ararat“ mit 
„Gebirge von Urartu* (gen. subiectivus) oder mit „Ararat- 
gebirge* (gen. explicativus) wiedergeben, wie denn letzteres 
schon die LXX mit „ta öpn ta Apapat“ getan. Warum 
ich der letzteren Übertragung den Vorzug gebe, habe ich dar- 
gelegt. — Von dem damals verschollenen Reiche Urartu 
wulsten die in Frage kommenden alten Erklärer der Genesis- 
stelle gewils nichts mehr. Auch gehörte die Gegend von 
Sört nur in der älteren Zeit zu Urartu (siehe meinen Artikel 
S.28). Dem gegenüber mulste ihnen die Landschaft Ayrarat 
wohl bekannt sein, und wenn sie trotzdem gegen Nikolaus 
von Damaskus und Hieronymus das Apobaterion nicht nach 
Ararat am Araxes, sondern ins Kardugebirge verlegen (nicht 
etwa in andere Gebiete des alten Urartu!), so war für sie 
nur der von uns angeführte Grund ausschlaggebend. — Man 


Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 117 


könnte zwar in Gn 8,4 die Lesung und den Sinn „Berge 
Urartus“ festhalten und die Existenz eines Arardi im Kardu- 
gebirge für einen interessanten Zufall erklären. Wer an einer 
solchen Meinung Geschmack findet, dem soll sie unbenommen 
sein, wie ich denn auch in demselben Sinne meinen Artikel 
mit den Worten schlois (S. 38): „Auf jeden Fall aber, selbst 
wenn man sich die Ortsbestimmung in Gn 8, 4 auf eine andere 
Weisezurechtlegen wollte,mufs zugegeben werden, dals die Disso- 
nanz zwischen der biblischen Angabe und den alten Erklärungen 
derselben bei Zuhilfenahme des keilinschriftlich bezeugten 
Berges Arardi eine plausible Erklärung zulälst.“ 

Der zweite Hauptpunkt meines Aufsatzes behandelt das 
gegenseitige Verhältnis von Arardi, ’Alapödıoı, Ayrarat und 
Urartu. Die ’AAapödıoı werden bei Herodot 3, 94 und 7,79 
genannt und bildeten mit den Matienern und Saspeirern den 
18. Abgabebezirk Darius’ I. Wie ich des näheren dargelegt 
(S. 31—35), war ihr Wohnsitz in der Araxesebene, also eben- 
dort, wo unter den Arsakiden (seit dem 2. Jahrhundert v. Chr.) 
eine Landschaft Ayrarat erscheint. Gegen Ende der Arsa- 
kidenherrschaft umfalste Ayrarat, wo die Residenz der arme- 
nischen Könige lag, auch die angrenzenden Gebiete und galt 
als eine der 15 Provinzen des Reiches. Offenbar war Ayrarat 
nach dem Volke der Alarodier benannt. Beweis dafür 
bilden neben der Identität der Namen und der geo- 
graphischen Lage zahlreiche Analogien ineben jenen 
Gegenden südöstlich vom Schwarzen Meere. Nach dem 
Stamm der Taochen (Xenophon, Anabasis 4, 7) ist der Bezirk 
Tekman benannt, der unter dem Namen Taikh in der sog. 
(geographie Moses’ von Choren neben Ayrarat vorkommt. Von 
den Phasianen (a. a. OÖ. 4,6) stammt der Landschaftsname 
Pasin, von den Tarchen (a.a. ©. 4,6) Terdjan. Vgl. dazu: 
Strecker-Kiepert, Beiträge zur geogr. Erklärung des Rück- 
zugs der Zehntausend, Berlin 1870. Der Name der Saspeirer 
(nach Steph. Byz. auch Sabeirer oder Saberer genannt) lebt in 
Ispir fort. Das heutige Lazistüän an der Südostküste des 
Schwarzen Meeres hiels früher Chaldia nach den Chaldern 


118 Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 


oder Chaldäern (Xenoph., Anab. 4, 3 und sonst; sie haben mit 
den alten Bewohnern Urartus nichts gemein). — Die Heimat 
der Alarodier und Ayrarat decken sich also reell und nomi- 
nell. Beides kann man durch „Ararat“ wiedergeben, ebenso 
wie Arardi. Man könnte nun die Frage aufwerfen, ob die 
Gleichheit der Namen Alarodier und Arardi nicht daher 
komme, dafs die Alarodier, ein sonst unbedeutender Stamm 
der grolsen vorarmenischen, mit den Heta verwandten Völker- 
gruppe, die man jetzt die „alarodische“ zu nennen pflegt (dank 
der Verwechslung von Alarod und Urartu), ursprünglich im 
Kardugebirge salsen und später in die Araxesebene zogen, um 
an diese neue Heimat ihren Namen zu vererben. Ein Beispiel 
solcher Art hätten wir an den Ituräern. Assurnasirpal er- 
wähnt in seiner grolsen Inschrift 3, 80 die beiden Gebirge 
Jaraku und Ja’turi (westlich vom Orontes zwischen Antiochia 
und Ladikjje).. Dafs wirklich Sadü und nicht mätu (Land) zu 
lesen ist, beweist die Parallele für Jaraku bei Tigl. Pil. ILI, 
Ann. 123. Nach den dort ansässigen Ituräern benennt Assur- 
nasırpal das Gebirge. Später wanderten sie aus, und anders- 
wo hiels nach ihnen eine Landschaft Ituräa (Lk 3, 1). Wande- 
rungen der Stämme kamen auch in Armenien vor. Die Chal- 
däer (Chalder), welche Xenophon nach Überschreitung des 
Kentrites antrifft, fanden in Lazistän ihre endgültige Heimat. 

Soviel über Arardi, ’AXapödioı und Ayrarat (Ararat). 
Wie stellt sich nun der Name Urartu dazu? 

Zunächst treten im 9. Jahrhundert bei Assurnasirpal die 
beiden Namen Urartu und Arardi auf (ersterer in der Stan- 
dardinschrift, siehe den Text bei Abel-Winckler, Keil- 
schrifttexte Zeile 9: ultu re$ enı »®ar Subnat adı "st Urartı 
katsu ikSud: vom Quellanfang des Zibene Su bis Urartu). 
Nur Arardı kann man mit Ararat wiedergeben, nicht aber 
auch Urartu. Warum? Wenn ein und derselbe König ein 
Arardi und ein Urartu (Urarti) nennt, so kommt es eben daher, 
dafs die Assyrer zwei verschiedene Bezeichnungen hörten und 
sie darum nach ihrem objektiven Lautwert in ihrer Transkrip- 
tion verschieden ausdrückten. Was die Assyrer taten, das 


Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 119 


befolgten betrefis der Vokalisation des DNS gewils auch die 
alten Hebräer wenigstens in der Zeit, da die Königsbücher 
entstanden sind. Eine andere Aussprache als Urartu hat beim 
Namen des betreffenden Reiches zur Zeit seines Bestandes nicht 
existiert, sonst hätte sie bei dem häufigen Vorkommen dieser 
Bezeichnung in den Keilinschriften irgendwo auftauchen müssen, 
was nicht der Fall ist. Wie die LXX-Übersetzer und durch 
sie die Massorethen und Punktatoren zu ihrem Ararat an den 
drei in Frage kommenden Stellen gelangt sind, siehe weiter 
unten. 

Man könnte nun folgendes einwenden: Das Stammland 
des Reiches Urartu ist die Niederung am Araxes, die Heimat 
der Alarodier, die spätere Provinz Ayrarat. Von dort breitete 
sich das Reich Urartu und damit der Name weiter naclı Süden 
aus. Wir haben es also mit zwei verschiedenen Nuancierungen 
eines und desselben Namens zu tun, die man beliebig ver- 
wechseln kann, wie denn auch die moderne Terminologie gern 
vom Reiche Ararat statt Urartu spricht. Es entstände höchstens 
noch die Frage, welche der beiden Formen die ältere ist. — 
Wenn die Prämissen richtig wären, so würde man sich gern 
mit dieser Auffassung der beiden Namen zufrieden geben; aber 
daraus würde noch lange nicht folgen, dals die Benennung 
Reich Ararat statt Urartu vom historischen Standpunkt richtig, 
und dals die Vokalisierung Ararat in der Bibel für die Zeit 
der Abfassung der betreffenden Stellen (und darum handelt 
es sich ja!) zulässig ist. In der älteren Zeit ist Urartu allein 
nachweisbar, erst unter Darius I. trıtt der Name "AXapöbdıoı 
auf und endlich ganz spät Ayrarat. — Indessen ist die Voraus- 
setzung des ganzen Einwandes unrichtig. Das Stammland 
Urartu lag, soweit geschichtlich nachweisbar, nicht in der 
Araxesebene, sondern viel weiter südlich und hat infolgedessen 
mit dem Sitz der Alarodier, dem Ayrarat der Arsakiden, 
nichts zu tun. Beides gehört ebensowenig zusammen wie 
etwa (man achte auf die Analogien!) Gebal-Byblos und 
Gabala (jetzt Geble) weiter nördlich bei Ladikije, wie Musri 
als Grenzland von Kue-Oilicien und Musri-Ägypten oder Musri 


120 Sanda, Nochmals Ararat und Urartu. 


in Nordarabien, wie Bit Adini am Euphrat und Bit Adini, 
ein chaldäisches Fürstentum in Babylonien. Erstens lag 
ArzaSku, die alte Hauptstadt von Urartu, in bedeutender Ent- 
ternung südlich von der Araxesebene. Die nördlichste Lage, 
welche die Nachricht Salmanassars II. (Monolith II 48ff, für 
Arzasku zuläfst, ist etwa der Südabhang des Bingöl-Dagh 
(Mitte zwischen Erzirum und dem Murad-Tschaj). Belck ver- 
legt die Stadt neuestens an den Sipan-Dagh, unmittelbar 
nördlich vom Wansee. Zweitens gehörte in der ältesten 
Zeit die Araxesebene samt Umgebung überhaupt nicht zu 
Urartu, sondern wurde erst durch Menua3 und Argistis L 
erobert und Urartu einverleibt, sie kann also unmöglich Stamm- 
land oder ältester Kernpunkt Urartus gewesen sein. Weber 
hat in seinem Artikel Ararat (ThQ LXXXIII [1901] 364 
unten) diese treffende Vermutung mit Recht ausgesprochen, 
und der nunmelır konstatierte Unterschied der beiden Namen 
bestätigt sie. 

Der sachliche und phonetische Unterschied von Ararat 
und Urartu tritt uns zur Zeit Darius’ I. deutlich entgegen. 
Einerseits erscheinen bei Herodot (3, 94) die Alarodier, 
also jene Völkerschaft, die zum späteren Ayrarat gehört, im 
18. Abgabebezirk und getrennt von den Armeniern, die im 
13. Steuerdistrikt genannt werden. Anderseits wird das Land 
der Armenier (altpersisch Arm’ina) in der Behistuninschrift 
im assyrischen Text durch Urastu wiedergegeben. Wie aus 
Herodot und Xenophon hervorgeht (siehe auch Streck, ZA 
1899, 120, und Weber, T'hQ 1901, 360), umfafste aber Armenien 
damals nur das spätere Armenia minor und den äulsersten 
Westen von Armenia maior und in keiner Weise auch die 
‚Araxesebene, das spätere Ayrarat. Es steht somit der phone- 
tische und geographische Unterschied von Ararat und Urartu 
für die Perserzeit fest. 

Bereits in der Behistuninschrift dürfte der Name Urastu 
nur mehr künstliche Repristination sein. Das Reich Urartu 
existierte schon lange nicht mehr, neue Völker waren in sein 
Bereich eingedrungen. Je mehr die Keilinschriften in Assyrien 


Sanda, Zu Job 4,10. 121 


und Babylonien und die Denkmäler von Wan, in denen Urartus 
Geschichte niedergelegt ist, in Vergessenheit gerieten, um so 
mehr verscholl auch sein Name. Dagegen nahm im Norden 
das Gebiet der Alarodier an Bedeutung zu, und der Name 
Ayrarat hatte später denselben Klang im vorderasiatischen 
Völkerverkehr wie früher Urartu; daher kam es, dafs die 
sriechischen Übersetzer der Königsbücher DK mit ’Apapd® 
vokalisierten. Danach wurde später die hebräische Punkta- 
tion hergestell. \enn die Autoren der Targumim (und 
mit ihnen andere Quellen) auch aufser Gn 8, 9 an den drei 
in Betracht kommenden Bibelstellen YT1P schreiben, so waren 
sie von der Vorstellung beherrscht, dals BO8 in der Bibel 
überall dieselbe Bedeutung habe und immer auf das Kardu- 
gebirge weise. 


Zu Job 4, 10. 


Aus der Zahl der „Aramaismen“ im AT ist auch yS in 
Job 4, 10 zu streichen (gegen die landläufigen Lexika; 99 
„die Zähne der jungen Löwen werden zerschmettert, ausge- 
brochen“). Es ist dies ein gut hebräisches Verb, das dem 
assyrischen 8,N3 entspricht. So ist nämlich die korrespon- 
dierende assyrische Form anzusetzen (anders in Delitzschs 
Handwörterbuch 487a). Die assyrische Bedeutung (,„zer- 
schmettern“, oder wie Jensen, KBV 442 will, „spalten“) deckt 
sich ungefähr mit der hebräischen. Das Verb kommt schon 
im Weltschöpfungsepos vor, gehört also zum alten Wort- 
bestand der hebräisch-assyrischen Sprachgruppe. Ein angeb- 
licher Lautwandel von PM zu aram. 93 ist demnach abzulehnen. 
Überhaupt dürfte ein aram. YM) in der Bedeutung „zer- 
schmettern“ o.ä. kaum zu belegen sein. 

Leitmeritz. | Dr A. Sanda. 


Die literarhistorische und religionsgeschichtliche 
Bedeutung der ägyptischen Eigennamen 
der Josephsgeschichte. 

Von Prof. Dr Miketta in Weidenau. 


ie ägyptischen Eigennamen in Gn 37—41 waren von jeher 

Gegenstand besondern Interesses der Sprachforscher. 
aber auch eine beständige crux interpretum. Mit grölster Auf- 
merksamkeit wandte man sich daher der Untersuchung jener 
Worte zu, als mit der fortschreitenden Entzifferung der ägyp- 
tischen Inschriften die Möglichkeit geboten wurde, den Sinn 
der Namen zu enträtseln und die einzelnen Bestandteile der- 
selben näher festzustellen. Ein systematisches Studium der in 
den ägyptischen Texten vorkommenden Namen führte indes 
auch zur Feststellung der Tatsache, dals gewisse Eigennamen 
bestimmten Zeiten eigentümlich waren. Mode, fremdländische 
Einflüsse, politische Wandlungen oder Nachahmung der Ver- 
gangenheit spiegeln sich wider in den Eigennamen bestimmter 
Epochen. Daneben war es auch möglich, eine Anzahl von 
Eigennamen bestimmten Gegenden zuzuweisen, je nachdem 
landschaftliche oder soziale Verhältnisse in den Personennamen 
der einzelnen Gaue ihren Ausdruck fanden. Mit grolser Vor- 
liebe aber wählte man bei der Namenbildung die Namen ein- 
zelner Gottheiten, welche in der betreffenden Zeit besonders 
verehrt, oder deren Kult in dem Gau besonders gepflegt wurde, 
dem der Träger des Namens angehörte. Dies ıst um so 
wichtiger, als Geschlechts- und Stammesnamen ın Ägypten 
erst in spätester Zeit sich nachweisen lassen. 

Aus diesen Andeutungen geht hervor, dals unter bestimn- 
ten später noch zu erörternden Voraussetzungen ägyptische 


Miketta, Literarh. u. religionsg. Bed. d. ägypt.Eigenn. d.Josephsgesch. 123 


Eigennamen, welche in biblischen Texten vorkommen, uns die 
Mittel an die Hand geben können, zu untersuchen, aus welcher 
Zeit der Text stammt oder, falls ältere Quellen modernisiert 
wurden, in welcher Zeit der Text rezensiert wurde. Neben 
dieser literarhistorischen Bedeutung der in Betracht kommen- 
den Eigennamen ist indes auch der theophore Charakter der- 
selben zu untersuchen. Welch hohe Bedeutung theophore 
Eigennamen für die Religionsgeschichte haben, wurde im Bibel- 
Babelstreite oft genug betont!. Bei der Josephsgeschichte ist 
dieses letzte Argument um so höher anzuschlagen, als ja dem in 
der israelitischen Heilsgeschichte eine so wichtigeRolle spielenden 
Patriarchen ein ägyptischer Name beigelegt wird und Ägypter 
selbst mit ihm in engste verwandtschaftliche Beziehungen treten. 

Der folgende Aufsatz soll sich mit der Darlegung der 
literarhistorischen und religionsgeschichtlichen Bedeutung der 
ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte beschäftigen. 
Da die Beantwortung dieser Fragen aber abhängt von der 
jeweilig gegebenen Erklärung und Gleichsetzung der hebräischen 
Namen mit ägyptischen Worten, so ist unserer Abhandlung 
zum näheren Verständnis eine Übersicht über die wichtigsten 
in der Gegenwart gegebenen Erklärungsversuche dieser Eigen- 
namen voranzustellen. 

Um Joseph auch äulserlich als Ägypter zu kennzeichnen, 
legte ıhm zum Dank für die geleisteten Dienste der Pharao 
den ägyptischen Namen MyYD MI53 bei und gab ihm MDR, die 
Tochter des Priesters Y5w18, zur Frau? Wir haben also 
hier die drei ägyptischen Personennamen MDS, YNBWIB und 
myD M383. Aulserdem finden wir noch Gn 37, 36 und 39,1 den 
Hofbeamten "8WD, dessen Sklave ‚Joseph war, und dessen 
Frau den Joseph zu verführen suchte. 

Für den Namen MD8 werden zwei Erklärungen gegeben. 
Die erste3 identifiziert ihn mit dem ägyptischen ns-nt, „der 





ı Friedrich Delitzsch, Babel und Bibel, 1902(8.— 10. Tausend), 46 ft. 

2 Gn 41, &5. j 

3 Georg Steindorff, Weiteres zu Genesis 41, 45, in Zeitschr. für 
ägypt. Sprache und Altertumskunde 1892, dl. 


124 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche 


Göttin Neit gehörig“. Wie griechische Namen, z. B. Zßevönric. 
zeigen, wäre das anlautende n abgefallen, und um die dem 
semitischen Organe unbequeme Doppelkonsonanz zu vermeiden, 
wäre in der hebräischen Umschreibung ein 8 im Anlaut ein- 
gefügt worden. Wiewohl ich zugebe, dals eine derartige Um- 
schreibung möglich wäre, ist dieselbe doch, wie ich glaube, 
wenig wahrscheinlich. Die zur Begründung herangezogenen 
griechischen Namen stammen aus sehr später Zeit und be- 
weisen eben nur, wie in damaliger-Zeit ägyptische Namen in 
das Griechische übertragen wurden. Dals man bei der se- 
mitischen Transkription durch eine Aphäresis oder Assimi- 
lation des n zunächst eine Doppelkonsonanz schuf und dieselbe 
dann durch 8 auflöste, erscheint mir ein etwas umständliches 
Verfahren zu sein. 

Natürlicher und einfacher ist die Ableitung Liebleins!, 
welcher den mit 8 prostheticum versehenen ägyptischen Frauen- 
namen snt zu Grunde legt. Diese Ableitung hat den Vorzug, 
dals der Name snt sich tatsächlich auf den Denkmälern findet 
und nicht wie ns-nt nur nach Analogie ähnlicher Namen 
konstruiert ist. Auch Naville? lehnt die Gleichsetzung Stein- 
dorfis ab und entscheidet sich für snt. Für Nanwille ist haupt- 
sächlich die Abstammung Asnaths aus einer heliopolitanischen 
Oberpriesterfamilie3 mafsgebend. Es ist, so behauptet der 
eben zitierte Ägyptolog, kaum anzunehmen, dafs Potiphar, 
der Oberpriester von On, seiner Tochter den Namen „Sie ge- 
hört der Göttin Neit“ gegeben hätte. Neit war die Göttin 
von Sais, deren Kult vollständig verschieden war von dem der 
in On-Heliopolis verehrten Gottheit %. 

Der zweite ägyptische Personenname, der uns in der 
Joseplisgeschichte entgegentritt, ist der Name des Oberpriesters 
von On yn2wi2. MT hat das Wort geteilt: y) wid; indes 


ı Mots @ryptiens de la Bible, in PSbLA 1898, 208. 

2 The Egyptian Name of Joseph, in PSbA 1903, 160. 

> MT hat 41, 45 nur: IK 172. 

i Die Textänderung und Deutung, welche Marquart vorschlägt, 
s. unten S. 1301. 


Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 125 


zeigt LXX, dafs diese Trennung späterer Zeit angehört. Viel- 
fach hält man nach dem Vorbilde von LXX! den Gn 37, 36 
und 39, 1 vorkommenden Namen "B%15 mit dem Gn 41,45 und 
46,20 genannten YNBWIB für identisch. Diese Ansicht ist mög- 
lich, da ja auch LXX. beide für gleich hält; die weiter unten 
gegebene Erklärung zeigt jedoch, dafs wir nicht unbedingt ge- 
nötigt sind, die Gleichheit beider Worte anzunehmen. 

Für den Namen Y\B%W15 werden gegenwärtig mehrere Er- 
klärungen vorgebracht3. Ebers setzt ihn gleich peti-pa-ra, 
„hingegeben dem Ra“. Steindorfftlegt zwar dieselben Wurzeln 
zu Grunde, übersetzt aber: „der, den der Gott Re‘ gegeben 
hat“. Diese Gleichsetzung findet indes nicht allgemein Zu- 
stimmung. Vor allem ist in dieser Ableitung das 1 unberück- 
sichtigt geblieben. Marquart5 lälst pö aus p3, d.i. pa’, noch 
ohne die durch den Akzent bewirkte Vokalreduktion entstanden 
sein und hält die hebräische Transkription für die neuägyp- 
tische Aussprache, während die Umschreibung von LXX. be- 
reits auf der Stufe des Koptischen steht. Diese Erklärung ıst 
indes nicht annehmbar, da sie hinsichtlich der neuägyptischen 
Aussprache von falschen Voraussetzungen ausgeht. Ferner 
ist es auch ganz leicht möglich, dafs bei LXX, also in einer 
Zeit, in welcher das Verständnis für Ägyptens Vorzeit ein 
höchst mangelhaftes war, die ähnlich klingenden, mit p>-di 
gebildeten Namen für die ungebräuchlichen, aber anders ge- 
bildeten eingesetzt wurden. Soweit wir semitische Parallelen 


ı LXX (ed. Swete) hat 37,36; 41,45 und 46,20 TTerpepn und Tlerpepfi 
39, 1 hingegen TTereppnis. Codex Bodleianus hat immer TTereppn bzw. 
Tlerepgpns. Die Form TTerpepnis ist wohl auf eine Verwechslung mit ähn- 
lich klingenden griechischen Eigennamen zurückzuführen. 

2 Ball, The Book of Genesis, Leipzig 1896, 95: „BI is probably 
the same name as YXD'BıD.“ 2 

3 Die älteren Ableitungen sind angeführt bei Ebers, Agypten und 
die Bücher Mosis 29. 

ıA.a.0. 5lf. 

5 Chronologische Untersuchungen. Zuerst erschienen im 7. Supple- 
mentbande des Philologus 637ff. Später auch als Sonderabdruck. Nach 
letzterem zitieren wir die herangezogene Stelle S. 130ff. 

6 Erman, Neuägyptische Grammatik 20. 


126 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche 


für die Umschreibung von Eigennamen nach Art der von 
Steindorff vorgeschlagenen Ableitung haben, finden wir immer 
nur die Transkription &B ohne Var. 

Naville?2 beanstandet die Gleichsetzung von Potiphar 
mit p3-di-ps3-rC wegen der zwei Artikel. Er schlägt deshalb 
als ersten Bestandteil ps-htp vor. Aus dem Koptischen geht 
hervor, dals htp in der ersten Silbe ein o habe, welches dem 
hebräischen } entsprechen würde. Einen mit htp zusammen- 
gesetzten Namen raC-hotep treffen wir auf der berühmten 
Statue von Meidoom3. Es ist nach Naville nicht unmöglich, 
dafs dieser Name hotep-rac gelesen wurde, obwohl der Name 
des Gottes zuerst geschrieben ist. Ebenso können auch zwei 
Formen des Namens nebeneinander existiert haben, gerade 
wie wir htp-pth und pth-htp oder htp-hr und hr-htp finden. 
Mit dem bestimmten Artikel, welcher sich bei rac-hotep5 auch 
wirklich nachweisen lälst, würde also unser Name lauten ps»- 
hotep-rac, d. i. photepra$, eine Gleichsetzung, die dem biblischen 
yn2WwıB vollkommen entspricht‘. 

Neben y’D'%15, dem Priester von On, finden wir das ähn- 
lich klingende Wort NP’W1D, den Namen des Herrn Josephs. 
Ich habe bereits oben hervorgehoben, dafs beide Namen für 
gleich angesehen wurden. Die Vulgata hat für den ersten 
Namen Putiphare, für den zweiten Putiphar. Lieblein$ macht 
darauf aufmerksam, dals 1B%5 auch einem pt-bCr gleichgesetzt 
werden könne. Diesen Namen trug in der Hyksoszeit ein 





1 Lidzbarski, Handbuch der nordsemitischen Epigraphik 3501, 
z. B. ‘'ON”BD, ‘'ONTIBD, “DYLD, 1D"EB. 

2 The Egyptian Name of Joseph, in PSbA 1903, 160: „But it may be 
said against it, that this name with two articles has a rather strange look.“ 

3 Der Name gehört dem alten Reiche an; vgl. Wiedemann, ÄgYP- 
tische Geschichte I, Gotha 1884, 176. 

4 Weitere Beispiele aus der 13. Dynastie s. Wiedemann a. a. O. 
270 273. 

5 Vgl. die Stele des Pa-rä-htp in Turin, s. Wiedemanna.a. 0. 321. 

6 Naville a.a. O. 161: „We have ps-ra--htp, and I believe we might 
equally well have ps-htp-ra, Photep-ra, and be analogous to shat of the 
priest of the Old Empire.“ 

? Die Deutung Marquarts s. unten S. 130. 

5 PSbA 1898, 208. 


Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 127 


königlicher Oberbaumeister. Lautlich läfst sich gegen die 
Identifizierung des zweiten Bestandteiles mit dem semitischen 
693 nichts einwenden, da r und | im Äeyptischen zusammen- 
fallen. Das im ägyptischen Worte enthaltene C würde nichts 
bedeuten, da es sehr oft in der semitischen Transkription ver- 
schwindet !. Mehr ins Gewicht fallen würde die oben ge- 
äulserte Schwierigkeit bezüglich des Vav und die Trans- 
skription von t' durch ® statt N, wie sie sich gewöhnlich in 
semitischen Lehnwörtern findet? Man mülste dann annehmen, 
dals hier eine Verwechslung der Schreibung zweier gleich- 
klingenden Namen stattfand. 

Noch grölsere Schwierigkeiten als bei den eben erklärten 
Namen finden wir bei der Deutung des Namens, den der 
Pharao nach Gn 4], 45 seinem Günstlinge Joseph beilegt: 
mıyB MBS.. Die verschiedene Erklärung ist teils in Textkorrek- 
turen begründet, welche in Gn 41, 45 von einigen Exegeten 
vorgenommen werden, teils hängt sie von der verschiedenen 
Auffassung der Ausleger ab, welche in diesem Worte entweder 
einen Titel oder einen ägyptischen Eigennamen erkennen wollten. 
Auch in letzterem Falle hängt die Auffassung davon ab, ob 
der Name mit Bezugnahme auf die durch Josepli geschehene 
Rettung Ägyptens gewählt ist, oder ob vollständig unab- 
hängig ein in jener Zeit üblicher Name Joseph beigelegt wurde, 
damit der junge Hebräer auch äulserlich als Ägypter charakte- 
risiert werde. Ich übergehe die älteren Auffassungen, welche 
obne Kenntnis der phonetischen Gesetze den Namen erklärten, 
und berücksichtige nur die in neuester Zeit aufgestellten Deu- 
tungen?®. Und zwar führe ich zuerst diejenigen Erklärungen 
an, welche ohne Änderung des Bibeltextes geboten wurden, 
und gebe an zweiter Stelle die mit gewissen textkritischen 
Korrekturen verbundenen Auslegungen. 


1 Beispiele s. bei Bondi, Dem hebräisch-phönizischen Sprachzweige 
angehörige Lehnwörter in hieroglyphischen und hieratischen Texten 32. 

2 Bondia.a.0. 13. 

3 Die älteren Deutungen sind zusammengestellt bei Vigouroux, 
La Bible et les döcouvertes modernes II + 136f. 





128  Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche 


Einen von dem Pharao an Joseph verliehenen Ehrentitel 
sieht Lieblein! in dem Worte n3yB M358. Er umschreibt 
die einzelnen semitischen Laute in das Ägyptische und findet 
die Wortreihe: df-nt(i) ps-Cnh. Den ersten Teil hält der 
genannte Forscher für ein Adjektiv oder ein nomen agens, 
welches er von dem Substantiv df3 ableitet und durch „celui 
qui donne la nourriture“ übersetzt. In ps-Cnh erkennt er 
das ägyptische Wort „Leben“ wieder. Der ganze Name be- 
deutet nach Lieblein: „celui qui donne la nourriture de la 
vie“. Die Gleichsetzung Liebleins ist sprachlich einwandfrei, 
und die einzelnen Bestandteile derselben sind im Ägyptischen 
auch wirklich nachweisbar. Sie geht indes von der Voraus- 
setzung aus, dals der Pharao Joseph durch einen Titel ehren 
wollte? Die Worte Gn 41, 45 m3yB M3B3 ADIDW myNB NP" 
lassen indes diese Voraussetzung nicht als einzig möglich er- 
scheinen. Es ist sogar im Gegenteil wenig wahrscheinlich, dafs der 
König bereits vor der Errettung Ägyptens seinem Günstlinge 
einen solchen Ehrentitel gegeben habe, man mülste gerade an- 
nehmen, dafs zwischen der Traumdeutung und der Erhöhung 
Josephs ein grölserer Zeitraum verflossen sei. Eine solche 
Ehrung war erst angebracht, nachdem die folgenden Ereignisse 
die Traumdeutung Josephs wirklich bestätigt hatten. 

Einen andern Versuch, den Namen Josephs auf Grund 
wirklich vorkommender ägyptischen Eigennamen zu er- 
klären, machten Krall und Steindorff. Kırall3 fand ın 
ägyptischen Texten den Namen dd-mnt-iwf-Cnh: „es sprach 
der Gott Mnt und er lebt“. Die Gleichsetzung dieses Namens 
mit dem Namen Josephs bot zwar grofse Schwierigkeiten und 
wurde deshalb auch abgelehnt, führte indessen zur Feststellung 
der Tatsache, dals es im Spätägyptischen eine grolse Gruppe 


1 Mots &gyptiens de la Bible, in PSbA 1898, 204. 

2 Ebd. 205: „ce qui (la personne qui donne la nourriture de la 
vie) parfaitement donne le son... et le sens de n3yD n353 comme titre 
honorifique attribu& & Joseph par Pharaon.“ 


3 Verhandlungen des VII. Orientalistenkongresses, ägypt.-afrik. Sek- 
tion 110. 


Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 129 


von Eigennamen gab, welche sich aus folgenden Bestandteilen 
zusammensetzten!: 1. dd, „er spricht“; darauf folgt 2. der 
Name eines Gottes, z. B. Mnt, Hnsw u. a., sowie 3. iwf-Cnh, 
„er lebt“. Der dritte Bestandteil wurde dem Worte MIyD 
gleichgesetzt, während 3 dem ägyptischen dd entsprechen sollte. 
Das auslautende d von dd wäre nach Analogie des koptischen 
xw abgeschliffen worden. Es handelte sich nun um Fest- 
stellung des zweiten Bestandteiles. Steindorff erklärte M3B, an 
dessen Stelle sonst immer ein Gottesname stand, als das ägyp- 
tische ps-ntr, koptisch nnorrte: $norTt, „der Gott“. Das 
ganze Wort entspricht also ägyptischem dd-ps-ntr-iwf-cnh 
und hat die Bedeutung „es spricht der Gott: er lebe*. Stein- 
dorffs Auffassung wurde von Brugsch und de Lagarde als 
richtig anerkannt, fand aber auch entschiedenen Widerspruch. 
Am heftigsten bekämpft Lieblein? diese Identifizierung. Er 
tadelt an derselben, dals sie 1. im ganzen als Name sich über- 
haupt nicht nachweisen lälst, und 2. dals die Gleichsetzung 
der einzelnen Bestandteile nicht einwandfrei ist, „si l’on ne 
veut pas nier toutes les rögles phondtiques et ouvrir la porte 
a tous les phantasmes“. Schack-Schackenburg bringt gegen 
Steindorffs Aufstellung vor allem religionsgeschichtliche Be- 
denken vor, die wir indes später belıandeln werden. Wenn 
Naville3 gegen Steindorff den Einwand macht, dafs ein solcher 
Name nicht in geringster Beziehung zu dem stehe, was Joseph 
getan hat, und nur aus diesem Grunde Steindorffs Erklärung 
ablehnt, so verweisen wir auf die oben (8. 128) gegebene Aus- 
legung von Gn 41, 45, welche diesen Einwand als nicht be- 
rechtigt nachweist. 


! Georg Steindorff, Der Name Josephs Saphenat-Pa“neach, in 
Zeitschr. für ägypt. Spr. u. Altert. 1889, 41 ff. Paulde Lagarde, Der Titel 
des Patriarchen Joseph, in GgA 1889, 319 ff. Brugsch, Die Ägyptologie 
1891, 240. H. Schack-Schackenburg, Genesis 41, 45, in Zeitschr. für 
äcypt. Spr. u. Altert. 1892,49. G. Steindorff, Weiteres zu Genesis 41, 45, 
ebd. 50f. Levesque, Les mots @gyptiens dans l’histoire de ‚Joseph, in 
Rb IX 412 ff. 

2 PSbA 1898, 207. 

3 PSbA 1903, 157. 

Biblische Zeitschrift. II. 2. y 


130  Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche 


Naville! versucht eine neue Erklärung. Er geht von 
der Übersetzung Ermans? aus, der m3yD n3B$ für „die Mit- 
glieder des Hierogrammatenkollegiums“ hält. Naville erkennt 
indes nur den zweiten Teil der Gleichsetzung Ermans an. 
Auch ihm erscheint es natürlich, dafs Joseph eine Stellung 
im pr-Cnh, dem Gelehrtenkollegium, erhielt; doch sieht er in 
der Ernennung zum Mitgliede dieser Körperschaft nicht eine 
besondere Ehrung für Joseph, da die Hierogrammaten ein 
zahlreiches Kollegium waren. Den ersten Teil des Namens 
will Naville auf einer Inschrift Osorkons zu Bubastis gefunden 
haben. Dort las er nämlich den Titel „thest nt pe ankh“ >. 
Dieser Titel bedeutet: „Das Oberhaupt des pr-Cnh. Dieser 
Titel würde aber einem hebräischen MyYBDrINS entsprechen. 
Naville korrigiert deshalb die erste Silbe 83 in MS. Er ist 
der Ansicht, dals im hebräischen Texte eine falsche Trans- 
skription vorliege, die dadurch entstanden sei, dals im He- 
bräischen zahlreiche Worte mit 53 anfangen und daher den 
Hebräern viel geläufiger waren als das ungewohnte ägyptische 
73. Diese Behauptung ist wohl mehr eine geistreiche Ver- 
mutung als ein strenger Beweis. Gegen Navilles Korrektur 
sprechen das wovdougpavnx von LXX und das Zapadgpavn) 
des Symmachus. 

Als letzte Deutung wollen wir hier noch Marquarts 
Textkorrektur* anführen. Der genannte Gelehrte will in dem 
ersten Teile des ägyptischen Namens Josephs eine merkwürdige 
Ähnlichkeit mit dem Namen des Moses bei Chairemon, Tıoıd&v, 
erkennen, der, wie Marquart nachgewiesen zu haben glaubt, 
im zweiten Teile den Namen der Sonnenuscheibe itn enthält. 
„Auch in M3YB M2B3 sowohl wie in MDR steckt ]N8 oder }N\ itn, 
die Sonnenscheibe, d.h. es standen in der Erzählung ursprüng- 
lich andere Namen, die aber später von einem Überarbeiter 
in damals gebräuchliche geändert bzw. modernisiert wurden. 


ı PSbA 1903, 158. 

2 Zeitschr. für ägypt. Spr. u. Altert. 1883, 69. 
3 Naville a.a. O. 159. 

4 Chronologische Untersuchungen 41ff. 





Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 131 


Den von Amenophis IV. zum Hauptgott erklärten Iten, der 
alsbald nach dem Siege der Reaktion wieder entthront worden 
war, kannte später kein Mensch mehr, und so lag eine An- 
derung nahe.“! Auch TTereppfi hält Marquart als eine Ande- 
rung für Meri-Rec, den Namen des Hohenpriesters des Königs 
Amenophis IV. Ebenso schlägt er eine Korrektur für MDR 
vor. „Eine Tochter des Ichu-n-iten führte den Namen CAnch- 
nes-p-3-iten oder CAnclhınesiten, ‚sie lebt von der Sonne‘. Dies 
wird auch der ursprüngliche Name der Frau Josephs sein, 
also }NNDFMY, so dals für den ägyptischen Namen Josephs die 
Konsonanten }N53 übrig bleiben, die sich mit Chairemons 
Tıoıd&v fast völlig decken.“? Marquart ändert also den Text 
von Gn 41, 45 folgendermalsen: 
jD yvo na jnR DIN 8 15 Inn IND DV Dim myB np" 
TOND IN 
Die vielen Anderungen, welche Marquart in diesem Verse 
vornimmt, machen diese Vorschläge von vornherein verdächtig. 
Diese Korrekturen sind aber auch textkritisch nicht begründet 
und daher durchaus willkürlich. Auch nimmt Margquart bei 
der Gleichsetzung der ägyptischen Namen mit den hebräischen 
nicht im geringsten Rücksicht auf die zwischen beiden Sprachen 
bestehenden Lautgesetze. Noch seltsamer ist die Konjektur 
Potiphar=Merry-R&c. Die Überlieferung, dafs Merry-Röc Ober- 
priester des Königs Amenophis IV. war, genügte für Marquart, 
um eine so verbürgte Lesart wie Potiphar aufzugeben. Und 
doch ist Gn 41,45 von einem Oberpriester überhaupt nicht 
die Rede, da es dort nur heıfst, dafs Asnatlı die Tochter des 
Potiphar, eines Priesters aus On, war. Wenn also Marquarts 
Vorschläge von vornherein abzulehnen sind, so habe ich es 
doch für nötig gehalten, dieselben hier anzufülıren, da sowohl 








ı Marquart, a. a.0. 42. 

2 Ebd. 42 u. 43. 

3 Ebd. 42: „Da Namen bekanntlich Modesache sind, so konnte 
man aus Meri-R&‘ später leicht den damals geläufigen Namen TTereppn 
machen.“ Auf die weiteren Kombinationen, die Marquart an die Namen 
Josephs bei Chairemon und Manetho anknüpft, kann ich hier nicht 
eingehen. 

g9* 


132 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche 


Marquart als auch Winckler, der diese Vorschläge billigt, 
diesen Namen eine besonders wichtige literarhistorische und 
religionsgeschichtliche Bedeutung zumilst. 

Erwähnen will ich noch, dafs Cheyne! in Gn 41, 43 
einen weiteren ägyptischen Eigennamen finden will, indem er 
der Ansicht ist, dals im zweiten Teile des zitierten Verses 
ursprünglich }N83)>3, der Name des Königs Amenophis IV., ge 
standen habe. Dafs diese Textkorrektur unbegründet ist, hat 
W.M. Müller? überzeugend nachgewiesen. 

Auf die literarhistorische Bedeutung dieser Eigen- 
namen hat zuerst Steindorff? hingewiesen. Der genannte 
Ägyptolog setzte, wie oben gezeigt, Asnath = ns-nt, Potiphar 
—= p3-di-ps-rC und Zaphnathpaneah = dd-ps-ntr-iwf-Cnh. 
Er fand zunächst, dals Personennamen, die mit ns gebildet 
sind, im alten und mittleren Reiche sehr selten angetroffen 
werden und erst seit der 21. Dynastie häufig sind, in welcher 
mehrere Mitglieder des Königshauses solche Namen tragen. 
Hierzu stimmte auch Steindorfis Erklärung von YABW1B, da 
Steindorff das Vorkommen von derartig gebildeten Eigennamen, 
z. B. p3-di-imn, p>-di-ist, erst in der 22. Dynastie nachzuweisen 
vermochte. Da weiterhin Steindorff Eigennamen, die nach der 
Formel dd—Gottesname—iwf-Cnh zusammengesetzt sind, erst 
von der 20. Dynastie an traf, und da dieselben erst in saitischer 
Zeit häufiger werden, so glaubte Steindorff den Beweis geliefert 
zu haben, dals dieser Teil der Josephsgeschichte erst im 
8. vorchristlichen Jahrliundert entstanden sei. 

Weiterereligionsgeschichtliche Schlüsse zog aus dieser 
Erklärung de Lagarde* Er wies nämlich hin auf ein Merk- 
mal, durch welches Zaphnathpaneah sich angeblich auffallend 
von den sonst bekannten ägyptischen Eigennamen dieser Art 
unterscheidet. In dem Namen Josephs fehlt ein ägyptischer 
Gottesname, an Stelle dessen das monotheistische p3-ntr, „der 





i OrLz III 152. 

2 OrLz III 325. 

3 Zeitschr. für ägypt. Spr. u. Altert. 1889, 41 und 1892, 50. 
ı GgA 1889, 3191. 


Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 133 


Gott“, eingesetzt ist. Nach de Lagardes Ansicht konnte ein 
ägyptischer Gottesname, z. B. Osiris, einem Israeliten im Titel 
seines verehrten Joseph nicht passen. „Die Einsetzung nnorTe 
ist also nur eine willkürliche; sie kann nur von jemand ge- 
macht worden sein, der Äsyptisch verstand; dals dieser schon 
theoretisch-monotheistisch empfand, ist für die Geschichte 
des Israelitismus interessant.“! Das Vorkommen der Namen 
der Göttin Neit und des Sonnengottes in den Namen der 
Verwandten Josephs erklärt de Lagarde durch die Annahme, 
dals diese beiden Gottheiten dem älteren Elohisten als die- 
jenigen Gottheiten der Äsypter galten, deren Diener noch am 
ehesten wert waren, mit Joseph in Verwandtschaft zu treten. 

Gegen diese von Steindorff vorgeschlagene Verwendung 
der Eigennamen erheben sich schwere Bedenken. Zunächst 
ist die Gleichsetzung und Deutung der Namen, die für 
Steindorffs Bestimmung des Alters der Quelle malsgebend 
war, nicht sicher. Wir haben oben gezeigt, dafs Steindorfis 
Gleichsetzung vielfach beanstandet wird. Dazu kommt noch, 
dals, selbst wenn wir Steindorfis Erklärung akzeptieren, die 
zeitlichen Ansätze der Namen, die der genannte Gelehrte zu 
Grunde legt, nicht ganz zuverlässig sind. Denn wie Tomkins? 
und Lieblein3 dargelegt haben, sind Eigennamen, die mit 
pt oder ptn zusammengesetzt sind, bereits in der Hyksoszeit 
und unter Dhutmes L nachweisbar. 

Erheben sich also schon gegen Steindorfis Deutung und 
literarhistorische Verwendung der Eigennamen berechtigte Be- 
denken, so werden diese Schwierigkeiten noch erheblich ver- 
mehrt, falls wir de Lagarde folgen und aus diesen Namen 
religionsgeschichtliche Schlüsse ziehen. Der Ausdruck ps-ntr, 
auf den de Lagarde so hohen Wert legt, zeigt nämlich, selbst 
wenn wir die übrigen Voraussetzungen für richtig halten, nicht 
notwendigerweise ein monotheistisches Empfinden des Elo- 
histen. Denn wie Steindorff selbst zugibt, wäre es ganz gut 


ı GgA 1889, 320. 
2 Potiphar and similar names; vgl. The Akademy, Januarheft 1892, 
3 PSbA 1898, 208. 


134 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche 


möglich, dafs ohne irgend eine Nebenabsicht der Name eines 
bestimmten Gottes mit der allgemeineren Bezeichnung „Gott- 
heit“ vertauscht wurde. Beispiele für diese Art der Namen- 
bildung lassen sich sowohl aus dem alten Reiche, wie auch, 
trotz Schack-Schackenburgs gegenteiliger Behauptung, aus 
späterer Zeit nachweisen. 

Eine ganz entgegengesetzte literarhistorische und religions- 
geschichtliche BedeutunglegtSchack-Schackenburg, welcher 
Steindorffs Gleichsetzung akzeptiert, diesen Eigennamen bei. 
Die Tatsache, dafs die Namen Putiphar (p3-di-p3-rec) und 
Asnath (ns-nt) auf den Denkmälern von Tanis, Bubastis und 
Sais in grölserer Menge vorkommen, legt es nalıe, anzunehmen, 
dals diese Namen besonders dem eigentlichen Delta angehören, 
und dals Träger derselben mit den dort heimischen Köniss- 
häusern in gröfserer Zahl diejenige Bedeutung erlangten, die 
ihre Namen der Nachwelt zu erhalten geeignet war. Es spricht 
also, wie Schack weiter behauptet, ein gewisser Grad von 
Wahrscheinlichkeit dafür, dals, falls wir zahlreichere Denkmäler 
vom Hofe der im östlichen Delta residierenden Hyksosdynastien 
hätten, unter denen Joseph gelebt hat, dieselben uns ähnlich 
gebildete Namen häufiger vorführen würden. „Jedenfalls sind 
wir zur Annahme nicht berechtigt, dals diese Eigennamen dem 
Hyksoshofe fremd waren.“ ? 

Die Auffassung Schacks, dafs bestimmte Eigennamen lokal 
begrenzt vorkommen, ist, wie wir in der Einleitung gezeigt 
haben, zwar berechtigt; indes ist der Schlufs, die Namen seien 
der Hyksoszeit zuzuweisen, unzulässig, da auch vor der Hyksos- 
zeit im mittleren Reiche Dynastien ım Deltalande ihre 
Wohnsitze hatten. Schacks Annahme, dafs Joseph unter den 
Hyksos gelebt hat, ist nicht einwandfrei. Die Untersuchungen 
W. M. Müllers?, der die Hyksoszeit auf etwa 100 Jahre redu- 
ziert, und der zweite Papyrusfund von Kahun, welcher die 


! Zeitschr. f. ägypt. Spr. u. Altert. 1892, 49. 

2 Ebd. 50. 

3 Studien zur vorderasiatischen Geschichte, in Mitteilungen der Vor- 
derasiat. Gesellsch. 1898, 1ff. 


Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 135 


zeitliche Festlegung des mittleren Reiches gestattet!, erheben 
doch gegen diese Annahme verschiedene Schwierigkeiten. 

Religionsgeschichtliche Bedeutung hat für Schack haupt- 
sächlich der Name Zaplınathpaneah. Auch Schack falst p3- 
ntr als monotheistisch auf. Dieses Wort konnte aber, wie 
Schack annimmt, in ägyptischen Namen nur in der Hyksoszeit 
vorkommen, d.h. in einer Epoche, in welcher dieser Ausdruck 
dem Könige und seinem Hofe als eine Bezeichnung des Set, 
der ausschlielslich verehrt wurde, gelten konnte. — Dieser Be- 
hauptung ist jedoch entgegenzuhalten, dals die Hyksos nicht 
ın dem Mafse Monotheisten waren, wie Schack annimmt?2. Viel 
eher würde man dann, falls man Schacks Folgerungen weiter- 
führt, berechtigt sein, einen solchen monotheistischen Namen 
in die Zeit des Ketzerkönigs Chunaten (um 1400) zu versetzen. 
Indes wäre auch diese Annahme nicht die einzig mögliche 
lösung, da, wie oben gezeigt, p3-ntr nicht notwendigerweise 
monotheistisch aufgefalst werden muls. 

Marquart3 geht von der an sich richtigen Voraus- 
setzung aus, dafs es undenkbar ist, dals die Angaben des sog. 
Elohisten erst im achten oder gar siebten Jahrhundert auf 
Grund eigener Erkenntnis des Landes nachträglich zurecht- 
gemacht wären, da man in dieser Zeit in Ägypten selbst nur 
sehr dürftige Kenntnisse von jenen längst vergangenen Zeiten 
hatte. Der älteste Kern der Josephsgeschichte muls vielmehr auf 
eine im wesentlichen gleichzeitige Überlieferung zurückgehen *. 


i Ludwig Borchardt, Der zweite Papyrusfund von Kahun und 
die zeitliche Festlegung des mittleren Reiches der ägyptischen Geschichte, 
ın Zeitschr. f. ägypt. Spr. u. Altert. 1899, 89. E. Mahler, Das mittlere 
Reich der ägyptischen Geschichte, ebd. 1902, 78. 

2 Der Papyrus Sallier I, in welchem von einem Entscheidungskampfe 
zwischen Set und den ägyptischen Göttern die Rede ist, kann zum Be- 
weise des Monotheismus der Hyksos nicht herangezogen werden. Damit 
sind auch alle Versuche, den angeblichen Monotheismus der Hyksos zu 
erklären, überflüssig, z. B. die zwar erbauliche, aber unbegründete Er- 
klärung bei Urquhart, Die neueren Entdeckungen und die Bibel (deut- 
sche Übersetzung von E. Spliedt) II2 71. 

3 Chronologische Untersuchungen 54. 

« Ebd. 56. 


136 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche 


Marquart glaubt nun, dafs die Quelle, welche der Josephs- 
geschichte zu Grunde liest, in der Amarnazeit entstanden 
ist, und dafs der in den Amarnatafeln genannte General und 
Provinzialbeamte Janhamu die Person sei, welche der Ge- 
stalt des ägyptischen Veziers Joseph zu Grunde liege!. Die- 
selbe Auffassung teilt auch Winckler?. Als Beweis für die 
Datierung dienen für Marquart u. a. auch die Namen Zaph- 
nathpaneah und Asnath, welche er, wie oben gezeigt, auf Namen 
mit itn zurückführt. Für Marquart ergibt sich nun folgender 
Schluls: „Durch jenen Namen (}n53) wird also Joseph als 
Verehrer des Itn charakterisiert.“ Diese Ansicht ist indes 
unhaltbar. Die Behauptung, dals die Josephsgeschichte mit 
dem von Chunaten unternommenen Versuche einer monothei- 
stischen Reform zusammenhängt, hat bereits Rieber abgelehnt °. 
Die ägyptischen Eigennamen des überlieferten Textes in so 
willkürlicher Weise zu ändern, wie Marquart es tut, verstölst gegen 
alle Regeln der Kritik. Bezeichnend genug ist, dafs Marquart 
zum Beweise seiner These fast jedes Wort des Verses Gn 41,45, 
auf das es bei der Untersuchung ankommt, ändern muls. 

Zur Begründung seiner mythologischen Auffassung 
der Josephsgeschichte verwendet D. Völter* auch die ägyp- 
tischen Eigennamen in Gn 4], 45. Bereits Winckler und 
Stucken gingen von der Ansicht aus, dals die orientalische 
Weltanschauung nicht blols mythische Gestalten durch die 
Personifikation von Himmelskörpern und Naturerscheinungen 
schaffe, sondern auclı die historischen Tatsachen stets in Form 
des Mytlıus erzähle. Wenn aber die genannten Gelehrten 
dem hebräischen Mythus ein der altbabylonischen Götterlehre 
entnommenes Schema zu Grunde legen, will Völter mit Hilfe 
der ägyptischen Mythologie Licht in das Dunkel der biblischen 
Ur- und Patriarchengeschichte zu bringen versuchen. Während 


! Marquart, Chronologische Untersuchungen 43. 

2 Abraham als Babylonier, Joseph als Ägypter 30ff. 

3 Die El-Amarnatafeln und ihre geschichtliche Bedeutung, in Kultur 
1903, 171. 

* Auypten und die Bibel. Die Urgeschichte Israels im Licht der 
ägyptischen Mythologie, Amsterdam 1903, 49 ff. 


Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 137 


Winckler Joseph als Tammuz erklärt, glaubt Völter zeigen 
zu können, dals die ganze Josephsgeschichte im Grunde nichts 
anderes ist als der Osirismythus in der Form einer israeli- 
tischen Legende. Zu diesem Zwecke unterwirft er die Haupt- 
züge der Josephsgeschichte und des genannten ägyptischen 
Mythus einer vergleichenden Betrachtung. Hier interessiert 
uns nur die Verwendung der ägyptischen Eigennamen. Letztere 
sollen namentlich beweisen, dafs das Verhältnis Josephs zu 
Pharao ganz dem Verhältnis entspricht, in welchem Osiris zu 
Rac steht. „Nicht ohne Bedeutung“, so begründet Völter 
diese Ansicht!, „ist denn auch, dals Joseph gerade in On, 
d.h. Heliopolis, wo der berühmte Tempel des Sonnengottes 
Ra sich befand, seinen Sitz hat. Osiris ist ja der Liebling 
des Ra und der Fürst in Heliopolis. Josephs Frau heilst 
Asnath, ägyptisch Ns-nt, d.h. der Göttin Neit gehörig oder 
die Tochter der Neit. Nun ist Osiris eigentlich der Sohn 
der Nut und seine Schwester und Gemahlin Isis die Tochter 
der Nut. Aber er wird wohl auch als Sohn der Neit be- 
zeichnet, und damit mag es zusammenhängen, dafs auch seine 
Gemahlin als Tochter der Neit aufgefalst wurde.“ 

Mit geringerer Sicherheit verwendet Völter für seine Hypo- 
these den Namen Zaphnathpaneah. Die Bunsen-Lepsiussche 
Erklärung des Wortes als sustentator vitae würde zu Joseph- 
Osiris zwar trefllich passen; indes ist Völter ehrlich genug, zu 
gestehen, dals die zu weit gehenden Änderungen am hebräischen 
Wortlaute, welche diese Deutung voraussetzt, dieselbe sehr be- 
denklich machen. 

Ohne dafs wir erst näher auf die weiteren Ungeheuerlich- 
keiten der mythologischen Deutung eingehen ?, zeigt schon die 
Verwendung der beiden Eigennamen die Unhaltbarkeit und 
Willkürlichkeit des ganzen Systems Völters. Nirgends in der 


-——- 0. [m 


ı Ebd. 52. 

2 Über die Ablehnung der Winckler-Stuckenschen Hypothese vgl. 
Budde, Das AT und die Ausgrabungen 19; Kittel, Die babylonischen 
Ausgrabungen und die biblische Urgeschichte 20ff; Nikel, Genesis und 
Keilschriftforschung 217. 


138 Miketta, Die literarhistorische und religionsgeschichtliche 


ganzen israelitischen Geschichte finden wir Andeutungen, dals 
der Osiriskult in Israel geübt wurde. Dies wäre aber Vor- 
bedingung für die Konstruktion der Josephsgeschichte nach 
Analogie des Osirismythus. Die herangezogenen Eigennamen 
der Josephsgeschichte beweisen, selbst wenn wir Völters Deu- 
tung gelten lassen, gerade das Gegenteil. Dafs Osiris einmal 
auf einer Inschrift infolge Unkenntnis des Schreibers als Sohn 
der Neit bezeichnet wird, gibt dem Namen Asnath noch lange 
nicht die religionsgeschichtliche Bedeutung, die Völter aus 
demselben herauslesen will. Die Tatsache endlich, dals bei 
den beiden übrigen Namen die Anwendung der aufgestellten 
Grundsätze ganz versagt, trägt wohl mit dazu bei, die Un- 
haltbarkeit des ganzen Systems zu beweisen. 

Liebleins Erklärung der Namen (Zaphnathpaneah = „ce 
qui donne la nourriture de la vie“, Asnath = snt) schlieist eine 
religionsgeschichtliche Deutung aus. Der genannte Forscher 
beschäftigt sich aber desto eingehender mit der Verwertung 
der Namen für die Bestimmung der Zeit der Abfassung und 
der Redaktion der Quelle E. Lieblein ist der Ansicht, dals 
Joseph zur Zeit der Hyksos in Ägypten gelebt hat und dals 
auch die ägyptischen Eigennamen dieser Zeit entnommen sein 
müssen. Er ist daher bemülıt, nachzuweisen, dals diese Namen 
nicht einer späteren Zeit entstammen, sondern dals sie spätestens 
in der Hyksoszeit entstanden sind. Aus der Orthographie und 
aus der sprachlichen Umänderung der Worte in Verbindung 
mit dem Ortsnamen Ramses (Gn 47, 11 und Ex 1,11) glaubt 
er schliefsen zu dürfen, dals die Redaktion des Textes des 
Elohisten in das zwölfte Jahrhundert fällt. 

Wenngleich Lieblein mit vollem Rechte den Versuchen, 
die ägyptischen Personennamen der Genesis in möglichst späte 
Zeit herabzudrücken, entgegentritt und auch mit viel Geschick 
und Gelehrsamkeit nachgewiesen hat, dals die in Frage kommen- 
den Eigennamen in frühere Zeit versetzt werden können, so 
geht er doch darin zu weit, dafs er die Eigennamen in die 
Hyksoszeit zurückführen will. Mit viel grölserem Rechte kann 
ich schlielsen, dals, da Namen, die nach Art der von Lieblein 


Bedeutung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte. 139 


zu Grunde gelegten Deutung gebildet sind, sich von der 11. bis 
14. Dynastie und noch früher finden, auch die Entstehung des 
Textes in diese Zeit fällt. Ferner geht Lieblein bei Bestim- 
mung der Redaktion der Quelle E von Grundsätzen aus, die ich 
nicht billigen kann. Ich habe an anderer Stelle! nachgewiesen, 
dals der Name Ramses erst später in den Bibeltext hinein- 
gekommen ist, und zwar nicht durch die Tätigkeit einesRedaktors, 
sondern hervorgerufen durch die Bestrebungen, den Bibeltext 
dem Volke ohne weitere Erklärungen verständlich zu machen. 

Die orthographischen und sprachlichen Veränderungen? 
können als sichere Beweise nicht herangezogen werden, da 
bislang weder die kritische Beschaffenheit des Bibeltextes noch 
der gegenwärtige Stand der grammatischen Kenntnisse der 
ägyptischen Sprache so subtile Fixierungen gestatten, zumal 
bei beiden Sprachen die ursprüngliche Vokalisation grölsten- 
teils unbekannt ist. Die Gleichsetzung Potiphar-Petibaal kann 
gleichfalls, insofern uns nicht andere semitisch-ägyptische 
Parallelen zu Gebote stehen, nicht als Grundlage einer so 
wichtigen Untersuchung gewählt werden. 2 

Mit grölserer Entschiedenheit lehnt Naville3 eine reli- 
gionsgeschichtliche Verwertung der Eigennamen ab. Ebenso 
hält er die Schlüsse, welche aus diesen Namen für die Da- 
tierung der Josephsgeschichte gezogen wurden, für übereilt. 
Es genügt für ihn, festzustellen ®: 

1. dais der Name Potiphar (= ps-hotep-rac) im alten 
Reiche vorkommt; 

2. dals Asnath (= snt) als Frauenname in der 11. und 
12. Dynastie üblich war; 

3. dals der Titel MYB m3n3 (= thst-nt-p-Cnh) als solcher 
zwar erst aus dem 22. Jahre des Königs Osorkon IL, des vierten 
Königs der 22. Dynastie, nachweisbar ist, dals er aber älter 
sein muls, denn 


ı Vgl. meine Studie: Der Pharao des Auszugs 39 ff. 
2 Lieblein in PSbA 1898, 208. 

3 PSbA 1903, 160. 

ı Ebd. 161. 


140 Miketta, Literarh.u. religionsg. Bed.d. ägypt. Eigenn. d. Josephsgesch. 


a) der erste Teil thst findet sich bereits in der Wni-In- 
schrift und 

b) das Kollegium p-Cnh ist eine Einrichtung, deren Existenz 
sich bis in das alte Reich zurückverfolgen lälst. Der genannte 
Ägyptolog ist sich indessen des hypothetischen Charakters 
seiner Deutungen bewulst und will daher hinsichtlich des 
Alters der Quelle keinen Schluls ziehen !. Dals in der Tat 
Navilles Deutung der Namen, besonders des Wortes Zaphnath- 
paneah, nicht einwandfrei ist, haben wir bereits oben dargelegt. 

Wir haben hiermit die wichtigsten neueren Deutungen 
der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte besprochen. 
Es erübrigt noch, zum Schlusse das Resultat unserer Unter- 
suchung zusammenzustellen. Als Ergebnis können wir feststellen: 

1. Eine zuverlässige und allgemein angenommene Iden- 
tifizierung der ägyptischen Eigennamen der Josephsgeschichte 
ist bisher nicht gelungen. Die von den einzelnen Ägyptologen 
vorgeschlagenen Gleichsetzungen sind nur Vermutungen und 
können auf philologische Genauigkeit keinen Anspruch machen. 

2. Daher ist es nicht gestattet, diese Namen zu verwerten, 
um das Datum der Abfassung oder der Redaktion der Josephs- 
geschichte festzustellen, zumal auch der den Gleichsetzungen 
zu Grunde liegende Bibeltext in Bezug auf Vokal- und Kon- 
sonantentext kritisch nicht zuverlässig ist. Zu demselben Er- 
gebnisse gelangen wir auch, selbst wenn wir die Richtigkeit 
der einzelnen Deutungen zugeben. 

3. Noch weniger tragen diese Eigennamen zur Lösung 
religionsgeschichtlicher Fragen bei. Es kann aus ihnen weder 
auf die monotheistische Auffassung des Schriftstellers noch 
auf den Kult der die Namen tragenden Personen geschlossen 
werden, selbst nicht einmal bei Potiphar, da auch dieser Name 
Doppeldeutungen zulälst. 


ı PSbA 1903, 161: „I believe therefore that at present it is premature 
to base on these names a theory concerning the date of the composition 
of the history of Joseph.“ 





Die ‚Stadt‘ in Nm 24, 19 und Ps 72 (71), 16. 
Von Prof. Dr Norbert Peters in Paderborn. 


n seinen ZatW 1903, 120ff publizierten Miszellen bringt J. C. 
Matthes zu Nm 24,19 auch die Konjektur Yyla T\. Dieselbe 

ist allerdings nicht mehr neu, da J. A. Paterson sie in seinem 
The Book of Numbers, Leipzig 1900, bereits in den Text auf- 
genommen hat. Matthes’ Miszellen riefen mir aber einen kleinen 
Beitrag zu unserer Stelle des Buches Nm und zu Ps 72, 16 ins 
Gedächtnis zurück, den ich im Jahre 1899 niedergeschrieben 
hatte, nachdem ich schon zweimal vorher die betreffenden 
beiden Konjekturen in meinen Vorlesungen über messianische 
Weissagungen vorgetragen hatte. Dieser Aufsatz gelangte 
damals aus Gründen, die ich aus persönlicher Rücksichtnahme 
in der Öffentlichkeit nicht erörtern will, nicht zum Druck. 
Die Ausführungen zu Nm 24, 19 sind deshalb nunmehr aller- 
dings in ihrem Resultate durch Paterson und Matthes vor- 
weggenommen. Da dieselben aber mit der Behandlung von 
Ps 72, 16 wesentlich zusammenhängen, lasse ich das Ganze 
ohne gröfsere Änderung folgen, wobei ich nicht umhin kann, 
meiner Freude darüber Ausdruck zu geben, dals wir endlich 
in der Biblischen Zeitschrift ein unabhängiges fachwissen- 
schaftliches Organ zur Verfügung haben. 

Nm 24,19 läfst sich nach MT nur übersetzen: 

Und herrschen wird er von Jakob aus 

Und den Rest aus der Stadt zu Grunde richten. 

TıY% muls allgemein (= WW und NRW sowie 19) 
gefalst werden, da eine Einzelperson, auf die es gehen könnte, 
sich im Kontexte nicht findet. Statt "N des MT verlangen 


142 Peters, Die „Stadt“ in Nm 24, 19 und Ps 72 (71), 16. 


aber Gr. (xoi &Zeyepdnceraı; frei!), Syr. (luwse) und Vulg. (et 
erit; frei!) die Vokalisation T, die übrigens auch Abd 21 
mit 3591 (s. meine Ausführungen z. St. in meiner Prophetie 
Obadjahs, Paderborn 1892) nahelegt, wie diese Stelle die 
Lesung 2P9 DTM (und Jakob wird über sie herrschen) von 
Graetz (und Mattlıes) ausschlieflst. Höchst auffallend bleibt aber 
die unvermittelte Einführung der „Stadt“ in Stichos Il. Man 
erklärt Yy kollektiv von den Städten der Feinde oder von der 
heiligen Stadt (= „von Jerusalem her“), liest gar direkt IVyo, 
oder man deutet es von Rom, der Hauptstadt des Heidentuns. 
Keine dieser Auffassungen beseitigt die Härte. Die Über- 
setzungen haben die „Stadt“ alle schon. Hier tritt deshalb 
die Konjektur in ihr Recht, und eine leichte Textesänderung 
löst alle Schwierigkeiten. 

Ich lese nämlich TyW% st. YY8. Konsequenz ist natürlich 
die Vokalisation TW. Auf diese Konjektur führte mich die 
Parallele Abd 18 (und kein Entronnener — TW — wird dem 
Hause Esaus sein). So ergibt sich auch mit V.18 (NW) ein 
guter Zusammenhang. 

Hiernach wäre unser Vers dahin zu erklären, dals ganz 
Edom (emblematische Bezeichnung der Feinde des messiani- 
schen Reiches!) der Strafe durclı den Messias verfallen wird. 
An Parallelstellen hierfür seien noch allegiert: Is 34, 15f; 
63, l1ff; Jer 9, 24f; 25, 21; 27, 3; 49, 17ff; Ez 25, 12—14; 
32,29; 35,15; 36, 5—7; Joel 4,19; Am 1, 11—12; Abd 14—15. 
21; Mall,4; Soph 2, 9ff. Edom wird bei dieser allgemeinen 
Heimsuchung aber nicht verschwinden, vielmehr in seinem Reste 
im Gottesreiche aufgehen; das beweist allein schon Am 9, 12 
(damit sie — sc. die Israeliten — in Besitz nehmen den Rest 
von Edom — DIS NSW — und alle Nationen) und Abd 21 
(Und hinau/ziehen werden Retter auf den Berg Sion, zu richten 
len Berg Esaus, und sein wird Jahwes das Reich). Vgl. Is 
11, 14; 14,2; auch 21, 11—12, sowie alle Stellen, in denen die 
Universalität des messianischen Reiches verkündet wird, z. B. 
Is 2, 2—4; 11, 14—16; 56,7; Jer 12, 16f; Mich 4, 2—5; Hab 
2, 14; Zach 2, 10f; Ps 87, 4. Es werden also zwar keine 








Peters, Die „Stadt“ in Nm 24,19 und Ps 72 (71), 16. 143 


Edomiter entrinnen; sie werden aber nicht alle nieder- 
semacht, sondern ein Teil wird, Israel sich anschlielsend, 
Rettung finden (BITX AYSY Am 9, 12). Im übrigen sei für die 
Idee der Einverleibung des Zestes von Edom in das messia- 
nische Reich verwiesen auf Paul Dornstetters Schrift: Das 
endzeitliche Gottesreich nach der Prophezie, Würzburg 1896, 38 ff. 

Der so wiederhergestellte Text wäre zu übersetzen: 

Und er wird herabsteigen von Jakob 
Und den Überrest Seirs zu Grunde richten. 

In ähnlicher Weise findet sich ganz unvermittelt die Stadt 
Ps 72 (71), 16, von der Exegese gewöhnlich auf die heilige 
Stadt gedeutet. Hier kommt aber zu den Schwierigkeiten 
noch hinzu die auffällige Verbindung Yy9 3831 (und sie werden 
hervorblühen aus der Stadt), wo aulserdem 13'3") ohne Subjekt ist. 
Denn dafs de civitate einfach = qui sunt de civitate cives sei 
(Hoberg), ist durch die Berufung auf Ps 68 (67), 27 und Ps 
148, 1 nicht erwiesen. >8%W* ip» in der ersten Stelle ist 
ın. E. Apposition zu YI8 (= den Herrn seit Israels Urzeit), 
und in der zweiten Stelle steht Dawn p im Gegensatz zu 
IST jD von V.7 und bezeichnet nicht Personen, sondern den 
Ort, von dem aus der Lobpreis erschallen soll. Das Suflix 
von TB geht auf "2 (Delitzsch), Was daran „Gezwungenes“ 
(Bäthgen) sein soll, entzieht sich meinem Verständnis. Die 
Konjektur 8° (mögen sie fruchtbar sein) ist deshalb unnütz. 
Dafs ın St. II der „nackte Unsinn überwiege“ (Duhm), ist noch 
unverständlicher. Selbst auf den steinigen Bergeshöhen werden 
die Getreidefelder im Winde rauschen wie die Zedernhaine 
auf dem Libanon, -- das ist m. E. eine prächtige poetische 
Ausmalung des selbst nach Duhm „‚leidlich korrekten“ St. 1. 
Ich erkenne deshalb in St. II das Bedürfnis einer Korrektur 
überhaupt nicht an. Dagegen schlage ich vor, für Tyan 133% 
des MT in St. III zu lesen YyW y's. Die maskulinische 
Konstruktion wird mit Rücksicht auf das vollständigere 
yY der femininalen vorzuziehen sein. Zu P'S\ vgl. Is 27, 6 
(as nor y'22) sowie Is 35, 1. Der Sinn ist dann, dafs selbst 
das Bergland Seir, das Land der Edomiter, in den messianı- 


144 Peters, Die „Stadt“ in Nm 24, 19 und Ps 72 (71), 16. 


schen Segen einbezogen werden wird. Dafs es sich nur um 
den Rest Edoms handelt, zeigen die obigen Ausführungen. 
Der so gewonnene Gedanke palst vortreffllich in den Zu- 
sammenhang und in den ganzen Psalm mit seiner Betonung 
der Universalität der Theokratie der Zukunft. 

Der ganze Vers hiefse demnach: 

Überflu/s an Getreide wird im Lande sein, 
Auf der Berge Gipfeln rauscht sein Segen wie der Libanon 
Und Seir blüht wie die Kräuter des Feldes. 

Es fragt sich schliefslich noch, wie die Lesart YyD an 
den beiden Stellen in den Text gelangte. Die Ähnlichkeit 
des 8 und X in der althebräischen Schrift würde zwar zur 
Erklärung schon ausreichen. Man könnte aber auch an etwas 
anderes denken. Die Juden pflegten nämlich, wenigstens von 
der Zeit der Entstehung der Targumim an, in zeitgeschicht- 
licher Anwendung endgeschichtlicher Vatizinien alles, was in 
der Heiligen Schrift über die Bestrafung Edoms gesagt wird, 
auf die Stadt Rom zu deuten. Vgl. meine Prophetie Obadjahs 
130f. Sollte man in Nm 24, 19 „die Stadt“ in den Text ge- 
bracht haben, um auf Rom hinzuweisen? Eine Schwierigkeit 
für diese Erklärung des MT bietet allerdings LXX in ihrer 
heutigen Textgestalt, in der sie mit &k nölewg "'YH voraussetzt. 
Für Ps 72, 16 dürfte übrigens auch der altbezeugte Hals der 
Juden gegen die Edomiter zur Erklärung des MT herangezogen 
werden. Dieser konnte leicht dazu verführen, durch eine 
geringe Textesumbiegung die Weissagung des schliefslichen 
Heiles für Seir-Edom zu einer Heilsweissagung für die heilige 
Stadt zu gestalten. 


- _ u 


Uber Nehemias und Esdras'. 
Von Dr Paul Rielsler in Blaubeuren. 


3. Die Zeit des Esdras. 


Esdras traf erst nach Nehemias in Jerusalem ein. Daher 
findet man keinen der Reisegefährten des Esdras unter den 
beim Mauerbau des Nehemias Beteiligten aufgeführt. Man 
wies allerdings auf Ha$abja, einen Leviten in der Gola des 
Esdras (Esr 8, 19), hin, indem man ihn mit dem von Nehe- 
mias in Jerusalem angetroffenen Hasabja, dem Obersten des 
halben Bezirkes von Kegila (Neh 3, 17), identifizierte (Nikel, 
Die Wiederherstellung 154ff). Allein in Neh 3, 17 steht keine 
Silbe davon, dals der letztgenannte Ha$Sabja ein Levite ge- 
wesen sei?. Auch ist es schwer glaublich, dals ein Levite, 
dessen Stellung zu Nehemias’ Zeit keineswegs begehrenswert 
war, die Eihrenstelle eines Bezirksobersten bekleidet habe (s. 
Kosters bei Nikel). Man wollte ferner den Neh 3, 10 auf- 
geführten HattuS, Sohn des Ha$abneja, mit dem Esr 8, 2 ge- 
nannten Davididen Hattus identifizieren. Allein der letztere 
wird in 1 Chr 3, 22 ein Sohn Sema‘jas und nicht, wie in Neh 
3, 10, ein Sohn Hasabnejas genannt. Endlich sollte der Esr 
8, 16 genannte Mesullam auch am Mauerbau des Nehemias 
teilgenommen haben (Nikel 156); allein Mesullam ist ein so 





1 Schluls der Studien; vgl. BZ I 232ff; II 15. 

2 Das Suffix von oa'nx kann sich ebensogut auf Rehum und Hasabja 
als auf die neben diesen genannten Leviten beziehen; s. Siegfried, Esra, 
Nehemia und Esther. Handkomm. z. AT, 1901; daher ist auch der levi- 
tische Charakter des Bawwai Neh 3, 18 sehr zweifelhaft. Dals er und 
Rehum „Gruppenleiter“, wie Nikel meint, gewesen seien, ist durch 


nichts begründet. 
Biblische Zeitschrift. II. 2. 10 


146 Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 


häufig vorkommender Name (in Bertholets Verzeichnis tragen 
ihn 12 Personen), dals die Identität der beiden Männer zwar 
behauptet, aber nicht bewiesen werden kann. Von keinem 
Reisegefährten des Esdras steht es fest, dals er am Mauerbau 
des Nehemias teilgenommen habe. Sicherlich aber hätte Ne- 
hemias den einen oder den andern der Reisebegleiter des 
Esdras erwähnt, wenn diese sich schon während seiner ersten 
Statthalterschaft in Jerusalem befunden hätten. Ganz beson- 
ders gilt dies von Esdras, über welchen Nehemias in den ersten 
6 Kapiteln seiner Memoiren völlig schweigt. Dieses Schweigen 
ist unvereinbar mit der Annahme, dals Esdras schon während 
der ersten Statthalterschaft des Nehemias mit wichtigen 
königlichen Vollmachten ausgerüstet und von einer grolsen 
Karawane begleitet nach Jerusalem gekommen sei (Hoon- 
acker bei Nikel 159 A.1). Auch die Erwägung der äulseren 
Zustände, welche von Esdras bei seiner Ankunft in Jerusalem 
vorgefunden wurden, führt zum gleichen Resultat. „Man lese 
nur Esr 7,1ff! Nicht ein Wort von der traurigen Situation, in 
der sich Jerusalem befand! Sowohl aus dem königlichen Edikt, 
das die Stadt Jerusalem siebenmal erwähnt, als auch aus dem 
Bericht des Esdras über seine Ankunft in Jerusalem (Esr 
8. 32ff) gewinnt man den Eindruck, dafs daselbst alles gut 
geordnet und geregelt war. Würde man aber sich das abso- 
lute Schweigen des Königs betreffs der Situation in Jerusalem 
erklären können, wenn damals die heilige Stadt ein Trümmer- 
haufe gewesen wäre?“ (Hoonacker bei Nikel 1731) Auch 
das Gebet des Esdras (9, 9) lehrt deutlich, dals die Juden 
damals den Tempel schon „aufgerichtet und in Juda, näherhin 
in Jerusalem sich einen wohlummauerten Wohnsitz geschaffen 





ı Nikel sucht zwar dieses Argument zu entkräften durch den Hin- 
weis darauf, dafs, falls die Schluisfolgerung Hoonackers berechtigt wäre, 
wir dann das Auftreten des Aggäus in die Zeit nach Nehemias’ Mauerbau 
versetzen mülsten; „denn dieser Prophet sagt nicht nur nichts von dem 
traurigen Zustand der Stadt, sondern stellt sogar die belaglichen Woh- 
nungen der Einwohner Jerusalcms in Gegensatz zu den Ruinen des Tem- 
pels“. Nun haben wir aber gefunden, dals Nehemias zeitlich vor Aggäus 
zu setzen ist; somit ist Hoonacker im Recht. 


Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 147 


haben“1. Demnach fand Esdras die Stadtmauer schon aus- 
gebaut vor. Wenn sıe aber bei Nehemias’ Ankunft noch in 
Trümmern lag (Neh 2, 11—17), dann ist dies blols ein Beweis 
dafür, dafs Esr 9 hinter Neh 2 zu setzen ist (Bertholet 40). 
Gegen diesen Schluls beruft sich Nikel 151 auf die Geschichts- 
darstellung des Chronisten: Es sei zweifellos, dafs die Bücher 
Esdras und Nehemias ursprünglich ein Buch gebildet hätten; 
daraus aber gehe hervor, dafs die in Neh 1 erzählten Ereig- 
nisse nach der Ansicht des Chronisten später als die in Esr 
7—10 berichteten anzusetzen seien. Allein Nikel übersieht, 
dals die Bücher Esdras und Nehemias nicht ein Werk aus 
einem Guls, sondern aus verschiedenen Berichten und Ge- 
schichtsdarstellungen zusammengesetzt sind. Es ist richtig, 
dals der Chronist die verschiedenen Partien nach chrono- 
logischen Gesichtspunkten geordnet hat, ebenso, dals er in der 
Lage gewesen ist, die Reihenfolge der Tatsachen zu kennen 
(Nikel 151). Wie aber, wenn ihm zwei Parallelberichte über 
den gleichen Zeitabschnitt und die gleichen Ereignisse vor- 
gelegen haben? In diesem Falle konnte er nur ein zweifaches 
Verfahren einschlagen. Entweder konnte er beide Berichte 
zu einem dritten verarbeiten; aber eine derartige selbständige 
Verarbeitung lag nicht in der Art des Chronisten, wie es zur 
Genüge der anerkannt kompilatorische Charakter der Bücher 
Esdras und Nehemias lehrt. Oder aber er brachte einen 
Bericht hinter dem andern. Dieser letztere Fall trifft bei jenen 
beiden Büchern zu, insofern sıe, wie 1 und 2 Makk, Parallel- 
berichte enthalten. Beide Bücher behandeln die Ereignisse 
des gleichen Zeitabschnittes, aber jedes der beiden von einem 
andern Gesichtspunkt aus. Im Esdrasbuch konzentriert sich 
das Interesse ganz auf den Tempel, den Tempelkultus und das 
religiöse, sittliche Verhalten des Volkes. Im Nehemiasbuch 
dagegen treten die politischen Angelegenheiten so überwiegend 
in den Vordergrund, dafs selbst Nehemias glaubte, sich gegen 
den Vorwurf verwahren zu müssen, als habe er sich um die Pflege 

1 Selbst wenn 2 nur „gesicherte Wohnstätte“, wie Nikel 175 meint, 


bedeuten würde, wäre eine solche ohne Mauern undenkbar. 
10* 





148 Rie[sler, Über Nehemias und Esdras. 


des religiösen, sittlichen Lebens in der Gemeinde gar nicht 
gekümmert (Neh 13, 4—31). Der Abschnitt Neh 8—10 bil- 
dete ursprünglich, wie noch aus 3 Esr zu sehen ist, die Fort- 
setzung von Esr 10, 44. Später wurde er hinter Neh 7, 73 
eingeschoben, um an dieser Stelle gleichsam als Illustrierung 
zu der Notiz Neh 13,1: „Damals wurde dem Volke aus dem 
Buche Moses vorgelesen. 3. Und als sie das Gesetz vernahmen, 
sonderten sie von Israel alle Fremden ab“ zu dienen. Dals das 
Stück gerade an Neh 7, 73 angeschlossen wurde, hatte wohl 
darin seinen Grund, dafs sein Anfang: „als der 7. Monat heran- 
kam, ... versammelte sich das ganze Volk wie ein Mann“ 
zufällig fast gleich lautete, wie der Schluls von Neh 7, 73 
Esr 3, 1. Zu Gunsten der Priorität des Nehemias spricht 
ferner die Stellung, die Nehemias gegenüber den Misch- 
ehen einnahm. Nehemias redet nämlich von den Misch- 
ehen in einem Tone, der es nicht gestattet, zu glauben, dafs 
diese Elıen damals eine Gresetzesverletzung dargestellt hätten. 
Auch war ein grolser Teil der vornehmen Juden mit den 
Fremden verschwägert. Daraus folgt, dals Esdras’ Malsregeln 
in Sachen der Mischehen (Esr 9—10) damals noch nicht 
durchgeführt waren. Ebenso wird das Verhältnis der Juden 
zu den Fremden in Neh 1—6 ganz anders geschildert als in 
Esr 7—10. Nach dem Wortlaut von Neh 1—6 kann eine 
Trennung zwischen Juden und Fremden während der Zeit 
der ersten Statthalterschaft Nehemias’ noch nicht bestanden 
haben. Daraus ergibt sich, dafs die ın Neh 1—6 berichteten 
Ereignisse zeitlich den ın Esr 7—10 erwähnten voraus- 
gegangen sind. Esdras’ Ankunft fiel aber nicht blofs später 
als die erste Ankunft des Nehemias; sie fiel auch später als 
dessen zweite Hierfür spricht die Stelle Neh 13, 25, worin 





ı Die älteste Form des Buches Esdras umfalste 1; 4, 6—10, 44 und Neh 
8—10. Später wurde hinter Esr 4, 24 das in 3 Esr 3, 1—5, 6 überlieferte 
Stück und hinter dieses das Stück Esr 2, 1—4, 5 eingeschoben. Diese 
Gestalt des Buches Esdras ist im 3. Esdrasbuch erhalten. Schlieislich 
wurde das Stück 3 Esr 3, 1—5, 6 wieder ausgemerzt und an seine Stelle 
das Stück Esr 2, 1—4, 5 gesetzt. In dieser Form ist uns das Buch Esdras 
im MT überliefert. 


— ee. _ G Ün „0 _ 


nn mn 


Rie(sler, Über Nehemias und Esdras. 149 


Nehemias die in Mischehen lebenden Juden tadelt und sie 
warnend auf das Schicksal des durch heidnische Weiber ver- 
führten Königs Salomo hinweist. Mit keiner Silbe aber weist 
er sie hin auf die unter Esdras eingegangene Verpflichtung zur 
Auflösung jener Mischehen, noch auf die von Esdras veran- 
staltete Vertreibung der heidnischen Weiber (Esr 10, 17). 
Vielmehr toleriert er die bestehenden Mischehen. Auch bei 
andern Anlässen (Neh 13, 17) beruft sich Nehemias niemals 
auf die am 24. Ti$ri stattgehabte feierliche Verpflichtung des 
Volkes (Neh 9, 1ff). Daraus folgt, dals diese Verpflichtung 
eben nach der zweiten Reise des Nehemias stattgefunden hat, 
dals also die gemeinsame Tätigkeit von Esdras und Nehemias 
(Neh 8—10) in die Zeit der zweiten Statthalterschaft des 
letzteren zu setzen ist (Kosters bei Nikel 222)1. Wenn es 
aber für auffällig oder gar für unerklärlich gilt, dals Esdras 
in dem Berichte über die Vertreibung der heidnischen Weiber 
mit keiner Silbe den Statthalter Nehemias erwähnt, und wenn 
dann hieraus gefolgert wird, dafs die in Esr 7, 10 berichteten 
Ereignisse weder in die Zeit der ersten noch der zweiten 
Statthalterschaft des Nehemias fallen, so ist dabei die Mög- 
lichkeit übersehen worden, dals mit „den Obersten“, welche 
das Volk wegen der Mischehen bei Esdras verklagten, auch 
Nehemias gemeint ist. Dafs Esdras ihn nicht mit Namen 





ı Auch die in Neh 10, 38 enthaltene Vorschrift kann erst nach der 
in Neh 13, 12 erwähnten gegeben worden sein. — Der Passus Neh 10, 
38—40 soll nach Wellhausen und Bertholet einen Widerspruch in 
sich selber enthalten. Allein dieser Widerspruch ist nur durch die un- 
begründete Verbindung von 0'155 mit dem vorausgehenden "Ix"nY2 N12Wy"5x 
entstanden. Die Verse 10, 38—40 lauten: „38. und das Beste ... wollen 
wir den Priestern in die Zellen des Tempels unseres Gottes abliefern und 
den Zehnten von unserem Ackerland den Leviten, und zwar sollen die 
Leviten in allen unsern Ackerbaustädten den Zehnten (persönlich) ein- 
sammeln, 39. wobei der aaronitische Priester die Leviten beim Ein- 
sammeln des Zehnten beaufsichtigen soll, und die Leviten sollen den 
Zehnten vom Zehnten zum Tempel unseres Gottes, in die Zellen des 
Schatzhauses bringen. 40. In die Zellen also sollen die Isracliten“ (die 
Abgaben für die Priester) „und die Leviten“ (ihre eigenen Abgaben) 
„bringen...“ Mag auch 10, 40 von anderer Hand stammen, so kann 
doch kein Widerspruch mit 10, 38 darin nachgewiesen werden. 


150 Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 


nennt, mag sich aus dem Bestreben des Esdras erklären, den 
Statthalter in jener unerquicklichen Angelegenheit so gut als 
möglich vor dem Vorwurf der Denunziation zu schützen. An 
andern Stellen, wo es sich um etwas Rühmliches handelt, wird 
der Name des Statthalters Nehemias wieder besonders hervor- 
gehoben (Neh 8, 9; 10, 2). 


4. Die Rückkehr des Esdras und seine Tätigkeit in 
Jerusalem. 

Im 7. Jahre des ArtahSasta erhielt Esdras die Vollmacht 
zur Heimreise und zur Einführung des „Gesetzes Gottes“ (Esr 
8, 25). Unter Artahsasta ist, wie man aus dem zeitweiligen 
Zusammenwirken von Nehemias und Esdras ersieht, der per- 
sische König Kambyses zu verstehen. Es schliefsen sich so- 
mit im Esdrasbuch die Begebenheiten aus seinem 7. Regierungs- 
jahre unmittelbar an die seines 6. Jahres an. Die Veranlassung 
zu der Reise des Esdras gab wohl die Kunde von der soeben 
im Adar stattgefundenen Vollendung des Tempels; wenigstens 
ordnete er, nur ein paar Wochen später, am 1. Nisan (d. ı. 
Mitte März) 523, die Abreise von Babel an (Esr 7, 9. Am 
Flufs von Ahawa kamen ungefähr 1500 Personen zusammen. 
Unter dieser Menge befanden sich blols zwei Priesterfamilien 
und gar keine Leviten. Es lag aber dem Esdras angesichts 
der geringen Zahl von Leviten (74) in der Gola des Nehemias 
sehr am Herzen, für den Dienst an dem nunmehr wiederher- 
gestellten Tempel eine grölsere Anzahl von Leviten mitzu- 
bringen. Daher ruhte er nicht, bis sich 38 Leviten und 220 
Tempeldiener zur Reise nach Jerusalem entschlossen hatten. 
Am 12. Nisan (d. i. Ende März) 523 brach Esdras auf und 


langte nach 4'/2 Monaten am 1. Ab (d.i. Mitte Juli) glücklich 


in Jerusalem an (Esr 7, 9). Am 5. Ab (vgl. Neh 2, 11) über- 
reichte Esdras die mitgebrachten Gaben einer aus Priestern 





i Der ägyptische Feldzug des Kambyses war damals schon zu Ende. 
Angefangen wurde er im Jahre 527, nicht, wie vielfach angenommen wird, 
erst im ‚Jahre 525. Es ergibt sich dies aus den Daten zweier Apisstelen; 
s. Wiedemann, Geschichte Agyptens von Psammetich I. bis auf Alexander 
d. Gr., 1880, 219—228. Die eine, aus der Regierungszeit des Dareios I, 
stammende Stele berichtet von dem auf ihr erwähnten Apis, dals er am 


— ii mr en 


Rie/sler, Über Nehemias und Esdras. 151 


und Leviten bestehenden Kommission (Esr 8, 33). Ebenso 
liefg er ein feierliches Dankopfer darbringen (8, 35). Bald 
darauf traten zu ihm „die Obersten“ (9, 1) und meldeten ihm, 
dafs eine grolse Anzahl von Juden gesetzwidrige Ehen mit 
Heiden geschlossen hätten. Zur Abstellung dieses Übelstandes 
beschlols Esdras, eine Volksversammlung einzuberufen. Diese 
kam am 20. Kislev (d. i. Anfang Dezember) 525 zu stande 
(10, 9. Zur Ausführung des daselbst gefalsten Beschlusses 
(10, 12) bildete Esdras aus den F'amilienhäuptern eine Art 


28. Tybi des Jahres 5 des Kambyses geboren und am 3. Pachons des 
Jahres 4 des Dareios gestorben sei. Die andere, aus der Regierungszeit 
des Kambyses stammende Stele berichtet, dals ein Apis im Epiphi des 
6. Regierungsjahres des Kambyses begraben worden sei. Demnach hätten 
zur Zeit des Kambyses gleichzeitig zwei Apisstiere in Ägypten gelebt. 
Dieses aber widerspricht allen Prinzipien der ägyptischen Religion, nach 
denen der Apis eine Inkarnation eines Gottes war und eine solche natur- 
gemäls je nur einmal auftreten konnte (S.228). Hieraus geht deutlich her- 
vor, dals auf den beiden Apisstelen die Jahre des Kambyses verschieden 
berechnet worden sind. In der letztgenannten Inschrift ist das 6. Jahr 
des Kambyses das 6. seiner persischen Regierung — 524; die schlechte 
Ausführung der Inschrift macht es wahrscheinlich, dals sie dem von 
Kambyses getöteten und von den Priestern heimlich bestatteten Apis galt. 
In der ersten Inschrift aber ist das 5. Jahr des Kambyses das 5. seiner 
ägyptischen Herrschaft = 523. In diesem Jahre befand sich Kambyses 
schon wieder in seiner Heimat (s. Esr 7, 1.28); daher blieb dieser zweite 
Apis am Leben. Dafs die Eroberung Ägyptens im Jahre 527 stattgefunden 
hat, wird auch durch Manetho bei Africanus (s. Müller, Fragmenta 
Historicorum Graecorum 2, 595) bestätigt. Nach ilım herrschte Kambyses 
über Ägypten 6 Jahre; dies führt wiederum auf das Jahr 527. Wenn 
aber Manetho den Kambyses erst im 5. Jahre seiner persischen Regierung, 
d. i. 525, König über Ägypten werden lälst, dann hat er mit ßaoteverv 
die Zeremonie der Königsweihe oder ähnliches im Auge gehabt. Auch 
nach Ktesias fand die Eroberung Ägyptens mindestens 5 Jahre vor dem 
Tode des Kambyses statt. Diodor (1,68) dagegen verlegt sie in das 3. Jahr 
der 63. Olympiade, d. i. 525; doch ist die Abänderung eines ursprüng- 
tichen npwrw in Tpltw nicht ausgeschlossen (s. den umgekehrten Fall bei 
LXX zu Dn 10,1). Herodot aber lälst Kambyses erst kurz vor seinem 
Tode aus Ägypten zurückkehren. Diese Zusammendrängung der Ereig- 
nisse erklärt sich aus Herodots dramatischer Darstellungsweise. „Herodot 
ist für die Zeit des Amasis“ (und damit auch für die des Kambyses) 
„keine zuverlässige historische Quelle“ (s. Wiedemann 100). Die einzige 
zeitgenössische (Juelle, die Behistuninschrift, bietet für die Datierung des 
ägyptischen Feldzuges keinen festen Anhaltspunkt, 


152 Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 


Kommission (10, 16). Diese erledigte die Angelegenheit der 
Mischehen in ungefähr drei Monaten (10, 17). Im nächsten 
Jahre 524 wurde wieder eine Volksversammlung auf den Monat 
Tisri (d. i. Mitte September) anberaumt (Neh 8, 1). Einige 
Zeit, vielleicht nur einige Tage zuvor fand die Einweihung der 
Stadtmauer statt (Neh 12, 27—43); denn da man zu dieser 
Feier die Leviten erst aus ihren Wohnorten nach Jerusalem 
holen mulste (Neh 12, 27), konnte die Versammlung, die ja 
das ganze Volk nach der Hauptstadt brachte (Neh 8, 1), 
noch nicht stattgefunden haben. Die Einweihung der Mauer 
aber hatte sich bis dahin verzögert, weil durch die Intriguen 
der Samaritaner und durch das Bauverbot des Königs die 
Fertigstellung der Armierungsbauten und damit auch des oben 
auf der Mauer sich hinzieliıenden Umganges öfters unterbrochen 
worden war. Erst die vier letzten Jahre hatten mit der Voll- 
endung des Tempels auch die der Stadtmauer gebracht. Zur 
Einweihung derselben bestiegen zwei grolse „Dankchöre“ die 
Stadtmauer (Neh 12, 31) in der Nähe des Tempels. Von hier 
zogen sie getrennt in entgegengesetzter Richtung oben auf der 
Stadtmauer hin!. Der erste Dankchor, an dessen Spitze sich 
Esdras befand (Neh 12, 36), zog vom Tempel aus nach rechts, 
in der Richtung auf das Misttor zu, das sich in der Nähe 
des Ausflusses der alten Stadtkloake befunden haben muls 
(ZdPV V [1882] Tafel VIII); hierauf passierte er das Quelltor 
in der Nähe des Siloateiches.. Von da zog er in nördlicher 
Richtung auf den „Stufen der Davidsstadt“ zum Wassertore und 
von da auf den Tempelplatz. Der zweite Chor, bei welchem 
Nehemias war, 208 vom Tempel zuerst gerade westlich über 
den Ofenturm gegen das heutige Jafator hin; dann bewegte 
er sich in nordöstlicher Richtung, am Ephraimstor, dem Tor 
der Altstadt, dem Fischtor und den Türmen Hananel und Mea 
vorüber, bis zum Schaftor hin (Neh 12, 39). Beide Chöre 








ı Neh 12, 31 moin) 5yn „über der Mauer“ bezieht sich auf den über 
der Mauer aufgebauten Wall- oder Mauerumgang, nicht, wie Siegfried 
und Bertholet meinen, auf die hinter der Stadtmauer befindliche Höhe, 
an deren Abhang die Züge entlang geschritten sein sollten. 


Riefsler, Über Nehemias und Esdras. 153 


trafen sich wieder auf dem Tempelplatz, wo sie dann den feier- 
lichen Opfern anwohnten (Neh 12, 43; über die topographi- 
schen Einzelheiten Näheres später. Kurze Zeit nach der 
Einweihung der Stadtmauer fand eine grolse Volksversammlung 
am 1. Ti$ri (d.i. Mitte September) statt. Auf ihr erging an 
Esdras von seiten der Anwesenden die Aufforderung, das 
Gesetzbuch Mosis herbeizubringen (Neh 8, 1), Er las dem 
Volk einzelne Abschnitte des Gesetzes vor. Am Tag darauf 
wurde von den Familienhäuptern, den Priestern und den Le- 
viten der Beschluls gefalst, das Laubhüttenfest dieses Mal 
ganz genau nach der Gesetzesvorschrift abzuhalten. Die Feier 
begann denn auch am 15. Ti$ri und währte bis zum 22. Tisri 
(Lv 23, 36. Neh 8, 18). „Seit der Zeit Josues, des Sohnes 
‘* Nuns“, war das Laubhüttenfest noch niemals unter solcher 
Beteiligung des ganzen Volkes, wie es eigentliche Gesetzesvor- 
schrift war (Neh 8, 17. Lv 23, 42), gefeiert worden, wie damals. 
Auch nicht das erste Mal nach dem Exil (Esr 3, 4), weil da- 
mals sich fast nur die Einwohner Jerusalems an der Feier 
beteiligt hatten; die Verschmelzung von Exulanten und Zurück- 
gebliebenen war eben nur langsam von statten gegangen und 
erst durch Esdras’ Rückkehr vollendet worden (Esr 7, 25. 26; 
10, 9). Eine zweite Volksversammlung fand am 24. Tisri statt 
(Neh 9,1). Auf ihr verpflichtete sich das ganze Volk auf das 
Gesetz Gottes in feierlichster Weise. Diese Verpflichtung 
wurde in einer Urkunde niedergelegt und diese wieder von 
Nehemias und den angesehensten Gemeindemitgliedern unter- 
zeichnet. Aulser Nehemias unterschrieben 23 Priester, 17 Le- 
viten und 44 Häupter des Volkes (Neh 10, 1—28). Esdras 
selber findet sich nicht unter ihnen, weil er eben der Verfasser 
der Urkunde ist. Eljasib aber und seine Familie fehlen, weil 
er sich durch die Vertreibung seines Enkels, eines Schwieger- 
sohnes Sanballats (Neh 13, 28), von seiten des Nehemias beleidigt 
fühlte Mit der Verpflichtung des Volkes auf das Gesetz 
schlielst der Bericht über die gemeinsame Tätigkeit des Nehe- 
ımias und des Esdras ab (Neh 9 u. 10). Von da an schweigt 
die atl Geschichtschreibung bis zu den Zeiten der Makkabäer. 


Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend 
(Mt 14, 13— 21. Mk 6, 30—44. Lk 9, 10 —17. 
Jo 6, 1—15). 


Von Prof. Dr Johannes Belser in Tübingen. 


Wann ist dieses von allen vier Evangelisten berichtete Er- 
eignis vorgefallen? Nach Markus (6, 30) und Lukas (9, 1—10) 
ging die Rückkehr der Apostel von der vorläufigen Mission 
in Palästina der Fahrt nach dem Ostufer des Sees und der 
Speisung des Volkes voran. Wenn wir zumeist dem Lukas 
als Führer folgen, dürfen wir mit ziemlich grofser Sicherheit 
folgende tadıg bezüglich der Vorgänge in Galiläa fixieren: 
die Berufung des Levi und das Abschiedsmalıl in seinem 
Hause (Lk 5, 27ff. Mk 2, 13—17. Mt 9, 9—13); die Apostel- 
wahl und Bergpredigt (Lk 6, 12f. Mk 3, 13f. Mt 5—7); 
die Heilung des Aussätzigen (I,k 5, 12—16. Mk 1, 40—45. 
Mt 8, 1—4); die Heilung des Knechtes des Hauptmanns von 
Kapharnaum (Lk 7, 1—10. Mt 8, 5—13); die Auferweckung 
der Tochter des Jairus (Lk 8, 40—56. Mk 5, 22—43. Mt 
9, 18—26); die Aussendung der Zwölfe (Lk 9, 1ff. Mk 3, 14 
und 6, 7ff. Mt 10,1ff); die Auferweckung des Jünglings zu 
Naim (Lk 7,11—17). In der Aufzählung letzterer Grolstat 
Jesu weicht nämlich Lukas von der historisch genauen 
Zeitfolge ab, indem er dieses Ereignis vor der Erweckung der 
Jairustochter bringt. Eine sorgfältige Prüfung von Lk 7, 17 im 
Vergleich zu 8, 49 lälst erkennen, dafs letztere überhaupt die 
erste Totenerweckung war; denn als Jesus dieselbe zu wirken 
im Begriffe war, dachte noch niemand an die Möglichkeit 
einer solchen Erweckung, wie die von-Lk 8,49 berichteten 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 155 


Worte des Abgesandten aus dem Hause des Jairus beweisen. 
Wäre damals das Wunder von Naim schon gewirkt gewesen, 
so würde, da die Kunde davon in ganz Palästina sich ver- 
breitete (Lk 7, 17), auch das Haus des Jairus davon Kennt- 
nis besessen und somit Hoffnung auf eine ähnliche Wundertat 
gefalst haben. An die Totenerweckung zu Naim schlofs sich 
unmittelbar die Gesandtschaft des Täufers zu Jesus an (Lk 
7,18—35. Mt 11, 2ff), und hernach trat die Enthauptung des 
Johannes ein (Lk 9, 9. Mk 6, 14—29. Mt 14, 1—13); bald 
nach dem Tode des Vorläufers erfolgte die Rückkehr der 
Zwölfe von der Missionsreise, die Kenntnisnahme von dem 
Wirken Jesu seitens des Herodes Antipas, die Abfahrt Jesu 
und seiner Jünger nach dem östlichen Ufer des Sees und die 
Speisung der Fünftausend. Da die Gefangennahme des Täufers 
noch vor Pfingsten, in der ersten Hälfte des Mai 782 eintrat 
(erhellt aus Jo 5, 35) und da die Einkerkerung längere Zeit 
dauerte (vgl. Mk 6, 20), dürfte die Hinrichtung desselben Ende 
August oder Anfang September 782 vorgefallen sein; danach 
wird die Abfahrt nach dem Ostufer des Sees und die Volks- 
speisung in der Wüste bei Bethsaida ganz am Ende des Sep- 
tember 782 stattgefunden haben. 

Doch mögen die Evangelisten darüber näher befragt 
werden. Nach der Rückkehr der Jünger von der Missions- 
reise brach der Heiland vom westlichen Ufer (Kapharnaum) 
nach dem östlichen auf, damit jene dort in der Einsamkeit, 
abseits von den drängenden Volksmassen, zunächst eine geistige 
und körperliche Erholung fänden (Mk 6, 30 f. Doch wird 
man darin nicht den Grund des Weggangs nach Peräa er- 
blicken dürfen, vielmehr will der Heiland mit jenen Worten 
an die Jünger nur sagen: durch den Weggang von Galiläa 
nach Peräa schaffe ich euch die Möglichkeit zur notwendigen 
Erfrischung und Erquickung. Ob uns vielleicht Mt 14,13 
über das Motiv des Weggangs aufklärt? Die Auslegung der 
dort vorliegenden Worte ist keine einheitliche, mdem man sich 
über die Beziehung von dkoucag streitet. Nach dem Vorgang 
des Ohrysostomus beziehen viele dkoucag auf 14,1—2: Als 


156 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


Jesus von der auf ihn wach gewordenen Aufmerksamkeit des 
Herodes Antipas Kunde erhielt, brach er, nachı der Rückkehr 
seiner Jünger, vom Westufer auf. Es gibt dann, wie es 
scheinen will, Matthäus als Motiv des Aufbruchs aus Galiläa 
nach dem Ostufer des Sees das Bestreben an, sich dem rege 
gewordenen Argwohn des Mörders seines Vorläufers zu ent- 
ziehen; doch erweist sich diese Auffassung sofort als unmög- 
lich, da der Herr, wie auch Matthäus weils und berichtet 
(14, 22ff), sofort in der folgenden Nacht nach Galiläa zurück- 
kehrte und dort zu wandeln und Wunder zu wirken fortfuhr 
(Jo 7, 1). Matthäus wird wohl dieselbe Anschauung gehest 
haben wie Lukas, dafs nämlich der Herr jenen Wollüstling 
Herodes (Lk 3, 19) grundsätzlich ignorierte (Lk 13, 32; 23, 9). 
Aber von solchen Erwägungen ganz abgesehen, wird eine ge- 
naue sprachlich-grammatische Interpretation der Matthäus- 
stelle (14, 13) eine Beziehung des dkoucag auf das unmittel- 
bar vorhergehende annyyeılav V.12 mit Augustin und Hiero- 
nymus anerkennen müssen (vgl. Meyer-Weils zu Mt S. 309): 
Als Jesus die Botschaft der Johannesjünger über das Ende 
des Vorläufers vernommen hatte, zog er zu Schiff von Kaphar- 
naum nach Peräa weg. Wann erhielt aber Jesus diese Bot- 
schaft? etwa gleich nach der Enthauptung des Täufers? Dies 
ist sehr unwahrscheinlich. Die Johannesjünger zögerten ohne 
Zweifel nach dem Tod und Begräbnis ihres Meisters noch 
geraume Zeit, nach Galiläa zu reisen und sich Jesu anzu- 
schlielsen; sıe werden ihre Trauer am Grabe des Märtyrers 
statt 7 vielmehr 30 Tage fortgesetzt haben, wie es bei dem 
Hinscheiden von Eltern, Lehrern und andern geliebten Per- 
sonen üblich war (Dt 21,13. Jos., Jüd. Kr. 3, 9,5; 2, 1,2). 
Dann trafen sie erst ungefähr vier Wochen nach dem Hingange 
des Vorläufers bei Jesus ein; ihre Meldung über dieses Er- 
eignis kann sonach recht wohl gleichzeitig gewesen sein mit dem, 
was Matthäus 14, 1f über Herodes berichtet. Hierbei beachte 
man aufmerksam noch einen wichtigen Punkt. Während die 
Hinrichtung des Täufers in Machärus jenseits des Toten 
Meeres vorfiel (Jos., Antt.18, 5, 2), erhielt der Tetrarch Herodes 


PEPPER ET [7 — 


 GEEREFRFR 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 157 


Antipas die Kunde von dem Wirken Jesu sicher nicht in 
Machärus, sondern erst, nachdem er von dort, bald nach dem 
Tod des Täufers, sein Hoflager nach seiner gewöhnlichen 
Residenz Tiberias verlegt hatte; dort, in der dem Hauptschau- 
platz der Tätigkeit Jesu nahe gelegenen Stadt, vernahm Hero- 
des „alles, was geschah“ (Lk 9, 7). So kommen wir vorläufig 
zu dem Ergebnis: der Heiland erhielt die Botschaft von dem 
Tode des Vorläufers erst einige Zeit nach dem Ereignis, ganz 
am Einde des Monats September 782, und auf diese Kunde 
hin brach er mit seinen eben von der probeweisen Aussendung 
zurückgekehrten Jüngern von Kapharnaum nach Peräa zur 
Speisung auf. Nach der Auslegung der meisten Exegeten frei- 
lich fielen diese Ereignisse erst im zweiten Jahr der öffentlichen 
Wirksamkeit Jesu vor; dabei wenden die Gelehrten grolsen 
Scharfsinn an, um sich und andern Rechenschaft zu geben, 
warum Herodes Antipas erst so spät von der Wirksamkeit 
Jesu Kunde erhalten habe, indem sie darlegen, der Tetrarch 
sei vielfach von Galiläa abwesend, damals in einen Krieg mit 
dem arabischen König Aretas verwickelt und als genulssüch- 
tiger, sinnlicher Mensch ohne Interesse für religiöse Dinge 
gewesen. Natürlich hält solche Behauptung auch nicht einen 
Augenblick stand. Denn die Abwesenheit des Herodes von 
Galiläa infolge der Romreise (Jos., Antt. 18, 5, 1) fällt in den 
Sommer 781, der Krieg mit Aretas nicht in die Jahre 
781—783 — 28—30, sondern ungefähr in die Zeit von 35—37 
(Jos., Antt. 18, 5, 1ff), und einiges Interesse für Fragen der 
Religion und Sittlichkeit sagt ihm Markus (6, 20) nach. Die 
Dinge liegen ganz anders, wie ich kurz in der Leidensgeschichte 
(8. 332f) ausgeführt habe: Die Heirat des Tetrarchen mit der 
berüchtigten Herodias fand im Herbst 781 statt, ungefähr zu 
gleicher Zeit mit dem Auftreten des Täufers; im Frühjahr 
782 sprach letzterer offen seinen Tadel gegen die neue Ver- 
bindung aus und wurde dann in der ersten Hälfte des 
Monats Mai ergriffen und nach Machärus gebracht, kurz 
nachdem der Heiland seine Tätigkeit in Jerusalem und Judäa 
begonnen hatte. Auf die Kunde von der Gefangennehmung 


158 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


des Johannes zog der Heiland von Judäa weg nach Galıläa 
(Mt 4, 12) und wirkte daselbst vor und nach dem Pfingstfeste; 
während dieser Zeit war die Aufmerksamkeit des Tetrarchen 
in Machärus vielfach dem Täufer zugewandt (Mk 6, 20), und 
als dann auf das Betreiben der Herodias hin das Haupt des- 
selben gefallen war, ging Herodes von da weg nach Galiläa, 
d. h. nach Tiberias, und vernahm dort Kunde von dem Wirken 
Jesu; ungeführ gleichzeitig vernahm der Herr die Botschaft 
von dem Ende des Täufers und fuhr dann mit den von der 
Mission zurückgekelrten Aposteln über den See und speiste 
dort die ihm nachgezogene Volksmenge. 

Doch haben wir den Zusammenhang zwischen dkoucdas 
und dvexwpnoev Mt 14,13 noch nicht hinlänglich beleuchtet. 
Vom Gefängnis in Machärus aus hatte der Täufer einige Zeit 
vor seinem Tode eine Gesandtschaft an den Herrn geschickt 
(Mt 11,2ff und Lk 7,18ff) mit der Frage: „Bist du es, der 
da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?“ 
Was mochte dem Täufer an Jesus ungeachtet der &pya Toü 
Xpıotoü nicht gefallen? was ihm Bedenken einflölsen? Gewils 
nicht die vergebliche Erwartung, dals Jesus seine messianische 
Herrlichkeit entfalte in der Weise, wie er sie früher (Mt 
3, 1012) geschildert hatte; wulste er ja sehr gut, dals der Messias 
erst das isaianische Leidenslamm werden mulfste (Jo 1, 29 36). 
Wahrscheinlich teilte der Täufer die allgemeine Erwartung der 
Juden, der Messias werde sich nach Dt 18, 15 18 als zweiter 
Moses erweisen vor allem durch ein grofsesMannawunder. Da nun 
dieses nicht eintrat, wurden Johannes und seine Jünger bedenk- 
lich. In seiner Antwort weist der Herr auf seine Werke hin: er 
heile Kranke und mache Tote lebendig, das sei neben der Ver- 
kündigung des Evangeliums sein eigentlicher messianischer 
Beruf, dem er obliege, wie in der Vergangenheit, so in der 
Gegenwart und Zukunft; ob er das erwartete Mannawunder 
verrichten werde und wann und in welcher Weise, danach habe 
Johannes nicht zu fragen. Die Lobrede, welche der Heiland 
danach auf den Täufer hielt, spricht nicht gegen diese Auf- 
fassung; denn jene galt nur seiner früheren Vergangenheit 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 159 


und sollte die durch seine offizielle Anfrage beim Volke an- 
geregten Zweifel an seinem prophetischen Berufe und weiter- 
hin an dem messianischen Beruf Jesu niederschlagen. Durch 
seine Antwort wollte der Herr dem Täufer Gelegenheit geben, 
seinen Glauben zu üben und zu bewähren. Das grolse Speise- 
wunder in der Wüste, welches das künftig zu gebende „wahre 
Himmelsbrot“ vorbilden und unterpfändlich verbürgen sollte, 
durfte der Täufer nach dem göttlichen Ratschluls nicht mehr 
erleben, und es scheint nach Mt 14, 13ff, als habe der Herr 
seinen Tod und die Benachrichtigung davon durch die 
Johannesjünger abgewartet, um es dann sofort zu verrichten. 
Die tief betrübten Jünger traten gewils in der Folge in die 
Schar der (weiteren) Jünger Jesu ein; die Boten waren wohl 
identisch mit den beiden, welche der Täufer einstmals vom 
Gefängnis. aus an Jesus gesandt hatte (Lk 7, 19), identisch 
vielleicht auch mit den Jo 21,2 genannten Jüngern. 

Soviel über das von den Exegeten vernachlässigte dkoucag 
dvexwpnge Mt 14, 13. Jetzt müssen wir auch den vierten Evan- 
gelisten über den Zeitpunkt des hochbedeutsamen Vorgangs 
befragen. Er stellt ja an den Eingang seines Berichtes eine 
chronologische Angabe (6, 4): Es war aber nahe das Fest der 
Juden. Über den Zweck dieser Angabe gerade an dieser 
Stelle haben die Ausleger sich sattsam den Kopf zerbrochen, 
ohne dafs es ihnen gelungen wäre, eine auch nur halbwegs 
befriedigende Antwort zu geben. Einleuchtend erscheint für 
einen Moment die Antwort Scheggs, der ja selbstverständ- 
lich auch davon ausgeht, dals rö naoxa echt sei. So spricht 
er sich denn (zu Jo I 331) also aus: Die Zeitangabe 
„das Pascha war nahe“ machte Johannes, weil dieses Pascha 
das einzige war, auf welches der Herr während seines öffent- 
lichen Lehramtes nicht gekommen ist. Aber das rmpwWrov 
weodog bei dieser Interpretation ist die Anschauung, Jesus 
habe den Besuch eines Österfestes während seiner Wirksam- 
keit unterlassen und habe die Tage des jüdischen Pascha 
irgendwo in Galiläa zugebracht, eine Anschauung, deren Un- 
richtigkeit nicht mehr weiter erwiesen zu werden braucht 


160 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


(vgl. Bibl. Zeitschr. 1903, 61ff). Anders dachte Hengsten- 
berg über den Zweck der Zeitangabe Jo 6, 4: Johannes 
schalte dieselbe ein im Hinblick auf die nachherige Rede 
Jesu vom Genuls seines Fleisches und Blutes (6, 27ff) als 
des Antitypus des Paschalammes (Das Evangelium des 
hl. Johannes I 342). Allein auch diese Erklärung erweist sich 
nicht als probehaltig. Denn der Rede des Herrn über das 
wahre Himmelsbrot liegt ganz und gar nicht das Paschalamm 
als Typus zu Grunde, sondern, wie der Herr in unzweideutiger 
Weise zum Ausdruck bringt, die Mannaspende in der Wüste. 
Andere weisen, um den Sinn der Zeitangabe klar zu machen, 
gleichfalls auf den innigen Zusammenhang hin, der zwischen 
der grolsen Verheilsung (6, 27ff) und dem Pascha bestehe: 
der Evangelist habe durch die Worte 6,4 seine Leser auf 
die zeitliche Koinzidenz der Verheilsung der Eucharistie 
und ihre Einsetzung um Ostern aufmerksam machen wollen 
(vgl. Katholik 1900 II 491). Aber warum hat dann Johannes 
der Bemerkung 6, 4 nicht eine andere Stelle angewiesen? 
Der geeignete Platz wäre in diesem Fall am Anfang oder 
noch besser am Schluls der Rede über das Lebensbrot 
gewesen, etwa 6, 59, wo der Evangelist nach Anführung der 
signifikanten, den Genuls seines Fleisches und Blutes betreffen- 
den Ausdrücke den Ort namhaft macht, wo die ganze Rede 
gehalten worden ist. Angesichts der jetzigen Stellung der 
Notiz kann man nie und nimmer an eine derartige Tendenz 
des Johannes bei Aufnahme jener Worte (6, 4) denken. Das 
hat Keil erkannt; um aber doch die Erklärung im bezeich- 
neten Sinne zu retten, zieht er Mt 14,13 bei, wonach Jesus 
bei der Nachricht von der Tötung des Täufers an seinen 
eigenen Tod am nächstfolgenden Pascha gemahnt worden sei 
und beschlossen habe, der Menge eine Speisung zu bereiten, 
um dann daran die Rede von der wahren Lebensspeise zu 
knüpfen (Kommentar über das Evangelium des Johannes 
244). Man mag den Scharfsinn des Gelehrten bewundern, 
wird aber den ganzen Erklärungsversuch abweisen, weil er 
eine Eintragung verschuldet und am Text des Johannes- 


om un ei 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 161 


evangeliums nicht den mindesten Halt hat. Da will die Aus- 
legung noch besser gefallen, welche J. Grimm in seinem Leben 
Jesu (II 4ll1ff) vorgetragen hat. Auch er anerkennt die 
Wichtigkeit der Notiz Jo 6, 4 und findet darin angedeutet, 
Jesus der Messias habe sein erstes und zweites Osterfest in 
Jerusalem gefeiert (Jo 2, 13ff; 5, 1ff); da aber die Judäer 
gleich beim ersten Pascha ihm unfreundlich begegneten und 
beim zweiten bereits ihn zu töten suchten (Jo 5, 18), so wollte er 
beim Herannahen des dritten Pascha Jerusalem nicht betreten, 
vielmehr in Galiläa bleiben; da indes der Unglaube in Galiläa 
dem Unglauben in Judäa, in Jerusalem, die Hand gereicht 
hatte, so wollte er auch nicht in Galiläa die dritte OÖsterfeier 
begehen, suchte vielmehr die Wüste jenseits des Sees auf, um 
dort, fern vom Tempel, in seiner Weise Pascha zu feiern und 
eine Art Paschamahl zu halten. Indes auch bei dieser Inter- 
pretation gewahren wir wirkliche Irrtümer. Einmal ist es 
unmöglich, den Ausdruck Jo 5,1 von einem zweiten Osterfest zu 
verstehen, Johannes würde ja sicher T6 ndoxa twv ’loudalwv 
geschrieben haben, wenn er das Osterfest meinte; darüber 
dürfte man trotz aller Meinungsverschiedenheit heute ziemlich 
einig sein. Sodann soll der Weggang Jesu von Galiläa nach 
Peräa durch den Unglauben der Galiläer mitverschuldet ge- 
wesen sein; aber wo reden doch die vier Evangelisten, da sie 
den Aufbruch nach dem Ostufer erwähnen, von einem der- 
artigen Motiv des Abzugs von Kapharnaum nach der Wüste 
bei Bethsaida? Weiter soll der Heiland beabsichtigt haben, 
in Peräa, fern von dem Mittelpunkt der Theokratie, das 
jüdische Pascha zu halten und durch die wunderbare Speisung 
des Volkes eine Art Paschamahl zu feiern! Aber gab es denn 
überhaupt eine jüdische Paschafeier aulserhalb von Jerusalem 
und fern von dem Tempel? In dieser Beziehung ist wenig- 
stens der Jude Josephus, um von andern zu schweigen, 
anderer Meinung (Jüd. Kr. 2, 12,136; 2, 14,3; 3, 8,3; 
5, 3, 1; 6, 9, 3). Durfte der Heiland an Ostern nicht nur 
selbst Jerusalem fern bleiben, sondern auch manche aus dem 


Volk veranlassen, dem Gesetz und Herkommen zuwider den 
Biblische Zeitschrift. II. 2. 11 


162 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


Besuch von Stadt und Tempel zu unterlassen? Geben die 
Evangelisten über eine derartige Absicht Jesu auch nur die 
leiseste Andeutung? So hält auch die Erklärung Grimms 
nicht stand, und es möge vorerst die eigentümliche Tatsache 
konstatiert sein, dals die Exegeten ausnahmslos die hohe 
Wichtigkeit der Worte Jo 6, 4 anerkennen, aber keiner in 
der Aussprache über den Zweck der Aufnahme derselben 
seitens des Evangelisten mit dem andern übereinstimmt, keiner 
eine Auslegung gibt, die nicht bei genauer Prüfung Angriffs- 
punkte darbietet und schliefslich als haltlos erkannt wird. 
Sollte die Erscheinung nicht aus dem Umstande sich erklären, 
dals die bisherige Interpretation von einer ganz unrichtigen 
Voraussetzung ausgeht, von einer ganz falschen Grundlage aus 
versucht worden ist? Indes mögen der Vollständigkeit halber 
noch zwei letzte Interpretationen der Worte Jo 6,4 berührt 
werden. 

Etliche (Maier, Brückner, Ewald) behaupteten, die bezeich- 
nete Angabe des vierten Evangelisten sei rein chronologisch 
gemeint. Nun hat Johannes allerdings die Chronologie zum 
Augenmerk gemacht; allein er gibt zeitliche Angaben ebenso 
wie geographische niemals, um lediglich Zeit oder Ort zu be- 
stimmen; vielmehr sind dieselben immer von ihm wohl be- 
rechnet und für das Verständnis des betreffenden Abschnittes, 
welchem sie einverleibt sind, förderlich oder geradezu unent- 
behrlich; vgl. über die Zeitangabe 4, 6 Einl. 35l1f und über 
die Ortsangabe 19, 20 Quartalschr. 1902, 172f. Es haben 
darum einige Gelehrte, besonders B. Weils, gegen die rein 
chronologische Bedeutung der Notiz Jo 6, 4 sich ausge- 
sprochen und die sachliche Bedeutsamkeit dieser Angabe 
nachdrücklichst betont; dieselbe habe eine Beziehung zu dem 
unmittelbar Folgenden, sie wolle darüber Aufschluls geben, 
weshalb eine so zahlreiche Volksmasse Jesu nachfolgte: es 
war eben «die Nähe des Festes (Ostern), welche grölsere Volks- 
massen in Bewegung gesetzt und daher ermöglicht hatte, dals 
diesmal soviel mehr als sonst Jesu nachfolgten (Meyer-Weils, 
3. Aufl, S. 259). Die Opposition gegen Ewald u. a. verdient 





Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 163 


nun allerdings Beifall, nicht ebenso die positive Aufstellung 
von Weils. Die grolse Volksmenge (Jo .6,5) wäre nach ihm 
zusammengesetzt gewesen aus Festpilgern, welche auf der 
Reise nach Jerusalem zur Feier des bevorstehenden Pascha be- 
griffen waren. Allein dies ist unmöglich. Denn Festpilger 
müssen wir uns durchgehends mit Mundvorrat, der wenigstens 
auf 3—4 Tage reichte, ausgerüstet denken; bis zum heutigen 
Tag gibt es im Orient und speziell ın Palästina keine andere 
Art des Reisens, was den Kundigen nicht besonders bewiesen 
werden darf. Ganz direkt aber widerspricht der gemeinten 
Auffassung der Bericht der Synoptiker, von welchen Markus 
uns am genauesten unterrichtet. Danach fiel die Ansamm- 
lung der Volkshaufen an dem Ort, wo Jesus zuerst war, d.h. 
in Kapharnaum, der Zeit nach mit der Rückkehr der Apostel 
von der Missionsreise zusammen (Mk 6, 31—32) und war 
augenscheinlich durch die vorhergehende Predigt derselben 
veranlalst und herbeigeführt worden. Nach der Anweisung des 
Herrn (Mt 10, 7) hatten die Apostel überall den Ruf erhoben: 
„Das Reich der Himmel ist nahe gekommen.“ Das war niclıts 
anderes gewesen als eine Einladung an die Angehörigen Israels, 
sich um den grolsen Propheten, der aus Galiläa erstanden, zu 
scharen und seine dem Moses ähnlichen Grolstaten zu schauen; 
aus den Worten des Markus (6, 30): „Die Apostel sammelten 
sich bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und 
was sie gelehrt hatten“, geht hervor, dals Jesus für die Rück- 
kehr der Apostel schon bei deren Auszug einen bestimmten 
Tag festgesetzt hatte; die Leute folgten aus allen Gauen und 
Städten den Aposteln unmittelbar nach und fanden sich in 
Massen zu Kapharnaum ein; es herrschte allda ein gewaltiges 
Gedränge, und die Spannung auf das, was kommen sollte, war 
eine hochgradige: es waren der Kommenden und Gehenden 
viele, und nicht einmal hatten sie (die Jünger) Zeit zum Essen 
(Mk 6, 31). Da gab der Heiland das Zeichen zum Aufbruch 
von Kapharnaum, um an dem einsamen Orte jenseits des 
Sees, in der dortigen Wüste, dem Volke durch eine Manna- 


spende sich als den „zweiten Moses“ zu erweisen. Dieses 
11* 


164 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


Motiv des Aufbruchs Jesu von Galiläa nach Peräa deutet 
wenigstens Johannes: durch seine Berichterstattung bestimmt 
genug an. Dafls aber die Erwartung der Volksmenge auf 
eine Spende der Art gerichtet war, gibt der vierte Evangelist 
durch seine Worte 6, 14 zu verstehen. Doch ehe wir diesen 
Punkt weiter beleuchten, möge noch etwas anderes zur Sprache 
kommen. 

Wie verhält es sich mit dem Umzug der Volksmassen 
nach dem jenseitigen Uter des Sees? Als Jesus das Schiff 
bestiegen hatte und hinausfuhr, sahen und erkannten viele 
seinen Wegzug in Begleitung der Jünger (Mk 6, 33). Auf 
diese Wahrnehmung hin eilten die Volkshaufen von Kaphar- 
naum auf dem Landwege um die Nordseite des Sees herum 
auf die Ostseite desselben in die Nähe des am östlichen Ufer 
des Jordan auf einem nördlichen Ausläufer des el-äret ge- 
legenen Bethsaida (heute chirbet sweda: Zeitschr. des deut- 
schen Palästina-Vereins IX 2, S. 120); aus der Richtung, 
welche das Schiff Jesu genommen, hatte man diese Gegend 
als das Ziel seiner Reise erkannt. Die Volksmassen waren 
am Ostufer des Sees überhaupt angekommen, ehe der Heiland 
mit seinen Jüngern landete (Mk 6, 33: nponjAdov qautoug); 
diese Landung erfolgte aber dann nicht etwa angesichts der 
Volksscharen, sondern an einem vom Standort derselben ab- 
gelegenen Punkte des Seeufers. Von der Landungsstelle be- 
gab sich der Heiland auf den von den Anwohnern schlecht- 
weg genannten Berg (öpog xar &Zoyxnv) el-äret, nördlich vom 
Wadi Semak, damit er von den durch die Katiha-Ebene heran- 
ziehenden Volksmassen schon von weitem gesehen werden 
könnte. Während des Herannahens der Scharen verzehrten 
die Jünger die Brote, welche sie vor ihrer Abfahrt wegen 
des Volksandrangs nicht hatten essen können (Mk 6, 31) und 
darum in ihren zwölf Handkörben mitgenommen hatten (Jo 
6, 13; vgl. Mk 8,13 14). Dies ist nicht etwa eine blolse Ver- 
mutung, sondern wird durch Jo 6,5 nahegelegt, durch die 
Worte Jesu an Philippus: „Woher sollen wir Brote kaufen 
können, dals diese essen können?“ Indem der Herr das 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 165 


spricht, weist er auf die herannahenden Volksmassen hin und 
stellt dieselben in Gegensatz zu den Jüngern, welche eben 
ihre mitgebrachten Brote verzehrten; beachte die Stellung von 
oötoı am Ende. Diese Worte des Herrn sind bedeutsam und 
für die Erfassung der Situation sehr wichtig. Er spricht da- 
mit in aller Form aus, dafs die nahenden Tausende keine mit 
Mundvorräten ausgerüsteten Festpilger waren, die von dem 
Ort der Speisung nach Jerusalem zur Österfeier aufbrechen 
wollten, sondern Angehörige Israels, hauptsächlich, wenn auch 
nicht ausschliefslich, aus Galiläa, welche auf die Predigt der 
Apostel hin in ganz bestimmter Hoffnung und Absicht zu- 
sammengekommen waren, um Jesus, den grolsen Propheten, 
zu sehen und durch seine Vermittlung Gnaden und Segen 
zu erfahren, wie einst die Väter durch die Hand des Moses. 
Aber damit ist die Bedeutsamkeit der bezeichneten Worte 
Jo 6,5 noch nicht völlig herausgestellt. Sie zeigen die 
Haltlosigkeit der Behauptung, der Bericht des Johannes 
widerspreche den Angaben der Synoptiker; eine derartige 
Behauptung hat unter anderem B. Weils aufgestellt. Er 
führt aus: Nach der synoptischen Darstellung habe die über 
dem Lehren und Heilen herangekommene späte Tagesstunde 
(Mt 14,15) oder das lange Verweilen der Menge bei ihr das Be- 
dürfnis (den Hunger) herbeigeführt, welches nach der Erzählung 
der Synoptiker die Jünger bemerken, während nach Johannes 
Jesus selbst zuerst darauf aufmerksam mache; als geschichtlich 
zuverlässiger präsentiere sich in offenkundiger Weise der synop- 
tische Bericht (Meyer-Weils zu Jo S. 261). So kann man nur 
argumentieren, wenn man übersieht, dafs Jo 6, 5 gar nicht den- 
selben Zeitmoment im Auge hat wie die Synoptiker. Der Herr 
stellte seine Frage Jo 6,5 an Philippus, als er auf dem Berge war 
und die Volksmenge in der Ferne herankam (deaoauevos Örtı 
toAüg ÖxAog Epxeraı trpög autöv); die Frage war veranlalst durch 
das Essen der Jünger. Die von den Synoptikern berichteten 
Verhandlungen Jesu mit den Jüngern (Mt 14, 15ff. Mk 6, 35ff. 
Lk 9, 12ff) fanden nach dem Lehren und Krankenheilen 
statt, also einige Stunden später, gegen den Abend hin. Der 





166 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


Heiland war wohl um die Mittagszeit (vgl. Mk 6, 31) von 
Kapharnaum abgefahren und kurz nach 2 Uhr am jenseitigen 
‘ Ufer angekommen; die Entfernung von Kapharnaum bis zum 
Berge el-aret jenseits des Sees beträgt 8 Kilometer. Um 
3 Uhr ungefähr kamen die Scharen am el-aret an, darauf 
folgte das, was die Synoptiker berichten, Johannes dagegen 
übergangen hat: der Herr heilte die Kranken und fing an 
viel zu lehren (Mk 6, 34). Der Herr zog wohl absichtlich die 
Zeit in die Länge, um die Rückkehr der Leute zu Fufs in 
ihre Heimatsorte unmöglich zu machen — nach Cod. D zu 
Jo 6, 59 fand der Vortrag Jo 6, 25ff in der Synagoge zu 
Kapharnaum am Sabbat, sonach das Wüstenwunder an einem 
Freitag statt. Der sog. erste Abend (3—6 Uhr abends) 
war schon stark vorgeschritten (Mt 14, 15); daher traten die 
Jünger zu Jesus und sagten: Wüste ist der Ort, und die Zeit 
(= Tageszeit, wpa) ist schon vorüber (Mt 14,15 = Mk 6,35: hön 
wpa toAAn, schon ist die Tageszeit weit vorgeschritten); ent- 
lasse das Volk in die nächsten Dorfschaften und Gehöfte. 
damit sie dort Nachtquartier und Proviant finden. An eine 
Rückkehr nach der andern Seite des Sees war beim Mangel 
der notwendigen Schiffe nicht zu denken. Der Herr erwiderte 
den Zwölfen: „Gebet ihr ihnen zu essen.* Sie antworteten: 
„Sollen wir hingehen und für 200 Denare (augenblicklicher Be- 
stand der Kasse) Brot kaufen?“ Er sagte: „Wieviel Brote 
habt ihr? Gehet und sehet nach“ (Mk 6, 37). Hier setzt nun 
der vierte Evangelist wieder ein mit den Worten: „Es spricht zu 
ihm einer von den Jüngern, Andreas, der Bruder des Simon 
Petrus — somit derselbe, welcher nach 1, 42 spricht: Whır 
haben den Messias gefunden —: Es ist ein Knabe hier“ usw. 
Man sieht: es liegt bei Johannes auch in diesem Betreff eine 
Ergänzung der Synoptiker vor, durch welche aber die Angabe 
der letzteren über die Auseinandersetzung zwischen Jesus und 
den Jüngern nicht umgestolsen wird. Zwischen den Synop- 
tikern und Johannes besteht sonach vollkommene Har- 
monie, keine Spur von einer Differenz, und die Bericht- 
erstattung des Johannes verrät gerade durch die ergänzende 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 167 


Mitteilung (6, 5) den augenzeugenschaftlichen Charakter, wie 
nicht minder durch die Bemerkung 6, 15, durch welche uns 
der Evangelist darüber aufklärt, dafs der Heiland nicht auf 
dem Berge geblieben ist, sondern nach der Ankunft der 
Volksmenge vom Berge in ein Tal herabstieg, wo die Speisung 
stattfand, worauf er sich dann, damit sie ihn nicht fortreilsen 
und zum Könige proklamieren könnten, wieder auf den Berg 
zurückzog. | 

Aus der bisherigen Darstellung wird man erkennen, dafs 
für die Würdigung der vierfachen Berichterstattung alles auf 
die derselben zugrunde liegende, von den Verfassern voraus- 
gesetzte Situation ankommt, und darüber klärt uns der vierte 
Evangelist entschieden am besten auf. Die Worte von Weils 
können auf Richtigkeit keinen Anspruch machen: Es kommt 
dem Johannes nicht auf eine möglichst korrekte Darstellung 
des wirklichen Hergangs an, sondern auf eine Hervorhebung 
seiner tieferen Bedeutung; er kann sich bereits dieses so be- 
deutungsvolle und folgenschwere Wunder nur noch als von 
Jesus prämeditiert denken; ihn interessieren nicht mehr die 
Details, welche dasselbe veranlafsten, sondern er beginnt die 
Erzählung mit dem Worte Jesu, das schon den Entschluls 
der Speisung in sich trug, und falst dasselbe als eine Prüfungs- 
frage an einen der Jünger (a.a. 0.261). Die Kenntnis des Her- 
gangs setzt der vierte Evangelist allerdings bei seinen Lesern 
voraus, da er ja für solche Christen schreibt, welche über 
denselben wie über die andern Hauptereignisse aus dem 
Leben Jesu bereits teils durch seine mündliche Predigt teils 
aus der Lektüre der Synoptiker unterrichtet waren; aber 
allein schon durch die seinem Berichte einverleibten Worte 
Jesu an Philippus zeigt Johannes sein lebhaftestes Interesse 
an dem erzählten Vorgang. Darin liegt nicht, wie Baur u.a. 
meinten, eine tendenziöse Umbiegung der synoptischen Über- 
lieferung, sondern ein augenfälliges Anzeichen der geschicht- 
lichen Treue des johanneischen Berichtes. In dem denkwür- 
digen Abschnitt 1, 35ff, in welchem der Autor durch male- 
rische Anschaulichkeit der Erzählung und namentlich durch 


168 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


die genauen Zeitangaben sich als Augenzeugen kenntlich macht 
(Einl. 299), hat Johannes (1, 46) das Wort berichtet. mit 
welchem einstmals Philippus die frohe Kunde über die Be- 
kanntschaft mit Jesus dem Nathanael mitteilt: Denjenigen, 
von welchem Moses im Gesetz und die Propheten geschrieben, 
haben wir gefunden. Philippus dachte hierbei in erster Linie 
an die Prophetie des Moses Dt 18,15 18. Wie dem Evan- 
gelisten nun dieses Wort des Philippus zeitlebens im Gedächt- 
nis haften geblieben, so auch das Wort Jesu an Philippus 
vom grolsen Tage der wunderbaren Speisung: „Woher sollen 
wir Brote kaufen, damit diese zu essen bekommen?“ Er 
falste diese Frage Jesu an Philippus als eine Prüfungsfrage, 
wodurch er demselben den Gedanken nahelegen wollte, dals 
jetzt, wo eine zahlreiche Volksmenge sich zusammengefunden, 
der Augenblick gekommen sei, wo er, Jesus, sich wirklich als 
den mosesähnlichen messianischen Propheten bewähren werde, 
wie es Philippus gleich beim ersten Zusammentreffen erwartet 
habe. Johannes will andeuten, dals der Heiland dem Philippus 
nicht zuviel zugemutet habe, wenn er eine derartige Gedanken- 
operation von ihm erwartete, da ja die augenblickliche Situation 
gleichsam von selbst dazu anregte: viel Volk, in der Wüste, 
ohne Speisevorräte, was alles an das Volk Israel beim Durchzug 
durch die Wüste erinnerte und an die Speisung mit Manna 
unter Moses, zumal wenn das Laubhüttentest nahe bevor- 
stand (vgl. van Bebber, Katholik 1899 I 209f). Soviel 
vorerst über die Einrede, Johannes habe sich das Wunder 
der Brotvermehrung nur noch als von Jesus prämeditiert 
denken können. 

Welche Aufmerksamkeit Johannes der Speisung in der 
Wüste nahe bei Bethsaida zuwandte, erhellt übrigens am 
besten daraus, dals dieses Ereignis nebst dem Wandeln auf 
dem See das einzige Wunder ist, welches er seinem Evangelium 
einverleibt hat, trotzdem er dasselbe wie jenes Seewandeln 
schon bei den Synoptikern berichtet vorfand. Er fügte seiner 
Evangelienschrift die Erzählung der beiden Ereignisse ein, 
um so das Verständnis der nachfolgenden Synagogenrede Jesu 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 169 


über das Lebensbrot anzubahnen, indem er den Lesern den 
Gedanken suggerieren will: der, welcher nach dem Vorbilde 
des Moses dem Volke in wunderbarer Weise Nahrung für den 
Leib schafft, kann auch ein wahrhaft himmlisches Brot zur 
Nahrung der Seele und zur Grundlegung des ewigen Lebens 
reichen; er, welcher über die Wogen des Meeres wandelt, 
kann seinen irdischen, aus Fleisch und Blut bestehenden Leib 
in einen überirdischen, vergeistigten und verklärten Zustand 
versetzen. Aber freilich, wer jene Rede über das Brot des 
Lebens verstehen wollte, mufste Kenntnis von dem Motiv be- 
sitzen, welches den Heiland bei der Verrichtung des Wunders 
der Brotvermehrung und des Wandelns auf dem See beseelte: 
er wollte sich dadurch vor den Jüngern und allem Volke als 
den von Moses verheilsenen und dem Moses ähnlichen Propheten 
erweisen, der, wie es einstmals Moses tat, dem Volke Manna 
und Wasser spendet (Dt 18, 15 18). Es verrät einen tief 
durchdachten Plan, wenn der vierte Evangelist den Heiland am 
Schlufs seiner an Pfingsten zu Jerusalem gehaltenen Rede 
eine bezügliche Andeutung geben läfst (5, 39ff). Dort führt 
der Heiland nach Johannes gegenüber den Judäern in Jeru- 
salem dem Sinn nach aus: Ihr durchforschet die Schriften des 
Moses und der Propheten nach messianischen Zeugnissen, und 
das ist an sich ganz lobenswert; und wenngleich ihr damit 
einen schweren Fehler begeht, dals ihr die Schrift zur 
alleinigen Norm und Schiedsrichterin wählet und das von mir 
geltend gemachte Wunderzeugnis Gottes eures Vaters ver- 
schmäht, so könnten euch doch eben jene Schriften zur Wahr- 
heit führen. Denn eben sie sind es, welche von mir als Messıas 
und Lebensspender zeugen; der Heiland versteht unter den 
vpapai vor allem die Schriften des Moses und berücksichtigt 
darin in erster Linie die Haupt- und Grundstelle Dt 18, 15 18: 
„Einen Propheten werde ich ihnen erwecken aus der Mitte 
deiner Brüder ähnlich dir, und ich werde meine Worte ın 
seinen Mund legen, und er wird zu ihnen reden, was ich 
ihm auftrage.“ Der Heiland nimmt sonach das Schriftzeug- 
nis des Moses für sich in Anspruch und gibt den Juden am 


170 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


Pfingstfeste zu verstehen: ich bin der von Moses geweissagte 
Prophet und werde ähnlich wie Moses Mittler sein zwischen 
Gott und dem Volke, ich werde ähnlich wie Moses Wunder 
verrichten, wie er in wunderbarer Weise ein Manna und 
Wasser spenden; ebendadurch werde ich mich als den moses- 
ähnlichen messianischen Propheten bewähren. Indem nun der 
vierte Evangelist seinen Bericht über Jesu Auftreten am Pfingst- 
feste zu Jerusalem (782) mit dem Hinweis Jesu auf die ge- 
nannte Prophetie des Moses abschlielst und sofort im weiteren 
Abschnitt (Kap. 6) das Wunder der Brotvermehrung berichtet, 
hat er letzteren Bericht auf die wirksamste Weise vorbereitet, 
wie anderseits das Wunder der Brotvermehrung selbst wieder 
nach vorwärts wirkt und das Verständnis der Rede über die 
Eucharistie anbahnt. Diesen Abschnitt aber konnte der Evan- 
gelist nicht passender einleiten als durch eine kurze Angabe 
über die Nähe nicht des Oster-, sondern des Laubhütten- 
festes: es war aber nahe das Fest der Juden xar &Zoynv = 
das Hüttenfest, wo sonach schon der Gedanke an die Reise 
nach Jerusalem auftauchte und der Grundgedanke der Laub- 
hüttenfeier bereits alle beschäftigte, nämlich die Erinnerung 
an jene Periode der israelitischen Geschichte, wo der Herr 
das Volk in der Wüste in Hütten hatte wohnen lassen (Lv 
23, 42f) und durch die Vermittlung des Moses dasselbe 
wunderbar genährt und mit Trank gelabt hatte; wenn der 
Heiland in solchem Zeitpunkt eine grolse hungernde Menge 
in der Wüste speiste, so mulste wohl über Absicht und Ten- 
denz bei den Augen- und Ohrenzeugen eine Ahnung aufsteigen, 
dals er nämlich sich als den mosesähnlichen messianischen 
Propheten erweisen wollte. 

Hier wird man nun freilich im Tone des Einwurfs fragen: 
Erkannte Philippus, erkannten die übrigen Apostel die Absicht 
des Herrn? Erkannten sie die Bedeutung der wunderbaren 
Speisung und deren Beziehung zu der bald folgenden Rede 
über das Lebensbrot? Diese Fragen sind mit Entschiedenheit 
zu verneinen angesichts der Berichterstattung des Markus, 
welcher (6, 52) bezeugt, dals die Jünger „bei den Broten“, 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 171 


d. h. bei der wunderbaren Speisung, nicht zur Einsicht ge- 
kommen, da ihr Herz verhärtet gewesen sei; erst infolge des 
Seewandelns erkannten sie, dafs Jesus der von Moses ver- 
heilsene Messias sei (Mt 14, 33). Aber zu der Zeit, wo Petrus 
zu Rom die Reden und Taten Jesu in Predigt und Katechese 
verkündigte und Markus das von Petrus Vorgetragene den 
Zuhörern verdolmetschte und dann auf Grund dieses Dienstes 
in einer Evangelienschrift fixierte (42—44), konnte der Apostel- 
fürst jenes einstige Nichtverstehen nur aus augenblicklicher 
Verblendung erklären, indem er sagt: Wir waren förmlich mit 
Blindheit geschlagen (Mk 6, 52). Warum urteilt er nachmals 
so hart? Augenscheinlich darum, weil er sich vorhielt: der 
Herr hat seinerseits alles getan, um uns die Bedeutung der 
wunderbaren Brotvermehrung und deren Beziehung zu der 
nachfolgenden Rede in Kapharnaum klar zu machen; er zeigte 
ein aulserordentlich planvolles Verfahren. Denn er führte uns 
von Kapharnaum weg über den See in die Wüste bei Beth- 
saida und speiste dort eine zahlreiche nach Brot hungernde 
Volksmenge; er tat dies angesichts des nahe bevorstehenden 
Laubhüttenfestes; das hätte uns doch an die Weissagung 
der Väter bzw. an die wunderbare Speisung derselben mit 
Manna unter Moses erinnern und über die Absicht Jesu bei 
Verrichtung des Wunders aufklären sollen, dafs er nämlich 
sich als den mosesähnlichen Propheten und als Messias er- 
weisen wollte, zumal da er uns über sein Motiv durch die 
prüfende Frage an Philippus einen Wink gegeben und schon 
früher (am Pfingstfeste) in aller Form (Jo 5, 39) angekündigt 
hatte, dafs er ähnliche Taten verrichten werde wie Moses, 
zumal da an die Brotvermehrung sich das Wandeln auf dem 
See anschlols, welches uns an den Durchzug durch das Rote 
Meer erinnerte, da der Herr durch das Wandeln nach dem 
westlichen Ufer den Nachstellungen des Volkes, das ihn zum 
König machen wollte, entging, wie Moses durch jenen Durch- 
zug den Anschlägen der Ägypter. Trotz alledem blieb der 
Sinn der Speisung uns verborgen, während selbst in dem 
Volke eine Ahnung aufstieg, dafs Jesus durch diese Tat sich 


172 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


als den wahren, von Moses geweissagten, dem Moses ähnlichen 
Propheten bewährt habe (Jo 6,15). Aus solcher Gesinnung 
und Erwägung heraus ist das sicher auf Petrus zurückgehende 
Wort bei Markus (6, 52) über die Verblendung der Jünger 
in der Stunde der Volksspeisung in der Wüste gesprochen. 
Der vierte Evangelist aber hat uns erst das Verständnis des von 
den Synoptikern berichteten Vorgangs und des Zusammen- 
hangs desselben mit dem Vorhergehenden und Nachfolgenden 
vermittelt; indes hängt in erster Linie alles von der richtigen 
Auffassung der Angabe 6,4 ab; wenn diese sich auf das 
Laubhüttenfest bezieht, breitet sie die Helle des Tageslichtes 
über die ganze Perikope und was sich daran anschlielst, aus; 
nicht so, falls sie auf das Osterfest ginge. Die wunderbare 
Volksspeisung in der Wüste war eine Antizipation der Laub- 
hüttenfeier, und die darauffolgende Rede über das Brot des 
Lebens war eine antizipierte Laubhüttenpredigt, die den 
Mannatypus zum Gegenstand hatte und ihr Pendant fand in 
den auf die mosaische Wasserspende bezüglichen Worten Jesu 
Jo 7, 38. Der lange, fruchtlose Streit der Exegeten über 
Sinn, Bedeutung und Zweck der Angabe Jo 6, 4 würde er- 
spart geblieben sein, wenn das anstölsige TO tdoxa vor 
n &oprn als ein späteres Einschiebsel erkannt worden wäre. 
Nach der Speisung nötigte der Herr die Jünger, sofort 
in das Schiff zu steigen und ihm nach dem jenseitigen Ufer 
voranzugehen; er selbst wolle vorerst das Volk entlassen (Mk 
6,45). Das Ziel der Fahrt war sicher Kapharnaum (vgl. Jo 
6,17). Da Jesus den Jüngern die Weisung gab, nach dem 
westlichen Ufer des Sees überzusetzen, so sagte er ihnen da- 
mit gewissermalsen voraus, was er zu tun vorlatte, dafs er 
nämlich über die Wogen des Sees wandelnd sie einholen 
werde. Man beachte nun aber bei Markus die Beifügung von 
npög Bndcaidav zu eis To rrepav. Will damit das Reiseziel 
der Jünger angegeben werden? Aber dann wäre eine Difie- 
renz zwischen Markus und Johannes zu konstatieren, da 
letzterer (6, 17) Kapharnaum! als Ziel angibt; an dieser An- 
gabe hat man um so melır festzuhalten, weil, wie wiederholt 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 173 


bemerkt, auch nur Kapharnaum als Ort der Abfahrt ans Ostufer 
gedacht werden kann, so dafs es sich tatsächlich um die Rück- 
kehr nach dem Ausgangspunkt der Fahrt handelt. Eine Diffe- 
renz wollten freilich die Exegeten nicht zugeben bzw. dieselbe 
durch allerlei Kunststücke beseitigen. Indes dürfte Markus 
mit npög Bndoaidav gar nicht das Reiseziel namhaft machen, 
vielmehr sagen wollen: Jesus gab seinen Jüngern die Weisung, 
nicht via recta nach Kapharnaum überzusetzen, sondern vor- 
läufig dem Ostufer entlang in der Richtung nach dem an der 
Nordostspitze des Sees gelegenen Bethsaida zu fahren. Wenn 
die Jünger infolge dieser Anweisung auf den Gedanken ver- 
fielen, Jesus werde am Ende nach Entlassung des Volkes an 
einem etwas nördlicher, Bethsaida zu gelegenen Punkte des 
Seeufers in das Schiff einsteigen wollen, um mit ihnen Kaphar- 
naum zu erreichen, so war dies eine Täuschung, aber eine un- 
schädliche oder gar nützliche, da ihnen so der Plan Jesu, sie 
durch Wandeln auf dem See einzuholen, vorerst noch ver- 
borgen blieb. Wenn man die Markusstelle also erklärt, und 
ich sehe nirgends ein Hindernis für diese Erklärung, so ge- 
langt man erst zum vollen Verständnis von Jo 6, 17: „Und 
eingestiegen in das Schiff, waren sie (die Jünger) auf der 
Fahrt über den See nach Kapharnaum begriffen (Apxovro), 
sc. indem sie dem Nordostufer entlang fuhren, und schon war 
es dunkel geworden, und noch nicht war Jesus zu ihnen in 
das Schiff gekommen.“ Allmählich befreundeten sich dann 
wohl die Jünger mit dem Gedanken, der Herr werde auf dem 
Landweg um den See herum Kapharnaum aufsuchen, was ihnen 
im weiteren Verlauf um so wahrscheinlicher erscheinen mochte, 
weil der Herr bei ihrem Aufbruch nicht ausdrücklich vom 
Einsteigen bei ihnen gesprochen hatte. Nachdem sie dann aber 
25—30 Stadien — der See war im ganzen 40 Stadien breit 
(Jos., Jüd. Kr. 3, 10, 7) — gefahren waren, holte sie Jesus ein; 
er war demnach, wie Johannes durch seine Angabe ausdrücken 
will, eine ganz beträchtliche Strecke über den See gewandelt. 

Wenn man die Markusstelle (6, 45), wie man kaum anders 
kann, also auslegt, so fällt die Hauptstütze für die Hypothese 


174 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


von einem doppelten Bethsaida am See Genesareth dahin. 
Es mülste wirklich als sehr auffallend bezeichnet werden, 
wenn in so unmittelbarer Nähe voneinander zwei Orte mit 
gleichem Namen existiert haben sollten, einer nördlich von 
Kapharnaum, ein zweiter in geringer Entfernung vom Nordost- 
ende des Sees, jenseits des Jordans. Josephus kennt eine xwun 
in Gaulanitis, unweit der Mündung des Jordan in den See, 
welche von Herodes Philippus zur Stadt erhoben und nach 
der Tochter des Augustus Julias genannt wurde (Antt. 18, 2,1. 
Jüd. Kr. 2, 9,1; 3, 10,7). Damit stimmen die Angaben 
der Evangelisten vollkommen überein; denn sie führen häufig 
einen Ort am Ostufer des Sees an, welchen sie bald eine 
Stadt (Jo 1,45. Lk 9, 10) bald einen Flecken nennen (Mk 
8, 22 23; vgl. Mk 6, 32 45. Mt 11, 21. Lk 10,13. Jo 6, 1; 
6, 16f 21). Die Stelle Jo 12, 21 spricht nicht gegen diese 
Auffassung; das dort zu Bndcaida beigefügte tig Takıkaias 
muls nicht vom Westjordanlande verstanden werden, da auch 
Orte im Osten des Sees, z. B. das gleichfalls in Gaulanitis 
gelegene Gamala, als galiläisch bezeichnet werden (Jos., Antt. 
18,1, 1und 6; Jüd. Kr. 2, 20,4). Bethsaida war die Heimat 
des Petrus, Andreas und Philippus (Jo 1, 45; 12, 21); wenn 
diese Männer wie überhaupt die Apostel (von dem Verräter 
Judas hat man dabei abzusehen) als Galiläer bezeichnet 
werden (Mt 26, 43ff. Mk 14,70. Apg 1,11; 2,7), so ist das 
ebensowenig befremdlich, als wenn Josephus den bekannten 
Empörer Judas aus Gamala in Gaulanitis „den Gealiläer“ 
nennt. Demnach dürften Riels (im Bibel-Atlas 7) und Hug 
(Einl. I 27) ın dieser Sache das Richtige getroffen haben, 
wenn man gleich bei beiden eine Erklärung der Stellen 
Mk 6,45 und Jo 6,17 vermilst; ihnen ist auch Guthe (im 
Bibelwörterbuch) beizuzählen, da er gleichfalls die Hypotlıese 
von zwei Orten mit Namen Bethsaida ablehnt, hingegen eig 
to nepav an der Markusstelle von einer gegenüberliegenden 
Seite einer Bucht am östlichen Ufer versteht, eine Aus- 
legung, welche nach dem ganzen Zusammenhang unbedingt 
unrichtig ist. 


Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 175 


Die Volksmenge kam erst andern Tags zu Schiff vom 
östlichen Ufer des Sees an das westliche, nach Kapharnaum. 
Am Tage der Speisung selbst harrte sie jenseits aus. Viel- 
leicht hatten einzelne die Weisung des Herrn an die Jünger 
(Mk 6, 45) vernommen, so dals sie dann die Wege nach Beth- 
saida scharf bewachten. Jedenfalls war das Volk am andern 
Morgen gewils, dals Jesus ebensowenig auf dem Landwege 
als zu Schiff vom östlichen Ufer an das westliche gekommen 
war. Eine Ahnung von dem wunderbaren Vorgang scheint in 
ihm aufgestiegen zu sein, wenigstens lälst die Frage Jo 6, 25 
dies vermuten: „Meister, wann (nicht wie) bist du hierher ge- 
kommen?“ In diesem Betreff sind wir ausschlielslich auf 
Johannes angewiesen; freilich liegt die Erklärung des kleinen 
Abschnittes 6, 22—24 im argen. Die Lesart schwankt gleich 
anfangs; doch haben sich die letzten Herausgeber (Nestle, 
Brandscheid, Hetzenauer) wie auf Verabredung hin, ebenso 
wie viele vor ihnen, für eidov (Brandscheid eidev) entschieden; 
es läge dann eine Constructio ad sensum vor (6 ÖxAog eidov), 
was ja gewils nicht ungewöhnlich wäre. Aber was wollen 
dann diese Worte überhaupt: Am andern Tag sah das Volk, 
dals, sc. tags zuvor, kein anderes Schiff da war und dals Jesus 
nicht mit seinen Jüngern in das Schiff gestiegen war, sondern 
seine Jünger allein (ohne Jesus) abgefahren waren? Das wäre 
ja ein Unsinn! Weizsäcker hat das gefühlt und darum das 
eidov eigentümlich wiedergegeben: es erwog die Menge; indes 
hat er zu dieser Übersetzung kein Recht, da ideiv nicht er- 
wägen bedeutet. Da hat einmal wieder der Philologe Blals 
in seiner Ausgabe des Johannesevangeliums das Richtige ge- 
troffen; ich muls zwar bestreiten, dafs er den Text an der 
Stelle durchweg richtig hergestellt hat; aber zum Verdienst 
gereicht es ihm, dals er eiöwg aufgenommen (cum scirent) 
statt des sinnlosen eidov, so dafs Johannes berichtet: Tags 
darauf bestieg die Volksmenge, welche jenseits am See stand, 
da sie sicher wulste, dals aulser dem Schiffe Jesu kein anderes 
dagewesen und dafs Jesus bei der Abfahrt der Jünger auf 
demselben sich nicht befunden hatte, von Tiberias her- 


1176 Belser, Zu der Perikope von der Speisung der Fünftausend. 


gekommene Schiffe und fuhr nach Kapharnaum. Gilatt ist frei- 
lich die Konstruktion nicht: rn &rraupıov gehört nicht zu eidwsg, 
sondern zu dem Hauptverbum, welches erst in V. 24 folgt: 
eveßnoav kai HAdov; es liegt ein Anakoluth vor, veranlalst durch 
den Zwischensatz: AaAX\a YA8ov rAorapıa; nach diesem fährt 
der Evangelist in veränderter Konstruktion fort: Öte oUV eidev 
6 dxAog, und bringt dann erst das Hauptverbum. 

Ergebnis. Die Berichterstattung der vier Evangelisten 
über das Speisungswunder in der Wüste von Bethsaida ist un- 
angreifbar; irgend ein Widerspruch zwischen der Darstellung 
der Synoptiker und jener des Johannes existiert nicht. Den 
tiefsten Einblick in die Bedeutung der grofsen Wundertat 
und deren Beziehung zu der nachfolgenden Rede Jesu zu 
Kapharnaum gewährt Johannes, aber nur unter der Voraus- 
setzung, dafs er 6,4 das Laubhüttenfest im Auge hat. 


Miszelle zu Mt 19, 24 und Parall. 


In einem kürzlich erschienenen Schriftchen erzählt Pfarrer 
J. Kousal, dals er während seiner Palästinareise aus dem 
Munde arabischer Matrosen die Bezeichnung kamilon für 
Schiftstau hörte, was ihm sofort den bekannten Ausspruch 
Christi ins Gedächtnis rief. Die Deutung xdaunAog = Schifls-, 
Ankertau, überhaupt „starkes Seil* fand erwiesenermalsen 
schon im Altertum Vertreter; ein angebliches ÖOrigenes- 
Scholion erwähnt Schanz (Kommentar 416); ein anderes, 
dem Photius zugeeignet, fast gleichen Wortlautes mit dem 
vorigen, bringt Cramer (Cat. I 488). Bar Hebr. (Schol. in 
evang. s. Mt) sagt, dals Oyrillus diese Erklärung vorgetragen, 
und Moses bar Kepha eine ähnliche: „grofser (starker) Balken“. 
Vgl. auch Theophyl. und Euthym. zur Stelle. Sophocles er- 
wähnt in seinem Greek Lexicon auffallenderweise diese Be- 
deutung des xaunAog mit keiner Silbe. Unbeachtet blieb auch 


Herklotz, Miszelle zu Mt 19, 24 und Parall. 177 


meines Wissens bis jetzt die armenische Übersetzung des 
Verses; dieselbe liest malh, welches „Tau, Seil“ bedeutet, 
verstand also xdunAog in diesem Sinne. Nimmt man die an- 
geführte Beobachtung hinzu, wird man sich der Annahme nicht 
völlig verschlielsen können, xaunkog habe wirklich diese Bedeu- 
tung gehabt. Es braucht aber ebensowenig ein echt griechi- 
scher Ausdruck zu sein, wie käunAog = Kamel, worauf bereits 
Fraenkel (Die aram. Fremdwörter im Arab., Leiden 1886, 
228f) hinwies, und zu aram. 85%), wovon die arabischen 
Formen sowie das griechische Wort ihren Ursprung herleiten 
werden, bietet jetzt Brockelmann (Lexic. syr.) Belege. Das 
kamilon (man beachte die Endung) jener Araber — wenn es 
wirklich solche waren — würde sich demnach als Rück- 
entlehnung aus dem Griechischen darstellen. Ob der Matthäus- 
übersetzer kdunAog bei vorauszusetzendem &5D) des Originales 
in der einen oder andern Bedeutung nahm, wird sich kaum 
entscheiden lassen. 
Leitmeritz. Dr Fr. Herklotz. 


Biblische Zeitschrift. II. 2. 12 


Wann und wie hat Paulus ‚‚Christum nach dem 
Fleische gekannt“ (2 Kor 5, 16)? 


Von Prof. Dr Valentin Weber in Würzburg. 


Der schwierige Vers 2 Kor 5, 16 ist noch nicht befrie- 
digend erklärt. Meines Erachtens enthält er ein wichtiges 
Selbstzeugnis des Völkerapostels über die Entwicklung seiner 
christlichen Erkenntnis. 

Gegenüber böswilligen Mifsdeutungen seines apostolischen 
Eifers betont Paulus die Selbstlosigkeit seines Wirkens: er 
suche nur Gottes Ehre und der Menschen Heil (5, 13); denn 
die Opferliebe des Gekreuzigten sei ihm Beweggrund und Vor- 
bild für das eigene Handeln, seitdem ihm die Erkenntnis auf- 
gegangen, was des Messias Kreuzestod im göttlichen Heils- 
plane bedeute und bezwecke (5, 14f). In Form einer Folgerung 
fährt nun Paulus fort: „Daher kennen wir (Hueic) von jetzt 
an niemand nach dem Fleische; wenn wir auch gekannt 
haben nach dem Fleische Christum, so doch jetzt nicht mehr 
kennen wir (ihn und die Menschen nach dem Fleische)“ (5, 16). 
Der Bedingungssatz 16b hat in alter und neuer Zeit sehr 
mannigfache Auslegung gefunden, doch können viele dieser 
Deutungsversuche für abgetan gelten. Denn die neueren Er- 
klärer halten mit guten Gründen und ziemlich einhellig ein 
Dreifaches fest: a) Subjekt ist wie in 16a Paulus (und seines- 
gleichen) im Gegensatz zu den judaisierenden Lehrern, also 
nicht etwa andere im Unterschied von Paulus, sondern 
gerade dieser selbst in erster Linie; er spricht nur, wie oft, 
im Plural, indem er seinesgleichen einschliefst — vielleicht 
mit ebenso kühnem Idealismus wie an manchen andern Stellen; 


Weber, Wann u. wie hat Paulus „Christum nach dem Fleische gekannt“? 179 


also: wir= ich, unsereins. b) „Nach dem Fleische kennen“ 
heifst nicht etwa „von Angesicht kennen“, als ob Paulus sagen 
wolle, er habe Jesum in dessen irdischen Tagen gesehen und 
persönlich gekannt, sondern geht auf ein fleischliches Beurteilen, 
d.i. auf Christus bezogen, auf ein Beurteilen desselben nach 
einem irgendwie jüdisch-pharisäischen Malsstabe. c) Xpıotöv 
heilst nicht „einen Messias“, als ob Paulus nur von seiner vor- 
christlichen, pharisäischen Messiasidee rede, sondern bezeichnet 
wie vorher und nachher den geschichtlichen Christus. Es 
steht also fest: Paulus spricht bedingungsweise davon, dals er 
in früherer Zeit Christum den Herrn nach einem irgendwie 
jüdisch-pharisäischen Malsstabe beurteilt habe. Festzustellen 
bleibt, in welcher Lebensperiode des Paulus dies der Fall war 
und in welchem näher zu bestimmenden Sinne. 

I. Die erstere Frage wird in neuerer Zeit dreifach be- 
antwortet: 

a) vor der Bekehrung (Maier, Bisping, Reischl, Cornely 
und überhaupt alle katholischen Erklärer; ferner Meyer, 
Schmiedel, Weils); 

b) nach der Bekehrung bis in die Zeit der Thessalonicher- 
briefe (Klöpper; vgl. auch Schnedermann); 

c) niemals, da 16b als nur möglicher oder als unwirk- 

licher Fall aufzufassen sei (Heinrici). 

Alle drei Antworten sind unhaltbar. Das ist bezüglich der 
ersten von Klöpper und Heinrici, im Grunde auch von Schmiedel 
überzeugend dargetan; die zweite widerstreitet zu offensichtlich 
den Aussagen des Galaterbriefes, wonach Paulus sein Evan- 
gelium vom Christus jederzeit ohne Änderung und Schwankung 
verkündigt hat; die dritte wird von Heinrici in Vorschlag ge- 
bracht, weil „alle Erklärungen, welche 16b als wirklich ein- 
getretenen Fall annehmen, keine klare Vorstellung ergeben“, 
aber diese Voraussetzung trifft nur bei den von Heinrici be- 
sprochenen Erklärungen zu und die Annahme eines unwirk- 
lichen Falles ist unzulässig (vgl. Schmiedel). Zu einer wirk- 
lich befriedigenden und gesicherten Antwort führt folgende 
Erwägung. 

12* 


180 Weber, Wann und wie hat Paulus 


Lälst man den Worten des Textes ıhren natürlichen Sinn, 
so macht Paulus 16b das Zugeständnis, dafs er in früherer Zeit 
Christum nach fleischlichem (jüdischem) Malsstabe beurteilt 
hat. Also bleibt die Alternative: Das geschah entweder vor 
oder naclı seiner Bekehrung, genauer gesprochen, entweder vor 
oder nach der Christuserscheinung auf dem Wege nach Damas- 
kus, mit der die Bekehrung zum Glauben an den Christus 
Jesus zeitlich zusammenfällt.e Vor der Christuserscheinung 
hat nun Paulus allerdings Christum insofern nach jüdisch- 
pharisäischem Malsstabe beurteilt, als er ihn für einen ge- 
kreuzigten Missetäter und für einen Lügenmessias hielt. Allein 
das konnte er 16b nicht sagen wollen. Nicht nur hätte er 
statt „Christum“ richtiger Jesum schreiben sollen, sondern vor 
allem würde der Nachsatz unerträglich matt und inhaltsleer. 
Denn was soll der Gedanke: „Wenn ich auch in meiner phari- 
säischen Periode Christum für einen Pseudomessias gehalten 
und verfolgt habe, so tue ich das doch jetzt nicht mehr“? 
Das ist zu selbstverständlich! Ginge der Vordersatz auf die 
vorchristliche Zeit des Paulus, so wäre im Nachsatz ein anderer 
Gedanke zu erwarten, etwa: „so habe ich doch damals auch 
folgerichtig gehandelt und von einem solchen Messias, der zum 
jüdischen Messiasideal so wenig pafste, nichts wissen wollen, 
während meine Gegner zugleich an letzterem und an Jesus als 
dem Messias festhalten wollen“. Darin sind doch alle Aus- 
leger einig, dals Paulus im V. 16 von seiner Beurteilung Christi 
im Gegensatz zur Auffassung der zu Korinth gegen ihn agi- 
tierenden Lehrer spricht. Wenn er also dem Sinne nach 
sagt: „Ich kenne Christum nicht mehr nach dem Fleische, 
während meine Gegner eine solche Auffassung, die ich aller- 
dings früher einmal geteilt habe, immer noch festhalten wollen“, 
so kann er nicht seine ehemalige ungläubige Beurteilung 
Christi mit der gläubigen seitens der Gegner auf gleiche Stufe 
stellen wollen, sondern er spricht auch seinerseits von einem 
gläubigen Kennen Christi, das „Anerkennung einschliefst“ 
(Schmiedel). Ein solches begann für Paulus mit dem Augen- 
blick, da er durch die Christophanie vor Damaskus von der 


„Christum nach dem Fleische gekannt“? 181 


Messianität Jesu überführt war. Hiermit ist der Anfangspunkt 
jener Zeitperiode, in welcher Paulus den Herrn nach dem 
Fleische kannte, mit aller Genauigkeit und Sicherheit fest- 
gestellt. Es gilt nur noch den Endpunkt zu fixieren, und 
diesen gibt Paulus selbst mit aller wünschenswerten Bestimmt- 
heit an. Der Ausdruck „von jetzt an“ 16a, der den terminus 
a quo des „jetzt* 16c und somit den terminus ad quem des 
vorausgegangenen Kennens Christi nach dem Fleische 16b 
festsetzt, bezeichnet mit lebhafter Vergegenwärtigung den 
Augenblick des xpivaı V. 15, da dem Paulus die Heilsbedeu- 
tung des Kreuzestodes Christi klar geworden ist. Es ergibt 
sich somit das überraschende Resultat, dafs Paulus 
zwei Zeitmomente seines Lebens, die von den meisten 
Auslegern in den vagen Zeitbegriff seiner „Bekeh- 
rung“ zusammengeworfen werden, nämlich den Zeit- 
punkt seiner Christusvision vor Damaskus und den 
seines Verständnisses des messianischen Kreuzes- 
todes, auf das schärfste dadurch zeitlich trennt, dafs 
er zwischen beide die Periode seines Kennens Christi 
nach dem Fleische einschiebt. Wie lange diese Periode 
gedauert hat, erfahren wir aus dem Galaterbriefe 1, 15f: „Als 
es aber dem, der mich vom Scholse meiner Mutter an aus- 
gesondert und durch seine Gnade berufen hatte, gefiel, zu 
offenbaren seinen Sohn in mir, damit ich ihn unter den Heiden 
verkündige*. Hier unterscheidet Paulus a) seine Aussonderung 
vom Mutterleibe an, d.h. die Kette von göttlichen Fügungen 
und Führungen, durch welche er vom Lebensanfang an für 
den späteren Beruf vorbereitet wurde, b) die Berufung durch 
das Gnadenereignis der Christusvision, c) die darauf erst fol- 
gende Offenbarung des Sohnes Gottes in seinem Innern, d.h. 
die durch unmittelbare göttliche Erleuchtung bewirkte volle 
Ausrüstung zum Heidenapostolat, mit andern Worten die Offen- 
barung des spezifischen Inhaltes des paulinischen Evangeliums 
(Gal 1,12). Diese Auffassung, die ich, ohne auf 2 Kor 5, 16 zu 
achten, schon früher (Abfassung des Galaterbriefes vor dem 
Apostelkonzil, 1900, 156ff) vorgetragen und eingehend be- 


182 Weber, Wann und wie hat Paulus 


gründet habe, die jedoch bis jetzt einer Würdigung nicht wert 
befunden wurde, ist nunmehr durch unsere Stelle des zweiten 
Korintherbriefs, falls obiges Resultat unanfechtbar bleibt, be- 
stätigt und gesichert. Denn der spezifische Inhalt der pauli- 
nischen Verkündigung Gal 1, 12 16 ist identisch mit dem 
messianischen Kreuzestode nach paulinischem Verständnis (2 Kor 
5, 14f): die Frohbotschaft für alle von der Erlösung in Christo 
aus Gnade ohne die Werke des Gesetzes; und in beiden Briefen 
unterscheidet Paulus mit gleicher Bestimmtheit den Empfang 
dieses seines Evangeliums der Gnade für alle oder, was das- 
selbe ist, den Empfang des Heidenapostolates von der früher 
erfolgten Berufung zum Glauben an den Messias Jesus und 
zum Apostolat überhaupt. Die Zwischenzeit, während welcher 
er Christum nach dem Fleische kannte, dauerte mindestens 
drei Tage (vgl. Apg 9, 9), wahrscheinlicher bis zu seinem Auf- 
treten in den Synagogen von Damaskus (Apg 9, 19), wenn 
nicht bis zum Weggang aus Damaskus nach Arabien. Gal 
1,16f fährt nämlich Paulus fort: „Da sofort zog ich nicht 
Fleisch und Blut zu Rate, auch ging ich nicht [als ich nach 
einiger Zeit Damaskus verliels? oder: indem ich sofort Da- 
maskus verliels?] weg nach Jerusalem zu den vor mir berufenen 
Aposteln, sondern ging weg nach Arabien und kehrte wieder 
zurück nach Damaskus.“ Es läfst sich nicht sicher ent- 
scheiden, ob das „sofort“ nur zum ersten Satz gehört oder 
auch zum zweiten. In letzterem Falle läge in dem Milserfolg 
der Predigt an die Juden zu Damaskus (Apg 9,20ff) eine psycho- 
logische Vermittlung, eine prädisponierende Ursache, für die 
Offenbarung des Heidenapostolates. 

II. Die andere Frage, in welchem Sinne Paulus in 
jenen ersten Tagen oder Wochen nach dem wunderbaren Er- 
eignis vor Damaskus den Herrn, den er geschaut hatte (1 Kor 
9,1), „nach dem Fleische kannte“, lälst sich nunmehr leicht 
beantworten. Er beurteilte ihn nach jüdischen Messias- 
ideen, soweit er dies mit dem Glauben an die Messianität 
Jesu vereinbar fand. Es war ein Glaube an Jesus als den 
Christus trotz seines Kreuzestodes. Der gekreuzigte Messias 


ns NE PEE EEE 


„Christum nach dem Fleische gekannt‘? 183 


war ihm damals nicht Kern und Stern der Heilsbotschaft, 
sondern ähnlich wie andern Judenchristen ein Ärgernis, das 
nur durch die Gewilsheit der Auferstehung des Gekreuzigten 
überwunden war. Er betrachtete den Messias Jesus als den 
Nationalmessias der Juden und die treue Beobachtung des 
mosaischen Gesetzes nach wie vor als Bedingung der Teil- 
nahme am messianischen Reiche. Es fehlten eben seiner da- 
maligen christlichen Erkenntnis jene Stücke, die ihm erst durch 
neue Offenbarung klar wurden: dafs Christus für alle ge- 
storben und dafs den in Christo Erlösten ein neuer Lebens- 
inhalt gegeben und ein neues Lebensziel gesteckt sei (2 Kor 
56, 14f). Darum hielt er damals mit dem Glauben an den 
Christus Jesus die Beibehaltung des pharisäischen Gesetzes- 
eifers (natürlich eines geläuterten Eifers, wie er ihn Röm 10, 2 
an den ungläubigen Volksgenossen rühmt, nicht eines schein- 
heiligen Eifers, wie ihn Jesus mit Recht gerügt hatte), eben 
darum auch ein Pochen auf reine Nationalität und tadel- 
lose Gesetzesgerechtigkeit (vgl. 2 Kor 11, 22 und Phil 3, 5—7) 
vereinbar. Seine christliche Erkenntnis war eine noch un- 
vollkommene, unzulängliche, eine Art Vermittlungstheologie 
(vgl. Estius, Klöpper, Schnedermann, die dieser Fassung, ab- 
gesehen von der Frage der Zeitdauer, etwas nahe kamen). 

Diese Auffassung, die sich aus der oben erschlossenen 
Zeitdauer der fraglichen Übergangsperiode von selbst ergibt, 
wird dadurch bestätigt, dafs sie allein a) dem Text und 
b) dem Kontext gerecht wird. 

a) Die älteren Ausleger lielsen die Frage offen, ob die 
Worte xar& oapra mit dem Verbum oder mit dem Objekt 
zu verbinden seien (vgl. Thomas von Aquin). Die neueren 
Erklärer geben einmütig zu, dals nur die erstere Verbindung 
statthaft sei, verlangen aber zumeist trotzdem eine Deutung 
ım Sinne der zweiten Verbindung, als ob „Christus nach dem 
Fleische“ ein Begriff wäre. Holsten (Zum Evangelium des 
Paulus und des Petrus 430) behauptet geradezu: „Das Xpıotov 
Yıyworeıv Kata oapka geht zurück auf einen Xpıiortög TO Katü 
oapxka (Röm 9,5)“ Und Schmiedel meint: „Kata oapra 


184 Weber, Wann und wie hat Paulus 


geht nicht auf äulserliche Urteilsweise, sondern auf äulsere 
Eigenschaften des zu Beurteilenden.“ Unsicher herumtastend 
sagen nämlich die Ausleger (vgl. Maier, Bisping u. a.), xara 
oapka bezeichne entweder die subjektive oder die objektive 
Norm des Kennens, d.i. der Satz „ich beurteile irgend einen 
nach dem Fleische“ könne bedeuten entweder: „ich beurteile 
ihn nach meinem Fleisch (fleischlichen Standpunkt oder Mafs- 
stab)“, oder aber: „ich beurteile ihn nach seinem Fleisch 
(nach seinen fleischlichen Eigenschaften)“; nun passe im V.16 
nur die objektive Norm, so dals Paulus sage, er habe „vor- 
mals COhristus nur als Josephs Sohn, als blofsen Menschen“ 
(Maier), „als blofsen Menschen und mit Recht Verfolgten* 
(Bisping), „als gekreuzigten Missetäter“ (Weils), „als Juden 
und Sohn Davids“ (Holsten) gekannt und beurteilt. Aber diese 
Deutung des xara odpxa auf die objektive Norm des Kennens 
ist unhaltbar aus sachlichen und sprachlichen Gründen. Als 
„blofsen Menschen“ und als „Missetäter“ kennen auch die 
judaisierenden Lehrer Christum nicht mehr (wenn sie ihn je so 
beurteilt haben sollten), während doch 16c implicite sagt, dals 
ihr fragliches „kennen“ fortdauert, und „als Juden, Sohn Davids, 
unter dem Gesetze Gestandenen“ kennt Paulus auch jetzt noch 
Christum (Röm 9,5; 1,3. Gal 4, 4), während doch von einem 
Kennen die Rede ist, das für ilın gänzlich aufgehört, nicht etwa 
nur an christologischem Wert viel verloren hat. Sprachlich aber 
erscheint die Fragestellung, ob die subjektive oder objektive Norm 
gemeint sei, als unrichtig (vgl. schon Hofmann) und überhaupt 
gegenstandslos. Gehört einmal xara odpka zum Verbum, so 
bezeichnet es an sich einzig und allein die subjektive Norm: 
YIVWOKW KATA GAPKa = YIVWOKW KATd TNV Eunv Odpka. So 
in allen ähnlichen Fällen: 1,17; 10,2 3; 11,18 (gegen Maier); 
Röın 8,4. 12.13; und an unserer Stelle um so mehr, weil 16b 
parallel steht zu 16a, hier aber von einem Kennen die Rede 
ist, nach welchem sich die sittliche Haltung richtet, was eine 
subjektive Norm fordert. Freilich wer andere nach seinem 
subjektiven Mafsstab schätzt, wird auf solche Eigenschaften 
achten, die den Wünschen und Anschauungen des eigenen 


„Christum nach dem Fleische gekannt“? 185 


Herzens entsprechen, und insofern ist mit der subjektiven Norm 
des Beurteilens zugleich die objektive gegeben, aber nur als 
sekundäres Moment, als Folge. Der Sinn von Vers 16a ist 
also: Seitdem uns klar geworden, dafs unsere oäp£ im Kreuzes- 
tode Christi ertötet und wir in Christo Lebenden mit Verzicht 
auf alle sarkischen Interessen für Christus leben sollen, haben 
wir dieser göttlichen Heilsabsicht entsprochen. Wir kennen 
niemand nach dieser gap£, nach welcher wir vordem bei uns 
und andern auf fleischliche Vorzüge (der Abstammung und 
der Selbstgerechtigkeit) grofsen Wert gelegt haben. Weil 
nun für das ausgereifte christliche Bewulstsein des Paulus 
„feischliches“ Urteilen und Verhalten identisch ist mit vor- 
und aufserchristlichem, sieht er sich veranlalst, ein Zugeständ- 
nis zu machen, das jedoch für die jetzige Lage der Dinge be- 
deutungslos sei, dals er nämlich eine Zeitlang „fleischliche‘“ 
und christliche Anschauung für vereinbar hielt. Deswegen 
fährt er 16bc fort: Wenn es auch eine Übergangszeit gab, in 
der wir gekannt haben nach dem Fleische Christum [nach 
jüdisch-pharisäischen Messiasbegriffen und infolgedessen auch 
die Menschen nach jüdisch-pharisäischer Anschauung], so ge- 
schieht das doch jetzt [seit jener besseren Erkenntnis] nicht 
mehr. 16b enthält also weder eine Steigerung (gegen Hein- 
rici, Klöpper, Beyschlag: „selbst mit Christus mache ich keine 
Ausnahme“!) noch eine analoge Anwendung (Maier) noch eine 
Illustration (Cornely, der 16a sehr gut erklärt) von 16a, sondern 
ein Zugeständnis betreffs der christlichen Vergangenheit, das 
durch 16c als für die Gegenwart belanglos bezeichnet wird, 
wobei 16b statt des fleischlichen Kennens der Menschen mit 
prägnanter Kürze gleich dessen Ursache, nämlich das fleisch- 
liche Kennen Christi, genannt ist. 

b) Die vorgetragene Auffassung wird, wie durch den un- 
mittelbaren Zusammenhang, so auch durch den Grundgedanken 
unserer Stelle auf Grund des Kontextes gefordert. Paulus 
verwahrt sich gegen den Vorwurf, dals er sich selbst predige, 
betont die Lauterkeit und Selbstlosigkeit seines Wirkens und 
will den tiefsten Grund hierfür aufzeigen. Er hat es erkannt, 


186 Weber, Wann und wie hat Paulus 


was des wahren Christen Pflicht und Lebensideal ist, nämlich 
das Mitsterben mit dem Herrn, das im Kreuzestod Christi 
prinzipiell und objektiv für alle vollzogen, zur eigenen sittlichen 
Tat zu machen, d. i. frei von allem fleischlich-selbstischen 
Streben nur für Christus, in und mit ibm, zu leben, so dals 
des Gekreuzigten Opferliebe zu Gunsten aller Menschen das 
Vorbild für das Sinnen und Trachten des Christen ist. Und 
— das liegt in dem worte 16 — diese Erkenntnis auch in die 
Tat umzusetzen, war ihm heiligster Ernst: seitdem kennt er 
niemand nach dem fleischlichen Malsstab persönlicher oder 
nationaler Selbstsucht; wenn er auch eine Zeitlang als Christ 
den mitgebrachten vorchristlichen Malsstab beizubehalten suchte, 
bis ihm die Konsequenzen des Christusglaubens völlig klar ge- 
worden sind, so war dies eine Übergangsperiode [und zeigt, dals 
er den ähnlichen Standpunkt, den die judaisierenden Lehrer 
jetzt noch einnehmen, aus eigener Erfahrung kennt, aber als 
unhaltbar überwunden hat]; daher gilt seitdem für ihn wie für 
alle Gläubigen: der wahre Christ ist ein neues Geschöpf; das 
Alte (die fleischliche, jüdisch-pharisäische Anschauung vom 
Messias und von der verschiedenen Wertschätzung der Juden 
und Heiden usw.) ist vergangen, er ist neu geworden (vgl. 
Phil 3, 7ff). Dem entspricht des Apostels Wirken und 
Trachten (18 ff). Das zweite wote (17) folgert wohl nicht aus 
16, sondern gleichfalls aus 14 f, jedoch nicht so, dafs der nega- 
tiven Aussage 16 nur die positive desselben Gedankens bei- 
gefügt wird, sondern so, dals 16 eine besondere Folgerung 
(wie Paulus als Christ die Personen beurteilt), 17 eine ganz 
allgemeine (wie jeder wahre Christ in seiner ganzen sittlich- 
geistigen Verfassung umgewandelt und erneuert ist) ausgesagt 
ist. Paulus hat lI4f auf Grund dessen, was er persönlich er- 
lebt und erfahren, geschrieben; um aber jeden Schein von 
Selbstruhm abzuwehren, spricht er 14—16 im Plural, seines- 
gleichen einschlielsend, und deutet durch den allgemeinen Satz 
17 an, er selbst tue nur, was seine Christenpflicht sei, die 
(segner aber möchten sıch fragen, ob sie wirkliche Christen 
sind. 





„Christum nach dem Fleische gekannt‘? 187 


Vermutlich wurde dem Paulus von den judaisierenden 
Lehrern in Korinth vorgeworfen, er predige sich selbst, seine 
Verkündigung sei verhüllt (4, 3) durch Eintragung subjekti- 
vistischer Ideen, wodurch viele und gerade seine Volksgenossen 
abgestolsen würden, dafür nehme er unterschiedslos die, welche 
sich melden, auf und lege viel zu wenig Gewicht auf die sitt- 
lichen Forderungen, die betrefis der Juden auch die gesetz- 
lichen Vorschriften einschlössen. Deshalb verweist er auf das 
tiefste Motiv seines Eifers und auf das Bewulstsein heiliger 
Verpflichtung (13—20) und reiht sofort eine ernste Sitten- 
mahnung an (5, 21; 6, 1ff). Freilich konnte nun 16 von den 
Gegnern milsdeutet werden, als ob Paulus die nationalen Vor- 
züge der Juden und die menschliche Erscheinung und Natur 
Christi in Abrede stellen wolle Darüber kam es naturgemäfs 
in der Folge zu persönlichen Auseinandersetzungen, und den 
Ertrag der Streitreden, die der Apostel zu Korinth mit seinen 
Gegnern geführt, hat er im Römerbrief niedergelegt. Daher 
dürfen wir Röm 1—11 als den authentischen Kommentar 
zu unserer Stelle ansehen, speziell Röm 1,16 (npwrov); 3, 
2; 9, 1—5; 10, 1; 11, 13f als Replik gegen die Milsdeutung 
von 16a, desgleichen Röm 1, 3 und 9,5 als Replik gegen die 
Mifsdeutung von 16b. 

Ist die vorgetragene Erklärung in der Hauptsache richtig, 
so fällt erwünschtes Licht auf Stellen wie 2 Kor 4,6; Phil 
3, 7; Gal 1,12 16, die auf dieselbe Vollerkenntnis der christ- 
lichen Heilswahrheit gehen wie 2 Kor 5, 14f. Es ist der Be- 
weis erbracht, dafs die messianischen Einsichten des Paulus 
stufenweise gereift sind, und das Problem der psychologischen 
Vermittlungen der Bekehrung desselben erfährt eine wesent- 
liche Umgestaltung, da ein doppelter Umschwung im Geiste 
des Paulus zu erklären ist, zuerst der vom Christenverfolger 
zum Christusgläubigen, sodann der von der judaistischen Auf- 
fassung des Messias Jesus zur geläuterten universalistischen 
Messiasidee. Die bei den Kritikern beliebte Annahme, als 
habe Paulus schon vor seiner Christophanie all die Kon- 
sequenzen klar erkannt, die sich für den Fall der Messianität 


188 Sanda, Miszelle zu 2 Petr 2, 15. 


Jesu aus dessen Kreuzestod ergeben, erweist sich als auf irrigen 
Voraussetzungen beruhend, und die Holstensche Visionstheorie 
hat zugleich ihren berückenden Reiz verloren. Die „so an- 
sprechende Vermutung, dals der Heidenapostolat gleichsam 
eine erst nachgehends gereifte Frucht des Tages von Damas- 
kus, dafs auch der Universalismus der Weltreligion eine erst 
später gezeitigte Entwicklungsphase des paulinischen Denkens 
und Wirkens darstellen solle“ (Holtzmann, Neutest. Theol. II 
60), ist, freilich in anderem Sinne als bei „Straatmann, B. 
Weifs, Klöpper, Clemen“, durch das „entscheidende Selbst- 
zeugnis des Paulus selbst“ (Holtzmann a. a. O.) als Tatsache 
sichergestellt, im Einklang mit Apg. 9 und 22, während Apg 
26, 17f als summarische Zusammenfassung (vgl. Felten z. St.) 
zu verstehen ist. 


Miszelle zu 2 Petr 2,15. 


Das BoAaau Toü Booöp bildet seit langem eine crux inter- 
pretum. Balaams Vater hiels Yy2, was die LXX mit Bewp 
oder Baıwp wiedergeben. Josephus und Philo nennen Balaams 
Vater nicht. Zahn (Einleitung? II 110) hält Booöp für text- 
kritisch sicher. Durch Hineinkorrigieren des Bewp ist ın 
manchen Hss sogar Bewopoop entstanden (s. Tischendorfs 
Apparat zur Stelle). Die Vulgata hat merkwürdigerweise „ex 
Bosor“, falst also letzteres als Ortsnamen. Zahn (a. a. O.) ist 
geneigt, in Bocop eine künstliche Rückhebraisierung der (mit 
Recht) als aramäisch angenommenen Form Yy2 3 =)) zu 
sehen. Dies hat bei einem Eigennamen jedenfalls sehr wenig 
für sich und ist eine schon vor Zahn von manchen versuchte 
Ausflucht. Noch mehr sträubt sich IND dagegen, als aramäische 
Originalform für ein rückhebraisiert gedachtes Bosor zu dienen. 
Ich glaube im folgenden den Schlüssel zur Lösung des Rätsels 
mit Hilfe von keilinschriftlichen Angaben zu bieten. 


Sanda, Miszelle zu 2 Petr 2, 15. 189 


Die Stadt Pethor, aus der Balaam berufen wird, kommt 
öfter in den Inschriften Salmanassars Il. (859—825 v. Chr.) vor. 
Sie heilst dort Pitru und liegt am linken Ufer des Sadjür, 
eines rechten Nebenflusses des Euphrat!. Dort in der Nähe 
liegt ein Gebirge, das Tiglat Pileser I. (um 1100 v. Chr.) in 
seiner grolsen Inschrift 5, 59 Bi-es-ri nennt, und an dessen 
Fulse sechs Städte gelegen waren, welche er eroberte. Damit 
ist wohl das Gebirge Bi-su-ru bei Assurnasirpal (884—860) 
identisch. In derselben Gegend rechts vom Euphrat liegt eine 
Stadt Til Baseri, die Salmanassar II. unter einer Gruppe von 
sechs Festungen des Landes Bit Adini nennt. Das stimmt 
sehr gut zu der Nachricht Tiglat Pilesers I. über die sechs 
Städte am Fuls des Gebirges Bi-e$-ri. Til Ba$eri ist das 
heutige Tell BaSer südöstlich von ‘Aintab am Oberlauf des 
Sadjür. 

Offenbar sind Be$ri, Bisuru und Ba$eri Varianten eines 
und desselben Namens, der eine gebirgige Gegend am Sadjür 
bezeichnet. Ebendort ist Pethor, die Heimat Balaams, zu 
suchen. Was liegt näher, als in Booöp die Gräzisierung von 
BaSer zu erblicken? Dann ist Bosor allerdings nicht eine 
Umformung aus Be’or, dem Namen von Balaams Vater, sondern 
die Bezeichnung einer Gegend. Das stimmt wieder mit der 
Version der Vulgata „Balaam ex Bosor“. Das griechische ToÜ 
Booöp mit „aus Bosor“ zu übertragen, geht nicht an. Es drängt 
sich die Vermutung auf, dafs dem lateinischen Übersetzer eine 
entsprechende uralte Lesart vorlag, die einzig als richtig an- 
zunehmende, welche sonst verloren gegangen und nur durch 
die Vulgata erhalten blieb — ein äufserst interessanter Fall 
zur Geschichte des Textes. Man könnte zwar die Möglichkeit 
erwägen, ob nicht eine volkstümliche Verwechslung der in etwa 
ähnlich klingenden Namen Ba$er und Beor den heiligen Petrus 
veranlalst habe, den in den Sagen der palästinensischen Juden 
jetzt noch sehr populären Balaam (Sohn) toü Booöp zu nennen. 


1 Auf Billerbecks Karte in Keilinschr. u. Altes Test.3 ıst Pitru un- 
richtig eingetragen. 


190 Sanda, Miszelle zu 2 Petr 2, 15. 


Indessen ist diese Annahme einer volkstümlichen Verwechslung 
von Land und Vater weniger wahrscheinlich, da sie in der Bibel 
keine Stütze findet, zumal Bewp auf das genaueste überall 
überliefert ist. Es dürfte darum der andere Erklärungsversuch 
vorzuziehen sein; nur die Vulgata hat mit ihrem „ex Bosor* 
die richtige Originallesart getroffen und erhalten, während alle 
übrigen Texte einer falschen Variante folgten. 
Beachtenswert ist, dals das samaritanische Targum an 
beiden Stellen, wo Pethor genannt wird (Nm 22,5 und Dt 23,5), 
WB schreibt (so die mir einzig zugängliche Ausgabe von 
Brüll. Eine „Hebraisierung“ aus nd kann es nicht sein, da 
der Samaritaner die Tendenz zeigt, hebräische Eigennamen 
in ihrer dermaligen aramäischen Form anzuführen, also von 
einer „Rückhebraisierung“* aramäischer Namen weit entfernt 
ist. Vgl. die Wiedergabe von %2 durch yan2. Der Über- 
setzer wulste von der Existenz eines Distriktes Baer in der 
Heimat Balaams. Pethor war ihm wohl nicht mehr geläufig. 
und er „korrigierte“ es unter dem Einfluls der Form Ba$er 
(eventuell Bisur) zu WB. Die Verwechslung von 2 und DB 
bildete wie sonst öfter keine unüberwindliche Instanz. Die 
samaritanische Variante ist also eher eine Bekräftigung obiger 
Ausführungen über Bosor. 
Leitmeritz. Dr A. Sanda. 


Besprechungen. 


Loisy, Alfred, Evangelium und Kirche. Autorisierte Übersetzung 
nach der zweiten, vermehrten, bisher unveröffentlichten Ausgabe des Ori- 
ginals von Joh. Griere-Becker. 80 (IV u. 189) München 1904, Kirchheim. 
M. 4.—; geb. M. 5.— 

ber die Kontroversen anläfslich des Buches von Loisy: L’Evangile 
et P’Eglise, ist in der BZ schon Bd. I, S. 207f und 415 berichtet worden 
Das durch die Zensurierung von seiten mehrerer französischer Bischöfe 
inhibierte Buch selbst blieb der Redaktion der BZ ebenso unzugänglich 
wie das jüngst erschienene des gleichen Verfassers: Autour d’un petit livre, 
worin derselbe sich mit seinen Kritikern auseinandersetzt. Erst die in 
einem deutschen Verlage erschienene deutsche Übersetzung der zweiten 
Auflage, welche in Frankreich infolge des kirchlichen Verbotes nicht 
publiziert wurde [inzwischen ist dies doch geschehen], setzt den Referenten 
in die Lage, die früheren, aus sekundären Quellen geschöpften Notizen 
zu ergänzen. Ein Vergleich mit der ersten Auflage ist aus dem an- 
egebenen Grunde auch nicht möglich. Doch finde ich einige von der 
Kritik an der ersten Auflage beanstandete Stellen (z. B. über Inspiration) 
in dieser Übersetzung nicht. 

Der Zweck des Buches L.s ist eine Auseinandersetzung mit Harnacks 
Wesen des Christentums. Hierbei möchte sich der französische Abbe auf 
einen neutralen Standpunkt stellen. Als unbeteiligter Beobachter, ledig- 
lich als Kritiker und Historiker will L. die Entwicklung des Christentums 
betrachten und hierbei zeigen, wie eng und einseitig Harnack das Wesen 
des Christentums als das Bewulstsein von Gottes Vatergüte bestimmt hat. 
L. legt auf diese rein historische Beurteilungsweise grofsen Wert und bringt 
sie in Gegensatz zur theologischen Auffassung, die auch den Wahrheits- 
gehalt einer Idee prüft (vgl. S. 86). Er möchte also — wenn wir ihn recht 
verstehen — dem Ühristentume gegenüber ähnlich verfahren wie etwa 
ein Historiker, der sich das Leben und die Religion Mohammeds zum 
Gegenstand erwählt hat. Methodisch betrachtet hat dieser Standpunkt 
seine Berechtigung und einem Gegner wie Harnack gegenüber war er 
auch der einzig wirkungsvolle. Aber durch historische Quellenanalyse 
und Kritik mag der Mohammedanismus klar zu legen sein, die Bedeutung 
des Christentums ist dadurch nicht zu erschöpfen. Man gelangt auf 
diesem Wege wohl zur Schale, aber nicht zum Kern; man kann die Fun- 
damente legen, das Gebäude selbst wird so nicht aufgebaut. Der Gegen- 
satz zwischen historischer und theologischer Betrachtungsweise darf also 
nicht als ein sich ausschlielsender betrachtet werden. Der wahre Theologe 
wird auch historisch denken, und der Historiker, der nicht auf der Ober- 
tläche bleiben will, muls auch theologische Gesichtepunkte beiziehen. 

Doch folgen wir nun L. auf seinen rein historischen Pfaden! Seine 
Untersuchungen gliedern sich in sechs Abschnitte: 1. Die evangelischen 
Quellen. 2. Das Himmelreich. 3. Der Gottessohn. 4. Die Kirche. 5. Das 
christliche Dogma. 6. Der katholische Kultus. Während Harnack in der 
Entwicklung des Christentums eine Abirrung von seinem ursprünglichen 
Wesen erblickt, kommt L. zu dem Resultate, „dals das Christentum in 


192 Besprechungen. 


der Kirche und durch sie gelebt hat und dals das Forschen nach einer 
Quintessenz durchaus nicht nötig ist, um es zu retten“ (8. 189). Zweifel- 
los finden sich unter L.s Ausführungen ganz hervorragende Partien — 
ich deuke z. B. an seine Ausführungen über die Notwendigkeit der Sakra- 
mentalität einer Religion (S. 177f) —, die drei Abschnitte indes, welche 
besonders in das Programm der BZ fallen, sind auch vom rein historischen 
Standpunkt aus betrachtet viellach zu beanstanden. Der mit der neueren 
protestantischen Literatur vertraute Leser findet bei L. die dort vorge- 
tragenen Lehren im wesentlichen wieder. Indes nicht daraus soll dem 
Verfasser ein Vorwurf gemacht werden — wenn ditse Ideen wahr sind. 
so ist es gleichgültig, woher sie stammen —, sondern daraus, dals er die- 
selben so vertrauensselig und unbesehen übernommen hat. Sehen wir 
hierbei ab von L.s Darstellung der Entstehungs- und Quellenverhältnisse 
der Evangelien — hier sind mehr Einzelheiten diskutabel —, so eraibt 
sich als erster Bedenken erregender Punkt der aus der modernen Kritik 
übernommene Versuch, zwischen dem wahren Lebensbilde Jesu und der 
in den Evangelien niedergelegten Schilderung eine mehr oder minder 
grolse Difierenz einzutragen. L. spricht von einer allegoristischen Tendenz 
der johanneischen Chronologie (S. 24) und opfert bei manchen synoptischen 
Berichten den „Buchstaben der Geschichte“ (S. 256). Die Evangelisten 
haben „eine gewisse Idealisierung und Systematisierung der Reden und 
Tatsachen“ (S. 27) vollzogen, wobei „sich überall eine gewisse Übertreibung 
der ursprünglichen Tatsachen zeigt“ (8. 30). 

Nirgends wäre es nun mehr angebracht gewesen, den eingehendsten 
und gewissenhaftesten Detailbeweis zu liefern, als gerade hier. Von dieser 
Verpflichtung entbindet auch nicht der programmatische Charakter der 
Schrift L.s. Die Sache ist zu wichtie. Denn was in Frage steht, ist 
nichts Geringeres als die Glaubwürdigkeit der evangelischen Berichte. 
Dals menschliche Berichte über historische Tatsachen — und solche 
bleiben ja auch die Evangelien trotz ihres Offenbarungscharakters — relativ 
sind, dals sie den Eindruck wiedergeben, welchen die Berichterstatter 
selbst empfangen haben, dals sie systematisieren, ist a priori klar. Muls aber 
damit ein Bericht unwahr werden? \Vas anderes heilst es aber, von Alle- 
gorisierungen, Idealisierungen und Übertreibungen reden, als mildere Aus- 
drücke für eine unwahre Berichterstattung wählen? Wenn Johannes oder 
„der Verfasser des vierten Evangeliums“, wie L. sich gerne ausdrückt — 
wohl um seine Bestreitung der Echtheit dieses Evangeliums anzudeuten —, 
3!) Jahre, „die messianische Zahl“, als Dauer des ötlentlichen Amtes 
Jesu angibt (S. 24), und es war nicht wirklich so, so hat er Unwahres er- 
zählte. Und wenn „die davidischen Genealogien“ nicht „Bestand haben“, 
sondern nur „bedeuten, dals Jesus der Christus ist“ (S. 25), so haben 
Matthäus und Lukas sich einer Fälschung — mag sie noch so harmlos 
dargestellt werden — schuldig gemacht. Widersprüche unter den Evan- 
gelisten, insbesondere zwischen Johannes und den Synoptikern, sollen 
nun diese unwalre Berichterstattung beweisen. L. weist natürlich nur 
auf solche hin, ohne ihr tatsächliches Vorhandensein näherhin zu er- 
örtern. Er ignoriert hier vornehm die grolse Anzahl alter und neuer 
bedeutender und ehrenwerter Exegeten, welche diese Widersprüche nicht 
anerkennen. Vermutlich trägt in den Augen L.s ihre Harmonistik von 
vornherein das Stigma der Tendenz. Tendenzlos und darum akzeptier- 
bar erscheinen ihm nur die Resultate der modernen kritischen Schule. 
Es ist natürlich hier nicht der Platz, die von L. lediglich behaupteten 
Widersprüche zu widerlegen. Andern Forschern waren diese „Inkon- 
gruenzen“ zwischen den Evangelien immer der Beweis, dafs die Bericht- 
erstatter aus dem Vollen schöpften und nicht ängstlich auf eine Harmonie 
des Ausdrucks zu achten brauchten. Die Wahrheit bedarf solch äufserer 
Stützen nicht. Auch scheint es mir viel melır nach dem Geist und 
Empfinden der Evangelisten selbst, also rein historisch gesprochen zu 


Besprechungen. 193 


sein, wenn man, statt sie der Idealisierungen und Übertreibungen zu 
zeihen, mit ihnen bedauert, dals der Raum von 16 bis 28 Kapiteln nach 
heutiger Zählung nur ausreicht, um einen kleinen Teil der Erinnerungen 
an den Meister niederzulegen, dafs also ihr Wort nicht im stande ist, 
die ideale Fülle des Lebens und der Jsehre Jesu auszuschöpfen. 

Den Zentralpunkt der Lehre Jesu sieht L. wie die moderne Kritik 
seit Ritschl in der Idee vom Reiche Gottes, die aber nach ihm rein 
eschatologisch aufzufassen ist. Das Reich Gottes ist noch nicht gekommen, 
sondern steht in Bälde zu erwarten. Ahnlich dachte Jesus über seine 
eigene Aufgabe. Er erkannte und offenbarte es auch gegen Schlufs seines 
Lebens, dals er der Messias sei. Wie neuerdings auch andere katholische 
Theologen (vgl. BZ 1207) erblickt L. in dem Ausdrucke „Gottessohn“ 
lediglich die Messianität Jesu ausgesprochen. Aber auch dieses Amt ist 
nach L. ein rein zukünftiges, bei der Parusie sich vollziehendes. 

Wer dieser Auffassung der Lehre Jesu gegenüber etwa die Lehre 
Pauli, des ältesten christlichen Theologen, geltend machen und darauf hin- 
weisen möchte, dals Paulus andern Wahrheiten, vor allem dem Erlösungs- 
tode Jesu, eine zentrale Stellung in der christlichen Lehre verleiht, der 
wird von L. belehrt, dals eben die Lehre Jesu bis zu Paulus schon eine 
bedeutsame Entwicklung (Evolution) durchgemacht und dais Paulus in 
seiner Spekulation und Systematik den Schwerpunkt der Lehre Jesu 
bereits verlegt hat. Nur wird Harnack gegenüber festgehalten, dafs diese 
Weiterbildung keine Verirrung, sondern ein konsequentes Anknüpfen an 
die früheren Elemente, die notwendig dazu drängten, gewesen ist. 

Zum Erweise dieser Evolution der Lehre Jesu durch Paulus ist es 
natürlich nötig, klar herauszustellen, was Jesu Lehre war und was Paulus 
dazugetan hat. Nun finden sich aber bei den Synoptikern da und dort 
Bemerkungen, die mit der als spezifisch paulinisch ausgegebenen Lehre 
identisch sind. Synoptische Berichte über die Einsetzungsworte des Abend- 
mahls lauten ähnlich wie bei Paulus (1 Kor 11,24f). Ja der von der 
modernen Kritik so bevorzugte Markus (10, 45) wagt es sogar, den Satz 
Jesus in den Mund zu legen: Dieser sei gekommen, „sein Leben als Löse- 
geld für viele hinzugeben“. Das natürlichste wäre nun, zu folgern, dals 
also Pauli Abendmahls- und Erlösungslehre eben mit der Lehre Jesu 
stimme. Die moderne Kritik und L, wählen aber einen andern Schlufs. 
Die Evangelisten haben sich von Paulus beeinflussen lassen und waren 
unhistorisch genug, eine Lehre Pauli als Lehre Jesu auszugeben. Man 
bat so erreicht, was man beweisen wollte. Was dagegen sprach, wurde 
einfach mundtot gemacht. 

Es ist das aber ein Verfahren, das der Willkür und Subjektivität 
einfach Tür und Tor öffnet. Tatsächlich bieten sich denn auch dem, der 
die nicht beneidenswerte Aufgabe hat; die moderne neutestamentliche 
Literatur zu verfolgen, Beispiele in Fülle dafür dar, wie das, was der eine 
Kritiker für nicht authentisch und für eine Interpolation späterer Zeiten 
erklärt, von einem andern verteidigt und anderes dafür fallen gelassen 
wird. Es ist entsetzlich wenig, worüber man einig ist, meist nur das, 
womit man Widersprüche unter den Evangelien und ähnliches beweisen 
zu können glaubt. 

Einer solchen Methodik schliefst sich denn L. bedingungslos an. 
Die Stelle, welche entschieden ein Schongekommensein des Reiches Gottes 
ausspricht (Lk 17, 20f), ist nach ihrer „Authentizität“ nicht „sehr ver- 
lässig“ (S.49). Ein gewils nicht im Rufe kirchlicher Voreingenommenheit 
stehender protestantischer Gelehrter, E. Schürer, äufsert sich neuerdings 
bezüglich der gleichen Stelle gerade umgekehrt (vgl. ZThK XIII 454). Ein 
anderes Wort Jesu „ist, ungeachtet seines Vorkommens in zwei Evangelien, 
wenigstens in seiner jetzigen Form ein Produkt der christlichen Tradition 
der ersten Zeiten“ (S. 65). Beliefse es L. bei der Form, so wäre ja wenig ein- 
zuwenden; aber gerade das Bestreben, Inhalt und Form, Idee und Aus uck 

Biblische Zeitschrift. II. 2. 13 


194 Besprechungen. 


durcheinanderzumengen, scheint allmählich unter den modernen Kritikern 
Platz zu greifen (vgl. oben S. 62f) und ist auch von L. akzeptiert, 

Die Beurteilung der letzten drei Abschnitte des Buches von L., die 

ja fast durchweg über die neutestamentliche Periode hinausgreifen, sei den 

irchen-, insbesondere den Dogmenhistorikern überlassen. Vom exege- 
tischen, und zwar vom rein wissenschaftlichen Standpunkte aus ist zu be- 
dauern, dafs sich L. so willenlos der Methode der modern protestantischen 
Kritik überlassen hat. Er scheint von den Vorzügen derselben, ihren grols 
angelegten, geistreichen, programmatischen Ideen, die schon auf viele 
eindrucksvoll gewirkt haben, bestochen worden zu sein und hat dann die 
tiefgehenden Fehler dieser Kritik, Vernachlässigung des einzelnen, Will- 
kür und Subjektivität bei Beurteilung von Echtheitsfragen und ähnliches, 
mit in den Kauf genommen. — 

Diese Zeilen waren bereits geschrieben, als im Dezember 1903 die 
Zensurierung dieses und einiger anderer Werke L.s durch die Congregatio 
Indicis und s. Otficii bekannt wurde. Mögen dadurch die weiteren For- 
schungen des zweifellos hochbegabten französıschen Exegeten in gemälsigte 
Bahnen gelenkt werden, damit nicht die historisch-theologische Forschung 
an sich durch solche Exzesse in manchen Kreisen in Milskredit komme! 

München. Jos. Sickenberger. 


Beiser, Dr. Joh., o. Prof. d. Theol. a. d. Univ. zu Tübingen, Die 
Geschichte des Leidens und Sterbens, der Auferstehung und Himmelfahrt 
des Herrn. Nach den vier Evangelien ausgelegt. gr. 8° (VIII u. 524) 
Freiburg i. Br. 1903, Herder. M. 8.— 

Schon wieder legt der unermüdlivhe Vertreter des NT zu Tübingen 
eine grülsere Arbeit vor, ermutigt, wie er in der Vorrede sagt, durch die 
freundliche Aufnahme seiner Neutestamentlichen Einleitung von seiten 
der Fachgenossen (vgl. BZ I 79 ff) und die rasche Verbreitung derselben 
in den weitesten Kreisen. Und was er bietet, ist abermals eine reife und 
köstliche Frucht, eine umfassende Bearbeitung der Leidens- und der Ver- 
klärungsgeschichte des Herrn. Die Masse des Stoffes hat er in drei Haupt- 
teile gegliedert: „Die Vorgeschichte des Leidens von der Beschlufsfassung 
des Synedriums betreffs der Tötung Jesu bis zum letzten Abendmahle*“ 
e 83—123), „Die eigentliche Leidensgeschichte vom Abendmahle bis zum 

gräbnis“ (S. 124—453), „Die Geschichte von der Auferstehung bis zur 
Himmelfahrt“ (S. 454516). Auf Beigabe einer deutschen Übersetzung der 
Evangelientexte hat er im Interesse einer Beschränkung des Umtangs 
verzichten zu sollen geglaubt. Dagegen ist er auch diesmal bestrebt ge- 
wesen, „über keine Schwierigkeit mit Stillschweigen hinwegzugehen und 
bei Entscheidung von Streitfragen stets eine bestimmte Antwort zu 
geben“ (Vorrede). v 

Es ist ein ebenso anziehendes wie dornenreiches Thema, welches B. 
sich wählte. Das Schlulsdrama der evangelischen Geschichte oder 
der Schlufsakt des evangelischen Dramas hat von jeher in einem Mafse 
wie kein anderer Abschnitt des Lebens des Herrn die fromme Be- 
trachtung sowohl wie die gelehrte Forschung gereizt und gefesselt. 
Bei B. führt ausschlielslich die Forschung das Wort. Er wollte auf 
Grund der skizzenhaften und nicht selten auch rätselhaften Quellen- 
berichte ein möglichst genaues und vollständiges Bild des historischen 
Hergangs zeichnen, und zu einer glücklichen Lösung dieser Aufgabe 
war er in besonders hohem Grade qualifiziert. Die einzelnen Texte 
mit ihren jedesmaligen Entstehungsverhältnissen und Zweckbeziehungen 
sind ihm „heimatlich vertraut“. In jahrelanger Übung hat er gelernt, 
sich mit liebender Hingabe in diese Urkunden zu versenken und dieselben 
unmittelbar auf das eigene Innere wirken zu lassen. Sie sprechen für 
ihn, auch wo sie schweigen. Stummen Winken, dunkeln Anklängen ent- 
lockt er mit Takt und Verständnis bedeutungsvolle Aufschlüsse. Die 


Besprechungen. 195 


Wärme der persönlichen Teilnahme hebt und belebt seine ganze Dar- 
stellung und gibt ihr eine Farbenfrische, welche auch das Interesse des 
Lesers gefangen hält, gleichsam zum Ersatz dafür, dafs die Anziehungs- 
kraft des Gegenstandes selbst nicht ganz, und voll zur Geltung kommt. 

Das letztere, welches ich als einen Übelstand empfinde, ist dadurch 
bedingt, dals dem Leser kein ausreichender Einblick in den Quellen- 
befund eröffnet wird. Der Inhalt der evangelischen Berichterstattung 
wird nämlich nur mit kurzen Strichen angedeutet oder auch ein- 
fach als bekannt vorausgesetzt, und sofort beginnt die harmonistische 
Ausgleichung und Vermittlung der verschiedenen Berichte, die histo- 
risch-chronologische Eingliederung des Hauptmomentes der Erzählung, 
die Klarstellung der zweifelhaften oder bestrittenen Nebenumstände. 
Dieser Kommentar beherrscht das ganze Feld. Der Text selbst und seine 
Eigenart tritt in den Hintergrund. Sehe ich recht, so würde es weit 
zweckdienlicher gewesen sein, zunächst und vor allem die Evangelisten 
zu Worte kommen zu lassen. Mochte immerhin an einzelnen Stellen, 
wie bei den Kapiteln des Johannesevangeliums über die sog. Abschieds- 
reden, ein Auszug oder ein Referat genügend erscheinen, im allgemeinen 
würde es sich um so dringender empfohlen haben, die Aussagen der Ge- 
währsmänner selbst unversehrt und unverkürzt wiederzugeben und nach 
Möglichkeit zu einem abgerundeten Ganzen zusammenzufassen, zu einem 
einheitlichen Texte zu verschmelzen. In dieses Mosaik hätte ein grolser, 
vielleicht der grölste Teil des Kommentars, zu knappen Glossen verdichtet 
und durch eigenen Satz kenntlich gemacht, eingeflochten werden können. 

Der Kommentar ist gründlich, ja in gewissem Sinne erschöpfend, 
insofern nämlich, als B. wirklich, der Ankündigung der Vorrede ent- 
sprechend, keiner Schwierigkeit aus dem Wege geht und auf Streitfragen 
stets eine bestimmte Antwort erteilt. Die Wirklichkeit spottet sogar 
der Ankündigung. B. ist immer schnell entschlossen, voll Vertrauen zu 
den Eingebungen des Augenblicks und geneigt, zu wagen, ohne viel 
zu wägen. So oft er über Schwierigkeiten klagt, er weils jedesmal zum 
Ziele zu kommen. Nur ganz ausnahmsweise sieht er sich auf eine blofse 
Vermutung angewiesen. Nicht selten aber möchte man fast meinen, er 
halte sich für verpflichtet, alles zu wissen, alle Zeichen zu deuten und 
jeden Schleier zu lüften und die ungewissesten Daten bis auf Jahr und 

ag und Stunde zu fixieren. Mir will diese Art und Weise nicht ge- 
fallen. Der Unkundige muls irregeführt werden, und der Kundige kann 
nur den Kopf schütteln. Denn eınen Widerspruch bis auf die Wurzeln 
auszurotten, dazu gräbt B. nicht tief genug. Ich achte und schätze sein 
Urteil. Bei einer ganzen Menge von Problemen aber, über welche die 
Vorzeit gestritten hat und die Nachwelt streiten wird, würde ein ge- 
schichtlicher Überblick über den Entwicklungsgang der Forschungsarbeit 
noch schätzenswerter mewesen sein. 

Der Geschichte der Exegese bringt B. überhaupt sehr wenig Inter- 
esse entgesen. Die unablässigen polemischen Auseinandersetzungen sind 
fast ausschlielslich an die Adresse einzelner Autoren der neuesten Zeit 
gerichtet. Den Leistungen früherer Jahrhunderte wird nicht viel Be- 
deutung beigemessen. Selbst Augustins Bücher De consensu evange- 
hstarum, welche sich inhaltlich so nahe mit dem vorliegenden Buche 
berühren und zugleich so mächtigen Einfluls auf die Harmonistik späterer 
Generationen erlangt haben, werden nur einigemal angezogen. Ungestraft 
indessen darf man auf keinem Gebiete die Alten beiseite schieben. An mehr 
als einem Punkte hätten sie auch B. wertvolle Fingerzeige geben können. 

Gewissermalsen als Illustration zu dem Gesagten mögen noch einige 
Bemerkungen zu den Paragraphen über das letzte Abendmahl folgen. 
Dafs B. nunmehr, nachdem er bis vor kurzem der sog. Antizipations- 
hypothese das Wort geredet, das letzte Abendmahl auf den Abend des 
14. Nisan ansetzt, begrülste ich mit besonderer Freude. Warum freilich 


13* 


196 Besprechungen. 


jetzt erst „der Augenblick gekommen“ sein soll, „wo die lang und viel 
erörterte Frage nach dem Tage des letzten Abendmabhles eine endgültige 
glückliche Lösung finden kann“ (Vorrede), vermochte ich nicht recht ein- 
zusehen, weil ich die jetzige Auffassung B.s schon seit zwanzig Jahren 
vorgetragen habe. Ob der denkwürdige Tag gerade der 14. Nisan des 
Jahres 783 der Stadt gewesen sei, erscheint mir auch sehr zweifelhaft, 
kann aber hier dahingestellt bleiben (B. bekennt sich zu den chrono- 
logischen Ergebnissen van Bebbers, auch zu der Hypothese von der ein- 
jährigen Dauer der öffentlichen Wirksamkeit des Herrn; vgl. van Bebber 
oben S. 67 ff). Ich möchte nur darauf hingewiesen haben, dals, trotz 
des vollen Einverständnisses über den Tag, in der Erklärung jener Auise- 
rungen des Johannesevangeliums, welche den Anstols zu der Antizipa- 
tionshypothese gaben, unsere Wege leider noch weit, sehr weit aus- 
einandergehen. Das mp6 de tfis &oprfisg To ndoxa Jo 13,1 soll nach B. 
(S. 140 ff) soviel als am Vorabend des Hauptfesttags der Paschaoktarv, d. i. 
am Vorabend des 15. Nisan, sein, und der Evangelist soll mit dieser Zeit- 
angabe das Abendmahl, bei welchem der Herr seinen Jüngern durch die 
Stiftung des eucharistischen Opfermahles einen ausgezeichneten Beweis 
seiner Liebe gab, auf den Abend des 14. Nisan verlegen (ebenso van 
Bebber oben S. 74). Ich meine, „vor dem Paschafeste“ könne nur soviel als 
vor dem Abend des 14. Nisan sein, und dem Evangelisten schwebe hier 
der Morgen des 14. Nisan vor Augen, die Stunde, zu welcher der Herr 
seinen grölsten Liebesbeweis durch den Auftrag an die Jünger, die Vor- 
kehrungen für die Feier des Paschamahles zu treffen, anbahnte und ein- 
leitete. Ich trete also der Deutung bei, welche B. (S. 150) mit den Worten 
abweist: „Das ist eine sophistische Interpretation.“ Noch tiefer, wo mög- 
lich, sinken die Aussichten auf Verständigung gegenüber der Stelle 
Jo 18,28. B. hat die Auslegung, welche mir die richtige zu sein scheint, 
überhaupt nicht der Erwähnung wert gehalten, also wohl von vornherein 
als ausgeschlossen betrachtet. Er erklärt (S. 141): „Die Hierarchen befürch- 
teten, beim Eintreten in den Palast des Pilatus durch das daselbst vor- 
handene gesäuerte Brot eine Verunreinigung zu kontrahieren und da- 
durch an der Darbringung der am Osterfest üblichen Lob- und Dankopfer 
und an dem Genuls der Festopfer gehindert zu werden“ (ebenso van 
Bebber 8.75). Ich erkläre: die Sneaisen befürchteten, durch das Be- 
treten des beidnischen Hauses sich zu verunreinigen — das gesäuerte 
Brot bleibt aulser Betracht, weil die Synedristen auf keinen Fall ein- 
getreten sein würden, um zu frühstücken — und dadurch an dem nach- 
träglichen Genusse des Paschalammes verhindert zu werden. Denn 
payeiv TO mdoxa heilst nicht „die Feier des Osterfestes begehen durch 
Darbringung von Festopfern“ (S. 141), sondern: das Paschalamm essen. 
Dies dürfte schon Roth (Die Zeit des letzten Abendmahles, Freiburg 
ı. Br. 1874, 46 ff) gegen Langen siegreich nachgewiesen haben. 

Am Morgen des 14. Nisan erteilte der Herr, wie schon bemerkt, 
den Jüngern die Weisung, in einem Hause zu Jerusalem, welches genau 
bestimmt wird, „das Paschamahl zu bereiten“. Wenn Matthäus (26, 18) 
den Herrn sagen lälst: „Gehet in die Stadt zu dem und dem“, so will 
er nicht die Worte des Herrn mitteilen, sondern den Hauptinhalt an- 
deuten. Die Erklärung des npös Töv deiva bei B. (S. 144) läuft auf ‚das 
Richtige hinaus, steht aber an Klarheit und Sicherheit hinter der Er- 
klärung des „ad quemdam‘“ bei Augustin (De cons. evang. II, 80, 157) 
nicht wenig zurück.. Die Frage, ob der Besitzer des Hauses früher 
schon vom Herrn um Überlassung seines Saales ersucht worden sei, hat 
B. nicht aufgeworfen. Mit vollster Entschiedenheit und wohl mit Recht 
pflichtet er der Annahme bei, dieser Saal sei das sog. Cönaculum ge- 
wesen, in welchem die Jünger am Pfingsttage vereammelt waren (S. 144) 

Die Feier des Paschamahles begann „um 6 Uhr“ (S. 152). Der her- 
kömmliche Ritus ward genau innegehalten. Die Darreichung des vierten 


Besprechungen. 197 


und letzten rituellen Bechers begleitete der Herr mit der Erklärung, er 
werde von nun an nicht mehr trinken von der Frucht des Weinstocks, 
bis das Reich Gottes gekommen sein werde (Lk 22, 17—18). „Auf das 
Wort Jesu vom Kommen des Reiches Gottes erhob sich unter den Jüngern 
der Rangstreit; an diesen schlols sich die Fulswaschung und die Ent- 
fernung des Verräters an; hierauf erfolgte die Einsetzung der Eucharistie“ 
e 156). SoB. Dafs die Einsetzung der heiligen Eucharistie nach Abschlufs 
er jüdischen, vorbildlichen Paschafeier erfolgte, steht unumstöfslich fest. 
Ich stimme aber auch darin zu, dafs der Rangstreit der Jünger an das 
Wort des Herrn vom Kommen des Reiches Gottes anknüpfte und sich 
um die Frage drehte, wer in diesem Reiche die höhere Stellung ein- 
nehmen werde. Endlich halte ich es auch zwar nicht für sicher, aber 
doch für wahrscheinlich, dafs jenes Wort des Herrn bei Darreichung 
des Bechers Lk 22, 17 gesprochen worden ist. Aber wie will B. beweisen, 
dals dieser Becher der vierte rituelle Paschabecher gewesen sei? Dieser 
Becher war vielmehr kein anderer als der Becher Lk 22, 20, und dieser 
war kein anderer als der Becher Mt 26,27 und Mk 14,23. An allen 
diesen Stellen handelt es sich nicht um einen der vier rituellen, sondern 
um einen fünften, vom Ritus nicht vorgeschriebenen, aber zugelassenen 
Becher, den eucharistischen Becher, den Becher, welchen der Herr zur 
Konsekration des Weines benutzte. Hat demnach das Wort des Herrn sich 
an die Darreichung des Bechers Lk 22, 17 angereiht, so ergibt sich, dafs 
dasselbe der Einsetzung der heiligen Eucharistie nicht voraufging, sondern 
nachfolgte, und wenn wirklich dieses Wort den Ausgangspunkt des Rang- 
streites gebildet hat, so ergibt sich weiterhin, dals auch der Rangstreit 
erst nach der Einsetzung der heiligen Eucharistie eine Stelle finden kann. 
Damit ist die ganze Konstruktion B.s erschüttert, die Reihenfolge der 
Ereignisse sozusagen völlig umgekehrt. Auffallen muls, dals B. nicht ein- 
mal den Versuch macht, die These, dafs der Becher Lk 22, 17 der euchse- 
ristische Becher sei, zu entkräften. Ist sie ja doch auch schon von 
Augustin (a.a. O. III, 1, 2), von Maldonat (zu Mt 26, 27 und 29) und von 
unzähligen andern vertreten worden. Mir scheint sie ganz gesichert zu 
sein. Hat auch Judas die heilige Kommunion empfangen? B. antwortet: 
Nein. Vor der Einsetzung der heiligen Eucharistie, „etwa 9 Uhr abends“ 
S. 162), habe Judas den Saal verlassen. Ich möchte die Frage bejahen. 
m von andern Indizien, welche allerdings verschiedener Auffassung 
unterliegen, zu schweigen, so dürfte das nArıv Lk 22, 21, ein Wörtchen, 
welches B. gar keiner Notiznahme würdigt, die Anwesenheit des Verräters 
bei Einsetzung der heiligen Eucharistie zur Voraussetzung haben. Auch 
über die letzten Worte, welche Judas mit dem Herrn im Saale wechselte, 
denke ich anders als Be Nach Matthäus (26, 25) hat Judas gefragt: „Doch 
nicht etwa ich bin es, Meister?“ und der Herr geantwortet: „Du hast 
es gesagt.“ Dazu B. (S. 162): „Der Heiland erteilte die Antwort durch 
Überreichung des Abschiedsbissens, ... die Bejahung geschah mit keinem 
Wort, sondern durch die Tat; materiell macht dies aber keinen Unter- 
schied, und darum ist die Darstellung des Matthäus unangreifbar.‘ Diese 
Annahme ist überflüssig. B. verwirrt den Tatbestand. Nicht vor, son- 
dern erst nach Empfang des Bissens hat Judas, halb beschämt, halb 
frech, seine Frage gestellt, und der Herr hat erwidert: „Du hast es gesagt. 
Was du tun willst, tue bald“ (Mt 26, 25. Jo 13,27). Das Wort „Du hast 
es gesagt‘ wurde leise, die folcenden Worte laut und allen verständlich 
Epmocen: Aber weil sie das erste Wort nicht verstanden hatten, blieb 
auch der Sinn der letzteren Worte den Jüngern unklar (Jo 13, 28 ff). 
Mit gröfserer Befriedigung und fast uneeteilter Zustimmung habe 
ich die Ausführungen über die Einsetzung der heiligen Eucharistie selbst 
(S.182ff) gelesen. Eine Beleuchtung der angeblichen Parallelen, welche 
Zwingli für die Verflüchtigung des &oriv zu einem „significat‘“ anrief, 
wäre doch wohl am Platze gewesen. Auch hätte die Doppelgestalt des 


198 Bibliographische Notizen. 


Sakramentes oder die gesonderte Darstellung des Leibes und des Blutes 
schärfer betont und einlälslicher dahin erläutert werden können, dafs die 
eucharistische Feier in erster Linie Opfer und erst in zweiter Linie 
Opfermahl ist. Insbesondere aber hätte nicht behauptet werden dürfen, 
es sei unrichtig, die Partizipia dıdöuevov und Eexxuvvöuevov im Sinne des 
Futurums zu nehmen, es gebe gar keine Beweisstellen dafür, dafs im NT 
das Part. Präs. das Part. Fut. vertrete (S. 192). Sind denn nicht solche 
Beweisstellen zu billigstem Preise in jeder Grammatik des neutestament- 
lichen Griechisch zu haben? Oder ist & &pxöuevos Mt 11, 3 etwas anderes 
als 5 neAAwv Zpxeodn Mt 11,14? 
München. Bardenhewer. 


Bibliographische Notizen. 


(Das Erscheinungsjahr 1908 und Format 8° ist als selbstverständlich 
weggelassen.) 


Abkürzungen wie 8. 81. Aufserdem Stb = Die Studierstube. 


C. Das Neue Testament. 


a) Allgemeines. Einleitung. ‚Ausgaben. Hss. Textkritik. 
Sprachliches. Übersetzungen. 


Krüger, 6., und Köhler, W., Theologischer Jahresbericht XXII: 3. Abt. 
Das Neue Testament, bearb. von R. Knopf, A. Meyer, J. Weifs (289-375. 
B., Schwetschke. M 3.60): Die Berichterstattung strebt möglichste Voll- 
ständigkeit an. VonK. sınd bearbeitet die Abschnitte: 2. Text und Kanon, 
3. Hermeneutik, 7. Apg und apost. Zeitalter, 8. Paulinische Briefe; von M.: 
1. Allgemeines, 4. Evv-Frage, 5. Einzelevv, 6. Leben Jesu; von W.: 9. Kath. 
Briefe und Apk, 10. Biblisch-Theologisches. Der Geist, in welchem die 
Referate gehalten sind, ist der modern kritische, wie er seinerzeit dem Theol. 
Jahresbericht durch H. Holtzmann als otiyua eis del aufgeprägt wurde. 

Dittmar, W., Vetus Testamentum in Novo. Die at! Parallelen des NT 
im Wortlaute der Urtexte und der Septuaginta zusammengestellt(VILI u. 3%2. 
Göttingen, Vandenhoeck. M 9.40): Ein sehr wertvolles Hilfsmittel für die 
ntl Exegese, dessen 1899 erschienene erste Hälfte (S. 1—-169) schon freudigst 
begrüfst wurde. Die zeitraubende Arbeit des Nachschlagens der at] Zitate 
und Parallelen des NT sowohl in der hebräischen Bibel wie in den LAX 
ist den Exegeten nun häufig gespart. Da auch die wichtigen Varianten 
Berücksichtigung fanden, rd wohl in den Fällen, wo es nicht auf den 
Zusammenhang des Originaltextes ankommt, das von D. mit grolsem 
Fleilse und peinlicher Gründlichkeit zusammengetragene Material genügen, 
zumal die Parallelen ziemlich ausführlich angeführt sind. S. 285—362 
enthält ein Parallelenverzeichnis, nach den atl kanonischen wie apokryphen 
Büchern geordnet. Das Buch wird sicher viel benutzt werden. 

Bousset erklärt in einer Besprechung der neuesten textkritischen Arbeiten 
über das NT (Th. Rundsch. VI 436 f) die Lesart & novoyevng Beöc Jo1l,18 
und die Auslassung von Jo5,4 für tendenziöse Korrekturen der ägypt!- 
schen, hesychianischen Hss-Gruppe. Ebd. 473ff wird Hjelts These (vgl. 
BZ I 410f), dals der Syrus sinaiticus schon Tatian vorgelegen habe, ab- 
gelehnt. Lippelts kühne Hypothesen bezüglich des Evv-Textes Justins 
(Halle 1901) werden auf die Behauptung eingeschränkt (479), dafs eine 
Übereinstimmung mit dem sog. abendländischen Text existiere. 

Blafs, Fr., (Barnabas) Brief an die Hebräer. Text mit Angabe der 
Rhythmen herausgeg. (54 Halle, Niemeyer. M 1.20): Ediert den Text nach 
Sinnzeilen abgeteilt. Der Apparat gibt die Metren namentlich am Anfang 
und Schlufs der Sinneszeilen an. In der Vorrede stellt B. das bedenkliche 
Prinzip auf, dals zu Gunsten des Metrums der handschriftlich überlieferte 
Text geändert werden könne. Als Verfasser des Briefes gilt für B. Barna- 


Bibliographische Notizen. 199 


bas, wobei er sich auch auf Novatian als Autor der „Tractatus Origenis“ 
beruft. In einem Anhang wird noch textkritisches Material beigebracht. 

Wright, A., A Synopsis of the Gospel in Greek with various Readings 
and critical Notes. 24 ed. revised and enlarged (4%. LXX u. 319. Ld,, 
Macmillan. 108): Beruht auf Prinzipien der modernen Evv-Kritik. Der Stoff 
ist nach fünf Abschnitten gegliedert: 1. Mk und Parall. 2. Mt-Logia. 3. Pauli- 
nische Quelle. 4. Anonyme Fragmente. 5. Abschnitte, die Lk eigen sind 
a u.a.) Da indes nur diese Dre ADgSpLıDanien, die ausführ- 
iche Einleitung und manche der beigegebenen Erläuterungen von der 
modernen Kritik betroffen werden, so werden auch Andersdenkende diese 
aufserordentlich billige Konkordanz mit Vorteil benützen. Der Text ist 
fast ganz nach Westcott und Hort wiedergegeben. Ebenso sind alle be- 
deutungsvollen Varianten der Hss ®BCD notiert. 

Azibert, J. P. A., Synopsis Evangeliorum historica, seu vitae Domini 
nostri J. Chr. narratio. 2° ed. (LVi u. 559. Albi, Impr. des Apprentis- 
Orphelins): Diese in vier Kolumnen angeordnete Konkordanz hält sich von 
Künsteleien und Willkürlichkeiten nicht frei. Vgl. Venard, L., Rev. du 
Clerge& franc. XXX VI 530-533. 

Davis, E. D., Bible. New Testament. Gospels. The Davis parallel 
Gospels: being the three synoptic gospels and some portions of John arranged 
in parallel columns, with letters in the margins to aid the eye in finding 
varallel passages,; with a short commentary aiming to show that the books 
were not written, as they are, by men who had personal knowledge of Jesus ; 
that they had a common origin in older works of various dates and 
autorship; and that the accounts of the miracles, and the passages containing 
mention of the disciples, are of later date than the most of the balance 
of the books, and are of questionable authenticity (6 u.160. N.Y., Eckler. $ 1). 

Smith, W.B., The Pauline Manuscripts Fand G. A text-critical study 
AmJThı VII 452—485 662—688): Der Cod. Augiensis (= F) kopiert seine 

orlage genau; dieselbe stellt aber nicht, wie vielfach angenommen wurde, 
der Cod. Boernerianus (= G) dar. 

Schultze, V., Codex Waldeccensis (Dw Paul), Unbekannte Fragmente 
einer griech.-lat. Bibelhs (4°. 23 mit 8 Abbildungen. München 1904, Beck. 
M 2.50): Ediert auf acht Tafeln in schönen Reproduktionen zwei als 
Umschlag verwendete Pergamentblätter einer griech.-lat. Hs der pauli- 
nischen Briefe aus dem Siadtarchive in Mengeringhausen in Waldeck. 
Sie umfassen Eph 1, 5—13 (lat.); 1, 13—19 (griech.); 2, 3—11 (lat.); 2, 11—18 
(griech.), stammen aus dem 11. Jahrh. wie der Petersburger Sangermanensis 
(= EPaul) und sind vom Pariser Cod. Claromontanus (= DPaul) abhängig. 
Der griech. Text, für welchen S. keine Transkription gibt, ist in schönen 
Uncialen geschrieben, scheint aber eine ältere Unciale zu imitieren und 
verrät einen lateinischen Schreiber. 

Leipoldt, J., Bruchstücke von zwei griechisch-koptischen Hss des NT 
(ZnutW 1V 350f): Bruchstück Lk 12, 4—12 griechisch und sahidisch, wobl 
aus einer Perikopensammlung des 9. Jahrh. (Kgl. Mus. in Berlin P 8771); 
Bruchstück Mt 13, 10f fajjümisch und Mt 13, 20f griechisch (P 9108), 
woraus L. auf Gebrauch der koptischen und griechischen Sprache in den 
fajiümisch-koptischen Gemeinden schlielst. . 

Nestle, E., Neue Lesarten zu den Evv (ZntW IV 255-263): Teilt aus 
dem von A. Schmidtke publizierten Pariser Evangeliencodex (vgl. BZ I 
410) die bei Tischendorf nicht notierten Varianten mit. 

Nestle, E., Vom Textus Receptus des Griechischen NT. Ein erweiterter 
Vortrag (Salz und Licht Nr 8. 55. Barmen, Wuppertaler Trakt.-Ges. 
M —.80): Gibt einen Überblick über die Geschichte der Komplutenser 
Polyglotte, der Ausgaben des Erasmus, Stephanus, Elzevir und der britischen 
Bibelgesellschaft. Neben zahlreichen Kleinigkeiten kommen einlälslicher zur 
Sprache: die Doxologie am Vaterunser, der Mk-Schluls, Lk 2, 14 und der 
Schlufs, sowie das Logion: „Wenn du weilst, was du tust, bist du selig“ etc., 


200 Bibliographische Notizen. 


die Perikope von der Ebebrecherin, das Comma Iohanneum, die Über- 
schrift des Hebr und die Unterschrift unter den paulinischen Briefen. 

Lake, K., Dr. Wei/s’s Text of the Gospels. The a er of a textual 
eritic on the text of an ezegete (AmJTh VII 249—258): Sieht in W.s 
Verfahren zu viel Subjektivismus und bevorzugt das System, den Text 
der einzelnen Länder (z.B. altlateinischer, syrischer, Klemens- u. xB-Text) 
zu eruieren und nebeneinander zu stellen. 

Ernst, W., Die Blass’sche Hypothese und die Textgeschichte (ZutW IV 
310—320): Treitliche Bemerkungen gegen die von Bl. behauptete doppelte 
Redaktion der Apg durch Lukas. Der ß-Text ist nicht von Lk, sondern 
sekundär. Etwas zu weit scheint mir E. in der Bestreitung der Einheit- 
lichkeit des ß-Textes zu gehen. Wenigstens steckt in den Varianten des 
Cod. D mehr System, als E. zugibt. 

Wünsche, A., Zur Muttersprache Jesu (VB 1279): Jo13, 33 £rı nıxpdv = 
cz» up oder vn is}; 9,4 &wg fiuepa Eotiv = pi 'szn. Lk 5, 5 ’EmoTtdra, 
dr? dAng VUKTög komdoavres — xo-b xls rau “an; vgl. Bab. mez. 83a. G. 

Dickey, S., New Points of View for the Study of an old Problem: The 
Greek of the NT (PrthR I 631—636): Das ntl Griechisch ist ein Mittelglied 
zwischen Attisch und Neugriechisch mit Annäherung an das letztere. 

Grimm, C. L. W., Lexicon graeco-latinum in libros Novi Testamenti 
( Chr. G. Wilkü clavis Novi Testamenti philologica, usibus scholarum et 
wuvenum theologiae studiosorum accommodata). Ed. 1V. recognita (All 
u. 474. Lp., Zehl. M 12.—.). 

Moulton, J. H., Notes from the Papyri III (Exp VIII 423-439): Er- 
gänzung zu den BZ I 208 genannten lexikographischen Beiträgen. Ntl 
Worte, die in den Papyri (der neue Band der Oxyrhynchus Papyri von 
Greenfull und Hunt ist gleichfalls beigezogen) bezeugt sind, werden bezüg- 
lich ibres Alters und Gebrauches in der xoıvr, untersucht. 

Deilsmann, A., ‘IAaornpıog ilaorngıov. Eine lexikalische Studie (ZutW IV 
193—212): Die Bedeutung ist entweder propitiatorisch oder expiatorisch, 
entweder Versöhnungs- oder Sühnmittel.e. Auch mi», die Vorlage des 
Maotnpıiov der LXX,, bedeutet nicht etwa Deckel, sondern, da “2 zu er- 
gänzen ist, das verwischende, sühnende Geräte. Wahrscheinlich als sub- 
stantiviertes Neutrum steht iAaotrypıov Röm 3, 25 und kann nur die all- 
gemeine Bedeutung = etwas Versöhnendes oder Sühnendes haben. Letzteres 
hält D. für wahrscheinlicher, wie auch die Beziehung auf den erhöhten 
Christus. Vgl. 1Jo 2,2. 

Kappöres (ZntW 1V 8341—344): 1. P. Fiebig bestreitet auf Grund von 
Mitteilungen von 1.1. Kahan die von Deilsmann in vorgenanntem Aufsatz 
versuchte Ableitung des jüdisch-deutschen Wortes kappöres von kapporeth ; 
es ist Plural von kappor&. 2. @. Klein hält es für Plural von kappara. 

Gwilllam, 6. H., Place of the Peshitto Version in the Apparatus Criticus 
of the Greek NT (Studia Biblica et Ecclesiastica V 3, 189-237. 38 6d): 
Behandelt Alter der Pes. und Wert derselben als Zeuge für den griechi- 
schen Text, der in von den sonst bekannten Rezensionen verschiedener. 
unabhängiger Form der Pes. vorgelegen habe. Gegen letztere These vgl. 
Nestle ın Thlz 1903, 12. G. 

Bludau, A., Das Comma Johanneum (1 Joh. 587), in den orientalischen Über- 
setzungen u. Bibeldrucken (Ochr Ill 126—147): „Als Resultat ergibt sich die 
allerdings bekannte 'l’atsache, dals die orientalischen Übersetzungen für einen 
etwaigen Versuch, die Echtheit des Ü. J. zu erweisen, vollständig versagen.“ 

Burkitt, F. C., (In Codex Claromontanus (h) (JthSt IV 5871): Zu Mt 27 
u. 28 wird die altlateinische Übersetzung des Codex mit der Ausgabe 
Belsheins verglichen. Datierung in die 1. Hälfte des 6. Jahrh. Mk, Lk 
und Jo sind im Vulgatatext von einer Hand des 6. Jahrh. beigefügt. 

Turner, C. H., A Re-collation of Codex k of the Old Latin Gospels 
(JthSt V 88—100): Zahlreiche Nachträge zur Ausgabe dieses Textes durch 
Wordsworth-Sanday (Old Latin Biblical Texts, Oxford 1886). 


Bibliographische Notizen. 201 


Burkitt, F. C., Further Notes on Codex k (JthSt V 100-107): Hatte die 
gleiche Arbeit gemacht, wie der vorgenannte Autor. Die Übereinstim- 
mung der Resultate beider ist in jenem Aufsatz schon mit B bezeichnet. 
Burkitt liefert noch weitere Beobachtungen über die Punktation, über Text 
und Heimat des Schreibers (Afrika). 

Wellsbrodt, 6., De codice latino Evangeliorum Erlangensi n. 625— 26 
particula II. De pronominibus demonstrativis imprimis versionum lati- 
en Evangeliorum II. Index lectionum. Braunsberger Dissert. 1902,03 
(4°. 16.) 

Nestle, E., Aratiuncula (Arch. f. lat. Lexikogr. XIII 200): Neuer Beleg 
für dieses seltene Wort aus Pseudo-Mt evang. c. 26 (S. 93 ed. 
Tischend.2). | C. W. 

Fiebig, P., Aus Lichtensteins hebräischem Kommentar zum NT. Das Ev 
nach Mk. Übers. (Saat auf Hoffnung 1903, 119—154). 

Ethe, H., Catalogue of Persian Mss in the Library of the India Office I 
4° XXIIl u. 1632. Oxford, Hart): Col. 1478-1474 Nr 2718 u. 2714: 
ranslation of the Gospels. G. 

Kauffmann, F., Beiträge zur Quellenkritik der en Bibelübersetzung. 
6. Die Corintherbriefe (2. f. deutsche Philol. XXXV 433463). 

Grundi, B., O.S. B., Das Neue Testament unseres Herrn Jesus Christus. 
Nach der Vulgata übertragen, mit Einleitungen und kurzen Erläuterungen 
versehen. 2 Teile. 2. Auti. (16%. VIII u. 840. Augsburg, Huttler. In 
1 Bd geh. M —.9.) 

Nestle, £., A little Mistake in the Revised Version Mark VI. 25 (ExpT 
XV 95): Die Randnotiz „the Baptizer“ ist zu streichen. 


b) Allgemeine ntl Theologie und Zeitgeschichte, 
Urchristentum. Archäologie. Geographie. 


Arnold, H., Der Inhalt des NT oder das Ev von unserer Erlösung und 
Seligwerdung durch den Glauben an Jesum Christum mu/s wahr sein! 
(84. Lp., Fiedler. M 1.50.) 

Wiesinger, A., Sola fide, nunquam sola. Gal 5, 2—6 (NkZ XIV 378—39): 
Auf die im Jenseits erfolgende Gerechtigkeit darf der Christ nur hoffen. 
„sofern sein Glaube sich als wahrer Glaube, der durch die Liebe werktätig 
ist, bewährt hat“. 

Schwarz, Das religiöse Erkennen nach Paulus und Johannes (Reich 
Christi 193, 61—76): Findet bei Paulus Spekulation, bei Jo Intuition, 
bei beiden die volle Wahrlıeit. 

Saohsse, E., Wesen und Wachstum des Glaubens an Jesus Christus (Salz 
und Licht. Heft7. Barmen, E. Biermann. M —.30): Religion ist keine 
Entwicklung des natürlichen Geistes, sondern nur Offenbarung, d. i. Er- 
tahrung des Herzens. Die Jünger Jesu wurden stufenweise zum Glauben 
geführt, indem sie nacheinander die göttliche Macht, Heiligkeit und Barm- 
herziekeit Jesu erkannten und endlich seine Absicht, kein diesseitiges 
Reich zu gründen. Haeuser. 

Brandt, W., Kenvermogen, goddelijke geest en kennis in het Nieuwe Testa- 
ment (Teyler’s Th. Tijdsch. 1903, 377—425). 

Bensow, O., Die Lehre von der Kenose (VIII u. 820. Lp., Deichert. 
M 6.—): Speziell der biblischen Theologie ist der zweite Abschnitt ge- 
widmet. Das Selbstzeugnis Jesu nach den Synoptikern und Jo, das aposto- 
lische Zeugnis und insbesondere der locus classicus der Kenose, Phil 
2,5—11, werden untersucht. Ergebnis: „l. dafs wir eine kevwoig TOD Aöyuu, 
eine Entäulserung des präexistenten Sohnes Gottes, welche sich in und 
mit der Menschwerdung vollzieht, annelımen müssen, und 2. dals diese 
xevwang auf die nopprj, die Existenzform oder Seinsweise des Logos, sich 
bezieht“. In der systematischen Verarbeitung des Materials kommt die 
Entwicklung Jesu, die Möglichkeit, versucht zu werden, u. a. zur Sprache. 
Der Standpunkt des Verf. ist der orthodox protestantische. 


202 Bibliographische Notizen. 


Rademacher, A., Die übernatürliche Lebensordnung nach der paulinischen 
und johanneischen Theologie. Eine dogmatisch-biblische Studie (Stralsb. 
Th. St. VIlu.2. VIII u. 256. Freiburg i. Br., Herder.. M 5.—): Der 
dogmatische Gesichtspunkt wiegt vor. Die einzelnen Aufserungen bei 
J Share, und Paulus kommen mehr als Belegstellen für die vorangestellte 
Thesis zur Verwertung. Doch willR.die „Gefahr subjektiver Hineintragung“ 
vermeiden. „Neu ist die nach metaphysischen Gesichtspunkten (Prinzip, 
Substanz, Potenz, Akt, Ziel) gegebene Form des Begriffes der Gnadenord- 
nung, sowie besonders die ausgiebigere Benutzung der Schriftlehre.“ 

Bugge, Chr. A., Das Gesetz und Christus im Evangelium. Zur Revision 
der kirchlichen Lehre „de lege et evangelio‘‘ (Videnskabs-Selskabets Skrifter. 
IL BHist.-Filos. Klasse 1903, Nr 3. 94. Christiania, J. Dybwad): Greift auf 
die früher aufgestellte Gleichung Thora = Christus (vgl. BZ 1413) zurück 
und sieht im Evangelium den „zusammenfassenden Gedanken von Gesetz 
und Christus“. Vgl. F. Kattenbusch in ThLz XXIX 58f. 

Vömel, R., Der Begriff der Gnade im NT (Beitr. z. Förd. christl. Theol. 
VII 5, 501—547. M 1.40): „Paulus hat die Bedeutung der Gnade am 
reichhaltigsten angewendet. Der Ebräerbrief fragt vornehmlich nach der 
Voraussetzung der Gnade, dem Erlösungstode und Erhöhung Christi. 
Petrus schaut vorwärts auf das Ziel, auf die noch zu erwartende Heils- 
vollendung. Johannes blickt vielleicht am tiefsten in das Wesen der 
Gnade, bezeugt, dafs die Gnade in der persönlichen Gemeinschaft mit Gott, 
in der Teilnahme an der Einheit des Sohnes mit dem Vater bestehe, 
Jakobus nennt als Bedingung der Gnade die Demut und Judas als aus- 
schliefsendes Hindernis die Zuchtlosigkeit, die von einer göttlichen Ab- 
hängigkeit nichts wissen will.“ 

Kinzler, A., Maranatha. Vom Warten auf das Kommen des Herrn in 
alter und neuer Zeit. Bibl. und geschichtl. Skizzen (1V u. 260. Basel, 
Reich. M 4.—): Kap. 1 behandelt die Parusie-Erwartungen der Apostel 
und des Herrn, der wohl den „Weg zum Ziel“, aber nicht „die, Meilen- 
zahl der Länge des Wegs“ gewulst habe. Kap. 2 bietet eine Übersicht 
über Inhalt, Bilder und Zeichensprache der Apk. Die folgenden Kapitel 
behandeln spätere Zeiten. Vgl. 6. Bossert ın ThLbl XXIV 378—380. 

Primose, J. W., The Resurrection of the Unjust. With what body do they 
come. — I. Cor. XV. 35 (BStdt VIII 288—295): Weist auf Dn 12,2 und 
Jo 5, 28f hin. Die Auferstehung des Ungerechten „is the act of the 
Judge“, sie ist wohl eine resurrection „0/ the dead“, aber nicht „from 
the dead“. Sein Leib ist geistig hälslich. 

Whittley, W. T., Church, Ministry, Sacraments in the NT (286. Ld., 
Kingsgate Press. 5 s). 

Lambert, 3. C., The Sacraments in the NT (s. BZ 1 413): Vier Vor- 
lesungen über die Taufe und fünf über das Abendmahl. Die ersteren 
behandeln die Einsetzung durch Jesus, die Lehre der Apostel, speziell die 
Pauli, die letzteren den historischen Vorgang des Abendmahls Jesu 
(Antizipation, symbolische Erklärung der Einsetzungsworte), das Abend- 
mahl in der ältesten Kirche (Korinth) und die johanneische Lehre. 

Bernard, J. H., The Apostolic Benediction (Exp VILlI 372—380): Be- 
handelt im Anschluls an 2 Kor 13, 14 ntl Segensformeln: „We cannot say 
that the doctrine of the Trinity is formulated in the NT.“ 

Herner, S., Die Anwendung des Wortes sugı.os im NT a Universitets 
Arsskriftt XXX V111, Afdeln I, Nr4. Vgl. BZ 1413): In der Apg scheine 
die Entscheidung, ob Gott oder Christus gemeint sei, hie und da absicht- 
lich in Schwebe gelassen. In Hebr, Jak, Apk bezieht sich der Ausdruck 
am öftesten auf Gott. Bei den Synoptikern ist diese Beziehung fast ganz 
Sondergut der Geburtsgeschichte. Vgl.H.Holtzmann in ThLz XXIX 72f. 

Wells, J., The Two Paracletes and the Under-Paracletes. An exegetical 
study (ExpT XIV 562-565): Mehr populäre Abhandlung über diese 
Bezeichnung Christi, des Heiligen Geistes und der christlichen Lehrer. 


Bibliographische Notizen. 203 


Monnier, H., La notion de l’apostolat, des origines ü Irente (VI u. 391. 
P., Leroux). 

Bousset, W., Volksfrömmigkeit und Schriftgelehrtentum. Antwort auf 
Herrn Perles’ Kritik meiner „Religion des Judentums im NT. Zeitalter“ 
(46. B., Reutber.. M —.80): P. habe die späteren Quellen, die uns über 
die rabbinische Theologie unterrichten, herbeigezogen gegenüber den zeit- 

enössischen Schriftstellern, die uns über die Volksfrömmigkeit aufklären. 

etztere wollte B. darstellen. Dies der prinzipielle Unterschied, den P. 
zurücktreten liels. G. 

Güdemann, M., Das Judentum im ntl Zeitalter in christlicher Darstellung 

GWJ XLVII 38-653 120—136 231—249): Findet das Judentum von 

ousset (vgl. BZ I 413) zu schwarz und unrichtig geschildert. Das heutige 
Judentum, mit dem der ntl Zeit identisch, hätte ihn das lehren können. 
Die einzelnen Angaben der gleichzeitigen Literatur sind ohne Uhnter- 
scheidung zusammengestellt, dem polemischen Charakter der Evv ist nicht 
Rechnung getragen. Im übrigen sei das Streben B.s nach Objektivität 
anzuerkennen. Viele Milsverständnisse verschulde seine Kenntnis des 
Rabbinismus aus sekundären Quellen. Insbesondere behandelt G. die 
Schätzung der Ehe in Judentum, den Ritualismus, das Joch des Gesetzes 
(Thora eig. = Lehre, Kenntnis). Zu tadeln sei auch der subjektive religiöse 
Gesichtspunkt, von dem aus die christlichen Schriftsteller das Judentum 
beurteilen. Auch O. Holtzmann, Harnack werden in die Kritik herein- 
gezogen. Bezüglich der Quellenbewertung bei B. hält G. fest, dafs der 
Talmud vor die Misna zu setzen sei; die Diskussionen gingen den fest- 
gestellten Sätzen der Misna voraus. Das Judentum dürfe nicht zu einer 
blolsen Vorstufe des Ev herabgedrückt werden. Der hellenistische Ein- 
fluls werde von B. überschätzt. G. 

Friedländer, M., Geschichte der jüdischen Apologetik als Vorgeschichte 
des Christentums (XV u. 499. Zürich, Schmidt. M 8.—): Meint Apologetik 
im weitesten Sinne, sofern den Mosaismus und das Judentum begründende 
(sedanken geboten werden, und bestrebt sich, zu zeigen, dals das Christen- 
tum auch mit der hellenistisch-jüdischen Gedankenwelt in Zusammenhang 
steht (gegen P. Wendland, Christentum und Hellenismus in ihren litera- 
rischen Beziehungen). G. 

Moffatt, J., Post- Erilic Judaism (Exp V111317—828): Rez. über Bousset, 
Religion des Judentums usw. G. 

Wünsche, A., Sadducäer und Pharisäer (VB 1 273): Beide gehen zurück 
auf das erste Exil. Die in Palästina Zurückgebliebenen vertraten eine 
eigenartige Richtung, genannt nach Ir Ha-sedek, die vom Exil Zu- 
rückkehrenden galten als Vertreter der babylonisch-persischen 
Richtung. T, 

Chapuis, P., L’influence de l’ Essenisme sur les origines chrötiennes (RThPh 
XXXVI 193—228): Schildert die essenische Separation in ihren pietisti- 
schen Tendenzen. Während bei Johannes dem Täufer und Jesus wenige 
Berührungspunkte sich finden, weise die Christuspartei in Korinth ganz 
die spekulativen und mystischen Elemente des Essenismus auf. Auch in 
Rom und Kleinasien seien Spuren. Die durch das Dogma der jungfräu- 
lichen Geburt bekundete Geringschätzung der Ehe sei essenisch. 

Robertson, J. M., Pagan Christs: Studies in comparative Hierology 
(460. Ld., Watts. 88 6d): J,eugnet, dals Christus existiert hat. Das 
Christentum ist mit Mithraskult und altamerikanischen Religionen ver- 
glichen. Vgl. ExpT XV 8lf. 

Jacoby, A., Altheidnisch- Ägyptisches im Christentum (Sphinx VII 
107—117): I. Christus der Jüngling-Greis. So wird Christus bei, den 
(rnostikern (Petrusakten) dargestellt: es ist nichts anderes als eine Über- 
tragung des Sonnenmythus, der die Sonne vom Kindesalter zum Greisen- 
alter gehen Jälst. Auch in den Evv (Mt 17, 1ff „leuchten“) bricht der 
Sonnenmythus durch. G. 


204 Bibliographische Notizen. 


Moffatt, J., Zoroastrianism and primitive Christianity (HJ I 763—780; 
II 347— 859): Sieht Berührungspunkte in dem Besuche der Magier, der 
Versuchung Jesu, der Dornenkrönung, den drei Tagen nach dem Tode, 
mehr noch in der Literatur (Sibyllinische Orakel u. a.). 

Krüger, 6., Kritik und Überlieferung auf dem Gebiet der Erforschung 
des Urchristentums. Akad. Festrede am 1. Juli 1903 (4°. 16. Gielsen‘. 

Holtzmann, H., Das Urchristentum nach O. Pfleiderers gleichnamigem 
Buche (Deutschland II 545-566): Skizzierung des Inhaltes. 

Dobschütz, E. v., Probleme des Apostolischen Zeitalters. Fünf Vorträge, 
in Hannover im Okt. 1903 gehalten (IV u. 138. Lp. 1904, Hinrichs. M2.70:: 
Als Probleme werden von D. empfunden und deshalb behandelt: 1. Die 
Entstehung der Urgemeinde, 2. Judenchristentum und Judentum, 3. Heiden- 
christentum und Heidentum, 4. Judenchristentum und Heidenchristentum, 
5. Urchristentum und Katholizismus. Von grundlegender Bedeutung ist 
natürlich die Stellungnahme zur Apg. D. hält sie als Ganzes nicht für 
glaubwürdig; sie ist „eine Bildergalerie mit willkürlichen, oft schlecht 
passenden Rahmen“ (S. 5). Apg 15 z. B. verdient kein Vertrauen; das 
Aposteldekret gehört an eine ganz andere Stelle. Die Korneliusepisode 

ehört zeitlich hinter den „Disput“ in Antiochien etc. Wer diesen subjektiven 
Sisndrünkt, der gegenüber einer profanen Geschichtsquelle wohl energisch 
von der Wissenschaft abgelehnt würde, nicht teilt, wird deshalb D.s Vorträge 
nicht mit ungeteilter Befriedigung lesen. Doch wird er im einzelnen auf 
treffliche Charakteristiken stolsen und auch wiederholt wahrnehmen, wie 
faute de mieux der malträtierte Prügelknabe, die Apg, doch noch gut ge- 
nug ist, um Zeugnis ablegen zu dürfen. Da auch nach D. vom historischen 
(nicht dogmatischen oder praktischen) Gesichtspunkt aus die Scheidewand 
zwischen kanonischer und nichtkanonischer Literatur zu fallen hat, be- 
grülst er es sehr, „dafs die Kirchenhistoriker sich auch mit dem NT be- 
schäftigen, die Exegeten Patristik treiben“ (S. 117). 

Morgan, Ch. H., Taylor, Th. E., Sanon S. E., Studies in !he Apostolic 
Church (226. N.Y., Eaton & Mains): Populäres Handbuch, hauptsächlich 
Kann von Ramsay und Bertlet wiedergebend. Vgl. PrthR 

a7Tf, 

Stokoe, T. H., First Days and Early Letters of the Church (152. Ld., 
Frowde. 3s): Ist der Ill. Band seiner „Manuals of the NT“. 

Barth, F., Neuentdeckte De ften zur Geschichte des Christentums 
in den ersten drei Jahrh. 1 (Stb I 396—401 444—452 488— 493): Bespricht 
Didache, Petr.-Ev, Petr.-Apk etc. 

Sulze, E., Zum urchristl. Abendmahl (PrM VII 270-273): Im ganzen zu- 
stimmendes Referat über J. Hoffmann, Das Abendmahl im Urchristen- 
tum (vgl. BZ 1 415). 

Pi V., L’Agape dans l’Eglise primitive (160. 64. P., Bloud & Cie. 

r —.60). 

Strack, M. L., Die Müllerinnung in Alexandrien (ZntW IV 213—234): 
Macht auf eine Inschrift aus dem 3. Jahrh. v. Chr. aufmerksam, wo eine 
Müllerinnung mit npeoßütepor und einem iepeug genannt ist. Daraus wie 
aus andern Parallelen wird in Betreff des Urchristentums in Agypten der 
Schluis gezogen, „dals seine Institution der Presbyter sich durchaus an 
die im Lande gang und gäbe Sitte anschlols und dais es mit ihr ganz un- 
auffällig sich in die Reihe der übrigen Vereine einreihte“. 

Hauschildt, H., IIgeoßvregos in Ägypten im 1.— III. Jahrh. n. Chr. (ZutW 
IV 235—242): Verfolgt au der Hand der von Ü. Wessely (Karanıs und 
Soknopaiu Nesos. Studien zur Gesch. antiker Kultur- und Personen- 
verhältnisse, 1902) publizierten Papyrustexte die Bedeutung des Titels 
qtpeoßütepos, der schon damals nicht mehr als Altersbezeichnung ge- 
braucht wurde. 

Ebstein. W., Die Medizin im NT und im Talmud (338. Stuttgart, 
Euke. M8.—). 


Bibliographische Notizen. 205 


Dressaire, L., Etudes Palestiniennes. La tradition et l’authenticite des 
Lieux saints (Rev. August. II 416-431). 

‚Leeper, J. L., Voices from underground Jerusalem (BW XXIII 167—179): 
Übersicht über Ausgrabungen (Mauerverlauf, Sion, Teich Siloam etc.) mit 
mehreren Abbildungen (Photographien des Verf.). 

Kraufs, S., Les divisions administratives de la Palestine a l’Epoque romaine 
(R£j XLVI 218—2386). 

Robertson, H., The Question of Sychar (ExpT XIV 568): Sychar = el- 
’Askar. Die Frau am Jakobsbrunnen war eine Schnitterin. 

Sanday, W., The Site of Capernaum (JthSt V 42—-48): Gibt die Identi- 
fikation mit Khän Minyeh auf, um Tell Hüm dafür zu akzeptieren 
a Das von Josephus bezeugte Heptapegon ist ‘Ain et 

abigha. 

Arb-Aretas, J. [Pseudonym], Question de topographie palestinienne: 
Tauthenticite du Pretoire et du Chemin de la Croix (Univ. cath. XLIV 
52—74): Wendet sich gegen den Hyperkonservatismus von P. Barnabe 
d’Alsace (vgl. BZ I 205) und sucht das Prätorium am Platze des Xystus, 
wahrscheinlich im „Palais du Conseil“. 

Guyo, L., Le Pretoire (Rev. August. II 501—513): Stimmt vorgenanntem 
Autor in ‘der Ablehnung P. Barnabes zu, nimmt aber seinerseits den 
Hasmonäerpalast am Xystus als Ort der Verurteilung Jesu an. 

Mommert, C., Das Prätorium des Pilatus oder der Ort der Verurteilung 
Jesu (VIII u. 184. Mit 6 Plänen. Lp., Haberland. M 4.50): Verwirtt 
sowohl die Westhügeltheorie als eine erst 1145 auftauchende Annahme, 
wie die neuerdings von dem Franziskaner P. Barnabe (vgl. BZ 1205) ver- 
teidigte Osthügeltheorie, und sucht die Stelle des Prätoriums im Stadttale 
el-Wad am Westfulse des Antoniaburgfelsens auf einem heute den kathol, 
Armeniern gehörigen Grundstücke, dem sog. Sultansbade, wo die Basilika 
der Heil. Weisheit zu suchen ist und Fulsspuren des Herrn (nicht Mariens) 
Kezeigt werden. Der auch bei M. viel zitierte pseudonyme Antoninus 

lacentinus sollte nun endlich aus der Literatur verschwinden, um so mehr, 
als Grisar in der Lage war, seine diesbezüglichen Nachweise gegenüber 
völlig grundlosen Einwendungen (s. oben S. 88) zu erhärten. 


c) Kanon des NT. Geschichte der ntl Exegese. 


Boehmer, 3., Nti Parallelen und Verwandte aus altchristl. Literatur. 
Für Bibelfreunde (12%. 48. Stuttg., Greiner & Piteifier. M —.50): Aus 
Väterschriften, ntl Apokryphen u. a. sind in deutscher Übersetzung Stellen 
zusammengestellt, die zu den Berichten des NT, dem Ergebnisse „eines 
Jahrhunderte währenden geschichtlichen Prozesses“, in Parallele stehen. 
Manches wäre nach B. „würdig, mehr als würdig, im NT selber seinen 
Platz zu haben“. 

Origenes’ Werke. IV. Bd. Der Johanneskommentar, herausgeg. von 
E. Preuschen (Die griech. christl. Schriftsteller der ersten drei Jahrh., 
herausgegeben von der Kirchenvätercommission der k. preuls. Ak. d. W. 
X. Bd. CVIII u. 668. Lp., Hinrichs. M 24.50): Der umfangreichste der 
bis jetzt erschienenen Bände der Berliner Sammlung. Die Einleitung 
begründet die Wahl des Monac. 191 saec. XIII zur textkritischen Grund- 
lage; der Venet. Marc. 43 anni 1374 stellt bereits eine kritische Bearbeitung 
dar. Der Jo-Kommentar des Origenes selbst wurde 218 oder 219 begonnen 
und nach der Abreise aus Alexandrien 232 vom 6. Buche an fortgesetzt; 
vollendet war er wohl nie. Für die Preisgabe der geschichtlichen Auf- 
fassung mancher Partien und die dem Philo abgelauschte allegorische 
Verflüchtigung des Wortsinnes glaubt P. das Unvermögen, die evange- 
lischen Berichte in Übereinstimmung zu bringen, verantwortlich machen 
zu dürfen. Bezüglich des Bibeltextes (= Bx oder A) vgl. BZ 1417. Auch 
über Herakleon, aus dessen Jo-Erklärungen Origenes 47 Fragmente zitiert, 
gibt die Einleitung orientierenden Aufschlufs., Für die Katenenfragmente 


2 





206 Bibliographische Notizen. 


hätte sich nach des Verf. eigenem Urteil noch mehr tun lassen. Seinem 
„Typus der römischen Katenen“ liegt der dem Petrus von Laodicea zu- 
geschriebene Kommentar zu Grunde. Derselbe müfste erst klar heraus- 
geschält werden, sonst geraten lemmatisierte Katenenzusätze und anonymer 
Kommentartext ineinander, wie mir dies z. B. bei Katenenfragment X 


der Fall zu sein scheint. S. LXIX, 3 v. u. lies ‚uns und 2 v. u. 978. 
Gründliche Register beschliefsen auch diesen Band. 

The Anede Onaeava Biblica and the Gospels (Contemp. Rev. LXXXIII 
837 —40): A. N. Jannaris wendet sich gegen E.A. Abbott und W.Schmiedel, 
welche in Artikeln der Encycl. Bibl. aus Eusebius, H. e. 3, 3, 3 folgern 
wollen, dals Papias Lk und Jo nicht gekannt habe. — E. A. Abbott (ebd. 
249—254) verteidigt sich gegen den Vorwurf des Rationalismus (in der 
Auffassung der Person Christi stimmt er mit Schmiedel nicht überein) 
und hält seine Deutung der Eusebiusstelle aufrecht. — A. N. Jannarıs 
(ebd. 532—539) repliziert scharf und verteidigt u. a. die Lesart nıvd statt 
tiva. Das Milsverständnis des Eus. gehe auf Cassels zurück. 

Cassels, W. R., The Purpose of Eusebius (HJ I 781—788): Repliziert auf 
vorgenannten Vorwurf Jannaris’, der „original sinner“ zu sein. 

Engelbrecht, A., Studien über den Lukaskommentar des Ambrosius. Mit 
einem Anhang über eine bisher verschollene Hs des Philastrius (Sitzungsber. 
der kais. Akad. der Wissensch. in Wien, philos.-hıst. Kl. CXLVI, Nr 8. 56. 
Wien, Komm. bei Gerolds Sohn): Von diesen an dıe neue Ausgabe von 
Schenkl (vgl. BZ 1 206 u. 418) anknüpfenden sprachlichen und text- 
kritischen Bemerkungen kommen für die BZ in erster Linie die auf die 
Bibelzitate (S. 21—35) und auf die mystische Evangelienauslegung des 
Ambrosius (S. 35-40) entfallenden in Betracht. Es zeigt sich, „dals 
der Wortlaut verschiedener Zitate in der Wiener Ausgabe nicht richtig 
konstituiert wurde, dals Ambrosius bei freierer Zitierung mitunter schwer 
verständlich ist oder sich Flüchtigkeiten und Milsverständnisse zu Schulden 
kommen läfst“, und dals des öfteren die Dunkelheit der symbolischen 
Deutungen, in denen sich Ambrosius ergeht, noch durch falsche Textes- 
konstituierung oder Interpunktion verstärkt worden ist. C.W. 

Haufsleiter, J., Drei Editiones principes des Apokalypse- Kommentars 
des Primasius (ThLbl XXV 1—4): „Der (von H. in der Augsburger Stadt- 
bibliothek aufgetriebene) Kölner Druck vom Jahre 1535 enorgr von 
dem berühmten Kölner Buchdrucker Eucharius Cervicornus, zu deutsch 
Hirtzhorn) erweist sich als Grundlage aller späteren Primasius-Drucke, 
mit einziger Ausnahme der Baseler Ausgabe vom Jahre 1544. Die Pariser 
Ausgabe des Jahres 1544 ist lediglich ein nicht fehlerfreier Abdruck des 
Kölner Buches.“ Cervicornus hat für seine Ausgabe zwei „antiquissima 
exemplaria“ benutzt, von denen das eine, dem er meistens Da zur Hss- 
gruppe NG in Haulsleiters Ausgabe (Forsch. z. Gesch. d. ntl Kan. IV) ge- 
hört, während das andere mit dem Archetypus der beiden andern Gruppen 
verwandt ist. C. W. 

Sickenberger, J., Über die dem Petrus von Laodicea zugeschriebenen 
Evangelienkommentare (ThQ, LXXXV1 10—19): Betont ihren Charakter 
als kompilierte Evv-Kommentare und macht über Pariser Hss derselben 
Mitteilungen. In der Verfasserfrage brachte der Hinweis auf angebliche 
„Petri Laodiceni orationes 3“ im Par. suppl. gr. 407 keine Lösung. 

J., Ntl Elemente in der Traditionslitt. des Islam (Öchr II 

0— $ 


d) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern. 
a) Allgemeines, 
Maurici, A., Gesü e s. Paolo (66. Palermo. Virzi. L 1.50\. 
Dunin-Borkowski, St. v., S.J., Blicke in das Selbstzeugnis und die Theologie 
Jesu Christi und des Völkerapostels (Kath 3. F. XX VII 289—305 395—413 
481—506): Sehr beachtenswerte Auseinandersetzung mit der modernen 


Bibliographische Notizen. 207 


Kritik der Lehre Jesu und Pauli, wobei einige „Tatsachen des Selbst- 
zeugnisses Jesu“ mehr als bisher beleuchtet werden. „Die grofse Mehr- 
zahl der Aussprüche Jesu über Gott berechtigt nicht zur Annahme, Christus 
habe unter Gott ein Wesen verstanden, welches ihm an Macht wesentlich 
überlegen war. ... Die Ausnahmen sind nur scheinbar.“ 

Abbott, E.A., Contrast; or A Prophet and a Forger (XXXII u.41. Ld,, 
Black): Der Verf. bezeichnet sein Buch als „the skeleton of a book“. 
Unter dem Propheten versteht er den unbekannten Autor des Jo-Ev, 
„that should lift his readers out of the critical atmosphere into the region 
of adoring love“. Unter dem Fälscher versteht A. den Autor von 2 Petr. 
Vgl. AmJTh VII 7751. 


ß) Leben und Lehre Jesu. Evangelien. 


Schmidt, P. W., Die Geschichte Jesu erläutert. Mit 3 Karten von 
K. Furrer und einem medizinischen Gutachten zur römischen Kreuzigung 
samt 2 Abbildungen im Text und 1 Tafel in Lichtdruck (XI u. 423. 
Tüb. u. Lp. 1904, Mohr. M 7.—). 

Pfleiderer, O., Das Christusbild des urchristl. Glaubens in religions- 
geschichtl. Bedeutung. Vortrag (116. B., Reimer. M 1.60): Berührt sich 
vielfach mit dem Buche Gunkels e. o. S. 56ff. 

Farrar, F. W., Life of Christ (4%. 822. 300 Illus. Ld., Cassell. 108 6d). 

Farrar, F. W., The Life of Lives: Further Studies in the Life of Christ. 
Popular ed. (596. Ld., Cassell. 78 dd). 

arth, F., Die Hauptprobleme des Lebens Jesu (vgl. BZ 1419): Ist nach 
H. Holtzmann, ThLz XXIX 7Lf „typisch... für die Zwischen- und 
Mittelstellung, welche ein respektabler Kreis heutiger Theologie .. . zu 
der Leben-Jesu-Frage bzw. zur Evangelienkritik in freilich mannigfach 
abgestufter Form einnimmt“. 

ell, H. T., Bible Studies in the Life of Christ. Historical and Con- 
structive (160. Ld., Revell. 18 6d). 

Chapuis, P., Quelques problömes de la vie de Jesus @ propos de quelques 
publications recentes (RIhPh XXX VI 408—449): Auf Grund der neueren 
deutschen Literatur wird hauptsächlich das Wunderproblem und die Reich- 
gottesidee im Sinne der modernen Kritik erörtert. 

Grals, K., Über E.v. Schrenck: Jesus und seine Predigt (Mitt. u. Nachr. 
f. d. ev. Kirche in Rulsl. 1903, 95—106). 

Efreb-Kador, Christus. Seine Göttlichkeit und sein Wirken im Lichte 
des Spiritualismus. Eine Parallele zwischen der hl. Schrift und den Lehren 
der Spiritualisten (104 mit Bildnis. Lp., Fiedler. M 1.80): Hält Jesu 
Taten für spiritistische Wirkungen. 

Un docteur en Theologie, La science humaine de Jesus (Rev. du Ülerg6 
frang. XXXV 338—365): Die Studie ist durch Loisys Aufstellungen an- 
geregt. Sie erörtert die Anschauungen der Väter und Theologen. Ein 

ichtwissen Jesu in Dingen, die nicht mit seiner Mission zusammen- 
hängen, könne auch einen Irrtum zur Folge haben. Die Parusietexte 
lehrten das unmittelbare Bevorstehen derselben. Wahrscheinlich liege 
hier eine Eintragung der Anschauungen der Evangelisten in Jesu 
Worte vor. 

Schure, E., Jesus the last great Initiate. Nach ExpT XV 87 betrachtet 
der Autor Jesus für einen Essener. 

Peabody, F. G., The Characters of Jesus Christ (HJ 1 642—660): Findet 
bei Jesus kraftvolles Einwirken aut den Willen. Fern von Sentimentalität, 
läist Jesus Überlegung walten, um seine ethischen Ziele zu erreichen. 

Kirchner, V., Die Sündlosigkeit Jesu und das NT („Mancherlei Gaben“ etc. 
XLIII Nov. 1903). 

Halevy, J., Nalwgaios (Rsem XI 232—239): Kommt von xx,, der aram. 
Form von hebr. "23, und x'"z) war ein Ehrentitel, den dıe Jünger dem 
erkannten Messias in Anlehnung an Is 11, 1; 60, 21; Jer 31,6 gaben. Der 





Su ei te en — 0 HEEE . ME 3 Mie ME _ _ ui MEET Reife: mon Te EEE | In Zn E72 





208 Bibliographische Notizen. 


Aufenthalt in NaZaper ist erst Ergebnis der späteren Legendenbildung auf 
Grund der milsverstandenen Bezeichnung. G. 

Cigoi, A., Das Leben Jesu I: Wahrheit der Evv. Palästina, das Heimat- 
land Jesu. Kindheitsgeschichte Jesu (4. V11I u. 216. Klagenfurt, St. Joset- 
Verein. M 1.50). 

Knowling, R. 3., Our Lord’s Virgin Birth and the Criticısm af To- 
day (96. Ld., S. P.C. K. 1s 6d). 

Soltau, Die Geburtsgeschichte Jesu Christi (Stb L 56-61): Resume über 
seine an andern Orten auch vorgetragenen Quellenscheidungen und Über- 
arbeitungen der evangelischen Berichte. 

Noesgen, Zur Geburtsgeschichte Jesu Christi in Lukas Kap. 1 u. 2 (StbI 
121—126 162—170): Der Mt- und Lk-Bericht sind unabhängig voneinander. 
Lk gibt atl Gedanken in paulinischem Gewande. Sein Bericht ist einheit- 
lich und weist keine späteren Überarbeitungen (namentlich Supranaturs- 
lisierungen) auf. 

Lienhard, Die Geburtsgeschichte Jesu Christi (Stb I 256-258): Macht 
gegen Soltau darauf aufmerksam, wie wenig religionsgeschichtliche Par- 
allelen beweisen. 

Resch, A., Das Kindheitsevangelium (Stb I 442—444): Charakteristik des 
von ihm als gemeinsame Quelle für Mt und Lk postulierten Kindheitsev. 

Hoben, A., The Virgin Birth I (85. Chicago, Univ. of Chicago Press. 
50c): Vgl. BZ I 210. 

Beeby,C.E., Doctrinal Significance of a Miraculous Birth (HJ II 125— 140): 
Rationalistische Auffassung der Geburt Jesu. Das katholische Dogma ist 
nach B. valentinianische Häresie: „That is neither conception nor birth.“ 

Nestle, E., Zur Berechnung des Geburtstags Jesu bei Clemens Alexandrinus 
ZntW IV 349): Mehrere kinzelheiten: so die, dals man von Geburt zu 

aufe (12. Athyr = 8. Nov.) genau 30 Jahre rechnete. 

Mead, &. R. S., Did Jesus live 100 B. C.? An enquiry into the Talmud 
Jews Stories, the Toldoth Jeschu, and some curious statements of Epiphanius: 
being a contribution to the study of christian origins (456. Ld., Theosoph. 
Pub. Co. 93): Behandelt diese von jüdischer Seite aufgestellte und dann 
auch in weiteren Kreisen akzeptierte These ernsthaft, kommt aber zu 
keinem sichern Ergebnis. Uber die Existenz des Pilatus ist eben nicht 
hinwegzukommen. Vgl. ExpT XV 81. 

Trench, R.Ch., Die Versuchung Christi. Eine Studie über Matth.4,1—11. 
Aus dem Englischen von M. Schuchard (63. Bremen, Traktathaus. M —.40). 

Stewart, M. A., The Temptation of Jesus (230. N.Y., Revell. $1.50). 

Willrich, H.. Zur Versuchung Jesu (ZntW 1V 349f): Sieht in Mt 4, 8f 
die Variante eines älteren persischen Legendenmotivs. 

Holmes, R., The Purpose of the Transfiguration (JthSt IV 543—547): 
Ablehnung der Auffassung Kennedys (s. BZ I 423). Die Stellung der 
Verklärungsgeschichte beweist, dals Jesus den Jüngern sein Verhältnis 
zur Welt erklären wollte. Zugleich klärte er sie über sein Ende (£Eodos, 
vgl. 2 Petr 1, 15ff) auf. 

Schulz, A., Das Leiden und die Verherrlichung Christi nach Belser (Wiss. 
Beil. der Germ. 193, 281f.). . 

Panel, D., Preliminaires historigues de la Passion de Jesus (le complot; 
la cene; Tagonie), etude ceritique. These (127. Lyon, Impr. Paquet). 

Batiflol, P., L’eucharistie dans le NT d’apres des critiques recents (Rb 
XII 497—528): Lehnt Spittas eschatologische und Weizsäckers und 
‚Jülichers parabolische Auffassung der synoptischen Berichte ab. Auch 
H. Holtzmanns Idee von der Bundesschlielsung, die durch das vergossene 
Blut besiegelt wird, ist unzureichend, und Hoffmanns Anschauungen (vgl. 
BZ 1 415) betrachtet B. als ein „curieux specimen du pur irrealisme, oü 
se joue la virtuosite de certains thöologiens allemands“. In eingehender 
Besprechung von Jo 6 setzt sich dann B. mit Loisys unhaltbarer Exegese 
dieses Kapitels auseinander. 


Bibliographische Notizen. 209 


Lechler, P., Über die Bedeutung der Abendmahlsworte (ZwTh XLVI 
481—486): Sie waren ursprünglich nur eine Andeutung der Vergänglich- 
keit des Leibes Christi. 

Planus, Pages d’Evangile T. III: De la dernire Cene ü l’ Ascension 
(16%. XII u. 392. P., Poussielgue Fr 3.—). 

Lochmann, W., Sakrament und Parabel. Altes und Neues zur schrift- 
ale net Lösung des Abendmahlsproblems (IV u.128. Halle, Strien. M3.—): 

erbindet die Reichsgottesidee mit der Eucharistie und sieht in letzterer 
den parabolischen Ausdruck der ersteren. Im Genusse des Brotes ergreifen 
wir Besitz von Jesu stellvertretender Passion; der dargereichte Kelch 
bietet Teilnahme am Bundesgute, an der Sündenvergebung, die Jesu Blut 
erwirkt hat. Paulus hat die Abendmahlsberichte des Mk und Mt nicht ver- 
ändert; die Abendmahlsfeier hat er als Verkündigung des Todes Jesu ein- 
geschärft. Jo 6 enthält Bilder der geistigen Tätigkeit des Menschensohnes. 

Cheever, H. M., The legal Aspects of the Trial of Christ (Bs LX 495—509): 
Christus wurde zweimal offiziell verhört, wobei das Verhör bei Kaiphas 
keine blofse Präliminaruntersuchung war. Beide Male aber kamen Gesetzes- 
verletzungen vor. Die Anklage vor Kaiphas lautete auf Gotteslästerung, 
bei Pilatus auf Majestätsbeleidigung. Der letztere sprach Jesus zunächst 
frei, verurteilte ihn aber dann gegen bessere Überzeugung zum Tode. 

Dunlop, J., The Death of Christ (ExpT XIV 518-520): Dockiamunr zu 
Denneys Buch. Vgl. BZ I 424. 

Cullen, H., Apostolic View of the Death of Christ (BStdt VIII 227—236): 
Es herrscht Übereinstimmung unter den Aposteln bezüglich der Auffassung 
des Todes Jesu als Sühnetod. 

Shaw, Ch. G., Current Interest in the Crucifixion (BW XXII 180—194): 
a nsaue Betrachtungsweise mu/ls den Faktor der Versöhnung ein- 

eziehen. 

Kreyher, Der Todestag Christi (Ev. Kz. 1903, 889—894): Tritt gegen 
H. Achelis für Freitag den 3. April d. J.33 ein. Es ist das johanneische 
Datum, und die astronomische Berechnung der Mondfinsternis i. J. 33 
stimmt dazu. 

Fotheringham, J. K., The Date of the Crucifixion (Journ. of Philol. 
XXIX 100—118). 

Zahn, Th., Kleinere Beiträge zur evangelischen Geschichte. 3. Der auf- 
erstandene Jesus in Galiläa (NkZ XIV 770—808): Vgl. BZ 1213. Wider- 
legung der Annahme eines Galiläa in oder bei Jerusalem. Die hierfür 
angerufenen Acta Pilati bieten ebensowenig eine Bestätigung wie Tertullian, 
Juvencus, Laktanz und Chrysostomus. °H Takıkaia ist nicht falsche UÜber- 
setzung von rbb; = tepixwpog (Lepsius). Die Weisung Christi, nach 
Galiläa zu gehen, hatte die Sammlung der Gemeinde beabsichtigt. 

Fonck, L., S. J., Die Wunder des Herrn im Evangelium exegetisch 
und praktisch erläutert. I. Teil (VIl u. 454, Innsbruck, Rauch. M 3.60). 

Wright, T. H., Finger of God: Studies and Suggestions in the Miracles 
of Jesus (218. Ld., Melrose. 38 6d): Will Glauben und Wissenschaft bei 

eurteilung der Wunder Jesu versöhnen. Vgl. ExpT XV 84f. 

Selby, Th. @., and others, The Miracles of Jesus (429. Manchester, 
J. Robinson. 68). 

Allen, 6. W., Wonderful Words and Works. Sermons on the parables 
and miracles of Jesus (XXI u. 229. Ld., Sheffington. Fr. 25.—). 

Chamberlain, H. S., Worte Christi (Kleine Ausgabe) (16°. XI u. 816. 
München, Bruckmann. M 2.—). 

Verba Christi. The Sayings oz Jesus Christ (The Temple Classics) 
(120. 292. Ld., Dent): Gibt die Worte Jesu griechisch und englisch nach 
den Evv, mit lateinischen und englischen Vorbemerkungen. Der Verf. 
ist Dean Stubbs. Vgl. ExpT XV 88. | 

Swete, H. B., The Teaching of Christ (Exp VIII 116—130 267-282 
440 —455): Fortsetzung der BZ 1420 genannten Aufsätze. Charakterisierung 

Biblische Zeitschrift. II. 2. 14 


210 Bibliographische Notizen. 


der Lehre Jesu bei Lk („He reveals as the Physician, the Redeemer and 
the supreme Master of mankind“) und Jo („the Gospel of the Teaching‘). 
Eine zusammenfassende Übersicht hebt noch einige Punkte (Hl. Geist, 
Kirche, Individualität Jesu u. a.) hervor. 

Oldham, 3. H., Studies on the Teaching of Jesus, as recorded in the 
Synoptic Gospels (205. Ld., Brit. Coll. Christian Union. 18). 

Foster, Fr. H., The Teaching of Jesus concerning his own Mission 1%. 
N.Y., Americ. Tract. Soc. 75 cts): Populär. 

Bean, W. S., Teachings of the Lord Jesus (10%. Philadelphia, Presbyt. 
Board. 75.cts): Populär. 

Rambaud, J., Essai sur les donnees essentielles de la religion de Jess. 
Thöese (192. Cahors, Impr. Coueslant). 

Doree, N., Le christianisme de Jesus, par un juive (18°. IX u. 110. P. 
Fischbacher). 

Göttler, J., Zur Methode der Lehrvorträge unseres Herrn (Katech. Bl. 
N. F. V 1-6): Macht beachtenswerte Bedenken gegen die Herauslesung 
einer Methode aus der Bergpredigt als Ganzem geltend und weist seiner 
seits auf die in den Parabeln niedergelegte Methodik hin. 

Smith, &6., The Founder of Christendom (48. Ld., Green. is 6d): 
Erörtert die Wirkungen der Worte Jesu auf Zeitgenossen und Nachwelt. 
Als wahrer Mensch habe Christus auch die Beschränkungen und Unroll- 
kommenheiten der Menschheit geteilt. Vgl. HJ II 207. 

Legeay, &., Le Symbolisme dans l’Ecriture. Noms et figures de Notre- 
Seigneur (18°. XVi u. 263. P., Retaux). 

heraton, J. P., Our Lord’s Teaching concerning himself (PrtbR I 
513—536): „‚Son of Man‘ expresses the earthly manitestation of tbe Word 
which became flesh and tabernacled amongst us. ‚Son of God‘ expresses 
and affırms His eternal and essential being.“ 

Schürer, E., Das messianische Selbstbewu/stsein Jesu Christi. Rede zur 
akadem. Preisverteilung am 10. Juni 1%3 in Göttingen (ZThK Xlll 
437—456): Die messianischen Hoffnungen und die strenge Gesetzlichkeit 
bildeten die geistige Atmosphäre, in welche Jesus hineingestellt war. 
Sein Sohnesverhältnis zu Gott ist kein metaphysisches, sondern ein 
ethisches und bedingte den Messiasberuf in ihm. Seit der Taufe, einem 
mythologisierten Vorgang des Innenlebens Jesu, kam ihm das zu Be 
wulstsein. Jesus lehnt aber alle politischen Bestandteile des Messiss- 
begriffes, auch die Abstammung von David, ab und bezeichnet sich als 
den von Daniel verheilsenen Menschensohn. Die Zukunftsaussagen Jesu 
sind später versinnlicht worden. 

Chollet, J. A., La conscience psychologique du Christ (Rev. d. Sc. Eccles. 
1903 aout et sept. 95—112 195— 218). 

Mouren, 3., Le fils de P’homme. Etude historique et critique sur ce titre 
de Jesus, d’apres les Evangiles synoptiques (76. Lycn, Paquet). 

Gayraud, Le royaume des cieux llawer 20 nov. et 2 dec.): Nimmt 
zwei Irappen an: 1. die Kirche, 2. das Jenseits, durch die Parusie ein- 
geleitet. Vgl. Rev. du Clerge france. XXX VII 221. 

Worcester, W. L., The Life of the Lord interpreted by the Sermon on 
the Mount (New Church Rev. 1903 oct.). 

Loisy, A., Le discours sur la montagne (Rev. d’hist. et de litt. rel. VII 
836—370 441—471): Fortsetzung der BZ 1423 angezeigten Aufsätze. Als 
weitere Punkte werden behandelt: 5. Les bonnes «uvres, 6. Le detache- 
ment, 7. Lecons diverses. Conclusion. 

Loisy, A., Le discours sur la montagne (164. P., Picard. Fr 3.—): 
Separatausgabe obiger Aufsätze. 

breenbough, 6., The Sermon on the Mount (VII u. 269. Manchester, 
Wobinson. Fr 5.60). 

Jones, E. 6., and others, The Sermon on the Mount (Including the 
Beatitudes) (VII u. 375. Manchester, Robinson. 48 6d). 


Bibliographische Notizen. 211 


The Beatitudes of Jesus (BW XXII 83-87): Allgemeine Charakteri- 
sierung derselben. 

Grimmert, Die erste Seligpreisung (Stb I 433—437): Erbaulich. 

Fulfilling the Law and the Prophets (BW XXIT 163—166): Jesu Stellung 
zum (resetze. 

Bugge, Chr. A., Die Hauptparabeln Jesu ausgelegt. Mit einer Ein- 
leitung über die Methode der Parabel: Auslegung (XX u. 496. Gielsen, 
Ricker. M 11.—): Ein tief durchdachtes Werk! Die Darstellung ist zwar 
breit, doch klar. Es wird zunächst einleitungsweise gegen Jülichers 
Methode der Parabelerklärung Stellung genommen. B. sieht in den 
Jüdischen Meschalim den Ausgangspunkt für Beurteilung der Parabeln 
Jesu. Auch B. verteidigt den Verhüllungszweck (vgl. BZ I 211). Ein 
vierfaches Motiv habe Jesus geleitet: 1. Die Eigenart des Messias- und 
Reichgottes-Ideals Jesu, 2. Rücksicht auf die verständnislose Masse des 
Volkes, 3. Rücksicht auf die Jünger, 4. Rücksicht auf Jesu eigene Selbst- 
entfaltung. Im einzelnen sind die Parabeln entweder argumentativ oder 
illustrativ oder didaktisch (paradoxal). Die Auslegung hat von den bei 
den Evangelisten sich findenden Leitmotiven auszugehen. Trotz vielfacher 
„Komposition“ sind die evangelischen Berichte historisch getreu. Der 
erste Teil behandelt die Geheimnisparabeln des Reiches Gottes. Diese Idee 
birgt nach B. nicht blols eschatologische Vorstellungen in sich. Das Reich 
Gottes ist innerlich und geistig, gegenwärtig wie zukünftig. Der zweite 
Teil behandelt die Reichsparabeln bei Mt, der dritte die Individual- 
parabeln bei Lk. Die Einzelexegese bringt eine deutsche Übersetzung 
und die Erklärung des Wortsinnes, worauf die Deutung und Charakteri- 
sierung nebst geschichtlichen Notizen folgt. Trotz mancher Uhnrichtig- 
keiten in Detailnotizen muls B.s Buch als eine sehr gediegene Parabel- 
erklärung bezeichnet werden. 

Brun, J., Les ae de l’evangile. These (112. Lyon, Impr. Paquet). 

Trench, R. Ch., Notes on the Parables of our Lord. New ed. (534. 
Ld., Kegan Paul. 38 #d). 

Stretton, H., Parables of our Lord (248. Ld., Relig. Tract. Soc. 38 64). 

Tonetti, L., e Rossini, G., L’Erodianismo nelle parabole evangeliche (Misc. 
d. Stor. Eccl. I 209-225). 

Witzmann, 6., Zur Frage nach der unterrichtlichen Behandlung der Gleich- 
nisse Jesu. Jenaer Diss. (66). 

Mönegoz,E., A propos de l’eschatologie de Jesus; Bruston, C., Courte replique 
ü la lettre precedente (Rev. d. Th. et d. Quest. rel. 1903, 344—368). 

Shaw, Ch. G., Jesus Christ and eternal Life (BW XXII 436448): „Christ 
is the author and finisher of our faith in eternal life; all this is due to 
the fact that he is the religious character par excellence.“ 

Heuver, 6. D., The Teachings of Jesus concerning Wealth. With introd. 
by H. Johnson (212. Ld., Revell. 358): Nur wer Christus in sich hat, kann 
ihn völlig verstehen. Im übrigen mülsten auch alle Kleinigkeiten be- 
achtet werden, z. B. dals der barmherzige Samariter das Geld zur Unter- 
stützung des unter die Räuber Gefallenen nicht diesem, sondern dem 
Wirt der Herberge einhändigte — wodurch Christus die indirekte Wohl- 
tätigkeit der Welt empfohlen habe! Vgl. ExpT XV 886. 

Zurheilen, O., Johannes der Täufer und sein Verhältnis zum Judentum. 
Theol. Dissertation der Univ. Bonn. (71.) 

Gillie, R. C., Kinsfolk and Friends of Jesus (402. Ld., Black. 68). 

H<ilgenfeld> A., Der mondsüchtige Knabe (ZwTh XLVI 608): Macht auf 
Gunkels Bemerkung aufmerksam, wonach das Fallen in Feuer und Wasser 
(Mt 17, 15. Mk 9, 22) ein babylonischer Terminus für Fieberhitze und 
Schüttelfrost sei. 

Kappstein, Th., Maria von Magdala im NT (Deutschland II 611—618): 
Anlälslich des Dramas von Paul Heyse wird u.a, die Unrichtigkeit der 
Identifikation mit der Sünderin Lk 7 und Maria von Bethanien behauptet. 


14* 


212 Bibliographische Notizen. 


Sanday, W., La critique actuelle et les &vangiles (Bull. de Litt. eccles. 
1903, 233—241): Französische Übersetzung eiues Vortrags S.s auf dem 
Church Congress in Bristol (15. Okt. 1903), in welchem gegen die rationa- 
listische Evv-Kritik, wie sie auch in England, besonders ın der Encyclo- 
paedia Biblica Vertreter findet, Stellung genommen wird. „‚Lire la Bible 
comme n’importe quel autre livre‘, et supposer que nous n’y trouverons 
que ce qui se trouve dans les autres livres, sont Jens choses differentes.“ 

Sense, P. C., Evangiles canoniques et apocryphes (Rev. de l'hist. des relig. 
XX1V 372—383): Die kanonischen Evv sind ein Produkt des 2. Jahrh., 

efertigt zum Ausgleich der verschiedenen religiösen Anschauungen. 

enäus ist der, Begründer des heutigen Christentums. 

Halevy, )., Etudes &vangeliques.: Fasc. Ier (243. P., Leroux): Vermut- 
lich Separatausgabe seiner Aufsätze in der Rsem. Vgl. BZ I 208 u. 420. 

Stanton, V. H., The Gospels as historical Documents. Part I. The early 
use of the gospels (XV u. 288. Cambridge, University Press. 78 6d): Be- 
handelt 1. die nachapostolische Zeit, 2. die Zeit der Apologeten und des 
Konfliktes mit dem Gnostizismus, 3. Justin, 4. die Zeit von Justin bis 
Irenäus, 5. die asiatische Tradition bezüglich des Jo-Ev, 6. den Stand 
am Ende des 2. Jahrh. 

Flournoy’s, P.P., New Light on the NT, with an introduction by B. B. 
Wartield (193. Philadelphia, Westminster Press. 75 cts): Berichtet über 
neuere Entdeckungen, welche die Echtheit und Authentizität der Evv be- 
kräftigen: Diatessaron, Lewis-Sinaiticus, Quadratus, Aristides, Petrus- 
evangelium u, a., besonders auch über Bestätigungen geographischer, histo- 
rischer und politischer Art. 

Osborn, L. D., The Recovery and Restatement of the Gospel (12°. 26 
u. 253. Chicago, Univ. of Chicago Press. $1.50): Erblickt im Berichte 
nn nn die Autorität, zu der wir zurückkehren müssen. Vgl. ExpT 

Lolsy, A., L’Evangile et ’Eiglise. 2« ed. (16°. XXXIV u. 281. Mäcon, 
Protat): S. oben 189. 

Loisy, A., Autour d’un petit livre. Defense de „PEvangile et U’ Eglise* 
(120. XXXIV u. 290. P., Picard. Fr 3.—): In Form von sieben Briefen 
z. T. an hohe geistliche Würdenträger verteidigt L. seine Aufstellungen. 

Hilaire de Barenton, Erögese nouvelle. Les doctrines de M. Loisy (71. P.) 

Bouvier, P., L’Exegese de M. Loisy. Les doctrines — Les proced&s 
Fr P., Retaux): Reterat mit Aufzählung der hauptsächlichsten metho- 

ischen Fehler. 

Oger, 6., Evangile et Evolution. Simples remarques sur le livre de 
M. Loisy „UEvangile et Pfiglise“ (180. XXII u. 47. P., Tequi). 

Pöques, Th. M., Les explications de M.l’abbe Loisy (Rev. thom. nov.-dec. 
1903): Analyse und Ablehnung des Bucbes „Autour d’un petit livre“. Vgl. 
Rev. du Clerg& france. XXXVIl 105. 

Fontaine, J., La methode historique et le christianisme naturaliste (Science 
cath. Juin 1903): Erörtert Loisys Stellung zum Wunder und zum Über- 
natürlichen. L.s neutrale Stellung zu den Evv ist ihm eine „laicisation“ 
derselben. — Le protestantisme liberal et le christianisme naturaliste (ebd. 
Aout 1903): Loisys Naturalismus ist mit dem liberalen Protestantismus 
verwandt. Vgl.,Rev. du Clerge france. XXXV 330 u. XXXVI 333. 

Fontaine, J., Etudes critiques sur la methode et Texögese de M. Loisy 
De Verite franc. 12 oct. 193): Wirft Loisy naturalistische Auffassung der 

ogmenbildung etc. vor und hält seine Auffassung Abb& Bricout gegen- 
über aufrecht. Vgl. diesen in Rev. du Clerge franc. XXXVI 555 
und bö7f. 

Gayraud, Le „Loisysmie“ (L’Univers 16 nov. 1903): Darstellung der Lehre 
Loisys. Nach Rev. du Clerge france. XXX VII 107 ist diese Darstellung des 
„Loisysmus“ falsch. Abbe Gayraud hält sie aber in der nächsten Nr der 
Rev. du Clerge franc. (195 —198) aufrecht, 


Bibliographische Notizen. 213 


Gayraud, Histoire et th&ologie (L’Univers 24 oct. 1903): Auseinander- 
setzung mit Loisys Buch „Autour d’un petit livre“. Vgl. Rev. du Clerg& 
franc. XXX VI 555. 

Maignen, Ch., bringt eine längere Artikelserie in der Verite franc. 12, 
25, 28, 29, 30 oct. und 11 nov. 1903 gegen Loisy. Vgl. Rev. du Clergö 
franc. XXX VI 556f u. 658. 

Monchamp, 6., Les erreurs de M. a Loisy dans son livre „P Evangile 
et l’Eglise“ (Nouv. Rev. thol. 1903, 341— 346 456—468). 

Prat, F., Au fond d’un petit livre le manifeste de M. Loisy (Etudes XCVII 
305—324): Loisy wolle Autonomie der Exegese, leugne die Übernatürlichkeit 
der Offenbarung und behaupte Relativität und Perfektibilität der Dogmen. 

Voces Catholicae, The Abbe Loisy and the catholic Reform Movement 
(Contemp. Rev. LXXXIII 385—412): Loisy freundlich. 

Les idees de M. Loisy (L’Ami du Clergö 26 nov. 1903): Vgl. Rev. du 
Clerg& franc. XXX VII 2181. 5 

Varietes critiques (Annal. des phil. chret. nov. 1903): Über Loisys Buch 
„Autour d’un petit livre“: lt ome) laisse passer ou qu’elle condamne, 
l’heure est e&galement grave.“ Vgl. Rev. du Clerg& franc. XXXVI 653f. 

Palmieri, D.. S. J., Osservazioni sulla recente opera L’Evangile et P’Eglise 

ar Alfred Loisy. Lettera ad Alfredo Bruno (94. Roma, Befani): Will 
Bi vollständige Widerlegung geben, sondern feststellen, dals das Buch 
Lehren enthält, welche ein Katholik nicht vertreten kann. 

Schanz, v., Abbe Loisy (Lit. Beil. der Köln. Volkszeitung 1904 Nr 2, 9—11): 
Referat über Loisys literarische Tätigkeit, besonders über „l’Evangile et 
l’Eglise*“ und die dadurch hervorgerufene Bewegung. L.s extreme Hal- 
tung wird abgelehnt, doch beigefügt: „Man wird gut tun, nicht von einem 
Extrem in das andere zu fallen. .. Hätte man die Zeichen der Zeit 
früher beachtet, so wären die Dinge vielleicht nicht so weit gekommen. 
Eine Berechtigung ist weder der historischen Kritik noch der Dogmen- 
geschichte abzusprechen. Wer nicht in beiden bewandert ist, kann heut- 
zutage in Wort und Schrift keine dem Christentum förderliche Wirksam- 
keit ausüben.“ — Den extremen Standpunkt eines französischen Kritikers 
in der Verite francaise (21 janv. 1904) lehnt Sch. ebd. Nr4 8. 25f: Abbe 
Loisy in französischer Beleuchtung, ab. 

Fonck, L., S. J., Evangelium, Evolution und Kirche. 2. Art. (ZkTh 
XXVII 684—701): Vgl. BZ I 424f. Referat über P. Bouviers Einwände 
gegen Loisy. Notizen zur metaphysischen Auffassung des Begriffes Gottes- 
sohn. Loisys Buch sei geeignet, den Nutzen und die Berechtigung einer 
solchen historischen Methode in der Theologie in Frage zu stellen, 

&, Evangelium und Kirche (Beil. zur Allg. Zeitung 1903 Nr 286, 513 — 
515 und Nr 287, 522—525): Loisy zustimmendes Referat. — Der Fall Loisy 
(ebd. 1904 Nr 37. 289— 292): Tendenziöse Darstellung der äulseren Vorgänge. 

Osgood, H., The latest Results of the destructive Criticism (BStdt VIII 
273—282): Sie bestehen in der abzulehnenden destruktiven Evv-Kritik. 

Meyer, A., Das Johannesevangelium und die Synoptiker (Mitt. u. Nachr. 
f. d. ev. Kirche in Rulsl. N. F. XXX VI 337—360). 

Briggs, €. A., Problenis in the Gospels (ExpT X1V 538-541; XV 14-16 
67—69): 1. When did Jesus begin His Ministry? Am ersten Osterfest, 
bis wohin er „unter dem Schatten des Täufers“ stand. 2. The Twelve and 
the Seventy. 3. Where was Jesus during the absence of the Twelve? 
Durch Beantwortung der beiden letzten Fragen glaubt B. Ordnung und 
Harmonie in die evangelischen Berichte zu bringen. 

Bonaccorsi, G. B., I tre primi vangeli e la critica letteraria ossia la 
questione sinottica (Scuola Catt. 1903, 161—171). 

Sachsse, Der geschichtliche Wert der drei synoptischen Evv („Halte was 
du hast“ 1903). 

Palmierl, D., S.J., Se e come i Sinnotici ci danno Gesü Cristo per Dio. 
Lettere ad Alfredo Bruno, premessa la lettera che ha dato a questa occa- 


214 Bibliographische Notizen. 


sione (Prato, Giachetti): Beweist gegen Loisy an einer gröfseren Anzahl 
von Mt-Stellen, dals dieser Evangelist Jesus als Gott betrachtet habe. 
Vgl. das Referat: I Sinnotici e la Divinita di Gesü Cristo (Civ. catt. 
Ser. XVIII vol. XII, 718-724). 

Pallls, A., A few Notes on the Gospels Bad to St. Mark and St. 
Matthew based chiefiy on modern Greek (VI u. 47. Liverpool, Williams and 
Norgate): Der Verf. der neuen vulgärgriechischen Übersetzung des NT (s. 
BZ 1412) will aus dem neugriechischen Sprachgebrauch an vielen Stellen 
ein besseres Verständnis des Evv-Textes gewinnen, doch fehlt es ihm an 
exegetischer Vorschulung. Vgl. R. Knopf in Deutsche Lz XXIV 23241. 

Steenkiste, I. A. van, Sanctum Iesu Christi evangelium sec. Mt, additis 

ique locis parallelis aliorum evangelistarum et amplo commentario. 4. ed. 
T. I—-IV (1860. Bruges, C. Beyaert. Fr 20.—). 

Soltau, W., Protomatthäus oder Zur Entstehungsgeschichte des 1. Evan- 
geliums (VB 1 161—171): Will der Annahme eines Urmatthäus (Zusammen- 
arbeitung des Nik mit den Logia) und eines späteren Bearbeiters eine mehr 
als hypothetische Geltung zuweisen. 

„Be ye therefore perfect“ (BW XXIII 243—247): Vorschlag einer korrekten 
Übersetzung von Mt 5. 48 und allgemeine Bemerkungen dazu. 

Allen, W. C., Christ’s Teaching about Divorce (ExpT X V 45f): Mt 19, 3-9 
ist abhängig von Nk 10, 2—12. 

Deilsmann vermutet an Welt 1903 Nr 11) zu Mt 10, 10 und Parall. 
qhpa = Bettelsack. — Zu Mt 10, 28 weist er (ebd. Nr 9) auf eine Inschrift 
hin, die gleichfalls den geringen Verkaufswert der Sperlinge ausspricht. 
Vgl. Stb I 427f. 

Simpson, J., Matthew XX VII51—53 (ExpT XIV 527f}: Nimmt an dem 
nerd Triv Eyepoıv abrod Anstand. 

Nestle, E., Zu Mi 28, 18 (ZutW IV 346f): Macht auf die bei Tischen- 
dorf gar nicht genannte Hinzufügung der Worte: „und wie mich mein 
Vater gesandt hat, so sende ich euch“ in allen syrischen Hss aufmerksam. 

Nestle, E., Marcus colobodactilus (ZutW IV 847): Diese Bezeichnung 
des Mk (vgl. BZ I 205) stehe wahrscheinlich in Zusammenhang mit der 
Legende von den Leviten, die in fremden Landen nicht des Herrn Lied 
singen wollten und sich deshalb die Daumen verstümmelten. 

ellhausen, J., Das Evangelium Marci, übersetzt und erklärt (146. B., 
Reimer. M 4.—). Die Erklärungen sind sehr kurz. Das Aramäische wird 
besonders berücksichtigt. Auch die Varianten des Cod. D finden Beach- 
tung. Im Abendmahl leugnet W. die symbolische Deutung auf Christus. 
Das gemeinsame Essen ein und derselben Speise ist ein antikes Zeichen 
der Vereinigung. „Der Wein ist ein besserer Kitt als das Brot.“ Mk 14,2 
aber macht den Eindruck des höchsten Alters und der Autbentie. Christus 
„gibt sich darin nicht als den zukünftigen Messias, und er denkt nicht 
daran, dals er für seine Person die allgemeine Auferstehung und den Ein- 
gang ins Reich Gottes vorwegnehmen werde“. 

Wn, Rezension von Meils, J., Das älteste Evangelium (vgl. BZ I 426) 
(ThLbl XXIV 579-584 595 — 599): Beachtenswerte Ablehnung der tendenz- 
kritischen Resultate W”. 

Poynder, A., Mark IV. 12 (ExpT XV 141f): Notiert Kommentatoren, 
die Nestles Meinung (vgl. BZ I 214) auch schon vertreten haben. 

Shann, G., St. Luke and Buddhism (Nineteenth Cent. 1903, 120—125). 

Shilleto, W. F. R., St. Luke illustrated by Aeschylos (The Classic. Rev. 
XV11 351): Vergleicht zu Lk 14,26 ei rıg .... ob u1ldel TOV TaTEpa etc. 
Aesch. Choeph. 902 änavras Exdpoüs rWv BeWv nyoD mAeov („Brich alle 
Bande, nur den Göttern bleibe treu“ nach der Übersetzung von U. v. Wi- 
lamowitz-Möllendorff‘). C.W. 

Spitta, Fr., Zur Diskussion über das en (Monatsschr. f. Gottes- 
dienst und kirchl. Kunst V1I [1902] 357 f): Verteidigt sein Festhalten an 
der traditionellen Auffassung gegenüber Köstlin. Vgl. BZ 1 214f. 


Bibliographische Notizen. 215 


Nestle, E., T'he Genealogy T Luke III. as Genealogy of Mary (ExpT 
XIV 567): Macht auf zwei Vertreter dieser Auffassung in de er 
Septuagintastudien aufmerksam. 

ameron, E., Christ versus Caste. Being reflections on the discourse 
of the five parables (Lk XV and XVI]I). With a chapter on the churches 
and the classes (222. Iid., Stock well). 

Rodenbusch, E., Die Komposition von Lucas 16 (ZutW IV 243—254): 
Die Stelle Lk 16, 16—18, die in „spröder Isolierung“ steht, hatte diesen 
Platz schon in der Spruchsammlung, wo sie auf die Gleichnisse vom 
klugen und gerechten Haushalter folgte und den Anfang von Einzel- 
sprüchen bildete, die bei Lk bis 17, 10 reichen. 

Hawkins, J. C., St. Luke’s Passion- Narrative considered with Reference 
to the Synoptic Problem (ExpT XV 122—126): Während H. in früheren 
Aufsätzen (vgl. BZ I 213) für längere Partien des Lk-Ev die Unabhängig- 
keit von Mk dargetan hat, wird an Lk 22, 14—24, 10 die grölsere Frei- 
heit in der Benutzung der Mk-Quelle gezeigt einerseits durch Vergleich 
mit Mt, anderseits durch Beachtung der Lk-Berichte selbst. 

Blakiston, H. E. D., The Lukan Account of the Institution of the Lord's 
Supper (JthSt IV 548—555): Nimmt zwei Urberichte an: L u.S. S wird 
von Paulus verkürzt, von Mk, nachdem er von L beeinflulst worden war, 
wiedergegeben. Mt berichtet nach Mk. Lk kannte alle Berichte und ver- 
wandte sie in freier Weise. L hat gegenüber S die Priorität. Ein anti- 
zipiertes Paschamahl sei berichtet. 

Loisy, A., Le quatriöme Evangile (960. P., Picard. Fr 15.—): Betrachtet 
es als ein nicht vom Zebedäiden Johannes herrührendes symbolisches, nicht 
historisches Werk. 

L’autore del quarto Evangelo rivendicato (Civ. catt. Ser. XVIII vol. XI 
650—665; XII 172—187 412—429 51 659): Verteidigung der Echtheit 
dieses Ev. Aulsere und innere Gegengründe werden widerlegt, insbesondere 
auch in Rücksicht auf die neue Bestreitung durch Loisy. 

P.-M. C<ompagnon>, Evangile de Saint Jean. Commentaires I: Vie 
publique de Jesus (XL u. 691. Hongkong 1902, Impr. de la Soc. des 
Missions Etrangeres): Der Verf., ein apostolischer Missionär, benutzt 
zahlreiche Literatur, angefangen von Dionys dem Kartäuser und Maldonat 
bis zu Fillion und Knabenbauer. Seine Exegese von Jo 1—12, die er in 
vorliegendem Bande auf eine kurze Einleitung zum Jo-Ev folgen lälst, 
ist zum grolsen Teil die Wiedergabe der Ansichten anderer. Dann und 
wann weicht er aber auch von seinen auctores probati ab. So scheint ihm 
die Erklärung Maldonats u. a. von Jo 2, 4 „un peu dure“. „Malgre les 
graves autorites sous lesquelles ses sentiments s’abritent, ils laissent dans 
l’esprit comme dans le coeur une certaine inquictude.“ C. will erklären: 
„Qu’est-ce que cela pour vous et pour moi?“, und unter Akzeptierung 
des Knabenbauerschen Fragezeichens (nach hora mea): „Mere, j'ai tout 
prevu, soyez donc sans inquietude; laissez-moi faire.“ 

Haufsleiter, J., Zwei apostolische Zeugen für das Johannis- Evangelium. 
Ein Beitrag zur Lösung der johanneischen Frage (V u. 58. München 
1%4, Beck. M 1.20): In scharfsinniger Weise wird der Zeugnischarakter 
des ‚Jo-Ev betont. Jo spricht im Namen aller Apostel, auf welche das 
€edeaodueda 1, 14 sich beziehe. Wo Jo als Zeuge allein steht, vor allem 
19, 35. sucht er die gegen Uerynth nötige Beglaubigung bei Gott (Exeivos = 
Christus)selbst. Im Anhangskapitel legen die Verfasser desselben, nämlich die 
beiden Apostel Andreas und Philippus, noch zu Lebzeiten des ‚Jo als Augen- 
zeugen der erzählten Begebenheiten Zeugnis für Joab. Traditionsschwierig- 
keiten bestehen gegen diese neue Hypothese (für H. ist sie mehr) nicht. 

L’auteur du quatrieme Evangile (Annales de phil. chret. 38S. III oct.). 

Wrede, W., Charakter und Tendenz des Johannesevangeliums (Samml. 
gemeinverst. Vortr. u. Schrilten aus dem Geb. der Theol. u. Religions- 
gesch. XXXVIl. IV u. 71. Tüb. Mohr. M 1.25). 


216 Bibliographische Notizen. 


Warschauer, J., Problem of the Fourth Gospel, a Plain Inquiry (114. 
Ld., Green. 28). 

Godet, F., Commentaire sur l’Evangile de Saint Jean. de ed. Expli- 
cation des chapitres I—- VII (VI u. 531. Neuchatel, Attinger. M 7.60): 
Vgl. BZ 1 216. 

Godet, F., Kommentar zu dem Ev des Jo. 4., vom Kark durchgeseh. 
Aufl. Bd IT: Die Exegese. Deutsch bearb. von E. Reineck u. C, Schmid 
(VIII u. 652. Hannover, C. Meyer. M 12.—). 

Wetzel, 6., Die geschichtl. Glaubenswürdigkeit der im Ev Johannis ent- 
haltenen Reden Jesu (NkZ XIV 665—692 809-826 827—842): Die Merk- 
male der synoptischen Reden Jesu finden sich auch in den Reden bei Jo; 
ihre Verschiedenheiten lassen sich alle erklären. Umgekehrt darf die 
Verwandtschaft der johanneischen Reden Jesu mit denen anderer Per- 
sonen im gleichen Ev nicht übertrieben betont werden. Die johanneischen 
‚Jesusreden sind nach Form, Inhalt und Gedankengang als die im wesent- 
lichen treue Wiedergabe wirklich gehaltener Reden Jesu anzusehen. Als 
Quellen der Lehre Jesu betrachtet, haben sie zum mindesten den gleichen 
Wert wie die synoptischen Reden. 

Beiser, J., Der Prolog des Johannesevangeliums (ThQ LXXXV 483-519): 
Geht in der Aufweisung von Beziehungen des Prologs („Programm, in 
welchem nacheinander Thesen aufgestellt sind“) zum Ev noch weiter als 
K. Meyer (vgl. BZ I 216). K. Weils’ und Baldenspergers Versnch, 
den Aöyog Acapxos als Thema zu betrachten, wird für V. 4—18 mit Be- 
stimmtheit, für V. 1—3 mehr hypothetisch abgelehnt. Auch die Unrichtig- 
keit der Vulgataübersetzung: „venieniem in hunc mundum“ wird dargelan 
(vgl. ebd. 209). Xapıs V. 14 bedeute die durch die Einsetzung der 
Eucharistie eröffnete Gnadenquelle, dAndeıa den versprochenen Hl. Geist. 
Diese Erklärungen erscheinen mir doch zu speziell. Unrichtig ist, dafs 
®BCL in V. 18 8 uovoyevns Beös lesen (507); der Artikel fehlt. Dieser 
Lesart würde ich entschieden den Vorzug geben. V.15 betrachtet B. als 
Zutat des Aristion. 

Gwilliam, G. H., The Punctuation of St. John I 3,4 in the Peshitto (JthSt 
IV 606f): Gesteht Burkitt (vgl. BZ I 428) zu, dals die vorgeschlagene 
Punktation die sachgemälsere wäre, beruft sich aber für die im Tetra- 
evangelium Syriacum beibehaltene Punktation auf die Majorität der Hss 
deren Zeugnis er nunmehr ausführlich darlegt. 2 

Somerville, J. E., The Invitation to the Thirsty (ExpT XV 77-79): Will 
Jo 7, 37f lesen: &dv TI dIwä Epxeosdw Tpös He ai miverw 6 moTelWwv eic 
eue. Kadws eines xtrA. Christus selbst ist die Quelle. 

Carr, A., A Note on St. John VII, 52: A prophet or the prophet. (Exp 
VIII 219—226): Bezieht npopritns trotz des Fehlens des Artikels auf 
Christus, den Messias. 

<Bühlmayer, K.,> Erklärung des hohenpriesterlichen Gebetes Jesu. Joh 17 
(Beil. zum Amtsblatt f. d. Erzdiözese München u. Freising 1903, 9—40): 
Gründliche Bearbeitung einer Konferenzthese vom Jahre 1898. 1. Teil: 
Bitte um die eigene Verherrlichung. 2. Teil: Gebet für die bisherigen 
Jünger. 3. Teil: Gebet für die zukünftigen Gläubigen. 

Horn, K., Abfassungszeit, Geschichtlichkeit und Zweck von Ev Jo Kap. 21. 
Ein Beitrag zur johanneischen Frrage (XII u. 199. Lp. 1904, Deichert. 
M 4.—): 1. Teil: Kap. 21 ist noch zu Lebzeiten des Apostels Johannes ver- 
falst. 2. Teil: Verteidigung der Geschichtlichkeit des Inhalts. 3. Teil: 
Zweck des Kapitels ist, der übermälsigen Verehrung der Person des Johannes 
entgegenzutreten. 


y) Leben und Lehre der Apostel. Apostelgeschichte. 
Apostelbriefe. Apokalypse. 
Monod, M., Essai sur le developpement religieux des apötres pendant le 
ministere terrestre de Jesus. Thcse (172. Cahors, Coueslant). 


a ah 


Bibliographische Notizen. 217 


Merle d’Aubigne, C., La predication des premiers apötres de Jesus- Christ. 
Etude de theol. bibl. (112. Alencon, V*® Guy & Co.). 

Whyte, A., The Apostle Paul (232. Ld., Oliphant. 38 6d): Dient nach 
ExpT XV 85 auch erbaulichen Zwecken. 

Hoss, K., Zu den Reiseplänen des Apostels Paulus in Kor I und Il 
ZntW 268—270): Die 1 Kor 16, 5—7 geplante Reise hat Paulus ausgeführt, 
nur mit der Modifikation, dals er nicht über Mazedonien nach Korinth, 
sondern umgekehrt über Korinth nach Mazedonien reiste. In Korinth 
machte er trübe Erfahrungen, hielt sich darum nicht lange auf und kehrte 
nicht mehr dahin zurück. 

White, N. J. D., The Visits of St. Paul to Corinth (Hermathena XXVIII 
79—84). 

Mose; G., Der Todestag des Apostels Paulus (NkZ XIV 905—908): 
Derselbe ist ungewils, sicher dagegen, „dals P. infolge eines Prozesses 
verurteilt und eines Tages auf dem Wege nach Ostia hingerichtet wurde“, 

Kamshoff, O., Charakteristik des hl. Paulus (Monatsbl. f. d. kath. Religions- 
unterricht IV 1—8 43—49): Kurzgefalste populäre Schilderung seines 
Lebenslaufes, insbesondere charakteristischer Aussagen. 

Lombard, E., Les extases et les souffrances de l’apötre Paul. Essai 
d’une interpretation de 2 Corinthiens XII, 1—10 (RThPh XXXVI 
450—500): Auf eine Exegese dieser Partie folgt eine Untersuchung über 
das körperliche und geistige Befinden Pauli: Er hatte ein Augenleiden 
(Gal 4, 15 soll es beweisen) und war einmal von der Malaria ergriffen 
worden (Gal 4,13), hingegen war er nicht im eigentlichen Sinne epileptisch. 
Seine Visionen und Ekstasen sind hysterischer Natur. Auch das Ereignis 
auf dem Wege nach Damaskus bildet keine Ausnahme. L. hält seine 
pathologische Diagnose vereinbar mit dem grolsartigen religiösen Wirken 
des Völkerapostels. 

Trautzsch, F., Die mündl. Verkündigung des Apostels Paulus, dargest. 
nach seinen Briefen. Progr. (4%. 26. Frankenberg, Rossberg. M —.75.) 

Zenos, A. C., Formative Factors of Paul’s Theology (BStdt VIII 134—147): 
1. Parentage and Heredity, 2. Early Training and Education, 3. Conversion, 
4. Experience as a Missionary. 

Caird, E., St. Paul and the Idea of Evolution (HJ II 1-19): Betont 
den antithetischen Charakter der paulinischen Lehre (Gesetz und Gnade, 
Sünde und Erlösung). Das Transzendentale, wie Auferstehung und Parusie, 
sind Hauptfaktoren. Die Einzelerfahrungen Pauli, insbesondere bei seiner 
Konversion, seien verallgemeinert. Sein Hauptverdienst sei die universale 
Auffassung des Christentums. 

Brückner, M., Die Entstehung der paulinischen Christologie (VII u. 237. 
Stralsb., Heitz. M 5.—): Sie vollzog sich fast unabhängig von der geschicht- 
lichen Persönlichkeit Jesu, dessen Erdenleben für Paulus bedeutungslos war. 

Niebergall, F., Die paulinische Erlösungslehre im Konfirmandenunter- 
richt. Theol. Habil.-Schr. (92. Tüb., Mohr.) 

Heitmüller, W., Taufe und Abendmahl bei Paulus. Darstellung und 
religionsgesch. Bedeutung (56. Göttingen, Vandenhoeck. M 1.20). 

Bren, R., The Ethics of St. Paul (Intern. Journ. of Eth. 1903, 493—498). 

Monod, L., L’instinct, la regle et l’inspiration dans la doctrine morale de 
St Paul (Lib. Chret. 1903, 385 — 392). 

Meyer, M., Der Apostel Paulus als armer Sünder. Ein Beitrag zur 
paulinischen Hamartologie (58. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.—). 

Wohlenberg, P., Paulus, das Ideal eines Missionars. Vortrag (22. 
Breklum, Christl. Buchh. M —.20). 

Bosworth, E. J., Paul’s Method of Evangelization (BW XXII 416—423): 
Er suchte strategische Plätze auf, legte Wert auf Predigt und persönliche 
Unterhandlung, hatte tüchtige Mitarbeiter und sorgte für Organisation 
und ethische Schulung. 

Means, S., Saint Paul and the Ante-Nicene Church. Unwritten chapter 


218 Bibliographische Notizen. 


of Church history (362. Ld., Black. 68): Konstatiert einen Unterschied 
zwischen dem Christentum Pauli und dem der alten Väter. Paulus stecke 
noch im Rabbinismus, die alten Väter seien Hellenisten. 

Wernle, P., Was haben wir heute an Paulus? (48. Basel 1904, Helbing & 
Lichtenhahn. M1.—). 

Wiegand, A., Die Beschneidung des Timotheus (Saat auf Hoffn. 1903, 
168—182). 

Latrille, Die Beyriffe Licht, Wahrheit und Leben in den johanneischen 
Schriften („Mancherlei Gaben und Ein Geist“ XLXII 657—659 721—123 
185— 788). 

Farbre! D. N., James’ Doctrine of the Law with reference to the Christian 
Life (BStdt VIIL 346—351): Schildert die zwischen Antinomismus und 
Legalismus in der Mitte liegende ethische Gesetzesauffassung des Jakobus. 

oltau, W., Das Problem der Apg (PrM VII 265—269 296-304): Lk selbst 
beabsichtigte in seinem beüutepos Aöyog einen Bericht über Pauli Missions- 
reisen zu geben. Seinen nicht zur Vollendung gebrachten Plan griff der Verf. 
der Apg auf und arbeitete eine andere Quellenschrift (TTpd£eıg TTerpov) hinein. 

Ceulemans, F. C., Commentarius in Actus Apostolorum (320. Malines, 
Dessain. Fr 3.20). 

Hoffmann, H., Die Apı S. Lucä. Ntl Bibelst. Mit Vorw. v. M. Kähler. 
Bd I (VI u. 820. Lp., Deichert. M 5.20): Erbaulich. 

:Goodspeed, E. J., Did Alexandria influence the nautical Language of 
St. Luke? A study of Acts XXVII [nicht XX VIII, wie im Titel steht] 
12 in the light of Greek Papyri (Exp V11I 130—141): BA&rrovra xara Aißa 
kai xara xWpov wahrscheinlich = „looking west and north-west‘“. Die halb 
griechische, halb lateinische Sprache der zwischen Alexandrien und Rom 
verkehrenden Seeleute habe Ausdrücke wie diesen und das Eüpaxllwv 
(Eurus-Aquilo) von V. 14 geschaffen. 

Johnson, Th. C., The religious Value of the Books of Acts (BStdt VIII 
319-325): Will der Erbauung dienen. 

Frey, J., Das Problem des Römerbriefs und seine Lösung (Mitt. f.d. ev. 
K. in Rulsl. LIX 193—20b6). 

Did Paul write Romans? (HJ I 795—799): 1. Eine Replik von 
W. B. Smith auf Schmiedels Ablehuung seiner Bestreitung der Echtheit 
(vgl. BZ 1 453). 2. Bemerkungen von A. F. R. Hoernle, die einige Punkte 
ın Schmiedels Erörterung noch klarer machen wollen. 

jJellinghaus, Th., Der Brief Pauli an die Römer (Auslegung des NT 
für gläubige Bibelleser aus allen Ständen. In Verbindung mit einer An- 
zahl jüngerer Theologen bearbeitet und herausgeg. TI Vl. X u.323, B., 
Thormann & Gretsch. M 3.60). 

Durand, A., S. J., La divinite de Jesus-Christ dans 8. Paul, Rom. IX,5 
(Rb X11 550—570): Falst diese Stelle im Hinblick auf die Erklärungen. 
welche sie in den ersten vier Jahrhunderten. speziell zwischen 370 und 420 
gefunden hat, als vollgültiges Zeugnis der Gottheit Christi auf. 

Wood, W. Sp., A Possible View of Rom. X, 13—21 (JthSt IV 608—610): 
piiua = 1. Ding -35 (V. 8), 2. Mund m2.(V. 17), 3. prnuara = Worte (V. 18). 
V. 15 bezieht sich auf die Heiden, V. 16 auf Heiden und Juden. V.17 
vertritt den Gedanken: Die Apostel müssen zur Predigt autorisiert sein. 
„Ihe message of salvation has been disseminated universally. to Jew and 
Gentile alike. Some have accepted it, some have rejected it. But Israel 
as a body remains of it. because it refuses to listen.“ 

Ströter, E.F., Die Judenfrage und ihre göttl. Lösung nach Röm. Kap. XI 
(III u. 227. Kassel. Rötteer. M 2.—). 

Moore, D., The „Prophetic Scriptures“ spoken of in Romans XVI. 26 
(BStdt VILI 160—165): Sieht in dem Ausdruck dıa YpapWv TPOPNTIKWYV 
das nt! Prophetentum angedeutet. 

Goudge, H.L., St. Paul. First Epistle to the Corinthians. Introd. and 
otes (22). Ld.. Methuen. 68): Gehört zu den „\Vestminster Commen- 


Bibliograpbische Notizen. 219 


taries“, die W. Lock herausgibt. Ist nach ExpT XV 133 ein sehr originell 
gehaltener Kommentar. 

Weber, W., Die paulinische Vorschrift über die Kopfbedeckung der 
Christen (ZwTh XLVI 487-499): Bespricht 1 Kor 11, 2—15 und führt 
das dia tous AyyeAous (V. 10) auf Beeinflussung durch das Henochbuch 
zurück, wonach Engel durch die Schönheit von Menschentöchtern ver- 
führt wurden. 

Krukenberg, E., Der Brief Pauli an die Epheser. Der griech. Text 
übers. und erklärt zur Handreichung zunächst für Geistliche, Religionslehrer 
und Studierende (I1I u. 117. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.80). 

Robinson, 3. A., St. Paul’s Epistle to the Ephesians. A revised text 
and translation with exposition and notes (IX u. 314. Ld., Macmillan & Co.): 
Ist nach ExpT XV 127 von Abbott, Lightfoot und Hort abhängig. 

Nestle, E., Zum Zitat in Eph 4, 8 (ZutW 1V 344f): Die syrischen 
Texteszeugen schreiben teils „gegeben“ (vorwiegend jakobitisch), teils 
PB nn (vorwiegend nestorianisch). 

Rhijn, C. H. van, Euodia en Syntyche (Th. Studien IV 300-309). 

Wohlenberg, 6., Der 1. u. 2. Thessalonicherbrief ausgelegt (Komm. zum 
NT, herausgeg. von Th. Zahn. XIl. 214. Lp., Deichert. M 4.50): Die 
kurze Einleitung skizziert die Situation, datiert beide Briefe mit grolser 
Wahrscheinlichkeit ins Frühjahr 53. An ihrem paulinischen Ursprung 
wird mit Verweisung auf Zahns Einleitung festgchälten. Das Literatur- 
verzeichnis widmet fast zwei Seiten der protestantischen, vier Zeilen hin- 
gegen der katholischen Literatur; Bisping, Gutjahr und viele andere sind 
nicht genannt. Zahlreiche orthodox protestantische Autoren verstehen es, 
durch solche und ähnliche Ungerechtigkeiten dem katholischen Forscher 
die Freude an ihren sonst so begrülsenswerten Werken zu verderben. 
Dem gründlichen Kommentar gibt W. einen Exkurs über die eschatologisch 
bedeutungsvolle Stelle 2 Thess 2, 3—8 bei: „Der Gesamtauffassung der 
Schrift A und NT entspricht nur eine solche Deutung, bei welcher er- 
kannt wird, dals es sich bei der Prophetie um Rüstung der Gemeinde 
für die Endzeit handelt, und dafs die Gemeinde schon in der Endzeit 
lebt, dals aber die Endzeit sich in Abschnitte zerlegt und weiter zerlegen 
wird, deren scharfe Abgrenzung menschlichem Auge im voraus nie mög- 
lich ist.“ Der Anhang enthält den Wortlaut von Didache 16, Dn 8, 8—12 
23—26; 9, 24—27; 11, 21—45, Stellen, welche für die Eschatologie von 
2 Thess 2 von Bedeutung sind. Die Vergleichung apokrypher apokalyp- 
tischer Schriften des Judentums lehnt W. ab. Das Buch hat kein Inhalts- 
verzeichnis. 

Moffatt, J., Ethnic Parallels to 1 Thess etc. (ExpT XIV 568: Haupt- 
sächlich aus Plutarch. 

Gibbins, H. J., 1 Thessalonians 1I. 6 (ExpT X1V 527): Will vor duvaduevor 
einen Punkt setzen und das folgende dA\ü = öuwsg nehmen. 

Damman, J., Phileınon. Volkstümlich ausgelegt (Il u. 288. Kassel, Röttger. 
M 2.—). 

a V., The Epistle to Hebrews as the work of Barnabas (Exp VIII 
381—396): Führt seine früheren Untersuchungen (vgl. BZ I 222) weiter 
und glaubt. Barn. habe den Hebr von einer italienischen Seestadt aus, 
wo er mit Tl'imotheus beisammen war, i. J. 62 geschrieben, um in die mit 
dem Tode des Jakobus Minor bei den judenchristlichen Gemeinden, vor 
alleın in Cäsarea eingetretene Krisis einzugreifen. 

Walker, D., The Destination of the Epistle to the Hebrews (ExpT XV 
142—144): Hält Barnabas für den Verfasser und sucht die Adressaten in 
dessen Heimat, auf Uypern. 

Carpenter, W. B., The Wisdom of James the Just (vgl. BZ 1 431): Ein- 
leitung zum Jak-Briefe und populärer Kommentar. 

Cladder, H. J., S. J., Die Anlage des Jakobusbriefes (ZkTh XXVII 
37-57): „Wie das Ganze, so sind auch alle Teile mit vollendeter Kunst 


220 Bibliographische Notizen. 


behandelt. Das ganze Schriftchen ist ein Lehrgedicht, nach Strophen, 
Versen und Stichen gegliedert, ganz im Geiste der hebräischen Poesie. 
Und noch mehr! Die Rhythmik, die F. Blafs am Hebr beobachtet hat, 
ana: sich ebenso im Jak.“ Eine Tafel veranschaulicht das Gedanken- 
schema, 

Grafe, Die Stellung und Bedeutung des Jakobusbriefes in der Ent- 
wicklung des Urchristentums (51. Tüb., Mohr. M 1.20). 

Kirn, Ein Vorschlag zu Jacobus IV, 5 (StKr 1904, 127—133): Will statt 
mpös P8Övov lesen trpög TOv Beöv. 

Sampson, G., The Epistles of St. Peter. English text and paraphrase 
of each verse in parallel columns, with short footnotes (12%. 94. Ld., 
Mowbray. 18). 

Hoennicke, 6., Die christl. Hoffnung und der zweite Petrusbrief (Deutsch- 
ev. Bl. XX VIII 686-695): Vergleicht die eschatologischen Erwartungen 
von 2 Petr ae ist unecht — seine Lehre vom Weltbrand der persi- 
schen Mythologie entlehnt) mit den apostolischen Schriften und betont den 
besondern Wert, der der christl. Jenseitshoffnung in 2 Petr in t wird. 

Farmer, J. H., An Analysis of the First Epistle of John ( Stat vImI 
335—339): Thema: How the believer may know that he bas eternal life? 
Antwort durch Schilderung dieses Lebens: 1. Its Characteristics (Righteous- 
ness 1, 7—2, 17, Truth 2, 18—4. 6, Love 4, 7—21), 2. Its Channel 5, 1—12. 

Findlay, G. G., Studies in the First Epistle of John. 1. The Advocate and 
the Propitiation (Exp VIII 321—344), 2. The True Knowledge of God 
(ebd. 455—467): Der erste Artikel bringt Erörterungen zu 1Jo2,1-2, 
der zweite zu 2, 3-6. F. findet Antinomismus in 1 Jo bekämpft. 

Doreau, P., L’Epopee divine et universelle, ou J&sus-Christ revel& par 
St. Jean (l’apocalypse. Trad. et commentaire (XX u. 155. P., Perisse). 

Palmer, Fr., The Drama of the Apocalypse (vgl. BZ I 435): Datiert 
die Apk in die zweite Hälite d. J. 68, erklärt sie vielfach zeitgeschicht- 
lich (Nero) und teilt sie in fünf Akte ein. Vgl. BW XXII 309f 316. 

Goodspeed, E. J., The Book with Seven Seals (Journ. of bibl. Lit. XXII 
70—74): Hält es nicht für ein Buch (Nestle), sondern für eine Rolle. 

Corssen, P., Zur Verständigung über Apok 13, 18 (ZutW IV 264—267): 
Hält gegenüber Vischer (s. BZ I 436) aufrecht, „dafs der Apokalyptiker 
einen Namen sowohl für das Tier wie für den Menschen weils“. Vgl.BZ 1223. 


d) Ntl Apokryphen. 


Hennecke, E., At! Apokryphen, in Verbindung mit Fachgelehrten in 
deutscher Übersetzung und mit Einleitungen herausgegeben (XII u. 558. 
Tüb. 1904, Mohr. M 7.50): Das Buch ist als ntl Gegenstück der von E. 
Kautzsch herausgegebenen „Apokryphen und Pseudepigraphen des AT“ 
gedacht. 16 protestantische Gelehrte haben sich in die Fertigung der Ein- 
führungen und Übersetzungen geteilt. Der Begriff der ntl Apokryphen 
wird sehr weit ausgedehnt. Alle vororigenistischen unter apostolischen 
oder eng verwandten Titeln kursierenden Schriften, welche infolge ähn- 
lichen Inhalts oder auch blofs durch ihr grolses Ansehen zum NT in Be- 
ziehung standen, werden als Apokryphen aufgefalst. Man findet demgemäls 
in diesen Übersetzungen neben dem Barnabasbrief und der Didache auch 
die Ignatianen, die beiden Klemensbriefe, den Polykarpbrief und den Pastor 
Hermae. Diese Erweiterung macht die Sammlung nur noch wertvoller. 
In den Einleitungen kommt zwar die modern protestantische Richtung 
da und dort zum Ausdruck. Doch liegt ja der Schwerpunkt des Unter- 
nehmens in den Übersetzungen selbst, die mit Sachkunde und Gründlich- 
keit bearbeitet sind. 

Pick, B., Extra-Canonical Life of Christ (s. BZ I 424): Teil 1 und 2 
enthält die apokryphen Nachrichten über das Leben Jesu, Teil 3 über 
andere Personen, z. B. Pilatus, Abgar; Teil 4: 127 apokryphe Aussprüche 
Jesu (vgl. AmJTh VII 772). 


Bibliographische Notizen. 221 


Catalogue general des Antiquitis Eigyptiennes du Muse du Caire. Vol. X, 
Nos 10001—10869: Greek Papyri by B. P. Greenfel and A. S. Hunt 
(fol. VIIl u. 116. Oxford, Univ. Press); Auch einige ntl Apokryphen 
an en ee " G. 

ulncy Donehoo, 3. de, Apocryp ospels. The apocryphal and le- 
gendary life of christ: band! Des whole body of the apocryphal gospels 
and other extra canonical literature which pretends to ch of the life and 
words of Jesus Christ; with notes, scriptural references, prolegomeng and 
indices (7 u. 531. N.Y., Macmillan. $2.50). 

Revillout, E., Evangile des douze Apötres (Bessar. Ser. 2%, V 14—21 
157—176: Einleitung und französische Übersetzung von Fragmenten. 

Revillout, E., Lettre a M. le Redacteur du Jas sur de nouveaux Evangiles 
apocryphes relatifs a la Vierge (Jas Ser. X, t. II 162-174): Koptische 
Fragmente, die R. hier z. T. übersetzt und in ihrer Beziehung zu schon 
bekannten Apokryphen kurz charakterisiert. Er wird sie mit einer 
Herausgabe aller Eöptiächen Apokryphen des NT vereinigen. G. 

Waitz, H., Eine Parallele zu den Seligpreisungen aus einem au/ser- 
kanonischen Evangelium (ZutW IV 335—340): Die Knpbyuara TIerpov, 
die nach W. um 135 entstanden sind und die eine Quelle für die Pseudo- 
klementinen bilden, enthalten eine Textgestalt der Seligpreisungen, welche 
charakteristische Eigentümlichkeiten mit Lk teilt und gegenüber Mt 
primär ist. 

Covard, L., Altchristliche Sagen über das Leben der Apostel (NkZ XIV 
649—664 739—746 983—989): Fortsetzung der BZ I 436 genannten Ab- 
handlungen: 4. Petrus und Paulus, 5. Andreas, 6. Philippus. 

Vetter, P., Die armenischen apokryphen Apostelakten. H Die Akten der 
Apostel Petrus und Paulus (Ochr III 16-55): Text mit gegenüber- 
gestellter griechischer Übersetzung; textkritische Noten. G. 

Box, G. H., St. Peter in the Jewish Liturgy (ExpT XV 93—95): Das 
Jüdische Gebet m»&: oder "or ma zeigt akrostichisch den Verfasser ymo, 
der nach einer Überlieferung xe”> 73 gewesen sein soll. Das Gebet ist 
sehr alt. G. 

Philipps, W. R., The Connection of St. Thomas the Apostle with India 
(Ind. Antiqg. 1903, 1—15). 

Hoffmann, G., Zwei Hymnen der Thomasakten (ZntW IV 273-809): 
Syrischer Text (emendiert) und Übersetzung des „Liedes des Aposte 
Judas Thomas im Lande der Inder“ mit sachlich erklärenden Randnoten. 
Erklärung der Allegorie nach den gnostischen Zügen, die sich darin 
finden. Weiteres zur allegorischen Geographie (insbes. „as; nicht 
— Surippak). Vergleich des syrischen und griechischen Textes von der 
„Hochzeit der Seele“. Letzterer ist mehr gnostisch als die syrische Vor- 
en Gibt sachliche Ergänzungen zu den Erklärungen von Thilo am 

ipsius. A 
estle, E., Ein Andreasbrief im NT (ZntW IV 270): Die Doctrina 
Addaei erwähnt einen solchen (2 Petr? Hebr?). 

Nestle, E., Der süfse Geruch als Erweis des Geistes (ZntW IV 272): 
Ein solcher (dour) rideia) wird von der Doctrina Addaı bezüglich des 
Pfingstereignisses behauptet. Auch die „Biene“ des Salomo von Basra 
c. 47 bietet eine Parallele. 

Scohermann, Th., Eine Elfapostelmoral oder die H- Rezension der „beiden 
Wege“, nach neuem handschriftl. Material hrsg. u. unters. (Veröff,. aus dem 
kirch.-hist. Seminar München II. Reihe Nr 2. 8u.%. München, Lentner. 
M 2.—): Der Redaktor von Didache (D) hat 6, 1—3 als Ubergang zum 
Folgenden eingeschoben; der Lasterkatalog c. 5 stammt von Barnabas unter 
Retouchierung nach Mt 19, 18 u. 15, 19; die Grundschrift ist also zu redu- 
zieren auf c. 1—4, wofür auch zeugt die „H-Rezens.“ (Ottobon. gr. 408, 
Paris. gr. 1555 A, Neap. II.C 34), bisher für eine kürzere Rezension der 
Apost. Kirchenordnung (K) gehalten, aber schon durch das Verzeichnis 


222 Mitteilungen und Nachrichten. 


der elf Apostel als Vorlage für letztere erscheinend. H, wahrscheinlich 
auf eine jüdische Hs zurückgehend, ist durch Barn. (B) überarbeitet zu 
einer Gegenrezension (ß), einem Mittelgliede für D. Pastor Hermae hatte 
auf D Eintiuls; Did. 1, 3—5, ursprüngliche Glosse einer Hs, kam durch den 
Abschreiber in den Text D. K bestehtaus: H,DundB. Die Rez. in Didask. 
gehört zu der von D. H hat wohl Ap. Konst. beeinflufst. Haeuser. 
Schiefer, 3. W., Der Christus in der jüdischen Dichtung (NkZ XIV 
843—884): Die jüdische Dichtung gilt ale Zeugnis der Volksmeinung 
aus den Tagen Christi. Die messianische Erwartung erklärt die 
Schwierigkeit des Wirkens Jesu. Nach den atl Pseudepigraphen be- 
handelt S. nun die Namen, Aufenthalt, Präexistenz und Ewigkeit, Person 
und Amt des Messias und bietet so eine wertvolle Zusammenstellung des 
Materials. Auch in der Beurteilung desselben wird man S. zustimmen 
müssen: Gegensatz zwischen der Volksgelehrtenmeinung vom Messias und 
vom wirklichen Messias. G. 
München, Januar 1904. 3. Siokenberger. 


Mitteilungen und Nachrichten. 


Zum Kardinalsmitglied der Bibeikommission wurde Kardinalstaats- 
sekretär Merry del Val ernannt. 

Bei den deutschen Ausgrabungen In Mesopotamien wurde eine Statue 
von re II. mit zahlreichen Inschriften gefunden (vgl. Lit. Centralbl. 
1904 Nr 4). 

Von de 36zeillgen Bibel Gutenberge wurden von dem Einband 
eines Werkes der k. b. Hof- und Staatsbibliothek in München 5 Blätter, 
enthaltend Jer 32; 33; 36; 37, Teile von Jer 7—9; Teile von Hebr; 15 Zeilen 
von Esr, abgelöst. 

Die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums, be- 
gründet im J. 1903, plant einen Grundrils der Wissenschaften des Juden- 
tums, auf 36 Bände berechnet. Prof. L. Blau (Budapest) wird die biblische 
Einleitung bearbeiten (vgl. Deutsche Lz 1904 Nr l). 

Der 7. Internationale Kongrefs für allgemeine Rellgionsgesohichte, der 
vom 80. August bis 2. September in Basel abgehalten wird, wird sich in 
der 4. Sektion mit der Religion der Semiten, in der 8. Sektion mit 
der christlichen Religion beschäftigen. 

Biblische Preisfrage: Ein Preis von 800 Kr ist ausgesetzt aus der 
Lackenbacherschen Stiftung (Wien) auf die Bearbeitung des Themas: Quae 
est grammatica et lexicalis relatio Jeremiae prophetae ad Deuteronomium? 
Quae non possunt probari per hanc relationem? Bewerber: römisch-kath. 
Priester aus Österreich-Ungarn (vgl. Zk'Th 1904, 216). 

In eigener Sache. Herr Professor P. L. Fonck S. J. hat ZkTh 1904, 
213—215 eine Notiz über BZ I gebracht, die ich nicht als Belehrung zur 
eventuellen Danachachtung stillschweigend buchen kann, die ich vielmehr 
als sachlich nicht gerechtiertigten Angriff im Interesse derBZ, der Mit- 
arbeiter und zur Beruhigung der Leser zurückweisen mufs. In der 
Bemerkung der Bibliogr. Notizen BZ I 208 findet F. eine Annäherung an 
eine Richtung, die das „Gängelband der Kirche“ und ihre Überwachung 
der freieren Bibelforschung los sein will. Diese Tendenz hege ich, der 
Verfasser der Notiz, weder persönlich, noch kommt sie in der Leitung 
der BZ zum Ausdruck; auch hat F. sie zu Unrecht aus dem inkriminierten 
Satz gefolgert. Ich rücke die Stelle in den Zusammenhang, in dem sie 
steht, und paraphrasiere die (redanken der konzis gefalsten Sätze, Voraus 
registrierte ich einen Tadel einer französischen Zeitschrift gegen die 
deutschen Exegeten, die von der Existenz einer „biblischen Frage“ nichts 
wissen wollen. Meiner Ansicht nach ist nun eine Behandlung der bibli- 


Mitteilungen und Nachrichten. | 223 


schen Prinzipienfragen („question biblique“), insbesondere der Inspiration der 
Heiligen Schrift, nicht lohnend genug, um die deutschen Exegeten ob 
ihrer Nichtbeteiligung zu tadeln. Was gesagt werden konnte, ist gesagt: 
„Zweifellos ist nunmehr die prinzipielle Frage hinreichend erörtert und 
geklärt.“ Was ist aber damit Grolses erreicht? Nichts weiter, als dals 
„nach dem gegenwärtigen Bestand der positiven Entscheidungen (vgl. 
BZ 183 oben) die für die Exegese wünschenswerte Freiheit auch möglich 
ist“. Ist damit auch schon gewährleistet, dafs dieses Resultat, das auf dem 
Bestand der gegenwärtig geltenden positiven Bestimmungen, insbesondere 
über Inspiration, beruht, ein dauerndes ist? Nein! „Eine einzige positive 
Entscheidung der Kirche kann es. wieder illusorisch machen.“ Ob ich 
eine solche Entscheidung, welche diese als möglich dargetane Freiheit 
wieder aufhebt, für möglich, wahrscheinlich oder nahe bevorstehend halte, 
ist nicht gesagt. Ob ich sie gegebenen Falls als ein erlösendes Wort in 
den Wandlungen und Schwankungen und der Unsicherheit der Gegenwart 
begrülsen würde, oder ob ich unter dem Drucke so mancher Schwierig- 
keiten vor allem der atl Exegese mehr die hierdurch geschaffene Schranke 
en würde, wollte wiederum nicht zum Ausdruck gebracht werden. 
P. F. hat zu Unrecht letztere Alternative aus meiner Bemerkung heraus- 
gelesen, mit noch mehr Unrecht ein eventuelles unwirksames Milsbebagen 
an einer möglichen Freiheitsbeschränkung gesteigert zu einem wirksamen 
Sichloswinden vom „Gängelband der Kirche“. Er hat umsonst gefürchtet 
für die kirchliche Tendenz der BZ. Ein Milsbehagen spricht sich aller- 
dings aus in meiner Bemerkung; nur geht es nicht nach der von P. F. 
angegebenen Richtung, sondern es kehrt sich dem ganzen Zusammenhange 
nach (vgl. bes. den Schlufssatz) gegen das Ansinnen, die deutschen Exegeten 
sollten auch eintreten in den wogenden Streit um die biblischen Prinzipien- 
fragen. Ein auf allgemeinem Boden sich bewegendes Bemühen zu Gunsten 
oder zu Ungunsten der freieren Inspirationslebre halte ich nicht für 
Erfolg verheilsend. Weder wird P. F. mit seiner wachsamen, aber doch nur 
in allgemeinen Sätzen sich haltenden Polemik die freiere Richtung tot- 
schlagen, noch werden die vielfach ebenso allgemein formulierten gegen- 
teiligen Aufstellungen die dogmatischen Bedenken anderer verstummen 
lassen; die Einzeluntersuchung ist — meiner Anschauung nach, die ich 
aber niemand, auch nicht den Mitarbeitern, sofern sie Artikel über derlei 
Fragen der BZ zur Verfügung zu stellen die Güte haben, aufzudrängen 
gesonnen bin — das Arbeitsfeld, auf dem diese Prinzipienfragen eine 
J,ösung erfahren können, und von wo aus auch eine Einwirkung auf die 
Überzeugung der malsgebenden Entscheidungsfaktoren ermöglicht ist. 

P. F. bringt noch eine Reihe allgemeiner, nicht genauer belegter Be- 
mängelungen. Dazu vorläufig nur folgendes: Es ist unrichtig, die 
französische Exegetenschule zur Abschreckung mit dem einzigen Namen 
Loisy zu charakterisieren; sie hat die radikalsten Forscher, Loisy und 
auch A. Houtin, abgelehnt (vgl. BZ I 306) und wird nun froh sein, dafs 
sie durch Verbot ihrer Schriften (23. Dez. 1903) bei loyalen Gegnern davor 
geschützt ist, die Verantwortung für ihre nach Inhalt, Formulierung und 
Ton oft bedenklichen Anschauungen tragen zu müssen. Wenn fran- 
zösische Exegeten „zu weit gehende Zugeständnisse“ an die kri- 
tische Schule zu machen scheinen, so sehe ich darin zunächst einen nur 
in methodischem Interesse gewählten, nicht als endgültig aufgefalsten 
Standpunkt, der die richtige Mitte statt durch vollständige Neubegründung 
der kritischen Position lieber durch Revision der hyperkritischen Auf- 
stellungen gewinnen will. Als nur vorläufige Zugeständnisse auf neutral 
literargeschichtlichem Boden wollen sie jedenfalls auch verstanden werden. 
Zugeständnisse von unkirchlicher Tendenz sind mir nicht be- 
kannt. Wenn in den Besprechungen und Notizen ein „überschwengliches 
Lob“ dieser französischen Exegeten, die zu weit gehen, gefunden wird, 
so glauben wir — ich darf hier zugleich im Namen meines Herrn Kol- 


224 Mitteilungen und Nachrichten, 


legen in der Redaktion sprechen — eine allenfallsige Überschwenglich- 
keit in den Besprechungen dem jeweiligen Temperamente des Rezen- 
senten zu gute halten zu dürfen; in den Notizen sollte es mich wundern, 
wenn uns eine solche Überschwenglichkeit bei stetem Kampf um Raum 
und Zeile durchgeschlüpft wäre. Ein Lob, das Unrichtiges billigt, 
fällt selbstverständlich unter die allgemein gültigen Normen und Formen 
wissenschaftlicher Verantwortlichkeit, der sich zu entziehen weder Heraus- 
ER noch Mitarbeiter gesonnen sind; nur muls der Vorwurf falsbar 

etailliert werden. Ein Lob, das Unkirchliches billigt, hätten wir zurück- 
weisen zu sollen geglaubt; es könnte also nur versehentlicherweise in die 
BZ geraten sein. z 

Im übrigen sei gerne zugestanden — und das „Bedauern“ des P. F. 
scheint einen andern triftigen Grund nicht zu haben —, dafs es mir nicht 
mehr gelingen will, gegenüber den Regungen der Kritik in katholischen 
Exegetenkreisen mich in antikritischer Sicherheit zu wiegen und auf- 
tauchende kritische Bedenken einfach durch Hinweis auf die zu befürch- 
tende Gefährdung traditioneller Prinzipien zu beschwören. Dieses mein 
Empfinden dürfte auch der herrschenden Meinung der deutschen Exe- 
getenwelt besser entsprechen. Auch ist der Allgemeinheit mehr gedient, 
wenn nicht durch eine exklusive Berichterstattung einer faktisch be- 
stehenden und sich jedenfalls im Rechte glaubenden exegetischen Rich- 
tung Luft und Licht auf kirchlichem Boden versagt wird. 

Die Rez. des P. F. erweckt mit Unrecht den Eindruck, als ob die BZ 
mit ihrer etwas weitherzigeren Durchführung ihres Programms einem 
übereilten Fortschritt huldige. Vielmehr will es mich bedünken, als ob 
die hochangesehene ZkTh seit dem Schöpfer-Kaulen-Streite ihre objektive 
orientierende Stellung in den biblisch-exegetischen Fragen mehr einer 
einseitigen Verfechtung exklusiver Richtung geopfert hätte, und als ob 
sie wirklich stationär geblieben wäre gegenüber den duch sicher nicht 
unkirchlichen, aber weit duldsameren, ja sogar zum Teil sehr fortschritt- 
lichen Organen des Jesuitenordens in Frankreich und Italien, den Etudes 
religieuses und der Civiltäa cattolica. Auch kann ich dem Herrn Rezen- 
senten die Freude nicht lassen, den allverehrten Herausgeber der Biblischen 
Studien für seinen „Rückschritt“ in Anspruch zu nelımen und gegen die 
BZ als Kronzeugen aufzurufen. Unter der Agide der BSt konnte F. v. 
Hummelauer S. J. zum ersten Male ein durchgebildetes Programm der 
Pentateuchkritik der Öffentlichkeit vorlegen und eine kritische Position 
einnehmen, die P.F. „fast zu kühn und erschreckend“. vorkommen wollte 
(ZkTh 1903, 352ff). Die BZ wird auch die Fühlung mit den BSt deshalb 
noch nicht verlieren, weil sie kirchlichen Sinn und wissenschaftliche mals- 
volle Kritik in gleicher Weise zu wahren und zu fördern unternimmt. — 

Zum Schlufs kann ich mein Bedauern nicht verhehlen, dals die auch 
von P. F. vorausgesetzte und anerkannte kirchliche Loyalität der Redaktion 
der BZ den Herrn Rezensenten nicht abhalten konute, in einer schroffen, 
mindestens milsdeutbaren Form die ihm nicht zusagende Richtung mit 
dem Vorwurf der Annäherung an unkirchliche Tendenzen zu kennzeich- 
nen, und das in einem Zeitpunkte, wo die erst Boden fassende BZ Förde- 
rung und Unterstützung erneut in weiteren Kreisen zu werben gedenken 
konnte. J. Göttsberger. 


Druck von W. Drugulin in Leipzig. 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er- 
scheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Biblische Studien. Unter Mitwirkung von Prof. Dr W. Fell in 
Münster i. W., Prof. Dr J. Felten in Bonn, Prof. Dr G. Hoberg in 
Freiburg i. Br., Prof. Dr N. Peters in Paderborn, Prof. Dr A. Schäfer 
in Stralsburg, Prof. Dr P. Vetter in Tübingen herausgegeben von Prof. 
Dr O. Bardenhewer in München. gr. 8° 


I. Band. (5 Hefte) (XLIV u. 606) M 10.60 
1. Heft: Der Name Maria. Geschichte der Deutung desselben. Von Dr O0, Barden- 
hewer. (X u. 160) AM 2.50 
2. Heft: Das Alter des Menschengeschlechts nach der Heiligen Schrift, der Profan- 
geschichte und der Vorgeschichte. , Von Dr P. Schanz. (XlI u. 100) M 1.60 


8. Heft: Die Selbstvertheidigung des heiligen Paulus im Galaterbriefe (1. 11 bis 2, 21). 
Von Dr J. Belser. (VIII u. 150) M 3.— 


4. u. 5. Heft: Die prophetische Inspiration. Biblisch-patristische Studie von Dr 
F. Leitner. (XIV u. 196) M 3.50 
II. Band. (4 Hefte) (XXXVI u. 464) M 10.— 


1. Heft: St Paulus und St Jacobus über die Rechtfertigung. Von Dr theol. B. Bart- 
mann. (X u. 164) M 3.20 


2. u. 3. Heft: Die Alexandrinische Vebersetzung des Buches Daniel und ihr Ver- 
hältniss zum Massorethischen Text. Von Dr Aug. Bludau. (XII u. 218) M 4.50 
4. Heft: Die Metrik des Buches Job. Von Dr P. Vetter. (X u. 82) M 2.30 


III. Band. (4 Hefte.) (XLII u. 476) M 12.50 
1. in Die Lage des Berges Sion. VonDr X. Rückert. Mit einem Plan. (VIII u. 104) 
M 2. 


2. Heft: Nochmals der biblische Schöpfungsbericht. Von Fr. v. Humsmelauer 8. J. 
(X u. 132) M 2.80 
8. Heft: Die sahidisch-koptische nern des Buches Ecclesiastieus auf ihren 
wahren Werth für die Textkritik untersucht von Dr N. Peters. (XIlu.70) M 2.30 
4. Heft: Der Prophet Amos nach dem Grundtexte erklärt von Dr K. Hartung. 
(VIII u. 170) MM 4.60 
IV. Band. (4 Hefte) (XXXVIU u. 522) M 12.— 
1. Heft: Die Adventsperikopen exegetisch-homiletisch erklärt von Dr Paul Wilhelm 
von Apple: Bischof von Rottenburg. Zweite, unveränderte Auflage. (VI u. 144) 
M 24 
2. u. 3. Heft: Die Propheten-Catenen nach römischen Handschriften. Von Dr 
M. Faulhaber. (XVI u. 220) M 6.— 
4. Heft: Paulus und die Gemeinde von Korintliı auf Grund der beiden Korinther-- 
briefe.. Von Dr I. Rohr. (XVI u. 158) M 3.60 
V. Band. (5 Hefte) (XLVI u. 580) M 13.80 
1. Heft: Streifzüge durch die biblische Flora. Von L. Fonck. (XIV u.168) M4— 
2. u. 3, Heft: Die Wiederherstellung des jüdischen Gemeinwesens nach dem baby- 
lonischen Exil. Von Dr Johann Nikel. (XVI u. 228) MM 5.40 
4, u.5. Heft: Barhebräus und seine Scholion zur Heiligen Schrift. Von Dr Johann 
Göttsberger. (XVI u. 184) M 4.40 
VI. Band. (5 Hefte) (XXVIII u 540) M 12.— 
1. u 2. Heft: Vom Münchener Gelehrten-Kongresse. Biblische Vorträge heraus- 
gegeben von Dr O. Bardenhewer. (VllI u. 200) M 4.50 
3. u. 4. Heft: Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische Geltung. Von 
Dr theol. Caspar Julius. (XU u. 184) M 4&— 
5. Heft: Die Eschatolorie des Buches Job. Unter Berücksichtigung der vorexi- 
lischen Prophetie. Von Dr Jakob Royer. (VI u. 156) M 3.50 
YII. Band. (5 Hefte) (XXVLI u. 570) M 12.20 
1. bis 3. Heft: Abrallam. Studien über die Anfänge des hebräischen Volkes von 
Dr Paul Dornstetter. (Xll u. 280) M 6.— 
4. Heft: Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypothesen der Bibelkritik 
verteidigt von Dr Mutthius Kohlhofer. (VlIl u. 14) M3.— 
5. Heft: Die beiden ersten Erasmus-Ausgaben des Neuen Testaments und ihre 
Gegner. Von Dr Aug. Bludau. (VIII u. 146) M 3.20 
VIEH. Band. (4 Hefte) (XXXVII u. 482) M 10.90 
1. Heft: Die Irrlehrer im ersten Johaunesbrief. VonDr Alois Wurm. (XII u. 160) M 3.50 
2. Heft: Der Pharao des Auszuxes. Eine exegetische Studie zu Exodus 1—15. 
Von Dr Karl Miketta. (VIII u. 120) 4 2.60 
3. Heft: Die chronologischen Fragen in den Büchern Esra-Nebemia. Von Dr Joseph 
Fischer. (X u. 98) M 2.40 
4. Heft: Die Briefe zu Beginn des zweiten Makkabäerbuches (1, 1 bis 2, 18), Von 
Dr Heinrich Herkenne. (VYllL u. 104) M 2.40 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er- 
scheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Stralsburger Theologische Stadien. 
Herausgegeben von 


Dr Albert Ehrhard und Dr Eugen Müller, 


Professoren an der Universität Stralsburg. 


k 


1 
F) 


Die „Studien* erscheinen in 'zwanglosen Heften (gr 8°) von eirca 5 bis 8 Bogen, 
deren jedes ein Ganzes Tür sich bildet und einzeln käuflich ist. Äufserlich werden in der 
Regel je 4 bis 5 Hefte zu einem Bande vereinigt. 


Bereits liegen vor: 


I. Band, (5 Hefte.) (LXI u. 582) M 8.— 
1. u. 2. Heft: Natur und Wunder. Ihr Gegensatz und ihre Harmonie. Ein apolo- 
Rn Versuch von Dr E. Müller. (XX u. 206) A 2,80 
eft: Der Augustiner Bartholomäus Arnoldi von Usingen u Luthers Lehrer und 
egner. Ein Lebensbild von N. Paules. (XVI u. 136) A 1.80 
4. u. 5. Heft: Die altehristliche Literatur und ihre Erforschung seit 1880. Allgemein 
Übersicht und erster Liloraturderiche (1880-1884). Von. r'A. Ehrhärd. (AX u 
240) Ar 3.40 


Il. Band. (4 Hofte.) (LII u, 484) M 8.40 

1. Heft: Die Strassburger Diöcesansynoden. Von Dr. M. Sdralek. (XII u. 168) 31 2.60 

2. Heft: Die Strassbanrger Reformatoren und die Gewissensfreiheit. Von X. Paulus. 
(XII u. 106) M 1.80 

3, Heft: Die moderne Moral und ihre Grundprincipien kritisch beleuchtet» von 
Dr C. Didio. (X u. 14) 7 2.— 

4. Heft: Die Wunder Jesu in ihrem innern Zusammenhange betrachtet von Dr F. Choble, 
(XII u. 106) M72.— 


Ill. Band. (5 Hefte) (XLII u. 666) AM 12.— 
1. Heft: Kaspar Schatzgeyer, ein Vorkämpfer der katholischen Kirche gegen Lutlier 
in Süddeutschland. Von Dr N. Paulus. (X u. 152) M 2.80 
2. u. 8. Hoft: Der Prolog des heiligen Johannes. Eine Apologie in Antithesen. Von 
Dr K. Weiss. (XIl u. 208) M 3.80 
4. u. 5. Heft: Die kucharistielehre des heiligen Johaunes ERESEoStOmuB, des Doctor 
Eucharistiae. Von Dr theol. A. Naegle. (XIV u. 308) MS 


IV. Band. (5 Hefte) (LI u. 583) MM 12.20 
1. Heft: Frobenius Forster, Fürstabt von St Emmeram in Regensburg. Ein Beitrag 
zur Litteratur- und Ordensgeschichte des 18. Jahrhunderts von Dr J. A. Endres. 
(X u. 114) M 2.40 
2. Heft: Geilers von Kaysersberg ‚Ars moriendi“ aus dem Jalhıro 1497 nebst einem 
Beichtgedicht von Hans Foltz von Nürnberg, herausgegeben und erörtert von 
Dr Alexander Hoch. (XIV u. 112) M 2.40 
3. Heft: Die Anfänge der Irregularitäten bis zum ersten allgemeinen Konzil von 
.7  Nicäa.- Eine kirchenrechtliche Untersuchung von Dr Camill Richert, (X u.110) 42.40 
4. u. 5. Heft: Die Gottheit des Heiligen Geistes nach den griechischen Vätern des 
ni a ee Eine dogmengeschichtliche Studie von Theodor Schermann. 
Gekrönte Preisschrift. (XVII u. 246) M 5.-- 


Y, Band. (4 Hefte) (XXXIV u. 478) M€ 9.90 ' 
‘*1: Heft: Die-Inspirationstehre des Orizenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschichte 
von Dr theol, August Zöllig. (X u. 130) aM 2% 
" © Heft: MoBeweise für die Unsterblichkeit der Seele aus AIESIEInEN. Beyche: 
logischeu Tatsachen neu geprüft von Dr Philipp Kneib. (VIu 100) M2 


8. u. 4.:Hefte: Per Erziehungslehre der drei Kappadozier. Ein Beitrag zur ib 
stischen Pädagogik von Dr. Karl Weifs. (XI u. 242) M 4.80 


vi. Band, 1. u Heft. 10h Hasen atürliche Lebensct 'duong nach der Paulinischen und 
Tohanneischtier Kec bjb. Eine dogmatisch-biblische Studie von Dr theol. Arnold 
Radenacheb. (VAL De M5.-- 

8. u. 4. Heft: Jakgh Kalde. Ein Peligiös-patridtischer Dichter aus dem Elsafs. Zu 

“. seinem Greihüanderhänre A eburkemnblikhme, Von Dr Joseph Bach. (Alu. 160) M4.— 


L, Supplomentbaud: Die altcehriytliche Litteratur und ihre Erforschung von 1884—1900. 
I. Abteilung: Die vornicäntsche Litleratur. Von Dr A. Ehrhkard. (XI u. 644) M 15.— 


BIBLISCHE ZEITSCHRIFT 


IN VERBINDUNG MIT DER REDAKTION DER 


‚BIBLISCHEN STUDIEN“ 


HERAUSGEGEBEN VON 


Dr JOH. GÖTTSBERGER us» Dr J0S, SICKENBERGER 


PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN. 


ZWEITER JAHRGANG. 


DRITTES HERT, 


HERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG. 
1904. 


ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOUIS, MO. 


| 
FREIBURG IM BREISGAU. 











Digfized by AAO OR IC 
« 








Inhalt des dritten Heftes. 


Seite 
Codex Bassetti Tridentinus. Von Lektor P. Michael Hetzen- 

auer OÖ. Cap. in Innsbruck . . 22 nn. 225 
Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. seriptararum. Von 

Prof. Dr Karl Weyman in München . . . 20 .20....234 
1 Chr 25: Ein Beitrag zum Gebrauch des Loses bei den Hebräern. 

Von P. Fr. v. HummelauerS. J. in Valkenberg . . . 254 
Berichtigungen zu Mandelkerns Kleiner Konkordanz . . . ..%9 
Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. Von Prof. Dr M. Faul- 

haber in Strafsbug . . . . van ec 226 
Das Comma Ioanneum (l Io 5, 7) in den Schriften der Antitrini- 

tarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. Von Prof. 

Dr Aug. Bludau in Münster i. W. 2.022020... 2975 
Besprechungen. . nn. 80l 
Bibliographische Notizen (Allgemeines. Literatur zur ganzen Hei- 

ligen Schrift. Das AT) 2 nn nn. 0.802 
Mitteilnngen und Nachrichten . . 2.2. 2m nn... 836 


Jährlich erscheinen 4 Hefte im Umfange von je 7 Bogen gr. 3°. 
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.— 


Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak- 
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, München, Arcisstr. 471, für Altes 
Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München, Galeriestr. 22", 
für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren Verfasser und 
Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher Anzeige und mög- 
lichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten Erscheinungen 
an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen. 


Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem 
Mafse Aufnalıme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf- 
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br. 


Codex Bassetti Tridentinus. 
Von Lektor P. Michael Hetzenauer O. Cap. in Innsbruck. 


itter Dr Robert v. Bassetti, der letzte Sprölsling eines 
R alten und reichen, angesehenen und verdienten Patrizier- 
geschlechtes Trients!, hinterliefs bei seinem Tod (30. Oktober 
1897) der Vaterstadt als Legat eine wertvolle, sehr interessante 
Vulgatahandschrift, die in der städtischen Bibliothek (Biblioteca 
Civica oder Comunale oder Municipale di Trento) unter der 
Manuskriptnummer 2868 aufbewahrt wird und eine Cimelie 
der 53000 Bände zählenden Bibliothek genannt werden muls. 
Da der Codex in theologischen Kreisen noch unbekannt ist, 
will ich ihn im Folgenden kurz beschreiben. Ich bin nur zu- 
fällig zur Kenntnis desselben gelangt. Während meiner Vul- 
gata-Studien drängte sich mir immer mehr die Überzeugung 
auf, dals die vom Trienter Konzil benutzte Bibel irgendwo noch 
vorhanden sein müsse. Meine Nachforschungen, bei denen mich 
der Provikar der Trienter Diözese, Mgr Dr Jos. Hutter, unter- 
stützte, liefsen mich endlich den Codex finden, den ich dann im 
September 1903 für meine neue Vulgata-Ausgabe verglich. 

Der Codex Bassetti besteht aus 601 Blättern feinen Per- 
gaments von gewöhnlicher Farbe und hat mithin 1202 Seiten, 
Die Blätter sind 247 mm hoch, 182 mm breit und mit Aus- 
nahme von 5 Seiten am Anfange und 4 Seiten am Ende in 
2 Spalten mit schwarzer Tinte beschrieben. Die einzelnen 
Textspalten sind 157 mm hoch, 7—9 mm breit und enthalten 


ı Vgl. u. a. Archivio Trentino 1898, 121 (eine von der Direktion 
der Bibliothek und des Museums von Trient seit 1882 herausgegebene 
Zeitschrift in italienischer Sprache), 

2 Ich habe die Blätter zweimal gezählt und dürfte mich wohl kaum 
geirrt haben. Andere zählten 1172 oder 1196 Seiten. 

Biblische Zeitschrift, II. 3 15 





226 Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 


regelmälsig 43 Zeilen. Die prächtige (halbgotische) Schrift 
ist sehr gut erhalten und daher trotz der zahlreichen Kür- 
zungen leicht leserlich. Nur an vereinzelten Stellen hat die 
Tinte das Pergament durchfressen, so dals etwa 6—8 Worte 
der Handschrift mühsam entziffert werden müssen. Das letzte 
Blatt der Apokalypse ist von anderer Hand und weniger 
schön geschrieben. Den Codex schmücken 165 Miniaturen, 
wovon 83 Ereignisse aus den betreffenden Büchern, 2 Tier- 
gestalten und 80 verschiedene Ornamente zur Darstellung 
bringen. Besonders reich wurden die Psalmen mit Miniaturen 
bedacht. Ein streng kritisches Auge wird an diesen Bildern 
allerdings manches auszustellen finden. Sie sind aber doch 
so schön, dafs die Besucher des städtischen Museums, das 
sich an den Lesesaal der Bibliothek! anschlielst, regelmälsig 
an meinem Platze stehen blieben, um die schöne Schrift und 
die herrlichen Miniaturen zu bewundern. Nur eine derselben 
wurde verletzt: vom P des 2. Timotheusbriefes wurde die Schluis- 
ornamentik herausgeschnitten, so jedoch, dals der Text nicht 
beschädigt wurde. Der Herr Bibliothekar, Prof. Dr Lodovico 
OÖberziner, glaubte?, dafs diese Miniaturen von irgend einem 
Bologneser Künstler herrühren, machte mir aber am 2.November 
1903 die Mitteilung, dals der angesehene Kritiker und Pro- 
fessor der Künste an der römischen Universität Comm. Adolfo 
Venturi, der einige Wochen nach mir die Handschrift unter- 
suchte, noch weiter gehe und die Miniaturen dem berühmten 
Oderisi d’Agobbio zuschreibe. Sollte sich diese Vermutung 
bewahrheiten, so würde der Kunstwert des Codex noch mehr 
steigen, da wir von jenem berühmten Miniaturmaler nur sehr 
wenige Bilder besitzen; es würde zugleich auch das oben ab- 
gegebene Urteil bestätigt, insofern Oderisi von seinem Schüler 
Franco übertroffen wurde®. 


ı Bibliothek und Museum befinden sich im 2. Stock des Municipio 
(Magistratsgebäudes) in der Via larga. 
? Archivio Trentino a.a. 0. 
3 Oderisi von Gubbio, geb. 1240, gest. ca 1300, ein Zeitgenosse 
Dantes (1265—1321), wurde von Bonifazius VIII. (1294—1303) veranla:st, 
Bücher mit Miniaturen zu schmücken. Er lebte zu Bologna und war auf 


Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 227 


Die Handschrift stammt spätestens aus dem 14. Jahr- 
hundert. Das beweist der Schriftcharakter und eine Bemer- 
kung! auf der drittletzten Seite, die da lautet: „In nomine 
Patris et Filii Domini nostri Iesu Christi et Spiritus Sancti, 
et Virginis gloriosissimae, Mariae sanctissimae Matris Dei. 
M.CCC.LXV. Nativitatis secundum .... Domini nostri lIesu 
Christi mense Januarii die XIIII. in nocte ante diem per 
quatuor horas tertia antequam festum Dei servi et Confessoris 
Antoni de Vienna solemnis dies occurrat.“ Diese Bemerkung 
dürfte wohl der Schreiber des letzten Blattes gemacht haben. 
Sollten die Miniaturen wirklich von der Hand Oderisis stam- 
men, so mülste die Handschrift mit Ausnahme des letzten 
Blattes dem letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts zu- 
geschrieben werden. Wer den Codex zuerst besals, ist un- 
bestimmt. Auf der viertletzten Seite liest man zwar: „Ista 
Biblia fuit quondam legum egregii doctoris de Morano domini 
Bartholomaei (oder vielleicht Barnabei) et nunc Benedicti de 
Morano“, allein niemand weils, wer diese zwei Besitzer waren, 
wo und wann sie lebten. Ich wandte mich schriftlich und 
mündlich an alle Persönlichkeiten, von denen man einen Auf- 
schluls erwarten konnte, aber leider umsonst. Vielleicht ist 
jener dominus Bartholomaeus der bekannte Bartolomeo da 
Murano (7 1499), der mit seinem älteren Bruder Antonio 
da Murano in Venedig und zwar auf der Insel Murano eine 
Werkstatt und Schule für Maler gründete, eine neue Bahn 
betrat und tatsächlich der Gesetzgeber der Muraneser Schule 
wurde. Das kann der Sinn der Worte sein: „legum egregii 
doctoris de Morano“. Dals der italienische Ausdruck „da 
Murano“, womit sich die sogenannten Muranesen zeichneten, 





sein Können so stolz, dafs er alle andern verachtete. Dante (Purgatorio 
11,79f) nennt ihn „L’ onor d’ Agobbio, e I’ onor di quell’ arte“, lälst ihn 
aber von seinem Schüler Franco Bolognese (+1313) bekennen: „L’ onor 
& tutto or suo, e mio in parte.“ Vgl. Camerini, La Divina Commedia 
di Dante Aligbieri con note tratte dai migliori commenti, Milano 1891, 
206 f; Streckfuls-Pfleiderer, Dante Alighieris Göttliche Komödie. 
Übersetzt und erläutert, Leipzig 1876, 259. 

ı Sie ist etwas schwer leserlich; ich gebe sie nach einer Auflösung, 


die ein dem Codex beigelegtes Quartblatt bietet. , 
15 


228 Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 


lateinisch mit „de Morano“ wiedergegeben erscheint, darf nicht 
befremden, weil Murano und Morano sprachlich zusammen- 
hängen. Bartolomeo da Murano dürfte den Bibelcodex wohl 
durch den berühmten Gentile da Fabriano (7 ca 1451) er- 
halten haben, der zur Gründung der Malerschule auf Murano 
den Anstofs gegeben hatte. Im Herbste 1506 kam der Brixener 
Kardinal-Fürstbischof Melchior v. Meckau als kaiserlicher 
Gesandter mit grolsen Geldsummen nach Venedig, bei wel- 
cher Gelegenheit er die Bibel vielleicht kaufte. Gewils ist. 
dals die kostbare Handschrift im 16. Jahrhundert im Besitz 
des gelehrten und eifrigen Brixener Fürstbischofs Melchior 
v. Meckau war. Sowohl auf der dritten Seite am Anfange 
als auch auf der letzten am Ende liest man oben: „Melchior 
Eps Brixens.* Melchior v. Meckau, ein Meilsenischer Edel- 
mann aus dem Bistum Naumburg, wurde 1482 Koadjutor. 
1489 Fürstbischof von Brixen, 1503 Kardinal und starb auf 
seiner Romreise 1509 zu Rom, wo er auch begraben wurde. 
1489 hatte er bei Erhard Ratdold in Augsburg für seine 
Diözese ein Brevier drucken lassen!; auch ein Obsequiale oder 
Rituale liefs er bei demselben Buchdrucker erscheinen, das 
sein Nachfolger Christoph Madruzz 1555 zu Dillingen bei 
Meyer mit einigen Verbesserungen neu herausgab?. Der be- 
rühmte Christoph Madruzz, schon seit 1539 Fürstbischof von 
Trient, nahm am 15. April 1543 auch vom Fürstbistum Brixen 
Besitz und wurde im gleichen Jahre mit dem Purpur ge- 
schmückt, damit er beim bevorstehenden Konzil ein gröfseres 
Ansehen hätte, wie Pallavicini V 1 vermutet? Anfang 1545 
reiste er nach Rom, um sich mit Papst Paul IIL über das 
zu eröfinende Konzil zu besprechen (Sinnacher VII 404), und 
lies zur Eröffnung des Konzils Pontifikalkleider (Sinnacher 
VII 409) und die Bibelhandschrift Melchiors von Brixen nach 

ı Vgl. Sinnacher, Beyträge zur Geschichte der bischöflichen Kirche 
Säben und Brixen in Tirol VII, Brixen 1830, 5—116. 

2 Vgl. Wetzer und Weltes Kirchenlexikon VIII? 428. 

3 Vgl. zum Folgenden Pallavicini, Historia Concilii Tridentini 


lib. 5—8; Sinnacher a. a. O. 392—616; Kirchenlexikon VIII? 426; 
Archivio Trentino 1145, II 129, 1113. 


Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 229 


Trient bringen. Welches Ansehen und welchen Einflufs der 
für Wissenschaft und Kunst, für reinen Glauben und gute 
Sitten begeisterte Mann während des Konzils (1545—1563) 
hatte, ist allgemein bekannt (Sinnacher VII 412; Pallavicini 
VI). Es kann uns daher nicht überraschen, wenn die Familien- 
tradition des alten und angesehenen Päatriziergeschlechtes Bas- 
setti bezeugt, dals der Bibelcodex Melchiors-Madruzz’ von 
den Konzilsvätern benutzt wurde!. Darauf weist auch 
die Bemerkung hin, die wir nach dem Text der Apokalypse 
in der zweiten Spalte lesen. Herr Dr Öberziner, der mich 
mit der grölsten Bereitwilligkeit und Freundlichkeit in allen 
Stücken mündlich und schriftlich unterstützte, besorgte mir 
eine genaue Abschrift davon, die ich hier mitteile: „Anno 
Dni M.D.LXIII. die 4 Decemb.: hora intra 21 et 22 termi- 
natum est concilium Tridentinum. Sub S.D.N. pio pp. eius 
nominis IIIl. Moderantibus Imp. Romanorum Invictissimis 
ac potentissimis Caesaribus Ferdinando et Maximiliano Felic. 
Piis pacificis ecc defensoribus. Regnantibus Philippo Hispania- 
rum rege potentissimo, ac Cath.° Carolo Galiae rege Christia- 
nissimo. S... Portugaliae rege. Sigismundo Polonie rege (juorum 
oratores interfuerunt Celebrationi dicti Concilii. Nec non 
Emanuel Filiberto ducatum prebente Alobrogis... Venetorum 
reip. Cosmo Medices Florentie. Adfuit Cath.” Helvetiorum 
orator epus et dni Regni Hungarie Magistri militiae rodiorum. 
Legati Car. Septem quorum duo diem obierunt ante Concilil 
finem unus discessit. Cardinales duo. Patriarche tres. Archi- 
episcopi Triginta tres. Episcopi COXXXIIL“ Der Schreiber 
dieser Bemerkung scheint momentan den Namen des Königs 
von Portugal (Sebastian) sowie des Gesandten von Venedig 


ı Im Archivio Trentino 11I 57 liest man folgende Note zur Ge- 
schichte des Konzils: „Il signor Roberto de Bassetti di Trento conserva 
un raro codice della Bibia latina, che per tradizione di famiglia 
dovea esser quella che serviva ne’ vari uffizi del Concilio. E 
un cimelio scritto nel secolo Ä1V in carattere semigotico in pergamena 
con legatura originale, in 8, di pag. 1172 con cinquanta miniature di 
graziosissimo disegno.“ Die Zahlenangaben sind nicht genau, was sich 
aus dem früber Gesagten ergibt. 


u 


230 Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 


(Niccolö da Ponte) nicht präsent gehabt und später die Aus- 
füllung des leeren Raumes vergessen zu haben. Die Frage. 
ob der Codex Bassetti bei der Revision der Vulgata benutzt 
wurde, dürfte bejaht werden können. Christoph Madruzz 
wohnte nämlich seit 1567, wo er auf das Fürstbistum Trient 
verzichtet hatte, als regierender Fürstbischof von Brixen und 
zugleich als Kardinalbischof von Sabina, später von Präneste 
und zuletzt von Porto bis zu seinem Tode (1578) regelmäfsig 
in Rom; sein Neffe Ludwig Madruzz, von 1567 bis 1600 Kar- 
dinal-Fürstbischof von Trient, war Mitglied der von Papst 
Pius V. (1566—1572) eingesetzten Bibelkommission!: es ist 
daher wohl sehr wahrscheinlich, dals der vom Konzil benutzte 
Codex auch herangezogen wurde. Allerdings wird sein Ein- 
fluls auf die Wahl der Lesearten nicht grols gewesen sein, da 
er ja zu den jüngeren Handschriften gehört? — Später kam 
der Codex in den Besitz der Trienter Familie Bassetti. Wann, 
warum und von wem die Bassetti die Handschrift erhielten, 
konnten wir bis jetzt noch nicht feststellen. Dieses hoch- 
verdiente Patriziergeschlecht Trients stand mit mehreren Fürst- 
bischöfen in engerer Verbindung und dürfte die Handschrift 
wohl als Anerkennung besonderer Verdienste erhalten haben. 
Bei den Bassetti verblieb sie bis zum Jahre 1897. Joh. Bapt. 
Bassetti schenkte sie zwar 1827 dem Grafen Franz Revedin 
von Venedig, als sich sein Sohn Titus Bassetti mit dessen 
Tochter vermählte; allein nach dem Tode des Grafen Franz 
Revedin (1836) kam sie testamentarisch wieder an Titus 
Bassetti zurück, der sie seinem Sohne Dr Robert v. Bassetti 
vermachte, durch dessen Grofsmut sie in die städtische Biblıo- 


ı Vgl. Vercellone, Variae lectiones I, Romae 1860, p. XXL, 
nota 1. Dieser Kardinal-Fürstbischof schenkte den Patres Kapuzinern 
in Trient sein Exemplar der Biblia Sixtina von 1590, das sie in ihrer 
18000 Bände zählenden Bibliothek sorgfältig aufbewahren. Keine andere 
Bibliothek Tirols besitzt eine Sixtina; auch die Staatsbibliothek in Mün- 
chen kann keine aufweisen; die Hofbibliothek in Wien hingegen besitzt 
zwei Exemplare dieser auf 2000 Kronen geschätzten Bibel. 

2 Die Sixtina bietet jedoch Lesearten, die wir nur im Codex Bassett! 
tinden. Vgl. den Schluls dieses Artikels. 


Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 231 


thek gelangte und so allen zugänglich wurde. Das mit Ritter 
Robert v. Bassetti ausgestorbene Patriziergeschlecht hat sich 
durch die vorzügliche Erhaltung des interessanten und wert- 
vollen Bibelcodex für alle Zeiten den Dank und die An- 
erkennung aller Gelehrten gesichert. Sein Zustand lälst nichts 
zu wünschen übrig. Er befindet sich im Originaleinband in 
einer Lederschachtel, die die Aufschrift trägt: 
CODEX BIBLICUS 
CRITICORUM SENTENTIA 
SAECULI XIV INEUNTIS 
QUEM 
A CONCILII TRIDENTINI PATRIBUS ADHIBITUM 
FRANCISCO REVEDINO VENETO IOANNIS PETRI FILIO 
IOANNES BAPTISTA BASSETTI TRIDENTINUS 
OB INITAM AFFINITATEM AMICITIAMQUE 
| LIBENS DONAVIT 
PRID. CAL. FEBR. AN. MDCCCXXVII. 

Herr Bibliothekar Dr Oberziner veröffentlichte im Archivio 
Trentino (Jahrg. 1898, 121f) eine Beschreibung der Hand- 
schrift, die jedoch den theologischen Kreisen Deutschlands und 
Welschlands ganz unbekannt blieb, wie es scheint; genannte 
Zeitschrift wird eben von den Bibelgelehrten nur ausnahms- 
weise gelesen. 

Der Codex Bassetti beginnt mit der Epistola S. Hieronymi 
ad Paulinum und bietet dann den Text der einzelnen Bücher, 
die in der gegenwärtig gebräuchlichen Ordnung aufeinander 
folgen. Nur die Apostelgeschichte ist davon abweichend un- 
mittelbar vor die Apokalypse gesetzt. Jedem Buche ist der 
betreffende Prologus vorangestellt. — Merkwürdigerweise steht 
zwischen dem 2. Buche Esdras und dem Buch Tobias das 
3. Buch Esdras, und am Ende des Buches Ecclesiasticus ein 
Gebet Salomons als 52. Kapitel. Der Text der einzelnen 
Bücher ist in Kapitel zerlegt, deren Initialen zierlich in Rot 
und Blau ausgeführt sind; sie stimmen im allgemeinen mit der 
jetzigen Kapiteleinteilung überein, etwa 25 Fälle ausgenommen, 
wovon einige erwähnt seien. Idc 13, 1 ist zum 12.; 4Rg 20, 21 
zum 21.; Job 36, 32 33 zum 37.; Prv 14,34 35 zum 15.; Sap 6.1 


232 Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus. 


zum 5.; 1 Mach 10, 86—89 zum 11.; Mt 6, 1—4 zum 5.; 2 Cor 
12,20 21 zum 13.; 1 Petr 2, 1—3 zum 1. Kapitel gezogen; die 
Verse 11—25 des Judasbriefes bilden ein zweites Kapitel, 2 Thess 
3, 13—18 ein viertes Kapitel. In 1 Esr fehlt die Bezeichnung 
des 6., in Apc die Bezeichnung des 2. Kapitels. — Im Texte 
selbst treten uns die gleichen Erscheinungen entgegen, die aus 
andern Codices bereits bekannt sind. Wir finden da wieder: 
Auslassungen (z. B. Joel 3, 20° 212; Mc 5, 126 13%; Io 17, 
21» 222 fehlt), Doppelsetzungen und kleine Beigaben, Schreib- 
fehler, Korrekturen im Texte und am Rande, Angabe anderer 
Lesearten am Rande. Da ich den Codex zum Zweck der 
Herausgabe meiner Editio Bibliae Sacrae Vulgatae verglich, 
achtete ich besonders auf das Verhältnis der Handschrift zur 
Sixtina und Clementina und konnte nur im Vorbeigehen den 
übrigen Varianten einige Aufmerksamkeit schenken. Besonders 
zahlreich finden sie sich in den Psalmen vor. Beim Anblick 
derselben erinnert man sich unwillkürlich an die Worte des 
grolsen Papstes Sixtus V. in seiner Oonstitutio vom 1. März 
1589: „Haec autem Vulgata editio cum una esset, varılis 
lectionibus in plures quodam modo distracta videbatur... Et, 
quamvis in hac tanta lectionum varietate nihil hucusque reper- 
tum sit, quod fidei, et morum causis tenebras offundere potuerit; 
verendum tamen fuit, ne... piarum mentium implicatio multi- 
plex evaderet.*“ Die Vergleichung dieses von den Konzils- 
vätern benutzten Codex mit den offiziellen Ausgaben der Sixtina 
und Clementina kann jedermann belchren, dals jene Grundsätze, 
die mein Schriftchen „Wesen und Prinzipien der Bibelkritik 
auf katholischer Grundlage“ im Anschluls an andere katholische 
Gelehrte S. 82ff ausspricht, nicht zu lax und freisinnig, 
sondern wohl begründet sind; dafs man in Sachen, die nicht 
den (ilauben und die Sitten berühren, der Vulgata kein solches 
Übergewicht beilegen darf, wie wir es in der Textausgabe 
Brandscheids bemerken. — Sehr interessant ist das Verhältnis 
des Codex Bassetti zu den übrigen Handschriften der latei- 
nischen Übersetzung, den verschiedenen Ausgaben der Vulgata, 
den andern Übersetzungen und griechischen Codices. Es 


Hetzenauer, Codex Bassetti Tridentinus, 233 


können an dieser Stelle selbstverständlich nur einige Beispiele 
herausgegriffen und kurz angeführt werden. Wordsworth- 
White führen im Epilogus S. 721f eine lange Reihe von 
Vulgata-Lesearten vor, die sie in ihren Handschriften nicht 
fanden. Mehrere derselben finden wir in unserem Codex, 
z. B. zu Mt 4, 16 ambulabat (statt sedebat); 25, 31 angeli 
eius; Mc 1, 24 venisti ante tempus; 2, 12 abiit inde; 7, 23 
coinguinant (statt communicant); Lc 2, 33 pater et mater 
eius (statt pater eius et mater); 5, 22 cogitatis mala; 6, 29 
maxillam unam; 10, 21 exultavit :n Spiritu sancto; 17, 20 
veniet (statt des zweiten venit); 18, 9 parabolam istam dicens; 
Io 6, 33 panis enim verus est (statt Dei est); 6, 35 am Rand 
non sitiet in aeternum (statt umquam im Texte); 8, 9 audientes 
autem haec; 17,12 ego custodivi u.m.a. In all diesen Fällen 
stimmt der Codex mit der Sıxtina überein. — Nm 30, 11—13 
enthält er mit der Clementina, während die Sixtina 11P 12 13 
weglälst1; 1 Rg 24, 7 hat er hingegen den Zusatz der Sixtina, 
ebenso Hab 1, 3; Lc 11, 2; Act 14, 6; 24, 18; 2 Io 12; mit 
der Clementina lälst er den Zusatz Mt 7, 1 weg und hat Mt 
27, 35 den erweiterten Text. 

Das merkwürdige Verhältnis, in welchem der Codex zur 
Sixtina und Clementina steht, sowie die Tatsache, dals er 
Lesearten bietet, die wir in den übrigen bekannten 
Handschriften vergeblich suchen, machen ihn auch 
kritisch wertvoll und historisch wichtig. Da ich die Lesearten 
des Codex Bassetti Tridentinus in meiner Zusammenstellung 
aller Varianten der offiziellen Ausgaben (im Anhang zu meiner 
Vulgata-Ausgabe) notieren ‚werde, mache ich nur noch die 
Bemerkung, dafs er den Schlufs des Markusevangeliums, die 
Perikope des Johannes über die Ehebrecherin und das Comma 
Joanneum enthält, jedoch so, dafs die Verse 7 und 8 um- 
gestellt sind, wie in einigen andern Handschriften. 


! Wer sich mehr interessiert, möge mein Schriftchen „Bibelkritik‘ 
S. 148ff aufschlagen. 


Zu den sog. Tractatus Origenis de libris 
ss. sceripturarum. 


Von Prof. Dr Karl Weyman in München. 


‚Umfassender noch als durch diese vier Schriften (d. h. 
Pseudo-Cyprian de spectaculis, de bono pudicitiae, de laude 
martyrii, adversus Iudaeos, alle im III. Bande der Wiener 
Cyprianausgabe!) wäre das Corpus Operum Novatianı zu be 
reichern, wenn die 20 pseudo-origenistischen Traktate, die 
Batiffol entdeckt (und Paris 1900 ediert) hat, ihm zuzuweisen 
wären. Allein es fehlt viel zu einem ausreichenden Beweise 
für die Hypothese, und schwere Bedenken stehen ihr gegenüber. 
Dals novatianische Schriften in grolsem Umfange in den Trak- 
taten ausgeschrieben sind, ist eine Tatsache?, aber auch Ori- 
genes, Tertullian und andere sind ausgeschrieben, wenn auch 
nicht so stark. Dals Novatian sich selbst und die andern ın 
dieser Weise geplündert hat, ist an sich nicht wahrscheinlich 
und nicht bewiesen. Der Stil des Verfassers der Traktate 
zeist meines Erachtens nur dort sichere Verwandtschaft mit 
Novatian, wo Novatian ausgeschrieben ist. Die Christologıie 
ist weiter entwickelt als bei Novatian, man mulfs also zur An- 
nahme von Interpolationen seine Zuflucht nehmen. Die Traktate 


ı Neuerdings sucht F. v.Blacha (Kirchengeschichtl. Abhandl., harg. 
von M. Sdralek II, Breslau 1904, 191 ff) auch die pseudo-cyprianische 
Schrift ‚de singularitate clericorum‘ (Hartel III 173 ff) als ein Werk Nova- 
tians zu erweisen. Ich werde mich an anderer Stelle über oder vielmehr 
gegen diese Hypothese äulsern. 

2 Ich lege auf diese Konstatierung Gewicht wegen der Bemerkung 
A. Ehrhards, Die altchristl. Lit. I (1900) 331: ‚Weymans Beweise sind 
ungenügend, weil rein sprachlicher Isatur‘ (von mir gesperrt). 


Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 235 


sind meines Erachtens demnach nicht in das Corpus Operum 
Novatiani einzustellen.‘ So Adolf Harnack im Artikel Nova- 
tian bei Herzog-Hauck, Realencykl. XIV (1903) 227. Es freut 
mich, dafs der grolse Berliner Gelehrte, der zuerst mit Batiffol 
an Origenes als Verfasser der tractatus glaubte, sich inzwischen 
davon überzeugt hat, dafs dieselben als ein original-lateinisches 
Werk zu betrachten sind (vgl. A. Jülicher in Götting. gel. 
Anz. 1900, 273; OÖ. Bardenhewer, Gesch. d. altkirchl. Lit. 
II 570; M.Schanz, Gesch. d. röm. Lit. IV 1, München 1904, 280), 
und aus dem Umstande, dafs die Berliner theologische Fakul- 
tät neuerdings eine Preisaufgabe über die tractatus gestellt 
hat, darf doch wohl geschlossen werden, dals nach Harnacks 
Ansicht auch die Gegner der Novatianhypothese noch nicht 
das letzte und entscheidende Wort über die interessante 
Predigtsammlung gesprochen haben. Ich beabsichtige im fol- 
genden nicht noch einmal eine Lanze für Novatian zu brechen 
oder überhaupt auf die Verfasserfrage als solche einzugehen, 
sondern habe mir ein sehr bescheidenes Ziel gesteckt. Ich 
will erstens auf eine in den bisherigen Erörterungen über die 
Abfassungszeit der tractatus meines Wissens nicht beachtete 
Stelle des Lucifer aufmerksam machen, zweitens im Anschluls 
an meine Ausführungen im Archiv f. lat. Lexikogr. XI (1900) 
545 ff einige weitere Beiträge zur Texteskritik der tractatus 
liefern, drittens den von Batiffol (vgl. H. Jordan, Die Theo- 
logie der neuentdeckten Predigten Novatians, Leipzig 1902, 
219 ff) etwas kärglich bemessenen Nachweis der Bibelzitate 
und Bibelanklänge ergänzen. Zuvor aber seien mir einige 
Bemerkungen zu der eben im Wortlaute mitgeteilten Äulse- 
rung Harnacks gestattet. Dafs es ungeachtet der methodo- 
logischen Zulässigkeit eine heikle Sache um die Annahme 
von Interpolationen ist, besonders wenn diese Annahme einer 
andern Hypothese dienstbar gemacht wird, das soll nicht 
in Abrede gestellt werden, und ich habe mich auch nie der 


1 Siche daregen Th. Zahn in Neue kirchl. Zeitschr. XI (1900) 360: 
‚Zusammen mit den Büchern von der Trinität usw. werden (die neu- 
gefundenen Predigten) einen stattlichen Band bilden‘ usw. 


236 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 


Illusion hingegeben, dafs Jordans mit Geschick und Scharf- 
sinn durchgeführter Versuch, die mit Novatians Autorschaft 
schwer oder gar nicht vereinbaren Stellen christologischen 
und trinitarischen Inhaltes als spätere Einschiebungen in 
den Text der Traktate zu erweisen, nirgends auf Wider- 
spruch stolsen werde! (vgl. BZ I 417 und zuletzt K. Bihl- 
meyer, Theol. Quartalschr. LXXXVI [1904] 38 ff; G. Esser, 
Theol. Revue 1904 Nr 5 Sp. 139ff). Vielleicht aber war ich 
von einer richtigeren Empfindung geleitet, als ich Archiv 
S. 55l Anm. von der Möglichkeit einer Retouchierung 
‚der Traktate im Sinne der nicänischen bzw. nachnicänischen 
Orthodoxie‘ sprach; wenigstens halte ich es für sehr wohl 
denkbar, dafs sich im weiteren Verlaufe der Forschung die 
Annahme einer Bearbeitung und Überarbeitung der Trak- 
tate, durch welche der ursprüngliche Wortlaut da und dort 
alteriert, das stilistische Kolorit aber und die zeitgeschicht- 
liche Grundstimmung im wesentlichen konserviert wurden, mehr 
Boden erobern werde als die Annahme einzelner Interpola- 
tionen in unsern Handschriften, wenn diese auch tatsächlich 
nicht interpolationsfrei zu sein scheinen (vgl. z. B. Batiffol zu 
tract. V p. 48,7). Wie ein solcher orthodoxer Bearbeiter ge- 
rade einer trinitarischen Stelle, die ihm von seinem Stand- 
punkte und von seiner Zeit aus unvollkommen oder inkorrekt 
erschien, aufzuhelfen wulste, das kann man aus der lateinischen 
Übersetzung der Jeremiashomilien des Origenes durch den 
hl. Hieronymus ersehen, in der der letztere gegenüber den 
Worten des Originales hom. IX S. 64, 23 f (Klostermann) Nueis 
dE Eva oldauev Beöv Kai TÖTE Kai vüv, Eva XpıOTov Kai TÖTE Kai 
vöv das Plus aufweist ‚et unum Spiritum sanctum cum Patre 
et Filio sempiternum‘ (Migne, S. Gr. XIII 350 A; E. Kloster- 
mann in Texte und Untersuch. N.F. I 3 [1897] 27; G. Grütz- 
macher, Hieronymus I 184f). Dals aber überhaupt und 
irgendwie von einer späteren Hand in den Text der Trak- 





1 Vgl. meine Anzeige in der Deutschen Litteraturzeitung 1903 Nr 15 
Sp. 890 ff. Die sonstigen Besprechungen des Jordanschen Buches findet 
man Byzant. Zeitschr. XII (1903) 669 und XIII (1904) 245 verzeichnet. 


Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 237 


tate eingegriffen wurde, das sollte nach dem, was Jordan 
über den Schlufls des 10. Traktates ausgeführt hat, eigentlich 
nicht mehr bezweifelt werden. Was dann das Verhältnis der 
Traktate zu den Schriften Novatians und andern Werken der 
altkirchlichen Literatur (vgl. Jordan 197 ff) betrifft, so hat 
Harnack selbst auf das Überwiegen des novatianischen Gutes 
hingewiesen, so dafs Novatian, wenn wir ihn einen Augen- 
blick für den Verfasser der Predigten halten, keineswegs 
als ein ärgerer Plünderer fremden Eigentums erscheint als 
in den sicher von ihm herrührenden Schriften (vgl. für de 
spectaculis E. Wölfflin im Archiv VIII [1893] 4ff 15ff, für 
de bono pudicitiae S. Matzinger, Des hl. Thascius Caec. 
Cyprianus Tractat d. b. p., Nürnberg 1892, 31ff) und als zahl- 
reiche andere Schriftsteller vor und nach ihm!. Das Selbst- 
ausschreiben aber oder vielleicht richtiger das zweimalige Be- 
nützen von Aufzeichnungen dürfte bei einem Novatian nicht 
mehr auffallen als bei einem Eusebios, in dessen Arbeitsweise 
wir kürzlich durch J. A. Heikel, Eusebius’ Werke I (1902) 
xxvnmff einen lehrreichen Einblick erhalten haben. Dals end- 
lich Harnack die stilistische Verwandtschaft zwischen den 
Traktaten und den Schriften Novatians unterschätzt bzw. mit 
Unrecht auf die Fälle beschränken will, in denen es sich um 
direktes Ausschreiben Novatians handelt, das kann aulser 
meinen Zusammenstellungen im Archiv 554 ff — bei deren Be- 
urteilung, was ich im Hinblick auf die Ausführungen E.C. Butlers 
in The Journal of Theol. Stud. II (1901) 255 ff bemerke, die ın 
den Sitzungsberichten der bayr. Akad., phil.-hist. Kl. 1893 II 
322 formulierte methodologische Erwägung nicht aulser acht 
gelassen werden darf — der zweite Abschnitt meiner folgenden 
Bemerkungen lehren, in dem ich für einen beträchtlichen Teil 


ı Nur in der 17. Homilie (de resurrectione carnis) geht das Kompi- 
lieren aus Tertullian und Minucius Felix etwas weit. Aber in dem Trak- 
tate ‚quod idola dii non sint‘ haben wir dieselbe Erscheinung vor uns, 
und doch werden wir ihn uns als ein echtes Produkt Cyprians gefallen 
lassen müssen (anders soeben H. v. Soden, Die Cyprian. Briefsammlung, 
Leipzig 1904, 205 f. Texte und Üntersuch. N.F. X 3). 


238 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum.- 


der Verbesserungen, die ich daselbst an dem Batiffolschen 
Texte der Traktate und zwar grolsenteils an Stellen, die nicht 
in die von Harnack ausgehobene Kategorie gehören, vornehme, 
gerade aus Novatian die nötigen oder doch erwünschten Paral- 
lelen beizubringen vermag. Doch nun zu meiner eigentlichen 
Aufgabe! 


I. 


Schon im Archiv 546 habe ich auf die rhetorisch wirkungs- 
volle Stelle des XVIII. Traktates (de bono martyrii) p. 198 
14f B hingewiesen: ‚novum etenim genus per Christum in- 
ventum est: interire ne pereas, mori ut vivas. Mit diesen 
Worten stimmt in auffälliger, das Walten eines Zufalles aus- 
schliefsender Weise der folgende Satz aus Lucifers von Calaris 
Schrift ‚moriendum esse pro Dei filio‘ cap. 4, p. 293, 25 f (Hartel) 
überein: ‚siquidem novum salutis genus per Dei filium 
fuerit tributum: interire ne peream‘ (Hartel denkt an ‚per- 
eamus‘). Da keine Stelle eines älteren christlich-lateinischen 
Schriftstellers bekannt zu sein scheint, an die sich sowohl der 
Prediger als Lucifer angelehnt haben könnten, so darf und 
muls die Prioritätsfrage gestellt werden. Da leuchtet nun sofort 
die Unwahrscheinlichkeit ein, dafs der geschulte Rhetor und ge- 
wandte Stilist, als der uns der Verfasser der Traktate allent- 
halben entgegentritt, dem derben und fast durchweg einer 
stark vulgären Schreibweise sich bedienenden Lucifer, der auch, 
soweit meine Kenntnis reicht, keinen literarischen Einfluls auf 
die Folgezeit ausgeübt hat, die schöne Antithese entlehnt 
haben sollte. Dagegen sprechen für das umgekehrte Verhältnis 
(um von andern Erwägungen abzusehen) sowohl die Zufügung 
des erläuternden Genetivs ‚salutis‘ bei Lucifer, als der Um- 
stand, dafs letzterer auch im unmittelbar Vorausgehenden sich 
mit fremden Federn schmückt, indem er, wie schon Hartel 
erkannt hat, Z. 24f mit den Worten ‚martyrii cogit dignitas, 
ut vitam christiani morte condemnemus‘ auf eine Stelle der 
pseudo-cyprianischen, von Harnack für Novatian in Anspruch 
genommenen und durch ihr Thema sowohl als eine gemeinsame 





Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 239 


Wendung gerade mit unserem XVIII. Traktate in näheren 
Zusammenhang tretenden Predigt oder Prunkrede ‚de laude 
martyrii‘ (7 p. 31, 9H.; vgl. Archiv 553 568; Bardenhewer, 
Gesch. d. altkirchl. Lit. II 440f; H. v. Soden, Die Cypria- 
nische Briefsamml. 214ff) Bezug nimmt!. Da Lucifers Schrift 
‚frühestens 360, vielleicht erst 361: (Bardenhewer, Patrol.3642; 
361 nach Hartel im Archiv III [1886] 3) verfalst worden ist, 
so bildet die ausgehobene Stelle ein Hindernis für diejenigen 
Forscher, welche die Entstehung der Traktate in das 5. oder 
6. Jahrhundert hinabrücken wollen. 

Bevor ich zum textkritischen Teile übergehe, möchte ich 
noch auf einen zweiten Autor hinweisen, der möglicherweise 
(ich sage nicht mehr) unsere Traktate gekannt hat. Ich meine 
den Bischof Victricius von Rouen (gest. zwischen 406/7 und 
409), der um 396 die Ankunft einer reichen Reliquiensendung 
in seiner Bischofsstadt durch eine schwungvolle, aber etwas 
schwülstige Festpredigt gefeiert hat, die uns in der — ver- 
mutlich erweiterten — Gestalt, die ihr der Verfasser für die 
nachmalige Veröffentlichung gegeben hat, erhalten geblieben 
ist. Vgl. E. Vacandard, Saint Victrice, Ev&que de Rouen 
(IVe—V® s.), 2. Aufl., Paris 1903, 67 81f 159. Gleich im 
1. Kapitel des ‚de laude sanctorum‘ betitelten Werkchens 
(Ausg. von Tougard, Paris 1895, 14 = Migne XX 444 A) lesen 
wir die Worte: ‚hoc ego ... salutare praeceptum intra Britannias 
exercui, si non ut debui, tamen ut potui‘, die, an sich be- 
trachtet, gar nichts Bemerkenswertes zu enthalten scheinen, 
aber verglichen mit zwei Stellen der Traktate — IV p. 40, 16 ff 
‚sed quia tres causas circumceisionis esse proposui, unam in 
figura, quam ut potui et puto ut debui caritati vestrae 
disserui‘ und X p. 105, 6ff ‚scio quidem, dilectissimi fratres, 
saepenumero de hoc Leviticorum libro me tractasse et arduas 
paene et inextricabiles quaestiones ut potui et puto ut debui 
caritati vestrae disseruisse — den Eindruck hervorrufen, als 


ı Auf eine auffällige Berührung Lucifers mit Novatians Schrift ‚de 
bono pudicitiae‘ ist in der Revue d’hist. et de litt. relig. III (1898) 564 
hingewiesen worden. 


240 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 


habe der fromme Bischof von Rouen die stolze Koordinierung 
des Könnens und Sollens, wie sie ihm aus den beiden Stellen 
des auch sonst des Selbstbewulstseins nicht ermangelnden Trak- 
tators in der Erinnerung lag, durch die bescheidene Kontrastie- 
rung der beiden Begriffe! ersetzt. Der Prediger seinerseits, 
dessen Cicerokenntnis wir im 2. Abschnitte wiederholt zu be- 
rühren Gelegenheit haben werden, mag sich an die durch 
Cicero de orat. I 225 und Parad. 41 erhaltenen Worte des 
L. Crassus ‚nolite sinere nos cuiquam servire, nisi vobis uni- 
versis, quibus et possumus et debemus‘ (kürzer beim 
Autor ad Her. IV 5) erinnert haben. Eine unzweifelhafte Nach- 
ahmung der Stelle des Victricius hat kürzlich W. Levison 
(Neues Archiv der Gesellsch. £. ält. deutsche Gesch. XXIX 
[1903] 120 Anm. 1) in dem der erweiterten Vita des Germa- 
nus von Auxerre (Bolland. Biblioth. hagiogr. lat. Nr 3454) 
vorausgeschickten Briefe des Constantius an Censurius (Acta 
SS. Juli VII 215f) nachgewiesen. 


II. 


Tract. I p. 5, 5f ‚quia nec locus est aliquis ubi Deus absit 
nec locus Deo maior sit. Dafs für das zweite nec ‚ne‘ zu 
schreiben ist, wurde bereits im Archiv 570 bemerkt. Vgl 
noch Novat. de trin. 2 (Migne III 889 f) ‚maior est enim (Deus) 
mente ipsa nec cogitari possit quantus sit ne... mente humana 
minor sit. maior est quoque omni sermone nec edici possit 
ne... humano sermone minor sit‘. — p. 11, 7f ‚cum oculi dı- 
cuntur, quod omnia videat. cum nares, quod orationes... per- 
cepturus sit indicatur‘. ‚indicatur‘ ist das Verbum, von dem 
die beiden quod-Sätze abhängen, weshalb nach ‚videat‘ nur ein 
Komma zu setzen ist. — p. 11,16f ‚cum manus nominantur, 
quod omnia ipse sit operatus‘. Der quod-Satz kann zwar von 
dem vorausgehenden ‚indicatur‘ (Z. 16) abhängig gemacht 
werden, doch dürfte es sich im Hinblick auf des Predigers 
Neigung, einen grolsen Reichtum von Synonymen zu entfalten 


ı Vgl. Seneca, Epist. 21, 11: ‚parvo dimittitur (venter), si modo das 
illi, quod debes, non quod potes‘. 


Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 241 


und mit ihnen abzuwechseln, empfehlen, mit F2,d.h. dem zweiten 
Korrektor des (von Batiffol unterschätzten) Codex von Orleans 
s. X, hinter ‚operatus‘ ‚ostenditur‘ einzuschieben. Vgl. Novat. 
de trin. 6 (Migne III 896 B) ‚cum digitus (describitur), signi- 
ficatio quaedam voluntatis aperitur, et cum nares, precum 
quasi odorum perceptio ostenditur‘ und Archiv 560 f. 
Tract. Il p. 13, 11f ‚(Abraham) magnum divinae dispensa- 
tionis sacramentum per imaginem protendebat‘. Dafs für das 
letzte Wort mit cod. F ‚portendebat‘ zu schreiben ist, hat 
Batiffol selbst nachträglich (vgl. p. 214) erkannt. Wenn es 
noch einer Bestätigung bedarf, so liefert sie der Sprachgebrauch 
des Verfassers. Vgl. tract. V p. 53, 4; 55,10; VI p. 58,2; VII 
p. 80,14; XIp.124,18; XII p. 134, 7; 139,23; XIV p. 155, 23; 
XV p. 163, 7. — p. 16, 11 ‚cum in monte transfiguratus esset‘ 
(Jesus). ‚transfiguratus esset‘ ist eine Konjektur Batiffols für 
das überlieferte transfigurasset‘, das nicht zu ändern ist, 
da ‚transfigurare‘ ebensogut reflexivisch gebraucht werden kann 
wie ‚mutare‘ und ‚vertere‘. Vgl. die analoge Verwendung von 
‚separare‘ und ‚iungere‘ bei Novat. de trin. 16 (915C), die Ter- 
tullianbeispiele bei H.Hoppe, Syntax und Stil des Tert., Leipzig 
1903, 63f; P. Geyer, Kritische und sprachliche Erläuterungen 
zu Antonini Placentini Itinerarium, Augsb. 1892, 18 ff und (für 
das Griechische) neuerdings L. Radermacher, Philol. LXIII 
(1904) 3f. — p. 16, 24 ‚apud Deum perfecta sunt omnia quae 
apud nos imperfecta putantur‘. Überliefert ist ‚facta sunt 
omnia‘, was einen vollkommen richtigen Gegensatz zu ‚imper- 
fecta‘ bildet, so dals Batiffols Änderung entbehrlich ist. Vgl. 
Novat. de trin. 28 (941 A), wo ‚pro factis‘ und ‚pro perfectis‘ 
nebeneinander stehen, ohne dals ein Bedeutungsunterschied 
konstatiert werden könnte, und tract. VI p. 66, 6f, wo ‚facere‘ 
und ‚consummare‘ verbunden werden, wie sonst ‚perficere‘ und 
‚consummare‘“. Vgl. Cypr. de dom. or. 20 (I p. 282, 8f H.); 
Novat. de trin. 29 (944 B); Hieron. tract. in ps. 83, de exodo 
in vig. pasch. und in ps. 10 ed. G.Morin, Anecdot. Maredsol. III 2 
(1897) p. 91, 24; 406, 5; IIT 3 (1903) p. 6,13 und den Zusatz 
von cod.B, d.h. der Handschrift von St Omer s. XII, zu tract. V 


Biblische Zeitschrift. II. 8. 16 


242 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 


p. 48, 7 (unter dem Texte), wo statt ‚proficit et consummat‘ 
‚perficit e. c.‘ zu schreiben ist. — p. 17,23 ‚ut arena maris 
proiecti conculcarentur in terram‘. Cod. F dürfte mit ‚terra‘ 
die richtigere Lesart bieten. Vgl. tract. III p. 32,2 ‚ut arena 
deiecti conculcarentur in terra‘ (so Batiffol hier nach B; 
‚terram‘ F); VI p.62, 21f ‚alios... sit deiecturus in terra‘; Ps 
7,6 ‚conculcet in terra vitam meam‘“. — p. 19, 24 wird ‚et‘ 
vor ‚sicut‘ zu streichen sein, ebenso tract. VII p. 77,6 vor ‚ut‘. 

Tract. III p. 24, 14 ‚consula ratione providit. Die not- 
wendige Verbesserung ‚consulta‘ hat der Herausgeber nach- 
träglich gefunden. Vgl. noch tract. XII p. 129, 6 ‚non fortuitu, 
sed consulte (consulta?) prophetica ratione‘; Aug. Civ. Dei 
XXI8 (II p. 532, 22 Hoffmann) ‚quis enim consulta ratione 
non videat‘; X XII 4 p. 587, 29. — p. 28, 3 ‚quapropter intelle- 
gere debet quis‘. Ich vermute ‚quivis‘ nach tract. IV p. 34, 10 
‚quivis (‚quisvis‘ die Handschriften) potest intellegere‘. Vgl. 
Cicero pro Rosc. Am. 132 ‚nonne quivis potestintellegere‘ 
mit der reichhaltigen Anmerkung G.Landgrafs 366 f und über 
sonstige Spuren der Vertrautheit des Predigers mit Cicero 
Archiv 548. Landgraf macht mich noch aufmerksam auf die 
Berührung zwischen tract. XI p. 117, 6f ‚leges quae non Japi- 
dibus inscriptae sed pectoribus infixae sunt etc.‘ mit Cic. pro 
Mil. 10 ‚non scripta, sed nata lex‘, auf ‚saepenumero‘ im Ein- 
gang von tract. X p. 105,6 (vgl. Landgraf zu Cic. pro Rose. 
Am. 67 S.260f; W. Kalb, Roms Juristen. Nach ihrer Sprache 
dargestellt, Leipzig 1890, 71 Anm. 2) und auf die Verbindung 
‚minas terroresque‘ tract. XVIII p. 194, 5 (vgl. Landgraf 
a. 2 OÖ. 195). 

Tract. IV p. 34,5 ‚quia saepe vobis adversum Iudaeos 
certamen est. Trotz Zahns Abmahnung (Neue kirchl. Zeit- 
schr. XI [1900] 359 Anm. 2) glaube ich der Lesart von F 
‚nobis‘ den Vorzug geben zu sollen, nicht weil zufällig No- 
vatians Schriftstellerei sich zum grofsen Teile auf dem Ge- 
biete der antijüdischen Polemik bewegt, sondern weil meines 
Erachtens die Stelle gewinnt, wenn der Prediger sich selbst zu 
seiner Gemeinde rechnet, die er ‚durch Behandlung dieser 


Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 243 


Gegenstände (Sabbat, Beschneidung usw.) gegen jüdische An- 
griffe auf christliche Sitte zu waffnen‘ (Zahn) sucht. — p. 35, 3 f 
‚qui (Adam) ut imperfectus ... plasmatus est... aut certe etc.‘ 
Lies ‚aut‘ für ‚ut. — p. 36, 10 ist zwischen ‚sabbatum‘ und 
‚evitatur‘ nichts ausgefallen, wohl aber ist meines Erachtens 
p. 38, 17 nach ‚officit‘ eine Lücke zu statuieren. — p. 39, 15 f 
‚ab ipsis conscientiae ... abditis (so Batiffol nach F?; vgl. 
Harnack, Texte und Unt. XIII 1 [1895] 52f) atque penetra- 
libus‘. Lies ‚aditis‘ (d.h. ‚adytis‘) mit BF. Vgl. Hieron. tract. 
in Marc. 113—31 (Anecdota Maredsol. III2 p. 328,29) ‚evan- 
gelica adyta‘. — p. 41, 20 ist ‚ut‘ zu streichen und Z. 22 nach 
‚frequenter‘ stark zu interpungieren. 

Tract. V p. 45, 13 wird zu lesen sein ‚nunc promissis <et> 
muneribus, nunc minis et terroribus‘. Vgl. Novat. de bon. pud. 8 
p. 19,16 H. ‚nunc promissis, nunc minis‘. — p. 45, 16f (vom 
ägyptischen Joseph) ‚vestes quibus tenebatur fugiens dereliquit, 
nudi corporis simplicitatem et testem innocentiam habiturus‘. 
Novat. de bon. pud. 8 p. 19, 18f ‚corporis nudi sinceritatem 
habiturus innocentiae testem‘ gibt die nötigen Verbesserungen, 
d. h. die Tilgung von ‚et‘ und die Verwandlung von ‚inno- 
centiam‘ in ‚innocentiae‘, an die Hand. — p. 51,12 ‚crimen 
suum ei insonti nitebatur inurere‘. ‚inurere‘ ist eine unnötige 
Konjektur des Herausgebers für das überlieferte ‚inhaerere‘. 
‚nitebatur‘ heilst ‚sie suchte zu beweisen‘, wie an der von 
Georges angeführten Stelle Ciceros Acad. II 68 ‚nitamur igi- 
tur nihil posse percipi‘!. 

Tract. VI p. 57, 4f ‚prout ratio permisit aut mediocritas 
intellegentiae sinit, Schon die Konzinnität verlangt ‚sivit. 
Anders tract. I p. 10, 1f ‚permittit — donavit.‘— p. 67, 14 ‚Sal- 
vator noster qui...est...rex regum‘. So Batiffol. Die Stelle 
dürfte, wie mir G. Landgraf mitteilt, nach tract. XIII p. 148,15 


ı Mehrere Emendationen zum 5. Traktate hat mir Prof. A. Jülicher 
(Marburg) in einem freundlichen Schreiben vom 1. Juni 1900 mitgeteilt: 
p. 45, 8 ‚adulescens [et] Hebraeus‘ (vgl. de bon. pud. p. 19, 8); p. 47,12 
und 16 aus F zu ergänzen; 48, 10 ‚fidem generis‘ mit der Überlieferung 
und de bon. pud. p. 15, 12 und 23,4 (Batiffol ‚finem‘). 

16* 


244 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 


‚filius Dei, qui est rex regum et dominus dominorum‘ (vgl. 
dazu unten im 3. Abschnitte) zu ergänzen sein. 

Tract. VIII p. 89, 17f ‚aggerebat luctum eius (der Frau, 
die den Elisäus beherbergt hatte) ereptus filius, quo illum 
dederat inexspectata felicitas. Lies ‚aggerabat' und ‚quod: 
(Batiffol p. 214 dachte an ‚quia‘). Zu ‚aggerare‘ vgl. Novat. de 
cib. Iud. 1 (Archiv XI 226, 15) ‚vos illam (necessitatem) plus 
exaggeratis‘ und R. Noväk, Curae Ammianeae, Prag 18%6, 
74. — p. 90, 1ff ‚quam cum maritus... retinere gestaret‘. 
Vielmehr ‚gestiret‘. ‚gestire‘ mit’dem Infinitiv bei Novat. de 
trin. 15 (913C) und 29 (943 B). — p. 91,1ff ‚ut et homini ... 
talia praecepta daret ut commoda valetudinis et necessarıa 
humanae condicionis rursus lege prohiberet‘. Das zweite ‚ut‘ 
wird in ‚et‘, die beiden Genetive (‚valetudini‘ schon F'?) werden 
in Dative zu verwandeln sein. — p. 93, 22 beruht das überlieferte 
‚abstinendis‘ auf unrichtiger Assimilation an die vorausgehen- 
den Gerundiva und ist in ‚abstinere‘ zu verbessern. 

Tract. IX p. 97, 19f ‚eo quod humani generis corpora de 
transgressione — veste immortalitatis indueret, agnus est 
dictus. Ich glaube, dafs die von Batiffol richtig erkannte 
Lücke durch ‚nuda‘ oder ‚nudata‘ auszufüllen ist. Vgl. zum 
Grebrauche von ‚de‘ Novat. de trin. 3 (891 C) ‚ferinos nostros 
animos et de agresti immanitate tumidos et abruptos‘. — 
p. 101,18 ff ‚ut posset Aegypti vastator angelus assignatis agni 
sanguine domibus prohiberi. Batiffol hat nachträglich das 
richtige ‚a signatis‘ gefunden (p. 214), aber versäumt, auf die 
Parallelstelle tract. XII p. 136, 14 ff ‚quo viso angelus vasta- 
tionis... a signatis sanguine domibus arceretur‘ hinzuweisen. 

Tract. X p. 105, 10ff ‚ut vix acies mentis in rerum secreta 
dimergi queat et vix intueri et prospicere verborum altitudines 
possit‘, Lies demergi‘ und ‚perspicere‘, letzteres mit F2. Vgl. 
zu ‚demergi‘ tract. I p. 7, 24 (‚demersus‘ Batiffol nach F?; 
‚dimersus‘ BF); A. Miodoüski zum Anonymus adı. aleat. 1,1 
S.58 (Erl. 1889); zu ‚perspicere‘ Novat. de cib. Iud. 7 (Archiv XI 
239, 6f) ‚quorum — ratione perspecta et consilio legis conside- 
rato‘; Arnob. adv. nat. IV 11 p. 149,18 R. ‚videte, perspicıte‘. 


Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 245 


Anders tract. VII p. 82, 6f ‚a longe — prospicit et observat‘. 
— p. 106, 4f ‚quod in aditu secretiori videtur esse reconditum‘. 
So Batiffol nach cod. B. Lies ‚adito‘ (‚adyto‘) mit F und vgl. 
oben zu tract. IV p. 39, 15f. — p. 115, 15ff ‚sicut enim cauda 
in proximo corpori est, ita et postremis temporibus gratia 
fidei spiritalis est data‘. Schon das in F überlieferte ‚corpore‘ 
scheint darauf hinzudeuten, dafs in dem törichten ‚proximo‘ eine 
(über ‚prostemo‘ entstandene?) Verschreibung aus ‚postremo‘ 
zu erkennen ist. 

Tract.XIp.125,19f ‚solidissimum firmamentum (des Granat- 
apfels) quod nec vento verberante deicitur nec ulla iniuria 
verberatur. Die rasche Wiederholung von ‚verberare‘ darf 
einem so gewandten Stilisten kaum zugetraut werden. Ent- 
weder ‚penetratur‘, was die Bearbeitung dieses Traktates 
durch Cäsarius von Arles bietet (Joh. Haufsleiter in Neue 
kirchl. Zeitschr. XIII [1902] 134), oder terebratur‘ hat an die 
Stelle von ‚verberatur‘ zu treten. 

Tract. XII p. 130, 15ff ‚cum litui tuba ... sacerdotum 
longe aere decurrens victoriosum carmen animaret‘. Lies 
‚longo‘ mit F? und vgl. Ovid. met. I 98 ‚non tuba directi, 
non aeris cornua flexi. — p. 130, 17 u. ö. hat Batiffol ohne 
Grund den überlieferten Genetiv,Hierichontis‘ durch ‚Hiericho‘ 
ersetzt. Vgl. ‚Hiericuntem‘ und ‚Hiericunte‘ bei Plinius Nat. 
hist. V 70 und XIII 44. — p. 132, 13 ff nach einem Zitate aus 
Ct 1,1: ‚quod est osculum dominici oris ut sponsus Christus 
sponsae suae ecclesiae ... sermonem divinae pacis velut oscu- 
lum daret. quid autem vocis osculo verius? quod dixit: pacem 
meam do vobis etc‘ Für ‚vocis osculo‘ ist jedenfalls ‚pacis 
osculo‘ herzustellen. Vgl. Hieron. tract. in Ps. 84 ed. Morin, 
Anecd. Maredsol. III 3 (1903) p. 45, 2ff ‚clamat (ecclesia) in 
Canticis canticorum dicens „osculetur me osculo oris sui“. Hoc 
est osculum, quod Paulus apostolus dicit „salutate invicem in 
osculo pacis“. — p. 133, 2 ‚cui et anulum fidei quasi nuptiarum 
spiritalium pronubum consignavit‘. ‚quasi‘ ist eine unnötige 
Konjektur Batiffols für das überlieferte ‚qua‘, über dessen 
Gebrauch bei Novatian Archiv XI 243 zu vergleichen ist. 


246 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 


Tract. XIII p. 140, 3f ‚bellorum civilium et externorum 
historias, dominica etiam instituta. Die im Archiv 574 mit- 
geteilte Vermutung E. v. Wölfflins ‚domestica‘ (für ‚do- 
minica‘) wird bestätigt durch Cicero Phil. II 69 ‚rebus 
externis — institutis domesticis‘. Vgl. oben zu tract. Ill 
p. 28,3. — p. 146, 4ff ‚populum qui... maiorum etiam in- 
stituta praesentemque Christum discerperet‘. Das überlieferte 
‚visum‘ führt nicht auf ‚Christum‘, sondern auf ‚lesum‘. — 
p. 149,16 ‚seditiones et factiones promiscuit‘. Lies ‚permiscuit‘ 

Tract. XIV p. 153, 4f ‚sed quid nunc meriti istius ratio 
significet, debemus ostendere‘. Nicht für ‚meriti‘ (Batiffol p. 214), 
sondern für ‚nunc meriti‘ ist ‚numeri‘ einzusetzen. 

Tract. XV p. 163, 4 ff ‚non aliunde poterat (Elisaeus) quam 
de Christo ut baptismatis eius in sacramento remedium quae- 
reret‘. Lies ‚et‘ und ‚quaerere‘. — p. 167, 4ff ‚ideo et omnes 
servos, ut iam dixi, refert scriptura singulos denarios accepisse, 
ut ostenderet etc.‘ Hier ist ‚scriptura‘ eine Konjektur Batiffols 
für das überlieferte ‚mannam‘ (F) oder ‚manna‘ (B), ‚denarıos‘ 
ein Zusatz des nämlichen Forschers. Das ist doch eine zu 
gewaltsame Behandlung des Textes! Meines Erachtens ist zu 
schreiben ‚refert. mnam singulos accepisse‘, obwohl der Pre- 
diger an der vorausgehenden Stelle, auf die er sich selbst 
zurückbezieht, gesagt hat ‚mentior nisi probavero omnes ser- 
vos in evangelio (Mt 20, 9ff) singulos denarlos accepisse 
(p. 166, 20f). Vielleicht hat ihn, worauf mich Prof. Götts- 
berger aufmerksam maclıt, eine momentane Erinnerung an die 
Erzählung Lk 19, 13 ff beeinflulst, wo jeder Knecht eine Mine 
erhält, während sie bei Mt 25, 15ff ‚secundum propriam vir- 
tutem‘ mit einer grölseren oder geringeren Zahl von Talenten 
bedacht werden. ‚refert‘ kann so gut wie ‚inquit‘ (vgl. z. B. 
Historisches Jahrb. d. Görresgesellsch. XVI [1895] 98 f) ohne 
ausdrücklich genanntes Subjekt stehen und steht so auch nach 
der Überlieferung tatsächlich am Anfang dieses Traktates 
p. 162, 5 ‚audistis lectionem ... qua refert beatissimum Eli- 
saeum prophetam ... quo sacramento — aquas — produxerit‘, wo 
allerdings die Versuchung, ‚quae‘ zu schreiben, sehr nahe liegt. 


Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 247 


Tract. XVI p. 169, 14f ‚proinde fertur hac pollicitatione 
cognitor de lectione facere sermonem‘. Ohne die Änderung 
von ‚fertur‘ in ‚fretus‘ und von ‚cognitor‘ in ‚con(n)itor‘ ist 
der Satz absolut unverständlich. ‚conitor‘ mit dem Infinitiv 
ist im Archiv XI 239 aus Novatian belegt worden. — p. 175, 6f 
‚quid ideo dicit, quod animalia muta et ratione carentia populo 
illi praeponeret?‘ Der Zusammenhang lehrt, dals für ‚quid‘ 
aus F ‚quod‘ aufzunehmen und das Fragezeichen in einen 
Punkt zu verwandeln ist. — p. 176, 17f ‚omnes ... gentes et 
nationes sub protestatione alarım suarum redigens. Doch 
wohl ‚sub protectione‘. Vgl. Ps 16,8 ‚sub umbra alarum 
tuarum protege me‘; 35, 8 filii autem hominum in tegmine 
alarım tuarum sperabunt‘. — p. 178,18 ist nach ‚latrones‘ 
stark zu interpungieren. 

Tract. XVII p. 184, 6 ff ‚qui sub exemplo dominicae resur- 
rectionis nostram quoque spem in resurrectionem dirigebat 
(d.h. der hl. Paulus), non potuit rursus eandem spem resur- 
rectionis telo alio abdicare‘. Für ‚telo‘ ist zuversichtlich ‚stilo‘ 
zu schreiben. 

Tract. XVIII p. 193, 11f ist in dem Sätzchen ‚nihil ei (d.h. 
fidei) impossibile esse depromit‘ zwischen den beiden letzten 
Worten nichts zu ergänzen. Vgl. Novat. de trin. 13 (908 B) 
‚quod si idem se apostolum constitutum esse depromit‘. — 
p. 193, 13f ‚sic et manna illud vincentibus daturum se esse 
promittit, sed aeternae vitae coronam capiti nectens imponit‘. 
Für ‚sed‘ ist ‚sic et‘ oder nur ‚et‘ herzustellen. ‚sic et‘ in 
der Anaphora bei Novat. de trin. 6 (896 A). — p. 193, 17 ff 
‚modo supra thronum suum ut sedeant in curia honoris sui 
potestatem concedit. Es ist im Anschlusse an die Überliefe- 
rung zu lesen ‚vicaria (‚vicariam‘ F) honoris sui potestate‘. 
— p. 194, 13 ff ‚angelus refuga, qui in Nabuchodonosor fuerat 
ingressus, ut eum compelleret ... imaginem auream facere et 
iustos homines incendio perderet‘. Das letzte Wort mit Batiffol 
in ‚perdere‘ zu verwandeln, liegt durchaus kein Grund vor. — 
p. 197, 15f ‚ne pro hac status antichristum cuius imago erat 
adorare viderentur. Da F ‚hanc‘ und beide Handschriften 


248 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 


‚statuam‘ bieten, so ergibt sich als ursprünglicher Text .per 
hanc statuam‘. Die Häufigkeit der Vertauschung von .pro‘ 
und .per‘ ist bekannt. Vgl. Archiv 555 und 568 zu tract X 
p- 105, 12 und tract. X VIII p. 191, 10 und oben zu tract. XIII 
p. 149, 16. 


IIIi, 


Tract. Ip. 2, 11f und 13f werden nicht Act 7,50 und 49. 
sondern Is 66, 2 und 1 zitiert (so der Rezensent von Batiflols 
Ausgabe im Literar. Centralbl. 1900 Nr 49 Sp. 2059). 

Tract. II p. 17,13 f ‚formosos pedes evangelizantium pacem‘. 
Röm 10, 15. — p. 19, 3f ‚in spiritu et virtute Eliae“. Lk 1.17. 
— p.19, 21f ‚ut vias Domini praepararent et semitas eius dıri- 
gerent‘. Is 40,3. Jo 1,23. Vgl. tract. XIV p. 155, 4f. — 
p. 20,18 ‚omnes tribus, linguae et nationes. Vgl. Dn 3.4 
Apc 5, 9. — p. 21,3f ‚fermento malitiae. 1Kor 5,8. Vgl. 
p. 22,8 und tract. IX p. 103, 11. — p. 22, 11f ‚Deo accepta- 
biles‘. 1 Petr 2,5. 

Tract. III p. 29, 4f ‚vomitus faceret quia nec frigida vide- 
tur esse nec calıda. Apk 3, 16. — p. 29, 15ff ‚in deserto et 
in invio et in sicco morari id est sine propheta, sine templo, 
sine sacerdote, sine lege, sine sacrificio‘. Vgl. zu ‚in — sicco' 
Ps 62, 3; Jer 50, 12; zu ‚sine — sacrificio‘ Os 3, 4; 2 Par 15. 3 
(Jordan im Archiv XIII [1903] 284). — p. 29, 19 ‚Christum 
qui est via, veritas et vita‘. Jo 14, 6. — p. 30, 25 ‚oculos cordis'. 
Eph 1,18 — p. 31,1 ‚filium Dei qui dixit: Ego sum fons 
aquuae vivae. Der das Zitat einführende Relativsatz zehört 
zu ‚flium Dei‘ nicht blols zu ‚Dei‘. Es kann sich somit nicht, 
wie Batifiol meint, um ein Zitat aus Jer 2, 13, sondern nur 
um eine ungenaue, vielleicht durch Jo 14, 6 beeinflulste Wieder- 
gabe von Jo 4,14 handeln. Vgl. unten zu tract. XV p. 165, 17£ 
— p. 33, 8ff ‚ideo angelum scriptura dixit, ut eum magni con- 








ı Nicht berücksichtigt wurden bei der folgenden Zusammenstellung 
diejenigen Stellen, welche sich in den wörtlich mit dem 29. Kapitel von 
Novatians Schrift de Trinitate übereinstimmenden Teilen des 20. Trak- 
tates finden und sich mit Hilfe des Migneschen Abdruckes von de Trin. 
bestimmen lassen. 


Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 249 


silii nuntium indicaret‘. Is 9, 6 LXX yeydAng BouAfis äyyekoc. 
Vgl. H.B. Swete, An Introduction to the Old Testament in 
Greek, Cambridge 1900, 469 472 (nach freundlicher Mitteilung 
von Prof. Göttsberger) und Novat. de trin. 18 21 (920 A 
9270) u.ö. 

Tract. IV p. 37,2ff ‚ipse Abraham circumcisus Melchisedec 
incircumciso decimas offert et summi Dei sacerdotem incircum- 
cisum munerum oblatione prosequitur‘. Vgl. Hebr 7,4 ff (Zahn 
in Neue kirchl. Zeitschr. XI 350 Anm. 3). — p. 42,17 ‚facturum 
nova quae nunc oriuntur‘. Is 43, 19. 

Tract. V p. 55, 11f ‚qui etiam iustitiae coronam in Christo 
repositam habent. 2 Tim 4, 8. — p. 55f ‚timore ... et tre- 
more‘. Vgl. Tob 13,6 u.ö. — p. 56, 12 ‚praeterita ergo figura 
huius mundi. 1Kor 7,31. Vgl. tract. XVIII p. 196, 18. 

Tract. VI p. 59f ‚ignitis iaculis diaboli. Eph 6, 16. — 
p. 63, 6 ist statt auf Mk 12, 1ff auf Mt 21, 33 ff zu verweisen. 
p. 71, 21 ‚reus quoque sanguinis Christi. 1 Kor 11, 27. — 
p. 72, 12f ‚sub maledicto legis est constitutus. Gal 3, 10 13. 
— p. 74, 5ff ‚spiritus etenim Dei omnia videt, omnia scrutatur, 
etiam altitudines Dei. Unde et spiritalis homo omnia videt, 
omnia scrutatur, omnium corda traducit, ipse a nemine diiudi- 
catur‘. 1Kor 2,10 15 (Lit. Centralbl. a. a. O.). — p. 74, 19 
‚veritatem et iustitiam‘. Vgl. Eccli 34, 22. — 

Tract. VII p. 78, 3f ‚qui eum quasi virum fortem victum 
ligaret et vasa eius diriperet. Mt 12, 29. — p. 78, 9 ‚captivam 
ducens captivitatem‘. Eph 4,8. — p. 83, 8 ‚semetipsum exina- 
nivit formam servi suscipiendo‘. Phil 2,7. — p. 83,9 ff ‚ut 
granum sinapis ... maius omnibus efficitur. Mt 13, 31ff. — 
p. 84, 10ff ‚cum et leprosum mundasset in sabbato „.. duos 
pullos columbinos‘. Mt 8,4. Lv 14, 22. — p. 85, 21 ‚quia lex 
spiritalis est. Röm 7,14. Vgl. tract. VIII p. 86,18 und die 
Novatianstellen im Archiv XI 94. 

Tract. VIII p. 92, 18f ‚iusto Abel... translato Enoc‘. 
Mt 23, 35. Hebr 11, 5. — p. 94, 6 ‚spiritu et veritate‘. Jo 4,24. 
— p. 95,5 ‚umbram futurorum‘. Kol 2,17. — p. 95,6 ‚cum 
ıam finis legis Christus advenerit. Röm 10,4. Vgl. Novat. de 


250 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 


cib. Iud. 5 (Archiv XI 235, 1). — p. 95, 8f ‚tunc enim omnia 
in Imagine quasi per aenigmata gerebantur, nunc veritas in- 
lustrata successit. Vgl. 1 Kor 13, 12. 

Tract. IX p. 100, 16f ‚ut omnia... restaurarentur in Christo‘, 
Eph 1,10. Vgl. tract. XX p. 209, 24f. — p. 101, 4 ‚quasi ad 
latronem nocte venerunt‘. Mt 26, 55. — p. 101,14 f ‚odor Chniti 
aliis odor vitae in vitam, aliıs odor mortis in mortem‘. 2 Kor 
2,15£.— p. 102,9f ‚Dei enim sermo semper ignitus est‘. Prv 30,5. 
— p. 102, 20f ‚ipse sermo divinus qui sinum patris enarrarit‘. 
Jo 1,18. Vgl. Novat. de trin. 18 (922 B) 28 (941 A). — p. 104,2 
‚sol iustitiae. Mal 4, 2. 

Tract. X p. 107,1 ‚nisi hostia laudis Deo fuerit oblata‘. 
Hebr 13, 15. — p. 108,14 ‚in odorem suavitatis. Vgl. Ex 29, 41 
u. ö. — p. 109, 12f ‚caritas de corde puro et conscientia non 
fietta. 1Tim 1,5. Vgl. Novat. de cib. Iud. 5 (Archiv XI 
236, 2). — p. 110,13 ‚avaritiae quae radix est omnium malorum‘. 
1 Tım 6, 10. Vgl. Novat. de cib. Iud. 6 (Archiv XI 237,19, 
— p. 112, 20f ‚concubitum masculorum ac molles viros‘. 1 Kor 
6, 10. — p. 113, 14f ‚semper discentes et numquam ad scien- 
tiam veritatis pervenientes‘. 2 Tim 3, 7. — p. 114, 10f ‚ita et 
hic quidem aures audiendi... habet. Mt 11,15. Lk 8,8. — 
p. 116, 8f ‚reformatos in feminis (lies ‚feminas‘) viros damnat‘ 
Dt 22,5. Vgl. Novat. de cib. Iud. 3 (Archiv XI 233, 4). — 
p. 116, 22 ‚quoniam vitia sunt in eis, non erunt accepta 4 
vobis‘ (von Batiffol mit Unrecht als Glossem unter den Text 
verwiesen). Lv 22, 25. Vgl. Jordan a.a. O. 1891. 

Tract. XI p. 118, 3f ‚qui operatur omnia in omnibus‘. 
1 Kor 12, 6. — p. 120, 11ff. Vgl. unten zu tract. XVIp. 177,4 
— p. 120,17f ‚ut vos sublimi dextera et excelso bracchio 
liberaret‘. Vgl. Ex 6,6; Ps 135,12; Act 13,17 und unten 
zu tract. XVI p. 174, 18f. — 124,7 ‚fructum iustitiae“. Vgl. 
Am 6,13 u. ö.; Novat. de trin. 16 (914 C); Ps.-Cypr. adı. 
Iud. 4 p. 136, 16. — p. 127,4 ‚terram repromissionis fluenten 
lac et mel. Kombination von Hebr 11, 9 mit Ex 3,8 uw ©. 
Vgl. zu ‚t. r.‘ tract. XII p. 128, 7; XIII p. 141, 20; Novat. de 
trin. 8 (899 A); zu ‚fe — mel‘ Ps.-Cypr. adv. Iud. 7 p. 141,7. 


Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 251 


Die nämliche Kombination im Rituale von St Florian s. XII, 
herausgeg. von A. Franz, Freib. i. B. 1904, 105, 4f ‚intro- 
ducam vos in terram promissionis, in terram lacte et melle 
fluentem‘; vgl. Dt 31, 20. — p. 127,15 ‚qui veri Israelitae a 
Domino nuncupamur. Jo 1,47. 

Tract. XII p. 132, 6 ‚abluit crimen‘. Vgl. Act 25,16. — 
p. 133, 7ff ‚synagogam cui libellum repudii per eundem vatem 
(Oseas) se dedisse testatur. nec illam iam uxorem esse nec 
se esse virum illius profitetur. Os 2,2. Der Ausdruck ‚libel- 
lum repudii dare‘ steht z. B. Jer 3, 8: ‚dedissem ei (d. h. Israel) 
libellum repudii‘, wo auch Hieronymus tract. in ps. 108 (Anecd. 
Maredsol. III 2 p. 190, 22 ff) in der Ehebrecherin die Synagoge 
erblickt. 

Tract. XIII p. 146, 11 ‚dignos fructus paenitentiae fecit‘. 
Lk 3,8. — p. 148,15 ‚rex regum et dominus dominorum‘. 
1 Tım 6,15. Apk 17,14. Vgl. tract. VI p. 67, 14 und dazu 
oben die textkritische Bemerkung. — p. 150, 3f ‚inter pecca- 
tores et iniustos aestimatus est‘. Is 53, 12. — p. 151, 16f ‚in quo 
(regno caelesti) multas habitationes apud patrem suum esse 
dicebat‘. Jo 14,2. Vgl. de laud. mart. 27 p. 48, 11f. — p. 156 
‚quia legem dominus noster non venerat solvere, sed adımplere‘. 
Mt 5, 17. — p. 160, 20ff ‚tunc lampades martyrii et rutilas 
fidei faces apprehendimus ... aut sponso Domino venienti ob- 
viam occurrimus, quo facilius in nuptiali thalamo secundum 
evangelium intrare possimus‘. Mt 25, 1ff. 

Tract. XV p. 163, 12f ‚unde et apostoli...sal terrae sunt 
appellati. Mt 5, 13. — p. 164, 7f ‚cuius (Christi) caro peccatum 
non fecerat nec dolus in ore eius inventus est‘. 1 Petr 2, 22. 
— p. 164, 16 f ‚renatus ex aqua et superna virtute‘. Vgl. Jo 3,5. 
Novat. de bon. pud. 2 p. 14, 16 H.: ‚renatos ex aqua et pudi- 
eitia. Genauer tract. XVIII p. 198, 1f ‚ex aqua et Spiritu 
Sancto renati sumus‘. — p. 165, 17f ‚qui (Dominus noster) est 
fons aquae vivae saliens in vitae perpetuitatem‘. Jo 4, 14. 

Tract. XVI p. 174, 18f ‚de terra Aegypti manu valida 
et excelso bracchio liberavi. Bar 2,11. Ez 20, 34. Vgl. 
Novat. de trin. 6 (895 C). — p. 174, 23f ‚pane angelorum in 


252 Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 


eremo satiavi‘. Ps 77,25. — p. 176, 17f. Vgl. oben die text- 
kritische Bemerkung zu dieser Stelle. — p. 177,4 ‚ad iracun- 
diam provocastis sanctum (so habe ich Archiv 575 für das 
überlieferte ‚semen‘ hergestellt) Israel. Is 1,4 LXX. \gl. 
Morin, Anecd. Maredsol. III 3 p. 115, 22 adnot. Für ‚provo- 
castis‘ erhalten wir an dem Verfasser der Traktate einen neuen 
Zeugen, der neben Tertullian, Hilarius und Hieronymus tritt. 
Tract. XI p. 120, 11ff wird die Stelle in folgendem Wortlaut 
zitiert: ‚o semen malignum et filii scelesti, qui dereliquistis Domi- 
num et ad iracundiam concitastis sanctum Israel‘. — p. 178, 
17 ff ‚sicut curatus est ille evangelicus vulneratus‘. Lk 10, 30 ff. 
— p. 179,1 ‚stabulario id est angelo ecclesiae‘. Apk 2,1 u.ö.! 

Tract. XVII p. 185f ‚imaginem caelestis portemus per 
bonam conversationem quae est in fide, sanctitate et veritate 
secundum Christum ambulantes‘. Vgl. Jak 3, 13; 1 Petr 3, 16; 
Eph 4, 22 ff. — p. 186 f ‚iam enim in tertium caelum raptus... 
homini loqui audierat. 2 Kor 12, 2ffl. — p. 187, 7f ‚hic se- 
quester Dei et hominum mediator appellatus‘ (so Jordan 14'f 
nach cod. F und Tert. de resurr. carn. 51). 1 Tim 2,5. Vgl. 
Novat. de trin. 21 (928 B) 23 (932 B) 31 (952 B). 

Tract. X VIII p. 192, 3 ‚melius est pulsare et quaerere. 
Vgl. Mt 7,7 mit den Parallelen. — p. 193, 3ff ‚hymnos lingua 
explicabant (die drei Jünglinge im Feuerofen) et quasi uno 
ore Deum laudibus et carmine honorabant‘. Dn 3, 51 (nicht 
im hebräisch-aramäischen Danielbuche). Die Stelle der Trak- 
tate ist der Sammlung von C. Julius, Die griechischen Daniel- 
zusätze und ihre kanonische Geltung, Freiburg i. B. 1901 (Bibl. 
Stud. VI 3/4) beizufügen. — p. 193, 13 ff ‚sic et manna illud 
vincentibus daturum se esse promittit, sic et (vgl. oben die 
textkrit. Bemerkung) aeternae vitae coronam capiti nectens 
imponit, modo calculum album accipienti dexterae porrigit, 
modo stellam matutinam ardentem radiorum fulgoribus tradıt, 
modo supra thronum suum ut sedeant vicaria honoris sul 


i Der ‚stabularius‘ des Evangeliums wird auch sonst (vgl. Morin 
8.2.0. p. 147, 19) auf den Bischof gedeutet, doch verdient die altertüm- 
liche Bezeichnung des letzteren an der Stelle der tractatus Beachtung. 


Weyman, Zu den sog. Tractatus Origenis de libris ss. scripturarum. 253 


potestate (vgl. oben die textkrit. Bem.) concedit, modo virgam 
ferream accipere invictam (invictae?) potestatis facit, modo 
laetitiae et voluptatis convivatorem se cum ipsis esse promittit‘. 
Apk 2,17; 2,10; 2,17; 2,28; 3,21; 2,26f; 3,20. — p. 193 f 
‚ea quae nec oculus vidit nec auris audivit nec in cor hominis 
ascendit, praeparavit Deus his qui diligunt eum“. 1 Kor 2, 9 
(Lit. Centralbl. a. a. O.). Vgl. Novat. de trin. 7 (897 C). — 
p. 194, 13 ‚ille antiquus hostis. Eine nicht seltene Variation 
des biblischen (Apk 12, 9) ‚serpens antiquus‘. Vgl. Miodonski 
zum Anon. adv. aleat. 5,2 S. 78. — p. 195, 19 ‚mysterium in- 
iquitatis. 2 Thess 2, 7. Vgl. tract. XVIII p. 197,13. — 
p. 197,7 ‚mors secunda‘. Apk 2,11 u.ö. — p. 198,5ff ‚sti- 
pendia salutis ... charismatum donativa‘. Vgl. Röm 6, 23; 
Zahn a.a.O. 352; Archiv 562. — p. 198, 7f ‚clipeo fidei con- 
tecti et lorica iustitiae animadvertimur esse vestiti‘. Eph 6, 14 16. 
Vgl. Novat. epist. 30 (inter Cypr.), 6 p. 554, 20fH. 

Tract. XIX p. 200f ‚sed nec hunc lesum filium ... Iesum 
nostrum sacerdotem ostenderet‘. Vgl. Hebr 5,6; 6, 20; 7,11—24 
(Zahn 350 Anm. 3). — p. 201,11ff ‚dum est oboediens in 
omnibus, etiam usque ad mortem, mortem autem crucis‘. Phil 2,8. 
— p. 202, 10 ‚stagnum ignis. Apk 20,9 u.ö. — p. 204,19 
‚qui semetipsum pro nobis Deo hostiam obtulit. Hebr 9, 14. 

Tract. XX_ p. 212, 8 ‚non personas accipit. Dt 10,17 u.ö. 


Nachtrag. Ein erhöhtes Interesse haben die Traktate 
soeben erhalten durch den von Bonwetsch, Texte und Unter- 
such. N. F. XI 1°, 1904 (Einleitung) geführten Nachweis, dals 
in tract. VI Hippolyts georgisch erhaltene Auslegung des 
Segens Jakobs (Gn 49) stark benützt ist, und der Traktator 
mit der (treuen) georgischen Übersetzung und Ambrosius (de 
patriarchis) gegen die Katenenfragmente (Berliner Ausgabe 
des Hipp. I 2, 55ff; vgl. Archiv XI 550 und Butler, Zeitschr. 
f. d. neutest. Wissensch. IV [1903] 79ff) zusammengeht. 


1 Chr 25: Ein Beitrag zum Gebrauch des Loses 
bei den Hebräern. 


Von P. Fr. v. Hummelauer S. J. in Valkenberg. 


avid und die Obersten des Heeres betrauten die drei 

Klassen der Söhne Asaphs, Jeduthuns und Hemans mit der 
instrumentalen Begleitung der Kulthandlungen. V. 2—4 werden 
namhaft gemacht 4 Söhne Asaphs (A), 6 Söhne Jeduthuns (J), 
14 Söhne Hemans (H). Die einzelnen Namen sind die Namen 
der Chorführer von ebensorielen Chören von je 12 Musikern: 
daher V. 7 die Gesamtzahl der Musiker in den 24 Chören 
12x24 = 288. 

Ausdrücklich wird bemerkt, dafs die Gruppierung der 
Chöre durch das Los bestimmt wurde, und das Resultat 
dieser Auslosung wird V. 9—31 mitgeteilt. Die Namen dieses 
zweiten Abschnittes sind genau dieselben wie diejenigen des 
ersten Abschnittes; V. 3 muls Sim‘i (V. 17) mit dem Kerö 
unbedingt nachgetragen werden, da dieser einzige Name unter 
den 24 offenbar im ersten Abschnitt nicht fehlen darf. Die 
Namen sind in beiden Abschnitten die gleichen, die Reihen- 
folge ist eine verschiedene; mit der Neuordnung hatte das 
Los etwas zu tun: wie viel, soll Gegenstand der nachfolgenden 
Untersuchung sein. 

Wir bieten zunächst eine Tabelle, welche die Folge der 
Namen vor und nach der Auslosung wiedergibt; jene ist durch 
arabische, diese durch römische, den einzelnen Namen 
vorgesetzte Ziffern veranschaulicht. Jedem Namen ist ın 
Klammer die Stelle beigemerkt, welche er im andern Ab- 
schnitt einnimmt, den Namen des ersten Abschnittes ın 


v. Hummelauer, 1 Chr 25: Ein Beitr. z. Gebr. d. Loses b. d. Hebr. 255 


römischen, den Namen des zweiten Abschnittes in arabischen 
Ziffern. 


Abschnitt V. 2—4 Abschnitt V. 9—31 
1 A Zakkur (III) I A Joseph (2) 
2 A ‚Joseph (D) II J Gedaljahu (5) 
3 A Nathanja (V) III A Zakkur (1) 
4 A Asar'ela (VII) IV J Seri (6) 
5 J Gedaljahu (II) V A Nathanja (8) 
6 J Seri (IV) VI H Bukkijjahu (11) 
7 J Jesajahu (vVOD | VII A Asar'ela (4) 
8 J Hasabjahu XI) : VIII J Jesajahu (7) 
9 J Matthithjahu (XIV) IX H Matthanjahu (12) 
10 J Sim‘i (X) XJ Simi (10) 
11 H Bukkijjahu (VI) XIH Uzziel (13) 
12 H Matthanjahu (IX) XII J Hasabjahu (8) 
13 H Uzzeel (XD) | XIII H Sebwel (14) 
14 H Sebu’el (XII) , XIV J Matthithjahu (9) 
15 H Jerimoth (XV) XV H Jerimoth (15) 
16 H Hananja (xvp | XVIH Hananja (16) 
17 H Hanani (XVIlI) | XVII H Josbekasa (21) 
18 H Eli’atha (XX) | XVIII H Hanani (17) 
19 H Giddalthi (XXII) XIX H Mallothi (22) 
20 H Romamthi‘ezer (XXIV) XX H Eili’atha (18) 
21 H Josbekasa (XVII) XXI H Hothir (23) 
22 H Mallothi (XIX) | XXII H Giddalthi (19) 
23 H Hothir (XXI) | XXIII H Mahazi’oth (24) 


24 H Mahaz’oth (XXIII) |! XXIV H Romamthi‘ezer (20) 


Auf den ersten Blick möchte man meinen, dafs hier das 
Los ordentlich aufgeräumt hat; sind doch blols drei Namen 
an ihrer Stelle verblieben: Simi 10 und X, Jerimoth 15 
und XV, Hananja 16 und XVI. Sieht man indessen genauer 
zu, so gewahrt man in dem Wechsel System. 

Dals bei der grofsen Überzahl der H (14 unter 24) sich 
am Ende der Liste, von XV bis XXIV, lauter H finden, 
könnte man am Ende noch dem Zufall des Looses zu gute 
schreiben. Aber was soll man zur Gruppierung der ersten 
Hälfte der Liste, von I bis XIV, sagen? 

AJ—-AJ—AH—-AJ—-HJ— HJ — HJ. 
Der Grundsatz, dafs A den Vortritt hat vor J und J vor H, 
kommt auch hier zum Ausdruck, wenn er auch nicht in ebenso 
konsequenter Weise wie im ersten Abschnitt durchgeführt er- 


256 v. Hummelauer, 1 Chr 25: Ein Beitrag zum Gebrauch 


scheint. Er wird hier nämlich mit einem andern Grundsatz 
kombiniert, demgemäls die Reihe I—XIV aus gemischten 
Paaren bestehen soll: nirgends zwei A oder zwei J oder zwei 
H nebeneinander, alles planmälsig durcheinander gewürfelt. 
Zuerst die 4 A an der Spitze der 4 ersten Paare; die 6 J 
jederzeit an zweiter Stelle, in allen 7 Paaren bis auf eines; 
natürlich mulsten, um die 7 Paare voll zu machen, 4H in 
die Reihe einbezogen werden. 

Aber warum nicht die anscheinend noch regelmälsigere 
Folge: 

AJ—-AJ— AJ— AJ—- HJ — HJ— HH? 
Antwort: weil HH kein gemischtes Paar wäre. Warum nicht: 
AJ—-AJ—-AJ—- AH— HJ — HJ — HJ? 
Antwort: weil auch hier zwei H sich berührt hätten: AH—H). 
Die scheinbare Ausnahme selbst erscheint durch das System 

bedingt. 

Indessen ist es nicht leicht, die Grenze zwischen Zufall 
und Absicht genau zu bestimmen; auch das Los liefert ab 
und zu Resultate, denen man eine Absicht unterzulegen ver- 
sucht wäre. Sehen wir zu, ob weitere Spuren der Absicht- 
lichkeit zu Tage treten. 

In die Reihe I-XIV rücken 4 H ein: das sind Bukki- 
jahu, Matthanjahu, Uzzi’el, Sebu’el: 11,12,13,14, die 4 ersten 
Nummern der Klasse H. Das Avancement ist perfekt. 

Wenden wir uns der zweiten Reihe zu, wo, wie oben be- 
merkt, Jerimoth und Hananja ihre frühere Stellung bewahren: 
15,16= XV,XVL Die Reihe XVI—XXIV bietet folgen- 
des Bild: 

16, 21, 17, 22, 18, 23, 19, 24, 20, 
d. h. die Reihe erscheint geteilt in 16—20 und 21—24, und 
die beiden Teile erscheinen systematisch ineinander geschoben. 

Sehen wir uns um, ob wir Spuren ähnlicher Planmälsig- 
keit auch in der Reihe I—XV entdecken. Erinnern wir uns, 
dals eine anscheinende Unregelmälsigkeit durch das Aufrücken 
von 4 H in die oberen Klassen bedingt ist. Wir schneiden 
die Reihe entzwei aus einem Grunde, über dessen Berech- 


des Loses bei den Hebräern. 257 


tigung der Leser sich nachher ein Urteil bilden mag. Wir 
haben nun: 

2, 5,1, 6, 3, (11), 4, 7, (12) 

10, (13), 8, (14), 9, (15). 

Spuren derselben Methode, welche die Bildung der Reihe 
XVI-XXIV leitete, lassen sich auch hier unschwer erkennen. 
Aber die Methode ist nicht konsequent durchgeführt: sie wäre 
es, wenn Joseph, Zakkur und Simii die Plätze wechselten. 
Dann hätten wir: 

1, 5, 2, 6, 3, (11), 4, 7, (12), 
die Reihe 1,2,3, 4, eingeschoben in die durch 2 H verstärkte 
Reihe 5, 6, 7; und: 
(13), 8, (14), 9, (15), 10, 
die Reihe 8, 9, 10 eingeschoben in die Reihe (13), (14), (15). 

Die Versetzung der Namen Joseph, Zakkur und Sim‘ 
setzen wir auf Rechnung des Loses. 

Zuerst bestanden 3 homogene Klassen von Musikchören: 
A, J, H, 4+6+14 Chöre, jede Klasse wahrscheinlich mit 
eigenem Korpsgeist, eigenen Gepflogenheiten. David bildete 
an deren Statt 3 Klassen von 9-+6+9 Chören; die erste 
sollte einen A, die zweite einen J, die dritte einen H zum 
Klassenführer haben. Aber er hob die Homogeneität der 
Klassen auf. Am meisten Verlafs scheint er auf H gehabt 
zu haben, nicht wohl einzig darum, weil diese Klasse die zahl- 
reichste war. Die H-Chöre, wenn auch in geringerer Anzahl, 
bildeten allein die dritte Klasse; aber sie erhielten nun auch 
eine Vertretung in den oberen Klassen, in der zweiten die 
Hälfte, in der ersten zwei Sıebtel. Zudem ward der Zu- 
sammenhang von A und J dadurch gelockert, dafs nie 2 A 
und nie 2 J nebeneinander zu stehen kamen. 

Diese Gruppierung der Chöre und Verschmelzung der 
Klassen vollzog sich nach einem wohlangelegten Plane, aber 
die Klassenführer wurden durchs Los bestellt. Einer musi- 
kalischen Reform stehen nicht selten diejenigen am meisten 
im Wege, die im Dirigentenamte ergraut sind, Leute alten 


Stiles, mit denen sich nicht reden lälst. Hier entschied das 
Biblische Zeitschrift. IL. 3. 17 


258 v. Hummelauer, 1Chr 25: Ein Beitr. z. Gebr. d. Loses b. d. Hebr. 


Los, welches als Spruch Jahwes betrachtet wurde und keinen 
Appell zulieis. Man warf das Los über die A der ersten 
Klasse, und Zakkur und Joseph vertauschten die Plätze. Man 
warf das Los über die J der zweiten Klasse, und Sim‘i rückte 
von der vorletzten auf die erste Stelle. Das Los bestätigte 
Hananja als Führer der dritten Klasse. Zakkur mulfste mit 
dem dritten Platz vorlieb nehmen; Gedaljahu und Bukkijjahu 
avancierten, mulsten aber den Dirigentenstab abgeben; Joseph, 
Simi und Hananja werden sich die Lehre zu Herzen ge 
nommen und treulich mit König David bzw. seinen drei 
Chorregenten Asaph, Jeduthun und Heman zusammengewirkt 
haben. 

Eine solche Bewandtnis ungefähr mag es mit jener Neu- 
ordnung der Musikchöre gehabt haben. Sie erfolgte nach 
Plan und durchs Los. Der Plan liegt deutlich genug aus- 
gesprochen in der Anlage der Namenliste V. 9—31; das Los 
ist im Texte ausdrücklich erwähnt. 

Wie bleibt es aber dabei noch wahr, das Los sei ge 
worfen worden für die Grolsen wie für die Kleinen, für die 
Kundigen wie für die minder Kundigen (V. 8)? Wäre es an 
einem Gymnasium Sitte, zu Anfang des Schuljahres die Klassen 
unter die Lehrer zu verlosen, so würde jedem Schüler sein 
Lehrer durch das Los zugewiesen, und jedem Lehrer jeder 
Schüler, die Grolsen wie die Kleinen, die Kundigen wie die 
minder Kundigen; dabei blieben die Klassenbestände genau 
dieselben, wie sie sich infolge der letzten Jahresprüfung ge 
staltet hatten. Auf gleiche Weise erhielten auch Davids 
Musiker alle ihre Klassenführer und diese ihre Musiker durchs 
Los zugewiesen. 

Sagen wir, es sei etwas durchs Los bestimmt worden, so 
ist der nächstliegende Sinn des Ausdruckes der, die ganze 
Sache sei durchs Los bereinigt worden: dem Hebräer besagt 
der Ausdruck zunächst nur, das Los habe mit der Sache 
auch etwas zu tun gehabt. Auch Josue verteilte das Land 
durchs Los an die Stämme, und doch geschah bei jener Ver- 
teilung vieles nicht durchs Los: die Überweisung Judäas an 





Berichtigungen zu Mandelkeıns Kleiner Konkordanz. 259 


Kaleb, die ungefähre Bestimmung von sieben Stammgebieten 
(Jos 18) und manches andere. Mulste doch bei der Zumessung 
der einzelnen Gebiete auf die Seelenzahl des Stammes Rück- 
sicht genommen werden (Nm 33, 54). Namhafte Erklärer 
sind der Ansicht, dafs dabei das Los nur bei strittigen Punkten 
zur Anwendung kam. 

Zudem redete Jahwe bei solch feierlichen Gelegenheiten 
durch das Los, und indem er durch dasselbe den Schlufsakt 
entschied, erteilte er all demjenigen, was vorher vereinbart 
worden war, seine Sanktion — und zwar durch das Los. Das 
heilst, hebräisch gedacht: die Sache ist durch das Los be- 
stimmt worden. 


Berichtigungen zu Mandelkerns 


Kleiner Konkordanz. 


Vgl. Zat\W 1898, 165f; 1899, 187f; 1903, 352. Zunächst 
Berichtigungen zu den Berichtigungen: 

Zu 1903, 352: S. 11 s. v. manN füge hinzu (Prov 8,17 
[st. 8,1]) K. 

Zu 1903, 354: S. 416 fehlt zu usw. zu streichen; die Stelle 
steht S. 800, aber mit unrichtigem Zitat; zu lesen: '»n Jer 
31,21 (st. 31,20). 

Neu: S. 2642 38m 18 25, 31 (st. 2 8). 

wir Dt 5,25 (st. 5,28). 
S. 446° ıyan Jer 35,7 (st. Jes)!. 
S. 582 S5onn imper. 18 12,19 (st. 1R). 


! Auch in der grolsen Konkordanz unrichtig. 


J. Göttsberger. 


17* 


Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 
Von Prof. Dr M. Faulhaber in Stralsburg. 


I. Thema. Ps 29 ist ideell wie formell eine Perle der 
biblischen Poesie. Die Auffassung des atl Glossators, der Ps 
habe die Schilderung eines starken Gewitters zum Thema, ıst 
auch die Anschauung der christlichen Exegeten bis in die 
neueste Zeit geblieben. Für einen biblischen Sänger konnte 
es sich aber nicht lediglich um die poetische Darstellung einer 
an sich noch so grolsartigen Naturerscheinung handeln. „Wenn 
in Gewittern von den Bergesspitzen der Herr die Welt- 
geschichte schreibt mit seinen Blitzen“ (Eichendorff), so ist 
das für jedes religiös gestimmte Herz eine Offenbarung der 
Macht und Majestät Gottes, eine Art natürlicher Theophanie. 
Nach atl Anschauung im besondern gilt ein Gewitter als die 
passendste Szenerie für eine Erscheinung Jahwes (Ex 19, 16. 
Job 38, 1), namentlich für die Epiphanie zum Gerichte. Die 
einzelnen Begleiterscheinungen des Gewitters — Blitze, Hagel, 
Finsternis, Gewölk — sind als Kundgebung und Symbole des 
göttlichen Richterzornes aus der heiligen Literatur sattsam be- 
kannt (Ps 97, 2—4. Joel 2,10 und 3,15. Is 13, 10. Ez 32, 7; 
38, 22. Mt 24, 27. 29). Wie sonst mit den einzelnen Gewitter- 
erscheinungen, so wird in Ps 29 unter dem Bilde eines Gewitters 
im ganzen die Tatsache, der plötzliche Hereinbruch, die Aus- 
dehnung und der Schreckenscharakter des Gerichtes, also das 
alte Thema der Propheten, geschildert. Ps 96, eine Nachdich- 
tung des Ps 29, zitiert dessen Anfang fast wörtlich (V. 7—9) 
und redet dann V. 9ff in nackten Worten vom Gerichte; 


Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 261 


damit erklärt er auch seine Vorlage als Gerichtspsalm. Das 
Gewitter muls dem Dichter nur die Bilder leihen, das 
eigentliche Thema aber und das literarische Ziel 
des Ps 29 ist die Schilderung des Gerichtes über die 
Heidenwelt. Die Exegese des Ps wird ergeben, dafs der 
Dichter selber in der Gesamtkomposition und in Einzelheiten 
die Grundidee des Liedes deutlich genug ausgesprochen hat. 


Il. Anlage und Gliederung. Im Kern besteht Ps 29 
aus drei Strophen (V. 3—9), die das Gericht Jahwes über die 
Heiden auf einem dreifachen Schauplatze darstellen und von 
einer Eingangs- und Schlulsstrophe schön umrahmt sind: 


1. Strophe: 1°—2 Aufforderung zur Anbetung Jahwes. 
2. Strophe: 3—4 die Stimme Jahwes über dem Meere. 
3. Strophe: 5—7 die Stimme Jahwes über dem Libanon. 
4. Strophe: 8—9 die Stimme Jahwes über der Wüste. 
5. Strophe: 10—11 der Friedensgruls Jahwes an sein Yolk. 


IIL Überschrift: Yor0 deutet die Bestimmung des Ps 
zum gesanglichen Vortrag an. 75 kann aus inneren Gründen 
nicht die davidische Herkunft des Liedes, wenigstens nicht in 
der jetzigen Textgestalt, behaupten wollen; denn die Erwähnung 
des Tempels in V. 9 (und V. 2) verbietet eine Datierung in 
die tempellose Zeit Davids; vgl. unten S. 269. LXX, also auch 
das nach ihnen revidierte Psalterium gallicanum der Vulg,., 
haben in der Überschrift plus: &£odiouv (einige Hss ££6dov) 
oxnvig — eine Notiz, die noch zu Theodorets Zeiten in den 
Hexapla fehlte und im Syrer am Rande stand, also sehr späten 
Datums ist und lediglich die liturgische Bestimmung des Ps 
für den Schluls des Laubhüttenfestes angibt. Der zweite Teil 
der Überschrift ist ein neuer Beweistext für die schichtweise 
Entstehung der Psalmenüberschriften und erschüttert zugleich 
die Beweiskraft des ersten Teiles. Dafs die Überschrift nicht 
zum originalen Texte des Ps 29 gehört, ergibt sich schon 
daraus, dals sie, logisch und metrisch ein Fremdling, ganz und 
gar aulserhalb des strenggeschlossenen Gedanken- und Strophen- 
baues des Ps steht. 


262 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 


1. Strophe V. 1?—2. 
Eine lebhafte, eindringliche Ps zur An- 
betung Jahwes. 


Dog 3 mmb 127 1 Weiht dem Herrn junge 
Widder! 

sy a3 mm an Weiht dem Herrn Preis 
und Ehre! 

ww m23 mmb mr 2 Weiht dem Herrn die Ehre 
seines Namens! 

ıwp Ana mmb nnnon Huldigt dem Herrn in 

seinem heiligen Vorhof! 


1 D'58 3 ist doppelsinnig: entweder „Söhne Gottes“ (Elim 
die poetische Abkürzung für Elohim Dn 11, 36; nach Wellh. 
phönizisch) oder „junge Widder“ (DYys); tatsächlich ist es in 
LXX, also auch in Vulg. doppelt übersetzt: „Weiht dem Herrn, 
ihr Söhne Gottes (a), weiht dem Herrn junge Widder!“ (b). 
Ursprünglich stand nur eine Zeile; es fragt sich, ob a oder b? 
Die „Söhne Gottes“ wären hier nicht die frommen Israeliten, 
sondern die Engel (Targum), die gleichen „Söhne Gottes“, die 
Job 38, 7 mit Jubel die neue Schöpfung begrüfsten; eine Auf- 
forderung an sie, auch dem Richter zu huldigen, würde aller- 
dings nicht befremden, da die Engel als Adjutanten Gottes in 
der Weltregierung und im Gerichte gelten. Trotzdem halte 
ich b für das Ursprüngliche. Zur Zeit des Eusebius, der be- 
kanntlich in Cäsarea das Originalexemplar der Hexapla zur 
Hand hatte, fehlte a im Hebr. und bei allen Griechen aulser 
LXX (Migne XXIII 252). b stört den Parallelismus nicht; 
junge, in der üppigsten Lebenskraft stehende Widder sind das 
beste Material zu Brandopfern, also zu rein latreutischen 
Opfern (Lv 1, 10); die Aufforderung, solche zu opfern, ist also 
ganz parallel zu „Weiht dem Herrn Preis und Ehre“. Ps 96, 
7—9 ist eine Nachdichtung, also zugleich eine Erläuterung 
unserer V. 1?—2; dort aber werden Menschen (nicht Engel) 
zum Opfern im Vorhofe des Herrn aufgerufen; auch das spricht 
für b. 


Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 263 


2 nimmt bereits im allgemeinen auf das Thema des Ps 
Bezug. In dem Donnerwort über die Heiden liegt eine Offen- 
barung Gottes, also eine weitere Entfaltung und „Ehre seines 
Namens“, in dem Friedensgruls über Israel (V. 11) eine weitere 
Rechtfertigung des Namens Jahwe, d. i. des Gottes Israels. 
LXX und Vulg. fassen övöparı (Dativ!) abroü als Apposition 
zu xkupiw. — 2° „im heiligen Schmucke“ MT, „in seinem 
heiligen Vorhofe* LXX, Vulg. Eine Verwechslung von Mn 
und MY durch einen lapsus oculi ist doch nicht gut anzu- 
nehmen. Die Variante MT ist durch die Übersetzung „ihr 
Söhne Gottes“ in 1 verschuldet; seitdem man die 1. Strophe 
an die Engel adressierte und den Himmel als Szene dachte, 
wulste man mit dem „Vorhof“ nichts mehr anzufangen; denn 
der Gottesdienst der Engel ist wie ihr Wesen rein geistig, 
ohne ÖOpfermaterial und ohne Opferlokal. Die Lesung LXX 
wird von unserer Übersetzung in 1 gefordert; denn der Vorhof 
ist der Ort, wo die „jungen Widder“ geopfert werden. 


2. Strophe V. 3—4. 
Die Stimme Jahwes über dem Meere. 
pan by mm Sp 3 Die Stimme des Herrn über 
dem Meere! 
[ey a3 O8] [Der Gott der Herrlichkeit hat 


gedonnert.] 


span oa Iy mm Der Herr über dem grofsen 
Wasser! 

ns» mm Sp 4 Die Stimme des Herrn mit 
Macht! 

ma mm Dip Die Stimme des Herrn mit 
Hoheit! 


Die kurzen, abgerissenen Sätze entsprechen dem lebhaften 
Affekt des Dichters. Das „Gewitter“, von dem er Botschaft 
bringen will, ist so rasch heraufgezogen, dafs er wie ein ab- 
gehetzter Bote in lauter Anakoluthen spricht. 

32: mm bp, das siebenmal wiederkehrende Stichwort 
dieses Ps, bedeutet zunächst „Donner“. Job 37, 2—5 wird 


264 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsaim. 


der Donner direkt Gottes Stimme genannt. Jo 12, 29 hört das 
Volk die Stimme Gottes und meint, es habe gedonnert; es 
mus also doch jenes laute Zeugnis vom Himmel her ähnlich 
wie ein Donnerschlag gelautet haben, weil das Volk es damit 
verwechselte. Jo a. a. OÖ. hielt man die Stimme Gottes für 
einen Donner; hier V. 3ff hält man den Donner für die Stimme 
Gottes. Es ist eine allgemeine populär-kindliche Auffassung. 
im Donner die Stimme der zürnenden, zankenden Gottheit zu 
vernehmen. mm 51p ist aber nicht blofs „Donner, Donnerruf 
Jahwes“ (Baethgen, Duhm), sondern das ganze Gewitter 
mit allen seinen Begleiterscheinungen; denn V. 5 bricht Kol 
auch Bäume, was der Blitz oder der Sturm tut, nicht de: 
Donner, auch nicht nach antiker Anschauung. Grimme emp- 
fiehlt die tonmalerische Übersetzung „horch“. — 3» ist eine 
Glosse, ursprünglich wohl am Rande, die das Kol Jahwe er- 
klären will: „Soll heifsen: der Gott der Herrlichkeit hat ge- 
donnert.* Schon der Name 58, der nur hier vorkäme (zu I! 
vgl. oben), mülste dem 18maligen mYT des Ps gegenüber be- 
fremden. Zudem schiebt sich 3» als Fremdkörper zwischen 
3° und 3° (vgl. unten zu 8) und palst auch in der Form nicht 
zu den Anakoluthen dieser Strophe. — 3°: D'31 D\D soll „das 
Meer“ in 3° näher bezeichnen und ist steigernd. „Das Wasser* 
in 3% ist nicht jenes, das in den Wetterwolken oder oberhalb 
derselben (Gn 1, 6f; 7, 11) aufgespeichert ist, sondern eines auf 
Erden: es soll doch nicht das Woher, sondern das Wohin der 
Donnerstimme angegeben werden. „Das grofse Wasser* ıst 
nach Nm 34, 6f. Ez 26, 19 und nach Keilinschriften (Winckler, 
Keilinschriftliches Textbuch? 40) das Mittelländische Meer. 
Jedenfalls ist ein bestimmtes Meer gemeint; denn in 3* steht 
der Artikel, und an den Parallelstellen 5? und 8 wird als 
weiterer Schauplatz des „Gewitters“ ein bestimmtes Hoch- 
gebirge und eine bestimmte Wüste genannt. 

Das Meer ist nach Is 17, 12f. Ez 26, 3. Dn 3, 78 ein 
Sinnbild der Völker. „Die Stimme des Herrn“ ist dann eine 
Bezeichnung des Gerichtsaktes wie sonst „die Hand des Herrn“ 
(Ez 6, 14 u. a.) oder „der Tag des Herrn“ (Soph 1, 14). 





Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 265 


4 mit lapidarer Kürze: „Die Stimme des Herrn mit Macht! 
Die Stimme des Herrn mit Hoheit!“ Wie das Gewitter einer- 
seits als schreckendes Naturereignis „mit Gewalt“ niederdrückt, 
anderseits als ein erhebendes Naturschauspiel mit Achtung 
vor Gottes „Hoheit“ erfüllt, so hat auch das Gericht eine 
Doppelwirkung: die Feinde der Offenbarung werden besiegt 
(„mit Macht“), der Gott der Offenbarung wird verherrlicht 
(„mit Hoheit“). 


3. Strophe V. 5—7. 
Die Stimme Jahwes über dem Libanon. 


ps Na) mm Sp 5 Die Stimme des Herrn zer- 
| bricht Zedern; 
3297 IS DR Mm Mar Ja, es brach der Herr die 
Zedern des Libanon. 
1335 53» w> [EJTpm 6 Und er machte tanzen wie ein 
Kalb den Libanon 
DON 73 1903 198 Und den Hermon wie einen 
jungen Büffel. 
sun mand ash mm Sp 7 Die Stimme des Herrn macht 
die Feuerflammen sprühen. 


5 Die Zeder galt als Königin der Nadelhölzer, ihr Holz 
als unverweslich; als Königin der Zedern aber galt die Libanon- 
zeder. 5? verhält sich also zu 5? wie eine Steigerung und soll 
5° individualisieren: „ja, es brach der Herr die Zedern des 
Libanon“. Die Schluisfolgerung braucht der Dichter nicht 
auszusprechen: Wenn der Sturm sogar der unverweslichen 
Königin der Bäume die Krone wegreilst, wie wird er erst bei 
den andern Bäumen hausen! 

6 vervollständigt mit einem poetischen, kräftigen Zuge das 
Bild von den verheerenden Wirkungen des Sturmes auf dem 
Libanon. An DTPWW ist wohl das Suffix mit Bickell, Wellh. 
u. a. zu streichen, und }329 ist als Objekt in die a-Zeile zu 
beziehen, also: „Und er machte tanzen wie ein Kalb den 
Libanon.“ Die Donnerschläge erschüttern den Libanon derart, 
dals er zu tanzen scheint „wie ein Kalb“. Ein Kalb mit seinen 


266 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 


plumpen Sprüngen ist freilich kein eleganter Tänzer, aber 
gerade deshalb das passendste Bild für einen tanzende 
Berg. Ebenso plump ist der Kontertänzer: 6° „und den Sırjon 
(liefs Jahwe tanzen) wie einen jungen Büffel“. Sirjon ist nach 
Dt 3, 9 die phönizische Benennung für den Hermon und steht 
synekdochisch für den ganzen Antilibanon, dessen Haupt- 
gebirgsstock er ist. Libanon und Antilibanon stehen sich also 
hier in poetischem Parallelismus gegenüber, wie sie auch ge- 
graphisch einander parallel laufen. Ps 114, 4 6 hat mi 
Bezug auf das Gewitter bei der Sinaigesetzgebung ähnliche 
Bilder: „Die Berge tanzten wie Widder, die Hügel wie jung: 
Lämmer.“ Die poetische Folgerung ist auch V. 6 zwischen 
den Zeilen zu lesen: Wenn diese gewaltigen Gebirgsstöcke. 
Libanon und Hermon, die höchsten Berge, die der Israelite 
kennt, die er für unerschütterlich hält, so erschüttert werden. 
welch leichtes Spiel wird der Sturm dann bei den andern 
Bergen haben! 

Der Libanon und seine Zedern sind Symbole der heid- 
nischen Weltmacht: Ps 37, 35. Ez 31, 3—9; Hesychius Hiero:. 
zu Is 37, 24: twv E&Ovwv 6 Aißavos aivıyua. Die Zedern 
brechen, den Libanon erschüttern ist dann = die Heidenvwelt 
richten. 

Der alexandrinische Übersetzer, mehr noch Vulg., hat das 
schöne Bild von V.6 in a verblalst, in b ganz und gar ver- 
dorben — einer von jenen Fällen, für welche das (auch in der 
Enzyklika „Providentissimus Deus“ approbierte) Augustinuswort 
gilt, man müsse neben andern auch mit der Möglichkeit rech- 
nen, „dafs der Übersetzer den Sinn der Worte nicht getroffen 
habe“, 6° in LXX: xai Aentuvei aUTüG WG TÖV HÖOXOYV TÜV 
Aißavov; in Vulg: „et comminuet eas tanquam vitulum Libani“. 
Hier wäre die stolze Zeder in ihrem Falle mit dem zaghaften 
Kalbe verglichen, das auf dem Libanon weidet. Für MP 
in 6° lasen LXX, in der Geographie des fernen Syrien wenig 
bewandert, das bekanntere IN xai ö iyarnuevog und danach 
Vulg. „et dilectus“. 1%‘ ist Ehrenname für das Volk Israel 
(Dt 32, 15); auch wenn es den Berg Sion bedeuten würde. 


e 


Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 267 


was Ecker für „die vernünftigste Erklärung“ hält, wäre der 
Berg Sion metonymisch = das um ihn wohnende Volk Israel. 
6° könnte dann nur antithetisch sein: „doch der Berg Sion, 
wie ein junger Büffel“ sc. hüpft er in jugendlichem Mute auf = 
er steht ohne Wanken im Gewitter, während sogar der Libanon 
wankt. Gegen diese Erklärung spricht: Das Gesetz des Paral- 
lelismus verbietet, das Kalb in 6° als Bild der Verzagtheit, 
dagegen in 6° den jungen Büffel als Bild des Kraftgefühls zu 
nehmen. Ferner: In der 3. Strophe steht das Gewitter im 
Norden von Palästina, nicht über dem südlichen Sion. End- 
lich: Vom Volke Israel ist erst in der Schlufsstrophe die Rede, 
und dort in dem Sinne, dafs das Gewitter über Israel und den 
Sion gerade nicht wegziehe. 

7 „Die Stimme des Herrn spaltet die Feuerflammen.“ 
Für das Auge des Volkes erscheint der Blitz wie ein flammen- 
sprühendes, in einen Funkenzickzack gespaltenes Feuer. Auch 
Virgil (Aen. 8, 429) spricht von Flammenradien des Blitzes. 
V. 7 ıst, von der Glosse 3b abgesehen, der einzige Stichus, 
der ausdrücklich von einem Gewitter redet. V.7 ist für einen 
Stichus zu lang, für zwei zu kurz. Die Ergänzung von Wellh., 
Duhm zu zwei Zeilen ist kühn. Am Ende ist V. 7 nur eine 
erklärende Note zu 5 und 6: „das alles geschieht durch den 


Blitz“. 
4. Strophe Y. 8—9. 


Die Stimme Jahwes über der Wüste. 


a5 Dim mm bp 8 Die Stimme des Herrn macht 
die Wüste sich krümmen, 
sup ao mm bins Der Herr macht die Wüste 
von Kades sich krümmen. 
nis Sam mm Dip 9 Die Stimme des Herrn macht 

die Hirschkühe kreilsen 

ınnyY am Und lichtet die Wälder. 
[133 wo 93 Yayıaı] [Und in seinem Tempel spricht alles: 
Wie herrlich!] 

8 Syn hier nicht in seiner Grundbedeutung „kreilsen“ 
(A. Wöiveıv), sondern übertragen: „in Angst und Schrecken 


268 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 


sein, vor Schmerz sich krümmen“. Die Wüste, sonst so toten- 
still und bewegungslos, krümmt sich unter den Donnerschläisen 
wie ein Sklave unter den Peitschenhieben; ein Wirbelsturn 
fegt durch sie hindurch, so dafs die ganze Wüste zu tanzer 
scheint (7 Pol. Richt 21, 23), gerade wie der Libannı 
8b individualisiertt durch Nennung einer bestimmten Wüst. 
verhält sich also zu 8° genau wie 5P zu 5* oder wie 3° zu ?. 
Als Beleg für die streng symmetrische Grundanlage des P: 
stelle ich diese drei Paralleltexte zusammen: 


3 Die Stimme des Herrn über dem Meere! 
Der Herr über dem Mittelmeere! 

5 Die Stimme des Herrn zerbricht Zedern; 
Ja, es brach der Herr die Zedern des Libanon. 

8 Die Stimme des Herrn macht die Wüste sich krümnaı. 
Der Herr macht die Wüste von Kades sich krümmeı. 


Man beachte: in a jedesmal „die Stimme des Herrn“, in b 
„der Herr“; in a jedesmal das Generelle, in b das Speziell. 
8 Sn, die gleiche Verbalform wie in &; LXX wechseln in 
der Form: Ouooeiovrog — oucdeiceı, Vulg. auch noch 
Verbum: concutientis — et (sic) commovebit. Kades oder 
Kadesbarne, heute Ain Kadis, sechs Stunden südlich von Beer- 
sabee, wird Jos 10, 41 als südöstliche Grenzstadt des Heiligen 
Landes angegeben; es lag. hart auf der Grenze zwischa 
Kanaan und Edom, in der Wüste Pharan (Nm 13, 27) oder 
Sin (Nm 33, 36). Dals diese Wüste hier nach Kades benantt 
wird, muls einen besondern Grund haben; s. unten. 

9: illustriert mit einem ebenso kurzen als kräftigen Bilde 
welchen Schrecken das Gewitter den Tieren der Wüste er 
jagt: „Die Stimme des Herrn macht die Hirschkühe kreilsen‘ 
Die Hindin der Wüste wird von den Schlägen des Donner- 
wetters so erschreckt, dafs sie vor der Zeit ihre Jungen wirft 
Der Dichter darf eine Volksanschauung zu einem drastischen 
Motiv verwenden, ohne die zoologische Richtigkeit erst langt 
zu prüfen. LXX xaraprıZouevou &Adpoug, und danach Vulg 
„praeparantis (praeparere facientis?) cervos“ (statt cerväs) 








Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 269 


Duhm, Cheyne u.a. wollen Ni%8 in Nf9‘S verbessern: „macht die 
Eichen wirbeln“; die alten Übersetzungen sind aber bis auf Z 
(mAnduvovrog rredia) einstimmig für die gebärenden Hirschkühe; 
vgl. Job 39, 1. — 9 ist zu kurz: „und entblölst die Wälder“. 
Das nahe Gebirge Edom war reich an Wild und Wald; von 
Kades selbst wird (Sir 24, 18 Vulg.) die Palme gerühmt. 
Nun aber fährt der Sturm mit solcher Gewalt durch die 
Wälder, Aste und Bäume brechend, dafs die vorher dichten 
und dunkeln Wälder gelichtet werden. Syr. „schüttelt die 
Zweige und entwurzelt den Wald“. Die Palme von Kades 
ereilt also das gleiche Los wie ihre königlichen Schwestern 
auf dem Libanon. 

Die Wüste ist ein sehr bezeichnendes Sinnbild der Heiden- 
welt (Is 35, 1; 61, 4 Ps 65, 13), nicht minder die Tiere der 
Wüste (Is 30, 6; 56, 9. Ez 34, 5); der Wüstensturm eine 
Allegorie des Gerichtes über die Heidenwelt.e. Das Verbum 
sn V.8 wird Ez 30, 16 auch vom Gerichte über Ägypten 
gebraucht. Die Wüste Sin erhält den ungewöhnlichen Namen 
„Wüste Kades“, weil Kades Gn 14, 7 veVo Yıy „Quelle des 
Gerichtes“ heilst. In solchen Einzelheiten hat der Dichter 
selber die eigentliche Grundidee seines Liedes angedeutet. Das 
Meer und seine Wogen aufwühlen, den Libanon und seine 
Zedern ins Wanken bringen, die Wüste und ihre Tiere er- 
schrecken, sind lauter synonyme Bezeichnungen des gleichen 
Gerichtsaktes. 

9: schildert, wenn es original ist, den Eindruck des Ge- 
witters auf die Menschen: „Und in seinem Tempel sagt alles: 
Wie herrlich!“ Im Gewitter lernen die Menschen beten und 
die Majestät des Gewittergottes preisen; ihre Ergriffenheit 
ergielst sich in ein einziges Wort (2. näca fijors): Herrlichkeit! 
Der Tempel ist nicht der Himmel (Cheyne), sondern der 
Tempel Israels. Die Zeile ist etwas lang; 193 ist vielleicht 
nur eine dittographische Wiederholung der zweiten Hälfte von 
Paar. 9° ist ein matter, recht prosaischer Übergang zur 
letzten Strophe, die doch für den Kenner der biblischen Poesie 
logisch und psychologisch genug eingeleitet wäre. 


270 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 


5. Strophe V. 10—11. 
Segen und Friede dem Volke Jahwes. 


aUn Sao mm 10 Der Herr hat über der Fit 
gethront, 
sohıyb Po mm ayıı Und es thront der Herr als 
König auf ewig. 
im wy> ıy mm 11 Der Herr gibt seinem Volke 
Kraft, 
:Dawa Yay AR IN mim Der Herr segnet sein Volk 
in Frieden. 


Die letzte Strophe schlägt die höchsten Töne des Preis- 
gesanges an. 10°: 9205 nach Is 3, 26 „auf der Flut“ oder 
nach 1 Sm 4, 4 „oberhalb der Flut“. Das Gericht, das soeben 
vor den Augen des Propheten wie ein Gewitter über die 
Heiden sich entlud, erinnert ıhn unwillkürlich an ein anderes 
Gottesgericht, in welchem ebenfalls elementare Gewalten mit- 
wirkten, nämlich an die Sintflut (Targ). Man darf diese 
Ideenassoziation bei ihm voraussetzen, ohne „sich die Autoren 
des AT wie in der Kinderstube lebend“ zu denken (Duhm). 
Bei der grofsen Noahflut und bei der vom Sänger beobachteten 
Katastrophe hatte es den Anschein, als ob die wilden Elemente 
über die Schöpfung Herr geworden wären; doch Jahwe hat 
„über ihnen gethront“, d. h. seiner Herrschaft über sie sich 
nicht begeben. Während die ganze Schöpfung in Unruhe ist, 
während die Meereswogen rauschen und die Libanonzedern 
krachen und die Wüste erbebt, sitzt der Herr der Schöpfung 
rubig und majestätisch auf seinem Throne; dieser schöne 
Gegensatz ist gewils auch beim musikalischen Vortrag des Ps 
zum Ausdruck gekommen. LXX, Vulg. transitiv „macht dıe 
Flut bewohnen“, d.h. er baut ein Haus und ein Asyl in der 
Flut, wie bei der Sintflut dem Noah, so bei der heutigen Flut 
seinem Volke. — 10® ist dann die logische Folge: „und & 
thront der Herr als König auf ewig“. Zu dem Waw consec. 
beim Imperfekt vgl. Ges.-K., 27. Aufl, 1ilr. 10° bezieht sich 
auf die Vergangenheit, 10® ist das Facit für die Zukunft: 


Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 271 


Auch dann, wenn in künftigen Stürmen elementare Gewalten 
das Regiment zu führen scheinen, wird Jahwe die Zügel der 
Weltregierung nie aus der Hand geben. „Er bleibt König 
auf ewig“, König der Welt (V. 10) und 

11 König von Israel im besondern. „Jahwe gibt seinem 
Volke Kraft“, so dals es vor keinem Sturme zu fürchten 
braucht, während die Heidenvölker sich vor der Stimme Jahwes 
kraftlos erwiesen haben. „Jahwe segnet sein Volk in Frieden.“ 
12° hat prägnanten Sinn: in Form des Segens war der Stamm- 
vater des Volkes auserwählt und der Messias als Spröfsling 
des Volkes verheilsen worden Gn 12, 3; jeder Segen Jahwes 
über „sein Volk“ ist eine für die neue Generation erneute 
Auserwählung und eine erneute Garantie des messianischen 
Segens; die Imperfekta bezeichnen die Fortdauer der Hand- 
lung. D5%2: über das Völkermeer und über den Völkerberg 
und über die Völkerwüste erschallt die Stimme Jahwes wie 
ein Donnerwetter, über sein Volk dagegen spricht er den 
Segensgruls des Friedens. Zum Schlusse des Gewitterpsalmes 
also ein Friedensgruls wie der Friedensbogen nach dem Ge- 
witter. Die Stimmung der letzten Strophe war die Stimmung 
des Dichters von Anfang an; darum gleich zum Eingang die 
Aufforderung: Weiht Jahwe Preis und Ehre! 

Mit den letzten zwei Strophen wird der letzte Zweifel an 
der Grundidee des Ps gelöst. Man beachte doch, dafs „das 
Gewitter“ vom Libanon, also von der Nordgrenze Kanaans, 
direkt nach Kades, nach der Südgrenze zieht, dals es also 
das Heilige Land vollständig überspringt, oder dals 
es, wenn man in 8° die ostjordanische Wüste als Durchgangs- 
punkt vom Libanon nach Kades vermuten wollte, an der 
ganzen Peripherie des Heiligen Landes herumzieht, 
an der Westgrenze über dem Mittelmeer, an der Nord- 
grenze über dem Libanon, an der Ost- und Südgrenze 
über der Wüste sich entladet, das Heilige Land selber 
aber vollständig verschont. Das ist, wenn es sich um ein 
Gewitter als reinen Naturvorgang handelt, nicht denkbar, aber 
ebenso selbstverständlich, wenn Ps 29 ein Gerichtspsalm ist. 


272 Faulhaber, Psalm 29 (23) — ein Gerichtspsalm. 


Im Gerichte wird das Land des Jahwevolkes tatsächlich ver- 
schont, während über die Völker rings an seinen Grenzen. 
nach allen vier Weltgegenden hin, die Donner des Gerichtes 
niedergehen. Die Schlufsstrophe mit dem Friedensgruls a 
Israel ıst also mit den vorausgehenden Strophen engstens ver- 
bunden; denn das Gericht über die Feinde Jahwes ist in seiner 
Kehrseite Erlösung für das Volk Jahwes — eine hundertmäl 
variierte Schlüsselidee der atl Literatur. 

Literarisch ist Ps 29 am meisten von Ezechiel ab- 
hängig. Strophe 2—4 ist ein Kompendium von Ez 25-32. 
Strophe 5 ist das Thema von Ez 33—48. Die Analogie zu 
Ezechiel und zu andern Gerichtspropheten (Is 13—23. Soph 
2, 4—15) legt auch die Vermutung nahe, Ps 29 solle nicht 
blofs generell den Heidenvölkern in allen Weltgegenden, son- 
dern bestimmten, individuellen Völkern als Vertretern 
der Gesamtheit das Gericht verkünden. Dann wäre 

1. das Gericht über das Meer = Gericht über 
Tyrus und die Phönizier nach Ez 26, bes. 16—18; 2'. 
bes. 4. 9. 25. 27. 32—34. Ich adressiere die zweite Strophe 
nicht an die Philister, weil diese nach Ez 25, 16 „am (festade 
des Meeres“ wohnen, während Tyrus durch seine Lage und 
seine Schiffe „im Herzen des Meeres“ (Ez 27, 4. 25. 32) wohnt. 
und weil unser Ps auch sonst die Sprache Ezechiels spricht 
Vielleicht ist auch der phönizische Name in 6b ein Fingerzeic. 
dafs der Dichter an die Phönizier denkt. 

2. das Gericht über den Libanon = Gericht über 
Assur nach Ez 31, 3ff: „Assur glich einer Zeder auf dem 
Libanon ... da fällten sie Fremde ... es trauerte über sie 
der Libanon.“ Nach Theodor von Mopsuestia besingt der 
ganze Ps 29 das Strafgericht über die Assyrer unter Ezechias. 
Der biblische Bericht hierüber erwähnt in der Hohnrede 
Sennacheribs ausdrücklich den Libanon und seine Zedern 
(4 Kg 19, 23. Is 37, 24). 

3. das Gericht über die Wüste — Gericht über 
Edom nach Ez 35: sechsmal wird in diesem kleinen Kapitel 
verkündet, dals Edom zur Wüste werde Ps 29 redet es 


Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 273 


proleptisch gleich als Wüste an, und zwar als „Wüste Kades“. 
Dieser sonst ungewöhnliche Name ist hier absichtlich gewählt 
und überaus bezeichnend: er charakterisiert nicht blols wegen 
der Bedeutung des Namens Gn 14, 7 den ganzen Vorgang 
als Gerichtsakt; als der Name eines Grenzortes zwischen Juda 
und Edom bezeichnet -er zugleich die Richtung der göttlichen 
Strafblitze, also die Adresse der vierten Strophe, und endlich 
gibt er mit dem Schauplatz auch gleich die Ursache des 
Gerichtes an. Der blolse Name Kades ist eine fortwährende 
Erinnerung an die alte Feindschaft Edoms gegen das Volk 
Jahwes (Nm 20, 14—22); Kades gehörte früher zu Juda (Jos 
15, 23), wurde aber von den Chaldäern an Edom zum Lohne 
für die Hilfeleistung bei der Eroberung Jerusalems (Ps 137, 7. 
Ez 35, 5. Abd 11) zusammen mit andern Teilen des südlichen 
Juda abgetreten. Kades ist also Edoms Verräterlohn, und 
deshalb soll es auch der Schauplatz des Gerichtes über Edom 
werden. 

Damit haben wir auch die Prämissen zu einer annähern- 
den Datierung des Ps 29. Nach der ganzen Idee und An- 
lage des Ps mufs Kades aulserhalb Judas liegen; denn das 
Gericht zieht rings um die Grenzen des Heiligen Landes, ohne 
dieses selbst zu berühren; der Ps ist also nach der Zuteilung 
von Kades an Edom, d. i. nach 586 entstanden. Die Ab- 
hängigkeit von Ezechiel und der Ton der letzten Strophe, 
der an Deuteroisaias erinnert, datieren in eine noch spätere, 
in die nachexilische Zeit. Als terminus ad quem ist die 
Makkabäerzeit anzunehmen; denn während in der dritten 
Strophe die Katastrophe über Assyrien als ein Ereignis der 
Vergangenheit hingestellt wird, bezeichnen die Imperfektformen 
in V. 8 das Gericht über Edom, das durch die Makkabäer 
erfolgte (1 Makk 5, 65), als ein noch nicht „perfekt“ gewordenes 
Ereignis. 

In seiner ursprünglichen Textgestalt war Ps 29 streng 
symmetrisch aufgebaut: das Lied bestand aus fünf Strophen, 
die Strophe aus vier Zeilen, die Zeile aus vier Hebungen. 


Der Parallelismus ist auch im heutigen Texte fast ohne Aus- 
Biblische Zeitschrift. II. 3. 18 


274 Faulhaber, Psalm 29 (28) — ein Gerichtspsalm. 


nahme rein und kunstmälsig durchgeführt. Eine besondere 
Form der poetischen Technik ist die Anadiplosis, die Wieder- 
holung einzelner Stichwörter, meist zu Beginn der Zeile, eine 
Art Wort-Alliteration: in der 1. Strophe „Weiht dem Herrn‘, 
in Strophe 2—4 „Die Stimme des Herrn“ und „Der Herr“, 
in der letzten Strophe in jeder Zeile „Der Herr“. Die An- 
wendung der gleichen Kunstform spricht für die Einheit des 
Ps; der Wechsel der Stichworte soll Strophe 1 und 5 von 
Strophe 2—4 abheben. Strophe 1 und 5 wurden vermutlich 
von einem Priesterchor vorgetragen, weil sie eine Aufforderung 
zum Opfer bzw. eine Verheilsung des Segens enthalten. 
Diese Strophen werden sich beim liturgischen Vortrag auch 
durch friedlichere Melodien von den fortissimo und ton- 
malerisch vorgetragenen Gewitterstrophen unterschieden haben; 
der grofse Händel hat in seinem 1. und 10. Anthem das 
Rauschen des Meeres, das Rollen des Donners auf de 
Bergen und das Erdbeben in der Wüste in mächtigen Ton- 
gemälden wiedergegeben. Basilius hat unsern Ps homiletisch 
auf den Vorläufer gedeutet (Migne XXX 76ff): die Stimme 
des Herrn = die Stimme des Rufenden in der Wüste; die 
Stimme des Herrn über den Wassern = Johannes am Jordan; 
die Zedern des Libanon = der Hochmut der Pharisäer — und 
andere rein oratorische Deutungen. Das siebenmalige Kol 
Jahwe hat überhaupt zu sehr bunten rhetorischen Auslegungen 
Anlals gegeben. Nach Cheyne und Baethgen ist der Prolog 
des Erzengels Michael in Goethes Faust dem Ps 29 nach- 
gedichtet. Vermutlich ist auch die Arie Fernandos („Der kann 
in Blitz und Donner lachen“) in Händels Oper Almira (3. Akt) 
eine Nachdichtung. 


Das Comma loanneum (1 Io 5, 7) 
in den Schriften der Antitrinitarier und Socinianer 
des 16. und 17. Jahrhunderts. 


Von Prof. Dr Aug. Bludau in Münster i. W. 


atten sich die doktrinellen Bemühungen der im 16. Jahr- 

hundert aus der Kirche ausgeschiedenen Elemente vor- 
zugsweise auf die unmittelbar praktischen Lehrstücke von der 
Sünde, dem Glauben und den Werken, der Genugtuung und 
Rechtfertigung, der Kirche und den Sakramenten gerichtet, 
und waren die mehr spekulativen Lehren von Gottes Einheit 
und Dreifaltigkeit, vom Verhältnis des Sohnes zum Vater, von 
der Persönlichkeit des Heiligen Geistes nicht in Untersuchung 
genommen, so drängte doch bald eine mit anabaptistischen Ele- 
menten reichlich geschwängerte Richtung nicht blols auf eine 
partielle Revision des kirchlichen Lehrgebäudes, sondern auf 
fundamentale Neugestaltung desselben nach gänzlichem Um- 
sturz. So suchten die Antitrinitarier die kirchliche Drei- 
einigkeitslehre und die mit ihr zusammenhängenden Artikel als 
schriftwidrig und unhaltbar aufzuweisen. Vor allem bemühten 
sie sich, diejenigen Schriftstellen abzuschwächen und ihrer 
Beweiskraft zu berauben, auf denen die Wahrheit der heiligen 
Dreieinigkeit beruht. Unter den bekannten dicta probantia 
figurierte auch die Dreizeugenstelle 1 Jo 5, 7, „die wie keine 
andere Bibelstelle das Trinitätsdogma nach Inhalt und Um- 
fang in vollendetster Fassung zum Ausdruck bringt“?. Da 





ı Vgl. F. Trechsel, Die protest. Antitrinitarier vor Faustus Socin 
I, Heidelberg 1839, 8; O. Fock, Der Socinianismus, Kiel 1847, 120fl. 

2 Pohle in Wetzer und Weltes Kirchenlexikon XII? 46. 
18* 


276 Biludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) in den Schriften 


war es den Gegnern recht erwünscht, auf die seit Erasmus 
bekannt gewordenen kritischen Bedenken gegen die Authentie 
der Stelle hinweisen zu können. Wenn wir die Literatur der 
Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts 
durchforschen, finden wir, dals dieser Textus dogmaticus in den 
Streitigkeiten jener Zeit keine unwesentliche Rolle gespielt hat. 

In den ersten Anfängen des Antitrinitarismus im Refor- 
mationszeitalter wurde über die Stelle wohl noch nicht ver- 
handelt, wenigstens ist nicht bekannt, ob Ludwig Hetzer 
(7 1529) oder Joh. Denck (7 1528), Konradin Bassen (+ 1529) 
u. a. m. die Stelle 1 Jo 5, 7 verwarfen. Manche von ihnen. 
wie Joh. Denck und David Joris (7 1556), legten ja überhaupt 
dem Worte (rottes in der Schrift nur einen geringen und 
untergeordneten Wert bei und setzten das bindende Ansehen 
der Heiligen Schrift tief herab 1. Von einigen Antitrinitariern 
jedoch wissen wir, dafs sie die Echtheit der Stelle leugneten. 
So hat Joh. Campanus (f 1574) in der Schrift, die 1532 durch 
Nikolaus Franz v. Streitten herausgegeben wurde unter den 
Titel: Göttlicher und Heiliger Schrifft, vor vilen Jaren ver- 
dunckelt, und durch unheylsame Leer und Lerer (aus Gottes 
Zulassung) verfinstert, Restitution und Besserung, — die Echtheit 
von 1 Jo 5, 7 bezweifelt, sich stützend auf die Autorität des 
Erasmus? Melchior Hofmann hinwieder hat in: Aus 
legung der himmlischen Offenbarung Johannis des hevligen 
Apostels und Evangelisten, Stralsburg 1530, S. B VI die 
Stelle benutzt („und die drey dienen in eins“)3. Ebenso zieht 
Michael Servet, der in der kirchlichen Trinitätslehre nur 
ein Kunststück scholastischen Aberwitzes sah, in seinen 
Schriften öfters die Stelle heran, so in De Trinitatis erroribus 
libri septem (1531) Bl. 25a ff 64a und in Christianismi 
restitutio (1553) 1791, S. 22 ff: die Stelle 1 Jo 5, 7 rede 





1 Siehe Trechsel, Die protest. Antitrinitarier 20 43. 

2 Siehe Schelhorn, Amoenitates litter. XI, Francofurti et Lipsise 
1729, 82; Trechsel a. a. O. 33. 

3 Siehe Bock, Historia Antitrinitariorum II, Regiomonti et Lipsiase 
1774, 297. 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 277 


von dem Zeugnis des Vaters in der himmlischen Stimme bei 
der Taufe, von dem Zeugnis Christi, dals er aus Gott sei, und 
endlich von dem Zeugnis des Geistes durch die Predigt der 
Jünger. Alle drei aber bezeugen das gleiche, und darum 
heilse es: diese drei sind eins!. Hingegen kennt Bernardino 
Ochino von Siena (f 1564) in den Dialogi XXX in duos 
libros divisi, Basileae 15632, 81 f die kritischen Zweifel an 
der Echtheit und deutet die Einheit von dem consensus volun- 
tatis: „Die Einheit Christi mit Gott, von welcher die Stellen 
1Jo 5,7, angenommen, dals sie echt sei, und Jo 10, 30 
reden, muls nicht notwendig von der Einheit der Substanz, 
sondern vielmehr von der Einheit der Macht des Willens... 
verstanden werden.“ Valentino Gentile (f 1566) hat in 
seiner Confessio ad ill. Dom. Simonem Wurstenbergerum Gaji 
Praefectum dignissimum, die er an den Bernischen Landvogt 
Sim. Wurstenberger zu Gex im Jahre 1561 richtete3, unsere 
Stelle zitiert: Die Trinität sei ihm, so erklärt er, nichts als 
ein abstrakter Begriff und Ausdruck, welcher die Einheit der 
drei bezeichne, „iuxta illud: Tres sunt qui testimonium dant 
in coelo.. .“ 

Auch sonst finden sich noch gelegentliche Bemerkungen 
zu der Stelle in der Literatur. Ein holländischer Geschicht- 
schreiber z. B. erzählt uns#, dafs in einer in den Niederlanden 
in den Jahren etwa von 1569 bis 1573 stattgefundenen Unter- 
redung zwischen dem Anabaptisten Hermann von Fleckwigk 
und einem Franziskaner Cornelius Adriani sich ersterer für die 
Fortlassung von 1 Jo 5, 7 als Beweisstelle auf die Anmerkungen 
des Erasmus berufen habe: die Stelle finde sich nicht im grie- 
chischen Text. 


ı Trechsel.a.a. O. 73, Bibl. Zeitschr. I 393f. 

2 Von ihm selbst italienisch verfalst, ins Lateinische übersetzt von 
Sebastian Castellio. 

3 Abgedruckt bei Trechsel II 471ff (Beilage XVI). 

4 Siehe Histoire abregee de la Reformation des Pays-bas, traduite 
en francais de Gerard Brandt I, La Haye 1726, 178ff; Semler, 
Histor. u. krit. Sammlungen über die sog. Beweisstellen in der Dogmatik, 
Erstes Stück, Halle u. Helmstädt 1764, 101. 


278 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften 


Eine Weiterentwicklung des Antitrinitarismus erfolgte auf 
dem Boden Polens und Siebenbürgens, wo die Unitarier sich 
eine selbständige Kirchenverfassung gaben, Synoden hielten 
und eigene Schulen gründeten. Ob in dem Glaubensbekenntnis 
der polnischen Unitarier vom Jahre 1574: Catechesis et con- 
fessio fidei coetus per Poloniam congregati in nomine lesu 
Christi Domini nostri crucifixi et resuscitati...., nach der all- 
gemeinen Annahme von Georg Schomann verfalst!, die Stelle 
1 Jo 5, 7 irgendwo erwähnt wird, habe ich bei der Seltenheit 
des Buches nicht in Erfahrung bringen können. In der pol- 
nischen Bekenntnisschrift Confessio. Wyznänie wiäry powszech- 
ney kosziolow krzesciänskich Polskich (Krakau 1570) kommt 
sie nicht vor, auch in den Synodalverhandlungen und Kollo- 
quien, die Stanislaus Lubieniecki in seiner Historia reforma- 
tionis Polonicae, Freistadii 1685, 111ff 119 ff 133 ff 180ff vor- 
führt, wird sie nirgends erwähnt. Dafs man aber in jenen 
Kreisen auf die Stelle längst aufmerksam geworden war, kann 
nicht geleugnet werden. Auf der unter königlicher Autorität 
abgehaltenen Synode zu Weilsenburg (Alba Julia) in Sieben- 
bürgen im Jahre 1568, auf der sich die Reformierten von den 
Unitariern lossagten?, hat Georg Blandrata, Superintendent 
der reformierten Kirche in Klein-Polen, seit 1563 Leibarzt 
des Fürsten Joh. Sigismund von Siebenbürgen, auf die Unecht- 
heit dieser Beweisstelle für die Trinität hingewiesen?. „Nemo 
est, qui non videat, locum hunc suspectissimum esse, cum & 
plurimis doctoribus et interpretibus fere omnibus sit prae- 
termissus.“ Er behauptet weiter: „verba illa a nullo auctore 
legi unico Hieronymo excepto, quem parum prudentem fuisse.“ 
Die Stelle beziehe sich auf den „consensus voluntatis“, denn 
Vater, Sohn und Geist seien ebensowenig als „unum numero 


ı Bock, Hist. I 826 f; Fock, Socinian. 152. 

2 Fock a. a. O. 157. 

3 Die Akten der Synode von Weilsenburg sind von Franz Davidis 
herausgegeben unter dem Titel: Brevis enarratio disputationis Albanae 
de Deo trino et Christo duplici coram Serenissimo Principe et tota Ecclesia 
decem diebus habitae a. D. 1568, Albae Juliae 1568. 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 279 


aut specie* benannt, wie V.8 Geist, Wasser und Blut (Disp. 
Alb. act. diei 2. E. ]). 

Auch Franz Davidis (FT 1579), Superintendent der 
siebenbürgischen Unitarier und Führer der „Nichtanbeter“ 
(Non-adorantes), hat in seiner Schrift gegen Georg Major, 
Refutatio scripti G. Majoris 1569, N. 2 die Echtheit abge- 
lehnt: „esse commentum Hieronymi, aut ab Athanasio ad 
oppugnandum Arium suppositum“ Vielleicht sei die Stelle 
auf der alexandrinischen Synode 364 von Athanasius in den 
Text eingesetzt. Georg Major hatte gerade diese Stelle 1 Jo 
5, 7 den Antitrinitariern vorgehalten‘. 

Auch der Unitarier Joh. Sommer, Rektor der Schule 
in Klausenburg, hat in seiner Schrift gegen Petrus Carolius, 
betitelt: Refutatio scripti, quod P. Car.... contra G. Blan- 
dratae et Fr. Davidis errores a. 1571 edidit, die im Druck 
erst 1582 erschien, 1. 2, c. 10 (8.155) die Echtheit geleugnet: 
„quomodo irrepserint illa verba de tribus testibus viderit 
Carolius, nobis nihil obsunt, etiamsi retineamus“. Ebenso hat 
Georg Enjedin (geb. zu Enyed), der dritte Superintendent 
der siebenbürgischen Unitarier (F 1597), in seinem Hauptwerk: 
Explicationes locorum Vet. et Nov. Test., ex quibus Trinitatis 
dogma stabiliri potest, gedruckt zuerst in Transylvanıa (4°), 
dann von neuem in Holland (Groningae 1670), S. 425 
sich gegen die Stelle erklärte „Merito hunc locum inter su- 
spectos numerari, nemo nisi impudentissimus et indoctissimus 
negaverit.e. Cum plurimi tam Graeci quam Latini codices et 
tum Syriaca tum Germanica editio illum non habeant. Nihil 
ergo momenti et roboris vel ad confirmandum vel ad con- 
futandum habet.“ Aber auch wenn man zugeben wollte, die 
Worte seien von Johannes geschrieben, so könnte aus ihnen 


ı Major schrieb gegen Davidis und Blandrata: De uno Deo et tribus 
personis, Witteberg. 1569. Davidis und Blandrata antworteten: Refutatio 
scripti G. Majoris, 1569. Major schrieb wiederum: Commonefactio ad 
eccl. cath. orthodox., Witteberg. 1569; s. Bock a. a. 0. 161 £. 

2 Siehe den vollständigen Titel in Chr. Sand, Bibliotheca Antitrini- 
tariorum, Freistadii (i. e. Amstelodami) 1684, 57 fe Bock a.a. 0. I 892. 


280 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften 


nicht „unius Dei triplex persona“ bewiesen werden, da, wie 
schon Erasmus, Calvin, Beza, Hemming u. a. gestehen, es sich 
hier nur handeln würde um die „unitas consensus“ und nicht 
um die „unitas essentiae et naturae“. Die Auslegung Bellar- 
mins: das himmlische Zeugnis beweise die Gottheit, das irdische 
die Menschheit Christi, nennt er „vanum et commentitium“*. — 
Aber 8. 119 bemerkt Enjedin anderseits, nachdem er be- 
hauptet, drei Zeugen haben bestätigt, dals Jesus der wahre 
Messias und Sohn Gottes sei, nämlich der Vater, Jesus selbst 
und der Heilige Geist: „Atque hi sunt tres illi testes coelestes, 
de quibus Joh. I Ep. 5 loquitur, quos in testificando Iesum esse 
Christum unum esse affırmat.“ (Gegen Enjedins Werk schrieb 
Ambros. de Peüalosa S. J. sein Opus egregium de Christi 
et Spir. S. divinitate nec non de ss. Trinitatis mysterio: contra 
Iudaeos, Photinum, Socinum, Enjedinum aliosque veteres et 
novos Arıanos, Wien 1635, in 12 Büchern. In den 6 letzten 
Büchern werden alle dem Verfasser dienlich erscheinenden 
Schriftbeweise für die bestrittene Lehre vorgeführt und gegen 
Enjedins Einwendungen gerechtfertigt; so auch 1 Jo 5, 7, um 
daraus die Mehrheit der Personen in Gott zu beweisen!. 

Auch die Unitarier in Polen kommen bisweilen auf unsere 
Stelle zu sprechen, so z. B. Stanislaus Farnovius (F'arnesius) 
in seiner Schrift: O znaimo$ci i wyznaniu Boga zawzdi ied- 
nego... (De cognitione et confessione Dei omni tempore 
unici), 1753 (s. 1.), 8. 172; er erklärt die Einheit als solche 
des Zeugnisses?. Ebenso zeigt sich der Sekretär Sigismund 
Augusts von Polen, Andreas Fricius (Modrzewski, Mode- 
rovius), der skeptisch der Trinitätslehre gegenüberstand, als 
Gegner unserer Stelle in seiner Hauptschrift: Sylvae quat- 
tuor, 15903. 





ı Vgl. K. Werner, Geschichte der apolog. u. polem. Literatur IV, 
Schaffhausen 1865, 371. Andere Schriften gegen Enjedin nennt Bock, 
Hist. I 330 £. 

2 Bock a. a. O. I 336 f. 

3 Siehe Abr. Calovius, Syst. locorum theol. e sacra potissimum 
scriptura Ill, Wittebergae 1659, 126 ff. 


re 
jet 


m 


R NAr 
om IF 
is DE 


m 


N 
% 
” 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 281 


Doch erst die Socinianer brauchen mit Geschick die 
Waffe, die Erasmus ihnen zubereitet hatte, und bedienen sich 
ihrer bei den „Verdrehungen“ und „Verfälschungen“ der 
Heiligen Schrift!. Faustus Socinus (Fausto Sozzini, F 1604), 
der eigentliche Begründer der grolsen Antitrinitariersekte, die 
man als Socinianer oder ältere (polnische, siebenbürgische) 
Unitarier bezeichnet, hat sich wiederholt gegen die Echtheit 
des Comma loanneum ausgesprochen. In der Schrift gegen 
den Angriff des Posener Jesuitenkollegs auf die neuen 
Samosatener: Animadversiones in assertiones theologicas de 
Trino et Uno Deo..., die zuerst 1583 erschien, spricht er 
sich in folgender Weise aus?: „Verba ista de testimonio Patris, 
Verbi et Spiritus Sancti non habentur in emendatioribus et 
antiquioribus Graecis codicibus nec Syriaca editione nec etiam 
in antiquissimis Latinis exemplaribus.“ — Die bedeutendste 
Streitschrift des Faustus Socinus über die Dreieinigkeitslehre ist 
jene, welche gegen den Jesuiten Jakob Wujek, den berühmtesten 
Kanzelredner und Disputator jener Zeit, und zugleich gegen 
Robert Bellarmin gerichtet ist: Refutatio libelli quem lac. 
Wujek, Iesuita a. 1590 Polonice edidit: De divinitate Filii Dei 
et Spiritus Sancti...3 Er ist der Meinung (Resp. ad c. 8, cl. 3, 
arg. 11), die Zeugenstelle sei ein Zusatz, und deshalb könne 
ıır ein Argument nicht entnommen werden; die „emendatiora 
Graeca exemplaria et antiquiora Latina“ kennen sie nicht, 
ebenso nicht die syrische Übersetzung. 

In den Streitschriften, die gegen Socin erschienen‘, spielte, 


ı J. Fr. Reimann, Catalog. Biblioth. theol. I, Hildesiae 1731, 498: 
„Socinianis arma subministrat (Erasmus), quibus orthodoxos possint con- 
fundere“ ; vgl. J. G. Walch, Einleitung in die vornehmsten Religions- 
streitigkeiten aulser der lutherischen Kirche IV, Jena 1736, 44. 

2 In der Bibliotheca fratrum Polonorum II, Irenopoli 1656, 442b. 

3 Biblioth. II 587a. Die Schrift hat Socinus 1592 ausgearbeitet, sie er- 
schien 1592,93 zuerst polnisch, übersetzt von Petrus Statorius jun. (Stoinski); 
1595 erschien sie lateinisch; vgl. Bock a. a. O. II 8384; Sand, Bibl. 73, 

4 Die Flut von Streitschriften, die zwischen den Socinianern und 
ihren Gegnern gewechselt wurden, findet sich ziemlich vollständig an- 
geführt bei Adam Jocher, Obraz bibliograficznego-historyczny literatury 
ı nauk w Polsce II, Wilno 1842, 288 ff; s. auch Walch, Einleitung in die 


282 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften 


wie nicht anders zu erwarten, auch unsere Stelle eine Rolle. 
So z.B. hat Martin Smiglecki 8. J. (T 1618) dem Comma 
Ioanneum eine längere Besprechung gewidmet in seiner Schrift: 
O Bostwie przedwiecznym Syna Bozego $wiadectwa Pisma 
Swietego (Testimonia S. Scripturae de aeterna ante omne 
tempus divinitate Christi Filii Dei), w Wilnie 1595, 503—508. 
Er beruft sich zum Erweise der Echtheit der Stelle auf den 
Prolog des Ps.-Hieronymus, auf Hyginus, Cyprian, Athanasius, 
Fulgentius... Auch Erasmus, die Biblia regia, Rob. Stephanus, 
Lindanus, Laurentius Valla hätten die Echtheit anerkanni; nur 
sieben griechische Handschriften lassen 1 Jo 5,7 aus. Das 
Fehlen in diesen sei auf den Einfluls, den die Arianer zu ihrer 
Zeit hatten, zurückzuführen. Er polemisiert dann gegen die 
Auslegung, welche die Socinianer von der Stelle in Verbindung 
mit Vers 8 geben, und behandelt des weiteren noch das Fehlen 
der Worte „et hi tres unum sunt“ in Vers 8 in einigen Hand- 
schriften. 

Auf die Schrift Socins gegen Wujek antwortete Joh. 
Junius, „Ecclesiae Assendelphensis Minister“, in: Examen 
Responsionis F. S. ad librum Iac. Wuieki: De Divin.... 
Amstelod. 1628, in welcher er sich auch gegen Socins Be- 
hauptung, die Stelle sei zugesetzt, ausspricht (S. 299 f): sıe 
werde ja gelesen „in exemplaribus Graecis, Rob. Stephani. 
Compl.; Erasmus non dicit universaliter de omnibus“. Sie 
werde auch verwendet gegen Arius auf der Synode zu Nicäa, 
wie der Autor der Disput. contra Arium bemerke. 

Am ausführlichsten erörtert Socin unsere Stelle in seinem 
Kommentar zum ersten Johannesbrief!, den er in der letzten 
Zeit seines Lebens, im Jahre 1603 (sub nomine Urbevetani) 
verfalste und den Valentin Schmalz 1614 in Rakow heraus- 
gab. Er stellt hier die Hypothese auf, dafs die Stelle durch 
Religionsstreitigkeiten IV, 895f 595—644; K. Werner, Franz Suare: ]. 
Regensburg 1861, 59f. — Gewöhnlich setzen die Gegner die Echtheit der 
Stelle voraus und argumentieren aus ihr, so z. B. Peter Skarga, Wtore 
Zawstydzenie Aryanöw (Confusio secunda Arianorum), w Krakowie 1608, 


5 6 68. 
ı Biblioth. I 241. 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 283 


Hieronymus in den Text hineingekommen sei auf Grund einer 
oder mehrerer Handschriften, in denen der Zusatz so ein- 
gerückt war, dals man den Betrug eben nicht leicht habe 
entdecken können; wenigstens habe Hieronymus die Stelle als 
echt verteidigt. Selbst wenn die Worte echt wären, so sei in 
Abrede zu stellen, dals aus ihnen die Dreiheit der Personen 
in dem einen göttlichen Wesen gefolgert werden könne; denn 
daraus, dals sie als Zeugen aufgeführt seien, könne man dies 
nicht schlielsen, da gleich darauf doch Geist, Wasser und 
Blut ebenso als Zeugen genannt werden und auch von diesen 
gesagt sei, sie seien eins. Dieses Einssein könne sich nur auf 
die zwischen Zeugen bestehende Übereinstimmung der Aus- 
sage beziehen. Er beruft sich dann auf den Kontext selbst, 
auf die Verschiedenheit in griechischen und lateinischen Hand- 
schriften, auf die älteren Väter der griechischen und lateinischen 
Kirche, welche, wenn sie auf die Stelle geführt werden, nie- 
mals von diesem „triplex testimonium“ etwas vermelden. Des 
weiteren stützt er seine Ansicht auf Erasmus und die Note 
in der lateinischen Bibelausgabe der Löwener Theologen. Dals 
weder Socin noch die andern „neuen Arianer‘ den Brief des 
Johannes selbst wegen des gar zu deutlichen Zeugnisses von 
der Dreieinigkeit verwarfen, wie Menochius und Cornelius a 
Lapide behaupteten, hat schon Richard Simon! richtiggestellt. 

Im Jahre 1605 erschien zu Rakow in polnischer Sprache 
ein Katechismus?, den nach den Vorarbeiten anderer Valentin 
Schmalz, unterstützt von Hieronymus Moskorzowski und Joh. 
Völkel, herausgab, nebst einem polnischen und deutschen 
Kinderkatechismus; eine deutsche Übersetzung des grölseren 
erschien 1608, eine lateinische mıt manchen Zusätzen be- 
reicherte 16093. In der Quaest. 88 (S. 416) werden die Worte 


ı Histoire critique des principaux commentateurs du Nouv. Test., 
Rotterdam 1693, 664: „D’oü l’on peut juger, qu’il n’a pas lu ces Auteurs 
en eux-memes.“ 

2 Katechizm w Rakowie 1605, 12°. 

3 Die zweite Ausgabe des Katechismus, welche Verbesserungen und 
Zusätze von Joh. Crell und Jonas Schlichting entbielt und wahrscheinlich 


284 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften 


1 Jo 5, 7 als Beweisstelle für die Trinität verworfen, weil sie 
weder in älteren griechischen Exemplaren noch in der syrischen 
und denälteren lateinischen Übersetzungen sich vorfinden. Selbst 
wenn sie echt wären, so könnte ein Beweis für die Trinität 
aus ihnen nicht entnommen werden. 

Die theologische Fakultät zu Wittenberg, welcher der 
deutsche grölsere Katechismus vom Jahre 1608 gewidmet war, 
liefs elf Jahre später eine Entgegnung erscheinen, die von 
Friedrich Balduin, seit 1607 Professor und Superintendent 
in Wittenberg, verfalst war, unter dem Titel: Ausführliche 
und Gründliche Widerlegung des Deutzschen Arianischen 
Catechismi ...., Wittenberg 1619. Balduin liefs dann im nächsten 
Jahre noch die Schrift erscheinen: Refutatio catechismi Ariani; 
ex sola Scriptura, Witteb. 1620, worin er 8. 75 in folgender 
Weise die Echtheit der Stelle verteidigt!. Der Inhalt des 
Einwurfes sei allerdings wahr, weshalb auch Luther die Stelle 
in der Übersetzung fortgelassen habe, da sein griechisches 
Exemplar die Worte nicht enthielt. Die Stelle stehe aber in 
einigen griechischen Handschriften und in den Editionen des 
Stephanus, der Komplutenser u. a. m. Athanasius, Cyprian, 
Hieronymus und noch vor diesen Hyginus hätten sie ange- 
führt, und obgleich in einigen Abschriften auch in V. 7 eis 
ev eicı gelesen werde, so wären doch allemal die Handschriften 
für die richtigsten gelialten worden, in welchen &v eicı stehe. 





von Andreas Wiszowaty und Joachim Stegmann jun. besorgt ist, erschien 
„Irenopol. post a. D. 1659, ı. e. a. 1665 circiter“ in 8%; 8. Sand, Biblioth. 
101. Der Titel lautet: Catechesis ecclesiarum Polonicarum unum Deum 
Patrem illiusque Filium unigenitum una cum Spiritu S. ex S. Script. 
confitentium a Jo. C'rellio et a Jona Schlichtingio a Bucoviec recogn., 
Irenop. 1659. Sect. 3, cap. 1 (S. 37) wird die Echtheit der Stelle be- 
stritten: „ex iis nil certi eflici potest“. H. E. G. Paulus (Die drey 
Lehrbriefe des Jobh., Heidelberg 1829, 250) und Düsterdieck (Die drei 
johann. Briefe II, Göttingen 1854, 356) behaupten unrichtig, dafs dieser 
Rakower Katechismus die Stelle aufgenommen habe. 

! Unter dem Vorsitz Balduins hat auch Mich. Reichard in De 
pluralitate personarum in una Deitatis essentia, Wittebergae 1618, xv das 
Zeugnis angeführt und die Echtheit verteidigt. Die Disputatio ist die 
dritte im „Colleg. SS. Trinitatis sub Frid. Balduin., Witteberg. 1619. 





der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 285 


Eine Widerlegung des Rakauer Katechismus erschien 
auch von Nikolaus Arnold, Professor zu Franeker (+ 1680), 
unter dem Titel: Religio Sociniana seu Catechesis Racoviana 
maior publicis disputationibus refutata, Franekerae 1654. S.153 ff 
behandelt er die Echtheit der Dreizeugenstelle. Rob. Stephanus 
habe den Vers in neun griechischen Handschriften vorgefunden, 
„Heginius s. Higinus Pater“, Cyprian, Athanasius, Sokrates, 
Fulgentius, Bernardus kennen ihn. Der Vers sei erst von 
den Arianern entfernt, denn sonst hätte ihn, wie Fr. Junius 
richtig bemerke, Athanasius in der Disputation gegen Arius 
auf der Synode zu Nicäa nicht angeführt. Später erst, unter 
Konstantius und Valens, sei er in vielen Exemplaren getilgt 
worden, wie ja deswegen Sokrates (Hist. 7, 32) die Arianer 
anklage'!. 

Der socinianische lateinische Katechismus vom Jahre 1609 
wurde im Jahre 1739 (Frankfurt-Leipzig) neu herausgegeben 
und mit einer fortlaufenden lutherisch-orthodoxen Widerlegung 
ausgestattet von G. Lud. Öder, Prediger und Dekan zu 
Feuchtwangen. In einer Note S. 102ff behandelt er auch das 
Comma lJoanneum, hinweisend auf Schriften von Gerhard, 
Kettner, Mill, welche die Behauptung des Katechismus schon 
hinlänglich widerlegt hätten. Das Zeugnis Tertullians (Adv. 
Prax. 25) für die Stelle sei wohl dunkel, um so klarer aber 
das Cyprians (De unit. eccl. 6; Ep. ad Iubaian. 12), welches 
von Fulgentius (Respons. ad obiect. Arian.) noch erläutert 
werde. Auch in einem Vulgatadruck vom Jahre 1489 stehe 
der Vers, nur seien die Worte ausgelassen: „et hi tres unum 
sunt“; ebenso in einer alten Handschrift der deutschen Episteln 
und Evangelien, die sich in seinem Besitz befinde. — Die 
weitere Polemik bezieht sich auf die Auslegung der Stelle 
und ist hauptsächlich gegen Benedikt Wiszowaty, der die 
vierte Ausgabe des Katechismus vom Jahre 1684 mit An- 
merkungen vermehrt hatte, gerichtet, 


ı Andere Schriften gegen den Katechismus, von Wolfgang Crell, 
Alsted, Alting, Maresius, Tarnovius, Gerhard, Mentzer, Cloppenburg, er- 
wähnt Arnold in der praef. ad Lect. 


2856 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften 


Die ersten Herausgeber des Katechismus haben auch in 
ihren polemischen Schriften sich häufig gegen die Echtheit 
des Comma ausgesprochen. So führt Valentin Schmalz 
aus Gotha, einer der eifrigsten Anhänger und Beförderer des 
Unitarismus (f 1622)!, in seiner Schrift gegen Balduins Kol- 
legen, Wolfgang Franz?: Refutatio Thesium D. Wolfg. Frantzii. 
quas de praecipuis religionis Christianae capitibus a. 1609 et 
a. 1611 disputandas proposuit, Racoviae 1614, 6, das Comma 
wohl an, fügt aber hinzu: „si modo testimonium illud non est 
corruptum“. In der Schrift gegen Albert Grawer, Prof. in 
Jena (T 1617): Refutatio disputationis de Spiritu S., quae h. 
a. in academia lIenensi... habita est, Racoviae 1613, macht 
er S. 17 seinem Gegner es zum Vorwurf, dafs er trotz Luther 
1 Jo 5, 7 als Beweisstelle angeführt habe: „sed quid non 
iubet desperatio? Ancipitem captat gladium, qui mergit in 
undis“. Selbst wenn der Vers als echt zugelassen würde, so 
heifse es V. 8 vom Wasser, Blut und Geist ebenso: „tres 
unum sunt, cum tamen ne unum istorum persona sit“. Schmalz 
kommt wiederum auf unsere Stelle zu sprechen in der Streit- 
schrift: Refutatio thesium de SS. unitate divinae essentiae, 
et in eadem SS. personarum Trinitate, a Iac. Schoppero ... 
Altorfii a. 1613 propositarum; cui addita est responsio ad ea, 
quae Herm. Ravenspergerus ... praeter haec attulit in scripto, 
cui titulum fecit: SS. mysterium unitatis essentiae divinae in 
personarum Trinitate..., Racoviae 1614, 16. Dafs die Stelle 
von den Arıanern einst ausgemerzt sei, „mera Coniectura est“, 
vielmehr beweise der Kontext wie auch die Autorität der 
meisten griechischen und lateinischen Exemplare und jene 
„Lutheri et Tigurinorum“, dafs sie von einem „sciolus quidam“ 
hinzugefügt sei. 





i Siehe über ihn Fock, Socinian. 188f; ein Verzeichnis seiner Schrif- 
ten steht bei Sand, Biblioth. 99 ff; Bock, Hist. I 843 ff. 

2 Wolfgang Franz (Vindiciae disputationum Theologicarum pro 
Augustana Confessione habitarum, Witteberg. 1622) beruft sich zum Be- 
weise für die Echtheit der Stelle (in sect. 4, qu. 2) auf Gretsers Ver- 
teidigung Bellarmins; selbst Hunnius gestehe, dals Bellarmin richtig ge- 
urteilt habe. 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 287 


Schärfer antwortet Schmalz in der Schrift gegen Ravens- 
perger, Professor am Gymnasium in Steinfurt (f 1625 als Prof. 
in Groningen), der auf die certitudo und expositio der Väter 
hingewiesen hatte: es sei ein „mendacium impudentissimum“*, 
anzunehmen, dg[s Arius die Stelle getilgt habe; den „adver- 
sarııis malevolis“ pflege man alles zur Last zu legen. Er 
wundert sich darüber, dals Ravensperger so dreist sich auf 
die korrektesten Handschriften, in welchen der Vers zu finden 
sei, und auf Hieronymus berufe, auch das Ansehen der syrischen 
Version so schlechthin verwerfe. Für den Zusammenhang sei 
weder auf kai in V. 8 noch auf „in terra® Gewicht zu legen. 

Schmalz hat auch Annotationes in totum Nov. Test. 
mit Ausnahme der Apokalypse im Jahre 1612 zu schreiben 
begonnen; sie sind nicht gedruckt!. 

Ein Parteigänger von Schmalz, der polnische Schlesier 
Thomas Pisecius (Pisecki), hat wiederum 1 Jo 5, 7 als vom 
Apostel herrührend betrachtet? in der Schrift: An doctrina 
Trinitatis sit mysterium a saeculis absconditum (1605), 1654, 
91. Für die Trinität sei aber die Stelle nicht beweisend, da 
es sich bei ihr um die Einheit des Zeugnisses, nicht um die 
der Personen handle; er verweist den Leser auf die Schrift 
Socins gegen Wujek. Der Stand der kritischen Frage ist ihm 
jedoch bekannt. Die Stelle stehe nicht bei dem syrischen, 
auch nicht bei einem alten Übersetzer. Nazianzenus, Atha- 
nasius, Didymus, Chrysostomus, Hilarius, Augustinus, Oyrill, 
Beda kennen sie nicht, nur bei Hieronymus komme sie vor, 
ebenso im Cod. Britannicus und in einigen alten Büchern. 

Auch Joh. Völkel (F 1618) war bei der Abfassung des 
Katechismus beteiligt gewesen?. Sein Hauptwerk, eine syste- 
matische Darstellung des socinianischen Lehrbegriffes, welches 
in seiner Partei ein fast symbolisches Ansehen erlangt hat, 
wurde nach seinem Tode von Joh. Crell herausgegeben: 
De Vera Religione libri quinque, Racoviae 1630. In lib. 5, 


ı Sande. a. O. 102. 
2 Bock a. a. 0. I 640. 
3 Siehe über ihn Fock a. a. O. 183 189f. 


288 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften 


c. 9 de trinit. (S. 417) beruft er sich darauf, dals „doctissimo- 
rum hominum non pauci, quantumvis in eodem trinitatis errore 
versantes, locum illum Ioanni Apostolo affictum, uno ore con- 
fitentur*. Die Stelle sei als Beweis abzulehnen. Nachdem 
er im allgemeinen die Gründe dagegen angeführt hat, bemerkt 
er, selbst wenn es Worte des Johannes wären, mülste „unum*“ 
oder „in unum“ nicht notwendig „unam eorum essentiam“ be- 
deuten, sondern könnte ebensowohl „testium consensionem*® 
anzeigen. — Das Werk ward widerlegt von dem reformierten 
Theologen Samuel Maresius (Des Marets, T 1673) ın der 
Hydra Socinianismi expugnata ..., Groningae 1651—1662. 
S. 159 und 238 wird unsere Stelle ohne jegliche Bemerkung 
zum Beweise zitiert!. 

Der polnische Ritter Adam Goslaw von Bebeln, einer 
der gelehrtesten Socinianer ( ca 1640)2, kommt auf unsere 
Stelle zu sprechen in der Schrift gegen den bekannten refor- 
mierten Theologen Bartholomäus Keckermann, die den Titel 
führt: Refutatio eorum, quae Barth. Keckermannus in libro 
primo Systematis sui Theologici disputat, adv. eos, qui solum 
Patrem ... confitentur, Racov. 1607, 2* ed. 1613. „Locus 
hic“, bemerkt er S. 52, „nullum habet robur ad dogmata fidei 
probanda vel improbanda, idque propterea quod ipse locus 
veniat in controversiam, nam cui dubium est, dubia dubiis 
fidem facere non posse?“ Der hl. Hieronymus habe eine „opinio 
praeiudicata“ gehabt, ihm „utpote capitalissimo hosti sententiae 
de Deo nostrae“ sei kein Glaube beizumessen. Keckermann 
wurde in Schutz genommen von dem Wittenberger Professor 
Jak. Martini in De tribus Elohim: lib. secundus Photinianorum 
novorum furoribus oppositus, in quo praeter alia disputatio 
inter B. Keckermannum et Adamum Goslavium de SS. Trinitate 


iı Auch sonst operiert Maresius mit 1 Jo 5, 7 als Beweisstelle. 
z. B. in Systema theologicum, Groningae 1645, 5° ed. 1659, 25; La sainte 
Bible, Amsterdam 1669, 182: nach dem Bericht des Hier. sei die Stelle 
von den Arianern ausgemerzt. 

2 Siehe über ihn Baumgarten, Nachrichten einer hallischen Biblio- 
thek VI, Halle 1750, 321; Zeltner, Historia Cryptosocinismi Altorfinae 
quondam academiae infesti arcana, Lips. 1729, 229—231; Fock, Socin. 193. 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 289 


agitata examinatur, Wittebergae 1615, c. 23. Er sucht die 
Echtheit der Stelle S. 201ff gegen Enjedin und Goslaw mit 
den üblichen Gründen zu verteidigen: durch den Betrug jener, 
welche die Trinität leugneten, sei die Stelle in einigen Hand- 
schriften getilgt worden. 

Andreas Woidowski (Voidovius, F nach 1619) hat in 
der Triadomachia die für den Beweis der Dreieinigkeit und 
der Gottheit Christi herkömmlichen Schriftstellen einer Kritik 
unterworfen und sicher hier auch über 1 Jo 5, 7 gehandelt. 
Die Schrift ist schon früh verloren gegangen. Schon 1654 
ward dem Martin Ruarus aufgegeben, sie wo möglich ausfindig 
zu machen‘. 

Christoph Ostorodt aus Goslar (f 1611) hat in seiner 
Schrift: Unterricht von den vornemsten Hauptpuncten der 
Christlichen Religion, Rakow 1612, Cap. IV: Ob in Gott mehr 
Personen denn eine sind, die Frage aufgeworfen: „Wo liset 
man in H. schrifft, das in einem Gott mehr personen sind, 
von welchen eine jegliche der Einige warhafftige Gott selber 
sey, und derselben drey, nemlich der Vater, der Sohn und 
der Heilige Geist?“ und die Antwort gegeben: „Gewislich 
nirgends“; weder unsere Stelle noch eine andere Beweisstelle 
für die Lehre von der Trinität zitiert er (S. 28ff). Ebenso 
lehnt er in seiner Schrift wider Georg Tradel: Von der Gott- 
heit des Sohnes Gottes unsers Herrn Jesu Christi und des 
Heiligen Geistes, Rakow 1625, 87, jede Beweisstelle für das 
Trinitätsdogma ohne weiteres ab2. 

Joh. Crell (T 1631), unbestritten der hervorragendste 
unter den Socinianern seiner Zeit?, seit 1613 Professor und 
seit 1621 Prediger in Rakow, lehnt in der Schrift: De uno 
Deo Patre, Racoviae 1631, welche den schärfsten, umfassend- 
sten und bedeutendsten Angriff auf die Dreieinigkeitslehre 


ı Sand, Biblioth. 29; Bock, Hist. I 990 f; Fock, Socinian. 19. 

?2 Luther hat wohl den Ausdruck „Dreifaltigkeit“ als ungeschickt 
getadelt; aber jedes Abweichen von der Lehre des Athanasianum war ihm 
Auflehnung der Vernunft gegen die Schrift. 


3 Bock a.a.0. I 116 ff; Fock a.a. 0. 195 f. 
Biblische Zeitschrift. II. 3. 19 


290 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften 


enthält, der vom Socinianismus ausgegangen ist, die Stelle ab 
auf Grund der bekannten Einwürfe (lib. 1, sect. 3, c. 3); von 
. Hieronymus wohl sei die Stelle hinzugefügt. Ihm antwortete 
Joh. Heinr. Bisterfeld, Theolog zu Leiden, De uno Deo 
Patre, Filio ac Spir. S. mysterium pietatis contra Ioh. Crellii, 
Franci, de uno Deo patre libros duos breviter defensum, Lugd. 
Batav. 1639. Sein Urteil über die Stelle (S. 394 fi) ist 
recht unreif und unwissenschaftlich: Was die griechischen und 
lateinischen Ausleger von der Stelle geurteilt haben, kümmere 
uns wenig; hätte er die opera patrum in Händen, dann wollte 
er die Einwürfe zurückweisen: „ut infirmas ipsorum coniecturas 
refutaremus“. Es genüge, dals der Vers in cod. Britannicus, 
in der ed. Complutens. und der Versicherung Bezas zufolge 
in den Stephanischen Handschriften gelesen werde. „Caput 
rei“ sei, dals der Vers „sine maxıma absurditate“ nicht fort- 
gelassen werden könne, „nur schade, dafs alle alten Lehrer 
diese absurditas nicht bemerkt haben“. Die Verschiedenheit 
in den Lesarten mache die Stelle keineswegs verdächtig. 
sondern decke nur den Betrug und das Sakrileg der Arianer 
aufe Die Partikel kat und die Worte „in terra“ in V.8 
würden keinen Sinn haben; schon Schmalz bemerkte dagegen, 
dals die Worte in griechischen Handschriften gar nicht ständen. 
Der Zusammenhang soll weiter für die Echtheit sprechen: 
Johannes würde einen sehr unvollständigen, ja lächerlichen 
Beweis geführt haben, wenn er V.7 nicht geschrieben hätte!. 

Gegen Crell verteidigte auch Joh. Botsack, Pastor in 
Danzig (+ 1674), die Stelle unter Berufung auf Gerhard in der 
Schrift: Anti-Crellius, h. e. Ioh. Crellii, Franci, De uno Deo 
Patre libr. duor. confutatio, Gedani 1642, 317. Gegen Botsack 
schrieb Joachim Stegmann „Prob der einfältigen Warnung 
Botsacci vor der New Photinianische oder Arianische Lehre“, 
Rakow 1633, und zitierte hier S. 119f das Zeugnis 1 Jo 5, 7: 
„Wir glauben auch, dafs die Drey eins seyn, nämlich im Zeug- 
nüls, gleich wie der Geist, wasser und blut ein seyn.“ 


-_— = 


! Vgl. die Kritik bei Semler, Beweisstellen I 154 ff. 





der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 291 


Ausdrücklich wider Crells Buch wollte der lutherische 
Dogmatiker und Generalsuperintendent in Wittenberg, Abra- 
ham Calovius (Kalau, + 1686), die Echtheit des angefeindeten 
Verses retten in: Theologia naturalis et revelata sec. tenorem 
augustanae confessionis quinque libris adserta: quorum V. exa- 
men librorum Ioh. Crellii de uno Deo patre instituit adeoque 
SS. Trinitatis mysterium a Socinianorum impugnatione adserit, 
Lips. 1646, 1556. Er wiederholt nicht nur offenbar alle fehler- 
haften Aussprüche Gerhards über die Handschriften des Valla, 
Stephanus, der Komplutenser, desgleichen die Anführungen der 
Stelle bei Athanasıus, sondern vermehrt sie auch mit neuen, 
wie der Behauptung, dafs Epiphanius, Hilarius, Augustinus, 
Beda, Cyrill sie anführen. Die syrische Übersetzung habe 
kein so grolses Ansehen, als dafs sie „tot probatissimis et anti- 
quissimis graecis codicibus“ zu präjudizieren vermöge. Das 
meiste Gewicht legt er auf den Prolog des Ps.-Hieronymus. 
Ebenso verfehlt ist es, wenn er aus der Verbindung und dem 
Gegensatz die Authentie beweisen will, da es ausgemacht ist, 
dals in den Handschriften, in denen V.7 fehlt, auch die An- 
fangsworte V. 8: xai ... &v rA yi ausgelassen sind!. 

Unter die socinianischen Schriften ist auch zu rechnen: 
„Kurtzer Discurs von der zu Leypzig anno 1631 mense Martio 
angestellten Religions-Vergleychung zwischen den Chursächsi- 
schen und Churbrandenburgischen auch Fürstlich Helsischen 
Theologen“, welche Schrift 1632 oder 1633 wahrscheinlich zu 
Rakow gedruckt worden ist” Hier wird zunächst in $& 12 
bemerkt, dals 1 Jo 5, 7 „von der einigkeit des zeugnisses* zu 
verstehen sei, „wie dasselbe etliche Protestirende Theologen 
selbst gelehret haben“. Dann heilst es: „Wiewohl es auch 
sonsten ohne Traditiones schwer fallen wirdt, diesen spruch in 


ı Noch in manchen andern Schriften hat Calovius über unsere 
Stelle gehandelt, so in Criticus sacer vel commentarii apodictico-elen- 
chitici super Augustanam confessionem ecclesiarum evangelic...., Lips. 
1646, 479; Systema locorum theologic. III 126 ff; Biblia Nov. Test. illu- 
strata, Francofurti 1676, II 1663 fl. 

2 Bock, Hist. I 12. 

19* 


292 Bludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) in den Schriften 


der Bibel zu erhalten. Weil er weder in der alten Griechi- 
schen, noch Syrischen, noch Arabischen, noch alten Lutheri 
Teutschen exemplaren gelesen wirdt.*“ Verwiesen wird auf die 
Annotationes des Erasmus und Bugenhagens Exposit. in Ion. 

Der polnische Ritter Jonas Schlichting von Bukowiec 
(Bauchwitz, T 1661) bestritt in seinem Kommentar zum ersten 
Johannesbrief! aus Inhalt und Zusammenhang die Stelle, wie 
dies sein Lehrer Joh. Crell getan hatte. Vers 7 sei einge- 
schoben von einem, der die Trinität habe bekämpfen wollen, 
„ut ostenderet tres istos non aliter unum esse, quam sicut 
multi testes unum sunt“?. Auch in seiner Schrift gegen den 
Professor der Theologie zu Wittenberg Balthasar Meisner: 
De SS. Trinitate, de moralibus Nov. et Vet. Test. praeceptis: 
itemque de sacris Eucharistiae et Baptismi ritibus disputatio, 
1637, bemerkt er S. 195: „Ut omittam haec verba a multis 
non legi trinitatis propugnatoribus, non ab ipso Luthero. 
quae etiam ipse contextus vix recipit“; vgl. S. 203. Eigens über 
1 Jo 5, 7 hat Schlichting auch gehandelt in: Wyklad Prawd- 
ziwy na cztery mieysca Pisma Swietego o Bostwie Jezusa 
Chrystusa (i. e. Vera explicatio quatuor locorum scripturae 
sacrae de Deitate Iesu Christi), 1645 (s. 1.) 8. 

Joh. Ludwig von Wolzogen, Freiherr von Neuhäusel 
(T 1661), hat kurz zusammengezogen, was die älteren socinia- 
nischen Schriftsteller hie und da vorbringen, in: Christliche 
Unterweisung, wie diejenigen Örter H. Schrifft alten und neuen 
Bundes, welche die heutige Christen insgemein zu Behaubtung 
der drey Persöhnlichkeit des einigen und allein wahren Gottes 
milsbrauchen, schrifftmälsig zu verstehen seyn, 1684. Das Buch 
ist mehr eine deutsche Sammlung aus den vorigen lateinischen 
Schriften als eine eigene Abhandlung. Im 1. Teil c. 14 kommt 
er auf unsere Stelle zu reden. Die Worte seien von einem 


ı Biblioth. fratr. Polon. IV 409, 

2 Gegen die Einwände Schlichtings ist besonders gerichtet die Aus- 
führung bei Dan. Whitby, Paraphrase and comment. on the New Test., 
gr ed., Lond. 1709, a. h. 1. 

3 Bock, Hist. 1 805. 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 293 


Fälscher „zwischenhinein geflickt worden“, denn in den „ur- 
alten“ griechischen wie auch in alten lateinischen Exemplaren 
seien sie nicht zu finden, auch nicht in der syrischen noch 
arabischen Übersetzung. Vor Hieronymus werde kaum einer 
der alten Kirchenlehrer zu finden sein, der sie als glaubwürdig 
angenommen oder angezogen hätte. Er verweist dann auf 
Luther und Bugenhagen, bestreitet die Echtheit der Stelle 
aus dem Zusammenhang; selbst wenn man sie stehen lielse, 
könnte die Lehre von der Trinität nicht überzeugend daraus 
erwiesen werden!. 

Samuel Przypkowski von Przypkowice, ebenfalls ein 
polnischer Ritter2, + 1670 als kurfürstlich brandenburgischer 
Rat, erklärt in den Cogitationes sacrae ad initium evang. 
Matthaei et omnes epistolas apostolicas, Eleutheropol. 1692, 
360 den Vers für eingeschoben, wie die Übereinstimmung der 
meisten Exemplare vor Hieronymus es zeige, so dafs dieser 
selbst vermute: „eum ab Arianis expunctum fuisse“, wogegen 
des Athanasius lebhafter und grofser Hals gegen die Arianer 
spreche. Jedoch widerspreche der Sinn der Stelle nicht so 
sehr der arıanischen Irrlehre, dals sie nicht von lichtscheuen 
(tenebrioribus) Anhängern derselben in den Winkeln Spaniens 
und Britanniens heimlich könnte untergeschoben sein. Sie 
fehle jetzt in den syrischen, illyrischen und ruthenischen 
alten Handschriften. „Unus fere ex antiquioribus Hieron. la- 
boranti eius fidei vadem se praebet.“ 

Daniel Brenius (de Breen), zuerst Arminianer, dann 
Anabaptist und Verteidiger Socins (+ 1664), gab heraus: Breves 
in Vet. et Nov. Testam. Annotationes, Amstelodami 1664. Auch 
er spricht sich S. 136 gegen die Stelle aus. Die Worte in 
V. 7 werden nicht gelesen in den alten Handschriften der 
Griechen, nicht in der syrischen, arabischen, äthiopischen Über- 
setzung, nicht „apud vulgatum Latinum interpretem“; sie seien 
nicht bekannt dem Ignatius, Justin, Irenäus, Tertullian, Ori- 
genes ..., deshalb habe sie auch Luther ausgelassen. 


ı Semler, Beweisst. I 150 ff. 2 Fock, Socinian. 204. 


294 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften 


Christoph Sand (} 1680), der arianisch und socinianisch 
gesinnte Arminianer, hat wohl am vollständigsten unter den 
Bestreitern unserer Stelle die Haupteinwürfe hervorgehoben 
in der Appendix zu seiner Schrift: Interpretat. paradox. IV 
Evangeliorum, Cosmopol. (i. e. Amstelod.) 1669, 375ff. Die 
Stelle fehle in den griechischen Handschriften, den syrischen, 
arabischen, äthiopischen, armenischen und vielen alten latei- 
nischen, ebenso in einer Reihe von griechischen, syrischen, 
lateinischen Textausgaben und in fast allen Ausgaben der 
lutherischen deutschen Übersetzung des 16. Jahrhunderts. Sie 
sei unbekannt den Vätern Ignatius, Justin, Athanasius, Irenäus, 
Tertullian... Cyprian (De unit. eccl. 6) scheine den Text zu 
zitieren, aber Possevin teile im Apparat. sacer ad scriptores 
Vet. et Nov. Test. I (vgl. ed. Colon. 1608, 396 ff) mit, dafs 
der Text des Traktats gar viele Änderungen und Interpola- 
tionen erlitten habe. In den dem Athanasius fälschlich zu- 
geschriebenen Werken (Dialog. ad Theophil. 1. 1 und Disput. 
c. Arium 44) stehe er. Wenn die Worte fortgelassen werden. 
„meliorem esse connexionem verborum. Indignum est summo 
Deo esse testem, immo coram quo iudice testis foret? Nec 
enim iudex et testis unus idemque simul et de eadem re esse 
potest“ (S. 381). Ein Anonymus sage, es sei sehr wahrschein- 
lich, dals die Stelle von einem Sabellianer eingeschaltet sei. Der 
Vers spreche zu Gunsten der Arianer, wie Bugenhagen gezeigt 
habe. Der Prolog des Hieronymus sei nicht echt (8. 383). Des 
weiteren sucht er aus Schrift- und Väterstellen den Beweis zu 
führen, dafs, selbst angenommen, der Vers sei echt, nach V. 8 
nur von der „concordia testimoniorum“ die Rede sein könne 
(S. 386 ff); vgl. die Auslegung von Jo 10, 30 S. 209 ft. 

Christoph Sand hat auch unter dem Pseudonym „Herm. 
Cingallus“ eine spöttische Satire auf die Verteidiger der Drei- 
einigkeitslehre veröffentlicht!: Scriptura SS. Trinitatis Reve- 





ı Siehe über den Verf. Sand, Biblioth. 170, wo auch gemeldet wird, 
dafs nicht Gouda, sondern Amsterdam der wahre Druckort der Schrift 
gewesen ist; über diese vgl. Bock, Hist. I 751f; Baumgarten, Nach- 
richten von einer hall. Biblioth. V 5l4f. 





.o- 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 295 


latrix, Goudae 1678. Auch in dieser Schrift bekämpft er 
(S. 105) die Echtheit des Comma Ioanneum. — Gegen Sand 
verteidigte die Stelle unter andern auch Just. Christoph 
Schomer, Prof. zu Rostock (F 1693), Assertio endoxa fidei 
christianae de Spiritu Sancto, contra novam et antehac in- 
auditam haeresin sub schemate problematis paradoxi nuper in 
lucem protrusam, Francof.-Lips. 1679, 29f. In gewissen grie- 
chischen Handschriften und orientalischen Übersetzungen sei 
der Vers getilgt. Erst die Neueren haben die Kühnheit 
besessen, ihn als „suppositius“ zu verwerfen. Mit Recht werde 
den wenigen Handschriften die Treue vieler andern, ältesten 
und besten (antiquissimorum et probatissimorum fides) vor- 
gezogen, zumal die Zeugnisse der Väter für den Vers sprechen. 
Auch der Cod. Alexandrinus (!) habe den Vers. Es kennen 
ihn Cyprian, Ps.-Athanasius, Idacius. 

Als Antwort auf die Angriffe Sands liefs Martin Silvester 
Grabe in Königsberg fünf Universitätsprogramme 1675 —1677 
erscheinen (De canonica auctoritate dicti 1 Jo 5, 7 tres ın coelo 
testes repraesentantis), in denen er die kanonische Autorität 
aus einer Anzahl supponierter griechischer Handschriften zu 
verteidigen unternahm. Einen lehrreichen Auszug seiner Ab- 
handlungen bietet P. Siegm. Pape, Kurzer und nöthiger Be- 
richt von dem Unterscheid unserer Evangelischen wahren 
und der so genannten Socinianer falschen Lehre, Berlin 1717, 
br2fft. 

In der Mark Brandenburg wirkte zu Königswalde Samuel 
Crell (+ 1747), ein Enkel des Joh. Crell, der den socinianischen 
Lehrbegriff in arminianischem Geiste umgestaltete, der letzte 
bedeutende Repräsentant des Socinianismus?. Des Öfteren 
kommt er auf die Dreizeugenstelle zu sprechen. In seiner 
Schrift Ante-Nicenismus, Londini 1695, 48 bemerkt er: „Im- 
possibile est, ut Patres Anteniceni, praesertim Tertullianus et 
Irenaeus, qui citant Io 10, 30 et tot occasiones habuerunt, 
non etiam citassent textum ıllum, sı fuisset in ıllorum testa- 


ı Vgl. Semler, Beweisstellen 197 ff. 
2 Fock, Socinian. 240 f. 


296 Biludau, Das Comma Ioanneum (1Io 5, 7) in den Schriften 


mentis.“ In einem Brief an La Croze!, datiert aus Königs- 
walde den 20. Nov. 1710 (!), hat er in den Streit, welcher da- 
mals zwischen Thomas Emlyn und David Martin über die 
Echtheit unserer Stelle heftig entbrannt war?, sich eingemischt 
und gegen Martins Dissertation vom Jahre 1717 geantwortet. 
Er greift besonders das Zeugnis an, das aus der Schriit 
des Fulgentius contra Fabianum Arianum3 gewonnen wird. 
Wenn damals Vers 7 vorhanden gewesen wäre, hätte Fabianus 
keinen Beweis dafür verlangen können, dafs die Worte „et 
tres unum sunt“ von Vater, Sohn und Geist gesagt seien, und 
Fulgentius hätte keine weiteren Gründe hierfür, was mit aus- 
drücklichen Worten in dieser Stelle (V. 7) stand, vorbringen 
dürfen, um Fabian zurückzuweisen. Fulgentius habe ebenso 
wie Cyprian, Augustinus, Facundus von drei himmlischen 
Zeugen nur gesprochen „ex solo versu 8 mystica et allegorica 
relatione“. Deshalb sei auch in der Schrift des Fulgentius 
die Stelle interpoliert, wie auch in der Confessio Eugenii: 
„Commode abesse possunt (verba) ipso contextu salvo.“ Eine 
„Explicatio loci vexati 1 Io 5, 7“ von Samuel Crell steht auch 
in der Bibliotheque angloise VII 1, S. 271. Die Abhandlungen 
S. Crells wurden einer näheren Prüfung unterzogen von Oder 
in einem Brief an Christian Bruckmann, Pastor in Nürnberg, 
der den Agenda Morscovii beigegeben ist (S. 333 ff)‘, vor 
allem von dem Dominikaner Bern. Maria de Rubeis, der 
1755 in Venedig eine ausführliche Gegenschrift erscheinen 
liefs unter dem Titel: De trıbus in coelo testibus Patre, Verbo 


et Spiritu S,, qui tres unum sunt 1 Io 5, 7 adversus Crellium 
aliosque 5. 


1 Der Brief steht in Thesaurus epistolicus La Crozianus ex bibl. 
Jordan. ed. I. L. Uhlius I, Lips. 1742, 89 f. 

2 Siehe über diese Kontroverse Chr. Matth. Pfaff, Introd. in Histor. 
theol. litterar. I, Tubing. 1720, 295; Walch, Einl. in die Religionsstreitig- 
keiten aufser der luther. Kirche IV 303. 

3 Migne, Patr. lat. LXV 777. ı Bock, Hist. I 1%. 

5 Vermehrt Venedig 1762 in den Diss. variae eruditionis sub una 
capitum serie collecta. Die Abhandlung steht auch in Zaccarias The- 
saurus theolog. III (Tractatus de Deo), Venetiis 1762, 33—103. 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 297 


Auch der Geschichtschreiber der Reformation in Polen, 
der Unitarier Stanislaus Lubieniecki (7 1685), weist ın 
seiner Historia reformationis Polonicae, Freistadii 1685, 169 
gegenüber Lismanini, dem der Satz „Tres testantes in coelo 
unum sunt“ oder „unus sunt“ gleichwertig erschien, auf die 
Unsicherheit der Stelle 1 Jo 5, 7 überhaupt hin und zeigt sich 
mit dem textkritischen Apparat für die Stelle wohl vertraut. 

Ebenso hat der Unitarier Daniel Szentivany, Rektor in 
Klausenburg, in einer Disputatio de S. Trinitate (Manuskript) 
th. 12 die Authentie des Comma loanneum bekämpft und 
den Beweis für die Trinität, der sich auf der Stelle aufbaut, 
zu vernichten gesucht. Der Vers finde sich nicht in den ältesten 
griechischen und lateinischen Exemplaren, nicht bei den vor- 
nicänischen Vätern; selbst Luther habe ihn weggelassen. Falle 
er fort, so werde der Zusammenhang nicht im mindesten ge- 
stört, denn V. 8 schlielse sich recht gut an V. 6 an. Wie 
andere Socinianer deutet auch er V. 7 auf die unitas consensus. 
— Die These wurde geprüft und widerlegt in der öffentlichen 
Disputation sub praesid. Paul Hoffmanni, Rectoris Gymnasii 
Thorun., von Stephan Humius: Vindiciae loci Apostolici, 
qui habetur I. epist. Iohann. cap. V, v. 7 cum assertione 
SS. Trinitatis Mysterii ex eodem contra gpAvapias Triadoma- 
stigis Dan. Szentivanı, Thorunii 1685. 

In dem Lehrbuch, das der Unitarier Georg Markos, 
Professor in Klausenburg, verfalste: Summa universae theo- 
logiae christianae secundum Unitarios, Claudiopoli 1737, wird 
(P. I, c. 1) die Echtheit der Dreizeugenstelle vorausgesetzt, 
wenigstens der kritischen Zweifel mit keiner Silbe gedacht. 
Sie wird aber von einer unitas moralis erklärt: „unum sunt 
tres testes coelestes, quemadmodum ibidem v. 8 terrestres 
testimonio“!, 

In der sehr rar gewordenen Sammlung socinianischer 
Schriften, die in England nach und nach in fünf Quartbänden 
herausgekommen und unter dem Titel „Unitarian Tracts“, 


ı Siehe G. Rosenmüller im Archiv f. alte u. neue Kirchengesch,., 
hrsg. von Stäudlin u. Tzschirner I, Leipzig 1813, 96. 


298 Biludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7) in den Schriften 


London 1691, bekannt sind 1, kommen zuerst „12 Schriftbeweise 
gegen den Lehrbegriff von der Dreieinigkeit* von Joh. Biddle 
vor; die Vorrede ist unterzeichnet am 1. April 1647. In der 
Schrift selbst wird S. 9 die strittige Stelle angeführt und da- 
bei bemerkt: „es würde, wenn nicht die Menschen vorher von 
Vorurteilen eingenommen gewesen wären, schwerlich, ja un- 
möglich jemandem haben in den Sinn kommen können, dals 
die Redeart: sie sind eins, so viel bedeute als: sie haben ein 
Wesen, weil die Auslegung nicht nur dem allgemeinen Sinn 
widerspricht, sondern auch andern Schriftstellen entgegen ist, 
in welchen sie ohne Ausnahme von der Einheit des Beyfalles 
und der Übereinstimmung gebraucht wird, aber nie von einer 
wesentlichen Vereinigung“; vgl. Jo 17,11 21 2223; 1 Jo 5,8; 
Mt 19,5 6. Die Existenz der Stelle 1 Jo 5, 7 sei aber ver- 
dächtig, weil sie weder in den alten griechischen Handschriften. 
noch in der syrischen Übersetzung, noch in ältesten Ausgaben 
der lateinischen zu finden sei; auch sei sie von den berühn- 
testen alten und neueren Auslegern verworfen worden. 

In demselben Bande ist eine „Kurze Geschichte der Uni- 
tarier in vier Briefen“ zu finden, in welchen der Verfasser (Thomas 
Firmin) S. 43 bezüglich unserer Stelle bemerkt, sie sei in die Bibel 
eingeschaltet, und die gewöhnlichen Gründe für seine Behaup- 
tung anführt. Das letzte Stück in diesem Band enthält An- 
merkungen eines Ungenannten über „vier Briefe des D. Wallis 
über die Lehre von der Dreieinigkeit“. Auch hier wird S. 19f 
auf die Unechtheit hingewiesen. Wallis mache wohl geltend, 
es fehlen in vielen Abschriften ganze Briefe ... Allein der 
strittige Text sei in keiner Kopie der Bibel vorhanden ge- 
wesen, ehe Hieronymus ihn am Rande einiger Handschriften 
fand. Die Randglosse wurde von Hieronymus in den Text 
gezogen. Man finde ihn zwar jetzt bei Cyprian, aber das Buch, 
wie wir es jetzt besitzen, verdiene wenig Kredit. — 





ı Vgl. hierzu Allgem. Deutsche Bibliothek 1V, Berlin u. Stettin 
1676, 130 f. — Alberti, Briefe betreffend den allerneuesten Zustand der 
Religion und der Wissenschaften in Grofsbritannien III, Hannover 1733, 
679—719. 


der Antitrinitarier und Socinianer des 16. und 17. Jahrhunderts. 299 


Ich breche ab. Es lälst sich nicht leugnen, dafs eine 
statistische Aufzählung der einzelnen Äufserungen positiver wie 
polemischer Art durch ständige breite Wiederholungen der- 
selben Gedanken ermüdend wirkt, aber diese Aneinander- 
reihung der Zeugnisse ist notwendig, wenn ein entsprechendes 
Bild von der Entwicklung der Kontroverse über das Comma 
Ioanneum gegeben werden soll. Im ganzen finden wir bezüg- 
lich der Socinianer das Urteil Richard Simons! bestätigt: 
„Ils se mettent peu en peine que ce verset soit de S. Jean ou 
non, parce qu’ils sont persuadez qu’on n’en peut pas conclure 
la distinction des personnes de la Trinite.“ 

Werfen wir noch einen Blick auf die socinianische Bibel- 
übersetzung ?. 

In der deutschen Übersetzung des Neuen Testamentes 
von Joh. Crell und Joachim Stegmann dem älteren mit Zu- 
ziehung anderer socinianischen Gelehrten, die 1630 in 80% zu 
Rakow erschien, ist die Stelle zwar aufgenommen, aber 
durch den Druck als eine eingeschaltete unterschieden und 
vom übrigen Text abgesondert. In der Vorrede schon hatten 
die Herausgeber darüber Auskunft gegeben, dafs sie mit dem 
Vorhergehenden nicht zusammenhänge, in den ältesten Ab- 
schriften sich nicht vorfinde, in die ältesten Übersetzungen 
nicht aufgenommen worden sei, von vielen griechischen und 
lateinischen Vätern übergangen werde, sogar von Luther, 
Bugenhagen u. a. ausgelassen und als falsch und eingeschoben 
verworfen worden sei*. 


1 Critique de la Bibliotheque des auteurs ecclesiastiques et des Pro- 
legomenes de la Bible publiez par M. Ellies du-Pin, par feu M. Rich. 
Sımon II, Paris 1730, 434 f. 

2 Überdie polnischen socinianischen Übersetzungen vgl. Bibl. Zeitschr. I 
389; Stephan Zwolski, De Bibliis polonicis, quae usque ad initium 
saec. XVII. in lucem edita sunt, Posnaniae 1904. 

3 Heidegger, Corpus Theolog. christ., Tiguri 1700, 118 bemerkt: 
„Non sine veritatis triumpho est, quod Racovienses Sociniani in versione 
sua germanica a. 1630 excusa hunc versiculum omittere ausi non sunt.“ 

4ı Vgl. Palm, De codicibus Vet. et Nov. Test., quibus B. Lutherus 
in conficienda interpretatione germanica usus est, Hamburgi 1735, 175; 
Baumgarten, Nachrichten von einer hall. Bibliothek Il, Halle 1748, 199. 


300 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7). 


Im Jahre 1660 erschien in 8% zu Amsterdam eine neue 
Übersetzung des Neuen Testamentes von dem mit den Arminia- 
nern sympathisierenden Socinianer Jeremias Felbinger 
(+ 1616) !, die ihr Muster, die Rakowsche Übersetzung, zu über- 
bieten suchte und durch Buchstäblichkeit das Deutsche sehr 
verunstaltet hatte2. Bei seiner Arbeit hat Felbinger, wie er 
in der Vorrede sagt, die von Curcelläus 1658 zu Amsterdam 
besorgte griechische Ausgabe zu Grunde gelegt. Wie Curcel- 
läus hat auch Felbinger die Stelle in Klammern gesetzt: 
„Denn drei sind di da zeugen [in dem Himmel, der Vater, di 
Rede und der heilige Geist. und eben diselbigen drei sind 
eins. Vnd drei sind di da zeugen auff der Erde] der Geist...“ 
Unten auf der Seite besagt eine Anmerkung, dals die ein- 
geschlossenen Worte in vielen alten griechischen und latei- 
nischen Büchern fehlen, „wie in der syrischen, arabischen und 
Mohrischen Übersetzung“; auch werden sie von vielen Vätern 
nicht anerkannt und fehlen in alten Drucken. 

Felbinger hat auch in der Doctrina de Deo et Christo 
et Spiritu Sancto ipsis Scripturae sacrae verbis 1657 in th. 3 


als Beweis für die Gottheit des Heiligen Geistes 1 Jo 5, 6 7 
zitiert. 


ı Siehe über ihn Fock, Socinian. 248. 

2 Vgl. G.H.Goeze, De vers. Nov. Test. Felbingeriana, Lubec. 1706; 
Zeltner, Diss. de novis Bibl. germ. versionibus non temere vulgandis, 
Altdorfii 1707, 16. 


3 Palm, De cod. 176; Baumgarten, Nachrichten von einer ball. 
Bibliothek II 203. | 


Besprechungen. 


Mommert, Carl, Dr theol., Ritter des heiligen Grabes, Pfarrer, Topo- 
graphie des alten Jerusalem. I. Teil: Zion und Akra, die Hügel der Alt- 
stadt. gr. 8° (X u. 393) Leipzig 1902, E. Haberland.. M. 8— II. Teil: 
Das salomonische Tempel- und Palastquartier auf Moriah. Mit vier Fi- 
guren im Text und fünf Tafeln. (VII u. 305) 1903. M. 7.— 

Diese beiden, durch gründliche Behandlung und übersichtliche Dar- 
legung des Stoffes sich auszeichnenden Bände bilden für das Studium 
der Topographie Jerusalems ein willkommenes Hilfsmittel. In dem Streit 
über die Lage der „Stadt Davids“ stellt sich M. auf die Seite derer, die 
sie auf dem Südwesthügel suchen. Er verwirft mit Recht die Osthügel- 
Theorie, weil der Osthügel für den Sitz eines ganzen Volkes zu klein ist. 
Die „Stadt Davids“. konnte unmöglich auf der kleinen, nur 9 Morgen 
grolsen Fläche des Ophel gestanden haben. Der Gipfel des Osthügels 
aber wurde noch zur Zeit Davids als Dreschtenne benutzt. Die ganze 
Östhügel-Theorie beruht übrigens, was M. nicht angeführt hat, auf der 
unrichtigen Übersetzung von 372 "7, öpog Zubv = „Zion, der (Tempel)berg“, 
anstatt „der (Tempel)berg von Zion“. Nur an einer der zahlreichen 
Stellen ist „Tempelberg“ Apposition zu Zion: Ps 2,6. Dies ist aber ein 
davidischer Psalm, und zu Davids Zeit war nicht der Moriah, sondern 
der Zion Sitz des jüdischen Nationalheiligtums!. Die beiden Hügel, auf 
denen nach Flavius Josephus die Altstadt lag, sind nach M. der heutige sog. 
Oberzion und der sog. Unterzion. Er beruft sich hierfür auf Josephus, 
Bell. lud. 5, 4,2, wonach die alte Zweihügelstadt im Norden von der sog. 
„alten Mauer“ begrenzt gewesen sei, weshalb beide Hügel im Süden der- 
selben zu suchen seien. Dies ist aber ein Milsverständnis. Der Aus- 
druck „im Norden“ bezieht sich nicht auf die Stadt, sondern auf die 
Turmseite, von der die alte Mauer ausging. Nur der eine Hügel, der 
„die Davidsstadt“ trug, lag südlich von der „alten Mauer“. Der andere 
befand sich in der Gegend des alten Serails. M. meint zwar, die Has- 
monäer hätten die Höhe des Unterstadthügels nur so weit abgetragen, 
dals dieser den Tempel nicht mehr überragte, und deshalb mülsten noch 
Reste des ehemaligen Hügels in jener Gegend nachweisbar sein; dies sei 
aber nicht der Fall, weshalb der Unterstadthügel sich irgendwo anders 
befunden haben müsse. M. hat dabei übersehen, dals Josephus, Ant. 13, 6, 6 
ausdrücklich sagt, das Volk habe unter Simon den Hügel „bis auf den 
Grund und die glatte Ebene‘ abgetragen. Diesen zweiten Hügel sucht 
M. in der Anhöhe des sog. Unterzion. Dem widerspricht die Notiz bei 
Josephus a.a.O.: „Nach Abtragung der Burg und des Burgberges ragte der 
Tempel über alles empor“, insofern heute noch der Unterzion höher als der 
Moriah ist. Der Unterzion ragt über seine unmittelbare Umgebung an 
der Nord-, Ost- und Südseite immer noch so merklich hervor, dafs er 
mit einem Berg, den man eig &dapos xai nedivnv Acıörnra reduziert hat, 
in keiner Weise identifiziert werden kann. — Der 2. Band gilt dem Berg 

ı Joel 4, 17: „Gott, der ich in Zion wohne auf meinem heiligen 
Berge“. Siehe Ps 48,2. Joel 3,516. Mich 3, 12. 


302 Bibliographische Notizen. 


Moriah. Den grolsen Brandopferaltar verlegt M. mit Recht auf den 
Felsen Sachra; dagegen setzt er sich in Widerspruch mit ‚Josephus, Ant. 
15, 11, 4, wenn er Salomon den Antoniaburgfelsen mit einem Sommer- 
palaste überbauen lälst. Josephus sagt ausdrücklich, dafs erst die Hasmonaer 
diesen Felsen überbaut haben. Der Sommerpalast Salomons befand sich 
auf der Südseite der Haramarea, der Winterpalast aber am Fulse der 
Südmauer. Auf den Tempelberg verlegt M. auch den vielgedeuteten salo- 
monischen Millo, den er mit Recht von dem davidischen trennt. Jenen 
identifiziert er mit dem ganzen salomonischen Tempel- und Palastquartier 
auf Moriah, während er den Millo der Davidsstadt in dem sog. Davids- 
turm wiederfindet. Beides ist durch den jüngst aus dem Assyrischen ge- 
lieferten Nachweis, wonach x‘;n, wie assyr. tamlü, „Aufschüttung, auf- 
geschüttete Terrasse, Damm“ bedeutet, hinfällig geworden. Der davidische 
Millo ist wahrscheinlich in der „alten Mauer‘ der Teil, der die zwischen 
Öber- und Unterzion befindliche Taleinsenkung verschlols, während der 
salomonische die Schlucht des Wad bis an die Tempelmauer überbrückte. 
Das „Haus“ oder „der Palast des Millo“ lag wahrscheinlich an der 
Stelle des späteren Hasmonäerpalastes (x59 Il Kg 12, 20 = n;:» „der 
Brückendamm“ im Marokkanerquartier. Noch ıst die von M. unter 
Zugrundelegung des „Lineals des Gudea“ angesetzte Längenbestimmung 
der alten jüdischen Elle = 39,9 cm zu erwähnen. Mit diesem neuen 
Malse glaubt er das Heilirtum richtig rekonstruieren zu können. Allein 
die mitgeteilten Malsangaben stimmen nicht mit den Verhältnissen der 
angehängten Schickschen Karte; so soll z. B. der freie Raum auf der 
Ostseite, zwischen der Ostmauer des Tempels und der östlichen Um- 
fassungsmauer des ganzen Tempelquartieres, nur etwa 40 m betragen, 
während er nach jener Karte ca 75 m milst. — Sind somit die Resultate 
der Untersuchungen M.s nicht in allweg stichhaltig, so bieten sie doch 
ungemein viel Anregung und Nutzen für das Studium der Örtlichkeiten 
der heiligen Stadt. 
Blaubeuren. P. Riefsler. 


Bibliographische Notizen. 
(Das Erscheinungsjahr 1904 und Format 8° wird nicht eigens bezeichnet.) 


A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift. 
Abkürzungen wie 8. 81 u. 198. 

a) Bibliographie. Enzyklopädien. Einleitung. Inspiration. 
Hermeneutik. Geschichte der Exegese. Schriftstudium. 
Scherman, L., Orientalische Bibliographie XVI 208-243 (B. 1%3, 

Reutber. M 10.—). 

Vigouroux, F., Dictionnaire de la Bible. Fasc.23. Col.1—288: L—Lit. 
(40. P., Letouzey). 

Gray, J. C., and Adams, G. M., Biblical Encyclopedia, a Collection of 
Notes explanatory, homiletic and illustrative etc. 5 Bde (4500. Cleve- 
land, Barton. & 12.50). 

Barnes, C.R., Barnes’s Bible Encyclopedia, biographical, geographical, 
historical and doctrinal (N. Y., Eaton. $18.—). 

Singer, J., The Jewish Encyclopedia V: Dreyfus-Brisac—Goat (XXI u. 
686. 1903): Vgl. BZ II 81. 

Dondero, A., Institutiones biblicae ad mentem Leonis XIII pont. max. 
in encyclica Providentissimus Deus tironum usui accommodatae. Ed. 3. 
(533. Genua, Arcivescoville.. L 5.50) 

Scotti, &., Lezioni di Propedeutica biblica. Questioni dogmatiche e 
critico-letterarie (274. Neapel, D’Auria. ZL 3.50). 


Bibliographische Notizen. 303 


McPheeters, W. M., The Question of Authorship: Practice versus Theory 
(PrthR 1 579—596): ‚Die Praxis bei Profanliteratur, die Praxis der heiligen 
Schriftsteller, der Überlieferung, ja der modernen Kritiker widerlegt die 
Ansicht, die Frage nach dem Verfasser sei ohne Bedeutung, eine blols 
literarische Frage. Vgl. BZ II 86. 

Die Frage nach der Authentie der biblischen Bücher. Misc. (Bew. d.Gl. 
3. F. VI, 10. H. [Okt. 1903|). 

Gregory, D. S., Outline View of the Bible as God’s Revelation of Re- 
demption (BStdt N.S. 145—55 108-117): Sucht für jedes Buch der Bibel 
den Platz in der Offenbarungsgeschichte genau zu bestimmen. 

Blondel, M., Histoire et Dogme — les lucunes philosophiques de l’exegese 
moderne (La Quinzaine 16. Jan. 1904, 145—107). 

Billot, L., De inspiratione sacrae Scripturae theologica disquisitio (146. 
Rom 1903, Tip. de propag. fid.). 

Schanz, <P. v.>, Die Inspiration der Heiligen Schrift (Köln. Volks- 
zeitung 194, Lit. Beilage Nr 11): Für weitere Kreise handelt S. von der 
Tatsache der Inspiration (für das NT historisch nachweisbar nur aus der Apo- 
stolizität erschlossen und deshalb von S. auch mit derselben zusammen- 
hängend getalst. Nach der Bulle Providentissimus Deus (durchgängige 
Realinspiration, ausnahmslose Irrtumsfreiheit) bleibt offen die Beziehung 
zwischen der Subjektivität der Verfasser und den Objekten der Dar- 
stellung. Gott als „auctor“ ist durch den Inspirationsbegriff zu erklären, 
nicht umgekehrt. Wie der Literarkritik (Verfasser, allmähliche Bildung, 

seudepigrapbische Schriften), so steht auch der historischen Kritik in 
BZ auf die benutzten Quellen der Weg frei, wiewohl nur unzweifelhafte 
wissenschaftliche Resultate den Exegeten bestimmen sollen, von der all- 
gemeinen Erklärung abzuweichen. 

Dahle, L., Der Ursprung der Hl. Schrift (die Inspiration). Aus d. Nor- 
weg. von H. Hansen (VII u. 160. Lp. 1903, Ungleich. M 1.20). 

Sheraton, J. P., The Procefs of Inspiration (BStdt N. S. 1 18-20): Be- 
dingt den göttlichen und menschlichen Charakter der Bibel. — The Pro- 
duct of Inspiration — the inspired Scriptures (ebd. 84—%): Notwendig 
für die Glaubwürdigkeit und Vollständigkeit der Offenbarung ist die Irr- 
tumslosigkeit nicht, aber tatsächlich ist die Bibel ırrtumslos. 

Merisi, A., Le fonti dei Libri Sacri e il dogma dell’ ispirazione (Scuola 
Catt. Nov. 1903, 423 —438). 

Portig, Hermann von Helmholtz und die Inspiration. Antworten auf 
Zweifeltragen (Glauben u. Wissen I, 11. H.). 

Burrell, D. J., „Is“ or „contains“? (BStdt N. S. I 22—24): Letzteres: die 
Bibel „enthalte“ nur Gottes Wort, führt zu schlimmen Folgerungen. 

Grannan, C.-P., Questions d’ecriture sainte. Trad. de l’anglais par l’abbe 
L. Collin (18%. P. 1903, Lethielleux): Erschienen vor einigen Jahren 
in Catholie University Bulletin und American Catholic Quarterly Review, 
über Anwendung der Kritik auf die Bibel und über Inspiration. Ge- 
mälsigt fortschrittlich (nach Rev. du clerge fr. 1. März 1904, 44 ff). 

Curry, S. S., Vocal and literary Interpretation of the Bible. Introd. 
by F. G. Peabody (12°. XX u. 354. N. Y. 1903, Macmillan. $1.50). 

Fontaine, J., La methode historique et les &tudes scripturaires (Science 
cath. Mai 1903, 473—486). 

Girerd, F., L’autorite de la Bible (Annal. de phil. chret. Ser. 3, T. II, 
399-414): Wiewohl die Unfehlbarkeit der Kirche sich wenig über den 
Umfang der Offenbarungswahrheiten erstreckt, dieselbe, soweit sie in ihrer 
allgemeinen Lehre und im consensus patrum zum Ausdruck kommt, 
schwer feststellbar ist, darf man doch seit unvordenklicher Zeit vertretene 
Lehren der Kirche und der Väter nicht einfach aufgeben. Durch Bei- 
spiele der Exegese der Väter und unverdächtiger Exegeten zeigt er, dals 
wohl die Freiheit der Bibel von Irrtum, nicht aber von Ungenauigkeiten 
sicher gestellt sei. Anzunehmen, dals ein inspirierter Autor glaubt, die 


304 Bibliographische Notizen. 


historische Wahrheit zu sagen, und sich dabei täuscht, widerspricht nicht 
der Tradition. Gott leistet nur Bürgschaft für den religiös-doktricakı 
Teil der Heiligen Schrift, dals der religiöse Zweck, dem inspirierten Autr 
bewulst oder “unbewulst, erreicht werde. Alle geschichtlichen Tatsa:«: 
auch in den Evv, sind nur Material, das einer historischen Sicherung 
und Richtigkeit nicht bedarf. 

Rau, A., Bibel und Offenbarung (Delitzsch, Walter. M 1.—). 

Waller, c. H., The Word of God and the Testimony of Jesus Chr 
(Ld., Marshall). 

„Köhler, M., Die Bibel, das Buch der Menschheit (74. Berneck, Warneck 
— .50) 

Schmid, B., O.S.B., Grundlinien der Patrologie. 6. Aufl. (XII u.%. 
Freiburg, Herder. M 2. —): Trotz des Erscheinens von Rausch: 

„Grundrifs der Patrologie“ wel ob. S. 83) sind die 1879 zum ersten Ma» 

publizierten „Grundlinien“ em Konkurrenzunternehmen nicht gewick:r. 

er Verf. hat inzwischen fleilsig an dem Werke gearbeitet und will au 
in der sechsten Ausgabe namentlich durch eingehendere Charakterisierunz 
der Kirchenschriftsteller mehr leisten. Da Bardenhewers u. a. patrı- 
gische Publikationen zu (Gebote standen, konnten zahlreiche Feb: 
früherer Auflagen korrigiert werden. Um so mehr fällt auf, dals Schms 
Referate in manchen Echtheitsfragen (Barnabasbrief, Pseudojustina u.a 
noch sehr reserviert klingen. Die Aufzählung der Werke mancher Schnit:- 
steller will mir als zu schematisch und mechanisch erscheinen. S. 

Guidi, J., Un fragment arabe d’onomastique biblique (Rb N. S. 175-8: 
Ein Fragment mit Erklärung der Prophetennamen MsVat. ar. 171 f.®“. 
durch das Syrische aus dem “Griechischen stammend. 

Schanz, M., Geschichte der römischen Literutur bis zum Gesetzgebung 
werk des Kaisers Justinian. IV 1: Die Litteratur des 4. Jahrh. ıXVIu 
459. München, Beck. M 8.80): In $ 852--854 werden die Gedichte de %- 
doma und de Jona, $ 855 das Evangelienbuch des Juvencus, $ 857 der 
biblische Vergilcento der Proba. 3 873 das Dittochaeon des Prudenuas 
& 530 die Gedichte des Paulinus von Nola über biblische Stofle, & 8%- 
891 und 910—930 die exegetischen Schriften des Hilarius von Poitier 
und Aınbrosius, $ 945 der sox. Ambrosiaster, & 952 Priscillians Kanone 
zu den Paulusbriefen, 8 962f der Wallfahrtsbericht der sog. Silva 
(Etheria) und andere Schriften über das hl. Land, $ 980—989 die Revisioı 
und Übersetzung der Hl. Schrift durch Hieronymus und dessen exegetischt 
Schriften ausführlich und sachkundig besprochen. cW. 

Blacha, F. v., Der pseudo- cyprianische Traktat „De singularitate cler- 
corum” ein Werk des Novatian (Kirchengeschichtl. Abhandl., herausg. v. 
M. Sdralek 11 191—256): Untersucht S. 203—219 die Bibelzitate und ge- 
langt ım Gegensatze zu Harnack (BZ I 309) zu dem Resultate, dals au: 
ihnen auf einen Autor des 3. Jahrhunderts geschlossen werden müsse und 
die nahe Verwandtschaft mit dem Texte Lucifers nicht zugegeben wer- 
den könne. Cc.W. 

Gaucher, Saint Jeröme et l’inspiration des livres deuterocanoniques (Scient: 
cath. Febr. 1904). 

Bellanger, L., Le Poeme d’Orientius. Edition critique avec un Fa- 
Simile, «tude philologique et litteraire, traduction (XV u. 351. P. 1. 
Fontemoing): Bespricht S. 268—275 das Verhältnis des Dichters zur 
Bibel. Orientius wollte in seinem paränetischen Gedichte „faire servir is 
forme poetique A mieux fixer dans les esprits les pr&ceptes et les enseigne 
ments des textes sacres”. Commonit. 1, 33 ff eine eigenmächtige Modi- 
fizierung der biblischen Erzählung vom Propheten Balaam. C.W. 

Reinelt, P., Studien über die Briefe des hl. Paulinus von Nola (VII 
u. 104. Bresl., Aderholz): Handelt 8. 84—91 über das Bibelstudium der 
damaligen Zeit und seinen Reflex in den Briefen des P. und glaubt hır- 
sichtlich der Textgestalt der zitierten Stellen folgendes feststellen zu 


Bibliographische Notizen. 305 


können: Nach 410 benutzteP. für NT und Ps mit geringen Abweichungen 
die Vulgata. In den früheren Briefen stimmen seine Zitate aus NT mit 
Augustinus, die aus Ps mit dem Psalt. Rom, überein. Für AT mit Aus- 
nahme von Ps benutzte er eine an die LXX sich anschlielsende Über- 
setzung. .« W. 

Thimme, K., Luthers Stellung zur Heiligen Schrift (104. Gütersloh, 
Bertelsmann. M 1.80). 

Burgess, U., The Bible in Shakspeare: with numeral parallel Passages etc. 
(Chicago 1903, Winona Publ. Co.). 

Schultze, E., Die Bibel in der weiten Welt. Eine Denkschrift zum 
100jährigen Jubiläum der britischen und ausländischen Bibelgesellschatt, 
mit Berücksichtigung der schweizerischen und deutschen Verbände (VIII 
u.133 mit Titelbild. Basel, Kober. M 1.—): Orientiert in klarer populärer 
Weise kurz und bündig über das, was die festfeiernde Bibelgesellschaft 
betrifft, getragen von edlem Vertrauen auf den Wert und die Gotteskraft 
der Heiligen Schrift. Das protestantische Schriftprinzip ist ihm die richtige 
Grundlage für das Verständnis eines solchen Unternehmens; der land- 
läufigen Be- und Verurteilung der katholischen ablehnenden Haltung 
stimmt er zu. Doch gelingt es ihm $. 107, die gegensätzliche Stellung 
der katholischen Kirche aus den dem protestantischen Bibelsakramente 
entgegengesetzten katholischen Schriftprinzip — allerdings in etwas über- 
spannter Tragweite — abzuleiten und gerecht zu würdigen. 

Canton, W., A History of the British and Foreign Bible Society. With 
Portraits and Illustrations. 2 Bde (X1 u.512. XlI u. 496. Ld., Murray): 
Zum 100jährigen Jubiläum 7. März 1804—1904, I. Bd bis 1817, II. Bd 
1817—1854. 

Darion, T. H., and Moule, H. F., Historical Catalogue of the printed 
Editions of Holy Scripture in the Library of the British and Foreign 
Bible Society. 2 Vols. Vol. I, English (XIII u.428. Ld., Bible House. 
ls 6d). 

Kautzsch, E., Bibelwissenschaft und Religionsunterricht. Sechs Thesen. 
2., miteinem Votum über neueste Erscheinungen (Stosch, Urquhart, Lepsius 
und der Babel-Bibel-Streit) verm. Aufl. (96. Halle 1903, Strien. M 1.50). 


b) Sprache. Text und Übersetzungen. Bibelkritik. 


Schulthess, F., Lexicon Syropalaestinum (X VI u. 226. B. 1903, Reimer. 
M 10.—): Eine erschöpfende lexikalische Bearbeitung des syropalästinischen 
Materials, das hauptsächlich aus Schrifttexten besteht. 

Nestle, E., Sykophantia im bibl. Griechisch (ZnutW 1V 271 f): Zukopavreiv 
= bedrücken, erpressen (ps). In der Übersetzung der Tebtunis Papyri 
wird es mit „falsch anklagen“ wiedergegeben. 

Facsimiles of ancient Manuscripts etc. Part. I. Herausgeg. von The 
new palaeograplical Society (Ld. 1903): Enthält Proben aus dem 
AT, LXX (10. Jahrh.), den griechischen Evv (1160), den lat. Evv (11. Jahrh., 
mit verziertem Titel und einer Textprobe), einen lat. Psalter (1322—1325, 
mit reichem Schmuck). 

Vacandard, E., Saint Victrice, Eveque de Rouen (IV°—V* s.). 2. edit. Les 
Saints. (Il u. 187. P. 1903, Lecotire): Bespricht S. 33—35 den Bibeltext 
der Schrift oder Predigt de laude Sanctorum (Migne XX). Er erscheint 
ihm verwandt mit dem des Hilarıus von Poitiers, des Ruricius von Li- 
moges und einer Cambridger Hs und geeignet, einen neuen Beweis zu 
liefern „de l’existence d’une version gallicane distincte de l’Itala propre- 
ment dite”. 6. W. 

Elis, C., Über die Fremdworte und fremden Eigennamen in der gotischen 
Bibelübersetzung in grammatischer und archäologischer Hinsicht. Diss. 
Löttingen (76 S.). 

Palmieri, A., Le versioni Georgiane della Bibbia (Bessarione s. II, 
vol. V, 259—268 322— 328): Weist hin auf die Wichtigkeit der georgischen 

Biblische Zeitschrift. U. 3. 0 


306 Bibliographische Notizen. 


Literatur, die zu sehr vernachlässigt werde, gibt reichlich Quellen für 
die Geschichte des Volkes an. Fundorte in den verschiedenen Bibiictkeken 
des Orients und des Abendlandes und beginnt mit einer Beschreibung 
und Würdigung der Bibelhss. 

Cheikho, L., S. J., Les Mss arabes de Ü Universite St Joseph (Al-Mairk 
VII, Nr 1-3): Die Bibel-Mss AT und NT; Kommentare. 

Demans, R., William Tinsdale, a Biography. Being a Contribution io 
the early History of the English Bible. Pop. Ed., rev. by R. Lovett 52. 
R. T.S. 38 6d\. 

The Holy Bible containing the O and NTs, tr. out of the original Tongıes 
and with tormer Translations diligently compared and revised etc. (4%. 1332. 
ill. pl. maps. Philadelphia, Holman. $3.—). 

The Century Bible. Introd., Rev. Vers. with Notes, giving Ana'vsis 
showing from which of orig. Documents each Portion of the Text 
taken (12°. Ld.. Jack): Genesis, ed. by W.H.Bennet. Judges and Ruth. ei. 
by G. W. Thatches. a 28 dd. 

The Holy Bible containing the O and NT, tr. out of original Tongu=. 
Standard Ed. (285 u. 242. N. Y. 1903, Nelsor. ee 

The English Bible. Vol. V: Apocrypha. The Tudor Translation (3. 
Ld.. Nutt. 905). 

Zwolski, S., De bibliis polonicis, quae usque ad inilium saeculi XV]. 
in lucem edita sunt. Diss. Münster (69 8.). 

Xanthopoulos, Th., Les dernieres traductions de P’Ecriture Sainte en nic 
grec (Echos d’Orient VI 230—240): In V 8321—332 (vel,, BZ 186 
schäftigte sich X. mit den verschiedenen Versuchen der Übersetzung der 
Hl. Schrift ins Neugriechische, die seit dem 18. Jahrh. gemacht wurier. 
Hier erstreckt sich die Untersuchung auf die Unternehmungen m 
19. Jahrh. bis herab zu der von Palle (BZ I 412), die Ursache der Re- 
volution in Athen 1901 war (nach Bessarione s. 11, t. V, xxxıx\. 

Brucker, J., Bulletin d’Ecriture Sainte (Etudes XCVIII 386-401: Vel. 
BZ 11105. In Hummelauers Kommentar zu Jos findet B. die Formel 
für die Veränderungen im heiligen Texte: „Textus habebant non fixos. sed 
fluxos“, kühn, aber zulässig, wenn die Inspiration intakt bleibt. Auch 
in Bezug auf Negierung einer Tradition über die Autoren der heiligen 
Bücher ist B. mit H. nicht ganz einverstanden. — Die literarkritische 
Textbehandlung in Larranges Juges findet B. subjektiv. L.s Erklärung 
der Chronologie der Richterzeit ist nach B. auch von andern koner- 
vativen Exegeten vertreten. — Loisys Verurteilung. Die historisch 
Kritik ist in ihm nicht getroffen. wohl aber seine Methode. sie ar- 
zuwenden. Er ignoriert vollständig alles Übernatürliche. — Schell: 
Christus will nur eine Philosophie seiner Sittenlehre sein, ohne selb: 
hier auf Vollständigkeit zu dringen. B. erkennt an, dalis er die Glaut- 
würdigkeit der Evv festliält und ihren Lehrgehalt glücklich gegen neuere 
Angriffe verteidigt. 8. bemühe sich aber auch, seine eigenen lieb 
gewonnenen Ideen in die Evv hineinzutragen. 

Bevan, G. M., The Bible and modern Criticism (ExpT XV 92f: Gibt 
Nachricht über einen Ferienkurs zur Einführung der Bibelleser in die 
Bibelkritik. : 

Haas, A. W., Biblical Criticism (XXXI u. 233, Philadelphia 1®%. 
Gen. Counc. Luth. Publ. House. $1.50). 

Lambert, W. A., Is higher Criticism satisfactory as a Method of bitliei 
Study? (bBStdt VIII 166—169): Nein, weil die religiöse Wertung der 
Bibel vernachlässigt wird. 

Hall, W. P., Some Results of destructive Criticism (BStdt N.S.I 20-2: 
Diskreditierung der Bibel und Christi. 

Beecher, W. J., The old Tradition and the new (BStät N. S. I 1-13: 
Der jetzt vertretene Kritizismus ist in seiner gegenwärtigen Gestalt nicht 
als dauernd zu betrachten. 


Bibliographische Notizen. 307 


Buttz, H. A., Conditions of authoritative biblical Criticism (BStdt N.S. 
I 75—84): Abdruck aus Methodist Rev. März—April 1896. 

Myth and Fiction as employed in the Bible. A Symposium (BW XXII 
342—357): Aulserungen einer Reihe von Exegeten über Tatsächlichkeit 
und Vereinbarkeit mit der Inspiration, meist beides bejahend. 

Fontaine, J., La Bible: histoire ou lögende? Surtout A propos d’un 
article des Studi religiosi (La Science cath. Nov. 1903, 1017—1041). 

Fonsegrive, G., A propos d’eregese (La Quinzaine 16. Dez. 1903, 441—453). 

Ermoni, V., La crise de l’exegese biblique. Reflexions judicieuses (La 
Quinzaine 16. Febr. 1904, 481—499). 

5 Era hy La Bible et l’histoire. Collection Science et Religion (120. 

„ Bloud). 

Doerr, F., Religionsgeschichtliche Methode und Bibelautorität (PrM VII 
361—393): Sie hat bewirkt, dals die moderne "Theologie keinen Kanon 
und keine auf Inspiration beruhende Autorität mehr kennt, im geraden 
Gegensatz zur Schätzung der Bibel in der Gemeinde, die in das ge- 
schichtliche Verständnis der Bibel eingeführt werden muls. 
er E., Bibel und Naturwissenschaft (318. Stuttgart, Kielmann. 

8.—). 

Fontaine, Exegese catholico-protestante (Science cath. März 1904). 

X., Leone XIIIela critica biblica (Rassegna Naz. 1. Nov. 1903, 28—45). 

Vautier, E., De la question biblique chez les catholiques de France (Lib. 
chret. VII [1904] 1). 

Mignot, Critique et Tradition (Le Correspondant 10. Jan. 1904, 3—32). 
— Eine Übersetzung davon: Gazagnol, G., Msgr. Mignots Äu/serungen 
über „Kritik und Tradition“ (Zwanzigstes Jahrh. 1904, Nr 5, 6, 8, 10): 
M. fürchtet von der neuen Bewegung auf biblischem Gebiete keine ernste 
religiöse Krisis, sondern erhofft cine neue Orientierung. Loisy scheint 
ihm mehr unrichtiges Verständnis gefunden zu haben, als dals man an 
der groflsen Gelehrsamkeit und Aufrichtigkeit des Verfassers zweifeln 
dürfte. Die Kirche besitzt eine von der Bibel unabhängig begründete 
Autorität. Das lebendige Werk Christi bietet uns den unentbehrlichen 
Schlüssel zum NT. Loisy hat in seinem Werke nur aus einigen Quellen, 
den Synoptikern allein, geschöpft, ohne deshalb andere Quellen und sämt- 
liche daraus hervorgehenden Wahrheiten leugnen zu wollen. — Mgr Mignot 
au Vatican (L’Univers 23. Dec. 1903): Er fand sich in seinen biblischen 
Auffassungen in vollständiger Übereinstimmung mit dem Papste — 
Maignan, C., Critique et Tradition. Discussion de l’article de Mgr \Mignot 
publie dans le Correspondant du 10 janvier (La Verite franc. 21., 22., 25., 
26. Jan. 1904, — Lott, A., Critique et Tradition (La Verite franc. 
2, Febr. 1904). 

A. P., L’ortodossia russa contro la pretesa critica scientifica dei Libri 
santi (Bessarione s. II, t. V, 417f): Die russischen Exegeten zeigen eine 
beachtenswerte Bekanntschaft mit der modernen Kritik, aber sie halten 
mit Energie an der Göttlichkeit der heiligen Schriften fest. 


c) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie. 


Tlele, C. P., Grundzüge der Religionswissenschaft. Eine kurzgefalste 
Einführung in das Studium der Religion und ihrer Geschichte. Autoris. 
deutsche Bearb. von G. Gehrich (VII u. 70. Tübingen, Mohr. M 1.80). 

Bousset, W., Das Wesen der Religion dargestellt an ihrer Geschichte 
(IX u. 286. Halle 1903, Gebauer-Schwetschke. M 4.—): 4. Propheten 
und prophetische Religionen (99—122). 5. Gesetzesreligionen: Judentum 
usw. (123—157). 7. Das Wesen des Christentums (192—232). 8. Die 
Zukunft des Christentums (233—270). 

Hehn, J., Sünde und Erlösung nach biblischer und babylonischer An- 
schauung (Vll u. 63. Lp., Hinrichs. M 1.60): Interessant als Versuch, 
mit dem Standpunkt der katholischen Exegese Aufstellungen eines Gunkel, 


20* 


308 Bibliographische Notizen. 


Winckler, Zimmern auszugleichen. Die Nebeneinanderstellung von Marduk 
und Christus wird wohl eine noch eingehendere Darstellung erfahren in 
der vollständigen Veröffentlichung der Dissert. Hehns (vgl. BZ I %ı in 
Beitr. zur Assyr. und sem. Sprachwissenschaft V 3. 

Tennant, F. R., The Sources of the Doctrines of the Fall and original 
Sin (XIV u. 363. Cambridge 1903, Un. Press): Beschäftigt sich mi 
der biblischen Erzählung, ihrer Erklärung und Literarkritik, Parallelen. 

sychologischem Ursprung, Lehre des Sir, des Judaismus, der rabbinischen 
Titerabar, der jüdischen Pseudepigraphen, des Paulus und der Kirche vor 
Augustin. 

Fulliquet, &., Le Miracle dans la Bible (470. P., Fischbacher. Fr 7.50. 

Ziiier, F., Die biblischen Wunder in ihrer Beziehung zu den biblischen 
Welt- und Gottesvorstellungen (Samml. gemeinverst. Vorträge 38. 3'. 
Tübingen, Mohr. M —.80): Findet die Wunderauffassung jeweils den 
Phasen der (rationalistisch gefalsten) Religion Israels entsprechend. 

Ziese, J. H., Die Gesetz- und Ordnungsgemä/sheit der biblischen Wunder. 
universalgeschichtlich begründet (1V u. 182. Schleswig 1903, Ibbeken. 
M 2.—): Die biblischen Wunder sind nicht göttliche Willkürakte, sondern 
dienen der Wiederherstellung der durch die Sünde gestörten Weltordnung 
und reihen sich dem jeweiligen geschichtlichen Entwicklungsstande dieser 
Wiederherstellung im Laufe der Weltgeschichte an (nach ThLbl XXV 5lf.. 

Montefiore, C. G., Rabbinic Conceptions of RBepentance (JqR XV 
209—257): Beruhen im wesentlichen auf dem AT, da Hellenismus und 
NT keinen eigenen Begriff haben. Die rabbinische Lehre über die Bul* 
ist erst die volle und echte Entfaltung derselben, zugleich eine Harmo- 
nisierung der priesterlichen und prophetischen Auffassung. Ein reiche 
rabbinisches Material kommt in Verwendung. 

Reinach, T., Histoire des Israelites depuis la ruine de leur independen 
Fa Jusqw’a nos jours. 8° ed. (16%. XIX u. 416. P. 1903, Hachette. 

r 4.—). : 

Ninok, C., Auf biblischen Pfaden. Reisebilder aus Agypten, Palästins 
Syrien, Kleinasien, Griechenland und der Türkei. 6., verm. u. verb. A 
(4%. VIII u. 416 m. Abb., 2 Kart. u. 1 Panor. Lp. 1903, Deutscher Kinder- 
freund. M 7.—). 

Soden, H. v., Palästina und seine Geschichte. 6 volkstümliche Vor- 
träge. 2. Aufl. Aus Natur und Geisteswelt 6. Bdchen (IV u. 112. Lp. 
Teubner. M 1.25). 

Grammatica, L., Testo Atlante di Geografia Sacra I: Geografia Biblire 
(Bergamo, Istituto Ital. d’arti graf. L 4.80): Eine Rez. der Str Ill 
549 —551 vermilst darin die historische Korrektheit in Bezug auf die Aus 
scheidung der geographischen Angaben einzelner Perioden und tadelt den 
Aufbau des Atlas auf der traditionellen statt einer wissenschaftlichen 
Exegese. 

Preuschen, E., Leitfaden der biblischen Geographie. Mit 6 Ortsansichten 
(IV u. 174. Gielsen, Roth. M 1.—). 

Müller, R., Eine schweizerische Jerusalemfahrt im Anfang des 16. Jahrh. 
(Schweiz. theol. Zeitschr. 1903, 204—254). 

Mühlau, F., Martinus Seusenius’ Reise in das heilige Land im Jahre 1602. 
Kieler Univ.-Progr. 1902 (35 S.). 

Sargenton-Galichon, A., Sinai, Ma'än, Petra. Sur les traces d'Isruäl 
et chez les Nabateens. Avec une lettre-preface du M. de Vogüe (1%. 
XV u. 305. P., Lecofire): Einer Sylvia von Aquitanien nacheifernd. 
scheute die Schriftstellerin nicht Gefahren und Strapazen, um im Arn- 
schluls an eine Karawane der Ecole biblique unter Führung von P. A. Jaussen 
die weite Reise zu unternehmen. In diesem schön ausgestatteten. mit 
Karten und Illustrationen geschmückten Werke bietet sie ein fortlaufen- 
des Tagebuch (10. Febr. — 25. März 1902), mit Geist und Gemüt g« 
schrieben, von feiner Naturbeobachtung und sorgfältigen vorbereitenden 


Bibliographische Notizen. 309 


Studien zeugend. Sie hat damit für Liebhaber solcher Reiseberichte 
und solche, die jene Gegenden bereisen, eine angenehme Lektüre ge- 
schaffen. f 

Dressaire, L., Etudes palestiniennes. La tradition et Tauthenticite des 
Lieux saints (Rev. Aug. 15. Mai 1903, 416—431). 

Historische Stätten in Palästina. Nach eigenen Aufzeichnungen während 
einer archäologischen Expedition im Sommer 1903 (Allg. ev.-luth. Kz 1904, 
Nr 1-4): Jericho, die TTerebinthe Mamre, die galiläischen Synagogen, 
Sichem und Umgebung. 

Barnabe d’Alsace, Questions de topographie palestinienne: Le lieu de 
la rencontre d’Abraham et de Melchisedech, avec une appendice sur le tom- 
beau de S. Anne a Jerusalem (164. Jerusalem, impr. Francisc.). 

Blake,W., Jerusalenı. Ed.by E.R.D. Maclaganand A.G.B. Russel. 
(150. Ld. 1903. Bullen. 68). 

Leeper, J. L., Voices from Underground Jerusalem (BW XXII 167—179): 
Die Lage der einzelnen Stadtteile wird, soweit möglich, in Wort und 
Bild geschildert. — Remains of the Temple at Jerusalem (ebd. 329— 341). 

Gatt, G., Bemerkungen zu Dr. Alf. Schulz’s Aufsatz über die Sion- 
Frage (ThQ LXXXVi 249-258): Gegen ThQ 1900, 356—389. Mit S. 
nimmt G. an, dals die Bibel gewöhnlich von einem Berge Sion in über- 
tragenem Sinne rede, behauptet jedoch gegen S., dals sie auch einen eigent- 
lichen Berg Sion in topographischem Sinne kenne; die Tradition von 
einem Berge Sion sei nicht entstanden wie etwa die über das Tal Josa- 
phat. Die Lage der Davidsstadt nach S. bestreitet G.: die Akra der 
Syrer sei nicht identisch mit der Davidsstadt 1 Makk. Mit Unrecht finde 
S. bei Josephus ein Akra in doppeltem Sinne. — In ThR III 28 findet 
G., dals auch Germer-Durand (vgl. BZ II 88) mit ‚Josephus, der Bibel 
und der Bodenbeschaffenheit in Widerspruch gerate. 

Masterman, E. W. G., Jewish Customs of Birth, Marriage and Death 
(BW XXIII 248-257). — Occupations of the Jews in Palestine (BW XXII 
88—97). — Feasts and Fasts of the Jews in modern Palestine (BW 
XXIII 24-36 110-121). 

Davies, T. W., Sacred Music among the ancient Hebrews and in the 
Christian Church (Bapt. Mag. an. Lit. Rev. Sept.-Okt.-Nov. 1903). 

Rattray, A., Divine Hygiene: Sanitary Science and Sanitarians of the 
Sacred Scriptures and Mosaic Code. 2 Bde (672, 756. Ld.1903, Nisbet. 325). 


d) Auslegung. 


Carr, A., Horae Biblicae: Short Studies in O and NT (242. Ld., 
Hodder. 6s). 

La salnte Bible arec commentaire d’apres Dom Calmet, les saints peres 
et les eröyetes, anciens et modernes, par J. A. Petit. T. 15 (705. Arras, 
Sueur-Charruey). 

Urquhart, J., Die neueren Entdeckungen und die Bibel. V. Bd. Von 
den Büchern Chronik bis zum Ev Johannis. Übers. von G. Spliedt 
(XII u. 376. Stuttgart, Kielmann. M 4—). — Der 1. Bd in 4. Aufl. 
(XVI u. 341). Vgl. BZ I 93 329, 

Matheson, G., Representative Men of the Bible II: Ishmael to Daniel. 
(864. Ld. 1903, Hodder). 

Steinführer, W., Der Engel Gesetz. Ein theologisches Problem. I. Hin- 
weisender Teil (XI u. 400. Lp. 1903, Richter. M 8.—): „Ein Stück Gnosis 
in moderner Ausrüstung!“ Das Gesetz des AT ist nicht von Jalwe, 
sondern von den Engelmächten (Elohim), ein Gegensatz, den dann der 
aulserhalb desselben stehende Christus zu lösen hat. Sogar in apostolischer 
Zeit, im Petrinismus und Paulinismus wırke dieser Gegensatz noch nach 
(ThLbl XXIV 549-552). 

Jacob, B., Im Nanien Gottes. Eine sprachliche und relieionsgeschicht- 
liche Untersuchung zum A und NT (VII u. 176. B., Calvary. M 3.—). 


310 Bibliographische Notizen. 


B. Das Alte Testament. 


a) Einleitung. Geschichte der Exegese. Biblisch-orientalische 
Sprachen. 

Beardslee, J., Outlines of an Introduction to the OT (12%. 215. \.Y. 
Revell. $1.20). 

Sampey, J.R., Syllabus for the OT Study (105. Louisville 1903, Dearinz. 

Wünsche, A., Der Schüpfungsbericht (Gen.1) nach Auffassung des Midrasch 
(VB 1 356— 398}: Gibt die Erklärungen aus Tanchuma, Jelamdenn. 
Lekach tob in Übersetzung wieder. 

Wertheimer, oo» vz5 "eo (15 S. u. 23 Bl. Jerusalem 1903): Von den 
7 Nummern enthält: Nr 2: Midra® zum Buche Est (Bruchstück'; 3: Frer- 
mente eines ="x on; 5: das Büchlein Zerubabel mit Fragmenten aus 
Hss; 6: Rolle des Antiochus, aram. nebst arab. Übers. (schon längst edıert:; 
7: den R. Akiba zugeschriebenen Midras über die *""r und über die groisen 
und kleinen Buchstaben (neu ediert. Nach MGWJ XLVII 3711, wo 
u. a. Nachträge zu Nr 2, 

Perles, F., Proben aus dem Nachla/s von Joseph Perles (JqR XVI 31 
—356): Mehrere Worte aus den Midrasen und Targumen werden erklirt 

Witte, J., Der Kommentar des Apponius zum Hohenliede. Unters. über 
die Zeit und den Ort seiner Abfassung, über die Persönlichkeit des Verf. 
und über die Stellung des Kommentars in der Geschichte der Auslegung 
des Hohenliedes. Diss. Erlangen (95 S.). 

Bacher, W., Aus dem Wörterbuche Tanchum Jeruschalmi's. Nebst einen 
Anhang über den sprachlichen Charakter des Maimünischen Mischne- 
Tora. Progr. (146u.38. Stralsburg 1903, Trübner. M4.—): Das 1.Kap. 
der Schrift von B. handelt über Tanchum J. (er war tatsächlich in Ps- 
lästina zu Hause). Im 12. Kap. stellt B. die wenigen bibelexegetischeu 
Bemerkungen aus dem Wörterbuch zusammen (nach OrLz VIl 13—1%. 

Bacher, W., Zur neuesten arabischen Literatur der Juden. B. Bisl- 
übersetzungen. Bibelexegese. Homiletisches (ZhB VII 148—150). 

Vrede, W., Die beiden dem hl. I’homas von Aquin zugeschriebenen Kom: 
mentare zum hohen Liede. Diss. Münster 193. (41. B.): Sie sind un- 
echt. Höchstens ist der Kommentar „Sonet vox tua’” von Agidius Romanus 
nach Vorlesungen des hl. Thomas geschrieben (nach Köln. Volksz. 1%3, 
Beil. Nr 40). 

Vernes, M., Ernest Renan ecrivain et V’histoire du peuple d’ Israel (Rev. 
de Belg. 15. Febr. 1904, 119—138). 

Trenel, LAT et la langue francaise du moyen-äge (VIIIL— X V: sieceı. 
stude sur le role de l’clcment bıblique dans l’histoire de la langue, des 
origines a la fin du XV" siecle (P., Cerf. Fr 10.—). 

Theodor, J., Bereschit rabba mit kritischem Apparate und Kommentär. 
Lief. 1. (B. 1903, Selbstverlag): Etwa auf 8 Lief. berechnet zu M3.—; vol. 
MGW.J XLVIl 379 f. 

Smith, J. M. P., Heinrich Ewald and the OT (BW XXIl 407—115. 

Hirschfeld, H., The Arabic Portion of the Cairo Genizah at Cambridge IN: 
Further Saadyäh Fraxments (JqR VL 290-299): Nr XII enthalt dın 
Antang einer Abhandlung über Ex 12 von Saadja. Übersetzung und 
Abdruck. 

Sancti Hieronymi Presbyteri Tractatus sive Homiliae in Psalm« 
quattuordecim. Detexit adiectisqgue commentariis criticis primus e&. 
G. Morin. (Anecdota Maredsolanua III 3 Oxtord, Parker. std). _ 

Buber, $., rrox-3 non: Midraschische Auslegungen zum 1. Buche Moss. 
Nach den ältesten Druckwerken, in Vergleichung mit einer Oxforder Hs 
Cod. 2340 herausgeg. Mit Erklärungen und einer Einleitung versehen 
(XLV11I u. 165. Krakau 1903. Fischer). 

Brewer, H., S.J., Über den Heptateuchdichter Cyprian und die Cama 
Cypriani (ZkTh XXV11l 92—115): Identifiziert den Dichter des Hepis- 


Bibliographische Notizen. 3ll 


teuch mit dem Presbyter Cyprian, an den Hieronymus um 418 epist. 140 
(eine Erklärung von Ps 89) richtet, und hält es für sehr wahrscheinlich, 
dals derselbe auch die Gedichte über Sodoma, Jonas und Ad Senatorem 
sowie die seltsame Caena Cypriani, die nach seiner Ansicht um 380—400 in 
Überitalien entstanden ist, verfalst habe. Wie die letztere als „geistliclıe 
Tischwürze“ aufzufassen sei (vgl. Zeno von Verona, Tract. 11 38), so habe 
Cyprian mit seinen Bibeldichtungen den Zweck verfolgt, „der Volks- 
unterhaltung einen geistlichen Stoff in volkstümlicher Anpassung zu 
bieten“. Die Ausführungen des Verf. sind nicht durchweg überzeugend 
und enthalten im einzelnen Ungenauigkeiten (S. 109 A. 4 und S. 114 ist 
Stutzenberger für Stuckenberger zu schreiben; vgl. BZ II%. Der S. 110 
A. 1 zitierte Gelehrte heilst W., nicht H. Kroll und hat gegen das 
afrikanische, nicht gegen das gallische Latein polemisiert). C.W. 

Freimann, A., a Hildesheimer, M., o"ax r>*3, Festschrift z. 70. Ge- 
burtstage A. Berliners, gewidmet von Freunden und Schülern. 2 Teile 
(XXX], 376 u. 130. Fraukfurt a. M. 1903, Kauffmann. M 20.—): 44 Bei- 
träge. Biblisch-exegetisch sind folgende: Barth (S. 33—40) weist midra- 
sische Elemente in der muslimischen Tradition nach. Blau, Uber den 
Einfluls des althebräischen Buchwesens auf die Originale und auf die 
ältesten Hss der LXX, des NT und der Hexapla (41—49). S. Fränkel 
(97—99) gibt Beiträge zum targumischen Wörterbuch. J. Friedländer, 
Die Messiasidee im Islam (116—130): Der Schiitismus ist jüdischen Ur- 
sprungs (so schon Wellhausen) und hängt mit der Messiasidee zusammen; 
ebenso der Mahdi-Glaube. Grünhut\ 156—163), Bemerkungen zu Berliners 
Raschi-Ausgabe: Raschis Tanchuma und der verloren gegangene Jelam- 
denu sind ein und derselbe Midras mit verschiedenen Namen (gegen 
Buber). M. Horowitz (180—189) sucht u.a. an drei Beispielen zu zeigen, 
wie durch die Halacha schwierige Stellen der Thora erklärt werden 
können. Landaxer (215—226) handelt über das Aleph als mater lectionis 
im Jüdisch-Aramäischen. I. Löw (231—254) behandelt die Ptlanzennamen 
bei Raschi. Preufs (296—298) handelt vom altfranzösischen v:>» 2 bei 
Raschi. Eppenstein (II., hebr. Teil 15—26), vgl. BZ 1I 91. Hofmann 
(55— 71) behandelt einen bereits veröffentlichten Midras über die dreizehn 
Middot. S. Poznanski (91—107) veröffentlicht den arabischen Kommentar 
von Jehuda ibn Bal’am zu Josua (nach ZhB VII 139 ff 165 fl). 

Lindelöf, U., Studien zu altenglischen Psalterglossen (Bonner Beitr. z. 
Anglistik 13. IV u. 123. Bonn, Hanstein. M 4—). 

Brockelmann, C., Die Femininendung t im Semitischen. Abh., gelesen 
in der Sitzung der orientalisch-sprachwissenschaftlichen Sektion der 
Schlesischen Gesellschaft am 3. Febr. 1903 (24 S.): Es gibt nur eine ur- 
semitische Femininendung at, die sich unter bestimmten Laut- und Silben- 
verhältnissen zu t verkürzt. So im Anschluls an Philippi ZdämG XXXII 
81. — Vgl. Rez. von J. Barth in ZdmG LVII 628-636, der Methode 
und Resultat der Untersuchung beanstandet, in Einzelheiten aber zu- 
stimmt. — Fortführung der Poleınik ZdmG LVL1I 795797 798—804. 

Epı.enstein, $., Recherches sur les comparaisons de !’ Hebreu avec l’ Arabe 
chez les Exegetes du Nord de la France (REj XLVII 47-56): Eine kurze 
Geschichte der Bestrebungen, für die Bibelerklärung aus dem Arabischen 
Nutzen zu ziehen. 

Romanelli, S.A., a1». La Merope. Tragoedia illustr. po@tae Veronensis 
Marchionis Francisci Scipionis Maffei, ex Italico sermone in linguam 
sacram classicam convertit. Edid. P. Th. Weikert O.S.B. (XVI u. 205 
mit Faksimile. Rom 1903, Pustet): Der klassische Sagenstoff ist dich- 
terisch verarbeitet u. a. in anerkannt vorzüglicher Weise von dem italie- 
nischen Dichter F. S. Maffei (1675—1755), Der Hebraist S. A. Romanelli 
(1757—1814) hat die Tragödie ins Hebräische übertragen. Diesem Denk- 
mal des hebräischen Sprachstudiums und der Gewandtheit in der heiligen 
Sprache hat der Herausgeber, Professor der orientalischen Sprachen am 








312 Bibliographische Notizen. 


Collegium Anselmianum in Rom, ein dankenswertes Interesse entgegen- 
gebracht. Im Besitze des Autographs des R,, hat er unter Beizichung 
einer Budapester Hs durch diese sorgfältige (nur die Punktation hat er 
dem MT angepalst) Ausgabe das Werk zugänglich gemacht. Die Ein- 
leitung klärt uns auf über Leben und Schriften des Romanelli; eine voll- 
ständige Bibliographie über die gedruckten und handschriftlichen Nach- 
Jässe desselben ist für die Interessenten an der neuhebräischen Literatur 
von besonderem Werte. W. hat in diesem schönen Werke einen Beitrag 
zur Kenntnis des Romanelli, von dem er eine nähere Würdigung durch 
L. Blau (Budapest) anzukündigen in der Lage ist, und der neuhebräischen 
Übersetzungsliteratur gegeben und, wie der Herausgeber mit Recht hoffen 
darf, eine angenehme Lektüre für die Sprachkundigen, ein anregendes 
Übungsstück für die Sprachbeflissenen geschaffen. 

Adler, N., Die Renaissance des althebräischen Leseunterrichts im Lichte 
der modernen Methode. Eine didaktische Studie (31 mit 1 Taf. Fürth 
1903, per: M —.%0\. 

Holzhey, C., Herkunft und Bedeutung der Endvokale u, i, a beim assy- 
sischen Nomen und Verbum (ZdmG LVIl 751—765): Entstanden aus den 
ursprünglich voranstehenden gleichbedeutenden Deiktika hu, bi, hıa, zuerst 
demonstrativ, dann als Artikel, später emphatisch, zuletzt ohne hervor- 
hebende Bedeutung, wie im Assyr. Sucht nun durch interessante Deu- 
tung semitischer Formen hu, hi und ha als vorgesetzt, als gleichbedeutend 
ohne Geschlechtsunterschied (hi auch m.), ihre Enttonung und Nachsetzung 
zu erweisen; dann über die sprachgeschichtliche Begründung der ver- 
schiedenartigen Behandlung in den verschiedenen semitischen Dialekten. 

Guerinot, A., De la valeur de l’expression onbx mı=" (Rev. de linguistique 
et de philologie compar&e XXXV1 45-49): Nicht Appositionsverbindung, 
weil ermbx unbestimmter als mım. Wenn = „der wahre Gott“, dann 
em>x; der konjunktive Akzent deutet auf st. c. bin. Wie mın=s = 
entstanden aus x "nbx mırm, so diese Formel aus pwbx "mbx mem — Jahwe, 
Gott der Götter. 

Wünsche, A., Der Komparativ im Hebräischen im Lichte der arabischen 
Grammatik (VB 1 398—402): 7» des Komparativs bezeichnet den mate- 
riellen oder ideellen Ausgangspunkt beim Abschätzen, was Gesenius- 
Kautzsch und König in ihren Grammatiken nicht hinreichend hervor- 
treten lassen. 

Nestle, E., Zu den hebräischen Vervielfältigungszahlen (ZdmG LVII 750): 
Zur Doppelsetzung bei Vervielfältigung verweist N. auf trigeminus, „drei- 
doppelt“ (nicht sechsfach) u. a. 

Ungnad, A., Über Analogiebildungen im hebräischen Verbum. Beiträge zur 
a Grammatik der semitischen Sprachen. 1. Diss. "Berlin 
(32 S.). 

Pe J. D., Le bouc &miissaire chez les Babyloniens (Jas ser. X, t. LI, 
133—156): Nach S. 147 findet sich Jer 4, 1 ein sehr interessanter Fall der 
Intigierung des kopulativen 3: sn x» “ser —= du brauchst vor mir nicht 
zu fliehen. 

Cassel, D., Hebräisch-deutsches Wörterbuch, nebst kurzer hebräischer 
Grammatik mit Paradigmen der Subst. und Verben. 7. Aufl. (1V, 360 
u. 47. Breslau 1903, Handel. M 4—.). 

Brown-Driver-Briggs, A Hebrew and English Lexicon of the OT, with 
an Appendix containing the Biblical Aramaic. 11. Lief. (88. Oxford, 
Clarendon Pr. 28 6d). 

Kautzsch, E., Die Aramaismen im AT untersucht (vgl. BZ I 3ll. 
M 3.20): Bietet zum erstenmal eine systematische und erschöpfende Be- 
bandlung der Aramaismen, worunter K. Entlehnungen versteht, und zwar 
solche, die nicht in alter Zeit, sondern erst in späterer Zeit eingedrungen 
sind. K. ist sich stets bewulst, dals er sich in Bezug auf die Sicherheit 
des Urteils Reserve auferlegen muls, da so manche Ursprungsmöglich- 


Bibliographische Notizen. 313 


keiten in Rechnung zu ziehen sind. Infolgedessen wird das Urteil anderer 
in einzelnen Füllen diflerieren, wie z. B. E. Littmann in einer Rez. 
(AmJsemL XX 244—246) die Schwierigkeit zu wenig gewürdigt findet, 
dals auch spätere Abschreiber solche Aramaismen verschuldet oder ara- 
mäische Schriftsteller die ihnen ungewohnte hebräische Schriftsprache ver- 
unstaltet haben können. Die lexikographische Anlage macht das Werk zu 
einem praktischen Hilfsmittel zur Ergänzung jedes hebräischen Lexikons. 

Praetorius, F., Über einige Arten hebräischer Eigennamen (ZdmG LVII 
773— 782): Aus dem Volinamen bxbb=- bildete sich der Kürzname >; mit 
Ergänzung des Benannten als Subjekt. So von bxyng- der Name samü‘, 
„der Erhörte“; eine Form faul, die dann verselbständlicht lautlichen Ab- 
wandlungen zugänglich war: fa“ül, ons, faül ohne Änderung, fa‘ü mit 
Abwerfung des letzten Konsonanten (sind u. =: nach faül + el, nicht 
Kasusendung ü; Sue = 5x + born; dx + sap; Damen, Syanıs, oben mit 
Gottesnamen salem. 

Praetorius, F., yo:a} (ZmdG LVII 794 f}: mar + al (suff. zur Bildung 
weiblicher und, wie hıer klar. auch männlicher Karitativnamen gebraucht). 
Also Gn 30, 20% richtig erratene Etymologie. 

<Halevy, J.,> Nabuchodonosor (Jas s. X, t. IJ, 524f}: usur wurde ersetzt 
durch den hebr. Imper. “‘s:;; kudur assimilierte sicb dem folgenden: 
Nabu-kodon-nosor, die Form der LXX; vgl. !p-nxn:. 

Barth, J., Das aramäische eth der I. Pers. Sing. Perf. (ZdmG LVII 
771): Das ith der supralinearen Punktation ist sekundär. Nicht Epen- 
these (aus katalti), sondern Analogiebildung nach Verb. ult. j. 


b) Text und Übersetzungen. 


X., Un papyrus hebreu prö-massoretique (Rb N.S. I 242—250): Vgl. 
BZ I 312; I 93. Abbildung, Transskription, Beschreibung. Der Dekalog 
ist eine selbständige Ex-Rezension, welche beweist, dals die LXX in ihrer 
Eigenart auf eine hebräische Vorlage zurückgeht. 

all, A. v., Ein neuer hebräischer Text der Zehn Gebote und des Schma‘ 
(ZatW XXIIl 347—351): Textabdruck und textkritische Noten. Hält 
auch gedächtnismälsige Aufzeichnung und Einmischung von Ex-Lesarten 
für möglich. 

Hirschfeld, H., Descriptive Catalogue of Hebrew Mss of Montefiore 
Library (Ld., Macmillan. 5 s): Vgl. BZ I 89. 

Brockelmann, C., Verzeichnis der arabischen, persischen, türkischen und 
hebräischen Hss der Stadtbibliothek zu Breslau (1V u. 63. Breslau 1903, 
Marcus): M. 1106. Pentateuch (Vers für Vers mit Targ. Onkelos wechselnd), 
Haphtaren und Hagiographen (ebeufalls mit Targ.). M. 1107. Proph. und 
Hag. mit Mass. M. 1109. Propheten und Hag. mit kleiner Mass. 

Ginsburg, C.D., The Hamburg Stadtbibliothek Codex No. 1 (Journ. of Philol. 
XXIX 126—138): Bei Kenicott Nr61l5. Genaue Beschreibung des paläogra- 
phisch und textkritisch wichtigen Ms: Parascheneinteilung, Raphe und 
Dagesch; eigenartige Setzung von — (m, neu, mi, mm. m, 3721), Bei- 
spiele von Textvarianten und Randlesarten. Auch das Onkelostargum ent- 
halt instruktive Randlesarten, die G. verzeichnet. R 

Kayserling, M., Une ancienne Bible Hebraique (REj XLVII 131 ff): 
Ein Bibel-Ms von der Universitätsbibliothek in Coimbra, vor 1418 ge- 
schrieben, nach Mendos dosRemedios, Una biblia hebraica da Biblioteca 
da Universidade de Coimbra (4v. 15. Coimbra, Impresa da Universidade), 
einst im Besitze des R. J. Abravanel. 

Ganzfried, S., -ec= resp. Die Vorschriften über das Schreiben von 
Thorarollen, Tefilin, Mesusoth und der Esterrolle nebst erläuternden 
Noten u. d.T. -zior ravS. 3. Aufl. (40. 4 u. 138 Bl. Bartield 1902, Verl. 
v. Jos. Ganzfried in Eperjes [Ungarn]. Kr. 3.—): Für Thoraschreiber 
bestimmt, aber auch von Wichtigkeit für diejenigen, die mit diesen Fragen 
sich zu beschäftigen haben (vgl. ZuB VII 162). 


314 Bibliographische Notizen. 


Hyvernat, H., Petite introduction a l’etude de la Massore (Rb XII 
529—549): Vgl. BZ 1 90. Sprache neuhebräisch und aramäisch ge- 
mischt; letzteres scheint das Galiläische zu sein. Gibt für weniger Eıin- 
geweihte eine grammatische Terminologie der Massora. 

Blau, L., Neue masoretische Studien (JqR XVI 357-372): 1. Zur 
Buchstabenzahl der Heiligen Schrift und ihrer einzelnen Bücher — be- 
rechnet und nach massor. Hss verglichen (insbesondere Auseinandersetzung 
mit Ginsburg). 2. Zur Wortzahl der Bibel. 3. Zur Verseinteilung. Die 
Kritik, die B. hier an einzelnen untergeordneten Punkten der massor. 
Überlieferung übt, muls bei Verwertung von Ginsburgs Einführungswerken 
in den MT wohl beachtet werden. 

En A., Einige Lesarten des sog. Targum Jonathan zu den Propheten 
( 274f). 

Weiss, M., Ein interessantes Targumfragment in der Geniza (Magyar- 
Zsido Szemle 1903, Nr 4. 

Holtzmann, J., Die Peschitta zum Buche der Weisheit (XII u. 152. 
Freiburg, Herder. M 4.—): Ist eine erschöpfende Behandlung der Fragen. 
die sich der Textkritiker angesichts der Pesittho des Buches stellt, und 
bildet insofern eine Vorarbeit für die Beurteilung des gegenwärtigen Be- 
standes und für Wiederherstellung des ursprünglichen Textes der Pes. 
Auch die UÜbersetzungsart der P. vergilst H. nicht zu charakterisieren. 
Als Grundlage diente der griechische Text, was gegen Margoliouth aus- 
führlich dargetan wird. Grölseres Interesse erweckt die Textgeschichte, 
insbesondere die Beziehung zur Syrohexapla, die ohne Einfluls gewesen 
und zur Vet. Lat, die mit dem Syrer auf eine Vorlage zurückrehen 
und von ihhm auch nachträrlich noch beeinflulst worden sein soll. Eine Nach- 
lese an Korrekturen, Ergänzungen und neuen Auffassungen wird keine 
allzu reichen Ergebnisse liefern, immerhin noch von Nutzen sein uud 
manche berührte Frage beeinflussen. Die Andeutungen über Tendenz und 
Zeit der Übersetzung zu Ende zu behandeln, dürfen wir von H. als Zugabe 
und Fortsetzung seiner wertvollen Studien wohl noch gelegentlich erhoffen. 

Ugolini, M., Il Ms. Vat. Sir. 5 e la recensione del VT di Giacomo 
d’ Edessa (Ochr II 409—420): Beschreibung der Hs; sie enthält Ez mit 
Ausnahme von 1, 1-15; 16, 48—17, 9; 19, 12—20, 12; 20, 40—47; 21, 
24—29;, 27, 21—29; 29, 14—19; 35, 9—15; 36, 20-34; 37, 20—26; 39, 
1—15; 46, 14—48, 35. Mischung der Lesarten aus Pes. und Syrohex., 
Ahnlıchkeit mit andern Fragmenten, Arbeitsweise, Beziehung zu 
andern bekannten Werken stellen die Herkunft von Jakob von Edessa 
sicher. Insbesondere bildet die Vat. Hs mit Brit. Mus. 60 und Paris. 
Nat. Bibl. 27 ein Ganzes. 

Schmiedl, A., Randbemerkungen zu Saadias Pentateuchübersetzung 
(MGWJ XLVII 149—153): IV. Aphorismen. Vgl. BZ I 91 314. 

Poznanski, S., notiert ZuB VII 185! zu den bisher bekannten Zitaten 
aus Saadjas Komin. zu den 12 kleinen Propheten noch Joel l, 2. dasin einem 
frarrmentarischen Kommentar zu Os und Joel (Ms Bodl. 26297) angeführt 
wird. Aus Schechters Saadjana, Fragm. Nr XXXVII (ein Bibliothek- 
verzeichnis), entnimmt er einen neuen Beweis für die Existenz eines Saad- 
Janischen Komm. zu Est. Ms Bodl. 2655 enthält den Anfang einer 
Übersetzung und eines Kommentars zu Est, die im Katalog (Suppl. col. 
46) dem Saadja zuprewiesen werden. 

Galliner, S., Saadia Al-fajjümis arabische Psalmenübersetzung und Con- 
nıentar (Psalm 73—89). Nach einer Münchener, einer Berliner und einer 
Oxforder Hs herausgegeben und mit Anmerkungen versehen. Diss. 
Erlangen 1903 (81 S.). 

Nestle, E., Die gro/se Cambridger Septuaginta. Sep.-Abdr. a. d. Verh. 
d. 13. internat. Or.-Kongr. 1902. Sect. V (8. Leiden 1903, Brill): Be- 
richtet über die darüber geführten Unterhandlungen und die Resolution, 
welche die Wünsche der Interessenten den Herausgebern übermittelt. 


Bibliographische Notizen. 315 


Nestle, E., Septuagintastudien IV. Wissensch. Beil. z. Progr. des ev.- 
theol. Sem. Maulbronn (4%. 24. Stuttgart 1903, Vereins-Buchdruckerei): 
Allerlei interessante textkritische und sachliche Notizen, nach Art der 
früheren Studien, zu Ps 16 (17), 19, zum Gebet Manasses’, Buch Tobias 
(Sin ist ursprünglicher als die übrigen Texte; Zustimmungen zu dieser 
These, Buch Baruch (Geschichte des gedruckten Textes, schlielst sich 
Thackeray an, der Jer II und Bar von derselben Hand herrühren lälst), 
Brief des Jeremia und einiges zum Text von 2 Makk. 

Rahlfs, A., Septuaginta- Studien. 1. Heft: Studien zu den Königsbüchern 
(88. Göttingen, Vandenhoeck. M 2.80): Bietet eine auf Durcharbeitung des 
gesamten hsl Apparates beruhende Erörterung zur Textkritik der LXX. 
Hs 82 hat einen aus Lucian und LXX. gemischten Text, im wesentlichen 
verursacht durch Ersetzung einzelner Blätter und Doppelblätter aus einer 
andern Hs. Diese Beobachtung führt zu Korrekturen an Lagardes Text. 
In der LX\X -Hs der Baseler Universitätsbibliothek B. VI. 22 entdeckt 
R. die Quaestiones in ll. Rg et Par von Theodoret und vermag auf Grund 
dieser Hs die Differenzen zwischen Theodoret und Lucian bedeutend zu 
reduzieren. Theodoret nähert sich mehr den Hss 82 93 (127) gegen 19 
108. Ebenso ins einzelne gehend und von interessanten Ergebnissen ist 
R.s Behandlung der Origeneszitate. Die Hexapla zu Rg stamme aus 
235—240. Ubrigens hat Urigenes neben den Zeichen noch unbezeichnete 
Korrekturen vorgenommen. R. macht den weitgehenden Schluls: alle 
spezifisch hexaplarischen Lesarten seien solche Korrekturen von Origenes. 
Die vorhexaplarische LXX, wie sie uns Origenes erkennen lälst, bildet 
mit B und Aeth eine Textklasse. Diese Schrift gibt einen Begriff davon, 
wie sehr noch die Vorfragen der LXX - Textkritik einer Lösung oder 
methodischen Untersuchung ermangeln. Mögen bald weitere Beiträge 
diesen Mangel in gleich gründlicher Weise beseitigen helfen! j 

Cales, J., La Bible des Septante d’apres l’edition de Cambridge (Etudes 
XCVIll 556-561): Referat über Swetes Ausgabe und „Introduction“. 

Heinrlci, C. F. &., Die Leipziger Papyrusfragmente der Psalmen herause. 
und unters. Nebst zwei Schrifttafeln (Beitr. z. Gesch. u. Erkl. des NT. 
IV. 40, 32 u. 36. Lp., Dürr. M 3.—): Fast 24 Ps enthaltend: 30, 5—14°; 
18—25; 31, 1; 32, 182?—33, 91; 33, 13—34, 2; 34, 92-17, 34, 24—35, 3; 
35, 3—55, 14. Gehört ins 4. Jahrh.. kursiv. Bei Ps 40 ist kein neuer 
Buchanfang. 400 Lesarten, deren Hälfte A eigentümlich ist. Freie Text- 
behandlung zeigt sich. Stellt sämtliche Eigentümlichkeiten zusammen. 
Bietet den von Origenes nicht rezensierten Text. Gibt auch noch Kunde 
von einem 2. Ps-Fragment Nr 171 der Leipziger Papyrussammlung Ps 
118, 27—451. Rückseite wohl 45?—63!, und druckt den Text ab. 

Winstedt, E. 0., Sahidie Biblical Fragments in the Bodleian Library I 
(PSbA XXV 317—325): Bieten wenig Neues. Gn 7, 13—20 (von den bis- 
her bekannten 2 Texten abweichend); Paraphrase zu Ex 18 und 1 Sm 
16, 14—16; Ps 31, 6—7. 10—13. 14—17. 19—23; 106, 5—10. 15—20. 

Oesterley, H. M., The Old Latin Texts of the Minor Prophets (ThSt V 
76—88 242—253): Bietet den Text von Os, Am, Mich nach Cod. Wein- 
eine und Wirceburgensis und gibt die Varianten hierzu aus Üyprian, 

yconius, Speculum, Lucifer usw., woraus er auch die Lücken der Codd. 
ausfüllt. 

Mühlau, J., Zur frage nach der gotischen psalmenübersetzung. Dissert. 
(IV u. 58 Kiel, Müblau. M 1.—). 

Miniaturbibel. Ausg. in Heften. Nr 8: Das Buch des Propheten 
Jeremia (12%. 43. Bonn 1903, Schergens. M —.30). 

Gallee, J. H., Zur althochdeutschen Interlinearversion der Cantica; 
Suueiga (Beitr. z. Gesch. d. deutschen Spr. u. L. XXVI1IJ 265—270): 
Zu ebd. XXVIL 504. Suueiga Hab 3, 17 kommt nicht blols im Süden 
Deutschlands vor, sondern von der Nordsee bis zu den Alpen. Versucht 
eine etymologische Erklärung. 


316 Bibliographische Notizen. 


Ebbinge Wubben, C. H., Over middelnederlandsche vertalingen van het 
QOude Testament (VIII u. 250. ’s Gravenh. 1903, Nijhoff. F 2.0. 

Driver, $. R., Translations from the Prophets: Jeremiah XV1. 10-\X 
18; XXX—XXXI (Exp 1X 104—120 174—185), 


c) Text und Literarkritik. 


Weikert, T., O.S.B., Ein zweiter Gang durch die Bibliothek der neueren 
Literatur für at! Textkritik (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.- u. Zisterz.-O. XXIV 
116—124 379—390 683—687). 

Scerbo, F., Nuoro saggio di critica Biblica (IV u. 34. Florenz 13, 
Libr. an Sep.-Abdr. aus Giorn. d. Soc. As.-It. XVI, Fortsetzung zu 
seiner BZ 315 notierten Studie. Behandelt Is 63, 9 nach der Regen- 
bLogenbibel und weist ohne Schwierigkeit die Willkür der dort von Cheyne 
vorgeschlagenen Emendation nach. Auch hier bekennt er sich als aus- 
gesprochener Gegner der Metrik (S. 9, besonders eingehend über Ps 2.51 
Die Bekämpfung der Bibelkritik, vor allem der metrischen Kritik macht 
S. sich zur Aufgabe für Leben und Sterben. Unser früheres Urteil gilt 
auch für diese Schrift: Der Kampf gegen die Willkür der Kritik ist be- 
rechtigt, die Willkür ist auch ein ziemlich allgemein verbreitetes Ver- 
fahren der Bibelkritiker; dals aber S. damit ein wichtiges bibelkritisches 
Prinzip als unhaltbar dargetan, ist mit A. L. in der Rev. Critiyue. 
dessen sich S. u. a. gegen Ende seiner Studie zu erwehren hat, wohl 
nicht anzuerkennen. ‚ 

Levi, J., Un probleme de paleographie hebraique (RE)J XLVII 1-6: 
Sonderbares rx an einzelnen Stellen erklärt sich vielfach als unrichtige 
Auflösung eines n durch Kopisten: Sir 7,3 (st. ser); 19, 4 (st. um). 16 (m 
Ez 18. 10-11 (mer; da sind auch sonst in den andern Worten derartige 
Milsverständnisse); 21, 20 (m=r*r); 18, 18 (aus dem = von "bn); Prv 18.15 
(=). Der Kopist nahm das gewöhnlichste Wort für das Abkürzunss»-". 

Balmforth, R., Bible from the Standpoint of higher Criticism: OT 24 
J.d., Sonnenschein. 38 dd). 

Softley, E.. Theism under natural Law as related to OT Criticism 
TR to the Theodicy of Lux Mundi (120. VII u. 370. N.Y., Wohittaker. 
($1.50). 

Möller, W., Are the Critics right? Historical and critical Considerations 
arainst the Graf-Wellbausen Hypothesis. Transl. by ©. H. Irwin. With 
Preface by Prof. von Orelli (Ld., Relig. Tract. Soc. 28 6d). 

Lepsius, J., Die all Wissenschaft und die Ergebnisse ihrer Erforschung 
(Reich Christi VI 20—32): Vgl. BZ 1I 95 i. Glaubt, dafs unbewuist 
religionsphilosopliische Motive die scheinbar archäologisch und |iterar- 
kritisch vorgehende Pentateuchkritik gezeitigt haben. Hält die kritischen 
Anschauungen ihrem ganzen Umfange nach für unrichtig und persitliert 
die angenommene Fälschung des Dt. — Das vorsalomonische Heiligtum 
auf dem Nebi Samwil (ebd. 103—134): Behauptet die Existenz eines 
Zentralheiligtums seit der Sinairesetzgebung in Silo (= Nebi Samwil, wo- 
mit noch die neun andern Heiligtiimer identifiziert werden). — Der Text 
der Schöpfungsgeschichte (Reich Christi VI 208—225): Die von der Kritik 
angenommenen zwei Schöpfungsberichte beseitigt L. durch Anderung der 
Textfolge. — Tertkritischer Kommentar zur Schöpfungsgeschichte iebd. 
225—233). — Der sehr resoluten, aber der ruhigen Objektivität ermangelp- 
den Opposition stimmen zu: Jaeger, L., Biblizisten und Bibelkritik. 
Offener Brief an Herrn Dr Lepsius (ebd. 145—165). — Kähler, M., Zur 
atl Krise in der Theologie (ebd. 165—168). — Lepsius, J., Verbalinspira- 
tion und Tertkritik: Antwortschreiben un Professor D. Kähler (cbd. 
168—180): Wahrt der Textkritik ihr Recht gegenüber ersterer. — 
Lepsius, J., Ein menschlicher Tag (Reich Christi VII 1-38): Verteidigt 
sich gegen die Vorwürfe, die wider sein Vorgehen gegen die Bibel ın 
den „Reden und Ansprachen der 18. Allianzkonferenz zur Vertiefung 


Bibliographische Notizen. 317 


des Glaubenslebens‘‘ (24.—28. Aug. 1903) erhoben wurden. Mehr von per- 
sönlichem Interesse. — Ebenso die weiteren Aufsätze: Rabbinische oder 
evangelische Schriftanschauung? (ebd. 89—53).. — Die Probe auf das 
Exempel (ebd. 53—60). — Eine Lobrede auf die Bibel (ebd. 60—64). 

König, E., Im Kampf um das AT.2. H.: Atl Kritik und Offenbarungs- 
glaube. Vorträge (55. B., Runge. M —.%). 

Cheyne, T. K., Oritica biblica. 4. First and second Kings (312—398. Ld., 
Black. 35): Vgl. BZ 1 215, II 95. Nordarabien ist für C. der Ausgangs- 
punkt zur Erklärung der israelitischen Geschichte, Jerahnieel das Losungs- 
wort für seine Textkritik. Die israelitische Geschichte hat sich im Negeb 
vollzogen, und dort muls jeder geographische Name, sei es als Doppelgänger 
eines andern Namens oder durch textkritische Emendation, gefunden 
werden. So ist der Euphrat als Grenze von Salomos Reich im Negeb 
zu suchen. Jerahmeel ist durch die Abschreiber nur an vier Stellen be- 
lassen worden, sonst an mehreren tausend Stellen verändert worden, so 
dals ein ganz schiefes Bild von Geschichte und Geographie entsteht. So 
hebt C. den Panbabylonismus durch eine exzessive Nordarabienhypothese, 
Wincklers Musri-Hypothese überbietend, aus dem Sattel und persifliert 
unbewulst die moderne textkritische Willkür durch seine Jerahmeel-Hypo- 
these, der beste Weg, zur kritischen Nüchternheit zurückzuführen. 

Knieschke, Wellhausen nach Schrift und Inschrift beurteilt (Ev. Kz 
LXXVIII Nr 3—5): Bekämpft die Aufstellungen W.s über den Ort des 
Gottesdienstes, die Opfer, die Feste, die Priester und Leviten, die Aus- 
stattung des Klerus. 

Cereseto, &. &., Tre classi di dottori. Questioni circa gli autori e la 
data dei Salmi, dei Proverbi e dei Pentateuco (X VI u. 208. Monza 1903, 
Artigianelli): Zuerst erschienen als eine Reihe von Artikeln in Scuola 
cattolica 1902/3, sich anschliefsend an den bekannten Brief des Bischofs 
Mignot von Albi über die biblische Kritik. C. tadelt zunächst die Be- 
grifisbestimmung für Kritik: die Unterscheidung des Wahren, als wider- 
spruchsvoll, beanstandet die nachexilische Ansetzung der Ps durch Mignot 
auf Grund der Tradition, des Kanonabschlusses unter Esdras, der 
LXX und der Unsicherheit der inneren Gründe, tritt für salomonische 
Herkunft von Prv ein, findet die Annahme der Pentateuchkritik der 
Inspiration widersprechend. Ü. bewegt sich also auf dem Boden der 
streng traditionellen Exegese, während der Berichterstatter der Revista 
delle Reviste (II 9-16) den fortschrittlichen Standpunkt des Mignot 
u. 4. zum Seinigen macht. 

Ermoni, V., La methode historique a propos de "AT (Ann. de phil. 

chret. ser. 3, t. II [CXLVI] 425—429): Rez. über Lagranges so be- 
titeltes Werk. Lobt es nach fortschrittlichem Inhalt und kirchlicher Ge- 
sinnung. Nur scheint ihm in manchen Punkten nicht hinreichende Klar- 
heit zu walten. 
‚.Cheyne, T. K., An Appeal for Higher Exegesis (Exp IX 1-19): 
Über Text- und Literarkritik hinaus muls man zu einer tieferen histori- 
schen Einsicht in das AT gelangen. Man muls den politischen Charakter 
der Propheten mehr hervorheben; man muls auf eine rein innere Ent- 
wicklung der israelitischen Religion, insbesondere in der prophetischen Zeit, 
verzichten. Aulsere Einflüsse Babels sind anzuerkennen und auf Grund 
seiner kühnen Textkritik auch solche von Nordarabien aus (Musri, Asur 
usw. in Nordarabien). 

Burr, E. F., To Christian Laymen: concerning „the Higher Criticism“ 
(BStdt N.S.1140—151): Verurteilt denselben nach allen Richtungen und 
mit allen Gründen, 

Un professeur de Grand Seminaire, La bible, la science et Phistoire (Annales 
de philos. chret. ser. IlL,t. 1II, 310—324): Unterscheidet zwischen der 
von Gott gegebenen Bibel und den menschlichen Erklärern, zwischen 
der Bibel als religiösem Unterrichtsbuch und der Bibel, aufgefalst als In- 


318 Bibliographische Notizen. 


begriff alles Wifsbaren. Die Chronologie muls gedehnt, die Geschichte 
des Menschen weiter zurückdatiert werden; die Paläontologie streitet wider 
die buchstäbliche Auffassung der Schöpfungsgeschichte. Die Quellen- 
scheidung EJPD steht kritisch im allgemeinen fest trotz mancher Un- 
sicherheit im einzelnen. Der Hexateuch ist das Werk der prophetischen 
Periode, seine Zuweisung an Nloses eine literarische Fiktion, um Re 
formen leichter Eingang zu verschaffen. Widersprüche der Bibel aufgeschicht- 
lichem Gebiete berühren nicht die von den heiligen Schriftstellern inten- 
dierte dogmatische und moralische Seite der Bibel. 

Aubert, L, Que reste-tÜ de PAT (RThPh XXXVI 378—407): Die 
Literarkritik heis dem AT seine bewunderungswerte Schönheit, die 
historische Kritik hat seine interessante Geschichte nicht zerstört; auch 
sein religiöser Wert bleibt bestehen. 

$. L., De la sincerete dans l’enseignement de l’histoire sainte de FAT 
(Ann. de phil. chret. CXLV1 207—213): Rez. über Königs so betiteltes 
Werk (vgl. BZ1 316). Mit K. findet der Verf. die Aufrichtigkeit im atl 
Unterricht gefordert. Diese bringt mit sich, in der Bibel Mythen, 
Legenden anzuerkennen mit dogmatischem oder moralischem Zweck. 
Die Bibel ist nicht vom Himmel gefallen. Er verlangt. dais auch die 
Unterrichtsbibel apologetisch haltbar fundiert werde; er hofft, dafs die von 
K. versprochene Biblische Geschichte (1. la periode purement legendaire 
[Mythes et Tradition]; 2.l’&popee [Les Isra£lites en Egypte jusqu’a Samuel; 
3.l’histoire [David & J.-Chr.]; bezüglich der Bezeichnung jes ersten Teiles 
macht er Vorbehalt, weil nur der traditionelle Sinn dabei berücksichtig: 
sei) die Beachtung der Katholiken finde. 

Ayle, H. E., The OT in Teaching and Preaching, as affected by the 
more assured Results of Research (ExpT XV 177—180): Der Prediger 
epürt in seiner religiös-moralischen Wirkenssphäre die moderne Bibel- 
wissenschaft auf dem Gebiete der atl Theologie, der atl Moral, die 
historisch -evolutionistisch zu fassen sind, und in der messianischen 
Prophetie, die als Detailweissagung unhaltbar ist. Der Lehrer wird 
durch den modernen Kritizismus viel mehr beeinflufst in naturwissen- 
schaftlichen, geschichtlichen, religionsvergleichenden, literarischen, kano- 
nischen Fragen. 

Curtis, E. L., The OTin religious Education (BW XXII 424—435). 


d) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie. 


Tiele’s Kompendium der Religionsgeschichte, übersetzt von F. W.T. 
Weber. 3. deutsche Aufl., durchges. und umgearb. von N. Söderblom 
(12%. XII u. 426. Breslau 1903, Biller. M 4.60): Reiche Literaturangaben 
bei jedem Abschnitt, fortgeführt bis auf die neueste Zeit. Im Kapitel 
über die Religion der Westsemiten (S. 116 ff) behandelt er auch die israe- 
litische Religion nach den herkömmlichen kritischen Prinzipien. 

Curtiss, $. J., Ursemitische Religion im Volksleben des heutigen Orients. 
Mit Vorwort von W.W. Grafen Baudissin (XXX u. 378 mit Ill. u. Karten. 
Lp. 1903, Hinrichs. M 9.—). 

Curtis, W., To-day in Syria and Palestine (629. N. Y., Revell. Fr 11.—. 

Curtiss, S. J., Some religious Usages of the Dhiäb and Ruala Arabs 
and their OT Parallels (Exp 1X 275—285): Zur Bestätigung seiner be- 
kannten Ansicht (BZ I 93) findet er Parallelen in der Monolatrie, Ab- 
stammung von ihrer Nationalgottheit, kriegerischen Charakter ihrer Gott- 
heit, Opfer, Orte zur Gottesverehrung, Begriff der Sünde als rituelles 
Versehen. Blutvergielsung, Erstlingsopfer. Frühlingsopfer = Pascha. 

Bezold, C., Babylonisch-Assyrische Religion (Arch. f. Religionswiss. VII 
193— 211): Referat über die 1902 und 1903 erschienene, ganz oder teilweise 
den Gesenstand behandelude Literatur. 

Jastrow, M., Die Keligion Babyloniens und Assyriens. 5. Lief. (S.305—384): 
Vgl. BZ Il 9. 


Bibliographische Notizen. 319 


Martin, F., Textes religieux assyriens et babyloniens. Transcription, tra- 
duction et commentaire (XAXVIll u.336. P. 1903, Letouzey. Fr 12.—): Die 
von J. Craig, Assyrian and Babylonian religious Texts etc. I (1895) in 
Autographie dargebotenen Texte erhalten wir hier in Transkription und 
Übersetzung. Zugleich ergab die nochmalige Durcharbeitung und Kon- 
trolle eine Korrektur gar mancher Verselien Craigs. Die Publikation er- 
möglicht die Verwertung dieser gut ausgewählten Texte für weitere Kreise 
und erleichtert auch für Fachleute bedeutend das Studium der babylonisch- 
assyrischen Religion aus den Quellen. Wie vielseitig die Ergebnisse hier- 
für sind, zeigt der kurze Auszug, den M. in der Einleitung gibt: über 
das Pantheon, die Kultpersonen, die Zeremonien u. a. erhalten wir Auf- 
schluls, und M. versäumt es nicht, einzelnes noch eingehender zu be- 
handein (barü, "rs, Opfermaterial. Das höchste Interesse beansprucht 
die Beziehung zur Bibel, die M. kurz durch Anführung der Parallelstellen 
beleuchtet. Den Text und die Transkription begleitet M. mit einem sach- 
lichen und sprachlichen Kommentar. Nach beiden Richtungen hin kommt 
M. auch der bequemeren Verwertbarkeit der Texte entgegen durch ein 
eingehendes Lexikon, das eine Ergänzung der vorhandenen Lexika be- 
deutet, und durch ein Namenregister. Der angesehene Lehrer am Institut 
catholique in Paris hat durch dieses Werk sowohl der Assyriologie wie 
der biblischen Exegese einen grofsen Dienst erwiesen. 

Hrozny, F., Sumerisch-babylonische Mythen von dem Gotte Ninrag 
Ninib) (Mitt. d. Vorderas. Ges. VIIl 5. 128 m. 13 autogr. Taf. B. 1903, 

eiser. M 8.—): Enthält wichtiges Material für die babylonische Reli- 
gionsgeschichte. In $ 4: „Oannes, Dagan und Dagon“ bebandelt H. das 
schwierige Thema der Fischgötter im alten vorderasiatischen Orient. 
Oannes der klassischen Überlieferung = Hanni im Babyl., Odakon = Udaki 
ee U-ki-di-a). Der babylonische Dagan ist nicht = Odakon, hat auch 

einen Fischcharakter. Das Wort ist entlehnt vom Dagon der Philister, der 
infolgedessen auch kein Fischgott ist. +7 ist vielmehr Getreidegott. 

Nestle, E., Baal teiramorphos. Sep.-Abdr. aus d. Verh. d. XIII. internat. 
Or.-Kongresses zu Hamburg 1902. Sektion V (2 S.): Vgl. BZ I 112. 
Hier genauer die interessanten Belege. Auch Nestle, Septuagintastudien IV 
(ob. S. 315) 7f 23 berührt das Thema. 

Todd, 3. C., Politics and Religion in ancient Israel. An Introd. to the 
Study of the OT (352. Ld., Macmillan. 6s). 

Giesebrecht, F., Die Grundzüge der israelitischen Religionsgeschichte 
(Aus Natur und Geisteswelt 52. IV u. 132. Lp. 1903, Teubner. M 1.—). 

Zöckler, Gegen den Evolutionismus auf dem Gebiete der Religionsge- 
schichte, insbesondere den at! (Bew. d. Gl. XL 2). 

Nielsen, D., Die altarabische Mondreligion und die mosaische Über- 
lieferung (VI u. 223 mit 42 Abb. Stralsburg, Trübner. M 5.—): Der 
Gottesbegriff ist verinnerlicht, kontemplativer bei den Steppenvölkern als 
bei den ackerbauenden Babyloniern, die infolge ihrer Tätigkeit auf die 
Astralrelirion hingewiesen wurden. Der Mond wurde, weil ein Handels- 
volk bei Nacht meist reisen mulste, astrales Symbol des obersten Gottes. 

Fremont, G., Les Principes. T. V: La Providence, !immortalite de läme, 
la revelation, le monotheisme et le messianisme juwifs (P., Bloud. Fr 5.—). 

Paton, L. B., The kKeligion of the post-exilice Prophets (BW XXII 
258—267): Dt ist ein Kompromils zwischen der alten Religion und dem 
Prophetismus. Letzterer verlor in der Folgezeit seinen ethischen Charakter 
zu Gunsten einer ritualistischen Richtung. 

Matthieu, J., Jahwe und die Natur. Ein Beitrag zur israelitisch-jüdischen 
Religionsgeschichte (Schw. theol. Zeitschr. XX 193—203): Schluls. Vgl. 
BZ 11 97. Weltuntergang und Neuschöpfung. Die religionsgeschichtliche 
Bedeutung der jüdischen Naturanschauung. on 

Westphal, A., Jehovah. Les &tapes de la revelation dans l’'histoire du 
peuple d’Israäl. Fasc. 4 (195—258. Montauban): Vgl. oben BZ 1197. 


320 Bibliographische Notizen. 


Kerswill, W. D., OT Salvation—through Faith (BStdt VIII 147-153: 
Vgl. BZ I 316. 

R. P., Les Israälites eroyaient-Us & la vie future? (L’Ünivers isradlite 
26. Febr. 1904): Anfangs hielt man daran fest; später gab man diesen 
Glauben auf, um schlielslich wieder zu ihm zurückzukehren (nach Rev. du 
clerge fr. 15. März 1904), 

Bohn, F., Der Sabbat im AT und im altjüdischen religiösen Aberglauben 
(VII u. 97. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.80): Die allgemeine Praxis der 
natürlichen Religion, bestimmte Tage religiös auszuzeichnen, hat auch 
Israel in seinem Sabbat als aszetischem Ruhetag befolgt. Durch die 
Offenbarung wurde dieser Tag und seine Feier vom anhaftenden Aber- 
glauben befreit und unter die Gesichtspunkte Jahwes und der Schöpfung 
gestellt. Seit Esra wurde diese echte Sabbatsfeier durch heidnischen 
Aberglauben infiziert, was sich besonders in den talmudischen Sabbats- 
satzungen zeigt (nach ThLbl XXV 50 fi). 

Matthes, J. C., Zoenoffers (Teylers Th. Tijdschr. 1904, 69—92). 

Eerdmans, B. D., De groote verzoendag (Th. Tijdschr. Jan. 1904, 17—1.: 
War das Neujahrsfest des vorexilischen Sonnenjahres. Nach dem Exil 
hatte man ein Mondjahr (nach HJ II 638). 

Boehmer, J., Die Mission und das AT (Stb II 4-29): So nahe das Volk 
des AT der Heidenmission gekommen ist, zur Ausführung ist sie nicht 
gekommen. 


Sayce, A. H., The Hittites. Story of a forgotten Empire. ärd Ed. (17. 
Ld. 1903, Rel. Tract. Soc. 28). 

Mahler, E., zen zur Chronologie des Alten Reiches der ägyptischen 
Geschichte (OrLz VII 3—8): Glaubte einen sichern Ausgangspunkt für 
diese Periode zu finden in einem Texte der Grabkammer in der Pyramide 
des Merenrae I., was Spiegelberg, W. (ebd. 45 f) negiert, da M. sich auf 
die veraltete Übersetzung von Brugsch stütze. 

Lindl, E., Cyrus. Entstehung und Blüte der altorientalischen Kultur- 
welt. Mit 1 Karte und 98 Abb. [Weltgeschichte in Karakterbildern| 
(gr. 8%. 121. München, Kirchheim. M4.—): Eine gedrängte synchronistische 
Zusammenstellung aller Einzelkenntnisse der babylonisch -assyrischen 
und ägyptischen Geschichte sowie der Geschichte der mit ihnen in Be 
rührung kommenden Völker. Mit Sorgfalt und Sachkenntnis bucht L. 
Grolses und Kleines, Bedeutendes, aber auch Minutiöses, was uns auf diesem 
Kulturgebiet eutgegentritt. Besonders werden die Berührungspunkte mit 
der Bibel hervorgehoben, um dem Tagesinteresse der Babel-Bibelfrage 
zu dienen. Was ich für eine weitere Auflage anders wünschte, wäre 
dies: statt des etwas mechanisch geratenen Nebeneinander eine organische. 
ineinander verwebende Darstellung; dadurch hätte die Zusammenfügung 
einer Unsumme von Einzelheiten an übersichtlicher Lesbarkeit gewonnen; 
die Erwartungen, die der Untertitel erweckt, würden dann eher erfült 
werden. Eine Annäherung an Bezolds Ninive und Babylon (2. Aufl. 
149 S. mit 107 Abb.; vgl. BZ 1317), dem L.s Cyrus an Reichbaltigkeit des 
Materials voransteht, an guter Auswahl der Illustrationen ungefähr gleich- 
kommt, dürlte sich in diesem Punkt empfehlen. Der Haupttitel scheint 
ein Kompromils disparater Dinge zu sein. Den Totengräber dieser Kultur- 
welt der Darstellung des pulsierenden Lebens des alten Orients mit seinen 
mannigfachen hervorragenden Vertretern als Signatur voranzustellen, finde 
ich durch die wenigen Zeilen S. 4 und durch den Symbolismus S. % 
nicht hinreichend gerechtfertigt. S. 12° 2.7 lies „Seleuzidenära“ (st. „Arsa- 
cidenära‘“), 

Guthe, H., Geschichte des Volkes Israel. Grundrils d. theol. Wiss. 14. 
2. Autl. (AV u. 354 mit 2 Karten. Tübingen, Mohr. M 6.—): Einge- 
schaltet ist $ 1b (nicht la, wie die Vorrede angibt): Die mythologische 
Legende im AT (8. 7—13). Er wendet sich gegen das „astralmythische 
Schema“, das Winckler der israelitischen (seschichte aufzwingt. Jensens 


Bibliographische Notizen. 321 


Verwertung des Gilgamis-Epos für die Erklärung der israelitischen Ge- 
schichtsdarstellung unterstellt G. keiner Kritik. 

Taaks, &., At! Chronologie (117. Ulzen, Selbstverl. M 4.0\. 

Sillevis Smit, P. A. E., Uit de springader Israels. Dertien leerredenen 
nn stammen lIsraäls (VIlI u. 283. Amsterdam 1903, Höveker. 

KH). 
et an König Salomon in der Tradition I. Diss. Stralsburg 1902 

(I u.70 8.) 

Adier, E. N., et Seligsohn, M., Une nouvelle chronique samaritaine. 
Texte samaritaın, transcrit et edite pour la l?re fois avec une trad. franc. 
(IX u. 116. P. 1903, Durlacher): Vgl. BZ 196. 

Winckler, H., North Arabia and the Bible: A Defence (HJ II 571-590): 
Gegen Cheyne (vgl. BZ II a Von den vier angenommenen Musri handelt 
W. hier vom nordarabischen Musri, in Assyriologenkreisen nur von Jensen 
bisher bestritten und neuestens auch von W. Budge, History of Egypt, 
wogegen W. sich hier wendet. W. will seine Aufstellungen unterschieden 
wissen von Hommels und Cheynes Ansichten. Über eine neue polemische 
Beleuchtung der Frage kommt W. hier nicht hinaus. Die Lesung einer 
Asarhaddon-Inschrift mit der Erwähnung von Musri und Misri kann er 
gegen B. nur schwer verfechten, 

Halevy, J., Musur, Musri et Meluhha (Rsem XI 301-322): Arabia 
Petraea und ein Teil der arabischen Küste des Roten Meeres mag vom 
souveränen Agypten den Namen Musur möglicherweise getragen haben; 
es mag auch neben dem afrikanischen Meluhha ein arabisches gegeben 
haben; H. leugnet aber ein mächtiges, von Minäern aus Jemen gegrün- 
detes Reich Musur, das mit Juda in politischen Beziehungen gestanden. 
Gegen Winckler, der einzelne Stellen mit -sn und %> auf Arabien be- 
zieht; H. bestreitet auch die vorgekommene Verwechslung des arab. "s» mit 
Agypten. Spottet über die beiden Schulen der höheren Kritik, die deutsche, 
die Musri-Meluhha, und die englische, die das Volk Jerahmeel geschaffen. 

Smith, R., Kinship and Marriage in early Arabia. 2nd Ed. by St. A.Cook 
(Ld., Black. 10s 6d): Enthält Korrekturen des Autors und Noten von 
J. Goldzieher, A. A. Bevan und dem Herausgeber. Nimmt viel Rücksicht 
auf die Bibel; so werden aus der Gn über 20 Stellen beigezogen (nach 
JthSt V 305 fi. 

Boscawen, W. St. C., First of Empires: „Babylon of the Bible“ in 
Light of latest Research (386. Ld. 1903, Harper. 1Us 6d). 

Marmier, G., Contributions a la geographie de la Palestine et, des pays 
voisins VI: Le peuple de Sirralai vaincu par Salmanasar (REj XLVII 
23—31): Die Namen der Monolithinschrift des S. nebst parallelen Inschrif- 
ten, die Palästina betreffen, werden erörtert. Sir'alai ist Israel auch vom 
Standpunkte der Geographie aus; sein Wohnsitz in der Bekaa. 

Wachter, Wo liegt das salomonische Goldland Ophir? Aus Zeitschr. f. 
Naturw. (18. Stuttgart 1903, Schweizerhart. M —.40), 

Musil, A., Moab. Vorbericht über eine ausführliche Karte und topo- 
graphische Beschreibung des alten Moab. Sep.-Abdr. aus dem Anzeiger 

er philos.-hist. Kl. der, k. Ak. d. W. in Wien. 2. Dez. 1903, Nr XXV 
(7 S.): Begleitnotiz bei Übersendung der fertiggestellten Karte. Verbreitet 
sich besonders über die Flulsgebiete und exemplifiziert seine Identi- 
fikationen von überlieferten Namen mit den von ihm gefundenen Stätten. 
Das vielversprechende Werk ist in Bälde zu erwarten. — Edom. Vor- 
anzeige über eine ausführliche Karte und topographische Beschreibung 
des alten Edom (ebd. 7. Januar 1904, Nr I): Auch Edom hat der kühne 
Forscher durchsucht — die Gefahren und Opfer seiner Reisen schildert 
M. kurz und eindrucksvoll —; Frucht davon ist die erste ausführliche 
Karte von Edom. Hier gibt M. vorläufig kurze Angaben über das in 
kurzem erscheinende, die Karte erläuternde Werk über seine Forschungs- 
reisen in Edom. 

Biblische Zeitschrift. IJ, 3. 2ı 


322 Bibliographische Notizen. 


Mommert, C., Topographie des alten Jerusalem Il: Das salomonische 
Tempel- und Palastquartier auf Moriah (VIII u. 305 mit 5 Taf. Lp. 1%3, 
Haberland. M 7.—): Bespr. oben S. 301. 

Macalister, R. A. St., Dajün and Beth-Dagon and the Transference of 
Biblical Place- Names (PEF XX\XV 356—358): Ein erhaltener biblıscher 
Name kann aus verschiedenen Gründen übertragen worden sein und mufs 
deshalb durch andere Beweise gesichert werden. So geschah eine Über- 
tragung mit Beth-Dagon, Maresha, Ekron. 

Germer-Durand, J., Bethsoura (Echos d’Orient VI 290—292): Hält gegen 
Rb Juli 1903 seine frühere (vgl. BZ II 88) Identifizierung von B. der 
Makkabäer mit dem gegenwärtigen Jerusalem aufrecht (nach Bessarione 
8. II. t. V, xxx). 

Duncan, 6. S., Archaeology and the OT (BW XX1I 116-128): Schildert 
und exemplifiziert den mannigfachen Ertrag, den das AT der Archäologie 
zu verdanken hat. 

Weil, R., Inscriptions egyptiennes du Sinai (19. P. 1903, Leroux‘. 

Cook, St. A., Notes on Semitic Inscriptions I (PSbA XXVI 32-35‘: 
Leitet eine Serie von Untersuchungen ein mit Hervorhebung der Be- 
deutung, die diese Materialien für Herkunft des Alphabetes, aramäische 
Dialekte usw. besitzen. 

Bruston, C., L’Inscription de Siloe et celle d’ Eshmoun-Azar (15. P. 
Fischbacher). 

Bruston, C., Etudes pheniciennes, suivies de U’Inseription de Siloe ı®. 
P. 1903, Fischbacher). 

Porter, H., Another Phoenician Inscription from the Temple of E!mun 
at Sidon (PEF XXXV 333—335): Kürzer als die übrigen Inschriften 
(7). die dort gefunden wurden, und weicht in einigen wichtigen Punkten ab. 

Lagrange, M.-J., Nourelle note sur les inscriptions du temple d’ Echmoun 
(Rb XI11 410-419): Beschäftigt sich mit der in diesem Betreff neu 
erschienenen Literatur, ınit neuen Beobachtungen und Funden. Vgl. BZ1 
320, wozu nachzutragen ist: Bruston, C., der sich in La vie nourelle 
20. Dez. 1902 damit beschäftigt. 

Lidzbarski, M., Südarabische Inschriften (Eph. f. sem. Epigr. 1I 62 ff: 
Spricht sich u.a. gegen die Ansätze Webers (Mitt. d. Vorderas. Ges. VI 
[1901] 1—60) für das Alter der minäischen Inschriften aus; man dürfe 
nicht über das 8. Jahrh. v. Chr. zurückgehen. 

Vincent, H., Notes d’epigraphie palestinienne (Rb XII 605): Gibt u. a. 
Kunde von einer Gemme mit Trennung der Worte durch Quer 
strich, Abbrechung eines Wortes über die Zeile, mit dem biblischen 
Namen ;ez. 

Musil, A., Sieben samaritanische Inschriften aus Damaskus (Sitzungsber. 
d. k. Ak. d. W. in Wien, phil.-hist. Kl. CXLVII. 108. mit 7 Abb.: 
Abbildung. Umschrift, Nachweis von sieben samaritanischen Inschriften. 
die, zum Teil über das 11. Jahrh. zurückreichend, an den Wänden eines 
Bethauses als Verse aus den Perikopen hergestellt sein mochten. 

Todd, J. C., On the „aristocratic“ Character of the OT (Exp IX 
129—132): In den alten Staaten zäblte nur die Aristokratie, nicht das 
Volk. In Israel war es nicht anders: die Propheten rügen die Verbrechen 
der Reichen, das Dt war ein Gesetzbuch für die Aristokraten, Exil und 
Rückkehr betraf nur die Aristokraten. 

Macalister, R. A. St., Fifth quarterly Report on the Excaration of Gezer 
(16 May—15 August 1903) (PEF XXXV 299—-322\. — Sixth quarterly 
Report on the Excavation of Gezer (PEF XXXV1 9—26): Fortsetzung 
der Arbeit ohne besonders wichtigre Funde. 

Wellhausen, J., Zwei Rechtsriten bei den Hebräern (Arch. f. Religions- 
wiss. VIL 33—41): =ws heilst nicht eigentlich salben, sondern ursprüng- 
lich mit der Hand streichen, ein Akt der Huldigung. zu ‚verstehen an 
denjenigen Stellen, wo eine Mehrzahl den König „salbt“. Ol, verwendet 


Bibliographische Notizen. 323 


bei der Königssalbung, kann W. in seiner Symbolik noch nicht verstehen ; 
vielleicht durch die Agyptologie zu lösen. — Ruth 3, 9. Ez 16, 8 beruhen 
auf der auch sonst vorkommenden Sitte (Beispiele aus dem Arabischen 
werden beigebracht), durch Bedeckung mit einem Kleide Eigentums- und 
daraus resultierenden Schutzanspruch an Personen zu bekunden. 

Oesterley, W. 0. E., A great Heap of Stones (ExpT XV 47f): Führt sechs 
Erklärungsgründe an für die Sitte, Steine an einem Orte aufzuhäufen, 
von denen nur der erste Grund: Ausdruck des Abscheues, einige Wahr- 
scheinlichkeit aufweist. 

Doutte, E., Les tas de pierres sacres et quelques autres pratiques connexes 
dans le sud du Maroc (39. Alger 1903): Sep.-Abdr. aus dem im Drucke be- 
findlichen Gesamtwerke: Voyages d’etudes au Maroc. Der Gebrauch, 
Steinhaufen an Wegen und auf Bergspitzen zu errichten, gehe zurück 
auf die Absicht, befürchtetes oder innewohnendes Übel zu übertragen; 
so schon Tylor und Frazer (nach Arch. f. Religionswiss. VII 275). 

Weyl, A., Die Bedeutung des Hauses im atl Erziehungsplan. Ein Bei- 
trag zur Geschichte der Pädagogik. Schulprogr. der israel. Realschule 
zu Frankfurt a. M. (27 S.). 

Creighton, C., Indications of the Hachish Vice in the OT (Janus Mai— 
Juni 1903): Auf eine Art Opiumgenuls führt C. Sauls Krankheit zurück. 
Er verweist auch auf Ct5,1. 1 Sm 14 (Jonathans Genuls von Honig im 
Walde) (nach ExpT XV 148 f). — Little, J. A. St., Was Saul a Hachish- 
Eater (ExpT XV 239): Hält =» war für „Cannabis sativa“. Will auch 
das Sprichwort: „Ist auch Saul unter den Propheten?“ hierher ziehen. 

Gressmann, H., Musik und Musikinstrumente im AT (Religionsgesch. 
Versuche und Vorarbeiten von A. Dieterich und R. Wünsche II, 1. 32. 
Gielsen, Ricker.. M —.75): Mosaikartige Zusammenstellung mit Verweis 
auf Griechenland. 

Sohlaparelli, G., L’astronomia nell’ antico testamento (16°. III u. 196. 
Mailand 1903, Hoepli. L 1.60). 


e) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern 
des AT. 


a) Allgemeines. Pentateuchkritik. Auslegung des 
Pentateuchs. 


Peit, J.-B., Histoire de PAT. I. 4° ed. (12%. LVIII u. 357 mit 2 Karten. 
P., Lecoffre. Fr 3.—): Beruft sich noch auf Schöpfers Geist und Ein- 
fluls, unter dem die drei ersten Auflagen in die Welt gegangen. Das 
Werk ist aber über das Schöpfersche Prototyp hinausgeschritten in An- 
lage und Anschauungen. Darum ist der Name aus dem Titel mit Recht 
verschwunden. Die neueste Literatur, namentlich die französische, findet 
ausgiebige Verwendung. Loisy, Lagrange, Hummelauer werden zitiert, 
aber dem konservativen Charakter eines Lehrbuches will P. deshalb 
nichts vergeben. Vielleicht ist er doch auch für ein Lehrbuch etwas zu 
vorsichtig gewesen, und P. zeigt Ansätze, die ihn ohne Schwierigkeit in 
das Lager der katholischen Kritik hinüberführen können. Es ist zu 
viel, der Kritik mathematische Beweise abzuverlangen, wo es sich um 
geschichtliche Wahrheiten und literarische Beurteilung handelt. Reicher 
Inhalt und gute Methode machen das Werk sehr empfehlenswert. 

Smith, H. P., The OT History. The internat. theol. Library (XX.V u. 
512. Edinburgh 1903, Clark. 12s): Zur Charakteristik des Standpunktes 
sei angeführt: Ein israelitischer Stamm mag in Ägypten gewesen sein, 
den ein religiöser Führer herausgeleitete. In Kadesch schlols er den 
Bund mit dem Sinai-Gott. Ein aus Arabien nach Palästina ziehender 
Stamm vereinigte sich mit ersterem (nach ExpT XV 1% fi). 

Barnioott, 0. R., OT History. The Temple Series of Bible Handbooks 
(18°. XII u. 138. Ld., Dent. 9d). 


21° 


324 Bibliographische Notizen. 


Zapletal, V., O. P., Alttestamentliches (VIII u. 191. Freiburg i. Schw. 
1903, Univ.-Buchh. M4.—): Kurz und bündig in Erklärung und Polemik 
zeigt sich Z. in den hier auswahlsweise zusammengestellten Früchten 
seiner exegetischen Studien. Wo ein sicheres Resultat nicht zu gewinnen 
ist, begnügt er sich mit der wahrscheinlichsten Hypothese. Seine nüchterne 
Auffassung bewahrt ihn ebenso davor, der Überlieferung folgend, zu viel 
hinter dem Text zu suchen, als auch der Kritik sich unbesehen in die 
Arme zu werfen. 1. Das Ebenbild Gottes im Menschen (Gn 1, 26): & 
ist in der vernünftigen Natur des Menschen zu suchen. 2. Das Straf- 
gericht nach dem Sündenfall (Gn 3, 14-19). 3. Der Segen Jakobs 
(Gn 49, 2—27): "s="59; Textherstellung mit Hilfe der Metrik und 
Übersetzung. 4. Das Ephod. 5. Das Gelübde Jephtas: er hat ein Menschen- 
opfer gelobt und dargebracht, was einzig dem unmittelbaren Wortlaut 
der Stelle entspricht. 6. Lobgesang der Anna (1 Sm 2, 1—10): die Her- 
kunft des Liedes behandelt er etwas zurückhaltend. 7. Davids Klagelied 
über Saul und Jonathan (2 Sm 1, 18-27), zu V. 21 vgl. auch ThQ 1“. 
154f. 8. Der 2. Psalm: Das Anagramm *rb ist doch nicht so unbekannt 
(S. 137), allerdings selten anerkannt. 9. Das Sela in den Psalmen: Musik- 
einsatz, sekundär Zeichen zu liturgischer Prostration und als Strophen- 
zeichen = assyr. sullu. 10. Die Parabel vom Weinberg (Is 5, 1—1: 
vgl. auch Rb VIII 40ff. 11. Der Spruch über Moab (Is 15 u. 16: 
zu S. 175 wäre auch noch zu nennen die BZI 97 s. nom. Cooke zitierte 
Notiz. 12. Zur natürlichsten Erklärung des biblischen Schöpfungsberichtes: 
Verteidigung seines Werkes hierüber (vgl. BZI 194 ff) besonders gegen 
J. Mader, Schweizerische Rundschau III 171f. 

Soldi-Colbert de Beaulleu, E., La Langue sacree. L’Arbre de la scien«. 
Origine de l’ecriture et de l’alphabet. lettre S (XV u. 161 mit 1 
Abb. P. 1903, Leroux. Fr 7.50). 

Keep, M. J., OT Lessons (Id. 1903, Allenson. 3s 6d). 

Wright, G. F., Dr. Drivers Rope of Sand vr N.S.1151—157): Be- 
hauptet, dals alle Gründe für nachmosaische Herkunft der ältesten 
Quelle des Pentateuchs auf zweifelhafter Erklärung beruhen. 

Trabaud, H., Les origines de la loi mosaique (RThPh XXX VI 281- 97: 
Schildert Entwicklung des Begriffes und Umfanges der Thora nach 
kritischen Prinzipien. j 

Murillo,L., Le Pentateuque et l Ecole n&o-critique: autres alterations dans le 
„Liber bipartitus” (Razon y F& Jan. 1904). 

Vetter, P., Die literarkritische Bedeutung der atl Gottesnamen. Forte. 
(ThQ LXXXV 520—547): Vel. BZ 1315. An die Spitze dieses Artikels stellt 
V. sein kritisches Bekenntnis: Aufzeichnungen des Moses über Wüstenzug 
und Satzungen. In der Richterzeit entstanden zwei Fassungen der Ur- 
geschichten, eine poetische und eine prosaisch-nüchterne. Die Satzungen 
des Moses wurden fortgebildet, teils ın Spezialsammlungen gesondert, so 
das Dt. Um die Zeit des Tempelbaues wurden die Quellenschriften zum 
Pentateuch mosaikartig nach Art der hebräischen Historiographie zu- 
sammengefügt, bis auch der Fluls des Textbestandes aufhörte durch 
Esras Tätigkeit. Schriftstellerisches Gesetz war es, den Namen Jahwe 
mit Heiden nicht in Verbindung zu bringen, in gewissen stehenden Ver- 
bindungen blols einen bestimmten Gottesnamen zu gebrauchen, Elobim 
als metaphysischen, Jahwe als historischen Gottesnamen zu betrachten. 
im priesterlichen und prophetischen Stil Jahwe zu verwenden, in drei 
aufeinander folgenden geschichtlichen Stadien Jahwe selten, vorberr- 
schend und dann wieder weniger zu gebrauchen (Perioden werden 
genauer geschildert. Zu diesen fünf literarischen Gesetzen kommen 
zwei stilistisch-ästhetische Rücksichten im Gebrauch der Gottesnamen: 
die beiden Namen im Parallelismus zu verwenden, durch den logischen 
Aufbau und Zusammenhang einer ganzen Perikope den Wechsel be- 
stimmt sein zu lassen. 


Bibliographische Notizen. 325 


Crawford, C. K., The Canon in the Time of Samuel. Was there one? 
(BStdt VIII 339—345): Hält die mosaische Herkunft des Hexateuchs, 
seine Bezeugung in Sm für mindestens ebensogut begründet wie das 
Gegenteil; die mosaische Herkunft bestätigt auch die übrige Hl. Schrift. 

Thomson, H. C., An Exercise in Style (BStdt VIII 351—354): In Gn 
6—9 sowie 1—5 ist ein gleichmälsiger Wechsel im Gebrauch von „Erde“ 
und „Land“ zu beobachten, was aut Identität des Verfassers von solchem 
Sprachgebrauch schlielsen lälst. 

Dahse, J., Textkritischa Bedenken gegen den Ausgangspunkt der 
heutigen Pentateuchkritik (Arch. f. Religionswiss.. VI 305—319): Be- 
zweifelt die richtige Überlieferung der Gottesnamen im MT; LXX scheint 
ihm den ursprünglichen Text zu bieten. Im MT ist eine Umwandlung 
des Gottesnamens in „Jahwe“ vor allem nach Ex 6, 3 zu konstatieren. 
Im MT ist in einzelnen Perikopen der Name Gottes vereinheitlicht 
worden; die Perikopenteilung hat allerdings gewechselt, so dals der 
Nachweis auf Grund des jetzigen Bestandes nicht mehr möglich ist. 
Aut den Einfluls der Perikopenredaktion legt D. entscheidendes Gewicht; 
er glaubt, dals eine andere Lösung des Pıoblems sich nahe legt als die 
neuere Urkundenbypothese. 

Fries, S. A, Die Gesetzesschrift des Königs Josia. Eine kritische 
Untersuchung (78. Lp. 1903. Deichert. M 1.80): Die Stärke dieser Schrift 
liegt in dem Nachweise, dals Dt der Reform des Josias nicht in allweg 
entspricht. Die Zentralisierung sei weder im Dt noch bei Josias aus- 
schlielslich zu suchen (Dt 12,15 etwas mühsam danach interpretiert); die be- 
kämpften nına in der nachjosianischen Zeit seien götzendienerischen Kulten 
geweiht gewesen. Ex 34 entspreche den Anforderungen von 4 Kg 22: 
es sei blols ein Blatt (="re) gewesen, das durch Josias wieder aufge- 
funden wurde. Dt sei entstanden aus den \loses in den Mund gelegten 
Rechtsbelehrungen der Priester und Leviten, die, auf verschiedene Blätter 
verzeichnet. in der Zeit des Königs Ezechias zusammengefügt wurden 
zu einer bo. Letztere Aufstellung beruht hauptsächlich darauf, dals 
Dt inhaltlich an alle Stämme sich richtet, und unter Ezechias sich das 
Bestreben geltend zu machen scheint, die Überreste Israels wieder zu 
gewinnen. F. betont selbst das Versuchartige, Hypothetische seines 
Ansatzes. 

Cullen, J., The Book of the Covenant in Moab. A critical Inquiry 


into the original Form of Deuteronomy (X u. 244. Glasgow 1903, Macle-' 


hose. ös). Nicht, wie meist angenommen, Dt 12—26, sondern die Um- 
ralımung ist: das Ur-Dt=Buch vom NMoabbunde. — Loisy in Rev. d’hist. 
et de litt. rel. IX 80 glaubt, dafs das Ur-Dt von C. ohne 12—25 unvoll- 
ständig sei. 

Jeremias, A., Das AT im Lichte des alten Orients. Mit 145 Abb. und 
2 Karten (XIV u. 883. Lp., Hinrichs. M 6.50): Näheres später. 

Zur „Babel-Bibel-Literatur‘“. Delitzsch, F., Babel und Bibel. Ein Rück- 
blick und Ausblick (75. Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstal. M 1.—): 
Mit begründeter Selbstgefälligkeit kann D. den ungeheuren Erfolg seiner 
beiden Vorträge konstatieren. Seinem auch hier wieder angekündigten 
dritten Vortrage schickt er nun diese Abrechnung mit der Kritik voraus. 
Seine Thesen will er in vollem Umfange aufrecht halten. Scharf stellt 
er in Abrede, den Monotheismus Israels aus Babel hergeleitet zu haben. 
Moses verspricht er in einer eigenen Abhandlung aus dem Babylonischen 
zuerklären. Als abhängig von Babel betrachtet er jetzt präziserÜrgeschichten 
und Sabbat; das übrige sind Parallelen, auch der Offenbarungsbegrifl. 
Wunderlich und unfertig erscheint seine Auswahl eines biblischen Kanons 
auf Grund des religiösen Interesses, an dem die beizubehaltenden 
Bücher gemessen werden sollen. — An sonstiger Literatur zur Frage 
notieren wir: Boehmer, J., Das AT im Lichte mesopotamischer Aus- 
grabungen (Stb I 112—121 154—161 249—256 298—303 366—375): Eine 


innen nn rn an EEE de mn m m er a ge rn 


326 Bibliographische Notizen. 


gute Übersicht über die hauptsächlichste Babel-Bibel-Literatur, mit kriti- 
schen Bemerkungen durchflochten. — Buchholz, P., Die babylonisch- 
assyrischen Keilinschriften und die biblische Urgeschichte (Ref. Kz X\\1 
Nr 16—36): Behandlung der Hauptpunkte mit Darbietung des assvrio- 
logischen Materials usw. — Candee, C. L., Assyrian and Babylunian 
Archaeology and the OT (BStdt VIII 169-176): Einige Beispiele. we 
die biblische Erzählung durch Funde bestätigt wurde, zusammengestellt. — 
Cöln, F., Prinzipiell zur Babel- und Bilelfrage (Pastor bonus Jan. 
1904, 145—150). — Eibach, R., Unser Volk und die Bibel. Ein Nachwort 
zum Bibel- und Babelstreit (59; 39. Gielsen 1903, Ricker. M 1.6: — 
Emin, Noch einmal „Babel und Bibel“. Ein verspätetes bescheidenes 
Laienwörtlein zu Delitzschs gleichnamigen Broschüren (16. Lp., Luckbarit. 
M —.50). — Feuchtwang, Zur Aufklärung über „Babel und Bibel“. Aus 
Aonatsbl. d. wiss. Klubs in Wien (51. Wien 1903, Konegen. M —.#0.— 
Hirsch, J., Meine Glossen zum zweiten Vortrage des Professors Delitzsch 
über Babel und Bibel (46. Czernowitz 1903, Pardini. M 1.—). — Jentsch, 
K., Babel- Bibel (Die Zukunft XLII 183—186): Hat sich doch seine Ab- 
findung mit der Frage zu leicht gemacht: Die Aufregung der Theologen 
sei unbegründet weil auf der unbegründeten Besorgnis beruhend, der 
Kaiser könnte oder wollte die positiven Theologen von den Lebrstühlen 
fernhalten; die Bibel habe von der Wissenschaft nichts zu fürchten, weil 
die Schätzung der Bibel auf nicht wissenschaftlichem Gebiete beruht, und 
weil die wissenschaftlichen Einwände gegen die biblischen Erzählungen 
nicht exakt wissenschaftlicher und zwingender Natur sind. — Johns, 
C. H. W., Balbylonian Monotheism. A personal Explanation (ExpT X\ 
44 f}: Im Streite über das Tätelchen, das Monotbeismus in Babyion 
erweisen soll, sei taktisch Delitzsch Sieger über Jensen gewesen (vgl. BZ 
I 321). Doch ist der babylonische \Monotheismus jedenlalls vom israe- 
litischen unterschieden. — Küchler, F., Die Bibel- und Babel- Literatur 
6—10 (Christl. Welt XVII Nr 21 25 34 44; XVIII Nr3): Vgl. BZ1 322. 
— Lang, A., Babel und Bibel (Rei. Kz X\XVI Nr 5): Gegen Delitzsch: 
zweiten Vortrag, der unzulängrliches Beweismaterial geboten. — Larfeld. 
Die babylonischen Ausgrabungen und der atl Religionsunterricht (Zeitschr. 
f. ev. Rel.-Unt. Okt. 1903, 5—26). — Lind, E., Wissenschaft wie Kritik 
der Neuzeit und dasA T (Monatsblätter f. kath. Rel.-Unt. 1V65—69 99—107). — 
Lods, A., De quelques publications allemandes sur les rapports religieur 
de Babylone et du peuple d’ Israel (Rev. d’hist. des rel. XLVI11I 210-221: 
Referat über Winckler, Budde, Jeremias, Gunkel. — Luther, F., „Bab-! 
und Bibel” und „Bibel und Babel’ (Mitt. f.d. ev.K. in Rulsl. LIX 224—233. — 
Mader, J., Zur Bibel- Babel- Frage (Schweiz. Rundschau IV 154—156i. — 
Müller, E., Der Babelismus, der Kaiser und die orthodoxe Theologie ı#. 
B. 1083, Stuhr. M1.—). — Myhrman, D. W., Babel- Bibel eller Bibel- 
Babel. Yöredrag (55. Upsala 1903, Hellström. 75 oere. — Nikel, ). 
Zur Verständigung über „Babel und Bibel“ (12%. 104. Breslau 19%. 
Goerlich. M 1.—): Populärer Wegweiser für Beurteilung der durch 
den Babel-Bihelstreit so sehr in den Vordergrund gerückten biblischen 
Probleme. Besonders glücklich seine Abweisung der Willkür Gunkels in 
der Erklärung von Gn1. Bezüglich des Mytbizismus von Stucken und 
Winckler ist nur zu wünschen, dals sich die optimistische Aussicht \.s 
auf Ablehnung in ernsten Forscherkreisen bald verwirkliche. Hammurabı. 
Von Delitzsch trennt ihn ein prinzipieller, eine Verständigung aus- 
schlielsender Gegensatz. — Orano, P., A proposito di „Babel und Bibel 
di F. Delitzsch (Riv. d’Ital. Febr. 1904, 315—324). — Pinches, T. 6. 
Sapattu, the babylonian Sabbath (PSbA XXVI 51—56). Der als ud- 
hul-gal bekannte Tag wird nach Ausweis der Tageverzeichnisse nicht 
sabattu genannt (K. 6012 + K. 10,684 werden hier wiedergegebeni, 
sondern so heilst der 15. Tag bei den Babyloniern. Ruhetag wird er 
genannt, weil der Monat gleichsam in der Mitte zu einem Kuhepunkt 


Bibliographische Notizen. 327 


gekommen ist. Die Babylonier übernahmen ihn von cinem nichtsemitischen 
Volke und übergaben ıhn den Hebräern, welche den Namen übertrugen 
auf den siebten Unglückstag der Akkader. — Reiner, J., Recht und Unrecht 
im Kampfe um Babel und Bibel (Stb I 562—566): Führt gegen Delitzsch 
den Delitzsch einer älteren Epoche selbst und andere Assyrinlogen ins 
Feld. — Schorra, M., Kultura babilonska i staro hebrajska (Kwartalnik 
Historyczny XVII 206-231). — Selbst, J., Babylonische Verwirrung. 
Ein Rückblick und Ausblick (35. Mainz, Kirchheim): Sep.-Abdr. aus 
Katholik 1904. Schlägt den Schaden dieser Bewegung hoch an. Im 
übrigen bietet S. einen Überblick über die Streitfrage und die zu ihr 
erschienene Literatur; die katholische Anteilnahme findet er entsprechend 
und mit ehrenvollem Erfolge belohnt. — Tänzer, A., Judentum und Ent- 
wicklungslehre. Nach einem über „Babel und Bibel" gehaltenen Vortrage 
(68. B. 1903, Calvary. M 2.—). — Wegener, A., Babel und Bibel, was 
sie verbindet und scheidet. Vortrag (23. Moskau, Deubner. M = _ 
Winckler, H., Die Assyriologie und das AT (Allg. ev.-luth. Kz 1903, 
Nr 49—51l): Markiert seinen Standpunkt gegenüber der Wellhausen- 
schen Kritik: literarhistorische Datierung bedeutet noch nicht spätzeitige 
Unzuverlässigkeit; das arabische naturwüchsige Nomadentum, aus dem 
Israel Religion und Kultur entnommen, ist nur eine poetische Legende; 
auch Arabien steht unter dem Einfluls des Orientes; Elohist und ‚Jahwist 
als Sanımler volkstümlicher Überlieferung (Gunkel) wären im alten Oriente 
lächerliche Figuren. Sonst stellt er noch die leitenden Grundgedanken 
seiner „Geschichte Israels Il‘ und von „Keilinschr. und ATI%: zusammen; 
mythologisches (astrologisches) Schema jeder orientalischen Geschichts- 
erzählung bei Möglichkeit historischen Inhalts. Die Bezeichnung der 
Propheten als politische Agitatoren sei ibm mit Unrecht zum Vorwurf 
nn. worden; er wolle eben blols diese Seite ihrer Wirksamkeit in 

etracht ziehen. Die religiöse Bedeutung sei noch kein wissenschaftlich 
fundierter Gegenstand. Insofern die tatsächliche Erklärung der Pro- 
ne aufrecht erhalten und im einzelnen wiederholt wird, bleibt 
ennoch der Vorhalt berechtigt. — Zehnpfund, K., Assyriologisches in der 
Studierstube (Stb I 483—488): Gibt Anweisung, wie man sich in assyrio- 
logischen Fragen ein einigermalsen selbständiges Urteil bilden könne. — 
Zöckler, O., Zur neuesten Literatur über Babel und Bibel (Bew. d. Gl. 
3. F. VI 12 |Dez. 1903). 

Zum ‚Gesetze des Hammurabi“. Brugi, B., Le leggi di Hammurabi, re 
di Babilonia (Atti del R. Istit. Veneto di Scienze LX1I 9, 1105—1119). 
— Cook, $t., The Laws of Moses and the Code of Hammurabi (XVII 
u. 307. Ld. 1903, Black. 65): Ahnlichkeiten gehen zurück auf die ge- 
meinsamen Züge des semitischen Rechtes. Ein inneres Durchdringen der 
vorderasiatischen Völker mit dem babylonischen Recht hat nicht statt- 
gefunden (nach Deutsche Lz 1904, Nr 5). — Harper, R. F., Text of the Code 
of Hammurabi, King of Babylon (about 2250 b. C.) (AmJsemL XX 1—84): 
Nach den Photographien von Scheil mit selbständigen Ergänzungen; Ab- 
druck aus seiner angekündigten Ausgabe; vgl. im folg. — Harper, R. F. 
and W. R., The Code of Hammurabi, King of Babylonia (about 2250 b. C.), 
the most ancient of all Codes. 1. Map, Text, Transliteration, Translation, 
Glossary, historical and philological Notes and Indices. II. The Hanı- 
murabi and the Mosaic Codes. A Study in Babylonian and OT legal Lite- 
rature (Chicago, Univ. Pr. 188): Zunächst Bd I erschienen. — Kohler, J., 
und Peiser, F.E., Hammurabis Gesetz. I: Übersetzung. juristische Wieder- 
gabe, Erläuterung (11I u. 146. Lp., Pfeiffer. M 8.—): H. ist Amraphel 
von Gn 14. Der Turm des H. steht wahrscheinlich in Beziehung zum 
babylonischen Turmbau. Nach 2. Exk. (137—143) ist H.s Gesetz wesentlich 
moderner als das mosaische. Der 2. Bd soll den Gegenstand rein philologisch 
behandeln, der 3. ein Urkundenbuch aus der Hammurabizeit darstellen. — 
Küchler, Moses und Hammwurabi (Christl. Welt 1903, Nr 23): Ref. über 


316 Bibliographische Notizen. 


Ebbinge Wubben, C. H., Over middelnederlandsche vertalingen van het 
Oude Testament (VIII u. 250. 's Gravenh. 1903, Nijhoff. F 2.50. 

Driver, $. R., Translations from the Prophets: Jeremiah XVI. 10—\X. 
18; XXX—XXXI. (Exp IX 104—120 174—185). 


c) Text und Literarkritik. 


Weikert, T., O.S.B., Ein zweiter Gang durch die Bibliothek der neueren 
Literatur für at! Textkritik (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.- u. Zisterz.-O. XXIV 
116—124 379—390 683—687). 

Scerbo, F., Nuovo saggio di critica Biblica (IV u. 34. Florenz 1%3, 
Libr. on Sep.-Abdr. aus Giorn. d. Soc. As.-It. XVI, Fortsetzung zu 
seiner BZ I 315 notierten Studie. Behandelt Is 63, 9 nach der Regen- 
bogenbibel und weist ohne Schwierigkeit die Willkür der dort von Cheyne 
vorgeschlagenen Emendation nach. Auch hier bekennt er sich als aus- 
gesprochener Gegner der Metrik (S. 9, besonders eingehend über Ps 2. 5i. 
Die Bekämpfung der Bibelkritik, vor allem der metrischen Kritik macht 
S. sich zur Aufgabe für Leben und Sterben. Unser früheres Urteil gilt 
auch für diese Schrift: Der Kampf gegen die Willkür der Kritik ist be- 
rechtigt, die Willkür ist auch ein ziemlich allgemein verbreitetes Ver- 
fahren der Bibelkritiker; dals aber S. damit ein wichtiges bibelkritisches 
Prinzip als unhaltbar dargetan, ist mit A. L. in der Rev. Critique, 
dessen sich S. u. a. gegen Ende seiner Studie zu erwehren hat, wohl 
nicht anzuerkennen. 

Levi, J., Un probleme de paleographie hebraique (RE)} XLVIL 1-6): 
Sonderbares =x an einzelnen Stellen erklärt sich vielfach als unrichtige 
Auflösung eines n durch Kopisten: Sir 7, 3 (st. ser); 19, 4 (st. or). 16 (m). 
Ez 18. 10—11 (mxer; da sind auch sonst in den andern Worten derartige 
Milsverständnisse); 21, 20 (mr); 18, 18 (aus dem r von rbn); Prv 18,15 
(=). Der Kopist nahm das gewöhnlichste Wort für das Abkürzungs-r. 

Balmforth, R., Bible /rom the Standpoint of higher Criticism: OT (274 
Ld., Sonnenschein. 38 6d). 

At E.. Theism under natural Law as related to OT Criticısm 
150) the Theodicy of Lux Mundi (12v. VIII u. 370. N.Y., Whbittaker. 
(81.50). 

Möller, W., Are the Critics right? Historical and critical Considerations 
against the Graf-Wellbausen Hypothesis. Transl. by ©. H.Irwin. With 
Preface by Prof. von Ore!li (Ld., Relig. Tract. Soc. 283 6d). 

Lepsius, J., Die at! Wissenschaft und die Ergebnisse ihrer Erforschung 
(Reich Christi VI 20—32): Vgl. BZ II 9 f. Glaubt, dals unbewulst 
religionsphilosophische Motive die scheinbar archäologisch und literar- 
kritisch vorgehende Pentateuchkritik gezeitigt haben. Hält die kritischen 
Anschauungen ihrem ganzen Umfange nach für unrichtig und persitliert 
die angenommene Fälschung des Dt. — Das vorsalomonische Heiligtum 
auf dem Nebi Samwil (ebd. 103—134): Behauptet die Existenz eines 
Zentralheiligtums seit der Sinaipesetzgebung in Silo (= Nebi Samwil, wo- 
mit noch die neun andern Heiligtümer identifiziert werden). — Der Tert 
der Schöpfungsgeschichte (Reich Christi VI 208—225): Die von der Kritik 
angenommenen zwei Schöpfungsberichte beseitigt L. durch Anderung der 
Textfolge. — Terxtkritischer Konmentar zur Schöpfungsgeschichte (ebd. 
225— 233). — Der sehr resoluten, aber der ruhiren Objektivität ermangeln- 
den Opposition stimmen zu: Jaeger, L., Biblizisten und Bibelkritik. 
Offener Brief an Herrn Dr Lepsius (ebd. 145—165). — Kähler, M., Zur 
ati Krise in der Theologie (ebd. 165—168). — Lepsius, J., Verbalinsptra- 
tion und Tertkritik: Antwortschreiben un Professor D. Kähler (ebd. 
168—180): Wahrt der Textkritik ihr Recht gegenüber ersterer. — 
Lepsius, J., Ein menschlicher Tag (Reich Christi VII 1—38): Verteidigt 
sich gegen die Vorwürfe, die wider sein Vorgehen gegen die Bibel ın 
den „Reden und Ansprachen der 18. Allianzkonferenz zur Vertiefung 


Bibliographische Notizen. 317 


des Glaubenslebens‘ (24,—28. Aug. 1903) erhoben wurden. Mehr von per- 
sönlichem Interesse. — Ebenso die weiteren Aufsätze: Rabbinische oder 
evangelische Schriftanschauung? (ebd. 39—53).. — Die Probe auf das 
Exenpel (ebd. 53—60). — Eine Lobrede auf die Bibel (ebd. 60—64). 

König, E., Im Kampf um das AT.2. H.: Ati Kritik und Offenbarungs- 
glaube. Vorträge (55. B., Runge. M —.90). 

Cheyne, T. K., Critica biblica. 4. First and second Kings (312—398. Ld., 
Black. 35): Vgl. BZI 215, II 95. Nordarabien ist für C. der Ausgangs- 
punkt zur Erklärung der israelitischen Geschichte, Jerahmeel das Losungs- 
wort für seine Textkritik. Die israelitische Geschichte hat sich im Negeb 
vollzogen, und dort muls jeder geographische Name, sei es als Doppelgänger 
eines andern Namens oder ach textkritische Emendation, gefunden 
werden. So ist der Euphrat als Grenze von Salomos Reich im Negeb 
zu suchen. Jerahmeel ist durch die Abschreiber nur an vier Stellen be- 
lassen worden, sonst an mehreren tausend Stellen verändert worden, so’ 
dals ein ganz schiefes Bild von Geschichte und Geographie entsteht. So 
hebt C. den Panbabylonismus durch eine exzessive Nordarabienhypothese, 
Wincklers Mugri-Hypothese überbietend, aus dem Sattel und persifliert‘ 
unbewulst die moderne textkritische Willkür durch seine Jerahmeel-Hypo- 
these, der beste Weg, zur kritischen Nüchternheit zurückzuführen. 

Knieschke, Wellhausen nach Schrift und Inschrift beurteilt (Ev. Kz 
LXXVIII Nr 3—5): Bekämpft die Aufstellungen W.s über den Ort des 
Gottesdienstes, die Opfer, dıe Feste, die Priester und Leviten, die Aus- 
stattung des Klerus. 

Cereseto, 6. 6., Tre classi di dottori. Questioni circa gli autori e la 
data dei Salmi, dei Proverbi e del Pentateuco (XVI u. 208. Monza 1903, 
Artigianelli): Zuerst erschienen als eine Reihe von Artikeln in Scuola 
cattolica 1902/3, sich anschlielsend an den bekannten Brief des Bischofs 
Mignot von Albi über die biblische Kritik. C. tadelt zunächst die Be- 
grifisbestimmung für Kritik: die Unterscheidung des Wahren, als wider- 
spruchsvoll, beanstandet die nachexilische Ansetzung der Ps durch Mignot 
auf Grund der Tradition, des Kanonabschlusses unter Esdras, der 
LXX und der Unsicherheit der inneren Gründe, tritt für salomonische 
Herkunft von Prv ein, findet die Annahme der Pentateuchkritik der 
Inspiration widersprechend. C, bewegt sich also auf dem Boden der 
streng traditionellen Exegese, während der Berichterstatter der Revista 
delle Reviste (Il 9-16) den fortschrittlichen Standpunkt des Mignot 
u. &. zum Seinigen macht. 

Ermoni, V., La methode historiwe a propos de VAT (Ann. de phil. 

chret. ser. 3, t. II [ÜXLVI] 425—429): Rez. über Lagranges so be- 
titeltes Werk. Lobt es nach fortschrittlichem Inhalt und kirchlicher Ge- 
sinnung. Nur scheint ihm in manchen Punkten nicht hinreichende Klar- 
heit zu walten. 
.Cheyne, T.K., An Appeal for Higher Exegesis (Exp IX 1-19): 
Über Text- und Literarkritik hinaus muis man zu einer tieferen histori- 
schen Einsicht in das AT gelangen. Man muls den politischen Charakter 
der Propheten mehr hervorheben; man muls auf eine rein innere Ent- 
wicklung der israelitischen Religion, insbesondere in der prophetischen Zeit, 
verzichten. Aulsere Eintlüsse Babels sind anzuerkennen und auf Grund 
seiner kühnen Textkritik auch solche von Nordarabien aus (Musri, Asur 
usw. in Nordarabien). 

Burr, E. F., To Christian Laymen: concerning „the Higher Criticism“ 
(BStdt N.S.1140—151): Verurteilt denselben nach allen Richtungen und 
mit allen Gründen. 

Un professeur de Grand Seminaire, La bible, la science et Thistoire (Annales 
de philos. chret. ser. IlI,t. III, 310—324): Unterscheidet zwischen der 
von Gott gegebenen Bibel und den menschlichen Erklärern, zwischen 
der Bibel als religiösem Unterrichtsbuch und der Bibel, aufgefalst als In- 





308 Bibliographische Notizen. 


Winckler, Zimmern auszugleichen. Die Nebeneinanderstellung von Marduk 
und Christus wird wohl eine noch eingehendere Darstellung erfahren in 
der vollständigen Veröffentlichung der Dissert. Hehns (vgl. BZ I 9%) in 
Beitr. zur Assyr. und sem. Sprachwissenschaft V 3. 

Tennant, F. R., The Sources of the Doctrines of the Fall and original 
Sin (XIV u. 363. Cambridge 1903, Un. Beschäftigt sich mit 
der biblischen Erzählung, ihrer Erklärung und Literarkritik, Parallelen. 
sychologischem Ursprung, Lehre des Sir, des Judaismus, der rabbinischen 
Literatur, der jüdischen Pseudepigraphen, des Paulus und der Kirche vor 

ugustin. 

Fulliquet, @., Le Miracle dans la Bible (470. P., Fischbacher. Fr 7.50). 

Ziiler, F., Die biblischen Wunder in ihrer Beziehung zu den biblischen 
Welt- und Gottesvorstellungen (Samml. gemeinverst. Vorträge 88. 37. 
Tübingen, Mohr. M —.80): Findet die Wunderauffassung jeweils den 
Phasen der (rationalistisch gefalsten) Religion Israels entsprechend. 

Ziese, J. H., Die Gesetz- und Ordnungsgemä/sheit der biblischen Wunder, 
universalgeschichtlich begründet (IV u. 182. Schleswig 1903, Ibbeken. 
M2.—): Die biblischen Wunder sind nicht göttliche Willkürakte, sondern 
dienen der Wiederherstellung der durch die Sünde gestörten Weltordnung 
und reihen sich dem jeweiligen geschichtlichen Entwicklungsstande dieser 
Wiederherstellung im Laufe der Weltgeschichte an (nach ThLbl XX V 51 ff). 

Montefiore, C. G., Rabbinic Conceptions of RBepentance (JqR XVl 
209—257): Beruben im wesentlichen auf dem AT, da Hellenismus und 
NT keinen eigenen Begriff haben. Die rabbinische Lehre über die Bulse 
ist erst die volle und echte Entfaltung derselben, zugleich eine Harmo- 
nisierung der priesterlichen und prophetischen Auffassung. Ein reiches 
rabbinisches Material kommt in Verwendung. 

Reinach, T., Histoire des Israelites depuis la ruine de leur independence 
un jusqu’a nos jours. 8° ed. (16%. XIX u. 416. P. 1903, Hachette. 


r 4—). f 

Ninok, C., Auf biblischen Pfaden. Reisebilder aus Agypten, Palästina, 
Syrien, Kleinasien, Griechenland und der Türkei. 6., verm. u. verb. A. 
(40. VIII u. 416 m. Abb., 2 Kart. u. 1 Panor. Lp. 1903, Deutscher Kinder- 
freund. M 7.—). 

Soden, H. v., Palästina und seine Geschichte. 6 volkstümliche Vor- 
träge. 2. Aufl. Aus Natur und Geisteswelt 6. Bdchen (IV u. 112. Lp., 
Teubner. M 1.25). 

Grammatica, L., Testo Atlante di Geografia Sacra I: Geografia Biblica 
(Bergamo, Istituto Ital. d’arti graf. L 4.80): Eine Rez. der Str III 
649—551 vermilst darin die historische Korrektheit in Bezug auf die Aus- 
scheidung der geographischen Angaben einzelner Perioden und tadelt den 
er bau des Atlas auf der traditionellen statt einer wissenschaftlichen 

xegese. 

Preuschen, E., Leitfaden der biblischen Geographie. Mit 6 Ortsansichten 
(IV u. 174. Gielsen, Rotb. M 1.—.). 

Müller, R., Eine schweizerische Jerusalemfahrt im Anfang des 16. Jahrh. 
(Schweiz. theol. Zeitschr. 1903, 204—254). 

Mühlau, F., Martinus Seusenius’ Reise in das heilige Land im Jahre 1602. 
Kieler Univ.-Progr. 1902 (35 S.). 

Sargenton-Galiohon, A., Sinai, Maän, Petra. Sur les traces d’ Israel 
et chez les Nabatöens. Avec une lettre-preface du M. de Vogüe (12%. 
XV u. 305. P., Lecoffre): Einer Sylvia von Aquitanien nacheifernd, 
scheute die Schriftstellerin nicht Gefahren und Strapazen, um im An- 
schluls an eine Karawane der Ecole biblique unter Führung von P. A. Jaussen 
die weite Reise zu unternehmen. In diesem schön ausgestatteten, mit 
Karten und Illustrationen geschmückten Werke bietet sie ein fortlaufen- 
des Tagebuch (10. Febr. — 25. März 1902), mit Geist und Gemüt ge- 
schrieben, von feiner Naturbeobachtung und sorgfältigen vorbereitenden 


Bibliographische Notizen. 309 


Studien zeugend. Sie hat damit für Liebhaber solcher Reiseberichte 
und solche, die jene Gegenden bereisen, eine angenehme Lektüre ge- 
schaffen. s 

Dressaire, L., Eiudes palestiniennes. La tradition et T’authenticite des 
Lieux saints (Rev. Aug. 15. Mai 1903, 416—43]). 

Historische Stätten in Palästina. Nach eigenen Aufzeichnungen während 
einer archäologischen Expedition im Sommer 1903 (Allg. ev.-luth. Kz 1904, 
Nr 1—4): Jericho, die Merebinthe Mamre, die galiläischen Synagogen, 
Sichem und Umgebung. 

Barnabe d’Alsace, Questions de topographie palestinienne: Le lieu de 
la rencontre d’Abraham et de Melchisedech, avec une appendice sur le tom- 
beau de S. Anne ü Jerusalem (154. Jerusalem, impr. Francisc.). 

Blake,W., Jerusalenı. Ed. by E.R.D. Maclaganand A.G.B. Russel. 
(150. Ld. 1903. Bullen. 68). 

Leeper, J. L., Voices fronı Underground Jerusalem (BW XXII 167—179): 
Die Lage der einzelnen Stadtteile wird, soweit möplich, in Wort und 
Bild geschildert. — Remains of the Temple at Jerusalem (ebd. 329— 341). 

Gatt, G., Bemerkungen zu Dr. Alf. Schulz’s Aufsatz über die Sion- 
Frage (ThQ LXXXVi 249-258): Gegen ThQ 1900, 356—389. Mit S. 
nimmt G. an, dafs die Bibel gewöhnlich von einem Berge Sion in über- 
tragenem Sinne rede, behauptet jedoch gegen S., dals sie auch einen eigent- 
lichen Berg Sion in topographischem Sinne kenne; die Tradition von 
einem Berge Sion sei nicht entstanden wie etwa die über das Tal Josa- 
phat. Die Lage der Davidsstadt nach S. bestreitet G.: die Akra der 
Syrer sei nicht identisch mit der Davidsstadt 1 Makk. Mit Unrecht finde 
S. bei Josephus ein Akra in doppeltem Sinne. — In ThR 11I 28 findet 
G., dals auch Germer-Dürand' pl, BZ II 88) mit ‚Josephus, der Bibel 
und der Bodenbeschaffenheit in Widerspruch gerate. 

Masterman, E. W. G., Jewish Customs of Birth, Marriage and Death 
(BW XXII 248—257) — Occupations of the Jews in Palestine (BW XXII 
88-97). — Feasts and Fasts of the Jews in modern Palestine (BW 
XXIII 24—36 110—121). 

Davies, T. W., Sacred Music among the ancient Hebrews and in the 
Christian Church (Bapt. Mag. an. Lit. Rev. Sept.-Okt.-Nov. 1903). 

Rattray, A., Divine Hygiene: Sanitary Science and Sanitarians of the 
Sacred Scriptures and Mosaic Code. 2 Bde (672, 756. Ld.1908, Nisbet. 32). 


d) Auslegung. 


Carr, A., Horae Biblicae: Short Studies in O and NT (242. Led, 
Hodder. 6s). 

La sainte Bible arec commentaire d’apres Dom Caulmet, les saints peres 
et les exögetes, anciens et modernes, par J. A. Petit. T. 15 (705. Arras, 
Sueur-Charruey). 

Urquhart, J., Die neueren Entdeckungen und die Bibel. V. Bd. Von 
den Büchern Chronik bis zum Ev Johannis. Übers. von G. Spliedt 
(XII u. 376. Stuttgart, Kielmann. M 4.—). — Der 1. Bd in 4. Aufl. 
(XVI u. 341). Vel. BZ I 93 329. 

Matheson, G., Representative Men of the Bible II: Ishmael to Daniel. 
(364. Ld. 1903, Hodder). 

Steinführer, W., Der Engel Gesetz. Ein theologisches Problem. TI. Hin- 
weisender Teil (xl u.400. Lp.1903, Richter. M 8.—): „Ein Stück Gnosis 
in moderner Ausrüstung!“ Das Gesetz des AT ist nicht von .Jahwe, 
sondern von den Engelmächten (Elohim), ein Gegensatz, den dann der 
aulserhalb desselben stehende Christus zu lösen hat. Sorar in apostolischer 
Zeit, im Petrinismus und Paulinismus wırke dieser Gegensatz noch nach 
(ThLbl XXIV 549-552). 

Jacob, B., Im Namen Gottes. Eine sprachliche und religionsgeschicht- 
liche Untersuchung zum A und NT (VII u. 176. B., Calvary. M 3.—). 


300 Bludau, Das Comma Ioanneum (1 Io 5, 7). 


Im Jahre 1660 erschien in 80 zu Amsterdam eine neue 
Übersetzung des Neuen Testamentes von dem mit den Arminia- 
nern sympathisierenden Socinianer Jeremias Felbinger 
(+ 1616), die ihr Muster, die Rakowsche Übersetzung, zu über- 
bieten suchte und durch Buchstäblichkeit das Deutsche sehr 
verunstaltet hatte?. Bei seiner Arbeit hat Felbinger, wie er 
in der Vorrede sagt, die von Curcelläus 1658 zu Amsterdam 
besorgte griechische Ausgabe zu Grunde gelegt. Wie ÜOurcel- 
läus hat auch Felbinger die Stelle in Klammern gesetzt: 
„Denn drei sind di da zeugen [in dem Himmel, der Vater, di 
Rede und der heilige Geist. und eben diselbigen drei sind 
eins. Vnd drei sind di da zeugen auff der Erde] der Geist...“ 
Unten auf der Seite besagt eine Anmerkung, dafs die ein- 
geschlossenen Worte in vielen alten griechischen und latei- 
nischen Büchern fehlen, „wie in der syrischen, arabischen und 
Mohrischen Übersetzung“; auch werden sie von vielen Vätern 
nicht anerkannt und fehlen in alten Drucken‘. 

Felbinger hat auch in der Doctrina de Deo et Christo 
et Spiritu Sancto ipsis Scripturae sacrae verbis 1657 in th. 3 
als Beweis für die Gottheit des Heiligen Geistes 1 Jo 5,6 7 
zitiert. 


I Siehe über ihn Fock, Socinian. 248. 

2 Vgl.G.H.Goeze, De vers. Nov. Test. Felbingeriana, Lubec. 1706; 
Zeltner, Diss. de novis Bibl. germ. versionibus non temere vulgandis, 
Altdorfii 1707, 15. 

3 Palm, De cod. 176; Baumgarten, Nachrichten von einer hall. 
Bibliothek II 203. 





Besprechungen. 


Mommert, Carl, Dr theol., Ritter des heiligen Grabes, Pfarrer, Topo- 
graphie des alten Jerusalem. I. Teil: Zion und Akra, die Hügel der Alt- 
stadt. gr- 80 (X u. 393} Leipzig 1902, E. Haberland.. M. 8.— Il. Teil: 
Das salomonische Tempel- und Palastquartier auf Moriah. Mit vier Fi- 
guren im Text und fünf Tafeln. (VII u. 305) 1903. M. 7.— 

Diese beiden, durch gründliche Behandlung und übersichtliche Dar- 
legung des Stoffes sich auszeichnenden Bände bilden für das Studium 
der Topographie Jerusalems ein willkommenes Hilfsmittel. In dem Streit 
über dıe Lage der „Stadt Davids“ stellt sich M. auf die Seite derer, die 
sie auf dem Südwesthügel suchen. Er verwirft mit Recht die Osthügel- 
Theorie, weil der Osthügel für den Sitz eines ganzen Volkes zu klein ist. 
Die „Stadt Davids“ konnte unmöglich auf der kleinen, nur 9 Morgen 
groisen Fläche des Ophel gestanden haben. Der Gipfel des Osthügels 
aber wurde noch zur Zeit Davids als Dreschtenne benutzt. Die ganze 
Östhügel-Theorie beruht übrigens, was M. nicht angeführt hat, auf der 
unrichtigen Übersetzung von 772 "7, öpog Zıov = „Zion, der (Tempel)berg“, 
austatt „der (Tempel)berg von Zion“. Nur an einer der zahlreichen 
Stellen ist „Tempelberg“ Apposition zu Zion: Ps 2,6. Dies ist aber ein 
davidischer Psalm, und zu Davids Zeit war nicht der Moriah, sondern 
der Zion Sitz des jüdischen Nationalheiligtums!. Die beiden Hügel, auf 
denen nach Flavius ‚Josephus die Altstadt lag, sind nach M. der heutige sog. 
Öberzion und der sog. Unterzion. Er beruft sich hierfür auf Josephus, 
Bell. Iud. 5, 4,2, wonach die alte Zweihügelstadt im Norden von der sog. 
„alten Mauer“ begrenzt gewesen sei, weshalb beide Hügel im Süden der- 
selben zu suchen seien. Dies ist aber ein Milsverständnis. Der Aus- 
druck „im Norden“ bezieht sich nicht auf die Stadt, sondern auf die 
Turmseite, von der die alte Mauer ausging. Nur der eine Hügel, der 
„die Davidsstadt‘“ trug, lag südlich von der „alten Mauer“. Der andere 
befand sich in der Gegend des alten Serails.. M. meint zwar, die Has- 
monäer hätten die Höhe des Unterstadthügels nur so weit abgetragen, 
dals dieser den Tempel nicht mehr überragte, und deshalb mülsten noch 
Reste des ehemaligen Hügels in jener Gegend nachweisbar sein; dies sei 
aber nicht der Fall, weshalb der Unterstadthügel sich irgendwo anders 
befunden haben müsse. M. hat dabei übersehen, dals Josephus, Ant. 13, 6, 6 
ausdrücklich sagt, das Volk habe unter Simon den Hügel „bis auf den 
Grund und die glatte Ebene‘ abgetragen. Diesen zweiten Hügel sucht 
M. in der Anhöhe des sog. Unterzion. Dem widerspricht die Notiz bei 
Josephus a.a.O.: „Nach Abtragung der Burg und des Burgberges ragte der 
Tempel über alles empor“, insofern heute noch der Unterzion höher als der 
Morıah ist. Der Unterzion ragt über seine unmittelbare Umgebung an 
der Nord-, Ost- und Südseite immer noch so merklich hervor, dals er 
mit einem Berg, den man eis Zdapog xai medıvriv Acıörnta reduziert hat, 
in keiner Weise identifiziert werden kann. — Der 2, Band gilt dem Berg 

t Joel 4, 17: „Gott, der ich in Zion wohne auf meinem heiligen 
Berge“. Siehe Ps 48,2. Joel 3,516. Mich 3, 12, 


302 Bibliographische Notizen. 


Moriah. Den grofsen Brandopferaltar verlegt M. mit Recht auf den 
Felsen Sachra; dagegen setzt er sich in Widerspruch mit .Josephus, Ant. 
15, 11, 4, wenn er Salomon den Antoniaburgfelsen mit einem Sommer- 
palaste überbauen lälst. Josephus sagt ausdrücklich, das erst die Hasmonäer 
diesen Felsen überbaut haben. Der Sommerpalast Salomons betand sich 
auf der Südseite der Haramarea, der Winterpalast aber am Fulse der 
Südmauer. Auf den Tempelberg verlegt M. auch den vielgedeuteten salo- 
monischen Millo, den er mit Recht von dem davidischen trennt. Jenen 
identifiziert er mit dem ganzen salomonischen Tempel- und Palastquartier 
auf Moriah, während er den Millo der Davidsstadt in dem sog. Davids- 
turm wiederfindet. Beides ist durch den jüngst aus dem Assyrischen ge- 
lieferten Nachweis, wonach x‘;n, wie assyr. tamlü, „Aufschüttung, auf- 
geschüttete Terrasse, Damm‘‘ bedeutet, hinfällig geworden. Der davidische 
Millo ist wahrscheinlich in der „alten Mauer‘ der Teil, der die zwischen 
Ober- und Unterzion befindliche Taleinsenkung verschlols, während der 
salomonische die Schlucht des Wad bis an Ten einda: überbrückte. 
Das „Haus“ oder „der Palast des Millo“ lag wahrscheinlich an der 
Stelle des späteren Hasmonäerpalastes (x59 Il Kg 12, 20 = "zo „der 
Brückendamm‘‘ im Marokkanerquartier. Noch ist die von M. unter 
Zugrundelegung des .„Lineals des Gudea‘ angesetzte Längenbestimmung 
der alten jüdischen Elle = 39,9 cm zu erwähnen. Mit diesem neuen 
Malse glaubt er das Heilirtum richtig rekonstruieren zu können. Allein 
die mitgeteilten Malsangaben stimmen nicht mit den Verhältnissen der 
angehängten Schickschen Karte; so soll z. B. der freie Raum auf der 
Ostseite, zwischen der Ostmauer des Tempels und der östlichen Um- 
fassungsmauer des ganzen Tempelquartieres, nur etwa 40 m betragen, 
während er nach jener Karte ca ‘5 m milst. — Sind somit die Resultate 
der Untersuchungen M.s nicht in allweg stichhaltig, so bieten sie doch 
ungemein viel Anregung und Nutzen für das Studium der Örtlichkeiten 
der heiligen Stadt. 
Blaubeuren. P. Rieflsler. 


Bibliographische Notizen. 
(Das Erscheinungsjahr 1904 und Format 8° wird nicht eigens bezeichnet.) 


A. Allgemeines. Literatur zur ganzen Heiligen Schrift. 
Abkürzungen wie 8. 81 u. 198. 

a) Bibliographie. Enzyklopädien. Einleitung. Inspiration. 
Hermeneutik. Geschichte der Exegese. Schriftstudium. 
Scherman, L., Orientalische Bibliograplie XVI 208-243 (B. 1%3, 

Reuther. M 10.—). 

Vigouroux, F., Dictionnaire de la Bible. Fasc.23. Col. 1—288: L—Lit 
(4%. P., Letouzey). 

Gray, 3. C., and Adams, 6. M., Biblical Encyclopedia, a Collection of 
Notes explanatory, homiletic and illustrative etc. 5 Bde (4500. Cleve- 
land. Barton. $& 12.50). 

Barnes, C.R., Barnes's Bible Encyclopedia, biographical, geographical, 
historical and doctrinal (N. Y., Eaton. $18.—). 

Singer, J., The Jewish Eneyelopedia V: Dreyfus-Brisac—Goat (XXI u. 
686. 1903): Vgl. BZ I1 81. 

Dondero, A., Institutiones biblicae ad mentem Leonis XIII pont. max. 
in encyclica Providentissimus Deus tironum usui accommodatae. Ed. 3. 
(533. Genua, Arcivescoville.. L 5.50) 

Scottl, &., Lezioni di Propedeutica biblica. Questioni dogmatiche e 
critico-letterarie (274. Neapel, D’Auria. L 3.50). 


Bibliographische Notizen. 303 


McPheeters, W. M., The Question of Authorship: Practice versus Theory 
(PrthR 1 579—596): ‚Die Praxis bei Profanliteratur, die Praxis der heiligen 
Schriftsteller, der Überlieferung, ja der modernen Kritiker widerlegt die 
Ansicht, die Frage nach dem vo. sei ohne Bedeutung, eine blols 
literarische Frage. Vgl. BZ II 86. 

Die Frage nach der Authentie der biblischen Bücher. Misc. (Bew. d.Gl. 
3. F. VI, 10. H. [Okt. 1903|). 

Gregory, D. S., Outline View of the Bible as God's Revelation of Re- 
demption (BStdt N.S. 145—55 108—117): Sucht für jedes Buch der Bibel 
den Platz in der Offenbarungsgeschichte genau zu bestimmen. 

Blondel, M., Histoire et Doyme — les lacunes philosophiques de l’exegese 
moderne (La Quinzaine 16. Jan. 1904, 145—167). 

Billot, L., De inspiratione sacrae Scripturae theologica disquisitio (146. 
Rom 1903, Tip. de propag. fid.). 

Schanz, <P. v.>, Die Inspiration der Heiligen Schrift (Köln. Volks- 
zeitung 1904, Lit. Beilage Nr 11): Für weitere Kreise handelt S. von der 
Tatsache der Inspiration (für das NT historisch nachweisbar nur aus der Apo- 
stolizität erschlossen und deshalb von S. auch mit derselben zusammen- 
hängend getalst.,. Nach der Bulle Providentissimus Deus (durchgängige 
Realinspiration, ausnahmslose Irrtumsfreiheit) bleibt offen die Beziehung 
zwischen der Subjektivität der Verfasser und den Objekten der Dar- 
stellung. Gott als „auctor“ ist durch den Inspirationsbegriff zu erklären, 
nicht umgekelirt. Wie der Literarkritik (Verfasser, allmähliche Bildung, 

seudepigrapbische Schriften), so steht auch der historischen Kritik in 
Bezur auf die benutzten Quellen der Weg frei, wiewohl nur unzweifelhafte 
wissenschaftliche Resultate den Exegeten bestimmen sollen, von der all- 
gemeinen Erklärung abzuweichen. 

Dahle, L., Der Ursprung der Hl. Schrift (die Inspiration). Aus d. Nor- 
were. von H. Hansen (VII u. 160. Lp. 1903. Ungleich. M 1.20). 

Sheraton, J. P., The Procefs of Inspiration (BStdt N. S. 1 13-20): Be- 
dingt den göttlichen und menschlichen Charakter der Bibel. — The Pro- 
duct of Inspiration — the inspired Seriptures (ebd. 84—95): Notwendig 
für die Glaubwürdigkeit und Vollständigkeit der Offenbarung ist die Irr- 
tumslosigkeit nicht, aber tatsächlich ist die Bibel irrtumslos. 

Merisi, A., Le fonti dei Libri Sacri e il dogma dell’ ispirazione (Scuola 
Catt. Nov. 1903, 423 —438). 

Portig, Hermann von Helmholtz und die Inspiration. Antworten auf 
Zweifelfragen (Glauben u. Wissen I, 11. H.). 

Burrell, D. J., „Is“ or „contains“? (BStdt N. S. I 22—24): Letzteres: die 
Bibel „enthalte“ nur Gottes Wort, führt zu schlimmen Folgerungen. 

Grannan, C.-P., Questions d’eeriture sainte. rad. de l’anglais par l’abbe 
L. Collin (18°. P. 1903, Lethielleux): Erschienen vor einigen Jahren 
in Catholic University Bulletin und American Catholic Quarterly Review, 
über Anwendung der Kritik auf die Bibel und über Inspiration. Ge- 
mäfsigt fortschrittlich (nach Rev. du clerge fr. 1. März 1904, 44 ff). 

Curry, S. S., Vocal and literary Interpretation of the Bible. Introd. 
by F. 6. Peabody (12%. XX u. 354. N. Y. 1903, Macmillan. %1.50). 

Fontaine, J., La methode historique et les etudes scripturaires (Science 
cath. Mai 1903, 473—486). 

Girerd, F., L’autoritö de la Bible (Annal. de phil. chret. Ser. 3, T. II, 
399-414): Wiewohl die Unfehlbarkeit der Kirche sich wenig über den 
Umfang der Offenbarungswahrheiten erstreckt, dieselbe, soweit sie in ihrer 
allxzcmeinen Lehre und im consensus patrım zum Ausdruck kommt, 
schwer feststellbar ist, darf man doch seit unvordenklicher Zeit vertretene 
Lehren der Kirche und der Väter nicht einfach aufgeben. Durch Bei- 
spiele der Exegese der Väter und unverdächtiger Exegeten zeigt er. dals 
wohl die Freiheit der Bibel von Irrtum, nicht aber von Ungenauigkeiten 
sicher gestellt sei. Anzunehmen, dals ein inspirierter Autor glaubt, die 


304 Bibliographische Notizen. 


historische Wahrheit zu sagen, und sich dabei täuscht, widerspricht nicht 
der Tradition. Gott leistet nur Bürgschaft für den religiös- -doktrinalen 
Teil der Heiligen Schrift, dals der religiöse Zweck, dem inspirierten Autor 
bewulst oder “unbewulst, erreicht werde. Alle geschichtlichen Tatsa:ker, 
auch in den Evv, sind nur Material, das einer historischen Sicherung 
und Richtigkeit nicht bedarf. 

Rau, A., Bibel und Offenbarung (Delitzsch, Walter. M 1.—). 

Waller, c. H., The Word of God and the Testimony of Jesus Christ 
(Ld., Marshall). 

„rähler, M., Die Bibel, das Buch der Menschheit (74. Berneck, Warneck. 
— 50) 

Schmid, B., O.S. B., Grundlinien der Patrologie. 6. Aufl. (XII u. 255. 

Freiburg, Herder. M 2.—): Trotz des Erscheinens von Rauschens 
„Grundrifs der Patrologie“ (rel. ob. S. 83) sind die 1879 zum ersten Male 
publizierten „Grundlinien“ dem Konkurrenzunternehmen nicht gewichen. 
er Verf. hat inzwischen fleilsig an dem Werke gearbeitet und will nun 

in der sechsten Ausgabe namentlich durch eingehendere Charakterisierung 
der Kirchenschriftsteller mehr leisten. Da Bardenhewers u. a. patrolo- 
gische Publikationen zu (Gebote standen, konnten zahlreiche Fehler 
früherer Auflagen korrigiert werden. Um so mehr fällt auf, dals Schm.s 

Referate ın manchen Echtheitsfragen (Barnabasbrief, Pseudojustina u. 8.) 

noch sehr reserviert klingen. Die Aufzählung der Werke mancher Schrift- 

steller will mir als zu schematisch und mechanisch erscheinen. S. 

Guidi, J., Un fragment arabe d’onomastique biblique (Rb N.S. 1 75—18:: 
Ein Fragment mit Erklärung der Prophetennamen MsVat. ar. 171 f. 9”, 
durch das Syrische aus dem Griechischen stammend. 

Schanz, M., Geschichte der römischen Literatur bis zum Gesetzgebungs- 
werk des Kaisers Justinian. IV 1: Die Litterutur des 4. Jahrh. (XVlu. 
4659. Nlünchen, Beck. M 8.80): In 8 852-854 werden die Gedichte de So- 
doma und de Jona, S 855 das Evangelienbuch des Juvencus, $ 857 der 
biblische Vergilcento der Proba, $ 873 das Dittochaeon des Prudentius. 

> 8580 Jdie Gedichte des Paulinus von Nola über biblische Stofle, 8 889— 
891 und 910-930 die exegetischen Schriften des Hilarius von Poitiers 
und Ambrosius, & 945 der sor. Ambrosiaster, & 952 Priscillians Kanones 
zu den Paulusbriefen, $ 962f der Wallfahrtsbericht der sog. Silvia 
(Etheria) und andere Schriften über das hl. Land, $ 980-989 die Revision 
und Übersetzung der Hl. Schrift durch Hieronymus und dessen exegetische 
Schriften ausführlich und sachkundig besprochen. C.W. 

Blaoha, F. v., Der pseudo-cyprianische Traktat „De singularitate cler- 
corum” ein Werk des Novatian (Kirchengeschichtl. Abhandl,, herausg. v. 
M. Sdralek 11 191—256): Untersucht S. 203—219 die Bibelzitate und ge- 
langt im Gegensatze zu Harnack (BZ I 309) zu dem Resultate, dals aus 
ihnen auf einen Autor des 3. Jahrhunderts geschlossen werden müsse und 
die nahe Verwandtschaft mit dem Texte Lucifers nicht zugegeben wer- 
den könne. C.W. 

Gaucher, Saint Jeröme et l’inspiration des livres deuterocanoniques (Science 
catlı. Kebr. 1904). 

Bellanger, L., Le Pocme d’Orientius. Edition critique avec un Fac- 
Simile, «tude philologique et litteraire, traduction (XV u. 351. P. 1903, 
Fontemoing): Bespricht S. 268—275 das Verhältnis des Dichters zur 
Bibel. Orientius wollte in seinem paränetischen Gedichte „faire servir la 
forme po£tique A mieux fixer dans les esprits les preceptes et les enseigne- 
ments des textes sacres”. Commonit. 1, 33 ff eine eigenmächtige Modi- 
fizierung der biblischen Erzählung vom Propheten Balaam. C.W. 

Reinelt, P., Studien über die Brie, e des hl. Paulinus von Nola (VIII 
u. 104, Bresl., Aderholz): Handelt S. 84—91 über das Bibelstudium der 
damaligen Zeit und seinen Reflex in den Briefen des P. und glaubt hin- 
sichtlich der Textgestalt der zitierten Stellen folgendes feststellen zu 


Bibliographische Notizen. 305 


können: Nach 410 benutzte P. für NT und Ps mit geringen Abweichungen 
die Vulgata. In den früheren Briefen stimmen seine Zitate aus NT mit 
Augustinus, die aus Ps mit dem Psalt. Rom. überein. Für AT mit Aus- 
nahme von Ps benutzte er eine an die LXX sich anschlieisende Über- 
setzung. .W. 

Thimme, K., Luthers Stellung zur Heiligen Schrift (104. Gütersloh, 
Bertelsmann. M 1.80). 

Burgess, U., The Bible in Shakspeare: with numeral parallel Passages ete. 
(Chicago 1903, Winona Publ. Co.). 

Schultze, E., Die Bibel in der weiten Welt. Eine Denkschrift zum 
100jährigen Jubiläum der britischen und ausländischen Bibelgesellschatt, 
mit Berücksichtigung der schweizerischen und deutschen Verbände (VIII 
u.133 mit Titelbild. Basel, Kober. M1.—): Orientiert in klarer populärer 
Weise kurz und bündig über das, was die festfeiernde Bibelgesellschaft 
betrifft, getragen von edlem Vertrauen auf den Wert und die Gotteskraft 
der Heiligen Schrift. Das protestantische Schriftprinzip ist ihm die richtige 
Grundlage für das Verständnis eines solchen Unternehmens; der land- 
läuffgen Be- und Verurteilung der katholischen ablehnenden Haltung 
stimmt er zu. Doch gelingt es ihm $. 107, die gegensätzliche Stellung 
der katholischen Kirche aus den dem protestantischen Bibelsakramente 
entgegengesetzten katholischen Schriftprinzip — allerdings in etwas über- 
spannter Tragweite — abzuleiten und gerecht zu würdigen. 

Canton, W., A History of the British and Foreign Bible Society. With 
Portraits and Illustrations. 2 Bde (X1u.512. XII u.496. Ld., Murray): 
Zum 1l00jährigen Jubiläum 7. März 1804—1904, I. Bd bis 1817, II. Bd 
1817—1854. 

Darlon, T. H., and Moule, H. F., Historical Catalogue of the printed 
Editions of Holy Scripture in the Library of the British and Foreign 
Bible Society. 2 Vols. Vol. I, English (XIII u. 428. Ld., bible House. 
als 6d). 

Kautzsoh, E., Bibelwissenschaft und Religionsunterricht. Sechs Thesen. 
2., miteinem Votum über neueste Erscheinungen (Stosch, Urqubart, Lepsius 
und der Babel-Bibel-Streit) verm. Aufl. (96. Halle 1903, Strien. M 1.50). 


b) Sprache. Text und Übersetzungen. Bibelkritik. 


Schulthess, F., Lexicon Syropalaestinum (X VI u. 226. B. 1903, Reimer. 
M 10.—): Eine erschöpfende lexikalische Bearbeitung des syropalästinischen 
Materials, das hauptsächlich aus Schrifttexten besteht. 

Nestle, E., Sykophantia im bibl. Griechisch (ZntW 1V 271 f): Zukopavreiv 
— bedrücken, erpressen (pxs). In der Übersetzung der Tebtunis Papyri 
wird es mit „falsch anklagen“ wiedergegeben. 

Facsimiles of ancient Manuscripts ete. Part. I. Herausgeg. von The 
new palaeographical Society (Ld. 1903): Enthält Proben aus dem 
AT, LXX (10. Jahrh.), den griechischen Evv (1160), den lat. Evv (11. Jahrh., 
mit verziertem Titel und einer Textprobe), einen lat. Psalter (1322—1325, 
mit reichem Schmuck). 

Vacandard, E., Saint Victrice, Eveque de Rouen (LV°—V° s.). 2. edit. Les 
Saints. (II u. 187. P. 1903, Lecofire): Bespricht S. 33—35 den Bibeltext 
der Schrift oder Predigt de laude Sanctorum (Migne XX). Er erscheint 
iım verwandt mit dem des Hilarius von Poitiers, des Ruricius von Li- 
moges und einer Cambridger Hs und geeignet, einen neuen Beweis zu 
liefern „de l’existence d’une version gallicane distincte de l’Itala propre- 
ment dite”. @. : 

Elis, C., Über die Fremdworte und fremden Eigennamen in der gotischen 
Bibelübersetzung in grammalischer und archäologischer Hinsicht. Diss. 
Göttingen (76 S.). 

Palmieri, A., Le versioni Georgiane della Bibbia (Bessarione 8. II, 
vol. V, 259—268 322— 328): Weist hin auf die Wichtigkeit der georgischen 

Biblische Zeitschrift. U. 3. 90 


306 Bibliographische Notizen. 


Literatur, die zu sehr vernachlässigt werde, gibt reichlich Quellen für 
die Geschichte des Volkes an. Fundorte in den verschiedenen Bibliotheken 
des Orients und des Abendlandes und beginnt mit einer Beschreibung 
und Würdigung der Bibellss. 

Cheikho, L., S. J., Les Mss arabes de T Universite St Joseph (Al-Masrik 
V1I, Nr 1— 3): Die Bibel-Mss AT und NT; Kommentare. 

Demans, R., William Tinsdale, a Biography. Being a Contribution to 
the early History of the English Bible. Pop. Ed., rev. by R. Lovett 52. 
R. T.S. 38 6d.. 

The Holy Bible containing the O and NTs, tr. out of the original Tonmnes 
and with former Translations diligently compared and revised etc. (4°. 1232, 
ill. pl. maps. Philadelphia, Holman. $3.—). 

The Century Bible. Introd., Rev. Vers. with Notes, giving Analysis 
showing from which of orig. Documents each Portion of the Text is 
taken (120. Ld.. Jack): Genesis, ed. by W.H.Bennet. Judges and Ruth. ed. 
by G. W. Thatches. a 28 6d. 

The Holy Bible containing the O and NT, tr. out of original Tongues. 
Standard Ed. (285 u. 242. N. Y. 1903, Nelsor. RER 

The English Bible. Vol. V: Apocrypha. The Tudor Translation (347. 
Ld., Nutt. 9053). 

Zwolski, S., De bibliis polonicis, quae usque ad inilium saeculi XV. 
in lucem edita sunt. Diss. Münster (69 S.). 

Xanthopoulos, Th., Les dernieres traduetions de P’Ecriture Sainte en n&o- 
grec (Echos d’Orient VI 230—240): In V 321-332 (rel: BZ I 86i be- 
schäftigte sich X. mit den verschiedenen Versuchen der Übersetzung der 
Hl. Schrift ins Neugriechische, die seit dem 18. Jahrh. gemacht wurden. 
Hier erstreckt sich die Untersuchung auf die Unternehmungen ım 
19. Jahrh. bis herab zu der von Palle (BZ I 412), die Ursache der Re- 
volution in Athen 1901 war (nach Bessarione s. 11, t. V, xxxıx). 

Brucker, J., Bulletin d’Ecriture Sainte (Etudes XCVIII 386—401): Vgl. 
B7 11105. In Hummelauers Kommentar zu Jos findet B. die Formel 
für die Veränderungen im heiligen Texte: „Textus habebant non fixos, sed 
fluxos“, kühn, aber zulässig, wenn die Inspiration intakt bleibt. Auch 
in Bezug auf Negierung einer Tradition über die Autoren der heiligen 
Bücher ist B. mit H. nicht ganz einverstanden. — Die literarkritische 
Textbehandlung in Lagranges Juges findet B. subjektiv. L.s Erklärung 
der Chronologie der Richterzeit ist nach B. auch von andern konser- 
vativen Exegeten vertreten. — Loisys Verurteilung. Die historische 
Kritik ist in ihm nicht getrofien, wohl aber seine Methode, sie an- 
zuwenden. Er ignoriert vollständig alles Übernatürliche. — Schells 
Christus will nur eine Philosophie seiner Sittenlehre sein, ohne selbst 
hier auf Vollständigkeit zu dringen. B. erkennt ar, dals er die Glaub- 
würdigkeit der Evv festhält und ihren Lehrgehalt glücklich gegen neuere 
Angriffe verteidigt. 8. bemühe sich aber auch, seine eigenen lieb- 
gewonnenen Ideen in die Evv hineinzutragen. 

Bevan, G. M., The Bible and modern Criticism (ExpT XV 9%f): Gibt 
Nachricht über einen Ferienkurs zur Einführung der Bibelleser in die 
Bibelkritik. : 

Haas, A. W., Biblical Criticism (XXXI u. 233, Philadelphia 1908. 
Gen. Counc. Luth. Publ. House. $1.50\. 

Lambert, W. A., Is higher Criticism satisfactory as a Method of biblical 
Study? (bBStdt VIII 166—169): Nein, weil die religiöse Wertung der 
Bibel vernachlässigt wird. 

Hall, W. P., Some Results of destructive Criticism (BStdt N.S. I 20—22): 
Diskreditierung der Bibel und Christi. 

Beecher, W. J., The old Tradition and the new (BStdt N. S. I 1—]13): 
Der jetzt vertretene Kritizismus ist in seiner gegenwärtigen Gestalt nicht 
als dauernd zu betrachten. 


Bibliographische Notizen. 307 


Buttz, H. A., Conditions of authoritative biblical Critieism (BStdt N.S. 
I 75—84): Abdruck aus Methodist Rev. März— April 1896. 

Myth and Fiction as employed in the Bible. A Symposium (BW XXII 
342—357): Aulserungen einer Reihe von Exegeten über Tatsächlichkeit 
und Vereinbarkeit mit der Inspiration, meist beides bejahend. 

Fontaine, J., La Bible: histoire ou lögende? Surtout ä propos d’un 
article des Studi religiosi (La Science cath. Nov. 1903, 1017—1041) 

Fonsegrive, G., A propos d’exegese (La Quinzaine 16. Dez. 1903, 441-453). 

Ermoni, V., La crise de l’exegese biblique. Retlexions judicieuses (La 
Quinzaine 16. Febr. 1904, 481—499). 
ee A La Bible et P’histoire. Collection Science et Religion (120. 

„ Bloud). 

Doerr, F., Religionsgeschichtliche Methode und Bibelautorität (PrM VII 
361—8393): Sie hat bewirkt, dals die moderne Theologie keinen Kanon 
und keine auf Inspiration beruhende Autorität mehr kennt, im geraden 
Gegensatz zur Schätzung der Bibel in der Gemeinde, die in das ge- 
schichtliche Verständnis der Bibel eingeführt werden muls. 
mer E., Bibel und Naturwissenschaft (318. Stuttgart, Kielmann. 

Fontaine, Exegese catholico-protestante (Science cath. März 1904). 

X., Leone XIIIela critica biblica (Rassegna Naz. 1. Nov. 1903, 28—45). 

Vautier, E., De la question biblique chez les catholiques de France (Lib. 
chret. VII [1904] 1). 

Mignot, Critique et Tradition (Te Correspondant 10. Jan. 1904, 3—32). 
— Eine Übersetzung davon: Gazagnol, G., Msgr. Mignots Äu/serungen 
über „Kritik und Tradition“ (Zwanzigstes Jahrh. 1904, Nr 5, 6, 8, 10): 
M. fürchtet von der neuen Bewegung auf biblischem Gebiete keine ernste 
religiöse Krisis, sondern erhofft eine neue Orientierung. Loisy scheint 
ihm mehr unrichtiges Verständnis gefunden zu haben, als dals man an 
der grolsen Gelehrsamkeit und Aufrichtigkeit des Verfassers zweifeln 
dürfte. Die Kirche besitzt eine von der Bibel unabhängig begründete 
Autorität. Das lebendige Werk Christi bietet uns den unentbehrlichen 
Schlüssel zum NT. Loisy hat in seinem Werke nur aus einigen Quellen, 
den Synoptikern allein, geschöpft, ohne deshalb andere Quellen und sämt- 
liche daraus hervorgehenden Wahrheiten leugnen zu wollen. — Mgr Mignot 
au Vatican (L’Univers 23. Dec. 1903): Er fand sich in seinen biblischen 
Auffassungen in vollständiger Übereinstimmung mit dem Papste. — 
Maignan, C., Critique et Tradition. Discussion de l’article de Mgr Mignot 
publie dans le Correspondant du 10 janvier (La Verite franc. 21., 22., 25., 
26. Jan. 1904). — Lott, A., Critique et Tradition (La Verite france. 
2. Febr. 1904). 

A. P., L’ortodossia russa contro la pretesa critica scientifica dei Libri 
santi (Bessarione s. II, t. V, 417): Die russischen Exegeten zeigen eine 
beachtenswerte Bekanntschaft mit der modernen Kritik, aber sie halten 
mit Energie an der Göttlichkeit der heiligen Schriften fest. 


c) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie. 


Tlele, C. P., Grundzüge der Religionswissenschaft. Eine kurzgefalste 
Einführung in das Studium der Religion und ihrer Geschichte. Autoris. 
deutsche Bearb. von G. Gehrich (VII u. 70. Tübingen, Mohr. M 1.80). 

Bousset, W., Das Wesen der Religion dargestellt an ihrer Geschichte 
(IX u. 286. Halle 1903, Gebauer-Schwetschke. M 4.—): 4. Propheten 
und prophetische Religionen (99—122). 5. Gesetzesreligionen: Judentum 
usw. (123—157). 7. Das Wesen des Christentums (192—232). 8. Die 
Zukunft des Christentums (233—270). 

Hehn, J., Sünde und Erlösung nach biblischer und babylonischer An- 
schauung (VIl u. 63. Lp., Hinrichs. M 1.60): Interessant als Versuch, 
mit dem Standpunkt der katholischen Exegese Aufstellungen eines Gunkel, 


20* 


308 Bibliographische Notizen. 


Winckler, Zimmern auszugleichen. Die Nebeneinanderstellung von Marduk 
und Christus wird wohl eine noch eingehendere Darstellung erfahren in 
der vollständigen Veröffentlichung der Dissert. Hehns vgl. BZ I %) in 
Beitr. zur Assyr. und sem. Sprachwissenschaft V 3. 

Tennant, F. R., The Sources of the Doctrines of the Fall and original 
Sin (XIV u. 363. Cambridge 1%3. Un. De Beschäftigt sich mit 
der biblischen Erzählung, ihrer Erklärung und Literarkritik, Parallelen. 

sychologischem Ursprung, Lehre des Sir, des Judaismus, der rabbinischen 

iteratur, der jüdischen Pseudepigraphen, des Paulus und der Kirche vor 
Augustin. 

Fulliquet, @, Le Miracle dans la Bible (470. P., Fischbacher. Fr 7.50. 

Zilter, F., Die biblischen Wunder ın ihrer Beziehung zu den biblischen 
Welt- und Gottesvorstellungen (Samml. gemeinverst. Vorträge 38. 3i. 
Tübingen, Mohr. M —.80): Findet die Wunderauffassung jeweils den 
Phasen der (rationalistisch gefalsten) Religion Israels entsprechend. 

Ziese, 3. H., Die Gesetz- und Ordnungsgemä/sheit der biblischen Wunder, 
universalgeschichtlich begründet (1V u. 182. Schleswig 1903. Ibbeken. 
M 2.—): Die biblischen Wunder sind nicht göttliche Willkürakte, sondern 
dienen der Wiederherstellung der durch die Sünde gestörten Weltordnung 
und reihen sich dem jeweiligen geschichtlichen Entwicklungsstande dieser 
Wiederherstellung im Laufe der Weltgeschichte an (nach ThLbl XX V 51 ff. 

Montefiore, C. G., Babbinic Conceptions of Repentance (JqR XVl 
209—257): Beruhen im wesentlichen auf dem AT, da Hellenismus und 
NT keinen eigenen Begriff haben. Die rabbinische Lehre über die Bulse 
ist erst die volle und echte Entfaltung derselben, zugleich eine Harmo- 
nisierung der priesterlichen und prophetischen Auffassung. Ein reiches 
rabbinisches \aterial kommt in Verwendung. 

Reinach, T., Histoire des Isra£lites depuis la ruine de leur independence 
Ba jJusqu’a nos jours. 3° ed. (16%. XIX u. 416. P. 1903, Hachette. 

r 4.—). = 

Ninok, C., Auf biblischen Pfaden. Reisebilder aus Agypten, Palästina. 
Syrien, Kleinasien, Griechenland und der Türkei. 6., verm. u. verb. A. 
(4°. VIII u. 416 m. Abb., 2 Kart. u.1 Panor. Lp. 1903, Deutscher Kinder- 
freund. M 7.—). 

Soden, H. v., Palästina und seine Geschichte. 6 volkstümliche Vor- 
träge. 2. Aufl. Aus Natur und Geisteswelt 6. Bdchen (IV u. 112. Lp., 
Teubner. M 1.25). 

Grammatica, L., Testo Atlante di Geografia Sacra I: Geografia Biblica 
(Bergamo, Istituto Ital. d’arti graf. L 4.80): Eine Rez. der Str I 
549 —551 vermilst darin die historische Korrektheit in Bezug auf die Aus 
scheidung der geographischen Angaben einzelner Perioden und tadelt den 
EN bau des Atlas auf der traditionellen statt einer wissenschaftlichen 

xegese. 

Preuschen, E., Leitfaden der biblischen Geographie. Mit 6 Ortsansichten 
(IV u. 174. Gielsen, Roth. M 1.—). 

Müller, R., Eine schweizerische Jerusalemfahrt im Anfang des 16. Jahrh. 
(Schweiz. theol. Zeitschr. 1903, 204— 254). 

Mühlau, F., Martinus Seusenius’ Reise in das heilige Land im Jahre 1602. 
Kieler Univ.-Progr. 1902 (35 S.). 

Sargenton-Galiohon, A., Sinai, Ma‘ün, Petra. Sur les traces d’ Israel 
et chez les Nabateens. Avec une lettre-preface du M. de Vogüe (12%. 
XV u. 305. P., Lecoffre): Einer Sylvia von Aquitanien nacheiternd. 
scheute die Schriftstellerin nicht Gefahren und Strapazen, um im An- 
schluls an eine Karawane der Ecole biblique unter Führung von P. A. Jaussen 
die weite Reise zu unternehmen. In diesem schön ausgestatteten, mit 
Karten und Illustrationen geschmückten Werke bietet sie ein fortlaufen- 
des Tagebuch (10. Febr. — 25. März 1902), mit Geist und Gemüt ge- 
schrieben, von feiner Naturbeobachtung und sorgfältigen vorbereitenden 


S 


Bibliographische Notizen. 309 


Studien zeugend. Sie hat damit für Liebhaber solcher Reiseberichte 
und solche, die jene Gegenden bereisen, eine angenehme Lektüre ge- 
schaffen. 

Dressaire, L., Etudes palestiniennes. La tradition et Tauthenticitö des 
Lieux saints (Rev. Aug. 15. Mai 1903, 416—431). 

Historische Stätten in Palästina. Nach eigenen Aufzeichnungen während 
einer archäologischen Expedition im Sommer 1903 (Allg. ev.-luth. Kz 1904, 
Nr 1—4): Jericho, die 'Terebinthe Mamre, die galiläischen Synagogen, 
Sichem und Umgebung. 

Barnabe d’Alsace, Questions de topographie palestinienne: Le lieu de 
la rencontre d’ Abraham et de Melchisedech, avec une a pendice sur le tom- 
beau de S. Anne ü Jerusalem (164. Jerusalem, impr. Francisc.). 

Blake,W., Jerusalem. Ed. by E.R.D. Maclagan and A.G.B. Russel. 
(150. Ld. 1903. Bullen. 6s. 

Leeper, J. L., Voices from Underground Jerusalem (BW XXIII 167—179): 
Die Lage der einzelnen Stadtteile wird, soweit möglich, in Wort und 
Bild geschildert. — Remains of the Temple at Jerusalem (ebd. 329— 341). 

Gatt, G., Bemerkungen zu Dr. Alf. Schulz’s Aufsatz über die Sion- 
Frage (ThQ LXXXVi 249-258): Gegen ThQ 1900, 856—389. Mit S. 
nimmt G.an, dafs die Bibel gewöhnlich von einem Berge Sion in über- 
tragenem Sinne rede, bebauptet jedoch gegen S., dals sie auch einen eigent- 
lichen Berg Sion in topographischem Sinne kenne; die Tradition von 
einem Berge Sion sei nicht entstanden wie etwa die über das Tal ‚Josa- 
phat. Die Lage der Davidsstadt nach S. bestreitet G.: die Akra der 
Syrer sei nicht identisch mit der Davidsstadt 1 Makk. Mit Unrecht finde 
S. bei Josephus ein Akra in doppeltem Sinne. — In ThR III 28 findet 
G., dafs auch Germer-Durand (vgl. BZ II 88) mit ‚Josephus, der Bibel 
und der Bodenbeschaffenheit in Widerspruch gerate. 

Masterman, E. W. G., Jewish Customs of Birth, Marriage and Death 
(BW XXIl 248—257). — Occupations of the Jews in Palestine (BW XXIIL 
88-97), — Feasts and Fasts of the Jews in modern Palestine (BW 
XXIII 24—36 110—121). 

Davies, T. W., Sacred Music among the ancient Hebrews and in the 
Christian Church (Bapt. Mag. an. Lit. Rev. Sept.-Okt.-Nov. 1903). 

Rattray, A., Divine Hygiene: Sanitary Science and Sanitarians of the 
Sacred Scriptures and Mosaic Code. 2 Bde (672, 756. Ld. 1903, Nisbet. 325). 


d) Auslegung. 


Carr, A, Horae Biblicae: Short Studies in O and NT (242. Ld,, 
Hodder. 68). 

La salnte Bible arec commentaire d’apres Dom Calmet, les saints peres 
et les exegetes, anciens et modernes, par J. A. Petit. T. 15 (705. Arras, 
Sueur-Charruey). 

Urquhart, J.. Die neueren Entdeckungen und die Bibel. V. Bd. Von 
den Büchern Chronik bis zum Ev Johannis. Übers. von G. Spliedt 
(XII u. 376. Stuttgart, Kielmann. M 4.—). — Der 1. Bd in 4. Aufl. 
(XVI u. 341). Vel. BZ I 93 329. 

Matheson, &., Representative Men of the Bible II: Ishmael to Daniel. 
(364. Ld. 1903, Hodder). 

Steinführer, W., Der Engel Gesetz. Ein theologisches Problem. I. Hin- 
weisender Teil (xl u.400. Lp.1903, Richter. M 8.—): „Ein Stück Gnosis 
in moderner Ausrüstung!“ Das Gesetz des AT ist nicht von .Jahwe, 
sondern von den Engelmächten (Elohim), ein Gegensatz, den dann der 
aulserhalb desselben stehende Christus zu lösen hat. Sorar in apostolischer 
Zeit, im Petrinismus und Paulinismus wiırke dieser Gegensatz noch nach 
(ThLbl XXIV 549-552). 

Jacob, B., Im Namen Gottes. Eine sprachliche und religionsgeschicht- 
liche Untersuchung zum A und NT (VII u. 176. B., Calvary. M 3.—). 


310 Bibliograpliische Notizen. 


B. Das Alte Testament. 


a) Einleitung. Geschichte der Exegese. Biblisch-orientalische 
Sprachen. 


Beardslee, J., Outlines of an Introduction to the OT (12°. 215. N.Y., 
Revell. $1.20). 

Sampey,J. R., Syllabus for the OT Study (105. Louisville 1903, Dearing). 

Wünsche, A., Der Schüpfungsbericht (Gen.1) nach Auffassung des Midrasch 
(VB I 356— 398): Gibt die Erklärungen aus Tanchuma, Jelamdenu, 
Lekach tob in Übersetzung wieder. 

Wertheimer, oo» vz5 "zo (15 S. u. 23 Bl. Jerusalem 1903): Von den 
7 Nummern enthält: Nr 2: Midras zum Buche Est (Bruchstück); 3: Frag- 
mente eines ax vn; 5: das Büchlein Zerubabel mit Fragmenten aus 
Hss; 6: Rolle des Antiochus, aram. nebst arab. Übers. (schon längst ediert); 
7: den R. Akiba zugeschrielenen Midras über die “r"r und über die groisen 
und kleinen Buchstaben (neu ediert. Nach MGWJ XLVII 37L1f, wo 
u. a. Nachträge zu Nr 2. 

Perles, F., Proben aus dem Nachla/s von Joseph Perles (JqR XVI 351 
—356): Mehrere Worte aus den Midrasen und Parzunen werden erklärt. 

Witte, J., Der Kommentar des Apponius zum Hohenliede. Unters. über 
die Zeit und den Ort seiner Abfassung, über die Persönlichkeit des Verf. 
und über die Stellung des Kommentars in der Geschichte der Auslegung 
des Hohenliedes. Diss. Erlangen (95 S.). 

Bacher, W., Aus dem Wörterbuche Tanchum Jeruschalmi’s. Nebst einem 
Anhang über den sprachlichen Charakter des Maimünischen Mischne- 
Tora. Progr. (146u.38. Stralsburg 1903, Trübner. M4.—): Das 1.Kap. 
der Schrift von B. handelt über Tanchum J. (er war tatsächlich in Pa- 
lästina zu Hause). Im 12. Kap. stellt B. die wenigen bibelexegetischen 
Bemerkungen aus dem Wörterbuch zusammen (nach OrLz VII 13—19). 

Bacher, W., Zur neuesten arabischen Literatur der Juden. B. Bibel- 
übersetzungen. Bibelexegese. Homiletisches (ZhB VLI 148—150). 

Vrede, W., Die beiden dem hl. Thomas von Aqguin zugeschriebenen Kom- 
mentare zum hohen Liede. Diss. Münster 1903. (41. B.): Sie sind un- 
echt. Höchstens ist der Kommentar „Sonet vox tua” von Agidius Romanus 
nach Vorlesungen des hl. Thomas geschrieben (nach Köln. Volksz. 1903, 
Beil. Nr 40). 

Vernes, M., Ernest Renan ecrivain et l’histoire du peuple d'Israel (Ber. 
de Belg. 15. Febr. 1904, 119—138). 

Trenel, L’AT et la langue frangaise du moyen-äge (VIII— X Ve: siecle). 

tude sur le role de l’clement bıblique dans l’histoire de la langue, des 
orieines a la fin du XV* siecle (P., Cerf. Fr 10.—). 

Theodor, J., Bereschit rabba mit kritischem Apparate und Kommentar. 
Lief. 1. (B. 1903, Selbstverlag): Etwa auf 8 Lief. berechnet zu M3.—; vgl. 
MGWJ XLVIl 379 fi. 

Smith, J. M. P., Heinrich Ewald and the OT (BW XXIL 407-415). 

Hirschfeld, H., The Arabic Portion of the Cairo Genizah at Cambridge IV: 
Further Saadyäh Fragments (JqR X\VI 290—299): Nr XII enthält den 
Anfang einer Abhandlung über Ex 12 von Saadja. Übersetzung und 
Abdruck. 

Sancti Hieronymi Presbyteri Tractatus sive Homiliae in Psalmos 
quattuordeeim. Detexit adiectisque commentariis criticis primus ed. 
G. Morin. (Anecdota Maredsolana III 3 Oxtord, Parker. 78 6d). _ 

Buber, $., mon-3 man: Midraschische Auslegungen zum 1. Buche Mosts. 
Nach den ältesten Druckwerken, in Vergleichung mit einer Oxforder Hs 
Cod. 2340 herausgeg. Mit Erklärungen und einer Einleitung versehen 
(XLVIII u. 165. Krakau 1903. Fischer). 

Brewer, H., S.J., Uber den Heptateuchdichter Cyprian und die Caena 
Cypriani (ZkTh XXVIll 92—115): Identitiziert den Dichter des Hepts- 





Bibliographische Notizen. 311 


teuch mit dem Presbyter Cyprian, an den Hieronymus um 418 epist. 140 
(eine Erklärung von Ps 89) richtet, und hält es für sehr wahrscheinlich, 
dals derselbe auch die Gedichte über Sodoma, Jonas und Ad Senatorem 
sowie die seltsame Caena Cypriani, die nach seiner Ansicht um 380—400 in 
Überitalien entstanden ist, verfalst habe. Wie die letztere als „geistliche 
Tischwürze“ aufzufassen sei (vgl. Zeno von Verona, Tract. II 38), so habe 
Cyprian mit seinen Bibeldichtungen den Zweck verfolgt, „der Volks- 
unterhaltung einen geistlichen Stoff in volkstümlicher Anpassung zu 
bieten“. Die Ausführungen des Verf. sind nicht durchweg überzeusrend 
und enthalten im einzelnen Ungenauigkeiten (S. 109 A. 4 und S. 114 ist 
Stutzenberger für Stuckenberger zu schreiben; vgl. BZ II%. Der S. 110 
A. 1 zitierte Gelehrte heilst W., nicht H. Kroll und hat gegen das 
afrikanische, nicht gegen das gallische Latein polemisiert). C.W. 

Freimann, A., und Hildesheimer, M., o==ax r>-3, Festschrift z. 70. Ge- 
burtstage A. Berliners, gewidmet von Freunden und Schülern. 2 Teile 
(XXXI, 376 u. 130. Frankfurt a. M. 1903, Kaufimann. M 20.—): 44 Bei- 
träge. Biblisch-exegetisch sind folgende: Barth (S. 33—40) weist midra- 
sische Elemente in der muslimischen Tradition nach. Blau, Uber den 
Einfluls des althebräischen Buchwesens auf die Originale und auf die 
ältesten Hss der LXX, des NT und der Hexapla (41—49). S. Fränkel 
(97—99) gibt Beiträge zum targumischen Wörterbuch. J. Friedlünder, 
Die Messiasidee im Islam (116—130): Der Schiitismus ist jüdischen Ur- 
sprungs (so schon Wellhausen) und hängt mit der Messiasidee zusammen; 
ebenso der Mahdi-Glaube. Grünhut 156—163), Bemerkungen zu Berliners 
Raschi-Ausgabe: Raschis Tanchuma und der verloren gerangene Jelam- 
denu sind ein und derselbe Midras mit verschiedenen Namen (gegen 
Buber). M. Horowitz (180—189) sucht u.a. an drei Beispielen zu zeigen, 
wie durch die Halacha schwierige Stellen der Thora erklärt werden 
können. Landaxer (215—226) handelt über das Aleph als mater lectionis 
im Jüdisch-Aramäischen. I. Löw (231—254) behandelt die Ptianzennamen 
bei Raschi. Preu/s (296—298) handelt vom altfranzösischen v:>» Y2 bei 
Raschi. Eppenstein (IL. hebr. Teil 15—26), vgl. BZ 11 91. Hofmann 
(55— 71) behandelt einen bereits veröffentlichten Midras über die dreizehn 
Middot. S. Poznanski (91—107) veröffentlicht den arabischen Kommentar 
von Jehuda ibn Bal’‘am zu Josua (nach ZhB VII 139 ff 165 fl). 

Lindelöf, U., Studien zu altenglischen Psalterglossen (Bonner Beitr. z. 
Anglistik 13. IV u. 123. Bonn, Hanstein. M 4.—). 

Brockelmann, C., Die Femininendung t im Semitischen. Abh., gelesen 
in der Sitzung der orientalisch-sprachwissenschaftlichen Sektion der 
Schlesischen Gesellschaft am 3. Febr. 1903 (24 S.): Es gilt nur eine ur- 
semitische Femininendung at, die sich unter bestimmten Laut- und Silben- 
verhältnissen zu t verkürzt. So im Anschluls an Philippi ZdmG XXXII 
84. — Vgl. Rez. von J. Bart in ZdämG@ LVII 628-636, der Methode 
und Resultat der Untersuchung beanstandet, in Einzelheiten aber zu- 
stimmt. — Fortführung der Poleınik ZdmG LVII 795—797 798—804. 

Ep;enstein, $., Recherches sur les comparnisons de l' Hebreu avec l’ Arabe 
chez les Exegetes du Nord de la France (REj XLVIL 47-56): Eine kurze 
Geschichte der Bestrebungen, für die Bibelerklärung aus dem Arabischen 
Nutzen zu ziehen. 

Romanelli, S.A., a». La Merope. Tragoedia illustr. po@tae Veronensis 
Marchionis Francisci Scipionis NMaffei, ex Italico sermone in linguam 
sacram classicam convertit. Edid. P. Th.Weikert O.S.B. (X VI u. 205 
mit Faksimile. Rom 1903, Pustet): Der klassische Sagenstoff ist dich- 
terisch verarbeitet u. a. in anerkannt vorzüglicher Weise von dem italie- 
nischen Dichter F. S. Matfei (1675—1755). Der Hebraist S. A. Romanelli 
(1757—1814) hat die Tragödie ins Hebräische übertragen. Diesem Denk- 
mal des hebräischen Sprachstudiums und der Gewandtheit in der heiligen 
Sprache hat der Herausgeber, Professor der orientalischen Sprachen am 


312 Bibliographische Notizen. 


Collegium Anselmianum in Rom, ein dankenswertes Interesse entgegen- 
gebracht. Im Besitze des Autographs des R,, hat er unter Beiziehung 
einer Budapester Hs durch diese sorgfältige (nur die Punktation hat er 
dem MT angepa'st) Ausgabe das Werk zugänglich gemacht. Die Ein- 
leitung klärt uns auf über Leben und Schriften des Romanelli; eine voll- 
ständige Bibliographie über die gedruckten und handschriftlichen Nach- 
lässe desselben ist für die Interessenten an der neuhebräischen Literatur 
von besonderem Werte. W. hat in diesem schönen Werke einen Beitrag 
zur Kenntnis des Romanelli, von dem er eine nähere Würdigung durch 
L. Blau (Budapest) anzukündigen in der Lage ist, und der neuhebräischen 
Übersetzungsliteratur gegeben und, wie der Herausgeber mit Recht hoffen 
darf, eine angenehme Lektüre für die Sprachkundigen, ein anregendes 
Übungsstück für die Sprachbeflissenen geschaffen. 

Adler, N., Die Renaissance des althebräischen Leseunterrichts im Lichte 
der modernen Methode. Eine didaktische Studie (31 mit 1 Taf. Fürth 
1903, Rosenberg. M —.90\. 

Holzhey, C., Herkunft und Bedeutung der Endvokale u, i, a beim assy- 
rischen Nomen und Verbum (ZdmG LVI1l 751—765): Entstanden aus den 
ursprünglich voranstehenden gleichbedeutenden Deiktika hu, hi, ha, zuerst 
demonstrativ, dann als Artikel, später emphatisch, zuletzt ohne hervor- 
hebende Bedeutung, wie im Assyr. Sucht nun durch interessante Deu- 
tung semitischer Formen hu, hi und ha als vorgesetzt, als gleichbedeutend 
ohne Geschlechtsunterschied (hi auch m.), ihre Enttonung und Nachsetzung 
zu erweisen; dann über die sprachgeschichtliche Begründung der ver- 
er Ai Behandlung in den verschiedenen semitischen Dialekten. 

Guerinot, A., De la valeur de l’expression owrbx =" (Rev. de linguistique 
et de philologie comparee XXX V1 45-49): Nicht Appositionsverbindung, 
weil errbx unbestimmter als mm. Wenn = „der wahre Gott“, dann 
ermanm; der konjunktive Akzent deutet auf st. c. hin. Wie nınas m” 
entstanden aus 'x "mbx mr, so diese Formel aus prbx mon mim — Jahwe, 
Gott der Götter. 

Wünsche, A., Der Komparativ im Hebräischen im Lichte der arabischen 
Grammatik (VB I 898—402): !» des Komparativs bezeichnet den mate- 
riellen oder ideellen Ausgangspunkt beim Abschätzen, was Gesenius- 
Kautzsch und König in ihren Grammatiken nicht hinreichend hervor- 
treten lassen. 

Nestle, E., Zu den hebräischen Vervielfältigungszahlen (ZdmG LVII 750): 
Zur Doppelsetzung bei Vervielfältigung verweist N. auf trigeminus, „drei- 
doppelt“ (nicht sechsfach) u. a. 

Ungnad. A., Über Analogiebildungen im hebräischen Verbum. Beiträge zur 
een Grammatik der semitischen Sprachen. I. Diss. Berlin 
(32 S.). 

Prince, J. D., Le bouc &missaire chez les Babyloniens (Jas ser. X, t. U, 
133—156): Nach S. 147 findet sich Jer 4, 1 ein sehr interessanter Fall der 
Infigierung des kopulativen 1: mon xdı ser = du brauchst vor mir nicht 
zu fliehen. 

Cassel, D., Hebräisch-deutsches Wörterbuch, nebst kurzer hebräischer 
Grammatik mit Paradigmen der Subst. und Verben. 7. Aufl. (IV, 360 
u. 47. Breslau 1903, Handel. M 4.—.). 

Brown-Driver-Briggs, A Hebrew and English Lexicon of the OT, with 
an Appendix containing the Biblical Aramaic. 11. Lief. (88. Oxford, 
Clarendon Pr. 28 6d). 

Kautzsch, E., Die Aramaismen im AT untersucht (vgl. BZ I 3ll. 
M 3.20): Bietet zum erstenmal eine systematische und erschöpfende Be- 
handlung der Aramaismen, worunter K. Entlehnungen versteht, und zwar 
solche, die nicht in alter Zeit, sondern erst in späterer Zeit. eingedrungen 
sind. K. ist sich stets bewulst, dafs er sich in Bezug auf die Sicherheit 
des Urteils Reserve auferlegen muls, da so manche Ursprungsmöglich- 


Bibliographische Notizen. 313 


keiten in Rechnung zu ziehen sind. Infolgedessen wird das Urteil anderer 
in einzelnen Fällen differieren, wie z. B. E. Littmann in einer Rez. 
(AmJsemL XX 244—246) die Schwierigkeit zu wenig gewürdigt findet, 
dals auch spätere Abschreiber solche Aramaismen verschuldet oder ara- 
mäische Schriftsteller die ihnen ungewohnte hebräische Schriftsprache ver- 
unstaltet haben können. Die lexikographische Anlage macht das Werk zu 
einem praktischen Hilfsmittel zur Ergänzung jedes hebräischen Lexikons. 

Praetorius, F., Über einige Arten hebräischer Eigennamen (ZdmG LVIl 
773—782): Aus dem Vollnamen 5x5: bildete sich der Kürzname tb} mit 
Ergänzung des Benannten als Subjekt. So von bxyy&" der Name samü‘, 
„der Erhörte“; eine Form fa’ul, die dann verselbständlicht lautlichen Ab- 
wandlungen zugänglich war: fa“ül, or", faül ohne Anderung, fa‘ü mit 
Abwerfung des letzten Konsonanten (kin u. i.) nach faul + el, nicht 
Kasusendung ü; Saw = be + burn; be + won; Damm, Iyamı, ebeıs mit 
Gottesnamen Salem. 

Praetorius, F., yo:33 (ZmdG LVII 794 f): mar + al (suff. zur Bildung 
weiblicher und, wie hıer klar. auch männlicher Karitativnamen gebraucht). 
Also Gn 30, 20% richtig erratene Etymologie. 

<Halevy, J.,> Nabuchodonosor (Jas 8. X, t. II, 524f}: usur wurde ersetzt 
durch den hebr. lmper. “'s}; kudur assimilierte sich dem folgenden: 
Nabu-kodon-nosor, die Form der LXX; vgl. !p-ynan. 

Barth, J., Das aramäische eth der I. Pers. Sing. Perf. (ZämG LVII 
771f): Das ith der supralinearen Punktation ist sekundär. Nicht Epen- 
these (aus katalti), sondern Analogiebildung nach Verb. ult. j. 


b) Text und Übersetzungen. 


X., Un papyrus hebreu pre-massoretique (Rb N.S. I 242—250): Vgl. 
BZ 1 312; I 93. Abbildung, Transskription, Beschreibung. Der Dekalog 
ist eine selbständige Ex-Rezension, welche beweist, dafs die LXX in ihrer 
Eigenart auf eine hebräische Vorlage zurückgeht. 

Gall, A. v., Ein neuer hebräischer Text der Zehn Gebote und des Schma‘ 
(ZatW XXIIl 347—351): Textabdruck und textkritische Noten. Hält 
auch gedüchtnismälsige Aufzeichnung und Einmischung von Ex-Lesarten 
für möglich. 

Hirschfeld, H., Descriptive Catalogue of Hebrew Mess of Montefiore 
Library (Ld., Macmillan. 5 s): Vgl. BZ 1 89f. 

Brockelmann, C., Verzeichnis der arabischen, persischen, türkischen und 
hebräischen Hss der Stadtbibliothek zu Breslau (1V u. 53. Breslau 19U3, 
Marcus): M. 1106. Pentateuch (Vers für Vers mit Targ. Onkelos wechselnd), 
Haphtaren und Hagiographen (ebeufalls mit Targ.). M. 1107. Proph. und 
Hag. mit Mass. M. 1109. Propheten und Hag. mit kleiner Mass. 

Ginsburg, €. D., The Hamburg Stadtbibliothek Codex No. 1 (Journ. of Philol. 
XXIX 196-138): Bei Kenicott Nr61l5. Genaue Beschreibung des paläogra- 
phisch und textkritisch wichtigen Ms: Parascheneinteilung, Raphe und 
Dagesch; eigenartige Setzung von — (9, neur, mi men. m, 3722), Bei- 
spiele von Textvarianten und Kandlerakten Auch das Onkelostargum ent- 
hält instruktive Randlesarten, die G. verzeichnet. 2 

Kayserling, M., Une ancienne Bible Hebraique (REj XLVII 131 f}): 
Ein Bibel-Ms von der Universitätsbibliothek in Coimbra, vor 1418 ge- 
schrieben, nach Mendos dos Remedios, Una biblia hebraica da Biblioteca 
da Universidade de Coimbra (4. 15. Coimbra, Impresa da Universidade), 
einst im Besitze des R. J. Abravanel. 

Ganzfried, S., "zer rc>. Die Vorschriften über das Schreiben von 
Thorarollen, Tefilin, Mesusoth und der KEsterrolle nebst erläuternden 
Noten u. d. T. “ren roob. 3. Aufl. (4%, 4 u. 1388 Bl. Bartield 1902, Verl. 
v. Jos. Ganzfried in Eperjes [Ungarn]. Kr. 3.—): Für 'Thoraschreiber 
bestimmt, aber auch von Wichtigkeit für diejenigen, die mit diesen Fragen 
sich zu beschäftigen haben (vgl. ZuB VII 162). 


316 Bibliographische Notizen. 


Ebbinge Wubben, C. H., Over middelnederlandsche vertalingen van het 
Qude Testament (VIII u. 250. 's Gravenh. 1903, Nijhoff. F 2.50: 

Driver, S. R., Translations from the Prophets: Jeremiah XVI. 10—-\X. 
18; XXX—XXXI (Exp IX 104-120 174—185). 


c) Text und Literarkritik. 


Weikert, T., O.S.B.. Ein zweiter Gang durch die Bibliothek der neueren 
Literatur für atl Textkritik (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.- u. Zisterz.-O. XXIV 
116—124 379—390 683—687). 

Scerbo, F., Nuoro saggio di critica Biblica (IV u. 34. Florenz 13, 
Libr. a Sep.-Abdr. aus Giorn. d. Soc. As.-It. XVI, Fortsetzung zu 
seiner BZ I 315 notierten Studie. Behandelt Is 63, 9 nach der Regen- 
bogenbibel und weist ohne Schwierigkeit die Willkür der dort von Cheyne 
vorgeschlagenen Emendation nach. Auch hier bekennt er sich als aus- 
gesprochener Gegner der Metrik (S. 9, besonders eingehend über Ps 2. di 
Die Bekämpfung der Bibelkritik, vor allem der metrischen Kritik macht 
S. sich zur Aufgabe für Leben und Sterben. Unser früheres Urteil gilt 
auch für diese Schrift: Der Kampf gegen die Willkür der Kritik ist be- 
rechtigt, die Willkür ist auch ein ziemlich allgemein verbreitetes Ver- 
fahren der Bibelkritiker; dals aber S. damit ein wichtiges bibelkritisches 
Prinzip als unhaltbar dargetan, ist mit A. L. in der Rev. Critique. 
dessen sich S. u. a. gegen Ende seiner Studie zu erwehren hat, wohl 
nicht anzuerkennen. f 

Levi, J., Un probleme de palöographie hebraique (RE) XLVII 1-$): 
Sonderbares x an einzelnen Stellen erklärt sich vielfach als unrichtige 
Auflösung eines n durch Kopisten: Sir 7, 3 (st. sur); 19, 4 (st. 0). 16 (m). 
Ez 18, 10—11 (mxer; da sind auch sonst in den andern Worten derartire 
Milsverständnisse); 21, 20 (mr); 18, 18 (aus dem = von "bn); Prv 18,15 
(=). Der opt nahm das gewöbnlichste Wort für das Abkürzung". 

Balmforth, R., Bible /rom the Standpoint of higher Criticism: OT (274. 
Ld., Sonnenschein. 38 6.d). 

Softley, E.. Theism under natural Law as related to OT Criticism 
Terh the Theodicy of Lux Mundi (12. VIII u. 370. N.Y., Whittaker. 

1.50). 

Möller, W., Are the Critics right? Historical and critical Considerations 
against the Graf-Wellbausen Hypothesis. Transl. by C.H. Irwin. With 
Preface by Prof. von Orelli (Ld., Relig. Tract. Soc. 28 6d). 

Lepsius, J., Die atl Wissenschaft und die Ergebnisse ihrer Erforschung 
(Reich Christi VI 20—32): Vgl. BZ 11 95 f. Glaubt, dafs unbewuist 
religionsphilosophische Motive die scheinbar archäologisch und literar- 
kritisch vorgehende Pentateuchkritik gezeitigt haben. Hält die kritischen 
Anschauungen ibrem ganzen Umfange nach für unrichtig und persitliert 
die angenommene Fälschung des Dt. — Das vorsalomonische Heiligtum 
auf dem Nebi Samwil (ebd. 103—134): Behauptet die Existenz eines 
Zentralheiligtums seit der Sinaigesetzgebung in Silo (= Nebi Samwil, wo- 
mit noch die neun andern Heiligtümer identifiziert werden). — Der Text 
der Schöpfungsgeschichte (Reich Christi VI 208—225): Die, von der Kritik 
angenommenen zwei Schöpfungsberichte beseitigt L. durch Anderung der 
Textfolge. — Textkritischer Kommentar zur Schöpfungsgeschichte (ebd. 
225—233). — Der sehr resoluten, aber der ruhigen Objektivität ermangelr- 
den Opposition stimmen zu: Jaeger, L., Biblizisten und Bibelkritik. 
Offener Brief an Herrn Dr Lepsius (ebd. 145—165). — Kähler, M., Zur 
atl Krise in der Theologie (ebd. 165—168). — Lepsius, J., Verbalinspira- 
tion und Tertkritik: Antwortschreiben un Professor D. Kähler (ebd. 
168—180): Wahrt der Textkritik ihr Recht gegenüber ersterer. — 
Lepsius, J., Ein menschlicher Tag (Reich Christi VII 1—38): Verteidigt 
sich gegen die Vorwürfe, die wider sein Vorgehen gegen die Bibel in 
den „Reden und Ansprachen der 18. Allianzkonferenz zur Vertiefung 


Bibliographische Notizen. 317 


des Glaubenslebens“ (24.—28. Aug. 1903) erhoben wurden. NMehr von per- 
sönlichem Interesse. — Ebenso die weiteren Aufsätze: Rabbinische oder 
evangelische Schriftanschauung? (ebd. 39—53). — Die Probe auf das 
Exempel (ebd. 53—60). — Eine Lobrede auf die Bibel (ebd. 60—64). 

König, E., Im Kampf um das AT.2. H.: Ati Kritik und Offenbarungs- 
glaube. Vorträge (55. B., Runge. M —.90). 

Cheyne, T. K., Critica biblica. 4. First and second Kings (312—398. Ld., 
Black. 358): Vgl. BZ I 215, II 95. Nordarabien ist für C. der Ausgangs- 
punkt zur Erklärung der israelitischen Geschichte, Jerahnieel das Losungs- 
wort für seine Textkritik. Die israelitische Geschichte hat sich im Negeb 
vollzogen, und dort muls jeder geographische Name, sei es als Doppelgänger 
eines andern Namens oder durch textkritische Emendation, gefunden 
werden. So ist der Euphrat als Grenze von Salomos Reich im Negeb 
zu suchen. Jerahmeel ist durch die Abschreiber nur an vier Stellen be- 
lassen worden, sonst an mehreren tausend Stellen verändert worden, so 
dals ein ganz schiefes Bild von Geschichte und Geographie entsteht. So 
hebt C. den Panbabylonismus durch eine exzessive Nordarabienhypothese, 
Wincklers Musri-Hypothese überbietend, aus dem Sattel und persifliert' 
unbewulst die moderne textkritische Willkür durch seine Jerahmeel-Hypo- 
these, der beste Weg, zur kritischen Nüchternheit zurückzuführen. 

Knieschke, Wellhausen nach Schrift und Inschrift beurteilt (Ev. Kz 
LXXVIII Nr 3—5): Bekämpft die Aufstellungen W.s über den Ort des 
Gottesdienstes, die Opfer, die Feste, die Priester und Leviten, die Aus- 
stattung des Klerus. 

Cereseto, 6. &., Tre classi di dottori. Questioni circa gli autori e la 
data dei Salmi, dei Proverbi e del Pentateuco (XVI u. 208. Monza 1903, 
Artigianelli): Zuerst erschienen als eine Reihe von Artikeln in Scuola 
cattolica 1902/3, sich anschliefsend an den bekannten Brief des Bischofs 
Mignot von Albi über die biblische Kritik. C. tadelt zunächst die Be- 
grifisbestimmung für Kritik: die Unterscheidung des Wahren, als wider- 
spruchsvoll, beanstandet die nachexilische Ansetzung der Ps durch Mignot 
auf Grund der Tradition, des Kanonabschlusses unter Esdras, der 
LXX und der Unsicherheit der inneren Gründe, tritt für salomonische 
Herkunft von Prv ein, findet die Annahme der Pentateuchkritik der 
Inspiration widersprechend. C. bewegt sich also auf dem Boden der 
streng traditionellen Exegese, während der Berichterstatter der Revista 
delle Reviste (Il 9—16) den fortschrittlichen Standpunkt des Mignot 
u. &. zum Seinigren macht. 

Ermoni, V., La methode historique a propos de VAT (Ann, de phil. 

chret. ser. 8, t, II [CXLVI]j 425—429): Rez. über Lagranges so be- 
titeltes Werk. Lobt es nach fortschrittlichem Inhalt und kirchlicher Ge- 
sinnung. Nur scheint ihm in manchen Punkten nicht hinreichende Klar- 
heit zu walten. 
.‚Cheyne, T.K., An Appeal for Higher Exegesis (Exp IX 1-19): 
Über Text- und Literarkritik hinaus muls man zu einer tieferen histori- 
schen Einsicht in das AT gelangen. Man muls den politischen Charakter 
der Propheten mehr hervorheben; man muls auf eine rein innere Ent- 
wicklung der israelitischen Religion, insbesondere in der prophetischen Zeit, 
verzichten. Äuisere Einflüsse Babels sind anzuerkennen und auf Grund 
seiner kühnen Textkritik auch solche von Nordarabien aus (Musri, Asur 
usw. in Nordarabien). 

Burr, E. F., To Christian Laymen: concerning „the Higher Criticism“ 
(BStdt N.S. 1140—151): Verurteilt denselben nach allen Richtungen und 
mit allen Gründen. 

Un professeur de Grand Seminaire, La bible, la science et Phistoire (Annales 
de philos. chret. ser. III,t. III, 310—324): Unterscheidet zwischen der 
von Gott gegebenen Bibel und den menschlichen Erklärern, zwischen 
der Bibel als religiösem Unterrichtsbuch und der Bibel, aufgefalst als In- 


318 Bibliographische Notizen. 


begriff alles Wifsbaren. Die Chronologie mufs gedehnt, die Geschichte 
des Menschen weiter zurückdatiert werden; die Paläontologie streitet wider 
die buchstäbliche Auffassung der Schöpfungsgeschichte. Die Quellen- 
scheidung EJPD steht kritisch im allgemeinen fest trotz mancher Un- 
sicherheit im einzelnen. Der Hexateuch ist das Werk der prophetischen 
Periode, seine Zuweisung an Nloses eine literarische Fiktion, um Re 
formen leichter Eingang zu verschaffen. Widersprüche der Bibel aufgeschicht- 
lichem Gebiete berühren nicht die von den heiligen Schriftstellern inten- 
dierte dogmatische und moralische Seite der Bibel. 

Aubert, L, Que reste-tÜ de TAT (RThPh XXXVI 378—407): Die 
Literarkritik lıeis dem AT seine bewunderungswerte Schönheit, die 
historische Kritik hat seine interessante Geschichte nicht zerstört; auch 
sein religiöser Wert bleibt bestehen. 

$S. L, De la sincerete dans lenseignement de l’histoire sainte de "AT 
(Ann. de phil. chret. CXLV1 207—213): Rez. über Königs so betiteltes 
Werk (vgl. BZ1 316), Mit K. findet der Verf. die Aufrichtigkeit im atl 
Unterricht gefordert. Diese bringt mit sich, in der Bibel Mythen. 
Legenden anzuerkennen mit dogmatischem oder moralischem Zweck. 
Die Bibel ist nicht vom Himmel gefallen. Er verlangt. dals auch die 
Unterrichtsbibel apologetisch haltbar fundiert werde; er hofft, dals die von 
K. versprochene Biblische Geschichte (1. la periode purement legendaire 
Mythes et Tradition]; 2.l’epopee [Les Israelites en Egypte jusqu’a Samuel}; 

.Y'histoire [David & J.-Chr.]; bezüglich der Bezeichnung 1: ersten Teiles 
macht er Vorbehalt, weil nur der traditionelle Sinn dabei berücksichtigt 
sei) die Beachtung der Katholiken finde. 

Ryle, H. E, The OT in Teaching and Preaching, as anal by the 
more assured Results of Research (ExpT XV 177—180): Der Prediger 
spürt in seiner religiüs-moralischen Wirkenssphäre die moderne Bibel- 
wissenschaft auf dem Gebiete der atl Theologie, der ati Moral, die 
historisch -evolutionistisch zu fassen sind, und in der messianischen 
Prophetie, die als Detailweissagung unhaltbar ist. Der Lehrer wird 
durch den modernen Kritizismus viel mehr beeinflulst in naturwissen- 
schaftlichen, geschichtlichen, religionsvergleichenden, literarischen, kano- 
nischen Fragen. 

Curtis, E. L., The OT in religious Education (BW XXII 424—435). 


d) Religion. Geschichte. Geographie. Archäologie. 


Tiele’s Kompendium der Religionsgeschichte, übersetzt von F. W.T. 
Weber. 3. deutsche Aufl., durchges. und umgearb. von N. Söderblom 
(120%. XII u. 426. Breslau 1908, Biller. M 4.60): Reiche Literaturangaben 
bei jedem Abschnitt, fortgeführt bis auf die neueste Zeit. Im Kapitel 
über die Religion der Westsemiten (S. 116 ff) behandelt er auch die israe- 
litische Religion nach den herkömmlichen kritischen Prinzipien. 

Curtiss, S. J., Ursemitische Religion im Volksleben des heutigen Orients. 
Mit Vorwort von W.W. Grafen Baudissin (XXX u. 378 mit Ill. u. Karten. 
Lp. 1903, Hinrichs. M 9.—). 

Curtis, W., To-day in Syria and Palestine (529. N. Y., Revell. Fr 11.—). 

Curtiss, S. J., Some religious Usages of the Dhiäb and Ruala Arabs 
and their OT Parallels (Exp IX 275—285): Zur Bestätigung seiner be- 
kannten Ansicht (BZ I 93) findet er Parallelen in der Monolatrie, Ab- 
stammung von ihrer Nationalgottheit, kriegerischen Charakter ihrer Gott- 
heit, Opfer, Orte zur Gottesverehrung, Begriff der Sünde als rituelles 
Versehen. Blutvergielsung, Erstlingsopfer, Frühlingsopfer —= Pascha. 

Bezold, C., Babylonisch-Assyrische Religion (Arch. f. Religionswiss. VII 
193—211): Referat über die 1902 und 1903 erschienene, ganz oder teilweise 
den Gegenstand behandelnde Literatur. 

Jastrow, M., Die Keligion Babyloniens und Assyriens. 5. Lief. (S.305—384): 
Vgl. BZ II 96. 


nt 


Bibliographische Notizen. 319 


Martin, F., Textes religieux assyriens et babyloniens. Transcription, tra- 
duction et commentaire (ÄXVIll u.336. P. 1903, Letouzey. Fr 12.—): Die 
von J. Craig, Assyrian and Babylonian religious Texts etc. I (1895) in 
Autographie dargebotenen Texte erhalten wir hier in Transkription und 
Übersetzung. Zugleich ergab die nochmalige Durcharbeitung und Kon- 
trolle eine Korrektur gar mancher Verselen Craigs. Die Publikation er- 
möglicht die Verwertung dieser gut ausgewählten Texte für weitere Kreise 
und erleichtert auch für Fachleute bedeutend das Studium der babylonisch- 
assyrischen Religion aus den Quellen. Wie vielseitig die Ergebnisse hier- 
für sind, zeigt der kurze Auszug, den M. in der Einleitung gibt: über 
das Pantheon, die Kultpersonen, die Zeremonien u. a. erhalten wir Auf- 
schluls, und M. versäumt es nicht, einzelnes noch eingehender zu be- 
handeln (barü, "r>, Opfermaterial. Das höchste Interesse beansprucht 
die Beziehung zur Bibel, die M. kurz durch Anführung der Parallelstellen 
beleuchtet. Den Text und die Transkription begleitet M. mit einem sach- 
lichen und sprachlichen Kommentar. Nach beiden Richtungen hin kommt 
M. auch der bequemeren Verwertbarkeit der Texte entgegen durch ein 
eingehendes Lexikon, das eine Ergänzung der vorhandenen Lexika be- 
deutet, und durch ein Namenregister. Der angesehene Lehrer am Institut 
catholique in Paris hat durch dieses Werk sowohl der Assyriologie wie 
der biblischen Exegese einen grolsen Dienst erwiesen. 

Hrozny, F., Sumerisch-babylonische Mythen von dem Gotte Ninrag 
a) (Mitt. d. Vorderas. Ges. VIll 5. 128 m. 13 autogr. Taf. B. 1903, 

eiser. M 8.—): Enthält wichtiges Material für die babylonische Reli- 
gionsgeschichte. In $ 4: „Oannes, Dagan und Dagon“ behandelt H. das 
schwierige Thema der Fischgötter im alten vorderasiatischen Orient. 
Oannes der klassischen Überlieferung = Hanni im Babyl., Odakon = Udaki 
(st. U-ki-di-a). Der babylonische Dagan ist nicht = Odakon, hat auch 
keinen Fischcharakter. Das Wort ist entlehnt vom Dagon der Philister, der 
infolgedessen auch kein Fischgott ist. 17 ist vielmehr Getreidegott. 

Nestle, E., Baal tetramorphos. Sep.-Abdr. aus d. Verh. d. XIII. internat. 
Or.-Kongresses zu Hamburg 1902. Sektion V (2 S.): Vgl. BZ I 112. 
Hier genauer die interessanten Belege. Auch Nestle, Septuagintastudien IV 
(ob. S. 315) 7f 23 berührt das Thema. 

Todd, J. C., Politics and Religion in ancient Israel. An Introd. to the 
Study of the OT (352. Ld., Macmillan. 6s). 

Giesebrecht, F., Die Grundzüge der israelitischen Religionsgeschichte 
(Aus Natur und Geisteswelt 52. IV u. 132. Lp. 1903, Teubner. M 1.—). 

Zöckler, Gegen den Evolutionismus auf dem Gebiete der Religionsge- 
schichte, insbesondere den atl (Bew. d. Gl. XL 2). 

Nielsen, D., Die altarabische Mondreligion und die mosaische Über- 
lieferung (VI u. 223 mit 42 Abb. Stralsburg, Trübnerr. M 5.—): Der 
Gottesbegriff ist verinnerlicht, kontemplativer bei den Steppenvölkern als 
bei den ackerbauenden Babyloniern, die infolge ihrer Tätigkeit auf die 
Astralreligion hingewiesen wurden. Der Mond wurde, weil ein Handels- 
volk bei Nacht meist reisen mulste, astrales Symbol des obersten Gottes. 

Fremont, G., Les Principes. T. V: La Providence, ’immortalite de l!äme, 
la revelation, le monotheisme et le messianisme juifs (P., Bloud. Fr 5.—). 

Paton, L. B., The kKeligion of the post-exilic Prophets (BW XXII 
258—267): Dt ist ein Kompromiis zwischen der alten Religion und dem 
Prophetismus. Letzterer verlor in der Folgezeit seinen ethischen Charakter 
zu (sunsten einer ritualistischen Richtung. 

Matthieu, J., Jahwe und die Natur, Ein Beitrag zur israelitisch-jüdischen 
Religionsgeschichte (Schw. theol. Zeitschr. XX 193—203): Schluls. Vgl. 
BZ 11 97. Weltuntergang und Neuschöpfung. Die religionsgeschichtliche 
Bedeutung der jüdischen Naturanschauung. : 

Westphal, A., Jehovah. Les &tapes de la revelation dans l’histoire du 
peuple d’Isra&l. Fasc. 4 (195—258. Montauban): Vgl. oben BZ II 9. 


320 Bibliographische Notizen. 


Kerswill, W. D., OT Salvation—through Faith (BStdt VIII 147-153): 
Vgl. BZ I 316. 

R. P., Les Israelites croyaient-ils a la vie future? (L’Univers israelite 
26. Febr. 1904): Anfangs hielt man daran fest; später gab man diesen 
Glauben auf, um schlielslich wieder zu ihm zurückzukehren (nach Rev. du 
clerge& fr. 15. März 1904). 

Bohn, F., Der Sabbat im AT und im altjüdischen religiösen Aberglauben 
(VII u. 97. Gütersloh, Bertelsmann. M 1.80): Die allgemeine Praxis der 
natürlichen Religion, bestimmte Tage religiös auszuzeichnen, hat auch 
Israel in seinem Sabbat als aszetischem Ruhetag befolgt. Durch die 
Offenbarung wurde dieser Tag und seine Feier vom anhaftenden Aber- 
glauben befreit und unter die Gesichtspunkte Jahwes und der Schöpfung 
gestellt. Seit Esra wurde diese echte Sabbatsfeier durch heidnischen 
Aberglauben infiziert, was sich besonders in den talmudischen Sabbats- 
satzungen zeigt (nach ThLbl XXV 50 fl). 

Matthes, J. C., Zoenoffers (Teylers Th. Tijdschr. 1904, 69—92). 

Eerdmans, B. D., De groote verzoendag (Th. Tijdschr. Jan. 1904, 17—41:: 
War das Neujahrsfest des vorexilischen Sonnenjahres.. Nach dem Exil 
hatte man ein Mondjahr (nach HJ II 638). 

Boehmer, J., Die Mission und das AT (Stb II 4-29): So nahe das Volk 
des AT der Heidenmission gekommen ist, zur Ausführung ist sie nicht 
gekommen. 

Sayce, A. H., Te Hittites. Story of a forgotten Empire. ärd Ed. (170. 
Ld. 1903, Rel. Tract. Soc. 28). 

Mahler, E., a zur Chronologie des Alten Reiches der ägyptischen 
Geschichte (OrLz VII 3—8): Glaubte einen sichern Ausgangspunkt für 
diese Periode zu finden in einem Texte der Grabkammer in der Pyramide 
des Merenrae I., was Spiege/berg, W. (ebd. 45 f) negiert, da M. sich auf 
die veraltete Übersetzung von Brugsch stütze. 

Lindl, E., Cyrus. Eutstehung und Blüte der altorientalischen Kultur- 
welt. Mit 1 Karte und 98 Abb. [Weltgeschichte in Karakterbildern | 
(gr. 8°. 121. München, Kirchheim. M4.—): Eine gedrängte synchronistische 
Zusammenstellung aller Einzelkenntnisse der babylonisch - assyrischen 
und ägyptischen Geschichte sowie der Geschichte der mit ihnen in Be- 
rührung kommenden Völker. Mit Sorgfalt und Sachkenntnis bucht L. 
Groises und Kleines, Bedeutendes, aber auch Minutiöses, was uns auf diesem 
Kulturgebiet eutgegentritt. Besonders werden die Berührungspunkte mit 
der Bibel hervorgelioben, um dem Tagesinteresse der Babel-Bibelfrage 
zu dienen. Was ich für eine weitere Auflage anders wünschte, wäre 
dies: statt des etwas mechanisch geratenen Nebeneinander eine organische. 
ineinander verwebende Darstellung; dadurch hätte die Zusammenfügung 
einer Unsumme von Einzelheiten an übersichtlicher Lesbarkeit gewonnen; 
die Erwartungen, die der Untertitel erweckt, würden dann eher erfüllt 
werden. Eine Annäherung an Bezolds Ninive und Babylon (2. Aufl. 
149 S. mit 107 Abb.; vgl. BZ 1317), dem L.s Cyrus an Reichhaltigkeit des 
Materials voransteht, an guter Auswahl der Illustrationen ungefähr gleich- 
kommt, dürite sich in diesem Punkt empfehlen. Der Haupttitel scheint 
ein Kompromils disparater Dinge zu sein. Den Totengräber dieser Kultur- 
welt der Darstellung des pulsierenden Lebens des alten Orients mit seinen 
mannigfachen hervorragenden Vertretern als Signatur voranzustellen, finde 
ich durch die wenigen Zeilen S. 4 und durch den Symbolismus S. 9 
nicht hinreichend gerechtfertigt. S. 12° 2.7 lies „Seleuzidenära“ (st. „Arsa- 
cidenära“), 

Guthe, H., Geschichte des Volkes Israel. Grundrifs d. theol. Wiss. 14. 
2. Auti. (XV u. 354 mit 2 Karten. Tübingen, Mohr. M 6.—): Einge- 
schaltet ist $ 1b (nicht la, wie die Vorrede angibt): Die mythologische 
Legende im AT (S. 7—13). Er wendet sich gegen das „astraimythische 
Schema“, das Winckler der israelitischen Geschichte aufzwingt. Jensens 


Bibliographische Notizen. 321 


Verwertung des Gilgamis-Epos für die Erklärung der israelitischen Ge- 
schichtsdarstellung unterstellt G. keiner Kritik. 

Taaks, 6., Ati Chronologie (117. Ulzen, Selbstverl. M 4.50). 

Sillevis Smit, P. A. E., Uit de springader Israels. Dertien leerredenen 
ei de stammen Israels (VIllI u. 283. Amsterdam 1903, Höveker. 

1.90). 
en an König Salomon in der Tradition I. Diss. Stralsburg 1902 

(I u. 70 S.). 

Adler, E. N., et Sellgsohn, M., Une nouvelle chronique samaritaine. 
Texte samaritain, transcrit et edite pour la lere fois avec une trad. franc. 
(IX u. 116. P. 1903, Durlacher): Vgl. BZ 196. 

Winckler, H., North Arabia and the Bible: A Defence (HJ II 571—590): 
Gegen Cheyne (vgl. BZ II 101). Von den vier angenommenen Musri handelt 
W. hier vom nordarabischen Musri, in Assyriologenkreisen nur von Jensen 
bisher bestritten und neuestens auch von W. Budge, History of Egypt, 
wogegen W. sich hier wendet. W. will seine Aufstellungen unterschieden 
wissen von Hommels und Cheynes Ansichten. Über eine neue polemische 
Beleuchtung der Frage kommt W. hier nicht hinaus. Die Lesung einer 
Asarhaddon-Inschrift mit der Erwähnung von Musri und Misri kann er 
gegen B. nur schwer verfechten. 

Halevy, J., Musur, Musri et Meluhha (Rsem XI 301-322): Arabia 
Petraea und ein Teil der arabischen Küste des Roten Meeres De vom 
souveränen Agypten den Namen Musur möglicherweise getragen haben; 
es mag auch neben dem afrikanischen Meluhha ein arabisches gegeben 
haben; H. leugnet aber ein mächtiges, von Minäern aus Jemen gegrün- 
detes Reich Musur, das mit Juda in politischen Beziehungen gestanden. 
Gegen Winckler, der einzelne Stellen mit sn und > auf Arabien be- 
zieht; H. bestreitet auch die vorgekommene Verwechslung des arab. "sn mit 
Arypten. Spottet über die beiden Schulen der höheren Kritik, die deutsche, 
die Musri-Meluhha, und die englische, die das Volk JJerahmeel geschaffen. 

Smith, R., Kinship and Marriage in early Arabia. 2nd Ed. by St. A.Cook 
(Ld., Black. 10s 6d): Enthält Korrekturen des Autors und Noten von 
J. Goldzieher, A. A. Bevan und dem Herausgeber. Nimmt viel Rücksicht 
auf die Bibel; so werden aus der Gn über 20 Stellen beigezogen (nach 
JthSt V 305 f). 

Boscawen, W. St. C., First of Empires: „Babylon of the Bible“ in 
Light of latest Research (386. Ld. 193, Harper. 1Us 6dı. 

Marmier,, G., Contributions a la geographie de la Palestine et, des pays 
voisins VI: Le peuple de Sir’alai vaincu par Salmanasar (REj XLVII 
23—31): Die Namen der Monolithinschrift des S. nebst parallelen Inschrif- 
ten, die Palästina betreffen, werden erörtert. Sir’alai ist Israel auch vom 
Standpunkte der Geographie aus; sein Wohnsitz in der Bekaa. 

Wachter, Wo liegt das salomonische Goldland Ophir? Aus Zeitschr. f. 
Naturw. (18. Stuttgart 1903, Schweizerhart. M —.40). 

Musil, A., Moab. Vorbericht über eine ausführliche Karte und topo- 
graphische Beschreibung des alten Moab. Sep.-Abdr. aus dem Anzeiger 
der philos.-hist. Kl. der, k. Ak. d. W. in Wien. 2. Dez. 1903, Nr XXV 
(7 S.): Begleitnotiz bei Übersendung der fertiggestellten Karte. Verbreitet 
sich besonders über die Flulsgebiete und exemplifiziert seine Identi- 
fikationen von überlieferten Namen mit den von ihm gefundenen Stätten. 
Das vielversprechende Werk ist in Bälde zu erwarten. — Edom. Vor- 
anzeige über eine ausführliche Karte und topographische Beschreibung 
des alten Edom (ebd. 7. Januar 1904, Nr I): Auch Edom hat der kübne 
Forscher durchsucht — die Gefahren und Opfer seiner Reisen schildert 
M. kurz und eindrucksvoll —; Frucht davon ist die erste ausführliche 
Karte von Edom. Hier gibt M. vorläufig kurze Angaben über das in 
kurzem erscheinende, die Karte erläuternde Werk über seine Forschungs- 
reisen in Edom. 

Biblische Zeitschrift. IJ. 3. 21 


322 Bibliographische Notizen. 


Mommert, C., Topographie des alten Jerusalem Il: Das salomonische 
Tempel- und Palasiquartier auf Moriah (VIII u. 305 mit 5 Taf. Lp. 1903, 
Haberland. M 7.—): Bespr. oben S. 301. 

Macalister, R. A. St., Dajün and Beth-Dagon and the Transference of 
Biblical Place- Names (PEF XXXV 356-358): Ein erhaltener biblischer 
Name kann aus verschiedenen Gründen übertragen worden sein und mufs 
deshalb durch andere Beweise gesichert werden. So geschah eine Über- 
tragung mit Beth-Dagon, Maresha, Ekron. 

Germer-Durand, J., Bethsoura (Echos d’Orient VI 290—292): Hält gegen 
Rb Juli 1903 seine frühere (vgl. BZ II 88) Identifizierung von B. der 
Makkabäer mit dem gegenwärtigen Jerusalem aufrecht (nach Bessarione 
s. II, t. V, xxxıx). 

Duncan, 6. S., Archaeology and the OT (BW XXIII 116—128): Schildert 
und exemplifiziert den mannigfachen Ertrag, den das AT der Archäologie 
zu verdanken hat. 

Weil, R., Inscriptions ögyptiennes du Sinai (19. P. 1903, Leroux\. 

Cook, St. A., Notes on Semitic Inscriptions I a XXVI 32-35): 
Leitet eine Serie von Untersuchungen ein mit Hervorhebung der Be- 
deutung, die diese Materialien für Herkunft des Alphabetes, aramäische 
Dialekte usw. besitzen. 

Bruston, C., L’Inscription de Sıloe et celle d’ Eshmoun-Arar (15. P. 
Fischbacher). 

Bruston, C., Etudes pheniciennes, swivies de U’Inscription de Siloe (8. 
P. 1903, Fischbacher). 

Porter, H., Another Phoenician Inscription from the Temple of E:mun 
at Sidon (PEF XXXV 333—335): Kürzer als die übrigen Inschriften 
(7). die dort gefunden wurden, und weicht in einigen wichtigen Punkten ab. 

Lagrange, M.-J., Nouvelle note sur les inscriptions du temple d’ Echmoun 
(Rb X1I 410—419): Beschäftigt sich mit der in diesem Betreff neu 
erschienenen Literatur, mit neuen Beobachtungen und Funden. Vgl. BZ I 
320, wozu nachzutragen ist: Bruston, C., der sich in La vie nourvele 
20. Dez. 1902 damit beschäftigt. 

Lidzbarski, M., Südarabische Inschriften (Eph. f. sem. Epigr. II 62 n 
Spricht sich u. a. gegen die Ansätze Webers (Mitt. d. Vorderas. Ges. VI 
[1901] 1—60) für das Alter der minäischen Inschriften aus; man dürfe 
nicht über das 8. Jahrh. v. Chr. zurückgehen. 

Vincent, H., Notes d’Epigraphie palestinienne (Rb XII 605): Gibt u. a 
Kunde von einer Gemme mit Trennung der Worte durch Quer- 
strich, Abbrechung eines Wortes über die Zeile, mit dem biblischen 
Namen ser. 

Musil, A., Sieben samaritanische Inschriften aus Damaskus (Sitzungsber. 
d. k. Ak. d. W. in Wien, phil.-hist. Kl. CXLVII. 10 S. mit 7 Abb.: 
Abbildung, Umschrift, Nachweis von sieben samaritanischen Inschriften, 
die, zum Teil über das 11. Jahrh. zurückreichend, an den Wänden eines 
Bethauses als Verse aus den Perikopen hergestellt sein mochten. 

Todd, J. C., On the „aristocratic“ Character of the OT (Exp IX 
129—132): In den alten Staaten zählte nur die Aristokratie, nicht das 
Volk. In Israel war es nicht anders: die Propheten rügen die Verbrechen 
der Reichen, das Dt war ein Gesetzbuch für die Aristokraten, Exil und 
Rückkehr betraf nur die Aristokraten. 

Macalister, R. A. St., Fifth quarterly Report on the Excavation of Gezer 
(16 May—15 August 1903) (PEF XXN\NV 299-322). — Sirth quarterly 
Report on the Excavation of Gezer (PEF XXXVI1 9—26): Fortsetzung 
der Arbeit ohne besonders wichtire Funde. 

Wellhausen, J., Zwei Rechtsriten bei den Hebräern (Arch. f. Religions- 
wiss. VIl 83—41): men heilst nicht eigentlich salben, sondern ursprüng- 
lich mit der Hand streichen, ein Akt der Huldigung, zu ‚verstehen an 
denjenigen Stellen, wo eine Mehrzahl den König „salbt“. Ol, verwendet 


Bibliographische Notizen. 323 


bei der Königssalbung, kann W. in seiner Symbolik noch nicht verstehen; 
vielleicht durch die Agyptologie zu lösen. — Ruth 3, 9. Ez 16, 8 beruhen 
auf der auch sonst vorkommenden Sitte (Beispiele aus dem Arabischen 
werden beigebracht), durch Bedeckung mit einem Kleide Eigentums- und 
daraus resultierenden Schutzanspruch an Personen zu bekunden. 

Oesterley, W. 0. E., A great Heap of Stones (ExpT XV 47f): Führt sechs 
Erklärungsgründe an für die Sitte, Steine an einem Orte aufzuhäufen, 
von denen nur der erste Grund: Ausdruck des Abscheues, einige Wahr- 
scheinlichkeit aufweist. 

Doutte, E., Les tas de pierres sacres et quelques autres pratiques connexes 
dans le sud du Maroc (39. Alger 1903): Sep.-Abdr. aus dem im Drucke be- 
findlichen Gesamtwerke: Voyages d’etudes au Maroc. Der Gebrauch, 
Steinhaufen an Wegen und auf Bergspitzen zu errichten, gehe zurück 
auf die Absicht, befürchtetes oder innewohnendes Übel zu übertragen; 
so schon Tylor und Frazer (nach Arch. f. Religionswiss. VII 275). 

Weyl, A., Die Bedeutung des Hauses im ati Erziehungsplan. Ein Bei- 
trag zur Geschichte der Pädagogik. Schulprogr. der israel. Realschule 
zu Frankfurt a. M. (27 S.). 

Creighton, C., Indications of the Hachish Vice in the OT (Janus Mai— 
Juni 1903): Auf eine Art Opiumgenufs führt C. Sauls Krankheit zurück. 
Er verweist auch auf Ct5, 1. 1 Sm 14 (Jonathans Genuls von Honig im 
Walde) (nach ExpT XV 148 f). — Little, J. A. St., Was Saul a Hachish- 
Eater (ExpT XV 239): Hält = usı für „Cannabis sativa“. Will auch 
das Sprichwort: „Ist auch Saul unter den Propheten?“ hierher ziehen. 

Gressmann, H., Musik und Musikinstrumente im AT (Religionsgesch. 
Versuche und Vorarbeiten von A.Dieterich und R, Wünsche II, 1. 32. 
Gielsen, Ricker.. M —.75): Mosaikartige Zusammenstellung mit Verweis 
auf Griechenland. 

Schiaparelli, &., L’astronomia nell’ antico testamento (16%. ILI u. 196. 
Mailand 1903, Hoepli. L 1.50). 


e) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern 
des AT. 


a) Allgemeines. Pentateuchkritik. Auslegung des 
Pentateuchs. 


Pelt, J.-B., Histoire de PAT. I. 4° ed. (120. LVIII u. 357 mit 2 Karten. 
P., Lecoffre. Fr 3.—): Beruft sich noch auf Schöpfers Geist und Ein- 
flufs, unter dem die drei ersten Auflagen in die Welt gegangen. Das 
Werk ist aber über das Schöpfersche Prototyp hinausgeschritten in An- 
lage und Anschauungen. Darum ist der Name aus dem Titel mit Recht 
verschwunden. Die neueste Literatur, namentlich die französische, findet 
ausgiebige Verwendung. Loisy, Lagrange, Hummelauer werden zitiert, 
aber dem konservativen Charakter eines Lehrbuches will P. deshalb 
nichts vergeben. Vielleicht ist er doch auch für ein Lehrbuch etwas zu 
vorsichtig gewesen, und P. zeigt Ansätze, die ihn ohne Schwierigkeit in 
das Lager der katholischen Kritik hinüberführen können. Es ist zu 
viel, der Kritik mathematische Beweise abzuverlangen, wo es sich um 
geschichtliche Wahrheiten und literarische Beurteilung handelt. Reicher 
Inhalt und gute Methode machen das Werk sehr empfehlenswert. 

Smith, H. P., The OT History. The internat. theol. Library (XX.V u. 
512. Edinburgh 1903, Clark. 12s): Zur Charakteristik des Standpunktes 
sei angeführt: Ein israelitischer Stamm mag in Agypten gewesen sein, 
den ein religiöser Führer herausgeleitete.e In Kadesch schlols er den 
Bund mit dem Sinai-Gott. Ein aus Arabien nach Palästina ziehender 
Stamm vereinigte sich mit ersterem (nach ExpT XV 1% ff). 

Barnioott, 0. R, OT History. 'T'he Temple Series of Bible Handbooks 
(180. XII u. 138. Ld., Dent. Yd). 

21* 


324 Bibliographische Notizen. 


Zapletal, V., O. P., Alttestamentliches (VIII u. 191. Freiburg i. Schw. 
1903, Univ.-Buchh. M4.—): Kurz und bündig in Erklärung und Polemik 
zeigt sich Z. in den hier auswahlsweise zusammengestellten Früchten 
seiner exegetischen Studien. Wo ein sicheres Resultat nicht zu gewinnen 
ist, begnügt er sich mit der wahrscheinlichsten Hypothese. Seine nüchterne 
Aufiassung bewahrt ihn ebenso davor, der Überlieferung folgend, zu viel 
hinter dem Text zu suchen, als auch der Kritik sich unbesehen in die 
Arme zu werfen. 1. Das Ebenbild Gottes im Menschen (Gn 1, 26): es 
ist in der vernünftigen Natur des Menschen zu suchen. 2. Das Straf- 
gericht nach dem Sündenfall (Gn 3, 14—19). 3. Der Segen Jakobs 
(Gn 49, 2—27): n>u='59; Textherstellung mit Hilfe der Metrik und 
Übersetzung. 4. Das Ephod. 5. Das Gelübde Jephtas: er hat ein Menschen- 
opfer gelobt und dargebracht, was einzig dem unmittelbaren Wortlaut 
der Stelle entspricht. 6. Lobgesang der Anna (1 Sm 2, 1—10): die Her- 
kunft des Liedes behandelt er etwas zurückhaltend. 7. Davids Klagelied 
über Saul und Jonathan (2 Sm 1, 18-27), zu V. 21 vgl. auch ThQ 13. 
154f. 8. Der 2. Psalm: Das Anagramm *rb ist doch nicht so unbekannt 
(S. 137), allerdings selten anerkannt. 9. Das Sela in den Psalmen: Musik- 
einsatz, sekundär Zeichen zu liturgischer Prostration und als Strophen- 
zeichen — assyr. sullu. 10. Die Parabel vom Weinberg (Is 5, 1-7): 
vgl. auch Rb VIII 40ff. 11. Der Spruch über Moab (Is 15 u. 16: 
zu S. 175 wäre auch noch zu nennen die BZI 97 s. nom. Cooke zitierte 
Notiz. 12. Zur natürlichsten Erklärung des biblischen Schöpfungsberichtes: 
Verteidigung seines Werkes hierüber (vgl. BZI 194 ff) besonders gegen 
J. Mader, Schweizerische Rundschau Ill 171f. 

Soldi-Coibert de Beaulieu, E., La Langue sacree. L’Arbre de la science. 
Origine de l’ecriture et de lalphabet. lettre S (XV u. 161 mit 14 
Abb. P. 1903, Leroux. Fr 7.50). 

Keep, M. J., OT Lessons (Ld. 1903, Allenson. 38 6d). 

Wright, 6. F., Dr. Drivers Rope of Sand nn N.S.1151—157): Be- 
hauptet, dals alle Gründe für nachmosaische Herkunft der ältesten 
Queile des Pentateuchs auf zweifelhafter Erklärung beruhen. 

Trabaud, H., Les origines de la loi mosaique (RThPh XXXVI 281-307): 
Schildert Entwicklung des Begriffes und Umfanges der Thora nach 
kritischen Prinzipien. \ 

Murillo,L., Le Pentateuque et !’ Ecole n&o-critique: autres alterations dans le 
„Liber bipartitus” (Razon y Fe Jan. 1904). 

Vetter, P., Die literarkritische Bedeutung der at! Gottesnamen. Forts. 
(ThQ LXXXV 520—547): Verl. BZ 1315. An die Spitze dieses Artikels stellt 
V. sein kritisches Bekenntnis: Aufzeichnungen des Moses über Wüstenzug 
und Satzungen. In der Richterzeit entstanden zwei Fassungen der Ur- 
geschichten, eine poetische und eine prosaisch-nüchterne. Die Satzungen 
des Moses wurden fortgebildet, teils ın Spezialsammlungen gesondert, 50 
das Dt. Um die Zeit des Tempelbaues wurden die Quellenschriften zum 
Pentateuch mosaikartig nach Art der hebräischen Historiographie zu- 
sammengefügt, bis auch der Flufs des Textbestandes aufhörte durch 
Esras Tätigkeit. Schriftstellerisches Gesetz war es, den Namen Jahwe 
mit Heiden nicht in Verbindung zu bringen, in gewissen stehenden Ver- 
bindungen blols einen bestimmten Gottesnamen zu gebrauchen, Elobim 
als metaphysischen, Jahwe als historischen Gottesnamen zu betrachten, 
im priesterlichen und prophetischen Stil Jahwe zu verwenden, in drel 
aufeinander folgenden geschichtlichen Stadien Jahwe selten, vorherr- 
schend und dann wieder weniger zu gebrauchen (Perioden werden 
genauer geschildert. Zu diesen fünf literarischen Gesetzen kommen 
zwei stilistisch-ästhetische Rücksichten im Gebrauch der Gottesnamen: 
die beiden Namen im Parallelismus zu verwenden, durch den logischen 
Aufbau und Zusammenhang einer ganzen Perikope den Wechsel be 
stimmt sein zu lassen. 


Bibliographische Notizen. 325 


Crawford, C. K., The Canon in the Time of Samuel. Was there one? 
(BStdt VIII 839—345): Hält die mosaische Herkunft des Hexateuchs, 
seine Bezeugung in Sm für mindestens ebensogut begründet wie das 
Gegenteil; die mosaische Herkunft bestätirt auch die übrige Hl. Schrift. 

Thomson, H. C., An Exercise in Style (BStdt VIII 351—354): In Gn 
6—9 sowie 1—5 ist ein gleichmälsiger Wechsel im Gebrauch von „Erde“ 
und „Land“ zu beobachten, was aut Identität des Verfassers von solchem 
Sprachgebrauch schlie/sen lälst. 

Dahse, J., Textkritischa Bedenken gegen den Ausgangspunkt der 
heutigen Pentateuchkritik (Arch. f. Religionswiss. VI 305—319): Be- 
zweifelt die richtige Überlieferung der Gottesnamen im MT; LXX. scheint 
ihm den ursprünglichen Text zu bieten. Im MT ist eine Umwandlung 
des Gottesnamens in „Jahwe“ vor allem nach Ex 6, 3 zu konstatieren. 
Im MT ist in einzelnen Perikopen der Name Gottes vereinheitlicht 
worden; die Perikopenteilung hat allerdings gewechselt, so dafs der 
Nachweis auf Grund des jetzigen Bestandes nicht mehr möglich ist. 
Auf den Einfluls der Perikopenredaktion legt D. entscheidendes Gewicht; 
er glaubt, dals eine andere Lösung des Pıoblems sich nahe legt als die 
neuere Urkundenhypothese. 

Fries, S. A, Die Gesetzesschrift des Königs Josia. Eine kritische 
Untersuchung (78. Lp. 1903. Deichert. M 1.80): Die Stärke dieser Schrift 
liegt in dem Nachweise, dals Dt der Reform des Josias nicht in allweg 
entspricht. Die Zentralisierung sei weder im Dt noch bei ‚Josias aus- 
schlielslich zu suchen (Dt 12,156 etwas mühsam danach interpretiert); die be- 
kämpften nın2 in der nachjosianischen Zeit seien götzendienerischen Kulten 
geweiht gewesen. Ex 34 entspreche den Anforderungen von 4 Kg 22: 
es sei blols ein Blatt (="rt) gewesen, das durch Josias wieder aufge- 
funden wurde. Dt sei entstanden aus den Nloses in den Mund gelegten 
Rechtsbelehrungen der Priester und Leviten, die, auf verschiedene Blätter 
verzeichnet. in der Zeit des Königs Ezechias zusammengefügt wurden 
zu einer "bin. Letztere Aufstelluug beruht hauptsächlich darauf, dals 
Dt inhaltlich an alle Stämme sich richtet, und unter Ezechias sich das 
Bestreben geltend zu machen scheint, die Überreste Israels wieder zu 
gewinnen. F. betont selbst das Versuchartige, Hypothetische seines 
Ansatzes. 

Cullen, J., The Book of the Covenant in Moab. A critical Inquiry 
into the original Form of Deuteronomy (X u. 244. Glasgow 1903, Macle-' 
hose. ös). Nicht, wie meist angenommen, Dt 12—26, sondern die Um- 
rahmung ist: das Ur-Dt= Buch vom Moabbunde. — Loisy in Rev. d’hist. 
et de litt. rel. IX 80 glaubt, dafs das Ur-Dt von C. ohne 12—25 unvoll- 
ständig sei. 

Jeremias, A., Das AT im Lichte des alten Orients. Mit 145 Abb. und 
2 Karten (XIV u. 883. Lp., Hinrichs. M 6.50): Näheres später. 

Zur „Babel-Bibel-Literatur‘. Delitzsch, F., Babel und Bibel. Ein Rück- 
blick und Ausblick (75. Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt. M 1.—): 
Mit begründeter Selbstgefälligkeit kann D. den ungelieuren Erfolg seiner 
beiden Vorträge konstatieren. Seinem auch hier wicder angekündigten 
dritten Vortrage schickt er nun diese Abrechnung mit der Kritik voraus. 
Seine Thesen will er in vollem Umtange aufrecht halten. Scharf stellt 
er in Abrede, den Monotheismus Israels aus Babel hergeleitet zu haben. 
Moses verspricht er in einer eigenen Abhandlung aus dem Babylonischen 
zuerklären. Als abhängig von Babel betrachtet er jetzt präziserUrgeschichten 
und Sabbat; das übrige sind Parallelen, auch der Offenbarungsbegrift. 
Wunderlich und unfertig erscheint seine Auswahl eines biblischen Kanons 
auf Grund des religiösen Interesses, an dem die beizubehaltenden 
Bücher gemessen werden sollen. — An sonstiger Literatur zur Frage 
notieren wir: Boehmer, J., Das AT im Lichte mesopotamischer Aus- 
grabungen (Stb I 112—121 154—161 249—256 298—303 366—375): Eine 


326 Bibliographische Notizen. 


gute Übersicht über die hauptsächlichste Babel-Bibel-Literatur, mit kriti- 
schen Bemerkungen durchtiochten., — Buchholz, P., Die babylsnisch- 
assyrischen Keilinschriften und die biblische Urgeschichte (Ref. Kz AA\\1 
Nr 16—36): Behandlung der Hauptpunkte mit Darlietung des assyrio- 
logischen Materials usw. — Candee, C. L., Assyrian and Babylonian 
Archaeology and the OT (BStät VIII 169-176): Einige Beispiele, wo 
die biblische Erzählung durch Funde bestätigt wurde, zusammengestellt. — 
Cöln, F., Prinzipielles zur Babel- und Bibelfrage (Pastor bonus Jan. 
1904, 145—150). — Eibaob, R., Unser Volk und die Bibel. Ein Nachwort 
zum Bibel- und Babelstreit (59; 39. Giefsen 1903, Ricker. M 1.60. — 
Emin, Noch einmal „Babel und Bibel‘. Ein verspätetes bescheidenes 
Laienwörtlein zu Delitzschs gleichnamigen Broschüren (16. Lp.. Luckhardt. 
M —.50). — Feuchtwang, Zur Aufklärung über „Babel und Bibel‘. Aus 
Monatsbl. d. wiss. Klubs in Wien (51. Wien 1903, Konegen. M —.50. — 
Hirsch, J., Meine Glossen zum zweiten Vortrage des Professors Delitzsch 
über Babel und Bibel (46. Uzernowitz 1903, Pardini. M 1.—). — Jentsch, 
K., Babel-Bibel (Die Zukunft XLII 183—186): Hat sich doch seine Ab- 
findung mit der Frage zu leicht gemacht: Die Aufregung der Theologen 
sei unbegründet, weil auf der unbegründeten Besorgnis beruhend, der 
Kaiser könnte oder wollte die positiven Theologen von den Lehrstüblen 
fernhalten; die Bibel habe von der Wissenschaft nichts zu fürchten, weil 
die Schätzung der Bibel auf nicht wissenschaftlichem Gebiete beruht, und 
weil die wissenschaftlichen Einwände gegen die biblischen Erzäblungen 
nicht exakt wissenschattlicher und zwingender Natur sind. — Johns, 
C. H. W., Babylonian Monotheism. A personal Explanation (ExpT XV 
44f}: Im Streite über das Tüfelchen, das Monotheismus in Babylon 
erweisen soll, sei taktisch Delitzsch Sieger über Jensen gewesen (vgl. BZ 
I] 321). Doch ist der babylonische Monotheismus jedenialls vom israe- 
litischen unterschieden. — Küchler, F., Die Bibel- und Babel-Literatur 
6—10 (Christl. Welt XVII Nr 21 25 34 44; XVIII Nr3): Vgl. BZ1 32%. 
— Lang, A., Babel und Bibel (Ref. Kz XXVI Nr 5): Gegen Delitzschs 
zweiten Vortrag, der unzulängliches Beweismaterial geboten. — Larfeld, 
Die babylonischen Ausgrabungen und der atl Religionsunterricht (Zeitschr. 
f. ev. Rel.-Unt. Okt. 1903, 5—26). — Lindl, E., Wissenschaft wie Kritik 
der Neuzeit unddasAT (Monatsblätter f. kath. Rel.-Unt. 1 V65—69 99— 107). — 
Lods, A., De quelques publications allemandes sur les rapports religieur 
de Babylone et du peuple d’Isracl (Rev. d’hist. des rel. XLVIIlI 210-221: 
Referat über Winckler, Budde, Jeremias, Gunkel. — Luther, F., „Babel 
und Bibel’ und „Bibel und Babel’ (Mitt. f.d.ev.K. in Rulsl. LIX 224233. — 
Mader, J., Zur Bibel- Babel-Frage (Schweiz. Rundschau IV 154—156). — 
Müller, E., Der Babelismus, der Kaiser und die orthodoxe Theologie 
B. 1%03, Stuhr. M 1.—). — Myhrman, D. W., Babel- Bibel eller Bibel- 
Babel. YFöredrag (55. Upsala 1903, Hellström. 75 oere). — Nikei, J., 
Zur Verständigung über „Babel und Bibel‘ (12%. 104. Breslau 1908. 
Goerlich.. M 1.—): Populärer Wegweiser für Beurteilung der durch 
den Babel-Bibelstreit so sehr in den Vordergrund gerückten biblischen 
Probleme. Besonders glücklich seine Abweisung der Willkür Gunkels in 
der Erklärung von Gn 1. Bezüglich des Mythizismus von Stucken und 
Winckler ist nur zu wünschen, dafs sich die optimistische Aussicht \.s 
auf Ablehnung in ernsten Forscherkreisen bald verwirkliche. Hammuralbi. 
Von Delitzsch trennt ihn ein prinzipieller, eine Verständigung aus- 
schlielsender Gegensatz. — Orano, P., A proposito di „Babel und Bibel“ 
di F. Delitzsch (Riv. d’Ital. Febr. 1904, 315—324). — Pinches, T. 6. 
Sapattu, the babylonian Sabbath (PSbA XXVI 51—56). Der als ud- 
hul-gal bekannte Tag wird nach Ausweis der Tageverzeichnisse nicht 
sabattu genannt (K. 6012 + K. 10,684 werden hier wiedergegeben, 
sondern so heilst der 15. Tag bei den Babyloniern. Ruhetag wird er 
genannt, weil der Monat gleichsam in der Mitte zu einem Ruhepunkt 


ee 


Bibliographische Notizen. 327 


gekommen ist. Die Babylonier übernahmen ihn von cinem nichtsemitischen 
Volke und übergaben ıhn den Hebräern, welche den Namen übertrugen 
auf den siebten Unglückstag der Akkader. — Aeiner, J., Recht und Unrecht 
im Kampfe um Babel und Bibel (Stb I 562—566): Führt gegen Delitzsch 
den Delitzsch einer älteren Epoche selbst und andere Assyriologen ins 
Feld. — Schorra, M., Kultura babilonska i staro hebrajska (Kwartalnik 
Historyezny XVII 206—231). — Selbst, J., Babylonische Verwirrung. 
Ein Rückblick und Ausblick (35. Mainz, Kirchheim): Sep.-Abdr. aus 
Katholik 1904. Schlägt den Schaden dieser Bewegung hoch an. Im 
übrigen bietet S. einen Überblick über die Streitfrage und die zu ihr 
erschienene Literatur; die katholische Anteilnahme findet er entsprechend 
und mit ehrenvollem Erfolge belohnt. — Tänzer, A., Judentum und Ent- 
wicklungslehre. Nach einem über „Babel und Bibel“ gehaltenen Vortrage 
(68. B. 1903, Calvary. M 2.—). — Wegener, A., Babel und Bibel, was 
sıe verbindet und scheidet. Vortrag (23. Moskau, Deubner. M —.60). — 
Winckler, H., Die Assyriologie und das AT (Allg. ev.-luth. Kz 1903, 
Nr 49—5l): Markiert seinen Standpunkt gegenüber der Wellhausen- 
schen Kritik: literarhistorische Datierung bedeutet noch nicht spätzeitige 
Unzuverlässigkeit; das arabische naturwüchsige Nomadentum, aus dem 
Israel Religion und Kultur entnommen, ist nur eine poetische Legende; 
auch Arabien steht unter dem Einflufs des Orientes; Elohist und Jahwist 
als Sammler volkstümlicher Überlieferung (Gunkel) wären im alten Oriente 
lächerliche Figuren. Sonst stellt er noch die leitenden Grundgedanken 
seiner „Geschichte Israels IL und von „Keilinschr. und ATI: zusammen ; 
mythologisches (astrologisches) Schema jeder orientalischen Geschichts- 
erzählung bei Möglichkeit historischen Inhalts. Die Bezeichnung der 
Propheten als politische Agitatoren sei ihm mit Unrecht zum Vorwurf 
emacht worden; er wolle eben blo/s diese Seite ihrer Wirksamkeit in 
etracht ziehen. Die religiöse Bedeutung sei noch kein wissenschaftlich 
fundierter Gegenstand. Insofern die tatsächliche Erklärung der Pro- 
hetenreden aufrecht erhalten und im einzelnen wiederholt wird, bleibt 
ennoch der Vorhalt berechtigt. — Zehnpfund, K., Assyriologisches in der 
Studierstube (Stb I 483—488): Gibt Anweisung, wie man sich in assyrio- 
logischen Fragen ein einigermalsen selbständiges Urteil bilden könne. — 
Zöckler, 0., Zur neuesten Literatur über Babel und Bibel (Bew. d. Gl. 
8. F. VI 12 [Dez. 1903)). 

Zum ‚Gesetze des Hammurabi“. Brugi, B., Le leggi di Hamniurabi, re 
di Babilonia (Atti del R. Istit. Veneto di Scienze LXII 9, 1105—1119). 
— Cook, St., The Laws of Moses and the Code of Hammurabi (XV11I 
u. 3807. Ld. 1903, Black. 68): Ahnlichkeiten gehen zurück auf die ge- 
meinsamen Züge des semitischen Rechtes. Ein inneres Durchdringen der 
vorderasiatischen Völker mit dem babylonischen Recht hat nicht statt- 
gefunden (nach Deutsche Lz 1904, Nr 5). — Harper, R. F., Text of the Code 
of Hammurabi, King of Babylon (about 2250 b. C.) (AmJsemL XX 1—84): 
Nach den Photographien von Scheil mit selbständigen Ergänzungen; Al- 
druck aus seiner angekündigten Ausgabe; vgl. im folg. — Harper, R. F. 
and W.R., The Code of Hammiurabi, King of Babylonia (about 2250 b. C.), 
the most ancient of all Codes. I. Map, Text, Transliteration, Translation, 
Glossary, historical and philological Notes and Indices. II. The Ham- 
murabi and the Mosaic Codes. A Study in Babylonian and OT legal Lite- 
rature (Chicago, Univ. Pr. 188): Zunächst Bd I erschienen. — Kohler, J., 
und Peiser, F.E., Hammurabis Gesetz. I: Übersetzung. juristische Wieder- 
gabe, Erläuterung (III u. 146. Lp., Pfeiffer. M 8.—): H. ist Amraphel 
von Gn 14. Der Turm des H. steht wahrscheinlich in Beziehung zum 
babylonischen Turmbau. Nach 2. Exk. (137—143) ist H.s Gesetz wesentlich 
moderner als das mosaische. Der 2. Bd soll den Gegenstand rein philologisch 
behandeln, der 3. ein Urkundenbuch aus der Hammurabizeit darstellen. — 
Küchler, Moses und Hammurabi (Christl. Welt 1903, Nr 23): Ref. über 


328 Bibliographische Notizen. 


Jeremias, Oettli, Grimme. — Loisy, A., Rez. von Jeremias, Moses und 
Hammurabi (Rev. d’hist. et de litt. rel. IX 73 f): Möchte nicht so rasch die 
Superiorität des mosaischen Gesetzes gegenüber dem des H. aufgestellt 
sehen. Die Ordnung H. und Moses entspreche mehr der Tatsache, dals 
uns der H.-Codex authentisch vorliege, was von den Schriften des Moses 
nicht der Fall sei. — Müller, D. H., Die Gesetze Hammurabis und ihr 
Verhältnis zur mosaischen Gesetzgebung sowie zu den XII Tafeln. Text 
in Umschrift, deutsche und hebräische Übersetzung, Erläuterung und ver- 
gleichende Analyse. Mit einem Faksimile aus dem Gesetzes-Codex Han- 
murabis nn ien 1903, Hölder. M 10.—): Beachtet den formalen Auf- 
bau der Gesetze. Beide müssen auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen. 
Die mosaische Gesetzgebung ist die ursprünglichere. — Sayce, A. H.. The 
Laws of Khamurabi (ExpT XV 184—186): Zustimmendes Referat über 
Jeremias (vgl. BZ I1 104). Er hält eine durchgängige Revision der Penta- 
teuchkritik für gefordert. — Schell, V., La Loi de Hammowurabi (vers 2600 
av. a (180. I1I u.77. P., Leroux). — Schulz, A., Die Literatur zum 
Gesetze Hammurabis (ThR II 561—568): Ref. über Artikel und Schriften, 
die das anregebene Thema betreflen. 

Driver, S.R., The Book of Genesis with Introduction and Notes. West- 
minster Commentaries (LXXIV u. 420. Ld., Methuen. 108 6d). 

Magnani Seconda, F., I primi capitoli della genesi dalla creazione del 
mondo alla torre babelica, interpretati come scrittura fisico-filosofica 
rappresentata nella sua origine da figure e da emblemi (16%. XV u. 152. 
Rom. L 2.50). 

Kühnle, K., Die Echtheit des biblischen Schöpfungsberichts. Zwei Vor- 
träge. (61. B.. Zillessen. M —.40). 

Molloy, G., Caractere historique du premier chapitre de la Genese (em. 
d. pont. acc. d. nuovi Lincei XX. Kom. ÜUuggiani). 

Drexier, E, Wann lebte Adam? Eine bibl., geschichtl. und vorgeschicht- 
liche Studie für jedermann. (87. Ravensburg 1903, Alber. M —.50). 

Hoppe, E., Das erste Blatt der Bibel im Lichte der Naturforschung. 
Vortrag. 1.—3. Tausend (31. Mölln 1903, Ecke. M —.50). 

Davidson, W. L., The Bible Story of Creation—a Phase of the theistic 
Argument (Exp 1X 286—300): Keine wissenschaftliche Darlegung, sondern 
von religiöser Bedeutung: zur Begründung des Sabbatgebotes, zu er- 
baulichem Zwecke, zur Einführung des Dogmas vom Logos. Daher nicht 
Geschichte. sondern Parabel. 

Bezold, C., Die Schüöpfungslegende. Texte f. theol. Vorl. 7. Bab.-ass. 
Texte 1 (20. Bonn, Marcus. M —.30). 

Daiches, S., Talmudische und midraschische Parallelen zum babylonischen 
Weltschöpfungsepos (ZA XVII 394—399). 

Warring, €. B., On the Use of „good“ in Genesis I (BStdt N. S. I 171 
— 173): Nur die vollendeten Akte erhalten das Prädikat „gut“ (6 von den 
11 Akten im ganzen). 

Thompson, R.C., The Devils and evil Spirits of Babylonia. (Sem. Text 
and Translat. Ser. X1LV. Ld.. Luzac. 158): Weist unter anderem bestimmt 
die Ansicht von Sayce und Pinches zurück, die den Garten von Eden 
in einem babylonischen Text gefunden zu haben glaubten (vgl. ExpT 
XV 501). , 

Halevy ‚> Le nom d’Eve (JasSer. X. t. II, 522— 524): rm = 77 = rm, 
tixrovoa. In diesem Sinne wird >= gebraucht Gn 18, 10.14; vgl. 4 Bg 
4.17, ebenso die Talmudisten. Dieser Sinn stimmt zur Stelle und zur 
Benennung des Adam (wegen seiner Bestrafung durch die "»-x\. 

Schneider, T., Was ist's mit der Sintflut? Die Versuche ihrer Deu- 
tung als Geschichte, Sage und Mythus. Zugleich ein Beitrag zur Babel- 
und Bibelfrage (26. Wiesbaden 1903, Staadt. M —.75). 

Jediicska, J., Der angebliche Turmbau zu Babel, die Erlebnisse der 
Familie Abrahams und die Beschneidung 373. Lp. 1903, Seemann. MM 4.—). 


= == 2 Zr un 


-—— 


— 


Bibliographische Notizen. 329 


Gunzburg, D. de, Le nom d’Abraham (REj XLV1I 7—2®2): Führt eine 
Reihe von arabischen Stämmen auf (70 stehen ihm zu Gebote), in denen 
eine Verlängerung durch Einsatz von aha oder al gebräuchlich ist; Zweck 
ist, die Bedeutung als besonders grols, intensiv herauszustellen. G. kehrt 
auch die übrigen Beziehungen der Patriarchen zu Arabien hervor. 

Conder, C. L., The alleged Mention of Chedorlaomer on a Babylonian 
Tablet (PEF XXX VI 80-83): Glaubt die Texte über den König CU-CU- 
CU-CU-MA, den man Kedorlaomer lesen wollte, auf das Jahr 648 v. Chr. 
beziehen zu können; Name vielleicht zu lesen: Ummaniga. 

Macalister, R. A. St., The Scene of the Sacrifice of Isaac (ExpT XV 141): 
Statt am yas Gn 22, 2 möchte M. vermuten “n oder us"rm; also 
Opferort der Sinai oder Horeb. 

Nestle, E., Tamar (ExpT XV 141): Nicht ein kanaanitisches Weib, wie 
es im Dictionary of the Bible heilst. — Dazu Selbie, J. A., Tamar (ebd. 
238): Plädiert neuerdings für seine von Nestle bekämpfte Auf- 
stellung. 

Sayce, A. H., Joseph and the Land of Egypt. The Temple Series of 
Bible Handbooks (18°. VI u. 115. Ld., Dent,. 9d). 

Lee, J. F., The greater Exodus. An important pentateuchical Criticism, 
based on the Archaeology, ‚of Mexico and Peru (132. Ld., Stock. 28 6a): 
Will den Auszug aus Agypten in Verbindung bringen mit den Vöülker- 
bewegungen, wodurch die Menschen sich vermehrten und die Erde er- 
füllten, und zwar von Mexiko und Peru aus durch Nordamerika über die 
Behringsstralse nach Asıen (ExpT XV 135. HJ II 422). 

Miketta, K., Der Pharao des Auszuges. Eine exegetische Studie zu Exodus 
1—15 (vgl. BZ 11 107): Ein reiches Material steht bekanntermalsen für 
diese Frage zu Gebote; es ist bis jetzt verschieden interpretiert worden 
und mulste die verschiedensten Hypothesen und Ansätze rechtfertigen. 
Eine Lösung konnte der mit dem Material Vertraute nur von neuen 
Entdeckungen erhoffen. Auch M.s Schrift konnte nichts Weiteres zur Frage 
beitragen, als sie neuerdings gründlich erörtern, hie und da durch neue 
Gruppierung und neue Gesichtspunkte das Interesse erwecken, aber den 
Mangel des entscheidenden Naterials vermochte er mit aller Konzen- 
trierung der seiner Ansicht (Tuthmosis Ill. der Pharao der Bedrückung, 
Amenophis der Pharao des Auszugs) günstigen Momente nicht zu be- 
seitigen. Hammurabi und Abraham, die ägyptische Geschichte als Hinter- 
grund des Auszugsdramas, die Aperiw-Frage, der Stamm Aser und Israel 
auf ägyptischen Denkmälern, dıe Habiri-Frage werden auch nach M. 
noch offene Probleme sein; M. hat aber nicht umsonst gearbeitet: das 
Material, die Geschichte seiner Verwertung, die Möglichkeiten, die es 
begründet, finden wir hier in ebenso klarer als kurzer Weise darge- 
boten, so dals man gern zur Orientierung nach diesem Buche greifen 
wird. Das entschiedene Wertungsurteil des Vert. lälst deshalb die Gegen- 
instanzen nicht verschwinden. Die reiche, bis in die neueste Zeit hinein 
berücksichtigte Literatur vermehrt das Vertrauen zu der auch weiteren 
Kreisen zu empfehlenden Schrift. Zur Stele Merenptalis (72ff) habe ich 
eine Bezugnahme auf Grofts These, dals die Angabe über Israel nach- 
getragen, also späteren Ursprungs sei (vgl. BZ I 87 309), nicht gefunden. 

Banks, L. A., On the Trail of Moses (Ld. 1903, Funk. 6). 

Oesterley, W.O.E., erklärt Ex 3, 13 in Church and Synagogue Juli 1903 
(ExpT XIV 536) dahin, dals ein Teil der israelitischen Stämme (Abra- 
ham usw. als Stämme nach Ex 6, 3) Jahwe nicht kannten; ein Teil, die 
Keniter (ein Israel verwandter Stamm), kannten ihn, und von letzteren 
erfuhr ihn Nloses. 

Lagrange, M.-J.. Elet Jahre (Rb XII 362-386): Bedeutung, Form, Ge- 
brauch dieser Namen. Auch das kritische Prinzip des Gottesnamens- 
wechsels streift er; Ex 6, 3 kommt hierfür in Frage. Entlehnung von den 
Kenitern sei ausgeschlossen. Vielleicht von dem Gebrauch des Namens 


330 Bibliographische Notizen. 


Jahwe in einem Stamme (Levi) ausgedehnt auf die nunmehr zu einem 
Volke verschmelzenden Stämme. 

Gunkel, H., teilt der Redaktion der Deutschen Lz 1903, Nr 50, Sp. 3058 als 
Fingerzeig für diejenigen, die den Sinai suchen, mit, dafs verschiedene 
Anzeichen dartun, dals der Sinai ein Vulkan war, in dessen Ausbruch 
man also Jahwes schauerlich-majestätisches Erscheinen erlebte. 

Prat, F., Le Code du Sinai, sa genese et son Evolution (16%. 61 P. 
Bloud. Fr —.60). 

Baentsch, B., \umeri übersetzt und erklärt, und Einleitung zu Exodus- 
Leviticus-Numeri. Handkomm. z. AT I 2. 2 (448-702, LXXXIL. Gut- 
tingen 1903, Vandenhoeck. M 5.80): Damit ist der Kommentar, von den 
einzelne Teile bereits in neuen Auflagen erschienen sind, zum Abschlu:: 
gekommen. Besprechung folgt. 

Höhne, Eine atl Hauptstelle (Stb 1 388—396 437— 442): Dt 6, 4: „Jahwe 
ist unser Gott, ‚Jahwe ist einer“. zu fassen, was umständlich erläutert wird. 


ß) Die geschichtlichen Bücher. 


Bennett, W. H., Joshua and the Conquest of Palestine. The Temple 
Series of Bible Handbooks (18%. VII u. 118. Ld. Dent. 9d). 

Schlögl, N., Le chapitre V du Livre des Juges (Rb XIL 387-3%:: 
Unter vollständiger Ablehnung von Rotbsteins Arbeit über Ide 5 isgl. 
BZ 1 102 329) bietet S. wiederhergestellten Urtext und Übersetzung ın 
metrischer Form. Die Anmerkungen sollen seine Änderungen auf Grund 
der Metrik, soweit möglich, textkritisch rechtfertigen. 

Nestle, E., Zum Schlufs von Rothsteins Arbeit über das Deboralid 
(ZdmG LVII 567): Korrekturen. Vgl. BZ I 102 329. 

<Halevy, J.,> Juges, VI, 37 (Jas Ser. X, t. II, 525 f): Statt a3 me; ist, da 
von Schafen nicht die Rede ist, zu lesen “92 n=;, was für einen Land- 
mann palste, 

Radermacher, L., Das Jenseits im Mythos der Hellenen. Untersuchungen 
über antiken Jenseitsglauben (VIll u. 153. Bonn 1903. Marcus unü 
Weber): Wird hier erwähnt wegen des „Zur alttestamentlichen Simsot- 
legende* überschriebenen Abschnittes, in dem die Erzählungen vor 
Simson und vom unsterblichen Kaschtschei (im russischen Märchen vom 
Prinzen Astrach) als „zwei echte Parallelen, von denen die eine, un 
abhängig wie sie ist, für die andere zeugt“, qualifiziert werden. Nach 
S.141 A.1 ist es jetzt überhaupt „nn der Zeit, aus Sage, Mythos und 
Märchen anderer Völker die Parallelen zum AT zu sammeln“. 

Currell, W. S., Ruth: A Study in the short Story (BStdt VIII 2863-28: 
Betrachtet als literarisches Kunstwerk. 

Schlögl, N., O. Cist., Die Bücher Samuels (erstes und zweites Buch der 
Könige). Übers. und erklärt. Kurzget. wissensch. Comm. z. d. hl. Schr. 
des ATI 8. 1 (XXI. 202 u. 159. Wien, Mayer. M 8.40): Bespr. folrt 

Davis, J. D., Transfer of the Ark to Jerusalem (BStdt VIII 2031: 
2 Sm 6 und 1 Chr 1ö, 2—15 bieten keine Differenz (gegen H. P. Smitt 
und Driver). 

Steffens, N. M., The Structure and Purpose of the Books of Kınaı 
(BStdt VIII 153—160): In konservativem Sinne. Einheit und Seib- 
ständigkeit des Buches werden festgehalten. \ 

Nikolsky, M., Jukhin und Bö‘az (1 Reg. 7,21) (ZwTh XLVII 1-%: 
Greift den Gedanken E. Renans wieder auf und sieht in beiden Worten 
einen Satz, der phönizisch gefalst werden muls, Auf Grund der LX\ 
nach Cod. B korrigiert N.: 1» 553 =. Ersteres Wort nach dem Phön- 
zischen „sein“, Also: „Es möge Baal eine Kraft sein“, was bezüglich der 
einzelnen Elemente und des ganzen Gedankens aus dem Phönizischen 
belert wird. 

Nagl, E., Die Religion der Kuttier auf dem Boden des ehemaligen 
Reiches Israel (ZkTh XXVIII 415—424): N. glaubt die von dem gr 


Bibliographische Notizen. 331 


nannten Mischvolk nach 4 Kg 17, 30 f verehrten Gottheiten feststellen zu 
können. Weniger sicher erklärt er ri:2 n‘> als volksetymologische Ver- 
kürzungen aus Zakmuku (Sonnenwendtest, metonymisch statt Marduk als 
Sonnengott) und Zarbanit. Sicherheit nimmt N. in Anspruch für seine 
interessante Gleichsetzung x=-"ox = Eämun (vgl. Esmun-azar); ına = 
Ba‘alazer rl error — Atargatis (= Asthar-Ate). c-z0 ist die syrische 
Stadt e=> (vgl. Ez 47, 16); Torx infolgedessen kanaanäische Gottheit. 
“on» hängt zusammen mit Anu. 

Friedländer, M., Genealogische Studien zum AT: Die Veränderlichkeit 
= un in den Stammlisten der Bücher der Chronik (64. B., Poppelauer. 

.50). 

Fischer, J., Die chronologischen Fragen in den Büchern Esra- Nehemia 
(BSt VIII3. X u. 98. Freiburg i. Br. 1903, Herder. M 2.40): Bespr. folgt. 

Herkenne, H., Die Briefe zu Beginn des zweiten Makkabäerbuches (1, 
1 bis 2, 18) (BSt VIII A VII u. 103. Freiburg i. Br., Herder. M 2.40): 
Näheres später. 

Scheftelowitz, J., Zur Kritik des griechischen und massoretischen Buches 
Esther (MGWJ XLVI1I 110—119 201-213 289-316): Gegen Jahn 
(vgl. BZ I 91 314) untersucht er das Material, das zu Gunsten der LXX 
gegen MT zu sprechen scheint, in der Absicht, zu erweisen, dals erstere 
in der Regel sekundär ist. Die apokryphen Stücke sind nn 
Episoden, zur Unterhaltung am Purimfeste vorgetragen. osephus 
benutzt hie und da den MT. Unter Nr V weist er nach, dafs das Juden- 
tum in atl Zeit nichts vom Parsismus entlehnt habe. Is 44, 28; 45, 1 
und a. a. St. findet er eine Polemik gegen die persische Religion. Auf- 
erstehung, Engellehre sind nicht aus dem Parsismus. VI. Die persischen 
Lehnwörter von Est sind älter als die von Dn; ersteres also früher. 
S. 313 gibt S. einen Nachtrag zu: Arisches im AT I. — Auch separat: 
Arisches im AT II (64. B. 1903, Calvary. M 2.—). 


y) Die poetischen Bücher und Lehrschriften. 


Davies, T. W., The Poetry and poetical Writings of the ancient Hebrews (BW 
XX11 358-362): Metrum nur als natürliche Folge eines Gedankenrhythmus. 

Builinger, E. W., The Book of Job. Part 1: The oldest Lesson in the 
World. Part 2: Rhythmical Translation (203. Ld., Eyre. 5s). 

The Poem of Job. Being an Attempt to obtain a clearer Glimpse into 
the Ancient Poem of the Book of Job; after careful Study of Translations, 
Commentaries and Notes made by some of the best Students of later 
Times; and by Elimination of certain Passages now deemed by many 
such Students to have been added to the original Work. A Version pre- 
yared by M, Pritchard, with Introductions and Notes (120. Ld. 1903, 
Trübner. 38 6d). 

Stone, H. E., From behind the Veil or Life Studies from the Book of 
Job (212. Ld. 1903, Marlborough. 28 6d). 

Eyragues, M. B. d’, Les Psaumes. Traduits de l’Hebreu (12%. LXIV 
u. 427, P., Lecoffre. Fr 4.—; in 8% Fr 7.50): Eine französische Psalmen- 
übersetzung mit Vorbemerkungen und Erklärung, nach ihrer praktischen 
Verwertbarkeit und der wissenschaftlichen Grundlage empfohlen von 
F. Vigouroux in einem Schreiben an Kardinal Richard und von Kardinal 
Mathieu mit einem Vorworte versehen. Die Arbeit soll praktischer Ver- 
wendung der Psalmen dienen und beruht auf dem zuverlässigeren Urtext 
er der Vulgata, Ziemlich ausführlich wird eine Behandlung der 

inleitungsfragen vorausgeschickt, die sich in gemälsigt konservativem 
Geleise hält, wie es die Erbauung der Beter nahelegte. Eine mehr oder 
minder ausführliche Vorbemerkung zu jedem Psalm zeichnet die Situation, 
die der Psalm voraussetzt. Die Anmerkungen wollen nur das Notwen- 
digste bieten, um ein Literalverständnis dem Beter leicht zu ermöglichen 
und störende Schwierigkeiten zu beseitigen. 





332 Bibliographische Notizen. 


Storck, W., Die Psalmen in stabreimenden Langzeilen (258. Münster, 
Aschendorfi. M 3.—): Der Verf. glaubt die hebräische Form der Psalmer- 
poesie am ehesten ibrer Wirkung nach ersetzen zu können durch den 
deutschen Stabreim, den er in den 6016 Langzeilen je 4fach (aaaa, abab, 
abba) kunstvoll anbringt. 

King, E. G., The Influence of the triennal Cycle on the Psalter (IthSt V 
203— 213): Die spätere jüdische Tradition zeigt Einflüsse vom dreijährigen 
Vorlesezyklus für den Pentateuch, ja für P® selbst möchte K. solche Ein- 
flufsnahme vermuten: z. B. Gn 7, 11 trifit nach diesem Zyklus ungefähr 
auf den 7. Tag des 2. Monats. Die Doppelerzählungen von J und E 
rühren von einem verschiedenen, vom Sommersolstitium und vom Frühlings- 
äquinoktium datierten JJahresanfang. Auch die Psalterordnung beruht 
auf dem dreijährigen Zyklus der Pentateuchlesung; z. B. Ps 73-8 
an) stehen in Beziehung zum Asiph-Fest und Joseph (Gn 30, 2 fi). 

chluistolgerung: Gruppen von Ps gehörten zu bestimmten Festzeiten. 

Irons, J. D., The David of History and the David of the Psalms (BStdt 
VIII 260—267): Kein Unterschied zwischen beiden, wie die Parallelen 
J.’ erweisen sollen. 

Richardson, A.M., The Psalms, their Structure and musical Rendering 
(130. Ld. 1903, Vincent Music Co. 3s). 

Prothero. R. E., The Psalms in human Life (428. Ld. 1903, Murrar. 
10s 6d): Versucht den Eintluls der Ps auf die grölsten geschichtlichen 
Persönlichkeiten und die Bewegungen in verschiedenen Zeitaltern zu zeigen 
(nach HJ II 638). 

Berkowicz, M., Strophenbau und Responsion in den Psalmen (Wiener Z. 
f. Kunde d. Morgenl. XVII 232—245): Die Entdeckung der Responsion 
nimmt B. für Müller gegen Zenner in Anspruch und hält sie für ein 
unleugbares Strophenmerkmal, das er auf Ps 21; 77; 5l anwendet. Zenners 
Wechselstrophe vermag er nicht zu finden, 

Perry, C. H., Studies in the Psalms (Ld., Allenson. 28 6d). 

Gunkel, H., Die Endhoffnung der Psalmisten (Christl. Welt XVH, Nr 48:: 
Deutung des „Ich“ auf die Gemeinde eine Verirrung der allegorischen 
Methode. Die Hoffnung Israels zielt nicht auf die Erfüllung im NT ab; 
man sollte nicht von „messianischer Hoffnung“ reden. 

Selbst, <J.>, Der betende Gerechte in den Pss (Kath. 1903 I 229—240): 
Bei aller Anerkennung für das so betitelte Werk von Engert (vgl. BZ 1 16) 
bestreitet S. die angenommene prophetisch-allegorische Terminologie, dieE. 
überall hineinlegt, und den späten nachexilischen Ursprung der meisten Ps. 

Böhme, E., Die Psalmen, ihre Bedeutung und Verwertung im evange- 
lischen Kultus, im Religionsunterricht und ın der Privaterbauung. Preis- 
gekr. Abbandlung (Weimar, Böhlau. M —.80). 

Thirtle, 3. W., Titles of the Psalms: their Nature and Meaning explained 
(394. Ld., Frowde. 65). 

Minocchi, S., Storia dei Salmi IV: I Salmi dell’ epoca Greca ‘Str 
III 522—546): Fährt fort (vgl. BZ 1332; 11 109), aus der geschichtlichen 
Lage und dem Gedankenkreise der nachexilischen Zeit Ursprung und Sinn 
der einzelnen Pss zu erfassen, so dals zwischen der Rückkehr aus dem 
Exil und der Makkabäerzeit alle Pss entstanden gedacht werden. — T: 
L’ultima etü dei Salmi (ebd. IV 29—56): 2 Makk 2,13 bezeugt die Samm- 
lung der Pss 2-72, deren Dichter symbolisch den Namen David trägt. 
zum Teil auch wirklich davidische Lieder aufsenommen und umgebildet hat. 
Neu redigiert und vermehrt durch Judas Makkabäus (2—89). Der Hohe- 
priester Simeon fügte Pss 90—150 hinzu. Die Psalmen Salomos bilden einen 
Nachklang zum kanonischen Psalter. — Es ist ohne Zweifel eine richtige 
Tendenz, das Zeitalter der Pss bedeutend weiter herabzusetzen gegenüber 
der Überlieferung. Für die einzelnen Ansätze wird M. selbst weniger 
sichere Zustimmung erwarten. — Separatabdruck: Storia dei Salmi e del- 
"idea messianica,; cinque letture (142. L 3.50). 


Bibliographische Notizen. 333 


Martin, C., The Imprecations in the Psalms (PrthR I 537—553): Will 
die Fluchpsalmen oder die „Verwünschungen ın den Pss“ verstehen aus 
dem Verlangen, Gottes Gerechtigkeit anerkannt zu sehen, aus dem Zu- 
sammenhang zwischen Gottes und Davids Königtum, aus der Nichtunter- 
scheidung von Sünde und Sünder. 

Gunkel, H., Ausgewählte Psalmen, übers. und erklärt (X u. 270. Göttingen, 
Vandenhoeck. M 3.20). 

’ em: Er Eene bloemlezing uit de psalmen (Theol. Tijdschr. XXX VII, 

.u. 6. Stuk). 

<Halevy, I Psaumes XVII, 13—14 (Jas Ser. X, t. II, 526 f}: Zu lesen: 
SET San "DE mupr, „rette meine Seele von dem Frevler, der dich schmäht“: 
(V. 14). „Deine Freunde (7 = Term), o Jahwe, sind ausgerottet (oırm3y) 
aus der Welt! Gib ihnen einen Anteil (ep®7) im Leben; deine Schätze 
mögen (st. indic.) erfüllen ihren Körper usw.“ 

Hovey, A., The twenty-second Psalm (BW XXII 107—115): Die Lesart 
s> ist zu bevorzugen. Verfasser ist David. Der Ps ist messianisch. 
Seine Einheit ist festzuhalten. 

Greene, G. F., The twenty-third Psalm (BStdt VIII 329-335): Er- 
läuterung des Inhaltes. . 

Gordon, E. C., Psalm XXXII (BStdt VIII 220—226): Übersetzung. 
Erbauliche Behandlung. 

Tiefenthal, F., O. S. B., Orationes Christi in psalterio Il. Ps. 35 er 
Oratio Christi coram tribunalibus falso accusati (Stud. u. Mitt. a. d. Ben.-O. 
XXIV 67—82). — III. In Ps 41 (40). Oratio Christi crucifixi beatum 
dicentis quemvis meditationi passionis suae deditum. Aliter psalmus 
Stabat mater (ebd. 351—359). 

Valeton jr., J. J. P., De psalmen. DI. II. Ps 42-89 (II u. 360. Nij- 
megen 1903, H. ten Hoet. F 6.—). 

Gunkel, H., Psalm 103: An Interpretation (BW XXII 209-215): Vgl. 
BZ 11 109 f. — Ps 137 149 (ebd. 290—293 363—366). 

Thompson, J. E. H., Psalm CXIX (BStdt VIII 205—220): Untersucht 
Persönlichkeit des Verfassers (Prophet), Ort (am Königshofe in Palästina) 
und Zeit der Abfassung (zwischen .Joas und dem Fall von Jerusalem). 

Smith, D., The Songs of the Ascents VII: The Scorning of Sanballat, 
Tobiah, and Geshem (ExpT XV 39—42): Aus der Situation Nch 4,1 ff 
sei Ps 123 gedichtet. Verl. BZ 1 333. 

Boehmer, J., Psalm CXLIX. 5 (ExpT XIV 478f): Zu Taylors und 
Königs ‚Bemerkungen; vgl. BZ I 333. Ps 85, 10 125 kein Gottesname. 
Gegen Anderung or1:2z= in 149, 5. Auch König lehnt B. ab. — König 
beseitigt ExpT XIV 526 f B.s metrisches Bedenken, indem er * zu y st. 
mm auflöst.— Boehmer, J., A closing Word on Psalm CXLIAX. 5 (ebd. 
XV 144): Lehnt Königs Lösungsversuch und Kritik ab. 

Pollard, E. B., Self-Control in the Book of Proverbs (BStdt VIII 325 
— 329): Zusammenordnung der Stellen hierüber. 

Gilmore, G. W.. The Book of Ecclesiastes in a new Arrangement and 
Translation (BW XXII 268—283): Übersetzung mit Inhaltsüberschriften. 

Sawicki, F., Der Prediger, Schopenhauer und Ed. v. Hartmann oder 
biblischer und moderner Pessimismus (IV u. 108. Fulda 1903, Aktien- 
druckerei. M 1.50). 

Gasser, J. K., Die Bedeutung der Sprüche Jesu Ben Sira für die 
Datierung des althebräischen Spruchbuches untersucht. Beitr. z. Fürd. 
christl. Theol. VIII, 2.3. H. (270. Gütersloh, Bertelsmann. M. 4.80). 


d) Die Propheten. 


Davidson, A., OT Prophecy, edited by J.A.Paterson (520. Edinburgh 
1903, Clark. 108 6d). 

Böhmer, J., Hinein in die atl Prophetenschriften. Für Bibelfreunde 
(XII u. 264. Stuttgart, Greiner. M 3.20). 


334 Bibliographische Notizen. 


König, E., Israels und Babyloniens Stellung zur Prophetie (2. f.d. ev.Rel.- 
Unt. 1904, 99—109). 

Lange, H.0., Prophezeiungen eines ägyptischen Weisen aus dem Papyrus 
I, 344 in Leiden. Vorläufige Mitteilung (Sitzungsb. d. k. pr. Ak. d.W. 
1903, XXVYXXVII 601—610): Gibt eine neue, selbständige Auffassung 
des schwierigen Textes, grölstenteils mit Übersetzung. Ein Stück scheint 
ihm eine Art „messianische* Prophetie zu sein. 

Laur, E., S.O.Cist., Die Prophetennamen des AT (vgl. BZ II 110: 
Ein bedeutendes Stück Theologie des AT steckt in den Propheten- 
bezeichnungen, und L. weils es dank der methodischen religionsgeschicht- 
lichen Schulung durch seinen Lehrer Zapletal wohl zu heben. Alle sıch 
findenden Bezeichnungen werden eingehend erörtert, die hierbei berührten 
modernen kritischen Probleme mit Zurückgehen auf die Schriftstellen 
selbst gelöst. Dals er die anerkennenswert gut durchgeführte Unter- 
suchung auch auf nur gelegentlich gebrauchte bildliche Bezeichnungen 
ausgedehnt hat, ist eine erwünschte Zugabe. Die Etymologie mag manch- 
mal Beanstandung finden. Die Unwahrscheinlichkeit, dals die meisten 
Bezeichnungen das eine Hauptwesensmerkmal des Propbetentums aus- 
sprechen, verschwindet bei seinen Darlegungen doch nicht ganz. Die 
Fehler besonders im hebräischen Satz mag man mit gutem Willen als 
lapsus calami gelten lassen, aber es sind deren zu viel. 

Condamin, A., S. J., Les chapitres I et II du livre d’Isaie (Rb N.S. 
I 7—26): Legt der Strophentlieorie einen grolsen Wert bei und bekennt 
sich zu den Strophenmerkmalen von Budde im Dictionary of the Bible 
von Hastings IV 8. Behandelt nunmehr text- und literarkritisch und 
historisch 1, 1—2. 22. 

Zillessen, A., Der alte und der neue Exodus. Eine Studie zur israeli- 
tischen Prophetie, speziell zu Jesaja 40 ff (Arch. f. Religionswiss. VI 289 
— 304): Falst Is 40 f als eine Projizierung der glanzvollen Zeit des Aus- 
zuges in die Zukunft. Z. sucht die Anspielungen an den Ex zusammen. 

Baumann, E., Die Kehrversstücke im Buche Jesaja (StKr 1904, 151—116): 
Untersucht die Verwertbarkeit des sog. Kehrverses für Rekonstruktion der 
Strophen von Is 5, 25—29; 9, 7—10, 4, um schlielslich zum Resultat zu 
kommen: Literarisch sind noch kleinere Textfragmente als bisher anzu- 
nehmen, Metrum (grundsätzlich mit Sievers übereinstimmend) Hilfsmittel 
ersten Ranges, Regellosigkeit hierin setzt korrumpierten oder rein pro- 
saischen Text voraus; in einem Rederanzen herrscht ein Metrum. 

Douglas, 6, The Book of Jeremiah. With Introduction and Notes 
(364. Ld. 1903, Hodder. 6). 

Gordon, A. R.. A Study of Jeremiah (BW XXII 98—106 195—208): Art 
und Geschichte seiner prophetischen Wirksamkeit. 

Kaufmann, M., Was the „Weeping Prophet“ a Pessimist? (Exp IX 1% 
— 200): Jer ist der beste Typus des hebräischen Pessimismus, aber kein 
Vertreter des modernen skeptischen und verzweitelnden Pessimismus. _ 

Jacoby, &., Glossen zu den neuesten kritischen Aufstellungen über die 
a Buches Jeremja (Capp. 1—20). Dissert. Königsberg 

03. (878. 

Condamin, A., Transpositions accidentelles. Jer. 46, 3—12 (Rb XII 419 
—42]}: Durch Aneinanderreiben des je einem Chor Zugewiesenen ent- 
standen; richtige: 3. 4. 9. 7. 8. 10. 5. 6. 11. 12. 

Calvijn, 3., De profetien van Ezechiel verklaard. Hoofdstuk I—-XX. 
Naar de uitgave van het Corpus reformatorum uit het Latijn vert. door 
J. Lugtigheid. Afl. 1 (1—40. Kampen 1903, Kok. F —.20). 

Lewis, H., By the River Chebar; some Applications of Ezekiel’s Visions 
(194. Ld. 1903, Hodder. 38 6d). 

Herbst, F., Der Prophet Daniel (16. Elberfeld 1903, Buchh.d.ev.Ges. M—.%0). 

Auchinclass, W. $., The only Key to Daniel's Prophecies. Introd. by 
A, M. Sayce (160°. 173. N. Y. 1903, Van Nostrand Co. 7b). 


— 


Bibliographische Notizen. 335 


Memain, Les soixante-dix semaines de la prophetie de Daniel. Etude 
chronologique (36. P. 1903, Haton). 

Nowack, W., Die kleinen Propheten übersetzt und erklärt. 2. Aufl. 
Handkomm. z. AT III 4 (VI u. 446. Göttingen, Vandenhoeck. M 8.—): 
Näheres später. 

Marti, K.. Dodekapropheton, erklärt. 1. Hälfte. Handkomm. z. AT 
von K. Marti XX 1 (240. Tübingen 1903, Mohr. M 2.—; 3.75). 

Harper, W. R., The Structure of Hosea 4: 1-7: 7 (AmJsemL XX 85 
—94): Textkritische Bebandlung auf Grund von Metrik und Strophik. 
5, 15—6, 3 sind authentisch. 

Müller, Textkritische Studien zum Buche .Hoses (StKr 1904, 124—126): 
Zu 4, 176, 5,2%; 6,119; 6,7; 7,5.12b; 9, 7°. 8b; 11,76, 106; 12, 1b, 

McPheeters, W. M., The Significance of a Date No. 1 (BStdt N. S.I 28 
—33): An Joel wird gezeigt, von welchem Einflufs die Datierung auf 
das Urteil über Stil, literarischen Wert, prophetischen Charakter ist. 

Young, G.L., A short Study in the Book of Amos (BStdt VIII 295—297): 
Erwägungen über einige inhaltliche Punkte. 

Dekker, J., Naar Ninive. Jona’s reize (200. Amsterdam 1903, Hö- 
veker. F —.90). 

Lohmann, E., T’harsis oder Ninive. Ein Beitrag zum Verständnis des 
Buches Jona. Mit einem Anhang: Das Buch Jona in berichtigter Über- 
ne nebst Anmerkungen (60. Freienwalde, Rüger. M 1.—): Er- 

aulich. 

Betteridge, W. R., The Interpretation of the Prophecy of Habakkuk 
(AmJTh VII 647—661): Neuer Versuch, Zeit und Anlafs dieser Prophetie 
sicherzustellen. Der Ünterdrücker ist der Assyrier, die Chaldäer sind 
Strafwerkzeug für ihn in der Hand Jahwes. Als Prophetie kann H. 
nicht nach dem Untergang des assyrischen Reiches (626) verfalst sein. 
Der Anlafs ist vielmehr die Invasion des Sennacherib (701). Habakkuk 
war ein Verbündeter des Isaias in jener schweren Zeit, mit dem er auch 
in Form und Anschauungen Berührungen aufweist. Der Psalm Hab 3 
gehört demselben Verf. und derselben Zeit an. 

Moor, J.C.de, De Propheet Maleachi. Bijzondere Canoniek en Exegese. 
Diss. Amsterdam 1903. 


e) Die Apokryphen. 


Covard, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des AT (Stb II 68—78 
132-141): Literarhistorischer Überblick und religiöser Gehalt. 
Andre, L. E. F., Les apocryphes de AT (348. Florenz, Paggi. 


Temlikos der von ihm herausgegebenen äthiopischen Apokryphen (vgl. 
BZ 1335) und Temeluchus, Höllenwächter, der Visio S. Pauli; Iemeluchos 
(pen) sei wahrscheinlich die ursprüngliche Form. 

—6., Das vierte Buch Esdras (Deutscher Merkur XXXIV Nr 17—19): 
Skizziert den Inhalt des als sittlich ernst gepriesenen Werkes und will 
an Proben die Schönheit desselben erkeunen lassen. 

Papageorgiu, P. N., Handschriftliches zu den Oracula Sibyllina (BzZ 
XIII 51 f): Gibt die Varianten aus Hs Nr 9 aus dem Kloster tüv BAatadwv 
in Saloniki, die 33 Verse der Or. Sib. enthält. 


München, Mai 1904. J. Göttsberger. 


336 Mitteilungen und Nachrichten. 


Mitteilungen und Nachrichten. 


Der Bibelkommission hat Papst Pius X. durch Apost. Schreiben „Scrip- 
turae sanctae“ vom 13. Februar l. J. das Recht gegeben, die akade- 
mischen Grade des Prolytates und Doktorates im Bibelstudium 
an Doktoren der Theologie zu verleihen. Über die Gegenstände des 
schriftlichen und mündlichen Examens gibt die Bibelkommission in einem 
Erlais nach den Anweisungen des päpstlichen Schreibens ausführliche 
Bestimmungen. Für Bewerber um die erwähnten Grade aufserhalb Roms 
erfolgt noch besondere Kundmachung. Anmeldung erfolgt bei den Sekre- 
tären der Kommission. Vgl. Rb N. S. I 161—166. 

Eine Preisaufgabe, gestellt von der Bibelkommission für die in den 
höheren Weihen stehenden Studierenden der kath. Universitäten und 
der Universitäten von Oxford und Cambridge, nach Rom an ihn selbst 
bis Ende Nov. 1904 einzusenden, gibt D. Fleming O. M. in Rb, N. 
Ser. I vf bekannt: Exponantur et ercutiantur praecipue discrepantıae 
inter textum graecum et veteres versiones latinas, praesertim Vulgatam. 
Evangelii S. Marci. — Als Preisaufgabe für 1904 stellte die theol. 
Fakultät in Münster i. W. das Thema: Enthält das Psalmenbuch Lieder 
aus der Makkabäüerzeit? (Köln. Volksz. 1904, Nr 167.) 

Ein Reisestipendium zur wissenschaftlichen Erschliefsung Palästinas ım 
Betrage von 4000 Kr. hat das Dekanat der theol. Fakultät in Wien 
aus den Erträgnissen der Lackenbacherschen Universitätsstiftung ausge- 
schrieben, vorzugsweise für Dozenten, Supplenten oder aulserordentliche 
Professoren des Bibelstudiums, aber auch sonst für kath. Priester be- 
stimmt (Köln. Volksz. 1904, Nr 157). 

Mit der Gründung des „Orlental Exploration Fund“ ist Chicago an 
die Seite der Schwesteruniversität Philadelphia getreten, um die Aus- 
grabungen in Babylon zu fördern. Seit 1900 projektiert, bekam das Unter- 
nehmen Juli 1903 die nötigen Mittel, und ein Irade vom 26. September 
1903 wies ihm Bismya zwischen Nippur (Ausgrabungsort der Universität 
Philadelphia) und Telloh (Ort der französischen Ausgrabungen), vielleicht 
das alte Isin, zu. E. J. Banks ist Direktor, J. Paige Ingenieur der Ex- 
pedition, The Biblical World, der wir diese Nachricht entnehmen 
(XXIII 7—15), Berichtsorgan. 

Die (kath.) Pla Societa di San Girolamo zu Rom hat in einigen Monaten 
220000 Exemplare einer neuen Evangelienübersetzung mit der Apostel- 
geschichte in Italien verbreitet (vgl. Str IV 103). 

Der „Nash-Papyrus‘“, ein angeblich vormassoretisches Bibelfragment 
(vgl. BZ I 90 312), ist nunmehr der Universitätsbiliothek von Cambridge 
einverleibt (PSbA XXVI 331). 

Personalien. + H. C. Fouard, ehedem Professor der Exegese an der 
theol. Fakultät in Rouen, Mitglied der Bibelkommission; seine schrift- 
stellerische Tätigkeit bewegte sich vorzüglich auf dem Gebiete der Ur- 
geschichte des Christentums. — H. Poels, Mitglied der Bibelkommission. 
ist als Prof, an die Universität Washington berufen worden. — Dr 
W. Caspari, prot. Stadtvikar von Augsburg, wurde mit der Funktion 
eines Repetenten für atl Exegese an der Universität Erlangen betraut. — 
Die Acad&emie des Inscriptions et Belles-Lettres hat am 18. Dez. 
1903 P. M.-J. Lagrange, O.Pr., den Leiter der ficole de Saint-Etienne 
zu Jerusalem und Herausgeber der Rb, zum korrespondierenden 
Mitglied ernannt. — J. Wellhausen in Göttingen wurde zum aus- 
wärtigen Mitglied der kgl. dänischen Gesellschaft für Wissen- 
schaften ernannt. 


Druck von W. Drugulin in Leipzig. 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freibarg im Breisgau 
sind erschienen und können durch alle Buchhandlungen bezogen werden: 


Werke von Professor Dr Johannes Belser: 





Die Geschichte des Leidens und Sterbens, der 
Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn. Nach den 
vier Evangelien ausgelegt. gr. 8° (VIII u. 524) M8.-—; 
geb. in Halbfranz M 10.— 


n... Der Kritik zusammenfassendes Urteil geht jetzt schon zutreffend dalıin, dafs die 
Geschichte des Leidens und der Verherrlichung Jesu durch des Verfassers verdienstvolle 
Arbeit eine meisterhafte, auf der Höhe der Zeit stehende Darstellung gefunden hat. Ein 
streng wissenschaftliches Buch, das gleich diesem von Anfang bis Ende in Spannung 
erhält, ganz aus der untrüglichen Quelle des Gotteswortes schöpft und seine anregenden 
Ausführungen in gemeinverständlicher Sprache vorlegt, das, ohne durch breite Erürte- 
rungen formeller Art unnötig hinzuhalten, den Leser erbauend und erhebend Schritt vor 
Schritt durch die düsteren Leidensstunden zur Glorie des Erlösers führt, wird bei dem 
guten Klang, den der Name des Autors längst hat, bei der schweren Arbeit, welche Liebe 
und Begeisterung für die Lösung der gestellten Aufgabe eingesetzt, bei dor Umsicht 
und Mitsigung, die bezüglich der Scheidung und Besebränkung des überreichen Materials 
gewaltet hat, sicher von Theologen ernstlich geprüft, von Studierenden, Predigern und 
Katecheten ausgiebig verglichen, von Seelsorgern zur Erbauung benutzt und auch in 
sonstigen gebildeten Kreisen gewinnreich beraten werden.* 

(Literar. Rundschau, Freiburg 1904, Nr 2.) 


„Das ist ein Buch, welchem das Interesse nicht zu versagen ist. Zunächst einmal 
darum, weil es dem Zwecke dient, das katholische Dogma mit sorgfältiger Schriftforschung 
in Einklang zu bringen ... Aber es wäre nicht billig, das Buch nur interessant zu 
finden als ein Muster katholischer Schriftgelehrsamkeit. Man darf in seiner Würdigung 
weiter gehen und dem Verfasser für ımancherlei Förderung, die er bietet, Dank wissen. 
Belsers Schrift kann dem evangelischen Geistlichen bei der Vorarbeit für Passions- und 
Osterprodigten wertvolle Handreichung gewähren. Reichhaltig ist das historische und 
archävlogische Material, welches in den Anmerkungen in sorgfältiger Genauigkeit und 
heller Übersichtliehkeit, wie denn solche die ganze Darstellung kennzeichnet, nieder- 
gelegt ist; Beachtung verdient die fleifsige Beratung nachapostolischer Zeugen und Zeug- 
tıisse; in vielen Einzelheiten lehrreich ist die beständig geübte Vergleichung der synop- 
tischen und johanneischen Texte, und was vor allem anspricht, ist die Hoheit Jesu, 
welche in der schlichten, klaren und gläubigen Darlegung des Verfassers oft in ergrei- 
funder Gröfse heraustritt. Das Buch ist ein überraschender Beweis dafür, wie da, wo 
der Wille zur Konzentration auf den Christus der Schrift Charakter und Umfang der 
Arbeit bestimmt, der evangelische Christ mit innerer Freude auch katholischer Forschung 
nachgehen kann... .* (Ihcolog. Literaturbericht, Gütersloli 1904, Nr 2.) 


Einleitung in das Neue Testament. gr. 8° (vIl 
u. 852) M 12.—; geb. in Halbfranz M 14.60 


n... Belsers Einleitung ins Noue Testament ist nach Inhait und Umfang die beden- 
tendste katholische Publikation der neuesten Zeit auf dem Gebiete der Bibelwissen- 
schaften im Bereiche der deutschen Zunge. Der Verfasser verfügt über eine gründliche 
und umfassende Kenntnis der biblischen Literatur, die meist in schr geschickter Weise 
ihre Verwertung findet: zudem wird nicht selten in zwar kurzen, aber tretfenden Zügen 
die Profangeschichte der Zeit fixiert, aus der die einzelnen biblischen Schriften hervor- 
gegangen sind. Diese Umstände sowie die Schönheit der Sprache und die Klarheit der 
Darstellung, welche sich fast durchgehoends von Weitschweifigkeiten fern hält, machen 
die Lektüre des Buches geradezu interessant. Die einzelnen Ausführungen atmen durch- 
gehends kirchlichen Geist, und in einer Reihe von Fragen findet die altkirchliche Tradition 
entschivedenere Vertretung, als es bei einigen neueren Publikationen der Fall ist... .* 

(Thevlog.-prakt. Quartalschrift, Linz 1902, Heft 3.) 


Beiträge zur Erklärung der Apostelgeschichte 
auf Grund der Lesarten des Codex D und seiner Genossen 
geliefert. gr. 8° (VIII u. 170) M 3.50 


Die Selbstverteidigung des hl. Paulus im Galater- 
briefe (1, 11 bis 2, 21). gr. 8° (VIII u. 150) M 3.— 


(Bildet das 3. Heft des I. Bandes der „Biblischen Stwlien“.) 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau 
sind erschienen und können durch alle Buchhandlungen bezogen werden: 


Werke von Professor Dr Gottfried Hoberg: ' 


i 
& 


Die Genesis nach dem Literalsinn erklärt. gr. & 
(L u. 416) M 9.—; geb. in Halbfranz M 11.— 


„Der gefällig und handlich ausgestattete Kommentar ist zunächst für den Gebrauch 
der Studierenden berechnet, dürfte aber auch weiteren Kreisen von Bibelfreunden recht 
willkommen sein, zumal da er Grammatik und Lexikon mit Auswahl berücksichtigt und 

"in der Erklärung das Nebensächliche kurz erledigt, das Bedeutsame hingegen um so mehr 
hervortreten läfst. Er bezweekt eine kurze Darlegung des Literalsinnes nach den Grund- 
sätzen der traditionellen katholischen Exegese mit Rücksichtnahme auf die gesicherten 
Ergebnisse der neueren Forsehung und hat diese Aufgabe in dankenswerter Weise ge- 
löst. Das Literatur-Verzeichnis erhebt nicht Anspruch auf Vollständigkeit , gibt jedoch 
einen guten Überblick üher die hauptsächlichsten literarischen Hilfsmittel; dafs die 
katholische Literatur vorzugsweise zur Verwertung komnıt, entspricht ganz dem im Vor- 
wort ausgeeprochenen Zweck des Verfassers.“ 

(Zeitschrift für kathol. Theologie, Innsbruck 1900, 3. Heft.) 


„Das Erscheinen dieses Genesis-Kommentars, dessen Vorbereitung seinen Heraus- 
geber sehon seit Jahren beschäftigt hat, ist vielerseits mit Spannnng und Interesse er- 
wartet worden. Diesen Erwartungen entspricht auch das Werk, das unserer katholischeu 
alttestamentlichen Exegese zur Ehre gereicht... ; 

n-.. Wir schliefsen unsere Anzeige mit der aufrichtigen Anerkennung dieses Genesis- 
Kommentars als einer wirklichen Bereicherung der exegetischen Literatur. Möge das 
gründlich vorbereitete und praktisch angelegte Handbuch durch die Thoologie-Studierenden, 
für die es doch in erster Linie bestimmt ist, nur recht fleifsig benützt werden!*® 

(Theolog. Quartalschrift, Tübingen 1900, Heft 2,) 





Die Psalmen der Vulgata übersetzt und nach dem 
Literalsinn erklärt. gr. 8° (XXXI u. 390) M 8.— 


„... Alles in allem: Hobergs Buch ist wirklich ein bedeutender Fortschritt in der 
exegetischen und speziell in der katliolisch-exegetischen Literatur. Es ist zum ersten- 
mal der Sprachcharakter der Vulgata und deren Selbständigkeit gehörig berücksichtigt 
worden. Dafs dieser Umstand namentlich den: Theologen und dem Klerus insgesamt 
zu gute kommt, ist sicher. Die wenigsten sind ja in der Lage, an der Hand des Urtexrtes 
weitere Studien zu machen. Dieses Werk aber können alle benutzen, und dafs es recht 
fleifsig benutzt werden möge, das wünschen wir von Herzen. Dafse nun alle Schwierig- 
keiten gelöst sind, darf man freilich nicht erwarten. Das aber ist sicher, dafs die Psalmen, 
wie sie in der Vulgata nun einmal vorliegen, sprachlich eine gelungene Erklärung ge- 
funden haben.“ (Österreichisches Literaturblatt, Wien 1898, Nr 2.) 


Die Fortschritte der biblischen Wissenschaften 
in sprachlicher und geschichtlicher Hinsicht. Rede, gehalten 
bei der öffentlichen Feier der Übernahme des Prorektorats 
in der Aula der Universität Freiburg i. Br. am 7. Mai 1902. 


Zweite, vermehrte Ausgabe. Lex.-8° (VI u. 30) 
M1— 


Die älteste lateinische Übersetzung des Buches 
Baruch. Zum ersten Male herausgegeben. Zweite Aus- 
gabe. Lex.-8° (VIII u. 92) M 3.— 


Babel und Bibel. Ein populärer Vortrag. gr. 8° (VIN 
u. 36) 80 Pf. 


Dieser Vortrag wurde in Winter 19031904 vor einem zum gröfseren Teile dem ge- 
lehrten Studium fernstelienden Publikum gehalten. Er verfolgt den Zweck, über die 


Fraxre „Babel und Bibel“ vom Standpunkte des gläubigen Christen aus eine allgemein 
verständliche Aufklärung zu geben. 


BIBLISCHE ZEITSCHRIFT 
IN VERBDIDUNG A DR REDAKTION DER 
„BIBLISCHEN STUDIEN“ 
HERAUSGEGEBEN VON 


Dr JOH. GÖTTSBERGER us» Dr J08. SICKENBERGER 


PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN. 


ZWEITER JAHRGANG. 


VIERTES HEFT. 





5 EEE nn  VERDe EEE Sn EEE. GE un oo oe nenn nm ei en 


FREIBURG IM BREISGAU. 
HERDERSCHE VERLAGSHANDLUNG. 


1904. 
ZWEIGNIEDERLASSUNGEN IN WIEN, STRASSBURG, MÜNCHEN UND ST LOU18, MO. 


mm 022200 LL__LLÜÜIIIIIIIII mm LIU 


Inhalt des vierten Heftes. 


Seite 
Der Tarmbau zu Babel A 1, 1— u Von Prof. Dr Otto alle 
in Passau . . ; 337 
Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. Von Dr J Jose 
Fischer in München . . . 2. 20200 3öl 


Zu Ps 133. Von Privatdozent Dr Alfons Schulz in Braunsberg 365 
Zur Panammu-Inschrift Zeile 16. Von Dr A. Sanda . . . 369 


Thr 5. Von P. J. K. Zenner S. J. in Valkenberg . . . . 30 
Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. Von P. Dr Eras- 

mus Nagl O. Cist. in Heiligenkreuz bei Wien . . ....813 
Zur Erklärung des Jndasbriefes - Von Friedr. Maier 

in Freiburg i.B. . i ee, er Fa 
Augustinus als Exeget. Von P. Odilo Rottmanner O.S. B. 

in München ee ee ee ae ee 
Besprechungen. . >: 4 
Bibliographische Notizen (Allgemeines. Literatur zum NT) . . 412 
Mitteilungen und Nachrichten . . . 22m nn. 442 


Jührlich erscheinen 4 Hefte iım Umfange von je 7 Bogen gr. 8°. 
Abonnementspreis pro Jahrgang M 12.— 


Beiträge wollen je an den entsprechenden Fachvertreter der Redak- 
tion (Prof. Dr Joh. Göttsberger, München, Arcisstr. 470, für Altes 
Testament; Prof. Dr Jos. Sickenberger, München, Galeriestr. 22", 
für Neues Testament) gerichtet werden. Die Herren Verfasser und 
Verleger werden ergebenst ersucht, im Interesse rascher Anzeige und mög- 
lichster Vollständigkeit der Literaturberichte die neuesten Erscheinungen 
an die bezeichneten Adressen gelangen zu lassen. 


Inserate literarischen Charakters finden in beschränktem 
Mafse Aufnahme. Preis für die durchlaufende Petit-Zeile 30 Pf. Auf- 
träge an die Herdersche Verlagshandlung, Freiburg i. Br. 


Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


Von Prof. Dr Otto Happel in Passau. 
2. Sinn der Erzählung‘. 
Was wird Gn 11, 1—9 erzählt? 


I. 


1. Die alte Exegese sieht darin wortwörtliche Geschichte: 
Die nach Wohnort und Sprache noch einige Menschheit erbaut 
im Übermut einen himmelhohen Turm; Gott vereitelt die volle 
Ausführung, indem er die Sprache plötzlich derart verwirrt, 
dafs keiner den andern mehr versteht. „Gott verwirrte die 
Sprachen so, dafs statt der einen hebräischen, die alle ver- 
standen, Gott den einzelnen eine eigene und verschiedenartige 
Sprache eingab, so dafs der eine griechisch, der andere latei- 
nisch, der dritte deutsch, der vierte slavisch u. s. f. sprach“ 
(a Lapide). Die Väter und Exegeten bis Lapide und weiter 
herauf sind einig, dafs die eine Ursprache die hebräische war 
nur Theodoret nimmt diese Ehre für die syrische Sprache in 
Anspruch. 

Diese plötzliche Sprachenverschiedenheit ist der Anfang 
des Zerfalles der Menschheit in viele Völker. — Doch schon 
Filastrius 2, Bischof von Brescia (um 390), fühlte das Un- 
natürliche einer solchen Annahme. Nach ihm entstand mit 
der Zunahme der Menschheit von selbst eine Mehrzahl von 
Sprachen, die aber infolge einer besondern Gottesgabe von 


ı Siehe BZ I 225 ff. 
2 S. Filastrii episcopi Brixiensis diversarum haereseon liber. Rec. 
Fr. Marx, Vindob. 1898, cap. 106, p. 62 63. 
Biblische Zeitschrift. IL «. 22 


338 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


allen Menschen verstanden wurden. Die Sprachverwirrung ist 
die Folge der Entziehung dieser Sprachengabe. 

2. NeuereErklärer, wieKaulen!und Hoberg, halten zwar 
an der buchstäblichen Auffassung des Turmbaues fest, suchen 
aber das Anstölsige, welches in der Annahme einer plötz- 
lichen, mechanischen Sprachverwirrung liegt, möglichst zu 
mildern. Ihnen zufolge erzählt Gn 11, 1—9 die übernatürliche 
Beschleunigung „der Veränderung, die im Vorstellungsvermögen, 
in der Deute-, Bezeichnungskraft der Menschenseele vor sich 
ging. Diese Änderung begann bereits mit dem Sündenfall“?. 
Ihre Folge war die Teilung der einen Sprache in mehrere. 
Die Zersplitterung des gemeinschaftlichen Bewulstseins hatte 
schon einen solchen Grad erreicht, dals sie offen zu Tage lag; 
das völlige Verschwinden desselben wollten die Menschen 
durch eine Empörung gegen Gott, deren symbolische Dar- 
stellung ein gewaltiger Bau sein sollte, verhindern. Dieser 
Götzendienst vertilgte aber gerade den letzten Rest des ge- 
meinschaftlichen Bewulstseins, und die Folge davon war die 
allmähliche Entstehung einer Vielheit von Sprachen und Völ- 
kern3. — Diese Erklärung nimmt demnach den Turmbau im 
buclıstäblichen Sinne, nicht ganz so die Sprachverwirrung und 
Zerstreuung, insofern die letztere als „Verlust des gemein- 
schaftlichen Bewulstseins* (Hob.) betrachtet und hinsichtlich 
der ersteren behauptet wird, dafs Gn 11 nur das erstmalige, 
plötzliche, von Gott gewollte Auftreten jener inneren Ver- 
änderung erzählt, welche später zur Sprachentrennung führte. 
— Allein wenn der Turm, welcher die Zerstreuung verhindern 
soll, ein materielles Bauwerk ist, mufs auch die Zerstreuung 
im wörtlichen, lokalen Sinne genommen werden, wie überdies 
durch „über die ganze Erde“ V. 4 8 9 gefordert ist. Vor 
allem aber steht der genannten Auffassung die ganze von Gn 





! Die Sprachverwirrung zu Babel, Mainz 1861, und Liter. Hand- 
weiser 1895 Nr 618 619. 

2 Die Genesis nach dem Literalsinn erklärt von Gottfr. Hoberg, 
Freib. ı. B. 1899, 113. 

3 Hoberg a. a. OÖ. 114—116. 


Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 339 


11, 1—9 geforderte Situation entgegen. Der Text macht sicher 
nicht den Eindruck, als sei zu der geschilderten Zeit die Ein- 
heit der Menschen im Schwinden begriffen gewesen. Das 
Gegenteil wird scharf und wiederholt betont: sie sind ein 
Volk und einer Sprache, und V.4 kann aus }B „ne“ nicht die 
Furcht vor völliger Zerstreuung herausgelesen werden (so- 
wenig als aus demselben Worte 3, 22 eine Befürchtung Gottes), 
sondern nur der Wille, die bestehende Einheit zu bewahren. 
Die Verwirrung und Zerstreuung muls etwas zum bisherigen 
Zustande Gegensätzliches bedeuten und kann unmöglich die 
letzte, nur übernatürlich beschleunigte Phase der natürlichen 
Entwicklung darstellen. — Auch ist es unbegreiflich, wie ein ge- 
meinsam mit Begeisterung unternommenes Riesenwerk den Rest 
des früheren Einheitsbewulstseins vernichten konnte. Das Gegen- 
teil wäre eingetreten. Auf diesem Wege also ist es unmöglich, 
das Befremdliche einer plötzlichen Sprachverwirrung zu heben. 

3. Die neuere protestantische Pentateuchforschung, be- 
sonders Gunkel, sieht in Gn 11, 1—9 eine ätiologische Sage, 
d. h. die naive Antwort auf die schon den Alten naheliegende 
Frage: Woher kommen die Verschiedenheiten der Menschen 
nach Wohnsitz und Sprache? Einmal, dachte man sich, muls 
die Menschheit einig gewesen sein, damals war sie mächtig, 
und damit sie nicht allzu mächtig werde, hat sie die Gottheit 
zerstreut. Diese Gedanken werden in das Gewand einer Er- 
zählung gekleidet. Wenn die Sage die Begebenheit nach 
Babel verlegt, so beruht dies nicht auf Überlieferung, sondern 
auf dem gewaltigen Eindrucke, den diese uralte Kulturmacht 
allzeit gemacht hat. — Hinsichtlich der buchstäblichen Auf- 
fassung des Turmbaues und der Verwirrung stimmt diese Er- 
klärung mit der unter 1. geschilderten überein, nur dals eben 
nach Gunkel nicht Geschichte, sondern Sage vorliegt. Die 
Zeit, in welcher die Begebenheit spielt, ist nach allen Er- 
klärungen die Urzeit, da die Menschheit noch ungeteilt war. 

4. Eine in den Grundzügen schon von Origenes vertretene, 
besonders von C. Vitringa! verteidigte Auffassung versteht 


1 Observationum sacrarum tom. 1, lib. 1, Jena 1723. 
22* 


340 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


unter der Sprachverwirrung nicht die durch positive gött- 
liche Einwirkung herbeigeführte Entstehung der verschiedenen 
Sprachen und Völker (die vielmehr der natürlichen Entwick- 
lung zugeschrieben wird), sondern die beim Turmbau ent- 
standene Entzweiung und dadurch veranlalste Trennung der 
Menschheit. „Lippe“ = Gesinnung. — Eine Modifikation dieser 
Meinung hat in anziehender Weise der Franziskanerprovinzial 
Ant. Hammerschmid! begründet. Danach spricht Gn 
11, 1—9 von einem viel späteren Ereignisse, als gemeiniglich 
angenommen wird, nämlich nicht von der plötzlichen Ent- 
stehung der Sprachen, die nach den Resultaten der Sprach- 
wissenschaft ausgeschlossen ist, auch nicht von der Entstehung 
der Völker überhaupt, sondern von der Trennung innerhalb 
eines einzigen semitischen Volkes, d. h. des Hauses Arphaxad, 
genauer von dem Ausscheiden der Nachkommen des Jektan 
aus dem ÖOffenbarungsstamme, als welcher nur die Familie 
Phaleg übrig blieb. Neu ist auch, dafs nach H. die Zeit des 
Turmbaues mit dem Beginn der Hammurabi-Dynastie zu- 
sammenfällt. Stadt und Turm sind als Hauptstadt und 
Haupttempel eines vom Stamme Arphaxad neu zu gründenden 
Reiches gedacht. Als Ort für diese Bauten habe man das 
bisherige Städtchen Tintir gewählt und es in Bab-ili um- 
getauft. Die Entzweiung sei der Uneinigkeit über den Bau- 
plan entsprungen. Die Verwirrung der Sprache ist also im 
uneigentlichen Sinne, der Stadt- und Turmbau im eigentlichen 
verstanden. — Es soll gleich bemerkt werden, dafs im Texte 
nicht von einem Umbau, sondern von einem völligen Neubau 
der Stadt die Rede ist, und dafs ein mit so grolser Begeisterung 
unternommenes nationales Werk unmöglich an kleinlichen Un- 
einigkeiten über den Bauplan scheitern konnte. 


Il. 


1. Die Untersuchung über den Sinn der ErzählungGn11,1—9 
muls m. E. von dem Zwecke des Turmbaues ausgehen. Die 
Absicht der Menschen ist, sich einen Namen zu machen, damit 


i Theologisch-praktische Monatsschrift, Passau 1898, Heft 14. 


Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1-9). 341 


sie nicht über die Erde zerstreut werden. Der Zweck ist die 
Aufrechterhaltung der Einheit, das Mittel ist der Bau. Welche 
Einheit resp. Zerstreuung ist gemeint? — Vor allem ist es 
im Texte ohne Begründung, mit Hoberg eine zweifache Ein- 
heit anzunehmen: eine im Schwinden begriffene natürliche 
Einheit (insbesondere der Sprache) und eine neu entstehende 
religiöse oder vielmehr widergöttliche Einheit. Auf jeden 
Fall wäre die Gott milsfällige und von ihm gesprengte Einheit 
die religiöse. Diese aber wird V. 6 und 7 als Einheit des 
Volkes und der Sprache beschrieben, und man hat kein Recht, 
die V. 1 mit gleichen Worten beschriebene Einheit anders 
zu verstehen. Überhaupt berechtigt nichts im Texte zu dem 
Schlusse, dafs der Bau götzendienerischer Absicht entsprungen 
sei oder gar das Zentrum der Empörung gegen Gott sein 
sollte. Nur der Hochmut der selbstbewulsten geeinten Masse 
wird in V. 4 („bis zum Himmel“) getadelt; vgl. Is 2, 15; 14, 13; 
26, 5; Hab 2, 9. 

Welcher Art die Einheit war, deutet V.2 an. Hier wird 
der Übergang vom Nomadenleben („zelten“) zur Sefshaftigkeit 
(„sich niederlassen“) beschrieben. Letztere führt naturgemäls 
zur Schaffung von schützenden Mittelpunkten, von „Städten“, 
und in diesen ist für jene Kulturstufe wiederum die Haupt- 
sache die Befestigung, der „Turm“, der dem Eigentum und 
den Bewohnern Schutz vor den Feinden gewährt. Diese Seite 
der Selshaftigkeit schildert V.3. Der Satz: „damit wir nicht 
zerstreut werden“ drückt demnach nichts anderes als den 
Entschlufs aus, das Nomadenleben für immer aufzugeben. Der 
Kitt der nationalen Einheit soll die Aufrichtung eines mäch- 
tigen („bis in den Himmel“, vgl. Dt 1, 28), ruhmreichen („wir 
wollen uns einen Namen machen“) Gemeinwesens sein. 

„Lurm-(Stadt)bau“ ist Steigerung von „Hausbau“, welcher 
Ausdruck nach Ex 1, 21; Ruth 4, 11; 2 Sm 7, 11. 27 die 
Gründung einer Familie, eines Stammes bedeutet. Stadt- 
gründung und Turmbau steht Is 25, 2; Hab 2,12 („Wehe dem, 
der eine Stadt gründet mit Blutschuld und eine Feste baut 
mit Unrecht“) für Errichtung eines Reiches; vgl. Is 2, 14. 15; 


342 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


24, 101 (civitas vanitatis); 26, 5 (civitas sublimis); 25, 3 (civitas 
gentium). Eine Erklärung unserer Stelle gibt Ps 106 (107), 
4.7. 36, wo mit offensichtlicher Anspielung auf Gn 11 dem 
Nomadenleben in der Steppe das Finden oder Erbauen (V. 36) 
einer Wohnstadt (aWfın \Y, vgl. Gn 11, 2 ıaYN) als glücklicher 
Kulturzustand gegenübersteht. Weil mit der Sefshaftmachung 
in einem Kulturlande die Annahme dieser Kultur verbunden 
zu sein pflegt, wird Hebr 11, 9. 10 Abraham gelobt, dafs er 
vermöge des Glaubens nicht in der Stadt, sondern in Zelten 
gewohnt, d.h. von der polytheistischen Kultur Kanaans sich 
frei gehalten habe. An sich steht der „Glaube“ dem Gegen- 
satz von Stadt und Zelt neutral gegenüber. Darum kann auch 
das Mifsfallen Gottes an dem Bauwerk Gn 11 sich nicht gegen 
dieses selber, d.h. nicht gegen die Selshaftmachung an sich 
richten, sondern kann sich nur aus dem Umstande erklären, 
dals sie gerade in Sinear stattfand, weil hier die Gefahr, dem 
einheimischen Götzendienste zu verfallen, besonders grols war. 
— In dem dargelegten Sinne wird durch den Stadtbau die 
„Zerstreuung“, d. h. das unstete Nomadenleben, tatsächlich 
verhindert oder vielmehr völlig überwunden. Nicht aber wäre 
dies der Fall bei der gebräuchlichen Annahme, es werde Gn 11 
von einem einzelnen Bauwerk erzählt, durch welches die Tren- 
nung der sich mehrenden Menschheit verhindert werden sollte. 
Wie könnte bei der steten Vermehrung der Menschheit ein 
einziger Turm oder eine einzige Stadt diese natürliche Zer- 
streuung aufhalten? Warum sollten sich die Menschen über- 
haupt vor dieser Zerstreuung fürchten ? 

2. Dafs Gn 11 nicht von einem einzelnen Bauwerke spricht, 
läfst zweitens das Verhalten Jahwes gegenüber eben diesem 
Unternehmen erkennen. — Jahwe hat von dem Baue gehört 
und steigt herab, um ihn genau zu beschauen, um sich gleich- 
sam von der Wahrheit des Gerüchtes zu überzeugen; vgl. Gn 
18, 21. Nun muls doch erwartet werden, dafs in der folgenden 


1 Knabenbauer, Comm. in Is., zu 24, 10: „urbs tohu .., qua voce 
indoles potestatis Deo inimicae describitur“ (die Stadt sei als Mittelpunkt 
dieser Macht genannt). 


Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 343 


Rede Jahwe das ausspricht, was er — anthropomorph ge- 
sprochen — auf Erden Neues sieht. In V. 6° muls das 
Resultat des göttlichen Schauens niedergelegt sein, die Fest- 
stellung des vorgefundenen neuen Tatbestandes. Darauf 
weist schon die Partikel }'7 „ecce“ hin. Man vergleiche den ganz 
parallelen Ausdruck Gn 3, 22. 23: der erste mit „ecce“ ein- 
geleitete Satz 22° bezeichnet die neu geschaffene Situation 
(„die Menschen sind wie einer von uns“); dem entspricht 11, 6°. 
3, 22° und 11, 6b kündigen an, dafs der Weiterbildung des 
Gott mifsfälligen Zustandes Einhalt geboten werde, dals die 
Menschen nicht vom Lebensbaum essen resp. ihr Werk nicht 
nach ihrem Wunsch vollenden sollen. 3, 23 resp. 11, 7. 8 
wird die Ausführung dieser Ankündigung erzählt. — V.6° kann 
demnach nicht sagen wollen, dafs die Menschen noch ein 
Volk sind und noch eine einzige Sprache haben, denn diese 
Erkenntnis hatte Jahwe — menschlich geredet — schon vor 
dem Herabsteigen; „ein Volk und einer Lippe“ mufs das neu 
Geschaute, also ein anderer Ausdruck für „Turm-(Stadt)bau“ 
sein. Auch wir sprechen vom stolzen Bauwerk nationaler 
Einheit. Darauf weist auch Mt in 6 hin: das ist nun der 
Anfang ihres Tuns; „das“ kann doch nicht so verstanden 
werden, dafs Gott bei diesem Worte mit dem Finger auf den 
Bau hingewiesen hätte, sondern kann ungezwungen nur auf 
den vorausgehenden Satz: „siehe, sie sind ein Volk und einer 
Lippe“, bezogen werden; also ist damit ein Tun bezeichnet, 
nicht der Zustand der ursprünglichen Spracheinheit. Letztere 
kann ferner deshalb nicht gemeint sein, weil 6° offenbar ein 
Gott mifsfälliges Faktum erzählen will. Somit ist unter dem 
naheliegenden Bilde eines mächtigen Stadtbaues die Ent- 
stehung einer neuen Einheit, die Einigung der Menschen zur 
Gründung eines Staatswesens nach Aufgabe des Nomaden- 
lebens geschildert. 

Bei dieser Auffassung versteht man, warum Jahwe, um 
das Unternehmen der Menschen zu vereiteln, nicht, was doch 
am nächsten läge, Turm und Stadt zerstört, wie er Sodom 
zerstört (Gn 19). Nach der Urerzählung besteht das ganze 


344 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


Gericht darin, dafs Jahwe die Menschen über die Erde zer- 
streut. Über das Schicksal des Turmes ist nichts gesagt. 
Das mufs bei der gewöhnlichen Auffassung auffallen. Nach 
unserer Darlegung dagegen ist mit der Zerstreuung tatsäch- 
lich „Turm“ und „Stadt“ zerstört. Spätere, die an ein ein- 
zelnes Bauwerk dachten, suchten den scheinbaren Mangel 
der biblischen Erzählung gutzumachen, indem sie die Zer- 
störung des Turmes durch Stürme eintrugen. So Flavius Jos., 
Ant. 1, 4; Sibyllinen 3, 98 ff1; Buch der Jubiläen 10, 18 ff? 
Nach der erweiterten Erzählung wird der Weiterbau der 
Stadt verhindert. Es soll offenbar gesagt sein, dals das stolze 
Unternehmen schmählich endete und die „Stadt“ ein unvoll- 
endeter Torso geblieben sei, ein Denkmal des göttlichen Zornes 
und ein Warnungszeichen für die Menschen. Das historische 
Babel, das den Israeliten als eine Wunderstadt erschien (Jer 
51, 41. Is 47, 5 u. o.), konnte aber sicher nicht jenen von 
Gn 11 gewollten Eindruck machen. Es ist auffallend, dals 
die Anhänger der Meinung, Gn 11 rede von einem einzelnen 
Bauwerke, immer nur von einem Turme reden und vergessen, 
dals der Bericht mit dem Turme zugleich die Stadt nennt, 
ja diese in den beiden letzten Versen allein. Einen guten 
Sinn hat die Erzählung, wenn sie den Versuch, eine grolse 
Zusammenfassung der Menschen zu einem Reiche in Sinear 
mit dem Stützpunkt Babel zu gründen, zum Inhalte hat: ein 
Unternehmen, das durch Gottes Fügung in seinem ganzen 
Umfange nicht zur Ausführung kam. Der Sinn von 11, 9 ist 
in diesem Falle: deshalb ist der Name „Babel“ sehr be 
zeichnend, denn hier hat Jahwe einstens die Sprache „ver- 
wirrt“. 

3. Nach obiger Darlegung sagt 11, 1 nicht, dafs damals 
noch die ursprüngliche Einheit der Sprache und des Volkes 
bestand, sondern vielmehr, dafs diese Einheit neu entstand. 
Dazu stimmt das einleitende '". Dieser Ausdruck bedeutet, 





t Kautzsch, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des AT, U 
(1900) 187. 
2 Ebd. 59, 


U 


Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 345 


wie Hammerschmid ! richtig gegen diejenigen bemerkt, welche 
in Gn 11, 1—9 die nachträgliche Erklärung der Gn 10 ge- 
schilderten Völkerentstehung erblicken, niemals „das ging 
nämlich so zu“; ebensowenig bedeutet er aber auch „es war 
damals noch“. Das Wort leitet immer die Erzählung vom 
Eintreten oder vom Offenbarwerden eines neuen Ereignisses 
ein. Wäre 11, 1 ein damals bestehender Zustand gemeint, 
so wäre dies ausgedrückt wie Gn 1,2 oder Richt 4, 4 („Debora 
war damals Richterin“) und Richt 11,1. Dem gegenüber kann 
man nicht auf Stellen wie Gn 11, 30 verweisen, denn hier ist 
der Sinn: Sara zeigte sich (später) als unfruchtbar; Richt 19, 1 
und 1 Sm1,1 ist von neu auftretenden Männern die Rede. Diese 
Auffassung von 11, 1 liegt offenbar auch der Erklärung zu 
Grunde, welche Salomo Jarchı als eine von den Alten über- 
kommene zu 11, 1® („derselben Worte“) anführt: „venerunt in 
idem consilium‘“?, 

4 Wie ist nach der vorgetragenen Auffassung die Ein- 
heit und die Verwirrung der Sprache zu verstehen? 

a) Kaulen a. a. O. hat mit Aufgebot grolser Gelehrsam- 
keit nachweisen wollen: vor dem Turmbau sei die ganze 
Menschheit ein einziges Volk gewesen mit einer Religion und 
einer Sprache; die natürliche Entwicklung und Vermehrung 
der Menschheit habe prinzipiell verschiedene Sprachen nicht 
hervorbringen können, nur eine religiöse Trennung habe ganz 
verschiedenartige Völker und Sprachen geschaffen; die 
Sprachentrennung sei eine positive Tat Gottes, ein Wunder, 
insofern sie an einem Orte und zu einer Zeit herbeigeführt 
worden sei. Den prinzipiellen Unterschied der Sprachen 
sieht Kaulen darin, dafs seit dem Turmbau nur die Sprache 
der monotheistischen Semiten die vollkommene, durch Laut- 
symbolik gebildete Flexion besäfse, während dem Polytheismus 
und seinem Ausläufer, dem Atheismus, die Agglutination der 
Chamiten und Japhetiten resp. die Isolation der chinesischen 
Sprache entspräche. 


ı Theologisch-praktische Monatsschrift, Passau 1898, 159. 
2 Bei C. Vitrings, Observ. sacr. t.I, 1.1, c.9. 


346 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


Gegen diese Aufstellungen spricht vieles, wie Hammer- 
schmid a. a. OÖ. ausgeführt hat. Die Religion ist nicht die 
einzige Ursache des Volksgeistes. Es ist unwahrscheinlich, 
dals zur Zeit des Turmbaues (auch bei Annahme der her- 
kömmlichen Zeitbestimmung) die Menschheit noch ein einziges 
Volk gebildet hat; es ist vielmehr wahrscheinlich, dais sich 
nach der aus natürlichen Bedürfnissen geschehenen Trennung 
schon Veränderungen in der Sprache herausgebildet hatten 
und Völkerindividuen entstanden waren!. Dazu palst die all- 
gemein in irgendwelcher Weise auf den Turmbau zu Babel 
bezogene Stelle Sap 10,5, die von Völkern redet, die sich 
zusammentaten. Nach Augustinus? erbaute den Turm Nimrod 
mit seinen Völkern. Was aber das Wichtigste ist, die 
Schrift selber Gn 10, 31. 32 betrachtet offenbar die Ent- 
stehung der Völker und Sprachen als einen natürlichen Prozeis. 
Ferner lehrt die Sprachwissenschaft, dals in dem langsamen, 
stetigen Prozesse der Sprachenbildung ein nach herkömmlicher 
Betrachtung so gewaltsames und plötzliches Ereignis keinen 
Raum hat. Übrigens besteht die behauptete Zweiteilung der 
Sprachen die Prüfung nicht. 'Demgemäfs mülsten die chamı- 
tischen Sprachen mit den japhetitischen näher verwandt sein 
als mit den semitischen, was sicher nicht der Fall ist. Wie 
soll überhaupt die Sprache mit der Religion innerlich zu- 
sammenhängen? Wie soll man sich die plötzliche Entstehung 
des Polytheismus denken? Nach allem, was die Geschichte 
lehrt, ist er durch allmähliches Herabgleiten aus der Höhe des 
Monotheismus entstanden. Es ist endlich zum mindesten nicht 
nachgewiesen, dals bei allen nichtsemitischen Völkern der 
Polytheismus ursprünglich war. 

b) Mu/{s ne „Lippe“ Gn 11,1. 6.7.9 die Badeniiir 
„Sprache“ haben in dem Sinne, in welchem man von babylo- 
nischer, ägyptischer Sprache spricht? „Lippe“ steht an nicht 
wenigen Stellen unzweifelhaft für Rede und die darin aus 
gesprochene Gesinnung, z. B. Job 2, 10: sündigen mit den 


ı Vgl. Äm. Schöpfer, Geschichte des AT (1895) 75. 
2 De civ. Dei 16, 4. 


Mn RER, 
Te 


Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 347 


Lippen; 12, 20: Gott entzieht die Rede (Sing.); Prv 12, 19: 
wahrhafte Lippe (Sing.); 12, 22: lügenhafte Lippen. Besonders 
lehrreich ist Is 19, 18, weil hier der Ausdruck: die Lippe 
eines andern (Kanaans) sprechen — eine Gesinnungs- 
einheit der Sprechenden bezeichnet; vgl. Soph 3, 9 und be- 
sonders 1 Kor 1, 10 (dasselbe reden = einig sein). Derselbe 
Gedanke liest Ps 54 (55), 10, wo sichtlich auf Gn 11 ange- 
spielt ist, zu Grunde — 15% wird nirgends im Sinne von 
Sprache, Mundart gebraucht, auch nicht Ps 80 (81), 6, wo 
damit die Botschaft Gottes gemeint ist, ebenso nicht Is 28, 11; 
33, 19; Ez 3, 5. 6; denn an diesen Stellen ist das Wort von 
der Aussprache zu verstehen. Dazu kommt, worauf Hammer- 
schmid aufmerksam macht, dals Gn 10, wo von der Sprachen- 
verschiedenheit die Rede ist, ausschlielslich 7, gebraucht ist, 
Gn 11, 1—9 dagegen ausschliefslich 76%. Sollte dieser auf- 
fallende Umstand nicht ein Fingerzeig sein, dals am letzteren 
Orte nicht von der Einheit der Sprache, sondern der Ge- 
sinnung die Rede ist? Damit ist Buch der Jubiläen 3, 28 
zu vergleichen, wo gesagt ist, dals die Tiere vor der Sünde 
miteinander redeten, und zwar eine Lippe und eine Sprache; 
ersterem wird das Verstummen der Tiere, letzterem ihre Zer- 
streuung (vgl. Gn 11, 1. 9) nach der Vertreibung Adams 
entgegengesetzt!. Die aus Gn 11 entlehnten Worte wollen 
das einträchtige Beisammensein im goldenen Zeitalter schildern. 

11, 1 ist demnach zu übersetzen: „und es begab 
sich, dafs bei allen Menschen dieselbe Rede ging 
und dieselben Worte“. „Dieselben Worte“ — die Bestand- 
teile der Rede — ist beigefügt, um die volle Übereinstimmung 
der Menschen hervorzuheben. Der Inhalt dieser gemeinsamen 
Rede ist V. 3. 4 angegeben; „bei allen Menschen ging eine 
Rede“ V. 1 entspricht „einer sprach zum andern“ V.3. 
Diese Beobachtung stützt unsere Auffassung. — Es sei daran 
erinnert, dafs ich 11, 1 für eine aus V. 6 entnommene, später 


— 





! Kautzsch, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des AT, II 
(1900) 45. 


348 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—8). 


der ganzen Erzählung vorausgesetzte Bemerkung des Schlufs- 
verfassers halte; vgl. BZ I 2281. 

c) Die „Verwirrung der Lippe“ gibt nur nach unserer 
Erklärung einen befriedigenden Sinn. — %2 heifst aram.: in 
Wasser einweichen, syr.: mischen, assyr.: ausschütten, über- 
gielsen, im AT: einrühren, Os 7, 8: mischen. All diese Be- 
deutungen setzen voraus, dals mindestens zwei Dinge vorhanden 
sind, die zusammengeschüttet oder vermischt werden. Vitringa 
fragt mit Recht, wie man von einem Zusammenschütten der 
einen Sprache reden könne. Dagegen kann man sagen, 
dals die Rede der einzelnen Menschen, die aus vielen Reden 
besteht, die aber bisher einig und zusammengeordnet waren, also 
eine Rede bildeten, durch einen Streit zusammengeworfen, aus 
der Zusammenordnung gebracht und so verwirrt wird. Ver- 
wirrung bedeutet Aufhebung der zwischen mehreren Dingen 
bestehenden Ordnung und Einheit, also Trennung, Spaltung. 
So erklärt Ps 54 (55), 10 den Ausdruck: Verwirrung der 
Zunge (Rede) = Spaltung der Gesinnung. — Auf keinen Fall 
könnte aus dem Berichte, dals Gott die „Sprache“ verwirrte, 
geschlossen werden, dals damals neue Sprachen entstanden 
seien. Davon sagt, was nicht beachtet wird, die Schrift 
kein Wort. Wenn man die Sprachverwirrung im herkömn- 
lichen Sinne nimmt, so kann man höchstens annehmen, Gott 
habe durch ein Wunder das gegenseitige Verständnis zeit- 
weilig, solange es der Zweck verlangte, verhindert, wie er 
Gn 19, 11 zeitweilige Blindheit verhängte. Allein die Absicht 
Gottes konnte nicht sein, das gegenseitige Verständnis der 
Menschen überhaupt zu verhindern, sondern nur hinsichtlich 
jener Rede, die ihm milsfiel, jener nämlich, von der allein 
gesprochen wird, und deren Inhalt V. 3. 4 angegeben ist. Dar- 
auf, dals nur diese gemeint ist, deutet wohl auch die Wieder- 
holung von WS und 719% in V. 7. Warum sollte Gott die 
Spracheinheit sprengen? Um eine neue Koalition gegen 
die Offenbarung zu hindern? Die Geschichte würde beweisen, 
dals dieser Zweck nicht erreicht wurde. Gott will nur die 
V. 3. 4 ausgesprochene Absicht der Menschen vereiteln, und 


Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 349 


deshalb genügt es, zu verhindern, dafs die Menschen die 
darauf bezüglichen Reden „verstehen“. yoY mit Akkus. be- 
deutet nicht blofs „hören“, sondern auch: hören auf, auf- 
merken, anhören (Gn 23, 8.11.15 u.ö.). Allein Gn 11 ist die 
Auffassung wohl diese, dafs unter den Menschen ein grolser 
Streit ausbricht, in welchem jeder anders redet (1 Kor 1, 10), 
so dafs in dem Lärme keiner des andern Rede versteht. 

d) Unsere Erklärung wird durch den ebenfalls nicht be- 
achteten Umstand unterstützt, dals viele alte Erklärungen 
und Hinweise auf Gn 11, 1—9 ganz unbefangen von der Ver- 
wirrung der Zungen und Sprachen reden, als ob sich das von 
selbst verstehe. Schon die alte griechische Übersetzung (LXX) 
bietet V.9 den Plural ra xeiAn, während V.1. 6. 7 der Singular 
steht: xeiAog resp. YAwoocav und pwvniv. Nach dem Buch der 
Jubiläen 10, 22—25 werden die Sprachen zusammengeschüttet, 
und nicht mehr soll ein Sinn herrschen (es besteht also die 
Einheit des Sinnes in der Zusammenstimmung der vielen 
Sprachen, d. h. Reden). St Hieronymus! spricht gleichfalls 
von der Verwirrung der Sprachen; Filastrius a. a. O. behauptet 
ausdrücklich die Mehrheit der Sprachen. An den angeführten 
Stellen (abgesehen von Filastrius) muls unter 1BW V.7.9 die 
Rede = ausgesprochene Gesinnung verstanden sein, also konnten 
die Verfasser dasselbe Wort V. 1.6 nicht in einem ganz 
andern Sinne, nämlich von der Sprache verstehen. 

5. Die Gn 11, 1—9 geschilderten Ereignisse versetzen 
uns demnach in folgende Situation: 

Einmal machten die Menschen den einmütigen Versuch, 
das Nomadenleben aufzugeben, sich im Osten, in der Ebene 
Sinear selshaft zu machen und hier eine grofse, staatliche Zu- 
sammenfassung zu schaffen. Die volle Ausführung dieses grolsen 
Planes wurde durch göttliche Fügung vereitelt, und die kaum 
geschaffene Einheit fiel wieder auseinander. 

Schon St Augustinus hat in dieser Weise den Grund- 
gedanken der Erzählung bestimmt: die Stadt sei als Haupt- 


ı Quaest. in Genesim c. 10. 


350 Happel, Der Turmbau zu Babel (Gn 11, 1—9). 


stadt eines zu gründenden Reiches geplant gewesen. — Weil 
befestigte Städte besonders in alten Zeiten die Stützpunkte 
eines sich seishaft machenden Volkes sind, so steht Stadtbau 
für Reichsgründung. Turm- und Stadtgründung steht demnach 
nicht im rein buchstäblichen Sinne, aber auch nicht rein bild- 
lich als Bezeichnung menschlichen Hochmutes und Kultur- 
stolzes wie etwa Is 2, 15, sondern als konkreter Ausdruck 
für Errichtung eines Reiches. 

St Hieronymus, von dem wir keine eigentliche Erklärung 
über Gn 11, 1—9 besitzen, scheint den Bau zu Babel nicht 
nur nicht im buchstäblichen, sondern im rein bildlichen Sinne 
verstanden zu haben. Wenigstens läfst sich das aus Ep. 21, 8 de 
duobus filiis vermuten. Er stellt hier Kain mit den Turmerbauern 
zusammen: Kain wohnte im Lande Nod, d. h. im Lande der 
Unstetigkeit; alle Gottlosen sind unstet und haltlos; so er- 
bauten die Gottlosen den Turm, und sein Ort wurde genannt 
Babel, id est confusio. Nun sagt aber H. ausdrücklich, Nod 
sei nicht etwa ein Ländername, sondern das Wort sei künst- 
lich gebildet, um das unstete Leben Kains auszudrücken 
„Wohnen im Lande der Unstetigkeit“ ist also nach H. eın 
Oxymoron. Er scheint auf ähnliche Weise auch den Aus- 
druck „die Stadt Babel, d. h. Verwirrung, Unsicherheit, 
bauen“ verstanden zu haben, so dafs der Sinn wäre: sie 
glaubten wie in einer festen Stadt sicher und ruhig zu wohnen, 
aber ihre Stadt ward ein Babel, d.h. sie erreichten ihre Ab- 
sicht nicht und blieben unstet. — Allein zwischen den Namen 
Nod und Babel besteht ein grolser Unterschied, denn letzteres 
ist der Name einer bekannten historischen Stadt und kann 
kaum rein appellativ gebraucht sein. Die Gn 11, 1—9 erzählten 
Ereignisse müssen irgendwie mit dem historischen Babel in 
Beziehung stehen. Inwieweit dies der Fall ist, ferner ob der 
Zeitpunkt des Turmbaues von Babel näher bestimmt werden 
kann, ist im folgenden zu untersuchen. 


m nn 


ı Quaest. in Genesim c. 4. 


(Fortsetzung folgt.) 








Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 
Von Dr Joseph Fischer in München. 


ie folgenden Studien sind veranlalst durch Howorths Auf- 
Dis. in den Proceedings of the Society of Biblical Ar- 
chaeology!. Diesen muls ich um so gröflsere Aufmerksamkeit 
widmen, als ich in meinen „Chronologischen Fragen in den 
Büchern Esra-Nehemia“ (Freiburg i. Br. 1903) über den apo- 
kryphen Esra nur eine ganz kurze Bemerkung machen konnte. 

Howorth sucht zu beweisen, dafs der apokryphe Esra 2 die 
LXX-Übersetzung zum kanonischen Esrabuch sei, und dals die 
griechische Version, welche wir jetzt für kanonisch annehmen, 
eine spätere und schlechtere Übertragung, nämlich die des 
Theodotion sei; bis auf Hieronymus habe das jetzt unter die 
Apokryphen gestellte Esrabuch zu den kanonischen Büchern 
gehört, und erst dieser „tempestuous father“ 3 habe es aus dem 
Kanon verdrängt, weil die andere Version mehr der „Hebraica 
veritas“ entspreche. Stellen wir nun, ehe wir an die Prüfung 
dieser Ansicht herantreten, erst die Sätze heraus, welche ohne 
weiteres klar sind. 

1. Der apokryphe Esra hatte in der alten Synagoge, der 
früheren Kirche bis Hieronymus ein sehr grolses Ansehen. 
Insbesondere wird er von Flavius Josephus und den Kirchen- 
vätern fleilsig zitiert #. 


1 Some unconventional Views on the Text of the Bible XXIII (1901) 
147 ff 305 ff; XXIV (1902) 14ff 147 ff 332ff; XXV (1903) 1. 
2 Wir nennen das apokryphe Esrabuch 3 Esr und das kanonische 1 Esr. 
3 XX1Il150. Sonstige Proben über den Stil, in dem Howorth seine 
Belehrung spendet, unterlassen wir. Die deutschen Gelehrten sind Ho- 
worth „der letzte Sommersonnenschein“. 
ı Vgl. ThQ 1859, 2571. 


352 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 


2. Origenes hat 3 Esr in seine Hexapla aufgenommen, 
was bei dem Ansehen, das dieses Buch genols, eigentlich selbst- 
verständlich ist. 

3. 3 Esr ist eine direkte und unabhängige Übertragung 
aus dem hebräisch-aramäischen Originale. 

4. 3 Esr ist bei weitem die gefälligere und freiere Über- 
setzung, während 1 Esr eine sklavische Anlehnung an das 
Original darstellt. 

Diese vier Sätze sind Tatsachen, und Howorth hätte sıch 
den langen, mit heftigen Ausfällen gegen deutsche Gelehrte 
verbundenen Beweis derselben ersparen können; die andere 
Behauptung dagegen, dafs 3 Esr die ursprüngliche LXX- 
Übersetzung ist, kann begreiflicherweise sehr in Zweifel ge 


zogen werden. Drei Gründe führt H. für seine Hypothese an: 


1. in den grofsen LXX-Hss wird das apokryphe Esrabuch 
Esdras A, das kanonische Esdras B genannt. 2. Zur Zeit des 
Flavius Josephus galt offenbar 3 Esra als die „älteste und 
autoritativste Übersetzung. Als Tempelpriester kannte er die 
autoritativen Schriften am besten, und indem er im Gegensatz 
zu seinen Zeitgenossen sich befand, mulste er auch um jeden 
Preis unanfechtbar schreiben“? 3. Die Hexapla des Origenes 
hat den apokryphen Esra für ein kanonisches Buch angesehen‘. 
Das unter 1 und 3 Gesagte haben wir bereits anerkannt, und was 
des Josephus Bedeutung als Zeuge für den Kanon anbetriftt, 
ist, glaube ich, von C. Julius endgültig dargelegt, dals die 
„Jüdische Archäologie zur Feststellung einer Josephusbibel 
sich nicht verwerten lälst. Trotz seiner wiederholten Ver- 
sicherung, dals er nur aus den heiligen Büchern der 
Hebräer schöpfe, benutzt er, ohne mit einem Worte zu be 
merken, dafs seine Erzählung von jetzt ab auf weniger glaub- 
würdigen Quellen beruht, ohne Bedenken die nur in den LXX 
befindlichen Zusätze zu den Büchern Esra und Esther. Wer 
nun aber aus diesem Verfahren des Josephus schliefsen wollte, 


ı Vgl. E. Nestle, Marginalien und Materialien (1893) 28 ff. 
2 Ebd. XXIII 153, 
3 Ebd. 156, 


Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 353 


dals also unser Geschichtschreiber auch jene Absätze den 
‚heiligen‘ Büchern beigezählt, mülste konsequentermalsen ein- 
räumen, dals derselbe Josephus den zahlreichen Midraschim, 
die er ebenfalls ohne weiteres in sein Geschichtswerk ein- 
geflochten, die nämliche Autorität zuerkannte.“! 

Äulsere Bezeugungen können also nicht das Entscheidende 
in unserer Frage sein. Denn wir erleben hier dasselbe Schau- 
spiel, das wir an andern Büchern sehen, dals sie nämlich eine 
Zeitlang für kanonisch bzw. apokryph gehalten wurden, später 
aber in den entgegengesetzten Rang eingetreten sind. Mals- 
gebend kann nur der Vergleich beider Bücher nach Form 
und Inhalt sein. 

Indem wir an diesen Vergleich? herantreten, heben wir 
zunächst hervor, dals sich das apokryphe Esrabuch nicht im 
mindesten mit den Chronikbüchern nach der sprachlichen Seite 
hin deckt, und doch wäre dies schlechthin notwendig, da ja 
H. die Teilung von Chronik-Esra-Nehemia aus einem Buche 
in drei für ein Werk der Massorethen erklärt und daher klar 
ist, dafs dieses eine Buch auch von einem Übersetzer ins 
Griechische übertragen worden ist. Diese ernste Schwierigkeit, 
die Howorth nicht berücksichtigt hat, wird dadurch nicht be- 
seitigt, dals auch das kanonische Esrabuch sich in der Über- 
setzung von den Chronikbüchern unterscheidet, da diese Diffe- 
renzen sehr untergeordneter Art sind und die Sprache des 
Übersetzers von 1 Esr sich eng mit dem Griechisch der kanoni- 
schen Bücher, namentlich dem des Propheten Jeremias berührt. 

Schon längst ist erkannt, dafs 3 Esr manche Worte und 
Ausdrücke mit späteren Büchern gemeinsam hat, z. B. mit dem 
Buche Daniel. Jedoch können wir auf diese kurzen Andeu- 
tungen keinen grölseren Beweis aufbauen. Deshalb geben wir 
zunächst eine Zusammenstellung der Ausdrücke, welche 3 Esr 
mit (fast nur) späteren Büchern gemein hat. 


ı C. Julius, Die griechischen Danielzusätze und ihre Geltung. BSt 
VI (1901) 3/4, 22—24. 
2 Vgl. W. J. Moulton, Über die Überlieferung und den textkriti- 


schen Wert des dritten Esrabuches. ZatW 1899, 209 ff; 1900, 1fl. 
Biblische Zeitschrift. I. 4. 23 


354 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 


1. Fast nur mit späteren Büchern hat 3 Esr gemein: 
“vadeikvunı ım Sinne von aufstellen 2,3; 8,23 — Dn LXX 
1, 11. 20. 2 Makk 9, 14. 23. 25; 10, 11; 14, 12. 26; eidwkıov 
2,9 — Dn LXX 1, 2; Bel 9. 1 Makk 1, 47; 10, 83; üno 
rpageıv 2, 15. 25 — Sır 50, 1, sehr häufig in den Makka- 
bäerbüchern; ebenso &niAoımog 2, 16 — sehr häufig in den 
Makkabäerbüchern, während der Übersetzer von 1 Esr das bei 
Jeremias sehr beliebte kardAoınog hat; eunpenwg 2, 10 — Sap 
13, 11; iotopeiv 1, 33. 42 — iotopia Est 8, 13. 2 Makk 2. 
24. 30. 32. 4 Makk 3, 19; dvrırpapeıv 2,25 — 1 Makk 12, 23; 
kara onoudnv 2, 29 — vgl. 1 Makk 6, 63, 1 Esr hat dafür 
das in den älteren Teilen der Hl. Schrift sehr häufig gebrauchte 
ev Onovdi; AvaZeuyvunı in der Bedeutung „aufbrechen“ mit 
der Ortsbestimmung Ex 14, 15; 40, 36, in der Bedeutung 
„reisen“ Jdt 7, 1. 2. 7; 16, 21. 3 Esr 2, 30. 2 Makk 5, 11; 
12, 29; 14, 16. 3 Makk 7, 16; 4, 22; wc mit Superlativ 2, 30 — 
Ps 22, 5.3 Makk 1, 8.4 Makk 3, 10; Ttunapyng häufig in 3 Esr 
und Dn; avakveıv 3, 10 (im Kapitel über den Pagenstreit) nur 
in griechischen Teilen des AT, und zwar hauptsächlich in den 
Makkabäerbüchern; owpuatropüuiaE 3, 3 — (Jdt 12,7) 3 Makk 
2,23; xpbowua 3,6; 8,56 — 1 Makk 11, 58; 15, 32. 2 Makk 
4, 32. 39; uavıakn 3, 6 — Dn 5, 16.17.19; ünartog 3, 14 — 
Dn LXX 3, 2. 3. 27. 1 Makk 15, 16. 2 Makk 10, 10; znap- 
akoveıv 4, 11 — Est 3, 3. 8; 4, 14; 7, 4. Is 65, 12; Bewpeiv 
4,19 — überaus zahlreich in späteren Büchern; &Zodeveıv ft, 
23 —1Makk 15, 41.2 Makk 12,19; npooyeAäv 4, 13 — Sir 13, 
6.11; rpooßaiveıv 4, 53; 8, 1 — Jdt 4,7; 7,10; xwöwviZeoda 
4, 63 — Est 3, 15; avaykaleıv 3, 24; 4,6 — Jdt 8, 30. Prv 
6, 7 und sehr häufig in den Makkabäerbüchern; ädvaypageıv 
1, 24. 33. 42 — 1 Makk 14, 22. 2 Makk 4, 9. 4 Makk 17, 8; 
avanınpwoıs 1,57 — Dn LXX 9, 2; 12,13. Dn Theod. 
12, 13; avıepoüöv 9, 4 — 3 Makk 7, 20; dAvriypapov (Über- 
setzung von }WUnB) 6, 7; 8, 8 — Est 3, 13. 14, dann noch 
8, 13. Ep. Jer. 1 und sehr zahlreich in den Makkabäerbüchern; 
apopoAoyntog 4, 50 — 1 Makk 11, 28; dıayopevcarv 5, 49 — 
Dn LXX Sus 61; dıakpareiv 4, 50 — Jdt 6,12; dıanwenreıv 


rn ie ER ai de u eniliiieee | 


rn EL DU En 


Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 355 


1, 26 — Jdt 14, 12. Prv 16, 28. 2 Makk 3, 37; 11,26. 3 Makk 
1,8; dıap£peiıv 5, 55 — Est 3, 13. Prv 20, 2; 27,14. Sap 18, 
2. 20. Dn LXX 7, 3. 23. 24. 28. 2 Makk 3, 4; 4, 39; 15, 13; 
doynarileıv 6, 34 — Est 3, 9. Dn LXX 2, 13.15. 2 Makk 
10, 8; 15, 36. 3 Makk 4, 11; eipyeıw 5, 72.73 — 3 Makk 3, 17; 
evavrıoüv 1,27 — Prv20,8. Sap 2,12. 3Makk 31,7. 4Makk 5, 26; 
7,20; &vdekexng 6, 24— Sır 17,19; &vıoravaı5,47;9,6 — Est 
3, 13. 1 Makk 8, 24; 12, 44. 2 Makk 3, 17; 4, 43; 6, 9; 12, 3. 
3 Makk 3, 24; &Zodeveıv 4, 23 — Richt 5, 27.1 Makk 15, 41. 
2Makk 12,19; &Zouoia 4,28.40; 8,22 — sehr zahlreich in spä- 
teren Büchern; &ravöpdwaong 8,52 — 1 Makk 14,34; &rmıßouAn 
6,73, 8,22 — Est2,22. 2Makk5,7;8,7. 3Makk1,2.6. 4Makk 
4,13; ebpung 8, 3— Sap 8, 19. 2 Makk 4, 32; idiog, Ta idıa: 
das Wort tdiog ist in den Übersetzungen der älteren Bücher 
selten, häufig dagegen in den späteren, speziell in den griechi- 
schen Büchern sehr häufig; substantivisch aber tü idıa 5, 47; 
6, 32 — Est 5, 10; 6, 12. 2 Makk 9, 20; 11, 26. 3 Makk 6, 
27.37; 7,8. Polybius 2, 57,5; däyeıv im Sinn von „feiern“ 
statt des gebräuchlichen roseiv 1,1.17.19.20.21.22; 5,51; 7,10.14; 
ws mpoonikov Av 5, 51 — 2 Makk 3,6. 4Makk 4,3; ovveraıpoı 
6, 7. 27; 7,1 — Dn LXX 2,17; 3,25; 5,6; ouveivaı 6, 2 
— Prv 5, 19. Jer 3, 20. 2 Makk 9,4; ö6Aooxeprs 6,28 — 3 Makk 
5b, 31; artevilav 6, 23 — 3 Makk 2, 26; ouvepyeiv 7,2 — 
1 Makk 12,1; rapakeineıv 8, 7 — 3 Makk 1,19; gı&lavopw- 
mog 8, 10 — Sap 1,6; 7, 23; 12, 19. 2 Makk 4,11; 9, 27. 
3 Makk 3, 20. 4 Makk 5, 12; vgl. Est 8, 13. 2 Makk 6, 22; 
14, 9; 13, 23. 3 Makk 3, 15. 18; ünoninteıv 8, 17 — Jdt 16, 7. 
Pıv 15, 1. Dn LXX Sus 5l; Baoıkıkög statt Toü Bacıkewg 
kommt aulser Nm 20, 17. 2 Reg 14, 26 nur in 3 Esr, Est, Dn 
und den Makkabäerbüchern vor; eüdapong 8, 27 — 2 Makk 
7,10; 8, 21. 3 Makk 1, 7; avriAnywıs 8, 27 nur in den Ps, 
Sir, Makk; nponounmn ar. Aey., dagegen npoteuteıv 4,47 — 
Jdt 10, 15. Sap 19, 2. 1 Makk 12, 4. 2 Makk 6, 23; gwornp 
8, 79, an sich schon sehr selten, in übertragener Bedeutung 
nur Sir 43, 7. Dn LXX 12,3; noXıcyög 8,83 — Jer 23, 15. 


2 Makk 5, 27; avBdonokoyeiodaı 8, 91 — Ps 78,13. Dn LXX 
23* 


356 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 


4, 34. 3 Makk 6, 33; neıdapxeiv 8,94 — Sir 30, 38. Dn LXX 
7, 27; gavıepoüv 9, 1 — 3 Makk 7, 20; Embdöfws (Emidofog) 
9,45 — Prıv 6, 8. Sir 3, 18. Dn LXX 2, 11; onuaiveıv in 
der Bedeutung „mitteilen“ für pp 2,4 — Dn LXX 2, 15.23. 
30. 45. 2 Makk 11, 17; 1 Esr hat dafür &moxenteodan, womit 
die LXX sonst "PB wiedergeben; drnpeioaro aura Ev TU ei- 
dwiiw autoü 1, 41; 6, 18 — Dn LXX 1, 2. 

Bei dieser Untersuchung des sprachlichen Charakters, beı 
welcher wir nur kritisch unverdächtige und markante Stellen 
aufgenommen haben, fällt sofort die enge Verwandtschaft auf, 
welche zwischen dem apokryphen Esra-, dem griechischen 
Esther-! und 2. Makkabäerbuche besteht. Wir haben die dies- 
bezüglichen Wörter im Drucke besonders hervorgehoben und 
fügen nun jene bei, welche 


2. 3 Esr nur mit 2 Makk gemein hat: dıa ypantwv für 
arıpa 2, 2 — 2 Makk 11, 15, während 1 Esr 1, 1 dafür das 
auch sonst im AT vorkommende &v ypartı hat (2 Chr 36, 22); 
nmpooninteıv in der Bedeutung „geschehen“ 2, 17.25; 9,47 — 
2 Makk 8,12; 9, 3; 10, 26; 13, 1; 14, 1. 28; Tpoogpwveiv ein 
Referat machen 2, 21; 6, 6 — 2 Makk 15, 15; &rmıvikıa 3,5 
(Pagenstreit) — 2 Makk 8, 33; xpuooodkıvog 3, 6 (Pagenstreit) 
— 2 Makk 10, 29; ouyyevng in der Bedeutung „geltend wie 
ein Verwandter“ 3, 7; 4,42 (Pagenstreit) — 2 Makk 11, 1.35; 
ner ou moAU 3, 22 (Pagenstreit) — 2 Makk 6, 1. 13; amoveı- 
o8aı 4, 26 (Pagenstreit) — 2 Makk 13, 23; ieparırög 45H: 
5, 45 — 2 Makk 3,15 (immer mit otoAr verbunden); dkölov- 
805 5, 49. 71; 7,6. 9; 8,12. 14 — 2 Makk 4,17; 6, 23; aro- 
tekeiv 5, 73 — 2 Makk 15, 39; aut60ı 8, 41. 682 — 2 Malkk 
3, 24; 11,8; 12, 38; 15,37 (Jos 5,8); damavnna 6, 25 — 2 Makk 
3, 3; 11, 31; duooeßeın 1,42 — 2 Makk 8, 33; duoaeßnya 
1, 52 — 2 Makk 2, 3; eioßakkeıv 6, 20 — 2 Makk 13, 13: 
eoOng 8, 71 — 2 Makk 8, 35; 11, 8. 

Diese grolse sprachliche Verwandtschaft mit späteren 
originalgriechischen Büchern beweist um so mehr für eine sehr 


ı Vgl.B. Jakob, Das Buch Esther bei den LXX: ZatW 1890, Alf. 


Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 357 


späte Entstehung von 3 Esr, als darunter Wörter sind, deren 
Inhalt überhaupt erst in den letzten Jahrhunderten vor Christus 
den Juden bekannt wurde, z. B. Emıvikıa, und da man im 
Stil manche Ähnlichkeit mit griechischen Profanschriftstellern 
entdeckt. 

Am meisten, so zeigten wir, berührt sich 1 Esr, nament- 
lich in seinem Zusatz, im Pagenstreit, mit den Büchern Est 
und 2 Makk. Mit diesen hat es aber nicht nur formelle Eigen- 
tümlichkeiten gemein, wie z.B. den schön-klassischen Stil, 
sondern sie hängen auch sachlich eng zusammen. In allen drei 
Büchern will der Verfasser nicht Geschichte schreiben, son- 
dern er benutzt dieselbe, um gewisse Ideen zu motivieren und 
zu illustrieren. In allen drei Büchern steht im Vordergrund 
des Interesses die intellektuelle (gelegentlich auch 
physische) Übermacht des Judentums über den 
Heiden. Im Pagenstreit (3 Esr 3—5) wird der persische 
König von der Dialektik und Sophistik der drei jüdischen 
Edelinge so überwunden, dafs er ihnen die Heimkehr nach 
Juda gestattet. Esther besiegt den verschlagenen, höfischen 
Diplomaten durch ein nicht minder bewunderungswürdiges 
Gedankenkomplott und unterwirft sich auch den König. So 
klein das Volk der Juden ist, so überwindet es doch Welt- 
reiche durch seine Weisheit und intellektuelle Überlegenheit; 
darum auf, ihr makkabäischen Helden, gegen die syrischen Be- 
drücker. Noch in einem andern Punkt stimmen die drei 
Bücher überein. Ein jedes empfiehlt mit grofsem Nachdruck 
ein national-religiöses Fest: das Buch Esther das Purimfest, 
das 2. Makkabäerbuch das Tempelweihfest: „Wie 2, 19 die 
Tempelreinigung unter den von Jason erzählten Begeben- 
heiten an der Spitze steht, ebenso nachdrücklich ist das Ab- 
sehen des Epitomators hauptsächlich auf die Verherrlichung 
des grolsen Heiligtums in Judäa gerichtet. Die auffällige 
Hervorhebung der beiden durch Judas Makkabäus 
gestifteten Feste muls auch derjenige zur Empfehlung des 
Jerusalemischen Tempels bestimmt finden, der auf den Gegen- 
satz zum ägyptischen Tempel in Leontopolis keinen besondern 


358 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 


Nachdruck legen will. Ewald hat die richtige Beobachtung 
gemacht, dals der Epitomator die Entstehungsgeschichte des 
Tempelweihfestes (10, 1—8) an das Ende der ersten Hälite 
seiner ganzen Erzählung gestellt hat, die des Nikanorfestes 
(15, 30—36) an das Ende der andern Hälfte“! Der Epito- 
mator der Chroniken hat seine Erzählung mit dem letzten vor- 
exilischen Passahfest unter J osia begonnen (3 Esr 1, 1ff). Mit 
grolser Freude berichtet er das erste gemeinsame Passah der 


Exulanten und der Einheimischen in Jerusalem (3 Esr 7,10—15.. 


Das nachexilische Passah ist die Fortsetzung des vorexilischen. 
In wunderbarer Weise hat dies Jahwe selbst angeordnet, in- 
dem er das heilige Feuer in einer Brunnengrube während des 
Exils erhalten hat (2 Makk 1, 18ff). Rechnen wir noch dazu 
die Bücher Daniel (LXX mit Zusätzen) und Judith, welche 
sprachlich und inhaltlich sehr verwandt sind, so ergibt sich: 
Die Bücher Jdt, Dn, 3 Esr, Est, 2 Makk sind, so 
wie sie uns Jetzt vorliegen, nach einem einheitlichen 


ı Plane übersetzt bzw. überarbeitet, ergänzt, erwei- 


tert worden, und dieser einheitliche Plan war, an 
grolsen Helden und Toten der Vorzeit das nationale 
und religiöse Bewulstsein zu stärken und zum Kamp! 
gegen die heterogenen, aber bis ins innerste Leben 
eingedrungenen Elemente aufzureizen. Wenn trotz 
der dominierenden Ähnlichkeiten noch Verschiedenheiten be- 
stehen, so mag dies auf Kosten der verschiedenen Vorlagen 
gehen oder aber, was mir wahrscheinlicher vorkommt, daraus 
sich erklären, dals verschiedene Männer unter einem Haupts, 
dem Epitomator der Makkabäerbücher, die einzelnen Bücher 
bearbeitet haben. Die Vorrede zum Ganzen war der Brief 
2Makk 1,1 bis 2,18. Darauf folgte im Anschluls an das „heilige 
Feuer des Nehemias“ sofort die Darstellung des letzten vor- 
und des ersten nachexilischen Passahfestes (3 Esr). Jeden- 


‘ falls gleich nach dem Erscheinen dieses grolsen National- 


_ werkes wurden die ‘einzelnen Bücher an ihre gehörige Stelle 


ı A. Kamphausen in E.Kautzsch, Die Apokryphen und Pseud- 
epigraphen des AT I, Tübingen 1900, 82. 


un. 


Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 359 


im Kanon gebracht, und sie verdrängten die bisherigen LXX- 
Übersetzungen? und gelangten zu grolsem Ansehen bei Juden 
und Christen. Der einleitende Brief aber, das Werk des Epi- 
tomators von 2 Makk, wurde unmittelbar vor dessen Werk ge- 
stellt, so dafs dieses jetzt zwei Einleitungen hatte. Von dem 
Verfasser des grolsen Werkes wissen wir nur, dals er Phari- 
säer war; wahrscheinlich stammte er aus Äoypten. Dafür 
spricht das Schreiben 2Makk 1,1 bis 2,18, ferner gewisse ägypti- 
sierende Momente in Est, endlich gewisse Ausdrücke in 3 Esr, 
z. B. dvalevyvüvaı (8. 0.). 

Vorstehende Ausführungen haben wieder gezeigt, dals wir 
in diesen Büchern keine „Geschichts“bücher im strengen Sinn 
des Wortes erwarten dürfen; allerdings liegen allen Büchern 
wahre Begebenheiten, gute teils mündliche, teils schriftliche 
Traditionen zu Grunde, aber alles wurde nach der herrschen- 
den Idee interpretiert, Ungünstiges weggelassen, dagegen 
selbst die kleinsten Nebensachen, wenn sie nur zweckdienlich 
waren, aufgenommen und selbst wie Hauptsachen behandelt. 
Damit bekam die Darstellung gewisser Ereignisse oft ein ganz 
anderes Aussehen als die Erzählung derselben in andern 
Büchern. 

Als Entstehungszeit des 2. Makkabäerbuches nehmen wir 
nach B. Niese, welcher trotz des Widerspruchs, den er gefunden, 
das Trefflichste und Annehmbarste in der „Kritik der beiden 
Makkabäerbücher“ # geleistet, und dessen Ausführungen wir 
auch im wesentlichen folgen, das Jahr 125/124 v. Chr. an und 
verlegen die Entstehung von 3 Esr ebenfalls in diese Zeit. 
Jedenfalls ist sicher, dals 3 Esr sehr spät verfalst ist. 

Nachdem wir nun die Entstehung von 3 Esr festgelegt, 
wenden wir uns der Untersuchung folgender Probleme zu: 


' Vgl. den abrupten Anfang „kai fiyayev“ etc. 3 Esr 1, 1. 
? Wären die Bücher Esra-Nehemia und Daniel in einem besseren 
Griechisch übersetzt gewesen, wie Esther etc., so hätten wir zu beiden 
nur „Zusätze“, aber keine neuen Übersetzungen. 

3 Vgl. J.S. Bloch, Hellenistische Bestandtheile im biblischen Schrift- 
tbum (1877). 

ı Berlin 1900, 25. 


360 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Berabuch. 


1. Welche von beiden Übersetzungen entspricht dem Urtext 
mehr und ist ihm daher näher? 2. Wie sind beide Bücher 
in g geschichtlicher Hinsicht zu verwerten? 

Ad. Zunächst ist zu bemerken, dafs der hebräische Text 
der Chronikbücher mehr zu leiden gehabt hat als der anderer 
Bücher, jedoch nicht in dem Grade, wie Howorth annimmt. 
Insbesondere ist zu betonen, dafs dem Verfasser von 3 Esr 
ein wesentlich anderer hebräischer Text nicht vorlag als der. 
welcher uns heute zu Gebote steht. Dagegen scheint schon 
seine Zeit nicht mehr klar über die Reihenfolge der Exzerpte 
aus den Esramemoiren gewesen zu sein. Das ist jedentalls 
sicher, dafs 1 Esr 10, 1—44 nicht am richtigen Ort steht, 
wie auch der Verfasser von 3 Esr wufste, sondern zwischen 
Neh 9, 37 und 10,1 einzufügen ist. Man hat früher vielfach 
gemeint, dals der Chronist in denjenigen Teilen der Memoiren 
Esras, in welchen von Esra in der dritten Person die Rede ist, 
Exzerpte benutzt habe, welche ein etwa einhalb Jahrhundert 
nach Esra lebender Schriftsteller aus den Esramemoiren ge- 
macht habe. Indes diese Auszüge stammen aus der Feder 
des Chronisten selbst. Ganz abgesehen davon, dais man den 
Stil des Chronisten auf Schritt und Tritt in diesen Teilen 
verfolgen kann — man vergleiche z.B. nur 1 Esr 3, 10—13 
mit Neh 8, 13—17 —, so beweist dies sicher die stereotype 
Titulatur „der Priester Esra“, „Esra der Schriftgelehrte“ 
(1 Esr 10, 10.16. Neh 8, 1.4. 9. 13); denn das sind die Titel, 
welche wir in solchen Teilen finden, die unbestritten aus der 
Feder des Chronisten stammen (1 Esr 7, 7.11.12). Dals nun 
aber 1 Esr 10, 1—44 wirklich nicht an der richtigen Stelle 
steht, beweisen folgende Momente: 

1. Es ist absolut ausgeschlossen, dals Esra, der ohne jeg- 
liche amtliche Eigenschaft! nach Jerusalem zurückkehrte, mit 
seinen paar tausend Mann solchen Erfolg gehabt haben soll, 
wie er 10, 1—44 geschildert ist. Dazu fehlen alle Vor- 
bedingungen. Die herrschende Partei war mit Heiden ver- 


ı Esra bekam vom Perserkönig nur die Erlaubnis, religiöse Re- 
formen vornehmen zu dürfen, soweit es seine „Weisheit fertig bringe“. 


Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 361 


heiratet, alles war in Glück und Wohlstand. Wie soll nun 
Esra der Priester mit seiner Strafpredigt einen Erfolg erzielt 
haben in Angelegenheiten, die bis ins Innere des Menschen- 
herzens einschneiden! Dazu bedurfte es der Lektion des Ge- 
setzes mit seinen göttlichen Drohungen und Strafen (Neh 8), 
des Ansehens und der Öffentlichen Stellung des Nehemia, 
namentlich aber des grolsen nationalen Unglücks und gött- 
lichen Strafgerichts, das in Neh 1, 1ff erzählt wird. Das sind 
die Vorbedingungen, welche einen solchen Erfolg, wie er 1 Esr 
10, 1—44 erzählt wird, möglich machten. 

2. Warum brechen die wörtlichen Exzerpte aus den 
Esramemoiren in 1 Esr 9, 15 so plötzlich ab? Offenbar des- 
wegen, weil in ihnen ein Milserfolg Esras, wenn nicht erzählt, 
so doch wenigstens angedeutet war. | 

. 3. Zwischen Neh 9, 37 und 10, 1 herrscht eine_grolse 
Lücke, in "welche das 10. Kapitel von 1 Esr vortrefflich palst. 

Es kann demnach als sicher angesehen werden, dals 1 Esr 
10, 1—44 zwischen Neh 9, 37 und 10, 1 gehört. 

Wie diese Perikope, so stehen noch mehrere Teile von 
1 Esr nicht an der richtigen Stelle; allein dies rührt jedesmal 
vom Chronisten selbst her, wie ich in meiner Studie über „die 
chronologischen Fragen in den Büchern Esra-Nehemia“ 1! gezeigt 
habe. Es scheint also sicher zu sein, dals dem Verfasser von 
3 Esr so ziemlich derselbe hebräische Text vorlag wie uns 
heute. Und es fragt sich nun, welches von beiden Büchern 
dem hebräischen Original näher kommt. 

Wir haben schon oben darauf hingewiesen, dals 3 Esr 
nicht nur die freiere und schönere, sondern auch erweiterte 
Übersetzung ist, während 1 Esr sich mehr als sklavisch an das 
Wort des Originals anlehnt. 2 Chr 36, 20 wird erzählt, dafs 
der Pharao Necho von Ägypten heraufgezogen sei. Der Über- 
setzer von 3 Esr (1, 23) hat Pharao als Eigennamen behandelt; 
hier hat 3 Esr das Schlechtere und Spätere. Für sm "2Y 
hat 1 Esr die wörtliche Übersetzung, 3 Esr setzte statt 


ı BSt VIII (1903), 3. Heft. 


362 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 


der Bezeichnung „jenseits des Stromes“ die damit bezeich- 
neten Länder Cölesyrien und Phönizien, was aus den Makka- 
bäerbüchern entlehnt ist. 1 Esr 3, 13: „Und das Volk konnte 
den lauten Jubel nicht von dem lauten Weinen im Volk unter- 
scheiden; denn das Volk erhob grolses Jubelgeschrei, und der 
Schall war weithin zu hören“ = 3 Esr 5, 63: „Das Volk konnte 
vor dem Wehklagen des Volkes die Trompeten nicht hören: 
denn die Menge trompetete so laut, dals es in der Ferne ge- 
hört werden konnte.“ Auch hier hatte 1 Esr die bessere Vor- 
lage. Dals „Baoı&ws Twv XaAdaiwv“ (3 Esr 6,14), „xwupasg Baßr- 
Awviag“ (6,16) Hinzufügungen des Übersetzers von 3Esr sind, 
braucht nicht erwiesen zu werden. „Krivavrog TOVv oupavov 
Kai rhv yriv* 3 Esr 6, 3 ist bewulste Anlehnung an Gn 14, 19. 
22 (vgl. 2 Makk 7, 28[!]) statt des einfachen 8eo0 TOoü oUpavou 
Koi ts yris (1 Esr 5, 11). Tov noida xupiou Zopoßaßni Urap- 
xov rg "loudaiag (6, 26) erweist sich als Glosse: 1. Unapxos 
ist ar. Aey.; 2. die Titulatur ist eine andere als die sonst üb- 
liche. Die oratio recta in 1 Esr 6, 3ff ist das Ursprüng- 
lichere, während die or. obliqua aus der Feder des Verfassers 
von 3 Esr stammt. In V. 28 erscheint allerdings die direkte 
Rede, allein wenn man diese Worte noch auf Cyrus beziehen 
will, so entsteht die Schwierigkeit, dals die Beamten gar nicht 
zu fragen brauchten, da sie ja dieselben waren; zudem wurde das 
Provinzensystem erst von Darius eingeführt. ®iAoı bei ouu- 
BovAoı 8,12 ist Glosse des Übersetzers nach Est 1, 3; 2, 18; 
3,1. Das Wort @iXos vor ouußouAog war eine in später Zeit 
entstandene Titulatur, ebenso „kai T& PiAdvApwra Eyw xpivac* 
(8,10). Dafs 1 Esr mit &Aaıov (PR) (3,7) und nicht 3 Esr mit 
xapd (5, 54) das Richtige hat, ist klar. In der Wiedergabe 
des Psalmverses (1 Esr 3, 11) ist 3 Esr (5, 61) von der grie- 
chischen Übersetzung der Psalmen abhängig, da das Wort 
xpnotörng aulser Est 8, 13 nur in den Psalmen vorkommt; vgl. 
Ps 24, 7—10. Alle diese Umstände in ihrem Gesamtwert be- 
trachtet lassen es als unzweifelhaft erscheinen, dals die Vorlage 
des kanonischen Esra eine frühere, einfachere und zum Teil 
bessere war. Zudem hat auch 1 Esr Worte, welche nur in 


Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 363 


dem frühen LXX-Griechisch gebraucht wurden; vgl. z.B. 
arroıkia, BXiBovres. Nun stehen wir vor der Tatsache: das in 
ungenielsbarem Griechisch geschriebene, spätere (nach Ho- 
worths Annahme, dals der Übersetzer von 1 Esr Theodotion 
ist), manchmal ohne hebräischen Text unverständliche Buch soll 
das frühere von einer Autorität herrührende, in der Diktion 
ungleich höher stehende, von Juden und heiligen Vätern geliebte 
Buch verdrängt haben! Das ist doch nur dann möglich, wenn 
dieses erstere dem hebräischen Original näher kommt und älter 
ist. Diese Eigenschaften haben wir in der Tat am kanonischen 
Esrabuch wahrgenommen. 

Wir fassen zusammen: Das apokryphe Esrabuch ist ein 
selbständiges, von der kanonischen Übersetzung unabhängiges 
Werk, das jedenfalls auf keiner besseren Rezension des hebräi- 
schen Originals beruht. Dasselbe wurde dank verschiedenen 
Umständen so hoch geschätzt, dafs es lange Zeit von Juden 
und Christen an Stelle der alten LXX-Übersetzung benutzt 
und erst von Hieronymus wieder verdrängt und der kanoni- 
schen Übersetzung nachgesetzt wurde. 

Ad 2. Daraus ergeben sich dieGrundsätze für die Verwertung 
beider Bücher für die Geschichtschreibung. Das Primäre ist 
1 Esr; 3 Esr hatte an geschriebenen Quellen nicht mehr, als 
wir im kanonischen Buch besitzen. Der Pagenstreit_ stand 
sicher nicht im Geschichtsbuch des Chronisten. Denn welches 
Interesse hätte ein späterer Redaktor bzw. Übersetzer haben 
sollen, diese Perikope zu unterdrücken? Ferner berühren sich die 
Zusätze zu Daniel etc. sehr mit dem Pagenstreit in 3Esr. Zudem 
lehrt die Literarkritik des AT, dals bei einem Buche nur Zu- 
sätze, nicht aber Auslassungen im grolsen Stile vorkommen. 
Der Erlafs des Königs Darius (in 3 Esr 4, 47 bis 5, 6), welcher 
in 1 Esr nicht vorkommt, scheint zwar eine Ausnahme zu 
machen. Allein bei näherer Betrachtung zeigt sich, dals er 
eine Kompilation aus den verschiedenen Erlassen ist, welche 
in den kanonischen Büchern enthalten sind: V.47 = Neh 2, 
7.8. V.48=Neh 2,8. V.49 und 50 =1Esr 7,24. V.bl- 
1 Esr 6,8; 7,20. V.52=1Esr 6, 9.10; 7,17.20. V. 54 ist 


Fu 


364 Fischer, Das apokryphe und das kanonische Esrabuch. 


recht bezeichnend für den Verfasser von 3 Esr, welcher. wie 
der Verfasser von 2 Makk, die heiligen Gewänder hervorhebt. 
so oft er nur kann; vgl. 6, 45. 2 Makk 3,15. 3 Esr 8, 71. 73. 
2Makk8,35; 11,8. V.57=1Esr 6,5. Dafs 4,58 bis 5,6 nur 
Kopie von 1 Esr 7, 27—28 ist, beweist nicht nur die Ahnlich- 
keit in Form und Inhalt, sondern auch der Umstand, dais in 
beiden Büchern unmittelbar nach diesen Versen die Listen der 
Heimgekehrten folgen. Auch zeigt die Titulatur „König von 
Persien“ (5, 6), welche vom Chronisten geschaffen und nur von 
ihm gebraucht ist, klar, dafs der Verfasser von 3 Esr hier 
keine andern Quellen als den kanonischen Esra vor sich hatte. 
Das ganze Edikt übrigens ist an sich unglaublich, weil darın 
Privilegien und Immunitäten enthalten sind, welche der Da- 
rius I. durch die Verhältnisse aufgezwungenen Politik wider- 
sprechen; dagegen ist dasselbe vortrefflich geeignet, den 
moralischen Sieg des Judentums über heidnische Herrscher 
und Politik zu illustrieren, und das ist auch der Zweck, zu 
dem es verfalst worden ist. 

3 Esr hat also weder die bessere noch ältere Überlieferung, 
und für den Geschichtschreiber ist es nur im Spiegel des kano- 
nischen Esrabuches zu benutzen. Von Howorths Untersuchungen 
bleibt also nur noch die, übrigens schon früher gemachte Be 
merkung, dafs die kanonische Übersetzung des Esrabuches 
mit der Diktion der Danielübersetzung, welche Theodotion zu- 
geschrieben wird, Ähnlichkeiten hat; das ist ohne weiteres 
anzuerkennen. Da aber 1 Esr sicher auf einer älteren hebräl- 
schen Rezension beruht als 3 Esr, so ist des Theodotion Arbeit 
höchstens auf eine Neuherausgabe der uralten, in echtem LXX- 
Griechisch hergestellten Esraübersetzung zu beziehen, wie e 
sich wohl auch mit dem Buche Daniel verhält. 


— u Tr u u 


FREE Pa SEE 4 = er 


Von Privatdozent Dr Alfons Schulz in Braunsberg. 


ie meisten Ausleger finden in diesem Ps eine Schilderung 
7 des einträchtigen Zusammenwohnens von Gliedern des 
israelitischen Volkes (Grimme: Priestern) durch die beiden 
Bilder vom Ol und vom Tau (Duhm: Lob der Geselligkeit). 
In der Anwendung der Bilder gehen sie freilich auseinander. 
Nach Franz Delitzsch sind die „Brüder“ (V.1) die aus den 
fernsten Gegenden zu den Festen nach Jerusalem zusammen- 
geströmten Israeliten. Das tertium comparationis und zugleich 
das Gemeinsame der beiden Bilder sieht er in der Vereinigung 
von Getrenntem: einmal werde das Haupt Aarons mit dem 
unteren Saum des Gewandes vereinigt durch das Öl, welches, 
auf sein Haupt gegossen, herabflielst; anderseits werde der 
Hermon mit den Sionbergen durch den von jenem auf diese 
herabfliefsenden Tau vereinigt. — Wenn man aber überhaupt 
sprechen darf von der Vereinigung des Hauptes mit dem Saum 
des Gewandes, so braucht man, um eine solche herzustellen 
(eigentlich ist sie ja schon vorhanden!), doch keineswegs das 
Öl, und wie der Hermon mit dem Sion vereinigt werden soll 
durch den Tau, ist auch nicht einzusehen. Aufserdem ist das 
Zusammenwohnen der Brüder „gut und lieblich“ genannt, 
während in jener Vereinigung etwas „Liebliches“ schwerlich 
zu finden ist. 

Nach Schegg, Baethgen u. a. ist die Lieblichkeit und der 
Vorzug des Zusammenlebens gleich dem wohlriechenden Duft 
des Salböls und dem erfrischenden Tau des Hermon. — Ab- 
gesehen davon, dafs gar nichts gesagt ist von dem Wohlgeruch 


366 Sohulz, Zu Ps 1883. 


des Öls und der erfrischenden Eigenschaft des Taues (was 
doch besonders hervorgehoben werden mülste, wenn darin das 
tertium comparationis läge), warum sind denn die Bilder so 
weit ausgeführt, warum ist besonders die Salbung Aarons so 
genau beschrieben? Es würde doch genügt haben, zu sagen. 
das Zusammenleben von Brüdern sei so lieblich wie wohl- 
riechendes Öl und erfrischender Tau. Doch auch diese Bilder 
wären ziemlich sonderbar. 

Nach Robertson Smith (DasAT..., übersetzt von Rothstein, 
Freiburg-Leipzig 1894, 198 Anm.) wird in den beiden Bildern 
der Schauplatz des Zusammenwohnens der Festpilger be- 
schrieben. Die langen Zeilen der Häuser Jerusalems und die 
Zelte der Wallfahrer (es steht aber in dem Psalm nichts von 
Häusern und Zelten, sondern nur von Brüdern!) auf dem Ab- 
hange des Tempelberges bis zum Fufse desselben seien wie 
das Öl, das herabflielst auf Aarons Gewänder. — Es ist aber 
doch sehr gewagt, die Häuser und Zelte, welche den Tempel- 
berg bedecken, mit dem herabflielsenden Öl (darin liegt übrigens 
eine Bewegung; die Häuser stehen fest!) zu vergleichen; man 
wäre auch noch gezwungen, anzunehmen, dals der ganze Aaron 
von oben bis unten mit Öl übergossen wurde. Und wie will 
man bei dieser Auffassung mit dem zweiten Bilde fertig werden? 
Wenn der Dichter die den Abhang des Sionberges bedeckenden 
Zelte mit etwas vergleichen will, so wird er doch nicht an 
den Tau denken, der von dem weit entfernten Hermon auf 
eben diesen Sion herabflieist. So, entsprechend dem ersten 
Bild, mülste man nämlich das zweite, das der Form nach mit 
jenem übereinstimmt, erklären. Allein das tut Smith gar nicht 
einmal, sondern er sagt: „Ja diese Vereinigung aller Frömmig- 
keit in Israel ist, als wäre der befruchtende Tau des grolsen 
Hermon insgesamt auf dem kleinen Sion vereinigt.“ Es steht 
aber nichts in dem Psalm von einer „Vereinigung“ des 
Hermontaues auf dem Sion (was überhaupt unmöglich wäre — 
anderseits ist auch von keiner Bedingung die Rede, sondern 
wir haben die direkte Aussage: „welcher herabfliefst“), viel- 
mehr von einem Herabflielsen. Da übrigens die Pilger 


-pF 


— 


fe - -— 7 0-0 


ee 


Schulz, Zu Ps 138. 367 


auf den Sionberg hinaufsteigen mulsten, so würde die Ver- 
einigung derselben im Sinne von Smith viel besser durch Ay, 
das Gegenteil von TY, ausgedrückt werden. 

Die beiden Bilder sind Vergleiche für eine und dieselbe 
Sache. Das tertium comparationis ist natürlich in dem zu 
suchen, was beiden gemeinsam ist. Gemeinsam ist ihnen aber 
das Wort 71. Zunächst fliefst das Öl, das bei der Salbung des 
Hohenpriesters Aaron auf dessen Haupt gegossen wird, herab 
auf den Bart. Dieser Bart ist sehr lang. Denn das zweite TY 
ist nicht abhängig von }DW (so Alex.: ig uupov Em kepaAnv To 
kartaßaıvov), weil sonst das Öl die Kleider beschmutzen würde 
(vgl. Baethgen), sondern bezieht sich auf das näher stehende 
Wort jpt. ‘BD ist aber nicht die obere Öffnung des Gewandes, 
der Kragen (so Hengstenberg, Thalhofer) — denn da hier der 
Bart beginnt, kann man nicht von einem Herabflielsen des- 
selben auf den Kragen reden —, sondern der untere Saum. 
Der Bart war also so lang, dals er bis auf den unteren Saum 
des Kleides herabfiel. Dies ist aber nichts Auffälliges, da 
nach Lv 19, 27; 21,5 den Priestern das Scheren des Bartes 
verboten war (vgl. Baethgen). Wenn wir dazu noch unter dem 
Gewand das nur bis an die Kniee reichende Obergewand 
%‘yo verstehen, dann ist der Bart gar nicht unverhältnismäfsig 
lang. Somit bedeutet der Zusatz zu }pt, dals der Bart lang 
war, und er kann nur zu dem Zweck gemacht sein, um anzu- 
deuten, dafs das Öl trotz der Länge des Bartes bis auf seine 
Spitzen geflossen sei, m. a. W.: es soll die reiche Fülle 
des Öls bezeichnet werden. Der Begriff „reiche Fülle“ liegt 
aber auch in dem zweiten Bild; denn wenn der Tau des Her- 
mon bis auf den weit entlegenen Sion strömt, muls er in der 
Tat eine solche besitzen. Aus eigener Erfahrung kann ich 
bestätigen, dals der Tau in der Gegend des Hermon sehr 
stark ist. Besonders habe ich es bemerkt zu Hasböja am 
Fulse des Berges. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dals 
der Dichter von seiner Freiheit, zu übertreiben, Gebrauch macht, 
da der Tau sich so weit doch nicht ergielsen kann. Jedenfalls 
soll aber die grolse Fülle des Taues hervorgehoben werden. 


368 Schulz, Zu Ps 133. 


Womit wird nun aber die reiche Fülle des Öls und des 
Taues verglichen? Etwa mit naY V.1? Das drückt ein Ruhen 
aus, TY' dagegen, das charakteristische Wort in den beiden Ver- 
gleichen, eine Bewegung. Auch zwischen dem „Zusammen- 
wohnen“ und der grolsen Fülle des Öls bzw. Taues besteht 
kein Zusammenhang. Weit besser dagegen würde der Ver- 
gleich passen zu 13%2 V.3: so reichlich wie das Öl usw. herab- 
flielst, so reichlich kommt auf Sion der Segen, den Jahwe 
entbietet. Nun besteht freilich im MT ebensowenig wie in 
den alten Übersetzungen ein solcher Zusammenhang mit V. 3; 
allein es ist Grund vorhanden, eine Textverderbnis anzunehmen. 
Denn das zweimalige 3 in V.2 u. 3 bringt einen Vergleich, und 
wenn ein Vergleich angewandt wird, muls auch die Sache ge 
nannt werden, die verglichen wird. Als solche hat man aller- 
dings den Gedanken in V.1 ergänzen wollen; aber wir haben 
gesehen, da/s derselbe zu den Bildern nicht palst. Aufserdem 
verlangt das 3 des Vergleiches ein }3 wie in Ps 123,2; 127,4. 
Dieses 5 könnte man aber ganz gut finden in dem ‘3 V. 3», 
welches ursprünglich so gelautet haben mag (für Wechsel von 
> und ” vgl Graetz, Psalmen 1133). Das ‘5 des MT hat 
nämlich auch keinen rechten Sinn. Denn DW geht auf die 
unmittelbar vorher genannten Berge Sions, von welchen gesagt 
ıst, dals der Tau des Hermon auf sie herabfliefse, und diese 
Tatsache würde dann begründet werden dadurch, dals Jahwe 
über Sion seinen Segen entboten hat. Was sollte es aber 
hier für einen Zweck haben, den reichlichen Tau als eine 
Folge des göttlichen Segens hinzustellen? Liest man dagegen 
>, so wird der Sinn vollständig klar: Wie das Öl, welches 
herabfliefst..., wie der Tau, welcher herabflielst... .., so hat 
Jahwe über Sion seinen Segen entboten. Dazu palst auch 
7: Wie das Ol und der Tau von oben herabflielsen, so strömt 
Gottes Segen von oben herab, und zwar auf Sion, welches hier 
natürlich so viel als Jerusalem ist. Statt 13 ist in V. 3° nur X 
gesetzt, weil das Wort zufällig in dem zweiten Bilde gebraucht 
wurde und eine Wiederholung schleppend wäre. DW bezeich- 
net aber hier die Richtung (=) wie Ps 122, 4. 


Sanda, Zur Panammu-Inschrift Zeile 16. 369 


V.2 und 3 bilden demnach die Erklärung zu V.1. Dort 
wird behauptet, dals es gut und angenehm sei, wenn die 
Stammesgenossen zusammen (nämlich in Jerusalem) wohnten, 
und hier wird der nähere Grund dafür angegeben: weil Jahwe 
Jerusalem reich gesegnet hat. 


Zur Panammu-Inschrift Zeile 16. 


In der von Birrekab von Sam’al nach 732 seinem Vater 
Panammu II. gesetzten Inschrift heilst es Zeile 16 DN I10% 
w»B a8 nd. Für den Ausdruck 38% ward bisher, soweit mir 
bekannt, von keiner Seite eine Erklärung beigebracht; siehe 
z. B. Lidzbarski, Handbuch der nordsem. Epigraphik 379°. 
Meiner Ansicht nach haben wir hier das Safel von IWw — ge- 
meinaramäisch 98 (dazu hebr. PD) „krank sein“. Es ist also 
zu übersetzen: „Mein Vater Panammu wurde krank und starb 
in der Folge“ Das Safel zur Bezeichnung des eintretenden 
Zustandes kommt auch sonst vor; vgl. assyr. uSalbaru „wird 
alt“ oder das ın den Kontrakten vorkommende usüziz „stellt 
sich zur Verfügung“ (ein Lohndiener o.ä.). Siehe Stralsmeier, 
Darius 215,4.6. Die Form 318% ıst also als interessantes 
(bisher einzig nachgewiesenes?) Beispiel eines Übergangs von 
y zu 3 nach Analogie des Wandels von Y zu P neben Formen 
wie NDIN = NYNN zu stellen. 


Leitmeritz. Dr A. Sanda. 


Biblische Zeitschrift. IL 4. 24 


Thr 5. 
Von P. J. K. Zenner S. J. in Valkenberg. 
Das fünfte Klagelied hat als Chorgesang die Struktur 5,56 — 3.3. 


Erste Strophe. 


I.1 Gedenke, Jahwe, was uns schaue her und sieh unsere Schmach. 
widerfahren ist, 
28 Unser Erbe ist Fremden zu- unsere Häuser Ausländern. 


gefallen, 

3 Wir sind vaterlose Waisen, unsere Mütter sind Witwen. 

4 Unser Wasser trinken wirum unser Holz bekommen wir gegen 
Geld, Bezahlung. 

5 AufunsermNacken (lasten,,ein sind wir ermattet, gönnt man uns 
Joch, unsere Kleinen; nicht Ruhe. 


Erste Gegenstrophe. 


1I.6 Nach Ägypten streckten wir nach Assur, um satt zu werden. 

die Hand, 

7 Unsere Väter, die sündigten, aber wir, wir tragen ihre Schuld. 
sind nicht mehr; 

8 Knechte herrschen über uns, niemand entreilst uns ihrer Hand. 

9 Unser Brot bringen wir ein vor dem Schwerte der Wüste. 
mit Gefahr des Lebens 

10 Unsere Haut ist schwarz wie vor der Glut des Hungers. 
ein Ofen 


Wechselstrophe. 
1.11 Weiber schändeten sie inSion, Jungfrauen in den Städten Judas. 


11.12 Fürsten wurden durch ihre Greisen trug man keine Achtung. 
Hand erhängt, 
13 Jünglinge müssen die Mühle” und Knaben straucheln unter der 
tragen, Holzlast, 


1 Statt 987% 1. D28 7%. Zu 3 (= Joch) vgl. Brown-Driver- 
Briggs 644; Levy, Neuhebr. Wörterb. III 392; s. auch Michaelis, 
Suppl. 1620 (n. 1553). — Die bekannte Art orientalischer Frauen, ihre 
Kinder zu tragen, illustriert Vigouroux, Dict. de la Bible II 21%. 


Zenner, Thr 5. 371 


1.14 Greise feiern vom Tore, Jünglinge von ihrem Saitenspiel. 
15 Es feiert die Freude unseres inTrauer gewandelt ist unser Reigen. 
Herzens, 


Il.16 Die Krone ist von unserm weh uns, dals wir gesündigt haben! 
Haupt gefallen; 


Zweite Strophe. 
I.17 Über dieses hinaus ! ist unser mehr als über solches sind trübe 
Herz in Leid, unsere Augen 
18 Wegen des Berges Sion, dafs dafs Füchse auf ihm streifen, 
er wüste liegt, 
19 Obwohl? du ewiglich (dort) dein Thron (dort) sein sollte von Ge- 
wohnen wolltest, schlecht zu Geschlecht. 


Zweite Gegenstrophe. 
11.20 Warum willst du auf ewig uns verlassen auf allezeit? 

uns vergessen, 

21 Nimm uns, o Jahwe, zu dirzu- erneuere uns die Tage der Vorzeit. 
rück, dals wir heim- 
kehren; 

22 Oder hast du uns gänzlich und zürnest uns gar zu sehr? 
verworfen, 


Die erste Strophe schildert die häusliche und soziale Not 
vorzugsweise vom Gesichtskreise und Standpunkt der Frauen 
aus; namentlich der letzte Vers ist für dieselben sehr charakte- 
ristisch. 

Die erste Gegenstrophe behandelt dasselbe Thema vom 
Standpunkt der Männer aus; Politik und Kampf treten in den 
Vordergrund. 

Die Wechselstrophe beabsichtigt eine gesteigerte Schil- 
derung der Notlage. Sie hat zwei Teile. Der erste zählt die 
Gewalthandlungen auf, die man sich hat gefallen lassen müssen; 


1 Indem Budde mit alten und neueren Erklärern das in V. 17 zwei- 
mal vorkommende 5» in gleicher Bedeutung wie das 5y zu Anfang von 
V. 18 nimmt, kommt er in Versuchung, den V. 18 als spätere Zutat zu 
streichen. Nur in V.18 steht 59 in kausaler Bedeutung, in V.17 hat es 
die von Gesenius-Buhl unter 1by aufgeführte, die erlaubt, allenfalls 
von einem 59 additivum zu reden. 

2 Mit LXX, Syr., Vet. Lat., Vulg. ist vor n& ein ) einzusetzen, das 
vielleicht wegen des unmittelbar vorhergehenden ) in 39 (V. 18) aus- 
gefallen ist. 

24* 


372 Zenner, Thr 5. 


V. 11 Gewalt gegen Frauen, V. 12 13 gegen Männer; der 
zweite schildert die in der Folge eingetretene Kirchhofsstille 
(14 15). Der Schlulsvers falst alles Gesagte in einem bezeich- 
nenden Bilde zusammen: „Die Krone ist von unserm Haupt 
gefallen“, und zeigt in dem Ausruf: „Weh uns, dals wir ge- 
sündigt haben!“ — dals über den gewaltigen Leiden auch deren 
Ursache erkannt ist und bereut wird. 

Die zweite Strophe führt ein neues, noch schmerzlicheres 
Moment in die Betrachtung ein: die Verwüstung Sions, die 
Vereitelung der Verheilsungen Jahwes. Jahwes Wohnen in- 
mitten seines Volkes war jahrhundertelang der Trost, Hort 
und Stolz Israels gewesen. Was man einst zur Einweihung 
des Tempels sang: 


Jahwe erwählte Sion, erkor es zu seinem Wohnsitz; 
Das ist meine Ruhestätte für und hier will ich wohnen, denn ich habe 
für, es erkoren 


(Ps 132, 13. 14), 
schien nicht mehr wahr zu sein. Dieser Schmerz ist einschnei- 
dender als alles häusliche, soziale und politische Unglück. 

In der zweiten Gegenstrophe schlielst der zweite Chor 
mit einem Gebet. Die gewaltige Erschütterung der Gemüter 
zeigt sich auch hier, indem das Gebet sich nicht zu vertrauens- 
voller Beruhigung durchringt, sondern in die beängstigende 
Frage ausklingt: 

Oder hast du uns gänzlich verworfen, und zürnest uns gar zu sehr? 

An der in den „COhorgesängen“ S. 18 angezogenen Stelle 
spricht Pseudo-Philo, De vita contemplativa von dem Zu- 
sammenwirken von Männer- und Frauenchören. Ähnliches 
scheint schon Ex 15 vorausgesetzt. In Kap. 5 der Klagelieder 
bietet jedentalls der Text selbst hinreichend Anlals, an gleiche 
Verhältnisse zu denken. Chor I ist meines Erachtens ein 
Frauenchor, Chor II ein Männerchor. 


Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. 
Von P. Dr Erasmus Nagl O. Cist. in Heiligenkreuz bei Wien. 


rof. Belser äulsert in dieser Zeitschrift [56 den Wunsch, dafs 

die Exegeten an allseitige Prüfung der Frage nach der 
Dauer des öffentlichen Lehramtes Jesu herantreten und sich 
offen aussprechen möchten. Ich erkenne in diesem Wunsche 
ganz den eigenen und erlaube mir ebendarum, mit einigen 
Zeilen noch einmal das Wort zum Gegenstande zu ergreifen. 
Nebenbei sei es vorerst erlaubt, ein kleines Bekenntnis ab- 
zulegen. Ich bin mit geheimer Voreingenommenheit für ein- 
jährige Wirksamkeit an die erste Untersuchung dieses Gegen- 
standes im „Katholik“ 1900 gegangen. Denn das ist schon 
lange meine Überzeugung, dafs Christus am 7. April 783 
(= 30 aer. vulg.) gestorben ıst. Diesem Ansatze gegenüber macht 
uns aber Lk 3,1, Jo 6,4 Schwierigkeiten, die bei der Annalıme 
einjähriger Wirksamkeit mit einem Schlage überwunden wären. 
Das Studium der Tradition schien mir auch immer mehr diese 
Annahme zu bestätigen, so dals ich schon mit Bebber der 
Überzeugung war, die Aufstellung mehrjähriger Wirksamkeit 
sei ein Werk des Vaters der Kirchengeschichte Eusebius. Als 
ich aber ın den Irenäus genauer Einsicht nahm, da schwand 
mir aller Glaube an die bereits lieb gewonnene Annahme 
unter den Händen. Darum muls sich wohl eine Neuunter- 
suchung des Gegenstandes geradezu in erster Linie mit Irenäus 
auseinandersetzen. Wenn dieser gewichtige Zeuge, der dem 
Johanneischen Jüngerkreise in Kleinasien nahe gestanden, als 
Patron der Streichung des Pascha Jo 6, 4 mit gutem Grunde 
vorgeführt werden könnte, dann hätte nach meiner Überzeugung 
die Situation schon eine wesentliche Anderung erfahren. Auch 


374 Nagl, Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. 


des Origenes Stellung zur Frage bedarf der Beachtung. Wem 
Prof. Belser das Ansehen des Origenes als Kritikers so sehr 
betont (a. a. 0.57), so ist das recht schön. Ich will da gar 
nicht ein „Aliquando dormitat etiam bonus Homerus“ geltend 
machen; sondern auch nach meiner Ansicht war die Annahme 
einjähriger Wirksamkeit schon seit langem traditionell. Dal; 
sie das werden konnte, kann mit Rücksicht auf den schein- 
baren Schriftbeweis aus Lk 4,19 = Is 61,2 und auf die bis 
damals gewohnte fast ausschlielslich erbauliche Benützung der 
Schrift keine Schwierigkeit haben. Wie schwer es aber ist. 
sich von herkömmlich traditionellen Ansichten frei zu machen, 
weils jeder Eingeweihte. 

Wenn sodann Prof. Belser für die Streichung des un- 
bequemen deurtepöntpwrov Lk 6,1 ein Argument daran ge 
wonnen zu haben glaubt (S. 61), dafs Pharisäer zur Zeit des 
in Rede stehenden Pascha in Galiläa zu treffen sind, während 
man doch diese gesetzesstrengen Leute am Feste in Jerusalem 
erwarten muls, so ist daran zu erinnern, dafs der Ausdruck 
dunkel ist und bis heute noch keine sichere Deutung gefunden 
hat. So nahe der damit bezeichnete Sabbat an das Paschaiest 
heranzurücken ist, so steht darum noch nicht fest, dals er in 
die Paschaoktav selbst hineinfällt.e. Und damit entfällt dıeser 
„wichtige“ Bestätigungspunkt. 

Übrigens ist ja diese Stelle Lk 6,1 ebensowenig wie Jo43 
die eigentliche entscheidende Instanz in unserer Frage. Ich 
habe darum selbst zwei- oder dreijährige Wirksamkeit als frei 
disputablen Gegenstand hingestell. Wenn ich dreijähriger 
Wirksamkeit den Vorzug gab, so geschah das nur, weil diese 
Anschauung am einfachsten dem Wortlaute der evangelischen 
Berichte gerecht wird. Ich bin mir aber dabei bewulst, dal 
nicht immer die einfachste Auffassung auch die richtige :st 
Hauptinstanz ist und bleibt Jo 6,4, wie auch Prof. Belser 
betont (S. 170—174). Die Streichung des ndoya, das allgemeis 
überliefert ist, ist zufolge der Zahl und des Alters der Texte 
zeugen der evangelischen Berichte eine kritisch sehr schwel 
wiegende Tat. Da kann es in keiner Weise genügen, dals 





Nagl, Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. 375 


man aufzeigt, es hat in altchristlicher Zeit eine weitverbreitete 
Tradition über die einjährige Wirksamkeit bestanden; sondern 
man muls zeigen, diese Tradition ist apostolische, d. h. von den 
Aposteln und Augenzeugen her überlieferte Tradition. Der 
Beweis, den man bisher dafür geführt hat, ist mir angesichts 
der Begründung, die die ältesten Vertreter einjähriger Wirk- 
samkeit beibringen, und der Art und Weise, wie sich die ersten 
Vertreter mehrjähriger Wirksamkeit aussprechen, von zweifel- 
haftem Werte gewesen. Aber wenn es gelingt, aus der Tra- 
dition solche Momente geltend zu machen, dals man mit ruhigem 
Gewissen das zitierte Pascha streichen kann, dann ist das ganze 
Problem mit einem Schlage gelöst. Denn was die Zuteilung 
des Erzählungsstoffes der Evangelien an ein Jahr betrifft, so 
ist ja diese nach meiner Ansicht nie im physisch-mathe- 
matischen Sinne aufzufassen gewesen, sondern nur im historisch- 
psychologischen Sinne, d. h. mit Rücksicht auf die Entwicklung, 
die das von Christus in das Herz seiner Jünger und des Volkes 
gelegte Samenkorn des Evangeliums nach Christi eigener Er- 
wartung gemacht haben sollte und gemacht hat. Aber auch so 
führt die Aufteilungsarbeit über eine gewisse Wahrscheinlichkeit 
nicht hinaus. Belser hat sich, obschon gerade nicht erstmals, so 
doch ganz vorzüglich 8. 161ff um die Zeichnung des einjährigen 
Wirkungsaufrisses bemüht. Nur kann auf diese Weise die 
gegenteilige Auffassung des Johannesevangeliums nicht ein- 
fach aus den Angeln gehoben werden. Auch scheint mir aus 
Josephus (Bell. lud. 6, 9, 3) nicht sicher genug die Beteiligung der 
ganzen jüdischen Männerwelt an jedem der einzelnen Haupt- 
feste gefolgert werden zu können (8. 62); im Gegenteile könnte 
man aus den verschiedenen Teilnehmerzahlen, die über zwei 
zeitlich nicht weit voneinander abstehende Paschafeste ge- 
geben werden, ein Argument für die bekämpfte Auffassung 
entnehmen. Die Sprachwidrigkeit des Ausdruckes Jo 6,4 ro 
naoxa N Eoprn rWwv ’loudaiwv, die zur Korrektur von selbst 
herausfordern könnte, steht durchaus nicht so über jeden 
Zweifel erhaben fest, wie man nach den Worten Prof. Belsers 
(S. 171) vermuten könnte. Josephus zeigt eine ähnliche Vorliebe 


376 Nagl, Zur Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. 


für die Verbindung der Begriffe &opm und raoya, wie sie 
in unserem komplexen Ausdruck bei Johannes vorliegt. Er 
sagt Bell. Iud. 2,1, 3 N twv dluuwv &oprm, f} naoxa xakeitaı; 
6,9, 3 o0d' Evotaong &oprig, nacyxa xakeitaı; Ant.14,2,1(18,2,2) 
n tWwv Aaluuwv &oprn, nv naoxa Atyouev (vgl. 18, 4, 3); 20.5, 3 
TuS TAoxa TTpodayopevouevng &oprig Evoraons — Ausdrucks- 
weisen, denen vollkommen Lk 22,1 fh &opm rtwv aliuwv N 
Aeyouevn rracoxa entspricht — und 10, 4, 5 nv aluuwv &oprnv 
kai nv tdoxa' Aerouevnv (Mk 14,1 To nüoxa xai ta dluua). 
Wenn dann Johannes Ausdrucksweisen wie N} &opm Twv lou- 
dalwv f} oxnvornyia 7,2 und TO naoxa tüv lovdatwv (beachte 
ohne Atyeraı, Kakeitaı, TTPOGaYopeveran) 2, 13 gebraucht, warum 
sollte er dann nicht auch TO naoya N} &oprr twv ’loudalwv an- 
gewendet haben? Mit Sprachwidrigkeit wird sich also schwerlich 
die Streichung des naoxa begründen lassen. Dals &opm auch 
im Sinne der ganzen Festesoktav bei Johannes gebraucht wird, 
darüber können Stellen wie Jo 7, 14. 37; 12, 12 mit 12,1 keinen 
Zweifel lassen. 

Die Entscheidung kann darum nur von einem genügenden 
Traditionsbeweis erwartet werden. Die Hauptinstanzen des 
Beweises noch einmal möglichst scharf zu betonen, das war 
der Zweck dieser Zeilen. Und das möge auch ihre Ent- 
schuldigung sein. Die Fragepunkte scharf umschreiben heilst 
ja auch an der Förderung eines Problemes arbeiten. 


Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


Von Friedr. Maier in Freiburg i. B. 


ie Exegese von Jud 5, auf die sich unsere Studie als 

Vorläuferin einer Arbeit über die Abfassungszeit des 
Briefes beschränken soll, kulminiert schlielslich, von einigen 
Schwierigkeiten der Einzelerklärung abgesehen, in der Fest- 
stellung des inneren Verhältnisses, in dem der Vers zum Vor- 
ausgegangenen und Folgenden steht, in der Eruierung der 
Stellung und Bedeutung, die ihm im ganzen Gedankenkomplex 
als einem Glied desselben zukommt — setzt also, konkret ge- 
sprochen, die Analyse des Briefes und die Exegese des grund- 
legenden zweiten Eingangsverses (Jud 4) voraus. Ist das Resul- 
tat dieser auch ohnehin schon interessierenden Vorunter- 
suchungen sichergestellt, so ist damit auch für die Exegese von 
Jud 5 eine unangreifbare Basis gewonnen. Im Grunde ge- 
nommen erübrigt dann nur noch die negative Seite der 
speziellen Auslegung, insbesondere die Kritik bzw. Wider- 
legung entgegenstehender Anschauungen. 


I. Disposition und Gedankengang des Briefes. 


1. Kommentare und Einleitungen lassen sich für die Er- 
mittelung des inneren Gedankenzusammenhangs des Briefes 
wenig fruktifizieren. Manche Dispositionen sind zu äulserlich, 
manche zu künstlich und detailliert, einige sind abgekürzte 
Reproduktionen, andere paraphrasierende Inhaltsangaben der 
einzelnen Verse: man hat die Elemente in der Hand, fehlt 
leider nur das geistige Band. Bei alledem viel Willkür und 
wenig Übereinstimmung! 


378 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


a) Von der Grufsüberschrift und dem Segenswunsch (V.1f) 
sowie der Schlulsdoxologie als dem äufseren Rahmen des Briefes 
absehend, nimmt eine grölsere Zahl von Erklärern (Cornely, 
Trenkle, Belser, Wiesinger, Holtzmann, Jülicher, Burger, 
Wandel) ! nach Analogie der paulinischen Schriftstellerei für 
den Hauptteil des Briefes zwei selbständige Gedankenkreise 
an, deren gemeinsames Zentrum die Irrlehrer sind: Der erste, 
historisch-didaktische Abschnitt (V. 5—16) hat Wesen und 
Gericht der Irrlehrer zum Gegenstand, der zweite, praktisch- 
paränetische Abschnitt (V. 17—23) normiert das Verhalten 
der Adressaten des Briefes im Gegensatz zu dem Treiben 
der Irrlehrer (V. 17—21) und gegenüber den von diesen ver- 
führten oder angesteckten Irrenden (V. 22f). Dieselbe Ein- 
teilung, nur mit anderer Abteilung haben de Wette, Rampf, 
Sieffert akzeptiert; sie nehmen V. 5—19 zusammen und be- 
schränken den praktischen Teil auf V. 20ff (ähnlich v. Soden?). 

Diese Dispositionen des Hauptteils mit einem gewissen 
gegensätzlichen Charakter der beiden Teile sind die üblichen; 
beide sind m. E. nicht ohne Gewalt und zur vollen Befriedigung 
durchzuführen. Den Prüfstein bilden V. 17f mit ihrem zwitter- 
haften Charakter. Sie vom fraglichen ersten Teil loszureiisen, 
geht der Ideenverwandtschaft wegen nicht wohl an (Prophetie 
über die Irrlehrer in Fortsetzung von V. 14f); die beiden 
Verse bilden den Abschluls und die Krone der ganzen histo- 
risch-didaktischen Argumentation. Wählt man aber in rich- 
tiger Empfindung dessen die von de Wette u. a. beliebte 
Zweiteilung, so spielen nicht nur die drei kleinen Verse 20f 
neben dem sechsmal so grolsen ersten Abschnitt eine sehr 
ungleiche Rolle, sondern es kann auch direkt und mit 
Recht der paränetische Geist von V. 17 sowie die antithetische 
Struktur von V. 16—21 dagegen angeführt werden, in der sich 
äulserlich die Einheit und Zusammengehörigkeit der beiden 


ı Burger, Belser, Wandel mit Unterabteilungen: (&—11, 12—15 


bzw. 16) (16 bzw. 17—23). 
2 v. Soden: 5—11, 12—18, 19(!), 20ff. Warum von V. 12 an plötz- 


lich die umgekehrte Ordnung? 


Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 379 


Teile dokumentiert. Beide Gliederungen übersehen aulser- 
dem einen gewissen Parallelismus der Gedanken, der wie der 
grammatische oder syntaktische Parallelismus, dessen Spuren 
besonders Ewald gefolgt ist, mit feiner Zierlichkeit den ganzen 
Brief beherrscht und durchzieht. Deshalb dürfte es auch 
den Anhängern beider Dispositionsversuche schwer 
fallen, für die öftere Unterbrechung der Irrlehrer- 
charakteristik ein einheitliches, ausreichendes Motiv 
ausfindig zu machen. Die mit Vorliebe angerufene Erregt- 
heit des Schriftstellers ist ein zu billiger Notbehelf. 

b) Betrachtet man V. 3—23 als den eigentlichen Körper 
des Briefes, so wird es einfacher und natürlicher sein, einen 
nur eingliedrigen Hauptteil anzunehmen, der durchweg 
argumentatorischen Charakters ist und mit einer historischen 
Einleitung (V. 3f = Zweck, Veranlassung und Thema des 
Briefes) eröffnet und einer kleinen Exhortation geschlossen 
wird (vgl. Jülicher. Für den engeren Hauptteil (V. 5—19) 
würde sich der von Judas gewählte Einteilungsgrund unschwer 
darbieten. Rampf, Ewald, Wiesinger haben ihn bereits, wenn 
auch noch nicht in dieser pointierten Schärfe, herausgestellt: 
Die äceßeis ım Lichte der Geschichte und Weis- 
sagung: der atl Geschichte V. 5—10, 11—13, der atl Weis- 
sasung V. 14-16 (Henoch) und der ntl Weissagung V. 17—20 
(die Apostel). Äufserlich manifestiert sich diese (Zwei-) Drei- 
(oder Vier)teilung in den ohne Zweifel miteinander korrespon- 
dierenden und scharfe Einschnitte markierenden Wendungen 
und Ausdrücken: oi nakcı nporerpauuevor Kri. V. 4, Enpopr- 
Tevoev de Kai Krk. V. 14 und yvrodnte TWv Pnudtwv TWV 
tpoeıpnuevwv xt\. V.17. Jedesmal wird hierdurch etwas Neues 
angekündigt, jedesmal ein neues Argument gegen die Irrlehrer 
in die Wagschale geworfen. Jede der Unterabteilungen hat 
dann zwei (die erste vielleicht 2x2) deutlich distinguierte 
Parallelglieder: Typus und Antitypus, ihr Wesen und Ende, 
ihre Schuld und Sühne. Von den historischen und prophe- 
tischen Typen wird der Übergang und die Anwendung auf die 
Erscheinungen der Gegenwart gemacht, die nicht an sich, 


380 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


sondern nach der ganzen Tendenz des Briefes im steten Hin- 
blick auf die Vorbilder und Weissagungen der Vergangenheit 
charakterisiert werden. Den Antitypen sind die scharf her- 
vorgehobenen, zum Teil (V. 12a, 16c, 19) sehr konkreten und 
individuellen oüroı-Partien (V. (8), 10, 12; 16; 19) gewidmet, die, 
an die vorausgegangene Typusschilderung mehr oder weniger 
anknüpfend, denkwürdigerweise alle mit der summarischen 
Irrlehrercharakteristik V.4 ım innigsten Zusammenhang stehen 
und in geschickt fortschreitenden Variationen den dort aus 
gesprochenen Grundgedanken sich widerspiegeln lassen. Schon 
diese Beobachtung allein lälst unzweideutig das Warum der 
Übereinstimmung durchblicken: Jud 5ff gilt der Begrün- 
dung von Jud 4 (de Wette, Sieffert) — nach welcher Rich- 
tung hin, verraten im Zusammenhalt mit dem Text schon die 
bisherigen Ausführungen, auf die bei der Exegese von \.4 
selbst noch erwünschtes Licht fallen wird. 

Die Ausführung ist, wie nachträglich zugegeben sein 
mag, von schwankender Ausführlichkeit. Mit sichtlicher Vor- 
liebe scheint der Apostel bei dem kraft- und wirkungsvoll 
geschriebenen ersten Teil zu verweilen; hat er sich hier 
neben dem dreiteiligen Doppelargument (V. 5ff, 11) und 
den packenden, lebensvollen Naturbildern (V. 12b f) sogar 
noch eine kleine Digression (V. 9) gestattet, so ist die Dar- 
stellung der beiden andern Punkte bei der Vorbildlichkeit 
des ersten und der drängenden Notlage kürzer und prägnanter, 
was jedoch der Deutlichkeit und ihrer Selbständigkeit keinen 
Eintrag tut. Der letzte Teil mündet in eine kleine, der Ein- 
leitung V. 3f entsprechende Schlulsparänese aus, die, well 
aus dem Vorausgegangenen ganz von selbst herauswachsend, 
sich mit weniger hervortretender Begrenzung vom Hauptteil 
abhebt. 

2. Dals diese Disposition nicht unbegründet ist (rgl. 
namentlich Ewald und v. Soden), wird jeder zugeben, der sich 
nicht an kleinen Ungleichheiten stölst oder über unbedeutenden 
Nebensächlichkeiten die grolse Hauptsache vergifst, die Mög- 
lichkeit und Notwendigkeit einer einheitlichen Auffassung 


Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 381 


und Erklärung des Briefe. Dafs aber die Lösung dieser 
Kardinalfrage ohne unsere Gliederung sehr problematischer 
Natur ist, bedarf keines Hinweises. Der Gedankengang 
des heiligen Verfassers wäre kurz analysiert etwa folgender: 

a) Von Sündern gleicher Gattung mit denen, die sich in 
den Leserkreis des Briefes eingeschlichen haben, ihrem tiefen 
Fall, Untergang und künftigen Gericht enthält schon die Ge- 
schichte des AT warnende Beispiele: a) das Schicksal des 
ungläubigen Altisrael (V. 5), der stolzen, abtrünnigen Engel 
(V. 6), der unzüchtigen Städte Sodoma und Gomorrha, Adama 
und Zeboim (V. 7). Trotzdem die gegenwärtigen Verführer 
diese für sie typischen Strafexempel der Vergangenheit kennen, 
frönen sie verwegen (vgl. V.9) denselben Lastern und Freveln 
(deren abscheuliche Grölse noch durch den Kontrast zu dem 
Verhalten des Engelfürsten Michael illustriert wird), um 
schliefslich — eine selbstverständliche, V. 14 explizierte Kon- 
sequenz — von demselben Verderben in die ewige Finsternis 
dahingerafft zu werden; b) Kain, der Urtypus der Sünder 
oder wie „beim späteren Judentum Symbol des Skeptizismus, 
der die übersinnlichen Dinge verachtet und verspottet“ (v.Soden 
207 im Anschluls an Schneckenburger, Spitta), der gewinn- 
süchtige Bileam, der aufrührerische Koreh (V. 11). 

Während die erste Trilogie die Irrlehrer nach Wesen 
und Ende an sich charakterisiert hat, falst die zweite sie 
konkreter und persönlicher unter dem Gesichtspunkt der Ge- 
meindemitgliedschaft (Spitta, Burger, Wandel, Belser), was 
auch das gemeinsame Charakteristikum der drei vorgeführten 
Geschichtsbilder ausmacht. 

Die oüroı-Partie (V. 12f) ist hinsichtlich des tertium com- 
parationis freilich etwas rätselhaft; sie darf nicht als voll- 
kommen ebenbürtige Parallele zu V. 5 ff aufgefalst werden, 
sondern nimmt vielmehr eine Art Mittelstellung ein, rekapitu- 
liert kurz das Vorausgegangene (vgl. die Berührung zwischen 
Kain und V.10a(?), Bileam und V.10b, Koreh und V. 8), 
zıeht mit oVati die conclusio aus V.5fl, um dann mittels der 
rück- und vorwärtsblickenden (V. 16) Naturbilder, speziell mit 


382 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


olg Zöpog .... Tempntaı ungezwungen und natürlich zu Henochs 
Gerichtsprophetie überzuleiten. Der äufsere Zusammenhang 
und die Motivierung des Einzelausdrucks ist auch hier nicht 
zu verkennen: N nAavn ... E&Zexuöncav: xünara dypıa (vgl. 
auch die Verwandtschaft des Bildes mit A dvnıkoyia Toü K.), 
agTtepes nAaviitaı; Tod Bakaau uıcdoü: EauTols TTOIHAIVOVTES; 
dem ganz allgemein und unbestimmt klingenden N dÖöwW Toü 
Kaiv Enopeußnoav entsprechen die landläufigen Bilder von (der 
wasserlosen Wolke und) dem unfruchtbaren Baum. Sollten 
diese leisen Reminiszenzen nicht auch die Definition des Ver- 
gleichungspunktes unterstützen, der dann mehr auf die innere 
Gesinnung als auf die äufsere Tat reflektieren würde? 

b) Das Urteil, das die Geschichte zum voraus über die 
Irrlehrer ausgesprochen hat, bestätigt der Mund des alten 
Propheten, dessen endgeschichtliche Gerichtsweissagung 
dem bisherigen mehr zeitgeschichtlichen Gericht (@Beipovraı 
V. 10, anwAovro V. 11), das Judas prophetisch voraussieht, 
nachdrucksvoll gegenüber- und zur Seite tritt (V. 14f). Das 
Gericht, das Henoch den doeßeis (vgl. V. 4!) verkündigt hat, 
zielt auch auf die gegenwärtigen Verführer, auf die, wie V.15 
nachgewiesen wird, des Propheten Schilderung Zug für Zug 
hindeutet („nepi navrwv TWv oxinpüv, üv EAdAnoav xar 
-QUTOU“: Yoyyucrai peuwinompor, TO OTOna Auakei ÜTIEPOYKA; 
‚epva Adeßeiag“ exemplifiziert durch xara Tüg Emiduniag TIO- 
pevönevor vgl. V. 5. 7. 8. 10 und Bauualovres np6owna WEe- 
Aciag xapıv vgl. Bileam Y. 11). 

c) Dals und warum die Gottlosen des Neuen Bundes wie 
ihre unglücklichen Vorbilder im Alten vom Strafgericht Gottes 
werden getroffen werden, haben V. 5—7, 14f, bzw. V.8-13, 
16 dargelegt. Zum Nachweis der Berechtigung, die Libertiner 
nicht nur mit den atl Sündertypen in Parallele setzen, sondern 
auch die Henochprophetie eschatologisch auf sie deuten zu 
dürfen, und als höchste Instanz überhaupt wird jetzt die uner- 
schütterliche (starke Betonung des uvno@nTte wegen &umoiktan?) 
Autorität der Apostel (V.17f) angerufen, die für die End- 
zeit das Auftreten ebensolcher Spötter und Fleischesmenschen 


Rent gr A 


ne 


Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 383 


ın Aussicht gestellt haben: Die Weissagung beginnt sich zu 
erfüllen, das Gericht ist nahe. Beachtenswert ist die mit der 
Weissagung selbst gegebene Wiederkehr der konstitutiven 
Elemente der Antinomisten: &unaixtaı = dpveiodaı V. 4, Biu- 
Opnueiv V. 8, Unepoyka Aakeiv V.16; xatd ... TTOpevönevor = 
aceıyeıa V. 4, odpxa yiaiveıv V.8; vgl. ferner V.10,16. Dals 
aulser dem kleinen V. 19, der abschliefsend die dgeßeis als 
Psychiker, als niedrige Materialisten charakterisiert, dem apo- 
stolischen Wort keine längere Erörterungen angehängt werden, 
ist psychologisch und pädagogisch bestens begründet; die tief- 
gehende Wirkung des kurzen, aber inhaltschweren Appells wäre 
sonst nur abgeschwächt worden. 

Damit ist Judas auf dem Gipfel- und am Schlufspunkt 
seiner teilweise stark polemisch gefärbten Argumentation an- 
gelangt; psychologisch fein und geschickt und an ein Schlag- 
wort der Gegner anknüpfend läfst er sofort das Ganze in eine 
kurze, resumierende Paraklese ausklingen, die, V. 17 einge- 
leitet, mit dem Segenswunsch und der Schlulsdoxologie in be- 
deutsame Korrespondenz gesetzt wird. 

Ist diese Analyse, die bei der Kürze des Briefes mehr ge- 
ahnt und nachempfunden als bewiesen werden kann, in der 
Hauptsache richtig, so haben wir V.16 bzw. 20—23 die zum 
ersten Male deutlicher zu Tage tretende Ausführung des 
V. 3b ausgesprochenen Zweckes des Briefchens: nmapakalWv 
enaywvileodaı N ... miote; für die Weiterführung der V.5 
anhebenden Gedankenreihe kann daher V. 3b nicht in An- 
spruch genommen werden; dagegen ist es, wie schon oben! 
angedeutet, keine fernliegende Vermutung, dals V. 4 mit der 
V.5 beginnenden Argumentation wenigstens einleitungsweise in 
Beziehung steht. Diese Vermutung wird zur Gewilsheit durch die 


IL Erklärung von Jud 4. 


Was zunächst in die Augen fällt, ist der durchaus pro- 
grammatische und thematische Charakter, der den Vers aus- 
zeichnet und eine konkrete Ausführung und Spezialisierung 


ı Vgl. S. 4ll. 


384 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


mit Sicherheit erwarten lälst. Dafs diese unmittelbar 
folgen muls, ist so natürlich und selbstverständlich, dafs die 
Diskussion über das Henochzitat als einzig oder vorzüglich 
in Betracht kommende Illustration (Wiesinger, Ewald) auf 
sich beruhen kann!. Das Nächstliegende ist, V. 5—7 unter 
dem V.4b gegebenen Gesichtspunkt näher ins Auge zu fassen. 
Die Einzelerklärung des Verses, mit dem sich berechtigter- 
weise nur wenig exegetische Operationen vornehmen lassen, 
gibt uns recht, 

Aus der rein sprachlichen Betrachtung ergibt sich 
folgendes: 

1. oi nakcı npoyerpannevor eis TOÜTO TO xpiua ist eine in- 
haltlich bedeutungsvolle, selbständige Parenthese, die als 
solche durch den vorgesetzten Artikel und das folgende, nach- 
drucksvoll isolierte doeßeigs von den Partizipien des Haupt- 
satzes, den Appositionen zu doceßeic, deutlich und bestimmt 
geschieden ist? Jede andere Konstruktion oder Interpunktion 
macht aus der formell und materiell kunstvoll abgerundeten 
propositio nicht nur einen stilistischen, sondern, was noch 
schiimmer ist, auch einen logischen Torso. Verfehlt ist auch 


ı Dals das Henoch,„zitat“ unter makaı trpoyeyp. V.4 wenigstens mit- 
einbegriffen ist (so die meisten), halte ich für eine zwar nicht unmög- 
liche, aber doch schwierige Annahme, namentlich wegen der emphatischen 
Einführung des Verses durch rpoegprjteuoev dE xai(!) TouToIs KTA. (vgl. 
Ewald 93), während das auf npoyeyp. zurückgreifende drouvrjoar selbst 
nur V. 5—7 einleite. Vom Standpunkt der Forscher, die xpiua = Ge- 
richt nehmen, kommt hinzu, dals ToOTo ro xp. dann etwas Fertiges, Ge- 
schehenes voraussetzt, während V.14 noch schwebt. Belser u. a. müssen 
aulserdem tpoyeypanuevor dieser Auffassung nicht günstig finden (vgl. 
Belser 720 mit 682, 684 ff. Die Ausführung von mpoyeypannevor sich 
noch auf die drinara td rpoeipnneva tWÜv Anogr. (ötı EAeyov Vuiv!) 
erstrecken zu lassen (Bengel, Siefiert), ist vollends unbegründet. 

2 üceßeig mit den beiden sich anschlielsenden Untergliedern ist adjek- 
tivisches Attribut zu dv8pwrrot (vgl. Vulg.), nicht etwa zu ol tr. ttpoyeyp. oder 
selbständiges Substantiv. Die erste Beziehung engt V.4a zu sehr ein — 
Judas spricht nicht von einer bestimmten, in den aufgetretenen Irr- 
lehrern zu erfüllenden (und erfüllten) Vorausdarstellung — die zweite 
trennt ävöp. grundlos von dem Hauptbegriff doeßeig und verlegt so den 
Schwerpunkt zu sehr nach vorn. 


gg 


Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 385 


die Annahme, V. 4a und V.4b seien zwei koordinierte Haupt- 
glieder (Rampf u. v. a.); dann hätte doeßeig wohl an die Spitze 
treten müssen. Der Gedanke des Hauptsatzes, der dadurch 
kurz unterbrochen wird, lautet: napeıaeducav yap Tıves AvOpw- 
tor .. . Acdeßeis, nv TOD Heoü AuWv xaApıra nerartidevres eig 
aceAyeıav Kai TÖV HOVoV dEOTÖTNV Kai xKüpıov Auwv ’Incoüv 
Xpıotov Apvounevor. Der Sinn ist klar und bedarf kaum einer 
näheren Erklärung: Anlals (yäp) zu meinem unfreiwilligen 
Schreiben (avayınv &oxov V. 3) gab das Auftreten gottloser 
antinomistisch-libertinistischer Verführer. 

2. Der Gedanke der parenthetischen Einschaltung hat 
wegen seiner Zweifelhaftigkeit verschiedenste Auslegung er- 
fahren, je nach der Interpretation, die man dem mehrdeutigen 
ttpoyerpaunuevor und dem nicht minder dunklen eig toüto TÖ 
xpiua angedeihen lies. Es fragt sich, was die Worte im 
einzelnen bedeuten, wie die Präpositionalverbindung zu fassen 
ist, wehin das konkrete toüto zielt, was sachlich gemeint ist. 
Einseitige Versteifung auf nakaı rpoyeyrpauuevon, die eis TOUTO 
To xpina fast gänzlich ignoriert oder die Tendenz der aposto- 
lischen Beweisführung übersieht, führt die Exegese auf Irr- 
wege; ebenso verkehrt und gefährlich ist es, eig ToÜTO TO xpina 
auf Kosten von npoyeypauutvor und V. 4b zum Prinzip der 
V. 5 beginnenden Gedankenentwicklung zu erheben. Keiner 
der beiden Ausdrücke ist bedeutunglos, jeder hat im Kontext 
entsprechende Berücksichtigung gefunden und mulste sie finden, 
maAcı Trpoyeyp. wegen Seiner hervorgehobenen Stellung, xpiua 
wegen des sonst in der Luft schwebenden roüto. 

mpoyeypannue&voı ist durch seine Stellung (gegenüber 
eis ToÜTO TO xp.) und durch den Zusatz nakoı stark akzentuiert. 
Sein primärer Charakter gegenüber xpiua ergibt sich auch aus 
der grammatikalischen Abhängigkeit, in der sich dieses von 
ihm befindet. Subjekt des npoyeypapdaı sind nach dem ganz 
präzisen Wortlaut des Textes die äoeßeis, nicht etwa, auch 
logisch nicht, xpina, in welchem Falle ‚Judas etwa die Formel 
wv oder oig makaı rrpoyerpauutvov (TOUÜTO) TO xpina gewählt 


hätte. Diese Auffassung, nach der in der Gesamtvorstellung 
Biblische Zeitschrift. II. 4. 25 


386 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


oi naAaı TpoYerp. eis ToUTo TO xp. der Verbalausdruck die 
Brücke zum Folgenden schlägt (mag auch logisch das Interesse 
mehr auf xpina zu ruhen scheinen), wird durch einen flüchtigen 
Seitenblick auf 2 Petr 2 bestätigt; vgl. 2 Petr 2,3 f: oig to!) 
xpina Exrralaı oUK Apyei kai N Arwäeıa (nicht identisch mit 
xpiua, sondern Vollzug desselben)! oU vuotaleı. ei Yap(!).... 
mit Jud 4 und 5 (vgl. auch S. 389). 

Der Ausdruck npoyeyp. korrespondiert zweifellos mit &rpo- 
pnreuoev de xaı V. 14 und tWv Pnkatwv TÜV TTPOEIPNUEVWYV 
V.172, was mit malaı für die temporale Bedeutung des npo 
und den natürlichen, nicht prägnanten Gebrauch des yYpageıv 
spricht. Die wörtliche Übersetzung durch vorausgeschrieben, 
vorausgezeichnet, designati, praefigurati wird unterstützt durch 
das Gewicht des ntl Sprachgebrauchs (Eph 3, 3; Gal 3, 1; 
— vgl. dazu auch Röm 15, 4; Act 1,16); auch ndAaı, zu dem 
Hebr 1,1 und 2 Petr 2, 3; 3, 5 zu vergleichen ist, stimmt am 
besten zu dieser Fassung. 

3. Die Näherbestimmung des rpoyeyp. durch eig Toüto 
to «kpina, auch heute noch eine wahre crux interpretum, Ist 
in jedem ihrer Teile dunkel. 

a) Die Hauptschwierigkeit liegt bei roüro. Eine der 
nächstliegenden Vermutungen zu seiner Erklärung ıst die von 
Calvin, Mayerhoff, Wiesinger, Schott, v. Hofmann vertretene Auf- 
fassung, wonach rToüto auf rapeıocducav zurückblickt, welches 
das xpiua (= xartakpına) im Sinne von Jo 3,18 f; Gal 2,1] 
bereits in sich schlielst. Gegen diese Annahme, die im Text, 
d. h. in dem weniger deiktischen, sondern zunächst auf Be- 
kanntes, Gesagtes zurückweisenden tToütTo eine gewisse Stütze 
hat, durch den Kontext aber nichts weniger als nahegelegt 
wird, ist der Umstand entscheidend, dals das Gericht über 
die Libertiner nicht als schon erfolgt, sondern als erst zu- 
künftig über sie hereinbrechend gedacht ist (vgl. obai auroig 





t Daher hier allerdings xpina statt sententia damnatoria (Jud 5) 
ungewöhnlich — xardxpına, poena condemnationem sequens (so Rom 8, ]; 
6,16 u. 18; Deilsmann, Bibelstudien II [1897] 93). 

2 Vgl. S. 379. 








Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 387 


V. 12, bes. V. 14f). Der offenkundige Zusammenhang mit 
V. 5ff mufs geleugnet werden. 

Hofmanns Deutungsversuch wäre allmählich wohl ver- 
schollen, wenn ihn nicht Zahn (II 80f, 87 A. 9) wieder ans 
Licht gezogen hätte. Der Erlanger Gelehrte lälst toVTo sich 
ebenfalls auf das napeıoeducav der Irrlehrer beziehen, ver- 
steht aber darunter „nicht ein Gericht, welches an ihnen oder 
von ihnen vollzogen wird, sondern ein Gericht an den Ge- 
meinden, in welche sie eingebrochen sind“ (unter Berufung 
auf Jo 9, 39; 3,19; 1 Kor 11,19). Die Schwächen der Hof- 
mannschen Auffassung sind geschickt vermieden oder ver- 
deckt, dafür hängt aber Zahns Erneuerungsversuch vollständig 
in der Luft. Mit der Idee der Scheidung der Geister, die 
Z. ohne irgendwelche textliche oder kontextliche Anhalts- 
punkte, vielmehr direkt gegen den Kontext in den Vers hinein- 
trägt, dürfte weder napeaıoeducav V.4 noch die Anklage V. 19 
und die Mahnungen V. 20ff sonderlich harmonieren; der Hin- 
weis auf 1 Kor 11, 19 wird dadurch hinfällig. 

Die Bezeichnung der aoeßeig als oi nakaı TTPoYerpauuevoı, 
worin man einen Hinweis auf das AT erblickte, und die 
weitere Beobachtung, dafs V. 5—7 verschiedene atl Straf- 
gerichte als Typen des Schicksals der Libertiner erwähnt 
werden, lie[s andere bei roüto TO xpina an das V. 5fl erst zu 
schildernde Gericht denken (Clem. Alex., Vulgata, Bengel, 
de Wette, Huther, Arnaud. Stier, Fronmüller, Keil, v. Soden, 
Wandel, Rampf, Belser). Dem ist entgegenzuhalten: 1) Nicht 
das xpiua ist für die Irrlehrer, sondern die Irrlehrer sind eig 
ToÜTO TO xpinua vorausgeschrieben. Soll letztere (Haupt)- 
vorstellung V. 5ff begründet werden, so ist mir die Annahme 
einer derartigen Prolepsis von xpiua schwer begreiflich, um so 
mehr, als die Exemplifikation nicht unmittelbar folgt, sondern 
durch V. 4b zurückgedrängt wird. Der Ausdruck „voraus- 
geschrieben zu diesem Gericht“ ist unnatürlich, nicht nur 
wenn man erklärt: zu diesem Gericht, dem die V. 5—7 vor- 
geführten Typen verfallen sind, sondern auch bei der Er- 


gänzung: zu dem Gericht, das ich V. 5ff darstellen werde. 
25% 


378 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


a) Von der Grufsüberschrift und dem Segenswunsch (V.1f) 
sowie der Schlufsdoxologie als dem äufseren Rahmen des Briefes 
absehend, nimmt eine grölsere Zahl von Erklärern (Cornely, 
Trenkle, Belser, Wiesinger, Holtzmann, Jülicher, Burger, 
Wandel)! nach Analogie der paulinischen Schriftstellerei für 
den Hauptteil des Briefes zwei selbständige Gedankenkreise 
an, deren gemeinsames Zentrum die Irrlehrer sind: Der erste, 
historisch-didaktische Abschnitt (V. 5—16) hat Wesen und 
Gericht der Irrlehrer zum Gegenstand, der zweite, praktisch- 
paränetische Abschnitt (V. 17—23) normiert das Verhalten 
der Adressaten des Briefes im Gegensatz zu dem Treiben 
der Irrlehrer (V. 17—21) und gegenüber den von diesen ver- 
führten oder angesteckten Irrenden (V. 22f). Dieselbe Ein- 
teilung, nur mit anderer Abteilung haben de Wette, Rampf, 
Sieffert akzeptiert; sie nehmen V. 5—19 zusammen und be- 
schränken den praktischen Teil auf V. 20ff (ähnlich v. Soden 2). 

Diese Dispositionen des Hauptteils mit einem gewissen 
gegensätzlichen Charakter der beiden Teile sind die üblichen; 
beide sind m. E. nicht ohne Gewalt und zur vollen Befriedigung 
durchzuführen. Den Prüfstein bilden V. 17f mit ihrem zwitter- 
haften Charakter. Sie vom fraglichen ersten Teil loszureilsen, 
geht der Ideenverwandtschaft wegen nicht wohl an (Prophetie 
über die Irrlehrer in Fortsetzung von V. 14f); die beiden 
Verse bilden den Abschlufs und die Krone der ganzen histo- 
risch-didaktischen Argumentation. Wählt man aber in rich- 
tiger Empfindung dessen die von de Wette u. a. beliebte 
Zweiteilung, so spielen nicht nur die drei kleinen Verse 20ff 
neben dem sechsmal so grolsen ersten Abschnitt eine sehr 
ungleiche Rolle, sondern es kann auch direkt und mit 
Recht der paränetische Geist von V.17 sowie die antithetische 
Struktur von V. 16—21 dagegen angeführt werden, in der sich 
äulserlich die Einheit und Zusammengehörigkeit der beiden 


ı Burger, Belser, Wandel mit Unterabteilungen: (&—11, 12—15 
bzw. 16) (16 bzw. 17—23). 

2 v. Soden: 5-11, 12—18, 19('!), 20. Warum von V. 12 an plötz- 
lich die umgekehrte Ordnung? 





Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 379 


Teile dokumentiert. Beide Gliederungen übersehen aulser- 
dem einen gewissen Parallelismus der Gedanken, der wie der 
grammatische oder syntaktische Parallelismus, dessen Spuren 
besonders Ewald gefolgt ist, mit feiner Zierlichkeit den ganzen 
Brief beherrscht und durchzieht. Deshalb dürfte es auch 
den Anhängern beider Dispositionsversuche schwer 
fallen, für die öftere Unterbrechung der Irrlehrer- 
charakteristik ein einheitliches, ausreichendes Motiv 
ausfindig zu machen. Die mit Vorliebe angerufene Erregt- 
heit des Schriftstellers ist ein zu billiger Notbehelf. 

b) Betrachtet man V.3—23 als den eigentlichen Körper 
des Briefes, so wird es einfacher und natürlicher sein, einen 
nur eingliedrigen Hauptteil anzunehmen, der durchweg 
argumentatorischen Charakters ist und mit einer historischen 
Einleitung (V. 3f = Zweck, Veranlassung und Thema des 
Briefes) eröffnet und einer kleinen Exhortation geschlossen 
wird (vgl. Jülicher. Für den engeren Hauptteil (V. 5—19) 
würde sich der von Judas gewählte Einteilungsgrund unschwer 
darbieten. Rampf, Ewald, Wiesinger haben ihn bereits, wenn 
auch noch nicht in dieser pointierten Schärfe, herausgestellt: 
Die doeßeis ım Lichte der Geschichte und Weis- 
sagung: der atl Geschichte V. 5—10, 11—13, der atl Weis- 
sagung V. 14-16 (Henoch) und der ntl Weissagung V. 17—20 
(die Apostel). Äufserlich manifestiert sich diese (Zwei-) Drei- 
(oder Vier)teilung in den ohne Zweifel miteinander korrespon- 
dierenden und scharfe Einschnitte markierenden Wendungen 
und Ausdrücken: oi nmakaı npoyerpaunevor Kr. V. 4, Enpopn- 
teudev de xai xrk. V. 14 und uvniodnte TWv Pnudtwv TWV 
tpoeıpnuevwv ktA. V.17. Jedesmal wird hierdurch etwas Neues 
angekündigt, jedesmal ein neues Argument gegen die Irrlehrer 
in die Wagschale geworfen. Jede der Unterabteilungen hat 
dann zwei (die erste vielleicht 2x2) deutlich distinguierte 
Parallelglieder: Typus und Antitypus, ihr Wesen und Ende, 
ihre Schuld und Sühne. Von den historischen und prophe- 
tischen Typen wird der Übergang und die Anwendung auf die 
Erscheinungen der Gegenwart gemacht, die nicht an sich, 


388 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


2) Gerade das vierte Glied der Proportion bleibt ein stummes 
x (das Gericht über die Verführer), Die fraglichen Verse 
„dienen viel eher dazu, die Frevelhaftigkeit jener argen Christen 
zu kennzeichnen, die Gott allerdings nicht ungestraft lassen 
wird, als das Gericht zu malen, dem sie über kurz oder lang 
anheimfallen werden“ (Zahn II 80; vgl. S. 389). Die Aus- 
führung des roüto wäre zu matt und kraftlos, der ganze Zu- 
sammenhang durch den ungeschickt sich dazwischenschieben- 
den V. 4b empfindlich gelockert. 

Dals man (Vulgata, de Wette, Rampf, v. Soden, Belser) 
rpoypägeıv analog dem absolut und technisch gebrauchten 
proscribere prägnant falst, macht die Sache in nichts besser. 
Im Gegenteil! npoypapeıv = vorausbestimmen ist sprachlich 
singulär; das als vollständig überflüssig empfundene Toüto 
widerstrebt jetzt erst recht; ebensowenig will die Adverbial- 
bestimmung ndAuı zum terminus technicus passen. Die An- 
nahme einer Beziehung zwischen npoyerp. und V. 5—7 (Rampf, 
Belser) wird mit dieser Auslegung fraglich. Sachlich streift 
diese Modifikation der herrschenden Anschauung stark an 
eine prädestinatianische Auffassung der Stelle, was als reine 
Eintragung durchaus abzulehnen ist. 

b) Das Prädikat „vorherbestimmt zum Gericht“ darf den 
Irrlehrern nur a posteriori im Sinne von „vorhergezeichnet 
zum Gericht“ beigelegt werden, niemals aber im Sinne einer 
göttlichen Prädestination (weder praevisi, praesciti noch prae- 
destinati im strengen Sinn). Das hat Judas keinesfalls sagen 
wollen, dagegen scheint es nicht unwahrscheinlich, dals ein 
verhüllter Nebengedanke die Wahl des zweideutigen xpiua 
veranlalst hätte (für V. 4b — Strafurteil, für V. 5bff = Straf- 
urteil und -gericht). Dieser Nebengedanke, dessen Heraus- 
stellung aber den Lesern überlassen bleibt, wäre dann aller- 
dings: Die doeßeig sind maAaı nrpoyeyp.; die atl Sündertypen 
sınd zugleich auch Gerichtstypen, die Irrlehrer sind also 
nicht nur vorhergezeichnet in ihrem abscheulichen, frivolen 
Wesen, sondern auch zum voraus verurteilt (nmpoyeyp. eig 
Toöütro — V. 4b — Trö xpiuo) und gerichtet, zum Gericht 


Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 389 


bestimmt (eis toüto TO xpina vgl. mit den verb. fin. von 
V. 5-7). So schon Clem. Alexandr. (Potter II, 1007). 

Die besprochenen Erklärungsversuche hatten das miteinan- 
der gemein, dals sie stillschweigend «xpiua= Gericht vor- 
aussetzen. Ein Vergleich von Jud 5—7 mit der petrinischen 
Parallele (2 Petr 2) erweckt doch einiges Bedenken. Bei Petrus 
ist die Vorstellung des Gerichts zweifellos der leitende Gedanke, 
wird dafür aber auch ganz anders eingeführt (oig TO xpina &x- 
rraAaı oUK Apyei kai N} ArtwAeıa(!) ob vuoTtaleı) und steht offensicht- 
lich im Mittelpunkt der ganzen ersten Hälfte des 2. Kapitels, 
dessen Verhältnis zu V. 3 durch ei yap charakterisiert wird 
(o0UK Epeloato zweimal, eig Kpicıv TNpeiv, Katakpiveıv, eig fu. 
Kpigewg np. — technische, zum Teil pleonastische Ausdrücke, 
Erweiterungen gegenüber Judas!),. Das Moment der Schuld 
tritt ganz in den Hintergrund, wird nur V. 4. 7 gestreift und da 
nur ganz nebenbei. Bei Judas liegt das Verhältnis gerade um- 
gekehrt. xpiua = Gericht ist hier von vornherein unsicher. 
Zwar spielt die Idee des Gerichts keine ganz stumme (vgl. V.8a 
unter Nachwirkung von V.7b), jedenfalls aber auch nicht die 
erste Rolle. V.4 ist xpiua durch Voranstellung des gewichtigen 
maAoı rrpoyeyp. und des ebenfalls hervorgehobenen ToüTo ziem- 
lich unbetont; schwach ıst auch das Echo V. 6b. 6. 7. 13 
(anWwAEegEv, Kpicıg, diknv Urexovcon, ZöPog...Ternp). Keines- 
falls ist es dem heiligen Verfasser darum zu tun, das Gericht zu 
malen, das Was und Wie des Gerichts einzuschärfen, vielmehr 
das Dals und Warum desselben (Gewilsheit, Verschuldung). 
Daher in V.5—7 im Gegensatz zu Petrus (vgl. Jud 6. 7: 2 Petr 
2,4. 6!) die Judas hier eigentümliche Betonung, Charakterisierung 
und Vergleichung der äuapria der vorgeführten Typen und 
ihrer gegenwärtigen Antitypen; daher die originelle Anordnung 
und Auswahl der Beispiele, die mit Rücksicht auf die Sünden 
der Irrlehrer getroffen wurde (Belser 708). Die änapria, 
nicht das «piuo, ist es denn auch, was ganz entsprechend V.7f 
als tertium comparationis herausgestellt wird. 

Spitta, Burger(?), Kühl, Wandel bleiben mit Recht bei 
der Grundbedeutung von xpiua=Urteil und betrachten ToüTto 


390 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


To xpina in Übereinstimmung mit Ewald als (proleptische) 
Zusammenfassung der Doppelglieder des V. 4b. Da die Be- 
ziehung des ToUTo auf napeıaeducav unstatthaft ist, liegt es ın 
der Tat am nächsten, eine solche zu dgeßeig xrA. anzunehmen. 
Spitta hat in eigenstem Interesse die an sich ganz einfache 
Sache ziemlich kompliziert gemacht. Nach ihm und Wandel 
ist hinter kpiua stärker zu interpungieren; oi nakaır TTPOYE'TP. 
ist nichts weiter als Einleitung des „Schuldurteils“ "Ageßeis «TA. 
Zahn (II 87 A. 9) erinnert demgegenüber mit Recht daran. 
„dals dieses syntaktische Verhältnis nur durch einen voll- 
ständigen Satz... ausgedrückt werden konnte“. Es liest ferner 
weder ein Zitat überhaupt vor, geschweige denn ein Petrus- 
zitat (Spitta, Burger, Zahn; Jülicher: „ein christliches Wort--), 
sondern das eigene konzise und mehr abstrakte Urteil des 
Verfassers, das die konkrete Darstellung der folgenden Verse 
vorbereitet und beleuchtet, noch auch dieses Urteil in der 
thetischen Form Wandels mit Ausruf- oder Anführungszeichen. 
V. 4 hat einheitliches Gepräge, das man grundlos zerstört, 
wenn man, statt Parenthese anzunehmen, einen Ein- 
schnitt macht; eig hat bei dieser Auffassung weder rein lokale 
(v. Hofmann, Spitta, Kühl) noch gar finale Bedeutung (Ewald !, 
vgl. LXX Is 4, 3; Lk 24, 20 eig xpina Bavarou), sondern mehr 
determinativen oder konsekutiven Charakter: zu dem Urteil. 
das Judas jetzt (Toüto) über die Eindringlinge ausspricht, gibt 
ihm das naAaı mpoyerpapbaı derselben, ihre typische Voraus- 
darstellung „Recht und Möglichkeit“ (Wandel). TTpoypapeıv 
und xpina wird dabei ihre ursprüngliche Bedeutung gelassen; 
toürto, das zum Teil auch „aus dem Kontrast zu dem durch 
nakcı verstärkten po herausbegriffen werden“ muls (Wandel), 
erhält seine nächste und natürlichste Beziehung in V.4b. TIpo- 
ypagpeıv, das, wie schon Bengel, Stier, de Wette, Fronmüller, 


ı Ewald S.83: „‚zu dieser strafthat‘, d. i. um eine solche durch gött- 
liches gericht heimzusuchende that zu vollbringen, ‚vorausgeschrieben!', d.i. 
in H. Schrift längst vorausgezeichnet und wie bestimmt“ Ähnlich wohl 
auch v. Soden 205: „entweder in einem prophetischen Buch oder... 
im Bürgerbuch der Hölle, vgl. Hebr 12, 23“. 


Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 391 


Huther, Arnaud, Wiesinger erkannt haben (vgl. auch Spitta, 
Sieffert, B. Weils), einen Hinweis auf das AT enthält, findet 
in V. 5—7 die erwartete Erläuterung. M. E. ist bei dieser 
Exegese alles ın schönster Ordnung. Wenn Spitta, um über 
V. 5—7 hinwegzukommen, in seiner Polemik gegen Huther 
behauptet, „der Hauptgedanke, dals diese Sünder ein Typus 
der Tıves dvdpwroı seien, mülste hinzugedacht werden“ (S. 311), 
so ist er offenbar im Unrecht; der von ihm vermilste Haupt- 
gedanke, der nach dem ganzen Zusammenhang übrigens auf 
der Hand liegt, ist nicht nur durch npoyeypauuevoı genügend 
angedeutet, sondern zu allem Überfluls noch V. 8 deutlich ge- 
nug ausgesprochen. 

Den Zusammenhang mit dem Folgenden bilden die ein- 
zelnen Glieder von oi makcı TTpoYeyYp. eis TOÜTO TO xp. also ın 
der Weise, dals oi nakaı rrpoyerp. mit dem Hauptton die zu 
beweisende Hauptthesis ist (geschieht durch V. 5—7 überhaupt), 
eis Toüto (V. 4b) TO xpiua mit dem Nebenton (speziell auf 
toüro) die Unterthesis (aceAyeıa, Apveiodaı bewiesen durch 
un mOTEUGAVTag, un TnpiIoavrasg, AAN” Aarokımövras, EKrropveu- 
cadar Kr\.); kpina, das in den Verbalausdrücken durchschim- 
mert, gibt dem Ganzen die eigentümliche Farbe. 


III. Erklärung von Jud 5. 


Das Resultat der Exegese von Jud 4 ist hinsichtlich des 
Verhältnisses zu Jud 5 folgendes: eig ToütTo TO xpina geht mit 
toüto auf V. 4b und als Gesamtausdruck auf die Partizipien 
von V. 5—7 (Identitätsbeweis), wobei xpiua leise an atWwAegev 
usw, anklingt. oi nakaı rrpoyerpauuevor ist das eigentliche 
probandum (durch V.5—7) und geht temporal und lokal auf 
das AT; seiner Geschichte (und Literatur) sind die ange- 
zogenen Sündertypen entnommen. Jede andere Deutung oder 
Umdeutung der Strafexempel hat damit von vornherein wenig 
Wahrscheinlichkeit für sich. 

a) Der Sinn des Verses ist für den schlichten Wortverstand 
bis auf ro deutepov klar. Jeder unbefangene Leser, der dem 
unmittelbaren Wortsinn folgt, kann keinen Augenblick darüber 


392 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


im Zweifel sein, dals der heilige Verfasser mit A\aöv... owoasg 
an die Errettung Israels aus Ägypten erinnern wilL Dais diese 
V. 5a erweckte Vorstellung in den ersten Lesern schon an 
sich und dann besonders unter dem bestätigenden Einfluts 
von Adnwiege und ToÜüg un miotevoavrag die andere Vorstellung 
von dem Nm 14 erzählten Todesgericht hervorruft, ist eben- 
falls unbestreitbar. Die Frage ist nur, ob To deutepov, das 
bis jetzt unberücksichtigt geblieben ist, diese Harmonie wirk- 
lich stört oder nicht. 

to deutepov als Zahladverb genommen heilst das zweite 
Mal, zweitens, zum zweiten Male, oft = &x deutepou, deutepov 
ma\ıv; mit mehr temporalem Charakter ist es = secundo 
loco, post (Stephanus mit Belegstellen aus Herodot), postea, 
deinde (vgl. de Wette). Inwiefern diese durchaus unanfecht- 
bare Übersetzung sich mit dem übrigen Inhalt unseres Satzes 
nicht soll vertragen können, ist mit dem besten Willen nicht 
einzusehen. Belser (S. 685) erklärt ganz richtig: „Erst rettete 
Gott... ein Volk, um es zum andern Mal zu vernichten; dem 
owoaı als ersten Akt liefs Gott das anwA&oaı (sic) als zweiten 
Akt folgen.“ Diese Erklärung hat die exegetisch-historische 
Priorität und nicht nur die Zustimmung sämtlicher katholischer 
Forscher, sondern auch sehr vieler protestantischen Gelehrten 
(de Wette!, Ewald, Hofmann, Spitta, v. Soden). Ich persön- 
lich möchte überhaupt auf den Zahlcharakter des Wortes 
nicht zuviel Gewicht legen. Tö deütepov scheint mir lediglich 
zur scharfen, markanten Hervorhebung des sonst weniger hör- 
baren und doch ganz unerwarteten Kontrastes oWwoag: ArtWwäAegev 
zu dienen (vgl. Grotius: ex contrario und den verwandten (ad- 
versativen) Sprachgebrauch des deutschen „hinwiederum“). 


ı Vgl. Exeget. Handb. 1817, III 1, 66: „Der Verf. zählt das Straf- 
gericht in der Wüste 4 Mos 14 als den zweiten, obschon entgegengesetz- 
ten Fall, indem er als Zahleinheit den Begriff der göttlichen Leitung 
oder etwas Ähnliches denkt.“ Diese Erklärung erfreut sich im Grunde 
auch des Beifalls v. Hofmanns (Die Hl. Schrift NTs zusammenhängend 
unters. VII 2, 160), wenngleich er nachher (160 ff) zu einer andern Pas 
übergeht. 


Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 393 


Unserer Auslegung erwächst eine nicht zu unterschätzende 
Stütze aus Jud 6, der mit Jud 5 engstens zusammengehört 
(beachte den Anschluls durch T& gegenüber ws ... V.7) und 
dementsprechend, obschon syntaktisch anders gestaltet, doch 
nach Zweck und Inhalt vollkommen parallel ist: Aaög: dyyekoı 
(hochbegnadigt; vgl. xapıra nerarıd.), OWwoag: Apyxr, Id10vV oikn- 
npıov (desgl.), un mIOTEeVGavTas: un Tnpnoavras, aAA Atolı- 
ttövrag (Verschuldung), dnWwAecev: eig Kpicıv TErNnpnkev (Straf- 
gericht). Jud 5 auch syntaktisch Jud 6 gleichzustellen, ging 
wegen der Hervorhebung des Aaög und der Häufung der Par- 
tizipien nicht wohl an. 

Bevor wir zu den entgegengesetzten und abweichenden 
Erklärungsversuchen übergehen, sei unsere Deutung durch die 
Einzelerklärung bestätigt und sichergestellt. bmouvijoaı, dessen 
Inhalt durch den auf den religiösen Bildungsstand der Leser 
reflektierenden Zusatz eidötag bnds Ara ravra begründet und 
verstärkt wird, knüpft an npoyeypauu&vor an. d£, im Deutschen 
am besten nicht übersetzt, ist nicht adversativ (etwa zu napa- 
kaAWv — so noch Burger — oder zu einem zu ergänzenden docere 
de novo — so Calvin, Wiesinger, Keil, Loch-Reischl) noch auch 
metabatisch (Spitta, Wandel), sondern, weil die Ausführung von 
trpoyeyp. einleitend, epexegetisch zu fassen. Die Artikellosigkeit 
des Aaög braucht neben dem ebenfalls artikellosen ayyeAoug V. 6 
nicht als auffallend beanstandet zu werden. Als das Bundes- 
und Gottesvolk ist der Aaög durch Ex yrigs Alyuntou ja genügend 
ins Licht gestellt; aber darauf kommt es gar nicht an. Die 
Majestät des Gerichtes kann den armseligen Libertinern gegen- 
über nicht besser illustriert werden als durch Hervorhebung 
des Gedankens (an xapıra anknüpfend), dals ein Volk, ein 
ganzes Volk, ein Volk in seiner Gesamtheit und Einheitlich- 
keit, dals selbst Engel, diese hochbegnadeten Himmelsfürsten, 
dem verdienten Verderben anheimfielen. Die Partizipialkon- 
struktion verleiht dem Inhalt des ganzen Verses das einheit- 
liche Gepräge einer Gottestat und lälst weder eine Trennung 
des Objekts zu (beidemal Aaög) noch eine zeitliche Auflösung 
in zwei in sich abgeschlossene, verschiedenen Perioden an- 


394 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


gehörende Ereignisse. Gegenstand der Rettung sowohl wie 
der Vernichtung ist der eine Aaög; das eine göttliche Drama 
vollzieht sich in zwei zusammenhängenden, geradlinigen, nur 
entgegengesetzten Akten. Als besonderer Akt wird owoas 
durch die Form des Aktivs (nicht oweevras) deutlich dem 
anwäAegev gegenüber- und gleichgestellt. Toug un mIOTEUCaVvTas 
ist umfänglich mit Aaög genau identisch und will weder einen 
numerischen (einschränkend), was lächerlich wäre, noch sonst 
einen Gegensatz zu Aaög statuieren, sondern wie die Partizipien 
in V.6. 7 ın stetem Rückblick auf V. 4b erläutern und be- 
gründen. Sachlich setzt moTteucavrag positive Akte des 
Unglaubens (vgl. V. 6. 7) voraus, nicht einen ungläubigen 
Habitus (dafür dmıotog), wie er den Volks- und Zeitgenossen 
Jesu eignete. Das historische Faktum, auf das arwäeoev an- 
spielt, ist das Gottesgericht in der Wüste, wodurch die ge- 
samte aus Ägypten gerettete Generation wegen ihrer drıcria 
(Nm 14, 11; Dt 1,32; Hebr 3, 19) vom Einzug in das Ver- 
heilsungsland ausgeschlossen wird und in der Wüste sterben 
muls (vgl. Eccli 16, 11). 

b) Alle abweichenden Erklärungsversuche gehen von der 
Annahme aus, dals bei Tö deutepov eine Breviloquenz vorliege. 
Statt dem oWoas ein TO TTPOTEPoV (= zuerst, erstlich, anfangs) 
zu substituieren, hat man völlig ungerechtfertigt zunächst einen 
zweiten Rettungsakt erfunden (Huther: zuerst aus Ägypten. 
dann aus der Wüste), den v. Hofmann treffend zurückgewiesen 
hat, dann umgekehrt zu anwäegev einen zweiten Vernichtungs- 
akt (Fronmüller: zuerst in der Wüste, dann im Exil) — eine 
Annahme, die die gesamte Kritik als nicht beifallswürdig be- 
zeichnet; endlich hat man zur Fiktion eines doppelten Un- 
glaubens seine Zuflucht genommen (Ex 14, 10ff; Nm 14, 22f: 
Spitta, Burger), deren letzter den Untergang über Israel 
heraufbeschworen hätte. 

Alle diese Experimente, die, wo alles klar und einfach 
sein könnte, mehr Verwunderung als Bewunderung erregen, 
scheitern nicht nur an der ganzen Satzkonstruktion, sonder2 
namentlich am natürlichen Rlıythmus des Satzes, an der licht- 





Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 395 


vollen Stellung der Worte, nach der es unmöglich ist, To 
dEeUTEPOV zu Owoas oder zu ToLg un moTeldgavrag oder end- 
lich zu anwiegevy zu ziehen = zum zweitenmal vernichtet (mit 
dem Ton auf „zum zweitenmal“ oder auf „vernichtet“). Die 
entsprechenden grammatisch korrekten Konstruktionen wären 
in diesen Fällen: Aaöv ... TO dbeutepov OWOag, TOUGS TO dEU- 
TEPOV un mOT., TOUÜg un MOT. TO deutepov ArwäAedev. Der 
Rhythmus des Satzes offenbart unzweideutig die Unabhängig- 
keit und Selbständigkeit der Stellung des TO deutepov: 
öTı Küpıog | Aaöv.... Owoas | TO deutepov | ToUg un mot. 
ATTWÄEOEV. 

Einige frühere Forscher (Schmid, Schott, v. Hofmann) 
gewannen dem Vers noch besondere chronologische Bedeutung 
ab. Verleitet durch die Lachmannsche Lesart ’Inooüg statt 
kupıog (ausgenommen Hofmann), erblickten sie ın anwAeoev den 
Hinweis auf eine ntl Tatsache; in ihrer Anschauung wurden 
sie bestärkt und gefördert durch den biblischen Vergleich der 
ntl Erlösung durch Christus mit derjenigen aus Ägypten (vgl. 
Zahn II 89). Mit TO deurepov wird nach ihnen der ersten 
Erlösungstat zur Zeit des Moses eine zweite Erlösung gegen- 
übergestellt, die die Voraussetzung ist für das über die Un- 
gläubigen hereingebrochene Verderben. Während im ersten 
Fall Objekt der Erlösung ein ganzes Volk war, wurden bei 
der ntl Erlösung durch Christus nur die Gläubigen gerettet, 
die Ungläubigen aber durch die Katastrophe vom Jahre 70 
vernichtet. Der Zusammenhang mit dem Folgenden wäre 
dann nach Schott 227 dieser: „Wie Jesus, nachdem er in und 
mit der ersten Rettungstat ein ganzes Volk zur Heilsgemeinde 
angenommen, doch dann bei der gegenbildlich vollendenden 
zweiten Erlösungstat die blols äulerlich dieser Gemeinde an- 
gehörigen Ungläubigen richterlich hinweggetilgst hat: so wird 
er auch .. . alle diejenigen, welche blols vorgeblicher und 
äulserlicher Weise der dermaligen Heilsgemeinde zugehören, 
innerlich aber durch ungläubige Verleugnung seiner als des 
Grundes und Hauptes ihr völlig fremd sind, durch ein Gericht 
des äulsersten Verderbens hinwegtilgen.“ 


396 Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 


Bis auf Zahn huldigt kein neuerer Kritiker diesen oder 
ähnlichen Auffassungen von Jud 5. Zahn (II 82f 89) läfst 
durch Tö deutepov AnWAeoev bestimmt ausgesprochen sein, 
dafs ein ähnliches Gericht (wie welches? etwa wie die Zer- 
störung Jerusalems, die erst konstruiert werden soll?!) schon 
früher (NB.) stattgefunden hat. Voraussetzung der beidemaligen 
Vernichtung (Todesgericht in der Wüste, Zerstörung Jeru- 
salems) sei die Errettung eines Volkes (Altisraels durch Moses, 
Neuisraels durch Christus) und der dieser folgende oder sie 
begleitende, den Gerichtsakt herausfordernde Unglaube Ob- 
jekt und Subjekt des Gerichtes sind beidemal dasselbe (roüg 
un moTeugavrag, in concreto: die ungläubigen Juden in der 
Wüste, die ungläubigen Zeit- und Volksgenossen Jesu — Ö 
küpıog); ähnlich werden unter dem gemeinsamen Objekt des 
oWwoag (=Aaög) das eine Mal die Zeitgenossen des Moses, die 
mit ihm aus Ägypten errettet wurden, das andere Mal die 
Kinder Neuisraels (Juden- und Heidenchristen) verstanden. 

Als fertig vor uns tretendes Produkt mag Zahns Exegese 
bestechen; sie übertrifft ohne Zweifel ihre Vorgängerinnen, 
gegen die sich aulser exegetischen Bedenken auch schwer- 
wiegende sachliche erheben. Stellt man sich jedoch an den 
Anfang der Zahnschen Entwicklung und auf den Boden des 
Textes und Kontextes, so verliert sie ihren Reiz mehr und 
mehr. Unnötig ist die Beziehung des TO deutepov zu Atwke- 
oev, künstlich und unnatürlich der ganze Zahnsche Deutungs- 
prozels überhaupt mit seinen Vor- und Rückwärtskonstruktionen, 
fingierten Unmöglichkeiten und selbstgewollten Widersprüchen 
— der Kern der Frage konzentriert sich jedoch m. E. nicht 
darauf, sondern auf einen viel wunderen Punkt, die Berech- 
tigung der stillschweigenden Voraussetzung, dals tatsächlich 
ein Vergleich vorliegt, dals die ganze Stelle bildlichen, sym- 
bolischen Charakter hat. Demgegenüber ist mit Nachdruck 
hervorzuheben: 

1. Im Text fehlt jedes Anzeichen für den bildlichen Aus- 
druck der Stelle, was bei der unter Zahns Annahme ganz 
rätselhaften Kürze von Jud 5 und der unterschiedslosen Koor- 


Maier, Zur Erklärung des Judasbriefes (Jud 5). 397 


dination mit den vollständig gleichartigen, nichtsymbolischen 
Strafexempeln Jud 6. 7 schwer ins Gewicht fällt. Die ganz 
andersartige Verwendung atl Geschichtstatsachen 1 Kor 10, 


. 1—11 und Hebr 3, 7 zur Illustration ntl Tatsachen und Ver- 


hältnisse mit unzweideutiger Angabe dieses didaktischen Zwecks 
und lichtvoller, detaillierter Gegenüberstellung von Typus und 
Antitypus kann unser Bedenken nur verstärken. 

2. Der fragliche Vergleich wäre völlig bedeutungslos und 
würde die Kraft des Arguments und seine Wirkung nur ab- 
schwächen; ist zudem an die Zerstörung Jerusalems gedacht, 
so wäre die geflissentliche, nicht nur zwecklose, sondern ge- 
radezu zweckwidrige Verdunkelung des auch nach Zahn ersten 
und schlagendsten Arguments einfachhin unbegreiflich. 

Die überwiegende Mehrzahl der Exegeten ist daher einig 
in der Ablehnung dieser besonders im Interesse der Priorität 
des 2 Petr aufgestellten Erklärung. Auf Grund von Jud 5 
den nächsten terminus ad quem für die Abfassungszeit des 
Judasbriefes zu fixieren, ist ein aussichtsloses Unternehmen; 
die Frage ist nur, ob dieses argumentum ex silentio aus- 
reicht, um eine Datierung vor 70 zu begründen, ein 
Moment, das zwar wenig Gewicht hat, wenn sonst die Priorität 
des einen oder andern Autors gesichert ist, das aber ım 
Ganzen des Beweises — wie andere, oft ignorierte historische 
Anhaltspunkte — bei der Unsicherheit der inneren Kritik 
doch Berücksichtigung verdient. 


Augustinus als Exeget. 


Von P. Odilo Rottmanner O. S.B. in München. 


ie April-Nummer der Bibliotheca sacra enthält S. 318 

bis 344 einen lesenswerten Artikel von Rev. Ritchie 
Smith über „Augustinus als Exegeten“. In einigen 
Punkten aber bedarf dieser Artikel, der über die wissenschaft- 
liche Ausrüstung des hl. Augustinus sowie über seine exege- 
tischen Grundsätze betr. Kanon, Inspiration, Methode, Alle- 
gorese handelt, einer Berichtigung. Zunächst erlaube ich mir 
auf den Artikel der Revue Benedictine, Juli-Nummer 1901. 
hinzuweisen, worin, wie A. Loisy, Revue d’histoire et de litte- 
rature religieuses VII (1902) 268, anerkennt, ein für allemal 
festgestellt ist, dafs Augustinus spätestens vom Jahre 409 an 
den Hebräerbrief nicht mehr unter dem Namen des Apostels 
Paulus anführt. Demgemäfs ist es unzulässig, sich für die 
Behauptung, dals Augustinus den Hebräerbrief dem Apostel 
Paulus zuerkenne (S. 335), auf eine Schrift (Epist. ad Rom. 
inch. Expos. n. 11) zu berufen, die der frühesten Periode 
(c. a. 394) dieses Kirchenvaters angehört. Allerdings hat sich 
Augustinus auch vom Jahre 409 an niemals direkt gegen den 
paulinischen Ursprung des Hebräerbriefes ausgesprochen, aber 
ebensowenig hat er von da an Paulus als Verfasser dieses 
Briefes zu bezeichnen gewagt. Für ihn blieb diese Frage un- 
entschieden, und ebendeshalb kann er nicht als Zeuge für 
die paulinische Autorschaft des Hebräerbriefes angerufen 
werden. — Unrichtig oder doch ungenau ist die Behauptung 
(S. 330), dafs die ersten drei Bücher der Schrift De doctrina 
christiana 1. J.397 geschrieben wurden; denn, wie Augustinus, 
Retract. 1. II, c. 4, n. 1 sagt, hatte er das dritte Buch (397) 





Rottmanner, Augustinus als Exeget. 399 


unvollendet gelassen und ihm c. a. 426 noch 12—13 Kapitel 
(c. 25, n. 36 bis c. 37, n. 55) hinzugefügt, ehe er mit dem vierten 
Buch das ganze Werk abschlofs. — Zu S. 320 bemerke ich, 
dafs Augustinus, der in der Tat „einige Kenntnis des Punischen 
besafs“, den von ihm Epist. 17, 2 etymologisch erklärten Eigen- 
namen nicht Namphanio, sondern Namphamo schrieb, wie 
auch der neueste Herausgeber seiner Briefe, Goldbacher, mit 
Recht annimmt (Epist. 16, 2 u. 17,2). Vgl. auch Theolog. 
Quartalschrift 1895, 2741 und De Vit, Totius latinitatis ono- 
masticon IV 619f. In den meisten Punkten kann man dem 
Verfasser des Artikels der Bibliotheca sacra beistimmen, ins- 
besondere in der Charakteristik, die er am Schlusse von dem 
Exegeten Augustinus gibt. Augustinus war, wie Rev. Ritchie 
Smith sagt, zwar kein Meister im Gebiete der kritischen Exe- 
gese; aber er wurde durch keinen andern an Bestimmtheit und 
Klarheit übertroffen, soweit es sich um Auffassung und Dar- 
legung der wesentlichen Wahrheit der Hl. Schrift handelte, so 
dafs seine Schriften nach 1500 Jahren noch als Fundgrube von 
Geistesschätzen gelten können. — Bei dieser Gelegenheit darf 
wohl auch die gründliche Schrift von H.N. Clausen, Aure- 
lius Augustinus Hipponensis Sacrae Scripturae interpres, Hau- 
niae (Kopenhagen) 1827, in Erinnerung gebracht werden. 


Besprechungen. 


Nikel, Dr Johannes, o.ö. Professor an der Universität Breslau, Ge- 
nesis und Keilschriftforschung. Ein Beitrag zum Verständnis der bi- 
blischen Ur- und Patriarchengeschichte. gr. 8° (XII u. 262) Freiburg i. Br. 
193, Herder. M 5.— 

Der Verfasser gibt als Zweck seines Buches an, „allen denjenigen, 
welche sich ohne genauere Kenntnis des Assyrischen und der assyrio- 
logischen Literatur mit den einschlägigen Problemen beschäftigen wollen. 
das gesamte Material geordnet vorzulegen und dieselben in das Verständ- 
nis der Probleme einzuführen“ (S. vın. Neue Texte beizubringen oder 
neue Gesichtspunkte aufzudecken, liegt also nicht in der unmittelbaren 
Absicht N.s. Selbstverständlich will er auch nicht eine Zusammenstellung 
sämtlicher mythologischen und historischen Texte, die für die Genesis 
in Betracht kommen, bieten. Es handelt sich vielmehr um eine auf die 
Quellen gestützte, mit dem ganzen wissenschaftlichen Apparat versehene 
Darstellung im Gegensatz zu den ohne die Quellennachweise abgefalsten 
populären Abhandlungen, 

Wie schon der Titel andeutet, teilt N. sein Buch in zwei grolse Ab- 
schnitte, deren erster von den Urgeschichten der Genesis (Gn 1—11}), deren 
zweiter von der Patriarchengeschichte handelt. Er führt nun seine Auf- 
gabe so durch, dals er die einzelnen Fragen von allen Seiten beleuchtet; 
er bietet zunächst einen interessanten Rückblick auf die bisherigen Lö- 
sungen, bespricht die Hilfsmittel und die Methode der Forschung, um 
dann die einschlägigen biblischen und babylonischen Stoffe kritisch zu 
vergleichen. Die Vergleichung schlielst er ab mit dem Hinweis auf dıe 
Parallelen in aulserbiblischen Sagen. 

Die von N. besprochenen Fragen bieten gewils aufserordentliche 
Schwierigkeiten. Eine allgemein zuiriedenstellende Lösung wird allzu 
rasch nicht gefunden werden. Es ist schon ein Verdienst N.s, dals er 
die Fragen nach allen Seiten herausgestellt und so den Nachweis erbracht 
hat, dals es noch Fragen sind, und dals die bisherigen Lösungen nur von 
bestimmten Voraussetzungen aus gelten. Als feststehend muls m.E. 
angenommen werden, dals auch bei weitestgehender Anerkennung babylo- 
nischer Elemente in der Bibel die Eigenart der letzteren jetzt doch 
allseitir anerkannt wird. Eine Gefährdung religiöser Interessen durch die 
babylonische Forschung ist damit bereits ausgeschlossen. Die Bibel steht 
zwar unter dem Einflusse der babylonischen Kultur, ist aber kein bloiser 
Ableger derselben; in religiöser Hinsicht nimmt sie eine einzigartige 
Stellung in der semitischen Welt ein. 

Nach N.s Ansicht beschränkt sich der babylonische Einflufs auf die 
Erzählungen der Genesis auf ein sehr geringes Mais. Nicht mit Unrecht 
hebt Verfasser hervor (S. 20), dals es ein methodischer Fehler sei, wenn 
die Assyriologen nur einseitig babylonische Kultureinflüsse ins Auge 
fassen, dagegen die ähnlichen Sagen anderer Völker gar nicht berücksich- 
tigen. Allein man darf bei der Vergleichung der aulserbabylonischen 
Sagen auch nicht mechanisch zu Werke gehen und sie einfach neben- 





Besprechungen. 401 


einanderstellen, sondern man muls zuerst die in den einzelnen Kultur- 
kreisen vorhandenen Sagen auf ihren Zusammenhang prüfen. Nun 
gibt es aber blols eine altorientalische Kultur in Vorderasien, das ist die 
babylonische. Und nun war gerade in der Zeit, wo Agypten politisch 
über Kanaan herrschte, das Land eine Domäne babylonischer Kultur. 
Israels Berührungen mit Agypten sind also den babylonischen Einflüssen 
gewils nicht gleichzuachten. Von einer hettitischen Kultur wissen wir 
nichts, eine aramäische hat es nicht gegeben. Bei den persischen und 
griechischen Einflüssen müssen wir erst fragen, was genuin babylonisch 
und was fremde Zutat ist. Der einfache Vergleich tut es also hier nicht. 
es müssen vielmehr die einzelnen Elemente in ihrer verschiedenartigen 
Gestaltung verfolgt und geprüft werden. 

Auch das Aufzählen von Autornamen besagt wenig zur Sache. Ein 
Name auf der einen Seite kann mehr bedeuten als zehn auf der andern. 
Es ist nun doch merkwürdig, dafs alle S. 18 genannten Fachassyriologen 
für die Entlehnungstheorie eintreten; unter ihnen befindet sich auch 
H. Gunkel, der sich von den Alttestamentlern am eingehendsten mit der 
Frage des Zusammenhangs der biblischen Schöpfungserzählung mit dem 
babylonischen Mythus befalst hat, die Vertreter der vermittelnden Rich- 
tung sind fast durchaus alttestamentliche Theologen; dagegen lesen wir 
unter denen, die sich schärfer gegen Jdie Annahme einer literarischen Ab- 
hängigkeit ausgesprochen haben, meist solche, die erst durch den Babel- 
Bibelstreit veranlalst wurden, gelegentlich zu der Frage Stellung zu 
nehmen. Diese Gelegenheitsbroschüren sind aber meist mehr polemisch 
als streng wissenschaftlich. 

N. onint bei der Vergleichung der biblischen Urgeschichten mit 
den babylonischen Sagen regelmälsig zu dem Resultat: Wir sind nicht 
gezwungen, eine Abhängigkeit auf biblischer Seite anzunehmen. Das ist 
allerdings richtig, aber es ist ein negatives Resultat. Was Forscher 
wie Gunkel, gegen den sich N. besonders wendet, wollen, das ist eine 
Erklärung der biblischen Erzählungen. Für den modernen Historiker 
sind diese eben nicht Geschichte, Infolgedessen wird es auf diese Kreise 
auch keinen Eindruck machen, wenn man sie mit der stillschweigenden 
Voraussetzung widerlegt, das seien historische Berichte. Den himmelweiten 
Unterschied zwischen der biblischen und der babylonischen Schöpfungs- 
geschichte sieht auch Gunkel, aber er fragt, woher die merkwürdige Form 
der Darstellung? Wer eine bessere Erklärung gibt als Gunkel, der hat 
ihn am besten widerlegt. 

Es ist vor allem notwendig, die Grundideen der beiderseitigen Er- 
zählungen klarzustellen. Meine Studien über Marduk, den babylonischen 
Demiurgen, haben mich zu der Überzeugung geführt, dals der Grundge- 
danke des babylonischen Weltschöpfungsepos die Erklärung der Ordnung 
in der Welt ist. Marduk wird immer gepriesen als der weise, kluge Gott; 
Tiamat dagegen ist die Personifizierung der ungeordneten, wüsten Masse 
und sinnlosen Gestaltungskraft. Das babylonische Schöpfungsepos feiert 
demgemäls in der Entstehung der Ordnung im Weltall den Sieg der 
Vernunft und Weisheit über die elementare, willkürliche Gewalt. Damit 
wird auch die Lösung der Frage, ob Tiamat als Weib oder als Drache 
zu denken sei, ermöglicht. N. gibt der Jensenschen Ansicht, dals Tiamat 
ein Weib sei, den Vorzug (S. 10l). Wenn Berosus 'liamat yuvaika nennt, 
so ist noch lange nicht gesagt, dals sie ein menschliches Weib war 
(vgl. Nikel S. 103). Die Erschaffung des Menschen wird ja erst auf der 
sechsten Tafel des babylonischen Epos erzählt (vgl. King, The seven Tablets 
of Creation p. 85 ff). Tiamat ist das personifizierte „Meer“; es ist kaum an- 
zunehmen, dals man sich dieses als menschliches Wesen dachte; wenn sie 
riesige Schlangen und andere Ungcheuer gebiert, so ist klar, dals sie selbst 
ein ähnliches Ungeheuer war. Die Vorstellung desselben konnte jedenfalls 
auch variieren. Sie ist Weib als die alles aus sich erschafiende, gebärende 

Biblische Zeitschrift. II. 4. 28 





402 Besprechungen. 


Macht. Apsü ist das männliche Prinzip; aber wird man auch behaupten 
wollen, dals er ein „Mann“ sei? Tiämat ist ein sinnloses Ungeheuer, für 
das die Bezeichnung Schlange oder Drache am besten palst, deshalb 
schafft sie auch lauter Ungeheuer als ihre „Helfer“. Diesen Mächten 
tritt dann Marduk gegenüber, die die rohen Kräfte überwindende, alles 
gestaltende Weisheit. Die Babylonier wollten also durch ihren Schöpfuners- 
mythus die die gewaltigen Massen des Weltalls beherrschende Gesetz- 
mälsigkeit und schöne Gestaltung erklären (das Nähere s. in meinen „Hymnen 
und Gebeten an Marduk. Diss. Berl. 1903“). So wird dann auch die Un- 
befangenheit und Freiheit verständlich, mit der die mythischen Gestalten 
Rahabs, Leviathans, des Drachen ins AT eingeführt und behandelt werden. 
Wenn N. (S. 116) beifällig die Worte Öttlis zitiert, der das babylonische 
Schöpfungsepos gegenüber dem biblischen Berichte mit den „wirren 
Phantasien eines Fieberkranken“ vergleicht, so ist die ldee des babylo- 
nischen Mythus eben nicht verstanden; man mülste dasselbe dann von 
jeder Mythologie sagen. Der Naturwissenschaftler, der die Bibel von 
seinem Standpunkt aus beurteilt, dürfte auch Gn 1 „Phantasie“ nennen. 
Wenn wir uns in den fremden Gedankenkreis einzuleben vermögen, dann 
werden wir ilın verstehen und gerecht beurteilen. 

N. zitiert zwar Kings Werk The seven Tablets of Creation als ein 
„überaus wichtiges Werk“ (8.32), aber seine Darstellung beruht noch 
ganz auf der Bearbeitung des babylonischen Schöpfungsepos im 6. Bande 
der Keilinschriftlichen Bibliothek. Die von King gebrachten wichtigen 
Ergänzungen sind also unberücksichtigt geblieben. Die Partie über die 
Weltschöpfung bedarf also einer bedeutenden Ergänzung, wenn auch das 
Resultat schlieislich dasselbe bleibt. King enthält ferner eine Reihe von 
Texten, die sich nach seiner Ansicht auf die Weltschöpfung beziehen. 
Über die Bedeutung von Esara (S. 40 109f) vgl. neuerdings Hrozny in 
den „Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft“ 1903, 5, $. 89t. 

Die folgenden Partien über Paradies, Sündenfall, Urväter, Sündflut 
sind eine gute Materiallensammlung und sehr nützlich zu studieren. Was 
die Sündenfallerzählung anbelangt, so kommt N. zu dem Resultat (S. 138 f), 
„dals Anklänge an einzelne in der biblischen Sündenfallerzählung vor- 
kommende Momente sich in der babylonischen Literatur zerstreut vor- 
finden, dals aber ein zusammenhängender, dem biblischen Bericht in 
allen wesentlichen Zügen ähnlicher, babylonischer Mythus sich nicht nach- 
weisen lälst“. Ebenso ist es bei der Paradieseserzählung; auch bei keinem 
andern Volke findet sich „eine in allen wesentlichen Zügen der biblischen 
Paradieseserzählung parallele Sage“. Allerdings sind für den aufmerk- 
samen Beobachter unwesentliche Züge manchmal die Hauptsache. N. be- 
ruft sich (S. 148) darauf, dals die Paradiesesschlange als „listiges Tier“ 

eschildert wird, während Tiämat, „vorausgesetzt überhaupt, dals sie als 
Schlange oder Drache zu denken ist“, „als furchtbar gewaltiges, die Welt 
beherrschendes Ungeheuer“ vorgestellt wurde. Dals die biblische Schlange 
aber nicht blols ein listiges, sondern auch ein gewaltiges Tier war, geht 
aus Apc 12,9 hervor, wo der dbpaxwv 56 ueyas als d öpıc 6 Apxalocg be- 
zeichnet wird (vgl.S.164), Dals Tiamat als die gottwidrige Maclıt im 
letzten Grunde identisch ist mit der Paradiesesschlange, ist auch jetzt 
noch meine Überzeugung (vgl. meine „Sünde und Erlösung n. bibl. u. 
babyl. Anschauung“, Leipzig 1903). 

Auch zu den Berichten über die Urväter und die Sündflut bietet 
N. manchen wertvollen Hinweis, aber die Hauptschwierigkeiten harren 
noch ihrer Lösung. Denn es ist eben immer nur ein negatives Resultat, 
wenn man weils, „dala man keine Veranlassung hat, von der Auffassung 
abzuweichen, nach welcher die aus der Urzeit lebende Erinnerung an eine 
ihrer Bedeutung nach dem biblischen Berichte entsprechende Flut dem 
Berichte der Genesis zu Grunde liegt“ (S. 186). 

Im zweiten, bedeutend kürzeren Teile (S. 201—261) ist die Arbeit 


Besprechungen. 403 


leichter. Wir befinden uns da auf einem historischen Boden, über den 
die Assyriologie neues Licht verbreitet hat. Wenn man auch in vielen 
Punkten anderer Ansicht ist — wird ja sogar Amraphel=Hammurabi von 
Bezold noch bezweifelt, obwohl N. mit Reclıt sagt, dals diese Identität 
allgemein anerkannt wird —, so ist doch sicher, dals Abraham als histo- 
rische Person zu betrachten ist. Als solche nehmen ihn auch die Ver- 
treter der Mythenhypothese an, wenn sie auch an der astralmythologischen 
Form der Erzählung festhalten. 

Von den kleineren Sachen sei bemerkt, dafs Jensen nicht Paul, sondern 
Peter heilst, Nudimmud ist zweifellos Ea (S. 38), Mummu ist der Diener 
von Apsü und Tiämat (S. 47, A. 3), S. 53 soll es statt „monistische“ 
wohl „monotheistische“ Auffassung heilsen, S. 54, A.3 ist xax in x39 
verdruckt, S. 127 ist das Komma zwischen Eberhard und Schrader zu 
streichen, auf Grund der Amarnatafeln ist die Gleichung Sinear-Sumer 
(S. 223) aufzugeben; S. 238 ist “myy statt "muy gedruckt. 

N.s Arbeit über „Genesis und Keilschriftforschung“ zeigt, wie unge- 
heuer vielvon den Alttestamentlern aufdiesemGebiete noch zu leisten ist, trotz- 
dem es eine tüchtige, wohldurchdachte, von guter Sachkenntnis getragene 
Leistung ist. Die gemachten Bemerkungen wollen auch nicht den Wert 
der Arbeit heruntersetzen, sondern nur als in Erwägung zu ziehende Hin- 
weise gelten. N. gebührt für den wissenschaftlichen Ernst und seine grolse 
Mühe, mit der er die Arbeit aufgenommen hat, unser aufrichtiger Dank. 

Würzburg. J. Hehn. 


Bousset, Dr W., Die Reliyion des Judentums im ntl Zeitalter. gr. 80 
(X1V u. 512) Berlin 1903, Reuther & Reichard. c% 10.— 

Die Religion des Spätjudentums war im Vergleich zur atl Theologie 
bisher mehr als stiefmütterlich behandelt worden. Was diese oder jene 
ntl Zeitgeschichte bot, ist teils antiquiert teils unvollständig; auch Schü- 
rer, H. Holtzmann, Wernle u.a. haben nur einzelne Fragen erörtert 
oder kurze Übersichten geliefert. An eine allseitige und erschöpfende Dar- 
stellung schien sich niemand wagen zu wollen, bis B. sich dieser schwie- 
rigen Aufgabe unterzog. 

Eine Zusammenstellung der Quellen in chronologischer Reihenfolge 
bildet den ersten Abschnitt (S. 6—53). Man wird in derselben wohl nichts 
Nennenswertes vermissen, auch mit den Datierungen im allgemeinen ein- 
verstanden sein; nur in seltenen Fällen wird man den von der Kautzsch- 
schen Sammlung vorgeschlagenen Zeitbestimmungen den Vorzug geben. 
In die jüdischen Quellen werden auch kanonische Bücher eingereiht; dies 
Verfahren ist ja m. E. von literar-historischen Standpunkt aus gewils 
berechtigt; aber ebenso berechtigt werden auch die Bedenken sein, die 
man z. B. geren die zeitliche Ansetzung des deutero-kanonischen Baruch- 
buches (S. 38: wahrscheinlich nach der Zerstörung Jerusalems —?) er- 
heben wird. 

Ebensowenig wird man, wenigstens von katholischer Seite, schon 
mit der Überschrift des zweiten Abschnittes (S. 54—184): „Die Entwick- 
lunz der jüdischen Frömmigkeit zur Kirche“ einverstanden sein. Was 
wir als wesentliche Merkmale einer Kirche betrachten, fehlt im Spät- 
juadentum beinahe vollständig; der Drang zum Universalismus war nur 
ein vorüberzehender und ist schlielslich der Gegenströmung des Partiku- 
larismus unterlegen. Eine gewisse Glaubenseinheit war nur durch den 
toten Schriftbuchstaben eines (übrigens noch nicht abgeschlossenen) Kanons 
bedinrt; überdies war der Begriti des Glaubens, dessen steigende Wert- 
schätzung B. mit Recht hervorhebt (S. 175—178), ein sehr verschwommener 
(S.177, A.2). Sakramente hatte die Synagoge überhaupt keine; wie kann 
sie da als „Heilsanstalt“ bezeichnet werden, wenn man letzterem Begriff 
seine traditionelle Bedeutung läfst? — Bei den einzelnen Kapiteln — Ex- 
pansion des Judentums, (resetz, Kanon, Schrift und Tradition, Theologen, 


ar 


404 Besprechungen. 


Kirche und Laien, Fromme, Dogma, Synagoge — wäre sonst nur an 
Einzelheiten auszusetzen. So möchte ich z. B. zum Kapitel „Kanon“ 
bemerken, dafs die Begriffe heilig und unrein ursprünglich nicht identisch 
sind, auch nicht dieselbe Wurzel haben (S. 124), sondern dafs Berüh- 
rungen mit heiligen und mit unreinen Gegenständen ähnliche Wirkungen 
hervorbringen; deshalb brauchte man sie aber nicht als den Dämonen 
verfallen zu betrachten, was eine ganz, unnötige und unbewiesene Hypo- 
these ist. — Trotz der lexikalischen Ahnlichkeit bedeutet :ı (nicht 73 
S. 125) nicht „für, apokryph erklären“; B. hat übersehen, dals dieser Aus- 
druck nur die Aulserung eines Zweifels über die Kanonizität, nicht 
aber die et aus dem Kanon bezeichnet; richtig dagegen ist, 
dafs die apokryphen Bücher vnrsis“r (ons ist Druckfehler) hielsen. — 
Unrichtig ist auch (S. 127), dafs die christliche Kirche dem Judentum die 
Wertschätzung der als buchstäblich inspiriert betrachteten LXX entlehnt 
habe. Was auch gewisse Kirchenväter von der Inspiration der LXX ge- 
dacht haben mögen, die katholische Kirche hat die Autorität des Urtextes 
nicht auf die LXX übertragen; auch die „kanonische Dignität“ der Vul- 
gata kommt der Inspiration nicht gleich. Unter den lateinischen Über- 
setzungen ist die Vulgata zur allein offiziellen erklärt worden, was weder 
die genaue Übereinstimmung mit dem Urtext an allen Stellen, noch viel 
weniger die direkte Inspiration einschlielst. Das „prout in... Vulgata 
leguntur“ des Tridentiner Dekrets bezieht sich mit seinem „cum omnibus 
suis partibus“ auf die Zugehörigkeit der Protocanonica und der Deutero- 
canonica im integrierenden Vulgata-Bestande (mit Einschlufs der bekann- 
ten Zusätze) zum Kanon. Wenn „in den evangelischen Kirchen die Un- 
fehlbarkeit ihrer Übersetzungen ...in der Praxis weite Kreise beherrscht 
hat“, meinetwegen auch die Überzeugung von der Inspiration der masso- 
rethischen Punktation wenigstens bei den Schweizer Reformierten zur 
offiziellen Lehre erhoben wurde, so mögen diesmal unsere evangelischen 
Kollegen den Vorwurf hinnehmen oder abweisen, dafs „die dogmatische 
Theorie .. . vor logischen, sprachlichen und geschichtlichen Schwierig- 
keiten selten Scheu* hat. Ich bedauere lebhaft, dafs B. sich so ungenau 
äulserte, und dals mir die gebotene Abwehr den Schein aufzwingt, den 
verdienten Forscher, dem wir Jüngere so viel verdanken, belehren zu 
wollen. — Auf die mindestens milsverständliche Behauptung: „Die christliche 
Kirche folgte im ganzen der in Alexandria ausgebildeten Methode“ (S. 138), 
nämlich der allegorischen Exegese, sei hiermit nur hingewiesen. 
Bedeutend einwandfreier ist der dritte Abschnitt: „Die nationale 
Bedingtheit der jüdischen Religion“ (S.185—276) — Partikularismus, Zu- 
kunftshoffnungen, Messianismus, Apokalyptik, Zwischenreich. Hier, be- 
sonders im dritten und vierten Kapitel, feiert die erstaunliche Gelehrsam- 
keit und die formelle Bildungskraft des Verfassers einen glänzenden Sieg. 
Dank der Sicherheit, mit welcher er den verworrenen Stoff beherrscht, 
ist es ihm besser als irgend einem seiner Vorgänger gelungen, den 
Ariadnefaden zu finden, an welchem wir uns in den verschlungenen 
Gängen der Apokalyptik orientieren können. Er bringt uns in über- 
zeurender Weise zum Bewulstsein, dals wir uns in diesem Labyrinth 
leichsam in einem zweistöckigen Gebäude mit unebenen Fluren und 
befinden; wenn aber beide Stockwerke oft ineinander übergehen, 
wenn der national-politische Messianismus sich bisweilen mit transzendent- 
kosmologischen Spekulationen vermengt, so bleiben doch die beiden Ge- 
biete verschieden. — In den hierher gehörenden Detailfragen wird man 
hie und da anderer Ansicht sein können. So schlielsen doch z.B. die 
S. 220, A.2 zitierten Stellen die Gleichsetzung Moses-Messias aus. Auch 
dürfte man bezweifeln, ob S. 223, A. 1, S. 225 u. a. a. O. einzelne Evan- 
gelienstellen nicht eine erschöpfendere Deutung erheischen. Doch wird 
man zugeben, dafs B. im allgemeinen in der Anwendung der ntl Literatur 
sehr behutsam vorgeht. 


Besprechungen. 405 


Der vierte Abschnitt: „Der individuelle Glaube und die Theologie“ 
(S. 277—404) bietet uns sehr reichhaltige und gründliche Ausführungen 
über Individualismus, Glaube an Gott, Angelologie, Dämonologie, Hypo- 
stasen-Spekulation, Fromme und Gott, Anthropologie und Ethik. Hier nur 
einige Nebenbemerkungen. Den Satz (S. 277), dals die Religion aus einer 
Sache der Nation zur Privatsache wurde, will der Verf. wohl auch cum 
grano salis verstanden wissen, wenigstens im Hinblick auf die römische 
Staatsreligion. — Hat, wie es S. 323 heilst, die jüdische Theologie den 
Engelglauben benutzt, um die Welt ein wenig weiter von Gott abzurücken, 
oder tat sie es, um die Lücke zwischen Gott und Menschheit auszufüllen? 
Gottes Weltentrücktheit förderte den Engelglauben, nicht umgekehrt; die 
Verflüchtigung des Gottesbegriffes machte das Bedürfnis nach Zwischen- 
gliedern reger. — Der Versuch, den Schutzengel als ein ursprüngliches 
Gespenst, dann als den Doppelgänger des Menschen zu bestimmen % 818), 
ist wohl mehr als gewagt; nächstens wird man ihn vom ägyptischen ka 
ableiten. — Wenn der Dämonenglaube ein „niederer Glaube“ ist (S. 331), 
den die Propheten zurückgedrängt haben, dann steht also der Glaube bei 
Christus und Paulus hier noch ziemlich tief? 

Fünfter Abschnitt: „Die Nebenformen der jüdischen Frömmigkeit“ 
(S. 405—447), Palästinensisches Judentum und Diaspora, Philo, die Essener, 
die Therapeuten. — Der Rahmen, den sich der Verf, gesteckt hatte, er- 
laubte ihm nicht, ein vollständigeres Bild von Philo zu entwerfen; deshalb 
scheint die Darstellung der Theologie Philos (wenn sie auch sonstwo be- 
rührt wird) etwas kurz ausgefallen zu sein; interessant ist der Hinweis 
auf die Beeinflussung durch die griechische Mysterienreligion. Die Essener 
betrachtet B. als eine genuin-jüdische, von den Pythagoreern unabhängige 
Sakramentsgemeinschaft; durch sie scheinen dem jungen Christentum 
„manche fremdartige Elemente zugeströmt“ zu sein: welche? — Die Frage 
nach der Echtheit der bekannten Schrift Philos über die Therapeuten 
bejaht B. mit Wendland u. a. gegen Schürer. 

Im sechsten und letzten Abschnitt: „Das religionsgeschichtliche 
Problem“ (S.448—493) bewegen wir uns in einem Urwalde, den man erst 
zu lichten beginnt. Von den fremden Religionen, die am religiösen Syn- 
kretismus des Spätjudentums beteiligt sind, kommt naturgemäls vor allem 
der Parsismus in Betracht. Die vorsichtig und malsvoll gehaltenen Aus- 
führungen B.s gehen von der Voraussetzung aus, dafs das Avesta wenig- 
stens nach den Ideen seiner ältesten Bestandteile bis in die Achämeniden- 
zeit zurückreiche. Dies ist nun auch heute noch nicht erwiesen, und 
Forscher, die dogmatisch so wenig voreingenommen sind wie Wellhausen, 
bestreiten noch eine Beeinflussung des Judentums durch den Parsismus. 
Doch scheinen mir Berührungen sicher vorzuliegen; in welchem Malse 
besonders in der Kosmologie und Eschatologie babylonische und persische 
Einflüsse wirksam waren, ob sie schöpfend oder fördernd wirkten, kann 
m. E. heute noch nicht mit Sicherheit bestimmt werden. Jedenfalls ist 
B.s Versuch höchst lehrreich und anregend. 

Für jeden, der sich mit ntl Zeitgeschichte abgibt, wird vorliegen« 
des Buch so unentbehrlich sein wie Schürers grolses Werk. 
Toulouse, L. Hackspill. 


Bousset, Dr W., Volksfrömmigkeit und Schriftgelehrtentum. Ant- 
wort auf Herrn Perles’ Kritik meiner „Religion des Judentums im ntl 
Zeitalter“. 80 (46) Berlin 1903, Reuther & Reichard. cH —.80. 

Die Angriffe Perles’ gehen von dem Grundsatze aus, dals für die von 
Bousset behandelte Periode nicht die zeitgenössischen Quellen — welche 
nur Unterströmungen des Judentums vertreten sollen —, sondern zunächst 
die bedeutend jüngere Mischna- und Talmudliteratur verwendet werden 
müsse. Dann würden allerdings Gelehrtenfrömmigkeit und Volksfrömmig- 
keit als identisch erscheinen. Jener Grundsatz wird zwar nicht formu- 


406 Besprechungen. 


liert, liegt aber den allermeisten Angriffen zu Grunde; mit dem Nachweise 
dieser Tatsache hätte sich eigentlich B. begnügen können, denn damit war 
das Verdikt über Perles’ tendenziöse, überall Judenfeindlichkeit witternde 
Polemik gefällt. Einzelne Berichtigungen in Fragen untergeordneter 
Bedeutung gibt B. zu; so ehrenvoll dies für B. ist, so wenig verdienst- 
lich ıst es für jeden Kritiker, in einem so umfangreichen Buche einige 
Ungenauigkeiten aufzufinden. Die 40 Seiten lange Auseinandersetzung 
ist zwar für manchen lehrreich, wird jedoch einen Bewunderer des Tal- 
muds kaum zu besserer Einsicht bringen. 
Toulouse. L. Hackspill. 


Bousset, Dr W., Die jüdische Apokalyptik, ihre religionsgeschichtliche 
Herkunft und ihre Bedeutung für das NT. 8° (67) Berlin 1903, Reuther 
& Reichard. M 1.— 

Der Titel gibt schon die Einteilung dieser kleinen Schrift. Die zwei 
ersten Teile — Charakteristik der Apokalyptik, ihre Beeinflussung durch 
den Parsismus — sind im wesentlichen eine klare und gut disponierte 
Wiedergabe der diesbezüglichen Abschnitte des grülseren Werkes (Reli- 
gion d. Judent. im ntl Zeitalter). Der dritte Teil (S. 52—67) will nach- 
weisen, wie „die jüdische Apokalyptik der Predigt des Evangeliums vor- 
gearbeitet und ihr den Boden bereitet hat“. Berührungen fiuden sich in 
den Gedanken vom Reiche Gottes, vom Jenseits, vom nahen Ende, vom 
Messias-Menschensohn, vom Dualismus und Teufelsglauben. „Was vor 
dem Evangelium vorhanden war, das war .. . doch nicht mehr als Mate- 
rial.... Die Person Jesu und sein Evangelium bleiben ein schöpferisches 
Wunder“ (S. 65f). Allerdings muls das Fremde, wo es nicht „mit dem 
Geiste des Evangeliums völlig amalgamiert“ ist, ausgeschieden werden; 
hingewiesen wird neben der Erwartung von der unmittelbaren Nähe des 
Endes auf die Theologie des präexistenten Menschensohnes — und noch 
auf so manches andere (S. 63). Die ängstliche Frage: Dürfen wir noch 
Christen bleiben? (S. 65) wird durch die symbolische Deutung der „l.e- 
gende von den Weisen aus dem Morgenlande, die dem Kinde in der 
Krippe ihre Schätze bringen“ (S. 66f), beantwortet. 

Toulouse, L. Hackspill. 


Zahn, Theodor, D, o. Professor der Theologie in Erlangen, Das 
Evangelium des Matthäus ausgelegt (Kommentar zum Neuen Testament 
unter Mitwirkung von Prof. Lic. Ph. Bachmann, Prof. D. Dr P. Ewald 
in Erlangen, Konsistorialrat D. Dr J. Haulsleiter in Greifswald, Prof. Lic. 
E. Riggenbach in Basel, Prof. D. R. Seeberg in Berlin, Pastor Lic. 
G. Wohlenberg in Altona herausgegeben von D. Theodor Zahn. 
Band I). gr. 8° (VIII u. 714) Leipzig 1903, A. Deichertsche Verlags- 
buchhandlung (Georg Böhme). M 14.50. 

Unter den protestantischen Kommentaren zum Neuen Testament 
dürfte der von . Zahn herausgegebene, wovon aufser dem Natthäus- 
evangelium auch schon der XI. Band, der 1. und 2. Thessalonicherbrief, 
ausgelegt von Lic. G. Wohlenberg, erschienen ist (8. oben S. 219), bald eine 
hervorragende Stelle einnehmen. Dafür bürgt namentlich sowohl die be- 
kannte Gelehrsamkeit wie die besonnene Gesamtrichtung des Heraus- 
gebers. Das Werk ist zunächst bestimmt als Anleitung für den „an- 
gehenden Theologen und den im kirchlichen Amt stehenden Geistlichen, 
welcher nicht aufhören möchte, im Neuen Testamente zu forschen“. 

Der Kommentar von Zahn ist ziemlich umfangreich, jedoch sind die 
verschiedenen Teile des Evangeliums nicht in Beichmäleser Ausführlich- 
keit behandelt. So z. B. nehmen die Erörterungen über die Kapitel, 
welche die Leidensgeschichte enthalten, nur wenig Raum ein, während 
die Erklärung der ersten zehn Kapitel des 28 Kapitel zählenden Evan- 
geliums mehr als die Hälfte des Buches füllt. Dies liegt aber nur zum 
geringeren Teil daran, dals wie in allen derartigen Werken auf bereits 


Besprechungen. 407 


einmal Gesagtes später verwiesen wird, sondern wohl hauptsächlich daran, 
dals nach dem Verfasser manches nicht von dem Exegeten, sondern von 
dem Geschichtsforscher zu erklären ist oder, wie z. B. die umfassendere 
Vergleichung der Evangelien, in die Einleitungswissenschaft gehört. 

Dals auf die altkirchliche Auslegung besondere Rücksicht genommen 
wird und „die Urheber an sich bedeutender oder geschichtlich bedeutend 
gewordener Auffassungen genannt“ werden, wird man nur billigen können. 
Aus der längeren Einleitung S. 1-36, in welcher sich der Verfasser über 
die Aufgabe des Exegeten überhaupt, die Überlieferung des Evangeliums, 
das Hebräerevangelium und die Hilfsmittel der Erklärung verbreitet, sei 
bemerkt, dals nach dem Verfasser, dessen Ansichten ja schon aus seiner 
Einleitung in das Neue Testament bekannt sind, das hebräische Matthäus- 
evangelium kurz vor 66 in Palästina geschrieben ist. Zwischen ihm und 
dem Hebräerevangelium besteht eine Verwandtschaft. Die von Matthäus 
unabhängigen Stücke des Hebräerevangeliums erklären sich aus dem 
natürlichen Streben der nazaräischen Gemeiude, einerseits christliche Tra- 
ditionen, die bei den Hebräern fortiebten, nicht verloren gehen zu lassen, 
anderseits ein möglichst reichhaltiges Evangelium zu besitzen. 

Hinsichtlich der Erklärung des Einzelnen ist natürlich nicht zu er- 
warten, dals jeder Exeget und sicher nicht ein katholischer Exeget in 
allen Punkten mit dem Verfasser übeinstimmt, aber man kann manches 
aus dein Buch lernen, besonders aus den gelehrten, meist textkritischen 
Anmerkungen. Übrigens ist die neuere katholische Literatur sehr wenig 
berücksichtigt, wie denn auch unter den Hilfsmitteln nur der Kommentar 
von Schanz namhaft gemacht wird. 

Wie Chrysostomus u.a., will auch Zahn Mt 1, 1 BißAog Yeveoews 
als Aufschrift des ganzen Buches im Sinne von „Buch der Geschichte 
Jesu Christi“ angesehen wissen. Durch den Titel habe Matthäus die Ab- 
sicht ausgedrückt, „die Geschichte so darzustellen, dals er daraus als der 
Messias, d. h. als die Erfüllung der dem davidischen Königsbause und 
dem von Abraham abstammenden Volke gegebenen Verheilsung zu er- 
kennen sei“ (5.42), Schon wegen des engen Zusammenhanges zwischen 
Vers 1 und dem unmittelbar folgenden Stammbaum kann sich die Über- 
schrift nur auf diesen und nicht auf das ganze Evangelium beziehen. 
Wenn man aber auch hierüber und über die Auffassung des Stammbaumes, 
den der Verfasser für einen „Grundrils der Geschichte Israels in der 
denkbar kürzesten Form“ hält, streiten mag, so erscheint jedenfalls der 
von Zahn S. 63f für die Aufnalıme der vier Frauen Tlıamar, Rahab, 
Ruth und Bethsabee angegebene Grund wenig glaubwürdig. Die Er- 
wähnung der vier soll deshalb erfolgt sein, weil die Juden auf Grund 
einer Verleumdung, wonach Jesus ein uneheliches Kind seiner Mutter, 
ein Bastard sei, bestritten, dals er der verheilsene Davidssohn sein könne, 
Matthäus gebe ıhnen hier zu bedenken, dals an dem davidischen Hause 
Makel genug hafte und sie sich deshalb durch jene Verleumdung nicht 
abhalten lassen dürften, der Darlegung des wahren Sachverhalts ein williges 
Ohr zu leihen. Zahn setzt bei seiner Annahme voraus, dals die Juden 
eine ihnen bekannt gewordene christliche Kunde, dafs Jesus nicht der 
leibliche Sohn ‚Josephs sei, dahin verdreht hätten, dals er ein Bastard sei. 
Aber derartige Verdrehungen gehören eher in die talmudische Zeit als in 
die der ersten Jahrzehnte des Christentums. In seiner Erklärung des 
Vaterunsers leitet der Verfasser, wie heute gewöhnlich geschieht, das 
emoübgıog ah von } emodca nämlich Nuepa und beruft sich für diese Ab- 
leitung wie auch für die Deutung des Wortes auf den Text des Hebräer- 
evanreliums: Panem nostrum crastinum da nobis hodie. Dabei fragt man 
sich allerdings (mit Wellhausen, Das Evangelium Matthäi, Berlin 1904) ver- 
geblich, warum im Griechischen dann nicht röv üptov Töv els alpıov statt 
töv Aäptov Töv Emoborov übersetzt wird, da doch dem onuepov nicht f} em- 
o0ca, sondern aöpıov entspricht. Der Schwierigkeit wäre abgeholfen, wenn 





408 Besprechungen. 


man @miobotos im Sinne von „anbrechender Tag“ oder „bevorstehende 
Tageszeit“ nimmt und immer von dem Zeitpunkte an rechnet, wo man 
sich des Vaterunsers bedient. Ansprechend und wohlbegründet ist die 
Auffassung von 8, 7 als Frage: Ich soll kommen und ihn heilen? (S. 336). 
Auch scheint mir z. B. die Ausführung darüber, dafs die Bitte der Dämonen 
im Gebiete der Gadarener, in die Schweine fahren zu dürfen, um so im 
Lande zu bleiben, nicht sinnwidrig sei, gut gelungen zu sein. Sinnwidrig, 
so führt Zahn S. 366 aus, wäre sie nur gewesen, wenn die Dämonen den 
Erfolg, welchen die Gewährung ihrer Bitte hatte, die Vernichtung ihrer 
neuen Wohnstätte, der Schweineherde, vorausgesehen oder gar absıchtlich 
herbeigeführt hätten. „Matthäus durfte bei seinen Lesern die Einsicht 
voraussetzen, dals die Dämonen jedes Geschöpf nur nach seiner Natur 
gebrauchen können. So wenig sie den Menschen Flügel geben können, so 
wenig den Schweinen Vernunft. Sie vermögen über diese nicht mehr, als was 
auch ein Naturereignis vermocht hätte, die Tiere scheu und wild zu machen.“: 

Uns mit dem Verfasser hier über Stellen wie Mt 26, 26ff von der 
Einsetzung der heiligen Eucharistie oder 16, 18f von dem Primat des 
Petrus auseinandersetzen zu wollen, hätte wenig Zweck. Es sei hinsicht- 
lich der letzteren Stelle nur erwähnt, dals S. 539 von der im Glauben 
des Petrus liegenden Festigkeit gesprochen wird, welche ihn dazu geeignet 
machte, dals ein durch keinen Ansturm zu erschütterndes Gebäude auf 
ihm auferbaut werde. Dann heilst es aber S. 540 (vgl. S. 546 548), Petrus 
werde nur als ein Felsstein, der als der Zeit nach erster Baustein dienen 
solle, bezeichnet. Wir können auch der Erklärung des Ausdruckes „der 
Menschensohn“, der nach Zahn 8. 352 im Munde Jesu die Bedeutung 
„der Mensch xar’ &£oxnhv“ hat, nicht beipflichten und halten das S. 419 von 
dem Zweifel des Johannes Gesagte, der es von der Antwort Jesu abhängen 
lassen will, wie er fortan von ihm denken werde, und der nach S. 421 
durch Jesus aufgerichtet worden ist, für unverträglich mit dem ihm von 
Jesus gespendeten Lobe. 

Allein derartige Ausstellungen können uns nicht abhalten, das Werk 
als eine beachtenswerte Lebensregung des gläubigen Protestantismus über- 
haupt und als einen schätzenswerten Beitrag zur Erklärung des Evan- 
geliums zu begrülsen. 

Bonn. Jos. Felten. 


Sohäfer, Prof. [in Strafsburg] Dr Aloys, Die Bücher des Neuen 
Testamentes erklärt. 11. Band: Die beiden Briefe Pauli an die Korinther. 
Münster i. W. 1903, Aschendorff. 80 (III u. 553) cA 8.25. Auch in zwei 
Teilen zu haben: Der erste Brief. (Il u. 350) c% 5.25; Der zweite Brief. 
(S. 353—553) cM 3. Beide Teile geb. in Halbfranz AM. 9.75. 

Der neue Band ist von gleicher Anlage und Eigenart wie die frü- 
heren C Tbess u. Gal, 1890, III: Röm, 1891; V: Hebr, 1893) und bekundet 
deren Vorzüge in verstärktem Malse. In vornehmer Sprache und Ruhe 
wird eine zusammenhängende positive Erklärung geboten, die den Inhalt 
des Schrifttextes darzulegen und die Gedankenfolge zu entwickeln anstrebt. 
Damit dieser Hauptzweck besser zur Geltung kommt, wird alles text- 
kritische, sprachliche, geschichtliche Detail der Auslegung tunlichst in die 
Anmerkungen verwiesen, die nebstdem eine Fülle von Zitaten aus der 
Bibel und aus kirchlichen Lehrentscheidungen enthalten. Während in 
manchen neucsten Kommentaren, gerade von kritischer Seite, die Aus- 
einandersetzung mit den augenblicklich vorherrschenden Tagesmeinungen 
den breitesten Raum einnimmt, wird hier das Hauptgewicht auf die 
Klarstellung und Fruchtbarmachung des bleibenden tiefen Gehaltes der 
Schriftworte geleert. Der Leser wird durch die meistenteils angenehm 
genielsbare Darstellung angeregt und angeleitet, in die biblische Ideenwelt 
sich hineinzuversenken und den hohen Wert der Heiligen Schrift besser 
zu schätzen und nutzbarer zu machen. Darin liegt der Hauptvorzug 


Besprechungen. 409 


dieser Exegese, aber auch ein gewisser Mangel. Der Fachmann vermilst 
nämlich vielfach das nähere Eingehen auf die Fragestellungen der Kritik 
und wundert sich hier und da über das rasche Hinübergleiten über vor- 
handene Schwierigkeiten. Doch soll nicht verkannt sein, dafs der Ver- 
fasser in dergleichen Fällen das Bestreben zeigt, durch die Art seiner 
Lösung weitergehende Fragen implicite zu beantworten oder als gegen- 
standslos erscheinen zu lassen. 

Nach knapper Einleitung (S. 1—13 u. S.353—365), Literaturangabe 
(S. 14—16) und Nachträgen (S. 18) folgt abschnittweise die deutsche Ü ber- 
setzung, möglichst treu, auch ın der Beibehaltung der Unbestimmtheit, 
mit umsichtiger und lehrreicher Textkritik; wünschenswert scheint mir, 
dals die Übersetzung nötigenfalls durch kleine paraphrasierende Zutaten, 
etwa wie im Handkommentar von Schmiedel, die Auffassung der Auslegung 
schon andeute, ferner dafs die abweichende Auffassung der Vulgata, auch 
wo sie textkritisch unhaltbar ist, jedesmal angemerkt und nötigenfalls 
erklärt werde (z.B. II, 2, 14.16; 10, 12; 11,5; vgl. 12, 11). 

Die Exegese schlägt nicht selten eigene Lösungen vor und stützt 
sich zumeist auf durchaus achtbare Begründung. Gern sucht der Ver- 
fasser eine möglichst weite Deutung, die eine Mehrzahl von spezielleren 
zusammenfalst, ein Bestreben, das in manchen Fällen gut befriedigt, in 
andern aber einer bestimmten Entscheidung aus dem Wege geht. Zur 
Förderung der Sache werde ich einigen Dissens, der sich vorwiegend auf ge- 
schichtliche Fragen erstreckt, kurz andeuten und der geneigten Erwägung der 
Fachgenossen unterbreiten, wobeiichmitIundlIIdie beiden Briefebezeichne. 

Dafs die Christiner I, 1,12 jede apostolische Autorität ablehnten 
und durch 13a speziell getroffen seien (S. 30ff), scheint mir unhaltbar, 
weil eine so gefährliche Parteiströmung eine nachdrückliche Bekämpfung 
gefordert hätte, 13a aber nur gegen das Parteiwesen überhaupt gerichtet 
ist. Wahrscheinlich ist die Christuspartei zu streichen, sei es, dafs die 
vierte Losung die des Paulus ist (Cornely), die freilich als solche ursprüng- 
lich deutlicher kennbar gewesen sein mülste (z.B.&ywye oder als nachträg- 
liche Randglosse des Apostels, um das Endergebnis von 1, 13 bis 3, 23 den 
Parteiparolen gegenüberzustellen), sei es, dals die Worte &yW dE XpıotoD aus 
einer Randglosse stammen, die an sich doppeldeutig war, nämlich im Sinne 
von 3, 23 oder II, 10,7 gemacht sein konnte, sodann aber in letzterem 
Sinne, als Parteiparole in den Text gekommen ist, während in Wirklich- 
keit II, 10,7 vermutlich eine Entgegnung judaisierender Lehrer auf 
I, 3, 23 gewesen ist. Soll aber um jeden Preis eine Christuspartei im 
Texte bleiben, so wird sie allerdings nicht gelobt, sondern getadelt, nicht 
wegen ihrer Parole, sondern wegen ihrer Parteisucht, und ihre Entstehung 
ist ebenso wie die Partei der Petriner den eingewanderten paulusfeind- 
lichen Lehrern zuzuschreiben; denn ich vermute, dafs der vorhandene 
Gegensatz zwischen Schwärmern für Paulus und für Apollos harmlos 
war, bis die judaisierenden Agitatoren kamen und zu dem Zweck, das 
Ansehen des Paulus zu untergraben, das Parteitreiben anstifteten nach 
dem Satze: Divide et impera! — Wie das Haus des Stephanas zu Korinth 
Erstling von Achaja heilsen kann, da doch zu Athen, das zu Achaja 
gehörte, laut Apg schon vorher Christen gewonnen waren, ist S. 385 und 347 
nicht erklärt. — I, 3, 3f will Paulus den angeredeten Korinthern nicht 
etwa den Christenstand absprechen — das widerspräche dem Eingang 
des Briefes —, sondern meint: Jetzt seid ihr noch Anfänger im Christen- 
tum durch eigene Schuld (oapxıkof), früher wart ihr es als Neulinge natur- 
gemäls, ohne Schuld (odpxıvor). Die Vulgata hat durch die gleiche Über- 
setzung carnales das Wortspiel verwischt. — I, 3, 10 vergleicht sich Paulus 
mit einem weisen Baumeister, weil er den Bau der korinthischen Ge- 
meinde nicht, wie er nach dem Wunsche der Korinther gleichsam hätte tun 
sollen, mit dem Dache, sondern mit der Grundlegung begonnen hat; schon 
aus diesem Grunde ist der Vergleich, der ein wenig Sarkasmus enthält, 





410 Besprechungen. 


frei von jeder Selbstüberhebung. — I, 7, 2 dürfte Paulus nicht zugleich die 
Eingehung einer Ehe und den Gebrauch derselben, sondern nur die schon 
bestehende Ehe im Auge haben. Das sog. paulinische Privileg folgt aus 
7,15 rein exegetisch mit Wahrscheinlichkeit, aber nicht mit Sicherheit, 
weil der Fall der Wiederverheiratung gänzlich aulser acht bleibt; vel. 
7,39. — I, 9,1 ist wohl nur an die Berufungserscheinung gedacht, nicht 
aıı wiederholte Erscheinungen vor Damaskus und in Arabien (S. 309). — 
1, 10,4 ist richtig erklärt, aber eine Berücksichtigung und Berichtigung 
der bezügrlichen rabbinischen Überlieferung ist wohl anzunehmen. — Bei 
der Differenz zwischen I, 10,8 (23000) und Nm 25,1 (24000) einen Ge- 
dächtnisfehler des Apostels anzunehmen, ist mit Recht abgelehnt; dats 
aber diese Annahme prinzipiell „mit dem Inspirationsbegrifi unvereinbar 
(S. 191) wäre, ist m. E. zuviel behauptet, weil der Umstand, ob 23 oder 
24 Tausende fielen, für das, was Paulus lehren will, nebensächlich ist. — 
1, 11. 23 ist nicht notwendig von einer unmittelbar empfangenen Often- 
barung zu verstehen (S. 227 u. 306), und „verfehlt“ ist gerade der Hin- 
weis auf Gal 1,1. Denn hier fordert der Ausdruck „Apostel nicht von 
Menschen her“ den Gegensatz „von Gott her‘; da nun Paulus fortfährt: 
„auch nicht durch Vermittlung eines Menschen“, so ist ganz klar, dais für 
das Bewulstsein des Paulus das „von Gott her“, das er im Sinne hat, eine 
zweifache Möglichkeit umfalst: a) mittelbar, b) unmittelbar. Sein Apo- 
stolat und das Spezifische seiner Verkündigung (vom Heile in Christus für 
alle Menschen, aus (rnade, ohne mosaisches Gesetz) hat Paulus durch un- 
mittelbare Offenbarung empfangen (Gal 1,1.12. 16), aber nirgends bean- 
eprucht er solche bezüglich der geschichtlichen Nachrichten über Jesus. 
— Bezüglich des Glossenredens ist zu I, 14,2 ein schlielsliches (resamtbild 
versprochen, aber ein befriedicendes Resultat wird vermilst. Eine wirk- 
liche Sprache, die aber tatsächlich nie von Menschen gesprochen wurde, 
scheint mir ein sich widersprechender Begriff, wenn man unter Sprache 
die Kundgabe von Gedanken in bestimmten Worten versteht. M. E. folert 
aus 14,2a. dals es sich nicht um ein wirkliches Reden in irgend einer 
Sprache mit bestimmten Worten für bestimmte Gedanken und Wahrheiten 
handelt, sondern um die in Worte nicht zu fassenden Aufserungen reli- 
giöser Gehohenheit, indem der Geist Gottes im Innern spricht mit „un- 
aussprechlichen‘“ Seufzern oder auch Lobpreisungen und der davon Er- 
griffene „mit der Zunge“ redet, weil er mit Worten es nicht vermag; ein 
Reden ist es aber doch, weil Ausdruck bewulster Herzensstimmungen. 
Sache der „Auslegung“ war es eben, diesen ekstatischen Ausdruck des 
christlichen Glaubens, Flehens, Jubelns usw. in entsprechende Worte zu 
kleiden, wodurch auch andere erbaut werden konnten, gleichwie ein Musik- 
hermeneut auch „Lieder ohne Worte“ interpretiert. — Die Erscheinungen 
I, 15, 5—7 verlert Verf. mit Recht nach ‚Jerusalem; warum berührt er 
bezüglich des Jakobus nicht die Notiz des Ev. sec. Hebr. bei Hieronymus? 
— I, 15, 12f ist die Rede von der Totenerweckung überhaupt (sonst ginre 
die zwingende Logik der Argumente verloren), von deren Bedeutung für 
die Gläubigen erst von V. 14 ab. — Wenn des Timotheus Sendung I, 4,17 
und 16,10 identisch ist mit der Sendung Apg 19.22 (S. 345), dann er- 
scheint die gewöhnliche Annahme, I sei gegen das Ende des ephesinischen 
Aufenthaltes geschrieben, gut begründet (gegen S. 345), da I erst nach 
Absendung des Timotheus geschrieben ist. 

Zwischen I und II nimmt Verf. eine längere Zwischenzeit an 
(11/, Jahre, wie es scheint S.353): Paulus habe seinen Aufenthalt in Ephesus 
aus den Gründen I. 16, 8 verlängert und den Zwischenbesuch in Korinth 
gemacht, der aus Il, 13, 1f zu folgern sei; auf dieser Zwischenreise habe 
er aber nicht etwa einen Milserfolg gehabt (Schmiedel, Rohr). sondern das 
Werk des Timotheus mündlich fortgesetzt, wodurch das Schweigen davon 
in II sich erkläre, ferner die guten Wirkungen von I weiter gefördert 
und den neuen Reiseplan (II, 1,17) angekündigt (S. 354 357 500). Gegen- 


Besprechungen. 411 


über einer derart verlaufenen Zwischenreise nach I wären meine früheren 
Bedenken allerdings hinfällig (S. 350), wenn sie nur haltbar wäre. Zwar 
lielsen sich vielleicht dafür I. 16, 6 und II, 10, 10 verwerten. Dort ist das 
Reiseziel des korinthischen Geleites noch unbestimmt, dagegen II, 1,16 
ist es Judäa, also scheint jener Reiseplan der frühere; und 11,10, 10 er- 
scheint der Vorwurf der kraftlosen Anwesenheit des Paulus cher berechtigt, 
wenn dem fraglichen Besuch „in Betrübnis“ II, 2, 1, wo der Apostel 
Sünder zu beklagen hatte, eine Mehrzahl von strengen Briefen, also wohl 
auch unser I, vorausgegangen war. Allein gegen eine Zwischenreise 
nach I sprechen m. E. entscheidende Gründe: II, 1, 13 weist auf eine 
schriftliche Ankündigung des Besuches, also etwa auf den verlorenen 
Brief I, 5, 9, den vielleicht Timotheus zu übermitteln hatte; und I, 16, 5—7 
klingt wie eine entschuldigende Abänderung eines früher kundgegebenen 
Reiseplanes oder vielmehr wie eine Entschuldigung der Hinausschiebung 
eines angekündigten Besuches 11, 1, 15a; denn welchen Reiseplan Paulus mit 
jenem vorgehabten Besuche verbunden hatte, teilt er 1I, 1,15bf deutlich 
zum ersten Male mit, also fällt zwischen I und II überhaupt keine Mit- 
teilung eines abgeänderten Reiseplanes; ferner lälst I, 16, 10 vermuten, 
dals Timotheus Auftrag hatte, in Korinth zu bleiben, dafs aber nunmehr 
sein Kommen nach Korinth fraglich wird (€av). Das palst alles gut zu- 
sammen, wenn Paulus bei Absendung des Timotheus den Plan II, 1, 15f 
hatte und mit ihm ein Zusammentreffen in Korinth verabredet hatte, 
aber nach Empfang des Gemeindebriefes den Plan I, 16, 6 falste, statt 
nach Korinth zu gehen I schrieb en 2, 8f) und gleichzeitig dem Timotheus 
die Weisung zugehen liefs, in Mazedonien zu bleiben, weil die Sachlage 
in Korinth nunmehr eine andere war und Titus mit entsprechenden In- 
struktionen dortliin ging. Dann ist für eine Zwischenreise nach I kein 
Platz, sie war vor I and ihre Nichterwähnung in I erklärt sich zur Ge- 
nüge daraus, dals der verlorne Brief I, 5, 9 dazwischen liegt (gegen S. 355). 
Ein Zwischenbrief aber zwischen I und 1lI ist für meine Auffassung 
entbehrlich, da II, 2,3f und II, 7,8.12 sich gut auf I beziehen lälst; 
wenn man aber lieber will, kann man diese Stellen auf den Geleitsbrief 
des Titus beziehen, worin strenges Vorgehen gegen den Blutschänder 
eingeschärft gewesen sein mülste. Schäfer dagegen lehnt einen Zwischen- 
brief ab und bezieht II,2,3f auf II. dagegen II, 7, 8 auf 1, endlich 11, 
7,12 auf I und zugleich auf II! Wie kann aber „der Brief“ (II, 7, 8), 
über dessen Aufnahme (S. 464) sich der Apostel soviel Sorge machte 
(I1, 7,5), I sein, wenn Paulus inzwischen persönlich in Korinth war? Bei 
Annahme einer Zwischenreise nach I scheint mir notwendige Konsequenz, 
bei II, 2,3f und 7,8. 12 an einen Zwischenbrief zu denken, der durch 
unliebsame Zwischenereirnisse veranlalst und durch Titus überbracht 
wurde. Das «ai II, 7, 12 scheint auch mir auf mündliche Mitteilungen 
hinzuweisen; aber Paulus machte sie nicht persönlich in Korinth, sondern 
durch die Überbringer von I oder durch Titus. II, 2,5 scheint auf 
jüngste Vergangenheit zu gehen; ist also der Inzest gemeint (S. 390), so 
ist schwer zu verstehen, dals lange Zwischenzeit mit einer Reise nach 
Korinth dazwischen liegen soll. Da Paulus den Titus in Troas „nicht fand“ 
(II, 5, 12), also zu finden hoffte, scheint nicht er früher, als der Verabredung 
entsprach, Ephesus verlassen zu haben, vielmehr Titus länger, als Paulus 
annalım, in Achajg geblieben zu sein. Die Apg sagt auch nicht, dafs der 
Aufstand, den Demetrius anstiftete, die Abreise des Paulus veranlalst habe, 
vielmehr stand die Absicht, abzureisen, Jaut 19, 21f schon fest (gegen 
S. 356). Die Vorgeschichte von II völlig klarzustellen, wird nie gelingen, 
aber die neue Kombination des Verf.s halte ich für wenig geeignet, die 
Dunkelheiten aufzuhellen. Dabei vermisse ich insbesondere einen Versuch, 
ein anschauliches Bild von der paulusfeindlichen Apitation zu geben. 
II. 11, 4 wird als dreigliedriger Vordersatz ohne Nachsatz gedeutet: 
„Wenn freilich .. ihr schön ertraget“, sc. dann fürchte ich mit Grund, 


412 Bibliographische Notizen. 


dafs ihr werdet getäuscht und verführt werden. Aber dann wären die 
drei Glieder des Vordersatzes recht ungleich aufgebaut und das folgende 
ydp nicht erkläre M. E. ist „ihr ertragt bzw. ertrüget“ V. 4 ebenso 
Hauptsatz wie 19f, der Bedingungssatz ist wegen des unmöglichen Inhalts 
ein ırrealer und der Nachsatz kennzeichnet die Willfährigkeit gegen die 
fremden Agitatoren. V. 4 ist neue Begründung der Bitte und des Ver- 
trauens V. 1 und zugleich Erläuterung zu V. 3 und will sagen: „Denn 
wenn, was ja freilich unmöglich ist, ... ihr würdet es schön ertragen; 
wenn dagegen ich zu dem Zweck, euch gegen Verführung zu schützen, 
genötigt bin, mich zu rühmen, so darf ich wohl erwarten, dafs ihr auch 
mich ein wenig ertraget.“ Mir scheint, V. 2—20 ist fortgesetzte Entschul- 
digung des aufgezwungenen Selbstrühmens, das endlich mit V. 21 be- 
ginnt. — „Den Dorn für das Fleisch“ II, 12,7 falst Verf. nicht als 
äulseres oder körperliches Leiden auf, sondern als Regungen der Begier- 
lichkeit im weitesten Sinne; aber dürfen wir nicht in v. 10 eine Um- 
schreibung erkennen und an alle natürlichen Hemmungen denken, die 
seitens der physischen und sittlichen eigenen Armseligkeit wie auch 
seitens der Aulsenwelt dem übernatürlichen apostolischen Wollen und 
Streben des Paulus fort und fort in den Weg traten, speziell an das 
schmerzlich empfundene Mifsverhältnis des physischen Könnens gegen- 
über dem gottbegeisterten Wollen? 

Diese kritische Besprechung mancher Auffassungen des Verf.s soll 
Zeugnis geben, wie sehr ich seinen Kommentar hoch schätze, weil der 
dogmatische und ethische Gehalt der Apostelworte so lichtvoll und wissen- 
schaftlich dargelegt wird; die Beigabe eines Sachregisters zu jedem Bande, 
im vierten zu den vier ersten Bänden, würde die aufserordentliche Reich- 
haltigkeit und praktische Verwertbarkeit dieser Bibelexegese offenbar 
machen und dieses Bibelwerk weiteren theologischen Kreisen besser emp- 
fehlen. 

In drucktechnischer Hinsicht finden sich aufser Druckversehen einige 
oft wiederkehrende Anstölse wie das übergrolse Aleph, das ständige 
„Roem.“ statt Röm.; die Übersetzung wünschte ich in kräftigerer Schrift 
(vgl. die Typen bei Schmiedel); auf jeder Doppelseite sollte oben oder 
neben notiert sein, welcher Vers erklärt wird. 

Möge dem Verf. vergönnt sein, das verdienstvolle Werk in rascher 
Folge zu Ende zu führen! 
Würzburg. Valentin Weber. 


Bibliographische Notizen 


(hauptsächlich über das erste Halbjahr 1904. Diese Jahreszahl sowie 
das Format 80 sind weggelassen). 


C. Das Neue Testament. 


a) Allgemeines. Einleitung. Ausgaben. Hess. Textkritik. 
Sprachliches. Übersetzungen, 


Schaefer, A., Die gegenwärtige Aufgabe der „Einleitung“ in das NT und 
die Wege zu ihrer Lösung I (Stralsb. Diözesanbl. 1904, 119—128). 

Souter, A., Some thoughts on the Study of the Greek New Testament 
(Exp IX 133—146): Fordert besseres Studium der Kulturverhältnisse in 
Griechenland und Kleinasien, genauere Kenntnis der griechischen Philo- 
sophie zwischen Aristoteles und Paulus; empfiehlt den Gebrauch des 
Textus receptus oder Nestles Text für das erste Studium u. &. 


Bibliographische Notizen. 413 


Clemen, C., Die religionsgeschichtliche Methode in der Theologie (IV u. 
39. Gielsen, Ricker. M —.80): Behandelt hauptsächlich ntl Probleme 
und berührt sich mit meinen Ausführungen oben 8. 56—66. Die religions- 
een Forschungen Gunkels (Taufe, Auferstehung), Pfleiderers, 

eitmüllers (Abendmahl), sowie die Entlehnungen christlicher Ideen aus 
Mithrasdienst (Cumont, Dieterich) und hermetischen Religionen (Reitzen- 
stein) werden abgelehnt oder auf ein sehr bescheidenes Mafs reduziert. 
Zum Erweise der Abhängigkeit des Christentums fordert C. das Vorhanden- 
sein folgender drei — „eigentlich selbstverständlichen“ — Bedingungen: 
„li. eine Anschauung darf sich aus den ursprünglich christlichen ldeen 
schlechterdings nicht erklären lassen; 2. sie muls in einer anderen Re- 
ligion wirklich nachweisbar sein und 3. es muls sich verständlich machen 
lassen, wie sie aus dieser in das Christentum überging“ (16). 

Gardner, P., A historic View of the NT. The Jowett Lectures delivered 
= er late Edwards Settlement in London 1901 (XII u. 274. Ld., 

lack. 6d). 

Bowman, $. L., Historical Evidence of the NT. An inductive study in 
Christian evidences nn 372. Cincinnati, Jennings & Pye. $& 4). 

Funcke, R. E., Die historischen Grundlagen des Christentums. Die 
Evangeliendichtungen. Die Irrtümer und Widersprüche des Apostels 
Paulus und des Hebräerbriefes. Jesus kein „Davidssohn“. Untersuchungen 
und Ergebnisse der Laienwelt dargeboten. Mit vollständigem Quellennach- 
weise und ausführlichem Register (XII u. 282. Lp., Schimmelwitz. M4.—): 
Schon im Titel, der die Hauptthesen des Buches wiedergibt, offenbart sich 
der nackte und krasse Rationalismus, der die Ausführungen beherrscht. 
Nicht umsonst werden die alten Christusleugner (Lukian, Celsus u. a.) 
ausführlich behandelt. In den sibyllinischen Weissagungen erblickt F. 
das Milieu, aus dem das Urchristentum entstand. In den Evv sieht er 
nur Legendenbildung, Sage, heidnische Entlehnungen und Widersprüche. 
Auch Paulus habe daran Anteil, indem er z. B. die erste Sünde gar nicht 
als das erkannt habe, was sie ist, nämlich eine unnatürliche Geschlechts- 
sünde des Adam und der Eva. Er hat Antcil daran, dafs durch das 
Christentum die abendländische Welt verjüdelt worden ist. Der Opfertod 
eines Menschen für die Sünde aller ist etwas Gott Unwürdiges etc. 

Moore, E. C., The NT in the Christian Church: eight lectures (120. 12 
u. 867. N.Y., Macmillan. 1.50): ExpT XV 42lf: „We believe that 
there is no other book in English which will so readily and so fairly 
answer just the question, Who gave the NT its authority.“ 

Gregory, D. S., Outline View of the Bible as God's Revelation of. Re- 
demption. Part II: NT (BStdt N. S. I 108—117): Summarischer Über- 
blick über alle ntl Bücher unter dem angegebenen Gesichtspunkt. 

Joiion, P., Le criterium de inspiration pour les livres du NT (Etudes 
XCVIII 80-91): Dasselbe besteht im direkten oder indirekten aposto- 
lischen Ursprung. 

Hetzenauer, M., Novum Testamentum graece. Edit. altera emend. 2 Bde 
(XVI u. 300, IV u. 368. Innsbruck, Wagner. M 8,50): Legt den grie- 
chischen Text seiner früheren griechisch-lateinischen Ausgabe (1896,98) 

esondert vor. Verweisungen auf Parallelstellen, sowie Hervorhebung der 
Pitate durch besondern Druck sind hier unterlassen. Hingegen zeichnet 
sich die Ausgabe gegenüber der Brandscheids durch grölsere Freiheit 
gegenüber dem Vulgatatexte aus. Die textkritischen Notizen am Rande 
sowie in Fu/snoten, zu denen noch eine appendix critica kommt, be- 
schränken sich auf die wichtigeren Varianten. Den auch hier wieder 
unternommenen Versuch (II 863—366), das Comma Johanneum als Be- 
standteil des griechischen Textes zu verteidigen, halte ich für einen ver- 

eblichen. Als Korrekturen, die mir gelegentlich aufgefallen sind, notiere 
ich: 1 Kor 1, 31 xauxWnevoc; 7, 5 streiche das Komma nach npooevxf); 
7, 17 ist kein neuer Absatz zu beginnen; 10, 9 ist töv xUpıov die besser 





a Meg = LH de Betr ze et FOR EA 


414 Bibliographische Notizen. 


bezeugte Lesart; 2 Kor 12, 14 ist die Aufnahme von üuwv und 12, 15 
die von xai nach el textkritisch nicht genügend gestützt; umgekehrt muis 
12, 7 das dbıö im Texte belassen und xai th ümepßoAn TWv dAnokalüyewv 
zum Vorausgehenden genommen werden. 

Nestie, E., A New Greek Testament. Text with critical apparatus ı 18%. 
668. Brit. and For. Bible Soc. 38 6d\. 

Bible. New Testament. The Greek Testament with a eritically revised Text: 
a digest of various readings,; margin. refer. to verbal and idiomatic usage: 
proleg., comment. 4 vols (2864. N. Y. 1903, Longmans, Green & Co. $ 18.—.. 

Nestle, E., The present greek Testaments of the Clarendon Press, Orferd 
(JthSt V 274— 2791: UÜbt an zwei Ausgaben des NT, dem Lloyd’s Greek 
Test. und dem Mıll’s Greek Testament, Kritik. W. S<anday> knüpft 274 
daran einige Bemerkungen. Nestle repliziert 461f: Clarendon Press greck 
Testaments. 

„Nestle, E., Contributions to the Greek Testament (ExpT XV 370—3:3:: 
Über die Schreibung von Küpiog und xüpiog und über die neuen Aus- 
gaben des NT durch die britische Bibelgesellschaft. 

Nestle, E., The shortest Vers in the Bible (ExpT XV 239): Lk 20, 30: 
kai 6 deutepoc. 

Nestle, E., Quotation Marks in the NT (ExpT XV 237): Wünecht 
grölsere Korrektheit in diesem Punkte bei den englischen Bibelausgaben 
und macht auf ein Papyrusfragment aufmerksam, das Zitationszeichen 
am Rande enthält. 

Blass, Fr., Über die Textkrilik im NT. Ein Vortrag gehalten auf der 
theol. Konferenz in Eisenach am 25. Mai 1904 (40. Lp., Deichert. M —.&u.: 
Im ganzen eine Darlegung von B.s durch seine Editorentätigkeit schon 
bekannten textkritischen Prinzipien. Der Zustand der Texte der einzelnen 
ntl Schriften wird geschildert, zu Jo 1,12f, Mt 1,16, Apg 20, 28, 1 Kor 
5, 9, Gal 5, 7 eine abweichende Lesart proponiert und gegen die Bevor- 
zusung der Hss gegenüber den Versionen und patristischen Zitaten, sowie 
auch geren die Eintscheidung nach der lectio ditficilior Stellung genommeın. 
„Man soil vor der Bibel Respekt haben, aber nicht vor den Abschreibern.“ 

Wright, G. F., The substantiating Witness of textual Criticism (BStdi 
N. S. 1 24-27): Macht auf die Übereinstimmung der ntl Texteszeugen 
in allen wesentlichen Punkten aufmerksam. 

Lake, K., The Injluence of Textual Criticism on the Exegesis of the NT 
(27. Oxford, Parker. 1s): Ein Referat über diese Antrittsvorlesung des an 
die Universität Leiden berufenen enrrlischen Gelehrten in ExpT XV 2493 — 2u5. 
Speziell werden Mt 28,19 und ‚Jo 3,5 besprochen. 

James, M. R., The Scribe of the Leicester Codex (JthSt V 445 —447): 
Ist identisch mit dem eines Leidener Ms (Voss. graec. 56), worin er seinen 
Namen Emmanuel von Konstantinopel und das Datum 1468 nennt. Bei- 
gabe eines Faksimile. 

Zomarides, E., Die Dusmbasche Etvv- Hs vom Jahre 1226 (28 mit 2 Licht- 
drucktafeln. Lp., Dörfeling & Franke. M 2.—): Ediert sämtliche Bei- 
gaben (Epigramme, Stichen usw.) dieser im Besitze von Nik. Theod. 
Dumba befindlichen Hs, welche aus Melitene (= Malatia) stammt. 

Bonus, A., The Turin Fire (ExpT XV 287f): Cod. Bobbiensis k ist nicht 
mitverbrannt, aber mehr als die Hälfte der ntl Hss ist zu Grunde ge- 
gangen. 

Moulton, J. H., Characteristics of New Testament Greek (Exp IX 67—75 
215—225 310-320 359—368 461— 472): Notizen über seine sprachgeschicht- 
liche Stellung (Einflufs der LÄX) und formalen und syntaktischen Eigen- 
tümlichkeiten. 

.„Loosley, E. G., Ta idıa (ExpT XV 381): Wünscht deutlichere (englische) 
Übersetzungen des Begriffes. . 

Löwen, G. M., Johannes Baptista Jonas (Übersetzer des NT ins Hebräische) 

(Nathanael AIX 5). 





Bibliographische Notizen. 415 


Goodspeed, E. J., An ethiopice Ms of John’s Gospel (AmJsemL XX 
182185): Beschreibung des Ms Nr 83867 der Newberry Library in 
Chicago. Jo 1 vergleicht G. mit Platts Text. G. 

Crum, W. E., To Coptic Papyri from Antinoe (PSbA XXVI 174—178): 
Von Gazets Ausgrabungen 1902: 1) 12 Fragmente, jeder koptischen Zeile 
folgt eine griechische &punvei« (liturgischer Terminus); 6. Jahrh. Aus 
Jo 3; 9; 10; 12; 16; 17; 18; 21, je nur wenige Wörter; 2) Ein Blatt von 
32—33 Zeilen auf jeder Seite; eine Homilie auf Judith oder Maria ent- 
haltend. C. gibt die Übersetzung. G. 

Meillet, M. A., Observations sur la graphie de quelques anciens Mss de 
V’evangile armenien (Jas S. X, t. II 487—507): Sieht in den Alss Nr 229, 
363, 369, 260, 257 der Bibliothek des Klosters zu Etschmiadzin die alte 
echte Orthographie des Ev-Textes vertreten, die einer künftigen Ausgabe 


zu Grunde gelegt werden mülste. Erörtert statistisch: 4a— fu , fi und 


nL, pthbtn,,, nom. ag. — win, n], zwp> ıby, khlgku. G. 
Weils, B., Das NT nach D. Mart. Luthers berichtigter Übersetzung mit 
fortlaufender Erklärung versehen. 2 Bde (XX u. 566, 546. Lp., Hinrichs. 
M 10.—): Wo Luthers Text von dem von W. als richtig vermuteten 
griechischen Texte abweicht, ist er korrigiert. Hingegen sind Ungenauig- 
keiten u. ähnl. beibehalten und im Kommentar rektifiziert. Dieser Kom- 
mentar, den W. dem in kleinere Abschnitte zerlegten Texte folgen lälst, 
zeigt wieder W.s Meisterschaft in exakter Paraphrasierung der ntl Ge- 
danken. Die langatmigen Perioden und Einschachteluneen, welche die 
Lektüre von W.s Anmerkungen seines griechischen NT sehr erschweren, 
sind hier im Interesse der Popularität vermieden. 
‚Arndt, A., S. J., Das Neue Testament unseres Herrmm Jesus Christus. 
Übers. und erklärt (1V u. 760. Regensb. 1903, Pustet. M 1.60). 
Broadus, J. A., A Synopsis of the Gospel in Greek in the Revised Version, 
revised by A. Th. Robertson (XVII u. 290. N.Y. 1903, Armstrong). 
Ronneburger, M. E. E., Untersuchungen über die deutsche Evangelien- 
harmonie der Münchener Hs ('y. 532 a. d. J. 1367. Diss. (121. Greıfs- 
wald 1903). 


b) Allgemeine ntl Theologie und Zeitgeschichte. Urchristen- 
tum. Archäologie. Geograpbie. 


Proctor, F. B., Lost Article of the Creed: New Testament Teaching on 
Condition of the Dead (286. Ld., Simpkin. 5s). 

Ekmann, E.J., Eraungelii fullhet och de ändlösa straffen. Bibliska studien 
(280. Stockholm, Johnson. Kr 2.50). 

Bähler, L. H. A., Jets over oud-christelijke belijdenissen in het NT (Th. 
Studiön II [1903] 119—138). 

Marechaux, B., Les miracles de l’Evangile et les faits hypnotiques (Rev. 
du monde invisible; daraus in Rivista delle riviste II 129—139): Unmög- 
lichkeit der hypnotischen oder ınagischen Erklärung der Wunder. 

Holtzmann, H., Sakramentliches im NT (Arch. für Religionswissenschaft 
VII 58-69): Will hauptsächlich an Taufe und Abendmahl nachweisen, 
„Jals das junge Christentum in eine mit Mysteriendunst gesättigte Atmo- 
sphäre eingetreten ist, um sofort in der Umbildung gewisser symbolischer 
(remeindebräuche zu Sakramenten dieser Beeinflussung zu unterliegen. 

Weifs, J., Heitmüller „Im Namen Jesu“ (Th. Rundsch. VII 185—197): 
Anerkennende Rezension dieses Buches. 

Zahn, Th., Missionary Methods in the Times of the Apostles (Exp VII 
387—400, VIll 73—80 227—240): Unter Hinweis auf Jesu Mahnung bei 
Mt 10,16 wird dargetan, dals in den ältesten Zeiten ein eigentliches Missions- 
system nicht nötig war, weiterhin, wie Paulus judenchristliche Missionäre 
bekämpfen mulste, deren Agitation immer mächtiger wurde (Pseudo- 


416 Bibliographische Notizen. 


klementinen). Paulus selbst benutzte, nachdem er sich während der ruhigen 
Jahre in Tarsus (auch durch Bekanntwerden mit hellenischer Literatur‘ 
vorbereitet hatte, bewulsterweise immer die Synagogalversammlungen, um 
von der Judenmission zur Heidenmission übergehen zu können. 

Jülicher, A., Otto Pfleiderers Urchristentum (PrM VIII 1283—140): Setzt 
au dem Buche seines Lehrers, das er sehr preist, aus 1. dafs das Ur- 
christentum zu sehr aus den damaligen Zeitbedingungen herausgerechnet 
ist, und 2. dals eine Aufwärtsentwicklung des Urchristentums anugenom- 
men ist. 

Kalthoff, A., Die Entstehung des Christentums. Neue Beiträge zum 
Christusproblem (IV u. 155. Lp., Diederichs.. M 3.—): Will in ratio- 
nalistischer Weise die Entstehung des Christentums ohne die Annahme 
eines Religionsstifters erklären. 

Geffken, J., Aus der Werdezeit des Christentums. Studien und Charakte- 
ristiken (Aus Natur u. Geisteswelt 54: VLu.135. Lp., Teubner. M 1.—): 
Behandelt im wesentlichen die Epoche des 2. Jahrhunderts. 

Goblet d’Alviella, Syllabus d'un cours sur les origines du christiantisme 
d’apres l’exegese contemporaine (Rev. de l’hist. des religions XLVIII [193] 
295—337): Sechs Auszüge von Vorlesungen in modern kritischer Richtung: 
1. L’ex&gese chretienne; möthodes et sources; 2. La „bonne nouvelle* 
chez les juifs; 3. La rupture avec le judaisme; 4. La penetration du 
christianisme dans le monde antique; 5. L’hellenisation du christianisme; 
6. La romanisation du christianisnie. 

Shahan, T. J., The beginnings of Christianity (3 u. 445. N.Y. 1%3, 
Benziger Bros. $2.—.). 

Veldhuizen, A. van, De crisis in de gemeente van Korinthe op het einde 
der eerste eeuw (Th. Studiän 1904, 1—22). 

Ren& (de Nantes), Les commencements de Vöglise d’ Ephese (Etud. fran- 
ciscaines 1904 fevr., 123—137). 

Bruders, H., S. J., Die Verfassung der Kirche von den ersten Jahr- 
zehnten der apostolischen Wirksamkeit an bis zum Jahre 175 n. Chr. 
(Forschungen zur christl. Literatur- und Dogmengeschichte IV 1 und 2: 
XVI u. 405 mit einer Karte. Mainz, Kirchheim. M 15.—): Hier inter- 
essieren bes. B.s Bemerkungen zur Entstehung christlicher termini wie eüxa- 
pıioTteiv, xeipotoveiv, dıakovog, At6otToAog (7—28), die Charakterisierungen 
von 1 und 2 Kor, Gal und Pastoralbriefen (33—40). Aus den Kor-Briefen 
folgert B.: „Ansässige und wandernde Apostelgehilfen haben noch keine 
Klassennamen, sie sind mit Rufnamen aufgeführt, ihre Tätigkeit entbehrt 
noch der technischen Bezeichnung“ (S. VIII) Trotzdem begründet die 
Sendung von Gott bereits bei Paulus und in den Evangelien einen amt- 
lichen Charakter (Sendungsreihen: Gott Vater, Christus, Apostel, Apostel- 
schüler, ansässige Vorsteher), Weiterhin verfolgt B. die Amtsstufen in der 
apostolischen Zeit (aulser Aposteln und Diakonen: normeves, EnioKomot, 
ttpeoßüutepor wahrscheinlich—=ein Bischof und mehrere Priester im späteren 
Sinne) und gewinnt durch Vergleichung der Amtstätigkeit der ansässigen 
Vorsteher mit der kurzen Wirksamkeit der Wanderprediger und Geist- 
begabten weitere Entwicklungsmomente. Unter den sehr umfangreichen 
Anhängen finden sich eine Biographie Pauli und die Lebensskizzen der 
bei vorliegendem Thema in Betracht kommenden Personen nebst den auf 
sie bezüglichen Texten (griechisch und deutsch), weiterhin eine protestan- 
tische und katholische Ansätze vergleichende Datenliste von kanonischen 
und aulserkanonischen Schriften, sowie eine chronologische Übersicht der 
Ereignisse von 30 bis 67, und endlich ein ausführliches Lexikon der hierher 
gehörigen Begrifte (z. B. dAtooteAAw (sic), AcıToupyeiv, TTPOPNTELEIV, Xa- 
proua usw.). Liegt der Schwerpunkt der Ausführungen B.s auch in der 
nachapostolischen Zeit (nach ihm nach 67) und wird insbesondere aus dem 
1. Klemensbriefe, von dem auch eine vollständige Übersetzung gegeben 
ist, das wichtigste Material gewonnen, so wird doch auch der ntl Exeget 





Bibliographische Notizen. 417 


manche wichtige und feine Bemerkung B.s Buche entnehmen und nament- 
lich aus dem statistischen Talente des Verf. gern Nutzen ziehen. 

Ahlberg, J. A., Apostlar, profeter och lärare. En historisk studie i den 
äldsta kyrkans organisation. 1. Apostlar (184. Lund 1903, Akt. Stanska 
Centraltrock. Kr. 2). 

Andersen, A., Das “Abendmahl in den zwei ersten Jahrhunderten nach 
Christus (LV u. 95. Gielsen, Ricker. M 1.80): Ein vermehrter Abdruck 
des BZ I 204 notierten Aufsatzes, dessen rationalistische Auffassungen 
auch hier vertreten werden (oWwua Xpıotoü in 1 Kor 11 = Gemeinde usw.). 
Die Entwicklungsstadien bei A. lauten: „l. Essen des Brotes; 2. Essen 
des Fleisches Christi (Justin); 3. Opfern des Fleisches Christi on) 
Das sacramentum aber sacrificii dominici trägt in sich alle Keime der 
späteren \Melsopfertheorie“, 

Holtzmann, O., Das Abendmahl im Urehristentum (ZnutW V 89—120): 
Vertolgt die Entwicklung bis Irenäus. Manches, worauf Jesus den Haupt- 
akzent gelegt hatte, so Brotbrechung („als ihm das Brot in auffallender 
Weise zerbrach, sah er darin ein Vorzeichen seines Todes“) und Ausgielsung 
des Kelches sind verschwunden, andere Vorstellungsweisen an die Stelle 
getreten. Aus einem alltäglichen häuslichen Gebrauch war eine streng 
gottesdienstliche Handlung geworden usw. 

Goetz, K. &., Die Abendmahlfrage in ihrer geschichtlichen Entwicklung 
VIIl u. 311. Lp., Hinrichs. M 9.—): Behandelt die Auffassungen des 
Mittelalters, der Reformation und der neuesten Zeit. Für G. steht fest, 
dals Jesus lediglich eine „Gleichnislhiandlung“ vorgenommen hat, die Paulus 
mit „rabbinischer Ausicgekunst“ realistisch umgedeutet hat. 

Gillis, J. M., The Christian Agape (Cath. Univ. Bull 1903, 465—508). 

.. Batiffol, P., La controverse sur l’ Agape (Bull. de litt. eccl. 1904, 185—206): 
Überblick über die neueren Forschungen von Funk, Leclerg, Gillis, Ladeuze, 
Keating, Ermoni. Tert. Apol. 39, dessen „Symbolismus“ und „Ironie“ 
verkannt werde, wird auch hier hauptsächlich besprochen. 

a0, M., Erode I. re degli ebrei (16%. 153. Padova 1903, A. Draghi. 

2.50). 

Waitz, H., Simon Magus in der altchristlichen Literatur (ZnutW V 241— 
250:: Untersucht das Sımonbild der Geschichte (Zusammentreffen mit 
Petrus historisch) und verfolgt dann die sagenhalte Ausschmückung in 
Syrien-Samarien (Simon wird Gott), die gnostische Spiritualisierung und 
die alexandrinische Auffassung. 

Sauter, M., L'idee messianique au temps de Jesus- Christ (Rev. Aug. Jahrg. 
er 146—156): Schildert die pharisäische Entstellung des atl Messias- 

errriffes. 

Feider, H., O. Cap., Die Krisis des religiösen Judentums zur Zeit Christi. 
Ein Vortrag (30. Stans 1903, v. Matt. M —.50\. 

Güdemann, M., Das vorchristliche Judentum in christlicher Darstellung 
(49. Breslau 1903. Koebner. M 1.—). 

Herford, T., Christianity, in Talmud and Midrash (449. Ld. 1903, 
Williams. 188}: Gibt die Texte im Original und in Übersetzung wieder, 
welche von .Jesus und den Minim == Judenchristen und andern Häretikern 
handeln (nach Rb N. S. I 307). 3 

Klausner, J., Die messianischen Vorstellungen des jüdischen Volkes im 
Zeitalter der Tannaiten, kritisch untersucht und im Rahmen der Zeit- 
geschichte dargestellt. Dissert. Heidelberg 1903 (V u. 119. Krakau). 

z Paulus, A., Les Juifs et le Messie. Collection Science et Religion (12%. 

„ Bloud). 

Ebstein, W., Die Medizin im NT und im Talmud (VII u. 338. Stutt- 
gart 1903, Enke. M 8.—): 1901 erschien: „Die Medizin im AT.“ Er 
redet von der Schätzung der Arzte, von der Geburtshilfe, von den An- 
schauungen über Ansteckung, von den kosmetischen Mitteln, von künst- 
lichen Gliedmalsen und von Operationen. 

Biblische Zeitschrift. U. 4. 27 


418 Bibliographische Notizen. 


Dressaire, L., Recherches topographiques sur la voie douloureuse (Echos 
d’Orient 1903 nov., 3656-375). 

Ghazaui, Issa, „La Terra santa.“ Dalle memorie di un orientale (Ri- 
vista delle riviste II 81—-87): „Colla descrizione dei costumi di Betlem e 
Nazaretlı (z. B. Behandlung eines neugebornen Kindes) s’ illustrano alcune 
pagine dell’ Evangelo.“ 

Wilson, C. W., Golgatha and the Holy Sepulchre (PEF XXXVI 26—141:: 
Schluls der BZ I 416 genannten Aufsätze. Macht noch andere Forscher 
namhaft, die die traditionellen heiligen Stätten für unecht halten. 

Quenard, G., La basilique du Saint- Sepulere (Echos d’Orient 1903 nov., 
354 — 366). 

Barnabe d’Alsace, Le tombeau de la Sainte Vierge & Jerusalem (XX 
u. 802. Jerusalem 1903): Verteidigung der Jerusalem-Tradition gegen 
die ephesinische. 

Guyo, L., Le tombeau de la Sainte Vierge d’apres un livre recent (Rev. 
August. III 585—599): Referat und Zustimmung zum vorgenannten 
Buche. 

Bernadin, V., Le tombeau de la Sainte Vierge ü Jerusalem (Et. francisc. 
1904, 801—317). 

Lagrange, M.-J., Le lieu du martyre de saint Etienne (Rb N.S. I 
465—474): Auseinandersetzungen mit dem Franziskaner P. Barnabe d’Alsace. 


ec) Kanon des NT. Geschichte der ntl Exegese. 


Zahn, Th., Grundrifs der Geschichte des nt! Kanons. Eine Ergänzung 
zu der Einleitung in das NT. 2., vermehrte u. vielfach verbesserte Aut. 
(IV u. 92. Lp.. Deichert. M 2.10): Die Hauptergebnisse dieser verdienst- 
vollen Übersicht sind dieselben wie in der 1. Auflage: Um 170—220 be- 
standen Verschiedenheiten und Schwankungen in Bezug auf Hebr, Jak, 
2 Petr, Apk des Petrus, Didache, Barnabasbrief, 1 und 2 Clemens, Paulus- 
akten und Pastor Hermae (26). Von da verfolgt Z. die Spuren des Kanons 
aufwärts (Marcion, V:lentinianer und Justin) und findet, dafs „schon ge- 
raume Zeit vor 140 im ganzen Umkreis der katholischen Kirche die Samm- 
lung der 4 Evv und diejenige der 13 Paulusbriefe neben den Schriften 
des AT gelesen wurden und dals noch mehrere andere Schriften, wie 
Apk, Apg, in einigen Teilen der Kirche wohl auch Hebr, 1 Petr, Jak 
und Briefe des Jo, und vielleicht sorar die Apostellehre der gleichen Ehre 
gewürdigt wurden“ Der Grundstock des NT, das Corpus der 13 Paulus- 
briefe wie das „vierfaltige“ Ev waren schon 80—110 entstanden (41). Aus 
der Zeit nach 200 behandelt Z. Origenes und seine Schule, das anfäng- 
liche NT der Syrer und dessen Fortbildung, Lucianus und Eusebius, 
Athanasius, die Weiterentwicklung im griechischen Orient bis zur Zeit 
Justinians, die Angleichung des Okzidents. Unter den Textbeilagen bietet 
als neue Zugabe diese 2. Auflage eine Ausgabe der einschlägigen Partien 
aus dem 39. Festbrief des Athanasius vom J. 367. 

Holtzmann, H., Die Entstehung des NT. Vortrag gehalten in der 
Nicolaikirche zu Stralsburg (22. Straisb., van Hauten. M —.50): Den 
ntl Autoren lag der Gedanke, eine Schrift von kanonischer Geltung zu 
schreiben, völlig fern; aber das Vorbild des AT wirkte. Das erste waren 
die 4 Evv. Nachdem Marcions Kanon 10 paulinische Briefe enthielt, 
nahm auch die katholische Kirche die paulinischen Briefe auf und als 
Brücke zwischen ihnen und den Evv die Apg. Der Vermittler zwischen 
Morgen- und Abendland war Athanasius. Römische Bischöfe waren an 
der Abgrenzung des Kanons tätig. 

Weils, B., Enntstehungsgeschichte des NT (20. Lp., Hinrichs. M —.20:: 
Erweiterter Einzeldruck aus W.s deutschem NT. 


' Bibliographische Notizen. | 419 


Polidori, E., Concetti_cattolici e razionalistiei sul origine del NT (Civ. 
catt. LV, I 73—81): Wendet sich gegen den BZ I 416 notierten und in 
die kathol. Str mit Beifall aufgenommenen Aufsatz Harnacks. 

Burkitt, F. C., The Eariy Church and the Synoptic Gospels (JthSt V 
330— 342): Bespricht die positiven und negativen Qualitäten der drei 
ersten nachchristlichen Generationen (30—120 n. Chr.), welche sie als 
Fortführer der Traditionen über Christus geeigenschaftet sein liefsen. 
Für die Stellung der folgenden Generationen zu den Evv wird Justin als 
Repräsentaut genommen. Die Aufnahme des Mk-Ev in den Kanon wird 
als besonders glücklicher Zufall gepriesen. 

Drews, P., Untersuchungen zur Didache (ZntW V 53—79): 1. Die Ver- 
wandtschaft zwischen Did. und paulinischen Briefen (Röm 1, 24ff, Kol 
3, 5ff, Eph 4, 1fi) ist nicht auf Benutzung der letzteren durch die erstere 
zurückzuführen (was allerdings mehr vorausgesetzt als bewiesen wird), 
sondern auf beiderseitige Benutzung eines jüdischen Katechismus: die 
beiden Wege. 2. evroAr) Did. 1,5 und 13,5 und 7 bedeutet eine Gebots- 
sammlung des Herrn. 3. Mk und jüdische Ur-Didache benutzten eine 
kleine jüdische Apk; dieselbe hat der Verf. der Did. unter reichlicher 
Benutzung von Mt christianisiert. 4. Did. 9 und 10 schildern wie Did. 14 
ein „Herrnmahl“, doch mehr ein privates und inoffizielles. 

Wurm, A., Cerinth — ein Gnostiker oder Judaist (ThQ, LXXX VI 20—38): 
Nicht Irenäus, der C. für einen Gnostiker hält und im Jo-Ev Bekämpfung 
dieses Gnostizismus erblickt, sondern Epiphanius, der auf Grund einer 
alten Quelle den C. für einen Judaisten hält, berichtet das Wahre. 

Gutjahr, F. $S., Die Glaubwürdigkeit des irenäischen Zeugnisses über die 
Abfassung des vierten kanonischen Ev aufs neue untersucht. Festschrift 
der k. k. Karl-Franzens-Universität in Graz aus Anlals der Jahresfeier 
am 15. Nov. 1903 (VII u. 198. Graz, Leuschner & Lubensky. M 5.—): 
In eingehender und gründlicher Auseinandersetzung mit der neueren 
Literatur (Kreyenbühl, Harnack, Zahn, Corssen u. a.) wird die Glaub- 
würdigkeit des Irenäus verteidigt. Irenäus hatte Mittelquellen, darunter 
Papias und Polykarp; beide waren Schüler des Apostels Jo in Kleinasien 
und kannten das 4. Ev als von diesem herrührend. Im papianischen 
Zeugnis über den Presbyter Jolıannes ist dieser als persönlicher Lehrer 
des Papias nebst Aristion nochmals angeführt worden. Die Lesart ouv- 
ekpıvov wird empfohlen. Die Harnacksche Chronologie des Irenäus lehnt 
G. ab. Ir. könne sehr wohl 125—130 geboren sein und seine Begegnung 
mit Florin 140—145 stattgefunden haben. Sicher war er längere Zeit‘ 
Schüler des Polykarp. 

Mercati, G., Un frammento delle ipotiposi di Clemente Alessandrine 
(Studi e testi XII 3—15): Dasselbe ist in Vat, 354 (= Evv-Cod. S) als 
Randscholion zu Mt 8, 2 enthalten und bringt die Kunde, dals gemäfs 
einer ttapadocıg die jüdischen Priester an bestimmten Tagen den Aussatz 
zu heilen versuchten und im Falle des Unvermögens auf den Messias 
hinwiesen. M. vermutet eine apokryphe, ziemlich wörtlich wiedergegebene 
Quelle, die auch zugleich der Anlals für die abendländische textkritische 
Änderung des adroig in Uuiv nach eis uaprlpıov gewesen sei. Das Apo- 
kryphon müsse also vor 150 existiert haben. Auch der Befehl zum 
Reinigungsopfer habe im Apokryphon (das Mt-Ev der Ebjoniten?) und 
im Evv-Text des Clemens(?) gefehlt. — Von den übrigen Randscholien 
des Vat. werden die interessanteren ediert. 

Riggenbach, E., Matth 28, 19 bei Origenes (Beitr. zur Förd. christl. Theol. 
VIll 107—109: Zwei Zitate im Jo-Kommentar a Preuschen 547 und 
512), wo Mt 28, 19 in der herkömmlichen Gestalt zitiert wird. 

Achelis, H., und Flemming, J., Die syrische Didaskalia übersetzt und 
erklärt. (Die ältesten Quellen des orientalischen Kirchenrechts. II. Buch) 
(TU, N.F. X 2. VIII u. 388. Lp., Hinrichs. M 12.50): Der sehr be- 
grülsenswerten deutschen Übersetzung Flemmings hat Achelis u. a. auch 


27° 


420 Bibliographische Notizen. 


eine Abhandlung über das NT der Didaskalie beigegeben (318—354), die 
hier vor allem interessiert. Er untersucht den ntil Kanon der Didaskalıe 
an der Hand direkter Zitate aus den ntl Schriften und gelangt zu dem 
Resultate, dals „an unserem NT nur die kleineren katholischen Briefe zu 
fehlen scheinen“ (324). Dafs aber gerade hier ein argumentum e silentio 
sehr wenig beweiskräftig ist, hätte von A. bei der sonst sehr vorsichtigen 
Art seiner Beweisführung noch mehr betont werden sollen. Wenn um- 
gekehrt A. konstatieren kann, dafs das Petrus- und das Hebräerevangelium 
(bei letzterem ist auch A. zweifelhaft; er glaubt, die Beziehung auf die Peri- 
kope der Ehebrecherin sei ihm entlehnt) und die Acta Petri und Pauli 
benützt seien und keine „Demarkationslinie® zwischen kanonischen 
Schriften und Apokryphen gezogen sei, so ist doch zu bedenken, dais 
ein solches Verfahren dem Verfasser der Didaskalie der 12 Apostel, also 
eines neuen Apokryphons, a priori nicht zugetraut werden darf. Sehr 
dankenswert ist dann die Zusammenstellung der evangelischen Zitate, 
deren Text nicht genau mit dem der Evv zusammenstimmt — wiederholt 
handelt es sich um gemischte Zitate — oder die direkte Agrapha sind. 
Wie das ganze Werk von den Kirchenhistorikern, so wird dieser Ab- 
schnitt von den ntl Exegeten dankbarst aufgenommen werden. 

Mercati, G., Varia sacra I: I. Anonymi Chiliastae in Mt frag- 
menta (Studi e Testi XI. Roma 1903, tipogr. Vat.): Sie stehen ım 
Ambr. J 101 sup. und exegesieren Verse aus Mt 24,13 und 26. Mög- 
licherweise ist Viktorinus von Pettau der Autor. Vgl. Diekamp ın 
ThR II 476f. 

Turner, C. H., An exegetical Fragment of the third Century (JthSt V 
218—241): Ediert die gleichen Fragmente wie Mercati, die möglicher- 
weise eine Übersetzung eines griechischen Originals seien, und hält auch 
die Autorschaft Viktorins, der vielleicht ältere Quellen bearbeitet, für 
wahrscheinlich. 

Denk, J., Der Angelus templi bei Pseudo-Cyprian (Archiv f. lat. Lexi- 
kogr. XIII 474): Aulsert die Vermutung, dals der beim Tode des Herrn 
aus dem Tempel fliehende (gute) Engel, von dem bei Ps.-Cypr. adı. 
JIudaeos und im Matthäuskommentar des Hilarius von Poitiers die Rede 
ist, als Parallele zu dem beim Kommen des Antichrist in den Tempel 
einziehenden „angelus refuga“ (Viktorinus von Pettau zur Apk; der Aus- 
druck auch in den Tract. Orig. 18 p. 194, 13 B) gedacht sei und aus 
Viktorin (unmöglich, wenn Adv. Iud. von Novatian: vgl. Harnack, Chronc- 
logie II 402ff) oder aus dessen exegetischem Vorbilde Origenes her- 
stamme. C. W. 

Zahn, Th., Neues und Altes über den Isagogiker Euthalius (NkZ XV 
305—330 375—3W): Tritt gegen die von v. Soden sehr zuversichtlich vor- 
getragene Identifikation mit Euthalius von Sulci (um 650—670) auf, da 
der Isagogiker um 330—3% gelebt haben muls. 

Conybeare, F. C., The Date of Euthalius (ZutW V 39—52): Die von 
H. v. Soden in die zweite Hälfte des 7. Jahrh. verlegte Lebenszeit des 
Euthalius, des Verfassers der Prologe zu den paulinischen Briefen, wird 
vor allem durch den Hinweis auf armenische Übersetzungen aus dem 
5. Jahrh. widerlegt. 

Funk, F. X., Zum Opus imperfectum in Matthaeum (ThQ LXXXVI 
424—428): Das ganze 5. Jahrh. (vielleicht noch das 6.) ist als Entstehungs- 
zeit offen zu halten. 

Baumstark, A., Die Evangelienexegese der syrischen Monophysiten (Schluis) 
(Ochr 1902, 358—389): Vgl. BZ I 206. Uber einen Kommentar zu Jo 
und Mk nach der Hs Brit. Mus. Add. 14,682, den Kommentar zu den 
Evv von Georgios Be‘eltan Vat. Syr. 154 (davon eine eingehende Be- 
schreibung), einen Vierevangelienkommentar von Dionysius bar Salibi. 
Schlielst mit praktischen Anweisungen, wie methodisch an der Geschichte 
der syrischen Exegese etwa gearbeitet werden mülste, 3 


Bibliographische Notizen. 42] 


Bauer, W., Der Apostolos der Syrer in der Zeit von der Mitte des 
vierten Jahrhunderts bis zur Spaltung der syrischen Kirche (1V u. 80, 
Gielsen 1903, Ricker. M 1.80): Die Thekla-Akten werden nur bei Rab- 
bulas anerkannt. Hebr wurde bei allen Syrern für kanonisch gehalten. 
Die Ostsyrer besalsen noch 3 Kor und 2 Phil und vielleicht einen Laodic. 
Die kath. Briefe fehlten den Ostsyrern. Apk bekannt, aber nicht kano- 
nisch (nach ThLz 1904, 177 ff). G. 

Baumstark, A., Ein syrisches Zitat des „Comma Iohanneum“ (Ochr 1902, 
438—441): Deduziert aus einer Melserklärung des Jakob von Edessa (Mus. 
Borg. 133 und 159 vorhanden) ein dem Text des Priscillian und der Vulg. 
ähnliches Zitat des Verses 1 Jo 5, 7 und will damit einen ganz un- 
erwarteten morgenländischen (syrischen oder griechischen) Zeugen für den 
berühmten Text gewinnen. G. 

Hartung, K., Fin Traktat zur Apk des Apost. Johannes in einer Per- 
gamenths der Kgl. Bibl. in Bamberg. Zum erstenmal veröffentlicht (VIII 
u. 22. Bamberg, Duckstein. M —.60). 

Schulte, E., Untersuchung der Beziehungen der altenglischen Matthäus- 
glosse im Rushworth - Manuscript zu dem latein. Text der Hs. Diss. 
(30. Bonn 1903). 

Goldziher, J., Ntl Elemente in der Traditionslitteratur des Islam (Ochr 
Il 390—397): Eine Reihe von Aussprüchen des NT oder charakteristischen 
Redensarten haben sich als Muhammed und seinen Genossen angehörig 
in der religiösen Literatur des Islam eingebürgert. G. gibt hier in Er- 
gänzung seiner „Muhammedanischen Studien 382—400: Hadith und NT“ 
einige weitere Beispiele. G. 

Gabrieli, G., Rapporti tra il NT e !’ Islamismo (Bessarione ser. II, vol. VI, 
78—86): Ntl Zitate usw. kommen öfters sozusagen als Plagiate in der 
moslimischen Literatur vor. Beispiele aus einschlägigen Schriften zu- 
sammengestellt. G. 

Bludau, A., Richard Simon und das Comma Johanneum (1. Joh. V, 7) 
(Kath. 1904, 29—42 114—122): Bespricht die Bestreitung der Echtheit 
des C. J. durch den „Begründer der biblischen lsagogik“ und die An- 
griffe, die er deshalb gefunden. „Die Beweisführung Simons war gewils 
nicht vollständig, die Gründe aber, die er gegen die Echtheit anführt, 
verraten ein sicher abgewogenes Urteil und scharfsinnige Argumentation.“ 


d) Auslegung. Literatur zu einzelnen Teilen und Büchern. 
a) Allgemeines. 
A Goguel, M., L’apötre Paul et Jesus- Christ (These) (Il u. 399. P., Fisch- 
acher). 

Allen, J. C., The Gospels of Jesus and Paul (Open Court 1904, 37—44): 
„LIhese two gospels were separately derived, separately worked out; but 
they were brought into relations with each other through historical con- 
ditions, and finally have become merged together, because they are essen- 
tially harmonious and each has need of the other.“ 

Ramsay, W. M., Notes on the NT and the early Church (ExpT XV 
397—8399): From the fifth to the tenth hour: Hält diese ß-Lesart zu Apg 
19, 9 inhaltlich für richtig (cf. Martial, Epigr. V115), doch nicht für ur- 
sprünglich. The date of Polycarp’s Martyrdom. 

Burkitt, F. C., On Romans IX 5 and Mark XIV 61 (‚JthSt V 451-455): 
Nicht eine Doxologie, sondern eine Beteuerung des Gesagten ist in Rom 
9, 5 (ähnlich wie 1, 25 und 2 Kor 11, 31) gegeben. Christus antwortete 
Mk 14, 61 auch erst auf die Anrufung des euAo’nTöc. 


ßB) Leben und Lehre Jesu. Evargelien. 


Bacuez, L., et Vigouroux, Munuel biblique, ou Cours d’Ecriture Sainte. 
Nouveau Testament, 11e ed. T. III: Jesus Christ: Les Saints Evangiles 
(18°. 1X u. 707. P., Roger et Ühernovicz). 


422 Bibliographische Notizen. 


Gregory, D. S., The international Lessons in their Literary Setting (BStät 
N.S. 1 37—45 95—101 157—164 213—217 301—305 385f): Referate über 
Vorlesungen über das Leben Jesu und die Charakteristik der Evangelien 
in antikritischem Geiste. 

Schmidt, P. W., Die Geschichte Jesu erläutert. Mit 3 Karten von 
K. Furrer und einem medizinischen Gutachten zur römischen Kreuzigung 
samt 2 Abbildungen im Text und einer Tafel in Lichtdruck (XII u. 423. 
Tüb. u. Lp., Mohr. M 7.—): Die Erläuterungen nehmen den gröjisten 
Teil (S. 187—414) ein und behandeln in modern kritischem Sinne die 
äulseren und inneren Zeugnisse, die Begriffe: Gottesreich, Messias und 
Menschensohn (gl-ichbedeutend), Gesetz, Gericht. Jesus ist 753 a. u. c. 
geboren u. 783 gestorben. — Das medizinische Gutachten konstatiert Er- 
stickung als Todesursache Jesu und die Unmöglichkeit einer mehrstün- 
digen Marter und einer Sprechfähigkeit. 

Maas, A. J., The Life of Jesus Christ according to the Gospel History. 
4th ed. (34 u. 622 ill. maps. St Louis, Mo., Herder. $ 2). 

Farrar, F. W., Life of Christ. With a Memoir of the Author by the 
Very ltev. W. Lefroy. Containing over 300 illusts. (4%. 822. Ld. 1%8. 
Cassell. 10s 6d): Vgl. BZ I 419. 

Hollmann, ‚6., Leben und Lehre Jesu (ThRundsch. VIl 149-171 197—212 
246— 255): Überblick über die Literatur darüber aus den letzten drei Jahren. 

Barton, W., Jesus of Nazareth. The story of his life and the scenes of 
his ministry; with a chapter on the Christ of art (XXILI u. 558 ill. maps. 
Boston 193. Pılgrıim Press. $& 2.50). 

Davis, N. K., The Story of the Nazarene. An annotated paraphrase 
(428. Ld., Revell. 65). 

M’Connell, S. D., Christ (242. Ld., Macmillan. 55). 

Henderson, H. F., Eye- Witnesses of Christ, and other Essays (Ld. 
Stockwell. 28 6d): ExpT XV 378: The subjects of his sermons are theo- 
logical, ethical, or even mystical, as the case may be; but tlıey are always 
practical. Now it is the fact of the Resurrection, now the cultivation.of 
piety, now tlıe command, „Be pitiful“. 

Jehle, F., Das Schriftzeugnis von Christi Person und Werk (238. Stuttg. 
Ev. Gesellsch. AM 1.50). 

Briggs, C. A., New Light on the Life of Jesus (210. Ld., Clark. 48 6dı. 

Bousset, W., IVas wissen wir von Jesus? (79. Halle, Gebauer-Schwetschke. 
M 1.—): Ein Vortrag, in dem Kalthoffs Aufstellungen (Das Christus- 
problem, 2. Aufl. 1903, und Die Entstehung des Christentums, 1904. s. 0.' 
im Sinne der modernen Evv-Kritik widerlegt werden. Für die von K. 
bestrittene Echtheit der hauptsächlichsten paulinischen Briefe und die 
Zweiquellentheorie wird eine Lanze eingelegt. Die Evv-Literatur hat 

alästinensische, nicht römische Verhältnisse (so K.) zur Voraussetzung. 
otz des Grundsatzes: „Wo man glaubt und verehrt, schaut man nicht 
mehr objektiv“ (S. 54). und trotz der Ablehnung der eigentlichen Wunder- 
berichte („Der Historiker kann kaum[!] anders als annehmen, dals da, wo 
solche Wunder erzählt werden, Legende und nicht Geschichte vorliege“ 
S. 55) stölst man „unter der Schicht der Überlieferung, die aus dem Ge- 
meindeglauben stammt, auf den Granit der historischen Wahrheit. 
Jüdischer Messianismus, griechische Philosophie, soziale Verhältnisse. 
Mysterienkulte u. a. sind nur Nebenfaktoren, nicht Hauptfaktoren in der 
Entstehung des Christentums. 

Kalthoff, A., Was wissen wir von Jesus? Eine Abrechnung mit Prof. 
D. Bousset in Göttingen (43. Schmargendorf, Verl. Renaissance. M—.50). 

Wernle, P., Die Quellen des Lebens Jesu. 1.—10. Taus. (Religionsgesch. 
Volksbücher für die deutsche christl. Gegenwart hrsgeg. von F. M. Schiele. 
J. Reihe, 1. Heft: 88. Halle, Gebauer-Schwetschke. M —.40): Ist nach 
Stb 11 420 „so subjektiv wie möglich“ geschrieben. Jesus offenbare bei Jo 
„ein bis zur Herzlosigkeit und eisigen Kälte gesteigertes feindliches Gefühl“. 


Bibliographische Notizen. 423 


Batiffol, P., Jesus et l’histoire. 2° ed. (16%. 38. P., Lecoffre). 

Gaffre, L. A., La contrefacon du Christ. Etude critique de la „Vie de 
Jesus“ de Renan (12%. XIX u. 266. P., Lecofire. Fr 3.—). 

Jeschuah, der klassische jüdische Mann. Zerstörung des kirchlichen, Ent- 
hillung des jüdischen Jesus- Bildes (Jüdische Schritten von M. de Jonge V: 
112. B., Schildbergen. M 2.—): Ein jüdisches Pamphlet, das sich z. B. 
die Gegenüberstellung leistet: Jeschuah, ein jüdischer Mensch, sein jüdisches 
Temperaments- und Gefühlsleben. Gegensatz: Die kirchliche Karikatur. 
Die 'Temperamentlosigkeit des Kirchenjesus etc. 

Snowden, 3. H., Scenes and Sayings in Life of Christ (312. Ld., 
Revell. 5). | 

Oefele, v., Das Horoskop der Empfängnis Christi mit den Evv ver- 

lichen (Mitteilungen der Vorderasiat. Ges. VIIl 6: III u. 15. B. 1903, 
eiser.r. M —.15). 

Whately, A. R., Doctrinal Significance Of a miraculous Birth (HJ II 
380— 383): Bemerkungen gegen Beeby’s Aufsatz (s. ob. S. 208). Beeby's 
Replik: HJ II 592-598. 

Webster, W., The Phrase „The Virgin-Birth of Our Lord“ (ExpT XV 
331f): Macht auf die Vieldeutigkeit des vielgebrauchten Terminus auf- 
merksam. 

Nogara, J., Les Mages a Bethleem et le massacre des innocents (Scuola 
catt. 1904 Jan.). 

Harper, J., The Temptation in Matthew and Luke (BStdt N. S. I 253f): 
Harmonisierung beider Berichte. 

Lincke, K.F. A., Jesus in Kapernaum. Ein Versuch zur Erklärung des 
Mk-Ev (VIIlL u. 4. Tüb., Mohr. M 1.—): Sieht in der Tätickeit Jesu 
in der Schule von Kapernaum den im Mk-Ev noch 2. T. kenntlichen An- 
fang des Christentums. 

Wünsche, A., Jesu Konflikt mit den Pharisäern wegen des Ährenausraufens 
seiner Schüler (VB I 281—306): Untersucht den genannten Konflikt an 
der Hand der Misna, der jerusalemischen und babylonischen Gemara. Im 
Mt-Ev findet er die treueste Wiedergabe der Disputation Jesu, die sich 
ganz in den rabbinischen Formen bewegt (ein Beweispunkt für die Mt- 
Hypothese), Zusammenstellung der analogen Bestimmungen (der Fall des 
Ahrenausraufens findet sich nicht). Die Worte örı ToD lepoO neiZöv &otıv dbde 
beziehen sich nicht auf Jesu Persönlichkeit. Uber die Handlungen, welche 
nach talmudischer Anschauung den Sabbath aulser Kraft setzen. G. 

Reinach, Th., „Mon nom est lögion“ (REj. 1903, 172—178): Will das 
Wunder daraus erklären, dals die Soldaten der römischen Legionen in 
Palästina einen Eber als Abzeichen trugen. Der Dämon wollte sich nun 
in die römische Legion stürzen, um sie zu vernichten. 

Gorla, P., La Samaritana del vangelo (383. Milano, Scuola tip. Sa- 
lesiana. L3.—). 

Archinard, Le publicain Zachee (Rev. chret. 1903 dec. 409—420). 

Fryer, A. T., The Purpose of the Transfiguration (JthSt V 214—217): 
Christus hat sich durch die Anwesenheit des Moses und Elias in seinem 
Priester- und Prophetenamt geoftenbart. 

Rowe, G. St., The Transfiguration (ExpT XV 336): Hebt die Zeit- 
bestimmung ‚nach 6 Tagen“ besonders hervor und sieht in der Ver- 
klärung die teilweise Erfüllung der unmittelbar vorangehenden Verheilsung, 
den \essias in seinem Reiche noch sehen zu können. 

Schwartz, E., Der verfluchte Feigenbaum (ZutW V 80—84): Retouchiert 
Mk 11,12 ff 20 21 u. Parall., sowie Mk 13, 28f so lange, bis er eine Volks- 
lexende (airıov) erhält, die an einen verdorrten Feigenbaum am Wege von 
Betbanien nach Jerusalem anknüpfte, ihn durch Jesu Verdikt vertrocknen 
lies und von einem Wiederausschlagen die Ernte (Parusie) erwartete. 

Liese, Das Leiden Jesu Christi (Kath. Seels. 1904, 56—62 147—155). 


424 Bibliographische Notizen. 


de la Palma, Histoire de la passion de N.-S. Jesus- Christ. traduit de 
l’espagnol par A. Gareau. Nouv. ed. (12%. XXXI u, 452. P., Lecottre. 
Fr 3.—): De la Palma S. J. (+ 1641) verfolgte durchweg erbauliche Zwecke. 

Kirchbach, W., Die Abendmahlworte Jesu (Nord u. Süd. Jahrg. XXVII 
[1903], Bd CIV 216—225): Betrachtet Brot und Wein als Sinnbild der 
Einheit des Bundes Jesu. 

Abbott, E. A., Paradosis; or „In the Night, in which He was(?) betrayed“ 
(XXIII u. 216. Ld., Black). 

Chauvin, C., Le proces de Jesus- Christ (16°. 64. P., Bloud et Cie. Fr —.60i 

Rosadi, 6., Il processo di Gesü (XV1u.440. Firenze, Sansoni. L4.—.ı. 

Reith, G. M., Cross-Bearing (ExpT XV 238): Notizen zu früheren Be- 
merkungen von Massie und Palmer. 

Preuschen, E., Todesjahr und Todestag Jesu (ZutW V 1—17): ..Jesus 
starb am Freitag den 7. April 30, dem 14. Nisan des jüdischen Kalenders. 

Handmann, R., S.J., Zur Datierung des Todestages Jesu Christi (Natur 
und Offb 1904, 286-295): Berücksichtigt auch die danielische Messıas- 
prophetie und behauptet: Der 7. April 80 n. Chr. oder 783 d. St. kann 
als sicherer und fixer Punkt betrachtet werden. 

Kreyher, P., Der Todestag Christi (Ev. Kz 1904, 224f): Vgl. ob. S. 209. 
Die dort gegebene Datierung (3. Apr. 33) wird gegen P. Endemann (7. Apr. &%: 
festgehalten. Dieser hält aber gleichfalls ebd. 324 seine Datierunz auf- 
recht und Th. Beyer (ebd. 324f) weist auf die unhaltbare Annahme einer 
Mondfinsternis durch K. hin. 

Henson, H., The Resurrection of Jesus Christ (HJ II 476—493): Erörtert 
an diesem Beispiel die eventuclle Vereinbarkeit des christlichen Glaubens 
mit den Resultaten der Kritik: „No such intimate and vital connection 
exists between the truth of Christianity and the traditional notions of 
its historical origins.“ 

Riggs, J. S., The Resurrection of Christ (BW XXIII 249—255). 

Smith, D., The Resurrection of our Lord. 1. The Evangelic Testimony 
(Exp VIII 344—360): Unterscheidet synoptische Tradition, Emmaus- 
erzählung und johanneischen Bericht. Widersprüche sind vorhanden, wie 
Beeinflussung durch Tradition. 

Carr, A., The Autorship of the Emmaus Incident (Exp IX 121-128): 
Vermutet im andern Jünger Lukas, der damals sein Ev vom Herm 
selbst erzählt bekommen habe. 

Hilgenfeld, A., Emmaus (ZwTh XLVII 272—275): Die D-Lesart OvAau- 
naoüg = ehemalige Festung. 

Lepin, M., La divinite du Christ d’apres M. Loisy (L’Univ. cath. 15 janr., 
34—60; auch separat: 31. Lyon, impr. Vitte): Verteidigt die Aussagen 
des Jo-Ev über Jesu Gottheit, deren Bekenntnis sich nicht aus dem Glauben 
entwickelte, soudern ihm zu Grunde lag. Vgl. Rev. du Clerge frang. 
XXX VIIL 556. 

Schmidt, H. F., Zur Entwicklung Jesu. Ein Versuch zur Verständigung 
(48. Basel, Helbing & L.L M1.—.). 

Brunetti, F., La scienza umana e la coscienza messianica di N. S. Gesü 
Cristo, a proposito di una pubblicazione recente (29. Venezia 1903, tip- 
Patriarcale);: Gegen Loisys L’Evangile et l’Eglise. z 

Osgood, H., Christ's „Not Knowing“ (BStdt N. S. I 167—171): Über 
Christi Nichtwissen des Tages und der Stunde und dessen Vereinbarkeit 
mit seiner Allwissenheit. 

Kirchner, V., Die Sündlosigkeit Jesu und das NT (Mancherlei Gaben ek. 
1903, 169—173; 1904, 313-317 393--397). 

Schlatter, Jesu Geduld, ihre Mifsdeutungen, ihr Grund (Beitr. zur Fürd. 
christl. Tbeol. IX. Heft 1. M 1.20): 5 Tihesen über dieselben. „Sie ent- 
steht aus der voll personhaften Art der Gottessohnschaft Jesu.“ 

Bernard, J. H., Prayers of the Kingdom. Studies in the Lord’s Prayer 
(96. Ld.,S.P.C.K. 1s 6d). 





Bibliographische Notizen. 425 


Ross, D. M., The Teaching of Jesus (212. Edinbourgh, Clark. 25): 
ExpT XV 420: „Dr. R. has been working at it for a long long time, and 
he has been able to put much thought very clearly into short paragraphs.“ 

Jackson, G., Teaching of Jesus (264. Ld. 1903, Hodder. 3s 6d): Nach 
ExpT XV 376: „not a theologian’s treatise, sondern a preacher’s inter- 
pretation.“ 

ee H. B., Studies in Teaching of Our Lord (186. Ld., Hodder & S. 
38 6d). 

Vorher: M., Die Worte Jesu. Systematische Zusammenstellung aus dem 
NT, entworfen von M. V., vollendet und herausgegeben von 6. Vorberg 
(VIII u. 194. Gr.-Lichterfelde, Runge. M 2.20). 

Bewer, J. A., The psychological Study in the Words of Jesus, especially 
of His Parables. A contribution to the study of the inner life of Jesus 
(Bs LXI 102—140): Bespricht in populärer Form die Stimmungen, aus 
denen Jesu Worte (bei den Synoptikern) hervorgehen. 

Herzog, J., Jesus als Prediger (ZThK XI1V 44-92): Erörtert, was der 
moderne Prediger von der Predigtweise Jesu lernen kann (mehr Wirklich- 
keit, mehr Natürlichkeit). 

Haufsleiter, J., Die Glaubenserziehung, wie sie Jesus geübt hat (Allg. ev.- 
luth. Kz 1904, 394—398 418f 442—445; separat: 20. Lp., Dörffling 
& Franke. M —.50): Im Glauben an Jesu Wort liegt der Schwerpunkt. 

Bachmann, Ph., Die Sittenlehre Jesu und ikre Bedeutung für die Gegen- 
wart (IV u. 60. Lp., Deichert. M 1.20): Der erste Teil dieses vor einem 
weiteren gebildeten Publikum gehaltenen Vortrages behandelt den eigen- 
tümlichen Inhalt der Sittenlehre Jesu. Sie „konzentriert sich um den 
Giedanken der Gerechtigkeit. Aber im Munde Jesu ist Gerechtigkeit kein 
sozialer, sondern ein religiöser Begriff. Sittlich handeln heilst Gott 
dienen“ (S. ” 

Herrmann, W., Die sittlichen Weisungen Jesu. Ihr Mi/sbrauch und ihr 
richtiger Gebrauch (1V u. 66. Gött., Vandenhoeck. M 1.—): In unserer 
Zeit kann die unbedingte Befolgung überlieferter, gegen das Streben nach 
Besitz und Macht gerichteter Worte Jesu nicht zur Lebensnorm gemacht 
werden, weil wir uns nicht wie Christus vor das Ende der Welt, sondern 
vor eine Unendlichkeit von politischen und wirtschaftlichen Aufgaben 
gestellt sehen. Das von Jesus in das eigene Jeben hinüberzunehmen, 
was uns nicht als „ewig offenbar“ wird, ist eine Art von Reliquiendienst. 
Jesus bekämpft den Irrtum, dals wir, um das Gute zu erkennen, erst 
Gott kennen und seine Gebote vernehmen müssen. Haeuser. 

Mac Comb, S., The Irony of Christ (BW XXIII 104-109): Christus 
machte von ihr einen verteinerten, auf den Nutzen der Menschen ab- 
zielenden Gebrauch. 

Sheraton, J. P., Our Lord’s Teaching concerning himself. Secondly — 
Our Lord’s teaching concerning his mission (PrthR II 1—31): Vgl. ob. 
S.210: 1. Revelation; 2. Redemption; 3. Judgement. Zum Schlusse werden 
als Charakteristika der Lehre Jesu hervorgehoben: „its originality, its 
homogenity and its organic completeness.“ 

Klein, H. M. J., Some Elements in the Teaching of Jesus concerning 
himself (Relormed Church Review 1904, 205—218). 

Ross, J. M. E., Self-portraiture of Jesus. Short studies in our Lord’s 
pictorial teaching concerning himself (272. Ld., Hodder. 35 6d). 

Chapuis, P., Le messianisme de Jesus de Nazareth (RThPh XXXVII 
5—80): Fortsetzung der ob. S. 207 erwähnten Studien. Der danielische 
Menschensohn ist zum Messiastypus geworden und auch von Jesus in 
eschatologischem Sinne auf seine Person angewendet worden, nachdem 
er bei der Taufe im Jordan sein Messiasbewulstsein empfangen hat. Im 
übrigen Auseinandersetzung mit Wrede. In einem 3. Artikel gedachte 
Ch., Prof. der Theol. in Lausanne, das synoptische Problem zu behandeln, 
starb aber am 12. Mai 1904, 





426 Bibliographische Notizen. 


Kipp, J., „Des Menschen Sohn“ (Ev. Kz 1904, 437—445 459—463h: Er- 
blickt in dem Ausdruck eine Verhüllung der göttlichen Macht und 
Majestät Jesu. 

Fiebig, P., Der Menschensohn und Wellhausen (PrM VIII 12—26): Aus- 
einandersetzung Init W. hinsichtlich dessen Auffassung des Begrities 
Menschensohn (= Mensch; im Munde ‚Jesu = Messias). 

Henderson, G., Names and Titles of Christ: „The Son of Man“ (BStdt 
N.S. 1 121—124): Der Ausdruck bezeichne Christi Anteilnahme an den 
Menschenschicksalen, seine ideale Menschheit und seine Messiaswürde. 

Fracassini, U., Il Regno dei cieli e il Figlio di Dio (Str III 323—5-44 : 
Teilt Loisys eschatologische Auffassung des Reiches Gottes: „Ad ogynı 
modo & fuori di dubbio che Gesü ha posto alla base del suo Vangzelo la 
fede e la speranza nella gloria futura del Regno dei cieli.“ 

Sanday, W., The Injunctions of Silence in the Gospels (JthSt V 321— 329 : 
Wendet sich geren Wredes „Messiasgeheimnis“ und erklärt das Schweize- 
gebot aus besondern Umständen (Erfüllung von Prophetenstellen, \Ver- 
ständnislosigkeit gerenüber der Messiaswürde etc.). 

Muirhead, L. A., The Eschatology of Jesus; or The Kingdom come and 
coming. A brief study of our Lord’s apocalyptic language in the synoptic 
gospels. Four lectures (252. Ld., Meirose. 68): In ExpT XV 422 sehr 
gerühmt. 

Boehmer, J., Der Missionsbefehl (Stb II 204—222): Gegen Harnack wird 
nachgewiesen, dals das Judentum missionslos war, während Christus zwar 
nicht in seiner öffentlichen Lehrtätigkeit, wohl aber als Auferstandener 
einen formellen Missionsbefehl (Mt 28, 19f) gereben hat, dessen Tragweite 
(Heidenmission) die Jünger allerdings erst später verstanden. 

Wünsche, A., Zur Muttersprache Jesu (VB 1 403 f): Mt 12, 3-8 (im Idiom 
der Targumim), Mt 12, 2—8 (im ldiom des Talmud), Mt 22, 29—32, Nach- 


trag einer, Parallele zu ‚Jesu Schriftbeweis der Totenauferstehung Mt 22, 32 


aus Midr. Semoth r. 44, 6.7. T. 
Wünsche, A., Zur Muttersprache Jesu (VB I 498-500): Mt 6. 9—14 

hebräisch und aramäisch; Mt 6,25—34; 19, 16.17; Lk 6, 36 in hebräischer 

Rückübersetzung. G. 

Harnack, A., Über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evr 
stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater - Unser 
(Sitz.-Ber. der preuls. Akad. d. W. 1904, 170—208, separat: B., Reimer. 
M 2.—): Bespricht angebl. Herrenaussprüche aus Apg 20, 35, dem Hebr.-Ev, 
Justin, Cod. D nach L 6,4, Orig. u. a. Kirchenschriftstellern. Das Vater- 
unser habe ursprünglich gelautet: „Vater, das Brot für den kommenden 
Tag gib uns heute und vergib uns unsre Schulden, wie auch wir ver- 
geben haben unsern Schuldigern, und führe uns nicht in Versuchung 
hinein.“ Lk hat eine einleitende Bitte hinzugefügt, Mt hat es noch mehr 
bereichert und Jiturgisch stilisiert unter Rücksicht auf die jüdische Ge- 
betsübung. 

Noesgen, Das ursprüngliche Vaterunser nach D. Harnack (Ev. Kz 1%4, 
389—3198 417— 426): Scharfe Ablehnung der von H. behaupteten Urform 
des Vaterunsers und Verteidigung des Mt-Textes, 

Lacroix, Le discours de Jesus sur la montagne. Traduction avec com- 
mentaires (12°. 36. Uhambery, impr. savoisienne): Der Verf., Bischof von 
Tarentaise, will zu weiterer Verbreitung der Schriftkenntnis beitragen. 
Seine Erklärung schlielst sich an die Exegese anderer (auch Loisys) an 
und macht Anwendungen auf die Gegenwart. Vgl. Annal. de phil. chret. 
3° ser. 11I 5698. 

Meyer, F. B., „Selig seid ihr!“ Die Seligpreisungen der Bergpredigt 
ausgelegt. Deutsch von 6. Holtey-Weber (VIl u.168. Kreuznach, Stefien. 
geb. M 3.—). 

Weinel, H., Die Gleichnisse Jesu. Zugleich eine Anleitung zu einem 
quellenmälsigen Verständnis der Evv (Aus Natur und Geisteswelt XLVI. 


Bibliographische Notizen. 427 


VI u. 130. Lp., Teubner. M 1.—): Die Parabeln Jesu sind keine Alle- 
gorien, sondern Bilder und Beispiele Nur im 4. Ev finden sich Alle- 
gorien. Die Evangelisten haben die Parabeln verändert. Aus Erlebnissen 
(Sprache der Natur zu Jesus), nicht durch Entlehnungen aus jüdischer 
Literatur oder Buddhismus sind die Gleichnisse entstanden. 

Selby, Th.&., and Others, The Parables of Jesus (VIlI u.499. Manchester, 
Robinson. 68). 

Fiebig, P., Altjüdische Gleirhnisse und die Gleichnisse Jesu (VII u. 167. 
Tübingen, Mohr. M 3.--): Untersucht die Gleichnisse (c*>se) und Bilder- 
reden der Mechilta, die benannten und anonymen, und sucht dadurch 
eine Methode für die Gleichnisauslegung im NT zu finden. Nach Ein- 
leitungsformeln, nach Bildhälfte und Sachhälfte sind es nicht reine Alle- 
gorien, wenn auch Allegorien enthalten sind. lem Inhalt nach, aber nicht 
der Form nach sind Jesu Gleichnisse originell, überragen nach letzterer 
Beziehung die jüdischen bedeutend. » 

Miller, W.D., The unjust Steward (ExpT XV 332—334): Jesus wollte „a 
lesson of wisdom“ und „a lesson in the character of the action“ geben. 
Vgl. BZ 1427. Zwei weitere Erörterungen dazu von 4. Firth ebd. 426f 
und von A. T. Hooper ebd. 427. 

Congreve, &., Parable of the Ten Virgins (156. Ld., Mowbray. 28). 

Schultz, H., „Wer saget denn ihr, da/s ich sei“ (ZThK XIV 1-43): Der 
inzwischen verstorbene Autor sucht die Stellung des modernen Christus 
zur Person ‚Jesu klar zu legen. 

Shebbeare, Ch. J., The ,fioretti“ and the Gospels — A Comparison and 
a Moral (Contemp. Rev. LXAXXV 739—751): Vergleichende ethische Be- 
trachtung der Stellung zu Jesus etc. 

Cusin, F., Les trois Marie (Rev. August. Ill annce, IV 433—449): Unter- 
sucht die evangelischen Berichte und die Tradition (im Abendlande seit 
Gregor d. Gr. Identifizierung, im Morgenlande Trennung. — Dais Titus 
von Bostra vier Marien unterschieden habe, ist aus den echten Frag- 
menten nicht zu erweisen) und behauptet seinerseits die Verschiedenheit 
der Sünderin bei Simon und der Maria Magdalena und der Maria, der 
Schwester des Lazarus. 

Bernard, J. H., The Death of Judas (Exp IX 422-430): Mt 27, 3—10 
und Apg 1, 18f widersprechen einander teilweise (Selbstmord oder un- 
freiwilliger Tod; Kauf des Ackers). Mt ist glaubwürdiger. 

Trouillat, Les Miracules de !Evangile (XIX u. 404. Lyon, Vitte). 


Der „Fall Loisy‘“ hat eine sehr grolse Literatur hervorgerufen; vgl. 
BZ I 207f 415, 11 191-194 212f. Soweit sie einzelne Punkte betrifit, 
findet sie sich an den einschlägigen Stellen notiert. Hier mögen aber noch 
zusammenfassendere Arbeiten angeführt werden. Wie L. beschäftigen 
sich mit Harnacks „Wesen des Christentums“: 

Bonaccorsi, G., L’essenza del cristianesimo secondo il Prof. Harnack: 
I. Le fonti della predicazione di Cristo. II. La predicazione di Gesü. 
III. Cristologia, domma e vangelo. 1V. La religione cristiana nell’ etä 
apostolica. V. Verso il cattolicismo. VI. Il cattolicismo. VII. Il pro- 
testantismo (Str IlI 146-169 345—387, IV 1—28 164—183 225—258). 
Eingehendes Referat und Kritik des Harnackschen Buches in Zusammen- 
halt mit Loisys Aufstellungen. 

Bois, H., La personne de Jesus et l’Evangile de Jesus d’apres Harnack 
(Rev. de thcol. et des quest. rel. 1903, 389—419 534—570; 1904, 45—59). 


Übersichten über die Loisy-Literatur bieten: 
Lovanien, Les idees et les faits (Rev. August. III annee, IV 397—420): 
Eine Sammlung von Urteilen, Zeitungsnotizen etc. über die „Affaire“ des 
Abbe Loisy, die „pourrait defrayer ä elle seule une chronique‘‘; „le lecteur 


428 Bibliographische Notizen. 


le plus assidu serait bien embarrasse, si on lui demandait d’etre un re- 
censeur un et fidele“. 

Minocchi, G., Giudizi e polemiche intorno all’ abbate Loisy (Str IV 
204—216 317—329): Referate und Zitate. Der Verf. will mit seinem 
eigenen Urteil noch zurückhalten. 


Weiterhin schildern L.s Lehre allgemein und nehmen für oder gegen 
ihn Partei: 

Paradis, E., L’abbe Loisy (Mercure de France 1904, 374—381), 

Murillo, L., Abbe A. Loisy (Razon y Fe 1904 Febr.) 

Mattiussi, G., Sul Loisy (Scuola catt. 1908, 451-473). 
ne F. M., La crisi cattolica et l’abate Loisy (Riv. d’Ital. 1%4. 

— 126). 

Finot, Encore l’abbe Loisy (Le Pretre 1904, 24 mars): Nach Rev. August. 
IV 39: Compare aux definitions de l’enseignement catholique les parol«s 
de l’abbe Loisy sur la Revclation et l’Evangile. 

Wagner, R., Loisy und Loisyismus (Past. bon. 1904, 241—249 289-3. 

Maury, L., Un £volutionniste catholique: Pabbe Loisy (Rev. de theol. et 
des quest. rel. 1904. 101—141,197— 244). 

Remi, Une nourelle heresie (Etudes franciscaines 1904 fevr.). 

Sabatier, P., Les derniers ouvrages de l’abbe Loisy (Rev. chret. 1 janr.; 
auch separat: 15. Dole, Girardi et Audebert): Erwartet auch auf dem Ge- 
biete des Protestantismus von L.s Büchern eine „transformation complete“. 

Coquelin, L., Les „petits livres“ de l’abbe Loisy (Rev. univ. 1904, 15 marsi: 
Konstatiert anlülslich des Falles Loisy bei den Katholiken „un souci 
louable de renouveler, selon les methodes de l’histoire, l’exegese biblique*. 
Nach Rev. August. 1V 514. 

Lettres Itomaines (Annales de philos. chret. 3° ser., III 349-359 

73—488 601—620): Sechs Briefe, die im wesentlichen die Ideen Loisys 
verteidigen. Die ersten vier sind anonym, der 5. ist mit M. L., der 6. 
mit N. C. gezeichnet. Die historisch-kritische Methode L.s sei berechtigt. 
Dals Christus sich bezüglich der Nähe der Parusie geirrt habe, wider- 
spreche nicht der Tatsache, dals er Gründer der Kirche sei. Deren Ent- 
wicklung habe er nicht vorausgesehen. A priori sei das christliche Dogma 
unveränderlich, a posteriori nicht. 

Voces catholicae, Prof. Loisy and the Teaching Church (Contemp. Rer. 
LXXXV 224-244): Der Verf. hält es für möglich, dals ein Nachfolger 
Pius’ X. in 50 oder 100 Jahren 1. „to the rank of Church teachers“ pro- 
moviere. 

Romanus, Rezension von Loisy, Autour d’un petit livre (HJ II 386 3%: 
L. sei der einzige zeitgenössische Schriftsteller, der den katholischen 
Standpunkt wirklich wissenschaftlich in Geschichte und Vernunft hegründe. 

Corrance, H. C., Progressive Catholicism and Hiyh Church Absolutism 
(HJ 11 217—234): Loisys Entwicklungstheorie ermögliche ohne Verletzung 
des Kirchenglaubens die volle Annahme der historischen und biblischen 
Kritik, wenngleich seine Auffassung von den Anfängen der Kirche sich 
von der traditionellen sehr unterscheide. 

Perraud, Kardinal, Les erreurs de M. l’abbe Loisy (L’Univers 17, 18 u. 
20 fevr.; auch separat): Belegt die im Briefe des Mgr Merry del Val 
genannten Irrtümer L.s aus dessen Werken. 

Fremont, 6., Lettres & l’abbe Loisy sur quelques points de l.Ecriture 
sainte (12%. 168. P., Bloud. Fr 8. 

Fremont, G., A propos de la question biblique (La Femme contemporalne 
Jan. 1904): Auszug aus einem Briefe an den Papst; als Vorrede er- 
scheinend zu seinem Werke: Principes Livre V. Was Johannes im Unter- 
schied von den Synoptikern lehrte, durfte in der ersten Zeit nicht anders 
als mündlich gelehrt werden, um nicht den mosaischen Monotheismus zu 
gefährden (nach Rev. du Clerge frang. 1404, 15 Janv.). 6. 


a er san 


Bibliographische Notizen. 429 


Lagrange, M. J., Jesus et la crifique des Evangiles (Bull. de litt. eccl. 
1904, 3—26): Ohne alles zu billigen, was die Gegner Loisys schreiben, 
nimmt L. auch in diesem offenen Briefe an P. Batiflol wieder (vgl. BZ 
1 415) gegen Loisys Auffassung der evangelischen Berichte Stellung. Die- 
selben sind der lebendigen Tradition der Kirche entnommen. An dem 
ehrenvollen Zeugnis, das L. seinen Landsleuten (S. 10) ausstellt: „c’est 
que l’esprit francais ne göute pas les &quivoques“, dürfen wohl auch noch 
andere Nationen partizipieren. 

Batiffol, P., Jesus et l’öglise (ebd. 27—61): Weist in einem offenen Briefe 
an L. Janssens OÖ. S. B. gegen Loisy nach: „que Jesus n’a identifi&@ ses 
disciples ni avec le royaume, ni avec Isra@l; qu’il les a vus comme un 
nombre, comme un troupeau dont il Etait le pasteur et que ses apötres, 
Pierre en tete, avaient, un jour la mission de paitre; que ce troupeau 
a ete par lui nomme Eglise“. 

Portalie, E.. Le dogme et l'histoire (ebd. 62—143): Offener Brief an Fr. 
von Hummelauer S. J. mit einlälslichen Erörterungen gegen Loisys 
dogmengeschichtlichen Evolutionismus. 

Bricout, J., Autour des fondements de la foi (Rev. du Clerg& franc. 
ÄXXVII 449-481, XXX VIII 244—272): Auseinandersetzung mit den 
vorgenannten 3 Kritikern Loisys im Bull. de litt. eccl. Lagrange, Batiffol 
und Portali& unter den Titeln: 1. La critique des Evangiles. 2. Jesus le 
Fils de Dieu. 3. Le royaume des cieux. 4. L’öglise. 5. L’origine et le 
developpement du dogme. Besonders wird die Kritik L.s durch Portalie 
als übertrieben bezeichnet. Die Zusammenstellung L.s mit A. Sabatier 
gleiche tut E. Menegoz in Rev. chret. [l. fevr.] — der Artikel wird 

10f abgedruckt) wird zurückgewiesen. 

Pegues, T. M., Autour des fondements de la foi; critique et tradition; 
lettres a l’abbe Loisy (Rev. Thomiste 1904, mars-avril): Behandelt eben- 
an die Gegenschriften gegen Loisy von Lagrange, Batifiol, Mignot, 

remont. 

Merklen, P. F., La Theologie de M. Loisy (Rev. August. III annee, IV 
65—51): Obwohl L. nur als Historiker urteilen wolle, habe er doch ratio- 
nalistische Theologie getrieben, was an dessen Aufstellungen über Jesu 
Person, über Offenbarung und Veränderlichkeit des Dogmas gezeigt wird. 

Polidori, E., Il vangelo di A. Loisy e i fondamenti della fede (Civ. catt. 
LV, 1 277—294 537—553). I cristianesimo vero del vangelo e quello di 
A. Loisy (ebd. II 33—48 136—147 421—435 656—676): Die beiden Ab- 
handlungen (die letztere wird noch fortgesetzt) stellen eine eingehende 
Polemik gegen Loisys Auffassungen der Behre Jesu und der Evv, diein 
der ersten geschildert werden, dar. Die zweite bebandelt die Punkte: 
1. Le fonti del vangelo di Gesü Cristo. 2. Il regno di Dio o regno mes- 
sianico. 3. Gli officii di Gesü nel rerno messianico. 

Knabenbauer, J., Die Evangelienkritik des Abbe Loisy (Stimmen aus 
Maria-Laach LXVI 145—165): Macht die hauptsächlichsten Irrtümer L.s 
namhaft und protestiert gegen dessen Scheidung von Geschichts- und 
Glaubenswahrheit. 

Esser, G., Alfred Loisy: Evangelium und Kirche (Wiss. Beil. zur Ger- 
mania 1904, 57—60 65—69): Scharfe Ablehnung des Evolutionismus L.s. 

Gaudeau, B., L’Eglise et !’Evangile (Rev. du Clerg& franc. XXXVIL 
113—123): Befürchtet anlülslich des Streites um Loisy einerseits eine zu 
enge und konservative prinzipielle Stellungnahme, anderseits das Ein- 
dringen einer modern kritischen protestantischen Philosophie. 

Gayraud, La critique loisyste (L’Univers 13 dec.): Verteidigt sein Recht, 
über L. zu urteilen und seine \ethode zu verurteilen. Vgl. Rev. du 
Ülerg& france. XXXVIL 334. 

Fontaine, 3., Etudes critiques sur la methode de l’exögese de M. Loisy 
(’Evangile et l’firlise) (70. P. 1903, Sueur-Charruey): Wahrscheinlich 
Separatausgabe des ob. S. 212 genannten Aufsatzes. 


430 Bibliographische Notizen. 


Fontaine, J., „Autour d’un petit livre“ (La Science cath. 1903 dec.): 
Gegen Loisy. Die vollkommene Freiheit der exegetischen Forschung 
erstreckt sich nur auf biblische Texte, die mit dem Dogma nicht wesent- 
lich zusammenhängen. Vgl. Rev. du Clerge frang. XXX VII 333. 

Leduc, H., La „theologie biblique“ ou Thistoire de la religion biblique 
GL du Clerg& frane. XXX VI] 303—305): Anlälslich der Bekämpfung 

oisys durch Fontaine (s, o. S. 212) wird der Unterschied der theolo- 
gischen und religionshistorischen Betrachtung hervorgehoben. J. Fon- 
taine repliziert ebd. 432-435. Vgl. auch J. Fontaine, La „Theologie 
biblique“, in La Verite francaise (10 janv. u. 22 fevr.) und dazu Rev. du 
Clerge france. XXXVII 4461; XXXVIII 96—99. Einen zweiten Artikel: 
Theologie biblique ou lhistoire de la religion, publiziert Fontaine ebd. 
XXXVILI 541-549, worauf Dubois 549f erwidert. 

Monchamp, 6., Les erreurs de M. Alfr. Loisy dans son livre „U Evangile 
et lEiglise“ (Nouv. Rev. thcol. 1903, 579—59Y; 1904, 5—12 62—70): Fort- 
setzung der oben 8. 213 genannten Aufsätze. 

Emonet, B., Cas de conscience de M. Loisy (Etudes XCVIII 737—758; 
XCIX 25): Detailliert den Konflikt L.s mit der kirchlichen Autorität, 
deren Anerkennung durchaus kompatibel ist „avec le plein exercise de 
la raison et les libres recherches de la critique‘“. L.s Trennung von 
Glauben und Wissen sowie seine Auffassung des Übernatürlichen seien falsch. 

Mariano, R., Loisy ed Harnack (Riv. d’Italia 1904, 434—452). — 


Fonck, L., S. J., Streifzüge durch das Gebiet der neuesten katholischen 
Evangelienforschung (ZkIh XX VIII 545—570): Will nachweisen, dals die 
Franzosen Batiffol (Six lecons sur les Evangiles), Lagrange (s. o. 
S. 429), Rose (s. BZ I 207) und Calmes (s. u. S. 434) der modern 

rotestantischen Kritik und Loisy in der Beurteilung der Synoptiker, 
des Jo-Ev und in Auffassung der Lehre Jesu (Gottessohn, Reich Gottes) 
zu viele Konzessionen machen. S. 640 fordert F. die Redaktion der BZ 
auf, sich gleichfalls zu den Forschungen dieser Exegeten näher zu äulsern. 
Ich nehme diesen Wink dankbarst an, glaube aber, dals die BZ der Sache 
besser dient, wenn sie nicht auch blolse „Streifzüge“ unternimmt, wobei 
die Probleme eben nur gestreift werden, sondern wenn sie wie bisher die 
einzelnen strittigen Punkte herausgreift und allseitig zu behandeln sucht. 
Das sind freilich Aufgaben, deren völlige Lösung die Krüfte eines Ein- 
zelnen und auch die einer Generation — um nicht noch mehr zu sagen — 
übersteigt; aber sie müssen angegriffen werden. P. F. scheint mir auch 
in diesem Aufsatze wieder mit manchen seiner französischen Gegner den 
Fehler zu teilen, dals er zu sehr ins Allgemeine redet. Auch die von 
F. sehr beliebte Manier, möglichst viel Zitate aus Gewährsmännern pro 
und contra zu liefern, tut’s wahrlich nicht. Dals aber F. die Probleme 
auch als solche empfindet, hat er ja in seinen „Parabeln“ bewiesen. Hier 
sind z. B. Parabeln behandelt wie die vom verlorenen Schaf, die bei Mt 
einen ganz andern Sinn hat als bei Lk. Damit hat F. doch selbst zuge- 
geben, dals manches von dem, was seine Gegner über das synoptische 
Problem sagen, nicht so a priori und brevi manu abzuweisen ist, 

Harnack, A., Die Evangelien (Preuls. Jahrbücher CXVI 209—219). 

Armstrong, W. P., The Witness of the Gospels (PrthR II 32—64): Be- 
handelt 1. The character of the Gospel witness (nicht strikt historisch). 
2. The origin of the Gospel witness in its bearing on the value of that witness. 

Wilkinson, F. H., Gospel of Jesus Christ, the Son of God. In words 
of the four Evangelists. Arranged, Trans., and Annot. (426. Ld. 1%, 
Marshall Bros. 78 6d). 

Azibert, J.-A., A propos de synopses (Rev. du Clerg& franc. XXXVIlI 
654—662): Erörtert die Schwierigkeiten synoptischer und konkordistischer 
Zusammenstellungen, insbesondere wenn Jo einbezogen wird, und exem- 
plifiziert dies an den Ereignissen des Auferstehungsmorgens. 





Bibliographische Notizen. 431 


Bonaccorsi, 6. B., I tre primi vangeli e la critica letteraria ossia la 
questione sinottica (167. Monza 1903, Tip. Artigianelli-Orfani): Separat- 
ausgabe der BZ I 425, 1I 213 genannten Artikel in der Scuola cattolica 
und ihrer Fortsetzungen. Die Untersuchungen, welche sehr eingehend 
geführt werden, gelangen zu dem Resultate: Neben mündlicher Über- 
lieferung ist auch gegenseitige Abhängigkeit der Synoptiker zu postu- 
lieren. Vom aramäischen Mt (Logia; ca 55—65) sind abhängig: Mk 
(ca 65—70) und die moAMoi (Lk 1, 1. Diese wie Mk sind Quelle des 
Lk (ca 70—80), der also von Ur-Mt direkt nicht abhängig ist. Hingegen 
ist die griechische Übersetzung des Ur-Mt (78—85) — überhaupt eine 
freiere Rezension desselben — auch unter Benutzung des Nk gefertigt 
worden. In den Minutien des Evv-Textes haben später noch Anglei- 
chungen und ähnliches stattgefunden. Die Arbeit ist unter gewissenhafter 
Benutzung der überreichen Literatur geschrieben und wendet auch der 
Geschichte der synoptischen Frage ihre Aufmerksamkeit zu. 

Chavannes, H., Les ressemblances des €vangiles synoptiques (RThPh 
XXXVII 138-160): Dieselben lassen sich nicht durch die mündliche 
Überlieferung (Ch. exemplifiziert dies an Berichten über einen grolsen 
Brand), sondern nur durch ein gemeinsames Urevangelium erklären. 

Sachfse, E., Der geschichtliche Wert der drei ersten Evv. Vortrag (64. 
B., Reuther & Reichard.. M 1.—). 

Gutjahr, F. S., Das Heilige Evangelium nach Matthäus. — Das Heil. 
Ev nach Markus. — Das Heil. Ev nach Lukas. Übersetzt und erklärt. 
2 Hette (S. 1-80 113—167 169—274 mit 15, 4, 5 Bildern. Graz 1903/04, 
Styria. 372.80): Ein edel populäres Werk. Die kurzen Erklärungen sind 
als Fu'snoten dem deutschen Texte beigegeben. Die sachliche Einteilung 
wird durch fettgedruckte Titel hervorgehoben. Die Illustrationen sind 
Reproduktionen von, Werken älterer und neuerer Künstler. 

Rose, V., O. P., Erangile selon s. Matthiew. — Evangile selon s. Mare. 
— Evangiüe selon s. Luc. — Traduction et Commentaire. 3 Bde (La 

ensee chretienne. Textes et Etudes: XXXIV u. 235, XXVIII u. 175, 

X11II u. 247. Cartes et plans. P., Bloud & Cie.): Der kurze Kommen- 
tar, der insbesondere auf die Parallelberichte Rücksicht nimmt, begleitet 
die französische Übersetzung in Anmerkungsform. Jedem Ev ist eine 
kurze Einleitung vorausgeschickt, in der neben dem Erweise der Echtheit 
besonders Plan und Tendenz des betr. Ev klar gelegt wird. Nach den 
geistreichen und originellen Ausführungen R.s huldigt Mt (ursprünglich 
aramäisch), beeinfiufst von den Anschauungen seiner Zeit, einer universa- 
listischen Tendenz (28, 19) und will daneben die Messiaswürde Christi, 
die Ungläubigkeit Israels und die Berufung der Heiden zum Heile er- 
klären. Der Reichgottesbegriff bezieht sich schon auf irdische Verhältnisse 
(eschatologische Auffassungen sowie der Evolutionismus, der nach R. 
doch eine Alteration der Lehre Jesu in sich schlielst, werden abgelehnt). 
Mk hat das Bestreben, unter wiederholtem Hinweise auf Christi Gebot, 
seine Messiaswürde nicht weiter zu verkünden, den Unglauben Israels 
erklärlich zu machen (der \Ik-Schluls ist nach Jo, vielleicht von Ariston ver- 
falst. Bei Lk tritt der Erlösungstod Jesu und seine Tätigkeit in Jeru- 
salem in den Vordergrund. Die galiläische Wirksamkeit ist nur als vor- 
bereitende aufeefalst. 

Schanz, v., Die Gottheit Jesu bei den Synoptikern (Magazin für volks- 
tüml. Apologetik III 7—15): Wenn die Synoptiker auch mehr das Mensch- 
liche an Jesus darstellen, so beweisen doch Stellen wie Mt 11, 25—27 = 
Lk 10, 21f u. a., dals sie auch die wahre Gottessohnschaft Jesu kennen 
und lehren. 

Blondiau, L., De divinitate Christi apud Synopticos (Collationes Namur- 
censes 1904 janv.). 

Lepin, M., Jesus, Messie et Fils de Dieu d’apres les Kvangiles synop- 
tiques (120. XLV u. 280. P., Letouzey. Fr 3.50): Ein in Frankreich 


452 Pislugrs: sie Nolzeo 


- 


= . -. £} . .- - - . - bei » r # en 
rie.rzgr, wa Wer Es beiiiin 22 mit ien Aırim ziar ui = 
ı & 


wırislen Fraren (ırnas [23 ae Messias ie ver: ui 2.08 

ER & Br u e E 2 So, ee a ae & Wi . 
Wuırie fr 8.2 ın Azsırocn gerimıen Ein meer ne 
r i p Be Pe Rune u u EHEPENSEREBRR . N Fer en een 
Lu. der 2.=..12ren.1e.1e Alisatz von d. Br ib Leei. SS 1 To rar. 


XAAVLI +79. 

Lepin. M., La dirimt# du Christ. dor les dran BWIN O LIT. 
ca. 154. 1,1—17%. auch serarat: 3% Lson. imır. Vie. 

Camuset, P., La propis tie echataisgu we des Sumırnzws Der. in (ori 
frare. AXXVII 3597 —35= : „La garsısie Gy sairre immensen # 
s.2.rc de Jörusa.em. et \ in et Jacire Srslements a7rort [oar ezlin 28 
Inne ger-raiioo; se premier de ces Sfa.is Da jas ersore parı sur 2 
ec-ne dev o.etnire.- 

Descy. F., Breriter erponitur ratio mmuüitudinis et dieerer-innze mir 
ere s. Mattkasi et se. Marci quad rerum matzrıcm et grüne ei und 
sLoyum ulrusjue erangeistar Usa. ,nes Namarerses 1@4 Jaıv.. 

Buröridge, A. T., Ine Justincation of Wisdom JirSs: VHS —H : Kim- 
biniertr Mr: 11.19 und Lk 7.35 und 2äit beide für unvolstäzä:ze Wi-ser- 
gaben des Satzes: xal eöikamwen N Copia ano ruv Eyrwv TÜV Temuv 
uuTrrc NUVTwVv. 

Knabenbauer. J.. S. J.. Commentarius in quatwor erangeia D. N. Ieu 
Christi. I. Er ser. s. Matthaeum. Ed. altera. aucta. emeniata. 2 Pares 
(Cursus script. sacrae. 568. 576. P. 1@3. Leibielleur. Fr 21— : Dis 
dieses Werk trotz der durch den Gebrauch der lateinischen Srracse te- 
dınzten schwerfälligen Form nach unzerahr 12 ‚Jahren einer Neuaut.are 
bedurfte, ist ein Zeurnis für die Gediegenbeit seines Inhaitee. In der 
Tat finden sich alle bedeutsamen Prot,leme in dem Kommentare beharleit: 
ınanı wird ihn nie vergeulicn nachschiaren. Eın besonderer Vorzuz aut 
dieses Kommentares besteht in der gewissenhaften Berücksichtigung der 
patristischen Exegese. Manchmal z. B. II 41) ist der Verf. in der Lore. 
inodern kritische Einwände direkt mit den Worten alter Autoren zurü.s- 
zuweisen. Der Benutzer unseres Kommentares erhält ın alıen wichtireren 
Punkten zurleich auch einen Überblick über die Geschichte der Exezese 
der betr. Stelle. Sehr begrü/senswert wäre ein alphabetisches Verzeichnis 
der hierbei gebrauchten Abkürzungen gewesen. Zeitraubendes Suchen ım 
Abschnitt IV der Proiegomena De subsidiis interpretationis) wäre dem 
Leser damit erspart geblieben. Zu diesem Abschnitt notiere ich noch 
die Katenenausgalben der Jesuiten P. Possinus : Toulouse 16445) und B. Cor- 
derius (Toulouse 1647, die noch viel reichhalti:rrer sind als die von R. er- 
wähnte Katene (ramers. Die übrigen Abschnitte der Einleitung ver- 
teidiren die Echtlieit Aöyıa= Mt-Ev). Mt schrieb aramäisch, nicht 
hebräisch, und wollte Jesum als \essias den Juden gegenüber erweisen. 
Il 42. 2. 13 lies: 8, 1—10. 

Wellhausen, J., Das Ev Matthaei übersetzt und erklärt (152. B. 
G. Reimer. M4.—): Beginnt mit Mt 3. 1f und ist in Anlage und Tendenz 
gleich dem Mk-Kommentar; s. o. S. 214. 

South, E. W., Gospel according to St. Matthew. With introduction 
and notes 162. 3 maps. Ld.. Methuen. 1s 6d). 

Hamer, C.J., Notes on St Matthiew. With questions set at the Oxford 
and Gambridre Local Examinations (124. Ld., Allman. 9d). 

Smith, D., Raka (ExpT XV 235—237): „ls not an epithet, but an inter- 
jeetion of contempt.“ Vgl. 6. A. King ebd. 287 und A. Fullerton ebd. 
429 —431. 

Kroening, G., Was beıleutet &ptog emioborog? (Gymnasium XXII 165—168: 
emoucios ist das Adjektiv zu rn) emoüca und bedeutet wörtlich „das bie 
zum kommenden Tage reichende“. cW. 

Hoffmann, R. A., Das Marcusevangelium und seine Quellen. Ein Bei- 
trag zur Lösung der Urmarcusfrage (IX u. 644. Königsberg. Beyer. 
M 16.—): Will durch Vergleichung der einzelnen synoptischen Berichte 


Bibliographische Notizen. 433 


nachweisen, dals vor dem griech. Mk (noch vor 70) zwei Rezensionen 
eines Ur-Mk existierten, eine ältere palästinensische und eine jüngere 
heidenchristliche, aber noch in aramäischer Sprache geschrieben (letztere 
ca 651. Verfasser der älteren kann der Petrusschüler Mk gewesen sein, 
der aber nicht identisch ist mit dem in Apg und Kol 4, 10 genannten. 
Wenn auch die Haupttliese H.s nicht auf allgemeine Zustimmung rechnen 
kann — hier spielt die Subjektivität eine zu grolse Rolle —, so verdient 
dıe Zusammentragung des überreichen Vergleichungsmaterials den Dank 
aller Erklärer der syuoptischen Evv. 

Hilgenfeld, A., Der Evangelist Markus und Julius Wellhausen (ZwTh 
XL\VII 180—228 289--332): Nimmt in sehr eingehender Besprechung der 
einschlägigen Mk-Partien gegen die von Wellhausen in seinem neuen 
Kommentare postulierte Priorität des Ak Stellung und sucht den griech. 
Mt als Grundlage des Mk darzutun. 

Loisy, Le second Evangile (Rev. d’hist. et de litt. rel. VIII 513517): 
Das Mk-Ev ist, was die Komposition betrifit, „une oeuvre de seconde 
main, une compilation de meme genre que Mt et que Lc“, bezüglich 
scines Charakters „une oeuvre de foi beaucoup plus qu’une oeuvre d’his- 
toire“; sein Ursprung steht in Beziehung zur Predigt des Petr. 

Duret, J., Nochmals der Tetrarch Philippus mit Bezug auf Markus 6, 17 
(Kath. Schweizer-Bl. 1904, 1— 59. 

Van Kasteren, J. P., S. J., De Zoon Gods in het Marcus- Evangelie 
(Studien XXA VI“ J. D. LXIL 327—364): Gegenüber Harnack, Rose, 
Loisy u. a. wird dargetan, wie alle bezüglichen Mk-Stellen eine Gottes- 
sohnschaft im eigentlichen und natürlichen Sinne andeuten, die Mk durch 
Jesu öflentliche Wunder, speziell Teufelaustreibungen, auch historisch 
erbärtet. Schon der Verf. des Hebr (Barnabas) entlehnt dein Mk-Ev 
seine Betrachtuneen über den Sohn Gottes. Julius. 

Delatouche, P., Un psaume neotestamentaire, le cantique Benedictus (Annal. 
de philos. chret. 1904, de, Stammt aus einer „source hcebraisante, 
sans doute celle-Ja mcme, oü il a puisc le Mapnificat“. „Luc a traduit 
le potme, pas cependant avec une fidelite telle qu’on n’y reconnüt sa 
maın propre, avec trop de fidelite pour que les expressions et les idees 
qui lui Ctaient etrangeres, ne 8’y retrouvassent dans leur intögrite.“ 

Ladeuze, P,, De l’origine du Magnificat et de son attrıbution dans le 
troisieme evangille a Marie ou a Elisabeth (Rev. d’hist, eccl. IV 623—6441: 
Hält an der Lesart xai eitev Mapıiu fest. Lukas habe einen altchrist- 
lichen Hymnus über die Ankunft des Messias Maria in den Mund gelegt. 

Cremer, E., Die Gleichnisse Lk 15 und das Kreuz (Beitr. zur Förd. 
christl. Theol. VIII 69—104): Weist nach, dals auch in den Parabeln 
Ik 15 nicht blols die Vaterliebe Gottes, sondern auch seine Hingabe für 
die Schuld des Sünders gelehrt ist. 

Hawkins, J. C., St. Luke's Passion-Narrative considered with Reference 
to the Synoptic Problem (Expl XV 273—276): Setzt die oben S. 215 ge- 
nannten Quellenuntersuchungen fort, „The verbal correspondence with 
the Marcan source is about twice as great ın the Lucan account of the 
Ministry as it is in the Lucan account of the Passion.‘ Paulinischer 
Eintluls machte sich bei den Leidensberichten besonders geltend. 

Robertson, A. T., Ihe most acute Question in NT Criticısm (BStdt 
N.s8.133f): Der Kampf um das Jo-Ev. 

Venard, L., Chronique biblique iRev. du Clerge franc. XXXIX 55—74): 
Reteriert über die neueren Forschungen zum .Jo-Ev (Loisy, Calmes, 
Wrede, Horn) und glaubt, dals weder die traditionelle Auffassung noch 
die modern symbolistische alle Schwierigkeiten löst. 

Hilgenfeld, A., Das Jo-Ev und seine neuesten Kritiker (ZwTh XLVII 
2]—5#): Setzt sich mit Harnack. Kreyenbühl. Reville, Grill, Pfleiderer 
und Wrede auseinander und konstatiert, „dals die Entstehung dieses Ev 
in der Zeit aufblühender, noch nicht kirchlich geächteter Gnosis mehr 

Biblische Zeitschrift. II. 4. 28 


434 Bibliographische Notizen. 


und mehr Anerkennung findet, aber auch, dafs sich mehr und mehr d:e 
Unmöglichkeit herausstellt, das Jo-Ev ohne die langjährige und nach- 
Da use Wirksamkeit des Apostels Johannes in Asien geschichtlich zu 
egreifen“. 

Lemann, S. Jean et le quatrieme Evangile. Reponse ä M. l’abb& A. Loisy 
(5l. Lyon 13, Vitte). 

Bacon, B. W., The ‚Johannine Problem. II. Direct internal evidence 
(H.J 11 323—346): Vgl. BZ 1 428. Datiert das Schlulskapitel des Jo-Ev 
später. 

Wrede, W., Charakter und Tendenz des Johanneserangeliums (s. 0. S. 215): 
Dasselbe ist gegen das Judentum gerichtet, während der vom selben Verf. 
stammende 1 .Jo gegen die Gnostiker sich wendet. Nebensächliche Polemik 
beschäftigt sich auch mit den Johannesjüngern. Vgl. H. Holtzmann, 
ThLz XXIX 318f. 

Abbott, A., From Letter to Spirit. An attempt to reach varying voices 
the abiding Word (XXXVI u. 492. Ld. 1903, Black): Sieht im Jo-Ev 
den Versuch, die Tatsachen des Lebens Jesu zu spiritualisieren; z. B. ist 
die Stimme vom Himmel nur innere Eingebung u. s. fe Ablehnendes 
Referat in Rb N. S. I 137 ff. 

Drummond, J., An Inquiry into the Character and Authorship of the 
Jourth Gosyel (XVI u. 528. Ld. 1903, Williams & Norgate): D. kommt 
in sehr eingehender Untersuchung der johanneischen Frage zum Resultat: 
„On weighing the arguments for and against to the best of my power, I 
must give my own judgement in favour of the ‚Johannine authorship.“ 

Hitchcock, F. R. M., Wendt's Theory of the fourth Gospel (Hermath. 
XXIX 322-339). 

Howlett, J. A., Dr. Wendt’s Theory of the fourth Gospel (Dubl. Rev. 
CXXXIV 314—335). 

Smith, J. R., The Teaching of the Gospel of John (406. Chicago, 
Revell. $ 1.50). 

Clark, H. W., The Christ from Without and Within. Study of Gospel 
by St John (232. Ld., Melıose. 3s 6d). 

Un professeur de Grand Seminaire, L'auteur du quatricme evanyile (An- 
nales de phil. chrüt. 3° ser. III 63—74): Ist für seine Person „partisan 
de l’authenticite johannique‘“, will aber die grolsen Schwierigkeiten nam- 
haft machen, welche seiner Anschauung entgegenstehen. 

Wilms, A., Der Ursprung des Johannesevangeliums. Eine nicht gehaltene 
Kaisersgeburtstagsrede (Reich Christi VII «8—100): Es „mus vor dem 
Tode der Maria entstanden sein. Das aber wäre auch die Zeit, in der 
die Jünger noch in Jerusalem und Umgegend vereint wirkten, die Zeit 
vor 48‘. 

Ording, 3., Jesu dgds frelsesvaerd i de johannaelske skrifter. Nademid- 
lernes virken (69. Kristiania, Gruondahl & Sen. Kr 1.—\. 

Kunze, J., Das Evangelium des Johannes, eine antijüdische Tendenz- 
schrift (Allg. ev.-luth. Kirchenztg 1904, 170-172 194—199 218—22]1): 
Nimmt gegen diese These von Jülicher und Wrede scharf Stellung. Diese 
These sei nicht das Ergebnis wissenschaftlicher Forschung, sondern einer 
bestimmten liberalen Weltanschauung. 

Wiegand, A., Die Juden im Ev des Johannes (Saat auf Hofinung XL 
1903 Dez.). 

Calmes, Th., L’Evangile, selon saint Jean. Traduction critique, intro- 
duction et commentaire (Etudes bibliques. XVII u. 485 avec 1 tableau. 
P., Lecoffre): Mit Recht haben Belser (ThR III 200-203) und Fonck 

ZkTIh AXVILlI 548f) eine geradezu grandiose Ignorierung der katholischen 

iteratur in diesem Werke beklagt. Hierin steht dieser katholische Autor, 
Prof. an der Ecole biblique in Jerusalem, manchen protestantischen Exe- 
geten nur wenig nach. Wahrscheinlich hängt dieser Milsstand damit zu- 


Bibliographische Notizen. 435 


sammen, das sich der Verf. mehr für neuere und freiere Auffassungen 
der johanneischen Berichte interessiert. Von den katholischen Autoren 
vermutet er wohl, dals sie durchweg an der alten buchstäblichen, histo- 
rischen Erklärung des Jo-Ev festhalten. Ergo non leguntur. Hingegen 
finden z. B. Spittas und Wendts Teilungs- und Verschiebungshypothesen 
eingehende Würdigung. C. legt seiner Erklärung, die er in jedem Ab- 
schnitt der Übersetzung des Urtextes (meist nach Nestle) folgen lälst, die 
Anschauung zu Grunde, dafs das vierte Ev (ein Werk des Apostels Jo, 
zwischen 80 und 90 in Kleinasien entstanden, wo tendenziös, nur anti- 
Judaistisch) ein didaktisches und kein historisches Werk sei. Es enthält 
Symbole und Allegorien. In der Preisgabe der berichteten historischen 
Wahrheit ist C. aber weit zurückhaltender als Loisy. Immerhin sind ihm 
aber Nikodemus, die Samariterin, der ungläubige Thomas mehr Typen 
als individuell handelnde Persönlichkeiten. Das Zeugnis der Präexistenz 
(1, 15.30) könne nicht vom Täufer, 17,3 nicht von Jesus stammen. Kap. 17 
insbesondere stelle mehr „developpements dogmatiques“ (412f) als die 
Wiedergabe einer Rede Jesu dar. Besonders ausführlich wird der Prolog 
besprochen. Der Logosbegrift erklärt sich hauptsächlich aus den atl Weis- 
heitsbüchern. Die alexandrinische Spekulation hat einen ähnlichen Einfluls 
ausgeübt wie die aristotelische Philosophie auf die Scholastik. Zu 1,3f 
in der Verbindung des 6 yeyovev mit dem Folgenden entschieden das 
Wort geredet. — Der geistreiche, wenn auch nicht immer tiefgeheude 
Kommentar ist aus den Vorlesungen des Verf. hervorgegangen. Dals 
er trotz des eben charakterisierten symbolistischen Standpunktes die 
Approbation des Magisters sacri palatii gefunden hat, ist jedenfalls 
bemerkenswert. 

P.-M. oe Evangile de Saint ‚Jean (s. o.S. 215): Nach Rev du 
Clerg& france. XXXIX 55! ist der 2. Teil (Kap. 12 bis Schlufs) dieses Kom- 
mentares jetzt ebenfalls erschienen. 

Draheim, H. (Wochenschr. f. klass. Philol. XXT 166): Jo 1,1 Beöc iv 6 
Aöyog ist Oeög Prädikat (daher fehlt der Artikel) und wird als solches auch 
von Origenes in seinem Kommentar II 2 S. 54 Pr. gefalst. C.W. 

Brychta, A., Quid mihi et tibi est, mulier? ‚Joa. 2, 4 (Theol.-prakt. Quar- 
talschr. 1904. 359—363). 

Watson, Ch., Short Study of St John IIT2-5 (ExpT XV 239f): „Nico- 
nn. did apprehend Jesus as from God for establishing the Kingdom 
of God.“ 

Reid, J., „Born of Water and Spirit“ (ExpT XV 413—415): Behandelt 
die von Lake (s. 0. S. 414) vorgeschlagene Auslassung von üdarog kai Jo 3,5. 

Nestle, E., Die fünf Männer des samaritanischen Weibes (ZntW V 166): 
Ihre symbolische Deutung, die mit Josephus. Antt. IX, 14, 13 gestützt 
wird, hat schon ein alter Scholiast des Jos. am Rande des Ven. gr. 381 
notiert. 

Macloskie, G., The Death of the Corn of Wheat (BStdt N. S. I 164—166): 
Im Anschluls an Jo 12, 24 werden Christi Vorstellungen über das Heran- 
wachsen der Saat behandelt. 

Lewis, F. W., John XVI.23 (ExpT XV 380): Es handelt sich um die 
Bitte der Einführung in die Glaubenserkenntnis. 


y) Leben und Lehre der Apostel. Apostelgeschichte. 
Apostelbriefe. Apokalypse. 


Jones, 3. D., Glorious Company of the Apostles. Studies in the characters 
of the Twelve (268. Ld. 1903, Clarke. 28 6d). 

Gondal, J. L., Vie de Vöglise. T. I: Au tenıps des apötres; de l’ascension 
du Sauveur ü la mort de saint Jean (18%. VI u. 418 avec cartes. P., 
Roger & Chernoviz). 

28* 





436 Bibliographische Notizen. 


Beyer, Th., St Petri Zeugnis über das AT. Vortrag (Veröffentlichungen 
des Bibelbundes Nr 10: 42. Braunschweig, Wollermann. M —.40.. 


Belsheim, J., Apostlen Paulus. En bibelsk skildring (74. Christiane : 


1903, Steenske forlag. Kr 1.20). 

Whittaker, T., Origins of Christianity. Outline of Van Manen’s anc- 
Iysis of Pauline literature (232. Ld., Watts. 38 6d). 

Stober, F., Chronologie des Lebens und der Briefe des Paulus. Mit Ar- 
merkungen über Verlauf und gegenwärtigen Stand der Paulusforschung. 
Zur Orientierung und für Studienzwecke dargestellt (24. Heidelb.. Winter. 
M —.50): Eine kurze Zusammenstellung der Ereignisse meist unter würt- 
licher Wiedergabe der einschlägigen Schriftstellen. Über abweichende 
Anschauungen wird in den Anmerkungen referiert. Nach St. fällt die Be- 
kelirung i. J. 36; 44: Kollektenreise, 53: Apostelkonzil, 55—59: dnite 
Missionsreise (55/56: Gal, 57,58: 1 und 2 Kor). 

Zahn, Th., Zur Lebensgeschichte des Apostels Paulus (NkZ XV 3-4 
189-200): 1. Heimat, Kriegsgefangenschaft und römisches Bürgerrect 
des Paulus: Auf Grund von Hieronymus (komment. zu Phil 23 — ähnlich 
De vir. ill. 5), einer Stelle, die AMlommsen total mifsverstanden hat, ver- 
mutet Z.: die Eltern Pauli stammten aus Gischala im Norden Galilia: 
und wurden beim Krieg des Varus (4 v. Chr.) als Kriegsgefangene n«ci 
Tarsus versetzt, wo sie Freiheit und römisches Bürgerrecht erhielten. was 
auf den dort geborenen Paulus überging. — 2. Die Flucht aus Damask:. 
Dam. habe nie zum Reiche des Nabatäerkönigs Aretas gehört; der &dvup- 
ns 'Apera Toü Bacıkewg sei ein Beduinenscheich gewesen, der im Reicie 
des Ar. wohnte und von den Juden bestochen worden war, dem Pau: 
vor den Toren von Dam. aufzulauern. — 3. Der römische Prokonsul und 
der jüdische Zauberer auf Cypern. Der erstere sei identisch mit dem von 
Plinius erwähnten Sergius Paulus, der ein Buch über Cypern geschrielk: 
hat. Der letztere habe nicht 'EAUuac, sondern "Eroiuog oder “Eroiuag (= aran. 
Barjischwan oder ähnlich) geheilsen, weil die Form eine griechische se: 
ınüsse. Wahrscheinlich ist er identisch mit dem von Jos. erwähnten Magier 
Atomos beim Prokurator Felix. 

Sell, H. Th., Bible Studies in the Life of Paul! (129. N.Y., Revell. $— 
R a W. E., St Paul and his Churches (120%. 152. Ld. 1%3, 8. F. 

. K. 25). 

Collins, R. L., St Paw’s Sojourn in Arabia (ExpT XV 382): Tritt für 
die Reihenfolge: Bekehrung uud Taufe, Predigt in Damaskus, Flucht 
Aufenthalt in Aralsien, Rückkehr nach Damaskus ein. 

Smith, H. G., Dr Edward Caird on St Paul’s Antitheses (HJ II 3795-37: 
Vgl. oben 8. 217. „The writer does not present St Paul’s idea of evolutiot. 
but rather his own idea of St Paul’s evolution.“ 

Bullard, H.N., The Contrast in Order of Development of Pauline Theolog: 
and Church Dogma (BStdt N.S. I 105): „The Pauline theology is ı 
ductive and practical, starting from man, while the Church dogma : 
deductive and metaphysical, starting from God.“ 

Götz, W., Paulus der wahrhaftige Zeuge Jesu Christi. Eine Beleuchturr 
vi nm theologischen Schule. Vortrag (32. Hannover 1903, Feesche. 
MY —.30). 

Denney, J., Adam and Christ in St Paul (Exp IX 147—160): Setzt sich 
mit Prof. Peake über die paulinische Versöhnungslehre auseinander. 

Mc Garvey, Paul and the Virgin Birth of Jesus (BStdt N.S. I 10518: 
Gegen Schmiedel. Paulus hat das Wunder gekannt. 

Heitmüller, W., Taufe und Abendmahl bei Paulus (e. o. S. 217): Kon- 
statiert bei Paulus eine durchaus realistische Auffassung der Wirkung 
der Taufe (Verbindung mit .Jesus, Geistesmitteilung, Sündennachlais) und 


eine ebensolche beim Abendmahl (der reale Genuls bewirkt die xoıvwvia. 


Allerdings verrate 1 Kor 11 eine etwas {reiere und individuellere Auf 


ı — | = = - 


ERGO SSERSPEEREr —u un © iii er Ti u un —— u 


Bibliographische Notizen. 437 


fassung als 1 Kor10. Der Schlufsabschnitt versucht eine ähnliche religions- 
geschichtliche Ableitung des Abendmalles, wie sie H. bezüglich der Formel 
„Im Namen Jesu“ gegeben hat. Vgl. BZ 1 412. Hier wird namentlich 
auf den alten Brauch rekurriert, Fleisch und Blut von Tieren, in denen 
die Gottheit wohnt, zu genielsen. Die Azteken, der thrakische Dionysos 
und die Beduinenstämme der Sinaihalbinsel müssen als Parallelen dienen. 
Vgl. die beachtenswerten Bedenken gegen diese Religionsvergleichung bei 
P. Lobstein, ThLz XXIX 286—288. 

Batiffol, P., L’eucharistie dans le NT I (Bull. d. litt. eccl. I 129—152): 
1. St Paul: Er ist vor allem Zeuge für den Opfercharakter der Eucharistie. 

Kennedy, H. A. A., St Pau!’s Conception of the last Things (XX. u. 370. 
Ld., Hodder & Stouchton. 78 6d). 

Darling, T. G., The Apostle Paul and the second Advent (PrthR 1I 197 — 
214): Nennt als Quellen: Jesu Lehre von der unmittelbaren Nähe der 
Parusie, jüdische Anschauungen, Zusammenhänge und Berührungspunkte 
mit der Lehre anderer Apostel. 

Bruston, C., La doctrine chretienne de Timmortalite: la resurrection des 
corps et quelques idees connexes Mapres S. Paul (Rev. de theol. et des 
quest. rel. 1903, 443461 518 —533:. 

Juncker, A,, Die Ethik des Apostels Paulus, I. Hälfte (X u. 229. Halle, 
Niemeyer. M5.—): Behandelt 1. Entstehung und 2. Entfaltung des neuen 
Lebens; in Kap. 1: a) das sittliche Unvermögen der natürlichen Mensch- 
heit; b) die Ermöglichung des neuen Lebens durch Tod und Auferstehung 
Christi; c) Taufe und Rechtfertigung; in Kap.2: a) die Kraft (Hl. Geist; 
Christus). b) die Norm und c) das Ziel des neuen Lebens. 

Meyer, M., Der Apostel Paulus als armer Sünder (s. o. S. 217): „Paulus 
kann das ganze Hochgefühl untadliger Berufserfüllung zeigen, weil die 
Möglichkeit des Sündigens bei ihm nicht Wirklichkeit geworden ist.“ 
Nach G. Hollmann in ThLz XXIX 203. 

Kellett, E. E., St Paul the Poet (Exp IX 339—348): Paulus war „a lover of 
poetry“ und selbst sehr poetisch (lyrisch, cf. Kol) veranlaet. 

Picavet, F., Plotin et St Paul. Comment Plotin est devenu le maitre 
des philosophes du moyen-äge (Scanc. et trav. de l’Acad. de France 1904, 
599 — 620). 

Wernle, P., Was haben wir heute an Paulus (s. o. S. 218): Nach diesem 
modernen Kritiker vertritt Paulus „die Relision der Gotteskindschaft, 
des Geistes und der Freiheit, der Liebe und der Sehnsucht; der Weg zu 
dieser Religion ist objektiv Christus, subjektiv die Bekehrung“. Vgl. 
Schultzen in ThLbl XXV 186, 

Passy, P., Les origines du christianisme d’apres des documents authentiques 
et des souvenirs personnels par un contemporain (Luc), medecin du 1. siecle. 
Trad. du grec et accomp. de notes explicatives (16%. 263. P. 1903, Soc. 
des traites). 

Burreil, D.J).& 3.D., FKarly Church. Studies in the Acts of the Apostles 
(312. Ld. Robinson. 38 6d). 

Baljon, J. M. S., Commentaar op de Handelingen der apostelen (309. 
Utrecht 1903, van Bockhoven). 

Reid, J., „Lord“ and „The Lord“ in Acts (ExpT XV 296—300): Be- 
spricht den (rebrauch von xüupiog oder 6 xupıog in seiner Anwendung ]. auf 
einen Herrn im gewöhnlichen Sinne des Wortes; 2. auf Gott; 3. auf Christus. 

The great Text Commentary. The great texts of the Acts of the Apostles 
(ExpT XV 233-235 277—280 310-313 3665-369 399—402. Zu Apg 
7,5965 9, 3—6; 10, 34; 10.38; 11. 26). 

Bludau, A., Die Abschiedsrede des Apostels Paulus zu Milet (Apg 20, 
17—38) (Kath. Seels. 1904, 1-10 51—55 99—103.. 

Fontaine, J., Le systime exigetique de M. Loisy et les Epitres de saint 
Paul (Rev. apolog. 1904 janv.). 


438 Bibliographische Notizen. 


Gutjahr, F. S., Die Briefe des heil. Apostels Paulus erklärt. I: Die zırei 
Briefe an die Thessalonicher und der Brief an die Galater (X u. 897. 
Graz 1900ff. AM 6.—): Die Kommentare zu 1 und 2 Thess sind schon 
früher erschienen, während der zu Gal neu ist. In letzterem sind die 
Forschungen Webers akzeptiert; die südgalatische Theorie wird vertreten 
und die Identität des Vorgangs Gal 2, 1—10 und Apg 15 in Abrede ge- 
stellt. Einleitungsfragen blei en bis zum 7. (Schluls-)Bande zurück- 
gestellt. Die Textkritik hat der Verf. „sozusagen grundsätzlich“ aus- 
geschlossen. Solange freilich dieselbe in einer Exzerpierung des Apparates 
von Tischendorfs editio VIIl critica maior besteht, hat sie nicht viel Wert. 
Aber wir sind inzwischen auch auf diesem Gebiete etwas weiter gekommen. 
Darum wäre derselben doch auch in Kommentaren, die wie vorliegende 
für weitere Kreise bestimmt sind, ein bescheidener Raum anzuweisen. 
G.s Kommentare sind wegen ihrer Prägnanz und Klarheit und der Be- 
rücksichtigung der patristischen Exegese ein treffliches Hilfsmittel der 
Exegese. Bei Erklärung und Übersetzung ist der Urtext zu Grunde gelert. 

Bahnsen, W., Zum Problem des Röznerbriefes (PrM VIII 26—31): Eine 
Rezension von Feines Buch (vgl. BZ 1 4321). 

Frola, D., La lettera di s. Paolo ai Romani, analisi, parafrasi e com- 
menti (203. Ivrea 1903, tip. Unione coop.). 

Bergström, &., Romarebrefoet och dess glädje budskab (226. Stockholm 
1903, Palmgvists). 

Semeria, &., Il pensiero di S. Paolo nella lettera ai Romani (Rom 1%3, 
Pustet): Elf Konferenzen, in denen die drei ersten Kapp. des Röm. exe- 
gesiert und auf moderne religiöse Fragen angewendet sind. Vgl. Rb I 152. 

Klöpper, A., Die durch natürliche Offenbarung vermittelte Gotteserkenntnis 
der Heiden bei Paulus, Rön 1, 18 (ZwTh XLV11169—180): Darlegung der 
Gedanken dieser Stelle. Gott habe einen neuen Offenbarungsmodus gewählt, 
nachdem der bisherige natürliche nicht wahre Gotteserkenntnis gebracht hat. 

Ladeuze, P., Pas d’ayape dans la premiere Epitre aux Corinthiens 
(Rb N. S. 1 78-81): Gegen Funk (s. BZ I 4lö), Leclereq und Ermoni 
wird mit Batiffol daran festgehalten, dals Paulus überhaupt jegliche ge- 
meinsame Mahlzeit in Verbindung mit der Eucharistiefeier für Mils- 
brauch hält. 

Cheney, M. M., Bible. New Testament. Chapter thirteen of the first 
Epistle to the Corinthians designed and lettered (Minneapolis, Miun., 1903. 
M M. Cheney. $& 2.50). 

Kennedy, The Problen F second Corinthians (Hermath. XXIX 340 - 367): 
Untersucht die Ausdrücke xauyäodaı, xauxnoıs und xauxnua und hält 
Kap. 10—13 älter wie 1—9. 

Plummer, A., The second Epistle of Paul the Apostle to the Corinthians 
(The Cambridse Bible for schools and Colleges) (XLII u. 156. Cam- 
bridge 1903, University Press. 18 6d): Einleitung, selbständige Über- 
setzung und Kommentar für weitere Kreise bestimmt. 2 Kor ist nicht 
ein einheitlicher Brief. 

Haupt, E., Einführung in das Verständnis des Briefes Pauli an, die 
Galater (Deutsch-ev. Bl. XX1X 1-16 89—108 161—183 235—259): Ahn- 
liche allgemeine Skizze der Zeitverhältnisse und des Gedankenganges wie 
zu 1und 2 Kor (vgl. BZ 1 434). H. hält an der nordgalatisclien Theorie 
fest. Zu 4, 15 glaubt er, Paulus sei plind gewesen. 

Gunning, J. H., De kerk van Christus. De brief van Paulus aan de 
Efeziers voor de gemeente des Heeren verklaard (258. Kotterdam, D. A. 
Daamen. F 1.75). 

Innıtzer, Th., Der „Hymnus“ im Epheserbriefe (1, 3—14) (ZkTh XXVIIL 
612—621): Findet einen solchen in der angegeben bisher als „schwerfällig 
und überladen“ geltenden Periode und gliedert sie nach Kola und 3 Strophen. 
Das Vorhandensein eines Rhythmus, der metrisch notiert wird, sei unbe- 
streitbar. 


Bibliographische Notizen. 439 


Hollmann, G., Die Unechtheit des zweiten Thessalonicherbriefs (ZntW V 
28—38): Will dieselbe erweisen vor allem durch den Widerspruch zwischen 
2 Thess 2, 1—12 und 1 Thess 5, 1—11, der in der Schilderung der Art und 
Weise des Parusieeintritts gelegen ist. 

Milligan, 6., The Authenticily of the second Epistle to the Thessalonians 
(Exp IX 430-450): Verteidigt durch eine Untersuchung 1. der Spraclie 
und des Stiles, 2. der Abhängigkeit von 1 Thess; 3. des Charakters der 
Lehren die Echtheit des Brietes. 

Brüning, W., Die Sprachform des 2 Thess (vgl. BZ I 434): Beweist 
aus ihr die Echtheit, scheint aber nach den Mitteilungen P.W.Schmiedels 
Ei ae VII 73#) die Aufgabe nicht gründlich genug angefalst 
zu haben, 

Klöpper, A., Zur Soteriologie der Pastoralbriefe (Tit 3, —7; 2 Tim1,9—11; 
Tit 2, 11—14) (ZwTh XLVII 57—88): Vgl. BZ I 221. Exegese der drei 
Stellen. K. findet die objektiven Faktoren der Erlösung viel mehr betont 
als die subjektiven. 

Schlatter, A., Erläuterungen zum NT. IX. Teil: Die ze an 
a und Tit ausgel. für Bibelleser (221. Calw u. Stuttg., Vereinsbuchh. 

.50). 

Chamberlain, J. S. F., The Epistle to the Hebrews (92. Ld., Johnson. 
28): Nach ExpT XV 378: „There was a letter written, not to Christians 
probably, but to Jews, yet probably by St Paul or some well-known 
apostle. This letter got into the hands of some unknown person, who 
annotated it before reading it to his own Church. His annotations were 
Christian, his Church was (at least partly) Gentile. So we have a fine 
mixture.“ 

Albani, J., Hebr ö, 11—6, 8. Ein Wort zur Verfasserschaft Apollos 
(ZwT'h XLVIl 88—93): Will durch Vergleich mit 1Kor3,1—9 dıe Apollos- 
hypothese stützen. Hebr sei an die Korinther gerichtet. 

Lichtenstein, J., Kommentar zum NT. Briefe Jacobi, Petri, Johannis 
und die Offb Johannis. [In hebr. Sprache.] (64. Lp., Evang.-luth. Zentral- 
verein für Mission unter Israel. M —.50). 

Haydn, H. M., Three Conceptions of the christian Life. A study in the 
Epistles of James, I Peter, and I John (BW XXIII 16—23): Fıudet bei 
Jak, 1 Petr und 1 Jo eine steigernde Vertiefung des Christusbildes. Doch 
erränzen sie sich gegenseitig. 

Parry, 3., Discussion of the general Epistle of St James (100. Ld., 
Clay. 58): Hält an der Abfassung durch Jakobus fest. Der Brief ist 
nicht vom judenchristlichen Standpunkt aus geschrieben; die Gesetzes- 
frage ist bereits erledigt. Die Abfassungszeit fällt in die sechziger Jahre. 
Vel. E. Schürer, ThLz XXIX 281f. 

Grafe, Die Stellung und Bedeutung des Jakobusbriefes in der Entwick- 
iu des Urchristentums (s. o. S. 220): Datiert Jak ungefähr ın 2. oder 
3. Jahrzehnt des 2. Jahrh. 

Weils, B., Der Jakobusbrief und die neuere Kritik (NkZ XV 391-422 
423—439; auch separat: 50. Lp., Deichert.e M 1.—): Eine Verteidigung 
a nn Anschauungen über Jak gegen das vorgenannte Buch 

sTafes, 

Pepioe, H. W. W., Remarkable Lettres of St. James (V u. 100. Ld. 
1903, Clay & S. 58). 

Cullen, E. H., Teaching of James. Studies in ethics of Epistle of James 
(256. Ld., Stockwell. 38). 

Nestle, E., Abraham, the Friend of God (ExpT XV 46f): Zu as 
2, 23. & 

Kirn, Noch einmal Jakobus 4, 5 (StKr 1904, 593-604): Nennt K. 
Könnecke (1896) und J. J. Wetstein (1730) als frühere Vertreter seiner 
Konjektur (s. o. S. 220) und begründet dieselbe neuerdings. 








440 Bibliographische Notizen. 


Barns, T., The catholic Epistles of Themsion: a study inland2 Peter I 
(Exp VIII 40-62; IX 369—393,: Betrachtet die beiden Briefe als Pro- 
dukte der montanistischen Bewerung. 

Falconer, R. A., A Prophet of the New Israel. A study in the first 
epistle of Peter (E.xpT XV 259—263): In 1 Petr wird noch im Jüdischen 

rophetengeist heidnischen Lesern das Christentum gepredigt. 

Fındlay, G., Studies in the first Epistle of John ‘Exp IX 36-46 
226-240): Vgl. oben S. 220. 3. The Old and New Commandment im An- 
schluls an 2, 7—11. 

Mayor, J. B., Notes on the Text of the Epistle of Jude (Exp IX 450—460 : 
Verbesserungsvorschläge zu V. 1, 5, 19, 22f. 

Kellett, E. E., Note on Jude 5 (ExpT XV 381): Behandelt dıe Variante 
'Inooüg statt xUpıog, wobei Josue gemeint sei. 

Mayor, J. B., ®Brvonwpivös (Exp IX 98—104): Untersuchung über die 
in diesem Worte (.Jud 12) angedeutete ‚Jahreszeit. 

Weifs, J., Die Offenbarung des Johannes. Ein Beitrag zur Literatur- 
und Religionsgeschichte (Forsch. zur Relig. und Lit. des A u. NT 3: 
IlI u. 164. Gött., Vandenhoeck. M 4.80): Ein Redaktor aus der Zeit 
Domitians, des zweiten Nero, hat „im Gefühl der 12. Stunde“ alte Weis- 
sagıungen, die er in der Gegenwart in Erfüllung gehen sah, mitgetei.t. 
Er kompilierte zu diesem Zwecke eine alte und echte Jo-Apk, die der 
Apostel in der zweiten Hällte der sechziger Jahre verfalst batte, mit einer 
Jüdischen Apk, die gleichfalls eine literarische Einheit bildete und etwa 
im .J. 70 entstanden war. In der Rekonstruktion der beiden Apokalypsen 
gewährt W. dem subjektiven „Empfinden“ weiten Spielraum. Als Ma:s- 
sta für die Herausschälung der Jo-Apk benutzt er die eschatologische 
Rede Jesu. Die .Jo-Briefe versetzt W. in die Zeit zwischen der alten 
Jo-Apk und ihrer Neubearbeitung. Dafs diese Neubearbeitung noch zu 
Lebzeiten des greisen ‚Jo erfolgte, erkennt W. nicht als stichhaltige In- 
stanz wegen seine Hypotlıese, Überhaupt glaubt er, dals seine aus „Nach- 
empfindung entstandene Rekonstruktion nicht durch einzelne Einwen- 
dungen, sondern nur durch eine geschlossene Gesamtauffassung‘‘ widerlegt 
werden kann. 

Michael, 3. O., Die Gottesherrschaft als leitender Grundgedanke in der 
Ofb St Johannis. Ein Beitrag zum Verständnis derselben (174. Lp. 
Jans. M 1.—): Wie es theokratische Psalmen gibt (bes. 91—100\. so 
sei auch die ideale Theokratie, „bei der Gott als Herrscher sich erweisen 
will auf dem ganzen Gebiet des Lebens“, die leitende Idee der Apk. Das 
sucht M. zuerst an den beiden Schluflskapiteln und dann auch an den 
übrigen Visionen zu erweisen. Die Anmerkupgen am Schlusse begründen 
einzelne Thesen der mehr populär geschriebenen Abhandlung noch näher. 

Grals, K. K., Grundrifs der Offenbarung Johannis (Mitt. u. Nachr. für 
die evang. Kirche in Rulsl. 1904, 1— 23‘. 

u G. F., Lectures on the Revelation of St. John the Divine (T.d., 

ees. 68). 

Keller, B., Die Offenlarunyg des Johannes für bibelforschende Christen 
erklärt (Das prophetische Wort. Die Weissagungsbücher der Hl. Schrift 
erklärt von B. Keller. II: VIlI u. 427. Dresden und Lp.. Richter). 

Reymond, A., L’apocalypse I Chap. 1—14 (VIII u. 376. Lausanne, 
Bridel. Fr 4.50). 

Ramsay, W. M., The Lettres to the seven Churches of Asia (Exp IX 
20—35 81-97 161—173 321-331 401-422): 1. The seven churches re- 
present groups. 2. Origin of the seven groups of churches. 3. The lettres 
adress single churches. 4. Authority of the writer of the seven lettres. 
5. Pagan converts in the early church. 6. Relation of the christian books 
to contemporary thought and language. 7. Symbolism of the seven 
lettres; its meaning. 8,9. The lettres to the church in Ephesus. 10. Per- 
oration of the Ephesian letter. 


a m 37 2 ur ne mad ut ur ses Se Sn ne es De a Ss a en, en} [7 


Bibliographische Notizen. 441 


Chapman, The seven Churches of Asia (Exp 257—263): Hält Ramsay 
egenüber eine selbständige Existenz der Briefe für wahrscheinlich. Die 
rdnung sei die, in der Jo die Gemeinden besuchte und ein Bote sie 
erreichte. Aamsay repliziert 263—265 hierauf. 

Röschmann, P.: J., Philadelphia und Laodicea. Offb 3, 7—22. Nach- 
geschriebenes aus Bibelstunden (1897/98) (X VI u. 206 mit Bildnis. Ding- 
lingen, St. Johannis-Druckerei. M 1.—). 

Die Entstehung der Zahl 666 (ZutW \ 84—88): I. E. Vischer repliziert 
neuerdings auf P. Corssens Bemerkung gegen ihn (s. o. S. 220); dıe Zahl 
könne doch anders als durch Berechnung von Buchstabenwerten eines 
Namens gewonnen sein. — II. P. Corssen lälst das nicht gelten und ver- 
weist ur eine poetische Inschrift, wo von einem Namen die Rede ist, 
„oD Eotı N} wipos TEE“. 

Hrozny, F., Zur Höllenfahrt der IStar (Wiener Zeitschr. f. K. des 
Morgenl. XVII 323—336): Istar ist sumerischer Herkunft: is + tar (barla]) 
Asciunamir, der froschgestaltige Bote Fas, soll eine interessante Parallele 
finden in Apk 16, 12#f. A 

White, N. J. D., The Testimony of Jesus is the Spirit of Profecy (Apoc. 
19, 10) (Exp 1X 266—%74): Allgemeine Verarbeitung dieser lhese, 


d) Ntl Apokryphen. 


Klostermann, E., Apocrypha. II. Evangelien herausgeg. (Kleine Texte 
f. theol. Vorlesungen und Übungen, herausgeg. von H. Lietzmann. \r8: 
18. Bopn, Marcus u. Weber. M —.40). 

Rouvanet, A., Etude exegetique et critique de l’evangile des Hebreux 
(These) (108. Cahors, Coueslant). 

Revillout, E., L Evangile de XII apötres, recemment decouvert (RbN. S. 
I 167—187 321—3556): Behandelt das Ev des fast ganz orthodoxen 
Apokryphons in seinem Zusammenhang mit Gamaliel und bespricht die 
einzelnen bekannt gewordenen Partien. 

Grenfeil, B. P., und Hunt, A. S., Catalogue general des Antiquites Egypt. 
dw Musee du Caire.. Greek Papyri(VlIlu. 116. Oxtfurd 1905): Im Wort- 
laute werden geboten Nr 10735: ein nichtkanonisches Ev- Fragment, 
Nr 10736: ein Fragment der Korrespondenz zwischen Christus und 
Abgarus, Nr 10696: ein christliches Gebet mit den Anfängen des Lk-, 
Mt- und Jo-Ev (vgl. Arch. f. Papyrusf. III 119). G 

Deilsmann, A., Das angebliche Evangelien-Fragment von Kairo (Arch. 
f. Religionswiss. Vll 387—392): Lehnt es ab, in Nr 10735 die Reste 
eines unkanonischen Ev zu sehen. G. 

Donchoo, J., de Q.-, Apocryphal and Legendary Life of Christ (Ld. 1903, 
Macmillan. 10s 6d). 

West, A., The Ox and Ass Legend of the Nativity (Contemp. Rev. 1903 
dec. 873—884). 

Conrady, L., Die Flucht nach Ägypten und die Rückkehr von dort in 
den apokryphen Kindheitsgerchichten Jesu (StKr 1904, 176—220): Sielıt 
auch in den Berichten: Evang. Thomae lat. c. 1-3, Pseudomatthaei evang. 
c. 17, 2—25 und Evang. inf. salv. arab. c. 9-35 (ursprünglich Schluls des 
Protevangeliums?) wieder (vgl. BZ I 436) mythologischen und zwar grolsen- 
teils erotischen Hintergrund. 

Lewis, A. S., Acta mythologica Apostolorum, transcribed from an Arabic 
Ms in the Convent of Deyr-es-Suriani, Egypt, and from Mss in the Con- 
vent of St Catherine, on Mount Sinai. With two Legends from a Vatican 
Ms by Prof. Ignazio Guidi, and an Appendix of Syriac Palimpsest Frag- 
ments of the Acts of Judas Thomas from Cod. Sin. Syr. 30 (Horae semi- 
ticae Ill: VIII u. 228. Ld., Clay. 12s 6d): Textabdruck. 





442 Mitteilungen und Nachrichten. 


Lewis, A. S., The mythological Acts of the Apostles, translated from an 
Arabic Ms etc. With a Translation of the Palimpsest Fragments of tbıe 
Acts of Judas Thomas from Cod. Sin. Syr. 30 (Horse semiticae IV: XLVI 
u.265. 68): Die arabische Übersetzung stammt aus dem Koptischen. G. 

Covard, Altchristliche Sagen über das Leben der Apostel (NkZ XV 
486—498 569—580): Vgl. BZ 1436; II 221. 7. Bartholomäus. 8. Matthäus. 
9. Simon und Judas. 10. Jakobus Alphäi, Jakobus der Bruder des Herrn 
und Matthias. 11. Die Apostelschüler: Barnabas, Markus, Lukas, Timo- 
theus und Titus. 

Schmidt, C., Acta Pauli aus der Heidelberger kopt. Papyrushs Nr 1 
herausgeg. Übersetzung, Untersuchungen und kopt. Text. (Verötfentlichungen 
aus der Heidelberger Papyrussammlung 11.) (Textband: VIII u. 240. 
Tafelband: 2. XII u.40 Lichtdrucke. Lp., Hinrichs. In vierfacher Aus- 
stattung, M 36—42): Sehr sorgfältige Ausgabe von ca 2000 Papyrus- 
fragmenten, die alle erst zu sichten und zu ordnen waren. In den 
. historisch-kritischen Untersuchungen wird die Abfassungszeit auf ca 180 
festgelegt. S. sieht die Akten unter Zustimmung A. Harnacks (Tnlz 
XXIX 323) an „als ein besonders deutliches und reichhaltiges Dokument 
des asiatischen populären Christentums in der Endzeit Mark Aurels und 
z. Z. des Commodus‘“. Literarisch sind sie ein frei erfundener Roman. 

Goodspeed, E. J., The Epistie of Pelagia (AmJsemL XX 95—108):, Ab- 
druck des Textes aus Mss des British Museum. Die äthiopische Über- 
lieferung bringt Pelagia in Zusammenhang mit Paulus und dem Löwen 
(Ausgestaltung von 1 Kor 15, 32 und 2 Tim 4, 17); gehört nach G. am 
ehesten zu den Acta Pauli. G. 

Tamilia, D., Acta Thomae apocrypha (Rendic. d. R. Accad, d. L. Rom. 
X1I [1903] 385 —408). 

München, Juli 1904. J. Sickenberger. 


Mitteilungen und Nachrichten. 


Als Preisaufgabe, vor dem 1. Januar 1905 zu beantworten, stellt die 
Teylarsche theologische Gesellschaft zu Haarlem das Thema: Eine Ab- 
handlung über dıe Entstehung der jüdischen Synagoge und ihre Ge- 
schichte bis zur Zeit von Akiba (nach Schweiz. theol. Zeitschr. XX1 122, — 
Preisaufgabe der theol. Fakultät in München: Die Dauer der öflentlichen 
Wirksamkeit Jesu. — Preisaufgabe der ev.-theol. Fakultät in Bonn: Das 
Verhältnis des Dt zu 2 Rg 22 und zur Prophetie Jeremias. (Köln. Volksz. 
1904, Nr 639.) 

Jahresversammlung der Society of Biblical Literature and Exegesis. 
Columbia-Universität New York, 31. Dez. 1903: Gottheil, G.H., sprach 
über: Beispiele altjüdischer Bibelkritik. — Bacon, B. W.: weder Johannes 
der Apostel noch der Presbyter seien je in Ephesus gewesen (gegen 
Harnack und Bousset). — Foot, T. C., Arbeit: Professor Zapletal über 
das Eplıod. — Haupt, P., Der mosaische Kern des Lobgesanges Mose, 
Ex 15 (die ersten zwei Zeilen). — Ders., 1, Empörung Serubabels: er fiel 
von den Persern ab, wurde wieder unterworfen und hingerichtet. Zach 6 
und Ps 110 enthalten Anspielungen hierauf. — Das arme weise Kind 
Sir 4, 13. — Briggs, C. A., Anwendung der Logia des Matthäus im 
Mk-Ev. Erstere enthielten keine Gleichnisse und waren auf hebräisch 
geschrieben, da Hebräisch damals die Sprache der Religion und Literatur 
war, Auch Mk war ursprünglich hebräisch geschrieben. — Jastrow, M., 
Die Eingangszeiten der babyl. Schöpfungsgeschichte: Drei Hauptgestalten 


Mitteilungen und Nachrichten. 443 


mit den Hauptbegriffen: apsu, mumma, tiamat (= tohu, vohu, tehom) 
in Erida, Nippur, Babel. — Harper, W.K., Strophischer Aufbau 
Os 4, 1—7, 7. — Montgomery, J. A., Uber Namen Samerio und über 
einige Wörter bei Amos. — Peritz, J. Kritik über Erklärungen von 
Moore, Budde, Nowack zu Idc 7, 5ff (zwei Arten des Trinkens) —- 
Wright, T. F. Jos 6, 25 müssen Menschenopfer gemeint sein. — 
Torrez, C. C., Lk 1, 39 mm mo) —= nach der Provinz Juda; zodıs 
milsverstanden u. &. 

Der 14. Orientalistenkongrefs soll im April 1905 (wahrscheinlich vom 
19.—27.) in Algier abgehalten werden. 

Eine Soolete francaise des foullies archeologiques hat sich in Paris 
gebildet, um nach dem Vorbilde von Deutschland, England und Amerika 
private Mittel für Ausgrabungen zu gewinnen. Am 5. Mai 1904 erschien 
das erste Bulletin (Or iz VIL 200). 

A.S. Lewis und M. D. Gibson haben der theol. Fakultät der Uni- 
versität Heidelberg eine auf 250 Glasplatten photographierte Wiedergabe 
des von ihnen entdeckten syrischen Ev-Kodex aus dem Katharinenkloster 
auf dem Sinai zum Geschenk gemacht (Deutsche Lz 1904, Nr 21, 1292 fi). 

Personalien. + 25. März Dr K.Bredenkamp, Prof. der atl Exegese 
an der Universität Kiel. — + 12. Mai P. Chapuis, Prof. der ntl Exe- 
gese in Lausanne (s. o. S. 425). — + 20. Mai Dr W. Volck, o. Prot. f. 
ati Exegese an der Universität Rostock. — Papst Pius X. errichtete an 
der päpstlichen Lehranstalt S. Apollinare in Rom einen Lehrstuhl für 
biblische Exegese und berief den Lektor P. M. Hetzenauer O. Cap. 
in Innsbruck auf denselben. — Der Privatdozent für atl Exegese an der 
Universität Erlangen Dr J. Köberle ist als o. Prof. an Stelle des 
+ W. Volck nach Rostock berufen worden. — Privatdozent f. Assyrio- 
logie und alte Geschichte an der Universität Berlin Dr H. Winckler ist 
zum a. o. Prof. ernannt worden. — A. 0. Prof. Lic. E. von Dobschütz 
in Jena wurde als o. Prof. für ntl Exegese (als Nachfolger H. Holtz- 
manns) in die evang.-theol. Fakultät der Universität Stralsburg berufen. — 
Religionslehrer und Oberlehrer Dr Alfons Schulz ist zum a. o. Prof. 
für biblische Exegese an der theol. Fakultät des Lyzeums in Braunsberg 
ernannt worden. — Privatdozent Prof. Lic. A. Meyer in Bern wurde 
zum o. Prof. für ntl Exegese an der evang -theol. Fakultät der Universität 
Zürich ernannt. 


Verzeichnis der Autoren, 


deren Werke in den Bibliographischen Notizen angezeigt wurden, 


“ bedeutet öfteres Vorkommen auf der gleichen Seite. 


gefertigt von cand. theol. P. Fellerer. 


(!) bedeutet eine Korrektur im 


Index gegenüber der Schreibweise in den Bibliographischen Notizen. 


Abbott 
424 434 
Ab Zakarjä 91 
Achelis . - - 42 
Adams G.: +» 302 
Adams J.» - 111 
Aller E .«. 321 
Aller N. »- »- 312 
Ahlberg - . 
Albani - » 439 
Alcock - » „. 19 
Allen G. » . 209 
Allen J. CC - 42 
Allen W. - 214 
Allison - ..109 
Amandolini . 117 
Andersen «= 417 
Andersson . 112 


206* 207 


. 
> 
-ı 


Andrds » 35 
Arb-Arktas » 205 
Archinard . 423 


Armstrong . 430 
Arndt ... 415 
Arnold H. . 201 
Arnold M. -» 87 
Aubert - » » 818 
Auchinclass - 354 
Azibert - 199 4,0 


Bacher - - . 310% 
Buchmann - 425 
Bacon B. W. 434 
Bacuez +» » . 421 
Bähler : -» » 415 
Bahnsen :. . 438 
Baldensperger 216 
Baljon 457 
Ballentine - 86 
Balmpforih » 316 
Banks E. - -» 99 
Banks I. . . 329 
Baentsch - 81 101 
107 5330 
Bardenhewer 83 
Barnabe d’Al- 
BuacO +» 300 418 
Barnes -. 302 
Barnicott - » 323 
Barnos =. 440 
Barth F. 204 207 
Barth J. eı* 311* 
313 


Bartlet - - 219 
Barton » 99 422 
Bates 86 
Batiffol 208 417 423 
423 437 
Baudissin - 318 
Bauer» »- - RB 420 
Baumann 112 334 
Baumstark 420 421 
Baynes . . 180 
Bean ....210 
Beardslee 108 310 
Bechtel 88 
Beeby . . . 208 
Beecher » 306 
Behagliel - -» 86 
Behrens =» . 03 
Bellanger . . 304 
Belser .. 216 
Belsheim - - 436 
Bennett 306(t) 330 
Bensow . 201 
Bergström 82 478 
Berkowicz . 233 
Berliner» 91 ® 
Bernard 202 424 
427 
Bernardin »- » 418 
Berry 92 97 108 
Betteridge - 335 
Bettex - . 89 
Betz ..:.. 84 
Bevan A... - ı1lı 
Bevan G. 306 321 
Bewer ». : 49 
Beyer. 424 436 
Bezold 101*3:8 320 
328 
Biedenkapp 101 
Biedermaun » R4 
Billot -» » - 82 303 
Bissing - » 100 
Blacha » » + 30% 
Black » . ».: 8 
Blake -. - . » 309 
Blukiston - 215 
Blafs » 198 4'4 
Blau 86 311 314 
Blondel . « 303 
Blondiau . -» #1 
Bludau 200 421 437 
Böhme «» .» - 332 


Boelımer 93 101 205 
32 325 333% 4268 
Bohn » » - » 32% 
Bois : ..» 427 
Bolland « +» 1436 
Bonaccorsi 213 427 
431 
Bond ..0 0 89 
Bonfante - . 104 
Bonney - . . 107 
Bonus ... 414 
Boscawen - . 321 
Bossert . 202 
Bosworth - » 217 
Bourdais - » 86 
Bousset 108 203% 
307 422% 
Bouvier. - - 212 
Bowman - +» 413 


Box: : -.. 221 
Boyd .. 108* 
Brandt » . » 201 
Rreest . . 892 
Bren - .. 217 
Brewer .« 310 


Bricout 212 429 431 
Brigws 213 512 422 
Broadus » 415 
Brockelmann 91 
311 313 
Brown »- . 312 
Brucker . 105 306 
Brückner - 217 
Bruders. » +» 416 
Brugi « - - «- 327 
Brun » ..».-. 211 
Bruneiti » + 424 
Brüning. . . 439 
Bruston 99 100 211 
32U«e 457 
Brychta.- « . 435 
Buber. » » . 310 
Buchholz ..o 326 
Büchler » . 93 
Buckner . . 8 
Budde + .97 101 
Budge . . . 321 
Bugge . : 202 211 
Bühimayer - 216 
Bullard - : . 456 
Bullinger . . 331 
Burbridge - » 432 


Burgess. - : 38 
Burkitt . IW :01 


419 421 
Burmey :-. 9% 
Burr :. 317 
Burrell . 35° 
Buttz 307 


Caird . Fan; 
Cales - - 3, 
Calice » -- W 
Calmes ... 4% 
Calvijn . 3. 
Calvin ...M 


Cameron E. . 25 
Cameron G. 1% 
Camuset + «+ 43 
Candee „+ 
Canton ... 
Caraccio «4% 
Carpenter J.- © 
Carpenter W. 213 
Carr - 216 394% 
Caspari » : - ul 
Cassel --. m 
Cassels : - - % 
Cereseto 3 
Ceulemans + 2:3 
Chajes - + 9 
Chamberlain 
H.S. . - : 39 
Chamberlain 
J.S F - 
Chambers - . 
Chapman »- + 41 
Chapuis 20320743 
Charles - » - 353 
Chauvin .107 42 
Chavannes 82 1{3 
431 
Cheever. . » %9 
Cheikho .o ds 
Cheney ...43 
Cheyne 8119 
101 317* 321 
Choliet » - - 219 
Chriestlieb - 10 
Cigoi . ... 238 
Cladder » + » 219 
Clark - « + + 44 


ee Te EEE Eee FL: er ESS 


LP 
r“ 
D 


74m 
” 


Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren. 445 


Cleemput « « 834 
(lemen »- - » 41% 
Cobern » + - 111 
Cohn » + . «» 105 
Collin. » » » 303 
Collins »- - » 436 
Cöln =» « « . 3926 
Compagnon . 215 
435 
Condamin - » 334* 
Conder » +95 320 
Congreve - . 427 
Conrady . . 441 
Conybeare +» 420 
Cook 321 5322 327 


Cooke .:.89 
Coquelin « + 423 
Comill +» « - 110 
Cornu » « «+» 9 
Corrance - » 428 
Corssen » 220 441 


Couard 221335 442 
(raif » + + 319 
Crampon . . 86 
(rawford . . 325 
(reighton - » 323 
(rtemer » « +» 433 
Crum » + : + 45 
Cullen b. H. 43" 
Cullen H. » » 209 
Cullen J.«» » 325 
Currell - - . 330 
Curry 000.803 
Curtis EB. : » >18 
Curtis W. - - 318 
Uurtiss 86* 97 315* 
Cusin » « « « 427 


Dahle» « +» » 303 
Dahse «+ » «» 326 
Daiches » - 98 328 
Paınman «+ » 219 
Darling « « » 437 
Darlow » » 305(!) 
Davidson A. 333 
Davidson W. 328 
Davies »- 91 44 349 
>31 


Davis E. »- «+ 19 
Davis J.- » « 330 
Davis N.K. - 422 
Davis IT. » + 67 
Dav . . .. 0.106 


Deifsmann 93 200 
214 441 
Dekker - » » 335 
Delatouche » 433 
Delepine » «88 
Delitzsch 101* 325 
Demansz «» « « 306 
Denk »- « . . 420 
Demmey - .» » 4:6 
Deschamps +» 88 
Desey: «+ + 432 
Dickey + » 200 
Diekamp + + 420 
Diettrich » » 101 
Diik#ma + . 333 


Dittmar » . + 198 
Dobschütz + 204 
Dullmayr « + 9 
Donchoo +» » 41 
Dundero +» +» 302 
Doreau » « » 2% 
Doree- »- - 210 
Dürr » » +87 307 


Douglas - 111 334 


Donttö - « . 323 
Draheim - - 435 
Dressaire 205 309 
418 
Drews «+. . 419 
Drexler - » »- 328 
Driver - -94 312 
316 328 
Drummond »- 434 
Dubois » + +» 430 
Duckwortlii - 88 
Duff .:.. 89 
Dumert . - » 307 
Duncan - . . 822 
Duniu-Bor- 
kowski +» +» 206 
Dunlop - « « 209 
Durand - » » 218 
Durund-Gas- 
selin .. 111 
Durot » »« « » 433 


Ebbinge Wub- 
ben » « +» « 316 
Ebstein - 04 417 
Ecker - Pe 86 
herdmans - - 320 
t:freb-Kador 2u7 
Yibach » » - 356 
}.kmann +» >» 415 
Elis» :. « . . 305 
Ember «.. 81 
Emerson +» « 95 
Emin =» « =» . 326 
Einonet- + » 430 
Endemann -» 424 
Engelbrecht. . 206 
Engelkemper 90 


English - 108 
E:ppenstein 91 311* 
Erbt - » » : 106 


Erınoni 1uU 204 307 
317 

Ernst - « » . 200 

Esser - © - » 429 

Ethe 2... 201 

Evans - .. 84 

Eyragucs » » 331 


Fairweatlier «- 89 
Falb » +. . 101 
Farber »- + » 321 
Faerrden 
Falconer . - 440 
Farmer +» +» +» 220 
YFarrar +» 207* 422 
Felder +» + + 417 
Feuton . « . S0# 
Frrotin » « +» 88 
Fruchtwang 926 
Fiebiw 240 201 426 
421 
Findlay 84 220 440 
Fink » +... 100 


Finot « « «. 4238 
Firtb > « « . 427 
Fischer +» + « 331 
Flemming» + 419 
Floeckner + 102 
Flournoy - » 212 


Founck 209 213 430 
Fonsegrive + 307 
Fontuine 212® 303 

507% 429 430% 437 
Fürster - » - 112 
Foster - + + 310 
Futberiugham 209 


Fracassini + 426 
Fränkel » - » 311 
Freimann - - 311 
Fremont 319(!)428* 
Frey : +» +» . 218 
Friedländer J. 311 
Friedlander M. 203 
331 
Fries . . - 106 5265 
Frohnmeyer. 88 
Yrola : - » . 438 
Fryer » » « . 423 
Fullerton . . 432 
Fulliquet - . 308 
Funcko . » » 413 
Funk ee. 420 
Furrer .. . 422 


G:. = = Su: 335 
Gabrieli. . . 421 
Gafire - » » « 423 
Gall -94 107 313 
Gallte + - +» 315 
Galliner- » » 314 
Ganzfried » » 313 
Gardner - - 413 
Gasser +» 102 333 
Gatt. « . . 509% 
Gaucher + « 304 
Gaudeau + + 429 
Gaveau « + » 424 
Gayraud - 210 212 
213 429 
Gazaynul » » 307 
(efiken » » » 416 
Geunrich »- « 87 
Germer-Durand 
88 309 322 
Geyser « « « 102 
Ghazaui.» . +» 418 
Gibbins »- - » 219 
Giesebrecht 89 102 
319 


Gietmaun : -» 82 
Gillie » . - . 211 
Willie » » - + 417 
Gilmore » » «+ 333 
Ginsburg . 318 
Ginsburger » 94 


Girdlestune » 05 
(sirerd 0.0. 303 
Glaser +» - 92 100 
Glück: « «+. 91 
Goblet Jd’Al- 
viella » . +» 4168 
Godbey - « » 87 
Godet : . « . 216% 
Goguel . . . 421 
Gold » «...89 
Goldschmied 102 
Goldziher2u6s2til) 
421 
Gondal .. 435 
Gonzulez :» « 91 
Guo«dspred 218 220 
415 442 
Gordon A. . 334 
Gordon E. . 333 
Gorla . » . . 4233 


Göttler +» - + 210 
Goetz K. G.» 417 
Götz W. + «- 436 
Goudge » « » 218 
Gougli » =. 86 


Grafe - +» 220 439 
srammatica « 30% 
Grannan +» » 305 


Grals - +» 207 440 
Gray A. «- 88 
GrayG... . 107 
Gray J. +. . 302 
Greenbough 210 
Greene . . . 333 
Gregory . 303 413 
422 
Grenfell 85 221 441 
Gressmanu - 323 
Grimm C. . . 200 
Grimm K.- . 110 
Grimme 91 97 102 
104 109*=* 


Grimmert - + 211 
Grisur «+ «88 
Grundl » » » 201 
Grünert + « 86 


Grünhut - 108 311 
Güdemann 203 417 
Guerinot «+ +» 312 
Guidi - »- 112 304 
Gunkel - 102 109 

207 330 332 533* 
Gunning +» » 438 
Gunzburg - : 329 
Gutbe : . . . 3% 
Gutjahr 419 431 438 
(uttmacher. 89 
Guyo - .205 413 
Gwilliam 200 2lv 


Haas »- « =» « 306 
Halevy 90* 08 105 
108 112* 207 212 
313 321 323 330 
333 335 
Hall A... .. 84 
Hall W.. . . 806 
Hamer : » « 432 
Hanudmann . 424 
Hanewinkel. 87 
Hannus . . . 102 
Hansen . - » 503 
Harnuck : 85 426f 
430 442 
Harper J. . . 423 
Harper R. - 327* 
Harper W. 327 335 
Hart - - - 94 110 
Hartung » - 421 
Hastings »- #1 8 
Haupt 102 111 438 
Hauschildt - 204 
Haufsleiter 206 215 
425 
Hawkins - 2lö 433 
Haydn « « . 439 
Headlam . » 110 
Hehn » - + 96 807 
Heinrici. - « 3165 
Heitmüller 89 217 
415 436 
Henderson 422 426 
Henlev . . . 85 
Heunecke - - 220 


H«n»son » » «© 424 
Herbst » +» » 334 
Herford - »- + 417 
Herkenne - » 331 
Herklotz - + 107 
Herner - »- » 202 
Herrmann +» 425 
Herzog . . - 42h 


Hetzenauer . 413 
Heuver . . . 2ll 
Heyn . . . . 102 





446 Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren. 


Hevse « «+ + 211 
Hilaire - ©.» 9 
Hilaire de Ba- 
renton = - 212 
Hildesheimer 311 
Hilgenberg 102 
Hilgenfeld 211 424 
433% 
Hilprecht » 88 99 
Hirsch J. »- » 326 
Hirsch M. » 9 
Hirschfeld 310 313 
Hitchcock . 434 
Hjelt - - « « 198 
Hoben 208 
Hoffinann - - 311 
Hotfmann G. 221 
Hoffmann H. 213 
Hoffmann J. 20% 
Hoffı.ann R. A. 432 
Hıhne - .82 380 
Holden - - . 440 
Hollmann 432 437 
4343 
Holmes - » + 208 
Holtey-Weber 426 
Holtzmann H. 84 
202 204 207 416 
418 434 
Holtzmann J. 314 
Holtzmann ©. 417 


Holzhey + » 312 
Holzinger- » 107 
Hommel -. . 101 
Hoennicke 217 (!) 
220 
Hoonacker - 109 
Hooper » » »- 427 
Hoppe - » «» 328 
Horn - +» « « 216 
Hornburg - - 102 
Hoerule - - » 218 
Horowitz »- »« 311 
Hoskins - « 96 
Hoss - « « « 217 
lHlougbton - « 96 
Hovey « «+ «. 833 
Howlett » 106 434 


Hrozny 99 319 441 
Hübener - - 
Hummelauer 
306 
Hunger : - - 


Hunt -85 221 441 
Hunzinger - 82 
Hurlburt » +» 108 
Hüsing ..98 
Hyvernat » »- 314 
Innitzer » « » 438 
Irons - « « ». 332 
Irwin » «+ « . 316 
Iskraut »- «- « 86 


Jackson - 98 425 
Jacob - +» 
Jacoby A. - 
Jacoby G. - 
Jäger A. - » 
Jüger L. - » 
James + + 
Jannaris - 

Jastrow- » 
Jaussen - - » 
dJedlicska - - 
Jehle - - » » 422 
Jellinghaus » 218 


m nn mn m nm nn 








dentsch - »- « 326 
dJephet ben 
All» :-:-. 91 


Jeremias A. - 101 
102 325 
Jeremias J. 104* 
328 
John - « «86 
Johns 101 102 326 
Johnson H. - 211 
Johnson Th 218 
Jona »- » «- «97 
Jones E. G.- 210 
Jones J.D. » 435 
Jonge - » » « 423 
Joüon 92 110* 413 


Jülicher - - 416 
Juncker +» » 437 
Kahan - » - 200 


Kaäbler 87 218 304 
316 
Kalthoff 416 422* 
Kamshoff »- » 217 
Kappstein - »- 211 
Kasteren - 82* 83 
433 
Kattenbusch 
Kaufmann » 
Kauffınann - 
Kautzsch - 95 220 
305 312 
Kayserling 
Keane - »- 
Keep Per vr } 


203 
334 


Keicher - 
Keller - 
Kellett » 437 440 
Kelso- » +» »- 
Kennedy - 91 
438 
Kent 
Kerswill - 108 320 
King E. . 110 332 
King G.A. - 
King H. - » 837 
Kinzler - - « 
Kipp 
Kippenberger 
Kirchbach - 
Kirchner 207 424 
Kirn «» » 220 439 
Kittel » »- 101* 103 
Klausner - »- 
Klein - » 200 425 
Klöpper » 438 489 
Klois - 106 
Klostermann 87 
441 
Knabenbauer 
432 
Knieschke 101 317 
Knopf 81 198 214 
Knowling »- - 208 
Köberle - » »- 102 
Kohler 8327 
Köhler L.- » 100 
Köhler W. 81 198 
König E. - 95* 96 
988 100 102 105 
317 333 334 
König X. » » 95 
Koetschau »- 83 
Kramer - - - 103 
Kraufs »- - 112 205 
Kreyher - 209 424 
Kroening - » 432 


. 324 


429 





Kropatschek 84 
Krüger 81 198 204 
Krukenberg - 219 
Küchler - 326 327 
Kugler »- + - 108 
Kühnle - - » 323 
Kunstmann - 87 
Kunze - - »- 434 
Kyle ao oe. 96 


L. 8. « «co. .8 
Lacroix »- » - 426 
Ladeuze 1433 438 
Lagrange 96 97 
105 306 317 322 
329 418 429 
Lake - »- 200 414 
Lambert J. +» 202 
Lambert M.92*109 


Lambert W. 108 
366 
Landauer - »- 311 
Lang »- +» « - 326 
Lange =» - « 334 
Langner » » 9 
Larfeld - - « 326 
Lasson °«. 103 
Latrille - - » 218 
Lattes - - »- 97 
Laur - » 110 3834 


Lauterbach - 94 


Lechler - -» « 209 
Leduc + «+ + 430 
Lee .e ce  .° 08 329 


Leeper + 205 309* 
Lefebure - - 100 
Legeay 89 90 210 
Lehmann - 98 103 
Leimdörfer »- 103 
Leipoldt . - 199 
Lömann »- » » 434 
Lepin +424 431f 
Lepsius + 95 316* 
Levi . . .93 316 
Levy L. -- 9 
Levy 8. - - 9% 
Lewis A. 8.441442 
Lewis F.W. «435 
Lewis H. - » 334 
Lichtenstein 439 
Lidzbarski 92 96 
99 322 
Lienhard - » 208 
Liese » « « «+ 423 
Limbach - » 87 
Lincke - 110 423 
Lindelöf » - 311 
Lind] - » 320 326 
Lippelt » « - 198 
Lippert - - « 105 
Little - » . 323 
Littmann - »- 313 


Lobstein 437 
Lochmann 209 
Lock » « » 219 
Lods » . 103 326 
Lohmann - » 335 
Löhr - » » » 1083 
Loisy 82 105 210* 
212° 215 806 316 
(= A. L.) 328 
427—430 433 
Lombard « »- 217 
Longsides -»- 95 
Loosley: + « 414 
Lotichius » -» 105 
Lott «» « - » 807 


Loranvien - - 40 
Lovett +. 6 
Löw ...e. 3; 
Löwen - - .- 44 
Luchini- - - 18 


Lugtigheid - 54 
Lukas -.+. 193 
Luther - - « 53 


Mass - - - - 43 
Macalister #% 3:;* 
329 
Mac Comb »- 43 
M'Connell: +» 423 
McYradyen - 9% 
McGarvey - 
Maclagan - » 
Macloskie- . 
MPheeters 8 I“ 
303 335 
Macpbie - + 8 


Mader - 3234 5% 
Magnani Se- 
eonda. Er 2) 


Mahler -» - :® 
Maignen 2313 &:i); 
Malcolm «+ «+ 
Manfredi -. %# 
Marschaux + 4) 
Margoliouth ®; 
Mari :- »--. 19 
Mariano + + 49 
Marmier -93 
Marti. . + - 35 
Martin C.-- & 
Martin F. 105 319 
Martini - +» - 8 
Mastermann 5 
99 309® 
Matheson - +» 3% 
Matbieu - +» 9 
Matthes - - 4 320 
Matthieu - 97 319 
Mattiussi . 82 42 
Maury . 0 8 4 
Mayor ... 40 
Mead [ er ur Sn} 2 
Means . + + U 
Meignan .. 1] 
Meillet - » + 45 
Meinhold - %& ll 
Meifsner +92 1W 
Memain. -- % 
Mendos dos 
Remedios - 315 
Menegoz 211 429 
Menzies- - - 1 
Mercati - 419 4% 
Merisi - . + 3® 
Merklen - 12 
Merle-Blanquis ® 
Merle d’Au- 
bigne - * 21 
Messerschmidt # 
MeyerA 81198218 
Meyer E :% *% 
Meyer F.B.: #2 
Meyer M. 217 #37 


Meyer $. ; ; 1% 
Michael. ° * . 
Mignot en 


Miketta - 10732 
Miller W.D. #7 
Milligan ° * 45 
Minocchi 109° 33] 
428 
Mittwoch * * 


a nn GB [me Tr m 


a m Inn 


Re 
0 


a 


De re 
[> E 


{3 


& 


nt 
“ER 
Pu 2) 


ha 


” 


en k, 


[3 


e«_heeenup 
ia .- ur 


Verzeichnis der in den Bibliogr. 


Moffatt 203 204 219 


Möller 
Molloy - - - 


. +96 316 


328 


Mommert 205 322 
Monchamp 213 430 


Monnier - » 203 
Monod I]... - 217 
Monod M. +» 216 
Montefiore +» 308 
Montzka »- « 90 
Moon » : «85 
Moor =» » -» - 335 
Moore 86 218 413 
Morgan - - » 204 
Morin- - » « 510 
Moule « . - 305 
Moulton 200 414 
Mouren - - »- 210 
Mühlau F. » 308 
Mühlau J. » 315 
Muirhead »- +» 436 
Müller .. 335 
Müller D. - » 328 
Müller E. .. 326 
Müller M.- - 97 
Müller R. - 84 308 
Münz - » - - 103 
Murillo » 124 428 
Musil »- - 3:1# 522 
Myhrman . - 326 
N.C. » =... 428 
N.L. -» : » . 428 
Nagel. - - GR 
Nagl +» « . . 330 
Naville ». » 9 
Navo - ... 82 
Nestle 85 86 91 93* 

9 98 110 149* 

200 201* 208 214* 


215 219 221* 305 
312 314 315 319 


3249 330 414* 

439 
Ncteler - »- » 
Niebergall 
Nielsen - - - 
Nikel 103 116 
Nikolaky - » 
Ninck: ». . » 
Nn . eo... 
Noesgen 208 
Nogara +» » . 
Nowack - » 


Oefele - 
Oger - - 
Oldham » 
OÖltramare 
Oppert G. 
Oppert J. 
Orano: - 
Ording 
Orelli . 
Orr - 

Osborn 
Osgood » 
Oesterley H. 
Oesterley W. 

329 

Oettli »- « + 95 
Pallis - 


Palma, de la 
Palmer - - - 


.o000 8 0 ee. 


435 


108 
217 
519 
326 
80 
3:8 
214 
426 
423 
335 


423 
Aa 
2310 

86 


316 
323 


97 


214 
424 
220 


Palmieri A. 84 (= 
A.P.) 305 307 (— 


A.P.) 


Palmieri D. -» 213* 
Panel - - » - 208 
Papageorgiu 335 
Paradis 428 
Parıy - » » - 439 
Pasanisi + « 423 
Passy P. » » 
Paterson 
Paton » - 
Patterson 
Paul - - - £4 103 
Paulus » +» » 
Peabodv 207 803 
Pegues . 212 429 
Peiser - 99* 327 
Peithmann »- 8 
Peloubet »- » 89 
Pelt: » » . » 
Peploe 
Perles 93 ı11 310 
Perraud- - - 
Perry - » +» » 332 
Petit - .. 2509 
Pfleiderer 217 419 


107 3:9 


.. ” 


Philipps + » 221 
Piacenza » . 88 
Picavet . 437 


Pick - - ». 9 
Pinches »- - - 
Piras - . . s9 


Planus - - 209 
Plummer « 433 
Polidori - 419 429 


Pollard - » 33 


Porpes «108 
Porret »- ». 87 
Portali& -» » « 429 
Porter ....3°9 
Portiz =» » +. 363 
Poynder .« - 214 
Poznauski 91 311 
314 


Präidek . » :- 98 
Prat 8? 213 307 350 
Praetorius 91 313* 
Preiswerk. » 111 
Preuschen 205 302 
424 
Preufs - - - 
Primose . 
Prince - 111 
Pritchard -. 
Procksch » . 
Proctor - - - 
Protliero » « 


311 
202 
312 
331 
108 
415 
332 


Qu&nard - « 418 
Quincy Donehoo 
221 


R. P. 
Rademacher 
Radermacher 
Rallfe » » - 315 
Rambaud » - 210 
Ramsay 97 421 440 
441 
Rattray - » + 309 
Rau. - 304 
Rauschen »- » 83 
Ravi »... 8 
Reid » » 435 437 
Reimarus - 103 
Reinach 308 433 
Reineck - - 216 
RBeinelt - « + 304 


320 
203 
330 





Reiner 
Reith . er 0. 
Remi » «- - » 
Rens . . - 
Resch. - » 
Rervillout 221* 
Reymond : « 
Rhijn - » 
Richardson . 
Riggenbach - 
Riggs . . 
Robertson A.T. 
Robertson H. 
Robertson J. 
Robinson J.- 
Robson . » -» 
Rodenbusch 
Roe: ...»-» 
Rogers 
Romanelli 
Romanus 
Ronneburger 
Rosadi 
Roöschmann - 
Rose - : »- » 
Rosenau .- 
Rosenthal -»- 
Ross D.M. 
Ross J.M.E. 
Rossini - - . 
Rost » - . 
Rotherham - 
Rothstein 96 
Rouvanet - 
Rowe - » 
Roy- .o. 
Pussel - 
Ryle 


S. L. 
Sabatier - » 
Sachsse 201 
431 
Sampey- +» « 
Sampson - . 
Sanday - 205 
414 426 
Sanders » -» - 
Sargenton- 
Galichon » 
Sarowy « . + 
Sauter 
Savrignac . » 
Sawicki - - - 
Sayce 89 98 
328 329 334 
Scerbo »- .ı 
Schaefer A. 
Schanz M. » 
Schanz P. 213 
431 
Scheftelowitz 
Scheil 
Schell . »- » 
Schenck : » 
Scherman: » 
Schermann »« 
Schiaparelli » 
Schiefer - - « 
Schieler 
Schill - « + » 
Schinz - - »- 
Schlatter 424 
Schlögl - - 
Schmid B. - 
Schmid C. . 
Schmidt C. - 


327 
424 
428 
416 
208 
441 
440 
219 
532 
410 
424 
433 
205 
203 
219 
111 
215 
109 

v9 
3il 
428 
415 
424 
441 
451 


328 


841 
439 


304 
216 
442 


Notizen aufgeführten Autoren. 


447 


Schmidt G. +» 104 
Schmidt H. F. 424 
Schmidt N » 8 
Schmidt P. W. 207 
422 
Schmidt W.. 104 
Schmiedel 206 439 
Schmiedl . „. 31% 
Schneider » . 378 
Schnorr - . +» 86 
Schorre - - 327 
Schorstein » 91 
Schuhmacher 883 
Schulte . « . 421 
Schulthess . 305 
Schultz H. -» 427 
Schultze E. » 305 
Schultze V..- 19% 
Schulz 208 309 328 


Schur& .» » . 207 
Schürer « 210 439 
Schwartz E. 423 


Schwartzkopff 104 
Schwarz » + 201 
Scotti» «e . « 302 
Begond . . « 86(!) 
Selbie - - »- 329 
Sellst «- - 527 332 
Selby - - 209 427 
Seligsohn 90 94 321 
Sell. . 84 207 4365 
Sellin - « - « 99 
Semeria + =» 
Sense . - » « 212 
Shaban - . » 
Shann 
Shaw . ® 
Shebbeare . 
Sheraton 210 
427 
Shilleto . 214 
Sickenberger 206 
Silbermann . 9 
Sillevis Smit 321 
Simpson +» . 214 
Sinzer »- &1 302 
Smith D. 333 424 
432 

Smith G. .o 
Sıniıh H. 
Smith H.G. 

d. 

J 


303 


Smith 
Smith J. 
Smith R. .. 
Smith W. 199 2% 
Snowden - »- 
Soden +» - 85 308 
Söderblom - 
Softley ...0 
Soldi-Colbert de 

Beaulieu +» 324 
Soltau 2u8 214 218 


Somerville - 216 
Souter - + +» 413 
South ee. 432 
Spiegelberg 107 
320 
Spitta« « «+ 214 
Spliedt ..o 309 
Spoer. » « 110 
Stade eo. .+ 111 
Stanton - » 212 
Staerk ...89 
Steenkiste - 214 
Steffens . « « 330 
Steinführer » 309 


Steinschneider 89 


448 Verzeichnis der in den Bibliogr. Notizen aufgeführten Autoren. 


Stephany- 
Jürgensburg 110 
Steuer - - » 112 
Steuernagel «» 91 
DNtevenson + 8) 
Steward + «+ 99 
Btewart » . 208 
Stitt . .o*e 0. 38 
Stober » « . 436 
Stokoe . +85 204 
Stone » » - 
BStools » + . 105 
Storck » R 
Strack - - 204 
Streatfeilld' - 89 
Stretton . + 211 
Ströter + . 218 
BStubbs +» + « 209 
Stutzenberger 90 
Sulze » +» » . 204 
Swete - . 209 315 


Taaks- +«- .. 321 
Tamilia » +» + 422 
Tänzer - »- » 327 
Taylor C. - 


TaylorR.» « 97 
Taylor S. « « 204 
Taylor Th. » 204 
Tennant . 8308 
Terry . « »86 100 
Thackeray «+ 93* 
Thatches »- - 306 
Theodor »- » 310 
Thieme - „ » 10 
Thimme -. 305 


Thirtle »- » - 3323 
Thompson J. 3:3 
'ihompson R. 528 
Thomsen . « 7 
Thomson - »- 325 
Thumb - ...$ 
Tiefenthal .» 335 
Tiele 146 307 318 


Todd « .»319 322 
Tonetti x». 211 
Torrey - . « 108 


Trabaud - . 324 


Traub: « » . 9 
Trautzsch. - 217 
Trench 208 211 
Trönel - - 310 
Trouillat :. » 427 
Turner - 200 420 


UÜbald d’Alencon 
84 

Ugolini »- +» + 314 

Ulmer - «+ 100 

Ungnad - «v1 312 

Urquhart +86 309 


Vacandard - 305 
Valeton - - « 333 
Van der Flier 96 
Vautier - - - 307 
Veeck : «+. 104 
Veldhuizen »- 416 
Venard - 199 433 
Vernes - - - 30 
Vetter 96 221 324 
Vigouroux 85 88 
3u2 421 
Vincent - » « 322 
Violet» » « ».85 


Vischer . 220 441 
Vogü& « . . 308 
Volck - » . 89 
Vollers » » - 91 
Völter » « . 100 
Volz 0.8 
Vöomel . 202 
Vooy8 ».. 85 
Vorberg G. - 425 
Vorberg M. » 425 
Vrede » - - « 310 


Wace« ., +. 
Wachter . . 321 
Wagner: +» » 

Wahl... 0. 104 
Waitz « » 221 417 
Walker . 107 219 
Waller - .- 304 
Wartield 97 111212 
Warring +» » 328 
Warschauer 216 
Watson »- » « 435 


Weber A.» . 104 
Weber F. - « 318 
Weber W. . 219 
Webster 108 423 
Wegener : - 327 
Weikert - 311 316 
Weil » . .. 322 
Weine » «96 
Weinel - : - 426 
Weifs B. 415 418 
439 
Weifs J. 81 198 
214 415 44) 
Weifs K. - - 216 
Weifs M. - » 314 
Weifsbrodt . 201 
Welker - . » 104 
Wellhausen 214 
22 482 
Wells» »- +» . 202 
Wendland - 203 
Wunte » ..» 697 
Wernle 218 422 437 
Wertheimer 310 
Wessely - 204 
Westphal - 97 319 


Wetzel . « « 216 
Weyl ee... 393 
Whaling - « 89 
Whuately . 423 


White « 217 441 
Whitelaw. « 095 
Whittaker + 436 
Whittley »- - 202 
Whpyte - « «+ 217 
Wiegand 218 434 
Wiesinger . 20 
Wildeboer 90 107 
Wilkinuson 410 
Willrich - » 298 
Wılms - - 434 
Wilson - 111 418 
Winckler 8 100 
107 321 327 
Winkelmann 104 
Wijostedt - - 315 
Winter « « oc 83 
Witte - . - 810 
Witzmann » » 211 
Woblenberg G.219 


Druck von W. Drugulin in Leipzig. 


Wohlenberg P. 217 
Wood. ... 218 
Worcester - 219 
Wordsworth- 
Sanday » - 20 
Wrede - 215 454 
Wright A. « 139 
Wright G. 824 414 
Wrirht T. » 209 
Wünsche 90 95 1u8 
110 200 203 310 
312 314 423 426* 
Wurm A.- +» 419 


x. [ } . . . 307 313 
Xanthopoulos 306 


« 106 
. 92 


Y, “ “. “ . 
Yahuda » 
Yarbro » 
Young (@. 
Young R. 


. 335 
. 82 


® L} ‘ [} ® 
>» 
. 
Si 


Zahn 209 219 415 
418 420 436 
Zanecchia » 8288 
Zapletal - 106 324 
Zehnpfund - 327 
Zenos » - : »- 917 
Ziese « « . «+ 308 
Ziller - - -» » 308 
/illessen 92 93 334 
Zimmern » 96 104* 
7,öckler »- 319 327 
Zomarides + 41% 
ZLorell- « » « 10% 
Zurliellen » - 211 
Zwolski » «- . 305 


Anonyme Puhli- 
kationen 82* 84* 
nö* 94 49 109 207 
211% 213= 214 215* 
303 305 306* 307€ 
309315317414 428 
423(Vocescatho- 
licae) 434 (Un 
professeur de 
Grand Sömi- 
naire) 437 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau er- 
scheinen und können durch alle Buchhandlungen bezogen werden: 


Biblische Studien. Unter Mitwirkung von Prof. Dr W. Fell in Münster i. W., 
Prof. Dr J. Felten in Bonn, Prof. Dr @. Hoberg in Freiburg i. B., Prof. 
Dr N. Peters in Paderborn, Prof. Dr A. Schäfer in Strafsburg, Prof. Dr 
P. Vetter in Tübingen herausgegeben von Prof. Dr O. Bardenheiter in 
München. gr. 8° 


I. Band. (5 Hefte) (XLIV u. 606) AS 10.60 
1. Hoft: Der Name Maria. Geschichte der Deutung desselben. Von Dr O. Barden- 
hewer. (X u. 160) M 2.50 
2. Heft: Das Alter des Menschengeschlechts nach der Heiligen Schrift, der Profan- 
geschichte und der Vorgeschichte. Von Dr P. Schanz. (XlI u. 100) M 1.60 
3. Heft: Die Selbstvertheidigung des heiligen Paulus im Galaterbriefe (1, 11 bis 2, 21). 
Von Dr J. Belser. (VIII u. 150) M 3.— 
4. u. 5. Heft: Die prophetische Inspiratiou. Biblisch-patristische Studie von Dr 
F, Leitner. (XIV u. 196) M 3.50 
Il. Rand. (4 Hefte) (XXXVI u 464) M 10.— 
1. Heft: st Paulus und St Jacobus über die Rechtfertigung. Von Dr theol. B. Bart- 
mann. (X u. 164) M 3.20 
2. u. 3. Heft: Die Alexaudrinische Vebersetzung des Buches Daniel und ihr Ver- 
hältnis zum Massorethischen Text. Von Dr Aug. Bludau. (XII u. 218) M 4.50 
4. Heft: Die Metrik des Buches Job. Von Dr P. Vetter. (X u. 82) M 2.30 
III. Band. (4 Hefte.) (XLII u. 476) M 12.50 
l. an 5 Die Lage des Berges Sion. VonDr K. Rückert. Mit einem Plan. (VIII u. 104) 
M 2. 
2. Heft: Nochmals der biblische Schöpfungsbericht. Von Fr. v. Hummmelauer 8. J. 
(X u. 132) M 2.80 
3. Heft: Die sahidisch-koptische Tebersetzung des Buches Ecclesiastieus auf ihren 
wahren Wert für die Textkritik untersucht von Dr X. Peters. (Xll u. 70) M 2.30 
4. Heft: Der Prophet Amos nach dem Grundtexte erklärt von Dr K. Hartung. 
(VIII u. 170) M 4.60 
IV. Band. (4 Hefte) (XXXVII u. 522) M 12.— 
1. Heft: Die Adventsperikopen exegetisch-homiletisch erklärt von Dr Paul Wilhelm 
ton Keppler, Bischof von Rottenburg. Zweite, unveründerte Auflage. (VI u. 144) 
M 2.40 
2. u. 3. Heft: Die Propheten-Catenen nach römischen Handschriften. Von Dr 
M. Faulhaber. (XVI u. 220) M 6.— 
4. Hoft: Paulus und die Gemeinde von Korinth auf Grund der beiden Korinther- 
briefe. Von Dr I. Rohr. (XVI u. 158) M 3.60 
Y. Band. (5 Hefte) (XLVI u. 580) M 13.80 
1. Heft: Streifzüge durch die biblische Flora. Von L. Fonck. (XIV u.168) M4.— 
2. u. 3. Heft: Die Wiederherstellung des jüdischen Gemeiuwesens nach dem baby- 
lonischen Exil. Von Dr Johann Nikel. (XVI u. 228) M 5.40 
4. u. 5. Heft: Barhebräus und seine Scholien zur Heiligen Schrift. Von Dr Johann 
Göttsberger. (XVI u. 184) M 440 
VI. Band. (5 Hefte) (XXVIll u 540) M 12.— 
1. u. 2. Heft: Vom Münchener Gelehrten-Kongresse. Biblische Vorträge heraus- 
gegeben von Dr O. Bardenhewer. (VILI u. 200) Af 4.50 
3. u. 4. Heft: Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische Geltung. Von 
Dr theol. Caspar Julius. (XU u. 184) M 4— 
5. Heft: Die Eschatologie des Buches Job. Unter Berücksichtigung der vorexi- 
lischen Prophetie. Von Dr Jakob Royer. (VIII u. 156) 4 3.50 
VII. Band. (5 Hefte) (XXVIU u. 570) M 12.20 
1. bis 3. Heft: Abraham. Studien über die Anfänge des hebräischen Volkes von 
Dr Paul Dornstetter. (Xll u. 280) M 6.— 
4. Heft: Die Einheit der Apokalypse gegen die neuesten Hypothesen der Bibelkritik 
verteidigt von Dr Matthias Kohlhofer. (VIII u. 144) M 3.— 
5. Heft: Die beiden ersten Erasmus-Ausgaben des Neuen Testaments und ihre 
Gegner. Von Dr Aug. Bludau. (VIII u. 146) A 3.20 
VI. Band. (4 Hefte) (XLIV u. 482) M 10.90 
1. Heft: Die Irrlehrer im ersten Juohanneshrief. Von Dr Alois Wurm. (X11 u.160) M 3.50 
2. Heft: Der Pharao des Auszuges. Eine exegetische Studie zu Exodus 1—15, 
Von Dr Karl Miketta. (VIII u. 120) Af 2.60 
3. Hoft: Die chronologischen Fragen in den Büchern Esra-Nelemia. Von Dr Joseph 
Fischer. (X u. 98) A 2.40 
4. Heft: Die Rriefe zu Beginn des zweiten Makkabäerbuches (1, 1 bis 2, 18). Von 
Dr Heinrich Herkenne. (Vlll u. 104) M 2.40 
IX. Band. (5 Hefte) (XXVIIL u. 586) AM 13.40 
1. bis 3. Hoft: Das Buch Job. Als strophisches Kunstwerk nachgewiesen, übersetzt 
und erklärt von Joseph Hontheim S. J. (VIIL u. 366) M 8.— 
4. Heft: Exegetisches zur Inspirationsfrage. Mit besonderer Rücksicht auf das Alte 
Testament. Von Franz von Hummelauer S. J. (X u. 130) M 3.— 
5. Heft: Der zweite Brief des Apostelfürsten Petrus, geprüft auf seine Echtheit. 
Von Dr theol. Aurl Henkel. (X u. %W) M 2.40 


Werke von Prälat Dr Franz Kaulen. 


In der Herderschen Verlagshandlung zu Freiburg im Breisgau sind 
erschienen und können durch alle Buchhandlungen bezogen werden: 


Sprachliches Handbuch zur biblischen Vulgata. Eine 


systematische Darstellung ihres lateinischen Sprachcharak- 
ters, . Zweite, verbesserte Auflage. 8° (XVIu. 332) 
M 3.40; geb. in Halbfranz M 4.60 


Diese Schrift sucht gegenüber den unrichtigen Urteilen, welche noch immer über 
Sprache und Charakter der Vulgata vorgebracht werden, ein Literaturwerk in Ehren 
zu halten, welchem das gesamte Abendland einen grofsen Teil seiner Bildung’ ver- 
dankt und an welchem die katholische Kirche als an einem Träger ihrer Tradition 
unentwegt festhält. 


Einleitung in die Heilige Schrift Alten und Neuen Testa- 
ments. Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischofs von 
Freiburg. Vierte, verbesserte Auflage. Drei Theile 
oder ein Band. gr. 8° (XVIH u. 724) M 8.70; geb. in 
Halbsaffian M 10.70 


I. Theil. (VIu. 188) M 2.20 — II. Theil. (VIu. 264) M 3.20 
— Il. Theil. (VI u. 272) M 8.30 


(Gehört zu unserer „Theologischen Bibliothek*.) 


: „Die Einleitung von Kaulen erschien in vierter Auflage, was deren Gediegenheit 
und Brauchbarkeit zur Genüge beweist. Den Professoren der Exegese, den Theologie- 
studierenden und selbst weiteren Kreisen leistet sie gute Dienste, und sie wird deshalb 
in der Geschichte der Einleitungen in die Heilige Schrift immer eine ehrenvolle Stellung 
einnehmen. ...* (Schweizerische Literarische Monats-Rundschau, Stans 1898, Nr 5.) ' 


„... Der rastlos tätige Verfasser verdient unsern innigsten Dank, unsere vollste 
Anerkennung; sein in der neuen Ausstattung beifällig begrüfstes Werk wird sicher 
auch fernerhin als ein vorzüglich geeignetes Mittel nicht nur zur Einführung in das 
Bibelstudium, sondern auch zum wohltuenden Verständnisse des göttlichen Buches 
hochgeschätzt und eifrigst benutzt werden.* 

(Theolog.-prakt. Quartalschrift, Linz 100 8; Heft.) 


Kurzes Biblisches Handbuch zum Gebrauche für Studie- 
rende der Theologie. gr. 8 


Erstes Bändchen: Kurze Einleitung in die Heilige Schrift des 
Alten und des Neuen Testaments. Mit Approbation des hochw. Kapitels- 
vicariats Freiburg. (X u. 152) M 1.80; geb. in Halbleinwand M 2.10 


Zwei weitere Bändchen (Biblische Archäologie und Hermeneutik) sind in Vorbereitung. 


„In 478 Paragraphen behandelt der Verfasser in möglichst knapper, leichtverständ- 
licher Form die gesamten biblischen Schriften. Hierbei leitete ihn die Erkenntnis, dafs 
beim Unterrichte im Bibelstudium ein Hindernis bereitet wird, wenn die Anfänger von 
vornherein mit zu viel Lehrstoff aus den biblischen Wissenschaften bekannt gemacht 
werden. Dieses kürzere Kompendium ist aber nicht nur für Studenten eine höchst will- 
kommene Gabe, sondern auch für Gebildete, die sich mit dem Stande der Wissenschaft 
vertraut machen wollen... .* (Katholische Schweizerbilätter, Luzern 1897, 4. Heft,) 


Der biblische Schöpfungsbericht (Gen. 1, 1 bis 2, 3) 
erklärt. 8° (IV u. 9) M1— 


Digitized by Google 


Digitized by Google 


Digitized by Google 


ft — 


| 


ul 


gr 


e— 
=—— 
; — 
: zZ 
ı O0 
—_—_ 

= 


m 


mg 


| 


| 


|